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Full text of "Jahrbuch der praktischen Medizin. Kritischer Jahresbericht für die Fortbildung der praktischen Ärzte. .."

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► 


Gl  0.5 

P8 


JAHRBUCH 


DER 


PRACTISCHEN  MEDICIN. 


BEGRÜNDET  VON  D«   PAUL  BÖRNER. 


UNTER  MITWIRKUNG  VON 

Kais.  Bath  Docent  Dr.  Clar  In  Wien-Oleichenberg ,  Dr.  Freyhan  in  Berlin,  Prof.  Für- 
bringer,  in  Berlin,  Geh.  Hofrath  Prof.  Dr.  Gärtner,  Direotor  des  hygienischen  Insütuts 
in  Jena,  Prof.  Dr.  B.  Gottlieb,  Director  des  pharmakologischen  Instituts  in  Heidelberg, 
Prof.  Dr.  Hochhaus  in  Kiel,  Prof.  Dr.  Horstmann  in  Berlin,  Dr.  H.  Joseph  in  Berlin, 
Prof.  Dr.  A.  Jurasz  in  Heidelberg,  Dr.  Lewald,  Arzt  der  Privatheilanstalt  zu  Obernlgk, 
Privatdooent  Dr.  H.  Neu  mann  in  Berlin,  Privatdocent  Dr.  G.  Puppe  in  Berlin,  Prof. 
Dr.  Ribbert,  Director  des  pathologisch-anatomischen  Instituts  in  Zürich,  Prof.  Dr.  Th.  Bo8en- 
h  e  i  m  in  Berlin,  Sanltatsrath  Dr.  Schwab  ach  in  Berlin,  Prof.  Dr.  Seeligmüller  in  Halle  a.  S., 
Privatdocent  Dr.  H.  Sternberg  in  Wien,  Dr.  Stettiner  In  Berlin,  Privatdoc^t  Dr.  P.  Strass- 

mann  in  Berlin,  Privatdocent  Dr.  Wagner  in  Leipzig 


HERAUSGEGEBEN  VON 

D""  J.  SCHWALBE 

IN  BERLIN. 


Jährgang  1899. 


STUTTGART. 

VERLAG   VON   FERDINAND    ENKE. 

1899. 


► 


(o  I  C.5 

P8 


VI  Inhalt. 

4.  Hamorgane.    S.  41. 

Nebenniere.    S.  42. 

5.  Geschlechtsorgane.    S.  42. 

6.  Bewegungsorgane.    S.  44. 

IL 

Innere  Medtetn*    S.  47—316. 

I.  Krankheiten  des  Nervensystems.  Von  Professor  Dr.  Seelig- 
müller in  Halle.    S.  47. 

A.  Allgemeines  (Anatomie j  Physiologie  etc.),    S.  47. 

B.  Krankheiten  der  Centralorgane.     S.  54. 

1.  Gehirn.    S.  54.    . 

a.  Anatomie.    Physiologie.    Allgemeine  Pathologie.    S.  54. 

b.  Localisation  im  Gehirn.    S.  (50. 

c.  Hirnhäute.    S.  67. 

2.  Krankheiten  des  verlängerten  Marks.    S.  70. 

3.  Krankheiten  des  Rückenmarks.    S.  70* 

a.  Anatomie.    Physiologie.    Rückenmarkshäute.   Allgemeine 
ErkraDkungen  des  Rückenmarks.    S.  70. 

b.  Myelitis.    S.  76. 

c.  Syringomyelie.    S.  76. 

d.  Tabes.    S.  78. 

e.  Multiple  Sklerose.    S.  83. 

f.  Poliomyelitis.    S.  84. 

g.  Spastische  Spinal paralyse.    Landry'sche  Paralyse.   S.  85. 
h.  Krankheiten  der  Muskeln.    S.  85. 

C.  Krankheiten  der  peripheren  Nerven.     S.  88. 

AUgemeines.    S.  88. 
Gehimnerven.     S.  90. 
Rückenmarksnerven.    S.  93. 

D.  Neurosen,    S.  95. 

Allgemeines.    S.  95. 

Epüepsie.    S.  96. 

Hysterie.    S.  100. 

Neurasthenie.    S.  101. 

Morbus  Basedowii.    S.  103. 

Myxödem.    S.  105. 

Die  übrigen  Neurosen.    S.  107. 

II,  2.  Psychiatrie.  Von  Dr.  Lewald,  Besitzer  und  leitendem  Arzt 
einer  Heilanstalt  für  Nerven-  und  Gemüthskranke  zu  Obernigk  bei 
Breslau.    S.  118. 

I.  Anatomie  und  pathologische  Anatomie.     S.  118. 

II.  Physiologie  und  Psychologie.    S.  120. 
UI.  Specielle  Pathologie  der  Psychosen.    S.  124. 
IV.  Alkoholismus  und  Intoxicationspsychosen.    S.  132. 

V.  Paralysis  progressiva.    S.  133. 
VI.  Therapie.    S.  136. 

II,  3.  Krankheiten  der  Athmungsorgane.  Von  Prof.  Dr.  Hoch- 
h  aus  in  Kiel.    S.  141. 

1.  Allgemeines.  (Physiologie.  Untersuchungsmethoden.  Allgemeine 
Pathologie  und  Therapie.)    S.  141. 

2.  Krankheiten  der  Bronchien,    S.  147. 

3.  Krankheiten  der  Lunge.     S.  149. 


Inhalt.  Vn 

1.  Lungenentzündung.    S.  149. 

2.  Lungenschwindsucht.     S.  150. 

3.  Lungencarcinom.    S.  162. 

4.  Osteosarkom  der  Lungen.     S.  162. 

5.  Lungenechinococcus.    S.  163. 

6.  Aktinomjkose  der  Lungen.    S.  163. 

7.  Milzbrand  der  Lungen    S.  163. 

8.  Streptothrix  in  der  Lunge.    S.  164. 

4.  Krankheiten  des  Brustfells  und  des  Mediastinums.    S.  164. 

1.  Pleuritis.    S.  164. 

2.  Pyothorax.    S.  165. 

3.  Pneumothorax.    S.  166. 

4.  Chylothorax.    S.  166. 

5.  Mediastinalgeschwülste.    S.  167. 

II,  4.  Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.    Von  Prof.  Dr.  Hoch- 
haus in  KieL    S.  169. 

1.  Physiologie.    S.  169. 

2.  Untersuchungsmethoden.    S.  174. 

3.  Allgemeine  Pathologie.    S.  175. 
.4.  Allgemeine  Therapie.    S.  180. 

5.  SpecieUe  Pathologie.    S.  182. 

A.  Krankheiten  des  Herzens.    S.  182. 

a.  Angeborene  Herzfehler.     S.  182. 

b.  Endocarjditis.    Klappenfehler.    S.  184. 

c.  Herzmuskelerkrankungen.    S.  187. 

d.  Herzsyphilis.    S.  191. 

B.  Krankheiten  des  Herzbeutels,    S.  191. 

C.  Krankheiten  der  Gefässe.    S.  192. 

II,5>Krankheitenderyerdauungsorgane.  YonProf. Dr. Th. Rosen- 
heim in  Berlin.    S.  197. 
A.  Oesophagus.    8.  197. 

6.  Magen.    S.  203. 

C.  Darm.    S.  214. 

D.  Leber.    S.  225. 

E.  Pankreas.    S.  227. 

II,  6.    Krankheiten    der  Harnorgane   (ausschliessl.   der   chirur- 

g Ischen  und  venerischen).      Von   Prof.    Dr.  Fürbringer   und 
r.  H.  Stettiner  in  Berlin.    S.  230. 

A.  Anatomie,  Physiologie,  üntersuchungsmethoden.    S.  230. 

B.  Nierenkrankheiten.    S.  285. 

a.  Allgemeine  Pathologie.    S.  235. 
Albuminurie.    S.  235. 

Blut,  Blutfarbstoffe  und  andere  Pigmente  im  Harn.   S.  237. 
Sonstige  Stoffe  im  Harn.    S.  239. 

b.  Specielle  Pathologie  der  Nierenkrankheiten.    S.  241. 

1.  Diffuse  Nephritis.    S.  241. 

2.  Nephrolithiasis.    S.  249. 

3.  Eitrige  Nephritis.    S.  252. 

4.  Tuberculose  und  Neubildungen  der  Niere.     S.  254. 

5.  Entozoän  der  Nieren.    S.  255. 

6.  Sackniere.    S.  256. 

7.  Bewegliche  Niere.    S.  257. 

C.  Krankheiten  der  unteren  Harnwege.     S.  258. 


VTTT  Inhalt. 

II,   7.   Acute  allgemeine  In fectionskrankheiten   undZoo- 
nosen.    Von  Dr.  Freyhan  in  Berlin.    S.  265. 

A.  Allgemeines.    S.  265. 

B.  Specielles.    S.  268. 

1.  Cholera.    S.  268. 

2.  Typhus  abdominalis.    S.  268. 

3.  Febris  recurrens.    S.  276. 

4.  Influenza  S.  276. 

5.  Tetanus.    S.  278. 

6.  Polyarthritis.    S.  280. 

7.  Erysipel.    S.  282. 

8.  Parotitis  epidemica.    S.  283. 

9.  Malaria.    S.  283. 

10.  Dysenterie.    S.  287. 

11.  Morbus  Weiiii.    S.  289. 

12.  Gelbfieber.    S.  289. 

13.  Pest.    S.  291. 

14.  Aktinomykose.    S.  294. 

15.  Müzbrand.    S.  295. 

16.  Lyssa.    S.  296. 

17.  Rotz.    S.  297. 

18.  Maul-  und  Klauenseuche.    S.  297. 

ü,  8.  Constitutionskrankheiten.    Von  Privatdocent  Dr.  Maxi- 
milian Sternberg  in  Wien.    S.  299f 

A.  Pathologie  des  Stoffwechsels.     S.  299. 

1.  Diabetes  mellitus.    S.  299. 

2.  Diabetes  insipidus.    8.  306. 

3.  Fettsucht.    S.  306. 

4.  Gicht.    S.  306. 

B.  Pathologie  des  Blutes,    S.  308. 

1.  Allgemeines.    S.  308. 

2.  Anämie  und  Chlorose.    S.  310.  | 

3.  Perniciöse  Anämie.    S.  311. 

4.  Leukämie  und  Pseudoleukämie.    S.  313.  ' 

5.  Hämorrhagische  Diathese.    S.  314.  ' 

C.  Allgemeine  Constitutionskrankheiten,    S.  315. 

1.  Rachitis  s.  Abschnitt  Kinderkrankheiten. 

2.  Chronischer  Gelenkrheumatismus.    S.  315. 

3.  Osteomalacie.    S.  315. 

III. 

Chirurgie    (etnschliessL  der  Unfalls-  nnd  Kriegschirnrgte).     Von 

Dr.  Paul  Wagner,  Privatdocent  an  der  Universität  Leipzig.     S.  317 
bis  384. 

I.  Allgemeine  Chirurgie.    S.  317. 

1.  Allgemeine  und  locale  Anästhesirung.    S.  317. 

2.  Untersuchungsmethoden.    S.  321. 

3.  Operations-  und  Verbandlehre.    S.  322. 

4.  Verletzungen.    S.  332. 

5.  Entzündungen  und  Infectionskrankheiten.    S.  334. 

6.  Geschwülste.    S.  336. 

IL  Specielle  Chirurgie.    S.  339. 

1.  Krankheiten  des  Kopfes  und  Halses.    S.  339. 

2.  Krankheiten  der  Brust  und  Wirbelsäule.    S.  350. 

3.  Krankheiten  des  Unterleibs.    S.  356. 


Inhalt.  IX 

a.  Magendarmkanal.    S.  356. 

b.  Leber,  Gallenblase,  Milz,  Pankreas.    S.  367. 
-  c.  Hamorgane.    S.  869. 

d.  Männliche  Geschlechtsorgane.    S.  372. 
4.  Krankheiten  der  Extremitäten.    S.  374. 

IV. 

Gebnrtshillfe  nnd  Gynäkologie.  Von  Privatdocent  Dr.  P.  Strassmann, 
Assistent  an  der  geburtsh.-gynakol.  Üniversitäts-Poliklinik  (kgl.  Charit^) 
in  Berlin.    S.  385—454. 

I.  Geburtshülfe.    S.  385. 

1.  Allgemeines.    S.  885. 

2.  Schwangerschaft    S.  387. 

a.  Retroflezio  uteri  gravidi.    S.  387. 

b.  Schwangerschaft  und  Geschwülste.    S.  389. 

c.  Schwangerschaft  und  Herzfehler.    S.  389. 

d.  Schwangerschaft  und  Blutkrankbeit.    S.  390. 

e.  Abort    S.  390. 

f.  Tubenschwangerschaft  (Extrauteringravidität).    S.  391. 

3.  Geburt,    S.  396. 

a.  Anatomie,  Physiologie,  Diagnostik.    S.  396. 

b.  Künstlicher    Abort,    künstliche    Frühgeburt    und    Er- 
weiterung.   S.  398. 

c.  Fehlerhafte  Lagen.    S.  398. 

d.  Rigidität  des  Muttermundes.    S.  400. 

e.  Zange.    S.  400. 

f.  Wendung.    Enges  Becken.    S.  400. 

g.  Verkleinerungsoperationen.    S.  401. 
h.  Eklampsie.    S.  402. 

i.  Symphyseotomie.    S.  404. 

k.  Kaiserschnitt.    S.  405. 

1.  Kaiserschnitt  mit  Entfernung  des  Uterus  bezw.  Sterili- 

sirung.    S.  406. 
m.  Vaginale  TotaJexstirpation.    S.  407. 
n.  Nachgeburtsperiode.    S.  409. 

4.  Wochenbett.    S.  409. 

5.  Krankheiten  der  Neugeborenen.    8.  412. 

II.  Gynäkologie.    S.  416. 

1.  Allgemeines.    8.  416. 

2.  Aeussere  Genitalien  und  Scheide.    S.  418. 

a.  Hermaphrodisie.    8.  418. 

b.  Prolaps.    S.  418. 

3.  Uterus.    S.  420. 

a.  Untersuchungsmethoden.    S.  420. 

b.  Endometritis.    S.  420. 

c.  Lageveränderungen  des  Uterus.    S.  425. 
Allgemeines.    S.  425. 

Re^oflexio  uteri.    S.  426. 
Inyersio  uteri.     S.  428. 

d.  Fibromyome.    S.  429. 

e.  Maligne  Tumoren.  Carcinome,  maligne  Adenome.  S.  433. 
Syncytiale  Geschwülste.    S.  486. 

Sarkom  des  Uterus.    S.  438. 

4.  Ovarium.    S.  438. 

Conservative  Ovarialchirurgie.    S.  439. 


X  lolialt 

5.  Tube.    S.  440. 

j6.  Allgemeines  über  Totalezstirpation,  Technik  bei  vaginalem 
und  abdominalem  Vorgehen  etc.    S.  441. 

Ventrale  Laparotomie.    S.  443. 

Vaginale  Laparotomie.    S.  445. 

7.  Entzündliche  Adnexerkrankungen.    S.  447. 

8.  Gonorrhoe.    S.  449. 

9.  Tuberculose  der  Genitalien.    S.  451. 

V. 
Avgenlieilkvnde«  Von  Prof.  Dr.  G.  Horstmann  in  Berlin.  S.  455—490. 

1.  Anatomie  und  Physiologie.    S.  455. 

2.  Allgemeine  Pathologie  und  Therapie.    S.  459. 

3.  Re&actions-  und  Accommodationsanomalieen.    S.  469. 

4.  Anomalieen  der  Muskeln  und  Nerven.    S.  471. 

5.  Erkrankungen  der  Lider,  des  Thränenapparates,  der  Orbita 
und  Nebenhöhlen.    S.  473. 

6.  Erkrankungen  der  Gox^junctiva,  Cornea  und  Sclera.   S.  474. 

7.  Erkrankungen  der  Iris,  des  Ciliarkörpers,  der  Chorioidea 
(einschl.  sympathischer  Ophthalmie)  und  des  Glaskörpers. 
S.  480. 

8.  Glaukom.    S.  482. 

9.  Erkrankungen  der  Linse.    S.  484. 

10.  Krankheiten  der  Netzhaut  imd  des  Sehnerven.    S.  485. 

1 1 .  Augenerkrankungen  im  Zusammenhang  mit  sonstigen  Körper- 
krankheiten.   S.  486. 

VI. 

Olirenkranklieiteii«  Von  Sanil&tsrath'  Dr.  Schwabach  in  Berlin. 
S.  491—519. 

A.  Anatomie  und  Physiologie  des  Gehörorgans.    S.  491. 

B.  Pathologie  und  Therapie  der  Ohrenkrankheiten.    S.  493. 

a.  Allgemeines.    S.  493. 

b.  Kruikheiten  des  äusseren  Ohrs.    S.  495. 

c.  Krankheiten  des  mittleren  und  inneren  Ohrs.    S.  498. 

VII. 

Krankheiten  der  Nase,  des  N asenraclienranins 9  des  Mvndes,  des 
Kehlkopfs  vnd  der  Lvftrölire«  Von  Prof.  Dr.  A.  J  u  r  a  s  z  in  Heidelberg. 
S.  520-539. 

1.  Allgemeines.    S.  520. 

a.  Neue  Instrumente  und  Üntersuchungsmethoden.    S.  520. 

b.  Arzneimittel.    S.  523. 

2.  Krankheiten  der  Nase  und  ihrer  Nebenhöhlen.  S.  524. 

a.  Nase.    S.  524. 

b.  Nebenhöhlen  der  Nase.    S.  526. 

3.  Krankheiten  des   Mundes,    des   Rachens    und  des 
Nasenrachenraums.    S.  527. 

4.  Krankheiten  des  Kehlkopfs.    S.  533. 

5.  Krankheiten  der  Luftröhre.    S.  538. 

VIII. 

Hant-  nnd  venerisclie  Krankheiten.  Von  Dr.  Max  Joseph  in  Berlin. 
8.  540-575. 

A.  Hautkrankheiten.    S.  540. 

I.  Anatomie.    Physiologie.    Allgemeine  Pathologie.    S.  540. 


Jshait.  XI 

U.  Pathologie  und  Therapie.    S.  542. 

1.  Entzündliche  Dermatoeen.     S.  542- 

2.  CirculationaBtAruDgen  der  Haut.     S.  545- 

3.  Pro^reraive  EmäimuigSBtOruiigeii  der  Haut.     S.  547. 

4.  Regresrive  EmährungtstSrungen  der  Haut.    S.  549. 

5.  Neoritische  Dermatosen.    S.  551. 

6.  Parasitäre  DermatoBen.    S.  552. 

7.  Chronische  Infectionakrankheit^n  der  Haut.     S.  554. 

8.  Allgemeine  Therapie.    8.  560. 

B.  VeneriBche  Krankheiten.     S.  562. 

1.  Oonorrhoe.    S.  562. 

2.  Venerische  Helkoaen.    S.  566. 

3.  Syphilis.    S.  567. 

a.  Hant  und  Schleimhaut.    S.  567. 

b.  Viscerallues.    S.  569. 

c.  Hereditäre  Lnes.    8.  571. 

d.  Therapie  der  Lues.    S.  572. 

IX. 
Kinde rkrmnk bei ten.     Ton  PriTatdoc«Dt    Dr.  H.   Neumann  in  Berlin. 

S.  575—610. 

A.  PhjKoloffie.    8.  575. 

B.  Pathologie  und  Therapie.    S.  581. 

1.  Krankheit«a  der  Neugeborenen.    S,  581. 

II.  Krankheiten  des  NerrenByetemB.    8.  582. 
in.  Krankheiten  der  Atlunungsorgane.     8.  586. 
TV.  Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.    S.  588. 

V.  Krankheiten  der  Verdauungsorgane.    S.  589. 

VI.  Krankheiten  der  Hamorgane.    S.  597. 

VII.  Acute  Infectionskrankheiten.    S.  598. 

1.  Diphtherie.    S.  598. 

2.  Scharlach.    8.  602. 

3.  Masern.    S.  603. 

4.  Influenza.     8.  604. 

VIII.  Allgemeine  conatitutionelle  Krankheiten  im  Kindesalter.S.  604- 

1.  Rachitig.    S.  604. 

2.  Barlow'ache  Krankheit     S.  605. 

3.  Leukämie.    8.  606. 
IX.  Syphilis.    8.  607. 

X. 
Sllmfttolegle ,  Balneologie,   Hydrotherapie.     Von  Kais.  Rath  Docent 
Dr.  Clar  in  Wien-Gleichenberg.    S.  611—643. 

1.  Klimatologie.    S.  611. 

2.  Balneologie.    S.  621. 

3.  Hydrotherapie.    8.  633. 

XI. 
AnnelniftteUebre    und    Toxikologie.     Von    Prof.  Dr.  B.   GoUlieb, 
Direktor    des    pharmakologischen  Instituts  der   Universität   Rt'idelberg. 
8.  644—680. 

Allgeneines.    8.  644. 
(Arzneiverordnung,  Hautresorption,  üntersuchungamethüden  etc.) 
S.  644. 
Specielle  Pharmakologie.    S.  649. 
Narcotica.    S.  650. 


Alkohol.    S.  653. 
Antipyretica.    S.  654. 
LocaJe  Anästhetica.    S.  656. 
Mydriatica  und  Miotica.    S.  658. 
Antiseptioa.    S.  658. 
Diuretica.    S.  663. 
Gardiaca  und  Analepiica.    S.  665. 
Eisenpräparate.    S.  665. 
Serumtherapie.    S.  668. 
Organotherapeutische  Präparate.    S.  669. 
Nährmittelpräparate.    S.  671. 
Intoxicationen.    S.  674. 

XU. 

*  

Gericlitllche  Mediein«    Von  Dr.  Georg  Puppe,  Privatdocent  an  der 
Universität  Berlin.    S.  681-706. 

I.  Allgemeines.    S.  681. 
n.  Zweifelhafte  geschlechtliche  Verhältnisse.    S.  682. 

III.  Vergiftungen.    S.  683. 

IV.  Kindesmord.    S.  690. 

V.  Andere  gewaltsame  Todesarten.    S.  693. 
VI.  Kunstfehier,    Leichenveränderungen,     plötzlicher    natürlicher 

Tod.    S.  697. 
VII.  Zweifelhafte  Geisteszustände.    S.  700. 

VIII.  Aerztliche  Sachverständigenthätigkeit  in  Unfall*  und  Invaliditäts- 
sachen.   S.  703. 

XIII. 

Oeffentliehes  Gesnndlieitsweseii.  Von  Geh.  Hofrath  Prof.  Dr.  A.  G  ä  r  t  n  e  r 
in  Jena.    S.  707—766. 

1.  Städtereinigung.    S.  707. 

2.  Wohnungshygiene.    S.  714. 

a.  Bauhygiene.    S.  714. 

b.  Heizung.    S.  716. 

c.  Beleuchtung.    S.  717. 

3.  Arbeiterhygiene.    S.  718. 

4.  Hygiene  der  Nahrungsmittel  und  Wasserversorgung.    S.  721. 

5.  Kleidung  und  Hautpflege.    S.  729. 

6.  Hygiene  des  Wochenbettes  und  der  Säuglinge.     S.  731. 

7.  Schulhygiene.    S.  733. 

8.  Desinfection.    S.  739. 

9.  Tropenhygiene.    S.  743. 

10.  Bekämpfung  der  Infectionskrankheiten.    S.  747. 

a.  AUgememes.    S.  747. 

b.  Tuberculose.    S.  749. 

c.  Typhus.    S.  752. 

d.  Diphtherie.    S.  754. 

e.  Pocken  und  Impfung    S.  755. 

f.  Trachom.    S.  759. 

11.  Krankenhaus,  Krankentransport,  MiUtarhygiene.    S.  760. 
Sachregister. 

Autorenregister. 


I. 

AUgemeine  Pathologie  und  pathologisclie  Anatomie 

(einschliessl.  Bacteriologie). 

Von  Prof.  Dr.  Hvflro  Bibbert  in  Zürich. 

1.  Allgemeine  Aetlologie,  pflanzliche  und  thierische  Parasiten, 

Infectionsicrankheiten  ^). 

1.  Allgremelnes« 

1.  Morphologie  der  Bacterien. 

lieber  eigenartige  bacteriologische  Verhältnisse  des  Roth« 
laufbacillus  berichtete  Th.  Kitt  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  22,  S.  726).    Rothlauf- 
In  Bouillon,  die  mit  Serum  versetzt  war,  wuchs  der  Bacillus  fadenförmig     bacillen, 
aus  und  bildete  verzweigte  Streptothrixformen.    Dadurch  kommt  er  dem  ^ 

Tnberkelbacillus  nahe,   dessen  actinomycesähnliches  Verhalten  bekannt  ist. 

2.  Physiologie  der  Bacterien. 

W.   Scholtz    (Zeitschr.   f.   Hyg.  Bd.   27)   prüfte    das    Verhalten    Anaerobe 
anaerober  Bacterien  bei  Luftzutritt.     Sie  wuchsen,   wenn  in   dem    Bacterien, 
Culturmedium  zugleich  Aeroben  lebten,   zumal  bei  starker  Vermehrung       Scholtz. 
derselben.     Offenbar  liegt  das  daran,   dass   die  Aeroben  Sauerstoff  auf- 
zehren und  reducirende  Substanzen  liefern.    Wurde  durch  solche  Culturen 
Luft  geleitet,  so  gediehen  die  Ana§roben  nicht.  Sie  gewöhnten  sich  während 
der  Versuche  nicht  an  eine  aörobe  Lebensweise.  —  H.  Rieder  (Münch.  Wirkung  der 
med.  Wochenschr.   Nr.  4)   untersuchte    die  Wirkung   der  Röntgen-     Röntgen- 
t«trahlen  auf  Bacterienculturen,  z.  B.  Typhusbacillen,  und  fand,  dass  sie  ^^'*^^®^  ^^^ 
ähnlich  beeinflusst  werden,  nur  nicht  so  stark,  wie  durch  directes  Sonnen-       Bieder, 
licht,  d.  h.  also  dass  sie  im  Wachsthum  verzögert  wurden.    Er  denkt  auch 
an  eine  therapeutische  Verwendung  dieser  Ergebnisse.    In  einer  späteren 

')  Vergl.  auch  Lifectionskrankheiten,  Abschn.  II,  7. 
Jahrbuch  der  practisohen  Medioin.    1899.  1 


2  Ribbert. 

Mittheilung  (ibid.  Nr.  25)  zeigt  Rieder,   dass  die  Wirkung  der  Röntgen- 
strahlen  nicht  auf  die  dabei  in  Betracht  kommenden  elektrischen  Wir- 
kungen zurückzuführen  ist.  —  Von  der  Widerstandsfähigkeit  der  Bacterien 
Wirkung  des  gegen  Alkohol  handelte  R.  Minervini  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  29).    Der 
Alkohols  auf  ^g^jjyjj^j^Q jj^j    hat    eine    geringe    bactericide   Wirkung,    zumal    auf 

Minervini  '    »porogene  Keime.    Eine  mittlere  Goncentration  wirkt  stärker   als  die  ab- 
solute, in  siedendem  Zustand  tödtet  der  Alkohol  rascher  als  bei  gewöhn- 
licher  Temperatur.     Antiseptische   Substanzen    vernichten    die   Keime   in 
Lebensdauer  alkoholischer  Lösung  besser   als  in  wässriger.  —  M.  Ficker  (Zeitschr.  f. 
^®'.         Hyg.  Bd.  29)  prüfte  verschiedene   leicht   eintretende   äussere 
Fioker     '    Einwirkungen,  wie  Austrocknung,  Befeuchtung,  Temperaturwechsel  etc. 
in  ihrer  Bedeutung  für  die  Bacterien.    Er  fand,   dass  schon  geringfügige 
Aenderungen  sehr   wirksam  sein  können.     In   feuchter  Luft  halten   sich 
Bacterien  bei  tieferer  Temperatur  sehr  gut.  Wenn  sie  ausgetrocknet  waren, 
gehen  sie  durch  Befeuchtung  rasch  zu  Grunde.  In  wenigem  Wasser  bleiben 
sie  lange  lebend,   bei  reichlichem  Wasserzutritt  sterben  sie  ab.     Durch 
mehrstündiges   Stehen  in  den  Leitungsröhren  bekommt  das  Wasser  anti- 
septische Eigenschaften. 


Bacterien 
in  den 

normalen 

Lungen, 

Bartbel, 

Dürck. 


3.  Vorkommen  der  Bacterien  im  normalen  Organismus. 

Th.  Barthel  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  24)  studirte  die  Frage  nach 
dem  Vorkommen  von  Bacterien  in  den  Lungen.  Dürck  (voriges 
Jahrb.  S.  14  u.  15)  hatte  behauptet,  dass  in  ihnen  immer  Bacterien  seien» 
Fr.  Müller  hat  dagegen  schon  im  vorvergangenen  Jahre  geltend  gemacht, 
dass  die  Resultate  Dürck's  darauf  bei-uhen  könnten,  dass  Schleim  aus  dem 
Kehlkopf  in  die  Lungen  geflossen  sei.  Barthel  fand  nun  bei  zwei  Kaninchen 
die  Lungen  und  Luftröhren  bacterienfrei,  bei  zwei  Hunden  bacterienhaltig. 
Bei  Menschen  fand  er  in  den  Lungen  zweimal  Saprophyten,  in  den  Bron- 
chen dagegen  stets  pathogene  Keime  in  wechselnder  Menge.  Die  Lungen 
selbst  scheinen  demnach  für  gewöhnlich  frei  von  pathogenen  Bacterien  zu 
sein,  doch  hat  Dürck  (ibid.)  die  Beweiskraft  von  Barthel's  Resultaten 
angezweifelt  und  auf  seine  Thierversuche  verwiesen. 


4.  Ausscheidung  von  Bacterien  durch  Drüsen. 


Ausschei- 
dung von 
Bacterien 
durch 
Diüsen, 


A.  Biedl  und  R.  Kraus  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  26)  kamen  durch  Ver- 
suche über  Elimination  von  Bacterien  durch  Drüsen  zu  dem  Er- 
gebniss,  dass  die  specifische  Thätigkeit  der  Organe  für  die  Ausscheidung" 
maa«8gebend  sei,  da  Bacterien  zwar  durch  alle  Blutgefässe  hindurchtreten 
Biedl  u.  Kraus,  können,  thatsächlich  aber  nicht  in  allen  Secreten  gefunden  werden.  Sie 
werden  durch  Niere  und  Leber  leicht  eliminirt,  durch  Speicheldrüsen  und 
Pankreas  dagegen  nicht.  Es  gebe  demnach  eine  physiologische  Secretion 
von  Bacterien. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie,        3 


5.  Erbliche  Uebertragung  der  Bacterien. 

G.  Haus  er   (Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  61)    verbreitete   Vererbung 
sich   über  die  Vererbung  der  Tuberculose   und   sprach  sich         *®' 
dahin  aus,    dass  dieselbe  im  allgemeinen  nicht  durch  Uebertragung       Häuser, 
der  Bacillen  zu  Stande  komme.     Die  Fälle  congenitaler  Tuberculose 
sind   spärlich  und   beziehen   sich   nur   auf  hochgradige  Tuberculose 
der  Mutter,   also   nicht  auf  die  häufigsten  Fälle.     Haus  er  experi- 
mentirte   mit   Meerschweinchen,    denen    er   locale    Tuberculose   der 
Lungenspitzen   beibrachte,    und   sah   bei    zahlreichen  Nachkommen, 
einen  zweifelhaften  Fall  ausgenommen,  nie  Tuberculose.     Die  Ver- 
erbbarkeit  der  Erkrankung  beruht  auf  der  übertragenen  Disposition. 
—  S.  Nakarai   (Ziegler's  Beitr.  Bd.  24)    hat  aufs   neue   Hoden,      Nakarai. 
Nebenhoden    und    Samenblasen,    die   frei   von    anatomischen 
Veränderungen   waren,   auf  die  Gegenwart  der  Bacillen  ge- 
prüft und  gesehen,    dass   ein  Theil  der  inficirten  Thiere  tuberculös 
wurde.     Bacillen  waren   also   vorhanden,    aber  zweifellos    nur  sehr 
wenige    und  nicht  immer.     Jedenfalls   komme    der  Vererbung   der 
Tuberculose  durch  Sperma  keine  nennen swerthe  Bedeutung  zu,  da- 
gegen könne  den  Bacillen  des  Samens  vielleicht  Wichtigkeit  für  die 
Erzeugung  weiblicher  Genitaltuberculose  beizumessen  sein. 

6.  Uebertragung  der  Bacterien  durch  die  Luft. 

M.  Neisser  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  27)  machte  Experimente  Luftstaub- 
über  Luftstaubinfection.  Er  trocknete  Bacterien  ein  und  infection, 
prüfte  ihre  Verbreitbarkeit  durch  einen  Luftstrom  von  1  cm  pro  Se- 
cunde.  Auf  diese  Weise  konnten  über  eine  Strecke  von  80  cm  er- 
folgreich verstäubt  werden  Staphylokokken,  Pyocyaneus,  Milzbrand- 
sporen, Meningokokken  und  mit  bemerkenswerther  Leichtigkeit  auch 
TuberkelbaciUen.  Negativ  blieben  die  Versuche  bei  Diphtherie, 
Typhus,  Pest,  Cholera,  Pneumonie  und  Streptokokken.  Neisser 
ist  demnach  der  Meinung,  dass  ausgehustete  Bacillen  durch  die  Luft 
übertragen  werden  können. 

7.  Eindringen  von  Bacterien  in  den  Organismus. 

H.  F.  Nuttall  (Centralbl.  f.  Bact.  Bd.  23)  suchte  festzustellen,       Ueber- 
inwieweit  durch   die  Stiche  von   Wanzen  und   Flöhen   Bac- *^*S"°5  ^^'^ 

...j^.  ,  ,  __,_._  Bacterien 

tenen  in  den  Organismus  gelangen  können.     Er  uess  die  Insecten       durch 
sich  an  kranken  Thieren  inficiren  und  dann  gesunde  stechen.    Nie-     Wanzen, 
mals   kam   eine  Infection  zu  Stande.     Die  Cultur   der  Wanzen  und       N^*^^« 


Ribbert. 


Post- 
mortales 
Eindringen 
der 


Flöhe  ergab,  dass  die  Infectionserreger  in  ihnen  rasch  absterben. 
Eine  Uebertragung  dürfte  also  auch  für  andere  als  die  untersuchten 
Krankheiten  nur  sehr  selten  vorkommen.  —  A.  Birch-Hirsch- 
feld  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  24)  machte  Studien  über  das  schon  oft 
discutirte  postmortale  Eindringen  von  Bacterien,  speciell 
Bacterien,  des  Bacterium  coli.  Er  sah,  dass  es  schon  einige,  im  Durchschnitt 
Hirschfeld  ^^  Stunden  post  mortem  in  den  inneren  Organen  gefunden  wird. 
Pathologische  Veränderungen  des  Darms  haben  darauf  keinen  Ein- 
fluss.  Wahrscheinlich  kann  das  Bacterium  auch  schon  agonal  ein- 
dringen und  dann  leichter  nach  Verletzung  der  Darmwand,  ins- 
besondere des  Epithels. 


Infeotions- 

gifte, 

Behring. 


8.  Inf ectionsgifte. 

E.  Behring  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  36)  schlägt  vor, 
die  Bezeichnung  „Infection"  nicht  nur  auf  die  Fälle  anzuwen- 
den, in  denen  Krankheiten  durch  ein  Eindringen  von  Parasiten  in 
den  Körper  bedingt  sind,  sondern  auch  auf  die,  in  welchen  nur  die 
Gifte  lebender  Wesen  in  den  Organismus  gelangen,  letztere  selbst 
aber  nicht.  Er  unterscheidet  danach  eine  parasitäre  und  eine 
toxische  Infection.  Die  Gifte  aber  nennt  er  in  allen  Fällen  In- 
f ectionsgifte. 

9.  Disposition,  Immunität  und  Heilung. 

Von   besonderem  Interesse    sind  zunächst  die   Untersuchungen 

über  die  Bindung  bacterieller  Gifte  durch  Zellbestand- 

Bindung     theile.    A.Wassermann  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  1)  prüfte, 

des  Tetanus- ^Qjj    der  Meinung   ausgehend,    dass    die   Tetanusantitoxine    die   in 

A.Wassermwin, -Lösung   übergegangenen   Producte    von   Zeilen    des    Centralnerven- 

systems  seien,  Emulsionen  des  letzteren  auf  ihre  Wirkung  und  fand, 

dass  sie  bestimmte  Giftmengen ,   gleichzeitig  mit  ilinen  bei  Thieren 

injicirt  oder  nach  der  Giftinjection  beigebracht,  unschädlich  machen. 

24  Stunden    vorher  injicirt   schützen   sie   den  Organismus    vor  der 

Takaki,       Vergiftung.     Mit  Takaki  (ibid.)  stellte  er  femer  fest,  dass  andere 

Organe   die  Wirkung  des  Centralnervensystems   nicht  besitzen  und 

dass  das  Gehirn  stärker  wirkt  als  das  Eückenmark.     Zu  denselben 

Behring,      principiell   wichtigen    Ergebnissen    ist    auch  E.   Behring    gelangt 

(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  5).     Bei  Tauben,   die  an  Tetanus 

verendet  waren,   fand  sein  Mitarbeiter  Ransom  in  allen  Organen 

beträchtliche  Giftmengen,  nur  nicht  im  Centralnervensystem. 

Hier   ist  das   Gift  gebunden   und  so  unschädlich  gemacht  worden. 

Behring  meint,    dass   auch   bei   anderen  Infectionen  ähnliche  Be- 


Allgemeine  Pathologie,  pathologiflche  Anatomie,  Bacteriologie.        5 

Ziehungen  der  Gifte  zu  bestimmten  Organen  vorhanden  sein  könnten. 
Denselben  Gedanken  hatte  auch  A.  Wassermann  (Berl.  klin, A.WasBermann, 
Wochenschr.  Nr.  10).  Er  konnte  zeigen,  dass  Milz,  Lymphdrüsen 
imd  Knochenmark  dem  Typhusgift  gegenüber  sich  analog  ver- 
halten, wie  das  Nervensystem  gegenüber  dem  Tetanus.  Er  meint 
femer,  dass  der  Uebergang  der  bindenden  Zellsubstanz  ins  Blut  ein 
Aasdruck  ihrer  übermässigen  Bildung  in  der  Zelle  sei.  Für  die 
zunächst  durch  das  Gift  vernichteten  Protoplasmatheile  trete  eine 
Regeneration  ein,  die  wie  sonst  so  oft  über  das  Ziel  hinausschiesse. 
Milchner  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  17)  untersuchte  genauer  die  Milchner, 
Bindung  des  Tetanusgiftes  durch  Gehimsubstanz.  Er  fand, 
dass  der  Vorgang  auch  in  centrifugirter  Gehimemulsion  erfolgt,  also 
ein  rein  chemischer  Process,  kein  vitaler  ist.  Ein  Ueberschuss  von 
Giffc  wird  nicht  mehr  gebunden.  Mit  dem  gleichen  Thema  be- 
schäftigte sich  auch  F.  Blumenthal  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Blumenthal, 
Nr.  12).  Er  kommt  auf  Grund  von  Versuchen  zu  dem  Schluss, 
dass  der  Tetanus  dadurch  entstehe,  dass  sich  das  Gift  mit  den 
giftbindenden  Substanzen  der  Nervenzellen  vereinigt. 
Dadurch  verschwindet  es  aus  dem  Blut,  wenn  eine  bestimmte  Menge 
injicirt  war.  Das  gebundene  Gift  kann  durch  Heilserum  nicht  mehr 
beeinflusst  werden,  daher  seine  Anwendung  bei  bereits  ausge- 
brochenem Tetanus  nur  noch  insofern  nützen  kann,  als  es  das  im 
Blute  durch  die  Bacillen  stets  neu  gebildete  Gift  bindet.  —  Auch 
A.  Knorr  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  11  u.  12)  experimentirte  Knorr, 
über  die  Beziehungen  des  Tetanusgiftes  zum  thierischen 
Organismus.  Nur  Lst  er  über  den  Uebergang  des  Zellstoffes  ins 
Blut  etwas  anderer  Meinung.  Er  meint,  das  Gift  übe  eine  an- 
lockende Wirkung  auf  die  Zellen  aus,  diese  producirten  nun  das 
Material,  welches  das  Gift  bilde,  in  reichlicher  Menge  und  gäben  es 
so  in  das  Blut  ab.  —  F.  Blumenthal  und  P.  Jacob  (Berl.  klin.  Blumenthal  u. 
Wochenschr.  8.  1079)  versuchten  das  Antitoxin  subdural  einzu-  Jacob, 
spritzen,  um  womöglich  die  Entgiftung  des  Centralnervensystems 
auf  diese  Weise  besser  zu  erreichen.  Sie  hatten  aber  negative  Re- 
sultate. Auch  die  Injection  in  die  Gehirnsubstanz  war  nicht  er- 
folgreich. 


R.  Pfeiffer  und  Marx  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  27)  übertrugen     Bindung 
diese  den  Tetanus  betreffenden  Lehren  auch  auf  die  Cholera.    Die  desCholera- 
das  Gift  bindenden  Stoffe  entstehen  hauptsächlich  in  der  Milz,  femer  pfeiffer  u.  Marx. 
in  den  Lymphdrüsen  und  im  Knochenmark.     Sie   sind  nach  voll- 
endeter Immunisirung   in   diesen  Organen   reichlicher  zu  finden  als 


6  Ribbert. 

Bindung     im  Serum.    —    W.   Myers   (Lancet,   2.  Juli)   übertrug  Wasser- 
^®®         mann's  Ergebnisse  auch  auf  die  Vergiftung  mit  Schlangengift, 
giftes,       Er  prüfte,   ob   das  Centralnervensystem  von  Meerschweinchen  eine 
Myere,        (Jas  Gift  bindende  Substanz  enthalte.    Er  fand  aber,  dass  Mischungen 
beider  Stoffe  die  Virulenz  nicht  aufheben.     Nur  hat  das  Nebenein- 
stephen  u.     ander  einen  mildernden  Einfluss  auf  das  Gift.  —  J.  Stephen  und 
^®   *        M.  Myers   (Joum.  of  Pathol.  Bd.  5)    studirten    die  Wirkung    des 
Schlangengiftes   auf  Blut  ohne  und  mit  Vermischung  mit  Immun- 
serum.    Das  Gift  für  sich  hinderte  die  Blutgerinnung,   das  Serum 
rief  sie  hervor.    In  der  Mischung  mit  letzterem  wurde  nun  das  Gift 
gebunden   und    dadurch   unwirksam.     Es    verhinderte  nun  die  Ge- 
rinnung nicht  mehr.     Diese  Wirkung   des  Serums  auf  das  Gift  ist 
eine  specifische.    Verf.  meint,  dass  sie  im  Körper  in  gleicher  Weise 
Giftbindnng,  vor  sich  gehe.  —  Schon  vorher  hat  H.  Kossei  (Berl.  klin.  Wochen- 
^^^^'       Schrift  Nr.  7)  interessante  Versuche  über  die  Giftbindung  durch 
Serum  ausserhalb  des  Körpers  mitgetheilt.     Er  suchte  festzustellen, 
ob    der  Vorgang    chemischer  Natur   oder    von  lebenden  Zellen   ab- 
hängig sei,  tmd  benutzte  das  Aalgift,  welches  rothe  Blutkörperchen 
rasch  auflöst.     Vermischte   er  aber   das  Gift  vor  dem  Zusatz  zum 
Blut  mit  dem  Serum  eines  immunisirten  Thieres,   so  blieb  die  auf- 
lösende Wirkung  aus.    Danach  sind  zur  Giftbindimg  die  Zellen  nicht 
erforderlich,  sie  spielen  aber  bei  der  activen  Immunisirung  eine  Rolle. 

Ueber  die  Agglutination  von  Culturen  durch  Serum  arbeitete 
Agglutina-  E.  Behring    (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  19).     Er   zeigte, 

tion,        ^g^gg   ^^^^  üultuT  durch  bestimmte  Züchtung  ihr  Verhalten  bei  der 
Behring,  .  ^ 

Agglutination    ändern    kann.     Wenn    er    Cholerabacillen     in 

Bouillon  züchtete,  zu  welcher  etwas  Serum  eines  immunisirten  Pferdes 
gesetzt  war,  so  war  nachher  die  Agglutination  bei  der  so  gezüch- 
teten Cultur  sehr  geringfügig,  während  sie  mit  der  ControUcultur 
NicoUe,  voll  gelang.  —  Ch.  Nicqlle  (Annales  de  Plnstitut  Pasteur  Nr.  8) 
fand,  dass  die  zur  Agglutination  führenden  Substanzen  der  Ober- 
fläche des  Bacterienkörpers  (Typhusbacillus)  anhaften  und  durcl: 

Bieberatein,  das  Serum  zur  Gerinnung  gebracht  werden.  —  M.  Biebersteii 
(Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  27)  stellte  fest,  dass  normales  Serum  nuj 
selten  Spuren  einer  agglutinirenden  Wirkung  auf  Typhusbacillei 
erkennen  lässt.   Das  Typhusserum  prüfte  er  auch  auf  Colibacillen  un' 

Escherieh,  sah,  dass  auch  diese  sehr  leicht  agglutinirt  werden.  —  Th.  Esche  •.  ^  ^f 
rieh  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  40)  benutzte  die  Aggluti  ./^^'^» 
nation,  imi  in  Fällen  von  Säuglingsdiarrhoe,  in  welchen  das  Bar 
terium  coli  fast  rein  auftrat,  die  Bedeutung  dieses  Bacillus  festzii 


'^••':^^ 


.  ,    E.  t«.d  sich  ^«.„-^^'X:!-!«...!.  -  O,--.-'^      *"""■ 

":-Ser  ergab    für    «e    «-    -;^pX  l^r.  12.  t...i.  a«-      «.-^ 

::.::,„d  wirken,  -'^^l'^'f'^^^,,  ..d  ver^a^ato  B.-IW.  ^,0 
■■ -A«  die  echten  Cholera  gowisson 

.  .    .,^  Sublimat   geg  j^Murinatioti  gaWii. 

-. . .  :  ilaznostisch  branchbare  -V. 

""       '  .  ™r  Fracre  der  activon  uu-Mv^s- 

,  lle  Untersnchuiig^n  zurr     -  ,     j      ^ZoUso\^r.   M^^7V^^^'^ '» - 

.%-£.•.  25).     Ib«^    Sel««^  Maus.«  eine  active  Immum."»"« 
-  -  .   v^«-:hweinchen  «^t^w^hatte  keine   svooiti»«-!«««    "«- 
: '-■ -::.i   :i.r    gescbüt^n  J^jrf'X   .ich   nur   bei  ThWo,,. 
""  F-^pnscbaften.     Die^e  la      ,.„.,.,.  jj^NVoiMon  wovon. 

'     .^   '_-v..r.  Arten  von  Vaccm^  ^^^  ^,^^^^^  ^^,  ,^.,„      , 

-'     --—.  ^,..e  Vaccine.    ^V^'^^r^V^er  Mil/A.ra««»    v.-H.mUV 

-  ■^'    '-"      /     Natürlicher  a^«"**"'^""'\"   Uawn  (»'-.<».«»-   ^«^«-«-'^t 
-■  _x-    ^sen  neue  Tnfection.  itj^t  ,w   UnW>H       ^^,,„,,. 

-  --^:^-"-:-^     Bd.  24)  prüfte  die  Immune  ^,^^^^^^^,       ^^^^^^^^ 

" "  ■"  .       -nl    Da«  Tetannsgift  bleibt  a  .,.,„  ,,„„„, 

.  -1^-  -r_    -.i»   --•-        ,       Q„>,Htanz  findet,  die  <»  »"»- 

-  -  _     -v^  ■   -^  k^'°«  Substanz  n         ,  ^  ^^^  ^^^ ,,,,,,,,, 

-  ■  ,:rhtd  schaden.    —    ^J^""  r'/.«iurlii-    V,  b"'"^'" 
_      ,-    Hl^    ""    I^^vwteA  Wassermann   </""'7'  •.'.,., «„v-^^v^v 

,     c  .  -.t  i  ^ «    berichtete  A  j,,,.,„..,l,„„  „...1.  »..-«n  ,,„.„,.,.««. 

■    -    :        -■     ^  -  -^.'.^'^btete  sie  weder  "e™  j..,,,,,,,,,.,«-". 

-  -  ■  -        '    =;,.  im  Einklang  mit  den  W    -         ^. ,,,  ,.,    ,,,,,.  „„.««.^^ 
--:...     .    -in  im  allgemein    n^rb^^^^^^^^^^^^^^^  

—  -  -  -    Z^.    -:c.cbenschr.Nr.43).  D'';/'  .„.^.„rbonc      ,^ho««. 

-    "---     '.-    ;;...-n.n  Verhalten   :'-j; ''  ,!  ......wodor  (,,1..- 

-  - :        -  J^.a  --.«1  Anritomen  im  Blut  ^^.^.^^^  ^^^,,,,^,, 

-  "-        '--'         .  ..enden  Organe  au  Anruz  ,„„  j«. 

"^■^  -         "    '-  "'  ---^  -''^^''*^  \T  "n  ^  in.Uch,  die  durch 
'  -  "  '   :  :,   ,,.  InfecüonskrankbeJB  ^^^  ^^^^^^^^^^^^ 


g  Ribbert. 

Immunitat  W.  Kolle  und  G.  Turner  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  29)  theilten 

gegen  -j^^  ^^^  Capland  gewonnenen  Erfahrungen  über  Schutzimpfung 
Kolleu. Turner. gegen  Rinderpest  mit.  Die  Immunisirung  gelingt  durch  Ein- 
verleibung steigender  Giftdosen.  Die  Schutzimpfung  wird  vorge- 
nommen durch  gleichzeitige  subcutane  Injection  von  virulentem  Pest- 
blut auf  die  eine  und  Immunserum  auf  die  andere  Seite  des  Thieres. 
Die  Methode  hat  sich  durchaus  bewährt. 

Ueber  Schutz  gegen  Infection    durch  locale  Verän- 
Entzündung  derungen    berichtete    W.   Noetzel    (Fortschr.   d.  Med.    Nr.  6). 
^^^.         Granulirende  Wunden   lassen    keine  Bacterien   durchtreten.     Auch 
Noetzel,  *    Gifte  scheinen  nicht  auf  ihnen  resorbirt  zu  werden,  sicherlich  nicht 
das   Tetanusgift.     Die    aufgebrachten  Bacterien    werden    durch    die 
Wundsecrete,  denen  keine  bacterientödtende  Eigenschaft  zukommt, 
Kohn,        fortgeschwemmt.   —  P.    K  o  h  n    (Berl.   klin.  Wochenschr.   Nr.  29) 
eruirte,  dass  den  auf  Wunden  durch  Höllenstein  und  andere  Aetz- 
mittel  erzeugten  Schorfen  eine  gewisse  Schutzwirkung  gegen  Diph- 
theriebacillen   und  andere  Mikroben  zukommt.     Erstere  gingen  auf 
Cobbet,       dem  Schorf  rasch  zu  Gnmde.  —  L.  Cobbet  und  W.  S.  Melsome 
MelBome.      (Centralbl.  f.  pathol.  Anat.  Nr.  20)  behaupten  auf  Grund  von  Ver- 
suchen  eine  schützende  Wirkung  der  Entzündung.     Sie  bringt  die 
Vertheidigungsmittel  des  Blutes  und  der  Gewebe  an  die  angegriffene 
Stelle.     Nicht  infectiöse  Entzündung  ist  geeignet,  gegen  nachherige 
Infection  mit  massig  virulenten  Bacterien  zu  schützen.    Gegen  stark 
virulente  schützt  sie  nicht. 
Oedem  und  H.  J.  Hamburger    (Centralbl.   f.  Bact.    Bd.  24)    fand,    dass 

Infection,    j^^iigbrandbacillen    in   Extremitäten    mit   venöser   Stauung 
Hamburger.  .  ^ 

auch  ohne  Mithülfe  von  Zellen  rascher  zu  Grunde  gehen   als   an 
gleichen  Stellen  der  gesunden  Extremität. 

Fieber  und  G.  Engelhardt   (Zeitschr.   f.   Hyg.   Bd.  28)   prüfte   die   Be- 

infection,    Deutung  des   Fiebers  für  die  Infection.     Durch  Wärmestich 
Engelbardt.  li        m 

hergestellte  Temperaturerhöhung  hatte  günstigen   Einnuss   auf  die 

Staphylokokkeninfection,  am  meisten  bei  intravenöser  Injection.    Es 

handelt  sich  aber  nur  um  Lebensverlängerung,  nicht  um  dauernden 

Schutz.     Die  Art  der  Wirkung  bleibt  unklar. 

Bedeutung  Ueber  die  Bedeutung  der  Leukocytose  bei  Diphtherie  be- 

Lgyjj^^Qgg  richtete  Besredka  (Annales  de  Tlnstitut  Pasteur  Nr.  6).    Nach  ex- 

bei         i)erimenteller  und  spontaner  Infection  tritt  die  Vermehrung  der  Leuko- 

infection,    cyten   ein.     In  zur  Heüung  gelangenden  Fällen  ist  sie  beträchtlich, 

bei  letal  endenden  bleibt  sie  aus.    Die  Leukocytose  sei  demnach  ein 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.        9 

den  Verlauf  günstig  beeinflussender  Factor  und  prognostisch  wichtig. 
—  A.  Loewy  und   P.  F.  Richter  (Virch.  Arch.   Bd.  161)   hatten      Loewy  u. 
in  früheren  und  neuen  Versuchen   gesehen,   dass  eine  experimentell       Bicl»ter, 
erzeugte  Hyperleukocytose  nur  einen  massig  fördernden,  selten  hei- 
lenden   Einfluss   hat.      Die    aber   immerhin   vorkommende    günstige 
Wirkung   wird   auf  das   Freiwerden    antitoxischer   Stoffe   aus    den 
Leukocjrten  zurückgeführt.  Den  Zerfall  erschliessen  sie  unter  anderem 
aus   dem  Auftreten  von  Albumosen  im  Blut.   —  A.  Motta  Coco    Motta  Coco, 
(Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  24)  studirte  die  Leukocytose  bei  Diplo- 
kokkeninfection.     Bei  Kokken   mittlerer  Virulenz   tritt  sie  stets  ein 
und    weicht   später    einer   Hypoleukocytose.     Virulente   Infectionen 
machen  keine  Vermehrung  der  Zellen,  bei  immunen  Thieren  entsteht 
ntir  massige  Leukocytose,   die  vom  Knochenmark  abzideiten  ist.  — 
H.  vandeVelde  (ibid.  Bd.  23)  fand,  dass  Exsudate,  welche  lebende  van  de  Velde, 
Leukocyten  enthalten,  viel  bactericider  sind  als  Blutserum,  dass  also 
die  Zellen   für  die  Bildung  der  bacterientödtenden   Substanzen  be- 
deutsam sind.  —  0.  Bail  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  42)  kam  bei         Bail, 
Versuchen,  in  denen  er  Staphylokokken  und  Leukocytenmassen  zu- 
sammen injicirte,  zu  dem  Schluss,  dass  auf  diese  Weise  der  tödtliche 
Ausgang  der  Infection  verzögert  wird,  und  bezieht  das  auf  die  Bin- 
dung der  Gifte  durch  Leukocytenstoffe.     Die  Kokken  bleiben  selbst 
zunächst  am  Leben,   gehen   aber  später  zu  Grunde  oder  tödten  die 
Thiere  erst  nachträglich.  —  M.  Löwit  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  23)        Löwit. 
fand,  dass  bei  der  Zerreibung  von  Lymphdrüsen  in  der  Nährflüssig- 
keit bactericide  Eiweisskörper  vorhanden   sind,   die   aus  den  Zellen 
stammen  müssen.     Einwände,  dass  hier  eine  andere  Ursache  heran- 
zuziehen   sei,   konnten   zurückgewiesen  werden.  —  G.  Perez  (ibid.     Wirkung 
Bd.  23)  wies  in  normalen  Thierlymphdrüsen  stets  Bacterien  nach,  ^®^  Lymph- 
während   alle   anderen  Organe   steril  waren.     Auch  künstlich  einge-        p^^g^ 
führte  Bacterien  würden  von   den  Lymphdrüsen  lange  festgehalten. 
Li  ihnen  erführen  sie  allerdings  eine  Abschwächung.  —  F.  Besan9on    Besancon  u. 
und  M.  Labbe  (Archives  de  med.  exper.  Nr.  3)   studirten  die  Be-       Labb6. 
deutung  der  Lymphdrüsen  für  die  Infection.     Li  ihnen   werden 
auf  lymphatischem  oder   hämatogenem  Wege   zugeführte  Bacterien 
gut  zurückgehalten,  erfahren  eine  Abschwächung  und  gehen  zu  Grunde 
durch  Phagocytose  und  bactericide  Substanzen.  —  J.  Courmont  — derMilz, 
und  Duffan   (ibid.)   fragten  nach    der  Bedeutung  der  Milz.     Ihre    ^°^°°*  ^■ 
Exstirpation  wirkte  verschieden   und  je  nach  der  Bacterienart  bald 
nützlich,   bald  schädlich.     Doch  trat  im  gleichen   Fall  inmier  der 
gleiche    Effect   ein.      So    hat   die  Milz   doch    eine    bestimmte  Ein- 
wirkung. 


10 


Ribbert. 


Phago- 

cytose, 

MarchAnd, 


Tiltges, 


Salimbenl, 


Hesnll. 


L.  Marchand  (ibid.  Nr.  2)  prüfte  die  Pbagocytose  gegenüber 
Streptokokken.  Abgeschwächte  und  virulente  Culturen  verhielten 
sich  in  verschiedenen  Serumarten  gleich,  sie  wuchsen  darin  lebhaft. 
Die  Differenz  bei  der  Infection  musste  daher  auf  etwas  anderes  be- 
zogen werden.  Die  abgeschwächten  Kokken  wurden  von  den  Leuko- 
cjrten  geft-essen,  die  virulenten  nicht.  —  N.  Tiltges  (Zeitschr.  f.  Hyg. 
Bd.  28)  erklärte  die  Immunität  des  Huhnes  gegen  Milzbrand  aus  der 
Serumwirkung,  die  Phagocjrtose  spielt  nur  eine  geringe  Rolle.  Tauben 
haben  wenig  wirksames  Serum,  aber  lebhafte  Phagocytose,  die  in 
den  Fällen,  in  denen  Heilung  eintritt,  den  heilenden  Factor  darstellte.  — 
A.  T.  Salimbeni  (Annales  de  Plnstitut  Pasteur  Nr.  3)  beobachtete 
bei  subcutaner  Injection  von  Diphtherie-  und  Cholerabacillen  und  von 
Streptokokken  bei  immunisirten  Thieren  stets  lebhafte  Phagocytose. 
Streptokokken  wurden  zuerst  von  mononucleären  Zellen  gefressen, 
dann  wieder  frei  und  nun  von  polynucleären  Leukocjrten  vernichtet. 
—  F.  Mesnil  (ibid.  Nr.  8)  immunisirte  Kaninchen  gegen  Schweine- 
rothlauf  und  stellte  fest,  dass  das  Serum  dieser  Thiere  neue  Kanin- 
chen gegen  die  Infection  schützt  und  sie  auch  durch  nachfolgende 
Injection  noch  heilt.  Die  Bacterien  werden  aber  nicht  durch  die 
Flüssigkeiten  getödtet,  sondern  durch  Phagocytose  vernichtet. 


Chemotaxis,  J.  Pfoehl  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  24)  eruirte,  dass  die  Erscheinung, 

Pfoehl.        wonach  Leukocjten  in  Capillarröhren  mit  anlockenden  Substanzen  hinein- 

wandern,  lediglich  eine  physikalische  ist,  die  auch  mit  verschiedenen  anderen 

Stoffen,  z.  B.  Sand,   hervorzurufen  ist,   und  dass  sie  auch  bei  Leukoc3rten 

eintritt,  die  durch  Chemikalien  gelähmt  wurden. 


2.  Einzelne  InfectionskrankhelteD. 


1.  Septikämie. 


Erysipel-  Sippel  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  19)  trat  der  von  Pe- 

^^^tre  to-'     truschky  vertretenen  Auffassung  von  der  Identität  des  Strepto- 
kokken,     coccus  pyogenes  und  erysipelatos  entgegen.  Jene  Meinung  werde 
Sippel.        dadurch  hervorgerufen,  dass  der  Erysipelcoccus  gelegentlich  Eiterung 
mache.     So  wurde  eine  Wöchnerin  von  einer  Hebamme  iniicirt,  die 
mit  Erysipel  in  Berührung  gekommen  war.    Es  entstand  eitrige  Peri- 
tonitis, die  incidirt  wurde.    Von  der  Incisionswunde  entwickelte  sich 
Osteomye-    ein  Hauterysipel.  —  F.  Perutz   (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  3) 
Perate        beschrieb   einen  Fall,   in  welchem   bei   einem   llmonatlichen  Kinde 
nach  einer  Pneumonie  eine  eitrige  Osteomyelitis  an  der  Gh:'enze 
zwischen  Diaphyse  und  Epiphyse  des  Humerus  aufgetreten  war.    In 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      H 

dem  Eiter  fanden  sich  Pneumokokken.  —  0.  Lanz  und  F.  Lüscher  Abscessder 
(Correspondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  B)  berichteten  über  einen  Schilddrüse, 
Abscess  in  der  Thyreoidea,   der  nach  Pneumonie  und  Pleuritis      Lttscher. 
entstanden  war.     Es  fand  sich   in  ihm  der  Pyocyaneus.  —  F.  Lai- 
tiner  (Centralbl.  f.  pathol.  Anat.  S.  292)   sah  in   einem  Falle   vom  Pathogen  er 
Darm  ausgehender  Allgemeinerkrankung  alle  Organe  von  einem  Bac-     ^/^*®^®' 

•  £%  ^ftl  vln vi  I 

terium  durchsetzt,  welches  durch  Cultur  und  Experiment  als  eine  für 
Thiere  pathogene  Proteusart  festgestellt  wurde.   Verf.  hält  den  Mi- 
kroben daher  für  den  Erreger  der  Erkrankung.  —  N.  J.  Kedrowsky  Emphysem 
(ibid.  Nr.  20)   fand  in  der  Blase   einer  an  Eklampsie  verstorbenen  ®' 

28jährigen  Person  ein  Emphysem  der  Schleimhaut,  wie  es  auf  Darm-    Kedrowsky. 
und  Vaginalschleimhaut  oft  beschrieben  wurde.    Er  konnte  ein  Stäb- 
chen züchten,  welches  besonders  mit  den  von  E.  Fränkel  beschrie- 
benen übereinstimmte,  und  ist  der  Meinung,  dass  dieses  das  Emphysem 
hervorgerufen  habe. 

2.  Tuberculose. 

H.  Aronson  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  22)  studirte  die  Natur      Aether- 

der   aus  Tuberkelbacillenculturen  mit  Aether   extrahirbaren  Sub-  «  bösliche 

Substanzen 
stanzen,   die  man  gewöhnlich  als  Fette  angesehen  hat.     Aronson       inden 

fand,  dass  es  sich  um  Wachs  handelt.    Er  bezieht  auf  seine  Gegen-    Tuberkel- 
wart, wie  es  Klebs  bezüglich  der  Fette  gethan  hat,  die  specifische      Aronson  * 
Färbbarkeit  der  Bacillen.     Das   meiste  Wachs  findet  man  zwischen 
den  Zellen,   aus   diesen  lässt  es  sich  nur  mit  besonderen  Methoden 
entfernen.  —  M.  Nocard  (Annales  de  l'Institut  Pasteur  Nr.  9)  hat     Geflügel- 
versucht, menschliche  TuberkelbaciUen  in  Geflügelbacillen  umzu-  *^^®'c^]ose. 

NoG&rd. 
bilden.     Er  brachte  Culturen  in  CoUodiumsäckchen  in   die  Bauch- 
höhle von  Hühnern  und  prüfte  sie  nach  mindestens  4  Monaten.    Nach 
einmaligem  Verfahren  fand  er  nur  relativ  geringe  Veränderung,  nach 
der  einmaligen  Wiederholung  aber  sah  er  die  Bacillen  in  ihrer  Wir- 
kung auf  Säugethiere  den  Geflügelbacillen  ähnlich  und  nur  für  Hühner 
infectiös,  was  sie  vorher  nicht  waren.  —  Vagedes  (Zeitschr.  f.  Hyg.    Virulenz, 
Bd.  28)  prüfte  Tuberkelbacülenculturen  verschiedener  Herkunft  aus      ^^ß®"®^- 
menschlichem  Material  auf  ihre  Virulenz  und  fand  beträchtliche  Diffe- 
renzen beim  Thierversuch  (Kaninchen).    Hochvirulente  Culturen  ver- 
hielten  sich  so   bei  allen  Arten   der  Infection,    sie   vermochten  in 
grossen  Mengen  auch  Ratten  zu  inficiren. 

lieber  experimentelle  Tuberculinbehandlung  machten 
P.  Baumgarten  und  K.  Walz  Mittheilungen  (Centralbl.  f.  Bacteriol. 
Nr.  23).    Sie  hatten  mit  dem  neuen  Tuberculin  keine  guten  Erfolge. 


12  Ribbert. 

Tnbercnlin,  Bei  Infection  der  Nager  schritt  die  Erkrankung  nach  grossen  Dosen 
Baumgarten  u.  j^q^  ^^^^  behandelten  Thieren  rascher  fort  als  bei  den  ControUthieren. 
Die  VerfF.  schliessen,  dass  kleine  Dosen  keinen  Vortheil  bringen  und 
dass,  je  grösser  die  Dosen  genommen  werden,  um  so  grösser  die 
stroebe.  Nachtheile  sind.  —  H.  Stroebe  (Monogr.  Jena)  stellte  ebenfalls 
ausgedehnte  Versuche  an.  Er  sah  zunächst,  dass  eine  Ausheilung 
der  experimentellen  Meerschweinchentuberculose  in  keinem  Falle  ge- 
lungen ist,  nur  trat  in  späterer  Behandlungszeit  zuweilen  eine  Ver- 
langsamung im  Fortschreiten  ein,  wahrscheinlich  abhängig  von  Ab- 
schwächung  der  Bacillen,  deren  Abtödtung  niemals  gelang.  Auch 
stellten  sich  hier  und  da  gewisse  Rückbildungsprocesse  ein.  Indem 
mit  ihnen  sich  regenerative  Processe  combinirten,  konnten  in  ge- 
wissen Grenzen  günstige  Veränderungen  erzielt  werden.  Doch  han- 
delte es  sich  eben  immer  nur  um  locale  Heilungen,  die  ja  auch  bei 
nicht  behandelten  Thieren,  wenn  auch  weniger  ausgesprochen  beob- 
achtet werden.  Weitere  Versuche  ergaben,  dass  dem  Tuberculin 
irgend  eine  immunisirende  Wirkung  nicht  zukommt. 

Misoli-  Zur  Frage  der  Mischinfection  machte  D.  Hansemann  Mit- 

infection,  theilung  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  12).  Er  hob  hervor,  dass  der 
TuberkelbaciUus  sich  auch  secundär  auf  andersartig  erkranktem  Ge- 
webe ansiedeln  könne.  Scrophulose  sei  z.  B.  zunächst  eine  Er- 
krankimg für  sich,  und  die  Tuberculose  komme  erst  hinzu,  broncho- 
pneumonische ,  sjrphilitische  und  andere  Heerde  könnten  secundär 
inficirt  werden,  auch  beschrieb  er  seiner  Ansicht  nach  nichttuber- 
culöse  bronchiektatische  Cavemen,  die  Bacillen  als  secundäre  Ein- 
dringlinge enthielten.  —  Ausgedehntere  Untersuchimgen  über  die 
Schröder  u.  Mischinfection  stellten  G.  Schröder  und  F.  Mennes  an  (Monogr. 
Mennes.  Bonn).  Sie  glauben  derselben  nicht  die  ihr  meist  zugeschriebene 
Bedeutung  zuerkennen  zu  sollen.  Die  durch  Cultur  nachgewiesenen 
Eitererreger  stellten  sich  nämlich  bei  sämmtUchen  imtersuchten 
fiebernden  Phthisikem  aller  Stadien  als  nicht  oder  kaum  virulent 
heraus.  Auch  die  aus  ihnen  hergestellten  Toxine  hatten  in  grossen 
Mengen  bei  Thieren  nur  eine  geringe  Wirkung.  Daher  seien  weder 
die  Bacillen  noch  die  Toxine  für  das  Bild  der  chronischen  Lungen- 
tuberculose  verantwortlich  zu  machen.  Die  Eitererreger  spielen  nur 
die  Rolle  von  Saprophyten,  für  die  Prognose  sei  ihr  Befund  ohne 
Werth,  auf  die  therapeutischen  Maassnahmen  seien  sie  ohne  Einfloss. 

Von  localen  Tuberculosen  verdient  Erwähnung  die  von  M.  Mi- 
chaelis und  S.  Blum  experimentell  hervorgerufene  Endocarditis 


Allgemeine  Pathologie,  pathologiache  Anatomie,  Bacteriologie.      13 

tuberculosa  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  35).     Nach  Durch-       Endo- 

stossung  der  Klappen  und  gleichzeitiger  BaciUeninfection  entstand     ca-'ditis 

;      .     ,      T^    ,         j.^.  tuberculosa, 

eine  typische  iLndocarditis.  Michaelis  u 


8.  Typhus. 


Blum. 


J.  Petruschky  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Nr.  28)  berichtet  dar-    Anaachei- 
über,  dass  in  einzelnen  Fällen  sich  eine  überaus  massenhafte  Aus-     d'»»«  der 
Scheidung  von  Typhusbacillen   durch  den  Harn  nachweisen  baoiUeYim 
lasse,    die   wochenlang   anhalten    kann.     In   solchen   Fällen    besteht       Harn, 
natürlich  die  Möglichkeit  einer  eventuellen  Verbreitung  des  Typhus    ^®*^"®^^y- 
durch  den  Harn. 

4.  Diphtherie. 

Die  Frage   der  Unterscheidung  der  echten   Diphtherie- 
bacillen   von   den  Pseudodiphtheriebacillen  war  Gegenstand 
mehrfacher  Untersuchung.     Auckenthaler  (Centralbl.  f.  Bacteriol.    Bebte  und 
Bd.  23)   fand,   dass  die  Methode  Neisser's   (s.  vor.  Jahrb.)   nicht      ^"«do- 
völlig  einwandfrei  ist.    Wenn  Sporen  bei  seiner  Färbung  fehlen,  sei     bacillen, 
allerdings  Diphtherie   auszuschliessen ,   wenn  aber  nur  wenige  Pol-  Auckenthaler, 
kömer  da   sind,   sei   die  Sache   nicht  entschieden.     Es  müsse  dann 
noch  der  Thierversuch  hinzukommen.    Czaplewsky  (Deutsche  med.    CEaplewski, 
Wochenschr.  Nr.  4 — 6)  meinte,  dass  man  sich  zur  Feststellung,  ob 
bei  einem  Falle  echte  Bacillen  vorhanden  seien,  nicht  mit  einer  Probe 
begnügen,  sondern  mehrere  Proben  verschiedener  Stellen  durch  den 
Thiei'versuch  prüfen  solle.  —  Fr.  Schanz  (Wien.  med.  Presse  Nr.  28)       Schanz, 
kam   zu   dem  Schluss,   dass  jene  Unterscheidung  nicht  möglich  sei. 
Die  avirulenten  Bacillen  könnten  von  den  virulenten  überhaupt  nicht 
getrennt  werden.     Sie   könnten   unter  bestimmten  Bedingungen   auf 
entzündetem  Boden  Virulenz  bekommen   und   so  zu  echten  Bacillen 
werden. 

M.  Meyerhof  (Arch.  f.  Hyg.  Bd.  33)  bestätigte,  dass  die  Keulen-  Wachsthums- 
bildung  und  Verzweigungen  der  Diphtheriebacillen  nicht  als  re-       formen, 
gressive  Veränderungen  aufgefasst  werden  dürfen.  Sie  gehören  vielmehr 
zur  Biologie  der  Bacillen,    die  demnach  nicht  Bacterien  seien,  son- 
dern sich  den  Fadenpilzen  näherten.    Man  wird  ihnen  zunächst  eine 
Zwischenstellung  zwischen  beiden  Gruppen  einräumen  müssen. 

V.  Morat   und  M.  Elmassian   (Annales   de  Tlnstitut  Pasteur^*"^^^'^^''''^ 
Nr.  3)  fanden,   dass  die  auf  die  unverletzte  Conjunctiva  gebrachten  Dlphtherie- 
Toxine  der  Diphtheriebacillen  heftige,  von  Fibrinausscheidung     hacilien, 
begleitete  Entzündung  hervorriefen.   Das  Toxin  wird  also  durch  das     Elmasian. 


u 


RibT>ert. 


Diphtherie- 
baoillen  und 
Strepto- 
kokken, 
fiemheim, 


M.  MeUn, 


Hubert. 


Ver- 
schiedene 
Diphtherie- 
bacillen- 

arten, 
Sla^Tjk  n. 
Hanicatide. 

Diphtherie 

und 

Scharlach, 

Soerensen. 


Epithel  hindurch  reaorbirt,  und  die  entzündlichen  Erscheinungen  bei 
Diphtherie  könnten  danach  auf  die  Gifte  allein  zurückgeführt  werden. 

J.  Bernheim  (Arch.  f.  Hyg.  Bd.  33)  prüfte  die  Immunisirung 
gegen  eine  Mischung  von  Diphtheriebacillen  und  Strepto- 
kokken und  fand,  dass  die  Wirkung  auf  der  erzeugten  Immunität 
gegen  Streptokokken  beruht,  so  dass  nun  der  Organismus  seine 
ganze  Kraft  gegen  den  Bacillus  richten  kann.  In  jener  Mischung 
ist  die  Virulenz  des  letzteren  nicht  gesteigert.  Ihre  deletäre  Wir- 
kung beruht  auf  der  Gegenwart  der  Streptokokken.  —  M.  Metin 
(Annales  de  Plnstitut  Pasteur  Nr.  9)  prüfte  experimentell,  ob  Diph- 
theriebacillen sich  in  den  Organen  vermehren,  und  fand,  dass  das 
nicht  der  Fall  ist,  wenn  sie  rein  eingeführt  wurden,  dagegen  wohl, 
wenn  sie  mit  Streptokokken  zusammen  zur  Wirkung  gelangen.  — 
P.  Hubert  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  29)  fand  bei  Culturen  der 
Diphtheriebacillen  mit  Streptokokken,  dass  jene  unter  diesen  Um- 
ständen früher  und  stärker  Gift  bilden,  als  sie  es  in  Reinculturen 
thaten.  Diese  Veränderung  beruht  auf  einer  verstärkten  Virulenz. 
Damit  stellt  sich  Verf.  in  Gegensatz  zu  Bernheim. 

Slawyk  imd  Manicatide  (ibid.)  prüften  die  Angaben  von 
Zupnik  (vor.  Jahrb.),  dass  es  zwei  verschiedene  Arten  von  Diphtherie- 
bacillen gebe,  konnten  sie  aber  nicht  bestätigen.  Die  Wachsthums- 
erscheinungen  stimmten  zwar  nicht  immer  überein,  alle  anderen 
Eigenschaften  waren  aber  identisch. 

Soerensen  (ibid.)  untersuchte  das  Vorkommen  von  Diphtherie- 
bacillen bei  Scharlacherkrankung  und  fand,  dass  wenn  ein  ein- 
zelner Fall  mit  Bacillen  vorhanden  war,  die  anderen  im  gleichen 
Saale  sehr  oft  auch  inficirt  wurden.  Unter  213  Fällen  der  Art  trat 
dann  aber  nur  5mal  Diphtherieerkrankung  ein. 


Antitoxin-  W.  Bulloch  (Journ.  of  Path.  Bd.  5)  machte  Versuche  über  den 

verbleib      Verbleib  des  subcutan  injicirtenDiphtherieantitoxins.  Erfand, 
im  Körper,     ,  ,  ,     .  . 

Bullooh.       ^*S8  08  sehr  rasch  ms  Blut  übertritt,  um  aber  aus  ihm  schon  nach 

einem  Tage  grösstentheils  wieder  zu  verschwinden,  ohne  indess  durch 

die  Nieren  ausgeschieden  zu  werden.     Der  Rest   bleibt  noch  einige 

Experimen-  Zeit.  —  F.  Henke  (Virch.  Arch.  Bd.  164)   prüfte  den  Werth   des 

Diphtherieantitoxins  bei  inficirten  Meerschweinchen.    Er 

sah  in  gewissen  Grenzen  eine  günstige  Wirkung.    Aber  wenn  nach 

der  Infection  länger  als  20  Stunden  mit  der  Therapie  gewartet  wurde, 

war  diese    erfolglos.     Daher  werde   auch   beim  Menschen   nur    mit 

frühzeitiger  Anwendimg   des  Serums   ein  Erfolg   zu   erwarten   sein. 

Es  müSvse  auch  bedacht  werden,  dass  ja  das  Antitoxin  die  Bacillen 


teile  Sernm 

therapie, 

Henke, 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      15 

nicht  schädige  und  dass  gegen  die  Streptokokkenmischinfection  das 
Semm  machtlos  sei.  —  C.  Spronck  (Annales  de  Flnstitut  Pasteur  Spronck. 
Nr.  10)  fand  hei  Feststellungder  in  Holland  mitDiphtherieantitoxin 
gewonnenen  therapeutischen  Resultate,  dass,  wenn  man  auf  58^ 
erwärmtes  Serum  benutzt,  die  sonst  wohl  beobachteten  schädlichen 
Nebenwirkungen  vermindert  werden.  Von  anderer  Seite  war  die- 
selbe Beobachtung  schon  mit  normalem  Pferdeblutserum  gemacht 
worden.  Spronck  sah  zugleich,  dass  die  specifische  Kraft  des 
Diphtherieserums  durch  die  Erwärmung  nicht  leidet. 

5.  Pneumonie. 

J.W.  Eyre  und  J.  N.  Washburn  (Joum.  of  Path.  and  Bacter.  Virulenz  der 
Bd.  5)  konnten  die  Virulenz  des  Pneumococcus  auf  einem 
bestimmten  Medium  lange  erhalten.  Kaninchen  war  sehr,  Meer- 
schweinchen relativ,  Geflügel  absolut  immun.  Durch  mehrmaliges 
Durchfuhren  durch  den  Meerschweinchenkörper  wurde  die  Virulenz 
für  diese  Thiere  gesteigert.  Das  Normalserum  der  genannten  Thiere 
schützte  gegen  die  minimalste  tödtliche  Dosis,  aber  nicht  mehr.  Das 
Serum  war  agglutinativ,  zwischen  dieser  Wirkung  und  der  Immuni- 
tät bestand  keine  Beziehung. 

6.  Tetanus. 

F.  Ransom  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  8)  experimentirte  intestinale 

an  Meerschweinchen,  um  die  Frage  nach  der  Giftigkeit  von  Bac-        .  / 

\  ^  ,  ^  Wirkung, 

teriengiften,   speciell   des  Tetanusgiftes   zu   prüfen.     Er  fand,      Ransom. 
dass  das  Gift  nicht  resorbirt  wird,    sondern  den  Darmkanal,  per  os 
oder  per  rectum  eingeführt,  unverändert  wieder  verlässt.    Es  konnte 
in  den  Organen,  die  verrieben  und  Mäusen  subcutan  injicirt  wurden, 
nicht  nachgewiesen  werden. 


Pneumo- 
kokken, 
E3rre  n. 
Waahbnm. 


7.  Keuchhusten. 


L.  Vincenzi  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  40)  fand  im  Spu-    Bacterien 


tum  bei  Keuchhusten  einen  Mikroorganismus,  der  regelmässig  vor- 
kam und  als  Coccobacillus  bezeichnet  werden  musste.  Er  spricht 
ihn  als  Erreger  der  Krankheit  an.  Thierversuche  gelangen  nicht. 
Das  Bacterium  unterschied  sich  von  anderen  früher  und  besonders 
von  dem  durch  Czaplewski  beschriebenen  (s.  vor.  Jahrbuch).  Mit 
des  letzteren  Untersuchungen  stimmt  aber  wieder  0.  Zusch  (Münch. 
med.  Wochenschr.  Nr.  23  und  Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  24)  überein. 
Besonders  günstig  als  Culturmedium   war  ein  „Anasarkaflüssigkeit- 


des  Keuch- 
hustens, 
Vincenzi, 


Zusch, 


16 


Bibbert. 


Bacterien  Glyceiinagar" .  Die  Reincultur  gelang  aus  Schleimflöckchen  leicht, 
es  ^^^  '  ebenso  die  Weiterzüchtung.  Verf.  meint,  die  Umstände,  dass  die 
Znsch,  Mikroben  regelmässig  bei  Keuchhusten  vorkommen,  sonst  fehlen, 
dass  ihre  Menge  sich  mit  dem  klinischen  Verhalten  deckt  und  dass 
die  Befunde  an  weit  aus  einander  liegenden  Orten  (Heidelberg,  Aachen, 
Königsberg)  gemacht  wurden,  sprächen  sehr  für  die  specifische  Be- 
deutung des  Bacteriums.  Es  ist  gegen  Hitze  und  Austrocknung 
sehr  empfindlich.     Daher  lasse  sich   die  Vorliebe   der  Erkrankung 

Gzaplewski.  fiir  feuchte  Gegenden  verstehen.  —  Czaplewski  (Centralbl.  f. 
Bacteriol.  Bd.  24)  betonte  Vincenzi  gegenüber  nochmals,  dass  es 
ihm  gelungen  sei,  eine  Reincultur  des  von  ihm  aufgefundenen  Mikro- 
organismus darzustellen,  und  veranschaulichte  das  Verhalten  der  Cul- 
turen  durch  Photogramme. 


8.  Meningitis. 

Diplococcus  Gr.  Still  (Joum.  of  pathol.  Bd.  5)  fand  bei  Untersuchung  ein- 

int ra-       facher  Basilarmeningitis  bei  Kindern,  dass  sie  durch  den  Diplococcus 
cellnlaris, 


Stfll, 


Kamen, 


intraceUularis  (Weichselbaum-Jaeger)  veranlasst  wurde.  Er 
fasst  daher  jene  Erkrankung  als  die  sporadische  Form  der  epidemi- 
schen Cerebrospinalmeningitis  auf,  bei  der  wiederum  L.  Kamen 
(Centralbl.  f.  Bacteriol.   Bd.  24)   das  Vorkommen  jener  Kokken  in 

Cottncflman,  mehreren  Fällen  bestätigte.  Auch  Councilman,  Mallory  und 
Wright  (Report  of  the  state  board  of  health  of  Massachusetts) 
fanden  dieselben  Organismen  bei  einer  grossen  Epidemie  sehr  häufig 

Httnermann.  auch  in  der  durch  Lumbalpunction  gewonnenen  Flüssigkeit.  Hün er- 
mann (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  36)  zweifelt  an  der  Specificität 
jener  Kokken,  da  sie  auch  bei  traumatischer  und  bei  tuberculöser 
Meningitis  gefunden  worden  sind.  Kann  man  diese  beiden  Erkran- 
kungen ausschliessen ,  so  ist  allerdings  die  Gegenwart  der  Diplo- 
kokken für  die  Diagnose  Cerebrospinalmeningitis  ausreichend. 


Pestheerd 

in  Afrika, 

Kooh. 


Pest  in 
Indien, 
Hankin. 


9.  Pest. 

Ausser  den  drei  Pestheerden  in  Mesopotamien,  Thibet  und 
Arabien  gibt  es,  worauf  R.  Koch  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  28)  hinwies,  noch  einen  in  Innerafrika,  in  der  Nähe  von  Deutsch- 
Ostafrika.  Die  Verbreitung  geschieht  auch  dort  durch  Eatten.  Koch 
konnte  die  Anwesenheit  der  Bacillen  durch  mikroskopische  Unter- 
suchung conservirter  Theile  feststellen.  —  E.  H.  Hankin  (Annales 
de  rinstitut  Pasteur,  Nov.)  berichtete  nach  Beobachtungen  in  Indien 
ausführlich  über  die  Bedeutung  der  Ratten  bei  der  Verbreitung  der 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       17 


Pest.  Sie  sind  dort  die  wichtigsten  Vermittler  der  Infection.  Die 
schlecht  gebauten  und  schlecht  ventilirten  Häuser  sind  deshalb  be- 
denklich, weil  sie  den  Aufenthalt  der  Eatten  begünstigen.  Gute 
Häuser  werden  insofern  Schutz  bieten.  Der  Kampf  gegen  die  Pest 
ist  aber  deshalb,  schwierig,  weil  sich  die  Ratten  nur  schwer  aus- 
giebig beseitigen  lassen.  Deshalb  behalten  die  Schutzimpfungs-  und 
antitoxischen  Methoden  ihre  Bedeutung.  Wie  die  Ratten  die  Ver- 
breitung der  Infection  bewirken,  ist  unbekannt.  Sie  müssen  die 
Bacterien  irgendwie  verbreiten,  wahrscheinlich  unter  Mithülfe  von 
insecten.  Dabei  muss  aber  angenommen  werden,  dass  die  Bacillen, 
entgegen  ihrem  Verhalten  in  Culturen,  bei  dieser  Art  der  Verbrei- 
tung sehr  widerstandsfähig  sind.  —  lieber  die  Pest  in  Bombay 
berichtete  G.  Sticker  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  1)  nach  eigenen 
Erfahrungen.  Ausser  klinischen  Mittheilungen  besprach  er  die  patho- 
logische Anatomie  imd  die  Bacteriologie.  Die  Erkrankung  der  Lungen 
ist  eine  heerdförmige  oder  eine  imgleichmässige  lobäre.  Die  Bacillen 
lassen  sich  in  frischen  Erkrankungsheerden  der  Leiche  gut  auf- 
finden. Sie  gehen  aber  in  ihr  rasch  zu  Grunde.  An  Lebenden 
findet  man  sie  im  Blut,  in  dem  Auswurf  und  primären  Hautaffec- 
tionen.  —  Z.  Jokote  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  23)  sah,  dass  die 
Bacillen  in  den  an  der  Pest  verendeten  imd  in  Gartenerde,  in  Blech- 
kästen aufbewahrten  Mäusen  in  22 — 30  Tagen  absterben.  Bei  der 
gewöhnlichen  Beerdigung  des  Menschen  wird  das  also  jedenfalls 
noch  schneller  geschehen. 


Pest  in 

Bombay, 

Sticker. 


Wider- 
stands- 
fähigkeit 
der  Pest- 
bacillen, 
Jokote. 


G.  Marki  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  24)  stellte  Untersuchungen 
über  die  Toxine  der  Pestbacillen  an.  Er  fand  in  Bouillonculturen 
ein  wahrscheinlich  als  Stoffwechselproduct  aufzufassendes  Gift.  Aber 
auch  in  den  Bacterienleibern  ist  ein  Toxin  vorhanden.  Diese  Gifte 
sind  sehr  deletär.  Mit  steigenden  Dosen  lassen  sich  Mäuse  giftfest 
machen,  dagegen  bleiben  sie  dann  gegen  lebende  Bacillen  empfäng- 
lich. Das  Serum  der  immunisirten  Thiere  zeigt  antitoxische  Eigen- 
schaften. Eine  Beingewinnung  der  giftigen  Substanzen  gelang  nach 
den  bekannten  Methoden  nicht. 


Toxine 
der  Pest- 
bacillen, 
Marki. 


Eine  traurige  Bestätigimg  der  specifischen  Bedeutung  der  Pest- 

bacSlen  lieferten  die  viel  besprochenen  Pesterkrankungen  im 

Wiener  Krankenhause.   Der  Leichendiener  und  der  Assistenzarzt 

Dr.  Müller  (vergl.  Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  43)  gingen  daran 

zu  Grunde.    Die  Erkrankimg  befiel  hauptsächlich  die  Lungen  und  ist 

in  dieser  Form   besonders  deletär.     Beachtenswerth  ist,   dass  die 
Jalnrbiieh  der  practischen  Medicin.    1899.  2 


Pest  in 
Wien. 


18 


Ribbert. 


klinischen  Befinde  die  Diagnose  auf  Pest  noch  nicht  sicher  stellen 
Hessen,  als  die  bacteriologische  Untersuchung  des  Sputums  die  In- 
fection  schon  zweifellos  sicherte. 


Tropische 

Malaria, 

Koch, 


Bignami. 


10.  Malaria.  ' 

Rob.  Koch  hat  bei  seinem  Aufenthalt  in  Afrika  auch  die 
Malaria  studirt  (siehe  Auszug  aus  den  Verh.  d.  deutsch.  Colonial' 
gesellschafb,  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  24).  Er  glaubt,  dass 
die  Tropenfieber  einen  eigenen  Typus  darstellen  und  durch  besondere 
Formen  von  Plasmodien  bedingt  würden.  Was  die  Uebertragung 
angeht,  so  schliesst  er  sich  der  Meinung  derer  an,  welche  die  Mos- 
quitos  als  die  Vermittler  in  Anspruch  nehmen.  Es  gibt  eine  Im- 
munität von  Negern  auch  gegen  die  schwersten  Malariaformen.  — 
A.  Bignami  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  24)  macht  demgegenüber 
geltend,  dass  die  Tropenfieber  in  den  wesentlichsten  Punkten,  auch 
was  die  Plasmodiumformen  angeht,  mit  malignen  Sommer-  und  Herbst- 
tertianfiebern  der  gemässigten  Klimate  übereinstimmten.  Alle  von 
Koch  angegebenen  Merkmale  der  Parasiten  stimmten  zu  denen  der 
itaKenischen  Tertianfieber.  Nur  von  der  eigenartigen  Ringform 
der  Pigmentirung  spreche  Koch  nicht,  aber  Verf.  glaubt  dessen 
Schilderung  entnehmen  zu  können,  dass  er  nur  gefkrbte  Präparate 
untersuchte.  In  diesen  sei  aber  das  Pigment  nicht  sichtbar.  Bi- 
gnami begrüsst  es,  dass  Koch  sich  nun  auch  der  Mosquitotheorie 
angeschlossen  habe.  ' 


Psendo- 

aktino- 

mykose, 

Bereatnew. 


Strepto- 

thrix, 

RnUmann. 


11.  Aktinomykose. 

N.  Berestnew  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  29)  untersuchte  mehrere 
Fälle  von  klinisch-typischer  Aktinomykose,  fand  aber  nicht  die 
charakteristischen  Pilze,  sondern  verschiedene  Mikroben.  Er  imter- 
scheidet  demgemäss  neben  der  echten  Aktinomykose,  welche  ausser 
durch  die  echten  Strahlenpilze  auch  durch  Streptothrixarten  hervor- 
gerufen wird,  die  nicht  die  bekannten  Kömchen  bilden,  sondern  zer- 
streut liegen,  eine  Pseudoaktinomykose.  Sie  wird  durch Bacterien 
hervorgerufen,  die  imter  anderem  zu  Fäden  auswachsen  und  auch 
keulenförmige  Anschwellungen  bilden  können.  —  W.  Eu  11  mann 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  29)  gewann  aus  dem  Sputum  einer 
Frau  linsen-  bis  erbsengrosse  Knöllchen  von  harter,  zäher  Consi- 
stenz,  die  sich  aus  Fadenpilzen  zusammengesetzt  erwiesen.  Die  Cidtur 
gelang,  es  wuchs  ein  Streptothrix,  mit  dem  erfolgreiche  Infec- 
tionen  von  Thieren  vorgenommen  wurden. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       19 

Max  Wolffund  James  Israel  (Virch.  Arch.  Bd.  161)  sprachen   Unität  des 
sich   für  die  Unität  der  bis  ietzt  nachgewiesenen  Aktinomyces-      Aktino- 
pilze  beim  Menschen  und  Thier  aus.  Sie  wurden  dazu  durch  einen  im      wolff  u. 
Jahr  1897  erschienenen  Aufsatz  van  Niesse n's  veranlasst,  dem  sie        Israel, 
grundsätzlich   entgegentreten  mussten.     Die  klinischen,  tinctoriellen 
und    morphologischen   Erscheinungen   berechtigten    nicht    zu    einer 
Trennung  in  mehrere  Arten,  ebensowenig  die  verschiedene  Färbung 
der  Drusen,  die  sich  in  demselben  Falle  finden  könne,  das  culturelle 
Verhalten  und  die  Thierinfection ,  die  ihnen  allein,  wie  sie  glauben, 
bisher  sicher  gelungen  ist. 

12.  Soor,  Hefepilze. 

A.  v.  Frisch  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  39)  konnte  in  einem    Hefepilze 
Fall  von  Cystitis  bei   einer  64jährigen   Frau   aus   dem  Harn,    in  ^®/ 

welchem   sich   weisse  kömige  Gebilde   befanden,    Hefezellen  nach-     y  Frisch.' 
weisen,  die  sich  bei  weiterer  Cultur  als  Soor  erwiesen.    Der  Infec- 
tionsmodus  der  Blase  blieb  unklar.  —  A.  Buschke  (Sammig.  klin.   Pathogene 
Vortr. ,   Neue  Folge  Nr.  218)    hat   unter   neuen   Mittheilungen   über   He'earten, 
pathogene  Hefen  die  jetzigen  Kenntnisse  über  die  Blastomykose 
zusammengefasst.     Er  unterscheidet  Hefen  mit  schweren  Gewebs- 
veränderungen,  Oidien  mit  den  gleichen  Folgen,   Oidien  mit  Ober- 
flachenerkrankung  (Soor) ,   Hyphomyceten   (Trichophyten  etc.)    und 
Schimmelpilze.     Die  Erkrankungen   durch  Hefepilze  theilt  er  ein  in 
Hautveränderungen,    primäre    Erkrankungen    innerer    Organe    mit 
tomorähnlichen    Neubildungen    und   blastomykotische   Septikämieen. 
Eine   ätiologische  Bedeutung  der  Sprosspilze  für  die  malignen  Tu- 
moren lehnt  er  ab. 

13.  Protozoon. 

Fr.  Eoemer  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  23)  hat  17  Fälle  von  Dysenterie- 
Dysenterie,    die   theils   tropischer,   theils    europäischer  Herkunft     *™öben, 
waren,  auf  Amöben  untersucht  und  solche  immer  gefunden.   Da  ihm 
aber  die  Uebertragung  der  Erkrankung  auf  Katzen  nicht  immer  ge- 
lang,  so  hält  er  es  nicht  für  sicher,   dass  die  Amöben  die  Erreger 
der  Dysenterie  sind.    Es  könnte  sich  auch  um  harmlose  Schmarotzer 
handeln.  —  St.  Ciechanowski  und  J.  Nowak  (Centralbl.  f.  Bact.  Ciechanowski 
Bd.  23)  haben  in  Krakau  einheimische  Dysenterie  untersucht     "*  ^®^'*^» 
und  gefunden,  dass  die  Amöben  keine  ätiologische  Bedeutung  haben, 
ebensowenig  das  Bacterium  coli.     Auch   für   die  in   der  Darmwand 
nachgewiesenen  Streptokokken    konnten   sie  keine  ätiologische  Be- 


20  Ribbert. 

deutung  feststeUen,  doch  müsse  mit  ihnen  weiter  experimentirt  werden. 
Bis  jetzt  wüssten  wir  nichts  über  die  Aetiologie  der  einheimischen 
Dysenterie-  Dysenterie.  —  F.  Harris  (Amer.  joum.  of  med.  sciences,  April)  dagegen 
*H^iTiE°*  meint,  dass  der  constante  in  verschiedenen  Gegenden  erhobene 
Amöbenbefund  ihre  ätiologische  Bedeutung  wahrscheinlich  mache. 
Er  fand  die  Amöben  regelmässig  in  den  Darmgeschwüren  bis  in  die 
Muscularis  und  in  die  Ljrmphgefesse,  ebenso  einmal  in  einem  Leber- 
abscess. 


Trioho-  Skaller  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  25)   beobachtete  in  dem 

"sk  n^*"'  diarrhoischen  Stuhl  eines  Falles  von  Oesophaguscarcinom  Tricho- 
monaden,  hält  sie  aber  für  ätiologisch  bedeutungslos.  Auch  haben 
sie  auf  den  Verlauf  der  Diarrhoe  keinen  Einfluss.  Verfütterung  er- 
gab negative  Resultate. 

Amöben-  J.  Tsujitani  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd. 24)  konnte  Amöben- 

'^®i,'^°)J^'!^'''  reine ulturen  (siehe  vor.  Jahrb.)  dadurch  gewinnen,  dass  er  die 
Nährböden  mit  Bacterienculturen  bestrich,  die  er  dann  abtödtete. 
Auf  diesen  Boden  brachte  er  Amöben,  die  in  Cholerabacillenculturen 
gewachsen  und  von  diesen  durch  Zusatz  von  Alkali  und  Säure, 
welche  die  KommabaciUen  tödten,  die  Protozoen  aber  lebend  lassen, 
befreit  worden  waren.  Die  Amöben  gediehen  nun  auf  jenem  Nähr- 
boden, indem  sie  die  todten  Bacterien  als  Nahrung  benutzten.  In- 
sofern aber  die  letzteren  abgestorben  waren,  kann  man  die  Amöben- 
cultur  als  Reincultur  bezeichnen. 


14.  Thierische  Parasiten. 

AnguiUuia  Ueber  Anguillula   intestinalis   machte  Leichtenstern 

'Le^chtln^tVii^^  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  8)  Mittheilung.  Dieser  fast  aus- 
nahmslos harmlose  Darmschmarotzer  kann  sich  im  Wirth  selbst  fort- 
pflanzen, oder  seine  Eier,  bezw.  die  aus  ihnen  entstandenen  Em- 
bryonen entwickeln  sich  im  Koth,  imd  zwar  in  zwei  Formen,  einmal 
direct  wieder  zu  Anguillula  intestinalis  oder  zunächst  zu  einer  Zwischen- 
form Rhabditis  stercoralis,  die  demnach  keine  besondere  Species 
Biiharsia,  darstellt  und  weniger  widerstandsfähig  zu  sein  scheint.  —  St.  Kar- 
Kartulis,  tulis  (Yirch.  Arch.  Bd.  152)  berichtete  über  einige  pathologisch- 
anatomische Beobachtungen  zur  Bilharziakrankheit.  Die  Eier 
des  Distomum  haematobium  werden  in  vielen  Geweben  angetroffen, 
aber  Verf.  meint,  dass  sie  nicht  mit  dem  Blut  dorthin  kämen,  son- 
dern in  loco  von  den  Würmern  abgelegt  würden.     Ihre  Gegenwart 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      21 

gibt  zu  entzündlichen  Processen  Veranlassung,  die  zu  umschriebenen 
geschwulstähnlichen  Wucherungen  führen  können.    In  der  Blase  sah 
Kartulis   oft   Papillome.     Auch   beobachtete   er   relativ   oft    Car- 
cinome  und  meint,   dass  an  ihrer  Entstehimg  der  Wurm  betheiHgt 
sei.     Es  würde  sich  dann  um  die  Bildung  des  Krebses  auf  einem 
entzündeten   Bindegewebsboden    handeln.  —  Ueber   das    Ankylo- 
stomum    duodenale  (Monogr.  Leipzig)    machten  W.  Zinn    und     Ankylo- 
M.  Jacoby  Mittheilimgen,  die  auf  Beobachtungen  in  verschiedenen     ^^^^^^* 
Erdtheilen  beruhen.    Die  Verbreitung  dieses  Parasiten  ist  eine  sehr       jacoby. 
grosse.     Ausser  in  den  Tropen  kommt  er  unter  anderem  in  Mittel- 
europa häufig  vor,  besonders  in  Italien.    Bei  seiner  Bedeutung  für 
die  Entstehung  von  hochgradigen  Anämieen  verdient  das   Ankylo- 
stomum  alle  Beachtung. 


II.  Allgemeine  Pathologie. 

1.   Blut,   Thrombose  5  Embolie. 

Zur  Bildung  der  Erythrocyten  machte  A.  Pappenheim  (Virch.  Bildung  der 
Arch.   Bd.  151)  Mittheilungen.    Er  geht  davon  aus,  dass  die  rothen  Blut-        rythro- 
kdrperchen  durch  Metamorphose  von  weissen  entstehen,  und  sucht  nun  die    pappenheim. 
dabei  vor  sich  gehenden  Processe,  besonders  die  Veränderungen  der  Kerne 
festzustellen.    Er  findet  zwischen  denen  der  weissen  Zellen  und   denen 
der  kernhaltigen  rothen  typische  Unterschiede,   die  eine  Erkennung  von 
Erythrocyten   auch   da   schon   zulassen,   wo   das  Protoplasma   noch  kein 
Hämoglobin  wahrnehmen   lässt.     Der   Kern   scheine   daher   die   führende 
Rolle  zu  haben« 

S.Engel  (ibid.  Bd.  153)  studirte  die  perniciöse  Anämie  in  Be-  PemiciöBe 
zug  auf  die  von  Ehrlich  aufgestellte  Meinung,  dass  es  sich  bei  ihr  Engel. ' 
um  einen  Kückschlag  in  den  embryonalen  Typus  der  Blutbildung  han- 
dele. Er  bejaht  diese  Frage  in  der  Hauptsache.  Das  Knochenmark 
wird  wieder  lebhafter  blutbildend,  wie  in  der  zweiten  Periode  des 
Embryonallebens,  die  grossen  kernhaltigen  Erythrocyten  entsprechen 
der  ersten  Fötalzeit.  Nun  dauert  ja  freilich  die  Blutbildung  von  der 
Embryonalzeit  im  Knochenmark  an.  So  kommt  man  dann  zu  dem 
Schluss,  dass  jener  Rückschlag  hauptsächlich  durch  das  Auftreten 
der  grossen  kernhaltigen  Erythrocyten  gekennzeichnet  ist.  —  Ueber 
die  Wirkung  des  Arsens  auf  die  Blutbescha£Penheit  berichtete 
S.  Bettmann  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  23).  Die  Vergiftung  in  massigen 
Dosen  hat  eine  Vermehrung  der  rothen  Blutkörperchen  des  Blutes 


22  Ribbert. 

Blut  bei  durch  gesteigerten  Uebertritt  derselben  aus  den  blutbildenden  Or- 
^"®'*"       ganen  zur  Folge,   in  denen  sie  offenbar  in.  grosser  Menge  neuge- 

Bettmann.  bildet  werden.  Diese  Zunahme  der  Erythrocyten  ist  aber  nur  eine 
vorübergehende ;  sobald  die  Organe  stärker  geschädigt  sind,  hört  die 
Zellneubüdung   auf.     Nun  stellt  sich  eine  Vermehrung  der  weissen 

Wirkung     Zellen   ein.   —   C.  Qeorgiewsky   (ibid.  Bd.  24)   untersuchte   den 

^®s         Einfluss   des  Extr.   filicis  maris   aether.    auf  Thiere    und 
Bxtraotam 

filici»  auf   fand,  dass  es  eine  blutzerstörende  Wirkung  ausübt.     In  den  Leber- 
Blut,        Zellen  und  später  in  Milz  und  Knochenmark  findet  sich  viel  Hämo- 
eorgiewB  y.  gj^^j^      Sonstige    pathologische  Veränderungen    wurden    nicht   ge- 
funden.   Das  Extract  schädigt  also  lediglich  das  Blut  und  könnte  so 
Subcutane  indirect  Icterus  bedingen.  —  v.  Starck  (Münch.  med.  VSTochenschr, 
Hämoglobin- ;f^j.  3  y  4^  prüfte  die  Möglichkeit  einer  Aufnahme  subcutan  oder 
V  Starck.*    intraperitoneal  injicirt-en  reinenHämoglobinsbeiThieren 
und  fand,  dass  es  zum  grossen  Theil  unschädlich  resorbirt,  zum  Theil 
freilich  durch  Secrete  wieder  ausgeschieden,  zum  Theil  aber  auch 
verarbeitet  und  in  Milz,  Knochenmark  und  Lymphdrüsen  deponirt  wird. 
Es  dürfte  in   dieser  Form  auch  therapeutisch  verwerthbar  sein.  — 
EisenindeiA.  Tedeschi  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  24)   studirte  die  Leber  und  das 
Lebernach  Knochenmark  nach  Milzexstirpation.     Er  fand,   dass  in  beiden  der 
ektomie,     Eisengehalt  erheblich  zunimmt.    Er  schliesst  daraus,  dass  beide  Or- 
Tedeschi.      gane  in  einer  wesentlichen  Beziehung  zur  Blutbildung  stehen,  wahr- 
scheinlich hämatopoetisch  wirken.     Sie  thun  das   auch  im    fotiden 
Leben,  wo  sie  weit  mehr  Eisen  enthalten  als  die  Milz,  die  ihrerseits 
beim  Erwachsenen  das  weitaus  eisenreichste  Organ  ist. 

Leukocyten-  J.  Jelly  (Arch.  de  m6d.  exper.  Nr.  5)  untersuchte  die  verschiedenen 

formen,      Formen  der  Leukocyten  und  erkl&rte  sie  für  Variationen  einer  Zellart, 

die  sich  durch  amöboide  Beweglichkeit  auszeichne.    Die  Verschiedenheiten 

sollen  durch  die   differenten  Stadien  der  Entwickelung   und   durch   den 

wechselnden  Ort  ihres  Vorkommens  bedingt  sein. 

Ueber  die  morphologischen  Verhältnisse   der   eztravasculären  Blut- 
Blut-        gerinnung    verbreitete    sich    Fr.  Müller    (Ziegler^s  Beitr.   Bd.  23). 
geriunnng.    Intravasculäre  und  ausserhalb  der  Gefässe  erfolgende  Gerinnung  verlaufen 
Muller.        gleich.    Die  rothen  Blutkörperchen  sind  bei  der  Fibrinbildung  betheiligt. 
Ebenso  entstehen  aus  ihnen  durch  Abschnürung,  Fragmentirung  oder  Aus- 
scheidung die  meisten  Blutplättchen.    Nur  wenige  gehen  aus  Leukocyten 
hervor. 


CoUateral-  Den    Collateralkreislauf    suchte    A.   Bier    (Virch.    Arch. 

kreis  lauf,    g^j  253)  durch  Experimente  und  Beobachtungen  am  Menschen  weiter 

aufzuklären.     Er  fragte,  weshalb  nicht  in  allen  Fällen,  wenn  der 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      23 

arterielle  Blutfloss  in  einem  Körpertheil  erheblich  herabgesetzt  ist, 
venöse  Hyperämie  und  eventuell  Infarcirung  eintritt.  Bei  den  Ex- 
tremitäten bleibt  sie  ja  fast  immer  aus.  Er  meint,  es  beruhe  darauf, 
dass  hier  die  Capillaren  sich  dem  venösen  Blut  verschliessen  und 
venös  ankommendes  auspressen,  während  den  Capillaren  der  inneren 
Organe  dieses  Q-efuhl  für  venöses  Blut  fehle.  Er  sieht  in  diesen 
Verhältnissen  eine  Anpassung,  insofern  die  Extremitäten  durch  sie 
einen  Schutz  hätten,  dessen  die  inneren  Organe  nicht  bedürften. 

Experimentelle     Untersuchungen     über     Parenchymzellen- 
embolie   stellte  A.  Maximow    (Virch.  Arch.  Bd.  151)   an.     Er  Parenchym 
konnte   durch  Quetschung  des  schwangeren  Kaninchenuterus  einen      «eilen- 
Uebertritt    von    PlacentarriesenzeUen ,     durch    Zertrümmerung    von     ^j^^i^o^; 
Ejiochenmark    einen    solchen    von    KnochenmarksriesenzeUen ,    und 
zwar  meist  degenerirenden  Formen,   durch  Quetschung  der  Leber 
einen  Uebertritt  von  Leberzellen  ins  Blut  erzielen  und  die  Gebilde 
in  der  Lunge  nachweisen.  —  0.  Lubarsch  (ibid.)  meint  demgegen- 
über, dass  die  Zertrümmerung  des  Knochenmarks  nicht  das  Wesent- 
liche bei  der  Knochenmarksriesenzellenembolie  darstelle.    Diese  trete 
vielmehr  auch   ohne  Knochenläsion   als  Begleiterscheinung  von  an- 
deren Parenchymzellenembolieen,  z.  B.  von  PlacentarriesenzeUen  auf. 
Maassgebend  sei   eine   Alteration  des   Knochenmarks    durch   solche 
Embolieen.     Begünstigend  wirke  eine  Erschütterung.  —  Fujinami      Hämor- 
(Virch.    Arch.    Bd.  152)    konnte   bei    Thieren    durch   Lijection   von   rhagischer 
flüssigem  Paraffln  in  die   Circulation  multiple  hämorrhagische      Fnjmami. 
Infarcte  der  Lungen  erzeugen,  die  von  menschlichen  nur  durch 
ihre  geringere    Consistenz    abwichen.     Freilich  machte  nicht  jeder 
Embolus  einen  Lifarct.    Meist  entstand  er,  wenn  ausser  Verstopfang 
des   kleineren    Astes   noch   der   Hauptstamm   partieU   verlegt  war. 
Beim  Menschen  fand  er  jedesmal  bei  Lifarcten  Embolie.     Er  be- 
zieht daher  die  Lifarctbildung  durchaus  auf  Embolie.  —  P.  Ernst  Retrograder 
(ibid.  Bd.  151)   fand  bei  einem  primären  Nierentumor  mit  multiplen  Transport, 
Metastasen  einen  Geschwulstpfropf  in  einer  Coronararterie.    Er 
musste  rückläufig  hineingekommen  sein.     Ernst  meint,  er 
müsse  hineingeschleudert  worden  sein,  denn   an  ein  stationsweises 
Vorrücken  im  Sinne  Ribbert's  (siehe  vor.  Jahrbuch)  sei  nicht  zu 
denken.     Dagegen  spreche  besonders  die  Einkeilung  des  Pfropfes. 


24  Ribbert. 


2.  Entzflndnng. 

Entzündung  Abramow  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  23)  hat  die  mehrfach  (s.  vor. 

er  eura,  j^jjj.|j )  discutirte  Frage  nach  der  Betheiligung  des  Endothels 
der  serösen  Häute  an  den  entzündlichen  Processen  aufs 
neue  geprüft  und  gefunden,  dass  das  Exsudat  als  ein  Gerinnungs- 
product  anzusehen  ist,  welches  ohne  Betheiligung  des  Endothels  und 
des  Bindegewebes  entsteht.  Letzteres  werde  nicht  zu  Fibrin,  ersteres 
sterbe  infolge  des  Entzündungsreizes  ab  und  veranlasse  nun,  als 
Ferment  wirkend,  die  Q-erinnung.  An  dieser  seien  auch  die  aus- 
getretenen rothen  Blutkörperchen  durch  Fermentbildung  betheiligt. 

Entzündung — V.  Hinsberg  (Virch.  Arch.  Bd.  152)  studirte  das  Verhalten 

„  ®*.         des    Peritonealendothels    an    der    durch    Fremdkörper 
Jr  e  r  1-  * 

toneuma,  (Bärlappsamen)  hervorgerufenen  Bindegewebswucherung. 
Hinsberg,  jjr  konnte  sich  überzeugen,  dass  eine  Theilnahme  an  der  Neubildung 
der  Bindesubstanz  auszuschliessen  ist.  Das  Endothel  (Epithel)  wuchert 
selbständig  und  überzieht  lediglich  die  um  die  Fremdkörper  ent- 
stehenden Granulationsknötchen  nach  Art  der  normalen  Anordnung. 
—  G.  Hauser  (Virch.  Arch.  Bd.  154)  trat  entgegen  Arnold,  der 
bestritten  hatte,  dass  die  von  K.  Zenker  und  G.  Haus  er  be- 
schriebenen strahlenförmig  um  Leukocyten  angeordneten  Fibrin- 
steme  dadurch  entstünden,  dass  die  Zellen  Gerinnungscentren  dar- 
GerinnungB-  stellten,  für  die  Richtigkeit  dieser  Deutung  ein,  in  der  Haus  er  eine 

centrenbei  g^^^^e   der  Anschauungen   von  AI.  Schmidt  erblickt.     Wenn  die 
Entzündung, 

Hanser.  Figuren  nicht  immer  auftreten,  so  liege  das  daran,  dass  nach  Durch- 
tränkung des  Gewebes  mit  Ferment  die  Zellen  nicht  mehr  genügende 
locale  Anziehungspunkte  darstellten. 

Kälte-  H.   Hochhaus    (Virch.   Arch.   Bd.    164)    Hess    durch   flüssige 

Wirkung     Kohlensäure  erzeugte  Kälte  von  80<^C.   für  30  Secunden  auf 

und  **         ^ 

Entzündung, Leber  und  Niere  wirken  und  studirte   die  Folgen.     Die  direct 

HochhauB,  getroffenen  Theile  wurden  in  einer  Tiefe  von  1 — 1 '/«  mm  nekrotisch. 
Daran  angrenzend  entstand  H3rperämie,  Leukocytenemigration  und 
Bindegewebswucherung,  die  das  todte  Gewebe  zum  Theil  resorbirte. 
Zum  anderen  Theil  verkalkte  es.  In  der  Leber  ist  die  Wucherung 
schon  nach  24  Stunden,  in  der  Niere  erst  nach  8  Tagen  sichtbar.  — 
Fürst.  E.Fürst  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  24)  machte  eingehende  Untersuchungen 
über  die  Folgen  leichter  Kälteeinwirkung  durch  ein  kurz- 
dauerndes leichtes  Anfrieren  der  Haut  des  Kaninchen-  und  Meer- 
schweinchenohres. Es  entstand  eine  bis  achtfache  Verdickung  der 
Epidermis,  während  das  Corium  nicht  stark  verändert  wurde.     Die 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      25 

Verdickung  beruht  auf  Vennehrung  und  Vergrösserung  der  Zellen. 
Es  bildeten  sich  zahlreiche  Riesenzellen  mit  vielen  Kernen  durch 
amitotische  Theilung.  Ihre  Qenese  ist  eine  unicellulare.  Sie  beruht 
auf  einer  Schädigung  des  Protoplasmas,  das  sich  nicht  mehr  theilen 
kann.  Dadurch  wird  der  weniger  geschädigte  Kern  entspannt,  der 
sich  nun  amitotisch  vermehrt.  Schon  nach  4 — 5  Stunden  kann  man 
die  ersten  Anfänge  der  Riesenzellenbildimg  sehen.  Nach  Anlegung 
kleiner  Wunden  zeigte  sich,  dass  die  Kälte  die  Regenerationsfabig- 
keit  steigert,  eine  Erscheinung,  die  weiteres  Studium  verdient. 

E.  Krompecher  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  24)  hat  die  Genese  der     Plasma- 
Plasmazellen  studirt  und  gefunden,   dass   sie   aus  Lymphocyten    ^®    ®^' 
hervorgehen.    Andererseits  sollen  sie  sich  zu  Bindegewebszellen  um- 
wandeln.    Demnach  würde  indirect  ein  Theil  der  Lymphocyten  an 
der  Bindegewebsbildung  theilnehmen. 

Allgemeine,  die  verschiedenen  Seiten  der  Entzündung  berührende 

Auseinandersetzungen  lieferte  0.  Lubarsch  (Deutsche  med.  Wochen-  Allgemeines 

schnfb  Nr.  32).    Er  besprach  u.  a.  die  Herkunft  und  Bedeutimg  der  _  ^   .,    / 
,..,-,  ,  Entzündung, 

bei  ihr  auftretenden  Zellen  und  stimmte  den  bekannten  Anschauungen     Lubarsoh, 

von  P.  Grawitz  insofern  zu,  als  er  auch  den  fixen  Elementen  bei 

der  Bildung  der  Zellen  eine  grössere  Bedeutung  beilegt,  als  es  meist 

geschieht.     Dagegen  opponirt  er  ihm  darin,  dass  die  in  transplan- 

tirten  Hornhäuten   sich   bildenden,    durch  Zellenhäufung  zu  Stande 

kommenden   Spiessfiguren   Producte  der  Homhautzellen   seien.     Er 

laset  sie  aus  eingewanderten  Elementen,  aber  nicht  nur  aus  Leuko- 

cyten,  hervorgehen.    Grawitz  (ibid.  Nr.  45)  hat  dagegen  Einspruch       Grawitz, 

erhoben  und  seine  Meinung   vertheidigt,  Lubarsch  (ibid.  Nr.  50)      Lubarsch. 

wieder  geantwortet.    Die  Frage  kann  hier  nicht  ausführlich  erörtert 

werden. 

8.  Pigment. 

Schurig  (Arch.  f.  exper.  Path.  und  Pharmak.  Bd.  41)  verfolgte  das  Hämoglobin 
Schicksal   subcutan   injicirten  Hämoglobins.    Ein  Theil   wird   in  loco       x!^^V^ 
direct   in   eisenhaltiges  Pigment   umgewandelt.    Ein   anderer   Theil   wird     injection 
resorbirt,  in  der  Leber  zu  Bilirubin,  in  Nieren  und  Knochenmark  in  Pigment       Scharig. 
umgesetzt.   Wird  sehr  viel  Hämoglobin  eingespritzt,  so  entsteht  durch  über- 
mässige Grallenbildung  Hämoglobinocholie  und  weiterhin  Hämoglobinurie.  — 
P.  Ernst  (Virch.  Arch.  Bd.  152)  fand  bei   Pseudomelanose  verschie-      Paeudo- 
dener  Abdominalorgane  bei  einer  von  Blasenkatarrh   ausgehenden  Sepsis,    melanose, 
dass  die  schwarzgraue  durch  Leber  und  Niere  fleckig  vertheilte  Färbung 
von  der  Gregenwart  von  Bacteriencolonieen  abhing.    Die  Mikroben   hatten 


26 


Ribbert. 


die  Fähigkeit  SchwefelTrasserstoff  zu  produciren.  Daher  meint  Ernst,  dass 
sie  das  auch  im  Körper  gethan  haben,  dass  so  zn  dem  in  den  Orgien 
vorhandenen  Eisen  Schwefel  hinzukam  und  dass  sich  so  Schwefeleisen 
bildete. 

4.  Degeneration. 

Für  die  Frage  der  fettigen  Degeneration  sind  die  Unter- 
Fett-        suchungen  von  Interesse,  die  0.  Polimanti  über  die  Bildung  des 

*Potoanti*'  ^®**®®  ^®^  Phosphorvergiftung  ansteUte  (Pflüger's  Arch.  Bd.  70). 
Er  vergiftete  Frösche  nach  Entfernung  der  Fettkörper  und  Ge- 
schlechtsorgane und  fand  bei  den  OontroUthieren  4,47,  bei  den  anderen 
5,61  Fett.  Verf.  meint,  dass  dieses  nicht  aus  Glykogen  stammen 
Pflüger.  könne,  da  dessen  Menge  zu  gering  sei.  —  Dagegen  machte  E.  Pflüg  er 
geltend  (ibid.  Bd.  71),  dass  die  Frösche  Glykogen  genug  enthielten, 
dass  aber  die  Fettbildung  in  Wirklichkeit  nicht  nachgewiesen  sei, 

Phosphor-    da  die  Arbeit  Polimanti's  Versuchsfehler  enthalte.  —  H.  Schmaus 

Vergiftung,  ^nd  A.  Böhm  (Virch.   Arch.   Bd.  152)   fanden  nach  Phosphor- 
Schn&us  n.  ,  , 

Böhm.        Vergiftung  in  Leberzellen   rothe  und  weisse  Blutkörperchen  mit 

Uebergängen  in  homogene,  mit  den  RusseFschen  Körpern  überein- 
stimmende Gebilde,  jene  eigenartigen  Umwandlungen  von  Fetttropfen 
in  myelinähnliche  Körper,  und  endlich  allerlei  Waben-  und  Granula- 
structuren,  die  Verff.  als  Kunstproducte  auffassen. 


Amyloide 
Degene- 
ration, 
Nowak, 


Maximow, 


Petrone. 


J.  Nowak  (Virch.  Arch.  Bd.  152)  konnte  bei  Kaninchen  durch 
Staphylokokken-,  bei  Hühnern  auch  durch  Terpentineiterung  Amy- 
loidentartung  erzeugen.  Danach  sind  nicht  bestimmte  ätiologische 
Momente,  sondern  allgemeine  Ernährungsstörungen,  die  durch  Eiterung 
und  chronische  Darmkatarrhe  hervorgerufen  werden,  für  die  De- 
generation verantwortlich  zu  machen.  —  A.  Maximow  (Virch.  Arch. 
Bd.  153)  berichtete  über  analoge  Versuche.  Auch  er  konnte  durch 
Staphylokokkeneiterung  bei  Kaninchen  und  Hühnern  Amyloid  er- 
zeugen und  schloss  auf  Grund  der  Histologie,  dass  die  Entartung 
auf  der  Wirkung  der  bacteriellen  oder  anderer  Zersetzungsproducte 
beruhe,  welche  die  Zellen  schädigen,  so  dass  diese  als  Product  ihres 
alterirten  Stoffwechsels  Amyloid  ausschieden.  —  G.  A.  Petrone 
(Archives  de  m6d.  exp6r.  Nr.  5)  bestätigte  diese  Untersuchungen. 
Aber  er  warf  die  Frage  auf,  ob  das  Amyloid  überhaupt  eine  charak- 
teristische Substanz  sei.  Er  glaubt  gefunden  zu  haben,  dass  auch 
mit  Blutfarbstoff  durchtränkte  Gewebe  die  gleiche  BrCaction  geben 
und  fiihrt  daher  die  Ablagerung  auf  den  Blutfarbstoff  zurück. 

W.  Noetzel  (Virch.  Arch.  Bd.  151)  untersuchte  die  Histo- 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      27 

lyse,  die  in  den  Larven  von  Musciden  ähnüch  wie  im  Froschlarven-    HiBtolyse, 
schwänz  vorkommt.    Sie  erfolgt  lediglich  durch  die  Einwirkung  des       Noeteel. 
Gewebesaftes,  nicht  durch  Phagocytose.    Die  Leukocyten  seien  da- 
her an  der  Auflösung  der  zerfallenden  (Massen  nicht  wesentlich  be- 
theiligt. 

5.  Regeneration. 

Ttschistowitsch  (Ziegler's  Beitr.   Bd.  23)  wiederholte   die      Begene- 
Regener ationsversuche  am  Gehirn,   die  schon   von  vielen     central- 
Seiten  gemacht  worden   sind  (s-  vor.  Jahrb.).     Aseptische  Wunden      nerven- 
werden  nur  durch  Wucherung  von  Gefässen  und  Bindegewebe  der     syeteme, 
Pia  geschlossen.    Die  angrenzende  GUa  nimmt  nur  wenig  Antheü,       witsch, 
sie  bildet  nur  eine  sklerotische  Zone  um  die  Narbe.     Regeneration 
der  Nervenzellen  und  Nervenfasern  blieb  aus.   Die  Resultate  stimmen 
im  wesentlichen  mit  den  früheren  überein.  —  J.  Wieting  (ibid.)       —der 
stadirt«  aufe  neue  die  Regeneration  peripherer  Nerven.   Er  bestätigte  ^'Z^IT 
die  Angaben  v.  Büngner's,  dass  die  neuen  aus  dem  centralen  Ende      Wieting, 
in    den     degenerirten    peripheren    Theil    hineinwachsenden    Axen- 
cylinder  nicht  durch  Verlängerung  der  alten  entstehen,  sondern  aus 
einer  Differenzirung  des  Protoplasmas  der  gewucherten  und  centri- 
petal    vordringenden  Zellen  der  Schwann'schen   Scheide.     Um   die 
Axencylinder  bildet  sich  Mark  und  an  seiner  Peripherie   eine  neue 
Scheide.  —  J.   Forssmann    (ibid.   Bd.   24)    prüfte    die    Einflüsse,    Forsemann. 
welche  die  Richtung  der  aus   dem  durchschnittenen  Nerven  aus- 
wachsenden Fasern  bestimmen.     Mechanische  Momente  spielen  eine 
leicht  begreifliche  Rolle,  sind  aber  nicht  das  Maassgebende.    Wenn 
er  das  centrale  Ende  in  ein  Röhrchen  steckte,  so  wuchsen  die  Fasern 
lebhaft  hindurch,  wenn  am  anderen  Ende  der  periphere  Nerv  sich 
befand,   kaum   oder  gar  nicht  dagegen,   wenn   der  letztere  fehlte. 
Verf.  schliesst  also,  dass  die  chemotaktische  Wirkung  des  peripheren 
Stuckes  die  Richtung  der  wachsenden  Fasern  bestinmit. 


V.  Cornil  und  P.  Carnot  (Semaine  mM.  Nr.  55)  untersuchten 


—  der 


die  Heilung  von  Leb  er  wunden.    Sie  erfolgte  nur  durch  Bildung  von  cq^juI  u 

Bindegewebe  und  Gefässen.   Das  Lebergewebe  war  unbetheüigt,  die  Camot, 

GaUengänge  wuchern  etwas  und  bilden  Riesenzellen.    Podwyssoski  Podwyssoski. 
(Jahrb.  1887)  hat  lebhaftere  Gallengangswucherung  gesehen. 

Ueber  Veränderungen  metaplasirter  Gewebe  berichtete 
H.  Ribbert  (Arch.  f.  Entw.-Mech,  Bd.  6).  Kleine  in  Lymphdrüsen 
verpflanzte  Stückchen  verschiedener  Gewebe  wuchsen  zwar  an,  er- 


28 


Ribbert. 


Nerven, 
Neamann. 


Trans- 
plantation 
der  Haat, 
Enderlen, 


Wentflcher. 


Trans-       fuhren  aber  eine  Vereinfachung  ihres  Baues,  eine  Rückkehr  auf  eine 
plantation:  fröj^ere  Entwickelungsstufe,  eine  Rückbildung  und  schliesslich  zum 

Ribbert.  '  Theil  eine  Atrophie.  —  E.  Neumann  (ibid.)  sah  an  Ne r v  e  n  Stückchen, 
welche  in  die  vordere  Augenkammer  übertragen  wurden,  analoge 
Rückbildungsvorgänge,  die  denen  ähnlich  waren,  welche  bei  Nerven- 
regeneration entstehen.  Die  transplantirten  Stücke  gingen  schliess- 
lich zu  Grunde. 

Ueber  Transplantation  wurde  auch  sonst  noch  von  mehreren 
Seiten  gearbeitet.  —  Enderlen  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  48) 
knüpfte  an  Versuche  Wentscher's  an,  der  geprüft  hatte,  wie  lange 
die  Haut  ausserhalb  des  Körpers  transplantationsfähig  blieb. 
Enderlen  konnte  trocken  oder  feucht  aufbewahrte  Hautlappen  bis 
zum  vierten  Tage  erfolgreich  übertragen.  Doch  gelang  das  Anheilen 
fiischer  Lappen  erheblich  leichter,  als  bei  jenen  längere  Zeit  con- 
servirten.  Er  meint,  dass  die  Versuche  Wentscher's,  der  die  Öe- 
websstücke  ohne  wesentlichen  Schaden  weit  länger  aufbewahren 
konnte,  vielleicht  insofern  auf  einem  Irrthum  beruhten,  als  in  der 
Tiefe  der  Wunde  vielleicht  Epithel  zurückgeblieben  sei,  von  dem 
die  Regeneration  ausging.  J.  Wentscher  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  24) 
hat  aber  durch  ausführliche  Darstellung  seiner  Versuche  gezeigt, 
dass  in  der  That  auch  viele  (12)  Tage  aufbewahrte  Hautlappen 
wieder  anheilen  können,  freilich  auch  nur  in  dem  durch  viele  Be- 
obachter festgestellten  Sinne,  dass  nur  ein  Theil  des  transplantirten 
Stückes  anwächst.  Nur  die  untersten  Epithelzellen  behalten  ihre 
Vitalität.  Er  bewahrte  die  Läppchen  theils  in  Kochsalzlösung,  theils 
in  einer  Flasche  trocken  auf.  Ln  letzteren  Falle  rollten  sie  sich  zu- 
sammen und  blieben  dadurch  im  Lineren  vor  der  Vertrocknung  ge- 
schützt. Ganz  eingetrocknete  Läppchen  heuten  nicht  mehr  an.  Auch 
Wentscher  sah  aber,  dass  die  Transplantation  bei  frischen  Lappen 
leichter  gelingt.  Er  empfiehlt  daher  zu  practischen  Zwecken  eine 
längere  Aufbewahrung  nicht. 

Die  Uebertragung  der  Schilddrüse  wurde  aufs  neue  von 
Enderlen  vorgenommen  (Mitth.   aus  den  Grenzgeb.  der  Med.  u. 

Enderlen  '  Chir.  Bd.  3).  Er  bestätigte ,  dass  die  verpflanzten  Stücke  central 
untergehen,  peripher  erhalten  bleiben  und,  nach  Art  des  embryonalen 
Wachsthums  proliferirend ,  typisches  Schilddrüsengewebe  bilden. 
C.  Sultan  hat  über  dieselben  Ergebnisse  berichtet  (Centralbl.  für 
pathol.  Anat.  Nr.  10). 

Ueber  die  Transplantation  der  Ovarien  arbeitete  H.  Rib- 
bert (Arch.  f.  Entw.-Mech.  Bd.  7).  Er  konnte  bei  Meerschweinchen 
die  Eierstöcke,  nachdem  er  sie  abgeschnitten  und  an  einer  anderen 


—  der 


Snltan. 

—  der 

Ovarieni 

Hoden  and 

Mamma. 

Ribbert. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      29 

Stelle  des  Peritoneums  befestigt  hatte,  anwachsen  und  Follikel  bilden 
sehen.  Nach  4'/s  Monaten  waren  sie  noch  durchaus  typisch  gebaut. 
Dagegen  gelang  die  Verpflanzung  nicht  bei  dem  Hoden.  Auch 
bei  wenige  Tage  alten  Thieren  ging  er  stets  zu  Grunde,  während 
der  Nebenhoden  anwuchs.  Andererseits  aber  hatte  die  Trans- 
plantation der  Mamma  wiederum  Erfolg.  Die  bei  jungen  Thieren 
ausgesclmittenen  und  auf  dem  Ohr  angeheilten  Drüsen  entwickelten 
sich  typisch,  und  eine  lieferte,  als  das  Thier  trächtig  wurde,  einige 
Tröpfchen  Milch. 

Für  die  Hypertrophie  des  Myocards  hat  folgende  Arbeit  Interesse. 
B.  Morpurgo  und  F.  Bindi  (Virch.  Arch.  Bd.  151)   studirten   die  Zahl     Kernzahl 
der  Kerne  an  den  Muskeln.    Je  dünner   die  Fasern,   desto  grösser  ist  die     ^   ^^'| 
Eemmenge.    Die  Zunahme  der  quergestreiften  Substanz  ist  also  nicht  von    uorpurgo  u. 
gleichmfissiger  Kemvermehrung  gefolgt.    Der  Befund  stimmt  zu  dem  von        Bindi. 
Morpurgo  früher  (s.  vor.  Jahrb.)  gewonnenen  Ergebniss,  dass  bei  Hyper- 
trophie die  feineren  Muskelfasern  am  meisten  wachsen. 

6.  Neubildmig. 

Die  parasitäre  Genese  der  Neubildungen  wurde  vertheidigt 
von  D.  B.  Boncalli  (Joum.  of  Pathol.  and Bacteriol.  Bd.  5).  Er  glaubte  Parasitäre 
in  einem  Adenocarcinom  des  Ovariums,  in  Sarkomen  und  Epithelio-  ^^^^^^^^^f 
men  Blastomyceten  aufgefunden  zu  haben.  Auch  R.  B  e  h  1  a  (Centralbl.   b  i  l  d  n  n  g  e  n, 
f.  Bacteriol.  Bd.  24)   trat  dafür  ein ,  dass  die  Tumoren  auf  Mikro-      Roncalli, 
Organismen  zurückgeführt  werden  müssten.    A.  Maffucci  dagegen      Maffucci 
und  L.  Sirleo  (Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  27)  betonten,  die  gefundenen        Sirleo. 
Blastomyceten  erzeugten  im  Experiment  niemals  Geschwülste,  sondern 
nur  Entzündung.     Möglich  sei  die  pathogene  Bedeutung  von  Para- 
siten,  bewiesen  sei  aber  bis  jetzt  nichts.     Die  bisher  gefundenen 
Organismen  seien  secundäre  Ansiedler.  —  Auch  Bibbert  (Deutsche  Allgemeines 

med.  Wochenschr.  Nr.  11,  Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  25,  Sach-     \^®«f  t 

TV  T  .  i-t  schwiilste, 

verständigen-Zeitung  Nr.  19)  sprach  sich  gegen  die  parasitäre  Grenese       Ribbert, 

aus  und  vertheidigte  ausserdem  in  mehreren  Arbeiten  seine  An- 
schauungen, dass  die  Neubildungen  aus  abgesprengten  Qewebskeimen 
hervorgehen.  0.  Lubarsch  (Zur  Lehre  von  den  Geschwülsten  und  Lubarsoh. 
Infectionskrankheiten.  Monographie)  trat  wiederum  dem  Bef.  in  all- 
gemeinen Ausführungen  entgegen  und  bestritt  vor  allem  dessen 
Lehre  von  der  Entstehung  des  Carcinoms  aus  entzündlich  abge- 
sprengten Epithelien. 

Die  allgemeinen  Erörterungen  finden  ihre  Ergänzung  durch 
zahlreiche  Beobachtungen  und  Beschreibungen  einzelner  Tumoren. 
0.  Müller    (Arch.   f.   Entw.-Mech.   Bd.  6)    theilte   Beispiele   über 


30  Ribbert. 

Chondrom,  Absprengung  von  Knorpel  am  Skelettsystem  mit.  Es  finden 
Müller.  g-^j^  solche  schon  unter  normalen  Verhältnissen,  femer  bei  Bachitis. 
Aus  ihnen  können  Tumoren  entstehen,  und  zwar  solche  mit  und 
solche  ohne  Malignität.  Die  Bösartigkeit  ist  nicht  nur  eine  einfache 
Wachsthumssteigerung,  sondern  bedeutet  die  aus  unbekannten  Grün- 
den erfolgende  Annahme  eines  specifischen  Charakters.     In  diesem 

Rhabdo-     Punkt  wendet  Verf.  sich  gegen  den  Ref.  —  C.  Helbing  (Centralbl. 

myom,  £  pathol.  Anat.  Bd.  9)  fand  bei  einem  2djährigen  Manne  an  Stelle 
der  linken  Lunge  einen  über  8  kg  schweren  grauweissen,  nach  vom 
in  einzelne  Knoten  sich  auflösenden  Tumor,  der  sich  als  typisches 
Ehabdomyom  erwies  und  Knorpel  enthielt.  Es  handelte  sich  da- 
nach  um   ein    aus    verlagertem  Keime   hervorgegangenes  Teratom. 

Nehrisom.  Die  linke  Lunge  war  gar  nicht  angelegt.  —  A.  Nehrkorn  (Virch. 
Arch.  Bd.  151)  beschrieb  einen  mit  dem  Kreuzbein  fest  verbundenen, 
mit  stark  verdickter  Wand  versehenen  Uterus,  auf  dessen  Innen- 
fläche er  einen  Heerd  quergestreifter  Musculatur  nachwies.  Er  meint 
aus  Uebergängen  zu  glatten  Muskelfasern  schliessen  zu  können,  dass 
es   sich   hier  nicht  um  Keim  Verlagerung ,    sondern    um  Metaplasie 

Uterus-      handle.  —  P.  v.  Lockstädt  besprach  die  Myome  des  Uterus 

myome,      ^^^^  Rücksicht   auf  die   in    ihnen    vorkommenden  Drüsenschläuche 
V.  Lockstädt, 

(Monogr.  Berl.  Karger).    Er  findet,  dass  Recklinghausen  zu  weit 

gegangen  ist,  wenn  er  die  Adenomyome  vorwiegend  aus  Resten  des 
WolfPschen  Körpers  ableitet,  v.  Lockstädt  meint,  dass  die  Ab- 
leitung der  Epithelgebilde  von  der  Uterusschleimhaut  mindestens 
dieselbe  Berechtigung  habe  und  für  die  meisten  Adenomyome  die 
richtige  sei.  Die  Einbettung  der  Drüsenschläuche  in  cjrtogenes 
Gewebe  lasse  sich  so  am  besten  verstehen.  Auch  von  der  Tuben- 
schleimhaut könnten  die  Tumoren  ausgehen.  Stets  aber  handle  es 
sich  um  embryonale  Entwickelungsstörungen  bezw.  Verlagerungen 
Meyer.  von  Schleimhauttheilen  in  das  Myometrium.  —  R.  Meyer  (Zeitschr. 
f.  Geburtsh.  u.  Gjniäkol.  Bd.  37)  betont  ebenfalls  die  Möglichkeit 
einer  Herleitung  der  Adenomyome  von  der  Uterusschleimhaut.  Er 
fand  bei  jugendlichem  Uterus  Drüsen  ins  Myometrium  abgesprengt. 
Er  beschrieb  auch  Myome  um  Reste  des  WolfTschen  Ganges.  — 
Angiom,  H.  Ribbert  (Virch.  Arch.  Bd.  151)  erörterte  die  Genese  der  An- 
giome.  Sowohl  die  cavemösen  Angiome  der  Haut  und  der  Leber 
wie  die  Teleangiektasieen  gehen  aus  selbständigen  Gefässkeimen 
hervor,  meist  auf  Grund  fi)taler  Verlagerungs-  bezw.  Isolirungs- 
processe.  Die  Lymphangiome  sind  ebenso  zu  deuten.  Sie  stellen 
gut  umgrenzte  Tumoren  dar,  im  Gegensatz  zu  den  Lymphangi- 
ektasieen,  die  durch  Erweiterung  von  Lymphgefassen  entstehen. 


Ribbert. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      31 


Habermann  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  23)  beobachtete 
multiple  Neurome  bei  einem  28  Jahre  alten  weiblichen  Individuum. 
Die  Tumoren  sassen  am  ganzen  Körper  vertheilt,  machten  allerlei 
klinische  Erscheinungen  und  wurden  theilweise  exstirpirt.  Sie  hatten 
zum  Theil  anatomisch  einen  sarkomatösen  Charakter  bei  geringer 
Malignität.  Es  handelt  sich  also  um  secundär  maligne  Neurome. 
Verf.  fuhrt  die  Tumorbildimg  auf  congenitale  Anlage  zurück.  — 
0.  Busse  (Virch.  Arch.  Bd.  161)  untersuchte  einen  grossen,  vom 
achten  Brustwirbel  bis  zum  kleinen  Becken  reichenden  Tumor.  In 
ihm  fanden  sich  marklose  und  spärliche  markhaltige  Nervenfasern 
und  GranglienzeUen.  Er  musste  demnach  von  einem  sympathischen 
Ganglion  abgeleitet  werden.  —  K.  Krauss  (Virch.  Arch.  Bd.  163) 
beschrieb  bei  einem  7jährigen  Mädchen  multiple  subcutane,  kleinste 
bis  orangegrosse  Tumoren,  die  sich  aus  Ganglienzellen,  markhaltigen 
und  marklosen  Nerven  aufbauten.  Solche  Neubildungen  sind  selten. 
Verf.  meint,  dass  sie  vom  Sympathicus  ausgegangen  seien,  zumal 
er  einen  Zusammenhang  mit  Nerven  nicht  auffinden  konnte.  — 
G.  S  trübe  (Virch.  Arch.  Bd.  161,  Suppl.)  fand  gleichzeitig  mit  multiplen 
Neurofibromen  der  Haut,  der  grösseren  und  kleineren  Nerven- 
stämme, des  Vagus  und  der  hinteren  Wurzeln  multiple  gliomatöse 
Heerde  im  Kückenmark.  Demnach  beruht  der  Process  auf  einer 
complicirten  Entwickelirngsanomalie  des  Nervensystems.  —  Pels- 
Leusden  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  23)  schilderte  einen  Fall  von  Tumor 
des  Lendenmarks,  der,  aus  dem  Rückenmark  herauswachsend,  die 
weichen  Häute  der  ganzen  Medulla  und  theilweise  auch  der  Gehim- 
basis  durchwachsen  hatte.  Es  handelte  sich  um  ein  Gliom  mit  echter 
Neuroglia.  Etwas  Besonderes  ist  jene  Verbreitung  in  den  Häuten, 
die  meist  von  dem  Gliom  verschont  zu  bleiben  pflegen.  —  W.  Rosen- 
thal (ibid.)  besprach  einen  Tumor  des  Rückenmarks,  der  aus  Gliom- 
gewebe  mit  eingelagerten  Cysten  bestand,  die  mit  Epithel  ausge- 
kleidet waren,  aber  nach  Art  der  normalen  Gliaentwickelung  Ueber- 
gänge  zu  dem  Neurogliagewebe  zeigten.  An  anderen  Stellen  der 
Medulla  fanden  sich  reine  Gliomheerde.  Auch  war  Syringomyelie 
vorhanden.  Alle  diese  Processe  beruhen  auf  Entwickelungsstörungen. 
—  Auf  dem  Boden  eines  exstirpirten  Lupus  entwickelte  sich  in 
einem  von  Tau  ff  er  (Virch.  Arch.  Bd.  151,  Suppl.)  beschriebenen  Falle 
ein  Spindelzellensarkom  mit  RiesenzeUen.  Verf.  bespricht  die 
Beziehung  des  Tumors  zum  entzündlichen  Boden.  Es  könnte  an  die 
vom  Ref.  bezüglich  des  Krebses  geäusserte  Ansicht  gedacht  werden, 
dass  die  Entzündung  zur  Isolirung  und  zum  selbständigen  Wachs- 
thum  von  Zellen  führen  könne. 


Neurom, 
Habermann, 


Busse» 


Krauss, 


Strube. 


Gliom, 
PelS'Leusden, 


Rosenthal. 


Sarkom, 
Tauffer. 


32 


Ribbert. 


Endo- 

theliom, 

ErompecheT, 


Limaoher, 


Boirmanii, 


Eberth  n. 
Spude. 


UeberEndotheliome  des  Hodens  verbreitete  sich  E.Kro m- 
pecber  (Virch.  Arch.  Bd.  IBl,  Suppl.).  Er  studirte  11  Fälle  und 
glaubt  sich  berechtigt,  den  Endothelcharakter  deshalb  zu  behaupten, 
weil  er  einen  Zusammenhang  der  Zellen  mit  Lymphgefassendothelien 
in  3  Fällen  auffand.  Endotheliome  seien  danach  im  Hoden  häu- 
figer als  Carcinome.  —  F.  Lim  acher  (ibid.)  beschrieb  Blutgefäss- 
endotheliome  in  strumösen  Schilddrüsen.  Die  Tumorzellen  zeigten 
üebergänge  von  den  normalen  Endothelien  zu  grossen  sarkomatösen 
Geschwulstzellen.  —  Borrmann  (ibid.)  untersuchte  ein Blutgefäss- 
endotheliom  der  Scrotalhaut.  Er  fand  es  aus  schön  entwickelten 
endothelialen  Röhren  zusammengesetzt,  den  Tumor  aber  mit  der 
Nachbarschaft  nur  räumlich,  nicht  genetisch  verbunden.  Die  Ge- 
schwulst wuchs  nur  durch  Wucherung  ihrer  eigenen  Bestandtheile, 
nicht  durch  Umwandlung  benachbarter  Zellen.  —  C.  J.  Eberth  und 
Spude  (Virch.  Arch.  Bd.  1B8)  sahen  bei  drei  Mäusen  einer  Familie 
multiple  subcutane  Knoten  aus  Kanälen  aufgebaut,  die  mit  cubi- 
schem  Epithel  ausgekleidet  waren.  Verff.  halten  sie  für  Lymph- 
gefilsse,  die  Tumoren  daher  für  Endotheliome.  Ihre  Entstehung 
beruht  auf  ererbter  embryonaler  Anlage. 


Hyper-  A.  Kelly  (Ziegler^s  Beitr.  Bd.  23)  untersuchte  mehrere  Tumoren 

^*^**iii^"*'  der  Niere  und  zum  Vergleich  auch  solche  der  Nebenniere  und  stimmte 
in  der  Hauptsache  Grawitz  darin  zu,  dass  die  aus  versprengten 
Nebennierenkeimen  hervorgehenden  Tumoren  der  Niere 
häufig  sind.  Der  Bau  ist  meist  charakteristisch  und  an  Nebenniere 
erinnernd,  unterstützend  wirkt  der  Fettgehalt,  der  Glykogengehalt 
Oraapner,  ist  nicht  beweisend.  —  ß.  Graupner  (ibid.  Bd.  24)  beschrieb  eben- 
falls eine  von  Nebennierentheilen  ausgehende  Neubildung  der  Niere. 
In  ihr  fanden  sich  hyaline  Umwandlungen  wie  in  Cylindromen.  Verf. 
erörterte  die  Benennung  solcher  Tumoren  und  kommt  zu  dem  Schluss, 
da  die  Nebennieren  von  der  Ur-  oder  Vomiere  abstammten,  also 
epithelial  seien,  müssten  die  Timioren  ebenfalls  den  epithelialen  zu- 

Weiss,  gerechnet  werden.  —  Auch  B.  Weiss  (ibid.)  studirte  solche  Neu- 
bildungen (Hypemephrome).  Die  eine  lag  neben  der  linken  Niere 
und  Nebenniere,  von  beiden  Organen  durch  eine  Kapsel  getrennt, 
die  andere  im  Ligamentum  latum.    Neben  ihr  war  noch  ein  kleines 

Rossa,  Knötchen  aus  versprengter  Nebennierensubstanz  vorhanden.  —  H  o  s  s  a 
(Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  56)  schilderte  das  Vorkommen  von  verspreng- 
ten Nebennierenabschnitten  im  Ligamentum  latum  und  besprach  die 
aus  ihnen  entstehenden  Cysten  und  Tumoren.  Beim  Neugeborenen 
sind  solche  Keime  häufig,  später  verschwinden  sie  meist  durch  re- 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      33 


gressive  Met€unorphose.  —  K.  Buday  (ibid.)  verbreitete  sich  über 
die  Cystenbildung  in  den  Hypernephromen  der  Niere.  Er 
sah  sie  durch  Hohlwerden  von  ZelLaträngen  entstehen  und  lehnt  ihre 
Genese  durch  Zerfall  centraler  Zellen  ab.  Die  regelmässige  Anord- 
nung des  Epithels  spricht  gegen  diese  Erklärung. 


Buday. 


F.  V.  Birch-Hirschfeld  (ibid.)  lieferte  eine  Besprechung 
der  congenitalen  Drüsengeschwulst  (Adenosarkom)  der 
Niere,  die  sich  aus  unentwickeltem  Drüsengewebe,  sarkomatösem 
wucherndem  Bindegewebe,  event.  quergestreiften  Muskelfasern  und 
sonstigen  Bestandtheilen  aufbaut.  Er  meint,  dass  alle  diese  Tu- 
moren, von  denen  die  epithelialen  Bestandtheile  zurücktreten  können, 
so  dass  man  sie  für  reine  Sarkome  halten  könne,  einer  Grruppe  an- 
gehören und  auf  embryonale  Einschlüsse,  vielleicht  von  Theilen  des 
WolfTschen  Körpers  bezogen  werden  müssten.  —  H.  Merkel  (ibid.) 
beschrieb  zwei  solcher  Tumoren,  den  einen  kindskopf-,  den  anderen 
bimengross.  Er  schliesst  sich  Birch-Hirschfeld  an,  indem  er 
die  von  diesem  angenommene  Genese  der  Neubildungen  acceptirt.  — 
O.  S.  Misick  (Joum.  of  Pathol.  and  Bacteriol.  Bd.  5)  untersuchte 
einen  Lebertumor  bei  einem  128tündigen  Kinde.  Es  handelte  sich 
um  ein  Teratom,  welches  aus  embryonalem  Lebergewebe  mit  Drüsen- 
gängen, krebsperlenähnlicher  Zusammenlagerung  der  Zellen,  zahl- 
reichen Blutgefässen,  einem  sarkomähnlichen  Bindegewebe  und  einem 
knochenmarkähnlichen  Gewebe  mit  Osteoblasten  sich  aufbaute.  Die 
Geschwulst  muss  aus  einer  Entwickelungsstönmg  abgeleitet  werden.  — 
C.  J.  Eberth  (Virch.  Arch.  Bd.  163)  fand  auf  der  Innenfläche  der 
Dura  bei  einer  alten  Frau  einen  kleinen  flachen  Tumor,  der  mit 
einem  Stiel  die  Dura  durchsetzte  und  aus  lymphoidem  Gewebe,  Fett- 
gewebe, Nerven  und  quergestreiften  Muskelfasern  bestand,  also  ein 
Teratom  darstellte.  —  Wilms  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  49) 
lieferte  eine  eingehende  Darstellung  der  „Embryome  und  em- 
bryoiden  Tumoren"  des  Hodens.  Er  zeigte,  dass  alle  diese 
Tumoren  wie  die  entsprechenden  des  Ovariums  aus  Bestandtheilen 
dreier  Keimblätter  sich  aufbauen,  also  rudimentäre,  mehr  oder 
weniger  entwickelte  Embryonen  darstellen.  Bald  finden  sich  alle 
Bestandtheile  deutlich  ausgeprägt,  bald  ist  nur  eine  Gewebsart, 
z.  B.  der  Knorpel  hauptsächlich  oder  allein  entwickelt.  —  M.  A. 
Trachtenberg  (Virch.  Arch.  Bd.  154)  beschrieb  einen  Fall  von 
multiplen,  kleinen  Tumoren  und  einem  4  cm  langen,  über  dem  Conus 
medullans  sitzenden  Tumor  an  der  Hinterfläche  des  Rückenmarks,  die 

als  Dermoide  angesprochen  werden  mussten.    Zwar  fand  sich  nur 
Jahrbuch  der  practischen  Medicln.    1899.  3 


Adeno- 
sarkome 
der  Niere, 

Biroh- 
Hirschfeld, 


Merkel. 


Leber- 

teratom, 

Misick. 


Teratom 

der  Dura, 

Eberth. 


Embryome 

des  Hodens, 

Wilms. 


Dermoid, 
Trachtenberg. 


34  Ribbert. 

in  einem  Kaum  noch  eine  epitheliale  Auskleidung,  aber  in  der  Wand 
des   grössten   waren   Talg-  und  Schweissdrüsen   vorhanden.     Verf. 
fasst  die  Tumoren   auf  als  hervorgegangen  aus  versprengten  Epi* 
dermisabschnitten,  die  beim  Schluss  des  Wirbelkanals  isolirt  wurden. 
Cysten,      —  F.  Rau  (Virch.  Arch.  Bd.  163)  fand  am  unteren  Ende  des  Oeso- 
^^^'        phagus  dem  Magen  anliegend  eine  4  cm  messende  Cyste  mit  einem 
theils  einschichtigen  flimmernden,   theils  mehrschichtigen  cubischen 
Epithel  ausgekleidet  und  mit  Drüsen  versehen.   Sie  musste  aus  einer 
fötalen  Entwickelungsstörung  des  Oesophagus  abgeleitet  werden.  — 
Tumoren     G.  Klein  (ibid.  Bd.  154)  besprach  die  aus  den  Gärtnerischen  Gängen 
^^'^  ^*'**'®'^' hervorgehenden  Tumoren.     Die  Gänge  finden  sich  bekanntlich  oft 
Klein.      *^  ^®^  Uterus-  und  Vaginalwand  und  im  Ligamentum  latum.     Sie 
können  zur  Geschwulstbildung  führen.     Im  Ligamentum  latum  ent- 
wickeln sich  Cysten,  eventuell  mit  papillärer  Lmenfläche,  im  Uterus 
Cysten  und  Cystomyome,   eventuell  reine  Adenome   und  auch  viel- 
leicht Carcinome,  in  der  Wand  der  Scheide  und  im  Hymen  Cysten. 

7.  Missbildnngr. 

Acardii,  Ueber  die  Entstehung  der  Acardii  verbreitete  sich  Fr.  Schatz 

s<*»tz-  (Festschr.  f.  Thierfelder).  Er  entwickelte  im  Zusammenhange 
seine  in  zahlreichen  früheren  Arbeiten  vertretene  Auffassung.  Die 
wichtigste  Grundlage  ist  seiner  Meinung  nach  eine  Verengerung  des 
Lumens  der  Nabelschnur-  oder  Nabelvene  an  irgend  einer  Stelle  aus 
irgend  einem  Grunde.  Dann  bekommt  der  betreifende  Zwilling  zu 
wenig  Blut,  während  das  nicht  in  ihn  fliessende  durch  Placentar- 
anastomosen  dem  anderen  zuströmt.  Dadurch  wird  jener  Zwilling 
schlecht  ernährt,  bis  sein  arterieller  Blutdruck  unter  den  des  anderen 
sinkt  und  dieser  nun  sein  Blut  in  die  Arterien  des  schwächeren  In- 
dividuums hinüberdrückt.  In  diesem  entsteht  dann  Umkehrung  des 
Bau  oh  spalte,  Blutstromes  mit  seinen  Folgen.  —  Rischpler  (Arch.  f.  Entw.-Mech. 
Riaohpiar.  g^  g)  ^^j^  auf  Grund  eingehender  Studien  an  3  Fällen  von  Bauch- 
spalte unter  Berücksichtigung  des  Gefässverlaufes,  der  Wirbelsäulen- 
krümmung und  des  Verhaltens  der  Bauchorgane  zu  dem  Schluss,  dass 
die  Bauchspalte  in  frühester  Embryonalperiode  wegen  einer  mangel- 
haften Trennung  bezw.  Verwachsung  des  Chorions  imd  Amnions  ent- 
stehe, infolge  deren  der  Körper  im  Wachsthum  alterirt  werde.  —  N  ehr- 
Sinns  uro-  körn  (Virch.  Arch.  Bd.  161)  berichtete  über  ein  llmonatliches  Kind, 
genitalis,  -vw^elches  mit  Pyometra  in  Form  eines  faustgrossen,  eitergefüllten  Sackes 
zu  Grunde  ging.  Es  fand  sich  keine  Vagina.  Der  eitererftillte  Uterus 
communicirte  median  zwischen  den  Ureteren  mit  der  Harnblase.  Die 
Verbindung  konnte  nicht  postembryonal  entstanden  sein.  Sie  musste  auf- 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomiei  Bactenologie.       35 


gefasst  werden  als  die  Folge  einer  Missbildung,  einer  Persistenz  des 
Sinns  urogenitalis.  Das  Rectum  war  unverändert. —  A.  Dienst 
(ibid.  Bd.  154)  besprach  einen  Fall  von  Atresia  ani  congenita 
urethralis  mit  doppelseitiger  Ureterenerweiterung,  Hypertrophie  der 
Harnblase,  Hydronephrose  und  Klumpfuss,  Born  (Diss.  Zürich)  einen 
Fall  von  Atresia  ani  mit  Verdoppelung  der  Vagina  und  des  Uterus 
und  Hydronephrose,  M.  Lange  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  24)  ebenfalls 
Atresia  ani  mit  Verdoppelung  des  Penis,  der  Harnblase  und  dop- 
pelter Communication  des  Rectums  mit  den  Urethrae.  —  Siegen- 
beek  van  Heukelom  (ibid.  Bd.  24)  schilderte  eine  Beobachtung, 
in  welcher  bei  einem  Manne  mit  rechtsseitigem  Ejyptorchismus  und 
gut  entwickelten  inneren  Grenitalien  ein  vollständiger  im  rechten 
Leistenkanal  liegender  weiblicher  Genitalschlauch  vorhanden  war. 
Siegenbeek  nennt  diesen  Hermaphroditismus  den  tubulären, 
während  er  von  glandulärem  Hermaphroditismus  redet,  wenn  beide 
Keimdrüsen  zugegen  sind.  Ein  sicherer  derartiger  Fall  ist  bis  jetzt  noch 
nicht  bekannt.  —  C.  Mayer  (ibid.)  berichtete  über  eine  Familie,  in 
der  sich  elf  Spaltbildungen  mit  Syndaktylie  verbunden  an 
Händen  und  Füssen  fanden.  Die  Störung  betraf  nur  die  männlichen 
Familienmitglieder.  Verf.  meint,  dass  es  sich  nicht  um  Folgen  am- 
niotischer Verwachsungen,  sondern  um  Idioplasmaveränderungen 
handelt.  Die  Neigung  zur  Deformation  nahm  mit  den  Generationen 
allmählich  ab.  —  G.  Arnheim  (Virch.  Arch.  Bd.  154)  beschrieb 
einen  Fall  von  congenitaler  Hypertrophie  der  ganzen  rechten 
Körperhälfte  bei  einem  2  Jahre  alten  rachitischen  Kinde.  Die  Hyper- 
trophie betraf  alle  Theile  :  Knochen,  Binde-,  Muskel-  und  Fettgewebe, 
sowie  die  Blutgefässe.  Der  Process  hatte  von  der  Geburt  an  zu- 
genommen. Verf.  meint,  dass  vielleicht  intrauterine  Circulations- 
störongen  durch  Nabelschnurumschlingungen  oder  dergl.  an  solchen 
Missbildungen  Schuld  haben  könjiten.  Es  fand  sich  nun  ausserdem 
noch  eine  beiderseitige  Hypertrophie  der  Lungen  mit  Bronchi- 
ektasen. Ein  solches  Zusammentreffen  von  Hypertrophie  innerer 
Organe  und  halbseitiger  Körperhypertrophie  wurde  bisher  noch  nicht 
gesellen.  —  A.  Schaper  (Arch.  f.  Entw.-Mech.  Bd.  6)  entfernte 
bei  Amphibienlarven  das  Centralnervensystem  und  fand, 
dass  dieser  Defect  keinen  Einfluss  auf  die  Körperentwickelung  hat. 
Diese  geht  also  durch  Selbstdifferenzirung  vor  sich.  Es  ist  das  für 
die  Anencephali  von  Interesse,  die  ja  auch  ohne  Centralnerven- 
system sich  durchaus  normal  entwickeln.  Bei  jenen  Versuchen 
schadete  specieU  die  Zerstörung  des  Hirns  nicht  im  mindesten  der 
Ausbildung  des  Opticus  und  der  Augen. 


Atresia  ani, 
Dienst, 


Born, 


Lange, 


Herma- 

phroditis- 

mns, 

S.  y.  Heokelom. 


Spalthand, 
Mayer. 


Gongenitale 
Hyper- 
trophie, 
Arnheim. 


Fehlen  des 

Gentral- 

nerven- 

systems, 

Schaper. 


^ 


36  Ribbert. 


III.  Specielle  pathologische  Anatomie  der  Organe. 

1.  Respirationsorgrane. 

AccesBori-  G.  Schaffner  (Virch.  Arch.  Bd.  162)  fand,  dass  an  der  Basis 

scher        ^^^  Unterlappens   der  Lunge  sehr  häufig    ein  bisher  nur  wenig  be- 
lappen,      achteter  accessorischer  Lappen  vorkommt,   der  bald  grösser, 
Schaffiier.      jj^ld  kleiner,  bald  gut  abgegrenzt,  bald  nur  unvollkommen  abgetrennt 
Sandstaub   ist.  —  Woskressensky  (Centralbl.  f.  pathol.  Anat.  S.  296)  sah  in 
in  der       Limge    und   bronchialen   Drüsen   bei    allen   untersuchten    Menschen 
Woskressensky. -^^^^^^  ^^^  Sandstaub,   Kieselsäure.     Er  fand,   dass   die  Menge 
dem  Alter  proportional  ist  und  mit  begünstigender  gewerblicher  Be- 
schäftigung steigt.     Die  Lungen   enthalten   stets  weniger  Staub   als 
Bronchitis  die  Drüsen.  —  M.  Herzog  (Centralbl.  f.  pathol.  Anat.  Bd.  8  Nr.  24) 

fibrinosa,    £^^^  jl^  Gerinnsel  bei  Bronchitis   fibrinosa   nicht  wie   andere 
Herzog. 

(s.  vor.  Jahrb.)  angegeben  hatten,  aus  Schleim,  sondern  aus  Fibrin 

zusammengesetzt. 

Schilddrüse. 

Schilddrüse  L.   Comte    (Ziegler's   Beitr.    Bd.   23)    arbeitete   über   die   Be- 

„     ^^^    .    Ziehungen  zwischen  Schilddrüse  und  Hypophysis.    ßegres- 

Hypophysis,    .  ^  j  r    r     j^  e» 

L.  Comte.      sive  Veränderungen  der  Schilddrüse  hatten  Hypertrophie  oder  Hyper- 
plasie der  Hypophysis  zur  Folge,  ebenso  Fehlen  der  Thyreoidea.    Li 
der  Schwangerschaft  und  bei  Cretinen  mit  vergrösserten  Schilddrüsen 
Nebenschild- fand  sich  zugleich  Vergrösserung  der  Hypophyse.  —  W.  Kürsteiner 

Ktoteiner  (^^^'  ^^^^  ^^-  ^1)  untersuchte  die  als  Nebenschilddrüsen 
so  viel  besprochenen  Epithelkörper  neben  der  Thyreoidea.  Sie  unter- 
scheiden sich  im  Bau  von  dieser  oder  sind  jedenfalls  nur  in  früher 
Embryonalzeit  mit  ihr  in  Uebereltn Stimmung.  Die  oberhalb  der 
Schilddrüse  gelegenen  Körper  rechnet  Kürsteiner  zu  ihr,  ent- 
scheidet aber  nicht,  ob  sie  compensirend  für  sie  eintreten  können, 
die  unteren  Körper  setzt  Kürsteiner  zur  Thymus  in  Beziehung.  — 
Morbus  Walter  Edmunds  (Journ.  of  Path.  and  Bact.  Bd.  5)  fand  durch 
Basedowii,  Untersuchung  und  Experiment,  dass  die  Hypertrophie  der  Schild- 
drüse im  Morbus  Basedowii  ein  compensatorisch-hypertrophischer 
Vorgang  sei.  Der  Schluss  basirt  auf  den  histologischen  Befunden. 
Verf.  sah  ferner,  dass  die  Nebenschilddrüsen  nach  Entfernung  der 
Hauptdrüse  die  gleiche  curative  Wirkung  haben  wie  diese.  Doch 
kann  Schilddrüsene.xtract  das  Eintreten  der  Kachexie  nur  aufhalten, 
nicht  verhindern.   —   Im  vergangenen  Jahr  wurde  berichtet,   dass 


Allgemeine  Pathologie,  Anatomie,  pathologische  Bacteriologie.      37 

Mnnk  allen  jetzt  geltenden  Lehren  von  der  Bedeutung  der  Thyreoidea 

entgegengetreten  sei  und  ihre  Lebenswichtigkeit  bestritte.    Dagegen 

wandte  sich  nun  v.  Eiseisberg  (Virch.  Arch.  Bd.  153).     Munk's  Bedeutung 

Exstirpationen  und  Transplantationen  seien  doch  zum  weitaus  grössten      v.5fJ  .. 

Theil  im  Sinne  der  heutigen  Anschauungen  ausgefallen.    Die  spar-  y.  Eiselaberg, ' 

liehen  Ausnahmen  können  demgegenüber  nichts  bedeuten.    Sie  liessen 

sich   vielleicht   unter   Annahme   besonderer   Bedingungen    erklären. 

Munk   seinerseits  hat  wieder  betont  (ibid.  Bd.  164),   dass  gerade        Mnnk, 

jene  Versuche,   in  denen   die  Exstirpation   des  Organs  ohne  Folgen 

blieb,  wenn  auch  ihre  Zahl  nicht  gross  sei,  völlig  hinreichten,   um 

die  Lebenswichtigkeit  der  Schilddrüse  in  Frage  zu  stellen,    v.  Eiseis-  ▼•  Eiselsberg. 

berg  hob  dagegen  hervor  (ibid.),  dass  Munk  die  Nebenschilddrüsen 

nicht  geiunden  habe  und  dass  die  vereinzelten  Fälle,  in  denen  Thiere 

trotz  der  Nebenorgane  zu  Gfrunde   gingen,   nicht  genügten,  um  die 

Bedeutung  der  Thyreoidea  in  Frage  zu  stellen. 

2.  Circulationsorgrane. 

A.  Dräsche  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  45)  hat  drei  Fälle  Aneurysmen 
von  Aneurysmenbildung  an  den  Herzklappen  beobachtet,     der  Herz- 
Li  einem  Falle  fanden  sich  drei  Aneurysmen  der  Mitralis,  in  einem      Dräsche, 
zweiten  ein  ebensolches.    Sie  waren  infolge  acuter  Endocarditis  ent- 
standen.   In  dem  dritten  Falle  bestanden  bei  Stenose  und  Lisufficienz 
der  Mitralis   an  dieser  Klappe   vier  linsengrosse  Aneurysmen.     Li 
allen  Beobachtungen  ist  die  Eingangsöffnung  gegen  den  Ventrikel, 
die  Wölbung  gegen  den  Vorhof  gerichtet. —  Das  Verhalten  der  linken 
Herzkammer  bei  Erkrankungen  der  Mitralis  untersuchte 
Ä.  Oestreich  (Virch.  Arch.  Bd.  151).     Ln  Gegensatz  zu  weit  ver-     Herz  bei 

breiteten  Ansichten  glaubt  er  gefunden  zu  haben,  dass  nach  Stenose       Mitral- 
r\     .  .  .  .  .  Stenose, 

des   Ostiums  keine  Atrophie  des  linken  Ventrikels   stattfindet.     Er     oestreich. 

fand  allerdings  auch  die  Musculatur  oft  dünn,   meint  aber,   dass  es 
sich  in  solchen  Fällen  um  eine  angeborene  Hypoplasie  handele,  wo- 
für ihm  auch  die  Enge  und  glatte  Linenfläche  der  Aorta  zu  sprechen  • 
scheint.  —  F.  Glaser  (ibid.  Bd.  154)  trat  der  Frage  näher,  ob  die  Sarkolemm 
Muskelfasern  des  Herzens  ein  Sarkolemm  besitzen,  wie  es  Oest-     des  Herz- 
reich   gesehen   zu   haben  glaubte.     Er  hat  nun   an  fragmentirten       Glaser.  ' 
Muskeln   zwischen   den  Bruchstücken   eine   homogene  Substanz   ge- 
sehen,  die  sich  färben  Hess  und  die  er  deshalb  als   ein  Sarkolemm 
ansprechen  zu  soUen  glaubt.     Sie  ist  viel  zarter  als  das  Sarkolemm 
der  Skeletmuskeln.     Bisher  war  man  der  Meinung,  dass  eine  solche 
HüUe  dem  Herzmuskel  fehle. 


38  Ribbert. 

Offener  F.  ßau  (ibid.  Bd.  153)  untersuchte  einen  Fall  von  offenem  Duc- 

BotaUi       *^^  Botalli  mit  trichterförmiger  Erweiterung   seines  aortalen  Ab- 

Rau.         Schnittes  und  auf  die  Umgebung  beschranktem  Atherom  der  Pulmonalis. 

Im  Leben  hatten  keine  Erscheinungen  auf  die  Abnormität  hingewiesen. 

Traumati-  0.  Manz  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  24)   beschrieb   ein   nach   Faust- 

Rohes        schlag   entstandenes  haselnussgrosses  Aneurysma   der  Arteria 
Manz.      '  temporalis.     Es  war  nach  dem  histologischen  Befund  durch  eine 
Zerreissung   der   Intima  und   Media   entstanden.      In   der  nur   von 
der  Adventitia  gebildeten   aneurysmatischen  Ausbuchtung  war  nun 
durch  Wucherung  der  erhaltenen  Intima  eine  unregelmässige,  zottig- 
balkenfbrmige,  hohe  Auskleidung  entstanden,  in  deren  Gewebe  sich 
viele   elastische  Fasern   entwickelt  hatten.     Verf.  meint,   dass  diese 
Fasern  gleichsam  den  Versuch  der  Wand  verdeutlichten,  dem  Blut- 
druck Widerstand  zu  leisten.  —  Ueber  die  Neubildung  elasti- 
Elastische  scher  Fasern  in  der  Intima  bei  Endarteriitis  berichtete L.  Jores 
^^^F^d^*^   (ibid.).     Er  sah   die  ersten  elastischen  Gebilde  in  enger  räumlicher 
arteriitis,    Beziehung   zu  den  Zellen    entstehen   und  meint  daher,   dass  daraus 
Jores.        auf  eine  formative  Thätigkeit  der  Zellen  bei  Bildung  der  Fasern  ge- 
schlossen werden   dürfe.     Er  verhehlt   sich   freilich  nicht,   dass  die 
Spontane    räumliche  Anordnung  allein  noch  nicht  sicher  entscheidet.  —  Haga 

Gangrän     (yirch.  Arch.  Bd.  152)  führte  die  bei  Leuten,  fast  immer  Männern, 
durch  End-    .      .  «  r^ 

arteriitia    ^^  jüngeren  Jahren  auftretende   spontane  Gangrän   der  unteren 

Haga.        Extremitäten    auf  endarteriitische  Wucherungsprocesse   der   Intima 
oder  der  ganzen  Wand  zurück.     Sie  bedingen  Verschluss   oder  er- 
hebliche Verengerung  des  Lumens.   Verf.  hält  den  Process  für  syphi- 
litisch.   Die  Wucherungen  der  Wand  haben  manchmal  den  Charakter 
Aortitis     von  gummösen  Gewebsneubildungen.  —  H.  Stroebe    (Centralbl.  f. 

tuberculo8a,pathol.  Anat.  Bd.  8)   beschrieb   einen   Fall  von   Aortitis   tuber- 
Stroebe.  .  , 

culosa,  in  welchem  2  cm  über  den  Klappen  eine  7  mm  hohe,  3  bis 

4  mm  breite  Erhebung  sass,  die  sich  aus  einer  Wucherung  der  In- 
tima und  Fibrinbelägen  zusammensetzte.  Sie  enthielt  zumal  an  der 
Basis  sehr  grosse  Bacillenmengen.  Verf.  meint,  zunächst  seien  Ba- 
cillen aus  verkästen  Drüsen  in  das  Blut  gelangt,  hätten  durch  Fest- 
setzung an  der  Wand  jene  Erhebung  und  zugleich  Miliartuberculose 
erzeugt,  an  deren  Entstehung  später  auch  Bacillen  aus  dem  Vor- 
sprung sich  betheiligten  und  für  deren  Zustandekommen  im  allge- 
meinen er  anerkennt,  dass  die  von  Wild  und  Ribbert  gegen 
Weigert  erhobenen  Einwände  (s.  vor.  Jahrb.)  insofern  berechtigt 
sind,  als  die  Miliartuberculose  auch  von  wenigen  auf  capillarem  Wege 
in  den  Kreislauf  gelangten  Bacillen  herrühren  kann. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      39 


Milz. 

A.  Christomanos    (Ziegler's    Beitr.   Bd.  24)    beschrieb    einen       Total- 
FaU  von   totaler  Nekrose   der  Milz.     Sie  war  entstanden  durch     ^^^  j^j^ 
Drehung   des  Gefassstieles   des   seit  Jahren   infolge  von  Malaria  er-  Christomanos. 
heblich  vergrösserten  Organes.    Die  Milzvene  war  total  thrombosirt, 
ebenso   die  in  ihrer  Wand  vorhandenen  Vasa  vasorum,   deren  Ver- 
schluss jeden  Collateralkreislauf  unmöglich  machte.   Das  Organ  wurde 
operativ  mit  Erfolg  entfernt.    Die  Operation  hatte  auf  die  Zusammen- 
setzung des  Blutes  keinen  Einfluss. 

3.  Terdaniingsorgane. 

H.  Hildebrand  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  33)  bestätigte      Magen- 
das    Vorkommen     von    Magendrüsen    in     der    Oesophagus-  Oesophagus, 
Schleimhaut.     Eberth  hatte   (1897)    zuerst  jene   Erscheinung  in    HUdebrand, 
einer  fünfinarkstückgrossen  Stelle   im  unteren  Oesophagus  gesehen, 
ebenso  später  Seh  äff  er  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  22).    Hilde-      Schaffer. 
brand    fand    in    der   Höhe    des   Ringknorpels    zwei    symmetrische 
erosionsähnliche  Stellen  mit  Magendrüsen.    Er  fasst  sie  mit  Schaff  er 
als  an  Ort  und  Stelle  entstanden  auf,  während  Eberth  sie  auf  em- 
bryonale Störungen  bezogen  hatte. 

Die  in  der  Magen- und  Darmschleimhaut  vielfach  vorkommenden  rund-  Hyaline 

liehen  hyalinen  Körper,  die  neuerdings  von  mehreren  Seiten  beschrieben  Körper  in 

wurden,  fasst  Ch.  Thorel  (Virch.  Arch.  Bd.  151)  als  Russersche  Fuchsin-  *"  f/^.®""" 

körperchen  auf.   S.  Saltykow  (ib.  Bd.  153)  dagegen  kam  durch  Vergleich  schleim- 

mit  denselben  Gebilden  in  anderen  Geweben  zu  dem  Schluss,  dass  es  sich  haut, 

um  Derivate  der  rothen  Blutkörperchen,   sei  es  um  Capillarthrombose ,  sei  Thorel, 
es  um  intracellular  gelegene  handelt. 

P.  Grützner  (Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  71)  hat  genauere  Mit- Bttokläufige 
theilungen    über   die   bereits  früher   besprochenen  Versuche  gemacht,   in        I>arm- 
denen  er  sah,    dass  in  den  Mastdarm   eingespritzte  körnige  Massen  bis      Qrützner 
zum  Magen  gegenläufig  befördert  wurden.    Er  stellte  neue  Thier- 
versuche  und  Experimente  am  Menschen  an,  und  zwar  mit  positivem  Er- 
folg.   Er  erklärt  die  Erscheinung  aus  der  Art  der  Darmbewegung,  indem 
diese  nicht  nur  nach  abwärts,   sondern  abwechselnd   auch  nach  oben  ge- 
richtet, also  eine  pendelnde  ist.   So  können  Körner  eine  Strecke  weit  nach 
oben  gegenläufig  geschoben  werden,  dann  liegen  bleiben  und  bei  nächster 
Gelegenheit  wieder  gegen  den  Magen  hin  bewegt  werden,   den  sie  so  all- 
mählich erreichen.  —  R.  Hoeber  stellte  Versuche  an  über  die  Resorp- 
tion im   Dünndarm   (Arch.  f.  d.  ges.  Physiol.  Bd.  70),   indem  er  Salz- 


40  Ribbert. 

Resorption  lösungen  in  eine  Darmschlinge  injicirte.    Es  zeigte  sich,   dass  die  Besorp- 
i™  tion  in  einer  bei  manchen  Fällen   deutlich  hervortretenden  Beziehung  zu 

Hoeber     *    ^^^  osmotischen  Druck  der  Lösungen  steht,   dass  sie  also  nach  physikali- 
schen Gesetzen  vor  sich  geht. 

Eisen-  A.  Hofmann  (Virch.  Arch,  Bd.  151)  hat  durch  Untersuchung  mensch- 

resorption,  ]j[ciiei.  ^ind  thierischer  Organe  ohne  und  nach  Verabreichung  von  Eisen 
die  R  e  s  0  r  p  t  i  0  n  u  n  d  A  u  8  s  c  h  e  i  d  u  n  g  desselben  festzustellen  versucht. 
Er  konnte  die  Aufnahme  durch  den  Dünndarm,  die  Ausscheidung  durch 
das  Colon  bestätigen.  Neu  ist,  dass  ihm  der  Nachweis  auch  beim  Menschen 
bei  gewöhnlicher  Nahrung  gelang. 

Syphiliti-  K.  Schuchardt  (Virch.  Arch.  Bd.  164)   beschrieb   einen  Fall 

Mastdarm-   ^^^  Mastdarmgeschwür,  welches  nach  der  Aetiologie  als  syphi- 
gesohwür,    H tisch  angesprochen  werden  konnte  und  histologisch  eine  Structur 
Schuchardt    tot,  die  damit  im  Einklang  stand.  Es  fanden  sich  makroskopisch  blau- 
rothe  Geschwulstknoten  der  Schleimhaut,  die  aus  zeUreichem  Gewebe 
bestanden,  welches  sich  vor  allem  um  die  Gefässe  gruppirte. 

Leber. 

Zucker-  Ueber  einen  Fall  von  Zuckergussleber  berichtete  Siegert 

^  SiegetC^'  (Virch.  Arch.  Bd.  1B3).  Er  betraf  ein  lOjähriges  Individuum,  bei 
welchem  seit  10  Jahren  Bjankheitsbeschwerden  entstanden.  Es  fand 
sich  Pericardialsynechie  und  schwartige  Pleuritis.  Das  Lebergewebe 
war  nicht  erkrankt.  Verf.  meint,  dass  es  eine  mit  Pleuritis  und 
Pericarditis  einhergehende  chronische  Verdickung  der  Leberkapsel 
gibt,  die  zu  Schrumpfung  und  Ascites  fuhrt.  Der  Process  ist  ver- 
schieden von  der  Veränderung  der  Leber,  welche  sich  als  Folge 
einer  adhäsiven  Pericarditis  durch  Vermittelung  von  Stauung  ent- 
Leber-  wickelt.  —  M.  Simmonds  (Centralbl.  f  path.  Anat.  S.  885)  be- 
"sinunondB.  *  Schrieb  zwei  Fälle  von  grossknotiger  Tuberculose  der  Leber. 
La  dem  einen  Fall,  bei  Caries  der  Wirbelsäule  hatte  sich  ein  gänse- 
eigrosser,  central  nekrotischer  Tumor  gebildet,  der  central  und  peri- 
pher Bacillen  enthielt.  Li  dem  anderen  waren  neben  Lungentuber- 
culose  viele  erbsen-  bis  gänseeigrosse  Knoten  vorhanden  mit  dem- 
selben Bacillenbefund. 

Gallen-  D.  Hanse  mann  (Virch.  Arch.  Bd.  164)  sah  nach  Gastrotomie 

Bteine,       ^^^^  Fäden  in  den  Duodenalwänden  zwei  Gallensteine  entstehen, 

HanBemanii.  . 

deren  Bildung  möglich  war,  weil  kein  Magensaft  mehr  in  das  Duo- 
denum gelangte.  Seit  der  Operation  waren  7  Monate  verflossen.  Li 
dieser  Zeit  also  können  sich  Gallensteine  bilden.  Der  eine  war 
12  mm  lang. 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       41 


Pankreas. 

M.  Simmonds  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  6)  sprach  sich  be-Fettgewebs- 
zügKch  der  Fettgewebsnekrose  dahin  aus,  dass  sie  vom  Pankreas     atTOmondH 
direct  abhängig  sei,   dass  dieses  also  nicht  erst  secundär  erkranke. 
Dafür  sprachen  die  Thierexperimente  und  ein  Fall,  in  welchem  sich 
die  Nekrose  an  eine  Pankreasverletzung  anschloss.  —  Bei  bacterio- 
logischer  Untersuchung  eitriger  Pankreasentzündungen   wies 
G.  Etienne  (Arch.  de  m^d.  exp6r  Nr.  2)  verschiedene  BacterienartenP»niiro»titi8 
gleichzeitig  nach,  am  häufigsten  aber  das  Bacterium  coli,  dem  er  deshalb   ^  Etieime    * 
eine  besondere  Wichtigkeit  beimisst.  —  Ueber  die  Betheiligung  des 
Pankreas  bei  hereditärer   Lues  berichtete  E.  Schlesinger     Syphiii- 

(Virch.  Arch.  Bd.  154).    In  einzelnen  Fällen  findet  man  interstitielle       **^^^® 
...  Pankrea- 

Processe,  die  bis  zur  Vernichtung  des  eigentlichen  Drüsengewebes        titis, 
gehen  können,  so  dass  nur  die  kleinen  Gänge  übrig  bleiben.    Gum-    Schlesinger, 
mata  sind  sehr  selten. 


4.  Harnorgane. 

K.  Winkler  (Virch.  Arch.  Bd.  154)  trat  für  die  ausschlag-  Eklampsie, 
gebende  Bedeutung  der  Niere  bei  der  Eklampsie  ein.  Er  konnte 
m  neun  Fällen  stets  mehr  oder  weniger  hochgradige  Veränderungen 
des  Organs  nachweisen,  die  entweder  als  Steigerung  der  physio- 
logischen Abnormitäten  desselben  während  der  Schwangerschaft,  oder 
als  bereits  fiüher  bestandene  aufzufassen  seien.  Die  Erkrankung  sei 
dadurch  bedeutsam,  dass  die  Niere  abnorme  in  der  Gravidität  ge- 
bildete StoflFwechselproducte  nicht  ausscheiden  könne.  Ihre  Retention 
mache  die  Krampfanfälle.  Die  Blutungen  der  Leber  seien  die  Folge 
der  Compression  durch  den  Uterus,  die  ParenchymzeUenembolie  die 
Folge  einer  mechanischen  Läsion  von  Placenta,  Leber  und  Knochen- 
mark (siehe  oben  unter  Blut). 

Marckwald  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  33)  studirte  die  Ureteritis 
multiple  Cystenbildung  in  den  Ureteren  und  der  Harnblase.  Sie  1^^*^^^°,^^ 
gehen  aus  den  v.  Brunn'schen  Epithelnestem  durch  Zerfall  der 
centralen  Zellen  hervor.  Jene  Nester  entstehen  embryonal  und  extra- 
uterin. Sie  nehmen  mit  dem  Alter  an  Zahl  zu.  An  ihrer  Umwand- 
lung zu  Cysten  haben  Entzündung  und  Lifection  keinen  Antheil. 
Marckwald  weist  also  auch  die  Auffassung  zurück,  dass  gewisse 
hyaline  Körper  in  den  Cysten  Parasiten  sein  könnten. 


42 


Ribbert 


Nebenniere. 

Hyper-  M.  Simmonds  (Virch.  Arch.  Bd.  153)  fand  bei  einem  58  Jahre 

*'n'V*-*'  alten  Manne  eine  hochgradige  Atrophie  der  einen  und  eine  sehr 

niereB,  betrachtliche  Hypertrophie  der  anderen  Nebenniere.  £r  hält 
diese  for  eine  compensatorische,  da  es  ihm  auch  im  Experiment  an 
jungen  Kaninchen  gelang,  dnrch  Exstirpation  der  einen  Nebenniere 
eine  compensatonsche  Vergrösserong  der  anderen  zu  erzeugen. 


SimmmdB« 


5.  Gegehleehtsorgane« 


Sperma- 
togenese, 
Coides. 


am  Neben- 
hoden, 
Wieeel. 


H.  Cordes  (Virch.  Arch.  Bd.  161)  untersuchte  die  Hoden  zahl- 
reicher Individuen  auf  das  Verhalten  der  Spermatogenese.  In 
Fallen  acuter  Erkrankungen  verschiedener  Art  war  die  Bildung  von 
Spermatozoen  ganz  angehoben  oder  erhebHch  vermindert.  Ebenso 
war  das  Resultat  in  den  Hoden  zahlreicher  Phthisiker.  Der  Ein- 
fluss  der  Allgemeinerkrankung  auf  die  Spermatogenese  ist  also  ein 
tiefgreifender.  Verf.  prüfte  auch  das  Vorhandensein  von  Fett  in 
den  Hodenepithelien  und  fand  es  in  allen  Fällen  auch  bei  gesunden 
Nebenniere  Männern.  — J.  Wiesel  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  18)  fand  bei 
Neugeborenen  in  76'/s  ^/o  der  Fälle  am  Nebenhoden  abgesprengte 
Neben nierentheile.  Bei  15  Kindern  waren  sie  5mal  beider- 
seitig, 13mal  einseitig  vorhanden.  Meist  lagen  sie  im  Bindegewebe 
um  das  Vas  deferens  am  Nebenhoden,  seltener  in  ihm.  Der  Keim 
war  von  einer  bindegewebigen  gefslssreichen  Kapsel  abgegrenzt.  Bei 
älteren  Kindern  und  Erwachsenen  fehlten  ausgebildete  Keime,  doch 
sah  man  ZeUstränge,  die  Wiesel  als  untergehende  Nebenniere  be- 
trachtet. —  Most  (Virch.  Arch.  Bd.  164)  besprach  mehrere  Fälle 
von  malignen  Hodentumoren,  die  als  Endotheliome  aufgefasst 
werden  mussten,  und  verbreitete  sich  in  erster  Linie  über  die  Meta- 
stasirung.  Der  wichtigste  Verbreitungsweg  ist  die  Lymphbahn.  Zu- 
nächst die  Lymphdrüsen  vor  der  Wirbelsäule  bis  zur  Cystema  chyli 
herauf  und  dann  Einbruch  in  den  Ductus  thoracicus,  von  welchem 
aus  die  supraclavicularen  Drüsen  inficirt  werden. 


Hoden- 

tnmoren, 

Host. 


Cysten, 
Zahn. 


lieber  die  Eesultete  seiner  Untersuchung  von  Tubo-Ovarial- 
Tnbooyarial- Cysten  berichtete  W.  Zahn  (Virch.  Arch.  Bd.  151).  Während 
man  früher  glaubte,  jene  Cysten  entständen  durch  die  Vereinigung 
einer  Ovariencyste  mit  einer  cystisch  dilatirten  Tube,  zeigte  Zahn, 
dass  die  Cyste  lediglich  die  erweiterte  Tube  ist,  in  deren  Wand  der 
Fiersteck  eingelassen  ist.  Die  Verbindung  ist  so  zu  erklären,  dass 
bei  dem  Verschluss  des  abdominalen  Tubenendes  das  Ovarium  mit  in 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.      43 

die  VerschlusBstelle  einbezogen  wurde.  Bedeutsam  kann  das  Ver- 
halten dadurch  werden,  dass  aus  dem  Ovarium  Eier  in  die  Cyste 
gelangen  können  und  dass  so  Tubarschwangerschaft  entsteht.  Zahn 
fuhrt  2  Fälle  an. 

B.  Andr6   und  G.  Chavannaz   (Arch.  de  m4d.  exp4r.  Nr.  2)   haben   Giftigkeit 

den  Inhalt  von  Ovariencysten  und  Parovarialcysten  bei  Thieren  der  Ovarial- 

cvstoxi* 
intraperitoneal   injicirt.    Die  Flüssigkeit  ist  stets  steril.    Sie  ist  aber  aus  fijigBi»keit 

Ovariencysten  stets  sehr  giftig,  aus  Parovarialcysten  nur  sehr  wenig.  Thiere,      Andr6  u. 

die  ein  Sechstel  ihres  Gewichts  bekamen,  gingen  sehr  rasch  zu  Grunde  unter    Chavannaz. 

Schwäche,  Abmagerung  und  Temperaturemiedrigung.    Starben  die  Thiere 

nicht,   so  wurden   die  giftigen  Substanzen  hauptsächlich   durch  die  Niere 

ausgeschieden. 

J.  Vitrac  (Arch.  d.  m6d.  exp6r.  Nr.  2)   beschrieb  eine  eigen-      Uterus- 
artige Form  von  Uterus  tuber  cul  ose.    Es  handelte  sich  um  epi-       vitrao.      ' 
theliomähnliche  Wucherungen  des  Collum  uteri  mit  spärlichen  Bacillen. 

V.  Kahlden  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  23)  besprach  die  sog.  Apo-    Apoplexia 
plexia  uteri.     Bei  alten  Frauen  trifft  man  oft  hämorrhagische  In-    y.  Kahlden. 
farcirung  der  Uterusschleimhaut.    Sie  wird  auf  Gefasserkrankungen, 
besonders   der  Arterien  zurückgeführt.     Wenn  viele  Gefasse  durch 
die  Arteriosklerose  verschlossen  sind,   so   dass  die  CoUateralbahnen 
iinzureichend   sind,    entsteht   rückläufiger  Venenstrom  und  im  Aji- 
seiduss   daran  die  Infarcirung.     Herzschwäche  begünstigt  den  Pro- 
cess.   —    Grossvenor   (Joum.   of  Bact.  and  Pathol.  Bd.  B)   fand      ülcera 
bei  allgemeinen  Stauungszuständen  multipleülcera  derVagina    J^fgye*oy 
und  glaubte  sie  aus  dem  Verhalten  der  zugehörigen  Venen  ableiten 
zu  können.     Diese   waren  thrombosirt.     Er  meint,    dass  so   etwas 
nicht  selten  wäre,    und  nennt  die  Geschwüre   phlebothrombotische 
ülcera.  —  E.  Glaeser   (Virch.  Arch.  Bd.  154)  untersuchte   einen  Myosarkom 
Fall  von  polypösem  Sarkom  an  der  Innenfläche  des  Uterus.       oiaeser.    ' 
Er  discutirt  die  Frage  seiner  Genese  und  leitet  es  aus  dem  Binde- 
gewebe der  Schleimhaut  ab.     Besonders   interessirte  ihn  die  Frage 
nach  der  Beziehung  zur  Musculatur.     Sie  Hess   sich  überall  scharf 
gegen  das  Sarkom  begrenzen,   letzteres  war  also  nicht  aus  ihr  her- 
vorgegangen.    Verf.    meint   auch,    dass    in   anderen  so   gedeuteten 
Fällen   die  Auffassung  irrig  sei,    wenn   er  auch  auf  Grund  einiger 
weniger  anderer  Beobachtungen  nicht  leugnen  will,  dass  aus  Wucherung 
der  glatten  Musculatur  sarkomatöse  Neubildungen  entstehen  können. 

E.  Unger  (Virch.  Arch.  Bd.  164)  untersuchte  die  Entstehung 
des  Colostrums.  Er  bestätigt  frühere  Untersuchungen,  insofern 
er  die  Colostrumkörperchen  für  Leukocyten  hält,   die  in  die  Milch- 


44  Ribbert. 

EntBtehnng  räume  eingedrungen   sind   und   sich  mit  Fett  beladen  haben.     Sie 

^  ,    ®*         finden  sich  nur  in  Milch,    die  längere  Zeit  in  den  Drüsenräumen 
ColOBtrums  ...  . 

Unger.  verweilte.  Wird  die  Milch  dauernd  nicht  entleert,  so  wandern  jene 
Zellen  zurück  und  werden  in  den  regionären  Lymphdrüsen  und  den 
dahin  fuhrenden  Lymphbahnen  gefunden.  Auch  die  Mastzellen,  die 
Verf.  für  modificirte  Leukocyten  hält,  betheiligen  sich  an  der  Re- 
sorption von  Fett  aus  gestauter  Milch. 

Ueber  die  Folgen  einer  vor  7  Jahren  erfolgten  bilateralen  Ca- 
Foigen  der  stration  für  den  weiblichen  Genitaltractus  berichtete  Ernst  Lilien- 

CaBtration   £^i^  (Zeitschr.  f.  Heilk.  Bd.  19).     Er  fand  den  Uterus  beträcht- 
beim  Weibe,    ,  ^  ,         ^ 

Lüienfeld.     lieber   und  schneller  verkleinert,   als   es  nach  der  Menopause  der 

Fall  zu  sein  pflegt.  Diese  Atrophie  beruhte  auf  regressiven  Vor- 
gängen in  Schleimhaut  und  Muscularis.  Erstere  zeigte  Abflachung 
des  Oberflächen-  und  Drüsenepithels,  Verringerung  der  Drüsen  an 
Zahl,  Schwund  der  Literglandularsubstanz.  Die  Muscularis  war 
relativ  noch  stärker  betroffen,  am  meisten  im  unteren  Uterinsegment, 
wo  die  Muskelfasern  fast  ganz  atrophirt  waren,  so  dass  die  Wan- 
dung hier  fast  nur  noch  aus  Bindegewebe  bestand.  Auch  in  den 
Adnexstümpfen  fand  sich  eine  Atrophie. 


Mamma-  M.  U.  C.  Günther  (Zeitschr.  f.  Heilk.  Bd.  19)  arbeitete  über 

Cysten,      2wei  Fälle   von  Mammacysten.     Er  fand,    dass   die  Hohlräume 

"^^^      entweder   und   zwar  gewöhnlich   als    „Retentionscysten"    anzusehen 

sind  und  auf  entzündlicher  Grundlage   entstehen  (Mastitis  chronica 

cystica)   oder  als  cystische  Geschwülste.     Sie  enthalten  dann  hohes 

Cylinderepithel. 

6.  Bewegnngrsorgrane. 

Knochen-  Francis  Willy  (Joum.  of  Pathol.  and  Bacteriol.  Bd.  5)  stu- 

metastase    ^j^p^  ^jg  Knochenmetastasen  des  Carcinoms  mit  Rücksicht 

bei 
Garcinom,    &nf  die  Knochenbrüchigkeit  und   fand,  dass   diese   durchaus  nicht 

Wüly.        immer   auf  locale  krebsige   Processe   zurückzuführen  ist,    daös   sie 
vielmehr  sehr  häufig  auf  allgemeinen  Ernährungsstörungen  beruht, 
so   dass   sie  mit   der  bei  Tabes  beobachteten  auf  einer  Stufe  steht. 
Knochen-    Er  untersuchte  femer   (ibid.)   das  Knochenmark  von  Krebs- 
mark bei     kranken  und  sah,   dass  es,   soweit  es  roth  ist,  die  Neigung  hat, 
Willy.    *    sich  zu  vermehren.    Andere  Theile  sind  blass  und  gelatinös.     Diese 
sind  der  Ausdruck  der  Kachexie,  jene  können  regenerirend  wirken 
Knochen-     und  so  die  Anämie  vermindern.  —  H,  Hirschfeld  (Virch.  Arch. 
mark  Zellen,  g^  ;|^^g^  suchte  die  Genese  der  mit  neutrophilen  Granulis  versehenen 
Knochenmarkzellen  festzustellen.     Sie  gehen  seiner  Meinung 


Allgemeine  Pathologie,  pathologische  Anatomie,  Bacteriologie.       45 

nach  hervor   aus  granulafreien,    die  den  Lymphocyten  des  Blutes 
ähnlich  sind. 

G.  Kapsammer  (Virch.  Arch.  Bd.  152)  stellte  Untersuchungen  Knorpel  bei 
an  über  das  Vorkommen  des  Knorpels  bei  Fracturen.    Wenn  ^'racturen, 
die  Bruchenden   genau  auf  einander  passend  fixirt  werden,    so  er- 
folgt die  Heilung  allein   durch   einen  knöchernen  Callus.     Sind  sie 
aber  verschoben  oder  schlecht  fixirt,   so   bildet  sich  an  der  Bruch- 
stelle Knorpel,  dessen  Vorhandensein  eine  Verzögerung  der  Heilung 
bedeutet.  —  P.  ßathke  (Arch.  f.  Entw.-Mechanik  Bd.  7)  berichtete     Myositis 
über  einen  Fall  von  Myositis  ossificans  des  Oberschenkels,  die  ossificans, 
nach  Trauma  entstanden  war.     Die  intermusculäre  Knochenbildung 
erfolgte    nach    vorheriger    reichlicher    Knorpelentwickelung.     Verf. 
meint,  dass  diese  nur  dann  eintrete,    wenn  die  fraglichen  Gewebe 
lebhaft  bewegt  würden,  wie  es  in  diesem  Falle  geschehen  sei.    Bei 
ßuhigstellung   entstehe   sofort  Knochen.     Er  beruft  sich  unter  an- 
deren auch  auf  die  Arbeit  Kapsammer 's. 

J.  Maeder    (ibid.    Bd.   6)    untersuchte    die  Hyperostosen,       Hyper- 
weiche sich  an  der  Innenfläche  der  Rippen  bei  eitriger  Pleu-  ostosen  der 
ritis  finden.     Er   führte   sie   auf  den  Reiz  der  Entzündung  zurück       M^der  * 
und  studirte  ihren  Bau.     Er  fand,   dass  die  innere  Structur  in  Be- 
ziehung zur  Function  der  Rippe,  zur  Beugungsbeanspruchung  steht. 
Zunächst  entsteht  ein  Knochen  ohne  bestimmten  Bau,  der  dann  mit 
der  Rippenrinde   zu  einer  gemeinsamen  Knochenmasse  verschmilzt. 
—  H.  Ribbert  (ibid.)   hat  Experimente  über  die  Folgen  einer      Wirbel- 
abnormen    Krümmung    der    Wirbelsäule,     und    zwar    der  .   s&olen- 

,  .  ,     krämmung, 

Schwanzwirbelsäule  des   Kaninchens    angestellt.     An  dem   m  stark       Ribbert. 

gebogenem  Zustande  fixirten  Objecte  fand  an  der  Concavität  von 
den  Zwischenwirbelscheiben  aus  Neubildung  von  Knorpel  und  an 
dem  angrenzenden  Knochen  die  Production  periostealen  Knochens 
statt.  An  der  Convexität  fand  sich  an  entsprechenden  Stellen 
Knocheneinschmelzung.  Die  Resultate  dürften  auch  für  die  mensch- 
lichen Wirbelsäulenverkrümmungen  von  Interesse  sein. 

M.  Miwa  und  W.  Stoeltzner  (Ziegler's  Beitr.  Bd.  24)  unter-      Folgen 
suchten  die  Knochenveränderungen,  die  sich  bei  einem  jungen,  mit      *  h^'n^' 
kalkarmer  Nahrung  gefutterten  Hunde  einstellten.     Die  Folge       Miwa  n. 
war  eine  allgemeine  Osteoporose,   eine  Verdickung  der  periostealen     stoeltzner. 
Cambiumschicht    mit  Knorpelbildung  und  Osteophyten,    leichte  Un- 
regehnässigkeit  der  endochondralen  Knochenbildungszone  und  leichte 
Verbreiterung  der  Knorpelwucherungszone.     Von  der  Rachitis  sind 
ab«r  die  Veränderungen  scharf  zu  trennen.    Denn  es  fand  sich  kein 


46  Ribbert. 

unverkalkter  Knochen,  und  die  präparatorische  Verkalkungszone  war 
vorhanden.  Es  war  also  nur,  entsprechend  der  geringeren  Menge 
zur  Verfügung  stehenden  Kalkes,  weniger  Knochen  gebildet  worden. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

].  Bacteriologie. 

R.  Abel,   Taschenbuch  für  den  bacteriologischen  Practikanten.    4.  Aufl. 

Würzburg. 
Baum  garten,  Jahresbericht  über  die  pathogenen  Mikroorganismen  1896 

und  1897,  1.  Hälfte.    Braunschweig. 
C.  Günther,  Einführung  in  das  Studium  der  Bacteriologie.  5.  Aufl.  Leipzig. 
L.  Heim,  Lehrbuch  der  Bacteriologie  mit  besonderer  Berücksichtigimg  der 

bacteriologischen  Untersuchung  und  Diagnostik.    2.  Aufl.    Stuttgart 
y.  Lachner-Sandoval,  Ueber  Strahlenpilze.   Eine  bacteriologisch-botani- 

sche  Untersuchung.    Strassburg. 

E.  Leyyu.  F.  Elemperer,  Grundriss  der  klinischen  Bacteriologie.    2.  Aufl. 

Berlin. 
Schneidemühl,  Die  Protozoen  als  Krankheitserreger  des  Menschen  und 
der  Hausthiere.    Für  Aerzte,  Thierarzte  und  Zoologen.    Leipzig. 

B.  Schürmayer,  Die  bacteriologische  Technik.    Leipzig. 
Derselbe,  Die  pathogenen  Spaltpilze.    Leipzig. 

H.  Stroebe,  Ueber  die  Wirkung  des  neuen  Tuberculins  TR  auf  Gewebe 

und  Tuberkelbacillen.    Jena. 
A.  Weichsel  bäum,  Parasitologie.    Mit  78  Abb. 

2.  Allgemeine  Pathologie  und  pathologische  Anatomie. 

W.  Behrens,  Tabelle  zum  Gebrauch  bei  mikroskopischen  Arbeiten.   8.  Aufl. 

Braunschweig. 
Fabre-Domergue,  Les  Cancers  6pith41iaux.    Paris. 
Israel,  Elemente  der  pathologisch-anatomischen  Diagnostik.    Berlin. 

C.  V.  Eahlden,    Technik   der  histologischen  Untersuchung  pathologisch- 

anatomischer Präparate.    Mit  Abb.    5.  Aufl. 
W.  S.  Lazarus-Barlow,  A  manual  of  general  pathology.    London. 
Lubarsch,   Zur  Lehre  von  den  Geschwülsten  und  Infectionskrankheiten. 

Wiesbaden. 
Lubarsch  u.  Ostertag,  Jahresbericht  1896.    Wiesbaden. 

F.  Martins,  Krankheitsursachen  und  Krankheitsanlage.  Vortrag.    Leipzig 

und  Wien. 
Ribbert,  Die  Lehren  vom  Wesen  der  Krankheiten  in  ihrer  geschichtlichen 

Entwickelimg.    Bonn. 
Ziegler,  Lehrbuch  der  allgemeinen  und  speciellen  pathologischen  Anatomie. 

9.  Aufl.    Jena. 
Zinn  und  Jacoby,  Ankylostomum  duodenale.    Leipzig. 


n. 

Innere  Medicin. 

1.  Krankheiten  des  NeryensystemB^). 

Von  Professor  Dr.  Seeligrmllller  in  Halle. 

A.  Aiigemeines. 

(Anatomie,  Physiologie,  Pathologie,  Therapie.) 

Franz  Nissl  (Nervenzellen  und  graue  Substanz.  Münch.  med.      Nerven- 
Wochenschr.  Nr.  31 — 33)  möchte  nach  seinen  Untersuchungen  die  Neuron-      ®   ^^^J^ 
theorie   wenigstens   in  ihrer  Gültigkeit   nach  der   functionellen   Seite   hin    Sabstanz, 
wesentlich    einschränken.    Nicht   die   graue    Substanz    an   sich ,   nicht   die    Fnmz  Nissl. 
Nerrenzellen ,   sondern  das  durch  geeignete  Färbmittel  sichtbar  werdende 
eigenthümliche,  bald  fein  molecular,  bald  kömig,  bald  faserig,  bald  mehr 
schwamm-,  bald  netzartig  angeordnete  Gewebe,  welches  sich  wesentlich  von 
der  Glia  und  den  Gliafasem  unterscheidet,   in  der  grauen  Substanz  stellt 
die  Bahn  dar  für  das  verwickelte  Getriebe  der  feinen  nervösen  Erregungen. 

James  R.  Whitwell    (Brit.  med.  Joum.,  March  12)    empfiehlt   eine       Unter- 
Expansionsdesiccationsmethode    zum   Studium   der   Neuroglia    *^A^^^^f' 
des  Gentralnervensystems.    Mittels  dieser  stellte  sich  ihm  der  Stütz-    Neuroglia 
apparat  des  Gentralnervensystems  dar  als  ein   aus  Fasern  gewirktes  Netz-  James  B.  Whit> 
▼erk,  in  dessen  Maschen  Zellen,  Neurogliazellen  und  Nervenzellen,  liegen.         well. 
Die  Fasern   bilden   ein   vollständiges  Eorbgeflecht  für  jedes  Element  des 
Nervengewebes  und  schliessen   die  Blutgefässe  ein;   sie  bestehen  aus  stark 
brechender  und  stark  elastischer  Substanz,  die  chemisch  weder  Neurokeratin 
noch  Elastin  zu  sein  scheint. 

G.  Bikeles    und   A.  Jasinski    (Zur  Frage    der    trophischen  Trophische 
Nerven.    Centralbl.  f.  Physiol.  Nr.  11,  S.  345)   stellen   trophische  Nerven  q^^J^^^'^^ 
oder  eine  etwaige  trophische  Function  der  Spinalganglien  nach  ihren  Ver-    a.  Jasinski. 
soeben  bei  Katzen  in  Abrede. 


')  Vergl.  auch  II,  2. 


48  Seeligmüller. 

HotoriBohe  Johannes    Starke    (Ueber    den    Einfluss    des    Centralnerven- 

Nerven,  Systems  auf  die  Erregbarkeit  des  motorischen  Nerven.  Gentralbl. 
Starke.  ^  Physiol.  Nr.  18)  glaubt  durch  Versuche  an  Fröschen  nachgewiesen  zu  haben, 
dass,  wenn  ein  intacter  Nerv  eines  lebenden  Thieres  durch  einen  bestimmten 
Himreiz  —  Zerstörung  der  contralateralen  Hemisphäre  durch  das  Übliche  Aus- 
bohren mit  einem  stumpfen  Gegenstande  —  in  den  Zustand  verminderter  Er- 
regbarkeit versetzt  wird,  der  Nerv  eines  anderen  Thieres,  überhaupt  ein 
anderer  Nerv,  der  an  ersteren  angelegt  wird,  ebenfalls  in  diesen  Zustand 
verfällt.  Das  Ganze  wird  vom  Verf.  als  ein  Analogon  zum  Elektrotonus,  im 
gegebenen  Falle  zvmi  Anelektrotonus,  aufgefasst. 

Topographie  A.  Blaschko,  Beiträge  zur  Topographie  der  äusseren  Haut- 

<lör         decke.    I.  Zur   Pathologie   und   Topographie   des  Herpes  zoster  (Arch,  f. 
Hantdeoke    ^6"^8,tol.  Bd.  43).  Die  Efflorescenzen  des  Herpes  zoster,  insofern  sie  nur  auf 
Blaschko.      ^^^  Hautgebiet  der  betroffenen  Nerven  stehen,  können  zur  präciseren  Ab- 
grenzung  der  einzelnen   Hautnervengebiete   verwerthet  werden,   wenn  es 
gelingt,   geeignete  Fälle   ausfindig  zu  machen,   bei  denen  die  befallenen 
Nerven  gut  genug  erkannt  werden  können.  Diesen  Versuch  hat  Blaschko  an 
theils  aus  der  Litteratur,  theils  aus  seiner  eigenen  Casuistik  ausgewählten 
Fällen  durchgeführt  und  nach  den  Ergebnissen  eine  tabellarische  Zusammen- 
stellung  gemacht,   die  für  den   grösseren  Theil  der  Spinalnerven   das  zu- 
gehörige Hautgebiet  angibt. 
Nerven- 

verzwel-  pj.^^^   Frohse   (Anatomischer  Anzeiger   Nr.  13)   hat   über    die  Ver- 

in  den        zweigung    der   Nerven    zu  und  in  den  menschlichen  Muskeln  Unter- 

Maskeln,     suchungen  angestellt  und  dieses  Verhalten  durch  Abbildungen  erläutert 
Frohse. 

Verhalten  Georg  Eapsammer  (Ein  weiterer  Beitrag  zur  Eenntniss  des  Ver- 

<lör  haltens  der  Knochen  nach  Nervendurchschneidung.    Wien.  klin. 

Knochen     y/^ochenschr.  Nr.  23)  stellte  an  7  Hunden  Versuche  in  der  Weise  an,  dass 

nach 
Nerven-      ^^  ^^^  einem  den  N.  maxillaris  inf.,  bei  den  anderen  6  den  N.  mandibularis 

durch-  einer  Seite  durchschnitt.  Bei  den  nach  geraumer  Zeit  getödteten  Thieren  liess 
Bchneidung,  gjch  kein  Unterschied  zwischen  den  beiden  Seiten  wahrnehmen,  ausser  in 
Kapsammer,  g  Fallen,  wo  eine  ganz  locale  Röthung  des  Periostes,  in  einem  Falle  ver- 
bunden mit  geringer  Verdickung  in  der  Gegend  des  vierten  Backenzahnes,  die 
noch  in  physiologischer  Breite  liegt;  in  diesen  Fällen  bestand  an  den  ge- 
rötheten  Stellen  leichte  Suppuration.  Auch  hier  also  ergab  sich  keine 
Enochenhypertrophie  nach  Nervendurchschneidung. 

Nerven-  Nageotte  und  Ettlinger,  Läsionen  der  Nervenzellen  im 

Kellen  nach  Verlauf  verschiedener  Intoxicationen  und  Autoin toxicationen 

tionen  '  (Pi^^sse  m4d.,  Mars  23).  Experimentelle  Intoxicationen,  wie  sie  durch  Exstir- 
Nageotte  u.     pation  der  Nebennieren ,  der  Nieren ,   Inoculation  von  Vipergift ,   Tetanus, 

Ettlinger.      Ingestion  von  Jodkali  entstehen,  bedingen  in   den  centralen  Nervenzellen 


Krankheiten  des  Nervensystems.  49 

L&sionen  des  Protoplasmas,  welche  auf  die  chromatische  und  achromatische 
Substanz  sich  beziehen.  Ihre  Hauptcharaktere  sind  die  Ghromolyse,  die 
Spaltbildung  und  die  Yacuolenbildung. 

0.  Juliusburger  und  E.  Meyer   (üeber   den  Einfluss   fieber-    Ganglien- 

hafter  Processe  auf  die  Ganglienzellen.  Berl.  klin.  Wochenschr.  seilen  nach 

Nr.  81)  fanden  in  9  Fällen  nur  einmal  schwerere  Läsionen,   diese  nur  in   t>,««^^-.^„ 

den  Zellen  der  Hirnrinde  und  ihrer  Art  nach  verschieden  von  denen ,   die  Jaliusburger  u. 

Goldscheider  und  Flatau   dem  Fieber  zuschreiben,  halten  deshalb  die        Meyer. 

beobachtete  Alteration  der  Granula  für  eine  durchaus  nicht  typische  und 

rein  quantitative   Veränderung   infolge   abnormer  Lebensvorgänge   in  den 

Zellen.  „.   ,, 

Einfluss 

von  Mikro- 
Ueber    den   Einfluss    von    Mikroorganismen    und   ihrer  Organismen 
Toxine  auf  die  Entstehung  von  centralen  und  peripheren  ^^J^***^**®^ 
Nervenkrankheiten  fand  in  dem  Annual  Meeting  der  Section  für  Neu- ^^^^^j^}^ ^II^qq 
rologie  (Brit.  med.  Joum.  S.  970)  eine  Discussion  statt,  an  welcher,  nach-      Buzzard, 
dem  sie  von  Buzzard  eingeleitet,  D e r c u m ,  Collins,  Ferrier,  Bram-Dorcum.CoUins, 

well  u.  a.  sich  betheüigten.  I^^^\ 

"  Bramwell. 

L.  0.  Darkschewitsch  (Zur  Frage  von  den  Lähmungserschei-  Lähmungen 

nungen  bei  Pasteur'schen  Impfungen.  Neurol.  Centralbl.  Nr.  3)  be-         ^®^ 

Pasteur- 
obachtete 2  f^lle,  in  denen  5  und  8  Tage  nach  Beendigung  eines  Turnus        sehen 

ron  im  einen  12,  im  anderen  16  Pasteur'schen  Impfungen  gegen  Tollwuth  Impfungen, 

Keirenlähmungen  eintraten,  die  Mangels  jeder  anderen  Aetiologie  dieser  l^wrJ^chewitsch. 

Impfung  mit  Wahrscheinlichkeit  zur  Last  zu  legen  sind.  In  dem  einen  Falle 

wurde  ein  S^ähriger  Mann,  während  zwei  andere  mit  ihm  zugleich  geimpfte 

Personen  frei  blieben,  von  Schmerzen  im  linken  Beine  und  beiden  Armen, 

Abnahme  der  Sensibilität  im  linken  Beine,  Ungeschicklichkeit  in  beiden 

Armen  betroffen,   die  sich  sehr  langsam  besserten.    In  dem  anderen  Falle 

trat  bei  einem  28jährigen  Manne  binnen  2  Tagen  beiderseitige  Facialis- 

lähmung  auf,  die  sich  nach  einer  Woche  schon  sichtlich  besserte. 

B.  Scagliosi,  Beitrag  zur  pathologischen  Anatomie  des  Central-      Central- 
nervensystems  bei  der  acuten  Anämie  (Deutsche med.  Wochenschr.      nerven- 
Nr.  20).    Bei  einer  36jährigen  Frau  war  durch  im  8.  Monat  der  Gravidität    d^p  acuten 
auftretende  hochgradige  Gebärmutterblutungen,   die  nach  SStägiger  Dauer      Anämie, 
Frühgeburt   nnd    Tod  herbeiführten,    eine  hochgradige   Anämie   bewirkt      Scagliosi. 
worden.    An   dem  nach  NissTscher  Färbung  untersuchten  Centralnerven- 
system  fand  sich  Zerfall  der  Nissl-Eörperchen  in  feinste  Körnchen,   blass 
bläuliche  Tinction  der  sonst  imgefärbten  Grundsubstanz,  Auftreten  farbloser 
Stellen  in  den  Kernen,  Atrophie  der  Rückenmarksganglienzellen;  welche 
Veränderungen  Yerf.  als  durch  die  abnorm   geringe  Ernährung  bedingt 

ansieht 

Jahrimch  der  practischen  Hedicin.    1899.  4 


50  SeeligmOller. 

Postdiph-  Hans    Luce    (Anatomisclie    Untersuchung    eines    Falles 

theritische  y^j^  post diphtheritischer  Lähmung  mittels  der  Marchi- 
*Luce°^'  Methode.  Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  12,  H.  5u.  6)  untersuchte 
das  Nervensystem  eines  2jährigen  Kindes,  das  vor  3  Wochen  als  geheilt  von 
einer  leichten  Mandeldiphtherie,  an  der  es  3  Wochen  gelitten  und  mit 
Serum  behandelt  worden  war,  entlassen,  bald  darauf  Schluckbeschwerden 
und  weiterhin  allmählich  fortschreitende  Lähmung  der  gesammten  Skelett- 
musculatur  bekam  und  infolge  dessen  starb.  In  MeduUa  spinalis  und  Him- 
stamm  deckte  die  Marchi- Methode  schwere  trophische  Veränderungen  auf, 
während  die  anderen  Tinctionsmethoden  keine  nennenswerthen  Verände- 
rungen erkennen  Hessen.  Verf.  polemisirt  im  Anschluss  an  diesen  Fall 
gegen  den  7on  anderen  Autoren  ausgesprochenen  Satz,  dass  zwischen  den 
anatomischen  Befunden  dieser  Methode  und  den  functionellen  Ausfalls- 
erscheinungen gesicherte  Beziehungen  schon  gekannt  seien;  nur  so  viel 
erscheine  sicher,  dass  diese  Veränderungen  der  nervösen  Elemente  als 
trophische  Störungen  aufzufassen  seien. 

Nerven-  Georg   Köster     (Experimenteller    und    pathologisch -anatomischer 

System  bei   Beitrag  zur  Lehre  von  der  chronischen  Schwefelkohlenstoffver- 
Schwefel-     gi^t^^^g-  Neurol.  Centralbl.  Nr.  11)  nahm  an  Kaninchen  chronisehe  Ver- 
ls o  hl  enstoff-  giftungen  durch  Inhalation  von  CS2  vor;  es  zeigten  sich  klinisch  Gewichts- 
vergiftnng,  abnähme  und  damit  ungefähr  parallel  Zunahme  der  faradischen  Muskelerreg- 
ü.  Köster.     barkeit,  die  später  wieder  zurückging,  femer  im  Anfang  Hyperästhesie  und 
später  Anästhesie  der  Extremitätenenden,  zuletzt  auch  leichte  Paresen  imd 
ataktische  Erscheinungen  in  der  Locomotion.    In  ihrem  Verhalten  zeigten 
sie  sich  im  Anfang  aufgeregt,  während   sie  späterhin  eine  stuporöse  Träg- 
heit und  Reactionslosigkeit  zeigten;   die  Periode,  während  deren  die  Ver- 
giftung stattfand,  dauerte  zwischen  14  Tagen  und  3V2  Monaten. 

Die  peripheren  Nerven  zeigten  sich  frei  von  Veränderungen,  dagegen 
zeigten  die  Ganglienzellen  des  gesammten  Gentralnervensystems  alle  Arten 
und  Grade  von  Degenerationserscheinungen  und  strotzende  GefässfÜllung 
der  pericellulären  Capillarschlingen. 

Athetose  Rudel  (Ueber  Athetose  und  Taenia  sag  in  ata.  Deutsche  med. 

bei  Taenia,  Wochenschr.  Nr.  30)  beobachtete  bei  einem  18jährigen  Mädchen  Krämpfe 
und  Zuckungen  in  den  Extremitäten,  die  in  mehrtägigen  Intervallen  in 
kurzen  Anlällen  auftraten  und  den  Charakter  von  Athetosebewegungen 
zeigten.  Das  Kind  beherbergte,  wie  sich  herausstellte,  eine  Taenia  saginata, 
nach  deren  Abtreibung  die  Anfälle  wegblieben,  das  Gesammtbefinden  sich 
zusehends  besserte. 

Kraft-  Otto  Thilo  (Kraftbestimmungen  zu  ärztlichen  Zwecken. 

best  im-      Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  30)  empfiehlt  genaue  Kraftbestimmungen  ein- 

™Th'?^"*      zelner  Muskeln   durch  Gewichte  für  die  Diagnose   von  Paresen   sowie  zur 

Entlarvung  von  Simulanten,  wofür  der  Anblick  der  zu  bewegenden  Gewichte 


Krankheiten  des  Nervensystems.  51 

dem  Patienten  entzogen  sein  soll,  und  erörtert  die  Technik  derartiger  Unter- 
suchongen. 

Babinski  (Du  phenomene  des  orteils  et  de  sa  valeur  s^miologique.       Zehen- 
La  semaine  m^dicale  Nr.  40)  beobachtete  bei  einer  Reihe  organischer  Er-   Phänomen, 
krankungen  des  Centralnervensystems  Erwachsener,  denen  allen  eine  Läsion      Babinski. 
der  Pyramidenbahn  gemeinsam  war,   ein  Zehenphänomen,    das  darin 
besteht,  dass  nach  Reizung  der  Fusssohlenhaut  durch  Kitzeln,  Kratzen  oder 
Stechen  nicht  wie  bei  Gesunden  eine  Flexion  der  Zehen,  sondern  eine  Ex- 
tension derselben  erfolgt.  Das  Phänomen  ist  also  den  gesteigerten  Sehnen- 
refiexen  und  dem  Fussclonus  verwandt,  kann  aber  auch  bestehen,  wo  diese 
fehlen,  wie  es  auch  fehlen  kann,  wenn  diese  vorhanden  sind.    Es  scheint, 
wo  es  vorhanden  ist,   eine  Läsion  der  Pyramidenbahn  zu  beweisen,    ohne 
über  den  Grad  der  Läsion  etwas  zu  verrathen;  dafür  spricht  auch,  dass  bei 
Neugeborenen,  bei  denen   die  Pyramidenbahn  noch  nicht  ausgebildet  ist, 
nach  Kitzeln  der  Fusssohlen  ebenfalls  eine  Extension  der  Zehen  auftritt. 

W.  Erb  (lieber  das  intermittirende  Hinken  und  andere        inter- 
nervöse   Störungen    infolge   von    Gefässerk'rankungen.  ™***^'^®°<^®s 

°  .*='  ^  Hinken, 

Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  13,  H.  1  u.  2)  konnte  in  fast  Erb. 
}<ämmtlichen  von  ihm  selbst  beobachteten  12  Fällen  von  intermittiren- 
(lem  EQnken  mehr  weniger  deutliche  Veränderungen  an  den  Arterien 
der  Fasse  (Art.  dorsales  pedis  und  tibiales  posticae)  nachweisen  und 
öbliterirende  endarteriitische  Processe  bei  den  zur  Autopsie  gelangten 
Fällen  finden.  Therapeutisch  empfiehlt  er  möglichst  lange  fortgesetzte 
Ruhe,  Vermeidung  von  Alkohol,  Tabak,  von  übertriebenem  Kalt- 
Wassersport,  Sorge  für  warme  Füsse;  femer  Jodkali,  warme  Fuss- 
bäder  und  Priessnitzumschläge ,  besonders  aber  galvanische  Fuss- 
bäder;  späterhin  vorsichtig  geregelten  Gebrauch  der  Beine. 

E.    Hankel     (Unglücksfälle     durch     hochgespannte    Unglücks- 
elektrische Ströme,    v.  Volkmann's  Min.  Vortr.  N.  F.  Nr.  208)  fälle  durch 

hoch- 
beschreibt 3  tödtliche  Verunglückungen  durch  Ströme  von  110  bis    gespannte 

130  Volt   bei   Alkoholikern   und  bei    einem   Patienten   mit  fettiger  elektrische 
Degeneration  von  Leber  imd  Herz.   Nicht  tödtliche  Einflüsse  eventuell       H^^ef' 
viel  höher  gespannter  Ströme  (bis  2(XX)  Volt)  lassen  den  Betroffenen 
aufschreien  und  für  einige  Zeit  bewusstlos  zusammenbrechen.    Manch- 
mal bleibt  eine  Elektroneurose  zurück. 

Arthur  Schiff  (Zur  diagnostischen  Bedeutung  der 
Lnmbalpunction.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  9)  constatirt  als 
Ergebniss  seines  Ueberblicks  über  die  gesammte  diesen  Gegenstand 


52 


Seeligmüller. 


Lumbal- 

panction, 

Schiff. 


betreffende  Litteratur  eine  durchgängige  Anerkennung  der  Quincke- 
sehen  Methode  als  eines  werthvollen  diagnostischen  Hülfsmittels  bei 
intracraniellen  Erkrankungen.  Den  von  mancher  Seite  angezweifelten 
therapeutischen  Erfolgen  gegenüber  hält  er  doch  eine  günstigere 
Auffassung  fiir  berechtigt.  Die  Hauptfrage,  deren  Lösung  von  der 
Function  verlangt  wird,  die  Frage,  ob  im  Subduralraume  Eiter  oder 
wenigstens  entzündliche  Processe  vorhanden  sind,  gilt  nun  bei  posi- 
tivem Ausfalle  der  Function  als  sicher  entschieden;  auf  negativen  Be- 
fund ist  kein  Werth  zu  legen.  Als  positiv  galt  der  Ausfall  bisher, 
wenn  die  punctirte  Flüssigkeit  morphotische  Entzündungsproducte, 
Eiterzellen,  Mikroorganismen,  zum  mindesten  eine  wenn  auch  noch 
so  leichte  Trübung  aufs^es.  Hier  erinnert  nun  Verf.  an  ein  gleich 
anfangs  von  Lichtheim  angegebenes,  von  Quincke  bestätigtes 
Kriterium,  das  allem  Anscheine  nach  sehr  wenig  beachtet  worden 
ist;  es  handelt  sich  um  die  Beobachtung,  dass  in  dem  24  Stunden 
lang  ruhig  stehen  gelassenen  Liquor  cerebrospinalis  sich  ein  feines 
Gerinnsel  bildet,  wenn  irgend  welche  meningitischen  Processe  be- 
stehen. Schiff  kann  nach  seiner  Nachprüfung  die  Zuverlässigkeit 
dieser  Probe  bestätigen ;  die  Gerinnselbildung  fehlte  in  keinem  Falle, 
in  dem  nicht  nachher  das  Vorhandensein  von  Meningitis  unzweifel- 
haft sichergestellt  wurde,  während  sie  ausblieb  bei  den  Fällen  ohne 
entzündliche  Veränderungen  der  Meningen. 


Vertical- 
galvano- 

meter, 
£aleiiburg. 


A.  Eulenburg  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  19)  rühmt 
ein  von  der  Firma  W.  A.  Hirschmann  in  Berlin  hergestelltes 
neues  Verticalgalvanometer,  dessen  Vorzug  darin  besteht, 
dass  es  vom  Erdmagnetismus  unabhängig  ist. 


BewegnngB* 

therapie, 
Ooldsoheider. 


Goldscheider  (lieber  Bewegungstherapie  bei  Erkran- 
kungen des  Nervensystems.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  4 
und  5)  bestätigt  nach  seinen  Erfahrungen  die  von  Frenkel  berich- 
teten Erfolge  der  compensatorischen  Uebungstherapie  und  empfiehlt 
die  Anwendung  der  Methode  auch  bei  einer  Reihe  anderer  Krank- 
heiten des  Nervensystems.  So  sah  er  selbst  gute  Erfolge  bei  dem 
Litentionstremor  der  multiplen  Sklerose,  bei  der  Chorea,  bei  der 
allerdings  nur  jeden  zweiten  Tag  eine  wenige  Minuten  lange  Uebung 
vorzunehmen  sei,  femer  bei  Schreibkrampf,  hysterischem  Tremor, 
selbst  bei  Athetose,  wo  durch  lange  fortgesetzte  Uebungen  eine  ge- 
wisse Fähigkeit,  die  athetotischen  Bewegungen  zu  hemmen,  erreich- 
bar ist.  Dass  Muskelspasmen  durch  Bewegungsübungen  zu  bessern 
sind,  weiss  man  von  der  hysterischen  Contractur  schon  lange;  aber 


Krankheiten  des  Nervensystems.  53 

ancH  die  Muskelrigidität  bei  der  multiplen  Sklerose  ist  in  leichteren 
Fällen  günstig  zu  beeinflussen ;  hier  empfehlen  sich  besonders  rasche, 
schleudernde  und  Pendelbewegungen  mit  der  durch  einen  Gehülfen 
nnterstatzten  Extremität.     Bei  hochgradigen  Paresen  und  Muskel- 
atrophieen  ist  zunächst  das  Eigengewicht  der  Extremität  aufzuheben, 
damit  der  noch   bestehende  Best  von  motorischer  Kraft  manifest 
werden  kann;  das  geschieht  entweder  durch  Equilibrirung  der  Ex- 
tremität mittels    Flaschenzugs  imd    Gegengewichts,   oder   aber  im 
Wasserbade  durch  den  Auftrieb  des  Wassers.   Die  Entdeckung,  dass 
er  im  Bade   die  sonst  unbewegliche  Extremität  mit  überraschender 
Leichtigkeit  bewegen  kann,  übt  einen  so  ermuthigenden  Einfluss  auf 
den  Gelähmten,  dass  Goldscheider  geneigt  ist,  eben  diesem  Um- 
stände das  Hauptverdienst  an  der  Wirksamkeit  indifferenter  Thermen 
zuzuschreiben.   Auch  gewisse  Applicationen  des  elektrischen  Stromes 
sind  im  wesentlichen  bewegungstherapeutische  Maassnahmen,  so  die 
Reizung  gelähmter  Muskeln.     Der  elektrische  Reiz  bahnt  gewisser- 
maassen  wieder  dem  activen  motorischen  Impuls  «den  Weg;  deshalb 
erscheint  die  Aufforderung  an  den  Patienten,  im  Momente  der  Reizung 
activ  mitzubewegen,  sehr  zweckmässig.     Auch  Neuralgieen,  Gelenk- 
neurosen werden  oft  durch  Bewegungsübungen  günstig  beeinflusst. 
Groldscheider  empfiehlt  die  Methode  dringend  den  practischen 
Aerzten  und  kann  dies  um  so  mehr,  als  er  eigens  dazu  construirte 
Apparate  für  nicht  nothwendig  hält. 

Monnier   (lieber  die  Behandlung  von  Nervenkranken      Muakel- 
und  Psychopathen  durch  nützliche  Muskelbeschäftigung.      •"°^    ^** 
Zeitschr.  f.  Krankenpflege  S.  211)  rühmt  die  Erfolge,  welche  er  in      Monnier. 
der  Anstalt  des  Ingenieurs  Grohmann  bei  Zürich  von  der  Beschäf- 
tigungstherapie —  Gärtnerei,  besonders  Graben,  Tischlerei,  Typo- 
graphie,   Modelliren,    Zeichnen    und  Tapeziren  — ,  namentlich   bei 
Hysterischen  und  Neurasthenischen  gesehen  hat. 

Fr.  Lots  (üeber  einige  mit  mechanischen  Hautreizen  Behandlung 

behandelte   Fälle  von  Nervenkrankheiten.    Zeitschr.  für  _^^,^".^,^ 

mecnaniscno 

klin.  Med.  Bd.  35,  H.  1  u.  2)  behandelte  Fälle  von  habituellem  Haatreize» 
Kopfschmerz,  Neurasthenie,  Herzaussetzen,  Tabes  mit  gutem  Erfolg  ^^^* 
—  im  letzteren  Fall  imter  Besserung  der  Sensibilität  —  durch  „Gym- 
nastik der  sensiblen  Nerven",  die  er,  um  Erkältungen  zu  vermeiden, 
nicht  durch  kaltes  Wasser,  sondern  durch  Frottiren  mit  Loofah  und 
Kieslaufen  erzielt.  In  einem  vielleicht  in  Tabes  übergehenden  Fall 
von  Neurasthenie  besserten  sich  auch  die  Kniereflexe.  Bei  nervösem 
Herzklopfen  und  erhöhter  Pulszahl  blieb  der  Erfolg  aus. 


54  Seeligmüller. 

Pyramidon,  Rudolf  Laudenheimer   (Ueber  Anwendung   des  Pyra- 

Laudenheimer.  j^idonsbeiNervenkrankheiten.  Therap.  Monatsh. ,  April)  sah 
bei  verschiedenartigen  Kopfschmerzen  guten  Erfolg  ^/a — 2  Stunden 
nach  Darreichung  von  0,3 — 0,5  g,  bei  Neuralgieen  nach  höheren 
Dosen,  mangelhaften  Erfolg  bei  schwer  neurasthenischen,  hysterischen 
und  paranoischen  Patienten.  Gut  wirkte  das  Mittel  bei  neuritischen 
Schmerzen  der  Alkoholiker,  rheumatischen  Gelenkaffectionen ,  Lum- 
bago, nicht  dagegen  bei  tabischen  Krisen,  bei  psychotischen  Auf- 
regungszuständen.  Erhebliche  Nebenwirkungen  traten  auch  nach 
15  g  nicht  ein. 

B.  Krankheiten  der  Centralorgane. 

1.  Gehira. 

a.  Anatomie.    Physiologie.    Allgemeine  Pathologie*). 


Nerven-  Leopold  Auerbach  (Nervenendigung  in  den  Centralorganen. 

endigung    Neurol.  Centralbl.  Nr.  10)  hält  das  Vorhandensein  eines  wirklichen  Netzes, 
in  den       ^^  stellenweise   die  Zellen  umspinnt  und  an  deren  Versorgung  mit  End- 
organen     bäumchen   sich  betheiligt,  für  erwiesen.    In  Betreff  der  Frage  nach  dem 
Auerbach.      Zusammenhange  zwischen  den  einzelnen  Nervenelementen  entscheidet  er  sich 
nach  seinen  Beobachtungen  für  die  Gontactlehre. 

Markfasern-  Adolf  Passow  (üeber  den  Markfasergehalt  der  Centralwin- 

gehalt  der    düngen  eines  normalen  männlichen  Individuums.  Neurol.  Centralbl. 

Central-     jijj.  q\  f^jj^j^  (j^sg  ü^  (jgn  Gentralwindungen,  besonders  aber  in  der  vorderen, 
windunsen 

Passow     *  ^^^  mittlere  Partie,   die  der  Hand-  und  Fingerregion  entsprechen  dürfte, 

den  grössten  Reichthum  und  die  grösste  Dichtigkeit  an  Nervenfasern  in  der 

Tangentialfaserzone  und  dem  super-  und  interradiären  Faserwerke,  sowie 

auch  in  der  Markstrahlenfaserung  besitzt.    Die  faserärmsten  Regionen  waren 

die  dem  Facialis  und  Hypoglossus  angehörenden  unteren  Gebiete. 

Mark-  F.  Siemerling  (üeber  Markscheidenentwickelung  des  Ge- 

scheiden- hirns  und  ihre  Bedeutung  für  die  Lo  calisatio  n.  Berl.  klin. 
ent Wicke-  "W'ochen.schr.  Nr.  47)  glaubt  durch  seine  Ausführimgen  nachgewiesen  zu 
Siemerling.  haben,  dass  die  Hauptschlussfolgerungen  Flechsig's  zur  Begründung  seiner 
bestechenden  Lehre  von  den  Sinnes-  und  Associationscentren  des  Gehirns 
bisher  einer  anatomischen  Grundlage  entbehren.  Damit  vnll  er  aber  das 
Verdienst  Flechsiges,  in  der  Markscheidenentwickelung  ein  Mittel  an- 
gegeben zu  haben,  um  einzelne  Systeme  genauer  von  einander  zu  unter- 
scheiden, in  keiner  Weise  angetastet  haben. 


')  Vergl.  auch  II,  2. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  55 

L.  Tarassewitsch    (CTeber   Alterationen    des    Centralnerven-     Anatomi- 
systems  in   einem  Falle   von  35tägiger  Inanition.    Russ.  Arch.  f.     .^®^®  ^  ®^' 
Pathologie  etc.  Bd.  5,  Abth.  6)  fand  mit   der  Nissl'schen  Methode  Chro-  d^r  Nervfn- 
matolyse  und  Protoplasmavacuolisation   der  Nervenzellen,   im  allgemeinen    zellenbei 
geringere  Veränderungen    in   ihnen    als   in   den   Zellen   anderer   Körper-    Inanition, 
gewebe.  Tarassewitsch, 

A.  Mankowsky   (Ueber   Alterationen    des   centralen   Nerven-       — ,  bei 
Systems    bei    acuter    und    chronischer    Morphiumintoxication.    acuter  und 
Russ.  Arch.  f.  Pathologie  etc.  Bd.  6,  Abth.  1)  fand  in  acuten  Fällen  Chro-   Morphium 
matolyse  nach   Nissl   ohne   Kemalteration ,   in   chronischen  hochgradige  iutoxication, 
Chromatolyse ,   Vacuolisation   des  Protoplasmas,   Läsion   der  Kemcontour,    Mankowsky. 
überhaupt   die   Schwere  der  Zellläsion   im  Centralnervensystem   abhängig 
nicht  von  der  Menge,   sondern  von  der  Wirkungsdauer   des  eingeführten 
Morphins. 

M.  V.  Zeissl,   Ueber   den  Einfluss   des   Jods   auf  den  Gehirn-     Einfluss 
druck  (Wien.  med.  Presse  Nr.  15).  Injection  von  grösseren  Mengen  (50  ccm)  desJodauf 
von  Jod-Jodnatriumlösung  (Jod.  pur.  4,0,  Natr.  jod.  4,2,  Aq.  dest.  200,0)  in       druck 
die  Carotis  des  Versuchsthieres  bewirkte  zunächst  Pulsverlangsamung  und      y.  zeissl. 
alsbald  eine  ganz  ausserordentliche  Blutdrucksteigerung,  welcher  sich  eine 
unerwartet  hohe   Steigerung  des  Gehimdrucks  zugesellte.     Diese  letztere 
war  beträchtlicher  als  die,  welche  bei  andersartigen  den  allgemeinen  Blut- 
druck steigernden  Eingriffen  zugleich  mit  auftritt,  und  scheint  hauptsäch- 
lich durch  Transsudation  von  Flüssigkeit  ins  Gehirn  bewirkt  zu  werden. 

Adolf  Bickel,   Zur  vergleichenden  Physiologie   des  Gross-         Ver- 
hirns  (Pflüger's  Arch.  Bd.  72,  H.  3  u.  4).   An  den  niederen  Wirbelthieren,  gleichende 
Ton  den  Vögeln  abwärts,  erweisen  sich  die  experimentellen  Reize,  welche  dg 3 

auf  die  oberflächlichen  Grosshimschichten  der  Säuger  applicirt  motorische  Orosshims, 
Erscheinungen  und  eventuell  Krämpfe  der  Skelettmusculatur  hervorrufen,  Bickel. 
in  dieser  Richtung  als  völlig  wirkungslos.  Bei  eben  diesen  Thierclassen 
fehlt  die  corticofugale  Pyramidenbahn,  welche  sich  erst  in  den  niederen 
Classen  der  Sänger  auszubilden  beginnt,  und  es  ist  bei  diesen  bis  jetzt  noch 
keine  Bahn  mit  Sicherheit  nachgewiesen,  welche  das  Grosshim  mit  den 
motorischen  Apparaten  des  Markes  verbindet,  obwohl,  wie  eine  einfache 
Erwägung  zeigt,  solche  Verbindungen  existiren  müssen. 

W.  Oluszewski  (Von  der  Bedeutung  der  Associationscentren     Associa- 

von  Flechsig   zur  Erforschung   der   Entwickelung   des  Geistes,**®'^^^®^*^^" 
o  D  o  '  von 

der  Sprache,  derPsychologie  der  Sprache,  wie  auch  der  Lehre     Flechsig, 
von  der   Sprachlosigkeit.    Neurol.  Centralbl.  Nr.  4  u.  5)   versucht  die     Oluszewski, 
Lehre  Von   der  Sprache  und  ihren  Störungen  mit  der  von  Flechsig  be- 
gründeten Auffassung  des  Baues  und  der  Functionen  der  Hirnrinde  in  Ein- 
klang zu  bringen. 


bämor 
rhagieen, 


56  SeeligmüUer. 

Arterio-  p.  J.  Kovalewsky  (Die  Arteriosklerose  des  Gehirns. 

^^d\7**  Neurol.  Centralbl.  Nr.  15)  beschreibt  3  entsprechende  Fälle  mit 
Gehirns,  folgenden  constanten  Symptomen:  Ohrensausen,  Schwindel,  epilepti- 
Kovaiewsky.  forme  und  Angstanfalle,  Gehör-  und  Gedächtnissschwäphe,  Schlaf- 
losigkeit, Obstipation,  daneben  die  bekannten  Veränderungen  des 
Circulationsapparates,  Bradycardie.  Vereinzelt  fanden  sich  bulbäre, 
apoplektiforme  Erscheinungen,  Paresen,  Schwäche  der  Intelligenz 
u.  a.  m.  Therapeutisch  wird  neben  Jodaten  empfohlen  die  diätetische 
und  medicamentöse  Verminderung  der  Kalksalze  im  Körper  (Milch- 
säure). 

Retinal-  Willi amson  (British  med.  Journal,  June)  hat  bei  allgemeiner 

Arteriosklerose  und  dadurch  entstandenen  Hämorrhagieen,  Em- 
b e i         boheen  oder  Thrombosen  im  Gehirn  gleichzeitig  Hämorrhagieen 
Gehirn-     ^j^  ^^^  Retina  wiederholt  beobachtet,  und  zwar  auf  der  Seite  der 

Q  v^  ATI O" 

Sklerose     cerebralen  Läsion.    Analoge  Läsionen  hat  A.  Marie  1890  bei 
Wüliamson.    Paralytikern  constatirt. 

Westphal-  Ad.    Strümpell    (üeber    die    Westphal'sche    Pseudo- 

sche  Pseudo-g^2gj.^g^  und  über  diffuse  Hirnsklerose,  insbesondere 

Sklerose, 

Strümpell,  hei  Kindern.  Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  12,  H.  2) 
bringt  zu  dieser  von  Westphal  seinerzeit  auf  Grund  zweier  Fälle 
aufgestellten  Krankheit  2  eigene  Beobachtungen,  welche  die  von 
Westphal  aufgestellten  charakteristischen  Symptome  in  typischer 
Ausbildung  zeigen,  nämlich  1.  Sprachstörung  (Scandiren,  Silben- 
dehnung), 2.  Verlangsamung  der  Bewegungen  in  den  Augen-  und 
Gesichtsmuskeln,  verbunden  mit  eigenthümlich  starrem  Gesichts- 
ausdruck, 3.  psychische  Störungen :  geistige  Schwäche  und  Reizbar- 
keit, 4.  apoplektiforme  Anfälle,  5.  starkes  Zittern  der  Glieder, 
spastische  Erscheinungen,  6.  Geringfügigkeit  der  Sensibilitätsstörung, 
Intactbleiben  der  Blasen-  und  Mastdarmfunction.  Im  ganzen  besteht 
also  ein  Kxankheitsbild,  das  in  seinen  Einzelheiten  und  im  chronischen 
Gesammtverlaufe  der  multiplen  Sklerose  sehr  ähnlich  ist,  dessen  patho- 
logisch-anatomische Grundlagen  aber  bisher  nicht  aufgefunden 
wurden ;  vielmehr  waren  die  bisherigen  anatomischen  Nachforschungen 
ganz  resultatlos. 

G.  Marines  CO  (Untersuchungen  über  die  Muskelatrophie 
und  -Contractur  bei  organischer  Hemiplegie.  La  Semaine 
medicale  S.  466)  erklärt  die  Atrophie  für  ein  constantes  Vorkommen 
bei  Hemiplegie.    Sie  kommt  zu  Stande  durch  die  Unterdrückung  des 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


57 


Einflusses  gewisser  Heizungen,  welche  die  corticalen  Neurone  auf  die     Mnskel- 
medullärfen  Neurone  ausüben,  die  den  centralen  Ursprung  des  Sym-     Atrophie 
pathicns  darstellen.    Es  sind  wesentlich  vasomotorische  Störungen,     contrao 
welche  die  Verletzung  der  sensitiv-motorischen  Zone  oder  die  De-  turennach 
generation  des  Pjrramidenbündels  zur  Folge  hat.  Von  allen  Geweben  des     i^rinesco.  ' 
Körpers  erträgt  aber  das  Muskelgewebe  Störungen  des  Blutzuflusses 
mit  am  wenigsten  lange.     Indessen  mögen  auch  die  Immobilisation 
und  Schmerzhaftigkeit  der  gelähmten  Glieder  zur  Atrophie  beitragen. 
Bei  einem  Hystero-Epileptischen ,  dem  Joannesco  den  Halssym- 
pathicas  resecirt  hatte,  trat  Atrophie  der  Enochen  und  der  Muskeln 
der  Oesichtshälfte  auf  der  Seite  der  Operation  ein. 

Die  hemiplegische  Contractur  resultirt  aus  dem  Verluste  des 
Gleichgewichts,  welches  durch  die  verschiedenen  nervösen  Einflüsse, 
die  auf  das  Vorderhom  einwirken,  hergestellt  wird.  Solche  Ein- 
flüsse gehen  aus  als  Reizungen  centrifugal  vom  Gehirn,  später  aber, 
wenn  die  Contractur  fixirt  ist,  auch  centripetal  infolge  der  schmerz- 
haften Immobilisation  und  ebenso  bei  der  faradischen  oder  mechanischen 
Behandlung. 


M.  Friedmann,  Ueber  einen  weiteren  Fall  von  nervösen 
Folge  zuständen  nach  Gehirnerschütterung  mitSections- 
befund  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  11,  H.  5  u.  6). 
Bei  einem  48jährigen  Manne,  der  im  Jahre  1870  durch  eine  in  seiner 
Nähe  zerplatzende  Bombe  verletzt  und  stark  zu  Boden  geschleudert 
war  und  danach  ein  schweres  Krankenlager  mit  mehrwöchentlicher 
Bewusstlosigkeit  („Gehirnentzündung")  durchgemacht,  bestand  seit- 
dem eine  vollständige  Veränderung  des  Charakters,  Furchtsamkeit, 
Energielosigkeit,  vöUige  körperliche  Intoleranz,  essentielle  Gedächt- 
nissschwäche, steifer  Gang.  20  Jahre  später  traten  SchwindelanfaUe 
mit  lallender  Sprache,  Angstanfalle  auf.  Der  rechte  Arm  war  vor- 
übergehend paretisch,  und  ebenso  einige  Monate  vor  dem  Tode 
wieder,  der  durch  einen  apoplektischen  Anfall  mit  rechtsseitiger 
Hemiplegie  veranlasst  wurde.  Abgesehen  von  dem  apoplektischen 
Erweichungsheerd  bestand  eine  umfassende  Gefassveränderung  am 
ganzen  Gehirn,  bestehend  in  obliterirender  Endarteriitis  der  A.  basi- 
laris,  Arteriosklerose  der  A.  fossae  Sylvii;  an  den  kleinen  Gefassen 
massige  Verdickung  und  hyaline  Umwandlung  der  Wandung 
und  theilweise  rundzellige  Infiltration  der  adventitiellen  Gefass- 
scheiden. 

Scagliosi  (Ueber  die  Gehirnerschütterung  und  die 
daraus    im   Gehirn   und  Rückenmark    hervorgerufenen 


Hirn- 
erschütte- 

rung, 
Friedmans, 


Scagliosi. 


58 


Seeligmüller. 


histologischen  Veränderungen.  Virchow's  Arch.  Bd.  152, 
H.  3)  fand  bei  Kaninchen,  die  nach  dem  Trauma  noch  1 — 24  Stunden 
am  Leben  geblieben  waren ,  degenerative  Veränderungen  in  den 
Ganglienzellen  und  noch  früher  in  den  Gliazellen  des  Gehirns  und 
Rückenmarks. 


Haarseil 
bei  Hirn- 

erschütte- 
rung, 

Heidenhain. 


Seidenhain  (Das  Haarseil  [Setaceum] .  Berl.  klin.  Wochen- 
schrift Nr.  8)  berichtet  über  6  Fälle,  in  denen  nach  schwerer  Com- 
motio  cerebri  zurückgebliebene  vasomotorische  Störungen  mit  mehr 
oder  weniger  starker  chronischer  Meningitis,  die  sich  in  Schwiudel- 
anfallen,  Benommenheit  und  Kopfschmerzen  bei  jedem  Versuch  zu 
körperlicher  oder  geistiger  Arbeit  äusserten,  nach  Erfolglosigkeit 
der  sonst  üblichen  Therapie  durch  das  Haarseil  schliesslich  geheilt 
wurden. 


Hämor- 
rhagische 
Ence- 
phalitis, 
Koppen, 


Deiters. 


Koppen  (Ueber  Encephalitis,  Ges.  der  Charite-Aerzte, 
Sitzung  vom  9.  Dec.  1897.  Ref.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  30) 
beschreibt  4  Fälle  der  hämorrhagischen  Form,  von  denen  zwei 
neben  frischen  alte,  ausgeheilte  Heerde  erkennen  Hessen.  Im  An- 
schluss  daran  berichtet  Oppenheim  über  einen  solchen  Fall,  der 
nach  dem  Autopsiebefund  völlig  geheilt  war. 

Deiters  (Ueber  hämorrhagische  Encephalitis.  Neurol. 
Centralbl.  Nr.  16)  beobachtete  bei  einer  62jährigen  paranoischen 
Patientin  einen  acut  auftretenden  Anfall  von  Benommenheit,  Krämpfen 
in  der  linken  Körperhälfte,  und  2  Stunden  später  auch  in  der  rechten, 
in  der  nur  das  Bein  frei  blieb;  die  Temperatur  war  dabei  nicht  ge- 
steigert, der  Puls  gespannt  und  sehr  frequent.  Etwa  24  Stunden  nach 
Beginn  des  Zustandes  starb  sie.  Man  fand  starken  Blutreich thum 
in  der  ganzen  Schädelhöhle;  über  dem  rechten  Scheitellappen  nach 
vom  bis  fast  an  die  Centralfurche,  nach  hinten  bis  über  die  Occipital- 
windungen  sich  erstreckend,  und  an  einer  zweimarkstückgrossen 
Stelle  am  oberen  Ende  der  linken  Centralwindungen  war  die  Pia 
diffus  blutig  tingirt,  die  Piavenen  fest  thrombosirt,  die  Rindensub- 
stanz stark  geröthet  und  von  zahlreichen  Blutpünktchen  durchsetzt. 
Mikroskopisch  erwiesen  sich  die  Venen  durch  weisse  Thromben  aus- 
gefüllt; die  nervösen  Elemente  zeigten  bedeutende  Veränderungen; 
Bacterienfarbungen  blieben  negativ.  Der  Process  ist  streng  ge- 
nommen kein  entzündlicher,  sondern  als  der  primäre  Vorgang  im- 
ponirt  dabei  die  Venenthrombose,  von  der  allerdings  nicht  mit  Sicher- 
heit anzugeben  ist,  wie  weit  an  ihrem  Zustandekommen  entzündliche 
Processe  mitgewirkt  haben. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  59 

Kattwinkel   (Ueber   Störungen  des   Würgereflexes,      Würge- 
der    Sprache    und     der     Deglutition    bei    Hemiplegie.   "^3^^^.^®' 
Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  59)  fand  den  Würgereflex  bei  links-     piegieen, 
seitigen  Hemiplegieen  viel  häufiger  erloschen   als  bei  rechtsseitigen.    Kattwinkel. 
Nach  ihm  ist  das  Centrum  für  den  Würgereflex  im  Corpus  striatum 
der  rechten   Hemisphäre  und    ebenda   das   für   die  Deglutition    zu 
suchen.     Die  bei  rechtsseitigen  Himheerden  recht  häufigen  Sprach- 
störungen sind  meist  articulatorische. 

Adler  (Ueber  den  einseitigen  Drehschwindel.   Deutsche  Einseitiger 
Zeitschr.  f.   Nervenheilk.  Bd.  11,   H.  5  u.  6)    steUt    11   FäUe   zu-  ^J^J?*"'  , 

'       ^  ^  ^  scnwindel, 

sammen,    in    denen   einseitige   Labyrinth-   oder  Acusticusaffectionen        Adler. 

traumatischer  (Felsenbeinfractur ,  Bogengangsverletzung)  oder  ent- 
zündlicher Natur  (im  Gefolge  von  Meningitis  oder  eitriger  Mittel- 
ohrentzündung) neben  hochgradiger  Schwerhörigkeit  auf  dem  kranken 
Ohre  Gleichgewichtsstörungen  eigenthümlicher  Art  verursachten.  Nicht 
immer  beim  Stehen,  aber  meist  beim  Gehen  und  besonders  beim  Stehen 
mit  geschlossenen  Augen  trat  Schwindel  nach  der  Seite  der  Läsion 
hin  auf,  active  und  passive  Bewegungen  des  Kopfes  nach  der  ge- 
sunden Seite  hin  ungestört,  nach  der  kranken  vom  hefhigsten  Schwindel 
begleitet,  so  dass  die  Patienten  erbleichten  und  der  Bewegung  ener- 
gischen Widerstand  leisteten.  Dazu  kamen  Scheinbewegungen  der 
Aussen  weit  in  der  Richtung  der  Kopf  bewegungen ;  bei  geschlossenen 
Augen  glaubten  die  Patienten  nach  der  Seite,  nach  der  gedreht 
wurde,  zu  versinken.  Die  galvanische  Erregbarkeit  des  Acusticus 
war  erheblich  gesteigert.  Verf.  vermuthet,  dass  dieser  einseitige 
Drehschwindel  durch  eine  Uebererregbarkeit  des  Gleichgewichts- 
organes  der  kranken  Seite  bedingt  sei. 

A.  Spanbock  und  J.   Steinhaus   (Ueber  das  Zusammen-  ßitemporaie 

treffen  von  bitemporaler  Hemianopsie  und  Diabetes  in- Hemianopsie 
.     .  ^  ^  ,    undDiabetes 

sipidus.     Deutsche   med.   Wochenschr.  Nr.  52)    erklären  diese  in    insipidus, 

einem  Falle  von  ihnen  beobachtete  Coincidenz  für  rein  zufallig  und    Spanbock  u. 

nicht  durch  die  Art  der  Krankheitsursachen  und  durch  anatomische 

Verhältnisse  bedingt. 

PaulJakob,  Durali  nfusion  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  22). 
Infusion  0,1^/oiger  NaCl-Lösung  macht  keine  Symptome,  0,6 ^/o ige 
macht  vorübergehende   Schmerzen   in   Rücken    und  Beinen,    Kopf-  ; 

schmerzen  und  Symptome  der  Vagusreizung.    Die  Druckvermehrung  1 

bleibt  symptomlos.     Farbzusätze   zu   den  Infusionslösungen   zeigten  J 


1 


60 


Seeligmüller. 


Dnral- 

infusion, 

Jakob. 


sicli  bald  in  der  Farbe  verändert  und  traten  bald  im  Urin  auf.  Sie 
vertheilten  sich  über  den  ganzen  Subarachnoidealraum.  Grössere  in- 
fandirte  Mengen  behindern  durch  Druckwirkung  ihre  Resorption  und 
ihren  Abfluss.  Therapeutisch  sind  medicamentöse  Spülungen  bei 
Meningitiden  zu  versuchen :  50  g  einer  */«  "/oigen  Fhenollösung  werden 
ohne  Störungen  vertragen  (Versuche  an  Hunden).  26  g  einer  4 ^/o igen 
KJ-Lösung  machen  beim  Hund  eine  vorübergehende  Paraplegie, 
Saüvation,  Conjunctivalinjection ,  Tachypnoe,  Temperatursteigerung 
und  anderes.  Das  Jod  wird  ins  Cerebrum  und  in  die  Medulla  spi- 
nalis  aufgenommen.  Die  Ausscheidung  des  Jods  (in  Form  von  Jod- 
kali) durch  den  Urin  geht  viel  langsamer  vor  sich  als  bei  der  Auf- 
nahme per  OS,  aber  doch  quantitativ  vollständig.  Infusion  von  25  g 
*/2°/oiger  Chloralhydratlösung  bHeb  ohne  Symptome  von  Seiten  der 
Versuchsthiere. 


Behandlung 

der 

Apoplexie, 

Grasset. 


Heerd- 
erkran- 
knngen, 
Anton. 


Grasset  (Nouv.  remM.  Nr.  1)  empfiehlt  zur  Behandlung 
der  Apoplexie  bei  bewusstlosen  Kranken  die  Injection 
von  Aether  (1 — 10  ccm  pro  die)  oder  Campheröl,  oder  von 
Coffein  (Coffeini,  Natr.  benz.  ana  2,5,  Aq.  fervid.  ad  10,0.  D.  S. 
2 — 6  ccm  während  eines  Tages  einzuspritzen)  oder  auch  2 — 5  ccm  einer 
0,1^/oigen  Lösung  von  Spart  ein.  Bei  Kranken,  die  Schlucken 
können,  reicht  man  abwechselnd  esslöffelweise  folgende  zwei  Mi- 
schungen: 1.  Ammon.  acet.  5,0,  Tinct.  canellae  3,0,  Sir.  naphae  80,0, 
Aq.  tiliae  ad  120,0.  2.  Qoffeini,  Natr.  benz.  ana  2,0,  Mucil.  salep. 
120,0. 

b.  Localisation  im  Gehirn. 

G.  Anton  (Ueber  Heerderkrankungen  des  Gehirnes, 
welche  vom  Patienten  selbst  nicht  wahrgenommen 
werden.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  10)  macht  auf  die  Fälle  von 
Heerderkrankungen  des  Gehirns  aufmerksam,  welche  grosse,  auffallige 
psychische  Defecte  verursachen,  ohne  dass  die  Kranken  selbst  diese 
Defecte  gewahr  würden,  oder  etwa  über  dieselben  Reflexionen  an- 
stellten. In  einem  Falle  von  corticaler  Blindheit,  deren  Vorhanden- 
sein dem  Betroffenen  gar  nicht  bewusst  wurde,  —  er  war  sozusagen 
seelenblind  für  seine  Blindheit  —  bestanden  grosse  symmetrische 
Erweichungsheerde  an  der  Convexität  der  Occipitallappen.  In  einem 
jüngst  zur  Autopsie  gelangten  Falle  totaler  Taubheit,  ohne  dass  das 
Bestehen  dieser  Taubheit  von  dem  Individuum  empfunden  und  be- 
werthet  wurde,  waren  an  beiden  Hemisphären  die  erste  und  aweite 
Schläfenwindung  in  ganzer  Ausdehnung  und  das  untere  Scheitel- 


Krankheiten  des  NervensystemjB.  61 

läppchen  zum  Theile  in  einen  Erweichungsheerd  aufgegangen.  Es 
erscheint  von  Bedeutung  für  das  Verständniss  der  Unfähigkeit  der 
Patienten,  von  diesen  ihren  Defecten  zu  wissen,  dass  die  Erweichung 
die  Sinnesgebiete  in  grosser  Ausdehnung,  jedenfalls  weit  hinaus  über 
die  muthmaassHchen  Zonen  der  eigentlichen  corticalen  Projections- 
felder  befallen  hatte. 

Oscar  Reichel,  Zur  Pathologie  der  Erkrankungen  Pathologie 

des   Streifenhügels  und   Linsenkerns    (Wien.  med.  Presse     „,  ^!! 

°  Streifen- 

Nr.  19).    Bei  einem  22  Jahre  alten  Postamtsdiener  traten  Monate  hügeisund 

nach  dem  Primäraffect  Erscheinungen  von  Seiten  des  Nervensystems  ^i'i»®'**^®^'^^ 
auf  in  Form  von  intensiven  Kopfschmerzen,  zunehmender  Benommen- 
heit, Parese  des  linken  Facialis,  Hypoglossus  und  spastischer  Parese 
der  linken  Extremitäten.  Durch  energische  specifische  Behandlung 
gehen  diese  Erscheinungen  nach  2  Wochen  grösstentheils  zurück; 
6  Monate  später  erkrankt  er  plötzlich  mit  Aphasie,  zimehmender 
Somnolenz,  rechtsseitiger  Lähmung  und  erliegt  in  kurzer  Zeit  dem 
Leiden.  Es  fand  sich  Endarteriitis  beiderseits  an  den  Art.  fossae 
Sylvii,  ältere  Erweichungen  in  den  grossen  Ganglien  der  Insel  und 
des  Operculum  rechterseits ,  fiische  Erweichung  derselben  Gebiete 
linkerseits.  In  einem  zweiten  Falle  bestand  eine  symmetrische  Er- 
weichung beider  Linsenkeme,  von  denen  die  ältere  nach  der  Ana- 
mnese zu  schliessen  spurlos  verlaufen  zu  sein  scheint,  die  jüngere  in 
Form  einer  Apoplexie  auftrat  und  jetzt  noch  unter  dem  Bilde  einer 
Facialislähmung  und  geringer  Parese  des  linken  Armes  in  Erschei- 
nung trat,  welche  Symptome  aber  in  einigen  Tagen  vollständige 
Rückbildung  erfuhren. 

Tantzen,  Ueber  einen  durch  Cerebrospinalmeningitis    Apoplexie 

complicirten    Fall  von  Apoplexie   im  linkeu  Sehhügel   de»  linken 
Tx  ,  1    ^xT     1  1        -Jt     ^«x       t^.         a»'  1    '        -nt         1    1  Sehhügels, 

(Deutsche   med.  Wochenschr.  Nr.  17).     Eine   47j ännge  Frau  bekam      Tantzen. 

3  Tage  nach  einem  apoplektischen  Anfalle,  der  Differenz  (linke  sehr 

eng,  rechte  weit)   und  Reactionslosigkeit  der  Pupillen,  Nystagmus, 

Parese  der  rechten  Gesichtshälfte   und  Rechtsdrehung  des  Kopfes, 

aber  keine  Extremitätenlähmung  hinterlassen  hatte,   Fieber,   einen 

Herpes  facialis  und  rechtsseitige  Hemiparese;   ferner  Nackenstarre 

und  allgemeine  Hyperästhesie.    Die  durch  Lumbalpunction  erhaltene 

Flüssigkeit  enthielt  einen  häufig  in  Tetradenform  liegenden  Coccus, 

der  auch  im  Nasenschleim  massenhaft  vorhanden  war.  4  Tage  später 

trat    Tod    ein.     Die    Section    ergab    Cerebrospinalmeningitis;    eine 

Hämorrhagie  im  dritten  Ventrikel,  als  deren  Ausgangspunkt  ein  apo- 


62  Seeligmüller. 

plektischer  Heerd  nachzuweisen  war,  welcher  den  medialen  vorderen 
Theil  des  linken  Sehhügels  zerstörte. 

Heerd  im  S.    E.    Henschen    (Ueber   Localisation    innerhalb   des 

äusseren  äusseren  Knieganglions.  Neurol.  Centralbl.  Nr.  5)  beobachtete 
ganglion,  ^^^  einer  51jährigen  Frau  nach  einer  unter  apoplektischen  Erschei- 
Henschen.  nungen  aufgetretenen  linksseitigen  Hemiplegie  und  Hemianästhesie, 
die  aber  bald  vollständig  zurückgingen,  eine  bis  zum  10  Monate 
später  erfolgenden  Tode  unverändert  bestehende  Hemianopsie  des 
linken  unteren  Quadranten.  Die  Autopsie  ergab  eine  hämorrhagische 
Cyste  im  occipitalen  Abschnitt  des  Thalamus  opticus  und  Pulvinar, 
die  Tractus  opticus  und  occipitale  Sehbahn  frei  liess,  die  dorsale 
Hälfte  des  äusseren  Kniehöckers  zerstörte.  Verf.  folgert  aus  dem 
Befunde,  dass  auch  im  Kniehöcker  eine  feste  Projection  der  beiden 
homogenen  Netzhauthälften  besteht,  und  zwar,  dass  der  dorsale  Ab- 
schnitt des  Kniehöckers  den  dorsalen  Quadranten  der  gleichseitigen 
Netzhauthälften  entspricht. 

Hypophysis,  E.  v.  Cyon  (lieber  die  Function  der  Hypophysis  cerebri.    Aca- 

Cyon.  demie  des  Sciences.  Wien.  med.  Presse  Nr.  10)  erklärt  nach  seinen  Unter- 
suchungen als  Function  der  Zirbeldrüse  die,  das  Gehirn  gegen  die  Gefahren 
eines  plötzlichen  Blutandranges  zu  schützen.  Schon  der  leiseste  Druck  auf 
die  Hypophysis  ruft  eine  brüske  Schwankung  des  Blutdruckes  hervor,  sowie 
eine  beträchtliche  Verlangsamung  der  Herzaction,  wobei  die  Herzkraft 
gleichzeitig  erhöht  wird.  Die  Blutdruckschwankung  löst  aber  durch  Reizung 
der  Pneumogastrici  jenen  Mechanismus  aus,  durch  welchen  die  Schilddrüse 
das  Gehirn  von  einem  gefährlichen  Blutandrang  frei  hält;  dieselben  Phä- 
nomene ruft  die  schwächste  elektrische  Reizung  hervor. 

Hypophysis  ^-  Loeb    (Hypophysis    cerebri    und  Diabetes    mellitus. 

und  Diabetes  Centralbl.  f.  innere  Medicin  Nr.  35)  bezeichnet  das  Auftreten  von  Diabetes 
"  L  ^*b"''  mellitus  resp.  Glykosurie  bei  Akromegalie  als  ein  so  häufiges,  dass  ein  zufälli- 
ges Nebeneinandervorkommen  beider  Krankheiten  ausgeschlossen  erscheint. 
Vielmehr  ist  der  Diabetes  bezw.  die  Glykosurie  verursacht  durch  Druck- 
wirkung der  vergrösserten  Hypophysis  auf  das  Gehirn,  bezw.  auf  ein  vom 
Verf.  in  der  Gegend  des  Tuber  cinereum  postulirtes  Diabetescentrum. 

Opticus-  0.  Körner   (Abfluss  von  Liquor  cerebrospinalis   durch   die  Nase  und 

atrophie     Opticusatrophie ,   ein  Symptomencomplex,  wahrscheinlich  verursacht  durch 

'^V^^i  t  ^^^^   ^^   ^^®   Keilbeinhöhle   durchgebrochene   Geschwulst   der    Hypo- 

^^^(leT^  ^    physis  cerebri.    Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  33,   H.  1)   berichtet   über 

Hypophysis,  eine  eigene  Beobachtung  dieses  Symptomencomplexes  und  stellt  acht  ganz 

Körner.        analoge  Fälle  aus  der  Litteratur  zusammen. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  63 

Pförringer  (Fortschr.  d.  Med.  Nr.  11)  beobachtete  plötzlichen  Cysticercus 

Tod  durch  freien  Cysticercus  im  dritten  Ventrikel,  welcher   !r"^/\V^f 

....  .  Ventrikel, 

einen  Stiel  durch  den  Aquaeductus  Sylvii  bis  in  den  vierten  Ven-     pförringer. 
trikel  sandte  und  dadurch  die  Wasserleitung  vollständig  verlegt  hatte 
bei  einem  17jährigen  Manne,  der  an  Kopfschmerzen  und  epileptischen 
Anfallen  litt. 

M.  Sander  (Ein  pathologisch-anatomischer  Beitrag  zur  Func-   Kleinhim- 

tion  des  Kleinhirns.     Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd  12,     ^inction, 

Sander. 
Xr.  5  u.  6)  erklärt  in  einem  Falle  von  wallnussgrossem  Gliosarkom 

der  rechten  Kleinhimhemisphäre  von  ihm  beobachtete  hemichorea- 
tische  Bewegungsstörung  im  Einklänge  mit  Bonhöffer's  Unter- 
suchungen als  bedingt  durch  die  Zerstörung  des  Corpus  dentatum 
cerebelli  und  der  von  ihm  ausgehenden  Bindearmbahn,  insofern  da- 
durch bestimmte  regulatorische  Einwirkungen  des  Kleinhirns  auf  die 
Thätigkeit  der  motorischen  Centren  ausgefallen  seien. 

Th.  Neabürger  und  L.  Edinger  (Einseitiger,  fast  totaler  Mangeides 
Mangel  des  Cerebellums,  Varix  oblongatae,  Herztod  durch  Kleinhirns, 
Accessoriusreizung.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  4  u.  5)  berichten  über  Neubürger  u. 
einen  klinisch  völlig  symptomlosen  Fall  von  Defect  der  rechten  Kleinhim- 
hälfke,  der  anatomisch  durch  seine  secundären  Degenerationen  unsere  Kennt- 
msse  Tom   Bau    des   Kleinhirns    und    seiner    Bahnen    in   jedem    Punkte 
bestätigt.    Insbesondere  fand  sich  auch  eine  Atrophie   des  Fasernetzes  in 
den  sensibeln  Endkemen  (VIII.,  X.),   entsprechend  dem  Ausfall  der  senso- 
rischen Cerebellarbahn.  Der  Tod  trat  ein  unter  den  Symptomen  der  Vagus- 
reizung,  als  deren  Substrat  ein  Varix  in  demjenigen  Theile  des  Accessorius- 
kems  gefunden  wurde,  der  die  Vagusfasem  fürs  Herz  liefern  soll. 

Miura    (Mittheilungen   der  medicinischen   Facultät    von   Tokio  Cerebellare 
1898)  berichtet  über  drei  Beobachtungen  von  cerebellarer  here-   ^e^e^itäre 
ditärer  Ataxie.     Bei   der  Autopsie   des  einen  Falles  fanden  sich       Miura.' 
Brücke,  Oblongata  und  Rückenmark  in  ihrem  Volumen  sehr  reducirt, 
das  letztere  von  vom  nach  hinten  abgeplattet.     Aber  es  fehlte  De- 
generation  der  Rückenmarksstränge.     Nach  Miura^s  Meinung  gibt 
es  viele  UebergangsfeUe  zwischen  der  Krankheit  Frie drei ch's  und 
der  hereditären  Ataxie. 

W.V.Bechterew   (lieber  die  Erregbarkeit  der   Grosshirn-    Grosshirn- 
rinde neugeborener  Thiere.    Neurol.  Centralbl.  Nr.  4)  fand  bei  der  Nach-    rinde  neu- 
prüfung  der  über  diese  Frage  angestellten  Versuche,  dass  die  unentwickelte    SöJ^^^^ß^ier 
marklose  Pyramidenbahn  nicht  völlig  unerregbar  erscheint;  wohl  aber  geht  y  Bechterew, 
ihr  die  Fähigkeit  ab,  isolirte  Reize  bestimmten  Muskeln  und  Muskelgruppen 


64 


SeeligmfiUer. 


zuzuführen.    Diese  Fähigkeit  wird  ihr  im  Verlaufe  der  späteren  Entwicke- 
lung  nach  Aufnahme  der  Markscheiden  zu  Theil. 

Rindenfeld  Armin  Tschermak  (Notiz  betreffs  des  Rindenfeldes  der  Hinter- 

d®'^i^*®''  strangbahnen.  Neurol.  Centralbl.  Nr.  4)  fand  bei  Katzen  nach  experi- 
menteller Zerstörung  der  medullären  Hinterstrangkeme  eine  nicht  un- 
beträchtliche Zahl  sog.  directer  Fasern,  die  aus  den  Zellen  der  contra- 
lateralen Hinterstrangkeme  entspringen  und  zur  Grosshimrinde  ziehen,  also 
ein  kreuzendes  Hinterstrangkem-Grosshimrindensystem;  die  überwiegende 
Zahl  der  langen  Hinterstrangkemfasem  bildet  allerdings  ein  kreuzendes 
Hinterstrangkem-Thalamussystem.  Die  corticale  Endstelle  der  ersteren  nun 
ist  bei  der  Katze  diejenige  Rindenstelle,  welche  als  den  Rolando'schen 
Centralwindungen ,  speciell  der  hinteren,  beim  Menschen  homolog  zu  be- 
trachten ist. 


strang- 
bahnen, 
Tscheimak. 


—  des 

Facialis, 

Eckhard. 


G.  Eckhard,  Das  sog.  Rindenfeld  des  Facialis  in  seiner 
Beziehung  zu  den  Blinzelbewegungen  (Gentralbl.  f.  Physiol. 
Bd.  12,  H.  1).  Von  Bönsel  (Inaug.-Dissertat.,  Giessen  1897)  war  am  Hunde 
festgestellt  worden,  dass  durch  Reizung  einer  gewissen  Stelle  des  Gyrus 
coronalis  sich  eine  isoHrte  Blinzelbewegung  auslösen  lässt.  Verf.  suchte 
nun  festzustellen,  ob  dieses  sog.  Orbicularisfeld  einen  Einfluss  auf  die  nor- 
male Lidbewegung  auszuüben  vermag,  indem  er  diese  Stelle  mit  einem 
ziemlich  reichlichen  concentrischen  Rindenabschnitt  der  Umgebung  exstir- 
pirte.  Er  stellte  sechs  verschiedene  Versuche  theils  mit  einseitiger,  theil» 
mit  doppelseitiger  Exstirpation  an  und  fand,  dass  das  Orbicularisfeld  keinen 
Einfluss  auf  die  reflectorische  und  spontane  Thätigkeit  des  subcorticalen 
Centrums  für  die  Lidbewegung  hat. 


Central  Alfred   A.  Reichenberg    (Central   entstandene    Schmerzen, 

entstandene  Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  11,  H.  5  u.  6)  beobachtete  bei  einer 
IUi(AMil^^°'  7^ährigen  Frau  seit  einer  Himarterienthrombose ,  die  nur  vorübergehende 
Parese  im  linken  Facialisgebiet  und  Extremitäten  erzeugt  hatte,  vom  4.  Tage 
danach  bis  zu  ihrem  '/«  Jahre  später  nach  neuerlichem  apoplektischem 
Insult  erfolgenden  Tode  heftige  Schmerzen  im  linken  Arm  und  Bein;  da- 
neben bestand  Hyperästhesie  im  Gesicht  und  Oberarm ;  der  Vorderarm  und 
Rumpf  fast  anästhetisch,  im  Bein  stark  herabgesetztes  Gefühl.  Es  fand  sich 
in  der  rechten  Himhälfte  eine  Erweichung,  welche  in  der  rechten  Hemi- 
sphäre den  grösseren  Theil  des  unteren  Scheitelläppchens  einnahm  und 
durch  eine  nach  vom  gestreckte  Zacke  am  allerhintersten  Theil  der  inneren 
Kapsel  die  sensible  Bahn  nahezu  erreichte  oder  traf. 


Muskel-  W.  Muratow  (Zur  Localisation  des  Muskelbewusstseinsauf 

bewa88t8ein,Q].m2c[  eines  Falles  von  traumatischer  Kopfverletzung.    Neurol. 

Centralbl.  Nr.  2)  beobachtete  bei  einem  23jährigen  Mädchen,  das  seit  einem  Falle 

im  1.  Lebensjahre  rechtsseitig  gelähmt  war  und  an  epileptischen  Krämpfen 


Muratow. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  65 

eben  dieser  Seite  litt,   deutliche  Störung  der  Sensibilität  und  ein  völliges  '' 

Fehlen  des  Muskelgefühls  in  der  rechten  Hand.  Die  noch  persistirende 
Narbe  deutete  auf  eine  Zerstörung  des  mittleren  Drittels  der  Central- 
windangen  und  auf  theilweises  Mitbefallensein  des  oberen  und  des 
unteren  Drittels  und  des  Gyrus  angularis. 

Ferdinand  Alt,  Zur  Pathologie  des  corticalen  Hör-  Corticaies 
centrums  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  10).  Für  die  Beziehung ^^^^^JJ*^"""' 
psychischer  Ausfallflerscheinungen  auf  post  mortem  erhobene  Gehim- 
heerde  ist  es  von  grösster  Wichtigkeit,  die  Intactheit  der  peripheren 
Acusticusbalin  zu  ermitteln,  weil  sonst  die  Gefahr  besteht,  mancherlei 
Fehlschlüsse  dabei  zu  machen.  In  einem  Falle  von  Sprachstörung, 
bei  dem  auch  gekreuzte  einseitige  Gehörstörungen  auffielen,  konnte 
durch  die  genaue  Functionsprüfung  die  Gewissheit  erlangt  werden, 
dass  diese  Störungen  centralen  Sitz  haben  mussten.  Diese  Feststellung 
ermöglichte  dann  die  Diagnose  einer  Durchbrechung  der  Stabkranz- 
faserung  des  linken  Schläfenlappens  durch  einen  Krankheitsheerd,  der 
einerseits  gegen  die  Rinde,  andererseits  markwärts  in  die  Tiefe  vor- 
drang, womit  die  gesammten  Symptome :  amnestische  Aphasie,  rechts- 
seitige Hemiplegie  und  gekreuzte  Taubheit  in  befriedigender  Weise 
erklärt  werden  konnten. 

P.  Näcke  (Neurol.  Centralbl.  1897,  Nr.  24)  berichtet  über  einen     Dämmer- 

an  sich  selbst  beobachteten  Dämmerzustand  mit  Amnesie  nach  ■^^**'^d  ™** 

.  Amnesie 

leichter,  durch  einen  Schlag  auf  die  Mundgegend,  den  er  bei  der  n^ch  Hirn- 
Visite  von  einem  aufgeregten  Paranoiker  erhielt,  bewirkter  GehiVn-  erschütte- 
erschütterung,  während  deren  er  die  complicirtesten  Handlungen 
seiner  gewohnten  täglichen  Thätigkeit  (Visite,  ärztliche  Verordnungen, 
Eintragung  von  Notizen)  ausführte,  ohne  nachher  die  geringste  Er- 
innerung daran  zu  besitzen.  Er  macht  auf  die  forensische  Wichtig- 
keit aufmerksam,  die  eine  solche  Erscheinung  eventuell  einmal 
liaben  kann. 

A.  Pitres  (Die   amnestische  Aphasie   und   ihre   klini- Amnestische 
sehen  Varietäten.     Progr^s  m6d.  Nr.  21,  22,   24,  26,  28,  31)     ^Jj^^g'®' 
streitet  auf  Grund  seiner  Beobachtungen  für  die  Existenz  einer  be- 
sonderen Form  der  amnestischen  Aphasie,  ohne  dass  derselben  eine 
besondere   umschriebene  Heerdläsion  zu  Grunde  läge.     Hierauf  be- 
ruht ihre  günstige  Prognose  gegenüber  den  Aphasieformen ,  welche 

durch  Heerdläsion  hervorgerufen  sind. 

Jahrbach  der  practischen  Medioin.    1899.  5 


rung, 
Näcke. 


66  Seeligmüller. 

Amnesie  Lannois  (Lyon  m^dical  Bd.  88,  Nr.  21)  beobachtete  einen  Fall 

T?  v™i*  von    allgemeiner   Amnesie    mit   Erhaltung   des   Zahlen- 

Erhaltaog  ^    .  .     .  ^    . 

desZahlen-  gedächtnisses  bei  einem  32jährigen  Manne,  der  sich  geistig  nur 
gedächt-  noch  damit  beschäfHgen  konnte,  dass  er  beständig  Zahlen  schrieb 
Lannois.      ^^^  rechnete;  auch  im  Kopf  vermochte  er  gut  zu  rechnen. 

Aphasie  Ulrich  Rose    (Aphasie   als  Einleitung   eines   urämi- 

«*a«.f-«k««  sehen  Anfalls.     Berl.  klin.  Wochenschr.   Nr.  9)  beobachtete  bei 
urämischen     ^  ^  ^  ^  ^  ^ 

Anfall,       einem  seit  längerer  Zeit,    mindestens  seit   9  Monaten  an  Nephritis 
Rose.        leidenden   d2jährigen  Maler   eine   plötzlich    auftretende    motorische 
Aphasie,  die  nach  halbstündigem  Bestehen  von  eklamptischen  Anfallen 
unterbrochen  wurde. 

« 

Wort-  James  Hinsheiwood  (Ein  Fall  von  Wortblindheit  ohne 

blindheit,    Buchstabenblindheit.     Lancet,    Febr.  12.)    kommt   durch    einen 
Hinsheiwood.  .  '  , 

eigenen  und  die  beiden  anderen  bis  jetzt  veröffentlichten,  ebense 
reinen  Fälle  von  Burnett  (Arch.  of  Ophthalmol.  1890)  und  Mier- 
zewski  (Septembersitzung  der  Petersb.  psychiatr.  Gesellsch.  1890) 
zu  der  Anschauimg,  dass  die  Centren  der  optischen  Wortbüder,  der 
optischen  Buchstabenbilder  und  der  optischen  Zahlenbilder  sich  nicht 
decken,  sondern  neben  einander  in  der  Hirnrinde  liegen. 

Sprach-  H.  Gutzmann  (Die  Vererbung  organischer  und  func- 

störnngen-  tioneller  Sprachst  örungen.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  29) 

vererhuns  x  ca 

Gutzmann. '  theilt  seine  bezüglichen  Beobachtungen  mit,  welche  er  an  2228  Kranken,, 
und  zwar  B48  mit  Taubstummheit,  287  mit  angeborenen  Gaumendefecten^ 
83  mit  Stigmatismus  lateralis,  869  mit  Stottern,  152  mit  Stammeln 
und  289  mit  Hörstummheit  gemacht  hat.  Dadurch  ist  die  Möglich- 
keit der  Vererbung  functioneller  Sprachstörungen  erwiesen. 

Blepharo-  W.  HartleyBunting  (The  Lancet,  20.  Aug.)  sah  nach  chirurgischer 

ptose,  Entfernung  eines  Stücks  der  Hirnrinde  am  hinteren  Ende  der  rechten 
^^  "^*  mittleren  Stirn windung  linksseitige  Ptosis  eintreten,  die  nach  12  Wo- 
chen verschwand.  Er  nimmt  deshalb  ein  isolirtes  Centrum  für  den  Levator 
palpebrae  an  der  genannten  Stelle  an  und  glaubt,  dass  eine  Functions- 
Übemahme  seitens  der  anderen  Hemisphäre  möglich  ist.  Das  bei  Hirn- 
embolie  seltene  Auftreten  von  Ptosis  soll  durch  die  doppelte  Gefässver- 
sorgung  jenes  Centrums  von  den  vorderen  und  mittleren  Hirnarterien  aus 
sich  erklären. 

Johann   Prus    (üeber   die   Leitungsbahnen   und   Patho- 
genese der  Rindenepilepsie.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  38) 


Krankheiten  des  Nervensystems.  67 

erklärt  Unverricht's  Theorie  von  der  Leitung  der  Rindenepilepsie      Rinden- 
läDgs  der  Himoberfläche   nach  dem  sog.  Irradiationsgesetz  für  un-    «P***ps^®» 
richtig;  weiter,  dass  die  Pyramidenbahnen  an  der  Leitung  der  Rinden-     bahnen, 
epilepsie  nicht  den  geringsten  Antheil  nehmen.     Vielmehr  geschieht        ^'^'**' 
die  Leitung  der  Erregung  von  der  Hirnrinde  zur  MeduUa  oblongata 
hauptsächlich  vermittelst  motorischer  Bahnen,  welche  er  als  Extra- 
pyramidenbahnen  bezeichnet  und  welche  von  der  Hirnrinde  zur  Ob- 
longata und  zum  Rückenmarke  durch  den  oberen  Theil  des  Mittel- 
hims  verlaufen  und   sich  im  verlängerten  Marke  kreuzen.     Diese 
Bahnen   leiten    hauptsächlich   die   Erregungen   für   complicirte   Be- 
wegungen  und  tragen  zur  gehörigen  Coordination  und  Association 
der  Bewegungen  bei. 

Schede  (Zur  operativen  Behandlung  der  Jackson^schen    Operative 

Epilepsie.     Vortrag  a.  d.  70.  Vers,  deutsch.  Naturf.  u.  Aerzte  zu  Behandlung 
*^  '^  ,  der  Rinden- 

Düsseldorf.     Ref.  der  Wien.  med.  Presse   Nr.  48)   meint,   dass  nur    epilepsie, 

das   vollständige   Vorhandensein    aller    Symptome    der    Jackson-       Schede, 

sehen  Epilepsie  gegründete  Aussicht  auf  Erfolg  der  Operation  gebe 

und  dass  man  erst  Jahre  nach  dieser  von  wirklicher  Heilung  sprechen 

dürfe.  Er  bespricht  3  mit  vollem  Erfolg  operirte  Fälle,  darunter  einen 

17  Jahre  nach  dem  Trauma  operirten  Fall. 

Braun    (lieber  die  Erfolge  der   operativen  Behandlung       Braun. 

der  traumatischen    Jackson'schen    Epilepsie.     Deutsche 

Zeitschr.  f.   Chir.  H.  2  u.  3)  berichtet  über  eine  Heilung  nach  Ex- 

3tirpation  des  Rindencentrums   der  linken  Hand   6  Jahre  nach  der 

Verletzung.   Resection  des  Schädeldachs  und  Entfernung  einer  Cyste 

waren  ohne  Erfolg.   Referirte  Fälle  sind  nur  zum  Theil  ermuthigend. 

c.  Hirnhäute. 

Stabel  (3  Fälle  von  subduralen  und  extraduralen  Häma-     Sub-  und 
tomen.  Deutsche  med.  Wochenschr.,  Vereinsbeilage  Nr.  16)  berichtet  tf..*'^*  i'ale 

'  .  Hämatome, 

über  3  Fälle  von  intracranieller  Blutung  nach  Kopftrauma,   die  zu        stahl. 

schwerem  Himdruck  und  motorischen  Heerdsymptomen  führte  und 
operativ  gefunden  und  entleert  wurde.  In  dem  einen  Falle  handelte 
es  sich  um  ein  subdurales  Hämatom  in  der  Gegend  der  rechten  Cen- 
tralwindungen ,  welches  vollkommene  Parese  der  rechten  Extremi- 
räten  und  nur  Spasmus  in  der  linken  Seite  hevorgebracht  hatte,  so 
dass  man  erst  den  Heerd  auf  der  linken  Hemisphäre  vergeblich  ge- 
sacht hatte.  Im  dritten  Falle  entsprach  das  zunächst  gefundene 
kleine  Hämatom  nicht  recht  der  Schwere  der  Allgemeinerscheinungen ; 


68 


SeeligmüUer. 


nicht  lange  nachher  traten  aber  ganz  unvermittelt  heftige  Krämpfe 
in  allen  Extremitäten  und  auch  der  Athmungsmusculatur  auf;  es  kam 
bald  zum  Tode,  und  die  Autopsie  ergab  im  rechten  Gyrus  hippo- 
campi  einen  taubeneigrossen,  gelben  Erweichungsheerd,  von  dem  eine 
profuse  Ventrikelblutung,  die  bis  unter  die  Dura  des  Kleinhirns  und 
hinab  bis  zur  Cauda  equina  gedrungen  war,  ausging. 


darch 

Lambal* 

punction, 

Slawigk  n. 

Manicatide, 


Meningitis  Slawigk  und  M.  Manicatide,   Zur  baciUären  Diagnose 

tuberoalosa,  -,         tut       •        '.'       .     r.  ^  j  n       j«        t         i     i 

Diagnose     ^®^   Meningitis    tuberculosa    durch    die    Lumbalpunction 

(Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  18).  Von  19  Fällen  wurde  bei  16  der 
Bacillenbefund  in  der  Cerebrospinalflüssigkeit  erhoben,  in  den  drei 
anderen  ihre  Anwesenheit  durch  das  Ergebniss  der  üeberimpfung 
bewiesen.  Wichtig  für  dieses  bessere  Ergebniss  war  die  Präcision 
der  Methodik,  deren  sich  die  Verff.  befleissigten;  indem  sie  unter  Weg- 
lassung des  Mandrins  die  Hohlnadel  mit  einem  kurzen  Stück  Gummi- 
schlauch verbanden,  das  am  anderen  Ende  ein  metallenes  Ansatz- 
stück trug,  vermieden  sie  den  bei  Entfernung  des  Mandrins  oft 
unvermeidlichen  Abfluss  von  Flüssigkeit,  sowie  die  dabei  auftretende 
Gefahr  der  Verunreinigung,  und  konnten  genau  controlliren ,  wenn 
die  Spitze  in  den  Durasack  eingedrungen  war.  Bei  der  Suche  nach 
den  sehr  oft  recht  spärlichen  Bacillen  wandten  sie  wiederholte  Centri- 
fugirung  der  Flüssigkeit  an  und  waren  darauf  bedacht,  eine  sorg- 
faltige Vertheilung  des  feinen  Gerinnsels  auf  dem  Deckglas  herbei- 
zuführen. 

H.  Schwarz  (Zur  klinischen  Würdigung  der  Dia- 
gnose der  tuberculösen  Meningitis  vermittelst  der 
Lumbalpunction.  Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  60,  Nr.  2 
u.  3)  berichtet  über  79  im  Krankenhaus  Friedrichshain  untersuchte 
Fälle,  bei  denen  sich  in  52  Fällen,  d.  i.  in  66°/o  die  Bacillen  nach- 
weisen Hessen.  Die  Ansicht,  dass  bei  der  theilweise  ausserordentlichen 
Verschiedenheit  der  Resultate  verschiedener  Autoren  zu  einem  ge- 
wissen Theile  auch  die  Unterschiede  der  von  den  einzelnen  geübten 
Technik  mit  beitragen,  wird  von  mehreren  Autoren  ausgesprochen. 
Deshalb  beschreibt  Schwarz  ausführlicher  die  in  Fürbringe r's 
Abtheilung  geübte  Technik,  auf  die  genauer  einzugehen  hier  nicht 
der  Ort  ist. 


Schwarz. 


Heydenreich,  M^ningite  d'origine  dentaire  (Wien, 
med.  Presse  Nr.  33).  Ein  34jähriges  bis  dahin  gesundes  Individuum 
litt  längere  Zeit  an  Zahnschmerzen  im  Bereich  der  zwei  letzten 
rechten  unteren  Molaren  und  bemerkte  dann  in  der  Parotisgegend 


Krankheiten  des  NeiTensystems.  69 

eine  schmerzhafte  Anschwellung.     Er  trat  ins  Spital  ein,  sein  All-  Meningitis 

gemeinbefinden  wurde   sehr  schlecht;   er  verfiel  in  einen  halbcoma-  „  ,     ^*  .^« 

.  .....  .         .      Zanncanes, 

tosen  Zustand   und   zeigte   dabei  deutliche  linksseitige  Hemiplegie.    Heydenreich. 

Er  starb  bald ;  es  zeigte  sich  eitrige  Meningitis  an  der  Convexität  der 

rechten  Hemisphäre,  entlang  dem  Sinus  longitudinalis  superior;   im 

Niveau  des  Foramen  rotund.  und  ovale  lässt  sich  Eiter  ausdrücken,  ein 

eitriger  Streifen  bedeckt  die  untere  Fläche  des  M.  temporalis  und 

lässt  sich  längs  des  aufsteigenden  Unterkieferastes  bis  zum  Niveau 

des  Weisheitszahnes  verfolgen. 

Bresler  (Meningitis  ventricularis  chronica  adultorum.  Meningitis 

Plötzlicher  Tod  bei  derselben.     Neurol.  Centralbl.  Nr.  18)   be-     ventricu- 

jn  ris 

obachtete    an   einem   Manne   in   der   zweiten   Hälfte    der   Vierziger       Bresler. 

3  Jahre  lang  ein  Krankheitsbild,  welches  schleichend  mit  Abnahme 
der  geistigen  Functionen  und  periodischen  Kopfschmerzen,  mit  welchen 
gleichzeitig  eine  Reihe  von  subjectiven  optischen  Phänomenen  einher- 
gingen, einsetzte.  Weiterhin  zeigten  sich  Schwindel-  und  Ohnmachts- 
an&Ue,  öfters  leichte  Verwirrtheitszustände.  In  einem  derartigen 
Anfalle,  der  mit  Congestion  des  Gesichts,  starkem  Schweissausbruch, 
stossartiger  Athmung  begann,  traten  einige  rhythmische  Zuckungen 
mit  den  Armen,  Pulsverlangsamung  und  plötzUcher  Exitus  letalis 
ein.  Das  Q-ehim  zeigt  an  der  Oberfläche  verstrichene  Furchen,  sehr 
blasse  Färbung  der  Rinde  und  starke  Ausdehnung  der  Ventrikel, 
die  mit  wasserklarer  Flüssigkeit  erfüllt  waren.  Als  ätiologisches 
Moment  dieses  erworbenen  Hydrocephalus  internus  hat  chronischer 
Alkoholismus  zu  gelten. 

Moty,   Trepanation   et   drainage   arachnoidien  dans  laTrepanation 

menineite   (L'^cho   m^d.   du  Nord   S.   1B9).     Bei   einem   Soldaten    «,    ^.^ 

^    ,  .  ^  Drainage 

entstand  im  Anschluss  an  eine  Verletzung  der  rechten  Nasenhöhle  bei 
durch  einen  in  dieselbe  eingestossenen  Ladestock  ein  meningitischer  Meningitis, 
Sjmptomencomplex,  der  sich  binnen  11  Tagen  zu  bedrohlicher  Höhe 
steigerte.  Zu  dieser  Zeit  machte  Verf.  eine  Trepanation  in  der 
Gegend  des  rechten  Scheitelbeins,  aus  deren  Oeifnung  eine  nicht 
eitrige  Flüssigkeit  hervorquillt.  Es  wird  durch  Einlegen  eines  Drains 
der  Ausfluss  des  Liquor  cerebrospinalis  unterhalten,  und  während 
der  Zeit  besserten  sich  die  Symptome  und  verschwanden  binnen 
20  Tagen  fast  vollständig.  Verf.  hält  danach  die  Drainage  der  Me- 
ningen gleich  beim  Beginn  acuter  infectiöser  Meningitis  für  indicirt. 


70  Seeligmüller. 


2.  Krankheiten  des  Terlängerten  Marks. 

Blutschutz  Albert  Adamkiewicz  (Der  Blutschutz  des  verlängerten 

des  ver-  Marks.  Neurol.  Centralbl.  Nr.  7)  macht  auf  eine  wichtige  Thatsache 
Marks        aufmerksam,   dass  bei  der  syphilitischen  acuten  Erkrankung   des  Rücken- 

Adamkiewioz.  marks  im  Stadium  der  schweren  Lähmungen  diese  in  ganz  gesetzmässiger 
Weise  unten,  also  in  den  Unterextremitäten  einsetzen  und  nach  oben  fort- 
schreiten, aber  stets  die  lebenswichtigen  bulbären  Centren  für  das  Kauen, 
das  Schlucken,  die  Athmung  und  Herzregulation  intact  lassen,  eher  dann 
noch  weiter  oben  die  Kerne  der  Nn.  oculomotorii ,  faciales  und  hypoglossi 
befallen.  Diese  Reihenfolge  erklärt  er  aus  der  besonderen  Anordnung  der 
Vascularisation  der  verschiedenen  Centralgebiete. 

Ophthalmo-  y.  Fragstein  und  Kempner  (Ophthalmoplegia  exterior 

exterUr  completa  mit  Paralyse  des  Augenfacialis.  Deutsche  med. 
V.  Fragstein  Wochenschr.  Nr.  85)  beschreiben  einen  Fall  von  beiderseitiger  Oph- 
u.  Kempner.  thalmoplegia  exterior  completa  mit  Lähmung  des  rechten  Stirn-  und 
Augenfacialis  ohne  irgend  welche  sonstigen  nervösen  Symptome  als 
nucleäre  Lähmung  und  als  neuen  Beleg  für  den  von  Mendel  postu- 
lirten  besonderen  Augenfacialiskem.  Den  einzigen  ätiologischen  An- 
halt bietet  bestehende  Tuberculose.  Betreifs  der  besonderen  Be- 
grenzung des  pathologischen  Processes  wird  daran  erinnert,  dass  die 
basalen  Hirnarterien  nach  Heubner  Endarterien  seien. 

Pseudo-  Ulrich  Rose  (Nephritis,  Arteriosklerose  und  apoplekti- 

bnlbär- 
paralyse, 


forme  Pseudobulbärparalyse.  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Nr.  5 — 6) 
Rose.  findet  auf  Grund  seiner  Fälle  und  derjenigen  der  Litteratur,  dass  in 
der  Regel  die  Pseudobulbärparalyse  bei  Schrumpfhiere  sich  anato- 
misch und  klinisch  wie  diejenige  bei  Altersarteriosklerose  verhält. 
Daneben  finden  sich  jedoch  seltene  Fälle  der  nephritischen  Form, 
die  klinisch  durch  äusserst  zahlreiche,  leichte  Anfalle,  anatomisch 
durch  multiple  kleine  und  kleinste  Erweichungsheerde  charakterisirt 
sind.  Diese  Vorkommnisse  leiten  über  zu  den  urämischen  Lähmungen, 
bei  denen  auch  manchmal  multiple  mikroskopische  Capillarapoplexieen 
nachweisbar  sind. 

8.  Krankheiten  des  BDckenmarks. 

a.  Anatomie.    Physiologie.    Rückenmarkshäute. 
Allgemeine  Erkrankungen  des  Rückenmarks. 

Adolf  Bickel   (üeber  die  Function  der  Hinterstränge  des 
Rückenmarks.  Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  37,  S.  1161)  behauptet  auf 


Krankheiten  des  Nervensystems.  71 

<5rund  von  Versuchen,  dass  Tasteindrücke  bei  Mensch  und  Thier  auf  einer      Hinter- 
gekreuzten  sensorischen  Bahn  im  Rückenmark  fortgeleitet  werden,  dass  beim     si^rftoge, 
Thier  (Hund,  Katze  und  AfPe)  eine  ungekreuzte  sensorische  Bahn  der  Tast-       Bickel    ' 
«rregpmg  bei  ihrer  centralen  Fortleitung  offen  stehe  und  dass  diese,  beim 
Hunde  wenigstens,  in  den  Hintersträngen  gesucht  werden  muss.    Die  Lei- 
tung  für  Kältereize   erfolgt  im  Rückenmark  ungekreuzt,   und  zwar  im 
Hinterstrange. 

Gustav  Bikeles  (ebenda)  hält  auf  Grund  von  Versuchen  die  An-Centripetale 
nähme  von  centripetalen  sensibeln  Leitungsbahnen  in  der    ^eitungs- 
Höhe  des  obersten  Lumbal-  und  des  untersten  Brusttheiles      ct„„j^ 

UllIlClGi 

bei  Hunden  und  Katzen  für  nicht  genügend  begründet.  Wohl       Bikeles, 
aber  könnten  die  collateralen  zusammen  mit  den  Strangzellenfasem  inner- 
halb der  grauen  Substanz  eine  kurze  Verbindung  der  unterbrochenen  Ab- 
4Bchnitte  der  Seitenstränge  herstellen. 

0.  Langendorf f,  Zur  Kenntniss der  sensibeln  Leitungsbahnen  Langendorff. 
im  Rückenmark  (Pflüger's  Arch.  Bd.  71,  H.  7  u.  8).  Bei  Vornahme  des 
8 1  e  n  s  0  n'schen  Versuches  (Compression  der  Bauchaorta)  tritt  ausser  der 
motorischen  Paraplegie  der  hinteren  Extremitäten  auch  Aufhebung  der 
Schmerzleitung  ein.  Anatomische  Untersuchungen  ergaben,  dass  diese  Aus- 
fälle durch  die  als  Folge  der  Blutabsperrung  auftretende  Läsion  der  grauen 
Rückenmarksubstanz  verursacht  werden,  da  in  der  weissen  Substanz  auch 
nach  langem  Bestehen  der  Aortencompression  keine  nachweisbaren  Altera- 
tionen eingetreten  waren.  Dass  die  Schmerzleitung  nicht  bereits  in  den 
IntervertebralgangHen  unterbrochen  sein  kann,  bewies  Langendorff  da- 
durch, dass  die  Reizung  der  hinteren  Wurzeln  im  gelähmten  Gebiete  er- 
folglos war,  der  weiter  nach  vom  gelegenen  dagegen  von  der  lebhaftesten 
Schmerzreaction  der  Thiere  beantwortet  wurde.  Langendorff  fand  nun 
auch  eine  Aufhebung  der  Leitung  tactiler  Reize  nach  der  Aortencompression, 
soweit  dieselbe  aus  dem  Ausfall  von  reflectorischer  Blutdrucksteigerung  und 
dem  Ausbleiben  von  Reflexkrämpfen  bei  strychninvergifteten  Thieren  nach 
tactiler  Reizung  in  den  gelähmten  Gebieten  ersichtlich  war.  Er  schliesst 
daraus,  dass  die  in  den  Dorsalsträngen  direct  aufsteigenden  Hinterwurzel- 
fasem  weder  die  Schmerz-  noch  die  tactile  Empfindung  der  Haut  ununter- 
brochen zum  Gehirn  leiten. 

Carl  Schaff  er,  Beitrag  zum  Faserverlauf  der  Hinterwurzeln       Hinter- 

am  Cervicalmarke  des  Menschen  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  10).    Der     wurzeln 

des 
OolTsche  Strang  erscheint  nur  im  Cervicalmark  seitlich  durch  das  Septum     cervical- 

paramedianum  abgegrenzt,  während  distal-ventral  eine  sichtbare  Grenzlinie       marks, 
fehlt;   hier  enthält  der  GolTsche  Strang   ausser  den  Sacral-  und  Lumbal-       Schaffer. 
wurzeln  noch  die  unteren  acht  Dorsalwurzeln.   Die  dem  Verlaufe  einzelner 
Wurzeln  entsprechenden  Streifen   des  Hinterstranges  verfügen  nicht  über 
ihnen  allein  reservirte  Längsebenen,    sondern    die  intramedullären  Fort- 
sätze der  Hinterwurzeln   sind  mit  den  benachbarten  innigst  vermengt.  — 


72  Seeligmüller. 

Läsionen  hinterer  Wurzeln  werden  ganz  sicher  von  absteigender  Degenera- 
tion im  Hinterstrange  gefolgt;  es  ist  dies  die  Schultz e'sche  kommaförmige 
Entartung,  welche  die  Mitte  des  Burdach'schen  Stranges  einnimmt.  Die- 
selbe erschöpft  sich  bereits  bis  zur  nächsten  unteren  Wurzel,  ist  somit  von 
kurzem  Verlaufe;  sie  wird  ausschliesslich  durch  Läsion  von  Hinterwurzel- 
fasem  bedingt;  sie  bildet  nur  einen  Bruchtheil  vom  Gesammtbilde  der  ab- 
steigenden Hinterstrangsdegeneration. 

Gowers-  G.  J.  Rossolimo    (üeber   den   centralen  Verlauf  des   Gö- 

sch es        wer s' sehen   Bündels.    Neurol.  Centralbl.   Nr.  20)   fand   durch   Unter- 

Rossolimo  Buchung  einer  pathologischen  Degeneration,  dass  das  Gowers'sche  Bündel 
im  Gebiet  des  Corpus  restiforme  Fasern  an  die  E^leinhimseitenstrangbahn 
abgibt,  solche  aus  dem  GolTschen  Kern  empfängt,  sich  im  Velum  medulläre 
anterius  theilweise  kreuzt  und  im  hinteren  Vierhügelpaar,  in  der  Substantia 
nigra  und  im  Globus  pallidus  endet. 

Spinal- 
ganglien,  ^'  Bikeles  und  A.  Jasinski   (Zur  Frage   der   trophischen 

trophische  Nerven.    Centralbl.  f.  Phys.  Nr.  11)  bestreiten  nach  einem  Exstirpations- 

Function,    versuch  ohne  folgende  Atrophie  die  t r o p h i s c h e  Function  derSpinal- 
Bikeles  u.      «  „  „  „  i :  ^  ^ 
Jasinski.       »»"iglien- 

Rücken-  A.   Hoche    (Ueber    die    bei    Hirndruck    im    Rückenmarke 

marksver-    auftretenden  Veränderungen.    Deutsche  Zeitschr,   f.  Nervenheilk. 
J  .  ^      Bd.  11,  H.  5  u.  6)  fand  bei  Hirntumoren  im  Rückenmark  Degenerationen 
Hirndruck,    ^^^  hinteren  Wurzeln  und  Hinterstränge,  welche  nicht  als  secundäre  von 
Hoche.        den  cerebralen  Processen  in   der  Continuität  abhängen.    Sitz  und   histo- 
logischer Charakter  des  Tumors  waren  ohne  Einfluss,   dagegen   der  Grad 
und  die  Dauer   des  vorhandenen  Himdruckes;    am   stärksten   waren    die 
cervicalen,   lumbalen   und   oberen  dorsalen  Wurzeln  betheiligt.    Hoche 
möchte  solche  Degenerationen  für  im  klinischen  Bilde  auftretende  sensible 
Ausfallserscheinungen,  Sensationen,  Schwinden  der  Patellarreflexe,  die  öfters 
beobachtete  Empfindlichkeit  oder  spontane  Schmerzhaftigkeit  der  Nacken- 
gegend verantwortlich  machen. 

Rücken-  Gisbert   Kirchgässer    (üeber   das  Verhalten    der    Nerven- 

marks-      wurzeln  des  Rückenmarks  bei  HirngeschwÜlsten,  nebst  Be- 

würze  n    e    merkungen  über  die  Färbung  nach  Marchi.    Deutsche  Zeitschr. 

iiirnge* 
schwülsten,  ^*  Nervenheilk.  Bd.  13,  H.  1  u.  2)  führte  an  dem  Rückenmark  eines  Falles 

Kirchgässer.  von  Hirntumor,  der  direct  im  Anschluss  an  die  Operation  gestorben  war,  und 
an  dem  eines  an  Erebskachexie  gestorbenen  Patienten  eingehende  Unter- 
suchungen hinsichtlich  der  Degenerationen  im  Bereich  der  Wurzeleintrittszone 
der  hinteren  Wurzeln  aus  und  fand,  dass  diese  im  ersteren  Falle  quantitativ 
mächtiger  ausgebildet  waren,  besonders  im  Cervicalabschnitt  des  Rücken- 
marks, ein  Umstand,  der  für  die  Ansicht  spricht,  welche  die  Druckerhöhung 
in  der  Cerebrospinalhöhle  für  die  Ursache  derselben  anschuldigt.  Er  fand 


Krankheiten  dea  Nerrengjatems.  73 

veitorbin  ähnliche  Veränderungen  im  Gebiet  der  vorderen  Wurzeln,  nur 
nicht  so  reichlich.  Er  ist  der  Meinung,  dass  die  Prädisposition  der  hinteren 
WnraeUone  zu  Degenerationen  wahracheinlich  auf  Eigenthümliolikeiten  ihres 
anatomischen  Verlaufes  beruht,  durch  welche  sie  weniger  widerstandsiUhig 
gegen  mechanische  Schädigungen  als  die  veriical  verlaufenden  Fasern  zu 
^ein  acheint.  Es  liees  sich  in  dem  Falle  von  Hirntumor  eine  Vermehrung 
der  degenerirten  Faaem  mittels  der  Marchi-Färbung  in  dem  Pyramiden- 
ätrange  der  einen  Seite  feststellen,  an  der  sich  bei  der  bestimmten  Angabe 
eines  vermehrten  Schwächegefühls  objeotiv  keine  Parese,  sondern  nur  Ver- 
stärkung des  Fuascionus  feststellen  liess. 

V.  Bab es  (Ueber  den  Einfluss  der  verschiedenen  Infectionen  Nerven- 
»Df  die  Nervenzellen  des  Rückenmarks.  Berl.  klin.  Woehenachr.  ,','"*,?  ""^ 
Nr.  1—3)  glaubt,  dass  es  von  grösater  Bedeutung  ist,  ob  infolge  einer  In-  Babes. 
fection  nur  einzelne  Zellen  oder  Zellgnippen  oder  die  Umgebung  der 
Nervenzellen  veiindert  sind.  Die  specielle  Localisation  hängt  von  der  Art 
des  Virus  und  seines  Eindringens  ins  Rückenmark  ab.  So  verursachen  der 
Pestbacillus  und  seine  Toxine  hochgradigen  Zerfall  der  Nervenzellen,  indem 
derselbe  durch  die  kleinen  GefUsse  der  grauen  Substanz  in  die  Nervenzellen 
eindringt;  andere  Bacillen  dringen  in  den  Centralkanal  ein,  und  ihre  Toxine 
.'«hädigen  die  benachbarten  Zellen  der  grauen  Substanz.  Das  Virus  der 
LjBsa  dringt  von  den  Wurzein  oder  dem  Centralkanal  oder  einzelnen  Ge- 
iäesen  ans  ins  Mark,  verursacht  zunächst  perivasculäre  Zellwucherung  und 
Hämorrhagie ,  dann  aber  eigenthümliche  Veränderungen  in  den  Nerven- 
zellen. Typhus-  und  Diphtheriebacillus,  sowie  deren  Toxine  bringen  in  der 
mittleren  Zone  der  grauen  Substanz  massige  Veränderung  der  grossen 
Servenzellen  zu  Stande ,  während  der  Leprabacillus  vom  pericellnlären 
Raum  aus  in  die  Vorderhomzellen  eindringt  und  die  Zellen  selbst  nur  all- 
mUdich  schädigt.  Im  allgemeinen  verursachen  sehr  schnell  wirkende  Bac- 
lerien  und  Toxine  gewöhnlich  weniger  intensive  Veränderungen  als  solche, 
die  längere  Zeit  hindurch  auf  das  Rückenmark  wirken. 

H.  Senator  (Zwei  Fälle  von  Querachnittserkrankung  dea  Qner- 
Halamarks.  Beitrag  zur  Kenntniaa  der  Sehnenreflexe,  der  ^^^^^^^^^ 
äecundären    Degeneration    und    der   Eörnchenzellen    im  des 

Bäckenmarke.  Zeitachr.  f.  klin.  Med.  Bd.  3B  H.  1  u.  2)  hält  in Be-  Halamarli 
mg  aaf  die  Herkunft  der  Kömchenzellen  beide  bisher  auageaprochene 
Aiiüliauungeii  für  richtig,  insofern  die  Zellen  unter  sich  bedeutende 
Csterectiede  in  Form  und  AiiL-ilnimg  zeigen,  so  daas  die  einen  aus 
I  der  Adventitia  uder  de.s  1/ efässrohra ,  die  anderen  aus  Neu- 
i  hervorgegangen  sein  können. 

r  (Zur  Fi-EiK'?  nach  dem  Verhalten  der  Sehnen-    Fätbrinec! 
i  tota-iflcftuerlasion  des  oberen  Rückenmarks. 
,  Nr.  84)  widerspricht   der  Allgemein- 


74  Seeligmüller. 

gültigkeit  des  Bastian-Bruns'schen  Gesetzes  unter  Hinweis  auf 
früher  von  ihm  ausgeführte  Versuche  am  Kaninchen  und  einen  makro- 
skopisch untersuchten  Fall  von  totaler  hoher  traumatischer  Querläsion. 

Halbseiten-  Max  v.  Arx  (Ein  Fall  von  halbseitiger  Verletzung  des 

Usion,  Rückenmarks.  Correspondenzbl.  der  Schweizer  Aerzte  S.  309) 
erörtert  in  dem  genau  beschriebenen  Falle  die  Frage :  Ist  eine  totale 
Verletzung  der  rechten  Rückenmarkshälfte  möglich  ohne  gleichzeitige 
Verletzung  der  linken,  in  Anbetracht  des  Umstandes,  dass  wir  in 
unserem  Falle  die  Einstichsöffnung  links  von  der  Wirbelsäule 
finden?  Verf.  bejaht  diese  Frage  für  den  Fall,  wo  die  Verletzung 
in  der  Höhe  zwischen  dem  vierten  Hals-  und  fünften  Brustwirbel 
statt  hatte,  woselbst  die  Domfortsätze  ziemlich  wagerecht  verlaufen. 

Primäre  J.   Pal   (Ueber  amyotrophisch-paretische   Formen    der 

combinirte  combinirten  Erkrankungen  der  Nervenbahnen,  sog.  primäre 
erkrankang,  combinirte  Systemerkrankung.    Wien,  M.  Perles)  stellt  zwei  Haupt- 
Pai.         gruppen  auf:   1.  die  primären   combinirten  Strangerkrankungen  im 
engeren  Sinne  des  W^ortes  und  2.  diejenigen  Strangaffectionen ,   bei 
denen  auch  eine  Erkrankung  der  Ganglienzellen  specieU  in  den  Vorder- 
hörnern  das  Kxankheitsbild  beeinflusst  oder  beherrscht. 

Diagnose  Heinrich  Labin,  Klinischer  Beitrag  zur  Diagnose  der  Af- 

.  ^,  ^f5         fectionen  des   Conus    terminalis   (Wien.  klin.   Wochenschr. 
Affectionen  .  .  .  ^ 

des  Conus  Nr.  10).  Ein  55jähriger,  bislang  völlig  gesunder  Mann  erleidet  nach 
terminalis,  einem  Sturze  eine  totale  Lähmung  der  Ober-  und  Unterextremitäten, 
Harn-  und  Kothverhaltung.  Diese  Beschwerden  gehen  allmählich 
zurück  bis  auf  folgende:  spastische  Parese  der  Ober-  und  Unter- 
extremitäten und  partielle  Empfindungslähmung  (fiir  Schmerz  und 
Temperatur),  welche  die  Gesäss-,  Perineal-,  Anal-,  hintere  Scrotalhaut, 
und  an  den  Unterextremitäten  lange  schmale  Streifen,  die  distalwärts 
immer  breiter  werden,  umfasst  und  schliesslich  den  ganzen  Fuss 
einnimmt.  Diese  Symptome ,  abgesehen  von  dem  spastischen  Zu- 
stande in  den  Extremitäten,  lassen  sich  herleiten  von  einer  centralen 
Hämatomyelie  der  Hinterhömer  des  unteren  Lumbal-  und  des  ganzen 
Sacrococcygealmarkes . 

Spinale  Julius  Weil   (Ein   Fall    von  spinaler  Monoplegie    des 

Monoplegie  j.g^,lj^^ej^  Beins.     Neurol.    Centralbl.    Nr.   15)    beobachtete    einen 

des  rechten 

Beins,       31  Jahre  alten  Arbeiter,  bei  dem  bei  einer  starken  körperlichen  An- 

Weü.        strengung  plötzlich  unter  heftigem  Schmerz  im  Knie  und  Fussgelenk 


Krankheiten  des  Nervensystems.  75 

eme  schlaffe  Lähmung  des  ganzen  rechten  Beins  aufgetreten  war, 
die  sich  weiterhin  als  dauernd  erwies  und  mit  Entartungsreaction 
der  Musculatur,  welche  von  der  grauen  Vordersäule  aus  vom  dritten 
Lumbal-  bis  zum  dritten  Säcralsegment  innervirt  wird,  einherging. 
Nach  Ausschliessung  neuritischer  Erkrankung  bleibt  nur  die  eine 
Möglichkeit  eines  spinalen  Sitzes  der  Affection,  die  als  Apoplexie 
in  das  rechte  Vorderhom  des  genannten  Bereichs  angesehen  wird. 

Gisbert  Eirchgässer  (Experimentelle   Untersuchungen      Rüoken- 
fib er  Rückenmarkserschütterung.  Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.       marks- 

Bd.  11,  H.  5  u.  6)  bewirkte  bei  Kaninchen  durch  Klopfen  auf  eine  Stelle  

der  Wirbelsäule,  das  ohne  Verletzung  der  Wirbelknochen  und  Weichtheile  Kirchgässer. 
herbeizuführen  fortgesetzt  wurde,  bis  Paresen  der  Extremitäten,  meist  der 
unteren  und  nur  vorübergehende,  entstanden,  eine  durch  Zerfall  der  Mark- 
scheiden und  Ausfall  ganzer  Fasern  deutlich  als  solche  erkennbare  Er- 
krankung des  ganzen  Querschnittes,  entsprechend  der  Einwirkungsstelle  der 
erschütternden  Gewalt  und  daran  anschliessend  typische  auf-  und  absteigende 
Degenerationen.  Wie  an  der  Wirbelsäule  fehlte  auch  im  Wirbelkanal  und 
der  Rückenmarksubstanz  selbst  jede  gröbere  Spur  der  Erschütterung,  wie 
etwa  eine  Blutung  oder  gröbere  Weichtheilquetschung. 

G.  Marinesco  (Sur  les  parapl^gies  flasques  par  com-Compression 

pression  de  la  moelle.  La  semaine  m6d.  S.  153)  beschreibt  2  Fälle  ^®*  »ücken- 

.  .  .  .  mark  8, 

von  Querläsion  des  Rückenmarks  im  Dorsaltheile.   In  dem  einen  Falle     Marinesco. 

wurde  durch  eine  tuberculöse  Pachymeningitis  eine  vollständige  Lei- 
tungsunterbrechung  in  der  Höhe  des  sechsten  Dorsalsegmentes  be- 
wirkt ;  dabei  bestand  vollständig  schlaffe  Paraplegie  mit  Aufhebung 
der  Sehnenreflexe.  Im  zweiten  Falle  war  die  Läsion  durch  eine 
eindringende  Kugel  zwischen  dem  fünften  und  sechsten  Dorsal- 
segment localisirt  und  bestand  hier  in  einer  Abplattung  des  Rücken- 
markes, besonders  der  linken  Hälfte,  während  unterhalb  dieser  Stelle 
eine  Zerstörung  der  grauen  Substanz  der  Hinterhömer  und  der  an- 
grenzenden weissen  Substanz  vorhanden  war.  Die  Leitung  war 
nicht  ganzlich  aufgehoben,  sondern  sie  bestand  noch  für  tactile  Reize, 
während  Temperatur-  und  Schmerzempfindung  in  der  unteren  Körper- 
Hälfte  fehlten;  späterhin  stellte  sich  in  Füssen  imd  Unterschenkeln 
totale  Anästhesie  ein,  während  an  den  Oberschenkeln  und  am  Unter- 
körper die  Dissociation  bestehen  blieb.  Hier  fehlten  ebenfalls  die 
Hautreflexe,  an  den  Patellarreflexen  bestand  das  Phänomen  des  contra- 
lateralen Reflexes,  indem  bei  Beklopfen  der  rechten  Tricepssehne  die 
linken  Adductoren  sich  contrahirten. 


76  Seeligmüller. 

b.  Myelitis. 

Acute  Apostoli  imdPanet  (Les  my^lites  aigues  infectieuses. 

A  ^*feor^**     Note  sur  un  cas   de   my61ite   aigue  grippale  trait^   par  l'^lectricite. 

Panet.  Gu^rison.  Rev.  de  m6dec.  Nr.  7)  beobachteten  einen  36jälirigen 
Patienten,  bei  dem  vor  2  Jahren  nach  einer  Influenzaerkrankung  eine 
Schwäche  in  der  linken  Hand,  gefolgt  von  Atrophie  der  ganzen  Muscu- 
latur  des  Armes,  auftrat ;  1  */«  Jahre  später  begann  sich  eine  Schwäche 
der  Beine  geltend  zu  machen,  welche  sich  zu  einer  ausgeprägten 
spastischen  Parese  derselben  entwickelte.  Es  wurde  nun  eine  auf- 
steigende Galvanisation  des  Rückenmarkes  vorgenommen,  und  nach 
32  Sitzungen,  die  sich  auf  ca.  3  Monate  vertheilten,  waren  die  spa- 
stischen Zustände  in  den  Beinen  verschwunden,  die  Muskelmassen  der 
oberen  Extremitäten  vollkommen  ersetzt. 

Puerperale  Brush  (Puerperale  Myelitis.     Med.  News,   26  März)    sah 

Myelitis,     ^^   5  pellen    von    gestörtem   Wochenbettsverlauf    myeli- 
Jorosii.  ,  ^  ,         , 

tische  Symptome,  die  er  durch  Septikämie  erklärt. 

Reflexe  Joseph  Fränkel   (Weiterer  Beitrag  zum  Verhalten   der 

bei  hohen    Reflexe  bei  hohen  Querschnittsmyelitiden.    New  Yorker 

Quer-  .  .  . 

Schnitts-     med.  Wochenschr.  Nr.  10)  hatte  im  April   vorigen  Jahres  der  New 

myeiitiden,  Yorker  neurologischen  Gesellschaft  über  4  Fälle  spinaler  Erkran- 
^^  *  kung  berichtet ,  deren  Reflexsymptome  nicht  im  Einklänge  mit  der 
herrschenden  Lehre  waren.  Nunmehr  theilt  er  einen  fünften  Fall 
mit  und  kommt  zu  folgenden  Schlüssen :  1.  Gravidität,  resp.  Wochen- 
bett scheinen  eine  bemerkenswerthe  ätiologische  Rolle  in  den  Er- 
krankungen des  Rückenmarks  zu  spielen.  2.  Totale  Querschnitts- 
läsionen des  Rückenmarkes  sind  stets  von  schlaffer  Paraplegie  gefolgt. 
8.  Verlust  der  Reflexe  ist  nicht  immer  ein  Beweis  einer  totalen  Durch- 
trennung des  Rückenmarksquerschnitts  und  demnach  nicht  immer  ein 
Zeichen  vollständiger  therapeutischer  Aussichtslosigkeit.  4.  Für  das 
Zustandekommen  der  Sehnenreflexe  ist  das  Bestehen  eines  gewissen 
Muskeltonus  unerlässliche  Bedingung. 

Vergl.  auch  die  Arbeiten  von  Senator  und  Für  bring  er  auf  S.  73. 

c.  Syringomyelie. 

Syringo« 
myeiiebei  Fälle   von   centraler   Erweichung    des    Rückenmarks, 

Meningitis  bezw.  Höhlenbildung  in  demselben  bei  Meningitis,  bezw. 
Wolienweber'  ^^ningomyelitis  syphilitica  haben  Hans  Wullenweber 
u.  Schwa».    (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  32)  und  Emil  Schwarz  (Zeitachr. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  77 

f.  klin.  Med.  Bd.  34)  mitgetheilt.  Letzterer  bezeichnet  als  zwei  be- 
sonders bemerkenswerthe  Symptome  im  Krankheitsbilde  das  sehr 
wechsebide  Verhalten  der  Patellarreflexe  und  die  einige  Zeit  lang 
beobachteten  choreaähnlichen  Spontanbewegungen  der  Beine. 

Bei  Syringomyelie  beobachtete  Alfred  Kofend  Spontan-  fracturen, 

fractur  beider  Humerusköpfe  und  Resorption  derselben  Kofend. 

(Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  13),  AlbertEugenStein  (Deutsches  hV*\® 

Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  60)  totale  Hemianästhesie,  und  M.  A.  Lunz  anästhesie, 

als  Complication  bei  einer  30jährigen  Frau   eine  bedeutende  Ste|ii. 

Vergrösserung  der  Hände:  Cheiromegalie  (Deutsche  med.  megalie 

Wochenschr.  Nr.  8).  Lunz. 

Jean    Cardamatis   (TJn   type    intermediaire    entre   la       Inter- 

.  mediärer 

lepre,  la   syringomyelie   et  la   maladie   de  Morvan.     Le       Typus 

progres  m^d.   Nr.  33  u.  34)   beobachtete   eine   BBjährige  Frau,   bei    zwischen 

welcher  die  ausserordentliche  Reichhaltigkeit  der  Symptome  doch  die     ^^P"**' 

scharfe  Differentialdiagnose  zwischen  den  obigen  Krankheiten  nicht  myelie  und 

ermöglichte.    Es  bestand  bei  ihr  eine  Veränderung  der  Nasenschleim-     Morvan- 

^  g  eil  Ar 

haut  und   der  Gesichtshaut  in   der  Umgebung  der  Nase,   die  nach  Krankheit 
aller  Wahrscheinlichkeit  lepröser  Natur  war ;  daneben  bestanden  am    Cardamatis. 
linken  Arm    und   rechten  Beine  eine   hochgradige  Muskelatrophie, 
Arthropathieen  und  dissociirte  Sensibilitätsstörungen ;  an  der  Wirbel- 
säule eine  ausgeprägte  Kyphoskoliose. 

V.  Düring,  Die  Schwierigkeiten  in  der  Diagnose  nervöserDifferential- 

Lepraformen,  insbesondereinBeziehung  auf  dieSyringo-     Diagnose 
"^  »  .  «  .  V  von  Lepra 

myelie  (Arch.  f.  Dermatol.  Bd.  43).    Die  Befunde  im  Rückenmark  und  gy ring o- 

bei  Leprösen  sind  in  Anbetracht  des  bis  jetzt  im  ganzen  kleinen  Ob-  myelie, 
ductionsmaterials  und  in  Anbetracht  der  bis  jetzt  geringen  Auf-  ^*  ^' 
merksamkeit,  die  man  dem  Rückenmark  zugewandt  hat,  schon  recht 
bedeutend.  Es  fanden  sich  da  sowohl  durch  baciUäre  Invasion  des 
Centralnervensystems  hervorgerufene  Veränderungen,  als  auch  De- 
generationsprocesse  anscheinend  sowohl  endo-  wie  exogener  Natur, 
die  vollauf  diejenigen  sensiblen  und  trophischen  Störungen  erklären, 
welche  nicht  auf  periphere  Neuritis  zurückführbar  sind.  Anatomisch 
haben  diese  Veränderungen  mit  Syringomyelie  nichts  zu  thun. 

Die  klinische  Unterscheidung  zwischen  Lepra  und  Syringomyelie 
kann  in  gewissen  Fällen  schwierig,  oder  sogar  zeitweilig  unmöglich 
«ein.  Nach  des  Verfassers  Beobachtungen  sind  folgende  Kriterien 
noch  am  zuverlässigsten:   Die  Anästhesie  ist  bei  Lepra  fast  immer 


78 


Seeligmüller. 


sjrmmetrisch,  zunächst  bandförmig,  später  segmental  (d.  h.  hier  hand- 
schuh-,  strumpf-  oder  westenförmig).  Die  Dissociation  ist  meistens 
unvollkommen ;  die  Anästhesie  nimmt  ab  an  Intensität  nach  der  Tiefe 
der  Gewebe  zu  und  an  den  Extremitäten  proximalwärts.  Die  syringo- 
myelitische  Anästhesie  ist  häufig  asymmetrisch,  stets  von  vornherein 
segmental  (im  oben  angedeuteten  Sinne;  doch  bezweifelt  es  Verf. 
selbst!),  meist  besteht  vollständige  Dissociation,  und  die  Anästhesie 
ist  scharf  abgegrenzt. 

d.  Tabes. 


Hinter» 


Trepinski   (Die   embryonalen   Fasersysteme   in   den 

Ta^e*8        Hintersträngen  und  ihre  Degeneration  bei  der  Tabes. 

Trepinski.     Arch.   f.  Psychiatrie  u.  Nervenkrankheiten  Bd.  30,  Nr.  1)   wies  in 

vier  Fällen  von  Tabes  nach,  dass  die  Degenerationsfelder  mit  der 

embryonalen  Entwickelung  der  Markscheiden  übereinstimmen. 


Hintere 

Wurzeln 

bei  Tabes, 

Dambacher. 


E.  Dambacher  (Untersuchung  über  das  Verhalten  der 
hinteren  Wurzeln  bei  einem  Falle  von  Tabes  dorsalis. 
Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  12,  H.  2)  fand  bei  dem  Falle, 
dessen  klinische  Symptome  kein  besonderes  Interesse  darboten,  dass 
die  hinteren  Wurzeln  sich  stets  in  demselben  Stadium  der  Erkran- 
kung befanden,  wie  die  zugehörigen  Abschnitte  des  Markes;  dies 
betraf  die  hinteren  Wurzeln  durchaus  gleichmässig  und  continuirlich 
in  ihrer  Ausdehnung  von  der  Einstrahlung  der  hinteren  Wurzelfasem 
in  die  Wurzelzone  bis  zu  ihrem  Ursprung  im  Ganglion.  Dieses  selbst 
erwies  sich  frei  von  pathologischen  Veränderungen,  doch  möchte 
Dambacher  darauf  kein  Gewicht  legen.  Ein  weiterer  Beftmd,  der 
in  Hinsicht  auf  die  von  Obersteiner  vertretene  Theorie  über  den 
Ausgangspunkt  der  Degeneration  von  Interesse  ist,  ist  der  eines  auf- 
fallenden Lockerungszustandes  der  untersten  Schichten  der  Pia,  d.  h. 
gerade  derer,  die  für  die  von  Obersteiner  angenommene  Compres- 
sion  in  Frage  kämen. 

Spinal-  Carl  Schaffer  (Das  Verhalten  der  Spinalganglienzellen 

gangiien.    ^^j  Tabes  auf  Grund  NissPs  Färbung.     Neurolog.  Centralbl. 
bei  Tabes,    ^r.  1)  fand,  dass  selbst  bei  ausgeprägter  Tabes  die  Zellen  des  sen- 
Schaffer       sibeln   Protoneurons  mit  der  NissFschen    Färbung   keine  Verände- 
rungen aufwiesen,  die  bestimmt  als  pathologisch  bezeichnet  werden 
könnten. 

K.  Gumpertz  (Hautnervenbefunde  bei  Tabes.  Zeitschr. 
f.  klin.  Med.  Bd.  35,  H.  1  u.  2)  fand  in  acht  Fällen  von  Tabes  3mal 


Krankheiten  des  Nerrensystems. 


79 


schwere,  2inal  angedeutete  Degeneration  der  Hautnerven.    Die  Fälle  Hautner ven 
waren  uncomplicirt.     Einmal  lag  ätiologisch  Influenza  vor.     Einmal   ^^  TAbes, 
war  die  Degeneration  am  stärksten  in  der  Gegend  der  sensibeln  End- 
apparate (der  trophischen  Centren?).     Wo  Degeneration  der  Haut- 
nerven fehlt,   sollen  sie  regenerirt  sein.     ReflexcoUateralen   werden 
nicht  regenerirt. 


Tabes  und 
Syphilis, 
Outtmann, 


Fisher, 


Scheiber. 


A.  Öuttmann  (Tabes  dorsalis  und  Syphilis.  Zeitschr. 
f.  kLin.  Med.  H.  3  u.  4)  leugnet  auf  Grund  der  Statistik,  der  patho- 
logisch-anatomischen Forschungen ,  die  auf  die  peripheren  Neuron- 
endigongen  als  den  Ausgangspunkt  des  Processes  hinweisen,  sowie 
auf  Grund  der  schlechten  Resultate  antisyphilitischer  Therapie  den 
causalen  Znsammenhang  zwischen  Tabes  und  Lues. 

Pisher  (Occid.  medic.  Times,  March)  hält  auf  Grund  der  im 
Cooper-CoUege  in  San  Francisco  beobachteten  Fälle  von  Tabes  die 
Bedeutung  der  Syphilis  als  ätiologischen  Moments  für  übertrieben. 

Gegen  den  ätiologischen  Zusammenhang  zwischen  Syphilis  und 
Tabes  führt  auch  S.  H.  Scheiber  (Zur  Tabessyphilisfrage. 
Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  38)  folgende  Argumente  an :  Tabes 
ist  selten  oder  gar  nicht  beobachtet  in  Gegenden,  wo  sehr  viele  syphi- 
litische Erkrankungen  vorkommen,  so  bei  den  Kirgisen,  in  Japan,  in 
Arcansas,  in  Bosnien  und  Herzegowina,  in  Abessinien.  Bei  den  Arabern 
war  die  allgemeine  Paralyse,  obwohl  die  Syphilis  bei  ihnen  von  jeher 
sehr  verbreitet  ist ,  bis  vor  kurzem  so  gut  wie  unbekannt.  Femer 
rindet  man  bei  alten  Prostituirten,  die  doch  meist  syphilitisch  waren, 
sehr  selten  Tabes.  Danach  kann  die  Syphilis  unmöglich  die  einzige 
und  hauptsächlichste  Ursache  der  Tabes  und  Dementia  paralytica  sein. 

8.  Kalischer  (lieber  erbliche  Tabes.  Berl.  kHn.  Wochenschr.  Erblichkeit 
Xr.  18)  beobachtete  eine  61jährige  Frau  und  deren  27jährigen  Sohn,  ^",^*Jl^^' 
welche  beide  an  den  typischen  Symptomen  der  uncomplicirten  Tabes 
erkrankt  sind,  erstere  seit  etwa  16 — 20  Jahren  in  langsam  fort- 
schreitender Weise,  der  Sohn  seit  einem  Jahre  mit  schnell  progres- 
sivem Verlauf.  Bei  der  Mutter  lässt  sich  eine  Ursache  der  Erkran- 
kung nicht  erweisen,  insbesondere  fehlt  in  Anamnese  und  Unter- 
.'«uchungsbefund  jeder  Anhaltspunkt  für  eine  etwa  stattgehabte  syphi- 
litische Affection ;  dies  letztere  ist  auch  bei  dem  Sohne  der  Fall,  bei 
welchem  von  sonstigen  ursächlichen  Schädlichkeiten  nur  anhaltendes 
Stehen  infolge  seines  Geigerberufes  in  Frage  kommen  könnte. 

R.  Cunyngham  Brown  (Verlust  des  sexuellen  Ver- 
mögens bei  Tabischen.    The  Lancet,  June  11,  S.  1613)  consta- 


Kalischer. 


80 


Seeligmüller. 


Impotenz 

bei  Tabes, 

Brown. 


tirte  Impotenz  in  70®/o  bei  Fällen  von  2jähriger  Dauer,  Leimbach 
in  53,25  °/o  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  1895)  bei  Fällen 
von  irgend  welcher  Dauer;  in  15,54 °/o  war  die  Impotenz  eines  der 
frühesten  Sjrmptome.  Cunyngham  Brown  weist  nach,  dass  die 
Impotenz  in  geradem  Verhältnisse  steht  mit  der  Analgesie  der  Eichel. 
Er  unterscheidet  zwei  Stadien;  1.  Stadium:  Verlust  oder  Verminde- 
rung des  willkürlichen  sexuellen  Vermögens  mit  Fortbestehen  der 
imwillkürlichen  Erection  und  Emission,  imd  2.  Verlust  beider.  In 
dem  ersten  besteht  die  Analgesie  der  Glans  allein  oder  gleichzeitig 
vermindertes  Tastvermögen,  aber  die  Hoden  sind  nicht  atrophirt,  und 
das  Hodengefühl  ist  vorhanden.  Im  zweiten  Stadium  kommen  diese 
beiden  Veränderungen  hinzu. 


Tabische 

Sehnerven* 

atrophie, 

Süex. 


Silex,  üeber  tabische  Sehnervenatrophie  (mit  Skiopti- 
kondemonstrationen)  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  39).  Von  54  Fällen 
von  tabischer  Sehnervenatrophie,  die  er  in  kurzer  Zeit  nach  einheit- 
lichen Gesichtspunkten  auf  ihre  Aetiologie  hin  untersuchte,  liess 
sich  bei  44  (81,5  °/o)  voraufgegangene  syphilitische  Infection  nach- 
weisen; imter  diesen  44  fand  sich  eine  ganz  beträchtliche  Zahl 
solcher,  bei  denen  eine  gründliche  Behandlung  der  Syphilis  vorauf- 
gegangen war,  so  dass  er  den  Schluss  zieht,  dass  hier  wenigstens 
die  gründliche  Quecksüberbehandlung  das  Auftreten  des  tabischen 
Processes  nicht  zu  verhindern  im  Stande  ist.  Der  Erfolg  der  Queck- 
silbercur  bei  Beginn  der  tabischen  Opticusatrophie  ist  entweder 
gleich  Null  oder  in  nicht  wenigen  Fällen  sogar  eine  Beschleunigung 
der  Abnahme  der  Sehschärfe.  In  Fällen  von  Opticusatrophie,  bei 
denen  während  einer  Schmiercur  eine  Verbesserung  der  Sehschärfe 
beobachtet  wird,  hält  er  es  für  wahrscheinlich,  entweder  dass  syphi- 
litische Processe,  welche  den  Sehnerven  neben  dem  tabischen  Process 
schädigten,  dadurch  zurückgingen,  oder  dass  nebenher  Tabaksambly- 
opie  bestand,  die  sich  unabhängig  von  der  Behandlung  besserte.  Auch 
von  elektrischer  Behandlimg  der  tabischen  Atrophie  hat  er  keinerlei 
sicheren  Nutzen  gesehen. 


Reflecto- 

Tische 
Pupillen- 
starre  bei 
Tabes, 
Treupel, 
Eichhorst. 


G.  Treupel  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  35)  beschreibt  einen 
Fall  von  zweifelhafter  Tabes  dorsalis,  in  dessen  Verlauf  die 
reflectorische  Pupillenreaction  ein  wechselvolles  Ver- 
halten zeigte,  während  die  übrigen  Symptome  zumeist  unverkennbar 
zunahmen,  das  Leiden  also  im  ganzen  sich  versclüimmert  hatte.  Das- 
selbe hat  auch  Eichhorst  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  23)  in 
2  Fällen  beobachtet. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  81 

Hermann  Eichhorst  (Einige  Bemerkangen  über  intermii-     Tabische 
tirende  Pupillenstarre  bei  Tabes  dorsalis.    Deutsche  med.      Aagen- 
Wochenschr.   Nr.  23)    constatirte   bei   zwei  tabischen  Patientinnen     EiGhhont. 
während  einer  durch  mehrere  Jahre  fortdauernden  Beobachtung,  dass 
die  Pupillenstarre  noch  nach  langem  Bestehen  des  Leidens  und  trotz 
Verschlimmerung  desselben  durch  Perioden  von  reflectorischer  Be- 
weglichkeit derselben  unterbrochen  war. 

P.  K.  Pal  (Augenkrisen  bei  Tabes  dorsalis.  Berl.  klin.  pai. 
Wochenschr.  Nr.  2)  beobachtete  bei  einem  Tabiker,  der  die  Initial- 
Symptome  der  Demenz  darbot,  Anfalle  von  plötzlich  auftretenden, 
brennenden,  stechenden  Schmerzen  in  beiden  Augen  und  deren  Um- 
gebung, dabei  krampfhafte  Oontractionen  der  Orbiculares  oculi,  starken 
Thränenfluss  und  geröthete  und  geschwollene  Conjunctivae  bulbi  et 
palpebrarum.  Die  Umgebung  war  dabei  hyperästhetisch,  es  bestanden 
keine  Druckpunkte  am  Foramen  supraorbitale;  Dauer  des  Anfalles 
2 — 3  Stunden,  eine  Stunde  nachher  sind  die  Augen,  abgesehen  von 
leichter  Hjrperästhesie ,  wieder  normal.  Die  Augen  sind  in  der 
Zwischenzeit  absolut  normal,  die  Anfälle  somit  als  Krisen  zu  deuten. 

H.  Senator  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  29)  beschreibt  einen  Tabesfuss, 
,,  m-i  •fTii/»  •  •  «T^  Sehnen- 

Fall  von  Tabes    mit  Tabes  tu  ss,  emen    zweiten  mit  Dupuy-  contractnr, 

tren'scher  Sehnencontractur.  Senator. 

Duplay  (La  M6decine  moderne)  rühmt  bei  Mal  perforant         Mal 

du  pied  die  schon  -seit  1894  empfohlene  Dehnung  des  Nervus  plan-    perforant, 

taris  in  der  Knöchelgegend.     (Chalier  hat  in  seiner  These  1897 

14  Heilungen  in  15  Fällen  zusammengestellt.) 

Tabes  ohne 
van  Oordt  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Nr.  13)   beob-      Ataxie, 

achtete  Tabes  ohne  Ataxie  mit  Hysterie. 


van  Oordt. 


H.  Senator  (Ueber  die  Behandlung  der  Tabes  dor-  Therapie 
salis.  Zeitschr.  f  pract.  Aerzte  Nr.  8)  bietet  eine  reichhaltige  Zu-  <^er  Tabes, 
sammenstellung  von  Mitteln  und  Maassnahmen,  die  in  vielen  Fällen 
einen  günstigen  Einfluss  auf  den  Verlauf  der  Tabes  auszuüben 
scheinen.  Im  einzelnen  interessirt  die  Empfehlung  des  Argent. 
nitricum,  das  in  den  Anfangsstadien  von  Nutzen  zu  sein  schien, 
wenn  auf  alle  anderen  Behandlungsarten  verzichtet  werden  musste. 
Ebenso  hält  er  die  Anwendung  starker  Ableitungen  durch  Blasen- 
pflaster, punkt-  und  strichformige  Cauterisationen  neuerdings  für  des 
Versuches  werth.    Von  den  Bädern  empfiehlt  er  nur  die  nicht  stark 

reizenden.    Unter  den  mechanischen  Maassnahmen  ist  eine  sehr  vor- 
Jahibuch  der  practischen  Hedicin.    1899.  ß 


82  SeeligmtQler. 

sichtige  Anwendung  der  Moschutkc^sky^schen  Suspension  von 
günstigem  Einfluss  auf  eine  ganze  Reihe  von  Symptomen.  Die 
Uebungstherapie,  die  er  als  eine  Bereicherung  der  Tabestherapie  an- 
erkennt, hält  er  nicht  für  eine  unbedingte  Domäne  der  Anstalts- 
behandlung, wenngleich  sie  in  solchen  aus  naheliegenden  Gründen 
die  besten  Erfolge  erzielt. 

Orthopädie  Jacques  Joseph  (Berlin),   Ueber  einige  Fortschritte 

bei  Tabes,  ^qj.  orthopädischen  Apparatotherapie,  mit  Berücksichti- 
°^^^  *  gung  der  compensatorischen  Uebungstherapie  bei  Tabes  dorsalis 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  9).  Physiologisch  ist  unter  TJebung 
bestimmter  Bewegungen  nicht  Muskel-,  sondern  Gehimgymnastik, 
die  Uebung  moleculärer  Bewegungen  der  Ganglienzellen  zu  verstehen. 
Von  pathologischer  Seite  spricht  für  suggestive  Uebungstherapie  bei 
Tabes  die  Erfahrung  des  Schwindens  tabischer  Ataxie  bei  mania- 
kalischen  Zuständen.  Indicirt  ist  die  Uebungstherapie  bei  allen 
nicht  acuten,  nicht  mit  schwereren  Allgemeinstörungen  einhergehen- 
den Ataxieen.  Nutzlos  ist  sie,  wo  Schwäche  der  InteUigenz  oder 
Spasmen  bestehen.  Ausser  der  Ataxie  wird  auch  das  R  omberg'sche 
Phänomen  gebessert. 

üebungs-  Paul  Jacob   (Ueber  die  compens  atorische  Uebungs- 

therapie    therapie  bei  der  Tabes  dorsalis.   Deutsche  med.  Wochenschr. 

bei  Tabes 

Jakob  ^^'  ® — ^^)  ^^^^  nach  seinen  Erfahrungen  die  Anwendung  geeigneter 
Apparate  bei  einer  systematischen  Ausführung  der  Uebungstherapie 
für  nothwendig.  Sie  erleichtem  die  Erlangung  der  bestmöglichen 
Präcision  in  der  Ausfuhrung  der  wieder  zu  erlernenden  Bewegungen 
und  haben  auf  den  Patienten  eine  sehr  günstige  psychische  Wir- 
kung, die  bei  der  langen  Dauer  der  Cur  von  hervorragender  Wich- 
tigkeit ist.  Er  hat  zu  diesem  Zwecke  besonders  für  die  Ataxie  der 
Beine  eine  Beihe  von  Apparaten,  theils  zu  Präcisionsübungen  im 
Sitzen,  theils  zu  Gangübungen  construirt.  Auch  die  beständige  ärzt- 
liche Aufsicht  bei  Ausfuhrung  der  Uebungen  ist  nöthig,  weil  die 
Patienten  theils  wegen  des  mangelnden  Ermüdungsgefühles,  theils 
in  ihrem  übertriebenen  Eifer,  sich  selbst  überlassen,  durch  ihnen 
schädliche  Ueberanstrengungen  das  Gegentheil  von  dem  Erhofften 
herbeizuführen  Gefahr  laufen,  und  auch  weil  ihnen  die  strenge,  zu- 
verlässige ControUe  fehlen  würde.  Er  ist  deshalb  der  Meinung,  da.s8 
diese  Therapie  nur  den  sich  speciell  mit  ihr  beschäftigenden  Aerzten 
vorbehalten  bleiben  werde. 

ßum.  A.  Bum  (Wien.  med.  Presse  Nr.  8)  berichtet  im  Wien.  med. 

Club   über   seine  Resultate  bei  der  Uebungstherapie   der 


Eranklieiten  des  Nervensystems.  83 

tabischen  Ataide.  Die  Erfolge  sind  am  besten  bei  den  stationären 
Fällen;  eine  wichtige  ßolle  spielt  die  Intelligenz  und  Willenskraft 
der  Patienten ;  die  Apparate  hält  er  für  durchaus  entbehrlich. 

e.  Multiple  Sklerose. 

Fürstner,    Ueber   multiple   Sklerose    und  Paralysis     Multiple 
agitans.     Arch.  f.  Psychiatr.  Bd.  30,  H.  1.     Redlich  hat  jüngst     Sklerose 
der  Paralysis    agitans   einen   specifischen  anatomischen  Befund  am    paralysis 
Rückenmark  in  Gestalt  einer  Peri-  und  Endarteriitis  mit  Fortsetzung     agitans, 
des  entzündlichen  Processes  auf  die    Stützsubstanz  besonders   der        ^"  ^^^' 
Hinter-  und  Pyramidenseitenstränge  vindicirt.     Dem  gegenüber  be- 
tont Für  st  ner  das  Ergebniss  einer  von  ihm  vorgenommenen  histo- 
logischen Untersuchung  des  B>ückenmarks  von  einem  ganz  typischen 
Fall  der  Paralysis  agitans;    es  fiel  ganz  negativ  aus.    Den  patho- 
logischen Process   der   multiplen  Sklerose  entwickelt  er  folgender- 
maassen :  gewisse  Eigenthümlichkeiten  der  nervösen  Substanz  geben 
eine  Disposition,  unter  Mitwirkung  verschiedenartiger  occasioneller 
Momente   (besonders  Traumen)   entsteht   primäre  Degeneration  der 
Markscheiden ;  im  Anschluss  daran  oder  gleichzeitig  entwickeln  sich 
Gefassveränderungen ,    und   weiterhin   kommt  es   bei   Intactbleiben 
jedenfalls  eines  Theiles  der  Axencylinder  zur  Vermehrung  des  Glia- 
gewebes.     Von  einem  entzündlichen  Process  kann  nach  ihm  nicht 
die  Rede   sein;    schon   die  symmetrische  Entwickelung  zahlreicher 
Heerde  spreche  dagegen. 

Sigmund  Erben  (Zur  Histologie  und  Pathologie  der  Histologie 
insel förmigen  Sklerose.   Neurol.  Centrälbl.  Nr.  14)  findet  bei        ^^f*, 

1  •   1        Ol  1  11  •!  1  •  1  multiplen 

multipler  bklerose  neben  den  von  ihm  als  pnmär  erkannten  regres-    Sklerose, 

siven  Veränderungen    der   Nervenelemente    reichliche    neugebildete       Erben. 
Axencylinder.    Als  Ursache  des  Intentionszittems  bezeichnet  er  den 
frühzeitigen  Schwund  einzelner  Fasern  der  psychomotorischen  Bahn ; 
die   jungen    Axencylinder    erklären    die    vorkommende   Wiederher- 
stellung ausgefallener  Functionen. 

L.  Brauer  (Muskelatrophie  bei  multipler  Sklerose.      Muskei- 
Neurol.  Centrälbl.  Nr.  14)  beschreibt  einen  mit  uncompUcirter  Muskel-  »^^^^Phie  bei 

,  .     T_      .  ,  .  .  -r»   •  •       multipler 

atropme  beginnenden,   später  eme  spastische  Parese  der  Beine  zei-     Sklerose, 
genden,  ohne  die  Cardinalsymptome  verlaufenden  Fall.   Die  Autopsie       Brauer. 
ergab  dem  klinischen  Bilde  entsprechende  spinale  Heerde  und  Ver- 
änderungen   der   peripheren   Nerven.     Bei   vorliegendem  Fall  wird 
zum    ersten  Mal  auf  eine  Anomalie  der  Schweisssecretion ,    über- 


84 


Seeligmüller. 


massiges  Schwitzen  an  einer  umschriebenen  Partie  des  rechten  Vorder- 
armes, bei  multipler  Sklerose  hingewiesen. 


Aetiologie 
der  acaten 

Polio- 
myelitis, 
Sohnltze. 


Polio- 
myelitis 
anterior 
subacata, 
Hess. 


f.  Poliomyelitis. 

Fr.  Schnitze  (Zur  Aetiologie  der  acuten  Poliomye- 
litis. Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  88)  fand  bei  einem  5jährigen 
Knaben,  der,  seit  13  Tagen  mit  Müdigkeitsgefiihl  und  Fieber  er- 
krankt, eine  schlaffe  Lähmung  beider  Arme  und  der  Halsmuskeln 
zeigte,  in  der  durch  Lumbalpunction  entleerten  Flüssigkeit  bei  der 
bacteriologischen  Untersuchung  viele  kurze  Ketten  und  in  Tetraden 
angeordnete,  gonokokkenähnlich  aussehende  Diplokokken,  die  voll- 
ständig die  Form  der  Weichselbaum- Jäger'schen  Meningokokken 
zeigten.  Obwohl  das  Krankheitsbild  der  gewöhnlichen  Meningitis 
fehlte,  so  ist  das  Vorhandensein  der  Diplokokken  in  der  Cerebro- 
spinalflüssigkeit  erwiesen  und  damit,  dass  Entzündungserreger  sich 
einerseits  heerdweise  in  den  Meningen  und  in  der  Nähe  der  Gefasse 
ansiedeln  und  zugleich  hauptsächlich  im  Gebiete  der  vorderen  Cen- 
tralarterien  des  Rückenmarks   intensivste  Entzündung  hervorrufen. 

Hess  (Ein  Fall  von  Poliomyelitis  anterior  subacuta 
adultorum.  Deutsche  med.  Wochenschr.,  Vereins-Beil.  Nr.  16) 
stellt  einen  58jährigen  Mann  vor,  bei  dem  sich  seit  einem  halben 
Jahre  degenerative  Processe  in  fast  allen  Muskeln  der  drei  Vorder- 
armnerven zeigten,  die  auf  eine  Affection  der  grossen  GangüenzeUen 
in  den  grauen  Vordersäulen  des  Gervicalmarkes  zurückzufuhren  sind. 
Interessant  ist,  dass  bei  dem  Patienten,  der  Linkshänder  war,  auch 
der  linke  Arm  fast  ausschliesslich  betroffen  ist. 


Polio, 
royelitis 
acuta  der 
Erwach- 
senen, 
Niedner. 


Niedner  (Ein  Fall  von  Poliomyelitis  acuta  der  Erwach- 
senen. Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  18)  beobachtete  bei  einem 
19jährigen  eine  acut  unter  Fieber  auftretende  Lähmung  der  Mm. 
deltoides,  pectoralis  major  und  Extensoren  des  Armes,  sowie  Schwäche 
der  Flexoren  ausser  Biceps  und  Supinator  longus,  sowie  des  ganzen 
Beines  der  rechten  Körperseite;  2  Tage  später  war  die  Lähmung 
der  ganzen  rechten  Körperseite  fast  complet,  und  im  FaciaHsgebiete 
zeigte  sich  eine  Asymmetrie.  Während  der  nächsten  Tage  besserten 
sich  die  Lähmungen  sehr  bedeutend,  doch  nach  4  Tagen  trat  deut- 
liche Facialisparese,  Schwäche  der  Bachen-Kehlkopfinusculatur,  Som- 
nolenz,  bald  auch  Erlahmung  der  Athmungs-  und  Herzthätigkeit  auf, 
an  der  er  am  folgenden  Tage  starb. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  g5 


g.  Spastische  Spinalparalyse.    Landry'sche  Paralyse. 

S.  E.   Henschen,    Acute   spastische   Spinalparalyse       Acute 

nach  Influenza  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  12,  H.  5  spastische 

.  Spinal- 

u.  6).  Ein  34jähriger  Landmann  erkrankte  vor  5  Jahren  während  einer    p  a  r  a  i  y  s  e, 

Influenzaepidemie  sehr  heftig  an  dieser  Krankheit,  während  deren  Hensohen. 
er  starke  Schmerzen  in  den  Extremitäten  und  eine  gewisse  Steifig- 
keit im  ganzen  Körper  empfand.  Danach  war  sein  rechtes  Bein  ge- 
lahmt und  steif;  einige  Wochen  später  begannen  im  linken  Arme 
Parästhesien,  aber  keine  deutlichen  Bewegungsstörungen.  Ein  Jahr 
später  wurde  das  Unke  Bein  in  derselben  Weise  wie  das  rechte  be- 
fallen. Die  klinische  Untersuchung  zeigt  jetzt  ausgebildete  spastische 
Zustände  in  den  unteren  Extremitäten  und  Schwäche  des  linken 
Armes. 

Wilhelm  Göbel  (lieber  Landry'sche  Paralyse.  Münch.  Landry'sche 
med.  Wochenschr.  Nr.  31  u.  32)  wies  in  einem  typischen  Falle  "öbJi*^' 
mittels  derMarchi-Methode  degenerative  Processe  im  Bückenmark  und 
der  Cauda  equina  nach,  die  Nonne  bei  der  Discussion  im  Hamburger 
Verein  nicht  als  die  anatomische  Ursache  der  klinischen  Erschei- 
nungen, sondern  nur  als  Ausdruck  der  stattgehabten  Infection,  bezw. 
Intoxication  des  Gentralsystems  ansieht;  ebenso  seien  die  acuten 
parenchymatösen  Veränderungen,  die  in  vielen  Muskeln  nachgewiesen 
werden  konnten,  nur  ein  symptomatischer  Ausdruck  dieser  Intoxi- 
cation. 

h.  Krankheiten  der  Muskeln. 

B.    Morpurgo   (üeber    Activitätshypertrophie    des    willkür-    Activitäts- 

lichen  Muskels.    Virch.  Arch.  Bd.  150,  S.  522)  sieht  nach  seinen  Unter-       hyper- 

troDhie  der 
suchnngen  in  der  Activitätshypertrophie  der  willkürlichen  Muskeln  ein  Bei-     Muskeln 

spiel  von  wahrer  Hypertrophie  im  Sinne  Virchow's.    Die  Vergrösserung     Morpurgo. 

der  Muskeln  geschieht  ohne  Vermehrung  der  querftestreiften  Muskelfasern, 

bloss  durch  Verdickung  der  vorher  bestehenden  Elemente,  und  zwar  wachsen 

die   ursprünglich    dünnsten   Fasern   am   meisten   durch  Vermehrung   des 

Sarkoplasmas. 

H.  Curschmann  (Uebereine  besondereForm  von  schwie- 
liger Mnskelentartung.  Münch.  med.  Wochenschr.  1897,  Nr. 47) 
beobachtete  bei  8  Personen  an  den  oberen  Extremitäten  eine  eigen- 
thümliche  symmetrische  Entartung  einer  E»eihe  von  Muskeln,  und 
zwar  in  allen  Fällen  der  Mm.  biceps,  triceps  und  deltoides,  sowie 
in  geringerem   Grade  des  PectoraUs  major,    in   einem  Falle  auch 


86  SeeligmüUer. 

Schwielige  noch  der  Mm.  supra-  und  infraspinatus.     Das  Muskelfleisch  war  er- 
Muskel-     sQizt  durch  dünnes,    derbes,  schwieliges  Gewebe,  am  M.  biceps  in 
Gurschmann!   ^^^  eigenthümlichen  Anordnung,  dass  das  mittlere  Drittel  desselben 
noch   contractu  und   relativ  intact  geblieben  war,    die  den  Sehnen 
zunächst  liegenden  Partieen  dagegen  durch  das  feste  Gewebe  ersetzt 
waren.    In  zweien  der  Fälle  liess  sich  anatomisch  eine  das  eine  Mal 
30,  das  andere  Mal  12  Jahre  zurückliegende,  schwere  und  lange  Er- 
krankung  nachweisen,    die   mit  Wahrscheinlichkeit   Trichinose  ge- 
wesen war.     In   allen  3  Fällen   enthielten   die  aus  dem  erkrankten 
Biceps  excidirten  Muskelstückchen  reichlich  verkalkte  Trichinen, 
strauss.  H.  Strauss  (lieber die  sog.  rheumatischeMuskelschwiele. 

Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  5  u.  6)  hält  an  dem  Vorkommen  einer 
„rheumatischen  Muskelschwiele"  fest,  von  der  er  allerdings  ein- 
räumen muss,  dass  ihre  rheumatische  Verursachung  nur  nach  Ex- 
clusion  aller  anderen  ätiologischen  Factoren,  die  gelegentlich  zur 
Bildung  harter  Knoten  im  Muskelgewebe  fuhren,  anzunehmen  ist. 
Streng  genommen  ist  also  rheumatische  Muskelschwiele  weiter  nichts 
als  Muskelschwiele  ohne  bekannten  Ursprung,  und  Strauss  ver- 
muthet  bei  Fällen  dieser  Art  als  eigentliches  causales  Moment  latente 
Traumen.  Therapeutisch  empfiehlt  er  eine  exacte  Localmassage, 
warme  bezw.  heisse  Localbäder  oder  Compressen,  feuchtwarme 
Ueberschläge ;  die  Anwendung  des  faradischen  Stroms ,  auch  Moor- 
und  Schlammapplicationen.  Doch  ist  eine  kritische  Diagnose  nöthig, 
weil  sonst  gelegentlich  bei  äusserlich  ähnlich  auftretenden  Affectionen, 
bei  denen  Massage  direct  contraindicirt  wäre,  z.  B.  tiefe  Varicen, 
Trichinose,  maligne  Neubildungen,  Schaden  angerichtet  werden  könnte. 

inter-  Bertelsmann   (Ein  Fall  von  interstitieller  und  paren- 

titielle  undgjjyjj^j^^^ggj.    Myositis     [sog.    rheumatischer    Muskel- 

tose         Schwiele].    Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  32)   weist  auf  druck- 
Myositis,     schmerzhafte  Knoten   in   der  Musculatur  bei  sog.  Muskelrheumatis- 
smaiin.   ^^^  j^^^  deren  mikroskopische  Untersuchung  eine  acute  Entzündung 
ergibt  und  die  Gebilde  als  Ausgangspunkt  schwieliger  Muskeldegene- 
ration anzusprechen  gestattet. 

Dermato-  fT  H,  Köster  (Zur  Kenntniss  der  Dermatomyositis.  Deutsche 
myoBitie.  ZeitscHr.  f.  Nervenheilk.  Bd.  12,  H.  2)  zeigt  an  einer  Reihe  von 
5  Fällen,  dass  die  charakteristischen  Symptome  der  Dermatomyositis : 
Empfindlichkeit  der  Muskeln  mit  Schmerzen  bei  Druck  und  Be- 
wegungen, Oedeme  des  darüber  Hegenden  Unterhautgewebes,  Haut- 
blutungen,  Erytheme  und  Ekzeme  in  mehr  oder  minder  typischer 


Krankheiten  des  Nervensystems.  87 

Ausbildung,  auch  anderen  Exankheitszuständen  sich  hinzugesellen 
können,  und  es  ist  daher  bei  der  völligen  Unkenütniss  über  die 
ätioIogLschen  Momente  der  Dermatomyositis  von  Interesse,  dass  diese 
Erscheinungen  in  zweien  dieser  Fälle  bei  rheumatischen  Zuständen, 
in  einem  als  Begleiterscheinungen  einer  multiplen  Neuritis  auftraten. 
Für  das  Zustandekommen  des  Symptomencomplexes  ist  Verf.  ge- 
neigt eine  allgemeine  vasomotorische  Störung  mit  centralem  Sitz 
verantwortlich  zu  machen,  durch  die  es  zu  hochgradiger  üeber- 
filllimg  der  Gefasse  bis  zur  Extravasation  kommen  könne. 

J.  Ho  ff  mann    (Klinischer  Beitrag  zur  Lehre  von  der  Dys-  Dystrophia 

trophia     muscularis    progressiva.      Deutsche    Zeitschr.    f.  m^sculans 

_  proffrsssiva 

Xervenheilk.  Bd.  12,  H.  B  u.  6)  bringt  4  eigene  Beobachtungen  bei     Hoffinann. 

und  verweist  auf  eine  Reihe  in  der  Litteratur  niedergelegter  Fälle, 
auf  Grund  deren  eine  Erweiterung  des  Krankheitsbildes  der  Dys- 
trophie geboten  erscheint.  Es  ist  daraus  ersichtlich:  1.  dass  das 
Leiden  mit  (myopathischer)  Bulbärparalyse  beginnen  und  als  solche 
eine  Zeit  lang  stationär  bleiben  kann,  2.  dass  es  sich  zuerst  am 
Unterschenkel  und  Vorderarm  etabliren  kann,  und  3.  dass  eine 
<)phthalmoplegia  externa  sich  einem  anderen  Typus  des  Leidens  und 
riann  wohl  ebenfalls  als  myopathische  beigesellen,  vielleicht  auch 
•lie  Krankheit  einleiten  kann.  Eechnet  man  hinzu,  dass  die  kleinen 
Handmuskeln  und  die  Unterschenkelmuskeln  beim  Fortschreiten  des 
Processes  recht  oft  mitergriiFen  werden,  so  geht  hervor,  dass  bei 
der  Dystrophie  wohl  aUe  willkürlichen  Muskeln  des  Körpers  er- 
kranken können. 

Leopold  Laquer  (Ueber  die  allgemeine  schwere  My- Myasthenie, 
asthenie.  Volkmann'sche  Hefte  Nr.  205)  berichtet  über  einen  typi-  ^»^»er. 
sehen  Fall  dieses  Leidens  aus  eigener  Beobachtung,  der  einen 
47jährigen  gichtischen  Schreiner  betraf  und  nun  schon  über  ein  Jahr 
lang  besteht.  Li  dem  Falle  waren  die  Augenmuskeln  in  wechseln- 
•1er  Intensität  und  die  Rumpf-  und  Extremitätenmuskeln  betroffen, 
>ie  zeigten  in  classischer  Weise  die  leichte  Ermüdbarkeit,  auch  die 
myasthenLsohe  Reaction.  Literessant  und  wichtig  ist  die  Constatirung 
•ier  Thatsache,  dass  während  des  weiteren  Fortbestehens  der  Krank- 
heit eine  massige  Atrophie  der  Extremitätenmuskeln  ohne  Verände- 
nmg  der  elektrischen  Erregbarkeit  eintrat  und  Steigerung  der 
>^chwäche  bis  zu  deutlicher  Muskelparese. 

A.  Eulenburg  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  1)  berichtet 
'iber  einen  Fall  von  Myasthenia   pseudoparalytica  gravis 


88  Seeligmüller. 

Myasthenie,  mit  intermittirender  Ophthalmoplegie,  der  einen  Kauf- 
Enienbnrg.  mann  von  28  Jahren  betraf.  Die  Erscheinungen  bestehen  bereits 
seit  3  Jahren,  mit  zeitweiligen  Remissionen.  Diese  Schwankungen 
in  der  Schwere  der  Moskelschwäche  sind  an  den  Augenmuskeln  am 
grössten,  an  ihnen  treten  Perioden  völliger  Functionstüchtigkeit, 
einmal  bis  zur  Dauer  von  einem  Jahre,  auf.  Die  Muskelkraft  ist 
nach  längerer  Ruhe  vorübergehend  besser.  Eulenburg  nimmt 
als  Ursache  eine  tiefgreifende  Stoffwechselstörung  an,  infolge  deren 
es  zur  Anhäufting  von  Muskelermüdungsstoffen  im  Körper  komme. 

C.  Krankheiten  der  peripheren  Nerven. 

Allgemeines. 

Neuraigiecn,  A.  Eulenburg  (Zur  Pathologie  und  Therapie  der 
Enienburg.  Neuralgieen.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  83)  macht  darauf  auf- 
merksam, dass  die  Neurontheorie  —  insofern  auf  einen  Theil  der 
Nervenbahn  längere  Zeit  einwirkende  Schädlichkeiten  nicht  ohne 
Einfluss  auf  das  trophische  Centrum  bleiben  können  —  eine  neural- 
gische Zellveränderung  erwarten  lässt,  auch  wenn  es  bis  jetzt  nicht 
gelungen  ist,  sie  ausfindig  zu  machen. 

Behandittüg  Hamm    (Die  Behandlung   der  Neuralgieen   mit  dem 

^^^         Aetherspray.     Therap.   Monatsh.,    Oct.,    S.  649)    empfiehlt    statt 

TOit         des  zu  theuem  Chloräthyls  den  viel  billigeren  Aether,  der  als  Spray 

Aetherspray, angewendet   meist  schon  nach  einmaliger  Application  gewünschten 
Hamm.        j^^^^^  ^^^^^ 

Heisse  Luft  William  Taylor  (The  Lancet,  Nov.  26,  S.  1386)  rühmt  bei 

bei         Neuralgieen  und  bei  Rheumatismus  den  Heilerfolg  von  Strö- 

M  e  u  ral  flri  een 

Taylor.       nien  heisser  Luft,    die   durch  besondere  Apparate  auf  die  be- 
trofPenen  Körpertheile  applicirt  werden. 

Neuritis  B.  Naunyn    (üeber  Neuritis    gonorrhoica.    Zeitschr.   f. 

gonorrhoica,  pract.  Aerzte  Nr.  11)  empfiehlt  gegen  diese  Form  von  Neuritis, 
welche  er  bei  einem  17jährigen  jungen  Manne  einige  Wochen  nach 
der  Infection  neben  einer  Arthritis  des  linken  EUbogengelenks  im 
rechten  Beine  aufkreten  sah,  einige  Abende  hinter  einander  8 — 4  g 
Natr.  saHcyl.  und  Application  von  Kälte  auf  die  erkrankten  Nerven, 
am  besten  in  der  Gestalt  der  Leiter'achen  Röhren. 

Carl  Heilbronner  (Rückenmarksveränderungen  bei 
multipler  Neuritis  der  Trinker.    Monatsschr.  f.  Psychiatrie 


Krankheiten  des  Nervensystems.  g9 

und  Neurol.)  deutet  die  von  ihm  mit  der  Marc  hinsehen  Methode  ge-     Eücken- 
fondenen  Bückenmarksbefimde   als  durch  dieselbe  Schädigung  wie      marks- 

die  periphere  Neuritis  hervorgebracht,  nämlich  eine  toxische,  ohne  ruBgen  bei 

dass  der  Alkohol  ausschliesslich  dabei  in  Betracht  käme.  multipler 

Nenritis, 
Heilbronner. 
W.  Gilmore  Ellis   (Ein  Beitrag  zur  Pathologie  des 

Beri-Beri.     Lancet,   15.  Oct.,   S.  985)   berichtet  über   das   ende-    Beri-Beri, 

mische  Aufboten  des  Beri-Beri  im  Singapore-Asylum.     Von  allen        ^^^• 

Todesfiülen  kamen   hier    1896  nicht  weniger   als  50°/o,    1897  fast 

60  •/o  auf  Beri-Beri-£j<anke.     Bei  der  Blutxmtersuchung  konnte  der 

von  Pekelharing  und  Winkler  entdeckte  Bacillus  nicht  immer 

nachgewiesen  werden. 

Carl  Hammer   (Ein  experimenteller  Beitrag   zur  Frage    der    Degener a- 
degenerativen  Neuritis  bei  Tuberculose,     Deutsche  Zeit-*^^®  ^®^^^**^ 
schrifk  f.  Nervenheilk.  Bd.  12)  fand  bei  Meerschweinchen,  die  tuber- -r^bgjß^iogg 
culös  inficirt  worden  waren,   die   motorischen  Zellen  des  Rücken-      Hammer, 
marks  (bis  zum  Untergange)   regelmässig  erkrankt  und  von  diesen 
wahrscheinlich    secundär    abhängige    Neuritis    in    den    peripheren 
Nerven,  speciell  in  den  Nn.  peronei. 

W.  Ebstein    (Zur   Lehre    von    der    gichtischen   Neu-   Gichtische 

ritis.    Deutsche   med.  Wochenschr.   Nr.  31)   berichtet  über  einen     ^®^"?"' 
■c  ...  .  Ebstein. 

Fall   von    typischer    Gicht    mit    Neuritis    im    Grebiete    des   Plexus 

brachialis,  die  zu  nicht  unbeträchtlicher  Atrophie  am  rechten  Arme 
geführt  hat.  Jedes  andere  ätiologische  Moment  als  Gicht,  insbe- 
sondere Alkoholismus,  ist  auszuschliessen. 

H.  M.  Thomas  (Philadelphia  med.  Joum.,  14.  Mai)  beschreibt      Re cur- 
einen Fall  und  referirt  6  Fälle  von  recurrirender  Polyneuritis. '^''^^^^^^^y' 

4  -.,...  .1.1         A  •  1      1    1  neuritis, 

Ausser  Blei  sei  em  ätiologisches  Agens  nicht  bekannt.  Thomas. 

A.Danzig(Auf  trophoneurotischerBasis  entstandene     Neuroti- 
Oedeme.    Eshenedelnik,  25)  sah  nach  einer  fieberhaften  Krankheit  ^®^®"^f^®™» 
Oedem  der  linken  unteren  Extremität  mit  Sensibilitätsstörungen  und 
Erhöhung  der  faradischen  Erregbarkeit  bei  einer  belasteten  Patientin 
anfitreten,  das  per  exclusionem  als  trophoangioneurotisch  diagnosti- 
drt  und  mit  Massage,  Brom  und  Jod  erfolgreich  behandelt  wird. 

Carl  Stompfe   (Zur  Casuistik  der  Akinesia  algera. 
Zeitschr.  f.  Heilk.  H.  4)  beschreibt  2  Fälle  der  genannten  Krank- 


90  Seeligmüller. 

A  ki  n  e  n i a     heit  bei  nicht  erblich  belasteten,  aber  nervös  veranlagten  Geschwistern, 

algera,      einen  leichteren,  aber  in  Paranoia  übergehenden,   und  einen  schwe- 
stompfe.  .  ,  .  .  -I 

reren,  der  eine  völlige  Apraxie  darstellt.    Beide  Fälle  widerstehen 

jeder  Behandlung.  Beide  charakterisiren  sich  als  eine  Neurasthenie 
höchsten  Grades  durch  die  reizbare  Schwäche,  die  gedrückte  Stim- 
mung ohne  tiefere,  dauernde  Affecte,  nosophobe  und  selbstquäle- 
rische Angstzustände,  Unentschlossenheit,  endlich  durch  Kopfschmerz, 
Schwindel,  Schlaflosigkeit ;  der  eine  Fall  zeigt  noch  das  Gefühl  des 
Schwimmens  u.  a.  m.  Der  InteUect  ist  in  beiden  Fällen  intact.  Sie 
sprechen  gegen  eine  scharfe  Trennung  der  Akinesia  algera  von  der 
Atremie  NefteFs. 

Gehirnnerren. 

Centrale  M.  P.  Romano  v  (Zur  Frage  von  den  centralen  Verbindungen 

Verbin-      ^^^  motorischen  Hirnnerven.    Neurol.  Centralbl.  Nr.  13)  zerstörte 

motoriflchYn  ^^  Hunden  das  durch  faradische  Reizung  aufgesuchte  Centrum  der  einzelnen 

Hirnnerven,  Himnerven  durch  Auslöffeln  und  untersuchte  das  Gehirn  der  20 — 30  Stunden 

Romanov.     post  operationem  getödteten  Thiere.  Bei  diesen  Versuchen  ergab  sich  nach 

Zerstörung  der  Centren  des  fünften,  siebenten  und  zwölften  stets  absteigende 

Degeneration  in  der  gleichseitigen  Pyramide,  beim  fünften  und  zwölften  Über 

deren  ganze  Fläche  vertheilt,  beim  siebenten  vorzugsweise  im  veiitromedialen 

Antheil.    Im  Niveau    der  Kerne   der  betreffenden   Nerven  ziehen  Fasern 

von  der  Pyramide  zur  Rhaphe  und  auf  die  gegenüber  liegende  Seite  bin 

nahe  an  den  Nervenkem.    Beim  Hypoglossus  sieht  man  die  Kreuzung  in 

der  ganzen  Ausdehnung  der  Kerne  des  Nerven;  beim  Facialis  beginnt  die 

Kreuzung  schon    etwas  oberhalb;    dagegen  kreuzen  sich  die  Fasern  zum 

Trigeminuskem    oberhalb   der  Kerne,   bereits  im   distalen  Abschnitt  der 

unteren  Corpora   quadrigemina.    Es  finden   sich  beim  Facialis  imd  Trige- 

minus  auch  zum  gleichzeitigen  Kerne  verlaufende  Fasern. 

Multiple  Victor  Hanke  (Wien.  kUn.  Wochenschr.  Nr.  16)   beobachtete 

Hirnnerven-  -^qI  multipler  Hirnnervenlähmung  infolge  syphilitischer  Basal- 
Hanke.  '  meningitis  einen  Lagophthalmus  des  linken  Auges  im  Schlafe  trotz 
erhaltener  Fähigkeit  des  vollkommenen  Lidschlusses  im  wachen  Zu- 
stande und  erklärt  dies  Symptom  so,  dass  der  paretische  Sphincter 
zwar  eine  kurzdauernde,  aber  keine  anhaltende  tonische  Contraction 
habe  leisten  können,  insbesondere  infolge  des  Mangels  neuer  reflec- 
torischer  Contractionsimpulse  während  des  Offenstehens  des  Auges. 
Es  war  nämlich  unter  anderem  auch  der  sensible  Trigeminus  gelähmt. 

Das  sog.  BelTschePhänomen,  welches  für  schwere  Facialis- 
lähmungen  als    pathognomonisch   noch  letzthin    von  Bordier  und 


Krankheiten  des  NeiTcnsystems. 


91 


Frenkel  (Semaine  m^d.,  Sept.  1897)  angesprochen  worden  war,  haben 
M.  Campos  (Progr^s  m6d.  S.  97),  M.  Bernhardt  (Berlin,  klin. 
Wochenschr.  Nr.  8)  und  Georg  Köster  (Münch.  med,,  Wochenschr. 
Nr.  28)  als  die  bei  activem  und  passivem  Lidschluss  physiologisch 
erfolgende  Drehung  des  Augapfels  nach  aussen  und  oben  erwiesen. 

J.  L.  Faure  und  Fr.  Füret  (Gaz.  des  höp.  Nr.  28)  schlagen  bei 
schweren  Facialisparalysen  infolge  von  Zerstörung  des  Nerven  im 
Felsenbein  als  operativen  Eingriff  vor,  den  zum  Cucullaris  gehenden 
Accessoriusast  zu  durchschneiden  und  seinen  centralen  Stumpf  mit  dem 
peripheren  Theil  des  Facialis  am  Processus  mastoideus  zu  vernähen.  Ueber 
einen  Erfolg  einer  von  den  Autoren  ausgeführten  Operation  berichten 
sie  nichts. 


Faoialis- 

lähmung  und 

Beirsches 

Phänomen, 

Bordier  a. 

Frenkel, 

Campos, 

Bernhardt, 

G.  Köster. 

Schwere 

Facialis* 

lähmung, 

Faure  u.  Foret. 


Georg  Avellis  (lieber  clonische  Öaumenmuskelkrämpfe     Gaumen- 

mit   obiectiv    wahrnehmbarem    Ohrgeräusch.     Münch.   med.,    ?^*^®    ., 

.  A  m      '  '  '  krampfemit 

Wochenschr.  Nr.  17)  beobachtete  diese  seltene  Anection  bei  zwei      objectiv 
Individuen,   welche  alle  beide  die  charakteristischen  Symptome  all-   wahrnehm- 
gemeiner Nervosität   und   verminderter   Leistungsfähigkeit   in   aus-    geräusch 
geprägtem  Grade  darboten.    In  dem  einen  Falle  wurde  die  Durch-      AveUis. 
schneidung  der  Sehne  des  Tensor  veli  palatini  ausgeführt,  doch  war 
sie  nicht  im  Stande ,   das  Phänomen  zum  Verschwinden  zu  bringen. 
Verf.  hält   diesen  localen  Krampf  nur  für  ein  Symptom  der  allge- 
meinen nervösen  Constitution  und  erwartet  eine  Heilung  nicht  von 
localen  Maassnahmen,   sondern  von   einer  die  allgemeine  Nervosität 
berücksichtigenden  Therapie. 


Bernhardt  (Ueber  rhythmische  Gaumensegelcontractio- 
nen.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  30)  demonstrirt  bei  einer 
30jährigen  Frau  rhythmische  oder  clonische  Contractionen  des  Gaumen- 
segels, der  Arcus  palatoglossi  und  palatopharyngei ,  der  hinteren 
»Schlundwand  und  des  Zungengrundes;  sie  erfolgen  etwa  100 — 120mal 
in  der  Minute,  nicht  synchron  mit  dem  Pulse.  Die  Patientin  leidet 
schon  seit  Wochen  daran,  hatte  anfangs  Kopfschmerzen  und  klagt 
über  ein  Geräusch  in  den  Ohren,  das  auch  objectiv  als  eine  Art 
^psen  zu  hören  ist.  Dies  rührt  von  der  Contraction  des  M.  tensor 
veh  palatini  her,  der  die  Lippen  des  Tubenostiums  von  einander 
abhebt.  Durch  Ausschluss  aller  Möglichkeiten  kommt  er  zur  Dia- 
gnose einer  Neurose. 

Marcel  Lermoyez  (Presse  m^dicale,  7.  Mai)  sieht  den  Facialis 
Dicht  als  motorischen  Nerven  des  weichen  Gaumens  an,  viel- 
mehr soll  dieser  mittels  des  Nervus  pharyngeus  vom  Vagus  versorgt  werden. 


Rhyth- 
mische 
Ganmen- 
contrac- 
tionen, 
Bernhardt. 


Facialis 
nicht  der 
Ganmen- 

nerv, 
Lermoyez. 


92  Seeligmüller. 

Mit  dieser  Behauptimg  sollen  die  physiologischen,  wie  pathologischen  That- 
sachen  im  Einklänge  stehen. 

aeschmaoks-  Hans  Schlichting  (Klinische  Studien  über  die  Ge- 
1*^°""^^'  schmackslähmungen  durch  Zerstörung  der  Chorda  tym- 
pani  und  des  Plexus  tympanicus.  Zeitschr.  f.  Ohrenheilk. 
Bd.  32,  H.  4)  fand  bei  acht  Fällen  von  Zerstörung  der  Chorda  tym- 
pani  in  der  Paukenhöhle  ausschliesslich  auf  dem  vorderen  Theile  der 
Zunge  G-eschmackslähmungen,  freilich  in  individuell  wechselnder  Aus- 
dehnung (zwischen  */»  und  ^/s).  In  einem  Falle  von  Verletzung  des 
Plexus  tympanicus  bei  wahrscheinlich  intacter  Chorda  wurde  auf  dem 
hinteren  Theile  der  Zunge  und  am  weichen  Gaumen  nicht  geschmeckt ; 
ausserdem  bestand  als  individuelle  Besonderheit  Ageusie  des  ganzen 
vorderen  Theils  der  Zunge.  In  fünf  Fällen  von  Zerstörung  der 
Chorda  tympani  und  des  Plexus  tympanicus  war  die  ganze  Zungen- 
hälfbe  mit  dem  Gaumen  der  Geschmacksempfindung  beraubt,  nur  in 
einem  Falle  bestanden  noch  einige  kleine  empfindende  Inseln.  Auch 
dies  spricht  also  dafür,  dass  die  Geschmacksfasem  des  hinteren 
Zungentheils  und  des  Gaumens  im  Plexus  tympanicus  verlaufen. 
Sonach  steht  fest,  dass  alle  Geschmacksfasem  durch  die  Pauken- 
höhle ziehen,  gleichgültig  welches  der  weitere  Weg  bis  zum  Gehirn 
ist,  den  sie  nehmen. 

Störungen  G.  Monteux  und  P.  A.  Lop    (Troubles   de  Tinnervation   du 

des  N.  vaguBpngmQQgastrique  dans  la  dothienentörie.  Rev.  de  m^dec.  Nr.  7) 

Montou  u  '  beobachteten   bei   2  Typhuspatientinnen   eine  Reihe  von  Anfällen ,   welche 

Lop.  bestanden  in  hochgradiger   Dyspnoe  mit  Suffocationsgefühl ,    Tachycardie, 

flüchtig  auftretenden  rothen  Flecken,   Schmerzen  bei  Druck  auf  die  Vagi, 

Aufblähung  des  Magens,  wiederholtem  Erbrechen  und  Schlucken ;  das  Fieber 

war  dabei  unverändert,  der  Urin  verhielt  sich  normal,  an  den  Lungen  war 

keine  Störung,  abgesehen  von  der  beschleunigten  Athmung,  wahrzunehmen. 

Unter  diesen  Umständen  bleibt  nur  übrig,   diese  Erscheinungen   auf  eine 

Störung  der  Function  des  Vagus  zu  beziehen. 

Operative  Tilmann,   Ein   Fall    von    operativer  Vagusverletzung 

des^Va'W  (^®^*s^^®  Zeitschr.  f.  Chir.  Nr.  2-3).  Bei  Gelegenheit  der  Ex- 
TUmann.  '  stirpation  eines  Drüsencarcinoms  am  Halse  wurde  der  linke  Vagus- 
stamm  mit  einer  Schieberpincette  gefasst  und,  wie  sich  nachträglich 
zeigte,  nur  zum  Theil  comprimirt.  Dies  hatte  augenblicklichen  Still- 
stand von  Athmung  und  Herzthätigkeit  zur  Folge;  nach  Befreiung 
des  Nerven  aus  der  Compression  kam  bei  künstlicher  Athmung  die 
Herzthätigkeit  wieder  in  Gang. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  93 

Maximilian    Sternberg,    üeber    den    äusseren    Ast    des     N.  aooes- 
Nervus  accessorius  Willisii  (Pflüger's  Arch.  Bd.  71).   Das  Ergebniss       Boriuf, 
der  am  Affen   (Macacus  rhesus)    vorgenommenen   Reizversuche   über   die  ™     ^' 

Innervationsvertheilung  des  Accessorius  ergab,  dass  der  Stemocleidoma- 
stoideos  ausschliesslich  vom  Accessorius  motorisch  innervirt  wird,  der  Tra- 
pezi'tu  hingegen  ausser  vom  Accessorius  auch  vom  Gervicalplexus  motorische 
Fasern  empHLngt.  In  welcher  Weise  sich  die  beiden  Nervenarten  in  die 
Innervation  dieses  Muskels  theilen,  ob  jeder  von  ihnen  gewisse,  vielleicht 
fonctionell  verschiedenwerthige  Bündel  innervirt,  oder  ob  ihre  Fasern  gleich- 
mäang  durch  einander  gemischt  endigen,  war  am  Affen  nicht  festzustellen. 

Bflekenmarksnerren  • 

G.  L.  Walton  (The  natura  and  treatment  of  spasmodic  TorticoUis 
torticollia.  Americ.  joum.  of  the  med.  sciences  Nr.  3)  bezeichnet  »P^sUca, 
den  spastischen  Wendehals  als  eine  Störung  der  corticalen  Centren 
für  die  Rotation  des  Kopfes,  welche  sich  aus  einer  längere  Zeit  ge- 
wohnheitsmässig  festgehaltenen  Halsstellulig  unter  Hinzutritt  gewisser 
Momente  wie  neuropathischer  Heredität,  schwächlicher  Constitution, 
vielleicht  sogar  einer  Art  von  Autointoxication  entwickelt.  So  sehr 
in  manchen  Fällen  die  abnorme  Haltung  beein£usst  werden  kann  von 
gewissen  willkürlichen  psychischen  Vorgängen,  so  unterliegt  doch 
sie  selbst  der  Willkür  nicht.  Die  Behandlung  ist  sehr  schwierig 
und  von  keiner  günstigen  Prognose;  Verf.  erwartet  fast  einzig  das 
Heil  vom  Messer  des  Chirurgen,  und  zwar  handelt  es  sich  um  zwei 
Möglichkeiten  des  operativen  Eingriffs,  die  auch  schon  combinirt 
worden  sind,  entweder  Resection  der  die  spastischen  Muskeln  in- 
nervirenden  Nerven,  oder  dieser  Muskeln  selbst.  Die  Nerven  sind 
der  Accessorius  der  einen  und  die  drei  oberen  Cervicalnerven  der 
anderen  Seite. 

Hermann  Oppenheim  (lieber  Brachialgie  und  Brachial-  Brachial- 
nenralgie.  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  26)  gibt  eine  Statistik  von  neuralgie, 
189  Fällen  von  Schmerzen  der  Arme,  die  vom  Nervenapparat  aus- 
gingen oder  ihn  in  Mitleidenschaft  gezogen  hatten.  In  nur  22  Fällen 
adelte  es  sich  um  eine  echte  Brachialneuralgie,  in  zusammen  71 
um  Neuritis,  Wirbel-,  Rückenmarksaffectionen ,  Beschäftigungsneur- 
^e  oder  unbekannte  Ursachen,  in  96  Fällen  dagegen  um  eine 
Brachialgie  oder  Psychalgia  brachii,  das  unter  Umständen  dominirende 
Symptom  einer  Neurose  oder  Psychose.  In  diesen  Fällen  fehlen  die 
Merkmale  der  Neuralgie';  aus  der  Art  des  Auftretens  des  Schmerzes, 
m  dem  sonstigen  Zustand  des  Patienten  und  ex  juvantibus  (Hypnose) 
'lürfte  auf  den  psychogenen  Ursprung  des  Uebels  geschlossen  werden. 


94  Seeligmüller. 

N.  radialis,  Carl  Gumpertz   (Ueber  die   elektrische  Erregbarkeit  des 

elektrische  j^  radialis.  Neurol.  Centralbl.  Nr.  17)  hat  an  51  Personen  die  Erreg- 
^k\1t*^  barkeit  des  N.  radialis  an  der  Umschlagstelle  geprüft  und  gefunden,  dass 
Gumpertz.  derselbe  normalerweise  für  beide  Pole  des  Oeffnungsinductionsstromes  zu  er^ 
regen  ist  und  dass  bei  galvanischer  Reizung  die  Vereinzelung  der  Anoden- 
öffiiungs-  und  Schliessungszuckung  möglich  ist.  Stellt  sich  bei  wiederholter 
Prüfung  heraus,  dass  der  Nerv  auf  galvanische  Anodenschliessungszuckung 
nicht  anspricht  und  für  die  faradische  Anode  gar  nicht  oder  erst  bei  sehr 
geringem  Rollenabstande  eine  Reaction  erzielt  wird,  so  ist  diese  Erschei- 
nung zwar  nicht  für  eine  bestimmte  Affection  pathognomonisch ,  hat  aber 
den  Werth  einer  quantitativen  Erregbarkeitsherabsetzung  überhaupt.  In 
erster  Linie  wird  dann  an  eine  Beeinflussung  des  Nerven,  bezw.  seines 
Kern-  oder  Wurzelgebietes  zu  denken  sein. 

Lumbal-  L.  Minor,  Ueber  eine  Bewegungsprobe  und  Bewegungs- 

Bchmerz  Störung  bei  Lumbaischmerz  und  bei  Ischias  (Deutsche 
Ischias,  nied.  Wochenschr.  Nr.  23  u.  24).  An  Lumbago  und  an  Ischias 
Bewegung s-  Leidende  sind  nicht  im  Stande  sich  aus  sitzender  Haltung  mit  ge- 
Mi*or^'  streckten  Beinen  (auf  dem  Boden)  ohne  Zuhülfenahme  der  Hände 
zu  erheben ;  und  wenn  man  ihnen  den  Gebrauch  derselben  gestattet, 
so  verfahren  sie  ganz  verschieden.  Bei  beiderseitigem  Lumbaischmerz 
richtet  sich  der  Patient  aul,  wie  der  an  typischer  Dystrophie  leidende 
er  stellt  sich  auf  alle  Viere  und  richtet  die  Wirbelsäule  auf  durch 
Emporklettem  mit  den  Händen  an  den  eigenen  Beinen.  Anders  der 
mit  typischer  einseitiger  Ischias  behaftete:  er  stellt  die  Arme  nach 
hinten,  verlegt  den  Schwerpunkt  rückwärts,  stellt  das  leistungsfähige 
gebeugte  Bein  mit  der  Fussspitze  unter  den  Schwerpunkt  und  streckt 
es  nun,  indem  er  mit  einer  Hand  vom  Fussboden  abstösst,  während 
die  andere  Hand  balancirt.  Dieses  verschiedene  Verhalten  hat  dia- 
gnostischen Werth,  indem  es  gelegentlich  genauere  Localisation  der 
Schmerzen  und  Beurtheilung  ihrer  Intensität  oder  ihrer  Veränderung 
zum  Guten  oder  Schlimmen  gestattet.  Bei  Traumen  des  Steissbeins 
wird  man  nicht  selten  mit  Hülfe  dieser  Probe  nachweisen  können 
dass  nur  eine  Seite  vorwiegend  betroffen  ist;  auch  für  den  gelegent- 
lichen Nachweis  von  Simulation  erscheint  es  verwerthbar. 

Radfahrer-  W.H.Brown  (A  form  of  neuralgia  occurring  in  cyclists. 

neuraigie,  The  Brit.  Med.  Joum.,  Febr.  26)  wurde  von  einer  Eeihe  von  eifrig 
dem  Radsport  huldigenden  Personen  consultirt  wegen  sehr  lästiger 
Schmerzen  am  Scrotum,  die  bei  einigen  so  stark  waren,  dass  sie 
die  Bewegung  unmöghch  machten,  die  Scrotalhaut  war  stark  hyper- 
ästhetisch, die  Testikel  sehr  druckempfindlich.     In  einem  Falle  be- 


Krankheiten  des  Nervensystems.  95 

stand  nach  einer  längeren  Tour  völlige  Anästhesie  des  Penis.  Bei 
radfahrenden  Damen  beobachtete  er  Schmerzhaftigkeit  des  Anus  und 
der  umgebenden  Haut.  Durch  Ruhe  Hessen  sich  die  Beschwerden 
immer  beseitigen,  sie  kamen  aber  nach  neuen  Radtouren  immer 
wieder  und  blieben  nicht  eher  aus,  als  bis  man  den  Sattel  ge- 
wechselt hatte. 

6.  Gambrin,  Ueber  die  Tarsalgie  in  ihren  Beziehu^igen   Tarsalgie, 
zu  den  Störungen  des  Nervensystems  (Th^se  de  Paris).   Die      öambnn. 
Tarsalgie  beruht   stets   auf  einer  allgemeinen  neuropathischen  Dis- 
position,  so  dass  schon  die  kleinste  Gelegenheitsursache  das  locale 
üebel  auslöst.    Dieses  beruht  auf  trophischen  Veränderungen  in  den 
betreffenden  Gelenken. 

D.  Neurosen. 

.  AUgremeines. 

E.  Biernacki  (Zur  Aetiologie  der  functionellen  Neurosen   Aetiologie 
[Hysterie  und  Neurasthenie].    Neurol.  Centralbl.  Nr.  6)   glaubt   aus  seinen  ^®''. 

Versuchen    mit  Natriumoxalat   an   dem  Blut  von  Hysterischen  und  Neur-       ^,, 
ästhemschen   schliessen  zu  können,    dass  bei  diesen  Kranken  Anomalieen    Neurosen, 
im  Gehalt  an  Fibrinogen  bestehen  und  damit  eine  Abänderung  der  Inten-     Biernacki. 
»ität  der  Oxydationsvorgänge.    Dadurch  erklären  sich  die   häufige  Goinci- 
denz  jener  Krankheiten  mit  Constitutionsanomalieen,  sowie  die  Hyper-  und 
Anacidität    des  Magensaftes,    die   Prostatorrhoe,    die  Schweisse   und   das 
hysterische  Fieber. 

Maximilian   Sternberg    (Ueber    einige    BeziehungenBeziehuugen 

zwischen  Neurosen  und  örtlichen  Erkrankungen.     Wiener    f^"*^?*®" 

1       TLT     rk/^\  1  n    n  i      •  Örtlichen 

kJin.  Wochenschr.  Nr.  20)   macht   auf  folgende  mteressante  Punkte      Erkran- 

aufinerksam:  Findet  man  in  einem  gegebenen  Falle  eine  Combination  kungenund 
einer  allgemeinen  Neurose  mit  einer  localen  Affection,  so  stelle  man  gtemberff*' 
dies  genau  fest,  ohne  über  den  Befund  vorläufig  irgend  eine  Bemerkung 
za  machen,  eventuell  durch  einen  speciellen  Fachmann,  der  vorher  über 
den  allgemeinen  Zustand  instruirt  sein  muss,  imd  fasse  rasch  seinen 
Entschluss.  Ist  eine  locale,  besonders  operative  Behandlung  nöthig,  so 
soll  sie  ungesäumt,  womöglich  durch  einen  einzigen  Eingriff  beendigt 
werden:  Ist  keine  locale  Behandlung  unbedingt  nöthig,  so  verspricht 
eine  solche  mit  suggestiver  Nebenabsicht  einigen  Erfolg  bei  vor- 
wiegend motorischen  Beschwerden;  bei  vorwiegend  sensiblen  Sym- 
ptomen ist  die  locale  Affection  am  besten  zu  ignoriren,  da  eine  längere 
locale  Behandlung  hier  meist  nur  den  Erfolg  hat,  die  Beschwerden 


96  Seeligmüller. 

durch  Autosuggestion  zu  fixiren.  Weiss  der  Patient  noch  nichts  von 
der  localen  AfPection,  so  versuche  man  dieselbe  zu  behandeln,  ohne 
dass  er  von  ihr  etwas  erfährt.  Schwieriger  ist  es,  wenn  er  schon 
davon  weiss,  so  versuche  man  es  mit  einer  harmlosen  Nothlüge: 
man  erkläre  die  Sache  nach  eingehender  Untersuchung  für  „^^S^" 
boren^,  fiir  etwas,  was  nur  als  „interessante  Rarität^'  Bedeutung  habe. 

K  1  im  a  1? 

terisohe  Windscheid  (Deutsche  Praxis  Nr.  7)   bespricht   ausführlich 

Neurosen,    die  Patholo£rie  imd  Therapie   der  klimakterischen  Neurosen. 

Windscheid.  ® 

Epilepsie. 

Pathogenese         H.  Unverricht  (Ueber  die  Epilepsie.    Samml.  klin.  Vortr., 

^  ,f^^  .       N.  F.  Nr.  196)  gibt  einen  Ueberblick  über  die  von  ihm  und  seinen 
Epilepsie,  . 

Unverricht.     Schülern  seit  dem  Jahre  1893  angestellten  Thierversuche  und  kommt 

zu  dem  Residtat,  dass  ein  grundsätzlicher  Unterschied  zwischen  corti- 
caler  und  genuiner  Epilepsie  nicht  besteht,  dass  ^es  nur  langsam  und 
schnell  verlaufende  Anfalle  gibt  und  dass  beide  der  Rinde  ihren 
Ursprung  verdanken,  sowie  endlich,  dass  die  Anwendung  von  Ana- 
logieschlüssen aus  dem  Thierversuche  auf  die  genuine  Epilepsie  in 
vollem  Umfange  berechtigt  erscheine. 

Auto-  L.  W.  Weber  (Neuere  Anschauungen  über  die  Bedeutung  der 

intoxication  Autointoxication   bei   der  Epilep'sie.    Münch.  med.  Wochenschr. 

•  VT  L 

"*®  *  Nr.  26)   möchte   der  Autointozication   eine  grosse  ätiologische  Bedeutung 

Epilepsie,    beilegen;  dieselbe  kommt  zu  Stande  durch  wahrscheinlich  verschiedenartige 

Weber.        Giftstoffe»  welche  vom  Körper  selbst  bei  Stoffwechselanomalieen  periodisch 

gebildet  werden.  Es  wird  therapeutisch  darauf  ankommen,  allen  Störungen 

des  Stoffwechsels  vorzubeugen. 

Einflnss  Mich.  Was.  Sokolow  (üeber  den  Einflnss  meteorologischer 

meteorologi- Bedingungen     [besonders    Erdmagnetismus]   auf  epileptische 

scher  Be-     j^nfane.    St.  Petersburg,   med.  Wochenschr.   Nr.  16)    stellte   von   einem 
dingnngen  .  ,  .       _. 

g^Qf         Material  von  durchschnittlich  26  Epileptikern  die  w&hrend  zweier  Jahre 

epileptische  genau  registrirten  Anfälle  in  Gurven  graphisch  dar  und  fand  zimächst  eine 
Anfälle,  typische  Aehnlichkeit  der  für  die  verschiedenen  Altersclassen  gezeichneten 
Curven  untereinander  und  der  beiden  Jahrescurven  untereinander;  es  be- 
standen Mazima  im  Juli  und  Januar,  Minima  im  November  und  Mai.  Die 
in  der  Minderzahl  vertretenen  Fälle  von  idiopathischer  Epilepsie  machten 
keine  Ausnahme.  Sodann  bestand  eine  auffallende  Beziehung  dieser  Curven 
zu  der  Curve  des  Erdmagnetismus,  die  in  dem  Observatorium  derselben 
Region  aufgenommen  war,  sowohl  der  Jahrescurve  wie  auch  der  der  täg- 
lichen Schwankungen,  und  zwar  verhielten  sich  die  epileptischen  Curven 
zu  den  magnetischen  gerade  entgegengesetzt.  Die  anderen  meteorologischen 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


97 


Alkoholo* 

gene 

cardiale 

Epilepsie, 

Smith. 


Epilepsie 

mit 

Diabetes 

mellitus, 

Ebstein. 


Factoren  (Barometerdmck,  Witterung)  Hessen  keinen  ausgeprägten  Einfluss 
anf  die  epileptischen  An^Ue  erkennen. 

Smith  (üeber  eine  nach  Aetiologie,  klinischem  Verlauf  und 
Prognose  genau  sich  als  ^alkohologene  cardiale  Epilepsie^' 
charaktensirende  Gruppe  epileptiformer  Zustände.  Versamml.  des 
südwestdeutschen  psychiatr.  Vereins  in  Karlsruhe  1897,  Novbr.)  be- 
schreibt eine  besonders  bei  neuropathisch  belasteten  Individuen  vor- 
kommende Form  von  Epilepsie,  die  durch  eine  nach  Genuss  von 
Alkohol  auftretende  Herzerweiterung  verursacht  wird,  sich  ausser  in 
Krampfanfallen  auch  in  epileptischen  Aequivalenten,  Dämmerzuständen 
und  Verstimmungen  äussert  und  in  genauem  Zusammenhange  mit 
der  Herzerkrankung  auftritt  und  verschwindet. 

Wilhelm  Ebstein  (lieber  das  Nebeneinandervorkommen 
von  Epilepsie  bezw.  epileptiformen  Anfällen  und  Dia- 
betes mellitus  bezw.  Glykosurie.  Deutsche  med.  VSTochen- 
schrtft  Nr.  1  u.  2)  theilt  \der  einschlägige  Fälle  mit,  von  denen  in 
drei  genauer  und  länger  beobachteten  epileptische  Anfalle  und  ein 
Diabetes  mellitus  decipiens  mit  intermittirendem  Charakter  fest- 
gestellt wurden.  In  zweien  dieser  letzteren  bestanden  ausserdem  Ge- 
himsymptome,  welche  auf  halbseitige  cerebrale  Erkrankung  schliessen 
Hessen,  für  welchen  Verdacht  übrigens  auch  im  dritten  Falle  gewisse 
vorübergehende  Erscheinungen  sprachen.  Ebstein  hält  es  dem- 
gemass  geboten,  bei  epileptischen  Anfällen  mehr,  als  bisher  vielleicht 
geschehen,  auf  das  Vorkommen  von  Zucker  im  Harn  zu  fahnden. 

Adler  (Radialislähmungnach  epileptischen  Anfällen,     lähmung 
XeuroL  Centralbl.  Nr.  15)  führt  zwei  derartige  Fälle  auf  Compression        nach 
des  Nerven  durch  krampfhafte  Tricepscontraction  zurück.  ^^Adi^**^' 

Th.  Ziehen  (Beiträge  zur  Opium-Brombehandlung  der 
Epilepsie.  Therap.  Monatsh.,  August,  S.  416)  theilt  seine  eigenen 
und  fremde  Erfahrungen  mit.  Contraindicirt  ist  die  Methode  nur 
bei  sehr  gesunkenem  Kräftezustand  und  bei  schweren  Herzkrank- 
heiten. Gerade  im  Kindesalter  sind  auffällige  Erfolge  erzielt,  ebenso 
ist  die  senile  Epilepsie  der  Opium-Bromcur  sehr  zugänglich.  Gerade 
langdauemde  Fälle  werden  oft  günstig  beeinflusst.  Fälle,  welche 
vorzugsweise  in  Absences  und  SchwindelanfäUen  sich  äusserten, 
reagiren  zuweilen  ebenso  günstig  wie  die  typischen  Fälle  des  Grand 

mal  Bei  syphilitischer  (hereditär  oder  erworben)  Epilepsie  wird  die 
Jahrbach  der  practischen  Medicin.    1899.  7 


98  SeeligmüUer. 

Opium -Brom.  Flechsig' sehe  mit  der  specifischen  Behandlnng  mit  Erfolg   com- 
behandlnng  ^jjjjjj^     j^  vielen  FäUen  führte  die  Flechsig'sche  Behandlnng  noch 
Epilepsie,    dauernde  Erfolge  herhei,  wo  die  gewöhnliche  Brombehandlung  keinen 
Ziehen,       Q^^p  um«  einen  vorabergehenden  Erfolg  erzielt  hatte.    Auch  die  Com- 
bination  einer  echten  Epilepsie  mit  Heerderkrankungen  ist  nicht  als 
Contraindication  zu  betrachten.   Bei  gesunkenem  Kräftezustand  wird 
eine    mehrwöchentliche    Kräftigungs-    und    Emährungscur    voraus- 
geschickt.    Schwere  Herzfehler,  z.  B.  Aortenstenose,  geben  eine  ab- 
solute Contraindication  ab,  leichtere,  gut  compensirte  dagegen  nicht, 
ebenso  wenig  blosse  Arhythmie,   wie   sie  namentlich  bei  der  kind- 
lichen Epilepsie   recht   häufig  ist.     Eine   Tagesdosis  über  0,8—0.9 
bietet  keinen  wesentlichen  Vortheil.    Bei  mittelkräftigen  Erwachsenen 
gibt  Ziehen  zu  Anfang  3mal  0,5  Op.  pulv.  pro  die,  nach  je  2  Tagen 
Steigerung  um  0,01,    also  der  Tagesdosis  um  0.03.     Dabei  wird  die 
höchste  Dosis  0,9  nach  7  Wochen   erreicht.     Bei  Kindern  zwischen 
12  und  15  Jahren  steigt  Ziehen  nur  bis  zu   einer  Tagesdosis  von 
0.06  Op.  pulv.     Bei  Kindern  zwischen  9  und  12  Jahren  nicht  über 
0,4,  bei  solchen  zwischen  6  und  9  Jahren  nicht  über  0,3.   Verboten: 
Gewürze,   Thee  und  Kaffee,  Alkohol  in  jeder  Form,  Bouillon,   die 
geradezu  Anfalle  hervorrufen  kann.    Meist  nur  eine  Fleischmahlzeit 
am  Tage.     Femer  verboten  Rauchen  und  sexueller  Umgang.   Ruhe, 
so  dass  die  Kranken  nur  8  Stunden  ausser  Bett  sind,   nur  massige 
Spaziergänge   ohne   Steigen    unternehmen  und   sich   nur   leicht    be- 
schäftigen.    Streng   zu   vermeiden   hohe   Zimmertemperaturen    und 
strahlende  Wärme.    Kühle  Bäder  von  24  ^  R.  und  10  Minuten  Dauer, 
aUe  2 — 3  Tage  um  1  °  und  1  Minute  herunter.    Meist  bleibt  Ziehen 
bei  17  •  und  3  Minuten  stehen.    Gegen  die  Appetitlosigkeit  Salzsäure, 
1    Esslöffel    einer    1^/s — 2°/oigen   Lösung    in    einem   Glase   Wasser 
1  Stunde  nach  der  Mahlzeit.    Gegen  Verstopfung  sofort  Umgestaltung 
der  Diät  und  Leibmassage.    Li  der  Uebergangsphase,  wo  das  Opium 
plötzlich  weggelassen   und  sofort    durch   6 — 9  g  Brom  salze   ersetzt 
wird,  bedarf  der  Kranke  dringend  eines  Pflegers.     Temperatur  und 
Puls  soUten  wenigstens   alle  2  Stunden  festgestellt  werden.     Diät: 
nur  Cacao,  Toast,  geschabtes  Fleisch  und  Schleimsuppe  mit  Ei  (wegen 
der  Diarrhoe).     Die  Flechsig'sche  Cur  ist  auch  ausserhalb   einer 
Ellinik  mögHch.    Halbe  Erfolge  hat  Ziehen  viele,  volle  nur  in  vier 
FäUen  mit  1  Vsjährigem  und  einen  Fall  mit  2jährigem  Wegbleiben  der 
Anialle.     Eine  ausfuhrliche  Statistik  wäre  zur  Zeit  verfrüht. 
Kellner,  Kellner,  Ueber  die  Erfolge  der  Flechsig'schen  Opiuna- 

Brombehandlung  (Therap.  Beü.  Nr.  2  d.  Deutsch,  med.  Wochen- 
schrift).    Von  zwölf  dieser  Behandlung  unterzogenen  Epileptikern, 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


99 


Linke, 


bei  denen  noch  keine  Demenz  eingetreten,!  der  Rräftezustand  ein 
guter  war  und  vorausgegangene  Brommedicationen  keinen  nennens- 
werthen  Erfolg  gehabt  hatten,  zeigten  fünf  keine  Veränderungen  ihre» 
Zustandes,  einer  konnte  nicht  genügend  beobachtet  werden ;  bei  den 
sechs  anderen  zeigte  sich  eine  deutliche  Herabminderung  der  Zahl 
der  Anfalle,  von  Heilung  konnte  in  keinem  Falle  gesprochen  werden. 

Linke  (Zur  Opium-Brombehandlung  der  Epilepsie. 
Zeitschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  65,  H.  3)  beschreibt  5  Fälle  von  Epi- 
lepsie, die  mit  Flechsig's  Opium-Bromcur  behandelt  wurden.  So- 
wohl diejenigen,  die  die  Behandlung  vertrugen,  als  die,  bei  denen 
die  Bromdose  wegen  Bromismus  verringert  werden  musste,  hatten 
keinen  nachhaltigen  Erfolg. 

Schröder,  24  weitere  nach  Flechsig  behandelte 
Fälle  von  Epilepsie  (61.  Vers.  d.  psychiatr.  Vereins  d.  Rhein- 
provinz, den  11.  Juni  1898.  Zeitschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  55,  H.  3). 
Nach  einer  längeren  oder  kürzeren  Pause  traten  bei  22  Patienten 
die  Anfalle ,  manchmal  in  verminderter  Zahl ,  wieder  auf,  nur  zwei 
sind  jetzt,  nach  8  Monaten,  noch  anfaUsfrei.  Bei  einigen  wurde  das 
psychische  Verhalten  ungünstig  beeinflusst. 

W.V.Bechterew  (Ueber  die  Bedeutung  der  Cardiaca 
bei  der  Behandlung  der  Epilepsie)  empfiehlt  die  Combination 
von  Cardiacis,  besonders  Infus,  adonis  vemalis  2 — 3  :  180,  mit  Keil.  ^  Bechterew 
bromat.    12    oder  Infus,  digit.   0,5 — 0.75  :  180  mit   Kai.   oder  Natr. 
bromat.  ana  6—8  und  Codein  0,15—0,2,   täglich  4—6—8  Esslöffel. 


Schröder. 


Cardiaca 
bei 


R.  He  ssler  (Epilepsie  und  Erysipel.  Joum.  of  the  Am.  med. 
Ass.,  14.  Mai)  wandte  auf  Grund  einer  zufälligen  Erfahrung  Erysipelanti- 
toxin gegen  Epilepsie  mit  Erfolg  (!)  an  (4  Fälle). 


Erysipel- 
antitoxin 

gegen 
Epilepsie, 

Hessler. 


A.  Chipault  (Gazette  des  hdpitaux  Nr,  16)   erklärt  die  Kesection    Resection 
des  obersten  Ganglions  des  Halssympathicus  für  nöthig,  weil  da-  des 

durch   der    die    Anfälle    auslösenden    Himanämie    und    den   dadurch   ent-     Ganglion 
^«henden  Ernährungszuständen  entgegengewirkt  werde,  insofern  durch  die         nervi 
Tingefährliche  and  technisch  ausserordentlich  leicht  ausführbare  Operation  sympathici 
die  vasoconBtrictorische  Wirkung  des  Sympathicus   aufgehoben  werde.   Die  ^ei 

Erfolge  waren  ermuthigend.     Bei  30  Operirten  trat  Besserung  in  10,  Hei-    Ep^|®P^iet 
lang  in  13  Fällen  ein,  in  7  Fällen  keine  Aenderung,  in  1  Verschlimmerung. 

Julius    Donath    (Der   Werth    der   Resection    des    Halssym-       Donath, 
pathicus  bei  genuiner  Epilepsie,  nebst  einigen  Beobachtungen  und 
phydologischen  Versuchen  über  Sympathicuslähmung.  Wien.  klin.  Wochenschr. 
^r.  16)  constatirte  in  3  Fällen  von  schwerer  genuiner  und  iMMMBJhU^  ^o^ 
^ptomatischer  Epilepsie   die  vollkommene  ErfoUl''^ 


100  SeeligmüUer. 

Anordnung  vorgenommenen  Resection  des  Halssympathicus.  Die  unmittel- 
bar nach  der  Operation  aufgetretene  Böthe  des  Gesichts,  der  Gonjunctiva, 
verbunden  mit  Temperatursteigerung  und  vermehrter  Schweisssecretion,  ver- 
schwand nach '4  Tagen  vollständig. 


Hjsterie« 

Natur  und  Paul    Sollier,     lieber    Natur    und    Entstehung    der 

Entstehung  Hysterie  (Centralbl.  f.  Nervenheük.  u.  Psychiatrie,  März).  Dass 
Hysterie,  die  Hysterischen  in  Wirklichkeit  nicht  wachen,  wie  es  scheint,  son- 
SoUier.  dem  schlafen  (Zustand  des  „Vigilambulisrnns") ,  schliesst  Verf.  aus 
der  Schlaflosigkeit  anästhetischer  Hysterischer  und  aus  der  That- 
sache,  dass  man  Patienten  aus  dem  hysterischen  Leidenszustand  durch 
Befehl  in  den  Zustand  vor  der  Erkrankung  zurückzuversetzen  ver- 
mag („retrograde  Amnesie"  solcher  Patienten).  Beim  successiven 
Wiedereintreten  der  Sensibilität  zeigt  das  betreffende  Glied  Schmerz- 
punkte. Gleichzeitig  treten  solche  im  Niveau  der  demselben  ent- 
sprechenden Hirn-  und  Rückenmarkscentren  auf.  Nach  der  „Methode 
der  Schmerzpunkte"  constatirte  Verf.  als  Centrum  der  visceralen 
Empfindung  die  obere  parietale  Himrindenpartie.  Zuletzt  tritt  das 
Wiedererwachen  des  Stimhims,  des  Organs  der  Psyche,  ein. 

Pupillen-  J.  P.  Karplus  (Ueber  Pupillenstarre  im  hysterischen 

hv^stVrUch*  -^i^^alle  nebst  weiteren  Bemerkungen  zur  Symptomato- 
Anfaiie,  logie  und  Differentialdiagnose  hysterischer  und  epi- 
Karpius.  leptischer  Anfälle.  Jahrb.  f.  Psychiatrie  Bd.  17)  weist  an  der 
Hand  von  111  genauen  Krankengeschichten  Hysterischer  nach,  dass 
jede  Diagnose  auf  Epilepsie,  welche  sich  wesentlich  auf  die  im  An- 
falle beobachtete  Reactionslosigkeit  der  Pupille  stützt,  als  unberechtigt 
anzusehen  ist,  insofern  Pupillenstarre  nicht  nur  in  den  grossen,  son- 
dern selbst  in  den  kleinen  hysterischen  Anfallen,  die  bloss  mit  Äe- 
spirations-  und  Schluckkrämpfen  ohne  Bewusstseinsstörung  einher- 
gehen, auftreten  kann. 

Hysteria  Strauss  (Berl.  klin.  Wochenschr.   Nr.  38)   stellte  Hysteria 

viriiis,      virilis  fest  bei  einem  29jährigen  Schuhmacher,  bei  welchem  wegen 

Stenose,     Darmstenose  irrthümlich  2mal  die  Laparotomie  ausgeführt  worden 

strauss.       war.     In  einem  typischen  hysterischen  Anfalle  verschwand  der  seit 

5  Monaten  bestehende  Meteorismus,  und  spontaner  Stuhlgang  trat  ein. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  101 


Neurasthenie. 

TL  Benda  (Neurasthenischer  Hunger.     Deutsche  med.        Neur- 
Wochenschr.  Nr.  13)  beschreibt  einen  bei  Neurasthenikem  häufigen  ^^^^^^^^^^^'^ 
Symptomencomplex,  bestehend  in  Anfällen  von  grosser  körperlicher       Benda. 
Schwäche  bis  zu  ohnmachtahnlichen  Zuständen  mit  Blässe  des  Ge- 
sichts, Druck  und  Schwere  im  Kopfe,  kaltem  Schweiss,  Irregularität 
und  Kleinheit  des  Pulses,  in  manchen  Fällen  mit  Hungergefühl,  meist 
mit  Widerwillen  gegen  Speisen  verbunden ,  der  nie  unmittelbar  nach 
eingenommener  Mahlzeit  auftreten  und  durch  Essen  beseitigt  werden 
soll.    Er  deutet  ihn  als  eine  neurasthenische  übermässige  Reaction 
auf  den  centralen  Reiz,  welcher  durch  die  völlige  Leere  des  Magens 
auf  dem  Wege   einer  Vagusreizung  bewirkt   wird,   kurz  als   neur- 
asthenischen  Hunger  und  empfiehlt  zur  Bekämpfung  desselben  häufige 
kleine  Mahlzeiten  und  das  beständige  Beisichtragen  von  etwas  Ge- 
niessbarem,   z.  B.   eines   Stückes   Schokolade,   um   damit  der  etwa 
kommenden  Anwandlung  sogleich  zu  begegnen. 

Mathieu  (Neurasthenie  und  Arteriosklerose.     Blatt,   f.  Behandlung 
klin.  Hydrother.  1897,  Nr.  10)  legt  bei  dieser  häufigen  Combination    der  Neur- 
das  Hauptgewicht   auf  hygienisch-diätetische  Vorschriften:  Vermei-  bei  Art  er  io- 
dung  physischer  und  intellectueller  Ueberarbeitung ,  viel  Aufenthalt     Sklerose, 
im  Freien;  nicht  fleischreiche  Nahrung,  besonders  ausgeschlossen  die        * 
leicht  toxinhaltigen  Würste,  Meerfische,  Muscheln,  Austern,  Fasanen, 
Schwarzwild;    zu  empfehlen   sind  gut  gekochte   dünne  Pürees  von 
Hülsenfiüchten ,   Müch,   Milchspeisen  und  Eier.     Verboten   schwere 
AlkohoHca,  Wein  nur  massig  und  verdünnt,  gestattet  Wasser,  Müch, 
indifferente  Infuse.    Bei  Cephalaea,  Schwindel,  Anorexie  sollen  kurz- 
dauernde Milchcuren    vorgenommen  werden.     Regelung   des   Stuhl- 
gangs, Verbot  des  Tabaks ;  gegen  Spannung  der  Arterien :  Jodnatrium ; 
als  unterstützende  Proceduren  je   nachdem  laue   oder  kalte  Bäder, 
Kohlen  Säurebäder,  Franklinisation. 

Sigmund  Erben  (Ueber  ein  Pulsphänomen  bei  Neur- 
asthenikem. Wien.  Min.  Wochenschr.  Nr.  24)  fand  bei  Neur- 
asthenikem und  solchen  Geisteskranken,  bei  denen  eine  gesteigerte 
Erregbarkeit  des  Nervensystems  bestand,  dass,  während  bei  sonsti- 
gen Körperbewegungen  der  Puls  eine  grosse  Neigung  zeigte,  die 
Frequenz  rasch  zu  beschleunigen,  bei  den  Bewegungen  des  Vor- 
beugens des  Körpers  und  des  Niederhockens,  sowie  auch  des  ex- 
tremen Rückwärtsbeugens  des  Kopfes  eine  Verlangsamung  des  Pulses 


102  Seeligmüller. 

Puls-        eintritt,  welche  ganz  die  Charaktere  einer  Vagusreizung  hat;   kurz 

Phänomen    nach  Ausführung  der  Bewegung  tritt  ohne  Einleitung,  scharf  gegen 

Xeur-        dön  bisherigen  Puls  abgesetzt,  der  langsame  Puls  ein;  es  finden  in 

asthenie,     dem  langsamen  Rhythmus  4 — 7  Schläge  statt,  darauf  hebt  sich  die 

Frequenz  allmählich  wieder  und  erreicht  die  Höhe  vor  dem  Versuch, 

resp.  tibersteigt   sie  noch.     Als  Ursache   der  Vagusreizung   scheint 

die  das  Vaguscentrum  erregende   dabei   auftretende  venöse  Grehim- 

hyperämie  im  Spiele  zu  sein, 

Behandlung  Löwenfeld  (Ueber  die  Behandlung  der  männlichen  Im- 

-        J         potenz  und  die  Gassen'schen  Apparate.   Therapeut.  Monatshefte, 
Impotenz,     ^  '^^^  ....  . 

Löwenfeld.  Febr.)  hält  den  Gebrauch  der  von  einem  Civilingenieur  Gassen  mit 
widerlicher  und  kecker  Reclame,  die  sich  unter  anderem  auf  ein  an- 
geblich günstig  lautendes  Gutachten  Krafft-Ebing's  bezieht,  ange- 
priesenen  Apparate  zur  Heilung  der  männlichen  Impotenz  für  durchaus 
nicht  harmlos  und  warnt  vor  ihrer  Anwendung.  Nach  seinen  eigenen 
Erfahrungen  sind  mindestens  drei  Viertel  aller  Fälle  von  nervöser 
oder  psychischer  Impotenz  der  Heilung  oder  Besserung  durch  die 
üblichen  Methoden  zugänglich.  Er  hält  es  für  unrichtig,  sich  ledig- 
lich auf  antineurasthenische  Maassnahmen  zu  beschränken,  sondern 
empfiehlt  energische  Durchführung  einer  localen  Behandlung  in  Form 
der  Kühlsonde  und  der  elektrischen  Behandlung,  die  in  einigen 
Fällen  allein  genügten,  Heilung  herbeizuführen. 

Pollutionen,  Helion  Popper   (Zur  Behandlung  der  Pollutiones  noc- 

opper.  turnae  und  der  Ejaculatio  praecox.  Therap.  Beil.  d.  D.  med. 
Wochenschr.,  3.  Nov.,  S.  85)  erklärt  beide  AfiPectionen  für  nur  gra- 
duell verschiedene  Neurosen,  insofern  sie  der  Ausdruck  einer  krank- 
haften Uebererregbarkeit  im  Bereiche  der  nervösen  Centren  und 
Leitungen  sind,  welche  den  Ejaculationsapparat  versorgen.  Popper 
empfiehlt  dagegen  den  galvanischen  Strom  nach  folgender  Methode 
anzuwenden :  Während  der  negative  Pol  in  Form  einer  etwa  50  qcm 
grossen  flachen  Elektrode  auf  die  seitliche  Blasengegend  aufgesetzt 
wird,  wird  eine  Katheterelektrode  mit  1  cm  langer  Metallspitze  bis 
an  das  Caput  gallinaginis  vorgeschoben  und  unter  leichtem  Hin-  und 
Herbewegen  ein  Strom  von  1  */a — 2  Milliampere  secunden weise  5 — 6mal 
durchgeleitet.  Popper  will  bei  14  Fällen  von  Pollutiones  noctumae 
Erfolg  gehabt  haben  und  ebenso  in  6  Fällen  von  Ejaculatio  praecox. 


Krankheiten  des  NeiTensystems.  103 


Morbus  Basedowii. 

Sehr  wichtige  Beiträge  zur  pathologischen  Anatomie  bringt 
die  Arbeit    von   Max  Askanazy    (Deutsches  Arch.   f.   klin.  Med.      Patholo- 
Bd.  61,  S.  118).    In  3  Fällen  ausgesprochen,  im  4.  wegen  des  kurzen       gische 
Bestehens  der  Krankheit  erst  angedeutet,  fanden  sich  bei  normalem  desMorbus 
Beiunde  des   Nervensystems   die  willkürlichen  Muskeln  in  grosser  Basedowü, 
Ausdehnung  von  interstitieller  Lipomatose  befallen,  besonders  stark       ^  anazy. 
«lie  Muskeln  des  Rumpfes,  der  Augen,  der  Zunge.    Ein  grosser  Theil 
der  quergestreiften  Muskeln   war  geschwunden,    an  den  übrig  ge- 
bliebenen  waren  alle  Phasen  degenerativer  Muskelatrophie   zu  stu- 
diren.    Diese  Veränderungen   können  nur  durch  ein  im  Blute  krei- 
sendes, direct  auf  die  Muskeln  wirkendes  Gift  hervorgebracht  werden, 
welches  durch  die  krankhaft  veränderte  Schilddrüse  producirt  wird. 

Schild- 

Ebenfalls    für   die    Schilddrüsen theorie    plaidiren    v.  Notthaft      drüsen- 
und  Ezio  Benevenuti  (PolicHnico  Bd.  5,  H.  3),  dagegen  polemisirt    ^  Nottliaft 

Engen  KoUerits  (Ungar,  med.  Presse  Nr.  19,  22 — 24,  27).  Benevenuti, 

KoIIeiits. 

A.  Freih.  v.  Notthaft  (Ein  Fall  von  arteficiellem  acutem 
Thyreogenem  Morbus  Basedowü.  Centralbl.  f.  innere  Med. Arteficielier 
Nr.  15)  beobachtete  bei  einem  43jährigen  Mann  infolge  übermässigen  ^*^^f^^' 
Gebrauches  von  Thyreoideatabletten ,  die  derselbe  auf  eigene  Faust 
zur  Entfettung  gebrauchte  und  von  denen  er  binnen  5  Wochen  fast 
1000  Stück  (k  0,3)  nahm,  noch  während  der  Medication  das  Auf- 
treten der  sämmtlichen  Sjnnptome  des  Morbus  Basedowii  bei  gleich- 
zeitigem rapidem  Gewichtsverlust  von  ca.  14°/o  seines  Gewichts  und 
einer  Glykosurie  massigen  Grades.  Nach  Aussetzen  des  Thyreoidea- 
gebrauches  bildeten  sich  zuerst  die  psychischen  Symptome  der  Auf- 
geregtheit und  Depression  zurück  und  gleichzeitig  die  Glykosurie, 
'iann  verschwanden  der  Reihe  nach  der  Tremor,  die  Tacliycardie, 
am  längsten  blieben  die  Schilddrüsenschwellung,  der  Exophthalmus 
und  die  übrigen  Augenphänomene  bestehen,  doch  waren  sie  nach 
10  Monaten  verschwunden« 

X^  n  Yi*  1 1  1  li  I*  P  R 

Holmes  (Philadelphia  medicalJoum.,  11.  Juni)  sah  bei  4  Kin-  vorkommen 
dem  derselben  Familie  den  vollständigen  Symptomencomplex  desMorbus 
'ies  Morbus  Basedowii,  ein  noch  nicht  veröffentlichtes  Vorkommniss.  Basetiown, 


Holmes. 


AI»  von  der  Oblongata  aus   angeregt   möchte  Lad  Hascovec  (Gaz. 
bebcL  Nr.  13)   die  Tachycardie  bei  Basedow'scher  Krankheit  ansehen 


104  Seeligmüller. 

Entstehung  auf  Grund  von  Thierversuchen :  intravenöse  Einspritzung  von  Schilddrüsen- 
^^^      .    safb  bewirkte  Herabsetzung  des  Blutdruckes  und  Beschleunigung  des  Pulses, 
von  der      ^^®  letztere  bleibt  nach  Durchschneidung  der  Nn.  vagi  oder  nach  Atropin, 
Oblongata    verschwindet  aber  nach  Durchschneidung  der  Oblongata. 
ans, 
Hascovec. 

Ed.  Boinet  (Recherches  sur  la  goltre  exophthalmique. 

Krankheit  8-  Rev.  de  mMec.  Nr.  7)   berichtet  über  15  noch  nicht  veröffentlichte 
Ml d  des      päUe  yon  Basedow'scher  Krankheit,   an  denen  die  ätioloffische  Be- 

MorbUS  __  ,  IT  rr  /.  . 

Basedowii,  Ziehung  ZU  nervöser  Veranlagung,  hereditär  nervösen  Zügen  fast  m 
Boinet.  allen  Fällen  ersichtlich  war.  Starke  Emotionen,  Zomausbrüche,  die  zu 
dieser  Krankheit  geführt  haben,  wirkten  auf  ein  bereits  prädisponirtes 
Nervensystem.  In  der  Frage  der  Verursachung  des  Basedow'schen 
Symptomencomplexes  vertritt  er  den  Standpunkt,  dass  es  sich  um 
eine  Neurose  handelt,  welche  besonders  auf  die  Centren  der  Me- 
dulla  oblongata  einwirkt;  dafür  spricht  die  grosse  Zahl  von  Sym- 
ptomen, welche  auf  das  vasomotorische,  das  Schweiss-,  das  Vomier- 
centrum, das  Centrum  der  Hamsecretion  hinweisen,  femer  auch  die 
Beziehungen  und  gelegentlichen  Combinationen  mit  einer  Reihe  von 
Erkrankungen  des  Bulbus  und  des  Cervicalmarkes.  Die  Struma 
sieht  er  demgemäss  für  ein  secundäres  Symptom  an,  das  durch  die 
krankhafte  Veränderung  des  vasomotorischen  Centrums  veranlasst 
wird,  dann  aber  seinerseits  durch  Uebersecretion  ungünstig  und  die 
Krankheit  steigernd  zu  wirken  vermag. 

Compiicirte  Complicirte  Fälle  haben  beschrieben :  D  i n k  1  e r  (Neurol.  Centralbl . 

^Morbur    Nr.  13,  S. 616)  mit  Hemiplegie  und  psychischen  Störungen. 
Basedowii,  —  Griffith  (Brit.  med.  Joum.,  August20)  xmd  Rosenmeyer  (Cen- 
Dinkler,       tralbl.  f.  pract.  Augenheilk.,  Mai,  S.  144)  mit  Hornhautgeschwür, 
Rosenmever    ^^^^c^ös  in  dem  Falle  von  Griffith  den  Verlust  beider  Augen  zur 
ühthoflf,       Folge  hatte.  —  Uhthoff  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  11)  da- 
gegen einen  Fall  von  linksseitiger  homonymer  Hemianopsie 
mit  XJebergreifen  auf  die  rechte  Gesichtshälfte,  complicirt  mit  doppel- 
Jacobsohn.     seitiger  Ophthalmoplegia  interna  und  Morbus  Basedowii.  — Jacob- 
sohn (ibid.  Nr.  7)   einen  Fall  von  Hemicranie,   einseitiger  Läb- 
mimg  des  Halss3rmpathicus  und  Morbus  Basedowii. 
Ingeirans.  Ingeirans  (Coincidenz  von  Tabes,  Morbus  Basedowii 

und  Epilepsie.  Echo  m^dical  du  Nord  S.  580)  beobachtete  einen 
Fall,  in  welchem  die  genannte  Trias  von  Symptomenbildem  sich 
bei  demselben  Individuum  fand.  Auf  Grund  eingehender  Erwä- 
gungen kommt  Ingeirans  zu  der  Anschauung,  dass  der  Base- 
dow,   auch  wenn  er  bulbär  bedingt  wäre,   und  die  Hinterstrang- 


Krankheiten  des  Nervensystems.  105 

Sklerose    hier   einfach   assocürt    sind    und    keine    gemeinschaftliche 
anatomische  Läsion  als  Ursache  haben,  wohl  eher  nervöse  Heredität. 

Die  operative  Therapie  der  Basedow-Krankheit  hat 
Jos.  Sorgo  (Centralbl.  f.  die  Grenzgebiete  der  Med.  u.  Chir.  Bd.  1,    Operative 
Nr.  6 — 8)   in   einer  Uebersicht  der  Todesursachen   von   den  in  den  ^!„  «^^»,"5 

'  ^  des  Morbus 

Jahren  1894 — 97  angeführten  Operationen  und  ebenda  Nr.  9  die  Er-  Basedowii, 

folge  besprochen.    Danach  wurden  bedeutende  Besserungen  in  15**/o,        Sorgo, 

deutliche  Besserungen  in  36  °/o ,   also  im  ganzen  51  °/o  Besserungen 

erzielt;  Heilung  in  28**/o,   keine  Besserung   oder  Verschlimmerung 

in  67«,  Tod  in  14®/o  notirt.    Einen  Fall,  wo  die  sehr  bedeutende  Bes- 

senmg  nach  halbseitiger  Kropfexstirpation  seit  6  Jahren   andauert, 

theilt  Jul.  Wolff  (Mitth.  aus  d.  örenzgeb.  Bd.  3,  Nr.  1,  S.  38)  mit,        Wolff. 

ausserdem   guten   Erfolg    von    derselben    Operation    in  5    weiteren 

Fällen  und  2mal  glänzenden  Erfolg.    Aehnlich  sind  die  Erfolge  von 

Arthur  Booth  (New  York  med.  Record,  August  13).  Booth. 

In  Frankreich  zieht  man  meist  die  Resection  des  Sympa- 
thicus  den  Kropfoperationen  vor,  so  F.  Combemale  und  H.  Gau-  Sympathico- 
'iier  (Un  cas  de  goitre  exophthalmique ;  action  dela  Sympathie o-   ß™'^^  ^j- ' 
tomie   [Operation  de  Jaboulay]   sur  Texorbitisme  et   sur  la  tachy-  Combemale  u. 
rardie.    L'^cho  m^d.  du  Nord  S.  220  ff.).     Eine  32jährige  Frau  war       Gandier. 
früher  mit  einem   latenten  Kropf  behaftet,   der  unter  unbekannten 
Einflüssen  zu  wachsen  anfing  und  dabei  von  Exophthalmie ,   Tachy- 
cardie  und  allen  Symptomen  der  Hyperthyreoidisation  begleitet  wurde, 
die  durch  eine  Thyreoidinmedication  noch  gesteigert  wurde.     Nach 
venig  wirksamem  medicamentösem  Versuch  entschloss  man  sich  in- 
folge der  bedrohlichen  Herzbeschwerden,   enormer  Tachycardie  mit 
Asystolie   und  Herzangst    die    Resection    des   Halssympathicus    zu 
machen.      Es    erfolgte   sofortiges   Zurückgehen   des    Exophthalmus, 
fierabgehen   der  Pulse   von   200  auf   90 — 100,  Verschwinden   aller 
Herzbeschwerden;  an  der  Schilddrüse  keine  Veränderung.     Die  Pa- 
tientin konnte  ihre  Thätigkeit  -^eder  aufnehmen.    Verff.  halten  da- 
nach   diese   Operation    bei  Basedow    dann    für  indicirt,   wenn   die 
Herzbeschwerden   prävaliren,   und    erklären   die   Wirkung  als   eine 
Herabsetzung  der  Hypersecretion  der  Schilddrüse. 

Myxödem« 

D.  J.  Wolfstein  (Infantiles  Myxoedema.  Americ.  joum. 
of  the  med.  scienc.  Nr.  3)  behandelte  ein  4'/* jähriges  Mädchen,  welches 
«Üe  classischen  somatischen  und  psychischen  Symptome  des  Myx- 


1 06  Seeligmüller. 

Schild-      Ödems   darbot,   mit  Thyreoidintabletten.     In  den   ersten   ]4  Tagen, 
^'^^®":    .  während  deren  tätlich  drei  Tabletten  {k  0,3)  gegeben  wurden,  trat 
infantilem   eine  Gewichtsabnahme  von  19 V«  auf  13^2  Pfund  ein,  bedingt  durch 
Myxödem,    ein  förmliches  Wegschmelzen  der  myxödematösen  Massen,  femer  eine 
Wolfstem.     yQÜg^ändige  Umwandlung  des  bisher  stupiden  psychischen  Verhaltens 
in  hochgradige  Unruhe,  die  auch  den  nächtlichen  Schlaf  unmöglich 
machte.     Diese   letztere  Erscheinung  erwies   die  Herabsetzung  der 
täglichen  Dosis  auf  eine  Tablette  als  bedingt  durch  Ueberfütterung 
mit  Thyreoideasubstanz.    Die  Darreichimg  wurde  mit  1  */2  monatlicher 
Pause  wegen  Bronchitis  fortgesetzt  und   erzielte  eine  langsam,  aber 
stetig  fortschreitende  Entwickelung   des  Körpers  zu  gesunden  Ver- 
hältnissen und  auch  allmählichem  Erwachen  der  geistigen  Functionen. 

Schild-  A.  Magnus-Levy  (Untersuchungen  zur  Schilddrüsenfrage.   G  a  s  -  u  n  d 

drüsen-      Stoffwechseluntersuchungen    bei    Schilddrüsenfütterung    bei 

fr  k  Avonj  A    T}  O  i 

w„wx^«^     Myxödem,  Morbus  Basedowii  und  Fettleibigkeit   Zeitschr.  f.  klin. 
Myxödem,         •'  '  ^ 

Morbus  Med.  Bd.  33,  H.  3  und  4)  beobachtete  hochgradige  Steigerung  des  Gas- 
Basedowii,  wechseis  lun  60 — 90  %  der  Anfangswei-the  nur  bei  einem  Myxödempatienten ; 
Fettleibig-  ^^g^  einem  12jährigen  Kinde  mit  leichter  Struma  und  einer  älteren  Frau 
Magnus-Levy  °^^^  Morbus  Basedowii  fehlte  jede  Steigerung;  bei  einer  Kropfpatientin  und 
zwei  Fettleibigen  wurden  nur  vereinzelte  höhere  Werthe,  bei  drei  anderen 
Fettleibigen  und  einer  Kropfpatientin  eine  Steigerung  des  Sauerstoffv^er- 
brauches  um  10 — 157o,  bei  einem  Falle  mit  Stnuna  um  25  7o  constatirt.  Bei 
allen  positiven  Reihen  war  eine  cumulative  Wirkung  erkennbar  durch  lange 
Nachwirkung,  und  bei  geringen  Dosen  und  Dosirung  in  längeren  Fristen 
eine  Art  von  Gewöhnung.  Jodkali  und  Thyreoantitoxin  blieben  ohne  Effect. 
Bei  dem  Myxödempatienten  bestand  in  der  thyreoidinfreien  Zeit  Herab- 
setzung des  Gaswechsels,  der  Wärmebildung  und  des  Stickstoffwechsels; 
sowohl  Thyreoidintabletten  wie  Thyrojodin  steigerten  den  Gas-  und  Stick- 
stoffwechsel. Beim  Morbus  Basedowii  bestand  eine  Erhöhung  des  Sauer- 
stoffverbrauches,  die  mit  Bessenmg  der  Symptome  zurückging.  Bei  Fett- 
leibigkeit ist  eine  erhebliche  Herabsetzung  nicht  nachgewiesen,  für  geringere 
Grade  sind  die  Methoden  nicht  fein  genug.  Bei  Entfettung  durch  Thyreoidin 
entfällt  der  Hauptantheil  des  Gewichtsverlustes  auf  Wasserverlust;  femer 
aber  auch  häufig  beträchtlicher  Eiweissverlust ,  der  als  toxogener  aufzu- 
fassen ist,  da  er  nicht  durch  erhöhte  Nahrungszufuhr  zu  beseitigen  ist. 

Pathologie  \V.  Muratow  (Zur  Pathologie  des  Myxödems.    Neurol. 

M      '^d*         Centralbl.  Nr.  20)  zeigt  an  der  Hand  eines  Falls,  dass  das  congeni- 

Muratow,      tale  Mj'xödem  durch  völligen  Schilddrüsenmangel  nicht  nur  zu  einei- 

toxischen  Affection   der  Rindenzellen,   sondern  auch   zu   einer  Ent- 

wickelungshemmung,  besonders  der  Associationssysteme  führt.  —  L  u- 

v.  Korczynski.  dom  il  v.  Korczynski  (Einige  Bemerkungen  über  das  Myx- 


Krankheiten  des  Nervensystems.  107 

ödem.  Wiener  med.  Pr.  Nr.  36)  beschreibt  einen  Fall  von  Myx- 
ödem mit  Anacidität  und  motorischer  Schwäche  des  Magens,  Albu- 
minurie, erhöhten  Reflexen,  Colostrumsecretion  der  Brüste,  Anämie, 
Poikilocytose,  Megalocytämie  und  eosinophilen  Zellen  bei  einer  Frau 
von  41  Jahren.  Schilddrüsentherapie  bringt  wesentliche  Besserung, 
unter  anderem  Wiedereintritt  der  Menses  nach  öjähriger  Pause,  aber 
doch  nicht  völliges  Schwinden  aller  Nebensjnnptome.  Nach  dem 
Befund  in  verschiedenen  Stadien  der  Behandlung  gehören  dem  Myx- 
ödem als  solchem  zu  die  Megalocythämie ,  das  Auftreten  der  viel- 
leicht im  subcutanen  Gewebe  entstehenden  eosinophilen  Zellen  und 
ein  Ueberwiegen  der  Lympho-  und  Myelocyten  unter  den  weissen 
Blutkörperchen. 

Cecil  F.  Beadles  (Brit.  med.  Joum.,  April  9,  S.  947)  fandPathogenese 

des 

in  2   Fällen   von   Myxödem  die   Pituitaria  vergrössert,   dazu   die   Myxödems 
Thyreoidea  auch  in  einem  dritten  Falle  atrophisch  und  blutarm.  Beadles. 

Die  fibrigren  Neurosen. 

E.  Jendrässik  (Ueber  die  Hemiatrophia  faciei.    Deutsches  Hemi- 
Arch.   f.   kUn.  Med.  Bd.  59)   sucht  auf  Grund  klinischer  Beobach-  atrophia 
timgen  und  Erwägungen  der  Ursache  den  Sitz  dieser  Affection  in«  den  jendrass'ik. 
Kopfganglien  des  Sympathicus. 

MaxPickardt  (Die  Beeinflussung  des  Stoffwechsels      Morbus 
bei  Morbus  Addisonii    durch  Nebennierensubstanz.     Berl.   Addisonii, 
klin.  Wochenschr.  Nr.  33)  prüfte  bei  einem  34jährigen  Manne,   bei     wechsei, 
dem  alle  klinischen  Symptome  der  Bronzekrankheit  bestanden,   das      Pickardt. 
Verhalten  des  Stoffwechsels  vor  und  während  der  Darreichung  von 
Nebennierensubstanz.    Es  ergab  sich,  dass  während  in  der  Vorperiode 
das  Stickstoffgleichgewicht  ziemlich  leicht  zu  erhalten  war,  mit  Be- 
ginn der  Nebennierenfiitterung  sofort  eine  erhebliche  Steigerung  der 
Stickstoffausscheidung  eintrat,  die  in  den  ersten  4  Tagen  der  Medi- 
cation   progressiv   zunahm.     Das   Verhalten   nach   der    Fütterungs- 
periode konnte  nicht  festgestellt  werden,   da   der  Speisezettel  vom 
Patienten  weiterhin  nicht  innegehalten  werden  konnte.    In  einem  ana- 
logen Versuch  hatte  Senator  nicht  nur  keine  Steigerung  der  Stick- 
sToffausscheidung ,   sondern  vielleicht  sogar  eine  geringe  Verminde- 
nmg  derselben  zu  constatiren  geglaubt. 

• 

F.  Schwyzer  (Zur  Aetiologie   des  Morbus  Addisonii. 

New  Yorker   med.  Monatsschr.   Bd.  10,   H.  1)   beobachtete  3  Fälle 


208  Seeligmüller. 

Morbus  von  acut  verlaufender  Kachexie,  von  denen  2  die  charakteristische 
Addison! i,  Addison'sche  Hautverferbung  darboten;  in  allen  3  Fällen  erwies 
Schwyzer^*  ^^  Section  das  Bestehen  von  Lues  und  specieU  syphilitischen  Pro- 
cessen an  den  Nebennieren;  der  zuletzt  beobachtete  Fall  bot  noch 
das  Besondere,  dass  bei  ihm,  obwohl  die  Untersuchung  und  Anamnese 
keine  Zeichen  von  Lues  darbot,  eine  dennoch  vorgenommene  anti- 
syphilitische Behandlung  vorübergehende  Besserung  bewirkte.  Li 
allen  3  Fällen  war  nur  je  eine  Nebenniere  durch  den  Process  zer- 
stört, die  andere  sehr  wenig  davon  ergriffen. 

—  MeUno-  Fr.  Schultze  (Ueber  Melanoplakie  der  Mundschleim- 

plakie,  haut  und  die  Diagnose  auf  Morbus  Addisonii.  Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  46)  schliesst  aus  2  von  ihm  mitgetheilten 
Fällen  ohne  Autopsie,  dass  das,  wie  es  scheint,  gar  nicht  so  seltene 
Vorhandensein  der  Melanoplakie  der  Mundschleimhaut  auch  dann 
noch  nicht  zur  sicheren  Diagnose  von  Addison'scher  Krankheit  ge- 
nügt, wenn  zugleich  eine  bräunliche  Verfärbung  der  Haut  aus  un- 
klarer Ursache  vorhanden  ist. 

Migräne,  A.  Seeligmüller  hat  in   der  Eulenburg'schen  Encyklopädie 

A.SeeUgmtiUer.Bd.  16  eine  ausführliche  Darstellung  der  Migr&ne  gegeben. 


Atypisches  Als  „atypisches  Flimmerskotom"  bezeichnet  Rieh.  Hil- 

Flimmer-     p^rt  (Centralbl.  f.  Augenheilk.  Bd.  4,  S.  105)  gefärbte  Ringe,  welche 

Migräne      ^^  ^^'^  ersten  Falle  von  Migräne  blau  waren  und  sich  in  dem  ganzen 

Hilpert.       Gesichtsfeld  bewegten,  in  einem  zweiten  bunt  auf  braunem  Grunde. 

Arthritische         Als  Complication  der  Migräne  beobachtete  Clayton  Jones 

Anfälle  bei  (Lancet,  Jan.  29,  S.  320)   in  6  Fällen  arthritische  Anfälle   in 

Jones.  '     einem  Fussgelenke,  welches   schmerzte  und  etwas  anschwoll.     Ein 

solcher  Anfall  dauerte  12 — 20  Stunden  und  kehrte  jährlich  1 — 2mal 

wieder.     Sonst  war  von  Gicht  nichts  nachzuweisen. 

Hemicranie, 

Sym-  L.  Jacobsohn  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  7)  beobachtete 

pathicus-    einen  Fall  von  Hemicranie,  einseitiger  Lähmung  des  Hals- 

Morbus      sympathicus  und  Morbus  Basedowii  bei  einer  38jährigen 

Basedowii,  Frau,  die  seit  dem  21.  Lebensjahre  an  Hemicranie  litt. 
Jacobsohn. 

Migräne-  Koeppen  (Ueber  Migränepsychosen.    Versamml.  des  süd- 

psychosen,  westdeutschen  psychiatr.  Vereins  in  Karlsruhe,  1897,  Nov.)  theilt 

3  Beobachtungen  mit,  die  zu  beweisen  scheinen,  dass  es  Fälle  von 

eigenthümUchen  Psychosen  gibt,  die  in  besonderer  Beziehung  zur 


Krankheiten  des  Nenrensystems.  109 

Migräne  stehen  und  etwa  als  posthemicranische  Psychosen  den  post- 
epileptischen  Zuständen  gleichzustellen  wären;  der  vorhergehende 
Migräneanfall  ist  dabei  gewöhnlich  von  langer  Dauer  und  mit  sen- 
sorischen Erscheinungen  verbunden. 

J.  W.  Frieser  (Ueber  Migräne  und  deren  Behandlung. Therapie  der 
Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  35)  sah  einmal  Heilung  der  Migräne  Migräne, 
nach  Entfernung  eines  Nasenpolypen,  ein  anderes  Mal  nach  Auf- 
richtung des  retroflectirten  Uterus.  Er  sucht  die  eigentliche  Ursache 
des  Anfalls  in  einer  Zersetzung  des  Mageninhalts  durch  Fermente 
oder  Ptomaine.  Durch  eine  zweckmässige  Aenderung  der  Diät  er- 
zielte er  wiederholt  Besserung,  ja  Heilung.  Von  inneren  Mitteln 
rühmt  er  das  Mentholum  valerianicum,  das  Benzacetin  und 
Trephenin  zu  0,5  in  Pulver. 

Erwin  Thomson   (Methylenblau   in  seiner  Wirkung  —  Methylen- 

bei  nervösem  Kopfschmerz  und  Hemicranie.    St.  Petersb.     _.    *'*' 

^  .  Thomson. 

med.  Wochenschr.  Nr.  22)  wandte  m  5  Fällen,  darunter  bei  seiner 
eigenen  Hemicranie,  Methylenblau  in  Dosen  von  0,1  mit  gleicher 
Menge  Muskatnuss  an  und  erzielte  damit  sehr  zu  weiterem  Gebrauch 
bei  nervösem  Kopfschmerz,  Migräne  und  verwandten  Zuständen  auf- 
mmitemde  Resultate.  Unangenehme  Nebenwirkungen  sind  dunkel- 
grüne Färbung  des  Harnes,  unangenehmer  Geruch  desselben,  starker 
Harndrang,  einmal  auch  Erbrechen. 

Sarason  (Hannover),   Ein  Apparat  zur  mechanischen     —  Mecha- 
Behandlung  des  Kopfschmerzes  (Deutsche  med.  Wochenschr.      /^^^^^^ 
Nr.  9).    Eine  halbringformige  Feder,  die  um  den  Hinterkopf  liegend      saraaon. 
durch  zwei  Pelotten  die  beiden  Arteriae  temporales  an  den  Schläfen 
comprimirt,  wird  besonders  für  angioparalytische  Migräne  empfohlen. 

R.  Stintzing  (Wesen  und  Behandlung  des  trauma-  Wesen 
tischen  Tetanus.  Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  40)  fasst  die  Re-^®^  Tetanus. 
sultate  der  Untersuchungen  anderer  Autoren  und  seiner  eigenen  in 
folgenden,  theüs  feststehenden,  theils  hypothetischen  Anschauungen 
über  die  Pathogenese  des  Tetanus  zusammen.  Der  TetanusbaciUus 
erzeugt  an  dem  Orte  seiner  Ansiedlung  (Wxmde  oder  Impfstelle) 
Toxine.  Diese  gelangen  theils  in  die  Blutbahn  (bei  Thieren)  und 
können  von  dieser  aus  wirksam  werden.  Im  wesentlichen  aber 
werden  sie  längs  der  nahe  gelegenen  Nerven,  vermuthlich  in  den 
Haschen  des  Perineuriums,  deren  Flüssigkeit  eine  besondere  Attrac- 
tionskraft  eigen  zu  sein  scheint,  zum  Rückenmarke  fortgeleitet.  In 
'ien  Subarachnoidealraum  oder  unmittelbar  in  das  Rückenmark  ge- 


110 


Seeligmüller. 


Stintsdng, 


Courmont, 


Wesen  langt,  entfalten  sie  (bei  Thieren)  ihre  toxische  Wirkung  zunächst 
®|^.^®j^*°"*'von  der  Binmündungsstelle  aus  und  erzeugen  somit  zunächst  den 
örtlichen  Tetanus.  Wird  Gift  in  genügender  Menge  weiter  produ- 
cirt  und  zugeleitet,  so  erzeugt  es  regionär  bis  zum  allgemeinen  Te- 
tanus fortschreitende  Krämpfe.  Meist  jedoch  breiten  sich  bei  diesem 
die  Krämpfe  ohne  Regel  aus,  vermuthlich  weil  die  Toxine  in  den 
weiteren  mit  Flüssigkeit  angefüllten  Räumen  rascher  diffundiren. 
Den  Angrüfspunkt  für  das  Tetanusgift  bilden  jedenfalls  die  moto- 
rischen Ganglienzellen  in  den  Vorderhömem,  die  unter  Einwirkung 
des  Giftes  in  einen  Zustand  erhöhter  Erregbarkeit  gerathen.  Dass 
die  neuerdings  gefimdenen  morphologischen  Veränderungen  dieser 
Zellen  einen  dem  Tetanus  eigenartigen  Befund  darstellen,  ist  noch 
fraglich. 

J.  Courmont,  Doyen  undPaviot,  La  contracture  tetanique 
n'est  pas  fonction  d'une  lesion  appr^ciable  des  cellulee  ner- 
veuses  mdduUaires  (Arch.  de  physiologie  Nr.  1).  Controllversuche  zu 
den  zuerst  von  Marinesco  beschriebenen  Zellveränderungen  nach 
experimentellem  Tetanus  an  Kaninchen  —  Veränderungen,  welche  durch 
die  NissTsche  Methylenblaufärbung  nachweisbar  und  für  den  Tetanus 
charakteristisch  sein  sollten  —  fielen  vollständig  negativ  aus.  Die  als 
pathologisch  angesehenen,  homogen  dunkelblau  gefärbten  Zellen  fanden 
sich  ebenso  auch  im  Rückenmark  ganz  gesunder  Thiere.  In  mit  Pikro- 
carmin  und  Safranin  gefärbten  Präparaten  waren  die  gleichen  Elemente 
gefärbt  wie  in  den  Methylenblaupräparaten,  deren  Vortheile  nur  darin  be- 
stehen, dass  sie  schärfer  differenziren  und  eventuell  vorhandene  bacterielle 
Einschlüsse  erkennen  lassen.  Auch  in  der  menschlichen  Pathologie  haben 
die  Verff.  mehrfach  die  Erfahrung  gemacht,  dass  die  NissTsche  Methode, 
allein  angewendet,  unstreitig  zur  Annahme  pathologischer  Veränderungen 
gefuhrt  hätte,  wo  Controllfärbungen  mit  den  genannten  Reagentien  nor- 
male Verhältnisse  bewiesen.  Sie  warnen  deshalb  vor  voreiligen  Ver- 
werthungen  solcher  Ergebnisse  der  Nissl'schen  Färbimg  und  empfehlen 
fortgesetzte  ControUe  durch  die  älteren  erprobten  Methoden. 

Livio  Vincenzi,  Tritt  im  menschlichen  Blute  nach  über- 
standenem  Tetanus  Antitoxin  auf?  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  16.)  Von  einem  mittelschweren,  ohne  Antitoxin  behandelten  und  ge- 
nesenen Tetanusfalle  eines  44jährigen  Mannes  entnahm  Verf.  am  Ent- 
lassungstage 150,0  ccm  Blut  aus  der  Vena  cephalica.  Die  mit  dem  daraus 
gewonnenen  Serum  angestellten  Versuche  Hessen  keine  immunisirende  oder 
heilende  Wirkung  desselben  erkennen.  Verf.  schliesst  also  daraus,  dass  in 
diesem  Serum  keine  Spur  von  Antitoxin  enthalten  gewesen  sei.  Behring 
bestreitet  in  einer  der  Arbeit  angefügten  Kritik,  dass  die  Versuche  für  die 
letztere  Behauptung  beweiskräftig  seien;  für  ihn  beweisen  "sie  nur,  dass 
nach  überstandenem  Tetanus   kein  Tetanustoxin   im  Blute  mehr  frei  war. 


Vincenzi, 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


111 


F.  Ransom  (Das  Schicksal  des  Tetanusgiftes  nach  seiner  in- 
testinalen Einverleibung  in  den  Meerschweinchenorganismus  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  Nr.  8)  fand,  dass  das  Tetanusgift  vom  intacten  Magendarm- 
kanal aus  unschädlich  ist,  sogar  in  sehr  grossen  Dosen.  Es  wird  weder 
vom  Magen,  noch  vom  Darm  absorbirt;  infolge  dessen  erscheint  weder 
Gift  noch  Antitoxin  im  Blute.  Es  wird  im  Magendarmkanal  nicht  zer- 
stört, sondern  fliesst  unverändert  durch  den  ganzen  Kanal  und  wird  per 
anum  ausgeschieden. 

Wilhelm  Göbel  (Monatsschr.  f.  Psychiatrie  u.  Neurol.  Bd.  3)  fand 
bei  einem  am  9.  Tage  trotz  Tetanus  antitoxin  gestorbenen  Tetanus- 
kranken makroskopisch  Gehirn  und  Rückenmark  unverändert,  mikro- 
skopisch dagegen  mit  der  M  a  r  c  h  i  -  und  N  i  s  s  1-  Methode  an  den  Strängen  und 
den  Cranglienzellen  des  Rückenmarks  interessante  Yerändeinrngen ,  ebenso 
P^choütre  (Comptes  rendus  de  la  Soc.  de  Biologie,  25.  Juni)  bei  mit  einer 
virulenten  Tetanuscultur  inficirten  Kaninchen;  besonders  verloren  die 
Ni Barschen  Granula  ihre  regelmässige  Anordnung  und  zerfielen  zu  gleicher 
Zeit  in  feinen  kaum  noch  sichtbaren  Staub. 

Siegfried  Tauner  (Ein  Beitrag  zur  Kenntniss  des  Tetanus 
des  Menschen.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  31,  S.  747)  sieht  in  seinem 
sehr  genauen  mikroskopischen  Befunde  eines  schnell  verlaufenen  Tetanus 
als  die  wesentliche  Veränderung  im  Rückenmark  die  nicht  nur  durch  die 
neueren,  sondern  schon  durch  ältere  Methoden  nachweisbare  hochgradige 
Schwellung  der  Kemkörperchen  an,  die  nicht  nur  in  seinem  Falle  die  Zell- 
bilder beherrschte,  sondern  auch  bereits  von  anderen  bei  experimentellem 
und  menschlichem  Tetanus  constatirt  worden  ist. 

Tetanusantitoxische  Eigenschaften  des  normalen  Cen- 
tralnervensystems  constatirten  Wassermann  und  Takaki  (Berlin, 
klin.  Wochenschr.  Nr.  1)  in  dem  Centralnervensystem  des  Meerschweinchens, 
der  Taube,  des  Kaninchens,  Pferdes  und  Menschen.  Die  antitoxische  Kraft 
wohnt  den  Zellen  und  nicht  etwa  einer  in  dem  Centralnervensystem  ent- 
haltenen wasserlöslichen  Substanz  inne. 


Ransom, 


Göbel, 


Pöchoütre, 


Taoner, 


Wassermann 
u.  Takaki. 


F.  Köhler  (Zum  gegenwärtigen  Stand  der  Serumtherapie      Serum- 
des  Tetanus.     Münch.   med.  Wochenschr.    Nr.  46,  S.  1470)  fasst  *^®"P'®  *®^ 

Tetanus, 
aas  Resultat  einer  Statistik  von  96  Fällen  in  folgenden  Sätzen  zu-       Köhler, 

sammen :  Eine  Statistik  über  96  mit  Tetanusserum  behandelte  Fälle 
gibt  procentual  ein  etwas  günstigeres.  Resultat  als  früher 
vor  der  Serumbehandlung.  Ein  allgemein  gültiger  Modus  für  eine 
Erfolg  bestimmt  in  Aussicht  stellende  Anwendung  des  Tetanusserums 
läset  sich  nicht  aufstellen;  eine  Statistik  (31  Fälle)  innerhalb  der 
ersten  2  Tage  nach  Ausbruch  der  Erscheinungen  mit  Tetanusserum 
behandelter  Fälle  ergibt  heute  eine  Mortalität  von  64,5  **/o.  Die  Wir- 
kung des  Tetanusserums  ist  vielleicht  in  einzelnen  Fällen  eine  un- 
mittelbar eingreifende,  selten  ist  es  ohne  jeden  Einfluss,  meist  von 


112 


Seeligmüller. 


Serum-      allmählichem  Erfolge,  stets  ohne  bedeutsame  Nebenwirkungen.     Es 
therapie  des^j^pß^y^  sich  die  Anwendung  des  Tetanusserums  frühzeitig,  in 

J^  O  ^  n  Mm  (iL  Ba  ^^ 

Köhler,  grossen  Dosen,  in  wiederholter  Injection.  Mit  der  Länge  der 
Incubation  wächst,  wie  vor  der  Serumtherapie,  die  Aussicht  auf  Er- 
folg. Auch  die  vor  der  Serumtherapie  als  sehr  ungünstig  geltenden 
Fälle  von  Tetanus  puerperalis  scheinen  durch  Tetanusserum  günstig 
Heddaeus.  beeinflusst  werden  zu  können.  —  A.  Heddaeus  (Ueber  den  heutigen 
Stand  der  Therapie  des  Tetanus  traumaticus.  Münch.  med. 
Wochenschr.  Nr.  11 — 13)  kommt  nach  seinen  eigenen  4  und  nach  den 
in  der  Litteratur  beschriebenen  Fällen  zu  einem  günstigen  Urtheil 
über  die  Antitoxintherapie,  doch  betont  er  den  unterstützenden  Werth 
der  bisher  gebrauchten  Maassnahmen,  der  Zerstörung  des  primären 
Heerdes,  der  Verwendung  von  sedativen  und  narkotischen  Mitteln, 
der  Elimination  des  Giftes  aus  dem  Körper. 


Tetanus- 
tozin  und 
•antitozin, 
Blumenthal. 


Ferdinand  Blumen thal,  lieber  die  Veränderung  de» 
Tetanusgiftes  im  Thierkörper  und  seine  Beziehung  zum 
Antitoxin  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  12).  Das  den  Versuchsthieren 
eingespritzte  Tetanusgift  findet  man  bei  gewissen  Thierarten  vollständig 
im  Blute  wieder  (z.  B.  beim  Meerschweinchen),  bei  anderen  nur  zu  einem 
gewissen  Bruchtheile  (z.  B.  Kaninchen).  Bei  Kaninchen  zeigt  sich  der 
Tetanus  40  Stunden  nach  der  Injection,  und  zu  dieser  Zeit  war  im  Organis- 
mus kein  wirksames  Gift  mehr  nachzuweisen,  nachdem  von  der  12.  Stunde 
nach  der  Injection  an  dasselbe  je  länger  je  mehr  abgenommen  hatte  und 
andererseits  seine  Wirkimg  an  den  damit  behandelten  Mäusen  mehr  in  clo- 
nischen  Krämpfen,  Paraplegie  und  Goma  bestanden  hatte.  Dass  diese  clo- 
nischen  Krampfformen  mit  dem  einverleibten  Gifte  in  ursächlichem  Zu- 
sammenhange stehen,  bewiesen  ControUversuche  mit  Organsäften  von  mit 
anderen  Bacteriengiften  vergifteten  Kaninchen,  die  eine  viel  geringerö  Giftig- 
keit besassen  und  nicht  die  charakteristischen  Krämpfe  zu  erzeugen  im 
Stande  waren.  Dieses  gesetzmässig  wechselnde  Verhalten  der  Organsäfte  mit 
Tetanus  vergifteter  Kaninchen  erklärt  Blumen  thal  als  den  Ausdruck  einer 
allmählichen  Bindung  des  Toxins  durch  Bestandtheile  von  Gewebszellen; 
das  so  gebundene  Toxin  wirkt  auf  andere  Organismen  übertragen  nicht 
mehr  giftig,  in  dem  Organisnms,  in  dem  es  entstand,  ist  es  aber  die  Ur- 
sache der  Krämpfe.  Der  Zeljenbestandtheil,  mit  dem  das  Toxin  die  eigent- 
lich Tetanus  erzeugende  Verbindung  eingeht,  ist  das  im  Hirn  und  Rücken- 
mark der  für  Tetanus  empfänglichen  Thierspecies  vorhandene  Antitoxin, 
welches  im  Nervensystem  der  immunen  Species  ganz  zu  fehlen  scheint. 
Dass  beide  Substanzen  eine  chemische  Verbindung  eingehen,  erschliesst 
Blumenthal  aus  folgenden  Beobachtungen:  eine  antitoxisch  wirkende  Auf- 
schwemmung von  Himsubstanz  lässt  nichts  von  ihrem  AntitoxingehaJt  fil- 
triren;  versetzt  man  sie  mit  einer  an  sich  filtrirbaren  Toxinlösung,  so  geht 
auch  kein  Toxin  ins  Filtrat  über;  nur  wenn  man  die  letztere  im  Ueber- 


Krankheiten  des  Nervensystems. 


113 


schoss  zufügt,  so  filtrirt  der  üeberschuss  das  ungebundene  Toxin.  Für  die 
Tetanosheilserumtherapie  ergibt  sich  hieraus,  dass  das  Heilserum  nur  das 
noch  nicht  gebundene  Toxin  zu  paralysiren  vermag,  gegen  das  bereits  ge- 
bimdene  und  krampferzeugende  machtlos  ist;  daher  B  ehr  in  g's  Satz:  dass 
der  Erfolg  des  Heilserums  abhängig  ist  von  der  Schnelligkeit,  mit  der  es 
nach  Beginn  der  ersten  tetanischen  Symptome  angewendet  wird. 

Arndt   (Die   bisherigen   Ergebnisse   der   Anwendung   des   Die  Sern m- 
Behring'schen    Tetanusantitoxins     in    der    Veterinärmedicin.  t^orapie  des 
Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  4)  referirt  die  bisherigen  Veröffentlichungen       in  der 
über  die  Antitoxinbehandlung  von  Pferden  und  findet,  dass  von  74  Thieren    Veterinär- 
33  geheilt  wurden.    Ein  Autor  lässt  das  Antitoxin  nur  als  ausgezeichnetes     medicin, 
Praventivmittel  gelten.  •  '^™^*- 


R.  Sievers  (lieber  Tetanie  bei  Dilatatio  ventriculi. 
Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  31  u.  32)  kritisirt  die  Ansicht,  dass 
die  Tetanie  in  solchen  Fällen  durch  Salzsäureüberschuss  bedingt  sei. 
Allerdings  sei  die  starke  Dilatation  meist  durch  Ulcus  ventriculi 
hervorgerufen  und  demnach  Salzsäureüberschuss  nachweisbar,  es 
komme  aber  Tetanie  bei  Magenerweiterung  auch  ohne  Ulcus  bezw. 
Ulcusnarben,  ja  sogar  bei  Salzsäuremangel  vor. 

Greo  W.  Ja«coby  (Zur  Myotonie-  New  Yorker  med.  Monats- 
schrift Nr.  8,  S.  385)  berichtet  zunächst  über  zwei  Fälle  von  er- 
worbener Myotonie,  die  er  von  dem  congenitalen  Typus  geschieden 
haben  will.  AUe  FäUe,  welche  die  charakteristischen  Zeichen  myo- 
tonischer  Bewegimgsstörung  und  Beaction  nicht  darbieten,  sondern 
nur  einen  tonischen  Spasmus  bei  oder  nach  activen  Bewegungen, 
sollte  man  nach  SeeligmüUer's  Vorschlag  als  ,Intentions- 
kramp r  bezeichnen.  Solche  Intentionskrämpfe  können  mit  einer 
ganzen  Beihe  anderer  Störungen,  auch  solcher  der  Myotonia  con- 
genita einhergehen.  Sie  treten  besonders  auf  bei  Hysterie,  Tetanie 
und  Beschäftigungsneurosen. 

Bonhöffer  (Ein  der choreatischen Bewegung  anscheinend 
constant  zugehöriges  Symptom.  74.  Sitzung  d.  Ver.  ostd. 
Irrenärzte  zu  Breslau.  Lähr's  Zeitschr.  Nr.  4)  weist  auf  Fehlen  des 
Muskeltonus  und  auf  Gelenkrelaxation  hin,  auch  auf  manchmal  zu 
lindende  Anomalieen  der  Sehnenreflexe,  und  erinnert  an  den  Zu- 
sammenhang von  Läsionen  der  hinteren  Wurzeln  und  des  Kleinhirns 
mit  abnormer  Muskelschlaffheit.  Er  glaubt,  dass  die  choreatische 
Bewegung  durch  „centripetale  Störungen"  veranlasst  werde  und  dass 

m  ihrer  Form  nach  der  Willkürbewegung  nahe  stehe. 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  g 


Tetanie, 
Sievers. 


Myotonie, 
Jacoby. 


Chorea, 
Bonhöfler. 


114  Seeligmüller. 

Huntington-  F.  C.  Facklam  (Beiträge  zur  Lehre  vom  Wesen  der  Hunting» 
^""^Fafkii^^*'  ton'schen  Chorea.  Arch.  f.  Psychiatr.  Bd.  30,  H.  1)  berichtet  über 
8  Beobachtungen,  darunter  einen  Fall  mit  Autopsie  und  histologischer 
Untersuchung.  Auf  Grund  dieses  Materials  weist  er  der  Hunting- 
tonischen  Chorea  eine  Sonderstellung  zu;  der  typische  Beginn  im 
4.  Jahrzehnt  des  Lebens,  meist  auf  erblicher  Basis,  der  chronische, 
progressive  Verlauf,  die  Unheilbarkeit ,  die  psychischen  Störungen 
von  degenerativem  Charakter,  deren  Substrat  schwere  organische 
Veränderungen  der  Hirnrinde,  bestehend  in  chronischen  meningo- 
encephalitischen  Processen  mit  Atrophie  büden. 
CoUins.  JosephCoUins  (Americ.  Joum.  of  med.  Sciences, Sept.,  S.  276) 

fand  in  einem  Falle  von  Huntington'scher  Chorea  bei  einem 
55jährigen  Mann,  dessen  Mutter,  sowie  deren  Schwester  und  Vater 
an  demselben  Uebel  gelitten,  eine  chronische  parenchymatöse  Degene- 
ration der  Hirnrinde,  vorzugsweise  in  der  Nachbarschaft  der  Central- 
furche,  mit  consecutiven  und  secundären  Veränderungen  im  inter- 
stitiellen Gewebe  und  den  Gefessen,  Atrophie  der  Hirnrinde,  Etat 
cribl6,  langsam  fortschreitende  Degeneration  der  Ganglienzellen,  Zu- 
nahme des  GHagewebes,  Erweiterung  der  pericellulären  Zwischen- 
räume; Fehlen  von  punktförmigen  Hämorrhagieen;  leichte  Degene- 
ration der  gekreuzten  Pyramidenstränge  im  Bückenmark. 

Unfall-  Paul  Schuster  (Zur  Beurtheilung  der  Rückenschmerzen  bei 

nerven-  Unftdlpatienten.  Berl.  kHn.  Wochenschr.  Nr.  10)  theüt  die  grosse 
Schuster,  Zahl  der  Unfallpatienten,  in  deren  Krankheitsbild  die  Klagen  über 
Rückenschmerzen  eine  RoUe  spielen,  in  drei  Kategorieen:  1.  die  ge- 
wöhnlichen Hypochonder,  Hysteriker  und  Neurastheniker,  bei  denen 
der  Schmerz  meist  nur  nebenbei,  neben  vielen  anderen  Klagen  an- 
gegeben wird;  2.  die  sog.  KümmelPsche  Krankheit,  eine  nach  trau- 
matischer Erschütterung  der  Wirbelsäule  auftretende  und  schleichend 
verlaufende  Wirbelerkrankung,  die  zu  Deformität  der  Wirbelsäule 
(Gibbus,  wenn  auch  leichten  Grades,  und  Kyphose)  führt.  Verf.  hält 
für  den  wichtigsten  Punkt  der  Differentialdiagnose  eine  irgendwie 
nachweisbare  Wirbeldifformität ,  ohne  diese  ist  es  schwierig,  diese 
organische  Erkrankung  von  dem  dritten  Symptomenbilde,  bei  dem 
die  Klage  über  Rückenschmerz  im  Vordergrunde  steht,  zu  unter- 
scheiden; derselbe  wird  als  continuirlicher,  bei  jeder  Körperlage 
fortbestehender,  bei  Bewegungen  gesteigerter  beschrieben.  Die 
Wirbelsäule  ist  krankhaft  gestreckt;  eine  Biegung  der  Wirbelsäule 
wird  ängstlich  vermieden,  ist  aber  möglich.  Die  langen  Rücken- 
muskeln befinden  sich  dabei  andauernd  im  Zustande   einer  wahr- 


Krankheiten  des  Nervensystems.  115 

scheinlich  reflectoiischen  Anspannung,  ausgelöst  durch  den  primären 
Schmerz. 

F.  Egger  (Casuistische  Beiträge  zur  Frage  der  func-  Egger. 
tionellen  ünfallnervenkrankheiten  [traumatische  Neu- 
rosen]. Jahresber.  der  Allg.  Poliklin.  zu  Basel)  kommt  an  der 
Hand  seiner  Fälle  zu  folgenden  Schlüssen.  1.  Statt  von  objectiven  und 
subjectiven,  spricht  man  besser  von  simulirbaren  und  nicht  simulir- 
baren  Zeichen.  Unter  den  letzteren  bewährt  sich  dasMannkopfsche 
Symptom,  der  sphygmographisch  zu  beobachtende  plötzliche  Anstieg 
der  Pulszahl  bei  Zufiigung  eines  Schmerzes,  z.  B.  eines  Druck- 
schmerzes, ein  Symptom,  das  von  der  geringeren,  allmählichen  Puls- 
beschleunigung durch  psychische  Erregung  sicher  zu  unterscheiden 
ist.  Bewegungen  sind  während  des  Versuchs  von  dem  Patienten 
zu  vermeiden.  2.  Die  klinische  Bedeutung  einer  krankhaften  Störung 
wird  wesentlich  mit  bestimmt  durch  die  Situation,  in  welche  gesetz- 
liche Bestimmungen  den  Patienten  bringen. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

A.  Adamkiewiez,  Die  Funetionsstörungen  des  Grosshims.    Hannover. 

6.  Adolf,  Die  Gefahren  der  künstlichen  Sterilität,  besonders  in  ihrer  Be- 
ziehung zum  Nervensystem.    4.  Aufl.    Leipzig. 

H.Charlton  Bastian,  A  treatise  on  aphasia  and  other  speech  defects. 
London« 

T.  Cohn,  Leitfaden  der  Elektrodiagnostik  und  Elektrotherapie.  Für  Prak- 
tiker und  Studirende.    Berlin. 

S.  Erben,  Klinische  XJntersuchmigen  über  Muskelrheumatismus  (Nacken- 
schmerz, Ereuzschmerz).  Beiträge  zur  klinischen  Medicin  mid  Chirur- 
gie.   Hefb  19.    Wien  und  Leipzig. 

B.  Erdmann  und  R.  Dodge,  Psychologische   Untersuchungen  über  das 

Lesen.    Auf  experimenteller  Grundlage.    Halle  a.  8. 

C.  ¥6r^,  La  famille  neuropathique.    2.  4dit.    Paris. 

L.  y.  Frankl- Hoch  wart  und  0.  Zucker  kandl,  Die  nervösen  Er- 
krankungen der  Blase.  Handb.  der  spec.  PathoL  u.  Therapie  von 
H.  Nothnagel.    Wien. 

F.  Gattel,  Heber  die  sexuellen  Ursachen  der  Neurasthenie  und  Angst- 
neurose. 

A.  Goldscheider,  Gesammelte  Abhandlungen.  Bd.  1:  Physiologie  der 
Hautsinnesnerven.    Leipzig. 

Derselbe,   Die  Bedeutung  der  Reize  im  Lichte  der  Neuronlehre.    Leipzig. 

A.  Goldscheider  und  E.  Fiat  au,  Normale  und  pathologifiche  Anatomie 
der  Nervenzellen.    Auf  Grund  der  neueren  Forschimgen.    Berlin. 


116  SeeligmflUer. 

H.  Gutzmann,  Die  practische  Anwendung  der  Sprachphysiologie  beim 

ersten  Leseunterricht.    Berlin. 
Derselbe,  Ueber  die  Verhütung  und  Heilung  der  wichtigsten  Sprachstörungen. 

München. 
Derselbe,   Das  Stottern.     Eine  Monographie  für  Aerzte,  Pädagogen  und 

Behörden.    Frankfurt  a.  M. 
HenryHead,  Die  Sensibilitätsstörungen  der  Haut  bei  Yiscenderkrankungen. 

Deutsch  von  W.  Seiffer.    Berlin. 
£.  Hitzig,  Der  Schwindel.    Aus  NothnageFs  Pathol.  und  Therapie. 
Hochstetter,  Beiträge  zur  Entwickelungsgeschichte  des  Gehirns.  Stuttgart. 
A.  Ho  ff  mann,  Ueber  die  Anwendung  der  physikalischen  Heilmethoden 

bei  Nervenkrankheiten  in  der  Praxis.    Halle  a.  S. 
W.  Elaas,  Ueber   conjugirte  Augenablenkung  bei  Gehimerkrankungen. 

Marburg. 
R.  V.  Erafft-Ebing,  Arbeiten  aus  dem  Gesammtgebiet  der  Psychiatrie 

und  Neuropathologie.    3.  Heft.    Leipzig. 
Leopold   Laquer,  Allgemeine   Elektrotherapie.     Aus   Eulenburg's   und 

SamueFs  Lehrbuch   der  allgemeinen  Therapie.    Wien  und  Leipzig. 
Derselbe,  Ueber  die  allgemeine  schwere  Myasthenie.    Sammlung  klinischer 

Vorträge  N.  F.  Nr.  205.    Leipzig. 
A.  Liebmann,  Vorlesungen  über  Sprachstörungen. 

H.  Liepmann,  Ein  Fall  von  reiner  Sprachtaubheit.   (Psychiatr.  Abhand- 
lungen.)   Breslau. 
Heinrich  Lorenz,  Die  Muskelerkrankungen.    NothnageFs  Spec.  Pathol. 

und  Therapie  Bd.  11,  3.  Theil,  1.  Abth. 
W.  Macewen,  Die  infectiös-eitrigen  Erkrankungen  des  Gehirns  und  Rücken- 
marks, Meningitis,  Himabscess,  infectiöse  Sinusthrombose.    Autori- 

sirte  deutsche  Ausgabe  von  P.  Rudioff.    Wiesbaden. 
P.  J.  Möbius,  Vermischte  Aufsätze.    5.  Heft  der  Neurologischen  Beiträge. 

Leipzig. 
E.  Nebelthau,   Gehimdurchschnitte  zur  Erläuterung  des  Faserverlaufs. 

Je  83  chromolithographische  und  Erläuterungstafeln  nebst  kurzem 

Text.    Wiesbaden. 
H.  Oppenheim,  Lehrbuch  der  Nervenkrankheiten.    2.  Aufl.     Berlin. 
A.  Pick,  Beiträge  zur  Pathologie  und  pathol.  Anatomie  des  Centralnerven- 

systems.     Berlin. 

A.  Pitres,  L'aphasie  amn^stique  et  ses  vari^t^s  cliniques.    Le^ons  faites 

ä  l'höpital  St.-Andr^  de  Bordeaux. 

B.  Pollack,  Die  Färbetechnik  des  Nervensystems.    2.  Aufl. 
Saint-Paul,  Essais  sur  le  langage  Interieur.  Bibliothöque  de  psychologie.  ParLs. 
H.  Schlesinger,   Beiträge   zur  Klinik   der  Rückenmarks-   und  Wirbel- 
tumoren.   Jena. 

Fr.  Schnitze,  Lehrbuch  der  Nervenkrankheiten.  1.  Band:  Destructive 
Erkrankungen  des  peripheren  Nervensystems,  des  Sympathicus,  des 
Rückenmarks  und  seiner  Häute.    Stuttgart. 


Krankheiten  des  Nervensystems.  117 

] 
P.  Schuster,  Die  Untersuchung  und  Begutachtung  bei  traumatischen  Er-  i 

krankungen  des  Nervensystems.   Ein  Leitfaden  für  Practiker.    Berlin.  i 

Otto  Schwarz,   Die  Bedeutung   der  Augenstörungen   für   die  Diagnose 

der  Hirn-  und  Rückenmarkskrankheiten.    Berlin. 
C.  Schwidop,  Sprache,  Stimme  und  Stimmbildung.    Karlsruhe. 
Sternberg,  Die  Akromegalie.    Mit  16  Abbildungen. 
M.  Verworn,  Beiträge  zur  Physiologie  des  Centralnervensystems.    1.  Theil : 

Die  sogenannte  Hypnose  der  Thiere.    Jena. 
W.  Wagner   und  P.  Stolper,   Die  Verletzungen   der  Wirbelsäule   und 

des  Rückenmarks.    Deutsche  Chirurgie.    Lieferung  40.     Stuttgart. 


n,  2.  Psychiatrie. 

Von  Dr.  Lewaldy  Besitzer  und  leitendem  Arzt  einer  Heilanstalt  für 
Nerven-  und  Gemüthskranke  zu  Obemigk  bei  Breslau. 

I.  Anatomie  und  pathologisehe  Anatomie. 

Auch  in  diesem  Jahre  berichten  eine  Reihe  von  Arbeiten  über  solche 
Befunde  auf  dem  Gebiete  der  Pathologie  der  Ganglienzelle, 
welche  mittels  der  Nissrschen  oder  einer  ihr  analogen,  zu  demselben  Ziele 
führenden,  Methode  erhoben  worden  sind.  Noch  gar  viele  wichtige  Fragen 
harren  aber  trotz  eifrigster  Arbeit  und  trotz  Beibringung  reichlichen  Ma- 
terials einer  einmüthigen  Beantwortung.  So  ist  z.  B.  noch  keine  Einigung 
erzielt  bezüglich  des  Baues  des  Grundplasmas  der  Zelle,  das  nach  den  An- 
gaben der  einen  Autoren,  als  deren  bedeutendsten  Vorkämpfer  wir  wohl 
Structnr  v.  Lenhossek  ansehen  können,  eine  netzartige  (pseudowabige)  Struetur 
der  zeigen  soll,  während  andere,  unter  denen  Flemming  in  erster  Linie  ge- 

anK    en-    j^g^^^^  werden  muss,  mit  Entschiedenheit  für  den  Aufbau  des  Zellengrund- 
V.  Lenhossek,  plfl'Smas  aus  Fibrillen  eintreten.  Ebenso  ist  die  Controverse  über  den  ana- 
tomischen Charakter  der  Granula,  die  V.  Lenhossek  als  Tigroidkömchen, 
Goldscheider    Goldscheider  und  F 1  a t a u  aber  als  N i s s Tsche  Zellköiperchen bezeichnen, 
u.  FUtau,     jjQ(jh  jgu  keinem  definitiven  Abschluss  gekommen;  Nissl  hält  sie  für  sehr 
'         verschiedenartig  gebaute  „  Substanzportionen "  im  Zellleibe  und  bestreitet, 
dass  sie  durchweg  einen  Aufbau  aus  einzelnen  Körnchen  zeigen;   v.  Len- 
hossek beschreibt   die  Granula   in   der  Spinalganglienzelle   als  Gebilde, 
welche  aus  einer  Grundsubstanz  und  aus  Körnchen,  die  in  sie  eingelagert 
Benda,        sind,  bestehen,   eine  Auffassung,   die   deijenigen  Benda's   bezüglich   der 
Struetur  der  Granula  als  Plasmaelemente,   gefüllt  mit  basophilen  Granu- 
Oscar  Julius-   lationen,  sehr  nahesteht.    Juliusburger  und  Ernst  Meyer  können  in 
hxager  u.      ^gn  Granulis  nur  Kömchen  und  Kömchenaggregate  sehen,  deren  Zwischen- 
Meyer,    gu^jg^^j^^  von  dem  Grundplasma  der  Zelle  principiell  nicht  zu  trennen  ist. 
Was  die  Bedeutimg  dieser  Granula  anlangt,  so  scheint  insofern  wenigstens 
eine  einheitliche  Auffassung  zu  bestehen,   als  man  ihnen  keine  nervösen. 
Functionen  im  engeren  Sinne  im  Haushalte  der  Ganglienzelle   zuschreibt, 
wohl  aber  ist  die  Frage  noch  im  Flusse,  wie  man  die  verschiedenen  Zellen- 


Psychiatrie. 


119 


Terandeningen  aufzufassen  habe  und  wofür  sie  eigentlich  der  anatomische 
Ausdruck  sind.    Wir  verweisen   auf  den  Abschnitt    , Nervenkrankheiten" 

S.  47  ff. 

Im  Gegensatz  zu  manchen  Autoren  steht  Alzheimer  (AJlg.  Zeitschr. 
f.  PBychiatrie  Bd.  54,  H.  4),  der  bemüht  ist,    für  die  verschiedenen 
Psychosen    specifisch     verschiedene    anatomische    Verände- 
rungen   der  Ganglienzelle,    besonders    aber  charakteristi- 
sche Alterationen  der  Granula  nachzuweisen.    Nach  Julius- 
burger und  Meyer  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  4)  ist  die  Structurveränderung 
nicht  die  anatomische  Grundlage  einer  bestimmten  Functionsstörung,  son- 
dern nur  der  anatomische  Ausdruck  einer  Beaction  der  Zelle  auf  ihre  durch 
den  Erankheitsvorgang  abgeänderten  Lebensbedingungen;  ihnen  sind  die 
Granula  Spannkraftmaterial   für  die   Zelle,   und  sie   erscheinen  restituirt, 
^bald  die  Anpassung  der  Lebensvorgänge   in  der  Zelle   an  ihre  äusseren 
Einflüsse  vollzogen  ist.     Auch  nach  Nissl  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  18)  sind 
die  Zellveränderungen  nicht   in  erster  Linie   der  Ausdruck 
einer  nervösen  Funct ionsstörung;  es  finden  sich  z.  B.  bei  ganz 
venchiedenen  Erankheitszuständen  dieselben  Bilder  der  Ganglienzellen  aus 
der  menschlichen  Gehirnrinde  wieder.    Beim  Thier  verändert  nach  Nissl 
jedes  Gift  bei  subacuter  maximaler  Vergiftung  die  Nervenzellen  der  Binde 
in  specifischer  Weise,   dagegen  konnte  er  nicht  einmal  bei  solchen  Para- 
lytikern, deren  Erankheit  ziemlich  gleichartig  verlief,   specifische  Rinden- 
zellenveränderungen  nachweisen  und  hält  es  daher  nicht  für  erlaubt,   aus 
der  Feststellung  von  Nervenzellenveränderungen  in  der  Rinde  auf  klinische 
Krankheitsvorgänge  Schlüsse  zu  ziehen.  Dass   auch  diejenigen  Nervenzellen- 
TCiänderungen ,  die  nach  experimentell  herbeigeführten  Schädigungen  ein- 
treten, nicht  der  sichtbare  Ausdruck  einer  Störung  der  specifisch  nervösen 
Zellthätigkeit  sind,  dafür  spricht  auch  die  von  Goldscheider  und  Fla  tau 
(Deutache  med.  Wochenschr.  Nr.  7)  gefundene  Thatsache,  dass  bei  Eanin- 
(hen  nach  Vergiftung  mit  Malonnitril  und  nachfolgender  Entgiftung  mit 
Natrium  subsulfurosum  die  motorischen  Vorderhomzellen  noch  stark  alterirt 
waren,  obwohl  bereits  das  normale  Bewegungsvermögen  des  Thieres  wieder 
«ingetreten  war.     Nach   den  Studien   dieser  Autoren   lassen   sich   experi- 
mentell  in   Zellen   derselben   Species   differente  Alterationen  nachweisen, 
velche  in  ihrer  Eigenart  durch  die  specifische  Schädigung  bestimmt  sind. 
So  fanden  sie  bei  erwärmten  Kaninchen  ganz  charakteristische  Verände- 
rungen der  Nervenzellen  und  berichten  ein  weiteres  über  analoge  Befunde 
in  den  Nervenzellen  fiebernder  Menschen  (Fortschritte  der  Medicin  Nr.  7). 
Biesen   Befunden    wurde    von    Juliusburger    und   Meyer    (Berl.   klin. 
Wochenschr.  Nr.  31),   ebenso  wie   von  Erich  Müller  und  Manicatide 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  9)  widersprochen. 


Alois 
Alzheimer, 


Nissl, 


Goldscheider 
u.  Flatan, 


Oscar  Julius- 

burger  u. 
Ernst  Meyer, 

Erich  Müller 
n.  Manicatide. 


Die  Zellveränderungen  im  Vorderhorn  bei  progressiver 
Paralyse  unterzieht  Berger  (Monatsschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  3,  S.  1) 
einer  Untersuchung.    Bei   83°/o   der   untersuchten  Fälle  fand  er  Verände- 


120  Lewald. 

Zellver-      rangen  der  Zellen,  und  zwar  sehr  häufig  Pigmentzunahme  im  Protoplasma ; 

änderungen  (jg^an  schloss  eich  gewöhnlich  Zerfall   der  Granula  und  Ersatz  derselben 
l)  6  i 
Paralyse      cl^^ch  feine,  sich  intensiv  färbende  Körnchen,  die  schliesslich  ihrerseits  auch 

H.  Berger.     verschwinden,   so  dass  die  Zelle  dann   eine  undeutlich  begrenzte,   blasse 

Protoplasmamasse  wird. 

Eisenhaltige  Weber  (Monatsschr.  f.  Psychiatie  Bd.  3,  S.  507)  untersuchte  das  Ge- 

Ganglien-   jjjj^  eines  Knaben,  der  im  5.  Lebensjahr  mit  Fieber  erkrankt  war,  Krämpfe 

L  W  Weber.  °^^  nachfolgenden  Lähmungserscheinungen  durchgemacht  hatte,  dann  geistes- 
schwach geworden  und  im  nächsten  Jahr  an  Bronchopneumonie  gestorben 
war.  In  der  ganzen  Grosshimrinde  befanden  sich  zahlreiche  Hohlräume 
und  Cysten,  meist  an  der  Grenze  zwischen  Rinde  und  Mark.  In  der  Nach- 
barschicht der  Cysten  lagen  ganze  Gruppen  stark  degenerirter,  eisen- 
haltiger Ganglienzellen.  Diese  eisenhaltigen  Zellen  gruppirten  sich  um 
erkrankte  und  blutende  Gefässe  herum,  und  da  der  periphere  Theil  des 
Protoplasmas  zuerst  erkrankt,  handelte  es  sich  wohl  um  eine  Infiltration 
mit  einem  Eisenalbuminate. 


II.  Physiologie  und  Psychologie. 

Die  beiden  Hirnhemisphären  sind  wohl  symmetrisch,   aber 
nicht  äquivalent,  und  der  bekannteste  Unterschied  ist  die  Localisation 
des  Sprachcentrums  auf  der  linken  Seite.  Die  Unterschiede  erstrecken  sich 
Ungleich-    femer  nach   Klippel   (Presse  m^dicale,   29.  Januar)   auf  Entwickelnng, 
werthigkeit  Configuration,  Gewicht,  physiologische  Functionen,  Häufigkeit  der  Erkran- 
Grosshirn-  ^^"^fi»»  pathologische   Symptome  infolge  der   letzteren  und   auch   auf  die 
hemi-        secundären  Degenerationen  nach  Zerstörungen  der  einen  oder  anderen  Seite. 
Sphären,     Die  in  der  Pyramidenbahn  auftretende  absteigende  Degeneration  ist  nach 
M.  Klippel.     Läsxon    der    linken   Hemisphäre   ausgesprochener.     Sie   findet    sich    auch 
noch  nach  linksseitigen  Erweichungsheerden ,  die  vor  dem  Gyrus  frontalis 
ascendens  localisirt  sind ;  bei  allen  Läsionen  der  Rolando'schen  Windungen, 
der  centralen  grauen  Kerne  und  der  inneren  Kapsel  ist  die  Degeneration 
bei  linksseitigem   Sitz   des  Heerdes   eine  stärkere.    Die  Pyramidenvorder- 
strangbahn  ist  bei  Sitz  der  Heerde  links  eine  stärkere;   ebenso   findet  sieh 
bei  diesen  häufiger  Degeneration  der  ungekreuzten  Pyramidenseitenstrang- 
bahn.    Klippel   glaubt,   dass  von  der  linken  Hemisphäre  aus   eine  aus- 
gedehntere Verbreitung  corticaler  Fasern  im  Rückenmarke  Platz   greift, 
eine  Folge  des  functionellen  Ueberwiegens  der  linken  Hemisphäre.   Letztere 
ist  übrigens  fast  constant  schwerer,   als  die  rechte.    Die  Behauptung  von 
Luys,   dass    sich   dieses   Verhältniss   bei  Geisteskranken   umkehrt,    kann 
Klippel  nicht  bestätigen.     Während  beim  Menschen  die  Sprache   links 
localisirt  und   die   rechte  Hand  kräftiger  und  geschickter  ist,  findet  sich 
kein  noch  so  hoch  stehendes  Thier,   bei  dem   die  Gleichheit  beider  Hemi- 
sphären in  physiologischer  Beziehung  nicht  vollkommen  erscheint. 


Psychiatrie.  121 

Wie  gross  die  Verschiedenheit  des  Gewichts  der  beiden  Beide  Hern i- 
Hemisphären  in  pathologischen  I^len  werden  kann,   zeigen  Aufzeich-      Sphären 
nongen  Bonrneville's  aus  der  Idiotenanstalt  Bicötre  (Progr.  m6d.  S.  248).  ^«'»^hieden 
Der  grösste  unterschied  von  820  g  fand  sich  bei  einem  Ejranken  mit  mul-  £.  BonnieTiUe. 
tipehi  Heerden,  der  an  Hemiplegie  links  mit  epileptischen  An^Qlen  litt 
Es  entsprach  in  allen  Fällen  das  Mindergewicht  einer  Hemisphäre  der  ge- 
kreuzten EGrperseite,  welche  die  Hemiplegie  zeigte,  und  ebenso  stand  den 
gesunden  Extremitäten  einer  Seite  stets  das  grössere  Gewicht  der  zuge- 
hörigen Hemisphäre  zur  Seite. 

Beiträge  zur  vergleichenden  Physiologie  des  Grosshirns  hat 

Bichel  (Pflüger's  Archiv  Bd.  72)  geliefert.    Er  konnte  bei  Tauben,  bei  Groashim- 

denen  er  durch  Terpentininjectionen  eine  auf  nur  eine  Grosshimhemisphäre  «nerreg- 

beachränkte   Entzündung   hervorgerufen   hatte,    ausser   einer  allgemeinen  «ledere*' 

Henunung  niemals   Motilitätsstörungen  constatiren.    Faradische  und  gal-  Wirbel- 

ramsche  Reizversuche  bei  Tauben  und  Fröschen   fielen  völlig  negativ  aus.  thieren, 

Auch  chemische  Reizungen  bei  Frosch  und  Eidechse  blieben  wirkungslos.  ^-  ^l^^^'- 
Diese    ünerregbarkeit    der    Grosshimrinde    niederer   Yertebraten    erklärt 
Bichel  aus  den  abweichenden  anatomischen  Verhältnissen. 

Ueber  die  Tiefe  des  Schlafes  hat  Michelson  aus  der  Heidel-  Die  Tiefe 
berger  psychiatrischen  Klinik  eine  interessante  Studie  geliefert  (Psycho- dos  Schlafes, 
logische  Arbeiten  von  E.  KräpeKn  Bd.  2 ,  H.  1 ,  S.  84).  Er  stellte  fest,  ^^^^ 
wie  gross  ein  Schallreiz  sein  musste,  um  gerade  das  Erwachen  hervorzu- 
rufen. Es  fielen  nach  einander  Kugeln,  von  denen  jede  die  vorhergehende 
um  5  oder  10  g  Gewicht  übertraf,  aus  einer  bestimmten  Höhe  auf  ein 
Brett  herab  und  verursachten  somit  Schallreize  von  immer  grösserer  Stärke, 
Es  ergab  sich,  dass  meist  vor  Ablauf  der  ersten  Stunde  die  grösste  Schlaf- 
tiefe erreicht  wird,  worauf  sofort  ein  bedeutender  Nachlass  eintritt.  Bei 
einer  Anzahl  von  Personen  zeigte  jedoch  die  Schlafcurve  einen  wesentlich 
anderen  Verlauf,  so  zwar,  dass  das  Maximum  später  erreicht  wurde  und 
keineswegs  so  sehr  hoch  lag,  als  in  den  übrigen  Fällen;  der  Abfall  war 
minder  steil,  das  Ende  weniger  niedrig.  Es  handelt  sich  um  tiefgreifende 
individuelle  Verschiedenheiten,  die  sich  bei  denselben  Personen  auch  im 
wachen  Leben  deutlich  ausdrücken.  Die  Leute  mit  raschem  hohem  Maxi- 
mum und  baldigem  Absturz  der  Schlafintensität  sind  sog.  Morgennaturen, 
deren  geistige  Leistungsfähigkeit  in  den  Vormittagsstunden  am  höchsten 
steht,  während  sie  gegen  Abend  nachlässt.  In  die  andere  Kategorie  ge- 
hören die  Abendnaturen,  jene  nicht  allzu  seltenen  Menschen  mit  einer 
geringen  Leistungsfähigkeit  am  Vormittage,  die  zunächst  noch  nicht  recht 
Ausgeschlafen  erscheinen,  während  sie  gegen  Abend  den  Gipfel  ihrer  geistigen 
Potenz  erst  erreichen. 

Während  man  bisher  im  allgemeinen  nach  MendeTs  Vorgang  das 
Ganglion  habenulae  für  das  Centrum   der  Pupillenbewegung   an- 


L.  Bach. 


122  Lewald. 

Lage  des  sah,  kommt  Bach  (Sitzungsbericht  der  med-phys.  Gesellschaft  zu  Wflrz- 
Pnpillen-  bürg.  Centralbl.  f.  Nervenheilkunde,  Aprilheft)  zu  einem  anderen  Ergebniss. 
^^t"*"™"'  Zur  Feststellung  der  Lage  dieses  Centrums  hat  Bach  an  Thieren  Decapi- 
tationen  ausgeführt:  nach  einfacher,  selbst  sehr  hoch  ausgeführter  Decapi- 
tation  ist  die  directe  und  indirecte  Reaction  der  Pupille  auf  Licht  noch 
prompt  vorhanden;  es  bleibt  hierbei  stets  ein  verschieden  langes  Stück  des 
Halsmarkes  zurück.  Zerstört  man  dieses  in  seinen  allerobersten  Theilen, 
so  erlischt  —  aber  nur  dann  —  sofort  die  Pupillenreaction.  Hier  wÄre 
also  das  Centrum  für  die  Pupillenbeweg^ng  zu  suchen.  —  In  der  Discussion 
theilt  Wolff  mit,  dass  er  bei  einem  im  Anfangsstadium  der  Paralyse  ge- 
storbenen Manne,  bei  dem  als  einziges  körperliches  Symptom  Pupillen- 
starre vorhanden  war,  eine  auf  die  Hinterstränge  des  oberen  Halsmarkes 
beschränkte  Degeneration  gefunden  hat,  und  eine  darauf  angestellte  genaue 
Untersuchung  des  Rückenmarks  zahlreicher  Paralytiker  ergab,  dass  jene 
Stelle  immer  dann  erkrankt  war,  wenn  Pupillenstarre  bestanden  hatte,  dass  sie 
dagegen  stets  sich  als  normal  erwies,  wenn  Lichtreaction  dagewesen  war. 


der  Thiere, 
Max  Yerwon. 


Die  sog.  Yerworn  hat  sich  die  Aufgabe  gestellt,  den  Zustand  der  Bewegungs- 

Hypnose  losigkeit,  in  den  viele  Thiere  dadurch  versetzt  werden  können,  dass  man 
sie  in  abnormen  Körperlagen  an  Lagecorrections-  oder  Fluchtbewegungen 
verhindert  (Experimentum  mirabile  des  Pater  Kirchner  1646),  physio- 
logisch zu  ergründen  (Beiträge  zur  Physiologie  des  Centralnervensystem». 
I.  Die  sog.  Hypnose  der  Thiere.  Jena).  Er  erklärt  das  in  Rede 
stehende  Phänomen  als  die  Resultante  aus  zwei  Componenten,  einer  to- 
nischen Erregung  des  Lagereflexgebietes  (Kleinhirn?)  und  einer  Hemmung 
der  cortico-motorischen  Sphäre.  Das  Grosshim  ist  an  der  Erscheinung 
nur  durch  Hemmung  der  willkürlichen  motorischen  Impulse  betheiligt, 
und  es  kann  daher  das  Phänomen  auch  an  grosshimlosen  Thieren  in 
typischer  Weise  hervorgerufen  werden.  Das  ^Erwachen"  der  Thiere  und 
ihr  spontanes  Aufstehen  aus  der  abnormen  Lage  erfolgt  entweder  durch 
innere  Reize  vom  Grosshim  aus  oder  aber  häufiger  durch  äussere,  auf  dem 
Wege  des  Reflexes  zu  dem  Lagereflexcentrum  fortgeleitete  Reize,  welche 
den  Tonus  des  letzteren  plötzlich  zu  einer  grösseren  Erregungshöhe  steigern. 
Hierdurch  erhalten  die  tonisch  contrahirten  Muskeln  plötzlich  einen  Contrac- 
tionszuwachs,  und  es  wird  eine  rasche  Lagecorrectionsbewegung  ausgeführt. 
Die  Hemmung  der  corticalen  motorischen  Centren  ist  vergleichbar  der 
Hemmung  von  spontanen  Bewegungen  oder  Handlungen,  wie  sie  auch  beim 
Menschen  durch  plötzliche  Sinneseindrücke  hervorgebracht  wird;  dort  wird 
dieser  plötzliche  Sinneseindruck  bewirkt  durch  das  energische,  plötzliche 
und  erschreckende  Zufassen  des  Experimentators.  Grosshimlose  Thiere 
bleiben  im  allgemeinen  länger  in  dem  bewegungslosen  Zustande,  als  Thiere 
mit  unversehrtem  Grosshim,  denn  bei  ersteren  ist  die  eine  Quelle  des 
die  endliche  Lagecorrection  herbeiführenden  Reizes,  nämlich  die  spontanen 
vom  Grosshim  zu  dem  tonisch  erregten  Lagereflexcentmm  strömenden  Im- 
pulse, ausgeschaltet. 


Psychiatrie.  123 

Während  über  den  Einfluss  der  acuten  Alkoholvergiftung  auf  den 
allgemeinen  Blutumlauf  und  auf  die  Eörpergefasse  eine  ganze  Reihe  von 
Untersuchungen  vorliegen,   ist  das  Verhalten  der  Circulation   im   Ge- 
hirne bei  dieser  Vergiftung  in  vielen  Beziehungen  noch  ungenügend 
ontennicht.     v.  Bechterew  (Centralbl.  f.   Nervenheilkunde,   Octoberhefk)  Gircnlation 
hat  darum  durch  einen  seiner  Schüler  Versuche  anstellen  lassen,  aus  denen    im  Gehirn 
hervorgeht,  dass  bei  intravenöser  Einführung  von  Alkohol  die  Herzthätigkeit      f  |j^J^^  f/ 
gesteigert  und  der  Blutdruck  erhöht  wird,   so  dass  allgemeine  Hyperämie  Vergiftung, 
des  Gehirns   die   Folge  ist.     Späterhin   tritt  infolge    von  Hemmung  der  W.  v.  Bechte- 
Eeizaction  Sinken   des  Blutdruckes  ein,    die  Puls  wellen  werden   spärlich.         ^®^* 
In  diesem  Stadium  ist  bereits  arterielle  Anämie  des  Grehims  zu  constatiren, 
gewöhnlich   combinirt  mit  venöser  Hyperämie.    In  der  Folge  macht  sich 
ungeachtet  des  gesunkenen  allgemeinen  Blutdruckes  und  der  geschwächten 
Herzthätigkeit  von  neuem  Hyperämie  des  Gehirns  geltend,  sehr  wahrschein- 
lich abhängig  von  Lähmung  oder  Parese  der  Vasoconstrictoren  des  Gehirns. 
Sodann  folgt  wiederum  Steigerung  der  Hei'zaction  und  Beschleunigung  des 
Pulses,  was  zu  einer  Strombeschleunig^ng  in  der  Carotis  Anlass  gibt.  Aber 
trotz  der  Steigerung  des  allgemeinen  Blutdruckes  lässt  die  Himhyperämie 
in  den   späteren  Stadien  häufig  nach.    Bei   kleinen  Alkoholgaben   gehen 
Steigerung    des   Blutdruckes    und   Himhyperämie    einander    nicht    selten 
parallel.    Der  Tod  der  Versuchsthiere  wird  begleitet  von  ausgesprochener 
Hyperämie  des  Gehirns,   die  Athmung  setzt  vor  dem  Herzstillstande  aus. 
Bei  Application  kleiner  Alkoholmengen  durch  die  Magensonde  treten  bei 
den  Hunden  im  Allgemeinen  sehr  unbedeutende  Veränderungen  der  Gehim- 
circulation  auf!    Zunächst  leichte  Hypei^mie,   später  ebensolche  Anämie. 
Grosse  Dosen  erzeugen  andauernde  Hyperämie  mit  nachfolgender  und  zum 
Thefl  voraufgehender  Anämie  des  Gehirns. 

Die  psychischen  Wirkungen  des  Hungers   sind  nach  Wey- Einfluss  des 
gandt  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  13)   zunächst  eine  gelinde  Reizbar-     Hungers 
keit  und  Unruhe,  die  aber  nach  34 — 36  Stunden  nachliess  und  einer  leichten      t^     . 
Gleichgültigkeit   Platz   machte.    Das   Hungergefühl  war   am   deutlichsten  \^.  Weygandt. 
▼ährend   des  ersten  Tages;   nach    60  Stunden   traten   plötzlich   stechende 
Schmerzen   im  Unterleibe  auf,   die  auf  Opium  nachliessen.    Es  fand  sich 
Unlust  zum  Denken,  Unentschlossenheit ,    die  sich  am   deutlichsten   darin 
kund  gab,   dass  nach  Ablauf  einer   Stägigen  Hungerperiode  die  Versuchs- 
person noch  6  Stunden  brauchte,  bis  sie  zu  einem  bestimmten  Entschlüsse 
kam,  ob  sie  jetzt  wieder  Nahrung  zu  sich  nehmen  oder  noch  einen  Hunger- 
tag zugeben   sollte.     Der  Schlaf  war   reich   an   Träumen,    die   sich   auf 
Hungern   und  Nahrungsaufnahme   bezogen.    Nach   dem   Erwachen   fühlte 
man  sich   ganz  frisch,   doch  kam  bei  körperlicher  Bewegung  das  Gefühl 
leichter  Schwäche  bald  zur  Geltung.    Auffallend  war,   dass  an  dem  Tage 
mit  Wasserenthaltung  der  Durst  keine  starken  Beschwerden  machte,  obwohl 
diese  Versuche  gerade  an  heissen  Sommertagen  stattfanden. 


124  Lewald. 


III.  Specielle  Pathologie  der  Psychosen. 

Von  erheblicher  practischer  Bedeutung  ist  das  Auftreten  von 
Psychosen  psychischen  Störungen  nach  Operationen.  Rayneau 
nach  (Revue  neurologique  Nr.  37  u.  38)  hält  die  Psychosen  nach  Opera- 
0.  Rayneau.  '  tionen  ftir  selten ;  sie  weisen  die  verschiedenartigsten  Symptome  auf; 
einen  Typus  einer  bestimmten  Psychose  post  operationem  gibt  es 
nicht.  Mit  Ausnahme  gewisser  Operationen  am  Schädel  und  der 
Thyroidektomie ,  bei  welchen  der  chirurgische  Eingriff  an  sich  eine 
Geistesstörung  zur  Folge  haben  kann,  fallt  die  ätiologische  Haupt- 
rolle der  hereditären  oder  persönlichen  Veranlagung  zu.  Alkoholismus, 
Infection,  Autointoxication,  Angst  vor  der  Operation  haben  natürlich 
ebenfalls  ihre  Bedeutung.  Die  gynäkologischen  Operationen  scheinen 
mehr,  als  andere  Operationen,  Psychosen  im  Gefolge  zu  haben.  Im 
allgemeinen  kann  man  1 — 2  Psychosen  auf  100  chirurgische  Ein- 
griffe statistisch  nachweisen  (?  Ref.) ;  sie  treten  am  häufigsten  sofort 
nach  der  Operation  auf,  selten  später.  Die  Prognose  hängt  natür- 
lich von  der  Form  der  Psychose  ab,  ist  aber  im  allgemeinen  günstig. 

Eine  monographische   Darstellung  der  im  Wochenbett  auf- 
Psychosen  tretenden  Geistesstörungen  gibt  Siegenthaler  (Jahrbücher 
^™  fiir  Psychiatrie  Bd.  17)  und  legt  seinen  Ausfuhrungen  27  eigene  Fälle 

Ernst  Siegen-  *  ^'^  Grunde.  Darunter  waren  drei  Fälle  transitorischer  Geistes- 
thaier,  Störung  von  einer  Dauer  von  5  Stunden  bis  zu  2  Tagen  bei  Kranken 
mit  schwerem  Puerperalfieber;  sie  gingen  einher  mit  starker  Trü- 
bung des  Bewusstseins ,  Sinnestäuschungen  und  psychomotorischer 
Erregung.  Unter  den  27  Fällen  konnte  17mal  Heilung  constatirt 
werden,  8  Kranke  starben  an  der  puerperalen  Infection.  Jüngere 
Frauen  wurden  im  allgemeinen  leichter  gesund,  als  ältere;  besonders 
ge&hrdet  sollen  alte  Erst-  und  Zweitgebärende  sein.  Günstige 
Zeichen  sind  Remissionen,  anhaltende  Gewichtszunahme  und  Wieder- 
kehr der  Menstruation.  In  den  Fällen  mit  Infection  hat  natürlich 
die  Schwere  der  Infection  für  die  Prognose  maassgebenden  Einfluss. 
H.  Rhode.  Nach  Rhode  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  41)  hängen  die 
Wochenbettspsychosen  in  den  meisten  Fällen  mit  einer  Infection 
oder  Intoxication  der  Wöchnerin  zusammen  und  erklären  sich  nur 
durch  diese.  Die  psychische  Störung  nimmt  dann  meist  wesentlich 
den  Charakter  deliriöser  Zustände  an,  die  zahlreichen  Sinnes- 
täuschungen verursachen  die  Verwirrtheit  der  Kranken;  der  Sym- 
ptomencomplex  ist  häufig  nur  rudimentär  entwickelt.  Eine  andere 
Abart  bilden  die  bekannten,  bald  nach  der  Geburt  auftretenden,   in 


Psychiatrie.  125 

wenigen  Stunden  ablaufenden  Zustände,  die,  durch  starke  Bewusst- 
seinstrubung  und  Neigung  zu  impulsiven  Handlungen  charakterisirt, 
ein  grosses  forensisches  Interesse  darbieten.  Am  häufigsten  sieht 
man  im  Wochenbett  Erschöpftingspsychosen.  Im  Gegensatz  zu  den 
bisher  genannten  symptomatischen  Psychosen  kommen  idiopathisch 
im  Wochenbett  natürlich  alle  Formen  von  Psychosen  vor ;  eine  speci- 
fische  Puerperalpsychose  existirt  nicht. 

Das    Greisenalter  mit   der   vornehmlich   auf  Atherom   be- 
ruhenden   chronischen    Ernährungsstörung    zeigt,    wie    Schmidt   Psychosen 
a)eutsche    Medicinal-Zeitung    Nr.  9—16)    ausfährt,   eigenartig   ge-  ^«*  »reisen, 
i&rbte   Psychosen.      An  der  senilen  Involution  nimmt   das  Gehirn    a.  Schmidt, 
durch  Volumens-  und  Gewichtsverlust  (Abnahme  an  Gehimsubstanz) 
Theil,  welcher  zwischen  dem  50.  und  70.  Lebensjahre  einen  ziem- 
lich Constanten  Grad  innehält.    Zweckmässigerweise  theilt  man  die 
senilen  Psychosen  in  psychische  Schwächezustände,  in  einfache  und 
durch  organische  Gehimveränderungen  verursachte  Seelenstörungen. 
Von  practischer  Bedeutung   ist   namentlich  die   erstere  Form,    die 
durch  Stimmungsanomalieen,  ethische  Defecte,  Neigung  zu  Sittlich- 
keitsverbrechen   charakterisirt    ist,    weil  sie   die  rechtliche  Verant- 
wortlichkeit   des  Greises   in  Frage  stellt.    Hieraus  ist  als  Postulat 
zu  folgern,  dass  ein  wegen  eines  Verbrechens  angeklagter  Greis  nicht, 
ohne  psychiatrisch  begutachtet  zu  sein,  verurtheilt  werde. 

Sold  er  (Jahrbücher  für  Psychiatrie  Bd.  17)  hat  eine  Reihe  von   Psychosen 

Fällen  zusammengestellt,  die  klinisch  als  Delirium  acutum  oder  unter  „      ^^\ 

°  ,  ,  Koprostase, 

einem  ähnlichen  Bilde  verliefen,  bei  denen  die  Section  neben  schwan-  p,  y.  sölder. 
kenden  Befanden  im  Gehirn  und  inconstanten  parenchymatösen  De- 
generationen an  den  Nieren  und  anderen  Organen  eine  Dick  da  rm- 
koprostase  ergab,  die  Verf.  als  die  Ursache  der  psychischen  Stö- 
rungen auffasst.  Er  lehnt  sich  dabei  an  die  Arbeiten  von  Wagner 
an  (vergL  dieses  Jahrbuch  1897,  S.  117)  und  fasst  die  Psychose 
als  eine  Autointoxication  auf,  hebt  aber  abweichend  davon  hervor, 
dass  in  seinen  Fällen  keinerlei  Anzeichen  von  Verdauungsstörungen 
Gestanden  und  dass  auch  im  Harn  die  Zeichen  gesteigerter  Eiweiss- 
taulniss  fehlten.  Von  den  psychischen  Symptomen  sprechen  fiir  den 
intestinalen  Ursprung  das  brüske  Einsetzen  der  Verwirrtheit  mit  leb- 
hafter, motorischer  Erregung,  die  Angst,  Kopfschmerzen,  die  starke 
Bewnsstseinsstörung ,  der  continuirHche  Verlauf  ohne  Remissionen, 
trüh  eintretende  Herzschwäche.  Als  negative  Zeichen  erwähnt  er 
das  Fehlen  anderweitiger  Krankheitsursachen,  die  vorher  bestandene 


126  Lewald. 

Psychosen  körperliche  und  geistige  Gesundheit,  den  fieberlosen  Verlauf.  Thera- 
^®*  peutisch  ergibt  sich  natürlich  als  wichtigste  Indication  die  Behand- 

F.  V.  Sölder.' l^^"^g  der  Koprostase  (Calomel,  Oelinfusionen).  Für  das  Delirium 
acutum,  dem  sich  klinisch  die  Solde r'schen  FäUe  nähern,  wurde 
vielfach  angenommen,  dass  die  Hyperämie  des  Gehirns  die  Ursache 
der  Erscheinungen  sei.  Sold  er  weist  diese  Annahme  zurück,  schon 
weil  in  seinen  Fällen  eine  Incongruenz  zwischen  Hyperämie  und 
Psychose  sich  findet.  Eine  zweite  Ansicht  fasst  das  Delirium  acu- 
tum auf  als  die  Folge  einer  bacteriellen  Invasion  des  Gehirns;  auch 
diese  Ansicht  ist  nicht  zu  beweisen.  Eine  dritte  Anschauung  sieht 
im  Delirium  acutum  den  Ausdruck  einer  Giftwirkiing  (Infection  oder 
Autointoxication).  Diese  dritte  Annahme  scheint  die  am  meisten 
plausible  zu  sein;  für  sie  sprechet!  ausser  anderen  Momenten  vor 
allem  die  parenchymatösen  Degenerationen  in  den  inneren  Organen, 
die  man  ohne  Zwang  als  Gifbwirkung  auffassen  kann. 

Psychosen  Rasch,  der  jahrelang  Arzt  in  Siam  war,  hat  den  Einfluss 

in  den  ^qq  Tropenklimas  auf  das  Nervensystem  studirt  (AUg.  Zeit- 
ciiristian  Rasch.  Schrift  f.  Psychiatrie  Bd.  54,  H.  4).  Das  augenfölligste  Symptom  ist 
die  tropische  Agrypnie,  die  mehr  oder  weniger  hartnäckige  und  an- 
dauernde Schlaflosigkeit;  an  sie  schliessen  sich  Erschlaffung,  gei- 
stige Indifferenz,  Abnahme  der  Widerstandsfähigkeit  gegen  Krank- 
heiten, Unlust  zu  körperlicher  und  geistiger  Anstrengung,  Einbusse 
an  Energie,  Empfindlichkeit  gegen  kleine  Leiden,  fortschreitende 
Abstumpfung  der  geistigen  Fähigkeiten,  Gedächtnissabnahme,  Auf- 
regung, Steigerung  der  gemüthlichen  Erregbarkeit  und  Reizbarkeit 
bis  zur  brutalsten  Explosion.  Durchaus  ruhige  und  besonnene  Leute, 
welche  über  grössere  Selbstbeherrschung  verfügten,  haben  Kasch 
oft  geklagt,  dass  sie  zu  gewissen  Zeiten  (nicht  immer)  bei  gering- 
fugigen  Anlässen  in  eine  maasslose,  früher  nicht  gekannte  Erregung 
geriethen,  so  dass  sie  sich  gegen  ihren  Willen  zu  Thätlichkeiten 
hinreissen  Hessen.  Bezeichnend  für  den  Zustand  des  Nervensystems 
ist  der  hohe  Grad  von  Erschöpfung,  welche  derartigen  Explosionen 
zu  folgen  pflegt.  Das  tropische  Klima  schafft  nicht  nur  nervöse 
Leiden,  es  vermag  auch  eine  wesentliche  Steigerung  und  Ver- 
schlimmerung eines  bestehenden  Nervenleidens  herbeizufuhren.  Per- 
sonen also,  die  zu  Neurosen  disponirt  sind  oder  an  einer  solchen, 
namentlich  auch  an  Epilepsie,  leiden,  sollen  nicht  in  die  Tropen 
gehen. 

Die  Psychosen  bei  Carcinom   sub  finem  vitae  sind  recht 
selten  und  in  der  Litteratur  fast  gar  nicht  berücksichtigt.    Elsholz 


Psychiatrie.  127 

(Jahrbücher  f.  Psychiatrie  Bd.  17)  hat  drei  Fälle  veröffentlicht,  die  Psychosen 
sämmtlich   unbelastete   Individuen   betrafen.     In    allen    drei    Fällen         ^f^ 
wechselten  Zeiten,   in  denen  die  Kranken  klar  oder  beinahe  klar    kachexie 
waren,  mit  Phasen  ab,  in  denen  sie  hochgradig  verwirrt  und  unbe-    a.  Eisholz, 
sinnlich  erschienen;   selbst  wenn  die  Kranken  klar  erschienen,  ver- 
wirrten sich  bei  lange  fortgesetztem  Examen  ihre  Gedanken,  die  Ge- 
dächtnissleistung nabln  ab,  und  der  Gedankengang  wurde  abspringend 
und  ungeordnet.     Deliriöse    Verwirrtheit    mit    depressiver    Grund- 
stimmung  wurde  unterbrochen  von  Zuständen  ängstlicher  Erregtheit. 
Bezüglich  des  Zusammenhanges  zwischen  Carcinom  und  Psychosen 
wäre  Autointoxication  denkbar,   aber  auch  eine  directe  Einwirkung 
des  Carcinomgiffces  auf  das  centrale  Nervensystem.    Damit  wäre  die 
Ton  Klemperer  für  das  Coma  carcinomatosum  aufgestellte  Hypo- 
these eines  im  Blute  circulirenden  Krebsgiftes  in  Uebereinstimmung. 

Auch  Herzfehler  können  bei  disponirten  Personen  als  Ge- 
legenheitsursache zur  Entstehung  von  Psychosen  dienen.  Die  ver- 
mittelnden Ursachen  bilden  nach  Fischer  (Allg.  Zeitschr.  f.  Psy-   Psychosen 

chiatrie  Bd.  54,  H.  6)  diejenigen  abnormen  Organgefuhle,  welche  den     ^®^  Herz- 

-w^m.  «?     «?  ^        kranken 

subjectiven     Symptomencomplex    der    Herzfehler    ausmachen ,    wie  ^^j^  Fischer. 

Schmerzen  in  der  Herzgegend,  Herzklopfen,  Beklemmungsgefühle, 
Athembeschwerden ,  Schwindel  u.  s.  w.  Alle  diese  Gefühle  können 
auf  reflectorischem  Wege  Gefühls-  imd  Sinnestäuschungen  hervor- 
bringen und  dadurch  den  Ausgangspunkt  von  Psychosen  bilden. 
Nicht  compensirte  Herzfehler  können  auch  unmittelbar  bei  nicht  be- 
lasteten Individuen  zur  Entstehung  von  Psychosen  fuhren,  entweder 
infolge  von  Störungen  des  Blutkreislaufes  im  Gehirn  oder  infolge 
einer  Veränderung  der  chemischen  Beschaffenheit  des  Blutes.  Die 
durch  incompensirte  Herzfehler  hervorgerufene  Psychose  pflegt  unter 
dem  Bude  der  Amentia,  einer  acuten  haUucinatorischen  Verwirrt- 
heit za  verlaufen,  und  kann  unter  Umständen  in  Demenz  übergehen. 

In  einer  mit   zahlreichen  Krankengeschichten   belegten  Arbeit 
(BerL  klin.  Wochenschr.  Nr.  21 — 24)  erörtert  Landenheimer  den   Psychosen 
Zusammenhang  zwischen  Psychosen  und  Diabetes.     Er^öi  i^>at>etes, 
stellt  drei  Möglichkeiten  auf:    Entweder  ist  die  Coincidenz  zufällig,         ®     ™®  * 
öder  der  Diabetes  ist  die  Folge  der  Psychose  oder  drittens  ihre  Ur- 
sache, oder  schliesslich  beide  sind  die  Folgeerscheinungen  einer  ge- 
meinsamen cerebralen  Ursache.    Melhturie  kommt  bei  geisteskranken 
Greisen  (über  60  Jahren)  mehr  als  lOmal  so  häufig  vor,  als  bei  jün- 
geren Geisteskranken,  eine  Thatsache,  die  im  stricten  Gegensatze  zu 


128  Lewald. 

den  bisherigen  Angaben  über  die  Frequenz  des  Diabetes  bei  alten 
Leuten  steht.  Bei  geisteskranken  Greisen  findet  sich  Zucker  4mal 
so  häufig,  wie  bei  geistesgesunden  alten  Leuten;  es  treffen  also 
Glykosurie  und  eine  senile  Psychose  besonders  häufig  zusammen. 

Die  Korsakow'sche  oder  polyneuritische  Psychose 
ist  im  abgelaufenen  Jahre  Gegenstand  verschiedener  Arbeiten  ge- 
Poiy-  wesen.  Mönkemöller  (AUg.  Zeitschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  54,  H.  6) 
neuri tische  ^Y)t  eine  grosse  Casuistik  aus  der  Lrenanstalt  Herzberge  der  Stadt 
0. MönkemöUer, -ß®rlin  ZU  Lichtenberg,  Meyer  berichtet  (ebenda  Bd.  55,  H.  2)  über 
EiBBt  Meyer,  einen  höchst  interessanten  Fall,  und  Schnitze  (Berl.  klin.  Wochen- 
rnst  c  ultee.  g^j^^g.  j^j.  24  ff.)  gibt  einen  kritischen  Beitrag  zur  Theorie  dieser 
Störung,  die  psychisch  charakterisirt  ist  durch  völlige  Unklarheit  über 
Ort  und  Zeit,  schwerste  Gedächtnissstörung  bei  meist  guter  Stim- 
mung und  wohl  erhaltener  Denkfähigkeit,  daher  die  Kranken  auch 
in  der  Lage  sind,  die  Lücken  ihres  Gedächtnisses  durch  phanta> 
stische,  aber  nicht  ungeheuerliche  Erdichtungen  zu  maskiren.  Nach 
Korsakow  sollen  sich  nun  diese  psychischen  Defecte  stets  mit 
Polyneuritis  zusammen  vorfinden;  Schnitze  glaubt  dies  bestreiten 
zu  können  und  spricht  die  Ueberzeugung  aus,  dass  die  Zeichen,  aus 
denen  man  eine  leichte  Neuritis  zu  erkennen  gewöhnt  ist  —  leichte 
Empfindungsstörungen  —  nicht  selten  falschlich  festgestellt  werden, 
indem  die  Angaben  der  sehr  beeinöussbaren  Kranken  bei  der  Unter- 
suchung oh  ungenau  oder  ganz  unglaubwürdig  seien.  Schnitze 
nimmt  daher  an,  dass  das  Zusammentreffen  der  Psychose  und 
Neuritis  durch  die  gemeinsame  Ursache,  den  Alkoholismus  chronicus, 
verursacht  ist.  Der  Einwurf,  dass  sich  auch  nichtalkoholische  Neuri- 
tiden  mit  dem  geschilderten  psychischen  Symptomencomplexe  ver- 
binden, beweist  nach  Schnitze  wenig,  da  ja  auch  die  anderen 
Polyneuritiden  irgendwelchen  Vergiftungen  des  Körpers  —  einschliess- 
hch  der  Lifectionen  —  entspringen.  Die  Korsakow'sche  Krankheit 
kann  also  angesehen  werden  als  eine  eigenartige  Form  einer  Psychose, 
in  der  das  Gehirn  auf  sehr  verschiedenartige  Vergiftungsreize  ant- 
wortet. 

Es  ist  in  sachkundigen  Kreisen  bekannt,  dass  nicht   wenige 

Personen  ins  Militär  eingestellt  werden,  die  an  angeborener  Geistes- 

PsychiBche  schwäche  (Imbecilhtät)  leiden.   Die  Militärärzte  haben  nach  Schröter 

^'MirnftV*"  (AUg.  Zeitschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  54,  H.  5)  begreifHcherweise  bei 

E.  Schröter.    ^^^  Aushebungsgeschäft    erhebliche  Schwierigkeiten,  eine   sichere 

Diagnose  sofort  zu  stellen;  in  der  BrCgel  kann  ja  auch  erst  eine 


129 

eamsät  'Kanams^  ogr  Anamneae  imd  eme  eingebende  Proiiing  4lds 
CnaaefiKusTsnofif:  «m^  mAsres.  Vr^kkeü  s^bsl  dem  geübten  Beobftckter 
€rmü^Am^  IK^eräan  sokte  Lipme  nun  eingestellt,  so  versagen  sae 
T^ßcL  iz.  QBc  'Bet  mt  wBtgewz'^jiüesD.  L^heasveAälanaaem.  nnd  gegen- 
t*jer  op  Tifüaeisa^mt  der  mn  säe  gestellten  neuen  Anforienxngen, 
ck  -v^nieBaDF  eimge  geastige  Gewandtlieit  v^iuigen.  Sie  werden 
■i&ikt?  jnaDcdmiu  mci  nnn  Gegenstand  Ton  IGsahandlnngen  von  S^ten 
ibra-  niiduset  Torseaetzten ,  ^w»!  diese  enras  mit  ihnen  eiraclien 
mfl  mDflsen.  &ber  naiärfidi  hem  Verstandniss  fm*  die  geistige 
der  JjBnxe  laben  könn^i.  Nataxüch  könn^i  «nck 
inne  P^nrciioBBC  beim  JEücar  enistehai.  nnd  zwar  geschieht  das  nicht 
sehen  imtBr  vemger  dtsmilich  an£^gesprc>chenen  KranVheitserachei- 
riHkgen.  WLts  nom  ae  »ernst  zn  beobachten  pflegt.  Da  nämlich  die 
strengt  sn&särisc^  X^isciptlin  den  einzelnen  zur  staikeren  Selbst- 
':«db€9Ts<<J:Bng  raiiigt  imd  da  dieses  Moment  anch  krankhaft  ent- 
«i^ehendoi  T^tt j nrnrnm^rm  und  VorsteUungen  gegenüber  Geltung  ge- 
xicux.  fiD  ^rennag  häimg  das  übliche  Svmptomenbild  der  Psychose 
lidxt  «<*  nngecrüm  mm  Ansdnick  zn  kommen.  Das  gibt  zQweÜen 
AT^Iary,  Iner  nnd  da  Smiüation  za  vermnthen.  Allerdings  kann  man 
^%seiL  dsG£  andererMats  die  straffe  militärische  Disciplin  im  einzelnen 
FiJk:  enraf  geisog  IGnderwerthiges  in  geistiger  Beziehung  zu  kräf- 
^£€31.  m  erziehfin  Termag,  wiewohl  gerade  die  Disciplin  bei  fiisch 
«Seil  entwickfihideD  KranklieitsfcHinen  sehr  wohl  im  Stande  ist,  be- 
rrnnende  psnrciiisehe  Erkrankung  längere  Zeit  zu  verdecken.  Endlich 
k:<s2iit  eB  auch  vor.  dass  ein  an  chronischer  Paranoia  od.  dergL 
leidender  Mann  eingesteDt  wird,  der  bis  dahin  gar  nicht  für  geistes- 
kmik  g&lt.  Das  ist  redit  gut  möglich,  wenn  die  Symptome  nicht 
iiamer.  scndem  nur  gelegentlich  deutlicher  in  die  Erscheinung  treten, 
cder  wezm  der  betreffende  Mensch  sich  abseits  von  anderen  Menschen 
bidr.  SD  dass  seme  anfEalligen  Eigenschaften,  sein  eigenthümliches 
We»en  und  selbst  seine  gelegendich  krankhaft;e  Handlungsweise  nicht 
Traoxt  offenbar  werden  konnten. 

Subnormale  Temperaturen,  auch  solche  unter  35^,  sind       Hypo- 
^>d  Geeanden  und  G^steskranken  häufiger,  als  man  ft*üher  glaubte.      th«rnue 
Untex  den  Ursachen  der  Hypothermie  kommen  bei  Geisteskranken     kranken, 
oach  Snell  lATIg.  Zeitschr.  f.  Psychiatrie  Bd.  55,  H.  8)  haupts&ch-     Otto  Sneu! 
lieh  drei  in  Betracht,  erstens  die  Wärmeentziehung,  welche  durch 
&  bei  Geisteakranken  so  häufige  Ünempfindlichkeit  gegen  Kälte 
begünragt  wird.    Die  gmngen  Erniedrigungen  der  Körperwärme, 
Tekhe  bei  Melancholischen,  Stuporösen  und  Blödsinnigen  häufig  sind, 

1899.  9 


130  Lewald. 

Hypo-       auch  wenn  die  Kranken  dauernd  im  wannen  Zimmer  im  Bett  liegen, 
thermie      g^^^  wohl  durch  eine  Herabsetzung   des  Stoffwechsels  zu  erklären, 
kranken,     ^i®  dritte  Ursache  der  Hypothermie  muss  in  einer  unmittelbaren 
Otto  SneU.     Wirkung  der  Erkrankung  der  nervösen  Centralorgane  gesucht  werden. 
Hier  steht  die  progressive  Paralyse  im  Vordergrunde :  natürlich  kann 
ein  Paralytiker  auch  durch  unmittelbare  Wärmeentziehung  oder  durch 
Herabsetzung  des  Stoffwechsels  eine  Erniedrigung  der  Temperatur 
erleiden,  und  beides  kommt  thatsächlich  ofb  genug  vor,  aber  es  bleiben 
noch  Fälle  übrig,  in  denen  beide  Ursachen  nicht  zur  Erklärung  heran> 
gezogen  werden  können.    Bekannt  sind  die  merkwürdigen  Tempe- 
raturschwankungen, die  ofb  mit  dem  paralytischen  Anfall  verbunden 
sind.     Snell  hat  hier  Temperaturen  bis  herab  zu  25°  (24  Stunden 
vor  dem  Tode)  gemessen.    Zu  bemerken  ist,  dasö  durch  die  moderne 
Pflege  der  Paral3rtiker  die  subnormalen  Temperaturen  viel   seltener 
geworden  sind. 

Die  nach  Erhängungsversuchen  auftretenden  Erschei- 
nungen sind  schon  verschiedentlich  Gegenstand  der  Untersuchung 

Amnesie  gewesen  (s.  dieses  Jahrbuch  1896,  S.  120;  1898,  S.  101).  Wollen- 
nach       berg  (Arch.  f.  Psychiatrie  Bd.  31)  berichtet  von  einem  paranoischen, 

versuch,  stark  haUucinirenden  Arbeiter,  der  zwei  vergebliche  Erhängungs- 
Richard  versuche  machte.  Der  erste  wird,  ehe  noch  Bewusstseinsverlust  ein- 
0  en  erg.  ^^^  vereitelt,  während  beim  zweiten  sich  bereits  vollständige  Be- 
wusstlosigkeit  eingestellt  hatte.  Bei  der  sofort  eingeleiteten  künst- 
lichen Athmung  traten  immer  mehr  zunehmende  fibrilläre  Muskel- 
zuckungen ein  mit  allmähHchem  Uebergange  in  typische,  tonische 
Muskelkrämpfe;  die  Pupillenreaction  war  eben  nur  angedeutet.  An 
Stelle  der  Krämpfe  stellte  sich  nach  etwa  3  Stunden  ein  Zustand  ver- 
worrener Erregung  mit  motorischer  Unruhe  ein,  der  nach  24  Stunden 
aufhörte,  und  dann  kam  der  Mann  erst  zum  Verständniss  seiner 
Lage.  Er  blieb  amnestisch  für  die  ganze  Zeit  des  zweiten  Selbst- 
mordversuches. Diese  retroactive  Amnesie  ist  die  Folge  einer  Er- 
nährungsstörung im  Gehirn  und  nicht,  wie  Möbius  behauptet  hat, 
als  Symptom  einer  durch  den  Selbstmordversuch  verursachten  trau- 
matischen Hysterie  aufzufassen,  und  dasselbe  gilt  von  den  Krämpfen, 
die  einfach  Reizerscheinungen  sind.  Ob  für  die  Störungen  mehr  die 
Asphyxie  oder  die  durch  Carotidenverschluss  verursachte  Blutleere 
im  Gehirn  verantwortlich  zu  machen  ist  und  wie  weit  dabei  die  von 
Kompe  (Neurol.  Centralbl.  1897,  Nr.  7)  betonte  Vaguscompression 
mitspielt,  ist  nicht  zu  entscheiden.  Jedenfalls  handelt  es  sich  bei 
den  psychischen  Störungen  nach  Erhängungsversuchen  um  die  Con- 


Psychiatrie.  131 

currenz  verschiedener  Vorgänge,  die  zu  Reizungszuständen ,  Emäh- 
nmgsstörungen,  kurz  zu  materiellen  Schädigungen  der  Centralorgane 
fuhren  und  ihren  klinischen  Ausdruck  in  dem  typischen  Tind  durch 
die  retroactive  Amnesie  charakteristisch  gefärbten  Zustandsbilde  finden. 

Man  hört  häufig  die  Ansicht  selbst  in  medicinischen  Kreisen, 
dass  Lustmorde  nur  von  Geisteskranken  verübt  werden.  Das  ist 
nach  Leppmann  (Zeitschr.  f.  Medicinalbeamte  Nr.  23)  durchaus  Lustmord, 
falsch:  Wollust  und  Grausamkeit  sind  innig  verwandt,  und  die  Er-  -  imann 
regung  sinnlicher  Lustgefühle  durch  grausame  Handlungen  ist  unter 
bestimmten  socialen  Verhältnissen  als  Massenerscheinung  vorge- 
kommen. Man  wird  also ,  um  die  Frage  der  Zurechnungsfähigkeit 
der  Lustmörder  zu  prüfen,  in  erster  Linie,  wie  bei  allen  Strafthaten, 
nicht  die  That,  sondern  den  Thäter  zu  untersuchen  haben.  Li  der 
Litteratur  sind  im  allgemeinen  nur  solche  Fälle  veröffentlicht,  deren 
•krankhafter  Charakter  deutlich  ist;  Leppmann  muss  aber  die 
Frage,  ob  jemand  in  unserer  jetzigen  Culturepoche  noch  in  der 
Breite  geistiger  Gesundheit  zum  Lustmörder  werden  kann,  auf  Grund 
seiner  25  Fälle  bejahen.  Unter  ihnen  sind  nur  drei  im  Sinne  des 
Strafgesetzbuches  unzurechnungsfähig  gewesen,  die  anderen  waren 
entweder  präsumptiv  Gesunde  oder  Leute  mit  Schwachsinn  massigen 
Grades.  Das  Lustverbrechen  charakterisirt  sich  bei  den  Thätem 
meist  nicht  als  vorher  überlegter,  auf  Grund  bewusster  wollust- 
erweckender Grausamkeitsideen  ausgeführter  Mord,  sondern  meist 
als  Todtschlag,  als  plötzlich  sich  regender  und  unbewusst  zur 
Weckung  und  Erhöhung  der  Wollust  dienender  Drang  zur  Grausam- 
keit und  zur  Vernichtung  des  Opfers.  Nicht  selten  handelt  es  sich 
mn  Leute,  die  infolge  langjähriger  geschlechtlicher  Ausschweifungen 
und  Masturbation  der  Reizhunger  zum  Ungewöhnlichen  treibt,  oder 
die  infolge  erzwungener  Enthaltsamkeit  oder  allgemeiner  Entsitt- 
lichung zu  dem  Verbrechen  getrieben  werden.  Die  Ausführung  der 
Tödtung  lässt  durch  den  Befund  an  dem  Opfer  bisweilen  einen  Rück- 
schluss  auf  das  wollüstig-grausame  Motiv  zu.  Es  handelt  sich  häufig 
um  das  Streben,  in  das  Körperinnere,  an  die  Stätte,  wo  der  Mensch 
entsteht,  zu  den  inneren  Genitalien  vorzudringen;  auch  übt  das 
fliessende  Blut  und  das  warme  zuckende  Fleisch  eine  wollusterregende 
Wirkung  aus;  namentlich  findet  man  oft  zahlreiche,  tiefe,  über  den 
Tödtungszweck  hinausgehende  Halsschnittwunden,  ebenso  wie  Er- 
würgen und  Erdrosseln  nicht  selten  zu  constatiren  ist. 


132  Lewald. 


IT.  Alkoholismns  und  Intoxleationspsjehoseii. 

Die  Beziehungen  zwischen  dem  chronischen  Alkohol- 
Alkoholis-    missbrauch  und  dem  Selbstmord  hat  Sullivan  (Joum.  of 
muB  und     ^0^^,  sciences,  Aprü)  an  einer  grösseren  Reihe  von  Trinkern,   die 
W.  c.  Samvan.  Selbstmordversuche  gemacht  hatten,  untersucht,  und  zwar  handelt  es 
sich  um  110  Personen,  54  männliche  und  56  weibliche.    Bei  Betrach- 
tung des  Alters  ergibt  sich,  dass  das  Maximum  für  männliche  alkoho- 
listische  Selbstmörder  zwischen  25 — 35,  fiir  weibliche  zwischen  20 
bis  30  Jahren  liegt.    Je  chronischer  der  Alkoholismus  ist,  desto  sel- 
tener werden  Suicidversuche  gemacht.     Bei  den  untersuchten  Indi- 
viduen war  am  häufigsten  ein  verschieden  hoher  Grad  von  Schwach- 
sinn zu  constatiren.    Ausserdem  fanden  sich,  wie  selbstverständlich, 
häufig  gastrische  Störungen;  aus  ihnen  öoss  ein  Depressionszustand, 
in  welchem  die  That  erfolgte.    Beim  weiblichen  Geschlecht  legt  Sul- 
livan den  Störungen,  welche  der  Alkoholismus  in  dem  Genital- 
system bewirkt,  den  Hauptwerth  bei  (Menstruationsstörungen). 

Einen  Fall  von  acuter  Psychose  als  Theilerscheinung 

PsyohoBen   einer  Salicylsäurevergiftung  berichtet  Saloschin  (Wiener 

^B&ure^^     kün.  Bundschau  Nr.  5  u.  6).    Die  belastete  Kranke,   21  Jahre. alt, 

intoxi-      bekam  in  36  Stunden  18,0  Natr.  salicyl.,   und  es  entwickelte  sich 

cation,      schnell  zunehmend  ein  Krankheitsbild,   das  mit  starker  Erreirune: 
S.  SaloBohin.  ,   ,  00 

einsetzte  und  im  Laufe  von  einigen  Stunden  Wahnideen,  Gesichts- 
und GehörshaUucinationen  zeitigte.  Nach  18  Stunden  verschwand 
der  Symptomencomplex  vollständig.  Eine  Zusammenstellung  der 
Casuistik  der  Psychosen  bei  Salicylsäureintoxicationen  ergibt:  das 
weibliche  Geschlecht  ist  numerisch  bevorzugt,  ebenso  alte,  schwache 
und  marastische  Individuen;  bei  jungen  kräftigen  Personen  kann 
Belastung  oder  Trauma  eine  Disposition  schafiPen.  Die  Krankheits- 
bilder sind  wechselnd :  bald  nur  allgemeine  Erregung,  Unruhe,  Angst- 
gefühl oder  Euphorie  mit  Lustgefühlen,  allgemeiner  Fröhlichkeit  oder 
Delirien,  Wahnvorstellungen,  Hallucinationen ,  Verwirrtheit,  endlich 
Bewusstseinsverlust,  Sprachstörung,  Paresen,  Coma,  Krämpfe.  Be- 
gleiterscheinungen sind  Kopfschmerz,  Ohrensausen  etc.  Der  Ablauf 
ist  rasch,  8 — 10  Stunden,  die  längste  Dauer  war  3  Tage.  Ein  Unter- 
schied in  der  Wirkung  der  Säure  oder  ihrer  Salze  besteht  nicht ;  die 
Erscheinungen  können  auch  bei  mittleren  Dosen  (12 — 20  g,  1  g  stund- 
lich) und  bei  Kindern,  Frauen  oder  bei  vorhandener  Idiosynkrasie 
auch  schon  nach  kleinen  Dosen  (4,0)  auftreten. 


Psychiatrie.  133 

Die  bei  der  Behandlung  mit  Jodoform  auftretenden  Psychosen 
psychischen  Störungen  zeigen  sich  nach  Schlesinger  (Allg.  ^^^ 

Zeitschr.   f.  Psychiatrie  Bd.  64,  H.  6)   entweder  in  Form  einzelner      intoxi- 
Symptome  oder  auch   als  gut  charakterisirte   Psychosen.     Erstere      oation, 
können  auch  Prodromalerscheinungen  der  letzteren  darstellen:   die     *   ^  esmger. 
ängstliche  Unruhe,  die  motorische  Erregung,  die  Affectveränderung 
bei  fast  ganz  freiem  Sensorium  gehören  zur  ersten  Gruppe.    Als 
häufigste  Psychose  zeigt  sich,  wie  bei  den  meisten  Infectionen  und 
Intoxicationen ,   die  haUucinatorische  Verwirrtheit,   die  kein  speci- 
fisches  Gepräge  trägt.    Femer  kommt  Melancholie  vor  oder  auch 
ein  comatöser  Symptomencomplex  mit  meningitischen  Erscheinungen, 
and  schliessHcli  bei  Kindern  eine  eigenthümüche  Zustandsform,  die 
eben  üebergang  zwischen   der  hallucinatorischen  Verwirrtheit  und 
der  comatösen  Form  darstellt. 

Die  Urämie  führt  mitunter  zu  einer  acuten  Psychose .   Biscboff       — bei 
(Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  25)  veröffentlicht  einen  solchen  FaU.    J^'^^'^i 

.  .      E.  Bischon. 

Zumeist  ist  die  Ursache  der  Geistesstörung  die  urämische  Intoxi- 
cation,  seltener  dürfte  die  Psychose  als  Folge  urämischer  Krampf- 
anfalle,  äbnücli  einem  epileptischen  Dämmerzustande  auftreten,  end- 
lich besteht  die  Möglichkeit,  dass  eine  vorhandene  urämische  Amau- 
rose die  Psychose  auslösen  kann.  Die  urämische  Psychose  verläuft 
fast  immer  unter  den  Erscheinungen  der  acuten  Verwirrtheit  und  ist 
gegenüb^  den  anderen  Formen  dieser  Erkrankimg  häufig  durch  das 
Vorhandensein  von  Störungen  des  centralen  und  peripheren  Nerven- 
systems ausgezeichnet.  Diese  Störungen  ähneln  mitunter  den  para- 
lytischen Läbmimgserscheinungen  (vergl.  dieses  Jahrbuch  1897,  S.  121 
a.  122),  und  da  in  manchen  Fällen  urämischer  Psychosen  auch  auf 
psychiscbem  Gebiete  eine  allgemeine  Herabsetzung  der  geistigen 
Functionen  vorherrschend  ist,  welche  als  Intelligenzschwäche  und 
Oedächtnissdefect  aufgefasst  werden  kann,  so  ist  manchmal  die 
Differentialdiagnose  nicht  ganz  leicht. 

Y.  Paralysis  progressiya. 

Zur  anatomischen  Diagnose  der  progressiven  Para- 
lyse gehört  nach  Nissl  (Monatsschr.  f.  Psych.,  Nov.)  der  gleich- 
zeitige Nachweis  folgender  vier  Erscheinungen:  1.  Schwund  der 
Diploe,  2.  eine  nicht  durch  ihre  Intensität,  sondern  durch  die  Art 
der  Ausdehnung  charakterisirte  Verdickung  und  Trübung  der  weichen 
Haute.  3.  Hydrocephalus  extemus  und  internus  und  4.   eine  nach- 


134  Lewald. 

Anatomische  weisbare  Atrophie  des  Stirn-  und  Scheitelhims  über  der  Convexität 
magno 8 e     ^^^^  ^^j.  Innenseite.     Die   Trübung  und  Verdickunfi:   der   weichen 

der  pro-  .  .  ^    ,  ® 

gressiven  Häute  erstreckt  sich  über  die  Convexität  und  Innenfläche  des  Stim- 
Paraiyse,  und  Scheitelhims  und  lässt  vor  allem  den  Occipitalpol  frei.  Die 
milchige  Trübung  ist  häufig  nur  stellenweise  angedeutet;  manchmal 
finden  sich  auch  Verwachsungen  der  Rinde  und  der  Häute;  beim 
Abziehen  resultiren  Substanzverluste.  In  diesem  Falle  kann  die 
Trübung  ganz  fehlen;  an  den  Yerwachsungsstellen  sind  die  weichen 
Häute  oft  eigenartig  gelatinös  durchsichtig.  Solche  Verwachsungen 
findet  man  übrigens  auch  an  der  Basis  des  Stimhims.  Das  sicherste 
mikroskopische  Kriterium  für  die  paral3rtische  Rindenerkrankung  ist 
das  ündeutlichwerden ,  das  Verwaschensein  der  Schichtung  der 
Nervenzellen.  Offen  ist  allerdings  noch  die  Frage,  ob  die  erwähnten 
Kriterien  die  anatomische  Diagnose  sichern,  wenn  die  klinische 
Diagnose  zweifelhaft  ist. 

Die  Frage  der  Aetiologie,  die  bei  der  progressiven  Paralyse 
aus  naheliegenden  Gründen  von  sehr  erheblicher  Wichtigkeit  ist, 
liegt  zur  Zeit  so,  dass  nach  der  Ansicht  der  meisten  Autoren  der 
Lues  eine  entscheidende,  doch  nicht  die  einzige  Rolle  zugeschrieben 
wird.  Da  der  anatomische  Frocess  bei  der  Tabes  recht  ähnlich, 
wenn  nicht  identisch,  mit  dem  bei  der  progressiven  Paralyse  (quoad 
Lues  und  Rückenmark)  ist,  so  gehört  hierher  eine  Arbeit  von  Sarbö  (Pester 
A  ^Sa^bö*'  med.-chir.  Presse  Nr.  3 — B),  der  eine  Reihe  der  grösseren  Statistiken 
über  die  Häufigkeit  der  Lues  bei  Nichttabischen  einerseits  und  bei 
Tabikem  andererseits  zusammengestellt  und  dabei  gefunden  hat,  dass 
Lues  sich  bei  Nichttabischen  in  22  ^/o,  bei  Tabikem  aber  in  72  *^/o  findet. 
Er  tritt  für  den  engen  Zusammenhang  zwischen  Tabes  und  Lues 
ein,  betrachtet  die  graue  Degeneration  der  Hinterstränge  aber  nicht 
als  specifische  syphilitische  Erkrankung,  sondern,  wie  Strümpell, 
als  consecutive  Affection,  ähnlich  wie  die  postdiphtherischen  Läh- 
mungen im  Verhältniss  zur  Diphtherie.  Mit  Recht  kann  man  darauf 
hinweisen,  dass  die  Wirkungslosigkeit  der  specifischen  Therapie  bei 
der  Tabes  gegen  den  syphilitischen  Ursprung  derselben  gar  nichts 
beweise,  da  es  sich  ja  bei  Tabes  um  Zerftdl  von  Fasern  handelt, 
deren  Wiederherstellung  von  vornherein  gar  nicht  zu  erwarten  ist, 
abgesehen  davon,  dass  manche  zweifellos  tertiär  S3rphilitische  Affec- 
tionen  (gewisse  HautsyphiHde)  auf  specifische  Behandlung  ebenso 
wenig  reagiren.  Zu  ähnlichen  Schlüssen  gelangt  Sarb6  für  die 
Paralyse  auf  Grund  einer  Zusammenstellung  von  18  Statistiken  und 
betont  die  Neigung  der  Paralyse,   sich  mit   Tabes  zu  combiniren, 


Psychiatrie.  135 

sowie  die  Häufigkeit  von  Augenmuskellähmangen  gerade  bei  Lues, 
Tabes  und  Paralyse.  Die  Ueberzeugung  Sarb6*s,  dass  es  mit  der 
Zeit  gelingen  wird,  die  Paralysen,  in  deren  Anamnese  Sjrphilis 
vorkam,  von  jenen,  in  deren  Anamnese  sie  fehlt,  klinisch  und 
histologisch  zu  trennen,  hält  Ref.  für  irrthümlich. 

Abgesehen  von  der  Paralyse,  bewirkt  die  Lues  verschiedene  Differential- 
Gehirn  affectionen,  die  prognostisch   und  anatomisch  von  der     diagnose 
progressiven  Paralyse  zu  trennen  sind.    Neben  der  diffusen  gummösen    y^^y^gg^^gj. 
Basilarmeningitis  findet  sich,  wie  bekannt,   eine   specifische  End-     Paralyse 
Arteriitis  oder  eine  gummöse  Periarteriitis  mit  Wucherung  der  Intima.     *"id  Lues 
In  klinischer  Beziehung  bieten  alle  diese  Zustände  mit  der  Paralyse   carl  Wickel, 
viele  üebereinstimmung,   doch  verläuft  letztere  schneller,  während 
bei  Gehimlues  Störungen  der  Pupillenreaction   10  Jahre  lang  beob- 
achtet worden  sind,  ohne  dass  andere  Symptome  hinzutraten.  Wickel 
(Arch.  f.  Psych.  Bd.  30)  berichtet  über   sechs  Fälle  aus  der  Mar- 
bnrger  Klinik  und  hebt  als  differentialdiagnostisch  wichtigste  Sym- 
ptome hervor:   Augenmuskelstörungen  von  wechselndem  Charakter, 
vorübergehende  und  andauernde  aphasische  Störungen,  vorübergehende 
Paresen,  geistige  Schwäche  ohne  progressiven  Charakter  mit  lang 
erhaltener  Krankheitseinsicht,   Auftreten  florider  specifischer  Pro- 
cesse,  günstiger  Einfluss  der  specifischen  Therapie  und  langjährige 
Krankheitsdauer. 

Dass  die  typische,  früher  „classisch"  genannte  Form 
der  Paralyse  seltener  geworden  ist  gegenüber  der  sog. 
dementen  Form,  wird  jeder  Fachmann  bestätigen,  der  auf  eine 
10 jährige  Erfahrung  zurückblickt.   Mendel  (Monatsschr.  f.  Nerven-   vorwiegen 
heilk.,  Beiheft  October)   fand   1880  unter   180  Fällen  55  typische,         der 
jetzt  unter  194  Fällen  nur  24  typische.    Die  demente  Form  ist  also      ^poyni^'^ 
mehr   als   doppelt   so  häufig  geworden.     Femer  sind  die  lang  an-         der 
dauernden  Remissionen  häufiger  geworden,  in  denen  die  Krankheit,    Paralyse, 
nachdem  sie  eine  gewisse  Höhe  erreicht  hat,  oft  3 — 5  Jahre  un- 
verändert bleibt.     Während  also  der  Verlauf  milder  geworden  ist, 
hat  die   Ej'ankheit   an  Häufigkeit   sicher  zugenommen.     Vor  allem 
befallt  sie  jetzt  häufiger  das  weibliche  Geschlecht  (vergl.  auch  dieses 
Jahrbuch  1898,  S.  109).    Während  noch  1859  gesagt  werden  konnte, 
dass   die  Paralyse  ausschliesslich  bei  Männern  vorkommt,   ist  jetzt 
das  Verhältniss    der  erkrankten  Frauen   zu   den  Männern:    1  :  3,9. 
Hendel  hat  20  Fälle  von  Paralyse  resp.  Tabes  bei  Ehegatten  ge- 
lben, eine  ätiologisch  bedeutsame  Thatsache.    Dass  das  jugendliche 


136  LewalcL 

Vorwiegen  Alter  jetzt   häufiger  befallen   wird,   lehrt   die   Arbeit   von  Thiry 
der         (vercl.  weiter  unten).    Will  man  diese  Erscheinungen  erklären,  so 

dementen     "^       =>  '  ^         .  ,  /.    i.  tt 

Form  kann  man  die  grössere  Häufigkeit  unschwer  auf  die  grössere  Ver- 
de r         breitung  der  Sj^hilis  zurückfuhren.    Was  aber  das  Milderwerden 

liende/'^'  des  Verlaufes  betrifft,  so  ist  eine  bestimmte  Erklärung  nicht  auf- 
zustellen; höchstens  kann  man  an  die  Möglichkeit  denken,  dass 
das  Virus  sich  irgendwie  verändert  haben  könnte.  Dass  solche  Gifte 
in  ihrer  Wirkungsweise  schwanken  können,  wissen  wir  ja  von  der 
Diphtherie  her.  Vielleicht  liegt  der  Grund  auch  darin,  dass  die 
antisyphilitische  Behandlung  jetzt  gründlicher  durchgeführt  wird,  als 
früher.  Leppmann  hat  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass  die  In- 
sassen von  Zuchthäusern,  obgleich  sie  sehr  häufig  syphilitisch  in- 
ficirt  und  anderen  Psychosen  sehr  ausgesetzt  sind,  fast  niemals  an 
Paralyse  erkranken;  vielleicht  dass  das  völlig  ruhige  Leben  in  der 
Strafanstalt,  das  jeden  Kampf  ums  Dasein  ausschliesst,  einen  Schutz 
gegen  die  Erkrankung  an  Paralyse  verleiht. 

Progressive  Paralyse  bei  Mutter  und  Kind  beschreibt 

Paralyse     Müller  (Allg.  Zeitschr.  f.  Psych.  Bd.  26,  H.  2).    Die  Mutter  wurde 

»  ^^^^      ^  ii^t  43  Jahren  paralytisch  und  starb  nach  3  Jahren,  das  Kind  hatte 

Mutter  und  r        j  ^  »    ^ 

Kind,       nach  der  Geburt  Ausschläge,  mit  */4  Jahren  desgleichen  und  er- 

A.  Müller,     krankte  etwa  im  9.  Lebensjahre  unter  den  Erscheinungen  von  arti- 

culatorischer  Sprachstörung,  zunehmenden  Lähmungen  und  Demenz; 

es  starb  im  16.  Lebensjahr,  und  der  anatomische  Befund  war  der 

übliche. 

Vor  einigen  Jahren  stellte   Leppmann    im    Berliner    psych- 
iatrischen Vereine  den  Antrag,  eine  Enquete  über  solche  Erkran- 
kungen an  progressiver  Paralyse  anzustellen,  welche 
im  Verlaufe  anderer  Psychosen  auftreten.   Die  Anregung 
Paralyse     ist,  soweit  ich  mich  erinnere,  ins  Wasser  gefallen.    Richter  (Allg. 
"*^^        Zeitschr.   f.  Psych.  Bd.  B5,  H.  1)  veröffentlicht   einen  hierher  ge- 

anderen  ,  *^  ,  ,  ,      ^ 

Psychosen   hörigen  Fall.     Es  handelt  sich  um  einen   alten  Paranoiker  mit  gut 

auftretend,  ausgebildetem  Wahnsystem,  der  seit  etwa  10  Jahren  krank  war  und 

nun  nach  Eintritt  mehrerer  Schlaganfalle  das  Bild   einer  Paralyse 

in  ihrer  dementen  Form  bis  zu  seinem  Tode  bot.    Leider  fand  keine 

Section  statt. 

YI.  Therapie. 

Zu  interessanten  therapeutischen  Resultaten  kommt  Hitzig  bei 
einer  Betrachtung  über  die  periodischen  Geistesstörungen 


Psychiatrie.  137 

iBerl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  1  ff.).  Ausgehend  von  der  Theorie  Therapie 
Meynert's  vom  Einflnsse  des  Reizzustandes  oder  der  Erschlaffung ^®"*^.^*^®^®' 
der  vasomotorischen  Centren  auf  das  Zustandekommen  von  Depression  Störungen, 
und  Exaltation  versuchte  der  Hallenser  Kliniker  die  physiologisch  indi-  ^^^'^^  Hitzig . 
cirten Mittel  Morphium  und  A t r o p i n ,  und  zwar  würde,  entsprechend 
der  Meynert'schen  Hypothese,  das  Morphium,  unmittelbar  vor 
Begimi  des  Anfalls  angewendet,  als  Coupirungsmittel  von  Excita- 
tions-,  das  Atropin  bei  gleicher  Anwendung  als  Coupirungsmittel  von 
Depressionszuständen  wirken  müssen.  Das  Morphium  zeigte  sich 
nicht  wirksam ,  dagegen  erwies  sich  —  entgegen  der  Hypothese  — 
Atropin  sowohl  bei  Exaltations-  wie  Depressionszuständen  als  wirk- 
sam. ControUversuche  an  Thieren  ergaben,  dass  das  Atropin  Druck- 
steigerung im  Ge&sssystem  bewirkt,  und  zwar  nicht  nur  infolge  von 
Veränderung  der  Herzthätigkeit,  sondern  jedenfalls  auch  durch  Ge- 
iässerweiterung.  Als  erwiesen  kann  gelten,  dass  wir  im  Atropin 
ein  Mittel  besitzen,  durch  das  in  einer  Anzahl  von  FäUen  einer 
Urappe  von  bisher  fiir  unheilbar  gehaltenen  Psychosen  HeUung  oder 
doch  Besserung  zu  erzielen  ist,  wenn  folgende  Regeln  beachtet 
werden:  Anwendung  nur  bei  periodischen  Psychosen,  Beginn  der 
Behandlung  kurz  vor  Eintritt  des  zu  erwartenden  Anfalles,  sub- 
cutane Anwendung  und  Beginn  mit  sehr  kleinen  Dosen  (0,1 — 0,3  mg), 
vorsichtiges  Ansteigen  und  allmähliches  Heruntergehen  mit  dem 
Mittel. 

Einen  kritischen  Ueberblick  über  die  Anwendung  der  Hydro- 
therapie bei  Psychosen  gibt  Thomson  (Monatsschr.  f. Psych.,  Hydro- 
October).  Ein  historischer  Rückblick  zeigt,  dass  man  in  der  ganzen  t^erapie, 
Hydrotherapie  im  Laufe  der  Zeit  von  den  heroischen  eingreifenden 
Proceduren  immer  mehr  auf  die  milderen  zurückgekommen  ist.  Eine 
eigentliche  theoretische  Grundlage  für  die  Hydrotherapie  der  Psy- 
chosen besitzen  wir  nicht,  weil  uns  die  den  Psychosen  ursächlich 
m  Grrunde  liegenden  Vorgänge  noch  meist  unbekannt  sind  und  weil 
ja  auch  über  die  Wirkungsweise  der  hydriatrischen  Proceduren 
noch  keine  vöUige  Klarheit  besteht.  Aus  den  Kenntnissen  über  die 
Wirkungsweise  des  Wassers  lässt  sich  wenig  für  die  Theorie  der 
Hydrotherapie  bei  Geisteskrankheiten  gewinnen.  Die  'Anwendung 
bei  Erregungszuständen  kann  dadurch  begründet  werden,  dass  man 
annimmt,  dass  denselben  eine  Hyperämie  des  Gehirns  zu  Grunde 
liege,  und  dass  man  deshalb  durch  Einpackungen  und  laue  Bäder 
eine  Hauthyperämie  hervorzurufen  bestrebt  ist.  Bei  der  Melancholie 
wirken  langandauemde  lauwarme    Bäder  recht    günstig.    Meistens 


138  Lewald. 

aber  wird  es  sich  um  rein  symptomatische  Maassnahmen  handeln. 
Erwähnt  sei  die  günstige  Beeinflussung  des  Decubitus  durch  Bäder- 
behandlung. Bei  apathischen  affectlosen  Zuständen  sind  leicht  an- 
regende Proceduren,  wie  Halbbäder  und  Abreibungen  zu  em- 
pfehlen. 

Von  grossem,  theoretisch  und  practisch  gleich  erheblichem  In- 

Therapeu-    teresse   sind    die   Mittheilungen  Friedlände r's  (Neurol.    Central- 

tische       |jjg^^|.  j^j.  23)  über  die  Anwendung  von  Bacteriengiften  bei 

I  m  p  f  u  ngen  _.^. 

mit  Typhus-  Psycho sen.  Es  handelt  sich  um  therapeutische  Impfungen  mit 
bacterien,  abgetödteten  Reinculturen  des  Typhusbacillus.  Bei  Hunden  und 
Kaninchen  konnte  selbst  durch  Dosen,  die  lOmal  so  gross  waren, 
als  die  von  Friedländer  bei  Menschen  angewandten,  der  Tod 
nicht  herbeigeführt  werden.  Die  ersten  Impfungen  wurden  an  ab- 
solut verlorenen,  unheilbar  chronischen  Psychosen  vorgenommen. 
Bei  der  Mehrzahl  der  Fälle  zeigte  sich  die  aus  der  Litteratur  wohl- 
bekannte Erscheinung,  dass  während  des  durch  die  Impfung  ver- 
ursachten Fiebers  eine  mehr  oder  minder  vollständige  Klarheit  ein- 
trat. Mit  dem  Verschwinden  des  Fiebers  trat  der  frühere  Zustand 
wieder  ein.  Was  die  einer  Therapie  überhaupt  zugänglichen  Fälle 
anbelangt,  so  berichtet  Friedländer  von  zwei  Besserungen,  zwei 
sicheren  und  einer  wahrscheinlichen  Heilung.  Als  die  für  Impfungen 
geeignetsten  Fälle  bezeichnet  Friedländer  Fälle  von  Erschöpfungs- 
psychosen und  schwere  Melancholieen  mit  drohendem  Uebergange 
in  Demenz,  bei  denen  man  durch  das  Fieber  imd  die  electiv«  Wir- 
kung der  Bacterientoxine  eine  starke  Anregung  des  StofPwechseLs 
in  dem  torpiden  Organismus  erzeugen  will.  Da  Friedländer  eine 
ausführliche  Arbeit  über  seine  Erfahrungen  in  Aussicht  stellt,  wollen 
wir  im  nächsten  Jahrgange  auf  diese  bedeutsame  Frage  zurück- 
kommen. 

Peronin,  Als  ein  Ersatzmittel  des  Morphiums  empfehlen  Munk  (Aerztl. 

Jakob  MuDk.  Centr.-Anzeiger  Wien ,  Nr.  22 ,  1897)  und  andere  das  von  Merck 
dargestellte  Peronin,  das  chlorwasserstoffsaure  Salz  des  Benzyl- 
morphins.  Es  ist  ein  weisses  Pulver  von  bitterem  Geschmack,  in 
Wasser  fasr  unlöslich;  in  den  Handel  kommt  es  in  Form  von 
Plätzchen  mit  0,02  Peronin.  In  dieser  Dosis  wird  es  als  schmerz- 
stillend, in  doppelter  Dosis  als  schlafinacl^end  empfohlen.  Ref.  hat 
das  Mittel  ebenfalls  versucht  und  kann  die  narkotische  Wirkung  bei 
leicht  Erregten  bestätigen,  ohne  aber  die  suggestive  Wirkung  ganz 
ausschliessen  zu  können. 


Psjcliiatde.  139 

Zur  Therapie  des  Somnambnlismas  empfehlt  Hirscli-TkerAFi«  ^«* 
krön  (Therapeutische  Monatshefte,  Mai)  Qaergalyanisadon  der  Me-    ^^^"^"^ 
dulla  oblongata  and  erklärt  den  HeilefTect  dnrch  Beeindnssong  der    HineUcroa. 
Gefiisscentren ,   ^so  zwar,  dass  die  Xerrenfasem  gekräftigt  werden, 
wodurch  in  den  getroffenen  Himpartieen  eine  regehnässige  Circa- 
ladon  stattfindet  nnd  dadurch  einer  ToUständigen  Anänusining  der 
getroffenen  Himpatieen  vorgebeogt  wird''. 

Eine  grosse  Hjpnotismns-Debatte,  die  bei  einzehien  Rednern    Hypaotis^ 

kritischen  Sinn  mehr  als  billifr  vermissen  lässt  nnd  in  der  kein  ein-     ^  T**' 

.  Debatte, 

ziger  neuer  Gesichtspunkt  zur  Sprache  kam,  hat  die  British  medical 
Association  (British  med.  Journal,  10.  Sept.)  auf  ihrer  Jahresver- 
sammlung zu  Edinburgh  abgehalten. 

Die  zum  Theil  recht  erheblichen  Veränderungen,  welche  durch      Bftrger- 

das  am  1.  Januar  1900  in  Kraflb  tretende  Bürgerliche  Gesetz-  ^    Hches 

Gesetibnch, 
buch   in   der  rechtlichen   Stellung   der  Geisteskranken  geschaffen  g.  Asehaffen. 

werden,    bespricht   Aschaffen  bürg   (Münch.  med.   Wochenschr.         *>»i»- 

Xr.  28)  unter  Anführung  der  betreffenden  Paragraphen. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

Ädamkiewicz,  Functionsstönmgen  des  Grosshims.    Hannover. 
Baldwin,   Die  Entwickelang  des  Geistes  beim  Kinde  und  bei  der  Rasse. 

Berlin. 
T.  Bechterew,  Die  Leitmigsbabnen  im  Grehim  und  Rückenmark.  IL  Aufl« 

Bd.  2.     St  Petersburg. 
Bleuler,  Die  allgemeine  Behandlung  der  Geisteskranken.  Erweiterte  An- 
trittsvorlesung.   Zürich. 
Baschan,  Bibliographischer  Semesterbericht  der  Erscheinungen  auf  dem 

Gebiete  der  Neurologie  und  Psychiatrie.     1897.    Bd.  1.    Jena. 
Dannemann,  Die  psychiatrische  Klinik  zu  Giessen.    Berlin« 
}L  W.  Drobisch,  Empirische  Psychologie  nach  naturwissenschaftlicher 

Methode.     2.  Aufl.    Hamburg  und  Leipzig. 
Durkheim,  Le  suicide.    Paris. 
Fürstner,  Wie  ist  die  Fürsorge  für  Geisteskranke  von  Aerzten  und  Laien 

zu  fordern?    Berlin. 
Oroldscheider,  Die  Bedeutung  der  Reize  für  Pathologie  und  Therapie  i 

im  Lichte  der  Neuronlehre.     Leipzig.  i 

Gross,  Criminalpsychologie.     Graz.  ' 

Hirsch feld,  §  175  des  Reichsstrafgesetzbuches.    Die  homosexuelle  Frage 

im  Urtheile  der  Zeitgenossen.    Leipzig. 
Hitzig,    Der  Schwindel   (Vertigo).    XII,   Bd.  2,   IL  Theil,   2.  Abth.  von 

NothnageFs  Specieller  Pathologie  und  Therapie.    Wien. 


140  Lewald. 

Ilberg,  Das  Jugendirresein  (Hebephrenie  und  Katatonie).    Leipzig. 

V.  Erafft-Ebing,  Arbeiten  aus  dem  Gesammtgebiete  der  Psychiatrie 
und  Neuropathologie.    Bd.  3.    Leipzig. 

Derselbe,  Psychopathia  sexualis.    X.  Aufl.     Stuttgart. 

Mairet  et  Vires,  De  la  paralysie  g^n^rale.    Paris. 

Charles  E.  Mill,  The  nervous  System  and  its  diseases.    Philadelphia. 

Möbius,  Vermischte  Aufsätze.    Leipzig. 

R.  Müller,  Das  hypnotische  Hellsehexperiment  im  Dienste  der  natur- 
wissenschaftlichen Seelenforschung.  Bd.  2:  Das  normale  Bewusstsein. 
Leipzig. 

Nebelthau,  Gehimdurchschnitte  zur  Erläuterung  des  Faserverlaufes. 
Wiesbaden. 

Ritti,  Les  psychoses  de  la  vieillesse.    Bordeaux. 

Schlöss,  Leitfaden  zum  unterrichte  für  das  Pflegepersonal  an  öffent- 
lichen Irrenanstalten.     Leipzig  und  Wien. 

Schuster,  Die  Untersuchung  und  Begutachtung  bei  traumatischen  Er- 
krankungen des  Nervensystems.    Berlin. 

Sommer,  Lehrbuch  der  psychopathologischen  üntersuchungsmethoden. 
Berlin  und  Wien. 

Smith,  üeber  Temperenzanstalten  und  Volksheilstätten  für  Nervenkranke. 
Würzburg. 

Springfeld,  Die  Rechte  und  Pflichten  der  Unternehmer  von  Privatirren- 
anstalten.    Berlin. 

Thiry,  De  la  paralysie  g^n^rale  dans  le  jeune  äge.    Paris. 

Unger,  Die  Irrengesetzgebung  in  Preussen.    Berlin. 

Wille,  Die  Psychosen  des  Pubertätsalters.    Leipzig  und  Wien. 

Ziehen,  Die  Ideenassociation  des  Kindes.    Bd.  L    Berlin. 


n,  3.  Krankheiteii  der  Athnrangsorgane. 

Von  Prof.  Dr.  Hochhans  in  Eiel. 

1.  Allgemeines. 

(Physiologie,  üntersnchimgaiaeihodeii.  Allgemeine  Pathologie  und  Therapie.) 

Da  die  Angaben  über  die  unteren  Lungengrenzen  und  die  Lage 
des  Spitzenstosses  noch  immer  schwanken,  hat  Schulthess  (Deutsches    Stand  der 
ArcL  f.  klin.  Med.  Bd.  60,  H.  2  u.  3)  dies  nachgeprüft,  und  zwar  die  untere      unteren 
rechte  und  linke  Lungengprenze  bei  100  gesunden  Individuen  im  Stehen,  und    «-„ -f        ^ 
gefimden,   dass   rechts   die   untere  Grenze   61mal   am  oberen  Rande  der  des  Spitze n- 
siebenten  Rippe,  15mal  im  sechsten  Intercostalraum  und  24mal  am  unteren  stoss es  beim 
Rande  oder  auf  der  sechsten  Rippe  war.    Die  untere  Grenze  links  neben    gesunden 
dem  Stemum   (also  Beginn  der   oberen  absoluten  Herzdämpfung)   war  in  g  s«i.«ifhegl 
66  Fallen  am  oberen  Rande  der  fünften  Rippe ,  22mal  im  vierten  Inter- 
costalraum und  12mal  auf  der  vierten  Rippe.  Die  Untersuchung  des  Spitzen- 
stosses bei  50  weiblichen  Personen  zeigte,  dass  er  in  81  Fällen  im  fünften 
Intercostalraum  in  der  Mamillarlinie ,  in  6  ausserhalb  und  in  7  innerhalb 
derselben  im  fünften   Intercostalraum,   6mal  im  vierten  Intercostalraum, 
ond   zwar   3mal  innerhalb  und  3mal   ausserhalb   der   Mamillarlinie   sich 
befand. 

Durch  genaue  Yergleichung  des  percutorischen  Befundes  an  den  Lungen- 
spitzen von  Leichen  mit  dem  Sectionsresultat  hat  Oestreich   (Die  Per-  Percussion 
cüssion  der  Lungenspitzen.    Zeitschr.  f.  klin  Med.  Bd.  35,  H.  5  u.  6)  der 

festzustellen  gesucht,  wie  genau  man  Erkrankungen  in  diesem  Lungentheil     I'^i'^seii- 
dorch  Percussion  nachweisen  kann.    Das  Resultat  war,    dass  ein  einziger     Oestreich! 
Heerd   in  der  Spitze  die  Grösse   einer  Kirsche  haben  muss,   um  den  Per- 
cossionston  zu  ändern;  sind  indess  mehrere  Heerde  vorhanden,  so  braucht 

der  einzelne  nur  erbsengross  zu  sein,  um  eine  Veränderung  des  Schalles 
1  ^  Dämpfungen 

hervorzurufen.  ««  ^«« 

an  den 

Lnngen- 

Doppelseitige  Spitzendämpfung  mit  abgeschwäch-spitzen  ohne 
tem  Vesicaläratbmen  ohne  !Rasselfi:eräusch6  hat  Kernig   pathoiogi- 
(Zeitschr.  f.   klin.  Medicin  Bd.  34,  H.  3  u.  4)  mehrfach  beobachtet      Befund, 
bei  stark  marastischen  Kranken,  die  lange  Zeit  bettlägerig  gewesen       Kernig. 


X42  Hochhaus. 

waren.  Er  fuhrt  diesen  Befand,  den  man  auch  an  anderen  Lungen- 
partieen  constatirt,  wohl  mit  Recht  auf  ßetraction  der  Lungenspitzen 
durch  die  ungenügende  Athmung  zurück. 

Bacterien  finden  sich  hei  fast  jeder  entzündlichen  Lungenerkrankung, 

hauptsächlich  FränkeTsche  Diplokokken,   pyogene  Staphylokokken  und 

Beziehnngon  Streptokokken.  Klipstein  sucht  nun  die  Frage  zu  heantworten,  wie  diese 

zwischen     Mikroorganismen  in  die  Lungen  hineingelangen   (Experimentelle   Bei- 

j  T,         träfire  zur  Fräse  der  Beziehungen  zwischen  Bacterien  und  Er- 
und  Er-  o  o  o  ^  ^ 

kranknngen  krankungen  der  Athmungsorgane.  Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  34, 
der  H.  3  u.  4).    Durch  zahlreiche  Versuche  an  Kaninchen  und  Hunden  kam 

Athmung 8-  Klipstein  zu  folgendem  Resultate:  Die  Lungen,  die  Bronchien,  die 
Klinstein*  Trachea,  meist  auch  der  Larynx  gesunder  Thiere  sind  unter  gewöhnlichen 
Verhältnissen  nahezu  keimfrei.  Bei  Kaninchen,  die  unter  einer  Glasglocke 
reizende  Gase  (Dämpfe  von  Ammoniak,  Osmium  etc.)  einathmen,  stellte  sich 
anfangs  ein  Katarrh  der  getroffenen  Schleimhäute,  bei  länger  dauernder 
Einwirkung  eine  mit  der  Dauer  der  Inhalation  intensiver  werdende  Ent- 
zündung der  Conjunctival- ,  Nasen-,  Pharyngeal-,  Tracheal-  und  Bronchial- 
schleimhaut ein;  öfter  traten  auch  bronchopneumonische  Processe  auf;  nur 
in  den  schwersten  Fällen  waren  Mikroorganismen  der  Nasen-  und  Mund- 
höhle in  den  entzündeten  Geweben  nachweisbar.  Wurden  bei  diesen  Ver- 
suchen zuerst  in  die  Nase  Bacterien  geimpft,  so  traten  die  Entzündungen 
viel  rascher  und  intensiver  auf,  und  die  Mikroorganismen  waren  in  den 
Lungen  viel  reichlicher  nachweisbar.  In  Anwendung  dieser  Versuche  auf 
die  menschliche  Pathologie  führt  Verf.  aus,  dass  bei  den  meisten  Ent- 
zündungsformen der  Lunge  zuerst  leichtere  Erkrankungen  der  Respirations- 
schleimhaut durch  chemische,  thermische  oder  mechanische  Reize  herbei- 
geführt werden  und  dass  dann  auf  dem  so  präparirten  Boden  die  Bacterien 
entweder  auf  dem  Athmungsweg  oder  durch  das  Blut  resp.  die  Lymphe 
sich  einfinden,  wuchern  und  stärkere  Veränderungen  herbeiführen. 

Das  Vorkommen  der  eosinophilenZellen  ist  in  den  letzten  Jahren 
bei  den  verschiedensten  Organerkrankungen  constatirt  worden,  ohne  davss 
es  indess  bis  jetzt  sicher  gelungen  wäre,  ihre  Bedeutung  zu  erkennen. 

Eosinophile  Auf  Anregung  von  F.  A.  Hoffmann  hat  Teichmüller  bei  300  Per- 

Zellen im     gonen,  die  an  den  verschiedensten  Affectionen  des  Respirationstractus  litten, 

Teiclontaie'r  Untersuchungen  des  Sputums  gemacht,  um  über  das  Vorkommen  \md  die 
Bedeutung  dieser  Zellen  einen  Anhalt  zu  gewinnen.  (Deutsches  Arch.  f. 
klin.  Med.  Bd.  60,  H.  6.)  Uebereinstimmend  mit  früheren  Autoren  fand  er 
im  Secret  bei  acutem  Schnupfen  zahlreiche  eosinophile  Zellen;  im  Sputum 
bei  Bronchitis  sind  sie  ebenfalls  häufig;  bei  acuter  Bronchitis  zahlreicher, 
wie  bei  chronischer;  bei  Keuchhusten  wurden  sie  nicht  gefunden;  bei 
Bronchiektasieen  waren  sie  wieder  viel  reichlicher.  Bei  dem  Irischen 
Asthma  war  ihr  Vorkommen  häufig  neben  Curschmann*schen  Spiralen. 
Auf  das  Vorhandensein    zahlreicher  eosinophiler   Zellen   im   Sputum   von 


Krankheiten,  der  Athmungsorgane.  143 

Lenten  mit  massigem  Husten,  etwas  trockenem,  zähem,  schleimigem  Aus- 
warf gründet  Teichmüller  (nach  F.  A.  Hoffmann)  die  Diagnose  eines 
mdimeniären  Asthmas  (oder  eosinophilen  Katarrhs).  Bei  Emphysem,  Bron- 
chopneumonie, der  croupösen  Pneumonie  kommen  sie  nur  vereinzelt  vor;  bei 
Longeninfarct  sind  sie  vorhanden,  in  massigem  Grade  auch  bei  Herzfehler- 
lnngen«  Am  interessantesten  war  das  Resultat  beim  Phthisikersputum.  Teich- 
müller fand  sie  hier  bei  167  Phthisikern  123mal,  im  Gegensatz  zu  anderen 
Autoren,  die  sie  wesentlich  seltener  fanden.  In  Bezug  auf  das  Vorkommen 
konnte  er  dann  des  Genaueren  eruiren,  dass  sie  sich  am  häufigsten  finden, 
venn  der  betreffende  Patient  noch  ziemlich  kräftig,  wenn  er  noch  keine  oder  nur 
wenig  Temperatursteigerung  hat  und  der  Örtliche  Process  noch  klein  und  um- 
Achrieben  ist;  in  allen  solchen  Fällen  also,  wo  man  annehmen  kann,  dass 
der  Organismus  sich  mit  allen  verfügbaren  Kräften  gegen  das  Eindringen 
des  Tuberkelbacillus  wehrt.  Damit  stimmen  auch  vom  Verf.  gemachte  Be- 
obachtungen, wo  bei  Phthisikern  im  Initialstadium  anfangs  im  Sputum 
nnr  eosinophile  Zellen  waren,  nachher,  als  der  Process  weiterschritt  und 
Taberkelbacillen  erschienen,  zwar  schwanden,  und  zuletzt,  als  der  Organis- 
mus wieder  sich  kräftigte,  die  eosinophilen  Zellen  erschienen  und  die 
Toberkelbacillen  wieder  schwanden.  Für  den  Verf.  ist  daher  der  Nachweis 
von  eosinophilen  Zellen  ein  werthvoUer  Fingerzeig  für  den  Verlauf  des 
tuberculösen  Processea. 

Hammond's  neue  Methode,   Tuberkelbacillen  schnell       Unter- 
in Flüssigkeiten  aufzufinden  (The  GiU  University),   besteht  da-  ^^-^^^J^g^^Ji®"^ 
rin,  dass  H  a  m  m  o  n  d  der  zu  untersuchenden  Flüssigkeit  (Milch)  5  °/o     b  a  c  1 1 1  e  n, 
reine  Carbolsäure  zusetzt ;   dann  fuUt  er  davon  je  16  com  in  kleine    E-  W.  Ham- 
(Haschen  und  centrifugirt   15  Minuten  lang;   dann  wird  die  klare        ™°"  * 
Flüssigkeit  abgegossen  und   der  Niederschlag    mit   3  com   B°/oiger 
Natronlauge  geschüttelt  und  3  Minuten  stehen  gelassen.    Das  Gläs- 
chen wird  dann  bis  zur  Marke  15  mit  destillirtem  Wasser  aufgefüllt 
imd  20  Minuten  centrifugirt.    Hiernach  wird  wieder  die  obenstehende 
klare  Flüssigkeit  abgegossen  und  der  Niederschlag  auf  Bacillen  unter- 
sucht.   Verf.  hat  dadurch  Tuberkelbacillen  gefunden  dort,  wo  sie 
sich  kaum  durch  die  Impfung  nachweisen  Hessen.    Für  Sputum  und 
Urin  ist  sie  auch  sehr  brauchbar. 

Beineboth  (Münchener  medicin.  Wochenschr.  S.  117)  berichtet  über 
die  Resultate  von  Thoraxerschütterung  bei  Kaninchen.  In 
Narkose  wurde  in  die  Brustwand  ein  Fenster  geschnitten,  dann  machte  er 
zuerst  folgenden  lehrreichen  Versuch:   Wenn  er  mit  der  Sonde   die  frei-  ^ 

liegende  Lunge  bestrich,  erfolgte  in  diesem  Bezirk  eine  mehrere  Minuten 
dauernde  Hyperämie  durch  Auftreten  zahlreicher  kleiner,  vorher  unsicht- 
barer Gefässe.  Legt  man  ein  Plessimeter  auf  die  freigelegte  Lunge  und 
tflyt  darauf  einen  Schlag  mit  dem  Percussionhanmier  aus,  so  wird  dieselbe 


144  Hochhaus. 

Einflass  bläulich,  und  es  erscheinen  auf  einmal   zahlreiche  kleine  Gefösschen,   die 

der  Er-  g^^^^  nebst  der  Hyperämie  nach  45  Secunden  verschwinden.    Aehnlich  ist 

'Ses  BrÜsr  ^as  Resultat,  wenn  das  Plessimeter  neben  das  Fenster  gelegt  und  dann  der 

korbesanf  Schlag  ausgeführt  wird.   Wird  das  Trauma  an  der  anderen  Seite  ausgefOhrt, 

die  Gef&sse  so  ist  nichts   zu  sehen.    Bei  totaler  Verhämmerung  einer  ganzen  Thorax- 

^®'  ^^J'^^*  ®®^*^  ^^  ^^^'  einmal  die  ganze  eine  Lunge  bläulich  und  hyperämisch, 

Lnneennd  '''^^re^d   die  andere   blass  war.  —  Die  Ursache  ist  augenscheinlich  eine 

ein  Ent-  Lähmung  des  Tonus  der  Gefösscapillaren,   die  bei  heftigem  Trauma  eine 

stehunsB-  Ansammlung  von  erheblichen  Blutmengen  innerhalb  der  Blutbahn  bewirkt 

modas  der    ^^^  dadurch  ein  Sinken  des  allgemeinen  Blutdruckes  herbeiführen  kann, 
traama»  " 

tischen      ^  practischer  Beziehung  zieht  Verf.   aus  seinen  Versuchen  den  Schluss, 

Hämoptoe,   dass  nach  einem  Trauma   des  Thorax  bei  einem  Menschen  mit   Spitzen- 
Reineboth.     Infiltration  die  BlutüberfOUung ,   resp.  die  dieser  nachfolgende  Zusammen- 
ziehung der  (Jefösse  eine  Blutung  in  den  geschädigten  Grefässen  der  er- 
krankten Partie  herbeiführen  könne. 

Sugillationen  der  Pleura  sind  nach  den  verschiedensten  Ursachen 
beobachtet,  bei  Erstickung,  bei  Läsion  der  vorderen  Yierhügel,  bei  gewissen 
Verletzungen  des  Rückenmarkes,  bei  Reizung  sensibler  Nerven  und  am  häu- 
figsten wohl  beistarkerAbkÜhlung.    Mit  den  in  letzter  Weise  entstan- 
Sugilla-      denen  beschäftigt  sich  Rein eboth  Peuteches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  62). 
Pl^'nV  i^^    Durch  geeignete  Versuche  an  Kaninchen,  die  er  mehrere  Minuten  lang  in 
folge  von     eiskaltes  Wasser  taucht,  weist  er  nach,  dass  erstens  die  Ekchymosen  der 
Abktthlnng,  Pleura  wirklich  Folgen  der  Abkühlung  sind  und  dass  dies  zweitens  durch 
Beineboth.     q^j^q  Drucksteigerung  der  Pleuralgefässe  infolge  einer  Reizung  des  vasomoto- 
rischen Centrums  geschieht.     Reineboth  denkt  sich  nach  seinen  Experi- 
menten im  einzelnen  den  Vorgang  so,  dass  zuerst  durch  den  intensiven  Kälte- 
reiz das  Blut  nach  den  inneren  Orgien  gedrilngt  und  zugleich  reflectorisch 
das  vasomotorische  Centrum  gereizt  wird;   der  Reiz  von  der  abgekühlten 
Haut  lässt  aber  bald  nach  und  wird  dann  ersetzt  durch  eine  Verilnderung 
des  Blutes,  eine  Hämoglobinämie,  die  in  massigem  Maasse  eintritt  und  die 
auch  das  vasomotorische  Centrum  reizen  soll.    Zum  Schluss  hebt  Reine- 
both hervor,  dass  seine  Abkühlungsversuche  auf  menschliche  Verhältnisse 
nicht  anwendbar  sind. 

Physika-  Brosch  (Virch.  Archiv  Bd.  163,  H.  2)  macht  den  Versuch,  die 

lische       seinerzeit  von  Waidenburg  so  glorreich  inaugurirte  Methode  der 

Functions-   _  ,.  ...  .  .^-  •   j       v  • 

Prüfung  der  Functionsprufung  der  Atnmungsorgane  wieder  bis  zu  einem 
Athmnng,  gewissen  Grade  zu  rehabilitiren.  Die  Idee,  die  seinerzeit  Wal  de  n- 
A.  Brosch.  |j^j.g  ^^^  ggi^e  Nachfolger  leitete,  war  zweifelsohne  eine  sehr  richtige, 
und  ihre  Ausfuhrung  wäre  für  unsere  Diagnostik  sehr  erstrebenswerth 
gewesen;  denn  so  sehr  Auscultation  und  Percussion  uns  auch  über 
den  Zustand  der  Lungen  orientiren,  über  ihre  Function  lassen  sie 
uns  doch  häufig  sehr  im  Zweifel.    Der  Umstand  aber,  der  eine  Ver- 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  145 

werthung  der  damaligen  Methode  hinderte,  war  ihre  Unvollständig- 
keit*  Man  mass  mittels  des  Pneumatometers  den  in-  imd  ezspirato- 
risehen  Druck  und  bestimmte  durch  das  Spirometer  die  Oapacität 
der  Lungen.  Das  war  aUes;  von  den  Factoren,  die  uns  aber  einen 
Einblick  in  die  Function  der  Athmungsorgane  gestatten,  sind  das 
nur  einige  und  dazu  solche,  deren  Bestimmung  an  vielen  Versuchs- 
iehlem  leidet,  wieBrosch  ausfahrlich  darthut.  Um  diese  Methode 
zu  einer  fruchtbringenden  zu  machen,  müssen  aber  sämmtliche 
Componenten  des  Athmungsactes  genau  bestimmt  werden.  Die  ein- 
zelnen Theile  sind :  1.  die  Athmungskraft,  2.  die  Mengenverhältnisse 
der  Athmtxngsgase ,  3.  die  zeitlichen  Verbältnisse  der  Athembewe- 
irungen,  4.  besondere  Eigenthümlichkeiten  der  Versuchsperson,  welche 
den  Athmungsact  beeinflussen.  Diese  einzebien  Factoren  geht  der 
Verf.  genau  durch,  zergliedert  sie  weiter  und  zeigt  auch,  wie  sie 
genau  bestimmt  werden  können.  Die  dazu  erforderlichen  Instru- 
mente hat  er  zum  Theil  neu  construirt;  so  verwirft  er  z.  B.  die 
Waldenburg'scbe  Athemmaske  als  fehlerhaft  und  gebraucht  statt 
dessen  einen  von  Biehl  erfundenen,  sehr  practischen  Nasenkatheter. 
Zur  Messung  der  Athmungsgase,  besonders  der  Residualluft,  braucht 
er  das  von  ihm  gefundene,  auch  sehr  einfache  und  practische  Pneu- 
monometer. Wenn  man  nun  in  der  von  ihm  vorgeschriebenen  Weise 
die  Function  der  Lungen  einzeln  analysirt,  dann  wird  man  auch 
«eher  ein  richtiges  Bild  darüber  bekommen,  ob  die  Lunge  normal 
iunctionirt  oder  nicht.  Er  empfiehlt  nun  nach  einem  von  ihm  ent- 
worfenen Schema  viele,  normale  Leute  zu  untersuchen,  um  so  zu 
sehen,  wie  sich  bei  gesunden  Leuten  in  den  verschiedensten  Zu- 
ständen die  einzelnen  sog.  Respirationscoefficienten  verhalten;  da- 
durch gewinnt  man  eine  Anschauung  von  der  mittleren  normalen 
Function  der  Lunge  und  zugleich  einen  Maassstab,  um  daran  andere 
zu  prüfen.  Besonders  wichtig  hält  er  dies  Verfahren  fiir  den  Militär- 
arzt, der  häufig  über  den  Lungenbefund  ein  Ürtheil  abgeben  muss, 
bei  dem  ja  bekanntlich  Percussion  und  Auscultation  nicht  so  selten 
zu  Täuschungen  Anlass  geben. 

Statt  der  gewöhnlichen  Fingerpercussion  empfiehlt  Balz  (Berl.       Piess- 

klin.  Wochenschr.  Nr.  48)  die  palpirende  Percussion,   für  die     äathesie, 

*r  den  Namen  Plessästhesie  vorschlägt.     Sie  wird   von  ihm  in 

folgender  Weise  ausgeführt :  Der  Mittelfinger  der  linken  Hand  wird 

als  Plessimeter  benutzt;  der  zweite  bis  vierte  Finger  der  rechten 

Hand  wird  im  Metacarpalgelenk  um  einen  halben  rechten  Winkel 

gebeugt  und  2  cm  vom  Mittelfinger  der  linken  Hand  entfernt  ge- 
Jahrtmch  der  practischen  Medicin.    1899.  IQ 


146  Hochhaus. 

PlesB-  halten;  dann  wird  mit  den  Fingern  der  rechten  Hand  ein  kurzer 
asthetie.  Schlag  gegen  ihn  ausgeübt,  wobei  dieselben  aber  einige  Secunden 
fest  liegen  bleiben;  dies  wird  dann  nach  Bedarf  wiederholt.  Der 
Schalleindruck  ist  ein  geringer,  um  so  grösser  und  feiner  aber  da» 
Gefühl  der  Resistenz  der  unterliegenden  Organe.  Am  besten  anwend- 
bar ist  sie  bei  Erkrankungen  der  Lunge,  Pleura,  der  Milz,  der  Leber, 
sowie  überall  dort,  wo  die  gewöhnliche  Percussion  wegen  Schmerz- 
hafügkeit  nicht  anwendbar  ist.  Zur  Percussion  der  oberen  erkrankten 
Lungenspitzen  räth  Balz,  nicht  wie  gewöhnlich  an  der  Spitze  zu 
beginnen,  sondern  in  den  unteren  Litercostalräumen,  wo  der  Schall 
noch  normal  ist ;  Schalldifferenzen  sollen  dann  leichter  gehört  werden. 
Bei  der  Auscultation  erinnert  Balz  an  die  Wichtigkeit  der  un- 
mittelbaren Auscultation ;  man  hört  damit  nicht  nur  schneller,  sondern 
auch  feiner,  sowohl  spärliche  Easselgeräusche,  wie  auch  leichte  Ver- 
änderungen des  Athmens;  auch  das  diastolische  Aorteninsufficienz- 
geräusch  und  Aneurysmageräusche  werden  leichter  gehört.  Als  „crepi- 
toid"  bezeichnet  Balz  ein  Athmen  auf  der  Grenze  zwischen  Vesi- 
culärathmen  und  Knisterrasseln,  das  er  bei  unmittelbarer  Auscultation 
häufig  gehört  hat  an  der  Ghrenze  von  Pneumonieen  dort,  wo  sie  gerade 
weiterschreiten;  femer  als  erstes  Zeichen  von  Lungenödem.  Zum 
Schlüsse  betont  Balz,  dass  es  bei  der  Perception  feiner  Unter- 
schiede beim  Percutiren  und  Auscultiren  häufig  vortheilhafb  ist,  die 
Augen  zu  schliessen. 

Pueuma-  Die  Wirkungen  des  Luftdruckes   sind  nach  v.  Liehig 

The^a^le     (^öi^^chrift  för  diätetische  und  physikalische  Therapie  Bd.  1,  H.  2) 

V.  Liebig.'  jetzt  besser  bekannt  als  früher  und  deshalb  auch  ihre  Anwendung 
in  der  Therapie  leichter  präcisirbar.  Die  Hauptsache  ist,  dass  bei 
der  verdichteten  Luffc  die  Ausathmung  erschwert,  bei  der  verdünnten 
erleichtert  ist.  Bei  der  verdichteten  Luft  ist  die  Exspiration  lang- 
samer und  tiefer  und  die  Athemfrequenz  nimmt  ab;  die  Lungen 
ziehen  sich  weniger  stark  zusammen,  daher  eine  Erweiterung  der 
Lungenstellung,  der  negative  Druck  in  der  Pleurahöhle  wird  grösser, 
der  Blutdruck  sinkt,  und  der  Puls  wird  langsamer.  Umgekehrt  ist 
es  bei  vermindertem,  verändertem  Druck :  der  Widerstand  gegen  das 
Ausströmen  der  Luft  hat  abgenommen,  ebenso  der  negative  Pleura- 
druck, der  Blutdruck  ist  erhöht,  der  Puls  beschleunigt,  die  CapiUaren 
sind  stärker  gefüllt.  Durch  die  Gewöhnung  an  eine  stärkere  An- 
strengung der  Athmungsmuskeln  geht  nach  einigen  Tagen  bei  kräf- 
tiger Bewegung  im  Freien  die  veränderte  Capacität  zurück,  und  der 
Athem  wird  wieder  tiefer,  der  Puls  ruhiger,  aber  eine  geringe  Be- 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  147 

schleunigung  bleibt.  Die  Erkrankungen,  bei  denen  Verf.  die  pneuma- 
tische Kammer  empfiehlt,  sind  Anämie  und  Chlorose,  Bronchial- 
katarrhe, Emphysem  und  Asthma,  femer  bei  den  Katarrhen  der 
Trommelhöhle  bei  Schwerhörigen,  bei  denen  besonders  belgische 
Aerzte  grossartige  Erfolge  erzielt  haben. 

Zur  Behandlung  chronischer  dyspnoischer  Zustände, 
besonders  von  Asthma  und  Emphysem,  empfiehlt  Langerhans  (Zeit-      Athem- 
öchrift  für  diätetische  und  physikalische  Therapie  Bd.  2,  H.  1)  zwei  Übungen  bei 
sehr  einfache  Apparate,  den  einen  zur  Erleichterung  der  Inspiration,      Lnng en- 
den anderen  zur  Beförderung  der  Exspiration.    Bei  der  methodischen  Krankheiten, 
Anwendung  wurden  erzielt:   1.    eine  Herabsetzung  des  Blutdruckes,      ^^^^^  *"^' 
2.  ein  richtiges  Athmen  der  Patienten,  3.  eine  dauernde  Pulsverlang- 
samung. 

2.  Krankheiten  der  Bronchien. 

„Die  Diagnostik  derFremdkörper  in  den  Luftwegen" 
gehört  zu  den  schwierigsten  Aufgaben,  besonders  bei  Kindern,  die 
eine  genaue  Anamnese  nicht  zu  machen  im  Stande  sind  (E.  Frenz,      Fremd- 
Jahrbuch  für  Kinderheilkunde).    Allerdings  kommt  es  auch  bei  Er-      Körper 
wachsenen  zuweilen  vor,  wie  eine  Anzahl  citirter  Fälle  beweisen,  dass  Luftwegeu, 
der  Moment  des  Eindringens  in  die  Luftwege  nicht   zu   eruiren  ist        Pronz. 
und  erst  spätere  Symptome  auf  eine  derartige  Vermuthung  führen; 
meist  ist  der  betreffende  Unfall  jedoch  von  prägnanten  Symptomen 
gefolgt:  Husten,  Erstickungsanfalle,  Heiserkeit  u.  s.  w.    Nach  einiger 
Zeit  pflegen  sich  diese  Erscheinungen  zu   beruhigen,   und  es  tritt 
ein  gewisses  Stadium  der  Latenz  auf,  an  das  dann  erst  später  wieder 
heftigere  Symptome  von  Seiten  des  Respirationstractus  sich  anschlies- 
sen,  meist  Entzündungen  oder  Eiterungen.    Bei  Kindern  sind  die  an- 
fanglichen Symptome  gering,  erst  die  Späterscheinungen  veranlassen 
die  Heranziehung  des  Arztes,    für   den    die   Diagnose   meist   recht 
whwierig   ist.      Als   beachtungswerthe    Momente    empfiehlt   Frenz 
1.  das  meist  gute  Aussehen  der  Kinder,  2.  den  plötzlichen  Beginn, 
3.  den  anhaltenden  Hustenreiz,  4.  die  lange  Dauer  der  Stenose,  5.  die 
«spiratoriscbe  Dyspnoe. 

Während  früher  die  verschiedensten  acuten  und  chronischen 
Krankheiten  als  Ursachen  der  fibrinösen  Bronchitis  an- 
gegeben wurden,  nimmt  man  heute  meist  bestimmte  Mikroorganismen 
als  ursächliche  Erreger  an,  insbesondere  den  Diphtheriebacillus  und 
Pneumoniecoccus.    Hints  (Ueber  die  Aetiologie  der  primären  crou- 


148  Hochhaus. 

Aetiologie   pösen  Bronchitis.     Pester  medic. -chirurgische  Presse  Nr.  51)   weist 

^'^^'^^         darauf  hin,   dass   bei  den  acuten  Formen  eine  derartige  Aetiologie 
crouposen  ;  .... 

BronohitiB,  wohl  möglich   wäre,    dagegen    nicht    bei   den    chronischen,    deren 
Hints.        Dauer  sich  über  viele  Jahre  erstrecken  kann ;  hier  müsse  eine  andere 
Ursache   vorliegen,   über  die  wir   zur  Zeit  noch   nichts   Genaueres 
wissen. 

Behandlung  Quincke  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  24)  empfiehlt  zur  leich- 

hf     *®^ö^  Entleerung  des  eitrigen  Inhalts  sackartiger  oder  cylindrischer 

Quincke.      Bronchiektasieen  jeden  Morgen   eine  Lagerung  des  Patienten 

mit  erhöhtem   Fussende   (etwa   30  cm).     Der   Eiter  fliesst  dadurch 

leichter  in  die  grossen  Bronchien   und    kann  dann   besser   entleert 

werden. 

Pathogenese         Talma  (Berl.  klin:  Wochenschr.  Nr.  52)  ist  der  Ansicht,   dass 

u n    B e h a n d-  ^ ^^  Asthma  bronchiale  auf  einem  Contracturzustande  der  äusseren 
lang  des 
Asthma      Respirationsmuskeln  und  der  Muskeln  der  Luftwege  beruht  und  zwar 

bronchiale,  des  Pharynx,  der  Trachea  und  der  grossen  Bronchien,  zuweilen  auch 
der  Glottis ;  letzteres  schliesst  er  besonders  aus  der  Thatsache,  dass 
das  charakteristische  G-iemen  hauptsächlich  über  den  grossen  Bron- 
chien, dem  Larynx  und  der  Trachea  gehört  wird.  Die  Muskeln  dieser 
zuletzt  genannten  Gebilde,  welche,  wie  die  Spiegeluntersuchung  lehrt, 
bei  ihrer  Zusammenziehung  eine  erhebliche  Stenose  herbeifthren, 
können  von  vielen  Menschen  auch  willkürlich  bewegt  werden,  wie 
dies  das  Beispiel  mancher  Asthmatiker  und  Gesunder  zeigt,  die  künst- 
lich einen  Asthmaanfall  produciren  können.  Darauf  baut  Talma 
nun  eine  neue  Therapie  des  Asthmas,  die  ihm  selten  versagt  und  die 
hauptsächlich  in  einer  methodischen  G^ymnastik  der  Athemmuskeln 
besteht.  Die  Kranken  müssen  lernen,  im  Tacte  langsam  ein-  und 
auszuathmen,  auch  während  des  Anfalls,  und  können  dadurch  häufig 
letzteren  vollkommen  coupiren. 

Zu  den  drei  bis  jetzt  bekannten  Obductionsbefunden  bei  Bron- 

Pathoiogie   chialasthma  ftigt  A.  Fraenkel  (Zur  pathologischen  Anatomie  des 

u.  Therapie  Bronchialasthmas.    Zeitschr.  f.  klin.  Medicin  Bd.  35,  H.  5  u.  6)  einen 

Bronchial-    neuen  hinzu.     Der  betreffende  Patient  litt   seit  3  Jahren  an   sehr 

asthmas,     starken  Anfallen;  kam  ins  Krankenhaus  wegen  Gichtbeschwerden; 

hier  bekam  er    mehrere  heftige    Asthmaparoxysmen   und   verstarb 

plötzlich  innerhalb  eines  Anfalles.    Bei  der  Obduction  fanden  sich 

in    den   gerötheten  Bronchien   zähe,    zum   Theil   ftldige  Gerinnsel, 

welche  mikroskpisch  vielfach  eine  kömige  Beschaffenheit  zeigten; 


Krankheiten  der  Atbmuugsorgane.  149 

andere  bestanden  aber  aus  zahbeichen  Cylinderepithelien ;  in  den 
kleineren  und  mittleren  Bronchien  ein  erheblicher  Desquamativ- 
katarrh  mit  so  massenhafter  Abstossnng  der  Epithelien,  dass  das 
Lumen  dadurch  verschlossen  war.  Wodurch  diese  Abstossnng  der 
Epithelien  bewirkt  wird,  muss  dahingestellt  bleiben,  jedenfalls  findet 
die  erhebliche  Dyspnoe  dadurch  ihre  Erklärung.  Ob  dieser  Befund 
bei  allen  Fällen  von  Asthma  bronchiale  sich  finden  wird,  ist  Verf. 
zweifelhaft;  nach  dem  wechselvollen  Verhalten  des  Sputums  ist  es 
ihm  unwahrscheinlich.  Zum  Schluss  erwähnt  Fraenkel,  dass  ihm 
die  subcutane  Anwendung  von  Hyoscinum  hydrobromicum 
(0,000^— 0,0006— 0,0008)  die  besten  Dienste  bei  den  Anfällen  ge- 
leistet hat. 

v.  N  0  o  r  d  e  n  (Therapeut.  Monatshefte,  October)  empfiehlt  dringend  Atropinbei 
das  Atropin  in  steigenden  Dosen  zur  Behandlung  des  Bronchial-  .  .«« «1.7*1  e 
asthmas.     Er  beginnt  mit  ^2  mg  und  steigt  bis  4  mg,   geht  dann    v.  Noorden. 
allmählich  herunter.    Die  Cur  dauert  etwa  6  Wochen.    Neben  Atropin 
rauss  natürlich  auf  gute  Ernährung  etc.  entsprechender  Werth  ge- 
legt werden.     Bei  9  Fällen  hat  Verf.   damit  zum  Theil  dauernden 
Erfolg  erzielt,  nur  bei  einem  Knaben  und  mehreren  veralteten  Fällen, 
die  durch  Emphysem  complicirt  waren,  war  die  Cur  erfolglos. 


S«   Krankheiten   der  Lunge. 

1.  Lungenentzündung. 

Haedke   (Deutsche   med.  Wochenschr.  Nr.  14)   berichtet  über  Endemische 
eine  kleine  Epidemie  von  Pneumonie  (4  Fälle),  von  denen  einer  P'^eumome, 

"^  .  \  /7  Haedke. 

zur  Obduction  kam.  In  einem  Haushalt  erkrankten  kurz  nach  ein- 
ander vier  Personen  mit  Athemnoth,  Husten  und  Fieber;  die  erste 
erkrankte  am  20.  December  und  starb  am  22.  December,  die  zweite 
«erkrankte  am  24.  December  und  starb  am  2.  Januar;  fast  gleich- 
zeitig erkrankte  die  dritte,  die  aber  genas.  Die  vierte,  welche  Verf. 
im  Krankenhaus  genau  beobachtete,  bekam  am  25.  December  Husten, 
Auswurf,  Dyspnoe  und  hohes  Fieber.  Bei  ihrer  Aufnahme  war 
links  hinten  unten  eine  Dämpfimg  und  Rasseln  zu  constatiren,  später 
auch  rechts  hinten  unten;  unter  hohem  Fieber  allmählicher  Verfall 
und  Tod  am  9.  Januar.  Bei  der  Obduction  fand  sich  in  der  linken 
Pleurahöhle  ein  massiger  Erguss  und  im  linken  Unterlappen,  ebenso 
vie  im   rechten   katarrhalische   pneumonische   Heerde.     In    diesen  j 

Heerden  fanden  sich  nun  zwei  Mikroorganismen,   der  Streptococcus 


150  Hochhaus. 

longus  und  eine  Proteusart;   dieser  Mischinfection  misst  Verf.   nun 
die  Bösartigkeit  der  Lungenerkrankung  bei. 

An  einem  grossen  Material  —  1659  Fällen  von  croupöserPneu- 

Zeitliches   monie  —  aus  verschiedenen  Städten  der  Schweiz  sucht  Bommer 

Auftreten    ^Ueber   das  zeitliche  Auftreten  der  croupösen  Lungen- 

croupösen    entzündung   und   die   Beziehungen   der  Disposition    zu 

Lungen-     atmosphärischen  und  kosmischen  Verhältnissen.  Deutsch. 

^ ° Bommer." ^''^^^^-  ^*  ^^^"-  ^^^-  ^^-  60,  H.  4  u.  5)  festzustellen,  welchen  Ein- 
fluss  die  Witterungsverhältnisse  auf  die  Pneumonie  haben.  Das  Re- 
sultat fasst  er  in  folgende  Schlusssätze  zusammen:  Der  Initialfrost 
bei  croupöser  Pneumonie  setzt  mit  Vorliebe  Abends  und  Morgens 
ein.  Der  Ausbruch  des  Krankheitsprocesses  steht  öfters  in  unver- 
kennbarem Abhängigkeitsverhältniss  zu  gewissen  Schwankungen  der 
Witterung,  und  er  wird  namentlich  dann  gefördert,  wenn  nach  einer 
Kälteperiode  bei  sinkendem  Druck  und  Feuchtigkeitsgehalt  der  Luft, 
bei  zunehmender  Temperatur  und  mehr  südlicher  Luftströmung  Thau- 
wetter,  Schneefall  oder  Regen  sich  ereignen.  Der  Einfluss  des 
Mondes  auf  die  Disposition  ist,  wenn  auch  sehr  klein,  wahrschein- 
lich vorhanden. 


Bacterio-  Kelle  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  27)  fand  bei  einer  ausgedehnten 

logie  bei  dergpjjjejuie  yq^  Pneumonie  bei  Negern  ganz  dieselben  Erreger  wie  bei 

,      T^  der  Pneumonie   der  Weissen,  nämlich  den  Pneumoniecoccus  und  den  In- 

aer Neger,  ... 

W.  Kolle.      fluenzabacillus ;   interessant  war   das  gleichzeitige  Auftreten  beider  Arten 
von  Pneumonie  neben  einander. 


Serum-  Weisbecker  (Münch.  med.  Wochenschr,  Nr.  7  u.  8)  hat  20  Fälle  von 

therapieder  pjjg^jj^Qjjjg   mit  Blutserum  von  Reconvalescenten  behandelt   und  fast 
Weisbecker     durchweg  davon  günstige  Einwirkungen  sowohl  auf  davS  Allgemeinbefinden, 
wie  auch  auf  den  örtlichen  Process  gesehen. 

2.  Lungenschwindsucht. 

Zu   dem  Problem  der  Vererbung  der  Tuberculose  liefert 

Vererbung  Hauser  (Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  61,  H.  3  u.  4)  einen  sehr 

^®^         interessanten  Beitrag.     Drei  Theorieen  kommen  dabei  hauptsächlich 
Tuberculose,.     ^^  t\-        •  •  /^  i  .    , 

Hauser.       m  Frage:  Die  eine,  am  meisten  von  Cor  n  et  vertreten,  leugnet  jeden 

erblichen  Einfluss  und  Bchreibt  jede  Tuberculose  einer  extrauterinen 

bacillären  Infection  zu;  die  zweite,  deren  Hauptvertheidiger  Baum* 

garten  ist,  erklärt  den  erblichen  Charakter  dieser  Krankheit  durch 

die  sog.  bacilläre  Vererbung,  nach  welcher  bereits  das  Ei  mit  Tu- 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  151 

berkelbacillen  vergiftet  ist;  die  dritte,  die  Hauser  vertritt  und  die 
aach  wohl  unter  den  Practikem  die  meisten  Anhänger  hat,  erklärt 
die  Thatsache  des  erblichen  Vorkommens  durch  eine  angeborene 
Disposition  zur  Erkrankung  an  Tuberculose.  G.  Haus  er  wendet 
sich  hauptsächlich  gegen  die  Baumgar ten'sche  Theorie  —  die  Ein- 
seitigkeit der  Cornet'schen  Auffassung  ist  ja  wohl  allgemein  zu- 
gegeben — .  Es  ist  nun  heutzutage  gar  nicht  mehr  zweifelhaft,  dass 
es  eine  Anzahl  von  Fällen  gibt,  sowohl  bei  Thieren  wie  bei  Men- 
schen, bei  denen  eine  baciUäre  Vererbung  im  Sinne  Baum  garte  n's 
sicher  constatirt  worden  ist.  Aber  einmal  sind  diese  Fälle  an  Zahl 
sehr  gering  und  kommen  nur  dort  vor,  wo  die  Mutter  an  hochgradig- 
ster Tnberculose  erkrankt  war,  die  bald  zu  ihrem  Tode  führte,  wäh- 
rend sie  bei  Tuberculose  des  Vaters  überhaupt  kaimi  constatirt 
worden;  es  stimmte  das  also  gar  nicht  überein  mit  dem  häutigen 
Vorkommen  von  ererbter  Tuberculose  beim  Menschen.  Dann  geben 
diese  Fälle  auch  gar  keine  Erklärung  für  jene  Beobachtungen,  wo 
Kinder  taberculöser  Eltern  sich  jähre-,  ja  jahrzehntelang  kräftig  ent- 
wickeln und  dann  an  Tuberculose  sehr  schnell  zu  Grunde  gehen. 
Endlich  sprechen  dagegen  Thierversuche  von  Haus  er.  Er  rief 
\m  Kaninchen  und  Meerschweinchen  umschriebene  Lungentubercu- 
lose  hervor  und  beobachtete  deren  Junge,  die  er  nach  geraumer  Zeit 
tötete;  dabei  fand  er  nun,  dass  Thiere,  deren  Vater  sowohl  wie 
Mutter  tuberculös  waren,  sich  fast  ausnahmsweise  gut  entwickelten 
und  keine  Spur  von  Tuberculose  zeigten.  Es  würde  zu  weit  fuhren, 
<iie  gi^ze  Beweiskette  Haus er^s  hier  anzuführen;  die  vorstehenden 
Bemerkungen  zeigen  aber  schon,  dass  die  bacilläre  Vererbung  nui* 
'lie  Ausnahme  ist  und  dass  wir  ohne  eine  ererbte  Disposition  zu 
dieser  Erkrankung  in  den  meisten  Fällen  nicht  auskommen,  wie  das 
'üe  Practiker  stets  trotz  der  Bacteriologie  angenommen  haben. 

Bei  seinen  Untersuchungen  über  die  Frage  der  Mischinfec- 

tion  bei  Lungentuberculose  kam  Schütz  (Berl.  klin.  Wochen-      Misch- 

Schrift  Nr.  14,  15  u.  16)  zu  sehr  interessanten  Resultaten.   Untersucht  ^y^^^^^^ 
'  ^  .  bei  Lungen- 

wnrde  das  Sputum  und,  wenn  möglich,  später  auch  der  Inhalt  der  tuberculose, 
Cavemen  von  Tuberculosen;  ersteres  nach  der  Methode  von  Kita-  Schütz. 
4ato  und  Behring.  Schütz  fand  nun  als  Begleiter  des  Tuberkel- 
badUus  26mal  Streptokokken,  22mal  Staphylokokken,  und  zwar  19mal 
beide  zusammen,  7mal  Streptokokken  ohne  Staphylokokken  und  dmal 
Staphylokokken  ohne  Streptokokken,  Befunde,  wie  sie  ja  schon  häu- 
tiger erhoben  worden  sind;  ausserdem  aber  noch  in  18  FäUen  einen 
«^phtherieartigen  Bacillus.    Genauere  Untersuchungen  und  Experi- 


152 


Hochhaus. 


m^nte  ergaben  nun,  dass  dieser  letztere  in  einzelnen  Fällen  sicher 
der  echte  Löffle r'sche  Bacillus  war,  in  den  übrigen  Fällen  musste 
es  zweifelhaft  gelassen  werden,  ob  es  nicht  etwa  ein  Pseudodiph- 
theriebacillus  war.  Ueber  die  Rolle  dieses  Bacillus  kann  sich  Verf. 
noch  nicht  genauer  auBsprechen,  vielmehr  muss  das  den  weiteren 
Versuchen  überlassen  bleiben. 


Secundäre 

Infection 

mit 

Tuberkel- 
bacillen, 

Hansemann. 


Der  sehr  interessante  Vortrag  Hansemann's  (Berl.  klin. 
Wochenschr.  Nr.  11)  über  secundäre  Infection  mit  Tuberkel- 
bacillen  gipfelt  in  dem  Nachweis,  dass  durchaus  nicht  alle  patho- 
logischen Veränderungen,  bei  denen  man  den  Tuberkelbacillus  findet, 
auch  durch  diesen  bedingt  sind,  sondern  dass  gar  nicht  so  selten  die 
Veränderungen  durch  andere  Ursachen  hervorgerufen  werden  und  die 
Ansiedelung  des  Tuberkelbacillus  eine  secundäre  ist.  Zu  diesen  Er- 
krankungen gehören,  wie  Hansemann  an  Präparaten  demonstrirte, 
die  Scrophulose  der  Lymphdrüsen,  typhöse  Geschwüre,  viele  Pneumo- 
koniosen, die  fibröse  Bronchitis  und  besonders  die  sjrphilitischeu 
Lungenerkrankungen. 


Pseado-  Möhr  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  24)   beschreibt  in  einer  vor- 

taberkel-     läufigen    Mittheilung    zwei   tuberkelbacillenähnliche    Bacillen^ 

*^.^mu-"*    *®von  denen  er  den  einen  aus  Timotheeextract   und  den  anderen  aus  Mist 

eine  miliare  gezüchtet  hat.    Beide  haben  mit   dem  Tuberkelbacillus   eine  grosse  Form- 

Taberkel-    ähnlichkeit   gemeinsam    und    zeigen   sich   bei  der  Färbung    sehr  resistent 

krankheit    gegen  Alkohol   und  S'äure;   das  Wachsthum  auf  den  einzelnen  Nährböden 
vefiirsachen 

A  Möhr     *  ^^^  genau  beschrieben.    Bei  den  Thierversuchen  zeigten  sich  Resultate, 

die  denen  der  wirklichen  Tuberculose  bei  Meerschweinchen  sehr  ähnlich 
waren,  so  dass  Verf.  nicht  ansteht»  eine  gewisse  Verwandtschaft  seiner  Ba- 
cillen zur  Tuberculose  anzunehmen. 


Das  häufige  Auftreten  von  Magenbeschwerden  bei  Phthi- 
Magen-      dikern  im  Anfangsstadium,  wie  Croner  (Deutsche  med.  Wochen- 
^7mVrüh-^"^^*^^  Nr.  48)  ausfuhrt,  ist  bekannt.    Es  müssen  hier  zwei  Gruppen 
Htadinmder  unterschieden  werden:  zur  ersten  sind  die  Fälle  zu  rechnen,  wo  die 
Schwind-    Magenbeschwerden  im  Vordergrunde  stehen  und  die  Lungenbeschwer- 
den, wenn  überhaupt  merkbar,  nur  minimal  sind;  in  die  zweite  die- 
jenigen,  bei  denen  auch  schon  deutliche  Lungenerscheinungen   zu 
constatiren  sind.     Die  Ursache   dieser  Magensymptome   sind   noch 
nicht  sicher  gestellt,  und  deshalb  hat  Oroner  eine  grössere  Anzahl 
von  solchen  Fällen  mit  Bezug  auf  die  Magenfiinction  untersucht  und 
dabei  gefunden,  dass  sowohl  Hyper-,  wie  Sub-,  wie  auch  normale 
Acidität  vorhanden  sein  kann;  die  Motilität  war  stets  normal.  Groner 


■  acht, 
Croner. 


Krankheit«!!  der  Athmungsorgane.  153 

gUabt,  das8  dieee  Stäruugen  fuDctioneller  Natur  »iDd ;  dass  sie  eine 
Folge  der  Ueberemähnmg  sind,   wie  Volland  annimmt,  glaubt  er 

nicht, 

Carriöre  und  Bourneville  (L'Eeho  midical  du  Nord)  haben  Kosinophii« 
Unteranclinngeii    angestellt    über    das  Vorkomjuen   und   die  Bedeu-    Zellanim 
tong  der   eosinophilen  Zellen  im  Sputum  Tuberculöser  und     Spotam. 
konuuen  zu  folgendem  Resultate :  Eine  Vermehmng  dieser  Zellen  (mehr     Csmire  n. 
»Is  3'Jg)   wird  recht  häufig  beobachtet,   doch  meistens  nui-  in  den       "^      ** 
Anfaagsstadien  der  Phthise,  während  sie  im  letzten  Stadium  selten 
dind.     Bei  Eracbeinen  vieler  Tuberkelbacillen  werden  sie   seltener, 
nach  Blutungen  dagegen  häufiger.    Im  Ulnigen  gelang  es  ihnen  nicht, 
eine  besondere  Bodeutung  bis  jetzt  herauszufinden.     Spätere  experi- 
nentelle  Arbeiten  sollen  darüber  AufschluBS  versebaffen. 

Daas  Smegmabacillen  sehr  leicht  bei  der  Untersuchung  des 
Urins  mit  Tuberkelbacillen  verwechselt  werden  können,  ist  bekannt, 
iIms   de   eich    aber  auch  im   Auswurf  finden   können   und   ao  eine 
tSlschliche  Diagnose  von  Tuberculose  vortäuschen  können,  ist  selten 
and  deshalb  der  von  Pappenheim  (Berl.  klin.  Wochenachr.  Nr.  37)     Smegm». 
berichtete   Fall   von  besonderem  Interesse.     Der  Patient,   35  Jahre  '»'o'"«»  "" 
all,  kam  wegen  unstillbarer  Diarrhöen  in  die  KHnik;  in  den  Stühlen       liehen 
fanden  sich  mehrere  Exemplare  von  Botriocepbalua  lat.    Trotz  aller      Lnngen. 
Hiltel  zunehmende  Macies ;   kurz  ante  mortem  fand  sich  vom  und    panMohaiiii 
hinten   unten  eine  Dämpfimg  mit  Rasseln,   im  Sputum  reichliche 
Taberkelbacillen  (nach  Gabbet).  Temperatur  36*.  Diagnose:  Tuberc. 
iralmonuro  et  inteatini.    Bei  der  Section  fand  sich  nun  in  der  Lunge 
keine  Tuberculose,  sondern  zahlreiche  bronchopneumonische  Heerde, 
'lie  zum  Tbeil  schon  abscodirten,  starke  Bronchitis  und  Bronchiektasie. 
lieschwüre  im  Darm.    Im  Abatrichpräparat  der  Lungen  fanden  sich 
wieder  die  Bacillen,  die  sich  indess  nicht  züchten  Hessen  und  auch 
bei  der  Impüing  von  Meerschweinchen  keine  Tuberculose  erzeugten. 
Nähere  Untersuchungen   ergaben  nun,   dass  es  sieb  hier  nicht  um 
den  Tuberkelbacillns,  sondern  um  den  Smegmabacilluä  handelte,  dei' 
ueh    den   gewöhnlichen   Färbeverfahren    allerdings    dein    Tuberkel- 
baciUuB   sehr  ähnlich   sehen  kann,   insbesondere  die  äüm-ufeatigkeit 
oiit  diesem  gemein  hat.    Zum  Schluss  gibt  Verf.  ein  Verfnli 
Eoit  dem  auch  auf  fiirberischem  Wege  die  Differentialdiiigtio^e  gestellt 
'erden  kann. 

Im    AnBchluss    an    die    Arbeit    von    Pappenhci 
A.  Fraenkel   iBerl.   klin.   Wochensehr.   Nr.  40),   dam  da» 


154  Hochhaus. 

Fraeukel.  kommen  von  Smegmabacillen  im  Sputum  schon  früher  gesehen  und 
auch  von  ihm  publicirt  worden  sei.  Seiner  Meinung  nach  beruht  die 
tinctorielle  Aehnlichkeit  der  Smegmabacillen  mit  den  Tuberkel- 
bacillen  auf  dem  reichen  Gehalt  der  betreffenden  Sputa  an  Fettsäuren 
und  Myelin.  Zur  Unterscheidung  beider  hat  Fraenkel  sich  der 
Houselt'schen  Methode  bedient,  wobei  die  Präparate  nach  der  Fär- 
bung mit  Carboliuchsin  in  eine  Mischung  von  3,0  HCl  und  Alkohol 
abs.  für  10  Minuten  eingelegt,  nachher  mit  Methylenblau  nachgefärbt 
werden. 

Werth-  Das    Prüfungsverfahren    des    Tuberculosegiftes    ist    bis 

be  Stimmung  jetzt  noch  ein^sehr  unvollkommenes,  längst  nicht  so  exact,  wie  uns  dies  bei 

„  ^         ,        der  Diphtherie  und  dem  Tetanus  möglich  ist.  Zwei  Weflre  stehen  uns  nun  zu 
Tubercalose-  ^  o  -^ 

gift-  Gebote,  diesem  üebelstande  abzuhelfen:  entweder  noch  empfindlichere  Thiere 
Präparate,  (für  die  Tuberculose)  aufzusuchen  oder  die  Giftigkeit  des  Tuberculoseg^iftes 
Lingelsheim.  durch  Concentration  noch  zu  erhöhen.  Da  beides  zur  Zeit  nicht  möglich 
ist,  schlug  Lingelsheim  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  37)  einen 
anderen  Weg  ein,  indem  er  den  Schädel  trepanirte  und  dann  einspritzte ;  die 
Giftigkeit  war  dann  um  das  ISOfache  vermehrt;  wenn  er  aber  intracere- 
bral einspritzte,  so  war  die  Verstärkung  eine  500 — lOOOfache. 

Röntgen-  Mühsam  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  45)  hat  Thieren  (mit)  Tu- 

strahlen  bei  berkelbacillenculturen  in  die  Bauchhöhle,  in  die  Haut  und  ins  Knie 

experimen-    g^j^pf^  dann  längere  Zeit  durchleuchtet,  umzusehen,  ob  die  Tubercu- 

Tnbercnlose,  l^^^  bei  ihnen  günstiger  verlief  als  bei  Gontrollthieren.    Das  Erg^bniss  war. 

Mühsam.       dass  in  der  That,  besonders  bei  Impfung  in  die  Haut  die  durchleuchteien 

Thiere   zum  Theil  erheblich   länger  lebten  als   die   Controllthiere.     Eine 

Heilung  wurde  aUerdings  nicht  beobachtet. 

Thier-  Huber  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  7)  stellte  es  sich  zur  Auf- 

versuche     gäbe,   die  Behauptung  Koch's,   dass   es  mit  dem  neuen  Tuber- 

neuen  culin  möglich  sei,  Thiere  gegen  Tuberculose  zu  immunisiren,  nach- 
Tubercuiin  zuprüfen.     Die  Versuche  sind  an  60  Thieren  (46  Meerschweinchen 

^'^''  und  15  Kaninchen)  angestellt,  in  der  Art,  dass  zuerst  die  Thiere 
mit  verschieden  starker  Dosis  des  neuen  Tuberculins  immnnisirt 
wurden  und  nachher  mit  Tuberkelgift,  entweder  aus  der  Cere- 
brospinalflüssigkeit  Tuberculöser  oder  mit  tuberculösem  Sputum  oder 
mit  tuberculösem  verriebenem  Leichenmaterial  inficirt  wurden.  Alle 
diese  Versuche  ergaben  nun  übereinstimmend,  dass  die  vorher  mit 
Tubercuiin  geimpften  Thiere  nicht  länger  lebten,  als  die  Controll- 
thiere. In  Bezug  auf  das  Präparat  selber  bemerkt  Verf.,  dass  es 
auch  in  grösserer  Dosis  nichts  schadet  und  nur  selten  verunreinigt  ist. 


Krankheiten  der  Athmungsorgane. 


155 


Huber  (ibid.)  hat  auf  der  v.  Leyden'schen  Klinik  im  ganzen 
19  Fälie  (4  geaimde,  15  Schwindsüchtige  in  den  verschiedensten 
.Stadien)  mit  Tuberculin  T.  R.  behandelt.  Seine  Erfahrung  fasst 
rr  ziuammen  in  dem  Schlusssatz ,  dass  durch  die  Behandlung  mit 
•i-;!»  Tuberculin  T.  R.  bei  vorsichtiger  Anwendung  und  sorgialtiger 
Auswahl  nach  Koch's  Angaben  zwar  kein  Schaden  gestiftet,  aber 
auch  keine  die  bisher  bei  Lnngentuberculose  erreichten  Resultate  der 
Kmnkenhausbehandlung  wesentlich  überragenden,  specifischen  Heil- 
erfolge erzielt  würden. 

Die  Erfahrungen  mit  dem  Tuberculin  T.  R.,  über  dieBurg- 
Lart(Berl.  khn.  Wochenschr.  Nr.  7)  von  der  weiblichen  Abtheilung 
'irr  V.  Leyden'schen  Klinik  berichtet,  sind  den  Hube r'schen  sehr 
ähnhch;  er  findet,  dasa  es  sich  bei  den  fiebernden  Schwindsüchtigen 
überhaupt  nicht  eignet  und  daes  es  bei  den  übrigen  nicht  zu  em- 
pfehlen ist;  wenigstens  nicht  mehr  leistet,  als  die  bisherigen  Me- 
thoden. 

Räude  (eod.  1.)  hat  i  Fälle  (3  Lungenschwindsüchtige,  1  Fall 
vun  Knochentuberculose)  behandelt  und  kommt  zu  dem  Schluss,  dass 
ähnhche  und  noch  bessere  Erfolge  mit  anderen  Behandlimgsarten, 
t^aonders  mit  der  Ichthyolbehandlung  in  Verbindung  mit  reichlicher 
Ernährung  und  Freiluftcur  erzielt  werden. 

H.  Raw  und  Hillebrand  (The  Lancet,  Juü  23)  haben  13  Fälle 
■  ■m  Tnberculose  mit  dem  neuen  Tuberculin  T.  R.  behandelt;  von 
liegen  sind  die  4  günstigsten  Fälle  vollkommen  gehellt,  bei  den 
übrigen  war  kein  Erfolg,  bei  manchen  Misserfolge.  8  Fälle  von  Lupus 
beilten  ausgezeichnet. 

Beinhold  (Manch,  med.  Woobenachr.  Nr.  22)  hat  mit  dem 
Taberculin  T.  R.  34  Kranke,  grösstentheils  Lungenkranke,  be- 
handelt. In  7  Fällen  hat  er  anscheinend  günstige  Erfolge  erzielt;  bei 
'i«n  meisten  übrigen  war  der  EflTect  zweifelhafter.  Zu  einem  sicheren 
Entscheid,  ob  das  Tuberculin  T.  R.  wirklich  günstig  auf  den  Lungen- 
[irocess  wirkt,  ist  Reinhold  aher  auch  noch  nicht  gekommen;  weitere 
Erfahrungen  müssen  erst  noch  darüber  gemacht  werden. 

Die  Beobachtungen  von  Starck  (Munch.  med.  Wochenschr. 
Nr,  17)  aus  der  Heidelberger  KUnik  gehören  zu  den  wenigen,  die 
•ich  günstig  flir  das  neue  Tuberculin  aussprechen.  10  Fälle  von 
'»ginnender  Tuberculose  und  3  Fälle  von  Kautlupus  wurden  j 
Wdelt,  und  zwar  durchweg  mit  ganz  geringen  Dosen, 
möglich  eine  Temperatursteigerung  zu  vermeiden.  In  f  ' 
'i^Ute  sich  zum  Theil  eine  ganz  erhebliche  B"--o  niii;  (lo 
■■ren  Befindens  ein,   die  4mal  durch  den  deutliilik^n  object 


156  Hochhaus. 

ftmd  ihre  Bestätigung  fand;  nur  in  2  Fällen  war  nach  der  Tuber- 
culin-T.R.-Cur  gar  keine  objective  Veränderung  zu  constatiren.  Ob 
freilich  diese  Besserung  nur  dem  Tuberculin  T.  B.  zuzuschreiben  sind, 
scheint  fraglich,  da  gewiss  der  Aufenthalt  in  der  Klinik  allein  schon 
günstig  wirkt.  Die  Fälle  von  Lupus  wurden  alle  erheblich  ge- 
bessert. 

Allgemeine  Zwei  Behandlungsmethoden  kommen  nach  v.  Ziemssen  (Müncli. 

Behandlung  med.  Wochenschr.  Nr.  1)  für  die  Behandlung  der  Tuber- 
tubercnlose  culose  in  Betracht:  die  specifische  und  die  klimatisch- 
Zierassen.  diätetische  Therapie.  Die  Erfolge  der  ersteren  sind  bis  jetzt 
vollkommen  unbefriedigende,  auch  die  mit  dem  neuen  Tuberculin; 
deshalb  müssen  wir  um  so  mehr  die  letztere  in  Angriff  nehmen,  und. 
zwar  wird  dies  am  practischsten  in  heimischen  Sanatorien  geschehen. 
Die  Vorzüge  des  Höhenklimas  sind  nach  v.  Ziemssen  nicht  so  be- 
deutende, als  gewöhnlich  angegeben  wird,  und  die  Schattenseiten 
sind  recht  erheblich;  deshalb  muss  mit  allen  Kräften  auf  die  Er- 
bauung von  Sanatorien  hingearbeitet  werden,  wie  das  ja  jetzt  auch 
schon  mehrfach  anderwärts  geschehen  ist. 

Wasser  iu  Stern  (Therapeut.  Monatsh. ,    Juni)   empfiehlt   nach   dem   Vor- 

der  Schwind- gj^jjgg  ^^j^  Bremer  und  Dettweiler  warm  die  Hydrotherapie 
be handlang  zur  Behandlung  der  Phthise.     Eine  ziemlich  genaue  Beschreibung 

Max  Stern,  der  einzelnen  Proceduren  mit  ihren  Indicationen  macht  diese  Arbeit 
für  den  practischen  Arzt  recht  lesenswerth. 

Kreosotum  H.  Goldmann   (Wiener  klin.    Wochenschr.  S.  817)   empfiehlt 

carbonicum  ^^r  Behandlung  der  Lungentuberculose  folgende  Combina- 

Ammonium  ^^^^  •  Kreosoti  carbonici,  Ammonii  sulfoichthyol.  ana  15,0,  öly cerini  30,0. 

sulfo-       Aq.  menth.  pip.  10,0.  3mal  20 — 30  Tropfen  täglich.    Er  hat  von  dieser 

yo  1-    Medication   in   leichten   und  mittelschweren  Fällen  mehrfach   voll- 


cum 


i) ei  Phthise',  kommene  Heilung  gesehen,  während  dieselbe  bei  den  fortgeschrittenen 
H.  Goidmanii.  versagte. 

Oleum  In  einer  sehr  breiten  Abhandlung  verbreitet  sich  B.  Alexander 

.  amphoia-    (ßerl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  48)   zuerst  über  die  hygienisch-diäu»- 

Lnngen-     tische  Behandlung  der  Phthise,  die  er  bei  allen  Patienten,  denen  e» 

tubercuiose,  möglich  ist,  allein  verwendet.    Für  diejenigen  aber,  denen  die  Mittel 

B.  A  exander.  ^^^^  entsprechend  lange  Cur  nicht  erlauben ,  empfiehlt  er  subcutane 

Injectionen  von  Ol.  camp  ho  rat.  off.  Er  beginnt  mit  0,1 — 0,2  com 


Krankheiten  der  Atiimungsoigane.  157 

]>ro  die  und  steigt  allmählich  bis  1,0  ccm.  Der  Campher  spielt  seiner 
Meinuig  nach  in  der  Phthiseotherapie  dieselbe  Rolle,  wie  die  Digi- 
talis bei  Herzklappenfehlem. 

Zenker  (Münch.  med,  Wochenschr.  Nr.  41)  hat  versucht,  die      o«rftdi»- 
Itei  vielen  Tuberculosen  resp.  dazu  Disponirten  eingesunkene  Brust      h^^tf^r 
•inrch  einen  Geradehalter  zu  heben  und  dadurch  auch  die  Ein-      krank «\ 
atlunung  viel  tiefer  zu  machen.     Derselbe  besteht  aus  einem  Gips-       7.<»«kt»i. 
•  orsett,  aus  dem  der  ganze  vordere  Theil  bis  imterhalb  des  Nabeln 
lind  auch  noch  ein  seitliches  Stück  herausgenommen  ist,  so  dass  also 
in  der  Hauptsache    nur   noch   eine  kräftige  Beckenstütze   und   der 
hintere  Theil  stehen  geblieben  ist.     Auf  dem  Beckentheil  wird  die 
Gegend  der  Cristae  ilei  noch  durch  zwei  Stahlbügel  verstärkt,  und 
auf  diesen   bauen   sich  die  Armkrücken  auf,   die  die  Arme  kräftig 
zurückhalten  und   dadurch   den  Thorax   aufrichten.    Jede  Behinde- 
rung der  Athmung  ist  dadurch  ausgeschlossen.    Verf.  hat  damit  bin 
jetzt  bei  2  Patienten     sehr  ermuthigende  Versuche  gemacht. 

Die  Gewichtsbestimmung  desPhthisikersistnach  Wolff  OowirhtH. 
'Münch.   med.  Wochenschr.  Nr.  25  u.  26)   eines  der  besten  Mittel,^ ****** *"*"'*•' 
lim  den  Verlauf  der  Erkrankung  zu  controUiren;  Vorbedingung  dabei  derLungon- 
ist,  dass  keine  XJeberemährung  stattfindet,    die  nach  Verf.  bei  den  tuberculoBi-, 
meisten  Tuberculosen  zu  entbehren  ist.    Die  häufige  Anwendung  der    .    J  ^rni«iiii 
Waage  gibt   nicht  nur  mit  grosser  Genauigkeit  Veränderungen  des 
^TTondprocesses   an,   sondern  lässt  auch  mit  grosser  Sicherheit  ver- 
rinzelte,   nur  Sttmden  dauernde  Abweichungen  von  der  gewohnten 
Lebensweise   erkennen,    wie   das    einige   sehr   instructive   Beispiele 
zeigen.     Des  Weiteren  bespricht  Wolff  alle  jene  Factoren,  die  auf 
•ia«  Gewicht  der  Patienten  Einfluss  haben,  wie  die  Ernährung,  die 
Höhenlage,  die  Witterung,  die  Art  der  Behandlung,  die  frühere  Ge- 
^undheitslage  a.  s.  w.  Zuletzt  ventilirt  er  die  Frage,  ob  dem  Kranken 
jedesmal  das  Resultat  der  Wägnng  mitzutheilen  ist  oder  nicht;   er 
"Ut^hliesst  sich,   mit  wenigen  Ausnahmen,   fiir  das  erstere,  um  »o^^^hwAti«!»;: 
>elber  dem  Kranken  ein  Mittel  an  die  Hand  zu  geben  über  die  Um-  yt^ft^ux^f^  , 
''tände.  die  ihm  schaden  oder  die  für  ihn  indifferent  sind ,  nachziidr;nken.  beiiond#;r«a 

Abth^i- 

Schaper  (BerL  klin.  Wochenschr.  Nr.  8)  plaidirt  in  einem  Vor-  "LonK^i" 

^^^  energisch  fnr  die  Einrichtung  von  sog,  KrankenhauHsana-  kr«nk<^ir. 

•orien,  fnr  eigene  Gebäude,  in  denen  die  Tuberculösffn  der  einzelnen  «J^'***-'*^'' 

'^«nen  getremxK  nna  bequem  untergebracht   werden  können.     Für  häH»<5rß, 
iaa  CWrite-Kranlrenhami  insbesondere  legt   er  einen   armfuhrlichen       ^Uf^r 


158  Hochhaus. 

Plan  und  Skizze  vor,  nach  dem  dies  Gebäude  eingerichtet  werden 
müsste,  das  gewiss  bei  der  doch  nicht  so  selten  vorkommenden 
tuberculösen  Infection  im  Krankenhause  von  grossem  Nutzen  wäre. 

IV.  Tn b  e r-  Ueber  die  interessanten  Verhandlungen  des  I Y«  Tuberenloseeongreftses 

culoae-  j„  Paris  (27.  Juli  bis  3.  Auguat)  berichten  wir  im  Zusammenhange. 

9      '  So  verschieden  der  Bacillus  der  menschlichen  und  der  Huhne rtub er- 

Identität  culose  auch  sein  möge,  so  ist  es  doch  Nocard  gelungen,  den  einen  in  den 

er  mens c  •  a^jj^g^g^  umzuwandeln.    Zu  dem  Zwecke  schloss  er  menschliche  Tuberkel- 
iicuen-  und 
Hühner-      bacillen  in  ein  CoUodiumsäckchen,  das  bekanntlich  für  Bacillen  und  Phago- 

tuberculose,  cyten  undurchgängig,   aber  für  Flüssigkeit  passirbar  ist,   und  brachte  sie 

Nocard.        Jq  ^^g  Peritoneum  eines  Huhnes.    Wenn  er  das  3 — 4mal  wiederholt  hatte, 

waren  aus  denselben  Bacillen  der  Hühnertuberculose  geworden   mit  allen 

deren  Eigenschaften.    Sie  sind  also  beide  Yarietäten  derselben  Art. 

Die  Thatsache,   dass  bei   der  Laparotomie  von  Bauchfelltuberculo^e 

das   Hinzutreten   des  Sauerstoffes   die  Heilung   der  Tuberculose    bewirkt. 

Behandlung  brachte  Hirschfelder  auf  die  Idee,  ein  Oxytuberculin  zu  bereiten. 

^®'  Die  Methode  bestand   in  der  Hauptsache  darin,   dass  er  Tuberculin   mit 

Tuherculose  ^„m.  — _ 

mit  Oxy.     stark  sauerstoffhaltigem  Wasser  bei  100*  etwa  120  Stunden  lang  behandelt.*». 

tuberculin,   Das  erhaltene  Präparat  hat  gar  keine  unangenehmen  Nebenwirkungen  und 

Hirschfelder,    hat  dem  Verfertiger  bei  der  Behandlung  auch  fortgeschrittener  Tuberculose 

sehr  gute  Dienste  geleistet. 

Neues  Denys  berichtet,   dass   im  bacteriologischen  Institut  zu  Löwen   ein 

Tuberculin,  Tuberculin  hergestellt  wurde,   dessen  Herstellungsmethode  allerdings  noch 

verbessert  wurde,   das  bei  Thieren  und  auch  bei  Menschen,  die  an  mittel- 

schwerer  und  leichter  Tuberculose   erkrankt  waren,   die   besten  Resultate 

ergab. 

Prophylaxe  Der  Vortrag  von  Bang  über  den  Kampf  gegen  die  Tuberculose  der 

gegen  die    fhiere  ist  insofern  auch   für  die  Kenntniss   der  menschlichen  Tuberculose 

Tuberculose  ij^^cressant,  als  er  genau  die  Quellen  bespricht,  aus  denen  auch  für  viele 
Banff.  Menschen  die  Tuberculose  entspringt.  Das  Fleisch  der  tuberculösen  Thiere 
ist  am  wenigsten  gerährlich;  einmal  weil  darauf  in  den  meisten  Ländern 
genau  gefahndet  wird  und  beim  Verkauf  als  solches  bezeichnet  wird,  dann 
auch  weil  die  Muskulatur  mit  am  wenigsten  inficirt  ist.  Viel  ge^Uirlicher 
sind  Milch  und  Butter,  die  bei  der  nicht  seltenen  Tuberculose  des  Euters 
häufig  voll  von  Bacillen  sind.  Zum  Schutze  gegen  weitere  Ansteckung 
ist  deshalb  in  Dänemark  ein  Gesetz  erlassen,  wonach  Milch  und  Rahm 
vor  ihrem  Verkauf  auf  85^  erhitzt  sein  müssen  —  ein  genügender  Schutz 
gegen  die  Tuberkelbacillen.  Auf  die  anderen  Veterinären  Vorschriflen 
kann  hier  nicht  eingegangen  werden. 

Sowohl  Claude  wie  B e cl e r e  sprechen  sich  begeistert  für  die 
Anwendung  der  X-Strahlen  bei  der  Diagnose  der  Tuberculose 
der  Lunge  mit  ihren  verschiedenen  Complicationen  aus.    Beide  sind 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  159 

der  Meinung,  dass  es  dadurch  gelingt,  in  sehr  vielen  Fällen  Tuber-  Diagnostik 
culose  nachzuweisen,  die  uns  sonst  wohl  verborgen  geblieben  wäre.  ^®' ^*^"*s®°; 
Neben  den  einfachen  Infiltrationen  glauben  sie,  dass  man  mit  Sicher- ^ üb erculose 
heit  auch  Cavemen ,   Schwartenbildung ,   pleuritische  Exsudate  und    h.  Claude  u. 
Pneumothorax  nachweisen  könne.    Es  ist  ilinen  beiden  gewiss,  dass     ^*  ^^^^^'®- 
die  X-Strahlen   in   ihrer  diagnostischen  Wichtigkeit  der  Percussion 
and  Auscultation  nicht  nachstehen. 

M.Bergonie  und  Peissier  kommen  in  ihren  Berichten  zu  dem  Wirkung  der 

Resultate,  dass  die  Hauttuberculose  zweifellos  günstig  durch  die  ^C-strahlen 

'  ...         auf  die 

X-Strahlen  beinflusst  werde,  dass  dies  dagegen  bei  der  experi-Tuberculose. 

menteUen  Tuberculose  nicht  der  Fall  sei. 

Charvin  hat  vergleichsweise  Kinder  von   gesunder  und  solche  von  Erblichkeit 
taberculöser  Mutter  in  ihrem  ganzen  Verhalten  untersucht.    Er  fand,  dass  ^®^ 

die  letzteren  in  ihrer  ganzen  Ernährung  gewisse  auffallende  Störungen  dar-  charvin 
boten ;  sie  nahmen  viel  langsamer  an  Gewicht  zu,  manchmal  nahm  dasselbe 
gar  ab  und  blieb  wieder  auf  dem  alten  Punkte  stehen.  Der  toxische  Coef- 
fident  des  Urins,  der  bei  gesunden  Kindern  =  0,  war  bei  ihnen  recht  hoch. 
Die  Nahrungsmittel  wurden  alle  viel  schlechter  assimilirt  als  von  gesunden 
Kindern.    Mikroskopisch  fand  er  Verfettung  der  Leber. 

Hallopeau  betont,   dass  der  Tuberkelbacillus  nicht  bloss   an  Hauterkran- 

dem  Orte,  wo   er  sich  etablirt,   krankhafte  Veränderungen   macht,  i^^n&öJi^oi 

.....  Tuberculose, 

iiondem  dass  auch   von  ihm  producirte   Gifte  die  übrigen  Gewebe     Hallopeau. 

des  Körpers  schädigen  und  dort  Erkrankungen  hervorrufen  können, 
besonders  in  der  Haut.  Die  Affectionen,  welche  so  indirect  dem 
Tuberkelbacillus  ihr  Entstehen  verdanken  können,  sind  der  Liehen 
scrophulosorum ,  acneartige  Eruption,  vereiternde  Folliculitis,  papu- 
löse  Exantheme,  Lupus  erythematodes,  gewisse  Arten  von  Pityria- 
sis rubra. 

Bekanntlich   ist    es   bei   Kindern    in    der   Regel    unmöglich,    Diagnose 

Sputum  zu   erhalten   und   zu   untersuchen,  was  die  Diafmose  einer  ^  ^         , 
'^  ,  .  Tuberculose 

sospecten  Lungenaffection  erschwert.     Mennier  hat  nun,  um  doch  bei  Kindern, 

das  Sputum   zu   erhalten,   welches  ja   meist  verschluckt  wird,   den      Mennier. 

Magen  ausgespült,   in  dem  Lihalt   die  Sputumreste   aufgesucht  und 

diese  auf  Bacillen  untersucht,  wodurch  er  sehr  häufig  die  Diagnose 

stellen  konnte. 

Letulle   hat   auch    durch   die  Hospitalbehandlung   sehr    Hospitai- 

göte  Resultate   bei  der  Tuberculose  erzielt,    und    zwar   durch   vier    ®  *f    ""^ 

...  .  "®' 

Factoren:    1.    strengste  Reinlichkeit  sowohl   der  Kranken  wie   der  Tuberculose, 

Warter  und  aller  Dinge,  mit  denen  die  Kranken  in  Berührung  kamen ;       Letulle. 
2.  durch  Zufiihr  reichlicher  frischer  Luft;   3.  durch  die   Liegecur; 
4  durch  reichliche  Ernährung. 


IgO  Hochhaus. 

Rehandlang  Nach  einer  Uebersicht  über  die  Zahl  der  Schwindsüchtigen ,  die 

„  .  ^^'^ ,       in  Frankreich  iedes  Jahr  150000  Opfer  fordert,  besprechen  sie  kurz 
im  die  Gefahren,  welche  viele  derselben,  besonders  die  fortgeschrittenen 

Sanatorium,  för  die  Umgebung  mit  sich  bringen.  Auf  F 1  ü g g e's  Untersuchungen 
^Beaüiasch^  ftissend,  betonen  sie,  dass  die  Hauptgefahr  in  der  Verbreitung  der 
kleinen  Sputumpartikelchen  beim  Husten,  Niesen  und  Sprechen 
liegt.  Die  Behandlung  der  meisten  Tuberculosen  liegt  noch  sehr  im 
argen,  besonders  in  Frankreich,  während  anderwärts  durch  die 
Schaffung  von  eigenen  Sanatorien  ein  grosser  Fortschritt  gemacht 
ist,  den  die  beiden  Bedner  auch  für  Frankreich  lebhaft  empfehlen. 
In  die  Sanatorien  dürfen  natürlich  nur  die  Kranken  mit  beginnender 
Tuberculose  geschickt  werden.  Die  Installirung  dieser  Sanatorien 
müsste  vom  Staat  oder  den  grossen  Gemeinden  in  die  Hand  ge- 
nommen werden.  Die  Kosten  sind  allerdings  nicht  gering.  So  be- 
rechnen beide  Autoren,  dass  bei  dem  Bau  des  ersten  grösseren 
Sanatoriums  in  Angicourt  jedes  Bett  etwa  9600  Franken  kostet, 
während  allerdings  im  Auslande  erheblich  billiger  gebaut  wird  (5000 
fiir  ein  Bett).  Immerhin  ist  der  Preis  in  Anbetracht  der  vielen 
Arbeitskräfte,  die  so  dem  Staat  erhalten  resp.  gewonnen  werden 
können,  ein  geringer. 

^kelT d"  *^*         M.  Geodel  betont,  dass  es  am  zweckmässigsten  sei,  eine  An- 
Erbauung   25ahl  kleiner  Sanatorien  (für  4 — 20  Personen)  zu  erbauen,  die  überall 

kleiner      leicht  auf  dem  Lande  errichtet  und  von  den  ortsanwesenden  Aerzten 
Sanatorien,  ,         r  •  i.x-   i.  j        i  ••      i. 

Geodel.       beaufsichtigt  werden  konnten. 

Das  Das  Resultat  Arloing's,   Lourmons'  und  Nicolas'  von  sehr 

Koch'sche    vielen  Versuchen  an  Thieren  und  Menschen  ist  kurz  fokrendes:  das 

Tuberculin,  _,    ,  i .      m    t»     •  •  i  -i.  •  -n      m 

Arloing,       Tuberculin  T.  K.  ist  unwirksam  gegen  die  experimentelle  Tuber- 
E.  Loarmons,  culose,  ist  frei  von  fiebererregenden,  vasodilatatorischen  und  gefass- 
icoas.     lähmenden,  herzlähmenden  Substanzen,   es  enthält  noch  ein   herz- 
verlangsamendes Gift  imd  begünstigt  die  Entstehung  von  Drusen- 
erkrankungen. 

Klinische  Landouzy  äussert  sich  nach  seiner  Erfalirung,  die  allerdings 

Erfahrung   j^^^p  gechs  Kranke  betrifft,   dass  er  eine   unzweifelhafte  Besserung 
Tuber cni in,  nicht  gesehen,  indess  auch  keinen  offenbaren  Schaden j  so  dass  man 
Landouzy,     einstweilen  vorsichtig  weiter  probiren  muss.    In  der  Discussion  äus- 
serten sich  die  meisten  Redner  in  gleichem  Sinne. 

^c^  Arloing  und  G u m a r d  haben  aus  Culturen  des  E o c haschen  Bacillus 

schiedene    yj^^    verschiedene   Tub  erculine  (a — d)    isolirt,   deren  Wirkungen 
Arloing  u.    '  ^^®   genau   studirt    haben.     Die  Details   müssen   im  Original  nachgelesen 
Gnmard.        werden. 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  IgX 

Maragliano  gibt  einen  ausfuhrlichen  Bericht  über  seine  Sero«        s e r o- 
tberapie,    der  er   für  die  Heilung  der  Tuberculose  die  gü^^stigsten  j^^^^^^^J^ 
Effecte  zuschreibt.  Maragliano, 

Landouzy  hielt  einen  sehr  interessanten  Vortrag  über  die  Ent-  Landouzy. 
<tehung,  die  Geschichte  und  den  jetzigen  Stand  der  Serotherapie,  der 
darin  gipfelt,  dass  wir  uns  jetzt  noch  im  Stadium  der  Hoflhung  befinden, 
diis<  ausser  bei  der  Diphtherie  und  dem  Tetanus  noch  kein  Resultat  er- 
zielt sei,  besonders  nicht  bei  der  Tuberculose.  Zum  Schluss  hebt  er  her- 
ror,  dass  bei  der  Tuberculose  insbesondere  die  Prophylaxe  viel  mehr 
leisten  musR. 

A r  1  o i n g  und  Courmont  haben  gefunden,  dass  in  Glycerinbouillon-   ^ ^.^ * "  * ° *' 

Culturen  de«  TuberkelbaciUus  das  Blutserum  von  Phthisikern  eine  er-  Koch'schen 

hebliche  Agglutination  hervorruft,  während  das  Serum  gesunder  Menschen     ßacilluB, 

di«^  fast  niemals  vermag.  Arioing  u. 

Courmont. 

Courmont   wies  nach,   dass  das  Serum  von  tuberculdser  Pleuritis        Sero- 
oder Peritonitis  stets  eine  stark  agglutinirende  Einwirkung  auf  flOssige    diagnostik 
Culturen  von  Tuberkelbacillen  hat  und  dies  als  ünterscheidungsmittel  von*^*^*^®'***^**' 
Exsudaten,  die'  ein  solches  Verhalten  nicht  zeigen,  dienen  kann.  CouriMnt  * 

A r t h a u d  hat   gefunden ,   dass  von  100  Schwindsüchtigen  etwa  Formender 
60 — 80  V   an  erheblicher  Verdichtung  der  Lunge  durch  Binde-        tuber- 
jrewebsentwickelung  leiden,  während   die   classische   Form  der     Lungen- 
Tuberculose   erheblich   seltener  ist.     Diese  Sklerose   der   Lunge   ist  Verdichtung, 
nach  Arthaud   häufig   übersehen  worden.     Man    beachtet  wohl  die    ^  Arthaud. 
Affection  der  Spitzen,  aber  nicht  die  davon  ausgehende  Verdichtung 
des  Lun^engewebeSj  die  allerdings  bei  oberflächlichem  Zusehen  gar 
nichr   so    leicht  herauszufinden   ist.     Von  dieser  Sklerose  beschreibt 
Verf.  drei  Arten,  die  er  auch  percutorisch  und  auscultatorisch  genau 
'iiagnosticirt  und  deren  Symptomenbild  er  ausführlich  beschreibt. 

Sicot,    Durant,    Mongour  und  Papillon  sprachen  über  die  xachycardie 
Tachvcardie  bei  Tuberculosen;  sie  sind  alle  der  Meinung,  dass         bei 
♦lieses  Symptom  sehr  häufig  schon  als  Prodrom  der  Tuberculose  sich^"^*!"^^*®"^* 
zeigt,   dass   es    um    so  stärker  hervortritt,  je   intensiver  der  Fort-       Durant. 
schritt  der  tuberculösen  Erkrankung  ist  und  dass  es  in  der  Recon-       Mongour 
valescenz  zu  schwinden  pflegt.    Es  ist  mithin  ein  hen-orraorend  dia-    ^     *pi  o« 
;n:'j»Pti«che8  Zeichen. 

Unter  Krymotherapie  versteht  Eibard  die  Anwendung  sehr      Krymo- 

iütensiver  Kälte  auf  den  Magen  von  Tuberculösen  mit  vollständiger  therapieb«»i 

Anorexie.     Um   dies   zu  erreichen,   hüllte   er  feste   COj  in   einen ^°*'*^^^''*** 

j^ack   von    grobem  Tüll,    den  er  aber  noch  mit  Watte  umgab  und 

lann  auf  die  Magengegend  applicirte.    Bei  der  Verdunstung  der  CO2 
Jafaftoch  der  practiscbeii  IfedidB.    1899.  ^ 


162  Hochhaus. 

entstand  eine  Temperatur  der  Haut  von  5  *.  Die  Anwendung  ge« 
schah  2mal  pro  die,  der  Erfolg  war  nach  5  Tagen  bei  vielen  ein 
vollständiger. 

Behandlung  Block  fixirt  die  kranke  Seite  durch  einen  Gipsverband,  der 

der  Phthise  Nachts  abgenommen  wird,   und  erzielt  dadurch  eine  Abnahme   des 

mit  Tm« 

mobiiisation-^^ö*®^^)   des  Sputums,  des  Erbrechens  und  der  Schmerzen.     Ver- 

d er  kranken  suche  haben  dem  Verf.  ergeben,   dass  die  Rippenathmung  bei  dei- 

Seite,       Hälfte  der  Patienten  mit  dem  Verband  fast  stiU  steht  und  dass  nur 

das  Zwerchfell  athmet;   er  vermuthet,  dass   durch   eine  Anhäufung 

von  CO2  in  der  Spitze  der  günstige  Erfolg  bewirkt  wird. 

3.  Lungencarcinom. 

intra-  Bosanquet  (The  Lancet,   16.  JuU)   berichtet  folgenden   inter- 

thoracischer  ggg^^^gjj  pjjj  y^jj  Lungencarcinom:   Eine  Frau  von  4B  Jahren 

Metastasen  wird  ins  Hospital  aufgenommen  mit  Husten,  Schwäche,  linksseitiger 
c.  Bosanquet.  Körperlähmung  tmd  rechtsseitiger  Gesichtslähmung.  Bechts  hinten 
unten  war  eine  Dämpfung  bis  zum  Angulus  scapulae  mit  abge- 
schwächtem Athmen.  Unter  indifferenter  Medication  gingen  die  ner- 
vösen Erscheinungen  etwas  zurück,  dagegen  bekam  sie  Schmerzen 
in  der  linken  Schulter,  die  ebenso  wie  der  Arm  bald  ödematös 
wurde.  Dann  erweiterten  sich  die  Hautvenen  über  beiden  Supra- 
claviculargegenden,  es  schwoll  auch  der  rechte  Arm  an,  ebenso  das 
Bein  und  das  Abdomen ;  im  Leibe  fanden  sich  grosse  Tumormassen 
in  der  Nabelgegend.  Bei  der  Nekropsie  fanden  sich :  ein  Tumor  des 
rechten  unteren  Lungenlappens  (Carcinom),  die  Pleuren  dicht  mit 
Knötchen  besetzt,  die  Halsdrüsen  links  geschwollen,  die  Vena  jugu- 
laris  interna  und  externa  thrombosirt,  die  Drüsen  des  Abdomens  stark 
vergrössert,  Metastasen  in  der  Leber,  eine  Anzahl  kleinerer  Meta- 
stasen im  Gehirn,  ein  Ulcus  des  Magens. 

4.  Osteosarkom  der  Lungen. 

Nachweis  In  der  Beobachtung  Leo's  (BerL  klin.  Wochenschr.  Nr.  16)  von 

eine«  Osteo-  Osteosarkom  der  Lungen  handelt  es  sich  um  einen  lOjährigen 

Lungen      Knaben,  dem  wegen  Sarkom  das  rechte  Bein  amputirt  worden  war. 

dar  eh       Einige  Zeit  nachher  erkrankte  er  an  Lungenerscheinungen;  die  physi- 

Röntgen-    kalische  Untersuchung  liess   eine  Verdichtung   links   hinten    unten 

H.  Leo.       i^d  rechts  vom  vermuthen,  während  der  übrige  Theil  der  Lunten 

frei  zu   sein   schien.     Ln   Gegensatze  dazu  zeigte  nun   die   Durch- 


£[rankheiten  der  Athmungsorgane.  163 

Ituchtung,  dass  auch  fast  der  ganze  übrige  Theil  der  Lunge  von 
Verdichtungen  durchsetzt  war,  was  auch  die  Obduction  bestätigte. 
Es  hat  sich  hier  also  die  Durchleuchtung  der  Percussion  und  Aus- 
cnltation  wesentlich  überlegen  gezeigt. 

5.  Lungenechinococcus. 

Echinokokken  der  Lunge  sind  in  Amerika  sehr  selten,  und 
deshalb  berichtet  Beck  (The  Journal  of  the  American  Medical  Asso-  Eohino- 
ciadon,  19.  Novbr.)  einen  Fall,  den  er  mit  Glück  operirt  hat.  Der  coccus 
Kranke  hatte  vor  6  Jahren  zu  husten  angefangen,  hatte  dann  eine  ^  ßeck"^^*^ 
Pleuritis  acquirirt,  die  pimctirt  wurde;  danach  Besserung  von  kurzer 
Dauer,  nachher  wieder  Husten  und  Auswurf.  Vor  2  Jahren  trat 
eine  Schwellung  an  der  rechten  Seite  auf,  aus  der  sich  bei  der  In- 
<ision  Eiter  entleerte.  Trotzdem  dauerte  der  Husten  fort,  und  das 
Sputum  wurde  fotide ;  als  sich  in  demselben  Keste  einer  Cystenwand 
tanden,  wurde  der  Kranke  zur  Operation  geschickt.  Nach  B^section 
•ier  fünften  und  sechsten  rechten  Kippe  wurde  die  Lunge  mit  dem 
Paquelin  geöffnet  und  in  derselben  eine  grosse  Höhle  mit  jauchigem 
Inhalt  und  Echinokokken  gefunden.  Die  Höhle  wurde  tamponirt  und 
heilte  allmählich  vollkommen  aus.  Zum  Schluss  betont  Beck,  dass 
^ie  Diagnose  ausserordentlich  schwierig  sei,  da  die  charakteristischen 
Elemente  des  Echinococcus  anfangs  vollkommen  fehlen, 

6.  Aktinomykose  der  Lungen. 

Karewsky  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  15,  16,  17)   berichtet   Aktinomy- 
ausfuhrlich  über  einen  operativ  geheilten  Fall  von  Aktinomykose     kose  der 
Ier  Lungen  und    des  Thorax.     Eine  ausfuhrliche  Schilderung  der  ^^^  Thorax 
Art  der  Invasion  des  Strahlenpilzes  in  die  Lunge,  seine  Verbreitung     Karewsky. 
innerhalb   derselben  und   auf  Pleura  und  Thorax  wird   vorerst  ge- 
;^ben,  und  daran  reihen  sich  wichtige  Bemerkungen  über  die  Diagnose 
'ind  den  Zeitpunkt  des  operativen  Eingreifens,  das  Verf.  ausführlich 
^hildert.     Es    ist  das    der  4.  Fall    geheilter  Lungenaktinomykose. 
Wenn  auch  die  Zahl  noch  klein  ist,  so  glaubt  Verf.  doch,  dass  der 
Zukunft  noch  grössere  chirurgische  Erfolge  vorbehalten  sind. 

7.  Milzbrand  der  Lungen. 

Schottmüller    (Münch.  med.  Wochenschr.   S.  1231)   berichtet 
ober  2  Fälle   von  Lungenmilzbrand,   deren  einen  er   schon  1895 


Xg4  Hochhaus. 

Lungen-  beschrieben  hatte.  Der  neue  Fall  betraf  einen  51jährigen  Korl)- 
milzbrand,  wacher,  der  plötzlich  über  Frost,  Kopfschmerzen,  Mattigkeit,  Husten, 
Stiche  in  der  linken  Seite  und  Kurzluftigkeit  erkrankt  war.  Der 
Husten  verschlimmerte  sich,  deshalb  2  Tage  nachher  Aufnahme 
ins  Krankenhaus.  Hier  fand  man  starke  Cyanose,  Dyspnoe,  kein 
Fieber,  in  beiden  Lungen  Hochstand  der  unteren  Grenzen  und  links 
hinten  unten  etwas  Dämpfung  mit  scharfem  Vesiculärathmen  und 
Knisterrasseln.  Sputum  zäh,  schleimig,  graubräunlich.  Puls  sehr 
klein,  frequent.  Sensorium  frei.  Von  dem  sofort  entnommenen  Blut 
wurden  Culturen  auf  Serum  und  Agar-Agar  gemacht,  in  denen  sich 
reichlich  Milzbrandbacillen  zeigten;  auch  im  Sputum  viele  Milzbraad- 
bacillen  nachweisbar.  Tod  10*/»  Stunden  nach  der  Aufnahme.  Die 
Obduction  ergab  Milzbranderkrankung  der  Lunge.  Im  Anschluss 
daran  gibt  Verf.  eine  sehr  ausführliche  Zusammenstellung  der  Ca- 
suistik  dieser  so  seltenen  Krankheit. 

8.  Streptothrix  in  der  Lunge. 


Aus  dem  Rullmann  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  29)  hat  aus  einem  Sputum, 

Sputum       welches   in   einer   geringen  Menge   wäesriger  Flüssigkeit   mehrere   linsen- 
st°  *^  *      ^^^  erbsengrosse  Knöllchen  von  gelblichgrüner  Farbe  enthielt,  eine  Strepto- 
thrix        thrix  isolirt.    Die  Knötchen   waren  fast   eine  Reincultur   dieser  Pilzart, 
W.  Rullmann.   die  sich  allerdings  sehr  schwer  von  Aktinomyces  unterscheiden  Hess.   Zahl- 
reiche  Thierversuche    stellten    die   Pathogenität   dieses   Pilzes   fest.     Die 
klinischen  Erscheinungen  bei  der  Kranken,  von  der  das  Sputum  herrührte, 
liessen  nach  v.  Ziemssen   auf  einen  abgesackten  Heerd  an   der  rechten 
Lungenwurzel  schliessen. 

4.  Krankheiten  des  Brnstfells  und  des  Mediastinums. 

1.  Pleuritis. 

Pleura-  C.  Barlow  berichtet  über  Untersuchungen,  die  er  bei  Thieren 

reizung  und  ^jjj^j    an    menschlichen   Präparaten  über    die   Natur   der   pleuri- 

Pleura- 
entzündung, *i*^c^^'^  Membranen  und  Schwarten   angestellt  hat  (British 

L.  Barlow.  medic.  Joum.,  3.  Sept.).  In  Uebereinstimmung  mit  den  neuesten 
Autoren  (Grawitz,  Schleiffart,  Borst,  Neumann)  unterscheidet 
er  drei  getrennte  Formen  der  Pleuritis:  1.  eine  fibrinoide  Umwand- 
lung des  subendothelialen  Bindegewebes  mit  Zellinfiltration  der  Pleura ; 
2.  eine  erhebliche  Vermehrung  des  Bindegewebes  der  Pleura  ohne 
fibrinoide  Umwandlung  und  Zellinfiltration;  3.  eine  Form,  bei  der 
die  neugebildete  Membran  hauptsächlich  aus  jungen,  neugebildeten 
Gefassen  und  Bindegewebe  besteht.    Das  Endothel  bedeckt  zuweilen 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  165 

die  neugebildete  Membran;  bei  experimenteller  Pleuritis  der  Meer- 
schweinchen war  dasselbe  entweder  untergegangen  oder  lag  unter 
der  Membran;  bei  Präparaten  von  Pleuritis  beim  Menschen  war  das 
Endothel  nie  zu  finden. 

In  der  darauf  folgenden  Discussion  wurde  von  Prof.  Green- 
field, Dr.  Woodhead  und  Prof.  Mac  Tadzean  betont,  dass 
das  anatomische  Verhalten  der  pleuritischen  Membranen  offenbar 
sehr  verschieden  sein  müsse  je  nach  der  Natur  des  entzündung- 
erregenden Agens,  sowie  des  betreffenden  Individuums,  und  dass  es 
nicht  angängig  sei,  die  Untersuchungsresultate  bei  den  verschieden- 
sten Thieren  mit  den  Verhältnissen  bei  der  menschlichen  Pleuritis 
za  vergleichen. 

Die  Diagnose  der  Pleuritis  diaphragmatica  ist  bekannt- 
lich recht  schwer,  die  beste  Schilderung  des  Krankheitsbildes  findet 
N-ich  bei  Bouveret  (Trait^  de  Pempyeme).  Unter  den  Symptomen 
ist  eines,   auf  das  Zülzer  in  Anlass   zweier   von  ihm  beobachteter     Pleuritis 

Fälle  besonders    aufmerksam  macht.     Dasselbe   wird  von  dem  Er-    "^*P*^^^*g* 

matica, 

tinder  Gu^neau  de  Mussy  als  Bouton  diaphragmatique  bezeichnet  g.  Ztilzer. 
imd  besteht  in  einer  umschriebenen  Schmerzhafbigkeit  am  Schnitt- 
punkt zweier  Linien,  einer,  die  parallel  dem  äusseren  Stemalrand  läuft, 
^iner  zweiten,  die  auf  der  Verlängerung  der  zehnten  Rippe  gezogen 
wird.  Daneben  sind  natürlich  noch  andere :  Fieber,  Dyspnoe,  Schmerzen 
im  ganzen  Umfang  der  Basis  des  Thorax,  ein  Schmerzpunkt  am 
N.  phrenicus,  wo  er  in  den  Thorax  eintritt.  Die  Auscultation  ist 
negativ ;  die  Percussion  ergibt  eine  tjnnpanitische  Dämpfung  des  un- 
teren Lungenlappens.  —  Von  den  beiden  Fällen  berichtet  Zülzer 
den  letzteren  ausführlich;  trotzdem  die  Probepunction  negativ  aus- 
M^  wurde  doch  die  Operation  ausgeführt;  der  Kranke  starb  leider 
an  Herzschwäche. 

2.  Pyothorax. 

Beck  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  15 — 17)  gibt  auf  Grund  von  Behandlung 

231   Fällen    operirter   Empyeme    kurz    einen   Abriss   über  die    „     ?®^ 

Pyothorax 

Methode  der  Behandlung.  Die  Aspirationsmethode,  auch  die  Bü-  Beck. 
Uu'sche  Methode,  sowie  die  einfache  Incision  verwirft  er,  fordert 
vielmehr  für  jedes  Empyem  breite  Eröffnung  und  Resection  von  1  bis 
2  Bippen ;  dann  manuelle  Exploration  zur  Entfernung  der  dicken, 
klunpigen  Fibrinmassen.  In  der  ersten  Zeit  wird  die  Wunde  mit 
Jodoformgaze  tamponirt  und  erst  später  ein  Gummidrain  eingelegt. 
Mit  dieser  Behandlungsweise  hat  er  die  günstigsten  Erfolge  erzielt. 


\ßQ  Hochhaus. 

Von  seinen  231  Fällen,  von  denen  allerdings  21  abgehen,  die  er 
schon  früher  beschrieben,  starben  19,  und  zwar  waren  dies  nur 
solche,  die  complicirt  oder  erst  spät  zur  Diagnose  gekommen  waren. 

Neuer  Welcke   (Münch.  med.    Wochenschr.    S.  1088)   fand   in   der   Probe- 

Parasit  in    punctionsflüssigkeit  eines  jauch  igen  PI  euraexBudat  68  massenhafte  faden- 
jauc     gern    £gj^gg  Gebilde  theils  mit,  theils  ohne  eine  runde  Verdickung  an  ihrem 
exsudat,     oberen  Ende,  die  in  lebhafter  Schlangenbewegung  das  Gesichtsfeld  durch- 
Welcke.       eilten.    Dieselben  sahen  der  bekannten  Gercomonas  intestinalis  ähnlich.    Ge- 
färbte Exemplare,  die  Prof.  Hertwig  vorgelegt  wurden,  wurden  von  diesem 
mit  Wahrscheinlichkeit  als  Spirillen  gedeutet. 

3.  Pneumothorax. 

Pneumo-  Hag  und  Gebhard  beschreiben   einen   interessanten  Fall  von 

thorax       Pneumothorax,  bei  dem  sie  als  Ursache  der  Qusentwickelung  den 
daroh  gas-  ,  a        •  • 

bildende     ColibaciUus    feststellen   konnten    (Deutsches    Archiv    f.    klin.    Med. 

Baoterien,  ßd.  61,  H.  3  u.  4).  Der  betreffende  Patient,  ein  43jähriger  Tag- 
A  Oeblfa^  löhner,  hatte  sich  mit  einem  Dolche  in  der  Herzgegend  verletzt.  Die 
Wunde  war  schnell  verheilt,  es  entwickelte  sich  indess  im  linken 
Pleurasack  zuerst  ein  hämorrhagisches,  nachher  ein  eitriges  Exsudat, 
zugleich  mit  Gasentwickelimg.  In  dem  herausgelassenen  Gttse  wurden 
Kohlensäure,  Wasserstoff  und  Stickstoff  nachgewiesen.  Aus  dem 
Eiter  wurden  zwei  Mikroorganismen  gezüchtet,  der  Staphylococcus 
pyogenes  aureus  und  der  Colibacillus.  Mit  letzterem  angestellte 
Gährungsversuche  in  Pepton  und  Milchzuckerlösung  ergaben  unzwei- 
deutig, dass  er  im  Stande  ist,  Wasserstoff,  imd  zwar  höchstwahr- 
scheinlich aus  Eiweiss  zu  bilden.  Experimentell  bei  Thieren  Gas- 
bildung durch  diesen  Bacillus  zu  erzeugen  gelang  ihnen,  wie  vielen 
anderen,  nicht;  es  müssen  also  noch  besondere  Bedingungen  hinzu- 
treten, um  diese  Eigenschaft  wachzurufen. 

4.  Chylothorax. 

Doppel-  Henssen  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  20)  berichtet  f eigen - 

•eitiger     ^^^  YsM  von  doppelseitigem  traumatischem  Chylothorax.     Ein 

tiBcher      j^^ngör   kräftiger  Mann  wird   durch   einen  Wagen  gegen  eine  Thür 

Chylothorax,  gepresst;    er  konnte  noch  3  Stunden  arbeiten  und  2  Stunden  nach 

.    enssen.    gj^^g^   gehen.     Am   anderen   Tag   sehr  starke  Athembeschwerden, 

deshalb  Aufnahme  ins  Krankenhaus.     Hier  fand  man  rechts  hinten 

unten  und  rechts  vorne  unten  eine  Däm2)fimg  mit  schwachem  Bron- 

chialathmen;   bei  der  Punction    eine   milchige  Flüssigkeit.      Einige 


Krankheiten  der  Athmungsorgane.  167 

Tage  nachher  war  auch  links  hinten  unten  eine  Dämpfung,  und 
aach  hier  ergab  die  Probepunction  nulchige  Flüssigkeit  im  Pleura- 
ranm.  unter  Ruhe  allmähliche  Heilung.  Henssen  diagnosticirt  eine 
traumatische  Zerreissung  des  Ductus  thoracicus ;  doppelseitige  Fälle 
sind  bis  jetzt  noch  nicht  beobachtet;  einseitige  22. 

5.  Mediastinalgeschwülste. 

Der    von    Sokolowski    berichtete   Fall    von   Mediastinal-  Diagnostik 

geschwulst   (Deutsche   med.    Wochenschr.  Nr.   48)   betraf  einen  „  ^.\.     , 
°  ^  ...  Mediastinal- 

Kranken,  der  1  Jahr  vor  der  Au&ahme  ins  Spital  mit  zunehmen- ge schwülste, 
der  Athemnoth  und  Cyanose  erkrankt  war.  Der  Befund  ergab  eine  Sokolowski. 
Dämpfung  rechts  vom  oben  von  der  Clavikel  bis  zur  vierten  Bippe, 
erheblich  vergrösserte  Lymphdrüsen  in  der  Supraclaviculargegend 
rechts  und  links,  hochgradige  Erweiterung  der  Venen  am  Thorax 
and  Abdomen;  bedeutend  verengte  rechte  Pupille.  Eine  Probe- 
punction rechts  vorne  im  zweiten  Intercostalraum  ergab  eitrige 
Flüssigkeit;  trotzdem  diagnosticirte  Sokolowski  ein  Lympho- 
sarkom des  Mediastinums.  Tod  an  Athemnoth  und  Herzschwäche. 
Die  Obduction  ergab  auch  ein  grosses  Lymphosarkom,  das  vom 
rechten  Lungenhilus  ausging  und  sich  in  die  rechte  Lunge  hinein 
erstreckte;  die  aspirirte  Flüssigkeit  rührte  von  dem  Lihalt  einer 
Bronchiektasie  her. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

E.  Aufrecht,  Zur  Verhütung  und  Heilung  der  chronischen  Lungentuber- 

culose.    Wien. 
fl.  Boruttau,  Kurzes  Lehrbuch  der  Physiologie.    Für  Mediciner.   Leipzig 

und  Wien. 
PBrouardel  und  A.Gilbert,  Traite  de  Medecine  et  de  Th^rapeutique. 

Bd.  V.     Paris. 
K.  Cestan,  La  th^rapeutique  des  empyemes.     Paris. 
^.  Croner,  Grundriss  der  internen  Therapie.    Für  Aerzte  und  Studirende. 

Leipzig. 
A.  Daiber,  Mikroskopie  des  Auswurfs.    Wiesbaden. 
W.  Ebstein  und  J.  Schwalbe,   Handbuch   der  practischen   Medicin. 

Stuttgart. 
A.  Eulenburg  und  Samuel,   Lehrbuch  der  allgemeinen  Therapie  und 

der  therapeutischen  Methodik.     Wien  und  Leipzig. 
J  R.  Fowler  and  R.  J.  Godlee,  Diseases  of  the  lungs.    London. 
•-•Goldschmidt,  Asthma.    München. 


Igg  Hochhaus. 

L.  Hermann,  Leitfaden  für  das  physiologische  Practicum.    Leipzig. 

L.  Erehl,  Pathologische  Physiologie.  2.  Auflage  des  Grundrisses  der  all- 
gemeinen klinischen  Pathologie.    Leipzig. 

A.  Landerer,  Die  Behandlung  der  Tuberculose  mit  Zimmtsäure.    Leipzig. 

J.  Lazarus,  Pneumatotherapie. 

Derselbe,  Allgemeine  Inhalationstherapie. 

W.  V.  Leube,  Specielle  Diagnose  der  inneren  Ki*ankheiten.  II.  Bd.  5.  Aufl. 
Leipzig. 

Liebreich,  Encyklopädie  der  Therapie.     Berlin. 

N.  Ortner,  Vorlesungen  über  specielle  Therapie  innerer  Krankheiten. 
H.  Bd.    Wien  und  Leipzig. 

Penzoldt  und  Stintzing,  Handbuch  der  Therapie  innerer  Krankheiten. 
2.  Aufl.    Jena. 

Petermann,  Die  Lungenschwindsucht,  ihre  Heilstätten  und  ihre  Heilung. 

J.  Ruhemann,  Ist  Erkältung  eine  Krankheitsursache  und  inwiefern? 
Leipzig. 

H.  Sahli,  Lehrbuch  der  klinischen  Untersuchungsmethoden  für  Studirende 
und  practische  Aerzte.    2.  Aufl. 

6.  Schröder  und  Fr.  Mennes,  lieber  die  Mischinfection  bei  der  chroni- 
schen Lungentuberculose.    Bonn. 

Julius  Schwalbe,  Grundriss  der  speciellen  Pathologie  und  Therapie  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  Diagnostik.    2.  Aufl.    Stuttgart. 

Die  Tuberculose.  Mit  Beiträgen  von  M.  Scheimpflug,  C.  Gussen- 
bauer,  A.  v.  Weismayr,  J.  Rabl,  E.  Freund  und  J.  Csokor  und 
einer  Einleitung  von  L.  v.  Schrotte r.     Wien  und  Leipzig. 

Voll  and.  Die  Limgenschwindsucht,  ihre  Entstehung,  Verhütung,  Behand- 
lung und  Heilung.    Tübingen. 


11,  4.  Krankheiten  der  Kreislanfsorgane. 


Von  Prof.  Dr.  Hochhans  in  Kiel. 


1.  Physlologrte. 

Durch   sehr  starke   elektrische  Ströme   gelingt  es  nach  Langen-   Wogen  und 
dorff  (Pflüger's  Archiv  Bd.  70,  S.  281),   auch   die   isolirte  Herzspitze  ^J^'^J"""^^" 
warmblütiger  Thiere   durch  Tetanisiren   zum  Wogen  zu  bringen;    indess    Laneendorff 
nur  auf  kurze  Zeit,  niemals  länger,   als  der  Reiz  andauert.    Bei  lebenden 
Herzen  indess  pflegt  das  Wogen  den  Reiz  länger  zu  überdauern ,  ein  Um- 
stand, der  sicher  für  eine  Reizung  gangliöser  Apparate  spricht;  unipolare 
Reizung,  einzelne  Inductionsströme  rufen  nie  ein  Wogen  hervor.     Kron- 
ecker versuchte  das  Wogen  durch  eine  directe  oder  reflectorische  Erregung 
•*me«  in  der  Kammerscheidewand  gelegenen  Gefässnervencentrums  mit  nach- 
folgender Anämie  der  Herzwand  und  Lähmung  der  coordinirenden  Leitungs- 
wege der  Erregung  zu  erklären.   Dagegen  spricht  indess  der  Umstand,  dass 
Absperrung   der  Blutzufuhr  zum  Herzmuskel   diesen  nicht  zum  Flimmern 
bringt. 

Einfluss  der 
Durch   sinnreiche  Versuchsordnung  stellte  Porter  (American  Joum.        Herz- 
of  Phys.  Bd.  1,  H.  2,  S.  145)  fest,   dass  bei   der  Herzcontraction   der  contraction 

Blütstrom   in   den  Coronargefässen   sich   verstärkt;    die  Ursache    „i-*  * 

.  ®    .  '  filatstrom 

liegt  in  der  Compression,  welche  die  Goronargefässe  durch  die  Zusammen-        in  den 

Ziehung  des  Herzens  erfahren,  wodurch   eine  zeitweise  verstärkte  Füllung        Herz- 

<ler  Geßjsse  herbeigeführt  wird.  gefässen. 

Porter. 


in  den 

Venen, 

Knoll. 


Die  Mittheilung  KnoU's  (Pflügers  Archiv  Bd.  72)  ist  dem  Venen-  Blut- 
puU  gewidmet.  Die  Hauptergebnisse  sind:  1.  Verf.  konnte  bei  seinen  Bewegung 
VersQchsthieren  keine  selbständige  Zusammenziehung  der  grossen  Venen- 
«tänmie  wahrnehmen.  2.  Die  Pulscurve  der  Jugularvene  erwies  sich  ge- 
wöhnlich als  anadikrot,  bei  Hunden  öfters  katadikrot ;  dieselbe  ist  bedingt, 
wie  nähere  Versuche  ergaben,  zum  Theil  durch  eine  Bergwelle,  hervor- 
genifen  durch  Contraction  des  rechten  Ventrikels,  zum  Theil  durch  eine 
Ton  der  Dilatation  des  Ventrikels  verursachte  Thalwelle,  während  die 
zwischen  diesen  beiden  Wellen  liegende  Steigerung  des  Venendrucks  durch 


172  Hochhaus. 

Herz  nerven,  Erregung  von  einem  zum  anderen  Theil  hinüberleiten.  —  Weitere  Stützen 
Musquens.  (i^j.  neuen  Theorie  waren  die  Beobachtungen,  dass  das  embiyonale  Herz 
bereits  zu  einer  Zeit  schlägt,  wo  es  noch  gar  keine  GrangHenzellen  enthält 
und  dass  diese  erst  beträchtlich  später  vom  Nervus  sympathicus  aus  ins 
Herz  einwandern.  Es  wurde  dann  noch  später  nachgewiesen,  dass  durch 
mechanische  Reize  die  Herzspitze  zu  rhythmischer  Contraction  gebracht 
werden  konnte,  und  femer,  dass  der  Herzmuskel  auf  perpetuirliche  Reize 
mit  rhythmischen  Bewegungen  reagirt.  Weitere  wichtige  Thatsachen  sind 
danach  die  Beobachtungen,  dass  das  Herz  auf  den  faradischen  Reiz  ent- 
weder gar  nicht  oder  mit  voller  Contraction  reagirt,  dass  der  Herzmuskel 
während  der  Systole  und  kurz  nachher  durch  einen  Reiz  nicht  alterirt 
wird.  Als  weitere  wichtige  Stützen  der  neuen  Theorie  kamen  hinzu  die 
Entdeckungen,  dass  die  Venen  der  Flügel  der  Fledermaus,  dann  die  Ohr- 
arterien des  Kaninchens,  das  Herz  der  Tunicaten  und  Crustaceen  rhyth- 
mische Gontractionen  ausführen,  ohne  dass  bis  jetzt  Ganglien  in  ihnen 
nachgewiesen  sind. 

Alle  diese  Thatsachen  sprechen  sehr  für  die  Automatie  des  Herz- 
muskels, die,  wie  weitere  Versuche  lehren,  ihren  Ausgang  nimmt  von  dem 
Rhythmus  der  Bewegung  der  Herztheile  an  der  Mündung  der  grossen  Venen 
und  sich  von  da  durch  die  Muskelbrücken  zum  Vorhof  und  dem  Ventrikel 
fortpflanzt. 

Welche  Function  haben  nun  die  Nerven  und  Ganglien  des  Herzens? 
Da  die  Herznerven  also  nicht  motorischer  Natur  sind,  müssen  sie  entweder 
sensibler  oder  reflex vermittelnder  Art  sein.  Beim  Hunde  und  Kaninchen 
ist  nun  anscheinend  durch  Knoll,  Zwardemaaker  und  Woolridge  die 
Sensibilität  des  Herzens  nachgewiesen  worden;  vielen  anderen  Experimen- 
tatoren ist  der  Beweis  nicht  geglückt,  und  das  frei  liegende  Herz  der 
Katharina  S^raphin  zeigte  auch  bei  intensiven  Reizen  keine  Empfindlich- 
keit. In  der  Pathologie  werden  zwar  häufig  Schmerzen  bei  Erkrankungen 
des  Herzens  (Myo-,  Endocarditis)  auf  Reizung  der  sensibeln  Nerven  zurück- 
geführt ;  möglich  ist  das  ja  immerhin,  aber  bewiesen  ist  es  bis  jetzt  nicht ; 
ebenso  verhält  es  sich  mit  den  Schmerzen  bei  Angina  pectoris.  Verf.  hat 
nun  auf  Rath  Engelmann^s  diese  Frage  einer  Prüfung  unterzogen  und 
hat  bei  elektrischer  Reizung  des  Herzens  hauptsächlich  Veränderungen 
durch  Reflexwirkung  erzielt^  die  sich  kundgeben  zum  Theil  in  der  willkür- 
lichen Musculatur,  zum  Theil  in  Veränderungen  der  Herzaction  selber,  die 
dreierlei  Art  waren:  1.  solche  der  Kraft  der  Contraction  (isotrope  Wirkung), 
2.  Veränderungen  in  der  Leitungsfähigkeit  (isomotrope  Wirkung)  und  3.  Ver- 
änderungen der  Herzfrequenz  (chronotrope  Wirkung).  Der  Reflexbogen  geht, 
wie  die  Versuche  bewiesen,  durch  das  Centralnervensystem.  Vermöge  dieser 
Reflexwirkungen  ist  das  Herz  im  Stande,  auf  Veränderungen  in  seiner  Sub- 
stanz durch  Veränderungen  in  seiner  Contractionskrafb,  seiner  Leitungsfähi^- 
keit  und  Frequenz  zu  reagiren  und  dadurch  unter  Umständen  gewisse  Schä- 
digungen auszugleichen.  Durch  diese  Versuche  ist  afso  bis  jetzt  erwiesen, 
dass  die   Herznerven  vorzugsweise    reflexvermittelnde   sind.     Welche   Be- 


Ueatimg  die  Gan^im  im  H^fritii  h.iWn.    ;s:   j^lvr   Wvvh  v,nn\or  n\oU!  K!av 
ire«teDt. 

V.  Frey  behandelt  in  seinem  auf  der  letiteu  Nafurtor^'Uono^^immUux^  ru>*i\^\ofi»t^ 
«gehaltenen  Vortrag  über  die  Thätigkeit  de«  Hertens  in  seinen  ph>*io-  ^^'^*  M<»v#»^w* 
logischen  Beziehungen  das  gleiche  TheniA  wie  Musquons  in  «einer 
vorstehend  rcferirten  Arbeit,  aiuf  die  wir  deshalb  vi*rweistM\:  nur  ftl^jt  Kro\ 
noch  ein   interessantes  Kapitel  su  über  die  GrOsse  der  vom  Herren  \u\tor 
den  Terschiedensten  Bedingungen   geleisteten  Arbeit    und   über  dtM^»u  He 
rechnung.    Er  regt  dabei  eine  Menge  Fragen  an,  die  gerade  \\v\\  Kliniker 
besonders    interessiren ,    deren    Lösung   aber   noch    wenig    i«    AugritV  gt* 
nommen  ist. 

Nach  einer  vollständigen  üebersicht  über   den  gegenwilttigcn  SluntI 
der  Lehre  von  den  Ganglienzellen  des  HerzenH  berichtet  Seh  wu  rl  «  iMi« 

iDeutsche   med.   Wochenschr.   Nr.  30)    seine  eigenen  anatomischen    Utdci*'    »Uli «hm» 

M  M 1 1  n  it  I III 

suchungen,   bei  denen  er  stets  mit  Thionin   gcflirbt  hat.     Heino  HcHultato  n „,!,,,„  ,|„, 
^ind  folgende:    Die  Ganglienzellen   kommen    am  Herzen    nur   auf  dem  l»*- HHiitfnthtni  m, 
schiÄnkten  Gebiete  auf  der  Hinterfläche   der  VorhÖfe  vor;   duHMclIn'   liegt      Hnhwurl/. 
zwischen  den  hinteren  Endigungen  der  Herzohren  mehr  linkN  iiIn  reelit.«  um 
den  Sinus  herum  und  erstreckt  sich  nach  unten  bis  zum  KulruN  eoromuiuN 
transversus.     Die  Ganglienzellen  sind  unter  dem  Kpicard  gelagert. 

In  seinem  Vortrage  , Kritische  Bemerkungen  über  Herz  nerven" 
■Deutsche   med.   Wochenschr.   Nr.  31)   gibt   K.  v.  Leyden   einen    kurzen,     KillUOi«- 
iiber  völlig  orientirenden  üeberblick   über   die   derzeitige  L«'lire   von   tWr       H»*m«» 
Innervation  des  Herzmuskels.    Leyden  ist  der  Meinung,  da««  die  inyogene  ||«,,.y^„i,,  y,  „ 
Theorie  (s.  Referat  über  die  ArVieit  von  MusquenM  8.  171  j  Mirh  m'Ur  gut  )/,  v  It^yiUu 
ullen  klini^'hen  En»cheinungen  anpaisse;  nur  int  jetzt  die  Frage,    wum  iiiit 
d»?n  vielen  Nerven  und  Ganglienzellen   im  Herz<fn   anzufangen    i^t,     Viel<' 
adh#Ti  «äe  für  a^-ncibel  und  reflexvermittelnd;  aber  <ftwa»«  Hi*:ii<'r<'«   iA  tUtt 
aber  noch   nicht  eroirl,   «o   da««   eine  Entarf;heiduMg,  wel<  lie   TU^'o/n'  tii*' 
r>hti2*r  i<t,  bi»  ^*<zX  n<:>ch  nicht  gegeben  w^rd^'n  kann, 

IMl  dcn-'i  dir  t^kdnnt>fn  Ver»'0';he  r.  Ziem»*en'»  an  dem  f;*'»'  \\t"/i'ti*iih 
H»-rz*Hii  «ier  £jh*bäriiut  Seraj»hiii  fe^gei^ielh  j*t,  <ii**  *Xa>  Ui*'tt>^  s.*.'  ut'  U*'rA 

^^^T*C^  Mw^rr}  *fTT*^jiiT  i«t,  rer*T3'  üte  H-  K  !litil.*:r  (J>*- v*'/  r  *>  A f '  r     t  K  *  f  • » >f'  '  * » 
•-:3s_Mrt(L  riLil.  H-^'    dJ*-  Eiswirkan?  ';on^taö*'rf  ^r*  "^y  ;.•,*-  Ävf  -i..  r     ^*'*''   '** 

Jirr  der  ■aip»irenG*r<ti  •rn^n^irte    '-^*  ru    5^^  Ji?   ,.«,r/;;^'*'    •/*,<*:'/  *?r  ,•  •'     ','   y    y 


174  Hochhaus. 

Die  Nach   den   Untersuchungen  von   A.    S.   Dogiel   (»Die   sensibeln 

sensibeln     Nervenendiffuniren  im  Herzen   und    in    den  Blutgefässen    der 
Nerven-  o       o  o 

endieaneen  Säugethiere.*    Archiv  f.  mikroskop.  Anat,  Bd.  52,  H.  1,  S.  44)  befinden 

im  Herzen    sich  sowohl  dicht  unter  dem  Pericard,  wie  im  Endocard  zahlreiche,  ziem- 

nnd  in  den    lieh  dicke  Nervenstämme,  zum  Theil  markhaltig,  zum  Theil  marklos.    Au»4 

Blut-         diesen  entvdckeln  sich  die  Endapparate  in  Form  eines  Netzes  sehr  feiner 

der  Sänge-   Nervenfäden,  zwischen   denen  sternförmige  Bindegewebszellen  mit   ihren 

thiere,       Ausläufern  als  Stützsubstanz  gelagert  sind.    Die  Anzahl  dieser  sensibeln 

A.  S.  Dogiel.    Apparate  ist  gleich   der  an   den  empfindlichsten  Hautstellen.     Aehnliche 

sensible  Endapparate  befinden  sich  auch  in  den  Blutgefässen,  dicht  unter 

dem  Endothel  und  in  der  Adventitia. 


3«  Untersnchnngsmethoden« 

Auf-  Die  neue  Methode  seiner  graphischen  Darstellung  des  auscul- 

zeichnung    tatorischen  Herzbefundes  ohne  conventionelle  Zeichen  besteht  darin, 

&  U  8  C  U 1 1  &• 

torisoher  ^^®  Pfaundler  alle  Elangphänomene  des  Herzens  in  ein  Coordinaten- 
Herz-        System  einzeichnet,  wobei  die  Abscisse  den  zeitlichen  Ablauf  und  die  Ordi- 

befnnde,  nate  die  Intensität  der  Elangerscheinungen  misst.  Da  die  weitere  Erklärung- 
ohne  die  beigegebene  Abbildung  kaum  verständlich  ist,  muss  auf  das 
Original  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  48)  verwiesen  werden. 


Pfaundler. 


,     "  **"  V.  Liebig  (Mtinch.  med.  Wochenschr.  Nr.  16)  hat  bei  sich  und  einer 

frequeuz  ®  ^  '  . 

in  der        Dame   festgestellt,   dass   in   der  pneumatischen   Kammer  die  Puls- 
pneuma-      frequenz  bei  erhöhtem  Druck  deutlich  abnimmt.    Die  Verminde- 

tiechen      nmg  betrug  bei  einem  Druck  von    35  mm  Hg  4,1—4,4  Schläge   in   der 

Kammer,      -•«■•     i 

....   '      Minute. 
V.  Liebig. 

Dia-  Diagnostische  Schlüsse  aus  Puls  und  Pulscurven   werden   von  Reine- 

^'schlüsst^   both  (Deutsches  Arch.  f.  kün.  Med.  Bd.  60,  H.  2  u.  8)  mitgetheilt. 
aus  Puls  und  1.  Der  Valsalva'sche  Versuch   bei   offenem   Pneumothorax 

Pulscurven,  nach  Resection  —  ein  Maass  für  die  Wiederausdehnungsfähigkeit  der  pneu- 
Reineboth.  mbthoracischen  Lunge.  Durch  den  Valsalva'schen  Versuch  vdrd  der  Druck 
innerhalb  des  Thorax  ganz  erheblich  vermehrt,  das  Blut  in  den  Lungen- 
capillaren  wird  dem  linken  Herzen  und  dem  grossen  Kreislauf  zugetrieben. 
Der  Eintritt  von  venösem  Blut  ins  rechte  Herz  wird  erheblich  erschwert; 
dadurch  kommt  es  zu  einer  erheblichen  Stauung  in  den  Eörpervenen,  wo- 
durch naturgemäss  auch  der  Blutgehalt  des  arteriellen  Systems  vermindert 
wird.  Das  sphygmographische  Bild  der  Radialis  wird  dadurch  1.  kleiner, 
und  2.  rückt  die  Curvenbasis  durch  die  venöse  Stauung  im  Arm  immer 
höher.  Diese  charakteristische  Veränderung  beim  Valsalv ansehen  Ver- 
such bleibt  nun  nach  des  Verfaasers  Untersuchungen  beim  Bestehen  eines 
grösseren  Pneumothorax  aus,  wenn  eine  grössere  Fistelöfihung  zwischen 
Bronchialbaum  und  Pleuraraum  besteht  oder  wenn  die  Pneumothoraxlunge 
ausdehnungsfahig  ist.     Wenn  das  erstere  nun  ausgeschlossen  werden  kann. 


Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.  175 

so  bietet  die  Aufnahme  der  Radialiscurve  während  des  Valsalv ansehen 
Venuchs  ein  gewisses  Maass,  an  dem  wir  sehen,  ob  eine  Lunge  noch  aus- 
dehnungsfähig ist  oder  nicht. 

2.  Einseitiges  Ohrpulsger&usch  —  unter  Umständen  ein  Symptom 
des  Puls  US  differens  der  Carotis.  Arteriosklerose  der  dem  Ohr  benach- 
barten Gefässe  mit  Herzhypertrophie  ist  eine  der  häutigsten  Ursachen  der 
entotischen  Geräusche.  Reineboth  hat  nun  gefunden,  dass  zuweilen  in 
derartigen  Fällen  das  GeiUusch  nur  einseitig  gehört  wird;  dass  dann  an 
der  Seite,  wo  das  Geräusch  nicht  gehört  wurde,  der  Carotispuls  erheblich 
kleiner  war,  wie  an  der  anderen,  was  zum  Theil  in  einem  Falle  durch  eine 
Verengerung  der  Carotis  an  ihrer  Ursprungsstelle  bewirkt  wurde.  Der 
Bhtstrom  in  ihr  erlitt  dadurch  eine  solche  Abschwächung ,  dass  das  ent- 
otische  Geräusch  nicht  zu  Stande  kommen  konnte. 

Im  zweiten  Theil  seiner  Arbeit  berichtet  Verf.  über  einige  Fälle  von 
Pulsus  paradoxus  und  Pulsus  differens.  Pulsus  paradoxus  nennt  er 
den  Puls,  wenn  er  während  der  Inspiration  kleiner  wird;  Pulsus  differens, 
wenn  der  Puls  an  einer  Seite  kleiner  is»t  als  an  der  anderen.  Treffen  beide 
Zustande  zusammen,  so  wird  an  der  Stelle,  wo  der  Pulsus  differens  ist, 
anter  Umständen  eine  Intermission  auftreten.  Derartige  Fälle  hat  Reine- 
both mehrere  beobachtet. 


3.  Allgemeine  Pathologie. 

Talma  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  47)  berichtet  kurz  über  die  Ver-       Experi- 

'Hiche,  die  sein  Schüler  van  Dorsten  über  die  Entstehung  anorgani-      mentell 

scher  Herzgeräusche  bei  Hunden  gemacht  hat.    Dieselben  wurden  in     erzeugte 

...  anorgani- 

der  Weise  angestellt,  dass  die  Art.  carotis  sinistra  und  die  Jugularis  dextra    sehe  Her z- 

faM.  stets  freigelegt  wurden;  ausserdem  wurde  je  ein  paraffinirtes  Glas-  ge  raus  che, 
röhrchen  in  die  Art.  cruralis  zur  Ablesung  gemessener  Blutmengen  und  S.  Talma, 
in  die  Vena  cruralis  gebunden  zur  Eingiessung  von  Flüssigkeiten.  Durch 
diese  Versuche  wurde  constatirt:  1.  dass  Oligämie  nur  selten  die  Ursache 
von  anorganischen  Herzgeräuschen  ist;  2.  dass  Hydrämie,  aber  noch  viel 
Ktärker  hydrämische  Plethora  die  Ent<(tehung  derselben,  insbesondere  im 
Conus  arteriosus  der  rechten  Kammer,  auch  im  übrigen  Theil  in  der  linken 
Kammer  und  in  den  Arterien  begünstigt ;  3.  dass  Chinin  eine  Erweiterung 
der  Herzhöhlen  mit  Herz-  und  Arteriengeräuschen,  wie  sie  bei  Chlorose 
gefanden  werden,  hervorruft;  4.  dass  Herabsetzung  der  Herzfrequenz,  d.  h. 
eine  stärkere  Füllung  der  Kammer  die  Bildung  der  herzsystolischen  Ge- 
räusche begünstigt;  5.  dass  Verstärkung  der  Systole  die  Geräusche  ver- 
>tärkt  resp.  sie  hervorruft. 

Nachdem  Baiin t  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  1  u.  2)  in 
finer  Uebersicht  der  bisherigen  Ansichten  über  die  Ursachen  der 
Incompensation  bei  Herzfehlern  zu  dem  Resultat  gekommen 


176  Hochhaus. 

Experi-      ist,  dass  keine  derselben  befriedigt,   hat  er  selber  Thierexperimente 
m enteile     angestellt,    um   der  Lösung   der  Frage   näher   zu  kommen.     Zuerst 
Buchungen   zerstörte  er  bei  Hunden  die  Aortenklappen  nach  Kosenbach's  Me- 
li ber  in-      thode;  es  trat  danach  Hypertrophie  des  Ventrikels,  aber  keine  In- 
sation*der    Kompensation  ein.     Dann  fugte  er  bei   anderen  Thieren  dazu  noch 
Herz-        häufigere  Injectionen  von  2  mg  Phosphor  (in  Oel)  —  auch  ohne  jeden 
klappen-     Erfolg;    denn   trotz  hochgradigster  Verfettung   der  Herzmusculatur 
R.  Balint      ^^at  keine  Incompensation  ein.     Femer  combinirte  er  die  Klappen- 
zerreissung  mit  einer  tiefen  Vagotomie,    zuerst  einseitig,    nachher 
doppelseitig;    im    letzteren   Falle    starben    die   Thiere    meist   nach 
24  Stunden  (während  gesunde  erst  nach  6  Tagen  eingehen),  im  er- 
sten trat  nach  einer  gewissen  Zeit,  meist  nach  4  Wochen  Incompen- 
sation   ein.     Die  Musculatur    zeigte    dabei   nur    dieselben  Verände- 
nmgen,    wie   das   gewöhnliche   hypertrophische  Herz.     Verf.    zieht 
daraus  den  Schluss,    dass  die  Hauptursache  der  Incompensation  in 
einer  Erkrankimg  des  Herznervensystems  gelegen  ist.    Zum  Schluss 
verwahrt   er   sich  dagegen,   dass  diese  Versuchsresultate  direct  auf 
den  Menschen  übertragen  werden. 

Ueber    die  Prognose    von  Herzkrankheiten    mit   Bezug 

auf  die  Lebensversicherung    fand   in  der  Jahresversammlung 

der  British  med.  Association  eine  Verhandlung  statt   (The  British 

Die         med.  Joum.,  17.  Sept.).     Gairdner  eröffnete  die  Discussion  zuerRt 

Prognose    ^^^  ^^^^^  Rückblick  auf  10  Fälle  langlebiger  Herzkranker,  über  die 
von  Herz-  .  .  .  . 

krankheitener  in  der  gleichen  Gesellschaft  und  bei  ähnlicher  Gelegenheit  1886 

mitBezug    in  Brighton  gesprochen  hatte.    Von  diesen  erwähnt  er  zuerst  einen 
LebenBver-   -^^i  ^®^  mindestens  30  Jahre  lang  an  einer  Mitralinsufficienz  litt, 
Sicherung,    dabei  stets  eine  ausgedehnte  Praxis  besorgte  und  70  Jahre   alt  an 
Gairdner,      einer  intercurrenten  Krankheit  stsu*b,  nachdem  eine  Zeit  lang  vorher 
das  Geräusch  vollkommen   geschwunden  war.     Der  zweite  Fall  be- 
traf einen  Mann,  den  er  zuerst  im  Jahr  1862  imtersuchte,  bei  dem 
er   ein  lautes  postsystolisches  Geräusch   an  der  Basis  constatirte. 
Derselbe    hat   ein  jetzt  bewegtes  Leben    hinter   sich  und   ist  voll- 
kommen  gesund;    das  Geräusch  ist  geschwimden.     Der  dritte  Fall 
ist  der  interessanteste.     Der  betreffende  Kranke  hatte  einen  Tumor, 
der  von  der  rechten  Vorhofswand  ausging  und  das  Tricuspidalostium 
zum  grössten  Theil  verstopfte.    10  Jahre,  nachdem  die  ersten  Herz- 
erscheinungen aufgetreten,    starb   der  Kranke   an  einer  Pneumonie, 
wobei  der  genannte  Befund  erhoben  wurde. 

Nach    einer   allgemeinen   Uebersicht    über   die  Schwierigkeiten 
der  Beurtheilung  vieler  Erkrankungen  in  Bezug  auf.  die  Lebensver- 


Krankheiten  der  Ejreislaufsorgane.  177 

Sicherung  theilt  er  die  Herzerkrankiingen  in  acht  Gruppen  ein  und  be-  DieProgiiose 

spricht  bei  ieder  die  Chancen  fcr  das  Leben  der  Individuen.    Bei  der  ^^®"  ?•!?" 
^  *'  krankheiten 

Fericarditis  exsudativa  kommt  er  zu  dem  Besultat,  dass  dieselbe  j^n  Bezug 
nur  in  den  seltensten  Fällen  ausheilt,  meist  Residuen  dauernder  Art  anf  die 
hinterlasst,  die  das  Herz  doch  schädigen  und  deshalb  die  Fortdauer  ^i^^^J^J^^ 
des  Lebens  beeinträchtigen.  An  zweiter  Stelle  erwähnt  er  die  orga-  Oairdner. 
nischen  Erkrankungen  ohne  jede  functionelle  Störung,  wo- 
bei die  Betreffenden  also  glauben,  vollständig  gesund  zu  sein,  da  sie 
nie  eine  Störung  gespürt  haben.  Gairdner  räth  in  diesem  Falle, 
den  Betreffenden  nicht  a  limine  abzuweisen,  sondern  ihn  nur  auf 
einige  Jahre  zurückzusetzen,  um  ihn  dann  wieder  zu  prüfen.  Bei 
seniler  Degeneration  der  Arterien  räth  Gairdner  dem  Kran- 
ken, sich  der  weiteren  Untersuchimg  zu  entziehen,  da  er  jedenfalls, 
wenn  überhaupt,  nur  unter  erschwerenden  Umständen  aufgenommen 
werden  könnte.  Bei  organischen  Herzfehlern  mit  Begleit- 
erscheinungen, die  eine  Versicherung  ausschUessen,  räth  Gaird- 
ner dies  dem  Aspiranten  sofort  zu  sagen.  Schwierig  ist  die  Be- 
rathung  bei  function eller  Herzerkrankung,  die  ja  häufig  mit 
Irregularität  imd  erhöhter  Erregung  einhergeht.  Zweifellos  leben 
viele  mit  solcher  Abnormität  lange  Zeit  bei  schwerer  Arbeit,  und 
man  kann  deshalb,  wenn  alle  anderen  Zeichen  einer  Herzerkrankung 
fehlen,  die  Versicherung,  wenn  auch  unter  Cautelen,  befürworten. 
BradycardieundTachycardie  sind  ebenfalls  zwei  Erscheinungen, 
deren  Beurtheilung  fiir  die  Lebensversicherung  sehr  schwierig  ist, 
da  heutzutage  noch  keine  Statistiken  darüber  existiren,  welchen  Ein- 
floss  diese  beiden  Symptome  auf  die  Lebensdauer  haben.  Ganz  all- 
gemein hält  Gairdner  aber  die  Tachycardie  für  benigner  als  die 
Bradycardie.  Die  Herzgeräusche  bei  Chorea  hält  Gairdner 
hat  durchweg  für  organischer  Natur  und  betrachtet  sie  also  auch 
von  diesem  Standpunkte.  Die  Bedeutung  eines  kleinen  Herzens,  das 
aber  sehr  selten  vorkommt,  ist  zweifelhaft,  dagegen  ist  ein  breites 
Herz  meist  Zeichen  einer  Herzschwäche,  häufig  verursacht  durch 
Nierenerkrankung.  Fälle  von  Angina  pectoris  sind  wohl  meist 
von  der  Versicherung  zurückzuweisen.  Wie  aber  verhält  es  sich 
mit  den  Fällen  von  sog.  Pseudoangina,  wo  Leute  nur  ab  imd  zu 
einige  leichte  Anfalle  bekommen  und  sonst  ganz  wohl  sind?  Hier 
ist  die  grosse  Schwierigkeit  die,  dass  es  nicht  möglich  ist,  sicher 
wahre  und  falsche  Angina  zu  unterscheiden,  und  deshalb  wird  sich 
der  Arzt  dabei  immer  sehr  im  Zweifel  befinden. 

Li  der  Discussion  bemerkt  Symes  Thompson,  dass  es  schwierig  s.  Thompson, 

sei,  bei  den  weniger  gut  bekannten,  wo  als  Zeichen  nur  Arhjrthmie, 
Jalirbneh  der  practischen  Medicin.    1899.  12 


178 


Hochhaus. 


DidPrognosemtermittirender  Puls,  klappender  zweiter  Aortenton  vorhanden  sind, 
▼on  Herz«  ^^^  Entscheidung  zu  fiällen.  Die  Langsamkeit  des  Pulses  ist  nach 
mitBdzng  seiner  Erfahrung  nicht  so  schlimm,  als  Ctairdner  memt.  Tyson 
anf  die  betont,  dass  viel  mehr  Gewicht  als  auf  die  Erkrankung  der  Klappen 
auf  den  Zustand  des  Myocards  gelegt  werden  müsse.  Easles  hebt 
den  schädigenden  Einfluss  hervor,  den  Tabak,  Thee  und  Kaffee  im. 
Uebermaass  auf  das  Herz  ausüben,  er  mahnt  deshalb  darauf  zu  in- 
quiriren  und  die  Betreffenden  nicht  nur  in  der  Buhe,  sondern  auch 
in  der  Arbeit  zu  untersuchen. 


L  eben  BT  6  r- 

■  iohernng, 

Gtadrdner, 

Tyson, 

EaBles. 


Fragmen- 
tation  des 

Herz- 

mnskelSi 

Karcher. 


Ueber  die  von  Landouzy  und  Benant  zuerst  beschriebene 
Fragmentation  des  Herzmuskels  veröffentlicht  Karcher 
(Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  60,  H.  1)  eine  grosse  Menge  kli- 
nischer und  pathologischer  Beobachtimgen,  denen  er  auch  eine  An- 
zahl experimenteller  Thierversuche  beifügt.  Die  Herzen  mit  Frag- 
mentation sind  weich,  matsch,  behalten  den  Fingereindruck  und 
sehen  gelbbräunlich  aus;  mikroskopisch,  nach  Zerzupfen  in  einer 
Zusatzflüssigkeit,  sieht  man  die  Muskelzellen  in  der  Höhe  des  Eber th- 
schen  Eattes  auseinandergegangen.  Wie  deutsche  Forscher  später 
fanden,  sieht  man  die  Querrisse  fast  ebenso  häufig  auch  in  den 
Muskelfasern  selber;  die  Querstreifdng  war  meist  gut  erhalten;  der 
Kern  meist  imverändert,  zuweilen  aber  stark  gebläht.  Neben  der 
Fragmentation,  die  fast  stets  nur  heerdweise  zu  beobachten  ist,  finden 
sich  die  verschiedensten  Gb-ade  anderweitiger  Erkrankung  (Atrophie, 
fettige  Degeneration,  Myocarditis).  Unter  dieser  typischen  Frag- 
mentation hat  Karcher,  wie  früher  schon  Eber th  undBrowicz, 
auch  Zustände  im  Herzmuskel  beobachtet,  bei  denen  zwischen  den 
einzelnen  Muskelfasern  Scheidewände  sichtbar  werden,  die  offenbar 
die  Kittsubstanz  bilden,  da  sie  denen  ganz  ähnlich  sehen,  welche 
durch  Behandlung  mit  Kalilauge  erhalten  werden.  Karcher  hat 
die  Fragmentation  in  zwei  Dritteln  aller  von  ihm  untersuchten  Fälle 
(160)  gefunden,  und  zwar  waren  dies  plötzliche  Todesfölle,  Herzen 
bei  Infectionskrankheiten,  bei  Vergiftungen,  bei  chronischen  Schwäche- 
zuständen des  Herzens  und  bei  chronischen  Kachexieen.  Irgend  ein 
Anhaltspunkt  für  die  Entstehung  der  Fragmentation  oder  für  die 
Diagnose  derselben  konnte  nicht  mit  Sicherheit  gewonnen  werden; 
auch  Pulscurven,  die  von  Leuten  stammten,  deren  Herz  bei  der 
Obduction  Fragmentation  zeigte,  ergaben  nichts  Charakteristisches. 
Karcher  versuchte  dann  auf  experimentellem  Wege  diesen  Zu- 
stand des  Herzens  zu  erzeugen  durch  plötzliche  Blutdrucksteigerung, 
durch  chronische  Vergiftung,  durch  Herabsetzung  des  Blutdruckes, 


Krankheiten  der  Kreislaufsorgane.  179 

durch  Durchschneiden  des  Nervus  vagus;  aber  mit  nur  seltenem 
Erfolg.  Am  besten  gelang  ihm  die  experimentelle  Erzeugung  durch 
Störung  der  Ernährung  des  Herzmuskels  mit  Hervorrufung  einer 
starken  Blutdrucksteigerung  am  Schlüsse.  Nach  alledem  kommt 
Karcher  zu  dem  Schlüsse,  dass  die  Fragmentatio  cordis  eine 
der  gewöhnlichen  Erscheinungen  von  regressiver  Metamorphose  ist. 

E.   Klebs   bespricht  in   der  New  Yorker  med.  Monatsschrift  Entstehung 

Bd.  10,  Nr.  7  die  Entstehung  musikalischer  Herztöne  bei    "J*"*'^*«'" 
'  ,  scher  Töne 

einem  von  ihm  vorgestellten  Patienten.  Derselbe,  33  Jahre  alt,  war  im  mensch- 
früher am  Typhus  erkrankt  gewesen  und  zeigte  jetzt  folgenden  in-  liehen 
teressanten  Herzbeftmd:  Herz  bedeutend  vergrössert,  namentlich  g  ^lebs  ' 
nach  links,  Spitzenstoss  ausserhalb  der  Mamillarlinie  im  vierten 
tmd  fünften  Intercostalraum.  Ueber  der  Aorta,  am  lautesten  aber 
über  dem  unteren  Theil  des  Stemums  hört  man  während  der  Systole 
in  den  ersten  zwei  Dritteln  ein  massig  starkes  Sausen,  im  letzten 
Drittel  einen  musikalischen  Ton,  gefolgt  von  einem  schwachen  dia- 
stolischen Sausen;  letzteres  ist  während  der  Ruhe  gering,  wird 
starker  bei  der  Arbeit.  Der  Puls  ist  hoch,  zeigt  den  Charakter  des 
Pulses  bei  AorteninsufBcienz ,  um  welche  es  sich  nach  Verf.  hier 
handelt.  Die  Entstehung  des  musikalischen  Tones  führt  er  zurück 
auf  die  Existenz  eines  sackartigen  Aneurysmas  in  der  Aorta  thoracica. 
Die  Wand  der  Aorta  geräth  bei  der  stärkeren  Dehnung  durch  die 
systolischen  Wellen  in  Schwingung  und  erzeugt  so  den  musikalischen 
Ton.  Für  diese  Annahme  spricht  auch  eine  Dämpfung  über  dem 
Bücken  rechts  hinten  unten. 

Eichhorst  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  25)  hat  mehrfach  Tox&mische 
hei  der  Resorption  von  Oedemen  bei  Herzkranken  eigenthümliche     Doürien 
Störungen    beobachtet,    nämlich    Bewusstseinstrübungen,    De-     kranken 
lirien,    enge   Pupillen,    Secessus   nescii.     Die  Athmung  war     Eichhoret. 
tief,   nicht  beschleunigt,   es  bestand  keine  Cyanose.     Nach  Beendi- 
gung der  Resorption  schwanden  alle  Symptome.     Diese  eigenthüm- 
lichen   Erscheinungen  beruhen    nach   seiner  Meinung  darauf,    dass 
toxische  Substanzen   in  den  Oedemen   bei  ihrer  Aufnahme  ins  Blut 
nicht  rechtzeitig  durch  die  Nieren  ausgeschieden  werden. 


180  Hochhaus. 


4.  AUg^emeine  Therapie. 

Unter  dem  Vorsitz  von  Balfour  fand  in  der  British  medi- 
cal  Association  Juli  1898  eine  Discnssion  über  die  Zeichen  und 
Folgen  verschiedener  Qefässspannung,  sowie  über  deren 
Diagnostik  Behandlung  statt  (Brit.  med.  Joum.).  Broadbent  hielt  den 
Th^^anie  einleitenden  Vortrag.  Er  betonte  dabei  folgendes:  Die  erste  Ur- 
derGef&Bs-  Sache  des  Drucks  innerhalb  der  Geflässe  ist  natürlich  das  Herz,  das 
Spannung,  mj^  einer  gewissen  Kraft  eine  Menge  Blutes  in  einer  bestimmten 
Zeit  ins  Arteriensystem  hineinbefördert;  diese  Kraft  muss  natürlich 
stark  genug  sein,  um  die  Flüssigkeit  durch  Capillaren  und  Venen 
hindurch  wieder  zum  Herzen  zurückzutreiben.  Als  bestimmender 
Factor  für  die  Grösse  der  Qe&ssspannung  kommt  in  Betracht  der 
periphere  Widerstand  in  den  Capillaren;  je  grösser  dieser,  um  so 
grösser  der  Druck  und  umgekehrt.  Die  Stärke  des  peripheren  Wider- 
stands wird  bedingt  einmal  durch  die  Beschaffenheit  der  Capillaren 
—  sind  diese  sehr  gewunden  und  nachgiebig,  so  wird  leicht  Stauung 
und  erheblicher  Widerstand  eintreten  —  und  in  zweiter  Linie  durch 
die  Grösse  der  Attraction  der  Blutflüssigkeit  zur  Gefösswand  resp. 
durch  die  anziehende  Kraft,  die  die  umgebenden  Gewebe  auf  den 
Inhalt  der  Gefässe  ausüben.  Ueber  die  Spannung  der  Gefässe  orien- 
tiren  wir  uns  durch  die  Untersuchung  des  Pulses,  wobei  man  auf 
folgendes  zu  achten  hat:  1.  auf  das  Kaliber  der  Radialis,  2.  auf 
den  Zustand  des  Gefasses  in  der  Systole  und  Diastole,  3.  auf  den 
Ictus  des  Pulses,  ob  er  kurz  und  plötzlich  oder  allmählich  erfolgt, 
4.  auf  die  Dauer  des  Pulses  und  sein  Absinken.  Was  die  Bedeutung 
und  die  Zeichen  erniedrigter  Pulsspannung  angeht,  so  bemerkt 
Broadbent,  dass  zuweilen  in  ganzen  Familien  ein  schwaches  Herz 
mit  geringer  Gefässspannung  gefunden  wird,  ohne  dass  man  von 
einer  eigentlichen  Krankheit  sprechen  kann.  Die  Ursache  niederen 
Blutdrucks  liegt  entweder  in  einer  Erkrankung  des  Herzens  (orga- 
nischer oder  nervöser  Natur)  oder  in  dem  Zustand  herabgesetzter 
Spannung  der  feineren  Arterien.  Am  exquisitesten  fand  man  das 
im  Fieber,  wo  die  Relaxation  der  Gefösse  zuweilen  eine  so  grosse 
ist,  dass  die  Pulswelle  auch  in  den  Venen  noch  deutlich  sichtbar 
ist.  Die  Ursache  dieser  verminderten  Spannung  sind  offenbar  im 
Blut  kreisende  giftige  Substanzen.  Bei  manchen  fieberhaften  Krank- 
heiten sind  die  Gefasse  aber  auch  dauernd  contrahirt.  Bemerkens- 
werth  ist  nach  Broadbent,  dass  bei  Epilepsie  fast  stets  der  Blutdruck 
ein  niedi'iger  ist.   Hohe  Gefässspannung  ist  weit  häufiger;  wir  be- 


Krankheiten  der  Ereislaufsorgane.  Igl 

obachien  sie  besonders  bei  Nierenleiden,  Gicht,  Bleivergiftung,  Lith-  Diagnostik 

ämie  und  Obstipation  —  aUes  Leiden,  denen  nach  Broadbent  die     »rJ^^ 

^  ^  '  Tnerapie 

mangelhafte  Ausscheidung  oder  Verbrennung  stickstoffhaltiger  Sub-  der  Gefäss- 
stanzen  gemeinsam  ist.  Die  Folgen  dieser  andauernd  erhöhten  BP*>i>iQn§. 
Spannung  sind  bekannt,  sowohl  für  die  Arterien,  wie  für  die  Ge- 
fasse.  Von  anderen  Erkrankungen  erwähnt  Broadbent  noch  die 
Neurasthenie,  bei  der  die  PäUe  mit  erhöhtem  Blutdruck  prognostisch 
viel  günstiger  sind,  wie  die  mit  niedrigem;  desgleichen  bei  der  Epi- 
lepsie. Die  urämischen  Convulsionen  hält  Broadbent  auch  fiir  in 
directer  Beziehung  stehend  mit  Erhöhung  des  Blutdrucks,  und  zwar 
spielt  hier  eine  Störung  der  Circulation  in  den  HimcapiUaren  mit. 
Auch  beim  chronischen  Bronchialkatarrh  sah  Broadbent  häufig  hohen 
Blutdruck,  während  er  beim  Cheyne-Stokes'schen  Athmen  stets 
nur  niedrigen  sah.  Bei  Behandlung  des  niedrigen  Blutdruckes  kommt 
68  darauf  an  die  Ursache  zu  finden,  die  stets  in  einer  fehlerhaften 
Ernährung  besteht,  mag  diese  nun  eine  Störung  der  Verdauung  oder 
der  Assimilation  sein,  oder  mag  irgend  eine  Drüsenfunction  gestört 
sein  (Thyreoidea  oder  Nebenniere),  oder  mag  auch  eine  Erkrankung 
irgend  eines  anderen  Organs  (z.  B.  Krebsleiden)  vorliegen.  Die  Ent- 
fernung dieser  Ursachen  ist  die  Hauptsache,  nebenbei  kann  dann  auch 
noch  Digitalis  gebraucht  werden.  Um  hohe  Gefassspannung  zu  besei- 
tigen, ist  es  in  erster  Linie  nöthig,  die  Ausscheidung  der  giftigen  Sub- 
stanzen zu  bewirken,  die  die  Ursache  der  Erscheinung  sind.  Zu  den 
hier  in  Betracht  kommenden  Maassregeln  gehören  neben  Regulation 
der  Diät  (Beschränkung  der  stickstoffhaltigen  Substanzen  und  des 
Alkohols)  körperliche  Uebungen,  Bäder,  Schwitzmittel,  Diuretica, 
Alkalien  und  Aperientia.  Die  medicamentösen  Heilmittel  sind  am 
Platze  bei  Angina  pectoris  und  dort,  wo  sofort  Linderung  geschaßt 
werden  soU.  Diese  sind  Nitroglycerin  und  Amylnitrit;  sie  wirken 
indess  nur  momentan ,  während  das  Erythroltetranitrat  von  B  r  a  d- 
bury  auch  eine  länger  dauernde  Wirkung  hat. 

Als  zweiter  Redner  besprach  Bradbury  die  verschiedene  Ge- 
fassspannung mehr  vom  therapeutischen  Standpunkte  aus;  insbe- 
sondere die  erhöhte,  die  bei  weitem  am  häufigsten  Gegenstand  der 
Therapie  ist.  Die  Fälle  erhöhter  Spannung  theilt  er  vom  klinischen 
Standpunkt  ein  in  die  mehr  oder  minder  heilbaren  und  die  unheil- 
baren ,  "WO  meistens  die  Gefässe  stark  pathologisch  verändert  sind. 
Die  Hauptaufgabe  besteht  nun  darin,  das  Blut  von  den  ursächlichen 
toxischen  Substanzen  zu  reinigen  resp.  die  Wiederansammlung  zu 
bindern,  und  zwar  durch  entsprechende  Diät,  tägliche  Uebungen, 
durch  Jod  und  durch  Abfuhrmittel.     Um  Abhülfe  von  momentanen 


182  Hochhaus. 

Beschwerden  zu  schaflPen,  ist  die  Anwendung  von  Amylmtrit,  Nitro-» 
glycerin,  Chloroform  und,  wenn  eine  länger  dauernde  Einwirkung 
beabsichtigt  ist,  Er3rthroltetranitrat  indicirt.  Letzteres  ist  nach. 
Bradbury  und  anderen  englischen  Aerzten  das  geeignetste  Mittel, 
und  er  hat  davon  bei  Angina  pectoris,  bei  nervösem  Krampf  der 
Capillaren,   bei  interstitieller  Nephritis  die  besten  Erfolge  gesehen. 

Die  Ein-  Altschul  (Die  Einwirkung  des  Badfahrens  und  anderer 

^",^,^?»*®" sportlicher  Thätigkeit  aufs  Herz.    Münch.  med.  Wochenschr. 
Radfahrens      '^  ,         ^     , 

und  anderer  Nr.  49)   hat  bei  verschiedenen  Personen  vor  und  nach  sportlichen 
sportlicher  XJebungen  (Bergsteigen,   Turnen,   Radfahren)   Puls,   Athmung  und 
aufs  He rV    Herzgrenzen  untersucht  und  hat  dabei  gefunden,    dass  die  Herz- 
G.  Altschnl.    grenzen  in  der  Regel  erheblich  verbreitert  werden,  auf  eine  Zeit  lang 
auch  noch  nach  der  Uebung  und  dass  Athmung  und  Puls,    aller- 
dings individuell  verschieden,  vermehrt  sind.     Das  Radfahren  übt 
den  schlimmsten  Einfluss  aus,  weil  dabei  alle  Körpermuskeln  ange- 
strengt sind  und  weil  ein  schnelles  Nachlassen  in  der  Regel  nicht 
möglich   ist.     Er   räth   daher   sehr   zu  vorsichtigem  Gebrauch    und 
dann  nur  solchen,  deren  Arterien  und  Herz  vollkommen  normal  sind. 

Zur  Behandlung  starker   0  e  d  e  m  e   der  unteren  Extremitäten 

Mechanische  empfiehlt  Borgherini  (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  61,  H.  6), 

?^  It"j         wenn   die   inneren  Mittel  nicht   mehr  wirken,    die  Ableitung  nach 
der  Oedeme,  ^  ,         ^  '  ^ 

Borgherini.  aussen  durch  oberflächliche  Schnitte  in  die  Haut.  Borgherini 
macht  an  jedem  Bein  4,  2 — ^3  cm  lange  Einschnitte  bis  ins  Unter- 
hautzellgewebe, verbindet  antiseptisch  und  lässt  die  Flüssigkeit  dann 
abtropfen.    Bei  3  Fällen  hat  er  davon  sehr  gute  Erfolge  gesehen. 


5.  Speeielle  Pathologr^^)« 
A.  Krankheiten  des  Herzens. 

a.  Angeborene  Herzfehler. 

Obiiteration         Brunner  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  50)   hat  folgenden 

*I    ^J, **"* interessanten  Fall  von  Obiiteration  der   Aorta   an   der  Bin- 
der Ein-  ^ 

mündungs-  mündungsstelle  des  Ductus  Botalli  beobachtet.  Eine  Frau, 

stelle  des    3Q  Jahre  alt,  mit  ausgedehntem  Gesichtslupus  und  Lungentuberculose 

Botalli      zeigte  folgenden  Herz-  und  Gefassbefund :  Herzdämpfung  nicht  ver- 

Bnumer.      grössert,  Herztöne  unrein;   am  meisten  fallen  an  der  oberen  Hälfte 

des  Rumpfes  geschlängelte,  stark  erweiterte  und  dicht   unter    der 


Krankheiten  der  Kreislaufsorgane. 


183 


Haut  liegende  Arterien  auf.  Zu  beiden  Seiten  des  Stemums,  etwa 
1  cm  davon  entfernt,  sieht  man  in  allen  Zwischenräumen  bis  hinab 
ins  Epigastrium  eine  herzsynchronische  Pulsation  —  von  der  Art. 
mammaria  interna  herrührend.  An  einer  Stelle  rechts  vom  Nabel 
ebenfalls  Pulsation  einer  federkieldicken  Arterie.  Der  Puls  der  Art. 
croralis  und  poplitea  nicht  fühlbar.  Aus  diesem  Befiinde  schloss 
Verf.  auf  eine  Stenose  der  Aorta;  die  Section  ergab  eine  ObUte^ 
ration  derselben  an  der  Einmündungsstelle  des  Ductus  Botalli. 

Zinn  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  20)  berichtet  folgenden  FaU  Persistenz 
von  angeborener  Persistenz  des  Ductus  Botalli  des  Herzens.  ^*b  ^°J\*i^* 
Die  Herzdämpfiing  begann  links  in  der  linken  Mamillarlinie,  reichte  w.  Zinn' 
nach  rechts  bis  zum  rechten  Stemalrand;  nach  oben  zeigt  die  Herz- 
dämpfung einen  ca.  5 — 6  cm  breiten  Fortsatz,  der  dem  1. — 3.  linken 
Intercostalraum  angehört  und  sich  nach  rechts  3  cm  über  den  linken 
Stemalrand  erstreckt.  Im  Bereich  dieser  Dämpfung  fühlt  man  ein 
deutliches  Schwirren,  Spitzenstoss  im  5.  Intercostalraum.  Man  hört 
in  der  eben  genannten  Zone  ein  lautes  systolisches  Geräusch,  das 
aich  noch  in  die  Diastole  herein  erstreckt;  daneben  ist  ein  erster 
Ton  deutlich  erkennbar,  ein  zweiter  nicht  vorhanden.  An  den 
übrigen  Ostien  sind  neben  dem  Geräusch  zwei  schwache  Töne  hörbar. 
Pols  klein,  regelmässig,  ca.  90  Schläge  in  der  Minute.  Aus  diesem 
Befund  diagnosticirt  Zinn  ein  Offenbleiben  des  Ductus  Botalli  und 
wird  in  dieser  Annahme  bestärkt  dadurch,  dass  das  Geräusch  auch 
über  den  Halsvenen  und  im  linken  Interscapularraum  deutlich  ge- 
hört wird.  Ausserdem  sprach  noch  dafür  das  Böntgenbild ,  das  in 
der  Gegend  der  Dämpfung  einen  deutlichen  pulsirenden  Schatten 
zeigte  in  schräger  Bichtung  von  rechts  unten  nach  links  oben,  offen- 
bar die  erweiterte  Pulmonalarterie. 

Der  von  Dräsche  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  62)  mit-  Dräsche, 
getheüte  Fall  von  Persistenz  des  Ductus  arteriosus  Bo- 
talli zeichnet  sich  von  dem  vorstehenden  dadurch  aus,  dass  er  die 
von  Gerhardt  als  charakteristisch  bezeichnete  bandförmige  Dämpfung 
im  2.  und  1.  Intercostalraum  links  nicht  zeigte;  im  übrigen  unter- 
schied er  sich  nicht  von  den  bisher  publicirten. 

F.  Bau  (Casuistische  Mittheilungen  aus  dem  Eatharinenhospital  in 
Stuttgart.  Virch.  Arch.  Bd.  153,  H.  1)  beschreibt  1.  ein  cavernöses  An- 
giom  im  rechten  Herzvorhof.  Es  fand  sich  bei  der  Obduction  zu- 
ßüig  im  rechten  Yorhof  neben  der  Fossa  ovalis  und  lateral  von  derselben 
ein  kleinkirschgrosser ,  kugliger  Tumor,  der  sich  bei  genauerer  Unter- 
suchung   als   ein  cavernöses  Angiom  herausstellte,   das  von   den  tieferen 


Ig4  Hochliaas. 

Cavernöses  Schichten  des  Endocards  ausgegangen  war.    Klinisch  hat  dasselbe  keine 
Angiom  im   Symptome  gemacht. 

^-,  ^1,^.1  2.  Offenbleiben  des  Ductus  BotallL    Bei  einem  Kranken,   der 

UfienoleiDen  -•  tt- 

des  Ductus    &^  Husten,  Kurzathmigkeit,  starker  Gyanose  und  Kleinheit  mit  Arhythmie 

Botalli,  des  Pulses  litt,  fand  sich  bei  der  Obduction  ein  Offenbleiben  des  Ductus 
F.  Bau.  Botalli.  Der  Anfangstheil  der  Aorta  war  sehr  erweitert  bis  zum  Abgange 
des  Truncus  brachiocephalicus,  von  da  ab  Verengerung.  Dicht  vor  dem 
Abgang  des  Ductus  Botalli  spannt  sich  quer  über  zwei  Drittel  des  GefUss- 
umfanges  eine  leistenartige  Erhebung  der  unteren  Wand  des  Aortenbogens, 
die  an  ihrer  höchsten  Stelle  5  mm  misst;  dahinter  eine  nach  der  Pul- 
monalis  hingehende  Ausbuchtung  der  Wand,  in  deren  Tiefe  der  offen- 
stehende Ductus  Botalli  sich  befindet.  Klinisch  war  nur  eine  leichte  Er- 
weiterung der  Herzdämpfung  nach  links  und  ein  systolisches  Geräusch  im 
dritten  linken  Intercostalraum  zu  constatiren  gewesen. 


b.  Endocarditis.    Klappenfehler. 

Nach   einer  ausfuhrlichen  Zusammenstellung  der  bisher  beob- 
Endo-       achteten  Fälle  von  Endocarditis  gonorrhoica  bespricht  Sieg- 
card itis      beim  (Zeitschr.  f.  klin.  Med. Bd.  34)  einen  von  ihm  beobachteten.   Die 
gonorrhoica,         •       •  m 

Siegheim.      Patientin  war  14  Tage  vorher,  bald  nach  dem  inficirenden  Coitus,  an 

heftigen  Schmerzen  im  Leibe,  grünem  Erbrechen  und  Durchfall  er- 
krankt; sie  hatte  täglich  zwischen  12  und  12  V«  ühr  Schüttelfrost  mit 
nachfolgender  Hitze,  ausserdem  Kopfschmerz,  Mattigkeit,  Appetit-  und 
Schlaflosigkeit.  Die  objective  Untersuchung  ergab  normalen  Lungen- 
befund, über  der  Tricuspidalis  ein  schwaches  systolisches  Geräusch, 
Puls  112,  Urin  eiweissfrei.  In  der  Folgezeit  zeigte  sich  bald  eine  Ver- 
breiterung der  Herzdämpfung  mit  Aussetzen  des  Pulses ;  über  der  Mi- 
tralis ein  leichtes  diastolisches,  über  der  Aorta  ein  lautes  diastolisches 
Geräusch ;  Herzklopfen,  Dyspnoe,  zunehmende  Schwäche,  häufige,  fast 
täglich  auftretende  Schüttelfröste.  Später  schwoU  auch  die  Milz  an 
und  im  Urin  trat  Blut  und  Eiweiss  auf.  6  Wochen  nach  der  ersten 
Beobachtung  ging  Patientin  an  CoUaps  und  Lungenödem  zu  Grunde. 
Die  Obduction  ergab  eine  ulceröse  Endocarditis  der  Aortenklappen, 
Lungenödem,  Myocarditis,  Nephritis.  Parenchymatöse  Schwellung 
von  Leber  und  Müz.  In  den  Auflagerungen  der  Aortenklappen 
wurden  zweifellos  Gonokokken  mikroskopisch,  indess  nicht  culturell, 
nachgewiesen.  Der  Verlauf  war  also  hier  ein  recht  bösartiger;  in 
der  Epikrise  betont  Verf.,  dass  dies  nur  in  einem  Theil  der  bis- 
herigen Beobachtungen  der  Fall  sei;  viele  verlaufen  zweifelsohne 
gutartig  mit  nur  geringem  Fieber  und  kaum  bemerkbaren  subjectiven 
Beschwerden. 


Enulkfaeiten  der  Ereislaofsorgane.  185 

Michaelis  und  Blum  (Experimentelle  Erseugung  von      Ezperi- 

Endocarditis  taberculosa.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  35)  ""•»*«l^« 

hihen  bei  Kaninchen  die  Aortenklappen  durchstossen  und  2  Stunden  von  Endo- 
oachher  Aufschwemmungen  von  Tuberkelbacillen  in  die  Blutbahn  in-     earditis 

jicirt.    Dadurch  gelang  es  ihnen,  bei  diesen  Thieren  ausnahmslos  ^^M^Sa  n  *' 
eine  Endocarditis  tuberculosa  hervorzurufen,   die  bekanntlich  beim        Blum. 
Menschen  zuerst  1886  von  Heller  nachgewiesen  wurde. 

An  der  Hand  von  29  Fällen  aus  der  Kieler  medicinischen  Poli- 
Üinik  erörtert  Jess  (Münch.  med.  Wochenschr,  Nr.  40  u.  41)  den  Chronischer 
Einfluss  der  Gravidität  auf  den  Herzmuskel.    Er  kommt        Herz- 
m  folgendem  Resultat:  Bei  compensirtem  Herzfehler  pflegt  die  Ge-       fehler 
bort  in  der  B«gel  normal  zu  verlaufen;   bei  Wiederholung  ist  der         nnd 
Einfluss  doch  häufig  ein  recht  schädigender;  bei  Klappenfehlern,  die     ^*J'**  *  > 
nicht  compensirt  sind,  kann  die  Gravidität  den  Zustand  erheblich 
Tersdüimmem  und   zuweilen   auch  einen  tödtüchen  Verlauf  herbei- 
fäliren.     In  jedem  Falle  muss  der  Verlauf  der   Geburt   sorgfaltig 
ärztlich  überwacht  werden. 

Dräsche  gibt  eine  ziemlich  vollständige  Uebersicht  über  das  Aneurysmen 

Vorkommen     und     die     Entstehung    der    Herzklappen-       in  den 

^  .  Herz- 

aneurysmen  (Wien.  kÜn.  Wochenschr.  Nr.  46).     Nach  einer  ge-     klappen, 

Hauen  litterarischen  Uebersicht  der  bisher  publicirten  Fälle  theilt  er  Dräsche, 
selbst  3  aus  seiner  eigenen  Praxis  mit  und  erörtert  im  Anschluss 
<iaran  die  Entstehung  und  Diagnose  derselben.  Die  Ursachen  sind 
8t«ts  endocarditische  oder  atheromatöse  Processe,  die  die  oberfläch- 
Kchen  Schichten  der  Klappen  zerstören  und  so  dem  Blutstrom  Ge- 
legenheit geben,  sich  in  die  Klappen  einzuwühlen  und  die  entgegen- 
gesetzte Schicht  vorzubuchten.  Am  häufigsten  werden  dieselben 
beobachtet  an  der  Mitralis,  und  zwar  am  Aortenzipfel,  dann  an  den 
Aortenklappen,  nicht  selten  aber  auch  an  den  übrigen  Klappen.  Ein 
eigenthümliches,  charakteristisches  Symptomenbild  gibt  es  nicht,  da 
iß  der  Regel  die  damit  verbundenen  Krankheitsprocesse  (Endo- 
carditis oder  Atheromatöse)  vorherrschen;  indess  entstehen  natur- 
gemäss  durch  ein  Eindringen  in  den  Hohlraum  des  Aneurysma  oder 
durch  denselben  bei  etwaiger  Perforation  Geräusche,  häufig  musi- 
kalischer Art,  oder  auch  Töne,  die  zuweilen  eine  Vermuthungs- 
diagnose  stellen  lassen;  aber  mehr  kann  die  Diagnose  nur  in  den 
allerseltensten  FäUen  leisten. 

In   einer   etwas    sehr  gedehnten   Arbeit  spricht  Borgherini 
•Deutsches  Arch.  f.  kHn.  Med.  Bd.  60,  H.  2  u.  3)  unter  Beibringung 


X86  Hochhaus. 

Das         8  einschlägiger  Fälle  über  die  Veränderungen,  welche  der 

Verhalten    rückläufige   Blutstrom    bei  Aorteninsufficienz    inner- 
des  ^ 

rückläufigen balb  des  Ventrikels  hervorbringt.     Er  geht  aus  von  der  That- 

BiutBtroms  sache,  dass  die  Oefihung  resp.  der  Kanal,  welcher  in  solchen  Fällen 

snffioienz    während  der  Herzdiastole  von  den  Semilunarklappen  gebildet  wird, 

der         je    nach    der    pathologischen    anatomischen   Veränderung   die   ver- 

Semilnnar-   gchiedenste  Grösse,  Form  und  Ausdehnung  haben  kann,   wodurch 
klappen  der  .  , 

Aorta,       natürlich   auch  der  rückkehrende  Blutstrom   in  seiner  Grösse  und 

A.  Borghexini.  Richtung  bestimmt  ist  und  mit  diesem  auch  etwaige  Veränderungen 
innerhalb  der  Herzhöhle  und  zugleich  auch  der  auscultatorische 
Befund.  In  den  3  Fällen,  die  er  ausfuhrlich  schüdert,  fanden  sich 
jedesmal  an  den  Stellen,  wo  der  rückläufige  Blutstrom  aufstiess, 
deutliche  Veränderungen:  Verdickungen  des  Endocards,  Hypertrophie 
und  Einbiegung  des  Septums,  Abplattung  der  nächstgelegenen  Papillär- 
muskeln.  Dass  gerade  diese  die  vom  Blutstrom  getroflPenen  Stellen 
waren,  bewies  er  durch  das  Experiment,  indem  er  Wasser  unter 
einem  Druck  von  2  m  in  die  Aorta  einfliessen  liess  und  nun 
durch  eine  OefFnung  in  der  Herzwand  beobachtete,  welche  Richtung 
der  austretende  Strahl  nahm;  dieselbe  fiel  stets  mit  der  zusammen, 
welche  die  anatomischen  Veränderungen  am  Herzen  annehmen  Hessen. 
Diese  Folgeerscheinungen  am  Herzen  sind  natürlich  nicht  immer 
vorhanden,  sondern  nur  dann,  wenn  der  rückfliessende  Blutstrom 
eine  gewisse  Kraft  hat  und  der  Herzfehler  schon  eine  längere  Zeit 
bestanden  hat;  dann  aber  häufig  auch  recht  ausgesprochen,  wie  das 
vor  Borgherini  schon  mehrere  Autoren  (J.  Schwalbe,  Zahn  u.  a.) 
dargethan  haben.  Dass  diese  Verhältnisse  auf  den  Auscultations- 
befund  einen  Einfluss  haben  müssen,  ist  selbstverständlich,  denn  die 
Fortleitung  des  Geräusches  ist  abhängig  von  der  Richtung  des  er- 
zeugenden Blutstromes;  so  wird  das  Geräusch  natürhch,  je  nach- 
dem der  Strom  gegen  das  Septum  oder  gegen  die  linke  Herzwand 
gerichtet  ist,  auch  vom  Arzte  in  anderer  Weise  imd  in  anderer 
Richtung  gehört  werden.  —  Manche  Veränderungen  des  Herzens,  die 
Borgherini  erwähnt,  lassen  sich  indess  noch  nicht  sicher  er- 
klären, und  es  ist  deshalb  nothwendig,  dass  diesen  Dingen  bei  Ob- 
ductionen  ein  grösseres  Interesse  als  bisher  zugewendet  wird. 

Keyt  hatte  behauptet,  dass  bei  Aorteninsufficienz  der 
Zeitraum  zwischen  Herzspitzenstoss  und  Erscheinen 
des  Radialpulses  erheblich  verkürzt  sei.  Der  Grund  davon 
Hege  in  dem  Fehlen  der  Anspannungszeit,  weil  bei  diesem  Herz- 
fehler das  Aortenostium  ja  stets   geöffnet  sei  und   deshalb   in  Ven- 


Krankheiten  der  Kreislauf sorgane.  187 

trikel  nnd  Aorta  auch  der  gleiche  Druck  herrschte;  mithin  brauchte    Intervall 
das  Herz   erst   nicht  durch  eine  Contraction  von  gewisser  Dauer    «wiBchen 
(beim  normalen  Herz  0,16 — 0,2  Secunden)  seinen  Blutdruck  auf  die  und  Radial- 
Hohe  der  in  der  Aorta  herrschenden  zu  bringen.    Dem  widerspricht     puls  bei 

nun  Ghapmann  (Lancet,  2.  Juli  1896)  einmal  durch  Hinweis  auf,    ^^5.*®*^' 

..  .j  ^  i.T  inBuffioienz, 

die  Erfahrungen  bekannter  Kliniker,  die  gerade  das  Gegentheil  davon     Ohapmaim. 

behaupten  (z.  B.  B  r  o  a  d  b  e  n  t),  dann  durch  Beibringung  von  gleich- 
zeitigen Herz-  und  Pulscurven  eines  Falles  von  reiner  Aorteninsuffi- 
cienz.  Diese  beweisen  ganz  deutlich,  dass  der  Beginn  des  Badial- 
puIses  deutlich  0,53  Secunden  später  erfolgt  als  der  des  Spitzen- 
stosses,  während  die  Norm  nur  0,17 — 0,2  Secunden  beträgt.  Diese 
Curven  zeigten  dann  femer,  dass  die  Dauer  der  Systole  erheblich 
verlängert  war;  sie  betrug  0,4  Secunden,  während  die  Diastole  nur 
0,36 — 0,39  Secunden  lang  war,  und  beim  normalen  Herzen  be- 
kanntlich die  Diastole  länger  ist  als  die  Systole;  es  begann  die 
Systole  ausserdem,  nach  dem  cardiographischen  Bilde  zu  schliessen, 
ganz  allmählich.  Verf.  sieht  in  dieser  langsamen  und  allmählich 
beginnenden  Systole  eine  vortheilhafbe  Gompensationseinrichtung, 
da  dadurch  die  ganze  grosse  Blutmasse  nach  und  nach  ins  Arterien- 
system eingepresst  und  so  eine  plötzliche  Dehnung  desselben  ver- 
mieden wird.  Die  Hauptursache  der  Verlängung  des  Herz-Radial- 
intervalls sieht  Ghapmann  in  der  eben  hervorgehobenen  langsamen 
Contraction  des  Herzens,  die  natürlich  auch  nur  eine  langsam  ver- 
laufende BlutweUe  erzeugt,  trotz  des  Fehlens  der  Anspannungszeit. 

An  der  Hand  von  13  anatomisch  genau  untersuchten  Fällen  von 
Mitralfehlern  kommt  Oestreich   (Das  Verhalten   der  linken    Die  linke 
Herzkammer  bei  den  Erkrankungen  der  Valvula  mitralis. ^®^'^*™™®' 
Virch.  Arch.  Bd.  151)  zu  dem  Resultat,  dass  die  Lenhartz-Baum-     fehlem 
bach'sche  Anschauung  richtig  ist,  wonach  bei  der  Mitralstenose  keine     Oestreich. 
Atrophie,  sondern  meist  ein  normal  kräftiger  Bau  des  linken  Ven- 
trikels zu  constatiren  ist;  bei  der  Insufficienz  ist  der  Ventrikel  meist 
normal,  selten  etwas  dilatirt  oder  hypertrophisch. 

0.  Herzmuskelerkrankungen. 

Freund  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  49  u.  50)  berichtet  über 
einen  der  seltenen  Fälle  von  acuter  diffuser  Myocarditis. 
Der  betreffende  Kranke  litt  bereits  4  Monate  an  entzündlicher  Er- 
krankung der  meisten  Gelenke,  ehe  er  ins  Krankenhaus  kam.  Hier 
schwanden  nach  6,0  g  SaHcyl  pro  die  sehr  rasch  die  Gelenkerschei- 


188  Hochhaus. 

Acute  niingen,  der  Puls  war  aber  dauernd  sehr  frequent,  100 — 130,  die  Herz- 
diffnse  dämpfiing  sehr  intensiv  und  etwas  verbreitert.  Auch  das  psychische 
O.  Freund.  '  Verhalten  war  nicht  normal,  der  Kranke  wurde  unruhig,  weinte  und 
konnte  nur  mit  Mühe  im  Bette  gehalten  werden.  Als  Ursache  dieses 
Verhaltens  bezeichnete  er  selber  einen  heftigen  Schmerz  in  der  Ster- 
nalgegend.  Trotzdem  das  Salicyl  sofort  abgesetzt  wurde,  steigerte 
sich  die  Benommenheit  bald  zum  tiefen  Coma,  der  Puls  wurde  immer 
frequenter  bis  150,  und  Patient  starb  unter  starker  Temperatur- 
erhöhung (40').  Die  Obduction  ergab  als  wichtigsten  Befund:  die 
Herzmusculatur  sehr  schlaff,  theils  blassröthlich,  theils  gelbfleckig; 
ebenso  die  Oberfläche  der  Papillarmuskeln  gelbfleckig;  auf  dem 
Durchschnitt  sind  gelblich-röthliche,  kleine,  derbe  Heerde  und  Blu- 
tungen in  das  Muskelparenchym  eingestreut.  Mikroskopisch  fanden 
sich  in  der  Musculatur  die  Bindegewebsfasern  und  die  flxen  Ge- 
webszellen ödematös,  stellenweise  ein  feinkörniges,  fadiges  Exsudat ; 
in  den  Interstitien  zahlreiche  polynucleäre  Leukocyten.  Die  Muskel- 
fasern waren  meist  gut  erhalten,  an  einigen.  Stellen  aber  kernlos 
und  in  Läugsfibrillen  zerfallen.  Die  fleckigen  Heerde  waren  fettig 
entartete  Muskelfasern.  Danach  bestand  also  hier  eine  acute  inter- 
stitielle und  parenchymatöse  Myocarditis.  Verf.  gibt  eine  ausföhr- 
liche  Darstellung  der  bis  jetzt  publicirten  Fälle  und  erörtert  zuletzt 
die  bekannten  Schwierigkeiten  der  Diagnose. 

Erschlaf-  Unter  Erschlaffung  des  Herzens  versteht  L.  Feilchen- 

ungdes  f^i^  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  9)  einen  nach  den  verschiedensten 
L.  Peilchenfeld.  Ursachen  auftretenden  abnorm  starken  Ermüdungszustand,  der  zwar 
an  und  für  sich  nicht  gefahrlich,  aber  den  Uebergang  zu  ernsteren 
Herzerkrankungen  (Ueberdehnung)  bilden  kann.  Die  specieUeren 
Ursachen,  die  zu  einer  solchen  Erschlaffung,  welche  ja  schon  nor- 
malerweise in  der  Thätigkeit  zu  constatiren  ist,  führen,  sind  entweder 
dauernde  übermässige  Anstrengung,  oder  Herabsetzung  der  Leistungs- 
*  fehigkeit  des  Organismus  durch  Erkrankungen  oder  aber  zu  plötz- 
lich gesteigerte  Anforderungen  ans  Herz.  Alle  diese  Ursachen  be- 
wirken eine  Erschlaffung  und  Verbreiterung  des  Herzens,  die  weniger 
sicher  durch  die  Percussion,  viel  besser  durch  die  Palpation  in  den 
einzelnen  Intercostalräumen ,  besonders  bei  vomübergebeugter  Hal- 
tung festgestellt  werden  kann.  Die  Symptome,  durch  die  sich  die 
Erschlaffung  des  Herzens  kundgibt,  sind  Schmerzempflndungen  in 
der  Herzgegend,  Angstgefühle,  Athmungsbehinderung,  Schlaflosig- 
keit, mangelnder  Appetit,  Schwindel  und  Schwächegefuhl.  Diese 
Symptome  werden  häuflg   als  Neurasthenie   diagnosticirt,   ihre  Ür- 


Krankheiten  der  Ereislaufsorgane.  189 

Sache  ist  aber  meist  eine  ErschlafFdng  des  Herzens.  Von  den  mehr 
als  dO  Fällen  seiner  Praxis  fuhrt  der  Verf.  15  genauer  an  in  den 
verschiedensten  Stadien.  Er  unterscheidet  nach  diesen  Fällen 
drei  Formen  der  durch  Ueberanstrengung  hervorgerufenen  Herz- 
erschlafFimg  und  zwar: 

1.  das  Vorstadium  der  HerzerschlafPung ; 

2.  das  erste  Stadium  der  Herzerschlaffang: 

a)  acute  Form, 

b)  subacute  Form, 

c)  intermittirende  HerzerschlafPung : 
a)  acute  Form, 

ß)  chronische  Form; 

3.  das  zweite  Stadium  der  Herzerschlaffung: 

a)  acute  Form  (schwere  Dehnung), 

b)  chronische  Form  (die  eigentliche  Dilatation). 

Wie  aus  den  leichten  Formen  die  schwereren  Formen  nach  des 
Verfassers  Meinimg  entstehen,  ist  aus  dem  Schema  ersichtHch.  Nach 
einer  Uebersicht  der  Ursachen  im  speciellen  betont  Verf.  zum  Schluss, 
wie  wichtig  die  Behandlung  der  Anfangsstadien  ist. 

In  einer  eingehenden  Abhandlung  über  Myofibrosis  cordis 
sucht  Dehio  (Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  62,  H.  1  u.  2)  end-  Myofibrosis 
gültig  den  Beweis  zu  liefern,  dass  sich  bei  Herzen  mit  länger  be-  °n*v^** 
stehender  Dilatation  innerhalb  des  Muskelfleisches  eine  diffuse  Zu- 
nahme des  Bindegewebes  entwickelt,  die  er  als  Myofibrosis  bezeichnet. 
Den  ersten  Anstoss  zu  dieser  Anschauung  gaben  Dehio's  Unter- 
suchungen, die  er  mit  seinen  Schülern  Badasowsky  und  Sack 
unternahm  und  die  zu  dem  Resultate  führten,  dass  diese  diffuse 
Bindegewebszunahme  in  der  Wand  der  Vorhöfe  am  stärksten  sei; 
spater  fanden  Sack  und  Gurwitsch,  dass  dieselbe  Veränderung 
auch  im  Gewebe  der  Ventrikel  bei  dilatirten  Herzen  stets  anzu- 
treffen sei.  Jetzt  hat  Dehio  seine  Untersuchungen  fortgesetzt.  Um 
einen  Maassstab  für  die  Menge  des  Bindegewebes  zu  finden,  hat 
er  zuerst  normale  Herzen  bei  Kindern,  Erwachsenen  und  Greisen 
untersucht  und  dabei  constatirt,  dass  schon  normalerweise  eine  diffuse 
Zunahme  des  Bindegewebes  im  Alter  eintritt.  Von  pathologischen 
Herzen  hat  Dehio  22  neue  genau  nach  der  KrehTschen  Methode 
untersucht,  und  zwar  befinden  sich  darunter  Hypertrophie  und  Dila- 
tation aus  den  verschiedensten  Ursachen,  worüber  eine  tabellarische 
Tebersicht  schnell  genaue  Auskunft  gibt.  Die  Hauptschlussfolge- 
rungen,   die  Verf.  aus  seinen  Untersuchungen  zieht,   sind  folgende: 


190 


Hochhaus. 


MyofibroBia  Die  Hypertrophie  des  Herzmuskels  ohne  gleichzeitige  Dilatation 
oordi»,  desselben  ist  nur  mit  geringen  Graden  der  Myofibrose  verknüpft 
öder  auch  ganz  frei  von  einer  solchen.  Wo  dagegen  die  hyper- 
trophische Herzwand  schon  eine  abnorme  Dehnung  erfahren  hat  und 
dilatirt  ist,  da  finden  wir  in  derselben  mit  auffallender  Eegelmässig- 
keit  auch  die  Myofibrose  ausgeprägt.  Die  Myofibrose  ist  in  den 
Vorhöfen  viel  stärker  ausgeprägt  als  in  den  Ventrikeln.  Die  Ur- 
sache dieser  diffusen  Bindegewebsentwickelung  sieht  Dehio  in  einem 
primären  Untergang  der  Muskelsubstanz.  Jeder  hypertrophische  Herz- 
muskel ist  weniger  leistungsfähig  als  der  gesunde.  Die  Anstrengungen 
des  gewöhnlichen  Lebens  fähren  bei  ihm  leichter  zur  Ermüdung, 
zur  Abnutzung  und  zum  allmählichen  Schwund;  die  zu  Grunde  ge- 
gangene Muskelfaser  wird  dann  durch  Bindegewebe  ersetzt.  Für 
den  Vorhof  wird  durch  die  Hyperplasie  des  Bindegewebes  eine 
Festigkeit  der  Wandungen  erreicht,  die  ihn  befähigt,  der  Dehnung 
durch  die  gestauten  Blutmassen  erfolgreich  Widerstand  zu  leisten; 
auch  beim  Ventrikel  wird  die  Nachgiebigkeit  der  Wandungen  da- 
durch bedeutend  herabgesetzt,  aber  dieser  Vortheil  ist  hier  wegen 
des  Verlustes  der  viel  wichtigeren  contractilen  Substanz  doch  gering. 
Es  ist  also  bis  zu  einem  gewissen  Grade  die  Myofibrosis  ein  com- 
pensatorischer  Vorgang. 


Cava. 
N.  Baw. 


Primärer  Nath.  Baw  (The  Brit.  med.  Journal  S.  1335)  beschreibt   fol- 

Tamordea   «enden  Fall  von  primärem  Herztumor.   Die  Patientin,  43  Jahre 
rechten      ®  -^  .  ' 

Vorhofs  und  alt,  erkrankte  vor  3'/«  Jahren  mit  Schmerzen  in  der  Brust  und 
der  Vena  Dyspnoe;  ausserdem  konnte  sie  im  Bette  nicht  liegen.  Sie  war 
noch  wohlgenährt,  hatte  massigen  Ascites,  Oedem  an  den  Beinen,  die 
oberflächlichen  Venen  an  den  Beinen,  am  Thorax  und  Abdomen 
waren  enorm  vergrössert.  Ueber  der  rechten  Limge  intensive  Däm- 
pfung, die  linke  normal.  Das  Herz  war  beträchtlich  nach  rechts 
verschoben,  an  der  Basis  ein  systolisches  Geräusch ;  die  Leber  nach 
unten  geschoben,  uneben,  kömig.  Die  rechte  Pleura  wurde  ponctirt 
und  eine  beträchtliche  Menge  Blutes  herausgelassen,  wonach  er- 
hebliche Besserung;  trotzdem  allmähliche  Verschlechterung  unter 
Steigerung  aller  Symptome.  Unter  starker  Dyspnoe  Exitus.  Die 
Autopsie  ergab  ein  Fibrom  des  rechten  Vorhofes  und  einen  Biss  der 
Vena  cava  inferior  kurz  vor  ihrem  Eintritt  in  den  Vorhof.  In  der 
rechten  Pleura  sehr  viel  Blut.     Thrombose  der  Vena  cava  inferior. 


Krankheiten  der  Kreislauf sorgane.  191 

d.  Herzsyphilis. 

Adler  (New  York  med.  Joum.,  22.  Oct.)  behandelt  in  einem  Herz- 
interessanten  Vortrag  die  Syphilis  des  Herzens.  Diese  Er-  »ypliiiis. 
kranknng  wird  bis  jetzt  meistens  als  eine  Rarität  betrachtet,  trotz- 
dem die  Arbeiten  von  Semmola,  Mra9eku.  a.  beweisen,  dass  die- 
selbe hanfig  vorkommt.  Um  nun  den  Einfluss  der  Syphilis  auf  das 
Herz  zu  studiren,  untersuchte  Verf.  vier  Herzen  von  hereditär  syphi- 
litischen Kindern,  die  bei  Lebzeiten  keine  Herzerscheinungen  ge- 
zeigt hatten.  Bei  zweien  war  der  Befund  normal;  bei  den  beiden 
anderen  fand  er  aber  typische  syphilitische  Veränderungen  an  den 
Gelassen  (Endarteriitis) ,  in  der  Umgebung  kleinzellige  Infiltration, 
Entwickelung  von  Bindegewebe  mit  Untergang  der  Musculatur. 
Ausserdem  untersuchte  er  noch  zwei  Herzen  von  Erwachsenen,  die 
an  Syphilis  litten,  aber  an  anderen  Ursachen  gestorben  waren.  Aucb 
hier  fanden  sich  im  Herzfleisch  interstitielle  Myocarditis  und  die 
bekannten  Veränderungen  an  den  Gelassen,  von  denen,  wie  Verf. 
glaubt,  der  ganze  Process  ausgeht.  Die  Häufigkeit  syphilitischer 
HerzafiPectionen  ist  damit  erwiesen.  Die  Diagnose  ist  recht  schwierig; 
immerhin  wird  man  an  Lues  denken  müssen,  wenn  die  gewöhnlichen 
Ursachen  einer  Herzerkrankung  fehlen  und  Syphilis  vorhanden  ge- 
wesen ist.  Einen  interessanten  Fall  fuhrt  Verf.  als  Beleg  an,  wo 
die  Herzerscheinungen  sich  zumeist  als  Anginabeschwerden  zeigten. 
Als  alle  anderen  Mittel  versagten,  wurde  durch  Jod  ein  dauernder 
Erfolg  erzielt.  Jedenfalls  wird  nach  Verf.  künftig  häufiger  als  bisher 
bei  Herzkrankheiten  die  Syphilis  als  ätiologisches  Moment  in  Be- 
tracht gezogen  werden  müssen. 


B.  Krankheiten  des  Herzbeutels. 

Brentano  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  32)  bespricht  die  Chir ur- 
einzelnen Indicationen  zur  chirurgischen  Behandlung  der  „  ^**  ^^^ 
T%      •  •    '  '      '  Behandlung 

Pericarditis  und  erörtert  die  in  Betracht  kommenden  Methoden,  (ler  eitrigen 

Nach  seiner  Meinung  ist  von  den  letzteren  die  einzig  empfehlens- Perikarditis, 
werthe  die  Resection  des  fünften  linken  Rippenknorpels  mit  breiter 
Incision  des  Pericardiums  und  nachfolgender  Tamponade.  Von  seinen 
0  Fällen  ist  1  geheilt;  die  uhrigen  erlagen  der  Schwere  der  Grund- 
kraokheit. 

Meltzer   (Münn  ^m^^^L   34^  berichtet  über 

einen  Fall  von  eigep»  ^^^^^^      .iids  bei  einem 


192  Hochhaus, 

Herzbeutel-  Geisteskranken.  Derselbe  starb  ziemlich  plötzlich  an  Herzschwäche, 
tuberculose,  q}„^q  dass  sich  dafiir  ein  Grund  finden  liess.  Bei  der  Obduction 
fand  sich  eine  Mediastino-Pericarditis  chronica;  beide  Pericardial- 
blätter  verklebt  und  in  dieselben  zahlreiche,  derbe  Knoten  einge- 
lagert; die  Lymphdrüsen  in  der  Nähe  verkäst;  in  der  linken  Lungen- 
spitze Zeichen  tuberculöser  Erkrankung.  Der  mikroskopische  Be- 
fund ergab,  dass  die  Knoten  im  Pericardium  tuberculöser  Natur 
waren.  Diese  grossknotige  Form  der  Tuberculose  ist  beim  Menschen 
ausserordentlich  selten,  wie  die  Litteratur  zeigt;  beim  Rinde  bekannt- 
lich die  gewöhnliche,  was  wie  Bollinger  meint,  von  der  Chronicität 
der  Rindertuberculose  abhängt.  Wie  in  diesem  Falle  diese  perl- 
suchtartige  Erkrankung  zu  Stande  gekommen,  darüber  kann  man 
nur  Vermuthungen  aufstellen. 

C.  Krankheiten  der  Gefleee. 

Arterio-  Bäumler   (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  B)   hebt   in    einem 

Sklerose  und ^^gatze  über  Arteriosklerose  und  Arteriitis  die  grosse 
Banmler.  '  Unsicherheit  hervor,  die  noch  in  den  Anschauungen  und  der 
Diagnose  über  die  Veränderungen  der  Arterien  besteht.  Arterio- 
sklerose gilt  gewöhnlich  als  eine  Altersveränderung,  die  wir  meist 
an  der  geschlängelten,  gespannten  Radial-  und  Temporalarterie 
diagnosticiren.  Sehr  häufig  findet  man  aber  bei  Obductionen, 
dass  die  vermutheten  Veränderungen  durchaus  nicht  generalisirt, 
sondern  hier  und  da  in  den  grösseren  oder  kleineren  Arterien  sich 
vorfinden.  Wunderbar  ist  auch,  dass  diese  vielfach  als  Alterserschei- 
nungen betrachteten  Veränderungen  bei  vielen  alten  Leuten  über- 
haupt nicht  vorhanden  sind;  dagegen  finden  wir  bei  jüngeren  Lidi- 
viduen  zwar  auch  solche  heerdweise  Erkrankungen,  aber  auch  gar 
nicht  so  selten  diffuse  Verdickungen  der  Arterienwand.  Beide  Er- 
krankungen müssen  doch  wohl  auf  verschiedenem  Wege  zu  Stande 
kommen.  Die  Ursachen  der  allgemeinen  Arteriosklerose  sind  be- 
kannt; in  erster  Linie  steht  der  Alkohol,  sowohl  wegen  seiner  toxi- 
schen Wirkung,  wie  auch  wegen  des  Uebermaasses  der  Flüssigkeits- 
zufuhr und  der  dadurch  entstehenden  mechanischen  Drucksteigerung. 
Für  die  localisirten  Formen  der  Arterienentzündung  machen  die 
Franzosen  neuerdings  die  Lifectionskrankheiten  verantwortlich,  eine 
Ansicht,  die  zweifelsohne  viel  für  sich  hat,  wenn  auch  nicht  für  alle 
Fälle  gültig  ist.  Für  den  Kliniker  besteht  bis  jetzt  noch  die  Schwierig- 
keit der  sicheren  Diagnose  der  einzelnen  Arterienerkrankungen;  durch 
Vergleich  der  klinischen  Erscheinungen  mit  dem  Obductionsbefund 


Krankheiten  der  Kreislauf sorgane.  193 

mnss  häufig  noch  emirt  werden,  welche  Erscheinungen  besonders 
durch  heerdweise  Arteriitis  entstehen. 

Mit   günstigstem  Erfolge  hat  Stewart  (A   further  account   of  Behandlung 

the  treatment  of  aneurysm  by  the  conioint  use  of  galvanism  through         ^^^ 

.  .  V  Aneurysmen, 

introduced  coiled  wire,    The  Philadelphia  med.  Journal,  12.  Novbr.)      Stewart. 

bei  12  Fällen  von  Aneurysmen  das  Verfahren  von  Conradi  an- 
gewendet. Dasselbe  besteht  darin,  dass  gewundener  Draht  von  be- 
trachtlicher Länge  in  den  Sack  der  Aneurysmen  eingeführt  wird. 
Das  hervorstehende  Ende  des  Drahts,  welcher  am  besten  aus  Gold, 
Silber  oder  Platin  besteht,  wird  mit  der  Anode  einer  constanten 
Batterie  verbunden,  während  die  Kathode,  grossplattig,  aufs  Abdomen 
applicirt  wird.  Der  Strom  wird  langsam  von  0  bis  zu  40  ja  80  Milli- 
ampere gesteigert  und  ebenso  wieder  auf  0  herabgemindert;  die 
Sitzung  soll  '/4 — 1'/««  Stunden  dauern. 

Cherchowsky    (Ein   neues    Zeichen    der    Sklerose   des       Neues 

Aortenbogens.  La  Semaine  m^d.  S.  409)  empfiehlt  folgendes  Ver-^®^^'^®" '^^^ 

Sklerose  des 
fahren,  um  die  normale  Elasticität  der  Aorta  festzustellen.     Er  per-      ^orten- 

cntirt  zuerst  die  Dämpfung  der  Aorta  am  oberen  Theil  des  Stemums,  bogens, 
was  nach  seiner  Ansicht  stets  gelingt,  und  zeichnet  sie  auf;  dann  Cherchowsky. 
übt  er  auf  den  oberen  Stemaltheil  eine  Anzahl  recht  heftiger  Schläge  (!?) 
mit  dem  Percussionshammer  aus  und  findet  nach  kurzer  Zeit  eine 
VergrÖsserung  dieser  Dämpfung,  besonders  nach  rechts,  welche  etwa 
3  Minuten  anhält.  Um  die  Contractionsfahigkeit  der  Aorta  fest- 
zustellen, schlägt  er  2 — 3mal  auf  die  Gegend  der  Magengrube  und 
findet  dann  eine  Verkleinerung  der  normalen  Aortendämpfung, 
üeberall,  wo  dieses  Zeichen  fehlt,  diagnosticirt  er  Arteriosklerose 
des  Aortenbogens;  mit  seiner  Methode  ist  ihm  diese  Diagnose  an- 
geblich sehr  häufig  recht  frühzeitig  geglückt. 

Unter  paradoxaler  Frequenz  des  Pulses  versteht  Grasset  Paradoxale 

(La   Semaine   m6d.   S.  353)    eine    Erscheinung,    die   sich    entweder    Frequenz 

des  Pulses 
in  Bradycardie  mit  verminderter  Gefassspannung  oder  Tachycardie      Grasset. 

mit  erhöhter  Gefassspannung  äussert.  In  der  Norm  ist  das  Verhalten 
bekanntlich  so,  dass  bei  vermehrter  Gefassspannung  eine  Verlang- 
samung des  Pulses  und  bei  verminderter  eine  Beschleunigung  des- 
selben auftritt  (von  Grasset  als  Loi  de  Marey  bezeichnet).  Diesen 
paradoxalen  Puls  hat  nun  Grasset  bei  einer  ganz  bestimmten  Gruppe 
von  Krankheiten  entdeckt,  namentlich  bei  der  von  ihm  so  genannten 

multiplen  Sklerose  mit  vorzugsweiser  Localisation  an  Herzge&ssen; 
Jahrbacb  der  praotiscben  Medicin.    1899.  13 


194  Hochhaus. 

Paradoxale  nach  unserer  Bezeichnung:  bei  den  difiusen  Myocarditiden  mit  vor- 
Prequenz  zugBweiser  arteriosklerotischer  Erkrankung  der  Gefässe.  Die  Ur- 
Gi-asset.  '  sache  dieser  Erscheinung  muss  also  hier,  da  die  peripherischen  Ge- 
fässe intact  sind,  im  Herzen  resp.  im  Herznervenapparat  liegen.  — 
Daraus  zieht  Verf.  nun  den  Schluss,  dass  man  im  „Pouls  paradoxal" 
ein  diagnostisches  Mittel  hat,  um  auf  eine  Schwäche  des  Herzens 
resp.  der  Herznerven  zu  schliessen.  Als  Mittel  gegen  diesen  Zu- 
stand empfiehlt  er  zur  Herabsetzung  des  Gefasstonus  Jodkali,  zur 
Stärkung  des  Herzens  Spartein  nach  der  Formel:  Jodkali  6,0,  Spart, 
sulf.  0,5,  Aq.  dest.   300.     2—4  Esslöffel  pro  die. 

Obliteration         S.  Haffner  beschreibt  einen  Fall  von  Obliteration   der  Ca- 
der Carotia  rotis   communis   sinistra   und   beider  Arteriae    brachiales 
sinistra  und  iii^olg©  von  embolischer  Arteriitis  bei  Herzfehler  (Deutsches 
beider      Archiv  f.  klin.  Med.  Bd.  60,  H.  4  u.  6).     Es  »handelt  sich  bei  dem 

Arteriae     Kranken  um  einen  42iähriffen  Arbeiter  mit  Mitralstenose,  der  Ende 
brachiales  ...  . 

infolge  von  1Ö92   zuerst  eine  Embolie  mit  Verschluss  der  linken  Art.  axillaris 

embolisoher  bekam.  Die  Symptome  waren  Hjrpästhesie  und  Parästhesieen,  ver- 
'  bei^  *"    bunden  mit  heftigen,  manchmal  ausstrahlenden  Schmerzen  im  Arm. 

Herzfehler,  Der  Radialpuls,  der  anfangs  verschwunden  war,  zeigte  sich  1895 
s.  Haftaer.  vdeder.  Ende  1896  erfolgte  eine  Verstopfung  der  linken  Carotis 
communis;  die  Symptome  waren  dauernde  Pulslosigkeit  der  Carotis 
und  ihrer  Aeste,  Druckempfindlichkeit  und  spontane  Schmerzhafbig- 
keit  in  der  Umgebung  des  Ohres,  leicht  Schwindel  bei  der  Arbeit. 
Zwischen  März  und  Juli  1896  Verschluss  der  rechten  Art.  bra- 
chialis  und  profunda,  aber  ohne  besondere  Symptome.  März  1897 
rechtsseitige  Hemiplegie;  später  Lungen-  und  Milzinfarcte ,  denen 
der  Kranke  September  1897  erlag.  Die  Obduction  bestätigte  die 
Herzdiagnose,  ebenso  den  Verschluss  der  drei  grossen  Arterien.  Den 
Schluss  bildet  eine  Casuistik  der  ähnlichen  Beobachtungen. 

Aneurysma  Martini   (Lancet,    9.  Juli)    beschreibt   folgenden   interessanten 

der  Carotis,  Fall  von  Aneurysma  der  Carotis:  Ein  48jähriger  Matrose  fühlte 
'  "^'*^'  plötzlich  beim  Pfeifen  seiner  Bootspfeife  einen  Euck  im  Nacken; 
8  Tage  später  fand  sein  Arzt  an  der  linken  Halsseite  einen  wall- 
nussgrossen  pulsirenden  Tumor.  Als  Patient  14  Tage  später  ins 
Hospital  aufgenommen  wurde,  war  der  Tumor,  der  als  ein  Aneu- 
rysma der  linken  Carotis  diagnosticirt  wurde,  hühnereigross.  Die 
subjectiven  Beschwerden  bestanden  in  einem  metallischen,  trockenen 
Husten,  schwacher  Stimme  und  Herzbeschwerden.  In  Chlorofonn- 
narkose  wurde  die  Carotis  unterbunden,  wonach  die  Pulsation  in  der 


Krankheiten  der  Ereislaufsorgane.  195 

Geschwulst  verschwand.  Die  Pupillen  contrahirten  sich  momentan; 
Lippen,  Gesicht  und  Hals  wurden  blass.  In  den  nächsten  Tagen 
hatte  er  häufig  heftige,  linksseitige  Gesichtsschmerzen,  so  dass  Mor- 
phium angewendet  werden  musste.  Die  Wunde  heilte  gut  und  das 
Aneurysma  verkleinerte  sich  etwas,  das  allgemeine  Befinden  war 
gat.  Indess  blieb  eine  leichte  Ptosis  des  linken  Augenlides,  sowie  eine 
Schwäche  der  Stimme  dauernd  zurück. 

Flockmann  (Münch.  med.  Wochenschr.  S.  847)  beschreibt  Aneurysma 
2  Fälle  von  Aneurysma  dissecans,  die  im  Eppendorfer  Kranken-  dissecans, 
haus  zur  Obduction  kamen.  Im  ersten  Falle  wurde  das  Aneurysma 
gefdnden  bei  einem  57jährigen  Manne,  der  mit  den  Erscheinungen 
einer  Insufficienz  der  Mitralis  und  der  Aortenklappen  ins  Kranken- 
haus kam  und  bald  nach  der  Aufiaahme  starb.  Bei  der  Section  fand 
sich  ein  ausgedehntes  Aneurysma  dissecans  an  der  Aorta  ascendens. 
Der  zweite  Fall  betraf  einen  26jährigen  Malergehülfen ,  der  wegen 
einer  äusseren  Erkrankimg  behandelt  wurde,  sonst  anscheinend  ge- 
sund war  und  nach  einer  Erregung  plötzlich  zusammenbrach  imd 
starb.  Hier  fand  sich  ein  grosses  Aneurysma  dissecans  im  auf- 
steigenden Theil  der  Aorta,  die  Abwühlung  der  Intima  von  der 
Media  reichte  aber  auch  bis  in  die  Aorta  descendens  bis  zu  Finger- 
breite vom  Zwerchfellschlitz.  Das  Herz  war  stark  hypertrophisch. 
Im  Anschluss  an  diese  beiden  Fälle  erörtert  Verf.  die  Häufigkeit 
und  besonders  die  Entstehung  des  Aneurysma  dissecans.  Bei  der 
Obduction  findet  man  stets  einen  E.iss  der  Intima,  durch  den  das 
Blut  eindringt  und  das  Aneurysma  bildet.  Unbekannt  ist  bis  jetzt 
die  Ursache  des  Einreissens;  Trauma  ist  nur  in  wenigen  Fällen 
notirt,  Erkrankung  der  Aortenwand  kaum  in  der  Hälfte  der  Fälle 
vorhanden.  Wahrscheinlich  ist  die  Ansicht  Troje's,  dass  das  meist 
hypertrophische  Herz  bei  gewaltsamer  momentaner  Action  den  Ein- 
riss  der  Intima  zu  Stande  bringt.  Was  die  Diagnose  angeht,  so  ist 
diese  meist  nicht  zu  stellen,  wie  die  vorstehenden  Fälle  auch  lebren. 

Bei    einer  von  Heiligenthal  (Deutsche  med.  Wochenschrift  Embolie  der 

Nr.  33)  beobachteten  Patientin  mit  Myocarditis  imd  Stenosis  mitralis   ^^'^^!**,. 
'  .  .  .  ,  .  abdominalis, 

traten  plötzlich  heftige  Schmerzen  in  beiden  Beinen  imd  eine  voll-  Heiligenthal. 
kommene  Paraplegie  sowohl  motorischer  wie  sensibler  Natur  auf. 
Die  Beine  waren  ganz  kalt;  der  Puls  an  der  Art.  cruraHs  und 
Poplitea  geschwunden;  im  Urin  viele  granulirte  und  epitheliale  Cy- 
linder;  Tod  bald  nachher.  Heiligenthal  diagnosticirte  eine  Em- 
bolie der  Aorta  abdominalis,  was  die  Obduction  auch  bestätigte. 


196  Hochhaus. 


Röntgen-  Beck  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  7)  berichtet  über  einen 

strahlen  bei 
Arterio- 


Fall,   bei  dem  durch  die  Durchleuchtung  die  arterioskleroti- 

Sklerose,     sche  Interesse a  anterior  deutlich  sichtbar  gemacht  wurde. 
Beck. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

G.  W.  Balfour,  Glinical  lectures  on  diseases  of  the  heart  and  aorta.  8.  ed. 
London. 

0.  Braun,  Herzbewegung  und  Herzstoss.    Jena. 

£.  Gensier,  Coeur,  vaisseauz,  pathog^nie-paihologie,  thörapeutic,  hydro- 
minerale.    Paris. 

J.  G.  Edgren.    Die  Arteriosklerose.    Klinische  Studien.    Leipzig. 

D.  Gerhardt,  Ueber  Entstehung  und  diagnostische  Bedeutung  der  Herz- 
töne.   Sammlung  klinischer  Vorträge.    N.  F.  Nr.  214.    Leipzig. 

S.  Gräupner,  Die  Störungen  des  Kreislaufs  und  ihre  Behandlung  mit 
Bädern  und  Gymnastik.    Berlin. 

Gumprecht,  Die  Technik  der  speciellen  Therapie  für  Aerzte  und  Stu- 
dirende.    Jena. 

H.  Kisch,  Uterus  und  Herz  in  ihren  Wechselbeziehungen.    Leipzig. 

F.  0.  May  et,  Traitd  de  diagnostic  mddical  et  de  s^mäiologie.    Paris. 

A.  Morison,  On  cardiac  failure  and  its  treatment.  With  especial  reference 
to  the  use  of  baths  and  exercises.    London. 

J.  K.  Proksch,  Ueber  Venensyphilis.    Bonn.     , 

Th.  Schott,  Zur  acuten  Ueberanstrengung  des  Herzens  und  deren  Behand- 
lung.   3.  Aufl.    Wiesbaden. 

V.  Vierordt,  Die  angeborenen  Herzkrankheiten  (aus:  Specielle  Pathologie 
und  Therapie  von  Nothnagel). 


n^  5.  Krankheiten  der  Terdauungsorgane. 

Von  Prof.  Dr.  Th«  Bosenheim  in  Berlin. 
A«  Oesopha^g« 

Auch  in  diesem  Jahre  haben  eine  Anzahl  Autoren  sich  mit  der 
Oesophagoskopie  beschäftigt,  die  ja  in  immer  erhöhterem  Maasse 
das  Interesse  weiterer  ärztlicher  Kreise  erweckt.  Bevor  ich  indess 
diese  Publicationen  bespreche,  mögen  einige,  die  die  Anatomie  und 
Physiologie  der  Speiseröhre  betreffen,  referirt  werden. 

Höchst  beachtenswerth  erscheint  mir  eine  Mittheilung  von  J.  Seh  äff  er      Bau  der 
(Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  22),  der  sich  mit  dem  Studium  des  Epithels  Oesophagus- 
ond  der  Drüsen  der  Speiseröhre  befasst  hat.     Er  konnte  die  bemerkens-         haut 
werthe  Thatsache  constatiren,   dass  im  menschlichen  Oesophagus   an  ver-       Schaifer, 
schiedenen  Stellen,   hauptsächlich  jedoch  in  den  lateralen  Buchten  seines 
obersten  Abschnittes  Partieen  typischer  Magenschleimhaut  vorkommen 
können.    Die  sich  hier  findenden,  mit  hellen  Zellen  ausgekleideten  Drüsen- 
schläuche nebst  Schleim  secemirendem  Oberflächenepithel  können  bei  Be- 
trachtung mit  freiem  Auge  leicht  für  Erosionen  gehalten  werden,  imd  sind 
diese  Inseln   im   derben  Pflasterepithellager   ausgedehnter,   so   stellen   sie 
wohl   einen   Locus  minoris  resistentiae  dar;   sie   schaffen   wohl   die   Prä- 
disposition  für  die  Entstehung  von  Divertikeln,   sind  wohl   auch   für   die 
Entwickelung  von  Carcinomen  und  peptischen  Geschwüren  bedeutungsvoll.  — 
Auch  H.  Hildebrand  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  33)  behandelt  den-    Hildebrand, 
selben  Gegenstand,  in  übereinstimmender  Weise  mit  Schaff  er;  auch  die 
Anschauung,  dass  es  sich  hier  um  heterotopisch  entstandene  Drüsen  handelt, 
theilt  er. 


Von  physiologischem  Interesse  sind  die  experimentellen  Untersuchungen, 
die  Cannon  und  Moser  (Americ.  Journal  of  Physiol.  Bd.  l,^Nr.  4)  über 
die  Bewegung  der  Nahrung  in  der  Speiseröhre  angestellt  haben. 
Sie  verfolgten  den  Schluckact,  wenn  massig  feste  und  ganz  feste  Nahrung 
genommen  wurde,  wobei  sie  die  betreffenden  thierischen  und  menschlichen 


198 


Rosenheim. 


Bchluckact  Individuen  mit  Röntgenstrahlen  durchleuchteten  und  die  Bewegung  der  mit 
Cannon  u.  grossen  Dosen  Wismuth  durchsetzten  Bissen  unter  dem  Fluorescenzschirm 
beobachteten.  Es  ist  bekannt,  dass  flüssige  Nahrung  durch  die  Druck- 
wirkung der  Mm.  mylohyoidei  bis  an  die  Cardia  herangespritzt  wird. 
Die  peristaltische  Welle,  die  den  Oesophagus  entlang  läuft,  holt  die  ver- 
schluckte Masse  gewissermaassen  erst  nachträ>glich  ein,  und  sie  ist  es  dann, 
wie  dies  namentlich  auch  wieder  durch  neuere  Untersuchungen  Meltzer*8 
an  Hunden  dargethan  wird  (Journal  of  exp.  Med.  Bd.  2,  Nr.  5),  welche 
etwa  4  Secunden  nach  Beginn  des  Schluckens  die  Masse  durch  die  Cardia 
in  den  Magen  hineintreibt.  Ganz  anders  gestalten  sich  die  Dinge  bei 
festerer  Nahrung;  hier  geschieht  die  Abwärtsbeförderung  langsam 
durch  die  Peristaltik  allein,  wenigstens  gilt  dies  für  den  Menschen. 


Meltzer. 


Was  nun  die  Oesophagoskopie  betrifft,  so  ist  zu  bemerken, 
dass  Vorschläge  zur  Verbesserung  des  Instrumentariums  und  der 
Technik  auf  diesem  Gebiete  immer  von  neuem  auftauchen.  Von 
diesen  Bemühungen  kann  man  aber  nur  sagen,  dass  sie  gemeinhin 
überflüssig  sind;  denn  Instrumentarium  und  Technik  sind  jetzt  ge- 
nügend einfach  geworden,  und  es  besteht  für  Niemand,  der  Er- 
fahrung hat,  ein  Zweifel,  dass  diese  und  jene  kleine  Modification, 
die  man  sich  erlaubt  und  auf  die  man  Werth  legt,  an  dem  End- 
Oesophago-  resultat  nicht  viel  ändert.  Kirstein  (Berl.  klin.  Wochenschr. 
*^**Pj®»  Nr.  27)  hält  es  fiir  nöthig,  die  Ausführung  der  Oesophagoskopie  im 
Sitzen  von  neuem  zu  beschreiben  und  angelegentlich  zu  empfehlen; 
Emliom,  das  Gleiche  thun  Einhorn  (New  York  med.  Jonmal,  Dec.  1897) 
Epstein,  und  Epstein  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  6  u.  7).  Jeder  dieser 
Autoren  fiigt  noch  irgend  einen  kleinen  Tric  hinzu,  was  vielleicht 
dem  betreffenden  Entdecker  das  Gefühl  der  Befriedigung  erwecken 
mag,  was  aber  durchaus  noch  keinen  Fortschritt  in  der  Sache  dar- 
zustellen braucht.  Kirstein  sucht  die  an  sich  einfachen  Ver- 
hältnisse bei  der  Oesophagoskopie  zu  äusserst  complicirten  zu 
stempeln,  die  er  dann  theoretisch  zu  analysiren  trachtet.  Für  ihn 
ist  die  individuell  verschiedene  Beschaffenheit  und  Anhefbung  der 
Zunge  die  Ursache,  warum  die  Oesophagoskopie  bald  leicht,  gelingt, 
bald  unausführbar  ist.  Das  essentielle  Hindemiss  der  Oesophago- 
skopie, der  massige  Körper  der  Zunge,  muss  aus  dem  Wege  ge- 
räumt werden;  man  drängt  sie  nach  vorne:  mediane  Oesophago- 
skopie, nach  der  Seite:  laterale  Oesophagoskopie,  und  hierzu  dient 
das  von  ihm  angegebene  Spatel.  Dass  eine  Reihe  von  anderen  Mo- 
menten, das  Verhalten  und  Bau  des  Oberkiefers,  der  Zähne,  Ver- 
knöcherung der  Kehlkopfknorpel  und  anderes  mehr  von  Belang  sind 
für  die   leichte   oder   schwere  Ausführbarkeit  der  Oesophagoskopie, 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  199 

berücksichtigt  er  nicht  weiter.  Epstein  beschreibt  die  Methode 
der  Oesophagoskopie,  wie  sie  von  seinem  Chef,  Professor  Störk  in 
Wien,  geübt  wird,  den  er  fiir  den  eigentlichen  Pfadfinder  auf  diesem 
Arbeitsgebiete  imbefangen  anspricht.  Er  benutzt  einen  Tubus  mit 
gegliedertem  Ansatzstück,  fährt  das  Instrument  im  Sitzen  ein,  unter- 
sucht in  dieser  Position,  indem  er  von  einem  Stirnreflector  aus- 
gehendes Licht  einfallen  lässt.  Dass  man  auf  dem  vorgeschlagenen 
Wege  auch  zum  Ziele  kommen  kann,  bezweifle  ich  nicht;  aber  die 
Leistungsfähigkeit  dieses  Verfahrens  für  diejenigen  Fälle,  bei  denen 
die  Untersuchung  schwierig  ist  imd  lange  dauert,  und  namentlich 
für  diejenigen ,  wo  wir  therapeutische  Eingriffe  vornehmen  wollen, 
ist  bisher  nicht  bewiesen.  Ja,  Epstein  gesteht  im  Gegentheil  ein, 
dass  wo  ein  längeres  Manipuhren  nöthig  ist,  er  es  vorgezogen  hat, 
nach  Einfuhrung  des  Instrumentes  im  Sitzen,  in  E.ückenlage  zu 
untersuchen .  Die  Einführung  des  Instrumentes,  des  geraden  wie 
des  gekrümmten,  im  Sitzen  ist,  wie  ich  nie  bezweifelt  habe,  sehr 
pt  ausführbar;  aber  sie  ist  für  die  überwiegende  Mehrzahl  der 
Fälle  eine  ganz  überflüssige  Procedur.  Ich  gebe  zu,  dass  es  ftir 
den  ungeübten  Anfanger  einen  gewissen  Vortheil  haben  kann,  ein 
gekrümmtes  Instrument,  das  nachher  gestreckt  wird,  einzuführen, 
aber  dass  es  für  den  Patienten  einen  Nutzen  haben  soU,  den  unbe- 
quemen Lagewechsel  mit  dem  Tubus  in  der  Speiseröhre  durchzu- 
machen, vermag  ich  nicht  einzusehen.  Dauert  die  Untersuchimg 
kurze  Zeit,  so  wird  man  auch,  während  der  Patient  sitzt,  sich  ge- 
nügend Orientiren  können,  aber  wie  lange  wir  fiir  eine  Untersuchung 
brauchen,  das  können  wir  nie  vorher  wissen.  Das  Gesichtsfeld 
kann  durch  Blut,  durch  stagnirendes  Secret  verdeckt  sein,  dessen 
Auftupfen  längere  Zeit  erfordert;  es  kann  die  Extraction  eines 
Fremdkörpers  nöthig  sein,  eine  Aetzung  oder  sonst  ein  Eingriff; 
all  das  erfordert,  dass  der  Ej*anke  ruhig  ist,  und  das  wird  er  am 
ehesten  in  einer  Lage,  die  ihm  angenehm  ist,  und  das  ist  die  Eücken- 
lage  schon  deshalb,  weil  er  in  dieser  durch  das  herabfiiessende 
Mxmd-  und  Itachensecret  nicht  beheUigt  wird.  Nach  den  mir  zu 
(xebote  stehenden  reichen  Erfahrungen  liegt  für  mich  nicht  der  ge- 
ringste Grund  vor,  eine  von  den  hier  vorgeschlagenen  Modificationen 
zu  acceptiren;  dass  sie  keine  Verbesserungen  sind,  geht  schon  daraus 
bervor,  dass  man  es  jetzt  bei  zimehmender  Erfahrung  auf  der  Störk- 
schen  Klinik  vorzieht,  in  Rückenlage  zu  operiren.  Dass  man  bei 
Anwendung  eines  am  Tubus  befestigbaren  Elektroskops ,  das 
V.Hacker  und  ich  benutzen  und  das  die  Einführung  von  Instru- 
menten   ganz  gut  gestattet,    seitliche  Bewegungen  mit  dem  Tubus 


200 


RosenheniL 


zur  Absachung  des  Gesichtsfeldes  sehr  viel  rascher  und  sicherer, 
ohne  das  Bild  zu  verlieren^  ausfuhren  kann,  scheint  mir  mehr  für 
diese  Art  der  Beleuchtung  zu  sprechen,  als  für  die  von  Störk  em- 
pfohlene. 

Das,  was  dann  Epstein  über  Fremdkörperextractionen  im 
Oesophagoskop  mittheilt,  desgleichen  über  die  Sondirung,  bestätigt 
die  schon  von  v.  Hacker  und  mir  gemachten  Erfahrungen.  Sehr 
beachtenswerth  sind  die  Erfolge,  die  der  Autor  bei  der  Behandlung 
von  Stricturen  mit  unter  Leitung  des  Auges  eingelegten  Lami- 
naria stiften  erzielt  hat.  Das  Verfahren,  das  Epstein  in  An- 
lehnung an  den  älteren  Senator'schen  Vorschlag  selbständig  aus- 
Oesophago-  gebildet  hat,  habe  ich  selbst  zu  erproben  Grelegenheit  gehabt  (Berl. 
»kopie,  jjjjj  Wochenschr.  Nr.  22).  In  Betreff  des  von  ihm  benutzten  In- 
strumentariums muss  ich  indes  die  Bemerkung  machen,  dass  die 
Zange  mit  gezahnten  Branchen,  die  er  anwendet,  nicht  empfehlens- 
werth  ist,  da  die  Loslösung  der  Zähne  vom  Stift  nach  der  Einfuh- 
rung Schwierigkeiten  machen  kann.  Ich  gebrauche  für  den  in 
Rede  stehenden  Zweck  eine  Zange  mit  glatten,  ausgehöhlten  Innen- 
flächen. Erfolg  hatte  Epstein  bei  seinem  Vorgehen  in  sehr 
schwierigen  Fällen  mit  engen  ringförmigen,  und  kurzen,  röhren- 
förmigen Stricturen.  Für  längere  Stricturen  haben  sich  Epstein, 
der  hier  eine  Idee  v.  Hacker's  verwerthete,  gespannte  Drains 
bewährt,  die  er  an  einem  2  mm  dünnen  metallenen  Einfuhrungsstab 
im  Oesophagoskop  einbringt.  Der  Drain  bleibt  nach  Entfemimg  des 
Einfiihrungsstabes  bis  zu  24  Stunden  Uegen.  Für  das  Verfahren 
eignen  sich,  wie  ich  meine,  nur  wenige  an  sich  gut  geartete  Fälle, 
bei  denen  eben  die  Strictur  noch  weit  genug  ist,  um  ein  solches 
Instrument  anstandslos  passiren  zu  lassen.  Immerhin  wird  auch 
dieses  Procedere  in  gewissen  Fällen  gute  Dienste  leisten,  und  da 
der  verfugbare  therapeutische  Apparat  für  die  Behandlung  von 
Stricturen  des  Oesophagus,  wegen  der  Verschiedenheit  und  der 
CompLLcirtheit  der  Verhältnisse,  gar  nicht  mannigfaltig  genug  sein 
kann,  so  wird  man  auf  die  hier  gemachten  Vorschläge  sicherlich 
gelegentlich  zurückkommen  müssen. 

Von  vornehmlich  klinischem  Interesse  sind  zwei  Mittheilungen 
V.  Hacker,  v.  Hacker*s  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  20).  In  dereinen  beschäftigt 
er  sich  mit  der  Oesophagoskopie  und  ihrer  klinischen 
Bedeutung.  Er  gibt  hier  ausführlicher,  was  er  zusammenfassend 
bereits  in  früheren  PubHcationen  niedergelegt  hat.  Ich  finde  des- 
halb, so  wichtig  die  Arbeit  an  sich  ist,  da  sie  den  Gegenstand 
gründlich  erschöpft  und  durch  eine  Reihe  sehr  wohlgelungener  Ab- 


Krankheiten  der  Yerdauungsorgane.  201 

bildungen  die  in  Betracht  kommenden  mannigfaltigen  Verhält- 
nisse illustrirt,  keine  Veranlassung,  hier  sie  im  einzelnen  zu  ana- 
lysiren.  —  In  der  zweiten  Mittheilung  beschäftigt  sich  v.  Hacker 
ausschliesslich  mit  dem  Krebs  der  Speiseröhre;  an  der  Hand 
von  20  genauer  mitgetheilten  Beobachtungen  führt  er  uns  alle  die 
Bilder  vor,  welche  das  Carcinom  in  der  Speiseröhre  machen  kann. 
Am  Schluss  erwähnt  er  noch  einen  recht  wichtigen  Punkt,  der  sich 
auf  die  Besichtigung  am  Eingang  des  Oesophagus  dicht  unterhalb 
des  Constrictor  pharyngis  inferior  bezieht,  einer  Stelle,  deren  Besichti- 
gung laryngoskopisch  nicht  mehr,  ösophagoskopisch  noch  nicht  ge- 
lingt, indem  der  Tubus  leicht,  wenn  man  ihn  bewegt,  vorwärts 
gleitet,  aber  noch  leichter  in  den  Rachen  zurückrutscht.  Für  solche 
Fälle  empfiehlt  Hacker  einen  Tubus,  dessen  kürzerer  Querschnitts- 
durchmesser nach  der  Einführung  sagittal,  dessen  längerer  frontal 
steht  und  dessen  Einfuhnmgsende  so  construirt  ist,  dass  sein  aus 
zwei  Halbröhren  gebildetes,  etwa  3  cm  langes  Einführungsende  durch 
einen  einfachen  Mechanismus  winkelig,  wie  die  Branchen  einer 
Zange  nach  rechts  und  links  sich  öffnet  und  ebenso  wieder  ge- 
schlossen werden  kann.  Für  den  gleichen  Zweck  der  Besichtigung 
dieses  schwerer  zugänglichen  Theiles  empfiehlt  Kirstein  (AUgem.  Kirstein. 
med.  Centralztg.  Nr.  90)  einen  gewöhnlichen  Tubus  mit  einer  Seiten- 
öffnung, einem  5  cm  langen,  bis  zur  Hälfte  des  Tubusumfanges 
eingeschnittenen  Fenster  mit  abgerundeten  B.ändem,  in  das  die 
Schleimhautpartie  alsdann  sich  hineinwölbt.  Bei  der  Einfuhrung 
dieses  Instrumentes  steht  das  offene  Fenster  nach  hinten;  es  kann 
auch  ein  das  Fenster  schliessender  Mandrin  miteingefuhrt  werden. 
Dass  die  Besichtigung  der  Cricoid-  und  Aryrückfläche  von  grosser 
Wichtigkeit  werden  kann,  ist  zweifellos;  das  Kirstein'sche  In- 
strument hat  aber  den  Nachtheil,  dass  es  nur  für  Verhältnisse  passt, 
die  es  noch  gestatten,  einen  starken  Tubus  durch  die  erkrankte 
obere  Oesophagealpartie  hindurchzufiihren.  Oftmals  ist  das  aber 
nicht  möglich,  hier  ist  der  Hacker'sche  Tubus  brauchbarer;  in 
welchem  Umfange  das  der  Fall  ist,  müssen  weitere  Controllunter- 
suchungen  lehren. 

Neue  Fälle  von  Erweiterung  der  Speiseröhre  im  unteren 
Abschnitt  theilen  Netter  (Archiv  f.  Verdauungskrankh.  Bd.  4), 
Einhorn  (Medical  Record)  und  Reitzenstein  (Münch.  med. 
Wochenschr.  Nr.  12)  mit.  In  letzterem  Falle  wurde  die  Differential- 
diagnose zwischen  spindelförmiger  Erweiterung  und  Divertikel  in 
der  Weise  begründet,  dass  ein  solider,  mit  Heftpflaster  am  unteren 


202  Bosenheim. 

Divertikel    Ende  beklebter  dünner  Mercier-Katheter  in  den  Magen,  ein  anderer 

der  Speise-  j^qU^^p  jj^  ^q  erweiterte  Speiseröhre  eingeführt  wurde.     Beim  Ein- 

Netter,'       giessen   von  Farblösungen  in   die  Hohlsonde  wird  das  Heftpflaster 

Einhorn,      bei  spindelförmiger  Erweiterung  mitgeßirbt,    bei  Divertikeln  nicht. 
Reitzenstein. 

Einen  interessanten  Fall  von  Stenose  des  Oesophagus  hat 

Oesophagus-Ehrlich  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  42)  infolge  von  Schar lac h- 

stenose,     diphtherie  beobachtet.     Es  handelte   sich  um  einen  Knaben  von 
BhrÜGh,  ^  .         .  «  ^ 

5  Jahren,  bei  dem  sich  im  Laufe  von  2  Jahren  nach  Scharlach- 
diphtherie eine  so  hochgradige  Verengerung  der  Speiseröhre  ent- 
wickelte, dass  schliesslich  die  Gastrostomie  gemacht  werden  musste. 
Eine  Sondirung  gelang  weder  vor  noch  nach  der  Operation.     Der 

Rosenheim.  Rnabe  wurde  mir  deshalb  überwiesen,  und  es  gelang  mir  unter  sehr 
grossen  Schwierigkeiten,  ohne  Zuhülfenahme  der  Chloroformnarkose, 
die  schlecht  vertragen  wurde,  trotz  des  heftigen  Sträubens  des 
Kindes,  im  Oesophagoskop  einen  feinen  Laminariastift  in  die  Strictur 
einzuführen  und  sie  so  zu  erweitem;  später  konnte  ich  dann  zu 
stärkeren  Nummern  übergehen  und  erzielte  schliesslich  völlige  Heilung. 

Zur    Diagnose    der    Oesophagus-Tracheal fisteln    theilt 
Oesophagns-Kohlenberger    (Deutsche   med.  Wochenschr.    Nr.  23)    folgendes 
^'*°J^**^"     einfache  Verfahren   mit,    das  in  einem  Falle  erprobt  wurde.     Eine 
Kohlenberger.  weiche    Sonde    wurde    in   den    Oesophagus    eingeführt,    das   höher 
stehende  Fenster   derselben  war  der  Trachea   zugewandt,    vor  das 
offene  Ende   der  Sonde   hielt  man  die  Flamme  eines  Wachsstockes 
und  schob,  während  der  Patient  tiefe  Athemzüge  machte,  die  Sonde 
allmählich  vor.     Die  Flamme   wurde   bei  der  Inspiration  stark  ein- 
gezogen, bei  der  Exspiration  weggeblasen;  sowie  man  an  die  Fistel- 
stelle kam,  erlosch  das  Licht. 

Behandlung  Von  therapeutischem  Interesse  ist  die  Mittheilung  von  Zeehuisen 

^^^         (Centralbl.   f.  innere  Med.  Nr.  2).     Er   empfiehlt   zur  Behandlung 

Oesophagus-^  .,      .        ri  \.  j.    -    j.  ^      -er  1. 1       i         i  i    • 

stricturen    caustischer  üesophagusstricturendas  Verscnluckenkleiner 

Zeehuisen.     Kugeln,  die  an  einem  Seidenfaden  befestigt  sind.    Lässt  man  dies 

Abends  vornehmen,   so   passirt  die  Kugel  Nachts  häufig  den  engen 

Kanal,  auch  wenn  er  für  eine  Sonde  nicht  mehr  passirbar  ist,  und 

—  mit       sie  erweitert  ihn  regelmässig  beim  Herausziehen.  —  Bayer  berichtet 

Eucain,      ^^^^   ^^   günstigen  Erfahrungen  (Therap.  Monatsh.,  April),   die  in 

meiner  Poliklinik  bei  der  Behandlung  der  Stricturen,  namentlich  der 

carcinomatösen ,  mit  Einspritzungen  3°/öiger  Eucainlösungen  in 

die  Speiseröhre  gemacht  worden  sind.     Die  Injection  geschieht  mit 

der  von  mir  angegebenen  3 — 4  ccm  enthaltenden,  mit  einem  35  cm 


KimaUieiteB  der  Yerdairaiig'soigaiie«  203 

langen  Ansatzrohr  Tersehenen  Oesopha^osspritze.  Das  Yertahi^n 
kommt  beim  Carcinom  imverhälmissmässio;  häoiiger  zur  Anwendung 
als  die  Sondinmg. 

B«  Magea. 

Torweg  zu  ndimen  wäre  die  Besprechung  einiger  Arbeiten,  welche 
phynologuclie,  den  3fagen  betreffende  Fiagen  berücksichtigen.  Ich  er- 
wähne hier  Untersnehnngen  von  G.  Lörcher  (PflOgers  Archir  Bd.  69)  Lab» 
über  Labwirknng,  die  angestellt  wurden,  um  zu  zeigen,  wie  einige  Wrciwr. 
Laugen  und  Salze  auf  das  Lab  einwirken.  Am  stärksten  hemmend  wirken 
auf  die  Labgerinnnng  die  Alkalien.  Gerinnung  tritt  um  8o  rascher  ein,  bezw. 
die  durch  Labgerinnnng  erzielte  Eäsemenge  ist  um  so  grosser,  je  mehr  Kalk- 
{«alze  sich  in  der  Milch  befinden  und  je  länger  ümen  Zeit  gegeben  wird, 
ihre  Bolle  bei  der  Gerinnung  zu  spielen.  Auch  Säure  schädigt  in  höherer 
Concentration  und  bei  genügend  langer  Einwirkung  das  Labferment.  Nicht 
gekochte  Milch  gerinnt  rascher,  als  solche,  die  vorher  gekocht  oder  einige 
Zeit  anf  höhere  Temperatur  gebracht  worden  war.  Durch  Erhitzung  auf 
60 — 70*  wird  das  Lab  zerstört,  das  Prolab,  das  Zymogen,  wird  durch 
Säoren  in  Lab  verwandelt,  und  darauf  beruht  sein  Nachweis. 

Bugarszky  und  Liebermann  studirten  das  Bindungsvermögen  Bindung  der 
eiweissartiger  Körper  für  Salzsäure,  Natriumhydrozyd  und     Biweiss- 
Kochsalz  (Pflfigers  Arch.  Bd.  72).    Es  zeigte  sich,   dass  Salzsäure  und  ^  ^*^^!'* 
Natriumhydrozyd  in  wässriger  Lösung  von  eiweissartigen  Körpern  gebunden    Liebermann. 
werden,  jedoch    eine  Bindung  von  Kochsalz  nicht   stattfindet.     1  Molecül 
EiweiK  bindet  4  Molecüle  Salzsäure,  1  Molecül  Albumose  3  Molecüle  Salz- 
aore,   2  Molecüle  Pepton   aber  nur  1  Molecül  Salzsäure.    Wie   die  Salz- 
iänre  verhält  sich  das  Natriumhydrozyd. 

Die  Frage  der  Eisenresorption   im  Magen   und  Duodenum 
beschäftigte  Hari  (Arch.  f.  Yerdauungskr.  Bd.  4).    Er  findet,  dass,  wenn       Eisen- 
zach  das  Duodenum   den  grösseren  Antheil   an  der  Resorption  hat,   doch  resorption, 
das    Cylinderepithel    der    Magenschleimhaut    unzweifelhaft    befähigt    ist,         ^"^* 
massige  Mengen  Eisen  zu  resorbiren. 

Die  Magenbewegnngen  hat  Gannon  (Amer.  Journal  of  Physiol.       Magen- 
Bd.  1,  Nr.  3)  mit  Hülfe    der  Röntgenstrahlen   studirt,    indem    er  die  Be-    bewegnng. 
vegmgen  des  Magens,  der  eine  reichlich  mit  Wismuth  gemischte  Nahrung       Cannon 
enthielt,  unter  dem  Fluorescenzschirm  verfolgte.   Freilich  beziehen  sich  diese 
rntersnchungen  nur  auf  den  Katzenmagen,  sie  haben  aber  immerhin  auch 
IntereaBe  für  die  Physiologie  des  Menschen,  da  die  Verhältnisse  in  mancher 
Beziehung  ähnliche   sein  dürften.    Bei   der  Katze  zeigt  sich   die  Pyloms- 
pfiitie   des  Magens   durchaus   verschieden  vom  Fundus.     Letzterer  Lst  ein 
Keservoir,  das  seinen  Inhalt  ganz  allmählich  in  den  Pförtnertheil  hinüber- 
filttt.    Die  Bewegung  im  Fundus  ist  keine  peristaltiache,  und  eine  Durch- 
QÜbcfamig  mit  3fagensaft  findet  hier  nicht  statt;  Mischung,  Zerreibung  und 
AoMtoivnng  der  Nahrung  findet  im  Pylorus  statt   mit  Hülfe  von  Con-stric- 


204 


Rosenheim. 


tionen,  die  ganz  unregelmässig  von  Oeffnungen  des  Pylorus  begleitet  werden. 
Psychische  Einflüsse  unterbrechen  die  Magenbewegung. 


Gährung, 
Talma, 


Ehret. 


Eine  wichtige  Frage  aus  der  pathologischen  Physiologie  des  Magens 
ist  die  der  Gährung  der  Kohlehydrate.  Mit  dieser  beschäftigt  sich 
Talma  von  neuem  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  35).  Er  stellt  folgende 
Erfahrungssätze  auf:  Gährungsproducte  sind  Ursachen  motorischer  Insuffi- 
cienz  des  Magens.  Krampf  des  Sphincter  pylori  kann  die  nächste  Ursache 
der  motorischen  Insufficienz  sein.  Die  Gährung  ist  eine  Ursache  von 
Hyperchlorhydrie.  Der  von  den  Gährungsproducten  und  der  starken  Säure 
erweckte  Magenkrampf  kann  die  Ursache  von  Ulcerationen  und  vielleicht 
Perforationen  der  Wand  sein,  und  schliesslich  kann  aus  einem  durch  Alkohol- 
gährung  entstandenen  Ulcus  sich  ein  Carcinom  entwickeln.  Diese  Gährung, 
deren  vornehmste  Producte  Gase  sind,  wird  durch  Vorenthaltung  der  Kohle- 
hydrate am  besten  bekämpft.  Neben  ihr  kommt  noch  eine  zweite  Gährung 
in  Betracht,  bei  welcher  wenig  Gase,  aber  viel  Säuren  gebildet  werden 
(Essigsäure,  Milchsäure  u.  s.  w.).  Auch  diese  Gährung  kann  die  Ursache 
von  Krankheiten  der  Magenwand  sein.  Hier  ist  die  Beurtheilung  schwerer, 
da  hier  gewöhnlich  andere  Erkrankungen  nebenher  bestehen,  z.  B.  Car- 
cinom. —  Das  specielle  Verhältniss  der  Sarcinen  zu  den  Magen^hrungen 
behandelt  dann  Ehret  (Mitthlg.  a.  d.  Grenzgebieten  Bd.  2).  Er  macht 
auf  die  Fälle  aufmerksam,  wo  im  überstauten  Mageninhalt  massenhafte 
Sarcinen  nachgewiesen  werden,  während  Hefe  und  andere  Bacterien  wenig 
hervortreten.  Hier  besteht  unter  Umständen  lebhafteste  Gasgährung  mit 
Bildung  von  Alkohol,  Kohlensäure,  Aldehyd,  Essigsäure  und  Ameisensäure. 
Hierfür  dürften  die  Sarcinen  verantwortlich  zu  machen  sein,  deren  Vege- 
tationsenergie der  Stärke  der  Gährung  parallel  zu  laufen  pflegt.  Wo  viel 
Sarcinen  sind,  ist  die  Gesammtacidität  gemeinhin  eine  hohe,  während 
sie  bei  starker  Entwickelung  von  Kokken  und  langen  Bacterien  eher  gering 
zu  sein  pflegt.  Die  Art  der  Magenerkrankung  hat  mit  dem  Auf- 
treten der  Sarcinen  gar  nichts  zu  thun.  Eine  wichtige  Infections- 
quelle  unseres  Magens  ist  sicher  das  Bier.  Gemeinhin  geschieht  die  In- 
fection  mit  Sarcinen  und  sprossender  Hefe  zugleich. 


Diagnosti- 
sche Bedeu- 
tung der 
Magen- 
gährung, 
Ehret. 


In  einer  weiteren  Arbeit  hat  dann  Ehret  (ebenda  Bd.  3)  die 
diagnostische  Bedeutung  der  M  a  geng  ä  h  run  g  e  n  be- 
leuchtet. Während,  wie  bereits  oben  erwähnt,  das  Bestehen  einer 
Sarcinengährung  oder  Sarcinenhefegähning  keinen  diagnostischen  An- 
halt gibt,  spricht  Langbacteriengährung  mit  grösster  Wahrschein- 
lichkeit für  Krebs.  Kurzstäbchengährung  spricht  mit  68  ®/o  Wahr- 
scheinlichkeit für  Carcinom.  Das  Fehlen  jeder  ohne  weiteres  mikro- 
skopisch zu  diagnosticirenden  Gährung,  trotz  erheblicher  Ueber- 
stauungen,  spricht  geradezu  gegen  Carcinom.  Die  Möglichkeit,  dass 
GährungUeb  er  Stauung  und  motorische  Insufficienz  des 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  205 

Magens,  wie  dies  auch  T a  1  m a  betont,  zu  erzeugen  im  Stande 
ist,  wird  von  Ehret  durch  einen  sehr  beweisenden  Selbstversuch 
dargethan. 

Die  Verbesserung  unserer   diagnostischen  Hülfsmittel  ist 
auch  in  diesem  Jahre  mannigfach  angestrebt  worden.   Ich  erwähne  zu- 
nächst  ein  Verfahren  von  Kadner   (Deutsche  med.   Wochenschr.    Chemische 
Nr.  13)  zur  Untersuchimg  der  Magenfunctionen.     Es  erscheint  ihm  Diagnostik 
nützlich,    vor  Ausheberung    des  Probefrühstückes  eine  Lösung  von       Kadner. 
phosphorsaurem  Natron  (100  g)  trinken   zu  lassen.     Das  aus- 
geheberte Gemisch  wird   alsdann   zur  Bestimmung  der  freien  Salz- 
saure  verwendet,    ermöglicht    aber   vor   allem  durch  Titrirung  mit 
Uranlösung  die  Feststellung  der  Gesammtmenge  des  Mageninhaltes. 

Der  von  Keach  gebrachte  Beitrag  zur  Prüfung  der  secretorischen  Jodkap  sein, 
Function  des  Magens  (Fortschritte  der  Med.  Bd.  16,  Nr.  19)  scheint  ^*^^- 
mir  practisch  bedeutungslos.  Nach  dem  Vorgange  von  Sahli  und 
Günzburg  lässt  er  auf  nüchternem  Magen  mit  dem  Probefrühstück 
eine  Gelatinekapsel,  die  0,6  eines  Gemenges  Baryumjodat  und 
Wismuthoxy  Jodid  im  Verhältniss  1 : 2  enthält ,  schlucken.  Es 
wurde  dann  der  Speichel  auf  Jod  geprüft.  Mittels  dieses  Verfahrens 
soU  es  möglich  sein,  Hyperacidität  zu  diagnosticiren  und  Hypacidität 
auszuschliessen. 

Unter  den  physikalischen  Untersuchungsmethoden  ist  es  die 
Magendurchleuchtung,  welche  durch  Starck  (Samml.  klin. Magendurch- 
Vortr.  Nr.  217)  noch  einmal  eingehend  besprochen  und  in  Betreff  leuchtung. 
ihrer  diagnostischen  Leistung  geprüft  wird.  Wesentlich  erscheint 
ihm,  dass  man  erst  den  leeren  Magen  mit  einer  einfachen  Ein- 
horn'schen  Glühlampe  durchleuchte  und  dann  die  Gestaltverände- 
rungen  desselben  bei  zunehmender  Füllung  controllire.  Auf  diese 
Weise  bekommt  man  Aufschluss  über  die  Dehnbarkeit  in  normalen 
und  pathologischen  Zuständen,  über  Gastroptose  und  Gastrektasie. 
Zur  Grenzbestimmung  des  ganzen  Magens  wie  seiner  Theile  scheint 
ihm  die  Methode  besonders  geeignet.  Ebenso  kann  sie  bei  Magen- 
tumoren oder  schwierigen  topographischen  Verhältnissen  des  Ab- 
domens von  grossem  Nutzen  sein.  Für  die  Frühdiagnose  des  Py- 
loruscarcinoms  aber  leistet  sie  nichts. 

Boas  und  Levy-Dorn  geben  ein  Verfahren  zur  Diagnostik  von 
Magendarmkrankheiten  mittels  Röntgenstrahlen  an  (Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  2).  Sie  bedienen  sich  12  g  schwerer,  Wis- 
muth    enthaltender  Celluloidkapseln   von   2*/4  cm   Länge 


206 


Rosenheim. 


Röntgen- 
strahlen, 

Boas  n. 
Leyy-Dorn. 


und  1  ^4  cm  Dicke,  deren  Lage  sie  nach  dem  Verschlucken  auf  dem 
Fluorescenzschirm  zu  erkennen  in  der  Lage  sind.  Die  Möglichkeit, 
dass  es  auf  diese  Weise  gelingt,  eine  erheblichere  Verengerung  des 
Magens  oder  Darmes  zu  erkennen,  wäre  dann  mit  Bestimmtheit  zu- 
zugeben, wenn  wir  sicher  wären,  dass  das  Passiren  einer  solchen 
Kapsel  allemal  sich  anstandslos  in  bestimmter  Zeit  vollzieht,  wo 
keine  Verengerung  vorhanden  ist.  Das  ist  aber  nicht  der  Fall,  da 
in  erschlafften  Organabschnitten,  sowohl  im  Magen  als  im  Darm, 
Fremdkörper  unverhältnissmässig  lange  liegen  bleiben  können. 
Andererseits  muss  darauf  außnerksam  gemacht  werden,  dass  das 
hier  empfohlene  Verfahren  nicht  unbedenklich  ist,  indem  diese 
ziemlich  massive  Kapsel  eine  vorhandene  Strictur  völlig  undurch- 
gängig machen  kann. 

Des  weiteren  ist  dann  die  Photographie  des  Mageninnern 
als  brauchbare  physikalische  Untersuchungsmethode  von  F.  Lange 
graphie  des  undMeltzing  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  60)  empfohlen  worden. 
Die  ersten  Versuche  auf  diesem  schwierigen  Gebiete,  von  Kuttner 
angestellt,  sind  den  beiden  Autoren  anscheinend  entgangen,  sie  haben 
übrigens  ein  practisches  Resultat  nicht  gehabt.  Ob  der  Apparat 
von  Lange  und  Meltzing  mehr  leisten  wird,  bleibt  abzuwarten. 
Er  besteht  aus  Kopfstück  (mit  Beleuchtungskörper,  Linse  u.  s.  w.), 
Schlauch  und  Camera,  wird  in  den  leeren  Magen  eingeführt  und 
vermittelt  leicht  die  Aufnahme  von  Bildern  in  grosser  Zahl  hinter  ein- 
ander (bis  zu  60),  indem  ein  Filmstreifen,  der  die  wechselnden 
Bilder  aufnimmt,  ganz  allmählich  abgerollt  und  hinter  der  Linse 
vorbeigeführt  wird.  Weitere  Einzelheiten  siehe  im  Original.  Ich 
glaube  nicht,  dass  auf  diesem  Wege  eine  Orientirung  über  das 
Mageninnere  möglich  ist,  die  Deutung  der  Bilder  wird  immer  eine 
überaus  willkürliche  sein. 


Photo- 


mjiern. 
Lange  n. 
Meltzing. 


Gastro- 
skopie, 
KelUng. 


Endlich  ist  die  Gastroskopie  als  jüngste  Methode  zu  er- 
wähnen; sie  ist  durch  neuere  Untersuchungen  von  Kelling  (Münch. 
med.  Wochenschr.  Nr.  49  u.  60)  gefordert  worden.  Auf  Grund 
neuer  Erfahrungen  und  Versuche  empfiehlt  er  zur  Anwendung  ein 
Gastroskop  nach  dem  Princip  von  Mikulicz,  winklig  im  unteren 
Drittel  abgeknickt.  Er  hat  das  Lastrument  nach  der  Richtung  ver- 
vollkommnet, dass  er  in  der  Lage  ist,  es  biegsam  einzuführen,  was 
sich  dadurch  erreichen  lässt,  dass  der  Haupttheil  des  Apparates  aus 
einem  Gliederrohr  besteht,  welches  vom  Knickungswinkel  86  cm 
lang  bis  zum  Kopftheil  reicht  und  welches  nach  der  Einfuhrung  in 
diesem  Theil  durch  Zug  an  einem  Draht  gestreckt  wird.    Nun  wird 


Krankheiten  der  Verdauungeorgane.  207 

der  Apparat  im  Körper  um  180°  gedreht,  und  der  frei  in  den  Magen 
hineinragende  Schnabel  wird  durch  Andrücken  eines  Hebels  von 
aussen  her  in  winklige  Stellung  gebracht.  Auf  sonstige  constructive 
Einzelheiten  will  ich  hier  nicht  eingehen.  Kelling  versichert, 
dass  er  mit  diesem  complicirten  Apparat  in  der  Lage  gewesen  ist, 
einwandsfreie  Diagnosen  zu  stellen.  Die  Brauchbarkeit  eines  ge- 
raden Gastroskopes,  wie  ich  es  empfohlen  habe,  gibt  er  nur  für  die 
Fälle  zu,  wo  bei  gastroptotischen  Mägen  der  Pylorus  mit  nach  unten 
gesunken  ist.  Das  Instrument  von  Kelling  hat  im  Verhältniss  zu 
meinem  eigenen  früher  beschriebenen  den  Nachtheil,  dass  es  einen 
Durchmesser  von  14  mm  hat.  Dass  die  Einführung  Schwierigkeiten 
zu  überwinden  hat,  die  in  manchen  Fällen  überhaupt  nicht  aus- 
gleichbar sind,  gibt  Kelling  selbst  zu,  jedenfalls  haben  die  ver- 
dienstvollen Bemühungen  Kelling*s  unsere  Kenntnisse  auf  dem 
schwierigen  Gebiete  der  Gastroskopie  gefördert,  auch  wenn  das 
letzte  Wort  zur  Lösung  des  hier  vorliegenden  Problems  noch  nicht 
gesprochen  sein  sollte. 

Schliesslich  haben  wir  noch  über  den  Werth  der  histologi- 
schen Untersuchungsmethode  von  Schleimhautfetzen, 
die  im  Sondenfenster  haften  geblieben  sind,  eine  Beurtheilung  zu  ver- 
zeichnen,  die   sich   auf  eingehendere  Prüfungen   stützt.     Olivetti    Histologi- 

(Gazzetta  medica  di  Torino  Nr.  38)   findet,    dass  die  Diagnose   ge-  »che  Unter- 

.  ,  Buchung  von 

wisser  Magenkrankheiten  mit  Hülfe  des  Mikroskopes  gesichert  werden      Magen- 
kann.    Aber  die   Ergebnisse   sind   mit  grösster  Kritik  nur  zu  ver-Bolileimhaut- 
werthen  und  werden  in  ihrer  Bedeutung  meist  überschätzt.  Olivetti' 

Wir  kommen  nimmehr  zu  den  klinischen  Arbeiten.  Berück- 
sichtigen wir  zunächst  diejenige  Krankheitsgruppe,  die  unter  dem 
Namen  der  motorischen  Insufficienz  zusammengefasst  wird,  so 
müssen   wir  eine  experimentelle  Studie  von  Weintraud  (Verhandl.  Motorische 

d.  16.  Congresses  f.  innere  Med.  in  Wiesbaden)  vorwegnehmen.     Es  Insufficienz 

.  ...  des  Magens, 

gelang  ihm,  hochgradige  Magenektasieen,  die  dem  Krankheitszustand     weintraud, 

beim   Menschen   vollständig   entsprechen   (Erweiterung   mit   Hyper- 

aciditat  und  Gährung)  bei  Hunden   dadurch  zu  erzeugen,   dass  er 

ihnen    den  Pylorus  mit   einem  dünnen  Gummischlauch  umschnürte. 

In  den  vorgeschrittensten  Fällen  fanden  sich  Hefe  und  colossale  Mengen 

Sarcinen  im  Mageninhalt.    Auch  der  nüchterne  Magen  enthielt,  wenn 

er  am  Abend  vorher  ausgespült  war,  öfter  nicht  unerhebliche  Mengen 

Magensaft.     Nach  Entfernung  des  Einges  war  die  Bückbildung  eine 

auffallend  gute,  selbst  wenn  der  pathologische  Zustand  10  Monate 


208 


Rosenheim. 


Tetanie, 
Sievers, 
BobBon, 


Motorische  bestanden  hatte.  — Eingehend  prüft  W.  Michaelis  (Zeitsohr.  f.  klin. 

^/«^'"^^^'^'^Med.  Bd.  34)  die  Erweiterung  des  Antrum  pylori  und  ihre 
Michaelia.  Beziehung  zur  motorischen  Insufficienz  des  Magens.  Unzweifelhaft 
liess  sich  feststellen,  dass  bei  den  Mägen,  deren  Motilität 
schwer  gestört  ist,  die  rechte  Grenze  in  der  Regel  be- 
deutend weiter  von  der  Medianlinie  entfernt  ist,  als  bei 
den  Mägen  mit  guter  Motilität,  ein  Verhalten,  auf  das  ich  selbst  in 
meinem  Buche  schon  die  Aufmerksamkeit  gelenkt  habe.  Dieser  Be- 
fund ist  auf  Vergrösserung  des  Magens  nach  rechts  und  auf  eine 
selbständige  Ausweitung  der  Portio  pylorica  zu  beziehen.  —  Die 
bei  Erweiterung  des  Magens  am  ehesten  zu  Stande  kommende  Te- 
tanie hat  Sievers  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  31  u.  32)  in  zwei, 
Robson  (Lancet,  Novbr.)  in  drei  Fällen  beobachtet.  Dass  das  Auf- 
treten der  Tetanie  im  Zusammenhang  mit  einem  Vorhandensein  von 
Uebersäuerung  des  Mageninhaltes  steht,  ist  Sievers  mit  Recht 
unwahrscheinlich,  indem  er  auf  die  FäUe  hinweist,  wo  die  Tetanie 
sich  bei  Carcinom  mit  Subacidität  gefunden  hat,  was  durch  eine 
weitere  Beobachtung  von  Albu  (Arch.  f.  Verdauungskrankh.  Bd.  4) 
bestätigt  wird ,  und  wo  sie  bei  Darm-  und  Feritonealaffectionen  zu 
Stande  gekommen  ist,  oder  wie  z.  B.  in  einem  Falle  von  Trevelyan 
(Lancet,  Sept.)  regelmässig  im  Anschluss  an  Brechattacken  auftrat. 
Die  entscheidende  Voraussetzung  für  die  Entstehung  dieses  nervösen 
Symptomencomplexes  ist,  dass  Verhältnisse  geschaffen  werden,  unter 
denen  sich  Zersetzungsproducte  in  den  Organen  der  Bauchhöhle 
bilden  können.  —  Eine  eigenartige  Form  von ,  wie  er  es  nennt ,  1  a- 
tenter  Tetanie  bei  hochgradiger  Erweiterung  des  Magens,  infolge 
Pyloruscarcinom  beobachtete  Kuck  ein  (Berl.  klin.  Wochenschr. 
Nr.  46).  Schwere  Benommenheit  des  Sensoriums ,  leichte  clonische 
Zuckungen  in  der  Musculatur  der  Extremitäten  und  des  Facialis- 
gebietes  bestanden  neben  ausgesprochenem  Trousseau'schen  Phänomen, 
während  die  elektrische  Erregbarkeit  keine  auffallende  Abweichung 
von  der  Norm  zeigte.  Erwähnenswerth  ist  noch,  dass  der  Magen- 
inhalt keine  nennenswerthe  Salzsäure  enthielt,  so  dass  auch  dieser 
Fall  beweist,  dass  Superacidität  nicht  die  nothwendige  Voraussetzung 
für  das  Zustandekommen  der  Tetanie  oder  tetanieähnlicher  Zu- 
stände ist.  Dass,  wo  diese  Zufalle  die  Dilatation  compliciren,  eine 
energische  chirurgische  Therapie  geboten  ist,  betont  Albu,  der  bei 
seinem  Patienten   mit  bestem   Erfolg  den  Pförtner  reseciren  liess. 


Alba, 


Treyelyan, 


Kuckein. 


Unter  den  sonstigen  Erkrankungen  des  Magens  ist  die  Atrophie 
der  Schleimhaut  fortgesetzt  Gegenstand  des  Interesses  und  des  Stu- 


Krankheiten  der  Yerdauungsorgane.  209 

diuina.  —  N.  Reichmann  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  46)  bringt     Gastritis 
einen  Beitrag  zur  Diagnose  der  Gastritis  atrophicans.     Vor  der  »^jophicans. 

,     ,  _  Rp.ip.nina.nn . 

Nahrungsaufnahme  oder  eimge  Stunden  nach  dem  Essen,  am  häufig- 
sten in  der  Nacht  tritt  bei  derartigen  Patienten  ein  Symptomen- 
complex  auf,  welcher  sich  aus  einem  Schmerzgefühl  im  Abdomen, 
ganz  nahe  dem  Nabel,  als  ob  sich  etwas  im  Leibe  herumgedreht 
hätte,  gleichzeitiger  Uebelkeit  und  gelegentlich  folgender  Regurgi- 
tation wässriger  Flüssigkeit  zusammensetzt.  Dieses  Symptom  findet 
sich  nicht  in  allen  Fällen;  anfangs,  wo  es  vorhanden  ist,  stellt  es 
sich  seltener  und  mit  geringerer  Intensität  ein;  ohne  sichtbaren 
Grund  kann  es  eine  Zeit  lang  ausbleiben.  —  Die  Frage  der  Beziehung 
der  Atrophie  zur  progressiven  perniciösen  Anämie  wird  von 
M.    Koch     (Inaug.-Dissert. ,     Berlin)     mit     gleichzeitiger    Berück-       Magen- 

sichtifioing  der  atrophischen  Processe   im  Darm  vom  pathologisch- **'°P^^®  ^"^^ 

.  .  pemiciöse 

anatomischen  Standpunkte  aus  an  der  Hand  eines  grossen  Leichen-     Anämie 

materials  einer  eingehenden  Prüfung  unterzogen.   Die  Veränderungen        Koch, 
am  Digestionstractus  scheinen  Koch  durch  den  anämischen  Zustand 
bedingt,  das  Secundäre  und  nicht  die  Ursache  der  perniciösen 
Anämie   zu  sein,   sie  sind  Erscheinungen  analog  der  Fettmetamor- 
phose der  Herzmusculatur  und  der  Hinterstrangsdegenerationen  des 
Rückenmarks.  —  In  gewissem  Zusammenhang  mit  der  Atrophie  steht 
die  stenosirende  Pylorushypertrophie,  von  der  ich  einen  ganz 
charakteristischen  Fall  vor  einigen  Jahren  (Jahrg.  1894)  mitgetheilt 
habe  und  deren  Kenntniss  Boas  (Arch.  f.  Verdauungskrankh.  Bd.  4)       Blagen- 
durch  Mittheilung  von  drei   neuen  Fällen  vermehrt.     Die  Chroni-**'^^^^^® '^'^^ 
cität  des  Verlaufes  mit  weiten  Schwankungen  in  der  Stärke  der       hyper- 
Beschwerden,  die   stete  Stagnation,   die   für  eine  mechanische     trophie, 
Stenose  spricht,   der  chemische  Befund  des  Mageninhaltes  mit  ^^' 

seinem  dauernden  Fehlen  von  Salzsäure  und  Fermenten,  der  auf 
tiefgreifende  Veränderungen  an  der  Magenschleimhaut  hinweist,  alles 
das  kann  die  Diagnose  der  stenosirenden  Gastritis  ermöglichen,  doch 
kommen  sicher  Fälle  vor,  wo  die  Differentialdiagnose  gegenüber 
anderen  gutartigen  Processen,  besonders  aber  gegenüber  Carcinom 
geradezu  unmöglich  sein  wird.  Ein  fühlbarer  Tumor  fehlte  bei  zweien 
der  Boas'schen  Fälle.  La  dem  einen  derselben  trat  eine  stark  aus- 
gebildete peristaltische  Unruhe  hervor,  die  von  vornherein  an  ein 
Hindemiss  am  Pylorus  denken  liess.  —  Endlich  schHesse  ich  hier 
noch  eine  Notiz  über  gutartige  papilläre  Geschwülste  der 
Magenschleimhaut   an.     Sklifossowsky    (Virch.    Arch.   Bd.    163)    Papilläre 

lenkt    die    Aufinerksamkeit    auf  Zottengeschwülste    von    Wallnuss-       .  ^T,  , 

^  schwulste, 

grosse,  die  auf  dem  Boden  der  Gastritis  proliferans  entstehen   und  Sklifossowsky. 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    If^SS.  24 


2  IQ  Rosenheim, 

die    als    papilläre   Fibrome    oder    als    drüsige   Hj^erplasieen    anzu- 
sprechen sind. 

Den  Magenkrebs  betreffend,  erwähne  ich  eine  Untersuchung 
Blutkörper-  von  F.  P.  Henry  (Arch.  f.  Verdauungskrankh.  Bd.  4)  über  den 
chenzählung^jjg^gQQg^jggj^gjj   "VVerth  der  Blutkörperchenzählung  bei 

krebs        Latenz  des  Uebels.    Er  findet,  dass  die  Zahl  der  rothen  Blutkörper- 
Henry,        chen  beim  Magenkrebs  im  vorgerückten  Stadium  in  der  Regel  zwi- 
schen   zwei  und  drei  Millionen   pro  Cubikcentimeter  schwankt   und 
dass  diese  Zahl  bis  zum  Ende  des  Lebens  ebenso  hoch  bleibt,  wäh- 
Pepsinbeim  rend   bei   pemiciöser  Anämie  die   Zahl  erheblicher  sinkt.  — Gintl 
^^^^^V^^'^C-^c^-   ^-   Verdauungskrankh.  Bd.  4)   verbreitet  sich   über  das  Ver- 

vrinu* 

halten  des  Pepsins  bei  Erkrankungen  des  Magens  und  speciell  auch 
beim  Krebs.  Bei  letzterem  finden  sich  stark  herabgesetzte  Werthe 
neben  solchen,  welche  sich  der  Norm  nähern  oder  dieselbe  erreichen ;  im 
wesentlichen  dasselbe  Verhalten  zeigt  sich  bei  anderen  Affectionen 
mit  Verminderung  der  Saftproduction.  Lidess  ist  festzuhalten,  dass 
eine  bedeutende  Herabsetzung  des  Werthes  für  Salzsäure  nicht  aus- 
schliesst,  dass  daneben  relativ  hohe  Werthe  für  Pepsin  gefunden 
werden. 

Pylorus-  Zur  Diagnose  der  Verwachsung   zwischen   Pylorus- 

tumor,       tumor  und  Leber  bringen  v.  Kundrat  und  H.  Schlesinger 
V   Kundnit  u. 
SchleBüiger.    (Mittheil.  a.  d.  Grenzgeb.  Bd.  2)    einen  interessanten  Beitrag.     Hier 

war  in  einem  Falle  die  Diagnose  auf  das  Fehlen  der  Verwachsung 
gestellt  worden,  indem  man  sich  an  den  von  mir  aufgestellten  Satz 
hielt,  dass  ein  Tumor,  der  die  respiratorische  Bewegung  der  Leber 
mitmacht,  sich  aber  bei  maximaler  LispirationssteUung  vom  Finger 
fixiren  lässt  und  diese  Lage  beibehält,  während  die  Leber  nach  oben 
steigt,  nicht  mit  der  Leber  verwachsen  sei.  Und  doch  bestand  die 
Verwachsung,  weil  sie  an  der  unteren  Fläche  der  Leber  und 
weit  nach  rückwärts  zu  sass,  wodurch  ein  Verhalten  vorge- 
täuscht wurde,  wie  beim  Fehlen  von  Verlöthungen. 

Syphilis  Auf  die  seltene  Syphilis  des  Magens  macht  Dieulafoy  (Bull, 

des  Magens,  „^^^j  ^  Wiener  med.  Bl.  Nr.  28  u.  29)  besonders  aufmerksam.  Sie 
manifestirt  sich  in  hämorrhagischen  Erosionen,  gummösen  Lifiltraten 
und  Plaques,  Ulcerationen  und  Narben,  Es  können  alle  Symptome 
des  Ulcus  auftreten.  Ein  mitgetheilter  Fall  beweist,  dass  Hg  und 
Jodkali  helfen,  wenn  Lues  die  Basis  des  Geschwürs  ist. 


Krankheiten  der  Yerdanungsorgane. 


211 


Zur  Lehre  von  der  Hyperacidität  bringt  Hemme t er  (Arch. 
f.  Verdauungskrankh.  Bd.  4)  einen  Beitrag,  indem  er  den  histologi- 
schen Verhältnissen  der  Magendrüsen  im  allgemeinen  und  speciell 
bei  dieser  Erkrankung  nachgeht.  Wucherung  der  Drüsen- 
elemente findet  er  in  mehr  als  der  Hälfte  der  Fälle  von  Hyper- 
acidität und  Atrophie,  annähernd  in  demselben  Verhältniss  bei  Fällen 
von  Anacidität.  Ohne  auffallende  anatomische  Verändenmgen  kommen, 
wie  die  Untersuchungen  lehrten,  die  schwersten  Störungen  der  Se- 
cretion  auf  rein  nervösem  Wege  zu  Stande.  —  Therapeutisch  hat  sich 
Hemmeter  bei  Hyperacidität  mit  Nutzen  der  Takadiastase 
bedient,  deren  Wirkungsweise  Strauss  und  Stargardt  (Therap. 
Monatsh. ,  Febr.)  dadurch  erklären ,  dass  sie  zwar  nicht  resistenter 
gegen  Säure  sei,  als  das  Ptyalin,  aber  dass  sie  zusammen  mit  dem- 
selben eine  absolute  Steigerung  der  verfügbaren  Fermentkraft  dar- 
stelle und  demgemäss  wirksam  sei.  Man  soll  sie  im  Anfang  der 
Verdauung  geben,  aber  nur,  wo  keine  Motilitätsstörung  und 
namentlich  auch  kein  Magensaftfluss  vorliegt.  —  Auch  die  Frage  der 
Diät  bei  Hyperacidität  ist  noch  von  anderen  Seiten  von  Sörensen 
und  Metzger  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  36),  sowie  von  Strauss 
und  Aldor  (Zeitschr.  f.  diätetische  u.  physich  Therapie  Bd.  1)  ven- 
tüirt  worden.  Auf  Grund  von  Beobachtungen  und  Experimenten 
empfiehlt  Hemmeter  eine  amylaceenreiche  Kost,  da  Fleisch- 
kost stärker  stimulirend  auf  die  Secretion  wirkt.  Strauss  und 
Aldor  empfehlen,  da  der  Magen  des  Hyperaciden  der  Amylaceen- 
verdauung  Schwierigkeiten  entgegensetzt ,  grosse  Gaben  Fett. 
Sörensen  und  Metzger  haben  sich  nicht  davon  überzeugen  können, 
dass  die  Eiweisskost  eine  stärkere  Salzsäureabscheidung  im  hyper- 
aciden Magen  bewirke.  Die  Werthe  für  die  freie  Säure  wenigstens 
sind  bei  Eiweisskost  und  Kohlehydratnahrung  annähernd  dieselben, 
aber  das  kann  meines  Erachtens  nichts  beweisen,  nur  die  Ge- 
sammtnaengen  von  Saft,  die  die  Digestion  der  verschiedenen  Nah- 
rungsstoffe erfordert,  gestatteten  uns  einen  Rückschluss  auf  den 
Grad  der  Inanspruchnahme  des  di'üsigen  Apparates  im  gegebenen 
Falle.  Hier  sind  Vergleiche  misslich  und  exacte  Resultate  schwer  er- 
hältlich, weil  die  verschiedenen  Nahrungsmittel  verschiedene  Mengen 
Salzsäure  zu  binden  und  zu  neutralisiren  vermögen. 


Hyper- 
acidität, 
Hemmeter. 


—  Taka- 
diastase, 
Hemmeter, 
Strauss  u. 
Stargardt. 


-  Diät, 

Sörensen  u. 

Metzger, 

Strauss  n. 

Aldor. 


Wir  sind  bei  Besprechung  dieser  Untersuchungen  bereits  auf 
das  Gebiet  der  Therapie  übergegangen,  doch  müssen  wir  noch  einige 
Arbeiten,  die  die  Symptomatologie  betreffen,  voi*weg  nehmen.  Hier 
erwähne  ich  Angaben  von  C  r  o  n  e  r  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  48) 


212  Rosenheim. 

Phthise  und  über  die  Magenbeschwerden  im  Frühstadium  der  Lungen- 
Magen,       Schwindsucht,  die  er  als  rein  fun et ion eile  Störungen  auff aast. 
Croner.  '  ^ 

Nervöse  Herzog  (Zeitschr.  f.  diät.  u.  physiol.  Therap.  Bd.  2)  bringt  eine 

I>y«pep8ie,   ggjy,  eingehende  Studie  zur  Klinik   der  nervösen  Dyspepsie, 
die  Bekanntes  erschöpfend  und  anschaulich  bespricht. 

Die    Frage,    ob    das    Pepsin   eine    antizymotische   Kraft 

Antizymo-   gegenüber  den  Gährungen   des  Magens  besitzt,   beantwortet  Aldor 

tische  Kraft  (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  29)   in  dem  Sinne,   dass   kein   Grund 

Aldor.      '  vorliegt,    anzunehmen,    dass   demselben    ein    der    Salzsäurewirkung 

gleich werthiger  Einfluss  zukommt.    Speciell  in  Bezug  aufdieMilch- 

säuregährung  zeigt  sich,    dass   dieselbe  trotz  vorhandener 

grosser  Pepsinmengen   zu  Stande   kommt,    wenn  nur  die 

Acidität  des  Mageninhaltes  entsprechend  niedrig  ist. 

Mineral-  Wendriner  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  23)  stellte  durch  ge- 

wässerund  j^aue  Versuche   an  Kranken  fest,   dass  der  Neuenahrer  Sprudel 
secretion,    ^^  Secretion   wenig   oder   gar   nicht,    wohl  aber  die  motorische 
Wendriner,    Kraft   des   Magens    erhöht.  —  A.   Simon  zeigte  in  einer  unter 
"'^^^'       meiner    Leitung     durchgeführten    Untersuchungsreihe ,     dass     das 
Glaubersalz   eine  die  Secretion  des  Magens  anregende,   daneben 
auch  die  Peristaltik  reizende  Wirkung  habe  (Zeitschr.  f.  klin.  Med. 
Bd.  35).  —  Die  therapeutische  Wirkung  des  Kalkes  und  insbesondere 
Piatkowski,    der  Hauptquelle  des  Krynicaer  Wassers  prüfte  Piatkowski. 
Das  Wasser  wirkt  als  Antacidum  und  austrocknend  auf  die  Magen- 
schleimhaut; es  verringert  die  Quantität  des  angesammelten  Schleimes 
und  erleichtert  die  Verdauung  der  Milch  durch  Auslaugen  der  Casein- 
Unger.       fermente  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  1).  —  Unger  (Deutsche  med. 
Wochenschr.   Nr.  23)   theilt  Beobachtungen  über  den   Einfluss  der 
Kissinger   Kochsalzquelle    auf  die   Magenverdauung   mit.      Er 
will  sie  nicht  bloss  bei  herabgesetzter  peptischer  Magenthätigkeit, 
sondern  auch  bei  Hjrperpepsie  verwandt  wissen,  da  sie  im  ersteren 
Falle  anregend,  im  letzteren  herabstimmend  zu  wirken  vermag. 

Die  Beziehungen  zwischen  Arzneien  und  Magen  er- 
Arznei und  örtert  Moritz  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  48).  Wollen  wir  ein 
^*^.®°'  Arzneimittel  langsam  zur  Aufnahme  bringen,  so  gebe  man  es  in  den 
voUen  Magen,  sonst  nüchtern  mit  V« — 1  Grias  Wasser,  wo  wir  eine 
prompte  Wirkung  haben  wollen.  Wenn  wir  den  Magen  schonen 
wollen,  so  verabreichen  wir  es  am  besten  ebenfalls  nüchtern  in 
Wasser,   da  es   dann  verhältnissmässig  rasch  den  Magen  verlassen 


Erankheiten  der  Verdauimgsorgane. 


213 


wird.  Schleim  hat  eine  schützende  Wirkung  und  wird  fiir  letzteren 
Zweck,  also  für  die  Schonung  sich  geeignet  erweisen.  Bei  motori- 
scher Störung  des  Magens  gebe  man  die  Arzneien,  wenn  möglich, 
in  alkoholischer  Lösung. 

Vergleichende  Untersuchungen  über  den  Werth  einiger  Magen- 
und  Darmantiseptica   hat  Riegner  (Deutsche  med.  Wochen-  Antiseptica 
Schrift  Nr.  25)  angestellt.    Diese  ergaben  bezüglich  der  Magenmittel    '»i""  ^f*een 
fiir  salicylsaures  Natron,  Menthol  und  Thymol  eine  relativ  hohe  Des-      Kiegner. 
infectionskraft   (Aufhebung  der   Gährung   bei   Concentrationen   von 
'/s — 2  ®/oo).    Unter  den  Darmantiseptica  stehen  Chinosol  und  Thymol 
obenan.    Sie  hemmen  dio  Gährung  bei  einer  Concentration  von  V^  ^/o- 


Erwähne  ich  noch,  dass  Tripier  von  Heisswasse rein- 
giessungen  in  den  Darm  sehr  gute  Resultate  bei  der  Bekäm- 
pfung hartnäckiger  Gastrorrhagieen  (Semaine  med.)  gesehen  hat, 
so  fehlt  in  unserer  therapeutischen  Uebersicht  nur  noch  das,  was 
die  Chirurgie  fiir  die  Behandlung  beizutragen  in  der  Lage  war. 
Ich  verweise  hier  auf  eine  sehr  ausführliche  Arbeit  von  Carle  und 
Pantino  (Arch.  f  Chir.  Bd.  56),  in  der  ein  sehr  grosses  Material 
verwerthet  wird.  Auch  auf  Kocher's  Beiträge  zur  Magenchirurgie 
(Correspondenzblatt  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  20)  sei  noch  besonders 
die  Aufmerksamkeit  gelenkt. 

Den  Einfluss  der  Gastroenterostomie  auf  die  Se- 
cretionsvorgänge  des  Magens  illustrii*t  eine  Beobachtung  von 
Kövesi  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  34),  der  den  von  mir  zuerst 
erhobenen  Befund  des  Verschwindens  secretorischer  Anomalieen  nach 
der  Operation  bestätigt. 


H  e  i  s  B- 

Wasser- 

irrigationen 

bei  Hagen- 

blutang, 

Tripier. 

Chirurgie 

des 

Magens, 

Carle  u. 

FaDtino, 

Kocher. 

Gastro- 
entero- 
stomie und 
Secretion» 
Kövesi. 


Totale 

Magen- 

resection, 

Hofmann, 


Schliesslich  möchte  ich  auf  den  Stoffwechselversuch,  den 
A,  Hof  mann  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  18)  an  dem  von 
Schlatter  (siehe  vor.  Jahrb.)  mitgetheilten  Fall  von  totaler' 
Magenresection  angestellt  hat,  hinweisen.  Es  zeigte  sich,  dass 
die  Ausnutzung  der  Nahrung  eine  vorzügKche  war,  dass  der  StoiF- 
ansatz  nichts  zu  wünschen  übrig  Hess,  und  der  Ausfall  der  Salz- 
säuresecretion  ohne  jeden  Einfluss  auf  die  Grösse  der  Darmfaul- 
nias  war.  Wroblewski  (Centralbl.  f.  Physiol.  Nr.  21)  macht  für  Wroblewski. 
den  citirten  Fall  speciell  noch  darauf  aufmerksam,  dass  die  Zahlen 
für  den  Chlornatriumgehalt  im  Harn  auffallend  niedrige  sind, 
was  fiir  die  Kichtigkeit  der  Theorie  spricht,  die  die  Salzsäure  aus 
den  Chloriden  der  Nahrung  und  nicht  aus  denen  des  Blutes  ent- 
stehen lässt. 


214  Roaenheiin. 


ۥ  Barm. 


Den  besten  üebergang  von   der  Besprechung  der  Magenkrankheiten 

zu  denen  des  Darmes   bietet   für  uns    ein  Eingehen  auf  eine  Arbeit   von 

Yerhältniss  Wiczkowski    über    das    gegenseitige    Verhältniss    der    Magen- 

der  Magen-    ^^d  Darmf  unctionen  (Arch.  f.  Verdauungskr.  Bd.  4).    Der  Autor  fand, 

f ,.   ,      *  dass  in  Fällen  von  Darmatonie  der  Werth  für  die  freie  Salzsäure  ein  ziem- 

lanctionen, 

Wiczkowski.  üch  bedeutender  war;  er  fiel  nach  Darreichung  von  Abführmitteln.  Be- 
stand hingegen  Diarrhoe,  so  war  die  Quantität  der  freien  Salzsäure  gering 
oder  sie  fehlte  ganz;  ihr  Werth  stieg,  wenn  man  die  Diarrhoe  künstlich 
zum  Stillstand  brachte.  Eine  Beeinflussung  der  Motilität  des  lifagen-s 
konnte  durch  Veränderung   der  Motilität  des  Darms   nicht  erzielt  werden. 

Ein  physiologisches  und  klinisches  Interesse  haben  die  die  Bewe- 
gung des  Darminhalts  betreffenden  Untersuchungen  Grützner's 
Dünndarm-  (Pflüger's  Arch.  Bd.  71).  Grützner  findet,  dass  im  Dünndarm  bei  Thieren 
bewegung,  a^ch  jn  der  Norm  die  Bewegung  des  Inhalts  nicht  bloss  nach  dem  Anus 
ZU  gerichtet  ist,  sondern  fortdauernd  auch  rückläufig  stattfindet,  so  dass 
es  nicht  einmal  pathologischer  Zustände  bedarf,  um  eine  Heraufbeförderung 
von  Massen  nach  dem  Magen  zu  Stande  zu  bringen.  Die  Contraction  der 
Ringmusculatur  für  sich  allein  muss  schon  bewirken,  dass  der  Danninhalt 
nicht  bloss  nach  unten  in  den  Theil  des  Darmrohres,  der  durch  Contraction 
der  Längsmusculatur  erweitert  wird,  hinübertritt,  sondern  auch  in  den 
höher  gelegenen  Abschnitt  zurückgepresst  wird.  Folgt  jetzt  Erschlaffung 
der  Muskeln,  so  muss  der  Brei  nach  oben  ausweichen,  denn  durch  Er- 
schlaffung der  Ringfasem  wird  der  obere  Theil  weiter,  durch  Erschlaffung 
der  Längsfasern  der  untere  Theil  enger. 

Reaction  des  Von  Belang  sind  dann  weiter  Untersuchungen  von  M a 1 1 h e s  (Verhdl. 

Dünndarm-  d.  IG.  Congr.  f.  inn.  Med.)  über  Reaction  des  Dünndarminhaltes, 
Mo  ff  hfl« '  ^^®  ^^  Patienten  mit  Dünndarmfistel  und  an  Thieren  gewonnen  wurden.  Es 
zeigte  sich,  dass  der  DünndarminhaJt  auf  Lakmoide,  Cochenille  und  Methyl- 
orange stark  alkalisch,  auf  Curcuma,  Phenolphthalein,  Rosolsäure  sauer  rea- 
girt,  bei  Lakmus  wechseln  die  Verhältnisse;  namentlich  wenn  Fett  in  der 
Nahrung  ist,  erscheinen  die  oberen  Partieen  auf  Lakmus  stark  sauer,  die 
unteren  gewöhnlich  alkalisch.  Dieses  Verhalten  erklärt  sich  durch  die  An- 
wesenheit reichlicher  Mengen  von  Kohlensäure  neben  Carbonaten; 
eine  solche  Lösung  ist  chemisch  alkalisch,  hat  aber  doch  gewisse  Eigen- 
schaften einer  sauren  Lösung.  Die  alkalische  Reaction  ist  vorzugsweise  be- 
dingt durch  die  Carbonate,  erst  in  zweiter  Linie  durch  die  Phosphate.  Die 
saure  Reaction  hängt  von  der  Kohlensäure  ab,  die  freien  Fettsäuren  sind 
ohne  Einfluss;  denn  eine  Ueberschwemmung  des  Darmkanals  mit  denselben 
wird  normalerweise  durch  das  lange  Verweilen  des  Fettes  im  Magen  verhindert. 

Höchst  beachtenswerth  sind  die  Beobachtungen  über  die  Zusammen- 
setzung des  Fistelkothes  einer  Patientin  mit  Anus  praeter- 


Matthes. 


Krankheiten  der  Yerdanungsorgane.  215 

naturalis   am   untersten   Ende    des   Ileums,    die  A.  Schmidt  Zusammen- 
bringt (Arch.  f.  Verdauungskr.  Bd.  4).  Es  handelte  sich  um  eine  chronische  setzung  des 
Darm&tenose  an  der  Bauhin'schen  Klappe  infolge  narbiger  Strictur.     Die       t   xu 
Consistenz    des    durch    die  Fistel    entleerten   Kothes    war    dickbreiig;    die    ^^  Schmidt. 
Reaction  war  constant  schwach  sauer,  der  Abfluss  erfolgte  stetig,  gepulvertes 
Oarmin  wurde  schon  3  Stunden,   nachdem  es  genommen   worden  war,   in 
dem  Brei  erkannt.     Es  wurden  gefunden: 

1.  An  Gasen:  CO2  und  H2  in  wechselnden  Mengenverhältnissen;  massige 
Mengen  N,  die  aus  der  Luft  stammen,  und  geringe  Menge  Methan. 

2.  Yon  Speiseresten:  reichliche  Muskel-  und  spärliche  Bindegewebs- 
faserreste,  in  der  Regel  nur  mikroskopisch,  gelegentlich  auch  mit  blossem 
Auge  erkennbar;  geringe  Mengen  gelöster  Eiweissstoffe ,  Fettsubstanzen, 
unverdaute  Cellulosehüllen  mit  eingeschlossenen  Stärkekömem,  freie  Stärke- 
kömer. 

3.  Von  Verdauungsproducten :  Albumosen  (kein  Leucin  und  Tyrosin, 
kein  Zucker). 

4.  Von  Drüsen-  und  Darmwandsecreten :  Pepsin,  diastatisches  Ferment 
(kein  fettspaltendes  Ferment),  unveränderter  Gallenfarbstoff  (keine  Gallen- 
sauren,  kein  Schleim). 

5.  Von  bacteriellen  Zersetzungsproducten :  Spuren  von  aromatischen 
Oxysäuren,  Ameisensäure,  Essigsäure,  Buttersäure,  CO2,  H2,  CH4. 

Auch  die  Beobachtung  dieses  Falles  weist  darauf  hin,  dass  unter 
physiologischen  Verhältnissen  die  Grenze  für  das  Auftreten  der 
Eiweissfäulniss  im  Darm  durch  die  Klappe  stark  markirt 
ist.  Veränderungen  der  Nahrung,  der  Peristaltik  beeinflussen  den  Umfang 
der  Fäulniss,  aber  nicht  den  Ort;  wechselt  dieser,  findet  also  die  Fäulniss 
bereits  im  Dünndarm  statt,  so  haben  wir  es  mit  pathologischen  Verhält- 
nissen zu  thun.  Von  entscheidender  Bedeutimg  für  das  Zustandekommen 
der  Fäulniss  an  der  Klappe  ist  die  Stagnation,  dann  kommt  die  Ver- 
änderung des  Speisebreis  durch  Resorption  der  gelösten 
Kohlehydrate  und  Eindickung  des  Breis  in  Betracht;  andere 
Momente,  wie  die  Infection  durch  dort  wirksame  Fäulnisserreger,  die  Ab- 
stumpfung der  sauren  Reaction  sind  von  geringerer  Bedeutung. 

Untersuchungen    Über    die    Verdauungs-    und    Aufsaugungs- 
fähigkeit  des   Dickdarms   veröffentlicht   Aldor   (Centralbl.  f.  inn.    Diokdarm- 
Med.  Nr.  7).     Die  Gerinnung  der  Milch,  die  als  Klysma  in  den  Darm  ge-  Verdauung, 
bracht  wird,    konmit    durch  das  Bacterium  coli,    nicht    durch  Enzyme  zu 
Stande,    ein  Vorgang,   der  der  Ausnutzimg    durchaus   nicht  förderlich  ist 
and  der  vermeidbar  ist  durch  sorgsame  Auswaschung  des  Darmes  und  durch 
Zugabe  von  1,0 — 1,5  g  Natrium  carbonicum  zu  1  Liter  Milch,  ein  Quantum, 
das  ganz    gut   auf   einmal  zum  Einlauf  gebracht   werden  kann.     Aldor 
eonatatirt,    dass,  wenn  auch  ein  eigentlicher  Verdauungsprocess   im  Dick- 
darm nicht  zu  Stande  kommt,   doch  Kohlehydrate  ausgezeichnet,  Eiweiss  i 
recht  gut,  Fette  verhältnissmässig  schlecht  ausgenutzt  werden. 


216  Rosenheim. 

Diagnostische  Zwecke  werden  durch  eine  Reihe  interessanter ^ 
zum  Theil  bedeutungsvoller  Arbeiten  in  diesem  Jahre  gefördert. 
Dickdarm-  Kuhn  kommt  wiederum  auf  die  wichtige  Frage  der  Dickdarm- 
sondirnng,  gondirung  und  Darmrohranwendung  (BerL  klin.  Wochenschr.  Nr.  2) 
zurück.  Mit  seinem  federnden  Darmrohr  gelingt  es  ihm,  bis  zur 
Flexura  lienalis  und  darüber  hinaus  vorzudringen;  nicht  immer,  aber, 
wie  er  meint,  doch  gemeinhin.  Durch  das  Aufblähen  des  Darmes 
würden  die  Schlingen  und  speciell  die  Flexura  sigmoidea  aus  ihrer  Lage 
gebracht,  sie  erfahren  künstliche  Torsionen  und  Abknickungen.  Man 
belasse  also  die  Flexur  bei  der  Sondirung  so  wie  sie  ist,  oder  falls 
man  sie  vorziehen  muss,  so  geschehe  dies  nur  in  der  Richtung  nach 
unten  rechts  vorn,  so  also,  dass  sie  in  der  Hauptsache  in  der 
rechten  Fossa  iliaca  zu  liegen  kommt,  wodurch  der  Winkel  im 
Schiefferdecker'schen  Punkt,  d.  h.  an  der  Uebergangsstelle  der  Flexur 
ins  Colon  descendens  ein  möglichst  stumpfer  wird. 

Glutoid-  Sahli  empfiehlt  zur  diagnostischen  und  auch  therapeuti- 

kapseln,  sehen  Verwendung  Glutoidkapseln  (Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med. 
Bd.  61).  Dieselben,  von  verschiedenem  Härtungsgrade  erhältlich,  ver- 
hindern unzweifelhaft  die  Herstellung  einer  Beziehung  zwischen  Medi- 
camenten und  Magensaft,  wo  sie  nicht  gewünscht  ist.  Wo  wir  den 
Magen  schonen  oder  nur  eine  Darmwirkung  haben  wollen,  z.  B.  bei 
Eisen,  Silbersalz,  können  sie  die  besten  Dienste  leisten.  Bei  dem 
Constanten  Härtungsgrad  der  Kapseln  lassen  sie  sich  für  diagnosti- 
sche Zwecke  verwerthen.  Man  gibt  zugleich  mit  einem  Probefinih- 
stück  0,15  Jodoform  in  einer  oder  besser  in  drei  Kapseln;  das  Auf- 
treten der  Jodreaction  im  Speichel  gestattet  einen  gewissen 
Rückschluss  auf  die  Energie  der  Pankreas function,  falls  die 
Motilität  des  Magens  normal  ist.  Die  Reaction  tritt  in  der  Norm 
*/4 — 1  Stunde  nach  dem  Frühstück  auf,  erhebliche  Verspätungen 
dürften  eine  pathognostische  Bedeutung  haben. 

Von  weittragendster  Bedeutung    für    die  Diagnose   der   Darm- 
erkrankungen  erscheinen  mir  eine  Reihe   experimenteller  und 
klinischer  Untersuchungen  über  Functionsprüfung  des 
Functions-  Darmes,  die  von  A.  Schmidt  (Verhdl.  des  16.  Congr.  f.  i.  Med., 
Prüfung     B^ri   klin.  Wochenschr.  Nr.  41,  Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  61) 
A.Schmidt*   ^^^  von  Strasburger  (ibid.)  angestellt  worden  sind.    Die  Voraus^ 
Strasburger.    setzung  für  die  Verwendbarkeit  der  Fäcalgährung  zu  diagnostischen 
Zwecken  war  nicht  von  vornherein   gegeben,   sondern   es  bedurfte 
erst  einer  grossen  Zahl  mühseliger  Untersuchungen,  um  die  Berechti- 
gung einer  solchen  Verwerthung  darzuthun. 


Wenn  man  fiische  Fäoes  mit  Wasser  lis  z:i  mis-^i^  dünr^össicer 
Consistenz  verrohrt  und  im  Br'i*>:-LrazLk  bti  Kü-rp^rremf^ramr  stehen 
lässt,  so  stellt  sich  in  d-r  MeLrzah;  der  Fäille  Gasbildnng  ein. 
Schmidt  nnterscheidet  a^is  pra^.tischen  Gründen  eine  frühe  nnd 
späte  Nachgahmng.  Die  ers^ere  l>rgiiinr  schon  nach  einijs^en  Smcden, 
hat  in  der  Regel  nach  Abla'ii*  de»  ersten  Tages  den  Höhepunki  nnd 
nach  48  Stnnden  ihr  Ende  erre;«-ht- 

Die  chemischen  Verändemiigen  in  den  Fäces  weisen  darauf  hin, 
dass  bei  der  Frühgährnng  vomehinli.. h  lei .ht  assimilirl-are  Kohle- 
hydrate, hei  der  Spätgährnng  verwiegend  andere  Producte,  nament- 
lich Eiweiss,  doch  anch  Ceüilo^e  zersetzt  werden.  Da  der  zweite 
Process  hanfig  schon  vor  Beendigung  des  ersten  einsetzt,  so  ist  es 
verständlich,  dass  sich  aach  s^^^hon  bei  den  Gasen  der  Früheähnin«'' 
Zersetzungsprodncte  des  EiweL^ses  vornnden. 

In  jedem  Stahle  finden  si«.-h  Ueberreste  aiis  d^-m  Xahrnngs- 
eiweiss,  so  dass  eine  Spärjr^hrur.;:  in  massigen  Grenzen  zn  den  nor- 
malen Vorgängen  zn  zählen  ist  und,  soweit  sie  innerhalb  dieser 
Grenzen  bleibt,  klinisch  kein  weiteres  Interesse  erweckt. 

Anders  verhält  es  sich  mit  der  Frühgährnng,  welche,  wie  Schmidt 
weiterhin  festgestellt  hat,  bloss  bei  zwei  Dritteln  gesunder  Menschen 
nach  gemischter  Kost  eintritt. 

Ob  eine  Fruhgährung  erfolgt  oder  ausbleibt,  hängt,  abgesehen 
von  vereinzelten  Ausnahmen,  von  der  Anwesenheit  unverdauter 
Kohlehydrate  in  den  Fäces  ab.  Von  den  letzteren  kommt  gröbere 
Cellulose  nicht  in  Betracht,  da  dieselbe  erst  nach  Wochen  vergährt. 
Zucker  wurde  in  gesunden  Fäces  niemals  gefunden,  in  kranken  sehr 
selten.  Das  Gleiche  gilt  für  die  übrigen  löslichen  Kohlehydrate. 
Als  Vorbedingung  für  das  Znstandekonmien  der  Frühgährnng  muss 
demnach  im  Grossen  nnd  Ganzen  die  Anwesenheit  von  Stärke 
gelten.  Wenn  nun  bei  gleicher  Nahrung  die  Fäces  der  einen  Ver- 
suchsperson rasch  vergähren,  die  der  anderen  keine  Gasbildung 
zeigen,  so  ist  daraus  zu  entnehmen,  dass  der  Darm  der  ersteren 
Person  im  Verhältniss  weniger  Stärke  verdaut  hat  als  der  Darm  der 
letzteren,  somit  in  diesem  Punkte  weniger  fimctionstüchtig  war. 

Eine  gewisse  Menge  von  Kohlehydraten  kann  von  Gesunden  ofien- 
bar  so  vollkommen  assimilirt  werden,  dass  in  den  Fäces  keine  Früh- 
gährnng eintritt.   Andererseits  zeigt  der  Umstand,  dass  bei  den  übrig 
zwei  Dritteln  Nachgahmng  eintrat,  dass  auch  bei  Gesunden  eine  Gre 
vorhanden  ist,  von  der  ab  die  zugeführte  Stärke  nur  so  weit  verdaut  w 
dass  gewisse,  den  Grährungserregem  leicht  zugängliche  Keste  wie 
ausgeschieden  werden.   Es  bestehen  hier  individuelle  Schwankung 


216  Kosenheim. 

Diagnostische  Zwecke  werden  durcli  eine  Reihe  interessanter^ 
zum  Theil  bedeutungsvoller  Arbeiten  in  diesem  Jahre  gefordert. 
Dickdarm-  Kuhn  kommt  wiederum  auf  die  wichtige  Frage  der  Dickdarm- 
sondirung,  gondirung  und  Darmrohranwendung  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  2) 
zurück.  Mit  seinem  federnden  Darmrohr  gelingt  es  ihm,  bis  zur 
Flexura  lienalis  und  darüber  hinaus  vorzudringen ;  nicht  immer,  aber, 
wie  er  meint,  doch  gemeinhin.  Durch  das  Aufblähen  des  Darmes 
würden  die  Schlingen  und  speciell  die  Flexura  sigmoidea  aus  ihrer  Lage 
gebracht,  sie  erfahren  künstliche  Torsionen  und  Abknickungen.  Man 
belasse  also  die  Flexur  bei  der  Sondirung  so  wie  sie  ist,  oder  fall& 
man  sie  vorziehen  muss,  so  geschehe  dies  nur  in  der  Richtung  nach 
unten  rechts  vorn,  so  also,  dass  sie  in  der  Hauptsache  in  der 
rechten  Fossa  iliaca  zu  liegen  kommt,  wodurch  der  Winkel  im 
Schiefferdecker^schen  Punkt,  d.  h.  an  der  Uebergangsstelle  der  Flexur 
ins  Colon  descendens  ein  möglichst  stumpfer  wird. 

Glutoid-  Sahli  empfiehlt  zur  diagnostischen  und  auch  therapeuti- 

kapseln,  sehen  Verwendung  Glutoidkapseln  (Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med. 
Bd.  61).  Dieselben,  von  verschiedenem  Härtungsgrade  erhältlich,  ver- 
hindern unzweifelhaft  die  Herstellung  einer  Beziehung  zwischen  Medi- 
camenten und  Magensaft,  wo  sie  nicht  gewünscht  ist.  Wo  wir  den 
Magen  schonen  oder  nur  eine  Darmwirkung  haben  wollen,  z.  B.  bei 
Eisen,  Silbersalz,  können  sie  die  besten  Dienste  leisten.  Bei  dem 
Constanten  Härtungsgrad  der  Kapseln  lassen  sie  sich  für  diagnosti- 
sche Zwecke  verwerthen.  Man  gibt  zugleich  mit  einem  Probefrüh- 
stück 0,15  Jodoform  in  einer  oder  besser  in  drei  Kapseln;  das  Auf- 
treten der  Jodreaction  im  Speichel  gestattet  einen  gewissen 
Rückschluss  auf  die  Energie  der  Pankreas function,  falls  die 
Motilität  des  Magens  normal  ist.  Die  Reaction  tritt  in  der  Norm 
*/4 — 1  Stunde  nach  dem  Frühstück  auf,  erhebliche  Verspätungen 
dürften  eine  pathognostische  Bedeutung  haben. 

Von  weittragendster  Bedeutung   für    die  Diagnose   der  Darm- 
erkrankungen  erscheinen   mir  eine  Reihe   experimenteller  und 
klinischer  Untersuchungen  über  Functionsprüfung  des 
Functions-  Darmes,  die  von  A.  Schmidt  (Verhdl.  des  16.  Congr.  f.  i.  Med., 
Prüfung     Berl   klin.  Wochenschr.  Nr.  41,  Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  61) 
A.  Schmidt*   ^^^^  von  Strasburger  (ibid.)  angestellt  worden  sind.    Die  Voraus- 
strasburger.    setzuDg  für  die  Verwendbarkeit  der  Fäcalgährung  zu  diagnostischen 
Zwecken  war  nicht  von  vornherein   gegeben,   sondern   es  bedurfte 
erst  einer  grossen  Zahl  mühseliger  Untersuchungen,  um  die  Berechti- 
gung einer  solchen  Verwerthung  darzuthun. 


Krankheiten  der  Yerdanongsorgane.  217 

Wenn  man  frische  Fäces  mit  Wasser  bis  zu  massig  dünnflüssiger 
Consistenz  verrührt  und  im  Brütschrank  bei  Körpertemperatur  stehen 
lässt,  so  stellt  sich  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  Gasbildung  ein. 
Schmidt  unterscheidet  aus  practischen  Gründen  eine  frühe  und 
späte  Nachgährung.  Die  erstere  beginnt  schon  nach  einigen  Stunden, 
hat  in  der  Regel  nach  Ablauf  des  ersten  Tages  den  Höhepunkt  und 
nach  48  Stunden  ihr  Ende  erreicht. 

Die  chemischen  Veränderungen  in  den  Fäces  weisen  darauf  hin, 
dass  bei  der  Frühgährung  vornehmlich  leicht  assimilirbare  Kohle- 
hydrate, bei  der  Spätgährung  vorwiegend  andere  Producte,  nament- 
lich Eiweiss,  doch  auch  Cellulose  zersetzt  werden.  Da  der  zweite 
Process  häufig  schon  vor  Beendigung  des  ersten  einsetzt,  so  ist  es 
verständlich,  dass  sich  auch  schon  bei  den  Gasen  der  Frühgährung 
Zersetzungsproducte  des  Eiweisses  vorfinden. 

In  jedem  Stuhle  finden  sich  Ueberreste  aus  dem  Nahrungs- 
eiweiss,  so  dass  eine  Spätgährung  in  massigen  Grenzen  zu  den  nor- 
malen Vorgängen  zu  zählen  ist  und,  soweit  sie  innerhalb  dieser 
Grenzen  bleibt,  klinisch  kein  weiteres  Interesse  erweckt. 

Anders  verhält  es  sich  mit  der  Frühgährung,  welche,  wie  Schmidt 
weiterhin  festgestellt  hat,  bloss  bei  zwei  Dritteln  gesunder  Menschen 
nach  gemischter  Kost  eintritt. 

Ob  eine  Frühgährung  erfolgt  oder  ausbleibt,  hängt,  abgesehen 
von  vereinzelten  Ausnahmen,  von  der  Anwesenheit  unverdauter 
Kohlehydrate  in  den  Fäces  ab.  Von  den  letzteren  kommt  gröbere 
Cellulose  nicht  in  Betracht,  da  dieselbe  erst  nach  Wochen  vergährt. 
Zucker  wurde  in  gesunden  Fäces  niemals  gefunden,  in  kranken  sehr 
selten.  Das  Gleiche  gilt  für  die  übrigen  löslichen  Kohlehydrate. 
Als  Vorbedingung  für  das  Zustandekommen  der  Frühgährung  muss 
demnach  im  Grossen  und  Ganzen  die  Anwesenheit  von  Stärke 
gelten.  Wenn  nun  bei  gleicher  Nahrung  die  Fäces  der  einen  Ver- 
suchsperson rasch  vergähren,  die  der  anderen  keine  Gasbildung 
zeigen,  so  ist  daraus  zu  entnehmen,  dass  der  Darm  der  ersteren 
Person  im  Verhältniss  weniger  Stärke  verdaut  hat  als  der  Darm  der 
letzteren,  somit  in  diesem  Punkte  weniger  functionstüchtig  war. 

Eine  gewisse  Menge  von  Kohlehydraten  kann  von  Gesunden  offen- 
bar so  vollkommen  assimilirt  werden,  dass  in  den  Fäces  keine  Früh- 
gährung eintritt.  Andererseits  zeigt  der  Umstand,  dass  bei  den  übrigen 
zwei  Dritteln  Nachgährung  eintrat,  dass  auch  bei  Gesunden  eine  Grenze 
vorhanden  ist,  von  der  ab  die  zugeführte  Stärke  nur  so  weit  verdaut  wird, 
dass  gewisse,  den  Gährungserregem  leicht  zugängliche  Reste  wieder 
ausgeschieden  werden.   Es  bestehen  hier  individuelle  Schwankungen. 


218  Rosenheim. 

Functions-  Bei  Erkrankungen  der  Verdauungsapparate  tritt  früher  und  in 

Prüfung     liöherem  Maasse  Frühcrährung  ein  als  beim  Gesunden.  Ein  Theil  dieser 
des  Darms,  .  .        . 

A.  Schmidt,    pathologischen  Frühgährung  zeigt  insofern  Besonderheiten,  als  dabei 

Strasburger.  neben  oder  statt  der  Kohlehydrate  in  hervorragendem  Maasse  Ei- 
weiss  zerfällt. 

Wollte  man  nun  auf  das  Verhalten  der  Frühgährung  diagnosti- 
sche Schlüsse  aufbauen,  so  war  es  erforderlich,  die  Grenzen  zwischen 
normaler  und  pathologischer  Frühgährung  kennen  zu  lernen.  Gibt 
es  eine  solche  Grenze,  und  wo  liegt  dieselbe?  Es  wurde  systematisch 
das  Verhalten  der  Kohlehydrate  von  verschiedener  Aufschliessbar- 
keit  in  Bezug  auf  die  Energie  der  Nachgährung  geprüft,  also  1.  leicht 
lösliche  Kohlehydrate  (Zucker),  die  nur  den  motorischen  und  resorp- 
tiven  Apparat  des  Darms  in  Anspruch  nehmen,  2.  Stärke,  bei  der 
noch  eine  diastatische  Wirkung  in  Action  treten  muss,  und  3.  Stärke, 
die  in  dünne  Zellwände  eingeschlossen  ist,  bei  der  celluloselösende 
Bacterien  in  Thätigkeit  treten  müssen  und  die  Ansprüche  an  alle 
anderen  Darmfanctionen  gesteigert  sind.  Die  Zulage  von  eiweiss- 
haltigen  Nahrungsmitteln  hatte  gar  keinen  Einfluss  auf  die  Gährung, 
oder  sie  nahm  sogar  et-was  ab.  Das  Gleiche  galt  bemerken  swerther 
Weise  auch  vom  Fett.  Wollte  man  nun  auf  Grund  dieser  Er- 
fahrungen gewisse  Diät  formen  aufstellen,  so  musste  man  berück- 
sichtigen, dass  dieselben  für  diagnostische  Zwecke  so  beschaffen  sein 
mussten,  dass  auch  Magendarmkranke  sie  geniessen  können  und 
dass  dabei  die  stoffliche  Bilanz  gewahrt  wird.  Hiemach  kommen 
zur  Verwendung  drei  Formen,  von  denen  die  erste  vornehmlich  aus 
Milch,  Eiern,  Haferschleim  und  Zucker  besteht  und  einen  calorischen 
Werth  von  1774  Cal.  hat.  In  der  zweiten  findet  sich  noch  gehacktes 
Fleisch  und  Kartoffelbrei  imd  in  der  dritten  noch  Cotelette  in  er- 
heblicheren Mengen  statt  des  gehackten  Fleisches  und  vor  allem 
Milchbrode.  Der  calorische  Werth  steigt  hier  auf  2136  Cal.  Der 
zu  untersuchende  Patient  erhält  zunächst  Form  1  zugleich  mit 
0,3  Carmin ;  wenn  die  Fäces  nicht  mehr  roth  gefärbt  sind,  d.  h.  nach 
etwa  3 — 4  Tagen,  wird  eine  Probe  zur  Gährung  angesetzt.  Dann 
folgt  Diät  2  und  wenn  nöthig  Diät  3.  Durch  Obstipationen  werden 
Verzögerimgen  herbeigeführt,  auch  wird  Form  3  nicht  immer  ver- 
tragen ;  Form  1  ist  in  vielen  Fällen  überflüssig.  Die  Dauer  eines  syste- 
matischen Versuches  würde  sich  immerhin  über  8 — 14  Tage  erstrecken. 

Die  Untersuchung  selbst  im  Einzelfalle  gestaltet  sich  so: 
der  Stuhl  wird  möglichst  frisch  mit  Wasser  gleichmässig  ver- 
rührt bis  zu  ziemlich  dünnflüssiger  Consistenz  und  in  den  unteren 
Theil  eines   für  diesen  Zweck   construirten  Gährungsröhrchens  ein- 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  219 

gefüllt,  das  mit  einem  durchbohrten  Gummipfropfen  luftdicht  abge- 
schlossen wird.  Durch  die  Durchbohrung  fuhrt  ein  Glasröhrchen, 
welches  an  seinem  Ende  einen  kleineren  Gummipfropfen  trägt,  auf 
den  ein  mit  Wasser  gefülltes  Rohr  an  einem  Ende  geschlossen  auf- 
gesetzt ist.  Steigen  jetzt  Gasblasen  auf,  so  wird  das  Wasser  in  ein 
daneben  befindliches  Steigrohr  gedrängt.  Der  ganze  Apparat  kommt 
in  den  Brütschrank  für  24  Stunden;  die  Gährungsprobe  ist  dann 
positiv,  wenn  etwa  '/< — V*  des  im  Rohre  befindlichen  Wassers  ver- 
drängt ist.  Die  Untersuchungen  bei  Gesunden  und  Kranken  ergaben, 
dass  das  Auftreten  von  Frühgährung  bei  Diätform  1  unbedingt  patho- 
logisch, bei  Diätform  2  eher  pathologisch  als  normal,  bei  Diätform  3 
normal  ist.  Bei  der  Mehrzahl  der  normalen  Stühle  tritt  bei  Diät- 
form 3  noch  keine  Gährung  auf,  beweisend  für  einen  krankhaften 
Vorgang  ist  bloss  der  positive  Ausfall  der  Probe.  Ist  so  die  Störung 
in  der  Kohlehydrat  Verdauung  erwiesen,  so  ist  die  Annahme  berechtigt, 
dass  vielleicht  in  noch  höherem  Maasse  die  Eiweiss-  und  Fett- 
resorption gelitten  hat.  Sitz  der  Erkrankung  ist  bei  positivem  Aus- 
fall der  Probe  der  Dünndarm  und  der  obere  Dickdarmabschnitt. 

Indem  wir  jetzt  zu  den  rein  klinischen  Arbeiten  übergehen,  con- 
statiren   wir,   dass   die  Discussion  über   die  Appendicitis  immer 
noch  eine   lebhafte   ist.     Ich   erwähne   eine  Besprechung  dieser  Er- 
krankung von  C.  Beck  (New  Yorker  med.  Monatsschr.  Nr.  6)  vom     Appendi- 
einseitigsten    chirurgischen    Standpunkte.      Kümmell    (Berl.    klin.        J  !*' 
Wochenschr.   Nr.    15)  geht  auf  die   recidivirende   Perityphlitis   ein,      Kümmell, 
die    er    nicht  weniger    als    104mal    ohne    einen    einzigen   Todesfall 
im    anfallsfreien    Stadium    operirt    hat.      Neuere   Erfahrungen   über 
Appendicitis  bietet  auch  Sonnenburg  (Mitth.  a.  d.  Grenzgeb.  Bd.  3),    Sonnenburg, 
die  bereits  Bekanntes  durch  Hinzufügung  neuerer  Beobachtungen  er- 
gänzen. —  Rendu   (La  Medecine   moderne   Nr.  51)   weist  auf  die       Rendu, 
Fälle  von  Peritonismus  hin,  wie  sie  bei  hysterischem  Zustande 
vorkommen  und  das  Bild  schwerster  Appendicitis  mit  Betheiligung  des 
Peritoneums  vortäuschen  können. 

Die  Appendicitis  in  ihren  Beziehungen  zu  Schwangerschaft, 
Geburt  imd  Wochenbett  analysirt  E.  Fraenkel  (Samml.  klin.      Fraenkel, 
Vortr.  Nr.  229).    Er  kommt  zu  der  Ueberzeugung,  dass  für  den  Ver- 
lauf der  Krankheit  in  der  Schwangerschaft  keine  wesentlich  anderen 
Bedingungen  als  ausserhalb   derselben   bestehen.     Sind  auch  Abort  J 

oder  Frühgeburt  überwiegend  häufig,  so  ist  das  Entscheidende  doch  -^ 

die  Form  der  Erkrankung;  Verwachsungen  des  Appendix  mit 
den  Genitalorganen  werden  nur  ausnahmsweise  den  schwangeren  Uterus 


220 


Rosenheim. 


Appendi- 

citis, 
Fraenkel, 


Czemy  u. 
Heddaens. 


in  seinem  Wachsthum  aufhalten  und  ihn  zu  vorzeitigen  Contractionen 
veranlassen.  Die  Möglichkeit  einer  durch  die  Zusammenziehung  des 
puerperalen  Uterus  bedingten  Continuitätstrennung  einer  periappen- 
dicitischen  Abscesswand  ist  nicht  von  der  Hand  zu  weisen.  So  kann 
es  dann  zu  jauchiger  Peritonitis  kommen;  auch  ist  eine  besondere 
Beziehung  der  Appendicitis  zur  Entstehung  von  Parametritis  im 
Wochenbette  anzuerkennen.  Leichte  Fälle  soll  man  exspectativ  be- 
handeln, bei  Recidiven  ist  der  operative  Eingriff  zu  empfehlen. 

Schliesslich  erwähne  ich  noch  die  Beiträge  zur  Pathologie  und 
Therapie  der  Wurmfortsatzentzündung  von  Czerny  und  Heddaeus 
(Beitr.  zur  klin.  Chir.  Bd.  21).  Der  acute  erste  Anfall  von  Appen- 
dicitis soll  nach  internen  Gesichtspunkten  behandelt  werden,  führt 
derselbe  aber  früher  oder  später  unter  alarmirenden  Erscheinungen 
allgemeiner  und  localer  Natur  zur  Perforation  mit  Abscessbildung, 
so  soll  der  Chirurg  eingreifen,  auch  dann,  wenn  der  Heerd  circum- 
scripit  bleibt  und  wenn  er  nach  dem  Ablauf  der  ersten  schweren 
Symptome  keine  wesentliche  Veränderung  zeigt.  Die  recidivirenden 
Formen  gehören  gleichfalls  dem  Chirurgen. 

Von  grossem  Interesse   sind  die  neueren  Studien,   die   die  Be- 
ziehungen zwischen  gewissen  im  Darminhalt  nachweisbaren  Mikro- 
organismen und  Erkrankungen  des  Darmes  klarzustellen  suchen. 
Drei  neue  Fälle  von  Balantidium  coli  im  menschlichen  Darm 
Balantidiumtheilt  Woit   mit  (Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  60).     Zwei   von 
®°^*»        den  3  Fällen  kamen  zur  Section;   in  dem  einen  derselben  fand  sich 

Woit 

nur  eine  Colitis,  in  dem  anderen  auch  Geschwürsbildung.  Von  einigem 
Nutzen  erwiesen  sich  bei  der  Behandlung  Einlaufe  von  Borsäure- 
lösung in  Verbindung  mit  Pulv.  flor.  cinae  1,5  3mal  täglich.  Dass 
die  Balantidien  die  Darmkrankheit  hervorrufen,  erscheint  Woit  un- 
zweifelhaft. 


Amöben, 
Harris, 


Römer. 


Die  Frage  der  Amöbendysenterie  erörtert  Harris  (Americ. 
Joum.  of  the  med.  Sciences,  April)  in  erschöpfender  Weise  an 
der  Hand  eines  reichen  Materials,  das  pathologisch-anatomisch  wie 
klinisch  gründlich  verwerthet  worden  ist.  Dass  die  Amöben  die 
Ursache  der  Erkrankung  sind,  nimmt  Harris  als  feststehend  an. 
Die  Amöben  gelangen  mit  dem  Trinkwasser  in  den  Verdauungs- 
schlauch. —  Dann  bringt  Römer  Erfahrungen  über  Amöben  bei 
Dysenterie  und  Enteritis  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  2),  die 
ihn  gelehrt  haben,  dass  einigennaassen  charakteristische  Unterschiede 
zwischen  den  Amöben  der  tropischen  und  denen  der  europäischen, 
speciell  der  deutschen  Ruhr  und  den  Amöben   der  Enteritis  nicht 


Krankheiten  der  Yerdauungsorgane.  221 

herauszufinden  sind.  Die  Ansicht,  dass  die  Amöben  nur  harmlose 
Schmarotzer  sind,  ist  nach  E.ömer  nicht  von  der  Hand  zu  weisen, 
ihre  Pathogenität  noch  nicht  entscheidend  bewiesen. 

Zinn  und  J  a  c  o  b  y  haben  die  bemerkenswerthe  Thatsache  fest-     A n ch y l o- 
gestellt,   dass  neben    zahh'eichen   anderen  Eingeweidewürmern  alle     stomum, 
von  ihnen  Untersuchten  aus  Vorderindien  und  Ceylon,  durchweg  ge-       jaooby 
sonde  Leute   verschiedener  Altersclassen ,   in  ihrem  Darm  Anchy- 
lostomen  beherbergen.     Die  Anchylostomiasis  ist   also   nicht  die 
nothwendige  Folge   des  Vorhandenseins  der  Würmer,   gewisse  Per- 
sonen und  Kassen  zeigen  sich  offenbar  immun  (Berl.  klin.  Wochen- 
schrift Nr.  43). 

In  sehr  eingehender  Weise  bespricht  noch  einmal  einer  unserer 
hervorragendsten  Kenner  der  Anchylostomen,  Leichtenstern,  die  Leichtensteni. 
Genese  der  Anchylostomenkrankheit.  Er  weist  von  neuem  darauf 
hin,  dass  das  eigentliche  Element  der  encystirten  Larven  das 
Wasser  ist.  Die  Anämie  erregende  Wirkung  der  Parasiten  ist 
durch  die  hämatophage  Lebensweise  derselben  und  durch  die  von 
ihnen  ausgehende  Giftwirkung  zu  erklären  (Wien.  klin.  Rundschau 
Nr.  28—27). 

ZurKenntnissder  Anguillula  intestinalis  bietet  Leichten-  Anguilluia, 
Stern  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  8)  eine  Reihe  bemerkens-  L«ichtenst«rn. 
werther  Betrachtungen,  die  das  Ergebniss  der  Beobachtungen  an 
14  Anguillulaträgem  und  zahlreicher  Culturversuche  sind.  Die 
pathologische  Bedeutung  dieser  Würmchen  schätzt  er  sehr  niedrig 
ein,  man  würde  aber  zu  weit  gehen,  anzunehmen,  dass  sie  immer 
ganz  harmlos  wären.  Festzuhalten  ist,  dass  es  in  morphologischer 
Hinsicht  nur  eine  AnguiUula  gibt,  deren  Embiyonen  theils  die 
Fähigkeit  der  directen  Umwandlung  in  die  Filariaform,  theils  die 
Fähigkeit  der  Erzeugung  der  Rhabditis-stercoralis-Generation  besitzen. 
Leichtenstern  macht  zum  Schluss  noch  darauf  aufmerksam,  dass 
der  Anguillulawirth  sich  häufig  selbst  mit  Embryonen  seiner  eigenen 
Parasiten  inficirt. 

Speciell  die  Erkrankungen  des  Cöcums  sind  Gegenstand  einer 
eingehenden  Studie  von  Obrastzoff  (Arch.  f.  Verdauungskr.  Bd.  4). 
Bei  den  Carcinomen,  wenn  sie  noch  nicht  zu  weit  vorgeschritten 
sind,  fallt  die  bedeutende  Beweglichkeit  des  Tumors  auf,  die 
hinzukommende  Stenose  der  aus  dem  Dünndarm  in  den  Dickdarm 
führenden  Oeffnung  entwickelt  sich  ziemlich  rasch,  prägnant  und  oft 


222  Rosenheim. 

Cöcal-       frühzeitig.     Die  Diagnose   Tuberculose  des  Cöcums   stützt   sich 

erkran-      einmal  auf  die  Infiltrationen  der  Wandungen  des  Organs,   welches 
klingen,  .  .  od? 

übrastzoff.  l>ei  Palpation  den  Charakter  eines  Tumors  annimmt,  und  auf  die 
Anwesenheit  von  TuberkelbaciUen  im  Stuhl.  Tritt  Diarrhoe  auf,  so 
hängt  dieselbe  von  tuberculösen  Greschwüren  des  Dünndarmes  ab. 
Der  Befund  der  Bacillen  ist  deshalb  von  Bedeutung,  weil,  wie  ein- 
schlägige Untersuchungen  zeigten,  ohne  Erkrankung  des  Darmes 
Bacillen  im  Stuhlgang  bei  Phthisikem  nicht  gefunden  wurden.  Der 
Tumor  bei  der  Tuberculose  ist  in  seiner  Umgrenzung  undeutlicher 
als  beim  Carcinom.  Die  tuberculose  Perityphlitis  ist  durch 
Unbeweglichkeit  des  Tumors  ausgezeichnet,  während  bei  der 
Cöcaltuberculose  die  Beweglichkeit  sehr  gut  erhalten  zu  sein  pflegt. 
Festigkeit,  Unebenheit  und  Schmerzhaftigkeit  des  Heums  bei  Vor- 
handensein von  TuberkelbaciUen  im  Stuhlgang  lassen  eine  tuberculose 
Erkrankung  des  Ileums  erkennen.  Dasselbe  wird  als  ein  zeige-  bis 
Cöcumtuber-  mittelfingerdicker  Strang  palpirt.  —  Conrath  behandelt  ausfuhrlicher 
culose,  noch  die  locale  chronische  Cöcumtuberculose  (Beitr.  z.  klin. 
Chir.  Bd.  21).  Sie  entsteht  durch  verschlucktes  Sputum,  nur  in 
wenigen  Fällen  lymphogen  oder  hämatogen  bei  bestehender  Allge- 
meininfection.  Das  Vorkommen  primärer  Darmtuberculose  bei  älteren 
Kindern  und  Erwachsenen  kann  nicht  von  der  Hand  gewiesen  werden. 
Prädisponirt  ist  wegen  der  hier  stattfindenden  Stagnation  das  Cöcum, 
von  dem  aus  sich  der  Process  weiterverbreiten  kann.  Die  Cöcal- 
tuberculose ist  mucös  und  submucös,  manchmal  auch  subserös,  durch 
Contactinfection  von  den  Lymphdrüsen  her  entstanden.  Je  geringer 
die  Lungenaffection ,  um  so  eher  bleibt  der  Process  locaUsirt.  Der 
tuberculose  Cöcaltumor  ist  eine  Neubildung  mit  Bindegewebs-  und 
Muskelhypertrophie  und  Infiltration  wenig  zum  Zerfall  neigender 
TuberkeDmötchen.  Der  Verlauf  der  Krankheit  ist  gewöhnlich  ein 
exquisit  chronischer;  eitriger  Zerfall  ist  nicht  die  Regel.  Die  Abscess- 
bildung  kann  ohne  Fieberbewegung  einhergehen,  Wechsel  von  Ver- 
stopfung und  Diarrhoe  ist  ein  häufiges  Symptom;  Kolikanfalle,  von 
der  Stenosirung  des  Lumens  abhängig,  fehlen  selten.  TuberkelbaciUen 
im  Stuhl  beweisen  nicht  viel,  aber  der  Tumor  ist  meist  nicht  zu 
verkennen,  durch  Aufblähen  des  Darms  kann  er  bisweilen  besonders 
deutlich  gemacht  werden.  Gestalt-  und  Grössenwechsel  des  Tumors 
ist  abhängig  vom  Fäcalgehalt  des  Darmtheils,  auf  Druck  fiihl-  und 
hörbare  Geräusche  sind  beachtenswerth.  Verwachsung  mit  der 
Nachbarschaft  macht  die  Geschwulst  unbeweglich.  Enteroanasto- 
mose  und  Resection  sind  die  beiden  in  Betracht  kommenden  chirur- 
gischen Verfahren. 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane. 


223 


Die  Frage  der  Enteroptose  und  ihre  Beziehung  zum 
intraabdominalen  Druck  behandelt  Meltzing  (Arch.  f.  Ver- Enteroptose, 
dauungskr.  Bd.  4).  Er  unterscheidet  eine  reine  Enteroptose,  deren  Meltzing, 
Charakteristicum  der  Hängebauch  ist  und  deren  Ursache  in  einer 
Veränderung  der  vorderen  Bauchdecken  imd  des  Beckenbodens  ge- 
sucht werden  muss.  Hier  spielt  das  Corsett  oder  der  Schnürdruck 
ätiologisch  gar  keine  RoUe.  Wohl  aber  ist  dies  bei  der  zweiten 
Form  der  Enteroptose,  die  durch  Verdrängung  entsteht,  und  zwar 
sowohl  bei  Bauchdecken  mit  herabgesetzter  Widerstandsfähigkeit, 
als  auch  bei  jugendlich  straffen  der  FaU.  Die  Gesetze  des  intra- 
abdominalen Druckes  erleiden  bei  dieser  letzten  Form  meistens  keine 
Störung;  es  fehlt  eine  negative  Druckzone,  ebenso  wie  auch  eine 
dauernde  Erhöhung  des  Bauchdruckes.  In  der  Norm  haben  wir  es 
beim  lebenden  Individuum  zunächst  mit  dem  hydrostatischen  Druck 
zu  thun.  Der  Spannungsdruck  der  Musculatur  des  Bauches  kommt 
erst  bei  Anwendung  der  Bauchpresse  ernstlich  in  Betracht,  die  nega- 
tive Schwankung  ist  wesentlich  abhängig  von  Eespiration  und  Blut- 
anfullung. 

In  Betreff  der  Pathogenese  der  Enteroptose  vertritt  Rosen-  Rosengart. 
gart  (Zeitschr.  f.  diät.  u.  physik.  Therap.  Bd.  1)  die  Anschauung, 
dass  auf  der  einen  Seite  das  Persistiren  der  angeborenen  Lage  der 
Eingeweide  in  allen  oder  nur  in  einzelnen  Theilen,  auf  der  anderen 
Seite  die  unter  der  Wirkung  äusserer  Ursachen  erfolgende,  mehr 
oder  weniger  vollständige  Rückwärtsentwickelung  zu  den  Verhält- 
nissen des  angeborenen  Situs  von  entscheidender  Bedeutung  sind. 
Wir  haben  es  also  bei  der  Enteroptose  mit  einer  Lagerung  zu  thun, 
wie  sie  ihre  höchste  Ausbildung  im  fötalen  Organismus  gefunden 
hat.  Entweder  handelt  es  sich  um  ein  Stehenbleiben  auf  der 
fötalen  Anlage  oder  um  einen  Entwickelungsgang  in  umgekehrter 
Eichtung.  Untersuchimgen  an  Föten  und  Kinderleichen  stützen 
diese  Theorie. 


Einen  Fall  von  chronischer  Darmstenose  bei  männ- 
licher Hysterie  wird  von  Strauss  mitgetheilt  (Berl.  klin. 
Wochenschr.  Nr.  38).  Das  Krankheitsbild  war  so  irreführend,  dass 
2inal  mit  Rücksicht  auf  die  bedrohlichen  Obstructionserscheinimgen 
eine  Laparotomie  gemacht  worden  ist.  —  Duodenalstenose,  her- 
vorgerufen durch  einen  grossen  Gallenstein,  ohne  dass  je  charak- 
teristische Erscheinungen  vorhanden  gewesen  waren,  die  an  Chole- 
lithiasis  denken  Hessen,  fahrte  bei  einem  Patienten  von  Wegele 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  16),  als  man  den  Versuch  einer  Re- 


Darm- 

stenose, 

Strauss, 


224 


Rosenheim. 


Darm-       section  machte,  den  Tod  herbei,  während  in   einem  Falle  von  Re- 
p!^^-"'     widzof  f  (Arch.  f.  Verdauungskr.  Bd.  4)  Gastroenterostomie  Heilung 
brachte. 


Rewidzoff. 


Mastdarm- 

Btrictur, 

Schachardt. 


Darm-  Habel  (Virch.  Arch.  Bd.  153)  bestätigt  in  Betreff  der  Darm- 

**TRhV^'  atrophie  die  Anschauungen  Gerlach's  imd  Heubner's,  dass 
Schwund  der  Drüsen  und  Zotten  gemeinhin  ein  postmortales  Phä- 
nomen ist,  bei  dem  Andauung,  Fäulniss  und  Ueberdehnung  durch 
Gasblähung  die  Hauptrolle  spielen. 

Schuchardt  (Virch.  Arch.  Bd.  1B4)  vertritt  die  Auffassung, 
dass  die  Mastdarmstrictur  gemeinhin  syphilitischen  Ur- 
sprungs sei.  Sie  beginnt,  sich  von  imten  nach  oben  entwickelnd, 
mit  der  Büdung  merkwürdiger  blaurother,  prominirender  Knötchen 
an  der  Oberfläche  der  Schleimhaut,  dies  sind  gummöse  Teleangiekta- 
sieen;  zugleich  findet  eine  Absetzung  specifischen  Gewebes  und 
gummöser  Knoten  in  der  Submucosa  und  den  tieferen  Schichten 
statt.  Durch  den  auf  Nekrobiose  beruhenden  Zerfall  des  specifischen 
Gewebes  entstehen  zunächst  oberflächliche,  oft  serpiginöse  Geschwüre, 
weiterhin  tiefe,  mit  narbiger  Schrumpfung  verbundene  Substanzver- 
luste und  Stricturen. 

Hämatomdes         Einen   seltenen   Fall  von  Darmerkrankung,   der   sich    als   sub- 
Dünndarms, seröses  Hämatom  des  Dünndarmes  darstellt,  beobachtete  und 

heilte  durch  Operation  P.  Wollheim    (Münch.   med.    Wochenschr. 

Nr.  6). 

Zwei  neue  Fälle  von  Lymphosarkomotose  des  Dünndarms 

Lympho-     theüt  R.  Schmidt  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  21)   mit  und  er- 

sarkom  des  örtert    die   Beziehungen    zur   Tuberculose.     Das    Krankheitsbüd   ist 

R  Schmidt'*  ^-hnlich  dem  bei  Tuberculosis  peritonei,  beide  Processe  können  com- 

binirt    sein.     Von    diagnostischem    Werth    ist    das    Verhalten    der 

Oedeme,  die  frühzeitig  ohne  nachweisbare  Ursache  einsetzen  und 

die  Neigung  zu  diffuser  Ausbreitung  haben,  fem  er  die  kachektische 

Mitbetheiligung  des  Gesammt Organismus. 

Myom  des  lieber  die  Myome  des  Magendarmkanals  berichtet  erschöpfend 

Magendarm- ß    Steiner  mit  Beibringung  neuer  eigener  Beobachtungen  (Beitr. 

R.  Ste*nw.      Z-  ^li»-   ^^^-  ^^'  22). 


Colica 

mucosa, 

V.  Koorden. 


Für  die  Behandlung  der  Colica  mucosa  empfiehlt  v.Noorden 
(Zeitschr.  f.  pract.  Aerzto  Nr.  1)  die  Verwendung  einer  schweren, 
vegetabilienreichen  Kost,  durch  die  meist  spontan  Stuhl  erzielt  wird. 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  225 


B.  Leber. 

P i  c h  1  e r  (Centralbl.  f.  innere  Med.  Nr.  36)  macht  auf  die  Sicht-       Leber- 
barkeit   des  unteren   Leberrandes   (den   Leberschatten)   fiir    >c^»*<^en, 
diagnostische  Zwecke  aufinerksam.   Bei  tiefer  Bauchathmung  nimmt 
das  Auge  einen  dem  Zwerchfellschatten  ganz  gleichen  Bewegungs- 
vorgang wahr,   auch  die  grosse  Curvatur   des  Magens  und  Darm- 
stücke können  in  ihrer  Begrenzung  so  erkannt  werden,  was  R,  Stern        Stem. 
(ibid.  Nr.  43)  bestätigt. 

Die    Frage    der    alimentären    Glykosurie    bei    Leber- 
kranken erörtert  Bierens  de  Haan  (Arch.  f.  Verdauimgskr.  Bd.  4).  Alimentäre 

Das  Vorkommen  derselben  bei  allen  Formen  von  Cirrhose,  aber  auch  G^^y^osurie 

bei  Leber- 
gelegentlich bei  anderen  Leberaffectionen  ist  nicht  zu  leugnen,  es   krankheit, 

scheint   aber,    dass  mehr  der  Allgemeinzustand,   der  stark   gelitten     Bierena  de 

hatte,  als  der  cirrhotische  Process  fiir  das  Auftreten  des  Phänomens 

verantwortlich  zu  machen  wäre. 


Haan. 


Das  Verhältniss  der  hypertrophischen  zur  atrophi- 
schen Leber entzündung  analysirt  Tauszk  (Pest,  med.-chir.  Cirrhose, 
Presse  Nr.  33  u.  34)  und  theilt  einen  beweisenden  Fall  mit,  der  die  Tauszk. 
TJmwandlimg  der  ersten  Form  in  die  zweite  darstellt.  Diese  voll- 
zieht sich,  wenn  zu  der  Erkrankung  des  biliären  Bindegewebes  sich 
die  Veränderung  des  portalen  Bindegewebes  und  des  Parenchyms  hin- 
zugesellt;  gleichviel,  ob  dies  direct  oder  indirect,  consecutiv  oder 
zufallig  geschieht,  so  wird  sich  die  grosse  Leber  verkleinem  und 
Hydrops  zum  Icterus  hinzutreten. 

Ueber   Katalepsie  imd  Psychose  bei  Icterus   sprechen 
sich  Damsch  und  Gramer   aus  (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  13  Katalepsie 
und  14).      Die    kataleptischen    Symptome    wurden    bei   gutartigem  ^®^  Icterus, 
Icterus   im  Kindesalter   beobachtet ,    die    maniakalischen   Zustände,       Cramer. 
richtiger  Verwirrtheit  mit  Aufregung  verliefen  unter  dem  Bilde  der 
acuten  gelben  Leberatrophie,  agitirte  Melancholie  kam  in  einem  Falle 
von  anhaltendem  Icterus  zur  Beobachtung. 

Stoffwechselversuche  hat  in  einem  Falle  von  katarrhalischem 

Icterus  R.  Schmidt  (Centralbl.  f.  inn.  Med.  Nr.  5)  angestellt;    das  Ver-  Katarr 

halten  des  neutralen  Schwefels  spricht   gegen   die  Annahme   einer  Mehr-        *ch< 

production  von  Taurocholsäure  im  Sinne  einer  Leberimtation.    Aber  auch         „  . 

bei  langdauemdem  Icterus   findet   andererseits  keine  Einschränkung  der 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  25 


226  Rosenheim. 

Production  der  Gallensäuren  statt.  Dies  spricht  dafür,  dass  die  Zellfanc- 
tion  der  Leber  nicht  gut  alterirt  sein  kann,  und  des  weiteren  erscheint  es 
deshalb  nicht  plausibel,  das  Zustandekommen  des  Icterus  in  einer  Parenchym- 
erkrankung  zu  suchen,  vielmehr  dürfte  es  sich  in  einschlägigen  Fällen  um 
Resorption  gestauter  Galle  im  Sinne    der  mechanischen  Theorie  handeln. 

Unter  den  Arbeiten,  die  die  Gallensteinkolik  behandeln, 
Chole-  erwähnen  wir  vorerst  eine  Arbeit  Riedels  (Mitth.  a.  d.  Grenzgeb. 
^*^^^"/*»  Bd.  3).  Jede  Gallensteinkolik  beruht  nach  diesem  Autor  primär  auf 
der  acuten  Entzündung  einer  hydropischen  Gallenblase. 
Der  Stein  steckt  im  Blasenhals,  das  Exsudat  ist  kokkenfrei  und 
kann  spontan  zurückgehen.  Obwohl  der  Stein  im  Hals  der  Gallen- 
blase bleibt,  kann  doch  Icterus  auftreten ,  der  ein  entzündlicher  im 
Gegensatz  zu  dem  reell  lithogenen  ist.  Aus  dem  serösen  kann  ein 
eitriges  Exsudat  allmählich  werden ;  ist  der  Stein  sehr  klein,  so  kann 
er  durch  den  Druck  des  Exsudates  durch  den  Ductus  cysticus  imd 
choledochus  herausbefördert  werden.  Bei  sehr  kleinen  Steinen  kann 
sich  dies  gelegentlich  ohne  Icterus  vollziehen.  Sehr  häufig  bleiben 
die  Steine  im  Ductus  choledochus  stecken,  weil  sie  relativ  gross 
sind  oder  weil  die  Entzündung  nachlässt.  Die  hier  entstehenden 
Entzündungen  sind  zimächst  serös,  später  eitrig. 

—  Glykos-  Glykosurie   ist    nach   Zinn    (Centralbl.   f.  i.  Med.  Nr.   38) 

^'*®'        bei   GaUensteinkrankheit  sehr  selten;  er  fand  sie   unter  89  Fällen 

Exner.        2mal.     Exner  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  31)  hatte   vordem 

auf  das  unverhältnissmässig    häufige    Vorkommen  von    Zucker   im 

Harn  Gallensteinkranker  aufinerksam  gemacht. 

Einen  lesenswerthen  Aufsatz  über  die  Frage :  wie,  wodurch  imd 
in  welchen  FäUen  von  Cholelithiasis  wirkt  eine  Karlsbader 
—  Karls-  Cur?  liefert  uns  Kehr  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  38).  Als 
^'*®' ^'*''  Erklärung  für  das  plötzliche  Sistiren  der  Schmerzen  nimmt  er  ein 
Aufhören  des  entzündlichen  Processes  an  und  gibt  zu,  dass  die 
Krankheit  in  jedem  Stadium  spontan  heilen  oder  wenigstens  sym- 
ptomlos werden  kann.  Die  Karlsbader  Kur  ist  am  Platze  bei 
acutem  Choledochusverschluss,  soweit  er  sich  nicht  zu  sehr 
in  die  Länge  zieht,  bei  entzündlichen  Processen  in  der 
Gallenblase  mit  und  ohne  Icterus,  wenn  sie  selten  oder  nicht  zu 
häufig  auftreten,  bei  häufigen  Koliken  und  jedesmaligem  Ab- 
gang von  Steinen,  bei  Kranken,  welche  an  Adipositas,  Diabetes, 
Gicht  leiden  oder  bei  denen  wegen  Affectionen  des  Herzens  die  Ge- 
fahren der  Narkose  in  Betracht  kommen  und  endlich  bei  Operirten. 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  227 

Der  Operation  verfallen:  die  acuten,  serös- eitrigen  Entzün- 
dungen, die  aus  diesen  resultirenden  Verwachsungen,  wenn 
sie  Beschwerden  machen,  der  chronische  Choledochus-  und 
Cysticusverschluss,  alle  hartnäckigen,  den  Lebensgenuss 
verbitternden  Cholelithiasisformen,  eitrige  Cholangitis 
und  Leberabscess,  Perforationen  an  den  Gallenwegen  und 
Peritonitis  und  endlich  der  Gallensteinmorphinismus. 

Das  Vorkommen  von  Spulwürmern  in  den  Gallengängen 
beweisen    2    neue   Beobachtungen  von   Hertens    (Deutsche    med.  Spulwürmer 
Wochenschr.  Nr.  23).    Leick  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  20)*'^^«^^*^^«'^- 

W  O  O^  A  T| 

sah  in  einem  Falle  einen  Leberabscess,  von  dem  er  annimmt,  dass      Mertens,* 
er  durch  infectiöse  Keime,    die  ein  Spulwurm  mitgeschleppt  hatte,        Leick. 
entstanden  ist. 

Zum  Schluss  sei  noch  auf  einen  höchst  bemerkenswerthen  Fall 
von  acuter   gelber  Leberatrophie    mit  Ausgang   in  Heilung 
hingewiesen ,  den  Senator   (Charite-Annalen  Bd.   23)   beobachtete  Acute  gelbe 
und  bei  dem  Stoffwechseluntersuchungen  gemacht  wurden.       Leber- 
Diese  zeigten  als  bemerkenswerth  ein  ausserordentlich  starkes  Herab-       Senator. ' 
sinken  des  Gesammtstickstoffs  im  Harn  während  der  Zeit  des  voll- 
ständigen  oder  fast  vollständigen  Hungems.     In   der  Zeit,  in  der 
femer  der  Eiweisszerfall  besonders  hoch  erscheint,  wird  die  relative 
Harn  Stoffausscheidung  auffallend  niedrig.     Endlich  ist   eine  relative 
Vermehrung  des  Ammoniaks  bemerkenswerth  gewesen. 

E«  Pankreas. 

S.  Rosenberg  (Pflüger's  Arch.  Bd.  70)  hat  an  Hunden  Versuche  über  Verdauung 
den   Einfluss   des   Pankreas   auf  die   Resorption   der  Nahrung         ^^^ 
gemacht,  nachdem  die  Ausführungsgänge  unterbunden  und  zur  Verödung  ^^   ^^^^l 
gebracht  worden  waren.    Anfangs  trat  nur  eine  merkliche  Störung  der 
Stickstoffausnutzung  ein,   die  Fett-  und  Kohlehydratresorption  wird 
erst  nach  längerer  Zeit  bei  gleichzeitig  weiterer  Verminderung  der  Stick- 
stoffVerwerthung   geschädigt.     Es    muss    also    im  Anfang  tryptisches   und 
amylolytisches  Ferment    auf  Umwegen   in    den  Darm   kommen.    Die  Be- 
dingungen  fBr  die  Resorption  der  Fette  sind  auch  bei  vollständiger  Ab- 
wesenheit  der  Fermente  vorhanden,   indem  Bacterienwirkung  als  Ersatz 
eintritt.  —  Stoffwechseluntersuchungen  bei  Verschluss  des  Ductus  pancreati- 
cus, die  Deucher  in  3  Fällen  anstellte  (Correspondenzbl.  f.  Schweiz.  Aerzte      oeuniMir. 
Nr.  11),  zeigten  die  Nothwendigkeit  des  Zusammenwirkens  von  Bauchspeichel 
und  Galle  für  die  Fettresorption.    Die  Spaltung   der  Fette  kann  bei 
Pankreasverschluss  genau  so  vor  sich  gehen  wie  in  der  Norm.    Die  Aus- 


228  Rosenheim. 

Chronische  nutzung  des  Eiweisses  wird  deutlich,  aber  nicht  beträchtlich  gestört, 

♦  u**ii       ^^®  Resorption  der  Kohlehydrate  erleidet  keine  Einbusse. — Dem 

Pankrea-     gegenüber  war  in  einem  FaUe,   den   ich  selbst   (Berl.   klin.  Wochenscbr. 

titis,        Nr.  14)  beobachtete  und  bei  welchem  es  sich  um  eine  chronische  inter- 

Rosenheiin.     stitielle  Pankreatitis   infolge  von  Lues  handelte  und  in   dem  auch 

Glykosurie  bestand,  die  Fettspaltung  minimal,  die  Fettverdauung 

so  schwer  geschädigt,  dass  nahe  an  807»   des  Fettes  zu  Verlust  ging. 

Von  dem  Eiweiss  der  Nahrung  erschienen  rund  20  7«  ^^  Koth  wieder.    Der 

im  Harn  ausgeschiedene  Zucker  war  höchst  wahrscheinlich  Maltose. 

Schliesslich  sei  hier  noch  auf  experimentelle  Studien  über  die  Fett- 
Fettnekrosegewebsnekrose   des  Pankreas  von  Eatz   und  Winkler  (Arch.  f.  Ver- 
ses dauungskr.  Bd.  4)  hingewiesen.    Die  Nekrose  wurde  an  Hunden  künstlich 
K  ^**"'    erzeugt  durch  Ligaturen  bei  möglichster  Schonung  der  grossen  Gefässe. 
Winkler.      ^^^  Nekrosen  waren  dort  am  ausgesprochensten,  wo  Secretstauimgen  statt- 
fanden.   Auffiel   nach   der  Operation   bei  den  Versuchsthieren  die  Ver- 
mehrung  der  Leukocyten   im   Blut,    die   als   eine  Folge   resorbirter 
Nucleine,  vielleicht  auch  neugebildeter  Toxine  anzusehen  wäre.   Die  gleiche 
Ursache   bedingt  auch   eine   rasche  Gerinnbarkeit  des  Blutes   und 
frühzeitiges  Auftreten   von  Blutkrystallen   im  nativen  Präparat.     Femer 
zeigte  sich  bei  den  Versuchsthieren  gewöhnlich  eine  erheblichere  Ver- 
kleinerung der  Milz,  eine  Wechselbeziehung,  auf  welche  schon  embiyo- 
logische  Beobachtungen  seit  langem  hingewiesen  haben. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

J.  Boas,  Diagnostik  und  Therapie  der  Darmkrankheiten.  L  Theil:  All- 
gemeine Diagnostik  und  Therapie.    Leipzig. 

Diätbüchlein,  Nach  v.  Lejden's  Handbuch  der  Ernährungstherapie. 
Leipzig. 

L.  Ebstein,  üeber  Oesophagoskopie  und  ihre  therapeutische  Verwendbar- 
keit.   Wien  u.  Leipzig. 

M.  Einhorn,  Die  Krankheiten  des  Magens.  Ein  Lehrbuch  für  Aerzte  und 
Studirende.    Berlin. 

P.  Glatz,  Dyspepsies  nerveuses  et  neurasth^nie.    Basel. 

Hans  Herz,  Die  Störungen  des  Verdauungsapparates  als  lUrsache  und 
Folge  anderer  Erkrankungen.    Berlin. 

J.  G.  Hemmeter,  Diseases  of  the  stomach.    Philadelphia. 

Justine  Hidde,  Die  Krankenkost.  Eine  kurze  Anweisung,  wie  dem 
Kranken  die  Speisen  zu  bereiten  sind.    Wiesbaden. 

Eochrecepte  und  kurze  Winke  zur  Bereitung  von  Speisen  für  Darm-  und 
Magenleidende  nach  KussmauTs  Methode  practisch  erprobt  im  Ev. 
Diakonissenhause  zu  Heidelberg  und  zusammengestellt  von  Schwester 
Magdalene.    2.  Aufl. 


r 


Krankheiten  der  Verdauungsorgane.  229 

E.  ?.  Leyden,  Handbuch  der  Ernährungstherapie  und  Diätetik.    Leipzig. 
Lindner   und  L.  Kuttner,    Die  Chirurgie    des   Magens   und   ihre  Indi- 

cationen.    Berlin. 
S.  M.  Lukjanow,  Grundzüge  einer  allgemeinen  Pathologie  der  Verdauung. 

Zehn  Vorlesungen.    Leipzig. 
H.  Nothnagel,  Die  Erkrankungen  des  Darmes  und  des  Peritoneums.   III. 

und  letzter  Theil.    Wien. 
Oser,  Die  Erkrankungen  des  Pankreas.    Wien. 
J.  F.  Pawlow,  Die  Arbeit  der  Verdauungsdrüsen.   Uebersetzt  von  Walter. 

Wiesbaden. 
Quincke   und   Hoppe-Seyler,    Die   Erkrankungen   der  Leber.     Wien. 
Rosenheim,  Allgemeine  Therapie  der  Krankheiten  der  Verdauungsorgane. 

Sonderausgabe   aus  dem  Lehrbuch   der  allgemeinen  Therapie  von 

Eulenburg  und  Samuel.    Wien  und  Berlin. 
A.  Schmidt,  Die  Schleimabsondenmg  und  ihre  diagnostische  Bedeutung 

für   die  Entzündung   der  Schleimhäute.    Sammlung  klinischer  Vor- 
träge, Neue  Folge  Nr.  202.    Leipzig. 
H.  Starck,  Ueber  Magendurchleuchtung.     Sammlung  klinischer  Vorträge, 

N.  F.  Nr.  270.    Leipzig. 
A.  Verbaegen,  Physiologie  et  pathologie  de  la  secr^tion  gastrique  suivies 

de  la  technique  compl^te  du  cath^tärisme  de  Testomac  et  de  Texamen 

m^thodique  du  liquide  gastrique.    Paris. 
A.  E,  Vogl,  Die  wichtigsten  vegetabilischen  Nahrungs-  und  GenussmitteL 

1.  u.  3.  Lieferung.     Wien  u.  Leipzig. 


n,  6.  Krankheiten  der  Hamorgane 

(ausschliesslich  der  chirurgischen  und  venerischen). 
Von  Prof.  Fürbringer  und  Dr.  H.  Stettiner  in  Berlin. 

A.  Anatomie,  Physiologie,  Untersucliungsmethoden. 

üeber  die  Lage   der  Nieren,   namentlich  in  Bezug  auf  ihre  Zu- 
Lage  der     gänglichkeit  für  die  Palpation,  haben  Wolf  Becher  und  Rudolf  Len- 

Ni ereil,       hoff  (Deutsche  med.  Wochenschr.   Nr.  32)  einmal  an  24  Samoanerinnen, 
W   Becher  u  .  . 

R  Lenhoff  ^°^  einen  etwaigen  Einfluss  der  bei  uns  üblichen  Frauenkleidung  auszu- 
schalten, und  zweitens  bei  300  einheimischen  Patientinnen  Versuche  an- 
gestellt. Sie  sind  dabei  zu  dem  Ergebniss  gelangt,  dass  das  Vorkommen 
palpabler  Nieren  an  sich  unabhängig  vom  Schnüren,  vielmehr  von  der 
Körperform  des  Individuums  in  seiner  Gesammtheit  abhängig  sei. 

In  der  Goulstonian  lecture  über  Beobachtungen  aus  der  Nierenpatho- 
Physiologie  logie  (The  Lancet,  19.  März)  gibt  John  Rose  Bradford  einleitend  einen 
der  Ni^ere,  Ueberblick  unserer  jetzigen  Kenntnisse  der  Physiologie  der  Niere, 
indem  er  ihre  Circulationsverhältnisse,  ihre  excretorische,  ihre  synthetische 
und  ihre  metabolische  Thätigkeit  auseinandersetzt,  welch  letztere  schein- 
bar einige  Aehnlichkeit  mit  der  sog.  , inneren  Secretion"  der  Schilddrüse 
hat.  Die  Wirkung  partieller  und  totaler  Nephrektomieen ,  Unterbindung 
der  Nierenarterien  und  üreteren  bei  Hunden  wird  ausführlich  besprochen 
und  klar  auseinandergesetzt. 

Von  grossem  Interesse   dürften  die  noch  nicht  ausführlich  veröflPent- 
l'rin  der      lichten  Resultate  der  von  Paul  Richter  und  Leop.  Casper  angestellten 
beiden       Untersuchungen  über  die  Arbeits theilung  der  Nieren  sein,   auf  die 
Nieren,      ersterer  gelegentlich  der  Discussion  über  die  therapeutischen  Erfahrungen 
über   den  Ureterkatheterismus  kurz   hinwies   (Berliner  med.  GeseDschaft, 
7.  Decbr.).   Der  zu  gleicher  Zeit  gesondert  aufgefangene  Urin  beider  Nieren 
zeigt  unter  physiologischen  Verhältnissen  nahezu  die  gleiche  chemische  Be- 
schaffenheit, während  sich  bei  Erkrankung  der  einen  Niere  sofort  Differenzen 
zeigen. 


John  Rose 
Bradford. 


Krankheiten  der  Hajinorgane.  231 

Die  gegenw&rti^ten  Änaclianungen  Über  den  HarnblaaenverBchluüs 
beipricht  Maiimilian  t.  Zeissl  (Wiener  med.  Presse  Nr.  22).  Er  hat  HamblasHii- 
bereits  vor  12  Jahren  auf  die  Bedeutung  des  M.  sphincter  internus  hin-  veraolilu»«, 
gewieaea  und  durch  Thierrersnche  gezeigt,  dass  derselbe  einen  sicheren 
VerschlnsB  der  Blaae  bilde,  wie  dies  nun  neuerdings  auch  durch  die  Arbeiten 
von  Behfisch  (vergl.  dieses  Jahrbuch,  voriger  Jahrg.  S,  229)  und  in  der 
Houographie  t.  Frankl-Hocbwart  und  Zuckerkaiidl  durch  neue  ex- 
perimentelle und  klinische  Tbatsachen  klargelegt  sei. 

Ab  ein  zuverlässiges  ßeagenB  zum  Nachweis  von  Albumen 
im  Harn  schlagt  C.  Alpers  (Pharmakol.  Centralbl.  S.  619)  eine  l'lttigeQaecksllbei 
Queckeilbersnccinimidlö'sung  vor,  welche,  dem  mit  etwas  Salz-  -V  e"!  "g'l'.'j. 
säore  versetzten  Harne  in  gleicher  Quantität  zugesetzt,  einen  Gehalt     teagen«, 
desselben  an  Eiweias  noch  in  einer  Verdünnung  von  1 1 150000  durch     "^^  *lp»"- 
weisse  Wolken  oder  Trübungen  kenntlich  macht. 

F.  Mittalbach  (Frag.  med.  Wochenschr.  Nr.  30  u.  31)  willQu«nti(>Uv 
durch  Vereinfachung  der  Brandberg'schen  Methode  dem  practi-  »«■t'»"'"» 
sehen  Arzte  ein  geeignetes  Verfahren  zur  quantitativen  Bestim-  Albumeim, 
mnng  des  Eiweisses  im  Harn  geben.  Er  hat  dazu  vier  Tabellen  F.  HltMlhu:Ji. 
aufgestellt,  mit  deren  Hülfe  man  einen  Eiweissgehalt  von  0,003 "/o 
bis  I  '/o  in  kurzer  Frist  bestimmen  kann. 

Eine   neue  Methode   zum   Nachweis   der  Albumonen   im 
Harn   beschreibt  Ivar  Bang   (Deutsche  med.  WochenHchr.  \r.  2),    .VichwelH 
welche  die  von  Salkowski  angegebene,  von  ihm  «elbut  aber  ab*         '•'" 
nicht  ganz  fehlerfrei  hingestellte  fvergl.  dieses  Jahrb.  1898,  S.  230)     |y„  !,,„„ 
ersetzen  soll.   Der  mit  Ammoniumsulfat  gesättigte  Ham  wird  w^ntri- 
{ngirt.     Der  Bodensatz,  welcher  aus  Albumosen,  Eiweins,  Urubiliu 
nnd  Hamaalzen  besteht,   wird  mit  97°,'iiigem  Alkohol  verrieljen,   in 
welchen    das   Urobilin   übergeht.     Bei   sehr   starkem   Urobilingehalt 
mnse  man  nach  dem  Alkobolanszug  den  Bückstand  in  WaxiMjr  M'mha, 
mit  Chloroform  und  einigen  Tropfen  Schwefelsäure  ausHchüti<:]ri.  itm  ^ 

dann  dJe  Chloroformlösung  abzuhebem.    Gewöholich  genügt  >.'.  '\:-n  ^^M 

in  Wasser  gelösten  Bück>taad   zu   kochen    und   zu   ljltriri:i) ,    v.  "W-ii  ^^H 

dann  auf  dem  Filter  EiweLss.  Ham.säure  und  unlösliche  .Sal»;  !/■  ;'"  ti, 
währraid  die  Albumosen  in  dnn  Filirat  übergeben  und  mii  diir  1'..<ji'*i- 
reactitin  nachgewiesen  werden  k'ijuien.  Um  VerwucIisiuiJi"  ■.  rnii 
Hämal«porphyrin  za  vermeiden,  »jU  man,  falls  >^ii.lj  •h\~-^:\\n:  -.[■  ■  'r..- 
skopisch  nacbweisen  lanr-t.  den  Harn  zuerst  mit  dilorbarj-uia  !;"mj 

Ssadowen   iSt.  PeltrF-l.urg.  m'A.  W.ycL'^nbchr.    Xr.  24i    -u'-.l.l 
den  Salkowski'öchen  FtU*^r   aur.xu-'-lialt.-r, ,    iüdeiu  w   'i'v:   llan-- 


232  Fürbringer  und  Stetfciner. 

pigmente  durch  übermangansaures  Kali  zu  zerstören  sucht,  welches 
in  den  hierzu  erforderlichen  Mengen  die  Peptone  nicht  angreift. 
Alsdann  wird  die  Salkowski'sche  Reaction  mit  Phosphorwolfram- 
säure angestellt. 

Zum  Nachweis  des  Blutfarbstoffes  im  Harn  mittels  der 
Nachweis  He  Herrschen  Probe  bemerkt  V.  Arnold  (Berl.  klin.  Wochenschr. 
v°  A^^M*  ^^*  ^^^^  ^*^®  dieselbe  nicht  auf  Büdung  von  Hämatin,  sondern  von 
Hämochromogen  beruht ,  dass  dieselbe  mit  spectroskopischer  Unter- 
suchung combinirt  (es  genügt  eines  der  gebräuchlichen  Taschen - 
spectroskope)  ein  schärferes  Untersuchungsresultat,  als  die  Probe 
allein  es  erreichen  liesse,  ermöglicht  und  dadurch  eine  der  schärfsten 
und  zugleich  einfachsten  Blutproben  wird,  da  die  combinirte  Unter- 
suchung noch  da  die  Erkennung  von  Blutfarbstoff  ermöglicht,  wo 
die  chemische  Probe  allein  ein  unsicheres  Resultat  ergeben  hätte. 

Als  eine  sehr  empfindliche  B. e a c t i o n  auf  Gallenfarbstoffe 
Oalien-      im   Harne    preisen   Anton   Krokiewicz    und    Joseph   Batko 

farbstoff-    n^[Q^^  ]jlin.  Wochenschr.  Nr.  8)  eine  Modification  der  Ehrlich'schen 
reactiOD, 
KrokiewicB  u.  Methode   mit  Diazobenzolsulfosäure :   In   eine  Eprouvette   (so  lautet 

Batko,  die  Vorschrift  für  die  empfindlichste  der  drei  empfohlenen  Proben) 
werden  je  einige  Tropfen  l®/oiger  wässriger  Lösung  von  Acid.  sulf- 
anüic.  und  einer  1^/oigen  wässrigen  Lösung  von  Natriumniti'at  und 
ebenso  viel  Harn  gegossen,  dann  ein  Tropfen  concentrirter  reiner 
Salzsäure  zugefügt,  wodurch  eine  tiefvioletfce  Färbung  der  Flüssig- 
keit entsteht,  welche  alsdann  mit  destillirtem  Wasser  bis  zur  amethyst- 
violetten Färbung  verdünnt  werden  soll.  Li  Fällen  von  sehr  ge- 
ringen Quantitäten  der  Gallenfarbstoffe  tritt  die  amethystviolette 
Färbung  nach  einigen  Minuten  deutlich  hervor.  —  Demgegenüber  be- 
A.  Joiles.  hauptet  Adolf  JoUes  (Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  17)  auf  Grund 
sorgsamer  Nachprüfung,  dass  diese  Methode  das  Prädicat  „sehr  em- 
pfindlich" nicht  nur  nicht  verdient,  sondern  als  Gallenfarbst offprobe 
für  Harn  überhaupt  nicht  empfohlen  werden  kann.  Auch  die 
Gluzinsky'sche  Probe  (vergl.  voriges  Jahrb.  S.  231)  hält  Joiles 
für  absolut  ungeeignet.  Er  empfiehlt  folgendes  auch  die  geringsten 
GaUenfarbstoffmengen  nachweisende  Verfahren.  In  einem  mit  einem 
Glasstöpsel  versehenen,  unten  sich  conisch  verjüngenden  und  über 
eine  birnenförmige  Ausbauchung  in  ein  mit  seitlich  eingeschlossenem 
Glasstöpsel  versehenes  enges  Rohr  endigenden  Cylinder  werden 
ca.  60  ccm  Harn  mit  3 — 5  ccm  Chlorbaryum  und  5  ccm  Chloroform 
versetzt  und   das  Ganze  mehrere  Stunden   kräftig  geschüttelt.     Als- 


Krankheiten  der  Uamorgane.  233 

dann  lägst  man  den  Cylinder  etwa  10  Minuten  stehen,  wobei  sich 
daa  Chloroform  imd  der  Niederschlag  zu  Boden  setzen.  Durch  Oefifnen 
dea  Hahnes  wird  Chloroform  und  Niederschlag  in  eine  kleine  Por- 
zellanschale gebracht,  welche  dann  für  emige  Minuten  aof  ein 
kochendes  Wasserbad  gesetzt  wird.  Nach  Verdampfung  des  Chloro- 
forms und  Erkaltung  der  Schale  lässt  man  längs  der  Wandung  1  bis 
2  Tropfen  einer  concentrirten  Salpetersäure,  die  etwa  'li  rauchende 
Salpetersäure  enthält,  herunterüiessen ,  worauf  Kt-i  öt'geuwart  von 
Gallenfarbstoff  der  charakteristische  blaue  und  grün«  fiiiig  ent- 
steht. 

Mit  der  Präge  der  Fehling'schen  Lösung,  d.  h.  mit  ihrer  Znckar- 
Antoreduction  beschäftigen  sich  Arbeiten  von  M.  Jovitachitsch:  0"^?,  .  ! 
J.  Gerock  und  M.  Siegfried  {Ber.  d.  Deutsch,  itiem,  Ges.  Bd.  30,  lasln" 
S.  2431,  2865,  3133),  aus  denen  auch  wieder  hervorgeht,  wie  vor-M-J""'«='""«^ 
sichtig  man  mit  Schlüssen  aus  den  mit  Fehling'schor  Lö.^ung  äuge-  MSieefr'«* 
stellten  Zuckerproben  sein  muss.  j 

H.  Malfatti  (Centralbl.  f.  die  Krankh.  d.  Harn-  u.  Sexualorg.  —  Trommm*-  ] 
H.  10)  meint,  dasa  der  Praotiker  bei  genügender  Vorsicht  mit  der  '„''u''"!^'' 
Trommer'scben  Probe  zur  Zuckerbestimmung  im  allgemeinen  aus- 
kommen kann.  Bei  fraglichen  Fällen  gelingt  es  r.ft.  die  Fehlorquelle 
anazuschalten,  indem  man  den  mit  Kalilauge  und  KupferMulfatlösung 
versetzten  Harn  filtrirt.  Eine  alsdann  mit  dem  Filtrat  vorgenommene 
positive  Trommer'sche  Probe  spricht  mit  grösserer  Wahrschein- 
lichkeit für  die  Anwesenheit  von  Zucker.  Auch  zur  ungefähren 
Schätzung  der  Zuckermenge  genügt  die  Trommer'sche  Probe  imd 
wird  noch  klarer,  wenn  man  dem  ReactioD9gi;mis[!i  nach  Parg 
Ammoniak  zusetzt ,  wodurch  statt  des  gelben  unlöi^licheu  Kiirpunt 
beim  Kochen  eine  farblose  Lösung  entsteht.  Durch  Zufttgung  u 
Para^nöl  oder  Petroleum  kann  man  nach  Petikii's  Vorschlagfj 
Beständigkeit  dieser  ßeaction  erhöhen. 

Ueher  den  Nachweis  des  Traubenzuck.iTä  im  Harn 
Methylenblau  berichtet  A.  Fröhlich  (Centralbl-  f. 
Nr.  4).     Der  zu  untersuchende  Harn  wird  mit  Blcinuekorloi 
Bleiesaig  ausgefallt.    Gleiche  Theile  des  Filtrats 
blaulösung  {1,0  :  300,0)  werden  unter  Zusatz  von  Kalilauge 
Eintretende    Entfärbung    spricht   für    Zuckergehalt 
0.04".. 


234  Fürbringer  und  Stettiner. 

Aräo-  Ueber  die   aräometrische  Bestimmung  des   Trauben- 

metrische   Zuckers   im  Harn   siehe  Th.  Lohn  stein  (AUgem.  med.  Central- 

BeStimmang  •%rr         ,^r\      ^r*         r%f\       -r»        1       II«  -rrr        t  i  TtT  «/>\ 

des  Zuckers,  zöitung  Nr.  58,  82 — 88;  Ben.  klin.   Wochenschr.  Nr.  39). 
Th.  Lohnstein. 

Eine  kurze  Mittheilimg  über  die  quantitative  Bestimmung 
Quantitative  des  Harnindicans  bringt  Eyvin  Wang  (Hoppe-Seyler's  Zeit- 
Be8timmungg^jjj.ift  f.  physiol.  Chemie  Bd.  25,  H.  5  u.  6).     Die  Methode  besteht 

des  Harn-  ^   ^  '  . 

indicans,     i^i   ^ör  Ueberfuhrung  der  gesammten  Indicanmenge    in  Indigo   und 

Eyvin  Wang.  Indigosulfosäure  (I.Fällung  des  Harns  mit  20'/oiger  Bleizuckerlösung; 
2.  Versetzimg  des  klaren  Fütrates  mit  dem  gleichen  Volumen  des 
aus  reiner  concentrirter  Salzsäure  und  2  g  Eisenchlorid  bestehenden 
Obermayer'schen  Reagens;  3.  Ausschütteln  mit  Chloroform,  bis 
das  Chloroformextract  farblos  ist;  4.  Abdestilliren  des  Chloroforms, 
Trocknen  des  B.ückstandes  und  Zusetzung  von  3 — 4  com  concen- 
trirter Schwefelsäure)  und  Titrirung  derselben  mit  Kaliumpermanganat- 
lösung. 

Eine    neue    volumetrische    Methode    zur    Bestimmung    der 

Volu-        Harnsäure  im  Urin  beschreiben  F.  W.  Tunnicliffe  und  Otto 

metr  so  e     Rosenheim  (Brit.  med.  Joum.,  5.  Febr.).     Die  nach  der  Hopkin- 
Harnsaure-  ^  '  .  ,  ,    ^ 

bestimmung  sehen  Methode  gewonnene  Harnsäure  wird  mit  V«»"Normalpiperidin- 
Tunnicliffe  u.   lösung  titrirt.     1  ccm  derselben  bindet  0,0084  g  Harnsäure. 
H.  Cook.    *  Harry  Cook  (Medical  Record,    12.  März)  fällt  die  Harnsäure 

als  Silberurat,  trennt  dieses  durch  eine  Centrifuge,  deren  Gläser  gra- 
duirt  sind,  vom  Harn  und  liest  die  Menge  des  ersteren  so  direct  am 
graduirten  Glase  ab.  1  ccm  Silberurat  entspricht  0,001176  g  Harn- 
säure. 

Oentrifugal-  Ueber  ein  neues  Centrifugalfilter  und  seine  Anwendung  in 

^i}}2 ''       der  Urologie  berichtet  Gustav  Gärtner  (Wien.  med.  Wochenschr. 

Kit  ijartner.     __ 

Nr.  13). 

Cystoskopie,         Ueber   die  Bedeutung  der  Cystoskopie  bestehen  kaum  noch 
Cannelo  Bmni.  Differenzen.    Zwei  drastische  Beispiele  fiir  die  Wichtigkeit  derselben 
in  diagnostischer  Beziehung  veröffentlicht  CarmeloBruni  (Monats- 
berichte über  die  Gesammtleistungen  auf  d.  Geb.  d.  Krankheiten  des 
Harn-  u.  Sexualapp.  H.  4). 

Ueber  die  Berechtigung  ihrer  jüngeren  Schwester,  des  Ureter- 
katheterismus,  als  diagnostischen  Hülfsmittels  sind  die  Ansichten 
noch  getheilt,  wie  dies  am  deutlichsten  in  der  im  December  statt- 


Krankheiten  der  Hamorgane.  235 

gehabtea   Diacussion   über  den   Casper'schen  Vortrag  über  thera-       Ureter- 
peutiache  Erfahrungen  mit  dem  UreterkatheteriBmus  zu  Tage  trat.  ""  *'"'  ^ 
Da  bei  Schluss  dea  Berichtsjahree  weder  der  Vortrag,  noch  die  im        CMper, 
Anschlnss  an  iRn  gemachten  Bemerkungen  in  extenso  vorliegen,  Bei    Boissean  du 
hier  nur  ganz  kurz  auf  sie  verwiesen.  —  Neue  Apparate  wurden  von      ^  Fimk, 
Boisseau    du    Rocher  (Ann.  dea   mal.  gön.-urin.   Nr.  b)   und  in H&ny  FeoTlck. 
Anlehnung  an  den  Albarran'echen  Apparat  von  E.  Frank  (Berl. 
klin.  Wochenschr.  Nr.  9)  beschrieben.     Von   anderen  Forachem  be- 
tont namentlich  Harry  Fenwick  (Brit.  med.  Jonrn.,  15.  Jan.)  den 
diagnostischen  Werth  des  Ureterkatheterismua. 

Ueber  dieNiereninaufficienzbei  normaler  Beschaffen- 
heit der  einenNiere  und  über  die  Diagnose  dieses  Zustand  es 
verbreitet    sich  v,  Korinyi  (Pester  med.-chir.  Presse  Nr.  62)   auf     Disgnos« 
Gmnd    eigener  experimenteller  und    klinischer  Erfahrungen.     Eine.''*' J^f^f"'' 
abnorm  grosse  Erniedrigung  des  Gefrierpunktes  des  Blutes  zeigt  eine     v.  Kortnri. 
krankhafte  Abnahme   der  Function   beider  Nieren  an.     Beträgt   der 
Geftierpunkt  specieU  mehr  ala  0,56  °,  so  ist  mehr  als  die  Hälfte  der 
secemirenden  Oberfläche  von  der  Function  ausgeschlossen;  die  func- 
tionelle  Störung  erstreckt  sich  also  auf  beide  Nieren.    Der  Nachweis 
eines  normalen  Gefrierpunktes  beweist,  dass  der  durch  die  einseitige 
Nierenkrankheit  verursachte  Ausfall  durch  erhöhte  Function  der  in- 
ta»a«n  Niere  vollkommen  gedeckt  wird,  und  bietet  nach  des  Verfassers 
Ansicht  dem  Operateur  eine  noch  höhere  Beruhigung,  ala  der  Aus- 
fall der  anderen  bisher  geübten  Unterauchungsmethoden. 


B.  Nlerenkrankhelten. 


a.  Allgemeine  Pathologie. 

A.  K.  Stone  (Boston  med.  and  surgicalJoum.,  Sept.)  berichtet     lUjoniiB- 
nberdasErgebniss  vonUrinuntersuchungi'ii  ij.^i  lü48Ffll'  "    — 

in  denen  weder  Nephritis,  nochHerzaffection,  noch  Fieber  O' 
degenerative  Zustände   vorlagen,    wie   auch  Fä-Ür 
Leukorrhoe    ausgeschlossen    wurden.      298mal    (aUo  lj 
wurde  Eiweiss  im  Urin  gefunden.    Handelt  es  sich  I 
gehendes  Symptom,  so  ist  der  Eiweissbefund  als  « 
massiger  Organfunction,  mangelhafter  Oxydation  i 
eine  Störung  des   Kreielaufa   zurückzuführen.     Ja 
1 


236 


Fürbringer  und  Stettiner. 


Transi- 
toriscbe 
Albamin- 

nrie, 
Symonds, 


Bickerton, 
W.  Porter. 


sich  hüten,  aus  einer  einmaligen,  auch  noch  so  sorgfaltigen  Unter- 
suchung eine  Diagnose  auf  eine  Nierenerkrankung  zu  stellen. 

Nach  Symonds  (Medical  Record,  29.  Jan.)  beruht  die  transi- 
torische  Albuminurie  am  häufigsten  auf  einer  organischen 
Nierenveränderung,  einer  acuten  Nephritis,  seltener  auf  functionellen 
Störungen,  von  denen  er  mehrere  Formen  unterscheidet:  1.  tjrpische 
Albuminurie,  meist  bei  dyspeptischen  und  anämischen  Personen; 
2.  diätetische  Albuminurie,  durch  Uebermaass  stickstoffhaltiger  Nah- 
rung bedingt;  3.  musculäre  Albuminurie  nach  übermässiger  Muskel- 
anstrengung, Radfahren;  4.  Albuminurie  der  Pubertätszeit,  nament- 
lich bei  anämischen  Personen;  B.  Albuminurie  als  Folge  von  Glykos- 
urie  oder  sehr  starker  Concentration  des  Harns ;  6.  Albuminurie  bei 
Influenza  oder  gewöhnlichen  Erkältungen,  welche  bald  wieder  vor- 
übergehen. Jedenfalls  ist  die  transitorische  Albuminurie  als  patho- 
logisch anzusehen,  und  während  ihres  Bestehens  liegt  die  Gefahr  der 
Entwickelung  einer  ernsteren  organischen  Erkrankung  vor.  Jenseits 
des  4.  Decenniums  findet  sich  selten  functionelle  Albuminurie,  wie 
überhaupt  diese  Diagnose  mit  grosser  Vorsicht  zu  stellen  ist.  —  In  der 
sich  an  Symonds'  Vortrag  in  der  New  York  Academy  of  medicine  an- 
schliessenden Discussion,  in  welcher  auch  auf  die  Bedeutung  einer  solchen 
transitorischen  Albuminurie  für  die  Abschliessung  von  Lebensversiche- 
rungen hingewiesen  wird,  bezweifelt  Bickerton  das  Vorkommen 
einer  physiologischen  Albuminurie.  William  Porter  meint,  daae 
es  bei  Leuten,  die  mehr  Eiweissnahrung  aufnehmen,  als  sie  zu  oxy- 
diren  vermögen,  infolge  von  Hypertrophie  der  Nierenzellen  zu  einer 
physiologischen  Albuminurie  kommen  könne,  ohne  dass  eihe  Nieren- 
erkrankung vorliege.  Starke  Fleischesser  könnten  oft  durch  eine 
diätetische  Therapie  von  der  Albuminurie  befreit  werden,  während 
eine  bei  vorwiegend  vegetabilischer  Kost  entstandene  Albiuninurie 
meist  eine  schlechte  Prognose  gebe. 


Für  das  Vorkommen  einer  functionellen  Albuminurie  spricht 
Auto-        sich  auch  A.  Prätorius  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  14)  aus,  und 
in  toxi-       zwar  pflichtet  er  der  Theorie  Bouchard's  bei,  dass  hauptsächlich 
ibuminurie  Autointoxicationen  bei  ihrer  Aetiologie  eine  Rolle  spielen.    Er 
A.  PrÄtorius.   unterscheidet  transitorische  (alimentäre,  aus  vorübergehenden  Magen-, 
Leber-  und  Darmstörungen  resultirende  und  infolge  stärkerer  Muskel- 
anstrengungen   entstehende   Albuminurie)    und    chronische    Formen 
(cyklische  und  intermittirende,  bei  längerem  Bestehen  leicht  zu  inter- 
stitieller Nephritis  führende  Albuminurie).    Verursacht  wird  die  func- 


Krankheiten  der  Hamorgane.  237 

tionelle  Albuminurie  durch  endogene  Toxine,  welche  theils  dem  Ver- 
dauungstractus  entstammen,  theils  aus  mangelhafter  Assimilation  von 
stickstoffhaltigen  Stoffwechselproducten  hervorgehen  (Fettsucht,  Gicht, 
Diabetes).  Zum  Theil  spielen  dyskrasische  Fermente  und  trophische 
Einflüsse  in  ihrer  Aetiologie  eine  Rolle  (Myxödem,  Entwickelungs- 
störungen,  Geisteskrankheiten).  Auch  der  Ausfall  gewisser  Organ- 
functionen, wie  der  Leber  und  der  Schilddrüse  soll  bei  ihrer  Bildung 
betheiligt  sein  können.  Auch  er  betont  natürlich,  dass  die  Diagnose 
nur  mit  grosser  Vorsicht  zu  stellen  sei,  und  meint,  dass  zum  Zu- 
standekommen der  Autointoxicationsalbuminurie  eine  ge- 
wisse Empfindlichkeit  und  Widerstandsschwäche   der  Niere  gehöre. 

Von  einer  functionellen  Albuminurie  bei  Diabetes, 
hervorgerufen  durch  die  gesteigerte  Inanspruchnahme  der  Niere  durch 
die  Ausscheidung  des  mit  Zucker  überladenen  Harns,  spricht 
Grube  (Verhandlungen  des  16.  Congresses  f.  innere  Medicin).  Er  Albuminurie 
unterscheidet  diese  Form  von  der  Albuminurie  im  Endstadium  der^®*  ^^***®*®^' 
schweren  Form  des  Diabetes,  von  der  Stauungs-,  der  Alters-  imd 
der  auf  Nephritis  chronica  beruhenden  Albuminurie.  Erstere  gebe 
keine  schlechte  Prognose,  da  sie  mit  dem  Linken  des  Zuckergehaltes 
oft  wieder  verschwinde. 

Blut,  Blutfarbstoffe  und  andere  Pigmente  im  Harn. 

Mit   den   Blutungen    aus   anatomisch  unveränderten 
Nieren  beschäftigt  sich  eine  Arbeit  von  S.  Grosglik  (Sammlung   Blutungen 
kHn.  Vortr.,  Neue  Folge  Nr.  203).    Im  Anschluss  an  einen  von  ihm         ^"^ 
selbst  beobachteten  Fall,  auf  den  schon  im  vorigen  Jahrgang  (S.  234)      Njeren 
hingewiesen  wurde,   unter  kritischer  Berücksichtigung  aller  bisher    S.  Grosglik, 
in  der  Litteratur  beschriebenen  FäUe  unterscheidet  auch  er,  gleich 
Klemperer,  drei  Gruppen:  1.  solche  bei  vererbter  hämophiler  Con- 
stitution,   2.   Blutimgen   nach   körperlicher   Ueberanstrengung   und 
3.   bei  vasomotorischen  Störungen.     Als  ein  typisches  Beispiel  für 
die  letzte  Kategorie   verweist  er  auf  einen  von   Sokoloff  (Berl. 
klin.   Wochenschr.    1878,   Nr.    20)    veröffentlichten    FaU,    der   von 
Klemperer    nicht    herangezogen   war.     Im  Gegensatz   zu  Klem- 
perer warnt  Grosglik  vor  einem  exspectativen  Verhalten.    Gerade 
bei  der  Unsicherheit   der  Diagnose   soll   der  chirurgische  Eingriff, 
welcher  nicht  nur  in  der  Blosslegung   des  Organes   und  Betastung, 
sondern   auch   in    einer  genaueren   Untersuchung  des    Parenchyms 
nach   Durchschneidung  zu  bestehen   hat,    vor   unangenehmen  Ent- 
täuschungen bewahren. 


Krankheiten  der  Hamorgane.  241 

med.  Wochenschr.  Nr.  1),  von  Geelvink  (Centralbl.  f.  Neurol.  Nr.  7)  Alimentäre 

und  von  Max  Arndt  (Berl.  klin.  Wochen8chr.  Nr.  49).    Sie  findet  Jfiykosurie 

.  .  .  ^®i  Nerven- 

sich  nicht  bei  Epilepsie  und  Kückenmarkskrankheiten.     Die  Frage, krankheiten, 

ob  sie  bei  traumatischen  Neurosen  sich  häufiger  findet,  als  bei  anders-     ^^^  Oordt, 
artig  entstandenen  Nervenerkrankungen,   ist  noch  nicht  spruchreif,      m.  Arndt' 

Sehr  sorgßlltige Untersuchungen  über  die  Ehrlich'scheDiazo-  Ehrlich'eche 
reaction  im  Harn  hat  Anton  Krokiewicz  angestellt  (Wiener         ***^' 
klin.  Wochenschr.  Nr.  29).    Er   hat  sie   16167mal  in  1106  Fällen    Krokiewicz. 
vollfuhrt  und  kommt  zu  dem  Resultate,  dass  sie  ein  sehr  wichtiger 
diagnostisch-prognostischer  Factor  bei  Fällen  von  Phthise  und  Typhus 
ist.    Im  Verlaufe  von  Lungentuberculose  weist  das  Erscheinen  der 
Diazoreaction    auf    einen   acuten   Verlauf   des    Krankheitsprocesses 
hin.   Bei  Abdominaltyphus,  selbst  in  Fällen  eines  leichten,  abortiven 
Verlaufes  erscheint  sie  in  der  ersten  und  zweiten  Krankheitsperiode. 
Das  AuBreten  derselben  in  der  Genesungsperiode  zeigt  fast  immer 
ein  Becidiv  an.     In  zweifelhaften  weit  fortgeschrittenen  Fällen,  wo 
es  sich    um  Magenkrebs    oder    Tuberculose   des   Verdauungskanals 
handeln  dürfte,  spricht  das  constante  Ausbleiben  der  Diazoreaction 
far  den  Magenkrebs. 

b*  Speeielle  Pathologrie  der  Nierenkrankhelten« 

1.  Diffuse  Nephritis. 

Auf  die  Bedeutung  der  mikroskopischen  Untersuchung  des  Haifn- 
sediments  für  dieDifferentialdiagno.se  der  verschiedenen 
Formen  der  Nephritis  lenkt  Louis  Heitzmann  (New  YorkerDifferential- 

med-  Monatsschr.  Nr.  2)   von   neuem  die  Aufmerksamkeit   und   ge- Diagnose  der 

▼eT8cliie~ 

denkt  dabei  der  Theorie  von  Carl  Heitzmann,  dass  man  aus  der       denen 
Granulirang  der  Eiterkörperchen  einen  Schluss  auf  die  Constitution  Formen  der 
des  Individumns   ziehen   könne.     Eine   ausgezeichnete   Constitution  ^  tf  itz*^** 
zeigt  nach  ihm  nur  grob  granulirte,   stark  lichtbrechende,  beinahe 
homogene   Eiterkörperchen   ohne  nachweisbaren  Kern.     Ganz    fein 
grannliite  Eiterkörperchen    mit   einem   oder   mehreren   Kernen  be- 
weisen eine  berontergekommene   schlechte  Constitution.     Kurz  vor 
dem  Tode   zer&llen    die  Eiterkörperchen   in   unregelmässige,    fein 
granulirte  Häufchen.    Bezüglich  der  Nomenclatur  der  verschiedenen 
Fonnen  schlagt  er  zunächst  vor,  den  Ausdruck  „Bright'sche  Nieren- 
kruikheit",  da  er  keine  besondere  Form  charakterisirt,  zu  vermeiden, 
vod  empfiehlt  die  Eintheilung  in  katarrhalische  (desquamative  oder 

löterBdueUe),  croupöse  (oder  parenchymatöse)  und  eitrige  Nephritiden. 
iiMaek  der  pnetttcben  Medidn.    1899.  Iß 


242 


Fürbringer  und  Stettiner. 


Erkältung»-  Zwei  Fälle,   in   denen  Erkältung   (starke  Durchnässung)  die 

°^pJi^J^**'    Veranlassung  des   Auftretens   einer  schweren  acuten  Nephritis  ge- 
wesen sein  soll,  theilt  Carter  (The  Lancet,  16.  Jan.)  mit. 


Carter. 


Nephritis, 

Schloth- 
BrttckenaQi 


Interessante  Mittheilungen  über  chronische  Nierenent- 
zündung infolge  von  gonorrhoischen  Stricturen  weiteren 
Obstructive  Kalibers  (Charri^re  Nr.  14)  der  hinteren  Harnröhre  macht  Schi oth- 
Brückenau  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  17)  auf  Grund  von 
6  Beobachtungen.  Es  handelt  sich  hier  um  eine  obstructive  Ne- 
phritis, wenn  auch  nicht  in  den  engen  Grenzen,  die  Saundby 
diesem  Begriffe  gezogen,  in  dessen  Fällen  es  sich  um  eine  ascen- 
dirende  Pyelonephritis  handelte.  In  den  hier  wiedergegebenen  Be- 
obachtungen fehlen  die  Zeichen  einer  Hamstauung,  sowohl  der 
Residualham,  als  die  retrostricturalen  Erweiterungen  der  Hamwege. 
Die  Gründe,  aus  denen  Schloth  dennoch  die  Verengerung  als 
ätiologisches  Moment  für  die  Nephritis  ansieht,  sind  einmal  die  Be- 
obachtung, dass  durch  das  Trinken  eines  starken  Diureticums 
(Wemazer  Wasser)  eine  erhöhte  Congestion  der  Nieren  und  retro- 
stricturalen Hamwege  künstlich  hervorgerufen  werden  konnte  und 
dass  zweitens  durch  mechanische  Erweiterung  der  Stricturen  nicht 
nur  diese  Congestionserscheinungen  völlig  beseitigt,  sondern  auch 
die  Nephritis  günstig  beeinflusst  wurde.  Zur  Erklärung  zieht  Schloth 
die  Lehre  über  die  Hamgifte  heran. 


Pneumouie- 


Einen  typischen  Fall  von  Pneumonienephritis,  bei  welchem 
der   Höhe   der    Krankheit    im   Urin  Pneumokokl 
wurden,  theilt  Kleinmann  (Diss.  inaug.  Berlin)  mit. 


nephritis,    ^^^  ^^^  Rohe   der    Krankheit    im   Urin  Pneumokokken   gefanden 
Klemmann.  ° 


Typhus-  Im  Urin  von  Typhuskranken,  bei  denen  sich  Eiweiss  und 

R^rfi^ 'd *  Cylinder  im  Harn  zeigten,  konnte  Bichardson  (Joum.  of  experim. 
med.  Nr.  3)  in  einer  grossen  Anzahl  von  Fällen  TyphusbaciUen  nach- 
weisen. Dieser  Befund  ist  auch  für  die  Frage  der  Infectiosität  des 
Urins  Typhuskranker  von  Wichtigkeit. 


Malaria- 
w.  s.  Thayer.  Auftreten  von  Nephritis  infolge  von  Malaria. 


William  S.  Thayer  (Med.  Record,  4.  Mai)  betont  das  häufige 


Ueber  die  Syphilis  der  Nieren  gelangt  Holmes  Greene 
(Joum.  of  cutan.  and  genito-urinary  diseases  Nr.  1)  zu  folgenden 
Schlüssen :  Die  syphilitische  Affection  der  Nieren  äussert  sich  in  der 
Form  von  parenchymatöser  und  interstitieller  Nephritis,   gummöser 


Krankheiten  der  Hamorgane.  243 

Affection  und  amyloider  Entartung.    Meist  handelt  es  sich  um  eine     Syphilis 

Combination  dieser  Formen.     Oft  ist  nur  eine  Niere  erfiriffeu.     In„®'^    leren, 

o .  .        Hohnes  Greene, 

seltenen  Fällen  verläuft  die  Nierensyphilis  unter  dem  Bilde  eines 
malignen  Tumors. 

W.  H.  Whitehead(Joum.  of  americ.  med. association,  16.  Aug.)  W.  H.  White- 
sah  in   einer  grossen  Anzahl  von  Fällen  bei  Morbus  Bfightii  nach  ®*  * 

Jodkali  und  Quecksilberbichlorid  innerhalb  30 — 60  Tagen  Schwinden 
der  Albuminurie  imd  bei  nachhaltiger  Behandlung  kein  Recidiv. 
Er  schliesst  hieraus,  dass  Nephritiden  häufiger,  als  man  anzunehmen 
gewohnt  ist,  auf  syphilitischer  Basis  beruhen. 

Dass  bei  chronischem  Morbus  Brightii  häufig  Darmstörungen, 
sowohl  Durchfalle,  als  Obstipation,  auftreten,  ist  seit  langem  be- 
kannt, desgleichen,  dass  bei  Cholera,  Dysenterie  und  starken  Durch- 
fallen oft  Albuminurie  und  Cylinderausscheidung  im  Harne  erscheint. 
Auf  das  Auftreten  von  Nierenerscheinungen  bei  Obsti- 
pation und  Darmkoliken  lenkt  G-.  Kobler  (Wiener  klin.  Wochen-  Nieren- 
schrift Nr.  20;  Wiener  med.  Bl.  Nr.  18  u.  36)  die  Aufinerksamkeit.     erschei- 

nungen  bei 
Er  sab  bei  derartigen  Fällen  hyaline  Cylinder,  Cylindroide  und  Nieren-  Obstipation, 

epithelien,  mitunter  auch  rothe  und  weisse  Blutkörperchen  sich  im     ö.  Kobler. 
Urin  zeigen,   ohne   dass   in   diesen  Fällen  gleichzeitig  Albuminurie 
bestand.    Die  Formelemente  schwanden  aus  dem  Harn  mit  dem  Auf- 
hören der  Obstipation  und  dem  Eintreten  normaler  Stuhlverhältnisse. 

Zur  Frage  des  Oedems  bei  Nephritis  hat  Oscar  Reichel  Pathogenese 

(Centralbl.    f.  inn.  Med   Nr.  41)  Versuche  angestellt,  indem  er  Ne-  ^  ^^®^  ^  . 

^  ,  =>  '  ,       Oedems  bei 

phritikem  ohne  Oedeme  an  verschiedenen  Körperstellen  physio-  Nephritis, 
logische  Kochsalzlösungen  subcutan  infundirte.  Die  geringe  Menge  Oscar  Reiche], 
von  50  ccm ,  welche  bei  gesunden  Menschen  in  wenigen  Stunden 
aufgenommen  wird,  kam  erst  nach  5 — 10  Tagen  zur  Resorption. 
Mit  Recht  glaubt  Reichel  auf  einen  Zusammenhang  dieses  ver- 
minderten Resorptionsvermögens  mit  dem  Entstehen  der  Oedeme 
bei  Nephritis  schliessen  zu  müssen. 

lieber    die    Wechselbeziehungen    von    Albuminurie, 
Hydrämie  und  Hydrops  bei  Brightikem  haben  G.  Dieballa     Albumin- 
imd  L.  K6tly  Peutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  61,  H.  1  u.  2)    „    l^'?"'. 

TT  i-  1        -r-w  Hydramie, 

Untersuchungen  angestellt.  Die  Grösse  des  Hydrops  steht  danach  Hydrops  bei 
in  umgekehrtem  Verhältniss  zum  Hämoglobingehalt  und  specifischen  Brightikem, 
Gewichte  des  Blutes,  sowie  zur  Zahl  der  rothen  Blutkörperchen  und  ^  ^K^tly 
der  Hamtagesmenge ,  in  geradem  Verhältniss  zur  procentualen  und 


244  FCLrbrmger  und  Stettiner. 

auch  zur  täglichen  Eiweissmenge  des  Harns.  Zwischen  Hydrops  und 
Hydrämie  zeigt  sich  kein  bestimmtes  Verhältniss.  Letztere  entwickelt 
sich  früher  und  ist  in  der  Hauptsache  eine  Folge  der  mangelhaften 
Wasserausscheidung,  wird  aber  wohl  auch  mit  durch  die  Albuminurie 
herbeigeführt.  Durch  Vermittelung  der  Hydrämie  entwickelt  sich 
dann  der  Hydrops  der  übrigen  Körpergewebe. 

Eine    Verdünnung    des    Blutserums    resp.    Blutplasmas 
Wasser- und  konnte  auch  W.  Bruner  (Centralbl.  f.  inn.  Med.  Nr.  18)   in  einer 
^H^*^Rf^^*^'  grossen  Anzahl  von  Nephritisfallen  nachweisen.    Die  ausgesprochenen 
bei  Symptome  der  Urämie  sind  nach  seinen  Untersuchungen  immer  von 

Nephritis  bedeutender  Blutverdünnung  begleitet.  Während  es  im  Verlaufe 
^  W  Bruner^'  ^^^  Nephritis  auch  ohne  urämische  Symptome  infolge  von  Ver- 
armimg des  Serums  an  festen  Bestandtheilen  zu  Blutverdünnung 
kommen  kann,  ist  bei  der  Urämie  die  Serumvermehrung  das  blut- 
verdünnende Moment.  Es  handelt  sich  um  eine  Zurückhaltung  von 
Wasser  resp.  Lymphe  im  Blut,  um  ein  wahres  Oedem  des  Blutes. 
Man  kann  danach  das  Oedem  der  Körpergewebe  als  eine  Aus- 
gleichserscheinung im  nephritischen  Organismus  betrachten.  Femer 
fand  Bruner  bei  diesen  Untersuchungen,  dass  sich  das  Nephritis- 
blut  durch  eine  deutliche  Tendenz  zur  Abnahme  des  Natrium- 
gehalts charakterisirt,  woraus  sich  die  Mahnung  ergeben  würde, 
solchen  Kranken  dauernd  Natriumsalze  zu  verabreichen. 

Gegen  die  von  Bohne  (Diss.  inaug.  1897)  aufgestellte  H3rpothe8e, 
Eetention    dass  die  Retention  von  Chloriden  im  Organismus  die  Ursache 

^^J^^,        ^ör  urämisch-comatösen  Zustände  sei,  wendet  sich   A.  Hof  mann 
Chloriden     .._^ 

und  Urämie,  (Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  61,  H.  5  u.  6),  indem  er  einmal 

A.  Hofinann.    die  Beweiskraft  der  Untersuchungen  anzweifelt  und  zweitens  darauf 

aufmerksam  macht,  dass  es  zur  Betention  von  Chloriden,  auch  ohne 

dass  irgend  welche  urämische  Symptome  auftreten,  kommen  kann. 

Dass  die  Urämie  nicht  einfach  die  Folge  der  Retention  der  sonst 
Entstehung  mit  dem  Harn  ausgeschiedenen  Stoffe  sei,  wird  von  John  Böse 
der  Urämie,  Bradford  (The  Lancet,  19.  u.  26.  März,  2.  April)  in  seinen  bereits 
'  oben  erwähnten  Vorträgen  an  der  Hand  von  experimentellen  Unter- 
suchungen und  klinischen  Beobachtungen  ausgeführt.     Er  sieht  ein 
Haupt moment  für  die  Entstehung  der  Urämie   in  der  Vernichtung 
der   regulirenden    Thätigkeit,   welche   die   gesunde    Niere    auf    die 
anderen,  namentlich  die  stickstoffhaltigen  Körpergewebe  ausübt. 

Eine  treffliche  historische  Darstellung  der  Anschauungen, 
welche  man  früher  bis  zu  der  Theorie  von  Feltz  und  Ritter  und 


Krankheiten  der  Hamorgane.  245 

den  „weittragenden  Anschauungen"  Bouchard's  über   das  Wesen  Geschichte 
der  Urämie   gehabt   hat,    gibt  eine  Arbeit   von   A.   C^o^theimer  ^®^^^*™^®» 
(Monatsber.  über  d.  Gesammtleistungen   auf  d.  Greb.   d.  Krankh.  d. 
Harn-  u.  Sex. -App.  H.  7  u.  8). 

Einen  Fall,   in  welchem   Aphasie   die   Einleitung   eines 

urämischen  Anfalles  bildet,  theilt  Ulrich  E,ose  (Berlin,  klin.  Aphasie  bei 

Wochenschr.  Nr.  9)  mit.     Es  ist  schwer,  solche  Heerdsymptome  zu    J?f?'™^®' 

. '  .      Ulrich  Rose, 

erklären.     Nach  Rose  mag,  ebenso  wie  der  Blutdruck  (und  damit 

die  Gefahr  der  Hämorrhagie)  in  den  Gefössen  des  Himstammes  weit 
grösser  ist,  wie  in  denen  der  übrigen  Himtheile,  z.  B.  der  Rinde, 
so  dort  auch  die  Zufuhr  des  im  Blute  kreisenden  urämischen  Giftes 
eine  besonders  schnelle  und  reichliche  sein  und  die  so  plötzlich 
über  die  Region  der  Stammganglien  und  der  Capsula  interna  aus- 
geschüttete Noxe  nun  zunächst  ihre  verderbliche  Wirkung  in  diesen 
Theilen  entfalten,  entweder  durch  directe  Gewebsvergifbung  oder 
durch  Circulationsstörungen. 

Mit  den  urämischen  Psychosen  beschäftigt  sich  Bischoff  Urämische 

(Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  23).    Er  betont,  dass  stets  das  Vor-  ^^^^V^lf"' 

.  .  .  Bischoff. 

ausgehen  der  Nephritis  nachgewiesen  werden  muss,   um  nicht  eine 

acute  Geistesstörung  mit  secundärer  Albuminurie  für  eine  urämische 
Psychose  zu  halten.  Bleibt  das  Leben  erhalten,  so  kann  auch  voll- 
kommene Heilung  der  Psychose  eintreten,  und  es  können  sich  später 
urämische  Zustände  wiederholen,  ohne  dass  es  dabei  wieder  zu 
Geistesstörungen  zu  kommen  braucht. 

Seine  Erfahrungen  über  urämische  Darmgeschwüre  fasst 

P.  Grawitz  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  21)  folgendermaassen   Urämische 

zusammen:    „Wenn  bei  Fällen  von  mehr  oder  minder  plötzlich  ein-  "°^." 

"  ,  ,  .         ^  .  geschwure, 

tretender  Unterdrückung  der  Nierenfunction  oder  bei  Erlahmung  eines  p.  Grawitz. 
stark  hypertrophischen  linken  Herzventrikels,  der  einen  erheblichen 
Antheil  an  der  Harnausscheidung  bei  fortgeschrittener  Nierenschrum- 
pfdng  gehabt  hatte,  reichliche  Mengen  von  Hamsalzen  in  das  Darm- 
lumen abgeschieden  werden,  so  darf  man  bei  der  Section  Darm- 
geschwüre, welche  die  Entstehung  aus  diffuser,  flächenhafter,  in  die 
Tiefe  greifender  Nekrose  erkennen  lassen,  mit  hoher  Wahrscheinlich- 
keit als  urämische  Darmgeschwüre  bezeichnen." 

Zur    Therapie    der    Nephritis    haemorrhagica    theilt 
Kram  er  (St.  Petersb.   med.  Wochenschr.  Nr.  20)  mit,   dass   er  in 


246  Fürbringer  und  Stettiner. 

Therapieder4  Fällen  nach  innerlicher  Darreichung  von  Methylenblau  in  Verbin- 

Nephritis    ^jjj^nr  mit  Salol  ein  schnelles  und  absolutes  Verschwinden  des  Blut- 
haemor- 
rhagica,     gehaltes,   eine  Verminderung  der  Albuminurie  und   eine  Besserung 

Kramer.       des  Allgemeinbefindens  eintreten  sah. 

Therapie  der         Hurrwitz   (Deutsche   med.   Wochenschr.   Nr.  23)    erzielte   in 

S c h a r  1  ach-   ^ jj^^jj^  Falle  von  Scharlachnephritis  mit  beträchtlichen  Oedemen 
nephritis  ^ 

durch       und  Ascites  durch  Ausführung  der  Venäsection   ein  Schwinden 

Aderlas 8,     (jer  Oedeme  bereits  am  folgenden  Tage,  dem  dann  langsam  die  Hei- 
lung  lolgte. 

Einen  breiteren  Raum  in  der  Litteratur  des  vergangenen  Jahres 
nimmt  die  Besprechung  der  Therapie  der  chronischen  Ne- 
phritis ein.  Es  sei  hier  zunächst  der  Discussion  über  dieses  Thema 
in  der  British  medical  association  (Brit.  med.  Joum. ,  8.  Oct.)  ge- 
Therapie    dacht.      Den     einleitenden    Vortrag    hielt    Nestor    Tirard.     Er 

chronischen  ^^^o^*®  zunächst,  wie  wichtig  zur  Verhütung  von  Exacerbationen 
Nephritis,    geeignete  hygienische  (Vermeidung  von  Erkältungen,  von  körper- 

Nestor  Tirard.  Heber  und  geistiger  Ueberanstrengung)  und  diätetische  Maass- 
regeln seien.  Bezüglich  der  letzteren  steht  er  auf  dem  Stand- 
punkte, dass  während  einer  acuten  Exacerbation  eine  vollständig 
strenge  Diät,  wie  bei  einer  acuten  Nephritis,  beobachtet  werden 
müsse,  später  aber  eine  gemischte,  wenn  auch  blande  Diät  angezeigt 
sei.  Vor  allem  müsse  man  sorgsam  Magenindispositionen  vorzubeugen 
suchen.  Geringe  Mengen  von  Alkohol  gestattet  er.  Die  medicamen- 
töse  Behandlung  der  chronischen  Nephritis,  sofern  diese  nicht  auf 
Syphilis  oder  Malaria  zurückzuführen  sei  und  dann  dementsprechend 
behandelt  werden  müsse,  sei  eine  symptomatische.  Der  Verminde- 
rung der  Hamsecretion  ist  entweder  durch  Darreichung  von  H  e  r  z- 
1 0  n  i  c  i  s  (Strophanthus,  Digitalis,  Theobromin,  Coffein,  Diuretin)  oder 
von  Diureticis  (Wasser,  Milch,  salinische  Abführmittel,  Kalium 
jodatum)  entgegenzuwirken.  Bei  starker  Albuminurie  ist  Bettruhe 
angezeigt,  unter  deren  Einfluss  sich  oft  der  Eiweissverlust  rasch  ver- 
mindere. Ferner  kommen  Adstringentia  (Tannoform,  Tannalbin) 
und  Eisenpräparate  in  Betracht.  Gegen  den  Hydrops  empfiehlt 
sich  die  Anwendung  von  Diaphoreticis  (hydrotherapeutische  Maass- 
nahmen  mannichfacher  Art,  Pilocarpin  mit  grosser  Vorsicht  unter 
Berücksichtigung  des  Zustandes  von  Herz  und  Lungen),  salinischen 
und  anderen  Abführmitteln  (Natrium  sulfuricum,  Natrium  tartaricum, 
Kalium  tartaricum,  Tartarus  natronatus,  Tubera  jalapae,  Scammo- 
nium)  und   von  Diureticis  (Lithion,  Kalium   und  Natronsalze).     Bei 


Erankfaeiten  der  Hamorgane.  247 

der  Schrumpfniere  handelt  es   sich  zunächst  meist  um  Beseiti- 
gung des  die  Kranken  arg  peinigenden  Kopfschmerzes.    Nitroglycerin 
und  müde  Abführmittel  bringen  oft  Milderung.    Bei  Schlaflosigkeit 
nützen  oft  warme  Fussbäder  am  Abend.    Von  Schlafmitteln  gibt  er 
dem   Opium   und   eventuell   den  Morphiumpräparaten   den   Vorzug. 
Auch  von  Sulfonal  hat  er  gute  Wirkungen  gesehen.    Leichte  Magen- 
storungen  kann  man  oft  noch  durch  Darreichung  von  Stomachicis 
beseitigen.    Meist  handelt  es  sich  dabei  schon  um  urämische  Sym- 
ptome.    Bei  der  Behandlung  der  Urämie  hat   er  von  Amyl- 
nitrit  und  Nitroglycerin,  deren  Anwendung  von  anderen  warm  em- 
pfohlen wird,  selten  Erfolge  gesehen.    Auch  Purgantia,  Diaphoretica 
und  Diuretica  lassen  hier  im  Stich.     Gute  Erfahrungen  hat   er  mit 
Crotonöl  in  Verbindung  mit  heissen  Einpackungen  gemacht.    Narko- 
tica  dürfen  im  urämischen  Stadium  nur  mit  grosser  Vorsicht  an- 
gewandt werden.  —  In  der   sich  anschliessenden  Discussion  zeigten 
sich  bezüglich  der  von  T  i  r  a  r  d  angegebenen  diätetischen  und  medi- 
camentösen  Behandlungsweise  wenig  Meinungsverschiedenheiten.  Ein- 
zelne Redner,  wie  Robert  Saundby,  sprechen  sich  für  völlige  AI-    R.  Saundby, 
koholentziehung   aus.     Mc   Vall  und    Ralph   Stockmann   sind      z^  ^*^' 
auch  Gegner  einer  zu  lange  ausgedehnten  reinen  Milchdiät.    Für  die 
Behandlung  der  chronischen  Nephritis  mit  Schilddrüsenextract  trat 
T.  M.  AUison  ein.     Von  C.  J.  Macalister  und  W.  C.  Stillar  T.  M.  Allison, 
werden  Einathmimgen  von  Sauerstoff  bei  Auftreten  von  urämischen  ^*  '^'  Macalister 
Erscheinungen  empfohlen,  deren  Berechtigung  von  RalphStock-' 
mann  bestritten  wird.    Für  eine  frühzeitige  und  intensive  chirur- 
gische Behandlung  der  Hautwassersucht   und  der  Trans- 
sudate der  serösen  Höhlen  treten  C.  A.  Ewald  (Berlin),  Mc  Vall,   CA.  Ewald, 
Bobert   Saundby  und  W.  Ewart   ein.     Ewald   will  nicht   die      Mo  VaU, 
Ansammlung  von  grossen  Flüssigkeitsmengen  in   den  Körperhöhlen 
abwarten,   sondern  dieselben  sobald  als   möglich   und   so  oft   es  bei 
Wiederansammlungen  nothwendig  ist,   eventuell  jeden  dritten  Tag, 
punctiren.    Zur  Ableitung  des  Oedems  wendet  er  grosse  Hohlnadeln 
-an,  wahrend  von  den  anderen  Rednern  der  kleineren  Southey'schen 
Canüle  der  Vorzug  gegeben  wird.     Ewald  hat  in  einer  Reihe  von 
FäUen   mit   diesem  Verfahren  gute  Erfolge  erzielt.     Saundby  und  r.  Saundby  u. 
Ewart  (s.  auch  Brit.  med.  Joum.,  2.  JuH)  lenken  noch  besonders  ihre     ^'  ^wart, 
Aufmerksamkeit  auf  die  Lagerung  der  Patienten.    Durch  Erhöhung 
des  Kopfendes  des  Bettes  und  geeignete  Massage  sei  es  möglich,  die 
ganze  transsudirte  Flüssigkeitsmenge  nach  den  unteren  Extremitäten 
zu  leiten  und  von  dort  dann  durch  die  erwähnte  Methode  abfliessen 
zu  lassen.    Erst  nach  Beseitigung  der  Oedeme  tritt  die  medicamen- 


248  Fürbringer  und  Stettmer. 

tose  Behandlang  in  ihr  Kecht  und  sei  jetzt  im  Stande  mehr  zu  leisten, 
als  vorher. 

Zur  Technik  der  chirurgischen  Behandlung  derHaut- 
Behandlung  Wassersucht  äussert  sich  weiter  Menko  (Deutsche  med.  Wochen- 
*®'         Schrift,  Therap.  Beil.  S.  81),  der  die  Curschmann'schen  Canülen 
8 acht,       ^^  folgender  Modification  in  Anwendung  zieht:   das  äussere  Ende 
Menko,       igt  trichterförmig  erweitert  und  wird  mit   einem  konischen  Ansats 
des     Gummischlauchs    unter    Bajonettverschluss     in    sichere,     den 
Kranken  nicht  störende  Verbindung  gebracht.     Nach  Abnahme  des 
Apparats  wird  der  Wundkanal  durch  eine   metallene,   leicht  anzu- 
bringende Feder  comprimirt. 
Gumprccht.  Gegen  das  Nachsickem  aus  dem  Punctionskanal  empfiehlt  Gum- 

precht  (Therap.  Monatsh. ,  Febr.)  einen  kleinen  Bausch  antisep- 
tischer Gaze  auf  die  Stichstelle  zu  drücken,  die  Haut  der  Umgegend 
derartig  zu  falten,  dass  der  Bausch  in  einer  Rinne  Kegt,  und  letz- 
teren in  dieser  Lage   durch  amerikanisches  Heftpflaster  zu  fixiren. 

Auf  die  diätetische  Therapie   des   chronischen  Mor- 
bus Brightii   geht  auch   ausführlich   eine  Arbeit   von   Norbert 
Diätetische  Ortner   (Die  Heilkunde,   Juli)   ein.     Auch   er  spricht  sich   gegen 
Therapie  der  gjjjQ  Monate   hindurch  fortgesetzte   exclusive  Milchdiät  aus.     £ine 
Nephritis,    tägliche  Aufnahme  von  1 — 1^«  Liter  Milch  mit  Zusatz  von  Alkalien 
Norbert  Ortner.  ist   wünschenswerth.     Von   Fleischsorten    verbietet    er   Bindfleisch, 
Hammelfleisch,  Wild  und  Würste,  gestattet  die  verschiedenen  Sorten 
weissen  Fleisches,  fette  Leber,  gelatinöse  Fleischsorten.    Der  Genuas 
von  Lachs,  Aal  und  Stör  ist  verboten,  andere  Fischsorten  sind  er- 
laubt.    Eier  in  massiger  Zahl  zu  geniessen,   hält   er  für  statthaft. 
Zu  untersagen  ist  der  Genuss  von  frischen  Gemüsen,   welche  reich 
an  Stickstoff  imd  KaU  sind.    Kohlehydratnahrung  ist  einzuschränken. 
Genuss  von  Fett  ist  empfehlenswerth.    Von  AlkohoUcis  gestattet  er 
massige  Menge  Bieres.    Genuss  von  Obst  und  Obstsäften  ist  erlaubt. 

Salzwasser-  Klystiere  von  */»^/»ig6ni  Salzwasser  empfiehlt  Victor  Eltz 

kiystiere  bci(»pijgj.^p    Monatsh.,   Sept.)  bei  Nephritis,   namentlich  bei  Auftreten 
V  Kitz.  *    urämischer   Symptome.     Sie  bewirken   eine    starke   Steigerung  der 
Diaphorese  und  Diurese. 

Aderlass  Der  Mittheilungen  von  Laache  auf  dem  Xu.   internationalen 

bei  Urämie,  medicinischen  Congresse  über  die  günstige  Wirkung  des  Aderlasses 

bei  Urämie  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  9)  ist  schon  im  vorigen 

Jahrgange  dieses  Jahrbuches  (S.  245)  gedacht  worden.  Er  betont,  dass 


Krankheiten  der  Hamorgane.  249 

der  Aderlass  kein  Universalmittel  sei  und  dass  geeignete  Fälle  aus- 
gesucht  werden  müssten.  Auch  C.  A.  Ewald  trat  in  der  bereits  Ewald, 
erwähnten  Discussion  über  die  Behandlung  der  chronischen  Nephritis 
warm  für  die  Ausführung  der  Venäsection,  eventuell  mit  nach- 
folgender Kochsalzinfasion,  in  einer  grossen  Anzahl  von  Fällen  ein, 
während  die  übrigen  Redner  derselben  ziemlich  skeptisch  gegen- 
überstanden und  der  Ansicht  waren,  dass  sie  sich  nur  für  wenige 
FäUe  eigne.  Saundby  (1.  c.)  hat  gute  Erfolge  von  Darmeingies-  Saundby, 
sungen  mit  kaltem  Wasser  gesehen. 

Charles  E.  Nammark  (New  York  med.  Record,   26.  Febr.)    Nammark  u. 
und  Metzger   (Med.    and   surg.  Joum. ,   26.  Mai)   empfehlen  wie-      ^^^s^^- 
derum  auf  Grund  günstiger  Erfahrungen  den  Aderlass  mit  nachfol- 
gender Kochsalzinfusion. 

2.  Nephrolithiasis. 

Da  wiederholt  Beobachtungen  von  Nierensteinkrankheiten 
nach  B.Ü ckenmarksers chütterung  mitgetheüt  sind,  hat  Pos-  Nierenstein- 
ner (70.  Versammlung  deutscher  Naturforscher  und  Aerzte)  im  Ver-  «^krankung 
ein  mit  Asch  (Strassburg)  experimentell  die  Frage  zu  entscheiden     Bücken- 
gesucht, ob  die  Steinbildung  direct  von  der  Rückenmarkserkrankung       mark, 
abhängig  sei.    Bei  Hunden  wurde  das  Rückenmark  in  der  Höhe  des         Iwsh^' 
ersten  und  zweiten  Lendenwirbels  quer  durchschnitten.    Das  Resultat 
war  bei  zwei  Thieren,  die  mehrere  Monate  am  Leben  erhalten  werden 
konnten,  ein  negatives.     Bei  der  Section  erwiesen   sich  die  Nieren 
intact. 

Die  Symptomatologie  und  Diagnose  der  Nephrolithia- 
sis bespricht  ausführlich  J.  H.  Musser   (The   Philadelphia  med. Symptomato- 
Joum.,    16.  April).     Gewöhnlich  werden   als  Symptome  Schmerzen,      °6*®  ^"^^^ 

.  ..  ...  Diagnose 

intermittirende  Hämaturie,  Pynrie,  intermittirendes  Fieber,  häufiger  derNephro- 

Urindrang  und  Auftreten  von  Nierenkoliken  angegeben.  Selten  findet  n^hiaBis, 
man  alle  Symptome,  so  dass  die  Diagnose  keine  Schwierigkeiten 
macht.  Nach  seinen  Beobachtungen  ist  die  Hämaturie  constant,  so- 
lange sich  der  Stein  im  Nierenbecken  befindet,  wenn  sie  auch  mit- 
unter so  spärlich  ist,  dass  sie  sich  nur  mit  Hülfe  des  Mikroskops  nach 
Centrifugirung  des  Sediments  nachweisen  lässt.     Pyurie   ist  ein  se-  » 

cnndäres  Symptom,  das  in  einer  grossen  Anzahl  von  Fällen  fehlen 
kann.  Werth  legt  Musser  auf  die  Albuminurie  und  den  Befund 
von  hyalinen  Cylindem  bei  hohem  specifischem  Q^gj^^^^^  Urins. 
Den  Ureterkatheterismus,  welcher  in  einzelnen 


250  Fürbringer  und  Stettiner. 

geben  könnte,  hält  er  fiir  zu  gefährlich.  Auch  von  der  Anwendung 
der  Röntgenstrahlen  zur  Sicherung  der  Diagnose  hat  er  nur  nega- 
tive Resultate  gesehen. 

Nierensteine         Was  den  letzteren  Punkt  anbetrifft,  so  hat  Ringel  (Centralbl. 
Rö'^t  ^'  ^^-  ^^-  '^^)  d^^ch  Versuche  festgestellt,  dass  harte  Oxalatsteine 

strahlen,  fast  vollkommen  undurchlässig,  Hamsäuresteine  etwas  durchlässiger 
^^e^*  und  Phosphatsteine  fast  vollkommen  durchlässig  für  Röntgen- 
strahlen sind.  Da  aber  die  Häufigkeit  der  erwähnten  drei  Arten 
von  Nierensteinen  im  umgekehrten  Verhältniss  zu  ihrer  Undurchlässig- 
keit  fiir  Röntgenstrahlen  steht,  so  ergibt  sich  daraus  einmal,  dass 
es  nur  in  wenig  Fällen  glücken  wird,  Bilder  von  Nierensteinen  bei 
Lebenden  zu  bekommen,  und  dass  andererseits  nur  positive  Resultate 
bei  Stellung  der  Diagnose  berücksichtigt  werden  dürfen.  Bezüglich 
der  Technik  empfiehlt  Ringel,  um  jeglichen  störenden  Neben- 
schatten zu  vermeiden,  den  Patienten  vorher  gründlich  ausleeren 
zu  lassen. 

Jedenfalls  dürfte   es   sich   empfehlen,   in  fraglichen  Fällen  die 
Untersuchimg  mit  Röntgenstrahlen  vorzunehmen,  wie  denn  auch  eine 
Ch.  A.  Morton,  Reihe  von  Veröffentlichungen,   wie  die  von  Charles  A.  Morton 
Flipp         ^^^  Lancet,  4.  Juni),  von  Tailor  und  Fripp  (Brit.  med.  Joum., 
Albert  Aisberg. 80.  April)  und  Albert  Aisberg  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  51) 
ihre  Bedeutung  für  Stellung  der  Diagnose  und  Ausführung  der  Ope- 
ration klar  zu  Tage  treten  lassen. 

lieber   Nephrolithiasis    im   Kindesalter    macht    John 
Nephro-     H.  Morgan  (Brit.  med.  Joum.,  26.  Febr.)  Mittheilungen.   Hamsäure- 

it  lasiB  im  ^^^  Oxalatconcremente  sind  nicht  selten  und  verursachen  oft  schon  in 
Kindesalter, 

John H.  Morgan,  geringen  Mengen  Schmerzen  und  Hämaturie.  Da  letztere  oft  gering 
ist,  kommt  es  häufig  zu  Verwechselung  mit  Darmkoliken.  Bei  der 
Durchsicht  von  2594  Sectionsprotokollen  von  Kindern,  die  an  anderen 
Leiden  gestorben  waren,  fand  Morgan  20mal  Steine  im  Nieren- 
becken oder  im  Anfangstheile  des  Ureters.  Zur  Entstehung  von  Stein- 
bildungen fuhrt  meist  eine  un zweckmässige  Ernährung. 

Bezüglich  der  internen  Therapie  der  Steinkrankheit 
Interne      betont  MartinMendelsohn  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  3)  von 

Therapie  der  jj^^gjj^^   dass,   wenn  auch  die  Chemie   zahlreiche  Arzneikörper  her- 
oteinKranR-  n     ••  ^  t      -r-r  /* 

heit,        gestellt  hat,  welche  Harnsäure  aufzulösen  vermögen,  es  bisher  nicht 

M,  Mendelsohn,  gelungen  ist ,   diese  Wirkung  innerhalb  des  Organismus ,   eine  Auf- 
lösung von  Hamconcrementen  innerhalb  der  Hamwoge   zu  erzielen. 


Ejrankheiten  der  Hamorgane.  251 

Dagegen  vermag  sie  nach  zwei  anderen  Richtungen  erfolgreich  zu 
wirken,  erstens  durch  Anregung  der  Diurese,  zweitens  durch  Be- 
einflussung der  Heaction  des  Harns.  Zum  ersten  Zwecke  dienen  die 
Mineralwassercuren.  (Auch  Lithium  und  seine  Salze  wirken  nur  als 
Diureticum.)  Die  Abstumpfung  der  Acidität  des  Harns  wird  durch 
Citronensaft ,  durch  kohlensaures  Natron,  durch  Kalkwasser  oder 
Magnesia  borocitrica  erreicht.  Die  alkalische  Therapie  darf  aber 
nicht  so  weit  gehen,  dass  der  Urin  aasgesprochen  alkalisch  wird,  da 
es  dann  wieder  leicht  zur  Bildung  von  Phosphatconcrementen  kom- 
men kann. 

Hazlett  (Therap.  Grazette  Nr.  7)  sieht  das  beste  Mittel  zur  Hazlett. 
Verhütung  der  Nierensteinkrankheit  im  Natrium  sulfuri- 
cum.  Dasselbe  regt  die  Verdauungs-  und  Secretionsthätigkeit  der 
Bauchorgane  an,  namentlich  der  Leber,  und  soll  dadurch  bewirken, 
dass  manche  Substanzen,  die  früher  von  den  Nieren  in  Form  von 
Harnsäure  ausgeschieden  wurden,  nunmehr  durch  den  Darm  ihren 
Weg  nehmen. 

Ueber  einen  Fall  von  Cystinurie  bei  einer  22jährigen Patientin 
macht  F.  Warburg  (Deutsche  Medicinal-Zeitg.  Nr.  69  u.  70)  Mit-  Cystinurie, 
theüungen.  Ausgezeichnet  ist  der  Fall  durch  eine  gleichzeitig  mit  ^'  ^^^^^' 
der  Cystinurie  imd  der  Cystitis  auftretende  Gelenkerkrankung,  welche 
eine  gewisse  Aehnlichkeit  mit  einem  Gichtanfalle  hatte.  Als  Vor- 
boten beobachtete  War  bürg  Frösteln  und  allgemeine  Mattigkeit. 
Dami  trat  plötzlich  Abends  unter  Fiebersteigerung  eine  schmerzhafte 
Erkrankung  der  beiden  Hüftgelenke  auf,  die  am  anderen  Morgen 
nachliess,  um  gegen  Abend  wieder  stärker  zu  werden.  Dann  schwand 
die  Gelenkerkrankung,  um  nach  14  Tagen  plötzlich  wieder  unter 
denselben  Erscheinungen  aufzutreten.  Mit  dem  Schwinden  der  Cysti- 
tis und  der  Cystinurie  hörten  die  Anfalle  auf.  Bemerkenswerth 
ist  femer,  dass  Patientin  hereditär  nicht  belastet  war  und  weder 
Blasen-  noch  Nierensteinleiden  in  der  Famüie  der  Patientin  vor- 
gekommen waren.  Sie  selbst  hatte  früher  viel  an  rheumatischen 
Beschwerden  gelitten.  Nach  Besprechung  der  verschiedenen  über 
die  Cystinbildung  aufgestellten  Theorieen  wendet  sich  War  bürg 
noch  kurz  der  Therapie  zu.  Von  Darreichung  von  Alkalien  verspricht 
er  sich  nicht  viel  Nutzen.  Da  die  Ursache  der  Cystinurie  in  einer 
abnormen  Zersetzung  des  Eiweiss  im  Darm  zu  suchen  ist,  muss  das 
Eiweiss  namentlich  in  Form  des  Fleisches  nach  Möglichkeit  aus  der 
Nahrung  verbannt  werden.  Ausserdem  ist  Darreichung  von  Darm- 
desinlicientien  am  Platze. 


252  Fürbringer  und  Stettiner. 

Cystinnrie,  In   gleichem  Sinne   spricht  sich  Walter  Smith  (Brit.  med. 

w.  Smith.     Joum.,  9.  April)  aus,  welcher  2  Fälle  von  Cystinurie  beobachtet  und 
75  aus  der  Litteratur  gesammelt  hat. 

3.  Eitrige  Nephritis. 

Die  Besprechung  der  Aetiologie  der  eitrigen  Nephritis 
lässt  sich  von  der  der  infectiösen  Erkrankung  der  übrigen  Hamwege 
nicht  trennen.  Die  Bedeutung,  welche  die  Guyon'sche  Schule  dem 
Bacterium  coli  bei  der  Entstehung  fast  aller  infectiösen  Hamwege- 
leiden  zuschrieb,  ist  durch  die  am  Ende  des  vorigen  Jahres  er- 
Aetiologie  schienene  Monographie  von  Thorkild  Rovsing  (Klin.  u.  experi- 
^^^ ,  ment.  Untersuchungen  über  die  infectiösen  Erkrankungen  der  BÜam- 
Thorkiid'  wege)  stark  in  Zweifel  gezogen.  Auch  in  seinem  auf  der  British  me- 
Rovsing,  dical  association  gehaltenen  Vortrage  (Monatsber.  über  die  Gesammt- 
leistungen  auf  dem  Geb.  d.  Harn-  u.  Sex.-App.  H.  9),  welcher  sich 
auf  eine  bacteriologische  Untersuchung  von  über  200  Fällen  gründet, 
vertritt  er  den  Standpunkt,  dass  das  Bacterium  coli  viel  weniger 
pathogen  ist,  wie  die  harnstoffzersetzenden  Bacterien  (Sta- 
phylococcus  pyogenes  aureus  und  albus,  Proteus  Hauser,  verschiedene 
Diplokokken  und  Stabbacterien,  die  sowohl  pyogen,  wie  auch  nicht 
pyogen  sein  können).  Das  Bacterium  coli  veranlasst  nach  seiner 
Meinung  nur  leichte  Erkrankungen,  meist  nur  reine  Bacteriurie. 
Seine  Anwesenheit  im  Harn  ist  für  die  Blasenschleimhaut  gleich- 
gültig, solange  dieselbe  keine  Continuitätstrennung  aufweist.  Ebenso 
finden  die  mit  dem  Blute  in  die  Nieren  gebrachten  Colibacillen  nur 
Gelegenheit,  eine  Pyelitis  zu  erzeugen,  wenn  durch  Calculi  oder 
Hamgries  Continuitätstrennungen  in  der  Schleimhaut  oder  auf  andere 
Weise,  z.  B.  bei  Wandemiere  durch  Incarceration  infolge  von  Tor- 
sion oder  Knickung  des  Ureters,  oder  bei  Tumoren  Schleimhaut- 
verletzungen entstanden  sind.  In  der  weit  überwiegenden  Anzahl 
von  Cystitisfallen  und  Pyelonephritisfällen  wird  die  Entzündung  durch 
hamstoffzersetzende  Mikroben  verursacht,  deren  pyogene  Formen 
heftiger  und  gefahrlicher  sind,  als  das  Bacterium  coli. 
Max  Melchior,  Nicht   auf  dem   gleichen   Standpunkte    steht   Max   Melchior 

(Monatsber.  über  die  Gesammtleistungen  auf  dem  Geb.  d.  Harn-  u. 
Sex.-App.  H.  10).  Er  fasst  seine  Erfahrungen  folgendermaassen  zu- 
sammen: Das  Bacterium  coli  ist  die  hauptsächlichste  Ursache  der 
Bacteriurie  bei  saurem  Hara.  Ausser  durch  Bacterium  coli  kann 
Bacteriurie  auch  durch  harnstoffzersetzende  Bacterien  herbeigeföhrt 
werden.     Die  Bacteriurie   kann   renalen   oder  vesicalen  Ursprunges 


Erankheiten  der  Hamorgane. 


253 


sein.  Das  Bacterium  coli  ist  die  häufigste  Bacterienform ,  welche 
bei  Cystitis,  Pyelitis  und  suppurativer  Pyelonephritis  gefunden  wird. 
In  einer  grossen  Anzahl  von  Fällen  geht  die  Cystitis  mit  saurem 
Urin  einher,  auch  wenn  sie  durch  hamstoflFzersetzende  Bacterien 
verursacht  ist.  Bei  Frauen  werden  nicht  selten  spontane ,  durch 
urethrale  Autoinfection  entstandene  CoUcystitiden  beobachtet.  Das 
Bacterium  coli  vermag  spontane  Cystitiden  und  Pyelitiden  durch 
hämatogene  Infection  von  Seiten  des  Darmkanals  herbeizufuhren. 
Durch  Bacterium  coli  herbeigeführte  Pyelitis  wird  nicht  selten  von 
secundärer  Cystitis  begleitet.  HamstoflFzersetzende  Bacterien  können 
bisweilen  Pyelonephritis  ohne  Complication  mit  Cystitis  verursachen. 

Ueber  das  Vorkommen  von  Bacterium  coli  in  der  mähn- 
lichen Harnröhre  hat  R.  Faltin  (Centralbl.  f.  d.  Krankh.  d. 
Harn-  u.  Sexualorg.  H.  10)  Untersuchungen  angestellt  und  dasselbe 
unter  51  Fällen  nur  2mal  gefunden.  Er  schliesst  daraus,  dass  der 
Infectionsweg  ein  anderer,  als  der  per  urethram  sei. 

Richard  Kretz  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  41)  hat  bei 
einem  Falle  von  Pyelitis  in  einem  Theile  der  Eiterkörperchen  des 
Sediments  in  wechselnder  Menge  eingeschlossene  kleine  Bacterien 
gefanden,  die  gleich  ziemlich  zahlreichen  extracellulär  liegenden  in 
Form,  Grösse  und  Anordnung  vollständig  mit  den  Pfeiffer'schen 
Influenzabacillen  übereinstimmten. 


Faltin, 


R.  Kretz. 


Zur  Differential diagn ose  zw'ischen  Cystitis  undPye- 

litis   stellt   Georg  Rosen feld   (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  30)      Cystitis 

folgende  Thesen  auf;    Alkalische  Reaction  findet  sich  nicht  bei  un-     _  '^f.^. 

...  .      .  11-     Pyelitis, 

complicirter    Pyelitis.      Die   Grenze   des   Eiweissgehaltes    auch   bei  g.  Rosenfeld. 

maximaler  Cystitis  ist  bei  0,1  °/o  (in  maximo  0,15  °/o)  gelegen.  Sind 
fast  alle  Eiterzellen  vielzackig  contourirt,  so  spricht  das  fiir  Pye- 
litis. Sind  die  vorhandenen  rothen  Blutkörperchen  meistens  che- 
misch oder  morphotisch  zerfallen,  so  spricht  dies  —  bei  nur  mikro- 
skopischer Blutung  und  bei  Abwesenheit  eines  Blasentumors  —  für 
Pyelitis.  Schollen  der  kleineren  Epithelien  der  oberen  Hamwege 
können  als  unterstützend  für  die  Diagnose  Pyelitis  gelten.  Das 
charakteristischte  Symptom  für  die  Diagnose  ist  das  Verhältniss  von 
Eiveissgehalt  und  Eiter.  Der  Eiweissgehalt  der  Pyelitis  ist  immer 
das  Zwei-  bis  Zweieinhalb- ,  ja  Dreifache  des  Eiweissgehaltes  der 
Cystitis  von  gleicher  Intensität. 


Von  Medicamenten  werden  bei  Nephropyelitis  namentlich  Salol 
und  Urotropin  empfohlen .    Dieses  letztere  übertrifft  nach  M a r t i n 


254  Fürbringer  und  Stettiner. 

Medioamen-  Mendelsohn   (Bari.  klin.  Wochenschr.  Nr.  3)   das  Salol  noch  er- 
B  h     dl         lieblich  in   seiner  Wirkung.     Der  günstige  Effect  ist  besonders  da 
der  Pyelitis,  evident,  WO  es  sich  um  Affectionen  der  Hamwege  handelt,  die  mit 
Mart  Mendel-  Hamzerzetzung  einhergehen.  Aber  auch  in  anderen  Fällen  von  Pyelitis 
ist  der  Erfolg  nach  Mendelsohn  ein  überraschender.   Bei  gonorrhoi- 
schen  und  tuberculösen  Pyelitiden   sind  weniger  gute  Erfahrungen 
beobachtet,  während  es  bei  den  chronischen  Fällen  von  Pyelitis  und 
Cystitis,   namentlich  bei  den  Eiterungen  der  Hamwege  alter  Leute 
von  erstaunlicher  Wirksamkeit  ist. 

—  ürotropin,         Auch  Leop.  Casper  betont  von  neuem  die  guten  Erfolge  des 
Leop.  Casper.  "[Jrotropins  in  solchen  Fällen  (Monatsber.  f.  d.  Ghesammtleistimgen 
a.  d.  Geb.  d.  Harn-  u.  Sex.- App.  H.  1). 

Nieren-  Das   von  Casper   und   Kelly  vorgeschlagene  Verfahren,  mit 

® *^ «® '*'      Hülfe  des Hamleiterkatheterismus  Nierenbeckenausspülungen 
ausspttlnng  r  o 

dnrch       mit  Borlösungen  oder  Silbernitratlösungen  vorzunehmen, 

Harnleiter-  ^j^g   auch   in  einzelnen  Fällen  Heilung  herbeigeführt  hat,   wird  von 
katheteris-  o  o  / 

jjj^g         Thorkild   Rovsing   (1.  c.)  fiir  gefährlich    erachtet.     Er  bevor- 

Thorkild      zugt  eine  innerliche  Darreichung  von  2  Litern  Wasser,  dem  3 — 4  g 

Rovsing.      Salol  zugesetzt  werden ,  wodurch  man  gleichfalls  eine  antiseptische 

Ausspülung  des  Nierenbeckens  erreiche. 

4.  Tuberculose  und  Neubildungen  der  Niere. 

Seine  reichen  Erfahrungen  über  p  r  im  ä  re  Ni  er  e  nt  üb  er  cu  1  o  s  e 

Primäre     theilt  J.  Israel   (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  28)  mit.     Unter 

Nieren-      21  von  ihm  operirten  Fällen  befanden  sich  16  ganz  sichere  Primär- 
tuberculose,  *  '^ 

J.  Israel.      erkrankungen  der  Niere.     Nach  seinen  Erfahrungen  ist  von   allen 

eitrigen  und  Retentionsprocessen  der  Niere  ungeföhr  der  dritte  Theil 

tuberculös   und   etwa    der  vierte   Theil    primäre  Nierentuberculose. 

Das  Leiden  wurde  bei  Frauen  häufiger  angetroffen,  als  bei  Männern. 

Die  acuten  Fälle  gehören  der  allgemeinen  Miliartuberculose  an.    Die 

chronische  Form   ist  eine  überwiegend  einseitige  Erkrankung.     Die 

gewöhnlichste    ist   die    käsig-cavemöse ,    bei   welcher   Israel    vier 

Formen  von  Hüllen erkrankung  beobachtet  hat:    1.  lipomatös-sklero- 

tische  Verdickung  der  Fettkapsel,  2.  perinephritische  Abscessbildung, 

3.  fungöse   perinephritische   Wucherung,   4.   das  Auftreten  isolirter 

verkäster  grosser   Tuberkelknoten  in    der  Fettkapsel.     Die    zweite 

Form  der  chronischen  Nierentuberculose  ist  die  primäre  tuberctdöse 

Ulceration  der  frei  in  die  Kelche  ragenden  Papillenspitzen ,   welche 


Krankheiten  der  Hamorgane.  255 

klinisch  durch  das  Auftreten  initialer,  proftiser,  lang  währender  Blu- 
tungen charakterisirt  ist.  Bei  der  dritten  Form  ist  das  ganze  Organ 
von  zahlreichen,  kleineren  oder  grösseren  Knollen  durchsetzt.  Die 
sich  selbst  überlassene  Nierentuberculose  steigt  durch  den  Ureter  in 
die  Blase  hinab.  Die  descendirende  Blasentuberculose  beginnt  am 
Ostium  uretericum.  Ausser  der  Tuberculose  kommt  in  der  zweiten 
Niere  amyloide  Entartung  vor.  Die  Niere  kann  die  einzige  Locali- 
sation  der  Tuberculose  sein,  häufiger  finden  sich  noch  andere  Heerde. 
Klinisch  traten  gewöhnlich  zuerst  irradürte  Mictionserscheinungen 
auf,  sowie  4mal  unter  16  FäUen  Hämaturie  als  erstes  allgemeines 
Krankheitssymptom.  Vergrösserung  der  Niere  fehlte  nur  in  2  Be- 
obachtungen. Tuberkelbacillen  werden  bei  Nierentuberculose  ohne 
Blasenerkrankung  selten  gefunden.  Fieber  fand  sich  bei  primärer 
uncomplicirter  Nierentuberculose  nur  in  26  °|o  der  Fälle,  bei  gleich- 
zeitiger Blasentuberculose  in  80°/o. 

Auf    die    Schwierigkeit    des   Nachweises    der   Tuberkel-    Tuberkel- 
bacillen im  Harn  weisen  auch  Webb  (Brit.  med.  Joum.,  7.  Mai)     Bacillen 

«nd  Chairman  (ebendort)  hin.  '  Webb"' 

Gluurman. 
B.  Goldberg  (70.  Naturforscher-  und  Aerzte- Versammlung)  hat      interne 
sowohl  bei  den  noch  nicht  operationsfahigen  Nierentuberculosen,  als     Therapie 
aach   bei   den  nicht  mehr  operablen  und  auch  bei  den  Operationen  tuberculose 
j^elbst  die  medicamentöse  Behandlung  herangezogen.    Er  hat   B.  Goldberg, 
ausser  Guajakol  und  Kreosot  Ichthyolum  sulfoammoniacum  in  flüssiger 
Form  zu  1,0 — 3,0  pro  die  bei  13  Urogenitaltuberculosen  verabreicht 
und  konnte  danach  nicht  nur  eine  Besserung  des  Allgemeinzustandes 
constatiren,   sondern   auch   ein  Zurückgehen   der   örtlichen  Erschei- 
nungen (Blutung,  Eiterung,  Harndrang,  Schmerzen). 

Mittheilungen  über  Nierengeschwülste  bei  Kindern  macht      Nieren- 
John  H.  Morgan    (Brit.   med.  Joum.,   26.  Febr.).     Die  Kagnose  f ®j ^^^^'/^^^^ 
macht  meist  keine  Schwierigkeiten,  da  die  Tumoren  rasch  zu  wachsen  J.  H.  Morgan, 
pflegen  und  sich  bald  Hämaturie  einstellt.     Die  Therapie  besteht  in 
der  operativen  Entfernung  der  Geschwulst. 

5.  Entozoän  der  Nieren. 

Ueber  Echinokokken    der  Niere   berichtet   L.  Manasse      Echino- 

(Centralbl.  f.  d.  Krankh.  d.  Harn-  u.  Sexualorgane  H.  11  u.  12)  im  ^^^.^"^  ^«^ 

Anschluss  an  emen  in  der  Poliklinik  von  Posner  (vergl.  auch  Berl.  l.  Manasse, 
klin.  Wochenschr.  Nr.  9)   beobachteten  und   auf  operativem  Wege       Posner. 


256 


Fürbringer  und  Stettiner. 


Echino-  geheilten  Fall  unter  Berücksichtigung  der  bisher  in  der  Litteratur 
^°N^e^e^*'  veröffentlichten  Fälle.  Die  Krankengeschichte  bietet  nach  zwei  Rich- 
L.  Manas'se,  tungen  hin  ein  besonderes  Interesse.  Einmal  ist  hier  zum  ersten 
Mal  mit  Hülfe  des  Cystoskops  an  einem  Lebenden  die  rechte  Ureteren- 
mündung  als  die  Durchtrittspforte  für  Hydatiden  in  die  Harnblase 
festgestellt  worden.  Zweitens  zeigte  die  Höntgenphotographie,  dass 
Echinokokkencysten  fiir  ihre  Strahlen  nicht  durchgängig  sind.  Das 
Aktinogramm  gab  eine  viel  deutlichere  Vorstellung  von  der  Grösse 
und  Ausdehnung  des  Tumors,  als  es  die  Percussion  und  Palpation 
gethan  hatten.  Von  welchem  Organe  die  Cyste  ihren  Ausgang  ge- 
nommen hatte,  Hess  sich  auch  durch  diese  TJntersuchungsmethode 
nicht  mit  Sicherheit  feststellen.  Ma nasse  ist  der  Meinung,  dass 
es  sich  um  einen  Nierenechinococcus  mit  Durchbruch  ins  Nieren- 
becken gehandelt  hat.  Er  hat  51  derartige  Fälle  aus  der  Litteratur 
gesammelt  und  entwirft,  sich  hierauf  stützend,  das  Elrankheitsbild  des 
Nierenechinococcus.  Der  Durchbruch  ist  meist  mit  einem  KolikanfaU 
verbunden.  Nachdem  er  erfolgt ,  ist  die  Diagnose  auf  Grund  des 
Hambefiinds  und  mit  Hülfe  der  Cystoskopie  leicht  zu  stellen.  Thera- 
peutisch wird  von  inneren  Mitteln  Terpentinöl  empfohlen.  Meist 
wird   ein    operatives   Vorgehen   angezeigt   sein.  —  Für   ein   solches 

G.  HooBd,  spricht  sich  auch  G.  Ho u sei  (Revue  de  chir.  Nr.  8  u.  9)  unter 
Mittheilung  zweier  neuen  Beobachtungen  aus.  —  2  Fälle ,  in  denen 
Hydatidencysten   auf  dem   gewöhnlichen  Hamwege   abgingen,    wo- 

F.  Roche,  nach  Heilung  eintrat,  theilt  F.  Roche  (Annales  des  maladies  g^n.- 
urin.  Nr.  7)  mit. 


6.  Sackniere. 

Exp  er  im  enteile  Unter  suchungen  über  die  Entstehung 
der  Hydronephrose  und   den  Zusammenhang   zwischen  Hydro- 
nephrose  und  Wandemiere  haben  Hildebrand  und  Haya  (Deutsche 
Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  49)   angestellt  und  haben  zum  Theil  die  Re- 
sultate  Tuffier's   bestätigt  gefunden.     Nach  Fixirung  der  Harn- 
leiter in  winklig  geknickter  Lage  mit  einer  nicht  schnürenden  Faden- 
°^^H*  V**^  schlinge   entstand   bei   6  Kaninchen  Hydronephrose.     Li   6  anderen 
nephrose,    Fällen,  in  welchen  künstlich  eine  Wandemiere  gemacht  wurde,  trat 
Hüdebrand  u.  keine  Hydronephrose  ein.     Ebenso  wenig  führte   zweimaliges  Um- 
drehen des  Ureters  um  seine  Queraxe  zur  Entstehung  von  Hydro- 
nephrose.    Unterbindung  desselben  erzeugte  eine  solche. 


Experi- 
mentelle 
Dnter- 
sncbnngen 

über  die 
E 
d 


Haya. 


Krankheiten  der  Hamorgane.  257 

Mit  der  Entstehung  der  traumatischen  Hydronephrose     Trauma- 
beschäftigt sich  Zeller  Peutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  49)  unter      ^yl^l 

Mittheilung  eines  solchen  Falles.  nephrose, 

Zeller. 

Die  Grrundzüge  der  operativen  Hydronephrosenbehand-  Behandlung 
lung   mit  Berücksichtigung   der  ätiologischen  Momente  (Wander-   d®^  Hydro- 
niere,   Steinniere,   traumatische  Hydronephrose,  Hamleiterverände-    p.  Wagner. 
rangen)  bespricht  P.  Wagner   (Centralbl.   f.  d.  Krankh.  d.  Ham- 
n.  Sexualapp.  H.  4). 


Mittels  Ureterkatheterismus  und  folgender  Ausspülung  mit  Heilung  der 
Höllensteinlösung  heilte  Schwartz  (Bull,  et  m6m.  de  la  soc.  de  chir.       Hydro- 
de Paris  Bd.  23)  einen  Patienten,  welcher  an  einer  sehr  hochgradigen       durch 
Hydronephrose  litt,  ein  Fall,  der  zu  weiteren  therapeutischen  Ver-  ^  Ureter- 
suchen  mit  dem  Hamleiterkatheterismus  ermuthigen  dürfte. 


katheteriB- 

mus, 

Schwartz. 


7.  Bewegliche  Niere. 


Die  Aetiologie,  Symptomatologie,   Complicationen, 
Prognose  und  Behandlung   der  beweglichen  Niere   be- 
spricht H.  EdwinLewisin  einem  längeren  Aufsatze  (The  New  York  Pathogenese 
med.  Joum.,   23.  April)   und   fasst  das   Wesentliche   in   folgenden  ^^'^  7*°*^'" 
Sätzen  zusammen.    Die  Wandemiere  ist  ein  ziemlich  häufiges  Leiden,     h.  Edwin 
findet  sich  bei  Frauen  öfter,  als  bei  Männern.  Meist  wirken  zu  ihrer       Lewis. 
Entstehung  mehrere  Momente  zusammen.  Das  Leiden  bedroht  immer 
die  Gesundheit  der  Kranken,   da  es  jederzeit  zu  ge&hrlichen  Com- 
plicationen kommen  kann.     Die  nicht  operative  Form  der  Behand- 
lung hat  immer  nur  palliativen  Effect. 

Wander- 
Einen  Fall  von  Dislocation  beider  Nieren  nach  Unfall   niere  nach 
theilt  Betcke  (Monatsschr.  f.  Unfallheilk.  Nr.  7)  mit.  Betoke. 

Cleveland  Test  (Medical  Record,  18.  Juni)  ist  der  Ansicht,    Bandagen- 
dass  in  solchen  (traumatischen)  Fällen  von  Wandemiere  die  Pe-  Behandlung 
lotten-  und  Bandagebehandlung  viel  zu  leisten  vermag.    Er  sah  in       niere 
einem  FaUe  bei  einer  Frau ,  die  wenige  Stunden  nach  dem  Trauma  Cleveland  Test, 
in  Behandlung  kam,  Badicalheilung. 

Gegen  die  operative  Behandlung  der  Wanderniere,  welche  nur 

nach  Fehlschlagen  aller  anderen  Mittel  in  Betracht  käme,   spricht 

sich  Max  Einhorn   (Zeitschr.   f.   diät.  u.  physiol.  Therap.,  H.  1) 

ans.  Me^t  kommt  man  seiner  Ansicht  nach  mit  diätetisch-mechani- 
Jifaxbneh  der  praeÜBchen  Medicin.    1899.  17 


258  Fürbringer  und  Stettiner. 

Etiätetisch-  schen  Heüfactoren  zum  Ziele.     Ausser  der  Verordnung  einer  gut 
g®®^**'^^*^^®  passenden  Leibbinde  ist  durch  Ueberemährung  das  Körpergewicht 
derWander-  ^u  heben  und  durch  Gymnastik,  allgemeine  Massage  und  Elektricität 
niere,        eine  Kräftigung  des  Organismus  zu  erstreben.     Als  fiir  das  Leiden 
charakteristische  Symptome  gibt  er  folgende  an:    1.  ein  Gefühl  von 
Zug    und   Schwere  im  Unterleib;   2.    ziemlich    heftiges  Pochen   im 
Unterleib  (Pulsation  der  Aorta  abdominalis);   3.  das  Stärkerwerden 
der  Beschwerden  beim  Stehen  und  Gehen,  ihre  Verminderung  beim 
Liegen;   4.  häufiges  Uriniren;   6.  leichte  Kreuzschmerzen   nach  An- 
strengungen;  6.  Verschlinmierung   der   Beschwerden   zur  Zeit   der 
Menstruation. 

Auf  die  Häufigkeit  der   Coexistenz  von   Wanderniere  und 

Wander-     Appendicitis  hatEdebohls  schon  früher  aufmerksam  gemacht. 

niere  und    Nach  seinen  jetzigen  Erfahrungen  (Centralbl.  f.  Gynäk.  Nr.  40)  glaubt 

citiB        ®^  ^^^  ^^^^  aufstellen  zu  können,  dass  die  chronische  Appendicitis 

Edebohis.     die  constanteste  Folge  der  Symptome  erzeugenden  Wandemiere  sei. 

Die  Frage,  ob  der  Wurmfortsatz  mit  ergriffen  sei,   spielt  fiir  ihn 

bei   der  Ladicationsstellung    der   Operation   der  Wandemiere    eine 

Hauptrolle. 

Ueber  bewegliche  Nieren  im  Kindesalter,  welche  nicht 
Bewegliche  SO  selten  zu  sein  scheinen,  wie  man  glaubt,  macht  Comby  (Brit.  med. 
Niereim     Joum.,  16.  Oct.)  Mittheilungen.    Aetiologisch  kommen  hauptsächlich 
comby.*''' gastrische  Störungen  und  aUgemeine  Emährungsstörungen ,  welche 
zu  einer  Erschlaffung  der  Bänder  führen,    in  Betracht.     In  einer 
grossen  Anzahl  von  Fällen  ist  congenitale  Veranlagung  die  Ursache. 
Die   Behandlimg    ist    entweder    eine    Bandagenbehandlung,    wobei 
sich  am  besten  eine  einfache  FlaneUbinde  bewährt  hat  oder  in  sel- 
tenen Fällen  eine  operative. 

C.  Krankheiten  der  unteren  Harnwege.  » 


eine 
und 


Ueber  die  Ba  et  erien,  welche  bei  der  Entstehung  der  Cystitis 
Rolle  spielen,  vergl.  den  Abschnitt  über  eitrige  Nephritis. 
Zur  Frage  des  Vorkommens  von  Harnblasenentzündung 
uuu  Harnblasengeschwülsten  bei  Arbeitern  in  Farb- 
fabriken liefert  Leichtenstern  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  45)  einen  bemerkenswerthen  Beitrag  unter  der  Form  zweier 
eigenen  FäUe.  Im  ersten  (31jähriger  Arbeiter)  heilte  der  harte, 
schmerzhafte   Tumor  spontan,   was   auf  eine   entzündliche   Ghenese 


Krankheiten  der  Hamorgane.  259 

(y,acute  productive  Cystitis  mucosa")   deutet;  der  zweite  (51jähriger  Harnblasen- 
Meister)    kam   zur   Operation   und    Section.  Bei    normalen  Nieren  ö'f^rankung 

T                                    TT  .     .  1"^  Farb- 
waren   die   Wandungen  der  Harnblase  zum  grössten  Theil  in  der    fabriken, 

umfangreichen  Neubildung  untergegangen.  Letztere  unterschied  sich  lieichtenstem. 
von  dem  durch  Rehn  und  Marchand  beschriebenen,  ätiologisch 
identischen,  an  Alveolarsarkom  erinnernden  Tumor  durch  geringeren 
Reichthum  von  Zellen  und  weniger  engen  Anschluss  der  Geschwulst- 
elemente an  die  Gefasse.  Wahrscheinlich  geht  in  solchen  Fällen 
eine  langandauemde  entzündliche  Reizxing  voraus,  welche  die  Gifte 
hervorrufen.  Unter  letzteren  stehen  'Anilin,  Toluidin  und  Naphthyl- 
amin  obenan. 

Einen  neuen  Befund  von  Soorerkrankung  der  Blase  theilt 

V.  Frisch  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  39)   mit.     Die  64jährige     Soor  der 

anämische  Patientin  entleerte  neben  reichlichem  Gas  trüben,   zahl-      ^^^  V** 

V.  Friscli. 

reiche  weisskömige  Gebilde  führenden,  zuckerhaltigen  Harn.  Letz- 
tere bestanden  im  wesentlichen  aus  verfilzten  Mycelftden  und  Hefe- 
zellen. Trotzdem  war  das  Bacterium  coli  als  Ursache  der  Pneumaturie 
aufzufassen.  Ueber  das  culturelle  Verhalten  des  genannten  Pilzes 
und  der  Hefezellen  geben  Abbildungen  undteingehendereMittheüungen 
von  Pal  tauf  genaueren  Aufschluss. 

Ueber  einen  Fall  von  Cystitis  (und  Pyelitis)  nach  schwerem 
Unfall   berichtet   Posner    (Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl.  Med.   und     Trauma- 
öffenü.  Sanitätswesen  Bd.  16,   H.  1).     Der   19jährige  Patient  hatte     cyeuti^s 
durch   eine   Quetschung  der   Lendenwirbelsäule  mit  Schenkel-  und       Posner. 
Beckenbruch    zunächst    eine    centrale   Blasenlähmung   erlitten,    die 
ihrerseits  zu  schwerem  Katarrh  der  Blase  und  weiterhin  zur  Infec- 
•  tion   beider  Nieren   führte.     Infolge   dessen  war  der  Kranke   voll- 
ständig erwerbsimfahig  geworden. 

Nach  Thorkild  Rovsing  (Monatsber.  über  die  Gesammt-  Behandlung 
leistungen  auf  dem  Gebiete  d.  Harn-  u.  Sexualapp.  H.  9)  ist  der  ^®^  Cystitis, 
grösste  Theil  der  Haminfectionen ,  welche  ihren  Ursprung  in  der 
Harnröhre  nehmen,  durch  die  Einführung  von  Instrumenten  bedingt. 
Prophylaktisch  injicirt  Rovsing  daher  in  allen  Fällen  von  einmaliger 
Einführung  eines  Instrumentes  unter  Umständen,  welche  eine  In- 
fection  befurchten  lassen,  am  Schlüsse  der  Operation  in  die  Harn- 
blase 40 — 50  ccm  einer  2  ^/o igen  Lösimg  von  Argentum  nitricum. 
Nach  3 — 4  Minuten  wird  die  Silbemitratlösung  aus  der  Harnblase 
entfernt,   welche  hierauf  mit  sterilisirtem  Wasser  ausgespült  wird. 


260 


Fürbringer  und  Stettmer. 


der  Cystitis 
Th.  Rovsing 


Behandlang  In  Fällen  von  täglicher  Katheterisation  macht  er  gewöhnlich  Aus- 
spülungen der  Blase  mit  l*/oiger  Phenosalicyllösung.  Seine  Behand- 
lungsmethode bei  einfacher  Cystitis  ist  folgende:  Ausspülung  der 
Harnblase  durch  einen  sterilen  Katheter  mit  sterilem  Wasser  bis 
zum  klaren  Zurückfiiessen  der  Flüssigkeit,  hierauf  Einspritzung  von 
50  ccm  einer  2 ^/o igen  Silbemitratlösung  und  nach  2  Minuten  Injec- 
tion  von  50  ccm  sterilen  Wassers,  so  dass  in  der  Blase  eine  1^/oige 
Silbemitratlösimg  zurückgelassen  wird,  welche  später  vom  Patienten 
spontan  entleert  wird. 


—  dnrch 

Argentum 

nitricum, 

L.  GaKper. 


Experimentelle  Beiträge  zur  Wirkung  des  Argentum 
nitricum  in  der  Harnröhre  und  Harnblase  bringt  Leop.  Casper 
(Monatsber.  über  die  Gesammtleistungen  auf  dem  Geb.  der  Krankh. 
d.  Harn-  u.  Sexualapp.  H.  12).  Aus  seinen  Thierversuchen  ergibt 
sich,  dass  eine  nachhaltige,  dauernde  Entzündung  durch  verschor- 
fende  Argentum  nitricum-Lösung  in  der  Stärke  bis  zu  2  "/o  weder  in 
der  Harnröhre,  noch  in  der  Blase  hervorgerufen  wird,  dass  viel- 
mehr lediglich  eine  Ablagerung  von  reducirtem  Silber  oder  einer  un- 
bekannten Silberverbindung  stattfindet,  dass  ein  Process,  der  zu  einer 
schrumpfenden  oder  narbigen  Veränderung  der  oberflächlichsten,  wie 
der  tieferen  submucösen  Schichten  fuhrt,  nicht  bewirkt  wird.  Die 
Wirkung  des  Argentiun  nitricum  ist  abgesehen  von  der  Verschorfung 
der  Oberfläche  eine  chemotaktische,  die  eine  vorübergehende  örtliche 
Leukocytose  in  den  tieferen  Schichten  der  Mucosa  und  in  dem  Binde- 
gewebssubstrat  der  Submucosa  herbeiführt.  Casper  meint,  dass  auf 
diese  Leukocytose  oder  Alexocytose  vielleicht  die  so  starke  anti- 
bacterielle  Wirkung  der  Argentum  nitricum  -  Lösung  zurückzu- 
führen ist. 


-Pyoktanin,         Günstige  Wirkimg  von  Pyoktaninum  caeruleum  hat  R.  E. 
E.  Graham.     Graham  (New  York  med.  Journ.,  21.  Juni)  in  einer  grosser  Anzahl 
von  Cystitisfällen  gesehen. 

Orthof orm,         Versuche,   die  Nogues   (Annal.  des  mal.  g^n.-urin.  H.  4)   mit 
NogufeB.       Glycerinlösung  von  Orthoform  wegen  der  sowohl  schmerzstillenden, 
als  desinficirenden  Wirkung  desselben  bei  Cystitis  vorgenommen  hat, 
haben  zu  keinem  günstigen  Ergebnisse  gefuhrt. 


■Salosantal, 
().  Werler. 


Oscar  Werler  (Therap.  Monatsh.  H.  6)  empfiehlt  das  Salo- 
santal,  welches  die  Function  eines  wirksamen  Antisepticums  und 
Sedativums   in    sich  vereinigt.     Es  entwickelt  seine  bactericide  und 


Krankheiten  der  Hamorgane.  261 

antiputride  Action  nicht  allein  bei  alkalischer,  sondern  auch  bei 
saurer  Beaction  des  Harns  von  Cystitikem.  Es  übt  eine  nachhaltige 
Wirksamkeit  auf  die  TJnnqualität  selbst  nach  bereits  eingestellter 
Medication  aus. 

TJeber  den  bactericiden  Einfluss  derAciditätdesHarns 
auf  die  Cystitiserreger  hat  OttoRostoski  (Deutsche  med.  Wochen-     a  c  i  d  i  t  ä  t 
Schrift  Nr.  16)  Versuche   angestellt.     Die  erwartete  Wirkung:  trat  ^^?"  ^"'J? 

n     T\  ••11  1       ^®^  Cystitis, 

nicht  immer  auf.  Dagegen  erwies  sich  der  Harn  von  Patienten,  der  Rostoski. 
durch  Darreichung  von  Acidum  camphoncum  (6,0  pro  die)  stark 
sauer  gemacht  war,  als  stark  bactericid,  indem  schon  nach  einigen 
Stunden  eine  erhebliche  Abnahme  der  lebenskräftigen  Keime  statt- 
fand. Er  glaubt,  dass  dies  nur  auf  die  starke  Ansäuerung  des 
Harns,  nicht  auf  eine  specifische  Wirkung  der  Camphersäure  zu- 
rückzuführen ist. 

Einen    Fall    von   Cystitis   pseudomembranacea   theilt 

Bairay  (Lyon  m^dical  Nr.  9)  mit.     Zur   Stellung  der  Diagnose  Cystiti» 

kann  die  häufige  Verlegung  des  Katheters  helfen,  an  dem  man  dann  ps^udo- 

Membranen  finden  wird.    Auch  macerirt  der  Katheter  leichter,  als  c^a, 

in  anderen  Fällen.     Therapeutisch  kommt,  wie  auch  in  dem  mitge-  Bairay. 
theilten  Falle,  die  Sectio  alta  in  Betracht. 

lieber  Leukoplakia  yesic'ae  macht  H.  Lohnstein  (Monatsber.  über  Leukoplakia 
die  Gesammtleistungen  auf  dem  Geb.  der  Erankh.  d.  Harn-  u.  Sexual app.      vesicae, 
H.  2)  Mittheüungen.     Er  hat  bei  einem  56  Jahre  alten  Drechsler   diese  ^'  ^^ohnetein. 
Krankheit  mittels  Cystoskopie  erkannt.    Zum  Zustandekommen  der  Leuko- 
plakie  genügt  das  Bestehen  eines  langdauemden,  mehr  oder  weniger  in- 
tenaiyen  entzündlichen  Reizes   der  Blasenschleimhaut.    Mittels  Cystoskopie 
konnten  beide  Formen  der  Erkrankung,  in  welchen  die  Leukoplakie  bisher 
beobachtet  ist,  festgestellt  werden,  sowohl  flächenhafte,  mehr  diffuse  Aus- 
breitung, wie  papelförmige,  circumscripte,  in  Form  von  wellenartigen  Ge- 
bilden sich  darstellende  Veränderungen.    In  den  meisten  Fällen  finden  sich 
nebenbei  andere  Leiden  (Prostatitis,  Prostatahypertrophie,  Lithiasis).   Durch 
ihre  Behandlung  können  die  subjectiven  Beschwerden   gelindert  werden. 
In   dem   mitgetheilten  Falle,   in  welchem   eine  Prostatahypertrophie  das 
Leiden  begleitete,  wurde  durch  Höllensteinspülungen  (1 :  2000)  ein  weiteres 
Ümsichgreifen  der  Krankheit  während  2jähriger  Beobachtung  verhütet. 

Die  Dysurie  und  ihre  Therapie  bespricht  Martin  Mendel- 
söhn  in  einem  längeren  Aufsatze   (Therap.  Monatsh.  H.  1).    Unter 


262  Fürbringer  und  Stettiner. 

Dyeurie,  Dysurie  versteht  man  einen  jeden  Zustand,  in  welchem  der  Vor- 
■  ®"  °'  gang  des  Harnlassens  erschwert  oder  beschwerlich  ist.  Man  kann 
demnach  drei  Formen  von  Dysurie  unterscheiden:  1.  die,  in  welcher 
die  einzelne  Harnentleerung  zu  einer  mechanisch  schwierigen  wird 
(Stricturen  der  Harnröhre,  Prostatahypertrophie);  2.  diejenige,  bei 
der  eine  grosse  Häufigkeit  des  Urinirens  eintritt,  das  Hambedürfiiiss 
gesteigert  ist  (PoUakiurie) ;  3.  die,  bei  welcher  die  normalerweise 
ohne  besondere  subjective  Empfindung  vor  sich  gehende  Austreibung 
des  Harns  schmerzhaft  und  quälend  wird,  wo  ELamzwang  besteht. 
Die  Therapie  muss  natürlich  die  Beseitigung  der  zu  Grunde  liegen- 
den ursächlichen  Affection  erstreben,  hat  aber  auch  die  Aufgabe, 
durch  allgemeine  und  locale  Maassnahmen  die  hochgradigen  Be- 
schwerden zu  lindem.  Warme  Kataplasmen  auf  den  Unterleib, 
warme  Eingiessungen  in  den  Mastdarm,  Sitzbäder,  schleimige  Ge- 
tränke, Narkotica  in  Form  von  Suppositorien,  Blutentziehungen  am 
Damm  etc.  kommen  hier  vor  allem  in  Betracht. 

PoUakiurie,  Mit  der  PoUakiurie  beschäftigt  sich  auch  0.  Kraus  (AUg. 

0.  Kraus,  ^-^j^  ^^^  2;tg.  Nr.  7—9).  Sie  kommt  bei  einer  Reihe  von  Affec- 
tionen  des  Digestionstractus,  des  Nervensystems,  femer  bei  Urethritis, 
Cystitis,  Prostatitis,  mitunter  auch  als  Vorbote  des  Morbus  Brightii 
vor.  Eine  besondere  Form  ist  die  Pollakiuria  urica.  Kraus 
beschreibt  3  derartige  Fälle.  Mit  Verschwinden  der  Hamsäureaus- 
scheidung  durch  Gebrauch  alkalischer  Wässer  verschwand  auch  die 
PoUakiurie. 

Auf  die  Behandlung  der  Urogenitalkrankheiten   des 

Mannes  mit  Massage  und  gymnastischen  Uebungen,  welche 

Massage  bei  bisher  wenig  geübt  ist,  lenkt  Richard  Huldschiner  (Berl.  klin. 

Er k ran-     Wochenschr.  Nr.  28)  die  Aufmerksamkeit.     Fälle,  in  denen  es  sich 

Urogenital-  darum  handelt,  den  Blasentonus  zu  erhöhen  (Harnröhrenstricturen, 

apparates,    Prostatahypertrophie) ,   femer  Fälle  von  erhöhter  Blasenreizbarkeit, 

Huldschiner.    gQ^ghl  reine  Blasenneurosen,  wie  Theilerscheinungen  eines  ähnlichen 

Leidens,  endlich  solche  Fälle,  wo  es  gilt,  entzündliche  Infiltrationeu 

hinwegzuschaffen,  eignen  sich  für  dies  Verfahren. 

Röntgen-  Auf  die  Bedeutung  derRöntgenstrahlen  für  die  Aufdeckung 

strahlen  bei  von  Blasen  st  eine  n  macht  C.  Lengard  (Deutsche  med.  Wochen- 
steinen     Schrift  Nr.  41)   aufmerksam.     Im  allgemeinen  gilt  für  sie  dasselbe, 
Lengard,      was  Ringel  über  die  Nierensteine   ausgeführt  hat    (vergl.   oben 
^^"^®^'       Abschnitt  über  NephroHthiasis). 


Krankheiten  der  Hamorgane.  263 

In    seiner  Abhandlung   über  Echinokokken  in  den  Hamwegen 
(Centralbl.   f.  die  Krankheiten  der  Harn-  u.  Sexualorg.  H.  12)   be- 
spricht L.  Manasse  auch  die  Echinokokken  der  Harnblase      Echino- 
und   die   ihrer  nächsten  Umgebung.     Ein  einheitliches  Symptomen-  ^^okkender 
bild   kann   für   dieselben    bisher   nicht    aufgestellt    werden.     Wenn    j,.  Manasse/ 
nicht  gerade  durch  den  spontanen  Abgang  von  Hydatiden  oder  durch 
eine  unbeabsichtigte  Eröffnung   einer  Cyste  Klarheit  geschaffen  ist, 
begegnet  die  Diagnose  grossen  Schwierigkeiten. 

Einen  Beitrag  zu   den   Störungen  der  Harnentleerung 

bei  Kindern  liefert  Robert  Kutner   (Berl.  kün.  Wochenschr.     Störung 

Nr.  19).     In  beiden  von   ihm  mitgetheilten  Fällen,    von  denen  der    <*®]^  ^"•'^^' 
/  ^  '  entleerung 

eine  einen  8  Jahre  alten  Knaben,  der  zweite  ein  7jähriges  Mädchen  bei  Kindern, 
betrifft,  handelt  es  sich  um  eine  functioneUe  Anomalie  der  Schliess-    ^'  Kutner. 
musculatur   in  Form   eines   chronischen  Spasmus.    In   dem  ersten 
Falle  zeigte  sich  starke  Behinderung  des  Urinabflusses,  die  sich  zu- 
weilen bis  zur  completen  Harnverhaltung  steigerte,  im  zweiten  Falle 
von  Geburt  an  unireiwilliges  Hamträufeln. 

Einen  Fall,  in  welchem  sich  im  Anschluss  an  eine  Diphtherie      Blasen- 
des Rachens  eine  vollständige  Lähmung  der  Blase  entwickelte,     ^**»™^"ß 
beschreibt   Joseph  Englisch    (Wien.    med.  Presse  Nr.  9).    Die  Diphtherie, 
Lähmung  zeigte  sich  zuerst  nur  unter  der  Form  der  Enuresis  noc-    J-  Eßglisch. 
tuma.     Später  trat  völlige  Incontinenz  ein. 

In  einer  Arbeit  über   den  Werth   der  Elektrolyse  bei  der 

Behandlung  chronischer  glandulärer  Urethritis  (New  York 

med.  Record,  20.  Aug.)  kommt  G.  Mundorffzu  folgenden  Schluss-  Elektrolyse 

Sätzen:  Ausser  bei  acuter  Urethritis  muss  in  ledem  Falle  urethraler     ^    ^^}    ^ 

chronischer 

Erkrankung   eine   sorgfaltige  Urethroskopie   vorgenommen   werden,  glandulärer 
In  der  Regel  können  alle  Formen  chronischer  Urethritis  durch  Dila-  Urethritis, 
tation   und  Höllensteininjectionen   geheilt   werden.    Elektrolyse   ist      •    ^  o    • 
nur  bei  der  glandulären  Form  indicirt  und  führt,  die  meisten  Fälle 
zur  Heilung.     Wo  dieselbe  nichts  nützt,   ist  die  Dilatation  indicirt, 
ebenso  falls  die  Elektrolyse  zu  Narbenbildung  führt.    Während  der 
Behandlung   muss  die  HamrÖhrenbeschaifenheit  durch  regelmässige 
Endoskopie  controUirt  werden. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

L.  Bard  et  L.  M.  Bonnet,  Becherches  et  consid^rations  cliniques  sur  les 
dififörences  de  perm^abilit^  renale  dans  les  diverses  esp^ces  de  n6- 
phrites.    Paris. 


264  Fürbringer  und  Stettiner. 

L.  Casper,  Handbach  der  Gystoskopie.    Leipzig. 

Desnos,  Trait^  ^l^mentaire  des  maladies  des  voies  unnaires  avec  un  pr^- 

face  du  Prof.  F.  Guyon.    Paris. 
L.  V.  Frankl-Hochwart  u.  0.  Zuckerkandl,  Die  nervösen  Erkrankungen 

der  Blase.    Wien. 
P.  Fürbringer,  Text-book  of  diseases  of  kidneys  and  genito-urinary  organs. 

Trans,  from  the  German  by  W.  H.  Gilbert.    London. 
Felix  Guyon,  Die  Krankheiten  der  Hamwege.   Klinische  Vorlesungen  aus 

dem  Höpital  Necker.    Nach  der  3.  franz.  Aufl.  übers,  u.  bearb.  von 

Dr.  0.  Krausfa  u.  Dr.  0.  Zuckerkandl.    3.  Bd.:   Der  Katheterismus. 

Wien. 
S.  Grosglik,   Ueber   Blutungen    aus  anatomisch    unveränderten    Nieren. 

Sammlung  klinischer  Vorträge,  Neue  Folge,  Nr.  203.    Leipzig. 
A.  Grousset,  Cystite  pseudomembraneuse.    Lyon. 
A.  Henocque,  Spectroscopie  de  Turine  et  des  pigments.    Paris. 
L.  Imbert,   Le  cath6t6risme  des  ur^t^res  par  les  voies  naturelles.    Paris. 
J.  .L  Karyonen,   üeber   den  Einfluss   des  Quecksilbers  auf  die  Nieren. 

Berlin. 
T.  N.  Kelynack,  Renal  growths:  their  pathology,  diagnosis  and  treatment. 

London  und  New  York. 
Gustav  Kolischer,   Die  Erkrankungen   der  weiblichen  Harnröhre   und 

Blase   mit  besonderer  Berücksichtigung  der  Endoskopie  und  Cysto- 

skopie.    Wien. 
Robert  Kutner,  Die  instrumentelle  Behandlung  der  Harnleiden.    Berlin. 
Lassar-Cohn,  Praxis  der  Harnanalyse.    Anleitung  zur  chemischen  Unter- 
suchung des  Harns.    2.  Auflage.    Hamburg  u.  Leipzig. 
Neubauer  und  Vo  g  e  1 ,  Anleitung  zur  qualitativen  und  quantitativen  Analyse 

des  Harns.     10.  Aufl.    Wiesbaden. 
C.  Posner,  Therapie  der  Hamkrankheiten.    2.  Aufl.    Berlin. 
A.  Pissary,  Contribution  ä  T^tude  des  n^phrites  cons^cutives  ä  la  tuber- 

culose.    Paris. 
H.  Rieder,  Atlas  der  klinischen  Mikroskopie  des  Harns.    Leipzig. 
V.  Röchet,  Trait^  de  la  dysurie  senile  et  de  ses  diverses  complications. 

Paris. 
Tuffier,  Tuberculose  renale  (pathogenie,  diagnostic,  traitement).    Paris. 
C»  Vieillard,   Etüde  physiologique ,   clinique   et  pathologique.     L'ürine 

humaine  (urines  normales,  anomales,  pathologiqnes).    Paris. 


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266  Freyhan. 

immniiität  liehe  und   durch   häufige  Einführung  des  Giftes   noch   gesteigerte 
der  Igel     Toleranz  der  Igel   eine  Folge   der  grösseren  Widerstandsfähigkeit 
Cantharidenilu'er  Gewebe  ist   und   nicht   auf  ein  natürliches   oder  erworbenes 
und         Cantharidenantitoxin  zurückzufuhren  ist.    Zu  ähnlichen  Ergebnissen 
^®**^*"^^®'*"  gelangt  der  Autor  Peutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  40)  bei  Unter- 
Lewin.       suchungen  über  die  angebliche  Immunität  der  Igel  gegen  Schlangen- 
gift.   Auch  hier  besteht  zweifellos  eine  erhebliche  Toleranz,   aber 
durchaus  keine  Immunität ;  denn  wenn  die  Thiere  auch  in  der  Regel 
Ottembisse  gut  überstehen,  so  können  sie  doch  gelegentlich  danach 
erkranken  und  zu  Grunde  gehen.    Keinesfalls  kann  die  Widerstands- 
&higkeit  gegen  das  Gifb  durch  Einimpfung  des  Igelblutes  auf  andere 
Thiere   übertragen  werden.     Sonach   stellt  die  sog.   natürliche  Im- 
munität des  Igels  nur  eine   erhöhte  Widerstands&higkeit  dar  und 
wurzelt  nicht  in  einer  übertragbaren  Eigenschaft   des  Blutserums. 

Wesender  Gegenüber  den  Anfechtungen  Lewin 's  hält  Behring  (Deutsche 

Immniiität,  med.  Wochenschr.  Nr.  42)  die  Anschauung  aufrecht,  dass  jedes  In- 
dividuum als  gif t immun  zu  bezeichnen  ist,  welches  gegen  die 
krankmachende  Wirkung  solcher  Giftdosen  geschützt  ist,  die  für 
andere  Individuen  bei  gleicher  Applicationsart  verderblich  sind;  es 
würden  daher  beispielsweise  Kaninchen  auch  dann  als  morphium- 
immun zu  bezeichnen  sein,  wenn  sie  eine  stomachale  Morphium- 
unempfindlichkeit  besitzen  würden,  da  ja  der  Mensch  vom  Magen 
aus  mit  Morphium  vergiftet  werden  kann.  Ausser  einer  isopathi- 
schen,  cellular  und  histologisch  bedingten  Immunität  gibt  es  noch 
eine  chemisch  bedingte,  die  man  antitoxische  nennt.  Bei  genauen 
vergleichenden  Untersuchungen  über  den  krankmachenden  Effect 
bestimmter  Giftdosen  an  Thieren,  die  theils  durch  isopathische, 
theils  durch  antitoxische  Immunität  auf  denselben  Antitoxingehalt 
des  Blutes  gebracht  waren,  hat  Behring  den  Eindruck  gewonnen, 
dass  erstere  stärker  giftempfindlich  sind  als  letztere,  woraus  er 
sclüiesst,  dass  nach  Abzug  der  hämatogenen  Immunität  bei  den 
isopathisch  immunisirten  Individuen  eine  histogene  TJeberempfind- 
lichkeit  zurückbleibt. 

EinflnsB  von  Nach  Drago  (Gazz.  d.  osped.   Nr.  46)   verlieren  Thiere   infolge   von 

Racken-      Durchschneidung  des  Rückenmarks   ihre   natürliche  Immunität. 

mar  s-       j^^^  Einffriff  schwächt  in  beträchtlichem  Grade   die  Alkalescenz  des  Blut- 
lasionen  ^ 

anf  die       serums  ab  und  vermindert  den  Gehalt  an  Senimalbumin  imd  Globulin.   Ob 

Immunität,  hieran  trophische  Störungen  oder  Hypei*thermie  die  Schuld  tragen,   bleibt 

^^™^°-        vorläufig  noch  unentschieden. 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen.  267 

Trumpp   (Verh.    des  16.  Congr.   f.   inn.  Med.)    unterzieht   die  Beziehungen 

Beziehunfi^en   der   Agfflutination    zur   Immunität    einer  ex-  <*«'  Aggiuti- 
<=»  o»  ^  nation  zur 

perimentellen  Prüfung  und  kommt  dabei  zu  dem  bemerkenswertnen  immnnität, 
Resultat,  dass  Cholera-  und  Typhusimmunserum  schon  in  vitro  einen  Trampp. 
stark  schädigenden  Einfluss  auf  die  zugehörige  Bacterienart  aus- 
üben, der  sich  dadurch  kenntlich  macht,  dass  die  betreffenden  Species 
im*  die  activen  Alexine  des  normalen  Blutserums  bedeutend  angreif- 
barer sind.  Diese  Wirkung  ist  eine  specifische  und  geht  annähernd 
proportional  dem  Agglutinationsvermögen  des  Immunserums,  eine 
Thatsache,  welche  auf  die  Bedeutung  der  Agglutination  für  das 
Zustandekommen  der  Immunität  ein  helles  Licht  wirft. 

Hamburger  (Deutsche  med.  Wochenschr,  Nr.  7)  hat  ermittelt,  dass         Anti- 
nicht  nur  das  venöse  Blut  an  sich  stärker  antibacteriell  wirkt  l^*ct«ri«lle 
als  das  arterielle,  sondern  dass  ein  Gleiches  auch  von  der  Oedemflüssigkeit      venösen 
der  venösen  Stauung  gilt.    Auch   in  entzündeten  Partieen,   in  denen  eine      Blutes, 
Verlangsamung  des  venösen  Blutstroms  stattfindet,  wächst  das  antibacterielle    Hamburger. 
Yermögen  der  Entzündungsflüssigkeit.  Diese  Eigenschaft  bedeutet  ein  weiteres 
Schutzmittel   des  Organismus  im  Kampfe  gegen  die  Invasion  von  Mikro- 
organismen an. 

Interessante  Aufklärung  über  den  behaupteten  Einfluss  von  Haut-    Hautreiz- 
reizmitteln  auf  Infectionen   bringen   die   experimentellen  Versuche   ™i**ol  ]ind 
Marti nTs  (Speriment.  Bd.  3).     Weder  wurden  entzündliche  Processe  in       Martini    ' 
den  unter  der  Haut  liegenden  Geweben  durch  die  Application  dieser  Mittel 
gebessert,  noch  wurde  die  Verallgemeinerung  der  Infection  hintangehalten 
oder  die  Resistenz  des  Organismus  erhöht.   Danach  sind  die  Hautreizmittel 
für  Infectionen  nicht  nur  unnütz,  sondern  sogar  manchmal  schädlich. 

Berger  (Therap.  Monatshefte  Nr.  3  u.  4)  behauptet,  dass  das  Einfluss  des 

gehäufte  Auftreten  vieler  Infectionskrankheiten  mit  bestimm-        \  ®"  *  v 
°  .  •  T  TV  .       ansteckende 

ten  Wetterverhältnissen  Hand  in  Hand  geht.  Das  Wetter  wird  Krank- 
bedingt durch  den  Stand  von  Baro-  und  Thermometer,  durch  den  hei  ten, 
Feuchtigkeitsgehalt  und  den  allgemeinen  Witterungscharakter.    Der  ^^^' 

Wind  kommt  weniger  für  die  Entstehung  als  fiir  die  Weiterver- 
breitung der  Infectionskrankheiten  in  Betracht.  Die  grösste  Be- 
deutung kommt  den  Niederschlägen  zu. 

Verschiedene  Versuchsreihen  haben  Dominicis  (Wiener  med.  Presse  Einfluss  des 
Nr.  18)  gelehrt,  dass  das  Fasten,  in  gewissen  Grenzen  zweckmässig  und^*®*®'*^    *^^ 
mit  Umsicht  durchgeführt,   Menschen  und  Thiere   gegen  den  Einfluss  derj£rnnki,eiten 
Mikroben   und   deren  Toxine   widerstandsfähiger   macht     Er   führt   dies      Dominicis. 
darauf  zurück,  dass  jede  Nahrung  putride  Zersetzungen  erfährt  und  durch 
Autointozication  eine  verminderte  Resistenz  gegenüber  Bacterien  entsteht. 


268 


Freyhan. 


B.  Specielles. 

1.  Cholera. 

Biidungs-  Pfeiffer  und  Marx  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  3)  fuhren 

statte  der    ^^^  Reihe  von  Thatsachen  an,  die  dafür  sprechen,  dass  die  blut- 

Gholeraanti-  .  '  . 

körper,  bildenden  Organe  die  Ursprungsstätte  der  bei  der  Immuni- 
pfeifferu.  Marx,  gij^iing  gich  bildenden  specifischen  Choleraschutzstoffe 
darstellen.  Und  zwar  handelt  es  sich  nicht  um  eine  temporäre  Auf- 
speicherung der  Antistoffe  in  den  genannten  Organen,  sondern 
thatsächlich  um  eine  dort  vor  sich  gehende  Bildung.  Denn  Thiere, 
bei  denen  20  Stunden  nach  der  Einverleibung  von  hochwirksamem 
Choleraserum  eine  Titrirung  des  Blutes  und  der  Milz  vorgenommen 
wurde,  zeigten  ein  viel  stärker  wirksames  Verhalten  des  Blutes 
als  der  Milz,  so  dass  von  einer  Aufspeicherung  der  Antikörper  in 
der  Milz  keine  Bede  sein  kann. 

Prophylaxe  Nach  eingehenden  Voruntersuchungen  gelangte  Hank  in  (Brit. 

^./««u^ry*  med.  Joum.  22.  Jan.)   zu  der  Ansicht,  dass  die  Desinfection   der 

aurcü  Kali  ... 

^ erm an gani- Schöpfbrunnen  in  den  indischen  Dörfern  durch  Kali  permangani- 

®"°?»        cum  den  Ausbruch  resp.  die  Weiterverbreitung  der  Cholera  in  vielen 

Fällen  hintanhalten  könne.    Ein  Experimentum  crucis  stellte  er  bei 

einer  ausbrechenden  Epidemie  in  einem  Dorfe  an,   indem  er  die 

Hälffce  der  Brunnen  desinficirte  imd  die  andere  Hälfte  unberührt 

Hess.     Es  stellte  sich  heraus,  dass  die  Choleravibrionen  nach  2  bis 

3  Tagen  aus  den  desinficirten  Brunnen  verschwunden  waren,  während 

sie  in  den  übrigen  persistirten.    Für  je  einen  Schöpfbrunnen  genügen 

30  g  Kali  permanganicum. 


ContagioBi- 

tat  des 

Typhus, 

Anneguin. 


Wasser  als 

Infections- 

träger  des 

Tj'phHs, 

Petruschky. 


2.  Typhus  abdominalis. 

Den  besten  Beweis  für  die  Contagiosität  des  Typhus  erblickt 
Anneguin  (Lyon.  m^d.  Nr.  6)  in  der  hohen  Erkrankungsziffer 
der  Krankenwärter.  Für  sie  können  die  sonst  angeschuldigten 
Schädlichkeiten  —  Wasser,  Milch,  Nahrung  u.  s.  w.  —  kaum  in 
Frage  kommen,  sondern  nur  allein  die  Contagion  verantwortlich  ge- 
macht werden.  Er  berechnet  die  Morbidität  des  Wärterpersonals 
auf  9 — 10°/o,  die  des  französischen  Heeres  auf  etwa  l"/o. 

Für  die  Stadt  Danzig  fuhrt  Petruschky  (Danzig)  den  einwand- 
freien Nachweis,  dass  die  Wasserleitung  den  fast  ausschliesslichen 
Infectionsträger  des  Typhus  darstellte.    Solange  die  Stadt  ihr  Trinke 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen.  269 

Wasser  aus  dem  verseuchten  Eadaunekanal  bezog,  betrug  die  Typhus- 
morbidität  12  ^/oo,  während  sie  jetzt  nach  der  Fertigstellung  der 
neuen  Anlagen  auf  1 — 3^/oo  gesunken  ist. 

Die  Gefährlichkeit  der  Milch  als  typhusübertragendes  Medium 
illustrirt  eine  Beobachtung  von  Harbitz  (Norsk  Magaz.  for  Lägevid.       üeber- 
H.  8).     Er  weist  nach,  dass  alle  befallenen  Wohnungen  ihre  Milch  des  T^vplfus 
von   ein   und  derselben  Molkereigenossenschaft   bezogen.     Auf  die  durch  Hiich, 
gleiche  Ursache  konnte  Davies  (Lancet,  4.  Dec,  1897)  eine  Epidemie      Harbitz, 
in  Clifton  zurückfuhren ;  auch  hier  lag  für  fast  alle  inücirten  Häuser 
ein  und  dieselbe  Bezugsquelle  vor.     Nachdem  diese  aus  dem  Ver- 
kehr ausgeschlossen  war,  sistirte  die  Krankheit.    In  der  verdächtigen 
Meierei  waren  die  Milchkannen  in  einem  Flusslauf  gespült  worden, 
in  den  sich  zahlreiche  Ciosetabwässer  entleerten. 

Nach  den  Angaben  von  Kister  und  Fraenkel  (Münch.  med.       üeber- 
Wochenschr.  Nr.  9)  beherbergt  sterilisirte  Buttermilch  Tvphus-,  tragung 

...  .  '"^  dnrchButter- 

bacillen  9  Tage,  nicht  sterilisirte  erheblich  kürzere  Zeit,  da  hier  die       milch, 
üppig   gedeihenden   Saprophjrten   die  Typhusbacillen   überwuchern.      Kister  u. 
Die  Möglichkeit  der  Existenz  der  Typhuskeime  in  diesem  Medium 
verdient  in  Zeiten  von  Epidemieen  in  Rechnung  gezogen  zu  werden. 

Jancken  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  27)  ist  in  der  seltenen    Länge  des 

La£;e,   bei  einer  Truppenepidemie  das  Incubationsstadium  der  ^°®^^***^'^^" 
-rx        1  1     •  /»  11  1  -fTT  1  1     1         11  Stadiums, 

Krankheit  genau  feststellen  zu    können.     Während  dasselbe   sonst      jancken. 

auf  2 — 3  Wochen  angegeben  wird,  lagen  hier  zwischen  dem  genau 

ermittelten  Zeitpunkt  der  Infection  und  dem  Ausbruch  der  ersten 

Krankheitserscheinungen   nur  2 — 5  Tage.     Es   scheint   also,   dass 

unter  gewissen  Umständen  die  Virulenz  der  Typhusbacterien  sehr 

rasch  die  Krankheit  zur  Entwickelung  bringt. 

Unter  den  im  letzten  Jahr  von  Hunt  (Practitioner ,  März)  be-    Recidive, 
handelten  70  Typhen  traten  in  28  Fällen  Recidive  auf,  ohne  dass        ^^***- 
ein  besonderer  GJrund  dafür  aufgefunden  werden  konnte.   In  15  Fällen 
kam  es  zu   einem  Recidiv,   bevor  die  Temperatur  zur  Norm  abge- 
fiedlen  war,  in  den  übrigen  lag  ein  mehr  minder  grosses  apyretisches 
Intervall  dazwischen. 

In  Italien   soll  die  Typhusmortalität   nach  Cäro   (Giorn. 
mtem.  d.  science  med.  Bd.  6)  während  der  letzten  Jahre  constant  im 


mortalität 
in  Italien, 


270  Freyhan. 

Typhus-  Sinken  begriffen  sein.  Die  Frequenz  der  Erkrankungen  hat  ihren 
niedrigsten  Stand  im  Februar  und  April  und  erreicht  ihren  Höhe- 
Caro.  punkt  im  November.  Die  Hauptcentren  der  Krankheit  bilden  Apu- 
lien,  Sicilien  und  Toskana;  verhältnissmässig  wenig  befallen  sind 
Piemont,  Ligurien  und  Sicilien. 

Leber-  Crespin  (Gaz.  des  hopit.  Nr.  146)  macht  auf  schwere  Sym- 

symptome    p^me  yQ^  Seiten  der  Leber  aufinerksam,  welche  gelegentlich  die 

Crespin,  *  Krankheit  compliciren  können.  In  einer  Anzahl  von  Fällen  beob- 
achtete er  Leberschwellungen  im  Verein  mit  lebhafter  Empfindlich- 
keit bei  Druck ;  dabei  enthielt  der  Urin  regelmässig  reichlich  Urobilin 
bei  vermindertem  Hamstoffgehalt ;  mehrfach  trat  auch  Icterus  in  die 
Erscheinung.  Alle  diese  Fälle  betrafen  Leute,  die  früher  in  tropi- 
schen Gegenden  gelebt  hatten,  so  dass  für  das  Zustandekommen, 
von  Lebercomplicationen  bei  Typhus  klimatische  Factoren  maassgebend 
zu  sein  scheinen. 

Hawkins.  Icterus   erklärt  Hawkins  (Med.-chir.  Transact.  Bd.  80)  fiir 

ein  sehr  seltenes  Vorkommniss  bei  Typhus;  derselbe  setzt  gewöhn- 
lich ein  mit  Fieberbewegungen,  DeHrien,  galligem  Erbrechen  und 
Diarrhöen  und  ist  ein  Signum  mali  ominis.  Als  Ursachen  vermuthet 
er  katarrhalische  Processe  und  parenchymatöse  Degenerationen  in 
der  Leber. 

Empyem  der  Lawrence-Mason  (Bost.  med.  and  surg.  Joum.,  März)  ist  es 

Gallenblase,  gelungen,  einen  im  Verlauf  eines  Typhus  im  rechten  Hypochondrium 
Mason.  auftretenden,  respiratorisch  verschieblichen  Tumor  als  ein  Empyem 
der  Gallenblase  zu  identificiren ;  in  dem  durch  Function  aspirirten 
Eiter  fanden  sich  virulente  TyphusbaciUen.  Eine  Prädisposition  zur 
Infection  bilden  Gallensteine.  Die  in  der  Gallenblase  restirenden 
Typhusbacterien  können  die  Quelle  einer  Reinfection  werden,  indem 
sie  in  den  Darm  zurückwandern  und  dort  ein  erneutes  Aufflackern 
des  Krankheitsprocesses  bewirken. 

Oesophagus-  Sehr  selten  dürfte  die  Beobachtung  einer  Oesophagusstrictur 

^p'^^h^d''     *^^  dem  Boden  eines  typhösen  Ulcus  sein,  wie  sie  vonPachard 

(Philadelphia  med.  Joum.,  7.  Jan.)  gemacht  worden  ist.   Sie  befand 

sich  in  einer  Entfernung  von  12 — 13  cm  von  den  Zähnen  und  wurde 

durch  allmähliche  Dilatation  gebessert. 

Wenn  auch  ein  Theil  der  bei  Typhus  häufigen  Pleuritiden 
einer  Mischinfection  seinen  Ursprung  verdankt,  so  stellt  doch  nach 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen.  271 

Achard  (Semaine  m^d.  Nr.  40)  ein  nicht  geringer  Bruchtheü  echte  Typhöse 
Gomplicationen  dar.  Letztere  sind  entweder  serofibrinöser  oder  l^ieuntis, 
eitriger  Natur,  ohne  dass  es  in  dem  jeweiligen  Falle  möglich  ist, 
den  specieHen  Ghrund  hierfür  ausfindig  zu  machen.  Die  Therapie 
dieser  AfPectionen  ist  in  grossen  Zügen  dieselbe  wie  bei  den  acuten 
Pleuritiden ;  bei  serofibrinösem  Erguss  ist  die  Flüssigkeit  durch  Func- 
tion, bei  eitrigem  durch  Rippenresection  zu  entleeren.  Jedoch  ist 
es  wohl  zu  beachten,  dass  die  typhösen  Empyeme  keineswegs  fou- 
droyante  Erscheinimgen  machen,  so  dass  ein  Hinziehen  der  Ope- 
ration bis  in  die  Convalescenz  keine  nennenswerthen  Gefahren  be- 
dingt. 

Auf  Grund  genauer  Blutuntersuchungen  bestätigt  Kölner  Blutver- 
(Dentsches  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  60)  die  Angaben  neuerer  Autoren,  »»derungen, 
dass  die  Zahl  der  weissen  Blutkörper  im  Initialstadium  des 
Typhus  sinkt  und  nach  der  Defervescenz  rasch  zunimmt.  Die  ini- 
tiale Hypoleukocytose  ist  ein  diflferentialdiagnostisch  werthvoUes, 
wenn  auch  kein  absolut  eindeutiges  Symptom.  Die  rothen  Blut- 
körperchen und  der  Hämoglobingehalt  sinken  ab. 

Bislang  stand  kein  sicheres  Mittel  zu  Gebote,  um  intra  vitam 
zu  entscheiden,  ob  die  bei  Typhus  auftretenden  cerebralen  Sym- 
ptome im  concreten  Falle  durch  eine  complicirende  Meningitis 
hervorgerufen  seien  oder  nicht.  Jemma  nun  (Gaz.  degl.  osped.  Typhus- 
Nr.  148)  hat  in  einem  solchen  Falle  zur  Stellung  einer  exacten  Dia-  meningitis, 
gnose  die  Lumbalpunction  herangezogen  und  mit  ihrer  Hülfe 
das  Vorhandensein  von  Ebert haschen  Bacülen  in  der  Cerebrospinal- 
flüssigkeit  festgestellt.  Trotz  dieses  Befundes  kam  der  Fall  zur 
Heilung. 

Gnizetti  (Arch.  p.  1.  sc.  u.  med.  Nr.  1)  hat  in  10  Fällen  von  Typhus  Typhöse 

starke  Veränderungen  imSympathicus  gefunden,  welchen  er  eine  causale  V  er  änd  e- 

Bedeutung  für  den  letalen  Ausgang  zuschreibt.    Die  markhaltigen  Nerven-  g«müathi- 

fasem  zeigten  die  sog.  Neuritis  segmentalis  periaxillaris,  die  Ganglien  klein-  ons, 

zeUige  Infiltrationsheerde,  venöse  Hyperämie,  starke  Congestion  mit  kleinen,  Gaizetti. 
vorwiegend  perivasalen  Hämorrhagieen,  sowie  trübe  Schwellung  und  fettige 
Degeneration  der  Grefässendothelien. 

Monteux  und  Lop  (Revue  de  m6d.  Nr.  7)  beschreiben  2  seltene 
Fälle  von  Vagusaffectionen  bei  Typhus.  In  dem  einen  Falle 
bestand   anfallsweise  Dyspnoe,    Tachycardie,    Druckempfindlichkeit 


272  Freyhan. 

Typhöse     der  Vagi  am  Halse,  Auftreibang  des  Magens  und  wiederholtes  Er- 

Vagus-      brechen:  der  andere  zeichnete  sich  aus  durch  Singultus,  Erbrechen, 

Honteoz      Erstickungsanfälle  und  hochgradige  Tachycardie.    Diese  Zufalle  er- 

u.  Lop.       fordern  eine  energische  Therapie,  vor  allem  Hautreize  wie  Cantha- 

ridenpflaster  und  Points  de  feu,  femer  subcutane  Strychnin-  und 

Coffeininj  ectionen. 

Typhöse  Die  typhöse  Laryngitis  charakterisirt  sich  nach  Schulz 

^^'s^h^"''  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  34)  durch  partieUe  Schloimhautröthung 
ohne  starke  Absonderung.  Im  anatomischen  Präparat  zeigte  die 
Schleimhaut  eine  grössere  Anzahl  von  stark  hyperämischen ,  zum 
Theil  über  Hnsengrossen  Stellen,  die  ziemlich  gleichmässig  über  die 
Umgebung  erhaben  waren;  grob  sichtbare  Substanzverluste  waren 
nicht  vorhanden.  In  dem  Bindegewebe  unterhalb  der  Infiltrate 
waren  deutliche  Typhusbacterien  angesiedelt. 


Typhus  Die  seltene  Gombination  von  Typhus  mit  Pyelitis  sah  Eckert 

^ifri'*"' (Wratsch  Nr.  10)  in  8  Fällen.     Regelmässig  ging  mit  der  Grösse 

der  Eiterausscheidung  im  Harn  die  Höhe  des  Fiebers  Hand  in  Hand. 


Typhnsund  Raymond  (Amer.  Joum.  of  Ch.  med.  sc,  März)  nimmt  auf  Grund 

Bergfieber,  eigener  und  fremder  Beobachtungen  Stellung  zu  der  Frage,  ob  das  sog. 
«Bergfieber*  als  eine  Krankheit  sui  generis  oder  als  larvirter  Typhus 
anzusehen  sei,  und  kommt  zu  einem  bejahenden  Ergebniss.  Auffallend  ist 
die  Differenz  der  Sterblichkeit  zwischen  Weissen  und  Farbigen;  wahr- 
scheinlich trägt  die  mangelhafte  Em&hrung  der  letzteren  Schuld  daran, 
dass  sie  der  Krankheit  in  weit  höherem  Grade  zum  Opfer  fallen  als  die 
Weissen. 


Das  Kapitel  der  Heilung  von  Perforationsperitonitis  nach 
Geheilte     Typhus   bereichem   Handford    (Brit.  med.  Joum.,  28.  Juli)  und 
er  ora-     Herringham  (Med.-Dir.  Transact.  Bd.  80)  um  je  einen  Fall.    Der 
Peritonitis,  eine  heilte  spontan,   wahrscheinlich  durch  Verklebung  der  lädirten 
.^'^f'?^!     Stelle;  der  andere  wurde  durch  Laparotomie  gerettet,  obwohl  die- 
selbe erst  22  Stunden  nach  erfolgter  Perforation  vorgenommen  wer- 
den konnte. 


Herringham. 


Typhus-  Den    schon  friiher   gemachten  Befund  von  Typhusbacillen   in 

b* c  1 1 1  e n  i n   ^i^^ipie ^  Hautabscessen  konnte  Bartozzewicz  (Medicyna,  April) 

und  Urin,  in  einem  concreten  Fall  wiederum  erheben;  desgleichen  fand  Pe- 
Bartozzewicz,  truschky  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  23)  eine  Massenausschei- 
dung von  TyphusbaciUen  durch  den  Urin. 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen. 


273 


Cesaris-Demel   (Gazz.   med.  di  Torino  Nr.  13)   gibt   einen  Differential- 
neuen,  aus  Kalbsleber  bereiteten  Nährboden  an,  auf  dem  Typhus-     *»»«'» ose 

....  .  zwischen 

und   Colibacillen    ein  differentes  Verhalten   zeigen.     Letztere   ver-  Typhus-  und 
Ursachen    nämlich   eine   homogene  Trübung,    während   erstere   zur        Coli- 
Agglutination  und  Sedimentbüdung  fuhren.  -  Stern  (Centralbl.  f.  c^es^Demei. 
Bacteriol.  Bd.  23)  untersuchte   die  Wirkung,    welche   das   Serum        Stern. 
Typhuskranker  auf  das  Bacterium  coli  ausübt,  und  fand,  dass  das- 
selbe   sie    unter  Umständen   noch    stärker   agglutinirt   als  Typhus- 
bacillen.     Er  ist  daher  der  Ansicht,    dass  eine  t3rphusverdächtige 
Cultur  nicht   ohne  weiteres  für   Typhus   spricht,   wenn   sie   durch 
Typhusserum   in  starker  Verdünnung  agglutinirt  wird. 


Alle  TJntersucher   sind  darin   einig,    dass  wir  in   der  Widal- 

schenReaction  ein  diagnostisches  Hülfsmittel  allerersten  ßanges 

erhalten  haben;  Bestätigungen  über  die  grosse  Zuverlässigkeit  der 

Probe  geben  auf  Grund  eines  sehr  umfangreichen  Materials  Pec  höre  Widal'sche 

<Ann.   de  Bruxelles  Bd.  6),    van  der  Weide   (Centralbl.   f.   Bact.    Re»ction, 

Pcchfere 

Bd.  23)  und  Brown  (Lancet,  23.  Oct.).     Nur  darin  gehen  die  Mei- yg^  ^^r  Weide. 
nungen  noch  aus  einander,   inwieweit   das  Ergebniss  der  Probe  im       Brown, 
einzelnen  Fall    als   unbedingt   entscheidend  für  die  Diagnose   zu 
gelten  habe.     In  der  Hauptsache  werden  drei  Punkte  discutirt:   er- 
stens   das  späte  Auftreten   der  Reaction,    zweitens  die  Dauer  der 
Agglutinationsfahigkeit  imd  endlich  der  Umstand,    dass  auch  dem 
Blut  Nichttyphöser  unter  Umständen  agglutinirende  Kraft  zukommt. 
Nach  Scholtz  (Hygien.  Rundschau  Nr.  9)   allerdings  ist  letzterer       Scholtz, 
Umstand   bei  Beobachtung  einfacher  Vorsichtsmaassregeln  nicht  im 
Stande,  die  Brauchbarkeit  der  Serodiagnose  zu  beeinträchtigen;  denn 
der   höchste  bei  normalem   Blut  beobachtete  Werth  beträgt  1 :  25, 
der    niedrigste   des   typhösen  1:45.     Epifanow   (Bolnitsch.    Gaz.     Epifanow, 
Nr.  2)    behauptet,    dass   das  Agglutinationsvermögen  des  Blutes   in 
umgekehrter   Proportion   zur    Schwere    der   Erkrankung    steht;    in 
leichten  und  mittelschweren  Fällen  ist  der  Eintritt  der  Wid ansehen 
Probe   ein   rascher  und  deutlicher,   in  schweren  ein  schwacher  und 
langsamer;  das  späte  Auftreten  der  Reaction  gibt  sonach  einen  pro- 
gnostischen Hinweis   auf  die  Schwere   des  Falles.     Beachtung  ver- 
dient  eine   Beobachtung    von   Eshner    (Philadelphia   med.  Joum.       Eshner, 
Nr.  5),  bei  der  die  Serodiagnose  in  der  Fieberperiode  ein  negatives 
Resultat    ergab,   während   sie  im  Recidiv   positiv   ausfiel.     Ebenso 
negativ  verhielt  sich  ein  Fall  von  Berghinz   (Gazz.   degli  osp.     Berghinz, 
Nr.  146),  trotzdem  der  klinische  Verlauf,  der  bacterieUe  Befand  und 

die  Section   die  Diagnose   eines  Typhus   bestätigten.     Er  macht  in- 
Jahrbuch der  practischen  Medicin.    1899.  |3 


274 


Freyhan. 


Heaotion. 

Chiari  u. 

Kraus, 


dessen  darauf  aufmerksam,  dass  hier  dem  Ausfall  der  serodiagnosti- 
schen Methode  eine  vorausgegangene  Chininbehandlung  hinderlich 
gewesen  sein  kann,  da  festgestellt  ist,  dass  T3rphusbacülen  auf  Agar> 
der  mit  0,5  ^/o  Chinin  versetzt  ist,  nicht  fortkommen. 

Ein  erklärendes  Licht  auf  die  Fälle,  bei  denen  trotz  positiven 
Ausfalls  der  Widal'schen  Probe  kein  Typhus  bei  der  Obduction 
Widarsche  gefunden  wurde,  werfen  die  Mittheilungen  von  Chiari  und  Kraus 
(Zeitschr.  f.  Heilk.  Bd.  18),  welche  über  eine  Reihe  von  Fällen 
reiner  t3rphöser  Septikämie  ohne  die  anatomischen  Charakteristica 
des  Typhus  berichten.  Hier  fiel  die  Probe  positiv  aus;  erst  die 
bacteriologische  Untersuchimg  klärte  über  das  wirkliche  Vorhanden- 
sein einer  t3rphö8en  Infection  auf,  trotzdem  die  Section  einen  für 
Typhus  negativen  Befund  ergeben  hatte. 

Nach  Malvoz  (Ann.  de  l'Institut  Past.  Nr.  7)  wirken  Sublimat, 
Alkohol  und  Formalin  ebenso  agglutinirend  auf  T3^husbacillen  wie 
Typhusserum;  indessen  coaguliren  diese  Stoffe  alle  Eiweisskörper, 
so  dass  ihre  Wirkimg  nicht  auf  TjrphusbaciUen  allein  beschränkt 
ist.  Speciell  auf  Typhusculturen  agglutinirend  wirken  Safranin  und 
Vesuvin,  gegen  die  sich  andere  Bacterienspecies  refi^ctär  zeigen. 


Malyoz. 


Aggluti- 
nation, 
Lambotte, 


Dnrham. 


Die  Thatsache,  dass  ausser  dem  Typhusserum  noch  die  oben 
genannten  Substanzen  fähig  sind,  Typhusbacillen  zu  agglutiniren, 
benutzen  Lambotte  undBossaert  (Arch.  m6d.  Beiges,  Dec),  um 
darauf  eine  vereinfachte  Methode  zur  Diagnose  des  Typhus  zu  ba- 
siren.  Sie  stellen  von  den  zu  untersuchenden  Colonieen  Wasser- 
emulsionen dar  und  versetzen  sie  mit  Formalin  oder  Safranin;  das 
Eintreten  oder  Ausbleiben  der  Agglutination  bildet  dann  den  Beweis 
für  die  Identität  oder  Nichtidentität  der  Typhusbacillen. 

Durham*s  (Lancet,  15.  Jan.)  Untersuchungen  erweisen,  dass 
Typhusserum  auch  agglutinirend  auf  Gärtnerische  Bacillen  wirkt. 
Er  will  deshalb  den  Begriff  der  specifischen  ßeaction  eingeschränkt 
wissen  und  schlägt  statt  dessen  den  Ausdruck  „specielle"  vor. 


Die  Behandlung  der  Krankheit  bewegt  sich  im  grossen  und 

Behandlung  ganzen  in  den  alten  Bahnen  weiter.     Clarke  (Bristol  med.  Journ., 

des  Typhus  ^^2.)  legt  das  Hauptgewicht  auf  eine  strict  durchgeführte  Kalt- 

Kaltwasser  Wasserbehandlung.      Calomel    hält   er  in  den   ersten  Wochen 

Clarke,       für  erlaubt,  später  das  Bismuth-ß-Naphthol.    Für  die  Kaltwasser- 

Baruch,       behandliAig  legen  noch  Baruch  (Med.  Record,  1.  Oct.)  und  Tyson 

Tyson.        (Amer.  Joum.  of  the  med.  sc,  Oct.)  eine  Lanze  ein. 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen.  275 

Bettmann    (Cincinnati  Lancet,    25.  Juni)   ist  des  Lobes   voll  Behandlung 

von  dem  ausgiebigen  Gebrauch  von  Calomel.   Er  'gibt  es  in  stund-  ^ß»  Typhus 

liehen  Dosen  von  5  mg  so  lange,  bis  alle  Symptome  der  Krankheit     Calomel, 

geschwunden  sind,    wenn  nicht  das  Auftreten  einer  Stomatitis  den     Bettmann. 

Weitergebrauch  des  Mittels  verbietet.  —  Belval  ((L'Indep.  m6d.,       —mit 

3.  Jan.)   redet   der   continuirlichen  Irrigation  des  Abdomens  das    ^^!\  \^^^^' 
^  =»  Hoher 

Wort,    von   der  Erwägung  ausgehend,    dass   das  Centrum   der  Mi-  Irrigation, 
krobenentwickelung   sich  im  Darm  befindet.     Nicht  nur  konnte  er       Belval, 
in    allen   seinen  Fällen  auf  diese  Weise  eine  Herabminderung  des 
Fiebers  herbeifuhren,  sondern  er  erzielte  auch  eine  Besserung  der  ge- 
sammten  Symptome ;  die  Kranken  empfanden  die  Procedur  sehr  an- 
genehm. 

In  grösserem  Maassstabe  als  früher  ist*  in  dem  Berichtsjahr  die 
Serum behandlung    versucht   worden.     Die   von   Weissbecker 
inaugurirte  Methode  (cfr.  Jahrg.  1898,  S.  273)  der  Behandlung  mit 
Reconvalescentenserum  findet  einen  Fürsprecher  in  Walger  (Cen-        —mit 
tralblatt   f.   inn.  Med.  Nr.  37),    der  sie   in  4  Fällen,    die   eine  un-      Serum- 
günstige    Prognose   gaben,    mit    sehr   gutem   Erfolge  benutzt   hat.       walger, 
Ebenso   hat  Spirig  (Corresp.-Bl.  f.  Schweiz.  Aerzte  Nr.  13)   einen        Spirig, 
Erfolg  damit  erzielt;   besonders   trat  ein  evidenter  Einfluss  auf  die 
Temperatur  zu  Tage.     Oertlich  verliefen  die  Injectionen  stets  reiz- 
los;  Nebenerscheinungen  stellten  sich  nicht  ein.     Endlich  constatirt 
auch  Jey    (Wiener   klin.  Wochenschr.   Nr.    19)    in    einigen  Fällen         Jey, 
einen  Einfluss  dieser  Behandlungsweise,  meint  jedoch,  dass  die  Anti- 
toxine des  ßeconvalescentenserums  zu  schwach  seien,  um  den  Typhus- 
toxinen  wirksam  entgegentreten  zu  können.  —  Nach  Chantemesse  Chantemesse. 
(Progr.  med.,  16.  April)  sind  die  bei  T3^hus  angestellten  serothera- 
peutischen Versuche  daran  gescheitert,   dass  das  bislang  verwandte 
Serum  das   eigentliche  T3rphustoxin  nicht  enthalten  hat.     Er  selbst 
nun  hat  ein  Culturmedium  gefunden,  auf  dem  sich  das  Typhustoxin 
in   voller  Stärke   entwickelte   und  mit  dessen  Hülfe  an  Pferden  ein 
mit  starkschützenden  Eigenschaften  begabtes  Antitoxin  gewonnen 
wurde.     Mittels  desselben  ist  es  ihm  gelungen,   nicht  bloss  Thiere 
gegen  eine  T3rphusinfection  zu  schützen,  sondern  auch  bei  Menschen 
Heilungen  zu  erzielen. 

Dalgliesh  (Lancet,   1.  Oct.)  hat  in  einem  Falle  von  extremer  —  mit  Darm- 
Darm  tympanie  bei  Typhus  den  tödtlichen  Ausgang  durch  P u  n  c  t  i  o  n    P « n  c  ti  o n, 
des  Colon  transversum  verhütet.    Er  entschloss  sich  zu  diesem  Ein- 
griff,  nachdem  alle  Versuche,   der  Gasauftreibung  durch  Klysmata 
Herr  zu  werden,  gescheitert  waren.    Unmittelbar  nach  der  Function 


276  Freyhan. 

trat   eine  grosse  Erleichterung   zu  Tage,    der  später  vollkommene 
Heilung  nachfolgte. 

3.  Fehris  recurrens. 

Das   von  Gabritschewsky  dargestellte  Antispirochäten- 
Serum-       serum  ist  von  Loewenthal  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  43 
behandlung  ^   ^^j  ^^^  einer  Reihe  von  Patienten  erprobt  worden,   ohne  dass  er 
Recurrens,  dadurch  zu  einem  entscheidenden  TJrtheile  über  den  Werth  der  Be- 
Loewenthai.    handlung  gelangt  ist.    Bei  den  Fällen,   die  mit  Relapsen  verliefen, 
dauerte  die  Apyrexie  meist  länger  als  bei  den  unbehandelten  Fällen ; 
es   scheint  demnach,   als    ob   die  Einverleibung  des  Serums  keine 
Bildung  von  starkschützenden  bactericiden  Substanzen  im  Blute  ver- 
anlasst.   Auch  die  Relapse  wurden  in  gewisser  Weise  beeinflusst, 
indem    sich   bald   intermittirende ,    bald  stark  remittirende  Schwan- 
kungen bemerklich  machten.    Aehnlich  verhielt  es  sich  mit  den  ab- 
ortiven Anfallen  im  dritten  und  vierten  Paroxysmus. 


4.  Inf  lu  enz  a. 

Immunität  Aus  Turney's  (Lancet,  5.  Febr.)  Zusammenstellungen  aus  der 

nach         Litteratur  geht  hervor,  dass  Individuen  durch  das  Ueberstehen  einer 
Influenza,  *=*,  '    ,  t      x?-       i  i,    • 

Tumey.  Innuenza  eme  Immunität  gegen  die  Krankheit  acquinren;  in- 
dessen ist  dieselbe  von  'so  kurzer  Dauer,  dass  sie  klinisch  nicht  in 
Betracht  kommt.  Unzweifelhaft  besteht  auch  bei  vielen  Personen 
eine  specielle  Empfänglichkeit  für  die  Krankheit  resp.  eine  erwor- 
bene Prädisposition. 

Beziehungen         Marty   (Arch.  gener.  de  med.,   Juli)   untersucht  an  der  Hand 

der  Grippe   ^Juer  localen  Epidemie   die  Beziehungen,    welche   zwischen 
zu  anderen     ^  ^     .  -,  -•  ...  t    p       a*  i  i_-u     •  j. 

Infectionen  ^^^   Grippe  und   anderweitigen  Iniectionskrankneiten 

Marty.  bestehen.  Unter  allen  Infectionskrankheiten ,  die  zur  gleichen 
Zeit  wie  die  Influenza  grassirten,  war  es  allein  das  Erysipel,  das 
eine  gewisse  Relation  zu  ihr  zeigte,  insofern  als  ihre  Morbiditäts- 
maxima  zusammenfielen;  alle  anderen  Krankheiten,  wie  Masern, 
Scharlach  und  Röteln,  zeigten  keinerlei  geaetzmässige  Beziehungen. 
Im  engsten  Zusammenhang  mit  ihr  stehen  Bronchitis,  Laryngitis, 
Pneumonie  und  Meningitis;  letztere  tritt  um  so  häufiger  in  die  Er- 
scheinung, je  schwerer  die  Epidemie  auftritt;  ihre  maximale  Häufig- 
keit fiillt  stets  in  die  Anfangszeit  einer  Influenzaepidemie. 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen.  277 

Zu  den  drei  HAuptformen  der  Influenza,  der  nervösen,  bronchiti- 
schen und  gastrointestinalen ,   gesellt  Marqui6  (Joum.  de  med.  de     Sudorale 

Bordeaux  Nr.  6)   eine  vierte,    die   sudorale  Form.     Die  zur  Diu-    /^J^    ®' 

.  .  .  .  Iniiuenza, 

stration  mitgetheilten  Krankengeschichten  sind  dadurch  ausgezeichnet,  Marqaiä. 
dass  im  Anschluss  an  eine  leichte  fieberhafte  Bronchitis  eine  starke 
Neigung  zum  Schwitzen  und  eine  lebhafte  Empfindlichkeit  der  Haut 
gegen  Kälte  auftritt.  Der  Schweiss  bricht  in  Anfallen  aus,  während 
deren  die  Bronchitis  zurückgeht;  vice  versa  steigert  sich  die 
Bronchitis  beim  Nachlassen  des  Schwitzens.  Von  dem  epidemi- 
schen Schweissfriesel  unterscheidet  sich  die  sudorale  Influenza 
durch  das  Fehlen  eines  miliaren  Exanthems  sowie  durch  die  viel 
längere  Dauer  der  Krankheit. 

Dreschfeld  (Med.  Chronicle,  März)  beschäftigt  sich  eingehend  Neurotische 

mit  den  neurotischen  Complicationen  der  Influenza.    Von  den     ^„?.™?«'' 

.       .  '    .  .  .         cationen, 

InfluenzabaciUen  an  sich  abhängig  sind  Hämorrhagieen,  Encephalitis,  Dreschfeid. 
Thrombosen  und  hämorrhagische  Meningitiden ,  während  periphere 
Neuritiden  und  ftmctionelle  Störungen  aus  den  toidschen  Einwir- 
kungen des  baciUären  Giftes  resultiren.  Cerebrale  Abscease,  suppu- 
rative  Meningitis  u.  s.  w.  basiren  meist  auf  einer  Mischinfection. 
Andere  Folgekrankheiten  stehen  zur  Influenza  nur  in  loser  Be- 
ziehung, insofern  als  die  Grundkrankheit  die  Gewebe  weniger  wider- 
standskräftig gegen  den  Angriff  secimdärer  Schädlichkeiten  macht. 

So  constant  die  Roseola  bei  Typhus  auftritt,   so  ist  sie  doch     Roseola, 
kein  pathognomonisches  Symptom  dieser  Krankheit,  da  sie  zweifellos        Peion. 
auch  bei  der  Influenza   hin  und  wieder  zu  beobachten  ist.     lieber 
3  derartige  Fälle  berichtet  Pelon  (Gaz.  des  höpit.  Nr.  46). 

Die   Mittheilung  einer   Taubheit  nach  Influenza  stammt  von    Taubheit 
Riehl  (Wiener  allg.  med.  Zeitg.  Nr.  29),  der  sie  nach  mehrtägiger        ^^^^ 

I  ^\  T^  I  11  A  f^  9  tt 

Schwerhörigkeit  eintreten  sah,  trotzdem  der  Spiegelbefund  vollkommen        mehi^ 
normal  war.   Pilocarpininjectionen  brachten  keine  Besserung  zuwege. 

In  einer  Reihe  von  InfluenzafaUen    hat  Goliner    (Aerztliche  Behandlung 
Rundschau  Nr.  16)  sowohl  P  he  sin  als  auch  Coprin  prompt  wirk-    ,     ^^^ 

/•      j  m  r»/x      ^rxA    n  -T  1/^1  1      Influenza 

.sam    gefunden.     Temperaturen    von  89 — 40°   fielen  nach   Gebrauch   mit  Ph  es  in 
von  2stündlichen  Dosen  k  0,5  g  schon  nach  4  Stunden  zur  Norm;  und  Coprin, 
die  Kopfschmerzen  Hessen  nach,  und  ebenso  erfuhren  die  hartnäckigen         °  "*®^ 
Rücken-  und   Lendenschmerzen   eine   wesentliche  Herabminderung. 
Besonders  eclatant  war  die  Wirkung  in  den  Fällen,  in  welchen  die 


i 


278  Freyhan. 

nervösen    Erscheinungen    im    Vordergrunde    des    Krankheitsbildes 

_,  ,      ,,         standen. 
Behandlung 

der  In* 

fluenzamit  Baccelli  (Gazz.  degli  osped.  Nr.  43)  empfiehlt  für  die  Behandlung  der 

Chinin,       nervösen  Form  eine  Composition  von  Chinin,  Phenaoetin  mid  Campher. 

Camnher  '  ^ßs^D^o^^ßla-'^d  (Lancet,  23.  April)  sah  von  einem  Aufguss  der  Yerba 

Baccelli.  '    santa  —  einer  früher  gegen  Bronchitis  und  Phthise  angewandten  Drogue  — 

—  mit        scbr   gute  Wirkungen   in  Influenzafällen   mit   lästigen   und   langwierigen 

Yerbasanta,  Hustenanfällen. 
Westmoreland. 

5.  Tetanus.*) 

In  symptomatologischer  Hinsicht  liegen  einige  bemerkens- 
werthe  Mittheilungen  vor.  Zunächst  *  ein  Tetanus  puerperalis, 
Tetanus  beschrieben  von  Kühnau  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  28),  der 
^"®JjJ*^'  'ausgezeichnet  war  durch  das  Hervortreten  tetanischer  Erscheinungen 
im  Bereich  der  Schlund-  und  Kehlkopfmusculatur.  Am  intensivsten 
wirksam  war  das  Tetanusgift  in  den  endometritischen  Gewebsfetzen 
enthalten;  auch  gelang  es,  aus  ihnen  die  Tetanusbacillen  reinzu- 
züchten.  Zweifellos  war  die  Infection  vom  Endometrium  ausge- 
gangen. 

Aetiologie  Sehr  seltsam  war  die  Aetiologie   in  einem  von  Bandisch 

'^^B^dtel*''''  ^^^^^'  ^^°'  Wochenschr.  Nr.  31)  mitgetheüten  Falle.  Hier  hatte 
die  Infection  durch  einen  mit  Gartenerde  beschmutzten  Holzsplitter 
stattgefunden,  mit  dem  der  Kranke  zu  wiederholten  Malen  in  seinen 

Tetanus  nnd schmerzenden  Zähnen  herumgebohrt  hatte.  —  Brunner's  (Fortschr. 

stryohnin-  ^  Med.  Nr.  10)  experimentelle  Untersuchungen  ergeben,  dass  zwischen 
Brunner.  '  Tetanus  und  St rychnin Vergiftung  kein  innerer  Zusammenhang  be- 
steht und  dass  die  Einwirkung  beider  Gifte  auf  das  Nervensystem 
ein  ganz  verschiedenes  ist.  Im  Nervensystem  normaler  Thiere  lassen 
sich  keine  Elemente  auffinden,  die  dem  Organismus  Schutz  gegen 
Strychnin  verleihen  könnten,  d.  h.  es  existiren  in  den  Nervenzellen 
keine  Seitenketten,  die  im  Stande  sind,  Strychnin  zu  binden,  wie 
dies  fiir  das  Tetanustoxin  zutrifft. 

Tetanische  Die  von  Westphal   (Fortschr.   d.  Med.  Nr.  13)   ausgeführte 

Rücken-  Untersuchung  eines  tetanischen  Rückenmarks  ergab  Be&nde,  die 
befnnde.  ^^^^  durchaus  mit  denjenigen  decken,  die  von  Goldscheider  und 
Westphal.      Flatau   auf  Grund   ihrer  experimentellen  Versuche  als  typisch  für 


*)  Vergl.  auch  S,  109  ff. 


Acut«  aligenieiiie  Infectioiukrankheiteii  und  Zoonosen.  279 

TetAnua  bezeichnet  sind.  Der  Umstand,  dass  nur  in  einer  relativ 
nicht  grossen  Anzahl  von  ZeUen  Alterationen  angetroffen  wurden, 
legt  angesichts  der  langen  —  12  Tage  währenden  —  Krankheits- 
daner  die  Yermuthusg  nahe,  dass  schon  Rückbildungarorgänge  statt- 
gefimden  haben. 

Nach'  Coriadi  (Morgagni  Nr.  1)  Oben  die  Tetanns toxine  einen  be-  Biologische 

echleanigenden  Eioflues  auf  den  Blutdruck,  Puls-  und  Respirations-  "'r'*"! 

frequenz  sowie  auf  die  StoffwechselpTocegse  aus.   Besonders  evident  ist  die  TetiinD»- 

Steigemng  des  Blutdrucks,  ohne  indessen  parallel  mit  der  Qrösae  der  Toxin-  giftes, 

dod»  zu  gehen.    Bei  vorheriger  Curaresirung  de»  Thieres  oder  bei  Durch-  c<ni»ai, 
Mlmeidnng  des  ROckenmarks  kommt  die  Wirkung  des  Tetannstoxins  auf 
den  BiDtdmck  nicht  zur  Geltung. 

Heilerfolge  werden  dem  Antitoxin  zugeschrieben  in  den  Antitoiln- 
PäUen  von  Brooks  (Lancet,  8.  Jan.),  Möller  (Münch.  med. ''*'*"''*'""^' 
Wochenschr.  Nr.  8),  Reinhard  (ibid.),  Railingh  (Nederl.  Tijd. 
V.  Geneeskunde ,  8.  Jan.),  Fatterson  (Lancet,  8.  Jan.),  Croly 
(ibid.),  Claasland  (ibid.),  Griffin  (ibid.),  Haie  (Brit.  med. 
Jonm.  Nr.  4)  und  Myles  (ibid.);  Netlesen  (Norsk  Mag.  Nr.  9) 
hat  nach  Antitoxin  eine  Vennindenmg  der  tetanischen  Rigidität, 
aber  nicht  der  Reflexerregbarkeit  beobachtet.  —  Den  günstigen  Er- 
fahrungen stehen  gegenüber  die  Fälle  von  Myles  (Lancet,  8.  Jan.), 
Lund  (Boston  med.  Jonm.,  21.  März),  Erdheim  (Wiener  klin. 
Wochenschr.  Nr.  19),  Brans  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  14), 
Curnow  (Lancet,  30.  April),  Tauber  (Wiener  klin.  Wochenschr. 
Nr.31),  G-reenwood  (Lancet,  30.  April),  Sehnbert  (Münch.  med. 
Wochenschr.  Nr.  8),  Beuthne  r  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.*)), 
Homans  (Boston  med.  Joum.,  2.  Juni),  Morgan  (Brit.  med.  Joum., 
9.  Juh)  und  Denham  (Lancet,  8.  Jan.),  die  sämmtlich  trotz  der 
Antitoxinbehandlnng  mit  dem  Tode  endigten.  Die  Heilialle  sind  um 
w  weniger  beweisend,  als  der  Tetanus  keine  absolut  tödtiiche  Krank- 
heit ist  und  Heilungen  bei  fast  jeder  Art  von  Therapie  nicht  selten 
9bd.  8o  berichtet  St oke  (Lancet,  8.  Jan.)  über  eine  Heilung  dnrch 
Inhalation  mit  Amylnitrit  und  Dentaigne  (Lancet,  8.  Jan.)  über 
3  Heilfelle  diiHi  r,,i,il„[,„.|„  ßthiii.dluug  v,.ii  Quptk.sfllKT  uu-\  Clilornl. 

Angesichts  .lur  scbleohteu  R«MÜtBte,    welche  die  klinische  An- 
wendung   des  Äatitoxiii»  !Pt,W^'-'  '••■'■    li^t,,    strebe^  JLiy^x  i 
Borrel  (Presse  mWio.,  ip 
thodik  an,  indem  m»  ^0        _ 
fahnmgs^tiiAsM  die  H<^  ^^ 


280 


Freyhan. 


Methodik    wird,  d.  h.  in  das  Centralnervensystem.    Am  Meerschweinchen  gab 
diese  Modification   durchweg   bessere  Resultate  als   die   subcutane 


der 
Antitoxin- 


Roax, 


behandinn?  Application.  Desgleichen  wurde  in  einem  Falle  am  Menschen  trotz 
des  Tetanus,  schwerer  Symptome  eine  Heilung  erzielt;  die  Application  geschah 
in  der  Art,  dass  durch  eine  Trepanationsöfinung  von  8  mm  Breite 
eine  Spritze  tief  ins  Gehirn  eingesenkt  und  unter  geringem  Druck 
entleert  wurde.  —  In  derselben  Richtung  bewegen  sich  die  Versuche 
Blumenthal  u.  von  Blumenthal  und  Jakob  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  49); 
nur  benutzen  sie  zur  Einführung  des  Antitoxins  die  Methode  der 
Duralinfusion.  Ihre  Erfolge  waren  keineswegs  so  gut  wie  diejenigen 
der  französischen  Forscher;  vielmehr  glauben  sie,  dass  das  Tetanus- 
gifb  zur  Zeit  des  Ausbruchs  von  Krankheitserscheinungen  bereits 
im  Centralnervensystem  so  fest  verankert  sei,  dass  es  auch  mit 
Hülfe  des  auf  dem  Wege  der  Duralinfusion  eingeführten  Antitoxins 
nicht  mehr  entfernt  werden  könne. 


Jakob. 


mit  Gehirn 
emulsion, 
Krokiewicz. 


Endlich  verdient  noch  ein  therapeutischer  Versuch  erwähnt  zu 
Behandlung  werden ,  den  Krokiewicz  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  25, 
August)  auf  die  oben  erwähnte  Thatsache  basirt  hat,  dass  die  Ge- 
himsubstanz  gegenüber  dem  Tetanusgift  neutralisirende  Eigenschaften 
besitzt.  Er  hat  einen  Fall  von  Tetanus  mit  Injectionen  von  G-e- 
hirnemulsion  behandelt  und  dadurch  eine  entschiedene  Besserung 
erzielt,  während  in  einem  Controllfall  Antitoxininjectionen  ohne 
jeden  Erfolg  blieben. 


Aetiologie 
der  Poly- 
arthritis, 
Bloch. 


6.  Polyarthritis. 

Aetiologisch  fasst  Bloch  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  15 
u.  16)  den  Gelenkrheumatismus  als  einen  pyämischen  Process  auf, 
der  von  ganz  verschiedenen  Heerden  seinen  Ursprung  nimmt.  Er 
stellt  eine  Beihe  von  Fällen  zusammen,  in  denen  die  ELrankheit 
sich  an  Furunkel,  Eiterpusteln  und  Mittelohrkatarrhe  angeschlossen 
hat.  Die  causale  Bedeutung  von  Halsentzündungen  erkennt  er  an, 
bestreitet  aber  die  Specificität  derselben;  vielmehr  kann  die  Gelenk- 
affection  jede  Art  von  Tonsillitis  begleiten.  Ein  Parallelismus 
zwischen  der  Intensität  der  causalen  Angina  und  der  des  Rheuma- 
tismus besteht  uicht. 


Sympto-  Nach  Singer  (Wien.  med.  Presse  Nr.  7)  besteht  die  voll  aus- 

mato  ogie,  g^^ji^j^^  rheumatische  Infection  aus   der  Vereinigung  einer  Anzahl 

Symptome,  deren  hauptsächlichste  sind:  Gelenkaffectionen,  Angina, 

Endocarditis,  Pericarditis  und  Erythema  multiforme.    Die  meist  vor- 


Wiibeli 


Acute  allgemeine  Infectioiiakrankheiten  und  ZoonOBen.  281 

handeoe  Qelenkaffection  ist  zur  Diagnose  des  Rheumatismus  nicht 
absolut  erforderlich  und  fehlt  in  den  Formes  fruetee.  Solche  Formea 
frastes  treten  auf  im  Gtewande  von  Neuralgieen,  Chorea  und  rudi- 
mentären Anginen. 

Betheiligung  der  Wirbelsäule  ,  besondere  der  HalBwirbelsäule, 
pflegt  im  Verlauf  einer  poly artbritischen  Erkrankung  nach  Carda- 
relli  (Gazz.  degli  osped.  Nr.  46)  häufiger  vorzukommen,  als  a 
gemein  angenommen  wird.  Differentialdiagnoatisch  kommen  rheuma-  CKdaieill, 
riflcher  Torticollis,  Pott'sche  Wirbelerkran  knng  und  PacbymeningitiB 
cervicaljs  in  Frage.  £»  gibt  eine  acute  Form  dieser  Wirbelgelenk- 
erkrankung, die  mit  Exsudation  einhergebt,  und  eine  mehr  chronische, 
bei  der  es  zu  einer  Zerstörung  der  Zvischenknorpelscheiben  kommt. 

Uckermann  (Centralbl.  f.  innere  Med.  Nr.  39)  resumirt  seine     Rhcama- 
Ansicht  über  rheumatische  Keblkopfaffectionen  dahin,  dass  sie    g'!',?''*  , 
ziemhch   häofig  sind   und  meist  in    der  Form  von  Entzündung  der  trrectioDen 
Cricoarytänoidknorpel  auftreten.     Neben  Laryngitiden,  die  die  Poly-    Dokermann. 
arthritis    begleiten,    gibt   es    unzweifelhaft    auch    ganz    selbständige 
Formen ;  dieselben  äussern  sich  entweder  als  Laryngitis  simples  mit 
atarker  Empfindlichkeit  und  Injection,  oder  in  Form  einer  Infiltration, 
oder   endlich   als  Laryngitis  oedematosa.     Diese  letzte  Form  unter- 
scheidet sich  nur  durch  die  Anamnese  und  die  schnelle  Wirkung  der 
antirheumatischen  Therapie  von  der  gawöbnlichen  infectiösen  Laiyn- 
gitia  oedematosa. 

In   therapeutischer  Hinsiebt   empfiehlt   Oalliard  (Fresse    Tberapie: 
mM.,  10.  Juli)  sehr  warm  das  Salophen,  das  den  glänzenden  Er-    ^»'oplion, 
folgen   der  Salicylsäure  wenig  nachgibt;    zwei  Drittel  der  Fälle  er- 
fahren durch  das  Mittel  eine  Besserung,  ohne  dass  Nebenwirkungen 
zn  spüren  sind.     Dieser  Empfehlung  schliesst  sich  auf  Grund  zahl- 
reicher Versuche  auch  Drewa  (Therap.  Monatsh.  Nr.  S)  an.  Drews. 

Mosler  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Ni.  ürn  rumbinirt,  .Saütyl        Sniicyi 
und  Salophen   in  der  Weise,   dass   er  /.upr^t    grö.'asere  Dosen  \ 
Salicyl  verabreicht  und  später  Salophen  -    —  ■ 

lieh  nachfolgen  lässt. 


Einen  neuen  Coacurrenten  in  Gestalt 
»teilen  Linossier  und  Lannois  ((^s 
salicybcum  entgegen.     Angeblich  ist 


f 


282  Freyhan. 

Formen  und  bei  localisirten  AfFectionen  überlegen.  Die  AppUcatioii 
geschieht  durch  directe  Auftragung  des  Mittels  und  nachfolgenden 
hermetischen  Abschluss.  Selbst  bei  sehr  grossen  Dosen  pflegen  keine 
Intoxicationen  aufzutreten. 

Therapie  der         Bannatyne  (Edinb.  med.  Joum.  Nr.  1)  behandelt  seine  Kranken 

^J^^7'.       niit  Guajakolcarbonat,  und  zwar  verabfolgt  er  innerlich  3mal 

Ouajakol-    täglich  '/t  g  und  applicirt  äusserlich  eine  Auflösung  von  krystaUini- 

carbonat,    schem  Ghiajakol  in  Olivenöl.    Zur  Verdeckung  des  imangenehmen  G-e- 

Bannatyne.     ^^^  ^^^^  Klettenöl. 

—  Wärme,  Wilms  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  23)  hat  mit  dauernder 

Wüm».  Wärmeapplication  gute  Erfolge  erzielt.  Der  seinem  Verfahren 
dienende  Apparat  ist  dem  Princip  der  Leiter'schen  Kühlröhren 
nachgebildet;  zum  Schutz  der  Haut  werden  die  erkrankten  Partieen 
mit  einem  dünnen  Gipsverband  bekleidet.  Die  Temperatur  des  Wassere 
wird  so  hoch  wie  nur  irgend  möglich  genommen  und  der  Apparat 
dauernd  im  Gang  gehalten. 

7.  Erysipel. 

Identität  Sippel  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  19)  bestreitet  die  Be- 

^®*         hauptung  Petruschky'svonder  Identität  des  Streptococcus 

C0CCU8      pyogenes  und  erysipelatis.     In  dem  Umstand,   dass  durch 

pyogeneB     Streptokokkenculturen,  die  aus  parametritischem  Eiter  gezüchtet  waren, 

^^  .  . .    Impferysipel  erzeugt  werden  konnte,  erblickt  er  nur  die  Bestätigung 

Sippel.       der  bekannten  Thatsache,  dass  die  Erysipelerreger  gelegentlich  auch 

eine  Eiterung  hervorrufen  können.     Er  selbst  verfögt  über  einen 

Fall,  bei  dem  sich  nach  der  Incision  einer  eitrigen  Parametritis  von 

der  Wunde  aus  ein  typisches  Erysipel  der  äusseren  Haut  entwickelte. 

Die  therapeutisch  viel  verwerthete  Thatsache,  dass  Ichthyol 

Therapie  des  sehr  gut  in  Haut  und  Schleimhäute  eindringt,  hat  Koelzer  (Deutsche 

Erysipels:   m^^j   Wochenschr.  Nr.  43)  veranlasst,  die  viel  wirksameren  bacteri- 

anytoi,      ciden  Anytole  auf  diese  Eigenschaft  hin  zu  untersuchen,  und  in  der 

Koelzer.       That  konnte  er  eine  unzweifelhafte  Beeinflussung  des  Erysipels  durch 

Metakresolanytol  feststellen.     Ein  definitives  Urtheil  über  den 

practischen  Werth  des  Mittels  wird  man  bis  nach  der  Prüfling  an 

einem  grösseren  Material  zurückstellen  müssen. 

Das  Antistreptokokkenserum  findet  vorläufig  noch  keine 
rechte  Verwendung.    Es  verdient  indessen  hervorgehoben  zu  werden, 


Acute  allgememe  Infectdonakrankheiten  und  Zoonosen. 


283 


das8  den  beiden  von  Magill  (Lancet,  19.  Febr.)  und  von 
Smith  vorliegenden  Berichten  zufolge  (Philadelphia  med.  Joum., 
15.  Febr.),  eine  eclatante  Wirkung  auf  das  Erysipel  beobachtet 
worden  ist. 


—  Anti- 

strepto- 

kokken- 

serttin, 

Ma«m, 

Smith. 


8.  Parotitis  epidemica. 


Zinn  (Charite- Annalen ;  22.  Jahrg.)  theilt  2  einschlägige  Fälle 
mit,  die  durch  seltene  Com plicati onen  ausgezeichnet  waren.  Im 
ersten  Fall  gesellte  sich  zu  der  Parotitis  eine  acute  Endo carditis, 
die  gleichzeitig  mit  der  Abschwellung  der  Speicheldrüse  zurückging; 
im  zweiten  Falle  wurde  die  Krankheit  eingeleitet  durch  eine  circum- 
scripte  Peritonitis,  der  erst  am  7.  Krankheitstage  die  typische 
Parotisschwellung  nachfolgte. 


Seltene 

Oompli- 

cationen  der 

Parotitis, 

Zinn. 


9.  Malaria. 

Ziemann  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  8J  präcisirt  die  Re- 
sultate seiner  Parasitenstudien  dahin,  dass  die  jungen  Parasiten 
aus  einem  Klümpchen  Chromatin,  einer  umgebenden  achromatischen 
Zone  und  dem  Protoplasmaleib  bestehen;   die  sog.  Laveran'schen 
Halbmonde  sind  absterbende  Parasiten.    Bei  der  Beurtheilung  thera- 
peutischer Agentien    muss    im  Auge    behalten  werden,    dass    eine 
grosse  Reihe  von  Malariafallen  spontan  heilt;  man  muss  sich  daher 
vor  Täuschungen  hüten.     Das  PhenocoU  und  Methylenblau  hält  er 
für  völlig  wirkungslos.  —  Bei  der  Untersuchung  von  87  Fällen  hat 
Solley    (New  York    med.    Joum.,    16.  April)   verschiedene   neue 
Beobachtungen  über  die  mit  Geissein  versehenen  Parasiten  ge- 
macht.    Eine   Form   enthielt  Greissein   an   beiden  Polen  mit  ausser- 
ordentlich lebhafter,  vibrirender  Bewegung;  bei  einer  zweiten  Form 
konnte  beobachtet  werden ,  wie  aus  einer  rapiden  Vibration  des  Pig- 
ments sich  eine  Geissei  herausbildete.    Endlich  wurden  auch  Fälle 
beobachtet ,   bei  denen   kleine  Protuberanzen  zu  Geis.seln  anwuchsen 
und  nach  der  fertigen  Bildung  sich  von   der  Mutterzelle  trennten. 
—  Däabler  (Medicinsk.  Obosr.  Bd.  45)  betont,  dass  bei  den  ring- 
förmigen Parasiten  Ring  und  umgebendes  Plasma  zusammengehören ; 
^  sah,  wie  das  Plasma  Pigmentschollen  aufiiahm   und  wieder  aus- 
stiess.  Das  Plasma  enthalt  Kern  und  Kemkörperchen .   Nach  C  a  n  e  1 1  i  s 
(Progres  med.  Nr.  40)  sind  alle  Parasitenformen  der  Malaria  identisch. 
Ihre  morphologischeD  Differenzen   hängen   von   der  Verschiedenheit 


Malaria- 

Parasiten, 

Ziemann, 


SoIIey, 


Däabler, 


CaaeUia. 


284 


Freyhan. 


der  biologischen  Verhältnisse  ab  und  repräsentiren  nur  verschiedene 
Entwickelungsstufen. 

Abwesen-  Robinson  (Med.  Record,  15.  Jan.)  wendet  sich  gegen  die  Be- 

hei t  von     hauptung,  dass  in  allen  Fällen  von  Malaria  Plasmodien  auffindbar 
Plasmodien     .     '^       ®    . 
bei  Malaria,  sind.    Zweifellos  kommen  Fälle  mit  negativem  Parasitenbefunde  vor, 

Robinson,     trotzdem   das  Krankheitsbild  mit  absoluter  Sicherheit  für  Malaria' 

spricht  und  die  specifische  Therapie  prompt  anschlägt.   Die  Tinctura 

chinae  hilft  oft  dort,  wo  das  Chinin  im  Stich  gelassen  hat. 

Einfltttts  des         Nach  Rogers  (Lancet,  12.  März)  lässt  sich  das  Auftreten  und 
Ornnd-      ^^q  zeitliche  Vertheilung  der  Malaria  in  den  meisten  Gebieten  Indiens 

Wassers 

Hogejg  '  in  directe  Abhängigkeit  vom  Regenfall  und  Grundwasser- 
stand bringen.  Nach  seiner  Meinung  werden  die  Plasmodien  durch 
die  von  steigendem  Grundwasser  verdrängte  Bodenluft  in  die  Höhe 
Maitshonz.  getrieben.  Dieselbe  Beobachtung  machte  Marchoux  (Annales  de 
rinst.  Pasteur  Nr.  8)  in  Senegambien,  wo  das  Maximum  der  Malaria- 
morbidität  in  die  Regenzeit  fallt,  das  Minimum  in  die  trockenen 
Monate. 


Schwarz- 
Wasser- 
fieber, 
Smith, 


Haig, 


Sambon. 


lieber  das  Schwarzwasserfieber  und  seine  Zugehörigkeit 
zur  Malaria  sind  die  Ansichten  sehr  getheilt.  Smith  (Lancet, 
19.  März)  betont,  dass  diese  Krankheit  selten  oder  nie  Neuankom- 
mende befallt,  sondern  sich  stets  da  etablirt,  wo  vorher  wiederholte 
Attacken  der  gewöhnlichen  Malaria  vorgelegen  haben.  Es  handelt 
sich  um  ein  schweres  remittirendes  Fieber  mit  Frösten,  in  dessen 
Verlauf  die  Zeichen  einer  raschen  Blutzersetzimg,  Icterus,  Urobilinurie 
und  Methämoglobinurie,  deutlich  werden.  Der  Verf.  bestreitet  ent- 
schieden, dass  das  Schwarzwasserfieber  ätiologisch  auf  übermässigen 
Ghiningebrauch  zurückzuführen  sei.  Dieser  Ansicht  pflichtet  auch 
Haig  (Lancet,  2.  April)  bei,  wenn  er  auch  zugibt,  dass  Chinin  in 
grossen  Dosen  die  Entwickelung  der  Krankheit  begünstigt.  Er  findet, 
dass  gewisse  Analogieen  zwischen  dem  Schwarzwasserfieber  und  der 
paroxysmalen  Hämoglobinurie,  Chlorose  und  Anämie  bestehen,  also 
Affectionen,  denen  ein  Ueberschuss  von  Harnsäure  im  Blut  gemein- 
sam ist.  Sambon  (Brit.  med.  Joum. ,  24.  Sept.)  vertritt  die  An- 
sicht, dass  die  Krankheit  weder  mit  Malaria  noch  mit  medicamen- 
tösen  Ursachen  etwas  zu  thun  habe,  vielmehr  stelle  sie  einen  Morbus 
sui  generis  dar,  dem  ein  besonderer  Parasit  zukomme.  Er  hat  die 
Bemerkung  gemacht,  dass  Eingeborene  viel  weniger  von  ihr  befallen 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen.  285 

werden  als  Fremde,  und  dass  sie  stets  nur  im  Grefolge  der  Malaria 
aui^ritt. 

Hingegen  definirt  Koch  Schwarzwasserfieber  (Berlin  1898)  als  eine  Tropen- 
Chininvergiftung,  welche  bei  vorsichtigem  Gebrauch  des  Chinins  von  ™*^»"*' 
der  Bildfläche  verschwinden  dürfte.  Er  fand  in  Deutsch-Ostafrika 
vier  Formen  von  Malaria,  und  zwar  neben  zwei  seltenen  die  Tertiana 
und  die  eigentliche  Tropenmalaria.  Letzterer  kommt  ein  ganz  be- 
stimmter Typus  zu,  der  ähnlich  dem  der  Tertiana  ist;  nur  belaufen 
sich  die  fieberfreien  Intervalle  auf  ganz  wenige  Stunden.  Zwischen 
den  Anfallen  und  dem  Entwickelungsgange  der  Parasiten  bestehen 
regelmässige  Beziehungen.  Im  Anfange  des  Paroxysmus  erscheinen 
kleine  Ringe,  die  während  des  Anfalls  zu  grossen  auswachsen.  Chinin 
wirkt  nur  im  fieberfreien  Stadium;  hier  genügt  oft  eine  einzige  Dosis. 
Prophylaktisch  empfiehlt  sich  jeden  fünften  Tag  die  Darreichung  von 
1  g  Chinin  1 — 2  Monate  lang.  Was  die  Ueb ertragung  der 
Malaria  anlangt,  so  schHesst  sich  Koch  der  Mosquitotheorie  an  und 
glaubt,  dass  die  Mosquitos  zunächst  die  Plasmodien  auf  ihre  Eier 
und  Larven  übertragen  und  von  hier  aus  die  weitere  Infection  erfolgt. 
Diese  Ansicht  wird  auch  von  Manson  (Brit.  med.  Joum.,  24.  Sept.)  Manson. 
getheüt,  der  die  geographische  Verbreitung  der  einzelnen  Malaria- 
formen daraus  ableitet,  dass  die  verschiedenen  Parasiten  an  besondere 
Mosquitospecies  gebunden  sind. 

Die  meist  passageren  Sehstörungen  im  Verlauf  der  Malaria 
fuhrt  Guarnieri  (Archiv,  per  le  sc.  med.  Bd.  21)  auf  Circulations-  Seh- 
störungen in  den  Gefassen  der  Betina  und  Chorioidea  zurück  und  ^  orungen, 
glaubt  nicht,  dass  sie  auf  toxischen  Ursachen  basiren.  Yarr  (Brit. 
med.  Joum.,  24.  Sept.)  unterwirft  alle  bei  Malaria  beobachteten  Augen- 
complicationen  einer  genauen  Analyse.  Relativ  am  häufigsten  kommt 
es  zu  Neuritis,  retinalen  Blutungen,  Chorioiditis  und  Glaskörper- 
trübungen. Seltener  treten  periodische  Amaurose,  Opticusatrophie 
und  centrales  Skotom  in  die  Erscheinung.  Die  Behandlung  muss 
eine  causale  sein  undjbesonders  auf  eine  Entfernung  der  Kranken 
aus  den  malarischen  Gegenden  dringen;  ausgiebiger  Gebrauch  von 
Jodkalium  dient  zur  Beschleunigung  der  Resorption  bei  Glaskörper- 
trübungen. 

Uebereinstimmend  bei  der  Quotidiana,  Tertiana  und  Quartana  Leuko- 
hat  Vincent  (Annal.  de  linst.  Pasteur  Bd.  11)  im  Beginne  des  ^y^t^^»«. 
Anfalls  eine  beträchtliche   Leukocytose   gefunden,    die  späterhin 


286  Freyhan. 

einer  Hypoleukocytose  Platz  macht.  Die  Vennehrung  betrifft  haupt- 
sächlich die  Lymphocyten,  in  geringerem  Grade  die  eosinophilen  und 
die  grossen  einkernigen  Zellen.  Die  phagocytäre  Thätigkeit  kommt 
fast  ausschliesslich  den  einkernigen  Elementen  zu. 

Die  Diazoreaction  verhält  sich  bei  den  verschiedenen  Formen 
Diazo-       der  Malaria  nach  Boschdestwenski  (Wratsch  Nr.  20)  verschieden. 

reaction  bei -ßg^  der  Tertiana  wird  sie   stets  vermisst,   bei  der  Quotidiana   mit 
Malaria,  ,        .  .  . 

Roschdest-     regelmässigem  Typus  tritt  sie  manchmal,  bei  der  mit  unregelmässigem 
wenaki.       Typus  constant  auf.    Der  Grad  und  die  Dauer  des  Phänomens  geht 
parallel  mit  der  Schwere  der  Erkrankung. 


Behandlung:         Als  ein  neues  therapeutisches  Agens  erscheint  das  Euchinin 

®         '    auf  dem  Plane.     Aus  der  zahlreichen  Litteratur  über  dieses  Ersatz- 
Oray, 

mittel  des  Chinins  heben  wir   hervor  die  Arbeiten  von  Gray  (Brit. 

PanegroBsi,  med.  Joum.,  26.  Febr.),  Panegrossi  (Gazz.  degli  osped.  Nr.  118), 
TomaBelU     Tomaselli  und  Zangri  (Kiforma  med.  Nr.  156)  und  Ssuchomlin 

s*  ^i^^^ii*  (Medicinsk.  obosr.  H.  7).  Uebereinstimmend  wird  die  ausgezeichnete 
Wirksamkeit  des  Präparates  anerkannt;  seine  besonderen  Vorzüge 
bestehen  darin,  dass  es  in  kleineren  Dosen  als  das  Chinin  wirkt, 
femer  dass  es  völlig  geschmacklos  ist,  und  endlich,  dass  es  frei  von 
Nebenwirkungen  ist,  insonderheit  keine  Belästigung  des  Gehörorgans 
hervorruft. 

Ueber  das  Methylenblau  sind  die  Meinungen  noch  immer  ge- 

—  Methylen-  theüt.  Während  Cardamatis  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  5) 
rft^***««  ^^^  Schegol off  (Medicinsk.  obosr.  H.  17)  das  Mittel  in  den  Himmel 
Schegoloff,*    erheben  und  seinen  therapeutischen  Werth  weit  über  den  des  Chinins 

Mays.  stellen,  spricht  sich  Mays  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  24)  sehr 
reservirt  aus  und  vindicirt  ihm  nur  eine  gewisse  Heilwirkung  bei 
Quotidianaformen. 

Die  von  Tappeiner  festgestellte  Giftwirkung  der  Chinoline 
und  Phosphine  auf  Amöben  Uess  es  schon  aus  theoretischen 
Gründen  wünschenswerth  erscheinen,  diese  Substanzen  für  die  Be- 

—  Chinoline  handlung  der  Malaria  heranzuziehen.  Nachdem  die  von  Fürbringer 

""hi        ^^^  Jodlbauer  (Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Med.  Bd.  B9)   angestellten 

Fürbringer*   Vorversuche  an  Thieren   die   Gewissheit  der  guten  Verträglichkeit 

u.  Jodlbaner,  der  Körper  evident  gemacht  hatten,  ist  Mannaberg  (ibid.)  zu  ihrer 

klinischen  Verwendung  geschritten,  ohne  dass  der  Erfolg  den  theore* 

tischen  Erwartungen  entsprochen  hätte.   Es  gelang  zwar,  die  Fieber- 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen. 


287 


anfalle  für  einige  Tage  zu  coupiren  und  die  Plasmodien  zeitweilig 
zum  Schwinden  zu  bringen;  doch  recidivirte  die  Krankheit  prompt 
nach  dem  Aussetzen  der  Mittel. 


Jeffery  (Med.  Record,  20.  August)  empfiehlt,  Chinin  mit  einem 
Zusatz  von  Myrrhen  zu  versehen,  weil  dadurch  eine  Leukocytose 
hervorgerufen  wird,  die  den  Plasmodien  phagocytär  entgegen- 
wirken kann. 


Myrrhen, 
Jeffery. 


Betreffs  der  malarischen  Splenomegalie  glaubt  Perona  (Poli-  Behandlung 
clinico,  15.  Jan.),  dass  sich  eine  Exstirpation  durch  subcutajie  Appli-  ^®'  Spien o- 
cation  einer  Lösung  von  Jodjodkali  in  Guajakol  verhüten  lässt.       Perona,* 
Die  Einwirkung  auf  das  vergrösserte  Organ  ist  eine  ganz  eclatante. 
Auch  Laccetti  (Giomale  Internat,  d.  sc.  med.  Bd.  1)  redet  einer  medi-      Laccetti. 
camentösen  Behandlung  das  Wort  und  empfiehlt  vasoconstrictorische 
Mittel,  wie  Arsen,  Strychnin  und  Ergotin.   Nur  bei  der  Splenomegalia 
neoplastica  hält  er  eine  Operation  für  angezeigt. 


Gichanowaki 
u.  Nowak, 


10.  Dysenterie. 

Cichanowski  und  Nowak  (Centralbl.  f.  Bact.  Bd.  23)  sprechen  Aetiologie 
allen  Theorieen  über  die  Aetiologie  der  in  gemässiirten  Zonen  ^     ^®'    . 

.  .  .  Dysenterie, 

vorkommenden  epidemischen  Dysenterieen  jede  Berechtigung  ab. 
Amöben  und  GolibaciUen  sind  sicher  nicht  im  Spiele;  die  Bolle  der 
Streptokokken  ist  eine  mindestens  zweifelhafte,  wenngleich  ihr  con- 
stantes  Vorkommen  in  der  Darmwand  die  Vermuthung  erweckt,  dass 
sie  nicht  ganz  ausser  Zusammenhang  mit  der  Krankheit  stehen. 
Noch  viel  weniger  als  bei  der  epidemischen  Buhr  unserer  Gegenden 
spielen  Bacterien  oder  Amöben  bei  der  sporadischen  eine  Rolle.  Auch 
Römer  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  2)  hält  die  Amöben  nicht 
für  die  Erreger  der  Dysenterie,  obwohl  er  sie  in  15  Fällen,  die  zum 
Theil  aus  Deutschland  stammten,  gefunden  hat.  Er  ist  vielmehr  der 
Ansicht,  dass  sie  harmlose  Schmarotzer  sind,  die  bei  katarrhalischen 
Zuständen  im  Darm  sehr  günstige  Vegetationsbedingungen  finden.  — 
Harris  (Americ.  Journal  of  the  med.  sc,  April)  dagegen  meint,  dass 
zwar  der  positive  Beweis  für  die  ursächliche  Beziehung  der  Amöben 
zur  Dysenterie  noch  ausstehe,  dass  jedoch  die  Constanz  ihres  Vor- 
kommens einen  Causalnexus  wahrscheinlich  mache. 

Um  die  Erreger  der  japanischen  Dysenterie  zu  ermitteln,  ging 
Shiga  (Centralbl.  f.  Bact.  Bd.  23)  so  vor,  dass  er  die  aus  den 
Stuhlen    Dysenterischer    gezüchteten    verschiedenartigen  Bacterien- 


Römer, 


Harris, 


Shiga. 


288 


Freyhan. 


Dysen- 
terische 

Leber- 
abscesse, 
Schweiger, 


Potherat. 


Dysente- 
rische 
Qelenk- 
affectione 
Remlinger. 


species  durch  das  Serum  Dysenteriekranker  zur  Agglutination  zu 
bringen  suchte.  Es  traf  dies  nur  für  eine  mit  ganz  bestimmten  cul- 
turellen  Eigenthlimlichkeiten  begabte  Bacillenart  zu,  die  er  deshalb 
als  die  Erreger  der  Krankheit  ansprechen  zu  können  glaubt. 

Schweiger  (Wiener  med.  Presse  Nr.  8)  hat  bei  drei  Leber- 
abscessen,  in  deren  Anamnese  keine  Dysenterie  zugegeben  wurde, 
bei  der  Obduction  Veränderungen  im  Darm  vorgefunden,  die  nur 
als  B.esiduen  einer  früher  durchgemachten  Dysenterie  gedeutet  werden 
konnten.  Es  wirft  dies  ein  Streiflicht  auf  die  Leberabscesse  unauf- 
geklärter Provenienz,  die  zum  Theil  wenigstens  der  Dysenterie  an- 
gehören dürften. 

Nach  Potherat  (Bull,  de  la  societ6  de  chir.,  2.  Febr.)  ist  die 
Beimengung  von  Galle  bei  den  dysenterischen  Leberabscessen 
ein  seltenes  Ereigniss.  Denn  gewöhnlich  sind  diese  von  einer  cir- 
rhotischen  Zone  umgeben,  innerhalb  deren  die  GaUengänge  atrophiren 
und  die  Gefasse  verengt  sind.  Ein  eigentlicher  Galleniiuss  findet 
sich  nur  in  solchen  Fällen,  wo  durch  ausgedehnte  Nekrosen  ein 
grösserer  Gallengang  eröffnet  wird. 

Die  dysenterische  Gelenk  äffe  et  ion  besteht  entweder  an  vielen 
Gelenken  in  Form  einer  trockenen  Entzündung  oder  an  einem  Ge- 
n,  lenk  in  Form  eines  Hydarthros;  die  Lieblingsstelle  bildet  fast  immer 
das  Knie.  Die  Gelenkflüssigkeit  enthält  keinen  Keim,  der  durch 
die  gewöhnlichen  Untersuchungsmethoden  zur  Entwickelung  gebracht 
werden  kann.  B.emlinger  (Revue  de  m6d.,  Sept.)  meint  daher,  dass 
die  Gelenksentzündungen  durch  ein  Toxin  verursacht  werden,  das 
im  Darm  erzeugt  wird.  Die  Behandlung  des  Hydarthros  besteht  in 
Punction  mit  nachfolgender  Compression  und  Immobilisation. 


Therapie  der 

Dysenterie: 

Ammoninm- 

Chlorid, 

Attygalle. 

-  Mag- 

nesium- 

salfat, 

Wyatt-Smith. 

-  Höllen- 
stein- und 

Kupfer- 
snlfat, 

Sandwith. 


Attygalle  (Brit.  med.  Journal,  7.  Mai)  wandte  gegen  Dysenterie 
mit  gutem  Erfolg  Ammoniumchlorid  an,  das  er  4stündlich  in 
Gaben  von  4  g  verabfolgte.  In  der  Mehrzahl  der  Fälle  war  nach 
3 — 4  Tagen  der  Blutgehalt  aus  dem  Stuhl  geschwunden,  desgleichen 
die  Leibschmerzen.  —  Wyatt-Smith  (Brit.  med.  Journal,  29.  Jan.) 
empfiehlt  die  Anwendung  von  grossen  Dosen  Magnesiumsulfat, 
das  nach  seinen  Beobachtungen  überraschend  günstig  wirkt.  Ipeca- 
cuanha  hält  er  für  nutzlos,  Opium  fiir  direct  schädlich.  —  Der  Ver- 
urtheilung  der  Ipecacuanha  schliesst  sich  Sandwith  (Brit.  med. 
Journ.,  24.  Sept.)  an;  grösseres  Vertrauen  verdienen  Eingiessungea 
von   schwachen  Höllenstein-   oder  Kupfersulfatlösungen,   doch 


Acute  allgemeine  lufectionskranMieiten  und  Zoonosen.  289 

milssen  sie  sehr  frühzeitig  gegeben  und  lange  fortgesetzt  werden. —  Monsonia. 
Maberly  (Lancet,  16.  Juli)  endlich  rühmt  der  Monsonia  gute  Heil-  Maberly. 
Wirkung  nach. 

11.  Morbus  Weilii. 

In  den  von  Klein  und  Schütz  {Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  6  Krankheite- 
bisS)  beobachteten  Fällen  bestand  die  charakteriatisclieSymptomen-      «"^,'^**' 
trias   Fieber,   Nephritis   und   Icterus.      Dae   Fieber   zeichnete       weiiü. 
sich  durch  einen  raschen  Anstieg  der  Temperatur,  mangelndes  Fasti-  Klein  n.  Sobütz, 
gium    und    eine    stafFelförmige    Lyse    ans.      Der    stets    hochgradige 
Icterus  trat  gewöhnlich  erst  mehrere  Tage  nach  Beginn  der  Krank- 
heit  auf,   manchmal  erst   in  der  Apyrexie.     Leberschmerzen  waren 
nicht  constant  vorhanden ;  die  Mila  war  nur  massig  vergröasert.    Die 
Fälle  betrafen  ausschliesslich  Schwimmschüler  oder  Pioniere,  die  sich 
durch  Baden   in   verunreinigtem  Wasser  inficirt  hatten;   durch   das 
stricte  Verbot  des  Badens  konnte  der  Wetterverbreitung  der  Krank- 
heit Einhalt  gethan  werden. 

Leick  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  42)  tritt  mit  Ent-  Leick. 
schiedenheit  der  Ansicht  entgegen,  dass  es  sich  bei  derWeil'schen 
Krankheit  um  einen  mit  Icterus  complicirten  Typhus  handelt. 
Dagegen  spricht  einmal  der  bacteriologische  Beiitnd,  femer  die 
SectdoDsergabnisse  und  endlich  der  negative  Ausfall  der  Widal'schen 
Probe,  den  er  in  einem  Falle  constatiren  konnte. 

Die  geringe  Anzahl  der  tödtHcIhen  Fälle  von  Morbus  Weilii 
wird    durch    Picard    (Berl.    klin.    Wochenschr.    Nr.  471    um    einen       Pioart. 
weiteren  vermehrt. 

12.  Gelbfieber. 

Novy  (Med.  ßecord,   17,  Sept.)  hält  weder  die  Havelburg-  Aetioioi 

sehen  noch  die  Sanarelli'schen  Bacillen  für  die  Errei:iM-  der  _  ^.^' 
Krankheit;  erstere  gehören  den  Colonarten,  letztere  derTyphll^,Linn'l^e  sovy. 
au  und  sind  unter  sich  scharf  verschieden. 

Nelson    (Med.  Becord,   6.  Aug.)   unterscheidet  eine    ) '  i  i.' li  tf;  Sjmptom 
Form,  die  sich  auf  einen  einzigen  Anfall  beschränkt,   feifHT  eine    ^l|fl 
schwerere  und  endlich  eine  maligne  Form,  bei  der  der  Kranke  j^^^^ 
schon  im  Initialstadium  unter  Bchwarzem  Erbrechen  und  scliu'nrzea 
Stühlen   stirbt.    In  diesen  Fällen  ist  das  Blut  vollständig  /trstört, 
es  änden  sich  nur  noch  Trümmer  von  rothen  Blutkörpeni.     'riiora- 
Jahibnch  der  pnctjachen  Uedicln.    lam.  l<j 


t 


290 


Freyhan. 


peutisch  gibt  Nelson  zunächst  eine  Mischung  von  Chinin  und  Natron- 
sulfat, um  die  Stuhlverstopfung  zu  heben;  dann  setzt  er  den  Patienten 
in  ein  Dampfbad  und  wiederholt  diese  Procedur  so  oft,  als  die  Haut 
wieder  trocken  und  der  Puls  hart  wird. 


Differential-  Stubbert  (Med.  News,  23.  Juli)  legt  die  differentialdiagno- 

^^*^"?'®    ®*s tischen  Kriterien  des  gelben  Fiebers  gegenüber  der  pemiciösen 

vT  e  1  DXl  6  o  e ]r  8}  ^^  ^^ 

Stubbert.  Malaria  und  dem  Denguefieber  dar.  Beim  gelben  Fieber  ist  constant 
bilateraler  und  postorbitaler  Kopfschmerz  vorhanden;  die  Temperatur 
hält  sich  auf  massiger  Höhe;  der  Puls  ist  frühzeitig  verlangsamt; 
Hauteruptionen  fehlen;  Albuminurie  besteht  gewöhnlich;  Chinin  ist 
unwirksam.  Bei  der  pemiciösen  Malaria  ist  der  Sitz  des  Kopf- 
schmerzes in  der  Stirn  und  Schläfe  gelegen;  Temperatur  und  Puls 
sind  hoch;  Albuminurie  ist  selten  und  Chinin  wirkt  günstig.  Beim 
Denguefieber  endlich  fehlt  stets  die  Albuminurie,  während  polymorphe 
Hauteruptionen  reichlich  aufschiessen. 


Durch  Inoculation  von  in  ihrer  Virulenz  abgestuften  Culturen 
des  Bacülus  icteroides  sowie  zweier  anderer  Bacterienspecies,  die  er 
aus  dem  Blut  von  Gelbfieberleichen  gezüchtet  hat,  vermochte  Fitz- 
patrick (Med.  B,ecord,  29.  Jan.)  nicht  nur  Hunde  gegen  jede  einzelne 
dieser  drei  Species,  sondern  auch  gegen  ein  Gemisch  von  allen 
dreien  zu  immunisiren.  Er  glaubt  dergestalt  eine  Basis  gefunden 
zu  haben ,  auf  der  die  Herstellung  eines  wirksamen  Immunserums 
gelingen  dürfte. 


Immnnisi- 

rungs- 
versnche, 
Fitzpatrick. 


Schutz- 
impfung, 
Sanarelli. 


Sanarelli  (Gazz.  d.  osped.  Nr.  43)  theilt  die  Resultate  seiner 
Schutzimpfungs versuche  mit.  Das  zur  Application  verwandte 
Serum  stammte  von  Pferden ,  die  durch  eine  geeignete  "Vorbehand- 
lung sehr  hoch  immunisirt  worden  waren.  Es  ist  bactericid,  ohne 
antitoxisch  zu  sein,  wirkt  also  nur  gegen  die  Bacterien  selbst;  da- 
gegen bleibt  es  unwirksam,  wenn  die  Toxine  schon  die  Körperorgane 
angegriffen  haben.  Von  22  behandelten  Fällen  starben  5 ;  die  even- 
tuelle  Wirkung  gibt  sich  sofort  in  einer  beträchtlichen  Nieren- 
absonderung zu  erkennen ,  die  sich  in  günstigen  FäUen  zu  einer 
wahren  Pol)rurie  steigert.  Noch  glänzender  wai*  die  prophylaktische 
Wirkung  des  Serums;  es  gelang  Sanarelli  in  einem  Ge&ngniss, 
wo  die  Krankheit  grassirte,  sie  durch  Schutzimpfung  aller  Insassen 
sofort  zum  Stehen  zu  bringen. 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen.  291 


13.  Pest. 

Simpson  (Brit.  med.  Journ.,  24.  Sept.)  gibt  einen  historischen    Entwicke- 

Ueberblick  über  die  Entwickelung  der  letzten  Pestepidemie  in,       ?*^    ®^  ^ 

,  .        .  letzten  Pest- 

Indien.   Danach  sind  deren  erste  Anfänge  nicht  in  den  September  1896,    epidemie, 

sondern  in  eine  weit  frühere  Zeit  zu  setzen.    Zuerst  wurde  die  Krank-      Simpson. 

heit  als  Lues,  dann  als  Malaria  gedeutet  und  erst  ganz  zuletzt  richtig 

erkannt ;  einen  guten  diagnostischen  Fingerzeig  gab  das  massenhafte 

Zugrundegehen  von  Hatten  ab. 

Matignon  (Journ.  de  m6d.  de  Bordeaux  Nr.  19)  hat  im  nörd-  Pestheerd 
liehen  China  einen  Pestheerd  entdeckt,  der  mit  den  sonst  be-  »«China, 
kannten  Pestheerden  Chinas  in  keinem  unmittelbaren  Zusammenhang 
steht.  Der  erste  dortige  Fall  datirt  aus  dem  Jahre  1888;  bei  der 
Dichte  der  Bevölkerung  und  den  ungünstigen  hygienischen  Be- 
dingungen war  die  Verbreitung  der  Seuche  eine  ausserordentlich 
rasche. 

Die  Frage,  von  welchen  Centren  die  Pest  bei  den  Epidemieen 
der  letzten  20  Jahi*e  ihren  Ursprung  genommen  hat,  beantwortet 
Koch  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  28)  dahin,  dass  es  vier  Centren  der 
Centren  mit  endemischem  Sitze  der  Pest  gibt,  Mesopotamien,  Z^V'' 
Thibet,  Assir  und  Centralafrika.  Letzteres  hat  für  uns  besondere 
Bedeutung,  da  sich  von  dort  aus  die  Krankheit  auf  unsere  ostafri- 
kanischen Colonieen  weiterverbreitet  hat.  Zweifellos  liegen  der 
Seuche  specifische  Bacterien  zu  Grunde ;  die  für  Pest  sehr  empfind- 
lichen Ratten  sind  die  Hauptüberträger  der  Krankheit. 

Um  die  Rolle,  welche  Insecten  bei  der  Verbreitung  der  Pest 

spielen,  aufzuklären,  hat  Nuttall  (Centralbl.  f.  Bact.  Bd.  22)  Fliegen  Verbreitung 

mit  Pestorganen  geiuttert  und  gefunden,  dass  diese  erst  nach  mehreren        d^rch 

.  .  Insecten, 

Tagen  zu  Grunde  gehen,  so   dass  sie  sehr  wohl  in   der  Lage  sind,        Nuttal, 

in  der  Zwischenzeit  Nahrungsmittel  zu  inficiren.     Wanzen  dagegen 
scheinen  unschädlich  zu  sein;  wenigstens  wnrden  Mäuse   durch  die 
Bisse  inficirter  Wanzen  nicht  krank.  —  Wichtig  dürfte  auch  die  Fest- 
stellung der  Thatsache  sein,  dass  Frösche  sowohl  im  Winter-  wie      —durch 
im  Sommerzustande   für  Pest  empfänglich  sind;   diese  Feststellung     drösche, 
verdanken  wir  Devell  (Centralbl.  f.  Bact.  Bd.  22). 

Die  Lebensdauer  der  Pestbacillen  ist   eine  sehr  kurze. 
Yoküto  (Centralbl.  f.  Bact.  Bd.  23)  fand,  dass  sie  sich  in  der  Erde 


292 


Freyhan. 


Biologie 

der  Pest- 

baoillen, 

Yokoto, 

Oladin 


Symptomato- 

lof^ie 

der  Pest, 

Yamagiwa, 


Sticker. 


Wiener 

Pestfälle, 

Schilling. 


nur  22  -30  Tage  hielten,  und  zwar  gingen  sie  um  so  schneller  zu 
Grunde,  je  wärmer  die  Temperatur  war.  Pestleichen  bilden  demnach 
nur  eine  minimale  Ansteckungsgefahr.  —  G 1  a  d  i  n  (Wratsch  Nr.  29) 
fand,  dass  die  Pestbacillen  durch  Austrocknung  zu  Grunde  gehen. 
Dabei  macht  es  keinen  Unterschied,  ob  die  Austrocknung  durch  zer- 
streutes Sonnenlicht  oder  im  Dunkeln  geschieht;  directes  Sonnen- 
licht allerdings  wirkt  sehr  intensiv.  Kälte  vertragen  die  Bacterien 
relativ  gut,  bei  Mischung  mit  anderen  Mikroben  gehen  sie  meist 
rasch  zu  Grunde. 

Nach  Yamagiwa  (Virch.  Arch.  Bd.  149)  kommt  der  Pest  eine 
charakteristische  Symptomentrias  zu:  ein  plötzlicher  Anstieg 
der  Temperatur,  eine  schmerzhafte  Anschwellung  der  peripheren 
Lymphdrüsen  und  eine  Hyperämie  der  Conjunctiva.  Am  stärksten 
sind  die  peripherwärts  liegenden  Glieder  der  afficirten  Drüsenkette, 
am  wenigsten  die  centralwärts  gelegenen  geschwollen.  Die  Pest- 
erreger dringen  durch  die  Haut  in  den  Organismus  ein,  ohne  dass 
stets  makroskopisch  sichtbare  Eingangspforten,  wie  Wunden,  Risse 
u.  s.  w.  vorhanden  sind. 

Stick  er  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  1)  imterscheidet  drei 
klinische  Varietäten  der  Pest,  erstens  die  sehr  häutige  Drüsen- 
pest, zweitens  die  Pestjnistel,  die  sich  auf  der  Haut  entwickelt  und 
zu  einem  tiefen,  kraterfi)rmigen  Geschwür  mit  Nekrose  führt,  und 
drittens  die  seltene  Lungenpest,  bei  der  es  rasch  zu  einer  katarrhali- 
schen Pneumonie  mit  zahlreichen  Pestbacillen  im  Auswurf  kommt. 
Verschiedentlich  wird  auch  noch  eine  vierte  Form,  die  Darmpest, 
angenommen,  welche  klinisch  dem  intestinalen  Milzbrand  oder  einem 
h()chst  malignen  Typhus  ähneln  soll.  Alle  diese  Formen  können 
zur*  Sepsis  führen;  dagegen  existirt  eine  primäre  Pestsepsis  nicht. 
Neben  den  vollentwickelten  Formen  sind  abortive  Erkrankungen  sehr 
liäutig. 

Die  traurigen  Wiener  Pestfälle  gehören  nach  Schilling 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  46)  der  Kategorie  der  Pestpneumonie 
an.  Diese  sehr  seltene  Form  ist  durch  den  meist  enormen  Bacillen- 
gehalt  des  Sputums  hochgradig  infectiös  und  spielt  wahrscheinlich 
eine  erhebliche  Rolle  bei  der  Weiterverbreitung  der  Krankheit,  um 
so  mehr,  als  sie  häufig  verkannt  und  deshalb  nicht  mit  der  genügenden 
Vorsicht  behandelt  wird. 

Lew  in  (Wratsch  Nr.  2)  betont  einige  Symptome,  welche  ge- 
eignet  sind,   in   diagnostischer  Beziehung   einen  Fingerzeig  an 


Acute  allgemeine  Infectionfikrankheiteu  und  Zoonoseii.  293 

die  Hand  zu  geben.  ZunäcLat  die  Facies  peatica,  cliarakteriaiit  Diagno 
durch  Apathie,  Sonmolenz,  Herabainken  der  Lider  und  Veratricheu- 
sein  der  Haatfalten.  Ferner  die  Lingua  peatica,  die  geachwolleii 
und  feucht  iat  und  einen  gleichmäasig  über  die  Oberfläche  ver- 
breiteten Belag  trägt.  Dann  das  Delirium  pesticum,  daa  im  Gegen- 
satz zu  dem  tjphöaen  einen  systematischen  und  beständigen  Charakter 
hat.  Sehr  charakteristiach  iat  auch  die  starke,  nie  zur  Eiterung 
fahrende  Hyperämie  der  Sclera. 

Haffkine  (Brit,  med.  Jonm.,  24.  Sept.)  berichtet  über  die  Prive 
Resultate  der  von  ihm  auagefiihrten  Schutzimpfungen,  In  einer  ""j/l' 
Ortschaft  erkrankten  voo  148  Nichtgeimpften  12  mit  6  Todesfallen, 
von  173  Geimpften  2  mit  Ausgang  in  Gene.'iung.  Unter  8200  in 
Bombay  präventiv  geimpften  Personen  erkrankten  18,  von  denen 
nur  2  starben,  weil  hier  die  Impfung  zu  spät  erfolgt  war.  Ganz 
ähnlich  lauten  die  Berichte  aus  den  portugiesischen  Colonieen  und 
den  kleinen  Städten. 

Nach  Beinarowitach  (Arch.  de  science  de  biol.  Nr.  3)  be-  Aniii 
wirkt  das  Antipestaerum  nur  eine  passive  und  vorübergehende  ««t« 
Immunität,  deren  Dauer  ungefähr  proportional  ist  der  Menge  des 
injicirten  Serums.  Das  durch  die  Seruminjection  in  den  Zustand 
der  paasiven  Immunität  versetzte  Thier  acquirirt  durch  nachfolgende 
Einverleibung  virulenter  Pestculturen  auch  noch  einen  gewiasen 
Grad  von  activer  Immunität.  Die  Fähigkeit  zur  Erlangung 
der  activen  Immunität  und  die  Dauer  derselben  atehen  im  umge- 
kehrten Verhältniss  zu  der  Menge  dea  zuerst  inoculirten  Antipeat- 
senims. 

Die  mit  dem  Yersin'schen  Serum  in  Indien  erzielten  Resultate 
bleiben  nach  den  Angaben  von  Dieudonn^  (Münch,  med.  Wochen-  Dieud 
achrift  Nr.  6)  weit  hinter  denjenigen  zurück,  die  bei  der  1896er 
Epidemie  in  China  gewonnen  wurden,  wenngleich  ein  gewisser  Ein- 
fluss  auch  hier  unverkennbar  zu  Tage  trat.  Die  Mortalität  der  be- 
handelten Fälle  betrug  nur  50°!«;  allerdings  bandelte  es  sich  aus- 
schliesslich um  die  leichteste  Form  der  Pest,  die  Drilsenpi -i .  LLti  ^ 
schwachen  Erfolg  der  8erumtherapie  setzt  Dieudonn^  uut  II.  rli- 
nung  des  noch  ungenügenden  Giftschutzes  dea  Serums. 

Dimmock  (Brit.  med.  Joum.,  24.  Sept.)   hält  für  di-.»    ijusto  pf 
Präventivmaaaaregel  gegen  die  Krankheit  die  Verpflanzung  der     ^ 


294 


Freyhan. 


bedrohten  Bewohner  in   eine   gesunde  Gegend.     Natürlicli  ist 
dies  nur  in  kleineren  Ortschaften  zu  ermöglichen. 


Harbitz. 


14.  Aktinomykose. 

Morphologie         Grrillo  (Riforma  med.  Nr.  101 — 103)   hat  sich  eingehend  mit 

^^       .^^'  der  Morphologie  der  Aktinomycespilze  beschäftigt  und  be- 
mycespilze,  ^  =>     ,  ... 

Griilo,  tont,  dass  es  verschiedene  Species  gibt,  die  durch  besondere  culturelle 
Merkmale  ausgezeichnet  sind  und  eine  verschiedene  Pathogenität 
besitzen. 

Als  besonders  geeigneten  Nährboden  empfiehlt  Harbitz  (Norsk. 
Mag.  f.  Laegevid.  Nr.  1)  eine  Combination  von  angesäuertem  Agar 
mit  Eiweiss,  auf  dem  die  Züchtung  der  Rasen  sehr  leicht  gelingt. 
Durch  Impfung  mit  Aktinomycesculturen  konnte  er  niemals  Thiere 
tödten;  bei  der  Obduction  fand  sich  meist  eine  abgekapselte  Masse 
in  der  Peritonealhöhle  der  Impfthiere  vor.  In  derselben  fehlten  die 
charakteristischen  Rosetten,  so  dass  es  sich  nur  um  reactive  Ent- 
zündungen, um  die  inoculirten  aktinomy kotischen  Massen  gehandelt 
haben  kann. 


Lungen- 
aktino- 
mykose, 
Karewski. 


Nach  Karewski  (Berl.  kün.  Wochenschr.  Nr.  15—17)  ist  es 
in  vielen  Fällen  möglich,  die  Lungenaktinomykose  so  frühzeitig 
zu  erkennen,  dass  eine  operative  Hülfe  noch  möglich  ist.  Die 
Operation  bietet  die  günstigsten  Chancen  dann,  wenn  die  ersten 
Anzeichen  einer  Ueberwanderung  auf  den  Thorax  sichtbar  werden. 
In  diesem  Stadium  stützt  sich  die  Diagnose  auf  die  Combination 
von  Schwellung  des  Thorax  an  einer  und  Retraction  an  einer  anderen 
Stelle,  femer  auf  die  brettharte  Infiltration  der  Weichtheile,  auf  ein 
scheinbares  Empyema  necessitatis ,  chronischen  Verlauf,  sowie  das 
Fehlen  von  Tuberkelbacillen  und  elastischen  Fasern  im  Auswurf. 
Die  genannten  Zeichen  fordern  zu  einer  Probepunction  mit  starken 
Nadeln  auf,  durch  welche  eventuell  die  Pilze  selbst  oder  Eitertröpfclien 
aspirirt  werden;  beide  Ergebnisse  sind  gleich  werthvoll,  da  beide 
unbedingt  eine  Indication  zum  operativen  Einschreiten  abgeben. 
(Vergl.  S.  163.) 


Jodkali- 
therapie, 
Prutz. 


Nach  den  Untersuchungen  von  Prutz  (Mittheü.  a.  d.  Grenz- 
gebieten d.  Med.  u.  Chirurg.  Bd.  4)  ist  das  Jodkali  kein  Speci- 
ficum  gegen  Aktinomykose  im  eigentlichen  Sinne.  Es  ist  daher 
nicht  im  Stande,  die  operative  Behandlung  gänzlich  zu  ersetzen, 
wohl  aber  berufen,   sie  einzuschränken.     Es   kann   den  Krankheits- 


Acute  aUgemeioe  Infectionekrankheiteu  und  Zoonouen.  295 

heerd  so  „vorbereiten",  dasB  ein  früher  schwerer  Eingriff  in  einen 
leichteren  verwandelt  wird,  ja  dase  manche  Fälle  überhaupt  erst 
operabel  werden.  Bei  kleinen  oberflächlichen  Heerden  bleibt  die 
Operation  das  schnellste  und  sicherste  Verfahren.  Die  Wirkung 
des  Jodkalj  ist  nicht  in  allen  Fällen  augenfällig,  jedoch  für  die  über- 
wiegende Mehrzahl  ganz  zweifellos. 

Butler  (Med.  News,  23.  April)  leitete  in  mehreren  Fällen  die  Kuoalypti 
Behandlung  mit  Eucalyptusöl  in  innerlicher  oder  äusserlicber  ^^^mykott 
Application.    Der  Erfolg  war  über  Erwarten  günstig;  die  Temperatur        Butler. 
sank,  Husten  und  Auswurf  schwanden,  und  die  physikalisch  nach- 
weisbaren Veränderungen  bildeten  steh  fast  völlig  zurück. 


gestellt,  dass  Milzbrandbacillen  gegenüber  Formalin  eine  ganz  be- 
sondere Empfindlichkeit  besitzen.     Es   ist   dies  von  einer  gewissen     wirkabg, 
Tragweite  deswegen,  weil  es  die  Thatsache  erklärlich  macht,  dass     Hammer, 
trotz  der  nur   oberflächlichen  Desinfectionekraft  des  Formalins  die 
sonst  ausserordentlich  resistenten,  als  Testmaterial  dienenden  Müz- 
brandsporen  hier  rasch  zu  Ctrunde  gehen. 

Aus   den    experimentellen,    unter   Ausschluss  der  phagocytären    —  ßaoteri. 
Wirkung  der  weissen  Blutkörperchen  angestellten  Untersuchungen.       " 
Eamburger's  (Centralbl.  f.  Bact.  Bd.  24)  geht  die  nicht  unwichtige     Tenösen 
Thatsache  hervor,  dass  venöse  Stauung  das  Zugrundegehen     Stauung, 
von  Milzbrandvirus  sehr  begünstigt.  H«nbi.rg.r. 

Auf  Grund  einiger  Eigenbeobachtungen  gibt  Schottmüller  Lungen. 
(Münch,  med.  Wocbenschr.  Nr.  39)  eine  Schilderune  des  tvpischeu  n»''^'"»"*' 
1  ...  ,        ..   .       T,       ,      -,  .  .     ,      ^    ,  SchottmUller. 

Lungenmilzbrands.    H^me  Beschreibung  stimmt  mit  der  anderer 

Beobachter  fast  genau  übersin;  eine  besondere  BerücksichtifiiinL':  ■:\-  _^ 

dbn  der   eigenthümliche   Pieberverlauf.     Die  Krankheit   aet/r    mit 

hoher  Temperatur,  etwa  40°,  ein,  nimmt  dann  täglich  um  i;twii  1"    ^^ 

ab,  30  dass  vom  8.  Tage   ab   überhaupt  kein  Fieber,   später   augar^^l 

Collapstemperatnren   bestehen.     Der  Verlauf  ist    ein    sehr  schneUa" 

und  erstreckt  sich  nur  auf  3 — 6  Tage;  die  Prognose  ist  sehr  ema 

(Vergl.  S.  163.) 


296 


Freyhan. 


Milzbrand 

der  Nase, 

Stxubell. 


Der  casuistische  Beitrag  von  Strubell  (Münch.  med.  Wochen- 
schrift Nr.  48)  ist  einmal  interessant  wegen  der  ungewöhnlichen 
Localis ation  an  der  Nasenspitze  und  femer  wegen  des 
überaus  günstigen  Verlaufes.  Derselbe  kann  angesichts  der  anftUig- 
lieh  sehr  schlechten  Prognose  mit  Recht  der  mit  grosser  Oonsequenz 
und  heroischen  Mitteln  durchgeführten  Behandlung  zugeschrieben 
werden.  Es  wurden  täglich  etwa  30  Pravazspritzen  einer  3°/oigen 
Carbollösung  in  die  erkrankte  Nase  injicirt  und  daneben  unausgesetzt 
heisse  Kataplasmen  applicirt,  welche  bei  einer  Temperatur  von 
50 — 55°  C.  alle  10  Minuten  Tag  und  Nacht  erneuert  wurden. 


Milzbrand- 

heilserum, 

Sclavo, 


Delio. 


Ueber  die  Darstellung  und  Wirksamkeit  eines  Heilserums 
gegen  Milzbrand  hat  Sclavo  im  Februar  der  medicinischen  Akademie 
in  Turin  Bericht  erstattet.  Bisher  hat  die  Serumtherapie  in  14  Fällen 
Erfolg  gehabt;  bei  denselben  war  eine  prompte  Wirkung  auf  das 
Oedem  und  eine  schnelle  Abstossung  des  Schorfes  zu  constatiren.  — 
Einen  weiteren  Fall  von  Heüung  theilt  Delio  (Gazz.  degH  osped. 
Nr.  79)  mit ;  schädliche  Local-  oder  Allgemeinerscheinungen  sind  durch 
die  Injectionen  niemals  veranlasst  worden. 


Einimpfung 

cl<»r  Lyssa 

in  die 

Cornea, 

Centamii. 


16.  Lyssa. 

Centanni  und  Muzio  (Arch.  p.  1.  scienz.  med.  Nr.  1)  geben  an, 
dass  die  Einimpfung  des  Wuthgiftes  mittels  Scarification  der 
Cornea  mit  absoluter  Sicherheit  zum  Tode  der  Versuchsthiere 
führt,  und  zwar  fast  ebenso  rasch  wie  bei  subduraler  Infection. 
Das  Gift  bleibt  im  Stratum  epitheliale  der  Cornea  localisirt  und  er- 
reicht hier  fast  die  nämliche  Concentration  wie  im  Centralnerven - 
System  der  Thiere. 


I  ni  m  u  n  i- 
sirende 
Eigen- 
schaften 
der  üalle, 
Frant/ius. 


Nach  Analogie  der  von  Koch  für  die  Rinderpest  urgirten 
Thatsache,  dass  die  Galle  der  dieser  Krankheit  erlogenen  Thiere 
immunisirende  Eigenschaften  besitzt,  hat  Frantzius 
(Wratsch  Nr.  16)  experimentell  festzustellen  versucht,  inwieweit 
diese  Verhältnisse  auch  für  die  Hundswuth  zutreffen.  Er  fand,  dass 
durch  Einverleibung  der  von  einem  kranken  Thier  stammenden 
GaUe  keine  Krankheitserscheinungen  verursacht  werden  konnten, 
während  die  mit  Gehimemulsion  gleicher  Provenienz  behandelten 
Thiere  ausnahmslos  zu  Grunde  gingen. 


Nach    Pottevin    (Annal.    de    l'Inst.    Pasteur    Nr.  4)    wurden 


Acute  allgemeine  Infectionskrankheiten  und  Zoonosen.  297 

während  des  Betriebsjahres  1308  wuthkranke  Personen  im  Institut    Therapie, 
Pasteur  behandelt,  von  denen  4  starben.    Die  grösste  Mortalität      Pottevm. 
kommt  auf  das  Conto  der  Gesichtsverletzungen.    Seit  Gründung  des 
Instituts  sind  im  ganzen  15549  Franzosen  und  3096  Auswärtige  be- 
handelt worden. 

17.  Rotz. 

Batko  (Wiener  klin.  Wochenschi*.  Nr.  42)  berichtet  über  eine  Chronische 

chronische  Rotzinfection,   welcher   eine   aus  4  Mitgliedern  be-    .   *^*^' 

'  .  .  .    .'^  infection. 

stehende  Familie  zum  Opfer  gefallen  ist,  und  die  nachweislich  von  rotz-        g^^^ 
kranken  Pferden  ausging.   Aus  dem  mikroskopischen  Bild  und  Cultur- 
verfahren   sowohl  wie    aus    dem  Ergebniss   des   Thierexperimentes 
ging  unzweifelhaft  hervor,  dass  echter  Rotz  vorlag.   Malleininjectiouen 
wurden  von  den  Patienten  abgelehnt. 

Der  von   Genf  rein  (Revue  med.   de  la   Suisse  rom.   20./12.)        Rotz- 
mitgetheilte  Fall  ist  durch  die  sehr  seltene  LocaUsation  von  Rotz-  beschwüre 

mi  •  1  -n  rw  '   *™  Thranen- 

geschwüren  am  Thränensack  ausgezeichnet.    Er  war  lange  Zeit        sack, 
verkannt  und  erst  durch  die   bacteriologische  Untersuchung  sicher-      Gonfrein. 
gestellt  worden.    Auch  hier  war  die  Ansteckung  durch  ein  rotzkrankes 
Thier  erfolgt. 

18.  Maul-  und  Klauenseuche. 

Löffler  und  Frosch  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  16)  ver-   -\etiologie 
öffentlichen  den  von  der  Reffierunff  erforderten  Bericht  der  zur  Er-  »»dlmmum- 
forschung  der  Krankheit  niedergesetzten  Commission.   In  ätiologischer      Löffler  u. 
Beziehung  wird  der  Siegel -Bus  senius'sche  Bacillus  nicht  als  Er-       Frosch, 
reger  der  Krankheit  anerkannt;    ebenso   hat   es  sich  herausgestellt, 
dass    die    zahlreichen   Bacterienbefunde   anderer  Forscher   lediglich 
accidenteller  Natur  sind.    Uebertragen  lässt  sich  die  Krankheit  mit 
Sicherheit  auf  Rinder  imd  Kälber  und  zwar  am  besten  durch  Ein- 
führung des  in  den  Blasen  befindlichen  Virus  in  die  Blutbahn.    Sehr 
wichtig  ist  der  Umstand,  dass  es  der  Commission  gelungen  ist,  Thiere 
gegen  die  Krankheit  künstlich  zu  immunisiren. 

Lehrbücher  und  Monographieen.*) 

Böing,  Neue  Untersuchungen  zur  Pocken-  und  Impffrage.    Berlin. 
Baschke,   Üeber  Hefemykosen  bei  Menschen  und  Thieren.    Samml.  klin. 
Vorträge  Nr.  218. 

')  Vergl.  auch  S.  46. 


298  Freyhan. 

Curschmann,   Unterleibstyphuß.     Nothnagel's   Specielle   Pathologie   und 

Therapie.    Wien. 
Fichera,  II  risanamento   delle  campagne  italiane  rispetto  alla  malario. 

Milano. 
Galliard,  La  Grippe.    Paris. 
Hei  ekel,  Die  Vaccinekörperchen.    Jena. 
Jez,  Der  Abdominaltyphus.    Wien. 
W.  W.  Keen,  The  surgical   complications   and  sequels  of  typhoid  fever. 

Philadelphia. 
R.  Koch,  Reiseberichte  über  Rinderpest,  Bubonenpest  in  Indien  und  Afrika, 

Tsetse-  oder  Surrakrankheit,  Texasfieber,  tropische  Malaria,  Schwarz- 
wasserfieber.   Berlin. 
V.  Eubassow,  Pilze  des  Paludiums.    Berlin. 
Landouzy,  La  s^rothörapie.    Paris. 
Lapasset,   Le  traitement  specifique  du  paludisme  d*apr^  la  biologie  de 

rh^matozoaire.    Paris. 
F.  Martius,   Pathogenese  innerer  Krankheiten.     1.  Heft:   Infections- 

krankheiten  und   Autointoxicationen.    Leipzig  u.  Wien. 
J.  Petruschky,  Die  wissenschaftlichen  Grundlagen  und  die  bisherigen 

Ergebnisse  der  Serumtherapie.    Sammlung  klinischer  Vortrage,  N.  F. 

Nr.  212.    Leipzig. 
Rumpf,  Die  Cholera  indioa  und  nostras.    Jena. 
Sanarelli,  La  fiövre  jaune.    Paris. 

Solmon,  La  fiövre  typholde,  la  tuberculose  et  la  malaria.    Paris. 
Ziemann,  Ueber  Malaria  und  andere  Blutparasiten.    Jena. 


n,  8.  ConstttntionskrBnkhelten. 

Vop  Dr.  Maximilian  Sternber^,  Frivatdocent  für  innere  Medicin 
in  Wien. 

A.  Pathologie  des  Stoffwechsels. 

I.  Diabetes  mellUns. 

X  Seegen  (Centralbl.  f.  Physiologie  Bd.  12,  8.  505)  hat  schon  vor 
vielen  Jahren  auf  das  Vorhandensein  eines  besonderen  Eohlebjdrates 
in  der  Leber  neben  Zucker  und  Glykogen  hingewiesen.  Seine  neueren 
Untersuchungen  zeigen,  dass  es  im  Wasser  lOi^Iich  ist  und  durch  Alkohol 
gefällt  wird.  Es  reducirt  nicht  alkaliiiche  Kupferlösung.  Durch  Kochen 
mit  Salzsäure  wird  es  in  Traubenzucker  übergeführt.  Seegen  schlägt  den 
Namen  Leberdextrin  vor. 

H,  J.  Bing  (Centralbl.  f.  Physiologie  Bd.  12,  S.  209)  bestätigt  die 
Angabe  von  Henriques  (siehe  vorjährigen  Bericht) ,  dass  der  grösste 
Theil  der  reducirenden  Substanz  des  Blutes  Jecorin  ist.  Nach  intravenöser 
Einspritzung  von  Traubenzucker  wird  der  grösste  Theil  des  eingeführten 
Zucker«  in  Jecorin  umgewandelt.  Auch  der  Zusatz  von  Traubenzucker  zu 
defifarinirtem  Blute  im  Reagensglaae  erzeugt  eine  Vermehrung  des  Jecorins. 
Dieses  ist  nämlich  eine  Verbindung  des  Lecithins  mit  Zucker.  Aehnliche 
Verbindungen  bilden  auch  andere  Zuckerarten,  wie  Arabinose,  Lävulose, 
Galaktose  u.  s.  w. 

Bekanntlich    verschwindet    aus    zuckerhaltiHi'm    lilnii^    wjihn'inl    de« 
Stehens   ein  Theil  des  Zuckers.     Diesen  Vorgang,    din   miin    auch   bei  Be- 
handlung einer  ZuckerlQsung  mit  einem  Brei  von  zi^rkle inerten  thierisch"^' 
Geweben  hervorrufen  kann,  bezeichnet  man  als  Gl, 
auf  Oiydationavorgilngen  (siebe  Jahrbuch  1896). 

O.  Kövesy  (Centralbl.  f,  Physiologie  Bd.  12,  S 
Zucker-  und  Kochsalzlösung   mit  Leberbrei    di^n-iii-t    und   dl** 
rung  des  Gefrierpunktes  beslimmt.  Es  steigt  der  Gifrii'qiimktsei 
werth  der  Mischung   bei  der  Glykolyse.     Dies   bi'iulil   mif  der 
Körpern  mit  besonders  tiefliegendem  Gefrierpunkti',  ilaniiiti'r 


'"'ijiH 


dl*^* 


300  Sternberg. 

GJykolyse  W.  Spitzer  (Pflüger's  Archiv  Bd.  67  u.  71,  Berliner  klin.  Wochenschr. 

^"<*,        S.  814)   hat  seine  Studien  über  die   oxydative  Kraft  der  Gewebe 
xy   a  10  n    ^g-gj^^  Jahrbuch   1896)   fortgesetzt.     Die  wichtigste  Rolle   spielen   die    im 
Geweben.     Zellkerne  enthaltenen  Nucleoproteüde ,  wie  die  Thatsache  beweist,  dass 
Spitzer.       reine   wässerige  Lösungen  dieser   Substanzen    dieselbe  Wirkung   wie    der 
Gewebsbrei    haben.    Ausser    der  Verbrennung   des  Zuckers   vollführen  sie 
auch  andere  Oxydationen,   z.  B.  die  Umwandlung  von  arseniger  Säure  zu 
Arsensäure.   Die  SauerstofFÜbertragung  beruht  wahrscheinlich  auf  einer  eisen- 
haltigen Atomgruppe,  nicht  aber  auf  einem  »Ferment".   Aehnliche  Substanzen 
finden  sich,   wie  Spitzer  (Fortschr.  d.  Med.  Bd.  16,  S.  451)   in  einem  in- 
teressanten Sammelreferat  zeigt,   im  Thier-  und  Pflanzenreiche  sehr   ver« 
breitet. 

GlykoBurie  A.  Biedl  (Centralbl.  f.  Physiologie  Bd.  12,  S.  624)  beobachtete  nach 

nach  Fistel  Anlegung  von  Fisteln   des  Ductus  thoracicus   und  nach  ünter- 

.  .    ,  ,^   bindung  desselben  eine  andauernde  Glykosurie,  welche  auch  bei 

bindung  des  °.  j  » 

Ductus      Hunger  nicht  verschwand.    Dagegen  fehlten  die  Symptome  eines  eigent- 

thoracicus,  liehen  Diabetes,  insbesondere  Gefrässigkeit ,  Durst  und  Abmagerung.     Der 

Biedl.         Autor  meint,   dass  die  Lymphe,   welche  durch  den  Ductus  thoracicus  dem 

Blute  zugeführt  wird,  eine  Substanz  enthält,  die  den  Zuckerverbrauch  im 

Organismus  beeinflusst. 

Diuretica  P.  F.  Richter  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  35,  S.  463)  hat   das  Ver^ 

^^^         halten  der  Diuretica  zur  Glykosurie  im  Thierexperiment  untersucht. 

Reiter     '  ^^®  Glykosurie    nach  Coffein,   Diuretin   und   verwandten   Substanzen    hat 

nichts  mit  der  Diurese  zu  thun,   sondern  konmit  durch  eine  Wirkung  auf 

die  Leber  zu  Stande,  welche  unfähig  wird,  Glykogen  aufzuspeichern. 


Zucker  im  L.  Schaller  (Centralbl.  f.  Gynäkologie  Nr.  13)  verabreichte  Schwan- 

Frucht-      geren  ante  partum  Phlori  dz  in  und  untersuchte  das  Fruchtwasser  auf 
w  assefnacli 
Phlori dzin-   Mucker.     Er  fand    sich   nur    dann    einige    Male,    wenn    Phloridzin   bis 

(larreichung,  zum  Weheneintritt  gegeben  wurde.     In  solchen  Fällen   enthielt  der  Harn 
Schaller.       des  Neugeborenen  Zucker.    Die  fötale  Niere  functionirt  demnach  nicht  bis 
unmittelbar  vor  der  Geburt. 

Leber  und  H.  Strauss  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  1121)  führte  eine  Anzahl  Ver- 

Glykosurie,  guche  über  die  Beziehungen  der  Leber  zur  Glykosurie  aus.  Unter 
88  Leberkranken  (Carcinom,  Cirrhose,  Icterus  catarrhalis,  Stauungsleber, 
Cholelithiasis,  Trauma,  Echinococcus)  gelang  es  nur  bei  2  Fällen  von  Trauma, 
alimentäre  Glykosurie  zu  erzeugen.  Bei  Fröschen  wurde  durch  Exstirpation 
der  Leber  die  Assimilationsgrenze  für  subcutan  eingespritzten  Zucker  nicht 
herabgesetzt.  Strauss  spricht  sich  gegen  die  Annahme  aus,  dass  reine 
Lebererkrankungen  Ursachen  des  Diabetes  sein  können. 

H.  Strauss  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  398)  untersuchte  femer  die  ver- 
schiedenen Zuckerarten  auf  ihr  Verhalten  zur  alimentären 


Constitutionskrankheiten. 


301 


Glykosurie 
durch  ver- 
schiedene 
Zucker- 
arten, 
Strauss, 


Glykosurie.  Er  wählte  nur  solche  Personen,  welche  besonders  leicht  Alimentäre 
alimentäre  Glykosurie  zeigten.  Am  leichtesten  erzeugt  Galaktose,  am 
schwierigsten  Lävulose  Zuckerausscheidung.  Die  Galaktose  und  Lävulose 
erscheinen  als  solche  wieder  im  Harne,  Amylum,  Saccharose  und  Lactose 
als  Traubenzucker.  Die  individuellen  Unterschiede  beruhen  zum  grossen 
Theile  auf  dem  Verhalten  des  Darmkanals  der  Versuchspersonen  in  Bezug 
auf  Spaltung  und  Besorption.  Dass  die  Lävulose  besonders  schwer  aus- 
geschieden wird,  stimmt  mit  der  Thatsache,  dass  sie  auch  von  Diabetikern 
gewöhnlich  gut  verwerthet  wird,  überein. 

Ch.  Achard  und  E.  Weil  (Archives  de  medecine  experimentale  et 
d'anatomie  pathologique  Bd.  10,  S.  816)  haben  gleichfalls  verschiedene 
Zucker  arten,  jedoch  bei  Diabetikern,  subcutan  und  per  os  einver- 
leibt. Auch  sie  fanden,  dass  Lävulose  und  Galaktose  von  Diabetikern  bei 
beiden  Arten  der  Einführung  gut  verwerthet  werden. 


Achard  n. 
Weil. 


Gh.  Talamon  (La  medecine  moderne  S.  170)  schlägt  vor,  als  Haus- 
haltungsdiabetes (Diabäte  domesüque)  die  Fälle  von  Diabetes  bei  Ehe- 
gatten und  bei  Herr  und  Diener  zusammenzufassen,  und  berichtet  über 
2  interessante  Fälle,  in  welchen  langjährige  Diener  von  Diabetikern  selbst 
an  Diabetes  elrkrankten.  Der  Gedanke  an  Ansteckung  ist  nicht  ganz  abzu- 
weisen. 


Haus- 
haltungs- 
diabetes, 
Talamon. 


Ebstein. 


Eine  Anzahl  von  Arbeiten  haben  sich  mit  der  Beziehung  des 
Diabetes  zu  anderen  Krankheiten  beschäftigt. 

W.Ebstein  (70.  Versammlung  deutscher  Naturf.  u.  Aerzte  in     Diabetes, 
Düsseldorf.    Deutsche  med.  VS^ochenschr.  S.  693)  hat  in  einem  geist-  Fettleibig- 

.  .  .  keit  und 

reichen  Vortrage   die  Stellung  der  Fettleibigkeit,  der  Gicht       Gicht, 

und  der  Zuckerkrankheit  im  nosologischen  System  erörtert. 
Das  Gemeinsame  dieser  drei  Krankheiten  besteht  in  einer  mangel- 
haften, häufig  familiären  und  vererbbaren  Beschaifenheit  des  Proto- 
plasmas. Es  ist  am  zweckmässigsten ,  die  Krankheiten  nicht  ak 
„Constitutionskrankheiten"  od.  dergl. ,  sondera  als  „allgemeine 
Erkrankungen  des  Protoplasmas  mit  vererbbarer  An- 
lage" zu  bezeichnen. 


Diabetes, 
Hirschfeld. 


F.  Hirschfeld  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  212)  hat  bei  Fett-  Fettleibig 
leibigen  mit  geringer  Muskelthätigkeit  Zucker  nach  reichlicher  keit  und 
Kohlehydratzufuhr  auftreten  gesehen.  Nach  einer  Entfettungsperiode 
war  dies  unter  gleichen  Verhältnissen  nicht  mehr  der  Fall.  Wahr- 
^heinlich  besteht  ein  gewisser  Zusammenhang  zwischen  reichlicher 
Ernährung  bei  ungenügender  Muskelthätigkeit  und  Entstehung  des 
Diabetes. 


302 


Stemberg. 


H.  Strauss  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  1125)  macht  darauf  auf- 
merksam, dass  Psoriasis  in  manchen  Fällen  dem  Ausbruche  eines 


Psoriasis 

und 
Diabetes,         ,  ,  ,  .  .     . 

strauBB.       Diabetes  lange  vorhergeht.     Bei  Psoriasis  findet  man  nicht  selten 
alimentäre  Glykosurie. 


Syphilis 

und 

Diabetes, 

Manchot. 


Nach  C.  Manchot  (Monatshefte  f.  pract.  Dennatologie  Bd.  27) 
gibt  es  drei  Arten  von  Beziehung  zwischen  Syphilis  und  Dia- 
betes: 1.  Ein  Diabetiker  inficirt  sich  mit  Syphilis.  2.  Ein  Syphi- 
litischer oder  syphilitisch  Gewesener  bekommt  einen  Diabetes,  der 
mit  seiner  Syphilis  nicht  zusammenhängt.  3.  Ein  Constitutionen  Syphi- 
litischer bekommt  einen  syphilitischen  Diabetes  alsTheilerschei- 
nung  seines  Allgemeinleidens.  Dieser  kann  mit  oderohnt^ 
nachweisbare  Läsion  des  Centralnerv  ensystems  bestehen. 
Ausserdem  gibt  es  eine  transitorische  Glykosurie  bei  SvphiUs, 
insbesondere  im  Secundärstadium.  Syphilitische  Infection  ist  bei  Dia- 
betikern sehr  selten.  Die  Ursache  liegt  in  der  frühzeitigen  Impotenz. 
Der  sjrphilitische  Diabetes  wird  durch  energische  antisyphiUtische 
Behandlung  auch  ohne  antidiabetische  Diät  geheilt ,  ^  wofür  Verf. 
sehr  lehrreiche  Beispiele  bringt.  Er  scheint  auf  Pankreaserkrankung 
zu  beruhen  (2  Sectionen).  Die  transitorische  syphilitische  Glykosurie 
ist  analog  der  syphilitischen  Albuminurie  und  dürfte  in  vorüber- 
gehenden Störungen  im  Pankreas,  vielleicht  auch  in  der  Leber,  ihren 
Grund  haben. 


P«ukrea8- 

kolik  und 

Diabetes, 

Polyakoff. 


Polyakoff  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  237)  hat  einen  Fall 
von  temporäremDiabetes  mit  grossem  Dm^st,  Heisshunger,  Ab- 
magerung u.  s.  w.  beobachtet,  der  sich  an  eine  Pankreaskolik 
anschloss.  Die  Symptome  der  letzteren  bestanden  in  SchmerzanföUen 
neben  dem  Epigastrium,  welche  der  linken  Rippenbogenwand  ent- 
lang bis  zur  Wirbelsäule  und  dem  Schulterblatt  ausstrahlten  und  von 
Erbrechen  begleitet  waren.  Keine  Concremente  im  Stuhle,  auch  nicht 
die  „charakteristischen"  Fettstühle.  Auf  antidiabetische  Diät,  Anti- 
pyrin  und  Coffein  vollständige  Heilung,  sowohl  der  Kolik  als  des 
Diabetes. 


Salol  und 

Pankreas- 

function 

beim 

Diabetes, 

Badger. 


Man  hat  angenommen,  dass  das  Salol  im  Darme  durch  den 
Pankreassaft  gespalten  werde.  Wenn  daher  die  PankreasAinction 
gestört  ist,  müsste  die  Resorption  der  Salicylsäure  und  ihre  Aus- 
scheidung im  Urine  als  SaUcylursäure  (Dunkelfarbung  durch  Eisen- 
chlorid) ausbleiben.  Auf  Grund  dieser  Ueberlegung  suchte  G.  S.  C. 
Badger  (The  Journal   of  the  Boston  Society   of  Medical  Sciences 


Constitutioiiakraiikheiten.  303 

S.  118>  eine  eventuelle  Läsion  des  Pankreas  bei  Diabetikern  durch 
Salolverabreichnng  nachzuweisen.  £s  gelang  jedoch  nicht,  selbst  bei 
einem  Falle,  der  klinisch  als  ^Pankreasdiabetes"  angesehen  werden 
musste.  Wahrscheinlich  ist  aber  zur  Salolspaltung  gar  nicht  die  Mit- 
wirkung von  Pankreassaft  erforderlich. 

Böhm  (llunch.  med.  Wochenschr.  S.  1147)  theilt  einen  sehr  Acuter 
rapid  verlaufenen  Fall  von  Diabetes  bei  einem  17jährigen  ^**?*^'^'* 
Burschen  mit.  Derselbe  war  Zögling  der  Unteroffiziersschule  ge- 
wesen und  den  körperlichen  Leistungen  bis  kurz  vor  der  Spital> 
aufnähme  voUkonunen  gerecht  geworden.  Tod  am  20.  Tage,  nach- 
dem er  gesteigerten  Durst  und  vermehrtes  Harnlassen  bemerkt  hatte. 
Bei  der  Section  fand  sich  Pankreasatrophie  und  subacute  Nephritis. 

Die  Albuminurie  bei  Diabetes  hat  K.  Grube  (Verband- Alb uminarie 
langen  d.  16.  Congresses  f.  innere  Med,  S.  95)  zum  Gegenstande*»**  ^^^^^***^' 
einer  Studie  gemacht.  Er  unterscheidet  fiinf  Formen:  1.  Die  Albu- 
minurie bei  der  schweren  Form  des  Diabetes;  sie  ist  constant 
im  Endstadium  vorhanden.  2.  Stauungsalb  um  in  ur  i  e  infolge  von 
Herzschwäche.  3.  Altersalbuminurie,  die  auf  leichte  Ai*terio- 
sklerose  der  Nierengefasse  zurückzufuhren  ist.  4.  Functionelle 
Albuminurie;  diese  ist  stets  sehr  gering  und  verschwindet  leicht 
bei  Abnahme  der  Zuckermenge.  5.  Albuminurie  durch  chro- 
nische Nierenentzündung;  diese  ist  eine  Folge  der  fimctio- 
nellen  Albuminurie. 

W.  Ebstein  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  3)  bespricht  die     Diabetes 
Combination  von  Diabetes  und  Epilepsie.    Erstens  können        .^^^  . 
epileptische  resp.  epileptiforme  Anfalle  eine  Folge  der  Zuckerkrank-       Ebstein. 
heit  sein;   zweitens  kann   die   Zuckerausscheidimg  eine  Folge  von 
Epilepsie  sein;   drittens  endlich  können  beide  Folgen  einer  gemein- 
samen Ursache  sein.     Was  die  erste  Kategorie  betriffl;,   so   können 
sowohl  im   Coma  gelegentlich   Convulsionen  vorkommen,   als  auch 
ausserhalb  desselben  infolge  von  Acetonämie  (vergl.  Bericht  1896  über 
Jacoby's  Arbeit).    Zuckerausscheidung  nach  epileptischen  Anfallen 
ist  viel  seltener,   als  in   der  Litteratur  angegeben  wird.     In  Bezug 
auf  die  letzte  Möglichkeit  theilt  Ebstein  mehrere  sehr  interessante 
Beobachtungen  mit,  insbesondere  Fälle  betreffend,  welche  erst  ver- 
haltnissmässig  spät  an  epileptischen  Anfallen,  auch  unter  dem  Bilde 
der  Jackson'schen  Epilepsie  erkrankten.    In  solchen  Fällen  wurde 
mehrfach  Diabetes  mellitus  decipiens  intermittens  beobachtet. 


304 


Stemberg. 


Stoff-  W.  V.  Moraczewski  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  34,  S.  39)  nahm  in 

Wechsel  bei  einem  Falle  eine  genaue  Untersuchung  des  Stoffwechsels  mit  Bück- 

T\  in  V)  A  ^  A  B 

j.  •.  sichtaufdieSalze  vor.    Es  war  ein  deutlicher  Phosphor-,  Kalk-  und 

Chlorverlust  zu  constatiren.  Zusatz  von  Calciumphosphat  zur  Nahrung  be- 
wirkt eine  geringe  Stickstoiferspamiss,  nicht  aber  Chlomatriumzusatz.  Zu- 
satz von  Calciumphosphat  zur  Nahrung  hat  eine  Verminderung  der  Zucker- 
ausscheidung zur  Folge. 

Nicht-  Seegen     hat     vor    Jahren     bekanntlich     als     charakteristisch 

verwerthung|s^^    die    schwere    Form    des     Diabetes    das    vollständige     Unver- 

der  Kohle-  .  ,  ® 

hydrate beim  mögen  der  Zellen  hingestellt,   die  Amylaceen  zu  verdauen.     Diese 
schweren     Angabe  ist  von  Külz  und  Leo   angegriffen  worden,  und  seitdem 
besteht  die  Meinung,  dass  in  allen  Fällen  von  schwerem  Diabetes 
noch  eine  gewisse  Menge  von  Kohlehydraten  verbrannt  werde. 
Rumpf.  Th.  Rumpf  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  945)   theilt  nun   sehr 

genau  beobachtete  Fälle  mit,  in  welchen  die  Assimilationsfähig- 
keit  für  Kohlehydrate  vollständig  erloschen  war.  In  solchen 
Fällen  lässt  sich  keine  eiweisssparende  Wirkung  von  Kohlehydraten 
nachweisen.  Bei  so  schweren  Kranken  muss  die  Einfuhr  von  Brod, 
Milch  u.  dergl.  insbesondere  dann  vermieden  werden,  wenn  die  ein- 
tretende Zuckerausscheidung  grösser  ist,  als  der  Menge  der  ein- 
geführten Kohlehydrate  entspricht. 


Kohlen* 
säure- 

aiisschei- 
dunß, 

Ebstein. 


Für  die  Theorie  des  Diabetes  ist  es  eine  Grundfrage,  ob  der 
Diabetiker  dieselbe  Kohlensäuremenge  ausscheidet,  wie  ein  Ge- 
sunder. Denn,  wenn  der  Zucker  im  Harne  deswegen  erscheint,  weil 
er  im  Körper  nicht  verbrannt  wird,  so  muss  der  Diabetiker  weniger 
Sauerstoff  consumiren  und  weniger  Kohlensäure  ausscheiden.  Petten- 
kofer  und  Voit  hatten  dies  auch  zu  finden  geglaubt,  diese  Angabe 
ist  jedoch  später  vielfach  bestritten  worden.  W.  Ebstein  (Deutsche 
med.  Wochenschr.  S.  101)  hat  nun  in  einem  Falle  bei  mittlerer  Diät 
mit  dem  Pettenko fernsehen  Respirationsapparate  Bestimmungen 
machen  lassen.  Es  ergab  sich  in  zwei  Versuchen  von  je  24stündiger 
Dauer  687,8  g  CO2  im  Mittel,  also  eine  Zahl,  welche  mit  den  alten 
P ett enkof er- Voi tischen  Bestimmungen  sehr  gut  übereinstimmt 
und  die  verminderte  Kohlensäureproduction  thatsächlich  beweist. 


Jodo-  K.   B.    Lehmann    (Sitzungsber.    d.    physikal.-med.    Gesellsch. 

"zucke^^    Würzburg  1897, 11.  März)  hat  eine  neue  Methode  der  Zuckerbest  im- 

bestimmung, mung  angegeben :  60  ccm  F e h  1  i n g'scher  Lösung  werden  gekocht , 

Lehmann,      jnji;   2B  ccm    zuckerhaltiger   Flüssigkeit    versetzt    und    noch    einige 

Minuten  im  Sieden  erhalten.    Dann  wird  durch  ein  kleines  Filterchen 


ConsCinüaBskimiikheiten.  305 

filtrirt,  nacligewmsclies .  Fürrat  und  Waschwässer  vereinigt  und  auf 

2SO  ccm  aufgefnlii.    Mac  Tersetrr   nun  mit  Schwefelsäure  und  Jod- 

kalinm      Dadurti-h  wird   eine   der  Kupfermenge   gleiche  Menge   von 

Jod  freL    Dieses  titrirt  man  durch  ' : « -NörmabiatriumhyposttliiTlösTmg. 

R.  Benjamin  lT>eTi:sche  med-  Wochenschr.  S.  &51)  hat  die  Methode.     Bea^luua. 

an  Zuckerhamen  geprüft.    Sie  erweist  sich  für  klinische  Zwecke  als 

sehr  practisch,  da  sie   genaue  Resultate  gibt  und  wenig  Zeit  tmd 

Apparate  erfordert-   Sehr  cöncentrirte  Harne  müssen  verdünnt  werden. 

Th.  Lohnstein  l^rL  klin.  Wochenschr.  S.  866)  hat  das  be-    Gahrangs^ 
kannte  Hinhorn'sche  Gahrungssaccharometer  verbessert,  so  daas  es^****'"*''^!^'*^» 
ziemlich   genaue  Resultate  gibt.     Allerdin^  muss  Quecksilber  zum 
Abschiuss  verwendet  werden. 

Therapie» 
Die  Therapie  des  Diabetes  wurde   auf  dem   diesjährigen         aes 

(16.)  Congresse  für  innere  Medicin  besprochen,     H.  Leo  berichtete  DUbetoa: 

über  Versuche  mit  Zyma se,  dem  aus  der  Hefe  dargestellten  Prosa-  ^^^ 

sa,ft.    Bei  diabetisch  gemachten  Hunden  gelang  es  damit,  die  Zucker-  -  mit 

ausscheidim^ zu  verringern.  —  F.  Blumenthal  theilte  tlierapoutiache  ^*"*k*^***- 

Versuche  mit  Pankreasextract  mit.  —  R.  v.  Jaksch  empfahl  die  BlumentliAl 

Verwendung    von  Lävulose    und  von  Pentosen,    insbesoudero  —mit 

Rhamnose,   als  von  Kohlehvdraten ,   welche    der  Diabetiker   gut  ?»!!i^**^ 

vertragt  und  verbrennt.  Pentosi^n, 

V.  JakNch. 

Th-  Oliver  (The  Lancet  Bd.  2,  S.  401)  empfiehlt  das  Cocain  -  mit  rociktii» 
in   kleinen  Dosen  bei  der  Behandlung  des  Diabetes.     Es  verringert        OUv«u*. 
das  Müdigkeitsgefuhl  und  wirkt  der  so  häufigen  und  lästigen  Stuhl- 
verstopfdng  entgegen. 

Th.  Oliver  (ibid.)  berichtet  über  einen  Fall  von  H e i  1  u u g  doH  HaiiwAimcr 
diabetischen     Comas     durch     intravenöse     SalzwaKHor- ^"'"•*'"*  *'"* 
infusion.     Man  liess   dem   bewusstlosen   Kranken    1,6  Liter  einer        oiivor. 
0.6*/oigen  Lösung  von  Chlomatrium  in  eine  Vorderannvene  einflieHson. 
Noch  während  der  Lifusion  erholte   sich  der  Patient  und  gelangte 
wieder  zur  vollen  Kraft. 

Bornstein  (Verhandl.  d.  16.  Congresaes  f  inn.  Med.  S.   188)    Saocharln, 

constatirte   in   einem    Selbstversuche   mit    Saccharin    Venninde-     ß^'*^"^***» 

rang  des  Appetits  und  Störungen  des  Stuhlgangs  und  warnt  davor, 

es  dem  Gesunden  anstatt  Zucker  zu  verabreichen,  da  ihm  auf  diese 

Art  ein  wichtiger  Factor  der  Ernährung  vorenthalten  wird. 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  20 


306  Stemberg. 

2,  Diabetes  inslpidns. 

Hysterische  G.  Carriere  (L'6cho  medical  du  nord  S.  268)  theilt  einen  Fall 

Polyurie  und ^Qj^  Polyurie  und  Pollakiurie  auf  hysterischer  Basis  mit.    Dör 
Follakiurie,    .^.  ,    .         __       ,       ,  ^.      .    .  .  .  ,  ,  ^-r    i  -i 

Carritoe.      49jähnge   Kranke  hatte    Gingivitis  mit   schmerzlosem    Verlust    der 

Zähne,  Heisshunger,  starken  Durst,  liess  S^a  Liter  Harn  pro  die  und 

war    seit    6    Monaten    impotent.      Ausserdem    rechtsseitige    Hemi- 

anästhesie   und   Krampfanfalle.      Da   das   klinische   Bild    dem    de& 

Diabetes  ähnelt,  so  bezeichnet  der  Verf.  den  Fall  als  hysterischen 

Pseudodiabetes. 

8.  Fettsneht« 

Marien-  E.  Löwy  (Therap.'  Monatsh.  Bd.  12,  S.  185)  erörtert  die  Ent- 

bader  Cur    fe^ijung  durch  die  in  Marienbad  üblichen  Maassnahmen. 

bei  ® 

Fettsucht,    Von  fetten,  sonst  gesunden  Menschen  werden  2 — 3  Glas Elreuzbruimen 

Löwy.  oder  Ferdinandsbrunnen  Morgens  vor  dem  Frühstück  langsam  ge- 
trunken, mit  je  IB  Minuten  Pause  zwischen  2  Gläsern.  Hierauf  ein 
einstündiger  Spaziergang.  Nachmittags  die  diuretisch  wirkende  Ru- 
dolf squelle.  Bei  insufticienter  Herzaction  zuerst  Ruhe  und  Digitalis, 
dann  Combination  kleinerer  Quantitäten  Kreuzbrunnen  mit  der  stark 
eisenhaltigen  Ambrosiusquelle.  Bei  anämischer  Fettsucht  grössere 
Quantitäten  Ambrosiusquelle  und  Glaubersalzwässer.  Bei  gesundem 
Herzen  viele  Bewegung  in  den  Wäldern,  sonst  langsame  Steigerung 
des  täglichen  Spazierganges.  Verf.  ist  der  Ansicht,  dass  die  Marien- 
bader Wässer  nicht  durch  ihre  abführende  Wirkung  entfettend 
wirken,  sondern  durch  einen  „gesteigerten  Stoffwechsel  der  Organe, 
welcher  auf  dem  Wege  überhaupt  vermehrter  Ausscheidung  von 
Stickstoff  unter  allgemeinem  Wohlbefinden  vor  sich  geht"  (?). 

4.  Gicht. 

Harnsäure  A.  Magnus-Levy  (Verhandl.  d.   16.  Congresses  f.  inn.  Med. 

im  ^*®J**  S.266)  hatHarnsäurebestimmungenim  Gichtanfalle  und  ausser- 
MngnuB-Levy.  halb  desselben  gemacht,  und  zwar  sowohl  im  Blute  als  im  Harne. 
Im  Gichtanfalle  findet  eine  vermehrte  Ausscheidung  der  Harnsäure 
statt.  Die  Harnsäure  im  Blute  ist  während  des  Gichtanfalles  nicht 
vermehrt,  ebenso  wenig  die  Alkalescenz  des  Blutes  herabgesetzt. 
Beides  widerlegt  die  Theorie  der  Gicht,  die  Garrod  aufgebaut  hatte. 

G.  W.  Balfour  (The  Lancet  Bd.  2,   S.  473)  ist  der  Ansicht, 
dass  der  acute  Gichtanfall  auf  einer  Störung  der  arteriellen  Cir- 


Consütutionskrankheiten.  307 

culation  im  erkrankten  Gelenke  beruhe.   Diese  Annahme  erkläre  die  Wesen  des 

Venenausdehnung,  den  Schmerz  und  die  Ablagerung  von  Harnsäure.  Oi«ht- 

Therapeutisch  sei  daher  nicht  Ruhe,  sondern  energische  Bewegung  Balfour.' 
und  Massage  anzuwenden. 

J.  Meikle  (The  Brit.  Med.  Joum.  Bd.  2,  S.  764)  untersuchte  die  Lebensdauer 

Lebensdauer  der   seit    1863    bei    den    schottischen    Lebensversiche-  ^nd  Lebens- 
Tersiche- 
rungsanstalten  versicherten  Personen,  bei  welchen  Gicht  als  hereditäre     rung  bei 

Belastung  oder  eigenes  Leiden  nachweisbar  war.  Es  zeigte  sich,  Oichtikem, 
dass  die  Zahl  der  thatsächlichen  Todesfalle  die  der*  „erwarteten" 
um  33*/o  überstieg.  Lisbesondere  ist  bei  jüngeren  Personen  mit 
gichtischer  Diathese  die  zu  erwartende  Lebensdauer  bedeutend  ver- 
ringert, so  z.  B.  für  einen  26jährigen  Mann  statt  38  Jahre  B  Mo- 
naten nur  32  Jahre  3  Monate.  Bei  Leuten  über  66  Jahren  gleicht 
sich  der  Unterschied  ziemlich  aus.  Die  Lebensversicherungsgesell- 
schafken  pflegen  Gichtische  mit  einer  Extraprämie  von  3  **/o  zu  be- 
legen, was  aber  angesichts  der  erhöhten  Sterblichkeit  ganz  ungenü- 
gend ist.  Die  Sterblichkeit  der  Uratiker  ist  3,6mal  so  gross  als  die 
der  Totalabstinenten. 

W.  Ebstein  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  31)  berichtet  Gichtische 
über  einen  Fall  von  atrophischer  Lähmung  eines  Armes  bei  NeuritiP, 
einem  Gichtischen.  Dabei  bestand  Gefühl  von  Eingeschlafensein 
und  Steifheit.  Durch  entsprechende  diätetische  Behandlung  und  con- 
stanten  Strom  bedeutende  Besserung.  Die  Zweige  des  Plexus  bra- 
chialis  werden  verhältnissmässig  am  häufigsten  von  gichtischer 
Neuritis  befallen,  welche  im  übrigen  ein  noch  wenig  bekanntes  Ge- 
biet darstellt. 

A.  P.  Luff  (The  Lancet  Bd.  1,  S.  1606  und  La  Medecine  mo-  Behandlung 
deme  S.  401)   hat  Untersuchungen   über  die  Einwirkung  verschie-    der  Gicht: 
dener  Substanzen  auf  die  Löslichkeit  des  Natriumurats  und  auf  die  undSalicyl- 
Zersetzlichkeit  des  Quadriurats  des  Natriums  gemacht.    Ersteres  ist       Ȋure, 
bekanntlich  in  den  gichtischen  Tophi  enthalten,  letzteres  nach  Bence      .„>,-, 
Jones  und  Roberts  die  Form,  in  welcher  die  Harnsäure  im  Blute         Luff. 
und  im  Harne  gelöst   ist.     Durch  Zersetzung  des  Quadriurats   ent- 
stehen   nach   der  Ansicht   der   englischen   Autoren   die   Hamsäure- 
ablagerungen.     Luff  untersuchte   zuerst   die    Alkalien  und  das 
salicylsaure  Natrium.   Weder  die  gewöhnlichen  Alkalien,  noch  die 
Lithiumsalze,   noch  Piperazin  und  Lysidin   erhöhen  die  Löslichkeit 
von  Natriumurat.    Die  Verwendung  dieser  Substanzen  bei  Tophi  ist 


308  Stemberg. 

Behandlung  daher  nach  seiner  Ansicht  irrig  und  nutzlos.    Dasselbe  gilt  von  dem 
aYit  V         salicylsauren  Natrium,   welches  noch  dazu   die   Gefahr   vermehrter 
nnd  Salicyl-  Harnsäurebildung  in  den  Nieren  mit  sich  bringt.    Dagegen  erhöht  die 
säure,       Asche  vieler  Pflanzen,  z.B.  von  Spinat,  Kartoffeln,  Spargeln, 
aschen  '     Sellerie,    Carotten  u.  s.  w.,   sehr  merklich  die  Löslichkeit   des  Na- 
Luff.         triumurats.     (Eine  Ausnahme  bildet  die  Asche  von  grünen  Erbsen.) 
Diese  Wirkung  ist  nicht  von  den  Alkalien  abhängig.     Ein  Zusatz 
von  solcher  Asche  bewahrt  die  Lösung  des  Natriumquadriurats  vor 
der  Zersetzung.     Der  Unterschied  zwischen  den  Wirkungen  vege- 
tabilischer und  animalischer  Diät  bei  Gicht   beruht  nach  Luff  auf 
dieser  Wirkung  der  Pflanzensalze. 

—  Kränzen 8-  F.  Kölbl  (siehe  Litteraturverzeichniss)  bespricht  ausführlich  die 

r^     1?  *'    j  Pathologie  der  Gicht,   ohne   indess  etwas  Neues  in  dieser  Hinsicht 
Quellen  und  . 

Präparate,   zu  bringen.    Zur  localen  Behandlung  empfiehlt  er  insbesondere 

Kölbl.        „Mattoni's  Franzensbader  Moorsalz"   und   „Mattoni*s  Franzensbader 

Moorlauge".     Für  ein  Fussbad    oder  Handbad   soll    V« — ^  ^g   Salz 

oder  die  doppelte  Menge  Lauge  angewendet  werden.     Zur  internen 

Behandlung  empfiehlt  er  die  Franzensbader  NatalienqueUe. 


—  Schlamm-  A.  Winkler   (siehe  Litteraturverzeichniss)    empfiehlt   die  Yer- 

-onM*       Wendung  von  Schlammbädern,  wie    sie  in  Naundorf  gebraucht 
inr  inKier. 

werden.  Sie  sollen  bei  Gicht  mit  37 — 39  °  C.  angewendet  werden. 
Dauer  20  Minuten  bis  '/<  Stunden.  Nach  je  2 — 3  Badetagen  ein 
Euhetag.  Durchschnittlich  sind  15  Bäder  für  eine  Cur  erforderlich. 
Gegen  das  Nachschwitzenlassen,  welches  in  anderen  Schlammbädern, 
z.  B.  in  Pistyan,  zu  einem  besonderen  System  ausgebildet  ist,  spricht 
er  sich  entschieden  aus,  da  es  durch  Concentrirung  der  mit  ham- 
sauren  Salzen  überladenen  Gewebssäfte  eher  geeignet  sei,  das 
Leiden  zu  verschlimmern. 

B.  Pathologie  des  Blutee. 

1.  Allgremelnes, 

Alkalescenz-  C.  S.  Engel  (Berl.  klin.  Wochenschr.  S.  308)   hat   die  LoewyVhe 

bestimmung  Methode  der  Alkalescenzbestimmung  dahin  modificirt,  dass  er  mit  einem 

£      I      '   Melangeur  0,05  com  Blut,   dann  99mal  so  viel  destillirtes  Wasser  ansaugt 

und  die  Mischung  mit  V?:^ -Normal Weinsäure  gegen  Lakmuspapier  titrirt. 
Kraus.  F.  E  r  a  u  8  (siehe  Litteraturverzeichniss)  hat  seine  frühere  Methode  der 

Alkalescenzbestimmung  geändert  und  titrirt  jetzt  lackfarbenes  Blut, 
welches  durch  Ammonsulfatlösung  von  Hämoglobin  und  £i weiss  befreit  wird. 
Als  Indicator  verwendet  er  Methylorange. 


Constitutionskrankheiten.  309 

Nach  F.  Kraus  (ibid.)   besteht  kein  Parallelismus   zwischen  den  Er-  Blutkohle n- 
gebnissen  der  alkalimetrischen  Untersuchung  und  der  Menge  der  aus  dem    8*^^«  ^^^ 
Blute  auspumpbaren  Kohlensäure.  alkale'lcenz, 

Kraus. 
H.  Winterberg    (Zeitschr.   f.   klin.  Med.   Bd.  35,    S.  388)    hat   den 

Ammoniakgehalt   des   menschlichen  Blutes   studirt.    Das   mensch-    Ammoniak 

liehe  Blut  enthält  präformirtes  Ammoniak  in  einer  Menge  von  0,6 — 1,3  mg.     i™  Bl'ite. 

Im  Fieber    gibt   es    etwas    grössere  Schwankungen.    Die  „Ammonämie" 

als  KrankheitsbegrifF  (v.  Jaksch  sen.)    ist   nicht   erwiesen   und   wird   am 

besten  ganz  fallen  gelassen.     Auch  die  Urämie  kann  nicht  als  „Carbamin- 

säurevergiftung"    betrachtet   werden,    wie    manche    Forscher    noch   heute 

wollen. 

Das  im  Vorjahr  von  A.  Jolle s  angegebene  „Ferrometer"  (siehe  vor-        Eisen- 
jährigen Bericht)  ist  der  Gegenstand  mehrerer  Arbeiten  gewesen.    A.  Jolles  Bestimmung 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  7 ;  Wiener  med.  Presse  Nr.  5)  gibt  genaue        joiiea    ' 
Vorschriften  über  die  Handhabung,  ebenso  Hl a d i k  (Wiener  klin.  Wochenschr.        HIadik, 
S.  74).     Bei   gesunden  Männern    zwischen  20   und  30  Jahren   finden    sich 
0,0425  Gewichtsprocente  Eisen  im  Blute.    Der  mögliche  Fehler  bei  dem  Ap- 
parate beträgt  etwa  lO^o-    S.  Jellinek  (Wiener  klin.  Wochenschr.  S.  778)       Jellinek. 
hat  die  Ergebnisse  des  Ferrometers   mit  der  Miescher'schen  Modification 
des   V.  Fleischl'schen   Hämometers   verglichen.     Er   findet   ebenso    wie 
Jolles,    dass   die  Resultate   beider  Bestimmungen   nicht  immer  parallel 
gehen,   weil  im  Blute   ausser   dem  Hämoglobin  noch   andere  eisenhaltige 
Substanzen  vorhanden  sein  können. 

Th.  R.  Brown  (The  Journal  of  experiment.  Medicine  Bd.  3,  S.  315)  Eosinophile 
beobachtete  bei  Trichinose  eine  bedeutende  Vermehrung  von    Zellen  bei 
eosinophilen   Zellen,    die  er  geradezu   als   ein  diagnostisches  Kenn-      ^^^  inose, 
zeichen  der  Krankheit  ansieht.    Die  Zahl  der  neutrophilen  Leukocyten  war 
vermindert.     Verf.  nimmt  an,  dass  die  Eosinophilen  aus  jenen  entstanden 
seien. 

Determann  (Deutsch.  Arch.  f.  klin.  Medicin  S.  365)  hat  eingehende  Blut- 
Untersuchungen  über  das  Verhalten  der  Blutplättchen  in  Krank-  plättchen, 
heiten  angestellt.  Zum  Zwecke  der  Zählung  wird  ein  Blutstropfen  mit 
wässriger  0,9^loigeT  Chlomatriumlösung  verdünnt,  welcher  man  einen  Tropfen 
wäBsriger,  gut  filtrirter  Methylviolettlösung  zusetzt.  Man  bestimmt  zuerst 
da«  Verbältniss  der  Blutplättchen  zu  den  rothen  Blutkörperchen  und 
dann  die  Zahl  der  letzteren  in  gewöhnlicher  Weise.  Er  bestätigt  die  von 
Arnold  (siehe  Jahrbuch  1897)  vertretene  Annahme,  dass  die  Blutplättchen 
aus  abgeschnürten  rothen  Blutkörperchen  entstehen.  Dies  lässt  sich  auch 
am  menschlichen  Blut  nachweisen,  das  ausserhalb  des  Körpers  aufbewahrt 
wird.  Vermehrung  der  Blutplättchen  kommt  bei  allen  Krankheiten  vor, 
die  zur  Kachexie  führen.  Sie  zeigt  eine  Herabsetzung  der  Widerstands- 
kraft der  rothen  Blutkörperchen  an. 


Determann. 


310 


Stemberg. 


Die  Wirkung  des  Aderlasses  auf  den  Blutkreislauf 

Wirkung  des  ist  noch  immer  nicht  ganz  erledigt.    J.  Ronsse  (Centralbl.  f.  Physio- 

^iuVden^*  logie  Bd.  12,  S.  377)  hat  darüber  erneute  Untersuchungen  angestellt, 

Blutkreis-    welche  es  sicherstellen,  dass  der  Blutdruck  nach  einer  Blutentziehung 

lauf,        von  1 — 1,5  ®/o    des  Körpergewichtes  längere  Zeit   erniedrigt  bleibt. 

Insbesondere  bei  Affen  erreicht  der  Blutdruck  erst  nach  ungefähr 

einer  Stimde   die  frühere  Höhe.     Daraus  ist  wahrscheinlich  für  den 

Menschen  derselbe  Schluss  zu  ziehen. 


Ronsse. 


Subcutane 
Kochsalz- 
lösung, 
Krönig. 


Gr.  Krönig  (Zeitschr.  f.  Krankenpflege  S.  62)  furchtet  bei  der 
jetzt  vielfach  verwendeten  subcutanen  Infusion  von  Koch- 
salzlösung den  Eintritt  von  Luftembolie  und  hat  deshalb  fiir 
diesen  Zweck  eine  Hohlnadel  angegeben,  in  welcher  ein  zweites  Rohr 
vorgeschoben  werden  kann.  Dadurch  wird  es  möglich,  bei  tröpfeln- 
dem Durchfliessen  der  Injectionsflüssigkeit  den  Einstich  zu  machen, 
ohne  dass  man  eine  Verstopfung  durch  einen  ausgestochenen  Ge- 
webspfropf  zu  befurchten  hat;  femer  kann  man  das  untere  Ende 
beliebig  bewegen,  um  die  Flüssigkeit  im  subcutanen  Zellgewebe  besser 
zu  vertheilen. 


Central- 
nerven- 
System  bei 
acuter 
Anämie, 
Seagliosi. 


2.  Anämie  und  Chlorose. 

Während  über  das  Verhalten  des  Centralnerven  Systems 
bei  chronisch  anämischen  Zuständen  zahlreiche  Untersuchungen  vor- 
handen sind,  ist  über  dasselbe  bei  acuter  Anämie  nichts  bekannt. 
G.  Seagliosi  (Deutsche  med.  Wochenschr.  S.  809)  untersuchte  das 
Nervensystem  einer  Frau,  welche  im  8.  Monate  der  Schwangerschaft 
infolge  von  durch  34  Tage  wiederholten  Gebärmutterblutungen  starb. 
Fast  alle  Zellen  des  Hirns,  insbesondere  die  Pyramidenzellen,  zeigten 
Zerfall  und  Auflösung  «der  NissFachen  Zellkörperchen.  An  den 
Purkinje'schen  ZeUen  des  Kleinhirns  war  der  Körper  fast  überall 
mit  feinsten  Körnchen  erfüllt,  der  Kern  nicht  gut  abgrenzbar.  In 
den  Ganglienzellen  des  Rückenmarks  bestand  Atrophie  und  Chro- 
mat olyse.  Die  Veränderungen  sind  wohl  als  Folgen  der  mangel- 
haften Sauerstoffzufuhr  zu  deuten. 


Therapie  der         H.  Birgelen  (Münch.  med.  Wochenschr.  S.  964)   machte  bei 
orose.    QiiiQrose     subcutane     Einspritzungen    von    Eisen.      Es 

Subcutane  ,     .  ^  " 

Eisen-       wurden  Ferrum   citricum  oxydatum  und  Ferrum  citricum  ammonia- 
injectionen.  ^^^    beide  in  10"/oiger  wässriger  Lösung  in  Dosen  von  0,10  einver- 

Birifelcn 

leibt.     In   der  Regel  traten  Reactionserscheinungen  auf  und  fanden 


Oonstitutioiiskranldieiteii.  311 

sicli  Quaddeln  und  längere  Zeit  dauernde  knotige  Infiltration.  Zahl 
der  Injectionen  30 — 40.  In  einigen  Fällen  trat  bedeutende  Besse- 
rung ein.  Die  Methode  kann  bei  Ulcus  ventriculi,  pemiciöser  An- 
ämie, bei  Geisteskranken  u.  s.  w.  von  Werth  sein. 

Gilbert  und  Garnier  (Comptes  rendus  de  la  Soci6t6  de  Bio-  —  Knochen- 
logie,  2.  April)  haben  Versuche  über  die  Behandlung  der  Chlo-     G^bertu 
rose  durch  rothes  Knochenmark  angestellt  und  fast  keinerlei      Garnier. 
Erfolg  davon  gesehen.    Die  übliche  Eisentherapie  ist  ungleich  wirk- 
samer. 

H.  Rosin  (Verhandl.  des  16.  Congresses  f.  innere  Med.  S.  218)  -Heisse 
behandelte  eine  grosse  Zahl  von  Chloroseföllen  mit  heissen  Bä-  Rosin* 
dem  von  32®  R.  (40®  C).  Die  Patientin  bedeckt  vor  dem  Bade 
den  Kopf  mit  einem  kalten  Umschlag.  Dauer  des  Bades  anfangs  V*» 
später  */«  Stunde.  Die  Wanne  muss  gut  zugedeckt  sein  oder  die 
Temperatur  durch  Zugiessen  heissen  Wassers  dauernd  auf  32®  er- 
halten werden.  Nach  dem  Bade  wird  eine,  wenige  Secunden  dauernde, 
kalte  Douche  oder  kalte  Abreibung  verabfolgt  und  die  Haut  tüchtig 
frottirt.  Dann  ruht  die  Patientin  angekleidet  noch  etwa  1  Stunde. 
Weiteres  Schwitzen  im  Bett  ist  nicht  nöthig.  Wöchentlich  3  Bäder. 
Das  Bad  hat  stets  ein  Gefühl  von  Frische  und  Wohlbehagen  zur 
Folge ;  die  Muskelschmerzen  schwinden.  Nur  bei  wenigen  Fällen  ver- 
sagte die  Cur. 

8.  PernlciÖRe  Anftmie. 

E.  Grawitz   (Berl.   klin.   Wochenschr.  S.  704)   hat   eine  neue  Pathologie 
zusammenhängende  Darstellung  der  Krankheit  gegeben.  Das  klinische  ^®f. 

Bild  ist  von  Biermer  so  fixirt  worden,  dass  kaimi  etwas  daran  zu  Anämie 
ändern  ist.  Ohne  eine  specifische  oder  grob  zu  Tage  tretende  Grawitz. 
Schädlichkeit  erkrankt  ein  Mensch  an  allgemeiner  hochgradiger 
Schwäche,  die  Haut  zeigt  eine  extreme  Blässe,  das  Fettpolster  bleibt 
meist  erhalten.  Es  treten  anämische  Geräusche  auf,  hochgradige 
Appetitlosigkeit,  Stuhlverstopfung,  selten  Durchfälle,  femer  nervösn 
Störungen,  Blutungen  in  verschiedenen  Organen,  meist  zuerst  in  dor 
Retina  imd  unter  gelegentlichen  Fieberbewegungen  verläuft  die 
Krankheit  tödtlich,  wobei  jedoch  gelegentlich  Remissionen  vor- 
kommen. Bei  der  Obduction  findet  man  bekanntlich  nur  socundär« 
Degeneration,  Siderosis  und  die  lymphoide  Umwandlung  dos  Markes 
der  rothen  Röhrenknochen.  Die  mikroskopische  Blutuntcrsuchung 
zeigt  eine  progrediente  Abnahme  der  rothen  Blutkörperchen,  Poikilo- 


312  Siemberg. 

Pathologie  cytose,  kernhaltige  rothe  Blutkörperclieii,  polychromatophile  Färbimg 

?®5..        vieler  Erythrocyten.  Die  Leukocyten  sind  auf  der  Höhe  der  Krankheit 
perniciosen  .       «^         .  »^  -r»,  n      t    . 

Anämie,      zmneißt  vermindert.     Dieser  Blutbefund  ist  aber  keineswegs  für  die 

Orawitz.  E^rankheit  „typisch",  vielmehr  findet  man  aU  das  auch  bei  anderen 
schweren  Anämieen.  Das  Volum  der  rothen  Blutkörperchen  zeigt 
sich  in  centrifugirtem  Blute  gegenüber  dem  Serumvolum  enorm  ver- 
mindert. Das  Serum  selbst  hat  verhältnissmässig  normale  Zu- 
sammensetzung. Das  weist  auf  eine  specielle  Schädigung  der  rothen 
Blutkörperchen  hin.  Auch  dieser  Blutbeftmd  findet  sich  bei  einigen 
schweren  secundären  Anämieen  gleichfalls.  Man  kann  den  Begriff  der 
perniciosen  Anämie  eben  nicht  durch  den  Blutbefund  abgrenzen,  sondern 
nur  durch  sorgfältige  Beobachtung  aller  Symptome  am  Krankenbette. 
Der  wesentliche  Unterschied  liegt  in  dem  klinischen  Gesammtbilde.  Die 
perniciöse  Anämie  ist  eine  Anämie,  welche  auf  einer  fehler- 
haften Richtung  in  der  Blutbildung  beruht.  Es  handelt 
sich  um  eine  krankhafte  Zellenthätigkeit.  "Wird  das  anämisirende  Mo- 
ment beseitigt,  so  wird  die  Anämie  nicht  ohne  weiteres  durch  regenera- 
tive Processe  in  den  blutbildenden  Organen  beseitigt,  sondern  es 
bleibt  die  fehlerhafte  Richtung  in  der  Blutbildung  bestehen.  Eine 
einheitliche  Aetiologie  besitzt  der  Symptomencomplex  der  perniciosen 
Anämie  nicht.  Folgende  Gruppen  von  ätiologischen  Momenten  sind 
zu  berücksichtigen:  1.  Störungen  in  der  Verdauung  (Koprostase, 
Hysterie,  Atrophie  der  Darm-  und  Magendrüsen);  2.  Gravidität; 
3.  chronische  Blutimgen,  infolge  welcher  die  regenerative  Fähigkeit 
der  blutbildenden  Organe  schliesslich  ungenügend  wird;  4.  constitu- 
tionelle  Syphilis,  welche  zur  Sklerosirimg  der  Knochen  und  damit 
zur  Verringerung  der  Menge  des  blutbildenden  Knochenmarkes  fuhrt; 
B.  hygienische  Schädlichkeiten  verschiedener  Art ;  6.  chronische  Ver- 
giftungen, z.  B.  durch  Kohlenoxyd;  7.  gewisse  Fälle  von  Bothrio- 
cephalus-  und  Anchylostomumanämie ,  welche  durch  die  Abtreibung 
der  Würmer  nicht  mehr  geheilt  werden.  Mikroorganismen  spielen 
keine  Rolle.  Für  die  Therapie  gibt  es  kein  Specificum.  Jeder  Fall 
erfordert  seine  eigene  Behandlung,  alle  aber  eine  zweckmässige  Diät 
imd  Bettruhe.  Am  besten  ist  die  Behandlung  in  einer  gut  einge- 
richteten Heilanstalt.  Findet  sich  Vermehrung  des  Indicans,  so  sind 
Darmantiseptica  wie  Salol,  Menthol  etc.  angezeigt.  Eisen  ist  direct 
contraindicirt,  insbesondere  in  der  ersten  Behandlungszeit.  Dagegen 
ist  Arsenik  unstreitig  von  guter  Wirkung.  Knochenmark  ist  nutzlos, 
Bluttransfusionen  sind  gelegentlich  von  vorübergehendem  Erfolge. 
Im  allgemeinen  sind  die  Erfolge  einer  consequenten  Therapie  nicht  un- 
günstig, wenn  die  Behandlung  in  einem  frühen  Stadium  begonnen  wird. 


ConstitutioniikrEinklieiteii.  313 

0.  Schaumann  und  T.W.  Tallqui  st  (Deutsche  med.  Wochen- 
schnfc  S.  312)  haben  den  experimentellen. Nachweis  erbracht,  dasa 
imBothriocephaluelatua  eine  btutkörperchenzerstörende  Substanz 
enthalten  ist.  Es  Hess  sich  nämlich  bei  Hunden  eine  Verminderung 
der  rothen  Blutkörperchen  erzielen,  wenn  man  sie  mit  zerriebenem 
oder  zerachnittenem  Wurm  futterte  oder  ein  filtrirtea  Kochsalzextract 
subcutan  beibrachte. 

J.  S.  Risien  Russell  (The  Lancet  Bd.  2,  S.  4)  sucht  zu  be- 
weisen, daas  die  Rückenmarksveränderungen  bei  schweren 
Anämieen  sich  von  denen  der  „Ataxie  paraplegique"  nicht  unter- bei Bchwsre 
scheiden.  Sie  sind  daher  bei  der  pemiciösen  Anämie  nicht  als  eine  Anumieen 
directe  Folge  der  Blutveränderung ,  sondern  als  ein  dieser  coordi- 
nirter  Process  aufzufassen.  Die  Gefesserkrankung  spielt  keine  wesent- 
liche Rollo. 

4.  Lenh&mie  und  PsendoIenkBinir. 

M.  Löwit  (Centralbl.  f  Bacteriologie  S.  206  und  Wiener  klin.    P<r«Biten 
Wochenschr.    S.  479)    hat    bei  Leukämie    im   Blwte    und    den   L,„^j^;g 
blutbildenden  Organen  Sporozoen  aufgefunden.    Man  findet        LSwit. 
solche  Gebilde  in  oder  an  den  Leukocyten,  insbesondere  in  dem  durch 
Function  gewonnenen  Milzblute.     In   den  Organen  liegen  sie  haupt- 
säcfaiicb  zwischen  den  Leukocyten,  ihnen  innig  angelagert  oder  auf- 
sitzend.   Er  bezeichnet  den  Parasiten  als  ,.Haemamoeba  lencaemiae". 

Th.  Pfeiffer  (Centralbl.   f.   inn.  Med,   S.  1)   hat  im  AnschlusH    Fibrin  im 
an  seine  im  Vorjahre  referirten  Pibrinunterauchungen  Bestimmungen  ,p(,g„  g|„( 
des  Faserstoffgehaltes  im  Blute  bei  8  Fällen  von  Leukämie  gi^macht.       Pisiner, 
Das  Plasma  zeigt  eine  zwar  erkennbare,  aber  doch  geringe  Zunahme 
des   Fibrins   (im   Mittel   2,23  Fibrin    in   1000  ccm   Blut).     Die   Ver- 
mehrung des  Fibrins  steht  weit  hinter  den  Werthen  zurück,  welche 
für  anderes  Leukocytoseblut  mit  einer  beträchtlich  geringeren  Ver- 
mehrung der  weissen  Blutkörperchen  festgestellt  wurden.   Die  Leuko- 
cytose   bei   Leukämie   verhält   sich   also  in   ihrer  Wirknti;; 
chemische  Zusammensetzung   des  Blutplasmas  ganz    iitiilvc 
entzündliche  Leukocytose.    Man  muss  entwcler  annehm-ii.  <laiMd 
Zellen  weniger  fibrinbildendes  Material  liefern,  weil  st'-  u  ■  uiK-ir  <lr 
enthalten,  oder  weniger  abgeben,  weil  sie  nicht  zerf»!!.  n.  lAtv 
gerinnungsbenunende   Factoren   mitwirken,   welche  du    .-\bUtt( 
Gerinnung  trotz  der  vorhandenen  Faserst  off  bildner  vvrtiu>da«| 


314 


Stemberg. 


Aonte 

Psendo- 

leukämie, 

Riedel, 

Menko, 


Körmöczi. 


Mehrere  Autoren  berichten  über  acute  Pseudoleukämie,  so 
Riedel  (Deutsche  med. .Wochenschr.  1897,  S.  619),  M.  L.  H.  S. 
Menko  (Deutsche  med.  Wochenschr.  S.  161),  E.  Körmöczi  (Pester 
medicinisch-chirurgische  Presse  S.  247).  Allerdings  scheinen  unter 
diesem  Namen  verschiedene  Formen  zusammengeworfen  zu  werden. 
In  dem  einen  Falle  von  Menko  entwickelte  sich  in  der  Schwanger- 
schaft eine  Geschwulst  der  einen  Achselhöhle,  welche  exstirpirt 
wurde.  2  Monate  später  Recidiv,  welches  sich  auf  Arsenikgebrauch 
verkleinerte ;  dann  starke  Anämie  und  Fiebererscheinungen.  Remis- 
sion sämmtlicher  Erscheinimgen ,  so  dass  die  Frau  ihren  häuslichen 
Pflichten  nachkommen  konnte.  Nach  einigen  Wochen  wieder  Fieber, 
Anschwellung  der  Leistendrüsen,  Anschwellung  der  Milz,  Meteoris- 
mus, Somnolenz,  Tod.  (Dieser  Fall  gehört  wohl  eher  zu  dem 
Lymphosarkom;  über  den  Befund  der  exstirpirten  Geschwulst 
wird  nichts  berichtet.  Der  Ref.)  Im  Falle  von  Körmöczi  handelte 
es  sich  um  einen  66jährigen  Mann,  bei  welchem  seit  einiger  Zeit 
Schwäche  und  Schüttelfröste  bestanden.  Milz  und  Leber  waren  ver- 
grössert,  ebenso  überall  die  Lymphdrüsen.  Das  Blut  war  licht,  ent- 
hielt 2000000  rothe  Blutkörperchen  mit  35  °/o  Hämoglobin.  Tod  nach 
4monatlicher  Kxankheitsdauer. 


5«  Eftmorrhagrlsche  Diathese. 

Bekanntlich  hält  man  seit  längerer  Zeit  die  Purpura  für  eine 
Infectionskrankheit  und  hat  bereits  verschiedene  Mikroorga- 
nismen, als  Staphylokokken,  Pneumokokken,  Streptokokken,  dabei 
Infectiöse  gefunden.  J.  Lapin  (La  MMecine  moderne  S.  225)  theilt  2  hier- 
Purpura,  j^^j.  gehörige  Fälle  mit.  In  dem  einen  Falle  handelte  es  sich  um 
ein  kleines  Mädchen  mit  hämophiler  Belastung  (ein  Onkel  war  an 
Purpura  gestorben,  sie  selbst  leidet  viel  an  Nasenbluten),  bei  dem 
eine  gutartige  Purpura  in  wenigen  Tagen  ablief.  Auf  der  Höhe  der 
Erkrankung  fand  sich  ein  aerober  Coccus  im  Blute.  In  dem  anderen 
Falle  war  es  ein  schwer  herzleidender  Mann,  bei  dem  eine  Purpura 
in  30  Stunden  tödtlich  verlief.  Im  Blute  ein  Streptococcus,  In 
beiden  Fällen  konnte  durch  die  Mikroorganismen  im  Thierexperi- 
mente  keine  Hämorrhagie  erzeugt  werden.  Der  Autor  nimmt  daher 
an,  dass  das  Auftreten  von  Hämorrhagieen  von  der  besonderen  Dispo- 
sition des  inflcirten  Individuums  abhängt  und  dass  je  nach  dieser 
verschiedene  Infectionen  mit  oder  ohne  Hämorrhagieen  verlaufen 
können.  Die  infectiöse  Purpura  muss  nicht  nothwendig  mit  Fieber 
verlaufen.  Ihre  Diagnose  kann  nur  durch  die  bacteriologische  Unter- 
suchung gestellt  werden. 


Constitutionskranldieiten.  315 


C.  Allgemeine  Constituttonskrankheiten. 

1.  Rachitis 

8.  Abschnitt  , Einderkrankheiten". 

2.  Chronischer  Gelenkrhenmatismns. 

Menopause 
L.  Badt  (Verhandlungen  des  16.  Conffresses  f.  inn.  Med.  S.  620)         *\^ 
hat  in  einer  grossen  Anzahl  von  Fällen  die  Grelenksveränderungen         des 
mit  dem  Klimakterium  beginnen  gesehen  und  ist  der  Ansicht,  dass  ohronisohcn 
dieses  einen  sehr  wichtigen   ätiologischen  Factor  abgibt.    Er  em-     ,  ®  matis- 
pfiehlt  dem  entsprechend  die  Behandlung  mit  Oophorintabletten.  mus, 

Badt. 

8.  Osteomalacie. 

G.  Ar  coli  (La  Clinica  medica  italiana  S.  133)  machte  in  einem       Stoff- 
Falle  schwerer  Osteomalacie  eine  Anzahl  von  Stoffwechselunter-       osteo- 
suchungen.     Es  ergab  sich  in  zwei  Perioden  jedesmal  ein  Ueber-     malacie, 
schuss  der  Ausscheidung  von  Kalk,   Magnesia  und  Phosphorsäure       ^rcoli. 
im  Harn  und  Koth  über  die  in  der  Nahrung  eingeführte   Menge. 
Die  Phosphorsäure  im  Harne  zeigte  eine  bedeutende  Steigerung  bei 
der  Menstruation. 

Der  Aetiologie  und  Therapie  der  Osteomalacie  geht  Schnell  Pathologie 
(Zeitschr.  f.  Gynäkol.  Bd.  39,  H.  3)  an  der  Hand  von  32  in  10  Jahren  ^^^^  Osteo- 
in  der  Würzburger  Klinik  beobachteten   Fällen  nach.     1   Patientin     malacie, 
zeigte  eine  spontan  geheilte  Osteomalacie,   sie   ging  aber  an  der      Schnell. 
stabil   gewordenen   Beckenverengerung   durch  Uterusruptur   zu 
Grunde,  4  kamen  kreissend  zur  KHnik  (2  Exitus),  16  wurden  medi- 
camentös  mit  Phosphorleberthran  und  Soolbädern  bis  zur 
genügenden  Besserung  imd  Arbeitsfähigkeit  behandelt,  bei  11  wurde 
die  Castration   ausgeführt  und  brachte  Heilung,   auch  nach  jahre- 
langer  Nachuntersuchung.     Es   lässt    sich    eine   tardive  und    pro- 
gressive    Form    unterscheiden.      Letzterer    entsprechen     auch    die 
stärkeren  Veränderungen  im  Ovarium:  Atrophie,  hyaline  Entartung, 
Follikelschwund. 

C.  Bernstein  (Münch.   med.  Wochenschr.  Nr.  14)   hat   einen 
Fall    von    Osteomalacie    bei    einer    46jährigen    Frau   erfolglos    mit 


316  Stemberg. 

Oophorin,    Oophorin   behandelt,  trotzdem   consequent    120  Tabletten  verab- 

V  ■  °/^ ^*  °/    reicht  wurden.    Als  er  hierauf  Phosphorleberthran  verordnete, 
bei  Osteo-  ^    ^  » 

malacie,     wurde  schon  nach  einem  Monate  eine  bedeutende  Besserung  erzielt. 
Bernstein. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

A.  C.  Coles,  The  blood.  How  to  examine  and  diagnose  its  diseases.  London. 
W.  Ebstein,  Ueber  die  Lebensweise  der  Zuckerkranken.  2.  Aufl.  Wiesbaden. 
P.  Ehrlich   und   A.  Lazarus,    Die  Anämie.     (Specielle  Pathologie   und 

Therapie,  herausgegeben  von  H.  Nothnagel.    Bd.  8,  H.  1.)     Wien. 
Dr.  C.  S.  Engel,  Leitfaden  zur  klinischen  Untersuchung  des  Blutes. 

E.  Grube,  Die  diätetische  Behandlung  der  Zuckerkrankheit.     Bonn. 

A.  Ha  ig,    Uric   acid   as   a  factor  in   the   causation   of  disease.     4.  Aufl. 

London. 
Kabierske,  Zum  Verständnisse  der  Schwitzbäder  und  ihrer  Anwendung  bei 

Fettleibigkeit.     Breslau. 

F.  Kölbl,  Die  harnsaure  Diathese.     Wien. 

F.  Kraus,  Ueber  die  Vertheilung  der  Kohlensäure  im  Blute.  Graz.  Fest- 
schrift der  Universität. 

A.  Lennä,  Wesen,  Ursache  und  Behandlung  der  Zuckerkrankheit  (Diabetes 
mellitus).     Berlin. 

M.  Litten,  Die  Krankheiten  der  Milz  und  die  hämorrhagischen  Diathesen. 
(Specielle  Pathologie  und  Therapie,  herausgegeben  von  H.  Nothnagel. 
Bd.  8,  H.  3.)    Wien. 

A.  P.  Luff,  Gout:  its  pathology  and  treatment.    London. 

B.  Naunyn,   Der  Diabetes  mellitus.    (Specielle  Pathologie  und  Therapie. 

herausgegeben  von  H.  Nothnagel.    Bd.  7,  H.  6.)    Wien. 

C.  V.  No Orden,  Die  Zuckerkrankheit  und  ihre  Behandlung.    2.  Aufl. 

L.   Oi^er,    Die    Erkrankungen    des    Pankreas.     (Specielle    Pathologie    und 

Therapie,  herausgegeben  von  H.  Nothnagel.    Bd.  18,  H.  2.)    Wien. 

(Pankreasglykosurie.) 
A.  Renault,  Hygiene  et  regime  alimentaire  des  diabetiques.     Paris. 
R.  T.  Williamson,  Diabetes  mellitus  and  its  treatment.    Edinburgh  and 

London. 
A.  Winckler,    Ueber   die   Behandlung   der   Gicht    mit   Schlammbädern. 

München. 


m. 
Chirurgie 

(einschliessl.  der  Unfalls-  und  Kriegschirurgie). 

Von  Dr.  Paul  Wagner,  Privatdocent  an  der  Universität  Leipzig. 

I.  Allgemeine  Chirurgie. 

1.  Allgemeine  and  loeale  Anästhesirnng. 

W.  Grube  (Zur  Lehre  von  der  Chloroformnarkose.  Chloroform- 
Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  B7,  H.  1)  ist  Anhänger  des  Chloroforms  ge-  ^*^^^°^^^ ' 
blieben.  Die  Gesammtzahl  seiner  innerhalb  37  Jahren  ausgeführten 
Chloroformnarkosen  berechnet  er  auf  rund  40000.  Hierunter  be- 
finden sich  nur  3  Fälle  von  wirklichem  Chloroformtod.  Störungen 
wurden  am  häufigsten  in  Form  von  mehr  oder  weniger  besorgniss- 
erregenden Asphyxieen  beobachtet.  Albuminurie  und  Cylindrurie 
waren  sehr  selten;  häufiger  kamen  Mucinurie  und  Urobilinurie  nach 
der  Chloroformnarkose  vor.  Sehr  selten  kam  es  zu  vorübergehender 
Grlykosurie,  Hämoglobinurie  und  zu  Icterus.  Alle  diese  Pigment- 
veränderungen des  Harns,  die  nach  Chloroformnarkose  auftreten, 
können  nicht  anders  erklärt  werden,  als  dass  im  Organismus  infolge 
Einwirkung  des  eingeführten  Chloroforms  eine  reichliche  Zerstörung 
von  rothen  Blutkörperchen  und  Blutpigment  zu  Stande  kommt.  Der 
späte  Chloroformtod  kann  als  Erscheinung  einer  vermehrten  endogenen 
Autointoxication  angesehen  werden. 

Wagner  und   Longard  (Centralbl.  f.   Chir.  Bd.  26,  Nr.  48)  Neue  Aether- 
ist  es  in  gegenseitiger  Unterstützung  gelungen,  eine  einfache,  hand-      ™*ske, 
liehe  und  sicher  functionirende  Ae therm aske  zu  construiren.    Da      Longard. 
die  Ej'anken  hierbei  «icht  reine  Aetherdämpfe ,  sondern  mit  reich- 


318 


Wagner. 


lieber  Luft  durch  Siebvorrichtungen  feinst  gemischtes  Aethergas  ein- 
athmen,  so  fehlt  das  Erstickungsgefühl  vollständig;  auch  das  £x- 
citationsstadium  fehlt  oder  tritt  nur  in  geringem  Maasse  auf.  Der 
Aetherverbrauch  ist  verhältnissmässig  sehr  gering. 

Experimentelle  Untersuchungen  über  die  Entstehung  der 
Erkran-      Erkrankungen  der  Luftwege  nach  Aethernarkose   haben  R.  Hol- 
kungen  der  gcher  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  1)  zu  folgenden  Ergebnissen  geführt: 
^7^*^®     1.  Ausser  einer  geringfügigen,  vermehrten  Schleimsecretion  üben  die  Aether- 
narkose,     dämpfe  keinerlei  Reizwirkung   auf  die  Tracheo-Bronchialschleimhaut  aus. 
R.  Kölscher.    2.  Das  bei  der  Aethernarkose  vorkommende  Trachealrasseln  beruht  immer 
auf  Aspiration  von  Mundinhalt  und  ist  bei  richtiger  Technik  —  Sorge  für 
guten  Abfluss   des  secemirten  Mundinhaltes   durch  Tieflagerung  und  Seit- 
wärtsdrehung des  Kopfes   und  Lüftung   des  Mundwinkels,   Sorge   fär  an- 
dauernd freie  Athmung  durch  Vorziehen  des  Unterkiefers  —  wohl  zu  ver- 
meiden.    3.  Die  nach   der  Aethernarkose  vorkommenden  AflPectionen   der 
Luftwege   sind  meist   die  Folgen   einer  solchen  Aspiration  des  infectiösen 
Mundinhaltes.    4.  Die  Flimmerung  des  Tracheal-  und  Bronchialepithels  ist 
während   der  Narkose   nicht  gestört.    5.  Der  Speichelfluss  beruht  bei  der 
Aethernarkose,   wenn  auch  zum  grössten  Theile,   so  doch  nicht  allein  auf 
einer  localen  Reizwirkimg  der  Aetherdämpfe ,  vielmehr  spielen  hier  auch 
centrale  Einflüsse  eine  Rolle. 


Aethyl-  Nach   der  lilittheilung  von  J.  Pircher  (Wien.   klin.  Wochen- 

narkose" Schrift  Bd.  11,  Nr.  21)  hat  sich  die  Aethylcbloridnarkose  in 
J.  Pircher,  der  v.  Hacker'schen  Klinik  bei  kurzdauernden  Operationen  auch 
weiterhin  gut  bewährt.  Fast  ausnahmslos  trat  die  vollständige  Un- 
empfindlichkeit  sehr  rasch  ein,  ebenso  aber  erwachten  die  Kranken 
auch  sehr  rasch  wieder.  Besorgnisserregende  Erscheinungen  von 
Seiten  des  Herzens  oder  der  Lunge  wurden  bisher  nicht  wahr- 
genommen. 

Ueber  die  Narkose  mit  Aethylchlorid  oder  Kelen 
G.  LothelBsen.  kann  G.  Lotheissen  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  67,  H.  4)  auf  Grund 
weiterer  Erfahrungen  aus  der  v.  Hacker'schen  Klinik  nur  an- 
dauernd Günstiges  berichten.  Unangenehme  Zufalle  wurden  nicht 
bemerkt,  niemals  traten  Erscheinungen  der  Herzschwäche,  gestörter 
Respiration  auf;  noch  weniger  also  eine  wirkliche  Asphyxie.  Eine 
schädigende  Einwirkung  auf  die  Nieren  war  auch  nicht  zu  beob- 
achten. 

Die  Thierversuche ,  die  S.  W.  Herzog  (Deutsche  Zeitschr.  f. 
Chir.  Bd.  49,  H.  2  u.  3)  über  das  Verfahren  nach  König- 
Maas  angestellt  hat,  ergaben,  dass  dasselbe  ein  mächtiges  Wieder- 


Chirurgie.  319 

belebungsmittel  ist   sowohl  bei  der  Narkosensjmkope ,   als   auch  bei      Wied er- 
der Narkosenasphyxie.     Das    Schüller^sche  Verfahren   steht  dem   ^^^xv^J^^ 
von   König-Maas   bedeutend   nach.     Im    allgemeinen    waren   die        beim 
Resultate  folgende :  Das  Verfahren  von  König-Maas  gab  Wieder-    Scheintod 
belebung  in  62°/o,  das  von  Schüller  in  22°/o,  das  von  Laborde     Narkose, 
in  lB®/o.  S.W.Herzog. 

(Jeber  den  Werth  der  Laborde'schen  Wiederbelebungs-Laborde'sche 

methode  beim  Scheintod  während  der  allgemeinen  Nar-      Wieder- 

belebungs- 
kose  hat  S.  W.  Herzog  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  B     methode, 

und  6)  Versuche  an  Thieren  angestellt.  Auf  Grund  dieser  Versuche  s.  W.  Herzog, 
kommt  er  zu  folgenden  Schlüssen:  Das  Laborde'sche  Verfahren, 
das  in  wiederholten  starken  Tractionen  an  der  Zunge  besteht,  ist 
bei  Asphyxieen  in  einem  späten  Stadium  der  Narkose  nicht  stich- 
haltig und  soll  deshalb  auch  nicht  angewandt  werden.  Bei 
Asphyxieen  in  früheren  Stadien  der  Narkose  ist  die  Laborde'sche 
Methode  wahrscheinlich  von  Nutzen,  als  Hülfsmittel  bei  anderen 
Wiederbelebungsmethoden,  die  wirksamer  sind. 

H.  Braun  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  2)  theilt  experi-  Locaie 
mentelle  Untersuchungen  und  Erfahrungen  über  Infil-  -Anästhesie 
trationsanästhesie  mit.  Er  empfiehlt  für  die  Schleich'sche 
Infiltrationsanästhesie  eine  von  ihm  seit  Monaten  an  einer  grossen 
Zahl  poliklinischer  und  klinischer  Operationen  practisch  erprobte 
Lösung  von  0,1  °/o  Eucain  B  in  einer  0,8  "/o  igen  Kochsalzlösung  zu 
verwenden. 

Hackenbruch  (ibid.  Bd.  57,  H.  2)  wendet  seine  Methode  der  Hackenbruch, 
circulären  Analgesirung  mittels  V« — V*  **/oiger  Cocain-Eucain- 
lösung  seit  längerer  Zeit  mit  bestem  Erfolge  an. 

G.  Gottstein  (ibid.  Bd.  57,  H.  2)  theilt  die  ausgedehnten  G.  Gottstein, 
günstigen  Erfahrungen  über  locaie  Anästhesie  in  der  Breslauer 
chirurgischen  Klinik  mit.  Nach  Operationen  an  Magen  und  Darm 
kamen  aber  auch  hierbei  Pneumonieen  u.  s.  w.  vor.  Gottstein  nimmt 
an,  dass  der  Mangel  genügender  Expectoration  bei  eröffneten  und 
genähten  Bauchdecken  den  Ausbruch  der  Störungen  am  Respirations- 
apparat verschuldet. 

Nach  P.  Sudeck  (Ueber  Lo  calanästhesie.  Deutsche  med. 
Wochenschr.  Bd.  24,  Nr.  8)  sind  im  Hamburger  alten  allgemeinen 
Krankenhause  im  verflossenen  Jahre  fast  30  eingeklemmte 
Hernien   unter  Anwendung  der  Schleich'schen  Anästhesie 


320  Wagner. 

Local-  operirt  worden.  Auch  bei  anderen  grösseren  Operationen  wurde 
*p*s*d*^k*'  ^^®^®  Methode  mit  Vortheil  benutzt,  so  bei  Gastroenterostomie, 
Gastrostomie,  Cholecystotomie,  Anlegung  eines  Anus  praeternaturalis, 
Tracheotomie  bei  Erwachsenen.  Immerhin  bHeb  bei  den  grösseren 
Bauchoperationen  noch  einiges  zu  wünschen  übrig,  so  dass  in  solchen 
FäUen  meist  die  Allgemeinnarkose  vorgezogen  wurde.  Bei  herunter- 
gekommenen Kranken  wurde  die  Schädigung  einer  langdauernden 
AUgemeinnarkose  dadurch  abzuschwächen  gesucht,  dass  Aether  dar- 
gereicht und  schon  während  der  Operation  eine  subcutane  Koch- 
salzinfusion von  1 — 2  Liter  physiologischer  Kochsalzlösung  gemacht 
wurde.  Bei  Operationen  an  Fingern  und  Zehen  bewährte 
sich  die  Methode  der  regionären  Anästhesie  nach  Oberst 
ausgezeichnet. 

Region&re  Mit    der    regionären    Cocainanästhesie   hat    0.    Manz 

Cocain-  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  26,  Nr.  1)  die  gleichen  günstigen  Erfolge 
0.  Manz,  erzielt,  wie  Oberst,  Braun  u.  a.  Das  Verfahren  eignet  sich  aber 
nicht  nur  fiir  Finger  und  Zehen,  sondern  auch  für  Hand  und  Fuss, 
ja  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  werden  auch  noch  weitere  Ge- 
biete dieser  bequemen  Methode  zugänglich  gemacht  werden  können. 
An  Hand  und  Fuss  muss  man  nach  vorhergegangener  Esmarch- 
scher  Abschnürung  nach  der  Cocaininjection  —  bis  0,026  an  der 
Hand ,  bis  0,06  g  Cocain  am  Fuss  —  wenigstens  16 — 20  Minuten 
warten,  ehe  Anästhesie  eingetreten  ist. 

Weitere  Beiträge  über  regionäre  Cacainanästhesie 
P.Arndt,  gibt  P.  Arndt  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  16).  Er  hat  das 
Obers  tische  Verfahren  auch  auf  Operationen  am  Penis  —  Phimo- 
sencircumcisionen  —  mit  Erfolg  ausgedehnt.  Die  Anwendung 
der  regionären  Cocainanästhesie  bietet  hierbei  ausserdem  den  grossen 
Vortheil,  dass  man  Dank  der  Constriction  ausserordentlich  reinlich 
operiren  kann,  da  das  Glied  vollständig  ischämisch  ist.  Die  In- 
jectionen  selbst  werden  durch  Aethylchlorid  schmerzlos  gemacht. 

Blutleere  S.  Kofmann  (Blutleere  als  Lpcalanästhesie.    Central- 

ai8  Local.    ^^^^^^  f  qj^j^.   gj    36,  Nr.  40)   hat  von  der   Oberst-Braun'schen 

anaBthesie,  '  .    ^ 

s.  Kofmann,    Methode  der  Localanästhesie  nur  die  Blutleere   zur  Erzeugung  der 

Anästhesie  benutzt,   die   Cocaininjectionen   aber  ganz  weggelassen. 

Der  Erfolg  war  auch  so  vollkommen. 

Gegen   diese    Anschauung    von   Kofmann    wendet    sich    sehr 

H.  Braun,     energisch  H.Braun  (Regionäre  Anästhesie  und  Blutleere. 

Centralbl.   f.  Chii\  Bd.  26,  Nr.  43),   der  eine  Reihe   von  Selbstver- 


Chirurgie.  321 

suchen  über  Umschnürungsanästhesie  angestellt  hat.  Die  Ergebnisse 
dieser  Versuche  beweisen:  1.  dass  die  Anämie  der  Gewebe  an  sich 
in  absehbarer  Zeit  einen  wesentlichen  Einfluss  auf  die  Organe  der 
Scbmerzempfindung  nicht  ausübt ;  2.  dass  specifisch  lähmend  wirkende 
Stoffe  bei  gleichzeitiger  Unterbrechung  des  Blutstromes  nur  deshalb 
intensiver  auf  die  Nervenstämme  und  sensiblen  Nervenendigungen 
wirken,  weü  ihre  Resorption  gehindert  wird;  3.  dass  die  an  um- 
schnürten Gliedern  zu  beobachtenden  Sensibilitätsstörungen  lediglich 
eine  Folge  der  Nervencompression  sind ;  4.  dass  nicht  dringend  genug 
davor  gewarnt  werden  kann,  ein  Glied  so  fest  zu  umschnüren,  dass 
periphere  Anästhesie  eintritt. 

2.  Untersnchiiiigrsmethodeii. 

Die  diagnostische   Bedeutung  der  Röntgenstrahlen 
in  der  Chirurgie  zeigt  sich  hauptsächlich  in   der  Auffindung    . 
der  von  aussen  in  den  Körper   eingedrungenen  Fremd- 
körper,   sowie  in  einer  ganz  genauen  Kenntnissnahme  von  Ver- 
1  etzungen  und  Deformitäten  der  Knochen  und  Gelenke. 
Für  die  Lagebestimmung  von  Fremdkörpern  inderTiefe 
bei  der  Durchleuchtung  mit  Röntgenstrahlen  haben  Sehr-    Röntgen- 
wald  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  24,  Nr.  19)  und  Angerer     strahlen, 
(Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  26,  Nr.  18)  verhältnissmässig  einfache  Methoden      Angerer ' 
angegeben,  die  ihre  Anwendung  namentlich  auch  dann  finden,  wenn 
es  sich  um  den  Nachweis  von  ins  Gehirn  eingedrungenen 
Kugeln  handelt.    Solche  Fälle  sind  mitgetheilt  worden  von  E.Braatz     e.  Braatz, 
(Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  1),   E.  v.  Bergmannn  (Berl.  klin.  E.  v. Bergmann, 
Wochenschr.  Bd.  35,  Nr.  18),  E. Henschen  (Mittheilg.  aus  d.  Grenz-  E.  Henschen, 
gebieten  d.  Med.  u.  Chir.  Bd.  3,  H.  2),  v.  Burckhardt  (Württem-  v.  Burckhardt. 
berg.  med.  Correspondenzbl.  Bd.  68,  Nr.  36). 

TJeber  die  Diagnose  der  Nephrolithiasis  durch  Rönt-    Diagnose 
genbilder  hat  Ringel  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  49)   inter-  der  Nephro- 
essante  Leichen  versuche  angestellt  (s.  S.  260).  durch 

lieber  einen  mit  Hülfe  des  Röntgenbildes  diagnosti-     Röntgen- 

cirten   Fall  von  Nierenstein  mit  Operationsbefund  be-        „v     5' 

T         \     -r\  Ringel, 

richtet  A.  Aisberg  (Münch.  med.  Wochenschr.  Bd.  46,  Nr.  61).    Das    a.  Aleberg, 

Röntgenbild  wies  bei  dem  34jährigen  Kranken  die  Anwesenheit  von 

Nierensteinen  mit  Sicherheit  nach.     Der  Befund  bei  der  Operation 

deckte  sich  vöUig  mit  dem  des  Bildes.  Es  wurde  ein  grosser  Oxalat- 

stein  ans  dem  Nierenbecken,  sowie  mehrere  kleine  Oxalatsteine  aus 

der  Niere  selbst  entfernt. 

Jahrbuch  der  praotiachen  Hedicin.    1899.  21 


322  Wagner. 

DimgnoBe  C.  Lauen  stein  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  50,  H.  1  u.  2) 

*?.'.?.*^^'*^  hat  auch  ein  durch  E/öntgenstrahlen  nachgewiesenes  Con- 
lithiasiB  ,     ,  ,  TT    11  1         TLT-  ^1 

darch       crement  von  kohlensaurem  Kalk  aus  dem  Nierenbecken 

Röntgen-     operativ  entfernt.    Dass  das  Röntgenbild  des  Steines  in  allen 
C  Lanenstein   I^UTchmessem  etwas  grösser  erschien,  als  die  wirklichen  Maasse  sich 
nachher  herausstellten,  hing  mit  der  Entfernung  zusammen,  in  der 
der  Stein  im  Körper  von  der  Aufhahmeplatte  lag. 

Röntgenbild         F.  König  deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  4)  bespricht 

er   n  er-    ^.^  Bedeutung  des  Röntgenbildes  für  die  operativeBe- 

Goxitis,      handlung  der  tuberculösen   Coxitis.     Er  betrachtet   es   als 

F.  König,      erwiesen,  dass  durch  die  Röntgenaufnahme  eine  Anzahl  von  Knochen- 

heerden    in    tuberculös    erkrankten    Hüftgelenken    aufgedeckt    und 

dass  dadurch  eine  präcise  Diagnose  möglich,  die  Stellung  der  Indi- 

cation  für  die  operative  Behandlung  gesichert  wird. 

Ueber  die  Bedeutung   der  Röntgenstrahlen   für  die 

Bedeutung  Kriegschirurgie  berichtet  H.   Küttner   (Beitr.   z.   klin.    Chir. 

.    "    _    Bd.  20,  H.  1)  auf  Grund  der  Erfahrungen,  die  er  im  griechisch-tür- 

strahlenfür  kischen  Kriege  1897  gesammelt  hat.    Er  stellt  die  Behauptung  auf^ 

die  Kriegs-   jj^ss  wir  in  den  Röntgenstrahlen  ein  neues  Hülfsmittel  besitzen,  das 

chirurffie 

H  Küttner.'  ^  gewisse  Fälle  im  Kriege  so  werthvoUe  Dienste  zu  leisten  ver- 
mag, dass  die  Verwundeten  ein  unbedingtes  Recht  auf  seine  Ver- 
wendung haben.  In  diesem  Sinne  ist  das  Verfahren  für  die  Reserve- 
lazarethe  als  unentbehrlich  zu  bezeichnen.  Grosse  Dienste  hat  das 
Röntgen'sche  Verfahren  geleistet  für  die  Feststellung  des  Sitzes 
steckengebliebener  Kugeln;  infolge  der  relativ  grossen  Genauigkeit, 
mit  der  dies  geschehen  konnte,  ist  die  Technik  der  Geschossextrac- 
tion  namentlich  bei  eiternden  V^unden  jedenfalls  sehr  erleichtert 
worden.  Trotzdem  sollen  wir  uns  aber  nicht  verleiten  lassen,  unsere 
Indicationen  zur  Entfernung  von  Geschossen  weiter  zu  stellen,  als 
seither;  Kugeln,  die  keine  Erscheinungen  machen,  sind  ruhig  im 
Körper  zu  lassen.  Zur  Operation  darf  nur  dann  geschritten  werden, 
wenn  die  vorhandenen  Symptome  zur  Schwere  und  Gefahr  des  ope- 
rativen Eingriffes  im  richtigen  Verhältnisse  stehen. 

Ueber  die  Oesophagoskopie  und  ihre  klinische  Bedeu- 
tung s.  S.  198. 

8.  Operations-  und  Yerbandlehre. 

Rydygier  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Bd.  11,  Nr.  44)  gibt  Be- 
merkungen über  die  auf  seiner  Klinik  geübte  Methode  der 


Chirurgie.  323 

Anti-  und  Asepsis.  Er  huldigt  nicht  ausschliesslich  der  asep-  Anti- und 
tischen  Wundbehandlung,  sondern  gebraucht  immer  noch  bei  allen  p^j'^"^' 
inficirten  Wunden  und  solchen,  die  sich  nicht  genau  abschliessen 
lassen,  Antiseptica  wie  Sublimat,  Jodoform,  Argentum  nitricum,  essig- 
saure Thonerde.  Rydygier  glaubt,  dass  diese  chemischen  Mittel 
in  geeigneter  Concentration  bis  zu  einer  gewissen  Tiefe  in  das  Ge- 
webe hinein  wirksam  sein  können  und  wenigstens  die  Entwickelung 
der  Bacterien  hemmen,  ohne  die  Lebensfähigkeit  der  Gewebe  zu  be- 
einträchtigen. 

P.   Klemm   (Zur   Asepsis   des   Nahtmaterials.     Deutsche  Asepsis  des 

med.  Wochenschr.  Bd.  26,  Nr.  37)  führt  aus,  dass  wir  unser  Naht-        ^*^*^ 

.  .  materials, 

material  durch  Kochen  sicher  steril  machen  können.  Doch  was  hilft  p.  Klemm, 
diese  Sterilität,  wenn  der  Faden  auf  seinem  Wege  zur  Wtmde  mit 
Mikroben  besät  wird  ?  Die  Gefahr  der  Infection  ist  proportional  der 
Menge  des  dienenden,  bei  der  Operation  thätigen  Personals.  Es  ist 
deshalb  jedes  Anfassen  des  Naht-  und  Unterbindungsmaterials  durch 
mehr  als  eine  Person  zu  vermeiden.  Die  kleinen  technischen  Hülfs- 
mittel,  die  Klemm  hierzu  verwendet,  müssen  in  der  Originalarbeit 
nachgelesen  werden. 

Ueber  dieneuestenBestrebungen,  dieaseptische Wund- 
behandlung zu  vervollkommnen,  lässt  sich  J.  Mikulicz  (Arch.     Vervoll- 
f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  2)  des  weiteren   aus.     Es  sind  namentHch  ^^^^^^^s 
drei  InfectionsqueUen,  deren  vollkommene  Beseitigung  ausserordent-  aseptischen 
liehe    Schwierigkeiten   bereitet:    die    Luft,    die    Haut   des    Ope-       Wund- 
rationsfeldes  und  die  Haut  unserer  Hände.     Durch  Gebrauch    j  ifujaucz.  ' 
von    Operationsmasken,    durch   Operiren  in   trockenen,    steriüsirten 
Handschuhen  und  anderes  mehr  lassen   sich   diese  Gefahren  wenig- 
stens etwas  beseitigen. 

TTnter  Mittheilung  von  Thierversuchen  über  die  Auskeimungszeit 
von  Infectionserregem  in  frischen  Wunden   bespricht  P.  L.  Fried-  Aseptische 
rieh  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  2)  die   aseptische  Versor-  Versorgung 
gung   frischer  Wunden.     Als  Ergebniss   seiner   experimentellen     wnnden, 
und  klinischen  Erfahrungen  stellt  er  folgende  Hauptsätze  auf:  Jeg-  P.  L.  Friedrich, 
liehe,  durch  nicht  operative  Verletzungen  bezw.  durch  sog.  Spontan- 
infection  gesetzte  Wundinfection  ist  zunächst   ein   örtlicher  Process. 
Für  seine  therapeutische  und  prognostische  Beurtheilung  ist  es  von 
Wichtigkeit,  damit  zu  rechnen,  dass  er  in  der  weitaus  grössten  Zahl 
der  Fälle  bis  mindestens   zur  6.  Stunde,   oft  länger  oder  dauernd 


324  Wagner. 

Aseptische    ein  solcher  bleibt.    Dieser  Zeitraum  stellt  gewissennaassen  die  Aus- 
^  f^i^^'^h  "'^^  keimungszeit  des  Infectionsmaterials  dar.     Von  den  in  dieser  Zeit 
Wunden,     angreifenden  Heilverfahren  ist  die  exacte  Anfrischung  des  Ver- 
P.  L.  Friedrich,  letz ungsgebietes   im  Gesunden  und  in  ganzer  Ausdehnung  des 
Verletzungsgebietes  das  zuverlässigste  Verfahren  zur  Erzielung  einer 
infectionslosen  Heilung.     Kann   dieses  Verfahren  nicht  angewendet 
werden,   so  ist  eine   mehr   oder  weniger   offenhaltende  Be- 
handlung das  beste  Präservativ  gegen  schwere  Infectionen. 
Die    Anwendung    antiseptischer    Stoffe    hat    nur    Sinn,    wenn 
das  Wundgebiet  für  das  Anbringen  derselben  hinreichend  zugänglich 
ist,   wenn  sie  in   der  bezeichneten  Auskeimungszeit   oder  nach  der 
vom  Organismus  und  nicht  von   chemischen  Substanzen  geleisteten 
Demarcation  des  Infectionsprocesses  erfolgt;   auf  progrediente   oder 
Allgemeininfectionen  ist  sie  einflusslos,  manchmal  nachtheilig. 

Ursachen  Die  Ursachen  des  Misslingens  der  Asepsis  sieht  A.  La n- 

„.    ff*  derer  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  2)   hauptsächlich   in  der  un- 

Misslingens  .  . 

derAsepsis,  genügenden  Desinfection  des  Operationsfeldes.  Die  Haut  ist  bisher 
A.  Landerer.  nur  in  ca.  40  °/o  der  Fälle  trotz  zum  Theil  compHcirter  Methoden 
wirklich  steril  zu  machen.  Die  bisherigen  Hautdesinfectionen  sind 
nur  Oberflächendesinfectionen  und  lassen  die  in  den  Haarbälgen, 
Hautdrüsen  u.  s.  w.  zurückgehaltenen  Hautbacterien  unberührt.  Durch 
die  präliminare  Desinfection  der  Haut  mittels  1 — 2**/oiger 
Formalinlösung  in  Form  von  Umschlägen  ist  es  Landerer  ge- 
lungen, die  Haut  des  Operationsfeldes  in  ca.  85*/o  der  Fälle  steril 
zu  gestalten. 

Operations-  P.  L.  Friedrich  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  17)    empfiehlt    den 

handschahe,  Qgl3j.g^^Q}^  yq^  Operationshandschuhen  nur  innerhalb  der  Grenzen, 
•  "*  '-^e  sie  von  Zoege  v.  Manteuffel  gezogen  worden  sind;  ganz  besonders 
aber  auch  für  den  Fall,  wo  der  Operateur  oder  Assistent  durch  eine  ge- 
ringe, nicht  mehr  infectionsfreie  L'äsion  ihrer  eigenen  Hand  ein  aseptisches 
Wundgebiet  gefährden  können,  während  sie  andererseits  zum  Operiren 
durch  die  Umstände  gezwungen  sind.  Friedrich  bedient  sich  für  solche 
Zwecke  dünner,  nahtloser  Gummihandschuhe,  die  mit  einem  Ausdehnungs- 
coefficienten  des  Gummi  von  1  :  7  von  ziemlicher  Feinheit  bei  noch  leid- 
licher Haltbarkeit  hergestellt  werden. 

In  seinen  Bemerkungen  über  Händedesinfection  und  Opera- 

E.  OpltB.      tionshandschuhe  (Berl.  klin.Wochensclir.  Bd.  35,  Nr. 39)  vertritt  E.  Opitz 

im  Gegensatz   zu  Doederlein   eine   nützliche  Wirkung   der   gestrickten 

Operationshandschuhe.     Dadurch    dass    sie    aus   porösem   Stoffe    bestehen, 

wirken  sie  ähnlich  wie  sterile  Tupfer.   Bei  Berührung  mit  dem  Peritoneum 


Chirurgie.  325 

und  der  Wundfläche,  noch  mehr  beim  Herüberstreichen  nehmen  sie  infolge 
ihrer  rauhen  Oberfläche  Keime  hinweg,  saugen  sie  mit  der  Flüssigkeit  in 
die  Maschen  des  Gewebes  hinein  und  halten  sie  dort  fest. 

Zur  Sicherung  der  Asepsis  bei  Operationen  hat  0.  Vulpius  Operations- 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Bd.  45,  Nr.  19)    Kapuzen   aus   Leinwand   her-      kapuze, 
stellen  lassen,   die   den  ganzen  Kopf  verhüllen  und  nur  die  Augen  frei       *       *^ 
lassen.    Auf  diese  Weise  werden  Mund,   Nase  und  Haare   auf  möglichst 
einfache  Art  (!)  abgeschlossen.    Vulpius  operirt  natürlich  auch  ausschliess- 
lich nur  mit  Handschuhen. 

In    recht    ansprechender  Weise    geis&elt   F.  Bern  dt    (Münch.    med.  Auswüchse 

Wochenschr.  Bd.  45,  Nr.  19)   die  Auswüchse   der  modernen  Wund-  ^®^ 

behandlung.    Er  versteht  hierunter   namentlich   die  Mund-  und  Nasen-    ™^  ^^^^"^ 

°  Wund- 

binde,   die  Handschuhe   und    das  Abkratzen    der   obersten  Hautschichten,  behandlung, 

Die  Vulpius'sche  Kapuze  war  Berndt  bei   der  Abfassung  seiner  Arbeit     F.  Bemdt. 

noch  nicht  bekannt. 

ZurDesinfection  des  Operationsfeldes  empfehlen  A.Lan-Desinfection 

derer  und  C.  Krämer  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  8)  Umschläge  ^      *®*. 

...  Operations- 

mit  l®/oigerFormalinlö8ung,  da  nur  durch  ein  gasförmig  wirkendes       feides, 

Desinfectionsmittel  die  in  der  Tiefe  sitzenden  Hautmikroorganismen  A.  Landerer  u. 

getroATen  werden  können.    Die  Desinfectionstechnik  ist  sehr  einfach : 

Reinigungsbad   und    Seifenabreibung    des    ganzen   Körpers;    l^joige 

Formalinumschläge   der   zu  operirenden  Stelle,   die  12 — 36  Stunden 

liegen  bleiben;  vor  der  Operation   die   übliche  Seifenabscheuerung, 

Rasiren,  Aetherabreibung,  Sublimatdesinfection. 

Für    den    aseptischen    Operationssaal,    wo    die    verschiedenen 
Sterilisationsapparate    mittels    Gas    geheizt    werden,    fordert   H.  Strehl  Aseptischer 
(Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  5),  dass  die  während  der  Operation  arbeiten-  Operations- 
den  Sterilisationsapparate  unter  Abzügen   aufgestellt  werden,   wie  sie   in      „  „    ' 
chemischen  Laboratorien  schon  längst  verwendet  werden.    Nur  dann,  wenn 
die   schädlichen   Verbrennungsgase   von    dem    Operationssaale    abgehalten 
werden,  wird  die  Gefahr  einer  Chloroformzersetzung  vermieden. 

Um  bei  drainirten  Wunden  zu  verhindern,  dass  das  Secret  unter 
dem   Verbände  ausfliesst,   empfiehlt   Ikawitz  (Arch.   f.    klin.  Chir.  Abgeschlos- 
Bd.  56,  H.  2)  die  Anwendung  von  abgeschlossenen  Glasdrains,    ■®!*®  .    **' 
sog.  Secretauffängern.     Diese  haben  an  der  äusseren  Peripherie  c.  E.  ikawitz. 
des  oberen  Randes  eine  ringartige  Verdickung,  vermittelst  deren  die 
Röhre  in  der  Wunde  festgehalten  werden  soll.     Die  Röhren  sind 
gerade  oder  gebogen,  6 — 10  cm  lang  und  besitzen  eine  Lichtung  von 
6  mm. 


326  Wagner. 

Stichkanal-  J.  Troller  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  22,  H.  2)  hat  Untersuchungen 

infectionen  ^^^j.  Stichkanalinfectionen   bei  Hautnähten  und   ihre  Be- 
bei  Haut- 
nahten,     Ziehungen  zur  Art  des  Nahtmaterials  angestellt.     Die  Fäden 

J.  Troller.  bei  den  Hautnähten  werden  in  der  Wunde  sehr  häufig  mit  Keimen 
verunreinigt,  und  zwar  besonders  die  extrapercutan  gelegenen  Halb- 
schlingen ;  doch  erweisen  sich  auch  in  einem  relativ  grossen  Procent- 
satze die  subcutan  gelegenen  Abschnitte  als  keimhaltig  (Staphylo- 
coccus  pyogenes  albus  und  Micrococcus  tetragenus ;  seltener  Staphylo- 
coccus  pyogenes  aureus  und  Streptococcus  pyogenes).  Die  günstigsten 
Resultate  wurden  erzielt  bei  gründlicher  Desinfection  der  Haut  und 
antiseptischen  (Pulver-) Verbänden.  Die  nicht  imbibitionsfahigen  Naht- 
materialien sind  in  ihren  subcutanen  Schlingentheilen  viel  seltener 
keimhaltig,  als  die  imbibitionsfahigen,  wie  Catgut  und  Seide.  Doch 
auch  die  ersteren  überragt  an  günstigen  Resultaten  der  Aluminium- 
bronzedraht, da  ihm  antiseptische  Eigenschaften  zukommen.  In  un- 
gefähr der  Hälfte  aller  Fälle,  wo  Keime  an  den  subcutan  gelegenen 
Schlingen  festgestellt  werden  konnten,  trat  manifeste  Stichkanal- 
infection  ein. 

Bei  seinen  Untersuchungen  Über  Wundsecret  und  Bacterien  bei 

der   Heilung   per   prima m   (Arch.   f.   klin.   Chir.    Bd.  57,   H.  2)    fand 

Bacterien    H.  Schloffer  fast  stets  Bacterien,  und  zwar  neben  Saprophyten  als  fast 

bei  der       ständigen  Befund  den  Staphylococcus  albus.   Das  Wundsecret  zeigte  nament- 

perprimam  ^^^^  innerhalb  der  ersten  10  Stunden  entwickelungshemmende  und  bacterien- 

H  SchlofTer.    tödtende  Eigenschaften.    Im  allgemeinen  ist  der  Staphylococcus  albus  für 

unsere  Operationswunden  bedeutungslos,   namentlich  wenn  wir  für   einen 

möglichst  freien  Abfluss  der  Wundsecrete  Sorge  tragen. 

Ueber   die  Anheilung    getrockneter   und    feucht   auf- 

Anheilung   bewahrter  Hautläppchen  hat  Enderlen  (Deutsche  Zeitschr.  f. 

getrock-      Chir.  Bd.  48,  H.  1)  interessante  Untersuchungen  angestellt,  deren  fast 

feucht  auf-   ausnahmslos  negative  Ergebnisse  den  Went seherischen  Resultaten 

bewahrter    schroff  gegenüberstehen.     Enderlen   gelang  es   nur  2mal,   conser- 

lä  pcVen     ^"^®>  ^  Stunden  resp.  4  Tage  alte,  noch  feuchte  Hautlappchen  an- 

Enderlen.      zuheilen.    Vollkommen  trockene  Hautstückchen  gelangten  überhaupt 

nicht  zur  Anheilung.     Nach  alledem  möchte  sich  Enderlen  nur  in 

den  dringendsten  Fällen  des  Went sc  herrschen  Ver&hrens  bedienen 

und  auch  dann  nur  solche  Hautstückchen  benutzen,  die  nicht  älter 

als  4  Tage  sind.    Im  allgemeinen  ist   die  bewährte  Thiersch'sche 

Methode  vorzuziehen,  bei  deren  correcter  Ausfuhrung  die  Läppchen 

mit  Sicherheit  anheilen. 


Chirurgie.  327 

J.  L^vai  (Carbol  in  der  Unfallheilkunde  und  die  erste    Carbol  in 
Hülfeleistung  bei  Verletzungen  der  Arbeiter.    Arch.  f.  Un-   ?["  ^'''',"" 
fäUheilk.  Bd.  2 ,  H.  2  u.  3)   kommt  auf  Ghrund  eigener  und  fremder      j.  i^yai. 
Erfahrungen  zu  dem  Schlüsse,  dass  man  das  Carbol  weder  in  Form 
von  Umschlägen,   noch  in  Form  von  feuchten  Verbänden,   noch  in 
einer  anderen  äusserlichen  Anwendung,  selbst  in  der  allerschwächsten 
Lösung  gebrauchen  darf.     Die  erste  Hülfeleistung  bei  Verletzungen 
der  Arbeiter  darf  weder  auf  die  Antisepsis  basirt  werden,  noch  kann 
sie  nach  den  Grundzügen  der  Asepsis  durchgeführt  werden;  sie  ist 
nur  auf  Grund  der  Reinlichkeit  im  gewöhnlichen  Sinne  durchfuhrbar. 

Kallenberger  (Berl.  klin.  V^ochenschr.  Bd.  35,  Nr.  12)  be-  Orthoform. 
richtet  über  die  in  der  K lau ssne raschen  Klinik  angestellten  Ver-  ^■"«'*^^^8®r. 
suche  mit  dem  anästliesirenden ,  vollständig  ungiftigen,  antiseptisch 
wirkenden  Orthoform.  Dasselbe  wurde  angewendet  bei  frischen 
Wunden  und  Verletzungen,  bei  Brandwunden,  bei  Unterschenkel- 
geschwüren, bei  carcinomatösen  und  syphilitischen  Geschwüren,  bei 
Zahncaries  und  nach  Zahnextractionen.  Das  Orthoform  hat  überall,  wo 
es  mit  sensiblen  Nervenendigungen  in  Berührung  kommen  konnte, 
Schmerzstillung  herbeigeführt.  Die  Zeit  bis  zum  Eintritt  der  Em- 
pfindungslosigkeit betrug  3 — 5  Minuten;  die  Anästhesie  war  voll- 
ständig und  dauerte  durchschnittlich  35  Stunden.  Das  Orthoform 
wirkt  ausserdem  antiseptisch  und  secretionshemmend ;  seine  absolute 
Ungifbigkeit  sichert  ihm  eine  ausgedehnte  Anwendung. 

Ueber  die  von  ihm  angegebenen  dauernden  Spiritusverbände 
kann  Salzwedel  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  3)  nur  fortdauernd    Dmnemde 
GrünBtiges  berichten.     Da  der  Spiritus  durch  den  längeren  Contact,     °P»"^^8- 
der  durch  dje  Verbände  ermöglicht   wird,   nicht  nur  die  Hautober-     Saimwedel/ 
fläche  gründlich  desinficirt,  sondern  auch  die  tieferen  Gewebsschichten, 
in  denen  sich  die  Entzündung  verbreiten  könnte,  in  gasformigem  Zu- 
stande mit  desinficirender  Kraflb   durchdringt,    so   empfiehlt   Salz- 
wedel seinen  Spiritusverband  als  einen  technisch  sehr  einfachen  und 

doch  zuverlässigen  Nothverband. 

i 

W.  Noetzel  hat  experimentelle  Untersuchungen  über  peritoneale  Peritoneal 
Resorption  und  Infection  angestellt  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  2)  ßesorptio^ 
und  dabei  gefunden,  dass  die  Resistenz  des  Bauchfells  bedinirt  wird  ,  .^\.  ! 
1.  durch  die  bacterieiden  Eigenschaften   der  peritonealen  serösen  Flüssig-  ^ 

keit,  die  nach  bezüglichen  Experimenten  höher  zu  sein  scheint  als  dj 
des  Blutserums;  2.  durch  die  ausserordentlich  grosse  Oberfläohe  des  Pez 
tonenms,  auf  der  unter  normalen  Verhältnissen  die  Bacterien  in  ähnliche 


328 


Wagner. 


Weise  zu  kleinsten  Mengen  vertheilt  werden  und  der  Einwirkung  der 
Schutzkräfte  des  Körpers  zugänglich  gemacht  werden,  wie  nach  der  Re- 
sorption durch  das  Blut  in  den  Organen. 

Blutstillung  Ueber  die  Blutstillung  bei  Operationen  durch  Angio- 

durch       tripsie  nach  der  von  Tuff ier  bei  der  vaginalen  Hysterektomie  an- 

tripsie,      gewendeten  Methode  hat  M.  W.  af  Schulten  (Central bl.   f.  Chir. 

M.  w.  af  s4ul-  Bd.  25,  Nr.  29)  Versuche  angestellt.    Das  Verfahren  gab  bei  kleinen 

und  mittelgrossen  Gefössen  vortreffliche  Resultate:   die  Operations- 

zeit  wird  verkürzt,   es  bleiben  keine  Catgut-  oder  seidenen  Knoten 

in  der  Wunde. 


Darms  chirm, 
K.  Böser. 


K.  Roser  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  11)  hat  aus  Stahldraht 
und  Tricotschlauch  einen  leicht  zu  sterilisirendön,  elastisch  federnden 
Darmschirm  construirt.  Dieser  wird  nach  Eröffnung  der  Bauch- 
höhle so  in  diese  eingelagert,  dass  er  wie  ein  Diaphragma  wirkt, 
das  Operationsfeld  isoUrt  und  die  Därme  zurückdrängt.  Auf  diese 
Weise  kann  man  ohne  Assistenz  und  ohne  Beckenhochlagerung  das 
kleine  Becken  eventriren,  so  dass  man  mit  zwei  Händen  in  ihm  ar- 
beiten kann,  ohne  im  mindesten  durch  Därme  gestört  zu  werden. 


Darm- 
knöpfe, 
A.  Wölfler. 


Die  Erfahrungen  A.  Wölfler's  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  2) 
über  die  Anwendung  der  Darmknöpfe  gründen  sich  auf  über 
40  Fälle  von  acuten  Darmstenosen;  in  chronischen  Fällen  zieht  er 
die  Darmnaht,  und  zwar  namentlich  die  seitliche  Anastomose,  allen 
anderen  Methoden  vor.  Wolf  1er  hat  sowohl  mit  dem  Murphy- 
Elnopf,  sowie  mit  dem  resorbirbaren  Frank -Knopf  eine  Anzahl 
schlechter  Erfahrungen  gemacht  und  hat  deshalb  einen  neuen  Darm- 
knopf mit  möglichst  weitem  Lumen  construiren  lassen,  der  ein  wirk- 
licher Darmschliesser  ist  und  nach  5 — 6  Tagen  zum  grössten  Theü 
resorbirt  wird.  Der  Werth  dieses  Knopfes  muss  erst  noch  eingehend 
experimentell  geprüft  werden. 


A.  Bobrow. 


Echino-  A.  Bobrow  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  4)  theilt  ein  neues 

*^°.°*l?V*™*^'  Operationsverfahren  zur  Entfernunff  von  Echinococcus  in 
der  Leber  und  anderen  parenchymatösen  Bauchorganen 
mit,  das  sich  ihm  schon  in  einer  Reihe  von  Fällen  ausgezeichnet  be- 
währt hat.  Nach  sorgfaltiger  Entleerung  und  Austupfung  wird  der 
Echinokokkensack  und  die  Bauchwunde  fest  vernäht.  In  5  so  ope- 
rirten  Fällen  trat  Prima  intentio  und  innerhalb  2 — 3  Wochen  rasche 
Genesung  ein.    Niemals  zeigte  sich  nach  der  Operation  eine  An- 


Chirurgie.  329 

hauiiing  von  Flüssigkeit  in  der  Höhle  des  entleerten  Sackes.  Augen- 
scheinlich erfolgt  die  Transsudation  in  der  Richtimg  zur  leeren  fibrösen 
Kapsel  des  Parasiten  nur  dann,  wenn  die  Höhle  offen  gelassen,  die 
Bander  des  Sackes  in  die  Wunde  eingenäht  und  wenn  die  Höhle 
drainirt  wird. 

N.  Lieblein  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  20,  H.  1)   berichtet   aus     Alkohol- 

derWölfler'schenKlinik  über  einen  durch  Alkoholinjectionen  i'^Jectionen 

bei 
geheilten  Fall    von  Aneurysma   arteriale    racemosum   des  arteriellem 

Kopfes.  Dieses  Verfahren  ist  von  Thiersch  in  einem  von  Ples-  ßanken- 
sing  beschriebenen  Falle  zum  ersten  Male  mit  vollem  Erfolge  zur  j^  i^eblein 
Anwendung  gekommen.  Die  Behandlungszeit  der  Wölfler'schen 
Kranken  erstreckte  sich  über  6  Jahre ;  die  ELranke  erhielt  im  ganzen 
402  Injectionen  von  30 — 95^/oigem  Alkohol.  Den  besten  Erfolg  hatten 
die  bis  ins  Periost  gehenden  Injectionen,  da  sie  ausgedehnte  und 
derbe  Infiltrate  bildeten  und  bei  ihrer  Schrumpfung  eine  Verenge- 
rung der  Gefässe  hervorriefen.  Die  Patientin  wurde  vollkommen  und 
dauernd  geheilt. 

Einen  bemerkenswerthen  Beitrag  zur  ExarticülationimHüft- 
gelenke  gibt  H.  Braun  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  5  ExartieuU- 
u.  6).    Bei  Kranken,  die  durch  vorausgegangene  Leiden  oder  durch  **°^  ^™  ^*^*" 
starken  Blutverlust  nach  Verletzungen  so  geschwächt  und  anämisch     h.  Braun, 
geworden  sind,   dass   ein  jeder  weitere  Blutverlust  das  Leben  be- 
drohen würde,  und  bei  Personen  mit  Neubildungen,   die,  von  dem 
Kopfe  des  Femur  oder  dem  angrenzenden  Theil  des  Schenkelhalses 
ausgehend,  das  Hüftgelenk  von  vorn  her  bedecken,  empfiehlt  Braun 
folgende  Methode   der  Hü/tgelenksexarticulation:  Die  Arteria 
und  Vena  iliaca  externa  werden  prophylaktisch  unterbunden,  und  von 
dieser   V7unde   aus   wird   nach  Ablösung  des   Peritoneums  bis  zur 
Theilungsstelle  der  Arteria  iliaca  communis  die  Arteria  iliaca  interna 
mit  dem  Finger  gegen  den  B/and  des  Beckeneinganges  bis  zur  defini- 
tiven Blutstillung  in  der  Exarticulationswunde  comprimirt.    Bei  zwei 
Kranken  hat  sich  dieses  Verfahren  sehr  gut  bewährt. 

Aus  dem  Knappschaftslazareth  zu  Völklingen  berichtet  K.  Seil 
(Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  4)  über  die  Anwendung  des  Hans- 
mann'sche nExtensionsap  parates  bei  Behandlung  von  Unter- 
schenke Ibrüchen.  Durch  diesen  Apparat  sind  wir  in  den  Stand 
gesetzt,  auch  die  schwersten  complicirten  Fracturen  ohne  Knochen- 
naht wie  subcutane  zu  behandeln.    Der  Segen  der  Extensionsbehand- 


330  Wagner. 

HAiiBinaiin*  lung,  den  diese  bei  der  Heilung  van  Oberschenkelbrüchen  gestiftet 

t'°    loni-  ^^*^»  kann  daher  auch  in  vollem  Um&nge  den  Unterschenkelfractiiren 

ap parat      cu  Gute  kommen.     Von  80  mit  diesem  Apparate  behandelten  Frac- 

bei  Unter-    turen  waren  13  eomplicirt,  36  Diaphysen-,  19  Malleolar-  und  12  Supra- 

itrttoben      malleolarfracturen.    Die  Resultate  waren  sehr  gunstig,  besonders  auch 

K.  SelU       in  Besug  auf  die  spatere  Functions&higkeit. 

Sub-  0.  Hahn  (Beitr.  e.  klin.  Chir.  Bd.  22,  H.  2)  berichtet  aus  der 

^*Utt^tt^  *  Tübinger  chirurgischen  Klinik  über  die  an  81  Fällen  bisher  erprobten 
«oh»nk«l*  günstigen  Besultate  der  nach  dem  Bruns'schen  snbperi- 
»mpiitatioa,  ostalen  Verfahren  aus£:eführten  Unterschenkelamputa- 
tionen.  Alle  81  Kranke  genasen.  62mal  trat  vollständige  Prima 
intentio  ein.  Die  Technik  des  Verfahrens  ist  leicht  und  scha£ft  ein- 
fache imd  gunstige  Wundverhältmsse:  der  Gangrän  der  Lappen  wird 
itt  rationeller  und  denkbar  sicherster  Weise  vorgebeugt,  die  resul- 
tirvtuie  Form  des  Stumpfes  ist  sehr  gr^t  und  dauernd. 

v^»te0-  Storp  ^Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  4Bl  H.  4»  hat  die  Tech- 

rU»u»«  ♦       Ij^  ^        osteoplastischen   Unterschezikrlamputationen 

l  at*f^  ...  , 

$cli^«k«K     viahin  wreict^iioht.  daa5?  er  einen  Hant-Per::sr-Kji:r?henlappen  aus  der 

aw^ataii«^  Vv>rvier>*n  TibiÄf..tvhe  bilirt.  drnselben  nach  eben  einbezieht  und  nach 

^^^        w»ijoi^  ner  Aniputati^'n  a^'  den  Stunipt  aTiflr*:^  on-d  befestigt.    Die 

g;anie  Operatisn  iirvstaltct   sc.h  rtlAtiv  einfA^'her  als  die  Bier  sehen 

R^«««m;^  W.  Rotb  .RfiTr.  X.  klin.  Olir.  Bi.  21,  H.  S    i:r':t  die  grossen 

V*^*'*^        Vorr,;^'  irr  K  e  s r  ot: :  : :  r  : :  - .  il :  Ane  *  na  j  k  Br  «ns  hervor«  die 

w  kmi^       ui  .itr  rv.bir-prr  jl-rir'^*.>»,i.Tn  Klinik  r«rr>:::s  in  !•>  Fillrn  ans^fuhrt 

wjLT.ie.    I>:t   Brnns*s,JiT  Rrtr^'.Ti.n-  ür  rL?c  A::snjLlm2C:«s  eine  ansge- 

r:i.r.~;:c  F':L=..'u:n>f».J-^£tn  rr^r-:*-  ei^T^  s^^.i  1    rir  alle  die  Fälle, 

•       .  »  -        ^^     .  -        ...      »  .    »      ^^  •     • 

rYS^c^.n  *llrz  i-::>c:'i  :'t-  ilr^r^irLiirj:  v-.rr-iz-irn  ia.  indem  das 
v^l:r.izniT  .>rr  Vr*rT^?..l--irrcr  vi-r.  i:r  Til ->  :in»i  -rin  Tbeil  de?* 
Oyu."*n::is  r-:,^l:.-i  >ir*r-,5Tr  >: . _  k>-~.  2  f'iT  iiT  ?».liB>*r>rr«i  Falle 
xvc  :?».*>..: v>:  r  i    -':n  M.>Jv.l:i.fr->:r--r^:n   Ini  itri-rn  ir*  C^eotomit* 

Ir.  -.  .v-r  Ar:»:-*  i^lt^r  i.r  Szi':.t-  1":  ^  ri  :  liiiT.ni:  bei  Läh- 
*r.  uTicv.  v:n  1  ^  >  I  t.  ::•.:>:  t  :.  rnii' >  *^  t  *ä  i  xss  nn-l  ln>- 
"  .-  s  .  r  .*. .  -  ^    i  T    .1  z  r  H  * ":  :    r^'-l  >  .r    '«V  >.  i.-tsc'Xt  5^  36k  Xr,  37 » 


Chirurgie.  331 

Fuss  vorgenommen  hat;  ein  Versuch  am  Oberschenkel  —  Ersatz  des  Sehnenüber- 
gelähmten  Quadriceps  durch  den  Sartorius  —  misslang.  Bedeutungs-  ^  "vid'^'^^' 
voller  erscheint  die  Sehnenüberpflanzung  für  partielle  Läh- 
mungen der  Hand  zu  werden,  da  hier  auf  anderem  Wege  absolut 
nichts  zu  erreichen  ist.  Die  bisher  vorliegenden  Mittheüungen  hier- 
über sind  spärlich,  aber  ermuthigend.  Vulpius  kann  aus  seiner 
Praxis  3  weitere  Operationen  hinzufügen,  die  im  allgemeinen  wenig 
günstige  Verhältnisse  boten  und  noch  keine  ganz  befriedigenden  Re- 
sultate ergaben.  Der  Indicationskreis  der  Sehnenüberpflanzung  ist 
jedenfalls  noch  sehr  erweiterungsfähig. 

F.  Franke  (Mittheilungen  a.  d.  Grenzgebieten  d.  Med.  u.  Chir. Fun ction eile 
Bd.  3,  H.  1)  hat  das  Verfahren  der  Sehnenüberpflanzung  auch  Heilung  der 
in  2  Fällen  von  Radialislähmung  bei  Kindern  angewendet.     Die     lähmang 
RadiaUslähmung  lässt  sich  nicht,  wie  gewöhnlich  die  Lähmungen  an        durch 
den  Füssen,  durch  Sehnenüberpflanzungen  allein  aufheben,  sondern      «lastik 
sie  bedarf  auch  noch  der  Sehnenverkürzung.   Aus  diesem  Grunde     F.  Franke, 
möchte  Franke  die  Behandlungsmethode  mit  dem  mehr  zusammen- 
fassenden Namen  der  Sehnenplastik  bezeichnen. 

Ein    neues   Verfahren    der   Sehnenplastik    am    Finger- 
rücken hat  V.  Hacker  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Bd.  11,  Nr.  2)      Sehnen- 
in  einem  Falle  mit  vorzüglichem  Erfolge  angewendet.    Die  Methode   P^*"*^*'  "-^ 
besteht   darin,    bei   den   von   zwei  am  Knöchel  mit  einander   ver-      rücken, 
schmelzenden   Strecksehnen  versorgten  Fingern  die    ganze  Finger-     ^-  Hacker, 
rückensehne    oder    einen   Theil   derselben    durch   Umschlagen    der 
höher  oben  durchtrennten  minderwerthigen  der  beiden  Sehnen  nach 
vom  über  das  noch  von  der  Streckaponeurose  überzogene  Knöchel- 
gelenk und  Einpflanzung  derselben  an  der  Nagelphalanx  zu  ersetzen. 

Als  ein  neues  Material  zur  Herstellung  orthopädischer 

Apparate   empfiehlt   0.    Vulpius    die   Hornhaut   (Münch.   med.  Material  zur 

Wochenschr.  Bd.  45,   Nr.  52).     Dieselbe   besteht   aus   roher,   ent- ^"/*^^!.^,^^ 
-1  j  1  mi  •  ...  .  .        orthopadi- 

naarter  und  getrockneter  Thierhaut,  die  mit  einem  Lack  imprägnirt       scher 

gebrauchfiäüiig  in  den  Handel  gebracht  wird.     Die  Hornhaut  eignet    Apparate, 
sich  besonders  für  Hülsenapparate.    Die  Technik  ist  überaus  einfach       •    ^  P> 
und  von  jedem  durchführbar.     Nach  12 — 15  Stunden  langem  Liegen 
in  kaltem  Wasser  ist  die  Hornhaut  völlig  weich  wie  nasses  Fliess- 
papier und  kann  auf  dem  mit  Tricot  überzogenen,  gut  getrockneten 
Gipsmodell  in  beliebiger  Form  gewalkt  werden. 


332  Wagner. 


4«  YerletznngeB. 

Um   die   Wirkung    der     Bleispitzengeschosse    („Dum- 
Wirkung  der  Dum-Geschosse)  genauer  zu  studiren,  hat  v.  Bruns  (Beitr.  z.  klin. 

ßleispitzen-  q^^   gj  gl,  H.  3)  zusammen  mit  Dr.  Wendel  interessante  Schiess- 
geschosse,  ' 

P.  V.  Bnms.    versuche  angestellt.     Das  Hauptergebniss  dieser  Versuche  ist ,   dass 

die  aus  kleinkalibrigen  Gewehren  geschleuderten  Bleispitzen  geschosse 
bei  Nahschüssen  bis  auf  200  m  Entfernungen  Verletzung  setzen,  die 
schwerer  sind  als  alle  bisherigen  Gewehrschusswunden.  Es  beruht 
dies  auf  dem  Zusammenwirken  der  hochgesteigerten  lebendigen  Exaft 
und  der  Deformirung  der  kleinkalibrigen  Bleispitzengeschosse.  Letz- 
tere sind  auf  nahe  Entfernung  eine  übermässig  grausame,  auf  weite 
Entfernung  aber  weniger  wirksame  Waffe  als  die  Vollmantel- 
geschosse. 

Im  Anschluss  an  einen  in  der  Strassburger  chirurgischen  KUnik 
beobachteten  Fall  von  Durchschneidung  der  Arteria  maxillaris  interna 
Ver-         hat  A.  Woehrlin  (Beitr.    z.   klin.    Chir.  Bd.  21,    H.  3)   die   Ver- 
letzungen   letzungen    und    traumatischen    Aneurysmen    der    Arteria 
der  Arteria  ...  .  . 

maxillaris   maxillaris   interna   einer  Bearbeitung  unterzogen.     Nach   seiner 

interna,  Ansicht  sind  die  Verletzungen  der  Maxillaris  interna  als  gefahrlich, 
aber  durchaus  nicht  als  unbedingt  tödtlich  zu  betrachten.  Die  Haupt- 
gefahr besteht  in  secundären  Blutungen;  die  sicherste  Therapie  ist 
die  Unterbindung  der  Maxillaris  interna  in  loco  oder  die  ContinuitÄts- 
ligatur  der  Carotis  externa;  diejenige  der  Carotis  communis  ist  nur 
in  Fällen  dringendster  Noth  oder  bei  ganz  ungünstigen  äusseren  Um- 
ständen erlaubt.  Bei  den  sehr  seltenen  traumatischen  Aneurysmen 
der  Arteria  maxillaris  interna  ist  zunächst  eine  längere  Zeit  hin- 
durch consequent  ausgeführte  Compression  zu  versuchen;  bleibt 
diese  ohne  Erfolg,  so  ist  man  zu  einer  Continuitätsunterbindung  der 
Carotis  externa  berechtigt. 

Ueber  die  Entschädigung  der  sog.  Unfallbrüche  hat 
Unfall-  C.  Kaufmann  (Corresp.-Blatt  f.  Schweizer  Aerzte  Bd.  28,  Nr.  23 f 
'^^®'  folgenden  Satz  formulirt:  Die  immittelbar  nach  einem  eigentlichen 
Unfälle  beim  Betriebe  oder  nach  einer  aussergewöhnlichen  An- 
strengung bei  der  Betriebsarbeit,  d.  h.  nach  einer  über  den  Rahmen 
der  gewöhnlichen  Betriebsarbeit  hinausgehenden  schweren  körper- 
lichen Anstrengung  frisch  und  plötzlich  unter  heftigen  Schmerzen 
in  Erscheinung  tretenden  Unterleibsbrüche  sind  entschädi^^imgH- 
pfiichtig. 


Chirurgie.  333 

J.  Riedinger  (Monatsschr.  f.  Unfallheilk.  Bd.  5,  H.  9)  theilt        Spät- 
einen  interessanten  Fall  von  Spätsymptom  einer  B ecken ver-     »ymptom 

/i^  1  •  1-1^  1  derBecken- 

letzung   (üs  praepubicum  oder  traumatisches  endomuscu-  Verletzung, 

läres  Osteom)  mit.  Bei  einem  Kranken  mit  geheiltem  Becken-  J.  Biedinger. 
ringbruch  fand  sich  eine  mit  dieser  Verletzung  im  Zusammenhang 
stehende  Neubildung  von  Knochen  am  Ansatz  des  M.  adductor  longus. 
Wahrscheinlich  war  am  Muskelansatz  eine  diflPuse  periostale  Wuche- 
rung vorhanden,  die  ihm  keine  genügende  Festigkeit  gewährte.  Da- 
durch kam  es  zum  Abriss  des  Periostes,  das  sich  in  dem  Muskel 
retrahirte  und  eine  secundäre  Knochenbildung  veranlasste.  Der  etwa 
5  cm  lange  und  annähernd  fingerdicke  Knochenzapfen  wurde  mit 
Erfolg  exstirpirt. 

Golebiewski    (Ein    casuistischer   Beitrag    zur   Patho-      Unfälle 

eenese  der  Unfälle  nach  „Umknicken".     Arch.  f.  Unfallheil-        ^*®^ 

Umknicken" 
künde  u.  s.  w.  Bd.  2 ,   H.  2  u.  3)   hat  auf  Grund  von  93  Beobach- "  Golebiewski. 

tungen  gefunden,  dass,  wenn  das  „Umknicken"  auch  meistens  ein 
ungefährlicher  Vorgang  zu  sein  pflegt,  man  doch  Unrecht  thut,  die 
Bedeutung  des  Umknickens  zu  unterschätzen.  Während  vielfach  das 
Umknicken  mit  dem  Fuss  ganz  ohne  Schaden  vorübergeht  und  daher 
nicht  beachtet  wird,  hinterlässt  es  oft  einen  dauernden  irreparabeln 
Nachtheil.  Das  Umknicken  im  Knie  und  im  Hüftgelenk  pflegt  zwar 
seltener,  aber  meist  um  so  schwerwiegender  zu  sein.  Der  schwere 
Xachtheil  in  allen  hier  in  Frage  stehenden  Gelenken  offenbart  sich 
sowohl  bei  älteren  als  auch  bei  jüngeren  Individuen.  Personen  mit 
constitutionellen  Veranlagungen,  und  solche,  die  an  starkem  chroni- 
schem Alkoholismus  leiden,  und  ältere  Personen  scheinen  besonders 
geföhrdet  zu  sein. 

In  einer  Arbeit  über  Muskelschwund  Unfallverletzter  mit 
besonderer  Berücksichtigung  der  oberen  Extremität  (Arch. 
f.  Unfallheilk.  Bd.  2,  H.  2  u.  3)  sagt  Firgau  bezüglich  der  Pro-      Muskel- 
gnose  folgendes:  Dieselbe  ist  in  allen  Fällen  von  leichter  Quetschung     »chwund 
und  einfacher  Fractur  ohne  Verlagerung  der  Bruchenden  eine  gute,    verletzter, 
Bei  Luxationen  und   bei  Fracturen  mit  Verlagerung  kann  sie  nicht       Firgau. 
mehr  als  gut  bezeichnet  werden ;  die  Wiederherstellung  nimmt  dann 
schon  längere  Zeit  in  Anspruch.  Noch  mehr  ist  dies  der  Fall,  wenn 
die  Gelenke   entzündet   sind,   oder   wenn  infectiöse  Processe  hinzu- 
treten.    Namentlich   die    letzteren    machen   die   Prognose    zu   einer 
schlechten  durch   Betheiligung  der  Nerven    oder  gar   des    Central- 
organs.     In  keinem  Falle  wird  der  frühere  Zustand  der  Musculatur 


334 


Wagner. 


wieder  erreicht,  sondern  eine  Wiederherstellung  erfolgt  nur  so  weit, 
als  es  für  die  Function  des  Muskels  nothwendig  ist. 


5«  Entzflndniigeii  und  Infectiongkrankheiten. 

Keimgehalt  üeber  den  Keimgehalt  accidenteller  Wunden  hat  H.  Riggen- 

acciden-      bach  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  1)  eingehendere  Untersuchungen 

*®^^®'        angestellt;   er  ist  dabei  zu  folgenden  Ergebnissen  gelangt:   Eine  aeciden- 

H  Blffffenbach  ^®^®  Wunde  der  Körperoberfläche  enthält  stets  zahlreiche  Keime,  unter 
denen  sich  auch  meist  pathogene  befinden.  Auch  der  am  meisten  hier 
vorkommende  Staphylococcus  pyogenes  albus  ist  als  pathogener  Keim  auf- 
zufassen. Die  Keime  entstammen  in  erster  Linie  der  Körperoberfläche  in 
der  Umgebung  der  Wunde  und  werden  entweder  durch  das  verletzende 
Instrument  in  die  Wunde  gebracht,  oder  sie  wachsen  von  den  Hauträndem 
in  das  Wundsecret.  Der  Keimreichthum  wächst  mit  der  Zeit,  die  ver- 
streicht, bevor  der  Patient  in  ärztliche  Behandlung  kommt.  Die  anti- 
septische Behandlungsmethode  bei  solchen  Wunden  setzt  die  Keimzahl 
mehr  herab  als  die  aseptische;  sie  ist  also  in  solchen  Fällen  vollständig 
gerechtfertigt. 


Infection 

von  Schasi 

wanden, 

A.  HiUIer. 


Therapie 
inficirter 

SchQBB* 

wanden, 
H.  P.  KoUer. 


A.  Müller  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  2  u.  3)  hat  ex- 
perimentelle Untersuchungen  über  die  Infection  von  Kaninchen 
durch  Geschosse  angestellt  und  ist  dabei  zu  folgenden  Ergebnissen  ge- 
kommen: Eine  Infection  durch  Geschosise  ist  möglich  und  kann  stattfinden 
durch  ein  inficirtes  Projectil  (Stahlspitze  und  Bleitheil),  durch  einen  in- 
ficirten  Lauf,  indem  es  ein  inficirtes  Tuch  passirt.  Die  Infection  wird 
weder  beeinflusst  durch  die  Reibung  bei  grosser  Geschwindigkeit  (600  m), 
noch  durch  die  Erhitzung  des  Laufes  im  Magazinfeuer.  Eine  Infection 
kann  nicht  verhindert  werden,  weder  durch  Application  von  Jodtinctur 
noch  durch  Drainage  oder  Cauterisation  des  Schusskanals.  Die  Mikroben 
müssen  daher  in  die  den  Schusskanal  umgebenden  Gewebe  hineingesprengt 
werden.  Die  Streptokokkeninfection  macht  bei  den  Kaninchen  ganz  typische 
Organveränderungen.  Streptokokken  finden  sich  nur  in  der  Wunde  und 
dem  Pericard,  zuweilen  auch  im  Blut  und  im  Harn.  Die  Viralen«  der 
Streptokokken  kann  sehr  gesteigert  werden  durch  fortwährende  Ueber- 
impfungen  vom  Kaninchen  auf  Serum  und  zurück. 

H.  F.  Koller  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  2  u.  3)  hat  im 
Tavel'schen  Laboratorium  experimentelle  Versuche  über  die 
Therapie  inficirter  Schusswunden  bei  Kaninchen  angestellt. 
Die  mittels  Staphylococcus  aureus,  Pj^ocyaneus  und  Streptococcus  capsularis 
inficirten  Schusswunden  wurden  durch  Ausbrennen  mit  dem  Thermocauter. 

• 

durch  Pinselungen  mit  Tinctura  Jodi,  durch  Drainage  mittels  Jodoform- 
gaze, durch  Einlegen  eines  Glasdrains,  durch  Desinfection  mit  CarbolÄmv 
behandelt.    Neben  den  so  behandelten  Thieren  wurde  immer  ein  Controll- 


Chirurgie.  335 

thier  in  der  Weise  behandelt,  dass  die  Wunde  sofort  nach  dem  Schusse 
fortlaufend  genäht  und  mit  Collodium  oder  Watte  bedeckt  wurde.  Die 
verschiedenen  Versuche  ergaben,  dass  nur  die  mit  Drainage  behandelten 
Thiere  und  die  ControUthiere  geheilt  wurden,  dagegen  die  anderen  der 
Infection  erlagen.  Dieses  Verhalten  erklärt  sich  daraus,  dass  die  dem  Ge- 
schoss  anhaftenden  Fremdkörper  und  Mikroorganismen  nicht  nur  im  Ver- 
laufe des  Schusskanales  abgelagert,  sondern  in  das  den  Kanal  umgebende 
Gewebe  abgelagert  werden.  Eine  möglichst  schnelle  Schliessung  darf  nur 
bei  den  Schusswunden  leichteren  Grades  ausgeführt  werden,  d.  h.  in  den 
seltenen  Fällen,  in  denen  die  Wunden  von  der  Infection  fernbleiben. 

An  der  Hand  eigener  Beobachtungen  —  337  klinische  Fälle  — 
gibt  P.  Sendler  (Festschr.  z.  50jähr.  Feier  d.  med.  Gesellsch.  zu  Gelenk- 
Magdeburg  S.  83)  einen  Rückblick  auf  die  Behandlung  der  Gelenk- *^^"«^^1^««» 
tuberculose.  Er  fasst  sein  Glaubensbekenntniss  in  folgenden 
Sätzen  zusammen:  Die  Anfänge  der  Gelenktuberculose ,  sowie  die 
Frühformen  überhaupt  sind  zunächst  rein  conservativ  in  Angriff  zu 
nehmen.  Ist  in  bestimmter  begrenzter  Zeit  (längstens  nach  Verlauf 
von  2 — 3  Monaten)  eine  augenfällige  Besserung  nicht  erreicht,  oder 
tritt  gar  eine  Verschlimmerung  ein,  so  ist  das  Verfahren  aufzugeben. 
Dann  tritt  die  Operation  in  ihr  Recht.  Die  schwereren  Fälle  werden 
am  besten  gleich  operirt;  nachweisbare  Eiterung  erfordert  immer  die 
Operation.  Im  allgemeinen  muss  bei  Kindern  schonend,  bei  alten 
Leuten  radical  vorgegangen  werden.  Aber  auch  bei  gewissen  Er- 
krankungsformen Erwachsener  kann  ein  Verfahren  angezeigt  sein,  das 
nicht  nur  die  Erhaltung  des  Gliedes,  sondern  auch  die  möglichste 
Wiederherstellung   der  Function    des   Gelenks    als  Endziel  erstrebt. 

A.  He  nie  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  20,  H.  2  u.  3  u.  Suppl.-Heft)     A.  Heule. 

hat  in   einer  grösseren  Arbeit   die  Behandlung  der  tubercu- 

lösen  Gelenkerkrankungen  und  der  kalten  Abscesse  an 

der  chirurgischen  Klinik  zu  Breslau  in  den  Jahren  1890 

bis  1896  beschrieben.   Auf  Grund  des  sehr  reichhaltigen  Beobach- 

tungsmateriales  —  333  Fälle  —  kommt  er  zu  folgenden  Ergebnissen : 

Die    consequent    durchgeführte    conservative   Behandlung   der   Ge- 

lenktuberculosen  (Stauung,  Jodoform glycerin ,  orthopädische  Maass- 

nahmen  etc. ,   eventuell  auch  atypsche  Operationen)   steht  bezüglich 

der  Anzahl  der  erreichten  Heilungen  der  operativen  Therapie  nicht 

nach.     Die    functionellen   Resultate    der    operativen   Therapie    sind 

erheblich  besser   als  diejenigen   der  operativen.     Die  Mortalität  ist 

im  ganzen  bei  conservativem  Vorgehen  geringer  als  bei  operativem. 

Nur  für  das  Kniegelenk   Erwachsener  ist  bei  fixirter  Patella   die 

Resection  der  conservativen  Therapie  vorzuziehen. 


336  Wagner. 

Acute  Osteo-  Als  Beitrag  zur  Lehre  von  der  acuten  Osteomyelitis 
myelitisdeBdes  Kreuzbeins  theüt  A.  Dehler  (Beitr.  z.  Min.  Chir.  Bd.  22, 
A.  Dehler.  ^-  ^)  *^s  der  Würzburger  chirurgischen  Elinik  3  hierhergehörige 
Beobachtungen  mit.  Die  Hauptmassen  des  erkrankten  Markes  sassen 
in  den  Massae  laterales  der  oberen  Kreuzbeinwirbel.  Trotz  mehr- 
facher operativer  Eingriffe  gingen  alle  3  Kranke  an  schwerster  all- 
gemeiner Sepsis  zu  Grunde. 

Den  heutigen  Stand  der  Therapie  des  Tetanus  trau- 
TetanuB  maticus  stellt  A.  Heddaeus  (Münch.  med.  Wochenschr.  Bd.  45, 
*"?°^*"®^»»Nr.  11—13)  in  folgenden  Sätzen  zusammen:  Das  Behring'sche 
Tetanusantitoxin  ist  nach  den  bisherigen  Erfahrungen  ein  zweifel- 
los wirksames  Mittel  von  specifischem  Charakter  bei  der  Behandlung 
des  Tetanus  traumaticus  und  verdient  in  allen  Fällen  angewandt  zu 
werden.  Von  Bedeutung  ist  die  möglichst  frühzeitige  Anwendung. 
Die  Localbehandlung,  die  in  möglichster  Zerstörung  des  pri- 
mären Heerdes  bestehen  soll,  darf  nicht  ausser  Acht  gelassen  werden, 
weü  ihre  Vernachlässigung  eine  permanente  Zufuhr  von  Toxinen 
und  damit  eine  Beeinträchtigung  der  Antitoxinwirkung  bedingt. 
Die  symptomatische  Behandlung  mit  sedativen  Mitteln 
(Narkoticis  u.  s.  w.)  muss  mit  der  Serumtherapie  Hand  in  Hand 
gehen,  da  sie  noch  wirksam  ist,  wo  die  letztere  versagt.  Die  bis- 
herigen Methoden  zur  Herausschaffung  des  Tetanusgiftes  aus  dem 
Körper  sind  ebenfalls  nicht  zu  vernachlässigen.  Die  Präventiv- 
behandlung verdient  weitere  Berücksichtigung. 
F.  Köhler,  Ueber  die  Untersuchungen  von  F.  Köhler  (Münch.  med.  Wochen- 

schrift Bd.  45,  Nr.  45  u.  46)  s.  S.  111. 

Auf  den  experimentellen  Untersuchungen  von  B  o  r  r  e  1  und  R  o  u  x 
fussend,  haben  einzelne  Autoren  bei  traumatischem  Tetanus  das  Anti- 
C.  Baoalogla,  toxin  intracerebral  injicirt,  so  unter  anderen  C.  Bacaloglu 
ChaulÄrdtt.    (Gaz.   des  höpit.  Bd.  71,  Nr.  70),   Chauffard  und  Quenu  (ibid. 
Ombrtdftnne.  Bd.  71 ,   Nr.  73) ,  Ombredanne  (Presse  med.,  3.  Sept.).     Der  Er- 
folg war  auch  bei  dieser  Methode  nicht  sicher. 

6.  Gescliwlllste. 


Maltiple  Aus  der  Helferich'schen  Klinik  theüt  M.  Gerulanos  (Deutsche 

MuBkel-      Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  48,  H.  4)  einen  Fall  von  multiplem  Muskel- 

echmcH  ,  ...  . 

kokken,      echinococcus   mit,   bei  dem  die  Zahl  der  Echinokokken,   die  die 

H.  Oemlanos.  ganze   Gegend  vom  Rippenbogen  bis   zur  Mitte   des  Oberschenkels 
besetzt  hielten,  nicht  viel  weniger  wie  100  betrug.   Mehrfache  Ope- 


Chirurgie.  337 

rationen  brachten  Heilung.  Die  Multiplicität  der  Echinococcusblasen 
erklärt  Gerulanos  in  seinem  Falle  durch  eine  massenhafte  Aus- 
wanderung von  Embryonen. 

Unter  Mittheilung  einer  eigenen  Beobachtung  aus  der  König- 
schen  Klinik  hat  Doebbelin   (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  48,     Knochen- 
H.  1)  23  Fälle  von  Knochenechinokokken  des  Beckens  zu-      echino- 

kokkfiii  dfis 

sammengestellt.  4  FäUe  betrafen  das  Darmbein,  1  Fall  das  Scham-  Beckens, 
bein,  5  Fälle  das  Kreuzbein;  in  8  Fällen  lagen  Erkrankungen  meh-  Doebbelin. 
rerer  Beckenknochen  vor.  4mal  wurden  Becken  und  Femur,  Imal 
Becken  und  zahlreiche  andere  Knochen  erkrankt  gefunden.  22mal 
handelte  es  sich  um  die  multiloculäre  Form  des  Echinococcus, 
nur  Imal  um  die  grossblasige  uniloculäre.  Bei  der  multiloculären 
Form  schreitet  die  Erkrankung  schliesslich  bis  zu  einer  enormen 
Zerstörung  des  Knochens  fort,  die  sich  der  durch  die  malignen  Ge- 
schwülste bedingten  ebenbürtig  an  die  Seite  stellen  kann.  Die 
Prognose  dieser  meist  sehr  schleichend  verlaufenden  Krankheit  ist 
ungünstig;  von  22  Kranken  genasen  nur  3.  Von  der  Behandlung 
ist  wohl  nur  dann  etwas  zu  erwarten,  wenn  es  möglich  ist,  den 
Knochenheerd  zugänglich  zu  machen  und  mit  Meissel,  Säge  und 
scharfem  Löflfel  alles  Kranke  gründlich  zu  entfernen. 

Einen  Beitrag  zur  Lehre  von   den    Echinokokkenge- 
schwülsten an   den  grossen  Schenkelgefässen  gibt  Most      Echino- 
(Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  B  u.  6).    Bei  dem  48jährigen    ^^oi^^^en  an 

^        den  fff ossen 

Kranken  hatte  sich  der  Echinococcus  in  der  Scheide  der  Crural-  schenkei- 
gefasse  angesiedelt  und  sich  nach  dem  Scarpa'schen  Dreieck  zu  aus-  gefässen, 
gebuchtet.  Der  Kranke  starb  4  Tage  nach  der  Spaltung  und 
Ausräumung  des  Sackes  an  einer  Pulmonalthrombose.  Aus  der 
Litteratur  ergibt  sich,  dass  die  Gegend  der  grossen  Cruralge  fasse  im 
weiteren  Sinne  des  Wortes,  d.  h.  die  Ileopsoas-  und  obere  Adduc- 
torenpartie  ein  relativ  oft  aufgesuchter  Ansiedlungspunkt  der  Para- 
siten ist,  dass  aber  vor  der  Operation  die  Diagnose  kaum  je 
richtig  gestellt  worden  ist.  Therapeutisch  wird  wohl,  ähnlich  wie 
bei  den  subfascialen  Echinokokken  anderer  Körpertheile ,  auch  bei 
den  Blasen  der  Cruralgegend  die  möglichst  vollständige  Exstirpation 
der  Cyste  mit  ihrer  Bindegewebshülle  grundsätzlich  auszuführen  sein. 
Ist  die  Exstirpation  wegen  fester  Verwachsungen  u.  s.  w.  unmög- 
lich, so  muss  man  sich  mit  der  Incision  und  Drainage  begnügen. 

A.  Barth   (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,   H.  3)   hat   eine  histo- 

logiflch-klinische  Studie  über  die  Entstehung  und  das  Wachs- 
Jabibnch  der  pracüschen  Medicin.    1899.  22 


338  Wagner. 

Entstehung  thum  der  traumatischen  Grelenkkörper  veröffentlicht.  Die 
^"th  anatomischen  und  experimentellen  Untersuchungen  haben  als  fest- 
der  freien  stehend  für  die  traumatische  Aussprengung  von  Theilen  der  mensch- 
Gelenk-  liehen  Gelenkfläche  ergeben,  dass  der  Gelenkknorpel  am  Leben  bleibt. 
A°ßarth*  ^®^  knöcherne  Antheil  aber  abstirbt,  mag  nun  das  ausgesprengte 
Stück  frei  im  Gelenk  bleiben  oder,  wie  es  häufig  geschieht,  mit  der 
Gelenkwand  verwachsen.  Die  Bruchfläche  des  ausgesprengten  Stückes 
wird  entweder  durch  ein  osteoides  oder  noch  häufiger  durch  ein 
Knorpelgewebe  abgeschlossen  und  von  einem  Bindegewebsmantel  be- 
deckt. Die  traumatischen  freien  Gelenkkörper  zeigen  grosse  Tendenz 
zur  Verkalkung  und  Petrification.  Es  gibt  traumatische  Gelenk- 
körper, die  in  bisher  nicht  aufgeklärter  Weise  durch  ein  verhältniss- 
mässig  geringfügiges  Trauma  entstehen  und  bei  denen  die  klinischen 
Erscheinungen  der  Gelenkverletzimg  ganz  unverhältnissmässig  ge- 
ringfügig sind.  Die  häufigste  Ursprungsstätte  der  traumatischen  Ge- 
lenkkörper sind  die  Condylen  des  Femur.  Alle  Gewalteinwirkungen, 
die  die  grossen  Verstärkungs-  und  Hemmungsbänder  des  Knie- 
gelenkes, oder  auch  nur  Theile  desselben  in  plötzliche,  über  die 
physiologische  Grenze  hinausgehende  Distraction  versetzen,  sind  im 
Stande,  traumatische  Gelenkkörper  zu  erzeugen.  Dahin  gehören  die 
Ad-  und  Abductionsbewegungen  des  Kniegelenkes  und  vor  allem  die 
Torsionsbewegungen. 

Cystisches  Unter  Zugrundelegung   einer  Beobachtung  aus  der   v.  Berg- 

Enchondro-  mann^schen  Klinik   bespricht  Fritz  König  (Arch.  f   klin.  Chir. 
solitäre     ^^-  ^^»  ^-  ^)  ^^^  cystische  Enchondrofibrom  und  die  soli- 
Cysten  der  tären  Cysten  der  langen  Röhrenknochen.    Diese  namentlich 
an  gen       |^^.  jugendüci^en  Individuen  beobachtete  Krankheit  ist  durch  locale 
knochen,     Exstirpation  mit  guter  vitaler  und  functioneller  Prognose  heilbar  und 
F.  König,      (jarf  nicht  mit  den  verschiedenen  Arten   der  Knochensarkome  ver- 
wechselt werden,  die  trotz  der  eingreifendsten  Operationen  —  totale 
Entfernung  der  ganzen  Extremität  —  eine  sehr  ungünstige  Prognose 
geben. 

Sarkome  Reinhardt  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd. 47,  H.  5 u. 6)  berichtet 

der  langen   über    64   Fälle    von    Sarkomen    der    langen    Extremitäten- 
knoch*e"n      krochen,  die  1880 — 95  in  der  Göttinger   chirurgischen  Klinik  be- 
Reinhardt,    obachtet  wurden.     Am  häufigsten  sassen  die  Geschwülste  im  oberen 
Drittel  der  Tibia  und  im  unteren   des  Femur.     Centrale   Sarkome 
waren  häufiger  als  die   periostalen.     Das  Alter  von  16 — 25  Jahren 
war  am  häufigsten  betroifen ;  auf  40  männliche  kamen  nur  14  weib- 


Chirurgie. 


339 


liehe  Kranke,  dmal  war  es  zu  Fractur  des  sarkomatosen  Elnochens 
gekommen.  Die  Operationsmethode  bestand  fast  ohne  Ausnahme  in 
Amputation  oder  Exarticulation.  Partielle  Exstirpationen  wurden  bei 
ßiesenzellensarkomen  an  kleineren  Knochen:  Talus,  Calcaneus,  Cla- 
vikel  vorgenommen.  Von  39  Kranken,  die  bis  zum  Herbst  1891 
operirt  wurden,  sind  7  =  18°/o  dauernd,  d.  h.  8 — 12  Jahre  geheilt 
geblieben.  In  4  Fällen  trat  im  directen  Anschluss  an  die  Operation 
der  Tod  ein. 


der 
bösartigen 

Neu- 
bildungen 
an  den 
langen 
Röhren- 
knochen, 
Wieainger. 


Auf  Grund  dreier  günstig  ausgegangener  Operationsfalle  em- 
pfiehlt Wiesinger  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Bd.  24,  Nr.  42),  bei  Behandlung 
der  Behandlung  der  bösartigen  Neubildungen  an  den 
langen  Röhrenknochen  nach  dem  Vorgange  von  Mikulicz  an 
Stelle  der  Amputation  und  Exaiidculation  die  Resection  zu  ver- 
suchen. Bei  den  schaligen  myelogenen  Sarkomen  ist  dieses  Ver- 
fahren schon  früher  mit  Erfolg  versucht  worden.  Die  Möglichkeit, 
in  dieser  conservativen  Weise  vorzugehen,  wird  weniger  durch  die 
Ausdehnung  der  nothwendigen  Resection  bestimmt,  da  es  ja  gelingt, 
ganz  bedeutende  Defecte  noch  zur  Heilung  zu  bringen,  als  durch 
das  Verhalten  der  Geschwülste  zu  den  umgebenden  Weichtheilen, 
besonders  den  grossen  Gefassen.  Ist  die  Geschwulst  bereits  auf 
diese  vorgedrungen,  so  dass  sie  ohne  deren  Verletzung  nicht  mehr 
rein  exstirpirt  werden  kann,  so  ist  der  Versuch,  die  betreffende  Ex- 
tremität zu  erhalten,  zwecklos  und  die  sofortige  Entfernung  der- 
selben geboten.  Ein  weiterer  Grund,  die  Amputation  vorzunehmen, 
ist  die  mangelnde  ConsoHdation  der  resecirten  Knochenenden  an  der 
unteren  Extremität. 


Ueber  eine  Geschwulst  von  schilddrüsenartigem  Bau  im 
Femur  berichtet  C.  Göbel  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  4)  auf 
Grund  eines  von  Helferich  operirt en  Falles.  Der  Tumor  hatte  eine 
Pteeudarthrose  erzeugt,  und  es  wurde  deshalb  mit  Erfolg  die  Exarticulatio 
femoris  vorgenommen.  Aehnliche  Fälle  von  Schilddrüsenmetastasen  hat 
Göbel  in  der  Litteratur  15  gefunden. 


Schild- 
drüsen- 
metastase 
im  Femur, 
C.  Göbel. 


II.  Speclelfe  Chirurgie. 


1.  Krankheiten  des  Kopfes  und  Halses. 

Die  grösste  Schwierigkeit  der  Technik  der  Craniektomie   mit 
der  Drahtsäge  besteht  darin,  letztere  unter  den  Knochen  des  Schä- 


340  Wagner. 

Temporäre   dels  durchzuführen,  und  zwar  ohne  Ausübung  von  Druck  und  obie 

Schädel-     Verletzung  der  Hirnhäute.     L.  Gigli   (Zur  Technik   der  tem- 
reseotion  ... 

mit         porären  Schädelresection  mit  meiner  Drahtsäge.     Cen- 

Drahtsäge,  tralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  16)  hat  zu  dem  Zwecke  eine  Art  rinnen- 

^  ■      förmiger  Sonde  ausführen  lassen,  die  an  ihrem  Ende  fast  rechtwinklig 

gekrümmt  ist.     In  der  Rinne  dieser  Sonde  kann  man  ein  8 — ^9  mm 

breites  Fischbein  gleiten  lassen  und  in  der  Richtung  weiterdrängen. 

die  ihm  das  Ende  der  Sonde   gegeben  hat,   parallel  der  Oberfläche 

des  Hirns. 


Schädel-  E.  Braatz  (Zur  Schädeltrepanation.    Centralbl.  f.  Chir. 

*''^P*^^°°'Bd.  25,  Nr.  3)  empfiehlt  auf  Grund  eigener  Erfahrungen  für  die 
Schädeltrepanation  aufs  wännste  die  Grigli'schen  Drahtsägen.  Die 
Trepanation  geht  mit  diesen  schnell  und  leicht  vor  sich;  die  ur- 
sprüngliche Oeffnung  im  Schädel  kann  stets  in  beliebiger  Richtung 
vergrössert  werden.  Zum  Bohren  der  Trepanlöcher  hat  Braatz 
einen  besonderen,  sehr  handlichen  Bohrer  construirt,  ebenso  zum 
Durchführen  der  Drahtsäge  durch  die  Trepanlöcher  Sonden  mit  ver- 
schiedenen ausprobirten  Krümmungen. 

C.  Lauenstein.  C.  Lauenstein    (Zur    Technik    der   Schädeltrepanation 

mit  Hülfe  des  CoUin'schen  Perforateurs  und  der  G-igli'schen 
Säge.  Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  8)  führt  die  Drahtsägen  mittels 
Uhrfedern  durch  die  Trepanlöcher. 

Ueber  das  Auftreten  von  Hirngeschwülsten  nach  Kopf- 
„Trauma-  Verletzungen  hat  Adler  (Arch.  f.  Unfallheilk.  u.  s.  w.  Bd.  2,  H.  2  u.  3' 
tische"  Hirn- eingeiieu^e  Untersuchungen  angestellt  und  eine  Casuistik  von  118  ^tran- 
Adler  '  niatischen"  Hirntumoren  zusammengestellt.  Wenn  auch  weder  hinsichtlidi 
des  Geschlechts  und  Lebensalters  noch  nach  Art  und  Sitz  des  Tumor* 
, traumatische*  und  „nicht  traumatische"  Himgeschwülate  sich  unter- 
scheiden, so  macht  doch  in  einer  Anzahl  von  Fällen  schon  die  Anamnese 
einen  Zusammenhang  zwischen  Verletzung  und  Geschwulstbildung  wahr- 
scheinlich, wenn  sich  nämlich  an  die  traumatischen  Beschwerden  alhn&h- 
lieh  typische  Tumorsymptome  anschliessen.  In  zweifelhaften  Fällen  wir«! 
eine  ungefähre  Altersbestimmung  des  Tumors  aus  dem  anatomiscbor. 
Befunde  zu  versuchen  sein.  Andere  Male  wird  die  Ueber einstimuiuni: 
des  Angriffsortes  der  Gewalt  mit  dem  Sitz  des  Tumor-, 
eventuell  Residuen  der  Verletzung  an  den  weichen  Schädeldecken, 
dem  Schädelknochen  oder  den  Hirnhäuten  an  correspondirender  Stelle  di*' 
ätiologische  Bedeutung  des  Schädeltraumas  ausser  Zweifel  stellen.  E- 
können  aber  auch  an  von  dem  Angriffsort  weit  entfernten  Himstellen  aut- 
tretende Geschwülste  die  Folge  der  Verletzung  sein. 


Chirurgie.  341 

Die  Trepanation  bei  der  traumatischen  Jackson'schen 
Epilepsie  bildet  den  Inhalt  einer  sehr  eingehenden  Arbeit  von 
Graf  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  3).  Nach  einer  kritischen  Trepanation 
Besprechung  der  von  v.  Bergmann  ausgeführten  Operationen  theilt  bei  trauma- 
Graf  146  Fälle  operativ  behandelter  traumatischer  Jack-  jaokson- 
son'scher  Epilepsie  aus  der  Litteratur  mit.  Die  einfache  Tre-  scher 
panation,  mit  oder  ohne  Eröffnung  der  Dura  mater,  aber  ohne  ^Gnrf  ' 
Operationen  am  Schädelinhalt,  wurde  71mal  ausgefiihrt,  während 
die  übrigen  75  Trepanationen  auch  die  Hirnrinde  und  die  deckende 
weiche  Hirnhaut  operativ  in  Angriff  nahmen.  In  den  letzteren  Fällen 
handelte  es  sich  56mal  um  Entfernung  in  das  Hirn  eingedrungener 
Knochenfragmente,  um  Incision  oder  Exstirpation  von  Cysten,  um 
Excision  von  Narben  etc.,  während  19mal  das  Centrum  der  den  An- 
fall einleitenden  Muskelgnippe ,  die  meist  durch  Reizung  mit  dem 
faradischen  Strom  erkannt  war,  exstirpirt  wurde.  Auf  146  Trepana- 
tionen kamen  9  Todesfälle,  die  als  Folgen  der  Operation  anzusehen 
sind.  Betrachtet  man  nun  die  Fälle,  in  denen  eine  Heilung  erreicht 
wurde,  so  sieht  man  diese  unter  den  verschiedensten  Bedingungen 
zu  Stande  kommen.  Die  Beseitigung  einer  knöchernen  Depression, 
die  Excision  eines  Stückes  der  narbig  verdickten  Dura  sind  ebenso 
im  Stande,  dauernde  Befreiung  von  den  Krämpfen  zu  schaffen,  wie 
die  Exstirpation  einer  Cyste,  einer  Narbe  oder  eines  Stückes  der 
anscheinend  nicht  veränderten  Hirnrinde.  Keine  von  beiden  Me- 
thoden hat  vor  der  anderen  einen  erkennbaren  Vortheil.  Auch  das 
Horsley'sche  Verfahren,  so  radical  es  erscheinen  mag,  schützt 
nicht  vor  Rückfallen.  Im  ganzen  wird  von  35  Heilungen,  die  länger 
als  ^2  Jahr  anbielten,  berichtet;  femer  von  22  Besserungen.  Diesen 
stehen  36  Misserfolge  gegenüber,  während  53  Fälle  infolge  zu  kurzer 
Beobachtungsdauer,  ungenauer  Mittheilungen  u.  s.  w.  statistisch  nicht 
zu  verwerthen  sind. 

H.  Braun  (Ueber  die  Erfolge  der  operativen  Be-  H.Braun, 
handlung  der  traumatischen  Jackson'schen  Epilepsie. 
Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  48,  H.  2  u.  3)  berichtet  über  einen 
Kranken,  bei  welchem  ibm  nach  mehrfachen  Operationen  die  Hei- 
lung einer  traumatischen  Jackson'schen  Epilepsie  schliesslich  ge- 
lungen ist  und  zwar,  wie  er  annimmt,  durch  die  Exstirpation  des 
corticalen  Centrums  für  die  Bewegungen  der  linken  Hand  und  des 
linken  Daumens.  Der  Kranke  ist  jetzt  7  Jahre  4  Monate  vollkommen 
geheilt  geblieben.  Braun  hat  aus  der  Litteratur  seit  1889  30  Fälle 
von  traumatischer  J a c k s o n'scher  Epilepsie  zusammengestellt,  in 
denen    Theile    der    Grehimoberfläche    (motorische    Centren)    entfernt 


342  Wagner. 

Trepanation  wurden,   und  57  Fälle,   bei  denen  es   sich  nur  um  die  Entfernung 
beitrauma-  y^j^  Theilen  des  verletzt  gewesenen  Schädels   oder  von  pathologi- 
JackBon-     sehen  Veränderungen  an  der  Stelle   der  Verletzung  handelte.     Aus 
scher        diesem  Material  ergibt  sich  als  Richtschnur  für  unsere  Behandlung 
^.piiepsie,    ^gj.  traumatischen  Jackson'schen  Epilepsie  folgendes;  Bei  circum- 
scripten  Verletzungen  des  Schädels,  wenn  dieselben  in  der  Gegend  der 
motorischen  Rindencentren  gelegen  sind,  soll  zunächst  die  Trepana- 
tion an  der  Stelle  der  Verletzung  vorgenommen  werden.    Erst  wenn 
durch  diesen  Eingriff  kein  wesentlicher  Erfolg  erzielt  wird,  ist  man 
berechtigt,  das  betreffende  elektrisch  bestimmte  Centrum,  auch  wenn 
es  keine  pathologischen  Veränderungen  zeigen  sollte,  in  genügender 
Ausdehnung  und  in  einer  Tiefe  von  ca.  5  mm  zu  exstirpiren.    Eine 
Operation  ist   auch  dann  vorzunehmen,   wenn  schon  mehrere  Jahre 
seit  dem  Beginne  der  Epilepsie  verflossen  sind. 

crani-  J.  v.  Fedoroff  (Arch.  f.  klin.  Chirurgie  Bd.  57,  H.  3)   theüt 

j^  *F*d^'ff  3Craniektomieen  mit,  die  er  an  2  Kranken  ausgeführt  hat,  und 
die  Ergebnisse  seiner  an  Hunden  vorgenommenen  Experimente. 
Er  kommt  hierbei  zu  folgenden  Schlussfolgerungen:  Die  bös- 
artigen Geschwülste  des  Schädeldaches  müssen  möglichst  weit  in 
noch  völlig  gesunden  Knochen  exstirpirt  werden,  wobei  auch  die 
Dura,  wenn  sie  auch  nur  verdächtig  erscheint,  mit  fortgenommen 
werden  muss.  Die  Grösse  des  dabei  entstandenen  Schädeldefectes 
und  der  Dura  kann,  wenn  nöthig,  die  Hälfte  und  vielleicht  noch 
mehr  des  Schädeldaches  betragen.  Solche  grosse  Defecte  können 
lange  Zeit  nur  mit  Haut  bedeckt  bleiben,  ohne  dem  Kranken  grössere 
Gefahren  für  sein  Leben  zu  verursachen.  Bei  der  Operation  ist 
dem  Blutverluste  die  grösste  Aufmerksamkeit  zu  schenken  (rasches 
Operiren  mit  dazu  geeigneten  Instrumenten). 

Schussver-  Ueber  Schussverletzungen  des  Gehirns   hat  Tilmann 

1 A  ß'l^^r« «  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  3)  seit  Jahren  mit  einem  9-mm-Re- 

des  uenirns,  _  ' 

Tilmann.  volver  Schiess versuche  angestellt  und  die  Veränderungen  und  Zer- 
störungen studirt,  die  das  Gehirn  beim  Beschuss  erleidet.  Diese 
Versuche  ergeben  die  Berechtigung,  drei  Grade  der  Einwirkung  auf 
das  Hirn  als  Folge  der  Durchschiessung  festzustellen.  Zunächst  die 
Zermalmung  des  Gehirns  im  Schusskanale,  dann  die  Quetschung  der 
nächsten  Umgebung  desselben  und  endlich  eine  Art  von  Erschütte- 
rung, die  in  der  Vermehrung  der  Blutpunkte  und  in  feinsten  Zer- 
reissungen  im  Himgewebe  ihren  Ausdruck  findet.  Diese  letzt- 
genannten Veränderungen  sind  in  der  Nähe  des  Schusskanals  am 
stärksten  und  nehmen  nach  der  Peripherie  zu  ab. 


Chirurgie.  343 

Auf  Grund  von  26  der  Kü mm el Fachen  Abtheilung  (Hamburg-        Pene- 
Eppendorf)   entstammenden  Fällen   bespricht  H.  Graff  (Beitr.   zur     ^^^^^^ende 
klin.   Cllir.    Bd.  22,    H.   2)    die    Behandlung    penetrirender   schussver- 
Schädelschussverletzungen.     Er  glaubt  sich  auf  Grund  der   letzungen, 
gemachten  Erfahrungen  zu  dem  Schlüsse  berechtigt,  dass  die  primäre      ^*  ^^^^' 
Trepanation    bei    penetrirenden    Schädelschussverletzungen    im    all-    . 
gemeinen  überflüssig  imd  zwecklos  ist.     Als  Ausnahme  könnte   nur 
gelten,  wenn  aus  der  Einschussöffnung  eine  profuse  Blutung  erfolgt, 
oder  wenn  Zeichen  dafür  vorhanden  sind,  dass  die  Kugel  ganz  ober- 
flächlich sitzt,  also  leicht  zu  entfernen  ist.    Bei  einfachen  Himdruck- 
erscheinungen  ist   zuerst   ein  Versuch   mit   der   Lumbalpunction   zu 
machen. 

lieber  die  Deckung  von  Schädeldefecten  mit  ausgeglüh-Deokung  von 
tem  Knochen  nach  der  Methode  von  Barth  weiss  J.  Grekoff     Schädel- 

defectien 

(Centralbl.   f.  Chir.   Bd.  25,    Nr.  39)    auf   Grund   zweier   klinischer     j.  Grekoff.' 
Beobachtungen  Günstiges   zu  melden.     Die  FäUe  betrafen  2  Kinder 
von  10  und  9  Jahren,  die  3  resp.  15  Wochen  alten  Defecte  waren 
ö'/aiö,   resp.  5:2*/a  cm  gross.     Die  Heilung  hat  bisher  5  und  7^« 
Monate  Bestand  gehabt. 

F.  A.  Kehrer   (Die   operative  Behandlung  angeborener    Operative 
Kopfbrüche,   insbesondere  der  Hirnwasserbrüche.     Archiv  ^«^»»"»^^^«"le 
f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  1)   hebt  hervor,    dass  die  meisten  Kinder  Kopf  bräche, 
mit  angeborenen  Kopfbrüchen  —  Cephalocelen  —  erfahrungsgemäss  ^-  •^-  Kehrer. 
todt   geboren  werden   oder  innerhalb   der  ersten  Lebenstage  an  in- 
fectiöser  Meningitis  zu  Grunde   gehen.     Verhältnissmässig  am  gün- 
stigsten sind  noch  die  Aussichten  bei  reiner  Hydromeningocele  und 
bei  einfachen  Hirnbrüchen  —  Cenencephalocelen  — ,   während  bei 
Himwasserbrüchen   —   Hydrencephalocelen    —    ein  längeres   Fort- 
leben ausgeschlossen  erscheint.     Die  bis  jetzt  angewandten  Behand- 
lungsmethoden,   namentlich   auch  die  Exstirpation ,   haben  an  dieser 
trüben  Prognose  wenig  geändert.    Soweit  die  bis  jetzt  vorliegenden 
Erfahrungen  ein  Urtheil  gestatten,  hat  man  Aussicht  auf  einen  fimc- 
tionell  befriedigenden  Erfolg  in  Fällen   von   einer  Meningocele  und 
von  frontaler  Hydrencephalocele ,    aber  auch  hier  nur  dann,    wenn 
nicht  angeborener  Wasserkopf  damit  verbunden  ist.    Dagegen  scheint 
die  Exstirpation  der  mit  Hydrencephalocele   occipitahs,   sowie  aller 
mit  Hydrocephalus  internus  verbundenen  Himbrüche  nicht  im  Stande, 
die  Kinder  vor  Idiotie,   Blindheit  u.  dergl.  schweren  Himstörungen 
zu  bewahren. 


344 


Wagner. 


Ueber  Hydrencephalocelen  und  über  die  Frage   ihrer 

Operation    operativen   Behandlung   spricht   sich  Paul  Möller   (Deutsche 

der         Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  48,  H.  1)  auf  Ghnind  eines  günstig  verlaufenen 
Hydren-  .  ...  . 

cephalocele,  Operationsfalles  —  Danziger   chirurgisches  Lazareth  —  dahin   aus, 

P.  Möller,  dass  die  Fälle  von  Hydrencephalocele  eine  verhältnissmässig  gün- 
stigere Prognose  geben,  bei  denen  eine  völlige  Abschnürung  des 
vorgefallenen  Ventrikeltheiles  mit  nachfolgender  Obhteration  des 
Stieles  noch  während  des  intrauterinen  Lebens  stattgefunden  hat. 
In  solchen  Fällen  kann  die  radicale  Abtragung  der  Geschwulst  zu 
vollkommener  Heilung  ohne  geistige  Defecte  führen. 

Hyper-  F.  Thöle   (Mittheilgn.  aus  d.  Grenzgebieten  d.  Med.  u.  Chir.    Bd.  3, 

thermie  bei  jj,  j)  theilt  aus  der  Garre'schen  Klinik  einen  Fall  von  Hyperthermie 

'J°'         mit,  der  wahrscheinlich  durch  eine  directe  Reizunfi^  des  thermischen 
Operationen,  .  ° 

F.  Thöle.  Centrums  im  Corpus  striatum  zu  erklären  ist.  Es  handelte  sich  um 
einen  nach  einem  Schädelbruch  entstandenen  linksseitigen  partiellen  Hydro- 
cephalus,  der  die  Veranlassung  zu  epileptischen  Krämpfen  gegeben  hatte. 
Osteoplastische  Trepanation,  Entleerung  des  Hydrocephalus.  Heilung. 
Vom  Operationstage  an  IV«  Monate  lang  Temperaturerhöhungen  bis  Über 
40°  mit  den  wunderlichsten  Schwankungen.  Krämpfe  seit  mehreren  Monaten 
ausgeblieben. 


Schädel- 
basis- 
fibrome, 
M.  Jordan, 


Hopmann. 


Für  die  operative  Entfernung  der  Fibrome  der  Schädel- 
basis empfiehlt  M.  Jordan  (Münch.  med.  Wochienschr.  Bd.  46, 
Nr.  21),  das  Operationsfeld  durch  eine  Combination  der  temporären 
Kiefer-  und  Nasenresection  freizulegen.  Diese  Operation,  die  Jordan 
in  2  Fällen  mit  sehr  günstigem  Erfolge  ausführte,  ist  weniger 
eingreifend,  als  die  L an genbec kusche  Oberkieferresection,  und  die 
durch  dieselbe  hervorgerufene  Narbenbildung  kaum  entstellender, 
als  bei  letzterer,  da  die  Quemarben  der  Nase  nicht  oder  nur  un- 
bedeutend sichtbar  sind. 

Hop  mann  (ibid.  Bd.  46,  Nr.  21)  unterlässt  bei  der  Operation 
der  Basisfibrome  jede  vorbereitende  Operation  und  stellt  sich  einen 
sehr  geräumigen  Zugang  zum  Nasenrachenraum  durch  möglichst 
starkes  Nachvorwärtsziehen  des  Velums  her.  Die  Geschwulstbasis 
wird  dann  nur  unter  Leitung  des  Gefühls  mittels  Elevatorien,  Raspa- 
torien  und  scharfen  Löffels  entfernt. 


Um  die  von  der  Schädelbasis  herunterkommenden  Geschwülste 
der  Nase  und  des  Nasenrachenraumes  bequem  und  sicher  zu  ent- 
fernen, hat  Part  seh  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  67,  H.  4)  mit  Erfolf^ 
eine  neue  Methode  temporärer  Gaumenresection  versucht. 


Chirurgie.  345 

Die  Beobachtung,  dass  ein  horizontal  abgesprengter  Gaumen  im  Zu-   Temporäre 
sammenhang  mit  den  Alveolarfortsätzen  ohne  jede  Schädigung  der     ^»^njf'i- 
Dentur  in   kurzer  Zeit   fest   und    brauchbar    zu   verheilen  vermag,      Partsch. 
brachte  Partsch    auf  den  Gedanken,    den  Zugang   zum   Schädel- 
grunde   durch    fallthürartige    Abklappung    des    ganzen    ovalen   Ab- 
schnittes des  Gesichtsschädels  zu  versuchen.    Dieser  Versuch  gelang 
vollkommen. 

Die  von  Hansmann  eingeführte  Behandlung  der  Unter- 
kieferbrüche durch  Gewichtsextension  zeichnet  sich,  wie 
G.    Seelhorst    (Münch.    med.  Wochenschr.   Bd.   45,   Nr.  17)   auf   Gewichts- 

Grund  von  8  Beobachtungen  hervorhebt,  durch  ihre  Einfachheit  und    ö*|eiision 

^      .  .      '       .  bei  Unter- 

leichte Handhabung   aus.     Sie   vermeidet   eine  Störung   der  Beweg-      kiefer- 

Hchkeit   der  Mundgebilde   und  gestattet  eine  genaue  Ueberwachung     brüchen, 

der  Wundheilung.    Der  Extensionszug  wird  dadurch  ausgeübt,  dass     '    ®®  ^^^  * 

um  die  Schneidezähne  des  Unterkiefers  ein  starker  Faden  geknüpft 

wird,   dessen   mit    */« — 1  Pfund    beschwertes  Ende   an  der  unteren 

Bettkante  über  eine  Rolle  läuft.     Die  Extension  kann  meist  schon 

nach  8 — 10  Tagen  weggelassen  werden. 

Zum   improvisirten  Ersatz  des   Knochendefectes  nach 
halbseitiger  Unterkieferresection  hat   F.   Berndt  (Arch.  f.     Improvi- 
klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  1)  in  4  FäUen  mit  günstigem  Erfolge  die  ge-  Jt^KnochVii^ 
wohnlich  zu  Pessaren  verwendeten  Celluloidringe  benutzt.    Diese  sind     defectes 
durch  Kochen  im  Wasser  leicht  zu  steriHsiren  und  zu  formen,  haben        nach 
ein  geringes  specifisches  Gewicht  und  sind  deshalb  reizlos.    Die  erste  xjnte*rk\efe^i^ 
Bedingmig  für  die  Einheilung  der  Prothese  ist  der  völlige  Abschluss    resection, 
der  Wunde  von  der  Mundhöhle.    Kann  man  denselben  nicht  primär     ^'  Berndt. 
durch  Vemähung  der  Schleimhaut  erreichen  —  was  übrigens  in  den 
meisten  Fällen  gelingt  — ,  so  wartet  man  wohl  besser  mit  dem  Ein- 
legen  der  Prothese,   bis   die   betreffende  Communication    zwischen 
Wunde    und    Mundhöhle   durch    Granulation    geschlossen    ist.     Die 
Prothese    kann  jahrelang   liegen   bleiben,   ohne  Fisteln   zu   bilden; 
später  kann  sie  eventuell  durch  eine  Knochenplastik  ersetzt  werden. 

Auf  Grund  mehrerer  Beobachtungen  aus  der  Breslauer  chirurgi- 
schen Klinik  gibt  L.  Alexander  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  20,  H.  3) 
einen  Beitrag  zur  Kenntniss  der  wahren  Ankylose  des 
Kiefergelenks.  Als  Ursachen  derselben  finden  wir  vornehm- 
lich infectiöse  entzündliche  Processe,  die  sich  in  der  Nähe 
des  Kiefergelenkes  abspielen,   so  besonders   auch   die   eitrige  Otitis 


346 


Wagner. 


Wahre 
Ankylose 
des 
Kiefer- 
gelenks, 
L.  Alexander, 


K.  Roser. 


media.  Auch  Traumen  spielen  öfters  eine  grössere  E;olle.  Im 
allgemeinen  sind  die  durch  die  arthrogene  Kieferklemme  hervor- 
gerufenen Störungen  sehr  ernster  Natur  und  erfordern  dringend  Ab- 
hülfe. Von  den  verschiedenen  operativen  Methoden  empfiehlt  Ale- 
xander namentlich  eine  von  Mikulicz  erprobte  Modification  des 
Helferic  haschen  Verfahrens.  Nach  vorausgegangener  Meissel- 
resection  wird  nicht  ein  Lappen  aus  dem  Schlafenmuskel  mit  unterer 
Basis  in  den  Knochendefect  eingepflanzt,  sondern  ein  Muskelstück 
aus  dem  Masseter  mit  ebener  Basis.  Hierdurch  kann  die  Entfernung 
eines  Knochentheils  aus  dem  Jochbogen  vermieden  und  die  Opera- 
tion um  vieles  einfacher  gestaltet  werden. 

Zur  Behandlung  der  Kiefergelenksankylose  theilt 
K.  Roser  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  5)  einen  FaU  mit,  in  dem 
er  mit  gutem  Erfolge  eine  Goldplatte  in  das  reeecirte  Gelenk  ein- 
gelagert hat.  Er  empfiehlt  die  Interposition  einer  Goldplatte  nament- 
lich bei  den  arthrogenen  Kiefergelenksankylosen ;  er  beabsichtigt  aber 
auch  bei  Ankylosen  anderer  Gelenke  die  eventuell  nur  temporare 
Interposition  von  Metall-  oder  Gummiplatten  zu  versuchen. 


Myogene 
Kiefer- 
klemme, 
F.  V.  Pried- 
länder, 


H.  Braun. 


F.  V.  Friedländer  (Beitrag  zur  Kenntniss  der  mvo- 
genen  Kieferklemme.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Bd.  11,  Nr.  19) 
hat  bei  einem  19jährigen  Mädchen  mit  schwieliger  Degeneration  und 
partieller  Verknöcherung  beider  Mm.  temporales  und  dadurch  be- 
dingter Kieferklemme  die  beiden  Muskeln  mit  günstigem  Erfolge 
total  exstirpirt.  lieber  das  weitere  Schicksal  der  Kranken  konnte 
nichts  in  Erfahrung  gebracht  werden. 

H.  Braun  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  2  u.  3)  theilt 
einen  Fall  von  myogener  Kieferklemme  bei  einer  15jährigen, 
an  ausgesprochener  Myositis  ossificans  progressiva  leidenden 
Kranken  mit.  In  der  Litteratur  befinden  sich  schon  eine  Reihe  von 
Beobachtungen,  in  denen  die  myogene  Kieferklemme  die  gleiche 
Aetiologie  hatte.  In  dem  Braun^schen  Falle  wurden  nach 
einander  beiderseits  die  Gelenkköpfe  des  Unterkiefers  und  die  Proc. 
coronoidei  resecirt.  Mehrere  Wochen  lang  war  der  Erfolg  günstig, 
dann  standen  die  Zahnreihen  wieder  so  fest  auf  einander  wie  zuvor. 
Braun  entschloss  sich  deshalb  zur  Zurücklagerung  der  In- 
sertion der  Kaumuskeln,  einer  Operation,  die  bisher  von 
Le  Dentu  und  Kocher  in  je  einem  Falle  von  myogener  Kiefer- 
klemme mit  Erfolg  ausgeführt  worden  ist.  Das  Resultat  dieser  Ver- 
legung oder  Desinsertion  aller  Kaumuskeln  war  auch  bei  der  Braun- 
Hchen  Kranken  zufriedenstellend.    Es  wurde  zwar  nicht  ein  beweg- 


Chirurgie.  347 

lieber  Kiefer  und  die  Möglichkeit  zum  Kauen  erzielt,  aber  die 
Kranke  war  durch  die  letzte  Operation  doch  insofern  wesentlich  ge- 
bessert, als  sie  schneller  Flüssigkeiten  und  weiche  Nahrungsmittel 
in  den  Mund  fähren  konnte.  Das  Operationsresultat  hat  sich  bisher 
erbalten;  die  Zahnreihen  sind  1  cm  weit  von  einander  entfernt  ge- 
blieben. 

Stetter  (Beiträge  zur  Glossitis  papillaris  und  tu b er-     GlosBitis 

culosa.   Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  2)  hat  bei  4  Kranken  eine    ^*^*   ^'^^ 

'  '  and 

Affection  des  Zungengrundes  in  der  Gegend  der  Papulae  circum-  tuberculosa, 
vallatae  beobachtet,  die  in  einer  abnormen  Höhe  dieser  Papillen  be-  Stetter. 
stand.  Die  Abtragung  derselben  beseitigte  dauernd  alle  Beschwerden. 
Die  mikroskopische  Untersuchung  ergab,  dass  es  sich  um  harte 
Papillome  der  Zungenschleimhaut  gehandelt  hatte.  Femer 
beobachtete  Stetter  bei  einem  46jährigen  Kranken  einen  Tuberkel- 
knoten in  einer  Papilla  circumvallata  der  Zunge,  der  sich 
im  Anschluss  an  Lungentuberculose  bereits  zu  einer  Zeit  entwickelt 
hatte,  in  der  sichere  Zeichen  für  die  letztere  weder  auscultatorisch 
noch  percutorisch,  noch  endlich  bacteriologisch  nachzuweisen  waren. 

Ueber  die  Lymphgefässe  und  Lymphdrüsen  der  Zunge 
mit    Beziehung    auf    die    Verbreitung   des    Zungencar- 
cinoms  hat  H.  Küttner  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  21,  H.  3)  ein- Verbreitung 
gehende  Untersuchungen  angestellt,  aus  denen  sich  für  die  Operation      „     ** 
des  Zungencarcinoms  folgendes  ergibt:  Man  soll,  wie  es  beim  Lippen-  Carcinoma, 
und  Mammacarcinom  schon  längst  geübt  wird,  auch  beim  Zungen-    ^-  Küttner 
careinom  typische  Drüsenausräumungen  vornehmen,  und  zwar  müssen 
die  snbmaxillaren,  submentalen  und  tiefen  cervicalen  Drüsen  beider- 
seits entfernt  werden.    Fühlt  man  vergrösserte  Drüsen  in  der  Supra- 
claviculargmbe,  so  sind  dieselben,  auch  wenn  sie  nach  oben  keinen 
Zusammeohang  haben,   unter  allen  Umständen  auszuräumen,  wenn 
DOihig,  doppelseitig. 

Von  den  chronisch  entzündlichen  Erkrankungen,  die  den  eigent- 
lichen Gescfawalstbildungen  zunächst  kommen,  können  sich  in  der 
Parotis  die  Aktinomykose  und  die  Syphilis  localisiren.  Gegen  Tuber- 
culase  scheint  die  Parotis,  ebenso  wie  die  übrigen  Speicheldrüsen, 
fast  immun  zu  sein;  in  der  Litteratur  findet  sich  nur  eine  von 
Stabenranch  mitgetheilte  Beobachtung.  Einen  neuen  Fall  von 
Taberculose  der  Parotis  theilt  M.  Bockhorn  (Arch.  f.  klin. 
Chir.  B«L  57.  H.  li  aas  der  v.  Bergmännischen  Klinik  mit.    Durch 


348  Wagner. 

Tuberculose  zwei  operative  Eingriffe  wurde  bei  der  39jährigen  Kranken  die  theil- 
'         weise    käsig  erweichte  Parotis,    anscheinend    ohne   Verletzung  des 

M.  Bockhorn.  N.  facialis,  entfernt.  Heilung  ohne  Recidiv.  Pathologisch-anatomiach 
handelte  es  sich  um  verkäsende  Tuberculose,  die  sich  auf  dem  in- 
teracinösen  Wege,  vermuthlich  durch  Vermittelung  der  Lymph- 
bahnen,  entwickelt  hatte.  Die  schädlichen  Keime  waren  wahröchein- 
lich  durch  die  nicht  mehr  normale  Mimdschleimhaut  eingedrungen, 
die,  sei  es  durch  Stomatitis,  sei  es  durch  die  cariösen  Zähne,  zur 
Infection  prädisponirt  war. 

Kropf-  Th.  Kocher  (Corresp.-Blatt  f.  Schweizer  Aerzte  Bd.  28,  Nr.  18) 

Operation,   ijenchtet  über  eine  neue  Serie   von  600  Kropfoperationen, 

Th.  Kocher.        .  .  r        r  ? 

die  er  in  den  letzten  3^/2  Jahren  ausgeführt  hat.  Darunter  waren 
18  maligne  Strumen  (6  Todesfälle),  11  Fälle  von  Strumitis  (2  Todes- 
fälle), 15  Basedowki'anke  (2  Todesfälle).  Von  den  556  Kranken  mit 
Colloidstruma  starb  nur  ein  Patient  imd  zwar  an  Chloroformtod.  Bei 
der  gegenwärtig  so  günstigen  Operationsprognose  können  die  Indi- 
cationen  zur  Kropf  Operation  weiter  gefasst  werden.  Die  Gefahr  hat 
sich  auch  bei  complicirten  Operationen  um  ein  bedeutendes  ver- 
mindeii;,  seitdem  Kocher  principiell  auf  die  allgemeine  Narkose 
verzichtet  und  alle  Strumen  bloss  mit  Cocainanästhesie  operirt;  im 
übrigen  ist  er  seiner  alten  Operationsmethode  vollkommen  treu  ge- 
blieben. 

Resection  Zoege  v.  Manteuffel  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  18)  hat 

^ff         sich  für  die  Resection  parenchymatöser  Strumen  ein  Ver- 

Schilddrüse,  .  .  . 

Zoege  V.  fahren  ausgebildet ,  das  gestattet ,  mit  sehr  geringen  Blutverlusten 
Manteuffel.  grosse  Stücke  aus  dem  Kröpfe  auszuschneiden,  und  keine  Massen- 
ligatur  hinterlässt.  Nach  Blosslegung  der  Struma  mittels  Kocher- 
sehen  Bogenschnittes  und  Durchtrennung  der  tiefen  Halsfascie  geht 
man  an  die  Basis  der  Struma  ein.  Die  Gefasseintnttsstellen  werden 
vom  Assistenten  mittels  Daumen  und  Zeigefinger  comprimirt.  Nach 
der  Resection  wird  die  Wunde  sofort  mit  einer  fortlaufenden  Seiden- 
naht, die  fast  bis  an  den  Boden  der  keilförmigen  Resectionswunde 
hineinreicht,  vernäht.  Der  untere  Wundwinkel  wird  offen  gelassen, 
der  Stumpf  versenkt,  die  Muskeln  darüber  vernäht. 

Aberrirte  Eine    aberrirte   Struma    unter   der  Brusthaut    beobachtetA* 

Struma,      F.  Hofmeister  (Beitr.  z.  klin.  Chir.   Bd.  20,   H.  3).     Bei  dem  54jährigen 

F.  Hoftneister.  Joanne  hatte  sich  innerhalb  20  Jahren  eine  kindskopfgrosse  Struma  cystioa 

entwickelt;    eine   mannskopf grosse   cystische  Geschwulst   unter  der   linken 

Brusthaut  —  Schlüsselbein  bis  sechste  Rippe  —  soll   sich   innerhalb  eines 


Chirurgie.  349 

halben  Jahres  gebildet  haben.  Dieser  Tumor  war  mit  dem  vom  linken 
SchUddrüsenlappen  ausgegangenen  Hauptkropf  durch  einen  parenchyma- 
tösen Stiel  verbunden.  Function  und  Injection  von  lO^oig^Di  Jodoformöl 
brachten  die  aberrirte  Struma  zur  Heilung ;  beim  Halskropf  war  diese  Be- 
handlung erfolglos,  da  die  Wandungen  starke  Kalkplatten  enthielten. 

In  den  Fällen,  in  denen  die  Kropf exstirpation  nicht  mehr  aus- 
geführt werden  darf,  empfiehlt  A.  Wölfler  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Operative 
Bd.  21,  H.  2)  eine  operative  Dislocation  des  Kropfes  vor-  des  Kropfes, 
zunehmen.  Dieser  Eingriff,  der  nicht  mit  der  Jaboulay'schen  A.  Wölfler. 
Exothyreopexie  verwechselt  werden  darf,  besteht  darin,  dass  man 
den  Kropf  aus  seinem  Lager,  wo  er  functionelle  Störungen  hervor- 
ruft, herausholt  imd  ihn  unter  der  Haut  und  dem  Kopfnicker,  und 
auch  wohl  den  übrigen  Muskeln  an  einer  zumeist  höher  gelegenen 
Stelle  fixirt,  wo  er  voraussichtlich  die  Luftröhre,  den  X.  recurrens 
und  die  Speiseröhre  nicht  mehr  drücken  kann.  Indicationen  für  die 
Dislocation  des  Kropfes  sind:  1.  Kropfrecidive ;  2.  bilaterale  Com- 
pression  der  Luftröhre  durch  beide  Kropfhälften  (Exstirpation  der 
einen,  Dislocation  der  anderen) ;  3.  einseitige  Compression  der  Luft- 
röhre durch  jene  Kropf hälfte,  die  gerade  nicht  exstirpirt  worden  ist; 
4.  substemale  Verlagerung  einer  gleichmässig  vergrösserten  Schild- 
drüse bei  jugendlichen  Lidividuen. 

Unter  Beibringung  von  4  neuen  Beobachtungen  aus  der  v.  Bruns- 
schen  Klinik  behandelt  S.  Preyss  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  22,  H.  2)  Diffuse 
die  Operation  der  diffusen  Lipome  des  Halses.  Die  Exstir-  "^^pi^yg^®' 
pation  derselben  ist  oft  eine  äusserst  schwierige  und  zeitraubende 
Operation,  aber  der  Heilungsverlauf  ist  trotz  der  ausgedehnten  Wund- 
höhlen stets  günstig,  die  Gefahr  für  den  Kranken  sehr  gering.  Wir 
beseitigen  durch  sie  die  so  auffallende  Entstellung,  sowie  die  etwa 
vorhandenen  Beschwerden.  Vor  allem  können  wir  durch  eine  aus- 
gedehnte zeitige  Operation  verhindern,  dass  es  überhaupt  zu  bedroh- 
lichen Compressionserscheinungen  kommt,  ohne  eine  Wiederkehr  der 
exstirpirten  Tumoren  befürchten  zu  müssen. 

Als  Beitrag  zur  Kenntniss  der  tiefen  Lipome  des  Halses       Tiefe 
theüt  Fr.  Völcker  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  21,  H.  1)  folgende  Be-  ^^^'^J^J^/^g 
obachtung  mit:  Bei  einem  14jährigen  Mädchen  hatte  sich  ein  kinds-    pr.  Völcker. 
kopfgrosses,  subfasciales  Lipom  an  der  rechten  HaLsseito  entwickelt, 
das,  wie  sich  bei  der  Exstii'pation  ergab,  mit  einem  festen  knöchernen 
Stiel  an  den  Proc.  transversus  des  fünften  Halswirbels  bindegewebig 
fixirt  war.    Dieser  Knochenstiel  erwies  sich  als  eine  rudimentäre 


350  Wagner. 

Halsrippe,  deren  verdicktes  Periost  durch  Metaplasie  zur  Bildung 
der  lipomatösen  Geschwulst  geführt  hatte. 

2.  Krankheiten  der  Brnst  und  Wlrbels&nle. 

Die   Calot'sche  Behandlung  der  tuberculösen  Spondy- 
Calot'8       litis  hat,    wie  Hoffa   (Arch.   f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  3)   hervor- 

Behandlung  jig^j^^    eine  ganze  Reihe  von  Todesfällen  zur  Folge  gehabt  und  be- 
cu  lösen      ^rf    deshalb    entschieden    grosser   Einschränkungen.      Contraindi- 

Spondylitis,  cationen  gegen  das  Verfahren  bilden  das  Alter  des  Buckels,  sehr 
^^°  *'  hohe  Grade  von  Buckelbildung,  Abscesse.  Hat  ein  Gibbus  länger 
als  3 — 4  Jahre  bestanden,  so  ist  er  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  in 
Ruhe  zu  lassen,  da  sich  mit  aller  Wahrscheinlichkeit  eine  feste  Ver- 
wachsung der  Wirbel  entwickelt  hat.  H  o  f  f  a  hat  das  ursprüngUche 
Calo tische  Verfahren  mit  Resection  der  Domfortsätze  4mal  geübt: 
das  vorsichtige  Redressement ,  wie  es  Calot  jetzt  auch  selbst  em- 
pfiehlt, 19mal.  Mit  den  bisherigen  Ergebnissen  ist  Hoffa  recht 
zufrieden ;  natürUch  kann  von  einem  definitiven  Resultate  noch  nicht 
die  Rede  sein.  Man  darf  nicht  vergessen,  dass  es  sich  neben  der 
Difibrmität  der  Wirbelsäule  doch  noch  um  eine  tuberculöse  Erkran- 
kung der  Wirbel  handelt,  die  zur  Ausheilung  mindestens  2 — 3  Jahre 
beansprucht. 

L.  WuUstein,  L.  Wullstein  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  27)  bespricht 

die  schweren  anatomischen  Veränderungen,  die  sich  beider 
allerdings  bisher  kleinen  Zahl  experimenteller  Redressements  er- 
geben haben.  Bei  ganz  alten,  mit  grosser  Deformität  und  knöcherner 
Ankylose  geheilten  Fällen  soll  man  sich  auf  die  paragibbäre  Correc- 
tion  beschränken.  Bei  allen  anderen  Fällen  soU  man  das  von 
Calot  gesetzte  Ziel  zu  erreichen  suchen,  aber  bei  vollständiger 
Continuitätserhaltung  der  erkrankten  Wirbelsäule.  Für  dieses  all- 
mähliche, vorsichtige  Redressement  hat  Wullstein  einen  beson- 
deren Lagerungsapparat  construirt. 
0.  Vulpius,  0.  Vulpius   (Arch.   f.  klin.  Chir.  Bd.  57,   H.  3)  empfiehlt,  an 

Stelle  der  ganz  unzulänglichen  manuellen  Extension  entweder  die 
horizontale  Schraubenextension  oder  noch  besser  die  ver- 
ticale  Suspension  treten  zu  lassen.  Die  Vortheile  des  zunächst 
sehr  abschreckenden  Aufhängens  an  den  Füssen  sind  die  freie  Zn- 
gänglichkeit  des  ganzen  Rumpfes,  die  Entfernung  des  Narkotiseurs 
aus  dem  Arbeitsgebiete,  die  Möglichkeit,  direct  an  der  Wirbelsäule 
imd  mit  dosirbarer  Kraft  eine  Gewichtsextension  anbringen  zu 
können.     Unbedingt  muss  der  extendirte  Kopf  in  den  Verband  ein- 


Chirurgie. 


351 


geschlossen  werden.  —  Schede  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  3) 
empfiehlt  ebenfalls  nur  eine  sehr  gemilderte  modificirte  Calot'sche 
Behandlung  und  hat  dafür  einen  besonderen  Apparat  angegeben, 
dessen  Kraftentfaltung  genau  dosirt  werden  kann. 

E.  Anders  (Statische  und  pathologische  Verhältnisse 
der  redressirten  spondylitischen  Wirbelsäule.  Arch.  f. 
klin.  Chir.  Bd.  B6,  H.  4)  hebt  hervor,  dass  wir  durch  das  Calot'sche 
Verfahren  in  den  Stand  gesetzt  worden  sind,  durch  wirkliche  Tren- 
nung von  Wirbeltheilen  den  tubercidösen  Heerd  bei  horizontaler 
Lagerung  vom  statischen  Drucke  zu  entlasten.  Man  ist  femer  im 
Stande,  durch  gewaltsame  Trennung  der  exulcerirten  Wirbelkörper 
und  Geradestellung  den  Rückenmarkskanal  und  seinen  Inhalt  von 
den  sich  in  ihn  hineindrängenden  ZerfaUstheilen  zu  befreien  und 
den  auf  solche  Ursachen  zurückzufuhrendeo  Lähmungen  entgegen- 
zutreten. Dagegen  findet  durch  zu  weites  Auseinanderrücken  des 
supra-  und  infragibbären  Segmentes  von  einander  in  der  Längs- 
richtung Verschiebung  des  Markes  im  Kanal  und  Dehnung  mit 
seinen  Folgezuständen  statt.  Der  Nachweis  eines  knöchernen  Er- 
satzes für  die  entstandene  Lücke  nach  dem  Redressement  ist  bis 
jetzt  noch  nicht  erbracht  worden. 


Schede. 


E.  Anders. 


N.  Huhn   (Arch.   f.   klin.  Chir.  Bd.  56,   H.  4)   hat    einen  Ap-  Apparat  zur 

parat  zur  Streckung  und  Ausgleichung:  des  Buckels  con-    Streckung 

.^j  .  T^.  1  ,  r^,/.  des  Buckele, 

struirt,   der  eme  correcte  Dosirung  der  angewendeten  Zugkraft  er-      n.  Huhn. 

möglicht.    Alle  Manipulationen  am  Kranken  lassen  sich  im  Apparat 

ausfuhren,  sowohl  Zug,  Redressement ,  Reclination  als  Fixation  im 

Gipsverbande.     Die  Zahl  der  Assistenten  wird  dabei  auf  höchstens 

1 — 2  Personen  reducirt. 


Die    von  Kümmell   zuerst  im   Jahr  1891  beschriebene  trau- 
matische Spondylitis  ist   seitdem  von   einer  ganzen  Reihe  von 
Autoren  beobachtet  worden.     Auch  W.  Hattemer   (Ueber  trau-     Trauma- 
matischeSpondylitis  und  secundäre  traumatischeKyphose.       tische 
Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  20,  H.  1)  theilt  aus  der  Garr^'schen  Klinik  w.'^HatLmer'' 
zwei  charakteristische  Fälle    dieser  Affection  mit.     Die   durch  das 
Trauma   primär  gesetzten  Veränderungen  sind  in  vielen  Fällen  von 
traumatischer  Spondylitis   nicht   mit   Sicherheit   zu  bestimmen.     Je 
nach  der  Schwere  und  Art  der  einwirkenden  Gewalt  handelt  es  sich 
am  eine  Quetschung  der  Knorpel,  eine  Absprengung  von  Knochen-  * 
splittem,  eine  Infraction,  Fissur  oder  mehr  oder  minder  vollständige 
Compression    der   Wirbelkörper.     Die    secundäre  Erweichung   und 


352  Wagner. 

Kyphose  der  Wirbelsäule  ist  entweder  die  Folge  einer  traumatischen 
rareficirenden  Ostitis  oder  einer  localen  Osteomalacie  auf  nervöser 
Grundlage.  Die  Prognose  ist  verhältnissmässig  günstig,  wenn  bald 
die  richtige  Therapie  eingeschlagen  wird:  Fixirung  und  Entlastung 
der  Wirbelsäule  wie  bei  tuberculöser  Spondylitis.  Auch  nach  an- 
scheinend völliger  Ausheilung  müssen  die  Kranken  noch  längere 
Zeit  einen  Stützapparat  tragen. 

Auf  Grund  von  59  Obductionsprotokollen  tödtlicher  Eückgrats- 

Trauma-     Verletzungen   bespricht  P.  Stolper  (Monatsschr.  f.  Unfallheilkunde 

tische       Bd.5,H.2)dietraumati8chenBlutungeninundum  dasEücken- 
Blutungen  '  -^   ,  .  ® 

uraundin  mark.  Diese  kommen  bei  allen  schwererön  Rückgratsverletzun- 
das  Rücken- gen  yor,  seltener  ohne  solche.  Die  extramedullären  Blutungen 
P  stolper.  waren  stets  mit  einer  durch  Wirbelverschiebung  hervorgerufenen 
Contusio  medullae  complicirt,  hatten  also  als  selbständige  Aifection 
keine  Bedeutung.  Intramedulläre  Blutungen  fanden  sich  nur  im 
Halsmark,  und  zwar  immer  neben  Quetschungserscheinungen.  Die 
Verbreitung  der  Blutung  in  der  Längsaxe  war  stets  sehr  augen- 
fällig, ebenso  meist  die  Bevorzugung  der  grauen  Substanz.  Die  Ur- 
sache der  Hämatomyelie  ist  eine  Rücken markszerrung. 

Echino-  M.  Wilms   (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  21,   H.  1)  theilt  aus  der 

C0CCU8       Trendelenburg'schen   Klinik    einen  Fall   von  Echinococcus 
multilocu-  ^         . 

laris  der  multilocularis  der  Wirbelsäule  mit  und  bespricht  im  Anschluss 
Wirbelsäule, lueran  das  Verhältniss  des  multiloculären  Echinococcus 
zum  Echinococcus  hydatidosus.  Bei  dem  Kranken,  bei  dem 
eine  Resection  der  Wirbelsäule  anscheinend  mit  Erfolg  vorgenommen 
wurde,  der  aber  dann  später  dem  Fortschreiten  der  Affection  erlag, 
ergab  der  genaue  pathologisch -anatomische  und  helminthologi- 
sche  Befund,  dass  der  W^urm  nach  den  äusseren  mechanischen 
Bedingungen  wechselnd  bald  wie  der  Hydatidosus  bald  wie  der  Multi- 
locularis wuchs.  Wilms  kommt  zu  dem  Schlüsse,  dass  eine  Unter- 
scheidung der  Tänie  von  Echinococcus  multilocularis  und  hydati- 
dosus ebensowenig  angängig  ist,  wie  eine  Unterscheidung  des  Blasen- 
wurms nach  Form,  Grösse  und  Zahl  der  Haken.  Es  gibt  nur 
eine  Taenia  echinococcus. 

Auf  Grund   des   reichen  Materials   des  Stuttgarter  Katharinen- 

•  hospitals   hat   A.  Klett   (Deutsche   Zeitschr.   f.  Chir.  Bd.  49,   H.  4 

u.   5)    die   Behandlung    der    Thoraxverletzungen    bearbeitet. 

V.  Burckhardt  führt  bei  den  Stichwunden  des  Thorax  princi- 


Cinrnrgie.  353 

piell   die  primäre  Desinfectioii    des  WundkaTials .    eveDtufcH  bi?   zur  Behau  dlni.^ 
Pleura  oder  zum  Herzbeutel  aus.    Xicht  T»eiietiireDde  Wunden  wer-  ^^' 

den   dann   genäht,   penetrirende   mit  Jodoformxraze  tampc^nirt.     Bei   letiBBgeu. 
Schusswunden  des  Thorax  Legnüirte  man  sich  in  d^r  Regel  mit       A  Kl*-tt 
einer  Desinfection   der  Umgebunfr   der  Wunde,    der  Ein-  und  Aus- 
schussöfiiiung,  wenn  die  letztere  T(»rhandeTi,  und  dem  Anlegen  eines 
aseptischen  Deckrerbandes.     Die  Ericufire  dieser  Behau diungsmeth o- 
den  waren  sehr  günstig. 

Garre    (Ueber   Oesophagusrf-hecti  on    und    Oesoj»Lagus- Ocsopbagns- 
plastik.    Arch.  £.  klin.  Chir.  Bd.  57.  R  3i  hat  3  Oesophagu^resec-    '**^^^'"'' 
tionen   wegen  Carcinom    ausgeführt.     Die   g^^-^<ren    Schwierigkeiten 
erwachsen  einem  Operateur  bei  d*-r  XtrubilduLi:  einf^  Schlundrohrs. 
In  seinem  letzten  Falle  it>t  Garre  in  dt-r  Weie»e  Torgefirangm .  dass 
er  die  gesunde  Kehlkojtfschl^i  Tri  haut  aus^chäit^.  um  sie  zur  Bildung 
des  neuen  Schlundrohret«!  zu  b'r-nutzen-     Di^-^er  Tubus  irJt  und  blieb 
sehr  gut  vascularisirt  und  erwies  t^ich  als  ein  vorzügliches  Material 
fiir  die  vollkommen  gelungene  Plastik- 
Operationen    an    dem   Bru^tabschnitt    der   Speiseröhre  Operatiocfn 
hat  Rehn    (Arch.   f.   khn.  Chir.  Bd.  57.  R  4)   in   2  FäUen    ausge-      "  *^" 
führt.    Der  Oesophagus  wird  von  hinten  her  ireig-r-Iegr :  nach  eint-m    abschnitt 
Lappenschnitt  an    der  rechten  hinteren  Thoraxwand  und  BesecTinn  ^^^ 

.       ,  •         -n-  •  -  *        1   i_  -^  Speiseröhre. 

von  wenigstens   vier  Kippen    in    grosserer   Au>^iennung   trint   man        ^^ehn 
nach  Ablösung  der  Pleura  auf  den  Oesophagus,  der  in  seinem  Brust- 
theil  entschieden  besser  beweglich  ist,  als  am  Halse.    Beide  Operirt.e 
gingen  an  Infection  zu  Grunde. 

Ueber  die  Verletzung  des  Ductus  thoracicus  am  Halse 

und    ihre    Heilungsmöglichkeit    hat    W.    Wendel    (Deutsche         ^«*^ 

Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  48,   H.  5  u.  6»   eingehendere  Untersuchungen  des^D^oV/s 

«'zugestellt.     Er    kommt  dabei    zu   df-m  Ergebnisse,    dass   eine  Ver-   thor*cicu> 

Ittzung  des  Ductus  thoracicus  am  Halse   in  einem  grossen  Procent-    !^iSi*^*.t" 

>atze  der  Fälle   fiir  den  Abfluss   des  Chvlus   in   das  Blut  ohne  Be- 

Deutung  ist.     Hier  wird  die  Tamponade,    die  Ligatur,   das  Anhfren 

»iiner  Klemme   genügen,    um    eiue  Chylorrhoe   zu   vermeiden.     Die 

Keüung  wird   ohne  jede  Störung   in   kurzer  Zeit  erfolgen.     In  den 

Fällen  aber,  wo  keine  Collateralen  vorhanden  sind,  um  den  Abfluss 

^le.s  Chylus  zu  übernehmen,  wird  nur  ganz  ausnahmsweise  bei  kleinen 

>».*itlichen  Verletzungen  ein  Verschluss  der  OefFnung  durch  Gerinnsel 
Jafarbach  der  practischen  Mediciii.    1899.  23 


354  Wagner. 

stattfinden  können.  Denn  einerseits  hat  der  Chylus  keine  grosse 
Coagulationsfclhigkeit,  und  andererseits  sind  die  nachdrängenden  chy- 
lösen  Massen  so  gross ,  dass  sie  einen  etwa  gebildeten  Thrombus 
wieder  fortschwemmen  werden.  Hier  haben  wir  eine  Chylorrhoe 
zu  erwarten,  die  so  lange  andauert,  bis  sich  ausreichende  Collate- 
ralen  gebildet  haben. 

Operative  Harvey  W.  Cushing  (Operative  wounds  of  the  thoracic 

1  ♦-«^J««-    duct.     Report   of  a  case  with   suture  of  the  duct.     Ann.  of 
letzangen  * 

des  Ductus  surg.  Bd.  27,  H.  B)  verletzte  bei  der  Exstirpation  carcinomatöser 
thoracicus,  Drüsen  oberhalb  des  Schlüsselbeines  den  Ductus  thoracicus :  ca.  3  mm 
lange  Längswunde,  aus  der  sich  sofort  reichliche,  klare  seröse 
Flüssigkeit  ergoss.  Sofortige  Naht ;  Heilung  per  primam  intentionem ; 
kein  weiterer  Lympherguss.  Unter  8  in  der  Litteratur  mitgetheilten 
operativen  Ductus -Verletzungen  finden  sich  noch  2,  wo  die  Ver- 
letzung mit  Erfolg  sofort  durch  die  Naht  geschlossen  wurde. 

Dermoid-  G.  Ekehorn    (Archiv   f.   kUn.  Chir.  Bd.  57,   H.  1)   gibt  auf 

M^^*"  *  H  ^  m  ^^^^^^"^^^  2  eigener  und  29  in  der  Litteratur  zerstreuter  Beobachtungen 
anticum,  einen  üeberblick  über  die  Dermoidcysten  des  Mediastinum 
G.  Ekehorn.  anticum.  Diese  auf  fötale  Störungen  zurückzuführenden  Cysten 
können  längere  Zeit  ohne  nachweisbare  Erscheinungen  bestehen ;  für 
gewöhnlich  haben  sie  nur  ein  langsam  fortschreitendes  Wachsthum. 
Von  den  verschiedenen  Symptomen  ist  am  charakteristischsten  und 
geradezu  pathognomonisch  das  Aushusten  von  Haaren;  wichtig  ist 
femer  eine  längere  Zeit  bestehende  Hervorwölbung  der  Brust- 
wand.  Unter  den  subjectiven  Symptomen  treten  die  Athembeschwer- 
den  am  meisten  hervor. '  Die  Prognose  der  mediastinalen  Dennoid- 
cysten,  die  nicht  durch  chirurgischen  Eingriff  behandelt  werden,  ist 
absolut  schlecht.  Daher  ist  ein  operativer  Eingrüf  —  Totalexstir- 
pation  oder  einfache  Licision  und  Ausräumung  mit  nachfolgender 
Cauterisation  der  Wände  und  Drainage  —  dringend  indicirt,  sobald 
die  Diagnose  feststeht. 

Verblutung  Ein  Fall  von  tödtlicher  Verblutung  nach  Stichverletzung 

,r    ^y^?^        der   achten  Intercostalarterie  ist  der  Lihalt  einer  Mittheilung 
Verletzung  .    .  ,     r.«  . 

einer  Inter-  von  L.  Froriep  aus  der  v.  Bruns'schen  Klinik  (Beitr.  z.  klin.  Chir. 

costal-       Bd.  22,   H.  2).     Therapeutisch   lehrt  diese  Beobachtung,   bei  allen 
L*  Froriep     Verletzungen  des  Thorax,  bei  denen  eine  Verletzung  der  Intercostal- 
arterie in  Betracht  kommen  kann,  auch  wenn  keine  Blutung  daraul 
hinweist,  die  Wunde  zu  erweitem,  die  Arterie  aufzusuchen,  an  Ort 


und  Stelle  eventuell  zu  unterbinden,  oder  um  die  Aspirationswirkung 
der  Pleurahöhle  aaazuBchalten,  eine  Plenronaht  zu  machen  und  dann 
die  äussere  Wunde  mit  dem  blutenden  Gefösse  zu  behandeln. 

Die  Erfahrungen  über  die  Behandlung  veralteter  Em- 
pyeme, die  in  der  Czerny'schen  Klinik  an  20  Kranken  gesammelt 
woi-den   sind,   sprechen,   wie  Jordan   (Arch.    f.   klin.  Cbir,  Bd.  57,  Behandiui 
H.  3)  hervorhebt,  zu  Gunsten  der  Schede'echen  Operation,  bei  der    vet»liete 
neben  den  betreffenden  Rippenstücken  auch  die  Zwiachenrippentbeüe      jort<m. 
und  die  Pleuraschwarte  entfernt  werden.    Die  ßesection  der  Thorax- 
wand muss  90  ausgiebig  sein ,  daas  die  Empyemhöhle  von  jeglicher 
Knochenüberdaehung    befreit  wird.     Für    die    Nachbehandlung  em- 
pfiehlt sich  sehr  die  vollständig  offene  Wundbehandlung. 

G.  Perthes  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  20,  H,  1)  theüt  ein  neues       Kaoh- 
Verfahren    zur   Nachbehandlung    der    Operation    des   Em-  »»•l'.ndlur 
pyems;  und  zur  Beseitigung  des  Pneumothorax  mit,  sofern     sniprem- 
er    auf   einem    Defect   der   Thoraxwand    beruht.      Das  Ver-    opentior 
fahren    bezweckt,    nach    der  Radicaloperation   des  Empyems  durch 
Schnitt  und  Rippen  resection  einen  negativen  Druck  in  der  Empyem- 
höhle zu  unterhalten,  der  im  Sinne  der  Wiederentfaltung  der  colla- 
birt«n  Lunge  und  der  Verkleinerung  der  Empyendiöhle  wirksam  ist- 
Die  dem  Verfahren  dienende  Vorrichtung  besteht  aus  einer  Bunsen- 
schen  WasBerstrahlpumpe;   eine  eigens    conetruirte,    die  Operations- 
wunde luftdicht  abschlieBsende  Kappe  ermögUcht  es,  die  durch  die 
Luftpnmpe  erzeugte  Luflverdünnung    auf  die  Empyemhühle  auszu- 
dehnen.   Der  aus  der  Empyemhöhle  abfliessende  Eiter  wird  in  einem 
Sammelgef&Bse   aufgefangen ,    an    dem   ein  Manometer  jederzeit  den 
in    der   Pleurahöhle  unterhaltenen  negativen  Druck    zu    controlliren 
gestattet. 

Auf  Grund  einer  Zusammenstellung  der  mit  der  Pneumotomie 
bisher  erzielten  Resultate  hebt  Preyhan  (Berliner  Klinik  H.  1171  Pnauwo- 
zunächst  hervor,  daaa  sich  die  doppelseitigen  Lungenaffectionen,  p  j'*' 
Tnberculose  und Brouchiektasien,  nicht  iur  die  Pneumotomie  eignen. 
Diese  Operation  soll  nur  bei  einseitigeu  Lungencrkrankimgeii  An- 
wendung finden.  Und  zwar  bieten  hier  die  acuten  Erkranliimgen 
ungleich  bessere  HeiluogsausBichten,  ala  die  chronischen.  Die  Mög- 
lichkeit einer  rechtzeitigen  Operation  wird  in  der  Hauptsache  durch 
die  Frühdiagnose  gewährleistet.  Von  den  verschiedenen  Operationen 
gebührt    der  ßesection  die  erste  SteUe.     Von  grundlegender  Bcdeu- 


356  Wagner. 

tung  für  diesen  operativen  Eingriff  ist  natürlich  das  Bestehen  von 
Pleuraadhäsionen,  die  überall  da,  wo  sie  etwa  fehlen,  künstlich  er- 
zeugt werden  müssen. 

3.  Krankheiten  des  Unterleibs. 

a.  Magendarmkanal. 

Ueber  Peritonitis   chronica   non  tuberculosa  und  ihre 

Folgen:  Verengerung  des  D ar m s  und  Di slocation  der  rechten 

Peritonitis  Niere,  hat  Riedel  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  3)  interessante 

chronica     Mittheilungen  gemacht.     Er  bespricht  zunächst  die  Narbenbildung 

tuberculosa,  i^i  ^^^  Mesenterien,  die  namentlich  im  Mesenterium  des  S  romanum 

Riedel.        häufig  vorkommt   und  hier  zu  ileusartigen  Zuständen  führen  kann. 

Entwickelt  sich  der  chronisch  entzündliche  Process  im  Peritoneum 

der  hinteren  Bauchwand  rechterseits,  so  kann  er  zu  erheblicher  Dis- 

location  der  rechten  Niere  führen;   sie  wird  nach  der  Mittellinie  zu 

verzogen,    erscheint   als    stark   fixirter  Tumor   in   der  Gegend   der 

Gallenblase,  während  gleichzeitig  das  Duodenum  nach  links  verzen-t 

wird.    Es  treten  meist  die  gleichen  Erscheinungen  auf,  wie  bei  der 

acuten   Gallenblasenentzündung.     In   diesen  Fällen   muss   möglichst 

bald  operirt  und  die  Niere  fixirt  werden. 

An  der  Hand  von  7  in  der  chirurgischen  Abtheilung  des  Frank- 
Pene-       furter   Krankenhauses   beobachteten    Fällen    bespricht  E.  Siegel 
trirende     (ßeitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  21,  H.  2)  die  Diagnose  und  Therapie 
letzungen    ^®^    penetrirenden    Bauchverletzungen.      Die    Fälle    waren 
E.  Siegel.     2  Schussverletzungen  ohne  nachweisbare  Schädigung  innerer  Organe, 
3  Stichverletzungen  des  Magens,  resp.  der  Leber  und  2  Schuss Ver- 
letzungen mit  Eingeweideperforationen.    6  Kranke  genasen  nach  der 
Laparotomie;  nur  der  Patient  mit  Stichverletzung  des  Magens  starb. 
Die  frühzeitige  Laparotomie  ist  bei  penetrirenden  Bauchverletzungeu 
diejenige  Therapie,   die   allen  Complicationen  Rechnung  trägt   und 
die  allein  uns  befähigt,   den  Gefahren  zu  begegnen,  die  von  Seiten 
peritonealer  Infection  und  Verblutung  drohen. 

Zur  operativen  Behandlung  der  diffusen  eitrigen  Per- 
Operative    forationsperitonitis    bringt   B.  v.   Beck    (Beitr.    z.    klin.   Chir. 

Behandlung  ß^j   20,  H.  1)   einen  neuen  Beitrag.     Er  hat  innerhalb   6  Monaten 
der  Per-  ... 

forations-    ^^  Fälle  von  eitrig-jauchiger,  acuter  Peritonitis,   bedingt  durch  Or- 

peritonitis,  ganperforation ,   beobachtet.     Von  den  12  Kranken  wurden  11  ope- 

B.  V.  Beck.    j.^j^.  ^  crenasen,  und  zwar  wurden  diese  6,  24  und  48  Stunden  nach 

der  Perforation   operirt.     v.  Beck  betont,    dass   bei  Verdacht   oder 


Chirurgie. 


357 


des 

Magen- 

carcinoms^ 

Mikulicz, 


Annahme  einer  peritonealen  Organperforation  oder  beim  diagnosti- 
cirten  Auftreten  einer  diffusen,  der  Eiterung  oder  Jauchung  ver- 
dächtigen Peritonitis  der  Kranke  möglichst  bald  in  chirurgische  Be- 
handlung zu  bringen  ist,  die  in  einem  ausgiebigen  Bauchschnitt  mit 
Ausräumung  des  Exsudates  bestehen  muss. 

In  seinen  Beiträgen  zur  Technik  der  Operation  des 
Magencarcinoms  (Archiv  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  3)  betont 
J.  Mikulicz  zunächst  die  grosse  Wichtigkeit,  die  Verbreitungswege  Operation 
des  Magencarcinoms  genau  zu  studiren.  Für  den  Chirurgen  wichtig 
ist  besonders  die  continuirliche  Verbreitung  in  der  Magenwand. 
Mikulicz  ist  überzeugt,  dass  wir  dieselbe  bisher  zu  wenig  berück- 
sichtigt haben  imd  dass  in  der  Regel  zu  wenig  von  der  Magen- 
wand resecirt  worden  ist.  Die  Forderung,  bei  Magencarcinomen 
radicaler  als  bisher  vorzugehen,  bringt  es  mit  sich,  dass  die  Ope- 
ration sich  nach  jeder  Richtung  hin  eingreifender  gestaltet  und  dass 
die  Technik  namentlich  für  die  vorgeschrittenen  Fälle  eine  Aende- 
rung  erfahrt.  Zur  Verringerung  der  dadurch  gesteigerten  Gefahren 
tragen  heute  wesentlich  zwei  Mittel  bei:  die  Schleich'sche  An- 
ästhesie und  die  Vervollkommnung  unserer  Wundbehandlung  und 
Operationstechnik. 

Die  bisherigen  Erfahrungen  bei  der  radicalen  Opera- 
tion des  Magencarcinoms  (der  Magenresection  und  der 
Magenexstirpation)  an  der  Züricher  chirurgischen  Klinik 
sind  nach  Krönlein  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  2)  folgende: 
Von  24  Operirten  starben  5  an  den  Folgen  der  Operation,  2  an  inter- 
currenten  Krankheiten,  8  an  Carcinomrecidiv  im  1. — 3.  Jahre  post 
operationem;  8  Kranke  leben  ohne  Recidiv,  davon  2  im  4.  Jahre; 
1  Kranker  lebt  mit  Recidiv.  Die  Kranke  mit  totaler  Magenexstir- 
pation ist  nach  10  Monaten  noch  vollkommen  gesund. 


Krönlein. 


F.  Krumm  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  4)  hat  bei  2  Kranken 
die  Magenresection  nachKocher's  Methode  (Gastroduodeno- 
stomie)  vorgenommen.  Beide  Kranke  sind  bisher  6  resp.  8  Mo- 
nate recidivfrei.  Besonders  günstige  Aussichten  bietet  der  erstere 
Fall,  in  dem  eine  Frühdiagnose  gestellt  werden  konnte.  Krumm 
empfiehlt  das  Kocher'sche  Verfahren,  das  nach  den  Angaben  der 
Litteratur  bisher  erst  39mal  ausgeführt  worden  ist. 

Einen  sehr  interessanten  Fall  von  Regeneration  des  Magens 
nach  fast   totaler  Resection   beobachtete  Schuchardt   (Arch. 


Magen- 
resection 

nach 
Kocher's 
Methode, 
F.  Krumm. 


358  Wagner. 

Regene-      f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  2).    Bei  dem  58jährigen  Manne  war  Anfang 

1«« ««--«-«».  1895  ein  Theil  des  Duodenums,  das  krebsig  iniiltrirte  Netz  und  der 
Magens  nacn  '  ^ 

totaler  ganze  Magen  bis  auf  einen  2 — 3  Querfinger  breiten  Stumpf  an  der 
Resection,  Cardia  entfernt.  Der  Stumpf  Hess  sich  bequem  mit  dem  Duodenum 
vereinigen.  2'/4  Jahre  später  Tod  an  Lungenmetastasen.  Aus  dem 
zurückgelassenen  Cardiastumpf  und  dem  Duodenum  hatte  sich  ein 
neuer  magenähnlicher  Blindsack  von  500  g  Capacität  gebildet ;  kein 
örtUches  Recidiv. 

Gastro-  TJeber  die  Gastroenterostomie  hat  V.  Chlumskij  (Beitr.  z. 

entero-  ^^^  Chir,  Bd.  20,  H.  1  u.  2)  ausgedehnte  experimentelle  und  sta- 
V.  Chlumskij,  tistische  Studien  angestellt,  die  besonders  dasMikulicz'sche  Material 
zur  Grundlage  haben.  Von  Ende  1884  bis  Mitte  1897  wurden  in 
der  Breslauer  chirurgischen  Klinik  74  Gastroenterostomieen  vor- 
genommen, und  zwar  61mal  wegen  Carcinom  resp.  Sarkom,  llmal 
wegen  Ulcus  ventriculi  resp.  dadurch  entstandener  Pylorusstenose. 
24  Operirte  (32,43  °/o)  starben  innerhalb  der  ersten  30  Tage.  Die 
Operationsmethode  war  die  nach  v.  Hacker  und  Wo If  1er,  letztere 
mit  besonderen  Modificationen.  In  der  letzten  Zeit  wurde  der  Mur- 
phy'sche  Knopf  immer  häufiger  zur  Anlegung  der  Magendarmfistel 
verwendet,  und  zwar  immer  nach  dem  Princip  der  Gastroenterostomia 
anterior,  antecolica.  Von  1881 — 96  sind  550  Gastroenterostomieen 
mitgetheilt  worden.  Welchen  Einfluss  die  zunehmende  Uebung  und 
Erfahrung  der  Chirurgen  auf  den  Erfolg  der  Operation  gewonnen 
hat,  geht  am  besten  daraus  hervor,  dass  sich  die  Gesammtresultate 
von  Jahr  zu  Jahr  bessern:  1881—86  65,71  <>/o ;  1886—90  46,47  Vo: 
1891—96  33,91  %  Mortalität, 
w.  Sykoir,  Eine  einfache  Methode  der  Gastroenterostomie  hat  W.  S}'- 

koff  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  2)  in  einem  Falle  erprobt.  Er 
bildet  zunächst  eine  feste  Vereinigung  zwischen  Magen  und  Leer- 
darm,  ohne  dass  einer  von  beiden  eröffnet  wird.  Dann  wird  das  zu- 
führende Ende  mittels  eines  Querschnittes  eröffnet  und  von  da  aus 
die  an  den  Magen  angenähte  Darm  wand  und  die  betreffende  Magen - 
wand  durchtrennt.  Die  quere  Darmincision  wird  dann  in  der  Weise 
genäht,  dass  an  dieser  Stelle  eine  quer  verlaufende  Klappe  entsteht. 
0.  Kappeier,  0,  Kappeier   (Deutsche   Zeitschr.    f.  Chir.  Bd.  49,    H.  2  u.  8) 

theilt  seine  Erfahrungen  über  Gastroenterostomie  mit.  Er 
hat  von  1887 — 98  39  Gastroenterostomieen  ausgeführt:  8mal  wegen 
Ulcus,  31mal  wegen  Carcinom.  12  Kranke  starben  innerhalb  der 
ersten  80  Tage.  8  Kranke  wurden  nach  der  ursprünglichen  Methode 
von  Wölfler,  10  nach  der  von  v.  Hacker  operirt.    21  Kranke  ope- 


Chirurgie. 


359 


rirte  Verf.  nach  einer  eigenen  Methode  mit  horizontaler  Aufhängung 
beider  Schenkel  der  angenähten  Schlinge  am  Magen.  Bei  diesem 
Verfahren  werden  Störungen  in  der  Magendarmcirculation  fast  ganz 
vermieden. 

Aus  der  Albert'schen  Klinik  liefert  H.  Peham  (Deutsche  Zeit-  H.  Peham, 
Schrift  f.  Chir.  Bd.  48,  H.  5  u.  6)  einen  Beitrag  zur  Gastroentero- 
stomie, der  sich  auf  67  solche  Operationen  stützt,  die  1890 — 97 
vorgenommen  wurden.  34  Kranke  verstarben  während  ihres  Aufent- 
haltes in  der  Klinik,  darunter  14  an  Peritonitis.  In  50  Fällen  wurde 
die  Anastomose  an  der  hinteren  Wand  des  Magens  nach  der  von 
V.  Hacker  angegebenen  Weise  angelegt,  in  13  Fällen  die  vordere 
Anastomose  nach  Wolf  1er  und  in  4  Fällen  die  vordere  Anastomose 
nach  B renne  r's  Angabe  ausgeführt.  Gegenüber  der  Resection  tritt 
Peham  sehr  energisch  für  die  Gastroenterostomie  ein;  er  will  lieber 
ein  operables  Carcinom  unresecirt  lassen,  als  eine  Narbenstrictur 
reseciren. 

Als  ein  neues  vereinfachtes  Verfahren  der  Gastroentero- 
stomie und  Enteroanastomosis  empfiehlt  A.  Podres  (Arch.  f.     A.  Podres. 
klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  2)  die  perforirende  Kreuznaht,  über  die  aber 
jedenfalls  erst  noch  weitere  Erfahrungen  gesammelt  werden  müssen. 

J.  Hochenegg  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Bd.  11,  Nr.  21)  hat      Gastro- 
bei  einem  25jährigen  Kranken  mit  jedenfalls   angeborenem  Sand-  ^'^.^^^^^^^^^ 
uhrmagen  mit  günstigem  Erfolge  die  Gastroanastomose  nach      magen, 
Wölfler  vorgenommen.     Die   vorher  ausserordentlich  starken  Be-  J-  Hochenegg. 
schwerden,  namentlich  das  heftige  Erbrechen,  wurden  durch  die  Ope- 
ration vollkommen  gehoben. 


Auf  Anregung  von  A.  Henle  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  29) 
hat  Mikulicz  in  einem  Falle  von  gutartiger  Pylorusstenose 
anstatt  der  Pyloroplastik  oder  Gastroenteroanastomose  die  Gastro- 
duodenostomie  mit  Erfolg  ausgeführt.  Die  mittels  Naht  aus- 
gefiihrte  Anastomose  wurde  zwischen  Magen  und  dem  oberen  hori- 
zontalen Duodenalabschnitt  mit  Ausschaltung  des  Pylorus  ausgeführt. 
Voraussetzung  für  die  Ausführbarkeit  der  Operation  sind  Verlage- 
rung des  Pylorus  nach  oben  und  die  Verwandlung  des  oberen  hori- 
zontalen Duodenalabschnittes  in  einen  verticalen  oder  wenigstens  aus- 
gesprochene Beweglichkeit  des  genannten  Duodenalschenkels. 


Oastro- 

daodeno- 

Btomie, 

A.  Henle. 


Ueber   die  Behandlung  des  perforirenden  Magen-  und 
Duodenalgeschwürs  hat  K.  G.  Lennander  (Mittheilungen  aus  d. 


360  Wagner. 

Behandlung  Grenzgebieten  d.  Med.  u.  Chir.  Bd.  4,  H.  1)  eine  grössere  Arbeit  ver- 

f    ^"^  ^Yen   öffentlicht,  die  sich  hauptsächlich  auf  eigene  Beobachtungen  gründet. 

Magen- und  Er  verfügt  über  13  Operationsfalle:   8  mit  diifuser,   5   mit   circum- 

Duodenal-    gcripter  Peritonitis.    Weir  und  Foote  haben  79  Operationen  wegen 

cesdiwürB 

K.  G.  Lennan-  perforirender  Magen-  oder  Duodenalgeschwüre  zusammengestellt ;  die 

der.  Mortalität  beträgt  71  "/o.     Von   den  innerhalb  12  Stunden  nach  Be- 

ginn der  Symptome  Operirten  starben  39  °/o ;   von   den  innerhalb  12 
bis  24  Stunden  Operirten  76  °/o ;  von  den  später  Operirten  87  ^/o . 

Chirurgische  R.  Wanach  (Ein  Beitrag  zur  chirurgischen  Behandlung 

^^^Tes^"""^  des  Duodenalgeschwürs.    Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  2)  ope- 

Duodenal-    rirte  einen  22jährigen  Kranken  15  Stunden  nach  Beginn  der  schweren 

geschwürs,  peritonitischen  Erscheinungen.    Auf  der  Vorderwand  des  Duodenums 

dicht  am  Ansätze  des  Ligamentum  hepatico-duodenale,  fand  sich  eine 

Perforation.     Excision  des  Geschwürs  unmöglich.    Feste  Vemähung 

mit  sero-serösen  Nähten;  Jodoformtampon.    Heilung.    Während  der 

Operation  ist  die  Perforation  im  Duodenum  ausser  von  Wanach  nur 

noch  in  7  Fällen  gefunden  worden   (4  geheilt,   4  gestorben).     Vor 

der  Operation  konnte  die  Diagnose  kein  einziges  Mal  gestellt  werden. 

Eine  sehr  eingehende  Bearbeitung  der  Myome  des  Magen- 
Myome  des  darmkanals  hat  R.  Steiner  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  22,  H.  1  u.  2) 
Ma^gendarm-  ^^^  ^^^  Wölfler'schen  Klinik  geliefert.  Im  Anschluss  an  eine  Be- 
R.  Steiner,  obachtung  Wölfler's  von  Myoma  sarcomatosum  jejuni  und  an  2  Be- 
obachtungen Eppinger's  von  Myom  des  Magens  und  des  Processus 
vermiformis  hat  Steiner  58  Fälle  aus  der  Litteratur  zusammen- 
gestellt. Die  inneren  Myome  des  Verdauungkanales,  soweit 
sie  sich  klinisch  bemerkbar  machen,  zeigen  in  erster  Linie  die  Sym- 
ptome der  Verstopfung,  und  zwar  im  Anfang  mehr  die  eines  incom- 
ple1;en  als  completen  Verschlusses.  Letzterer  tritt  dann  allerdings 
oft  plötzlich  auf,  zeigt  aber  charakteristische  Unterbrechung,  während 
welcher  oft  vollkommenes  Wohlbefinden  vorhanden  ist.  Die  inneren 
Myome  des  Magens  und  des  Rectums  sind  meist  durch  schwere 
Blutungen  ausgezeichnet.  Die  äusseren  Myome  des  Magen  da  rm- 
r  obres  erreichen  weitaus  grösseren  Umfang  und  rufen  anfanglich 
nur  die  Symptome  der  Verzerrung  und  Verziehung  hervor,  ohne  die 
Passage  zu  stören;  später  treten  zu  ihnen  die  Symptome  der  Com- 
pression.  Bei  den  durch  äussere  Myome  hervorgeinifenen  Stenosen 
treten  keine  freien  Intervalle  ein.  Wegen  Myomen  des  Verdauungs- 
kanales  wurden  im  ganzen  24  Operationen  ausgeführt;  5  Kranke 
starben  daran. 


Chirurgie.  361 

W.  S.  Halsted  (Inflated  rubber  cylinders  for  circular  Darmnaht, 
suture  of  the  in  testine.  Bull,  of  the  John  Hopkin's  hosp.  Bd.  9,  ^-  ^-  Halß^^ed. 
Nr.  83)  empfiehlt  auf  Grund  von  Thiei-versuchen  die  circuläre  Darm- 
naht über  kleinen  Kautschukballons  auszufiihi'en,  die  luftleer  in  die 
resecirten  Darmenden  eingeführt  und  dann  mit  Luft  aufgeblasen 
werden.  Die  Darmnaht  lässt  sich  über  einem  solchen  wurstförmigen 
Ballon  sehr  rasch  und  exact  vornehmen.  Kurz  vor  Beendigung  der 
Naht  wird  der  wieder  luftleer  gemachte  Ballon  entfernt. 

Zur  Casuistik  der  vielfachen  Schussverletzungen  des    Vielfache 

Dünndarms  theüt   A.  Mannaberg   (Beitr.   z.   kHn.  Chir.  Bd.  20,      Schuss- 

,  .    .      Verletzung 

H.  2)  einen  sehr  interessanten  Fall   aus   der  Wölfler'öchen  Klinik    des  Dünn- 

mit.  Die  40jährige  Kranke  hat  aus  '/4  m  Entfernung  einen  Revolver-  darms, 
öchuss  in  das  Abdomen  bekommen.  5  Stunden  nach  der  Verletzung  *  *  *'^' 
Laparotomie.  Es  fanden  sich  17  Verletzungen  des  Dünndarms,  dar- 
imter  16  Perforationen,  die  sämmtlich  genäht  werden  mussten.  Hei- 
lung. Bei  constatirter  oder  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  an- 
genommener complicirter  Perforation  des  Magendarmtractus  muss 
alsbald  die  Laparotomie  als  einzig  richtige  Therapie  ausgeführt  werden, 
nicht  nur  im  unmittelbaren  Anschlüsse  an  die  Verletzung,  sondern 
auch,  mit  allerdings  in  geometrischer  Proportion  abnehmender  Aus- 
sicht auf  Erfolg,  auch  noch  am  2.  oder  3.  Tage. 

Popp  er  t  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  3)   machte   bei   einer      Poppert. 
Unterleibsschussverletzung  4  Stunden  später  die  Laparotomie. 
Es  fanden  sich  12  Perforationen  im  Dünndarm.    Es  mussten  5  mehr 
oder  wenige  lange  Darmstücke  resecirt  werden.     Heilung. 

Auf  Grund  von  23  Operationen  schildert  May  dl  (Mittheilungen  Jejuno- 
aus  d.  Grenzgeb.  der  Med.  u.  Chir.  Bd.  3,  H.  3  u.  4)  die  Leistungs-  ^ir^"^®' 
lähigkeit  und  die  technischen  Vervollkommnungen  der  Jejunostomie. 
Es  geht  aus  den  mitgetheilten  Erfahrungen  ebenso  entschieden  her- 
vor, dass  die  Jejunostomie  sowohl  in  Bezug  auf  die  breite  Anwend- 
barkeit dieses  Verfahrens,  die  Sicherheit  der  Methode,  ihre  leichte 
Ausführbarkeit  auch  ohne  Narkose,  ihre  schon  bei  der  ersten  Reihe 
von  Fällen  beobachtete  geringe  Sterblichkeit,  gute  Function  der 
Fistel,  die  postoperative  Lebensdauer,  Ausbleiben  der  Recidive  von 
Stenosenerscheinungen  jedenfalls   der   Gastroenterostomie   überlegen  _ 

ist  und  fortab  das  Verfahren  der  Wahl  bei  neoplastischen  malignen 
Stenosen  des  Magendünndarmüberganges  werden  sollte,   ebenso  wi* 
es  die  Gastroenterostomie  werden  muss,  wenn  es  sich  um  guta 
narbige  Verengerungen  handelt. 


362  Wagner. 

In  seinen  neueren  Erfahrungen  über  Appendicitis  hebt 
Appendi-  E.  Sonnenburg  (Mittheilungen  aus  d.  Grenzgebieten  d.  Med.  u. 
citis,  Chir.  Bd.  3,  H.  1)  hervor,  dass  den  mit  stürmischen  Initialsymptomen 
'einhergehenden  charakteristischen  Anfallen,  selbst  wenn  es  sich  um 
erste  Attacken  handelt,  die  pathologischen  Veränderungen  der  per- 
forirenden  Appendicitis  zu  Grunde  liegen.  In  diesen  Fällen  ist 
nur  durch  eine  chirurgische  Behandlung  —  Eröffnung  des  Abscesses 
und  völlige  Entfernung  des  erkrankten  Wurmfortsatzes  —  dauernder 
Erfolg  zu  erzielen.  Bei  den  diffusen,  nach  Appendicitis  auf- 
tretenden Feritonitiden,  die  meist  im  Anschluss  an  einen  ab- 
gekapselten Heerd  um  den  perforirten  Appendix  entstehen,  der  nach 
der  Bauchhöhle  durchbricht,  empfiehlt  Sonnen  bürg,  den  ursprüng- 
lichen Heerd  durch  Flankenschnitt  breit  zu  eröffnen  und  durch  Ent- 
lastung desselben  ihn  unschädlich  zu  machen.  Dadurch  wird  die 
weitere  Infection  des  freien  Bauchraumes  beschränkt.  Von  64  Kranken 
mit  diffuser  Peritonitis  nach  Appendicitis,  die  Sonnenburg  mittels 
Flanken  Schnittes  behandelte,  genasen  27  =  42*^/0. 

In  einem  Beitrage  zur  Pathologie  und  Therapie  der 
Wurmfortsatzentzündung,  der  sich  auf  56  Fälle  mit  14,3  */o  Mor- 
Gzemy  n.  talität  gründet,  präcisiren  Czerny  und  Heddaeus  (Beitr.  z.  klin. 
HeddaeuB.  q^  g^  21,  H.  2)  ihren  Standpunkt  in  der  Appendicitisfrage  dahin, 
dass  der  acute  erste  Anfall  von  Appendicitis  dem  internen  Mediciner 
gehört.  Kommt  es  im  Anschluss  an  diesen  Anfall  unter  acuten  oder 
chronischen  Erscheinungen  zur  Abscessbildung,  so  muss  chirurgisch 
eingeschritten  werden.  Alle  chronischen  recidivirenden  Formen,  seien 
sie  rein  katarrhalisch,  seien  sie  ulcerös  oder  perforirend  oder  theil- 
weise  obUterirend,  gehören  dem  Chirurgen,  weil  sie  eine  beständige 
Gefahr  und  Existenzbeeinträchtigung  des  Besitzers  bilden. 

Locale  Eine   grössere  Arbeit  von   V.   Conrath   (Beitr.    z.    klin.    Chir. 

chronische  Bd.  21 ,  H.  1)  über  die  locale  chronische  Cöcumtuberculose 
tnbercalose  ^^^  ihre  chirurgische  Behandlung  gründet  sich  auf  5  Be- 
V.  Conrath.  obachtungen  aus  der  Wölfle raschen  Klinik  und  80  aus  der  Litte- 
ratur  zusammengestellte  Fälle.  Die  chronische  Cöcumtuberculose, 
der  tuberculöseCöcaltumor  ist  wohl  ausnahmslos  eine  secundäre 
Darmtuberculose  und  behält  seinen  eigenen  Charakter  unabhängig 
davon,  ob  die  Tuberculose  in  der  Mucosa  oder  Subserosa  ihren  Ur- 
sprung genommen  hat.  Die  subseröseForm  entsteht  durch  Con- 
tactinfection  von  den  regionalen  tuberculösen  Lymphdrüsen  aus ;  die 
mucöse  Form  ist  eine  Fütterungstuberculose ,  verursacht  durch 
tuberculose  Sputa.     Der  tuberculose  Cöcaltumor  ist   meist  hart  und 


Chirurgie.  363 

höckerig,  von  der  Bauchwand  abdrückbar ,  mehr  oder  weniger  be- 
weglich. Therapeutisch  empfiehlt  sich  die  Totalexstirpation 
des  Göcaltumors  dann,  wenn  Aussicht  vorhanden  ist,  dass  bei 
einem  sonst  noch  ziemlich  kräftigen  Individuum  die  Geschwulst  leicht 
und  ohne  Zurücklassung  eines  localen  Heerdes  exstirpirt  werden 
kann.  In  aUen  anderen  Fällen  ist  die  incomplete  Darmausschal- 
tung auszufuhren,  der  unt^  günstigen  Verhältnissen  die  Exstirpation 
angeschlossen  werden  kann. 

J.  Schulz  (Deutsche  Zeitschr.   f.  Chir.  Bd.  47,  H.  5  u.  6)  be-D  ärmsten  ose 
richtet  über  einen  Fall  von  Darmstenose  infolge  von  Gangrän  i^J^ol^e  von 
der  Schleimhautnach  Operationeiner  incarcerirtenLeisten-        haut- 
hernie.    Die  Schleimhaut  der  eingeklemmt  gewesenen,  anscheinend     gangrän, 
lebensfähigen  und  deshalb  reponirten  Darmschlinge  war  geschwürig       '    ® 
zerfallen ;  es  bildete  sich  eine  gleichmässige  narbige  Stenose  aus,  die 
mehrere  Wochen   nach    der   Hemiotomie   eine  Laparotomie  nöthig 
machte.    Wegen  des  grossen  Schwächezustandes  des  Kranken  wurde 
die  Enteroainastomose  gemacht.    Heilung.     Zwei  ganz  ähnliche 
Beobachtungen  sind  früher  von  Garr^  und  Maas  mitgetheilt  worden. 

A.  V.  Eiseisberg  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  2)  theilt  seine      Totale 

Erfahrunsen  über  die  Behandlung  von  Kothfisteln  und  Stric-    ^""^*^*- 

iT-i,  -11  i-i-i  aohaltung 

turen  des  Darmkanals  mittels   der  totalen  Darmausschal-     beiKoth- 

tung  mit.  Er  hat  die  totale  Darmausschaltung  bisher  12mal  aus-  fisteln, 
gefuhrt;  6mal  handelte  es  sich  um  für  die  Resection  inoperable  Koth-  '^'  "®"  ^^' 
fisteln  (2  Todesfälle);  3mal  um  inoperable  Tumoren  (1  Todesfall); 
2mal  um  ausgedehnte  Schwielen  resp.  Abscessbildung  des  Cöcums; 
Imal  um  Tuberculose  des  Cöcums.  Die  Darmausschaltung  soll  aber 
stets  erst  dann  in  Betracht  kommen,  wenn  eine  Resection  sich  un- 
möglich oder  zu  gefahrlich  und  schwierig  erweist.  Die  partielle 
Darmausschaltung,  die  bei  für  Resection  inoperablen  Stenosen  der 
totalen  Ausschaltung  wegen  ihrer  Einfachheit  vorzuziehen  ist,  lässt 
bei  Kothfisteln  meist  im  Stiche;  während  bei  nicht  bestehenden 
Fisteln  die  totale  Darmausschaltung  der  partiellen  nur  dann  vor- 
zuziehen sein  wird,  wenn  sehr  lebhafte  Schmerzen  bestehen,  eine 
Infection  und  katarrhalische  AfFection  des  Darmkanals  von  dem  Ent- 
zündungsheerde  aus  oder  gar  eine  schwere  Blutung  und  Perforation 
zu  befürchten  ist.  Unter  allen  Umständen  aber  wird  man  die  par- 
tielle Darmausschaltung  vor  die  totale  stellen,  wenn  man  über  zu- 
und  abführendes  Stück  im  Unklaren  ist.  Trotz  der  günstigen  Er- 
folge von  V.  Baracz  und  Obalinski  warnt  v.  Eiseisberg  vor  der 


364  Wagner. 

totalen  Occlusion  der  ausgeschalteten  Partie ;  er  lässt  stets  eine  Fistel 
als  Sicherheitsventil.  Die  Secretion  aus  dieser  Fistel  nimmt  immer 
schnell  ab,  so  dass  sie  die  Kranken  nicht  belästigt. 

intussus-  H.  Küttner  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  21,  H.  2)  theilt  aus  der 

ception     ^    Bruns'schen  Klinik   einen   sehr    interessanten  Fall   von  Ileus 

eines 

Meckel-  durch  Tntussusception  eines  Meckel'schen  Divertikels  mit. 
sehen  Trotz  Laparotomie  starb  die  41jährige  Kranke.  Die  Section  ergab, 
H  Küttner  '  ^^^^  ^  ^°^  unterhalb  des  Ueberganges  von  Duodenum  in  Jejunum 
das  Darmlumen  durch  ein  handschuhiingerfbrmig  umgestülptes  Diver- 
tikel verlegt  war  und  dass  dicht  unterhalb  der  Basis  dieses  Gre- 
bildes  die  Darmwand  in  geringer  Ausdehnung  gangränös  und  an  drei 
kleineren  Stellen  perforirt  war. 

Die  Frage  der  forcirten  Taxis  eingeklemmter  Brüchebe- 
Forcirte  spricht  E.  Bennecke  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Bd.  35,  Nr.  12)  an  der 
Taxis,  Hand  eines  sehr  lehrreichen  Beispiels.  Die  falsche  Ansicht,  dass  die 
Compressionstaxis  der  eingeklemmten  Brüche  überhaupt  nicht  über- 
trieben werden  könne,  hat  schon  viel  Unheil  angerichtet.  Am  gefahr- 
lichsten kann  sie  in  der  Narkose  werden,  wo  das  Fehlen  von  Schmerzens- 
äusserungen  des  Kranken  zur  Anwendung  stärkerer  Kraft  verfuhrt. 
Die  Taxis  soll  nie  mit  maximaler,  stets  mit  stark  gemässigter  Kraft  und 
keinenfalls  länger  als  10  Minuten  vorgenommen  werden.  Die  Repositions- 
versuche  werden  aber  nur  kürzere  Zeit  wiederholt,  nachdem  der  Kranke 
mit  erhöhtem  Becken  etwa  1  Stunde  mit  einer  Eisblase  auf  dem  Bruch 
zu  Bett  gelegen  hat.  Sind  auch  diese  Versuche  erfolglos,  so  wird 
sofort  zur  Operation  geschritten.  Ist  ausserhalb  des  Krankenhauses 
die  Taxis  schon  versucht,  so  wird  sie  in  der  Klinik  auf  ein  Mini- 
mum beschränkt.  Führen  diese  Versuche  nicht  in  wenigen  Minuten 
zum  Ziele,  so  wird  zur  Operation  geschritten.  Sind  irgend  welche 
Erscheinungen  von  Perforation,  Entzündung  im  Bruchsack  vorhanden, 
oder  ist  der  Bruch  sehr  gespannt  und  sehr  schmerzhaft,  ist  die 
Leistungsfähigkeit  des  Darms  auch  nur  im  geringsten  zweifelhaft, 
so  unterbleibt  selbstverständlich  jeder  Versuch  einer  Reposition. 

Darrawand-  0.  Föderl  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  2)  hat  eine  experimentelle 

bräche,  Studie  über  Darmwandbrüche  veröflFentlicht.  Die  Anregung  zu  der  Ar- 
0.  Föderl.  ^^-^  ^^  ^^  Beobachtung  eines  Falles  von  incarcerirter  Lateralhemie  in 
der  secundären  Ausstülpung  eines  Nabelbruchsackes.  Die  45jährige  Kranke 
wurde  durch  Operation  geheilt.  Zur  Ergründung  des  bei  den  Darm- 
wandbrüchen in  Betracht  kommenden  Mechanismus  hat  Föderl 
Versuche  an  lebenden  Meerschweinchen,   sowie  exti-aabdominale  Versuche 


Chirurgie. 


365 


am  lebenden  und  todten  Darme  angestellt.  Die  Hauptresultate  sind  fol- 
gende: Die  acuten  Einklemmungen  von  Partialhemien  entstehen  in  der 
Regel  nach  dem  Typus  der  Eotheinklemmung,  selten  infolge  elastischer 
Incarccration.  Bei  chronischen  Partialhemien  findet  sich  immer  eine  Ver- 
wachsung mit  demjenigen  Peritonealtheile,  der  der  Bruchpforte,  bezw.  dem 
Bruchsacke  entspricht.  Für  die  Entstehung  der  Darmwandbrüche  über- 
haupt kommt  namentlich  die  Wirkung  der  Bauchpresse  in  Betracht.  Soll 
eine  elastische  Einklemmung  entstehen,  so  muss  ein  leerer  Darm  einer  sehr 
elastischen  Bruchpforte  gegenüberliegen.  Meist  besteht  anfangs  eine  Com- 
munication  zwischen  Partialhemie  und  Lateralbruchschlinge,  die  später 
durch  eine  secundare  elastische  Umschnürung  aufgehoben  werden  kann. 


Th.  Hiller  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  22,  H.  1)   theilt  16  Ope-    Operation 


rationen  bei  Nabelbrüchen  mit,  die  von  Steinthal  im  Stutt- 
garter Diakonissenhause  vorgenommen  worden  sind.  Bei  2  Kranken 
bestand  schwere  Einklemmung;  beide  starben  nach  der  Operation, 
der  eine  an  schon  bestehender  Peritonitis,  der  andere  an  Pneumonie. 
9  Kranke  sind  '/2 — 3^/a  Jahre  nach  der  Operation  sicher  recidivfrei. 
Bei  kleinen  und  mittelgrossen  Brüchen  und  bei  Kranken,  die  eine 
allgemeine  Narkose  ertragen,  erscheint  die  Omphalektomie  nach 
Condamin-Bruns  als  die  rationellste  Methode.  Bei  Trägem  von 
Nabelbrüchen ,  die  für  eine  allgemeine  Narkose  nicht  tauglich  er- 
scheinen, besitzen  wir  in  der  Schleich'schen  Infiltrationsmethode 
ein  vorzügliches  Mittel,  die  Radicaloperation  der  Nabelbrüche  gefahr- 
los durchzufiihren. 


der  Nabel- 
brüche, 
Th.  mUer. 


Hernia 

Processus 

vaginalis 

encystica, 

K.  Selcke. 


Im  Anschluss  an  eine  Beobachtung  aus  der  Garre'schen  Klinik  hat 
K.  Selcke  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  22,  H.  1)  eine  Arbeit  über  die  Hernia 
Processus  vaginalis  encystica  geliefert.  Von  den  bisher  beschriebenen 
Fällen  sind  nur  7  als  wirkliche  encystirte  Hernien  anzuerkennen.  Die  meist 
congenitale,  fast  stets  rechts  sitzende  Hernia  processus  vaginalis  encystica 
ist  eine  sehr  wichtige  Abart  der  äusseren  indirecten  Leistenhernie  und  da- 
durch charakterisirt,  dass  der  Bruchsack  sich  in  die  Höhle  des  nicht  ob- 
literirten  Processus  vaginalis  hineingestülpt  hat.  Die  Tunica  vaginalis 
communis  ist  mehr  weniger  stark  erweitert,  enthält  verschiedene  Mengen 
Flüssigkeit.  Der  in  die  Tunica  vaginalis  eingeführte  Finger  bewegt  sich 
in  einem  völüg  abgeschlossenen  Blindsack;  man  gelangt  auf  keine  Weise 
in  die  Bauchhöhle,  auch  nicht  mit  der  Sonde.  Die  Diagnose  der  Hernia 
encystica  ist  klinisch  sehr  selten,  bei  der  Operation  wohl  immer  zu  stellen. 

F.  Baehr  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  1)  theilt  3  Beobachtungen    g^J^^^^^ 
des  sehr  seltenen  äusseren  Schenkelbruches  mit,    der   in  noch  heute       bruch, 
mustergültiger  Weise  1829  von  Hesse Ibach  beschrieben  worden  ist.    Seine      F.  B« 


366  Wagner. 

Haupteigenthümlichkeiten  sind  das  sehr  allmähliche  Entstehen,  die  La^ 
zwischen  Spina  ilei  anterior  snperior  und  den  Schenkelgefössen,  die  breite 
Basis  und  die  stumpfe  Spitze. 

Auf  Grund  der  ausgezeichneten  Erfolge,  die  Kocher  namentlich 
Radioal-     mit  seiner  lateralen  Verlagerungsmethode  erzielt  hat,  stellt  S.  Leben- 

Operation      ^^  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  48,  H.  5  u.  6)  folgende  Sätze 
der  Hermen,  ^  .'  xx«  j-     i 

S.  Lebensobn.  für  die  Radicaloperation  der  Hernien  auf:   1.  Die  Radicalope- 

ration  eines  Bruches  ist  ein  ungefährlicher  Eingriff;  er  bietet  sehr 
grosse  Sicherheit  in  Bezug  auf  definitive  Heilung.  2.  Bei  Brüchen, 
die  irreponibel  oder  incoercibel  sind,  die  schon  Einklemmungserschei- 
nungen  hervorgerufen  haben,  ist  die  Radicaloperation  unbedingt  ge- 
boten. 3.  Jeder  reponible  Bruch,  der  sich  durch  Bruchband  nur  in 
einer  Weise  zurückhalten  lässt,  die  dem  Exanken  Beschwerden  ver- 
ursacht, soll  einer  Radicaloperation  unterworfen  werden.  4.  Als  Indi- 
cation  zur  Radicaloperation  darf  femer  gelten  der  Wunsch  des 
Kranken,  durch  eine  Radicaloperation  geheilt  und  vom  lästigen 
Tragen  eines  Bruchbandes  befreit  zu  werden.  5.  Die  Operation  ist 
contraindicirt  bei  gestörtem  Allgemeinbefinden,  Krankheit  lebens- 
wichtiger Organe  und  bei  solchen  Potatoren,  bei  denen  Delirium- 
ausbrüche zu  befürchten  sind. 

Radical-  A. Br  enner(Centralbl. f.  Chir. Bd. 26,  Nr. 41)  hat  bei  348 Leisten- 

de^ L^el  ^r'n- ^^^^^^^  ^^^  Fingerhut-  bis  Mannskopfgrösse  die  Radicalopera- 

hernien,  tion  nach  Bassini  gemacht.  Er  hat  die  Methode  dahin  abgeändert, 
A.  Brenner,  (j^gg  ^r  den  Cremaster  als  Ergänzung  der  Muskelplatte  des  Obli- 
quus  internus  verwendet  und  durch  ihn  die  hintere  Wand  des  Leisten- 
kanals bildet.  Es  wird  auf  diese  Art  Muskel  an  Muskel  und  nicht  die 
Muskelmasse  des  Litemus  und  Transversus  an  die  gefassarme  Schicht 
des  angefrischten  Poupart^schen  Bandes  vernäht.  Die  348  Brüche 
fanden  sich  bei  251  Kranken;  2  starben.  Unter  169  verwerthbaren 
Fällen  fanden  sich  10  Recidive  (5,9  »/o). 

Osteo-  M.  Borchard  berichtet  über  4  Kranke,  bei  denen  Körte  mit 

plastiBcher  gü^gtigem   functionellem    Resultate    den    osteoplastischen    Ver- 
Verschlass        .  f  ^ 

grosser      schluss  grosser  Bruchpforten  nach  dem  Verfahren  von  Tren- 

Brnch-       delenburg-Kraske  ausgeführt  hat.   Es  wird  aus  dem  Becken  des 
M^  Borchard.   Bruchkranken    selbst    ein    Periostknochenlappen   oder  ein    Periost- 
knorpelknochenlappen  gebildet,  mit  seiner  Basis  an  der  Ursprungs- 
stelle mit  dem  Becken  in  Verbindung  gelassen  und  dann  nach  oben 
in  die  Bruchpforte  hineingeklappt.    Der  Dauererfolg  hängt  im  wesent- 


Chirurgie.  367 

liehen  davon  ab,  dass  die  Knochenplatte  möglichst  in  dem  Um- 
fange bestehen  bleibt,  in  dem.  sie  bei  der  Operation  aufgerichtet 
wurde.  Dieses  ideale  Resultat  ist  bei  drei  von  den  Körte'schen 
Operationen  erreicht  worden,  die  3*/»,  2^4,  l'/4  Jahre  recidivfrei  sind. 

b.  Leber,  Gallenblase,  Milz,  Pankreas. 

Ueber   die   Stillung  von  Leber-  und  Nierenblutungen 
mit  Dampf  und  heisser  Luft  hat  H.  Schneider  (Beitr.  z.  klin.  Stillung  von 
Chir.  Bd.  21,   H.  3)   an  Thieren  mit  gutem  Erfolge  experimentirt.      jjieren^ 
Die   beisse  Luft   gestattet   auch  grosse   blutende  Flächen  rasch  mit    blutnngen 
fester  Decke   zu   versehen;    der  entstehende   Schorf  ist  dauerhaft,     mittelst 
aseptisch,    ohne   fremde   Einschlüsse,    unter   ausschliesslicher   Ver-     wasser- 
Wendung    des    ausströmenden    Blutes    gebildet.      Eine    functionelle     dampf  es, 
Schädigung  der  Organe  durch  Ueberhitzung  ist  nicht  zu  befurchten.  ^'  Schneider. 
Jedenfalls  erscheint  die  Methode  auch  beim  Menschen  einer  näheren 
Prüfung  werth. 

H.  Kehr    (Samml.   klin.  Vorträge,    N.  F.   Nr.  22B)    theilt   die  Gallenstein- 

Resultate  von  360  Gallensteinlaparotomieen  mit,  unter  be-      i«P»ro- 
_  ^  i-i.  i.-i-i  r>-ri  tomieen, 

sonderer  Berücksichtigung  der  in  den  letzten  2  Jahren  aus-      h.  Kehr. 

geführten  151  Operationen.  Er  vertheilt  seine  Operirten  unter 
fünf  grosse  Gruppen:  1.  Die  Steine  steckten  nur  in  der  Gallenblase 
bezw.  im  Duct.  cysticus  und  konnten  durch  Cystostomie,  Cystico- 
tomie  u.  s.  w.  entfernt  werden.  Von  180  hierher  gehörigen  con- 
servativen  Gallenblasenoperationen  endeten  nur  3  tödtlich.  2.  Die 
Gallenblase  war  derartig  beschaffen,  dass  ihre  Erhaltung  keinen 
Zweck  hatte,  wie  bei  Obliterationen  des  Duct.  cysticus,  Schrumpfungs- 
processen  der  Gallenblasen  Wandungen.  Von  69  Totalexstirpationen 
verliefen  3  letal.  3.  Die  Steine  lagen  schon  im  Choledochus  und 
muBsten,  da  sie  wegen  ihrer  Grösse  weder  durch  die  Papille  in  das 
Duodenum,  noch  durch  den  Cysticus  in  die  Gallenblase  geschoben 
werden  konnten,  46mal  durch  die  Choledochotomie  und  Imal  durch 
Choledochotripsie  entfernt  werden  (4  Todesfälle).  4.  Unter  die  vierte 
Gruppe  gehören  19  Fälle,  bei  denen  entweder  statt  der  vermutheten 
Gallensteine  andere  krankhafte  Processe  (Ulcus  ventriculi,  Wander- 
niere, Leberechinococcus)  aufgedeckt,  oder  die  Gallenblase  zwar  leer 
von  Steinen,  aber  mit  Netz,  Magen,  Darm  oder  Bauchwand  ver- 
wachsen gefunden  wurde  (3  Todesfalle).  5.  Es  bestand  neben  der 
Gallensteinkrankheit  weit  vorgeschrittenes  Carcinom  der  Leber,  der 
Porta  hepatis,   des  Choledochus,  des  Magens,  des  Pankreaskopfes, 


364  Wagner. 

totalen  Occlusion  der  ausgeschalteten  Partie ;  er  lässt  stets  eine  Fistel 
als  Sicherheitsventil.  Die  Secretion  aus  dieser  Fistel  nimmt  immer 
schnell  ab,  so  dass  sie  die  Kranken  nicht  belästigt. 

intussuB-  H.  Küttner  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  21,  H.  2)  theilt  aus  der 

ception     y    Bruns'schen   Klinik   einen   sehr    interessanten  Fall   von   Ileus 

eines 
Meckel-      durch  Tntussusception  eines  MeckeTschen  Divertikels  mit. 

sehen  Trotz  Laparotomie  starb  die  41jährige  Kranke.  Die  Section  ergab, 
H  Küttner  '  ^^^^  ^  ^^  unterhalb  des  Ueberganges  von  Duodenum  in  Jejunum 
das  Darmlumen  durch  ein  handschuhfingerfbrmig  umgestülptes  Diver- 
tikel verlegt  war  und  dass  dicht  unterhalb  der  Basis  dieses  Ge- 
bildes die  Darmwand  in  geringer  Ausdehnung  gangränös  und  an  drei 
kleineren  Stellen  perforirt  war. 

Die  Frage  der  forcirten  Taxis  eingeklemmter  Brüche  be- 
Forcirte  spricht  E.  Bennecke  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Bd.  35,  Nr.  12)  an  der 
TaxiB,  Hand  eines  sehr  lehrreichen  Beispiels.  Die  falsche  Ansicht,  dass  die 
Compressionstaxis  der  eingeklemmten  Brüche  überhaupt  nicht  über- 
trieben werden  könne,  hat  schon  viel  Unheil  angerichtet.  Am  gefahr- 
lichsten kann  sie  in  der  Narkose  werden,  wo  das  Fehlen  von  Schmerzens- 
äusserungen  des  Kranken  zur  Anwendung  stärkerer  Kraft  verfuhrt. 
Die  Taxis  soU  nie  mit  maximaler,  stets  mit  stark  gemässigter  Kraft  und 
keinenfaUs  länger  als  10  Minuten  vorgenommen  werden.  Die  Repositions- 
versuche  werden  aber  nur  kürzere  Zeit  wiederholt,  nachdem  der  Kranke 
mit  erhöhtem  Becken  etwa  1  Stunde  mit  einer  Eisblase  auf  dem  Bruch 
zu  Bett  gelegen  hat.  Sind  auch  diese  Versuche  erfolglos,  so  ^vi^d 
sofort  zur  Operation  geschritten.  Ist  ausserhalb  des  Krankenhauses 
die  Taxis  schon  versucht,  so  wird  sie  in  der  Klinik  auf  ein  Mini- 
mum beschränkt.  Führen  diese  Versuche  nicht  in  wenigen  Minuten 
zum  Ziele,  so  wird  zur  Operation  geschritten.  Sind  irgend  welche 
Erscheinungen  von  Perforation,  Entzündung  im  Bruchsack  vorhanden, 
oder  ist  der  Bruch  sehr  gespannt  und  sehr  schmerzhaft,  ist  die 
Leistungsfähigkeit  des  Darms  auch  nur  im  geringsten  zweifelhaft, 
so  unterbleibt  selbstverständlich  jeder  Versuch  einer  Reposition. 

Darrawand-  0.  Föderl  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  2)  hat  eine  experimentelle 

brüohe,  Studie  über  Darmwandbrüche  veröflFentlicht.  Die  Anregung  zu  der  Ar- 
0.  Föderl.  ^^j^  ^^  ^-^  Beobachtung  eines  Falles  von  incarcerirter  Lateralhemie  in 
der  seeundären  Ausstülpung  eines  Nabelbruchsackes.  Die  45jährige  Kranke 
wurde  durch  Operation  geheilt.  Zur  Ergründung  des  bei  den  Darm- 
wandbrüchen in  Betracht  kommenden  Mechanismus  hat  Föderl 
Versuche  an  lebenden  Meerschweinchen,   sowie  extraabdominale  Versuche 


Chirurgie. 


365 


am  lebenden  und  todten  Darme  angestellt.  Die  Hauptresultate  sind  fol- 
gende: Die  acuten  Einklemmungen  von  Partialhemien  entstehen  in  der 
Regel  nach  dem  Typus  der  Eotheinklemmung,  selten  infolge  elastischer 
Incarccration.  Bei  chronischen  Partialhemien  findet  sich  immer  eine  Ver- 
wachsung mit  demjenigen  Peritonealtheile,  der  der  Bruchpforte,  bezw.  dem 
Bruchsacke  entspricht.  Für  die  Entstehung  der  Darmwandbrüche  über- 
haupt kommt  namentlich  die  Wirkung  der  Bauchpresse  in  Betracht.  Soll 
eine  elastische  Einklemmung  entstehen,  so  muss  ein  leerer  Darm  einer  sehr 
elastischen  Bruchpforte  gegenüberliegen.  Meist  besteht  anfangs  eine  Com- 
munication  zwischen  Partialhemie  und  Lateralbruchschlinge,  die  später 
durch  eine  secundäre  elastische  Umschnürung  aufgehoben  werden  kann. 


Th.  Hiller  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  22,  H.  1)   theilt  16  Ope-    Operation 


rationen  bei  Nabelbrüchen  mit,  die  von  Steinthal  im  Stutt- 
garter Diakonissenhause  vorgenommen  worden  sind.  Bei  2  Kranken 
bestand  schwere  Einklemmung;  beide  starben  nach  der  Operation, 
der  eine  an  schon  bestehender  Peritonitis,  der  andere  an  Pneumonie. 
9  Kranke  sind  ^/2 — 3^«  Jahre  nach  der  Operation  sicher  recidivfrei. 
Bei  kleinen  und  mittelgrossen  Brüchen  und  bei  Kranken,  die  eine 
allgemeine  Narkose  ertragen,  erscheint  die  Omphalektomie  nach 
Condamin-Bruns  als  die  rationellste  Methode.  Bei  Trägem  von 
Nabelbrüchen ,  die  für  eine  allgemeine  Narkose  nicht  tauglich  er- 
scheinen, besitzen  wir  in  der  Schleich'schen  Infiltrationsmethode 
ein  vorzügliches  Mittel,  die  Radicaloperation  der  Nabelbrüche  gefahr- 
los durchzufiihren. 


der  Nabel- 
brüche, 
Th.  Hüler. 


Im  Anschluss  an  eine  Beobachtung  aus  der  Garr^'schen  Klinik  hat 
K.  Selcke  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  22,  H.  1)  eine  Arbeit  über  die  Hernia 
Processus  vaginalis  encystica  geliefert.  Von  den  bisher  beschriebenen 
Fällen  sind  nur  7  als  wirkliche  encystirte  Hernien  anzuerkennen.  Die  meist 
congenitale,  fast  stets  rechts  sitzende  Hernia  processus  vaginalis  encystica 
ist  eine  sehr  wichtige  Abart  der  äusseren  indirecten  Leistenhernie  und  da- 
durch charakterisirt,  dass  der  Bruchsack  sich  in  die  Höhle  des  nicht  ob- 
literirten  Processus  vaginalis  hineingestülpt  hat.  Die  Tunica  vaginalis 
communis  ist  mehr  weniger  stark  erweitert,  enthält  verschiedene  Mengen 
Flüssigkeit.  Der  in  die  Tiinica  vaginalis  eingeführte  Finger  bewegt  sich 
in  einem  völlig  abgeschlossenen  Blindsack;  man  gelangt  auf  keine  Weise 
in  die  Bauchhöhle,  auch  nicht  mit  der  Sonde.  Die  Diagnose  der  Hernia 
encystica  ist  klinisch  sehr  selten,  bei  der  Operation  wohl  immer  zu  stellen. 


Hernia 

Processus 

vaginalis 

encystica, 

E.  Selcke. 


Aeusserer 


F.  Baehr  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  H.  1)  theilt  3  Beobachtungen  «  .  _.    . 

,            111  scneuiiei* 

des  sehr  seltenen  äusseren  Schenkelbruches  mit,    der   m  noch  heute  bruch, 

mustergültiger  Weise  1829  von  Hesselbach  beschrieben  worden  ist.    Seine  F.  Baehr. 


370  Wagner. 

traumatischer  Hydronephrose  einer  Solitärniere,  sowie  end- 
lich 1  Fall  von  malignem  Nieren  tu  mor  (Nephrektomie;  Tod 
mehrere  Monate  später  an  Recidiv). 

Nieren-  E.  Braatz  (Zur  Nierenexstirpation.     Deutsche  Zeitschr.  f. 

"tV'n^*"  ^^^^'  ^^'  ^'  ^'  ^^  ^ö^^c^^«*  ^^er  7  Nephrektomieen,  die  er  in  den 
E.  ßraatz.  letzten  2  Jahren  ausgeführt  hat.  Darunter  handelte  es  sich  Smal 
um  bösartige  Geschwülste,  Imal  um  Steinniere,  Imal  um  Pyelitis, 
Imal  um  Nierenbeckenfistel  und  Imal  um  Hydronephrose.  Die  ope- 
rative Mortalität  war  Null;  eine  Kranke  starb  1  Jahr  nach  der  Ope- 
ration an  einem  später  aufgetretenen  Recidiv.  In  keinem  Falle  kam 
auch  nur  die  Spur  eines  Antisepticums  in  Anwendung. 

ßehandlu  ng  Ueber  die  Behandlung  der  Urachusf  istel  verbreitet  sich  F.  Lexer 

(ierUrachus-(A.rch.  f.  Min.  Chir.  Bd.  57,  H.  1)  in  einem  grösseren  Aufsatze.  Da  für 
7  T.AT«i  ^^®  Entstehung  sowohl  der  congenitalen  wie  acquirirten  Urachus- 
f  istel  die  Stauung  des  Urins  und  die  von  der  Blase  aus  fortgesetzte  Ent- 
zündung der  Schleimhaut  eine  grosse  Rolle  spielen,  so  sind  diese  in  erster 
Linie  zu  beseitigen.  Mit  einem  grösseren  radicalen  Eingriffe  soll  man  bei 
der  angeborenen  Fistel  wegen  der  Gefahr  der  Peritonealverletzung  einige 
Jahre  warten.  Dann  empfiehlt  sich  aber  die  Exstirpation  des  ganzen 
Schleimhautschlauches  und  die  quere  Vemähung  der  Blase.  Bei  der  sog. 
acquirirten  Urachusfistel  gibt  Lex  er  für  den  Anfangstheil  des  Ganges  dem 
V.  Baum ann'schen  Verfahren  den  Vorzug  (Spaltung  des  Ganges  und  Aus- 
kratzung); im  übrigen  ist  auch  hier  die  radicale  Exstirpation  vorzunehmen. 


F.  Lexer. 


F.  Branner. 


Harnblasen-  Auf  Grund  einer  eigenen  Beobachtung  hat  sich  F.  Brunner 
^^«!„™V  (I^öiitsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  67,  H.  2  u.  3)  eingehender  mit  den 
Harnblasenbrüchen  beschäftigt ,  von  denen  er  im  ganzen 
ca.  180  Fälle  in  der  Litteratur  auffinden  konnte.  Seit  1860  sind  nur 
noch  inguinale  und  crurale  Cystocelen  beobachtet  worden.  Nach 
dem  Verhalten  des  Bauchfells  unterscheidet  man  extraperitoneale 
(seltene),  paraperitoneale  (häufigste)  und  intraperitoneale  (sehr 
seltene  Form)  Cystocelen.  Die  bei  Männern  viel  häufiger  beob- 
achteten Blasenhemien  sind  fast  immer  erworben.  Sie  entstehen 
primär:  1.  indem  die  Blase  durch  starke  Anfiillung  und  durch 
Druck  der  Bauchpresse  durch  die  Bruchpforte  getrieben  wird;  2.  durch 
Vermittelung  des  prävesicalen  Lipoms;  secundär:  1.  durch  Zug 
eines  präexistirenden  gewöhnlichen  Bruchsackes ;  2.  durch  Einsenken 
der  ausgedehnten,  schlaffen,  mit  Peritoneum  bedeckten  Blase  in  eine 
vorgebildete  gewöhnliche  Hernie.    Die  grosse  Mehrzahl  der  Blasen- 


Chirurgie.  371 

brüche  wird  erst  während  der  Operation  erkannt,  häufig  sogar  erst 
dann,  wenn  die  Blase  unabsichtlich  eröffnet  worden  ist.  Von  81  Ope- 
rirten ,  bei  denen  die  Blase  verletzt  wurde ,  starben  21 ,  und  zwar 
mindestens  13  direct  an  den  Folgen  der  Blasenverletzung.  Ist  die 
Blase  verletzt  und  die  Verletzung  bei  der  Operation  erkannt,  so  muss 
die  Blasenwunde,  wenn  irgend  möglich,  genäht,  die  Blase  hinter  die 
Bruchpforte  versenkt  und  letztere  möglichst  geschlossen  werden. 

Die  inguinalen  Blasenbrüche  sind  Gegenstand  einer  aus- 
fnhrlichen  Arbeit  von  G.  Lothei  ssen  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  20,  H.  3).  Inguinale 
Dieser  hat  in  der  Innsbrucker  chirurgischen  Klinik  selbst  6  Fälle  operirt,  brüche 
ohne  die  Blase  zu  verletzen.  In  der  Litteratur  finden  sich  noch  138Beob-  G.  Lotheissen. 
achtungen  von  inguinaler  Cystocele.  Die  Diagnose  kann  meist  erst 
bei  der  Operation  gestellt  werden.  Unabsichtliche  Blasenverletzimgen 
sind  jetzt  hierbei  nicht  mehr  so  häufig  wie  früher,  Dank  der  zahl- 
reichen Veröffentlichungen,  die  auf  das  Vorkommen  der  Cystocele 
aufraerksam  gemacht  haben.  Die  Behandlung  der  Cystocele  kann 
nur  operativ  sein :  Bruchoperation,  Reposition  des  prolabirten  Blasen- 
theiles.  Bei  Incarcerationen  kommt  es  meist  nicht  zu  Gangrän  der 
Blasenwand ;  die  Blase  kann  also  reponirt  werden.  Ist  es  jedoch  zu 
Gangrän  der  Blasenwand  gekommen  imd  hat  man  die  Blase  erkannt, 
so  lässt  man  sie  vorgelagert  und  wartet  die  spontane  Abstossung 
des  gangränösen  Theiles  ab.  Lotheissen  zieht  diese  Behandlung 
der  Resection  und  primären  Blasennaht  vor. 

Ein  neues  Verfahren  der  Blasennaht  nach  Sectio  alta 
hat  W.  J.  Rasumowsky  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  67,  H.  2)  ange-  Cystopexie, 
geben.  Er  vernäht  die  Blasenwunde  sorgfaltig  mittels  zweier  Reihen  ^-  '^'  R*s^- 
von  Nähten  und  fixirt  dann  die  Nahtstelle  der  Blase  an  die  vordere 
Bauchwand  (Cystopexie).  Alle  Fäden  werden  nachträglich  ent- 
fernt, damit  sie  nicht  später  zu  Concrementbildungen  Veranlassung 
geben.  Die  Methode  hat  sich  schon  vielfach  ausserordentlich  be- 
währt. 

Eine  neue  Methode   der  Cystoraphie   durch  Ueberdachung 
haben   E.  Juvara   und  J.  Balacescu  (Wien.    Min.   Rundschau  Bd.  12,  Cystoraphie 
Nr.  40  u.  41)  mit  Erfolg  an  Hunden  geprüft.    Das  Verfahren  charakterisirt        durch 

_  l T  fi  il  f*  IT" 

sich  durch  Bedeckung  der  Nahtlinie  mit  einem   der  musculösen  Schnitt-     ^achune 
rander  des  Blaeenschnittes,  der  in  Form  eines  Lappens  präparirt,  herüber-    e^  Juvara  u. 
gezogen  und  in  einer  besonderen  Art  über  sie  genäht  wird.    Dadurch  er-   J.  Balacescu. 
hält  man   eine  sehr  ausgedehnte  Vereinigungsfläche,   die  jedes  mögliche 
Dorchsickem  von  Urin  verhindert,   selbst  wenn   die  Blasenspannung  sehr 
gross  ist. 


372  Wagner. 

Supra-  H.  Wagner  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  26,  Nr.  30)  berichtet  über 

symphysäre  ^^^  Operation  von  Mikulicz,  der  bei   einem  16jährigen  Kranken 

tion  der  ^^^  ausgedehntem  traumatischem  Hamröhrendefect  die  Harnröhre 
Harnröhre    und  den  Penis   suprasymphysär  in   die  Blase   implantirte. 

Penis  in     ^^^  functionelle  Erfolg  war  sehr  gut;  der  Kranke  konnte  den  Harn 

die  Blase,    schliesslich  2  Stunden  lang  halten. 
H.  Wagner. 


Auf  Grund   der  Ergebnisse   der   in  der  v.   Frisch'schen   Ab- 

Urethro-     theilung   ausgeführten   Operationen   empfiehlt  M.  Schlifka   (Wien. 

tomia        ^^  Presse  Bd.  39,  Nr.  46)  bei  Verengerungen  der  Harnröhre 
interna,  ^  /    ,  . 

M.  Schiitka.  die  Urethrotomia  interna.  Zur  Vermeidung  von  Haminfiltration 
wird  die  Strictur  an  ihrer  oberen  Wand  incidirt.  Für  die  nächsten 
Tage  wird  ein  Verweilkatheter  eingelegt,  dann  die  Strictur  regel- 
mässig mit  Metallsonden  dilatirt. 

Eine  neue  Methode  der  Radicaloperation  der  Hydrocele 
Hydrocelen- hat  Winkelmann  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  44)  angegeben. 
Whüi^l^  °"*  Er  empfiehlt,  unter  Schleich'scher  Anästhesie  nach  3 — 4  cm  langer 
Incision  und  nach  Abfluss  der  Hydrocelenflüssigkeit  den  Hoden  vor- 
zuziehen, so  dass  die  ganze  Tunica  vaginalis  sich  umkrempelt;  der 
Sack  wird  nun  so  mit  dem  Hoden  reponirt,  dass  die  ganze  Tunica 
vaginalis  propria  nach  aussen  gegen  die  weitmaschig-bindegewebigo 
Tunica  vaginalis  communis  sieht  und  mit  dieser  bald  fest  verwachsen 
kann.     Genaue  Hautnaht. 

d.  Männliche  Geschlechtsorgane. 

Kryptor-  K.  A.   Ziebert    (lieber   Kryptorchismus   und    seine    Be- 

k^'a' zTebert   ^»^^^^^g-  ^®^^^-  ^-  ^^^-  ^^^^'  ^^'  2^'  ^-  2)  »*®^*  auf  dem  Kocher- 
schen  Standpunkte,  dass  die  Kryptorchidie  als  ein  eigentliches  Uebel 

betrachtet  und  danach  behandelt  werden  muss.  Unter  den  thera- 
peutischen Maassnahmen  ist  die  blutige  Reposition,  die  Orchido- 
pexie, allen  andeien  Operationen  vorzuziehen,  da  sie  selbst  bei 
Halberfülg,  wie  ja  thatsächlich  alle  als  gelungen  bezeichneten  Ope- 
rationen nur  einen  solchen  aufzuweisen  haben,  wenigstens  die  Be- 
schwerden nimmt.  Die  Arbeit  gründet  sich  auf  11  Fälle  von  Orchido- 
pexie aus  der  Czerny'schen  Klinik. 

A.  Poncet  (Lyon  m^d.  Bd.  30,  Nr.  32)  berichtet  über  114  Falle 
von  Cystotomia  resp.  Cystotomia  suprapubica,  die  er  wegen 
schwerer    durch   Prostatahypertrophie    veranlasster    Stö- 


Chirurgie.  373 

rangen  in  der  Urinsecretion  ausgeführt  hat.     Die  Operation  ist  Cystotomia 
indicirt   bei    unmöglichem   oder    sehr    schwierigem,    schmerzhaftem  ^^P'*P™  *®* 
Katheterismus,   sowie   bei  acuten  oder   chronischen  Urininfectionen    statikern, 
mit  ihren  schweren  Folgezuständen.     Wegen  der  erstgenannten  In-     ^'  Poncet, 
dication  hat  Poncet  39mal  operirt  (2  Todesfälle),  bei  acuter  Urin- 
infection  29mal  (12  Todesfälle),  bei  chronischer  Urininfection  46mal 
(13  TodesfäUe). 

0.  Simon   (Centralbl.   f.  d.  Krankh.   d.  Harn-  u.  Sexualorgane  Bottini'sche 

Bd.  9,  Nr.  8)  kann  nach  den  allerdings  noch  nicht  sehr  zahlreichen,  v®'**,^ 

*  ,         '^  ...  feei  Prostata- 

Ergebnissen  der  Czerny'schen  Klinik  die  Behandlung  der  Pro-       hyper- 

statahypertrophie  mit  der  Bottini^schen  Operation  zur  aus-     trophie, 
gedehnteren  Anwendung  empfehlen.     Von  8  Kranken  wurden  4  ge- 
heilt,  1  bedeutend  gebessert.     Zwei  Todesfälle  sind  nicht  der  Ope- 
ration  zur  Last  zu  legen,   sondern  der  schon   vorher  bestehenden 
Nephritis  resp.  Pyelonephritis. 

A,  V.  Frisch  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Bd.  11,  Nr.  48)  hat  A.  v.  Frisch. 
Bottini's  galvanocaustische  Incision  der  hypertrophirten 
Prostata  bei  10  Kranken  ausgeführt.  Achtmal  handelte  es  sich 
um  chronische  complete,  2mal  um  chronische  incomplete  Harn- 
verhaltung. Vier  Kranke  genasen  vollständig,  1  wurde  dauernd, 
1  vorübergehend  gebessert.  Drei  Fälle  blieben  resultatlos,  1  Kranke 
starb  infolge  der  Operation.  Unter  127  Operationen  nach  Bottini 
finden  sich  62  Heilungen,  34  Bessenmgen,  22  Misserfolge,  9  Todes- 
falle. Also  ein  sehr  günstiges  Resultat.  Ein  voller  Erfolg  ist  nur 
bei  chronischer  completer  Harnverhaltung  und  intact  erhaltener  Con- 
tractionsfähigkeit  der  Blase  zu  erwarten. 

Auf  Grund  von  45  der  Koche  r'schen  Klinik  und  Privat- 
klinik entstammenden  Fällen  gibt  R.  Koenig  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Hoden- 
Chir.  Bd.  47,  H.  5  u.  6)  einen  Beitrag  zum  Studium  der  Hoden-  tujierculose, 
tuberculose.  In  der  Aetiologie  der  Hodentuberculose  spielt  die 
Prostata  eine  überaus  wichtige  Rolle.  Sie  dient  den  Tuberkel- 
baciUen  als  geeignete  Brutstätte,  wo  sich  dieselben  lange  reactionslos 
oder  unter  geringen  Erscheinungen  entwickeln  können,  um  bei 
günstiger  Gelegenheit  mit  oder  ohne  Betheiligung  der  Harnorgane 
dem  Vas  deferens  entlang  in  den  Nebenhoden  herunterzusteigen.  Die 
Genitaltuberculose  kann  auch  durch  metastatische  Infection,  nament- 
lich von  einem  Lungen-  oder  Knochenheerde  aus,  oder  selten  direct 
von  der  Blase  oder  Niere  in  den  Hoden  fortgeleitet  werden.  Eine 
wirklich  primäre  Hodentuberculose  gehört  zu  den  Ausnahmen.  Thera- 


R.  Koenig. 


Ji 


374  Wagner. 

peutisch  ist  allein  die  Castration  im  Stande,  sichere  Erfolge  zu 
erzielen.  Mitbetheiligung  der  Prostata  contraindicirt  die  Castration 
nicht.  Auch  bei  Mitbetheiligung  der  Hamorgane  hat  die  Castration 
als  Palliativoperation  Berechtigung  und  übt  auf  die  Tuberculose  der 
Hamorgane  sowie  auf  die  der  Prostata  eine  günstige  Rückwirkung  aus. 

Lipome  des  A.  Gabryszewski  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  4)   hat   in 

der  Elinik  von  Rydygier  ein  Lipom  des  Samenstranges  operirt  und 
A.  Gabiy-  hn  Anschluss  hieran  29  Beobachtungen  aus  der  Litteratur  zusammengestellt. 
Bzewski.  Nach  Kocher  finden  sich  im  Samenstrange  schon  im  normalen  Zustande 
Pettlappen  vor,  die  die  Bedeutung  des  subserösen  Fettes  haben  und  die 
der  Ausgangspunkt  für  Lipome  sind.  Gabryszewski  untersuchte  diese 
Verhältnisse  an  ca.  50  Leichen  und  kam  zu  folgenden  Ergebnissen:  In 
jedem  Samenstrange  ohne  Ausnahme  findet  man  zwischen  dem  perivuscu- 
lären  losen  Bindegewebe  um  den  Proc.  vaginalis  peritonei  makroskopisch 
sichtbare  Fettlappen,  die  gewöhnlich  im  ununterbrochenen  Zusammenhange 
mit  dem  subperitonealen  Fettgewebe  stehen.  Die  aus  diesen  Fettlappen 
hervorgehenden  Lipome  bezeichnet  man  als  primäre  Samenstrangs- 
lipome,  im  Gegensatz  zu  den  secundären,  die  ihren  Anfang  in  der 
Nachbarschaft  des  Samenstrangs  nehmen  und  später  erst  wachsend  an  den 
Samenstrang  heranrücken. 

4.  Krankheiten  der  Extremitäten. 

In  einem  grösseren  Aufsatze  über  die  Pathologie  und 
Therapie  der  Coxa  vara  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  21,  H.  2)  spricht 
Coxa  vara,  pi  Hofmeister  zunächst  über  die  Bedeutung  der  Untersuchung 
'  mittels  Röntgenstrahlen  für  die  Erkenntniss  und  Behandlung  dieser 
Affection.  Als  operativer  Eingriff  ist  am  meisten  zu  empfehlen  die 
Osteotomia  intertrochanterica  mittels  Gigli'scher  Drahtsage. 
Da  die  neueren  Erfahrungen  ergeben  haben,  dass  die  Prognose  der 
Coxa  vara  wesentlich  günstiger  ist,  als  bisher  angenommen  wurde, 
so  muss  die  Indication  zu  operativen  Eingriffen  sehr  eingeschränkt 
werden.  Eigentlich  bleiben  für  die  Operation  nur  die  Fälle  mit 
doppelseitiger  Erkrankung  übrig,  unter  der  Voraussetzung,  dass  diese 
zu  bleibender  schwerer  Versteifung  mit  sehr  beträchtlicher  Functions- 
störung  geführt  hat.  Das  wahre  Heil  der  Kranken  liegt  in  der 
Frühdiagnose,  die  es  ermöglicht,  durch  rationelle  unblutige  Maass- 
nahmen  (permanente  Extension,  Stützapparat)  der  Entstehung  schwerer 
Deformitäten  vorzubeugen. 

K.  Endlich  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  56,  H.  3)  theilt  aus  der 
RiedeVschen  Klinik  je  2  Fälle  von   blutiger  Reposition  der 


Chirurgie.  375 

Luxatio  iliaca  und   obturatoria   mit.     In  3  Fällen   war   das      Blutige 

fimctionelle  Resultat  sehr  befriedigend.   Bei  der  Behandlung  ver-  Reposition 

^  ^  der  Luxatio 

alteter  Hüftgelenksluxationen   hat    man  die  Wahl  zwischen    iuaca  und 

der  blutigen  Reposition  und  der  Resection  des  luxirten  obturatoria, 

Schenkelkopfes.     Letztere   ist  häufiger   vorgenommen   worden, 

da  sie  gefahrloser  und  leichter  ist.     Es   ist  aber  wünschenswerth, 

dass  unter  allen   Umständen  erst   die   blutige   Reposition   versucht 

werde;  gelingt  diese  nicht,  dann  erst  ist  zur  Resection  zu  schreiten. 

Ausser  den  Fällen   von  Riedel,   der  in  Deutschland  wohl  zuerst 

die  blutige  Reposition  der  Luxatio  iliaca  vorgenommen  hat,  sind  in 

der  Litteratur  erst  10  Fälle  bekannt,  wo  die  blutige  Reposition  von 

wirklich  gutem  Erfolge  gewesen  ist. 

Ueber    die    Behandlung    der    congenitalen    Hüftluxa- 
tion  mit  der  unblutigen  Reposition  nach   Lorenz  macht 
Th.  Kölliker  (Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  42)  interessante  Mit-    unblutige 
theilungen.  Er  nahm  die  unblutige  Reposition  64mal  vor  bei  50 Kindern     ^P®^*  *°^ 
von  1 — 11  Jahren.     14mal  handelte  es  sich  um  doppelseitige  Luxa-    genitalen 
tion.     In  38  FäUen  Hess   sich   das  vorläufige  Ergebniss  feststellen:        Hüft- 
2  Heilungen,  26  Transpositionen,  11  Misserfolge.    Die  Transposition   rph.  Kölliker 
des  Schenkelkopfes  in  die  Pfannengegend  entspricht  der  ursprüng- 
lichen Stellung  des  Schenkelkopfes,  der  von  Kölliker  beschriebenen 
Luxatio  femoris  congenita  supracondyloidea  und  stellt  immerhin  noch 
ein   leidliches  Resultat  der  Behandlung   dar,    in   vielen  Fällen   ein 
besseres,  als  es  durch  die  blutige  Operation  zu  erzielen  ist. 

Zur  ambulanten  Behandlung  der  tuberculösen  Hüft-  Ambulante 
gelenkentzündung  empfiehlt  K.  Port   (Münch.  med.  Wochen-     ®  "  b   °^ 
Schrift  Bd.   45,   Nr.   40)    einen   durch    Bandeisenstäbe   verstärkten     culösen 
Cellulosehülsenverband,  der  über  einem  Gipsmodell  exact  gearbeitet  Hüftgelenk- 
wird. Der  Verband  hat  nach  unten  einen  Steigbügel  mit  Extensions-      g^  p^^. 
Vorrichtung. 

Zur  Behandlung  der  frischen  Kniescheibenbrüche 
theilt  Doebbelin  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  49,  H.  4  u.  5) 
aus  der  König'schen  Klinik  9  Beobachtungen  mit.  Nach  der  An- 
sicht von  König  empfiehlt  es  sich  heutzutage,  thunlichst  alle 
Fracturen  der  Patella  offen  zu  nähen,  und  zwar  möglichst 
in  den  ersten  Tagen  nach  der  Verletzung.  Nothwendig  ist  die  blutige 
Naht  in  den  Fällen  von  totaler  Strecklahmheit,  bedingt  durch  Bruch 
der    Patella    und    Zerreissung    der    seitlichen    Streckvorrichtungen. 


376  Wagner. 

Behandlung  Diese   dürften   ohne    blutigen   Eingriff  kaum  je    zu   befiiedigender 
frischer     Heilung  kommen.     In   allen   übrigen   Fällen   ist    es   jedenfalls   von 
fracturen,    grösstem  Nutzen,   wenn  man  sich   durch   die  Methode  der  offenen 
Doebbelin.     Naht   einen    genauen  Einblick   in    die   Verhältnisse   des  verletzten 
Oberschenkelstreckapparates  verschafft.    Bei  allen  9  Kranken  wurde 
durch  die  Operation  die   vollkommene  Gebrauchsfähigkeit   des  ver- 
letzten Gliedes  vollkommen  wieder  hergestellt. 

Unter  Beibringung  zweier  neuer  und  61  Beobachtimgen  aus  der 
Angeborene  Litteratur  hat  L.  Steindler  (Zeitschr.  f.  Heük.  Bd.  19,  H.  4)  die 

Patellar-     angeborene  Luxation  der  Patella  bearbeitet.    Mit  Ausnahme 
luxation,  n  ^T  ^  11111  «1  TT 

L.  Steindler.  von  3  Verrenkungen  nach  oben  handelte  es  sich  stets  um  Ver- 
renkungen nach  aussen.  Nach  den  neuesten  entwickelungsgeschicht- 
lichen  Studien  über  die  Patella  imd  das  Kniegelenk  ist  es  sehr  wahr- 
scheinlich, dass  bei  jeder  congenitalen  PateUarluxation  ein  Keim- 
fehler  vorliegt,  der  entweder  an  sich  genügt,  dass  sich  die  Knie- 
scheibe direct  an  einer  abnormen  Stelle  entwickelt  oder  dass  durch 
diese  fehlerhafte  Anlage  die  originäre  Disposition  gegeben  ist,  die 
gewöhnlich  in  der  ersten  Zeit  des  fötalen  Lebens  durch  verschiedene 
secundäre  Einflüsse  (Traumen,  Kindesbewegungen  u.  s.  w.)  indirect 
zur  Entstehung  der  Luxation  fuhrt. 

Die  Behandlung  des  Genu  valgum  und  der  schweren 
Flexionscontracturen  des  Kniegelenks  ist  in  der  Krause- 
instrumen-   sehen   chirurgischen  Abtheilung   in  Altena,    wie  H.  Gross  (Beitr. 

telles  Re-    ^   yj^    q^iit.  Bd.  20,  H.  3)  berichtet,  seit  den  letzten  3  Semestern 
dressement      .  .  .  .  _^ 

des  Genu     ^in^  i'^in  mechanische,  instrumenteUe.    Das  Redressement  geschieht 

valgum      mittels  eines  dem  Rizzoli'schen  Osteoklasten  ähnelnden  Apparates, 

der  sich  aber  erst  bei  Flexionen  von  126*^  anbringen  lässt.    Ist  die 

Contractur  erheblicher,  so  muss  vorher  durch  Gewichtsextension  oder 

Händekraft    bis   zu   diesem   Grade  gestreckt  werden.     Bei   starker 

ausgebildetem    Genu   valgum   wird    das   Redressement   mittels    des 

Apparates  auf  zwei  bis  drei  Sitzungen  vertheilt. 

Um-  Li    einer    grösseren    Arbeit    über    umschriebene    Binnen- 

schriebene  Verletzungen   des  Kniegelenks  gibt  Vollbrecht  (Beitr.  z. 

Binneiiyer'  ,  , 

letzungen    klin.  Chir.  Bd.  21,   H.  1)   einen  Beitrag  zur   Lehre   von   den 

des  Knie-     Gelenkmäusen    und    den    Verletzungen    der    Zwischen- 

VoUbrecht      Knorpel.     Seine   Untersuchungen  gründen  sich  auf  68  Fälle   von 

Gelenkmäusen  und  11  Fälle  von  Meniscuszerreissungen.     Bezüglich 

der  Entstehung   der  Gelenkmäuse  leugnet  Vollbrecht  im  Gegen- 


u.  s.  w.» 
H.  Gross. 


Chirurgie.  377 

satz  zu  König  die  Existenz  einer  Osteochondritis  dissecans 
und  hebt  hervor,  dass  eine  durch  Verletzung  herbeigeführte  sofortige 
Ablösung  von  Theilen  der  Gelenkfläche,  die  als  freie  Körper  in  der 
Folge  auftreten,  nicht  selten  ist  und  in  vorher  gesunden  Gelenken 
auch  als  Folge  geringfügiger  Gewalteinwirkungen  öfter  vorkommt. 
Die  abgelösten  Gelenkstücke  gehen  dann  fast  regelmässig  an  irgend 
einer  Stelle  Verwachsungen  ein.  Bei  den  sog.  Luxationen  der 
Menisken  handelt  es  sich,  wie  Vollbrecht  in  Uebereinstimmung 
mit  Bruns  hervorhebt,  um  Abreissimg  der  vorderen  oder  hinteren 
Haft^telle  meist  infolge  einer  forcirten  Rotation.  Sowohl  bei  den 
Meniscusrupturen,  als  bei  den  Gelenkmäusen  geben  operative  Ein- 
griffe sehr  günstige  Resultate. 

In  dem  Verfahren  gegen  winklige  Ankylosen  und 
Contracturen  des  Kniegelenks  legt  W.  Koch,   ebenso   wie        Knie- 

Helferich  und  schon  früher  Busch,   das  Hauptgewicht  auf  die     «ö^öJ^^^s- 

'  .  .  ankyloae, 

Narben  der  hinteren  Hälfte  des  Gelenkes,  auf  die  Kapsel  und  Weich-      ^.  Koch. 

theile  unter  der  Fossa  popHtaea  und,  sofern  Genu  valgum  besteht, 
auch  an  der  Aussenseite  des  Gelenkes.  Diese  Theile  werden  sehr 
energisch  angefasst;  von  den  Knochen  wird  womöglich  gar  nichts 
weggenommen,  höchstens  so  viel  als  nöthig  ist,  das  Genu  valgum, 
eine  Abdachung  nach  der  Kniekehle  und  Aehnliches  zu  beseitigen. 
Die  weitere  Streckung  bleibt  der  Nachbehandlung  überlassen  und  ge- 
schieht mittels  Gipsverbandes  oder  in  Schienen  mit  Schraubengewinden. 

W.  Prutz  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  48,  H.  5  u.  6)  theilt     Trauma- 
aus  der  Königsberger  Klinik  2  Fälle  von  schwerer  Knieverletzung      V/^^t^tt 
mit,  in  denen  es  durch  kleine,  versteckt  liegende,  nicht  direct  nach-     ing  Knie- 
weisbare     Kapselrisse    zu    Lufteintritt    ins    Kniegelenk    ge-      gelenk, 
kommen  war.     Der  eine  Kranke,  bei  dem  neben  der  Luft  flüssiges 
Blut  im  Gelenk  war,  erlag  am  7.  Tage  trotz  Amputation  einer  acuten 
Sepsis.    Therapeutisch  kann  bei  dem  wahrscheinlich  durch  Aspiration 
erfolgenden  Lufteintritt  nicht  besonders   eingegriffen  werden.     Die 
versteckte  Lage  der  kleinen  Kapselrisse  ist  ihr  bester  Schutz. 

G.  Müller  (Zur  Behandlung  des  federnden  Unter- 
schenkels. Centralbl.  f.  Chir.  Bd.  25,  Nr.  22)  hat  mehrfach 
Kranke  mit  geheilten  Unterschenkelfracturen  beobachtet,  die  das 
Bein  nur  mit  Unterstützung  von  Krücke  und  Stock  gebrauchen 
konnten.  Die  Untersuchung  mittels  Röntgenstrahlen  ergab  in  diesen 
Fällen  fast  übereinstimmend  eine  Dislocation  der  Tibiafragmente  ad 


378 


Wagner. 


Federnder   latus  derart,  dass  dieselben  nur  mit  einem  Theile,  etwa  einem  Drittel 

J'^  ®J'       ihrer  Bruchflächen  sich  berührten,  während  die  übrigen  zwei  Drittel 

G.  Hüller.     frei  endigten.     Hierdurch  entstand  beim  Gehen  etc.   ein  eigenthüm- 

liches  Federn   des  Fragments.     Die   Behandlung    bestand  in   einer 

mit  Stahlschienen  versehenen  Lederhülse,  die  dem  Beine  Festigkeit 

gab  und  die  Consolidirung  des  Bruches  unterstützte. 


Trauma- 

tiBche 

Liixationen 

des  FuBses 

im 

Talocrural- 

gelenk, 

0.  Wendel. 


0.  Wendel  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  21,  H.  1)  hat  unter  Zu- 
grundelegung zweier  Beobachtungen  aus  der  B musischen  Klinik 
108  Fälle  von  traumatischen  Luxationen  des  Fusses  im 
Talocruralgelenk  zusammengestellt.  Mit  Gelenkwunden  com- 
plicirt  waren  44  Luxationen;  am  häufigsten  fand  sich  diese  Com- 
plication  bei  den  Lateralluxationen.  Unter  den  64  einfachen  Luxa- 
tionen wurden  diejenigen,  die  gleich  nach  dem  Unfall  in  Behandlung 
kamen,  leicht  reponirt.  Jedenfalls  sind  die  reinen  Fussgelenks- 
luxationen  nicht  so  ganz  ausnahmsweise  vorkommende  Verletzungen, 
wie  man  gewöhnlich  annimmt.  Die  reinen  Luxationen  des  Fusses 
im  Talocruralgelenk  sind  als  besonderes  Ejrankheitsbild  zu  betrachten 
und  von  den  Fracturen  vollständig  zu  trennen.  Die  bei  Knöchel- 
öder  Talusfracturen  bestehenden  Dislocationen  sind  secundäre  Ver- 
schiebungen der  Gelenkenden  (Verrenkungsbrüche  oder  Bruch- 
verrenkungen). 


Talus- 

fractnr, 

£.  Kammer. 


E.  Kummer  (La  fracture  de  Pastragle.  Rev.  m6d.  de 
la  Suisse  romande  Bd.  18,  Nr.  7)  hebt  hervor,  dass  die  Talus- 
fractur  nicht  nur  zusammen  mit  anderen  Gelenkfracturen  resp. 
Luxationen  und  Subluxationen  beobachtet  wird,  sondern  häufig  genug 
auch  eine  vollkommen  selbständige  Verletzung  darstellt.  Pathologisch - 
anatomisch  unterscheidet  er:  Fracturen  des  Halses,  horizontale, 
sagittale  und  Schief  brüche,  Comminutivbrüche,  Brüche  der  hinteren 
Apophyse. 


Dis-  Reinhardt-Natvig   hat  28   FäUe   von   Distorsionen  im 

torsionen    p^ssgelenk  genau  untersucht;  von  diesen  hatten  20  Fissuren  im 

FuBsgelenk,  Knochen,    imd    zwar    vornehmlich    im    MaUeolus    extemus.      Diese 

Reinhardt-     Fissuren  konnten  zum  Theil  noch  Monate,  ja  in  2  Fällen  noch  12  Jahre 

*  ^^'       nach  der  Verletzung  palpirt  werden. 


Ueber  die  Behandlung  von  Unterschenkelgeschwüren 
liegen  zunächst  Mittheilungen  von  A.Köhler  (Ueber  die  Trans- 
plantation der  Ulcera  nach  Thiersch,   ohne  Entfernung 


Chirurgie.  379 

der  Granulationen.     Deutsche   Zeitschr.   f.    Chir.  Bd.  47,  H.  1) Behandlung 

und   von   Heintze   (Ueber  den   Einfluss   der  Resection  der    derünter- 

.  Bchenkel- 

Vena  saphena  auf dieHeilungderUnterschenkelgeschwüre.  geschwüre, 

Ibid.  S.  107)  vor.  Köhler  hat  bei  mit  frischen,  kräftigen,  derben,  A.Köhler, 
wenig  secemirenden  Granulationen  bedeckten  Geschwüren  die  Läpp- 
chen auf  die  granulirenden  Flächen  aufgepflanzt,  ohne  Abkratzen 
oder  Abschneiden  der  Granulationen.  Die  Heilungserfolge  waren 
günstig.  Heintze  hat  ebenfalls  mit  günstigem  Erfolge  in  den  Heintze. 
Fällen  von  Unterschenkelgeschwüren,  in  denen  ausgedehnte  Varicen- 
büdung  vorlag,  die  Vena  saphena  möglichst  hoch  am  Oberschenkel 
resecirt.  Bildeten  die  Varicen  ein  tumorähnliches  Convolut,  so 
wurden  sie  exstirpirt.  Die  Behandlung  der  Ulcera  selbst  war  mög- 
lichst indifferent;  bei  grösseren  Geschwüren  wurde  ausserdem  die 
Thiersch'sche  Transplantation,  eventuell  nach  der  Modification  von 
Köhler,  vorgenommen. 

Unter  Zugrundelegimg  einer  eigenen  Beobachtung  aus  der  Rostocker  Fa sali pome, 
chirurgischen  Klinik  hat  A.  Kleinknecht  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  20,  H.  2)  ^'  Kleinknecht. 
einen  Beitrag  über  die  Lipome  des  Fusses,  insbesondere  der 
Fusssohle  geliefert.  Unter  32  Beobachtungen  fanden  sich  zwei  ange- 
borene diffuse  Lipome,  die  von  der  Fusssohle  zum  Fussrücken  übergingen. 
Die  überwiegende  Mehrzahl  der  circumscripten  Fusslipome  hatte 
itnbfascialen  Ursprung;  der  Zahl  nach  überwogen  die  unter  der  Fascia 
plantaris  entstandenen.  Einzelne  derselben  waren  sicher  erworben.  Be- 
sonders das  zu  den  Sehnenscheiden  gehörende  Fettgewebe  scheint  häufig 
die  Ursprungsstelle  der  Lipome  abzugeben.  Vor  allem  aber  ist  der  Zu- 
sammenhang mit  den  Sehnenscheiden  festgestellt  durch  die  interessanten 
Beobachtungen  von  innerhalb  der  Sehnenscheiden  gewachsenen  Lipomen 
(Sprengel,  Jaksch). 

Für  die  Varicen  der  unteren  Extremität  empfiehlt  A.Holtz-  Varicen- 
mann  (Strassburger  Dissertation)  die  operative  Behandlung  nach  i>ehaiidlung, 
Trendelenburg.  Dieses  Verfahren  beseitigt  die  durch  die  In- 
sufßcienz  der  Saphena  hervorgerufenen  und  unterhaltenen  Compli- 
cationen  und  Beschwerden,  hat  dagegen  wenig  Einfluss  auf  das 
chronische  Oedem.  Auch  die  Varicen  als  solche  werden  durch  die 
Trendelenburg'sche  Unterbindung  nicht  dauernd  beseitigt.  Es 
empfiehlt  sich  hier  die  Combination  der  Trend elenburg'schen 
Operation  mit  grossen  Längsincisionen  am  Unterschenkel  durch  die 
varicösen  Venenpack  et  e  bis  auf  die  Muskelfascie  (Methode  von 
Ledderhose).  Die  an  dem  bis  zur  Senkrechten  erhobenen  Beine 
ausgeföhrten  Incisionen  werden  sofort  durch   fortlaufende  Naht  ge- 


380  Wagner. 

schlössen;  um  das  Bein  wird  ein  Compressionsverband  angelegt. 
—  lieber  die  Aetiologie  und  die  chirurgische  Therapie 
(insbesondere  der  Radicaloperation)  der  Varicen  an  den 
Varicen-  unteren  Extremitäten  hat  C.  Krämer  gearbeitet  (Münch.  med. 
^^^^^^^^'»»' Wochenschr.  Bd.  45,  Nr.  38  u.  39).  Die  Varicenbüdung  beruht  auf 
einer  angeborenen  mangelhaften  Klappenbildung  der  Saphena ;  mecha- 
nische Ursachen  allein  bringen  keine  Varicen  zu  Stande,  sondern 
nur  Oedem  oder  andersartige  Ektasieen  kleinerer  Venen.  In  leich- 
teren Fällen  und  namentlich  bei  älteren  Individuen  ist  die  Tren- 
delenburg'sche  Resection  der  Saphena  genügend.  Ist  aber 
die  ganze  Saphena  von  oben  bis  unten  erweitert,  geschlängelt,  mit 
Varicenknoten  besetzt,  so  ist  die  Eadicalexstirpation  nach 
Madelung  angezeigt. 

Ueber   Complicationen  —  Thrombose   mit    anschliessender 
Lungenembolie  und Infarct — nachTrendelenburg*scherVaricen- 
Complica-    Operation   bei    aseptischem    Wundverlauf   berichtet    Franz 
tionen  nach  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  4)  auf  Grund  eines  in  der 
bure'solier   Königsberger  chirurgischen  Klinik  beobachteten  Falles.    Vereinzelte 
Varicen-     ähnliche  Beobachtungen   sind   schon  früher   gemacht  worden.     Aus 
^P"**^®"»    alledem   geht  hervor,    dass    die    Trendelenburg*sche   Operation 
nicht  immer,  wie  man  bisher  anzunehmen  geneigt  war,  völlig  gefahr- 
los ist,    sondern  dass  selbst  bei  genauer  Beobachtung  der  Asepsis 
aus  uns  bisher  noch  unbekannten  Gründen  ausgedehnte  Thrombosen 
und    aus   ihnen    resultirende    Complicationen,    wie    Lungenembolie, 
Lungeninfarct  u.  s.  w.,  auftreten  können.    Demgemäss  ist  die  Opera- 
tion  nicht   in  allen  Fällen   von  Varicen,  resp.  varicösen  TJlcera  in- 
dicirt,   sondern  nur  dann,   wenn  die   durch   dieses  Leiden  hervor- 
gerufenen Beschwerden  sehr  gross  sind  imd  den  gewöhnlichen  Be- 
handlungsmethoden nicht  weichen  wollen. 

Habitaelle  Der  Aufsatz  von  C.  Francke:   Zur  pathologischen  Ana- 

Schulter-     tomie  und  Therapie  der  habituellen  Schultergelenks- 

E  elfin  ks* 

laxationen  luxationen  (Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  48,  H.  4)  stützt  sich 
C.  Francke.  auf  18  Beobachtimgen,  darunter  4  neue  Operationsfalle  von  Müller, 
(Aachen).  Pathologisch-anatomisch  fanden  sich  in  diesen 
18  Fällen:  16mal  Kapselerweiterung;  12mal  Defecte  am  Humerus- 
kopfe;  9mal  Defecte  an  der  Pfanne;  5mal  freie,  resp.  gestielte  Gk- 
lenkkörper.  Als  beste  Operationsmethode  empfiehlt  C.  Francke 
folgende:  Freilegung  der  Gelenkkapsel,  eventuell  nur  Faltennähong 
derselben,  häufiger  dagegen  die  Eröffnung  des  Gelenks,  Beachtung 


Chirurgie.  381 

etwaiger  freier  oder  gestielter  Körper,  E-esection  der  Kapsel,  Vor- 
nähung  etwa  abgerissener  Rotatoren.  Ruhigstellung  des  Gelenks 
ftir  etwa  14  Tage,  Drainage  oder  Tamponade  des  Gelenks,  oder 
auch  auf  diese  Weise  möglichste  Retraction  der  Gelenkweichtheile 
zu  erreichen.  Die  Resection  des  Schulterkopfes  ist  möglichst  ein- 
zuschränken. 


Auf   Grund    der   Erfahrungen    der   Bruns'schen    Klinik    gibt    Operative 

F.  Cuhorst  (Beitr.  z.  klin.  Chir.  Bd.  20,  H.  3)  einen  Beitrag  zur  ^«^*'»*^«'^e 

,.  T»    ,         j,  -VI        T  X'  •      -nTi  irreponibler 

operativen  Behandlung  irreponibler  Luxationen  im  Ellen-  Ellenbogen- 

bogengelenk.     Innerhalb    20  Jahren    wurden    39    Luxationen     gelenks- 

beider  Vorderarmknochen  nach  hinten  beobachtet;  16  waren    «*«*i.°"!"' 

^  P.  Cuhorst. 

frisch  und  wurden  sämmtüch  reponirt.  Unter  23  inveterirten 
Luxationen  mussten  9  operativ  angegriffen  werden,  und  zwar 
wurde  2mal  die  blutige  Reposition  und  7mal  die  Resection 
ausgeführt.  Als  Schnittführung  für  die  Resection  empfiehlt  Bruns 
auf  Grund  seiner  Erfahrungen  einen  bilateralen  Längsschnitt 
und  die  Resection  des  unteren  Humerusendes  unter  Schonung 
der  Gelenkenden  der  Vorderarmknochen  und  im  Sinne  der  sub- 
periostalen Technik.  Bei  dieser  Schnittführung  bleibt  der  ganze 
Streckapparat  intact.  Aus  der  Litteratur  konnte  Cuhorst  21  mit 
Arthrotomie  und  63  mit  Resection  behandelte  Fälle  von  ver- 
alteter hinterer  EUenbogenluxation  zusammenstellen. 

0.  Brigel   (Die  Jodoformbehandlung   der  Handgelenk-    Jodoform- 

tuberculose    und    ihre   Dauerresultate.     Beitr.    z.   klin.    Chir.     ®  *°    ^^^ 

der  Hand- 

Bd.  20,  H.  1)  berichtet  aus  der  v.  Bruns^schen  Klinik  über  39  Fälle  gelenk- 
von  Handgelenktuberculose,  von  denen  24,  und  zwar  zum  grösseren ^^^^J^^^^ ose, 
Theile  mit  ausgezeichnetem  functionellem  Resultate,  dauernd  geheilt 
wurden.  Auf  Grrund  dieser  ausgezeichneten  Erfolge  steht  Brigel 
nicht  an,  die  Jodoformbehandlung  specieU  bei  Handgelenktuberculose 
als  beste  und  erfolgreichste  Behandlungsart  zu  empfehlen.  In  jugend- 
lichem Alter  mehr  als  in  höherem  gibt  sie  bei  beginnendem  Fungus 
und  bei  Fehlen  anderweitiger  Localisation  der  Tuberculose,  man 
kann  fast  sagen,  sichere  Gewähr  für  Heilung  in  einer  relativ  ziem- 
lich kurzen  Zeit.  Auch  von  schweren  Formen  der  Handgelenktuber- 
culose mit  Abscessen,  Fisteln  und  Schlottergelenk  wird  ebenso  eine 
grosse  Anzahl  dauernd  zur  Heilung  gebracht.  Die  Behandlungs- 
methode, die  ambulatorisch  durchgeführt  werden  kann,  ist  bequem 
in  der  Anwendungsweise,  da  jeder  practische  Arzt  die  Einspritzungen, 


382  Wagner. 

zu  denen  ausser  einer  sterilisirbaren  Spritze  kein  weiteres  Instrumen- 
tarium gehört,  machen  kann. 

Radialis-  M.  Gerulanos  (Ueber  das  Vorkommen  von  Radialis- 

a  mnng;     lähmunff  nach  einer  heftigen  Contraction  des  Muse,  triceps 

nach  &  &  r 

heftiger     brachii.    Deutsche  Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  47,  H.  1)  theilt  eine  der- 
Contraction  artige  Beobachtung  aus  der  Helferich'schen  Klinik  mit.    Gleiche 
triceps      Beobachtimgen   sind   auch  früher  schon  von  Gowers  und  Oppen- 
brachii,      heim  gemacht  worden.     Es  gibt  demnach  eine  Anzahl  von  Fallen, 
GerulanoB.    ^j^j  denen    eine  Radialislähmung   ohne   directe    äussere   Gewaltein- 
wirkung, lediglich  infolge  einer  plötzUchen  und  heftigen  Contraction 
des  Muse,  triceps  brachii,   besonders   seines   äusseren  Kopfes   ein- 
treten kann.    Der  sich  bei  Beugungen   des  Vorderarms  gewöhnlich 
vorschiebende  Nerv  kann  unter  besonderen  Umständen,  wie  Fixation 
der  Nerven  durch   die  Vorderarmmusculatur ,  plötzlich  einsetzende 
Contraction  des  M.  triceps  u.  s.  w.,  beim  Ausweichen  gehindert  und 
so  zwischen  Knochen  und  Muskel  comprimirt  werden.    Eine  Nerven- 
verzerrung im  Sinne  einer  übermässigen  Nervendehnung  erscheint 
aus  anatomischen  Gründen  nicht  annehmbar. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

E.  Albert,  Lehrbuch  der  speciellen  Chirurgie.  5.  Aufl.  2.  Bd.  Wien  u. 
Leipzig. 

C.  Beck,  Appendicitis.    Samml.  klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  221.   Leipzig. 

y.  Bergmann,  Die  chirurgische  Behandlung  der  HimgeschwÜlste.  Samml. 
klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  200.    Leipzig. 

H.  Bottini,  Die  Chirurgie  des  Halses.  Deutsch  von  Dr.  S.  Arkel.   Leipzig. 

H.  Braun,  üeber  Infiltrationsanästhesie  und  regionäre  Anästhesie.  Samml. 
klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  228.    Leipzig. 

K.  Brunner,  Erfahrungen  und  Studien  über  Wundinfection  und  Wund- 
behandlung.   1.  u.  2.  Theil.    Frauenfeld. 

A.  Bum,  Handbuch  der  Massage  und  Heilgymnastik.  2.  Auflage.  Wien 
und  Berlin. 

L.  Casper,  Hundbuch  der  Cystoskopie.    Leipzig. 

H.  Gocht,  Lehrbuch  der  Röntgenuntersuchung.     Stuttgart. 

E.  G  u  rl  t ,  Geschichte  der  Chirurgie  und  ihrer  Ausübung.  Volkschirurgie  — 

Alterthum  —  Mittelalter  —  Renaissance.    Mit  28  Tafeln,  6  Bildnissen 
und  19  anderen  Abbildungen.    Berlin. 
P.  Güterbock,   Die  chirurgischen  Krankheiten  der  Nieren.    Leipzig  u. 
Wien. 

F.  Hansj,  Ueber  die  Principien  der  modernen  Wundbehandlung.     Wien 

u.  Leipzig. 


Chirurgie.  383 

H.  Helferich,  Atlas  und  Grundriss  der  traumatischen  Fracturen  und 
Luxationen.    4.  Aufl.    München. 

D.  Hell  in,  Anleitung  zum  Chloroformiren.    Leipzig. 

A.  Hoffa,  Lehrbuch  der  orthopädischen  Chirurgie.   3.  Aufl.    Stuttgart. 

Derselbe,  Die  moderne  Behandlung  der  angeborenen  Hüftgelenksluxationen. 
München. 

M.  Jaff^,  üeber  denWerth  der  Laparotomie  als  Heilmittel  gegen  Bauch- 
felltuberculose.    Samml.  klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  211.    Leipzig. 

M.  Jeannel,  Chirurgie  de  Tintestin.    Paris. 

G.  Joachimsthal,  üeber  Wesen  und  Behandlung  der  Coxa  vara.  Samml. 
klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  215.    Leipzig. 

W.  Kcen,  The  surgical  complications  and  sequels  of  typhoid  fever.  Phila- 
delphia. 

Kehr,  Die  Resultate  von  360  Gallensteinlaparotomien  unter  besonderer 
Berücksichtigung  der  in  den  letzten  2  Jahren  ausgeführten  151  Ope- 
rationen.    Sammlung  klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  225.    Leipzig. 

A.  Kirchner,  üeber  das  Wesen  der  sog.  Fussgeschwulst.    Wiesbaden. 

F.  Koenig,  Lehrbuch  der  speciellen  Chirurgie.    7.  Aufl.    Bd.  1. 

W.  Körte,  Die  chirurgischen  Krankheiten  und  die  Verletzungen  des  Pan- 
kreas.   Stuttgart. 

Kolischer,  Die  Erkrankungen  der  weiblichen  Harnröhre  und  Blase. 
Leipzig  u.  Wien. 

Kowalk,  Militärärztlicher  Dienstunterricht  für  einjährig-freiwillige  Aerzte 
u.  Unterärzte,  sowie  für  Sanitätsofficiere  des  Beurlaubtenstandes.  4.  Aufl. 

R.  Kutner,  Die  instrumenteile  Behandlung  der  Harnleiden.    Berlin. 

A.  Landerer,  Handbuch  der  allgemeinen  chirurgischen  Pathologie  und 
Therapie.    2.  Aufl.    Wien  und  Leipzig. 

G.  Ledderhose,  Die  ärztliche  Untersuchung  und  Beurtheilung  der  ünfall- 

folgen.    Wiesbaden. 

Le  Dentn  und  P.  Delbet,  Traite  de  Chirurgie  clinique  et  operatoire. 
VU.    Paris. 

A.  0.  Lindfors,  Zur  Lehre  von  den  angeborenen  Himbrüchen  und  deren 
chirurgischer  Behandlung.  Samml.  klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  222 
u.  223.     Leipzig. 

H.  Lindner  und  L.  Kuttner,  Die  Chirurgie  des  Magens  und  ihre  Indi- 
cationen  einschliesslich  Diagnostik.    Berlin. 

A.  Lorenz,  Das  instrumentelle  combinirte  Redressement  der  Hüftgelenks- 
contracturen.    Samml.  klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  206.    Leipzig. 

K.  May  dl.  Die  Lehre  von  den  ünterleibsbrüchen  (Hernien).    Wien. 

M.Mayer,  Zur  Anwendung  eitererregender  chemischer  Mittel  in  der  Chi- 
rurgie.   Samml.  klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  216.    Leipzig. 

V.  Mosetig-Moorhof,  Handbuch  der  chirurgischen  Technik  bei  Opera- 
tionen und  Verbänden.    4.  Aufl.     1.  Liefg.  u.  ff.    Leipzig  u.  Wien. 

G.Müller,  Kurzgefasstes  Lehrbuch  der  Nachbehandlung  von  Verletzungen 
nebst  einer  Anleitung   zur  Begutachtung  von  ünfallfolgen.    Berlin. 


384  Wagner. 

J.  B.  Murphy,  Surgery  of  the  liing.     Chicago. 

P.  Myrdacz,  Handbuch  für  k.  und  k.  Militärärzte.    Bd.  2.     Wien. 

J.  Port,  Anleitung  zu  ärztlichen  ImprovisationBarbeiten.   Im  Auftrage  des 

Eönigl.  Bayer.  Eriegsministeriums  verfasst.    2.  Aufl.     Stuttgart. 
J.  Potarca,  La  Chirurgie  intra-mödiastinale  postörieure.    Paris. 
P.  Beichel,  Die  Abschätzung  der  Erwerbsfähigkeit.    Wiesbaden. 
C.  L.  Schleich,  Schmerzhafte  Operationen.    3.  Aufl.    Berlin. 
Transactions  of  the  American  Orthopedic  Association.    Philadelphia. 
W.  Wagner  und  P.  Stolper,  Die  Verletzungen  der  Wirbelsäule  und  des 

Bückenmarks.     Stuttgart. 
J.  Zabludowski,   Bemerkungen   zur  Massagetherapie   in   der  Chirui^ie. 

Samml.  klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  209.    Leipzig. 


IV. 


Grebnrtshülfe  und  Crynäkologie. 

Von  Privatdocent  Dr.  P.  Strassmann^  Assistent  an  der  geburtsh.-gynäkol. 
Universitäts-Poliklinik  (kgl.  Charite)  in  Berlin. 

I.  GeburtshOlfe. 


1.  AUgremeines. 

Goenner  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  18)  hat  den  Wertli  des 
Alkohols  als  Desinfectionsmittel  geprüft.  Er  ist  ein  viel 
geringeres  Desinficiens  als  Sublimat.  Streptokokken  z.  B.  vernichtet 
er  in  der  practisch  in  Frage  kommenden  Zeit  nicht.  Auch  gegen 
Milzbrandsporen  ist  er  unwirksam.  Sublimat  dagegen  greift  die 
Haut  kaum  mehr  an  und  ist  auch  Sporen  gegenüber  zuverlässig. 

T jaden  (Giessen)  (Zeitschr.  f.  Gynäkol.  Bd.  38,  H.  3)  hat  in 
der  Giessener  Frauenklinik  Versuche  angestellt,  was  der  Alkohol 
beim  Sterilisiren  der  Hände  leistet.  Die  verschiedenen  Bacterienarten 
verhalten  sich  dem  Alkohol  gegenüber  verschieden.  Wesentlich  ist 
die  Dicke  der  Schicht,  auf  welche  der  Alkohol  wirkt.  Der  Quel- 
lungszustand  der  Gewebe  lässt  den  Alkohol  stärker  wirken.  76-  und 
90®/o  iger  Alkohol  tödtet  Keime  besser  als  60®/oiger  oder  absoluter.  Femer 
prüfte  er  an  102  Hebammen,  wie  sich  ihre  Hände  den  gebräuchlichen 
Desinficientien  gegenüber  verhalten.  In  402  Versuchen  war  nur 
9mal  eine  Keimfi-eiheit  (darunter  7mal  eines  Fingers)  erzielt  worden. 
Trotzdem  die  Desinfection  sehr  lange ,  länger  jedenfalls  als  in  der 
Praxis  gemacht  wurde.  Die  Ursache  liegt  in  der  rissigen  und 
schwieligen  Beschaffenheit  der  Hände. 

Krug   (Centralbl.   f.   Gynäkol.   Nr.  41)   nimmt   zur  Trocken- 

eterilisationgeburtshülfUcherlnstrumente runde  verschlossene 
Jahrbach  der  praotischen  Medicin.    1899.  25 


Desinfec- 

torischer 

Werth  des 

Alkohols, 

Goenner, 


Tjaden. 


386  Strassmann. 

Metall-      Metallbüchsen,  die  man  auch  im  Bratofen  erhitzen  kann.     Die 
büchsen  für  Instrumente  werden  in  Asbestpapier  eingehüllt.    (Das  sicherste  und 
Krug.         überall  durchfuhrbare  Verfahren  bleibt  das  Auskochen  an  Ort  und 
Stelle.    Ref.) 

Operations-  A.  Doederlein  (Beitr.  z.  Geb.  u.  Gynäkol.  Bd.  1,  H.  1)  hat  bacterio- 

handechahe  logische  Versuche  über  die  Operationshandschuhe  aus  Tricotstoff 
*""  t  ff  ^      angestellt.  Während  die  Hand  nach  Fürbringer  keimfrei  zu  machen  ist 
Doederlein.     ^^^  ^^^  ^^  während  der  Operation  erhalten  lässt,  werden  Handschuhe  aus 
der  Luft  her  leicht  inficirt,  da  die  Keime  in  den  mit  Blut  und  Flüssigkeit 
gefüllten  Maschen  einen  guten  Nährboden  finden.     Tricothandschuhe  ver- 
mindern die  Asepsis. 

Für  geburtshül fliehe   Untersuchung   und   Operationen   empfiehlt 
Handschuhe  A.  Doederlein  (Berl.  klin.  Wochensohr.  Nr.  50  u.  Gentr.  f.  Gynäkol.  Nr.  26) 
ans  Condom- ^e  Benutzung  von  Handschuhen   aus  Condomgummi.    Diese  haben 
^"Mrilt^'^'   sich   in  der  Tübinger  Klinik  bei  200  Entbindungen   sehr  bewährt.    Trotz 
httl fliehen    der  Untersuchung  von  4 — 8  Practicanten,  oft  bis  zu  30-  und  40mal,  waren 
unter-        Temperaturerhöhungen,    ohne    dass   prophylaktische   Spülungen    gemacht 
suchung,     worden  sind,  selten.  —  Jedenfalls  sind   diese  Handschuhe  dem  Practiker, 
der  bei  anderweitiger  Thätigkeit  nicht  immer  die  Abstinenz  nach  infecüGsen 
Berührungen  durchführen  kann,  zu  empfehlen.     Auch  die  Frage  nach  dem 
Werthe  der  Desinfection  der  Gebärenden   wird    sich   an    einem   grösseren 
Material    lösen    lassen.     Die    Desinfection   geschieht    durch    V'^^diges 
Kochen  und  Aufbewahren  in  l^oigem  Lysol.  Die  Handschuhe  können  mehr- 
fach verwendet  werden.    Sie  werden  über  die  sterile  Hand  gezogen. 

Prophylak-  Hofmeier    (Zur    Verhütung    des     Kindbettfiebers. 

""J^^P.l^  IV.  Beitr.   Berl.  klin.  Wochensohr.  Nr.  46,  14.  Nov.)  berichtet  über 
inieotion  ^  ^  ^         '  ^     ^    ^ 

der  das  vierte  Tausend  Wöchnerinnen,  die  nach  antiseptischen  Qmnd- 
KreiBsenden.  oätzen,  wie  aus  den  früheren  Veröffentlichungen  bekannt  sein  dürfte, 
entbunden  worden  sind  (Desinfection  der  Scheide  und  Cervix  mit 
Va'/oigem  Sublimat).  Ein  Infectionstodesfall,  der  der  Anstalt  zur 
Last  fiele,  kam  nicht  vor.  Die  Mortalität  der  4000  betrug  über- 
haupt 0,7  ®/o,  an  Infection  0,15*^/0,  an  Infection  in  der  Anstalt  0,1  *;o. 
Die  puerperale  Morbidität  abzüglich  der  extragenitalen  Erkrankungen 
war  5,9*^/0,  an  schwereren  Störungen  2,4 ^/o.  Hofmeier  hält  die 
Vorrichtungen  von  Burckhardt  (Nachgeburtsspecula)  und  die  von 
V.  Mars  angegebenen  Gummiärmel,  sowie  endlich  die  durch  Doe- 
derlein empfohlenen  Touchirhandschuhe  für  überflüssig.  Eine  wei- 
tere Herabsetzung  der  Morbidität  ist  nach  seiner  Ueberzeugung  nur 
durch  eine  weitere  Desinfection  der  Kreissenden  zu  erreichen. 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  887 

2.  Sehwangrerschaft. 

a.  Retroflexio  nteri  gravidi. 

A.Dührssen  (Berlin),  lieber  Aussackungen,  Rückwärts-        Aus- 

neicranffen    und    Knickuntren    der    schwangeren    Gebär-  «t^t^^"«^^'^' 

mutter  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  sog.  Retroflexio  uteri   neignngen 

gravidi  partialis  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  57 ,  H.  1).    Aussackungen         ^^^ 

der  hinteren  Corpuswand  des  schwangeren  Uterus  können  bei  retro-  des 

flectirtem  und  anteflectirtem  Uterus  entstehen.   Die  letzteren  kommen  schwangeren 

zu  Stande  bei  Uterus  bicomis,    durch  Tumoren,    durch    „den  vor-      J?*®''*^* 

'  '  "  Dührssen. 

liegenden  Kindstheil  oder  stärkere  Entwickelung  des  hinteren  unteren 
Uterinsegments",  durch  perimetritische  Verwachsungen  der  hinteren 
Uteruswand,  durch  mangelhafte  Entfaltung  der  vorderen,  complemen- 
tare  Entfaltung  der  hinteren  Wand  nach  Vaginofixation  und  Ventro- 
fixation.  Sie  sind  also  als  Retroflexio  uteri  gravidi  partialis  spuria 
anzusehen.  Aussackungen  der  vorderen  Corpuswand  entstehen 
durch  den  vorliegenden  Kindstheil  und  durch  Vagino-  oder  Ventro- 
fixation.  Auch  die  Seitenkanten  können  durch  die  erwähnten 
Operationen,  femer  durch  Torsionen  und  perimetritische  Verwach- 
sungen ausgesackt  werden.  Unter  Zugrundelegitng  dieser  Einthei- 
lang  und  mit  sehr  ausgedehnter  Benutzung  der  Litteratur  bespricht 
nun  Dührssen  die  einzelnen  Gruppen  nach  Symptomatologie,  Ur- 
sachen und  Therapie.  Ebenso  wie  Verwachsungen  sind  Schrum- 
pfungen der  Serosa  der  hinteren  Wand  des  retroflectirt  gelegenen 
Uterus  Schuld  an  der  Entstehung  einer  partiellen  Retroflexio  uteri 
gravidi  und  auch  der  Incarceration.  Abgesehen  von  dieser  Ursache 
sind  chronische  Metritis,  Perimetritis  und  enges  Becken  Ursachen  der 
Einklemmung.  Bei  der  Diagnostik  dieses  Zustandes  wird  auf  die 
Verwechselung  mit  Tubargravidität  und  supravaginaler  Hypertrophia 
cervicis  hingewiesen.  Gewiss  wird  hier  eine  vorsichtige,  wenn  auch 
selten  nothwendige  Sondirung  die  Patienten  vor  unzweckmässigen 
Maassnahmen  schützen.  Aber  D  ü  h  r  s  s  e  n's  Anweisung  „Ist  es  eine 
Tubenschwangerschafk ,  so  schadet  eine  lege  artis  ausgeführte  Son- 
dirung nichts  —  ist  es  eine  Retroflexio  uteri  gravidi,  so  schadet  sie 
meistens  nichts",  ist  denn  doch  zu  leicht  hingesagt  und  unrichtig. 
Die  Erscheinungen  von  Seiten  der  Blase  bilden  bekanntlich  die 
grössten  Gefahren  flir  die  Frau.  Dührssen  hat  sich  besonders 
der  Blasengangrän  in  seinen  Betrachtungen  zugewendet.  Diese  kommt 
nach  mehrtägiger  Retention  auch  ohne  Compression  der  Arterien  zu 
Stande.  Da  hier  Repositionsversuche  bisweilen  die  Blasenruptur  be- 
fördert haben,   so  warnt  Dührssen  bei  jauchig  schwarzem  Harne 


388  Strassmann. 

Aus-        und  beginnenden  peritonitischen  Erscheinungen  diese  vorzunehmen. 

Backung en,  ^^^  j^^^^  indessen  zahllose  Fälle  mit  zersetztem  Urin  in  der  üblichen 

Ruckwarts- 

neigungen  Weise  durch  Katheterisation  und  Aufrichtung  behandelt,  ohne  einmal 

und         nur  Ruptur  oder  peritonitische  Erscheinungen  folgen  zu  sehen.    Die 
*  des  ^      Retroversio  uteri  gravidi  wird   von  der  Retroflexio  grundsätzlich  ge- 
schwangeren  schieden.     Der  Muttermund  ist  hier  gegen  die  Symphyse  oder  die 
Uterus,      vordere  Bauchwand  gerichtet.     Die  Einklemmung  kommt   erst  viel 
später    zu   Stande  je   nach   dem    Grade   der  Version   vom  4.   Mo- 
nate bis  in   die   zweite  Hälfte   der   Schwangerschaft.     Eine  Selbst- 
reposition  ist  ausgeschlossen,  der  Katheterismus  sehr  erschwert  wegen 
der  „Zweitheilung  der  Blase".    Hier  wird  für  gewisse  Fälle  der  Ei- 
hautstich   als   Anfang  der  Behandlung  gerathen.    Zustimmen  kann 
man  der  Ansicht,  dass  die  Laparotomie  fast  immer  umgangen  werden 
kann.  —  Was  die  übrigen  Abschnitte  der  Arbeit  anbelangt ,  so  ver- 
missen wir  für  die  Aussackungen  der  vorderen  Wand  bei  Retro- 
positio  uteri  die  anatomischen  und  klinischen  Belege. 

Behandlung  Ahlfeld  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  38)   bemerkt  in  einer  Er- 

aör         widerung  an  Dührssen,   dass  er  bei  der  Behandlung  des  in- 

rirten       car  c  er  irten  geschwängerten  Uterus  auch  bei  Blasengangrän 

Retroflexio  noch   durch  geeignete  Reposition  (Knie-Ellbogenlage)  und  Einlegen 

uteri  .  

gravidi       ^ines  Ringes  zum  Ziele  gekommen  sei. 

Ahlfeld,  A.  Müller  (Centr.  f.  Gjniäk.  Nr.  43)  hat  sich  bei  einer  partiellen 

Müller,  fixirten  Retroflexio  uteri  gravidi  im  4. — 5.  Monate,  die  sich 
nicht  reponiren  Hess,  des  Kolpeurynters  zur  Aufrichtung  bedient. 
Derselbe  kam  in  die  Scheide  zu  liegen  imd  bewirkte  unter  ziemlich 
starken  Schmerzen  nach  über  3  Stunden  die  Aufrichtung  des  Utems. 
Patientin  trug  aus.  Müller  empfiehlt  das  Verfahren  gegenüber 
Dührssen's  activem  Vorgehen  (Function,  vaginale  Eröffnung  des 
Uterus). 
Fi-anz.  Bei  K.Franz  (Ein  FaU  von  Bauch  schnitt  zur  Aufrichtung 

der  rückwärts  gebeugten  und  eingeklemmten  Gebär- 
mutter bei  Schwangerschaft  im  7.  Monat.  Münch.  med. 
Wochen  sehr.  Nr.  1)  handelte  es  sich  um  einen  sehr  ausgespro- 
chenen Fall  von  Retroflexio  uteri  gravidi  partiaUs  bei  einer  18jährigen 
Primipara.  Das  im  Becken  befindliche  Segment  war  für  einen 
Tumor  gehalten  imd  nach  vergeblich  versuchter  Reposition  (nur 
mit  zwei  Fingern  von  der  Scheide)  punctirt  worden.  Der  entleerte 
Inhalt  wiu'de  als  Dermoidbrei  angesehen.  Erst  die  Laparotomie 
Idärte  den  Befund  auf.  Der  Uterus  wurde  aufgerichtet,  und  sofort 
konnte  die  Geburt  beendet  werden.    Der  Ansicht,  dass  hier  ein  Fall 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  389 

vorlag,  in  dem  die  Laparotomie  unumgänglich  war,  kann  Ref.  nicht 
beipflichten. 

b.  Schwangerschaft  und  Geschwülste. 

Rosenberg  (Med.  News,  22.  Jan.,  Centr.  f.  Gynäk.  Nr.  22)  warnt       Fibro- 
vor  einem  activen  Verfahren  bei  Schwangeren,  die  mit  Fibroiden     ^^^^^l 
behaftet  sind.     Von  6  Müttern  trugen  B  aus  mit  lebenden  Kindern, 
eine  abortirte.  Alle  blieben  gesund.  Myomektomieen  in  der  Schwanger- 
schaft haben  für  Mütter  und  Kinder  eine  sehr  hohe  Mortalität. 

c.  Schwangerschaft  und  Herzfehler. 

Kisch  (Therap.  Monatsh. ,   Februar)  betrachtet  die  Frage,   ob     Heirat h 

herzkranke  Mädchen  heirathen  dürfen.     Da  Cohabitation  und     ,     ®"" 

kranker, 

die  Folgen  der  Conception  Ansprüche  an  das  Herz  stellen,  so  darf  Kisch. 
nur  bei  guter  Compensation ,  Ernährung  und  kräftiger  Musculatur, 
bei  grösster  körperlicher  Schonung  die  Ehe  gestattet  werden.  Sie 
ist  zu  verbieten  bei  nervösen,  sehr  alten  Individuen  und  bei  con- 
genitalem  Vitium.  Massiger  sexueller  Verkehr  imd  nicht  mehr  als 
zwei  Geburten  sind  anzurathen. 

O.  Feis  (Samml.  kl  in.  Vortr.  Nr.  213)  behandelt  die  Complica-  Schwan  ger- 
tion    von    Schwangerschaft,    Geburt   und   Wochenbett   mit      Schaft, 
chronischem  Herzfehler.     Die  gemeinsame  Thätigkeit  von  Ge-  Wochenbett 
burtshelfer  und  innerem  Kliniker  und  die  Prüfting  des  späteren  Ver-         i>ei 
haltens   der  Entbundenen  ist  nothwendig,  um  ein  richtiges  Bild  zu     ^q^v-  ^^' 
gewinnen.     Zunächst  soll  in  der  Schwangerschaft  immer  abwartend 
verfahren   werden.    Bei  bedrohlichen  Erscheinungen  ist  der  künst- 
liche Abort  oder  die  Frühgeburt  nicht  immer  zu  umgehen. 

Die    künstliche    Frühgeburt    bei    Herzkranken    hat 
Gusserow  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  31,  October)  in  einem  Vor-  Künstliche 
trage   beleuchtet.     Von   70  Fällen,   bei  denen  in  der  Klinik  Herz-  Frühgeburt 
fehler  und  Schwangerschaft  zusammentrafen,  starben  4  Mütter,  hier     kranken 
hatten  die  Störungen  zu  spontaner  Unterbrechung  geführt,  die  Geburt     Gusserow. 
endigte  mit  dem  Tode.   6  andere  mussten  operativ  entbunden  werden 
und  blieben  lebend.  Femer  wurden  13  FäUe  beobachtet,  bei  denen  zwar 
Compensation sstörungen  eintraten,  die  Geburt  aber  spontan  zu  Ende 
ging  und   die  Mütter  leben  blieben.     46  Frauen  kamen  ohne  Com- 
pensationsstörungen  nieder.   Nur  eine  wurde  wegen  der  Herzerschei- 
nungen künstlich  vorzeitig  entbunden.     Nach  dieser   Statistik  hält 
Gusserow  die  künstliche  Frühgeburt  bei  Herzkranken  nur  da  in- 


390 


Strassmann. 


dicirt,  wo  bei  Compensationsstörungen  nicht  spontan  die  Frühgeburt 
eintritt.  Ein  Herzfehler  an  und  für  sich  ist  schon  deswegen  tiicht 
als  Indication  zur  künstlichen  Frühgeburt  aufzufassen,  weil  die  lange 
Dauer  der  künstlichen  Entbindung  dieselben  Gefahren  bringen  kann, 
wie  die  natürliche  Geburt. 

d.  Schwangerschaft  und  Blutkrankheit. 

Künstliche  H.  Schröder  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  57,  H.  1)  berichtet  aus  der  Kgl. 

Fehlgeburt  üniv.-Frauenklinik  zu  Bonn  über  wiederholte  Schwangerschaft  bei 

hei  lienftleF 

Leukämie  liß^ö-l^r  Leukämie.  25jährige  Frau,  die  bereits  5mal  geboren  und  2mal 
Schröder.  '  abortirt  hatte.  Nach  der  letzten  Entbindung  Bemerken  einer  Geschwulst, 
die  sich  bei  der  Aufnahme  im  6.  Monate  der  neuen  Schwangerschaft  als 
vergrösserte,  bis  zum  Darmbein  herabreichende  Milz  darstellt  Hämoglobin- 
gehalt 507o,  Verhältniss  der  weissen  za  den  rothen  Blutkörperchen  =  1 :  28. 
Mikroskopisch  typischer  Blutbefund.  Knochen-  und  Lymphsjstem  nicht  mit 
ergriffen.  Wegen  schwerer  Zeichen  von  Anämie  und  Athemnoth  künst- 
liche Fehlgeburt.  Die  ausgestossene  Frucht  zeigt  keine  Zeichen  von 
Leukämie.  Wochenbett  zuerst  febril,  dann  normal.  Die  subjectiven  Er- 
scheinungen bessern  sich,  obwohl  der  Blutbefund  bei  der  Entlassung  eher 
ungünstiger  ist  (Verhältniss  =  1 :  20).  Die  sofortige  Frühgeburt  wird  nicht 
principiell,  sondern  nur  bei  höchstgesteigerten  Symptomen  empfohlen. 


Abort- 
therapie, 
Boiflsard, 


Biermer, 
Feinberg. 


e.  Abort. 

Die  Aborttherapie  hat  eine  ausfuhrliche  Besprechung  von 
Boissard  (M6d.  moderne  Nr.  16  u.  17)  gefunden.  Mit  geringen  Ab- 
weichungen in  Bezug  auf  die  Antiseptica  ist  die  Therapie  von  der 
üblichen  nicht  verschieden.  Wenn  möglich  wird  die  manuelle  Aus- 
räumung statt  der  instrumenteilen  vorgenommen. 

Biermer  (Magdeburg)  und  Feinberg  (Petersburg)  (Centralbl. 
f.  Gynäkol.  Nr.  21)  sind  für  die  weitere  Verwendung  der  von 
Ge  ssner  verworfenen  Curette  besonders  beim  unvollständigen  Aborte. 
Der  ärztliche  Finger  ist  schwerer  zu  desinficiren  als  das  Instrument. 
Narkose  ist  zur  digitalen  Ausräumung  nöthig;  oft  genug  gelingt 
sie  nicht  vollständig  und  ist  nicht  schonender  als  die  Abrasio. 

Lysolgaae  Hahn  (Mainz)   (Centralbl.   f.  Gynäkol.  Nr.  16)    empfiehlt  nach 

h*  ft*      '  -^^sräumung   septischer    oder  saprischer    Aborte    bezw.    Placentar- 

A borte,  lösimgen    Fiebernder    die    48 stündige    Tamponade    mit    lysolge- 

Hahn.  trankter  Gaze. 

Eine  fast  rein  auf  mikroskopischem  Gebiete  liegende  Discassion  knüpfte 
sich  an  die  Demonstration  Gottschal k*8  Über  einen  Fall  von  sog.  tu- 
berösem  subchorialem  Hämatom  an  (Sitz.  d.  Ges.  f.  Geb.  u.  Gynäkol., 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  391 

14.  u.  28.  Oct.).  Es  sind  das  bekanntlich  Eier,  welche  längere  Zeit  retinirt  waren     Tuberöse 
und  bei  denen  die  Vergrösserung  der  Placenta  bezw.  des  Chorions  durch  »ttbchoriale 
vielfache  knollige  Blutansammlungen   auffällt.    Gottschalk  versucht  die     oottBchalk ' 
Entstehung   auf   eine  Insufficienz   des  embryonalen  Herzens   und  ein  Aus- 
bleiben des  Flacentarkreislaufes  zurückzuführen.  In  den  Zotten  fänden  sich 
keine  Gefässe,  und  der  Embryo  gehe  daher  frühzeitig  zu  Grunde. 

In  der  Discussion  nehmen  fast  alle  Redner  gegen  diesen  Erklärungs-  DiscusBion. 
versuch  Stellung;  es  seien  in  den  Präparaten  degenerirte  Gefässe  sichtbar 
(Keller  und  Steffeck).  Auch  verschiedene  physiologische  Gründe,  Bil- 
dung von  Zotten  (Eossmann),  Fehlen  der  Hämatome  bei  Zwillingen  mit 
insnfficientem  Herzen  und  endlich  das  Vorkommen  von  Eiern  späterer  Monate 
mit  den  gleichen  Hämatomen  (Strassmann),  bei  denen  der  Flacentar- 
kreifilauf  deutlich  ausgebildet  ist,  sprechen  dagegen. 

Doesseker  (Zürich)  (Correspondenzblatt  für  Schweizer  Aertze  Missed 
Nr.  16)  behandelte  eine  Frau,  die  6mal  geboren  hatte  und  ganz  ge-  ^bortion, 
sund  war,  wegen  schwerer  Blutungen,  die  im  Verlauf  einer 
missed  Abortion  auftraten.  Das  dem  1.  Monate  entsprechende 
Ei  wurde  nach  7  Monaten  ausgestossen.  Doch  deuten  die  Wachs- 
thumsverhältnisse  der  Eihäute  und  die  klinischen  Erscheinungen 
darauf  hin,  dass  das  Ei  erst  etwa  4  Wochen  todt  im  Uterus  lag. 

f.  Tubenschwangerschaft  (Extrauteringravidität)*). 

Engström  (Mittheilungen  aus  der  gynäkologischen   Aetiologie 

Klinik    des    Prof.    Dr.    Otto    Engström    in   Helsingfors.    derTuben- 
_—  seh  w  ft  II GT  e  f' 

Bd.  2,  H.  1)   berichtet  über  klinische  und  pathologisch-anatomische      schaft, 

Beobachtungen  zur  Aetiologie  der  Tubenschwangerschaft  auf  Ghnind  Engström, 
von  35  eigenen  Fällen.  Wir  heben  aus  diesen  den  mikroskopischen 
Befund  in  3  Fällen  hervor,  wo  die  uterinwärts  gelegene 
Partie  der  Tube  viel  mehr  entzündlich  verändert  war, 
als  die  abdominal  vom  Fruchtsack  gelegene.  In  einem  Falle  war 
dieser  Theil  sogar  vollkommen  gesund.  Engström  geht  der  Ein- 
wirkung nach,  welche  eine  Tubenentzündung  auf  die  Eieinnistung 
hat.  Obschon  sie  die  ektopische  Ansiedlung  begünstigt,  ist  sie  doch 
nicht  zum  Entstehen  dieser  absolut  erforderlich.  Uebrigens 
sind  auch  uterine  Schwangerschaften  nach  Tubenerkrankungen 
beobachtet. 

Ref.  (Berl.  klin.  Wochenschr.  1897)   hat  in   einer  Arbeit  über  p.  strassmann, 
die  Entstehung    der  Extrauterinschwangerschaft    zu  beweisen   ver- 
sucht, dass  alle  Fälle  aufzufassen  sind  als  eine  Hemmung 

*)  Auf  Wunsch   der  Redaction  an  dieser  Stelle,  statt  unter  , Gynäko- 
logie" berichtet    Ref. 


892 


Strassmann. 


der  Tuben- 
Schwanger- 
schaft, 


Mandl  u. 
Schmidt. 


Aotiologie  des  auf  der  Wanderung  durch  die  Tube  nach  dem  Uterus 
begriffenen  befruchteten  Eies.  Gewiss  wird  eine  solche  be- 
sonders durch  voraufgegangene  Tubenentzündungen  auch  begünstigt 
werden.  Zur  Einnistung  in  der  Tube  muss  aber  wenigstens  an 
einer  Stelle  eine  mit  Epithel  versehene,  bis  zu  einem  gewissen 
Grade  gesunde  Schleimhaut  angenommen  werden. 

L.  Mandl  und  H.  Schmidt  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  66,  H.  2) 
haben  die  Aetiologie  und  Pathologie  der  Extrauterinschwanger- 
schaft  an  der  Hand  von  77  Operirten  der  Schaut  ansehen  Klinik 
bearbeitet.  Wir  heben  hervor,  dass  27  früher  gonorrhoisch  er- 
krankt waren.  Die  Wand  der  Hämatocele  besteht  nach  den  Autoren 
nicht  aus  organisirtem  Fibrin,  sondern  aus  fibrillärem  Bindegewebe. 

Casnistik,  Eine  sehr  reichliche  Casuistik  über  Extrauterin  Schwanger- 

schaft findet  sich  auch  in  diesem  Jahre  in  fast  allen  gynäkologi- 
schen Blättern  (z.  B.  Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  46).  Viel  Freude 
an  den  extrauterin  liegenden  Früchten  späterer  Monate  erlebt  der 
Operateur  nicht,  und  man  thut  am  besten,  auf  diese  bei  operativen 
Entschlüssen  keine  Eücksicht  zu  nehmen. 

Neugebauer.  Neugebauer    (Centralbl.   f.   Gynäkol.   Nr.  30)    hat   bei    einer 

fast  ausgetragenen  Extrauterinschwangerschaft  einlebendes 
Kind  entwickelt,  das  allerdings  bald  an  Lebensschwäche  starb. 
Es  lag  frei  zwischen  den  Därmen  und  zeigte  infolge  dessen  viele 
Vorbildungen.  Fruchtwasser  war  kaum  vorhanden,  die  Placenta 
löste  sich  spontan.     Drainage,  Genesung. 

Zwei  weitere  Fälle  von  nahezu  ausgetragener  Extra- 
uterinschwangerschaft, aber  mit  abgestorbener  Frucht,  eben- 

Warszawski,   falls  aus  der  Neugebauer'schen  E^linik,  berichtet  War szawski 
(Centralbl.   f.  Gynäkol.   Nr.  37).     Der  Fruchtsack  wurde   eingenäht 
und  der  allmählichen  Ausheilung  überlassen.     Heilung. 
Wilke.  Wilke  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  41)  hat  ebenfalls  eine  lebende 

Frucht  von  88  cm  Länge  in  der  Bauchhöhle  frei  und  ohne 
Fruchtwasser  gefunden.  Der  Sack  wurde  eingenäht,  da  Lösungs- 
versuche zu  starken  Blutungen  fiihrten.  Nach  6  Wochen  begann  die 
Placenta  stückweise  auszujauchen.     Heilung. 


Zangemeister  (Zeitschr.  f.  Gynäkol.  Bd.  88,  H.  8)  veröffent- 
licht aus  der  Olshausen'schen  Klinik  3  Fälle  von  wiederholter 


Wiederholte 

Tuben- 
schwanger« 

Schaft,       Extraute rinschwangerschaft.    Zwischen  der  ersten  Operation 
Zangemeister,  m^j  ^q^  neuen  ektopischen  Conception  waren  je  4'/2  Jahre,  9  Monate 
und  einmal  nur  6  Wochen  vergangen.    Zwei  wurden  doppelt  operirt, 
eine  starb. 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  393 

Gottschalk  berichtet  in  der  Ges.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Gottschalk, 
(10.  Juni)  über  eine  wiederholte  Schwangerschaft  in  der- 
selben Tube.  Die  erste  verlief  als  tubarer  Abort  mit  Hämatocele, 
die  zweite  nach  1  ^2  Jahren  mit  Ruptur.  —  Laparotomie,  Heilung.  In 
der  Discussion  spricht  sich  Olshausen  fiir  die  ventrale  Operation 
derartiger  Fälle  gegenüber  der  vaginalen  aus. 

Falk   (Zeitschr.  f.   Geburtsh.  u.   Gynäkol.  Bd.  38,  H.  2)  ver-         Falk. 
öffentlicht  aus  der  Jenenser  Klinik  einen  Fall  von  zweimaliger 
Extrauterinschwangerschaft    innerhalb    dreier   Jahre.     Bei 
der  ersten  Laparotomie   konnten   die  Anhänge    der  anderen  Seite 
wegen  der  Verwachsungen  nicht  sichtbar  gemacht  werden.  Genesung. 

L.    Fränkel    (Placentarpolypen    der    Tube.     Aus    der    Placentar- 

Künik  des  Prof.  E.  Fränkel  in  Breslau.    Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  66,    P^iypen  in 

.  der  Tube, 

S.  713)  beschreibt  die  Krankengeschichte  und  den  anatomischen  Be-    l.  Prankel. 

fund  von  2  Fällen  von  Placentarpolypen  in  der  Tube.  Der  Sitz  war 
beide  Male  im  mittleren  Drittel  an  einer  stark  verdünnten  bezw. 
eingerissenen  Stelle,  wahrscheinlich  an  der  Stelle  der  Ruptur.  Die 
Spitze  der  Polypen  sah  nach  dem  Abdominalende.  Zur  Dia- 
gnose ist  auf  immer  erneute  Anfalle  innerer  oder  äusserer  Blutung 
zu  achten,  die  nach  der  Euptur  oder  nach  tubarem  Abortus  selbst 
bei  vollkommen  abgekapselter  Hämatocele  auftreten. 

Fehling  (Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  38)  macht  Tuben- 
auf die  Bedeutung  der  Tubenruptur  und  des  Tubenabortes  Tubenabort 
für  Verlauf,  Prognose  und  Therapie  der  Tubarschwanger-  Pehling. 
Schaft  aufinerksam.  Die  Tupenruptur  ist  viel  seltener  als  der 
Tubenabort  (1:8).  Bei  der  ersteren  treten  die  bedrohlichen  Krank- 
heitserscheinungen der  inneren,  plötzlichen  Verblutimg  auf.  Bei 
dem  Tubenabort  wird  das  Ei  vollständig  oder  unvollständig  von  der 
Haftfläche  gelöst.  Es  wird  in  die  Bauchhöhle  abortirt  oder  bleibt 
als  Mole  in  der  Tube.  Es  bildet  sich  eine  Hämatosalpinx  neben 
einer  Hämatocele.  Die  Zeichen  dieser  Erkrankung  sind  manch- 
mal schwer  von  der  Pyosalpinx  zu  unterscheiden.  Bei  mehreren 
Dutzend  exspectativ  behandelter  Fälle  kam  kein  Todes- 
fall vor.  Im  übrigen  hat  Fehling  von  83  in  den  letzten  Jahren 
beobachteten  Tubenschwangerschaften  31  operirt  und  steht  auf  dem 
Standpunkte,  dass  man  die  rupturirte  und  nicht  rupturirte 
möglichst  bald  operiren  soll.  Bei  Hämatocele,  deren  Re- 
sorption sich  auf  Monate  und  Jahre  erstreckt,  soll  eingegriffen  werden, 
wenn  der  Tumor  bei  ruhiger  Lage  wächst,  Zeichen  innerer  Blutung 


394  Strassmann. 

auftreten  oder  Erscheinungen  von  Zersetzung  des  Inhaltes  bemerk- 
bar werden.  Geringe  Temperaturen  finden  sich  aber  auch  ohne 
Zersetzimg.  Fehling  bevorzugt  den  abdominalen  Weg  und  exstir- 
pirt  bei  Erkrankung  die  andere  Tube  mit.  Ist  sie  gesund,  so  rese- 
cirt  er  sie  theilweise,  um  einer  Wiederholung  der  ektopischen  An- 
siedelung vorzubeugen. 

Operative  W.  Thorn   (Naturf.-Vers.,   Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  41)   er- 

Behandlung  gj^^j^    die    Grenzen    der   operativen   Therapie    der  Extra- 
der  Tuben-  ^      ,  ^ 

schwanger-  Uterinschwangerschaft  und  die  Ausgänge  der  Erkrankung.   Die 

■chaft,  Gefährlichkeit  der  Hämatocele  und  Hämatome  bei  Tubenabort  sei 
'  übertrieben.  Frische  solle  man  nicht  operativ  angreifen.  Man  sehe 
selten  Nachblutungen  oder  Zersetzungen.  Stationäre  Tumoren  dürften 
erst  nach  6  Wochen  angegriffen  werden.  Er  ist  der  Ansicht,  dass 
60 — 70°/o  so  ausheilten.  Nach  dem  dritten  Monate  solle  immer, 
ebenso  vorher  bei  noch  in  der  Entwickelung  begriffener  Schwanger- 
schaft operirt  werden. 
Veit,  Veit  (ibid.)  räth,  bei  Hämatocele  immer  zu  warten  und  bei  Re- 

tention einer  todten  Frucht  und  tubarem  Abort  nur  nach  den  Sym- 
ptomen die  Indication  zur  Operation  zu  stellen. 
V.  Guörard,  A.  v.  Gu6rard  (ibid.)   hat  drei  ältere   Extrauteringraviditäten 

mit  Glück  operirt,  während  eine  nicht  operirte  einer  Perforation  in 
den  Darm  erlag. 
Mayo  BobBon.  Mayo  Robson  (Brit.  med.  Joum.)  verlor  von    23  wegen  Ex- 

trauterinschwangerschaft  Operirten  nur  eine  an  Embolie. 
Er  tritt  mit  Recht  auch  für  die  Operation  bei  Pulslosigkeit 
ein.  Drei  in  diesem  Zustande  Operirte  erlangten  den  Puls  noch 
während  der  Operation  wieder,  was  Robson  auf  die  wie  eine 
Infusion  wirkende  Ausspülung  der  Bauchhöhle  zurückfuhrt. 

Scanto  (Pest.  med. -chir.  Presse  Nr.  26)  theilt  eine  Extrauterin- 
Verblutung  Schwangerschaft   mit,    die  nach  Ruptur  in    ca.   4 — 6  Stunden  zu 

^®  VJl«,    Grunde  ging.     Insofern  bietet  der  Fall  also  nichts  Besonderes.     Zu 
operirter  . 

Tuben-       bedauern   ist    nur,    dass   die  Patientin    nicht   gerettet  worden  ist. 
schwanger-  gcanto    liess    sie  mit  Recht  nach   den  nöthigen  medicamentösen 

Schaft  .  . 

Scanto.'  Verordnungen  in  das  Krankenhaus  bringen.  Hier  lebte  sie  noch 
2  Stunden.  „Eine  Operation  konnte  bei  ihr  nicht  vorgenommen 
werden.  Ich  war  der  festen  Ueberzeugung,  dass  Patientin  schon  wegen 
der  inneren  Blutung  und  auch  wegen  des  anhaltenden  Col- 
lapses  kein  Object  der  Laparotomie  mehr  war."  —  Diese 
Ansicht  ist  unrichtig.     Derartige  Patientinnen  werden  noch  oft 


Geburtehülfe  und  Gynäkologie.  396 

genug,  wenn  sie  pulslos  sind,  gerettet  durch  die  ja  nur  wenige  Mi- 
nuten benöthigende  Operation.  Je  schwerer  der  CoUaps,  um  so 
dringender  die  Operation.  Im  Krankenhaus  besonders  sollte  die 
zerrissene  Art.  uteiina  ebenso  gut  unterbunden  werden,  wie  etwa 
eine  durchschnittene  Art.  radialis. 

Eine  rupturirte  interstitielleSchwangerschaft  hat  Beck-  Inter- 

mann  (Petersb.  Zeitschr.  f.  Gynäkol.  Bd.  38,  H.  3)  im  Anfang  des  schwanger- 

3.  Monats  mit  Ausgang  in  Genesung  operirt.    Der  rupturirte  Uterus  schaft, 

hatte   sich  sehr  stark  contrahirt.     Die  Diagnose  des  Sitzes  konnte  Beckmann, 
erst    am  Präparat   festgestellt   werden.     Der  Uterus  wurde   supra- 
vaginal  amputirt. 

John  W.  Taylor   (The  Lancet,   28.  Mai,   4.-25.  Juni.     On  Pathologie 

extrauterine    Pregnancy).      In    drei   Vorlesungen    hat  Taylor     xheranie 

ein  Bild  von  der  Geschichte,  Entstehung,  Anatomie,  Diagnostik  und         der 

Therapie    der  Extrauterinschwangerschaft   gegeben.     Bei   der   Dar-^**'*'^*®^^'^" 

.  o  o  o  Bchwanger« 

Stellung  der  Diagnostik  ist  die  Art  der  Ansiedelung  und  des  Sta-      schaft 

dinms ,    in   dem   sich   die  Entwickelung  des  Eies  befindet ,    berück-  J.  w.  Taylor, 
sichtigt.     Von   Einzelheiten  hätte    etwas    mehr   vor  dem   Gebrauch 
der  Sonde  gewarnt  werden  können,  denn  sie  begünstigt  die  Ruptur. 
Wer  gezwungen  ist,    sie  anzuwenden,    muss  im  Stande  sein,   bald 
darauf   die   Operation    vorzunehmen.     Dass  eine  tubo-uterine  oder 
interstitielle  Schwangerschaft  nicht  zu  diagnosticiren  sei  und  immer 
tödtlich    verlaufe,   kann  Ref.   nicht   zugeben.     Vor   einigen  Jahren 
hatten  wir  in  der  Klinik  der  Charit^  einen  derartigen  Fall  (Bericht 
der  Charitegesellschaft) ,  bei  dem  eine  interstitielle  Schwangerschaft 
als  ektopisch  erkannt  und  durch  Incision  und  Entleerung  des  Frucht- 
halters mit  Erhaltung  des  Uteruskörpers  operirt  wurde.  Die  Eintheilung 
in  tubo-abdominale,  tubo-ligamentäre,  tubo-uterine  ist  zwar 
nicht  immer  streng  durchzufuhren,  ist  aber  zur  Sonderung  der  ein- 
zelnen Krankheitsformen  recht  geeignet. 

Taylor  bevorzugt  ein  operatives  Vorgehen,  und  zwar  vom  Ab- 
domen aus ,  nur  für  abgekapselte  Hämatocelen  wird  die  C  o  1  p  o- 
tomia  posterior  gewählt.  Auch  in  diesem  Kapitel  finden  sich 
viele  werthvoUe  Winke,  z.  B.  über  extraperitoneale  Eröffnung  ein- 
zelner interligamentärer  Formen,  über  die  Versorgung  der  Placenta 
bei  vorgeschrittener  Schwangerschaft,  über  Drainage  etc. 


396  Strassmann. 


3.  Geburt. 

a.  Anatomie,  Physiologie,  Diagnostik. 

Gefrier-  W.  Lusk    (Brit.  med.  Joum.,  11.  Juni)    gibt  einen   Gefrierschnitt 

schnitt      durch  eine  in  der  ersten  Geburtsperiode  befindliche  Siebentgebärende 

u' J''^»»  ** j^    im  7-  Monate.  Interessant  ist,  dass  sich  auch  hier  die  deutliche  Aberrenzunff 
iLTeiBBenae,  °  c 

Loak.  eines  unteren  üterinsegments ,  das  aus  dem  Corpus  uteri  hervorgegangen 
ist,  erkennen  lässt.  Weitere  Details  sind  für  ein  Referat  nicht  geeignet. 
Rühmlich  sei  an  dieser  Stelle  der  7  Tafeln  gedacht,  welche  allerdings  in 
Verkleinerung,  aber  mit  hinreichender  Deutlichkeit  die  Verhältnisse  wieder- 
geben und  so  weiteren  Kreisen  eine  Anschauung  gewähren,  während  bei 
uns  derartige  Gefrierschnitte  meist  in  kostbaren  Monographieen  nur  schwer 
zuzüglich  sind. 

Einflussvon         Hensen  gibt  aus  der  Frauenklinik  zu  Kiel  (Arch.  f.  Gynäkol. 

Morphinm    ^^    55    g    i29)  einen  Bericht  über  den  Einfluss  des  Morphiums 
und  Aether  .  .  .  -^ 

auf  die       ^^^  ^^9  Aethers  auf  die  Wehenthätigkeit  des  Uterus,  nebst  Be- 

Wehen,  obachtungen  zur  Physiologie  der  Uteruscontractionen.  Mittels  intra- 
uterinen Ballons  wurden  kymographisch  Beobachtungen  bei  16  Ge- 
bärenden (10  Erst-  und  6  Mehrgebärenden)  angestellt.  Die  Beobach- 
tungsdauer schwankte  von  20  Minuten  bis  11  Stunden.  6  mal  wurde 
Morphin-,  6mal  Aethernarkose  angewandt.  lieber  die  Zahlen- 
werthe  der  im  Uterus  herrschenden  Druckverhältnisse  ist  das  Original 
zu  vergleichen.  Morphium  0,005 — 0,02  g  ist  ohne  jeden  Einfluss 
auf  Wehenthätigkeit  und  Bauchpresse.  Aether  bewirkt  nach  1  bis 
2  Minuten  eine  erhebliche  Schwächung  der  Uterusarbeit,  indem  er 
die  Grösse  der  Wehen  verringert  und  die  Pause  verlängert.  Die 
Bauchpresse  sistirt  in  der  Aethernarkose ;  die  Wehenthätigkeit  stellt 
sich  B  bis  20  Minuten  nach  Aussetzen  des  Aethers  wieder  her. 
Chloroform  hinterlässt  dagegen  eine  selbst  bis  2  Stunden  sich  er- 
streckende schädliche  Nachwirkung.  Die  Aethernarkose  empfiehlt 
sich  daher  für  Operationen,  wo  es  erwünscht  ist,  dass  sofort  hinter- 
her wieder  Wehen  eintreten. 

Ueber  manuelle  Beckenschätzung  schreibt  H.  Löhlein 
im  5.  Heft  seiner  gynäkologischen  Tagesfragen  (Wiesbaden).  Wenn 
auch  die  instrumenteUe  Beckenmessung  für  die  genaue  Ermittelung 
der  Abstände  des  grossen  Beckens  und  die  wissenschaftliche  Ver- 
werthung  unerlässHch  ist,  so  ist  es  doch  eine  Thatsache,  dass  in 
praxi  oft  verhängnissvolle  Entscheidungen  getroffen  werden,  die  eine 
Kenntniss  der  räumlichen  Becken  Verhältnisse  voraussetzen,  während 


Geburtshülfe  und  Gjmäkologie. 


397 


eine  Messung  mit  dem  Zirkel  nicht  ausgeführt  wird  oder  nicht  aus- 
föhrbar  ist.  Daher  soll  der  Klinicist  schon  darin  geübt  werden, 
nur  mittels  der  Hand  und  des  Centimetermaasses  eine 
Beckenschätzung  vorzunehmen.  Die  absolute  Grösse  der  Quer- 
durchmesser lässt  sich  manueU  befriedigend  feststellen,  wenn  man 
die  Spannweite  seiner  Hand  (21 — 24  cm)  kennt.  Nennenswerthe 
Differenzen  werden  leicht  erkannt.  Die  Vorwölbung  der  Regio 
suprapubica  beeinträchtigt  die  höchste  Spreizung  der  Finger  nur  um 
ca.  1 — 1,5  cm.  An  der  Wölbung  der  Darmbeinschaufeln  ist  das 
Verhältniss  der  beiden  Querdurchmesser  zu  schätzen.  Für  die  Er- 
kennung des  allgemein  verengten  Beckens  ist  die  Messung  des 
Beckenumfanges  eine  weitere  Stütze.  Sie  bleibt  hinter  dem  nor- 
malen (90  cm)  um  6 — 10  cm  zurück.  Dazu  kommt  die  Austastung 
des  Beckens.  Der  Untersucher  muss  einmal  zuvor  die  Entfernung 
der  Mittelfingerspitze  vom  ersten  Interphalangealgelenk  und  vom 
Metacarpophalangealgelenk  des  Zeigefingers  festgestellt  haben.  Dann 
lassen  sich  die  Conjugata  vera,  die  im  Becken  schräg  aufsteigenden 
Durchmesser  und  das  Verhältniss  der  Räumlichkeiten  mit  genügen- 
der Genauigkeit  schätzen.  Endlich  hat  eine  sorgfältige  Betrachtung 
und  Betastung  der  Regio  sacralis  zu  erfolgen.  Sie  gewährt  einen 
guten  Anhalt  für  die  Erkenntniss  einerseits  eines  günstigen  Becken- 
baues, andererseits  gewisser  Formen  des  engen  Beckens,  nämlich 
der  asymmetrischen.  Den  Grad  der  Ungleichheit  bestimmt  am 
besten  die  innere  Austastung. 


Manuelle 

Becken- 

Schätzung, 

LöMein. 


Müllerheim  (Verwerthung  der  Röntgenstrahlen  in  der  Ge- 
burtshülfe. Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  39)  hat  systematische  Ver- 
suche an  der  Leiche,  in  deren  Becken  und  Abdomen  ein  kindlicher 
Cadaver  eingelegt  war,  angestellt.  Expositionsdauer  und  Bewegungen  bei 
der  Aufnahme,  die  an  der  Lebenden  so  grosse  Beachtung  erfordern,  fallen 
hier  natürlich  nicht  in  Betracht.  Der  Platinspiegel  muss  immer  direct 
gegenüber  der  Symphyse  stehen.  Bei  einer  Entfernung  der  Lichtquelle 
von  50  cm  hat  man  von  dem  photographirten  Querdurchmesser  des  Beckens 
2  cm  abzuziehen,  um  den  wirklichen  festzustellen.  Vier  Skizzen  sind  bei- 
gegeben, aus  denen  aber  nur  schwer  eine  Vorstellung  von  der  Deutlichkeit 
des  Röntgenbildes  entnommen  werden  kann.  Der  Eintritt  des  Kopfes  ins 
Becken,  die  Haltung  bei  Gesichtslage,  das  Vorhandensein  von  Zwillingen, 
eine  Querlage  sind  gut  zu  erkennen.  Wenn  auch  zunächst  hier  noch  kein 
positives  Ergebniss  der  Verwerthbarkeit  der  X-Strahlen  in  der  Geburtshülfe 
vorliegt,  so  sind  doch  derartige  Vorversuche  entschieden  dankenswerth,  da 
80  leicht  manche  Eigenheiten  der  Bilder  klar  gelegt  werden,  deren  Beur- 
theilung  an   der  Lebenden  weit  mehr  Mühe  machen   würde.    Referent 


Röntgen- 
strahlen, 
Müllerheim. 


j 


398 


Strassmann. 


Einbringen 

von 

Argentnm 

nitricnm, 

Perlsee. 


Olycerin, 
Saft. 


ist  überzeugt,  dass  auch  der  GeburtshÜlfe  durch  die  Röntgenstrahlen  manche 
Aufklärungen  erwachsen  können. 

b.  Künstlicher  Abort,  künstliche  Frühgeburt  und  Erweiterung. 

M.  Perlsee  (Prag.  med.  Wochenschr.  Nr.  29)  gibt  eine  neue 
Methode  der  Einleitung  des  Abortes  und  der  Frühgeburt  an. 
Er  bringt  mittels  eines  Aetzmittelträgers  ein  1  cm  langes ,  3  mm 
dickes  Stückchen  Arg.  nitr.  über  den  inneren  Muttermund  und  ver- 
abreicht Seeale.  In  wenigen  Stunden  setzen  Wehen  ein.  Das  Ei 
bleibt  intact.     Auch  später  zeigten  sich  keine  Störungen.    (4  Fälle.) 

H.  Saft  (Breslau)  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  3)  theilt 
eine  in  der  Breslauer  Hebammenanstalt  geübte  neue  Methode  der 
Anwendung  des  Glycerins  zur  Einleitung  der  Früh- 
geburt mit.  Eine  Fischblase,  die  mit  Aether  entfettet  und  durch 
Sublimat  und  Alkohol  sterilisirt  ist,  wird  an  einer  elastischen  Hohl- 
bougie  in  den  Uterus  eingeschoben,  so  dass  sie  über  den  inneren 
Muttermund  zu  liegen  kommt.  Dann  wird  sie  durch  die  Bougie  mit 
100  g  Glycerin  gefüllt  und  die  Scheide  mit  Jodoformgaze  gefüllt. 
Die  durchschnittliche  Geburtsdauer  bei  den  ausschliesslich  so  be- 
handelten  Frühgeburten  betrug  62  Stunden.  Die  Wochenbetten  ver- 
liefen gut.  Die  Wirkung  erklärt  sich  der  Verf.  durch  DiSusions- 
vorgänge.  Sollte  sie  nicht  eine  directe  durch  den  Druck  der  auf- 
geblähten Fischblase  sein? 

Ballon-  Kleinhaus  (Prag)  (Monatsschr.  f.  Geburtsh.  Bd.  7,  H.  2)  hat 

dilatation,   die  Ballondilatation  7mal  mit  Erfolg  angewendet  und  empfiehlt 
Kleinhans.  t  ■«    •  -ni_i 

sie  besonders  zur  Einleitung  der  Frühgeburt  und  bei  Eklampsie. 

Metrenryae,  W.  Müller  (Bonn)  (lieber  Metreuryse.    Diss.  inaug.)  theilt. 

6  künstliche  Geburten  mit,  bei  denen  die  Ballondilatation  des  Uterus 

in  Anwendung  gebracht  wurde.    Eine  Mutter  starb  an  Luftembolie. 


W.  Müller. 


Vorder- 

scheitel- 

lagen, 

Hexzfdd. 


c.  Fehlerhafte  Lagen. 

Herzfeld  (Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  6 — 10)  gibt  einen  Bei- 
trag zur  Lehre  von  den  Vorderscheitellagen.  Die  Vorderscheitel- 
lagen sind  Deflexionslagen  und  zählen  zu  derselben  Gruppo 
wie  die  Stirn-  und  Gesichtslagen.  Die  Ursachen  sind  bisweilen 
Dolichocephalie,  femer  Geschwülste,  welche  die  Deflexion  des  Kopfes 
verursachen,  nicht  aber  plattes  Becken,  abgewichene  Lagen,  Elehi- 
heit  des  Schädels.  Viel  seltener  als  die  Vorderscheitellage  ist  die 
abnorm  rotirte  Hinterhauptslage.     Diese   letztere   entsteht 


GeburUhülfe  und  Gynäkologie.  399 

nach  Verf.  durch  Prominenz  eines  Sitzbeinstachels,  der  das  Hervor- 
treten des  Hinterhauptes  verhindert.  Bei  der  Vorderscheitellage  ist 
die  grosse  Fontanelle  der  tiefste  Punkt,  die  Stimnaht  ist  zu  tasten. 
Bei  der  abnorm  rotirten  Hinterhauptslage  bleibt  das  Hinterhaupt 
der  tiefste  Theil ,  die  Pfeilnaht  verläuft  senkrecht  nach  oben ,  die 
grosse  Fontanelle  ist  oben  hinter  der  Symphyse  zu  fühlen,  aber  die 
Stimnaht  nicht  zu  erreichen.  Der  Damm  ist  bei  der  Vorderscheitel- 
lage mehr  gefährdet.  Sie  verläuft  als  Vorderscheitellage  oder  wandelt 
sich  in  Hinterhauptslage  um  (Seitenlagerung),  oder  geht  in  tiefen 
Querstand  über.  Die  Art  der  Zangenanlegung  wird  in  üblicher 
Weise  geschildert. 

Müller  (München)  (Monatsschr.  f.  Gynäkol.  u.  Geburtsh.  Bd.  7,      Hintere 
H.  6)   macht   ebenfalls   auf  den  Unterschied   aufmerksam,  welcher  ,       *?  f^" 
zwischen    den   Vorderhauptslagen   und    den    „hinteren    Hinter-        Müller. 
hauptslagen^   besteht.     Die    „hinteren    Hinterhauptslagen"    sind 
ungünstiger.     Es   wird    empfohlen,    wenn  Lagerungswechsel  nicht 
hilft,   durch   manuelle  Drehung  des  Kopfes   und   des  Rumpfes  eine 
Rotation    des   Hinterhauptes   nach   vom    zu   versuchen.     Besonders 
schwer  ist  der  Verlauf,  wenn  die  kleine  Fontanelle  in  der  Kreuzbein- 
höhle steht.     Auch  Ref.  kann  diesen  Unterschied,  der  keine  blosse 
Tüftelei  ist,    aus   seinen  Erfahrungen  bestätigen.     Die   Entbindung 
durch  die  Zange  kann  hier  recht  schwer  werden. 

Solowieff  (Moskau)  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  30)  hat  unter     ümwand- 

18  Stirnlagen  neben  verschiedenen  anderen  Operationen  5mal  die    i?."*,^®'^ 

.  .  .  .  «.  Stimlagfe 

Umwandlung  in  Gesichtslage  mit  günstigem  Ausgange  für  Mutter  in  Gesiciita- 

und  Kind  ausgeführt.   Die  Geburten  verliefen  spontan.  Vorbedingung     ^  \*^f' 

sind :  gute  räumliche  Verhältnisse,  völlige  Erweiterung,  nicht  zu  lange 

Dauer  nach  dem  Blasensprung  und  gute  Wehen. 


Solowieff. 


Zum  Herüberführen  der  Extractionsschlinge  empfiehlt  H.  Müller     Herübe r- 
(Zur  Behandlung  der  Steissgeburt.    Münch.  med.  Wochen-  „^^Jl^!'^  ^!^ 

®  *=        ^  Scolinge  bei 

Schrift  Nr.  40,  4.  October)  den  männlichen  Katheter,  wenn  es   steissiage 
nicht  gelingt,  den  Fuss  zu  holen.     Ref.   möchte  hervorheben,  dass      mittels 
bei  Steisslagen  überhaupt  nie   instrumenteile   Hülfe   nöthig  ist.    Katheters 
Entweder  ist  bei  indicirter  Kunsthülfe  der  Fuss  herabzuholen ;  wenn       Müller, 
der  Muttermund  aber  erweitert  ist  und  der  Steiss  tief  steht,  kann 
man  in  Narkose  durch  Expression,  wenn  nöthig,  den  Steiss  so  herab-     Manuelle 
drangen,  dass  man  manuell  extrahiren  kann,  ohne  dem  Kind  die  un-  gteisslaee 
vermeidlichen  Schädigungen  durch  Schlinge  oder  Haken  beizubringen.  P.  strassmann. 


400  Strassmann. 

Seit  vielen  Jahren  ist  in   der  Charite  kein   Instrument    mehr  bei 
Steissgeburten  verwendet  worden. 

d.  Rigidität  des  Muttermundes. 

Cocainbei  Farrar   (Gainsborough)   (Brit.   med.   Joum.,  17.  Sept.)   hat  in 

igiaita     5  Fällen  von  Eiffidität  des  Muttermundes  bei  Primiparen  durch 
des  Mniter-  .  ,  .  .  .  . 

m n n d e 8,     Auftragen  einer  10 ®/oigen  Cocainlösung  eine  rapide  Auflockerung 

Farrar,       -qj^^  Erweiterung  innerhalb  5  Minuten  erzielt.  —  Jardine  (Glasgow) 

hat  bei   dem  Versuch,  Cocain  in  Zäpfchen  zu  verwenden,   keinen 

Erfolg  in  Bezug  auf  die  Erweiterung  gesehen. 

e.  Zange. 

Eine  sehr  breite  Discussion  über  den  Gebrauch  und  den  Miss- 
brauch der  Zange   fand  auf  dem  Edinburger  Meething  statt 
Gebranch    (Brit.  med.  Joum.,  20.  August).   Milne  Murray  eröffnete  die  Dis- 
Mi  sbrau  h  ^^^^^^^  ^^^  einem  allgemeinen  Vortrage,  dessen  Principien  mit  den  in 
der  Zange,  Deutschland  üblichen  durchaus  übereinstimmen.  Indicationen  und  Con- 
Milne  Murray.  traindicationen  werden  erörtert.  Man  greife  zur  Zange,  wenn  man  sich 
sagen  kann,  dass  das  Hisico  des  Eingriffs  geringer  ist,  als  das  des 
Abwartens.     Bevorzugt  wird  in  Eugland  die  Axenzugzange. 

Griff  zum  J.   le  Page    (Brit.    med.    Joum.,    24.    December)    hat    einen 

'V^^p'™*'    Griff  construirt,  der  an  die  Kreuzung  der  Zange  angebracht  werden 

kann  und   so   eine  Umwandlung   zur  Axenzugzange  ermöglicht, 

dabei  jeder  Zeit  entfernt  werden  kann. 

f.  Wendung.    Enges  Becken. 

Wendung  Müller  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  26)  bespricht  die  Technik 

*"*' "  *^^®'der  Wendung  aus  Kopflagen.  Bei  schwierigen  Wendungen  aus 
Müller,  Hinterhauptslage  ist  Müller  mehrfach  dadurch  noch  zum  Ziel  ge- 
kommen, dass  er  die  „falsche  Hand'*  am  Bauch  des  Kindes 
emporführte;  ebenso  hat  er  bei  Gesichtslage  durch  Einfuhren 
der  dem  Rücken  entsprechenden  Hand  leichter  die  Wendung  aus- 
führen können,  die  vorher  auf  die  gewöhnliche  Methode  nicht  ge- 
lungen war. 

Alexander  (Diss.  inaug.  Berlin)  hat  in  einer  unter  dem  Ref. 
angefertigten  Arbeit  über  die  prophylaktische  Wendung  an 
der  Hand  des  Charit^materials  folgende  Grundsätze  festgestellt: 
Bei  Erstgebärenden  ist  die  prophylaktische  Wendung  sensu  stricto 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  401 

nicht  anzuwenden;  erst  wenn  nach  mehrstündigem  Warten  der  Kopf  Prophylak- 
iiicht  eintritt,  darf  auch  hier  gewendet  werden.   Bei  Mehrgebärenden   ™.*"?^* 
ist  die  prophylaktische  Wendung  beim  platten  Becken  von  8V«  cm     Alexander.' 
abwärts  principiell  vorzunehmen,  darüber  geben  Wendung  und  Ab- 
warten   gleiche    Resultate.     Ungünstiger   Ausgang    bei   Kopflagen, 
günstiger    bei   Beckenendlage   früherer   Geburten   geben    die    Indi- 
cation.     Beim  allgemein  verengten  Becken  ist  von   der  prophylak- 
tischen Wendung  abzusehen,  mit  Ausnahme  der  höheren  Grade.    Es 
ist  möglichst   bei  stehender  Blase   oder  bald  nach  dem  Sprung  zu 
wenden.     An   die  Wendung  ist  die  Extraction  anzuschliessen.     Bei 
stehender  Blase  und  mangelhafter  Erweiterung  ist  abzuwarten,  bis 
völlige  Erweiterung   da  ist.     Bei  gesprungener  Blase  darf  der  Me- 
treurynter  angewendet  werden. 

Huppert  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  66)  macht  auf  die  Bedeutung  Wai oh er's che 
der  Walcher'schen  Hängela£re  aufmerksam,  bei  deren  An-  Hängelage, 
Wendung  in  28  Fällen  IB  spontane  Geburten  bei  engem  Becken  er- 
zielt wurden.  Vorbedingung  sind  gute  Wehen,  verstrichene  Portio, 
gesprungene  Blase,  Kopf  im  Beckeneingang.  Die  Kreissende  soll 
nicht  nur  in  dieser  Lage  entbunden  werden,  sondern  auch  schon  in 
der  Austreibungsperiode  so  gelagert  werden. 

g.  Verkleinerungsoperationen. 

Fehling   (Centralbl.   f.  Gynäkol.   Nr.  43)    (Naturforscher- Ver-        vier- 
sammlung)   hat   einen   viertheiligen    Cranioklast   (Cephalo-     theiliger 
thrypthelktor)    angegeben.      Das    Instrument   kann    nicht    wie   das      Fehline 
Auvard'sche  als  Perf Oratorium  dienen.    Da  es  zwei  innere  Blätter 
besitzt,   kann   es   gleich  bequem  in   erster  und  zweiter  Schädellage 
angelegt   werden.     Eine   Beckenkrümmung  ist   angebracht.     Wenn 
bei  stärkerer  Verengerung   Cephalothripsie   erwünscht  ist,   so  wird 
über  den   am  Kopf  fixirten  Cranioklast  ein  weiteres  äusseres  Blatt 
angelegt. 

Zur  Decapitation  hat  in  der  Dresdener  Klinik  der  Braun- Decapitation 

sehe  Haken  sich  wohl  bewährt  (18  Fälle,  Arens,  Arch.  f.  Gynäkol.  „      ™J'  , 

'  '  »^  Brannschem 

Bd.   66).     Der  Kopf  ist  von  aussen  zu  fixiren.    Die  Siebold'sche      Haken, 
Scheere  dient  in  schwierigen  FäUen  zur  Durchschneidung.  Arens. 

Radojewski  (Eine  neue  Methode   zur  Entwickelung  des  nach- 
folgendenEopfes  bei  stark  verengtem  Becken.  Deutsche  med.  Wochenschr . 
Nr.  42,  20.  Oct.  1898)  hat  in  2  Fällen   den  nachfolgenden  Kopf,   der  sich 
Jahibach  der  practischen  Hedidn.    1899.  26 


402  Strassmann. 

Ver kleine-    nicht  extrahiren  liess,   dadurch  zur  Verkleinerung  gebracht,  dass  er  z wi- 
rung des     sehen  2.  und  3.  Brustwirbel  die  Wirbelsäule  trennte,  mit  einem 
nachfolgen-  jg^theter   das    Gehirn   zerstörte   und   dann   mittels  Aspiration  ent- 
yon  der      leerte.    Er  hat  auch  ein  Instrument  zu  diesem  Zwecke  angegeben   (Cere- 
Wirbelsänle  brotom  mit  Aspirator).  Neu  ist  die  Methode  nicht,  vielmehr  schon  vor 
*^*»         Jahren   von  Cohnstein   angegeben   und  mit  Erfolg   vereinzelt,  z.  B.  bei 
Badojewsla.    gy^jj-Q^ephalus   ausgeführt   worden.    Es  genügt    dazu   ein  Messer  und  ein 
langer  Katheter. 

Kleidotomie,  Kallinowsky   (Diss.   inaug.)    stellt   die   bisher    ausgefiihrten 

Kallinowsky.  .^^^^  mitgetheilten  Fälle  von  Kleidotomie,  darunter  4  von 
P.  Strassmann  ausgeführte,  zusammen.  Die  Operation  ist  dann 
indicirt,  wenn  nach  spontaner  oder  künstlicher  Geburt  des  Schädels 
die  Schultern  weder  durch  die  üblichen  Handgriffe  und  äusseren 
Druck,  noch  durch  Extraction  entwickelt  werden  können.  Sie  ist 
der  Exenteration  vorzuziehen.  Die  Durchschneidung  mittels  S  i  e  b  o  1  d- 
scher  Scheere  unter  Leitung  der  Hand  gelingt  leicht.  Der  Rumpf 
folgt  sofort. 

h.  Eklampsie. 

Patho-  K.Winckler  (Beiträge  zur  Lehre  von  der  Eklampsie.  Virchow^s 

logische     Arch.  Bd.  154,  H.  2)  folgert  aus  9  Sectionen  Eklamptischer,  dass  eine  schwere 
Anatomie    Glomerulonephritis   die  Intoxication  des  Organismus  bedingt.    Die  Nieren- 
Eklampsie    a-ffection  tritt  auf  1.  acut  als  Steigerung  der  durch  die  Schwangerschaft 
Winckler.      bedingten  physiologischen  Alteration  der  Nieren,  2.  als  recar- 
rirende  chronische  Nephritis,    erworben  durch  Infectionskrankheiten 
im  Kindesalter   und  vorher  symptomlos  verlaufen.    Die  anderen  Verände* 
rungen  sind  als  eine  Folge  der  Erampfzustände  oder  durch  die  Schwanger- 
schafbserscheinungen  zu  betrachten.  —  Wir  vermissen  an  der  verdienstvollen 
Arbeit  ein  Eingehen  auf  die  in  mehreren  Fällen  beobachtete  Erweiterung^ 
der  Ureteren  in  ihrer  Beziehung  zur  Eklampsie. 

Eklampsie  ^'  Boissard  (Medec.  moderne)  betrachtet  die  Behandlung  der  Eklampsie 

als  Auto-     vom   Standpunkt    einer   durch   die   Schwangerschaft  bedingten   Autoin- 

intozi-       toxication.     Sie  ist  streng  von   dem  Zusammentreffen  einer  chronischen 

Boissard       Nephritis  mit  Schwangerschaft  zu  unterscheiden.  Die  Insufficienz  der  Nieren 

und    der  Leber   tritt   in    den  Vordergrund.    Dazu  kommen   die  nervösen. 

choreaartigen  Symptome.  Man  berücksichtige  bei  eklamptischen  Prodromen. 

bei  jeder  Albuminurie   oder  bei  Icterus   die  Ernährung  und  die  Ausschei- 

düng.  Ruhe,  prophylaktische  Brom-  und  Chloralgaben  bis  zum  Verschwinden 

jeder  Erregung,    ein  massiger  Aderlass  beim  ersten  Anfall  (300 — 400  g), 

protrahirte  Ghloroformnarkose   wird   der  Anwendung   des  Morphium   und 

Veratrum  viride  vorgezogen.    Einleit^ing  der  Geburt  ist  nur  selten  nöthig. 

Sind  Wehen  da,   dann  so   schnell  wie  mögKch  entbinden.    Manuelle  Rr- 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  403 

Weiterung  lässt  sich  in  1  Stunde  erreichen  und  «sei  den  Incisionen  und 
dem  Aecouchement  forc6  vorzuziehen**.  Warme  Bäder  und  Injection  von 
kOnstlichem  Serum  werden  empfohlen  und  im  Wochenbett  grosse  Chloral- 
klystiere.  Sehr  wichtig  ist  die  Prophylaxe  durch  ausschliessliche  Milchdiät, 
Biuretica,  Diaphoretica  und  Abführmittel;  eine  lOtägige  Milchdiät 
soU  den  Ausbruch  der  Eklampsie  sicher  verhüten.  Sauerstoffinhalationen 
(10 — 15  Liter  täglich)  unterstützen  diese  Behandlung. 

Gm  einer  veröffentlicht  Bemerkungen  über  das  Verhalten  der  Temperatur 

Temperatur  bei  Eklampsie  (Prag.  med.  Wochenschr.  Nr. 46 — 48).  „^,  ^®*    . 
^  .  .  .  .  Eklampsie, 

In  allen  Fällen  reiner  Eklampsie,  wo  die  Anfalle  sich  rasch  hinter  omeiner. 
einander  folgen,  tritt  eine  Erhöhung  der  Temperatur  ein.  Der  Typus 
ist  ein  remittirender.  Die  Prognose  ist  günstig,  wenn  die  Temperatur 
sich  der  Zahl  und  Häufigkeit  der  Anfalle  anschmiegt,  mit  dem  Auf- 
hören derselben  zurückgeht,  mit  neuen  wieder  ansteigt.  Im  gleich- 
massigen  Ansteigen  erreichte  Temperaturen  bis  zu  41°  sind  nicht 
als  ungünstig  zu  bezeichnen,  sie  kommen  bei  in  Genesung  aus- 
gehenden Fällen  vor.  Hat  jedoch  das  Fieber  auch  mehrere  Stunden 
nach  Aufhören  der  Anfalle  Tendenz  zu  steigen,  oder  setzten  unver- 
hältnissmässig  hohe  Temperaturen  vorzeitig  ein,  so  ist  die  Prognose 
letal  zu  stellen. 

Gordon  (Lancet,  15.  Jan.)  verabreichte  bei  einer  Eklamptischen  Behandlung 

Extractum  fluid,  veratri  viridis  subcutan.     Der  Puls  fiel  von  „, ,  , 

Eklampsie: 

100  auf  50.     Die  Wirkung  hielt   10  Stunden  an.     Genesung.    Das    veratrum 
Alkaloid  setzt  auch  die  Erregbarkeit  des  Rückenmarks  herab.  yiride, 

Qordon. 

Mende  (Godesberg)    (Die  Dührssen'schen   tiefen   Cervix-      —Tiefe 

einschnitte  bei   zwei  Eklamptischen  am  Ende   der  Schwanger-  .  ^e'^**' 

'^  .  ®         inciBionen, 

schart.  Therap.  Monatsh.,  September)  hat  bei  zwei  Schwangeren,  Mende. 
die  an  schwerer  Eklampsie  erkrankt  waren  und  bei  denen  durch 
die  üblichen  Mittel  die  Anfalle  nicht  beseitigt  wurden,  zunächst 
die  Entbindung  durch  Tamponade  und  Kolpeurynter  in  Gang 
gebracht.  Später  hat  er  bei  verstrichener,  aber  nicht  geöfineter 
Cervix  tiefe  Incisionen  gemacht  und  die  Entbindung  mit  lebendem 
Kinde  glücklich  beendet.  Uterustamponade.  Die  Anfeile  sistirten 
zwar  bei  beiden  nicht,  die  Mütter  genasen  indess  schliesslich.  Mende 
empfiehlt,  das  Verfahren  für  schwere  Fälle  anch  in  der  Landpraxis 
anzuwenden. 

Olshausen  hat  bei  einer  Eklamptischen,   die   10  AnfäUe 
gehabt  hatte  und   bereits  Lungenödem  und  Cheyne-Stokes'sches 


402  Straseanann. 

Ver kleine-    nicht  extrahiren  liees,   dadurch  zur  Verkleinerung  gebracht,  dass  er  swi- 

rung  des     sehen  2.  und  3.  Brustwirbel  die  Wirbelsaule  trennte,  mit  einem 

nachfolgen-  Katheter   das    Gehirn   zerstörte   und   dann   mittels  Aspiration  ent- 
den  Kopfes  ■»•  rr       %  i_        //^ 

von  der      leerte«    Er  hat  auch   ein  Instrument  zu  diesem  Zwecke  angegeben   (Cere- 

Wirbelsänle  brotom  mit  Aspirator).  Neu  ist  die  Methode  nicht,  vielmehr  schon  vor 
*^8t         Jahren   von  Cohnstein   angegeben   und  mit  Erfolg   vereinzelt,  z.  B.  bei 
Radojewski.    Hydrocephalus   ausgeführt   worden.    Es  genügt   dazu   ein  Messer  und  ein 
langer  Katheter. 

Kleidotomie,  Kallinowsky  (Diss.  inaug.)  stellt  die  bisher  ausgefiihrten 
Kallinowsky.  ^^^j  mitgetheilten  Fälle  von  Kleidotomie,  darunter  4  von 
P.  Strassmann  ausgeführte,  zusammen.  Die  Operation  ist  dann 
indicirt,  wenn  nach  spontcuier  oder  künstlicher  Greburt  des  Schädels 
die  Schultern  weder  durch  die  üblichen  Handgriffe  und  äusseren 
Druck,  noch  durch  Extraction  entwickelt  werden  können.  Sie  ist 
der  Exenteration  vorzuziehen.  Die  Durchschneidung  mittels  S  i  e  b  o  1  d- 
scher  Scheere  unter  Leitung  der  Hand  gelingt  leicht.  Der  Rumpf 
folgt  sofort. 

h.  Eklampsie. 

Patho-  K.Winckler  (Beiträge  zur  Lehre  von  der  Eklampsie.  Virchow^s 

logische     Arch.  Bd.  154,  H.  2)  folgert  aus  9  Sectionen  Eklamptischer,  dass  eine  schwere 

Anatomie    Glomerulonephritis   die  Intoxication  des  Organismus  bedingt.    Die  Nieren- 

d  Air 
Eklampsie    ^<s<^on  tritt  auf  1.  acut  als  Steigerung  der  durch  die  Schwangerschaft 

Winckler.  bedingten  physiologischen  Alteration  der  Nieren,  2.  als  recar* 
rirende  chronische  Nephritis,  erworben  durch  Infectionskrankheiten 
im  Kindesalter  und  vorher  symptomlos  verlaufen.  Die  anderen  Verände- 
rungen sind  als  eine  Folge  der  Krampfzustände  oder  durch  die  Schwanger- 
schafbserscheinungen  zu  betrachten.  —  Wir  vermissen  an  der  verdienstvollen 
Arbeit  ein  Eingehen  auf  die  in  mehreren  Fällen  beobachtete  Erweiterung 
der  Ureteren  in  ihrer  Beziehung  zur  Eklampsie. 

Eklampsie  A.  Boissard  (Medec.  moderne)  betrachtet  die  Behandlung  der  Eklampsie 

als  Auto-  vom  Standpunkt  einer  durch  die  Schwangerschaft  bedingten  Autoin- 
intozi-  toxication.  Sie  ist  streng  von  dem  Zusammentreffen  einer  chroniaohen 
Boissard  Nephritis  mit  Schwangerschaft  zu  unterscheiden.  Die  Insufficienz  der  Nieren 
und  der  Leber  tritt  in  den  Vordergrund.  Dazu  kommen  die  nervösen, 
choreaartigen  Symptome.  Man  berflcksichtige  bei  eklamptischen  Prodromen, 
bei  jeder  Albuminurie  oder  bei  Icterus  die  Ernährung  und  die  Ausschei- 
dung. Ruhe,  prophylaktische  Brom-  und  Chloralgaben  bis  zum  Verschwinden 
jeder  Erregung,  ein  massiger  Aderlass  beim  ersten  Anfall  (300 — 400  g), 
protrahirte  Chloroformnarkose  wird  der  Anwendung  des  Morphium  und 
Veratrum  viride  vorgezogen.  Einleitung  der  Geburt  ist  nur  selten  n5thig. 
Sind  Wehen  da,   dann  so   schnell  wie  möglich   entbinden.    Manuelle  Er- 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


405 


Buist, 


;oc 


■iiulee)   (Brit.   med.  Jonm. ,    17.   September)  hat  2mal  Symphyseo 
i])liyseotomirt.   Bei  der  ersten  nahm  er  die  Opera-  ^°™^®  ^°  "^ 

'      '  .  ,         ^  ^        Schwanger 

Schwangerschafkswoche  vor,  mit  der  Absicht,  eine  schaft, 
\'(-itorung  des  Beckens  durch  Einschaltung  eines  ab- 
benstückes  zu  erzielen.  Es  trat  aber  nach  8  Tagen 
Zange.  Das  Kind  starb  an  Bronchitis.  Im  Wochen- 
'tonesung.  Querdurchmesser  um  ca.  2  cm  weiter. 
nicht  nachahmenswerth  sein. 
..tr  ein  typischer.  Beendigung  auch  hier  durch  die 
Oisciission  betheiligte  sich  charakteristischerweise 
der  als  unterste  Grenze  für  diese  Operation  eine 
■m  nngab. 

Ett  andra  fall  af  symfyseotomi  (Finska 

Bd.  40,  Nr.  9,  Sept.  1898).    Achte  Geburt  einer 

tu  gern  Becken,  welche  bisher  stets  mit  Kunst- 

-il icher  Frühgeburt,  todte  Kinder  zur  Welt  ge- 

j<l  der  siebenten  Entbindung  Uterusruptur. 

-'  )tomie   und  Anlegung  der  Zange,  lebendes 

«n    der    Incision   in    die   rechte    grosse 

Xaht,  Drainage,  im  Wochenbett  Pyelitis, 

\\'<Hhen,  Gehfahigkeit  ungestört.     Es  ist  dies 

•  inie  in  Finnland. 

lie  Begeisterung  für  die  Symphyseotomie, 
....-^stii.    In  Berlin  z.  B.  ist  1898,  so  weit  dem 
'  "rii  worden. 


i  "^ 


Morisani, 


Heinricius. 


I\  a  iserschnitt. 


•     I 


-^ e r c u  1  ( ) s a  V e r s 1 0 r b e n e n  hat      Kais er- 
eis.I.nitt  ein  lebendes  Kind    8«»»»^*^«" 

der  Ver- 
storbenen 
Weinberg. 

Querer 

Fun  da  1- 

schnitt, 

Reyinga, 

Knauer, 

Hain, 

Clemenz, 

Schröder, 

Riedinger. 


»irtenReyinga 

'•'  en  z  (Peters- 

'  ■  r  (■)  d  e  r  aus 

•  Jynäkol.) 

■  ;i  r  e  a 
'    in 


\ 


404  Strassmann. 

Kaiser-      Athmen  zeigte,  bei  der  der  Cervicalkanal  aber  noch   erhalten  war, 

schnitt  bei  ^m-ch    conservativen    abdominalen  Kaiserschnitt    ein    lebendes 
£klampsie, 
oishansen,     Kind  gewonnen  und  die  Mutter  gerettet.    Der  Eingriff  wird  als  ein 

sicherer  und  in  seinen  Consequenzen  besonders  für  die  Mutter  weniger 
Burmeister.     bedeutungsvoller  geschildert  als  der  vaginale  Kaiserschnitt  (cf.  Bur- 
meister, Ges.  f.  Geburtsh.  zu  Berlin,   11.   Februar,   Centralbl.  für 
Gynäkol.  Nr.  12). 

i.  Symphyseotomie. 

Indioationen  Nach  A.  Pinard  (De  la  Symphyseotomie  ä  la  cliniqu'e  Baude- 

und  Ans-  locque  du  7  däcembre  1896  au  7  d^cembre  1897.  Extrait  des  Ann.  de 
gftnge  der  Gyn^cologie  et  d'Obst^trique,  avril)  ist  die  Symphyseotomie  in  der  Klinik 
tomie  Baudelocque  in  den  letzten  Jahren  89mal  ausgeführt  worden.  In  dem 
A.  Pinard.  berichteten  Jahrgange  kam  diese  Operation  7mal  zur  Anwendung.  £8  sei 
zunächst  bemerkt,  dass  diese  7  unter  einer  GesammtziflPer  von  97  Frauen 
mit  engen  Becken  vorgenommen  wurden.  77  kamen  spontan  nieder,  3  mit 
Hülfe  der  Zange,  5  wurden  durch  Kaiserschnitt  und  6  durch  Baaiotripde 
entbunden.  Unter  den  spontan  Entbundenen  befanden  sich  4  bei  der  vor- 
hergehenden Geburt  Symphyseotomirte.  Die  7  Symphyseotomirten  waren 
der  Mehrzahl  (5)  nach  Multiparae,  2  kamen  zum  ersten  Mal  nieder.  1  wurde 
zum  zweiten  Male  der  Operation  unterworfen.  Die  Becken  waren  6ma1 
rachitisch,  Imal  schräg  oval  verengt.  Die  Entbindung  wurde  hinterher 
Smal  durch  Zange,  4mal  durch  Wendung  beendigt.  Sämmtliche  Kinder 
wurden  lebend  zur  Welt  gebracht,  von  den  Müttern  starb  1  an  Infection. 
Der  Verf.  ist  der  Ansicht,  dass  die  Verkleinerung  des  lebenden  Kindes  der 
Vergangenheit  angehört.  —  Ref.  kann  den  Indioationen  zur  Durchschnei- 
dung der  Schamfuge  in  der  vom  Verf.  berichteten  Ausdehnung  nicht 
beistimmen.  £s  fällt  sofort  bei  Uebersicht  der  Statistik  auf,  dass  gar  keine 
prophylaktische  Wendung  bei  den  Kreissenden  mit  engem  Becken  gemacht 
worden  ist,  eine  Art  der  Entbindung,  deren  Werih  für  Rachitische  nicht 
genug  betont  werden  kann.  Dabei  hatte  keine  der  Symphyseotomirten 
eine  hochgradige  Verengerung ,  die  Conjugata  betrug  nie  unter  10  cm. 
Auch  der  Umstand,  dass  4  früher  Operirte  spontan  niederkamen,  rückt 
die  Indication  zur  Symphyseotomie  bei  der  vorhergehenden  Geburt  in 
ein  fragliches  Licht.  Femer  erscheint  es  sehr  hochgegrifPen ,  dass  auf 
20  enge  Becken,  die  Kunsthülfe  beanspruchen,  7mal  hätte  die  Per- 
foration des  lebenden  Kindes  ausgeführt  werden  müssen,  w^nn  nicht 
die  , Symphyseotomie*  an  ihre  Stelle  getreten  wäre.  Wie  selten  ist  doch 
diese  freilich  unangenehme  Operation  bei  rechtzeitiger  Hülfe  nöthig! 
Den  Vorschlag  des  Verfassers,  bei  hohem  Fieber  und  intrauteriner  In- 
fection statt  der  Perforation  des  Kindes  die  Laparotomie  mit  nach- 
folgender Totalexstirpation  zu  machen,  halten  wir  entschieden  nicht  für 
empfehlenswerth. 


Geburtehülfe  und  Gynäkologie. 


405 


Buist  (Dundee)   (Brit.  med.  Joum. ,    17.   September)  hat  2mal  Symphyseo- 
im  Hanse  symphyseotomirt.   Bei  der  ersten  nahm  er  die  Opera-  '°™*®  ^^  *®' 

j       r     j  ^  r  Schwanger- 

tion in  der  31.  Schwangerschaftswoche  vor,   mit  der  Absicht,  eine       8chaft, 

permanente  Erweiterung  des  Beckens  durch  Einschaltung  eines  ab-        Buist, 
gemeisselten  Eoiochenstückes  zu  erzielen.    Es  trat  aber  nach  8  Tagen 
Frühgeburt  ein.    Zange.   Das  Kind  starb  an  Bronchitis.    Im  Wochen- 
bett Phlebitis.     Genesung.     Querdurchmesser  um   ca.   2  cm  weiter. 
Der  Fall  dürfte  nicht  nachahmenswerth  sein. 

Der  zweite  war  ein  typischer.    Beendigung  auch  hier  durch  die 
Zange.     An  der  Discussion   betheiligte   sich   charakteristischerweise 
nur  Morisani,   der  als  unterste  Grenze  für  diese  Operation  eine      Morisani, 
CoDJugata  von  7  cm  angab. 

G.  Heinricius,  Ett  andra  fall  af  symfyseotomi  (Finska  Heinricius. 
läkares.  HandUngar  Bd.  40,  Nr.  9,  Sept.  1898).  Achte  Geburt  einer 
27jährigen  Frau  mit  engem  Becken,  welche  bisher  stets  mit  Kunst- 
hülfe, auch  bei  künstlicher  Frühgeburt,  todte  Kinder  zur  Welt  ge- 
bracht hatte.  Während  der  siebenten  Entbindung  Uterusruptur. 
Daher  jetzt  Symphyseotomie  und  Anlegung  der  Zange,  lebendes 
Kind,  Weiterreissen  der  Incision  in  die  rechte  grosse 
Labia,  Verband,  keine  Naht,  Drainage,  im  Wochenbett  Pyelitis, 
Heilung  innerhalb  6  Wochen,  Gehföhigkeit  ungestört.  Es  ist  dies 
die  sechste  Symphyseotomie  in  Finnland. 

In  Deutschland  ist  die  Begeisterung  füi'  die  S3nnphyseotomie, 
wie  es  scheint,  im  Nachlassen.  In  Berlin  z.  B.  ist  1898,  so  weit  dem 
Ref.  bekannt,  keine  vollzogen  worden. 

k.  Kaiserschnitt. 


Bei  einer  an  Meningitis  tuberculosa  Verstorbenen  hat      Kaiser- 
Weinberg  (Stuttgart)  durch  Kaiserschnitt  ein  lebendes  Kind    *^^"y^*" 

entwickelt.  storbenen, 

Weinberg. 


Mit  dem  queren  Fund  al  schnitt  (Fritsch)  operirtenReyinga 
(Groningen),  Knauer  (Wien),  Hain  (Gablonz),  Clemenz  (Peters- 
burg) (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  10).  Femer  theilt  Schröder  aus 
der  Fritsch'schen  Klinik  (Monatsschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.) 
4  weitere  von  Fritsch  selbst  operirte  Fälle  mit. 

Den  fundalen  Querschnitt  bei  der  Sectio  caesarea 
machte  Riedinger  (Brunn)  (Centralbl.  far  Gynäkol.  Nr.  29)  in 
2  Fällen.  In  einem  derselben  stand  später  die  Cervix  sehr  hoch. 
Es  war  eine  unbeabsichtigte  Ventrifixation  entstanden. 


Querer 
Fundal- 
sohnitt, 
Eeyinga, 
Ktiaaer, 

Hain, 

Clemenz» 

Schröder, 

Riedinger. 


406 


Strassmann. 


Querer 
Fnndal- 
schnitt, 
Schaller. 


Sagittal- 
schnitt, 
P.  Mimer. 


Schaller  (Halle)  erwähnt  2  Fälle,  in  denen  der  quere 
Fundalschnitt  einmal  einriss,  ein  anderes  Mal  colossal  blutete, 
so  dass  die  Anlegung  des  Schlauches  nothwendig  wurde. 

P.  Müller  (Bern)  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  9)  empfiehlt  bei 
der  Sectio  caesarea  den  Schnitt  sagittal  durch  den  Fundus 
uteri  zu  legen. 


Wahl  des 

Schnittes 

nach  dem 

Placentar- 

sits, 

Frank, 


Everke. 


Frank  (Vers.  d.  Naturf.  zu  Düsseldorf.  Centralbl.  f.  G3mäkol. 
Nr.  41)  hält  es  fiir  richtig,  den  Schnitt  bei  der  Sectio  caesarea 
nach  dem  Sitz  des  Kuchens  anzulegen.  Den  Fundalschnitt  em- 
pfiehlt er  nicht  wegen  der  ungünstigen  Lage  der  Adhäsionen  und 
der  Gefahr  bei  etwaiger  Infection.  Aus  diesen  Gründen  erscheint 
ihm  der  Schnitt  in  der  vorderen  Wand  möglichst  tief  am  ge- 
eignetsten. 

Auch  Everke  (Bochum)  (ibid.)  erklärt  sich  gegen  den  Fundal- 
schnitt (ungenügende  Ernährung  der  Wunde,  Secundärinfection, 
Verwachsungen).     Er  räth,  die  Decidua  bei  der  Naht  mitzufassen. 


Sectio 

caesarea 

bei  Anen- 

cephalus, 

Madlehner. 


Nicht  gerechtfertigt  unserer  Ansicht  nach  war  einer  der  beiden  von 
Madlehner  ausgeführten  Kaiserschnitte  (Münch.  med.  Wochenschr. 
Nr.  1).  Es  handelte  sich  um  eine  in  Gesichtslage  befindliche  Frucht  einer 
alten  I-para.  Zange  und  Wendung  Hessen  sich  nicht  ausführen.  Tetanus 
uteri.  Bei  der  Sectio  caesarea  wurde  ein  grosser  Anencephalus  entwickelt. 
Die  Untersuchung  mit  halber  Hand  hätte  das  Hindemiss  der  grosaen 
Schultern  erkennen  lassen  müssen.  Durch  Verkleinerungrsoperationen  und 
die  hier  gewiss  indicirte  Cleidotomie  wäre  der  Mutter  die  schwere  Opera- 
tion um  einer  Missbildung  willen  erspart  geblieben. 


1.  Kaiserschnitt  mit  Entfernung  des  Uterus 

bezw.  Sterilisirung. 

Statistik  Aus  der  Arbeit  von  Leopold  und  Haake  (Arch.  f.  Gynäkol. 

Operationen  ^^'  ^^   ^^^   ^^  Sectiones   caesareae  sei  hervorgehoben,  dass  auf 
bei  gonor-    71  conservative  Sectiones  caesareae  7,  auf  29  Sectiones  caesareae  nach 
rhoischer    Porro   3  Todesfälle  kamen.     Dringend   wird   davor   gewarnt,   bei 
Leopold  a.'    gonorrhoischer  Infection,   auf  die  stets  vorher  zu  untersuchen 
Haake.       ist,  den  conservativen  Kaiserschnitt  zu  machen,  da  die  O^fahr  puer- 
peraler Erkrankung  gesteigert  ist. 

Siedentopf    (CentralbL    für    Gynäkol.)    hat   mit   glücklichem 
Ausgange  für  Mutter  und  Kind  bei  engem  Becken  und  bestehender 


GeburtshOlfe  und  Gynäkologie.  407 

Infection  den  Kaiserschnitt  durch  quere  Eröffnung  des  Fundus  Abdominale 

mit  nachfolgender   Totalexstirpation    des  Uterus  nebst  An-       T.^'*^' 

All  1         rr         «  1  1       ▼>     .  exBtirpation 

hängen  vom  Abdomen  aus  gemacht.    Zum  Schutze  des  Peritoneums  bei 

wurde  der  Cervicalkanal  bei  der  Herausnahme  zugeklemmt.  infection, 

Siedentopf. 

Steinthal   (Stuttgart)   (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  14)   hat  bei      Kaiser- 
TJterusmyom   einen  Kaiserschnitt  mit  querer  Eröffnung  des    |^*f  j*"  ** 
Fundus  gemacht,  sah  sich  aber  genöthigt,  da  der  Kopf  bei  der  Ex-      Steinthal.  * 
traction  nicht  folgte,  noch  einen  Sagittal  schnitt  daraufzusetzen. 
Das  Kind  kam  lebend.     Der  Uterus   wurde  supravaginal  amputirt. 
Genesung. 

Halban  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  31)  hat  bei  einer  Frau,  die       Sectio 

sich   zum   zweiten  Mal  der  Sectio  caesarea  unterziehen  musste,  den^t,*"*"^^.^  "*** 

'  Resection 

queren   Fundalschnitt   mit   der  Besection   der  Tuben  ver-   der  Tnben. 
bunden.     Der  periphere   Stumpf  wurde  unter  das  Peritoneum  ver-       Halban. 
senkt.     Heilimg. 

Heidenhain  (Worms)  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  24)  hat  zwei-       —  mit 

mal  bei  osteomalacischer  Beckenenge  den  queren  Fundalschnitt   Kastration 

,  .     ^  .  bei  OBteo- 

angewendet.     Statt  der  Amputatio  uteri  wurde  die  Castration  an-     malacie, 

geschlossen.  Heidenhain. 

W.  Scharlieb  (Brit.  med.  Journ.,  17.  Sept.)  hat  einen  Fall  von  Amputatio 

missed  Labour  veröffentlicht.     Die   reife  Frucht  war  bei  Atresie     '^^^i  *»®* 

missed 

des  Muttermundes  im  Uterus  retinirt.     Die  Entstehung  der  Atresie      Labour 
ist  nicht  aufgeklärt.    Die  Diagnose  schwankte  zwischen  Atresie  und      infolge 
Extrauterinschwangerschaft.    Bei  der  Sondirung  glaubte  man,  direct     sdharlieb'. 
unter  den  Bauchdecken   zu  sein.     Der  Geburtstermin  war  im  Juli, 
im  September  kam  die  Frau  hochfiebemd  zur  Klinik.     Bei  der  La- 
parotomie  wurde  der  Uterus   mit  der  verjauchten  Frucht  und  Pla- 
centa  entfernt.     Tod  nach  25  Tagen  an  Erschöpfung.     Eine  Cervix 
oder  ein  Os  uteri  wurde  weder  bei  der  Operation  noch  bei  der  Sec- 
tion  gefunden.     Zur  Drainage  war   eine   künstliche  Oeffnung  nach 
der   Scheide    angelegt    worden.      Im    Becken   fanden   sich   multiple 
Eiterheerde. 

m.  Vaginale  Totalexstirpation. 

H.  Fritsch,  Vaginale  Totalexstirpation  eines  carcino- 
matösen  Uterus  am  Ende  der  Schwangerschaft  (Centralbl. 
f.  Gynäkol.  Nr.  1).  Das  Carcinom  beschränkte  sich  auf  die  Portio. 
Beabsichtigt  war  zuerst   der  Kaiserschnitt  mit  nachfolgender  abdo- 


408 


Strassmann. 


Dterus, 
Fritschy 


Mittermaier, 


Vaginale     minaler  Totalexstirpation.     Als   aber  bei  beginnender  Wehenthätig- 

exstirpation^®^*  der  Muttermund  sich  dehnbar  erwies,  wurde  an  einer  noch  ge- 

des         Sunden  Stelle  incidirt  und  mit  der  Zange  ein  lebendes  Kind  entwickelt. 

puerperalen,  gofo^t  wurde  nun  die  typische  vaginale  Uterusexstirpation  mit  Nähten 
Carcinoma-  ,  •'^  ,  ^  -^  . 

töÄenbezw.  gemacht,  die  sich  sehr  leicht  gestaltete.    Genesung.  —  Die  abdomi- 

rnptnrirten  nale  Exstirpation ,   den  Kaiserschnitt,   den  Porro  will  F ritsch  bei 

Carcinom    durch   den    „vaginalen   Kaiserschnitt"    (Dührssen)    mit 

Totalexstirpation   ersetzt  wissen.     Auch  für   die  Uterusruptur  wird 

die  vaginale  Exstirpation  empfohlen. 

Mittermaier  (Hamburg),  Zur  Behandlung  des  Uterus- 
carcinoms  in  der  Gravidität  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  2).  Bei 
einer  Frau,  die  spontan  eine  6monatliche  Frucht  geboren  hatte,  fand 
sich  ein  vorgeschrittenes  Cervixcarcinom.  Die  Placenta  musste  bei 
hohem  Fieber  manuell  gelöst  werden.  Am  folgenden  Tage  wnrde  der 
Uterus  vaginal  exstirpirt.  Abfall  des  Fiebers.  Heilung.  —  In  einem 
anderen  Falle  wurde  das  Carcinom  im  7.  Monate  entdeckt,  nach  Ab- 
kratzung wurde  das  vordere  Scheidengewölbe  und  Peritoneum  er- 
öffnet, durch  vaginalen  Kaiserschnitt  der  Uterus  mittels  Wendung 
und  Extraction  der  Frucht  und  manueller  Placentarlösung  entleert 
und  dann  sofort  exstirpirt.     Heilung. 

Den  bisher  berichteten  Fällen  von  vaginaler  Uterusexstir- 
pation wegen  Cervixcarcinoms  unmittelbar  nach  rechtzeitiger 
Geburt  fugt  E.  Schröder  (Königsberg)  (Zeitschr.  f.  Geburtsh. 
u.  Gynäkol.  Bd.  39,  H.  3,  S.  525)  die  Mittheilimg  eines  von  Winter 
operirten  hinzu.  Die  Entbindimg  wurde  bei  Tympania  uteri  durch 
Perforation  beendet,  das  Kind  war  reif  (3000  g).  Patientin  war  da- 
nach sofort  fieberfrei;  nach  40  Stunden  vaginale  Totalexstirpation 
mittels  Ligaturen  unter  theilweiser  Zerstückelung  des  Corpus.  Car- 
cinom der  vorderen  Lippe,  links  bereits  in  das  Ligament  reichend. 
Heilung  unter  Entstehung  einer  Ureterfistel,  die  sich  aber  später 
schliesst.  Recidiv.  —  Bei  operablem  Uteruscarcinom  in  der  zweiten 
Hälfte  der  Schwangerschaft  ist  die  sofortige  Entbindung  nach  theil- 
weiser Auslösung  der  Cervix  mit  Hülfe  tiefer  üterusincisionen  vor- 
zunehmen. Die  vaginale  Uterusexstirpation  ist  unmittelbar  anzu- 
schÜessen.  Einem  lebensflihigen  Kinde  können  so  gute  Chancen 
geboten  werden.  —  In  einem  zweiten  Falle  entfernte  Winter  bei 
einer  mit  completer  Uterusruptur  eingelieferten  Kreissenden  erst 
durch  Laparotomie  Kind  und  Placenta  und  exstirpirte  dann  vaginal 
den  Uterus,  welcher  quer  zerrissen  war.  Heilung.  —  Für  den  Prac- 
tiker  ist  die  Jodoformgazetamponade  nach  Beendigimg  der  Geburt 
eine  Behandlungsmethode   der  Uterusruptur,   welche  ganz  gute  Be- 


SohrÖder, 


Winter, 


Geburtshülfe  und  Qpdkologie.  409 

snltate  liefert.  Die  bisherigen  Operationaverfahren  geben  schlechtere 
Resttltate  als  die  Tamponade.  Die  vagmale  Exstirpation  des  rup- 
toriiten  Uterus  verspricht  bessere,  schon  deshalb,  weil  alle  vaginalen 
Eingriffe  eine  günstigere  Prognose  bieten  als  die  ventralen.  Auf 
diesem  Gebiete  ist  durch  die  Vorschläge  Dührssen's  unzweifelhaft 
ein  Fortschritt  angebahnt  worden. 

n.  Nachgeburtsperiode. 

R.  V,  Badberg  (Dorpat)  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  43)  BipresBio 
empfiehlt  die  Nachgeburtsexpression  so  auBzuiuhren,  dass  die  *'"' 

Hand  allmählich  sich  hinter  den  Uterus  durch  die  Bauchdecken  ein-  ^  ,  Budber 
gräbt,  langsam  druckt  und,  wenn  die  Placenta  geboren  ist,  nicht  so- 
fort loalässt,  sondern  langsam  mit  dem  Drucke  wieder  nachgibt. 

Arendt  (Therap.  Monatsh.,  Januar)  räth  bei  atonischen  Nach-        filat- 
blntnngen  den  Uterus  mit  Kugelzangeu  stark  hernnterge-    Stillung, 
zogen  zu  halten.    Es  werden  die  Geisse  dadurch  comprimirt  und 
Contractioneu  angeregt.    Ref.  hält  die  Tamponade  mit  festem  Wickel- 
verbände,  um  deu  Uterus  herabzudrängen,  für  sicherer. 

4.  Woehenbetl. 

In    12  Fällen   von  Subinvolutio   uteri  nach  spontaner,  normaler 
Geburt    hat    Knapp    (Uober    die    Berechtigung   der  Aus-        Ana- 
schabung  derGebärmutterbei  verzögerter  Rückbildung    flDh'buoB 
derselben  im  Wochenbett.     Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  55,  8.  414)  „rzöelrt. 
nach  8—10  Tagen   das  Curettement  gemacht,    um  die  Rückbildung  loTolptioi 
za   beschleunigen.     Auch    dort,    wo   feeine    Eireste    zurückgeblieben        K""??- 
waren,    vollzog   sich   in  4 — 6  Tagen    eine  entsprechende  Involution. 
Am    6.  Tage  danach    standen  die  Frauen  auf,     Verf.  empfiehlt  das 
Curettement  als  zweckmässig  bei  Subinvolutio  uteri,  ja  selbst  schon 
da,   wo    „die  Wöchnerin  nicht   in   der  Lage  ist,   eine  vollkommene 
spontane  Involution  durch  längere  Zeit  abzuwarten".    Wir  möchten 
vor  der  Einluhrung  einer   solchen  Indicationsstellung  in  die  Praxis 
dringend  warnen. 

Schwarzenberg  (Zürich)  (Centralbl.  f  Gyi^i- 
zur  aseptischen  Tamponade  dcH  puerg^ye»    ■  ' 

grosses,  trichterförmiges,  metallenes  Speculum  t  ~ 

wird   mit   einer  modificirten  Kugelzange 


mge  (d^ 


4X0  Strassmann. 

Aseptische  Häkchens  an  dem  Speculum  befestigt  werden  kann,  so  gleichzeitig 

Tamponade,  Uterus  und  Speculum  fixirend.    Eine  zweite  Zange  hält  die  hintere 
SoBwarzenDerg.  «tit  i  TT-»Tir^» 

Lippe,  die  Vulva  ist  durch  den  überragenden  Rand  des  Spiegels  ge* 

deckt.     Die  Methode  soll  sich  in  der  Klinik  bewährt  haben. 

Temperatur-  Kalmus  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  19)  bemängelt  die  bisher 
m  es  sang,  übliche  Art  der  zweimaligen  Messung  der  Wöchnerinnen,  wenn  es 
sich  um  genaue  Statistik  zur  Beurtheilung  des  Werthes  der  Scheiden- 
spülungen handelt.  Denn  von  einer  grösseren  Zahl  gynäkologisch 
Klranker  hatten  22  *^/o  zeitweise  ihre  höchste  Temperatur  am 
Mittag. 

Thrombose  Singer  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  56)  hat  55  Fälle  von  Throm- 

^^^  böse  und  Embolie  bei  Wöchnerinnen  aus  der  Dresdener  Frauen- 
Sin^r.  *  klinik  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  gonorrhoischen  Infection 
bearbeitet.  Bei  34 ^/o  fanden  sich  Gonokokken  im  Scheidensecret, 
je  einmal  Gonokokken  mit  Streptokokken  bezw.  Staphylokokken. 
Immer  wurde  vor  dem  Ansteigen  der  Temperatur  das  Ansteigen 
des  Pulses  in  staffelformiger  Weise  (Mahle rasches  Zeichen)  con- 
statirt. 

Anaerober  Lindenthal  (Monatsschr.  f.  Geburtsh.  Bd.  7,   H.  d)   hat  bei 

Bacillus  bei  Tympania  uteri  einen  auch  für  die  Colpohyperplasia  cystica  cha- 
yj^tQxi        rakteristischen  an  aeroben  Bacillus  nachgewiesen.    Für  die  G^s- 
Lindenthal.    bildung  kommt  nach  seiner  Ansicht  das  Bacterium  coli  nicht  in  Be- 
tracht, es  ist  nur  ein  zufälliger  Nebenbefund. 

Q-onococcuB 
im  Bauch-  Becker  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  56)  gelang  es,  aus  einem  Bauch- 

decken-      deckenabscess  nach  conservativer  Sectio  caesarea  neben  Strepto- 
*Hecke"'     Kokken  auch  Gonokokken  nachzuweisen. 

Typhus-  Wh.  Williams   (Baltimore)   (Centralblatt  f.  Gynäkol.  Nr.  34) 

bacillen     berichtet    über    eine    fiebernde    Puerpera,    deren    Uteruslochien 

in  den  -^  ' 

Lochien,     TyphusbaciUen  enthielten.    Der  Ehemann  war  5  Tage  vor  der 

Williams.      Entbindung  an  Typhus  gestorben.  Das  spontan  geborene  Kind  nach 

36  Stunden.   Die  WidaFsche  Probe  war  positiv.    Heilung  unter  der 

üblichen  Behandlung.     Die   Uebertragung   hat  wahrscheinlich   per 

vaginam  stattgefunden.    Milztumor,  Diarrhöen  fehlten. 

Cheury  (DuPaludisme  dansl'Etat  puerperal.  Joum.  m6d. 
de  Bruxelles  Nr.  37,  15.  September)  beobachtete  bei  einer  mittels 


GeboKtelLüIfe  und  Gjnäkobjgür.  411 

Zange  entlHnidaiai  WöcluK^iii  am  4.  Tage  Ficb^cr,  das  sich  int  er-  Xalart&iai 
mittirend  hinaog.  bis  seine  Xamr  als  Malaria  erkannt  «urde.  ^'  *k*^- 
Der  Genitalbeitbnd  war  negativ,  obwohl  begreüliclierweise  znefSI 
an  Sepsis  gedaeitt  wurde.  Sie  hane  l5rüK«eT  an  Halaria  geliTteo.  *iie 
heilte  nnd  dann  nach  einer  Ovari^xomitr  wieder  einen  Bä.cktäII  ge^ 
zeigt  hatte.  Der  letzte  An£iII  lag  8  J&hre  zurück.  IHrc-h  Chinin 
wurde  anch  difamal  ein  Ter^ihwin-iri^  aller  Ers^heinongen  bewirkt. 
Malariarecidive  s»:Z<rn  nacii  Tr&imrrn^  sehr  häo^  sein. 


C  r a  m  e  r  <  C-ez^^ral 1 1  £  Gtläj:  : L  Nr.  39 1  berichT*ct  a-i*  der  B«:j::er       L y  * . : 
Franenklinik    eine  LT*:Iverg:f':  *i:g   bei   Uternsanssp-iliiiig.   '*'^5—  **? 
Obwohl  Gramer  'die  Mi-g-Iiihker^.  iius»  die  bei  der  Secci'O^n  g-ersüi-ece  Wvtk^Ki«?-^ 
Nephritis  schon  vcrii-ir  l-e^tai.  i-rn  Line   nni  eüt  ar.  d-ni  Töitliibrs       O«««. 
Aasgange  sch-ald  »cL  in  BeiraürLi  xi-=in,  &:>  er^-L-eiit  i.-.h  die  Ver- 
gifhmg  zweif-rü^».   E»  w:irdrrn  t-inüih  ]^*ri:-h  na^rh  d'rr  G«eV.Lrt  eine 
ersichtliche  UisacLe  4  L:ier  1  "i  iger  Lös  *i:g  •  üe  als..»  40  ^  reiü«* 
Lysol  enthiehem  i::  i^-e  SiL^iie  g<ef5^«LiT.     Als   daij&ih   !"•  SrTiiiiea 
spater  die  Te:L:p>ei*t=r  Jx.-cLsd^jZ.  w^irde   eiiie  45'  C.  LeiÄ>e  l'^iige 
LjsolaasspalTziig  de5irT.^sTi«  geu^a^it.  Xicliiem  L>'0  g  d^irci^-rlaiifctn 
waren,  trat  C-iH^j»«  ein.    Am  fil^rcii-ia  Tage  I.Terüit  ujid  PL-r^l^irie- 
Tod  am  10-  Tag^.    Se»cT::'ii  er^*.  Ejji.iieTTiTi^-  Pi^a::»etrrri^.  Eiid'.^- 
phlebitis  und  acme  LäiiiorriagL?*:ixe  XepLriri*-     Hirre   wirkü.h  eine 
Nephritis  schon  Tc*iiker  bestandri-  &:•  wire  die  Ajcweij duzig  ^c  maas^ai- 
hafter,  fer  paerpenJe  Oi^gaaie  hi-iL  '•:»n:3eEtrin^r  ai.Ti*^*Ti-.:ii'^r  Flüs&g- 
keiten  gewiss  nicliT  ra  rechrd^iird^iri^ 

Interesse  verdieii^^  ci:rfT.e   ein  V:»rrr5tg  T.ii:  Frv  4Wa«ÜLgT-.»i.'       £*r*n: 
(Med.   Record,   4.  Jimi:   CVütralvl   1   r>.^i::.L   Nr*  39     tl*-j-   die '^^"'^^^  ** 
Serumtherapie  Ctr:T  .Sirept  vk  okkei-iz-iecti-.  n   in.  Wccien-      tt^tkex»- 
bett.   Unter  83  FäH-en  wjir  d-^r  Er:  lg  lOz-iL  r'-it.  S'-i.aI  «sillecit  niid    i«^«ct:c.i. 
65mal   zweiftiliair.     ErbrecL^i;-    C^IIixp^^-  P:Lifr*jee»iLl-rUiI^.:iig  traT-en 
bei  nnglnckliclieiii  Antgange  *-iL-     L^  L»eutie..läaiid  §diid  '.•l-sL'rT  ii'.»'.]! 
keine  ansg€?dehirtereai  YereucLe  ilz'   CLr-zn  ^ALtiistrejit.okviuir-ii'j.eruii-*' 
gemacht. 

Ch-  Noble  iPliüad.  med.  J'jun^.  2.  J'-l"     trin   flj-   ci-    c '.  n- 
servative  Behandlung  der  j  i.*ri  j.-rj  i-I-L  Eiter 'J2_gti:  »riii- 
Es  sollen   keine  ExeiirjaTioii*: i.     vfa;j:''_i.l    «.»i^rr  a'o:i.iL.nfcJ'  ge- 
macht werden^  bondem  Intiti^ixei.  uiid  L»rsilL;fci:*r  von   1*:^  Vagi 
ans.     Diese  werden  br^i  Paranierri'iji  zur  H*-l  v' g  i. Ljvl.   W:  P 
metritis   eine   Besscsning  eiiu-riten.     ^xrjb'9*^r*:  E-'L;rKt!e   w^^ri*:-!! 


Fit 


412  Strassmann. 

Puerperale   diirch  auf  später  verschoben,  wo   die  Patientin  nicht  mehr  fiebert 

Eiterungen,  ^^^  ^  besserem  Kräftezustand  ist.   Im  Frühstadium  peritonitischer 
c  o  n  B  e  r* 
vative       Eiterungen  zu  operiren,  ist  gefiährlich  und  fuhrt  auch  in  glücklich 

Behandlung,  verlaufenden  Fällen  wegen  der  unumgänglichen  Drainage  zu  Bauch- 

*'        brüchen.     (15  Krankengeschichten.) 

Phlebitis  Thomas   (Zeitschr.   f.   Gynäkol.  Bd.  39,  H.  3)  beleuchtet  an 

und         22  Fällen  der  Freun duschen  Klinik  die  Bedeutung  der  Differen- 

Lymph-  .  .  .    ,  ° 

angitis,  tialdiagnose  zwischen  Phlebitis  und  Lymphangitis  im 
Thomas.  Puerperium.  Ausser  den  klinischen  Symptomen  kann  durch  die 
locale  Untersuchung  die  Diagnose  annähernd  sicher  gestellt  werden. 
Die  Phlebitis  lässt  den  vorderen  und  hinteren  Douglas  frei,  man 
fühlt  strangartige  Schwellungen,  aber  keine  Exsudate,  diese  nur  in 
Verbindung  mit  lymphangitischen  Formen.  Bei  Lymphangitiden  da- 
gegen ist  in  2 — 3  Wochen  die  Schwellung  entweder  kleiner  geworden, 
oder  es  bildet  sich  ein  grösseres  Exsudat.  Eine  besondere,  wenig 
beachtete  Form  bilden  kleine,  circumscripte  Schwellungen  an  den 
Tubenecken,  die  erst  auf  Druck  schmerzhaft  sind,  allerdings  Fieber 
machen,  aber  unter  diätetischer  Behandlung  zurückgehen.  Die 
Exstirpation phlebitischen  Processe  sind  die  gefahrlicheren.    Einmal  hat  Freund 

der  tbrom-   g^j^    versucht,  die  Vena  spermatica  mit  dem  puriformen  Throm- 
botischen .     .  .  *  * 

Vena        ^^^   2u  exstirpiren.     Exitus  nach   2  Tagen.    In    der   Cava   bereits 

spermatica,  eitriger  Pfropf. 
Freund  sen. 

5.  Krankheiten  der  Nengreborenen* 

Schädelform  Müller  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  41)  macht  darauf  aufmerksam, 

und  Oeburts-^^gg  nicht  nur  die  Schädelform  des  Neugeborenen  von  dem  Geburt.««- 
Müller  *      mechanismus  beeinflusat  werde,  sondern  dass  wahrscheinlich  auch  eine  ge- 
wisse Form  des  Schädels  einen  bestimmten  Geburtsmechanismus  bedinge, 
was  ja  z.  6.  schon  für  einige  Gesichtslagen  festgestellt  sei,   aber  auch  für 
andere  abnorme  Lagen  Geltung  habe. 

Alter  der  S.  Rosenfeld,  DerEinfluss  des  elterlichen  Alters  auf  das  Geschlecht 

Eltern  und  ^^j,  Rinder  in  Wien  (Wiener  med.  Blätter,  22.  Sept.;  Centralbl.  f.  GyxAkol. 
der  Rinder  ^^'  ^  °'  ^^^'  ^^^  Statistik  sind  32991  ehelich  lebend  Geborene  und 
Rosenfeld.  17599  unehelich  lebend  Geborene  aus  dem  Jahre  1896  verwerthet  worden. 
In  über  907o  ^^i^  das  Alter  beider  Eltern  bekannt.  Obwohl  sich  nun  heraus- 
lesen lässt,  dass  die  meisten  Knaben  geboren,  wenn  die  Mutter  älter  ist  als 
der  Vater,  und  am  wenigsten,  wenn  der  Vater  älter  als  die  Mutter,  so  kann 
man  doch  daraus  kein  Gesetz  herleiten,  weil  bei  Beobachtung  der  ein- 
zelnen Zahlen  die  Sexualproportion  nicht  dort  am  niedrigsten  ist,  wo  der  Vater 
bedeutend,  sondern  dort,  wo  er  nur  um  weniges  älter  ist  als  die  Mutter. 


Das:  keine  G&nstMJDMaös^säi   Skdsh^Tmiit^'L  "VTirttt .   «^iliträ«    ursr   inr  Tk- 
handeiiBeiii  sidtt  auf.    -taBiÄF^dm  ük:*  dlho.   LJiö-r*iL  ^ i~-»r~~r*rf    j*^^*SLiä>si 


nach  der  Gebun   ^-r?*-  K'7«ftt:*>  111^  ±1 :  ^rilü   Z»ijL.rLi:    jrr-zLLt.iLT   Ücüi-  ?i«txi*iu** 
Schrift  £  Gvüäi:.!  Bl.  et?    R   :  .     Ir*r  ILjLÖ-r  Tr:L-ii  iz^.-n  mri -=*'^^'^*'*  ''^ 
der  Geburt  Tma  \d^  rzr  A\'iit:»rI":rLr  ^r^  .'Z-'^  f^in-rr  vrrif-  irff:«r^:XT«      gcw rfwr 
wie   vi^]   Bhrr   an^    ::itfr  Xl '.«»uriLiimr   ii:«ijl   f-^^^,   "sr-;^!^  s.fjir'   at^ 
geiial»e]T  wird.   Bei  I-jijtreL  Tr^n^HL  '«.If  =$'...  *ef  V-_l''--:,Lr'e:i  Bj  z  Vitrir. 
Eine    ):»es<:»ndtire   Bei^Tmii;^    r  rr-r-r    1^7    t:»rz:i::r*?>?*rzjf;rz.   i..~T:iifT^ 
aber  fär  die  Eiitu^ix-^Tr^g  xjiin  ei„     Vk-    i:LlT.r    ^.1    £jl    i:r    il"Rf 
RegeL  abzrmabelii-  v^'ijl   i_jr  Piliüii.i   i^  Silz-izr  LTz^rJ-'r:  Lt* 

V.  Biidber^:  •  C'^iTTLlt»^  1  «Vn^Lx.l  Xt.  47    Lü*  zl  3A*  FlIj-x     Alkrir: 


den  Xabel  d€*  Xe-o^eb'jrtojea:  tlt:  *iiA!TL  A 1  k  :L  :■  I  -  Wt  Tteifc-^ir.lri:  ^^*'*  *^ 
verbunden,  das«  bit  nnL  AtcbZ  xL^il  1 — 2illI  gewitLhsth  ^vrzrzr-  Ter^mxl 
Die  AustrcK:kciiL.g  xi.Lz-..^:  ^iL  ateLr  pc^r-jn-  B-tdaer^iLc-inTZLirrT:  ^ 
traten  nicht  aiiL  Xail  i-i  Aiis-»t  :»»?i:i4i  tslt  d^r  Xhl^el  ir:«ckei^ 
Keine  Eitermg. 


XennjöLB    «UrrVer    e:i.    ir*:\criLfc&-«r>    ii.    irr    ^'ä^glir.gai-    &a£fr  £*r 
behandlnnf:.   BerL  iÜn.  ViOLh^Zihi.iiT.  Xr.  !•  rT^riiiii  si.h  z^^^^  ia>        **»- 
Baden  ans.  l:*evor  der  !Nat>e-  i»  * •^r-^ifcL-iei:  ir^t,  'w*:i^  e^  ":ir  M"tt.— '  /&t:;'Ii  aiif-      ^^— — - 
hiehe   nnJ    'iie  Kinier  hn^z^ijii^T  ruiLikLiueii.     Anjh   die  EriLig-r^ 
des   Mnndes   i*»T    Tre^:^^    der  E-^izm.^   1:11  i   S«>:'rl»eg"jiisTi^:i:zig  nicin 
rathsam.    Üa^  I>urcha«c-hij^jirTi  de*  Z"'.iL:reL"*jditd:Lenis  'la-s^  aaC-hiriieT- 
rathen  "«rird,  dürfie  ir.LI  krzrU'/h  --.L'H  ^ti^^e  1-icL.T  meLr  in  grosserer 
Ausdehnung  gemaciiT  v.-r-ri:  «^ii_ 

T-  Schrader  <B--rl  r:iT..  Wi.iLrii^vLr.  Xr.  8»  h&T  in  Qirr  Semmd«. 
Hallenser  FranenkÜLÜ  Vej-;rle: cLe  zvifriLen  gebadeten  imatichT 
gebadeten  Xeng^rUo reuen  ange&telli.  SiwoiJ  die  Bt-sziiaffen- 
heit  des  Xabei•^  ai^  au^L  die  TeiLj»eraTaj'eD  •••j'rhiiien  ftir  dh>  Bad. 
Aach  grööt^ere  G-evichtöabnahiiie  üe^«  s:ch  nicht  bei  C^i.  g-b&iet^L 
feststellen. 

Czer-wenka  <Wiei:.  V'An.  Wochen>ckr.  Xr.  11  •  hat  nach  Er-    ^««rwent». 
fahrungen  an  der  Grajser  K'iTik  ti:ht  gefunden.   da>>  d&t^  Bade' 
die  Tnfcrtionj'.p^liahr  de^«  nen^eborei.eL  Ein  irr <  erii''iie-    Heilnng  t 
Miimi£cation   des  Xabel»  "waren  bei  den   ge^iadtirn  nicht  Terzög 
auch  gediehen  sie  W-sj^er. 


414 


Strassmann. 


Somatose 

auf  Milch- 

secretion, 

0.  Drews, 


Nach  76  eigenen  Beobachtungen  und  den  Erfahrungen  anderer 
EinfiusB  der  Autoren  schliesst  Drews  (Weitere  Erfahrungen  über  den  Einfluss  der 
Somatose  auf  die  Secretion  der  Brustdrüsen  bei  stillenden 
Frauen.  Centralbl  f.  inn.  Med.  Nr.  3),  dass  die  Somatose  auf  die 
Brustdrüsen  von  stillenden  Frauen  eine  speciiische  directe  Einwirkung 
ausübt.  Durch  die  Darreichung  gelingt  es,  einerseits  eine  unge- 
nügende Secretion  in  reichlicher  Weise  zu  steigern,  andererseits  eine 
schon  in  früher  Zeit  des  Stillens  versiegende  Secretion  in  aus- 
reichender Weise  wieder  herzustellen,  vorausgesetzt,  dass  die  Brust- 
drüsen überhaupt  gut  entwickelt  und  nicht  Krankheiten  vorhanden 
sind,  welche  der  Mutter  überhaupt  das  Stillen  verbieten.  Die  Dosis 
betrug  3 — ^4mal  einen  Theelöffel,  in  Getränk  oder  Suppe  gelöst. 

G.  Joachim  (Centralbl.  f.  inn.  Med.  Nr.  10)  fuhrt  die  günstige 
Einwirkimg  der  Somatose  bei  Stillenden  auf  die  Besserung  des 
Appetites  imd  des  Allgemeinbefindens  zurück. 


Joachim. 


MenBtrua' 

tion  und 

Laotation, 

Bendiz, 


Welchen  Einfluss  die  Menstruation  auf  die  Lactation  hat, 
suchte  Ben dix  (Charit^- Annal.,  23.  Jahrg.)  an  140  Müttern  zu  ent- 
scheiden, die  mit  ihren  Kindern  während  der  Zeit  der  Lactation  oder  bald 
nach  der  Entwöhnung  die  Poliklinik  H  e  u  b  n  e  r's  aufsuchten.  85  =  60*|o 
menstruirten  während  der  Lactation,  und  zwar  45  vor  Ablauf  des 
3.,  16  im  4.  Monate,  die  anderen  später.  Bei  21  unter  diesen  85 
stellten  sich  Milchveränderungen  dadurch  ein.  2mal  war  die  Menge 
sogar  vermehrt.  Im  ganzen  gaben  11  Fälle  keine  Veranlassung, 
die  Ernährung  des  Kindes  zu  ändern.  Bei  den  übrigen  10  ver- 
schwand Imal  die  Milch  sofort,  auch  die  anderen  9  mussten  sehr 
bald  absetzen.  Wahrscheinlich  war  aber,  wie  die  Untersuchung  des 
Säuglings  ergab,  die  Milchmenge  hier  schon  vorher  nicht  genügend 
gewesen.  Auch  die  regelmässige  Wiederholung  der  Menstruation 
ist  nur  mit  wenigen  Ausnahmen  ein  Grund  zur  Entwöhnimg  gewesen. 
Tritt  die  Menstruation  erst  nach  dem  ersten  Halbjahre  ein,  so  ist  der 
Zeitpunkt  zur  gesetzmässigen  Entwöhnung  gekommen,  und  der  Mangel 
an  natürlicher  Nahrung  ist  ohne  Bedeutung.  Qualitativ  liessen  sich 
(20  Analysen  bei  8  stillenden  Frauen)  nur  geringe  Veränderimgen 
für  den  Fettgehalt  nachweisen,  der  während  der  Menstruation  er- 
höht ist.  Den  übrigen  Veränderungen  ist  keine  Bedeutung  zu- 
zumessen. Stuhl  und  Befinden  des  Säuglings  waren  nur  sehr  selten 
gestört.  Auf  Grund  des  Auftretens  der  Menses  ist  also,  selbst  wenn 
sich  Milch  Veränderungen  zeigen,  niemals  abzusetzen,  denn  sie  gleichen 
sich  ohne  Schädigung  des  Kindes  aus.  Nur  wo  das  Kind  zurück- 
bleibt oder  die  Nahrung  versiegt,  muss  entwöhnt  werden.   In  zweifei- 


Greboitshälfe  nnd  Gynäkologie.  415 

haften  Fällen  soll  gewogen  werden.  Es  liegt  kein  Anhalt  vor,  dass 
der  Eintritt  der  Menstruation  den  San^ing  zn  englischer  Krankheit 
disponirt.  Bei  der  Wahl  einer  Amme  ist  es  wichtig,  darauf  zn 
achten,  dass  sie  schon  6 — 8  Wochen  hinter  sich  hat,  d.  h.  die  Zeit, 
in  welcher  die  erste  Menstruation  gewöhnlich  eintritt.  Ist  diese 
ohne  dauernde  Herabsetzung  der  Milchmenge  verlaufen,  so  kann  die 
Amme  unbeschadet  angenommen  werden. 

In   ähnlicher  Weise   spricht  sich  Jacob   (Diss.  inaug.   Paris)        Jacob, 
über  das  Stillen  während  der  Menstruation  aus. 


Capart  (Diss.  Inaug.  Paris)  hat  unter  29  Fällen  von  Stillen    Lactation 

während  der  Schwanscerschaft  nur  2mal  entwöhnen  lassen.  „  .  ^^ 

.  Schwanger- 

Die   übrigen  Kinder  gediehen    gut.     Besonders   soll  nicht   in   den      sehaft, 
heissen   Monaten,   xmd  nicht  vor  dem  6.   Lebensmonate    entwöhnt       Capart, 
werden.     Die  intrauterine  Entwickelung  des  zweiten  Fötus  hatte  in 
den  angefnhrten  Fällen  nicht  gelitten. 

Auf  Grund  von  26  Beobachtungen  schliesst  Sutils  (Obste-  Satfls. 
trique  Nr.  1),  dass  sich  bei  der  grösseren  Zahl  von  gestillten 
Kindern  mit  dem  Eintritt  einer  Schwangerschaft  eine  geringere 
Progression  im  Gewicht  feststellen  lasst,  die  sich  um  so  mehr  be- 
merkbar macht,  je  jünger  der  Säugling  ist.  Eine  besondere  Be- 
deutung soU  für  das  Kind  nicht  darin  liegen. 

H.  V.  Both  (Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  38,  H.  1)  Hernia 
beschreibt  einen  in  der  Marburger  Klinik  beobachteten  Fall  von  ^™y*B<JJ  '* 
Hernia  funiculi  umbilicalis,  die  ein  Meckel'sches  Divertikel 
als  Inhalt  hatte.  Da  die  Wand  ulcerirt  war,  wurde  exspectativ  ver- 
fahren und  durch  Alkoholverband  erst  der  Haut  eine  gewisse  Festig- 
keit verschafft.  Mit  dem  Thermocauter  wurde  dann  allmählich  der 
Stiel  durchgebrannt.  Die  kleine  Darmfistel,  die  dabei  entstehen 
musste,  heilte  schliesslich  spontan  zu. 

Kroenig  (Centralbl.  f.  Grynäkol.  Xr.  51;  Ges.  f.  Geburtsh.  zu      Kroenig. 
Leipzig)  operirte  einen  Nabelbruch  bei  einem  Neugeborenen,  der 
mit  der  Leberoberfläche  verwachsen  war,  so  dass  er  die  Bruchsack- 
hüllen  mit   dem   kurz    abgeschnittenen   Nabelschnurrest   ver- 
senkte und  die  Haut  darüber  vernähte. 

B  he  in  er  (Corresp.  f.  Schweiz.  Aerzte  S.  524)   schildert  einer 
Fall  von  Melaena.    Die  Section  ergab  ein  Ulcus  duodenal 


416  Strassmann. 

Melaena,     Nirgends  Thromben  in  den  Gefassen.     Aetiologie  unklar.     Bei  der 
Rheiner.      Verschiedenheit  des  pathologischen  Befundes  bei  der  Melaena  schlagt 
Rh  ein  er  vor,  den  Namen  ^Melaena^'  ganz  fallen  zu  lassen. 


II.  Gynäkologie. 

1.  Allgremeines. 

Hygiene  Der  Hygiene  des  Weibes  widmet  Auvard  (Medecine  mo- 

des  Weibea,  (j^me  Nr.  18  u.  19)  eine  übersichtliche  Besprechung.  Die  körper- 
liche und  geistige  Ueberanstrengung,  die  Schäden  der  unzweck- 
mässigen Kleidung,  die  habituelle  Ueberdehnung  der  Blase,  die  Ver- 
hütung infectiöser  Erkrankung,  die  Entwickelungsstörungen  und 
endlich  die  Hygiene  der  Flitterwochen  werden  in  aphoristischer 
Form  besprochen.  Als  Probe  sei  folgendes  Dictum  angeführt: 
D6florer,  laisser  gu^rir,  avant  de  recommencer. 

Einwirkung         Strassmann  (Verh.  d.  Deutsch.  Ges.  f.  öff.  Gesundheitspflege. 

der  Näh-     Hvff.  Rundschau  Nr.  8)  hat  die  Einwirkung  der  Nähmaschinen- 
maschinen-       -"^  i,  ri        •  x    i  j        j- 

arbeit       arbeit  aui  die  weiblichen  Genitalorgane  an  den  die  gyna- 

auf  die       kologische  Universitätspoliklinik  der  Charit^  besuchenden  Näherinnen 

enitalien,  ^mtersucht.     Zur  Statistik  sind  356  Frauen  verwerthet  worden.    Es 
r.  (»trassmann. 

liess  sich  ein  Ueberwiegen  der  Menstruationsanomalieen  nachweisen, 
femer  gehäufte  Aborte  und  grössere  Schwangerschafbsbeschwerden, 
Zunahme  der  katarrhalischen  und  entzündlichen  Erkrankungen  an 
Uterus  und  Adnexen,  erhöhte  Ziffer  von  Retrodeviationen  auch  bei 
virginellen  Genitalien,  Zunahme  der  Entzündungen  im  Beckenbinde- 
gewebe und  Bauchfell.  Für  andere  Erkrankungen  ist  eine  solche 
Differenz  nicht  aufzufinden,  für  den  Prolaps  ist  sogar  wegen  der 
sitzenden  Beschäftigung  die  Erkrankungsziffer  bei  Näherinnen  ge- 
ringer. Die  Ursachen  beruhen  zum  Theil  auf  übermässigem  und  un- 
zeitgemässem  Arbeiten,  Hyperämie  der  Beckenorgane  und  Begünsti- 
gung des  Ascendirens  entzündlicher  Erkrankungen.  Daher  soll  mit 
der  Nähmaschinenarbeit  nicht  vor  dem  18.  Jahre  begonnen  werden, 
eine  gewisse  Stundenzahl  nicht  überschritten  werden.  Im  Wochen- 
bett, in  der  Schwangerschaft,  während  der  Menstruation  und  bei 
stärkeren  Erkrankungen  ist  die  Arbeit  am  besten  gänzlich  auszusetzen. 

Diabetes 

^^^  Kleinwächter    (Zeitschr.    f.   Geburtsh.   etc.    Bd.    38,    H.   2» 

Genitalien,  widmet   dem   Diabetes    vom    gynäkologischen    Standpunkte    eine 
Rleinw&chter.  Untersuchung  auf  Grund  von  22  Fällen.     Es  fand  sich  keine  vor- 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  417 

zeitige  Atrophie  der  Genitalien.   Eine  Schwerkranke  trug  aus,  sonst 
sind  keine  puerperalen  Zustände  beobachtet  worden. 

Beuttner   (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  25)   hat   einen  Nadel-  Nadelhalter, 
halt  er  construirt,  der  im  Stiel  eine  Rolle  Seide  oder  Catgut  birgt      B«^ttner. 
und    mit    dem    man,    ohne   wieder   einzufädeln,   viele   Knopfnähte 
legen  kann. 

Conitzer  (Hamburg)   (Centralbl.  f.  Gjmäkol.   Nr.  30)   hat   zur      Sichel- 
bequemeren  Entfernung  von  Nähten  in  der  Tiefe  der   Scheide   besser  zur 
ein  sichelförmiges  Messer  mit   abgeplatteter   gebogener  Spitze  von  Nähten, 
angegeben,  die  unter  den  Knoten  geführt  werden  soll.     (Bequemer      Conitzer. 
ist  zu  diesem  Zwecke  eine  lange  Scheere  mit  einem  Häkchen  vorne. 
Referent.) 

Ehrenfest  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  4)  hat  einen  Ligaturen-   Ligaturen- 
schnürer    angegeben,     um    bei    Raumbeschränkung     eine    mittels    ■^J»"^"'^» 
De  schäm  Pascher   Nadel    gelegte,    schwer    zugängliche  Ligatur   zu 
schnüren. 

Odebrecht  (Ges.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.,  13.  Mai)  empfiehlt   Jodoform- 
Jodoformäther  zul 
lösung  aufbewahrt  wird. 


mit  Jodoformäther  zubereitete  Seide,  die  in  schwacher  Sublimat-     z^!*^*®! 

'  Odebrecht. 


Stas  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  20)  empfiehlt  einen  zusammen-  Operations- 
legbaren  Operationstisch.  af^ 


Stas. 


Für  gynäkologische  Operationen  empfiehlt  McCardie  (Birming-     Narkose: 
ham)  (Brit.  med.  Joum.)  nach  Erfahrungen  bei  mehreren  1000  Nar-      ^  t h 
kosen  die  Mischung  von  2  Theilen  Aether  und  1  Theil  Chloroform      i  The  11 

mit  dem  Clo veraschen  Apparat,  der  sich  reguliren  lässt.  Chloroform, 

Mo  Cardio. 

F.  Schenk   (Zur  tödtlichen  Nachwirkung  des  Chloro-    Tödtliche 

forms.     Zeitschr.  f.  Heilk.  Nr.  19,  S.  3)  berichtet  über  2  Fälle,  in    .  Nach- 

wirknnfiT  des 
denen    Frauen    nach    schweren  gynäkologischen  Laparotomieen   am  Chloroforms, 

3.  Tage  nach  der  Operation  unter  den  Erscheinungen  der  Herz-  Schenk, 
schwäche  und  schwerer  Nierenaffection  zu  Grunde  gingen.  Es  fand 
sich  Fettdegeneration  .von  Herz ,  Leber  und  Nieren,  deren  Ursache 
auf  die  IV« — 2*/«  stündige  Narkose  zurückgeführt  wird.  Verf.  warnt 
vor  den  kurz  hinter  einander  folgenden  Narkosen  und  räth  zur  Ein- 
schränkung der  diagnostischen  Narkose. 

Jahrbach  der  practischen  Hedioin.    1899.  27 


418 


Strassmaim. 


3.  Aenssere  Genitalien  und  Scheide. 


a.  Hermaphrodisie. 

Hernie  üeber  Hermaphrodisie   sind    zahlreiche   casuistische   Beitrage  er- 

phrodlsle,    schienen    (cf.  Centr.  f.  Gynäkol.  Nr.  42;    Ströbe,    Ziegler's  Beitr.  Bd.  22; 
jj         *'        Hansemann,    Berl.  klin.  Wochenschr.). 


Psendo- 
berma- 


üeber    einen    eigenthümlichen    Fall    von    Pseudohermaphrodi- 
tismuB  masculinus,  der  gynäkologisches  Interesse  bot,  trug  Schultze- 
mus        V e Hing  hausen  in  der  Gesellschaft  für  Geburtshtilfe  zu  Leipzig  vor.  Eine 
mascnlinns.  82j&hrige  Lehrerin,   die  nie  menstruirt  hatte  und  eine  blind  endigende 
Hernia  uteri,  Scheide  besass,   wurde  wegen  einer  in  einem  Bruchsacke  befindlichen  Ge- 
Schultze-      schwulst  operirt.    Es  war  dies  der  Uterus  mit  Tube  und  einer  Cyste.  Ani 
Uterus  sass  ein  Hoden.   Dabei  waren  sowohl  der  Habitus  wie  die  äusseren 
Genitalien  weiblich. 

b.  Prolaps. 

Massage  Eijkmann  (Niederl.  Ges.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.,  19.  Januar, 

bei  Prolaps,  Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  40)  hat  2  Patientinnen  mit  totalem 
Prolaps  mittels  Massage  behandelt  und  geheilt.  Das  Resultat 
wird  von  Veit  bestätigt,  obwohl  Treub  geneigt  ist,  es  auf  peri- 
metritische  Verwachsungen  beziehentlich  senile  Atrophie  zurück- 
zuführen. 


Cystooelen-  A.  Bouth  (Brit.  med.  Joum.,  17.  Sept.)  excidirt  bei  der  Plastik 

^^^RTnti**"^'  wegen  Cystocele  ein  dreieckiges  Stück  aus  der  vorderen  Scheiden- 
wand und  vernäht  in  T-Form;  die  Basis  der  Anfirischung  befindet 
sich  über  der  Portio ,  die  Spitze  nahe  der  Urethralmündung.  —  In 
der  Discussion  tritt  Sa  enger  für  die  hohe  Cervixamputation. 
Fehling  dagegen  für  die  Fixation  des  Uterus  an  die  Bauchdecken 
oder  die  Blase  ein.  Martin  und  Lapthorn  Smith  sind  für  die 
Ausführung  der  Neben  Operationen  in  einer  Sitzung  (Dammplastik. 
Fixation).  Die  meisten  Redner  sind  der  Ansicht,  dass  die  vorder» 
Kolporrhaphie  allein  nicht  genüge. 


Aonth, 

Saenger, 
Fehling, 

Martin, 
L.  Smith. 


Technik  der 

Prolaps- 

operation, 

Saenger. 


M.  Saenger  gibt  einen  Beitrag  zur  Technik  der  Prolaps- 
operation  (Centralbl.  f.  G3mäkol.  Nr.  2).  Grössere  Vorfälle  be- 
dürfen längerer  Vorbereitung  zur  Operation.  Sie  schwellen  dann 
ab,  Acnepusteln  etc.  an  den  Labien  müssen  abheilen.  Der  Uterus 
muss  thunlichöt  dem  Beckenboden  als  Stütze  erhalten  bleiben. 
Plastisch  geht  Saenger  in  der  Weise  vor,   dass   er  das  Collen 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  419 

hoch  excidirt,  was  unter  Blutleere  und  ohne  Narkose  ausgeführt 
werden  kann.  Die  vordere  Kolporrhaplrie  und  die  hintere  Kolpo- 
Perineorrhaphie  geschieht  dann  so,  dass  von  einem  Medianschnitte 
aus  zwei  seitliche  Lappen  abgelöst  werden.  Blase  und  Mast- 
darm werden  nach  Resection  der  Lappen  durch  versenkte  feine 
Seidennähte  zurückgestülpt.  Die  oberflächliche  Naht  geschieht  mit 
nahe  den  Wundrändem  gelegten  Seidennähten.  Zur  Heilung  der 
Cyetocele  ist  die  hintere  Plastik  unentbehrlich.  Die  Ventrifixation 
macht  S aenger  nur  bei  Totalprolaps. 

» 

S aenger  (Ges.  f.  Geburtsh.  zu  Leipzig,  17.  Oct.    Centralbl.  f.      Colpor- 
Gynäkol.  Nr.  Bl)  hat  beim  Prolaps  älterer,  schwächlicher     IgdUna 
Frauen  die  sog.  Colporrhaphia  mediana  nach  Neugebauer-      Saenger. 
Le  Fort  in  der  Weise  modificirt,  dass  er  ein  langgezogenes  Recht- 
eck aus  beiden  Scheiden  excidirt  und  mit  Offenlassen  einer  kleinen 
linksseitigen  Oefinung  zunächst  den  hinteren  Wundrand  mit  Catgut, 
dann  die  gesanmite  Fläche  mit  tiefen  Seidenfaden  verschliesst. 

Wormser  (Monatsschr.  f.  Geb.  u.  Gynäkol.  Bd.  7,  H.  4)  theiltKoipektomie 

die  von  P.  Müller  bisher  mit  seiner  Methode  der  Kolpektomie  ^®^ 

T»«i»  iTki  1  -i-i  .^1-1      Greisinnen, 

zur  Beseitigung  des  Prolapses   alter  Frauen   erzielten  Er-     p  MtiUer- 

folge  mit.  Operirt  sind  8  Patientinnen  zwischen  B3 — 70  Jahren.  Wormser, 
£8  wird  dabei  bekanntlich  nach  Excision  der  Scheide  und  der  hyper- 
trophischen Portio  der  Uterus  versenkt  und  die  Wundfläche  ver- 
näht. Niemals  bildete  sich  eine  Hydrometra.  Recidive  kamen  nicht 
vor.  Selbstverständlich  eignet  sich  das  Verfahren  nur  da,  wo  Co- 
habitation  und  Menstruation  nicht  mehr  stattfinden. 

Ebenso  berichtet  Pflanz  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  14)  in  der       Pflanz, 
geburtshülflich- gynäkologischen  Gesellschaft   in  Wien  (18.  Januar) 
über  die  Resultate  der  Scheidenexstirpation  nach  Müller  bei  tota- 
lem Prolaps  von  8  alten  Frauen.     Keine  Hydrometra.     Kein  Reci- 
div.     Heilungsdauer  durchschnittlich  6  Tage. 

Bei   grossem   ScheidenvorfaU  mit    vollständigem  Uterusprolaps 
in  3  Fällen,  complicirt  mit  anderweitigen  Erkrankungen,  hat  MartiuExstirpation 
(üeber  Exstirpatio  vaginae.    Vortr.  auf.  d.  Düsseldorfer  Natur- "^o**  Scheide 
forscher- Versamml.,  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  40)  IQmal  auch  die  ^  JJ  ProUps 
Scheide   mitsammt   den  inneren   Genitalien   exstirpirt.     Nach  ring-       Martin, 
förmiger  Incision  und  Ablösung   der  Scheide  wird  vom  und  hinten 
das  Peritoneum  eröffnet  und  mit  der  Incision  vereinigt,   dann  folgt 


420  Strassmann. 

typische  Totalexstirpatiön ,  zum  Schlüsse  quere  Obliteration  der 
Wunde  und,  wenn  nöthig^  Perineoauxesis.    Kein  TodesfalL 

3.  Utems. 

a.  üntersuchungsmethoden. 

Hystero-  Beuttner  (Genf),  lieber  Hysteroskopie  (CentralbL  f.  Gyn. 

skopie,      ^j.  22).   Das  Instrument  ist  nichts  anderes  als  das  Nitze-Winter- 

Beattner. 

sehe  Cystoskop.  Es  wird  in  einem  Metallrohr  in  den  Uterus  ein- 
geschoben und  an  einem  Kinge  fixirt.  Bei  der  Hysteroskopie  liegt 
die  Lampe  direct  der  Schleimhaut  an,  eine  Ueberhitzung  wird  durch 
die  ableitende  Metallröhre  verhindert.  Ausserdem  ist  eine  Spülvor- 
richtung angebracht,  wenn  das  Gesichtsfeld,  wie  es  häufig  der  Fall 
sein  dürfte,  sich  mit  Blut  bedeckt.  lieber  Erfahrungen  mit  der 
Methode  ist  nichts  angegeben. 

Iiitraaterin-  Zepler  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  28)  hat  ein  intrauterines 

speouium,  gpeculum  etwa  von  der  Form  eines  vaginalen  Badespeculums  von 
Zeigefingerstärke  angegeben.  3mal  wurde  nach  vorausgeschickter 
Dilatation  der  Uterus  gespiegelt;  2mal  glaubt  Zepler  die  Tuben 
1 — 1,5  cm  mit  einem  feinen  Stäbchen  sondirt  zu  haben.  Er  hofft, 
dass  sich  das  Instrument  bei  puerperaler  Erkrankung  wird  verwen- 
den lassen.     Die  bisherigen  Versuche  geschahen  in  Narkose. 

Erweiterung         Saenger    (Ueber   Erweiterung    und   Austastung    des 
^"^         Uterus   als  Voract   der  Behandlung.     CentralbL   f.   Gynäkol. 

Aust&stung  ...  . 

drsUteras,  ^i*-  7)  empfiehlt  die  Dilatation  des  Uterus  mittels  Laminana 
Saenger.  (Kochen  in  5^/oiger  CarboUösung  und  Einlegen  in  Jodoform&ther) 
für  die  Entfernung  von  Abortresten,  bei  Myomen  des  Corpus,  bei 
grossem  Uterus,  nach  wiederholten  erfolglosen  Auskratzungen,  bei 
Verdacht  auf  Malignität.  Sorgfaltige  Ueberwachung  der  Tempe- 
ratur und  des  Pulses.  Narkose  ist  nicht  immer  bei  der  Austastun«; 
nöthig.     Die  Ausschabung  wird  angeschlossen. 

Mikro*  b.  Endometritis. 

skopisohe 

Unter-  L.  Pick  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  9)   kürzt  die  Herstellung  von  ge- 

fluc   ung  des  fi^p^j^^  Gefriersebnitten  dadurch  ab,  dass  er  Härtung  und  Färbuntr  mit 
Endo*  .  ... 

metrium      der   Verwendung   formalinisirten   Alauncarmins   combinirt.     Ganze 

L.  Pick.       Stücke  können  vorgefärbt  werden.    Die  neue  Methode  lautet :  üebert ragen 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


421 


Garette- 
ments, 
Beuttner. 


der  Schnitte    in   4Voiges  Formalin,    dann   in  die  Formalin-Farblösung  für 
3  Minuten,  im  übrigen  wie  bisher  Alkohol,  Xylol,  Balsam. 

Nach  0.  Beuttner  (Genf)  (Zur  Technik  des  Curette- Technik  des 
ments.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  47,  20.  Nov.)  soll  der  Asepsis 
wegen  das  Curettement  immer  im  Speculum  ausgeführt  werden. 
Um  Länge  und  Kichtung  des  Uterus  zu  bestimmen,  soU  erst  son- 
dirt  werden.  Als  Instrument  benutzt  Beuttner  eine  von  Re- 
verdin  angegebene  Sonde  dilatatrice,  bei  der  die  Schlinge 
durch  eine  Schraube  drei  verschiedene  Weiten  erhalten  kann.  Der 
Stiel  der  Curette  dient  gleichzeitig  zur  intrauterinen  Spü- 
lung. Ein  kleiner  metallener  Gazebehälter  lässt  sich  in  das  Spe- 
culum einsetzen  und  erleichtert  dem  allein  operirenden  Arzte  die 
Tamponade. 


Oetker   (Oeynhausen),    Ueber    keimfreie   Ausstopfung   der    Keimfreie 
Gebärmutterhöhle   (Centralbl.    f.    Gynäkol.) .     Der  Apparat    be-      ♦  "^  *  * 
steht  aus  einer  langen,  glatten,  metallenen  Röhre,  an  die  an  einer       Oetker. 
Stelle   ein   die  Gaze   enthaltender  Glasbehälter   angeschraubt  wird. 
Die  Röhre  kommt  in  den  Uterus  zu  liegen,  imd  mittels  eines  Stopfers 
wird  die  Gaze  vorgeschoben.     Assistenz  und  Kugelzange  sind  ent- 
behrlich. 


V.  Franqu6  (Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  38,  H.  1) 
erörtert  die  Endometritis,  Dysmenorrhoe  und  Abrasio  mu- 
cosae an  der  Hand  von  117  gutartigen  imd  21  mab'gnen  Schleim- 
häuten, die  durch  Curettement  entfernt  worden  sind.  Die  Diagnose 
der  klinischen  Untersuchung  auf  gutartige  Erkrankung  hatte  sich 
mikroskopisch  ebenso  bestätigt,  wie  die  mikroskopische  Diagnose 
„maÜgn"  nicht  einmal  irrthümlich  war.  Die  Art  der  Endometritis 
(glandularis,  interstitialis  und  Mischform)  lässt  sich  aus  den  klini- 
schen Erscheinungen  nicht  herleiten.  Dysmenorrhoische  Zustände 
sind  oft  allein  auf  anatomische  Veränderungen  des  Endometriums 
zurückzufuhren . 


Endo- 
metritis, 
Dysmenor- 
rhoe, 
Abrasio, 
V.  Franqne. 


Klien  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  11)  hat  mit  Hülfe  von  Milch-  intrauterine 

Zucker,   Gummi  arabicum,  Eiweiss  und  Glycerin  Silberstäbchen    /^^tV^ 
'  '  •'^  ^  durch  los- 

hergestellt, welche  in  Wasser  löslich,  dabei  aber  biegsam  und  ela-uche  Silber- 
stisch   sind   und   sich  zur  Einführung  in  den  Uterus   eignen.     Als    st&bchen, 
Medicament   dient    das   Cred^'sche  Argentum  solubile    in  2°/oiger 
Menge.     Die  Einführung  geschieht  mit  einer  Art  Salbenspritze.  Vor 


422  Strassmann. 

die  Portio  kommt  ein  Tampon  zu  liegen.  Da  der  Uteiois  nicfat  dis- 
locirt  zu  werden  braucht,  so  bilden  Erkrankungen  der  Adnexe  keine 
Contraindication. 

Intrauterine         In   der  Discussion  zu  Menge's  Vortrag  über  intrauterine 
Aetzung     Aetzung  (mit  Watte  umwickelte  Hartgummistäbchen,   die 
Hartgummi-  ^^  26^/oigem  Formalin  getränkt  sind)  (Leipziger  Ges.  f.  Geb.,  Central- 
stäbohen     blatt.    f.    Gynäkol.)    warnt    Zweifel    vor    dem    Gebrauch    der    zu 
™**         starken  Aetzmittel  (50°/oige8  Chlorzink,  unverdünnter  Liquor  fern). 
Menge,  '    Die  Braun'sche  Spritze  ist  bei  Lijection  weniger  Tropfen  ein  wohl 
Zweifel,       geeignetes  Listrument.    Ebenso   wie   Saenger   hält  er  eine  weit- 
gehende   Asepsis    der    Sonde    und    der    Watte    bei    intrauterinen 
Saenger,      Aetzungen  nicht  für  nothwendig.  —  Saenger  hat  mit  dem  Silber- 
stäbchen  mit  Chlorzinkwatte    (Aetzung   in   14tägigen  Pausen)  gute 
Graefe.       Resultate  erzielt.  —  Graef  e  kam  mit  dem  Silberstäbchen  leichter  als 
mit   der  Hartgummisonde   in   den  Uterus.     Menge  hält  die  Chlor- 
zinkschorfe nicht  für  aseptisch  und  sieht  darin  einen  grossen  Vor- 
zug der  Formalinbehandlung. 

Behandlung  Lavialle   und  Buyssen   (L'Echo  mM.  du  nord  S.  226)    be- 

vonMetror-  achten  über  befriediirende   Resultate  mit  Stypticin  bei  Uterus- 
rbagieen  . 

durch       hämorrhagieen  und  Hämoptysen.    Es  steht  nicht  hinter  dem  Ergotin 

stypticin,     zurück. 

Ruvssen'*  ^'  ^raitenberg    (Wiener  med.   Presse   Nr.  36)   schreibt  dem 

V.  Braitenberg.  Stypticin  ebenfalls  einen  günstigen  Einfluss  auf  Uterusblutungen 

zu  (24  Fälle).     Das  Tagesquantum  betrug  maximal  0,4  g.     Bei  an- 

complicirter   hämorrhagischer   Endometritis   und    bei   einem    Myom 

versagte  es.    Eine  sedative  Wirkung  konnte  nicht  festgestellt  werden. 

—  durch 

von  Liquor  Kalenscher   (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  1)   hat  sich  bei 

aiuminii     Gebärmutterblutungen   3mal   mit  Erfolg  der  Lijection  von  Liquor 
acetici,      aiuminii  acetici  in  den  Uterus  bedient. 

Kalenscher. 

—  durch  Bert  hold  (Gyn.  Ges.  zu  Dresden,  22.  März)  empfiehlt,  bei  kli- 
^^*^"^h  M*^^*'  D^*i^*^rischen  Blutungen  vor  der  Totalexstirpation  tägliche  Injectionen 

mit  Liquor  ferri,  Aquae  destillatae  ana  in  den  Uterus  zu 
machen,  bis  die  Blutung  nachlässt. 

L.  Pincus  (Danzig)  (Weiteres  über  Vaporisation  und  Vapo- 
cauterisation.  Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  10,  22,  88.  Ueber  At- 
mocauaiH.    Therapeut.  Moiiatsh.,  October)  verwendet  einen  besonders 


UeburtshQlfe  und  Gynäkologie. 


42S 


cauterisa- 

tion, 
L.  PÜieas, 


constnurten    doppelläufigen    Katheter    zur    Dampfbehandlung    des     —  darch 

Uterus,  bei  dem  der  Bückstrom  nach  aussen  geleitet  ist.    Der  Cer-  ^T*^®"**" 
.  tion,  Vapo 

vicalkanal  wird  durch Gazeumwickelung  geschützt.  Der Vapoc auter 
stellt  einen  Katheter  mit  geschlossenem  Pavillon  dar.  Hier  wirkt 
also  nur  die  Temperatur  des  Dampfes.  Der  Apparat  mit  Zubehör 
kostet  30  Mark.  In  einer  späteren  Mittheilung  ist  ein  hölzerner 
Cervixschutz  aus  röhrenförmigen  Platten  angegeben.  15 — 30  Secun- 
den  bei  105®  Dampf  durch  den  Uterus  zu  leiten,  dürfte  genügend 
zur  Blutstillung  sein.  Wiederholungen  des  Verfahrens  dürfen  erst 
nach  völliger  Regeneration  der  Schleimhaut  vorgenommen  werden. 
Die  Behandlung  der  Endometritis  soU  kurz  vor  oder  nach  den  Menses 
stattfinden.  Endometritiden  verschiedenster  Art,  Myome,  Subinvolutio 
haben  sich  unter  Anwendung  des  Dampfes  gebessert,  doch  dürfte 
man  bei  Subinvolutio  uteri  wohl  mit  harmloseren  Methoden  zum 
Ziele  kommen  (s.  unten).  Adnextumoren,  rigide  Portio  und 
Verdacht  auf  Malignität  sind  Contraindicationen  des  Ver- 
fahrens. Bei  maligner  Erkrankung  soll  nur,  wenn  die  Operation 
nicht  mehr  anwendbar  ist,  der  Dampf  genommen  werden.  Den 
Vapocauter  nimmt  Pincus  bei  Gonorrhoe.  Die  absichtliche  Oblite- 
ration  bei  klimakterischen  Blutungen  und  vielleicht  zur  künstlichen 
Bterilisirung  kann  mit  dem  Dampf  leicht  erreicht  werden. 

Dührssen  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  36)  theilt  3  Fälle 
mit,  in  denen  die  Vaporisation  zur  Blutstillung,  ja  durch  die  Ex- 
foliation der  Uterusschleimhaut  (Imal  als  völliger  Abguss  des 
Cavams)  zu  der  für  diese  Patientinnen  erwünschten  Amenorrhoe 
fahrte. 


Dührssen. 


Vapori- 
sation, 
Baruch, 

V.  Weiss, 


Baruch,  Völlige  Atrophie  des  Uterus  infolge  von  Vapori-  Obliteration 
sation    (Centralbl.   f.  Gynäkol.  Nr.  5).     Bei    einer   27jährigen  Frau     ^J^^j^ 
wurde  wegen  länger  bestehender  Blutimgen  im  5.  Monate  nach  der  des  Uterus 
ersten    Entbindung   ambulant    eine    Vaporisation    gemacht;    danach        "*«** 
absoluter  Stillstand  der  Blutung,   vöUige  Obliteration  und  Atrophie 
der  inneren  Genitalien. 

O.  V.  Weiss  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  24)  berichtet  über 
einen  Fall  von  Obliteration  des  nicht  puerperalen  Uterus  nach 
Vaporisation.  Diese  wurde  bei  einer  19jährigen  Patientin  mit 
weitem  Cavum,  '/4  Minuten  bei  100®  ausgeführt.  Plastische  Ver- 
suche vergeblich. 

Einen  dritten  FallvonObliterationund  Atrophie  des  Uterus  P.  Strassn» 

mit  Amenorrhoe  hatte  Ref.  Gelegenheit  zu  untersuchen.     Es  kann 
daher   von   der  Anwendung  des  Dampfes  bei  jugendlichen  Pa- 


424  Strassmann. 

tientinnen  oder  solchen,  bei  denen  die  Menstruation  und  Concep- 
tionsfähigkeit  zu  erhalten  ist,  nur  dringend  gewarnt  werden. 

Todesfall  Den   ersten  Todesfall  nach  der  Anwendung  des  Vapocau- 

^*°**  ters  (der  durch  Dampf  erhitzten  geschlossenen  Metallröhre)  hat 
sation  ^^^  ^^  Velde  aus  der  Treub'schen  Klinik  veröffentlicht  (Centr. 
van  de  Velde.  f.  GynäkoL). 

Eine  45jährige  Frau  mit  präklimakterischen  Blutungen  wurde  genau 
nach  den  von  Pincus  gegebenen  Vorschriften  1  Minute  mit  dem  in  den 
Uterus  eingelegten  Vapocauter  behandelt.  Der  Kanal  war  weit,  das  In- 
strument wurde  ruhig  gehalten.  Am  Abend  begannen  Schmerzen,  am 
nächsten  Morgen  Fieber.  Uterusausspülung,  wobei  nekrotische  Fetzen  ent- 
leert werden.  Einspritzung  von  Tinctura  jodi.  (Ueberflüssig!  Ref.)  Der 
Puls  stieg  aber  trotz  sehr  geringer  Temperatur  und  massiger  Schmerzen 
immer  höher.  Am  3.  Tage  Erbrechen,  am  4.  Exitus.  Jauchiger  Erguss  im 
Becken,  nekrotische  Perforationsstellen  im  Fundus.  Die  Schleimhaut  ist 
vollständig  zerstört,  aber  auch  in  die  Muscularis  erstreckt  sich  die  Nekrose. 

Eine  nachträgliche  Infection  ist  wohl  nach  der  Exankengeschichte 
auszuschliessen.  Vielmehr  ist  der  traurige  Fall,  bei  dem  wahrschein- 
lich mit  einer  Abrasio  die  Patientin  geheilt  worden  wäre,  so  zu 
deuten,  dass  sich  der  Uterus  unter  dem  hohen  thermischen  Reize 
fest  gegen  den  Vapocauter  anlegte,  die  Aetzung  im  Fundus  tiefer 
wirkte,  so  dass  durch  Gangrän  eine  Perforation  eintrat.  Jedenfalls 
lehrt  die  Mittheilung,  dass  man  von  der  intrauterinen  Anwendung 
der  Glühhitze  in  dieser  Form  absieht.  Beim  „Dampfe"  dürfte  es 
wohl  nicht  zu  erwarten  sein.  Bevor  man  diesen  anwendet,  sollte 
aber  stets  die  Abrasio  versucht  werden.  Erst  wenn  diese  versagt 
hat,  mag  man  vaporisiren. 

Unter  dem  Namen  „Excisio  vaginalis  mucosae  uteri"  veröffent- 
Behandlung  licht  Dührssen  (Centralbl.  f.  GynäkoL  Nr.  60)  ein  Verfahren,  von 


blataneen    ^^^  Scheide  aus  die  Uterusschleimhaut  zu  entfernen.    Die 


der  Uterus- 
lutnngen 
durch        Indication  zu  dieser  Operation  sind  schwere  hämorrhagische  Endo- 

Excision     metritis  und  Blutungen,  die  jedem  anderen  Verfahren  trotzen,  Falle, 
des  Endo-     .  ,  ,  i        -i-     m  /  i         •         •  , 

metriums     ^  welchen  man  also  die  iotalexstirpation  sonst  vorgenommen  hätte. 

Dührssen.  Nach  Einschnitt  im  vorderen  Scheidengewölbe  oder  circulärer  Um- 
schneidung mit  oder  ohne  Unterbindung  der  Arteria  uterina  wird 
die  Cervix  freigelegt  und  hochamputirt.  Die  Blutung  wird  provi- 
sorisch gestillt.  Der  Uteruskörper  wird  vorgezogen  und  median  ge« 
spalten.  Durch  Hochschieben  des  Peritoneums  oder  Abpräpariren 
mit  der  Scheide  kann  sogar  diese  Spaltung  extraperitoneal  erfolgen. 
Der  Schnitt  wird   am   oberen  Ende   nach  den  Tubenecken  wie  bei 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  425 

der  Section  fortgefülirt.    Jetzt  wird  die  Schleimhaut  mit  der  ober- 
sten Lage  der  Muscularis  excidirt.    Der  Uterusrest  wird  mit  durch- 
greifenden Catgutsuturen  verschlossen  und  vaginißxirt.    Der  Cervix- 
stumpf  wird   mit   Scheide   übemäht.     Viermal   hat  Dührssen   die 
Operation   ausgeführt.     Der  erste  Fall    betraf  eine  44jährige  Frau 
mit  irreponibel  fixirtem  Uterus  und  Adnexen,   die  durch  ihre  Blu- 
tungen bis   aufs    äusserste  herabgekommen  war,    sonst  aber  keine 
Beschwerden   hatte.     Die  zweite  Patientin  war  eine  66jährige  Frau 
mit  Prolaps,  Blutung,  Ausfluss,  bei  der  die  mikroskopische  Unter- 
suchung  ein  zweifelhaftes  Resultat  ergeben  hatte.     Die  dritte  war 
eine  50jährige  Kranke    mit  Blutungen  und  Retroflexio,    die   schon 
länger   behandelt  war.     Eine  vierte   war   eine  Hämophile,    der  die 
Vaporisation  nur  vorübergehend  Abhülfe  gebracht  hatte.     Die  Ope- 
ration hat  vor  der  Totalexstirpation  den  Vortheil,   dass  eine  weite 
Eröffiiung  des*  Parametriums  vermieden  wird.  —  Die  Eröffnung  des 
Peritoneums   dürfte    sich  wohl  nicht  ganz  umgehen  lassen.     Auch 
darf  man  sich  nicht  der  Täuschung  hingeben,    als  ob  es  sich  hier 
um  einen  geringfügigen  Eingriff  handelt.     Derselbe  erfordert  grosse 
technische  Gewandtheit;   die  Vorwälzung  des  Uterus,  Aufschneiden 
und  Vemähung  nehmen  gewiss  eine  beträchtliche  Zeit  in  Anspruch, 
kaum  weniger  als  eine  leichte  Totalexstirpation.     Endlich  darf  man 
nicht  ausser  Acht  lassen,    dass   die  meisten  gutartigen  Blutungen 
(ohne   Tumoren)   auf  nichtoperative  Weise   gestillt  werden  können 
(z.  B.  in  dem  dritten  oben  erwähnten  Falle),  besonders  seit  der  An- 
wendung  des  Dampfes,    die   Dührssen    selbst    (siehe   oben)    em- 
pfohlen hat. 

c.  Lageveränderungen  des  Uterus. 
Allgemeines. 

Löhlein  (Gynäkol.  Tagesfragen  H.  5,  Nr.  3,  Wiesbaden)  er-   Indlcation 

örtert  eine  Frage,  mit  der  sich  verschiedene  Arbeiten  aus  grösseren  „  .  '^5, 

....  Benanalung 

Kliniken  in  jüngster  Zeit  beschäftigt  haben,  nämlich,  wann  Falsch-  der 
lagen  der  Gebärmutter  Gegenstand  der  Behandlung^*^**^^^*««"' 
sind.  Beschwerden  bei  beweglicher  Anteflexio  sind  auf  hypo- 
plastiache  Verhältnisse,  Stenosen  oder  allgemeine  Körperstörungen 
zurückzuftihren.  Die  Stiftbehandlung  wird  trotz  neuerer  Empfeh- 
lungen verworfen.  Bei  fixirter  Anteflexio  hat  die  Perimetritis,  nicht 
die  Lage  des  Uterus  Behandlung  zu  finden.  Die  Retroversio  und 
-flexio  ist  immer  eine  pathologische  Lage.  Sie  stört  oft  die  Schwanger- 
schaft und  fuhrt  auch  zu  anderweitigen  Veränderungen,  die  dann  die 


426  Strassmann. 

indication   Patientinnen  zum  Arzte  treiben.   Bei  den  angeborenen  Verlagenmgen 
h^^A\        behandelt  Löhlein  nur  die  Complicationen ,   ein  Standpunkt,   der 
der         nicht  überall  getheilt  werden  dürfte.     Der  Auffassung,   dass  hier 
F  als  oblagen,  Operationen  nicht  gerechtfertigt  seien,    steht  z.  B.  die  Anschauung 
°  *"*       von  Freund  gegenüber,  der  hier  gerade  operirt.    Im  übrigen  sacht 
Löhlein,   wie  wohl  immer  noch  die  Mehrzahl  der  Frauenärzte,  bei 
acquirirter  Retroflexio    die   Pessarbehandlung    vor    dem   operativen 
Eingriffe   zu  ermöglichen.     Fixirte  Knickungen   sollen  im   entzünd- 
lichen Stadium  Behandlung  finden,   später  aber  nur  ausnahmsweise 
Pessarversuchen   oder  der  Operation  unterworfen  werden.    Auch  in 
letzterem  Punkte  weicht  Löhlein's  Anschauung  von  der  vielfach 
gebräuchlichen  ab.     Die  Ventrifixation  ist  die  zuverlässigste  Opera- 
tion; neuerdings  wandte  sich  Löhlein  auch  der  Alexander'schen 
Methode  der  Verkürzung  der  Ligamenta  rotunda  zu. 

Retroflexio  uteri. 

Prophylaxe  Abel  (Ges.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.,  Leipzig,  17.  Januar)  sprach 

„  .     fj    .     über  die  Prophylaxe  der  Retroflexio  uteri.    Wichtig  ist  die 
Retroflexio,  .• 

Abel.  Untersuchung  jeder  Entbundenen  bei  der  Entlassung  behufs  recht- 
zeitiger Pessarbehandlung.  Die  Wassersuppendiät  ist  wegen  der  Darm- 
trägheit nicht  zu  empfehlen.  Auch  soll  die  Wöchnerin  nicht  zu 
lange  liegen.  Bei  jeder  Operation,  besonders  Adnexexstirpation,  wo 
auch  nur  Neigung  zur  Retroversion  besteht,  soll  durch  Ventrifixui' 
vorgebeugt  werden. 

Eine  grosse   Statistik  über   2500  Fälle  von  Ventrifixation 

Operative    hat  Lapthorn  Smith  (Montreal)  gesammelt  (Med.  Record,  4.  Juni 

Beha^n^dlung  ^^^  Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  39).    Er  empfiehlt  die  Operation  nur. 

Retroflexio:  wenn  aus  anderen  Gründen  (z.  B.  Verwachsungen)    der  Bauch   ge- 

Ventri-      öflEnet  werden  muss.     Unter   148  Schwangerschaften  waren   3  von 

L.  Smith.'     Schmerzen ,   Aborten   oder  schwierigen  Geburten  gefolgt.     Bei   der 

einfachen  Annähung  an  das  Bauchfell  (Suspensio  uteri)  treten  auch 

nur  wenig  Rückfalle  und  keine  Schwangerschaftsstörungen  auf.    Die 

innere  oder  äussere  Alexander- Operation  wird  gerühmt.  —  Li  der 

Discussion  sind  die  Ansichten  getheilt. 

-Lappen.  Frei  SS  (Kattowitz)  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  16)  hat  2  Fälle 

Uteras       ^^^  beweglicher   Retroflexio   in  der  Art  operirt,   dass  er  nach  Er- 

Preiss.       ö£Enung   des    vorderen   Peritonealumschlages    einen    Lappen    des 

Corpus  mit  dem  angefrischten  Collum  vereinigte  und  dann  durch 

eine  Art  Vesicofixation  den  Uterus  verlagerte. 


>itfburtafaülfe  imd  Gynäkologie.  427 

F'iLt-t;  .L'Eelio  ine<ücal  da  Nord  S.  209)  beßchreibt;  als  Caneo-     —  C^imea- 
Hj'jtjerfjkom.La  va^iaalis  ein  in  4FälIen  von  ihm  an^C^waadtes      Hy**«5" 
^^a^hroL  aar  Bekandlim^  der  Betroflexio  nterL     Naek  Ero&ong   ▼ajiÄaUs, 
:e»  vnrier«!  Schädfin^irölbes  und  Peritoneums  wird  der  XTten» 
r^^so^m^  «m  iiaciiet}  Viereck  aasgeschnitten  und  quer  vernäht,  so 

der  übearnsancefiectirt  ist.  —  Aehnliche  Operationen  sind  übrigens 
von  •ieoiacher  Seite  angegeben. 


Bi  ie  lArch.  £  GvnäkoL  Bd.  56)   hat  tot  Heilung  der  Retro Va«i»»l« 

::«EÖJ  areri  12mal  üe  von  ihm  angegebene  Methode  der  Verkürz  uns:  V'^*^'^** 

^^=^  ^  ^    der  ra&d^m 

ier  rinle^iiXarnerbänder  durch  den  vorderen  Seheiden-  Matter^ 
^ckniti  in  Anwendung  gebracht.  Die  Besultate  waren  gute.  Ein  biader. 
Tode^aO.  am  ^.  Ta^r**  ohne  locale  Erseheinunsren. 


Bodo. 


r*ie  • ; peratrve  Behan«ilung  der  Ketroflexio  uteri,  mit  besou- 
•i-irer  Berrickachtigring  der  Alex  and  er'schen  Ojvration,  d.  i.  der 
Verkirzmi^  d*rr  runden  Matterbänder  wird   von  Rumpf  (Arvh.  f.  -  Aems»t»r« 
GjTi^^^^  Bd.  57.  H.  2)  erörtert.   Eine  ca.  15  cm  lange  Incision  wird  j^i^^aa^t^r- 
oog»rc::':niii^   nach    oben   concav   so   ungefähr  von  einer  Mitte  des  Op^ratios 
Poop ar:  -»^ihcn  Bandes  nach  der  der  anderen  Seite  gettihit,  dass  sie  fast 
ganz  in  lie  Gr'rnze  der  Schamhaare  fallt.    Nach  Durv'htrenuuug  der 
Fa»'ia  aTLp»rrtioialis  mit  der  darunter  liegenden  Fettschicht  wird  die 
Apon-rnr  .-«e  d-rs  Mose,  obliquus  extemus  freigelegt.   Zur  Aufdeckimg 
dt«  LfrLstennnges   empliehlt   es   sich,   von   aussen   her  das  Gewel)e 
stumpf  na#:h  der  Symphyse  in  der  Richtung  des  Faserverlaufes  abzu- 
'Irangec^     XTm   das  Lig.   rotundum   weiter   central  zu  fassen,    wird 
paiail-*  zum  lig.  Poupartii  die  Aponeurose  4  cm  weit  gespalten,    Ist 
das  Ug.  rirmduni  noch  von  dem  Bauch  des  Obliquus  internus  be- 
deckt, so  wiri  der  Inhalt  des  Leistenkanals  mit  zwei  Fingern  nach 
i€ir  Mitte  nnigekippt.     Nun  lässt   sich  das  Band   allmählich  10  bis 
12  cm  unter  Ah^treifen  des  Processus  vaginalis  peritonei  vorziehen. 
Der  Widerstand  der  Tubenecke  wird,  auch  ohne  Contrv>lle  von  der 
Vagina,  iühlhar.    Die  Bänder  werden  gleichzeitig  mit  dem  Schlüsse 
des  L^istenringes  nach  Bassini   tixirt.     Mit  zwei  bis  divi  Catgut- 
Knopfnahren  wir»i  der  Muse,  obliquus  internus  an  die  hinteiv  Wand 
des   Lig.   Poupartii   genäht.     Drei   Nähte    durchstechen   das   runde 
Band.     Mit   zwei   weiteren   wird   es  zur  S^Tuphyse  zu  auf  die  Ajm>- 
neiu-ose  festgenaht  und  der  Rest  abgeschnitten.    Die  Aponeurose  des 
ObliqoQS  extemus  wird   mit  fortlaufendem  Catgut  vernäht,   ebenso 
Fett  und  Fasde,  die  Haut  mit  Seide.    Durch  sorgialtige  Naht  wird 
die   Gegend   bruchsicherer   als    zuvor.     Rumpf  hat  44  Multipara, 


428  Strassmanu. 

Behandlung  19   Nullipare    und    12   Virgines   operirt.      Nachuntersucht    konnten 

«  .  ^  «'    .     53  Fälle  werden,  die  sämmtlich  ein  gutes  Resultat  lieferten,  sowohl 
Retroflexio  .  '  .  ' 

uteri        was  die  Lage  als  die  Narben  anbetriffst.   11  spontane  Geburten  ohne 
durch  die     Recidiv  der  ßetroflexio  fanden  statt.     Zwei  klagten  in  der  zweiten 
Operation    ^*^*®   ^®^  Schwangerschaft  über  ziehende   Schmerzen,     ünzuläng- 
Rumpf.       Uchkeit  und  Unmöglichkeit  der  Eingbehandlung ,   virginelle  Retro- 
flexionen  sind  die  Hauptindicationen,  erst  in  zweiter  Linie  der  Pro- 
laps,  bei   dem  die   Operation  neben  der  Kolporrhaphie  stattfindet. 
Statt   der  Ventrifixation  macht  Rumpf,   wenn  bei  fixirtem  Organe 
die  Eröffnung  der  Bauchhöhle  nöthig  ist,   die  Faltung  der  runden 
Mutterbänder,  bei  gleichzeitigem  Prolaps  mit  Verkürzung  der  Dou- 
glas'schen  Falten   (18  Fälle).     Die  Naht   geschieht  in  Beckenhoch- 
lagerung mit  fortlaufendem  Catgut.     Für  die  bewegliche  Retroflexio 
ist   also   nach  Rumpf  die   äussere  AI  exander- Operation,  ftr  die 
fixirte  die  innere  ventrale,  eventuell  unter  Zuhülfenahme  von  Ver- 
kürzung der  Douglas'schen  Falten  die  geeignetste  Operation. 

Hernien  Li  der  New  Yorker  geburtshülfüchen  Gesellschaft  (Centralbl.  f. 

^*®  Gynäkol.  Nr.  47)  wird   von  verschiedenen  Seiten  die  Zunahme  der 

Alexander-       •'  ' 

Operation.   Hernien  nach  der  Alexander-Operation  betont. 

Inversio  uteri. 

Behandlung  Bei  Liversio  uteri  ist   durch  die  Licision  der  Scheide  und  des 

'^^""**^ Uterus   ein  Verfahren   gewonnen,   durch   das   die  Exstirpation  oder 

hinteren     Amputation   des  Uterus   überflüssig  geworden   ist.     Perlis  (Kiew) 

Scheiden-    (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  9)  hat  mit  Erfolg  nach  Küstner's  Vor- 
Uterus* 
schnitt       schlag  eine   irreponible  Liversio  uteri  durch  hinteren  Schei- 

Perlis.        denschnitt  mit  Spaltung  der  hinteren  Uteruswand  geheilt. 

-durch  Essen-Moeller  (Centralbl.   f.    Gynäkol.  Nr.  46)   theilt   einen 

in  der  ^   ^^  chronisch  puerperaler  Uterusinversion  mit,  bei  dem  B o re- 
Scheide,    lius   die  hintere  Uteruswand  spaltete  und,   da  die  Reposition  noch 
EssenMoeUer.  nicht  gelang,  die  Ränder  umklappte  und  den  Uterus  in  der  Scheide 
vernähte;  jetzt  erst  wurde  das  Organ  reponirt.    Heilung. 

—  durch  Kehrer,   Zur   conservativ-operativen  Behandlung   der  chroui- 

^Uterus"     ^chen  Inversio  uteri  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  12;  Beitr.  z.  Geb. 

schnitt,      u.  Gynäkol.  Bd.  1,  H.  1).    Der  in  Gaze  eingeschlagene  Uterus  wurde 

Kehrer.       vorgezogen   und   die   vordere  Wand  vom  Os  extemum  bis  über  die 

Mitte  des  Corpus  gespalten.    Der  Uterus  wurde  schrittweise  reponirt 

und  vernäht. 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  429 


d.  Fibromyome. 

P.  Strassmann  und  Lehmann   (Arch.   f.   Grynäkol.  Bd.  56,  Pathologie 

H.  3)   liefern  einen  Beitrae  zur  Patholoffie  der  Myomerkran-„.^ 

^  .     *=*  &  j  Fibromyome, 

kung.  Die  Aetiologie  der  Fibromyome  ist  noch  dunkel.  Vieles  p.  strassmann 
spricht  dafür,  dass  sie  ihren  Ausgang  von  den  Gefässen  nehmen,  ^'  Lehmann, 
zumal  von  den  Arterien.  Die  Häufigkeit  von  Herz-  und  Gefessver- 
änderungen  im  Körper  Myomkranker  gab  die  Veranlassung,  die 
klinischen  Beziehungen  zwischen  diesen  und  der  uterinen  Erkran- 
kung zu  untersuchen.  Es  wird  nun  zunächst  erörtert,  wie  durch 
das  Myom  das  Herz  verändert  werden  kann  (Blutung,  Schmerz, 
Druck,  Grösse  und  Verdrängung  anderer  Organe).  Besonders  wird 
dann  die  Frage  geprüft,  ob  der  Uterus  durch  primäre  Herz-  und 
Gefassveränderungen  derart  in  Mitleidenschaft  gezogen  werden  kann, 
dass  Entstehung  und  Weiterwachsen  der  Geschwülste  begünstigt 
würde,  und  wie  weit  mithin  jene  Erkrankungen  in  das  Bild  des 
Myoms  hineingehören.  71  Fälle  der  Poliklinik  wurden  daraufhin 
untersucht  und  ein  genauer  Herz-  und  Gefässstatus  mit  Berück- 
sichtigung des  zeitlichen  Auftretens  der  Herz-  und  Uterusbeschwerden 
aufgenommen.  Es  hatten  dauernde  Oedeme  5"/o,  zeitweise  Oedeme29°/o- 
Albuminurie  17,6  ^'/o.  Gelenkrheumatismus  hatten  15,5  ^'/o  ,  Hemi- 
]ilegie  2  Patientinnen.  In  32  %  =  23  Patientinnen  fanden  sich  ob- 
jectiv  nachweisbare  Veränderungen.  Unter  Hinzurechnung  der  Fälle 
mit  ausgesprochener  Functionsstörung  steigt  die  Zahl  der  Myom- 
kranken mit  anatomisch  festgestellter  Herzläsion  auf  29  =  40,8®/n. 
Der  mögliche  Einfluss  wiederholter  Wochenbetten  wird  erwogen.  Die 
Beziehungen  der  Asthma-  und  Angina-pectoris-Anfälle  als  Zeichen 
myocarditischer  und  myarteriitischer  Erkrankungen  bei  Myomen 
werden  erläutert.  Dass  vor  den  Symptomen  des  Tumors  schon 
Herzerscheinungen  bestehen  und  in  gewissem  Sinne  unabhängig  oder 
parallel  von  diesen  auftreten,  beweisen  unter  anderem  die  Nach- 
prüftingen  Operirter.  Die  bei  Myomkranken  auftretenden  Formen 
der  Arteriosklerose,  die  Apoplexieen,  die  häufigen  Thrombosen  und 
Embolieen,  besonders  der  Lungenarterie,  das  gleichzeitige  Auftreten 
von  Basedow'scher  Krankheit  finden  ausfuhrliche  Besprechung.  Ana- 
mnestisch ist  femer  für  viele  der  späte  Eintritt  der  Menses  charak- 
teristisch (cf.  Tabelle).  Auch  hier  ist  eine  Beziehung  zwischen  Herz 
und  Gefässen  (Chlorose,  Enge  der  Arterien  und  des  Uterus).  Eine 
zweite  Tabelle,  die  auch  Sectionsbefunde  umfasst  und  in  der  Klinik 
einen   Procentsatz  von  47  °/o  Herzläsionen  ergibt ,  dient  zur  Stütze 


430  Strassmann. 

Pathologie  der  gefundenen  Beziehungen.    Bei  der  Therapie  ist  auf  die  Herz- 

„.^    ^®'         und    Allffemeinbehandlung   Rücksicht    zu    nehmen.     Auch    vor   der 

Fibromyome,  ... 

P.  Strassmann  Operation  ist  bei  schweren  myocarditischen  Veränderungen  eine  stimu- 

n.  Lebmann.  Urende  Behandlung  nothwendig.  Frühzeitig  objectiv  nachweisbare 
Herz-  und  Gefässveränderungen  sind,  zumal  bei  jungen  Frauen,  eine 
Indication,  keine  Contraindication  zur  Operation.  Ihre  Anschauung 
über  die  Myomerkrankung  in  Beziehung  zum  Gefasssystem  fassen 
die  Ver£f.  dahin  zusammen:  Myome  sind  als  Tumoren  durch  die 
localen  und  fiir  diese  Geschwülste  charakteristischen  Symptome  ge- 
eignet, degenerative  Zustände  der  Herzmusculatur  hervorzurufen. 
Andererseits  können  Herz-  und  Gefllssveränderungen  das  weitere 
Krankheitsbild  der  Myomkranken  bestinmien  und  gehen  häufig  neben 
diesen  einher.  Vermuthlich  sind,  ähnlich  wie  bei  der  Basedow'schen 
Krankheit  die  Neubildung  von  Schilddrüsengewebe,  in  gewissen 
Fällen  von  Neubildung  von  Uterusgewebe  Herz-,  Gefilss-  und  Uteras- 
veränderungen als  Symptome  einer  mit  vasomotorischen  Vorgängen 
zusammenhängenden  Erkrankung  anzusehen. 

Die  Beziehungen   der  Fibromyome   des  Uterus  zur  Steri- 

sterilität    lität  und  Fertilität  hat  E.  Fraenkel   (Monatschr.  f.  Geburtsh.) 

i;.    ^?,-*.*    untersucht  und  kommt  zu  wesentlich  anderen  Resultaten  als  Hof- 
rertiiitat 

bei  Uteras-  meier.  Dieser  hatte  bekanntlich  einen  irgendwie  weitergehenden 
myomen,  Zusammenhang  zwischen  Myom,  Sterilität  und  Fertilität  nach  seineu 
Tabellen  nicht  aufzufinden  vermocht.  Fraenkel  dagegen  findet  för 
gynäkologisch  Kranke  überhaupt  8  °/o  Sterilität ,  für  Myomkrank«>. 
27,8  ®/o  und  rechnet  auch  den  Procentsatz  bei  Hof  meier  auf  26,8  V 
um.  Auch  die  Fertilität  der  Myomkranken  ist  um  22,3  ®/o  vermindert. 
Ein-  und  Zweischwangerschaften  häufig.  Ein  gewisser  conceptions- 
erschwerender  Einfluss  ist  für  die  Myome  anzunehmen.  Die  Be- 
ziehungen der  Sterilität  zum  Myom  sind  nach  der  Lage  jedes  ein- 
zelnen Falles  zu  beurtheilen  und  nicht  immer  zu  entscheiden. 

Torsionen  Frommel   (Centralbl.  f.    Gynäkol.  Nr.  22)   macht  darauf  aul- 

be*Myo*men  D^ö^^^^am,   dass  peritonitische  Anfälle  bei  Myomen   einer  Torsion 
Frommel.      des  Uterus  durch  die  Geschwülste  ihre  Entstehung  verdanken 
können.     (2  Fälle.) 

-bei  B.  Schnitze  (Zeitschr.  f.  Geb.  u.  Gynäkol.  Bd.  38»  H.  2)   be- 

Myomenund       '^j^^  die  Axendrehung  des  Uterus  durch  Geschwülste.    Er 

Ovarial-         *^  ® 

tumoren,     stellt  82  Fälle  zusammen,  bei  denen  15mal  Myome,  17mal  Ovarial- 

B.  ScbnlUe.    tumoren   den  Uterus  um   seine  Axe   gedreht  hatten.     Begünstigend 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  431 

wirken  voraufgegangenes  Puerperium,  schlaffe  Bauchdecken,  Raum- 
mangel beim  Wachsen  des  Tumors,  kurzer  Stiel.  Blasenbeschwerden 
werden  häufig  angegeben.  Die  Spirale  am  Uterus  zu  fühlen  ist 
Schnitze  nie  gelungen.  Manchmal  lässt  sich  vielleicht  die  ver- 
änderte Lage  der  Ovarien  verwerthen. 

S.  Gottschalk  berichtet  über  den  Heilwerth  und  die  An- Therapie  der 
zeificen  der  vascinalen  Unterbindung  der  Yasa  uterina       Fioro- 

o  o  o  myome: 

bei   Uterusmyomen   (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  20,  16.  Mai).       Unter- 

Nach  Durchtrennung  der  vorderen  Scheide  und  Zurückschieben  der  l>indung  der 
Blase  wird  jederseits  mit  drei  Seidenfäden  die  Basis  des  Lig.  g  Gottschalk.* 
latum  mit  der  Art.  uterina  unterbunden.  Es  treten  danach  oft 
Wehen  auf.  Am  8.  Tage  stecht  Patientin  auf  und  erhält  noch  eine 
Zeit  lang  Ergotin.  (20  Fälle.)  Die  Blutungen  aus  dem  myomatösen 
Uterus  standen  mit  einer  Ausnahme  sofort.  Alle  wurden  für  längere 
Zeit  amenorrhoisch.  In  14  FäUen  sind  die  Myome  kleiner  ge- 
worden, 7mal  sind  sie  überhaupt  nicht  mehr  nachweisbar  und  werden 
vom  Verf.  als  radical  geheilt  angesehen.  Am  geeignetsten  sind  intra- 
murale Corpusmyome;  je  näher  dem  Klimakterium,  um  so  besser. 
Intraligamentäre  Tumoren  eignen  sich  nicht  zur  Unterbindung. 
Gottschalk  will  die  Methode  noch  ausdehnen  und  sicherer  ge- 
stalten, indem  er  am  Leistenring  die  Lig.  rotunda  aufsucht,  en  masse 
ligirt  und  so  die  Anastomose  zwischen  Epigastrica  imd  Uterina  aus- 
schaltet. (Dann  ist  es  wohl  vorzuziehen,  die  Tumoren  zu  entfernen. 
Ref.) 

W e i  1 1   (Centralbl.   f.   Gynäkol.    Nr.  20)    berechnet   nach   einer  —  Operative 

Sammel Statistik  die  bisherigen  Resultate  der  Myomotomie.     Die  Be^*^dlung 

^  ^  *'  derfioro- 

Mortalität  der  supravaginalen  Amputation  mit  extraperitonealer  Stiel-      myome: 
Versorgung  ist  auf  8°/o  gesunken,  die  der  intraperitonealen  schwankt     Sammel- 
zwischen  8 — 10**/o.     Die  retroperitoneale  Methode  ergibt  6,6  7o,  die        ^ßjji    ' 
alidominale  Totalexstirpation  6,2  "/o    und  die  vaginale  Totalexetirpa- 
tion  2,6 — l,8®/o  Mortalität.    Die  Vorzüge  der  von  Pean  inaugurirten  % 

Klammermethode  werden  betont. 

Die  abdominalen  Myomoperationen  der  Leipziger  Klinik 
hat  Abel  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  57,  H.  2)  auf  ihre  Dauererfolge  ge-  Abel, 
prüft.  Von  4  Castrationen  heilte  nur  eine  den  Tumor,  bei  der 
zweiten  kam  es  später  zu  submucöser  Ausstossung,  bei  der  dritten 
und  vierten  degenerirten  nach  6  bezw.  7  Jahren  die  Tumoren 
sarkomatös.  (Auch  Fohling  hat  nach  der  Castration  einmal  FeUing. 
nach  2  und  einmal  nach  8  Jahren  noch  maligne  Degeneration   des 


432  Strassmann. 

Operation   Myoms   eintreten   sehen.     Er   empfiehlt   statt  dieser  Operation   die 

der  Fibro-    vaginale  Totalexstirpation  bei  kleinen,  die  abdominale  Operation  bei 
myome:  *'  ^  ,  '■^ 

Sammel-     grösseren  Geschwülsten.)  5  My  0  me nu  cle a ti  o n en,  1  Todesfall  mehrere 

Statistik,  Wochen  nach  der  Entlassung  an  Heus  bei  einer  Schwangeren.  Die 
^  typische  Zweifel'sche  Myomektomie  wurde  65mal  ausgeführt. 
Die  Nachprüftmgen  erstrecken  sich  über  mehrere  Jahre.  9mal  bil- 
deten sich  Stumpfexsudate,  die  aber  nur  4mal  die  Heilung  störten. 
Klagen  durch  senile  Colpitis  traten  7mal  in  Erscheinung.  Eine  car- 
cinomatöse  Degeneration  des  Collums  kam  nicht  vor.  Blieben  bei 
der  Operation  die  Ovarien  zurück,  so  findet  ein  allmählicher  Ueber- 
gang  ins  Klimakterium  statt.  Die  Molimina  menstrualia,  die  in  etwa 
50 ^/o  aufbraten,  hatten  eine  mittlere  Dauer  von  l^t  Jahren.  Im 
4.  Jahre  nach  der  Operation  waren  Ovarien  nie  mehr  tastbar.  Gre- 
fahren  traten  durch  das  Zurücklassen  nicht  ein.  8  Patientinnen 
menstruirten. 

—  Abdomi-  H.Hofmeier  (Zur  abdominalen  Myomotomie.   Münch.  med. 

naie  Wochenschr.  Nr.  48)  hält  die  extraperitoneale  Stielversorgung  bei 
Hofineier.  der  Myomotomie  nur  für  bestimmte  Fälle  geeignet.  Die  besten  Re- 
sultate  gibt  das  retroperitoneale  Verfahren,  bei  dem  ein  mög- 
lichst kleiner  Stumpf  geschaffen  wird,  die  Art.  uterinae  isolirt  ver- 
sorgt werden  und  eine  sorgfaltige  Verdeckung  des  Stumpfes  mit 
vorher  abgelösten  peritonealen  Lappen  stattfindet.  Den  Cervical- 
kanal  desinficirt  Ho  fm  ei  er  durch  Einspritzung  von  Carbolalkohol. 
685  Operationen  (Deutschland  und  Amerika)  hatten  eine  Mortalität 
von  23  =  4,2  ®/o.  Hofmeier  selbst  operirte  57  mit  1  Todesfall. 
Dagegen  ergaben  520  abdominale  Totalexstirpationen  9,6*^/0  Todes- 
flllle.  Jedenfalls  ist  dtirch  die  intraperitoneale  Methode  allmählich 
eine  so  günstige  Prognose  der  Operationen  geschaffen,  dass  auch  die 
Indicationsstellung  davon  nicht  unberührt  bleiben  wird. 

Im  allgemeinen  lässt  sich  eine  Tendenz  der  operativen  Therapie 
bei  Myomen  dahin  erkennen,  entweder  den  Uterus  total,  wenn  mög- 
lich vaginal,  sonst  abdominal  zu  entfernen,  oder  nur  die  Myome 
zu  enucleiren  und  den  Uterus  zu  erhalten.  Alle  übrigen  Operationen 
werden  seltener  als  früher  angewendet. 

—  Total-  Smyly  (Brit.  med.  Joum.,    17.  Sept.)   empfiehlt  die  vaginale 

«***^"^P*^^®"' Entfernung  des  myomatösen  Uterus,  die  er  17mal  mit  1  Todes- 
fall gemacht  hat. 
Bnmm.  Bumm  (Beitr.  z.  Geb.  u.  Gynäkol.  Bd.  1,   H.  1)  empfiehlt  zur 

Myomotomie  die  Totalexstirpation  (36  abdominale,  24  vaginale). 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  433 

Wenn  möglich  soll  vaginal  vorgegangen  werden,  wobei  es  besonders 
auf  die  Herabziehbarkeit  und  eine  zugängige  Scheide  ankommt.  Das 
Morcellement  findet  auch  Verwendung,  Wo  Klemmen  gelegt  wer- 
den, folgt  zum  Schlüsse  die  Unterbindung  der  vorgezogenen  Stümpfe. 
Der  provisorischen  Klemmen  bedient  sich  Bumm  auch  bei  der  ab- 
dominalen Methode. 

Temoin   (Bourges)   (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  26)  will       —  Ent- 

statt   der   Totalexstirpation    die    abdominale   Exstirpation    der  'ernuhg 
Fibromyome  mit  theilweiser  oder  totaler  Erhaltung  des  Uterus         ^^ 

möglichst  weit  angewendet  wissen.   Er  hat  das  Verfahren  in  97  Fällen  Erhaltung 

mit  6  TodesfäUen  gemacht.  ^"^Temota"'' 

Auch  Noble  (The  conservative  treatment  of  fibroid  tumors  by  Noble.' 
Myomoectomy)  bevorzugt  die  Enucleation  der  Geschwulst  mit  Er- 
haltung des  Uterus.  Wenn  nicht  ernstere  Complicationen  vorliegen, 
soll  diese  angestrebt  werden,  nicht  die  Totalexstirpation.  So  operirt 
wurden  17  vaginal,  8  abdominal.  Kein  Todesfall.  3  wurden  schwanger 
und  gebaren  rechtzeitig. 

Howard  Kelly  (Brit.  med.  Joum. ,    29.  Januar)   empfiehlt  bei mit 

der  Hysterektomie  und  Hysteromyomektomie  die  Ovarien  oder  eines    Erhaltung 

doT  Ov&rion 

von  ihnen  zu  erhalten,  um  den  Ausfallserscheinungen  vorzu-      g  ^g^y 
beugen.     Er  gibt  eine  Tabelle  von  20  so  Operirteo. 

Aus  der  ersten  psychiatrischen  Klinik  des  Prof.  v.  Wagner  in     Heilung 
Wien  berichtet  Eisholz  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  29,  21.  Juü)        ^^^^^ 

Psvchose 

über   die    Heilung   einer  Psychose   bei  Uterusmyom   nach  nach  Total- 
vaginaler Totalexstirpation  der  inneren  Genitalien.  exstirpation, 

ElBholE. 

e.  Maligne  Tumoren.     Carcinome,  m'aligne  Adenome. 

Den   Lymphapparal^  des   Uterus    mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der   Totalexstirpation    bei   Carcinom   hat   Peiser      Lymph- 
(Zeitschr.  f.   Gfynäkol.  Bd,  39,   H.  2)   bearbeitet.     Beim  Collumcar-  uurusVnV 
einem  erkrankeo   in   50 ^/o   die  regionären  Lymphdrüsen,   und  zwar  Backens  bei 
fiüh  schon,  oft  zu  einer  Zeit,  wo  die  Ligamente  noch  frei  sind  und  der   Carcinoma 
Krebs  noch  für  operabel  gilt.     Durch    Lrjectionen   Hess  sich   fest-       p%er 
stellen,   dass  zwei  bis  vier  Ljmiphstämme  vom  Collum  entspringen, 
zwei   bis    drei    ziehen  mit  der  Art.   uterina    über   den  Ureter  Dach  I 

aussen  und  münden  in  die  Glandulae   hypo  gastricae.    Ein  bis   zwei 

Stränge  biegen  nach  hinten  um  und  steigen   im  Lig.  sacrouterinum 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  28 


430  Strassmann. 

Pathologie  der  gefundenen  Beziehungen.    Bei  der  Therapie  ist  auf  die  Herz- 

„..  und   Allffemeinbehandlunff   B;ück8icht    zu    nehmen.     Auch    vor   der 

Fibromyome,  ... 

P.  Strassmann  Operation  ist  bei  schweren  myocarditischen  Veränderungen  eine  Stimu- 
li. Lehmann,  ürende  Behandlung  nothwendig.  Frühzeitig  objectiv  nachweisbare 
Herz-  und  Geftssveränderungen  sind,  zumal  bei  jungen  Frauen,  eine 
Indication,  keine  Contraindication  zur  Operation.  Ihre  Anschauung 
über  die  Myomerkrankung  in  Beziehung  zum  Gefasssystem  fassen 
die  Verff.  dahin  zusammen:  Myome  sind  als  Tumoren  durch  die 
localen  und  fiir  diese  Geschwülste  charakteristischen  Symptome  ge- 
eignet, degenerative  Zustände  der  Herzmusculatur  hervorzurofeu. 
Andererseits  können  Herz-  und  Gefössveränderungen  das  weitere 
Ejrankheitsbild  der  Myomkranken  bestimmen  und  gehen  häufig  neben 
diesen  einher.  Vermuthlich  sind,  ähnlich  wie  bei  der  Basedow'schen 
Krankheit  die  Neubildung  von  Schilddrüsengewebe,  in  gewissen 
Fällen  von  Neubildung  von  Uterusgewebe  Herz-,  Gefass-  und  Uterus- 
veränderungen als  Symptome  einer  mit  vasomotorischen  Vorgängen 
zusammenhängenden  Erkrankung  anzusehen. 

Die  Beziehungen   der  Fibromyome   des  Uterus  zur  Steri- 

sterilität    lität  und  Fertilität  hat  E.  Fraenkel   (Monatschr.  f.  Geburteh.) 

„     *.,....*    untersucht  und  kommt  zu  wesentlich  anderen  Eesultaten  als  Hof- 
rertiiitat 

bei  Uterus-  meier.  Dieser  hatte  bekanntlich  einen  irgendwie  weitergehenden 
myomen,  Zusammenhang  zwischen  Myom,  Sterilität  und  Fertilität  nach  seinen 
Tabellen  nicht  aufzufinden  vermocht.  Fraenkel  dagegen  findet  für 
gynäkologisch  Kranke  überhaupt  8**/o  Sterilität,  für  Myomkrank* > 
27,8  •/o  und  rechnet  auch  den  Procentsatz  bei  Hof  meier  auf  26,8  V 
um.  Auch  die  Fertilität  der  Myomkranken  ist  um  22,3  ®/o  vermindert. 
Ein-  und  Zweischwangerschaften  häufig.  Ein  gewisser  conceptions- 
erschwerender  Einfluss  ist  für  die  Myome  anzunehmen.  Die  Be- 
ziehungen der  Sterilität  zum  Myom  sind  nach  der  Lage  jedes  ein- 
zelnen Falles  zu  beui'theilen  und  nicht  immer  zu  entscheiden. 

Torsionen  Frommel   (Centralbl.  f.   Gynäkol.  Nr.  22)   macht  darauf  auf- 

beiMyomen  ^lerksam,   dass   peritonitische  Anfälle   bei  Myomen   einer  Torsion 
Frommel.      des  Uterus  durch  die  Geschwülste  ihre  Entstehung  verdanken 
können.     (2  FäUe.) 

-bei  B.  Schnitze  (Zeitschr.  f.  Geb.  u.  Gynäkol.  Bd.  38,  H.  2)   be- 

^°™*?*  ^"spricht  die  Axendrehung  des  Uterus  durch  Geschwüh^te.    Er 

tnmoren,     stellt  82  Fälle  zusammen,  bei  denen  15mal  Myome,  17mal  Ovaiial- 

B.  Schnitze,    tumoren  den  Uterus  um   seine  Axe  gedreht  hatten.    Begünstigend 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  431 

wirken  voraufgegangenes  Puerperium,  schlaffe  Bauchdecken,  Raum- 
mangel beim  Wachsen  des  Tumors,  kurzer  Stiel.  Blasenbeschwerden 
werden  häufig  angegeben.  Die  Spirale  am  Uterus  zu  fühlen  ist 
Schnitze  me  gelungen.  Manchmal  lässt  sich  vielleicht  die  ver- 
änderte Lage  der  Ovarien  verwerthen. 

S.  Gottschalk  berichtet  über  denHeilwerth  und  die  An- Therapie  der 

zeicren  der  vaginalen  Unterbindung  der  Vasa  uterina       Fi^ro- 
*  ®  ^  myome: 

bei  Uterusmyomen  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  20,  16.  Mai).  unter- 
Nach  Durchtrennung  der  vorderen  Scheide  und  Zurückschieben  der  bin  düng  der 
Blase  wird  jederseits  mit  drei  Seidenfäden  die  Basis  des  Lig.  g  öottachaik.* 
latum  mit  der  Art.  uterina  unterbunden.  Es  treten  danach  oft 
Wehen  auf.  Am  8.  Tage  steht  Patientin  auf  und  erhält  noch  eine 
Zeit  lang  Ergotin.  (20  Fälle.)  Die  Blutungen  aus  dem  myomatösen 
Uterus  standen  mit  einer  Ausnahme  sofort.  Alle  wurden  für  längere 
Zeit  amenorrhoisch.  In  14  Fällen  sind  die  Myome  kleiner  ge- 
worden, 7mal  sind  sie  überhaupt  nicht  mehr  nachweisbar  und  werden 
vom  Verf.  als  radical  geheilt  angesehen.  Am  geeignetsten  sind  intra- 
murale Corpusmyome;  je  näher  dem  Klimakterium,  um  so  besser. 
Intraligamentäre  Tumoren  eignen  sich  nicht  zur  Unterbindung. 
Gottschalk  will  die  Methode  noch  ausdehnen  und  sicherer  ge- 
stalten, indem  er  am  Leistenring  die  Lig.  rotunda  aufsucht,  en  masse 
ligirt  und  so  die  Anastomose  zwischen  Epigastrica  und  Uterina  aus- 
schaltet. (Dann  ist  es  wohl  vorzuziehen,  die  Tumoren  zu  entfernen. 
Ref.) 

Weill   (Centralbl.   f.   Gynäkol.    Nr.  20)   berechnet   nach   einer  —  Operative 
Sammelstatistik  die  bisherigen  Resultate  der  Myomotomie.     Die  Be*ia»dlung 
Mortalität  der  supravaginalen  Amputation  mit  extraperitonealer  Stiel-      myome: 
Versorgung  ist  auf  8°/o  gesunken,  die  der  intraperitonealen  schwankt     Sammel- 
zwischen  8 — lO^/o.    Die  retroperitoneale  Methode  ergibt  6,6  Vo,  die        ^^^i    ' 
abdominale  Totalexstirpation  6,2  ^/o    und   die  vaginale  Totalexetirpa- 
tion  2,6 — l,8®/o  Mortalität.    Die  Vorzüge  der  von  P 6  an  inaugurirten  • 

Klammermethode  werden  betont. 

Die  abdominalen  Myomoperationen  der  Leipziger  Klinik 
hat  Abel  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  57,  H.  2)  auf  ihre  Dauererfolge  ge-  Abel, 
prüft.  Von  4  Castrationen  heilte  nur  eine  den  Tumor,  bei  der 
zweiten  kam  es  später  zu  submucöser  Ausstossung,  bei  der  dritten 
und  vierten  degenerirten  nach  6  bezw.  7  Jahren  die  Tumoren 
sarkomatös.  (Auch  Fehling  hat  nach  der  Castration  einmal  FehUng. 
nach  2  und  einmal  nach  8  Jahren  noch  maligne  Degeneration   des 


432  Strassmann. 

Operation   Myoms   eintreten   sehen.     Er   empfiehlt   statt  dieser  Operation   die 

der  Fibro-    Yacmjaie  Totalexstirpation  bei  kleinen,  die  abdominale  Operation  bei 
myome:  ^  ^  '  ,  ^ 

Sammei-     grösseren  Geschwülsten.)  B  My  0 menu  cleati on en,  1  Todesfall  mehrere 

Statistik,  Wochen  nach  der  Entlassung  an  Heus  bei  einer  Schwangeren.  Die 
"*  typische  ZweifeTsche  Myomektomie  wurde  65mal  ausgeführt. 
Die  Nachprüfungen  erstrecken  sich  über  mehrere  Jahre.  9mal  bil- 
deten sich  Stumpfexsudate,  die  aber  nur  4mal  die  Heilung  störten. 
Klagen  durch  senile  Colpitis  traten  7mal  in  Erscheinung.  Eine  car- 
cinomatöse  Degeneration  des  Collums  kam  nicht  vor.  Blieben  bei 
der  Operation  die  Ovarien  zurück,  so  findet  ein  allmählicher  Ueber- 
gang  ins  KHmakterium  statt.  Die  Molimina  menstrualia,  die  in  etwa 
50 '^/o  aufbraten,  hatten  eine  mittlere  Dauer  von  l^s  Jahren.  Im 
4.  Jahre  nach  der  Operation  waren  Ovarien  nie  mehr  tastbar.  Ge- 
fahren traten  durch  das  Zurücklassen  nicht  ein.  3  Patientinnen 
menstruirten. 

—  Abdomi-  H.  Hofmeier  (Zur  abdominalen  Myomotomie.   Münch.  med. 

nale  Wochenschr.  Nr.  48)  hält  die  extraperitoneale  Stielversorgung  bei 
nofineier.  der  Myomotomie  nur  fiir  bestimmte  Fälle  geeignet.  Die  besten  Re- 
sultate gibt  das  retroperitoneale  Verfahren,  bei  dem  ein  mög- 
lichst kleiner  Stumpf  geschaffen  wird,  die  Art.  uterinae  isolirt  ver- 
sorgt werden  tmd  eine  sorgfaltige  Verdeckimg  des  Stumpfes  mit 
vorher  abgelösten  peritonealen  Lappen  stattfindet.  Den  Cervical- 
kanal  desinficirt  Ho  fm  ei  er  durch  Einspritzung  von  Carbolalkohol. 
685  Operationen  (Deutschland  und  Amerika)  hatten  eine  Mortalität 
von  23  =  4,2  ®/o.  Hofmeier  selbst  operirte  57  mit  1  TodesfSsdl. 
Dagegen  ergaben  520  abdominale  Totalexstirpationen  9,6  ®/o  Todes- 
falle. Jedenfalls  ist  durch  die  intraperitoneale  Methode  allmählich 
eine  so  günstige  Prognose  der  Operationen  geschaffen,  dass  auch  die 
Indicationsstellung  davon  nicht  unberührt  bleiben  wird. 

Im  allgemeinen  lässt  sich  eine  Tendenz  der  operativen  Therapie 
bei  Myomen  dahin  erkennen,  entweder  den  Uterus  total,  wenn  mög- 
lich vaginal,  sonst  abdominal  zu  entfernen,  oder  nur  die  Myome 
zu  enucleiren  und  den  Uterus  zu  erhalten.  Alle  übrigen  Operationen 
werden  seltener  als  früher  angewendet. 

—  Total-  Smyly  (Brit.  med.  Joum. ,   17.  Sept.)  empfiehlt  die  vaginale 

**'^i'P**^*^"' Entfernung  des  myomatösen  Uterus,  die  er  17mal  mit  1  Todes- 

fall  gemacht  hat. 

Biiinm.  Bumm  (Beitr.  z.  Geb.  u.  G3rnäkol.  Bd.  1,   H.  1)  empfiehlt  zur 

Myomotomie  die  Totalexstirpation  (36  abdominale,  24  vaginale). 


Geburtshtilfe  und  Gynäkologie.  433 

Wenn  möglich  soll  vaginal  vorgegangen  werden,  wobei  es  besonders 
auf  die  Herabziehbarkeit  und  eine  zugängige  Scheide  ankommt.  Das 
Morcellement  findet  auch  Verwendung,  Wo  Klemmen  gelegt  wer- 
den, folgt  zum  Schlüsse  die  Unterbindung  der  vorgezogenen  Stümpfe. 
Der  provisorischen  Klemmen  bedient  sich  Bumm  auch  bei  der  ab- 
dominalen Methode. 

Temoin   (Bourges)   (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  26)  will      —  Ent- 
statt   der   Totalexstirpation    die   abdominale   Exstirpation    der      fernuhg 
Fibromyome  mit  theilweiser  oder  totaler  Erhaltung  des  Uterus         mit 
möglichst  weit  angewendet  wissen.   Er  hat  das  Verfahren  in  97  Fällen   Erhaltung 
mit  6  Todesfällen  gemacht.  des  Uterus, 

^  .  ,  Temoin, 

Auch  Noble  (The  conservative  treatment  of  fibroid  tumors  by  Noble. 
Myomoectomy)  bevorzugt  die  Enucleation  der  Geschwulst  mit  Er- 
haltung des  Uterus.  Wenn  nicht  ernstere  Complicationen  vorliegen, 
«oll  diese  angestrebt  werden,  nicht  die  Totalexstirpation.  So  operirt 
wurden  17  vaginal,  8  abdominal.  Kein  Todesfall.  3  wurden  schwanger 
und  gebaren  rechtzeitig. 

Howard  Kelly   (Brit.  med.  Joum. ,    29.  Januar)   empfiehlt  bei mit 

der  Hysterektomie  und  Hysteromyomektomie  die  Ovarien  oder  eines    Erhaltung 

der  Ovarien 

von  ihnen  zu  erhalten,  um  den  Ausfallserscheinungen  vorzu-      g  j^g^y     * 
beugen.     Er  gibt  eine  Tabelle  von  20  so  Operirten. 

Aus  der  ersten  psychiatrischen  Klinik  des  Prof.  v.  Wagner  in     Heilung 
Wien  berichtet  Eisholz  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  29,  21.  JuU)        «i"^«^ 

^^  Psvchose 

über   die   Heilung   einer  Psychose  bei  Uterusmyom   nach  nach  Total- 
vaginaler Totalexstirpation  der  inneren  Genitalien.  exstirpation, 

Elshole. 
e.  Maligne  Tumoren.    Carcinome,  m'aligne  Adenome. 

Den   Lymphapparat,  des   Uterus    mit  besonderer  Berück- 
sichtigung der    Totalexstirpation    bei   Carcinom   hat   Peiser      Lymph- 
(Zeitschr.  f.   Gynäkol.  Bd,  39,   H.  2)   bearbeitet.     Beim  Collumcar-  ü^4^*^^*/„7 
einem  erkranken   in  50°/o    die  regionären  Lymphdrüsen,   und  zwar  Beckens  bei 


früh  schon,  oft  zu  einer  Zeit,  wo  die  Ligamente  noch  frei  sind  und  der   Carcinoma 

colli, 
Peiser. 


Krebs  noch  fiir  operabel  gilt.     Durch   Lrjectionen  liess  sich   fest-        coi  i. 


stellen,   dass  zwei  bis  vier  Lymphstämme  vom  Collum  entspringen, 

zwei    bis    drei    ziehen  mit  der  Art.   uterina    über   den  Ureter  nach 

aussen  und  münden  in  die  Glandulae   hypo  gastricae«    Ein   bis   zwei 

Strange  biegen  nach  hinten  um  und  steigen  im  Lig.  sacrouterinum 
Jahrbuch  der  priBLCtiachen  Medicin.    1899.  28 


434  Strassmann. 

»  

zu  ein  bis  zwei  Sacraldrüsen  auf.    Verf.  schildert  nun  ein  Verfahren, 

diese  erste  Drüsenetappe  mitsammt  Beckenorganen  und  dem  Becken- 
bindegewebe zu  exstirpiren^  Zuerst  müssen  die  Ureteren,  durch 
Katheter  markirt,  präparirt  werden,  dann  folgt  die  Ablösung  der 
Peritoneallappen ,  Unterbindung  der  Gefasse,  völliges  Auslösen  des 
Parametriums  mit  Drüsen  und  Durchbrennen  der  Vagina  mit  dem 
Paquelin. 

Adenoma  E.  Kaufmann  (Basel),  Untersuchungen  über  das  sog.  Aden oma 

"cervio?"    malignum,  speciell  dasjenige  der  Cervix  uteri,  nebst  Bemerkungen 

nach        über  Lnpfinetastasen  in  der  Vagina  (Virch.  Arch.  Bd.  154,   H.  1), 

Myomotoiiiie,jj^   Carcinom,   das  vom  zurückgelassenen  Cervixstumpf  eines  vor 

Kannnann.      -   ^  i  •      -i  •  tt 

5  Jahren  supravaginal  amputirten,  myomatösen  Uterus  ausgegangen 

war,  gab  die  Veranlassung  zu  den  Untersuchungen.  Nach  sehr  ge* 
nauen  histologischen  Beschreibungen  wünscht  Verf.  das  Adenoma 
malignum  als  selbständige  Species  aufgegeben  zu  sehen.  Die  be- 
schriebenen Geschwülste,  besonders  der  Cervix,  gehören  zum  Be- 
griff des  Adenocarcinoms.  Es  finden  sich  alle  Uebergänge  von 
einfacher  Hyperplasie  bis  zur  Geschwulstbildung.  Dasselbe  Verhalten 
zeigen  die  Metastasen  der  Drüsen.  Die  zahlreichen  Knötchen  der 
Vagina,  welche  leicht  als  Impfmetastasen  angesehen  werden  könnten, 
sind  durch  retrograden  Transport  auf  dem  L3anph*  oder  dem  venösen 
Wege  zu  erklären. 

Cervix-  Savor  (Geb.-gynäkol.  Ges.  in  Wien,  14.  Juni)  demonstrirte  eine 

carcinom    ^^gen  Carcinom    exstirpirte   Cervix    uteri  von   einer  Frau, 

Myomotomie,^öi   der  vor  4  Jahren  das  Corpus  wegen  Myom  amputirt   worden 

Savor.        war.  Dies  ist  bereits  der  dritte  Fall  an  der  Chrobak'schen  Klmilr, 

Auch  hierin  würde  also  ein  Grund  liegen,   bei  der  Myomoperation 

die  Totalexstirpation  zu  bevorzugen. 

Carcinom  W.  Schmidt  (Monatsschr.  f.  Geb.  u,  Gynäkol.  Bd.  7,  H.  5)  ver- 

und  Prolaps,  Q£pQ^^lißlj^  einen  Fall  von  Carcinom  an  der  vorgefallenen  Ge- 
bärmutter   aus    der    Hallenser    Klinik.      Auf   423   Prolaps-    und 

294  Krebsoperationen  kamen  nur  2  derartige  Combinationen. 
Behandlung 

®".,  ZurBehandlungdesulcerirenden,  inoperabelnCervixcarcinoms 

inop6raDi6n 

Cervix-  mittels  confltanter  Wärme  hat  Westermark  (Stockholm) (Centn  f.  GynäkoL 

carcinomB  Nr.  49)  einen  Apparat   construirt.     In   die  Scheide   kommt   eine    spiralige 

™*'  silberne  Röhre  zu  liegen,    durch  die  von  einem  mit  der  Wasserleitung  in 

Wärme  Verbindung   ges'etzten  Behälter,    der  mit  Gas   erwärmt  wird,  Wasser  von 

Westermark.  42— 44®  C.   strömt.    Zeitdauer   der  Anwendung  48  Stunden.    Geruch   und 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie. 


435 


Blutung  sollen  bald  verschwinden.  (7  Fälle.)  Einmal  soll  das  Carcinom 
sogar  local  geheilt  sein,  die  Infiltration  des  Parametriums  bestand  fort. 
(Der  Preis  des  Apparates  [110  Mk.]  und  die  Umständlichkeit  der  Methode 
dürften  ihrer  Anwendung  entgegenstehen,  da  man  ja  schneller  durch  Curette- 
ment,  Paquelin,  Jodoformgaze  zum  Ziel  kommt.    Ref.) 

Thumim  berichtet  über  104  mit  Totalexstirpation  behan-     Vaginale 

delte   Fälle   von  Krebs   der   Gebärmutter    aus   Prof.   Landau's    Carcinom- 

operationen, 
Frauenklinik  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  18  u.  19).     Von   104  in      Thumim- 

den  letzten  Jahren  Operirten,  deren  Erkrankung  auch  mikroskopisch  Landau, 
als  Carcinom  festgestellt  war,  starben  nach  der  Operation  8  =  7,6®/o  ; 
32  sind  recidivfrei ,  unter  ihnen  28  =  2,7  ®/o  bereits  6  Jahre.  Bei 
den  Recidiven  betrug  die  freie  Zeit  9  Monate.  Der  Tod  trat  nach 
11  Monaten  durchschnittlich  ein.  Nur  ein  Recidiv  wird  als  Impfung 
angesehen  (Metastase  an  der  Urethra  nach  Morcellement  eines  Corpus- 
carcinoms).  Die  sog.  Vorbereitimg  des  Tumors  einige  Tage  vor  der 
Operation  ist  wegen  der  Gefahr  einer  Parametritis  nicht  angewendet 
worden.  2mal  entstanden  Ureterfisteln,  Imal  eine  Blasenfistel.  Nach- 
blutungen wurden  einmal  3  Tage  nach  Entfernung  der  Klemmen,  ein 
andermal  11  Tage  bei  einer  gleichzeitig  wegen  Prolaps  mit  Naht 
Operirten  beobachtet. 


G.  Gellhorn  theilt  die  Resultate  der  Radicalbehandlung  des 
Gebärmutter-Scheidenkrebses  mit  dem  Glüheisen  mit  (Arbeiten  aus 
der  Privat-Frauenklinik  von  Dr.  A.  Mackenrodt  in  Berlin  H.  2, 
Berlin).  Die  Igniexstirpation  des  krebsigen  Uterus  ist  inner- 
halb 3  Jahren  39mal  von  Mackenrodt  ausgeführt  worden,  meist 
mit  dem  Galvanocauter ,  zuletzt  öfter  mit  dem  durch  Gas  erhitzten 
Glüheisen.  Die  Mortalität  betrug  7  =  17,9  *^/o.  Allerdings  muss  dabei 
in  Betracht  gezogen  werden,  dass  auch  die  ersten  Versuche  mit  ein- 
gezogen wurden  und  die  Grenze  der  Exstirpation  sehr  erweitert 
worden  ist.  Wenn  der  Uterus  nur  etwas  beweglich  ist  und  die  In- 
filtration der  Lig.  lata  noch  eine  weiche  Zone  von  1 — 2  cm  von  der 
Beckenwand  frei  lässt,  so  wurde  auch  bei  Uebergang  des  Carcinoms 
auf  die  Vagina  operirt,  Erkrankimgen  der  Blase  oder  des  Rectums  da- 
gegen sind  Contraindicationen.  Hindert  die  Grösse  des  Uterus  die 
vaginale  Entfernung,  so  zieht  Mackenrodt  die  abdominale  Ent- 
fernung dem  Morcellement  vor,  weil  sonst  die  nöthigen  Handhaben 
fehlen.  Leichtere  Grade  von  Albuminurie  sind  keine  Contraindica- 
tion.  Messer  und  Scheere  sollen,  so  lange  noch  Carcinom  im  Körper 
ist,   vermieden  werden.     Die   Scheidendammincision  wird  ebenfalls 


Igni- 
exstirpa- 
tion, 
Gellhoni- 
Mackenrodt. 


436  Strassmann. 

igniexstir-  mit  dem  Faquelin  angelegt.  Zur  Blutstillung  sind  Umstechungen 
ß^iih^**'      und  Unterbindungen  nicht  ganz  zu  entbehren.  Als  Nebenverletzungen, 

Mackenrodt.  zum  Theil  behufs  radicaler  Therapie  beabsichtigt,  kamen  7  Ureter- 
fisteln,  4  Blasenfisteln  und  8  Darmverletzungen  zu  Stande.  Schmerzen 
und  Nachblutungen  aus  dem  Brandschorfe  wurden  nicht  beobachtet. 
Von  82  geheilt  Entlassenen  starben  8  an  Becidiven,  die  Narben 
blieben  frei  von  Carcinom.  Eine  vierte  starb  an  unbekannter  Ur- 
sache. Von  den  27  Geheilten  sind  10  erst  im  letzten  Halbjahr 
operirt.  Die  übrigen  18  sind  recidivfrei,  7  mehr  als  1,  7  andere 
mehr  als  2  Jahre.  Mackenrodt  ist  der  Ansicht,  dass  die  Recidive 
vorwiegend  Impfrecidive  sind,  die  durch  die  Igniexstirpation  ver- 
mieden würden.  Bei  der  Ausdehnung  der  Erkrankimg  in  den  ope- 
rirten  Fällen  kann  man  die  Dauerresultate,  trotz  der  Mortalität  und 
trotz  der  Nebenverletzungen,  nicht  als  ungünstige  bezeichnen.  Wie  es 
mit  der  definitiven  Heilung  steht,  wird  eine  weitere  Beobachtung 
lehren.  Zweifellos  geben  die  Narben  nach  dem  Brandschorf  einen 
besonders  unempfänglichen  Boden  für  locale  Recidive  ab,  was  man 
auch  bei  der  Oauterisation  inoperabler  Fälle  sieht.  Jedenfalls  wird 
in  geeigneten  Fällen  die  neue  Methode  weiter  zu  erproben  sein. 

Abdominale  C.  Jacobs  (Revue  de  GynecoL  et  de  Chir.  abdom.  Nr.  1)  hat 

^*f*^*f^™'    llmal  bei  Gebärmutterkrebs  abdominal  operirt.     1  Todes- 

Operationen,  ^  ^        * 

Jakobe,       fall   (Pneumonie).     Merkwürdigerweise    amputirte    Jacobs    nach 
Auslösung  der  Umgebung  erst  den  Uteruskörper  und  excidirte  das 
Collum  gesondert.   Er  hat  nur  Frühstadien  des  Carcinoms  auf  diese 
Weise  angegriiFen. 
FnnkePreand.  An  der  Freund'schen  Klinik  sind,   wie  Funke  (Zeitschr.  f. 

Gynäkol.  Bd.  39,  H.  8)  mittheilt,  bis  jetzt  20  abdominale  Total- 
exstirpationen  des  malign  erkrankten  Uterus  vorgenommen 
worden.  Die  Indication  gaben  Complication  mit  Myom,  Pyosalpinx, 
Schwangerschaft,  4mal  carcinomatöse  Drüsen  etc.  Es  starben  8  an 
Peritonitis  und  1  an  Eiterung  und  Ureterfistel  nach  8  Wochen.  Be- 
denkt man ,  dass  auf  vaginalem  Wege  6  Fälle  inoperabel  gewesen 
wären,  so  steht  die  Mortalität  von  20 ^/o  immerhin  noch  in  gutem 
Verhältniss  zu  den  erzielten  Resultaten.  Einmal  wurde  absichtlich 
der  Ureter  abgetrennt  und  mit  Erfolg  in  die  Blase  implantirt-:  4mal 
wurden  die  kranken  Iliacaldrüsen  entfernt. 

Syncytiale  Geschwülste. 

Noch  immer  ist  die  Streitfrage  nicht  entschieden,  ob  die  an  eine 
Schwangerschaft   anknüpfenden  malignen  Geschwülste  mütterlichen 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  437 

oder  kindlichen  Geweben  ihre  Herkunft  verdanken  und  wie  der  Zu- 
sammenhang zu  erklären  ist.  Aus  deA  zahlreichen  Veröffentlichungen 
seien  folgende  hervorgehoben: 

Zwei  neue  Fälle  von  malignem  Chorionepitheliom  theilt 
Marchand  (Zeitschr.  f.  Gynäkol.  Bd.  39,  H.  2)  mit,  der  sich  ja  schon      Chorio- 
vielfach  mit  dieser  Frage  beschäftigt  hat.     Beide  Patientinnen  er-  meciduoma 
krankten  typisch  nach  Blasenmole.    Das  erste  Curettement  hatte  bei  malignam), 
der  einen,   die  nachher  inoperabel  war,   eine  normale  Schleimhaut     Marchand, 
ergeben.     Die   andere  gelang   es   durch  Totalexstirpation  zu  retten. 
Histologisch  wäre  hervorzuheben,  dass  Marchand  eine  Trennung 
der  beiden  die  Geschwulst  bildenden  Gewebselemente  nicht  für  ge- 
rechtfertigt  hält,    da   Uebergangsformen  vorkommen.     Da  die  Ge- 
schwulst unzweifelhaft  vom  Chorionepithel  ausgeht,  so  zieht  er  den 
obigen  Namen  an  Stelle  des  Syncytioms  vor. 

Veit  (Ges.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  zu  Berlin,  25.  März)  kommt  Veit, 
auf  Grund  eines  neu  beobachteten  Falles  von  malignem  Deciduom 
zu  der  Auffassung,  dass  die  ursprüngliche  Erkrankung  ein  Sarkom 
des  Uterus  ist.  Durch  Conception  und  Ansiedelung  auf  der  er- 
krankten Schleimhaut  verändert  sich  das  Sarkom  in  eigenthümlicher 
Weise,  aber  auch  das  Ei.  Es  kommt  zu  Abortus,  Blasenmole  etc. 
Eitheile  können  in  die  weiten  Uterusvenen  und  in  andere  Organe 
verschleppt  werden  und  Wachsthumsvorgänge  zeigen  (Metastasen?). 

Runge  hält  dem  gegenüber  am  fötalen  Ursprünge  des  „Deci-        Runge, 
duoms"  fest, 

Pfannenstiel   (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  23)   hält  das  Syn-    Pfiinnenstiel, 
cytiom  für  eine  in  der  Schwangerschaft   entstandene  Neubildung, 
deren  Ursprung  das  Endothel  mütterlicher  Capillaren  ist. 

Die  ersten  Stadien  der  Eiansiedelung  beim  Kaninchen,  welche  Koss-  Kossmann, 
mann  (Studien  zur  normalen  und  pathologischen  Anatomie  der  Flacenta. 
14  Heliogravüren  nach  der  Natur.  Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  57,  H.  1)  studirte, 
lassen  deutlich  die  Umwandlung  des  üterusepithels  in  Syncytium  erkennen. 
Kossmann  betrachtet  die  malignen  Tumoren  der  Placentarstelle  als  Car- 
cinome,  die  von  dem  in  syncytialer  Umwandlung  begriffenen  Uterusepithel 
ausgehen. 

Wenn  L.  Fränkel  (Vergleichende  Untersuchungen  des  Uterus-  und  L.  Pränkel. 
Chorionepithels.  Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  55,  H.  2),  der  11  Species  auf  diese 
Frage  hin  untersuchte,  anninunt,  dass  das  ,  Syncytium"  von  ganz  verschiedenen 
Geweben  gebildet  werde  und  es  für  den  Menschen  unwahrscheinlich  sei,  dass 
das  äussere  Epithel  der  Zotten  von  der  Mutter  kommt,  so  muss  dem  ent- 
gegengehalten werden,  dass  viel  zu  späte  Stadien  untersucht  worden  sind. 
Maaasgebend  sind  nur  Präparate '  vor  oder  kurz  nach  der  Eiansiedelung. 
Die  Entwickelung  und  Durchwachsung  der  Gewebe  lässt  über  die  Herkunft 


438  Strassmann. 

keine  sicheren  Schlüsse  zu.  Auch  die  ursprüngliche  Doppelschicht  des 
Chorionüberzuges  beim  Menschen  wird  in  den  späteren  Monaten  immer 
weniger  kenntlich. 

Sarkom  des  Uterus. 

Pathologie  V.  Franqu6  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  41)  theilt  mit,  dass 

des  üterns-  ^  ^Jqj.  Würzburger  Klinik  in  10  Jahren  16  Uterussarkome  zur 
▼.  Fnnqa^',  Beobachtung  kamen.  Es  ist  20mal  so  selten  als  das  Carcinom.  Nor 
2mal  ging  die  Geschwulst  von  der  Schleimhaut  aus,  Imal  von  der 
Wand,  1  war  zweifelhaft.  Wahrscheinlich  waren  11  sarkomatös 
degenerirte  Fibromyome.  6mal  war  vor  der  Operation  nur  die 
Diagnose  ,^Myom^^  gestellt.  Nur  die  beiden  Patientinnen  mit  poly- 
pösen Sarkomen  blieben  dauernd  geheilt.  Einmal  fand  sich  neben- 
bei noch  ein  Carcinom  in  der  Cervix.  Erwähnenswerth  ist  das  Vor- 
kommen von  quergestreiften  Muskelfasern  in  einem  hydropischen 
Sarkom  des  Corpus. 
Uistogenese  E.  Gläser  (Danzig)   (Zur  Histologie   und   Histogenese    des 

deBSarkoms.üterussarkoms.    Arch.  f.  path.  Anat.,  Phys.  etc.  Bd.  134,  H.  2)  führt 
Glkser.      .  ^^  Entstehung   eines   von   ihm  operirten  Uterussarkoms   auf  eine  directe 
Veränderung  der  üterusmuskelzellen   zurück,  während   meist  das  Sarkom 
von  den  Bindegewebselementen  der  Mucosa,  Muscularis  oder  eines  Myoms 
ausgeht. 

4.  OTarinm. 

Die  Stellung  der  Keimdrüse  zum  weiblichen  Organismus  und  die 
Ausfallserscheinungen  nach  der  Castration  an  einem  grossen 
Material    Operirter  zu  prüfen,  bietet   immer  noch  eine  zwar  müh- 

Wirkung  der  same,   aber  dankenswerthe  Arbeit.     Pf  ist  er   (Arch.  für  Gynäkol. 

Castration,  g^  5^  h.  3,  S.  683—684),  der  die  in  den  Jahren  1880—96  Ca- 
strirten  (Operateur  Dr.  Kuhn)  zu  seinen  Untersuchungen  studirte, 
verfögt  über  116  Patientinnen,  die  er  aus  einer  Gesammtziffer 
von  179  Operirten  nachuntersuchen  konnte.  7  waren  während  der 
Nachbehandlung  gestorben,  14  in  späterer  Zeit,  42  konnten  nicht 
nachuntersucht  werden.  Die  Operationen  waren  wegen  Erkrankung 
der  Adnexe,  wegen  Myomen,  irreponibler  Retroflexion  vorgenommen 
worden.  Die  Menstruation  blieb  in  94,8 "jo  fort,  bei  den  übrigen 
5,2^/0  hatten  Verwachsungen,  besonders  mit  dem  Darme  eine  voll- 
ständige Abtragung  der  Adnexe  unmöglich  gemacht.  Auch  Leu- 
korrhoe wurde  in  80°/o  günstig  beeinflusst,  in  64%  verschwand 
sie  vollständig.  Molimina  menstrualia  zeigten  noch  30  7o.  DerOe- 
schlechtstrieb  wird   nach  der  Castration  bei  jugendlichen  und 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  439 

uuverheiratheten  Individuen  auffallend  constant  beeinträchtigt,  da- 
gegen bei  solchen,  die  bereits  im  geschlechtlichen  Verkehr  standen, 
ändert  er  sich  nicht  mit  der  Gesetzmässigkeit,  sondern  ist  abhängig 
von  der  individuell  ausgebildeten  Neigung  und  Gewöhnung  (Libido 
centralis).  Dabei  erwies  sich  die  Clitoris  15mal  bei  verringertem 
und  20mal  bei  erloschenem  Orgasmus  in  normalen  trophischen 
Verhältnissen.  Ueberhaupt  sind  Scheide  und  äussere  Geni- 
talien nicht  so  abhängig  wie  der  Uterus  von  den  Ovarien,  was 
sich  auch  im  anatomischen  Verhalten  erkennen  Hess.  Die  Mehrzahl 
der  Fälle  nahm  an  Körpergewicht  zu.  Den  Frauen,  die  nach  der 
Operation  eine  psychische  Depression  zeigten,  stehen  andere 
gegenüber,  die  einen  besseren  Gemüt hszustand  aufwiesen. 
74  beobachtej^en  eine  Abnahme  des  Gedächtnisses.  Mit  den 
therapeutischen  Erfolgen  ist  Verf.  mit  Recht  zufrieden.  Abgesehen 
von  der  geringen  Mortalität  haben  87  vollständige  Heilung 
angegeben,  13  eine  befriedigende  Abnahme  der  Beschwerden,  6  nur 
geringe  Besserung.  Die  letzteren  waren  fast  alle  Hysterische.  Auch 
eine  Hysteroepilepsie  wurde  nicht  geheilt.  Die  Resultate  bei  Tumoren 
waren  mit  einer  Ausnahme  unter  33  gute. 

Conservative  0 varialchirurgie. 

Ch.  Martin  (Brit.  med.  Joum.,  17.  Sept.)  tritt  für  eine  weit-  Erhaltung, 
gehende  ,.conservative  Ovar ial Chirurgie"   ein.     Bei  Pyosal-   l^esection, 
pinxoperationen   mit   oder   ohne   Exstirpation   des  Uterus,   bei   der    ch.  Martan. 
Operation  von  Parovarialcysten  .und  Myomotomieen  lassen  sich  die 
Ovarien   erhalten.     Bei  Fibromen,  Dermoiden,  Cystomen(?)  soll  die 
Resection  angestrebt  werden.    Bei  chronischer  oder  cystischer  Ent- 
artung hat  Martin  die  Ignipunctur  14mal  angewendet. 

Vergl.  oben  „Fibrome". 

Ein  Echinococcus  des  rechten  Eierstocks  wurde  von  B.  S.      Echino- 
Schultze  (Zeitschr.  f.  Gynäkol.  Bd.  38,  H.  3)   durch  theüweise    coccus  im 

•»-•  •  .  JSil c r 8  CO  C Ky 

Exstirpation  und  Einnähen  des  Sackes  geheilt.   Die  Geschwulst  ver-  b.  s.  Schnitze 
hielt  sich  zu  Uterus  und  Tube  wie  ein  Ovarialtumor. 

S.  Gottschalk,  lieber  den  Einfluss  des  Wochenbettes  Wachenbett 
auf  cystische  Eierstocksgeschwülste  (Sammlung  klin.  Vor-  g^ß^h**)]!" 
träge,  N.  F.  Nr.  207).    Die  40jährige  Frau  hatte  3  Monate  vor  der,    " 
Operation   eine  Zangenentbindung  durchgemacht.     Im  Wochenbette 
Fieber  und  peritonitische  Anfsille.     Operation  wegen- Axendrehung. 
Die  Geschwulst  war  eine  vereiterte  Ovarialcyste,  die  mit  dem  Darm 


440  Strassmann. 

sehr  ausgedehnt  verwachsen  war.  In  derselben  Bacterium  coli.  Id 
einem  daneben  gelegenen  Abscesse  Staphylococcus  pyogenes  albus. 
Heilung. 

Dermoide  Kroemer  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  57,  H.  2)  untersuchte  an  einer 

^^^         grösseren  Serie  von  Tumoren  die  Histogenese  der  Dermoide 

Teratome  ,_,.  .  ii«tt-»/«  «i 

des  Ovarium.^^^  Teratome  des  Eierstocks  und  bestätigt  die  Pfannenstiel- 

Kroemer,      gehe  Ansicht,  dass  es  sich  um  „ovulogene"  Tumoren   handelt,   die 
stets  eine  dreiblätterige  Keimanlage  zeigen. 

5.  Tnbe. 

Tuben-  Floeckinger  (Galveston)  (Centralbl.  f.  Gynäkol. Nr, 34)  hat  wohl 

sondirung,  ^^m  ersten  Male  den  Beweis  erbracht,  dass  die  Tubensondirung 
mit  der  gewöhnlichen  Uterussonde  möglich  ist.  Bei  einer  Pa- 
tientin, die  ein  subseröses  Myom  hatte  und  abortirte,  drang  die 
Sonde  bei  Ausräumung  eines  Abortes  bis  zum  Griffe  ein.  Zunächst 
dachte  man  an  Perforation.  Als  aber  die  Laparotomie  nach 
einiger  Zeit  zur  Entfernung  des  Tumors  gemacht  wurde,  führte 
Floeckinger  vorher  die  Sonde  vaginal  ein  bis  zum  Griff  und  wies 
sie  nachher  in  der  Tube  bei  geöfinetem  Bauche  nach.  Auch  der 
Durchgang  durch  den  interstitiellen  Theil  der  Tube  in  der  Uterus- 
wand liess  sich  beim  Zurückziehen  des  Instrumentes  beobachten. 

Schwanger-  Frank    (Cöhi)    (Centralbl.   f.    Gynäkol.   Nr.    17)    hat    bei   Ent- 

geh aft  nach  fej«jiimg   der  beiden   Tuben  Stückchen   von  Ovarialgewebe   in  den 
^'''be?d"er*  Tubenstumpf  bezw.  in  die  Uteruskante  implantirt   (3  Fälle).     Alle 
Tuben,       3  concipirten:  eine  trug  aus,  eine  abortirte,  die  dritte  wurde  extra- 
uterin schwanger. 


Frank. 


Entstehung  Orthmann  (Ges.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  in  Berlin,  24.  Juli) 

derTubo-    unterscheidet  bei  der  Entstehung  der  Tuboovarialcysten   zwei 

^cy'ten       Gruppen,  je  nachdem  die  Sactosalpinx  oder  die   Ovarialcyste  das 

Orthmann.     Primäre  ist.     Bei   der  ersteren  Form  kommt  es  wahrscheinlich   eu 

einer  Druckatrophie  der  Wandung  zwischen  Tube   und  dem  hydro- 

pischen  Eierstock,   bei  den  anderen  schlüpft  vermuthlich  die  Tube 

in  eine  Rupturstelle  der  Ovarialcyste  und  verwächst  innen. 

E.  Falk  (Ueber  primäre  epitheliale  Neubildungen  der  Ei- 
leiter [Eileiterkrebs].  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  26  u.  26)  theilt 
die  primären  papillären  Geschwülste   der  Tube  ein  in:    1.  gutartige 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  441 

Papillome  auf  entzündlicher  Basis,  2.  in  die  Tiefe  dringende  Car- 
cinome  und  3.  papilläre  Epitheliome,  die  sich  anfange  nur  oberfläch- 
lich anabreiten  und  denen  es  nicht  anzusehen  ist,  ob  sie  gutartig 
bleiben  oder  bösartig  werden.  Klinisch  gehört  diese  letzte  Gruppe, 
zu  der  auch  der  berichtete  Fall  gerechnet  wird,  auf  die  gleiche  Stufe 
wie  die  Carcinomatösen. 

Hofbauer  (Arch.  f  Gyn&kol.  Bd.  66,  H.  2)  beschreibt  aus 
der  Schaut a'schen  Klinik  einen  Fall  von  primärem ,  doppel- 
seitigem Tubencarcinom  mit  gleichzeitigem  Plattenepithelkrebs 
der  Cervix.     Im  Uterus  ein  kleines  Myom. 

Kossmann  (Berlin)  (Centralbl,  f.  Gynäkol.  Nr.  14)  hält  nach 
Thierverauchen  die  einfache  Unterbindung  der  Tuben  für  nicht' 
genügend,  um  Sterilität  herbeizuführen.  Zuverlässig  sei  die  doppelte 
Unterbindung  und  Durchtrennu'ng  mit  Paquehn.  Bei  der" 
Vaginifixur  hält  er  sie  füi-  nicht  indicirt,  da  er  keine  Geburts- 
störungen  erlebt  hat. 

Neumann  (Guben)  (Centralbl  f.  Gynäkol.  Nr.  24)  hat  statt  -  duroU 
der  Tubendiu-chschneidung  die  keilförmige  Excision  des  inter-  das''»!«" 
stitiellen  Tubenabschnittes  zur  Herbeiführung  der  Sterilität  stitlelleu 
ausgeführt.  Laparotomie,  Naht  mit  Catgut.  Versenken  der  Tuben-  T'ie'lBs, 
Öffnungen  unter  das  Peritoneum.  Bei  den  bisherigen  Verfahren  war 
die  Möglichkeit  intrauteriner  oder  extrauteriner  Schwangerschaft 
nicht  ausgeschlossen, 

Rühl    (Eibach-Dillenburg)    (Centralbl.    f.    Gynäkol.    Nr.  8)    hat  -  duroli 

zur  Herbeiführung  künstlicher  Sterilität  die  Tuben  durch  vorderen  '^^äie" 

Scheidenschnitt  vorgezogen,    durchschnitten   und    das  uterine  Ende  Scheide, 

in    die    Scheide   eingenäht  (!?).     Sollte    eine   solche   Communication  ^°*''- 
zwischen  Scheide,  Tube  und  Peritonealhöhle  nicht   gefahrlich    sein? 

Rose  (Hamburg)  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  'Sv.'lG)  empfiehlt,  um      7  du'oh 
Frauen  die  Henstniation  zu  erhalten,  wenn  wich   ■/..  B.  beim  Kaiser-    Eicia'i'on*' 
schnitt  oder  nach  vaginaler  Operation  die  Sterilisirung  nothwcndig         üose 
erweist,  die  Tuben  keilförmig  zu  excidiren  und  die  abgeschnitteuen 
Enden  mit  Peritoneum  zu  übemähen. 

6.  Allgemeines  über  Totalexstlrpatioa,  Technik  bei 
UDd  KbdomlDalem  Torgehen  etc. 

Bumm  (Zur  Technik  der  Uterusexstirpai 
f.  Gynäkol.  Nr.  11)   empfiehlt  bei  der  abdominalen 


442  Strassmann. 

Technik  der  Uterus    die    präventive   Abklemmung    der    Ligamente.      Der 

Uterus-      Uterus  wird  ausgeschnitten,  und  nun  erst  werden  die  collabirten  Qe- 

pation,      &ssbündel  mit  feinen   Catgutiaden   unterbunden.     Auch   für   inter- 

Bnmm.       ligamentäre  Myome  ist  das  Verfahren  anwendbar,  wenn  die  Knollen 

enucleirt  sind. 

Präventive  Fenomenow  (Kasan)  (Zur  Technik  der  intraperitonealen  Ope- 

Unter-       rationen  am  Uterus.     Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  23)  hat  sich  bei 
bindnng  der  .  ...  . 

Art.  uterina,  abdominalen   Uterusexstirpationen   einer  neuen  Methode  der 

Fenomenow.  präventiven  Unterbindung  der  Art.  uterina  bedient.  Das 
Lig.  rotundum  wird  unterbunden  und  durchschnitten,  dann  wird  ein 
Lappen  aus  dem  Peritoneum  des  Lig.  latum  nach  vom  abgeschoben 
und  die  Arterie  in  der  Tiefe  gefühlt  und  unterbunden.  Dieselbe 
kann  bis  ziu*  Klreuzung  mit  dem  Ureter  verfolgt  werden.  Jetzt  erst 
wird  die  Ovarica  Ugirt  und  der  Uterus  amputirt.  Zur  Hochdrängung 
der  Beckenorgane  verwendet  auch  Fenomenow  den  Kolpeurynter, 
erlebte  aber  einmal  bei  einer  Nullipara  eine  ßcheidenruptur,  die  Naht 
erforderte. 
Desinfection         Den  strömenden  Wasserdampf  benutzt  Fenomenow  ausser 

mit  Dampf,  jj^j  gonorrhoischer  und  putrider  Endometritis  als  Desinficiens  vor 
Myomoperationen  und  der  vaginalen  Totalexstirpation. 
Auch  eine  Bauchüstel  hat  er  damit  behandelt.  Das  Rohr  wird  mit 
sterilem  Filtrirpapier  umwickelt  und  während  der  Vaporisation  mit 
kaltem  Wasser  gespült,  um  eine  Verbrennung  zu  verhüten. 

Klemm-  Doyen  und  Tuffier  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  51)  haben 

zange,       ^^^^  ^^^^  starke,  breit  fassende  Klemmzange    herstellen   lassen. 
Tuffler.       ^*  dieser  werden  bei  der   Totalexstirpation  des  Uterus  und  der 
Anhänge   die  Ligamente   platt   gepresst   und   dann  einfach   durch- 
schnitten.    So  ist  es  möglich,   ohne   liegenbleibende  Klemmen  und 
Operation    ^^^ö  Ligatur  die  Operation   auszuführen. 

ohne 
liegende  Aus   der  Land  aussehen  Klinik  berichtet  Thumim  kurz,  dass 

Q^g^        in   26  Fällen  so  mit   günstigem  Ausgange  und  ohne  Nachblutung 
Ligatur,     operirt  sei.    Er  selbst  hat  das  Instrument  noch  handlicher  gemacht. 

Thumim. 

scheiTen-  ^'  ^^^^^^®^  (Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  38,  H.   l) 

fisteln  nach  theilt  ausfühi'lich  3  Fälle  von  Darm  scheidenfisteln  mit,  die  nach 

Total-       Klemmbehandlung  bei  vaginalerTotalexstirpationentstanden 

^Vion^*^     sind.     Im  ersten  Falle  handelte  es  sich  um  ein  Exsudat.     Spontane 

Schiller.      Heilung  am  6.  Tage.     Bei  der  zweiten  um  eine  difinse  Oarcinose. 


Geburtshülfe  und  Gjmäkologie.  443 

Bei  der  dritten  um  ein  ausgebreitetes  Portiocarcinom.  Hier  hatte 
sich  der  Darm  nur  gegen  die  Klemme  angelegt,  ohne  mitgefasst  zu 
sein.  Es  ist  daher  sorgfältig  darauf  zu  achten,  dass  die  Spitzen 
durch  Gaze  gedeckt  sind. 

Ventrale  Laparatomie. 

F.  H.  Wiggin  (New  York)  (Brit.  med.  Joum.,  30.  April)  gibt  Massnahmen 
eine  beherzigenswerthe  Zusammenstellung  der  wichtigsten  Maass-^^''^!^^"*^'^ 
nahmen  vor  und  nach  einer  Laparotomie.    Jede  soll,  wenn     Laparo- 
irgend  möglich,  einige  Tage  zuvor  auf  Temperatur,  Puls,  Respiration       tomie, 
und  Urin  untersucht  werden  und  genügend  lange  mit  Abführmitteln  *^**"* 

behandelt  sein.  Man  operire  einige  Tage  nach  der  Menstruation. 
Immer  muss  die  Vagina  vor  der  Laparotomie  desinficirt  werden.  2  Stun- 
den vor  der  Operation  gebe  man  etwas  peptonisirte  Nahrung  mit 
einem  Stimulans,  um  das  Erbrechen  nach  der  Narkose  einzuschränken. 
So  wenig  wie  möglich  Anästhesie,  geleitet  durch  einen  erfahrenen 
Arzt.  Warmhaltung  der  Patientin  während  der  Operation,  recht- 
zeitige Infusion.  Irrigation  des  Abdomens  mit  heisser  Kochsalz- 
lösung zum  Stimuliren,  zur  Verhütung  von  Adhäsionen  und  septi- 
scher Infection  (?).  Lagewechsel  in  den  ersten  Tagen  und  Gebrauch 
eines  Darmrohrs.  B.echtzeitige  Verabreichung  von  Nahrung.  Nach 
Lösung  schwerer  Verwachsungen  Darreichung  stimulirender  Kly- 
stiere.  Bei  Darmlähmung  Magenausspülung  und  salinische  Ab- 
führmittel.    Bei  glattem  Verlaufe  nicht  zu  früh  Abführmittel. 

Neugebauer  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  5)   empfiehlt  zur  Er-     Ballon  in 
leichterung  der  Zugänglichkeit  tief  im  Becken  liegender  Tumoren  derScheide 
für  die  Laparotomie  die  Einführung  eines  mit  Wasser  aufzublähenden     drängen, 
Ballons  in  die  Scheide.  Neugebauer. 

R  Wendeler  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  12)  hat,  Neugebauer's  gaze?/d"ie 

Vorschlag  folgend,   vor  einer  abdominalen  Myomoperation   die  Scheide 

Scheide   mit  Jodoformgaze   tamponirt,   um  die  inneren  Organe  ^^^  Hoch- 

hochzudrtogen.    Die  Operation  wurde  dadurch  sehr  erleichtert.  wenX'.' 

Zur  Schonung  der  die  Muskeln  versorgenden  Nerven  empfiehlt  Einschnitt, 
Woolsey  (New  York)  (Annais  of  surgery,  Januar,  cit.  nach  Central-      Wooisey, 
blatt  f.  G^ynäkol.  Nr.  22)  den  Schnitt  nicht  in  die  Mitte  des  Rectus, 
sondern  weiter  nach  innen  ca.  1  cm  vom  Innenrande  des  Muskels 
zu  legen.     Auch  die  Art.  epigastrica  wird  so  geschont.     Die  Linea 


444  Sti*as8mann. 

alba  gibt  leicht  zu  Hermen  Veranlassung,  ist  aber  bei  eitrigen  Pro- 
cessen deswegen  vorzuziehen,  weil  die  Muskelscheide  nicht  er- 
öffiiet  wird. 

Bauch-  Lennander   (Upsula)    (cit.   nach   Centralbl.   f.   Gynäkol.   Nr.  4 

schnitt,      ^    22)  will  den  Bauchschnitt   zwar  durch  die  Rectusscheide  legen, 

den  Muskelbauch  aber  zur  Seite  schieben.   Ausser  der  Schonung  des 

Muskels   hat  das  Verfahren  den  Vorzug,   dass  dieser  dann  vor  den 

Einschnitt  gelagert  wird. 

Bauchnaht  Ueber   Bauchnaht    und   Bauchnarbenbrüche    berichtet 

und.Brüche.G.  Abel  (Leipzig)  (Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  56,  H.  3).  In  der  er- 
schöpfenden  Arbeit,  die  sich  auf  die  Untersuchungen  von  685  Frauen 
=  97,5  °/o  aller  Laparotomirten  stützt,  hat  der  Verf.  alle  auf  die  Aus- 
führung und  Heilung  der  Bauchschnitte  bezüglichen  Fragen  erörtert. 
Es  ergab  sich,  dass  die  Narbenfestigkeit  in  allererster  Linie  auf 
sorgfältiger  Wiedervereinigung  der  Bauchwunde  beruht.  Eine  exacte 
Fasciennaht  ist  dabei  das  Wichtigste.  Diese  kann,  wenn  der  Schnitt 
in  die  Linea  alba  fiel,  ohne  die  Rectusscheide  zu  eröiftien,  eine  ein- 
fache seih.  Bei  extramedianem  Schnitte  müssen  zwei  Fasciennähte 
gelegt  werden.  Die  Interposition  von  anderen  Geweben  ist  zu 
vermeiden.  Bei  per  primam  geheilten  Narben  ergab  die  Knopf- 
naht 29  ®/o  Brüche ,  die  Muskelnaht  24  ®/o  Brüche ,  die  Fascien- 
naht 8,9  ^/o  Brüche.  Bei  Wundinfection  ergab  die  Knopfnaht  68  •fo 
Brüche,  die  Muskelnaht  64  °/o  Brüche,  die  Fasciennaht  31  ®/o  Brüche. 
Neben  der  genauen  Naht  ist  also  die  Erzielung  der  Prima  intentio 
durch  die  Asepsis  das  Wichtigste.  Während  der  Operation  ver^ 
dient  der  Schutz  der  Wunde  durch  Umsäumung  des  Peritoneuma 
und  bei  eitrigen,  jauchigen  etc.  Vorgängen  durch  Gazeservietten 
mehr  Beachtung.  Abscesse  sind  frühzeitig  breit  zu  eröffnen,  um 
die  Schädigung  der  Fascie  einzuschränken.  Die  Etagennaht  ist 
am  meisten  zu  empfehlen.  Die  Narben festigkeit  nimmt  ab,  je  fetter 
die  Bauchwand  ist.  Dagegen  ist  die  Constitution,  der  Ernährungs- 
zustand, die  Zahl  der  Geburten  ohne  Einfluss.  Dünne  Bauch- 
decken neigen  nicht  zu  Heraien.  Auch  die  Grösse  der  Brüche  ißt 
von  Wundnaht  und  -heilung  abhängig.  Nach  beendeter  Heilung 
lässt  sich  keine  Schädigung  der  Festigkeit  durch  irgenwelche  andere 
Einwirkungen  (frühes  Aufstehen,  Tragen  der  Binde,  Arbeit,  Schwanger- 
schaft) erkennen.  Laparotomiebinden  sind  aber  nicht  entbehrlich. 
Das  Netz  vor  dem  Schluss  der  Bauchwunde  auszubreiten,  empliehlt 
sich,  weil  die  Netzverwachsungen  meist  keine  grösseren  Beschwerden 
machen.     Kleinere  Netzbrüche  stehen   auch  sehr  häufig  im  Wachs- 


Geburtahülfe  und  Gynäkologie.  445 

thuin  still.  Sehr  genau  werden  die  Bruchbeschwerden,  die  Opera- 
tionen der  Bräche,  die  Festigheit  bei  wiederholter  Laparotomie,  auf 
Grund  der  Litteratur  und  eigener  Erfahrungen  abgehandelt.  Um  eine 
exacte  Schichtnaht  anlegen  zu  können,  empfiehlt  es  sich  bei  fester 
Narbe  die  neue  Incision  neben  der  alten  zu  machen;  stärker  ver- 
dünnte Narben  sind  zu  excidiren. 

Um  die  Gefahren  des  Heus  und  die  Verwachsungen  auch  nach  Prophylaxe 
Ovariotomie  und  Adnex  Operationen  zu  verringern,  willKreutz-     ^®^  Heus 
mann  (Amer.  Joum.  of  Obstetr.  Nr.  6)  den  Stiel  nach  Abpräpariren  xjebernähen 
des  Bauchfells  wie  bei  der  Myomotomie  retroperitoneal  versenken,  des  Stieles, 

Kreutzmaim. 


Schanz  (Deutsche  med.  Wochenschr.,  Therap.  Beilage  Nr.  10)    Hoffa'sohe 
rühmt   die  Vortheüe   der  Hoffa'schen  Bauchbinde.     Das  Neue       ^  u"^®' 
daran  ist  ein  Hüfbbügel,  der  vom  Sitzbeinknorren  beginnend  in  die 
Höhe  steigt  und  über  den  Darmbeinkamm  zur  Symphyse  verläuft. 
Der  Stützpunkt  ist  dadurch   ohne  Schenkelriemen  auf  das  Becken 
verlegt. 

Vaginale  Laparotomie. 

Aufdem Gebiete  der  vaginalen  Laparotomie  dürfte  Düh  rssen         Kin- 
(Die  Einschränkung  des  Bauchschnittes  etc.  Berlin)  wohl  über  die  ^°**'*^''^**^ 
grösste  Zahl  von  Operationen  verfügen .     Dührssen  bevorzugt  den    Schnittes 
Weg  zwischen  Blase  und  Uterus.  Bezüglich  Technik  und  Indicationen        durch 
und  Grenzen   der  Methode  sei  auf  das   Original  hingewiesen;    im     <*  P Storni a 

^  ö  7  anterior, 

Rahmen  eines  Referates  lassen  sich  die  einzelnen  Fragen  nicht  er-     Dührssen. 
ledigen. 

Cleveland   (Med.   Record,   23.  April)    wägt   die  Vort heile    Voriheiie 
der  Scheidenoperationen  gegenüber  der  Laparotomie         ^®' 

vasinalen 

ab.   Die  ersteren  sind  zu  bevorzugen  wegen  des  geringeren  Shocks,    gegenüber 
der  günstigeren  Drainage,  weil  keine  Hernie  zu  befürchten  ist,  Ver-         der 
wachsungen  geringer   sind  und  die  Heilung  rascher  verläuft.     Die    ^®^*^*^®'^ 
Schwierigkeiten  sind  grössere  und  steigern  sich  bei  Verwachsungen       tomie, 
und  bei  zu  grossen  Geschwülsten.    Parovarialtumoren  und  kleine  Ova-     Cleveland 
rialtumoren  sind  von  unten ,   grosse  und  verwachsene  von  oben  an- 
zugreifen,  ebenso  Myome,    die  sich  dem  Nabel  nähern.     Dermoide 
sollen  stets  wegen  des  nicht  gleichgültigen  Inhalts  von  der  Scheide 
angegriffen    werden.     Ebenso    alle  vereiterten  Geschwülste,    selbst 
noch  dann,  wenn  bereits  die  Laparotomie  angefangen  war.     Nur  in 


446  Strassmann. 

Ausnahmefällen  ist  die  Laparotomie  hier  am  Platze  (hohe  Durch* 
bräche,  Tuberculose).  Carcinome,  die  von  unten  nicht  operabel  sind, 
sollen  auch  vom  Bauche  aus  nicht  mehr  operirt  werden. 

Ovariotomie,  Nach  einer  geschichtlichen  Einleitung  geht  A.  Martin  (Ueber 
*  "  '  die  Entwickelung  der  Ovariotomie  im  Verlauf  der  letzten 
20  Jahre.  Rede,  gehalten  am  23.  Juli  1898  in  der  Festsitzung  der 
Brit.  g3mecol.  Society  in  London.  Therap,  Monatsh.,  Sept.)  auf  die 
Verschiebung  der  Lidicationsstellung  der  Ovariotomie  und  die  Ver- 
änderung der  Operationstechnik  ein.  Jetzt  greift  man  kleine  Ge* 
schwülste  an  schon  wegen  der  Möglichkeit  maligner  Entartung. 
Entzündung  und  Vereiterung  sind  als  Indication  hinzugekonmien. 
Das  Gebiet  der  Entfernung  gesunder  Eierstöcke  zur  Unterdrückung 
der  Menstruation  ist  dagegen  eingeschränkt  worden.  Ja  es  wird 
sogar  erstrebt,  bei  Tumoren  Stücke  gesunden  Gewebes  zu  erhalten. 
Bei  der  Besprechung  der  Technik  hebt  Martin  besonders  die  Vor- 
züge der  vaginalen  Ovariotomie  hervor,  die  er  131mal  ausgeführt 
hat;  er  bevorzugt  die  Colpotomia  anterior.  Die  Mortalität  betrag 
2  =  l,6°/o.  Er  war  nie  genöthigt,  zur  Laparotomie  überzugehen. 
Löhlein.  Ueber  vaginale  Bauch  schnitt  Operationen  berichtet  H.  Löh- 

lein  in  Heft  5  der  von  ihm  herausgegebenen  „Gynäkologischen 
Tagesfragen"  (Wiesbaden).  Löhlein's  Erfahrungen  stützen  sich 
auf  42  vaginale  Bauchschnitte.  Er  sieht  in  dieser  Methode  eine  er- 
freuliche Bereicherung  der  Therapie.  Die  Vortheile  sind  geringere 
Infectionsgefahr,  geringere  Störungen  nach  der  Operation  im  Orga- 
nismus, leichte  Entfernung  von  Ergüssen  und  die  Möglichkeit,  mit 
dem  peritonealen  Eingriffe  eine  Reihe  anderer  Operationen  an  Uterus, 
Scheide,  Damm  etc.  zu  verbinden.  Die  schwache  Seite  dieses  Weges 
ist,  dass  die  Methode  beschränkt  wird  durch  Enge  der  Scheide, 
Grösse  der  Tumoren,  Hochlagerung  und  Fixation  der  Neubildungen, 
durch  die  Erschwerung  der  Blutstillung.  Aus  der  Casuistik  heben 
wir  hervor,  dass  die  grösste  Geschwulst,  ein  mannskopfgrosses  Cy- 
stom,  nach  der  Totalexstirpation  des  prolabirten  Uterus  vaginal  ex- 
stirpirt  wurde.  Zweimal  musste  der  Leibschnitt  nachträglich  aus- 
geführt werden,  einmal  wegen  zu  fester  Verwachsimgen,  das  andere 
Mal,  weil  osteomalacische  Beckenenge  das  Vordringen  hinderte. 
Sehr  interessant  ist  der  Bericht  über  die  vaginale  Entfernung  einer 
das  Becken  ausfüllenden  Cyste  6  Wochen  vor  der  Entbindung: 
Heilung,  rechtzeitige  Geburt.  Bei  tuberculösem  Ascites  hat  Löh- 
lein den  hinteren  Scheiden -Bauchhöhlenschnitt  5mal  ausgeführt. 
Hier  übertrifft  er  die  Laparotomie  an  Einfachheit,  durch  die  gründ* 


Geburtshülfe  und  Gyi^kologie.  447 

liehe  Entleerung  und  die  leicht  zu  ermöglichende  Drainage.  Die 
Heilungsresultate  waren  mindestens  ebenso  gut.  Bei  engen  senilen 
oder  infantilen  Genitalien  ist  der  ventralen  Laparotomie  der  Vorzug  zu 
geben.  Endlich  wurde  zweimal  die  Explorativincision  bei  maligner 
Erkrankung  im  Douglas'schen  Räume  angelegt. 

A.  Donald  (Manchester)   (Brit.  med.  Joum.,    17.  Sept.)   em-   indication 

piiehlt  nach  einer  Reihe  von  59  Fällen  die  vaginale  Operation.  "' ^J^'^eren 
^  ....  ^^d  hinteren 

Die  vordere  Cöliotomie  ist  bei  chronischen  Entzündungen,  Cysten  Einschnitt, 

im  Ligament,  Fibroiden  und  Explorativincisionen,  die  hintere  bei       Donald. 
Pyosalpinx,    Ovarialabscess ,   Extrauterinschwangerschaft  und  vagi- 
naler Ovariotomie   in  Anwendung   zu  ziehen.     Doch   soU  man  nicht 
einseitig  nur  vaginal  vorgehen. 

Zweifel  (Centralbl.   f.  Gynäkol.  Nr.  16)   steht   der  zu  weiten    Einwände 
Ausdehnung   der  Kolpotomie   noch   etwas   skeptisch  gegenüber,  j^*®^®"  **f 
Z.  B.  ist  die  Sicherheit  der  Blutstillung  noch  viel  wichtiger  als  die       Zweifel. 
Wahl  des  Operationsweges.     Die  Mortalität    hat   auch  noch  nicht 
den   günstigen  Procentsatz  erreicht  wie  bei  der  Laparotomie.     Die 
Exstirpatio  uteri  darf  bei  leichteren  Erkrankungen,  wie  es  z.  B.  bei 
der  Retrofiexiooperation  sich  ereignet  hat,  nicht  in  Frage  kommen. 
Für    Verwachsungen    der    Tuben    bevorzugt    er    den    abdominalen 
Weg.  —  Li  der  Discussion,  die  sich  in  der  Leipziger  Gesellschaft  an 
diesen  Vortrag  anschloss,  stimmte  Sänger  den  Ausfuhrungen  zu, 
hob  aber  den  Werth  der  Kolpotomie  für  die  Entfernung  von  Myo- 
men hervor. 

7.  Entzandliche  Adnexerkranknngen.  Behandlung 

der  entzünd- 
8  t  ratz  (Haag)  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  17)  hat  ein  Halb-       ]*/^®'* 

A  Q  n  6  X* 

rinnenspeculum  aus  Glas  hergestellt,  in  dessen  Stiel  der  Abfiuss      erkran- 
durch    einen   Kanal  geleitet  wird.     Ein  zweites  Speculum  ist  aus  kungenmit 

h  e  i  B  8  6  n 

Celluloid  verfertigt  und  dient  für  heisse  Ausspülungen,    bei         ^^g. 
denen  die  Vulva  vor  der  Temperatur  geschützt  wird.  Spülungen, 

Stratz. 

Auvard,  lieber  Scheidentamponade  (Centralbl.  f.  Gynäkol.       —  mit 

Nr.  12).     Die  Columnisation,  eine  von  Amerika  aus  zuerst  em-     Coi^mni- 

.  .  .  sation, 

pfohlene  Methode ,  besteht  darin ,   dass  im  Speculum  Glycerin  oder       Auvard. 

eine  Glycerinmischung  eingegossen  und  die  Scheide  mit  Gaze  oder 

Watte   ziemlich  fest  angefüllt  wird.     Nach   3  Tagen  Herausnahme 

und  sofortige  Erneuerung  der  Tamponade.    Zur  Behandlung  eignen 


448  Strassmann. 

sich  chronische  Adnexerkrankungen,  Betrodeviationen  zur  Vorbehand« 
lung  für  das  Pessar  und  perimetritische  Zustande.  Dauer  1  bis 
3  Monate. 

Die  Behandlung  der  entzündlichen,  namentlich  der  exsudativen 

Behandlung  Beckenerkrankungen  will  P in cu s  (Zeitschr.  f.  öynäkol.  Bd.  39, 

der  Adnex-   g  1)  durch  die  „Belastungslagerung"  verbessern.    Der  Körper 

kungenmit  ruht  auf  schiefer  Ebene  (Erhöhung  des  Fussendes  um  15 — 35  cm); 

BelastungB-  dadurch  werden  die  Beckenorgane  aus  dem  Becken  elevirt  und  der 

^Pincus^^*    venöse  und  Ijnnphatische  Rückfluss  begünstigt.   Bei  chronischen  £nt< 

Zündungen  soll  das   Planum   permanent,    bei   acuten  intermittirend 

angewendet  werden.     Zur  Compression  dienen  Binden,   Schrotsack, 

Heftpflaster  etc.,    als  Gegendruck   von  der  Scheide  ein  Luf^^pessar, 

Staffeltamponade,  Kolpeurynter  (?),  Schrotsack  (?).     Bei  Fieber  und 

Schmerzen  soU  die  Compression  intermittirend  sein  oder  fortbleiben. 

Peritonitische  Reizungen  sind  eine  Gontraindication. 

Uterus-  A.  Neumann  (Centralbl.  f.  Gynäkol.  Nr.  17)   hat  den  doppel- 

katheter  aU  läufigen  Uteruskatheter  in  der  Weise  als  Dauerdrain  bei  einem 

Neumann.  *  eröffiieten  Beckenabscess  verwendet,  dass  er  die  äussere  Hülle  liegen 

Hess  und  dann  Durchspülimgen  täglich  machte.     Mit  Jodoformgaze 

wird  der  drainirende  Theil  in  situ  erhalten. 

Die  aus  spontan  perforirten  vereiterten  Beckenorganen 

entstandenen  Fisteln  nach  aussen,  nach  dem  Rectum,  der  Blase, 

Fisteln      der  Scheide  und  dem  Uterus  bespricht  W.  A.  Freund  (Beitr.  z. 

nach        Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  1,   H.  1).     Anhangsweise  theilt  er  mit, 

eiterungen,  "^®   ^^  ^öi  derartigen  Fällen   nach   operativer  Entfernung  des  Tn- 

w.  A.  Freund,  mors    den  Uterus  zur  Deckung  der  vernähten  Perforationsöffnung 

benutzt.     Auch   zur  Deckung    von  Blasenfisteln  hat  er  den  Uterus 

verwendet.    Endlich  wurde  bei  grossen  Prolapsen  und  Hernien  Uterus 

und  Lig.  latum   vor   die  Bruchpforte  gelagert,   um  Schutz   gegen 

Recidive  zu  gewähren. 

Dass  die  Anschauungen  über  die  operajtive  Behandlung  der 
Beckeneiterungen   noch   keineswegs  übereinstimmende  sind,   be- 
weist die  auf  dem  Edinburger  Meeting  (Brit.  med.  Joum.,  20.  August) 
operative    abgehaltene   Discussion«     CuUingworth    will   die   parametranen 
Behandlung  Eiterungen  möglichst   bald    ohne  Eröffnung  der  Bauchhöhle  öffnen, 
eiterungen,  Bei   den  intraperitonealen   ist  die  Bestimmung  des  Zeitpunktes  der 
('uiUngworth,  Operation   sehr  schwer.     Bei  acuten  Erscheinungen  soll  möglichst 
ein    Eingriff  vermieden    werden.      Schwellungen    im   Douglas   von 


Gebnrtshölfe  und  Gynäkologie. 


449 


kugelförmiger  Gestalt  sprechen  für  Eiter  und  sind  zu  eröffnen.  Bei 
Recidiven  von  Beckenentzündung  ist  an  Tul>en-  und  Ovarialdegene- 
ration  zu  denken  und  zu  operiren,  ebenso  bei  Wachst hum  von 
Adnextumoren  entzündlicher  Art. 

Doyen  macht  bei  extraperitonealen  Eiterungen  eine  seitliche  Doyen, 
Kolpotomie,  stösst  eine  Komzange  in  den  Eiterheerd  und  drainirt. 
Intraperitoneale  Abscesse  eröffnet  er  ebenfalls  vaginal;  nur  wenn 
sie  den  Beckeneingang  überragen ,  fuhrt  er  die  Laparotomie  aus. 
1892  hat  er  die  erste  totale  abdominale  Castration  bei  Beckenabscess 
gemacht.     Doch  genügten  ihm  oft  Incision  und  Drainage. 

Auch  Jacobs  (Brüssel)  bevorzugt  bald  den  vaginalen,  bald  den        Jacobs. 
abdominalen  Weg.    Bei  Pyosalpinx,  Fisteln,  periut erinen  Eiterungen 
wählt   er   die  vaginale  Operation   und   hat  so  432mal  mit  8  Todes- 
fallen operirt. 

Th.  Landau  hatte  unter  58  vaginalen  Cöliotomieen  nur  20®/o    rh.  Land* 
Dauerheilungen    (kein  Todesfall).     Daher  zieht   er  für  entzündliche 
Processe  die  Radicaloperation  vor. 

Sänger  bevorzugt  die  Laparotomie,   welche   er  bei  schweren       Sänger, 
Beckeneitenmgen   67 mal   ohne  Todesfall   vollzog  und   bei  der  9mal 
ein  Eierstock  erhalten  werden  konnte. 

Fehling  macht  bei  doppelseitiger  Erkrankung  die  vaginale  Fehling, 
Radical-,  bei  einseitiger  die  abdominale  Operation.  Martin  dagegen  Martin, 
erscheint  die  Erhaltung  des  Uterus  wichtig,  er  drainirt  nie. 

Truzzi  (Monatsschr.  f.  Geb.  u.  Gynäkol.  Bd.  7,  H.  1)  hat  bei  Truzzi. 
schweren  chronisch  eitrigen  Entzündungen  der  Adnexe  7mal  in 
der  Weise  operirt,  dass  er  erst  abdominal,  mit  möglichster  Schonung 
der  Eiterheerde  die  Adhäsionen  löste,  die  Ligamenta  infundi- 
bulo-pelvica  unterband  und  den  Douglas  mit  Gaze  tamponirte.  Dann 
werden  vaginal  die  Organe  exstirpirt  und  der  Tampon  zur  Scheide 
hinausgeleitet. 


8.  Gonorrhoe. 


Die  Untersuchungen  von  P.  Broese  und  H.  Schiller  (Zur 
Diagnose  der  weiblichen  Gonorrhoe.  Berl.  klin.  Wochen- 
schrift Nr.  26  u.  28)  beziehen  sich  auf  27.1  Fälle  „klinischer  Gonor- 
rhoe", und  zwar  36  acute  und  235  chronische.  Sie  sind  in  der 
Absicht  ausgeführt,  festzustellen,  was  die  Untersuchung  auf  Gono- 
kokken beim  Weibe  leistet.  Nach  Pick  und  J  a  c  o  b  s  o  n 'scher 
Methode  (Carbolfuchsin  und  Methylenblau)  wurden  ca.  1500  Prä- 
parate durchmustert.  Bei  36  Fällen  acuter  GonoiThoe  wurden 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1S99.  29 


450  StrassmaniL 

Diagnose  immer  Gonokokken  gefunden,  aber  zur  Diagnose  ist  in  der 
•M*'ii  B-ögcl  dieser  Nachweis  nicht  nöthig;  denn  das  Hauptsymptom ,  die 
Oonorrhoe,  Urethritis,  ist  fast  immer  gonorrhoisch.  Die  seltene  nicht  gonor- 
^''^^ '*•  rhoische,  eitrige  Urethritis  wird  immer  durch  den  schnellen  Ablaaf 
erkannt.  Besonders  ermöglicht  die  Combination  der  acuten  Er- 
krankungen verschiedener  Abschnitte  des  weiblichen  Sexualorganf^ 
die  Diagnose  Gonorrhoe.  Schwierigkeiten  in  der  Diagnose  können 
jene  seltenen  Fälle  machen,  in  denen  allein  die  Gervix  ohne  die 
Urethra  erkrankt,  und  hier  kann  ein  mikroskopischer  NachM^eis  aller- 
dings allein  die  Diagnose  sichern.  Die  These  Neisser's,  dass  in 
allen  Fällen  chronischer  weiblicher  Gonorrhoe  nur  der  Gonokokken- 
nachweis  zur  Diagnose  fuhrt,  würde  eine  grosse  Reihe  von  Fällen 
unerkannt  lassen.  Vielmehr  basirt  die  Diagnose  auf  der  gleichzeitigen 
Erkrankung  verschiedener  Abschnitte.  Das  sicherste  Zeichen  ist  die 
chronische  Urethritis,  unsicher  sind  die  übrigen  Affectionen  des 
Scheideneinganges  und  der  Scheide :  sie  werden  aber  pathognomisch 
für  chronische  Gonorrhoe,  sobald  sie  mit  Erkrankungen  des  Uterus 
und  der  Adnexe  combinirt  sind.  Schwierig,  oft  unmöglich  ist  es,  zu 
entscheiden,  ob  ein  einfacher  chronischer  Uteruskatarrh  auf  Gonor- 
rhoe beruht  oder  nicht.  Die  Verbindung  mit  entzündlicher  Adnex- 
erkrankung  spricht  in  der  Kegel  für  Gonorrhoe.  Die  Zahlen  nber 
die  Vertheilung  der  einzelnen  Erkrankungen  und  den  Ausfall  der 
Präparate  müssen  im  Original  nachgelesen  werden.  So  sicher  der 
positive  Befund  von  Gonokokken  für  Gonorrhoe  spricht,  so  wenig 
spricht  der  negative  dagegen.  Man  ist  daher  gezwungen,  um  nicht 
in  schwere  Irrthümer  zu  verfallen,  sich  vor  allem  auf  die  klinischen 
Symptome  bei  der  Diagnose  der  weiblichen  Gonorrhoe  zu  ver- 
lassen. 

Diiatations-         F.  Lehmann  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  1)   behandelt 

specuUbei  ^iß    chronische    Cervicalgonorrhoe    durch    Erweiterung 
chronischer  i  p  .  -rv.t  -»>> 

Gervical-     ^^^^  metallenen,  röhrenförmigen  Dilatatoren.    Die  in  der 

gonorrhoe,  Röhre  sichtbare  Cervicalschleimhaut  wird  nun  mit  dem  Playfair- 
schen  Stabe  geätzt.  Einmal  wöchentlich  wird  die  Behandlung  vor- 
genommen. Der  Schleim  wird  durch  vorherige  Sodaspülung  fort- 
geschwemmt. 

Protargol, 
Neisser,  Das  von  Neisser  zur  Behandlung  der  Gonorrhoe  empfoh* 

^  L  F^t*   ^®^®  Protargol  (Verbindung  von  Silber  mit  einem  Proteinstoff) 

o.  Behrenk,    hat  eine  lebhafte  Debatte  entfesselt,  aus  der  hervorgeht,  dass  jeden- 

Dreyer.       falls   der  Werth  kein  absolut  zuverlässiger  ist.     Zu  Gunsten   des 


Qeburtfihülfe  und  Gynäkologie.  451 

Protargols  sprechen  sich  Neisser  (Dermat.  Centralbl.  H.  1  u.  Berl. 
klin.  Wochenschr.  Nr.  10),  E.  R.  Frank  (Berl.  klin.  Wochenschr.) 
und  L.  Fürst  (Therap.  Monatsh.,  April)  aus,  während  G.  Behrend 
(Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  14)  und  Dreyer  (Monatsber.  etc.  auf 
d.  Gebiete  der  Harn-  u.  Sextialkrankh.)  sich  dagegen  wenden. 

9«  Tnbercnlose  der  Genitalien. 

Sechs  Fälle  von  Uterustuberculose,  die  innerhalb  10  Mo- 
naten zur  Beobachtung  kamen,  berichtet  Vassmer  (Arch.  f.  Gyn.  üterus- 
Bd.  7,  H.  2)  aus  der  Göttinger  Klinik;  4  wurden  durch  die  Aus-  *'*VM8mer'' 
schabung  diagnosticirt.  Vassmer  schildert  die  verschiedenen 
Formen.  Es  kann  jede  Vergrösserung  des  Uterus  fehlen.  Cha- 
rakteristisch ist  fiir  viele  Fälle  die  Amenorrhoe.  Einmal  ging  nach 
der  Ausschabung  die  Erkrankung  in  ein  chronisches  Stadium  über; 
bei  relativem  Wohlbefinden  fanden  sich  in  der  Uterusschleimhaut 
doch  noch  Tuberkelbacillen.  Mehrfach  waren  die  Anhänge  auch 
tuberculös  erkrankt. 

Eine  primäre  Uterustuberculose  wurde  nach  Hofbauer     Holbauer. 
(Arch.  f.  Gynäkol.  Bd.  56,  H.  2)  in  der  Seh  au  tauschen  Klinik  bei 
einer  ELlimakterischen  durch  Totalex stirpation  geheilt. 

J.  Vitrac,  Tuberculose  v^g6tante  du  col  uterin  simulant  Tuberculöse 

le  Cancer  (Arch.  de  MM.  exp^riment.  etc.,  März).    Die  Patientin  war     /  ®8eta- 

....  .  tionen  der 

ein   junges   Mädchen,    das    als    Tjähriges   Kind   eine   traumatische      Cervix, 

Scheidenverletzung  erlitten  hatte.  Seit  dem  12.  Jahre  Blasen-  Vitrac 
besch werden.  Seltene  Menstruation.  Phthisis  pulmonum.  Die  Er- 
krankung an  der  Portio  wurde  durch  Probeexcision  als  tuberculös 
diagnosticirt.  Der  Uterus  wurde  mitsammt  einer  Ovarialcyste  va- 
ginal exstirpirt.  Locale  Heilung.  Die  ein  Carcinom  vortäuschende 
Cervixtuberculose  bildet  nicht  ulcerirte,  nicht  indurirte 
Vegetationen.  Die  Entwickelung  geht  langsam  unter  Schmerzen 
und  Ausfluss  vor  sich.  Die  Tuberkeln  sitzen  submucös.  Bacillen 
sind  spärlich.    Neigung  zu  Verkäsung  ist  gering. 

Ueber    die    Tuberculose    der    Tuben    und    des  Bauch-  Tuberculose 
felis  hat  Alterthum  (Beitr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäkol.  Bd.  1,  H.  1)    ^^^^J^^^/"" 
eine  ausführliche  Arbeit  angefertigt.  Es  gibt  ascendirende  und  de-  Bauchfells, 
scendirende  Formen.    Die  Tuberkeln  sind  häufig  von  der  Vagina     Alterthum. 
aus   an    den  Tuben   (Isthmus)   und  im  Douglas   zu  tasten.    Durch 
Verwachsungen  bilden  sich  grosse  Scheingeschwülste.   Die  Knötchen 
der  Peritonitis  nodosa  erklärt  Alterthum  für  geheilte  Tuberkeln. 


452  StraBsmaim. 

Frische  Fälle  können  znerst  diätetisch,  ältere  sollen  operativ  und 
zwar  durch  Laparotomie  behandelt  werden.  Schwere  Tuberculose 
anderer  Organe  ist  eine  CoDtraindication.  Der  Uterus  soll  bei  Ope- 
rationen mit  entfernt  werden.  Eiterheerde  sind  von  der  Scheide, 
den  Bauchdecken,  dem  Ca\'nm  ischio-rectale  aus  zu  incidiren  und 
zu  drainiren. 

Tabereulose  K.   Frank   und    E.    G.   Orthmann,    Ein   Fall    von   Tuber- 

der  Eileiter  culose  der  Eileiter  und  Eierstöcke  (Berl.  klin.  Wochenschr. 

und 
Eierstöcke    ^^*  ^)*     ^^^  Genitaltuberculose  war  wahrscheinlich  vom  Peritoneum 

^rank  u.      fortgeleitet.     Die    Patientin    erlag    ungefähr    ein    Vierteljahr    nach 

Eicstirpation  der  Anhänge  dieser  Erkrankung.     Die  Eierstöcke  sind 

dii'ect   von  den  Tuben   inficirt   worden.     Die  Erkrankung  trat  hier 

in  miliarer  Form  auf,  die  makroskopisch  nicht  erkennbar  ist.     Ein 

Corpus  luteum  war  allem  Anschein  nach  von  der  Tubenschleimhaut 

inficirt  worden.     Es  fanden   sich  gerade  hier  massenhaft  Bacillen. 

Von   dieser  Impfstelle  aus  verbreitete   sich  die  Tuberculose  in  das 

Ovarialgewebe  hinein. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 
I.   Geburtshülfe. 


Orthmann. 


«"- 


F.  Ahlfeld,  Lehrbuch  der  Geburtshülfe  zur  wissenschaftlichen  und  pra 
tischen  Ausbildung  für  Aerzte  und  Studirende.  2.  völlig  umgearbeitete 
Auflage.    Mit  338  Abbild,  u.  16  Curventafeln  im  Text.    Leipzig. 

Bertog,  Brenneke  und  Dietrich,  Beiträge  zu  einer  Reform  der  gr- 
burtshülf liehen  Ordnung  im  preussLschen  Staate.     Berlin. 

Ludwig  Cohn,  Die  willkürliche  Bestimmung  des  Geschlechts.  Würzbursj. 

Dohrn,  Die  Behandlung  des  Nachgeburt-szeitraumes  für  den  Gebrauch  de> 
practischen  Arztes.    Jena. 

S.  Gottschalk,  Ueber  den  Einfiuss  des  Wochenbettes  auf  cjstische  Eier- 
stocksgeschwülste.    Sammlung  klin.  Vortr.,  N.  F.  Nr.  207.    Leipzig. 

Johannes  Grosse,  Ignaz  Philipp  Semmelweis,  der  Entdecker  der  Ur- 
sache des  Kindbettfiebers.    Leipzig  und  Wien. 

Otto  V.  Herff,  Zeit-  und  Streitfragen  über  die  ärztliche  Ausbildung,  in»- 
besondere  über  den  geburtshÜlflich-gynÄkologischen  Unterricht.  Wies- 
baden. 

Ludwig  Knapp,  Der  Scheintod  der  Neugeborenen.  Seine  Geschieht»-, 
klinische  und  gerichtsärztliche  Bedeutimg.  I.  Geschichtlicher  Theil. 
Mit  9  Abbildungen  im  Texte.    Wien  und  Leipzig. 

DerH(;lbi',  Wochenbettstatistik.    Eine  klinische  Studie.     Berlin. 

Arthur  Littaue r,  Leipziger  geburtshülfliche Statistik  für  das  Jahr  1894. 
Samml.  klin.  Vortrage,  N.  F.  Nr.  219. 


Geburtshülfe  und  Gynäkologie.  453 

W.  Missmahl,  Katechismus  der  Geburtshülfe  für  Hebammen.  2.  Aufl. 
Tübingen. 

Alois  Monti,  Das  Wachsthum  des  Kindes  von  der  Geburt  bis  einschliess- 
lich der  Pubertät.  Kinderheilk.  in  Einzeldarstellungen  etc.  6.  Heft. 
Wien. 

M.  Runge,  Lehrbuch  der  Geburtshülfe.     4.  Aufl.     Berlin. 

Friedrich  Schauta,  Lehrbuch  der  gesammten  Gynäkologie.  Eine  Dar- 
steUung  der  physiologischen  und  pathologischen  Functionen  der 
weiblichen  Sexualorgane  im  schwangeren  und  nichtschwangeren  Zu- 
stande.   2.  Aufl.    Leipzig  und  Wien. 

Leopold  Schenk,  Einfluss  auf  das  Geschlechtsverhältniss.  2.  Auflage. 
Magdeburg. 

K.  Strünckmann,  Zur  Bacteriologie  der  Puerperalinfection.     Berlin. 

Heinrich  Walther,  Leitfaden  zur  Pflege  der  Wöchnerinnen  und  Neu- 
geborenen.    Wiesbaden. 

G.  V.  Welsenburg,  Das  Versehen  der  Frauen  in  Vergangenheit  und 
Gegenwart  und  die  Anschauungen  der  Aerzte,  der  Naturforscher  und 
Philosophen  darüber.     Leipzig. 

F.  V.  Winckel,  Die  Bedeutung  der  Eierstöcke  für  die  Entstehung  des 
Geschlechtes.    München. 

II.    Gynäkologie. 

M.  V.  Arx,  üeber  die  Ursachen  einer  natürlichen  Lage  des  Gebärorgans. 
Sammlung  klinischer  Vorträge,  N.  F.  Nr.  210.     Leipzig. 

Friedrich  Brosin,  Ein  Ideal  der  Frauenwelt.  Beiträge  zur  Beklei- 
dungsfrage.   Dresden. 

Delag^niere,  Chirurgie  de  Tuterus.     Paris. 

A.  Dührssen,  Die  Einschränkung  des  Bauchschnittes  durch  die  vaginale 
Laparotomie  (Colpocoeliotomia  anterior).    Berlin. 

S.  Duplay  und  S.  Clado,  Trait6  d'hysteroscopie.    Rennes. 

O.  Peis,  lieber  die  Complication  von  Schwangerschaft,  Geburt  und  Wochen- 
bett mit  chronischem  Herzfehler.   Samml.  klin.  Vortr.,  N.  F.  Nr.  31. 

E.  Finger  und  M,  Sänger,  Die  Pathologie  und  Therapie  der  Sterilität 
beider  Geschlechter.     Leipzig. 

Max  Flesch,  Prostitution  und  Frauenkrankheiten.  Hygienische  und  volks- 
wirthschaftÜche  Betrachtungen.    Frankfurt  a.  M. 

H.  W.  Freund,  Die  Beziehungen  der  weiblichen  Geschlechtsorgane  in 
ihren  physiologischen  und  pathologischen  Veränderungen  zu  anderen 
Organen.  Ergebnisse  der  allgemeinen  Pathologie  und  pathologischen 
Anatomie  des  Menschen  und  der  Thiere.    Wiesbaden. 

M.    B.   Freund,   Halbkanäle    in    der   chirurgisch-gynäkologischen  Praxis, 

A.  Funke,  üeber  die  Exstirpation  der  Scheide  und  des  Uterus  bei  primärem 
Vaginalcarcinom.  Sammlung  klinischer  Vorträge,  N.  F.  Nr.  226. 
Leipzig. 


454  Strassmann. 

G.  Gellhorn,  lieber  die  Resultate  der  Radicalbehandlung  des  Gebär- 
mutterscheidenkrebses mit  dem  Glüheisen.    Berlin. 

Max  Gräfe,  Die  Einwirkung  des  Diabetes  mellitus  auf  die  weiblichen 
Sexualorgane  und  ihre  Functionen.    Halle  a.  S. 

M.  Hofmeier,  Grundriss  der  gynäkologischen  Operationen.  3.  vielfach 
vermehrte  und  umgearbeitete  Auflage.    Leipzig  und  Wien. 

Ho  fmei  er- Sehr  öder,  Handbuch  der  Krankheiten  der  weiblichen  Ge- 
schlechtsorgane.    12.  Auflage.    Leipzig. 

A.  Howard  Kelly  (Baltimore),  Operative  Gynecology.  With  24  plates 
and  over  550  original  illustrations.    New  York. 

E.  Heinrich  Kisch,   Uterus    und   Herz    in   ihren  Wechselbeziehungen. 

(Cardiopathia  uterina.)    Eine  klinische  Studie.    Leipzig. 

G.  Kolischer,  Die  Erkrankungen  der  weiblichen  Harnröhre  und  Blase. 
Leipzig. 

0.  Küstner,  lieber  die  Preund'sche  Operation  bei  Gebärmutterkrebs, 
Sammlung  klinischer  Vorträge,  N.  F.  Nr.  204.    Leipzig. 

Hermann  Löhlein,  Gynäkologische  Tagesfragen.  5.  Heft:  Erfahrungen 
über  vaginale  Bauchschnittoperationen.  —  Die  manuelle  Becken- 
schätzung. —  Wann  sind  Falschlagen  der  Gebärmutter  Gegenstand  der 
Behandlung?  Wiesbaden. 

A.  Mackenrodt,  Das  Studium  der  Frauenheilkunde,  ihre  Begrenzung 
innerhalb  der  allgemeinen  Medicin.    Berlin. 

Jones  H.  Macnaughton,  Asepsis  and  Antisepsis  in  abdominal  surgen- 
and  gynecology.    London. 

A.  Martin,  Die  Krankheiten  der  Eierstöcke.  Handb.  der  Krankh.  d.  weibl. 
Adnexorgane.    2.  Theil.    L  Hälfte.    Leipzig. 

A.  Moericke,    Ueber  Menstruation  und  Dysmenorrhoe.     Samml.  zwangl. 

Abh.  a.  d.  Geb.  d.  Frauenheilkunde  und  Geburtshülfe.  2.  Bd.,  H.  6 — 7. 
Halle  a.  S. 

R.  Mooren,  Gesichtestörungen  und  Uterinleiden.  2.  umgearbeitete  Auf- 
lage.   Wiesbaden. 

Wilhelm  Nagel,  Die  Gynäkologie  des  practischen  Arztes.    Berlin. 

F.  Neugebauer,    Sündenregister  der  Pessarien.    Samml.  klin.  VortrÄfre 

N.  F.  Nr.  298. 
Emil  Rossa,  Die  gestielten  Anhänge  des  Ligamentum  latum.    Berlin. 

B.  S.  Schnitze,  4  Wandtafeln  zur  Diagnose  und  bimanuelleu  Reposition 

des  retroflectirten  Uterus.    Leipzig. 
P.  Strassmann,  Ueber  Uterusblutungen.    Berl.  Klinik. 
J.  Veit,  Handbuch  der  Gynäkologie.    Wiesbaden. 

Walter  Wille.  Die  Psychosen  des  Pubertätsalters.     Leipzig  und  Wien. 
Windscheid,    Neuritis   gravidarum   und  Neuritis    puerperalis.    GrÄfe's 

Samml.  zwangloser  Abhandl.    Bd.  2,  H.  8. 


V. 

Augenheilkimde. 

Von  Professor  Dr.  ۥ  Uorstmann  in  Berlin. 

1.  Anatomie  nnd  Physiologrie. 

G runer t  (Der  Dilatator  pupillae  des  Menschen,  ein  Beitrag  zur  Ana-  Dilatator 
tomie  und  Physiologie  der  Irismusculatur.  Arch.  f.  Augenheilk.  Bd.  36,  pupillae, 
S.  319)  hat  in  einer  gediegenen  Untersuchung  versucht,  den  langjährigen 
Streit  über  das  Vorhandensein  eines  Erweiterers  der  Pupille  zu  ent- 
scheiden. Er  konnte  als  überzeugend  feststellen,  dass  die  menschliche  Iris 
zwischen  dem  Stroma  und  dem  hinteren  Epithel  eine  Schicht  glatter  Muskel- 
fasern besitzt,  welche  nach  ihrer  anatomischen  Anordnung  imd  ihrem  Ver- 
halten bei  wechselnder  Pupillenweite  als  Dilatator  pupillae  angesehen 
werden  muss.  Der  Muskel  nimmt  seinen  Ursprung;  im  Bindegewebe  des 
Ciliarkörpers  und  inserirt  sich  am  Pupillarrande.  Die  Henle'sche  Membran 
und  die  Spindelzellenepithelschicht  von  Grünhagen  sind  mit  diesem 
Muskel  gleichbedeutend.  Die  sog.  hintere  Grenzmembran  Grünhage n's 
und  anderer  ist  eine  Gontractionserscheinung  des  Dilatators. 

Aus  der  Arbeit  vonTerrien  (Recherches  sur  la  structure  de  lar^tinePars  ciliaris 
ciliaire   et  Torigine   des  fibres   de  la  Zonula  de  Zinn.    Arch.  d'Ophtalm.      retinae, 
Bd.  18,  Nr.  9),  welcher  an  der  Hand  mehrerer  Abbildungen  den  Bau  der       zinnii 
Pars   ciliaris   retinae,   sowie   den  Ursprung   der  Zonulafasern  er-       Terrien! 
örtert,  sei  folgendes  hervorgehoben :  Der  Ciliartheil  der  Retina  besteht  aus 
nur  zwei  Zellenschichten  und  den  Stützfasem.    Die  äussere  Schicht  bilden 
die  Pigmentzellen  der  Retina,  welche   auf  der  sich  über  die  Ora  serrata 
hinaus  fortsetzenden  Lamina  vitrea  der  Chorioidea  liegen.    Die  andere  ist 
die  Schicht  der  hellen  Zellen,  welche  die  Fortsetzung  der  inneren  Körner- 
schicht bilden.    Diese  hellen  Zellen  sind  auf  dem  flachen  Theil  der  Pars 
ciliaris  retinae  sehr  hoch  und  cylindrisch  und  an  den  Ciliarfortsätzen  mehr 
cubisch.   Die  Stützfasem,  welche  aussen  auf  der  Glasmembran  der  Chorio- 
idea haften,  durchdringen  die  beiden  Zellenschichten  und  endigen  innen  zu 


456 


Horstmann. 


Zonula 
Zinnii, 
Temen. 


Pars  ciliaris  einem  Theil  mit  breiter  Basis;  zum  anderen  Theil  aber  treten  sie  zwischen 
retinae,  Jen  einzelnen  Zellen  der  Vertiefungen  und  Falten  der  Ciliarfortsätze  her- 
vor als  feinste  Fasern,  welche  sich  zu  kleinen  Bündeln  vereinigen, 
welche  in  die  Zonulafasern  übergehen.  Letztere  bilden  somit  die 
eigentliche  Fortsetzung  der  Stützfasern.  Die  Zonulafasern,  welche  alle  in 
dem  Ciliartheil  der  Retina  und  zwar  etwas  nach  vorn  von  der  Ora  serrata 
entspringen,  gehen  zum  grössten  Theile  zur  Linse,  einige  gehen  zur 
Membrana  hyaloidea,  und  andere  verbinden  einzelne  Stellen  der  Ciliarfort- 
sätze mit  einander. 


Sitz  der 

Macula 

lutea, 

Rollet  u. 

Jaqueau. 


Die  Meinungsverschiedenheiten  der  Autoren  über  den  Sitz  der  Ma- 
cula lutea  relativ  zur  Papille  (aussen  unten,  aussen  oben,  aussen) 
haben  Rollet  und  Jaqueau  (Anatomie  topographique  de  la  macula.  Annal. 
d'Ocul.  Bd.  119,  S.  431)  veranlasst,  diese  Frage  näher  ins  Auge  zu  fassen. 
Die  anatomische  Untersuchung  von  etwa  40  menschlichen  Augen  hat  den 
Verff.  gezeigt,  dass  der  gelbe  Fleck  immer  etwas  unterhalbderhorizon- 
talen  Ebene  liegt,  welche  den  Mittelpunkt  der  Sehnervenpapille  enthält. 
Dieses  Verhalten  wurde  an  frischen,  in  situ  befindlichen  Augen  constatirt 
nach  sorgfältiger  Wegnahme  des  vorderen  Bulbusabschnittes.  Die  verticale 
Distanz  zwischen  zwei  horizontalen  Linien,  von  denen  die  eine  durch  den 
Mittelpunkt  der  Sehnervenpapille  geht,  während  die  andere  die  Fovea  cen- 
tralis enthält,  beträgt  0,5 — 1,5  mm.  Das  Leichenauge  zeigt  24  Stunden 
nach  dem  Tode  eine  radiäre  Faltung  der  Netzhaut,  welche  die  Sehner\'en- 
papille  umgibt.  Kine  dieser  Falten,  länger  als  die  übrigen,  reicht  bis  zur 
Macularegion  und  enthält  den  gelben  Fleck,  der  am  Leichenauge  aus- 
nahmslos schwarz  oder  dunkelbraun  erscheint.  Die  Distanz  zwischen  der 
Fovea  centralis  und  dem  Mittelpunkt  der  Sehnervenpapille  beträgt  4  mm. 
An  kurzsichtigen  Augen  ist  sie  grösser. 


Bahnen  der 

Pupillar- 

reaction, 

Bemheiraer. 


\ 


Nach  Untei-suchungen  von  Bernheimer  (Exi^erimentelle  Unter- 
suchungen über  die  Bahnen  der  Pupillarreaction.  Sitz.-Ber.  d. 
Kais.  Akademie  der  Wissenschaften  in  Wien.  Mathem.-naturw.  Classe 
Bd.  107,  Abth.  3)  am  embryonalen  Mensch engehim  und  nach  Experimenten, 
die  an  Aft'en  gemacht  wurden ,  stellt  er  folgende  auch  für  den  Menschen 
gültige  Sätze  auf:  Die  Sehnervenfasem  verlaufen  im  Chiasma  theil  weise 
gekreuzt.  Auch  die ,  die  Pupillarreaction  vermittelnden  Sehnervenfasem 
(Pupillarfasern)  verlaufen  im  Chiasma  theilweise  gekreuzt.  Diese  Fasermasse 
ist  gleichmässig  vertheilt.  Jedes  Auge  ist  mit  dem  Sphincterkem  derselben 
Seite  und  dem  der  entgegengesetzten  Seite  durch  Sehnervenfasem  verbunden. 
Die  theilweise  gekreuzten  ,  Pupillarfasern*  durchziehen  mit  den  theilweise 
gekreuzten  Sehnervenfasern  den  ganzen  Sehstiel  und  biegen  erst  in  der 
Gegend  der  Corpora  geniculata  gegen  die  Mittellinie  ab,  um  die  im  vor- 
deren Antheile  der  vorderen  Vierhügel  unter  dem  Aquaeductus  gelegenen 
Sphincterkerne   zu   erreichen.     Ausser   dieser  Verbindimg  jedes  Auges  mit 


Augenheilkunde.  457 

beiden  Sphincterkemen  durch  die  theilweise  gekreuzten  Fasern  besteht  noch 
ein  zweiter  Zusammenhang  der  beiden  Augen  mit  den  Sphincterkemen 
durch  eine  centrale  Verbindung  der  beiden  Kerne  mit  einander.  Es  ist 
sehr  wahrscheinlich,  dass  diese  centrale  Verbindung  der  beiden  Sphincter- 
kerne  durch  die  Ganglienzellenfortsätze  (Golgi*sche  Präparate)  der  dicht 
neben  einander  liegenden  Sphincterkerne  vermittelt  werde. 

Beruhe imer  (Ein  Beitrag  zur  Kenntniss  der  Beziehungen  zwi-  Pupillar- 
schen  dem  Ganglion  ciliare  und  der  Pupillarreaction.  v.  Graefe's  reaction 
Arch.  f.  Ophthalm.  Bd.  44,  S.  526)  gelang  es  mit  der  Nissl'schen  Methode  ^^^. 

der  primären  Reizung  durch  Experimente  am  Affen:  Zerstörung  der  Hom-  ciliare 
haut  mit  Schonung  der  Membrana  Descemeti,  nachzuweisen,  dass  im  Ganglion  Beraheimer. 
ciliare  Nervenfaserwurzeln  sich  befinden,  welche  nicht  allein  die  Iris  und  den 
Ciliarkörper,  sondern  sicherlich  auch  die  Hornhaut  versorgen  —  ein  wich- 
tiger Umstand,  der  mehr  gegen  die  rein  sympathische  Natur  des  Ganglion 
ciliare  spräche.  Man  müsste  denn  annehmen,  dass  die  im  Ganglion  vor- 
gefundenen Degenerationen  nach  Zerstörung  der  Hornhaut  auf  die  eventuell 
vorhandenen  spärlichen  Gefässnerven  zurückzuführen  seien.  Die  in  letzter 
Zeit  aufgestellte  Behauptung,  es  könnte  sich  in  gewissen  Fällen  von  iso- 
lirter  Pupillenstarre  um  eine  primäre  Erkrankung  des  Ganglion  ciliare, 
gleichsam  des  primären  peripheren  Cent  rums  der  Pupillarreaction  handeln, 
wird  durch  die  beschriebenen  Experimente  hinfällig,  da  bei  krankhafter 
Zerstörung  des  Ganglion  ciliare  danach  auch  irgendwelche  Veränderungen 
in  der  Hornhaut  auftreten   müssten,   was  noch   niemals  beobachtet  wurde. 

Es  ist  vielfach  versucht  worden,  eine  an  sonst  emmetropischen  Augen 
auftretende  Kurzsichtigkeit  auf  Erhöhung  des  Brechungsindex  des  Kammer- 
wassers zu  beziehen.  Hess'  (Bemerkungen  zur  Accommodationslehre.  Accommo- 
V.  Graefe's  Arch.  f.  Ophthalm.  Bd.  46,  S.  440)  daraufhin  angestellte  Be-  dation, 
rechnungen  und  üeberlegungen  führten  ihn  zu  dem  Ergebniss,  dass  Er- 
höhung des  Kammerwasserindex  von  dem  normalen  Werthe  (1,3365)  auf 
1,377  in  einem  emmetropischen  Auge  nur  eine  Myopie  von  1,7  D.  hervor- 
ruft und  dass  Erhöhung  des  Index  auf  den  Werth  1,42  erst  eine  Myopie 
von  5.3  D.  zur  Folge  hat.  Daraus  ergibt  sich  die  practisch  vielleicht  nicht 
ganz  unwichtige  Folgerung,  dass  die  vorübergehenden  Myopieen  wohl  sicher 
nicht  oder  nur  zu  einem  verschwindend  kleinen  Theile  auf  Erhöhung  des 
Kammerwasserindex  bezogen  werden  können.  Denn  zur  Erzeugung  einer 
Myopie  von  1,5 — 2,0  D.  müsste  der  Kammerwasserindex  dem  Homhautindex 
gleich,  bezw.  sogar  höher  als  dieser  werden,  was  in  Wirklichkeit  wohl 
kaum  vorkommt. 

Hess  und  Heine  (Experimentelle  Untersuchungen  über  den  Einfluss  Hess  u.  Heiney^ 
der  Accommodation  auf  den  intraoculären  Druck  nebst  Beiträgen  ~,^ 

zur  Kenntniss  der  Accommodation  bei  Säugethieren.  v.  Graefe's  Arch.  f. 
Ophthalm.  Bd.  46,  S.  243)  haben  an  verschiedenen  Thieren  (Hund,  Katze, 
Kaninchen,  Affe)  Versuche  angestellt,  indem  sie  theils  durch  Reizung  vom 


458  HoratmaxuL 

Accommo-    Ganglion  ciliare  aus,    theils   durch  directe   Reizung  von  der  Sclera   aus 

TT   .      TT  *•       Ciliarmuskelcontractionen  auslösten.    Sie  beobachteten  dabei  die  Aecom- 
Hess  II.  Heine. 

modationsvorgänge  und  stellten  in  geeigneter  Weise  Messungen  des  intra- 
oculären  Druckes  an.  Danach  konnte  festgestellt  werden,  dass  die  Accom- 
modationsfähigkeit  bei  Hunden,  Katzen  und  Kaninchen  im  Vergleiche  zu 
jener  beim  Menschen  nur  rudimentär  entwickelt  ist.  Sie  entspricht  auch 
bei  jungen  Thieren  im  Durchschnitte  nur  einer  Accommodationsbreite  von 
1,0 — 3,0  D.  Die  Accommodationsfähigkeit  bei  den  untersuchten  Affen  ent- 
sprach im  Durchschnitt  einer  Breite  von  mindestens  10 — 12  D.  Ebenso 
gross  etwa  ist  sie  bei  Tauben.  Die  mit  nachweisbarer  Refractionserhöhung 
einhergehende  Contraction  des  Ciliarmuskels  hat  weder  bei  Hunden  und 
Katzen,  noch  bei  Affen  und  Vögeln  irgend  einen  messbaren  £influs8  auf 
die  Höhe  des  intraoculären  Druckes.  Der  Einfluss  des  Sympathicus  auf  die 
Accommodation  Hess  sich  bei  diesen  Versuchen  nicht  nachweisen.  Die 
durch  elektrische  Reizung  hervorgerufenen  Aenderungen  der  Pupillenweite 
hatten  keinen  Einfluss  auf  die  Höhe  des  intraoculären  Druckes.  Im  mensch- 
lichen Auge  hat  auch  maximale  Contraction  des  Ciliarmuskels  nicht  den 
geringsten  nachweisbaren  Einfluss  auf  die  Circulation  in  den  sichtbaren 
Netzhautgefässen. 

Der   Contraction   eines   Muskels   entspricht  nach   den  Versuchen   von 
Coor-        Topolanski    (Das   Verhalten    der    Augenmuskeln    bei    centraler 
dinations-    Reizung.     Das   Coordinationscentrum  und   die   Bahnen   für  co- 
Augen-       ordinirte  Bewegungen,    v.  Graefe*s  Arch.  f.  Ophthalm.  Bd.  46,  S.  452) 
m  US  kein,     immer  ein  Aufgeben   des  Tonus   der  Antagonisten  und  Eintreten  in  einen 
Topolanski.     Lähmungszustand,  beides  in  völlig  gleicher  Art.    Die  Vierhügel  selbst  sind 
für  die  Auslösung  von  Augenbewegungen  durch  einen  elektrischen  Reiz  be- 
langlos;  sie  können  ohne  Schaden  vollständig   entfernt  werden,   und  zwar 
beiderseits.    Auch   die  Thalami  optici  können  beiderseits  entfernt  werden, 
und   zwar  gleichgültig,   ob   gleichzeitig  mit  den  Vierhügeln  oder  bei  Be- 
lassung derselben.    Von  den  Vierhügelarmen  kann  deren  oberer  Theil  weg- 
genommen werden,   ebenso  wie  die  oberen  Seitentheile  der  Corpora  geni- 
culata  lateralia.  Von  keiner  Stelle  aus  ist  eine  Reizung  mit  schwachen  Strömen 
zur  Erzielung    coordinirter  Augenbewegungen    möglich,    ausser  von    dem 
Opticus,   und   zwar  von   seiner  Eintrittsstelle  in  den  Bulbus  an,   von  dem 
Chiasma,  vom  Tractus,  von  der  äussersten  Thalamusgrenze,  von  den  Corpora 
geniculata  lateralia,  den  tieferen  Stellen  der  Vierhügelarme  und  von  dem 
Zusammenstosse  dieser  beiden  Stellen  in  der  Mitte  und  Tiefe.   Wird  diese 
Bahn  zerstört,    dann  hört  die  Möglichkeit   einer  Bewegungsleitung  in  ent- 
sprechender Weise  auf;  wird  das  Centrum  in  der  Tiefe  zerstört,  dann  hört 
überhaupt  jede   coordinirte  Augenbewegung   auf.     Das   Centrum   liegt    im 
Niveau  der  Kerne  des  Oculomotorius  unmittelbar  vor  ihnen. 


Augenheilkunde. 


459 


2.  Allgemeine  Pathologie  nnd  Tlierapie. 

Dalön  (Experimentela  undersökningaz   öfer  desinfectionen   of  opats       Mikro- 

bindehinna.    Nord.  med.  Arkiv  Bd.  7,   H.  3  u.  4)   bespricht   erst   ausführ-  Organismen 

Inder 
lieh  die  früheren  Arbeiten  über  Mikroorganismen  in  der  Conjunctiva,  conjunotiva 

besonders  in  Beziehung  auf  den  Vorzug  antiseptischer  oder  aseptischer  Dal6n, 
Flüssigkeiten  zur  Ausspülung  des  Conjunctivalsackes.  Er  hat  an  30  Indi- 
viduen das  eine  Auge  mit  Sublimat  (1  :5000),  das  andere  mit  Kochsalz- 
lösung desinficirt.  Eine  Probe  für  Cultui-versuche  wurde  sowohl  gleich  vor 
als  nach  der  Desinfection  vorgenommen,  wie  auch,  nachdem  die  Augen 
5 — 14  Stunden  verbunden  worden  waren.  Es  zeigte  sich,  dass  unmittelbar 
nach  der  Desinfection  keine  oder  äusserst  wenige  Mikroorganismen  nach- 
zuweisen waren;  nach  der  Verbindung  dagegen  wurden  zahlreiche  Colonieen 
gefunden,  doch  nahezu  immer  weniger  als  vor  der  Desinfection.  Man 
konnte  keinen  besonderen  Unterschied  zwischen  Sublimat  und  Kochsalz 
nachweisen;  der  kleine  nachweisliche  Unterschied  ist  zu  Gunsten  der  Koch- 
salzlösung ausgefallen.  Es  zeigte  sich,  dass  die  Bacterienmenge  sich  immer 
unter  dem  Verband  bedeutend  vermehrte.  Nach  der  Entfernung  des  Ver- 
bandes wurde  eine  beständige  Abnahme  der  Bacterienmenge  constatirt,  ohne 
dass  mtan  eine  bestimmte  Zeit,  bis  die  Menge  dieselbe  wie  vor  der  Des- 
infection war,  angeben  konnte.  Durch  Versuche  mit  antiseptischem  (Sub- 
limat-) und  aseptischem  Verband  schien  es  in  Beziehung  auf  die  Augenlid- 
mnder,  dass  der  antiseptische  Verband  vielleicht  einen  Vorzug  hatte. 
Jodoformpulver  in  dem  Conjuncfcivalsack  unter  dem  Verband  zeigte  keine 
Fähigkeit,  die  Bacterienentwickelung  zu  verhindern.  Der  Verf.  hat  zwölf 
veriichiedene  Bacterien  nachgewiesen,  am  häufigsten  einen  Micrococcus,  dem 
Staphylococcus  pyogenes  albus  ähnlich,  und  einen  Bacillus,  Weeks'  keulen- 
förmigen Bacillus. 

Nach  Uhthoff  (Ueber  die  neueren  Fortschritte  der  Bacteriologie  ühthoft. 
auf  dem  Gebiete  der  Conjunctivitis  und  Keratitis  des  Menschen. 
Samml.  zwangloser  Abhandl.  aus  dem  Gebiete  der  Augenheilk. ,  heraus- 
gegeben von  Vossius  Bd.  2,  H.  5)  sind  als  Erreger  von  Conjunctivalaffectionen 
beim  Menschen  folgende  Mikroorganismen  anzuerkennen:  der  Neiss er- 
sehe Gonococcus,  der  Fränkel-Weichselbaum'sche  Diplococcus  (Pneumo- 
coccus),  der  Koch-Weeks'sche  Bacillus,  der  Streptococcus  pyogenes,  der 
Klebs-Löffler'sche  Diphtheriebacillus ,  der  Diplococcus  (Morax),  die 
Staphylokokken  und  die  Diplokokken  (Pseudogonokokken)  acuter  FoUicular- 
katarrhe  der  Conjunctiva.  Als  vereinzelte  Befunde  sind  noch  anzuführen 
der  Micrococcus  minutissimus  (Bach)  und  ein  Bacillus' (nach  Gram  Tärbbar), 
ganz  neuerdings  bei  epidemischer  Conjunctivitis  beschrieben  von  Groma- 
kowski,  femer  einzelne  Fälle  von  Conjunctivalinfection  durch  Bacterium 
coli.  Die  Tuberkelbacillen ,  Leprabacillen ,  Bacillen  des  Rhinoskleroms, 
Aktinomyces ,  Soor ,  Leptothrix  buccalis ,  Streptothrix  u.  s.  w.  kommen,  ob- 
wohl bei  Conjunctivalerkrankungen  gefunden,  als  Erreger  einer  Conjunctivitis 


460  Horstmann. 

Mikro-        im  eigentlichen  Sinne  nicht   in  Betracht.     Die  Xerosebacillen  haben  keine 
Organismen  pathogene  Bedeutung  für  die  Aetiologie  der  Conjunctivitis.    Die  Frage  nach 
in  der        ^^,^  Erreger  des  Trachoms  ist  noch  ungelöst,  einstimmig  aber  besteht  die 
Uhthoff.        Ansicht,  dass  die  Erkrankung  auf  Grund  bestimmter  Mikroorganismen  ent- 
stehen müsse.    Als  Mikroorganismen,  welche  bisher  als  Erreger  der  Keratitis 
beim  Menschen  gefunden  wurden,  sind  zu  nennen  der  Frank el-Weichse  1- 
baum'sche  Kapseldiplococcus,  die  Streptokokken,  die  Staphylokokken,  der 
Pfeiffer'sche  Kapselbacillus,  der  Bacillus  pyogenes  foetidus,  das  Bacteriuni 
coli,   der  Bacillus  pyocyaneus,  der  Diplobacillus ,  der  Ozaenabacillus ,  der 
Aspergillus  fumigatus,  die  Tuberkelbacillen  und  Leprabacillen. 


Injection  Picot  (Recherches  experimentales  sur  Tinoculation  de  micro- 

\^^  organismes  dans  la  chambre  anterieure  de  Toeil  du  lapin.     Arch, 

Elter-  d'Ophtalm.  Bd.  18,  S.  341)  suchte  durch  Injection  von  Reinculturen  der  ver- 
crrccern 
in  die  schiedenen  Eitererreger,  sowie  anderer  das  Auge  gewöhnlich  nicht  heim- 
vordere suchender  Mikroorganismen  in  die  vordere  Kammer  von  Kaninchen  die  von  dem 
Kammer,  Auge  der  Infection  entgegengesetzten  Widerstände,  insbesondere  die  Wirkung 
des  bacterienfeindlichen  Kammerwassers  und  die  Phagocytose  zu  erforschen. 
Beide  spielen,  wie  aus  den  einzeln  mitgetheilten  Versuchen  ersichtlich,  eine 
grössere  Rolle,  als  bisher  gewöhnlich  angenommen  wird.  So  bewirkt  z.  B. 
das  Kammerwasser  einen  raschen  Zerfall  der  Milzbrandstäbchen.  Das  Auge 
reagirt  auf  die  verschiedenen  Pilze  in  verschiedener,  doch  für  die  einzelnen 
Arten  charakteristischer  Weise.  Das  dem  einzelnen  Pilz  zukommende 
Krankheitsbild  wird  wohl  durch  dessen  Virulenz,  sowie  die  Widerstands- 
fähigkeit des  Thieres,  nicht  aber  durch  die  Menge  der  injicirten  Keime  be- 
einflusst.  Während  einige  durch  Iridocyclitis  und  Panophthalmie  das  Auge 
vernichten,  bewirken  andere  zuweilen  heilbare  Veränderungen,  wie  der 
Micrococcus  tetragenus  und  der  Aspergillus  niger.  Andere,  wie  der  Strepto- 
thrix  (Eppinger),  bewirken  eine  Pseudotuberculose  der  Iris,  während  der 
Typhusbacillus  keine  besonderen  Veränderungen  erzeugt.  Bei  den  meisten 
Versuchen  erfolgte  Allgemeininfection,  welcher  die  Thiere  erlagen.  In  einem 
Fälle  entstand  auf  dem  nicht  geimpften  Auge  die  gleiche  Affection,  und  zwar 
nicht  durch  die  für  die  sympathische  Uebertragung  vermutheten  Wege, 
sondern  durch  Allgemeininfection. 

Diagnostik  Kibbe  (The  Utility  of  the  X-Rays  in  detecting  and  wea- 

.^^'^         ting  metallic  partieles  in  theeye.  Arch.  of  Ophth.  Bd.  24,  S.  512) 

strahlen     ^^^  ^i^®  Anzahl  von  Versuchen  an  Augen  solcher  Patienten  gemacht, 

bei  Fremd-   in  deren  Augen  MetalLsplitter  entweder  sicher  vorhanden  waren  oder 

«    •  •  • 

Körpern  im  y^^^niuthet  wurden,    um  festzustellen,  was  bei  der  Diagnose  solcher 

Ä  u  ir  6 

Kibbe,  Fälle  X-Strahlen  leisteten.  Er  kommt  zu  folgenden  Sclilüssen: 
Metallische  Fremdkörper  mit  Ausnahme  von  Aluminium  können  mit 
sein*  seltenen  Ausnahmen  sicher  festgestellt  werden.  Ihre  Lage  lässt 
sich  so   genau   feststellen ,    dass   dadurch    ein  Weg   zum  operativen 


Augenheilkunde. 


461 


Hansell, 


Vorgehen  gegeben  ist.  Der  Erfolg  hängt  in  hohem  Maasse  ab  von 
der  Beschaffenheit  des  Apparates,  von  der  Geschicklichkeit  und  Er- 
fahrung des  Operateurs  und  von  dem  Verhalten  des  Patienten.  Man  muss 
ein  zu  langes  Exponiren  vermeiden,  damit  keine  Dermatitis  erfolgt. 

Hansell  (Die  Röntgenstrahlen  in  der  Augenchirurgie 
Joum.  Amer.  Med.  Assoc,  1.  Jan.)  wandte  in  2  Fällen  die  X-Strahlen 
bei  Fremdkörpern  im  Auge  an  und  konnte  ihre  Gegenwart  imd  Lage 
hierdurch  genau  bestimmen.  Er  stellte  die  Bilder  dadurch  her,  dass 
er  die  Platte  an  der  Schläfe  befestigte  und  die  Lampe  unter  einem 
Winkel   von  45**  auf  der  entgegengesetzten  Seite  anbrachte. 

Auch  Stöckl  (Fremdkörper  im  Bulbus,  Localisation  mit  Röntgen- 
strahlen. Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  7)  gelang  es  in  2  Fällen,  wo 
Fremdkörper  in  der  Sclera  sassen,  welche  auf  keine  andere  Methode 
localisirt  werden  konnten,  durch  Röntgenstrahlen  deren  Lage  festzu- 
stellen, so  dass  sie  entfernt  werden  konnten.  —  Weiteren  Autoren,  wie 
Günsberg  (Wjestnik  ophth.  Nr.  2),  Weiss  (Ophthalm.  Klinik  Nr.  5 
und  Zehender's  klin.  Monatsbl.  f.  Augenheilk.  Bd.  36,  S.  350),  Starr 
(Ophth.  Rev.,  Juli),  de  Schweinitz  (ebenda)  u.  a.  gelang  es  ver-  de  Schweiiütz 
mittelst  dieser  Methode,  Fremdkörper  im  Auge  zu  localisiren  und  zu 
entfernen. 


Stöckl, 


Günsberg, 

Weiss, 

Starr, 


Borthen  (Ueber  offene  Wundbehandlung  bei  Staropera- 
tionen. Zehender's  klin.  Monatsbl.  Bd.  36,  S.  280)  beobachtete  bei  einer 
84jährigen  Frau,  die  im  Delirium  senile  nach  einer  Cataractoperation 
den  Verband  abgerissen  hatte,  eine  vollständig  gute  Heilung.  Darauf- 
hin führte  er  20  Staroperationen  nach  Hjort's  Anweisung  mit 
offener  Wundbehandlung  mit  dem  günstigsten  Erfolge  aus. 

Hjort  (Zur  offenen  Wundbehandlung  bei  Augenoperationen. 
Centralbl.  f.  pract.  Augenheilk.  Bd.  22,  S.  296)  spricht  sich  für  die 
0  f  f  e  neWundbehandlung  bei  Augenoperationen  aus.  Die  wenigen 
Verluste,  welche  er  dabei  beobachtete,  sind  nicht  auf  dieselbe  zu- 
rückzuführen. 


Offene 
Wund- 
behandlung, 
Borthen, 


Hjort, 


Weiss  (Ausführung  der  En  ucleation  unter  Schleich-     Schleich- 
scher Infiltrationsanästhesie.  Ophthalm.  Klinik  Nr.  12)  enucleirte  ,.,1^^!.^"' 

^  ,  .  .        filtrations- 

unter  Schleich'scher  Infiltrationsanästhesie   5  Augen.     Eine  völlige   anäathesie 
Aufhebung  der  Sensibilität  wurde  in  allen  Fällen  nicht  erzielt,  wohl  b^i 

aber  eine  Herabsetzung.    In  2  Fällen,  wo  Schmerz  empfunden  wurde,        ^veiss 
waren   länger   dauernde  entzündliche  Perioden  der  Enucleation  vor- 
ausgegangen.    Daher   empfiehlt  sich  die  Schleich'solie  Anästhesie 


462 


Horateuum. 


Sab- 
conjnncti- 

vale 
Snblimat- 
injectioD, 
De  SykloBSi. 


Holocain, 
Würdmann, 


Masselon, 


Snegirew, 


besonders   bei   firischen   Verletzungen    nnd  intraoculären    Tumoren, 
solange  die  Geschwulst  die  äussere  Haut  noch  nicht  durchdrungen  hat. 

De  Syklossi  (Les  injections  sous  -  conjonctivales  de 
sublime  dans  le  traitement  de  la  conjonctivite  blennorrha- 
gique.  Annal.  d'OcuL  Bd.  120,  S.  1)  gibt  einen  allgemeinen  Ueberbliek 
über  die  Frage  der  Wirkung  der  subconjunctivalen  Sublimat- 
injection  und  erörtert  eingehend  die  Frage  ihrer  Wirkung  bei  Con- 
junctivalblennorrhoe.  Seine  Versuche  bei  Erwachsenen  erstrecken 
sich  auf  83  Augen  (52  Kranke),  die  an  bacteriologisch  constatirter  Con- 
junctivitis gonorrhoica  litten  und  welche  im  ganzen  158  Sublimat- 
injectionen,  also  in  den  meisten  Fällen  zwei  Injectionen,  erhielten. 
Die  Sublimateinspritzung  setzt  der  Homhautinfiltration  und  dem 
Homhautgeschwür  sichere  Schranken ;  zuweilen  kann  sie  selbst  eine 
drohende  Hornhautnekrose  hintanhalten.  Der  Verf.  hat,  wie  seine 
sehr  sorgfaltige  und  selbst  detaiUirte  Statistik  zeigt,  im  ganzen 
4  Hornhäute  total  verloren.  Diese  4  Fälle  gehören  einer  Reihe  von 
8  Fällen  an,  in  denen  die  Augenblennorrhoe  einen  besonders  heftigen 
und  bösartigen  Charakter  zeigte. 

Würdmann  (Bericht  über  Holocain  als  locales  Anästheti- 
cu m  fiir  die  Augenpraxis.  Ophth.  Rev.  1 897,  Nr.  10)  hat  das  Holocain 
in  l*^/oiger  Lösung  bei  allen  Augen  Operationen  gebraucht,  ohne 
schlechte  Resultate  zu  «"fahren.  Die  Vortheile  desselben  in  dieser 
Dose  sind  folgende:  Es  ist  nicht  giftig,  aseptisch,  vollkommen  an- 
ästhesirend  und  erweitert  die  Pupille  nicht.  Es  ist  auch  bilUger  als 
Cocain. 

Masselon  (De  Tholocaine ^ en  ophtalmologie.  Arch.  d'Opht. 
Bd.  17,  S.  590)  fand,  dass  das  Holocain  selbst  in  4*/oiger  Lösung 
bei  entzündlichen  Augen  eine  vollständige  Gefühllosigkeit  nicht  her- 
vorrief und  hierin  dem  Cocain  nachzustehen  schien.  Dagegen  fehlten 
ihm  die  letzteren  eigenthümlichen  Wirkungen  auf  die  Hornhaut, 
Pupille,  Accommodation  und  Tension.  Seine  Anwendung  war  aber 
schmerzhafter  als  die  des  Cocains. 

Snegirew  (Ueber  den  Einfluss  des  Holocains  auf  die  Diffusion 
aus  dem  Conjunctivalsack  in  die  vordere  Kammer.  Wjestnik  Ophth, 
Bd.  15,  S.  260)  stellte  seine  Untersuchungen  an  Kaninchenaugen 
nach  der  colorimetrischen  Methode  von  Beljarminow  mit  l%iger 
Holocainlösung  und  nachheriger  Einträufelung  der  Fluorescein- 
lösung  an  und  fand,  dass  die  Holocainlösung  die  Diffusion  bedeutend 
begünstige.    Der  Diffusion scoefficient  betrug  4—6,6.     Sodann   ver- 


Augenhei&unde. 


463 


glich  er  den  Einfluss  auf  die  Di£Pusionsbeschleunigung  (an  beiden 
Augen  eines  und  desselben  Thieres)  der  1^/oigen  Holocainlösung  und 
einer  2 — 4*^|'oigen  Cocainlösung  und  fand  die  Wirkung  des  Holocains 
l^/a — 2,4mal  stärker  als  die  des  Cocains.  Verf.  würde  daher  den 
üblichen  Zusatz  von  Cocain  zu  den  Lösungen  der  Alkaloide  (Atro- 
pin,  Eserin  und  anderer)  durch  Holocain  ersetzen,  besonders  bei  er- 
höhtem intraoculärem  Druck. 

Dal^n  (Ueber  das  Holocain  und  dessen  Einwirkung  auf  das 
Hornhautepithel  und  die  Heilung  perforirender  Hornhaut- 
schnitte. Nord.  med.  Ark.  Nr.  16)  prüfte  die  Einwirkung  von  Holocain 
auf  die  Hornhaut  des  Kaninchens  und  fand  dabei,  dass  V« — V/oige  Holo- 
cainlösungen  für  das  Hornhautepithel  gar  nicht  indifferent  sind,  wie  es  von 
einigen  Autoren  angegeben  worden  ist.  Im  Gegentheil  ruft  P/oiges  Holo- 
cain stärkere  Epithelveränderungen  hervor  als  A^/oigea  Cocain.  Die  makro-  und 
mikroskopischen  Veränderungen  erweisen  sich  etwas  verschieden,  je  nach- 
dem Holocain  oder  Cocain  verwendet  wird.  Das  Holocain  scheint  für  die 
Epithelzellen  das  stärkere  Zellengift  zu  sein.  Im  weiteren  prüfte  Verf., 
ob  das  Holocain  die  Heilung  von  perforirenden  Homhautschnitten  in  ähn- 
licher Weise  störe,  wie  esMellinger  in  Betreff  des  Cocains  angegeben 
hat.  Er  konnte  aber  weder  für  das  Holocain  noch  für  das  Cocain  die  von 
Mellinger  beschriebene  Störung  constatiren.  Was  die  klinische  Verwend- 
barkeit des  Holocains  betrifft,  so  wirkt  —  nach  des  Verfassers  Erfahrung  — 
dieses  Mittel  bei  entzündeten  Augen  schneller  und  sicherer  als  das  Cocain, 
das  letztere  hat  aber  den  Vortheil,  dass  es  die  Gefässe  der  Bindehaut  und 
Iris  contrahirt,  wodurch  die  Blutung  bei  einer  Operation  vermindert  wird. 


Dal4n. 


Nach  den  Untersuchungen  von  Winselmann  (Ueber  E u- 
phthalmin.  Zehender's  klin.  Monatsbl.  Bd.  36,  S.  253)  bewirkt  das 
Euphthahnin,  in  5 — 10**/oiger  Lösung  in  das  Auge  eingeträufelt,  Pu- 
pillenerweiterung, die  weder  schneller  noch  langsamer  eintritt,  als 
bei  den  jetzt  gebräuchlichen  Mydriaticis.  Dabei  wird  die  Accommo- 
dation  in  nur  sehr  geringem  Maasse  beeinflusst,  und  der  intraoculäre 
Druck  nicht  verändert.  Vergiftungserscheinungen  sind  nicht  zur 
Beobachtung  gekommen,  ebenso  an  der  Conjunctiva  und  Cornea. 
Die  Mydriasis  verschwindet  nach  sehr  kurzer  Zeit. 


Eaphtbal- 

min, 
Winselmann. 


Kyle  (Wässriger  Extract  der  suprarenalen  Kapsel  in  der 
Augenpraxis.  Ophthalm.  Rev.  Nr.  4)  hat  eine  mehr  als  1jährige  Erfahrung 
mit  der  localen  Anwendung  des  wässrigen  Extracts  der  suprarenalen  Kapsel 
in  Augenkrankheiten  und  ist  mit  den  Erfolgen  ausserordentlich  zufrieden. 
Er  findet  ihn  als  Adstringens  und  Anästheticum ,  letzteres  in  Verbindung 
mit  Cocain  von  grossem  Werthe.  Er  braucht  eine  2 — 4%ige  Lösung  des 
Extractes.    Es  zieht  die  Wände  der  Blutgefässe  in  der  normalen  und  ent- 


Extract  der 

enpra- 

renalen 

Kapsel, 

Kyle. 


464  Hontmann. 

zündeten  Conjunctiva  zusammen.  Er  hat  den  Extract  mit  Vortheil  in  acuter  und 
chronischer  Conjunctiritis ,  Trachom.  PanOphthalmitis,  Iritis,  Thranensack- 
entzündung  und  Keratitis  gehraucht.  Er  hat  niemals  schlimme  Wirkungen 
von  seiner  Anwendung,  selbst  nach  beträchtlicher  Zeit,  gesehen. 

Hyoscin  und  Nach  Emmert  (Hyoscin  [Scopolamin]  und  Hyoseyamin.     Cen- 

Scopolamin,  tralbl.  f.  pract.  Augenheilk.  Bd.  22,  S.  10)  sind  Hyoscin  und  Sco- 

'      polamin  chemisch,   physiologisch  und  klinisch  identisch.     In  einer 

Lösung  1 :  1000  ist  dasselbe  sowohl  wegen  der  Beständigkeit  seiner 

Wirkung,  als  auch  wegen  anderer  hervorragender  Eigenschaften  das 

zur  Zeit  beste  Mydriaticiun. 

Meyer,  Scopol amin  und  Atroscin   sind,   wie  Meyer   (Scopolamiu 

und  Atroscin.  Zehender's  klin.  Monatsbl.  f.  Augenheilk.  Bd.  3C. 
S.  19)  berichtet,  nahe  verwandte  Substanzen.  Das  Unterscheidende 
liegt  nur  in  ihrem  verschiedenen  Gehalt  an  Kr^^stallwasser  und  an 
ihrem  verschiedenen  optischen  Verhalten.  Es  verhält  sich  das 
optisch  active  Hyoseyamin,  das  sog.  Atroscin,  zum  activen  Scopol- 
amin ähnlich  wie  das  optisch  active  Hyoseyamin  zu  dem  optisch  in- 
activen  Atropin.  Unter  denselben  Bedingungen,  unter  denen  chemisch 
das  Hyoseyamin  in  Atropin  übergeht,  geht  das  active  Scopolamin 
in  das  inactive  Scopolamin  oder  Atroscin  über.  Einige  Tropfen  einer 
0,4 "/o igen  Lösung  in  das  Auge  geträufelt,  veranlassen  nach  7  Minuten 
eine  Erweiterung  der  Pupille,  welche  nach  25  Minuten  ihr  Maidmnm 
erreicht  und  6 — 8  Tage  dauert.  Das  Scopolamin  zeigt  dasselbe  Ver- 
halten wie  das  Atroscin.  Die  Lähmung  der  Accommodation  erfolgte 
bei  letzterem  in  10  Minuten  und  war  vollständig  30 — 35  Minuten 
nach  der  Instillation.  Toxische  Wirkungen  in  Form  von  Schwindel. 
Pulsbeschleunigung  und  Trockenheit  im  Halse  kamen  zuweilen  nach 
Atroscin  vor.  Bei  pathologischen  Fällen  wurde  eine  intensivere 
Wirkung  des  Atroscins  gegenüber  dem  Scopolamin  beobachtet.  Auf- 
fallend bleibt  die  Häufigkeit  leichter  toxischer  Erscheinungen,  sowie 
das  zuweilen  vorkommende  Versagen  der  Wirkung  auf  die  Accom- 
modation. 

Fowler,  Fowler  (Scopolaminum  hydrobromicum  als  Mydria- 

ticum  und  Cycloplegicum.  Amer.  Journ.  of  Ophthalm.  1897. 
Nr.  11)  gebrauchte  Scopolamin  in  mehr  als  GOO  Fällen  von  Refrac- 
tionsst()rung  ohne  irgend  welche  nachträglich  schädliche  Wirkung. 
Er  benutzte  eine  ^20*^/0 ige  Lösung,  welche  alle  15  Minuten  1  Stunde 
lang  applicirt  wurde.  Er  findet,  dass  die  volle  Lähmung  20  bi?« 
80  Stunden  anhält  und  in  70—100  Stunden  wieder  vorübergeht.  Er 
^It  es  in  *|!  0  %igen  Dosen  für  ein  brauchbares  Mydriaticum  bei  Iritis. 


Augenheilkunde.  465 

Panas  (Sur  les  collyres  huileux.  Arch.  d'Ophtalm.  Bd.  18,  Panas 
S.  837)  ersetzte,  wie  bereits  von  anderen  Seiten  empfohlen,  die 
wässrigen  Lösungen  von  Atropin,  E serin,  Pilocarpin  und 
Cocain  durch  Auflösungen  der  Basen  dieser  Alkaloide 
in  Olivenöl,  das  zuvor  auf  120**  erhitzt,  dann  bis  auf  60**  und  für 
Eserin  auf  45**  abgekühlt  wurde.  Als  Vortheile  werden  die  leichtere 
Verwendung  dieser  Mittel,  sowie  ihre  Unzersetzlichkeit  und  Keim- 
freiheit hervorgehoben.  Selbst  die  offen  stehengebliebenen  Lösungen 
erwiesen  sich  als  steril  und  die  in  ihnen  enthaltenen  Mikroorganis- 
men und  Sporen  waren  nicht  mehr  pathogen.  Bei  der  Cocainlösung 
ist  das  Litactbleiben  des  Homhautepithels  von  besonderem  Werth. 
Wie  die  Basen  dürften  sich  auch  die  Oleate  und  Stearate,  besonders 
die  letzteren,  wegen  ihrer  leichten  Löslichkeit  empfehlen,  falls  sie 
ebenso  wenig  reizend  wirken  wie  die  erstgenannten. 

Burnham  (The  hypodermic  use  of  pilocarpine  alone  and  as-  Pilocarpin, 
societed  with  others  medicines  in  the  treatment  of  certain  eye  affec-  B^^"**™- 
tions.  Ophth.  Rev.  Bd.  16,  S.  259)  hatte  bei  rheumatischer  und 
specifischer  Iritis  gute  Resultate  mit  hypodermalen  Pilo- 
carpineinspritzungen.  Er  gibt  das  Pilocarpin  sehr  lange  Zeit, 
bis  zu  mehreren  Jahren,  mit  Intervallen  von  etwa  6  Wochen.  Dosis 
V« — V*  g-  Es  wird  Nachmittags  gegeben,  während  Patient  zu  Bett 
liegt,  in  Flanelldecken  eingehüllt  und  gut  zugedeckt.  Nach  2  Stun- 
den steht  Patient  auf  und  wird  mit  warmen  Handtüchern  abgerieben. 
Verf.  sah  niemals  ernstliche  Störungen  bei  dieser  Cur. 

Suker  (Thiosinamine.  A  clinical  contribution.  Ophthalm.  Rev.  Thio- 
Bd.  7,  S.  228)  theilt  seine  Erfahrungen  über  Thiosinamin  mit,  ^'^H^l^' 
ein  Product  des  Senfsamenöls,  welches  kürzlich  die  Aufmerksamkeit 
der  Dermatologen  erregt  hat.  Er  hat  es  in  2  Fällen  von  Chorio- 
iditis exsudativa,  wie  er  glaubt,  mit  grossem  Nutzen  angewandt 
und  ebenso  in  Fällen  von  Hornhauttrübung.  Seine  diuretische  Wir- 
kung ist  ganz  ausgesprochen.  Es  muss  in  Kapseln  gegeben  und 
die  Dose  allmählich  von  1 — 3  g  täglich  vergrössert  werden. 

# 

Hoor   (Versuche   mit   Argentamin    als  ProphylakticumA  rgentamin, 

gegen  die  Ophthalmie  der  Neugeborenen.    Ophthahn. Klinik  ^^' 

Nr.  3)  wendet  das  Argentamin  in  3 — 5**/oiger  Lösung  statt  des  Ar- 

gentum   nitricum   sowohl  zum  Pinseln  wie  zu  Instillationen  an  und 

hebt  als  Vorzug  hervor,    dass   es   keine  Reizerscheinungen  mache, 

keine  Argyrose  bewirke,   auch  bei  iritischen  und  cyclitischen  Com- 
Jahrbach  der  practischen  Medidn.    1899.  30 


466  Qorstmann. 

plicationen  anwendbar  sei,  bei  Homhautdefecten  keine  Incrustationen 
hervorrufe  und  eine  stark  bactericide  Wirkung  besitze.  Hingegen 
sind  die  Erfahrungen  mit  dem  Argentamin  als  Prophylakticum 
nicht  sehr  günstige  bis  jetzt,  wenigstens  bei  Anwendung  einer  befolgen 
Lösung,  da  von  19  Fällen,  in  denen  Gonokokken  bei  der  Mutter  im 
Scheidensecrete  geAmden  wurden,  in  9  Fällen  Infection  eintrat  and 
zwar  5mal  schwerer  Natur. 

Protargol,  Darier  (Protargol,    ein  Specificum  gegen  Conjunc- 

Darier,  tivitis  blennorrhoica.  Ophth.  Klinik  Nr.  7)  ist  auf  Grund  conse- 
quenter  Versuche  zur  Ueberzeugung  gekommen,  dass  Protargol 
ein  Specificum  bei  blennorrhoischer  Conjunctivitis  ist;  es  ist  auch 
wegen  fast  vollständigen  Fehlens  caustischer  oder  corrosiver  Wir- 
kung unschätzbar,  im  Gegensatz  zum  Argentum  nitricum.  Selbst 
stärkste  Dosen  (&0°/oige  Lösungen)  sind  ohne  Furcht  vor  Compli- 
cationen  anzuwenden.  Bei  abklingendem  Process  ist  eine  5^/oige 
Lösung  zu  benutzen,  welche  auch  bereits  zwischen  den  einzelnen 
Touchirungen  mit  Erfolg  benutzt  wird. 

Pergens,  Auch  Pergens  (Protargol  bei  Augenleiden.    Zehender^s 

klin.  Monatsbl.  f.  Augenheilk.  Bd.  36,  S.  129)  behandelte  eine  Reihe 
von  Conjunctivalleiden  mit  einer  2 — 20^/oigen  Protargollösung ,  bei 
welchen  allen  ein  günstiges  Resultat  erzielt  wurde. 

Wioherkiewicz,  Nach  den  Erfahrungen  Wicherkiewicz's  (Meine  Erfahrungen 

über  das  Protargol.  Ophth.  Klinik  Nr.  18)  steht  das  Protargol 
in  B — 20®/oiger  Lösung  bei  acuten  granulösen  und  katarrhalischen 
Bindehautentzündungen  dem  Höllenstein,  ebenso  dem  Plumbum  ace- 
ticum  nach.  Bei  Homhautgeschwüren ,  sofern  diese  unrein  waren, 
konnte  man  bei  Einträufelung  einer  5®/oigen  Lösung  Besserung  beob- 
achten, bei  anderen  Geschwüren  hat  es  keinen  Heilerfolg,  dagegen 
leistet  es  gute  Dienste  bei  Thränensackeiterungen ,  ebenso  bei  der 
Blennorrhoe  der  Neugeborenen  und  Erwachsenen. 

Bossaiino.  Nach  ausgiebigen  Versuchen   mit  Protargol  kommt  Bossa- 

lino  (II  Protargolo  in  oftalmologia  e  suo  valore  terapeutico.  Giom. 
d.  R.  Accad.  di  Med.  di  Torino  Nr.  3)  zu  folgenden  Schlüssen:  Es 
ist  nicht  von  nennenswerthem  Vortheil  gegenüber  anderen  Mitteln 
bei  Blepharitis,  Blepharoconjunctivitis  und  Keratitis  phlyctaenulosa. 
Bei  Katarrhen  der  Conjunctiva  zeichnet  es  sich  aus  durch  die 
Schmerzlosigkeit  der  Anwendung  gegenüber  dem  Argentum  nitricum, 
wogegen  die  Heilimg  gegenüber  letzterer  Methode  etwas  längere 
Zeit  beansprucht.    Ausgezeichnete  Dienste  leistete  das  Protargol  bei 


Augenheilkunde.  467 

acuten  und  chronischen  Dacryocystitiden ,  angewendet  in  Form  von 
Dnrchspülungen  in  '/«'^/oigen  Lösungen. 

Nach  Eberson  (lieber  die  Anwendung  des  Ichthyols  bei  Ichthyol, 
Augenkrankheiten.  Aerztl.  Rundschau  Nr.  20)  ist  das  Ich-  Emerson. 
thyol  ein  sicheres  Mittel  zur  Beseitigung  des  Trachoms,  indem  es 
den  Verlauf  dieser  Krankheit  bedeutend  abkürzt  und  eine  glatte 
Heilung  herbeiföhrt.  Diese  Behandlung  ist  besonders  bei  Kindern 
warm  zu  empfehlen.  Das  Ichthyol  bringt  Bindehautkatarrhe  mit 
sich  und  fuhrt  ohne  Complicationen  seitens  der  Hornhaut  in  kürzester 
Zeit  zur  Heilung.  Es  ist  ein  mächtiges  Mittel  zum  Aufhellen  von 
Narbenbildungen  der  Cornea. 

C  o  1  e  m  a  n  (Antinosin  bei  Augenkrankheiten.    Joum.  of  Amer.   Antinosin, 
med.  Assoc,  Jan.)  fand,  dass  Antinosin  in  1 — 2 *^/oiger  Lösung  ein      Coleman. 
gutes  Ersatzmittel  für  Formalin  bei  katarrhalischer,  palpebraler  und 
folliculärer  Conjunctivitis  sei.     Es  reizt  nicht  wie  Formalin. 

Wicherkiewicz  (Xeroform  in  der  Augenheilkunde.  Wochen-  Xeroform, 
schrifb  f.  Therap.  u.  Hygiene  des  Auges  Nr.  32  u.  49)  wandte  das  Wicherkiewicz. 
Xeroform  als  Pulver  zu  Zerstäubungen  und  als  5 — 10 *^/o ige  Salbe 
bei  Lidekzem,  folliculären  und  pustulösen  Bindehautentzündungen, 
auch  als  Antisepticum  nach  Operationen  und  Keratomalacie  mit  Er- 
folg an.  Bei  Homhautgeschwüren  wird  das  Mittel  sehr  gut  ver- 
tragen. 

Szulislawski  (lieber  die  Verwendbarkeit  des  Jod-  und  Jodo-     Jod-  und 

formvasogens   in   der  Au£^enheilkunde.     Centralbl.  f.  pract.  Augenh.      °  oform- 
o  o  r-  &  vasogene, 

Bd.  22,  S.  289  u.  333)  empfiehlt  die  Anwendung  des  Jod-  und  szuiisiawski. 
Jodoformvasogens,  da  beide  Mittel  von  der  unversehrten  Haut 
aus  resorbirt  werden.  Das  Jodoformvasogen  gelangt  leichter  und  in 
grösseren  Mengen  durch  die  Haut  zur  Resorption,  als  das  Jod- 
vasogen.  Obwohl  auf  diese  Weise  nur  geringe  Mengen  von  Jod  in 
den  Organismus  eingeführt  werden  können,  erscheint  die  Anwen- 
dung von  Jod-  und  Jodoformvasogen  im  Hinblick  darauf,  dass  sie 
lange  in  demselben  verweilen  und  sehr  langsam  ausgetrieben 
werden,  zu  Einreibungen  als  theoretisch  vollständig  begründet, 
und  die  bisherigen  practischen  Resultate  rechtfertigen  ihre  Auf- 
nahme in  unseren  Arzneischatz  als  Ersatz  für  die  innere  Darreichung 
von  Jod.  Die  bisherigen  Versuche  mit  der  localen  Anwendung  dieser 
Mittel  auf  die  Bindehaut  ermuntern  nicht  zu  weiteren  Untersuchungen. 


\ 


468 


Horstmann. 


Grosse 

Jodgaben, 

Pagenstecher. 


Gelbe  Queck 
silbersalbe, 
Pagenstecher. 


Pagenstecher  (Ueber  die  Anwendung  von  grossen  Dosen 
Jod  in  der  Augenheilkunde.  Zehender's  klin.  Monatsbl.  f.  Augenh. 
Bd.  35,  S.  401)  bespricht  die  Anwendung  von  grossen  Dosen  Jod 
(Kali  oder  Natrium  abwechsehid)  bei  Orbitaltumoren  gummöser  Na- 
tur und  bei  hartnäckigen  FäUen  von  Episcleritis,  jedoch  hauptsach- 
lich dann,  wenn  die  Affection  mit  deutlicher  Knotenbildung  einher- 
geht. Es  wurden  bis  zu  25  g  pro  die  3  Wochen  lang  esslöflfelweise 
nach  den  Mahlzeiten  verabreicht  und  ganz  vorzüglich  vertragen. 

Das  gelbe  Quecksilberoxyd  der  sog.  Pagen  steche  raschen 
Salbe  muss  nach  Pagenstecher  (Ueber  die  gelbe  Quecksilber- 
salbe. Zehender's  klin.  Monatsbl.  f.  Augenh.  Bd.  86,  S.  73)  in  der 
Art  bereitet  werden,  dass  man  eine  Lösung  von  stark  verdünntem 
Quecksilberchlorid  mit  einer  Lösung  von  Aetzkali  fallt,  mit  der  Vor- 
sicht, dass  man  die  Chloridlösung  unter  beständigem  Umrühren  zur 
Kalilösung  fügt  und  dass  nach  Beendigung  der  Fällung  Kali  im  Ueber- 
schuss  vorhanden  ist.  Der  Niederschlag  wird  mit  rein  destiUirtem 
Wasser  sofort  und  so  lange  unter  Abschluss  des  Lichtes  ausge- 
waschen, bis  die  Ablaufflüssigkeit  mittels  salpetersaurem  Silberoxyd 
keine  Spur  von  Chlor  zu  erkennen  gibt,  und  hierauf  bei  sehr  ge- 
linder Wärme  getrocknet.  Das  Quecksilberoxyd  muss  sehr  fein  ver- 
rieben werden.  Als  Constituens  wird  am  besten  Vaselin  verwandt. 
Am  meisten  eignet  sich  eine  5 — 10**/oige  Präcipitatsalbe. 


Isometro- 
pische 
Gläser, 

Fortunati, 


Kriiss. 


Fortunati  (Le  lenti  isometropi.  Boll.  d.  R.  Accad.  Med.  di 
Koma  Bd.  22 ,  H.  4  u.  5)  bespricht  die  sog.  isometropischen 
Linsen,  welche  das  Haus  Fischer  in  Paris  liefert.  Verf.  maass 
zunächst  am  Goniometer  den  Brechungsindex  eines  aus  dem  neaen 
(Mantois'schen)  Glase  geschliffenen  Prismas  und  fand  denselben 
1,576,  während  beim  Krownglas  derselbe  nur  1,528  aufweist.  Auf 
Grund  des  gefundenen  Brechungsindexes  berechnete  Verf.  den 
Krümmungsradius,  den  eine  aus  dem  neuen  Material  verfertigte 
Linse  haben  müsste,  um  denselben  Brennpunkt  zu  erreichen,  den 
ein  gewöhnliches  Krownglas  hat.  Es  ergaben  sich  natürlich  Unter- 
schiede zu  Gunsten  der  neuen  Linsen. 

NachKrüss  (Ueber  die  Eigenschaften  der  Isom et r open- 
gläse r.  Zehender's  klin.  Monatsbl.  f.  Augenheilk.  Bd.  86,  S.  147) 
hingegen  haben  die  Lsometropengläser  keinen  bemerkbaren  Vortheil 
vor  anderen  Brillengläsern. 


Augenheilkunde.  469 


8.  Refraotions-  nnd  Aecommodatlonsanomalieen« 

Fromaget  und  Bordier  (Etudes  sur  Pacuite  visuelle  et  Eunpli-  Sehschärfe, 
tude  d'accommodation.  Arch.  d'Ophtalm.  Bd.  17,  S.  610)  bestimmten  Accommo- 
bei  mehr  als  900  Lycealschülem  in  Bordeaux  von  5 — 21  Jahren  die  breite, 
Sehschärfe  und  bei  408  die  Accommodationsbreite  und  ihre  Fromaget  u. 
BeziehungenzurRefraction,  wobei  Fälle  von  schlechtem  Sehen,  ßo^er- 
Astigmatismus  und  Myopie  über  4,0  D.  oder  mit  inneren  Augen- 
veränderungen ausgeschlossen  blieben.  Sie  fanden,  dass  die  Seh- 
schärfe bis  zum  14.  Lebensjahre  zu-  und  von  da  langsam  abnimmt. 
Die  Accommodationsbreite  wechselt  in  jeder  Altersstufe  mit  der 
Refraction,  die  bis  zum  Alter  von  10  Jahren  hypermetropisch  war. 
Wie  eine  Curve  zeigt,  haben  die  Hypermetropen  die  grösste  Ac- 
commodationsbreite, dann  folgen  die  Emmetropen  und  Myopen.  Das 
gleiche  Verhalten  ergab  die  Untersuchung  von  250  Studirenden. 
Bei  corrigirter  Ametropie  wird  dagegen  die  Accommodationsbreite 
gleich  der  der  Emmotropen  und  bei  den  Myopen  selbst  noch  grösser. 
Die  Accommodationsbreite  steht  nicht  in  einem  bestimmten  Ver- 
hältniss  zur  Refraction  und  variirt  z.  B.  bei  ein  und  demselben 
Grade  von  Myopie.  Die  Accommodationsbreite  war  erheblich  grösser 
bei  den  kurzsichtigen  Studenten  als  bei  den  Lycealschülem,  weil 
erstere  die  Correctionsgläser  fast  beständig  trugen,  letztere  aber 
nicht.  Bei  den  Hypermetropen  hatte  die  Accommodationsbreite  unter 
den  gleichen  Umständen  abgenommen.  Diese  Verschiedenheit  beruht 
auf  der  Uebung  des  Oiliarmuskels ,  dessen  Leistungsfähigkeit  mit 
seiner  Lianspruchnahme  wächst.  Dies  wurde  auch  durch  die  Unter- 
suchung von  Soldaten  im  Alter  von  21 — 25  Jahren  bestätigt,  welche, 
sämmtlich  der  Landbevölkerung  oder  der  Arbeiterclasse  entstammend, 
ihre  Accommodation  weniger  geübt  hatten  und  eine  geringere  Ac- 
commodationsbreite als  die  Studenten  aufwiesen.  Die  Accommo- 
dationsbreite wechselt  selbst  bei  gleicher  Refraction  bei  den  ver- 
schiedenen Berufsarten  und  ist  ausserdem  auch  von  dem  allgemeinen 
Körperzustand  abhängig. 

Schreiber  (Die  Lidication  der  Myopieoperation.  Magdeburg) 
hat,  durch  seine  Fälle  operativ  behandelter  Myopie  und  durch 
jene  anderer  belehrt,  mit  vollem  Recht  sich  jenen  angeschlossen, 
welche  die  Lidicationen  zur  Myopieoperation  bedeutend  einschränken. 
Die  äusserste  Myopiegrenze,  bis  zu  welcher  operativ  vorgegangen 
werden  darf,  muss  unbedingt  16,0  D.  bleiben.     Sollte  indessen  der 


470 


Horstmann. 


Myopie- 

Operation, 

Schreiber, 


Haedike. 


betreffende  Myop  mit  dieser  Kurzsichtigkeit  noch  arbeits&hig  sein, 
so  ist  keinesfalls  die  Operation  vorzunehmen.  Einäugige  hochgradige 
Myopen  sind  überhaupt  nicht  zu  operiren,  da  die  Operation  dann 
doch  nicht  absolut  gefahrlos  ist.  Die  jugendlichen  Myopen  bis 
14  Jahre  sind  einfach  zu  discidiren.  Bei  älteren  Myopen  kommt 
man  damit  gewöhnlich  nicht  aus,  sondern  wird  die  Linearextraction 
nachschicken  müssen.  Für  ältere  (erwachsene)  Myopen  empfiehlt 
Verf.  die  auch  von  anderen  vorgeschlagene  und  ausgeführte  Eztrac- 
tion  der  durchsichtigen  Linse. 

Haedike  (Beitrag  zur  operativen  Behandlung  hoch- 
gradiger Kurzsichtigkeit.  In.-Diss.  Berlin)  hat  die  an  der 
Schweigger^schen  Klinik  operirten  Fälle  von  hochgradiger  Kurz- 
sichtigkeit, 50  an  der  Zahl,  tabellarisch  zusammengestellt  und  kritisch 
verwerthet.  Hervorgehoben  muss  werden,  dass,  da  diese  Patienten 
immer  nur  auf  einem  Auge  operirt  wurden,  der  Werth  dieses  Ma- 
terials inmierhin  ein  ungleich  grösserer  ist,  als  wenn  es  sich  um  eine 
viel  grössere  Zahl  doppelseitig  operirter  handelte.  Verf.  kommt  auf 
Ghnmd  dieser  längere  Zeit  beobachteten  Fälle  zur  Ueberzeugung, 
dass  bei  hochgradiger  Myopie  die  krankhaften  Veränderungen  des 
Augenhintergrundes  ganz  unabhängig  von  einer  Extraction  der  Linse 
in  beiden  Augen  gleichmässig  progressiv  bleiben.  Auch  glaubt  er. 
dass  die  Entfernung  der  Linse  aus  hochgradig  myopischen  Augen 
keinen  Einfluss  auf  die  Entwickelung  einer  Netzhautablösung  nehme. 


Erhöhte 
Acoommo- 

dation, 
Reddingios. 


Beddingius    (Erhöhte    Erregbarkeit    der    Accommodation. 
V.  Gräfe's  Arch.   f.  Ophth.  Bd.  46,  S.  874)   bespricht  8  Fälle   von 
sog.  erhöhter  Erregbarkeit  der  Accommodation  mit  den  ent- 
sprechenden Beschwerden  musculärer  Asthenopie,  die  er  unter  800 
poliklinischen  Patienten    beobachtet  hat.     Accommodation   war    auf 
beiden  Augen   normal.     Binoculäres  Sehen.     Augenbewegungen  bei 
den   Lateralinnervationen   normal.     Convergenz    normal,    d.   b.    die 
Distanz  des  Punctum  proximum  der  Convergenz  zur  Grundlinie  ist 
nicht  grösser  als  5  cm.     Beim  Sehen   in   die  Feme   zeigen   sie   alle 
Orthophorie  oder  geringe  Exophorie,  beim  scharfen  Nahesehen  starke 
Exophorie  und  asthenopische  Beschwerden.     In  allen  Fällen  hat  es 
sich  gezeigt,  dass  durch  Verordnung  von  schwachen  Concavglasem 
die  Beschwerden   behoben    werden.     Verf.   meint,    dass   es   sich    in 
diesen  Fällen  um  ein  abnormes  Verhältniss  zwischen  Convergenz  und 
Accommodation  handelt,  namentlich  um  ein  Voranstreben  der  Accom- 
modation,   Durch  Einträufelung  von  schwachen  Dosen  Eserin  ist  der 
Zustand,  den  diese  Krankheitsfälle  boten,  künstlich  hervorzurufen. 


Augenheilkunde. 


.471 


4.  Anomalieen  der  Muskeln  und  Neryen. 

De  Wecker   (La  proportion  des  cas  guerisables  dans  le  stra-  Behandlnng 

bisme.     Ann.  d'Ocul.  Bd.  119,  S.  1)  schlägt  vor,   in  der  Behand-  ^?* 

.  .  ,  .  .         ßtrabiemus, 

lang  des  Schielens  verschieden  vorzugehen ,  j e  nachdem  Aussicht       Wecker. 

vorhanden  ist,  das  Binoculärsehen  wieder  herzustellen,  oder  wenn 
es  sich  allein  darum  handelt,  einen  kosmetischen  Effect  zu  erzielen. 
An  der  Hand  einer  3002  FäUe  von  Strabismus  umfassenden  Statistik 
sucht  er  festzustellen,  welche  Fälle  die  Wiederherstellung  des  Bin- 
oculärsehens  voraussehen  lassen.  In  diese  Classe  reiht  Wecker  in 
erster  Linie  den  Strabismus  altemans  (15°/o)  ein,  in  welchem  die 
Sehschärfe  beider  Augen  gleich  ist.  Er  fügt  allerdings  bei,  dass 
es  sich  mit  dieser  Behauptung  mehr  um  ein  Desideratum,  als  um 
ein  wirklich  erreichtes  Resultat  handle.  Das  periodische  Schielen 
des  Hypermetropen  mit  guter  Sehschärfe  beider  Augen  (11  ®/o)  heilt 
durch  das  Tragen  der  corrigirenden  Gläser  mit  vollkommener  Wieder- 
herstellung des  Binoculärsehens.  Die  Heilung  kann  auch  spontan 
eintreten.  Wenn  die  Sehschärfe  des  schielenden  Auges  weniger  als 
'|4  beträgt,  so  kann  nicht  auf  die  Wiederherstellung  des  binoculären 
Sehactes  gezählt  werden.  Dasselbe  ist  der  Fall  beim  periodischen 
Schielen  der  kurzsichtigen,  wo  überdies  die  chirurgische  Beseitigung 
der  Ablenkung  nöthig  und  oft  schwierig  ist.  Bei  der  häufigsten 
Form  des  Schielens,  dem  permanenten  einseitigen  Strabismus,  findet 
die  Wiederherstellung  des  Binoculärsehens  nur  in  etwas  mehr  als 
dem  vierten  Theil  aller  FäUe  statt.  Es  ist  also  unnütz,  diese  Kranken 
mit  Sehübungen  zu  belästigen,  wenn  das  schielende  Auge  eine  be- 
langreiche Herabsetzung  der  Sehschärfe  aufweist. 

Da  der  concomitirende  Strabismus,  wie  Panas  (Patho-  Panas, 
genie  et  traitement  de  strabisme  fonctionnel  dit  concomitant. 
Arch.  d'Ophtalm.  Bd.  18,  S.  401)  ausführt,  eine  functionelle  Störung 
der  Convergenz,  fast  immer  peripheren  Ursprungs,  darstellt,  so  muss 
auch  die  operative  Behandlung  sich  stets  auf  beide  Augen  er- 
strecken. Panas  empfiehlt  dieselbe  bereits  im  Alter  von  7  bis 
9  Jahren,  sobald  eine  friedliche  Behandlung  erfolglos  gewesen  ist. 
Er  gibt  der  beiderseitigen  Rücklagerung  den  Vorzug  vor  der  Vor- 
lagerung, welche  er  nur  bei  starkem  Divergenzschielen  mit  der  Rück- 
lagerung verbindet,  und  fürchtet  selbst  bei  geringen  Schielgraden 
von  10 — 15**  eine  Uebercorrection  nicht.  Panas  operirt  in  Narkose 
und  dehnt  den  Muskel,  bevor  er  ihn  durchschneidet  mit  dem  unter 
die  Sehne  geführtea  Schielhaken,  indem  er  das  Auge  allmählich  so 
weit  nach  aussen  rollt,   dass   der  innere  Homhautrand  die  äussere 


472  Horstmann. 

Behandlung  Commissur  leicht  erreicht.     Auf  diese  Dehnung,   die  er  früher  in 
«X    ??*         der  letzt  als  irriff  erkannten  Annahme  einer  Muskelcontractur  machte, 

Strabismus,  ,  ^ 

Panas.  legt  er  besonderes  Gewicht.  Unter  210  Fällen  von  Convergenz- 
schielen  war  die  Schielstellung  180mal  sofort  beseitigt,  während  in 
SO  anderen  noch  eine  gewisse  Convergenz  bestand,  in  keinem  aber 
eine  Divergenz  aufbrat.  Zum  Schluss  gibt  Verf.  einen  kurzen  lieber- 
blick  über  die  hauptsächlichsten  im  Laufe  der  Zeiten  auf  einander 
gefolgten  Anschauungen  über  die  Entwickelung  und  die  Behandlung 
des  Schielens. 

Vignes.  Vignes  (Avancement  musculaire  r6p6te.  Arch.  d'Ophtalm. 

Bd.  18,  S.  888)  empfiehlt  zur  Vermeidung  aller  mit  der  Rücklagerung 
verbundenen  Nachtheile  nur  allein  die  Vorlagerung  zu  machen, 
welche  bei  einer  Resection  der  Sehne  von  3 — 4  mm,  je  nachdem 
man  wenig  oder  viel  Tenon'sche  Kapsel  auf  die  Nadel  nimmt, 
Schielen  von  10—15^  und  20—22  *  beseitigt.  Bei  höheren  Graden 
ist  es  vortheilhafter,  die  Vorlagerung  auf  demselben  Auge  zu  wieder- 
holen, als  den  Effect  auf  beide  Augen  zu  vertheilen.  Mit  zwei  bis 
drei  denselben  Muskel  betreifenden  Vorlagerungen  hat  Verf.  Schielen 
von  26 — 80°  beseitigt.  Die  Nadeln  sind,  wenn  auch  der  Muskel 
weit  rückwärts  gefasst  wird,  dicht  an  den  Wundrändem  auszu- 
stechen, und  erst  bei  den  späteren  Operationen  soll  die  Conjunctiva 
und  Tenon'sche  Kapsel  so  weit  zurück,  als  es  die  Ausdehnung  der 
Lidspalte  erlaubt,  gefasst  werden.  Die  Aussicht  auf  Wiederher- 
stellung des  binoculären  Sehens  und  eines  normalen  Blickfeldes  ent- 
schädigen nach  des  Verfassers  Ansicht  die  lange  Dauer  der  Be- 
handlung.    Krankengeschichten  sind  nicht  mitgetheilt. 

Zur  Bestimmung  der   fehlerhaften  Protection  bei   den 

verschiedenen     Beweglichkeitsstörungen    der    Augen    bedient    sich 

Bestimmung  Landolt  (La  d^termination  de  la  „projection^^  ou  „localisation"  de 

hl  rhaften^'^®^'  ^^^^'  ^^'^P*^**^-  ^^  ^Ö»  ^-  ^78)  einer  aufrecht  stehenden 
Projection,  'T&fBl  niit  einer  senkrechten  weissen  Linie.  Mit  der  Tafel  durch  ein 
Landolt.  Chamier  verbunden  ist  eine  Platte,  deren  eine  Seite  einen  Ausschnitt 
hat.  Der  Untersuchte  steht  vor  der  Tafel,  mit  dem  Halse  so  in  dem 
Ausschnitt  der  aufgeklappten  Platte,  dass  er  den  unteren  Theil  der 
Tafel  sowie  seine  Arme  nicht  sehen  und  die  Bewegungen  seiner 
Hand,  mit  welcher  er  möglichst  rasch  die  Fortsetzimg  der  vor  ihm 
beündüchen  senkrechten  Linie  angeben  muss,  nicht  verfolgen  kann. 
Dicht  unter  der  Verbindung  der  Tafel  mit  der  Platte  findet  sich 
eine  Scala ,  auf  welcher  sich  die  Untersuchimgsergebnisse  markiren 
lassen.    Letztere,  welche  bei  Muskelinsufficienz  und  concomitirendem 


lind  paralytiechem   Schielen  sehr  interessant   und  zum   Tiieü  über- 
raschend waren,  will  Verf.  erst,  wenn  ihre  Zahl  grösser,  mittbeilen. 

S.  ErkrknbiiKgen  der  Lider,  des  Thrinenapparatei,  der  Orblta 
und  SebenhShlen. 

Fehr  (Ein  Fall  von  Liderschlaffung,  sog.  Blepharo-  I 
chalaais.  Centralbl.  f.  pract.  Augenheilk.  Bd.  22,  S.  74)  berichtet 
Aber  ein  Sljähriges  junges  Mädchen,  bei  dem  sich  nach  recidivirenden 
Oedemen  an  den  Lidern  die  sog.  Blepharo chalas ia ,  d.  i.  Lidhaut- 
erschlaffiing,  einstellte.  Dnrch  die  Excision  der  Falten  wurde  Heilung 
erzielt.  Die  mikroskopische  Untersuchung  der  Haut  ergab  eine 
Atrophie  in  allen  Tbeilen  der  Haut  mit  Ausnahme  der  Blutge&sae, 
die  erweitert  und  strotzend  mit  rothen  Blutkörperchen  gefüUt  waren. 

Morax  (Lupus  des  voies  lacrymales.  Ann.  d'Ocul.  Bd.  119,  l 
S.  349)  lenkt  die  Aufmerksamkeit  auf  die  Häufigkeit  des  Lupus 
der  Thränenwege.  Diese  Affection  ebensowohl  wie  der  Lupus 
der  Nasenschleimhaut  wird  meist  nur  dann  erkannt,  wenn  die  Oe- 
sichtshaut  an  dem  Processe  theilnimmt.  Verf.  theilt  eine  Kranken- 
geschichte mit,  in  welcher  eine  doppelte  Dacryocystitis  das  einzige 
Symptom  eines  Lupus  der  Nasenschleimhaut  war,  dessen  Bestehen 
durch  die  mikroskopische  Untersuchung  und  durch  Einimpfung  des 
Ueerschweinchens  festgestellt  wurde.  Der  Gesichtslupus  nimmt 
häufig  seinen  Anfang  in  der  Gegend  des  Thränensackea.  Gewisse 
ThräneniiBteln  haben  denselben  Ursprung,  und  die  Diagnose  kann 
dnrch  Tuberculininjection  festgestellt  werden. 

Ausser  durch  falschen  Weg  beim  Sondiren  und  durch  directes 
£rööhen  des  Orbitalraumes  bei  Thränensackoperationen  kann 
nach  Buainelli  (Flammare  dell'orbita  consecutive  a  fliiiiim<>)>!)  ilel 
sacco  lagrimale.  Clinica  modema  Nr.  2B)  auch  8i">uUiu  eine  ' 
Phlegmone  des  Thränensacks  eine  Orbitalphlegmaiie  bedingen. 
Businelli  findet  in  der  Litteratur  nur  6  Fälle  dieser  Ai-t  angefiibrt, 
zu  denen  ein  Fall  eigener  Beobachtung  kommt,  in  welchem  dei*  Zu- 
sammenhang zwischen  Thränensack  und  Orbita  direct  erwi<:.'^e»  werden 
konnte.     Operative  Heilung  mit  Sehnervenatrophie. 

Bei    einem    71jährigen    Manne    entwickelte    sich,    wi<:    Bauby 
(CompUcations  orbitairea  des  empy^mes  du  sinus  maxillniic,     Arc.h. 
d'Ophtalm.  Bd.  17,  S.  770)    beobachtete,    nach   längerem    Bcste*^ 
einer  chronischen  Entzündung  der  Oberkiefer  ho  hie 
sich  durch  Schwellung  des  unteren  Lides   und   der  Waiit;cng( 


474  Horstmann. 

Phlegmone  äusserlich  kundgab,  im  Laufe  von  2  Tagen  eine  Phlegmone  der 
nach  Orbita.  Dieselbe  war,  wie  sich  nach  der  Incision  ergab,  von  einer 
Empyem  der  Ostitis  des  Bodens  der  Orbita  ausgegangen,  welche  wiederum  eine 
Oberkiefer-  jpQigQ  der  Erkrankung  der  Kieferhöhle  war.  Nach  gründlicher  Aus- 
Bauby.  räumung  der  letzteren  und  Entfernung  fungöser  Wucherungen  und 
nekrotischer  Knochenstücke  nahm  die  Heilung  einen  guten  Fortgang, 
bis  der  Patient  durch  eine  Bronchopneumonie  weggerafft  wurde. 
Der  Uebergang  der  Erkrankung  von  der  Highmorshöhle  auf  die 
Orbita  bildete  allein  der  Ejiochen  ohne  Betheiligung  der  Lymph- 
gefässe  oder  Venen.  —  Im  zweiten  Falle  trat  bei  einem  28jährigen 
Arbeiter  mit  cariösen  Zähnen  des  Oberkiefers,  nachdem  die  Er- 
scheinungen einer  Höhlenerkrankung  desselben  eine  Zeit  lang  be- 
standen hatten,  entzündlicher  Exophthalmus  Unks  auf.  Nach  aus- 
giebiger Freilegung  des  Krankheitsgebietes  zeigte  sich,  dass  der 
Boden  der  Orbita,  sowie  die  vordere,  äussere  und  innere  Ejiochen- 
wand  der  Kieferhöhle  grösstentheils  nekrotisch  waren  und  entfernt 
werden  mussten.  Obwohl  die  Localerscheinungen  sich  sehr  besserten, 
ging  der  Kranke  doch  an  einem  Abscess  im  unteren  Abschnitt  des 
Stimlappens  zu  Grunde,  welcher  von  einer  umschriebenen,  nekro- 
tischen Stelle  des  Orbitaldaches  sich  entwickelt  hatte.  Auch  hier 
keine  Betheiligung  der  Venen.  Bei  der  bacteriologischen  Unter- 
suchung des  Abscesseiters  fand  sich  der  Friedländer'sche  Pneumo- 
coccus. 

Trauma-  Zimmermann  (Traumatic  enophthalmus.    Arch.  of  Ophthabn. 

tischer      2^    26,  S.  38)  beobachtete  2  Fälle  von  traumatischem  Enoph- 
Enophthal-  '  ^  ,  *^ 

mu8,  thalmus  ohne  Lähmung  des  Sympathicus.  Für  solche  Fälle  nimmt 
Zimmermann,  man  ^jg  Ursache  eine  Lähmung  des  Sjrmpathicus  an,  indem  die  Gefasse 
der  Orbita  und  der  Mülle  rasche  Muskel  die  Innervation  verlieren. 
Die  Einträufelimg  von  Cocain  in  das  zurückgesunkene  Auge  hatte 
zur  Folge,  dass  die  Pupille  sich  erweiterte,  eine  vorher  bestehende 
Ptosis  verschwand  und  die  Lidspalte  ebenso  weit,  wie  die  des  anderen 
Auges  wurde.  Hieraus  ergibt  sich,  dass  die  Ptosis  nur  eine  mecha- 
nische Folge  des  Enophthalmus  war  und  die  Erregbarkeit  des  Hals- 
abschnittes de8  83nnpathicus  nicht  gelitten  hatte. 

6.  Erkrankungen  der  ConjnnctiTa,  Cornea  nnd  Sclera. 

Luudsgaard  (Die  Augenentzündung  der  Neugeborenen 
in  pathogenetischer  und  therapeutischer  Hinsicht.  Biblio- 
thek for  Oeger,  Juli — Sept.)  gibt  eine  sorgfältige  kritische  Dar- 
stellung der  wichtigsten  bisher  bekannten  Thatsachen  in  Bezug  aul* 


Augenheilkunde.  475 

Pathogenese  und  Therapie  der  Augenentzündung  der  Neugeborenen.  Au«en- 
Die  Infection  geschieht  in  der  Regel  nicht  in  den  Geschlechtswegen,  entzündung 
sondern  erst  wenn  das  Kind  die  Augen  zum  ersten  Mal  öffnet,  geborenen, 
eventuell  während  der  nachfolgenden  Toilette  desselben.  Spätinfec-  Lundsgaard. 
tion  ist  nur  in  seltenen  Fällen  anzunehmen,  und  man  hat  kein  Becht, 
alle  diejenigen  Fälle,  wo  die  Krankheit  nach  dem  5.  Tage  entsteht, 
auf  Spätinfection  zurückzuführen.  Die  nicht  gonorrhoischen  Binde- 
hautentzündungen der  Neugeborenen,  die  bisweilen  nur  durch  bac- 
teriologische  Untersuchung  von  der  echten  Blennorrhoe  zu  unter- 
scheiden sind,  beruhen  wahrscheinlich  nicht  auf  Infection  mit  (nicht 
gonorrhoischem)  Vaginalsecret.  Zum  Theil  sind  sie  von  denselben 
Mikroorganismen  hervorgerufen,  die  erwiesenermaassen  bei  Erwach- 
senen Bindehautentzündung  hervorrufen.  Bei  der  Untersuchung  von 
8  Neugeborenen  mit  nicht  gonorrhoischer  Bindehautentzündung  er- 
hielt Verf.  8mal  Reincultur  von  Staphylococcus  pyogenes  (sehr 
schwach  virulent)  und  5mal  Culturen  von  einem  nicht  virulenten 
Bacillus  (Xerose-  resp.  Pseudodiphtheriebacillen).  Die  etwaige  ätio- 
iogische  Bedeutung  dieser  Mikroorganismen  lässt  er  dahingestellt. 
In  prophylaktischer  Hinsicht  ist  die  Cred^'sche  Methode  als  die 
zur  Zeit  beste  anzusehen.  Doch  spricht  sich  Verf.  gegen  die  obli- 
gatorische Einführung  derselben  aus,  unter  anderem  aus  dem  Grunde, 
weil  die  Lapisinstillationen  bisweilen  ziemlich  heftige  Reizerschei- 
nungen hervorbringen. 

Morax  und  Petit  (Consid^rations  cliniques  et  bact^rio-     Bacterio- 
logiques  sur  les  inflammations  aiguesde  la  conjonctive.  Ann.     ^oß*®  ^®' 
«d'Ocul.  Bd.  120,  S.  161)  setzen  aus  einander,  dass  der  Weeks'sche  Ba-   Bindehaut- 
cillus,  der  Diplobacillus  und  der  Gonococcus,  auf  die  Conjunctiva  ein-  entzündung, 
geimpft,  immer  eine  Bindehautinfection  hervorbringen,  aber  mit  dem 
Ablauf  derselben  verschwinden,  während  die  gewöhnlichen  Bewohner 
gewisser  Schleimhäute  —  der  Pneumococcus  und  gewisse  Spielarten 
des  Streptococcus  z.  B.  —  nur  unter  gewissen,  noch  nicht  vollständig 
bekannten  Umständen   die  Eigenschaft  erlangen,   eine   entzündliche 
Reaction  der  Schleimhaut  hervorzurufen.    Eine  dritte  Mikroben classe 
endlich  vermag  nur  dann  auf  die  Augenschleimhaut  entzündlich  ein- 
zuwirken, wenn  dieselbe  durch  eine  vorausgegangene  Infection  vor- 
bereitet ist.     Hierher  gehören  der  Diphtheriebacillus,  der  Staphylo- 
coccus, die  gewöhnlichen  Streptokokken.    Während  eine  Cultur  von 
Diplobacillen ,   in  den  Bindehautsack  eingebracht,   immer   eine   sub- 
acute Conjunctivitis  hervorbringt,  bleibt  eine  Pneumokokkeninfection 
wirkungslos.    Die  Experimente  Gifford's  zeigen  aber,  dass  die  ex- 


476  Horstmann. 

Bacterio-    perimentale  Pneumokokkeninfection  der  Conjunctiva  möglich  ist,  und 
logie  der     ^^  klinische  Beobachtung  hat   gezeigt,    dass    die  Pneumokokken- 
Bindehaut-   Conjunctivitis  contagiös  werden  kann.    Fortgesetzte  bacteriologische 
entzttn düng, Untersuchungen   zeigen,   dass  hauptsächlich  im  Kindesalter  Ueber- 
orax  u.  Pet  t.  i^fectionen  der  Conjunctiva  sehr  häutig  sind:  Weeks'scher  Bacillus- 
öonococcus,   Streptococcus    (Masern),  Weeks'scher  Bacillus.     Der 
Weeks'sche  Bacillus  ruft  nicht  nur  die  verschiedensten  Reactions- 
erscheinungen   von   Seite  der   Conjunctiva  hervor  —  von   der   ein- 
fachen Secretionsvermehrung  bis  zur  schweren  Eiterung  — ,  er  gibt 
auch   zur  Bildung   von  Phlyctänen,   von   oberflächHchen  Hornhaut- 
geschwüren  Anlass.    In  gewissen  Fällen  ruft  eine  stark  entwickelte 
Episcleralinjection  heftige   Schmerzen   hervor.     Die    subacute   Con- 
junctivitis ist  sicher  contagiös,  und  der  von  Biard  in  der  Nase  ge- 
fundene Mikroorganismus   gleicht   zwar  morphologisch   dem   Diplo- 
bacillus,  unterscheidet  sich  aber  von  ihm  durch  verschiedene  Eigen- 
schaften.    Er  verflüssigt  das  geronnene  Serum  nicht. 

Trachom,  Zunächst  bespricht  Kuhnt  (Ueber  die  Therapie  der  Conjuncti- 

Knhnt,  yi^jg  granulosa  mit  besonderer  Berücksichtigung  der  in  den  Pro- 
vinzen Ost-  und  Westpreussen  herrschenden  Krankheitsformen.  Jena) 
das  Wesen,  den  Verlauf,  die  Diagnose  und  Verbreitung 
der  Conjunctivitis  granulosa.  Man  muss  eine  acute  und  eine 
chronische  Form  unterscheiden;  die  gewöhnliche  Art  ist  die  letztere. 
Der  Charaktet"  derselben  wird  durch  Aufsprossen  solider,  rundlicher 
Gebilde,  Granula,  im  Gewebe  der  entzündlich  veränderten  Bindehaut 
der  Augenlider  gekennzeichnet.  Die  Conjunctivitis  follicularis  und 
die  Conjunctivitis  granulosa  sind  ganz  verschiedene  Erkrankungen. 
Bei  der  acuten  Granulöse  wende  man  den  antiphlogistischen  Heü- 
apparat  und  zwar  in  Form  der  Kälte  an.  Daneben  spüle  man  den 
Bindehautsack  mit  schwachen  keimtödtenden  Lösungen,  Sublunai 
C/io^/oo)  etc.  aus  und  scariticire  unter  Umständen  die  Bindehaut. 
Nach  Aufhören  der  acut  entzündlichen  Erscheinungen  pinsele  man 
eine  1 — 2°/oige  Lösung  von  Plumbum  aceticum  neutrale  oder  von 
Argen  tum  nitricum  ein.  Proportional  dem  mm  meist  schnellen 
Schwinden  der  Bindehauttumescenz  treten  die  Granula  deutlicher 
hervor.  Jetzt  sind  SubUmatbepinselungen  (1  :  600 — 1000)  sehr  wirk- 
sam, abwechselnd  mit  Lapis  mitigatus.  In  besonders  günstigen 
Fällen  kann  so  vollständige  Resorption  der  Kömer,  Heilung  ohne 
Narben bildung  eintreten;  meist  aber  ist  dieselbe  nicht  vollständige 
die  acute  Granulöse  wird  eine  chronische.  In  Betreff  der  Therapie 
der  chronischen  Granulöse  gehen  die  Ansichten  weit  aus  einander. 


Augenheilkunde.  •  477 

Im  Hinblick  auf  die  Wahl  der  Therapie  sind  folgende  Punkte  von     Trachom, 
Bedeutung:   das  Stadium  und  die  Ausdehnung  der  Affection,  das       ^^'^^f 
Verhalten  des  übrigen  Lides,  der  Zustand  des  thränenableitenden 
Apparates,   das  Alter  des  Individuums,  der  Wohnort  des  Kranken, 
die  äusserlichen  Verhältnisse  desselben  und  sein  allgemeiner  körper- 
licher Zustand.    Nicht  minder  wichtig  erscheint  die  richtige  Beihen- 
folge  der  anzuwendenden  Mittel  oder  Eingriffe.    Bedeutende  Krampf- 
zustände im  Gebiete  des  Orbicularis  mit  oder  ohne  phimotische  Ver- 
engerungen der  Lidspalte,  Stellungsanomalieen  der  Lider,  insbesondere 
der  Lidränder  und  Erkrankungen    im    thränenableitenden  Apparat 
müssen  zunächst  beseitigt  werden.   Ist  dies  geschehen,  so  muss  man 
sich   der    Bekämpfung   der   Granulöse    selbst   widmen.     Die    medi- 
camentöse  Behandlung   reicht  in  nicht  durchseuchten  Gegenden  bei 
sehr    lange    fortgesetzter    Anwendung    allenfalls    aus,    die    isolirte 
Ausrottung   der  Granula  durch  Excision,   Ausätzung  und  vor  allem 
durch  Galvanocaustik  versagt  bei  schweren  Fällen  in  durchseuchten 
Gegenden  vollständig.     Einen  ungleich  höheren  Werth  bei  Behand- 
lung der  Granulöse  haben  die   auf  mechanischen  und  chirurgischen 
Principien  beruhenden   Behandlungsmethoden.     Das  Verfahren  der 
Gebrüder  Keining,   Abreibung  der   erkrankten  Bindehaut  mittels 
eines  mit  Sublimatlösung  (1  :  1000)  angefeuchteten  Wattebäuschchens, 
liefert   gute  Resultate,   die  Massage  nach  Panas   eignet  sich  be- 
sonders bei  der  Nachbehandlung  und  bei  Pannus.    Die  Scarification 
der  Conjunctiva,  das  Abtragen  der  Granulakuppen  mit  nachfolgender 
Abspülung  von  Sublimat  hat  Kuhnt  nicht  ausgeführt,  ebenso  nicht  die 
Methode  von  Johnson,  die  in  Anlegung  vieler  und  langer  Einschnitte 
mit  nachfolgender  Einwirkung  der  Elektrolyse  besteht.    Mit  der  Ab- 
schabung des  Epithels  nach  Peters  erzielt  man   keine  energische 
Wirkung;    das   Ausbürsten    der   Granula    mit    Metallbürsten    nach 
Schröder,  ebenso  Darier's  Brosage  ist  nur  für  vereinzelte  Fälle 
geeignet;  die  Ausrottung  nach  Knapp  leistet  Vorzügliches,  besonders 
nach  tiefen  Scarificationen  mit  folgender  Sublimatabreibung,  jedoch 
nur  bei  dem  sulzigen  Trachom.    Um  der  Gefahr  vorzubeugen,  grös- 
sere  Schleimhautstücke   auszureissen ,    hat  Kuhnt   eine  in   durch- 
löcherten Platten   auslaufende    Pincette    den  Expressor    construirt, 
mit  welchem    er,    ohne    einen   Zug    auszuüben,    die   Granula  aus- 
quetscht.   Von  den  rein   chirurgischen  Methoden  ist  die,  mit  dem 
scharfen  Löffel  die  einzelnen  Granula  auszulöffeln,  wegen  der  langen 
Dauer   der  Behandlung  und  baldiger  Recidive   nicht  zu  empfehlen, 
doch  ist  für  viele  FäUe  das  Ausschneidungsverfahren  am  Platze.    Es 
ist  allenthalben  da  anzuwenden,  wo   auf  andere  Weise  nicht  oder 


478 


Horstmann. 


Trachom, 
Knhnt, 


Raeblmanii, 


nur  in  ungenügender  Weise  genützt  werden  kann.  Durch  die  Ex- 
cision  wird  die  Heilung  ausserordentlich  abgekürzt,  die  secundären 
Homhauterkrankungen  werden  verhindert,  bezw.  am  sichersten  ge- 
heilt, die  bedeutenderen  StellungsanomaUeen  des  Lidrandes,  entzünd- 
liche Nachschübe,  Becidive  und  E.einfectionen  mit  Wahrscheinlichkeit 
hintangehalten.  Die  prophylaktische  Excision  von  Walther  ist  zu 
verwerfen.  Die  Behandlung  der  Granulöse  mittels  Erzeugung  einer 
acuten  Ophthalmie,  sei  es  durch  Einimpfung  eines  blennorrhoischen 
Secretes  oder  durch  Jequirityinfus,  ist  zu  gefährlich  und  den  anderen 
Mitteln  keineswegs  überlegen.  Doch  scheint  zuweilen  alter  dicker 
Pannus  durch  die  Jequirityophthalmie  günstig  beeinflusst  zu  werden. 
Bei  Kerektasie  empfiehlt  Kuhnt  die  Ausfuhrung  einer  schmalen 
Iridektomie  an  der  Stelle  der  klarsten  Homhautpartie.  Bei  Xer- 
ophthalmos  ist  die  Verkleinerung  der  Lidspalte  nach  B.  u  d  i  n  am 
Platze. 

Nach  Baehlmann  (Ueber  den  Heilwerth  der  Therapie 
bei  Trachom.  Berlin)  empfiehlt  sich  die  Anwendung  des  Argentum 
nitricum  bei  den  Formen  des  Trachoms,  wo  die  Schleimhaut  von 
weicher,  mehr  succulenter  Beschaffenheit  und  wo  Schwellung  und 
Blutüberfullung  besteht.  Um  so  wirksamer  ist  das  Mittel,  je  er- 
schlaffter und  dunklerroth  die  Schleimhaut  aussieht  und  je  mehr 
eitriges  Secret  dieselbe  liefert.  Die  entgegengesetzte  Beschaffenheit 
der  Schleimhaut  erfordert  die  Anwendung  des  Cuprum  suliuricum, 
eine  rigidere,  mehr  feste  Schwellung  mit  blasserer,  meist  gelbröih- 
licher  Färbung  und  bei  mehr  schleimig-seröser  Secretion.  Die  Ex- 
cision der  Uebergangsfalte  ist  zu  verwerfen,  ebenso  die  Scarification 
und  Auskratzung.  Auch  mit  den  Sublimatabreibungen  von  Keining 
hat  Baehlmann  keine  besonderen  Erfolge  erzielt.  Die  operative 
Beseitigung  der  Follikel,  besonders  durch  rechtzeitiges  Ausdrücken 
neben  der  medicinischen  Behandlung,  namentlich  mit  Cuprum  8ul- 
furicum,  stellt  das  einzig  rationelle  Verfahren  dar,  welches,  früh- 
zeitig vorgenommen,  den  gefürchteten  Krankheitsprocess  vollständig 
beherrscht.  Da  nun  der  Durchbruch  der  Follikel  nach  aussen  berw. 
die  Eröffnung  derselben  die  Spannung  des  Gewebes  herabsetzt,  ist 
es  selbstverständlich,  dass  der  operative  Eingriff  auch  die  Meta- 
morphosen  der  Follikel  aufzuhalten  vermag  und  auf  diese  Weise 
durch  rechtzeitige  Beförderung  der  Follikelentleerung  Sklerose  und 
Verödung  verhindert.  Ist  Pannus  trachomatosus  aufgetreten,  so  ist 
die  Einträufelung  einer  */»ö*/oigön  Scopolamin-  oder  einer  l%igen 
Atropinlösung  erforderlich  und  besonders  in  den  Fällen  schatzens- 
wertb,  wo  ein  junger,  rein  trachomatöser,  d.  h.  nicht  etwa  traumatischer 


Augenheilkunde.  479 

Pannus  im  sog.  Narbenstadimu  zur  Entwickelung  kommt.  Daneben 
darf  die  Behandlung  der  Conjunctiva  mit  Cuprum  nicht  vernach- 
lässigt werden.  Auch  die  Massage  der  Hornhaut  ist  zu  empfehlen. 
Gegen  Entropium  sind  nur  diejenigen  Operationen  von  dauerndem 
Erfolge,  welche  an  der  Lage  des  Lides  nichts  ändern  und  nur  die 
Stellung  der  vorderen  Kantentheile  mit  den  falsch  gerichteten  Linien 
anf  der  Basis  des  dem  Augapfel  anliegenden  Lidknorpels  verändern. 
Bei  Trichiasis  schafft  die  Epilation  nur  palliativen  Nutzen.  Dieselbe 
ist  nur  heilbar  durch  totale  Exstirpation  des  Lidrandgewebes  mit 
sämmtlichen  Haarwurzeln,  der  Defect  wird  durch  Transplantation  von 
Lippenschleimhaut  gedeckt. 

Hoppe  (Die  Erfolge  der  Bind  eh  au  tknorpelausschnei-  Hoppe, 
düng  bei  Trachom.  Zehender's  klin.  Monatsbl.  f.  Augenh.  Bd.  86 
S.  225)  hat  bei  seinem  Aufenthalt  im  Regierungsbezirk  Gumbinnen 
272  Trachomkranke,  die  früher  operirt  worden  waren,  in  Bezug  auf 
ihren  Augenzustand  revidirt  imd  gefrmden ,  dass  nur  34,3  ^/o  geheilt 
waren.  Er  gewann  den  Eindruck ,  dass  die  Ausschneidungen  nicht 
im  Stande  sind,  unter  ungünstigen  hygienischen  Verhältnissen  Dauer- 
heilungen in  dem  Umfange  zu  schaffen,  dass  die  allgemeine  Ein- 
fuhrung der  Methode  berechtigt  erscheint.  Die  Behandlungszeit  wird 
durch  das  Verfahren  nicht  verkürzt.  Am  günstigsten  sind  noch  die 
Erfolge  bei  jugendlichen  Lidividuen  in  relativ  leichten  und  frischen 
Krankheitsfslllen.  Eine  immunisirende  Thätigkeit  Hess  sich  aus  den 
Resultaten  nicht  ersehen,  wohl  aber  bringt  die  Operation  gelegent- 
lich dauernde  Nachtheile.  Nur  in  schweren  Fällen,  wo  andere  chi- 
rurgische Maassnahmen  vergeblich  angewendet  wurden,  bleibt  ein 
Versuch  mit  der  Excision  als  letztem  Hülfsmittel  angezeigt. 

Wie  Kohl  (Zur  Pathologie  und  Therapie  des  Ulcus  Hypopyon- 
serpens.  Liaug.-Diss.  Giessen)  berichtet,  ist  bei  kleinen,  in  der  ^^^m**^' 
Entwickelung  begriffenen  Ulcera  serpentia  zunächst  die  conservative 
Behandlung  mit  Atropin,  feuchtwarmem  oder  trockenem  aseptischem 
Druckverband  zu  empfehlen.  Schreitet  das  Ulcus  fort,  so  kommt 
zunächst  die  Cauterisation  des  progressiven  Randes  und  bei  grossem 
Hypopyon  die  Function  der  Kammer  im  unteren  Limbus  in  Betracht. 
Scheint  der  Process  sehr  bedenklich,  so  wird  die  Querspaltung  nach 
Saemisch  allein  oder  in  Verbindung  mit  der  Cauterisation  geübt. 

Des  Vau  X  (Du  r61e  des  maladies  g^n^rales  dans  !'< 
la    Keratite    parenchymateuse    diffuse.     Arch.    d'Op 
S.   81)    fand    unter   71   Fällen    parenchymatös 


480  Horstmann. 

Keratitis    welche  meist  das  Alter  von  10 — 20  Jahren  betrafen,  22mal  erbliche 
p aren-       gyphüis  und  12mal  Tuberculose  als  Ursache.  Letztere,  von  welcher  3  Be- 

chymatosa,      ""^  .  .  ,  ' 

Desvauz.  obachtungen  mitgetheilt  werden,  scheint  demnach  eine  häufigere  Ur- 
sache zu  sein,  als  gewöhnlich  angenommen  wird.  Einmal  war  erworbene 
Syphilis  die  Ursache,  imd  je  Imal  war  Parotitis  epidemica,  Diph- 
therie, Chorea  und  ein  Trauma  vorausgegangen.  Scrophulose  und 
Bachitis  fand  sich  in  5  FäUen.  Als  weitere  Ursachen  kommen  Malaria, 
Influenza,  Rheumatismus,  Gicht,  Uterinleiden  und  Schwangerschaft 
in  Betracht.  Die  eigentliche  Hutchinson'sche  Zahndeformation 
war  nur  in  3  Fällen  vorhanden,  in  anderen  waren  die  Zähne  schad- 
haft und  unregelmässig,  in  den  meisten  Fällen  aber  in  gutem  Zu- 
stand und  wohl  gebildet.  Die  Behandlung  hat  das  Allgemeinleiden 
zu  berücksichtigen.  Quecksilber  und  JodkaK  heilen  manche  FäUe, 
bei  denen  S3q)hilis  ausgeschlossen  und  Tuberculose  anzunehmen  ist, 
während  bei  hereditärer  Lues  das  Leiden  durch  diese  Mittel  zuweilen 
nur  wenig  beeinflusst  wurde. 

7.  Erkranknngren  der  Iris,  des  CiliarkSrpers ,  der  Chorloidea 
(einschl.  sjmpathiseher  Ophthalmie)  und  des  Glaskörpers. 

Iris  t  üb  er-  Lagrange  (ifetiologie,  traitement  et  Evolution  de  la  tuberculose 

cuiose,  ^^  Yuis.  Annal.  d'Ocid.  Bd.  119,  S.  347)  hat  durch  Lijection  von 
Bacillenculturen  in  die  Carotis  beim  Kaninchen  die  Tuberculose  des 
Uvealtractus  hervorbringen  können.  Er  erhielt  lOmal  typische  Miliar- 
tuberculose  der  Lis.  Er  hält  die  primäre  Iristuberculose  beim 
Menschen  iiir  möglich.  In  vielen  FäUen  wird  die  Listuberculose 
durch  eine  umschriebene  Primärinfection  (Drüsen,  Lungen)  hervor- 
gebracht, die  heilt,  nachdem  sie  die  Listuberculose  hervorgebracht 
hat.  Vom  kUnischen  Standpunkt  aus  müssen  diese  Fälle  als  primäre 
L-istuberculose  betrachtet  werden.  Die  pathologische  Anatomie  zeigt, 
dass  die  Iristuberculose  auf  den  vorderen  Bulbusabschnitt  beschränkt 
bleibt,  denn  der  Suprachorioidealraum  ist  durch  den  Ciliarmuskel  ge- 
schützt. Die  Lymphräume  werden  aber  früh  in  Mitleidenschaft  ge- 
zogen, was  die  AUgemeininfection  begünstigt.  Beim  Kaninchen  ist 
übrigens  fast  ausnahmslos  ein  Anlass  zu  Allgemeintuberculose.  La- 
grange enucleirt  daher,  sobald  das  Sehvermögen  erloschen  ist. 

Schi  eck  (Ueber  die  Ursprungsstelle  und  die  Pigment  irung  der 
Chorioidealsarkome.  v.  Graefe's  Arch.  f.  Ophthalm.  Bd.  45,  S.  433  > 
hat  20  Fälle  von  Aderhautsarkom  pathologisch-anatomisch  unter- 
sucht und  kommt  zu  folgendem  Ergebniss:   Weisse,  mit  der  Ober- 


Augenheilkunde. 


481 


fläche  der  Chorioidealsarkome  in  Verhindung  stehende  Geschwulst-  Aderhau t- 
massen,  welche  Einstrahlen  von  Bindegewebe  aus  den  Resten  der  ^scujcr' 
Ohoriocapillaris  erkennen  lassen  und  sich  durch  einen  eigenartigen 
angiosarkomatösen  resp.  endotheliomatösen  Bau  von  ihrer  Umgebung 
abheben,  sind  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  primär  aus  der  Ohorio- 
capillaris entstanden.  Eine  Wucherung  der  tiefen  Chorioidealschichten 
ist  in  diesen  Fällen  als  eine  secundäre  aufzufassen  und  das  Fort- 
schreiten des  Tumors  in  der  Schicht  der  grossen  Gefösse  keineswegs 
beweisend  für  die  Entstehung  der  Geschwulst  in  diesen  Lagen.  Im 
späteren  Verlaufe  kann  jedes  primäre  Leukosarkom  der  Ohoriocapil- 
laris jederzeit  Pigment  zugeführt  erhalten,  indem  der  sarkomatöse 
Process  auf  die  pigmentirten  Lagen  übergreift,  hier  Gefasse  arrodirt 
und  eine  Abschwemmung  von  Ohromatophoren  sowie  EmboHe  der- 
selben in  die  leukosarkomatösen  Bezirke  hervorruft. 

Nach  Leber  und  Krahnstöver  (Ueber  die  bei  Aderhaut- 
sarkomen vorkommende  Phthisis  des  Augapfels  und  die  Bedeutung 
von  Verletzung  bei  der  Entstehung  dieser  Geschwülste,  v.  Graefe's 
Arch.  f.  Ophthalm.  Bd.  45,  S.  164  u.  267)  ist  das  Auftreten  von 
Aderhautsarkomen  an  vorher  phthisischen  Augen  lediglich  ein 
Spiel  des  Zufalls,  ihr  Auftreten  nach  Verletzung  noch  nicht  ein- 
wandsfrei  bewiesen.  Phthisis  bulbi  ist  vielmehr  Folge  des  Sarkoms 
und  kommt  durch  Iridochorioiditis  zu  Stande.  Die  Entstehung  der 
letzteren  wird  durch  den  Tumor  begünstigt  insofern,  als  die  dorthin 
gelangenden  Mikroorganismen  in  den  abgestorbenen  Zellen  des 
Tumors  günstige  Entwickelungsbedingungen  finden,  so  dass  es  zu 
Totalnekrose  des  Tumors  kommt.  Hierauf  nimmt  die  Entzündung 
durch  Störung  der  Flüssigkeitsabsonderung  ihren  Ausgang  in 
Phthisis  bulbi. 


Leber  n. 
Krahnstöver. 


Grote  (Ist  die  Resectio  nervi  optici  zur  Verhütung  von  Oph-    Sympathi- 
thalmia  sympathica  eine  geeignete  Operation?  Liaug.-Diss.  Berlin)  stellt      uf^^f   . 
aus  den  Jahren  1882 — 97  sämmtliche  Fälle  zusammen,  bei  denen  wegen       orote, 
drohender  sympathischer  Ophthalmie  die  Resection  des  Op- 
ticus  und  der  Ciliamerven  ausgeführt  worden  ist,  und  kommt  zu 
dem  Ergebniss,  dass  in  keinem  dieser  352  Fälle,  sofern  die  Resection 
frühzeitig   genug    gemacht   wurde,    eine   nachträgliche    Ophthalmie 
auftrat. 

Shaw   (Sympathetic   Ophthalmia.     British  med.  Journ. ,   Juni,        Shaw. 
S.   1580)   gibt  zuerst   eine  sehr  gute  Litteraturübersicht  der  sym- 
pathischen Ophthalmie  seit  Deutschmann's  bekannten  Ex- 
perimenten.   Er  bezweifelt  die  Richtigkeit  der  Deuts chmann'schen 

Jahrbuch  der  practischen  Medicm.    1899.  31 


482  Horstmann. 

Sympathi-  Migrationstheorie.  Shaw  untersuchte  acht  verletzte  Augen,  von 
Ophthalmie  ''^ö^^^®^  vi®^  sjnnpathische  Ophthalmie  erregt  hatten,  ohne  Mikro- 
Shaw. Organismen  zu  finden.  Er  machte  auch  Experimente,  um  zu  ent- 
scheiden ,  ob ,  wie  Bach  behauptet ,  bei  langer  Keizung  des  einen 
Auges  Veränderungen  im  anderen  auftreten.  Es  wurden  mit  septi- 
schen Instrumenten  Wunden  in  der  Gegend  des  Ciliarkörpers  ange* 
legt,  Schrotkugeln  eingeführt  und  zuweilen  Jequirity  benutzt.  Shaw 
kommt  zu  dem  Schlüsse,  dass,  obgleich  eine  vorübergehende  Eeizong 
eines  Auges  eine  vorübergehende  Exsudation  von  Fibrin  und  Leuko- 
cyten  in  beiden  Augen"  hervorrufen  kann,  doch  eine  lang  dauernde, 
beständige  Beizung  keine  reichliche  Exsudation  mit  folgenden  organi- 
schen Veränderungen  im  zweiten  Auge  hervorrufen  wird. 

8.  Glaukom. 

Glaukom  im         Bernheimer   (Ueber   das  Vorkommen   von  Glaukom 

insen  osen  -^^   linsenlosen   Auge.    Wien.   klin.  Wochenschr.  Nr.  17)   be- 
Ange,  ^  ^  ^ 

Bernheimer.  Spricht  kurz  die  Czerma kusche  Hypothese  des  Zustandekommens 
von  Primärglaukom  bei  enger  Vorderkammer  bei  alten  Leuten  und 
bei  weiter  Kammer  mit  Entzündungsproducten  im  Kammerwinkel 
und  führt  schliesslich  4  selbst  beobachtete  Fälle  von  Glaukom  in 
linsenlosen  iridektomirten  Augen  an.  Bei  dreien  dieser  Patienten 
erkrankte  auch  das  zweite  Auge  an  Glaukom.  Bernheimer  schliesst 
daraus,  dass  auch  das  Glaukom  des  anderen,  aphakischen  Auges  als 
wirkliches  Primärglaukom  aufzufassen  sei  und  mit  der  Extraction  in 
keinem  directen  Zusammenhange  stehe.  In  1  Falle  reichte  der 
verdickte  Nachstar  im  Gebiete  des  Coloboms  bis  an  die  Cornea  und 
war  ihr  in  der  Kammerbucht  angelagert.  Da  für  aphakische,  irid- 
ektomirte  Augen  die  Czermak'sche  Theorie  nicht  entspricht,  gibt 
Bernheimer  den  „ganz  reservirten"  Erklärungsversuch,  daas  bei 
den  durch  Alter  und  hypermetropischen  Bau  zu  Glaukom  disponirten 
Augen  die  Verlegung  eines  kleinen  Theiles  der  Kammer  durch  Nach- 
starmassen  genügt  habe,  um  das  „latente^  Glaukom  thatsächlich  aus- 
zulösen. In  entsprechender  Weise  werden  zurückgebliebene  Cortical- 
massen,  Linsenkapseleinheilung  und  Anlegung  des  Irisstumpfes  an 
die  Homhautwunde  einen  GlaukomanfaU  begünstigen,  sofern  das 
Auge  überhaupt  zu  Glaukom  disponirt  ist.  Wenn  mithin  die  grossere 
Zahl  von  Glaukomen  bei  aphakischen  Augen  als  wahre  Secundär- 
glaukome  aufzufassen  sind,  so  müssen  doch  manche,  wie  z.  B.  8  von 
den  4  Fällen  Bernheimer's,  als  primäre  Glaukome  aufgefaast 
werden,  nämlich  die,   bei  denen  alle  die  ein  Secundärglaukom  aus- 


Augenheilkunde.  483 

lösenden  Momente  fehlen  und  auch  das  zweite,  nicht  aphakische 
Auge  an  Glaukom  erkrankt  ist  oder  nachträglich  erkrankt.  Zur  Ver- 
hütung des  Glaukoms  bei  aphakischen  Augen  räth  Bernheime r, 
bei  glaukomverdächtigen  Cataracten  der  Extraction  eine  Glaukom- 
iridektomie  vorauszuschicken,  besonders  aber  bei  dem  zweiten  Auge, 
wenn  das  erstopenrte  an  Glaukom  erkrankte.  Bei  Nachstar  im  irid- 
ektomirten  Auge  empfiehlt  es  sich,  frühzeitig  eine  Discission  mit 
möglichster  Freilegung  des  Kammerwinkels  zu  machen. 

Die  leitende  Idee,    welche   die  verschiedenen  Theile  des  von 
Panas  und  Rochon-Duvigneaud  (Recherches  anatomiques  sur    Glaukom 
le  glaucome  et  les  n^oplasmes  intraoculaires.  Paris)  über  das  Glau-   ^^t-^^^l^' 

^  .        ,        ^  oculare  Nei 

kom    und    die    intraoculären  Neoplasmen   veröffentlichten  bildungen, 

Buches  in  ein  harmonisches  Ganzes  verbindet,  ist  das  Bestreben,  Panas  u. 
die  Entstehung  der  Druckerhöhung  im  Augeninnem  aufzuklären  D^vigneaud. 
durch  die  genaue  anatomische  Beschreibung  von  Augen,  an  denen 
dieselbe  während  des  Lebens  constatirt  worden  war.  Die  Oblite- 
ration  des  Iriswinkels  ist  eine  Secundärerscheinung,  hervorgebracht 
durch  die  Druckschwankungen  der  Prodromalperiode,  welche  Druck- 
schwankungen einer  Hypersecretion  der  Augenflüssigkeiten  bei  noch 
normalen  Abflussverhältnissen  zur  Ursache  haben.  Die  Hj^ersecre- 
tion  selbst  ist  die  Folge  einer  noch  unbekannten  materiellen  Ver- 
änderung und  nicht  eine  Functionsstörung.  Es  scheint  jedoch,  dass 
die  Sklerose  der  Netzhautgefösse  in  der  Hervorbringung  derselben 
eine  gewisse  RoUe  spielt.  Die  anatomische  Beschreibung  der  im 
weiteren  Verlaufe  des  Glaukoms  auftretenden  materiellen  Verände- 
rungen ist  ebenso  sorgfältig  als  interessant ;  wir  verweisen  für  diese 
Details  auf  das  Original.  „Während  es  wahrscheinlich  ist,  dass  es 
in  Bezug  auf  die  Aetiologie  nur  eine  Art  von  Primärglaukom  gibt, 
gibt  es  sicher  mehrere  Arten  von  Secundärglaukom."  An  der  Hand 
von  ausfiihrlichen  Beobachtungen  setzen  die  Verff.  diese  Ansicht 
aus  einander.  Für  die  Chorioidealtumoren  wird  die  Pigmentembolie 
des  Iriswinkels  als  Glaukomursache  anerkannt.  Die  Compression 
der  Wirbelvenen  spielt  nur  ausnahmsweise  eine  Rolle;  die  directe 
Einwirkung  der  Neubildung  auf  den  Iriswinkel  kommt  vor,  und  die 
Heizung  der  Ciliamerven  durch  den  Tumor  (Hypersecretion)  ist 
wahrscheinlich. 

Sidler-Huguenin  (Die  Späterfolge  der  Glaukombehandlung. 
In.-Diss.  Zürich)  hat  an  76  Privatpatienten  von  Ha  ab,  die  minde- 
stens 2  Jahre   lang   beobachtet  werden    konnten,    die  Erfolge   der 


484  Horsfanann. 

Späterfolge  Glaukombehandlung  studirt  und  kommt  zu  folgendem  Resultat : 

^,  ^"         In  91,47  Wo   der  FäUe  von  Glaucoma  inflammatorium  mit  brauch- 
Glankom-  ' 

b eh andlang,  barem  Sehvermögen  vor  der  Operation  konnte  dieses  durch  Iridek- 
Sidier-  tomie  erhalten  werden.  Sclerotomie  oder  Miotica  allein  leisten 
^^®  •  weit  weniger,  kommen  jedoch  in  der  Nachbehandlung  in  Betracht. 
Beim  Glaucoma  simplex  steht  die  Sclerotomie  der  Iridektomie  nur 
wenig  nach.  Für  das  Glaucoma  haemorrhagicum  ist  die  schonendste 
Behandlung  die  beste  und  somit  die  Sclerotomie  der  Iridektomie 
vorzuziehen.  Verf.  constatirte  damit  noch  20°/o  Heilungen.  Aus- 
schliessliche Anwendung  der  Miotica  ist  bei  allen  Glaukomformen 
ungenügend.  Verf.  vermochte  bei  10  Patienten  nächtliche  Druck- 
steigerung festzustellen,  erklärt  sich  so  die  Fälle,  die  bei  normaler 
Tension  bei  Tage,  z.  B.  während  der  Sprechstunde,  fortschreitende 
Excavation  erkennen  lassen,  und  empfiehlt  deshalb,  den  Druck  häu- 
figer und  zu  verschiedenen  Zeiten  zu  controUiren. 

9.  Erkranknngren  der  Linse. 

Nach  einer  geschichtlichen  Einleitung  über  die  Schnittführung 
Lappen-  bei  der  Staroperation  weist  Schweigger  (Extraction  mit 
^^r'^^st  .^^PPö^schnitt  nach  unten.  Archiv  f.  Augenheilk.  Bd.  36, 
Operation,  S.  1)  an  der  Hand  der  Statistik  nach,  dass  die  Behauptung,  die 
Schweiggw.  Operation  mit  Iridektomie  ergebe  ebenso  gute  Sehschärfen  wie  ohne 
Iridektomie,  falsch  ist.  Er  berichtet  über  194  Operationen  mit  und  über 
208  ohne  Iridektomie.  Verluste  fanden  sich  bei  ersteren  in  3,6  •/©,  bei 
letzteren  in  2,4  ^/o.  Die  erzielten  Sehschärfen  waren  besser  bei  Fort- 
fall der  Iridektomie  (29  "/o  mit  S  =  */» — 1  gegen  6  *^/o).  Bevorzugt 
wird  der  Lappenschnitt  nach  unten  mit  Benutzung  eines  von 
Schweigger  modificirten  Richter'schen  Messers.  Er  fixirt  mit 
einer  dem  P  am ar duschen  Spiess  nachgebildeten  Gabel.  Für  die 
Nachbehandlung  macht  es  keinen  Unterschied,  ob  mit  oder  ohne 
Iridektomie  operirt  wurde.  Irisvorfall  kam  in  12,5  ®/o  der  Fälle  und 
nach  vorausgeschickter  Iridektomie  in  9,7  ®/o  vor.  Die  Abtragung 
erfolgte  1 — 10  Tage  nach  dem  Nachweis  des  Vorfalles.  Wesentliche 
Nachtheile  aber,  und  das  ist  die  Hauptsache,  resultirten  daraus  nicht. 
Die  vordere  Synechie  bringt  keine  ins  Gewicht  fallenden  Störungen, 
denn  es  ist  weder  die  Annahme,  dass  sich  Glaukom  infolge  dessen 
entwickele,  noch  dass  es  leicht  zu  eitriger  Iridochorioiditis  komme, 
bewiesen.  Unter  100  zuletzt  operirten  Fällen  gab  es  nur  2  Pro- 
lapse bei  Benutzung  des  zur  Zeit  von  Schweigger  geübten  Ver- 
fahrens.   Nach  der  Extraction  wird  3*/oige  Lösung  von  Tropococain 


Augenheilkunde.  485 

in  die  vordere  Kammer  gespritzt.  Die  Iris  wird  jetzt  hervorgezogen 
und  dicht  an  der  Homhautwunde  mit  einem  geeigneten  Messer 
durchschnitten,  darauf  Eserininstülation.  Der  Irisschnitt  verwächst 
in  der  Regel  vollständig  und  spurlos. 

10.  Krankheiten  der  Netshant  nnd  des  SehnerTon« 

Horstmann   (Ueber  den  Verlauf  der   spontanen  Netz-    Netzhaut- 
hau tablösung.     Arch.   f.   Augenheilk.   Bd.   36),   der   im   Verlaufe    HoMtainn* 
von  18  Jahren  106  Fälle  von  spontan  entstandener  Netzhautablösung 
beobachtet  hat,  war  in  35  Fällen  in  der  Lage,  die  Entstehung  und 
den  Verlauf  des   Leidens  jahrelang  genauer  zu  beobachten.     5mal 
sah  Verf.   vollständige  Heilung  eintreten.     Bei  diesen  war  die  Ab- 
lösung  niemals    stark  aufgetrieben,    sondern  eher  flach,   und  stets 
handelte   es   sich  um  Personen   in  jüngeren  und  mittleren  Lebens- 
jahren   und    mit   mittleren   Graden   von  Myopie   (4,0 — 7,5  D.).     In 
2  weiteren  Fällen  legte  sich  der  abgelöste  Netzhauttheil  zwar  wieder 
an,   nahm  aber  seine  Function  nicht  wieder  auf,   und  in  abermals 
2  Fällen,  wo  die  Netzhaut  spontan  sich  wieder  anlegte  und  fiinctio- 
nirte,    trat  die  Netzhautablösung  von   neuem   auf,    um  mit  totaler 
Netzhautablösung  abzuschliessen.    Weiter  beobachtete  Verf.  11  Fälle, 
wo   die  Ablösung  partiell  und  ein  Rest  des  Sehvermögens  erhalten 
blieb;    alle  Augen  waren   zwischen   12  und  4  Jahren  in  dauernder 
Beobachtung.    10  hatten  myopischen,  1  emmetropischen  Refractions- 
znstand.     Am  häufigsten,  in  15  Fällen,  wurde  die  Netzhautablösung 
eine  totale.     Mit  Ausnahme   eines  Falles   von  Hypermetropie   und 
eines  anderen  von  Emmetropie  handelte  es  sich  überall  um  myopische 
Aagen  (3,0 — 25,0  D.).   Im  abgelösten  Theil  Hess  sich  mit  einer  Aus- 
nahme  stets   ein  Einriss   nachweisen;    die  Tension   war   ausser  in 
2  Fällen  allemal  deutlich  herabgesetzt.    Im  folgenden  erörtert  Verf. 
ansfiihrlich  die  verschiedenen  Theorieen  über  das  Zustandekommen 
der  Netzhautablösung  und  die  zu  ihrer  Heilung  bisher  angewandten 
operativen  Methoden.     Diese  werden  vom  Verf.   ausnahmslos  ver- 
worfen und  allenfalls  der  scleralen  Function  der  subretinalen  Flüssig- 
keit   eine  vorübergehende  Heilwirkung  zugeschrieben.     Im  übrigen 
beschränkt  sich  Verf.    darauf,    die  Samelsohn'sche  Behandlung, 
Druckverband  in  Rückenlage  verbunden  mit  Schwitzcur,  aufs  neue 
zu  empfehlen. 

Ha  ab    (Ueber   die  sog.  Embolie   der   Centralarterie. 
Correspondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  11)  ist  der  Meinung,  dass 


486 


Horstmann. 


Arteria 

centralis 

retinae, 

Haab. 


Embolie  der  es  sich  bei  dem  zuerst  von  v.  Graefe  geschilderten  klinischen  Bild 
der  EmboKe  der  Arteria  centralis  sehr  oft  nicht  um  eine  Embolie 
handelt,  sondern  um  eine  Thrombose.  Die  den  Gefässverschluss  be- 
wirkende Thrombose  wird  durch  eine  Erkrankung  der  Gefässwan- 
dung  selbst  herbeigeführt.  Dieselbe  beruht  auf  Atherom,  Syphilis, 
Endarteriitis  infolge  chronischer  Albuminurie  oder  anderer  dyskra- 
sischer  Zustände.  Auch  die  überall  zu  lesende  Angabe,  es  trete  bei 
Verstopfung  eines  Astes  der  Centralarterie  ein  hämorrhagischer  In- 
farct  in  der  Retina  ein,  ist  unrichtig.  Bei  38  vom  Autor  daraufhin 
durchgesehenen,  in  der  Litteratur  beschriebenen  FäUen  war  von 
einer  Blutung  nicht  die  Rede. 


Nasen-  und 
Augen- 
erkran- 
kungen, 
Seifert. 


11.  Angrenerkranknngren  im  Zasammenhanp  mit  sonstigen 

KSrperkrankhelten« 

Seifert  (Ueber  die  Beziehungen  zwischen  Nasen-  und 
Augenerkrankungen.  Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  20)  fuhrt 
aus,  dass  die  Erkrankungen  der  Nase  oft  in  inniger  Beziehung  zu 
denen  des  Auges  stehen.  Sie  pflanzen  sich  entweder  in  directer 
Propagation  auf  das  Auge  fort  oder  rufen  auf  reflectorischem  Wege 
krankhafte  Erscheinungen  am  Auge  hervor.  Diese  Thatsache  wird 
noch  nicht  genügend  berücksichtigt,  obgleich  ihre  volle  Würdigung 
in  manchen  FäUen  wesentlich  bessere  Heilerfolge  ermöglicht.  Bei 
Erkrankungen  des  thränenableitenden  Apparates  spielen  die  atro- 
phischen Processe  in  der  Nase  eine  grosse  Rolle,  sowohl  die  mit 
als  die  ohne  Fötor  einhergehenden,  dann  die  Hyperplasie  der  un- 
teren Muschel,  sowie  alle  anderen  Processe,  welche  den  unteren 
Nasengang  verschliessen.  Auch  adenoide  Vegetationen  durch  Secret- 
stauungen  üben  eine  ähnliche  Wirkung  aus.  Eine  weitere  Grupj>e 
von  Nasenaffectionen  stellt  jene  dar,  welche  mit  Conjunctivalerkran- 
kungen  vergesellschaftet  sind.  Namentlich  bei  Kindern  geben  die 
verschiedenen  Erkrankungen  des  Naseninnem,  z.  B.  durch  Ekzem, 
Veranlassungen  zu  Augenentzündungen  gleicher  Art.  Die  Nase  ü<t 
da  meist  der  primär  erkrankte  Theil.  Sehr  bemerkenswerth  ist  dit- 
Beobachtung  des  Verfassers,  dass  bei  vielen  Fällen  von  Ulcus  corneae 
serpens  Rhinitis  atrophica  foetida  bestand,  so  dass  wohl  die  In- 
fection  der  Cornea  von  der  Nase  aus  erfolgte.  Auch  zwischen  Er- 
krankungen der  Nase  und  Trachom  besteht  ein  gewisser  Zusammen- 
hang. So  kann  unter  bestimmten  Umständen  die  Nasongranulose 
durch  Fortkriechen  des  Processes  in  den  Ganalis  nasolacr}inalis  ein 
secundäres  Trachom  des  thränenableitenden  Apparates  und  weiter- 
hin der  Lidbindehaut  erzeugen. 


Augenheilkunde.  487 

In  einer  Monographie  über  den  Herpes  zoster  ophthalmi- 
cus  gelangt  Sulz  er  (Oontributions  k  l'etude  du  Zone  ophtalmique.  Herpes 
Annal.  d'Ocul.  Bd.  119,  S.  401  u.  Bd.  120,  S.  16)  zu  dem  Schluss,  ^  ^^^^^J'i^^^j. 
dass  die  Zostereruptionen  in  zwei  grosse  Classen  zu  theilen  seien:  cus. 
sie  können  einer  acuten,  specifischen,  die  Immunität  verleihenden  Sulzer. 
Infectionskrankheit ,  dem  Zosterfieber,  ihr  Dasein  verdanken 
und  dann  dem  Exanthem  ^er  Masern  und  des  Scharlachs  gleich- 
werthig  sein,  oder  aber  einfach  ein  Symptom  verschiedenartiger 
Affectionen  sein,  z.  B.  Syphilis,  Tabes,  traumatische  und  infectiöse 
Knochenläsionen,  Phlebitis,  Gicht,  Sinusitis,  Tumoren,  Gefasserkran- 
kungen  etc.  Die  Mehrheit  der  Fälle  von  Zoster  ophthalmicus  scheint 
der  letzteren  Classe  anzugehören.  Dies  ist  besonders  der  Fall,  wenn 
sich  die  Bläscheneruption  der  Haut  und  der  Conjunctiva  mit  Sym- 
ptomen complicirt,  die  den  Augapfel  betreffen :  primäre  interstitielle 
Keratitis,  Muskellähmungen,  Neuritis  optica.  Diese  Eruptionen  sind 
nicht  die  Folge  einer  acuten  Infectionskrankheit,  sondern  ein  Sym- 
ptom einer  encephalitischen,  meistens  basalen  circumscripten  oder 
diffusen  Affection.  Während  die  Prognose  des  Zosterfiebers  gut  ist, 
muss  sie  in  den  Fällen  von  symptomatischer  Zostereruption  im  Ge- 
biet des  Trigeminus  sehr  reservirt  sein;  der  Verlauf  des  Leidens 
kann  sowohl  durch  schwere  Symptome  von  Seiten  des  Centralnerven - 
Systems  als  durch  Beeinträchtigung  des  Sehvermögens  getrübt 
werden. 

Dünn   (Ocular  paralysies  recurring  in  the  course  of  nephritis.      Augen- 
Arch.   of  Ophth.  Bd.  26,   S.  B42)   bringt  3  Krankengeschichten,   in  ij^J^^^^*'^^ 
denen    sich   Augenmuskellähmungen    infolge    von    Albu-         bei 
minurie    finden.     Er   ist  der  Meinung   von  Knies,    dass   solche    Nephritis, 
Lähmungen  bei  Albuminurie  sehr  häufig  sind,   obgleich  sich  in  der 
Litteratur  darüber  nicht  viel  findet.    In  jedem  Falle  von  rasch  sich 
entwickelnder  Lähmung  der  Augenmuskeln   sollte    der  Harn  unter- 
sucht werden.     Die  Ursache   der  Lähmungen  besteht  meist  in  Blu- 
tungen in  den  Wurzeln  oder  Kernen  der  Nerven  oder  in  den  Nerven 
selbst. 

Nach  Yarr  (Malarial  affections  of  the  eye.  Brit.  med.  Joum., 
Sept.,  S.  870)  wurzeln  alle  Affectionen  des  Auges  bei  Ma- 
laria in  Circulationsstöiningen  und  können  folgendermaassen  einge- 
theilt  werden :  1.  Neuritis ,  2.  Netzhautblutungen ,  3.  Ketinochorio- 
iditis,  4.  Ergüsse  in  den  Glaskörper.  Bei  1.  bestehen  die  Haupt- 
symptome in  Supra orbitalschmerzen  und  Lichtscheu,   häufig  Nacht- 


488  Horstmann. 

Augen-  blindheit,  schnellen  Schwankungen  der  Sehschärfe,  Gesichtsfeld  in- 
b**°M°?^*"  **^^  ^^®^  leicht  eingeengt.  Farbensinn  normal,  wenn  nicht  Atrophie 
Yarr.  '  folgt.  Die  Papille  hat  eine  „Teinte  rouge  grisätre".  InSOVo  dieser 
Fälle  tritt  partielle  Atrophie  ein.  2.  Die  Blutungen  können  kleine 
und  peripherische  sein  oder  grosse  peripapilläre  und  maculäre.  Sie 
sind  oft  durch  Parasiteninfarcte  und  nachfolgendes  Extravasat  ver- 
anlasst. 3.  Der  Eintritt  erfolgt  gewöhnlich  gegen  Ende  des  Hitze- 
stadiums  und  wird  begleitet  von  Supraorbitalschmerzen,  Lichtscheu, 
Photopsie.  4.  Bei  der  Seltenheit  derselben,  die  von  S  e  e  1  y  (Trans. 
Amer.  Ophth.  Soc,  1882)  beschrieben  sind,  gibt  Yarr  keine  eigenen 
Beobachtungen.  Die  folgenden  in  ihrer  Entstehung  unklaren  Affec- 
tionen  wurden  noch  von  anderen  Autoren  beschrieben:  plötzliche 
und  dauernde  Erblindung  ohne  sichtbare  Veränderung  des  Hinter- 
grundes; periodische  Amaurose;  plötzliche  in  Atrophie  endigende 
Amaurose;  dauerndes  centrales  Skotom;  periodisches  Blausehen. 
Leichte  Grade  von  Chininamaurose  kommen  bei  der  Malariabehand- 
lung häufig  vor. 

Aman-  Sachs    (Die  amaurotische   familiäre  Idiotie.     Deutsche   med. 

rotische  Wochenschr.  Nr.  3)  beschreibt  einige  bei  Kindern  in  den  ersten 
Idiotie  Lebensjahren  auftretende  allgemeine  Krankheitssymptome  mit  S3rm- 
Sachs.  metrischen  Veränderungen  in  der  Gegend  der  Macula  lutea.  Er 
nennt  die  Krankheit  amaurotische  familiäre  Idiotie.  Die 
Hauptsjrmptome  dieser  Krankheit  sind:  1.  Psychischer  Defect,  in 
den  frühen  Lebensmonaten  bemerkbar,  der  zur  absoluten  Idiotie 
führt.  2.  Schwäche  aller  Extremitäten  bis  zur  vollständigen  Läh- 
mung, schlaffer  oder  spastischer  Natur.  3.  Die  tiefen  Reflexe  können 
normal,  vennindert  oder  erhöht  sein.  4.  Abnahme  des  Sehver- 
mögens, die  zur  totalen  Blindheit  führt  (Veränderungen  in  der  Ma- 
cula lutea  und  späterhin  Opticusatrophie).  5.  Marasmus  und  letaler 
Ausgang,  meistens  vor  Ende  des  2.  Lebensjahres.  6.  Die  Erkran- 
kung betrifft  mehrere  Kinder  derselben  Familie. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

Ed.  Asmus,  Das  Sideroskop  und  seine  Anwendung.    Wiesbaden. 

Bericht  über  die  26.  Vei-sammlung  der  ophthalmologischen  Gesellschaft. 
Heidelberg  1897.  Unter  Mitwirkung  von  E.  v.  Hippel  und  A.  Wagen« 
mann  redigirt  von  W.  Hess  und  Th.  Leber.    Wiesbaden. 

H.  Cohn,  Tafeln  zur  Prüfung  der  Sehleistung  und  Sehschärfe.  5.  ver- 
besserte Aufl.    Breslau. 


Augenheilkunde.  489 

W.  Czermak,   Die   augenärztlichen  Operationen.     11.  u.  12.  Lief.    Wien. 

Flügge  und  v.  Mering,  Klinisches  Jahrbuch.  7.  Bd.,  1.  Heft:  Hoppe, 
Die  Trachomepidemie  und  ihre  Bekämpfung  im  Regierungsbezirk  Gum- 
binnen.  —  Greeff,  Studien  über  epidemische  Augenkrankheiten.  Jena. 

E.  Fuchs,  Lehrbuch  der  Augenheilkunde.  7.  vermehrte  Aufl.  Leipzig  und 
Wien. 

A.  Graefe,  Motilitätsstörungen  mit  einleitender  Darlegung  der  noi-malen 
Augenbewegimgen.  Graefe  -  Saemisch's  Handbuch  der  gesammten 
Augenheilkunde.    2.  neubearbeitete  Aufl.,  Lief.  1,  2  u.  3.    Leipzig. 

R.  Greeff,  Anleitung  zur  mikroskopischen  Untersuchung  des  Auges.  Berlin. 

0.  Ha  ab.  Pathologische  Anatomie  des  Auges.  Ziegler*s  Lehrbuch  der  all- 
gemeinen und  speciellen  pathologischen  Anatomie.  Bd.  2,  S.  912. 
Jena. 

0.  Ha  ab,  Atlas  der  äusseren  Erkrankungen  des  Auges  nebst  Grundriss 
ihrer  Pathologie  und  Therapie.  Mit  76  farbigen  und  6  schwarzen 
Abbildungen.    Lehmann's  medicinische  Handatlanten.    München. 

0.  Ha  ab,  Skizzenbuch  zur  Einzeichnung  von  Augenspiegelbildem.  2.  Aufl. 
München. 

J.  Herrnheiser,  Das  kurzsichtige  Auge.  Augenärztliche  Unterrichts- 
tafeln, herausgegeben  von  H.  Magnus.    Heft  15.    Breslau. 

H.  Kuhnt,   üeber  die  Verwendbarkeit   der  Bindehaut   in  der  practischen 

und  operativen  Augenheilkunde.    Wiesbaden. 
H.  Magnus,  Die  Untersuchung  der  optischen  Dienstfähigkeit  des  Eisen- 
bahnpersonals.   Breslau. 
H.  Magnus,  Augenärztliche  Unterrichtstafeln.    Breslau. 

14.  Heft:  K.  Baas,  Die  Seh-  und  Pupillenbahnen. 

15.  Heft:  J.  Herrnheiser,  Das  kurzsichtige  Auge. 

A.  Mooren,  Gesichtsetörungen  und  Uterinleiden.    2.  Aufl.    Wiesbaden. 
W.  A.  Nagel,  Tafeln  zur  Diagnose  der  Farbenblindheit.    Wiesbaden. 
O eller,  Atlas  der  Ophthalmoskopie.    4.  Heft.    Wiesbaden. 
A.  Peters,   Tetanie   und  Starbildung.    Ein  Beitrag  zur  Pathologie  und 
pathologischen  Anatomie  der  Linsen.    Bonn. 

E.  Baehlmann,  üeber  den  Heilwerth  der  Therapie  bei  Trachom.    Berlin. 
A.  M.  Ramsay,  Atlas  of  extemal  diseases  of  the  eye;  forty  eight  full-page 

plates  of  the  eye  in  colour  and  photographure ;  with  descriptive  text. 
Glasgow. 
R.  A.  Reddingius,  Das  sensumotorische  Sehwerkzeug.    Leipzig. 

F.  Salz  er,  Ueber  den  künstlichen  Hornhautersatz.     Wiesbaden. 

O.  Schwarz,  Die  Bedeutung  der  Augenstörungen  für  die  Diagnose  der 
Hirn-  und  Rückenmarkskrankheiten.    Berlin. 

H.  Schmidt-Rimpler,  Die  Erkrankungen  des  Auges  im  Zusammenhang 
mit  anderen  Krankheiten.  Specielle  Pathologie  und  Therapie,  her- 
ausgegeben von  H.  Nothnagel.    21.  Bd.    Wien. 

S.  Seeligmann,  Die  mikroskopischen  Untersuchungsmethoden  des  Auges. 
Berlin. 


490  Horstmann. 

H.  Snellen,  Handleiding  by  het  oogheelkundig  onderzoek.    Groningen. 

Straub,  Handleiding  by  het  oogheelkundig  onderzoek.    Leiden. 

A.  Vossius,   Lehrbuch   der  Augenheilkunde.    3.  vermehrte  Aufl.    Leipzig 

und  Wien. 
A.  Vossius,   Sammlung  zwangloser  Abhandlungen  aus  dem  Gebiete  der 
Augenheilkunde.    Bd.  2.    Halle  a.  S. 

Heft  4:  A.  Vossius,  Der  gegenwärtige  Standpunkt  in  der  Patho- 
logie und  Therapie  des  Ulcus  corneae  serpens. 

Heft  5:  W.  Uhthoff :  Ueber  die  neueren  Fortschritte  der  Bacterio- 
logie  auf  dem  Gebiete  der  Conjunctivitis  und  der  Keratitis  des 
Menschen. 

Heft  6:  K.  Baas,  Die  Augenerscheinungen  der  Tabes  dorsalis 
und  der  multiplen  Sklerose. 

Heft  7:    A.  Peters,  lieber  Kopfschmerzen  infolge  von  Augen- 
Störungen. 
L.  Weiss,  lieber  das  Gesichtsfeld  von  Kurzsichtigen.    Leipzig  und  Wien. 
H.  Willbrand  und  A.  Sänger,  Die  Neurologie  des  Auges.    Ein  Hand- 
buch für  Nerven-  und  Augenärzte.    1.  Bd.    Wiesbaden. 


VL 

OhreniraiLkheiten. 

Von  Saoitütsrath  Dr.  Schwabach  in  Berlin. 
A.  Anatomie  nnd  Pbrilolo^le  des  Geh5ror;aiiB. 

Hörprüfung,  Hörapparate. 

William  RutherTord  (An  adrei's  of  tone  seneation  with  reteieace 
to  the  function  of  the  Cochlea.  The  Laneet,  13.  August)  erörtert  auefGhr- 
lich  die  von  ihm  auf geatellte  Theorie  über  die  Function  der  Schnecke,  ' 
die  im  Gegensatz  zur  Helmboltz'dchen  Theorie  darauf  basirt,  da.«»  eine 
Analyse  der  Töne  in  der  Schnecke  nicht  stattfindet.  Es  würden  vielmehr 
alle  Haaraellen  durch  jeden  Ton  angeßprochen,  die  Schallwellen  in  Schwin- 
gungen der  Nerven  mit  gleicher  Frequenz,  Amplitude  und  Form  umgesetzt. 
Im  Sensorium  erzeugen  nach  Verf.  diese  Schwingungen  der  Nerven  Em- 
pfindungen ,  die  in  ihrer  Quantität  mit  den  erregenden  Impulsen  variiren 
(Telephon  theorie). 

A.  Oeseh  (Was  können  wir  ohne  Schnecke  hören?  Inaug.-Diss. 
Basel)  hält  sich  auf  Grund  einer  sorgfältigen  Analyse  aller  in  der  Litteratur 
vorliegenden  f^Ue  von  Labyrinthnekrose  mit  Einschluss  eine»  bisher  nicht 
veröffeutUchten  Falles  zu  folgenden  Schluatten  berechtigt:  Ea  U  ki.'!]!  F^ll 
vorhanden,  der  sicher  beweist,  dass  SIenschen  ohne  Schnecke  himn  können. 
Eine  immer  mehr  in  Zunahme  begrilfene  Anzahl  von  b^len,  <tii*  mit  den 
neuesten  Half smitteln  der  Diagnostik  geprüft  wurden .  beweist,  dass  der 
Mensch  ohne  Schnecke  nicht  hört.  Alle  Fälle  von  Labyrinthriikrü=t ,  di-' 
fSr  die  Lösung  dieser  Frage  in  Betracht  gezogen  werden  kÖniiL'u ,  waren 
mehr  oder  weniger  reine  nnd  vollständige  Nekrosen  der  SchnPLke. 

Nach  Victor  Hammerechlag  (Wien)  fßeitrag  zur  KntwickellT 
mechanik  der  Gehörschnecke.    Arch.  f.  Ohrenheük.  Bd.  44.  8 
erfahrt  die  Annahme,  nach  welcher  die  Schnecke nfasem  in  gl>-i''lier 


492  Schwabach. 

zur  Vermittelung  der  Pereeption  der  Töne  wie  der  Geräusche  geeignet  sind, 
vom  entwickelungsgeschichtlichen  Standpunkte  eine  Unterstützung,  und  zwar 
glaubt  er,  annehmen  zu  sollen,  dass  regelmässige  Schwingungen  einzelner 
Theile  der  Basilarmembran  die  Vorstellimg  musikalischer  Töne,  regellose 
Erschütterungen  der  ganzen  Membran  oder  grösserer  Strecken  derselben 
die  Empfindung  der  verschiedenen  Geräusche  erzeugen. 

Reflex-  Ost  mann  (Marburg  a.  d.  L.)  kommt  auf  Grund  von  Thierexperimenten 

erregbarkeituQ(2  Untersuchungen   am  Menschen   über  die   Reflexerregbarkeit   des 
.^  *     Muse,  tensor  tympani   durch  Schallwellen  und  ihre  Bedeutuncr 

tympani,  ^^^  den  Höract  (Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.,  Physich  Abth. ,  Nr.  1  u.  2, 
Ostmann.  S.-A.)  zu  dem  Resultat,  dass  dieser  Muskel  ein  Schutzapparat  des  Ohres  sei, 
imd  zwar  im  Zustande  de*r  Ruhe  dadurch,  dass  der  Muskel,  ohne  den  Ab- 
lauf der  Schallschwingungen  der  Gehörknöchelchen  an  sich  zu  erschweren,  die 
Schwingungsweite  derselben  insoweit  einengt,  als  fQr  eine  empfindungslose 
Wahrnehmung  der  sensoriellen  Reize  erforderlich  ist.  Die  Contraction  des 
Muse,  tensor  tympani  schützt  nach  Verf.  das  Ohr  auch  dadurch,  dass  sie 
Aufnahme  wie  Fortleitung  der  Schallschwingungen  durch  den  Schallleitungs- 
apparat erschwert. 

Geschmacks-  Schlichtin g's  Untersuchungen   (Klinische   Studien  über   die  (.i  e- 

lähmungen  schmackslähmungen  durch  Zerstörung  der  Chorda  tympani  und 
urch        ^gg  Plexus  tympanicus.    [Aus  der  Ohren-  und  Kehlkopfklinik  der  Uni- 
der  Chorda  v^^^ität  Rostock.]   Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  32,  S.  388)  wurden  an  solchen 
tympani,     Kranken  angestellt,  bei  welchen  nachweisbar  die  Chorda  tympani   allein 
SchUchting.     q^q^  der  Plexus  tympanicus  allein  oder  Chorda  und  Plexus  gleichzeitig  ge- 
schädigt waren.    Es  ergab  sich,  dass  in  8  Fällen  der  ersten  Kategorie  aua- 
Hchliesslich   auf  der  Zunge  Geschmackslähmungen  und  zwar  in  deren  vor- 
derem Theil  auftreten.    Verf.  schliesst  daraus,  dass  allein  die  Chorda  den 
vorderen  Theil  der  Zunge  mit  Geschmacksfasem  versorgt.    Dies  geschehe 
jedoch  in   einer  individuell  sehr  verschiedenen  Ausdehnung,  und  zwar  von 
einem  Drittel  bis  zu  vier  Fünfteln  der  Zunge.  Von  der  zweiten  Kategorie  hat 
Verf.  nur  1  Fall  imtersuchen  können ;  er  spricht  dafür,  dass  eine  Verletzung 
des  Plexus  tympanicus  zur  Greschmackslähmung  in  den  hinteren  Theilen  der 
Zunge  und   am  weichen  Gaumen  führt.    Unter  den  5  Fällen  der   dritten 
Kategorie  endlich  zeigten  4  Lähmung  der  ganzen  geschmacksempfindenden 
Strecke,  nur  einmal  waren  zwei  kleine  geschmacksempfindende  Inseln  ültrig 
geblieben.    Es  beweisen  schliesslich,  nach  Verf.,  alle  Fälle,  dass  alle  Nerv<»ji- 
fasern,  welche  die  Geschmacksempfindung  zum  Centrum  führen,  durch  die 
Paukenhöhle  ziehen,  einerlei,  ob  sie  schliesslich  durch  den  Trigeminus  oder 
durch  den  Glossopharyngeus  ins  Hirn  gelangen. 

.  Eine  von  Warnecke  (Berlin)  empfohlene  Hörprüfungs- 
methode zur  Erkennung  von  Simulation  (Arch.  f,  Ohren- 
heilk. Bd.  45,    S.  265)   oder   üebertreibung   von   mittel-  und   hoch- 


axf 


Ohienkianklieiteii.  493 

gradiger  Schwerhörigkeit  besteht  in  der  Prüfung  mittels  Flüster-  Hirjrtfxir 
spräche  durch  zwei  Untersucher.  Von  diesen  befindet  sich  der  eine  in 
der  Entfernung,  in  welcher  der  Patient  zu  hören  angibt,  der  and»e 
in  einem  Abstand  von  mehreren  Metern  von  dem  ersten  entfernt. 
Die  Angen  tmd  das  den  Untersnchem  zugewendete  Ohr  werden  ver- 
schlof^sen.  Hört  der  Patient  die  ihm  durch  den  näherstehenden 
Untersucher  vorgesprochenen  Flüsterzahlen  oder  -Worte,  so  beginnt 
der  weiter  stehende  Uniersucher  zu  prüfen;  hört  der  Patient  jetzt 
auch,  so  ist  er  nach  Verf  der  Simulation  überfuhrt. 

R.  Eschweiler  berichtet  über  die  Punctionsprüfung  des  Fmmctiomj 
Gehörorgans!  Mönch,  med.  Wochenschr.  Nr.  34  K  wie  sie  jetzt  von  /  '*5^*  * 
den  meisten  Ohrenärzten  geübt  wird. 


Der   wesentliche  Bestandtheil   des   vcn  L.  Kugel  (Ueber  ein         H«'- 
neues  Hörinstrnment  für  Schwerhörifi^e.  Wien. med. Wochen-  *?*J***^' 
schrifb  Nr.  46 >  empfohlenen  Hörinstrumentes  ist  ein  .halber  Hohl-      köri^e. 
kegel",    dessen   Vortheü   vor   dem  bisher   in    Gebrauch   gewesenen        K^s^*- 
Hohlkegel  nach  Verf.  darin  besteht,  dass  bei  ihm  die  lästigen  Neben- 
geräusche  (Besonanzgeräusche )   gänzlich  fehlen   und   dass  die  Hör- 
verbesserung eine  merklichere  als  bei  dem  Höhlkegel  ist.     Die  Ur- 
sache   für  die  DifiTerenz  in  der  Hörstärke   der  beiden  Instrumente 
sieht  Verf.  in  dem  Umstände,  dass  bei  seinem  Apparate  infolge  des 
Fehlens  der  Nebengeräusche  die  Hörempnndung  eine  reinere  ist. 

B.  TMihmlmgie  md  nempie  der  OlureBknaklieiteB. 

a.  Allgem.eine3. 

Nach   E.  Morpurgo  CEmde  »ta<^ii?tique   sur  les  maladies  de  Wirkang  d*r 

l'oreille  chez  les  scrofuleux  et  sur  l'influence  des  basins  de     Seebaier 

amf  Obres* 
mer.     ßef.   Annales   des   malad,    de    Tor.    etc.   Nr.  St   zeigten   von      kraek*. 

188  scrophulösen  Kranken  77  nach  der  Seebadecur  eine  mehr  oder     Moip^rgo 

weniger  bedeutende  Gehöret örung. 

Untersuchungen  über  Horde  fectebeiTaub  stummen,  welch*^ 
Victor  Urbantschitsch  tZeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  32.  S.  224' 
an  72  Zöglingen  einer  Taub??tummenarx«talt  anstellte,  fihrter*  zu  dem 
Resultat,  dass  unter  144  Gehörorganen  3mal  totale  Taubheit.  dOtnal 
partielle  Taubheit  und  lllii.al  ein  nachweisliches  Gebor  fir  alle 
Harmonikatöne  von  Contra- A  bi.s  F*  gefuiyjen  wnrde.  Da  Bezold  be: 
ähnlichen  Untersuchungen  unter  l-Vi  <^Tehororzäi^^n  4Szi^ix\  tctale  T?iV 


494 


Schwabach. 


Hördefecte  heit,    Hörreste  108mal  und  in  keinem  Falle  Gehör  fiir  alle  Töne 

bei  Taub-     fi^j^^j    qq  fflaubt  Verf.,  dass  der  bedeutende  Unterschied  beider  Unter- 
Rtummen,  .  . 

Urbantschitech.  suchungsergebnisse   auf  die  Verschiedenheit  des  Prüfdngsvorganges 

zu  beziehen  sei,  und  zwar  spricht  er  sich  dahin  aus,  dass  die  von 
Bezold  verwendete  continuirliche  Tonreihe  eine  viel  zu  schwache 
Schallquelle  repräsentire ,  um  im  gegebenen  Falle  festzustellen,  ob 
Hörvermögen  fiir  einen  bestimmten  Ton  vorhanden  ist.  Dazu  eignen 
sich  nach  Verf.  am  besten  die  von  ihm  verwendeten  Töne  einer 
grossen  Ziehharmonika,  mit  der  erforderlichenfalls  sehr  kräftig  an- 
sprechende Töne  zu  erzeugen  seien. 


Hörprüiang  Als  Beitrag  zur  Taubstummenforschung  berichtet  E.Barth 

bei  Taub-     (pflüger's  Archiv  für  Physiol.  Bd.  69,  S.  669)  über  die  Ergebnisse 
stummen,  ,  .  .      . 

Barth.        der  Untersuchungen  der  Zöglinge  der  Provinzial- Taubstummenanstalt 

in  Pommern  vermittelst  Bezold's  continuirli eher  Tonreihe.  Es  wurden 

87  Zöglinge  untersucht.     Einzelheiten  siehe  im  Original. 


Ohren- 
sausen, 
Panse. 


Nach  Rudolf  Panse  (Ohrensausen.  Zeitschr.  f.  Ohren- 
heilk.  Bd.  33,  S.  244)  sind  fast  alle  subjectiven  Geräusche  nach  der 
Tonlage  zu  bestimmen.  Die  reinen  Schallleitungsgeräusche  entstehen 
durch  verhinderten  Schallabfluss  infolge  Starrheit  der  SchaUleitungs- 
Vorrichtimg;  sie  sind  vorwiegend  in  der  Lage  von  16 — 256  Schwin- 
gungen. Die  Geräusche  hoher  Tonlagen  beruhen  auf  Vorgängen  im 
inneren  Ohr;  sie  können  veranlasst  sein  entweder  reflectorisch  vom 
äusseren  Gehörgang,  Mittelohr  und  den  verschiedensten  Körpertheilen 
oder  durch  Veränderungen  im  inneren  Ohr  und  Nerven  selbst.  Die  Per- 
ception  von  höher  zusammengesetzten  Geräuschen  und  Melodieen  etc. 
beweist  nicht  ohne  weiteres  Gehimleiden.  Für  die  Behandlung  er- 
gibt sich  demnach  die  Regel,  bei  Geräuschen  in  hohen  Tonlagen 
keine  eingi'eifenderen  Operationen  an  der  Schallleitungsvorrichtun^, 
insbesondere  keine  Entfernung  des  Steigbügels  zu  versuchen. 


Cimicifuga 
racemosa 
gegen 
Ohren- 
sausen, 
Robin  u. 
Mendel. 


Albert  Robin  und  Mendel  (Des  bourdonnements  d'oreille  et 
de  leur  traitement  par  la  Cimicifuga  racemosa.  La  Medecine  mo- 
derne Nr.  38)  rühmen  die  günstigen  Erfolge,  die  sie  durch  inner- 
lichen Gebrauch  des  Fluidextractes  von  Cimicifuga  racemosa 
(16 — 30  Tropfen  pro  die)  bei  nicht  allzu  lange  bestehenden  (mehrere 
Jahre)  subjectiven  Ohrgeräuschen  erzielt  haben. 


Ohrenkrankheiten.  495 


b.  Krankheiten  des  äusseren  Ohres. 

Einen  Beitrag  zur  Casuistik   der   operativen   Behandlung    Operation 
concrenitaler  Bildunssfehler  der  Ohrmuschel  liefert  Hugo    7,^"  Miss- 
Hecht  (Göttingen)  (Arch.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  44,  S.  91).  Es  handelte     der  Ohr- 
sich um  ein  sog.  Katzenohr  in  Verbindung  mit  Makrotie  bei  einem     muschel, 
4  Monate  alten  Kinde.    Trommelfell  und  äusserer  Gehörgang  waren 
vorhanden.     Durch  Excision  eines   keilförmigen  Stückes  Haut   und 
Knorpel  wurde   zunächst   die   Makrotie   beseitigt,   und    durch  eine 
zweite  in  Aussicht  genommene  Operation   soll  auch  das  Katzenohr 
beseitigt   werden.     Abbildung    und  Beschreibung    der    Missbildung 
imd  des  Operationsverfahrens  siehe  im  Original. 

Unter  den   von   Courtade   (Contribution   ä  Tötude  des  occlu-  Atresiedes 

sions  acquises  et  confic^nitales  du  conduit  auditif.     Annales  des  mal.  ^*^"®'^®" 
^  ^       ,  .  .    .  Gehorgangs, 

de  Tor.  Nr.  7,  S.  12)  mitgetheüten  Fällen  von  acquirirter  und  Conrude. 
congenitaler  Atresie  des  äusseren  Gehörganges  ist  der 
erste,  einen  32jährigen  Mann  betreffende,  von  Interesse.  Die  Affec- 
tion  war  nach  einer  Verbrennung  mit  Natronlauge  entstanden.  Die 
anfangs  vorhandene  eitrige  Secretion  aus  den  Ohren  hörte  nach 
einiger  Zeit  auf,  und  Patient  merkte,  dass  ihm  der  Eiter  in  den 
Rachen  und  Mund  floss.  Verf.  fand,  dass  der  Gehörgang  durch  eine 
verticale  Xarbe  verschlossen  war,  entstanden  durch  Verwachsung  der 
vorderen  und  hinteren  Gehörgangswand.  Die  Narbe  wurde  mit  einem 
spitzen  Tenotom  durchschnitten  und  die  Incision  gegen  die  hintere 
Wand  erweitert,  alsdann  ein  7  mm  dickes  Drain  eingelegt.  Es  ent- 
leerte sich  blutig-eitrige  Flüssigkeit.  Das  Trommelfell  zeigte  Per- 
foration vom  unten.  Nach  3  Monaten  war  die  operativ  gemachte 
Oeffiiung  noch  erhalten. 

Nach  Leutert  (Halle  a.  S.)  kommt  als  hauptsächlichstes  diffe-        Peri- 
rentialdiagnostisches  Merkmal  zwischen  periauricupärem  Abscess    ^^jceste 
bei  Furunkeln  des  äusseren  Ohres  gegenüber  dem  vom  Warzen-      Leutert. 
fortsatz  ausgehenden  Abscess  (Arch.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  43,   S.  267) 
die  Lage  des  Abscesses  in  Betracht;  die  stärkste  Schwellung  werde 
bei  dem  ersteren  in  der  Regel  die  Furche  zwischen  Ohrmuschel  und 
Warzenfortsatz  ausfüllen,  während  bei  letzterem  die  Schwellung  zu- 
meist über  der  Durchbruchsstelle  oder  über  dem  Planum  des  Warzen- 
n    .     .  1  .  Erweichung 

fortsatzes  zu  suchen  sei.  „^^      ^ 

von 

Um    steinharte   Ceruminalpfröpfe    binnen    wenigen    Augen-     pfropfen, 
blicken  zur  Erweichung  zu  bringen,  empfiehlt  Carlo  Ricci  (Annales        Wcci. 


496  Schwabach. 

des  mal.  de  l'or.  etc.  Nr.  4,  S.  432),  wie  früher  schon  Graden  ig  o, 
Einträufelungen  von  Sauerstoffwasser. 

Gravidit&ts-  Graviditätsvaricen  im  Meatus   externus,   an  der  Concha  und 

varicenam    deren  Umgebung  rechterseits  beobachtete  Warnecke  (Arch.  f.  Ohrenheilk. 

"""hV***     Bd.  45,  S.  266)  bei  einer  36jährigen  im  8.  Monat  schwangeren  Frau.     Ge- 

Wamecke.     l^^^S^^^   ^uid    Trommelfell   sonst   normal.     Während   aller   (10)   früheren 

Schwangerschaften  waren  dieselben  Tumoren  bei  der  Patientin  aufgetreten 

und  hatten  sich  nach  der  Entbindung  betiilchtlich  verkleinert,   ohne  aber 

vollständig  zu  verschwinden. 

Alkohol-  Hang  (Ueber  Alkoholbehandlung  der  Otitis  externa 

^d^^'otiu"^  [circumscripta  und  diffusa].  Verb.  d.  Deutschen  otolog.  Gesellsch., 
externa,  Würzburg  27./28.  Mai,  S.  143)  rühmt  die  guten  Erfolge,  die  er  bei 
Haug.  circumscripter  und  diffuser  Entzündung  des  äusseren  Gehörgangs 
mit  der  Alkoholbehandlung  erzielt  hat.  Bei  Furunkeln  soll  ein  in 
Alkohol  (96 — 98°/o)  getauchter  Gazestreifen  ins  Ohr  eingeführt  und 
etliche  Tropfen  AJkohol  aufgegossen,  das  Ganze  mit  einem  Watte- 
pfropf und  darüber  gelegten  BiUroth-Batist  bedeckt  werden;  die 
Streifen  sind  alle  24  Stunden  zu  wechseln.  Bei  diffuser  Entzündung 
soll  über  die  etwa  geschwollene  Muschel,  die  Mastoid-  resp.  Tem- 
poralgegend noch  ausserdem  eine  eingetauchte  Gompresse  mit  durch- 
löchertem Billroth-Batist-Abschluss  gelegt  werden. 

Borsäure  Samuel  Theobald  (The  treatment  of  otomycosis  by  the  in- 

„V^      .    sufflation  of  boracic  acid  and  oxyde  of  zink.    Bullet,  of  the  John 
Zinkozyd  -^  \       .  t 

gegen       Hopkin's  Hospital,   Sept.-Oct.,  Nr.  90  u.  91)  bnngt  die  bereits  vor 

otomycosis  17  Jahren  von  ihm  empfohlenen  Einblasungen  von  Acidam 

Theobald.       ,         .  i    r»  •  j     x  r\j. 

boricum  und  Zincum  oxydatum  ana  gegen  Otomycosis 
aspergillina  als  besonders  wirksam  gegenüber  allen  anderen  Mit- 
teln (Alkohol,  Sublimat  etc.)  in  Erinnerung. 
Chorea 
mioor  durch  Chorea  minor,   verursacht  durch  einen  Fremdkörper  im 

Fremd-      q|^j.    Jj^^^q  M.  Breitung  (Centralbl.  f.  innere  Med.  Nr.  10)  durch 
korper  im  .        . 

Ohr,         Entfernung  des  letzteren  (Stück  Blei)  mittels  Ausspritzeiis. 

Breitang. 

Ueber  einen  Fall  von  Fremdkörperextractionsversuch  am  fal- 

Fremd-       schenOhr  berichtet  H.  Wa  1 1  h  e  r  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  15).    Nach 

kör  per-      vergeblichen  Extractionsvei-suchen  seitenß  eines  Wundarztes  am  linken  Ohr, 

versuch  am* ^^^^^  Blutung  eintrat,  wurde  das  4jährige  Kind  der  Tübinger  Ohrenklinik 

falschen  Ohr,  überwiesen,  woselbst  man  ausgedehnte  Verletzung  des  linken  äusseren  G^ 

Walther.       hörgangs  und  des  Trommelfells,  aber  keinen  Fremdkörper  fand.    Letzterer 

(ein  Stück  Zinn)  sass  vielmehr  im  rechten  Gehörgang  und  wurde  durch 

Ausspritzen  entfernt. 


Ohrenkrankheiten.  497 

Dem  3djährigeii  Patienten  Carette's  (Contributions  k  P^tude  des  Revolver- 
corps ^trangers  du  conduit  auditif.     Annales  des  mal.  de  Tor.  kugei 
Nr.  2)   war  durch  zufallige  Entladung  eines  Revolvers  (9  mm)  das  Carette. 
Projectil  in  das  rechte  Ohr  gedrungen,  ohne  dass  schwere  Störungen 
eintraten.     Entfernung  nach  Ablösung  der  Ohrmuschel  und  der  hin- 
teren häutigen  Gehörgangswand  nach  ausgiebiger  Zerstückelung  der 
Kugel.   Trommelfell  und  knöcherne  Gehörgangswand  intact.   Heilung 
nach  5  Wochen. 

In   dem  von  Preysing  (Schussverletzung  des  Schläfen-  Schuss- 
beins.  Ausmeisselung  der  Kugel  nach  2  Jahren.   Zeitschr.  f.  Ohren-  ^*'^®*2^'^e 
heilk.  Bd.  32,  S.  62)   mitgetheilten  Falle  wurde  die  Ohrmuschel  ab-  Schläfen- 
gelöst  und  der  knöcherne  Gehörgang  mit  dem  Meissel  oben,  hinten  beins, 
und  vom  bis  zum  Projectil  erweitert,   das  im  hintersten  Theile  des  ^y^^^s- 
Gehörgangs  fest  eingekeilt  war.   Paukenhöhle  mit  Granulationen  er- 
füllt, die  ausgekratzt  wurden.    Heilung  nach  14  Tagen. 

Die  operative  Entfernung  eines  Fremdkörpers  (Johannis-  johannis- 

brodkem)   aus   der   Paukenhöhle   fährte   R.  Haug  (Deutsche  med.  brodkern 

Wochenschr.  Nr.  5)  mit  glücklichem  Erfolge  nach  Ablösung  der  Ohr-  pauken- 

muschel  und  der  häutigen  hinteren  Gehörgangswand  aus.  höhle, 

Haag. 

G.  Brühl  (Monatsschr.  f.  Ohrenheilk.  Nr.  2)  berichtet  über  einen  Todesfall 

Todesfall  nach   Fremdkörperextraction   aus   dem  Ohre. '^^^^  ^'^®°^^' 

körne  r* 

Ungeschickte  Extractionsversuche  hatten  den  Stein  in  die  Pauken-  extraction 

iiöhle  gepresst  und  bei  schon  bestehender  Eiterung  zur  Eiterverhai-  aus  dem 

tung  geführt.    Der  Fall  zeigt,  dass  ein  Fremdkörper  in  der  Pauken-  o^m' 
höhle   bei  gleichzeitig  bestehender  Eiterung  eine  Lebensgefahr  be- 
deutet,   auch  wenn  keine  gefahrdrohenden  Erscheinungen  vorhan- 
den sind. 

Ein  vonOle  Bull  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  32,  S.  226)  ex-  Lipom  des 

stirpirtes    Lipom    des    äusseren    Gehörganges    bei     einem  «^'^»■ören 

Cr  GOOfff&Il  fiTS 

57jährigen  Manne  hatte  den   ganzen   Gehörgang   (links)    ausgefüllt  bqu. 
und  war  von  der  unteren  Wand  ausgegangen. 

Biehl  (Verschluss  überhäuteterTrommelfellöffnungen.  Verschluss 
Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  12)  bestätigt  die  günstige  Wirkung  der  ü^er- 
von  Okuneff  zuerst  empfohlenen  Aetzungen  mit  Trichloressigsäure  Trommelfell- 
in 10 — 15'/oiger  Lösung,  eventuell  auch  in  Substanz  bei  alten  Trom-  Öffnungen, 
melfellperforationen.     Li  der  Mehrzahl  der  vom  Verf.  behandelten  ^^^^^ 

Fälle  (12)  kam  es  zum  Verschluss  der  Oeffnung. 

Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  32 


498  Schwabach. 

Ohr-  Ueber   Ohrverletzungen   durch   Knallerbsen    berichtet 

^^'^d^^ch"^  Wagenhäuser  (Verhandl.  der  Deutsch,  otol.  Gesellsch.   S.  202). 

Knallerbsen,  Iii  ^^^   meisten  Fällen    (5  unter  7)   wurde  Euptur  des  Trommel- 

Wagenhftnser.  felis   beobachtet,    neben    leichter    Commotio   labyrinthi    (Schwindel, 

Sausen  etc.). 

Tubercnlöse         H.  P  r  e y  s i n  g  (Rostock)  veröiFentlicht  einen  Fall  von  multiplen 

nmoren     tuberculösen  Tumoren  am  Schädel  und  in  beiden  Trommel- 
im 

Trommelfell, feilen  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  82,  S.  369)  mit  durchaus  gut- 
Preysing.  axtigem  Verlauf.  Auf  Grund  dieses  und  der  in  der  Litteratur  vor- 
liegenden ähnlichen  Fälle  spricht  sich  Verf.  dahin  aus,  dass  der 
tuberculöse  Tumor  im  wesentlichen  in  zwei  Formen  auftritt,  ent- 
weder in  reiner  Granulationsconsistenz ,  oder  aber  derber  bis  zur 
Knorpelhärte.    Er  hält  dieselben  für  relativ  gutartig. 

c.  Krankheiten  des  mittleren  und  inneren  Ohres. 

Fremd-  G.  Trautmann   (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  47)    entfernte 

^^y**v  **'  einen  Fremdkörper  der  Tuba  Eustachii  durch  Ausspritzen  des 
Enstachii,  Ohres  bei  einem  Patienten,  der  über  Schlingbeschwerden,  Kopf- 
Trantmann.  schmerzen,  Schmerzen  im  Ohr,  bei  schleimig-eitriger  Secretion  des- 
selben und  Perforation  des  Trommelfelles,  klagte.  Das  vorher  durch 
einen  Schleimpfropf  geschlossene  Tubenostium  zeigte  sich,  nachdem 
Patient  beim  Ausspritzen  den  Fremdkörper  (Kirschkern)  ausgespieen 
hatte,  klaffend  und  die  subjectiven  Beschwerden  waren  wie  mit 
einem  Schlage  verschwunden.  Verf.  glaubt,  dass  der  Eorschkem 
durch  eine  ungeschickte  Schlingbewegung  in  das  klaffende  Lumen 
der  Tuba  gelangt  sei  und  hier  Salpingitis  und  im  Anschluss  daran 
Otitis  media  purulenta  mit  Perforation  des  Trommelfelles  erzeugt 
habe. 

Dipioooccus  William  Gheatham    (Some  of  the   special  germs  in  inflam- 

We ichsei-    m^tion  of  the  middle  ear,  with  an  interesting  case.    Medic.  Record, 

banm  bei  ,       .  '  .   °  ' 

Hittelohr-   8.  Oct.)  fand  in  einem  Falle  von  acuter  Mittelohrentzündung  in 

eiternng,    (Jem  durch  Paracentese  entleerten  Eiter  eine  Reincultur  von  Diplo- 

coccus  Weichselbaum.   Von  Interesse  ist,  dass  die  Affection  von 

einer  acuten  Tonsillitis  ihren  Ausgang  genommen  hatte,  bei  welcher 

ebenfalls  Diplococcus  Weichselbaum  in  Reincultur  gefunden  worden  war. 

E.  Friedländer  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  12)  hat  20  Falle 
von  Sklerose   der  Paukenhöhlenschleimhaut  mittels  Mas- 


Ohrenkrankheiten.  499 

sage  behandelt.    Zur  Verwendung  kam  der  Wegner'sche  Apparat.     Hassage 

In  allen  Fällen,   mit  Ausnahme  eines  einzigen,   wurden  die  subjec-    ^   '*®'    , 

'  ®      '  «^  Trommel- 

tiven  Geräusche  erheblich  gebessert  oder  hörten  ganz  auf.    Besse-     feiia  bei 
rung  des  Gehörs  trat  nur  in  wenigen  Fällen  ein,  während  bei  einigen    ^^\^J^f^* 
Fällen  von  Otitis  media  chronica  sowohl  Gehör  als  auch  subjective 
Geräusche  gebessert  wurden. 


Friedländer. 


Der  von  Loenberg  (Ueber  einen  Apparat  zur  Vibrations-     Apparat 
massafi^e  des  Trommelfells  und  der  Nasenschleimhaut  für  den      ^*ir  den 
Selbstgebrauch   des  Patienten.     Monatsschr.    f.    Ohrenheilk.   Nr.  8,     gebrauch 
S.  362)   empfohlene  Apparat   ist  von  Dr.   Noebel  (Zittau)  nach  bei  Massage 
Analogie  des  Breit  ungesehen  construirt,  von  dem  er  sich  im  wesen^-     t  «  *'    i. 
liehen  dadurch  unterscheidet,  dass  er  nicht  mit  einem  kostspieligen        felis, 
Elektromotor,   sondern  mit  einer,   wohl  in  jedem  Haushalte  anzu-     Loenberg. 
treffenden  Nähmaschine  (Tretsystem)  betrieben  wird.    Beschreibung 
und  Abbildung  siehe  im  Original.    Das  Instrument  arbeitet  bei  mitt- 
lerer Tretgeschwindigkeit  mit  B — 600  Stössen  in  der  Minute.     Die 
einzelnen  Sitzungen  sollen   steigend  2 — 5  Minuten  lang  dauern  und 
täglich  2 — dmal  stattfinden.    Verf.  betont  schliesslich,  dass  die  Selbst- 
beHandlung  mit  diesem  Apparate  nur  an  eine  vorausgegangene  ärzt- 
liche Behandlung  nach  erfolgter  Anweisung  sich  anschliessen  soll. 

Auf  Grund  seiner  seit  V«  Jalu*  angestellten  Versuche,  betreffend        Luft- 
die  Wirkung  der  Luftverdünnung  im   äusseren  Gehörgange  jo^dünnung 
mittels  einer  Evacuationsflasche  (Abbildung  und  Beschreibung  siehe  oehörgang 
im  Original)  in  Verbindung  mit  dem  Katheterismus,   glaubt         »»* 
Warnecke  (Archiv   f  Ohrenheük.  Bd.  45,  S.  251.     Aus  der  Kgl.  ^^*Jg ^7/"*" 
Universitäts-Ohrenklinik  in  Berlin)  bei  chronischen  Mittelohrkatarrhen,  chronischem 
einfachen   wie   mit  Retraction   und   Adhäsivprocessen    complicirten   Mittelohr- 

katarrh 

Sklerosen  und  beginnender  nervöser  Schwerhörigkeit,  eine  grössere     wamecke. 
Wirkung   erzielen   zu   können,    als   mit  dem  Katheterismus  allein. 
13  Krankengeschichten  sollen  diese  Meinung  illustriren. 

Lucae  (Zur  Mechanik  des  schallleitenden  Apparates 
bei  Einwirkung  der  Drucksonde  und  über  eine  neue  Ver- 
besserung dieses  Instrumentes.  Arch.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  44, 
S.  245)  berichtet  über  die  von  ihm  angestellten  Versuche,  welche 
die  bei  Anwendung  der  Drucksonde  in  Betracht  kommenden  Be- 
wegungen des  Trommelfells  und  der  Gehörknöchelchen  veranschau- 
lichen sollen.  Zu  diesen  Versuchen,  deren  Anordnung  im  Original 
nachzulesen  ist,   diente  ein  Gehörorgan,    das   von  einem  notorisch 


500  Schwabach. 

Oruoksonde  Nonualhöreuden  stammte.  Bei  Ausübung  eines  Druckes  auf  den 
bei         kurzen  Hammerfortsatz  machte  ein  am  Steigbügel  befestigter  Fühl- 

affectionen  liöbel  regelmässig  eine  deutliche  Bewegung  nach  innen ,  um  mit 
Lucae.  Nachlass  des  Druckes  sofort  in  die  Gleichgewichtslage  zurückzu- 
kehren. Wenn  also  das  Resultat  dieses  Druckes  einer  Innenbewe- 
gung des  schallleitenden  Apparates  ähnlich  wie  bei  Luftverdichtung 
im  äusseren  Gehörgange  ist,  so  ist  doch  der  Mechanismus  der  Ge- 
hörknöchelchen dabei  ein  ganz  anderer;  es  muss  die  ganze  Kette 
der  letzteren,  auch  unter  Dehnung  des  Axenbandes  des  Hammers, 
des  oberen  Hammerbandes  und  des  übrigen  Bandapparates  nach 
innen  verschoben  werden.  Demnach  ist  nach  Verf.  die  Drucksonde 
durch  die  sog.  pneumatische  Massage  nicht  ohne  weiteres  zu  er- 
setzen. Eine  Wirkung  von  der  Anwendung  der  Drucksonde  ist  nur 
in  noch  nicht  sehr  vorgeschrittenen  Fällen  von  „Sklerose"  zu  er- 
warten. Die  von  Lucae  an  seiner  Drucksonde  angebrachte  Ver- 
besserung soll  den  Zweck  haben,  die  Reibung  des  Stempels  sowie 
ein  Einrosten  desselben  zu  vermeiden.  Dasselbe  Instrument  enthält 
eine  Vorrichtung  zur  Regulirung  der  Spannung  der  Spiralfeder, 
deren  Kraft  vermittelst  einer  Schraube  beliebig  verändert  werden 
kann. 

Tenotomie  Die  absolute  Indication  zur  Tenotomie  des  Muse,  tensor 

des  Muse,    tympani  lag  nach  Matte   (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  5)  in 

tympani      einem    Falle   von   complicirtem    Schädelbruche   vor.     Die   Erschei- 

Matte.        nungen   von  Seiten  des  Ohres  bestanden  in  quälenden  subjectiven 

Gehörsempfindungen  und  starker  Herabsetzung  der  Hörschärfe  imd 

•     waren   nach  Verf.    auf  den   vorhandenen  üeberdruck  im  Labyrinth 

zurückzuführen,   der  bei  bestehender  Lähmung  seines  Antagonisten 

(Muse,   stapedius)    durch    den  unbehindert  wirkenden  Muse,   tensor 

tympani    hervorgerufen  war.     Nach    der   Tenotomie   dieses  Muskels 

verschwanden  die  subjectiven  Geräusche  wie  mit  einem  Schlage,  die 

Hörfähigkeit  stieg  bedeutend. 

Operative  Noltenius  (Bremen)    (Zur  Frage   der  operativen  Behand- 

Zertrümme.  j^^     ^^^  Stapesankylose.     Verhandl.  d.  Deutsch,  otol.  Gesellsch., 

rang  der  °  r  ^ 

Steigbügel-  Würzburg  27. /28.  Mai,  S.  173)  hat  in  2  Fällen  von  vorgeschrittener 

fussplatte   Sklerose  der  Paukenschleimhaut  mit  Stapesankylose,  die  hochgradige 

AnkyioBe     Schwerhörigkeit  und  unerträgliches  Sausen  zur  Folge  hatte,    nach 

Kolteniiu.     Ablösung   der   Ohrmuschel    und   Exstii^pation   des  Trommelfells  mit 

Hammer  und  Amboss  die  ankylosirte  Steigbügelfussplatte  zertrümmert 

und  in  den  Vorhof  hineingestossen.     In  dem  einen  Falle  wurde  das 


Ohrenkrankheiten.  501 

Sausen  vollständig  beseitigt  und  das  Gehör  nicht  unbeträchtlich  ge- 
bessert, in  dem  anderen  Falle  war  der  Erfolg  negativ.  In  letzterem 
war  der  Heilungsverlauf  kein  so  idealer,  wie  im  ersteren  (hier  trat 
weder  Secretion  noch  Fieber  ein),  vielmehr  zeigte  sich  langdauemde 
Secretion  und  der  Gehörgang  wurde  in  der  Tiefe  bis  auf  eine 
ganz  feine  Oeffiiung  stenosiiii.  Nach  diesen  Erfahrungen  hält  N öl- 
te nius  das  Zertrümmern  und  Hineinstossen  der  ankylosirten  Steig- 
bügelfiissplatte  in  den  Vorhof  zur  Beseitigung  schwerer  Störungen, 
besonders  unerträglichen  Ohrensausens,  für  einen  berechtigten  und 
anscheinend  nicht  gefahrlichen,  unter  Umständen  allerdings  schwierig 
auszuführenden  Eingriff. 

Nach  A.  Hartmann  (Die  Einwirkung  der  Otitis  media  der  Allgemeine 

Säuglinge  auf  den  Ernährungszustand.    Verh.  der  Deutschen  ^'^*?."'^'^'*'^^^" 

^  ,  Störungen 

otolog.  Gesellsch.  zu  Würzburg,  27./28.  Mai,  S.  87)  kann  die  Otitis    bei  Otitis 
media    der    Säuglinge    mit    Ernährungsstörungen    verbunden    sein,    media  der 
welche  in  veränderter  Verdauung  und  Gewichtsabnahme  ihren  Aus-     Hamann  ^' 
druck  finden.     Mit  der  Entleerung  des  Secretes  durch  die  Paracen- 
tese  kann  in   solchen  Fällen  die  Verdauung  wieder  zur  Norm  zu- 
rückkehren   und    auf    die  Gewichtsabnahme  eine  Gewichtszunahme 
folgen.     Temperaturerhöhungen,    welche    im    Verlauf  einer   Darm- 
erkrankung bei  Säuglingen  auftreten,  können  durch  eine  Otitis  media 
bedingt    sein.     Bei    allen    mit   Temperaturerhöhung   und  Gewichts- 
abnahme  verbundenen  Darmerkrankungen    der  Säuglinge    sind   die 
Hörorgane   zum  Nachweise   einer  Entzündung   derselben  zu  unter- 
suchen. 

Auch  Max  Steiner  (Otitis  media  der  Säuglinge  und  ihre  Steiner. 
Folgen.  Prager  med.  Wochenschr.  Nr.  21)  hat,  gestützt  auf  die 
Erfahrungen,  die  er  an  dem  Material  der  Breslauer  Kinderklinik 
und  Poliklinik  gesammelt  hat,  sich  bemüht  zu  erforschen ,  wie  weit 
die  Folgen  der  Otitis  media  im  SäugHngsalter  auf  den  übrigen  Ge- 
sundheitszustand reichen.  Er  ist  dabei  zu  dem  Resultat  gekommen, 
dass  die  von  einigen  Autoren  aufgestellte  Behauptung,  es  trete  bei 
Säuglingen  durch  Resorption  von  Entzündungsproducten  der  Ohr- 
eiterung progrediente  Atrophie  und  schliesslich  der  Tod  ein,  nicht 
richtig  sei.  Dementsprechend  legt  er  auch  der  von  denselben  Autoren 
als  wichtiges  klinisches  Symptom  bei  der  Ohreiterung  betonten  Ge- 
wichtsabnahme (s.  oben)  keine  Bedeutung  bei;  er  fand  vielmehr, 
dass  nicht  selten,  trotz  auftretender  Otitis  media,  die  Gewichtscurve 
stieg  und  in  anderen  Fällen  weder  ein  Steigen  noch  ein  Sinken  der- 
selben eintrat.    Der  Verlauf  der  Gewichtscurve  hängt  nach  Verf.  bei 


502 


Schwabach. 


den  mit  Otitis   behafteten  Kindern  immer  nur  von  der  Ernährung 
und  dem  Magendarmzustande  derselben  ab. 

Trockene  S.  C.  Larsen   (Kopenhagen)    (Archiv   f.  Ohrenheilk.   Bd.  46, 

Behandlung  g    286)   plaidirt  in   seinen  Bemerkungen  über  die  Behandlung 

Mittelohr-    ^ör  acuten  Mittelohreiterung  für  die  absolut  trockene  Be- 

eiterung,    handlung  mit  sterilen  Baumwolletampons. 
Laraen. 

Facialis-  De  Ponthi^re  (Paralysie  faciale  au  cours  d'une  otite  moyenne 

be*i  acuter  *^g^®5  guerison.  Annal.  des  malad,  de  Toreille  Bd.  24,  Nr.  8) 
Otitis  media, theilt  einen  Fall  von  Facialislähmung  im  Verlauf  einer 
De  Ponthifere.  acuten  Mittelohrentzündung  mit,  der  sich  nach  einer 
breiten  Eröffiaung  des  Trommelfells  binnen  wenigen  Tagen  zu- 
rückgebildet hat.  Anknüpfend  an  diesen  und  in  der  Litteratur  ver- 
öffentlichte ähnliche  Fälle  glaubt  Verf.,  dass  die  schlechte  Prognose 
einer  grossen  Zahl  von  Facialislähmungen  dadurch  hervorgerufen 
wird,  dass  dieselben  a  priori  als  Erkältungslähmungen  aufgefasst 
und  dementsprechend  behandelt  werden,  ohne  Berücksichtigung  der 
Erkrankungen  des  Ohres,  der  Nase  und  des  Nasenrachenraumes. 


Attgen- 

muskel- 

lähmangen 

bei  Otitis 

media 
pnrulenta, 
Habennann. 


1 


Habermann's  (lieber  Augenmuskellähmung  als  Compli- 
cation  der  eitrigen  Mittelohrentzündung.  Verh.  der  Deutsch, 
otol.  Gesellsch.  zu  Würzburg,  27./28.  Mai,  S.  94)  Fall  betrifft  einen 
6jährigen  Knaben,  bei  dem  im  Verlaufe  einer  acuten  eitrigen  Mittel- 
ohrentzündung und  anderer  schwerer  Erscheinungen,  welche  die 
Aufmeisselung  des  Warzenfortsatzes  nöthig  machten,  Lähmung  des 
Nervus  abducens  auf  der  kranken  Seite  aufbrat.  Bei  der  Operation 
zeigte  sich,  dass  die  Entzündung  nicht  nur  auf  den  Knochen  des 
Warzenfortsatzes  und  die  Wand  des  Sinus  sigmoideus,  sondern  auch 
auf  den  Knochen  des  Pars  petrosa  in  grösserer  Ausdehnung  über- 
gegriffen hatte.  Habermann  meint,  es  liege  nicht  zu  ferne  anzu- 
nehmen, dass  die  Erkrankung  auch  die  Dura  über  der  Felsenbein- 
spitze ergriffen  hatte  und  dass  vielleicht  auch  noch  eine  umschrie- 
bene Affection  der  Pia,  wenn  auch  nur  leichteren  Grades,  dazu  kam. 
Für  diese  Annahme  sprechen  nach  Habermann  die  hochgradigen 
Kopfschmerzen  in  der  Stirn  und  linken  Nasenwurzelgegend,  über 
die  der  Kranke  klagte,  die  stets  vorhandene  Pulsbeschleunigung,  die 
öftere  Brechneigung,  die  Stuhlverstopfung,  die  grosse  Unruhe  und 
Reizbarkeit  des  Kranken,  die  Lichtscheu  massigen  Grades  und 
Hyperämie  des  Augenhintergrund  es.  Schliesslich  betont  Verf.,  dass, 
wenn  diese  Lähmung  als  Zeichen  des  Fortschreitens  der  Entzündung 


Ohrenkrankheiten.  503 

des  Schläfenbeins  gegen  die  Schädelhöhle  zu  betrachten  sei,  sie  zu- 
gleich ein  Signal  sein  müsse,  möglichst  rasch  und  ausgiebig  den 
Krankheitsheerd  im  Schläfenbein  zu  entfernen  und  auch  eventuell 
schon  eingetretene  GompHcationen,  z.  B.  Subduralabscesse  aufzusuchen 
und  zu  behandeln. 

Lud  ewig  (Arch.  f.  klin.  Chir.  Bd.  57,  S.  703)   berichtet  über  Extraction 
die  günstigen  Erfolge,    die   er  durch  chirurgische  Behandlung  ^®"  ^*^™®'^ 
der  chronischen  Mittelohreiterung  und  zwar  speciell  durch  die  bei 

Extraction  von  Hammer   und  Amboss  erzielt  hat.     Von  100  Fällen    Mittel  ohr- 
wurden 80  geheilt,  8  blieben  ungeheilt;  bei  9  war  der  Erfolg  unbe-     ^Ludewig^*^* 
kannt,    bei  3  zweifelhaft.     Das  Hörvermögen  wurde    in   75  Fällen 
gebessert. 


K.  Pringle   (Trephining   of  the   mastoid  for  mastoid  Anti- 

disease;  no  relief ;  subsequent  treatment  with  streptococcic  strepto- 

serum;   recovery.     Brit.    med.   Joum.,    15.  Jan.)    injicirte   einem  serum  bei 

22jährigen  Manne,    bei  dem  trotz  Aufmeisselung  des  Proc.  mastoi-  Mittelohr- 

deus  wegen  acuter  Mittelohreitenmg  Fieber,  Schmerzen,  Benommen-  ®^  ®''^^6' 

heit  fortdauerten,  13  Tage  nach  der  Operation  zu  wiederholten  Malen  • 
Antistreptokokkenserum  (5 — 10  com)    ein,    worauf  Heilung  eintrat. 
Verf.  lässt  dahingestellt,  ob  dies  durch  das  Serum  geschehen  sei. 

In  Hermann  Preysing's  (Zwei  FäUe  von  Pachymeningitis      Pachy- 

externa  und  Extraduralabscess  bei  acuter  Erkrankung  des  °^®'mi8itis 

*^  externa 

Warzenfortsatzes.     Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  33,  S.  7)  beiden    bei  acuter 
Fällen  handelt  es  sich  um  eine  Pachjoneningitis  externa  und  Extra-  Mastoiditis, 
duralabscess  nach  einer  sehr  kurz  dauernden  Erkrankung  des  Proc.        ^y^^s- 
mastoideus,    die   noch   nicht    zu   erheblichen  Zerstörungen  geführt 
hatte.     Die  Paukenhöhle  enthielt  beide  Male  Serum,  ein  Zusammen- 
hang mit  dem  Antrum  war  nicht  nachzuweisen. 

C.  Biehl,   Melancholische  Wahnideen   als  Folge   eines  Melancholi- 
otitischen   Extraduralabscesses    (Verh.   d.   Deutsch,   otol.   G-e-         ^®^® 
Seilschaft,  Würzburg  27./28.  Mai,  S.  162).     Die  in  der  üeberschrift  ^^^ach'^'' 
erwähnten  Erscheinungen,   die   sich  in  Angstzuständen  und  Selbst-   otitischem 

mordideen    äusserten,     verschwanden    bei    dem    Patienten    (einem  ß^^ra dural- 

.  .  .absceas, 

Sanitätssoldaten),  nachdem  bei  der  Aufmeisselung  des  Proc.  mastoi- 
deus wegen  Abscesses  daselbst  infolge  acuter  Mittelohr eiterung  zugleich 
ein  extraduraler  Abscess  entleert  worden  war.     Verf.  fasst  die  Me- 


ns.1.1 


504  Schwabach. 

lancholie,  nach  dem  Vorgange  von  Krafft-Ebing,  als  „einen  auf 
einer  Emähningsstörung  beruhenden  krankhaften  Zustand  des  psy- 
chischen Organes"  auf  und  meint ,  dass  in  seinem  FaUe  die  Ernäh- 
rungsstörung zu  Stande  gekommen  sei  durch  Compression  des  Ge- 
hirns infolge  raschen  Wachsthums  des  extraduralen  Abscesses  oder 
aber  auch  durch  Toxinintoxication  aus  dem  Fneumokokkeneiter. 

Meningitis  Waldvogel    (Ueber   Gehirncomplicationen    bei    Otitis 

"'t'^'UVt''^  media.     Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  35)  veröfFentHcht  4  FäUe 
Mittelohr-  ...  .  . 

eiterungen,  von  Meningitis  serosa  im  Gefolge  von  Mittelohreiterung,  um  zu 
Waldvogel,  zeigen,  dass  die  seröse  Exsudation  der  Meningen  sofort  schwinden 
kann,  wenn  der  Eiter  im  Ohr  rechtzeitig  entleert  wird,  dass  sie 
lange  anhalten  und  schwere  Symptome  machen  kann,  um  bei  rich- 
tiger Behandlung  der  Ohren  in  Heilimg  überzugehen,  imd  dass  sie 
schliesslich  durch  starken  Erguss  in  die  Ventrikel  zum  Tode  führen 
kann. 

Meningitis  Stanislaus  v.  Stein  (Moskau)  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  32, 

cerebrospi.  g    258)   berichtet  über  einen  Fall  von  Meningitis  cerebrospi- 

doppel-      nalis  epidemica  mit  doppelseitiger  Otitis.    Trepanation  beider 

8eitig*er     Processus  mastoidei  mit  Blosslegung  des  Sinus  transversus  erzielte  die 

Otitis,       Entleerung   eines   glasigen  Schleims,    in   welchem   der  Diplococcus 

intracellularis  Weichselbaum  nachgewiesen  werden  konnte. 

indica-  E.  Eimini  (Triest)   (Ueber  die  Indicationen  der   Trepa- 

tionen  der   nation    des   Warzenfortsatzes.     Münchener   med.  Wochenschr. 
Trepanation 
des  Warzen-  S.  375)    bespricht   zunächst   die  Grundlagen  fiir   die  Entwickelung 

fortsatzes,  eines  Abscesses  im  Proc.  mastoideus.  Periostitis  des  Warzenfort- 
satzes als  Folge  einer  Otitis  externa  kann  durch  Bestehen  eines 
entzündlichen  Oedems  der  Haut  des  Warzenfortsatzes  und  Ver- 
drängung der  Ohrmuschel,  Symptome,  die  oft  von  Kopfschmerzen 
und  Fieber  begleitet  sind,  einen  Abscess  des  Proc.  mastoideus  vor- 
täuschen. Ein  Abscess  am  letzteren  Ort  ist  die  erste  Indication 
zur  Trepanation.  Die  Diagnose  desselben  ist  besonders  in  jenen 
Fällen  schwierig,  wo  die  Haut  über  dem  Warzenfortsatze  trotz  be- 
stehenden Abscesses  nicht  verändert  erscheint.  Wenn  bei  Otitis 
media  acuta  die  Otorrhoe  mehr  als  4 — 6  Wochen  dauert  und  keine 
Dyskrasie  besteht,  so  muss  dies  den  Verdacht  eines  Abscesses  wach- 
inifen.  Verf.  berichtet  über  einen  solchen  Fall.  Das  Cholesteatom 
erfordert  meist  auch  die  Trepanation.  Sehr  schwierig  wird  die  Ent- 
scheidung, ob  operirt  werden  soll  oder  nicht,   wenn  beim  Bestehen 


Ohrenkrankheiten.  505 

einer  doppelseitigen  eitrigen  Mittelohrentzündung  plötzlich  schwere 
pyämische  oder  cerebrale  Symptome  auftreten.  Manchmal  bilden 
heftige,  jeder  sonstigen  Therapie  trotzende  Kopfschmerzen  beim  Be- 
stehen einer  imilateralen  Ohraffection  die  Veranlassung  zur  Trepa- 
nation des  Warzenfortsates. 

Richard  Müller  spricht  sich  über  die  Indicationen  zur      indica- 

operativen    Behandlung    der    Mittelohreiteruns:    (Deutsche   ^^^'^^'J.^^^' 
^  ö  &     \  ^    operativen 

med.  Wochenschr.  Nr.  13)  dahin  aus,   dass   die  Eröffnung  des  An-  Behandlung 
trum  mastoideum    bei  jeder   acuten   Mittelohreiterung  geboten    sei,  ^®' 

die  trotz  sachgemässer  Behandlung  (er  versteht  darunter  die  eiterungen 
sog.  Trockenbehandlung)  14  Tage  lang  in  unveränderter  Stärke,  MüUer. 
ohne  eine  Wendung  zum  Bessern  erkennen  zu  lassen,  besteht,  auch 
wenn  bedrohliche  Erscheinungen  noch  nicht  vorhanden  sind.  Die 
Eadicaloperation  ist  nach  Verf.  gerechtfertigt  bei  allen  chroni- 
schen Mittelohreiterungen  an  sich,  ohne  weitere  Complicationen, 
wenn  es  trotz  einer  durch  längere  Zeit,  und  zwar  mindestens  2  Mo- 
nate fortgesetzten,  sachgemässen  Behandlung  nicht  gelingt,  sie  zu 
beseitigen  oder  doch  eine  wesentliche  Besserung  zu  erzielen.  Ge- 
boten ist  die  Radicaloperation  bei  beträchtlicher  Zunahme  der 
subjectiven  Beschwerden  (Kopfschmerzen,  Schwindel  etc.),  bei  aus- 
gesprochener Pyämie,  bei  Cholesteatom  und  bei  Verdacht  auf  cere- 
brale Complicationen  (Bümabscesse,  Sinusthrombose). 

Passow  (Heidelberg)  (Zeitschr.   f.  Ohrenheilk.  Bd.  32,  S.  207)   Erhaltung 
räth,  zur  Erlangung  einer  sicheren  und  schnellen  Epidermisirung  auric"lären 
der  retroauriculären  Oeffnung  nach  der  Radicaloperation     Oeffnnng 
chronischer  Mittelohreiterungen  die  Wunde  hinter  dem  Ohr        aach 
bis  zur  Heilung  offen  zu  lassen  und  dann   erst   zu   schHessen.    Bei    Operation, 
Cholesteatom  soll  die  Oeffnimg  geschlossen  werden,  wenn  die  Ueber-       Passow. 
häutimg  V« — 1  Jahr  glatt  und  reizlos  geblieben  imd  auch  nach  dem 
Verschluss  eine  üebersicht  über  das  ganze  Mittelohr  zu  erwarten  ist. 
Er  erhält  die  Oeffnung  dauernd  bei  Neigung  zu  Ekzembildung  imd 
wenn  es  sich  um  grosse,  das  Antrum  ausfüllende  Geschwulstmassen 
gehandelt  hat. 

Manasse  und  Wintermantel,  Bericht  über  77  Radicalope- 
rationen.  (Aus  der  Universitätsklinik  für  Ohrenkrankheiten  zu  Strass- 
burg.)  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  33,  S.  11.)  Als  Indicationen  für 
die  Freilegung  der  Mittelohrräume  (Radicaloperation)  gelten  nach 
Verff. :    1.   IntracranieUe  Complicationen   und  Verdacht  auf   solche. 


506  Schwabach. 

Radicai-     2.  Retroauriculäre  Fisteln  und  Abscesse,  sowie  Senknngsabscesse  jeder 
Operation    ^j^     3   Stärkere  Senkung  der  hinteren  und  oberen  Gehörgangswand, 
clironiacher^:.  Chronische  Eiterungen  bezw.  Cholesteatom  der  Mittelohrräume  mit 
Mittel  Ohr-    oder  ohne  Caries,  die  auf  eine  länger  dauernde  (Monate  bis  Jahre) 
Manassru*    niedicamentöse  Behandlung  nicht   zurückgegangen  sind.    Die  Ope- 
Wintermantel.  ration  führen  VerfF.  nach  der  Zaufal-Janse naschen  Methode  aus, 
nach  Stacke  nur  dann,   wenn  der  Sinus  abnorm  weit  nach  vom 
gelegen  ist.    In  allen  Fällen  wurde  ein  möglichst  vollständiger  Schluss 
der  retroauriculären  Wunde  angestrebt.    Ganz  offen  blieb  dieselbe 
nur  bei  ausgedehnter  Labyrinthcaries  und  bei  intracraniellen  Compli- 
cationen.     Für  die  Nachbehandlung  empfehlen  Verff.  den   feuchten 
Verband  mit  2*/oiger  CarboUösung.    Von  den  77  innerhalb  2  Jahren 
operirten  Fällen  wurden  40  geheilt,  21  blieben  in  Behandlung,  8  sind 
gestorben,   und  bei   8  blieb  der  Ausgang  unbekannt.     Die  Behand- 
lungsdauer betrug  im  Durchschnitt  der  40  geheilten  Fälle  17,8  Wochen. 
Die  retroauriculäre  Wunde  wurde  in  47  Fällen  per  primam  geschlossen: 
von  diesen  heilte  sie  per  primam  in   29  Fällen,  per  secimdam   in 
18  Fällen ;  dauernd  offen  blieb  sie  in  20  Fällen.    Fisteln  im  horizon- 
talen Bogengang  wurden  in  9  Fällen  notirt.     In  der  Regel  gingen 
die  infolge  dieser  Complication  bestehenden  Schwindelerscheinungen 
nach   der  Ausheilung   des  Processes  vollständig  zurück.     Facialis- 
lähmungen  traten  nach  der  Operation  5mal  auf,  bis  auf  eine  gingen 
dieselben  nach  einiger  Zeit  wieder  zurück.    Die  8  Todesfälle   sind 
auf  die   latenten   intracraniellen  Complicationen  (Meningitis,   Him- 
abscess,  Sinusthrombose)  zurückzuführen. 

otitiBcher  Wintermantel,  Bericht  über  die  in  den  Jahren  1896  und  1897 

^"'^*^*®®"»  behandelten  klinischen  und  ambulatorischen  Kranken.  (Aus  der  Uni- 
'  versitätsklinik  für  Ohrenkranke  in  Strassburg.)  (Ibid.  S.  24.)  Im 
Anschluss  an  den  ersten  Bericht  von  Manasse  und  Wintermantel 
gibt  letzterer  eine  Uebersicht  über  die  1896 — 97  in  der  genannten 
Anstalt  behandelten  Ohrenkranken,  dessen  Einzelheiten  im  Original 
nachzusehen  sind  und  erörtert  alsdann  einen  Fall  von  Hir nah scess, 
der,  mit  Glück  operirt,  verhältnissmässig  lange  nach  der  Operation 
doch  letal  endigte.  Die  Patientin,  ein  6jähriges  Mädchen,  dem  man 
nach  der  typischen  Radicaloperation  wegen  chronischer  Mittelohr- 
eiterung und  Caries  einen  Abscess  des  Schläfenlappens  entleert  hatte, 
zeigte  9  Wochen  nach  der  Operation,  als  es  wegen  sehr  günstigen 
Verlaufes  bereits  der  Entlassimg  nahe  war,  plötzlich  wieder  be- 
unruhigende Symptome,  Kopfweh,  Erbrechen,  Verschlimmerung  der 
Lähmungen,   so   dass  man  sich  veranlasst   fühlte,   noch   einmal  die 


Ohrenkrankheiten.  507 

Abscesshöhle  breit  zu  eröffnen  und  die  umliegenden  Meningealtheile 
freizulegen.  Das  Kind  ging  nach  einigen  Tagen  an  eitriger  Cerebro- 
spinalmeningitis  zu  Grunde.  Dieser  ungünstige  Ausgang  ist  nach 
Verf.  auf  die  Configuration  des  Abscesses  zurückzufuhren.  Derselbe 
bildete,  wie  die  Obduction  ergab,  keine  überall  geschlossene  Höhle, 
sondern  setzte  sich  aus  vielen  Buchten  zusammen  und  entbehrte  vor 
allem  einer  derberen  Wandung.  Ein  Durchbruch  in  einen  Ventrikel 
und  infolge  davon  Ventrikelmeningitis  ist  sehr  leicht  möglich,  wenn 
solche  Taschen  und  Risse  sich  in  der  Nähe  eines  Ventrikels  finden. 
In  vorliegendem  Falle  war  eine  solche  Communication  zwischen  Abs- 
cess  und  Ventrikel  mit  Ventrikelmeningitis  zu  Stande  gekommen. 
Ob  jedoch  ein  Durchbruch  vom  Abscess  in  den  Ventrikel  statt- 
gefunden hatte  oder  umgekehrt  die  unter  hohem  Druck  stehende 
Flüssigkeit  des  Ventrikels  in  die  Abscesshöhle  durchgebrochen  war, 
nachdem  eine  eitrige  Ependymitis  mit  starker  Secretion  durch  Blut- 
und  Lymphwege  zu  Stande  gekommen  war,  lässt  Verf.  dahingestellt. 

Jansen  (Einiges  zur  Plastik  beiRadicaloperationen.   Verh.  Plastik  bei 

der  deutschen  otol.  Gesellsch.,  Würzburg  27 ./28.  Mai,  S.  196)  rühmt     ^^dical- 

:  o         r  7  /  Operationen, 

die  guten  Erfolge,   die   er  mit  der  Körner'schen  Plastik  (Bildung       Jansen. 

eines  Lappens  aus  der  häutigen  hinteren  Gehörgangswand  und  aus 
einem  entsprechenden  Theil  der  Concha)  entweder  allein  oder  in 
Verbindung  mit  Thiersch'schen  Lappen  bei  der  Radicaloperation 
der  chronischen  Mittelohreiterungen  erzielt  hat.  Bezüglich  der  Einzel- 
heiten des  Verfahrens,  namentlich  einiger  von  Verf.  an  demselben  vor- 
genommenen Modificationen  muss  auf  das  Original  verwiesen  werden. 

Lombard  (De  Temploi  de  la  fraise  et  du  tour  61ectrique  dans  Elektrischer 
las  interventions  sur  la  mastoide  et  le  rocher.     Annal.   des  mal.  de   ^^^'®'  \^^ 

Radical- 
l'oreiUe   etc.  Bd.  24,   Nr.  9)  redet  bei  Radicaloperationen   der  Operationen, 

Anwendung   des    elektrischen  Bohrers    statt   Hanmiers    und     Lombard. 
Meisseis   das   Wort.     Er  sucht   die  Vorzüge   dieses  Verfahrens  an 
einem  Fall  von  Cholesteatom  und  Caries  zu  beweisen,   bei  dem  die 
Radicaloperation  auf  diese  Weise  mit  Erfolg  ausgeführt  worden  ist. 

Pierre  Audion  und  Albert  Mouchet  (Mastoidite   suppuree;     Multiple 
osteomyelite  k  foyers  multiples  tibia,  humerus,  clavicule.    Gazette  heb-        ^"*®^* 
dorn,  de  m^d.  et  de  chir.,  1.  Dec,  S.  1194)  berichten  über  einen  Fall  nach  Otitis 
von   multipler  Osteomyelitis   bei   einem   9jährigen  Knaben,   als  media  acuta, 
deren  wahrscheinliche  Ursache  sie  die  vorausgegangene  Otitis  media     ^"^^"^  *• 
purulenta  acuta,  eventuell  eine  zu  gleicher  Zeit  vorhandene  Blepha- 
ritis glauben  ansehen  zu  sollen. 


508 


Schwabach. 


PyämiBOhe 
Sinns- 

thrombose, 
Whiting. 


Einen  Beitrag  znr  Symptomatologie  und  Behandlung  der 
pyämischen  Sinusthrombose  auf  Grund  dreier  erfolgreich  be- 
handelter Fälle  liefert  Fred.  Whiting  in  New  York  (Zeitschr.  f. 
Ohrenheilk.  Bd.  33 ,  S.  324).  Bemerkenswerth  ist  das  wiederholte 
Auftreten  von  peripher  gelegenen  Metastasen,  nachdem  der  Zugang 
zu  den  Lungen  durch  die  Unterbindung  der  Jugularis  abgeschnit- 
ten war. 


Thrombose 
des  Bulbus 

venae 

jugularis, 

HoifiDtiaiin. 


Ueber  einen  Fall  von  Thrombose  des  Bulbus  venae  jugu- 
laris berichtet  Richard  Ho  ff  mann  (Dresden)  in  den  Verh.  der 
deutschen  otol.  Gesellsch.  zu  Würzburg,  27./28.  Mai.  Nach  erfolg- 
loser Eröffnung  des  Antrum  mastoideum  wurde  in  einer  zweiten 
Operation  die  mittlere  Schädelgrube  und,  da  auch  hier  kein  Krank- 
heitsprocess  gefunden  wurde,  der  Sinus  transversus  freigelegt,  wobei 
durch  Verletzung  mit  einem  Knochensplitter  eine  heftige  Blutung 
aus  dem  Sinus  eintrat.  4  Tage  später  Exitus  letalis.  Bei  der  Ob- 
duction  fand  sich  als  Ursache  der  pyämischen  Erscheinungen  Phle- 
bitis purulenta  venae  jugularis  sinistrae.  —  Derselbe  Autor  theilt  an 
derselben  Stelle  einen  ebenfalls  erfolglos  operirten  Fall  von  Sinus- 
und  Jugularisthrombose  infolge  von  chronischer  Mittelohreite- 
rung mit.  Die  Thrombose  dehnte  sich,  wie  die  Obduction  ergab, 
peripher  bis  zum  Torcular  Herophili  aus ;  sowohl  im  Sinus  als  auch 
im  Bulbus  venae  jugularis  und  im  obersten  Theil  der  Jugularis  dicker, 
graugelber  Eiter. 


Otitische  Beiträge  zur  Casuistik  der  otitischen  Pyämie  liefert  Carl 

s^^dt'      '^'  M.  Schmidt  (Odessa)  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  46).    Von 

im  ganzen  8  Fällen  verliefen  2  ohne  Operation  glücklich,  einer  endete 

letal,  6  Fälle  kamen  zur  Operation ;  davon  wurden  3  geheilt,  2  starben. 


Otitische 

und 

rhinitisohe 

SinuB- 

erkran* 

kungen, 

Preysing. 


H.  Preysing  (Rostock)  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  32,  S.  227) 
theilt  seine  klinischen  Erfahrungen  über  otitische  und  rhinitisohe 
Sinuserkrankungen  und  Allgemeininfectionen,  sowie  über  centrale 
Taubheit  bei  eitrigen  Entzündungen  in  der  Schädelhöhle  mit,  die  sich 
auf  9  Fälle  beziehen.  Von  den  operirten  Fällen  an  Sinusphlebitis 
wurden  3  geheilt,  4  starben.  In  dem  einen  der  geheilten  Fälle 
(74jährige  Frau),  bei  der  die  Ohreneiterung  schon  60  Jahre  lang 
bestand,  trat  vorübergehend  beiderseitige  Taubheit  auf,  die  Verf.  als 
centrale  auffasst  und  die  vielleicht  auf  eine  Circulationsstörung 
im  Hirn  infolge  der  durch  Abducenslähmung ,  Exophthalmus  und 
Schwellung  der  beiden  Papillae  nervi   optici  sich  documentirenden 


II  ■  ^nmktr-smsrr^^^MT 


509 


Phlebitis   de«  Sizm«  set-^tii  »scsr    y:;— :.  i,:».    ;  r^^^   ii::.     R:ri:f:liri    der 

transrersss  sjünjin  siji.  T-sn.  r^»."  tt    IlIi^.    äi£=^    Sxjjl  SniTi?i»iii5'   «cue 
solche  riiii  ziLtiaon*:.     Z»er  Pil:^  koEHL*  iii^erii&rTiT  11:1^1  acf  dem 


Wege  derBhir:] 

geleitete  'EiTzJ^e 


m  ^"aIl:H^  sz'iiDterT  enifJi-niK:  ziz*j1:  seim.:!:  iv»n- 


JordÄH  «Eiuie 
intracranielier  C 
heilk.  Bd.  44.  S. 


L  ^^       Ca£ni5n>2iier  Beirrar  mr  Lrtij^  t:«ii  den 
TLi  licatizrer    der  OTitis.     At'JL.  1.  Ohren- 


l'^l? 


r:i~Ht     ETi:    ♦j-T 


*iT,.CT^ 


sr  ^Ht» :  !>acl.T' 


-C  m  aer 


Halle'schen  OLrsLkliLiK  niit  Ltiiten  t^rriinrc-ei:  m  k:»iniei:,  d&ss 
der  otitisclieüi  Pr-Lmie  innner  eiiie  Sii:T2«:iLr:»n':»:ri»r  m  Gn^de  üe^rft. 
die  man  bei  gränüiciiein  STicien  i-nrii  üe  «-»lÖTirtioii  immer  na.tb- 
lüreisen  könne.  Der  rweiw  TtZ  Jriars  ist  darur::!.  t^ffTLerkenj»- 
werth-  dass  bei  dem  an  cLri'xi^iiisr  Mittel: hrerr-err:!:^  leidenden  Pa- 
tienten  anf  Gnmd  der  unter  des  Verfassers  ATi^ren  s:  jh  enrw-i  ekeln  dein 
sensoriscJiei  Aphasie  die  l>iagn:i?!*  aTif  Sc-Lläfenl&T  T»ei.&''is.c^ess  mit 
grosser  Sicherbeit  gesteüi  -werden  ki^nnte.  Der  t:»dii::he  Ans^nc 
konnte  durch  die  öperatiTe  Entleercng  des  Abscesses  nicht  verhindert 
werden. 


latra- 

Coinpli- 

der  C«xiu&, 
Jordui. 


1.  Körner,  Ein  Fall  von  CLlorom  beider  Schlilenbeine, 
beider  Sinns  sigmoidei  nnd  beider  Orbitae,  eine  otitische 
Phlebitis   des  Sinns   cavernosus   rortanschend   tZeitschr.   f. 
Ohrenheilk.  Bd.  29,   S.  92>.    —  2.  Lnbarsch.  Zur  Kenntniss  der 
Chlorome  des  Schläfenbeins  libü  Bd.  32,  S.  129i.    1.  Bei  dem 
6jährigen  Patienten,  der  wegen  Schwerhörigkeit  und  Kopfschmerzen 
in   Körner's  Behandlnng  kam,    fand  sich   ausser  diesen  Erschei- 
nungen beiderseitiger,  besonders  ünks  stark  entwickelter  Exophthal- 
mus,  beiderseits  Abducenslähmung,   starke  Ausdehnung  der  Haut- 
venen der  Stirn  und  des  Vorderkopfes,  Schwellung  beider  Schläfen- 
gegenden,   beiderseits    Stauungspapille.     Beide  Trommelfelle    stark 
hervorgewölbt;   durch  Paracentese  beiderseits   reichlich  geruchloser 
Eiter   entleert.     Proc.    mastoideus   sinister   auf  Druck   emptindlich. 
Es  wurde   die  Diagnose  auf  phlebitische   Thrombose   beider  Sinus 
cavemosi,  inducirt  durch  beiderseitige  eitrige  Entzündung  der  Pauken- 
höhle, gestellt.   Wegen  zunehmender  Empfindlichkeit  am  Proc.  masto' 
deus  und  Temperatursteigerung  auf  39,2»  wurde  die  Aufmeisselui 
des  linken  Warzenfortsatzes  vorgenonunen ,  die   beabsichtigte  Fn 
legung   des  Sinus  sigmoideus  jedoch   wegen   eintretenden  Collaps 
aufgegeben.    6  Wochen  nach  der  Operation  trat,  ohne  dass  bis  dahi 


bf  ins. 
Körner, 


510 


Schwabach. 


Chlorom 
deB 

Schlafen- 
beins, 
Körner, 

Labarsch. 


sieb  eine  Aendening  im  Zustande  des  Patienten  eingestellt  batte,  der 
Tod  ein.  —  2.  Die  von  Lubarscb  vorgenommene  Obduction  ergab, 
dass  kein  Sinus  pblebitiscb  erkrankt  war;  doch  fand  man  beide 
Sinus  transversi  in  ibren  den  Schläfenbeinen  anliegenden  Theilen 
durch  grün  gefärbte  Tumoren,  die  von  der  Sinuswand  ausgingen, 
fast  vollständig  verstopft.  Aehnliche  Tumormassen  waren,  von  der 
Schädelbasis  ausgehend,  in  die  Schläfenbeine  hineingewuchert ;  aucb 
das  Keilbein  war  von  der  Tumormasse  durchsetzt.  Femer  fanden 
sich  im  hinteren  Theile  beider  Augenhöhlen  haselnussgrosse  Gre- 
schwülste  und  eben  solche  —  bilateral  symmetrisch  —  in  den  Tem- 
poralmuskeln. Die  mikroskopische  Untersuchung  bestätigte  die  schon 
makroskopisch  wegen  der  grünen  Farbe  der  Geschwülste  gestellte 
Diagnose  „Chlorom".  Bemerkenswertb  ist,  dass  Lubarsch  bei  der 
mikroskopischen  Untersuchung  der  Gaumentonsillen  und  einiger  Hals- 
lymphknoten Tuberkelbacillen  fand,  obgleich  sonst  im  Körper  nichts 
von  Tuberculose  nachgewiesen  werden  konnte.  Dabei  fanden  sich 
die  tuberculösen  Lymphknoten  mitten  unter  solchen,  die  einfach  hyper- 
plastisch waren  und  somit  im  wesentlichen  den  Chloromen  glichen. 
Die  histologische  Structur  der  Chlorome  zeigte  eine  so  völlige  Ueber- 
einstimmung  mit  der  der  Lymphome  und  Lymphosarkome,  dass  man 
ohne  die  nur  makroskopisch  nachweisbare  grüne  Färbung  überhaupt 
nicht  an  etwas  anderes  als  diese  Tumoren  hätte  denken  können. 
Dazu  kommt,  dass  neben  deutlich  grünen  Tumoren  auch  ungefärbte, 
von  dem  Typus  der  gewöhnlichen,  aleukämischen  Lymphome  vor- 
handen waren.  Bezüglich  der  grünen  Färbung  der  Tumoren  betont 
Verf.,  dass  ihm  die  Ursache  derselben  noch  ebenso  unbekannt  sei, 
wie  die  grünliche  Farbe  des  Eiters.  Er  schliesst  sich  übrigens  der 
Ansicht  Eecklinghausen's  an,  der  die  rein  lymphomatöse  Structur 
für  wichtiger  als  die  grüne  Farbe  hält.  Mit  Eücksicht  auf  den 
oben  erwähnten  Befund  von  Tuberkelbacillen  hält  es  Verf.  für  wahr- 
scheinlich, dass  in  der  Aetiologie  der  Lymphosarkomatose  und  ver- 
wandten Krankheiten  den  Tuberkelbacillen  und  ihren  Giften  eine 
bedeutende  Rolle  zufallt. 


Neues  Nach  den  Untersuchungen  von  F.  Voss  (Ein  neues  Symptom 

Symptom     ^^j,  obturirenden  Lateralsinusthrombose.    Zeitschr.  f.  Ohren- 
der  Lateral-  ... 

Sinns-       heilk.  Bd.  32,   H.  3)  ist   das  continuirliche  Sausen    bei  m&s- 

thrombose,  sigem  Druck  des  Stethoskops  auf  die  Jugularis  der  ge- 
sunden Seite  und  das  Fehlen  dieses  Geräusches  auf  der 
kranken  Seite  das  für  die  obturirende  Thrombose  Charak- 
teristische.    Die  Carotis  dient  zur  ControUe  des  Druckes;  ihre 


Ohrenkrankheiten.  511 

Töne  müssen  völlig  rein  erhalten  bleiben ;  dann  ist  das  Venengeräusch 
am  stärksten.  Der  Stamm  der  Jngolaris  ist  für  die  Untersuchung 
weniger  gut  geeignet,  als  die  Stelle  der  Theilung  in  ihre  Aeste; 
Yenenwinkel  möglichst  nahe  der  Schädelbasis. 

Charles  Thigpen  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  32,  H.  2)  be-  Compli- 

richtet  über  einige  PäUe  von  Complicationen  bei  Mittelohr-  ®**^*^{*®" 

eiterung:    1.  Empyem   des  Warzenfortsatzes.     Extraduralabscess.  Mitteiohr- 

Spontaner  Durchbruch  nach  aussen«    Operation.    Heilung'    2.  Chro-  eiterungen, 

nische  Mittelohreiterung  mit  Betheiligung  des  Warzenfortsatzes.    Ex- 

tradural-  und  Cerebralabscess.    Operation.    Autopsie.    8.  Otitis  media 

purulenta.    Faracentese.    Eröffiiung  des  Warzenfortsatzes ;  kein  Eiter  dq-^^i* 

gefunden.     Typische  Pyämie.     Heilung.  acuter 

Hirnabtcess 

H.  Selig  mann  (Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  32,  H.  2)  berichtet  Trepanation 
über  einen  Fall  von  doppeltem  acutem  Hirnabscess  nach  Auf-     dei  Proc 
meisselung  des  Warzenfortsatzes.    Heilung.  mastoideuB, 

Th.  Barr  (Glasgow)  (Ein  Fall  von  Labyrinthnekrose.  Tod  Labyrinth- 
durch  Kleinhimabscess  und  allgemeine  Leptomeningitis.  Zeitschr.  f.  »«kroie, 
Ohrenheilk.  Bd.  33,  HL  1)  beschreibt  das  linke  Schläfenbein  eines 
17jährigen  Burschen,  der  seit  7  Jahren  an  doppelseitiger  Mittelohr- 
eiterung gelitten,  unter  Freilegung  des  Sinus  sigmoideus  und  der  den 
äusseren  Theil  des  Bodens  der  mittleren  Schädelgrube  auskleidenden 
Dura  mater  opeiirt,  an  einer  Erkrankung  des  Kleinhirns  und  Lepto- 
meningitis gestorben  war.  Den  Felsenbeintheil  nimmt  eine  grosse 
Höhle  ein,  die  mit  dem  Antrum  in  Zusammenhang  steht,  die  Folge 
einer  nekrotischen  Zerstörung  des  gesammten  Labyrinths.  Die  einzige 
noch  vorhandene  Spur  des  letzteren  ist  ein  kleiner,  loser  Sequester, 
der  zur  Schnecke  gehört.  Im  Dach  dieser  Höhle,  correspondirend 
mit  der  Lage  der  Schnecke,  befindet  sich  eine  cariöse  Oeffnung,  die 
zwar  durch  den  knöchernen  Theil  der  mittleren  Schädelgrube  hin- 
durchg^t,  ab^  von  gesunder  Dura  mater  bedeckt  ist.  Die  Lamina 
cribrosa  ist  gänzlich  weggefressen  und  der  Gehörnerv  hier  TölHg 
durchtrennt.  Der  Stamm  des  Nerven  ist  besonders  am  Eingang  in 
den  Meatos  auditorius  internus  erheblich  verdickt.  Der  Nervus  fa- 
cialis ißt  im  Meatus  auditorius  internus  mit  den  Gehörnerven  un- 
trennbar vereinigt  und  nimmt  augenscheinlich  an  dessen  Schwellung 
und  Verdickung  TheiL  Am  Ganglion  geniculi  ist  er  infolge  der  Caries 
am  Bodött  der  mittleren  Schädelgrube  von  seiner  kBöchemen  Decke 
entblöBSt  und  liegt  unmittelbar  unter   der  Dura  mater,  'während  er 


512 


Schwabach. 


Labyrinth-  an  dem  unteren  Theile  der  inneren  Paukenhöhlenwand  zerstört  ist. 

nekroae,     j^^^^  Kleinhirn  ist  im  vorderen  Theil  des  Lobus  lateralis  in  der  Nähe 
Barr. 

des  Meatus  auditorius  internus  oberflächlich  ulcerirt.     Es  verbreitet 

sich  übelriechender  Eiter  in  massiger  Menge  nach  der  Mitte  zu  bis 
ins  Gewebe  des  Kleinhirns.  In  den  Maschen  der  Arachnoidea,  so- 
wohl an  der  Conveidtät  wie  der  Basis  des  Gehirns,  ist  eine  aus- 
gedehnte fibrinöse  Exsudation  zu  sehen,  besonders  ausgesprochen  an 
der  linken  Seite  der  MeduUa  und  des  Pons,  wo  die  Nervi  abducens, 
facialis,  acusticus,  glossopharyngeus  und  vagus  mit  in  die  Exsudation 
hineingezogen  sind. 


Operativ 
geheilter 
otitischer 
Kleinhirn- 

abscesB, 
MüUer. 


Operativ 
geheilter 
otitischer 
Schläfen- 
lappen- 
abscese, 
Hofhnann, 


Heine. 


Heber  einen  operativ  geheilten  otitischen  Kleinhirn- 
abs c  es  s  berichtet  Richard  Müller  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  49).  Die  Erscheinungen,  welche  den  Abscess  vermuthen  Hessen, 
traten  erst  nach  der  wegen  chronischer  Mittelohreiterung  vorgenom- 
menen Radicaloperation  ein,  und  Verf.  glaubt,  dass  infolge  des  Meis- 
seins von  dem  Abscess  aus  mobil  gemachte  Stoffe  in  die  Lymph- 
und  Blutbahn  gelangt  seien  und  diese  Erscheinungen  bedingt  haben. 
Die  Trepanation  auf  das  Kleinhirn  wurde  nicht  von  der  Mastoid- 
wunde,  sondern  aussen  vom  Os  occipitale  aus  vorgenommen.  Heilung 
per  primam  3  Monate  nach  der  letzten  Operation. 

Egon  Hoff  mann  (Greifswald)  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  29)  brachte  einen  EallvonHirnabscess  zur  Heilung,  nachdem 
vorher  ohne  Erfolg  ein  Epiduralabscess  der  mittleren  Schädelgrube 
durch  Trepanation  des  Schläfenbeins  oberhalb  des  äusseren  Gehör- 
gangs entleert  worden  war.  Linksseitige  Extremitätenlähmung  wies 
auf  den  Sitz  des  Abscesses  im  rechten  Schläfenlappen  (bei  rechts- 
seitiger chronischer  Mittelohreiterung)  hin,  und  es  konnte  nun  der 
Abscess  von  der  alten  Trepanationswunde  aus  ohne  Schwierigkeit 
eröänet  werden. 

Heine  (Berlin)  (Arch.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  45,  S.  269)  liefert  einen 
casuistischen  Beitrag  über  otitischen  Hirnabscess.  In  allen 
3  Fällen  handelte  es  sich  um  linksseitigen  Schläfenlappenabscess, 
und  alle  3  Fälle  wurden  durch  Operation  geheilt. 

Aus  dem  Bericht  über  3  operirte  Fälle  von  otitischem 
Schläfelappenabscess  mit  letalem  Ausgange  von  Fr.  Röpke 
(Zeitschr.  f.  Ohrenheilk.  Bd.  33,  S.  290)  ist  bemerkenswerth ,  dass 
in  2  Fällen  bei  der  Obduction  die  obere  Fläche  der  Pyramide  morsch 
und  grau  verfärbt  gefunden  wurde,  Veränderungen,  die,  wie  Verf. 


Ohrenkrankheiten. 


513 


annimint,  secundär  durch  die  Nachbarschaft  des  Himabscesses  be* 
dingt  waren  und  die  die  Erscheinungen  von  Seiten  des  Trigeminus, 
welche  bei  beiden  Patienten  bestanden  (neuralgische  Schmerzen),  er- 
klärten, da  auch  das  Ganglion  Gasseri  in  Mitleidenschaft  gezogen 
war.  Bemerkenswerth  ist  femer  der  im  ersten  Falle  beobachtete  „Heiss- 
hunger"  und  für  den  zweiten  Fall  der  Nachweis  eines  zweiten  Ab- 
scesses  im  OccipitaUappen  bei  der  Obduction.  Der  Tod  in  diesem 
Falle  war  durch  Blutung  in  das  Corpus  striatum  erfolgt.  Im  dritten 
Falle  konnte  die  Obduction  nicht  gemacht  werden. 

M.  Coville  und  A.  Lombard  (Otite  moyenne  suppur^e  chro- 
nique  chez  im  tuberculeux.  Abc^s  du  cerveau.  Trepanation  par  la 
voie  mastoidienne.  Annales  des  mal.  de  Tor.  etc.  Nr.  11,  S.  424)  ent- 
leerten, nach  vorausgegangener  Badicaloperation  wegen  chronischer 
Mittelohreiterung  einen  Hirnabscess,  zunächst  mit  günstigen  Er- 
folgen, doch  ging  der  Patient  bald  an  Tuberculose  zu  Grunde. 

A.  Barkaufs  Mittheilung  (Zeitschr.  f  Ohrenheilk.  Bd.  33,  S.  41) 
betrifft  einen  FaU  von  chronischer  Mittelohreiterung,  Abscess 
im  Lobus  temporo-sphenoidalis  mit  nachfolgender  eitriger 
Leptomeningitis.     Trotz  Operation  erfolgte  der  Exitus  letalis. 


Tödtlich 

verlaufene 

otitische 

Hirn- 

abscesse, 

Böpke, 


Coville  u. 
Lombard, 


Barkan. 


Die  beiden  von  Manasse  (Strassburg  i.  E.)  (Ueber  primären    Primärer 

Mittelohrkrebs  mit  secundären  Labyrinthveränderungen.    ^***®J^°"'" 

kreos, 

Verhandl.  d.  Deutsch,  otol.  Gesellschaft  zu  Würzburg,  27./28.  Mai,  Manasse. 
S-  109)  mitgetheilten  Fälle  wiesen  bei  der  mikroskopischen  ünter- 
suchimg  ausser  den  durch  den  Homkrebs  bedingten  Veränderungen 
im  Mittelohr  solche  im  inneren  Ohr  auf,  die  zwar  nichts  Specifisches 
für  Carcinom  hatten  (chronische  ossificirende  Periostitis  interna  und 
ausgedehnte  hyaline  Degeneration),  von  denen  es  Manasse  aber 
doch  für  möglich  hält,  dass  sie  durch  die  Krebsbildung  im  Mittelohr 
veranlasst  worden  seien.  Abbildung  imd  ausführliche  Beschreibung 
der  anatomischen  Veränderungen  siehe  im  Original. 

In  Kirchner's  FaU  (Bösartige  Neubildung  nach  Mittel-  Sarkom  des 

ohreiterung.     Verhandl.   d.   Deutsch,   otol.  Gesellsch.  Würzburg,  ^^^^g*"/*' 

27./28.  Mai,  S.  196)  handelt  es  sich  um  ein  Sarkom,  ausgehend  von 

den   zelligen  Hohlräumen  des  Warzenfortsatzes,   das  allmählich  den 

ganzen  Felsentheil  ergriff  und  zu  einer  so  hochgradigen  Erweichung 

des  Knochens  führte,  dass  bei  der  Section  das  ganze  Schläfenbein 

mit  dem  Messer  ohne  Zuhülfenahme  von  Meissel  und  Säge  aus  dem 

Schädel  herausgenommen  werden  konnte.    Bei  der  mehrere  Wochen 

vor  dem  Tode  vorgenommenen  Eröffnung  des  Warzenfortsatzes  stiess 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  33 


514  Schwabach. 

man  sogleich  nach  Entfemong  der  oberen  Knochenschichten  auf  eine 
höckrige,  nach  allen  Richtungen  hin  ausgedehnte  Geschwulstmasse, 
welche  nicht  zu  isoüren  war.  Es  musste  daher  wegen  der  bedeu- 
tenden Ausdehnung  der  Geschwulst  von  einer  operativen  Entfernung 
Abstand  genommen  werden. 

Carcinom  Treitel  (BerKn)  (Ueber  das  Carcinom  des  Ohres.    Zeitschr. 

*Trcite"'  ^'  Ohrenheilk.  Bd.  33,  H.  2)  veröffentlicht  2  Fälle  von  Carcinom  des 
Ohres.  Bei  dem  einen,  der  unter  dem  Bilde  chronischer,  mit  Granu- 
lationsbildung einhergehender  Eiterung  auftrat  und  unter  den  Com- 
plicationen  von  Recurrens-  und  Facialislahmung  Letal  endete,  handelte 
es  sich  um  ein  typisches  Epithelialcarcinom  mit  Ferlenbildung.  Das- 
selbe hatte,  wie  die  Section  ergab,  das  Felsenbein  in  grosser  Aus- 
dehnung zerstört  und  fast  die  ganze  linke  hintere  Schadelgrube  mit 
einer  gelblichweiss  durchscheinenden  Masse  bedeckt.  —  Der  andere 
Fall  betrifft  eine  seit  17  Jahren  an  Ohreiterung  leidende  77jährige 
Patientin,  deren  Gehörgang  von  blassgraurothen  Granulationen  aus- 
gefüllt ist.  Mikroskopisch  zeigen  letztere  das  Bild  mehrfach  ver- 
zweigter, drüsenfbrmiger  Schlauche,  von  verschiedenen  Mittelpunkten 
ausgehend,  mit  cubischer  bis  cylindrischer  Epithelauskleidung. 

Labyrinth-  A.  Jansen  (Berlin)   (Arch.   f  Ohrenheilk.  Bd.  46,  8.  193)  be- 

^^j  richtet  über  eine  häufige  Art  der  Betheiligung  des  Laby- 
Hitteiohr-  rinthes  bei  den  Mittelohreiterungen  auf  Grund  eines  Materials 
eitcrungen,^^^  169  Fällen.  In  der  grossen  Mehrzahl  der  Fälle  (124)  war  der 
horizontale  Bogengang  betroffen,  in  7  der  obere,  in  9  die  zugewandten 
Schenkel  der  verticalen  Bogengänge.  Im  Anschluss  an  diese  durch 
die  Krankheit  des  Mittelohrs  (Cholesteatom,  Tuberculose)  bedingte 
Affection  des  Labyrinthes  theilt  Verf.  noch  13  Fälle  mit,  bei  denen 
die  Bogengänge  bei  der  an  ihnen  vorgenommenen  Radicaloperation 
verletzt  wurden.  Die  Erscheinungen  in  allen  Fällen  bezogen  sich 
im  wesentlichen  auf  Gleichgewichtsstörungen:  Schwindel,  schwanken- 
der Gang,  Uebelkeit,  Erbrechen  und  oscillatorische  Augenbewegungen 
(Nystagmus).  34  Kranke  starben ,  zum  Theil  an  Tuberculose ,  die 
Hälfte  nur  an  den  Folgen  der  Labyrintheiterung,  3  an  EUeinhim- 
abscesB,  16  an  Arachnitis  purulenta.  In  10  Fällen  nahm  Verf.  Ein- 
griffe  ins  Labjrrinth  vor,  imd  zwar  6mal  von  geringfügiger  (Aus- 
schaben des  Vestibulums  etc.),  4mal  von  eingreifenderer  Art  (Auf- 
meisselung  der  Knochenschale  des  Labyrinths  etc.).  Zwei  dieser 
Fälle  gingen  an  Meningitis  zu  Grunde,  in  den  übrigen  trat  Besserung 
der  schweren  Erscheinungen  ein. 


Ohi*enkrankheiten.  515 

Unter  den  von  A.  Scheibe  (München)  (Durchbruch  in  das       Scheibe. 
Labyrinth,  insbesondere  bei  der  acuten  Form  der  Mittel- 
ohreiterung.    Verhandl.  d.  Deutsch,  otol.  Gesellsch.  in  Würzburg, 
27./28.  Mai,    S.    123)    mitgetheilten  Fällen   betrifft    der  erste   einen 
56jährigen  Diabetiker,   bei  dem  wegen  Eiterung  im  Warzenfortsatz 
nach   acuter  Otitis   media   die  Aufmeisselung  gemacht  worden  war. 
Nach   wochenlangem   Wohlbefinden   traten   wieder    Schwindel,    Er- 
brechen und  Taubheit  ein,  und  Patient  ging  nach  weiteren  9  Wochen 
zu  Grunde.    Bei   der  Obduction   fand   sich   im  Mittelohr  ein  dickes 
Granulationspolster  in  der  Gegend  des  ovalen  Fensters;   die  mikro- 
skopische Untersuchung  ergab  an  der  Labyrinthkapsel  circumscripte 
Nekrose  um  einen  Markraum  herum  neben  rareficirender  Ostitis  und 
Erweichung   des   Knochens    durch  Resorption    der   Kalksalze.     Im 
inneren  Ohr  fand  sich  eine  heftige  eitrige,  zum  Theil  fibrinöse  Ent- 
zündung, am  auffallendsten  in  den  Bogengängen,  schwächer  im  Vor- 
hof und  der  Schnecke,  in  letzterer  besonders  in  der  ersten  Windung. 
Der    Durchbruch   in   das   innere   Ohr  war    an   drei  Stellen   erfolgt: 
am  hinteren  Bogengang,  am  oberen  Bogengang  und  an  der  oberen 
Peripherie   des    Steigbügel-Ringbandes.     Der   Durchbruch   aus  dem 
inneren  Ohr  in  die  Schädelhöhle  geschah  auf  dem  Wege  des  inneren 
Gehörganges.    Li  dem  zweiten  Fall  des  Verfassers  handelt  es  sich  um 
das    acute   Recidiv    einer   chronischen   Eiterung   mit    Cholesteatom- 
bildung.    Auch  hier  trat  schnell  vollständige  Taubheit  ein.    Der  Tod 
erfolgte  nach  4  Wochen  aus  anderer  Ursache.     Die  mikroskopische 
Untersuchung  des  Felsenbeins  ergab  den  ganzen  horizontalen  Bogen- 
gang mit  Granulationsgewebe  erfüllt;   der  Durchbruch  in  denselben 
war  offenbar  durch  Druckusur  des  Cholesteatoms  erfolgt.   Auf  Grund 
dieser  beiden  und  eines  dritten  von  Hab  ermann  histologisch  unter- 
suchten Falles  nimmt  Verf.  an,  dass  als  einziges  Symptom  des  Eiter- 
durchbruchs vom  mittleren  in  das  innere  Ohr  der  Eintritt  von  Taub- 
heit  auf  dem  kranken  Ohr  anzusehen  sei;   wenn  auch  die  Diagnose 
auf  Grund    dieses   Symptomes   nicht    mit  Sicherheit   zu  stellen   sei. 
Verf.  erörtert  weiterhin,  weshalb  die  Labyrintheiterung  nach  acuten 
Mittelohreiteiningen  weniger  häufig  vorkomme   als   bei   chronischen. 
Den  Grund  dafür  sieht  er  darin,  dass  die  bei  letzterer  vorherrschende 
nekrotisirende  Entzündung  an  den  Weichtheilen  sowohl  als  auch  an 
der   Labyrinthkapsel    weniger   Widerstand    findet    als   die    einfache 
acute  Entzündung.     Die  Prognose   ist  bei   Durchbruch  nach  acuter 
Eiterung  ungünstiger  als  nach  chronischer,    weil  die  erstere  in  der 
Regel  zum  geschlossenen,  die  letztere  zum  offenen  Labyrinthabscess 
fuhrt.      Bezüglich   der  Therapi«*        '  '     '^i^jlein   operativen 


516  Schwabach. 

Vorgehen   die  Zukunft  gehöre,   wenn   auch  über  die  Art  desselben 
vorläufig  sich  noch  nichts  Bestimmtes  sagen  lasse. 

Labyrinth-  Photiad^s  und  Gabrielid^s  (Gonstantinopel)  (Un  cas  de  sour- 

bei  Fractufa^^*^  ^^^^  troubles  de  requüibre  et  exophthalmie  pulsatile  k  la  suite 
basis  cranii,  d'une   fracture   de  la  base  du  cräne.     Annales  des  mal.  de  l'or.  etc. 

Photiadö»  u.  ßj  24,  Nr.  8)  geben  die  ausfuhrliche  Krankengeschichte  eines  Mannes, 
der  mit  doppelseitiger  iaubneit,  linksseitiger  Facialis- 
lähmung  und  linksseitigem  pulsirendem  Exophthalmus 
in  die  Behandlung  trat;  Erscheinungen,  die  er  von  einem  3  Jahre 
zuvor  erlittenen  Sturz  von  einem  Baum  zurückbehalten  hatte.  Sie 
nehmen  an,  dass  es  sich  um  eine  Schädelbasisfractur  gehandelt  hat, 
die  in  der  Gegend  des  linken  Foramen  stylomastoideum  beginnend 
sich  bis  zum  Keilbeinkörper  erstreckt  hat.  Hierbei  sind  Facialis  und 
Labyrinth  getroffen.  Den  pulsirenden  Exophthalmus  erklären  sich 
die  VerflF.  damit,  dass  die  Carotis  beim  Durchgang  durch  den  Sinus 
cavernosus  verletzt  worden  ist.  Bezüglich  der  Verletzungen  des 
rechten  Ohres  lassen  sie  die  Frage  offen,  ob  dieselben  die  Wirkung 
des  Contrecoup  beim  Fall  sind ,  oder  ob  die  Fractur  sich  in  Form 
eines  Sprunges  bis  zum  rechten  Labyrinth  ausgedehnt  hat. 

Sarkom  am  A.  Druault,  Sarkom  am  innern  Gehörgang  (Annal.  des 

Oehöreanff  Diftlö'^-  -^^  l'oreille  etc.  Bd.  24,  Nr.  8).  Ein  ITjähriges  Mädchen  zeigt 
Draault.  seit  seinem  10.  Lebensjahre  die  Symptome  eines  sich  allmählich  ent- 
wickelnden intracranieUen  Tumors,  bestellend,  ausser  den  charakteri- 
stischen Allgemeinerscheinungen,  in  rechtsseitiger  Facialislähmung, 
rechtsseitiger  Hemiparese,  fast  vollkommener  rechtsseitiger  Taubheit. 
Eine  auf  der  linken  Seite  in  der  Gegend  der  Roland'schen  Furche 
vorgenommene  Trepanation  zeigt  die  Meningen  und  das  Gehirn,  so- 
weit es  freigelegt  ist,  gesund.  Die  Function  des  Seiten  Ventrikels 
ergibt  einige  Cubikcentimeter  klarer  Flüssigkeit.  Unter  Yei*schlim- 
merung  des  Allgemeinbefindens  tritt  nach  einigen  Wochen  der  Tod 
ein.  Die  Section  ergibt  ein  Sarkom  der  Pia  mater  von  4 — 5  cm 
Durchmesser,  das,  in  dem  rechten  Tlieil  der  hinteren  Schädelgrube 
frei  gelegen,  nur  mit  dem  Facialis  und  Acusticus  verwachsen  und 
durch  Einsenkung  in  den  inneren  Gehörgang  dem  Felsenbein  ad- 
härcnt  ist. 

R.  Müller  (Zur  Diagnose  der  traumatischen  Affectionen 
des  inneren  Ohrs.  Deutsche  med.  Wochenschr.,  2.  Aug.)  hat  bei 
der  Hälfte  der  von  ihm  imtersuchten  Unfallverletzten,  die  sämmtlich 


Ohrenkrankheiten .  517 

das  gleiche  Krankheitsbild  —  Schwerhörigkeit  bezw.  Taubheit,  sub-  Trauma- 
jeetive  Geräusche,  Schwindel  und  Kopfschmerzen  —  zeigten,  ein  »f/^^r^^ 
gleiches  objectiv  nachweisbares  Symptom  gefunden.  Der  otoskopische  des  inneren 
Befund  ergab  nämlich  chronisch  hj^erämische  Zustände  in  der  Tiefe  Ohrs, 
des  äusseren  Gehörgangs  und  chronisch  hyperämische  Zustände  am 
Trommelfell.  Um  den  Zusammenhang  dieses  Befundes  mit  der  AflPec- 
tion  des  nervösen  Gehörapparates  zu  beweisen,  geht  Verf.  auf  die 
pathologisch-anatomischen  Veränderungen,  die  dem  durch  das  Trauma 
hervorgerufenen  Symptomencomplex  zu  Ginmde  liegen,  näher  ein.  Er 
kommt  hierbei  zu  dem  Resultat,  dass  es  sich  hauptsächlich  um  Ver- 
änderungen in  den  Geiassbahnen  handelt,  besonders  um  Vermehrung 
derselben  und  daraus  resultirende  Hyperämie  im  Labjrrinth,  in  den 
centralen  Abschnitten  des  venösen  Gehörapparates  und  in  deren  Um- 
gebung im  Gehirn.  Diese  Veränderungen  in  den  Blutbahnen  dienen 
Verf.  zur  Erklärung  der  im  äusseren  Gehörgang  und  am  Trommel- 
fell constatirten  hyperämischen  Verhältnisse.  Auch  hier  im  äusseren 
Gehörgang  und  am  Trommelfell  kann  es  nach  Verfassers  Annahme,  wie 
im  Gehirne  in  den  Hirnhäuten  und  im  Labyrinth  durch  die  Er- 
schütterung bei  dem  Unfall  infolge  von  Lähmimg  der  vasomotori- 
schen Nerven  zu  Störungen  und  Verändenmgen  im  Circulations- 
system  kommen ;  auch  hier  kann  Vermehrung  der  kleinen  und  klein- 
sten Gefesse  eintreten  imd  damit  der  Thatbestand  einer  bleibenden 
Hyperämie  gegeben  sein. 

Einen   Beitrag   zur  Pathologie    des    corticalen   Hörcen-  Pathologie 
trums  liefert  Ferdinand  Alt   (Wien.   med.  Wochenschr.  Nr.  10)  ^f^ 

durch   Mittheilung    eines   einschlägigen,    einen    33jährigen,    früher         gör- 
syphilitisch  inficirten  Mann  betreffenden  Falles.    Patient  hatte  plötz-    centrums, 
lieh,   unter   gleichzeitiger  Lähmung    der    rechten    Körperseite,    die  ' 

Sprache  verloren,  war  auf  dem  rechten  Ohr  taub  geworden  und 
klagte  über  Schwindel  und  Sausen.  Dabei  hatte  er  die  Erinnerung  an 
alles,  was  er  früher  erlebt  hatte,  verloren.  Verf.  glaubt,  dass  eine 
Durchbrechung  der  Stabkranzfaserung  des  linken  Schläfenlappens 
durch  einen  Krankheitsheerd  (wahrscheinlich  eine  durch  syphilitische 
Endarteriitis  bedingte  Erweichung),  der  einestheils  gegen  die  Rinde, 
andererseits  markwärts  in  die  Tiefe  vordringt,  das  Zusammentreffen 
aller  der  genannten  Symptome  (amnestische  Aphasie,  rechtsseitige 
Hemiplegie,  gekreuzte  Taubheit)  erklären  könne. 

Habermann  (Graz),  Erkrankung  des  Ohres  infolge  von 
Endocarditis   (Verh.   der  Deutsch,   otol.  Gesellsch.   zu  Würzburg, 


518  Schwabach. 

Ohr-         27.(28.  Mai,  S.  90).    Bei  einem  53jährigeii  Maurer,  der  an  Insu£ficienz 
^^  IvLTch^^  ^^^  Stenose  der  Valvula  bicuspidalis  litt,  trat  plötzlich  ohne  beson- 
Endo-       dere  Veranlassung  vollständige  Taubheit  auf  dem  rechten  Ohre  ein. 
carditis,     Vorausgegangene  halbseitige  Extremitätenlähmung  und  Endocarditis 
deuten  nach  Verf.  darauf  hin,  dass  zur  Lähmung  des  Acusticus  wahr- 
scheinlich eine  Embolie  die  Veranlassung  gegeben  haben  dürfte,  zu- 
mal eine  andere  Ursache  fiir  die  Taubheit  nicht  zu  finden  war.    Be- 
züglich des  Ortes,  wo  die  Embolie  stattfand,  weisen  die  Beschrankt- 
heit der  Lähmung  auf  den  Hörsinn  und  das  Fehlen  anderer  Symptome 
auf  die   peripheren  Theile   der  Leitungsbahnen   dieses  Nerven   hin, 
wahrscheinlich  also  war  sie  in  der  Art.  auditoria  erfolgt.   Vollständige 
Sicherheit  hierüber  wäre  natürlich  nur  durch  die  leider  nicht  statt- 
gehabte Section  zu  gewinnen  gewesen. 

Labyrinth-  Bei  James  Finlayson's  (The  diagnosis  during  life  of  retinal 

V^*ta^I*^^  and  labyrinthian  haemorrhages  in  a  case  of  splenic  leuk- 
Finlaygon.  aemia.  Brit.  med.  Joum.,  31.  Oct.)  bereits  vor  10  Jahren  zur  Be- 
obachtung gekommenem  Fall  von  chronischer  Leukämie,  eine  29jährige 
Frau  betreffend,  war  wenige  Wochen  vor  dem  Tode  plötzlich  hoch- 
gradige Schwerhörigkeit,  Ohrensausen  und  Schwindel  aufgetreten 
und  mit  Rücksicht  auf  den  mangelnden  Objectivbeftmd  und  die 
ophthalmoskopisch  constatirte  Betinalblutung  eine  Blutung  ins  innere 
Ohr  diagnosticirt  worden.  Bei  der  Obduction  fand  sich  das  Mittelohr 
frei,  dagegen  Blutung  im  Vestibulum  und  in  der  ersten  Schnecken- 
windung. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

L.  B 1  a  u ,  Die  Erkrankungen  des  Gehörorgans  bei  Masern  und  bei  Influenza. 

Haug's  klin.  Vortr.  Bd.  2,  Heft  14.     Jena. 
G.  B  r  Ü  h  1 ,  Das  menschliche  Gehörorgan  in  8  topographischen  Bildern  mit 

erläutemdeiu  Texte.    München. 
A.  Eitelberg,  Practische  Ohrenheilkunde.    Mit  157  Abbildungen.    Wien. 
Haug,   Thun  und  Lassen  in  der  Behandlung  etlicher  der  häufigsten  Ohr- 

afFectionen.     München. 
G.  Heermann,   Ueber  Otitis  media  im  frühen  Kindesalter  (Otitis   con- 

comitans).    Bresgen's  Samml.  zwangl.  Abb.    Halle  a.  S. 
L.  Jankau,  Vorsichtsmaassregeln  bei  Behandlung  von  Ohrenleiden,  zur  Ver- 

theilung  an  Ohrenkranke  seitens  des  Arztes.    München. 
M.  Kahn,   Die  Gewerbe-  und  Berufskrankheiten   des  Ohres.     Haug*8  klin. 

Vortr.  Bd.  2,  H.  12. 
R.  Kayser,  Ueber  Durchlöcherungen  des  Trommelfells.    Bresgen's  Samml. 

zwangl.  Abli.     Halle  a.  S. 


Ohrenkrankheiten.  519 

Koerner,  Die  Hygiene  des  Ohrs.    Mit  1  Abbildung.    Wiesbaden. 

William  Macewen,  Die  infectiös-eitrigen  Erkrankungen  des  Gehirns 
und  Rückenmarks :  Meningitis,  Himabscess,  infectiöse  Sinusthrombose. 
Uebersetzt  von  H.  Paul  Rudioff.  Mit  zahlreichen  Abbildimgen.  Wies- 
baden. 

R.  Pause,  Die  sog.  Sklerose  des  Mittelohrs.  Haug*s  klin.  Vortr.  Bd.  2, 
H.  13. 

Scliwabach,  üeber  Tuberculose  des  Mittelohrs.    Berliner  Klinik.    Berlin. 

Stetter,  Die  angeborenen  und  erworbenen  Missbildungen  des  Ohres. 
Haug's  klin.  Vortr.  Bd.  2,  H.  9.    Jena. 

Trautmann,  Chirurgische  Anatomie  des  Schläfenbeins,  insbesondere  für 
Radicaloperationen.  Mit  2  Tafeln  und  72  Stereoskopen  im  Kasten 
Berlin. 

Treitel,  lieber  das  Wesen  und  den  Werth  der  Hörübungen  bei  Taub- 
stummen und  hochgradig  Schwerhörigen.  Haug's  klin.  Vortr.  Bd.  2, 
H.  11.    Jena. 


vn. 


Nasen- 

specnlnm, 

Amberg. 


Nasen' 

soheere, 

Fein. 

Sterile 
Tupfer, 
Breitnng. 


•  Mund- 

sperrer, 

Jourdan. 


Krankheiten  der  Nase,  des  Nasenrachenraums, 
des  Mnndes,  des  Kehlkopfs,  der  Luftröhre. 

Von  Prof.  Dr.  A«  Jnrasz  in  Heidelberg. 

1.  AUgremelnes. 

a.  Neue  Instrumente  und  üntersuchungsmethoden. 

Obwohl  kein  Mangel  an  den  verschiedenartigsten  Instrumenten 
zur  Untersuchung  der  Nase  vorhanden  ist,  empfiehlt  dennoch  Am- 
berg (Monatsschr.  f.  Ohrenheilk.  u.  s.  w.  Nr.  1)  ein  neues  Nasen- 
speculum,  welches  eine  Modification  des  von  Fabricius  Hildanus 
gebrauchten  Ohren  speculums  darstellt.  Es  ist  ein  aus  zwei  Blättern 
zusammengesetzter  Trichter,  der  mit  einem  zweiarmigen  Griff  ver- 
sehen  ist  und  sich  durch  das  Zusammendrücken  des  letzteren  er- 
weitert. —  Zum  Abtragen  von  hypertrophischen  Partieen  der  Nasen- 
schleimhaut hat  J.  Fein  (Arch.  f.  Laryng.  Bd.  7,  H.  2  u.  8)  eine  neue 
geschlossene  Nasenscheere  construirt. —  Bei  Operationen  in  der 
Nase  und  im  Rachen  verwendet  Breitung  (Monatsschr.  f.  Ohrenheilk. 
u.  s.  w.  Nr.  11)  sterile  Tupfer,  die  aus  korkzieherartig  gedrehten 
und  mit  Watte  armirten  Glasstäbchen  bestehen.  Das  Abbrechen 
dieser  zapfenförmigen  Stäbchen  ist  nicht  zu  fiirchten. 

Als  Ersatz  für  die  gewöhnlichen  metallenen  Mundsperrer 
und  Zahnklemmen  gebraucht  Jourdan  (Therap.  Monatsh.  Nr.  1) 
keilförmige  Instrumente  von  Holz.  Ihr  Hauptvortheil  liegt  darin, 
dass  sie  von  der  Gefahr  einer  Verletzung  frei  sind.  —  N  ö  1 1  ( Allgem. 
med.  Central-Zeitung  Nr.  83)  beschreibt  einen  einfachen  Zungen- 
halter, der  beim  Anlegen   gut  vertragen  wird  und  wenig  Reflexe 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  521 

hervorruft.     Dieser  Zungenhalter   besteht   aus    zwei  Schleifen,   die     Zangen- 
durch  ein  Mittelstück  unter  einem  Winkel  von  80 "  vereinigt  sind.  —  Das      ^  *\.^  ®  ^' 
alte  Fahnenstock-Mathieu'sche,  sowie  das  von  M.  Mackenzie 
angegebene  Tonsillotom  ist  von  Wolff  (Aerztl.  Polytechnik Nr.  6)      steriles 
in  der  Weise  verändert  worden,  dass  es  viel  leichter  zerlegbar  und^®*^"^!®*®™' 
steriHsirbar  ist.  —  Hopmann's  Velitractor  (Aerztl.  Polytechnik 
Nr.  6)  ist  eine  Vorrichtung,   die  den  Zweck  hat,  das  G-aumensegel  Velitractor, 
bei  Operationen  im  Nasenrachenraum  statt  mit  einem  Gaumenhaken,     Hopmann. 
mittels  eines  G-ummischlauches  nach  vom  zu  ziehen.     Der  G-ummi- 
schlauch  wird  mit  einem  Ende  durch  das  rechte,   mit  dem  anderen 
durch  das  linke  Nasenloch  vorgeschoben  imd  dann  zur  Mundhöhle 
herausgezogen.     Hierauf  werden  beide  Enden  an  einer  MetaUplatte 
zwischen  der  Nase   und  der  Oberlippe  befestigt.     Die  Befestigung 
ist  der  Art,  dass  sie  leicht  gelöst  werden  und  der  Zug  vermindert   Zangezur 
oder   verstärkt   werden    kann.  —  Die   Jurasz'sche   Zange    zur    Op®''**»oii 

von 

Operation   der    adenoiden  Vegetationen    hat   Thomson    adenoiden 
(Joum.   of   laryng.   Nr.   6)    in   der  Weise    modificirt,   dass   er  die      Vegeta- 
Branchen  etwas  kürzer  anfertigen  liess.  Thomson. 

Die  Epiglottiscurette,   welche  Heermann   (Archiv  für  Bpigiottis- 
Laryngol.  Bd.  8,  H.  1)   nach  dem  Vorbild   der   Landgrafschen     curette, 
Curette  construirt  hat,  gestattet,  die  Epiglottis  bei  tuberculöser  In- 
filtration mit  einem  Schnitt  ganz  oder  theilweise  abzutragen.  —  Eine 
Doppelcurettezur  Entfernung  der  tuber culös  erkrankten 
Epiglottis  hat  ausserdem  Lake  (Joum.   of  laryng.  Nr.  5  u.  11) 
angegeben.     Diese    Curette   soll   auch   zur    Operation   von    phthisi- 
schen Infiltraten  in  der  Glottisgegend  dienen,  doch  dürfte  die  Ein- 
führung dieses  Instrumentes  in  die  Kehlkopfhöhle  bei  der  aus  der 
Abbildung  ersichtlichen  schwachen  Krümmimg  auf  grosse  Schwierig- 
keiten stossen. —  An  dem  neuen  cachirten  Aetzmittelträger 
für  die  Kehlkopfhöhle,  den  Wolff  (Arch.  f.  Laryngol.  Bd.  8,  H.  2)  Aetzmittel- 
beschreibt,  ist  nichts  Neues  zu  entdecken.  —  Die   für  Operationen      träger, 

Wolff 

von  Kehlkopfiieubildungen  bestimmte  Zange  nach  M  c  N  e  i  1 1  Wh  i  s  1 1  e  r 
(Joum.  of  laryngol.  Nr.  3)  zeichnet  sich  dadurch  aus,  dass  ihr  End-       zange^ 
stück  in  einem  Rohr  drehbar  ist  und  unter  einen  erwünschten  Winkel      Whistler. 
gestellt  werden  kann. 

Heermann  (Arch.  f.  Laryngol.  Bd.  8,  H,  1)  gebraucht  asep-  Aseptische 

tische   Galvanocauter,    bei   welchen   die  Kupferdrähte  nur  am  Galvano- 

Handgriff  mit  einer  Hartgummiisolirung  versehen  sind,  sonst  aber  Heermann 
frei  neben  einander  laufen.    Sie  werden  in  starker  SolveoUösung  auf- 


522  Jurasz. 

bewahrt  und  können  vollständig  sterilisirt  werden.    Ein  Kurzschluss 
durch  gegenseitige  Berührung  ist  ausgeschlossen. 

Nagel-  Kirstein  (Aerztl.  Polytechnik  Nr.  4)  benutzt  zur  Function 

D««Vl^^i^7JL<iör  Oberkieferhöhle  einen  Nageltroikart,  der  aus  Mannes- 
runction  der  ^       ^  ^  ' 

Oberkiefer-  mannstahlrohr  angefertigt  ist  und  sich  deshalb  nicht  verbiegen  kann, 
höhle,  j)j^g  Instrument  wird  nach  dem  Aufheben  der  Oberlippe  etwa  über 
dem  ersten  Molarzahn  an  die  vordere  Knochenwand  angesetzt  und 
mit  2 — 3  leichten  Hammerschlagen  in  die  Höhle  hineingetrieben. 
Nach  dem  Ausziehen  des  Stachels  kann  die  Canüle  zur  Aspiration 
oder  zur  Ausspülimg  verwendet  werden.  Der  Höhleninhalt  entleert 
sich  durch  die  Nase.  Nach  dem  Entfernen  der  Canüle  bleibt  nur 
eine  ganz  kleine  Oeffnung  in  der  Schleimhaut  zurück,  die  sich  so 
weit  verschoben  zeigt,  dass  eine  nachträgliche  Infection  der  als  ge- 
sund beftindenen  Höhle  ausgeschlossen  ist.  Die  Operation  soll  leicht 
ausführbar  und  schmerzlos  sein. 

Laryngo-  Petersen    (Aerztl.   Polytechnik   Nr.  7)    findet,    dass    bei   der 

^'^pPf® '^^^  laryngoskopischen  Untersuchung  der  Kinder  die  schon 
Petersen.'  ^^^  Rauchfuss  geübte  Methode  häufig  zum  Ziele  fuhrt  und  des- 
halb mehr  Beachtung  verdient.  Sie  besteht  darin,  dass  man  die 
Zunge  mit  einem  Spatel  herunterdrückt  und  in  unmittelbarem  An- 
schluss  einen  Spiegel  in  den  Rachen  einfuhrt.  Hierbei  kann  man 
bei  der  nachfolgenden  Inspiration  das  Kehlkopfinnere  erblicken. 
Diese  Methode  macht  uns  von  dem  Wohlwollen  und  der  proble- 
matischen Artigkeit  der  Kinder  unabhängig. 

Eine  interessante    Mittheüung  über  die    directe    Broncho- 

Directe      skopie  verdanken  wir  G.  Killian  (Münch.  med.  Wochenschi\  Nr.  27). 

Broncho-     ßs  geht  daraus  hervor,  dass  man  nach  vorheriger  Cocainisirung  der 

B  K  O  0 1  A 

Killian'  Luftwege  entweder  von  einer  künstlichen  Trachealwimde  oder  aut 
natürlichem  Wege  vom  Munde  aus  lange  Metallröhren  nicht  nur  bis 
zur  Bifurcation,  sondern  noch  tiefer  in  die  Bronchien  einschieben 
kann.  Mit  Hülfe  der  Kirstein'schen  Stirnlampe  oder  des  Casper- 
sehen  Elektroskops  kann  es  gelingen,  das  Innere  der  Hauptbronchien 
und  selbst  ihrer  Aeste  zu  besichtigen. 

Röntgen-  G.  Spiess  (Fortschritte  auf  d.  Geb.  der  Röntgenstrahlen  Bd.  1) 

•  'd'^^Rhi"  ^^^^    ^^^  ^^®  Bedeutung  der  Röntgenstrahlen  in  der 

Chirurgie,    Rhino  Chirurgie  hin  und  berichtet,   dass  er  in  3  Fällen  die  Er- 

Spiess.       Öffnung  der  Stirnhöhle  von  der  Nase  aus  in  dem  Bilde  der  Röntgen- 

photographie   vorgenommen  habe.     Auch   nach  Operationen   in   der 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  523 

Oberkiefer-   und  Keilbeinhöhle   seien   die  Röntgenstrahlen  für   die 
Controle  von  hohem  Werthe. 

Wie  wichtig  die  Röntgenstrahlen  fiir  die  Diagnose  der  für 
den  Laryngologen   in   Betracht  kommenden  intrathoracischen 
Geschwülste  sind,  ergibt  sich  aus  der  Mittheilung  von  A.  Rosen-     Röntge n- 
berg    (Arch.   f.   Laryng.   Bd.   8,  H.  1).     Der    Schatten    auf   dem     ^*[^^J®.'' 
Fluorescenzschirm  ist  je  nach   der  Lage   und   Natur  der   Tumoren  thora eis  che  n 
verschieden.    Bei  Aneurysmen  handelt  es  sich  um  eine  charakteristi-    Tumoren, 
sehe  rundliche  Form  der  Schattenfigur,  an  der  die  allseitige  Pulsation       osenberg. 
erkennbar  ist,  während  bei  anderen  Tumoren  die  Form  nie  oder  fast 
nie  so  rund  aussieht  und  die  Pulsation  höchstens  an  einzelnen  Stellen 
wahrgenommen  wird.    Nothwendig  ist  es,  den  Thorax  nicht  nur  von 
vom,   sondern   auch   von  hinten,    manchmal   auch   quer  zu   durch- 
strahlen,  damit  man  sich  über   die  Verhältnisse   der   Geschwülste 
besser  orientiren  kann.    Selbstverständlich  sind  andere  diagnostische 
Mittel  nicht  zu  vernachlässigen.     Von  den  12  Fällen,  die  der  Verf. 
beschreibt,  betrafen  6  Aneurysmen  der  Aorta,  2  retrosternale  Strumen, 
3  Mediastinaltumoren  und  2  Oesophaguscarcinome. 

b.  Arzneimittel. 

Bei  der  Anwendung  des  0  r  t  h  o  f  o  r  m  s  in  der  Rhino-Laryngologie 
kommt  nach  Fink  (Aerztl.  Praxis  Nr.  20)  der  Umstand  in  Betracht,  Orthof orm, 
dass   dieses  Mittel   als   Ersatz   für   Cocain   genügend    anästhesirend         ^^"*^' 
wirkt,  antiseptisch  imd  nicht   giftig   ist  imd  dass   es  die  Secretion 
vermindert.     Eine  Ischämie  tritt   nicht  ein.     Am   stärksten  äussert 
sich  die  Anästhesie,  wenn  das  Orthoform  auf  Wunden  oder  excoriirte 
Stellen,    also   möglichst  direct   auf   die  Nervenendigungen   applicirt 
wird.    Sehr  grosse  Dienste  erweist  das  Mittel  bei  Schluckbeschwerden 
und  Schmerzen  in  Fällen  von  tuberculöser  Kehlkopferkrankung.    Die 
Linderung  hält   oft  12 — 15  Stunden  an.  —  Lichtwitz    (Bull.  med.      Lichtwitz. 
Nr.  5  u.  7)  empfiehlt  das  Orthoform  beim  Heufieber,  bei  dem  dieses 
Medicament  wirksamer  sein  soll,  als  das  geßihrliche  Cocain. 

Nach  Klaussner  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  42)  hat  das       Neues 
neue  Orthoform  gegenüber  dem  alten  den  Vorzug,  dass  es  sich  Orthoform, 
weniger   zusammenballt,   ein   feineres   und   gleichmässigeres  Pulver 
darstellt  und  wesentlich  billiger  ist.    Die  Wirkung  ist  dieselbe  wie 
bei  dem  alten  Orthoform. 


524  Jurasz. 


£•  Krankheiten  der  Hase  nnd  ihrer  ]febenh5hlen« 

a.  Nase. 

Bei  der  Behandlung  des  acuten  Schnupfens  verwendet 
Deraente  M.Saenger  (Therap.  Monatsh.,  JuK),  wie  dies  bereits  im  vorigen  Jahr- 
auT^^  *°'  g^^J^ö  berichtet  wurde,  einen  Flüssigkeitszerstauber  mit  Geblase,  nun- 
mehr in  einer  neuen  modificirten  Form.  Der  „Naseninhalirapparat" 
ist  nach  dem  Princip  der  Wulf  sehen  Flasche  construirt  und  dient 
zum  Inhaliren  von  Terpentinöl  oder  einer  2 — 10®/oigen  Menthol- 
alkohoUösung.  Das  letztere  Mittel  soll  besonders  gegen  die  durch 
Congestion  bedingten  Kopfschmerzen  sehr  wohlthuend  wirken. 

Der  nervöse  Berbineau   (Rev.    hebdom.   de  laryng.   Nr.   53)   rühmt   beim 

^^**°?^'®^'  nervösen  Schnupfen  die  Behandlungsmethode  von  Moure, 
welche  darin  besteht,  dass  die  Schleimhaut  der  imteren  Muschel  mit 
oder  ohne  Resection  der  letzteren  vermittelst  einer  scharfen  Zange 
stückweise  abgetragen  wird.  Ist  das  hintere  Muschelende  stark 
hypertrophisch,  so  wird  es  mit  kalter  Schlinge  entfernt.  Die  Hämor- 
rhagie  ist  ziemlich  stark  und  erfordert  die  Tamponade  oder  ober- 
flächliche galvanocaustische  Aetzung  der  blutenden  Stellen.  Auf 
Grund  von  16  Beobachtungen  gelangt  der  Verf.  zu  der  Schluss- 
folgerung, dass  diese  Methode  besser  sei,  als  alle  anderen,  dass  die 
Hauptbeschwerden  schnell  schwinden,  keine  oder  nur  geringe  ent- 
zündliche Reaction  auftritt  und  keine  Eiterungen,  keine  Synechieen 
zu  Stande  kommen. 

Polypöse  Gegen  die  polypöse  Rhinitis  hält   L.  R^thi  (Wien.  klin. 

'^^Jilk!*"'  Wochenschr.  Nr.  18)  die  Einblasungen  von  Pulvern,  die  Pinselangen, 
chemische  Aetzung,  ja  selbst  die  Galvanocaustik  und  die  SchHngen- 
operation  für  unzureichend,  weil  die  Erfolge  nur  vorübergehend  seien 
imd  sich  über  kurz  oder  lang  Recidive  einstellen.  Im  Interesse  der 
radicalen  Heilung  entfernt  er  mit  Hülfe  einer  gracüen  Scheere  nicht 
nur  die  Muschelschleimhaut,  sondern  auch  einen  mehr  oder  weniger 
grossen  Theil  des  Muschelknochens.  Das  Vorkommen  von  starken 
Blutungen  bei  diesem  Eingriff  gibt  R^thi  zu,  doch  gelingt  es  mittels 
Tamponade,  das  Blut  zu  stillen.  Nachtheilige  Folgen  sollen  selbst 
bei  totaler  Resection  der  Muscheln  nicht  eintreten. 

H.  Hecht  (Münch.    med.  Wochenschr.  Nr.  7)   bringt  weitere 
Belege  dafür,  dass  die  Kupferelektrolyse  bei  der   Ozaena  in 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc. 


525 


günstig  beeinflussten   Fällen  eine  Umstimmung  in  den  erkrankten      Kapfer- 
Schleimhautpartieen   und    in    der   Drüsensecretion  herbeifiihrt  und  Elektrolyse 
die  lästigen   Beschwerden    beseitigt.     Die   Anschauung,   dass   dem     Ozaena, 
Leiden  ein  bacterieller  Process  zu  Ghiinde  liegt,  wird  bestritten  und       Hecht, 
die    trophoneurotische    Natur    der    Affection    in    den   Vordergrund 
gestellt. 


Einen  Fall  von  Rhinosklerom  beobachtete  in  Berlin  Schoetz 
(Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  37)  bei  einem  21jährigen  Mädchen, 
das  aus  den  Skleromdistricten  an  der  polnischen  Grenze  stammte. 
Die  Rhinoskopie  ergab  Atrophie  der  Schleimhaut  mit  Borkenbildung 
und  eine  bohnengrosse  Geschwulst  am  vorderen  Ende  der  rechten 
mittleren  Muschel.  Im  Nasenrachenraum  ein  dicker  Narbenstrang 
mit  einem  haselnussgrossen  Knoten,  im  Larynx  Verdickung  des 
linken  Taschenbandes,  im  oberen  Theil  der  Trachea  eine  durch 
einen  Tumor  veranlasste  Stenose.  Für  die  Annahme  von  Syphilis 
fehlten  alle  Anhaltspunkte.  Die  Vermuthung  von  Sklerom  wurde 
nach  der  Entfernung  des  Trachealtumors  durch  mikroskopische 
imd  bacterielle  Untersuchungen  bestätigt.  Der  Verf.  gibt  dem 
Zweifel  Ausdruck,,  ob  vielleicht  auch  bei  uns  die  Krankheit  nicht 
häufiger  ist  imd  ob  nicht  einzelne  Fälle,  die  als  Ozaena  laryngo- 
tracheaHs  bezeichnet  oder  zu  der  Rubrik  Lues  gerechnet  werden, 
hierher  gehören. 


Rhino- 

sklerom, 

Schoetz. 


Die  klinischen  Erscheinungen,  Diagnose  und  Prognose  der 
Syphilis  der  Nase  wird  von  Lieven  (Haug's  klin.  Vorträge 
Bd.  2,  H.  10)  ausführlich  besprochen.  Bezüglich  der  Einzelheiten 
muss  auf  das  Original  verwiesen  werden. 


Syphilis 

der  Käse, 

Lieven. 


H.  Gaudier  (Echo  med.  du  nord  S.  426)  berichtet  über  einen 
Fall  von  Angiomyxom  der  Nasenhöhle  bei  einem  14  Jahre  alten 
Knaben,  welcher  an  häufigen  Nasenblutungen  und  Verstopfung  der 
linken  Nasenhälfbe  litt.  Der  leicht  blutende  Tumor  wurde  mittels 
kalter  Schlinge  operirt,  welche  der  Verf.  bei  gefessreichen  Tumoren 
allen  anderen  Methoden  vorzieht. 


Angio- 
myxom 
der  Nase, 
Oaudier. 


Die  partielle  Rhinoplastiknachder  Methode  von  v.  Hacker 
hat  J.    Preindlsberger  (Wien,    klin.'  Wochenschr.  Nr.  24)    in 
einem  Falle  mit  sehr  gutem  Erfolge  ausgeführt,  ist  dabei  aber  m  dftr 
Weise  verfahren,  dass  er  die  Wundfläche  des  neugßf 
flügels  nicht  durch  einen  Hautlappen  von  der  at^** 


Partielle 
Rhino- 
^lastik, 
^Arger. 


n 


526  Jurasz. 

gedeckt  hat.  Dadurch  nämlich  sind  in  2  Fällen  hässliche  Narben 
entstanden.  Ohne  weitere  Eingriffe,  speciell  ohne  Transplantation 
fand  die  Ueberhäntnng  statt,  und  das  kosmetische  Resultat  konnte 
als  ein  günstiges  bezeichnet  werden. 

Resection  Escat  (Arch.  intern,  de  laryng.  Bd.  11,  Nr.  4)  gibt  eine  neue 

der  Nasen-   Methode  an,  nach  der  man  die  Septumverbiegungen  ohne  Gefahr 

fl  O  il  A  1  O  A* 

^ a n d  einer  Perforation  reseciren  kann.  Er  spritzt  unter  das  Perichondrium 
Hydro-  auf  der  concaven  Seite  etwa  3  ccm  abgekochten  Wassers  mit  einer 
g™  ®  '  kleinen  Spritze  so  ein,  dass  die  Schleimhaut  vom  Knorpel  abgehoben 
wird.  Hierauf  geht  er  auf  der  convexen  Seite  möglichst  schnell  mit 
einem  Messer  vor  und  schneidet  das  hervorragende  Knorpelstück 
aus.  Das  Durchstossen  wird  infolge  der  Injection  vermieden.  Der 
ganze  Eingriff,  welcher  mit  dem  Namen  der  „Hydrotomie"  bezeichnet 
wird  und  nur  B  Minuten  dauert,  wird  durch  4  Fälle  illustrirt. 


b.  Nebenhöhlen  der  Nase. 

Neben-  W.  Lindt  (Correspondenzbl.  f.  Schweizer  AerzteNr.  5  u.  6)  gibt, 

höhlen-  anknüpfend  an  einen  ausführlich  beschriebenen  Fall,  einen  Ueber- 
Lindt,  *  hlick  über  den  gegenwärtigen  Stand  der  Diagnose  und  Therapie 
der  chronischen  Eiterungen  der  Nebenhöhlen.  Er  weist 
darauf  hin ,  dass  die  Stelle ,  wo  der  Eiter  vorgefunden  wird ,  zwar 
die  LocaHsation  der  Erkrankung  vermuthen  lässt,  aber  durchaus 
nicht  zu  einer  präcisen  Diagnose  berechtigt.  Bei  Empyemen  der 
Highmorshöhle  erhält  man  den  besten  Aufschluss  von  der  Punction 
und  Ausspülung  vom  imteren  Nasengang  aus,  bei  anderen  Neben- 
höhlen ist  die  Sondirung  mit  Ausspülung  nothwendig.  Die  Durch- 
leuchtung ist  unzuverlässig.  Therapeutisch  wendet  der  Verf.  je  nach 
Umständen  die  verschiedenen  Methoden  an.  So  nimmt  er  in  Fällen 
von  Highmorsempyemen  die  Anbohrung  vom  Alveolarfortsatz  oder 
vom  unteren  Nasengang  vor  oder  legt  die  Höhle  von  der  Fossa 
canina  aus  frei.  Die  Siebbeinzellen  werden  entweder  durch  Ab- 
tragung der  mittleren  Muschel  oder  von  aussen  durch  Resection  der 
Nasenbeine  eröffnet.  Bei  Empyemen  der  Stirnhöhle,  wenn  sie  hart- 
näckig sind,  wird  die  Heilung  durch  die  Resection  der  vorderen 
Moore.  Stirnwand  und  durch  das  Auskratzen  erstrebt.  —  Moure  (Rev. 
hebdom.  de  laryngol.  Nr.  10 — 12)  verbreitet  sich  ebenfalls  eingehend 
über  die  verschiedenen  Fonnen  und  Behandlungsmethoden  der 
Nebenhöhlenentzündungen  (mit  Ausnahme  der  der  Oberkiefer- 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  527 

höhle),   doch   eignen  sich  die  weiten  Ausführungen  nicht  zu  einem 
kurzen  Berichte. 

Unter  Zugrundelegung  einer  eigenen  Beobachtung  stellt  G.  A  v  ellis  Tubercuios  e 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  45)  die  höchst  seltenen  Fälle  von         ^®® 

Oberkiefers 
Kieferhöhlenempyemen  bei  ganz  kleinen  Kindern  aus  der  Litteratur  bei  kleinen 

zusammen  und  beweist,  dass  hier  ein  Irrthum  in  der  Diagnose  vor-     Kindern, 

liegt.     Die  dabei  bestehenden  charakteristischen  Symptome:   Fistel-       Aveius. 

bildung  unter  dem  Auge,  Vorwölbung  und  Rauhigkeit  des  Knochens, 

Sequesterbildung  und  Exophthalmus  neben  einseitiger  Eiterung  der 

Nasenhöhle  sind  Zeichen  einer  Tuber culose  des  Oberkiefers 

mit  Caries.     Ein  Empyem  der  Kieferhöhle  ist  bei  Säuglingen  auch 

vom   entwickelungsgeschichtlichen  Standpunkte   aus  kaum  denkbar. 

—  Auch  Lichtwitz  (Arch  f.  Laryng.  Bd.  7,  H.  2  u.  3)  führt  aus,       Osteo- 

dass  bei  älteren  Kindern  imd  bei  Erwachsenen  oft  die  Diagnose  auf  ™^®^**^"/®.® 
t     m        -r^  ./*  vioerJiieiei's, 

ein  classisches  Empyem  der  Oberkieferhöhle  gestellt  wird,  während     Lichtwitz, 
es   sich  dabei   um   eine  Osteomyelitis   handelt.     Der  Eiterheerd 
befindet   sich  in   der  Dicke   des  Knochens  und  entleert  sich  in  die 
Nase  durch  eine  Fistel.    Zur  Illustration  wird  eine  Krankengeschichte 
beigefügt. 

Gavello  (Arch.  ital.  di  otol.  Bd.  7,  H.  1)  theilt  einen  Fall  mit,  Myxom  der 
in  welchem  Erscheinungen   eines  Highmorsempyems  bestanden  und  Oberkiefer- 
nach  der  Eröfinung  der  Höhle  polypöse  Auswüchse  constatirt  wur-       Gavello* 
den.    Die  Neubildungen,  von  der  Fossa  canina  aus  entfernt,  erwiesen 
sich  als  Myxome. 

Dass  die  Stirnhöhle  beim  Lebenden  von  der  Nase  aus  son-  Sondirung 
dirt  werden  kann,   beweisen  von  neuem  die  Untersuchungen  von       .  ^V:.,, 
Sc  heier  (Wiener  med.  Presse  Nr.  10).    Die  Sondirung  kann  durch       scheier. 
Röntgenstrahlen  controlirt  werden. 

Auf  Grund  von  15  Beobachtungen  empfiehlt  Milligan  (Lancet,Stirnhöhlen- 
19.  Febr.)   bei   Stirnhöhleneiterungen   den    operativen  Eingriff    ^m«^""^' 
von   aussen.     Er  resecirt  die   vordere   Stirnwand,    stellt  eine  Ver- 
bindung  mit   der  Nasenhöhle   her   und  legt  eine  Röhre  von  Hart- 
gummi behufs  Ausspülung  ein. 

■ 

3,  Krankheiten  des  Mandes,  des  Rachens  nnd  des  Nasenrachenranma* 

Einen    Beitrag    zur    Pathologie    des    Ductus    lingr 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  36)  liefert  J.  Killian  (Wormf 


528  Jurasz. 

Pathologie  sah  bei  4  erwachsenen  Individuen  in  der  Gegend  des  Foramen 
des  Ductus  ßoecmn  eine  Ansammlung  von  grauem  Schleim,  dessen  Ursprung 
Kiiiian.  '  ^^8  ^em  genannten  Foramen  durch  Druck  mit  einer  Sonde  nach- 
gewiesen werden  konnte.  Bei  2  dieser  Individuen  fand  sich  ausser- 
dem gleichzeitig  eine  halbkugelige,  glatte  Geschwulst  an  der  Zungen- 
wurzel dicht  am  Lig.  glosso-epiglotticum  medium.  Aus  dieser  Ge- 
schwulst konnte  auf  Druck  dasselbe  Secret  ausgepresst  werden. 
Aus  diesem  Befund  schliesst  Killian,  dass  es  sich  hier  um  eine 
Affection  des  Ductus  lingualis  gehandelt  habe,  welcher  nach  der 
Beschreibimg  von  His,  Bochdalek  und  anderen  Anatomen  an 
der  lingualen  Ansatzstelle  des  Lig.  glosso-epiglotticum  medium  be- 
ginnt, nach  vom  verläuft  und  am  Foramen  coecum  ausmündet.  In 
diesem  Ductus  können  sich  unter  dem  Einfluss  von  chronischen  Pro- 
cessen Hypersecretion  oder  cystische  Erweiterungen  entwickeln  und, 
wie  in  den  beobachteten  Fällen  festgestellt  wurde,  entweder  keine 
Symptome  oder  Erscheinungen  von  Fremdkörpergefuhl  oder  schmerz- 
haftem Brennen  hervorrufen. 

Leukoplakia         Lacoarret  (Rev.  hebdom.  de  laryng.  Nr.  28)  ist  der  Ansicht, 
bucco-       (jass   die  Leukoplakia  bucco-lingualis  mitunter  nichts  anderes 
Lacoarret.'    ^^  ®^^®  Psoriasis  der  Zunge  darstelle.     Einen  Fall,  der  hierher  ge- 
hört,  theilt  der  Verf.  mit.     Ausser  der  A£Fection  der  Zunge  wurde 
Psoriasis  am  Nacken  festgestellt. 

Fibrom  Bei  einer  40  Jahre  alten  Frau  constatirte  G.  Martuscelli  ( Arch. 

der  Zunge,   j^g^j  ^[  laring.,  Oct.)  einen  nussgrossen,  am  Zuneenrücken  sitzenden 

Martuscelli.  .  ,  °  _  -ni  /».Vr^Ti  -, 

gestielten  Tumor,  dessen  Entstehung  auf  eme  19  Jahre  vorher  statt- 
gefundene Verletzung    der  Zunge    durch   die  Zähne  während   des 
Essens   zurückgeführt   werden  konnte.     Mikroskopisch   erwies   sich 
der  Tumor  als   ein  Fibrom.   —  Einen  ebenfalls  gestielten,    hasel- 
nussgrossen,  harten,  nicht  ulcerirten  Tumor  des  Zungenrückens  bei 
Angio-       einer  25  Jahre  alten  Frau  beobachtete  Lichtwitz  (Communication 
sarkom  der  4  la  Soc.   de  laryng.  de  Paris,  April).     Die   mit  der  galvanocausti- 
Lichtwit«      sehen  Schlinge  entfernte  Geschwulst  zeigte  den  Bau  eines  Angio- 
sarkoms.     Innerhalb   von  2  Jahren  kein  Recidiv.   —  Ueber  einen 
Lympho-     Fall  von  Lymphosarkom  der  Zungentonsille  berichten  Martus- 
sarkomder  celli  und  Pro ta  (Arch.  ital.  di  laring.,  Juli).    Der  Fall  betraf  einen 
toiiBille,     ^  Jahre  alten  Mann,  welcher  über  Schluckbeschwerden  und  Gefühl 
Martuscelli  u.  eines  Fremdkörpers    im   Halse  klagte.     Objectiv  fand   sich   Hyper- 
Piota.        trophie   der  rechten  GaumentonsiUe  und  an  der  Zungen wurzel  eine 
aus  verschiedenen,  grosse  und  kleinen  Prominenzen  zusammengesetzte 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  529 

Geschwulst.  Der  Patient  starb  kurz  darauf,  nachdem  er  in  ein 
EJrankenhaus  aufgenommen  und  wegen  schnell  eingetretener  Athem- 
noth  tracheotomirt  worden  war. 

Welchen  Einfluss  die  Tonsillen  als  Eingangspforte  bei 
der  Entstehung  von  schweren  Allgemeininfectionen  äussern, 
zeigt  Jessen  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  23)  an  verschiedenen    Tonsillen 
Beispielen.     Es  können  sich  auf  diesem  Wege  Gelenkrheumatismus,  ganespforte 
Sepsis,  Pneumonie,  Pericarditis,  Pleuritis  und  nephritische  Reizungen         von 
entwickeln. — Denselben  Gegenstand  bespricht  auch  T  r  e i  t  e  1  (Deutsche  ^ 1 1 g © m e  i n- 
med.  Wochenschr.  Nr.  48),  indem  er  hauptsächlich  auf  das  Wesen       Jessen      ' 
und  die  Bedeutung  der  chronischen  Tonsillarabscesse  ein-       Treitel. 
geht,   die  beim  Hinzutreten  einer  Angina  acut  werden  und  die  Ur- 
sache  von  septischen  Erkrankungen  anderer  Organe  bilden  können. 

W.  Walsham  (Lancet,  18.  Juni)  hat  Untersuchungen  über  die  Tuberculose 

latente   Tuberculose   der  Gaumenmandeln   angestellt  und  ge-    ^       .5, 

.  ,  ,.  ^        Tonsillen, 

funden,  dass  unter  34  Fällen,  in  welchen  die  Tuberculose  den  letalen  Walsham. 
Ausgang  herbeiführte,  in  20  eine  mehr  oder  weniger  starke  AfFec- 
tion  der  Gaumenmandeln  mikroskopisch  nachgewiesen  werden  konnte. 
Der  Verf.  schliesst  daraus,  dass  die  tuberculose  Infection  von  den 
Tonsillen  aus  erfolgen  und  sich  auf  die  Lungen  ausbreiten,  dass 
aber  auch  die  Ansteckung  der  Mandeln  secundär  von  der  Lungen- 
erkrankung zu  Stande  kommen  kann. 

A.  Rosenberg  macht  in  seinen  pharyngologischen  Mittheüungen  Leukoplakia 
(Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  18)  auf  eine  Form  von  Leukoplakia  P^^^^y^eis, 
pharyngis  aufmerksam,  die  nicht  syphylitischer  Natur  ist.  Ein 
40jähriger  Mann  klagte  über  geringe  Schluckstörungen,  die  sich  im 
Anschluss  an  einen  Influenzaanfall  einstellten.  An  den  Tonsillen, 
an  den  Gaumenbögen,  am  Gaumensegel  und  an  der  Uvula  fanden 
sich  ungleichmässige,  weissliche  Trübungen  mit  scharfer  Umgrenzung 
und  stellenweiser  geringer  Erhöhung  der  Oberfläche.  Allgemein- 
befinden gut,  keine  Anhaltspunkte  für  Sjrphilis.  Trotzdem  wurde 
Jod  verordnet,  aber  nach  2wöchentlichem  erfolglosem  Gebrauch  aus- 
gesetzt. Aetzungen  mit  Chromsäure  brachten  dagegen  dauernde 
Heilung.  Bezüglich  der  Diagnose  konnte  nicht  nur  die  Syphilis, 
sondern  auch  die  Pharyngomycosis  mit  Bestimmtheit  ausgeschlossen 
werden.  Leider  gelang  es  dem  Verf.  nicht,  etwas  von  den  Schleim- 
hauttrübungen   zu    entfernen    und    mikroskopische    und    bacterielle 

Untersuchungen  vorzunehmen. 

Jahrbndi  der  practischen  Medicin.    1899.  34 


530  Jurasz. 

Rachen-  Derselbe  Autor  beobachtete  in  2  Fällen  Rache nblutun gen 

blutung,     (i^i^)      j^    ^^^   ^^^^   j,^^   ^^j^   ^^  Blutung   nach  Ablauf  von 

Diphtherie  zum  Vorschein  und  stammte  aus  einer  Tonsillarlacune. 
Heilung  durch  galvanocaustische  Aetzung.  In  dem  anderen  Falle 
handelte  es  sich  um  einen  Varix  an  der  hinteren  Rachenwand. 


Chronische  Faraci  (Arch.  ital.  di  otolog.  Bd.  7,  H.  1)  geht  von  dem  Ge- 

hyper-       gichtspunkte  aus,  dass  sich  bei  der  chronischen  hyperplasti- 
pi&sviscne  ^ 

Pharyngitis, sehen  Pharyngitis  histologisch  ein  neugebildetes  Gewebe  der 
Faraci.  Rachenschleimhaut  nachweisen  lasse  und  dass  man  therapeutisch 
durch  Scarificationen  eine  Circulationsveränderung  herbeifuhren  müsse. 
Zu  diesem  Zwecke  verwendet  er  ein  besonderes  Instrument,  welches 
mit  drei  kleinen  Messerklingen  versehen  ist.  Die  Operation  geschieht 
unter  localer  Cocainanästhesie  und  wird  gut  vertragen.  Blutung 
unbedeutend.  Die  Scarificationen  werden  oberflächlich  und  nur  an 
Stellen  stärkerer  Hypertrophie  tiefer  gemacht.  Zwei  bis  sechs 
Sitzungen  in  Zeitintervallen  von  12 — 15  Tagen  sind  erforderlich. 
Die  Resultate  sollen  ausgezeichnet  sein. 

Diejenige   Form    von    chronischem  Katarrh   des  Nasen- 
rachenraums, welche  mit  vermehrter  Secretion  und  Ansammlung 
von  zähem  eitrigem  Schleim  im  Rachen  und  in  der  Nase,   mit  Ge- 
hörsstörung,  üblem  Geruch  aus  dem  Munde,  Kopfschmerzen   und 
verschiedenen    Functionsstörungen    der    oberen    Luftwege:    Mund- 
athmung,   Trockenheit,   Stimmalteration,   Husten  u.  s.  w.   verläuft, 
Chronischer  wird  nach  Malherbe  (Rev.  hebdom.  de  laryng.  Nr.  40)  bei  Indi- 
Katarrh  d^s  ^^^^^  beobachtet,   die  fiiiher  an  adenoiden  Vegetationen   gelitten 
rächen-      haben.    Man  findet  auch  Spuren  davon  in  Krypten,  die  mit  Schleim 
räum 8,       bedeckt  sind.    Das  rationellste  Mittel  ist  in  diesen  Fällen  das  Curet- 
tiren,  welches  der  Verf.  in  Bromäthylnarkose  ausführt.     Nachträg- 
lich gebraucht  er  noch  Pinselungen  mit  Jod-Jodkaliumlösung.     Zur 
Illustration  sind  7  Beobachtungen  angefugt. 

Nasen-  Lichtwitz    (Communicat.    k  la    Soc.    de  laryng.   de   Paris, 

p'olyp^'n  ^^'  ^^^•)  ^**  gestielte  Nasenrachenpolypen  in  7  Fällen  durch 
Lichtwitz,  eine  „rapide"  Entfernung  beseitigt.  Es  ist  ihm  nämlich  schnell  und 
leicht  gelungen,  diese  Neubildungen  entweder  von  der  Nase  aus  mit 
dem  Messer  von  Lange  oder  vom  Munde  aus  mit  einer  Zange  ab- 
zulösen. Die  Operation  soll  nicht  schmerzhaft  sein,  keine  Hämor- 
rhagie  hervorrufen  und  vor  Recidiven  schützen. 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  531 

Die  operative  Behandlung  der  G-aumenspalte  ist,  so- 
fern die  Affection  sich  nur  auf  den  weichen  Gaumen  bezieht,  nach 
dem  Bathe  von  E.  Owen  (Lancet,  Jan.)  im  Interesse  der  Ernährung   Operation 

schon   wenige   Monate   nach    der   Geburt   vorzunehmen.     Zur  Ver-  derGaumen- 

spalte, 

einigung  des  harten  Gaumens  sollte  man  erst  nach  dem  Ablauf  Owen, 
des  ersten  Jahres  schreiten.  Die  beste  Lage  bei  der  Operation  ist 
die  Rückenlage  mit  herabhängendem  Kopfe.  Zum  Offenhalten  des 
Mundes  benutzt  der  Verf.  den  von  Smith  angegebenen  Mundsperrer, 
den  er  in  zweckmässiger  Weise  modificirt  hat.  Strenge  Beobachtung 
der  Asepsis  wird  ganz  besonders  betont.  Nach  einem  fehlgeschla- 
genen Heilungsversuche  soll  man  möglichst  bald  den  operativen  Ein- 
griff wiederholen. 

Bei  der  Behandlung  der  nervösen  Sprachstörungen 
spielt,  wie  H.  Gutzmann  (Zeitschr.  f.  diät.  u.  physik.  Ther.  Bd.  1,  Diätetische 
H.  2)  auseinandersetzt,  neben  der  Uebungstherapie,  die  Berücksich-  ^^  s'L-a^Jh^ 
tigung  der  Diät  imd  der  Lebensweise  eine  wichtige  Rolle.  Die  Störungen, 
betreffenden  Maassregeln  müssen  sich  nach  den  individuellen  patho-  Gutzmann. 
logischen  Zuständen  richten.  So  kommt  bei  Hörstummheit  sehr 
häufig  die  Scrophulose  in  Betracht,  welche  in  der  Schwellung  der 
Rachen-,  Gaumen-  oder  Zungentonsille  ihren  Ausdruck  findet.  Diese 
Erkrankungen  hat  der  Verf.  in  50°/o  der  Fälle  festgestellt.  Auch 
ist  die  häufige  Verdauimgsstörung  in  Form  von  chronischer  Obsti- 
pation, dann  die  Anämie  und  die  Enuresis  nocturna  ins  Auge  zu 
fassen.  Letztere  hat  der  Verf.  bei  den  von  ihm  behandelten  Kin- 
dern niemals  vermisst.  Bei  Sprachanomalieen  der  schwachsin- 
nigen "Kinder  ist  die  diätetische  Behandlung  ganz  besonders  wich- 
tig, weil  es  sich  hier  oft  um  Erziehungsfehler  handelt,  die  die 
Eltern  sowohl  in  körperlicher  als  auch  geistiger  Hinsicht  begehen. 
Durch  Strenge,  Energie  in  der  Regelung  der  Lebensweise  sind  die 
schlechten  Gewohnheiten  zu  corrigiren.  Aehnlich  liegen  die  Ver- 
hältnisse bei  taubstummen  Kindern,  bei  denen  man  nicht  selten 
eine  Magenneurose  in  der  Form  antrifft,  dass  die  kleinen  Patienten 
bei  der  geringsten  Erregung  in  ein  heftiges  Erbrechen  verfallen. 
Der  Speichelfluss  ist  namentlich  bei  Imbecülen  häufig,  und  muss  die 
rationelle  Erziehung  es  so  weit  bringen,  dass  die  Kinder  sich  ange- 
wöhnen, den  Mund  geschlossen  zu  halten  imd  die  Hebemuskeln  des 
Unterkiefers«  kräftiger  in  Thätigkeit  zu  setzen.    Bemerkenswerth  ist  i 

noch  die  Thatsache,   dass  die  Stotterer,    selbst  wenn  sie  schon  I 

aus   der  ersten  Kindheit  herausgewachsen   sind,    auffallend   oft  an 
Stuhlverstopfiing  leiden.    Ausserdem  wird  bei  diesen  Kranken  auch 


532 


Jurasz. 


Diätetische 

Bebandlang 

der  Sprach- 

störnngen, 

Oatzmann. 


Heredität 
der 
organischen 
und 
functio- 
nellen 
Sprach- 
störungen, 
Oatzmann. 

Ursachen 

des 

Stotterns, 

Mygind. 


die  Enuresis  nocturna  meistens  in  Verbindung  mit  Onanie  und  dann 
die  Neigung  zu  Katarrhen  der  oberen  Athmungswege  häufig  beob- 
achtet. Zu  den  wichtigsten  diätetischen  Heilungsfactoren  rechnet 
der  Verf.  die  Hydrotherapie  und  die  constante  körperliche  Be- 
wegung besonders  in  der  Waldluft.  Nur  bei  Imbecillen,  welche  sich 
in  einem  erregten  Zustande  befinden,  empfiehlt  sich  mehr  die  Ruhe- 
cur  in  einer  modificirten  Form,  wie  sie  von  Weir-Mitchell  gegen 
die  Neurasthenie  und  Hysterie  vorgeschlagen  wurde.  Die  alkoholi- 
schen Getränke  sind  bei  Kindern  zu  verbieten,  bei  Erwachsenen 
dagegen  ist  ein  massiger  Genuss  von  Bier  oder  Wein  nach  den  Er- 
fahrungen des  Verfassers  nicht  nur  nicht  schädlich,  sondern  mitunter 
sogar  nützlich.  Eine  vorzügliche  Wirkung  äussert  die  Milchdiät. 
Zum  Schluss  führt  der  Verf.  einige  t3rpische  Krankheitsfälle  mit 
Rücksicht  auf  die  Erfolge  der  diätetischen  Behandlung  an. 

In  einer  anderen  Arbeit  gibt  derselbe  Autor  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  Nr.  29)  eine  Statistik  über  die  Heredität  der  or- 
ganischen und  functionellen  Störungen  der  Sprache. 
Bezüglich  des  Näheren  muss  auf  das  Original  verwiesen  werden. 

Das  Material,  welches  H.  Mygind  (Arch.  f.  Laryng.  Bd.  8,  H.  2) 
zu  seinen  Studien  über  die  Ursachen  des  Stotterns  verwendet 
hat,  umfasst  200  Fälle  von  Kindern  und  jungen  Leuten  im  Alter 
von  6 — 25  Jahren.  Aus  der  Zusammenstellung  dieser  Fälle  ergibt 
sich  die  alte  Erfahrung,  dass  das  männliche  Geschlecht  zum  Stottern 
mehr  prädisponirt,  als  das  weibliche;  in  der  Statistik  des  Verfassers 
ist  das  erstere  mit  85  °/o  vertreten.  Was  das  Alter  anlangt,  so  weist 
die  Periode  vom  2. — 8.  Lebensjahre,  dann  das  Pubertätsalter  die 
grösste  Häufigkeit  auf.  Der  Einfluss  der  Erblichkeit  doqumentirt 
sich  dadurch,  dass  einerseits  das  Stottern  in  42  °/o  der  Fälle  bei  den 
nächsten  oder  entfernteren  Verwandten  vorgekommen  ist,  anderer- 
seits verschiedene  nervöse  Erkrankungen  wie  die  Psychosen,  Idio- 
tismus, Epilepsie,  Asthma,  Chorea,  Neurasthenie,  Hysterie  u.  s.  w. 
in  einem  mehr  oder  weniger  grossen  Procentsatz  bei  den  Familien- 
mitgliedern beobachtet  worden  sind.  Auffallend  häufig  hat  der  Verf. 
auch  die  AfFectionen  der  oberen  Luftwege,  namentlich  chronische 
Katarrhe,  nachweisen  können.  Die  Scrophulose  und  Rachitis  scheint 
dagegen  keine  grosse  ätiologische  Bedeutung  zu  haben.  „Psychische 
Ansteckung^*  ist  in  13  ^/o  constatirt  worden,  an  Enuresis  nocturna 
haben  nur  6  Kranke  (2  ^/o)  gelitten.  Der  Verf.  gelangt  zu  der 
Schlussfolgerung,  dass  das  Stottern  als  eine  Neurose  zu  betrachten 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  533 

ist,  welche  in  ätiologischer  Hinsicht  mit  den  sog.  Degenerations- 
neuropathieen  verwandt  ist,  bei  denen  ebenfalls  die  disponirenden 
Ursachen  die  Hauptrolle  spielen. 

4.  Krankheiten  des  Kehlkopfs, 

Schech  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  26)  bespricht  ausführ-  Laryngitis 
lieh  die  verschiedenen  Formen  der  Laryngitis  exsudativa,  exsudativa, 
welche  auf  der  Bildung  von  kleineren  oder  grösseren  Bläschen  oder 
einer  Hyperämie  mit  geringer  seröser  Infiltration  und  Schleimhaut- 
schwellung beruht.  Zu  den  Bläscheneruptionen  gehört  die  Miliaria, 
der  Herpes,  die  Varicellen,  die  Variola,  die  Maul-  und  Klauenseuche 
und  der  Pemphigus,  während  die  Urticaria,  der  Liehen,  Impetigo 
und  Erythema  nur  geringere  Veränderungen  in  der  Schleimhaut  er- 
zeugen. 

Unter  Berücksichtigung  der  Litteratur  und  seiner  eigenen  Er- 
fahrungen gelangt  A.  Baurowicz  (Arch.  f.  Laryng.  Bd.  7,  H.  2  u.  3)     Chorditis 
zu  der  Ueberzeugung ,   dass  die  meisten  Fälle  von  Chorditis  vo-     ^ocalis 
calis  inferior  hypertrophica  nur  eine  Form  von  Kehlkopf-       hyper- 
sklerom  darstellen.    In  Ausnahmefällen  kann  es  sich  dabei  auch    trophica, 
um  Tuberculose,  Lues,  abgelaufene  Perichondritis  cricoidea,  maligne  ^^^** 

Tumoren  oder  Leukämie  handeln.  Ausserdem  kommen  mitunter 
subchordale  Verdickungen  während  der  Dauer  eines  entzündlichen 
Processes  vor. 

Ein  acutes  Oedem  des  Kehlkopfes  beobachtete  Mag nan      Acutes 
(Rev.  hebdom.  de  laryng.  Nr.  52)  bei  einem  59  Jahre  alten  Manne,    ^«^^^opf- 
Neben  einer  äusserlichen  Anschwellung  in  der  Kehlkopfgegend  fand      Magnan. 
sich  laryngoskopisch   ein   starkes  Oedem  der  Epiglottis  und  ihrer 
Umgebung,  des  ganzen  Kehlkopfeinganges  und  der  falschen  Stimm- 
bänder.  Beschwerden :  Dyspnoe,  Schluckstörungen,  Fieber.   Ursache 
wahrscheinlich  gichtische  Diathese  und  Erkältung.    Die  Krankheit 
dauerte  20  Tage  und  ging  ohne  Abscessbildung  unter  dem  Einflüsse 
von  äusserlicher  Massage,   Pinselung  der  Epiglottis  mit  Jodtinctur, 
Ableitung  auf  den  Darm  und  die  Haut,  kalten  Compressen  und  anti- 
septischen Inhalationen  in  Heilung  über. 

Die  Arbeit  von  J.  Lipowski  (Therap.  Monatsh.,  Nov.  u.  Dec.) 
enthält  im  wesentlichen  eine  Zusammenstellung  der  verschiedenen 
Ansichten    und   Erfahrungen    über    die    Larynxerkrankungen 


534  Jurasz. 

Larynx-      bei  bestehender  Tuberculose  der  Lungen.     Bezüglich  der 

er  kr  an-      Therapie  bei  phthisischen  Larynxprocessen  hebt  der  Verf.  mit  Recht 
kungen  bei-  .  .  »/jt 

bestehender  besonders  die  Ruhigstellung  des  kranken  Organs  durch  das  Verbot 

Lungen-     des  Sprechens  hervor.    Gegen  Infiltrationen  und  Geschwüre  soll  die 

^Linowski^^'^^®^®^^^^®  ^^^  directe  Application  der  Kälte  (Eis)  von  grossem 
Nutzen  sein.  Zur  localen  Anwendung  wird  neben  der  Milchsäure 
auch  das  heute  wohl  allgemein  verlassene  Argentum  nitricum  em- 
pfohlen. Von  den  vielen  Medicamenten,  die  in  Pulverform  in  den 
•Kehlkopf  eingeblasen  werden,  wird  das  Orthoform  als  ein  sehr 
wirksames  desinficirendes  und  analgesirendes  Mittel  bezeichnet.  Die 
Desinfection  wird  durch  eine  Mischung  des  Orthoforms  mit  Dermatol 
erhöht. 

Zu  der  Frage,   auf  welchem  Wege  die  Tuberculose  in 

Eindringen  den  Kehlkopf   eindringt,    liefert  Krieg   (Archiv  f.  Lar^Tig. 

Tuberculose -^^^  ^>  ^'  ^)  ^^^^^  klinisch-statistischen  Beitrag.    Die  Infection  kann 

in  den       in  der  Richtung  von  oben  nach  unten  entweder  vermittelst  der  Ein- 

^*^if  °^''  ^^^^^^g  ö^®^  ^®^  '^ö^  Kopf  nach  dem  Halse  sich  bewegenden 
Lymph-  und  Blutstromes  stattfinden.  Von  unten  nach  oben  stehen 
der  Infection  des  Kehlkopfes  ebenfalls  zwei  Wege  offen,  nämlich 
durch  das  bacillenhaltige  Sputum  und  durch  die  Lymph-  und  Blut- 
gefässe, welche  von  der  Lunge  nach  dem  Kehlkopfe  zu  fuhren. 
Indem  der  Verf.  alle  diese  Möglichkeiten  näher  beleuchtet,  geht  er 
namentlich  auf  den  letzteren  Punkt  bezüglich  der  Ansteckung  mit 
Hülfe  der  Lymph-  und  Blutbahnen  von  der  Lunge  aus  ein.  Er 
findet  dafür  einen  wichtigen  Beweis  in  dem  Umstände,  dass  bei  ein- 
seitiger Erkrankung  der  Lunge  sehr  häufig  der  Kehlkopf  auf  der- 
selben Seite  afficirt  wird.  Unter  700  Fällen  von  Kehlkopftuber- 
culose,  die  der  Verf.  beobachtet  hat,  war  die  Erkrankung  275mal 
(39,3  ^/o)  einseitig  und  425mal  (60,7  ®/o)  doppelseitig.  Von  den 
275  Fällen  einseitiger  Kehlkopftuberculose  war  in  252  Fällen  (91,6  ^/o) 
dieselbe  Lungenseite  erkrankt.  Die  Correspondenz  konnte  also  in 
der  überwältigenden  Mehrzahl  nachgewiesen  werden.  Demnach  ist 
aus  diesen  Zahlen  die  Schlussfolgerung  zu  ziehen,  dass  die  Infection 
des  Kehlkopfes  von  der  Lunge  aus  auf  dem  Wege  der  Circulation 
und  zwar  der  Lymphgefasse  zu  Stande  kommt.  Anhaltspunkte  da- 
für, dass  hierbei  nur  die  Lymphgefasse  eine  RoUe  spielen,  bieten 
die  Untersuchungen  von  Mascagni,  Schlenker  und  Schle- 
singer. Zuletzt  bemerkt  noch  der  Verf.,  dass  nach  seinen  Er- 
fahrungen die  rechte  Seite  der  Limge  und  des  Kehlkopfes  häufiger, 
als  die  linke  Seite,  von  der  Tuberculose  befallen  wird. 


Krankheiten  der  Nase,  des  Rachens  etc.  535 

Aus  den  Mittheilungen  vonBesold  (Münch.  med.  Wochenschr.     Larynx- 
Nr.  26)    über    die    Miter^rankung    des    Kehlkopfes    bei  ^"^^  l^^'^g«'^' 
Lungentuberculose  ergibt  sich,   dass  unter  346  in  Falkenstein       ßesold      ' 
behandelten  Lungentuberculösen  69   an  zweifelloser  Kehlkopftuber- 
culose  litten,  dass  also  der  Kehlkopf  in  etwa  20  ^/o  der  Fälle  in  Mit- 
leidenschaft gezogen  wird.    Die  in  Falkenstein  übliche  Therapie  der 
KehlkopfaflPection    entspricht    den   von  M.   Schmidt   dargelegten 
Principien.     Von  neueren  Medicamenten  hat  sich  das  Orthoform  be- 
währt.    Was  die  Behandlungsresultate  im  allgemeinen  anlangt,   so  * 
wurden  von  69  Fällen  22  geheilt,  26  gebessert  und  21  zeigten  keine 
Besserung.     Von  den  letzteren  betrafen  14  Schwerkranke,   die  sich 
entweder  der  weiteren  Behandlung  entzogen  oder  starben. 

E.  Barth  (Arch.  f.  Laryng.  Bd.  7,  H.  2  u.  3)  veröfiFentUcht  einen   uebergang 
Fall,    in   welchem   der  Uebergang   einer  gutartigen  Kehl-    einer  gut- 
kopfge schwulst   in  eine   bösartige   als  sehr  wahrscheinlich    g^^hlkopf- 
angenommen  werden  kann.    Der  Kranke,  46  Jahre  alt,  erkrankte  in  geachwulst 
seinem  23.  Lebensjahre   an  Heiserkeit,   deren  Ursache  in   einem  in ^'^  bösartige, 
der    Commissur    der    Stimmbänder    sitzenden    Polypen   lag.     Nach 
wiederholten   endolaryngealen  Operationen  trat   eine  Besserung  ein, 
doch  blieb  die  Stimme  immer  heiser  und  wurde  später  immer  noch 
eine  erbsengrosse  Wucherung  im  Kehlkopfe  constatirt.     Allmählich 
entwickelte    sich  Athemnoth   und   infolge   dessen  Nachlass  der  Ar- 
beitsfähigkeit.    23  Jahre   nach  Beginn   des  Leidens  musste   wegen 
zunehmender  und   gefahrlicher  Dyspnoe   die  Tracheotomie  gemacht 
werden.     Die  Glottis   war   bedeutend  verengert   durch   eine  diffuse, 
höckerige  und  ulcerirte  Geschwulstmasse.     Kurz  nach  der  Tracheo- 
tomie  CoUaps   und  Tod.     Die  mikroskopische  Untersuchung   zeigte 
an   vielen    Stellen    deutliche   Structur    des   Papilloms,    an    anderen 
Stellen  dagegen  das  typische  Bild  des  Carcinoma  simplex.    Der  Be- 
weis,   dass    es   sich  hier  um   eine  Umwandlung  einer  ursprünglich 
gutartigen  in  eine   maligne   Geschwulst   gehandelt  habe,   wird  von 
der  23jährigen  Krankheitsdauer  und  von  der  histologischen  Unter- 
suchung abgeleitet. 

Unter  Anführung  zahlreicher  Fälle  bespricht  0 .  C  h  i  a  r  i  (ibid.  Bd.  8,  Diagnose 

H.  1)  die  Diagnose  und  die  Therapie   des  Larynxkrebses.  ^^^ 

Die  breiten  Auseinandersetzungen  eignen  sich  nicht  zu  einem  kurzen  xYhlk^o^pf 

Berichte.     Es  verdient  nur  bemerkt  zu  werden,  das  Chiari  in  Be-  krebses, 

zug  auf  die  Therapie  die  endolaryngeale  Methode  nur  ausnahmsweise  Chiari. 
ftr  gerechtfertigt  hält  und   die  Thyreotomie  als  die  günstigste  be- 
trachtet. 


es 


536 


Jurasz. 


Endo-  Der  von  Noltenius  (ibid.)  beschriebene  Fall  von  Carcinom 

laryngeal    ^^g  Larynx  bildet   einen  Beitrag   zixr  Frage  der  endolaryngealen 
Kehlkopf-    Behandlung  der  malignen  Kehlkopfgeschwülste.    Bei  einem  59  Jahre 
carcinom,    alten  Manne  hat  der  Verf.  am  freien  Rande  des  rechten  Stimmbandes 
Noltenius,     ^^^  hervorragende   Schwellung  constatirt,   die   vollständig  gutartig 
aussah.     Die  Heilung  erfolgte    durch   energische  galvanocaustische 
Aetzung.     Nach  2  Jahren  stellte  sich  ein  Recidiv  ein ,  ohne   dass 
irgend  welche  Zeichen  fiir  Malignität  sprachen.   Abermalige  galvano- 
caustische Zerstörung.     10  Monate  später  neues  Recidiv,  wobei  die 
Geschwulst  höckerig  und  nicht  mehr  scharf  umschrieben  erschien. 
Da  jetzt  der  Verdacht  auf  Bösartigkeit  erhoben  werden  musste,  so 
wurde  ein  Stück  des  Tumors  entfernt ,   an  welchem  die  -mikrosko- 
pische Untersuchung  die  Structur  eines  Krebses  nachwies.   Der  Verf. 
entschloss   sich  den  Tumor  endolaryngeal  zu  exstirpiren,   was  auch 
mit  Hülfe  der  Land  grafischen  Curette   ganz  gut  gelang.     Es  trat 
aber  nach  der  Operation  eine  Larynxblutung  ein,  die  schliesslich  die 
Tracheotomie  indicirte.     Eine  blutende    Stelle     wurde  nicht  gefun- 
den.    3  Tage  später  wurde  die  Canüle  bei  relativem  Wohlbefinden 
des  Patienten  entfernt.     In   der  nachfolgenden  Nacht  Unruhe   des 
Kranken,  Athembeschwerden,  Pulsbeschleunigung  und  Exitus  letalis. 
Die  Section,    die  sich  nur  auf  den  Kehlkopf  beschränken  durfte, 
führte  nicht  zum  Nachweis  der  Ursache  des   Todes.     Ein   offenes 
Blutgefäss  wurde  nicht  gefunden.    Es  zeigte  sich  aber  an  dem  aus- 
geschnittenen Kehlkopfe,  dass  das  Carcinom  gänzlich  beseitigt  war. 
Der  Verf.  hebt  deshalb  die  Thatsache  hervor,  dass  man  das  Carcinom 
im     frühen    Stadium     auf    endolaryngealem    Wege     funditus     aus- 
rotten kann. 

Einen  Fall  von  endolaryngeal  operirtem  Carcinom  des 
Jnraaz,  Kehlkopfes  stellte  Jurasz  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  27) 
auf  der  V.  Versammlung  süddeutscher  Larjmgologen  vor.  Es  han- 
delte sich  um  eine  44  Jahre  alte  Patientin,  bei  der  das  Carcinom 
am  rechten  Stimmbande  seinen  Ursprung  nahm  und  durch  Contact 
auf  das  linke  Stimmband  übergriff.  Es  wurden  die  vorderen  Ab- 
schnitte beider  Stimmbänder  sammt  der  Conmiissur  endolaryngeal 
excidirt.  Durch  Narbenbildung  kam  es  zu  einer  Art  Regeneration 
der  Stimmbänder,  so  dass  die  Patientin  laut  sprechen  kann.  Bis- 
her, es  ist  bereits  ein  Jahr  verstrichen,  kein  Recidiv. 


F.  Hanszel  (Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  23)  theilt  einen  neuen 
Fall  von  Sarkom  des  Kehlkopfes  bei  einem  56  Jahre  alten 
Mann  mit.     Laryngoskopisch  wurde  ein  haselnussgrosser,  gelappter. 


Krankbeiten  der  Na«e,  des  Rachens  etc.  537 

nicht  ulcerirter  Tumor  conatatirt,  welcher  vom  sass,  zwei  Dritttheile  Sarkoin  des 
des  linken  wahren  und  falschen  Stimmbandes  einnahm  und  sich  sub-  Kehlkopfes, 
chordal  auadehnte.  Die  von  der  Oberfläche  ausgeschnittenen  Stücke 
ergaben  histologisch  untersucht  die  Diagnose:  mächtige  epitheliale 
Wucherung  mit  fibröser  Orundsubstanz.  Nach  der  Probeexciaion 
trat  eine  so  starke  Reaction  ein,  dass  die  Tracheotomie  gemacht 
werden  musste,  der  sich  etwa  14  Tage  später  die  Laryngofissur  mit 
£z8tirpation  des  Tomors  anechloss.  Die  mikroskopische  Unter- 
suchung zeigte,  dass  man  es  in  deu  oberen  Schichten  mit  einem 
zellenreichen  Fibrom  und  in  der  Tiefe  mit  einem  Spindelzellenaarkom 
mit  Biesenzellen  zu  thun  hatte.  Der  Patient  wurde  geheilt  entlassen, 
starb  aber  später  an  einer  plötzlichen  SufTocation,  deren  Ursache 
nicht   festgestellt  werden  konnte,    da  die  Section  verweigert  wurde. 

Die  Casuistik  der  malignen  Geschwülste  der  Epiglottis 
hat  durch  zwei  neue  Fälle  von  A.  Schiller  (Berl.  klin.  Wochenschr.     u.iigne 
Nr.  42)  und  durch  einen  Fall  von  L.  Harmer  (Wien.  khn.  Wochen-'^'^J^J""" 
achrift  Nr.  14)   eine  weitere  Bereicherung  erfahren.     Der   letztere  Epigiottia, 
Fall   betraf  eine  65jährige  Frau.     Der  Tumor  sass  links  am  Rande       SobiUer, 
des  Kehldeckels   imd   an   der  ary  epigiottia  eben  Falte  in  Form  einea 
blumenkohlartigen   haselnussgrosseu    Gewächsee.     Es   war  ein   Car- 
cinom.    Die  Exstirpation  wurde  mittels  der  Pharyngotomia  aubhyoidea 
ausgeführt.    Heilung,  die  seit  5  Jahren  anhält. 

Costinin  (Rev.   hebdom.  de  laryng.  Nr.  38)  wandte  in  einem      Acidnni 
Falle  von  Carcinom  dea  Larynx,  in  einem  zweiten  von  Carcinom  der  ""enioo^um 
Nase    und    in    einem    dritten    von    Carcinom   der   Tonsille   und    der  „alignen  Ge- 
Zungenwurzel  das  Acidum  araenicosum  nach  der  Methode  von  »chwülBten. 
Cerny   und   Trunecek   an.     Die  Resultate  waren  sehr  günstig.         *    ""' 
Speciell  in  dem  Falle  von  Nasen  epitheliom  wurde  definitive  Heilung 

Die  klinischen  Verhältnisse  der  Posticnalähmnngen  nament-  Poslicns- 
hch  mit  Rücksicht  auf  die  Diagnoae  und  Aetiologie  sind  von  Semon  '»•'mnDgeD, 
(Brit.  med.  Joum.,  Jan.)  eingehend  dargelegt  worden. 

K.  Hügel  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  44)  macht  darauf  auf-    ^"^S 
merksam,  dass  der  Laryngoapasmus  derEinder  nicht  seltaq-a 
Refles  von  einer  hypertrophischen  Uvula  ausgelöst  ^ 
dass  in    diesen  Fällen   die   Uvulotomie   eine   rasche   Bessen; 
Heilung   zur  Folge  hat.     Der  Verf.  führt  kurz  G  hierher  g 
Beobachtungen  an. 


538  Jurasz. 

Kehlkopf-  UeberzweiFälle  von  K  ehlkopf  seh  wind  el  berichtet  L.  Linken- 

V'^iT^h^M^*  held  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  41).    Die  Kranken  bekamen 

plötzlich  ein  Kitzelgefahl  im  Halse,   darauf  einen  HustenanfaU  und 

fielen  in  eine  kurz  dauernde  Ohnmacht,  von  der  sie  sich  bald  wieder 

erholten. 

Kehlkopf.  Die  Publication   von  v.  Geyer  über  Kehlkopfblutungen 

blutungen,  (j^f^ßj^  jj^q^  Wochenschr.  Nr.  15)  verdient  insofern  eine  besondere 
Beachtung,  als  die  Blutung  in  2  ausfuhrlich  beschriebenen  FäUen 
unter  der  Schleimhaut  stattgefunden  und  zur  Entstehung  von  tumor- 
ähnlichen Erhöhungen  in  der  Gegend  der  Commissur  gefuhrt  hat. 
Diese  Beobachtungen  schliessen  sich  einem  früher  von  Semon  ver- 
öffentlichten analogen  Falle  an. 


5.  Krankheiten  der  Luftröhre. 

Leukämi-  lieber   die   Veränderungen   im   Kehlkopf  und   in    der 

sehe  Ver-     Trachea    bei  Leukämie  berichtet  0.  Barnick    (Münch.   med. 

studemuceii 

im        'Wochenschr.  Nr.  19  u.  20).    Unter  Berücksichtigung  der  Litteratur 

Kehlkopf    theilt  er  3  neue  histologisch  untersuchte  Fälle  mit.  Während  die  leuk- 
und  in  der 
Trachea, 


ämischen  Knötchen  leichter  erkannt  werden  können,  ist  die  Diagnose 
Barnjck.      der  diffusen  leukämischen  Infiltration  verhältnissmässig  schwierig. 

Tracheitis  F.  Massei  (Arch.  ital.  di  laring.  H.  4)  weist  darauf  hin,  dass  es 

chronica     q^q  Form  von  chronischem  Trachealkatarrh  gibt,  bei  welchem  Blu- 

rhagica,     tungen  vorkommen.     Er  bezeichnet  diese  Form  mit  dem  Namen  der 

Massel.       chronischen  Tracheitis  haemorrhagica.  Die  Diagnose  stützt 

sich   auf  den  negativen  Lungenbefund,   auf  die  negativen  bacterio- 

logischen  Untersuchungen  des  Auswurfs  und  auf  den  Nachweis  von 

Varicen  in  der  Tracheaischleimhaut. 

Den  bis  jetzt  in  der  Litteratur  bekannt  gewordenen   7  Fällen 

von  Schilddrüs  engeschwülsten  im  Inneren  des  Kehlkopfes 

Schild-      und  der  Luftröhre  fügt  A.Baurowicz  (Arch.  f.  Laryng.  Bd.  8, 

drüs  en-      g  2)  einen  achten  an.  Die  Geschwulst  sass  bei  einer  21  jährigen  Kranken 
ffeschwülste  .  j         o 

Im  Kehlkopf,  s^^c^ordal  ^^^i*  *^^  ^^^  verschloss  grösstentheils  das  Lumen  der 
Baurowicz.  Trachea.  Nach  der  nothwendig  gewordenen  Tracheotomie  wurde 
partielle  Laryngofissur  gemacht  und  der  Tumor,  welcher  vom  un- 
teren Bande  des  Ringknorpels  bis  zum  vierten  Tracheairinge  reichte, 
entfernt.  Die  Heilung  ging  glatt  vor  sich.  Der  Tumor  erwies  sich 
als  eine  strumöse  Geschwulst. 


Kraakbeitea  der  Nase,  des  Rachens  etc.  539 

B.  Fräakel  (Berl.  klm.  Wochenachr.  Nr.  23)  hat  in  den  letzten 
3  Jahrer  23mal  die  Tracheotomie  unter  Anwendung  der  von 
Schleich  eingeführten  Infiltrationsmethode  vorgenommen.  Die  ört- 
liche Anästhesie  geschieht  mit  einer  gewissen  Modification  in  der  ■ 
Weise,  dasa  bei  Erwachsenen  zu  jeder  Seite  des  zu  machenden 
Schnittes  ein  Theilstrich  einer  20'/oigen  Cocainlösung  unter  die  Haut 
eingespritzt  wird.  Bei  Kindern  wird  eine  10"(oige  Lösung  gebraucht. 
Nach  einigen  Minuten  ist  die  Anästhesie  so  verbreitet,  dass  die 
ganze  Operation  vollständig  schmerzlos  verläuft.  In  einigen  Fällen 
wurde  der  Cocafnein  spritzung  eine  halbe  Chloroformnarkose  voraus- 
geschickt. 

Lehrbücher  nnd  Mouographieeu. 

G.  Äbeles,  Die  HyperplaHie  der  Rachentonsille  und  dh'  adi'iioideii  Vege- 
tationen des  NasenrachenraunLs.     Leipzig. 
Broquet,    La   eure  radicale   de   la  sinuisite  maiUlaiit  ckroniqiie.     These 

de  Bordeaus. 
E.  Fink,   Die  Krankheiten  der  Nase  und  dea  Halsea.   ihre  Ursachen  und 

Wirkungen.    10  Vorträge. 
M.  Hagedorn,    Der  Keuchhusten   und   seine   örtlichen  Erscheinungen   in 

Nase ,    Ohren   und  Hals.     M,  Bresgen's  Samml.  zw.ingloser  Abhandl. 

Bd.  3,  H.  2. 
P.  Heymann,  Handbuch  der  Laryngologie  und  Rbinologic,    Wien. 
Herrn.  Krauie,  Die  Erkrankungen  der  Singstimme,   ihre  l'i^u'lien  und 

Behandlung. 
Lepoutre.  De  Taathme  ad^noldien.     Th^se  de  Lille. 
A.  Lieven,  Die  Syphilis  der  oberen  Luftwege.    HauH'^  Win.  Vortr.  Bd.  2, 

H.  10. 
J.  Mikulicz  und  W.  Kümmel,  Die  Krankheiten  des  Mundes.     Jena. 
Suchannek,    lieber   Diphtherie   der    oberen   Luftwe^re.     Summ!,  zwangl. 

Abhandl.  a.  d.  Geb.  d.  Nasen-,  Ohren-,  Mund-  und  Halskninkheiten. 

HaUe  a.  S. 
E.  Winckler,    Ueber  den  Zusammenhang  von  Nasen-  und  Aii^enerknin- 

knngen.    M.  Bresgen'e  Samml.  zwangl.  AbhandJ.  Bd.  3,  H.  1. 


vm. 


Haut-  und  venerisclie  Krankheiten. 


Von  Br.  Max  Joseph  in  Berlin. 


A.  Hautkrankheiten. 


I.  Anatomlet    Phjsiologrie«    Allgremeine  Pathologrie. 

üeber  das  Verhalten   der   eosinophilen  Zellen   in   Haut- 
Eosinophile  blasen  berichtet  Bett  mann  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  39).    Frühere 
Zellen  in     Untersuchungen  hatten  ergeben,  dass  im  Gegensatze  zu  den  übrigen  Blasen 
au      äsen,  ^^^  Haut  gerade  in  der  Pemphigusblase  eine  reichliche  Menge  von  eosino- 
philen Zellen  vorkäme.    Während  er  diese  Thatsache  bestätigen   konnte, 
fand  er  aber  entgegen  der  landläufigen  Ansicht  vom  Fehlen   der  eosino- 
philen Zellen  in  Blasen,  die  durch  Vesicantien  erzeugt  sind,  in  50  daraufhin 
untersuchten  Fällen  jene  Gebilde  ausnahmslos. 


Hant* 
Verände- 
rungen, 
durch 
Röntgen- 
strahlen, 
Behrend. 


Die  unter  dem  Einfluss  der  Röntgenstrahlen  entstehen- 
den Hautveränderungen  bespricht  Behrend  (Berl.  klin.  Wochen- 
schrift Nr.  23).  Bei  kurzer  Expositionszeit  und  genügendem  Abstand  von 
der  Haut  verlaufen  die  Hautentzündungen  leicht.  Bei  längerer  Einwirkung 
scheint  es  aber  fraglich,  ob  die  Hautveränderungen  wieder  zur  Norm  zurück- 
kehren. Der  Einfluss  auf  die  Hirsuties  der  Frauen  ist  noch  nicht  sicher- 
gestellt. Die  Hautentzündung  stellt  sich  im  wesentlichen  als  eine  Ver- 
brennung ersten  Grades  dar.  Verf.  berichtet  über  1  Fall,  in  welchem  die 
Veränderungen  an  den  Händen  sehr  schwere  waren,  ähnlich  wie  bei  einer 
Sklerodermie. 

Durch  vielfache  experimentelle  Versuche  Über  das  Eigenleben 
menschlicher    Epidermiszellen    ausserhalb    des    Organismug 


Haut-  und  venerische  Krankheiten. 


541 


konnte  Wentacher  (Beitr.  zur  path.  Anat.  u.  zur  allg.  Path.  Bd.  24)  den  Eigen 
Beweis  erbringen,  daas  trotz  vollkommener  Unterbrechung  aller  natürlichen      moi 
Esistenzbedingungen  das  Leben    der  menBchlichen  Eeimschichtzetlen  der 
Epidermia  unter  Unutänden  längere  Zeit  erhalten  bleiben  und  nach  Wieder- 
herstellung physiologischer  Emähningsverbältnisae  von  neuem  in  typischer     Wsntacber. 
Form  und  Function  sich  äussern  kann. 


Epidei 


Beiträge  zur  Lehre  von  den  Flasmazellen  liefert  Krompecher 
{ibid.).  Immer  mehr  schrumpft  die  von  Unna  zuerst  betonte  specifische 
Bedeutung  der  Plasmazellen  zusammen.  Auch  in  der  vorliegenden  Arbeit 
wird  im  Gegensätze  zu  Unna  die  Entstehung  der  Plasmazellen  aus  Lympho- 
cyten  nachgewiesen.  Seine  weiteren  Untersuchungen  sprechen  dem  Verf.  für 
die  Umwandlung  der  Plasmazellen  zu  Bindegewebszellen  und  sonach  f^r  die 
hämatogene  Bildung  von  Bindegewebe,  wobei  die  Plasmazellen  Uebergangs- 
zellen  bilden  und  gleichfalls  die  Umbildung  der  hämatogenen  Wanderzellen 
zu  Bindegewebszellen  vermitteln. 

In  dem  durch  seine  Arsenproduction  bekannten  Reichenstein  in  Schle- 
sien stellte  sich  früher  häufiger,  jetzt  infolge  der  hygienischen  Maaesnahmen 
seltener  eine  Erkrankung  ein,  welche  sich  hauptsächlich  in  Melanose  der 
Haut  und  keratetiachen  Hautvei^derungen  äussert.  Diese  Erscheinungen 
sind  als  chronische  Arsenintexication  zu  deuten,  und  zwar  infolge  des  Arsen- 
gehalts der  früher  als  Trinkwasser  benutzten  oberen  Erdwgsser.  Geyer 
(Ueber  die  chronischen  Hautveränderungeu  beim  Arseni- ä 
cismus  und  Betrachtungen  über  die  Massenerkrankungen 
in  Beichenstein  in  Schlesien.  Arcb.  f.  Dermal,  u.  Syph.  Bd.  43)  hat  sich 
nun  mit  grosaem  Eifer  an  Ort  und  Stelle  mit  dieser  Affection  beschäftigt. 
Ueher  das  Wesen  der  Pigmentanomalie  und  der  Keratose  konnte  Verf.  an 
einem  anf  Neisser's  Klinik  aufgenommenen  Kranken  interessante  Beob- 
achtungen anstellen.  Es  wird  vielleicht  allgemeines  Interesse  erregen,  dasa 
man  jetzt  daran  geht,  die  Beichensteiner  ArsenwäHser  auch  therapeutisch 
zu  verwerthen,  da  die  Gebirgsformationen  dieselben  wie  beim  Roncegno- 
ond  Levicowasser  sind. 


Histologische  Untersuchungen  über  den  Einfluss  des  Schneidens 
der  Haare  auf  ihr  Wachsthum  stellte  C.W.  Bischoff  (Arch.  f.  mikr. 
Anat  Bd.  41)  an.  Er  gelangt  im  Gegensatze  zu  Remesow  auf  Grund  mühe- 
voller histologischer  Untersuchungen  zu  der  Anschauung,  dii—  li...jl,-[  iv.ilji 
scheinlich  das  Schneiden  der  Eaare  keinen  Einfiuaa  auf  li  i  ^V.u  li-t)i  jir 
derselben  ausübe.  Daraus  folgt,  dass  die  Haare  nicht  tUbii;  -iini .  t'inen 
Reiz  weiterzu  leiten. 

Ueber  die  Ablagerung  von  Arsen  in  den  Hanren  berichtet* 
E.  Schiff  (Wien.  kün.  Wochensohr.  Nr.  22).  Er  fand  nueh  mühsamen  j 
üntersucbnngen  an  Hunden,  dass  bei  lang  anhaltender  D^irreicl 


Eiueinas 

des 

SflUntideni 

Cllf 

r 


542  Joseph. 

Arsen  dieses  in  die  Haare  übergeht.  Daraus  schliesst  er  mit  Wahrscheinlich- 
keit, dass  es  eine  locale  Einwirkung  des  Arsens  bei  Hauterkrankungen  ist, 
welche  den  therapeutischen  Effect  bedingt. 

II.  Pathologie  nnd  Therapie. 

1.  Entzündliche  Dermatosen. 

Auf  die  Beziehungen  zwischen  Lippenekzemen  und  Mund- 
Lippen-     wässern  macht  A.  Neisser  (Therap.  Monatsh.,  Febr.)  anfinerksam. 

ekzeme      -g^  ßiähriger  Knabe  litt  an  einem  seit  Monaten  bestehenden,   die 
durch  "^         ® 

Mundwässer,  Mund ö£Fnung  umgebenden  squamösen  Ekzem.    Erst  nach  Fortlassen 

Neisser,  des  als  Mund-  und  Zahnwasser  gebrauchten  Odols  verschwand  das 
Ekzem.  Verf.  vermuthet,  dass  die  ätherischen  Oele,  Oleum  Menthae 
piperitae  und  Oleum  CaryophyUorum,  in  diesen  Mundspülwässem  und 
Zahi^pulvem  schädlich  für  periorale  Dermatitiden  sind.  —  Im  Gegen- 
satze hierzu  glaubt  Axmann  (Therap.  Beil.  d.  Deutsch,  med.  Wochen- 
schrift Nr.  12)  dem  im  Odol  enthaltenen  Salol  die  Schuld  beimessen 
zu  müssen.  Er  sah  oft  nach  der  innerlichen  Einnahme  von  Salol 
Lippenekzeme  entstehen. 

Ueber  chirurgische  Erfahrungen  mit  löslichem  metalli- 
schem Silber  bei  der  Behandlung  von  septischen  Wund- 
Silberbei  infectionen  (Blutvergiftungen)  berichtet  We r  1  e r  (Deutsche  med . 
WeriOT.'  Wochenschr. ,  Therap.  Beil.,  Nr.  10 ,  6.  Oct.).  Er  sah  in  3  Fällen 
(Phlegmone  und  multipler  Furunculose)  schnelle  Erfolge  von  der 
Anwendung  des  Unguentum  Cred6,  welches  15  °/o  Argentum  colloidale 
enthält.  Man  verordnet:  Unguent.  Cred6  1,0.  Doses  Nr.  m.  D.  ad 
chartam  ceratam.  Ein  Päckchen  der  Silbersalbe  wird  jeden  Abend 
20 — 25  Minuten  lang  auf  einer  gesunden  Körperstelle  eingerieben. 


Behandlung  Einen  Carbunkel   des  Halses  behandelte  Ashe  (British  med.  Joom., 

,      ,    j     Nov.)  erfolgreich   mit  Antistreptokokkenserum.     Nach   4maliger   In- 

Asbe.      '  jection  ^trat  in  einem  Monat  vollkommene  Heilung  ein.    Daraus  schlie^^t 

Verf.,  dass  der  Carbunkel  nicht  nur  durch  Staphylokokken,  sondern  durch 

eine  Mischung  verschiedener  Mikroorganismen  hervorgerufen  werde. 

Ueber  die  Erysipelbehandlung  mit  Metakresolanytol  be- 

Erysipei-    richtet  W.  Koelzer  (Deutsche  med.  Wochenschr.   Nr.  43).     Das- 

*^®^*°j^^°°^' selbe  wurde  zuerst  in   1-  und  3**/oiger  Lösung  beim  Er3'8ipel  des 

Kaninchenohres  versucht.    Nachdem  hier  ein  unzweideutiger  Erfolg 

erzielt  war,  ging  Verf.  dazu  über,  es  beim  Menschen  zu  versuchen, 

und  in  5  Fällen  konnte  er  hier  eine  unzweifelhafte  Beeinflussung 


Haut-  und  venerische  Krankheiten. 


543 


des  Erysipels  durch  das  Präparat  constatiren.  Zu  einem  definitiven 
Urtheil  wünscht  er  erst  Erfahrungen  an  einem  möglichst  grossen 
Material  und  stellt  zur  Erwägung,  ob  diese  Methode  sich  nicht  auch 
als  ein  Gewinn  für  die  Therapie  anderer  localer  bacterieller  und 
parasitärer  Erkrankungen  von  Haut  und  Schleimhaut  herausstellen 
sollte. 

Für  die  Behandlung  von  Brandwunden   und  Ekzemen 
empfiehlt  E.  Sympson  (Quart,  med.  Joum. ,   Juli)   die  Pikrinsäure  Plkrinsänre 
als   schnell  wirkendes   gutes  Mittel.     Verbandgaze  wird  mit  l**/oiger   bei  Brand- 
Pikrinsäure  in  Wasser  durchtränkt  und   auf  die  erkrankte  Fläche      Ekzem 
gelegt.     Auch    bei    rhagadiformen   Ekzemen    bewährte    sich    diese     Sympson, 
Methode. 

üeber  Porokerato8i8(cf.  vor.  Jahrg.  S.  493)  liegen  wieder  einige  neue 
Beobachtungen  vor.   Wende  (Joum.  of  out.  and  genito-urin.  dis.,  Nov.)  be-        Poro- 
schreibt  die  Erkrankung  bei   einer  45jährigen  Frau   an  dem  Handrücken,    ^oratosis, 
an   dieser   Stelle  bestand  Anidrosis  und  Asteatosis.    Verschiedene  Ueber-  ' 

impfongen  zum  Zwecke  des  Nachweises  der  eventuell  parasitären  Natur  der 
Affection  waren  ergebnisslos,  nur  auf  der  gesunden  Hand  des  Individuums 
gelang  eine  scheinbare  üebertragung.   Auch  Basch  (Pester  med.-chir.  Presse        Baach, 
Nr.  27)  konnte  in  seiner  Beobachtung  bei  bacteriologischen  Untersuchungen 
kein  positives  Resultat  erzielen,  ebenso  wenig  sah  er  von  der  Therapie  einen 
Erfolg.     Ducrey  und  Respighi   (Annal.  de  Dermat  et  de  Syph.  H.  1)      Ducrey  u. 
constatirten  in  einem  typischen  Falle  von  Porokeratosis  auf  der  Schleimhaut      Respighi 
der  Mundhöhle  Stecknadelkopf-  bis  linsengrosse  opalescirende  Flecken  mit 
einem  scharfen  Rande,  ähnlich  wie  auf  der  äusseren  Haut.   Diese  Schleim- 
hautveränderungen fehlten  in  dem  letzten  von  Heller  in  der  Berliner  Der-        Heller, 
matologischen  Gesellschaft  (December)  vorgestellten  Falle.    Freilich  fehlt 
auch  hier  noch  zur  vollen  Bekräftigung   der  Diagnose  die  mikroskopische 
Untersuchung. 

Zur  Behandlung  des  Ekzems  empfiehlt  Hirschkron  (Deutsche      Ekzem, 
med.  Wochenschr.   Nr.  12)  das  Naphthalan,  und  Unna  (Mon.  f.    ^^J'J''"* 
pract.  Dermat.  H.  11)  hält  das  Waschen  der  Hände  bei  Ekzemen  an 
dieser  Stelle  für  sehr  schädlich. 


Zur  Behandlung  der  Ulcera  cruris  verwendet  H.  Thompson 
(Lancet  Nr.  3913)  die  alte  Methode  der  Einwickelung  des  Beins  mit 
sich  dachziegeHbrmig  deckenden  Heftpflaster  streifen  und  sah 
davon  sehr  gute  Erfolge. 

Auf  den  Zusammenhang  von  Augenerkrankungen  mit 
Hautleiden  (Pityriasis  rubra  püaris  am  Auge)  macht  Mohr  (Wien. 


ülcera 

cruris, 

Thompson. 


544 


Joseph. 


Pityriasis    klin.  Rundschau  Nr.  36)  aufmerksam.     Es  ist  dieses  der  erste  der- 
^^,     f       artige  Fall.    Bei  einem  29jährigen  Patienten  bestand  das  Hautleiden, 
am  Auge,     ein  Liehen  ruber  acuminatus,  seit  9  Jahren.     Seit  2  Jahren  stellten 
Mohr.        q[q}^  Schmerzen  an  den  Augen  ein,  und  man  konnte  auf  der  Con- 
junctiva  palpebrarum   ähnlich  wie  auf  der  äusseren  Haut  mehrere 
mohnkomgrosse ,   scharf  begrenzte  Knötchen  wie  auf  der  äusseren 
Haut  wahrnehmen.     Secundär   zeigten  sich  auf  der  Hornhaut  ober- 
flächliche Substanzverluste. 

Drei  Fälle  von  Dermatitis  arteficialis  durch  Primula  ob- 

Dermatitis  conica,    Oleum  Lauri  und   Eugallol  berichtet  Hopf  (Dermat. 

arteficialis,  Centralbl.,  Oct.).    Der  erste  Patient  war  ein  Gärtner,  welcher  viel  mit 
Hopf.  '  '  ,  '  ^ 

Primeln  zu  thun  hatte.  Der  zweite  Kranke  hatte  gegen  Heiserkeit 
ungereinigtes  LorbeerÖl  gebraucht,  und  der  dritte  ELranke  bekam 
seine  arteficielle  Hautentzündung  nach  dem  Gebrauche  einer  gegen 
Psoriasis  empfohlenen  Mischung  von  Eurobin  und  Eugallol,  wie  sie 
Kromayer  jüngst  empfohlen  hat. 


Berufs- 

dermatose 

der  Photo- 

graphen, 

Freund. 


Eine  Beruf sdermatose  der  Photographen  beschreibt 
L.Freund  (Wien,  therap.  Wochenschr.  Nr.  27).  Er  konnte  die  Er- 
krankung in  9  Fällen  constatiren,  und  zwar  ist  die  Beschäftigung  mit 
Methol,  welches  beim  Entwickeln  der  Platten  benutzt  wird,  als  Ur- 
sache anzuschuldigen.  Es  zeigt  sich  ähnlich  wie  bei  der  localen 
Asphyxie  eine  starke  Cyanose  der  Hände,  die  Haut  ist  hart  und 
schwer  in  Falten  aufzuheben. 


Sycosis 

und  Aus- 

schnupfen, 

Unna. 


Auf  die  Beziehungen  der  Sycosis  subnasalis  und  Aus- 
schnupfen macht  Unna  (Mon.  f.  pract.  Dermat.  H.  12)  aufmerksam. 
Er  verbietet  bei  Sycosis  der  Oberlippe  den  Gebrauch  des  Taschen- 
tuches wegen  der  Reibung  der  Oberlippe  und  lässt  zur  Entfernung 
des  Nasenschleims  eine  Nasendouche  mit  '/«^/o  Ichthyol  anwenden. 
Zum  Verband  werden  SalbenmuUe  (Zink)  genommen. 


Bromacne, 
Neumann. 


Einen  merkwürdigen  Fall  von  Bromacne  demonstrirte  J.  Neu- 
mann (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  17).  Ein  29jähriger  Mann 
zeigte  nicht  nur  im  Gesichte  blasenartige  Wucherungen,  sondern  bei 
der  Section  fand  man  in  ähnlicher  Weise  auch  die  grosse  Curvatur 
des  Magens  erkrankt. 


Einen  durch  Intensität  und  Ausdehnung  seltenen  Fall  von  atypi- 
scher Psoriasis  beobachtete  Deutsch  (Wien,  klin,  Wochenschr- 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  545 

Nr.  6).     Hier  stellte  sich  die  Psoriasis  im  Anschlüsse  an  Gelenk-    Atypische 
sch  merzen  ein,  später  traten  wieder  Recidive  mit  Qelenkbeschwerden    *^ » <>  '^^  *  *  *  *» 

.         .        .  Deutsch. 

zusammen  auf.  Die  einzelnen  Efflorescenzen  waren  mit  starken,  fast 
centimeterdicken  krustösen  Auflagerungen  versehen.  An  den  Händen 
waren  es  sogar  directe  warzige  Homgebilde.  Verf.  bezeichnet  diese 
Form  als  Psoriasis  ostracea. 

Bei  seinen  Untersuchungen  zur  Histologie  der  Jodacne  fand 
Giovannini  (Arch.  f.  Dermat.  u.  Syph.  Bd.  45),   dass   es  sich  um     Jodacne, 
eine  acute,  eitrige,  oberflächliche  Folliculitis  und  Perifolliculitis  han-     ^iov*°»"»»- 
delt,  während  die  Talgdrüsen  nur  secundär  erkranken. 

2.  GirculationsstÖrungen  der  Haut. 

Durch  die  Arbeit  von  Purjesz  (Pester  med.-chir.  Presse  Nr.  25)     Pellagra 

werden  wir  mit  dem  Auftreten  der  Pellagra  in  Ungarn  bekannt   *"  üngam, 

Pnxjesz. 
gemacht,  während  man  früher  dort  diese  Erkrankung  nicht  kannte. 

Ja  das  Auftreten  muss  sogar  als  ein  massenhaftes  bezeichnet  werden, 
da  Verf.  bereits  von  20  Fällen  berichten  konnte.  Kein  Wunder, 
dass  die  dortigen  Aerzte  das  Krankheitsbild  zuerst  nicht  erkannten, 
bei  genauerem  Studium  stellte  sich  aber  heraus,  dass  die  dort  de- 
monstrirten  Kranken  sich  in  nichts  von  dem  bekannten  Bilde  der 
Pellagra  unterschieden.  Für  die  Aetiologie  ist  es  von  Interesse,  dass 
die  betreflFenden  Einwohner  sich  sonst  von  Roggen-  und  Weizenmehl 
ernähren,  nur  in  diesem  Jahre  nach  drei  schlechten  Ernten  ge- 
zwungen waren,  ihre  Ansprüche  herabzumindern  und  sich  haupt- 
sächlich oder  ausschliesslich  mit  Maismehl  zu  ernähren. 

Wechselmann  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  21)  berichtet  Antipyrin- 

über  5  Fälle  von  Antipyrinexanthem,  welche  Köbner  beobachtet  Exantheme, 

,  «  .  Wechselmann. 

hat.     Bei  4  Patienten  war   das   Exanthem   auf  wenigen  Bezirken 

localisirt,  während  beim  5.  ausgedehnte  Hautflächen  befallen  waren. 

Verf.  stellt  zur  Erwägung,   ob  nicht  bei  den  befallenen  Individuen 

zu  bestimmten  Zeiten  Störungen  in  der  Ausscheidung  des  Antipyrins 

durch   die  Nieren  eintreten,   und   dass  dann  das  Mittel  mehr  durch 

die  Schweiss-  und  Speicheldrüsen  ausgeschieden  werde,  wodurch  auch 

die  Localisation  im  Munde  sich  erklären  liesse.    Jedenfalls  seien  die 

Angaben,   dass  in  einigen  Fällen  das  Antipyrin  sich  im  Urin  nicht 

nachweisen  liess,  der  Beachtung  werth. 

Die  Purpura  ist  nach  Perrin  (La  Presse  med.,   Oct.)   keine 

selbständige    Krankheit,    sondern   das    Symptom    einer   Toxyhämie. 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  35 


546 


Joseph. 


Purpura, 
Pertni. 


Purpura 

baemor- 

rbagica, 

Lewis. 


Häitfig  sind  nach  ihm  die  Tonsülen  der  Sitz  der  Toxine,  hier  finden 
sich  dann  Staphylo-  nnd  Streptokokken,  sowie  Pnenmokokken.  Dnrch 
die  Einwirkung  der  Toxine  anf  die  CapiUaren  wird  das  Blmextra- 
vasat  erzengt.  Anch  die  scheinbar  primäre  rheumatische  Porpnra 
erklare  sich  meist  dnrch  vorhergehende  infectiöse  Krankheiten,  welche 
anch  die  fonctioneUen  Störungen  verursachen. 

lieber  3  PäDe  von  Purpura  haemorrhagica  (Morbus  Werl- 
hofii)  berichtet  Lewis  (Med.  Hecord,  Mai).  In  dem  ersten  bestand 
Icterus  gravis,  und  der  Tod  erfolgte  durch  eine  Hämorrhagie.  Im 
2.  Falle  beobachtete  er  hohe  Temperatur,  Bewusstlosigkeit  und 
Oculomotoriuslähmimg.  Hier  trat  langsame,  aber  vollständige  Hei- 
lung ein.  Der  8.  Patient  hatte  hohes  Fieber,  Schmerzen  im  Kehl- 
kopf, Hämaturie  und  starb  an  Verblutung.  Man  fand  in  allen  Or- 
ganen hämorrhagische  Infarcte  und  im  Herzblut  den  Staphylococcus 
albus. 


Natrium  Gegen  die  Urticaria  empfiehlt  Wolff  (Joum.  of  Amer.  med. 

phosphori-   assoc.)   das  Natrium  phosphoricum.     Man  gibt  etwa  Sstündhch 

Urticaria    ^^ine  Dosen  einer  concentrirten  Lösung.    In  acuten  Fällen  ist  die 

Wour.        Wirkung  eine  schnelle,  auch  in  chronischen  tritt  bald  Besserung  ein, 

doch  werden  Recidive  nicht  verhütet. 


Urticaria 
factitia, 
Seymonr. 


Nach  seinen  zahlreichen  Untersuchungen  im  Krankenhause  Fried- 
richshain glaubt  Seymour  (Zur  Kenntniss  der  Erscheinungsform  und 
klinischen  Bedeutung  der  Urticaria  factitia.  Inaug.-Diss.  Berlin), 
dass  die  Urticaria  factitia  als  eine  für  hysterische  und  neurastheni- 
sche  Zustände  pathognomonische  Erscheinung  betrachtet  werden 
muss.  Körperliche  sowohl  als  geistige  Anstrengungen  einerseits  und 
psychische  Einflüsse  andererseits  spielen  wahrscheinlich  eine  grosse 
Eolle  in  der  Aetiologie. 

« 

J.  Collier  (Lancet,  13.  August)  glaubt,  dass  die  Erythro- 
melalgie  keine  selbständige  vasomotorische  Neurose,  sondern  ein 
für  Erkrankungen  des  Rückenmarkes  charakteristischer  Symptomen- 
complex  ist,  für  welchen  er  den  Ausdruck  „vasculäre  Krisen"  em- 
pfiehlt. 

Reizerscheinungen   beim    Gebrauche   von   Airolpulver 
**'"irel""'  beobachtete  Spiegel  (Mon.  f.  pract.  Dermat.  Bd.  27)  in  2  Fällen,  und 
zwar  bei  der  Behandlung  eines  Ulcus  molle  sowie  eines  Panaritium. 
Jod  war  in  beiden  Fällen  im  Urin  nicht  nachzuweisen. 


Erythromel- 
algie, 
Collier. 


Airol- 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  547 

Ueber   die   familiäre   Form    des    acuten    circumscripten 

Oedems  berichtet  H.  Schlesinger  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  14).      Acutes 

Betroffen   waren   in   6   Fällen   vier  Generationen    einer  Familie   in      ci'c^™" 

.  •         /•     j  scriptes 

nahezu  vollkommen  identischer  Weise,   der  Beginn   fand   stets  um      oedem, 

das  20.  Lebensjahr  herum  statt.  Die  Anfalle  wurden  durch  De-  Schlesinger, 
pressionsgefühl  und  Gefühl  von  Unbehagen  eingeleitet;  ein  eigen- 
artiges Erythem  ging  dem  Anfalle  um  mehrere  Stunden  voraus. 
Dann  apoplektiformer  Beginn  der  Schwellungen,  mitunter  anstatt  der 
Anschwellungen  Erbrechen  und  Koliken.  Die  Affection  persistirte 
bis  in  das  späte  Alter  in  gleicher  Weise,  nur  wurden  mit  zunehmen- 
dem Alter  die  Anfalle  weniger  heftig  und  seltener. 

Als  Saisonniers  bezeichnet  Du  Castel  (La  semaine  mM.  Saisotiniers, 
Nr.  20)  das  Auftreten  einzelner  Hautkrankheiten  zu  bestimmten  ^^  Castel. 
Jahreszeiten.  Zwei  Fälle  von  Prurigo  setzten  Anfang  Mai  ein,  um 
zu  Beginn  des  Winters  zu  verschwinden.  Zwei  andere  Patienten 
litten  an  Psoriasis,  welche  zwar  nie  ganz  verschwand,  aber  doch  bei 
dem  einen  im  FrühHng  und  Herbst,  bei  dem  anderen  oft  nur  im 
Frühling  oder  Sommer  stärkere  Eruptionen  erzeugte.  Die  kalte 
Jahreszeit  brachte  stets  eine  bedeutende  Besserung.  Bei  den  Krank- 
heiten der  kalten  Jahreszeit  schlägt  Verf.  vor,  die  Circulation  durch 
Dampfbäder,  schweisstreibende  Getränke,  trockene  und  feuchte  Ab- 
reibungen anzuregen.  Für  die  bei  Hitze  eintretenden  Dermatosen 
empfehlen  sich  Belladonna,  Tannin,  Kalkphosphat ,  Ergotin,  sowie 
eine  tonisirende  Hydrotherapie. 

3.  Progressive  Ernährungsstörungen  der  Haut. 

Ueber  Ichthyosis  hystrix  hat  Schourp  (Dermat.  Centralbl.,  Ichthyosis 
Mai)  in  des  B/cferenten  Poliklinik  einige  neue  Beobachtungen  anstellen  hystrix. 
können.  Es  gelang  durch  consequente  und  langanhaltende  Dar- 
reichung von  Thjn'eoideatabletten  eine  erhebliche  Besserung  des 
Krankheitsbüdes  herbeizuführen.  Besonderes  Interesse  hatte  aber 
die  histologische  Untersuchung,  da  eine  solche  bisher  noch  niemals 
ausgeführt  war.  Charakteristisch  ist  der  unvermittelt  scharfe  Ueber- 
gang  vom  Rete  Malpighii  auf  die  Homschicht;  im  oberen  Drittel 
des  Corium  war  keine  Spur  eines  elastischen  Fasemetzes  zu  er- 
kennen. Zwischen  Bete  Malpighii  und  Stratum  comeum  schieben 
sich  keratohyalinhaltige  Zellen. 

Einen  Fall  von  linear  unilateraler  Ichthy 
Phillips  (British  med.  Joum. ,   5.  Febr.).    Die» 


548 


Joseph. 


Ichthyosis   pathisches   Papillom   oder  Naevus  neuroticus  bezeichnete  Affection 

mm  ■  

l?®*'^"'     nahm  nur  die  linke  Seite   ein  und  war  angeboren.     Die  Affection 
Phühps.  .  -r»  .      ,  .         .   . 

schnitt  am  Kumpfe  scharf  in  der  Mittellinie  ab,  während  sie  an  den 

Extremitäten  longitudinal  verlief.   • 

Entfernung  Zur  Beseitigung  der  Epheliden,   Sommersprossen,   empfiehlt 

der         Touvenaint  (Gaz.  hebd.,   Mai)   2mal  tägliches  Waschen  mit  Zinc. 

Touvenaint.    sulfocarbol.  4,0,  Glycerini  60,0  und  jeden  2.  Tag  folgende   Salbe: 

Hydr.  praec.  alb. ,   Bismuth.  subnitr.  ana  4,0,  Ungt.  Glycerini  15,0. 


Cornn  Zwei  Fälle  von  Gornu  cutaneum  palpebrae  hatte  Ballaban 

cutaneum,  (Centralbl.  f.  pract.  Augenheilk.,  April)  Gelegenheit  zu  untersuchen.  Er 
gelangt  zu  der  Anschauung,  dass  die  Hauthömer  den  Papillomen  zuzu- 
rechnen sind,  von  denen  sie  sich  nur  durch  einen  besonderen  Grad  und 
Intensität  der  Epidermiswucherung  und  Verhomung  unterscheiden.  Daher 
wären  sie  wohl  am  besten  vom  histologischen  Standpunkte  aus  als  Keratoäis 
papillomatosa  zu  bezeichnen. 

Monochlor-  J.  McGuire  sah  gute  Erfolge  (Journ.  of  cutan.  and  genito-urin. 

essigsaure  ^^      j^\   ^^^   ^^j.  Anwendung   der   Monochloressigsäure    bei 

beiXanthom,         '  ,         .  °  .  '^ 

Guire.        Xanthomen.     Es  wird   immer  nur   eine  kleine  Stelle   geätzt,   der 

Schorf  stösst  sich  in  kurzem  ab,   und  in  4 — 6  Wochen  kann  man 

hierdurch  Heilung  erzielen. 

Xeroderma  Einen  Fall  von  Xeroderma  pigmentosum  stellte  Barendt 

pigmen-      (rpi^^  Lancet,  29.  Oct.)  bei   einem  2jährigen  Kinde  vor.     Hier  war 
Barendt.      merkwürdigerweise  von   der  Anwendung   der  Röntgenstrahlen    ein 
günstiger  Einfluss  zu  verzeichnen. 


Haut- 
SB  rk  oma- 
tose, 
Joseph. 


Ueber  Hautsarkomatose  berichtet  Max  Joseph  (Arch.  f. 
Dermat.  u.  Syph.  Bd.  46).  Ein  82jähriger  Mann  zeigte  eine  grosse 
Anzahl  von  Tumoren  (etwa  70)  über  die  ganze  Haut  vertheilt  und 
nach  der  Section  auch  welche  in  den  inneren  Organen.  Zum  wesent- 
lichen Unterschiede  von  den  sonstigen  Befunden  in  Sarkomen  stellte 
sich  in  diesem  Falle  eine  hyaline  Degeneration  der  Bindegewebsfasern 
und  eine  mucinöse  Degeneration  der  Infiltrationszellen  ein.  Ebenso 
waren  im  Gegensatze  zu  echten  Sarkomen  die  elastisphen  Fasern  und 
die  Mastzellen  in  dem  Infiltrationsgebiete  noch  vorhanden.  Verf.  glaubt 
mit  Kaposi,  dass  man  solche  Fälle  als  ^Sarkoide  Tumoren^  ab- 
grenzen  müsse. 

In  seinen  Beiträgen  zur  geographischen  Pathologie  der  West- 
küste Südamerikas  sind  von  besonderem  Interesse  die  Beobachtungen, 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  549 

welche  Rüge  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  46)  an  20  Kranken  des  Verruga 
stadtischen  Hospitals  in  Lima  über  die  Verruga  peruviana  an-  Peruviana, 
stellen  konnte.  Diese  litten  bis  auf  einen  alle  an  der  acuten  Form, 
befanden  sich  in  einem  weit  vorgeschrittenen  Stadium  und  machten 
einen  bejammemswerthen  Eindruck.  Bedeckt  am  ganzen  Körper 
mit  Geschwülsten,  die  zwischen  der  Grösse  einer  Erbse  und  eines 
halben  Strausseneies  schwankten,  waren  sie  bei  hohem  Fieber  meist 
bewusstlos.  Die  grösseren  Geschwülste  waren  zerfallen  und  ähnelten 
jauchigen  Krebsmassen.  Diese  acute  Form  der  Vemiga  gilt  als  tödt- 
lich.  Die  Patienten  stammten  alle  aus  dem  berüchtigten  Thale  Agua 
de  verrugas,  70  km  von  Lima  entfernt  und  1800  m  über  dem  Meere. 
In  Peru  nimmt  man  den  Genuss  des  Wassers  dieser  Schlucht,  be- 
sonders zur  Zeit  der  Schneeschmelze,  als  Ursache  an.  Ein  Kranker 
litt  an  der  chronischen  Form.  Er  zeigte  nur  vereinzelte,  erbsen- 
grosse  Papillome,  makroskopisch  nur  durch  ihre  dimkle  Pigmentirung 
von  den  gewöhnlichen  Warzen  zu  unterscheiden.  Die  Diagnose 
„Verruga"  konnte  nur  deshalb  bei  ihm  gestellt  werden,  weil  er  die  der 
Verruga  eigenthümüche  Localisation  der  Warzen  auf  der  Bindehaut 
des  Auges  zeigte.  Eine  hochrothe,  himbeerähnliche  Farbe  wurde 
übrigens  an  keinem  einzigen  Papillom  wahrgenommen. 

lieber  ein  Epitheliom  der  Wange  und  linken  Nasenseite  bei 
einem  -erst  14jährigen  Knaben  berichtet  Hartzell  (New  York  med.  Epitheliom, 
Joum.,  März).    Die  Geschwüre  auf  der  Wange  bestanden  sogar  schon      Hartzell. 
seit  2  Jahren  mit  ihren  aufgeworfenen,  wachsigen  Rändern. 

Als  einen  höchst  seltenen  Befund  constatirte  E.  Tauffer  (Vir-      Sarkom 
chow's  Archiv  Bd.  1B2)  ein  Sarkom  auf  narbig-lupösem  Boden.    *°J[^^^^^' 

.  .  TaufTer. 

Sonst  sieht  man  auf  Lupusnarben  Carcinome  entstehen ,  hier  aber 
fand  sich  ein  Spindelzellensarkom  mit  Riesenzellen  auf  chronisch  ent- 
zündlichem narbigem  Boden. 

Bei  einem  Keloid   des  Vorderarmes,   welches   schon  mehrfach 
vergeblich  operirt  war,  wandte  Lawrence  (The  British  med.  Joum.,      Keloid, 
Juli)  Scarificationen   an.     Danach  wurde   die  Blutung   durch  heisse    ^canfica- 
Compressen    begünstigt   und    oberhalb    des   Keloides    eine    Gummi-     Lawrence. 
schlauchbinde  angelegt,  um  die  venöse  Circulation  zu  unterbrechen. 

4.  Regressive  Ernährungsstörungen  der  Haut. 

Jn  8  Fällen  von  umschriebener  Sklerodermie   glaubt  Brocq 
(Annal.  de  Dermat.  et  de  Syph.  H.  2)   mit   der  elektrolytischen 


550 


Joseph. 


bei  Sklero- 
dermie, 
ßrocq. 


Elektrolyse  Behandlung  gute  Erfolge  erzielt  zu  haben.  Nur  in  einem  9.  Falle, 
bei  einem  Knaben  mit  multiplen  Krankheitsheerden  und  schnellem 
Verlaufe,  Hess  ihn  diese  Therapie  im  Stich.  Merkwürdigerweise 
konnte  Verf.  beobachten,  dass  nach  Behandlung  einer  erkrankten 
Stelle  sich  die  anderen  auch  zurückbildeten.  Den  naheliegenden,  auch 
von  Hallopeau  bereits  erhobenen  Einwand,  dass  auf  die  Rückbildung 
der  sklerosirten  Partieen  die  elektrolytische  Behandlungsweise  keinen 
grossen  Einfluss  übe,  sucht  Verf.  durch  eine  Reihe  von  Bemerkungen 
zu  widerlegen,  die  aber  nicht  stichhaltig  erscheinen. 


Sklero- 

dermia 

diffusa, 

Mosler. 


Ueber  Sclerodermia  diffusa  berichtet  Mosler  (Deutsche med. 
Wochenschr.  Nr.  28).  Er  hat  9  Fälle  beobachtet,  darunter  2  circum- 
scripte  und  7  diffuse  Sklerodermie.  Hiervon  kamen  6  beim  weib- 
lichen uiid  3  beim  männlichen  Geschlechte  vor.  Er  unterscheidet 
zwischen  acut  und  chronisch  verlaufenden  FäUen.  Die  häufig  zu 
findende  Pigmentation  an  den  erkrankten  Stellen  hält  Mosler  für 
einen  Folgezustand  des  der  Sklerodermie  eigenthümlichen  patho- 
logisch-anatomischen Processes.  Die  Kranken  erhalten  Bäder  mit 
einem  Zusätze  von  je  60,0  Ichthyolammonium  und  innerlich  Tabletten 
von  Calcium  sulfo-ichthyolicum  k  0,1,  pro  die  drei  Stück,  daneben 
Einreibungen  von  10"/oigem  Ichthyolvaselin.  Ueber  den  Erfolg  will 
Mosler  später  berichten. 


Therapie 

der  Sklero- 

dermie, 

Beer, 

Osler. 


Beer  (Wien.  med.  Bl.  Nr.  11 — 15)  berichtet  über  5  Fälle  von 
Sklerodermie  und  sah  in  diesen  durch  zweckmässige  Massage, 
elektrische  Behandlung  und  Bäder  Heilung  eintreten.  —  Osler  (Joum. 
of  cutan.  and  genito-urin.  dis.,  Febr.)  erzielte  gute  Erfolge  durch 
Salicylpräparate,  während  Thyreoidintabletten  ohne  Einfluss  blieben. 


Ueber  Leukonychie  verbunden  mit  Koilonychie  berichtet 
Leukon  y-  Forchheimer  (Dermat.  Centralbl.,  Nov.)  aus  des  Referenten  Poliklinik. 
^j!h^'  "^^  bestand  hierbei  nicht  nur  eine  völlige  weisse  Verfärbung  sämmt- 
lieber  Fingernägel,  sondern  sie  waren  auch  deformirt.  Die  Wölbung 
der  Nagelplatte  war  nicht  wie  im  normalen  Zustande  nach  oben 
convex,  sondern  nach  oben  concav.  Therapeutisch  bewährte  sich 
ein  Polirpulver,  aus  Stanni  oxydat.  10,0  und  Carmin  0,1  bestehend. 

Ueber  eine  symmetrische  Loslösung  der  Fingernägel  vom 

Nägel-       Nagelbette    berichtet    Smith    (British    med.    Joum.,    Febr.).     Die 

Smith***'    Symmetrie  der  AfFection  war  so  ausgeprägt,  dass  nicht  nur  an  beiden 

Händen  die  entsprechenden  Nägel  ergriffen  waren,  sondern  auch  an 


Hautr  und  venerische  Krankheiten. 


551 


den  gleichen  Fingern  jeder  Hand  die  Nagelablösung  die  gleiche 
Ausdehnung  annahm.  Es  war  eine  30jährige  Frau,  welche  im  übrigen 
stets  gesund  war. 

Beim   Lupus   erythematosus  sah  Stowers  (British  Joum.       Lupus 
ofDermat.,  April)  gar  keine  Erfolge  von  der  Anwendung  des  neuen    ®ry*^®™*- 

^__  .  LOS  vL  Sf 

Tuberculins,   während   C  rock  er  das  Salicin  empfiehlt.     Es  wurde      stowers, 
1,0  g  3mal  täglich  gegeben,  und  innerhalb  6  Monaten  folgte  Heilung.      Crocker. 

Zur  Kenntniss  der  Gangraena  cutis  steuert  Riecke  (Wiener  Gangraena 
klin.  Wochenschr.  Nr.  6)  einen  interessanten  Beitrag  bei.  Bei  einem 
jungen  Mädchen  traten  nach  einer  Verletzung  am  Daumen  häufig 
wiederkehrende  Bläscheneruptionen  am  Arme  auf,  welche  mit  scheiben- 
förmigen Defecten  endigten.  Es  bedurfte  erst  eingehender  Unter- 
suchung, um  festzustellen,  dass  die  Patientin  zur  künstlichen  Hervor- 
bringung dieser  Blasen  Aetzmittel  benutzte. 


cutis, 
Riecke. 


Schütz   (Arch.   f.   Dermat.   u.  Syph.    Bd.  46)   beobachtete  in  Leukoplakie, 
einigen  Fällen  das  Zusammentreffen  von  Leukoplakie  mit  einigen  ^^^ 

Hauterkrankimgen,  welche  mit  einer  vermehrten  Hornbildung  einher- 
gehen, Psoriasis,  Tyloma  palmarum,  Eczema  chronicum  squamosum 
beider  Ellenbogen.  Er  glaubt,  dass  hierfür  ursächliche  und  gemein- 
same Bedingungen  im  Körper  vorhanden  sind.  Therapeutisch  be- 
währte sich  3 — 5^/oiger  Salicylspiritus. 


5.  Neuritische  Dermatosen. 

Während  Kober  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  IB)  eine  an- 
gebliche Classenepidemie  von  8  Fällen  typischer  Alopecia  areata 
beobachtete,  theilt  Bender  (Dermat.  Centralbl.,  Oct.)  einen  weiteren 
Fall  von  Alopecia  areata  nach  Operation  am  Halse  mit.  Bei 
einem  25jälirigen  Manne  stellte  sich  eine  Alopecia  areata  ein,  bald 
nachdem  er  wegen  Drüsen  am  Halse  operirt  worden  war.  Der  Fall 
scheint  mehr  für  die  trophoneurotische  Natur  der  Erkrankung  zu 
sprechen. 

lieber  Pruritus  als  Symptom  der  progressiven  Paralyse  be- 
richtet Sarbo  (Neurol.  Centralbl.  Nr.  1).  Der  Sitz  des  Juckens 
ist  nach  ihm  in  der  Hirnrinde  zu  suchen.  —  R.  Bloch  (Die  Heil- 
kunde) sah  in  einem  Falle  von  Pruritus  cutaneus  einen  guten  Er- 
folg nach  innerlichem  Salophengebrauch  (3mal  täglich  1,0). 


Alopecia 

areata, 

Kober, 

Bender 


Pruritus, 
Sarbo, 
Bloch. 


552  Joseph. 

Herpes  In   der   Statistik,   welche   Cantrell    (The  Philadelphia  med. 

c°*tr^'  Joum.,  26.  März)  über  das  Auftreten  des  Herpes  zo  ster  während  der 
letzten  20  Jahre  in  Philadelphia  aufgestellt  hat,  sind  198  Fälle  unter 
19492  Personen  enthalten.  Er  fand  die  Erkrankung  am  häufigsten 
im  August,  October  und  November  auftreten,  danach  kamen  Mai, 
Juni,  Juli  und  December.  Am  meisten  vertreten  war  der  Zoster 
pectoralis,  dann  folgten  Zoster  abdominalis,  femoralis,  brachialis, 
frontalis,  ophthalmicus,  facialis,  nuchae. 

Prurigo,  Ueber  Prurigo  berichtet  D  o h  i  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  22) 

^^**'"  aus  des  Referenten  Poliklinik.  Bei  der  histologischen  Untersuchung  von 
Prurigoknötchen  bei  einem  21jährigen  Manne  mit  Prurigo  ferox  fand 
sich  neben  einer  hochgradigen  Akanthose  eine  beträchtliche  In- 
filtration im  Stratum  subpapillare  der  Cutis.  Besonders  auffallig 
war  die  starke  Hypertrophie  der  Musculi  arrectores.  Auf  Grund 
dieser  Befände  wendet  sich  Verf.  gegen  die  Anschauung,  als  ob  die 
Prurigo  als  eine  chronische  Form  der  Urticaria  aufzufassen  sei. 

Ueber    trophische    Störungen    der    Haut    bei    spinaler 

Tropho-      Gliomatose  oder  Syringomyelie  berichtet  Pospelow  (Arch.  f. 

^neurosen     p^j-ßj^t.   u.   Syph.  Bd.  45).     In   diesem   hier  berichteten   typischen 

myelie,      Falle  von  Syringomyelie   wurden  von  Hautkrankheiten  beobachtet: 

Pospelow.     a)  ^Q  locale  Asphyxie  der  Extremitäten  oder  Baynaud'sche  AflRec- 

tion,  b)  der  Symptomencomplex  der  Morvan'schen  Form,  c)  Sklero- 

daktylie,  d)  Erythromelalgie  und  schliesslich  ein  Herpes  zoster  irre- 

gularis  gangraenosus. 

6.  Parasitäre  Dermatosen. 

Ueber  Eudermol  und  seine  Anwendung  bei  Scabies  berichtet 

Eudermol    Wolters    (Therap.   Monatsh.    H.   8).     Eudermol    ist    salicylsaures 

gegen       Nicotin,  über  welches  ich  bereits   früher  aus  meiner  Poliklinik  von 
Scabies,  .        ' 

Wolters.  Hei  mann  (Inaug.-Diss.  Leipzig  1897)  habe  berichten  lassen.  Verf. 
empfiehlt  dasselbe  in  einer  0,P/oigen  Salbe  als  gutes  Mittel  gegen 
Scabies. 

Lysol  Gegen  Pityriasis   versicolor  [empfiehlt  L.   Lewy   (Wiener 

gegen       jj^q^^  Presse  Nr.  31)  dreimaliges  Betupfen  an  3  Tagen  Morgens  mit 
versicolor,  reinem  Lysol  und  an  den  folgenden  Tagen  Waschen  der  Brost  mit 
Lewy.        einer  schwachen   LysoUösung   ('/a — 1%).      Nach    dem    zweiten   Be- 
tupfen reine  Wäsche,  in  8  Tagen  Heilung. 


Haat-  und  Tenerische  Erankheiteii. 


553 


Einen  Fall  von  Creeping  disease  beobachtete  Kaposi  (Wien.  klin. 
Rondschan  Nr.  17).  Bei  einem  2Vsjälirigen  Kinde  wurde  vor  6  Wochen  ein 
rother  Fleck  an  der  Schnlter  bemerkt,  Ton  dem  aus  ein  schmaler,  scharf 
begrenzter,  in  mannigfachen,  bald  plötzlichen,  bald  bogenförmigen  Krüm- 
mungen verlaufender  rother  Streifen  sich  bis  zum  Oberschenkel  entwickelte. 
Die  A£fection  wird  wahrscheinlich  durch  die  Larven  von  Gastrophilus  equi 
oder,  wie  Czokor  vermuthet,  der  Maden  dieser  Dipteren,  wie  sie  auf  der 
Haut  und  im  Yerdauungskanale  des  Pferdes  schmarotzen,  hervorgerufen. 
Verf.  schlägt  hierfür  den  Namen  .Hipponomoderma*  vor.  Rille  beob- 
achtete  einen  ähnlichen  Fall,  welcher  nach  2  Monaten  spontan  ausbeute. 

Bei  Sycosis  vulgaris  empfiehlt  Brocq  (La  Presse  medicale, 
28.  Sept.)  als  Nachtsalbe:  Hydr.  oxyd.  flav.  0.5,  Yaselini  15.0,  und 
als  Tagsalbe:  Acid.  salicyL,  Camphor.  ana  0.2.  Zinci  oxyd.  2.0.  Lano- 
lini,  VaseHni  ana  8.0.     M.  f.  ungt. 


Creeping 
disemse. 


Sycosis 

vulgaris, 

Brooq. 


Das  Vorkommen   der  Mikrosporie  in   Hamburg   Consta- 
tirte  Frau   Dr.   Trachsler   fMonatsh.    f.   pract.   Dermat.   Bd.  26).  Mikrosporie 
Diese   Form   ist  seit  Grubv  und   Sabonrand  von    den   übrigen*"  ^•"''*'^' 

"  .  ...  Trtchskr. 

Trichophytieen  abgetrennt.  Ihre  Diagnose  stützt  sich  klinisch  auf 
die  scharfe  Begrenzung  des  Krankheitsbildes,  seine  gleichmässige 
Bedeckung  mit  grauweissen,  aschfarbenen  Schuppen,  das  Erhalten- 
bleiben von  2 — 3  mm  langen,  dicken,  weisslichen  Haarstümpfen,  die 
Existenz  von  ähnlichen  kleinen  Tochterheerden  um  einen  oder  zwei 
weit  grössere  Mutterheerde,  ohne  dass  es  zu  einer  diffusen  Erkran- 
kung der  Kopfhaut  kommt,  die  bedeutende  Contagiosität,  die  Indo- 
lenz und  auffallende  Chronicitat,  die  Hartnäckigkeit  den  therapeu- 
tischen Eingrüfen  gegenüber  und  die  stricte  Beschränkung  auf  das 
Kindesalter.  Mikroskopisch  ist  die  Diagnose  gesichert  durch  das 
constante  Vorkommen  einer  ausserhalb  des  Haarschaftes  gelegenen 
Sporenscheide. 

Bei   Herpes   tonsurans   capillitii    empfiehlt    Sheffield      Herpes 
(New  York  med.  Joum.,  Mai)  folgende  Salbe:  Acid.  carboL,  Ol.  pe-      i^i^ffieid 
trolei  ana  65,0,  Tinct.  Jodi,   Ol.  Bicini   ana   110,0,  Ol.  Rusci  q.  s. 
ad  500.0. 


Dass  der  Favus  von  Hühnern  auch  auf  den  Menschen  über- 
tragen werden  kann,  constatirte  Waelsch  (Prag.  med.  Wochen- 
schrift Nr.  18  u.  19).  Jemand  hatte  von  Galizien,  bekanntlich  einer 
Brutstätte  des  Favus,  Hühner  geschickt  bekommen.  Dieselben  kamen 
elend  an  und  mussten   getödtet  werden.     Beim  Auspacken   des  Ge- 


Favas. 
Wmelsob. 


554  Joseph. 

flügels  und  beim  Verscharren  war  der  Betreffende  mit  dem  „räudigen" 
Geflügel  in  Berührung  gekommen  und  hatte  sich  inficirt. 

7.  Chronische  Infectionskrankheiten  der  Haut. 

Bemerkenswerthe  Untersuchungen  über  die  Verbreitung  der 
Leprabacillen    von    den   oberen    Luftwegen   aus    liegen    von 

Verbreitung  Schaff  er  (Arch.  f.   Dermat.  u.   Syph.   Bd.  44)  vor.     Dieser  Weg 

der  Lepra-    ^^j.   Ausscheidung  der   Leprabacillen   wurde  bisher    ganz   vemach- 

von  den      lässigt  oder  viel  zu  wenig  beachtet.    Es  scheint  aber  die  Verbreitung 

Luftwegen    der  Mikroorganismen  von  den  Schleimhäuten  der  oberen  Respirations- 
*  ®^'      Organe,  insbesondere   der  beim   Sprechen  betheiligten   Organe  viel 
bedeutungsvoller  als  die  übrigen  Arten  der  Bacillenabgabe  an   die 
Aussenwelt.     Die    leprösen  Lifiltrate   sind  zumal  bei  der  tuberösen 
Form  sehr  häufig  auf  der  Schleimhaut  des  Mundes ,   der  Xase  und 
des    Kehlkopfes    localisirt    und    enthalten    ausserordentlich    grosse 
Bacillenmengen,     Li  der  That  ergab  nun  die  Untersuchung,  welche 
Schäffer  an  2  Patienten  mit  tuberöser  Lepra   aus   dem  Memeler 
Bezirk  anstellte,  ganz  überraschende  Resultate.     Zuerst  wurde  die 
practisch  wichtigste  Frage  der  BaciUenausscheidung  beim   gewöhn- 
lichen Sprechen  geprüft.   Die  oft  wiederholten  Untersuchungen  gaben 
stets  positive  Resultate.    Li  10  Minuten  wurden   mehrere  Tausend 
gut  farbbarer  Leprabacillen   ausgeworfen.     Bei   einigen  Versuchen 
Hessen  sich   Bacillen   in    einer  Entfernung   von  l^/i  m   nachweisen, 
nach  längerem  Suchen  auch  noch  in  etwas  grösserem  Abstand.    Es 
wurden  femer  auch  von  Schäffer  Versuche  über  die  Möglichkeit, 
durch   therapeutische  Maassnahmen    dem   Auswerfen    von    Bacillen 
Einhalt  zu  thun,  angestellt.     Am  meisten   schien  noch   eine  gründ- 
liche Ausspülung   der  Mundhöhle    mit   nachfolgender    Aetzung   der 
zugänglichen  erodirten    oder  ulcerirten  Flächen  mit  dem  Argentum- 
nitricum-Stifb  zu  bieten.     Lidessen   waren  doch   noch  stets  mehrere 
Hundert  Bacillen  nach  10  Minuten  langem  Sprechen  auf  den  Object- 
trägem  nachweisbar,  auch  nahm  die  Zahl  der  ausgeworfenen  Bacillen 
schon  nach  einigen  Stunden  wieder  erheblich  zu.    Auch  beim  Niesen 
werden  ausserordentlich  zahlreiche  Leprabacillen  entfernt,  die  Mikro- 
organismen  werden  hierbei  noch  weiter  verbreitet   als  bei  Sprech- 
versuchen.   Die  grösste  Wahrscheinlichkeit  spricht  dafür,  dass  dit*>e 
ausgeschiedenen  Bacillen   lebensfähig   sind,   zumal  sie  in  feuchtem, 
schleimigem  Stadium  nach  aussen  kommen.    Andererseits  sieht  aber 
Verf.  selbst  in  der  Annahme,  dass  die  Bacillen  auf  dem  geschilderten 
Wege   den  Körper  grossentheils  lebensfähig   verlassen,   noch   kein 


Haut-  und  venerische  Krankheiten. 


555 


allzu  sehr  beunruhigendes  Moment,  weil  die  klinische  Erfahrung 
stets  gelehrt  hat,  dass  die  Gefahr  der  Lepraübertragung  thatsäch- 
lich  ausserordentlich  gering  ist. 


Ueber  viscerale  Lepra  berichtet  Max  Joseph  (Arch.  f. 
Dermat.  u.  Syph.  Bd.  43).  Li  einem  Falle  von  tuberöser  Lepra  er- 
gab die  Untersuchung  von  Leber,  Niere  und  Zunge  keine  Lepra- 
bacillen,  während  dieselben  in  der  Milz  geradezu  enorm  zahlreich 
waren.  Das  hierbei  gefundene  constante  Vorkommen  der  Bacillen 
in  ZeUen  und  die  zunehmende  Vacuolisirung  dieser  Zellen  machen 
es  ausserordentlich  wahrscheinlich,  dass  die  Leprabacillen  gewisser- 
maassen  das  Zellprotoplasma  aufzehren.  Man  kann  mit  Sicherheit 
erkennen,  dass  die  Leprazellen  die  durch  Bacillenmassen  veränderten 
ZeUen  der  Milzfollikel  sind.  Danach  hält  Verf.  mit  Neisser  an 
der  Thatsache  der  intracellulären  Existenz  für  den  überwiegenden 
Theil  der  im  Organismus  befindlichen  Bacillen  fest.  Die  Bacillen 
fanden  in  diesem  Falle  unzweifelhaft  durch  die  Lymphgefässe  und 
Lymphspalten  ihre  Verbreitung.  Verf.  vermuthet,  dass  die  Milz  eine 
Art  Filtrirkörper  darstellt  und  die  Leprabacillen  aus  dem  Blute 
hierhergeschwemmt  und  deshalb  in  der  Milz  in  so  grosser  Zahl 
zu  finden  sind,  weil  sie  hier  gewissermaassen  unschädlich  gemacht 
und  als  Depot  reservirt  werden  können.  Freilich  liege  darin  auch 
wieder  eine  Gefahr,  denn  jetzt  könne  bei  jeder  neuen  Steigerung 
der  physiologischen  ZeUthätigkeit,  z.  B.  bei  Fieberzuständen,  aus  der 
Milz  wieder  ein  reichliches  Conglomerat  von  Leprabacillen  in  die 
Blutbahn  geschwemmt  werden  und  dort  Verheerungen  anrichten. 
Vielleicht  sei  auch  so  der  schädigende  Einfluss  des  Jodkaliums  bei 
Leprösen  aufzufassen,  wie  ja  auch  andererseits  der  Nachweis  von 
Leprabacillen  im  Blute  während  der  Fieberattacken  ausschliesslich 
oder  wenigstens  leichter  gelänge. 


Viscerale 
Lepra, 
Joseph. 


Czaplewski  (Centralbl.  f.  Bacteriol.  Bd.  23,  Nr.  3  u.  4)  be- 
richtet über  einen  aus  einem  Leprafalle  gezüchteten  alko- 
hol-  und  säurefesten  Bacillus  aus  der  Tuberkelbacillen- 
gruppe.  Wenn  dieser  Bacillus  auch  nicht  den  Leprabacillus  dar- 
stellt, so  muss  er  doch  als  eine  besondere  Art  aufgefasst  werden. 
Seine  Säure-  und  Alkoholfestigkeit,  seine  Kolbenbildung  und  Ver- 
zweigungen weisen  ihn  in  die  Sklerothrixgruppe. 

Unna  (Monatsh.  f.  pract.  Dermatol.  Bd.  26)  hat  durch  Härtung 
und  Färbung  des  Lepraschleims    den  Nachweis   führen  können, 


Lepra- 
bacillen- 

Caltnr, 
Czaplewski. 


556  Joseph. 

Looaiisation  dass  derselbe  lediglich  aus  Leprabacillen  besteht. —  Femer  fand  Habel 
*®'         (Deutsche  med.  Wochenschr.   Nr.  8)   massenhafte  Leprabacillen  in 
bacillen,     ^^^  Hautschuppen  eines  Kranken,  femer  im  Inhalt  von  pemphi- 
Unna,        goiden  Blasen  imd  im  Staub,  der  sich  in  der  Umgebung  des  Kranken 
g  *  ®. '        absetzte.  —  S  a  m  g  i  n  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  30)  schliesst  aus 
seinen  Sectionsbefimden  bei  Lepra  anaesthetica,  dass  die  Leprabacillen 
sich  nicht  nur  in  den  Nerven,  sondern  auch  in  der  Haut  selbst  an- 
siedeln.    Nur  wird  dieser  Befund   intra   vitam  wegen  des   äusserst 
schnellen    Zerfalls    der    Bacillen    gewöhnlich    nicht    erhoben.     Die 
speciüsche  Hautinfiltration    beginnt   an    den   peripheren   Enden   der 
Hautnerven  und  schreitet  centralwärts  fort;  weiter  aufwärts  greifen 
secundäre  Degenerationen  Platz. 

Sero-  Auch  Spronck  (La  culture  du  bacille  de  Hansen  et  le  s^ro- 

diagnostik  diaenostic  de  la  lepre.  La  Semaine  m6d.,  Sept.)  hat  zahlreiche 
Spronck.  Culturversuche  auf  den  verschiedensten  Nährmedien  mit  dem  Lepra- 
bacillus  angestellt.  In  3  Fällen  von  Lepra  mixta  erhielt  er  einen 
dem  Leprabacillus  morphologisch  ähnlichen  Bacillus,  der  zur  Sero- 
diagnose dienen  könnte.  Die  Bacillen  entnehmen  ihren  Nährstoff 
den  leprösen  Geweben  und  eignen  sich  schlecht  zu  künstlichen  Cul- 
turen.  Auf  Kartoffeln  Hessen  sich  noch  am  besten  kleine  Colonieen 
bei  38**  in  10  Tagen  anlegen.  Es  gelang  nicht,  die  Colonieen  auf 
Kartoffeln  weiter  zu  cultiviren,  doch  wurden  sie  leicht  auf  Löffle r- 
sches  Gelatinepferdeserum  übertragen.  Die  unbeweglichen,  chromo- 
genen,  facultativ  aeroben  Bacillen  gediehen  nicht  in  Fleisch-,  wohl 
aber  in  Fischbouillon.  Die  Cultur  erzielt  einen  vom  Leprabacillus 
etwas  verschiedenen  Bacillus,  welcher  durch  die  Flemming'sche 
Lösung  nicht  schwarz  gefärbt  wird  und  sich  bei  dem  Ehrlich'schen 
Verfahren  schneller  ent&rbt  als  dieser.  Er  ist  für  Thiere  nicht 
pathogen  und  dem  diphtheritischen  Bacillus  ähnlicher  als  dem 
Tuberkelbacillus.  Das  Serum  Lepröser  agglutinirte  mit  den  cultivirten 
Bacillen  im  Verhältniss  von  V«« — '/«oo»  ^©i  3  alten  Fällen  anästhe- 
tischer Lepra  betrug  die  Agglutination  20 — 40.  Klinische  Symptome, 
Dauer  oder  Intensität  der  Krankheit  sind  hierbei  ohne  Einfluss. 
Das  lepröse  Serum  bewahrt  unter  Abschluss  von  Luft  und  Licht 
seine  Agglutinationsfahigkeit  6  Wochen,  getrocknetes  Serum  haftet 
noch  nach  einem  Monat.  Zur  Serodiagnose  lassen  sich  nur  frische, 
lebende  Culturen  verwerthen. 

In    seinen    Bemerkungen    zur   Aetiologie   der  Lepra   lenkt 
Broes  van  Dort  (Dermat.   Zeitschr.  Bd.  5)  die  Aufmerksamkeit 


H^dt-  and  TentTiscbe  Krankkeit«ii.  557 

darauf,    dass   an    Lepra    mehr  Männer  aL>  Frauen  erkranken,   und       Lepra* 
elaabt  diese  Thatsache  tur  die  Lehre  der  Contagion  verwerthen  ^u  _**^®*®**^' 

^  ■"  .       Bi\M8  TIA  Dort, 

können.     Aach  t.  Daring  (Zur  Lehre  von  der  Lepra;  Contagion     t. 
und   Hereditat-     Deutsche   med.  Wochenschr.   Xr.  20  u.  14)   bricht 
noch  ^itimal  gegenüber  Zambaco,  Kaposi  und  Baelz  eine  Lanze 
für  die  Contagiosität  der  Lepra. 

Mit  der  Serumtherapie  der  Lepra  beschäftigten  sieh  neuer- 
dings   Dehio    (St.   Petersburger   med.    Wochenschr.   Xr.   27)    und      Seram- 
A.  Grünfeld  (Dermat.  Zeitschr.  Bd.  5).    Beide  bedienten  sich  des     *>»«r»P>'? 
von  Carrasquilla  empfohlenen  Serums,   und    beide  kommen   zu       DeUo« 
verschiedenen  Resultaten.    Dehio  bereitete  sich  das  Lepraheilsemm      Griiiifeld. 
durch  Uebertragung  auf  ein  Pferd  selbst,  während  Grünfeld  das 
Serum  atis  der  Fabrik  von  E.  Merck  in  Dannstadt  bezog,  wohin  er 
primäres  Semm  von  2  Leprösen  seiner  Beobachtung  gesandt  hatte« 
Dehio   hat  seine  Kranken   fast  2Vs  Monate  lang  mit  Seruminjec- 
tionen  behandelt,   er  bedauert  aber   erklären    zu  müssen,   dass  die 
therapeutischen   Erfolge   gleich  Null   waren.     Kein   einziger  seiner 
Leprakranken  wurde  geheilt,  ja  kein   einziger  zeigte  auch  nur  die 
geringste  Besserung.    Ln  Gegensatze  hierzu  beobachtete  Grünfeld 
bei  2  Leprösen  eine  bedeutende,  ja  bei   dem   einen  sogar  eine  er- 
staunliche Besserung  nach  der  Behandlung.    Er  ist  überzeugt,  dass 
wir  in  dem  Serum  ein  Mittel  haben,  welches  Nutzen  bringen  kann. 

Eine  interessante  Mittheilung  über  Leprabehandlung  liegt 
von  J.  A.  Voorthuis  (Experiments  with  Dr.  Unna's  new  method  Lepra- 
of  treating  leprosy.  Janus,  Juli-August)  vor.  Verf.  practicirte  in^®^*"*^^^*^«?» 
Deli,  an  der  Ostküste  Sumatras,  im  Jahre  1894  hatte  er  mehrere 
Europäer  wegen  Lepra  in  Behandlung.  Die  Erkrankung  ist  daselbst 
unter  den  chinesischen  Kulis  und  den  Tabakpflanzern  sehr  häufig. 
Unna  hatte  nun  gefunden,  dass  eine  Substanz  im  menschlichen 
Körper  existire,  welche  eine  vollkommene  Immunität  gegen  den 
Leprabacillus  zeigt,  die  Muskelsubstanz.  Verf.  glaubt,  dass  es  von 
der  grössten  Wichtigkeit  wäre.  Lepröse  mit  einem  Präparat  zu  be- 
handeln, welches  aus  Muskelsubstanz  bestehe.  Er  benutzte  dazu 
Valentine's  Meat  juice  in  Form  von  subcutanen  Injectionen.  Der 
Erfolg  war  ein  negativer.  Dann  brachte  er  die  Substanz  direct  in 
das  Blut  durch  intravenöse  Einspritzungen.  Hier  schien  der  Erfolg 
ein  besserer  zu  sein.  Es  wurde  begonnen  mit  0,2  ccm  Meat  juice, 
welches  mit  der  gleichen  Menge  künstlichen  Serums  (Natr.  chlorat.  0,5, 
Natr.  phosphor.  bas.  0,1,  Aq.  dest.  100,0)  verdünnt  war.    Es  wurden 


558  Joseph. 

4  Fälle  behandelt.     Wenn  der  Erfolg   auch  kein  sehr  grosser  war, 
so  konnte  doch  immerhin  eine  bemerkenswerthe  Besserung  des  All- 
gemeinzustandes und  Zurückgehen  einzelner  Knoten  constatirt  werden. 
Hasiund.  H a s  1  u n d  (Hospitalstid.  Nr.  14)  schlägt  Hg-Injectionen  zur 

Behandlung  der  Lepra  vor,   da  sie   ihm  in   einem  Falle  sehr  gute 
Dienste  geleistet  haben. 

Ueber   die   Behandlung   der  Lepra  auf  den  Fidschi- 
Lepra-       Inseln  berichtet  L.  Lewin  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  21). 

behandlung  Wahrscheinlich    ist    das   Wirksame    hierbei    der    -Sinubaum",    die 
auf  den 

Fidschi-  Euphorbiacee  Excoecaria  Agallocha  L.  Verf.  glaubt,  dass  als  Grund- 
Inseln,  bedingungen  der  auf  den  Fidschi-Inseln  natürlich  in  roher  Weise  in 
ewin.  Form  des  Eäuchems  üblichen  Behandlungsart  aufzustellen  sind: 
Wärme,  möglichst  langes  Wirkenlassen  des  Milchsaftes  der  Excoe- 
qaria  resp.  deren  Schmelzproducte  und  vielleicht  auch  tiefe  Scarifi- 
cationen.  Diese  Bedingungen  sind  leicht  zu  erfüllen.  Der  Milch- 
saft oder  die  theerigen  Bestandtheile  des  Holzes  Hessen  sich  z.  B. 
in  Emulsionsform  epidermidal  oder  in  multiplen  parenchymatösen 
Injectionen  verwenden,  oder  man  könnte  in  zweckentsprechend  ein- 
gerichteten gewärmten  Kastenluftbädem  die  Schmelzproducte  des 
Holzes  unter  Ausschluss   des  Kopfes  zur  Wirkung  gelangen  lassen. 

Behandlung         Asselbergs  (Annal.  de  Dermat.  et  de  Syph.  H.  1)  behandelte 

des  Lupus:  25  FäUe  von  Lupus  vulgaris,   in  welchen  jeder  Zusammenhang 
mitCalomel-  K^  ^  -^    r.    i  i-     •       ^-  1? 

injectionen,  ^1*  Lues   ausgeschlossen    war,    mit   Calomelinj  ectionen.      Es 

Asselbergs,  wurden  6  cg  aUe  10  Tage  injicirt.  Bei  23  von  diesen  FäUen  war 
der  Erfolg  ein  augenscheinlicher,  und  in  einigen  trat  sogar  voll- 
ständiges Schwinden  aller  Lupusknötchen  ein.  Nach  den  ersten 
Injectionen  ist  die  Rückbildung  eine  frappante.  Kommt  man  nach 
15  Injectionen  nicht  zur  Heilung,  so  scheint  nach  des  Verfassers  Er- 
fahrungen eine  Wirkung  dieser  Medication  nicht  mehr  einzutreten. 
In  alten  Fällen  mit  derber  Infiltration  imd  Geschwürsbildung  ist  die 
Wirkung  eine  frappante,  dagegen  tritt  keine  Wirkung  beim  Lupus 
erythematosus  ein.  Verf.  ist  aber  vorsichtig  genug,  in  dieser  Be- 
handlungsmethode nur  eine  werthvoUe  unterstützende  Therapie  zu 
erblicken,  und  verbindet  die  Injectionen  mit  Cauterisationen. 
Channeil.  Auch  Ch  arm  eil   (L'echo  med.  du  Nord  Nr.  9)    sah   nicht  nur 

bei  Lupus  vulgaris,  sondern  auch  beim  Lupus  erythematosus  günstige 
Erfolge  von  Quecksilber  und  Jod. 

Die  weiteren  Mittheilungen  van  Ho  orn's  (Deutsche  med.  Wochen- 
schrift Nr.  7)  über  T.R.-Behandlung  bei  Lupus  haben  zu  einem  höchst 


Haut-  und  venerische  Krankheiten, 


559 


unbefriedigenden  Ergebniss  geführt.     In  einigen  Fällen  wurde  zwar       —  mit 
eine   geringe  Besserung   erzielt,   in   vielen   aber  Verschlechterung,  Tuberculin, 
jedenfalls  nirgends  Heilung. 

Die  therapeutische  Verwendung  der  Röntgenstrahlen 
hat  beim  Lupus  entschiedene  Erfolge  aufzuweisen.  So  hat  H.  Küm-  —  mit 
mell  (Arch.  f.  Min.  Chir.  Bd.  57,  H.  3)  10  Lupuskranke  mittels  ft^,^h1en" 
dieser  Therapie  zur  Heilung  gebracht.  Er  fasst  seine  Erfahrungen  h.  Ktimmell, 
in  folgenden  Sätzen  zusammen:  Die  Röntgenstrahlen  bilden  ein 
sehr  werthvolles  therapeutisches  Mittel  zur  Behandlung  resp.  zur 
Heilung  des  Lupus.  Die  Heilung  geht  um  so  sicherer  und 
schneller  von  statten,  je  mehr  die  eine  längere  Unterbrechimg  er- 
fordernde schwere  Verletzimg  der  Haut  vermieden  wurde.  Eine 
specifische  Wirkung  ist  den  Röntgenstrahlen  bei  der  günstigen  Wir- 
kung auf  den  Lupus  nicht  zuzuschreiben.  Die  Heilung  beruht 
auf  einer  in  ihrer  Eigenart  noch  nicht  näher  bekannten  Beein- 
flussung des  lupösen  Gewebes;  vielleicht  handelt  es  sich  um  einen 
elektro-chemischen  Process  oder  um  eine  trophoneurotische  Einwir- 
kung. Auch  durch  das  concentrirte  Licht  (Einsen)  wird 
der  Lupus  günstig  beeinflusst  resp.  geheilt.  Die  durch  Anwen- 
dung der  Röntgenstrahlen  entstandenen  Narben  sind  weit  glatter  und 
schöner,  als  die  durch  andere  Behandlung  entstandenen.  —  Günstige 
Erfahrungen  über  die  therapeutische  Verwendung  der  Röntgen- 
strahlen bei  Lupus  sind  femer  noch  mitgetheilt  worden  von 
Gocht  (Fortschr.  auf  dem  Gebiete  der  Röntgenstrahlen  Bd.  1,  H.  1)  r^  ** 
und  von  Albers-Schönberg  (ibid.  Bd.  1,  H.  2  u.  3).  Schönberg. 

TJeber   die   Behandlung  des   Lupus   mit    Kalium    hyper- 
manganicum  hat  sich   P.  Kaczanowsky  ausgelassen  (Deutsche        -  mit 
Zeitschr.  f.  Chir.  Bd.  49,  H.  2  u.  3).    Er  hat  das  Verfahren  in  34  ver-      Valium 

...  hyper- 

schiedenen  Fällen  von  Lupus,  sowie  bei  örtlichen  tuberculösen  Affec-manganioum, 

tionen  tiefliegender  Gewebe  mit  gutem  Erfolge  angewendet.  Auf  Kaczanowsky. 
die  von  Bjrusten  befreite,  sorgfältig  abgetrocknete  Lupusfläche  wird 
eine  2 — 5  mm  hohe  Schicht  trockener,  pulverisirter  KrystaUe  des 
reinen  übermangansauren  Kaliums  gestreut.  Darüber  kommt  ein 
Wattedeckverband.  Ist  die  Wimde  gereinigt,  so  wird  sie  mit  einem 
einfachen  antiseptischen  Verbände  bedeckt. 


lieber  ein  tuberculöses  Zungengeschwür  berichtet  ?>' 
Ref.  PoUkünik  F.  Wolf  (Liaug.-Diss.  Bonn).   Bei  dem  phth 
44jährigen  Manne   ergab  die  mikroskopische  Untersuchung 


560 


Joseph. 


Tuberculose  schwtirs    der    Zungenspitze   Tuberkel    und   Tuberkelbacillen.     Das 
w^if  ^^'   G^eschwür  wurde  unter  Cocainanästhesie  mit  dem   weissglühenden 
Thermocauter  tief  ausgebrannt. 


Wolf. 


Eckstein. 


8.  Allgemeine  Therapie. 

Ueber  den  Desinfectionswerth  des  Kresamins  (Aethylendiamin- 
kresol)  und  seine  therapeutische  Verwendung  bei  Hautkrankheiten 
Kresamin,  berichtet  H.  Eckstein  (Therap.  Monatsh. ,  April).  Das  Präparat 
erwies  sich  bei  vielen  Dermatosen  als  sehi*  brauchbar,  besonders  bei 
der  Behandlung  des  Ekzems,  bei  pustulösen  und  mit  Abscessen  ein- 
hergehenden Dermatitisformen ,  der  Sycosis,  den  Ulcera  cruris  und 
besonders  den  vorher  ausgekratzten  oder  ausgeätzten  Lupusflächen 
der  Extremitäten.  Die  Applicationsweise  besteht  in  Form  von  Salben 
(10°/o  Ejesamin  10 — 50,0,  Adipis  lanae  ad  100,0),  PflastermuUen  und 
wesentlich  von  Lösungen  (1 :  4000 — 400,0  in  Bädern ,  zu  Verbänden 
imd  Umschlägen). 


Terralin, 
Eichhoff. 


Als  neue  Salbengrundlage  empfiehlt  Eichhoff  (Deutsche  Med.- 
Ztg.  Nr.  19)  das  Terralin.  Dasselbe  besteht  aus  Calcium  sulfuri- 
cum  ustum,  Kaolin,  Terra  silicea,  Lanolin,  Glycerin  und  indifferenten 
Antisepticis.  Die  mit  dieser  Grundlage  hergestellten  Salben,  z.  B. 
Pyrogallol  10,0,  Terralin  100,0,  erweisen  sich  als  ein  Mittelding  zwi- 
schen Fettsalben  imd  reinen  Pasten,  sie  sind  haltbar,  reizlos,  resor- 
birend,  resorbirbar  und  mit  reinem  Wasser  ohne  irgend  eine  Zuthat. 
wie  Seife  oder  Soda,  abwaschbar.  Daher  ist  es  ausser  zu  den  ver- 
schiedensten  Salben-  resp.  Pastenzusammenstellungen  auch  als  kos- 
metisches Hautschutz-  und  Deckmittel,  sowie  als  Schminkengrundlage 
zu  empfehlen. 


Ueber  Sanoform  und  seine  therapeutische  Verwendung  be- 
Sanoform  richtet  aus  des  Ref.  Poliklinik  S.  Goldschmidt  (Liaug.-Dissert. 
Goldschmidt.  Bonn).  Verf.  hebt  die  austrocknende  und  secretionshemmende  Wir- 
kung des  Sanoforms  hervor.  Es  bewährte  sich  als  gutes  Verband- 
mittel zur  Behandlung  von  venerischen  Geschwüren  und  Llcera 
varicosa  cruris.  Auch  als  10°/oige  Salbe  zeigte  es  bei  einigen  chro- 
nischen Ekzemen  gute  Heilerfolge. 

Einige  neue  dermatologische  Heilmittel,  Derivate  des  Pyrogallols, 
Chrysarobins,  Resorcins  empfehlen  Kromayer  und  Vieth  (Mon.  f. 
pract.  Dermat.   Bd.  27).     Als  Ersatzmittel  des   Pyrogallols   werden 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  561 

Lenigallol    und    Eugallol    vorgeschlagen.     Das    letztere    wirkt  Lenigallol, 
stärker  als  das  erstere,   Eugallol  wird  für  Psoriasis,  Lachen  ruber,     Eugallol. 
Lupus  erythematosus  und  chronisches  Ekzem,  Lenigallol  für  Psoriasis     Eurobin, 
und  Ekzem   empfohlen.     Von   den  Ersatzmitteln   des  Chrysarobins     Euresoi, 
wird  Euro  bin  als  das  stärker  wirkende  Präparat  bei  Psoriasis  xmd    K^^*5^>^  ^• 
chronischem  Ekzem,  Lenirobin  als  das  mildere  zugleich  noch  beim 
Herpes  tonsurans  verwandt.    Das  Euresoi  bewährte  sich  bei  Acne 
vulgaris,  Syphilis  simplex,  Seborrhoe  und  Kopfschuppen. 

Naphthalan   empfehlen  Kohle  der   (Mon.   f.   pract.  Dermat.  Naphthalau, 

Bd.  27,  H.  3)  und  Riehm  (Deutsche  Med.-Ztg.  Nr.  1)  bei  Ekzemen,      RoWeder. 

besonders  Gewerbeekzemen,  bei  Psoriasis  xmd  Erysipel.     Rohleder 

hält  es  für  ein  reducirendes  Mittel  gleich  dem  Ichthyol  und  Schwefel. 

Daxenberger  (Aerztliche  Rundschau  Nr.  34)   hat  wiederum   von  Heidelbeer- 

dem  durch  Winternitz  empfohlenen  Heidelbeerextract  bei  Ekzemen     « x t r a c t, 
_,   „  "  Daxenberger. 

gute  üiriolge  gesehen. 

Als  geruchloses    Jodoformpräparat   empfiehlt   Kromayer    das       Jodo- 
Jodoformogen  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  10).    Es  baUt  sich  nicht    '^J™'^^®*'' 
wie   das  Jodoform   zusammen   und   hat   keinen  derartig  penetranten 
Geruch,     es    regt    eine    schnelle    Granulationsbildimg    und    Ueber- 
häutung  an. 

Das  vor  einigen  Jahren  eingeführte  Ortho  form  von  Kallen-  Ortho  form, 
berger  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  12)  hat  sich  sehr  bewährt  bei   ^allenberger. 
Brandwunden  und  Unterschenkelgeschwüren,  es  hat  eine  secretions- 
beschränkende  Wirkung  und  ist  absolut  ungiftig.  —  Ebenso  wird  von 
Beuttner   (Corresp.-Bl.  f.  Schweizer  Aerzte,    16.  Juli)   bei  Unter-    Xeroform, 
Schenkelgeschwüren  das  Xerof  oi|m  bevorzugt.  —  Das  Xeroform  wird      Beuttner, 
auch   von   Berend  (Jahrb.  f.  Kinderheilk. ,    Oct.)   bei  Ekzemen  der       Berend. 
Kinder  empfohlen. 

Ueber  Chinolin-Wismuth-Rhodanat  berichtet  aus  des  Ref. 
Poliklinik  L.  Forchheimer  (Therap.  Monatsh.  H.  8).   Es  bewährte    Chinolin- 
sich   ganz  besonders  bei  Unterschenkelgeschwüren  und  erzeugt  hier    Wismuth- 
einen  guten  trockenen  Schorf,  unter  dem  es  bald  zur  Heilung  kommt,   porchheimer. 
Ebenso  war  das  Mittel  bei  Ulcera  .mollia  und  spitzen  Condylomen  zu- 
weilen gut. 

Ais  hautfarbenen  Puder,  Pulvis  cuticolor,   empfiehlt  Unna        Haut- 
folgende   Mischimg:    Rp.   Zinci   oxydati  2,0,  Magnesiae  carbon.  3,0,     far^ener 

Boli  albae  3,0,  Boli  rubrae  2,0,  Amyli  oryzae  10,0.    M.  f.  pulvis.  Unna. 

Jahrbuch  der  practisohen  Medicin.    1899.  35 


562  Joseph. 

Lianthrai,  Neueres  über  Steinkohlentheer   berichtet   Leistikow 

Leistikow.     ^^Q^    £    pj^^j^    Dermat.  H.  8).     Man   giesst   Steinkohlentheer   mit 

Benzol   aus  und  befreit  ihn  dann  vom  Benzol.     Alsdann  bleibt  ein 

Eückstand,  Lianthrai  genannt,  der  besonders  günstig  juckstillend  in 

Form  einer  5 — 20°/oigen  Salbe  bei  Ekzemen  und  Prurigo  wirkt. 

strontiam  Salomon   ist   der  Meinung,   dass  Strontium  arsenicosum 

arsenicosum,  ijeggej.  y^}^t  als  Kalium  arsenicosum  (Med.  Bull.,  Sept.).  Er  braucht  eine 
Salomon.  .  „  ,. 

l"/oige  Lösimg,  zubereitet  nach  folgender  Formel:  Strontii  arsen.  1,2, 

Natrii   bicarb.    B,0,    Alkohol   7,0,   Spirit.    aurant.    compos.    gtt.  8,0, 

Sirup.  15,0,  Aq.  dest.  q.  s.  ad  120,0.    Hiervon  werden  1 — IB  Tropfen 

genommen. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

V.  Babes,  Untersuchungen  über  den  Leprabacillus  und  Ober  die  Histologie 
der  Lepra.    Berlin. 

L.  Brocq,  Traitement  des  dermatoses  par  la  petite  Chirurgie  et  les  agents 
physiques.    Paris. 

Buncan  Bulkley,  Manual  of  diseases  of  the  skin  with  an  analysis  of 
twenty  thousand  consecutive  cases  and  a  formulary.  4.  Aufl.  New  York. 

Max  Joseph,  Lehrbuch  der  Hautkrankheiten.    3.  Aufl.    Leipzig. 

Kafka,  Therapie  der  Haut-  und  Geschlechtskrankheiten.    München. 

M.  Kaposi,  Handatlas  der  Hautkrankheiten.  Für  Studirende  und  Aerzie. 
I.  Abtheilung.    Wien  und  Leipzig. 

Ledermann,  Therapeutisches  Yademecum  der  Haut^  und  Geschlechts- 
krankheiten.   Berlin. 

L  e  r  e  d  d  e ,  L*ecz^ma.  Nature,  pathog^nie,  diagnostic  et  traitement.    Paris. 

C.  Lombroso,  Die  Lehre  von  der  PeUagra.  Aetiologisohe,  klinische  und 
prophylaktische  Untersuchungen.    Deutsch  von  H.  K  u  r  e  1 1  a.    Berlin. 

Mra^ek,  Atlas  der  Hautkrankheiten.    München. 

A.  Neisser,  Stereoskopischer  medicinischer  Atlas.    Lief.  26.    Leipzig. 

B.  Venerische  Krankheiten. 

1.  Gonorrhoe. 

Färbung  Lanz  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  40)  empfiehlt  zur  deut- 

„  ?®'         liehen,  einfachen   und   schnellen  Färbung  der  Gonokokken  ein 

Tripper-  ... 

secrets,      Gemisch  von  Thionin  und  Fuchsin.   Hiervon  heben  sich  die  blau  ge- 

Lanz.  ferbten  Gonokokken  scharf  von  dem  intensiv  rothen  Grunde  ab  und 
lassen  sich  sowohl  von  den  bläulichrothen  Kernen  als  auch  von 
dem  rothen  Protoplasma  der  Eiterzellen  scharf  unterscheiden.  Die 
Epithelien  werden  durch  das  Fuchsin  leuchtend  roth  geftrbt,  wah- 
rend ihre  Kerne  blauroth  erscheinen.    Zur  Herstellung  des  Fuchsin- 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  563 

Thioningemisches  bedient  man  sich  gesättigter  Fuchsin-  und  Thionin- 
lösungen  in  2°/oiger  wässriger  Carbollösung.  Diese  Lösungen  halten 
sich  unbeschränkt  lange,  ohne  sich  zu  verändern.  Das  Gemisch 
muss  nur  ex  tempore  hergestellt  werden,  weil  es  bei  längerem  Stehen 
an  Färbevermögen  einbüsst.  Als  die  beste  Mischung  der  beiden 
Lösungen  erwies  sich  ein  Verhältniss  von  Thionin  zu  Fuchsin  wie  4:1. 
Die  Färbung  vollzieht  sich  durchschnittlich  in  etwa  V* —  V«  Minuten. 

Statt  der  2  Gläser  der  Thompson'schen  Zwei-Gläser-Probe  Zwei- 

empfiehlt  K.  Gerson  (Therap.  Monatsh.,  Juni)  ein  Doppelglas.    Es  ^l*»«^- 

ist  ein  einziges  Glas  durch  eine  gläserne  Querwand  in  zwei  Abthei-  Gereon! 
lungen  geschieden. 

Die  wichtigen  Beziehungen  zwischen  Sterilität  und  Tripper  Sterilität 
bespricht  Benzler  (Arch.  f.  Dermat.  u.  Syph.  Bd.  45).  Schon  ^«^^ ''^^^pp®^' 
früher  hatte  Verf.  den  Einfluss  doppelseitiger  Hodenentzündungen, 
allerdings  nicht  nur  gonorrhoischen,  sondern  auch  traumatischen 
Ursprungs,  in  der  Ehe  untersucht  und  hierbei  gefunden,  dass  in  unge- 
fähr 77  °/o  die  Fortpflanzungfähigkeit  des  Mannes  erhalten  geblieben 
war.  Li  der  vorliegenden  Arbeit  berichtet  er  über  474  Ehen,  um 
festzustellen,  welche  Rolle  der  Tripper  an  sich  hierbei  spielt.  Er 
stellte  eine  Sammelforschung  in  der  Armee  über  3000  Trippererkran- 
kungen an,  welche  im  Garnisonlazareth  zu  Hannover  geführt  waren. 
Diese  grosse  Zahl  schrumpfte  auf  474  Leute  zusammen,  welche  wäh- 
rend ihrer  Dienstzeit  im  Lazareth  an  Tripper  behandelt  waren, 
später  geheirathet  hatten,  und  von  denen  zuverlässige  Angaben  über 
ihre  Nachkommenschaft  bekannt  waren.  Sterilität  wurde  nur  dann 
angenommen,  wenn  die  Leute  mindestens  3  Jahre  kinderlos  ver- 
heirathet  waren.  Hiemach  stieg  die  absolute  Sterilität  von  10,6  °/o 
beim  einfachen  Tripper  durch  die  Complication  mit  einseitiger  Hoden- 
entzündung auf  23,4  und  bei  doppelseitiger  Hodenentzündung  auf 
41,7  °/o.  Während  die  relative  Sterilität  keine  wensentlichen  Schwan- 
kungen darbot,  stieg  die  Gesammtsterilität  von  27,8 °/o  beim  ein- 
fachen Tripper  auf  36,9  bei  einseitiger,  und  62,6  bei  doppelseitiger 
Hodenentzündung.  Danach  sieht  sich  Verf.  gezwungen,  zu  seiner 
früheren  Behauptung,  dass  von  100  Männern  nach  doppelseitiger 
Hodenentzündung  noch  fast  77  die  Chance  haben,  Kinder  zu  be- 
kommen, wenn  sie  eine  conceptionsfähige  Frau  heirathen,  die  Be- 
merkung hinzuzufügen:  „wenn  die  Frau  nicht  ihrerseits  durch  den 
Mann  krank  und  unfruchtbar  gemacht  wird". 

Einen  weiteren  Beitrag  zur  Biologie  des  Gonococcus  und 
zur  pathologischen  Anatomie  des  gonorrhoischen  Pro- 


564 


Joseph. 


Biologie     cesses  liefern  Ghon  und  Schlagenhaufer  (Wien.  klin.  Wochen- 

^®*         Schrift  Nr.  24).     In  diesem  typischen  neuen  Falle  von  Endocarditis 
Gonococcus,  .  .      , 

Endo-        ulcerosa  bei  Gonorrhoe  bei  einer  18jährigen  Dienstmagd  gelang  der 

carditis     positive   culturelle  Nachweis  von  Gonokokken.     Hierdurch   ist  nach 

gonorrhoica  j®^®^  Richtung   der  einwandfreie  Beweis   für  das  Vorkommen  einer 

Ghon  u.       Endocarditis  rein  gonorrhoischer  Natur  erbracht.     Von  der  zehnten 

Schlagenhaufer.  Q^jjQj.j^^-Qjj   einer   solchen  Reincultur   wurde   sogar   einem  Patienten 

in  die   Urethra    überimpft,    und    es    zeigte    sich   am   3.   Tage    eine 

typische  acute  Gonorrhoe  (!!).   Hervorzuheben  ist  in  diesem  Falle  das 

Fehlen  einer  Arthritis  gonorrhoica. 

Sehr  zahlreich   sind  wieder  die  mehr  oder  weniger  neuen  Vor- 
schläge zur  Behandlung  der  Gonorrhoe.     Mit  dem  Protargol  war 
BehandiungKreissl  (Dermat.  Centralbl. ,  April)  recht  zufrieden.     Er  hält  das- 

^^^^         selbe  zwar  durchaus  für  keine  Panacee  gegen  iede  Urethritis  eonor- 
Gonorrhoe:  .         ,  .  ... 

mit         rhoica,  im  Gegentheil  er  glaubt  nach  seinen  bisherigen  Erfahrungen 

Protargol,    annehmen  zu  dürfen,  dass  es  an  Tiefenwirkung  dem  Argonin  nach- 

reißs ,       steht  und  dass  es  in  vielen  chronischen  gonorrhoischen  Urethritiden 

weniger  leistet,  als  das  Argentamin  oder  das  Argentum  nitricum.  Für 

die  acute  Gonorrhoe  der  Harnröhre  dagegen,  wenn  der  Fall  in  der 

ersten  Woche  der  Erkrankung  zur  Behandlimg  kommt,  möchte  er  das 

Protargol  als  das  Antigonorrhoicum  par  excellence  erklären.  —  Auch 

Somogyi,      Somogyi  (Pester  med.-chir.  Presse  Nr.  40)  bestätigt  im  wesentlichen 

die  schon  durch  viele  andere  Arbeiten  festgestellten  Erfahrungen,  dass 

Protargol   ein  verlässliches   und  sicheres  Antigonorrhoicum  und  ein 

sicheres  Heilmittel  der  zum  ersten  Mal  acquirirten  Gonorrhoe  ist.  — 

Dreyer.       Drey  er  (Monatsber.  über  die  Gesammtleist.  auf  dem  Geb.  der  Krankh. 

d.  Harn-  und  Sexual-App.  Bd.  3,  H.  1)  glaubt  nach  seinen  Versuchen 

annehmen  zu  können,  dass  die  bactericide  Kraft  der  üblichen  Prot- 

argollösungen  durchaus  nicht  so  gross  ist,  wie  angegeben  wurde. 

-  mit  Ortho-         öpietschka  (Prager  med.  Wochenschr.  Nr.  18 — 20)  hat  in  Ge- 

phosphor-    meinschaft  mit  Robertson  das  zweifachsaure  Silbersalz  der 

Silber,       Orthophosphorsäure    zur   Behandlung  der  Gonorrhoe   versucht. 

Spietflchka.     Er  lässt   es  in  Lösungen   von   V< — *ia  °/oo  injiciren  und  sah  in  einer 

Reihe  von  Fällen  recht  günstige  Resultate.    Er  hält  dieses  Sübersalz 

für  eines  der  wirksamsten  aller  bis  jetzt  bekannten  Antigonorrhoiea. 


-  mit 

Largln, 

Pezzoli. 


Als  weiteres  neuestes  Antigonorrhoicum  empfiehlt  Pezzoli 
(Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  12)  das  L argin.  Dasselbe  ist  eine 
Silber-Ei  weiss  Verbindung  mit  einem  Silbergehalte  von  11,1%,  mithin 
die  an  Salzen  reichste  der  bisher  bekannten   Eiweissverbindungen. 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  5t}5 

Dasselbe  wurde  in  'i'4 — 1  '/j  °/»iger  Löeung  angewandt.  Von  36  Fällen 
recenter  Urethritis  anterior  heilten  27  Fälle  unter  der  Larginbehandlung, 
ohne  dass  ein  Zeichen  von  Urethritis  posterior  hinzugekommen  wäre. 
In  8  Fällen  blieb  die  Larginbehandlung  ohne  Erfolg,  und  der  Pro- 
cesB  griff  auf  die  hintere  Urethra  über.  Danach  kommt  Verf.  zu 
der  Anschauung,  dase  die  beim  Largin  sowohl  als  beim  Frotargol 
erzielten  Eesultate  einen  unleugbaren  Fortschritt,  was  das  Auftreten 
der  Comphcationen  betrifft,  darstellen.  Speciell  leiste  das  Largin 
wesentlich  mehr  als  das  Protargol.  Es  blieben  77  "/o  recenter  Ure- 
thritis ant.  von  dem  Uebergreifen  auf  die  Pars  post.  befreit,  wäh- 
rend nach  Finger's  Erfahrungen  dies  bei  der  Protargol b eh andlung 
nur  bei  64  "fo  der  Fall  war.  Dagegen  scheint  in  der  Zeitdauer  des 
Verschwindens  der  Gonokokken  aus  dem  Secrete  das  Largin  dem 
Protargol  etwas  nachzustehen.  Verf.  ist  weit  davon  entfernt,  in  dem 
Largin  oder  dem  Protargol  ein  Abortivmittel  gegenüber  dem  Gono- 
coccus  zu  sehen,  sondern  betont  nur,  dass  die  Dauer  der  Erkrankung 
um    ein   Wesentliches    reducirt    wird,    so    dass    mitunter   schon    in 

2  Wochen  Heilung  zu  erzielen  ist. 

Von  dem  durch  Cred^  zuerst  eingefiihi-ten  Silbercitrat  (Itrol) 
sah  Werler  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  16)  gute  Erfolge  bei  der  -  ■ 
Gonorrhoe.  Die  Itrolinjectionen  müssen  anfanglich  sehr  schwach  ^^^ 
(0,02 :  200,0) ,  sodann  beim  Nachlassen  der  Entzündung  allmählich 
starker  verschrieben  werden,  bis  zur  höchsten  Concentration  1  ;  3800. 
Innerlich  empfiehlt  er  eine  Combination  von  Extr.  Pichi  americ.  mit 
Salol  oder  Ol.  Santal.,  z.  B.  Estr.  Pichi  americ.  sicc,  SaloU  ana  2,0, 
Magnes.  et  Cerae  alb.  q.  s.    M.  f.  pilul.  Nr.  80.    S.   Täglich  1  bis 

3  Pillen  nach  der  Mahlzeit. 

Unter   Mittheilnng   von    3   Krankheitsiallen    bestätigt   Brewer    Droti 
(Joum.  of  cut.  and  genito-urin.  dis-,  Nov.)  die  Erfahrungen  Casper's,  *" 

dass  Urotropin  auf  die  Pyurie  einen  sehr  günstigen  Einfluss  ausübt.       Brei 

Mit  der  postgonorrhoischen  Prostatitis   und  Erkrankung 
der  Samenblaschen  beschäftigt  sich  Swinburne  (Joum.  of  cut.  and  Prosti 
genito-urin.  dis.,  März).  Er  verlangt  dringend,  dass  in  jedem  Falle  lange         P" 
bestehender  Gonorrhoe,    zumal  wo   die  hintere   Harnröhre  oder  die    s„fnb 
Epididymis  ergriffen  sind,    Prostata  tmd  SamenbläHchen    untersucht 
werden.     Oft   bilden  sie  sich  zwar  spontan  zurück,   meist  aber  erst  ^^gt 
durch  Massage.    Für  letztere  Zwecke  empfiehlt  Sonnenberg  (Der 
matol.  Centralbl.,  Dec.)  ein  neues  Instrument.   Dasselbe  besteht  a 


566  Joseph. 

einer  festen,  hohlen,  aus  Neusilber  gearbeiteten,  cylinderartigen  Vor- 
richtung, deren  eines  Ende  stumpf,  glatt  und  abgerundet,  während 
das  andere  oifen  ist. 

Salben-  Salbenstäbchen    bei    chronischer    Gonorrhoe    empfiehlt 

Stäbchen  bei L   Wolff  (Dermat.  Centralbl.,  Juli).    Als  Medicament  verwendet  er 

chronischer  iti-tiii/ka/x  •  -r-r-iii'-r*«-««*- 

Gonorrhoe,   hauptsächlich  Ichthyol  (5>)  wegen  semer  Haltbarkeit,  Keizlosigkeit 

Wolfl.        und  Tiefenwirkung.  So  wird  die  Behandlung  der  chronischen  Prostatitis, 

die  ja  die  meisten  Fälle  von  chronischer  Urethritis  post.  complicirt, 

sehr  gut  unterstützt  durch  Einführung  eines  Ichthyolbougies ,    ein 

über  den  anderen  Tag. 

Gonorol,  Von  innerlichen  Mitteln  empfiehlt  Kiehl  (Wien.  klin.  Wochen- 

Riehl.  Schrift  Nr.  52)  das  Gonorol.  Es  stellt  ein  besonderes  Sandelholzöl- 
präparat  dar,  in  welchem  die  schädlichen,  häufig  Nebenwirkungen  ver- 
ursachenden Substanzen  entfernt  wurden.  Es  wurden  Tagesdosen 
von   2 — 3,0  durch  10 — 30  Tage   ohne  jede  Schädigung  verabreicht. 

Cystitis  Gegen  Cystitis  chronica  empfiehlt  Biegler  (Wiener  med.  El. 

chronica,    ^j.    ^^^  folgende  Verordnung:  Acid.  naphthionici  pulv.  3,0.     Divide 

in  part.  aequ.  Nr.  VI.     D.  ad  capsul«  amyl.     S.   3 — istündlich   ein 


Pulver. 


2.  Yenerisehe  Helkosen. 


Ulcus  moiie  lieber  ein  Ulcus  moUe  conjunctivae  berichtet  Vignes(La 

^^^  Presse  m6d.,  Oct.)  bei  einem  firüher  sjrphilitischen,  etwa  50jährigen 
Vignes.  'Manne.  Am  oberen  Conjunctivalsack  bestand  ein  kleines  Ulcus  mit 
gelblichem  Grunde  und  steilen,  nicht  indurirten  Bändern.  Gleich- 
zeitig litt  er  an  schmerzhafter  Adenitis  der  präauriculären  und  cervn- 
calen  Drüsen.  Da  der  Sohn  des  Patienten  einen  weichen  Schanker 
hatte  und  der  Vater  denselben  selbst  wusch,  so  ist  eine  Ansteckung 
wahrscheinlich. 

Strepto-  Für  die  Darstellung  des  Streptobacillus  des  weichen  Schankers 

bacillus  des  bewährt  sieb  nach  Loth  (Monatsh.  f.  pract.  Dermat.  Bd.  26,  H.  8)  am  besten 
Ulcus  molle,  ^j^  Formolfixirung. 


Loth. 


Ueber  die  Behandlung  der  Leistenbubonen  mit  Injection  von 
Hydrargyrum  benzoieum  oxydatum  berichtet  Thorn  (Deutsche  med. 
Wochen  sehr.  Nr.  3).  Von  ihm  werden  in  Analogie  des  Verfahrens 
von  Welander  nach  Function  des  abscedirenden  Bubos  und  Aspira- 


Waelsch. 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  567 

tion  des  Eiters  4  ccm   einer   l"/oigen  Lösung   dieses   Mittels   einge-  Behandlung 
spritzt  und  nach  8  Tagen  Aspiration  und  Injection  wiederholt.  —  Des-       ^®* 
gleichen  bespricht  Waelsch  (Arch.  f.  Dermat.  u.  Syph.  Bd.  42)  die       Thom*, 
Abortivbehandlung  der  Bubonen.    Auch  er  ist  der  Meinung,  dass  die 
Injectionen   frühzeitig   gute  Dienste   leisten.     Nur  werde  der  Effect 
nicht  durch  das  Medicament,  sondern  durch  die  mechanische  Wirkung 
des  Einstiches  erreicht.   Daher  empfiehlt  er  Einspritzungen  von  2  bis 
6  ccm  sterilisirter  physiologischer  Kochsalzlösung  an   verschiedenen 
Punkten   des   Tumors.     Hierdurch  werden  weder   Schmerzen   noch 
Temperatursteigerungen    hervorgerufen.      Die   Heilung   trat   durch- 
schnittlich in    15  Tagen   auf.     Indess   musste   in  5  Fällen  doch  zur 
Incision  gegriffen  werden. 

8.  Sjphllis. 

a.  Haut  und  Schleimhaut. 

lieber  die  Verbreitung  der  venerischen  Erkrankungen 

in  Kiel  berichtet  Wullenweber  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  49).  Verbreitung 

Danach  bietet  die  controllirte  Prostitution  in  Kiel,  was  die  Zahl  der  ^®^®'*»J^^®' 

Krank- 
syphilitischen  Erkrankungen  angeht,  entschieden  günstigere  sanitäre      heiten, 

Verhältnisse   dar,    als   die   geheime,   nicht   controllirte  Prostitution.  Wullenwebei" 
Ebenso  ist  die  Intensität  der  Krankheiten  bei  der  controUirten  Pro- 
stitution geringer  als  bei  der  geheimen,  also  die  Ansteckungsgefahr 
bei  der  geheimen  stärker  als  bei  der  controUirten. 


Ueber    Syphilis    gravis    bei    Aerzten    berichtet   Brandis     Syphilis 
(Deutsche    med.    Wochenschr.   Nr.  21).     Er   behandelte  in   Aachen    ^^erzten^* 
10  Aerzte   an  Syphilis   gravis.     Alle   waren  am  Finger  inficirt,    und       Brandis. 
zwar  Zeige-   oder  Mittelfinger.     Die  Infectionen  am  Finger  nahmen 
keinen   besonders    schweren   Verlauf,    obwohl   die   Krankheit   stets 
ausserordentlich  stürmisch   verlief.      Geheilt  wurden   sie   aber  alle, 
wenn   auch   erst  nach  langen,    häufig  wiederholten   Curen.     Merk- 
würdigerweise wurde  die  Diagnose  in  allen  Fällen  sehr  spät  gestellt. 
Spätestens  vom  Ende  des  3.  Jahres  nach  der  Infection  blieb  die  Heilung 
eine   dauernde.     Verf.   räth  daher  den  Aerzten  Vorsicht  bei  Opera- 
tionen an  Syphilitischen,   und  den  Patienten,  alles  daran  zu  setzen, 
die  defiinitive  Heilung  ihrer  Lues  innerhalb  der  ersten  2 ,  spätestens 
3  Jabre   zu  vollenden,    und    zwar  dadurch,    dass  sie  sich  wähi'end 
dieser  Zeit  in   regelmässigen  Absätzen   selbst   ohne   äussere  Veran- 
lassung einer  mercuriellen  Behandlung  unterziehen. 


568  Joseph. 

Rasir-  Max  Joseph  (Berl.  dermat.  Oesellsch.,  14.  Juni)  stellte  einen 

"loXh"'  ^^  "^^  «^«-  Rasirschanker  der  rechten  Wange  vor.  an. 
Körper  bestand  bereits  Roseola.  Er  weist  auf  die  grosse  Häufig- 
keit der  extragenitalen  Infection  hin,  da  er  schon  aUein  3  Rasir- 
schanker in  dieser  Gesellschaft  gezeigt  habe.  —  In  der  Discnssion 
wird  ebenfalls  auf  die  Häufigkeit  der  extragenitalen  Infection  und 
die  grosse  Bedeutung  der  Rasirschanker  hingewiesen. 

Ueber  Gummigeschwülste  in.  der  Hohlhand  berichtet 
Gummi-      0.  V.  Ley  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  43)   an  der  Hand  von 
^    in  der       ^  instructiven  Krankengeschichten  und   bespricht  genau  die  in  Be- 
il oh  l  band,    tracht  kommenden  difPerentialdiagnostischen  Momente.     Es  leuchtet 
V.  Ley.       q[j^^  (jg^gg  qjj^q  frühzcitigc  Diaguose  besonders  wichtig  ist,  zumal  sonst 
leicht  operative  Maassnahmen  geplant  werden,  welche  natürlich  bei 
richtiger  Erkennung  der  Aetiologie  überflüssig  sind. 


üiceröses  Max  Joseph  (Berl.  dermat.  Gesellsch.,  1.  Nov.)  stellte  ein  hoch- 

^JoseBh  '  g^'^^^iigös  ulceröses  Syphilid  im  Gesichte  einer  Frau  vor.  Die- 
selbe war  niemals  fiüher  behandelt  worden,  und  das  Syphilid  bestand 
bereits  seit  4  Monaten.  Infolge  eines  Gummis  des  linken  Augenlids 
war  bereits  ein  erhebliches  Ektropium  eingetreten,  und  ausserdem 
zeigte  das  rechte  Ohr  einen  starken  Defect. 

Oummata  Nach  seinen  Erfahrungen  in  der  Hospitalpraxis  konnte  Viannay 

ei  rauen,  ^j^  j^  frequence  des  l^sions  tertiaires  sans  ant^c^dents  chez  la  femme 
dans  le  milieu  hospitalier  et  de  son  importance  en  clinique  et  en 
Pathologie.  Ann.  de  Derm.  et  de  Syph.,  Oct.)  wieder  die  Thatsache 
bestätigen,  dass  die  gummösen  Erscheinungen  bei  Frauen  sehr 
häufig  (unter  100  Fällen  52mal)  auftreten,  ohne  dass  man  in  der 
Anamnese  eine  Infection  nachweisen  konnte.  In  48  Fällen  waren 
unzweifelhaft  specifische  Antecedentien  vorhanden  bei  Frauen,  welche 
an  Tabes,  progressiver  Paralyse  und  Aortenaneurysmen  erkrankt 
waren.  Ohne  andere  unterstützende  Ursachen  zu  leugnen,  ist  Verf. 
Anhänger  des  syphilitischen  Ursprungs  jener  Affectionen.  (Bekannt- 
lich hat  sich  vor  kurzem  Virchow  energisch  gegen  diese  Art  von 
Beweisführung  ausgesprochen.     Ref ) 

Nach  den  eingehenden  mikroskopischen  Untersuchungen  von 
J.  Pini  (Sur  la  syphilose  de  la  langue.  Ann.  d.  Denn,  et  de  Syph., 
Oct.)  beginnt  die  Glossitis  gummosa  in  dem  submucösen  Binde- 
gewebe und  verbreitet  sich  von  hier  aus  nach  der  Oberfläche,  indem 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  569 

nicht  nur  die  Papillen,  sondern  auch  das  elastische  und  Muskel-  Syphilis 
gewebe  zur  Atrophie  gebracht  wird.  Es  finden  sich  keine  Riesen-  d«' Zunge, 
Zellen^  die  Gefässerkrankung  besteht  in  einer  Proliferation  des  Endo- 
thels und  Infiltration  der  Adventitia.  Ein  endarteritischer  Process 
zeigt  sich  aber  nicht.  Im  Gegensatze  hierzu  beginnt  die  Glossitis 
syphilitica  diffusa  in  dem  Muskelparenchym,  und  von  hier  aus  wird 
die  ganze  Zunge  ergrififen.  Das  Epithel  zeigt  unregelmässige  Aus- 
läufer in  die  Tiefe,  und  in  dem  Infiiltrat  finden  sich  einige  Riesen- 
zellen. Diese  Bindegewebsneubildung  geht  später  mit  Retractions- 
und  Ulcerationsbildung  einher,  wodurch  die  klinischen  Bilder  der 
gelappten  und  rhagadiformen  Zunge  erklärt  werden. 

Ebner   (Arch.   f.   Denn.   u.    Syph.  Bd.  45)   hat   191  Fälle  von      Primär- 
Primäraffecten  an  den  oberen  Luftwegen  zusanmiengestellt.    *f'«cte  an 
Hiervon   konmien  28  Fälle  auf  die  Nase,   24  auf  den  Nasen  rächen-  Luftwegen, 
räum  und   138  auf  den  Rachen.     Von   diesen  wiederum  waren  die        Ebner, 
meisten    Tonsillarschanker.      Meist    wurden    die    Primäraffecte    des 
Nasenrachenraumes   ebenso    wie   die  Rachenschanker  durch  verun- 
reinigte Instrumente   erzeugt.     Frauen  und  Männer  waren  imgefähr 
in  gleicher  Zahl  betroffen. 

Nach  den  Veröffentlichungen  des  Kaiserlichen  Gesimdheitsämtes  Todesfälle 
(Nr.  41)  starben  im  Jahre  1896  in  Preussen  an  den  directen  ^'^  ^^P^^^^- 
Folgen  der  Syphilis  391  Personen  gegenüber  324  im  Jahre  1895. 

Bei  Alopecia  syphilitica  ciliaris  empfiehlt  M o n i n  (New     Alopecia 
York  med.  Joum.)   folgende  Salbe  erbsengross  auf  die  Lider  einzu-  ^yp  *^|*ica, 
reiben:    Rp.  Pilocarpini  0,05,    Hydrarg.    praec.    alb.    0,25,    Vaselini 
flavi  15,0. 

b.  Viscerallues. 

Syphilis  des  Nebenhodens  (Wien.  klin.  Rundschau  Nr.  8) 
beobachtete   S.  Ehrmann.     In   beiden  Nebenhoden   befanden  sich      Syphilis 
wallnussgrosse,  harte  Tumoren  nebst  einigen  erbsengrossen  und  läng-      .  ^     ^"' 
liehen   in   der  Cauda  und   in   einem   Samenstrange.     Vor  2  Jahren     Ehrmann. 
syphilitische  Infection   und  augenblicklich  annuläres  Sjrphilid  in  der 
Schultergegend. 

Syphilis  der  Nieren  beobachtete  R.  H.  Greene  (Joum.  of 
cutan.  and  genito-urin.  dis. ,  Januar)  bei  einem  4()jährigen  Manne, 
welcher  plötzlich  mit  Schmerzen  der  linken  Nierengegend  erkrankte. 


570 


Joseph. 


Syphilis     Nach  wenigen  Stunden  stellte  sich  Hämaturie  ein.    Solche  Attacken 

der  Nieren,  traten   zunächst  in  IntervaDen  von  einiiren  Wochen,   später  immer 
Qreene. 

nur  von  einigen  Tagen  auf.    Patient  kam  dabei  sehr  herunter.    Die 

Diagnose  wurde  nach  eingehender  cystoskopischer  Untersuchung  auf 

Nephrolithiasis  gestellt.    Bei  der  Function  der  Niere  wurde  aber  kein 

Stein   gefunden.     Da  erst  kam  man  auf  Syphilis  in  der  Anamnese.' 

Nach  einer  Einreibungscur  hörte  die  Hämaturie  auf.   Im  Urin  wurden 

ausser  Blutkörperchen  und  wenigen  Eiterzellen  vor  allem  reichliche 

Bindegewebsbündel  angetroffen.    Verf.  glaubt  hieraus  im  Verein  mit 

der  übrigen  Krankengeschichte  die  Diagnose  eines  Ghimmi  der  Niere 

stellen  zu  können. 


Syphilis 

und  Echino' 

kokken, 

Lennhoff. 


Lennhoff  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  26)  berichtet  über 
mehrere  Fälle,  in  welchen  Echinokokken  mit  syphilitischen 
Geschwülsten  verwechselt  wurden.  Bei  dem  ersten  Patienten 
mit  sicher  durch  die  Section  constatirter  Lues  zeigte  es  sich,  dass 
die  Gummigeschwülste  der  Leber  viel  hartnäckiger  sind  als  solche 
an  anderen  Organen.  Ein  Gummi  blieb  durch  die  Therapie  unbe- 
einflusst,  und  die  Behandlung  vermochte  nicht  einmal  die  weitere 
Entwickelung  einer  zweiten  Geschwulst  in  der  Leber  zu  verhindern. 
Weder  die  halbkugelige  Form,  noch  die  eigenartige  Härte  sind  für 
Gummigeschwülste  der  Leber  charakteristisch,  auch  die  mehrfach 
als  typisch  bezeichneten  Dellen  können,  wie  aus  den  beiden  nächsten 
Krankengeschichten  hervorgeht,  bei  Echinococcus  vorkommen. 


Syphilis 
u  nd  Leber- 
atrophie, 
Richter. 


In  seiner  Arbeit  über  Syphilis  und  acute  gelbe  Leber- 
atrophie berichtet  P.  F.  Richter  (Charit6-Annal. ,  29.  Jahrg.) 
über  2  einschlägige  Krankheitsfalle  und  stellt  in  sehr  sorgfältiger 
Weise  die  Litteratur  über  diesen  Gegenstand  zusammen.  In  der 
weitaus  überwiegenden  Mehrzahl  der  Fälle  beginnt  die  Leberaflfection 
gleichzeitig  mit  dem  Auftreten  der  ersten  Secundärsymptome.  Meist 
sind  Frauen  erkrankt.  Der  klinische  Verlauf  zeigt  keine  wesent- 
lichen Verschiedenheiten  von  dem  Bilde  der  gewöhnlichen  acuten 
Leberatrophie.  Der  Verlauf  der  Lues  ist  kein  besonders  schwerer,  so 
dass  man  einen  derartigen  bösen  Ausgang  hätte  erwarten  können. 
Somit  steht  die  Thatsache  fest,  dass  in  einer  nicht  unbeträchtücheD 
Anzahl  von  Fällen  von  acuter  gelber  Leberatrophie  die  Ki*ankheit 
im  floriden  Stadium  der  Lues  häufig  gleichzeitig  mit  den  ersten 
Secundärsymptomen  in  die  Erscheinung  tritt.  Es  scheint  nach  den 
vorliegenden  Beobachtungen  dieses  Zusammentreffen  nicht  einmal  ein 
sehr  seltenes  zu  sein. 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  571 

Einen   eigenthümlichen  und  sehr  seltenen  Fall  von  Syphilis 
des  Bauchfells   demonstrirte   L.  Pick   (Berl.   klin.  Wochenschr.      Syphilis 
Nr.  48).    Bei  einer  58jährigen  Frau  mit  syphilitischer  Kachexie  und         ^®^ 
Amyloid  zeigten  sich  Gummiknoten  des  Bauchfells,   deren  Unter-      ^  Pick.    ' 
Scheidung  von  Tuberkeln  mit  Sicherheit  möglich  war. 


c.  Hereditäre  Lues. 

Peltesohn   (Deutsche    med.   Wochenschr.  Nr.  18)  macht  auf   Keratoma- 

ein  bisher  vernachlässigtes  ätiologisches  Moment  der  Keratomalacie,     lacieund 

.  hereditäre 

die  hereditäre  Lues,  aufmerksam.     In  2  Fällen  gelang  es  ihm  durch        Lues, 

eine  antisyphiHtische  Behandlung  Heilung  zu  erzielen.  Peltesohn. 

Heller  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  5)  macht  weitere  Mit-       Hydro- 
theilungen  über  den  FaD  von  chronischem  Hydrocephalus  bei°®P^*\'^^.  *^®* 
hereditärer  Syphilis,  den  er  bereits  im  Jahre  1892  ebendaselbst     Syphilis, 
publicirt  hat.     Die  Zweifel,  ob  das  ätiologische  Moment  des  Hydro-        Heller, 
cephalus  damals  die  Lues  war,  sind  dadurch  beseitigt,  dass  Patient 
jetzt   in   der  That   noch   ein   periostales  Gummi   des  Humerus  auf- 
wies. 

E.   Fournier   (La  Med.   moderne   Nr.   49)    ist   der   Meinung,     Hutchin- 
dass  weder  die  Zeichen  der  Atrophie  noch  die  Kleinheit  des  Wuchses,     8on'sche 
Sattelnase    oder    Hutchinson^sche    Zähne    unbedingt    sichere      poumier. 
Zeichen  der  hereditären  Lues   sind;    im  Gegentheil,   er  habe  Men- 
schen beobachtet,  welche  trotz  aller  dieser  Symptome  gesimd  blieben 
und  keine  Erscheinungen  der  hereditären  Lues  aufwiesen. 

Clark  (Amer.  Joum.  of  med.  Assoc,  Apr.)  beobachtete  2  Fälle     Congeni- 
von   congenitaler  syphilitischer  Lebercirrhose  bei  Kin-  t*le  Leber- 
dem.     Das  eine  war  10  Jahre  alt.     Bei  der  Section  fand  sich  eine        ciark. 
granulirte  gelbe  Leber,  ähnlich  wie  in  dem  zweiten  Falle. 

J.  de  Amicis  (Arch.  f.  Dermat.  Bd.  43)  bringt  die  Little'sche   Littie'sche 
Krankheit  mit  der  hereditären  Lues  in  Beziehung.   Er  reiht  diesen   ^^^^fj^®**' 
Symptomencomplex   (Diplegia    spastica    congenitalis)    den    hereditär 
parasjrphilitischen  Formen  an. 

Sehr  interessante  Beiträge  zur  Histologie  und  Pathologie 
der  congenitalen  Syphilis  bringt  E.  H e c k e r  (Deutsch.  Arch. 
f.  klin.  Med.  Bd.  61)  bei.   Er  bat  100  Sectionen  an  syphilitischen  Kin- 


572 


Joseph. 


congenitaie  dem  gemacht,  davon  entfielen  92  auf  Todtgeburten  und  8  auf  Kinder, 
^H^^*^**'  ^®  gelebt  hatten.  Bei  ersteren  ist  die  Leberschwellung  eine  fast 
regelmässige  Erscheinung,  bei  letzteren  fehlt  s'ie  häufig.  Die  Nieren 
zeigen  beim  todtgeborenen  Fötus  eine  Vermehrung,  beim  ausge« 
tragenen  eine  Verminderung  des  Gewichtes.  Der  Milztumor  ist  beim 
Fötus  constant. 

d.  Therapie  der  Lues. 

Als    prophylaktisches    Mittel    gegen    die    Lues    empfiehlt 

Prophylaxe  T.  Forte  (Mailand)  neben  der  Beseitigung  der  heimlichen  Prostitu- 

^hV       ^^"  ^^^  allem  auch  Untersuchung  der  Männer,  sowie  zwangsweise 

Forte.  '     Behandlung  und  Anzeigepflicht  für  jeden  Syphilitiker.    Nur  auf  diese 

Weise  wäre  die  Seuche  gänzlich  zu  beseitigen. 


Sernm- 

therapie, 

Neisser. 


Die  Frage:  was  wissen  wir  von  einer  Serumtherapie  der 
Syphüis  imd  was  haben  wir  von  ihr  zu  erhoflPen?  erörtert  A.  Neisser 
(Arch.  f.  Dermat.  u.  Syph.  Bd.  44).  Er  beleuchtet  in  dieser  kriti- 
schen Uebersicht  und  Materialien  Sammlung  die  mit  dem  Arbeitsplan 
der  Serumtherapie  bei  Syphilis  zusammenhängenden  Thatsachen  und 
Hypothesen.  Das  Endziel  unserer  Bestrebungen,  die  Heilung  der 
Syphilis  und  Schutzimpfung  gegen  Syphilis  durch  specifische,  den 
Syphilismikroorganismen  selbst  entstammende  StofPwechselproducte 
bietet  zwar  vorläufig  wenig  Aussicht  auf  Erfolg.  Indess  wird  jeder 
weiteren  Arbeit  und  Forschung  auf  diesem  Gebiete  der  Weg  ge- 
ebnet werden  durch  die  ausgezeichnete  klare  Fragestellung  und  Her- 
vorhebung der  einschlägigen  Punkte.  Diese  Arbeit  kann  niemand, 
der  nach  einem  Kampfinittel  gegen  die  überall  verbreitete  Volks- 
seuche sucht,  ohne  starke  Anregung  aus  der  Hand  legen. 

Ueber    Jodpräparate    und    deren    Dosirung    bei    Syphüis- 
Jod-         behandlung  berichtet  Radestock  (Therap.  Mon.,  Oct.).   Er  empfiehlt 
jVdUncVu^r    g^^ss®  Tagesdosen  von  10—20,0.     Statt  des  kostspieligen  Jodkalis 
Radestock,     gibt  er  die  Jodtinctur  in  stärkeren  Gaben,  Smal  täglich  je  10  bis 
80  Tropfen    in   Sirup    oder   verdünntem   Wein   zu  nehmen.      Auch 
Brown-S6quard's  Jodlösung  nach   folgender  Vorschrift   ist   em- 
pfehlenswerth.     Rp.  Jodi  0,4,    Kali  jodati  2,0,   Aq.   dest.   ad   50,0. 
M.  D.  S.  3mal  täglich  1  Kaffeelöflfel  voll  in  1  Glas  verdünnten  Roth- 
weins vor  dem  Essen  zu  nehmen. 


Neue    Vorschläge     zur    Jodtherapie     der    Syphilis    macht 
G.  Zülzer  (Arch.  f.   Dermat.  u.  Syph,  Bd.  44).     Er  berichtet  über 


Haut-  und  venerische  Krankheiten.  573 

gute  Erfolge  aus  Neisser's  Klinik  mit  Jodalbacid,  einer  von  Jodalbacid, 
allem  locker  gebundenen  oder  nur  angelagerten  Jod  befreiten  Jod-  Zülzer. 
Eiweissverbindung.  Hiemach  kamen  niemals  die  bekannten  Erschei- 
nungen des  Jodismus  vor.  Es  lässt  sich  eine  langsame,  aber  protra- 
hirte  Wirkung,  vollkommene  Ausnutzung  der  dargereichten  Dosis  und 
absolute  Unschädlichkeit  hiermit  erzielen.  Zwar  wird  man  zur  schnellen 
Wirkung  immer  vom  Jodkalium  G-ebrauch  machen  müssen,  aber  zum 
chronischen  Gebrauch,  zu  Jodnachcuren  im  tertiären  Stadium  und 
zu  Jodzwischen euren  in  den  späteren  Syphilisjahren,  femer  bei  ma- 
ligner Lues  ist  das  Jodalbacid  zu  verordnen.  3 — 5,0  Jodalbacid  täg- 
lich lassen  sich  in  Oblaten,  comprimirten  Tabletten  oder,  wie  es  einige 
Male  gegeben  wurde,  in  Makronen  verbacken  leicht  einnehmen,  wäh- 
rend das  Jodkali  mit  seinem  unverdeckbaren  Geschmack  sehr  oft 
den  Widerwillen  des  Patienten  erregt.  Verf.  gibt  daher  im  An- 
schluss  an  jede  während  der  ersten  3 — 4  Jahre  nach  der  Infection 
zu  machende  Quecksilbercur  3  Wochen  lang  täglich  3 — 4,0  Jod- 
albacid. Beim  Auftreten  von  leichten  secundären  Erscheinungen  in 
der  Zwischenzeit  Jodalbacid  (3 — 4  und  mehr  Granmi  täglich)  bis  zum 
Verschwinden  derselben.  Bei  tertiären  Erscheinungen  bis  zur  Besse- 
rung, eventuell  Verschwinden  derselben  Jodkali.  Dann  6  Wochen 
lang  Jodalbacid  3 — 4mal  täglich, 

Silberstein    (Therap.    Monatsh.    H.    7)  gibt   innerlich   graue  öraue  Salbe 
Salbe  in  Form  von  Pillen,   z.  B.  Ungt.  Lanol.  hydrarg.  einer.  4,5,     i^J^^^^?*^' 
Pulv.  rad.  Liquirit.  5,0,  Mucilag.  gummi   mim.  q.  s.     F.  pil.  Nr.  60. 
S.  2mal  täglich  2  PiUen. 

R.  Kaufmann  (Dermat.  Centralbl.,  März)   empfiehlt  aus  Max  Quecksilber- 
Jos  eph's  Poliklinik  eine  neue  Quecksilberseife,  das  Sapolentum  sap^oVenium 
hydrargyri.     Sie   ist    der    officinellen  grauen   Salbe  hinsichtlich  hydrargyri, 
des  therapeutischen  Effectes  als  gleichwerthig  zu  erachten,   und  da     Kaufmann, 
sie  für  den  Patienten  den  subjectiven  Vortheil  hat,  die  Wäsche  nicht 
zu  beschmutzen  und  fast  unsichtbar  auf  der  Haut  zu  bleiben,  da  sie 
femer   genau  dosirt,   haltbar  und   nicht  irritirend  ist,    so  ist  anzu- 
nehmen,   dass   sie  vielleicht  mehr  Berücksichtigung  findet   als  die 
meisten  früheren  Quecksilberseifen. 

Das  lösliche  metallische  Quecksilber  (Hydrargyrum  colloi- 
dale)  empfiehlt  Werler  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  42).  Ihm  be- 
währte sich  das  Unguentum  hydrargyri  colloidalis  für  die  enderma- 
tische  Behandlung  zu  Inunctionscuren,  die  Solutio  hydrargyri  colloi- 


574  Joseph. 

Hydrar-  dalis,  eine  1 — 2°/oige  wässrige  dunkelbraune  Lösung,  fiir  subcutane 
if*^^"*!  Injöctionen,  und  die  Pilulae  hydrargyri  colloidalis,  enthaltend  0,S 
Werler.    *   Hydrargyrum  colloidale  auf  30  Pillen,  zur  innerlichen  Darreichung. 

Hyrgoi,  Im  Gegensatze  hierzu  kommt  Hopf  (Dermat.  Zeitschr.  Bd.  6) 

^°^''  zu  dem  Schlüsse,  dass  dieses  Hydrargyrum  colloidale  (Hyrgoi) 
keine  besonderen  Vorzüge  vor  dem  alten  unlöslichen  Quecksilber  be- 
sitzt. Für  die  subcutane  Einverleibung  sei  das  Hyrgoi  nur  mit 
Vorsicht  anzuwenden,  die  geeignetste  Art  der  Darreichung  seien  noch 
die  Pillen. 

Orthoform  Als  Anästheticum  bei  intramusculären  Injectionen  em- 

T   .   ^V  pfiehlt  Loeb  (Mon.  f.  pract.  Dermat.  Bd.  27,  H.  1)  das  Orthoform. 

Injectionen,  ^  ,  '^  .... 

Loeb.  Zu  der  10®/oigen  Hydrargyrum-salicylicum-Suspension  wird  6 — 10% 
Orthoform  zugesetzt. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

Caspary,  Allgemeine  Therapie  der  ansteckenden  GeBchlechtskrankheiten. 
Wien. 

C  h  0 1  z  e  n ;  Atlas  der  Syphilis  und  syphilisähnlichen  Krankheiten.  Hamburg. 

W.  Collan,   üeber  Spermatocystitis  gonorrhoica.    Hamburg  und  Leipzig. 

Finger,  Die  Vererbung  der  Syphilis.  Wiener  Klinik,  24.  Jalirg.,  4.  u.  5.  H. 
April-Mai. 

Finger  und  S  a  e  n  g  e  r ,  Die  Pathologie  und  Therapie  der  Steriht&t  beider 
Geschlechter.  1.  Theil:  Die  Pathologie  und  Therapie  der  Sterilit&t 
beim  Manne  von  E.  Finger.     Leipzig. 

Keersmaecker  und  Verhoogen,  L*ur^thrite  chronique  d*origine  gono- 
coccique.    Bruzelles. 

E.  Kromayer,  Zur  Austilgung  der  Syphilis.  Abolitionistisehe  Betrach- 
timgen  über  Prostitution,  Geschlechtskrankheiten  und  Yolksgeeund- 
heit,  nebst  Vorschlägen  zu  einem  Syphilisgesetz.    Berlin. 

A.  Lieven,  Die  Syphilis  der  oberen  Luftwege  unter  besonderer  Berück- 
sichtigung der  differentiellen  Diagnose  und  der  localen  Therapie. 
Jena. 

Mra^ek,   Atlas  der  Syphilis  und  der  venerischen  Krankheiten  mit  einem 

Grundriss  der  Pathologie  imd  Therapie  derselben.    München. 
Proksch,  üeber  Venensyphilis.    Bonn. 


rx. 


ElnderkraiLklielteii. 


Von  Privatdocent  Dr.  H.  Neumann  in  Berlin. 


A.  Physiologie. 

In  Bestätigung  einer  Angabe  von  Bunge  weist  Pröscher  (Hoppe- 
Seyler's  Zeitschrift  für  physiologische  Chemie  Bd.  24,  H.  3,)  an  grösseren 
Zahlenreihen  nach,  dass  die  Zusammensetzung  der  Milch  in  Be- 
ziehung zu  der  Wachsthumsgeschwindigkeit  bei  den  einzelnen 
Säugethieren  steht;  je  schneller  das  Thier  wächst,  um  so  grösser  muss  der 
Gehalt  der  Milch  an  Eiweiss,  Kalk  und  Phosphorsäure  sein.  Die  Angaben 
betreffen  den  Menschen,  das  Pferd,  Rind,  Schwein,  Schaf,  den  Hund,  die 
Katze.  Pröscher  versucht  seine  Beweisführung  auch  auf  die  einzelnen 
Perioden  des  Wachsthums  auszudehnen. 

Klemm  (Jahrbuch  für  Kinderheilkunde  Bd.  47)  nimmt  sehr  ent- 
schieden dagegen  Stellung,  dass  wir  die  Bekömmlichkeit  der  Mutter- 
milch nur  nach  dem  quantitativen  Vorkommen  von  Eiweiss,  Fett  und  Zucker 
beurtheilen,  und  betont,  dass  wir  nicht  einmal  in  dieser  Hinsicht  genügend 
unterrichtet  sind.  So  unterliege  z.  B.  das  Verhältniss  zwischen  Albumin 
und  Ca  sein  weiten  Schwankungen,  für  welche  die  Gründe  sehr  verschieden 
und  zum  Theil  unbekannt  seien.  Ebenso  sei  die  Zusammensetzung  des 
Milchfettes  noch  nicht  ausreichend  bekannt.  Klemm  sah  in  12  Fällen  den 
Schmelzpunkt  zwischen  30,5  und  40°  C.  schwanken,  und  in  einem  Fall  war 
selbst  bei  etwas  über  40®  C.  noch  nicht  alles  Fett  geschmolzen.  Neben  dem 
Zucker  schienen  noch  andere  Kohlehydrate  in  der  Milch  vorzukommen,  die, 
wie  Klemm  für  möglich  hält,  Beziehimgen  zu  der  Umkoffschen  Am- 
moniakreaction  haben  könnten.  Kurzum,  es  sei  der  exacten  Forschung  über 
die  Milchbestandtheile  noch  ungeheuer  viel  überlassen.  Die  Bedingung  für 
daß  Gedeihen  an  der  Mutterbrust  sei  eine  vollständige  Gesundheit  der  Milch- 
producentin.    Die  Kinder  schwächlicher  Mütter  würden  rachitisch  und  be- 


Franen- 

milch, 

Pröacher, 


Klemm, 


576 


Neumann. 


Frauen- 
milch, 
Klemm, 


Bendix 


kämen  auf  dieser  Basis  Störungen  im  Magendarmkanal.  Da  Klemm  bei 
schwächlichen  Müttern  eine  Abnormität  in  ihrem  Blut  annehmen  zu  dürfen 
glaubte,  kam  er  auf  den  Gedanken,  auch  ihre  Milch  bezüglich  ihres  Eisen- 
gehaltes zu  untersuchen.  Er  fand  nun,  dass  bei  den  Müttern  Rachitischer 
oder  bei  anderen  schwachen  Müttern  der  Eisengehalt  der  Milch  ganz  con- 
stant,  selbst  bis  auf  das  lOfache,  vermindert  war  (es  hat  die  erste  Milch 
bei  Gesunden  ^/lo  mg  Fe-iOg :  100  Milch,  welche  Menge  im  Lauf  der  Lae- 
tation  bis  auf  V^  sinkt).  Es  scheint  das  Eisen  im  Milchserum  gelöst  und 
als  ein  besimmter  Theil  des  transsudirten  Blutserumeisens  aufzufassen  zu 
sein;  vielleicht  könnte  seine  Menge  als  Indicator  für  die  Kraftverh&ltnisse 
der  Mutter  dienen.  Am  maassgebendsten  bleiben  immer  die  klinischen 
Erscheinungen  am  Säugling,  welche  bei  sonst  rationeller  Säug^ung  die 
Untersuchung  der  Milch  anregen  und  unter  umständen  zur  Entwöhnung 
oder  mindestens  zur  Verabreichung  von  Beikost  führen  müssen. 

Bernhard  Bendix  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  14)  zeigt  durch 
Fütterung  mit  Jodsesamöl,  dass  je  nach  den  vorhandenen  Bedingungen  ein 
gewisser  Theil  des  Nahrungsfettes    in  die  Frauenmilch    übergeht. 


Vergleich  Koeppe    (Vergleichende    Untersuchungen    über    den    Salz- 

der  Frauen-  orehalt  der  Frauen-  und  Kuhmilch.  Habilitationsschrift)  hat  mit  den 
iiiiiiirny» 

modernen  Methoden  der  physikalischen  Chemie  vergleichende  Untersuchungen 


milch, 
Koeppe. 


über  Frauen-  und  Kuhmilch  angestellt,  die  geeignet  sind,  neue  (jresichts- 
punkte  zu  gewinnen.  Die  Bestimmung  der  Gefrierpunktserniedrigung  und 
der  elektrischen  Leitföhigkeit  bilden  den  Ausgangspunkt  der  Untersuchung, 
aus  welcher  sich  einerseits  die  Molecülzahl  und  der  osmotische  Druck, 
andererseits  die  Zahl  der  elektrisch  leitenden  Molecüle  (Ionen)  bestimmen 
lässt.  Sowohl  bei  der  Frauen-  wie  der  KuhmUch  fanden  sich  je  nach  In- 
dividuum, Tag  und  Tageszeit  bezüglich  der  untersuchten  Punkte  in  weiten 
Grenzen  Schwankungen ;  in  beiden  Milcharten  müssen  nach  dem  Ergebnis.^ 
der  Berechnung  Salze  in  einer  neutralen,  den  elektrischen  Strom  nicht 
leitenden  Form,  wahrscheinlich  als  organisch  gebundene  Molecüle  vor- 
handen sein.  Eine  Uebereinstimmung  zeigte  sich  zwischen  Kuh-  und  Frauen- 
milch bezüglich  der  Grefrierpunktserniedrigung  und  damit  auch  der  Mole- 
cülzahl und  des  osmotischen  Druckes.  Diese  Uebereinstimmung  wird  bei 
verschiedener  chemischer  Zusammensetzung  nur  dadurch  erreicht,  dass  in 
dem  Maasse,  als  die  Salze  zurücktreten,  der  Zucker  an  Menge  zunimmt. 
Uebrigens  führen  die  Berechnungen  darauf,  dass  in  der  Frauenmilch  oj*- 
motisch  wirksame  organische  Molecüle  mit  relativ  niedrigem  Molecular- 
gewicht  vorhanden  sein  müssen,  die  noch  unbekannt  sind,  worauf  bekannt- 
lich die  neueren  qualitativen  Analysen  ebenfalls  hinweisen.  In  seinen 
Schlussfolgerungen  räth  Koeppe  in  Rücksicht  auf  den  osmotischen  Druck 
von  starken  Verdünnungen  ab;  die  Heubner*sche  '/>'^^^c^  entspricht  in 
dieser  Richtung  vollkommen  der  Frauenmilch.  Ferner  betont  Koeppe  die 
Inconstanz  in  der  Zusammensetzung  der  Frauenmilch.  Die  Inconstanz  de^ 
Milchzucker-  und  Salzgehaltes  im  besonderen   gibt   der  Milch  einen  wech- 


Kinderkrankheiten.  577 

selnden  Geschmack;  der  Wechsel  in  der  Nahrung  ist  aber  das  Natürliche 
und  Bekömmliche.  Von  diesem  Gesichtspunkt  aus  wendet  sich  Eoeppe 
gegen  eine  absolute  Gleichheit  der  täglichen  Einzelmahlzeiten  bei  der 
künstlichen  Ernährung;  er  macht  diese  Eintönigkeit  für  gewisse  Misserfolge 
in  der  Ernährung  verantwortlich. 

Axel    Johannessen   und    Eyvin  Wang   (Studien   über   die    Er-    Menge  und 
nährungsphysiologie   des  Säuglings.     Hoppe-Seyler's  Zeitschrift  für  Beschaffen- 
physiologische  Chemie  Bd.  24,  H.  5  u.  6)  geben  neue  sorgfältige  Beiträge      wranen- 
über   Nahrungsmenge   und   Beschaffenheit   beim   normalen  Säugling.    Die       milch, 
Säuglinge   waren   3 — 4  Monate  alt;    sie  tranken   15 — 20  Minuten   an   der    Johannessen 
Mutterbrust.    Die  Nahrungsmenge    der   einzelnen  Mahlzeit   schwankte  bei      ^-  ^■■^• 
dem  gleichen  Säugling  erheblich,  besonders  fallen  die  gelegentlichen  grossen 
Nahrungsmengen  auf.   Bei  den  Gewichtsbestimmungen  wurde  der  Gewichts- 
verlust durch  Perspiratio  insensibilis  berücksichtigt.     Zur  Bestimmung  der 
Zusammensetzung   der  Milch   und  des  Verbrennungswerthes    der  täglichen 
Milchmengen  wurde  vor,   während  und  nach  dem  Säugen   des  Kindes  aus 
der  Brust   eine   gleich   grosse  Milchprobe   entnommen   und   mit  einander 
gemischt.    Die  Stickstoffbestandtheile   und  der  Zucker  zeigten  eine  grosse 
Gleichmässigkeit ,   wahrend  die  Fettmenge    erheblich  schwankte.    Aus  den 
an  vier  gesunden  Säuglingen  gemachten  Beobachtungen  sei  folgende  Tabelle 
gegeben : 

Albumin     ....     1,17.% 

Fett 3,74% 

Zucker 6,39% 

Während  des  Säugens  schwankt  am  wenigsten  die  Zuckermenge,  viel 
mehr  die  Eiweiss-  und  Fettmenge  (am  höchsten  ist  sie  am  Ende  des  Saug- 
actes).  Einmal  enthielt  die  Milch  sogar  vor  dem  Säugen  1,4  ®  o,  nach  dem 
Säugen  6  %  Fett,  so  dass  die  Differenz  4,6  ausmachte.  Die  in  24  Stunden 
aufgenommene  Milchmenge  schwankte  bei  dem  gleichen  Kinde  nicht  un- 
erheblich; durchschnittlich  tranken  die  Kinder  (zwischen  99  und  134  Tage 
alt)  896,  946,  1100  und  948  g  im  Tag.  Der  durchschnittliche  Nährwerth 
von  1000  g  der  Milch  war  bei  den  vier  Kindern  570,  710,  630  und  740  Ca- 
lorieen.  Auf  1  kg  Körpergewicht  kam  durchschnittlich  eine  Nahrungs- 
menge von  70,  106,  106  und  96  Calorieen. 

In  Nachahmung  der  Frauenmilch  hat  Rose  eine  ,kün>tliche  Milch' 
in  den  Handel  gebracht.   Sie  wird  nach  CarlMeyer  (BerL  klin.  Wochen«5ch  r.  Knnstliche 
Nr.  19)  aus  den  einzelnen  Bestandtheilen   künstlich  zusammengesetzt;    die        Milch, 
Bestandtheile,    vor  allem  das  Casein,   stammen    natürlich  meiM  in  letzter  ^^' 

Linie  ans  der  Kuhmilch;  sie  werden  einzeln  für  sich  sterilisirt  und  dann 
zusammengeg^ben.  Genauere  Angaben  über  die  Herstellung  fehlen.  Thatr 
sächlich  hat  die  Müch  eine  Zusammensetzung,  welche  den  neuehten  Ana- 
lysen über  Frauenmilch  entspricht,  und  gerinnt  in  älinlicher  Wei«e  wie 
Jahrtmcfa  der  pnctisdieB  Mfidicia.    1>^.  37 


Mftziminn 

liinimam 

1,3  »0 

0,9  »/o 

4,6  V 

2,7  •/« 

7.8 »/« 

6,9  •/• 

578 


Neumann. 


Künstliche 
Milch, 
Meyer. 


letztere.  Die  Ausnutzung  ist  bei  grösseren  Kindern  und  Erwachsenen  eine 
gute,  üeber  die  Verwendung  bei  Säuglingen  berichtet  Meyer:  »Wir  haben 
bei  zahlreichen  atrophischen,  schwächlichen  Kindern  im  Alter  von  wenig 
Wochen  und  Monaten,  einige  Male  auch  bei  neugeborenen  Kindern  (zum 
Theil  Frühgeburten)  die  künstliche  Milch  angewendet  und  konnten  aus- 
nahmslos feststellen,  dass  sie  sehr  gut  vertragen  wurde,  häufig  besser  ab 
Kuhmilch  in  verschiedener  Zubereitung.  Mehrere  Fälle  von  schwerem 
Magendarmkatarrh  im  Säuglingsalter  sind  allein  unter  ihrer  Anwendung 
geheilt,  ohne  dass  andere  Mittel  angewandt  wurden."  —  Es  wäre  also  endlich 
der  Stein  der  Weisen  entdeckt?  Leider  verneinten  die  Säuglinge,  die  Re- 
ferent futterte,  diese  Frage.  Sie  verhielten  sich  meist  entschieden  ab- 
lehnend gegen  die  künstliche  Milch  (vermuthlich  wegen  des  Geschmacks), 
andere  bekamen  Darmkatarrhe,  da  sich  die  Milch  während  der  Sommer- 
hitze zum  Theil  in  den  Flaschen  zersetzte. 


Magen* 
Verdauung 

der 

Säuglinge, 

Wolf  u. 

Frie<]yung, 


Marcel  u. 
Lsbb6, 


Bauer  u. 
Deutaoh. 


Wolf  und  Friedjung  (Zur  Würdigung  der  Magenverdauung 
im  Säugling s'alter.  Arch.  f.  Kinderheilkimde  Bd.  25,  H.  3  u.  4)  mussten 
sich  in  zahlreichen  Untersuchungen  des  Mageninhalts,  mit  allerdings  nicht 
ganz  vollkommener  Methode,  überzeugen,  dass  die  Secretion  der  Verdauungs- 
fermente des  Magens  im  Säuglingsalter  viel  grösseren  Schwankungen  als 
im  späteren  Alter  unterworfen  ist.  Es  scheinen  die  Fermente  im  einseinen 
und  in  ihrem  Zusammenwirken  keine  hervorragende  Rolle  in  der  Physio- 
logie der  Magenverdauung  zu  spielen,  so  dass  sich  auch  keine  grundsätz- 
lichen Abweichungen  bei  Erkrankungen  des  Darmkanals  feststellen  liessen. 
Vielmehr  scheint  die  Magenverdauung  im  Säuglingsalter  für  die  Assimi- 
lation der  Nahrung  von  untergeordneter  Wichtigkeit  zu  sein  und  der  Magen, 
entsprechend  der  Ansicht  anderer  Autoren,  nur  als  ein  Behälter  zu  be- 
trachten, in  dem  die  Nahrung  für  den  Verdauungsact  vorbereitet  wird. 

Marcel  und  Henri  Labb^  (Du  chimisme  gastrique  normal 
chez  les  nourrissons.  Ses  modifications  dans  le  rachitisme  et  au  cours 
des  enterites.  Revue  mens,  des  mal.  de  Tenf. ,  Sept.  1897)  konmien  auf 
Grund  einer  grösseren  Reihe  von  Verdauungsversuchen  bei  Kindern  der 
ersten  Lebensjahre  zu  folgenden  Schlüssen :  Der  normale  Magensaft  enthält 
bei  Kindern  unter  2  Jahren  keine  freie  Salzsäure.  Die  fixen  Chlorverbin- 
dungen nehmen  bis  zum  vollendeten  1.  Jahre  zu,  dann  ab,  die  organischen  Chlor- 
verbindungen nehmen  ebenso  wie  die  gesammte  Chlormenge  mit  dem  Alter 
zu.  Die  Gesammtacidität  steigt  in  den  ersten  Monaten  schnell,  später 
langsamer.  Bei  Rachitis  sind  die  fixen  Chlorverbindungen  vermehrt,  die 
organischen  Chlorverbindungen  vermindert;  die  Gresammtacidität  durch  die 
Fettsäuren  vermehrt;  die  freie  Salzsäure  erscheint  vorzeitig.  Die  Magen- 
Verdauung  bei  diarrhoischen  Neugeborenen  wechselt,  meist  sind  die  orga- 
nischen Chlorverbindungen  und  ebenso  die  Gesammtacidität  vermindert. 
Die  freie  Salzsäure  erscheint  vorzeitig.  —  Auch  Ludwig  Bauer  und  Ernst 
Deutsch  haben  (Jahrbuch  f.  Kinderh.  Bd.  48)  über  das  Verhalten  der 
Magensäure,    Motilität    und    Resorption    bei    Säuglingen    und 


Einderkrankheiten. 


579 


Kindern  unter  physiologischen  und  pathologischen  Verhältnissen  fleissige 
Untersuchungen  angestellt.  Wenn  wir  den  Leser  auf  diese  Arbeit  nur  kurz 
verweisen,  so  geschieht  dies,  weil,  insoweit  als  sich  neue  Ergebnisse  in  ihr 
finden,  dieselben  an  einem  noch  grösseren  Material  weiter  zu  controlliren 
sein  werden. 


£.  Moro  (Jahrb.  f.  Einderh.  Bd.  47)  weist  nach,  dass  das  diasta- 
tische Ferment,  welches  beim  Säugling  in  der  Regel  schon  von  der 
Geburt  an  im  Darminhalt  und  Eoth  vorhanden  ist  und  in  den  ersten  Lebens- 
wochen rasch  zunimmt,  nicht  von  den  Darmbakterien  herrührt;  vielmehr 
stammt  es  zum  Theil  von  den  drüsigen  Organen  des  Darms,  insbesondere 
vom  Pankreas  her,  zum  anderen  Theil  ist  es  mit  der  Milch  eingeführt, 
soweit  es  sich  um  Einder,  die  Frauenmilch  erhalten,  handelt. 


Diastati- 
sches 
Ferment, 
Moro. 


rückstände 
bei  der 

Knhmilch- 

nahrnng, 

Knoepfel- 

macher. 


Bei  der  Verdauung  des  Euhcaseins  bleibt  bekanntlich  ein  phosphor- 
reicher Rest,  der  als  Paranuclein  oder  Pseudonuclein  bezeichnet  wird. 
Während  das  Frauencasein  bei  der  Verdauung  ganz  in  Lösung  geht,  ist 
dies  Pseudonuclein  nur  unter  Anwendung  besonderer  Maassregeln  zu  lösen. 
Ob  in  dem  Eoth  ausser  dem  Pseudonuclein  noch  unverdautes  Euhcasein 
erscheint,  worauf  die  sog.  ^Cafeeinflöckchen"  hindeuten,  ist  nicht  bestimmt 
erwiesen.  W.  Enoepfelmacher  (Verdauungsrückstände  bei  der  Verdauungs 
Ernährung  mit  Euhmilch  und  ihre  Bedeutung  für  den  Säug- 
ling. Wien)  hat  nun  versucht,  in  Rücksicht  auf  den  hohen  Phosphorgehalt 
des  Caseins  und  seiner  Verdauungsrückstände,  den  Phosphor,  welcher  in 
organischer  Bindung  in  den  Fäces  vorhanden  ist,  in  seinem  Verhältniss 
zum  Stickstoff  zu  bestimmen.  Zunächst  suchte  er  das  Verhältniss  zwischen 
Phosphor  und  Stickstoff  für  denjenigen  Theil  des  Eothes  zu  bestimmen, 
der  den  Darmabscheidungen  entspricht,  und  benutzte  hierzu  das  Meconium. 
Hier  kam  1  Theil  P  erst  auf  215,  bezw.  302  Theile  N.  Hiermit  verglichen 

N 
fand  sich  fiir  den  Frauenmilchkoth  der  Quotient  ^p-  =  250,  127,  562,  womit 

bewiesen  ist,   dass  Frauencasein    oder   seine  Derivate   in  demselben  nicht 

vorhanden  waren.    Es  geht  dies  ohne  weiteres   aus   der  Untersuchung  des 

N 
Euhmilchkothes  hervor,  in  dem  -^=r-  =  18,2,  18,7,  19,6  war;  ausserdem  wird 

xr 

die  Annahme,  dass  die  letzteren  Zahlen  durch  den  Verdauungsrückstand 
des  Caseins  bedingt  sind,  auch  durch  einen  Doppelversuch  gestützt,  in  dem 
einmal  nur  Molken,  das  andere  Mal  Euhmilch  verfüttert  wurden.  Enoepfel- 
macher berechnet  aus  dem  Verhältniss  desN:P,  dass  dieser  Verdauungs- 
rückstand nur  das  Pseudonuclein  sein  könne,  und  zwar  ergeben  weitere 
Erwägungen,  dass  von  dem  gesammten  Euhmilchcaseinphosphor  der  Nah- 
rung 5,9 — 10,6  %  in  den  Fäces  wieder  erscheint  (in  einem  Fall  sogar  21  7®). 
Weiterhin  bespricht  Enoepfelmacher,  inwieweit  der  von  ihm  als  Pseudo- 
nuclein bestimmte  sNahrungsrest**  Biedert's  als  „schädlich"  aufgefasst 
werden  könnte,  und  regt  schliesslich  unter  anderem  die  Frage  an,   inwie- 


580 


Neuinann. 


Verdauung 8-  weit  der  Verlust  von  Phosphor    in  organischer  Verbindung    (dessen  künst- 

rückstände  ücher  Ersatz  durch  anorganische  Verbindungen  noch  nicht  erwiesen  sei)  zu 

xr   .     .1   ,      bedauern  und  zu  vermeiden  sei.    Seine  Berechnungen  führen  ihn  zu  dem 
ivunmilcu-  ^° 

nahrung,  Vorschlag,  zunächst  durch  Verdünnung  der  Milch  (1  +  3  Theile  Wasser) 
Knoepfel-  einen  Caseingehalt  von  0,75^0  zu  erzielen  und  diese  Verdünnung  auf  den 
maoher.  entsprechenden  Fett-  und  Zuckergehalt  zu  bringen;  wird  nun  hierzu  ein 
Eigelb  gesetzt,  so  erhält  diese  Mischung  noch  den  mangelnden  organischen 
Phosphor  sammt  Eisen,  und  kommt  schliesslich  das  Weisse  eines  Eies  hinzu, 
so  ist  der  Albumingehalt  der  Frauenmilch  entsprechend  erzielt.  Bei  dieser 
Mischung,  welche  ziemlich  dem  Vorschlage  von  Hempel  und  Lehmann 
entspricht,  bleibt  freilich  das  Ca  sein  nach  wie  vor  zum  Theil  unverdau- 
lich, ausserdem  ist  es  schwer,  die  Keimfreiheit  der  Nahrung  ausreichend  zu 
^gewährleisten. 


Stoff- 
wechsel 
beim 
Brustkind, 
Rubner  u. 
Ileubner. 


Unter  Mitwirkung  von  Bendix,  Winternitz  und  Wolpert  haben 
Max  Rubner  (Die  natürliche  Ernährung  eines  Säuglings.  Zeit- 
schrift für  Biologie  Bd.  36,  H.  1)  und  0.  Heubner  (lieber  die  Stoff- 
und  Kraftbilanz  eines  jungen  Brustkindes.  Naturforscherversanom- 
lung  in  Braunschweig  1897)  den  schwierigen  Versuch  durchgeführt,  während 
des  grösseren  Theiles  von  9  Tagen  an  einem  9w5chentlichen  Brustkind  den 
Stoffwechsel  zu  messen.  Es  ist  ihrer  Ausdauer  und  der  Versuchsanordnung 
f^elungen,  ein  recht  befriedigendes  Ergebniss  zu  erzielen,  zumal  der  Säug- 
ling sich  wesentlich  gesund  und  sein  Körpergewicht,  wenn  er  auch  nicht 
normal  gedieh ,  wenigstens  auf  gleicher  Höhe  erhielt.  Es  wurde  auf  der 
einen  Seite  die  Aufnahme  an  Muttermilch  und  auf  der  anderen  Seite 
die  Ausgaben  an  Urin,  Koth,  Lungenathmung  und  Perspiratio  insensibili^ 
gemessen.  Das  Kind  nahm  täglich  im  Durchschnitt  über  600  g  Mutter- 
milch ein  und  nutzte  hiervon  die  Kohlehydrate  ganz,  das  Fett  zu  94,41  •/•• 
die  N-h altige  Substanz  nur  zu  83,12  aus  (an  letzterem  ist  wohl  eine 
Diarrhoe  schuld).  Was  den  C-Stoffwechsel  betrifft,  so  übersteigen  die  Aus- 
gaben etwas  die  Einnahmen,  so  dass  das  Kind  wohl  etwas  Körperfett  zu- 
gesetzt hat,  während  umgekehrt  etwas  N  im  Körper  zurückgehalten  und 
wahrscheinlich  als  Eiweiss  angesetzt  wurde.  Auch  von  der  Asche  kam  ein 
Theil  zum  Ansatz;  da  trotzdem  das  Körpergewicht  gleichblieb,  zeigt  sich, 
dass  die  Zusammensetzung  der  Gewebe  in  einer  nach  aussen  nicht  erkenn- 
baren Weise  wechseln  kann.  Das  aufgenommene  Wasser  wurde  zu  59^« 
durch  die  Nieren,  der  Rest  durch  Haut  und  Nieren  ausgeschieden.  Eben>i> 
wie  die  Perspiration  schwankte  auch  die  Kohlensäureausscheidung,  je  nach- 
dem das  Kind  wachte  oder  schlief.  Der  Verbrennungawerth  der  Ein-  unti 
Ausfuhr  wurde  sowohl  berechnet,  wie  auch  direct  durch  Verbrennung  bt^ 
stimmt.  Ein  Liter  der  Muttermilch,  die  ziemlich  fettarm  war,  liefert»- 
614  grosse  Calorieen,  eine  andere  fettreichere  Muttermilch  übrigens  724  Ca- 
lorieen  (Kuhmilch  660  Calorieen).  Auf  den  Tag  und  das  Kilogramm  Körper- 
substanz verbrauchte  der  Säugling  nicht  ganz  70  Calorieen,  welche  &!:& 
unterste  Grenze  des  Verbrauchs   zu  betrachten  sind.     Die  in  der  Nahrung 


Kinderkrankheiten.  581 

gebotenen  Spannkräfte  wurden  zu  91,6  7o»  also  sehr  günstig  ausgenutzt. 
Auf  die  Körperoberfläche  berechnet,  schied  der  Säugling  stündlich 
18,5  Kohlensäure  auf  den  Quadratmeter  aus,  so  dass,  verglichen  mit  dem 
Erwachsenen,  der  entsprechend  15,6 — 16,1  ausscheidet,  der  Säugling  — 
wenigstens  in  dem  untersuchten,  nicht  völlig  normalen  Fall  —  keinen  leb- 
hafteren, sondern  eher  einen  geringeren  Stoffwechsel  als  der  letztere  hat. 

Trotz  der  täglichen  Verwendung  der  Aftermessung  in  der  Praxis  be- 
steht keine  Uebereinstimmung  in  der  Methode  und  Unklarheit  in  der  Be- 
urtheilung  der  gewonnenen  Temperatur.  Ref.  hat  daher  diese  Verhältnisse 
einer  genaueren  Prüfung  durch  Theodor  Homburger  (Arch.  f.  Kinder-  Temperatur 
heilkunde  Bd.  25,  H.  3  u.  4)  unterziehen  lassen.  Je  nachdem  das  Thermo-  h® ^™  ^^ei^' 
meter  5 — 6  oder  10 — 12  cm  tief  in  den  After  eingeführt  wurde,  fanden 
sich  Unterschiede,  die  sich  zwischen  0,1  und  0,7®  bewegten;  allerdings  war 
nur  in  16  7«  der  Unterschied  erheblicher  (0,4 — 0,7).  Erst  in  einer  Ent- 
fernung von  10  cm  von  der  Afteröffhung  fand  sich  regelmässig  eine  Tem- 
peratur, die  auch  bei  noch  tieferer  Einführung  nicht  mehr  zunahm  und 
die  daher  als  eine  solche  bezeichnet  werden  konnte,  welche  der  wirklichen 
Körperwärme  am  nächsten  kommt.  Bei  dieser  tiefen  Methode  der  After- 
messung wird  die  höchste  Temperatur  in  2  Minuten  sicher  erreicht.  Die 
Methode  ist  bei  guter  Fixirung  des  Kindes  und  Einführung  der  eingeölten 
Kugel  unter  gleichmässigem  aber  vorsichtigem  Druck  (wobei  die  Haltung 
sondenförmig  erfolgt)  fast  immer  anwendbar  und  durchaus  ungefährlich. 
Ob  alle  Individuen  die  gleiche  Wärmeeinstellung  haben,  ist  nicht  sicher; 
unter  Benutzung  der  erwähnten  Methode  fand  sich  bei  Bändern  eine  Normal- 
temperatur zwischen  37  und  88®;  vielleicht  kann  sie  ausnahmsweise  auch 
einige  Zehntel  nach  unten  und  selbst  zwei  Zehntel  nach  oben  abweichen. 
Will  man  die  wirkliche  Mastdarmtemperatur  in  Beziehung  zur  Achsel- 
höhlentemperatur bringen,  so  muss  man,  nach  einigen  Messungen -Ho  m- 
burger's  zu  schliessen,  von  der  ersteren  0,5—0,8®  C.  abziehen. 


B.  Pathologie  und  Therapie. 

!•  Krankheiten  der  Neugeborenen. 

Wenn  der  Ductus  omphalo-entericus  in  offener  Ver- 
bindung mit  dem  Darm  und  Nabel  persiatirt,  kann  er  sich  im  ganzen 
um-  und  herausstülpen;  hierbei  wird  der  Darm  an  den  Nabel  gezogen, 
und  es  kann  schliesslich  zu  einer  Abklemmung  des  Darms  kommen. 
Den  Prolaps  des  Ductus  omphalo-entericus  einfach  abzutragen, 
ist  nicht  erlaubt,  da  hiermit  die  Bauchhöhle  eröffnet  wird  und  der 
eröffiiete  Darm  m  die  Bauchhöhle  zurückschlüpft.  Vielmehr  ist  eine 
kunstgerechte  Entfernung  mit   Darmnaht   nöthig,   wie  sie  Körte 


582  Neumann. 

Persistenz   (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  7)  in   einem  Fall  mit  Erfolg  aus- 
'^om^hal^o-^   führte.     Ein  derartiges  Vorgehen   schloss   sich  jedoch  in  dem  Falle 
enterious,    von  H.  v.  Roth  (Zeitschr.  f.  Geburtsh.  u.  Gynäk.  Bd.  38)  aus,  weil 
Körte,        die  Laparotomie   sich  bei  dem  septischen  Zustand  der  Nabelgegend 
nicht  ausführen  Hess.    Roth's  Fall  zeigt  insofern  eine  Besonderheit, 
als  sich  nicht  erst  nach  Abfall  der  Nabelschnur  eine  abnorme  Com- 
munication   mit  dem  Darme  zeigte,   sondern  schon  bei  dem  Neuge- 
borenen eine  etwa  taubeneigrosse  Geschwulst  mit  lufthaltigem,  nicht 
reponirbarem  Inhalt  vorhanden  war.     Hier  wurde  zunächst  die  den 
Tumor    nach   aussen    abschliessende    Decke   durch   Alkohol    ausge- 
trocknet und  dann  die  Geschwulst  an  der  Basis  fortgesetzt  cauteri- 
sirt,   um  peritoneale  Verwachsungen   zu  erzeugen.     Als  schliesslich 
auf  diese  Weise  die  Geschwulst  abgetragen  war,  wulstete  sich  Darm- 
schleimhaut hervor,  aus  deren  Lumen  sich  Koth  entleerte.    Allmäh- 
lich schloss  sich  die  Fistel,  und  es  trat  vollkommene  Heilung  ein. 

Ueber  das  Baden  der  Neugeborenen  s.  S.  413. 

Thymastod,  Jeröme  Lange  beschreibt  plötzlichen  Tod  infolge  Com- 

Lange,  pression  der  Trachea  durch  die  vergrösserte  Thymus 
(Jahrb.  f.  Einderheilk.  Bd.  48,  H.  1).  Ein  gesundes  Mädchen  von 
3  ^/s  Monaten  wird  im  Bett  todt  aufgej^den.  Die  Section  zeigt  eine 
sehr  grosse  Thymusdrüse,  welche  die  Luftröhre  umgreift  und  säbel- 
scheidenförmig  zusammengedrückt  hat;  die  bindegewebigen  Zwischen- 
räume zwischen  den  Trachealknorpeln  sind  an  der  betreffenden  Stelle 
wohl  durch  Dehnung  ungewöhnlich  weit.  Es  erlaubt  der  Befund  nur 
die  Deutung,  dass  „die  bereits  längere  Zeit  bedeutend  flach  gedrückte 
Trachea  durch  acute  Schwellung  der  Thymusdrüse  und  eventuell 
plötzliche  Lageveränderung  des  Halses  acut  stenosirt  worden  und 
hierdurch  die  Erstickung  hervorgerufen  worden  ist".  —  Auch  in  dem 
Olessin.  Fall  von  0.  Clessin  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  11)  trat  der 
Tod  ohne  jedes  Vorzeichen  im  Schlafe  ein;  es  Hess  sich  die  Com- 
pression  der  Trachea  2  cm  oberhalb  der  Bifurcation  durch  die  ver- 
grösserte Thymusdrüse  bei  sorgfaltiger  Leichenöffnung  bestimmt 
nachweisen. 

II.  Krankheiten  des  NerfenBystems. 

V.  Holwede  beschreibt  eine  Epidemie  von  hysterischen 
Zufällen  in  einer  Bürgerschule  zu  Braunschweig  (Jahrb. 
f.  Kinderheilk.  Bd.  48,  H.  2  u.  8).  Die  Zufalle  verliefen  in  folgender 
Weise:  Die  Mädchen  legten  plötzlich,  nachdem  sie  kurz  zuvor  über 


Kinderkrankheiten.  583 

Kopfschmerzen  geklagt  hatten  und  ihr  Gesicht  sich  geröthet  hatte,     Epidemie 
den  Kopf  auf  den  Schultisch,  begannen  zu  zittern,  wurden  am  ganzen         der 
Körper  schlaff,  sanken  unter  die  Bank  und  geriethen  in  einen  rausch-      Holwede. 
oder  schlafähnlichen  Zustand;  nur  bei  einigen  zeigten  sich  schwach 
ausgeprägte  clonische  Elrämpfe.     Die  Pupillen  waren  während  des 
Schlafes  mittelweit  und  von  träger  B.eaction,  die  Augen  standen 
unter  Thränen,   die  Bindehaut,  sowie  das  ganze  Gesicht  waren  ge- 
röthet; die  Gliedmaassen  zuckten  oder  zitterten.    Auf  starken  Druck 
Abwehrbewegungen.     Meist  nach  ^/2  Stunde  allmähliches  Erwachen, 
und    nur    allmähliche    Erinnerung    an    das    Vorgefallene.    —  Vom 
13.  Januar  bis  zum   23.  März  wurden  42   Mädchen  im  Alter  von 
8 — 14  Jahren  aus  verschiedenen  Classen,  und   zwar  selbst  solche, 
welche  die  An&Ue  nicht  selbst  gesehen  hatten,  befallen.    Ein  Schul- 
schluss  von  8  Tagen  genügte  nicht,  um  die  Epidemie  abzuschneiden. 

Kissel  theilt  einen  Fall  von  schwerer  hysterischer  An-     Schwere 
orexie,  die  mit  Genesung  endete,  mit  (Arch.  f.  Kinderheilk.  Bd.  25,    ^^0^6x^6  ^ 
H.  5  u.  6).    Das  14jährige  Mädchen  hatte  seit  3  Monaten  die  Speisen       Kissei. 
erbrochen  oder   wieder    ausgespieen  und    zuletzt  ganz  verweigert; 
ihr  Gewicht    betrug  bei   der  Aufnahme    18200  g;    durch    Sonden- 
fütterunßj  wurde  der  Widerstand  gegen  Nahrungsaufnahme  gebrochen, 
so  dass  sie  im  Laufe  von  B7  Tagen  um  16  700  g  zunahm. 

Luigi  Concetti,  Sopra  un  caso  di  atassia  cerebellare  Ataxia 
post-tifica  in  un  bambino.  (La  Pediatria  Nr.  8).  Nach  einem  concetti 
schweren  Typhus  entwickeln  sich  bei  einem  erblich  nicht  belasteten 
Knaben  von  4  Jahren  folgende  Nervenstörungen:  schlaffe  Paresen, 
wesentlich  der  unteren  Extremitäten,  starke  Ataxie  beim  Gehen, 
während  eine  solche  in  der  Ruhelage  nicht  vorhanden  ist;  fast  voll- 
ständiger Verlust  der  Patellarreflexe  und  einiger  Hautreflexe ;  Fehlen 
von  Sensibilitätsstörungen;  leichte  Reizbarkeit  und  geringe  Beein- 
flussung der  Intelligenz.  Keine  Atrophieen,  keine  Spasmen.  Nach- 
dem die  Krankheit  3  Jahre  angedauert  hatte,  kam  sie  in  Behand- 
lung und  wurde  besonders  durch  die  Darreichung  von  JodkaUum  zur 
Heilung  gebracht.  Concetti  nimmt  an,  indem  er  alle  Möglichkeiten 
durchgeht,  dass  es  sich  um  eine  multiple  Sklerose,  die  sich  im  Ellein- 
him  localisirte,  gehandelt  habe.  (Mit  der  Möglichkeit  eines  Gummi- 
knotens rechnet  er  nicht,  da  er  die  Erkrankung  als  einen  Folge- 
zustand der  Typhusinfection  betrachtet.     Ref.) 

J.  Zappert  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  46,  H.  3  u.  4)  fand  in 
einem   Fall   typischer   Pseudoparalyse    der   Arme    Verände- 


584  Neumann. 

Pseudo-  rungen  im  Rückenmark,  welche  er  als  eine  Meningitis  in  der  Cer- 
paralysis  yicalanschwellung  und  eine  ebendort  befindliche  Degeneration  der 
Zsppert.  '  hinteren  Wurzeln  auffasst.  Auch  die  vorderen  Rückenmarkswurzeln 
waren  degenerirt,  von  ihnen  schien  peripheriewärts  eine  Degenera- 
tion der  Nerven  auszugehen.  Zapp  er  t  glaubt,  dass  bei  einer  Sich- 
tung der  Fälle  von  syphilitischer  Pseudoparalyse  nur  bei  einem  Theil 
sich  eine  schmerzhafbe  Knochenaffection  als  Ursache  nachweisen 
lassen  wird,  während  in  einem  anderen  Theil  spinale  Erkrankungen 
nachweisbar  sein  werden. 

Anatomische         Nach   der   Methode   von    Nissl   stellten    Erich  Müller   und 

Unter-       Manicatide  Untersuchungen  der  Nervenzellen   maficendarm- 
suchnngen  ^^       .  .    .  ° 

des  Nerven-  kranker  Säuglinge  und  eines  Falles  halbseitiger  Krämpfe 

Systems,  an  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  Bd.  36).  Es  fanden  sich  in  allen  Fällen 
Manicatide  ^'^^  Darmerkrankung  Zell  Veränderungen,  imd  zwar  verschieden  stark 
ausgeprägt.  Am  Rückenmark  waren  die  ZeUläsionen  immer  im 
Dorsahnark  am  stärksten.  Die  Form  der  Veränderungen  hatte  nichts 
gerade  für  Darmkrankheiten  Charakteristisches,  andererseits  waren 
sie  auch  von  der  Höhe  des  Fiebers  unabhängig.  Die  Untersuchung 
des  Falles  von  einseitigen  Elrämpfen  zeigte  keinen  sicheren  Unter- 
schied, der  ihrem  Sitze  entsprochen  hätte. 

Kernig'sches  Netter  bespricht  die  Wichtigkeit  des  Kernig'schen  Sym- 
Symptom    pj^Q^g  (Bulletins   et  M^moires  de   la  Soc.  m6dic.  des  Höpitaux  de 

Meningitis,  Paris,  22.  Juli).  Dasselbe  zeigt  sich,  wenn  Kranke  im  Bett  auf- 
Netter.  sitzen:  das  Knie  kann  dann  nicht  durchgedrückt  werden,  obgleich 
in  Rückenlage  durchaus  keine  Bewegungsbeschränkung  besteht. 
Netter  prüfte  hierauf  41  Kranke  mit  Cerebrospinalmeningitis  mit 
Erfolg,  sowie  B  andere  meningitische  Kranke,  die  nur  einmal,  bezw. 
in  der  Agone  zur  Untersuchung  kamen  und  das  Symptom  vermissen 
liessen.  Es  fand  sich  also  das  Symptom  in  90*^/0  von  Meningitis, 
während  es  in  zahlreichen  Fällen  anderer  Erkrankung  nie  gefunden 
wurde.  2  Fälle  müssen  wir  genauer  besprechen.  Ein  Knabe  zeigt 
klinisch  und  bacteriodiagnostisch  alle  Zeichen  eines  Unterleibs- 
typhus, der  durch  die  Leichenöfiiiung  in  jeder  Hinsicht  seine  Be- 
stätigung findet;  während  des  Lebens  Kernig'sches  Symptom,  ob- 
gleich sonst  nichts  auf  eine  Meningitis  weist ;  bei  der  SchädelerÖffnung 
wird  eine  eitrige  Meningitis  (durch  den  Staphylococcus  pyogenes 
aureus  und  den  Typhusbacillus  veranlasst)  aufgefunden.  In  dem 
zweiten  Fall  handelt  es  sich  um  einen  4*/* jährigen  ILnaben,  bei  dem, 
trotzdem  die  sonstigen  Symptome  undeutlich  waren,  das  Kernig'sche 


Kinderkrankheiten.  585 

Symptom  immer  wieder  an  eine  Cerebrospinalmeningitis  denken  liess. 
Die  deswegen  gemachte  Lumbalpunction  blieb  ergebnisslos,  aber  in 
kaum  zweifelhaftem  Anschluss  an  dieselbe  entwickelt  sich  beider- 
seits in  der  Gegend  des  Steissbeins  ein  Abscess,  der  neben  sehr 
feinen  Stäbchen  den  Meningococcus  enthält.  Insofern  nimmt  Netter 
wohl  mit  Recht  an,  dass  auch  in  diesem  Fall  das  Kernig'sche  Sym-- 
ptom  mit  einer  Meningitis,  imd  zwar  einer  „Forme  fruste"  derselben 
in  Verbindung  stand.  Netter  beobachtete  noch  6  andere  Fälle  von 
Formes  frustes,  welche  ausser  dem  K  e  r  n  i  g'schen  Zeichen  nur  noch 
Schmerzen  im  Rücken  und  den  Beinen,  zweimal  ausserdem  noch  Pe- 
techien zeigten.  Uebrigens  kann  das  Kernig'sche  Zeichen  zwar 
während  der  ganzen  Krankheit  und  selbst  bis  in  die  Reconvale- 
scenz  hinein  vorhanden  sein,  es  kann  aber  auch  schon  früher  ver- 
schwinden oder  nur  zeitweise  bestehen,  so  dass  seine  Abwesenheit 
nicht  erlaubt,  die  Meningitis  auszuschliessen. 

lieber    die    diagnostische    Bedeutung    der    Lumbal- 
punction bei  tuberculöser  Meningitis  s.  S.  68. 

Ganz  aussichtslos  erscheinen  beim  chronischen  Hydrocephalus  Chronischer 

die  Functionen   des  Gehirns   oder   des  Rückgratkanals;       Hydro- 

.  cephalus, 

bei  den  letzteren  fliesst,  infolge  des  Verschlusses  des  Magendie'schen    behandelt 

Loches  die  hydrocephalische  Flüssigkeit  aus  den  Ventrikeln  meist  "*»* 
nicht  ab,  bei  den  ersteren  erneuert  sie  sich,  es  sei  denn,  dass  Marfan  ^ 
—  wie  in  einem  Falle  von  Marfan  (La  Semaine  med.  S.  194)  — 
von  selbst  eine  Drainage  nach  dem  Unterhautgewebe  zu  Stande 
kommt.  Jedenfalls  soll  man  nur  bei  offenem  Schädel  punctiren  \md 
jede  Aspiration  vermeiden;  auch  ist  die  Function  zwecklos  bei  offen- 
baren Missbildungen  des  Gehirns. 

Walker  Overend  und  Fester  Gross  (The  Lancet,  29.  Oct.)  Overend  u. 
machten  bei  einem  lOmonatlichen  Kind  mit  chronischer  Meningitis  Gross, 
eine  basale  Drainage,  indem  sie  hinter  dem  Warzenfortsatz  ein 
Stück  Knochen  mit  einem  Durchmesser  von  etwa  */2  Zoll  entfernten 
und  den  vierten  Ventrikel  drainirten.  Der  Tod  trat  am  23.  Tage 
nach  der  Operation  und  scheinbar  nicht  im  Zusammenhang  mit  ihr 
ein.  Daraus,  dass  sich  nachträglich  in  den  Ventrikeln  und  an  der 
Basis  noch  grosse  Mengen  Flüssigkeit  fanden,  erhellt  genügend  die 
Zwecklosigkeit  der  Operation. 

Von   den   chirurgischen  Eingriffen  beim  Hydrocephalus  er- 
scheint ims  am  meisten  bemerkenswer  th  die  intracranielleDrai- 
nage,  welche  G.  A.  Sutherland  imd  W.  Watson  Cheyne  (The     Sutherland 
British  med.  Joum.,  15.  Oct.)   empfehlen.    Wenngleich  die  geistige     ""'  ^^^^''^' 


586 


Neumann. 


Schultze- 
sche 
Schwin- 
gangen  bei 
Bronchio- 
litis, 
Schilling. 


Hämor- 
rhagische 
Plearitis, 

Lewin. 


Ursache 

des  Kench- 

hustens, 

Behla, 


Function  nur  eine  Besserung  erfahren  könnte,  wenn  keine  zu  starke 
Entartung  des  Gehirns  vorliegt,  wird  durch  diese  Operation  immer- 
hin eine  dauernde  Verminderung  der  hydrocephalischen  Flüssigkeit 
erzielt,  die  um  so  bemerkenswerther  ist',  als  die  Lebensaussichten 
bei  der  Operation  nicht  ungünstig  sind.  Es  wird  die  grosse  Fon- 
tanelle an  einer  seitlichen  Ecke  eröffnet,  eine  Catgutdrainage  zwi- 
schen dem  subduralen  Baum  imd  dem  Seitenventrikel  hergestellt  und 
dann  wieder  geschlossen.  Wenn  sich  hiemach  (infolge  Verschlusses 
des  M  0  n  r  o 'sehen  Loches)  nur  die  operirte  Seite  verkleinert,  so  muss 
dieselbe  Operation  auch  auf  der  anderen  Seite  vorgenommen  werden. 

III.  Krankheiten  der  AthmuBgreorgrane« 

Bei  schweren  Fällen  von  Dyspnoe  und  Asphyxie  empfiehlt 
Fr.  Schilling  (Die  Behandlung  der  Bronchiolitis,  Atel- 
ektasie  etc.  kleinster  Kinder  mittels  Schultze'scher 
Schwingungen.  Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  11)  in  vorsich- 
tiger Weise  —  d.  h.  in  einer  Sitzung  10 — 12mal  —  die  bekannten 
Schult  ze'schen  Schwingungen  vorzimehmen.  Das  jüngste  Kind,  bei 
dem  er  sich  ihrer  bediente,  war  2  Tage  alt,  das  älteste  16  Wochen. 

Unter  60  Fällen  von  Pleuritis  exsudativa  hat  Lewin  (Ein  Bei- 
trag zur  hämorrhagischen  Pleuritis  bei  Kindern.  Jahrb. 
f.  Kinderheilk.  Bd.  47)  4mal  Pleuritis  haemorrhagica  beobachtet. 
Alle  4  Fälle  verliefen  durchaus  günstig;  die  Erkrankung  begann  zu- 
meist mit  leichten  Entzündungserscheinungen  der  Augen,  an  die  sich 
die  Pleuritis  haemorrhagica  anschloss;  dieselbe  heilte  unter  einer 
roborirenden  Behandlung  stets  vollständig  aus,  so  dass  Lewin  die 
Prognose  derselben  bei  Kindern  als  eine  durchaus  günstige  bezeichnet. 
Das  seltene  Vorkonmien  rührt  nach  Lewin  wohl  meistens  daher, 
weil  bei  dem  guten  Verlauf  meist  nicht  punctirt  werde. 

Die  Forschimgen  über  die  Ursache  des  Keuchhustens 
wollen  sich  jetzt  allem  Anschein  nach  zu  bestimmteren  Ergebnissen 
verdichten.  Zwar  sind  sie  auch  in  diesem  Jahre  noch  reich  an 
Gegensätzen,  so  dass  der  Streit  zwischen  Amöben  und  Bacterien 
wogt.  Robert  Behla  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  19)  findet 
im  Keuchhustenauswurf  sporenbildende  Amöben;  die  Amöben 
hatten  mehrfach  pulsirende  Vacuolen;  die  Sporen  sind  in  Sporo- 
Cysten  eingeschlossen.  Die  Untersuchung  muss  an  dem  frischen, 
warmen  Präparat  geschehen.  Behla  erwähnt  übrigens  auch,  dass 
es  ihm  gelungen  sei,  einen  Hund  durch  Einblasen  von  getrocknetem  und 
gepulvertem  Sputum  an  tvpischem  Keuchhusten  erkranken  zu  lassen. 


Kinderkrankheiten. 


587 


Viel  grössere  Aussichten  als  die  Amöbe  hat  jedoch  der  von 
Czaplewski  und  Hensel  (siehe  vorigen  Jahrgang)  beschriebene  Ozaplewski, 
kurze  Bacillus.  Czaplewski  (Deutsche  med.  Wochenschr. 
Nr.  14)  hält  sein  Polbacterium  für  identisch  mit  dem  von  Koplik 
und  von  Spengler  beschriebenen  Bacterium  und  äussert  sich  auch 
im  Centralbl.  f.  Bact.  Bd.  24,  Nr.  22  des  weiteren  über  sein  Bac- 
terium gelegentlich  der  Besprechung  einer  Untersuchung  von  Livio 
Vincenzi.  Dieser  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  40)  fand  einen  Vinccnzi, 
Coccobacillus,  der  unbeweglich  und  ungefiähr  so  klein  wie  der 
der  Influenza  ist,  auf  Gelatine  und  unter  24*^  C.  nicht  wächst;  auf 
Blutserum  und  auf  Löffler'schem  Serum  soll  er  nur  kümmerlich, 
besser  auf  Agar  wachsen;  hier  entwickeln  sich  bei  37°  nach  30  Stun- 
den winzig  kleine  Colonieen,  von  denen  die  oberflächlichen  wie  Luft- 
bläschen, von  unregelmässigem  Detritus  begrenzt,  erscheinen;  die 
Colonieen  sind  kaum  mit  blossem  Auge  sichtbar.  Die  Colonieen  des 
Coccobacillus  sind  nur  sehr  kurze  Zeit  überimpf  bar;  das  Bacterium 
geht  bei  60*^  in  3  Minuten  zu  Grunde  und  ist  gegen  Austrocknung 
sehr  empfindlich.  Thierexperimente  schlugen  fehl.  Das  Bacterium 
wurde  bei  18  Kranken,  und  zwar  am  reichlichsten  bei  rein  schlei- 
migem Sputum  gefunden. 

Auch  Zusch  (Centralbl.  f.  Bact.  Bd.  24,  Nr.  20  u.  Münch.  med.  Zuach. 
Wochenschr.  Nr.  23)  fand  bei  25  Kindern  in  den  Schleimflöckchen 
des  uncomplicirten  Keuchhustens  in  wechselnder  Menge  Kurz  Stäb- 
chen, die  unter  Umständen  auch  das  Aussehen  von  Diplokokken 
hatten,  ohne  Eigenbewegung  sind  und  sich  nach  Gram  entfärben. 
Besonders  gut  wachsen  sie  auf  Anasarca-Glycerinagar ,  doch  auch 
auf  gewöhnlichem  Agar  und  selbst  in  Gelatine.  Am  besten  wachsen 
sie  zwischen  37  und  38°;  gegen  Hitze  und  Austrocknung  sind  sie 
wenig  widerstandsfähig.  Serumreaction  und  Thierversuche  bUeben 
negativ.  Während  sie  sich  in  reinen  Fällen  ausschliesslich  finden, 
stellen  sich  bei  Complicationen  noch  andere  pathogene  Bacterien  ein. 
Zusch  glaubt,  dass  seine  Bacillen  die  gleichen  wie  die  von  Czap- 
lewski beschriebenen  sind. 


Ernst  Fischer  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  27,  Therap.    Pertussin, 
Beil.)  berichtet,  dass  das  P ertuss in  (Extr.  Thymi  saccharati)  seinen       bischer. 
Kindern  bei  Keuchhusten  gut  gethan  habe.   Er  schreibt  diesem  Mittel 
wesentlich  eine   krampfmildemde   und   schleimlösende  Wirkung  zu. 

Leo  Levy  (Ueber  die  Behandlung  des   Empyems  im     Empyem 
Kindesalter.     Jahrb.  f  Kinderheük.  Bd.  46,  H.  1  u.  2)  weist  auf  ^®'f^^^"'* 
Grund  einer  sorgfältigen  Analyse  der  veröffentlichten  und  55  eigener 


\ 


588  Neumann. 

Fälle   nach,   dass  ein  Vorzug  der  Bülau'schen  Methode  gegenüber 
der  Radicaloperation  bisher  nicht  nachweisbar  sei. 

IT«  Krankheiten  der  Kreislauf sorgrane* 

Herz-  0.  Soltmann  (Zur  Herzdiagnose.     Jahrb.  f.  Kinderheilk. 

^**^^^®»  Bd.  48)  drückt  in  Kürze  seine  Anschauungen  über  Herzdiagnose  bei 
Kindern  aus ;  da  sie  nach  Meinung  des  B.eferenten  durchaus  zutreffend 
und  auch  vielfach  anerkannt  sind,  ohne  doch  genügend  populär  zu  sein, 
mögen  die  bezüglichen  Thatsachen  hier  Erwähnung  finden.  Accidentelle 
anämische  systolische  Geräusche  treten  in  den  ersten  8 — 4  Lebens- 
jahren überhaupt  nicht,  vielmehr  wesentlich  nur  in  der  Pubertäts- 
zeit bei  ausgesprochener  Chlorose  auf.  Cardiopulmonale,  meist  systo- 
lische Geräusche  sind  sowohl  in  ihrem  Schallcharakter  und  Timbre, 
als  auch  in  ihrer  Intensität  und  Extensität  discontinuirlich  (sie 
nehmen  zu  bei  verstärkter  und  verschwinden  bei  angehaltener  Ath- 
mung).  Bei  Mitralinsufficienz  kann  ein  herzsystolisches  Geräusch  an 
der  Spitze  bei  hebendem  Spitzenstoss  jahrelang  das  einzige  con- 
stante  physikalische  Symptom  bleiben.  Wenn  wir  bei  nachweisbarer 
Verbreiterung  des  Herzens  und  Accentuation  des  zweiten  Pulmonal- 
tones  ein  systolisches  Geräusch  haben,  welches  nicht  an  der  Spitze 
am  stärksten  ist,  werden  wir  eher  an  einen  myocardialen  Ui'spnmg 
des  Geräusches  denken. 

In  der  pädiatrischen  Abtheilung  des  Edinburger  Congresses  der 
British  medical  Association   war   eine  bemerkenswerthe  Discussion 
über  die  rheumatischen  Herzkrankheiten  im  Kindesalter 
Rheuma-     (The  Brit.  med.  Joum.,  15.  Oct.).   D.  B.  Lees  berichtete  auf  Grund 
*kVa^ii\heU    vö^  1^  tödtlich  verlaufenen  FäUen;  in  fast  einem  Drittel  der  Fälle 
bei  Kindern,  waren   die  Kinder   im  ersten  Anfall  erlegen,   86mal  bestand  gleich- 
Leei.         zeitig  frischer  Rheumatismus.     Die  Herzkrankheit  führte   nicht  so- 
wohl durch  die  endocarditischen  als  durch  die  pericarditischen  Ver- 
änderungen zum  Tode.     Die  Endocarditis  hatte  in  bekannter  Weise 
wesentlich  die  Mitralklappe  befallen  und  in  der  Hegel  eine  InsofB- 
cienz  herbeigeführt,  aber  obgleich  sie,  ausser  in  einem  Fall,  immer 
zu  finden  war,  war  sie  76mal  von  keiner  grossen  Bedeutung.     Viel 
wichtiger  ist  die  Pericarditis  und  nur  in  9  von  den  150  Fällen  war 
der  Herzbeutel   ganz   frei,    llSmal   bestanden  Verwachsungen,    die 
77mal  —  also  in  der  Hälfte  aller  Fälle,  sogar  zur  völligen  Oblitera- 
tion  gefuhrt  hatten.     Schon  diese  Zahlen  lassen  erkennen,  dass  für 
den  schlimmen  Verlauf  viel  weniger  ein  pericardialer  Erguss  als  eine 
pericardiale  Verwachsung  in  Betracht  kommt,  wie  sich  denn  nur  in 


Kinderkrankheiten.  589 

25  °/o  Flüssigkeit,  und  zwar  gewöhnlich  in  nicht  grosser  Menge  vor- 
fand. Von  der  Pericarditis  aus  wird  offenbar  in  der  Regel  die  Herz- 
musculatur  in  Mitleidenschaft  gezogen,  so  dass  es  zu  einer  tödtlichen 
Insufficienz  unter  dem  Bilde  der  Dilatation  kommt,  wie  sie  in 
92  Fällen  auch  besonders  erwähnt  wurde;  selbst  die  Hypertrophie 
mag  unter  Umständen  nur  durch  Oedem  und  Entzündung  der  Wan- 
dung vorgetäuscht  sein.  Wichtig  ist  es  aber  zu  betonen,  dass  die 
Dilatation  des  Herzens  auch  ohne  Endo-  oder  Pericarditis  bei  Rheu- 
matismus gewöhnlich  ist,  und  zwar  bei  Erwachsenen  ebenso  wie  bei 
Kindern  und  mit  dem  Kommen  und  Schwinden  des  Rheumatismus 
entsprechend  wechselt.  Lees  sah  dies  in  gleicher  Weise  bei  In- 
fluenza und  möchte  in  beiden  Krankheiten  einen  specifisch  toxischen 
Einfluss  auf  das  Herz  annehmen.  Ungünstig  ist  es,  wenn  ein  neuer 
rheumatischer  Anfall  eintritt,  bevor  sich  das  Herz  von  dem  früheren 
Anfall  ganz  erholt  hat.  Es  ist  wichtig  zu  wissen,  dass  eine 
schnelle  Zunahme  der  Herzdämpfung  beim  acuten  Rheumatismus, 
selbst  wenn  der  Verdacht  auf  einen  pericardialen  Erguss  vorliegt, 
doch  zum  Theil  oder  selbst  ganz  durch  eine  Dilatation  verursacht 
sein  kann.  Ueber  die  Differentialdiagnose  zwischen  beiden  Zuständen 
herrschte  auch  in  der  Discussion  keine  völlige  Uebereinstimmung. 
—  Auch  Baginsky  hat  sich  eingehend  mit  der  Pericarditis  imPericarditis, 
Kindesalter  beschäftigt.  Er  gibt  über  Diagnostik  und  Therapie  ^»«^nsky. 
zu  ausfuhrliche  Mittheilungen  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  48) ,  als 
dass  wir  hier  genauer  auf  dieselben  eingehen  könnten. 

Y.  Krankheiten  der  Yerdanangrsorgrane. 

Carl  Stern  (Deutsche  med.  Wo chenschr .  Nr.  38)  unterscheidet  Angeborene 

klinisch  zwischen  einer  angeborenen  relativen  und  absoluten  Stenose     ^yiorus- 

^  Stenose, 

des  Pylorus.  Nicht  galliges  Erbrechen  und  Stuhlverstopfung  be-  Stern, 
stehen  bei  der  letzteren  von  Geburt  an,  während  diese  Erscheinungen 
bei  der  relativen  Verengerung  so  lange  fehlen  können,  als  die  rela- 
tive Verengerung  noch  nicht  in  eine  absolute  übergegangen  ist. 
Anatomisch  handelt  es  sich  in  der  Regel  um  eine  musculäre  Hyper- 
trophie der  Pfbrtnermusculatur ,  wobei  sich  die  Schleimhaut  ent- 
sprechend in  Falten  legt;  nach  Stern  ist  bei  klinisch  erkannter 
„absoluter"  Stenose  das  Pförtnerlumen  bis  auf  3  mm  oder  darunter 
verengt.  In  solchen  Fällen  ist  die  möglichst  frühzeitige  Gastro- 
enterostomie angezeigt  —  die  allerdings  in  dem  von  Stern  berich- 
teten Falle  das  Kind  nicht  mehr  zu  retten  vermochte. 

Ganz  im  Gegensatz  zu  Stern  erklärt  Meinhard  Pfaundler     Pfaundler. 
(Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  45),  dass  die  bei  SäugHngsleichen  ge- 


590  Neumann. 

fundenen  ringförmigen  Pylorustumoren,  welche  aus  hyperplastischen 
Wandungsgebilden  bestanden,  nur  als  eine  systolische  Leichenstarre 
des  normalen  Pförtners  aufzufassen  seien.  Allerdings  gebe  es  im 
frühen  Säuglingsalter  Krankheitsbilder,  welche  auf  eine  bestehende 
Pylorusstenose  hinweisen,  aber  wahrscheinlich  handle  es  sich  hierbei 
um  eine  rein  fanctionelle  Erkrankung,  nämlich  um  einen  Spasmus  der 
Pylorusmuskeln,  welche  entsprechend  durch  Magenausspülungen  und 
anderes  zu  behandeln  sei,  keinenfaUs  aber  einen  chirurgischen  Ein- 
griff rechtfertige. 

infectiöser  A.  A.  Kissel  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  48)   gibt  eine  gute 

Kissel  '      Schilderung  des   infectiösen   Icterus   bei  Kindern  und   betont 

mit  Recht,  dass  sich  zwischen  ihm  und  dem  einfachen  katarrhalischen 

Icterus  kein  grundsätzlicher  Unterschied  finde,  vielmehr  der  letztere 

dem  ersteren  in  der  Regel  zuzurechnen  sei. 

Ursachen  Escherich    (Deutsche   med.  Wochenschr.   Nr.  40  u.  41)  fasst 

Behandlnne  ^®  neuesten   Anschauungen    über  die  Bedeutung   der  Bacterien 
der  Magen-   in  der  Aetiologie  der  Magendarmerkrankungen  der  Säug- 
darmkran k-  linge  zusammen  und  erweitert  sie.    Der  Bestand  und  die  Erhaltung 
^gy         einer  normalen    Bacterienvegetation    im    Verdauungstractus   ist  als 
Säuglinge,   Ausdruck  der  physiologischen  Leistung  desselben  aufzufassen,  und 
Eschench,      ^^  kann  bei  einem  Kinde,  dessen  Kräfte  damiederliegen ,   zur  Ent- 
wickelung    abnormer    saproph}i;ischer    oder    pathogener    Bacterien 
kommen,  ohne  dass  diese  darum  als  Ursache  der  etwa  vorhandenen 
Darmerkrankung  anzusprechen  wäre.     Auch  die  Bacterien,   die  mit 
der  Milch  infolge  ihrer  ektogen   entstandenen   Zersetzung    in  den 
Darm  gelangen,   dürfen   in  ihrer  Bedeutung  für  Darmerkrankungen 
nicht  allzu  sehr  überschätzt  werden.    Bedeutungsvoller  sind  die  Zer- 
setzimgen,    die  in  der  Mundhöhle,  vor  allem  aber  im  Magen  statt- 
finden können,    so   dass   es   deshalb   von   grosser  Wichtigkeit   ist, 
dass  der  Magen  des  Säuglings  rasch  und  vollständig  vor  dem  Ein- 
tritt neuer  Nahrung  entleert  wird.     Manche  Zersetzungen  beginnen 
aber  erst  im  Darm  selbst,  z.  B.  diejenigen  der  Stärke  oder  die  durch 
anaerobe  Bacterien  bedingten ;  diese  endogene  oder  Chymuainfection 
setzt  nicht  so  stürmisch  ein  wie  die  Intoxicationen,  welche  auf  den 
Genuss  einer  ausserhalb  des  Körpers  zersetzten  Milch  zurückzuführen 
sind  imd  fiir   die  der  Ausdruck   „Cholera  infantum"    zu  reserviren 
wäre;   der   endogenen    Infection   sind   sogar  Brustkinder,   häufiger 
allerdings     Flaschenkinder     ausgesetzt.      Wenn    kohlehydrathaltige 
Nahrungsreste  vorhanden  sind,  handelt  es  sich  hierbei  um  eine  saure 


Kinderkrankheiten.  591 

Gährung,  wo  solche  fehlen,  besonders  wenn  grosse  Mengen  Darm- 
secret  in  den  Magen  gelangen,  um  eine  stinkende  Eiweissfanlniss ; 
das  Darmsecret  geht  leichter  als  das  Kuhcasein  in  Fäulniss  über. 
Gegenüber  der  endogenen  Darmzersetzung  hilft  sich  der  Organismus 
durch  vermehrte  Peristaltik,  durch  preise  Secretion,  durch  Er- 
brechen und  Anorexie.  Der  gefahrlichere  Theil  der  Magendarm- 
erkrankungen beruht  auf  der  „Einwirkung  infectiöser,  vielleicht 
specifischer  Krankheitskeime,  welche  sich  unabhängig  von  der  Art 
der  Ernährung  im  Darmkanal  ansiedeln  und  denselben  als  Eintritts- 
pforte benutzen,  um  alsdann  im  Innern  des  disponirten  Körpers  ihr 
Zerstörungswerk  zu  vollenden" .  Bei  der  Streptokokkenenteritis 
ist  das  Krankheitsbild  ein  ungemein  wechselndes:  von  vorüber- 
gehenden Beizerscheinungen  mit  serös  spritzenden  Stühlen  bis  zu 
dem  Bild  der  Cholera  infantum;  Beginn  mit  Hyperpyrexie  und  Con- 
vulsionen  und  trotzdem  häufig  schneller  günstiger  Ausgang.  Bei 
länger  erkrankten,  geschwächten  Kindern  kann  sich  die  Krankheit 
mehr  im  Dickdarm  localisiren  (mit  eitrig-blutigen  Stühlen).  Diese 
Streptokokkeninfection  kann  auch  secundär  bei  einer  schon  bestehenden 
Darmerkrankung  entstehen.  (Ob  Escherich  den  Streptococcus  für 
identisch  mit  dem  Streptococcus  pyogenes  hält,  ist  nicht  ganz  ersicht- 
lich. Ref.)  Von  infectiösen  Krankheiten  schildert  femer  Escherich 
eine  dysenterieähnliche  Erkrankung  —  Colitis  infectiosa  oder  Coli- 
colitis  — ,  welche  bald  sporadisch,  bald  epidemisch  auftritt  und  viel- 
leicht auf  eine  besondere  infectiöse  Form  des  Bacterium  coH  zurück- 
zufuhren ist.  Bei  der  Vorbeugung  möchte  Escherich  die  Milch- 
sterilisirung  nicht  missen,  ausserdem  soll  aber  auf  die  Reinhaltung 
der  Mundhöhle,  Vermeidung  der  Contactinfection  und  Intacterhaltung 
der  chemischen  und  motorischen  Functionen  des  Magens  Sorgfalt 
verwendet  werden.  Femer  Trennung  der  Gesunden  von  den  Kranken, 
Trennung  der  Pflegerinnen  und  der  Gebrauchsartikel!  Durch  ektogene 
Zersetzung  entstandene  Intoxication  ist  wie  jede  Intoxication  zu  be- 
handeln ;  bei  endogener  Infection  ist  die  Nahrung  so  zu  ändern,  dass 
anstatt  Milch  eine  dünne  Mehlabkochung,  anstatt  Mehl  hingegen 
verdünnte  Milch  während  der  Erkrankung  zu  reichen  ist.  Bei  Ei- 
weissföidniss  bewährt  sich  die  Dextrintherapie  (also  z.  B.  Liebig'sche 
Suppe). 

Ganz  ähnliche  Gesichtspunkte  bezüglich  der  infectiösen  Natur 
der  wichtigsten  Darmkatarrhe  finden  wir  beiHeubner  und  seinem 
Schüler  HeinrichFinkelstein.  Das  Eigenartige  der  von  H  e  üb  n  e  r    Finkelatein, 
im  Krankenhaus   eingeführten   Säuglingspflege   ist   bekanntlich   die 
Anstellung  einer  besonderen  „oberen"  und  „unteren"  Wärterin,  von 


592  Nemnann. 

Ursachen     denen  jene  die  Emähnmg,  diese  die  Reinigung  besorgt.    Es  ist  nun 

„  ^  ^'*?,         interessant,  durch  Finkelstein  (Morbidität  und  Mortalität  in  Säug- 
Behandlnng    ,  ,        '  ,  .... 

der  Magen-  lingsspitälem.  Zeitschr.  f.  Hyg.  Bd.  28)  die,  wie  wir  nicht  leugnen 
darmkrank-  können,  überzeugende  Begründung  für  jene  Neuerung  zu  erhalten. 
S&uirlinire  "^  eiiier  sehr  sorgfaltigen  statistischen  Aufstellung  weist  Finkel- 
Finkelstein.  Stein  nach,  dass  bei  sonst  wesentlich  gleichbleibenden  Verhältnissen 
seit  jener  Neuerung  die  Sterblichkeit  in  der  Säuglingsabtheilung  der 
Charit^  beträchtlich  gesunken  ist  und  sich  nicht  mehr  sehr  fem  von 
demjenigen  Procentsatz  hält,  der  unter  Rücksicht  auf  die  Krank- 
heitsformen und  das  Kindermaterial  erwartet  werden  könnte.  Der 
Niedergang  der  Sterblichkeit  betrifft  nur  die  Kinder  der  ersten 
3  Lebensmonate,  von  denen  nach  Einführung  der  Neuerungen  statt 
83,6 °/o  nur  61,3 °/o  starben;  die  Sterblichkeit,  für  alle  Säuglinge  be- 
rechnet, sank  von  78,6 ®/o  auf  68,B °/o.  Finkelstein  zeigt  nun,  dass 
diejenige  Schädlichkeit,  welche  die  Säuglinge  in  einer  Säuglings- 
abtheilung bedroht,  in  der  Ansteckung  mit  infectiöser  Enteritis  ge- 
geben ist.  Während  die  hohe  Ansteckungsfahigkeit  des  Dickdarm- 
katarrhs an  und  für  sich  bekannt  genug  ist,  verdient  doch  der  Nach- 
weis besonderes  Interesse,  dass  in  den  genau  verfolgten  kleinen 
Krankenhausendemieen,  welche  sich  im  Anschluss  an  die  Aufnahme 
derartig  erkrankter  Kinder  entwickelten,  neben  den  typischen  Fällen 
andere  vorkamen,  welche  mehr  oder  weniger  schnell  verliefen  und 
verhältnissmässig  wenig  Schleim  in  den  Stühlen  zeigten,  bis  hinab 
zu  solchen  Fällen,  bei  denen  die  Entleerungen  überhaupt  nur  un- 
wesentlich gestört  waren  imd  das  Auffällige  nur  ein  Stillstand  oder 
Nachlass  in  der  Gewichtszunahme  war.  Andererseits  rechneten  auch 
gewisse  hoch  fieberhafte,  durch  schweren  Collaps  und  wässrig- 
schleimige  Stühle  gekennzeichnete  BrechdurchfeUe  hierher.  Von 
diesen  Darmerkrankungen  heben  sich  nun  als  nicht  infectiös  ein- 
fache Dyspepsieen,  typische  Enterokatarrhe,  Cholera  junger  Kinder 
ab.  Klinisch  wäre  für  den  Brechdurchfall  zu  betonen,  dass  die  in- 
fectiöse  Form  unter  hohem,  meist  anhaltendem  Fieber  und  Nephritis 
(bei  Mädchen  meist  auch  Cystitis)  verläuft.  Hingegen  hat  die  nicht 
infectiöse  Form  längere  dyspeptische  Prodromi,  die  dem  Collaps  mit 
Erbrechen  und  profusen,  nicht  schleimigen  Diarrhöen  vorausgehen; 
Fieber  fehlt  hier  in  den  reinen  Fällen.  Die  Ursachen  der  infectiösen 
Enteritis  sind  noch  nicht  genügend  ergründet  und  scheinen  zu 
wechseln.  Finkelstein  besteht  nicht  auf  seinen  in  einer  Epidemie 
beobachteten  und  seiner  Zeit  mitgetheilten  Befunden,  er  erwähnt 
Booker's  und  Es  che  rieh's  Befunde.  Jedenfalls  erscheint  die 
Trennung  nach  der  Aetiologie  und  das  Aufgeben  der  gewöhnlichen 


Kinderkrankheiten. 


593 


klinischen  Eintheilung  der  Beachtung  werth,  da  sie  vermuthlich, 
wenn  nicht  in  der  Behandlung,  so  doch  in  der  Vorbeugung  der 
Darmkrankheiten  im  Säuglingsalter  zu  wichtigen  Fortschritten  fuhren 
wird. 


KeUer, 


Bendix. 


Milch- 
malz- 
suppe, 
Keller, 


Von  den  Untersuchungen  über  den  Stoffwechsel  bei  magen- 
darmkranken  Kindern,  die  seit  mehreren  Jahren  von  Czerny  und 
seinen  Schülern  veröffentlicht  werden,  hatten  wir  bisher  nicht  be- 
richtet, weil  ihre  Ergebnisse  noch  nicht  durchsichtig  genug  waren. 
Es  lässt  sich  jetzt  sagen,  dass  nach  jenen  Untersuchungen  bei  magen- 
darmkranken  Säuglingen  eine  vermehrte  Ammoniakausscheidung  statt- 
findet; diese  soll  (vergl.  Keller,  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  39)  s&ure- 
das  Zeichen  einer  gesteigerten  Bildung  und  Ausscheidung  saurer  ini^toxication 
Stoffwechselproducte  bei  unzweckmässiger  Ernährung  sein.  Es  soll  Krankheiten, 
hierbei  zu  einer  Säureintoxication  kommen,  mit  welchem  Begriff 
nun  weiterhin  gearbeitet  wird.  Allerdings  erfahrt  der  Ausgangs- 
punkt der  Theorie  unter  anderem  einen  empfindlichen  Stoss  durch 
den  Nachweis  von  Bendix  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  48),  dass 
die  Vermehrung  in  der  Ammoniakausscheidung  einfach  in  einer  Zer- 
setzung des  Urins  innerhalb  der  Auffangevorrichtungen  beruhen 
dürfte.  Von  seiner  Theorie  aus  kommt  Keller  zu  folgenden  Forde- 
rungen in  der  Ernährung  magendarmkranker  Kinder.  Da  es  bei  der 
Säureintoxication  zu  einem  Verlust  des  Organismus  an  fixen  Alkalien 
kommt,  hält  er  eine  alkalireiche  Nahrung  für  nothwendig.  Im  übrigen 
vermeidet  er  Zufuhr  einer  grossen  Menge  von  Milcheiweiss,  ebenso 
von  Fett  und  sucht  den  Nährwerth  der  Nahrung  durch  Zugabe 
grösserer  Mengen  von  leicht  verbrennbaren  Kohlehydraten  zu  ver- 
mehren. Kurzum,  indem  er  wesentlich  die  Liebig'sche  Suppe  wieder 
aufleben  lässt,  gibt  er  folgende  Vorschrift:  Um  1  Liter  Suppe  zu 
erhalten,  werden  */s  Liter  Wasser  auf  50 — 60**  erwärmt  und  hierin 
100  g  Malzextract  gelöst  und  hierzu  10  ccm  ll°/oiger  Kalium-car- 
bonicum-Lösung  gesetzt ;  gleichzeitig  werden  in  '/a  Liter  Milch  50  g 
Weizenmehl  durch  Quirlen  zu  gleichmässiger  Lösung  gebracht  und 
durch  ein  enges  Sieb  gegossen;  beides  wird  zusammengegossen  und 
auf  offener  Flamme  unter  fortwährendem  Umrühren  zum  Kochen 
gebracht.  Die  Suppe  wurde  in  heissem  Zustande  in  vorher  erwärmte 
Flaschen,  welche  während  10  Minuten  in  strömendem  Dampf  erhitzt 
worden  waren,  gefüllt  imd  luftdicht  verschlossen.  Die  mit  Gummi- 
Patentverschluss  geschlossenen  Flaschen  wurden  möglichst  rasch  ab- 
gekühlt  und   während   mehrerer    Stunden   in    Eiswasser   bei    einer 

Temperatur  von  unter  10^  gehalten.    Auch  nach  Abgabe  an  die  poli- 
Jahrbnch  der  practischen  Medicin.    1899.  3g 


J 


594  Neumann. 

klinischen  Patienten  war  die  Suppe  weiter  auf  Eis  aufzubewahren. 
Die  Elinder  erhielten  in  24  Stunden  in  der  Begel  nur  6  Mahlzeiten 
und  in  allmählicher  Steigerung  von  460 — 600  ccm  an  bis  höchstens  900  g. 
Bei  Kindern  über  '/i  Jahren  trat  unter  Umständen  noch  Beifiitterung 
ein;  bei  Kindern  unter  V*  Jahr  machten  die  häufigen  und  erbsen- 
breiförmigen  Stühle  eine  schwächere  Suppe  wenigstens  für  den  An- 
fang der  Ernährung  nöthig;  hier  kamen  auf  1  Liter  Suppe  250  ccm 
Milch,  750  ccm  Wasser,  75  g  Malzextract,  10  ccm  ll**/oige  Kalium- 
carbonicum-Lösung  und  35  g  Weizenmehl.  Nach  den  Berichten, 
die  Keller  selbst  über  seine  Erfolge  an  klinischem  Material  (Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  39,  Allgem.  med.  Centralztg.  Nr.  30,  femer 
Milch-       „Malzsuppe"  etc.  Jena)  gibt,  sowie  durch  Conrad  Gregor  (Jahrb. 

™*^''        f.  Kinderheilk.  Bd.  48)  für  das  poliklinische  Krankenmaterial  ver- 
snppe,  , 

Gregor.  öffentlichen  lässt,  muss  man  in  der  That  mit  den  Erfolgen  recht  zu- 
frieden sein.  Dass  übrigens  hiermit  die  Richtigkeit  der  Theorie, 
welche  zu  dem  practischen  Erfolg  führte,  nicht  bewiesen  wird,  be- 
darf nicht  der  Ausführung.  Als  ein  Erfolg  sind  aber  in  der  That 
die  Gewichtszunahmen  zu  bezeichnen,  welche  bei  dieser  Ernährungs- 
art erreicht  wurden;  auch  gute  Fortschritte  in  sonstiger  Hinsicht 
wurden  durch  genaue  Beobachtung  sichergestellt.  Nicht  zu  beur- 
theilen  ist  vorläufig  nach  Ansicht  des  Bef.,  welcher  von  den  ein- 
zelnen bei  dieser  Ernährung  in  Betracht  kommenden  Factoren  den 
wichtigeren  Antheil  hat  und  welcher  zu  entbehren  ist;  auch  ist  es 
noch  nicht  ausgemacht,  ob  diese  Nahrung  den  Kindern  auf  die  Dauer 
zusagt.  Bedauerlich  ist  schliesslich  der  hohe  Preis,  den  die  reich- 
liche Verwendung  des  Malzextracts  bedingt. 

Gerade  wegen  ihres  Gegensatzes  zu  der  herrschenden  An- 
schauung über  Säuglingsemährung  erweckt  die  Mittheüung  von 
Butter-  L.  de  Jager  (Die  Verdauung  und  Assimilation  des  ge- 
milchsnppe,  sunden  und  kranken  Säuglings,  nebst  einer  rationellen 
Methode  zur  Säuglingsernährung.  BerHn)  unser  Interesse; 
da  sie  einen  glaubwürdigen  Eindruck  macht,  sollte  sie  näher  geprüft 
werden  —  vielleicht  finden  sich  hierbei  bestinmitere  Anzeigen  fiir 
die  Methode,  welche  bei  Verdauungsstörungen  der  Säuglinge  em- 
pfohlen wird.  Es  soll  ein  Liter  Buttermilch  nach  Zusatz  eines 
Esslöffels  Weizen-  oder  Reismehies  auf  offenem  Feuer  unter  stetigem 
Rühren  zum  Sieden  erhitzt  werden  und  unter  Rühren  10 — 16  Mi- 
nuten im  Sieden  erhalten  werden;  zur  Versüssung  wird  etwa  ein 
Esslöffel  Rohrzucker  auf  ein  Liter  zugesetzt ;  nachdem  die  Nahrung 
vom   Feuer   genommen  ist,  wird   eine   Messerspitze  Butter  hinzu- 


Einderkrankheiten.  595 

gethan.  Von  diesem  dünnen  Brei,  welcher,  wenn  mit  ausreichender 
Sorgfalt  zubereitet,  glatt,  d.  h.  grobkörnig  aussehen  muss,  bekommt 
der  Säugling  2 — Sstündlich  so  viel,  wie  er  trinken  will;  in 
der  Regel  wird  im  Tage  ein  Liter  Buttermilch  verbraucht.  Bei 
dieser  Nahrung  soll  Diarrhoe  und  Erbrechen  nach  einigen  Tagen, 
wenn  vorhanden,  verschwinden  und  die  Entwickelung  der  Säuglinge 
eine  gute  sein.  Misslich  ist  es,  dass  die  Buttermilch  selbst  von  ver- 
schiedener Güte  ist-  Der  Verfasser  —  ein  holländischer  practischer 
Arzt  —  hat  die  Buttermilch  zur  Verfügung,  die  beim  Buttern  nach 
altherkömmlicher  Weise  übrig  bleibt,  während  die  bei  fabrikmässiger 
Herstellung  der  Butter  zurückbleibende  Milch  vielfach  weniger  em- 
pfehlenswerth  ist. 

In  Ergänzung  früherer  auf  der  Heubner'schen  Klinik  an- 
gestellter Versuche  wurden  von  W.  K  o  e  1  z  e  r  (Jahrbuch  f.  Kinderheilk.  Tannin- 
Bd.  46,  H.  3  u.  4)  mit  Tannigen,  Tannalbin,  Tribenzoylgallus-  ^'^oe^IzeV^' 
säure  (wobei  sich  die  TribenzoylgaUussäure  minderwerthig  zeigte) 
Versuche  angestellt.  Es  wurden  grosse  Dosen  (2  g  täglich  für  den 
Säugling)  gegeben,  zuweilen  sogar  sofort  in  den  ersten  2. Stunden 
2  g  und  später  viermal  täglich  0.5.  Ein  wesentlicher  Unterschied 
zwischen  Tannigen  und  Tannalbin  ist  nicht  zu  erkennen.  Bei  acuten 
Dyspepsieen  könnte  —  allerdings  wohl  mit  Unrecht  —  der  gute  Er- 
folg des  Tanninpräparates  insofern  angezweifelt  werden,  als  es  häufig 
mit  Calomel  vereint  gegeben  wurde.  Bei  chronischen  Dyspepsieen 
war  die  Wirkung  nicht  ebenso  sicher.  Beim  acuten  Darmkatarrh 
wurde  zunächst  die  Diät  geregelt  und  mit  der  hiemach  erfolgenden 
Darreichung  der  Tanninpräparate  wiederholt  ein  Erfolg  erzielt.  En- 
teritis mit  schleimig-eitrigen  blutigen  Stühlen  wurde  nicht  sichtlich 
beeinflusst.  Länger  als  8  Tage  die  Tanninpräparate  zu  geben,  wird 
widerrathen. 

Das  periphere  Lymphdrüsensystem    ist  nach   der  Be- 
hauptung von  Fröhlich  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  47)  relativ  oft      Drüsen- 
bei  den  chronischen  Magendarmkrankheiten  des  Säuglingsalters  mit-  Schwellung 
betheiligt.     Diese  Schwellungen  peripherer  Ljnnphdrüsen   sind  bis-  chronischen 
weilen  universell,  betreffen  aber  besonders  häufig  die  Nuchal-,  Axillar-  Magendarm- 
und   namentlich   die    Liguinaldrüsen ;    die   Drüsen  sind   linsen-   bis    "^'pröhii^ch  ^"' 
bohnen-,  in  seltenen  Fällen  sogar  kirschgross.    Li  20  sonst  uncompli- 
cirten  Fällen  erfolgte  die  mikroskopische  Untersuchung;   aus   der- 
selben erwähnen  wir,  dass  in  6  Fällen  (Kindern  mit  schwerer  Anämie 
und  Rachitis)  Blutungen  gefunden  wurden,  in  5  Fällen  nmdlich  be- 


596  Neumann. 

grenzte  Nekrosen;  andere  Drüsen  waren  entzündlich  hyperplastiscb 
oder  chronisch  indurirt.  Fröhlich  gibt  an,  dass  in  einer  Reihe 
seiner  Fälle  keine  Hautaifectionen  vorausgegangen  seien,  welche 
die  Drüsenerkrankungen  erklärten,  und  will  hieraus  etwas  schnell 
schliessen,  dass  es  sich  bei  dem  chronischen  Magendarmkatarrh  um 
eine  allgemeine  Intoxication,  bezw.  Infection  des  ganzen  Körpers  mit 
besonderer  Betheiligung  des  Lymphsystems  handle. 

Die  beiden  Beobachtungen  von  E.  Hagenbach-Burckhardt 
Peritonitis,  (Ueber  Diplokokkenperitonitis  bei  Kindern.  Correspondenz- 

agen  a  ,  j^j^^^^  £  Schweizer  Aerzte  Nr.  19)  sind  bemerkenswerth.  Es  handelt 
sich  um  2  Mädchen  (wie  es  bei  diesen  Fällen  gewöhnlich  ist),  welche 
})lötzlich  eine  eitrige  Peritonitis  bekommen;  dieselbe  sackt  sich  im 
unteren  Theil  der  Bauchhöhle  ab ;  in  dem  einen  Fall  bahnt  sich  der 
Eiter  unter  dem  Poupart'schen  Bande  nach  beiden  Oberschenkeln 
seinen  Weg  und  macht  ausserdem  Metastasen  im  rechten  Schulter- 
und  Kniegelenk.  Nach  Incision  der  Abscesse  bezw.  Bauchschnitt 
bei  beiden  Kindern  schnelle  Heilung.  Das  Eigenartige  des  Krank- 
heitsverlaufes erscheint  durch  die  Krankheitsursache,  welche  in  beiden 
Fällen  der  Pneumoniecoccus  war,  bedingt. 

Man  neigt  vielfach  zu  der  Meinung,  dass  jede  chronische  ex- 
sudative Peritonitis  tuberculösen  Ursprungs  sei.    In  dem  Falle  Fila- 

Filatoff.  t  off 's  (Arch.  f.  Kinderheilk.  Bd.  26),  welcher  einen  4jährigen  Knaben 
betraf,  wurde  nach  vergeblicher  Function  der  Bauchschnitt  gemacht 
und  die  eiweissreiche  Flüssigkeit  sowie  ein  Stück  des  Bauchfells 
auf  TuberkelbaciUen  vergebens  untersucht  (auch  die  Lnpftmg  von 
Meerschweinchen  blieb  erfolglos).  Die  Leber  war  hier  ziemlich  stark 
vergrössert.  Der  Bauchschnitt  führte  keine  Heilung  herbei,  viebn^ir 
war  der  Leib  bald  wieder  kugelförmig  durch  den  Ascites  auf- 
getrieben; dabei  fühlte  sich  das  Kind  nach  wie  vor  von  seiner 
.  Krankheit  nur  wenig  mitgenommen.  Der  letztere  Umstand,  zusammen 
mit  dem  Befund  eines  starken,  frei  beweglichen  Ergusses,  bei 
Schmerzlosigkeit  des  Bauches  und  Mangel  einzelner  Resistenzen  er- 
möglicht schon  klinisch  die  Unterscheidung  von  der  tuberculösen 
Peritonitis. 

E.  Ausset  und  Bedart  (L'Echo  m^ical  du  Nord  S.  555)  be- 
richten über  einen  Fall  von  tuberculöser  Peritonitis  bei  einem 
9jährigen  Mädchen,  welcher  trotz  vielfacher  Functionen,  trotz  Laparo- 
tomie imd  trotz  Kreosotklysmen  sich  nicht  besserte,  während  unter 
Durchleuchtung  mit  Röntgenstrahlen  Heilung  eintrat;   es  fanden 


Einderkrankheiten. 


597 


60  Sitzungen  von  einer  Dauer  bis  zu  30  Minuten  und  in  einer  Nähe  Tubercuiöse 

bis  zu  13  cm  statt:  die  Haut  bräunte  sich  hierbei,  ohne  sich  jedoch  Peritonitis» 

'  '  **  Aasset  u. 

ZU  entzünden.  Bödart. 

YI.  Krankheiten  der  Harnor|^ane. 

Campbell   Kynoch   (The  Lancet,    17.  Sept.)   entfernte   eine      Nieren- 
adenosarkomatöse   Nierengeschwulst    bei  einem  14monat-  ^  Kvn^h  ^  * 
liehen  Mädchen  und  konnte  das  Kind  noch  nach  fast  2  Jahren  ge- 
sund vorstellen. 

Auch  von  den  beiden  Fällen  Luigi  Concetti's  (I  Sarcomi  Concetti. 
renali  nei  bambini.  La  Biforma  medica  Jahrg.  14,  Mai)  verdient 
der  eine  insofern  besondere  Berücksichtigung,  als  seine  dauernde, 
über  2  Jahre  beobachtete  Heilung  eine  grosse  Seltenheit  ist.  Es 
handelt  sich  um  ein  grosses  melanotisches  Myxosarkom  der  rechten 
Niere,  welches  bei  einem  Säugling  von  11  Monaten  entfernt  wurde. 

Siehe  femer  S.  255. 


Urologische  Untersuchungen  aus  dem  Kindesalter  sind  noch  sehr 
spärlich.  Robert  Kutner  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  19)  theilt 
2  merkwürdige  Fälle  mit:  In  dem  ersten  bestand  Hamerschwerung 
bezw.  -Verhaltung  infolge  eines  chronischen  reflectorischen  Spasmus 
des  Sphincter  vesicae  externus,  durch  dessen  Dehnung  Heilung 
erfolgte.  In  dem  anderen  Fall  bestand  aus  dem  gleichen  Grunde 
eine  Enuresis,  indem  aus  der  übermässig  erweiterten  Blase  unwill- 
kürlich eine  kleine  Menge  Harn  alle  paar  Stunden  ausgepresst  wurde, 
während  der  Contractionszustand  des  Sphincter  eine  willkürliche  und 
völlige  Blasenentleerung  nicht  erlaubte. 


Spagmus 
des 

Blasen- 
muskels, 

Kutner. 


Sohürenberg. 


In  dem  Fall  von  G.  Schürenberg  (Jahrbuch  f.  Kinderheilk.  Blasen- 
Bd.  48,  H.  1)  war  die  Retentio  urinae  bei  einem  Smonatlichen  Kind  ^snh«  J^hArl ' 
durch  eine  cystische  Geschwulst  verursacht,  welche  der  Schleim- 
haut des  Blasengrundes  breit  aufsass  und  eine  Hydro-  und  Pyo- 
nephrose  verursachte.  Nach  ihrem  Bau  musste  sie  als  eine  Prolifera- 
tionscyste  aufgefasst  werden,  welche  aus  einer  Adenombildung  her- 
vorgegangen war;  für  die  letztere  gaben  Drüsen  Veranlassung, 
welche   aus   der  Harnröhre  nach  dem  Blasengrund  verlagert  waren. 


Owohl  Harnröhrenentzündung  bei  Knaben  selten  ist,  konnte 
Victor  Imerwol  (Arch.  f.  Kinderheilk.  Bd.  25,  H.  5  u.  6)  in  kaum 
2  Jahren  bei  10  Knaben  von  1 — 11  Jahren  eine  solche  beobachten. 


598 


Neumaim. 


Imerwol. 


Urethritis    Es  handelte  sich  immer  um  eine  Ansteckung  mit  dem  Gonococcas, 

j?onorrhoica,  j-g  eij^j^gQ  ^{q  \^q{  Mädchen  nur  ausnahmsweise  auf  geschlechtliche 

Acte   zurückzuführen  war.     Bei  richtiger  Behandlung  trat  in  8  his 

4  Wochen  Heilung  ein.   In  2  Fällen,  und  zwar  gerade  bei  ganz  kleinen 

Knaben  kam  es  übriggns  zur  Epididymitis  und  Vaginalitis. 


Diagnose 

der 

Diphtherie, 

Fraenkel, 


firuno. 


TU.  Aente  Infeetionskrankhelten« 

1.  Diphtherie. 

Während  die  Werthschätzung  der  bacteri elegischen  Dia- 
gnose für  die  Praxis  bei  der  Diphtherie  in  deutlicher  Abnahme  ist, 
mahnt  C.  Fraenkel  dieselbe  nicht  zu  versäumen;  er  beschreibt 
2  Fälle  von  diphtheritischer  Entzündung  der  Augenbindehaut,  die 
durch  Gonokokken  veranlasst  war,  und  fuhrt  die  verschiedenen  Bao» 
terien  auf,  die  noch  ausserdem  pseudomembranöse  Ein-  und  Auf- 
lagerungen verursachen  können. 

In  der  That  scheint  sich  die  im  vorigen  Jahrgang  erwähnte 
Neisser'sche  Färbung  für  die  Einlagerungen  in  den  Diphtherie- 
stäbchen als  practisch  brauchbar  bewährt  zu  haben.  Hingegen  konnte 
James  Bruno  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  Bl)  fiir  die  Agglu- 
tinationdesDiphtheriebacillus  durch  Diphtherieserum  ebenso- 
wenig wie  seine  Vorgänger  ein  einheitliches  Resultat  erzielen;  be- 
sonders für  die  klinische  Serumdiagnose  muss  er  bei  der  Diphtherie 
eine  allgemeine  Gültigkeit  mit  Sicherheit  verneinen. 


Anfechtbar  könnte  die  Stellung  des  Diphtheriebaciüus  in  Fällen 
sein,   die   klinisch  nicht  als  Diphtherie  zu  betrachten  und  bacterio- 
logisch   zweifellos   gleichzeitig  auch   auf  die  Wirkung  anderer  Bac- 
terien   zurückzufuhren   sind.     Es  wäre   dies   z.  B.   in  den  zwei  von 
Misch-       Freymuth  und  Petruschky  veröffentlichten  Fällen   von  Noma 
infectionen.  (DeuijQciie   ^^^^    Wochenschr.  Nr.  16  u.  38)    der    Fall;    dass   beide 
Petruscliky     Kinder  unter  Anwendung  von  Antitoxin  genasen,  würde  aber  immer- 
hin die  Wahrscheinlichkeit  nahe  legen,    dass  der  Diphtheriebacülas 
nicht  ohne  Bedeutung  bei  dem  Krankheitsvorgang  war. 

Dass  umgekehrt  bei  der  echten  membranösen  Diphtherie  die 
Mitwirkung  der  Streptokokken  vielfach  zu  sehr  unterschätzt  wurde, 
Preisich,  geht  aus  den  folgenden  Arbeiten  hervor.  Preisich  (Jahrbach  f. 
Kinderheilk.  Bd.  48)  hat  unter  Hunderten  von  Diphtheriefallen  bac- 
teriologisch  überhaupt  keine  Beincultur  des  Diphtheriebacillus 
gefunden,  sondern  ausserdem  noch  den  Streptococcus,  den  Staphylo- 
eoceus  albus ,   aureus  und  citreus ,   einen  kleinen  Diplococcus ,  einen 


Kinderkrankheiten.  599 

grösseren  Coccus,  den  Friedlaender'schen  Bacillus  und  andere 
Bacterien.  Er  kommt  daher  zu  dem  Schlüsse,  dass  nur  der  Kliniker 
aus  dem  Fötor,  den  Drüsenanschwellungen  u.  dergl.  die  Bedeutung 
der  Mischinfection  erkennen  kann ;  so  muss  der  Kliniker  unter  Um- 
ständen auch  solche  Fälle  als  septisch  bezeichnen,  wo  im  Blute  keine 
Streptokokken  nachgewiesen  werden  können.  Den  Pseudodiphtherie- 
bacillus  hält  Preisich  für  verschieden  von  dem  echten  Diphtherie- 
bacillus. 

Auch  J.  Bernheim  (Ueber  die  Pathogenese  und  Serum-  Bemheim. 
therapie  der  schweren  Bachendiphtherie.  Leipzig  und 
Wien)  wendet  der  Bachendiphtherie  seine  besondere  Aufinerksamkeit 
zu,  was  Bef.  in  Anbetracht  des  Missbrauches,  der  mit  dem  Begriff 
„Beincultur"  in  den  letzten  Jahren  getrieben  wird,  für  verdienstlich 
hält.  Bernheim  betont,  dass  man  die  Häufigkeit  der  den  Diph- 
theriebacillus  begleitenden  Bacterien  natürlich  unterschätzt,  wenn  man 
einen  Nährboden  benutzt,  welcher  den  Diphtheriebacillus  gut  und 
die  anderen  Bacterien  weniger  gut  wachsen  lässt.  Nach  seinen  Ver- 
gleichen bekommt  man,  wenn  man  die  frischen  Bandpartieen  der 
diphtheritischen  Beläge  untersucht,  über  das  Verhältniss  der  ein- 
zelnen Bacterien  den  zuverlässigsten  Aufschluss  durch  das  mikro- 
skopische Bild  (88,5  ^/o  starke  und  mittelstarke  örtliche  Mischinfec- 
tion); ähnlich  ist  das  Verhältniss  bei  Cultur  auf  Agarplatten  (90,5  **/o), 
während  die  Blutserumagarplatten  und  noch  mehr  das  schiefe  Blut- 
serum die  anderen  Bacterien  ungebührlich  zurücktreten  lassen  (78,9 
bezw.  33,4  °/o).  Was  den  Eintritt  von  Bacterien  in  die  Blutbahn  be- 
trifft, so  hängt  ihr  Nachweis  ebenfalls  sehr  von  den  Methoden  ab: 
Bernheim  verimpfbe  grössere  Mengen  von  Blut  in  Bouillon  und 
fand  hierbei  in  57,5  **/o  Streptokokken,  bei  der  hämorrhagischen  Form 
sogar  in  62,5  °/o.  Indem  er  über  die  Frage,  ob  die  Streptokokken 
etwa  erst  kurz  vor  dem  Tode  in  das  Blut  gedrungen  seien,  kurz 
hinweggeht,  erklärt  er  sich  in  Bücksicht  auf  die  Häufigkeit  der 
örtlichen  Mischinfection  der  Streptokokkensepsis  nicht  mit  denjenigen 
einverstanden,  welche  den  Streptokokken  bei  der  epidemischen  Diph- 
therie keine  grosse  Bedeutung  beimessen  wollen.  Umgekehrt  wäre 
es  falsch,  den  Begriff  der  septischen  Diphtherie  nun  gerade  auf 
solche  Fälle  anwenden  zu  woUen,  vielmehr  richtet  sich  die  Schwere 
der  Erkrankung  —  man  spräche  richtiger  nicht  von  septischer  Diph- 
therie, sondern  von  Diphtheria  gravis  —  nicht  nach  der  Misch- 
infection allein,  sondern  sie  ist  stets  in  erster  Linie  von  der  Viru- 
lenz der  dabei  betheiligten  Mikroorganismen  abhängig.  Wenn  man 
auch   die  Bedeutung  der  Streptokokken  anerkennt,   die  sogar  unter 


600 


Nenmaim. 


Umstanden  den  wesentlicheren  Theil  des  Krankheitsbildes  bestimmen 
mögen,  so  spielt  doch  die  fuhrende  Rolle  der  Diphtheriebacillus.  Die 
genauere  Beschreibung  des  Einflusses  der  Serumtherapie  auf  den  Ab- 
lauf der  schweren  Fälle  von  Diphtherie  übergehen  wir,  trotzdem  sie 
manches  von  Belang  bietet;  im  wesentlichen  wirkte  das  Serum  sehr 
günstig,  ohne  aber  selbst  bei  früher  Injection  da,  wo  schwere  Misch- 
infectionen  vorlagen,  immer  den  Tod  abwenden  zu  können. 

Sernm-  Die  VeröflPentlichungen   über  die  guten  Erfolge  in  der  Serum- 

behandlnng  behandlung  der  Diphtherie  fliessen  noch  zahlreich.  Ausnahmslos 
Diphtherie,  sieht  man  die  Sterblichkeit  mindestens  auf  die  Hälfte  der  früheren 
Sterblichkeit  herabsinken.  Es  erübrigt  sich,  die  einzelnen  Berichte 
zur  Erhärtung  dieser  Thatsache  anzuführen  oder  auf  Anfeindungen 
einzugehen,  welche  nicht  durch  ausreichende  persönliche  Erfahrung 
gestützt  werden.  Wenn  im  Gegensatz  zu  den  Erfolgen  in  Deutsch- 
land, Frankreich,  Kussland  und  anderen  Staaten  in  England  kein 
ebenso  deutlicher  Abfall  festzustellen  war,  so  wird  dies  von  Louis 

cobbett,  Cobbett  (The  Lancet,  3.  Dec.)  —  entsprechend  dem  Befund  einer 
zu  diesem  Zweck  niedergesetzten  Commission  —  auf  die  Minder- 
werthigkeit  des  englischen  Diphtherieantitoxins  zurückgeführt.   Aber 

ßötticher,  selbst  wenn  man  mit  vollwerthigem  Serum  arbeitet,  so  betont  Bot- 
tich er  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  1 — 3)  mit  Recht,  dass  eine 
Verzettelung  der  Injectionsmenge ,  welche  selbst  im  allerersten  Sta- 
dium der  Erkrankung  mindestens  1000,  besser  aber  1500  Immunitäts- 
einheiten umfassen  muss,  die  Wirksamkeit  der  ganzen  Serumtherapie 
in  Frage  stellt. 
Kretz.  Richard  Kretz   (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  21)   gibt  vom 

pathologisch-anatomischen  Standpunkt  aus  einen  Bericht ^  über  den 
Einfluss  des  Heilserums.  Es  starben  ohne  Serum  an  recenter 
Diphtherie  25,5  ^/o  der  Todten,  mit  Serum  4,6  '^/o,  ohne  Serum  an  Diph- 
therie mit  Complicationen  14,1  °/o,  mit  Serum  8,7  °/o,  ohne  Serum  an 
Folgekrankheiten  3,3  °/o ,  mit  Serum  6,8  **/o .  Die  TodesföUe  an  gan- 
gränöser Diphtherie  gingen  durch  das  Serum  zurück.  Ein  ungünstiger 
Einfluss  des  Antitoxins  auf  die  Tuberculose  liess  sich  nicht  fest- 
stellen. Die  Vermehrung  der  Folgekrankheiten  ist  durch  den  Ein- 
fluss des  Serums,  welcher  den  Tod  hinausschob,  zu  erklären. 


Adolf  Baginsky  (Weitere  Beiträge  zur  Serumtherapie 
der  Diphtherie  nach  den  Beobachtungen  imXaiser-  und 
Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhause  inBerlin.  Arch. 
f.  Kinderheilk.  Bd.  24)  bringt  manche  bemerkenswerthe  Einzelheiten. 


Kinderkrankheiten.  601 

Von  den  Serumexanthemen,  im  besonderen  von  dem  Erythema  multi-  Neben- 
forme,  betont  Baginsky,  dass  sie  immer  günstig  und  ungefährlich  Wirkung  des 
sind;  immerhin  hat  er  doch  in  seiner  eigenen  Familie  einen  recht  serums, 
schweren  Fall  beobachtet:  das  weit  ausgedehnte  Exanthem  mit  Baginsky. 
dunkelrothen ,  kreisförmig  und  iigurenbildend  sich  ausbreitenden 
Efflorescenzen  verlief  nicht  allein  unter  hohem  Fieber  und  heftigen 
Gelenkschmerzen  mit  Herzpalpitationen  und  systolischem  Herz- 
geräusch, sondern  gleichzeitig  mit  weit  verbreiteten  striemenartigen 
und  fleckenartigen,  tiefliegenden,  subcutanen  Blutungen.  (Entfiebe- 
rung am  3.  Tage.)  Wenn  Baginsky  ausserdem  davon  berichtet, 
dass  nicht  nur  bei  einem  Kinde,  sondern  auch  bei  einer  älteren  Ver- 
wandten desselben  nach  einer  prophylaktischen  Einspritzung  eine 
schwere,  langwierige  Nephritis  eintrat,  so  muss  man  sagen,  dass  die 
Serumeinspritzung  doch  auch  recht  ernste  Schäden  gelegentlich  setzen 
kann.  Kef.  kann  deshalb  nur  billigen,  wenn  Baginsky  die  Im- 
munisirung  des  einer  Diphtherieinfection  ausgesetzten  Kindes  — 
ausser  bei  Ansammlung  in  Krankenhäusern,  Pflegeanstalten  —  nicht 
für  grundsätzlich  geboten  hält,  und  stimmt  mit  Baginsky  darin 
überein,  dass  man  bei  der  ziemlich  sicheren  Heilwirkung  des  Serums 
mit  der  Spritze  in  der  Hand  das  Erscheinen  der  Diphtherie  selbst 
abwarten  kann. 

Der   von  Paltauf  zuerst   beschriebene  und  von  Escherich 
weiterhin   berücksichtigte    „Status  lymphaticus"    soll   folgende   An- 
zeichen haben:  „etwas  pastösen  Habitus,  leichten  Grad  von  Rachitis 
und  eine  palpable  Milz,  Vergrösserung  der  Lymphfollikel  am  Zungen- 
grunde   und    im    Schlundring,    sowie   Vergrösserung   der   palpablen 
Lymphdrüsen   an  den  verschiedenen  Körperstellen,    eventuell  auch 
eine   percutirbare  Thymusdämpfung".     Escherich  lässt  nun  eine 
Anzahl    von   Diphtheriefällen    durch    Moriz    Daut   (lieber   die     Einfluss 
Beziehungen   des   Status   lymphaticus   zur   Diphtherie,    des  Status 
Jahrbuch   f.    Kinderheilk.    Bd.  47,    H.    2    u.   3)    beschreiben,    von      auf  den 
denen    er   meint,    dass    der    Status   lymphaticus    den    Eintritt    des     Ausgang 
Todes  begünstigt  habe;   er  nimmt  dies  unter  79  Todesfällen  23mal  ...  ,  "    . 
an.     Es  schien  in   diesen   Fällen   der  rasch  tödtliche  Verlauf  (vor         Daut. 
allem    die   hochgradige   Athemnoth)    nicht     in  dem   richtigen   Ver- 
hältniss  zu  den  krankhaften  Veränderungen   zu  stehen,   welche  die 
Section    erkennen    Hess.     Bei    dem    neuen    Krankheitsbilde    bleibt 
vorläufig   der  persönlichen  Schätzung  ein  breiter   Spielraum,    doch 
darf  man   seiner  weiteren  Durcharbeitung   mit  Interesse  entgegen- 
sehen. 


602 


Neumann. 


Peptonnrie 

nach 

Heilserum, 

Cattaneo. 


C.  Cattaneo  (Peptonurie  bei  infectiösen  Krankheiten 
des  Kindesalters.  Jahrbuch  f.  Kinderheilkunde  Bd.  46)  unter- 
suchte mit  der  Methode  von  Salkowski  den  Urin  bei  infectiösen 
Ejrankheiten  im  Kindesalter.  Es  zeigte  sich,  dass  die  Peptonurie 
regelmässig  nach  Heilserumeinspritzung  eintritt,  im  übrigen  zuweilen 
bei  verschiedenen  infectiösen  Krankheiten  vorkommt  (Masern,  Schar- 
lach, Diphtherie),  ohne  jedoch  diagnostisch  oder  prognostisch  von 
Bedeutung  zu  sein. 


Post- 

diphtheri- 

8che 

Lähmung, 

Escherich. 


Bei  gewissen  Formen  postdiphtheritischer  Lähmung 
findet  sich  unter  anderem  eine  abnorm  starke  seitliche  Verschieb- 
barkeit des  Herzens  (bei  Seitenlage);  Escherich  (Die  dia- 
gnostische Verwerthung  des  Röntgenverfahrens  bei  Untersuchung 
der  Kinder.  Mittheilungen  des  Vereins  der  Aerzte  in  Steiermark 
Nr.  2)  konnte  diese  Verhältnisse  in  einem  Fall  demonstriren. 


Immanisi- 

rung, 

Slawyk. 


Die  Bedeutung  der  Immunisirung  kranker  Kinder  Hess  sich 
nicht  nur  positiv  nach  Slawyk  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  6) 
dadurch  beweisen,  dass  während  2  Jahre  in  der  Charit^  keine  Haus- 
infectionen  vorkamen,  sondern  auch  negativ  insofern,  als  nach  dem 
Aussetzen  der  Schutzimpfungen  sofort  wieder  von  neuem  sich  Infec- 
tionen  einstellten.  Wenn  man  alle  21  Tage  200  Immunitätseinheiten 
einspritzt,  immunisirt  man  sicher,  ohne  erheblichere  Nebenerschei- 
nungen befurchten  zu  brauchen. 


2.  Scharlach. 

Hyperlcuko-  Aus  den  fleissigen  Blutuntersuchungen,  welche  van  den 

''^'"'rlaVh    ^^^^  ^^  Scharlach  ansteUte  (Arch.  f.  Kinderheük.  Bd.  25),  ergibt 
van  den  Berg.  ^^^^  ™^*  Sicherheit  nur  das  Eine,  dass  im  allgemeinen  20 — 30  Tage 
lang  eine  Hyperleukocytose  besteht. 


AderiasBbei  MaxHurwitz  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  6,  Ther.  Beil.) 

^^^h^^m^  wendete  bei  Scharlachnephritis  eines  7jährigen  Knaben  als 
letztes  Mittel  einen  Aderlass  an  (etwa  1  Tassenkopf  Blut) ;  die  Oedeme 
schwanden  schon  am  nächsten  Tage,  und  die  Nierenentzündung  kam 
zur  Heilung. 


Hurwitz. 


Nach  einer  Mittheilung  von  C.  Todd  (A  form  of  extemal 
Rhinitis  due  to  the  Klebs-Löffler  Bacillus  appearing  in  children  con- 
valescent  from  Scarlet  fever.    The  Lancet,  28.  Mai)  erkrankten  14  *  • 


Kinderkrankheiten.  603 

der  Kinder,  welche  im  London  Fever  Hospital  in  der  Reconvalescenz     Rhinitis 
vom  Scharlach  standen  (meist  3 — 4  Jahre  alt),  an  einer  Rhinitis  diphtherica 
externa  (ohne  Membranbildung)  und  einem  pustulösen  Ekzem.   Es   Scharlach 
wurden  an  den  erkrankten  Stellen  für  Meerschweine  virulente  Diph-        Todd, 
theriebacillen  nachgewiesen;  dabei  fehlten  solche  im  Halse  derselben 
Kinder   und    erkrankten   letztere    auch   nicht   an   Diphtherie.      Die 
Rhinitis    verlief  ohne    Fieber,    Eiweissausscheidung    oder    Drüsen- 
schwellung. —  In  der  Discussion  über  diese  beachtenswerthe  Unter- 
suchung machte  Kant  hack  darauf  aufmerksam,  dass  echte  Löffler-      Kanthack. 
Bacillen  (nicht   etwa  Pseudodiphtheriebacillen)    neuerdings  in  den 
verschiedensten  Erkrankungen  des  Mundes  und  der  Haut  gefunden 
wären,  ohne  dass  Membranen  gebildet  waren. 

3.  Masern. 

Das   von  Koplik   als  Frühsymptom   der  Masern   beschriebene     Kopliks- 
Schleimhautexanthem  (s.  vorigen  Jahrgang  S.  538)  ist  in  seiner       'locke 
Bedeutung  von  verschiedenen  Seiten  anerkannt  worden.     Slawyk       siawyk, 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  17)   erklärt  es  für  ein  gleichzeitig 
frühzeitiges  und  durchaus  zuverlässiges  Symptom;   von  62  Masem- 
fallen  zeigten  es  46.    Wenngleich  es  in  der  Regel  auf  der  Wangen- 
schleimhaut  sitzt,   so   fand   es   sich   doch   auch  gelegentlich  an  der 
Lippenschleimhaut   und   einmal   sogar  an  der  Zunge.     Die   weissen 
Fleckchen  confluiren  fast  niemals,  durch  Tupfen  lassen  sie  sich  nicht 
entfernen,  wohl  aber  lassen  sie  sich  mit  der  Pincette,  ohne  Schmerz 
oder  Blutung  zu  erzeugen,    herausholen.     Mikroskopisch  stellen  sie 
dicke  Convolute  grosser,  zum  Theil  verfetteter  Mundepithelien  dar. 
Die  Flecke  erscheinen  am  1.  oder  2.  Tag  der  Prodrome  und  bleiben 
durchschnittlich  6 — 7  Tage  bestehen. 

Auch  aus   der   Ganghofne raschen  Kinderklinik  wird  die  Be- 
deutung  des   Koplik'schen    Frühsymptoms    bei    Masern    be- 
stätigt; Ludwig  Knöspel  zeigt  unter  anderem,  wie  besonders  in      Knöspei. 
einem  Elinderhospital  die  Verwerthung  des  Symptoms  oft  von  grosser 
Wichtigkeit  ist. 

F.  Förster  (Jahrb.  f.  Kinderheilk.  Bd.  48)    theilt  eine  Reihe    Complica- 
seltener  Verwickelungen  bei  Masern  mit.   Von  dem  gleich-       tionen 

hol  V.  a  8  6  r  n 

zeitigen  Vorkommen  von  Pemphigus  und  Masern  meint  er  zwar,  dass       pörster. 
es    sich   um   gelegentliche   Doppelansteckungen   handele,   immerhin 
glaubt  er  doch,  dass  masemkranke  Kinder  oder  solche,  welche  sich 
im  Incubationsstadium  der  Masern  befinden,  eine  besondere  Disposi- 


Concetti. 


g04  Neumann. 

Complica-    tion  für  die   Aufnahme   des    Pemphiguscontagiums   haben    müssen, 
tionen       Femer  sah  Förster  bei  Masern  einige  Fälle  allgemein  verbreiteten 

bei  Masern,   _,  .  ,  T.«i-rr  r.  ^^ 

Förster.  Emphysems,  wie  es  auch  sonst  bei  starken  Hustenaniallen  vor- 
kommt ;  übrigens  kam  einer  mit  dem  Leben  davon.  Schliesslich  wird 
ein  schwerer  Masemfall  (mit  doppelseitiger  Lungenentzündung)  bei 
einem  1jährigen  Sand  berichtet,  bei  dem  es  zu  einer  Thrombose  im 
linken  Ventrikel  und  einer  Embolie  der  linken  Carotis  interna  mit 
Verschluss  der  Art.  chorioidea  anterior  und  entsprechender  Läh- 
mung kam. 

4.  Influenza. 

Influenza,  Luigi  Concetti  (Supplemento  al  Policlinico  Jahrg.  4)    beob- 

achtete im  Verlauf  der  Lifluenza  bei  zwei  Dritteln  der  SäagUnge 
Depressionserscheinungen  (Benommenheit,  mit  Nahrungsverweigerung 
u.  dergl.),  femer  bei  etwas  grösseren  Elindem  Erscheinungen  von 
Pseudocroup  und  schliesslich  (wesentlich  bei  Kindern  zwischen  2 
und  7  Jahren)  Drüsenentzündungen,  welche  zum  Theil  dem  Bild 
des  Pfeif  fernsehen  Drüsenfiebers  entsprachen.  Ref.  erwähnt  diese 
Beobachtungen  deshalb  ausdrücklich,  weil  der  Zusammenhang  der 
zwei  letzteren  Krankheitsformen  mit  acuten  Katarrhen,  im  besonderen 
der  Lifluenza  wohl  noch  nicht  genügend  gewürdigt  ist. 


Till.  Allgemeine  eonstltutlonelle  Krankheiten  Im  Klndevalter. 

1.  Rachitis. 

Phosphor-  Erich  Müller  (Charit^-Annalen  Jahrgang  23)   berichtet  über 

behandiung  20  rachitische  Kinder,  welche  während  3— 4  Monate  täglich  0,001g 
UaohitiB  Phosphor  erhalten  hatten.  Er  zieht  aus  seinen  Tabellen  folgende 
Müller.  Schlüsse:  „Das  Allgemeinbefinden  besserte  sich  unter  beständiger 
Gewichtszunahme  schon  wesentlich  nach  den  ersten  2 — 3  Flaschen 
und  blieb  bei  allen  Elindem  bis  zum  Schlüsse  ein  gutes;  die  nervösen 
Erscheinungen  —  unruhiger  Schlaf  ,  Laryngospasmus,  Kopfsch weisse  — 
wichen  gleichfalls  nach  2 — 6  Flaschen  Phosphorleberthran.  Weniger 
günstig,  aber  doch  noch  deutlich  beeinflusst  wurde  die  Craniotabes. 
Andererseits  war  eine  eindeutig  günstige  Wendung  mit  Bezug  auf 
die  Zahnverhältnisse,  die  Ossification  der  Fontanellen,  die  Lumbal- 
k3^ho8e,  das  öehvermögen  der  Kinder  nicht  festzustellen.  Sicher 
ganz  unbeeinflusst  blieben  durchgängig  die  übrigen  Knochen- 
veränderungen, wie  Rosenkranz,   Thoraxeinziehungen  und  die  Epi- 


Kinderkrankfaeiten. 


605 


physenschwellungen    an  den  Extremitäten."     Uebrigens  wurden  die 
Kinder  gleichzeitig  hygienisch-diätetisch  behandelt. 


2.  Barlow'sche  Krankheit. 

Die  Barlow'sche  Krankheit  gab  wieder  zu  einer  Reihe  von  Ver- 
öffentlichungen Anlass.  Während  ein  Theil  derselben  den  Typus, 
welchen  Bar  low  beschrieb,  entsprechend  wiedergibt,  weichen  andere 
erhebHch  ab  und  nähern  sich  mehr  den  von  Hirschsprung  be- 
schriebenen Fällen.  So  sind  Baron's  Fälle  (Münch.  med.  Wochen-  Barlow'sche 
Schrift  Nr.  18  u.  19)  unter  anderem  durch  das  gleichzeitige  Fieber,  ^^^^^^^ß*^» 
durch  die  während  der  Krankheit  auftretende  MüzschweUung  und 
vor  allem  durch  den  Umstand,  dass  es  sich  nicht,  wie  gewöhnlich 
sonst,  um  zunächst  gesunde  Kinder  aus  besten  Verhältnissen  handelt, 
ausgezeichnet.    Hingegen  sind  die  folgenden  FäUe  durchaus  typisch. 

Johannes  Seitz  (Zürich)  kann  einen  solchen  im  Correspondenz-  Seitz, 
blatt  für  Schweizer  Aerzte  Nr.  22  mittheilen,  trotzdem  oder  vielmehr 
weil  er  ihn  nicht  entsprechend  der  Barlow'schen  Krankheit  behandelt 
hat :  der  lOmonatliche  Knabe  machte  eine  3 — 4  Monate  dauernde  Krank- 
heit durch,  welche  unter  Kachexie  und  ftirchtbaren  Schmerzen  ver- 
lief. Die  eigenthümlichen  Krankheitserscheinungen  folgten  sich  in 
der  Weise,  dass  zuerst  Blutungen  in  die  Orbita,  dann  in  das  Periost 
eines  Oberschenkels  und  aus  der  Niere  auftraten;  unregelmässiges, 
nur  selten  erhebliches  Fieber. 

Folgenden  Fall  berichtet  Netter  (Bullet,  et  M6moires  d.  1.  Soc.  Netter, 
medicale  des  Höpit.  de  Paris  Nr.  32).  Ein  gut  entwickeltes  Kind 
von  10  Monaten,  welches  kaum  Spuren  von  Rachitis  zeigt  und  in 
den  besten  hygienischen  Verhältnissen  lebt,  erkrankt  mit  Schmerzen, 
Pseudoparalyse  und  tiefer  Anschwellung  an  den  Beinen  und  mit 
starker  Blässe  der  Haut.  Die  Diagnose  wird  klar,  als  sich  an  einer 
Tibia  zwei  subperiostale  Blutungen  und  eine  bläulich  verfärbte  An- 
schwellung der  öaumenschleimhaut  einstellen.  Ueberraschend  schnelle 
Heilung  unter  der  bekannten  antiscorbutischen  Behandlung.  Es  war 
unmöglich  für  die  Krankheit  etwas  anderes  verantwortlich  zu  machen, 
als  dass  die  Milch  des  Kindes  im  Soxhlet'schen  Apparat  45  Minuten 
lang  steriüsirt  wurde. 

Ausgezeichnet    durch   den   Ausgang   und   die  hierdurch  ermög- 
lichte Autopsie   ist  der  Fall  von   0.  Naegeli  (Correspondenzbl.  f.       Naegeli. 
Schweizer  Aerzte  1897,  Jahrg.  27,  Nr.  19).   Der  Knabe  war  von  der 
2.  Lebenswoche  an   mit   einem   Reisbrei   ernährt,   der  mit  gleichen 
Theilen    Fenchelthee    und   Milch    hergestellt   war.      Im   Alter   von 


g06  Neumann. 

Barlow'sche  11  Monaten  erschien  er  gut  entwickelt  und  fett,  aber  sehr  blass« 
Krankheit,  q}^q  Rachitis.  Es  entwickelten  sich  um  diese  Zeit  Kopfschmerzen 
und  eine  starke  Empfindlichkeit  und  Bewegungsbeschränkung  des 
linken  Beines;  der  linke  Oberschenkel  war  angeschwollen.  Kein 
Fieber.  Nach  ca.  3  Wochen  trat  ziemlich  unerwartet  der  Tod  ein, 
und  es  zeigte  die  Section  folgendes:  Keine  Rachitis;  Musculatur  und 
Zellgewebe  rings  um  die  Epiphyse  des  linken  Femur  über  dem  Knie- 
gelenk blutig  durchtränkt;  das  Periost  ist  durch  einen  beträchtlichen 
Bluterguss  vom  Knochen  abgehoben,  am  meisten  in  den  mittleren 
Femurpartieen,  weniger  an  den  Epiphysen;  1  man  unterhalb  der  Epi- 
physe besteht  eine  Fractur  ohne  Dislocation.  Ganz  ähnliche  Ver- 
hältnisse bestehen  an  der  linken  Tibia;  hier  ist  die  obere  Epiphyse 
gelöst.  Femur  und  Tibia  sind  nicht  weicher  als  gewöhnlich,  aber 
auffallend  leicht  und  schwimmen  unentkalkt  im  Wasser,  während 
rachitische  Knochen  sofort  sinken.  Mikroskopisch  sind  in  der 
Gegend  der  Knorpel-Knochengrenze  keine  abnorm  vorgeschobenen 
Markräume  oder  Yerkalkungszonen,  auch  keine  versprengten  Knorpel- 
reste (wie  bei  Rachitis)  zu  entdecken,  vielmehr  ist  die  Knorpel- 
wucherungszone nur  wenig  breiter,  die  obere  Grenze  der  Markruume 
verläuft  in  einer  Wellenlinie.  Am  Knochenmark  sind  die  Knochen- 
bälkchen  auffallend  spärlich,  die  Markräume  entsprechend  weit,  die 
faserigen  Elemente  überwiegen  sehr,  während  die  Pulpazellen  sehr 
spärlich  sind.  Die  Epiphysenlösung  beruht  auf  einer  Fractur  im 
Bereich  der  jungen  und  dünnsten  Knochenbälkchen.  —  Verf.  betont, 
dass  es  sich  hier  weder  um  Rachitis  noch  um  Syphilis  gehandelt 
habe ;  vielmehr  hält  er  die  Barlow'sche  Krankheit  fiir  eine  eigenartige 
Krankheit  kleiner  Kinder,  deren  Charakter  zunächst  in  Allgemein - 
Veränderungen  des  sich  aufbauenden  Organismus,  besonders  in  Ver- 
änderungen des  Blutes  und  der  Knochen  bestehe;  erst  auf  einer 
gewissen  Höhe  des  Allgemeinleidens  trete  eine  hämorrhagische  Dia- 
these hinzu,  die  nun  das  klinische  Bild  der  Barlow'sohen  Elrankheit 
hervorrufe. 


3.  Leukämie. 

Wie  weit  Leukämie  im  zarten  Kindesalter  vorkommt, 

erscheint  dem  Ref.  noch  nicht  genügend  aufgeklärt.    Auch  der  von 

Leukämie    Ij.  Pollmann  (Ein  Fall  von  Leukämie  beim  Neugeborenen.    Müncb. 

ei  ^  eu-     jnß(j^  Wochenschr.  Nr.  2)  berichtete  Fall  ist  in  dieser  Deutung  keines- 
geborenen,  ,  ^  ^  ^ 

PoUmann,     wegs  einwandsfrei :   das  Kind  wurde  mit  zahlreichen  Petechien  und 
sichtlich  krank  geboren;   als  es  am  18.  Tage  in  Behandlung  kam. 


Eonderkrankheiten.  g07 

wurde  eine  starke  Leber-  und  Milzanschwellung  gefunden  und  das 
Verhältniss  der  weissen  zu  den  rothen  Blutkörperchen  auf  1 :  8  fest- 
gestellt; die  Leukocyten  bestanden  fast  alle  aus  einkernigen  Zellen 
mit  ziemlich  grossem  Kerne  imd  einem  massig  breiten  Protoplasma- 
saum. Nachdem  der  Tod  am  19.  Lebenstage  erfolgt  war,  wurden 
keine  zweifellosen  Zeichen  der  Leukämie,  hingegen  unter  anderem 
noch  eine  Endocarditis  verrucosa  gefunden.  Der  Autor  denkt  selbst 
an  die  Möglichkeit  einer  intrauterinen  Infection,  ohne  darum  den 
Gedanken  einer  lienal-medullären  Leukämie  aufzugeben.  Den  Ref. 
überzeugt  in  letzterer  Hinsicht  der  Blutbefund  um  so  weniger,  als 
bei  Säuglingen  auch  bei  der  entzündlichen  Leukocytose  die  L3rmpho- 
cyten  —  nicht,  wie  beim  Erwachsenen,  die  polynucleären  Zellen  — 
in  den  Vordergrund  zu  treten  pflegen  und  der  missglückte  Nachweis 
von  Bacterien,  wie  auch  der  Verf.  zugibt,  noch  nicht  eine  bacterielle 
Ansteckung  ausschliesst. 

Mit  viel  grösserem  Recht  könnten  Rolleston  und  Latham  Rolleston  u. 
ihren  Fall,  der  ein  l^a jähriges  Kind  betraf  (The  Lancet,  14.  Mai),  *  *™" 
für  eine  Leukämie  erklären,  insofern  sie  unter  anderem  in  Knochen 
und  Leber  lymphatische  Lifiltrationen  nachweisen  konnten  und  der 
Blutbefund  nicht  nur  durch  die  starke  Vermehrung  der  Leukocyten, 
sondern  auch  durch  ein  reichliches  Auftreten  von  Myelocyten  aus- 
gezeichnet war.  Trotzdem  entschliessen  sich  die  Verff.  nur  dazu,  von 
einem  mit  Rachitis  complicirten  Lymphadenom  zu  sprechen.  Die 
Linenfläche  des  Magens  war  —  ausser  am  Pylorus  —  mit  Ijnnph- 
adenomatösen  Wucherungen   besetzt,   die   bis  wallnussgross   waren. 

Einen  sicheren  Fall  von  lieno-myelogener  Leukämie  sah  Lieno- 

J.  Cassel   (Berl.    klin.    Wochenschr.   Nr.  4)    bei   einem   8jährigen  myelogene 

Mädchen.   Die  weissen  Blutkörperchen  verhielten  sich  zu  den  rothen  cassel. 
wie  1:7;  unter  den  Leukocyten  überwogen  die  Markzellen. 

IX.  Syphilis. 

Die  umfangreiche  Arbeit  Carl  Hochsinger's  (Studien  über  Hereditäre 
die  hereditäre  Syphilis.  1.  Theü.  [Beiträge  zur  Kinderheü-  g^^^^^^'*; 
künde  aus  dem  ersten  öffentlichen  Kinderkrankeninstitute  in  Wien. 
Herausgegeben  von  M.  Kassowitz.  Neue  Folge.  V.]  Leipzig  und 
Wien)  gibt  einen  Ueberblick  über  vieljährige  Studien  des  Verfassers, 
die  uns  allerdings  zum  Theil  schon  bekannt  sind,  zum  anderen  Theil 
allgemeiner  Bekanntes  nur  in  besonderer  Beleuchtung  zeigen,  bezw. 
ergänzen ,   schliesslich  moderne  theoretische  Anschauungen  aus  dem 


608  Neumann. 

Hereditäre  Gebiete  der  Syphilis  in  überzeugender  Form  kritisch  beleuchten.  Ein 
Syphilis,  Kapitel  wird  dem  CoUes'schen  Gesetz  und  dem  Choc  en  retour  bei 
der  hereditären  Syphilis  gewidmet.  Hier  sind  —  wenigstens  nach 
Meinung  des  Ref.  —  die  Ausfuhrungen  Hochsinge r*s,  trotz  aUer 
Mängel  in  der  poliklinischen  Beobachtung,  überzeugend  und  bedeu- 
tungsvoll. Im  theilweisen  Gegensatz  zu  den  Anschauungen  Four- 
nier's,  Finger*su.  a.  stellt  Hoch  sin  ger  fest,  dass  Frauen  syphi- 
litische Kinder  gebären  können,  ohne  selbst  syphilitisch  zu  werden; 
hingegen  gewinnen  sie  infolge  des  Uebertritts  immunisirender  Sub- 
stanzen einen  gewissen,  allerdings  sehr  variablen  Grad  von  Im- 
munität gegen  Syphüis.  Eine  Retroinfection  der  Mutter  seitens  eines 
spermatisch  inficirten  Fötus  ist  klinisch  unbewiesen  und  unbeweisbar 
imd  theoretisch  nur  schwer  zu  begründen.  Die  Finger'sche  Hypo- 
these von  der  Toxinnatur  der  Tertiärsyphilis  und  des  kryptogene- 
tischen Tertiarismus  der  Mutter  ist  (und  dies  ist  wichtig,  besonders 
entschieden  zu  betonen)  unvereinbar  mit  den  Grundlagen  der  vorhin 
erwähnten  Colles'schen  Immunität  und  im  Widerspruch  mit  der 
pathologischen  Anatomie  und  Klinik  der  congenitalen  Frühsyphilis. 
Neu  und  kaum  hinreichend  begründet  ist  es,  wenn  Hochsinger, 
auf  die  seltenen  Ausnahmen  von  der  Oolles'schen  Immunität  hin, 
wünscht,  dass  syphilitische  E  r  s  t  entbundene ,  wofern  die  künstliche 
Ernährung  unter  günstigen  Verhältnissen  durchfuhrbar  ist,  vom 
Säugen  Abstand  nehmen  sollen.  Ausfuhrlich  wird  die  „difPiise  here- 
ditär syphilitische  Hautinfiltration  der  Säuglinge ^^  abgehandelt.  Die 
häufigste  Localisation  an  den  Fuss-  und  Handtellern  ist  allgemein 
bekannt,  seltener  ist  sie  im  Gesicht  (besonders  um  den  Mund  und 
auf  dem  behaarten  Kopf,  noch  seltener  an  der  unteren  Körperhälfte 
[Nates,  Rückseite  des  Ober-  und  Unterschenkels]);  Entstehung  und 
Auftreten  dieser  diffusen,  d.  h.  nicht  aus  einzelnen  Papeln  oder 
Flecken  bestehenden  Infiltration  wird  sehr  genau  gewürdigt  und  ihr 
damit  eine  grundsätzliche  Stellung  im  klinischen  Bilde  der  Haut- 
syphilis zugewiesen.  Soweit  diese  Infiltration  mit  einer  Verletzung 
der  Hautdecke  einhergeht,  dürfte  übrigens  nach  der  Vermuthung 
des  Ref.  wohl  noch  eine  secundäre  Entzündung  durch  Entzündung»- 
bacterien  eintreten,  deren  Hochsinger  weder  klinisch  noch  histo- 
logisch Erwähnung  thut.  In  dem  dritten  Abschnitt  der  Studien 
handelt  Hochsinger  von  den  diffusen  visceralen  Manifestation 8- 
formen  der  hereditären  Frühsyphilis.  Hochsinger  stützt  sich  hier- 
bei unter  anderem  auf  werthvolle  eigene  histologische  Untersuchungen. 
Uns  interessirte  bei  letzteren  besonders  die  Feststellung,  dass  dat^ 
frühzeitige  Einsetzen  der  syphilitischen  Infiltration  in  der  Niere  und 


Kinderkrankheiten.  609 

Lunge  Organtheile  auf  einer  frühen  Entwickelungsstufe  festhalten 
kann,  wie  solche  Feststellungen  bisher  nur  vereinzelt  gemacht  waren. 
—  Bezüglich  der  Localisation  der  syphilitischen  Zellinfiltration  in 
den  Eingeweiden  ebenso  wie  in  der  Haut  lässt  sich  Hochsinger 
immer  angelegen  sein  zu  betonen,  dass  das  Syphilisgift  eine  enge 
Beziehung  zu  den  kleinsten  Gefassen  und  Capillaren  der  drüsigen 
Organe  hat  und  daher  die  syphilitische  Erkrankung  nur  in  dem 
Maasse  auftreten  kann,  als  sich  das  Drüsenparenchym  der  zeitlichen 
und  örtlichen  Ausdehnung  nach  im  Fötus  und  später  entwickelt. 
Daher  findet  sich  die  Leber,  welche  zuerst  fertig  entwickelt  und 
Ainctionsfahig  ist,  immer  am  stärksten  und  frühzeitigsten  erkrankt. 
Es  ist  merkwürdig,  dass  Hochsinger,  der  eine  besonders  grosse 
Erfahrung  über  Syphilis  hat,  bezüglich  der  Hu  tch  in  so  naschen 
Zähne  einen  verneinenden  Standpunkt  festhält. 

Sehr  werthvoU  sind  auch  die  Beiträge  Rudolf  Hecke r's  zur      Heoker. 
Histologie  und  Pathologie  der   congenitalen  Syphilis 
(Deutsches  Arch.  f.  klin.  Med.  61)  s.  S.  575. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

Adolf  Baginskj,  Diphtherie,  diphtheritischer  Croup  (Specielle  Patho- 
logie und  Therapie,  herausgegeb.  von  Nothnagel.  Bd.  2,  I.  Theil). 
Wien. 

H.  Barbier  und  G.  Ulmann,  La  dipht^rie.  Nouvelles  recherches  bac- 
t^riologiques  et  cliniques,  prophylaxie  et  traitement.    Paris. 

J.  Bernheim,  üeber  die  Pathogenese  und  Serumtherapie  der  schweren 
Rachendiphtherie.  Klinische  und  experimentelle  Untersuchungen. 
Leipzig  und  Wien. 

P.  Biedert,  Ernährungstherapie  bei  Krankheiten  des  Kindes.  Handb. 
d.  Ernährungstherapie  Bd.  IT.  Herausgeg.  von  £.  v.  Leyden.   Leipzig. 

Ph.  Burkhard,  Die  Fehler  der  Kinder.  Eine  Einführung  in  das  Studium 
der  pädagogischen  Pathologie  mit  besonderer  Berücksichtigong  der 
Lehre  von  den  psychopathischen  Minderwerthigkeiten. 

B.  Fischl,  Fortschritte  in  der  Erkenntniss  und  Behandlung  der  Magen- 
darmkrankheiten beim  Säugling.  Medicinische  Wandervorträge  H.  58. 
Berlin. 

Derselbe,  Quellen  und  Wege  der  septischen  Infection  beim  Neugeborenen 
und  Säugling.    Samml.  klin.  Vorträge,  N.  F.  Nr.  220.    Leipzig. 

H.  Gillet,  Formulaire  d'hygiöne  infantile  individuelle.  Hygiene  de  Tenfant 
ä  la  maison.    Paris. 

Grancher,  Comby,  Marfan,  Traite  des  maladies  de  Tenfance.  Tome  IV. 
Paris. 

M.  Hagedorn,   Der  Keuchhusten   und   seine   örtlichen  Erscheinungen  in 
Jahrbach  der  practischeii  Medicin.    1899.  39 


ß\Q  Neuinaxm* 

Nase,    Ohren  und  Hals.     Sammlung   zwangloser  Abhandlungen   auf 

dem  Gebiete  der  Nasen-,  Ohren-,  Mund-  und  Halskrankheiten  Bd.  HI^ 

H.  2.    Halle. 
Carl  Hochsinger,  Studien  über  die  hereditäre  Syphilis.  LTheil.   Leipzig 

und  Wien. 
A.  Jacob  i,  Therapie  des  Säuglings- und  Eindesalters.  Autorisirte  deutsche 

Ausgabe  der  H.  Auflage  von  Dr.  0.  Reunert.    Berlin. 
L.  de  Jager,  Die  Verdauung  und  Assimilation  des  gesunden  und  kranken 

Säuglings.   Nebst  einer  rationellen  Methode  zur  Säuglingsemährung. 

Berlin. 
W.  Knoepfelmacher,    Yerdauungsrückstände    bei   der   Ernährung  mit 

Kuhmilch  und  ihre  Bedeutung  fär  den  Säugling.  Beiträge  zur  klin. 

Med.  und  Chirurgie  H.  18.    Wien  und  Leipzig. 
Alb.  Liebmann,   Die  Untersuchung   und  Behandlung  geistig   zurückge- 
bliebener Kinder.    Berlin. 
Alois  Monti,  Kinderheilkunde  in  Einzeldarstellungen.  Wien  und  Leipzig. 
L.   Roemheld,    Allgemeine    Yerhaltungsmaassregeln    bei    den    einzelnen 

Krankheiten  der  Kinder.    Die  hygienisch-diätetischen  Verordnungen 

der  Heidelberger  Kinderklinik  (Prof.  Vierordt).    Heidelberg. 
H.  de  Rothschild,  L'allaitement  mixte  et  Tallaitement  artificiel.    Paris. 
G.  Yariot,   La  dipht^rie  et  la  serumthärapie.    l^tudes  cliniques  faites  au 

Pavillon  Bretonneau.    Paris. 
Th.  Ziehen,  Die  Ideenassociation  des  Kindes.   I.    Berlin. 


X. 

KUmatologie,   Babeologie,   Hydrotherapie. 

Von  K.  Rath  Docent  Dr.  Clar  in  Wien-Gleichenberg. 

1.  Klimatologie. 

Ueber  die  moderne  Frage  der  Blutveränderung  im  Gebirge 
brachte  auch  das  abgelaufene  Jahr  eine  Reihe  von  Untersuchungen 
und  kritischen  Auseinandersetzungen.  Zunächst  interessirt  eine  Mit* 
theilung  von  A.  Gottstein  („Ueber  Blutkörperzählung  und  Blutkörper- 
Luft druck."  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  20  u.  21),  welche  nach-  ^^^  j^°^^_ 
weist,  dass  die  allgemein  benutzte  Thoma-Zeis s'sche  Zählkammer  dm ck, 
unter  verschiedenen  Verhältnissen  verschiedene  Werthe  fiir  dasselbe  ^'  ^ottstein. 
Blut  angibt.  Erhöhte  Wärme  vergrössert  den  Kammerraum  und 
lässt  die  Zählwerthe  ansteigen,  was  fiir  die  Beobachtungen  in  den 
Tropen  schon  in  Rechnung  zu  ziehen  wäre.  Wird  die  geschlossene 
Zählkammer  wechselndem  Luftdrucke  ausgesetzt,  so  treten  infolge 
der  Elasticität  der  Deckplatte  und  eingeschlossenen  Luft  natürlich 
bedeutende  Schwankungen  des  Kammerraumes  ein,  welcher  bei  stei- 
gendem Luftdruck  verkleinert  und  bei  fallendem  vergrössert  werden 
muss.  Die  entsprechende  negative  und  positive  Tendenz  in  der 
Aenderung  der  Zählwerthe  ist  aber  der  vorliegenden  Frage  gegen- 
über ohne  Belang,  denn  die  Blutpräparate  werden  in  der  Höhe  und 
Tiefe  immer  unter  gleichem  Luftdrucke  angefertigt  und  untersucht. 
Um  so  wichtiger  ist  die  Beobachtung,  dass  in  der  pneumatischen 
Kammer  unter  demselben  Drucke  hergestellte  und  durchgezählte 
Präparate  niedrigere  Werthe  ergaben  bei  höherem  Druck  und  um- 
gekehrt. So  wurden  in  demselben  Blute  bei  7G0  mm  Hg  4  820,  bei 
1020  mm  nur  4,068  und  bei  500  mm  schon  5,568  Millionen  Blutkörper 
im  Cubikmülimeter  aus  den  Zählungen  berechnet.  Eine  physika- 
lische Erklärung  dieses  Befundes  steht  noch  aus  und  wird  nur  auf 


612  Clar. 

Bjutkörper-  mögliche  Aenderung  der  Capillarattraction  zwischen  Flüssigkeit  und 

^*d  L*°n-    ^^^^  sowie  der  Oberflächenspannung  zwischen  Luft  und  capillarer 

druck,       Flüssigkeit   hingedeutet.    Uebrigens  sind  die  beobachteten  Aende- 

A.  Gottstein,  rungen  der  Zählwerthe  zu  gering ,  um  die  im  Gebirge  gemachten 
Erfahrungen  zu  erklären,  und  ist  ja  auch  bei  wochenlang  unter  der 
Glocke  im  lufbverdünnten  Baume  gehaltenen  Thieren  durch  Zäh- 
lungen ausserhalb  derselben  die  Blutkörpervermehrung  festgestellt 
worden.  Wohl  ist  es  aber  möglich,  dass  die  im  Apparat  gelegene 
Fehlerquelle  für  die  plötzliche  Veränderung  der  Zahl  mit  dem  Höhen- 
wechsel verantwortlich  zu  machen  ist,  womit  die  allseitig  betonte 
Beobachtung  im  Einklang  stünde,  dass  der  anfanglichen  Blutkörper* 
Vermehrung  erst  später  eine  solche  des  Hämoglobins  nachfolgt. 

£.  MeiBsen  u.  Dem  Uebelstande  des  Apparates  glaubten   E.   Meissen  und 

G.  Schröder,  q  Schröder  abhelfen  zu  können  und  stellten  eine  vom  Luftdrucke 
unabhängige  Zählkammer  für  Blutkörperchen  (Münch. 
med.  Wochenschr.  Nr.  4)  her,  indem  sie  den  Band  der  Kammer,  wo  das 
Deckglas  aufliegt,  mit  einer  radiär  eingeschli£fenen  Furche  versahen, 
durch  welche  die  Aussenlufb  mit  dem  Inneren  der  Kammer  com- 
municirt.  Es  kann  nun  wohl  bei  höherem  Luftdrucke  ein  Ein- 
biegen des  Deckglases  nicht  stattfinden,  doch  ist  der  Zweck  der 
Neuerung  für  Untersuchungen  im  Gebirge  von  vornherein  nicht  ein- 
leuchtend, da  ja  Anfertigung  und  Beobachtung  der  Präparate  unter 
gleichem  Drucke  geschieht.  Allerdings  ist  zuzugestehen,  dass  eine 
Communication  des  Kammerraumes  mit  der  Aussenlufb  den  Aus- 
gleich zufälliger,  auf  mechanische  oder  thermische  Einflüsse  zu- 
rückzuführender Differenzen  gewissermaassen  als  Sicherheitsvorrich- 
tung gestattet.  Unerklärt  bleibt,  warum  die  Verff.  bei  vergleichen- 
den Zählungen  mit  der  neuen  Kammer  etwas  niedrigere  Werthe  er- 
halten als  mit  der  alten. 

Li  einem  zweiten  Artikel  („Zur  Frage  der  Blutverände- 
rungen imGebirge."  Münch. med. Wochenschr. Nr. 42) veröffent- 
Biut-        licht  G.  Schröder  im  Einverständnisse  mit  A.  Gottstein  des  letz- 
yer&nderung^j.gjj  Zählversuche  im  pneumatischen  Cabinet.   Es  stellte  sich  heraus, 
*G.  Schröder'  dass  die  Schlitzkammer  die  Zählergebnisse  bei  verschiedenem  Drucke 
nicht  änderte,  dagegen  die  gewöhnliche  Kammer  bei  verdichteter  Luft 
zu  niedrige  und  bei  verdünnter  Luft  zu  hohe  Werthe  vortäuscht«, 
obwohl  Ajifertigung  und  Beobachtung  der  Präparate  unter  gleich* 
bleibendem  Drucke  stattfand.  Nun  machte  Schröder  Nachprüfungen 
seiner  Zählungen   in  Görbersdorf,    wo   er  mit  Jaruntowsky  im 
Jahre  1894  bei  ansässigen  gesunden  Männern  in  der  Seehöhe  von 


Elimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  613 

561  m  durchschnittlich  5764000  Erythrocjrten  im  Cubikmillimeter  ge- 
funden hatte.  Die  neue  Zählkammer  ergab  ein  Minus  von  366 000  Zellen, 
und  durch  dessen  Berücksichtigung  vermindert  sich  zwar  die  im  Ge- 
birge eintretende  Blutkörpervermehrung,  allein  sie  bleibt  doch  be- 
stehen. Die  Sicherheit  des  Eintrittes  derselben  sei  so  gross,  dass 
man  aus  der  wechselnden  Blutkörperzahl  eines  Gesunden  auf  die 
wechselnde  Höhe  des  Aufenthaltes  schliessen  könne,  die  Ursache  aber 
sei  weder  im  Sauerstoffhunger  noch  in  der  Eindickung  des  Blutes, 
sondern  wahrscheinlich  in  einer  anderen  Vertheilung  der  Blutkörper- 
chen im  Gefösssystem,  ohne  Neubildung  derselben,  zu  finden. 

Als  Verfechter  des  positiven  Einflusses  der  Luftverdünnung  auf 

die  Blutneubildung  treten  wieder  Ossian  Schaumann  und  Emil  Bl*** 

Rosenqvist  mit  einer  ausführlichen  Veröffentlichung  ihrer  schon  im  Höhen- 

im  Vorjahre   erwähnten  Versuche  in  die  Schranken  („Ueber  die  klima, 

Natur  derBlutveränderungen  im  Höhenklima."    Zeitschr.  0.  Schaumaim 

.  .  ,  u.  E.  Rosen- 

f.  klin.  Med.  Bd.  35,   H.  1 — 4).     Nach   einer    geschichtlichen  Ein-        qvist. 

leitung  betonen  sie,  ihr  Augenmerk  ganz  besonders  auf  neugebildete 
Blutscheiben  gerichtet  zu  haben,  und  wurden  bei  den  Hunden,  Ka- 
ninchen und  Tauben,  welche  sie  in  der  Glocke  unter  einem  der 
Seehöhe  von  4000  m  entsprechenden  Luftdrucke  von  450  mm  Hg 
hielten,  auch  die  Durchmesser  der  Blutkörper  gemessen.  Die  Luft- 
feuchtigkeit unter  der  Glocke  betrug  durchschnittlich  87  ^jo ,  die 
Temperatur  24  ®  C. ,  und  in  allen  Fällen  wurde  Blutkörperzahl  und 
Hämoglobin  erheblich,  erstere  mehr  als  letzteres,  doch  langsamer 
als  im  Gebirge  gesteigert.  Von  Austrocknung  kann  keine  Bede 
sein,  und  müssen  diese  Veränderungen  auf  die  Luftverdünnung  be- 
zogen werden.  Der  Hämoglobinvermehrung  geht  stets  eine  initiale 
Verminderung  voraus,  welche  die  Blutkörperzahl  nur  in  der  Hälfte 
der  Fälle  mitbetrifPb.  Auch  in  der  Periode  der  Vermehrung  treten 
Remissionen  auf,  und  beim  Leben  im  Freien  nach  vollendetem  Ver- 
suche erfolgt  die  Verminderung  langsamer  als  nach  der  Rückkehr 
aus  dem  Gebirge.  Oft  bleibt  auch  der  Blutkörper-  und  Hämoglobin- 
gehalt des  Blutes  durch  Monate  erhöht,  oder  es  tritt  auf  die  Ver- 
minderung nochmalige  Erhöhung  ein,  wie  sie  auch  Leuch  bei  Kin- 
dern beobachtete,  der  das  Blut  von  Feriencolonisten  vor  und  nach 
dem  Gebirgsaufenthalte  untersuchte.  Zwei  Monate  nach  der  Rück- 
kehr war  die  im  Gebirge  vermehrte  Hämoglobinmenge  und  Blut- 
körperzahl gefallen,  ohne  den  Anfangswerth  zu  erreichen,  und  nach 
Ablauf  von  4  Monaten  seit  der  Rückkehr  abermals  gestiegen.  Zu 
ihrem  Erstaunen  fanden  die  Verff.  in  der  Vermehrungsperiode  im 


614  Clar, 

Blut-  Gegensatze  zur  Angabe  der  Autoren  über  das  Auftreten  vieler  kleiner 
^j^^'g^"'*^^  Formen    den    mittleren    Durcbmesser    der    Blutkörper    vergrössert, 

kiima,  Welcher  nach  Erreichung  eines  Maximums  wieder  abnimmt,  wie  dies 
0.  Schaumann  auch  Schaumann  bei  sich  und  seiner  Frau  gelegentlich  eines  Ge- 

qvist.  birgsaufenthaltes  nachwies.  Es  seien  andere  Beobachter,  welche 
keine  wirklichen  Messimgen  vornahmen,  vielleicht  durch  Contrast- 
Wirkung  getäuscht  worden.  Kernhaltige  Erythrocyten,  welche  sonst 
nur  vereinzelt  und  selten  zu  beobachten  sind,  wurden  in  der  Ver- 
mehrungsperiode  ungleich  häufiger  angetroffen ,  um  bei  der  Frei- 
lassung der  Thiere  wieder  zu  verschwinden.  Auch  freie  Kerne 
wurden  gesehen,  und  besonders  starke  Veränderungen  zeigt  das 
Taubenblut  in  verdünnter  Luft  durch  das  Auftreten  deutlicher  Mi- 
tosen. Die  Neubildungstheorie  erkläre  alle  Veränderungen  auf  das 
Beste,  der  Organismus  sei  auf  einen  bestimmten  Luftdruck  einge- 
gestellt;  werde  die  Leistungsfähigkeit  des  Hämoglobins  stärker  in 
Anspruch  genommen,  so  komme  es  anfänglich  zu  einer  Zerstörung 
und  Verminderung  des  Blutfarbstoffes,  dann  zu  seiner  Vermehrung. 

Blut-  Eine  Stütze  finden  die  Verff.  in  der  Arbeit  von  A.  Jaquet  und 
ver&nderungp  g^^         „Ueber  die  Veränderungen  desBlutes  im  Hoch- 

im  Hoch-  if  ©^ 

gebirg e,  gebirg e"  (Correspondenzbl.  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  4).  Diese 
A.  Jaquet  u.  Autoren  strebten  zur  Lösimg  der  strittigen  Punkte  vor  allem  eine 
'  Bestimmung  der  Gesammtblut-  und  Hämoglobinmenge  an,  und  da 
es  keine  Methode  gibt,  diese  am  lebenden  Thiere  auszufuhren,  musste 
der  etwas  weniger  sichere  Weg  gewählt  werden,  an  Reihen  von 
Thieren  in  Daves  (1600  m)  und  an  ControUreihen  in  Basel  (260  m) 
zu  experimentiren.  Als  Versuchsthiere  dienten  halbjährige  Kanin- 
chen; es  wurden  neun  solche  nach  Daves  gebracht,  um  durch 
4  Wochen  unter  gleichen  Bedingungen  gehalten  zu  werden,  und  elf 
andere  verblieben  in  Basel.  Das  Ohrblut  der  letzteren  nahm  in 
dieser  Zeit  1,13  **/o  an  Blutkörperchen  und  10,16  ^/o  an  Hämoglobin 
zu,  bei  den  Gebirgsthieren  aber  stieg  die  Blutkörperzahl  um  21,4''o 
und  die  Hämoglobinmenge  um  40,66  ®/o.  Schliesslich  wurden  die 
Thiere  aus  dem  Gebirge  zurückgebracht  und  beide  Serien  entblutet. 
In  einer  der  Carotis  entnommenen  Blutprobe  wurde  der  Hämo- 
globingehalt bestimmt,  dann  das  Gefasssystem  mit  1^/oiger  Koch- 
salzlösung von  37^  C.  ausgewaschen  und  aus  dem  Hämoglobin- 
gehalte  der  gesammten  Flüssigkeit  die  ursprüngliche  Blutmenge  za- 
rückgerechnet.  Diese  betrug  f^  Basel  durchschnittlich  90,66  ccm 
und  für  Daves  104,15  ccm,  femer  die  Gesammtmenge  des  Hämo- 
globins für  Basel  12,07  g  und  für  Daves  14,85  g,  der  Trockenrück- 
stand   des   Blutserums   für   Basel   6,89  ®/o    und   für  Davos  7,13*«, 


Klimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  615 

woraus  sich  ergibt,  dass  der  XJeberschuss  der  Blutmenge  in  Davos 
14,88  ®/o ,  der  Qesammtmenge  des  Hämoglobins  23,03  ^/o  und  des 
Trockenrückstandes  des  Blutserums  3,65  °/o  der  Basler  Zahlen  aus- 
macht. Die  Mittelzahlen  des  Körpergewichtes  sind  fiir  beide  Thier- 
serien  sowohl  zu  Beginn  des  Versuchsmonates  als  am  Ende  des- 
selben nahezu  gleich,  und  berechnet  man  die  Zunahme  des  Blutes 
und  Hämoglobins  in  pro  mille  des  Körpergewichtes,  so  erhält  man 
daher  nahezu  dieselben  procentischen  Differenzen,  wie  sie  oben  an- 
gegeben sind.  Im  Gegensätze  hierzu  hatten  die  Versuche  von  Weiss 
an  Kaninchen,  die  in  Andermatt  1444  m  und  am  Pilatus  2070  m 
hoch  lebten,  keine  Vermehrung  der  Gesammthämoglobinmenge  er- 
geben, doch  wenden  die  Verff.  unter  anderem  ein,  dass  der  ganze 
Darmtract  und  das  Fell  entfernt  worden  war,  ehe  der  Rest  zer- 
hackt, mit  Wasser  extrahirt  und  colorimetrisch  geprüft  wurde.  Sie 
sind  der  Ansicht,  dass  mit  ziemlicher  Sicherheit  die  Vermehrung 
des  Hämoglobins  im  Höhenklima  als  durch  Neubildung  bediagt  auf- 
zufassen sei.  Die  Erklärung  durch  Eindickung  ist  ausgeschlossen, 
nicht  aber  eine  gleichzeitig  verschiedene  Vertheilung  der  Blut- 
körperchen im  Gefasssystem. 

Edwin  Solly  („Die  Blutveränderungen,  hervorge-  B.  SoUy. 
bracht  durch  die  Höhe  und  ihr  practischer  Werth." 
The  Philadelphia  Policlinic  Nr.  27)  hat  zu  Colorado  Springs  in 
6000  Fuss  Seehöhe  mit  dem  Hämatokrit  von  Judson  Daland 
sowohl  als  mit  der  Thoma-Zeis s'schen  Zählkammer  Unter- 
suchungen angestellt  und  nicht  nur  die  Blutkörperzahl,  sondern  auch 
das  Gesammtvolum  vermehrt  gefimden,  so  dass  eine  absolute  Ver- 
grösserung  der  Oberfläche  sich  herausstellte,  welche  Sauerstoff  ab- 
sorbiren  kann.  Im  übrigen  gibt  der  Artikel  eine  Uebersicht  des 
über  Höheneuren  Bekannten,  und  schliesslich  spricht  der  Verf.  die 
eigenthümliche  Ansicht  aus,  die  Phthise  verbessere  sich  mit  der 
Entfernung  von  der  See,  das  trockene  Klima  der  Wüste  und  des 
Hochgebirges  sei  das  vortheilhafbeste.  Die  Dauer  des  Aufenthaltes 
in  der  Höhe  müsse  auf  6  Monate  bis  1  Jahr  berechnet  werden, 
während  welchef  Zeit  der  Kranke  höchstens  auf  einen  Monat  nach 
Hause  gehen  darf. 

Eine  statistische  Arbeit  über  Morbidität  liefert  Heinrich 
Berger  („Die  Bedeutung  des  Wetters  für  die  anstecken- 
den Krankheiten."  Therapeutische  Monatshefte  H.  3  u.  4). 
Er  prüft  den  Einfluss  von  Luftdruck,  Temperatur,  Bewölkung, 
Niederschlag  und  Wind  auf  die  Häufigkeit  von  Diphtherie,   Schar- 


616  Clar. 

Das  Wetter  lach,  Masern  und  Typhus.    Um  den  Tag  der  Ansteckung  zu  eruiren, 
und  die      wurde   die  Incubationsdauer  berücksichtigt  und  zunächst  die  Zahl 

krankheiten  ^^^  Erkrankungen  in  den  einzelnen  Monaten  festgestellt.  Diphtherie, 
H.  Berger.  Scharlach  und  Masern  traten  mehr  in  den  Wintermonaten ,  Typhus 
am  häufigsten  im  August  auf.  Die  weitere  Auseinandersetzung  be» 
fasst  sich  mit  der  Frequenz  aller  vier  Krankheiten  zusammenge* 
nommen,  besonderes  Interesse  aber  erregt  die  Untersuchung,  wie 
sich  jede  einzelne  derselben  gegenüber  den  verschiedenen  Combi« 
nationen  von  fallender  oder  steigender  Tendenz  der  Wärme,  des 
Luftdruckes  und  der  Feuchtigkeit  verhalten:  Der  Typhus  zeigt  sein 
Maximum,  wenn  Barometer,  Thermometer  und  Hygrometer  gleich- 
zeitig steigen,  und  sein  Minimum,  wenn  das  Barometer  steigt,  Thermo* 
meter  und  Hygrometer  aber  fallen.  Diphtherie  und  Scharlach  haben 
ihr  Maximum  bei  steigendem  Thermometer  ,und  gleichzeitig  fallen- 
dem Barometer  und  Hygrometer,  ihr  Minimum ,  wenn  Barometer 
und  Thermometer  steigen  und  das  Hygrometer  fallt.  Das  Maximum 
der  Masern  tritt  bei  fallendem  Barometer  und  Thermometer  sowie 
steigendem  Hygrometer  ein,  das  Minimum,  wenn  alle  drei  Instru- 
mente steigen.  Im  allgemeinen  treten  die  wenigsten  Erkrankungen 
bei  heiterem,  die  meisten  bei  trübem  Wetter  und  besonders  bei 
Regen  imd  Nebel  auf.  Bezüglich  der  Winde  zeigen  die  allerdings 
auch  vorherrschenden  westlichen  Luftströmungen  die  grösste  Fre- 
quenz der  Erkrankimgen  imd  Nordostwinde  die  geringste. 

Ueber  südliche  Curorte  liegen  mehrere  Berichte  vor.  B.  Fränkel 
Algerien,  bespricht  Algerien  als  Winterstation  für  Kranke  (Berl. 
B.  Fränkel.  j^^  Wochenschr.  Nr.  6).  Die  französischen  Colonieen  in  Afrika 
bieten  recht  verschiedene  Arten  von  Xlima,  je  nachdem  sie  auf 
der  Nord-  oder  Südseite  des  Atlas  liegen.  Die  Stadt  Algier  selbst 
eignet  sich  nicht  ftir  Kranke,  wohl  aber  die  Villenstadt  Mu- 
stapha  sup^rieur  mit  ihrem  grünen  Gelände,  das  sich  am  Gebirge 
hinzieht  und  wo  sich  auch  gute  Hotels  finden.  Die  Vegetation  ist 
sehr  üppig,  die  Palme  fühlt  sich  zu  Hause,  es  kommen  starke 
Regengüsse  vor,  dauern  aber  nicht  lange  an.  Die  Temperatur  ist 
höher  als  an  der  Biviera,  doch  sind  die  Abende  ebenfalls  kühl,  und 
grosse  Temperatursprünge  treten  besonders  ein,  wenn  der  Sirocco 
in  Nordwind  umschlägt.  Der  Boden  liefert  einen  feinen  Kalkstaub, 
der  sich  der  Luft  mittheilt,  wenn  auch  weniger  als  an  der  Riviera, 
doch  bietet  Algier  im  ganzen  vor  dieser  keine  besonderen  Vorzüge, 
und  Phthisiker  passen  nur  im  Anfangsstadium  hierher.  Viel  wich- 
tiger  als  Algier   ist  Biskra  jenseits  des  Atlas  mit  seinem  ausge- 


Elimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  617 

dehnten  Palmenwalde.  Nach  den  secl^sjährigen  Beobachtungen  von 
Dicquemare  hat  der  kälteste  Monat  Januar  eine  Mitteltemperatur 
von  9,6°  C,  ein  mittleres  Maximum  von  15,2°  und  ein  mittleres 
Minimum  von  4,4°  aufzuweisen.  Das  Charakteristische  des  Klimas 
ist  seine  Trockenheit,  es  kommt  auch  bei  stärkerer  Bewegung  nicht 
zur  Schweissbildung,  die  in  Algier  sehr  leicht  auftritt.  Die  Unter- 
kunft in  den  Hotels  ist  gut  und  billig,  ein  öffentlicher  Park  bietet 
prachtvolle  Promenaden  unter  immergrünen  Mimosen,  Staub  ist 
selten,  doch  kann  er  ausnahmsweise  bei  Wind  stark  belästigen,  und 
nach  Sonnenuntergang  feilt  die  Temperatur  rasch.  Uebelstände  sind 
das  stark  magnesiahaltige  Trinkwasser  und  die  fiir  Kranke  unbe- 
queme Bahnfahrt,  welche  nur  von  einem  Mittelmeerhafen,  Phiüppe- 
ville,  Biskra  in  einem  Tage  zu  erreichen  gestattet.  Bei  Phthise  und 
Rheumatismus  sind  die  Resultate  des  Aufenthaltes  gute. 

Ueber  eine  Inselstation  berichtet  Fr.  Neu  mann  („Ajaccio  Ajaccio. 
und  Umgebung."  Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  1).  Er  betont  ^r.  Neumann. 
ganz  besonders  die  gleichmässige  Milde  der  Lufib,  welche  aber  ihre 
herrliche  Meeres-  und  Gebirgsfrische  bewahrt.  Für  die  Hinreise 
des  Kranken  wird  die  directe  Seefahrt  von  Marseille  oder  Nizza 
der  allerdings  viel  kürzeren  Ueberfahrt  von  Livomo  nach  Bastia  an 
der  Ostküste  der  Insel  vorgezogen,  weil  die  Unterkunft  an  letzterem 
Orte  zu  wünschen  übrig  lässt  und  dann  noch  die  Bahnfahrt  durch 
die  Insel  bevorsteht.  Sehr  richtig  wird  auf  den  differenten  Witte- 
rungscharakter verschiedener  Jahrgänge,  aber  auch  auf  die  That- 
sache  hingewiesen,  dass  Ajaccio  in  ungünstigen  Wintern  der  Riviera 
gegenüber  im  Vortheile  bleibt.  Der  Vorwurf,  dass  die  offene  Wasser- 
leitung aus  dem  Quellgebiete  des  Ghravoneflusses  vor  Verunreini- 
gungen nicht  sicher  sei,  ist  berechtigt,  doch  besteht  auch  eine 
Rohrwasserleitung  aus  dem  Lisa-Lisa- Thale.  Die  Ueppigkeit  der 
Vegetation  und  besonders  des  insularen  Buschwaldes  macht  die  zahl- 
reichen Spaziergänge  erquickend;  die  sanitären  Verhältnisse  der 
Bevölkerung  sind  nur  durch  die  oft  schlechte  Ernährung  sowie  die 
im  Sommer  vorkommende  Malaria  ungünstig  beeinflusst.  Die  Unter- 
kunft in  den  Hotels  ist  gut  und  eher  billiger  als  auf  dem  Continent. 

Aehnliche  klimatische  Vorzüge  wie  Corsica  im  Tyrrhenischen 
weist  Lissa  im  Adriatischen  Meere  auf.  Der  dort  ansässige 
Dr.  Lorenz  v.  Dojmi  berichtet  über  Lissa  inDalmatien  als 
Cur  ort  (Wien.  med.  Wochenschr.  Nr.  8).  Der  Insel  kommt  die 
grösste  Winterwärme  auf  österreichischem  Boden  zu,   es  gedeihen 


618  Clar. 

Lissain  Caruben,  Orangen,  Citronen,  und  selbst  die  Frucht  der  Dattelpalme 
Daimatien,  gelanirt  mitunter  zur  Beife.  Unter  der  Bevölkerung  kommt  Chlorose, 
Kachitis  und  Scrophulose  nur  sehr  selten  vor,  die  Sterblichkeit  an 
Tuberculose  ist  sehr  gering  und  beträgt  im  Durchschnitte  von 
25  Jahren  7  '/<  ^/o  aUer  Todesfalle.  Die  Stadt  Lissa  liegt  an  einem 
fast  kreisförmig  geschlossenen  Hafen;  den  besten  Windschutz  ge- 
niesst  der  nördliche  Stadttheil,  Banda  piccola,  die  Kleinseite,  wo 
Verf.  in  25  Jahren  nur  13  Fälle  von  Lungen-  und  EippenfeUent- 
Zündung  in  einer  Bevölkerung  von  gegen  1000  Personen  beobachtete. 
Noch  geschützter  ist  ein  sich  anschliessendes,  nach  Süden  exponirtes, 
Gradina  genanntes,  mit  Weinbau  bedecktes  Terrain.  Dort  enthält 
der  Boden  zahlreiche  Beste  des  altrömischen  Issa  und  ist  der  Bau 
eines  Sanatoriums  geplant.  Ein  tabellarischer  Vergleich  zwischen 
Lissa  und  Abbazia  illustrirt  nicht  nur  die  höhere  Mitteltemperatur 
der  Lisel,  sondern  auch  deren  warme  Morgen  imd  Abende,  die  einen 
längeren  Krankentag  bedingen.  Ein  anderer  Vergleich  bezieht  sich 
auf  die  Monatsmittel  der  täglichen  Temperaturmaxima  und  -Minima. 
Lissa  zeigt  etwas  höhere  Minima  und  niedrigere  Mazima,  also  eine 
geringere  Wärmeschwankung  als  Nizza.  Die  Insel  ist  7  geogra- 
phische Meilen  vom  Lande  entfernt,  wird  jetzt  in  dreistündiger 
Fahrt  von  Spalato  erreicht,  und  wenn  dessen  Bahnverbindung  mit 
dem  Lilande  perfect  geworden  sein  wird,  müssen  auch  die  Vorzüge 
von  Lissa  zur  Geltung  kommen,  dessen  mittlere  Januartemperatur 
nur  um  einen  halben  Grad  gegen  jene  von  Corfu  zurücksteht. 

Die  Seereise  Die   reine   Thalassotherapie  vertritt   Theodor  Klein    („Die 

ix«,ilf***i    Seereise   als  Heilmittel."    Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  30). 
Ueilmitteii 

Th.  Klein.  Die  Erleichterung  des  Seeverkehres  vermehrt  die  Zahl  der  auf  dem 
Meere  Heilung  Suchenden  und  die  Erfahrungen  des  Verfassers  als 
Schiffsarzt  des  Norddeutschen  Lloyd  decken  sich  mit  jenen  des 
englischen  Arztes  William  G.  Wilson.  Die  Seeluft  ist  rein, 
feucht  und  geringen  Tagesschwankungen  unterworfen,  der  Appetit 
wird  angeregt,  Zerstreuung  und  Buhe  ist  gleichzeitig  geboten.  Die 
Seebrisen  wirken  tonisch  und  ebenso  die  Seewasserbäder  and 
-Douchen  auf  den  gut  eingerichteten  SchifiPen.  Trotz  der  maschi- 
nellen Ventilation  der  Cabinen  wird  sich  der  Patient  nur  zmn 
Schlafen  in  diesen  aufhalten  und  sucht  selbst  das  Deck  und  dessen 
grosse  GeseUschaftsräume  auf.  Schwebebetten  gleichen  die  Schi£b- 
bewegung  möglichst  aus,  übrigens  tritt  die  Seekrankheit  bei  Süd- 
fahrt in  günstiger  Jahreszeit  weniger  auf  und  hinterlässt  oft  eine 
günstige  Reaction.    Bei  der  Phthise  wirkt  die  Seereise  in  den  An- 


Elimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  619 

fangsstadien  gut,  aber  es  wäre  verfehlt,  Patienten  mit  vorgeschrit- 
tener Erkrankung  auf  die  See  zu  schicken.  Passend  sind  femer: 
Scrophulose,  Neurasthenie,  Abspannung  nach  Ueberanstrengung  und 
Aufregung,  Beconvalescenz.  Auszuschliessen  sind  alle  Krankheiten 
der  Bauchorgane,  Schwangerschaft,  Gicht  und  Rheumatismus.  Die 
Beise  nach  Brasilien  soll  in  die  Zeit  vom  April  bis  zum  October 
fallen,  um  dem  gelben  Fieber  auszuweichen,  für  jene  nach  Ostindien 
ist  die  im  Rothen  Meere  kühlere  Zeit  vom  October  bis  März  zu 
wählen.  Entschieden  günstig  für  Lungenkranke  ist  nach  Wilson 
die  Fahrt  nach  dem  Cap  und  von  dort  nach  Australien.  Besonders 
auf  der  letztgenannten  Strecke  kann  das  Seeklima  seine  Wirkung 
nachhaltig  entfalten.  Als  kurze  Seereise  für  Reconvalescenten  em- 
pfiehlt sich  die  Fahrt  nach  Westindien. 

Aus  dem  russischen  Süden  berichtet  Weber  über  Jaltaund    Jaitaund 
das  Südgestade  der  Krim  als  Terrain  für  permanente     ^^l^*^*™' 

®  ^  Weber. 

klimatische  Curorte  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  5).  Nur 
der  von  Laspi  bis  Aluschta  90  Werst  sich  erstreckende  Küsten- 
strich ist  durch  die  Jailakette  vor  rauhen  Winden  geschützt,  nur 
hier  zeigt  die  Vegetation  ein  vollkonmien  südliches  Gepräge  und 
überwintert  die  Palme  im  Freien.  Durch  Schaffung  von  Communi- 
cationen  des  Ufers  mit  den  Wäldern  der  Jailakette  wird  auch  diese 
in  der  heissen  Jahreszeit  noch  mehr  als  jetzt  zum  Aufenthalte 
dienen  können.  Nach  Dmitriew  haben  Juli  und  August  eine 
Mitteltemperatur  von  24,3°  C. ,  Januar  und  Februar  eine  solche 
von  4,1*  C;  das  Jahresmittel  der  Feuchtigkeit  betragt  60**/o.  Im 
Winter  fallt  die  Temperatur  durchschnittlich  an  10  Tagen  imter 
den  Gefrierpunkt.  Die  häufigsten  Winde  wehen  als  Mistrale  aus 
Nordwest  vom  Gebirge  her  senkrecht  auf  dessen  Richtung.  Die 
günstigsten  Witterungsverhältnisse  zeigt  der  Herbst,  er  ist  auch 
wegen  der  Traubencur  die  Hauptsaison.  Man  kann  bis  Mitte 
October  bei  einer  Wassertemperatur  von  16°  R.  baden.  Unter  allen 
Orten  des  Gestades  eignet  sich  Jalta  am  besten  für  die  Wintercur, 
es  stehen  auch  Milch,  Kefir  und  musterhaft  betriebene  Hydrothera- 
pie zur  Verfugung.  Der  Frühling  ist  weniger  günstig,  doch  treffen 
dann  aus  den  Grossstädten  viele  Kranke  wegen  des  dort  noch 
schlechteren  Wetters  ein,  und  im  Sommer  füllen  sich  die  kleinen 
Seebadeplätze  sowie  die  Villegiaturen  der  Höhenzüge. 

P.  Pürbringer  berichtet  über  Bocca  d*Arno  und  Ischia 
von  heute   (Deutsche  medic.  Wochenschr.  Nr.  5,  6  u.  7).    Das 


620  Clar. 

Bocca  d'Arno  kleine  Seebad  Bocca  d'Amo  an  der  Mündung  des  Arno  ist  durch 
und  1 8 Chi a,  ^^  Strassenbahn  mit  Pisa  verbunden,  welche  durch  einen  ausge- 
dehnten Pinienwald  führt,  in  dem  Dromedare  gezüchtet  werden. 
Es  hat  sich  in  letzter  Zeit  bedeutend  vergrössert,  die  Verpflegung 
ist  einfach,  aber  gut,  und  man  geniesst  sowohl  die  Aussicht  auf  die 
Insebi  des  toscanischen  Archipels  als  auf  die  Berge  von  Carrara 
und  Pisa.  Der  feinsandige  Strand  hat  mittelstarken  Wellenschlag, 
und  die  Wasserwärme  betrug  Anfang  September  25**  C.  —  Ischia, 
dessen  vornehmsten  Curort  Casamicciola  das  Erdbeben  vom  28.  Juli 
1883  zerstörte,  besitzt  einige  dreissig  stofFarme  Quellen  von  40^  bis 
60**  C,  man  trinkt,  badet  und  benutzt  den  Fango.  Rheumatismus, 
Gicht  und  Functionsstörungen  nach  erlittenen  Traumen  bilden  die 
Hauptindicationen.  Die  Seebäder  werden  von  den  Einheimischen 
im  Juli  und  August  frequentirt,  für  den  Nordländer  ist  Juni  und 
September  vorzuziehen.  Als  Wintercurort  für  Phthisiker  ist  Ischia 
wegen  der  Nordwinde  noch  weniger  als  Capri  geeignet,  aber  es  ist 
eine  der  angenehmsten  Sommerfrischen  mit  guten  Gasthöfen  und 
einer  treuherzigen  Bevölkerung.  Die  Temperatur  hält  sich  im 
Sommer  einige  Grade  unter  der  des  Festlandes,  allerdings  sind  die 
Nächte  warm. 

Ueber   die  Freiluftbehandlung    der   Phthise  in  £ng- 
Freiluft-    land  berichtet  F.  W.  Burton-Fanning  (The  Lancet,  5.,  12.  und 
7rVifthu!  ^^'  ^^r^)-    ^®  MortaUtät  an  Phthise  betrug  in  England  im  Jahr« 
in  England,  1838  fiir  10000  der  Bevölkerung  38  und  sank  bis  zum  Jahre  1894 
F.  w.  Burton-  g^^f  14^  ^as  wohl  hauptsächlich  den  gebesserten  Lebensverhältnissen 
^*      zu  verdanken  ist.    Die  Heilung  ist  in  den  verschiedensten  Klimaten 
zu   erreichen   durch   reine  Lufb,    Hautpflege  und  gute  Ernährung, 
gute  Erfolge  haben   die    geschlossenen   Anstalten   in    Deutschland, 
weshalb  Hermann  Weber  sich  für  die  Errichtung  vieler  kleiner 
Hospitale  in  England  mit  allen  Vorkehrungen  &ür  Freiluftbehandlung 
ausspricht.     Verf.  begann   seine  Versuche  zu  Cromer,    nordöstlich 
von  London  an  der  Ostküste  in  einer  250  Fuss  über  dem  Meere  und 
'/4  Meile  von  der  See  windgeschützt  gelegenen  Villa,  deren  Veranda 
mit  beweghchen  Glaswänden  ausgestattet  wurde.    Nebel  musste  ver- 
mieden werden,   aber  in  trockenen  Nächten  blieben  die  Patienten 
Sommers   und  Winters   bis   10  Uhr  im  Freien   und  schliefen    bei 
offenem  Fenster.    An  diese  Lebensweise  wurden  die  Kranken  nach 
und  nach  gewöhnt.     Besonders  günstig  wirkte  die  Freiluftbehand- 
lung auf  die  Abnahme  des  Fiebers,  wie  dies  eine  Reihe  von  Kranken- 
geschichten und  eine  tabellarische  Uebersicht  aller  24  behandelten 


Elimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  621 

Fälle  ausweist.  Zwischen  Bacillenzahl  und  Krankheitsverlauf  war 
keine  constante  Belation  zu  finden;  Streptokokken  waren  beson- 
ders in  Fällen  mit  rascher  Höhlenbildung  überreichlich  vorhanden. 
Oefters  ging  Gewichtszunahme  und  allgemeine  Besserung  der  Fieber- 
abnahme voraus,  die  einmal  244  Tage  auf  sich  warten  Hess.  Ob- 
wohl das  E^ma  im  Winter  nicht  vortheilbaft  ist,  wirkt  doch  die 
gewohnte  Lebensweise  und  Umgebung  ausgleichend,  das  Sommer- 
küma  aber  ist  unvergleichlich.  Der  Boden  besteht  aus  Sand  und 
Kies,  die  Luft  ist  frisch,  die  BrOgenmenge  gering  und  Nebel  sind 
selten.  Im  allgemeinen  wird  die  freie  Luft  sehr  gut  vertragen,  nur 
die  katarrhalische  Form  der  Phthise  verlangt  ein  klimatisch  milderes 
Begime.  Bei  guter  Bekleidung  und  Windschutz  tritt  nach  und  nach 
Abhärtung  ein  und  die  Empfänglichkeit  fär  Katarrhe  nimmt  ab. 

2.  Balneologie. 

Auf  der  19.  öffentlichen  Versammlung  der  balneologischen  Ge- 
sellschaft (Veröffentl.  der  Hufeland'schen  Gesellschaft  in  Berlin) 
machte  0.  Liebreich  eine  vorläufige  Mittheilung  über  die  Wir-indifferente 
kung  der  sog.  indifferenten  Mineralwässer,  welche  nicht  ^^sseV 
mit  der  des  destillirten  Wassers  zusammenfallt,  das  ein  Gift  för  den  o.  Liebreich. 
Organismus  vorstellt.  Ganz  anders  wie  dieses  wirken  die  Thermen 
mit  geringem  Stoffgehalt.  Der  bei  ihrem  Gebrauch  oft  auftretende 
Badeausschlag  ist  noch  nicht  genügend  erklärt,  und  es  scheinen 
überhaupt  verschiedene  Substanzen  eine  specifisch  verschiedene  Beiz- 
wirkung auf  die  Haut  zu  haben.  Wahrscheinlich  resorbirt  die  Haut 
durch  Lücken  zwischen  den  Epidermiszellen ,  wenngleich  schwierig 
und  langsam,  es  können  aber  kleine  Mengen  wirksamer  Substanz 
grosse  Effecte  hervorrufen.  Eine  schwache  Lösimg  von  kohlen- 
saurem Natron  kann  z.  B.  stark,  eine  concentrirte  stärker,  eine 
mittelstarke  aber  gar  nicht  reizen,  wenn  sie  gerade  mit  dem  Or- 
ganismus isoton  ist.  Beim  Thierversuche  trat  im  kurzen  concen- 
trirten  Kochsalzbade  Pulsverlangsamung  und  Blutdruckzunahme  auf, 
letztere  blieb  im  destillirten  Wasser  aus,  und  es  stieg  die  Puls- 
frequenz wie  auch  im  gewöhnlichen  Berliner  Wasser,  das  aber  auch 
den  Blutdruck  steigerte,  was  eine  schwache  Sodalösung  nicht  that, 
die  den  Puls  weniger  als  destillirtes  Wasser  beschleunigte.  Bei 
längerer  Badedauer  nahm  die  gesteigerte  Pulsfrequenz  im  Berliner 
Wasser  rasch,  im  destillirten  langsam  ab.  Jedenfalls  reagire  die 
Haut  auf  Differenzen  in  der  Zusammensetzung  der  Badeflüssigkeit 
energisch. 


622 


Clar. 


Indifferente 

Thermen, 

Josionek. 


Ebendort  sprach  J  o  s  i  o  n  e  k  über  die  Wirkung  indifferenter 
ThermenaufdieHaut  mit  Rücksicht  auf  Wiesenbad,  wo  der  Bade- 
ausschlag keineswegs  nur  bei  protrahirten  Bädern  oder  disponirten 
Personen  auftritt.  Er  ähnelt  bald  den  Rubeolen  oder  Masern,  bald 
erinnert  er  an  Urticaria.  Scrophulöse  Ekzeme  verschlimmem  sich, 
heilen  aber  nachträglich  rasch  ab  und  diese  Exacerbationen  be- 
treffen auch  nicht  mit  dem  Wasser  in  Berührung  kommende  Theüe. 
Vielleicht  ist  der  geringe  Natrongehalt  im  Spiele,  jedenfalls  aber 
reagiren  die  Exantheme  auf  Thermalwasser  anders  und  starker  als 
auf  gewöhnliches  Wasser. 


Thermal- 
donche, 
Beissel. 


Daselbst  berichtete  Beissel  über  die  Anwendung  und  Wir- 
kung der  Thermaldouchen  bei  rheumatischen  und  gich- 
tischen Erkrankungen,  welche  zu  Aachen  mit  einer  Druckhöhe 
von  14  m  und  gewöhnlich  2 — 3®  wärmer  als  das  folgende  Bad  ge- 
braucht werden.  Der  Wärter  betritt  mit  dem  Badenden  das  leere 
Bassin,  kann  den  Strahl  leicht  fächerförmig  zerstreuen  und  verbindet 
mit  der  Douche  die  Massage.  Der  Kranke  verweilt  dann  noch 
IB — 20  Minuten  in  dem  unterdessen  gefüllten  Bassin  und  pflegt  dann 
der  Buhe.  Die  Methode  fuhrt  zu  einer  starken  reactiven  Hyper- 
ämie, alle  frisch  entzündlichen  Zustände  sind  von  ihr  auszuschliessen, 
doch  auch  bei  fleberlos  verlaufenden  Fällen  muss  mit  kurzen,  weni^r 
starken  und  warmen  Douchen  begonnen  werden.  Im  richtigen  Ver- 
laufe nimmt  die  Schmerzhaftigkeit  bald  ab,  und  die  Beweglichkeit 
im  nachfolgenden  Bade,  welches  den  Willensimpuls  durch  die  Hebe- 
krafk  des  Wassers  unterstützt,  zu;  es  können  der  Douche  auch  die 
Empflndlichkeit  herabsetzende  Fangoumschläge  vorausgeschickt  wer- 
den. Die  H3rp6rämie  der  Haut  wirkt  entlastend  auf  die  inneren 
Organe,  femer  hat  die  Douche  prophylaktischen  Werth. 


Menstrna- 
tion  und 
Balneo- 
therapie, 
A.  Löbel. 


Arthur  Löbel  sprach  dort  über  die  Menstruation  in  der 
Balneotherapie  und  warf  die  Frage  auf,  warum  nur  der  sicht- 
bare Ausdruck  der  Ovarialthätigkeit  das  Aussetzen  der  Badecur  be- 
dingen soll  und  warum  wenig  menstruirende  Sexualkranke  trotz  der 
Wellenbewegung  ihres  organischen  Lebens  weniger  Schonzeit  finden 
sollen  als  normal  oder  zu  stark  menstruirende  Frauen.  Mit  dem 
Beginne  der  Periode  kommen  Ereislaufsgeschwindigkeit  und  Blut- 
druck, Temperatur  und  Stoffwechsel  in  ein  Sinken,  das  auch  noch 
auf  die  erste  Hälfte  der  Intermensti-ualzeit  übergreift.  Der  Vor- 
tragende ist  nun  der  Ansicht,  es  sei  sowohl  die  styptische  Wirkung 
der  Moorbäder  als  die  bluttreibende  der  Stahlbäder  als  passendes 


Elimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  623 

Correctiv  einer  vermehrten  oder  verminderten  Menstrualblutung  heran- 
zuziehen, bei  der  Fortsetzung  der  Bäder  während  der  Menstruation 
aber  stets  die  sphygmomanometrische  Controlle  und  besondere  Vor- 
sicht in  der  Woche  vor  dem  erwarteten  Eintritt  der  Blutung  anzu- 
wenden. 

Ueber  Psoriasis  und  Balneotherapie  brachte  E.  Vollmer    Psoriasis 
auf  dem  Berliner  Balneologencongress  eine  Mittheilung.    Von  den  «nd  Bai  neo- 
zahllosen bei  Psoriasis  empfohlenen  äusseren  Mitteln  kann  man  sich    ^  Vollmer, 
etwa  auf  das  Chrysarobin,  die  Pyrogallussäure  und  den  Theer  ver- 
lassen, denen  die  innerliche  Arseniktherapie,  vielleicht  auch  die  An- 
wendung grosser  Dosen  Jodkalium  oder  der  Thyreoidtabletten  unter- 
stützend zur  Seite  steht.  Am  günstigsten  wirken  diese  bewährten  Mittel 
in  Verbindung  mit  der  Balneotherapie,  welche  in  der  Anwendung  haut- 
reizender Bäder  zu  bestehen  hat.    Wie  es  bei  acuten  E.eizzuständen 
der  Haut  nichts  Schädlicheres  gibt,  als  difPerente  Bäder,  so  gibt  es  bei 
allen  mit  Verhomungsprocessen  einhergehenden  Hautkrankheiten  nichts 
Segensreicheres,  denn  es  gilt  mit  reizenden  Mitteln  an  Stelle  der  alten 
Haut  eine  neue  zu  setzen.     Darin  ist  der  Werth  der  Kreuznacher 
Mutterlaugenbäder  gelegen,  und  die  Patienten  haben  durch  die  Verbin- 
dung der  localen,  internen  und  Badecur  oft  einen  recidivfreien  Winter. 

E.  Weisz  theilt  ebendort  „Einiges  über  Ischias"  mit  und      Ischias 
macht  auf  die  Schwierigkeit  der  Differentialdiagnose  zwischen  Neur-  und  Baineo- 
algie    und    Neuritis    aufmerksam.     Diese   wäre    aber    von    um    so     ^  Weisz.' 
grösserer  practischer  Wichtigkeit,  wenn  die  Neuritis  nur  antiphlogi- 
stisch behandelt  werden   sollte.     Weisz  sieht  in  Pistyan  jährlich 
über   100  Ischiaskranke   und   kann   bestätigen,    dass  die  Thermal- 
behandlung  auch   bei  Neuritis   besonders  dankbar  ist,    auch  Poly- 
neuritis   ist    keine    Contraindication.      Skoliose    fand    er    in    10°/o, 
Bilateralität   in    15 ^/o    aller  Fälle;    keine  Gangart   ist   für   Ischias 
charakteristisch.    Die  Bäder  werden  mit  Temperaturen  von  25  bis 
34*  B.  in  der  Dauer  von  10 — 30  Minuten  angewendet  und  mit  fol- 
gender Bettruhe  verbunden. 

Julius  Glax  sprach  daselbst  über  denEinfluss  verschie- 
dener balneo therapeutischer  Verfahren  auf  die  Diurese. 
Bei  der  Beurtheilung  der  Diurese  muss  stets  die  Summe  der  flüssigen 
Einnahmen  mit  der  Hammenge  verglichen  werden.  Das  Trinken 
von  kaltem  Wasser  vermehrt  bei  Gesunden  die  Diurese,  so  dass  die 
Ausscheidung  sogar  die  Einfuhr  übersteigt,   heisses  Wasser  drückt 


624  Clar. 

Diuresennd  bei  längerem  Gebrauche  die  Hammenge  bald  herab.  Im  Fieber  aber 
Balneo-  gndet  eine  Wasserretention  statt,  die  durch  vermehrte  Flüssigkeite- 
j  Qii^  '  ssuAihr  nur  noch  gesteigert  wird.  Bei  Mineralquellen  kommt  zur 
Temperaturwirkung  noch  die  den  Blutdruck  steigernde  der  Kohlen- 
säure und  die  osmotische  der  Salze  im  Sinne  einer  vermehrten  Harn- 
ausscheidung. Zum  Zwecke  der  Aufsaugung  von  Exsudaten  aber 
habe  das  Trinken  derselben  nur  dann  Berechtigung,  wenn  sie  andere 
flüssige  Ingesta  substituiren.  Sie  wirken  nicht  durch  die  gestei- 
gerte Diurese,  sondern  übersalzen  das  Blut,  wodurch  die  Au&augong 
begünstigt  und  in  zweiter  Linie  die  Diurese  vermehrt  werde.  Kalte 
Bäder  vermehren,  heisse  vermindern  den  Blutdruck  und  damit  die 
Diurese,  Kohlensäure  vermehrt  die  diuretische  Wirkung  des  Bades. 
Bei  allen  fieberhaften  Processen  mit  intacter  Niere  ist  das  kalte 
Bad  das  beste  Diureticum.  In  Hinsicht  des  Klimas  steigert  trocken- 
warme Luft  die  Perspiration  und  setzt  die  Diurese  herab,  kalte 
feuchte  Luft  wirkt  umgekehrt. 

Balneo-  Ebendort  sprach  A.  Frey  zur  Behandlung  der  Kreislaaf- 

therapie  derg^5r^jigQjj  jjr  fand  das  Wesen  der  gestörten  Compensation  in 
Störungen,  ^^^  Missverhältniss   zwischen  arteriellem  und  venösem  Blutdruck, 

A.  Frey,  ersterer  ist  zu  gering,  letzterer  zu  hoch,  die  Blutmenge  im  arteriellen 
System  ist  zu  klein ,  die  im  venösen  zu  gross.  Zur  Kräftigung  des 
Herzmuskels  und  zur  Herabsetzung  der  Widerstände  im  grossen 
Kreisläufe  dienen  die  hautreizenden  Bäder,  welche  die  Hautge&sse 
erweitem  und  die  Herzkraft  anspornen.  Die  Stauung  in  den  Venen 
wird  durch  die  Massage  verringert.  Die  active  Muskelbewegting 
kommt  zu  Hülfe,  indem  sie  einen  Blutzufluss  zum  arbeitenden 
Muskel  herbeifuhrt  und  dadurch  die  inneren  Organe  entlastet. 
Das  mit  Kohlensäure  mehr  beladene  Blut  löst  vermehrte  and 
vertiefte  Athembewegungen  aus,  wird  sauerstofireich  und  n&hrt 
besser  das  Herz.  Bei  genügendem  Rückfluss  und  schwachem  Herzen 
kommt  es  zur  Dilatation,  der  Ptils  wird  schwach  und  frequent,  die 
ersten  Töne  sind  matt  —  hier  passen  vorzüglich  die  hautreizenden 
Bäder.  Bei  ungenügendem  Rückfluss,  wo  die  Dilatation  geringer, 
der  Puls  weniger  frequent  ist,  muss  besonders  durch  verstärktes 
Athmen  die  venöse  Circulation  beschleunigt  werden  und  die  Massage 
eintreten.  Die  Bäder  unterstützen  besonders  die  Proptilsivkraft,  und 
die  Mechanotherapie  unterstützt  die  Aspirationskraft  des  Herzens. 
Beginnende  Compensationsstörungen  verlangen  Bergsteigen,  Massage, 
kühle  hautreizende  Bäder,  vorsichtige  Hydrotherapie,  genaue  Di&t. 
Bei  zunehmender  Degeneration  ist  die  Gefahr  der  Dilatation  durch  sa 


Elimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  625 

starke  Begünstigung  des  Eückflusses  naheliegend.  Gut  bekommen 
hier  kohlensaure  Bäder  von  einigen  dreissig  Grad  Celsius,  dazu 
kommen  leichte  Massage  mit  passiven  Bewegungen  in  horizontaler 
Lage,  anregende  Getränke  in  öfteren  kleinen  Gaben,  Digitalis,  even- 
tuell Diuretica  xmd  das  Schwitzbett.  Die  acute  Dilatation  infolge 
von  Ueberanstrengung  gibt  die  besten  Resultate,  auch  Fettherz 
massigen  Grades  infolge  von  Alkoholgenuss  und  Uebemährung  bei 
zu  grosser  Euhe  wird  günstig  beeinflusst,  und  hier  gelten  vorzüglich 
die  Oertel'schen  Grundsätze. 

Ueber  Verdauung  und  StofFwechsel  liegen  einige  Arbeiten  vor. 
Alexander  Simon  prüfte  die  Wirkung  des  GlaubersalzesG^laubersaiz- 
auf  die  Macenfunction  (Zeitschr.  f.  klin.  Med.  H.  3  u.  4),  um     Wirkung 

.  auf  den 

gegenüber  den  Untersuchungen  von  Jaworski  über  den  Einfluss  des  Magen, 
Elarlsbader  Wassers  die  Bedeutung  reiner  warmer  Glaubersalzlösungen  a..  Simon. 
besonders  auf  den  anaciden  Magenkatarrh  kennen  zu  lernen.  Es 
wurden  200  g  einer  ^/s^/oigen  Lösung  von  40°  C.  früh  nüchtern  ge- 
trunken xmd  fette  wie  saure  Speisen  gemieden.  Der  Erfolg  der 
2 — 3wöchentlichen  Curen  war  bei  der  genannten  Form  ein  günstiger, 
gering  beim  atrophischen  Magenkatarrh  und  bei  Dilatationen,  im- 
^ünstig  bei  nervösen  Magenbeschwerden  und  Hyperacidität.  Bei 
Gastritis  mucosa  tritt  Säuresteigerung  ein,  und  die  Peristaltik  wird 
entschieden  angeregt.  So  verlässt  auch  das  Ewal dusche  Probe- 
frühstück unter  Zusatz  von  0,5 — 1,0  g  schwefelsaurem  Natron  viel 
rascher  den  Magen.  Die  Wirkung  ist  also  analog  jener  des  Karls- 
bader Wassers,  nur  wird  die  Hyperacidität  nicht  herabgesetzt. 

Die  Wirkung  desNeuenahrerSprudels  auf  dieMagen- 
verdauung  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  23)  untersuchte  B.W  en-  Neuenahrer 
driner  auf  der  Klinik  des  Prof.  Käst  in  Breslau.    Er  liess  300  g  Sprudel  und 

Sf  afiren* 

Äuf  30^*0.  erwärmten  Sprudels  früh  nüchtern  trinken,  eine  Stunde  Verdauung, 
später  die  aus  V«  Liter  Mehlsuppe  bestehende  Probemahlzeit  nehmen  B.  Wendriner. 
und  exprimirte  nach  Ablauf  einer  weiteren  Stunde,  um  die  Ver- 
dauungskraft des  Mageninhaltes  auf  Fibrin  oder  geronnenes  Hühner- 
eiweiss  zu  prüfen.  Die  Secretion  der  Salzsäure  und  des  Schleimes 
wurde  kaum  beeinflusst,  aber  die  motorische  Kraft  des  Magens  er- 
höht. Es  wurde  in  allen  Fällen  weniger  Speisebrei  im  Magen  ge- 
ftmden,  wenn  vorher  Sprudel  getrunken  worden  war,  als  bei  den 
Controllversuchen  mit  Ausschluss  des  Sprudels. 

E.  Vahlen  bringt   Mittheilungen   über   den  Einfluss  des 

Friedrichshaller  Bitterwassers  auf  die  Eesorption  des 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  40 


626  Clar. 

Bitter-       Fettes  (Therap.  Monatsh.  H.  3).    Er  hat  seinen  Versuch  so  ange- 
wassernnd  ordnet,  dass  ein  9,6  kg  schwerer  Hund,    dessen  tägliche  Nahrung 
re Sorption,  ^^^  200  g  Fleisch  und  50  g  Fett  bestand,  jeden  zweiten  Tag  einen 
E.  Wahlen.     Zusatz  von  100  g  Bitterwasser  bekam.     Es    folgten   vier   solcher 
Doppelperioden  von  je  zweimal  vier-  oder  zweimal  fünftägiger  Dauer 
auf  einander,  der  Stuhl  blieb  stets  gebunden  und  wurde  nur  einmal 
täglich  abgesetzt.    Die  den  einzelnen  Perioden  entsprechenden  Roth- 
mengen  wurden  mit  dem  Soxhlet'schen  Apparat  extrahirt  und  das 
Extract   als  Fett   in  Rechnung  gebracht.    Die  Summe  der  so  er- 
haltenen  Extractmengen   beträgt  für   die  Tage,    an  welchen  kein 
Bitterwasser  genommen  wurde,  3,1489  g,  während   an  den  Bitter- 
wassertagen zusanmien  6,9337  g,    also   mehr  als  das  Doppelte  an 
ätherlöslichen  Stoffen  ausgeschieden  wurde.    Es  würde  das  für  eine 
geringe  Verzögerung  der  Fettresorption  auch  bei  kleinen,  nicht  ab- 
fuhrenden Bitterwasserdosen  sprechen. 

Mittheilungen    über    das    spanische    Bitterwasser 
B,  u  b  i  n  a  t  (Wiener  klin.  Eundschau  Nr.  46)  bezüglich  dessen  thera- 
Bitter-       peutischer  Wirkung   macht  F.   C.  Müller.    Dieses  in  den  Aus- 
wasser     läufem  der  Pyrenäen  der  Provinz  Lerida  entsprincrende  Bitterwasser 
F.  c.  Müller.   ^^*  ^^^  Stärkste,  welches  wir  kennen,   indem   es  in  1000  Theilen 
96  Theüe   schwefelsaures   Natron   enthält,   während   schwefelsanre 
Magnesia  mit  3^/oo  und  Kochsalz  mit  2°/oo  allerdings  stark  zurücktreten. 
Verf.  hatte  günstige  Erfolge  in  einer  Eeihe  von  Fällen  mit  Obstipation 
und  brauchte  das  Mittel  nur  esslöffelweise  in  Wasser  zu  reichen. 
Es  wirkte  auch  vermindernd  auf  gleichzeitig  vorhandene  psychische 
Erregungszustände  und  hysterische  Beschwerden,  sowie  günstig  auf 
die  Rückbildung  einer  Acne  vulgaris.  Der  TJebereinstimmung  mehrerer 
Analysen  zufolge   scheint  die  Zusammensetzimg  eine   constante  zu 
sein. 

Mineral-  William  Bain  untersuchte  die  Wirkung  gewisser  Arz- 

wasserund  ^eien  und  Mineralwässer  auf  die  Absonderung  und  Zu- 
absonde-     sammensetzung  der  menschlichen  Galle   (The  British  me- 
ruD?»        dical  Journal,   25.  Juni).    Bei  einem  Manne  von  49  Jahren,   dem 
*^"'      wegen  vollkommener  Sistirung  des  Gallenabflusses  in  den  Darm  eine 
permanente    cutane  Gallenfistel   angelegt   worden   war,   wurde   ein 
Gallenrecipient  angewendet,  welcher  gestattete,  die  gesanmielte  Galle 
jederzeit  mittels  eines  Hahnes   abzulassen.     Dabei  war  die  Ernäh- 
rung und  Bewegung  eine  gleichmässige  und  nahm  die  Versuchs- 
person   täglich   36  g   gereinigter  Ochsengalle.    In   einer   16tägigen 


Klimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  627 

Periode  wurden  von  8  Uhr  fiüli  bis  12  Uhr  Mittags  147,7  ccm,  von 
12 — 4  Uhr,  in  welche  Zeit  die  Hauptmahlzeit  fiel,  165,1  ccm  und 
von  4  Uhr  bis  8  Uhr  Abends  148  ccm  durchschnittlicher  Absonde- 
rung gemessen,  also  für  12  Tagesstunden  460,8  ccm,  während  auf 
die  12  Stunden  der  Nacht  von  8  Uhr  Abends  bis  8  Uhr  früh  nur 
312  ccm  entfielen.  Es  kann  hier  nur  der  Einfluss  der  Mineral- 
wässer auf  die  Gallenabsonderung  Erwähnung  finden,  und  beob- 
achtete Verf.  bei  keinem  anderen  Wasser  eine  so  bedeutende  Ver- 
mehrung derselben  wie  bei  der  alten  Schwefelquelle  von  Harrogate, 
welche  12  g  Kochsalz  im  Liter  enthält  und  in  derselben  Eichtung 
wirkte  wie  das  Karlsbader  Wasser. 

Therapeutische  Mittheilungen  gibtP. Niehans  („Erfahrungen  Wirkung  der 
über  die  Wirkung  der  Schinznacher  Therme."  Corre-  Schinz- 
spondenzblatt  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  16).  Verf.  beobachtet  seit  Therme, 
25  Jahren  den  Verlauf  tuberculöser  Haut-,  Knochen-,  Gelenks-  und  P-  Niehans. 
Lymphdrüsenerkrankungen  unter  dem  Einflüsse  der  Thermalmethode, 
welche  zunächst  eine  starke  Reaction  in  Form  vermehrter  Secretion 
bei  den  geschwürigen  Processen  und  von  Schwellung  bei  einge- 
schlossenen Krankheitsheerden  hervorruft,  die  besonders  bei  letz- 
teren mit  starker  Fieberbewegung  einbergeht.  Die  spontane  Ab- 
heilung tuberculöser  Heerde  in  der  Spongiosa  der  Gelenkenden  ist 
bei  Kindern  beobachtet  worden,  bei  Erkrankungen  im  Markraume 
der  Röhrenknochen  empfiehlt  es  sieb  aber  jedenfalls,  die  Diaphyse 
vor  der  C\ir  in  genügender  Weise  zu  eröfiiien.  Es  gibt  dann  die 
Thermalcur  den  Impuls  zu  rascher  Abstossung  des  nekrotischen 
und  zur  Retraction  des  umgebenden  Gewebes.  Sehr  schöne  Erfolge 
geben  tuberculöse  Hautgeschwüre,  sie  reinigen  sich  und  kommen 
rasch  zur  Benarbung,  ebenso  werden  die  käsigen  Producte  offener 
vereiternder  Lymphdrüsen  ausgestossen ,  und  der  Rest  des  Paren- 
chyms  erholt  sich.  Nicht  aufgebrochene  Lymphome  werden  ent- 
weder zur  Rückbildung  angeregt,  oder  es  wird  die  Abscessbüdung 
vorbereitet,  wenn  in  denselben  schon  Zerfallsproducte  lagern.  Contra- 
indicirt  ist  der  Bädergebrauch  bei  Knochen-  und  Gelenksentzün- 
dungen im  acuten  Stadium,  bei  Wirbelsäulentuberculose  mit  Senkungs- 
abscessen,  bei  Beckencaries  und  pelviogener  Coxitis,  während  bei 
femorogener  Coxitis,  wo  der  Krankbeitsheerd  spontan  oder  operativ 
den  Weg  nach  aussen  fand,  die  C\ir  günstig  wirkt. 

Dielndicationen  undContraindicationen  der  Wässer 
von  Mont-Dore  bespricht  J o a  1  in  La  M6decine  moderne  Nr.  53. 


628  Clar. 

Mont-Dore,  Er  findet  den  Carort  in  erster  Linie  für  die  erethischen  Formen  der 
Joai.  Erkrankungen  der  Luftwege  angezeigt,  besonders  wenn  von  dort 
nervöse  Beflexe  wie  Krampfhusten  und  Asthma  ausgelöst  werden. 
Die  windgeschützte  Höhenlage  von  1050  m  wirkt  tonisirend,  die  elf 
arsenhaltigen  alkalisch-muriatischen  Quellen  haben  Temperaturen 
von  38 — 45°  C,  sie  erleichtem  die  Expectoration  und  setzen  die 
Eeizbarkeit  der  Schleimhäute  herab.  Dreissig  Lihalationssäle  geben 
Gelegenheit,  die  Stoffe  derselben  mit  den  Luftwegen  in  unmittel- 
baren Contact  zu  bringen,  und  man  badet  in  dem  kohlesaurereichen 
Wasser  der  Pavillonquelle,  welches  einen  starken  Hautreiz  setzt,  in 
der  Dauer  von  10 — 12  Minuten.  Wo  diese  Bäder  zu  stark  er- 
scheinen, werden  warme  Douchen  auf  den  Thorax  verordnet,  welche 
ebenso,  aber  in  geringerem  Grade  die  Blutüberfüllung  der  Schleim- 
häute herabsetzen.  Auch  pleuritische  Ergüsse  und  trockene  Pleuri- 
tiden  werden  von  der  lang  dauernden  warmen,  stark  gespannten 
Douche  günstig  beeinflusst.  Femer  passen  nach  Mont-Dore  vor- 
züglich die  Elinder  mit  Pharyngitis,  Bronchitis,  Emphysem  und 
Bronchialdrüsenerkrankungen,  dann  die  reizbaren  Formen  der  Tuber- 
culose  und  die  Phthise  der  Diabetiker,  solange  kein  Fieber  vorhan- 
den ist.  Diesen  theilweise  eigenthümlichen  Anschauungen  bezüglich 
der  Lidicationen  entsprechen  auch  solche  rücksichtKch  der  Contra- 
indicationen ,  unter  denen  alle  Erkrankungen  des  Herzens  imd  der 
grossen  Gefasse,  schwere  nervöse  Störungen,  heftige  Diarrhoe,  Leber- 
und Nierenerkrankungen  und  Phthise  mit  Fieber  aufgezählt  werden. 

Karlsbad  S.  Weinberger  fragt:  „Soll  der  Gichtische  nach  Karls- 

oder        -^^^  oder  nach  Pistyan  gehen?"  (Wien.  klin.  Rundschau  Nr.  14) 

bei  Gicht?  ^^^  findet,  dass  manchem  Karlsbad,  manchem  Pistyan  besser  an- 
s.  Weinberger,  schlage,  weshalb  es  sich  empfehle,  auch  in  Pistyan  beide  Curen  zu 
verbinden,  indem  der  Kranke  nach  dem  15 — 30  Minuten  dauernden 
Bade  noch  ebensolange  schwitzt,  zu  Hause  angelangt  aber  einen 
Becher  Mühlbrunn,  nach  20  Minuten  einen  zweiten  und  Nachmittags 
eventuell  einen  dritten  erhält.  Die  Anregung  des  Stoflfwechsels 
durch  das  Bad  mache  die  Bewegung  überflüssig,  und  diese  Combi- 
nation  passe  mindestens  für  die  vielen  Gichtkranken,  welche  die  locale 

N.  Rifczes.  Application  des  Schlammes  unbedingt  benöthigen.  —  N.  Rifczes 
replicirt  unter  gleichem  Titel  im  selben  Blatte  Nr.  19,  dass  Karls- 
bad der  Indicatio  causalis  entspreche  und  auch  die  übrigen  nöthigen 
Curmittel  biete. 

Die    Mittheilungen    0.   v.   Aufschnaiter's   über   Fangobe- 
handlung (Wien.   klin.  Rundschau  Nr.  9,  10,  11  u.  12),   welcher 


Klimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  629 

die  Methode   an   der  Klinik  Gerhardt  kennen  gelernt  hatte,   be-      Fango- 
ziehen  sich  auf  Erfahrungen  in  der  in  Wien  errichteten  neuen  An-  Behandlung, 

0.  V.  Auf- 

stalt.  Der  vulcanische  Schlamm  der  Schwefelthermen  von  Battaglia  schnaiter. 
besteht  etwa  zur  Hälfte  seines  Gewichtes  aus  Wasser;  die  luft- 
trockene Masse  stellt  ein  sehr  feines  Pulver  vor,  das  noch  3,64  °/o 
Wasser,  6,43  °/o  organische  und  89,93  °/o  unorganische  Stoffe  enthält. 
Unter  letzteren  fäUt  ein  bedeutender  Gehalt  an  Kieselsäure  auf, 
zum  Theil  herrührend  von  Diatomeenpanzern,  die  bei  directer  Appli- 
cation auf  die  Haut  sich  in  diese  einbohren  und  einen  kräftigen 
Hautreiz  setzen.  Die  bacteriologische  Untersuchung  ergibt  nur  einen 
minimalen  Keimgehalt,  entsprechend  der  hohen  Temperatur  des  Ur- 
sprunges. Der  Fango  wird  mit  seinem  natürlichen  Gehalt  an  Ther- 
malwasser  im  Wasserbade  erwärmt,  dem  leidenden  Körpertheüe  in 
täglich  steigender  Temperatur  und  Dauer  in  dicker  Schicht  und  mit 
entsprechender  Umhüllung  aufgelegt.  In  der  Einpackung  sinkt  in- 
folge des  thermischen  und  mechanischen  Hautreizes  zunächst  Puls- 
imd  Athemfrequenz  bei  ansteigendem  Blutdruck,  dann  gewinnt  die 
Wärmewirkung  die  Oberhand,  Puls-  und  Athem&equenz  steigt  bei 
gleichzeitig  absinkender  Herzkrafb,  doch  verhindert  der  andauernde 
Hautreiz  ein  excessives  Maass  dieser  Umkehrung  im  Gegensatze  zu 
den  Verhältnissen  beim  heissen  Bade.  Es  tritt  dann  reichliche 
Schweissbildung  mit  Erweiterung  der  Hautge&sse  ein,  die  so  nach- 
haltig ist,  dass  auch  Kältereize  keine  Contraction  bewirken,  so  dass 
keine  nachträgliche  Verkühlung  zu  befurchten  ist.  Die  Körper- 
temperatur steigt,  das  specifische  Gewicht  des  Harnes  und  die  Stick- 
stoffaasscheidung ist  vermehrt,  aber  die  Erschlaffung  der  Musculatur 
ist  eine  geringere  als  nach  dem  warmen  Bade,  wie  die  Erschöpfungs- 
curven  zeigen;  im  ganzen  ist  die  Fangobehandlung  minder  an- 
greifend als  die  Thermalmethode.  Der  Fango  ist  ein  vorzügliches 
Kataplasma,  seine  Dichte  und  gleichmässige  Consistenz,  das  schlechte 
Wärmeleitungsvermögen  und  der  intensive  Hautreiz  gestatten  die 
Anwendung  hoher  Temperaturen  ohne  zu  starke  Beeinflussung  der 
Circulation.  Die  Hautfluxion  wirkt  ableitend  auf  innere  Organe, 
die  directe  Wärmezufuhr  resorbirend  auf  alle  Arten  von  Exsudaten. 
Nach  der  Einpackung  folgt  ein  kurzes  warmes  Bad,  eventuell  eine 
kalte  Douche.  Eine  tabellarische  Uebersicht  von  100  behandelten 
Fällen  zeigt  gute  Erfolge  bei  Polyarthritis  rheumatica,  Besserung 
bei  Arthritis  deformans,  sehr  günstige  Wirkung  bei  chronischem 
Muskelrheumatismus  und  bei  Neurosen  auf  traumatischer  Basis  sowio 
bei  gonorrhoischer  Gonitis,  theilweisen  Erfolg  bei  Neuralgieen,  jjün- 
stigen  Einfluss  bei  Arthritis  urica  und  ganz  besonders  bei  KrknÄti* 


630  Clar. 

kung  der  weiblichen  Sexualorgane  in  Form  chronischer  Entzün- 
dungen und  Exsudate. 

In  den  letzten  Jahren  hat  sich  die  Behandlung  verschiedener 
Gelenkaffectionen  mit  heisser  Luft  nach  dem  Vorgange  von  Taller- 

Ueberhitzte  man  bewährt,  berichtet  Fedor  Krause  über  die  örtliche  An- 
p  toius  Wendung  überhitzter  Luft  (Münchener  med.  Wochenschr. 
Nr.  20).  Er  arbeitet  statt  mit  dem  kostspieligen  Taller  manischen 
Apparat  mit  einem  solchen  eigener  Construction.  Das  zu  behandelnde 
Glied  ruht  fi:*eigelagert  in  einem  Cylinder  aus  Asbestpappe,  dem  die 
heisse  Luft  durch  den  Schornstein  des  Quincke'schen  Schwitz- 
bettes zugeleitet  wird.  Die  Temperatur  wird  bald  von  70 — 80  auf 
100  und  120  Centigrade  und  noch  höher  gesteigert,  die  Einwirkung 
täglich  ein-  bis  zweimal  durch  eine  Stunde  und  mehr  vorgenommen. 
Bis  zum  Schweissausbruche  haben  die  Kranken  ein  brennendes  Ge- 
fühl, dann  aber  vertragen  sie  die  weitere  Hitzesteigerung  gut,  welche 
durch  die  Kälte  erzeugende  Verdunstung  des  Schweisses  gemildert 
erscheint.  Die  Schweissproduction  ist  viel  ausgiebiger  als  bei  an- 
deren Proceduren  und  es  schwitzt  nicht  nur  das  behandelte  Glied, 
sondern  der  ganze  Körper,  und  selbst  die  Haare  werden  feucht. 
Auffallend  ist  die  rasche  Schmerzlinderung  bei  rheumatischen  Cre- 
lenksleiden,  gute  Erfolge  wurden  erzielt  bei  Arthritis  deformans, 
bei  der  subacuten  und  chronischen  Form  der  gonorrhoischen  Ge- 
lenkentzündungen,  bei  nach  Verletzungen  zurückgebliebener  Ge- 
lenksteifigkeit ,  bei  chronischen  synovialen  Gelenkergüssen,  chro- 
nischer Periostitis,  schmerzhafter  Muskelspannung.  Wie  weit  bei 
acuten  Affectionen  genützt  werden  kann,  muss  weitere  Erfahrung 
lehren.  Manche  Kranke  vertragen  das  Verfahren  nicht,  es  bildet 
aber  eine  werthvolle  Bereicherung  der  Therapie,  gibt  theilweise 
bessere  Erfolge  als  heisse  Bäder  mit  Schwitzen  oder  Douchen  und 
ist  viel  einfacher  und  weniger  angreifend. 

£.  Lindemaim.  EmilLindemann  benutzt  an  Stelle  der  mit  Gas  oder  Spiritus 

heizbaren  Vorrichtungien  das  nach  seiner  Angabe  von  L.  Marcus 
in  Hamburg  construirte  Elektrotherm :  ElektrischerHeissluft- 
apparat  (Blätter  f.  klin.  Hydroth.  Nr.  10).  Dasselbe  gestattet 
überall,  wo  eine  elektrische  Anlage  vorhanden  ist,  die  Benutzung 
der  Elektricität  als  Wärmequelle.  Es  besteht  aus  einem  aufklapp- 
baren Kasten  aus  Steinholz  mit  Oeffiiungen  zum  Durchstecken  der 
Extremität  und  einem  daneben  befindlichen  Schaltbrett  mit  Rheo- 
stat,  welcher  die  Wirkung  des  Erhitzers  im  Kasten  rasch  und  genau 
zu   reguliren   erlaubt.    Der  Patient  verfügt  ausserdem   selbst   über 


Elimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  631 

«inen  Druckschalter  zur  Unterbrechung  und  Wiederherstellung  des 
Stromes.  Verschiedene  Sicherheitsvorrichtungen  schliessen  eine 
Schädigung  durch  diesen  aus  und  geschieht  die  Behandlung  unter 
thermometrischer  und  hygrometrischer  ControUe  sowie  directer  Beob- 
achtung durch  ein  Fenster  im  Deckel.  Vorzüge  des  Apparates  sind 
ausser  der  UngeföhrHchkeit  die  bequeme  Handhabung,  die  Reinheit 
und  Trockenheit  der  erhitzten  Luft  und  die  schnelle  xmd  genaue 
Regulirbarkeit  der  Wärmegrade. 

Gute  Erfolge  wurden  erzielt  bei  Gicht,    Arthritis  deformans, 
chronischen  Gelenkdistorsionen  und  Ischias. 

Der  activen   Hyperämie  zieht  Aug.  Bier  die  Stauungshyper-    Stauung s- 

ämie    vor    („Die    Behandlung    des    chronischen    Gelenk-  !'^Pr'^'^\'' 
.    "  ,  .  bei  Gelenk- 

rheumatismus mit  heisser  Luft  —  activer  Hyperämie  rheumatis- 

—  und  Stauungshyperämie."  Münchener  med.  Wochenschr.  ™^^: 
Nr.  31).  Er  hat  gute  Erfolge  mit  dem  Quin c keuschen  Schwitz-  ^^' 
bette,  in  dem  er  täglich  durch  8 — 10  Stunden  die  Gelenke  bei 
Tuberculose  und  chronischem  Rheumatismus  Lufttemperaturen  von 
70 — 100°  C.  aussetzt,  findet  aber  die  passive  Hyperämie  schneller 
wirkend  und  leichter  anwendbar.  Oberhalb  des  Gelenkes  wird  eine 
Gummibinde  fest  um  die  Extremität  gelegt,  nachdem  deren  peri- 
pheres Ende  bis  zum  Gelenk  durch  eine  Cambricbinde  vor  zu  star- 
kem Anschwellen  geschützt  wurde.  Die  Binde  wird  anfangs  dauernd, 
dann  intermittirend  getragen,  die  Erfolge  sind  überraschend,  aber 
die  Methode  hat  wenig  Nachahmung  gefunden. 

Topographisch-balneologische  Mittheilungen  machte  E.  Ludwig  Doma 
auf  der  19.  öffentlichen  Versammlung  der  balneologischen  Gesell-  e\*V^* 
Schaft  über  den  Curort  Dorna  Watra  in  der  Bukowina  (Veröffent- 
lichungen der  Hufeland'schen  Gesellschaft  in  Berlin).  3  km  von  der 
rumänischen  Grenze  liegt  der  Markt  Doma  Watra  mit  seinen  Eisen- 
quellen. Der  Curort  ist  erst  in  den  letzten  Jahren  aus  seinem 
desolaten  Zustande  auf  die  Höhe  eines  modernen  Bades  gehoben 
worden.  Er  befindet  sich  nach  Stur  im  Centrum  eines  krystaUini- 
schen  Massivs,  in  welches  trachytische  Eruptionen  aus  Siebenbürgen 
herüberreichen,  und  diese  erklären  die  Kohlensäureexhalationen, 
-welche  bei  der  QueUbildung  eine  wichtige  ßoUe  spielen.  Jetzt  func- 
tionirt  ein  mit  allen  modernen  Einrichtungen  ausgestattetes  Bade- 
haus für  Stahlbäder,  Moorbäder  und  Hydrotherapie,  welch  letztere 
durch  eine  vorzügliche  Süsswasserleitung  versorgt  wird.  Die  Mineral- 
quellen, welche  ausser  Eisenbicarbonat  wenig  andere  Stoffe  enthalten. 


632  Clar. 

smd  an  diesem  theilweise  so  reich,  dass  sie  die  berühmtesten  Wässer 
derselben  Kategorie  übertreffen.  In  der  Umgebung,  besonders  in 
Pojana  stampi,  mächtig  entwickelte  Pflanzenmoore  enthalten  im 
lufttrockenen  Zustande  über  7  ®/o  in  Aether  lösliche,  harzartige  Stoffe 
in  feiner  Vertheilung,  welchen  wohl  ein  Theil  der  Moorbäderwirknng 
zufallt. 

Johannis-  E.  Ludwig  und  V.Ludwig,  „Die  Eisensäuerlinge  von 

r.  T*^^"^       Johannisbrunn  in  Schlesien"  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  9). 

£.  Ludwig  n.  ^ 

V.  Ludwig.  Der  Curort  liegt  380  m  über  Meer,  2  ^2  Meüen  von  Troppau,  dessen 
Aerzte  seine  Quellen  schon  im  vorigen  Jahrhundert  benutzten.  Die 
Quellen  entspringen  aus  den  sedimentären  Schichten  der  EuLn- 
formation,  doch  finden  sich  in  der  Umgebung  zahlreiche  Eeste  vnl- 
canischer  Thätigkeit,  welche  den  Beichthum  der  Gegend  an  Säuer- 
lingen erklären.  Von  den  drei  Quellen,  Johannisbrunn,  Marienquelle 
und  Paulaquelle,  wurden  die  beiden  letzteren,  welche  erbohrt  sind 
und  zur  Trinkcur  dienen,  der  AnalysaAunterzogen.  Die  Marienquelle 
enthält  0,991,  die  Paulaquelle  0,804  Eisenbicarbonat  in  10000  Theüen, 
beide  sind  sehr  reich  an  freier  Kohlensäure,  zeigen  einen  massigen 
Gehalt  an  Bicarbonaten  der  Alkalien  imd  Erden,  einen  sehr  ge- 
ringen an  Sulfaten,  Chloriden  und  organischer  Substanz. 

Levioo,  E.  Ludwig   und  R«  v.   Zeynek,   „Chemische  Unter- 

E.  Ludwig  u.  suchung  der  Mineralquellen  von  Levico"  (Wiener  klin. 
Wochenschr.  Nr.  26).  Levico  liegt  520  m  hoch  zwischen  der  Cima 
d'Asta  und  Trient  im  Gebiete  der  Schieferhülle,  welche  deren  grani- 
tischen Kern  umgibt,  der  wohl  eruptiven  Ursprungs  ist.  Dieser 
zerklüfteten  Schieferhülle  entspringen  auch  zu  Vetriolo  in  4200  m 
Luftlinie  von  Levico  dessen  beide  Quellen,  das  Starkwasser  und 
Schwachwasser.  Ersteres  entquillt  einer  150  m  langen  Grotte  in 
einer  Ergiebigkeit  von  11 1  pro  Minute  mit  14°  C.  Temperatur,  ent- 
hält 46,027  schwefelsaures  Eisenoxydul  und  16,660  ireie  Schwefel- 
säure in  10000  Theüen  als  Hauptbestandtheile ,  femer  Sulfate  von 
Magnesia,  Kalk,  Zink  und  Thonerde,  endlich  0,060  Arseni^säure- 
anhydrid.  Das  Schwachwasser  enthält  nur  3,703  schwefelsaures 
Eisenoxydul,  ausserdem  0,595  Eisenbicarbonat,  keine  freie  Schwefel* 
säure  und  nur  Spuren  von  Arsen. 


Klimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  633 


8.  Hjdrotheraple. 

W.  Winternitz  sprach  in  der  19.  öffentlichen  Versammlung  Hydro- 
der  balneologischen  Gesellschaft  über  die  Hydrotherapie  des  *^®'*P^®  ^*" 
Ulcus  rotundum  ventriculi  (Blatter  f.  klin.  Hydroth.  Nr.  5).  rotundum, 
Es  ist  wahrscheinlich,  dass  eine  chlorotische  Blutbeschaffenheit  mit  w.  Winternitz. 
Verminderung  des  Hämoglobingehaltes  und  der  Blutalkalescenz  bei 
gleichzeitiger  Hyperacidität  des  Magensaftes  zum  Magengeschwür 
disponirt.  Durch  die  Verminderung  der  Blutströmung  etwa  in  Form 
eines  Angiospasmus  kann  die  Disposition  zur  Schädlichkeit  anwachsen 
und  im  Zusammentreffen  mit  einer  zufälligen  Lasion,  vielleicht  durch 
Ingesta  oder  ein  Trauma,  zu  einem  peptischen  Geschwüre  fuhren. 
Die  anatomische  Beschaffenheit  des  Magengeschwürs  zeigt  ja,  dass 
es  sich  nicht  um  ein  eigentliches  Geschwür,  sondern  um  einen  trichter- 
förmigen Substanzverlust  handelt,  welcher  Aehnlichkeit  mit  dem  Mal 
perforant  du  pied  hat,  das  zweifellos  auf  einen  Nerveneinfluss  zurück- 
zufuhren ist.  Es  wird  sich  darum  handeln,  dem  vermutheten  Angio- 
spasmus entgegen  zu  arbeiten  und  die  Circulation  in  der  Magen- 
schleimhaut zu  bessern,  wozu  sich  flüchtige,  wenig  Wärme  ent- 
ziehende hydriatische  Proceduren  eignen,  die  nach  den  Unter- 
suchungen von  Strasser  auch  die  Alkalescenz  des  Blutes  erhöhen. 
Obwohl  bei  Chlorose  die  Wärmeproduction  herabgesetzt  ist,  verbietet 
dies  keineswegs  die  Anwendung  niedriger  Temperaturen,  sondern 
kurze  thermische  Nervenreize  steigern  die  Wärmeproduction  in  ähn- 
licher Weise,  wie  kleine  Blutentziehungen  die  Blutbüdung  anregen. 
Allerdings  muss  der  Eintritt  einer  prompten  Reaction  überwacht 
werden,  allein  wenn  nach  jeder  einzelnen  Procedur  sich  das  Aus- 
sehen des  Patienten  bessert  und  der  Blutdruck  steigt,  wird  auch  die 
Magenschleimhaut  besser  und  von  einem  starker  alkalischen  Blute 
durchströmt  und  dadurch  die  Bedingung  fär  die  Heilung  des  Ge- 
schwüres geboten  werden.  Bezüglich  der  einzelnen  Symptome  wird 
die  Gardialgie  ausser  durch  die  auf  Hebung  der  allgemeiaen  Circu- 
lation abzielenden  Proceduren  durch  kurze,  kalte  Sitzbäder  in  der 
Dauer  von  3 — 5  Minuten  mit  nachfolgenden  Leibbinden  günstig  be- 
einflusst.  Mit  letzteren  kann  der  heisse  Magenschlauch  verbunden 
werden,  derselbe  soll  aber  nur  10 — 15  Minuten  liegen  bleil-en-  Auch 
kalte  Herzschlauclie  bessern  die  allgemeine  und  dadurch  die  Iccale  Cir- 
culation« Winternitz  ist  der  Ansicht,  dass  durch  eine  Ausschal- 
tung der  Magenfimction  in  Form  absoluter  Abstinenz  das  Ausbleiben 
von  Secretion  sauren  Magensaftes  nicht  gewahrleistet  ist  und  un'.cr 


634  Clar. 

Hydro-      anderem  auch  die  übrigens  mangelhafte  Ernährung  durch  den  Darm 
therapiedes  auf  reflectorischem  Wege  eine  solche  herbeiführen  kann.   Es  empfiehlt 
ro  tun  dum,    ^^^^  vielmehr  eine  strenge  Milchcur,  welche  der  beste  Eegulator  der 
w.  Winternitz.  Acidität  des  Magensaftes  ist.   Die  Milch  wird  in  öfteren  und  kleinen 
Quantitäten  gereicht  und  gewöhnlich  entfettet,  abgekocht  und  lau- 
warm am  besten  vertragen.    Gegen  das  gefcLhrlichste  Symptom,  die 
Blutung,  ist  die  directe  Kälteeinwirkung  durch  Schlucken  von  Eis- 
pillen oft  erfolglos,  weil  sie  nicht  gerade  auf  den  Ort  der  Blutung 
wirkt  und  sich  bald  eine  schädliche  Menge  von  lauem  Wasser  im 
Magen  ansammelt.   Dagegen  hat  sich  wiederholt  die  Ausnutzung  der 
reflectorischen  Gefasscontraction  bewährt,  welche  auf  eine  Kälte- 
application  im  Mastdarm  in  der  Magenwandung  eintritt  und  welche 
sich  beim  Experiment   als   Temperaturabnahme   des  Mageninneren 
documentirt.  Es  ist  demnach  das  Einfuhren  von  kleinen  Eisstückchen 
in  das  Rectum  ein  rationelles  und  wirksames  Vorgehen. 

Eine  TJebersicht  der  Hydrotherapie  bei  chronischen  Er- 
Hydro-  krankungen  der  Verdauungsorgane  gibt  Arthur  Löbel 
the^ra^pie  (ßjätter  f.  klin.  Hydroth.  Nr.  4).  Bei  der  Behandlung  von  Magen- 
Verdauung  s-  krankheiten  muss  sowohl  durch  die  Regulirung  des  Blutkreislaufes 
Organe,  auf  die  Function  der  Drüsen  der  Schleimhaut  als  durch  Eeflexwirkung 
auf  die  musculären  Elemente  Einfluss  gewonnen  werden.  Die  Dys- 
peptiker  bilden  zwei  Ghiippen,  einestheüs  mit  Beizerscheinungen  wie 
Magenkrämpfen  und  Erbrechen,  andererseits  mit  Trägheitszuständen, 
die  von  Fäulnissprocessen  begleitet  werden.  Man  wird  besonders 
bei  zarten,  anämischen  Personen  mit  Theüabreibungen  und  Leib- 
binden beginnen,  Einpackungen  und  ganze  Abreibungen  können 
folgen.  Bei  torpidem  Charakter  werden  sich  weiter  kräftige  wechsel- 
warme Begenbäder,  bei  der  erethischen  Form  Halbbäder  mit  Ueber- 
giessungen  empfehlen.  Bei  atonischen  Magenerkrankungen  wendet 
Verf.  das  kalte,  bei  besonderer  Erregbarkeit  das  warme  Sitzbad  und 
den  auf  das  feuchte  Blatt  einer  Leibbinde  applicirten  warmen  Magen- 
schlauch an.  Bei  Darmcatarrh  mit  Diarrhoe  ist  eine  kalte  Abreibung 
mit  gut  ausgerungenem  Tuche,  gefolgt  von  einem  kalten  Sitzbade  in 
der  Temperatur  von  10 — 14°  und  der  Dauer  von  10  Minuten  und 
länger,  das  souveräne  Mittel,  dem  eine  feuchte  Leibbinde  sich  an- 
schliesst.  Bei  Krampfformen  und  Kolikschmerzen  werden  Sitzbäder 
von  26 — 30°  und  langer  Dauer  oder  die  feuchte  Einpackung  mit 
folgendem  Halbbade  angerathen.  Gegen  Obstipation  wird  ausser  der 
Lrigation  das  kurze  kalte  Sitzbad  zur  Anregung  der  Peristaltik  em- 
pfohlen, femer  die  kräftige  Uebergiessung  des  Unterleibes  im  Halb- 


Klimatologie,  Balneologie,  Hydi'otherapie.  635 

bade  und  die  wechselwarme  Deuche.  Wo  die  träge  Darmfunction 
mit  Kopfcongestionen  verbimden  ist,  passt  das  fliessende  kalte  Fuss- 
bad.  Bei  Icterus  haben  die  Injectionen  von  kaltem  Wasser,  ver- 
bunden mit  reichlichem  Wassertrinken,  der  dreistündig  gewechselten 
Leibbinde  und  Milchdiät  raschen  Erfolg.  Chronische  Proctitis  und 
Hämorrhoiden  erfordern  die  Anwendung  kalter  Sitzbäder  und  Leib- 
binden, sowie  des  Mastdarmkühlers. 

Speciell  für  die  hydriatische  Behandlung  der  Diarrhoe 
gibt  B.  Buxbaum  klare  und  einfache  Regeln  (Blätter  f.  klin.  Hydria- 
Hydroth.  Nr.  9).  Er  findet,  dass  die  bei  den  verschiedensten  Formen  J**^?,® 
der  Diarrhoe  bewährten  hydriatischen  Proceduren  noch  viel  zu  wenig  der 
angewendet  werden.  Sowohl  bei  acuten  als  chronischen  Fällen  und  Diarrhoe, 
unabhängig  von  deren  Veranlassung  ist  das  kalte  Sitzbad  am  Platze.  *  ^  *"°^' 
Tragen  die  Ligesta  die  Schuld,  so  dient  es  in  kurzer  Dauer  zur  An- 
regung der  Peristaltik  und  Eeinigung  des  Darmes.  Mit  der  aus- 
giebigen Entleerung  sistiren  gewöhnlich  die  vorausgegangenen  KoUken. 
Analog  wird  auch  die  paradoxe  Diarrhoe  behandelt,  welche  bei 
Stagnation  des  Darminhaltes  mit  Büdung  reizender  Zersetzrmgs- 
producte  auftritt.  Zur  Verminderung  der  Peristaltik  werden  eben- 
falls die  prolongirten  Sitzbäder  wenig  imter  Blutwärme  und  der 
heisse  Magenschlauch,  eventuell  die  Dampfcompresse  in  Form  eines 
heissen  Umschlages  auf  trockenem  Flanell  empfohlen.  Bei  starker 
Hyperämie  mit  sehr  vermehrter  Secretion  passt  wieder  die  Reihen- 
folge: kalte  Abreibung,  länger  dauerndes  kaltes  Sitzbad  und  Leib- 
binde, um  durch  Ableitung  und  Reflex  die  Darmgefasse  zur  Con- 
traction  und  die  Peristaltik  zur  Ruhe  zu  bringen.  Auch  bei 
Diarrhoe  infolge  tuberculöser  Darmgeschwüre  erzielen  Leibbinden 
und  Abreibungen  aus  der  Bettwärme  palliative  Erfolge.  Sitzbäder 
bewähren  sich  auch  bei  Dysenterie,  wo  durch  1 — 1  ^a  Stunden  fort- 
gesetzte Eissuppositorien  besonders  gegen  den  Tenesmus  wirksam 
sind.  Die  Erkältungsdiarrhöen,  mit  denen  viele  Personen  auf 
Witterungsinsulte  antworten,  beruhen  auf  mangelhafter  Reactions- 
iahigkeit  der  Haut,  und  durch  systematisch  fortgesetzte  Abreibungen 
wird  die  Disposition  am  besten  behoben.  Nervöse  Diarrhöen  sind 
Theilerscheinungen  der  Neurasthenie  und  finden  ihre  rationelle  Be- 
handlung durch  Halbbäder. 

Derselbe  Autor  brachte  auf  der  19.  öffentlichen  Versammlung  der 
balneologischen  Gesellschaft  Beiträge  zur  PathologieundThera- 
pie  der  Chlorose  (Veröffentl.  der  Hufeland'schen  Ges.  in  BerUn) 


686 


Clar. 


Hydro-  Da  es  sich  bei  der  Chlorose  nicht  nur  um  Eisenmangel  des  Blutes^ 
'^nvf  ^**  ^^^  sondern  um  den  Eückgang  einer  Eeihe  von  organischen  Functionen 
B.  Bazbaom.  handelt,  haben  kurze,  kräftige,  mechanisch-thermische  R^ize  guten 
Erfolg  und  sie  steigern  auch  den  Hämoglobingehalt  des  Blutes.  Mit- 
unter handelt  es  sich  aber  um  die  von  Winternitz  als  Anaemia 
spuria  bezeichnete  ungleichmässige  Vertheilung  des  Blutes,  das  sich 
besonders  bei  Enteroptose  in  den  venösen  Gefassen  des  Abdomens 
infolge  zu  schwacher  Peristaltik  ansammelt.  Hier  haben  die  all- 
gemein  tonisirenden  Proceduren  eine  verhältnissmässig  geringe  Wir- 
kung  im  Vergleiche  zu  kurzen,  kalten,  die  Peristaltik  anregenden 
Sitzbädern.  Das  langdauemde  kalte  Sitzbad,  vermindert  die  Peri- 
staltik wieder,  fährt  aber  bei  Gesunden  das  Blut  aus  den  ünter- 
leibsorganen  anderen  Bezirken  zu,  wobei  sein  Gehalt  an  Erythro- 
cyten  und  Hämoglobin  in  der  Peripherie  mit  der  Dauer  des  Sitz- 
bades steigt.  Bei  Patienten  mit  Enteroptose  aber  findet  diese  Steige- 
rung nur  anfanglich,  etwa  in  den  ersten  5  Minuten  der  Badedauer 
statt,  dann  tritt  wieder  eine  Abnahme  ein.  Ausser  den  Sitzbädern 
empfehlen  sich  auch  Halbbäder  mit  hohen  Bauchübergiessungen  und 
Begenbäder  mit  kräftigem  Fächer  auf  den  Unterleib. 


Vegetabili-  In  derselben  Versammlung  sprach  Alois  Strasser  über  vege- 

BcheDiät-  tabilische  Diätcuren  (Blätter  f.  klin.  Hydroth.  Nr.  3).  Der 
A.  straBBer.  Vegetarierkampf  hat  jedenfalls  das  Verdienst,  die  excessive  Er- 
nährung mit  Fleisch  eingedämmt  zu  haben.  Obwohl  das  Pflanzen* 
eiweiss  weniger  ausgenutzt  wird  als  das  thierische,  so  ist  die  Er- 
nährung mit  Vegetabiüen  doch  möglich,  nur  bedarf  es  grösserer 
Volumina,  es  kommt  bald  zur  Sättigung,  aber  auch  Hunger  tritt 
rascher  wieder  ein.  Bei  schwer  atonischen  Zuständen  ist  diese  Diät 
auszuschliessen ,  bei  schwächlichen  Leuten  und  leichter  Darmatonie 
soll  der  Uebergang  zu  ihr  allmählich  erfolgen,  bei  robusten  Patienten 
und  directer  Schädlichkeit  der  Fleischnahrung  aber  plötzlich,  ebenso 
bei  übemährten  Neurasthenikem  mit  Plethora  abdominalis.  Gute 
Resultate  gibt  oft  eine  mit  Milchcur  combinirte  vegetarische  Di&t 
bei  Chlorose,  wo  ja  häufig  Widerwille  gegen  Fleisch  besteht.  Es 
passen  dann  grüne  Gemüse,  Leguminosen  und  Obst,  mit  Ausschluss 
von  viel  Stärkemehl.  Die  Cur  wirkt  wahrscheinlich  als  Alterans,  sie 
wird  nicht  sehr  lange,  etwa  3 — 6  Wochen  ertragen,  wenn  aber  dann 
wieder  zur  gemischten  Kost  übergegangen  wird,  nimmt  die  Ernährung 
im  ganzen  zu.  Wo  die  Verdauung  mit  Reizerscheinungen,  wie  Urti- 
caria etc.  einhergeht,  sind  diese  bei  vegetarischer  Ncdirung  ver- 
mindert, Scorbut  heilt  unter  einer  sofort  in  toto  etablirten  vege- 


Elimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  637 

tarisclien  Diät,  bei  Arteriosklerose  wirkt  sie  durch  Ausfall  der 
toxischen  Substanzen,  welche  die  Intima  der  G^fasse  reizen,  günstig, 
besonders  wenn  gleichzeitig  viel  Müch  genossen  wird.  Wenn  keine 
schwere  Magendilatation  vorhanden  ist,  werden  Darmanästhesieen 
ausgezeichnet  beeinflusst,  ebenso  Gicht,  diese  aber  nur  bei  langer  Fort- 
setzung der  Cur  in  nicht  ausschliesslicher  Weise.  Bei  Phosphaturie 
wären  Fett  und  Kohlehydrate,  bei  Oxalurie  grüne  Gemüse  und  Obst 
zu  bevorzugen,  bei  Diabetes  grüne  Gemüse,  Leguminosen,  saure 
Aepfel,  Erdbeeren  in  Verbindung  mit  dem  nöthigen  Fleisch  und  Fett. 

Derselbe  Autor  bespricht  die  Berechtigung  der  Hydrotherapie  bei  Hydro- 
den  zahlreichen  Diabetikern,  welche  thatsächlich  wegen  der  von  ihrer  ^^^j^^P»® 
Grundkrankheit  bedingten  Beschwerden  in  Wasserheilanstalten  Zu-  Diabetes, 
flucht  suchen  („Diabetes  und  Hydrotherapie."  Blätter  f.  klin.  ^-  strasser. 
Hydroth.  Nr.  1).  Während  bei  manchen  StoflFwechselkrankheiten 
wie  Fettsucht  xmd  Gicht  die  Indication  zur  Steigerung  der  Oxydation 
besteht,  trifft  dies  bei  Diabetes  im  allgemeinen  nicht  zu,  sondern 
nur  bei  der  Glykosurie  der  Fettleibigen.  Nur  diese  vertragen 
energische  Proceduren  zum  Zwecke  der  Steigerxmg  des  Stoffwechsels, 
für  den  wahren  Diabetiker  mit  schon  gesteigertem  Umsätze  sind 
milde  Formen  der  Wassercur  und  vor  allem  die  1 — 1^«  Stunden 
dauernde  feuchte  Einpackung  mit  folgender  kurzer  Douche,  Ab- 
reibung oder  einem  Halbbade  am  Platze.  Sie  wirkt  ebenso  günstig 
auf  die  Haut,  als  gegen  die  Erregungszustände  und  rheumatoiden 
Schmerzen.  Die  Toleranz  fiir  Kohlehydrate  steigt  während  einer 
Wassercur,  die  spröde  blasse  Haut  wird  besser  durchblutet,  succu- 
lenter  und  mehr  zu  Schweiss  geneigt,  die  Diurese  und  etwa  vor- 
handene Albuminurie  nimmt  ab,  ebenso  der  Heisshunger  und  die 
Acetonurie,  das  Körpergewicht  bleibt  durch  Verminderung  des  Ei- 
weisszerfaUes  im  gleichen.  Letzterer  ist  entweder  ein  physiologischer 
zur  Erhaltung  des  Calorieengleichgewichtes ,  oder  durch  Toxine  be- 
dingt. Im  ersten  Falle  nützt  die  Hydrotherapie  durch  vermehrte 
Ausnutzung  der  stickstoffhaltigen  Nahrung  mit  Schonung  des  Körper- 
eiweisses  und  im  zweiten  durch  Oxydation  der  toxischen  Substanzen. 
Gleichzeitig  verringert  sich  die  Obstipation  und  die  Neigung  zu 
Tuberculose.  Der  Pho^phatdiabetes  imd  die  Acetonurie,  wie  sie 
beide  ohne  Glykosurie  bei  schweren  psychischen  Depressionszuständen 
vorkommen,  erfordern  wahrscheinlich  dieselbe  Behandlung. 

Grossentheils  auf  der  hydriatischen  Abtheilung  des  Prof  Winter- 
nitz   vollendete   Alexander    Simon   eine   experimentelle    Studie 


638  Clar. 

Dampfbäder  über  den  Einfluss  der  Dampfbäder  auf  die  Magensecretion 
und  Magen.  (Blätter  f.  klin.  Hydroth.  Nr.  11).  Schon  vor  längerer  Zeit  hatten 
A.  Simon.'  Zaniecki  und  später  Gruzdow  bei  Versuchen  an  Gesunden  und 
Magenkranken  gefunden,  dass  heisse  Bäder  und  Dampfbäder  eine 
Abnahme  des  Säuregrades  und  der  Verdauungsfahigkeit  des  Magen- 
saftes bewirken.  Verf.  prüfte  den  Einfluss  des  Dampfkastenbades 
auf  die  Magensaftabsonderung  bei  mehr  als  20  Fällen  und  fand  bei 
Hyperacidität  ein  bedeutendes  Absinken  des  Säuregrades,  welches 
nicht  unmittelbar  nach  dem  Bade  beginnt,  aber  auffallend  lange  an- 
hält, so  dass  manchmal  erst  im  Verlaufe  von  mehreren  Tagen  der 
normale  Zustand  zurückkehrt.  Ist  dagegen  die  Acidität  schon  an 
und  für  sich  gering,  so  ist  es  schwer,  sie  noch  weiter  herabzusetzen. 
Die  Erscheinung  lässt  sich  nicht  einfach  als  Folge  der  Anämie  der 
Magenschleimhaut  deuten,  welche  bei  der  reichlichen  Durchblutung 
der  Haut  im  Schwitzbade  allerdings  eintreten  muss,  aber  doch  nur 
kurze  Zeit  anhalten  kann.  Es  scheint  vielmehr  die  Verarmung  des 
Organismus  an  Chloriden  durch  den  Schweiss  die  Hauptrolle  zu 
spielen,  so  wie  umgekehrt  subcutane  Injectionen  von  KochBalzlösung 
die  saure  Secretion  des  Magens  erhöhen.  Vorläufig  steht  fest,  dass 
Schwitzbäder  bei  verminderter  Acidität  nicht  passen  und  auch  bei 
nervösen  Magenerkrankungen  nutzlos  erscheinen,  aber  bei  zu  reich- 
licher saurer  Absonderung  von  sehr  günstigem  Erfolge  sind. 

Hydro-  Eine  Arbeit  physiologischen  Inhaltes  ist:  Edmund  Kowalski, 

^^^i*?/*     „Ueber  den  Einfluss  von  äusseren  hydrotherapeutischen 
and  Gallen-    ",  n  -,  *     r^  u /^ 

secretion,    Proceduren  auf  die  Grallensecretion    (Blätter  f.  klin.  Hydroth 

E.  Kowalski.  Nr.  11).  Einem  10,5  kg  schweren  Hunde  wurde  eine  complete 
Gallenfistel  angelegt,  die  Gallenmenge  betrug  im  Durchschnitte 
mehrtägiger  Versuchsreihen  für  12  Tagesstunden  ohne  Anwendung 
von  Proceduren  46  ccm,  nach  heissen  Bädern  56  ccm,  bei  der  An- 
wendung kalter  Douchen  nur  48  ccm ,  aber  bei  heissen  Bädern  in 
Verbindung  mit  kalten  Proceduren  74  ccm.  Heisse  Douchen  hatten 
keinen  Einfluss,  und  bezüglich  der  kalten,  welche  die  Gesammt- 
absonderung  wenig  alterirten,  ergab  sich  eine  momentane  Ausschei- 
dung von  3 — 8  ccm  innerhalb  5  Minuten,  während  sie  vor  Anwendung 
der  Douche  in  demselben  Zeiträume  höchstens  1,6  ccm  betragen 
hatte.  Der  kurzdauernde  Kältereiz  vermehrt  die  Gallenausscheidung 
ohne  Aenderung  des  Procentgehaltes  an  festen  Bestandtheilen ,  die 
vermehrte  Absonderung  nach  heissen  Bädern  zeigt  aber  auch  einen 
höheren  procentischen  Stoffgehalt.  Verf.  meint,  da  heisse  Bäder  die 
Absonderung,   kalte   die  Ausscheidung   steigern,    erkläre   sich   der 


Klimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  639 

grösste  Effect  bei  einer  Verbindung  beider  Badeformen.  Es  bleibt 
aber  fraglich,  ob  eine  momentane  Ausscheidung  der  schon  abge- 
schiedenen Galle  den  täglichen  Durchschnitt  beeinflussen  kann,  man 
wird  sich  also  mit  dem  Versuchsergebnisse  begnügen,  dass  die 
thermische  Contrastwirkung  die  Gallensecretion  am  meisten  steigert. 

Derselbe    Verfasser    bringt    ausführliche    Untersuchungen     Wirkung 

über  das  Verhalten  der  Temperatur  und  der  Circulation  rr^olufa««« 

r  Umscnlagen 

in  den  Bauchhöhlenorganen  unter  dem  Einfluss  von  auf 
Umschlägen  (Blätter  f.  klin.  Hydroth.  Nr.  B— 8).  Die  Erwärmung  Temperatur 
und  Abkühlung  des  Bauchinneren  ist  nicht  gleichbedeutend  mit  ciroulation 
Hyperämie  und  Anämie,  die  Experimente  an  Hunden  und  Kaninchen  £•  Kowalski, 
ergaben  nicht  constant,  aber  in  der  Mehrzahl  der  FäUe  ein  um- 
gekehrtes Verhalten.  Es  zeigte  sich  bei  E»eizung  des  Nervus  de- 
pressor,  welche  den  Blutzufluss  nach  der  Bauchhöhle  vermehrt  und 
von  einem  Sinken  des  Blutdruckes  in  der  Carotis  begleitet  ist,  meist 
ein  geringes  Fallen  des  in  die  Bauchhöhle  gesenkten  Thermometers. 
Im  Gegensatze  hierzu  zog  die  im  Gefolge  der  Beizung  des  Nervus 
splanchnicus  oder  einer  Aortencompression  auftretende  Anämie  einen 
minimalen  Temperaturanstieg  nach  sich.  Beim  Einstellen  der  Reizung 
des  Depressor  steigt  die  Temperatur  ein  wenig,  die  Freigabe  des 
Blutstromes  durch  EinsteMen  der  Reizung  des  Splanchnicus  oder  des 
Druckes  auf  die  Aorta  zeigt  die  grösste  Differenz  in  einem  Abfalle 
von  0,1 — 0,2°  C.  Bei  der  Anwendung  kalter  Umschläge  auf  den 
Bauch  steigt  in  der  Regel  der  Blutdruck  in  der  Carotis,  und  er  fallt 
nach  der  Application  von  heissen  Umschlägen.  Man  kann  also  an- 
nehmen, dass  erstere  eine  Contraction,  letztere  eine  Dilatation  der 
Bauchgefasse  bewirken.  Ausserdem  beeinflusst  der  Umschlag  die 
Temperatur  der  Tiefe  durch  directe  Wärmeleitung  und  durch  Ver- 
mittelung  des  kreisenden  Blutes,  welches  mit  seiner  an  der  Ober- 
fläche erlangten  Temperatur  die  Wärmeverhältnisse  im  Inneren  ändert. 
Demnach  erscheinen  die  Veränderungen  der  Temperatur  in  der  Bauch- 
höhle unter  dem  Einflüsse  von  Umschlägen  als  die  resultirenden 
entgegengesetzt  wirkender  Factoren,  von  denen  der  überwiegende 
den  Ausschlag  gibt. 

H.  Storoscheff  bringt  Mittheilungen  über  die  physio- 
logische Wirkung  des  Wassertrinkens  rücksichtlich 
seiner  Menge  und  seiner  Temperatur  (Blätter  f.  klin. 
Hydroth.  Nr.  10).  Die  Menge  des  Wassers,  welche  der  Organismus 
ausscheidet,  ist  etwas  grösser  als  jene  des  eingenommenen,  weil  er 


640  Clar. 

Wirkung  selbst  durch  die  Verbrennung  Wasser  bildet.  Bei  gewöhnlicher 
des  Wasser-  Lebensweise  nimmt  der  Erwachsene  etwa  Vit  Liter  Wasser  im  Gte- 
H.  storoscheir.  *rän^  ^"^<i  V«  Liter  in  der  festen  Nahrung  zu  sich ,  4  Personen 
hielten  diese  während  der  ersten  Versuchswoche  ein,  tranken  in  der 
zweiten  700 — 1200  ccm  Wasser  über  den  Tag  vertheilt  und  in  der 
dritten  das  Doppelte.  Der  Stickstofiumsatz  nahm  bei  vermehrtem 
Trinken  in  allen  FäUen  zu,  die  Assimilation  des  Nahrungsstick- 
stoffes aber  nur  in  der  mittleren  Periode,  in  der  dritten  nahm  sie 
wieder  ab.  Li  einer  anderen  Versuchsreihe  wurden  die  Speisen  und 
Getränke  theils  möglichst  kalt,  theils  möglichst  heiss  genossen;  ea 
fand  beim  kalten  Begime  eine  etwas  grössere  Assimilation  des  Nah- 
rungsstickstoffes statt. 

Blut-  B.  Friedländer  stellte  zahlreiche  Versuche  über  Verände- 

veränderungj.mjorQjj  ^^^  Zusammensetzung  des  Blutes   durch  ther- 

durch  . 

thermische  i^^ische  Einflüsse  an,  welche  sich   sämmtlich  auf  das  mensch- 

EinflüBse,  liehe  Capillarblut  beziehen  (Blätter  f.  klin.  Hydroth.  Nr.  2).  Er  fand 
R.  Friedländer,  ^g-  ^^^  Application  intensiver  und  anhaltender  Kältereize,  welche 
mit  einer  Oontraction  der  Hautgeflässe  einhergeht,  eine  durchschnitt- 
liche Verminderung  der  rothen  Blutkörperchen  um  ca.  7®/o,  während 
die  Leukocyten  um  ca.  16  ^fo  vermehrt  erschienen  und  das  speeifische 
Gewicht  des  Blutes  bei  gleichbleibender  Serumdichte  eine  Abnahme 
erfuhr.  Im  Beactionsstadium  nach  kurzen  Kälteeinwirkungen,  wie 
Halbbädem  und  Fächerdouchen ,  findet  sich  in  dem  erweiterten  Ca- 
pillargebiete  der  Haut  eine  gleichmässige  Vermehrung  der  rothen 
und  weissen  Blutkörperchen  um  ca.  13  ^/o,  einhergehend  mit  Er- 
höhung des  specifischen  Gewichts  des  Blutes  ohne  Aenderung  der 
Serumdichte.  In  beiden  Fällen  handelt  es  sich  also  um  keine  Ein- 
dickung  des  Blutes ,  sondern  um  eine  andere  Vertheilung  der  Form- 
demente  desselben  im  Gefösssysteme.  Nur  Wärmeeinwirkungen  mit 
Schweissbildung  dicken  das  Blut  unter  Zunahme  der  Serumdichte 
wirklich  ein,  gleichzeitig  steigt  das  specifische  Gewicht  des  Blutea 
xmd  nimmt  die  Zahl  der  rothen  Blutkörperchen  um  ca.  11  ^/o,  jene 
der  weissen  um  ca.  18®/o  zu.  Jeder  thermische  Reiz  bewirkt  also 
eine  Zunahme  der  Leukocyten  und  die  Zunahme  der  Erythrocyten 
ist  bei  der  neuroirritativen  Congestion  ausgiebiger  als  bei  der  neuro- 
paralytischen. 

Wilhelm  Winternitz,  „Die  Wasserbehandlung  des 
Unterleibstyphus  auf  der  Klinik"  (Blätter  f.  klin.  Hydroth. 
Nr.  12).    Trotz  der  Kenntniss  des  E berth- Gaff ky'schen  Bacillus 


Klimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  641 

ist  kein  specifisches  Mittel  gegen  den  Typhus  gefunden  worden  und      Hydro- 
als  einzig  empfehlenswerthe  Methode  ist  die  Wasserbehandlung  an-         «'»P  « 
erkannt,  welche  aber  keineswegs  bloss  als  antithermisches  Verfahren  Unterleibs- 
zu  betrachten  und  als  antipyretische  Heilmethode  zu  bezeichnen  ist.      typhua, 
Die  alte  Schönlein'sche  Ansicht  von  der  Heilwirkung  des  Fiebers 
gegenüber  den  parasitären  Krankheitserregern  gewinnt  in  neuester 
Zeit  wieder  Boden.     Trotzdem  ergibt  sich  aus   der  Erfahrung  die 
Nothwendigkeit ,    das   Fieber    zu  bekämpfen,    nicht   aber   bloss  die 
Temperatursteigerung,   denn  Ueberhitzung  und  Gefahr  decken  sich 
nicht  vollkommen,  wie  schon  Naunyn's  überhitzte  Thiere  beweisen. 
Auch   die  parenchymatösen  Degenerationen  und  Himerscheinungen 
scheinen  nicht  einfache  Consequenzen  der  Ueberhitzung  zu  sein,  es 
zeigen   TyphusfaUe  mit  subfebrilen  Temperaturen  manchmal  einen 
pemiciösen  Charakter,   der  sich  bessert,  wenn  nach  einem  kühlen 
Bade  die  Temperatur  steigt.    Ebenso  ist  die  Körperconsumption  mehr 
dem    Infectionsprocesse     als    der    Wärmesteigerung    zuzuschreiben, 
welche  übrigens  nicht  nur  auf  einer  Vermehrung  der  Wärmebildung, 
sondern  auch   auf  einer   Verminderung  der  Wärmeabgabe  beruhen 
kann.     Mader  hebt   die   lähmende  Wirkung   des  Typhusgiftes  auf 
die  vasomotorischen  Nerven  hervor  und  findet  hier  einen  günstigen 
Angriffspunkt  für  die  Hydrotherapie,  welche  auch  die  Bronchien  zur 
Expectoration  und  die  paretischen  Gedärme  zur  Contraction  anregt. 
Wenn  der  Dikrotismus  nach  einer  Kälteapplication  auf  einige  Zeit 
schwindet  und  das  Herz  langsamer  und  kräftiger  schlägt,  zeigt  sich 
darin  die  günstige  symptomatische  Wirkung,  aber  der  Kältereiz  übt 
auch  einen  blutverbessemden  Einfluss  aus,  indem  er  der  Verminderung 
der  weissen  Blutkörperchen  steuert,  den  Alkalescenzindex  erhöht  und 
zur  Ausscheidung  der  Toxine  beiträgt.    Verf.  wendet  sich  also  gegen 
die  Auffassung  Curschmann's  (in  dessen  Buche  über  den  Unter- 
leib.styphus)  von  der  Wasserbehandlung  als  blosser  Wärmeentziehung 
und  ist  auch  mit  dem  Ausschluss  der  weniger  schweren  Fälle  von 
der  Hydrotherapie  nicht  einverstanden,  weil  ja  diese  einen  ernsten 
Charakter  annehmen  können  und   es   darauf  ankommt,   die  Wehr- 
kräfte des  Organismus   der  Intoxication   gegenüber  möglichst  früh- 
zeitig wachzurufen.    Bei  Anzeichen  von  Darmblutung  und  bei  peri- 
tonitischer  Reizung  sind  locale  Abkühlungen  empfehlen swerth,  ho  wie 
bei  Herzschwäche  Proceduren  günstig  wirken,  welche  die  peripheren 
Widerstände  herabsetzen  imd  die  Innervation  reflectorinch  stei^orn. 
Auch    schon  früher  bestehende,  besonders   constitutionelle   Erkran- 
kungen   schliessen  die  Hydrotheraj)ie   nicht   au»,   ebenHowoni^   daH 

Alter  oder  die  Blutarmuth  junger  Personen  oder  Fettlei bigk(jit,  nur 
Jahrbach  der  pncÜBchen  Mediein.    1899.  ^j 


642  Clar. 

Hydro-      darf  nicht,  in  der  Absicht,  schonender  zu  verfahren,  der  thermische 
therapie     Nervenreiz  ein  zu  geringer  sein,  um  mit  Sicherheit  die  volle  Beaction 
Unterleibs-  hervorzubringen.     Die   in    dem  Buche    Curschmann's    besonders 
typhns,      empfohlenen  Vollbäder  hält  Verf.  für  weniger  zweckmässig  als  die 
W.  Wintemitz.  Halbbäder,  da  diese  die  Möglichkeit  einer  besseren  Bearbeitung  der 
Hautoberfläche    zur    Vermehrung    der   Wärmeabgabe    bieten.     Die 
günstige  Wirkung  auf  Puls   und  Athmung  tritt  nur  bei   niedrigen 
Temperaturen   ein.     Von   grösster    Wichtigkeit  ist   das   frühzeitige 
Einsetzen  der  Wasserbehandlung   schon  in  der  ersten  Woche,  um 
der  Entwickelung   der   Schädlichkeiten  keine  Zeit  zu  gönnen ,  und 
nicht  nur  bei  schweren,  sondern  bei  allen  Formen  ist  es  ein  Kunst- 
fehler, die  Wassercur  nicht  anzuwenden. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

Simon  Baruch,  The  principles  and  practice  of  hydrotherapy.  New  York. 
P.  Berger,  Führer  durch  die  Privatheilanstalten  Deutschlands,  Oesterreicbs 

und  der  Schif^eiz.    Mit  ausführlicher  Darstellung  der  modernen  Be- 
handlungsmethoden.   6.  Aufl.    Berlin. 
R.  B rasch,   Kritische  Betrachtungen  über  Ernährung,    ^toffirechsel  und 

Eassinger  Curen.    Wiesbaden. 
Foss,    Das   freiberrlich  v.  Sierstorff-Cramm'scbe   Bad   Driburg    in   seinen 

alten  und  neuesten  Heilfactoren  nebst  einigen  balneotherapeutischen 

Novitäten.    Braunschweig. 
G.  Gager,  Bad  Gastein.    Berlin. 
W.  Gebbardt,  Die  Heilkraft  des  Lichtes.    Leipzig. 
S.  Cb.  Gräupner,   Die  Störungen  des  Kreislaufes   und   ihre  Behandlung 

mit  Bädern  und  Gymnastik,    Berlin, 
J.  S.  Hahn,    Die  wunderbare  Heilkraft   des  frischen  Wassers   bei  dessen 

innerlichem  und  äusserlicbem  Gebrauch.    6.  Aufl.    Mit  Vorwort  von 

Prof.  Dr.  W.  Wintemitz.    Leipzig. 
E.  H.  Kisch,  Balneotherapie  und  Klimatotherapie  in  Eulenburg's  und 

SamueTs  Lehrbuch  der  allgemeinen  Therapie  und  therapeutischen 

Methodik.    Wien. 
H.  Koeppe,  Die  physikalisch-chemische  Analyse  der  Mineralwässer. 
Desider  Kuthy,  Die  Sanatoriumbehandlung  der  Tuberculose,  hygienisch- 

diätetische   Therapie    mit   besonderer   Berücksichtigung    der  unbe- 

mittelten  Tuberculotiker.     Mit  einem  Vorwort  von  F.  v.  Koranyi 

und  Einleitung  von  Leon-Petit  in  Paris.    Budapest.    (Ungarisch.) 
J.  Leva,  Die  nervösen  Magenkrankheiten  und  ihre  Behandlung  in  Tarasp. 

Zürich. 
V.  Liebermeister,  üeber Lungenschwindsucht  und Höhencurorte.  Vort r. 


Klimatologie,  Balneologie,  Hydrotherapie.  643 

G.  y.  Lieb  ig,    Der  Luftdruck   in   den   pneumatischen  Kammern   und  auf 

Höhen  vom  ärztlichen  Standpunkte.    Braunschweig. 
6.  Loimann,  Kritische  Studien  über  Moor-  und  Minei-almoorbäder. 
Angelo  Mosso,  Der  Mensch  auf  den  Hochalpen.     Leipzig. 
C.  Scherk,   Die   freien   Ionen  und   die    ungelösten    Salz  Verbindungen    in 

ihrer  Wirkung  bei  Gebrauch  von  natürlichen  Mineral wassertrinkcuren. 

Halle  a.  S. 
Hermann  Weber,   The  mineral  waters  and  health  resorts  of  Europe. 

London. 
W.  Winternitz  und  A.  Strasser,  Hydrotherapie. 


XI. 

Arzneimittellelire  und  Toxikologie. 

Von  Prof.  Dr.  B«  Gottlieb,  Director  des  pharmakologischen  Instituts 

der  Universität  Heidelberg. 

Allgemeines. 

(Arzneiverordnung,  Hautresorption,  üntersuchungs- 

methoden  etc.) 

Arzneien  Fr.  Moritz   weist  in  einem  Vortrage  im  ärztlichen  Verein  zu 

und         München  (Ueber  die  Beziehunscen  zwischen  Arzneien  und 
MoiltK.       Magen.     Münchener  med.  Wochenschr.  Nr.  48)   auf  einige  fiir  die 
Arzneiverordnung  wichtige  Consequenzen  hin,  die  sich  aus  den  neueren 
Arbeiten  über  die  Resorption   im  Magen  ergeben.     Ungünstig  kann 
einerseits  die  Magenthätigkeit  einzelne  Arzneisubstanzen  beeinflussen, 
indem  z.  B.  das  Trypsin  der  Pankreaspräparate  durch  das  Pepsin  oder 
die  Alkalien,  welche  auf  den  Darm  einwirken  sollen,  durch  die  Magen- 
säure zerstört  werden;  ungleich  häufiger  wird  aber  andererseits  der 
Magen  durch  gereichte  Arzneien  geschädigt.  Die  Schädigung  wird  xun 
so  geringer  sein,  je  rascher  das  Arzneimittel  aus  dem  Magen  in  den 
Darm  fortgeschafft  wird.     Desto  rascher  erfolgt  aber  auch  die  Re- 
sorption. Dies  geht  aus  den  experimentellen  Arbeiten  von  Tappeiner, 
Brandl,  v.  Mering  und  Moritz  hervor,  die  übereinstimmend  ge- 
zeigt haben,   dass  man  die  resorptive  Leistung   des  Magens  früher 
ungemein    überschätzt    hat    imd    dass   für   die    meisten    wassrigen 
Lösungen  geradezu  der  Darm  das  ausschliesslich  resorbirende  Organ 
darstellt.     Salze,  Zucker,  Pepton  werden  erst  bei  höherer  Concen- 
tration  im  Magen  resorbirt,  imd  für  das  Wasser  lässt  sich  nachweisen, 
dass  die  Resorption  im  Magen  gleich  NuU  zu  setzen  ist  und  in  den 
einzelnen  Darmabschnitten  nach  abwärts  hin  immer  mehr  zunimmt. 


Arzneimittellelire  und  Toxikologie.  (545 

Ein  Arzneimittel,  das  lange  im  Magen  verweilt,  wird  deshalb  langsam, 
ein  solches,  das  den  Magen  rasch  verlässt,  wird  rasch  resorbirt.  Wie 
können  wir  nun  die  Schnelligkeit  beeinflussen,  mit  der  ein  Arznei- 
mittel den  Magen  passirt?  Dieselbe  hängt  vor  allem  vom  Inhalte 
des  Magens  ab,  und  Experimente  am  menschlichen  Magen  ergaben, 
dass  Wasser  und  neutrale  Salzlösungen  den  Magen  am  raschesten 
verlassen,  ganz  schwach  die  Schleimhaut  reizende  Lösungen,  wie 
Suppe,  Wein  etc.  werden  schon  langsamer  fortgeschafft,  und  am 
längsten  verweilen  Flüssigkeiten,  neben  denen  sich  noch  feste  Nahrung 
im  Magen  befindet.  Diese  Schlussfolgerungen  wurden  durch  Ver- 
suche erhärtet,  in  denen  leicht  nachweisbare  Indicatoren  (salicyl- 
saures  Natron,  Jodkalium,  gepulverte  Holzkohle)  unter  verschiedenen 
Bedingungen  dargereicht  und  durch  Ausheberung  des  Magens  con- 
trollirt  wurde,  in  welcher  Zeit  sich  derselbe  der  eingeführten  Sub- 
stanz entledigt  hatte.  Ein  möglichst  rascher  Durchgang  durch  den 
Magen  und  eine  möglichst  rasche  Resorption  wird  demnach  erzielt, 
wenn  man  Arzneimittel  nüchtern  mit  */2 — 1  Glas  Wasser  nehmen 
lässt;  ein  Narkoticum,  Schlafinittel  oder  Fiebermittel  kommt  so  am 
promptesten  zur  Wirkung.  In  gleicher  Weise  mit  viel  Wasser  ge- 
reicht, wird  eine  reizende  Substanz  den  Magen  am  wenigsten 
schädigen;  die  Gegenwart  der  sog.  Mucilaginosa  verzögert  zwar 
den  Durchtritt  der  Arzneien  durch  den  Magen,  dieser  Umstand 
wird  aber  durch  die  schützende  Wirkung  dieser  einhüllenden  Sub- 
stanzen ausgeglichen.  Weit  vollkommener  wird  freilich  das  Problem 
der  Schonung  des  Magens  gegen  Arzneireizung  dadurch  gelöst,  dass 
man  Arzneistoffe  einfuhrt,  die  im  Magen  unlöslich  sind  imd  erst  im 
Darm  gelöst  werden,  z.  B.  Salol,  Tannalbin  etc.,  oder  durch  Ein- 
fuhrung der  Arzneien  in  erst  im  Darm  löslichen  Hüllen  (Glutoid- 
kapseln).  Endlich  macht  Moritz  darauf  aufmerksam,  dass  man  sich 
in  solchen  Fällen,  in  denen  die  Magenentleerung  pathologisch  verzögert 
ist  und  in  denen  man  die  Resorption  vom  Magen  aus  doch  in  An- 
spruch nehmen  muss,  mit  Vortheü  der  resorptionsbefordemden 
Wirkung  des  Alkohols  und  der  Gewürze  bedienen  kann,  welche  für 
den  Magen  Tappeiner,  Brandl  und  v.  Mering  erwiesen  haben. 
Man  gebe  die  Arzneien  in  solchen  Fällen  mit  wenig  starkem  Alkohol 
oder  mit  Gewürzen  (Pfefferminz  etc.). 

Einen  entschiedenen  Fortschritt  in  unserem  therapeutischen 
Können  und  zugleich  ein  neues  Hülfsmittel  zur  experimentellen  Er- 
forschung der  Verdauungsvorgänge  scheinen  die  schon  im  Vorjahre 
von  S a h  1  i  empfohlenen  Glutoidkapseln  zu  bedeuten,  über  welche 


-^rTtT-r-*--   ir    T r TV r '  i" T. ^    Tj-    •> It.^ c ilk apseln.     C0!T^- 
-7.  z.i-rz-r.^~  i  S  Iv^iTrT  ArrTTr:  Xr.  1j  Tind   Deatsches  Archiv  t 
"r .  T.    ü-e — I-  .     I^r   t:-    i-T   F~rA  Kj^LgrrAnn    in   St.  Crallen  b-r- 
C^^"*-^*'^::.  "--1-*  --iijtj^tJL  sbii  i:ir:L  F.rrLil'iekyd  seikärtete  Gtlaiii- 
kä;— Iz..  v^l  itr  £^r:l  i:e?e  BrLärLz:!^  ?^2^»  Wasser  imd  st--: 
PrT  -.i.->CzÄii:Lrr  Tzi^^nefiL  Tri  irr^Az.  jgfkr.'g  gewordön  sind^  aber dur  i 
•lie  PiLJzTrrÄ-'Vrrii-:!!^  TrrLil"rLi5s=::J^>£^  I-richt  geL>st  werden.   Di«< 
ili+rr:i-=._ljif:  irr  «TrlaTiir.  'r*r:  riijrr  ^,'rrJ-i\"'  :h-rii  Hamin^  dxirch  Fom  1 
ilr^   Li-ülkrh   Tizii   V^-:ll::zi^'=flh;zi«rh    in  Salzsäure-Pep^  mehr 
Tizid  E:*-Lr  ei^Lz::"'  ^«^r^-ü.  wäijTei.  i  dir  Veria^ilichkeit  darcli  die  Trvi- 
äinTrriaTiiizig  erLalien  ileftt,  s^rstanc-t  es,  die  Xapseln  in  einem  v<rr- 
siLi-ri-rTien  Graie  irr  WiierstandsiÄlii^keit  hennstellexi.    Für  pra-- 
t:-:Le  Zweike  g-rnü^ii  drri  .Härtegrade".    Als  «schwache  Hamm::" 
wenien  Kaf«<^ji  bez^ri-^imet ,   die   gegen  Pepsin-Salzsäare  bei  40"  C 
1 '  t  STTind^rn  widersta::  isiabig  bleiben  und  sich  in  Pankreai^So*ia  ii 
1 — 1 '  2  StiLL  ien  L'-sen :   bei    «minierer  Härtung""   dauert  die  Wbier- 
stand-fidLiiikeit  gegen  Pej«sin-Salzsänre   7  Stunden,   die  Löfiungszr-r 
in  Pai^kreas-Soda  beträgt  2 — 2*  i  Standen;  bei  der  «starken  Härtimj:* 
endlich  steigt  die  Widerstands tahigkeit  gegen  die  Magen verdaatm^ 
auf  12  Stunden,  während   sich  die  Kapseln  in  Pankrea^-Soda  «U-^L 
noch    in    2S — 3*t    Stunden    auflösen.      Die    Glutoidkapseln    iin«! 
-pülen   der   beiden   letzteren   Härtungsgrade    entsprechen    nun  den 
strengsten  Anforderungen,  welche  an  ^Dünndarmkapseln  tmd  -pillec'. 
d,  h.  an  Kapseln  und  PiUen  gestellt  werden  müssen,  die  den  Maget 
ungelöst  pa.ssiren   und   erst   im  Darm  zur  Lösung   kommen   sollen 
Im  Gegensatz  zu  allen  älteren  Präparaten,  welche  z.  B.  das  Keratic 
oder  auch  das  Salol  in  diesem  Sinne  als  Hülle  für  Arzneisubstanzen 
verwandten,  konnte  Sahli  von  den  Glutoidkapseln  in  der  That  fes^t- 
stellen,   dass  sie  ihren  Inhalt  vor  der  Einwirkung  des  Magensäfte?* 
und  vor  der  Magenresorption  geschützt  bis  in  den  Darm   bringen 
und  daselbst  mit  Sicherheit  gelöst  werden.    Dies  ergab  sich  sowohl 
in  Brutofenversuchen  im  Reagensglas,  als  besonders  durch  Versuche 
am  Menschen,  in  denen  die  Kapseln  gefüllt  mit  leicht  nachweisbaren 
Indicatoren  (Jodoform,  Salol,  Gaultheriaöl)   gereicht  wurden;  durch 
Auflliobcirung   des   Magens  wurde   die   dargereichte   Substanz   dann 
vorgü])ünH  gesucht,  wurde  aber  nach  der  Auflösung  der  Kapsel  im 
Darm  in  den  Secreten  leicht  nachweisbar.  Die  Glutoidkapseln  mittlerer 
und  starker  Härtung  passiren  also   den  Magen  intact  und  werden 
im  Darm  nach  einiger  Zeit  mit  Sicherheit  gelöst.    Dabei  lasst  sich 


'  Arzneimittellelire  und  Toxikologie.  647 

der  Härtungsgrad  mit  solch  genügender  Constanz  herstellen,  dass 
man  „diagnostische"  Glutoidkapseln  dazu  benutzen  kann,  um  aus  der 
Zeit  des  Auftretens  eines  in  der  Kapsel  gereichten  Indicators  im 
Speichel  oder  im  Harn  Schlüsse  auf  die  Function  der  Pankreas- 
verdauung  zu  ziehen.  Gibt  man  auf  diese  Weise  Jodoform,  so  tritt 
bei  Gesunden  die  Jodreaction  im  Speichel  nach  4 — 6  Stunden  auf; 
eine  erhebliche  Verspätung  würde  auf  Störung  der  Pankreas- 
function  schliessen  lassen.  Vor  allem  aber  haben  sich  die  Glutoid- 
kapseln und  -pülen  in  den  Versuchen  Sahli's  als  nützliche  Be- 
reicherung der  Therapie  bewährt.  Sie  gestatten  es,  einerseits  Sub- 
stanzen vor  der  Einwirkung  des  Magensaftes  zu  schützen,  welche, 
wie  z.  B.  Pankreaspräparate  durch  denselben  unwirksam  werden, 
oder  Arzneimittel,  die  im  Darm  zur  Wirkung  kommen  sollen,  wie 
Darmantiseptica,  Alkalien,  Gallensalze  etc.,  mit  Umgehung  der  Magen- 
resorption in  den  Darm  zu  bringen.  Zum  Zwecke  der  Darmanti- 
septik  empfiehlt  Sahli  besonders  Glutoidkapseln  mit  Calomel  und 
mit  Itrol;  Chininkapseln  dürften  besonders  bei  Amöbenaffectionen 
des  Darmes  in  Betracht  kommen.  Bei  einer  weiteren  Gruppe  haben 
die  Glutoidkapseln  den  Zweck,  den  Magen  vor  der  schädlichen  Ein- 
wirkung solcher  Medicamente  zu  schützen,  gegen  welche  derselbe 
empfindlicher  ist,  als  der  Darm.  Sie  bewährten  sich  besonders  für 
Menthol,  Kreosot,  Balsamum  Copaivae  etc.,  sowie  auch  glutoidirte 
Blaud'sche  Pillen  oder  Glutoidkapseln  mit  Ferrum  reductum  gut  ver- 
tragen wurden.  Besonders  empfiehlt  Sahli  als  angenehme  Dar- 
reichungsform der  Salicylsäure  Glutoidkapseln  mit  salicylsaurem 
Methyl. 

W.    Filehne    berichtet    Versuche    über  die    Durchgängig-       Durch- 
keit  der  menschlichen  Epidermis  für  feste  und   flüssige  ^^^^^^^j 
Stoffe   (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  3).     Lässt  man  das  Resorp-   EpidermiB» 
tionsvermögen    der    in    der  Haut   gelegenen  Apparate    (Talg-   und       Püehno. 
Schweissdrüsen  etc.)    ausser  Acht  und  beschränkt  die  Frage  nach 
der  Durchgängigkeit   der  Haut   auf  die  Epidermis,   so   ist  dieselbe 
als    eine  mit  Cholestearinfetten   durchtränkte   und   an   ihrer  einen, 
äusseren   Fläche    mit   Fett,    dem   Hauttalg   überzogene  Difiusions- 
membran  anzusehen.    Nur  solche  Stoffe  können  durch  die  Membran 
hindurch  diffundiren,  welche  sich  in  den  die  Membran  durchtränken- 
den und  sie  überziehenden  Medien  zu  lösen  im  Stande  sind,  bezw. 
sich  mit  ihnen  mischen.    Es  wurde  von  diesem  Gesichtspunkte  aus 
eine  Beihe  von  Arzneistoffen  daraufhin  geprüft,   ob  sie  die  Fähig- 
keit besitzen,  sich  in  einem  Oholestearinfett ,  dem  wasserfreien  La- 


648  Gottlieb. 

Durch-       nolin  und  in  einem  fetten  Oele,  dem  Olivenöl  zu  lösen  resp.  sich  mit 

gangigkeit  \\^qj^  ^u  mischen.    In  wasserfreiem  Lanolin  waren  unlöslich:  Koch- 

der 
Epidermis,    salz,   Kaliumchlorid,  Jodkalium,  Ferrum  carbonicum,  Arsenik  und 

Fiiehne.  Tartarus  stibiatus.  Insoweit  diese  Stoffe  durch  die  Haut  resorbirt 
werden,  muss  also  ihre  Au&iahme  durch  die  Haarfollikel,  die  Talg- 
und  Schweissdrüsen  erfolgen,  während  nach  den  Versuchen  von  der 
Epidermis  selbst  u.  a.  aufgenommen  werden  können :  Sublimat,  Blei- 
oxyd, Jod,  Schwefel,  femer  Alkohol,  Aether,  Chloroform,  fett«  und 
ätherische  Oele,  Jodoform,  Carbolsäure,  Campher,  sowie  auch  freie 
Alkaloide  wie  Strychnin,  Cocain,  Nicotin  und  Veratrin,  nicht  aber 
die  wasserlöslichen  Salze  dieser  Alkaloide. 

Soweit  dies  in  dem  knappen  Rahmen  dieses  Berichts  möglich  ist,  wird 
im  speciellen  Theile  auf  manche  Bereichenmg  auch  der  experimentell- 
pharmakologischen  Unteruchungsmethoden  hinzuweisen  sein,  üeber  einen 
wichtigen  Fortschritt  der  pharmakologischen  Methodik  sei  schon  hier  be- 
richtet, da  derselbe  für  das  Studium  verschiedener  Arzneigruppen  von  Be- 
deutung und  von  allgemein  ärztlichem  Interesse  ist,  nämlich  über  die  Isolirung 
des  Wai*mblüterherzen8,  über  welchen  Gegenstand  mehrere  Veröffentlichungen 
vorliegen.  Bekanntlich  beschräjikte  man  sich  bis  in  die  neueste  Zeit  bei 
dem  Studium  der  Wirkung  verschiedener  Stoffe  auf  das  Herz  auf  die  Iso- 
lirung und  Durchblutung  des  Froschherzens,  während  pharmakologische  Ver- 
suche am  überlebenden  Säugethierherzen  nur  in  unvollkommener  Weise  aus- 
geführt waren.  Es  ist  deshalb  ein  bedeutungsvoller  Fortschritt,  dass  es 
nach  neueren  Methoden  gelingt,  auch  das  isolirte,  vom  Nervensystem  völlig 
unabhängige  Säugethierherz  an  einem  künstlichen  Kreislauf  von  unver- 
änderlichem Widerstände  stundenlang  arbeitend  zu  erhalten  und  unter  dem 
Finfluss  verschiedener  experimenteller  Eingriffe  zu  beobachten.  J.  Bock 
hat  in  einer  aus  dem  pharmakologischen  Institut  zu  Strassburg  hervor- 
gegangenen Arbeit  (Untersuchungen  über  die  Wirkung  verschie- 
dener Gifte  auf  das  isolirte  Säugethierherz.  Archiv  für  experiment. 
Pathologie  und  Pharmakologie  Bd.  41)  eine  solche  Methode  ausgearbeitet 

Isolirung  Bock  belässt  —  wie  auch  eine  zweite  kurz  vorher  erschienene  und  rein 
^®"..        physiologischen  Problemen  gewidmete  Studie  von  E.  Hering  jun.  (Pflüger'i^ 

herzen 8  '-^^^^^  Bd.  72)  —  das  Herz  im  Körper  in  situ,  lässt  aber  das  Blut  nur 
fiock,  durch  Herz  und  Lungen  kreisen,  während  der  gesammte  Körperkreislauf 
durch  eine  Verbindungsleitung  zwischen  Carotis  und  Jugularis  derselben 
Seite  ersetzt  ist.  An  künstlich  respirirten  Kaninchen  wird  die  absteigende 
Aorta  sowie  die  beiden  Subclaviae  unterbunden,  während  in  die  eine  Caroti!) 
das  Quecksilbermanometer  eingesetzt  ist;  aus  der  anderen  Carotis,  die  dem 
Blutstrom  dann  aUein  noch  offen  steht,  fliesst  das  Blut  aus  der  linken  Heiz- 
kammer durch  ein  System  von  Glasröhren  mit  constantem  Widerstände  in 
die  Jugularvene  und  in  das  rechte  Herz,  um  von  da  durch  den  kleinen 
Kreislauf  zurückzukehren.    Es  ist  also  nur  der  Coronarkreislauf  und  der 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  649 

kleine  Kreislauf  erhalten.  Ein  so  vorbereitetes  Herz  arbeitet  nun  stunden- 
lang regelmässig  fort;  die  Einwirkung  des  Gentralnervensystems  ist  völlig 
weggefallen  und  die  Herzbewegungen  nur  vom  Zustande  der  Herzmusculatur 
und  von  den  nervösen  Elementen  des  Herzens  selbst  abhängig.  Bock  hat 
nun  das  isolirte  Warmblüterherz  unter  dem  Einfluss  einer  Reihe  von  Giften 
studirt.  Bei  der  Untersuchung  der  narkotisch  wirkenden  Verbindungen  der 
Fettreihe  ergab  sich,  dass  die  haloidfreien  Verbindungen  (Aether,  Alkohol, 
Pental)  nur  geringen  Einfluss  auf  das  Herz  zeigten  und  in  grösseren  Mengen 
zugeführt  werden  mussten,  um  ein  Sinken  des  Blutdrucks  im  Präparate 
hervorzurufen.  Dagegen  verursachten  alle  haloidhaltigen  Narkotica  (Chloro- 
form, Chloralhydrat ,  Aethylbromid  etc.)  eine  sehr  bedeutende  Schädigung 
der  Herzarbeit,  ein  Ergebniss,  das  auch  mit  dem  Vergleiche  der  Aether- 
und  Choroformwirkung  auf  das  Froschherz  gut  übereinstimmt.  Die  Stoffe 
der  Digitalisgruppe  riefen  auch  am  isolirten,  von  vasomotorischen  Verände- 
rungen unabhängigen  Warmblüterherzen  eine  Drucksteigerung  im  künst- 
lichen Kreislauf  hervor,  in  Uebereinstimmung  mit  den  für  die  Digitalis- 
wirkung am  isolirten  Froschherzen  ermittelten  Thatsachen. 

K.  Hedbom  (Ueber  die  Einwirkung  verschiedener  Stoffe  auf      Hedbom. 
das  isolirte  Säugethierherz.    Skandinav.  Archiv  f.  Physiologie  Bd.  8, 
H.  1 — 3)  benutzte  im  physiologischen  Institut  zu  Stockholm  die  von  Langen- 
de rff   1895   beschriebene   Methode   zur   Untersuchung    des   überlebenden 
Säugethierherzens  zum  Studium  der  Giftwirkungen.    Das  Herz  verbluteter 
Katzen  und  Kaninchen  wurde  nach   der  Einführung  einer  Canüle  in  die 
Aorta  herausgenommen  und  durch  eine  geeignete  Vorrichtung  unter  con- 
stanten  Druck  gesetzt;   durch  diesen  Druck  werden  die  Aortenklappen  ge- 
schlossen,  und  das  Blut  hat  keinen  anderen  Weg  als  durch  die  Coronar- 
gefasse,  das  aus  den  Coronarvenen  ausfliessende  Blut  wird  aufgefangen,  und 
die  Contractionen  des  Herzens,   das  auch  in  diesen  Versuchen  einige  Zeit 
nach    der  Durchströmung  regelmässig  pulsirte,  werden   durch   ein  in  der 
Herzspitze  befestigtes  Häkchen  verzeichnet,  welches   durch   einen   Faden 
auf   einen  geeigneten  Schreibapparat  einwirkt.    Mit  dieser  Methode  hat 
der    Verf.    die   Einwirkung    von    einer   Reihe    von    Giften   auf   das   Herz 
untersucht  und  bringt  besonders  für  das  Atropin  interessante  neue  Erfah- 
rungen,   welche  für  eine  direct  reizende  Wirkung   dieses  Giftes   auf  die 
Herzthätigkeit  sprechen.    Auch  eine  Anzahl  von  Organextracten  hat  Verf. 
geprüft  und  konnte  dabei  eine  erregende  Wirkung  des  Testikelextracts,  vor 
allem  aber  die  direct  erregende  Wirkung  des  Nebennieren-  und  Hypophysis- 
extracts  erweisen. 

Specielle  Pharmakologie. 

Im  Anschluss  an  den  Bericht  des  Vorjahres  ist  die  Eintheilung  nach 
therap6uti8chen  Gruppen  beibehalten  worden.  Soweit  es  der  Raum  gestattet, 
sind  neue  Arzneimittel  besprochen,  die  auf  Grund  sachverständiger  Unter- 
snchuxigen  eingeführt  wurden.    Dass  neben  manchen  wirklich  werth vollen 


650  Gottlieb. 

Bereicherungen  des  Arzneischatzes  auch  ohne  pharmakologische  Sachkennt- 
niss  untersuchte  und  klinisch  ungenügend  geprüfte  neue  Substanzen  zur 
Einführung  empfohlen  wurden,  ist  ein  Missstand,  der  leider  auch  in  diesem 
Berichtsjahr  keineswegs  abgenommen  hat.  In  sehr  klarer  und  interessanter 

Prüfung  Weise  beleuchtet  W.  His  jun.  die  Ursachen  dieser  Missgriffe  und  bespricht 
neuer        dje  Grundsätze  bei  der  Prüfung  neuer  Heilmittel  (Münchener me- 

®^  ™^  ®  '  dicinische  Wochenschrift  Nr.  49).  Von  den  Thesen,  zu  welchen  die  Aus- 
führungen des  Verfassers  führen,  seien  hier  nur  diejenigen  angeführt,  die 
sich  auf  die  pharmakologische  Prüfung,  auf  die  Grundlage  therapeuti- 
scher Versuche  beziehen:  Das  planmässige  und  industrielle  Aufsuchen 
und  Herstellen  neuer  Heilmittel  ist  vom  Arzt  wie  vom  leidenden  Publicum 
an  sich  als  werthvolle  Bestrebung  zu  begrüssen.  Die  Bemühungen  der 
Industriellen  um  möglichst  rasche  Verbreitung  und  Prüfung,  sowie  baldige 
Publication  der  Prüfungsergebnisse  führt  zu  Missständen,  die  dem  Interesse 
der  Kranken,  wie  dem  Ansehen  des  ärztlichen  Standes  zuwiderlaufen.  Der 
Prüfung  eines  Heilmittels  hat  unbedingt  voranzugehen:  eine  ausführliche 
und  vollständige  Untersuchung  der  Wirkung  am  Thier;  dieselbe  ist  von 
pharmakologisch  gebildeten  Fachmännern  vorzunehmen.  Ohne  solche  Unter- 
suchung sollte  kein  Mittel  zur  Verwendung  am  Menschen  kommen.  Femer 
eine  sachgemässe  Ueberlegung,  ob  auf  Grund  der  heutigen  künischen  und 
experimentellen  Kenntnisse  eine  Heilwirkung  des  Mittels  voraussichtlich 
zu  erwarten  sein  wird. 

Narcotica. 

Heroin,  H.  Dreser  hat  auf  Grund  eingehender  und  interessanter  Unter- 

Dreser,  suchungen  über  die  Wirkung  einiger  Derivate  des  Mor- 
phins auf  die  Atbmung  (Pflüger's  Archiv  f.  d.  ges.  Physio- 
logie Bd.  72,  S.  485  und  Therapeutische  Monatshefte,  Sept.)  ein 
Morphiaderivat  zur  Anwendung  empfohlen,  welchem  die  für  diese 
pharmakologische  Gruppe  charakteristische  sedative  Wirkung  auf 
die  Athmung  besonders  ausgeprägt  zukommt  imd  das  diesen  thera- 
peutisch verwerthbaren  Effect  dabei  schon  iu  kleineren  Gaben 
auszuüben  vermag,  als  Morphin  und  Codein.  Dieses  Morphinderivat, 
der  Diacetylester  des  Morphins,  wird  von  den  Farbenfabriken  vorm. 
Bayer  &  Co.  in  Elberfeld  unter  dem  Namen  Heroin  in  den  Handel 
gebracht.  Der  Methyläther  des  Morphins,  das  Codein,  besitzt  be- 
kanntlich nur  noch  die  sedative  Wirkung  des  Morphins  auf  die 
Athmung,  die  übrigen  narkotischen  Eigenschaften  der  Muttersub- 
stanz treten  hingegen  fast  ganz  in  den  Hintergrund,  und  grosse 
toxische  Gaben  rufen  dementsprechend  an  Thieren  nur  das  zweite 
tetanische  Stadium  der  Morphinwirkung  hervor.  Durch  den  Eintritt 
zweier  Essigsäure-Radicale  an  Stelle  von  H  in  den  beiden  OH-Gruppen 


Arzneimittellelire  und  Toxikologie.  651 

des  Morphins  wird  nun  überraschenderweise  die  narkotische  Wir- 
kung auf  das  Athemcentrum  verstärkt,  so  dass  Heroin  schon 
in  kleineren  Gaben  die  Respiration  wirksam  beeinflusst,  als  Codein 
und  sogar  als  Morphin.  Dabei  liegt  aber  die  toxische  Dosis  für 
Heroin  keineswegs  niedriger,  so  dass  der  Spielraum  zwischen 
wirksamer  und  toxischer  Grabe  grösser  erscheint.  Die  Wirkung 
des  Heroins  auf  die  Athmung  hat  nun  D  r  e  s  e  r  einem  sehr 
gründlichen  Studium  imterzogen  und  dabei  gezeigt,  dass  dieses 
Morphinderivat,  sowie  auch  das  vielgebrauchte  Codein  als  „Husten- 
mittel" keineswegs  nur  durch  Herabsetzung  der  subjectiven  Em- 
pfindlichkeit des  Patienten  gegenüber  den  Secretanhäufungen  und 
den  abnormen  Reizen  der  Bronchialschleimhaut  wirken.  Eine  ge- 
nauere Analyse  der  Leistungen  des  einzelnen  Athemzugs  in  der 
Heroinwirkimg  lehrte  vielmehr,  dass  die  Herabsetzung  der  Athem- 
grösse,  d.  h.  des  in  der  Minute  exspirirten  Lufbvolums,  welche 
für  Codein  bereits  festgestellt  war  und  die  auf  den  ersten  Blick  eher 
für  die  Anwendung  bedenklich  erschien,  unter  Berücksichtigung  der 
Athemfrequenz  sich  als  eine  sehr  wichtige  Verbesserung  der  Athem- 
ökonomie  darstellt,  indem  nach  massigen  Gaben  z.  B.  von  Heroin 
zwar  das  Volum  des  in  der  Zeiteinheit  geathmeten  Luftquantums 
sinkt,  aber  das  Volum  des  einzelnen  Athemzugs  sehr  erheblich  ver- 
grössert  wird.  Die  Respiration  erfolgt  demnach  in  einer  für  die 
erkrankte  Lunge  schonenderen  Weise.  Nach  massigen  Gaben  er- 
fahrt dabei  das  arterielle  Blut  keine  irgend  nennenswerthe  Ver- 
änderung seiner  Sauerstoffsättigung.  Die  Dauer  der  Inspiration 
nimmt  femer  zu,  ein  Umstand,  der  bei  katarrhalisch  geschwollenen 
und  durch  Secret  verengten  Luftwegen  nur  förderlich  sein  kann; 
ebenso  wird  die  Kraft  des  einzelnen  Athemzugs  gesteigert.  Nach 
massigen  Gaben  tritt  eine  Lähmung  des  Athemcentrums  nicht  ein, 
so  dass  die  Empfindlichkeit  gegenüber  den  chemischen  Athemreizen, 
Sauerstoffverarmung  und  Kohlensäureüberladung  fast  ungeändert 
blieb;  hingegen  nahm  die  Empfindlichkeit  des  Athemcentrums 
gegenüber  mechanischer  Dehnung  der  Lunge  entschieden  ab,  ein 
Umstand,  der  in  der  Behandlung  des  Hustenreizes  vielleicht  von 
Bedeutung  ist.  Herz  und  Kreislauf  werden  durch  Heroin  nicht 
wesentlich  beeinflusst. 

Flor  et   stellte   die   ersten  Versuche  über  die  Anwendung  des        Floret, 
Heroins   (Therap.  Monatsh.,  Sept.)  in  der  Poliklinik  der  Farben- 
fabriken zu  Elberfeld  an  und  erprobte  es  in  Gaben  von  0,005 — 0,02  g 
als  prompt  und  zuverlässig  wirkendes  Mittel  zur  Bekämpfung  des  1 

Hustens  und  Hustenreizes. 


652 


Gottlieb. 


Heroin, 
Starave, 


Weiss. 


Peronin, 
Meltzer. 


Morphin* 
derivate, 
Stursberg. 


Eine  sehr  sorgfaltige  Mittheilimg  über  therapeutische  Versuche 
mit  Heroin  liegt  femer  von  G.  Struve  aus  der  Gerhardt'schen 
Klinik  in  Berlin  vor  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  46).  Die  therapeu- 
tischen Versuche  bestätigten  die  Resultate  des  Thierexperiments.  Das 
Heroin  übt  in  Dosen  von  0,005 — 0,01  in  Pillen-  oder  Tropfenform  eine 
deutlich  nachweisbare  beruhigende  Wirkung  auf  die  Athmung  der 
Patienten  (meist  Phthisiker)  aus;  die  Athemfrequenz  wird  gemindert, 
der  Hustenreiz  beseitigt.  Zugleich  tritt  eine  allgemein  narkotische 
Wirkung  ein  und  Gefühl  von  Müdigkeit,  so  dass  bei  Fortfall  äusserer 
Keize  Schlaf  eintritt,  wenn  derselbe  vorher  durch  Hustenreiz  und 
Dyspnoe  verhindert  war.  Eine  schmerzlindernde  Wirkung  besitzt 
das  Heroin  aber  im  Gegensatz  zu  Morphin  nicht.  Ob  Gewöhnung 
bei  längerem  Gebrauche  eintritt,  konnte  noch  nicht  festgestellt 
werden,  doch  wiesen  einzelne  Anzeichen  darauf  hin.  Auch  dieser 
Umstand  scheint  dem  Ref.  dafür  zu  sprechen,  dass  das  Heroin  durch 
seine  stärker  narkotischen  Eigenschaften  dem  Morphin  näher  steht, 
als  dem  Codein,  wenn  ihm  auch  die  schmerzlindernden  Wirkungen 
des  Morphins  fehlen. 

J.  Weiss  (Die  Heilkunde,  Octoberheft)  kam  ebenfalls  zu 
günstigen  Resultaten.  Keiner  der  Beobachter  sah  unangenehme 
Nebenwirkungen,  auch  nicht  Obstipation. 

Das  Peronin,  der  Benzyläther  des  Morphins,  der  im  Vor- 
jahre gegen  den  Husten  der  Phthisiker  empfohlen  wurde,  scheint 
gleichfalls  stärker  narkotisch  zu  wirken,  als  das  Codein,  dem  es 
chemisch  sehr  nahe  steht.  So  theilt  Meltzer  Beobachtungen  über 
die  Wirkung  desPeronins  mit  (Therap.  Monatsh.  S.  316),  das  er 
in  Gaben  von  0,04 — 0,1  als  Beruhigungs-  und  Schlafmittel  für 
Geisteskranke,  insbesondere  bei  Erregungszuständen  der  Paralytiker 
anwandte  und  ähnlich  dem  Morphin  wirksam,  aber  frei  von  dessen 
üblen  Nebenwirkungen  fand. 

H.  Stursberg  hat  im  pharmakologischen  Institute  zu  Bonn 
über  die  Einwirkung  einiger  Abkömmlinge  des  Morphins 
auf  die  Athmung  experimentelle  Untersuchungen  angestellt  (Ar- 
chives  internationales  de  Pharmacodjmamie  Bd.  4).  Keines  der 
imtersuchten  Morphinderivate  zeigte  die  gleiche  Wirkung  auf  die 
Respiration,  wie  die  Muttersubstanz;  am  nächsten  stand  dem  Mor- 
phin ein  neuer  von  Vongerichten  dargestellter  Körper  Chlor- 
morphin. Derselbe  wirkte  deutlich  narkotisch  und  beeinüusste  die 
Athmung  dem  Morphin  ähnlich.  Geringeren  Einfluss  übte  Brom- 
morphin aus,  das  an  der  Grenze  zwischen  der  Morphingruppe  und 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie. 


653 


Codeingruppe  zu  stehen  scheint.  Bei  den  übrigen  untersuchten 
Substanzen  nimmt  die  erregende  Wirkung  schrittweise  zu,  beim  Co- 
dein, Oxydimorphin ,  Peronin  bis  zum  Apomorphin,  das  nur  noch 
erregende  Wirkungen  auf  die  Athmung  erkennen  lässt. 

Hensen    hat    den  Einfluss    des   Morphiums    und  des     Morphin 
Aethers  auf  die  Wehenthätigkeit  mittels  einer  sinnreichen  »»»d  Wehen- 
graphischen Methode  (Registrirung  der  intrauterinen  Druckschwan-       Hensen. 
kungen)   studirt   (Centralbl.   f.  Gjnaäkol.  Bd.  55).     Er  kam   zu  dem 
practisch  wichtigen  Ergebniss,  dass  Morphin  in  Dosen  von  */« — 2  cg 
ohne  jeden  Einfluss   auf  die  Wehenthätigkeit  und  die  Bauchpresse 
bleibt,    während  Aether  schon   nach  1 — 2  Minuten   eine  erhebliche 
Schwächung   der   Uterusarbeit    und   Sistiren    der  Bauchpresse    zur 
Folge  hat. 

S.  Schmidt  hat  (Zeitschr.  f.  Biologie  Bd.  37)  in  einer  gründ-  Chloroform 
liehen,  aus  dem  physiologischen  Institute  zu  Bern  stammenden  Ar- 
beit Veränderungen  der  Herzganglien  durch  Chloro- 
formnarkose  nachgewiesen,  und  zwar  am  deutlichsten  bei  Hun- 
den, aber  auch  bei  Kaninchen  und  Affen.  Die  Wirkungen  sind 
cumulativ,  so  dass  in  mehrmaligen  Intervallen  wiederholte  Narkosen 
die  Herzganglien  stärker  schädigten,  als  einmalige  längere  Narkose. 
Aether  übte  diesen  schädigenden  Einfluss  auf  die  Herzganglien 
nicht  aus. 


nnd  Herz- 
ganglien, 
Schmidt. 


Alkohol. 

J.  Weissenfeid  (Der  Wein  als  Erregungsmittel  beim  Men- 
schen. Pflüger's  Archiv  d.  ges.  Physiol.  Bd.  71)  prüfte  in  Fortsetzung 
früherer  Arbeiten  des  Bonner  pharmakologischen  Instituts,  welche  eine 
Steigerung  der  Athemgrösse,  d.  i.  des  ia  der  Zeiteinheit  respirirten  Luft- 
quantums unter  dem  Einfluss  des  Alkohols  nachgewiesen  haben,  das  Verhalten 
der  Athmung  nach  Aufnahme  von  50 — 75  ccm  alten  Xeresweins.  Im  Selbst- 
versuche ergab  sich  deutliche  Steigerung  der  Athemgrösse,  der  auch  nach 
4  Stunden  keine  erniedrigende  Rückwirkung  folgte.  Die  gleiche  erregende 
Wirkung  auf  die  Athmung  trat  auch  nach  künstlichem  Wein  (Maltonwein)  auf. 
Gleichzeitige  Messungen  des  Blutdruckes  mit  dem  Basch'scben  Sphygmo- 
manometer  ergaben  Ansteigen  des  Blutdruckes  in  der  Alkoholwirkung. 

R.  H.  Chittenden,  L.  B.  Mendel  und  H.  C.  Jackson  haben 
(American  Joum.  of  Physiolgy  Bd.  1)  den  Einfluss  des  Alkohols  und 
alkoholischer  Getränke  auf  die  Verdauung  studirt.  Sie  constatirten 
wie  frühere  Untersucher  die  mächtige  Reizung,  die  Alkohol  auf  die  Magen- 
secretion  ausübt;  sie  fanden  dieselbe  nicht  bloss  bei  directer  Einführung  in 


Alkohol 

und 
Athmung, 
WeisBenfeld. 


654 


Gottlieb. 


Alkohol  den  Magen,  sondern  auch  bei  Einführung  vom  Darm  aus  und  schreiben 
«od  somit  auch   dem  resorbirten  Alkohol   eine  Wirkung   auf  die  Secretion  zu. 

ch't^^A^^*  Der  Magensaft  enthält  mehr  Salzsäure  imd  proteolytisches  Enzym,  so  dass 
der  schädigende  Einfluss,  den  der  Alkohol  als  solcher  bekanntlich  im 
Reagensglas  auf  die  Thätigkeit  der  Enzyme  ausübt,  offenbar  durch  diese 
secretonsche  Reizung  des  Magens  übercompensirt  wird.  Auch  die  unge- 
meine Raschheit  der  Resorption  des  Alkohols  vom  Magen  aus  wurde  durch 
die  Versuche  von  neuem  bestätigt. 

Die  Wirkung  des  Alkohols  auf  die  Blutgase  und  die  Blut- 
Alkohol  alkalescenz  hat  Thomas  (Archiv  f.  exp.  Path.  und  Pharmakol.  Bd.  41) 
undBlut-  im  Laboratorium  der  medicinischen  Klinik  zu  Strassburg  untersucht.  Aus- 
*  »Thl^^^^^*  gehend  von  früheren  Versuchen,  in  denen  der  Verf.  gezeigt  hatte,  dass  zur 
Erzeugung  der  Cholera  von  der  Blutbahn  aus  bei  Kaninchen  in  Alkohol- 
narkose eine  sechsmal  geringere  Dosis  Kommabacillen  genügt,  wie  bei 
Thieren  in  normalem  Zustande,  wurde  untersucht,  ob  etwa  nach  Alkohol 
Veränderungen  der  Blutalkalescenz  eintreten,  die  die  Schwächung  der  bac- 
terienfeindlichen  Wirkung  im  Blute  erklären  konnten.  In  der  That  ergab 
sich,  dass  sowohl  die  CO2  im  Blute,  als  die  durch  Titration  ermittelte 
Alkalescenz  in  der  acuten  Alkoholintoxication  bedeutend  herabgesetzt  sind, 
in  einzelnen  FäUen  sogar  bis  zur  Hälfte.  Der  Grund  für  die  Alkalescenz- 
Verminderung  liegt  in  der  Vermehrung  flüchtiger  Fettsäuren  im  Blut,  die 
die  CO2  verdrängen.  Bei  chronischer  Alkoholintoxication  konnte  eine  ähn- 
liche Wirkung  erst  nach  monatelang  fortgesetzter  Alkoholzufuhr  constatiit 
werden. 


Thomas. 


Pyroaal 

und 

Phenosol, 

Barghart. 


Antipyretica. 

Auch  aus  dem  Berichtsjahre  ist  die  Einfiihrung  neuer  anti- 
pyretischer Mittel  aus  der  aromatischen  Gruppe  zu  verzeichnen,  und 
zwar  sind  diese  neu  geprüften  Substanzen  sämmtlich  Substitutions- 
producte  des  Antipyrins  oder  des  Phenacetins.  Burghart  ver- 
suchte in  der  I.  medicinischen  Universitätsklinik  in  Berlin  (Ueber 
Pyrosal  und  Phenosol.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  411 
zwei  neue  Präparate,  das  salicylessigsaure  Antipyrin  (Pyrosal)  imd 
das  Salicylessigsäure-p-Phenetidid  (Phenosol).  Die  beiden  in  Wasser 
schwer  löslichen  Verbindungen  von  bitter  säuerlichem  Geschmack 
zerfallen  im  Magendarmkanal  in  ihre  Componenten  und  zeigten  die 
erwarteten  antipyretischen  und  antineuralgischen  Wirkungen  in 
Dosen  von  0,5  4 — 6mal  täglich  gegeben.  Die  Mittel  haben  sich 
am  Krankenbette  recht  brauchbar  erwiesen,  Nebenwirkungen  wurden 
nicht  gesehen. 

Auf  Grund  von  Thierversuchen  empfiehlt  Ch.  Gioffredi 
(Deutsches  Archiv   f.   klin.  Med.  Bd.  66,  S.  B59)   ein   von  Piutti  in 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  655 

Neapel    dargestelltes    Substitutionsproduct   des   p  -  Phenetidins ,    das    Pyrantin, 
p-Aethoxyphenylsuccinimid  (Pyrantin),  dessen  antipyretische  und      Gioflfredi. 
sedative  Eigenschaften    im  Thierexperiment    deutlich   hervortraten. 

Das  unter  dem  Namen  Malarin  von  der  Fabrik  Valentiner  u.  Malaiin, 
Schwarz  dargestellte  Condensationsproduct  von  p-Phenetidin  und  Schwarz. 
Acetophenon  wurde  von  L.  Schwarz  im  pharmakologischen  In- 
stitute in  Prag  an  Thieren  geprüft  (Prager  med.  Wochenschr. 
Nr.  37)  und  antipyretische  und  schwach  narkotische  Eigenschaften 
festgestellt,  welche  klinische  Versuche  gerechtfertigt  erscheinen 
lassen. 

Dagegen    zeigen  Versuche    von   0.    Lentz   und  B.   T endlau  Phesin  und 

(Ueber  Phesin  und  Cosaprin  [Eoche].    Berl.  klin.  Wochen-    Cosaprin, 

.  .  Lentz  u. 

Schrift  Nr.  40),  dass  diese  beiden  auf  Empfehlung  vonv.  V4mossy      Tendlau. 

und  Fenyvessy  eingeführten  durch  Sulfonirung  des  Phenacetins 
resp.  Antipyrins  gewonnenen  Präparate  das  Phenacetin  und  das 
Antipyrin  weder  in  ihren  antipyretischen  noch  in  den  antineural- 
gischen Eigenschaften  ersetzen  können,  da  durch  die  Sulfonirung 
mit  den  giftigen  Wirkungen  der  Muttersubstanzen  auch  die  thera- 
peutische Wirksamkeit  verloren  gegangen  ist. 

Jac.   Lewkowicz   hat   an   malariakranken  Kindern  verglei-     Euchinin 
chende    Versuche    mit    einer    Reihe    neuer    Fiebermittel  angestellt         nnd 
(Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  41).   Während  Phenocoll  und  Anaigen    Lewkowicz. ' 
sich  unwirksam   erwiesen,   hat  Verf.   entsprechend  der  specifischen 
Wirkung   des  Chinins   bei  Malaria  mit  Chininderivaten  Erfolge  er- 
zielt und  empfiehlt  das  Euchinin  als  Chinin  ohne  bitteren  Geschmack 
zu  innerlichem  Gebrauche  und  das  Chinopyrin  zur  subcutanen  In- 
jection,  wo  solche  als  letzte  Zuflucht  am  Platze  ist. 

R.  Drews  (Therap.  Monatsh.,  März)  sah  von  Salophen  bei  Salophen, 
acutem  und  subacutem  Gelenk-  und  Muskelrheumatismus  ebenso  Drews, 
prompte  Wirkung,  wie  von  der  Salicylsäure ,  und  berichtet  über 
günstige  Erfolge  in  einer  Reihe  von  Krankheiten.  Er  erzielte  mit 
Salophen  als  Antineuralgicum  und  Analgeticum  sowie  endlich  bei 
verschiedenen  Hautaffectionen  mit  Pruritus  gute  Resultate  und  ver- 
ordnete es  bei  Chorea  rheumatica  in  8  Fällen  mit  sehr  gutem  Erfolg. 

M Osler  (Deutsche  med.  Wochenschr.,   Therap.  Beilage  Nr.  9)       Mosler. 
empfiehlt  eine    combinirte   Behandlung   des    acuten   Gelenkrheuma- 
tismus mit  Salicylsäure  und  Salophen  derart,  dass  die  Cur  3  oder 


656  Gottlieb. 

5  Tage  lang  mit  grossen  Dosen  Salicylsäure  eingeleitet  und  dann 
mittels  des  besser  verträgliclien  Salophens  in  Gaben  von  2 — 3  g 
pro  die  längere  Zeit  fortgesetzt  wird. 

Ueber  den  Nachweis  des  Pyramidons  (Dimethylamido- 
Pyramidon,  antipyrins)  im  Harn  berichtet  A.  J  oll  es  (Zeitschr.  f.  ana- 
Jolles.  lytische  Chemie).  Beim  Ueberschichten  des  Harns  mit  einer  sehr 
verdünnten  alkoholisch- wässrigen  Jodlösung  (10**/oige  alkoholische 
Jodlösung  auf  das  lOfache  verdünnt)  tritt  ein  violettrother  Ring 
auf,  der  beim  Stehen  ins  Rothbraune  übergeht.  Die  Reaction  ist 
für  den  Nachweis  des  Pyramidons  geeignet. 

In  Versuchen   über  die  Entgiftung  des  Chinolins   durch  Ein- 
fährung   von    Schwefel    in    dasselbe    (Therap.    Monatsh. ,   August, 
Thioohin-    S.    422)    erwies    sich    E  ding  er   und   Treupel    das    Thiochin- 
anthren,     anthren,    eine  durch  directe  Einwirkung  von  Schwefelblüthe   auf 
Treapel.       Chinolin    dargestellte   Verbindung ,    in    der    zwei    Chinolinmolecöle 
durch  zwei  Schwefelatome  verkettet  sind,  als  ein  völlig  indifferenter 
Körper.     Sie   vergleichen  die  Entstehung  dieser  imgiftigen  Verbin- 
dung aus  dem  giftigen  Chinolin  mit  der  Entgiftimg  des  Cyankaliums 
durch  Umwandlung  in  Rhodankalium. 

Locale  Anästhetica. 

Orthoform,  Zur  erfolgreichen  Bekämpfung  heftiger  Schmerzen  bei  Wunden 

Kallenberger.  und  Geschwüren  hat  sich  das  im  Vorjahre  von  Einhorn  und  Heinz 
in  die  Therapie  eingeführte  Ortho  form  ausgezeichnet  bewährt. 
Ueber  seine  Verwendung  in  der  chirurgischen  Praxis  berichtet 
Kallenberger  aus  der  Münchener  chirurgischen  Poliklinik  (Ueber 
Orthoform.     Berliner  klin.  Wochenschr.  Nr.  12);  s.  S.  327. 

Orthoform  F.  Klaussner  (Münch.   med.  Wochenschr.  Nr.  42)   berichtet 

^^^*  über  „Orthoformneu",  den  m-Amido-p-Oxybenzoesäuremethylester, 
der  sich  durch  die  Stellung  der  Gruppen  im  Molecül  von  dem  älteren, 
dem  p-Amido-m-Oxybenzoesäuremethylester  unterscheidet  und  sich 
im  Thierexperiment  als  gleichwertig  zeigte,  aber  billiger  herzustellen 
ist.  Auch  dieses  „Orthoform  neu"  bewährte  sich  als  local  vollkommen 
und  dauernd  anästhesirend,  und  auch  bei  Anwendung  grosser  Quanti- 
täten kamen  niemals  Vergifkungssymptome  zur  Beobachtung. 

Die   Fortsetzung  der  Orthoformarbeiten  von  A.  Einhorn  und 
R.  Heinz   fiihrte    nunmehr    auch    zur  Auffindung   eines  löslichen 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  657 

und  zur  su))cutanen  Injection  geeigneten  Ortho formderivats.  Nirvanin, 
Wie  aus  den  Studien  über  die  anästhesirende  "Wirkung  des  Cocains  ^i^^™  ^ 
und  Orthoforms  hervorgeht,  scheint  die  eigenartige  Verkettung  der 
Benzoylgruppe  und  der  Carboxymethylgruppe  mit  einem  basischen 
Complexe  das  Wesentliche  fiir  den  Eintritt  der  anästhesirenden 
Wirkung  dieser  Substanzen  zu  sein,  die  Constitution  der  basischen 
Gruppe  selbst  aber  ist  von  untergeordneter  Bedeutimg.  Die  basi- 
sche Gruppe  im  Orthoform  ist  die  Gruppe  NH2;  dieselbe  erwies 
sich  aber  zur  Bildung  neutraler  Salze  unfähig  und  die  allein  er- 
hältlichen sauren  Salze  des  Orthoforms  sind  natürHch  zu  subcutaner 
Injection  ungeeignet.  Nunmehr  haben  die  Verff.  eine  stärker  ba- 
sische Verbindung  erhalten,  indem  sie  an  Stelle  eines  H  in  der 
Amidogruppe  des  Orthoforms  Diäthylglykocoll  eintreten  Hessen  und 
das  salzsaure  Salz  des  so  gewonnenen  DiäthylglykocoU-p-Amido- 
o-Oxybenzoesäuremethylesters  stellt  ein  in  Wasser  leicht  und  bei 
neutraler  Reaction  lösliches  Salz  dar.  5°/oige  Lösungen  reizen  aller- 
dings das  Auge,  aber  weniger  empfindliche  Schleimhäute  nicht;  sie 
rufen  eine  vollkommene  und  langdauemde  Anästhesie  hervor,  sobald 
sie  mit  biossliegenden  Nervenendigungen  in  Berührung  kommen. 
Subcutan  injicirt  oder  auf  Wxmden  imd  Geschwüre  gebracht,  ist 
das  neue  Präparat  vermöge  seiner  geringen  Giftigkeit  und  lang- 
dauernden  Wirkung  zur  Herbeiführung  chirurgischer  Anästhesie 
sehr  geeignet,  auf  unverletzten  Schleimhäuten  aber  erzeugt  es  keine 
tiefgreifende  Anästhesie.  In  2'*/oiger  Lösung  zur  subcutanen  In- 
jection und  in  0,2 — 0,5 ®/o iger  Lösung  zur Herbeiföhrung der  Schleie h- 
schen  Infiltrationsanästhesie  hat  es  sich  in  klinischen  Versuchen  sehr 
bewährt.  Das  neue  Anästheticum  wird  von  den  Höchster  Farbwerken 
als  „Nirvanin"  in  den  Handel  gebracht. 

lieber  das  Verhalten  des  Orthoforms  im  Organismus  hat 
M.  Mosse  (Deutsche  med.  Wochenschr.)  in  der  I.  medicinischen  üniversitäts-    Schicksal 
klinik  in  Berlin  Untersuchungen  angestellt.  Er  konnte  zeigen,  dass  das  Ortho-  ^^^ 

form  innerlich  angewandt  sehr  rasch  und  offenbar  schon  im  Magen  resorbirt  Mosse 
wird  und  entweder  als  solches  oder  in  seinen  Abbauproducten  im  Harne 
erscheint.  Orthoform  gibt  eine  Reihe  der  für  die  Gruppe  des  Amidophenols 
charakteristischen  Reactionen,  und  diese  gelingen  nun  auch  im  Harne,  in 
concentrirten  Hamen  direct,  in  verdüimteren  nach  Eindampfen  und  Ex- 
traction  mit  Alkohol  mit  der  wässerigen  Lösung  des  abgedampften  alkoho- 
lischen Extra  cts.  Am  empfindlichsten  erwies  sich  eine  schwarzrothe  Färbung 
nach  Zusatz  von  Chromsäure  in  der  Kälte  oder  nach  Erwärmen.  Das  Ortho- 
form selbst  oder  ein  Abbauproduct  erscheinen  somit  im  Harn.  Gleichzeitig 
tritt  eine  beträchtliche  Vermehrung  der  Aetherschwefelsäuren  ein,  so  dass 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  42 


658 


Gottlieb. 


wohl  anzunehmen  ist,  dass  das  Stoffvechselproduct  den  Organismus  gepaart 
mit  Schwefelsäure  verlässt. 


Kacain, 
Cipiiani. 


G.  Cipriani  (Therap.  Monatsh.,  Juni)  empfiehlt  das  Eucain 
sehr  warm  als  locales,  dem  Cocain  überlegenes  Anästheticum. 


Wirkangs- 

weise  der 

Mydriatica 

und 

Miotica, 

P.  Schultz. 


Mydriatica  und  Miotica. 

P.  Schultz  hat  die  Lehre  von  der  Wirkungsweise  der  Mydria- 
tica und  Miotica  (Arch.  f.  Anat.  u.  Physiol.,  Physiol.  Abtheilung)  in 
gründlicher  Weise  durchgearbeitet.  Es  sei  aus  dem  reichen  experimentellen 
Material  hier  nur  das  Wichtigste  hervorgehoben.  Den  grundlegenden  Ver- 
such zum  Beweise,  dass  Atropin  durch  Lähmung  der  Nervenendigungen  des 
Oculomotorius  im  Sphincter  wirkt,  konnte  Yei'f.  bestätigen;  Reizung  der 
Nn.  ciliares  breves,  welche  die  Erregungen  vom  Oculomotorius  dem  Sphincter 
zuleiten,  rief  nach  Atropin  nie  mehr  Verengerung  hervor.  Dass  eine  gleich- 
zeitige Reizung  der  Dilatatorfasem  an  der  Atropinmydriasis  nicht  betheiligt 
ist,  liess  sich  dadurch  zeigen,  dass  der  nach  Atropinisirung  des  E^atzenauges 
immer  noch  mehrere  Millimeter  breite  Saum  der  Iris  durch  Reizung  des 
Halssympathicus  prompt  zum  Verschwinden  gebracht  wird.  Dass  das  Atropin 
die  Muskelelemente  der  Iris  intact  lässt,  konnte  in  neuer  Weise  gezeigt 
werden;  die  ausgeschnittene  Katzeniris  contrahirte  sich  auch  in  S^oiger 
Atropinlösung  auf  elektrischen  Reiz.  Für  die  Cocainmydriasis  liess  sich 
durch  Exstirpation  des  Ganglion  cervicale  superior  der  Nachweis  führen,  das< 
dieses  Gift  im  Gegensatze  zu  Atropin  durch  Reizung  der  Nervenendigungen 
im  Dilatator  Pupillenerweiterung  erzeugt;  denn  nach  Degeneration  der  vom 
Ganglion  auRgehenden  Dilatatorfasem  erhält  man  durch  Cocain  keine  Er- 
weiterung mehr.  Für  das  Physostigmin  kommt  der  Verf.  zu  dem  Resultat*, 
dass  dasselbe  nicht,  wie  man  bisher  allgemein  angenommen  hatte,  die 
Musculatur  des  Sphincter,  sondern  dass  es  wie  Muscarin  die  Nervenendi- 
gungen des  Oculomotorius  in  diesem  Muskel  reizt. 


Theorie 

der 

Desinfec- 

tion, 

Spiro  u. 

Bnins. 


Antiseptica. 

K.  Spiro  und  H.  Bruns,  Zur  Theorie  der  Desinfeetion 
(Archiv  f.  exp.  Path.  und  Pharmakol.  Bd.  41).  Das  Verständniss  der  Vor- 
gänge bei  der  Desinfeetion  ist  in  jüngster  Zeit  insbesondere  durch  Versuche 
gefördert  worden,  welche  die  empirisch  gewonnenen  Thatsachen  der  Des* 
infectionslehre  vom  Standpunkte  der  neuen  Theorien  der  Losungen  be- 
trachten. Die  im  Jahr  1897  gleichzeitig  erschienenen  Arbeiten  von  Paul 
und  Erönig  (Zeitschr.  f.  Hygiene  u.  Infectionskr.  Bd.  25)  und  von  Spiro 
und  Scheurlen  (Münchener  med.  Wochenschr.  1897)  lehrten  eine  Reihe 
von  Erscheinungen  kennen,  welche  mit  der  lonenlehre  in  üebereinstimmung 
und  durch  dieselbe  erst  erklärbar  waren.    Sie  lieferten  den  Beweis,  dass 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  659 

die  Desinficientien  einer  Gruppe  im  dissociirten  Zustande  lonenreactionen 
mit  den  zu  desinficirenden  Körpern  eingehen.  In  diese  Gruppe  ge- 
hören die  Quecksilbersalze.  Spiro  und  Bruns  machen  nun  wahr- 
scheinlich, dass  eine  andere  Gruppe  von  Desinficientien  als  Molecule  in 
Wirksamkeit  treten,  und  zu  diesen  gehört  das  Phenol.  Den  Vorgang 
bei  der  Wirkung  des  Phenols  auf  die  Eiweisskörper  des  Bacterienleibs 
fassen  sie  als  eine  Aneinanderlagerung  der  Molecule,  als  eine  additionelle 
und  nicht  als  eine  ümsetzungsreaction  auf  und  wenden  auf  den  Vorgang 
eine  Reihe  voh  Gesetzen  aus  der  Lehre  der  Lösungen  an.  Sie  gehen  dabei 
von  der  Thatsache  der  Verstärkung  der  Desinfectionswirkung  des  Phenols 
durch  Eochsalzzusatz  aus.  Die  Vertheilung  des  Desinficiens  wird  bedingt 
durch  die  Lösungsverwandtschafb  des  Phenols  einerseits  zu  Wasser  und 
andererseits  zum  Bacterienleib.  Setzt  man  nun  zum  Wasser  Salze,  die  das 
Phenol  aus  seinen  wässerigen  Lösungen  auszufüllen  vermögen,  wie  z.  B. 
Kochsalz,  so  lockert  man  die  Lösungsaffinitat  zwischen  Phenol  und  Wasser 
und  ändert  den  Vertheilungsfactor  zu  Gunsten  des  Bacterienleibs,  so  dass 
mehr  Phenol  in  denselben  einzudringen  vermag.  In  gleicher  Weise  nimmt 
ja  auch  die  Ausätherbarkeit  einer  Säure,  z.  B.  Milchsäure,  durch  den  Zu- 
satz von  Salzen  zu.  Das  Aussalzvermögen  des  Kochsalzes  ist  also  der 
Grund  für  die  Verstärkung  der  Desinfectionswirkung  durch  dasselbe. 

Auch  C.  Roemer  (Ueber  Desinfection  der  Milzbrand-  Roemer. 
Sporen  durch  Phenol  in  Verbindung  mit  Salzen.  Münchener 
med.  Wochenschr.  Nr.  10)  beschäftigt  sich  mit  dem  Studium  der  Verstär- 
kung der  Desinfectionswirkung  des  Phenols  durch  NaOl-Zusatz.  Schon  der 
Zusatz  von  1  %  NaCl  genügt  bei  einer  37oigen  Phenollösung,  um  die  Des- 
infectionswirkung bedeutend  zu  steigern;  bei  einem  NaCl-Gehalt  von  8^0 
scheint  das  Maximum  der  Wirkung  erreicht  zu  sein.  Der  Verf.  schliesst 
sich  der  Deutung  an,  dass  Desinfectionswirkimg  und  fiiweissfällung  ein- 
ander parallel  gehen,  und  zeigt,  dass  durch  NaCl-Zusatz  eine  3%ige  Phenol- 
lösung das  Eiweissfilllungsvermögen  einer  57«igen  erhält. 

Auf  die  Wirkung  der  Antiseptica  auf  Toxine  macht  Antiseptica 
E.  Salkowski  aufmerksam  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  26).  Bei  »ind  Toxine, 
der  Verfolgung  der  Frage,  ob  aseptisch  gehaltener  Leberbrei  bei 
Körperwärme  im  Stande  sei,  Diphtherietoxin  zu  entgiften,  fand  sich 
im  Controllexperimente,  dass  der  positive  Ausfall  des  Versuchs  nicht 
auf  Bechnung  des  Organbreis  zu  setzen  war,  sondern  dass  das  als 
Antisepticum  zugesetzte  Salicylaldehyd  bei  Körperwärme  das  Toxin 
abschwächt.  Auch  für  Carbolsäure  und  Formalin  liess  sich  die  gleiche 
Wirkung  nachweisen. 

Mehrere  Arbeiten  beschäftigen  sich  mit  der  Wirksamkeit 
und  der  Technik  der  Formalindesinfection.  So  kommen 
H.  Hammerl  and  F.  Kermauer  (Münchener  med.  Wochenschr. 


660 


Gottlieb. 


Formalin, 

Hammerl  u. 

Kermaner, 


Hesse. 


Nr.  48j  im  hygienisclieii  Institute  zu  Graz  zu  dem  Resultate,  dass 
Formalin  nur  dann  sicher  wirke,  wenn  der  Feuchtigkeitsgehalt 
der  Objecte  gross  genug  ist,  um  eine  genügende  Concentration  des 
Formaldehyds  herbeizuführen.  —  Die  Verwendbarkeit  des  Formal- 
dehyds als  Oberflächendesinficiens  und  seine  geringe  Penetrationsfahig- 
keit  werden  auch  durch  Hesse  (Inaug.-Diss.  Marburg)  dargethan. 


s an 0 form,  Ueber    San 0 form    als    Ersatzmittel    des  Jodoforms   berichtet 

A.  Friedländer.  A.  Friedländer  (Therap.  Moüatsh.,  März)  lobend. 


Ekajodo- 

form, 
Bandelier. 


Ueber  Eka Jodoform,  die  Mischung  des  reinen  Jodoforms 
mit  dem  polymerisirten  Formaldehyd  hat  Bandelier  (Therap. 
Monatsh.,  April)  günstige  Erfahrungen  gemacht. 


Keines  von  den  in  den  letzten  Jahren  empfohlenen  Ersatzmitteln 
scheint  aber  das  Jodoform  verdrängen  zu  können.     Deshalh  ist  ein 
neues  Jodoformpräparat  von  Interesse,  in  welchem  das  Jodoform  selbst 
mit  allen  seinen  guten  Eigenschaften  zur  Wirkung  gelangt,  das  aber 
gleichzeitig  fast  völlig  geruchlos  ist.    Dieses  Jodoformeiweisspräparat 
jodo-        wird  unter  dem  Namen  Jodoformogen  von  E.  Kromayer  (Berl. 
formogen,    klin.  Wochenschr.  Nr.  10)  sehr  warm  empfohlen.    Es  ist  ein  staub- 
r  mayer.     f^JQ^g^  hellgelbes  Pulver,  in  Wasser  unlöslich.    Der  Geruch  ist  selbst 
bei   der  Anwendung   auf  relativ  grosse  Wundflächen  kaum  wahr- 
nehmbar.   Kromayer  kam  bei  der  Prüfung  des  Präparats  zu  dem 
Resultate,  dass  das  Jodoformogen  thatsächlich  eine  ausgesprochene 
Jodoformwirkung  besitzt,    die   sich  in  der  Anregung  zur  gesunden 
Granulationsbildung   und   in  der  raschen  epithelialen  üeberhäntung 
documentirt.     Hingegen   scheint   auch   die  nachtheilige   Eigenschaft 
des  Jodoforms,   die  Haut   zu  Ekzem   zu  reizen,  dem  Jodoformogen 
eigen   zu   sein.     Auf  Grund   seiner  Erfahrungen  hält   Kromayer 
das  Jodoformogen  für  das  beste  Wundstreupulver  und  der  relativen 
Geruchlosigkeit  wegen  für  die  beste  Gebrauchsform  des  Jodoforms, 

Ueber  die  antiseptische  Wirkung  des  Naftalans  berichtet 
Naftalan,  F.  Rosenbaum  (Deutsche  med.  Wochenschr.,  Therap.  Beil.  Nr.  4K 
Rosenbaum.    (jßj.  dieses  Mittel  im  Vorjahre  empfohlen  hat. 

chiuolin-  Chinolin-Wismuth-Rhodanat,    ein    grobkörniges,    roth- 

Wismuth-     gelbes,    in    Wasser    unlösliches    Pulver,    hat    L.    Forchheimer 
Uhodanat,    «  ?  i  ^ 

Forchheimer.    (Therapeut.  Monatsh.,  August)  zur  Behandlung  varicöser  und  syphili- 
tischer Geschwüre  verwendet. 


Ueber  Eudermol   und   seine   Anwendung  bei  Scabies 
berichtet  M.  Wolters  aus  der  Bonner  Universitätsklinik  für  Haut- 


Arzneimittellehre  iind  Toxikologie.  661 

krankheiten  (Therapeut.  Monatsh.,  August).  Eudermol  ist  salicyl-  Eudermol, 
saures  Nicotin  und  wurde  als  0,l®/oige  Salbe  bei  Scabies  angewandt.  Wolters. 
Die  Vortheile  gegenüber  anderen  bisher  angewandten  Mitteln  sind 
ziemlich  gross,  indem  die  0,l°/oige  Eudermolsalbe  nicht  reizt  und  in 
dieser  Concentration  auch  keinerlei  Intoxicationserscheinungen  her- 
vorrief, aber  nach  2 — 4inaliger  Einreibung  sicher  wirkte.  Vor  der 
Anwendung  stärkerer  Conceutrationen  muss  besonders  bei  jüngeren 
Individuen  gewarnt  werden. 

Kresamin  ist  ein  Gemisch  von  Trikresol  (Ortho-,  Meta-  und 
Parakresol)  mit  der  Base  Aethylendiamin,  das  beide  Substanzen  in 
gleicher  Concentration  enthält.  Dieses  Gemisch  stellt  eine  anfangs 
farblose,  beim  Stehen  an  der  Luft  gelblich  werdende  Flüssigkeit  von 
phenolähnlichem  Gerüche  dar.  Die  Löslichkeit  der  Kresole  wird 
durch  die  Base  gesteigert,  die  dem  Gemisch  alkalische  Reaction 
verleiht.  Nach  einer  Mittheilung  über  den  Desinfectionswerth 
des  Kresamins  (Aethylendiaminkresol)  und  seine  thera- 
peutische Verwendung  bei  Hautkrankheiten  hat  sich  das 
Präparat  in  Versuchen  von  H.  Eckstein  (Therap.  Monatsh.,  April)  Kresamin, 
in  der  dermatologischen  Universitätsklinik  zu  Breslau  als  gut  des-  Eckstein, 
inficirend  erwiesen.  Bei  der  practischen  Verwendung  ergab  sich 
bei  guter  Desinfectionskraft  im  Gewebe  die  grosse  Reizlosigkeit  des 
Kresamins  als  besonderer  Vortheil.  Bei  der  Behandlung  vieler 
Dermatosen,  besonders  des  Ekzems,  von  pustulöson  und  mit  Ab- 
scessen  einhergehenden  Dermatitisformen ,  der  Sycosis,  den  Ulcera 
cruris  und  vorher  ausgekratzten  Lupusflächen  war  das  Präparat  in 
Form  von  Salben,  PflastermuUen  und  von  Lösungen  sehr  brauchbar. 

UeberAnytin  und  Anytole  berichtet  F.  Loef f  1er  (Deutsche  Anytinund 
med.  Wochenschr.  Nr.  10).  Anytin  wird  ein  Product  genannt,  das  V^ii°^^' 
durch  die  Einwirkung  concentrirter  Schwefelsäure  auf  schwefel- 
haltige Kohlenwasserstoffe  und  Neutralisation  mit  Ammoniak  er- 
halten wird  imd  das  Ammoniaksalz  von  Sulfosäuren  der  betreffen- 
den Kohlenwasserstoffe  darstellt.  Es  enthält  16,5  °/o  Schwefel  und 
4,5  */o  Ammoniak.  Das  Anytin  ist  in  Wasser  löslich  und  besitzt  die 
Eigenschaft,  andere  in  Wasser  unlösliche  Substanzen  in  Lösung  zu 
bringen.  Solche  Lösimgen  fabricirt  die  Ichthyol-Gesellschaft  in  Ham- 
burg unter  dem  Namen  Anytole  und  benutzt  diese  Form,  um  von 
desiniicirend  wirkenden  Substanzen,  die  ihrer  geringen  Löslichkeit 
wegen  sonst  nur  in  schwacher  Concentration  anwendbar  sind,  stärkere 
Lösungen  herzustellen.    Loeffler  hat  nun  das  An3^in  selbst  sowie 


662  Gottlieb. 

Anytin  und  ein  40°/oige8  Metakresolanytol  und  ein  10*^/oiges  Jodanytol  auf  die 
Anytole,  desinficirenden  Wirkungen  hin  geprüft.  In  Bezug  auf  die  abtödtende 
Wirkung  auf  Bacterienculturen  verhielt  sich  eine  l°/oige  Kresol- 
AnytoUösung  etwa  wie  eine  3"/oige  CarboUösung,  eine  S^joige  tödtete 
verschiedene  Bacillen  in  kürzester  Frist;  da  nun  eine  3"/oige  Kresol- 
Anytollösung  die  Haut  nur  wenig  angreift,  eine  l^/oige  aber  gar 
nicht,  so  wären  derartige  Lösungen  zur  Desinfection  der  Hände  und 
zur  Desinfection  inficirter  Wunden  geeignet.  1 — 2°/oige  Kresol- 
Anytollösungen  geben  auch  bei  Ozaena  befriedigende  Resultate. 
L  0  e  f  f  1  e  r  empfiehlt  auch  bei  der  localen  Behandlung  der  Diphtherie 
3®/oige  Kresol-AnytoUösungen  zu  versuchen. 

Salosantal  ist  eine  Lösung  von  Salol  in  reinem  ostindischem 
Sandelöl  und  stellt  somit  die  Combination  eines  Antisepticums  und 
Salosantal,  Balsamicums  dar,  mit  welcher  O.  Werl  er  (Therap.  Monatsh.,  Mai) 
\\ erler.  -^^^  Erkrankungen  der  Hamorgane  (Gonorrhoe,  Cystitis  etc.)  durch 
die  interne  Medication  in  Form  von  Tropfen  oder  in  Kapseln  (3mal 
täglich  10 — 20  Tropfen  oder  3mal  täglich  0,5  in  Kapseln)  sehr  gute 
Erfolge  erzielt  hat. 

Eine  Reihe  neuer  dermatologischer  Heilmittel  em- 
pfehlen H.  Kromayer  und  H.  Vieth  (Monatsh.  f.  pract.  Dermatol. 
Bd.  27)  und  zwar  Derivate  des  Pyrogallols,  Chrysarobins  und  Re- 
sorcins,  bei  denen  die  allzu  heftigen  nachtheiligen  Eigenschaften 
der  AusgangsstoflPe  durch  Einfuhrung  von  Säureresten  in  das  Mole- 

Eugaliol,  cül  beseitigt  zu  sein  scheinen.  So  stellt  Eugallol  ein  monacety- 
lirtes  Pyrogallol  dar,  eine  sirupartige,  braune,  in  Wasser  lösliche 
Masse,  unter  deren  Wirkung  bei  directer  Aufpinselung  auf  erkrankt** 
HautsteUen  psoriatische  Flecken  rasch  heilen,  die  aber  auch  leicht 
Hautentzündimgen  hervorrufen  soll.  Ein  dreifach  acetylirtes  Pyrogallol. 

I.enigallol,  Lenigallol  genannt,  wird  von  Kromayer  für  die  Ekzembehandltmg 
sehr  warm  empfohlen.  Es  ist  ein  in  Wasser  unlösliches  weisses  Pulver, 
auf  der  gesunden  Haut  nahezu  indifferent,  wirkt  aber  auf  die  erkrankten 
Eurobin,  Hautstellen  in  1 — lO'^/oiger  Salbe  sehr  gut  ein.  Euro  bin  ist  ein 
triacetylirtes  Chrysarobin,  das  in  Aceton,  Chloroform  etc.  viel  leichter 
löslich,  als  Chrysarobin,  beim  Eintrocknen  einer  solchen  Lösung  bei 
Psoriasis  sich  sehr  bewährte,  ohne  die  unangenehmen  Nebenwirkungen 
des  Chrysarobins  in  gleichem  Maasse  zu  zeigen.    Das  tetraacetylirte 

Lenirobin,  Chrysarobin  Lenirobin  reizt  die  normale  Haut  noch  weniger  und 
hat  sich  als  Ersatz  des  Chrysarobins  bei  allen  leichteren  chronischen 
Hautaffectionen   (Psoriasis,    chronische  Ekzeme,   Herpes  tonsurans^ 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  663 

susgezeichnet  bewährt.     Das  Eure  sei  ist  monacetylirtes  Resorcin, 

eine  dickflüssige,  angenehm  riechende,  honiggelbe  Masse,  die  sich 

leicht  verreiben  lässt  und  mit  der  Kromayer  bei  Acne  vulgaris,      Eures ol, 

Sycosis   simplex ,   Seborrhoe  und   seborrhoischen  Ekzemen  sowie  in    ^^^^^y^^  "• 

verwandten  Erkrankungen  gute  Resultate  erhielt. 

Th.    Bokorny    (Pflüger's    Archiv)    hat    die    Wirkung    der  Aetherische 

ätherischen  Oele  auf  Pilze  untersucht  und  diese  wohlriechenden      „  ,  ^^' 

Bokorny. 

und  scharfschmeckenden,  im  Wasser  schwerlöslichen  Secretstone 
vieler  Pflanzen,  die  man  als  ätherische  Oele  zusammenfasst ,  mehr 
oder  weniger  wirksam  gegen  Fäulnissbacterien  und  Schimmelpilze 
gefunden.  Die  Terpene  imter  ihnen  sind  häufig  starke  Gifte  für 
Schimmelpilze,  schwache  für  Fäulnisspilze,  und  Verf.  sieht  sie  als 
Schutzstoffe  der  Pflanze  gegen  Schimmelpilze  an.  Practisch  ist  die 
scbimmelfeindliche  Beschaffenheit  der  Terpene  für  die  Conservirung 
von  Speisen,  Fruchtsäften  etc.  von  Bedeutung,  denen  Gewürze  mit 
Terpengehalt  zugesetzt  werden.    * 


Diuretica. 

Zur  Pharmakologie  der  Diurese  liegt  eine  Reihe  wichtiger  Arbeiten 
vor.  So  hat  E.  Münzer  über  die  Allgemeinwirkung  der  Salze  Diuretische 
(Archiv  f.  exp.  Path.  u.  Pharmakol.  Bd.  41)  in  Fortsetzupg  einer  Reihe  ^'^'^^""^  ^^"^ 
von  Arbeiten  F.  Hof  meist  er's  und  seiner  Schüler  aus  dem  pharma-  Münzer. 
kologischen  Institut  der  deutschen  Universität  Prag  Untersuchungen  an- 
gestellt über  die  allen  Salzen,  denen  eine  specifische  Toxicität  abgeht,  ge- 
meinsamen Wirkungen  im  Organismus.  Die  in  diesen  Versuchen  beobachteten 
Giftwirkungen  sind  von  den  physikalischen  Eigenschaften  der  Salze  ab- 
hängig und  treten  bei  allen  untersuchten  Salzen  nach  intravenösen  Injec- 
tionen  grosser  Mengen  in  gleichem  typischem  Verlaufe  ein.  Sie  bestehen 
in  Reizerscheinungen  des  centralen  Nervensystems,  gesteigerter  Reflexerreg- 
barkeit, fibrillären  Muskelzuckungen  und  endlich  in  clonisch-tonischen 
Krämpfen  der  gesammten  Musculatur.  Unter  allmählichem  Absinken  des 
Blutdrucks  trat  der  Tod  ein.  Von  besonderem  Interesse  aber  ist  die  diure- 
tische Wirksamkeit  der  Salze,  die  bei  einbasischen  Salzen  im  umgekehrten 
Verhältniss  zum  Moleculargewicht  stand,  also  sich  gerade  so  wie  die  mole- 
culare  Concentration  der  angewandten  Salzlösung  verhielt.  Die  Unter- 
suchung des  Wasser-  und  Salzgehalts  des  Blutes  ergab,  dass  trotz  der 
colossalen  Diurese  niemals  eine  Eindickung  des  Blutes  eintrat,  dass  viel- 
mehr der  Wassergehalt  des  Blutes  gegen  das  Lebensende  zu  anstieg.  Die 
grosse  Flüssigkeitsmenge,  welche  unter  diesen  Bedingungen  durch  die 
Diurese  aus  dem  Blute  entfernt  wird,  stammt  demnach  aus  einer  starken 
Wasserströmung  von   den  Geweben  ins  Blut  und  führt  dadurch  zu  einer 


664  Gotüieb. 

Austrocknung  der  Gewebe  und  auch  des  Nervensystems,  die  wohl  die  Todes- 
ursache der  Thiere  bildet. 

Diärese  E.    Spiro   hat   die   Wirkung    von   intravenösen   Injectionen 

durch  colloidaler  Körper  auf  die  Diurese  untersucht  (üeber  Diurese  II. 
°g  °*  ^'  Archiv  für  experim.  Path.  u.  Phannakol.  Bd.  41)  und  dabei  gefunden,  dass 
Gelatine  und  Gummi  arabicum  an  Kaninchen  nach  guter  und  wasserreicher 
Ernährung  eine  Diurese  hervorrufen,  die  mit  der  Salzdiurese  viel  Gremein- 
sames  hat.  Die  üebereinstimmung  mit  der  Salzdiurese  liegt  vor  allem 
in  dem  Verhalten  des  Blutes,  dessen  Wassergehalt  bedeutend  zunimmt, 
während  der  N-Gehalt  vermindert  wird.  Die  coUoiden  Substanzen  wirken 
also  im  Blute  wasseranziehend;  deshalb  setzen  sie  auch,  wie  durch  Ver- 
suche gezeigt  wird,  den  Ljmphfluss  herab.  Sehr  interessant  sind  ferner 
die  von  der  Salz  Wirkung  völlig  verschiedenen  Wirkungen  colloidaler  Stoffe 
auf  den  Blutdruck  und  das  centrale  Nervensystem;  es  tritt  durch  intra- 
venöse Iigection  colloider  Substanzen  Blutdrucksteigerung  und  tiefe  Nar- 
kose an  Kaninchen  ein. 

Diuretica  Zu  interessanten  Resultaten  kommt  P.  F.  Richter  (Diuretica   und 

^^^  Glykosurie.    Zeitschrift  für  klinische  Medicin  Bd.  35,  Nr.  5  u.  6)  bei  dem 

Richter  '  ^^^^^^^^^  ^^^  Zuckerausscheidung,  die  sich  im  Anschluss  an  die  Coffein-  oder 
Theobromin-Diurese  bei  Kaninchen  nach  kohlehydratreicher  Ernährung  stet^ 
einstellt.  Diese  Form  der  Glykosurie  wurde  zuerst  von  Jakobj  beschrieben 
und  als  Folgeerscheinung  des  gesteigerten  Secretionsstroms  in  der  Niere, 
als  „Nierendiabetes*  gedeutet.  Nach  Richter  hat  aber  die  Glykosurie 
nach  Ooffeinpräparaten  mit  der  Diurese  als  solcher  nichts  zu  thun,  da  es 
durch  andere  gleichfalls  durch  Wirkung  auf  die  Niere  harntreibende  Stoffe, 
wie  der  Salze  oder  des  Harnstoffs,  nicht  gelingt,  sie  hervorzurufen.  Die 
Bestimmung  des  Blutzuckers  zeigte  femer,  dass  von  einem  Nierendiabetes 
im  eigentlichen  Sinne  keine  Rede  sein  kann,  da  der  Zuckergehalt  des  Blut«< 
erhöht  ist.  Die  Glykosurie  ist  also  nicht  von  der  Niere  aus  zu  erklären. 
Hingegen  konnte  Richter  nachweisen,  dass  es  sich  um  eine  hepatogene 
Glykosurie  handelt,  indem  die  Coffeinpräparate  eine  beschleunigte  Sacchari- 
ficirung  des  Glykogens  bewirken  und  deshalb  bei  vorheriger  reichlicher 
Fütterung  mit  Kohlehydraten,  also  bei  reichlichen  Glykogenbestftnden  in 
der  Leber  Hyperglykämie  und  Glykosurie  erzeugen.  Da  die  Coffeinprä- 
parate in  dieser  Richtung  sich  nur  wirksam  erweisen,  wo  Leberglykogen 
in  ausreichender  Menge  zur  Verfügung  steht,  und  da  die  Glykosurie  aus- 
bleibt, wenn  die  Leber  glykogenarm  ist,  so  konnte  Richter  auf  die>es 
Verhalten  eine  Methode  gründen,  aus  dem  Erscheinen  oder  Ausbleiben  der 
Glykosurie  auf  den  Glykogenbestand  zu  schliessen  und  so  in  leichter  Wei>e 
zu  entscheiden,  inwieweit  vorangegangene  Zufuhr  verschiedener  Zucker- 
arten im  Stande  war  glykogenbildend  zu  wirken. 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie. 


665 


Gardiaca  und  Analeptica. 

H.  Guth  hat  in  Versuchen  über  die  Anwendung  des  Coro-  Coroniiiin, 
nillins  am  Krankenbett  aus  der  v.  Jaksch'schen  l^linilf  in  ^***^- 
Prag  (Therap.  Monatsh.,  Januar)  dieses  von  Reeb  u.  Schlagdenhauffen 
aus  verschiedenen  Coronilla-Aii;en  dargestellte  und  von  Pr^vost  als 
Ersatzmittel  der  Digitalis  empfohlene  Glykosid  an  Kranken  geprüft 
und  konnte  zwar  den  Eintritt  einer  vorübergehenden  Diurese  und 
das  Fehlen  cumulativer  Wirkung  bestätigen,  fand  aber  das  Coro- 
niiiin auf  den  Puls  fast  wirkungslos  und  beobachtete  auch  den  Ein- 
tritt unangenehmer  Nebenwirkungen,  z.  B.  häufiger  Diarrhöen,  bei  der 
Anwendung. 


K.  B.  Lehmann  und  F.  Wilhelm  haben  die  Wirkungen  der  Coffeon  und 


flüchtigen,  wohlriechenden  Bestandtheile  des  gerösteten  Kaffees,  das 
Coffeon,  und  K.  B.  Lehmann  und  B.  Tendlau  die  flüchtigen 
aromatischen  Bestandtheile  des  Thees  (T  h  e  e  ö  1)  untersucht  (Archiv 
für  Hygiene  Bd.  32).  Im  Gegensatz  zu  anderen  früheren  Beob- 
achtimgen  erwies  sich  das  Coffeon  auch  in  grossen  Dosen  (De- 
stillat aus  400  g  Kaffeepulver)  an  gesunden  Menschen  als  ganz 
wirkungslos ;  weder  auf  das  Grpsshim  noch  auf  das  Herz  war  irgend- 
welche Wirkung  nachweisbar,  so  dass  alle  Wirkungen  des  Kaffees 
dem  Coffein  allein  zuzuschreiben  sind.  Ebenso  erwies  sich  das  sog. 
Theeöl,  dem  manche  Autoren  die  erregenden  Wirkungen  des 
Thees  zum  Theil  zuschreiben,  am  Menschen  ohne  Wirkung,  auch 
wenn  das  Destillat  von  200  g  Theeblättem  genommen  wurde.  Da- 
nach würden  auch  die  flüchtigen  Bestandtheile  des  Thees  nur  eine 
geschmacksverbessemde  Rolle  spielen. 

Eisenpräparate. 

Weitere  Beiträge  zur  Lehre  von  der  Resorbirbarkeit  anorganischer 
Eißensalze  brachte  A.  Hofmann  (Ueber  Eisenresorption  und  Aus- 
scheidung im  menschlichen  und  thierischen  Organismus.  Yir- 
chow's  Archiv  Bd.  151).  Bei  der  mikrochemischen  Untersuchung  mensch- 
licher Organe  liess  sich  die  Resorption  des  Nahrungseisens  durch  die  Darm- 
wand und  zwar  fast  ausschUesslich  des  Duodenums  nachweisen;  nach  der 
Darreichung  anorganischen  Eisens  (Fernmi  lacticum)  fand  sich  wenigstens 
in  einem  FaUe  der  Eisengehalt  der  Dünndarmzotten  eclatant  vermehrt,  wie 
dies  auch  in  den  Thierversuchen  des  Verfasssers  nach  Darreichung  anorgani- 
schen Eisens  nachweisbar  war.  Das  durch  die  Epithelien  aufgenommene  Eisen 
wird  durch  Transportzellen  auf  dem  Wege  der  Lymphbahn  weiter  geführt 


Tbeeöl, 
Lehmann, 
Wilhelm, 
Tendlau. 


Eisen- 
resorption 

nnd  -Aus- 
scheidung, 

Hofmann, 


666 


GottKeb. 


Honigmann, 


Eisen-       und  rasch  in  der  Milz,  langsamer  in  der  Leber  deponirt.    Die  allmähliche 

resorption   Ausscheidung  des  Nahrungseisens  und  in  weit  stärkerem  Grade  des  medi- 

un    •   US-     camentösen  Eisens  findet  auch  nach  diesen  Untersuchungen  bei  Thier  und 
scheidang,  ^ 

Hofmann,      Menschen   besonders   im  Dickdarm   statt.    Diese  Ausscheidung   verrichten 

gleichfalls  eisenbeladene  Transportzellen,  welche  das  Darmepithel  entweder 

durchwandern  oder  die  Eisenkömchen   an  dasselbe  zur  Weiterbeförderung 

abgeben. 

Auf  chemischem  Wege  hat  G.  Honigmann  (Zur  Frage  über  die 
Eisenresorption  und  Eisenausscheidung  beim  Menschen.  Vir- 
chow's  Archiv  Bd.  152)  einen  diese  Frage  betreffenden  Versuch  an  einer 
Patientin  mit  einer  completen  Fistel  im  unteren  Deum  angestellt;  der 
Dickdarm  war  von  der  Verdauung  ganz  ausgeschlossen.  Nach  mehreren 
Tagen  constanter  Diät  erhielt  die  Kranke  Ferrum  citricum  oxydatum, 
0,4160  Fe  enthaltend;  davon  erschienen  im  zugehörigen  Eoth  nur  18,67% 
wieder,  so  dass  81,33  7»  durch  den  Darm  bis  zur  Fistel  resorbirt  wären. 

G.V.Bunge  untersuchte  die  Assimilation  des  Eisens  ausCerea- 
lien  (Zeitschr.  f.  physiol.  Chemie  Bd.  25).  Die  Cerealien  enthalten  die 
Hauptmenge  des  Eisens  in  den  Schalen,  das  Reiskorn  des  Handels  daher 
nur  1 — 2,  Weizenmehl  nur  1,6,  Gerste  4,5,  Weizen  5,5,  Weizenkleie  8,8  mg 
auf  100  g.  Die  Frage,  ob  der  thierische  Organismus  die  Eisenverbindungen 
der  Eleie  zu  assimiliren  vermag,  wurde  durch  Versuche  an  Ratten  im 
positiven  Sinne  entschieden.  Der  Hämoglobingehalt  und  das  Körpergewicht 
der  mit  Kleienbrod  gefütterten  Thiere  stieg  erheblich  schneller,  als  das  mit 
Weizenbrod  gefütterter  Controllthiere.  Da  der  Kalkgehalt  des  Kleienbrodes 
nicht  wesentlich  verschieden  war,  so  konnte  der  Unterschied  im  Wachs- 
thum  der  Thiere  nicht  auf  diesen  bezogen  werden. 


Bunge. 


Hämatin, 
V.  Starck. 


V.  Starck  behandelt  die  mit  Rücksicht  auf  die  so  ausgedehnte 
Anwendung  der  Bluteisenpräparate  sehr  wichtige  Frage  über  die 
Resorbirbarkeit  des  Hämatins  und  die  Bedeutung  der 
Hämoglobinpräparate  (Münchener  med.  Wochenschr.  Nr.  52). 
Während  die  Resorption  kleiner  Mengen  anorganischen  Eisens  wohl 
nach  Ansicht  der  meisten  Autoren  durch  die  Versuche  von  KunkeL 
Quincke,  Gaule  etc.  erwiesen  erscheint,  hat  die  Untersuchung  des 
EisenstoflPwechsels  nach  interner  Zufuhr  von  Hämatin  in  den  Ver- 
suchen von  Voit  und  Cloetta  zu  dem  Schlüsse  geführt,  dass  das 
in  dieser  Form  in  den  Magendarmkanal  eingeführte  Eisen  unresor- 
birt  bleibt,  v.  Starck  theilt  nun  Versuche  mit,  in  denen  er  die 
Fe-Resorption  im  Darme  von  Meerschweinchen  mittels  der  mikro- 
chemischen Methode  Q  u  i  n  c  k  e's  untersuchte.  Nach  vorangegangenem 
Hungern  hatten  die  Thiere  entweder  HommePs  Hämatogen  oder 
Pfeuffer's  Hämoglobinsirup  oder  endlich  die  entsprechende  Menge 
Eisen  in  Form  des   Sirupus   Ferri  oxydati   solubilis   erhalten;    nur 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  667 

bei  dem  Meerschweinclieii ,  welches  das  Eisen  in  dieser  letzteren 
Form  erhalten  hatte,  fanden  sich  die  Zeichen  gesteigerter  Eisen- 
resorption im  Duodenum,  nach  Darreichung  des  Hämoglobins  war 
eine  vermehrte  Fe-B.esorption  nicht  nachweisbar.  Da  nun  alle  Hämo- 
globinpraparate ,  sofern  sie  nicht  schon  aus  Hämatin  bestehen,  im 
Magen  in  Hämatin  umgewandelt  werden  und  in  dieser  Kichtung  als 
gleichwerthig  anzusehen  sind,  so  geht  aus  den  Versuchen  hervor, 
dass  eine  resorptive  Eisenwirkung  der  Hämoglobinpräparate  bei  ihrer 
Darreichung  per  os  nicht  zu  erwarten  ist  und  dass  es  irrationeU  ist, 
sie  an  Stelle  solcher  Eisenmittel  zu  setzen,  deren  Resorbirbarkeit 
festgestellt  ist.  Hingegen  constatirt  der  Verf.  eine  appetitanregende 
Wirkung  der  Hämoglobinpräparate.  Bei  der  ausgedehnten  Anwen- 
dung dieser  Mittel,  die  infolge  der  Reclame  als  „vollkommener  Blut- 
ersatz" Mode  geworden  ist,  wird  die  Resorbirbarkeit  des  Eisens  in 
dieser  Form  vorausgesetzt;  die  Versuche  des  Verfassers  erscheinen 
deshalb  sehr  zeitgemäss  und  schliessen  sich  älteren  Untersuchimgen 
in  ihrem  Resultate  an. 

J.  Tirmann  (lieber  Ferrohämol.  Görbersdorfer  Veröffent-  Ferrohamol, 
Hebungen  Bd.  2),  der  Resorptionsversuche  mit  dem  von  Kobert  Tirmann. 
eingeführten  Bluteisenpräparate  Ferrohämol  an  Hühnern  angestellt 
hat,  kommt  allerdings  für  dieses  Präparat  zu  entgegengesetzten 
Resultaten.  Der  Verf.  konnte  mikrochemisch  nach  Ferrohämolfiitte- 
rung  den  Uebergang  des  Eisens  in  die  Organe  sowie  auch  in  die 
während  des  Versuches  gelegten  Eier  nachweisen,  in  denen  es  im 
Eigelb  abgelagert  war. 

Mehrere  Arbeiten  beschäftigten  sich  mit  dem  Schicksal  des 
Hämoglobins  nach  subcutaner  und  intravenöser  Einverleibung. 
So  kommen  S  c  h  u  r  i  g  (Archiv  f.  experim.  Pathol.  u.  Pharmakol. 
Bd.  41)  in  Versuchen  aus  der  Kieler  Universitätsklinik  und  v.  Starck 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  4)  zu  dem  übereinstimmenden  Re- 
sultate, dass  nur  der  kleinere  Theü  des  subcutan  injicirten  Hämo- 
globins am  Orte  der  Injection  von  Leukocyten  und  Bindegewebs- 
zellen aufgenommen  wird,  der  bei  weitem  grössere  Antheil  aber 
in  den  Kreislauf  übergeht.  Ein  Theil  wird  dann  in  der  Leber 
zu  Bilirubin  umgewandelt,  gleichzeitig  aber  ein  anderer  Theil  in 
Milz,  Lymphdrüsen  und  im  Knochenmark  festgehalten  und  ver- 
arbeitet. Bei  weiterer  Zufuhr  übergeben  diese  Organe  das  Eisen 
dami  der  Leber,  und  dieses  Eisen  kann  zur  Verwerthung  im 
Organismus  herangezogen  werden.  Da,  wie  v.  Starck  nachweist, 
subcutane  Hämoglobininjectionen  sehr  gut  vertragen  werden,  sofern 


668 


Gottlieb. 


Ferrohämoi,  sie  nur  Steril  und  frei  von  Resten  der  zerfallenen  rothen  und  weissen 
Tirmann.  Blutkörperchen  sind,  so  könnte  man  auch  an  therapeutische  Ver- 
suche mit  subcutanen  Hämoglobininjectionen  denken,  wenn  nicht  die 
Schwierigkeit  zu  gross  wäre,  immer  frische  sterile  Hämoglobin- 
lösimgen  bereit  zu  halten.  Erst  bei  Zufuhrung  grösserer  Mengen 
kann  der  Organismus  nicht  mehr  des  ganzen  Hämoglobins  Herr 
werden,  und  dann  tritt  zuerst  in  die  Galle  und  dann  in  den  Harn 
der  unveränderte  Blutfarbstoff  über. 
MoriBhima.  Auch  K.  Morishima  hat  im  pharmakologischen  Institut  zu 

Strassburg  die  Schicksale  des  Hämatineisens  verfolgt  (Arch. 
f.  exp.  Pathol.  u.  Pharmakol.  Bd.  41).  Stoffwechselversuche  er- 
gaben auch  hier,  dass  nach  subcutaner  und  intravenöser  Zufahr 
massiger  Mengen  des  Blutfarbstoffs  die  Eisenausgaben  gleichbleiben, 
dass  also  Hämatineisen  zurückgehalten  wird.  Dies  geschieht  zum 
Theil  in  der  Leber.  Die  Leber  vermag  nämlich  das  Eisen  aus  dem 
Hämatin  in  Ferratin  überzuführen.  Dies  konnte  ausserhalb  des  Or- 
ganismus nachgewiesen  werden,  indem  Leberbrei  in  der  alkalischen, 
thymolisirten  Lösung  von  Hämin  eine  Vermehrung  seines  Ferratin- 
gehaltes  zeigte.  Aus  einer  Lösung  von  Ferritartrat  wurde  das  Eisen 
hingegen  vom  Leberbrei  nicht  in  Ferratin  übergeführt. 


Subcutane 

Eisen- 

injeotion, 

Birgelen. 


H.  Birgelen  hat  in  der  medicinischen  PoUklinik  zu  Erlangen 
die  günstigen  Erfahrungen  früherer  Autoren  über  die  Verwendbar- 
keit der  subcutanen  Eiseninjectionen  zur  Behandlung  der 
Ohiorose  bestätigen  können  (Münchener  med.  Wochenschr.  Nr.  30). 
Diese  Thatsache,  dass  die  Eisenmedication  auch  mit  Umgehung  des 
Magendarmkanals  ihre  Wirkung  entfaltet,  ist  bekanntlich  von  grossem 
theoretischem  Literesse ;  für  jene  Ausnahms&Ue,  in  denen  der  Magen 
auch  die  mildesten  Eisenpräparate  nicht  verträgt,  sind  die  Versuche 
über  subcutane  Lijection  passender  Präparate  auch  von  practischer  Be- 
deutung. Nach  den  Erfahrungen  des  Verfassers  scheint  Ferrum  citri- 
cum  ammoniatum  hierfür  das  empfehlenswertheste  Präparat  zu  sein. 


Serumtherapie. 

Der  Widerspruch  gegen  die  herrschende  Meinimg  über  den 
Werth  des  Diphtherieheilserums  hat  auch  in  diesem  Berichtsjahre 
noch  nicht  aufgehört.  Lisbesondere  hat  Kassowitz  (Therapeu- 
tische Monateh.  H.  6)  auf  Grund  neuen  statistischen  Materials  Aus- 
führungen gegen  den  Heilwerth  des  Diphtherieheilserums 
vorgebracht.    Seiner  Beweisführung  wurde  durch  Bag ins ky  (Berl. 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  669 

klin.  Wochenschr.  Nr.  27),  durch  Tavel  (Therap.  Monatsh.  H.  8)  Diphtherie- 
sowie  durch  Kretz  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  21)  widersprochen,  teils  er  um, 
Einen  interessanten  Beitrag  zur  Diphtheriestatistik  lieferte 
A.  Gottstein  (Therap.  Monatsh.  H.  5),  nach  welchem  der  Ab- 
fall der  Mortalität  in  den  Jahren  1896  und  97  nur  die  Fort- 
setzung einer  seit  dem  Jahre  1886  bestehenden  absteigenden  Tendenz 
darstellt,  die  nur  in  den  Jahren  1892 — 94  durch  einen  erheblichen 
Anstieg  unterbrochen  war. 

Nach  Ansicht  des  Ref.  wird  auf  dem  Wege  der  statistischen 
Methode  kaum  eine  völlige  Einigung  erreichbar  sein;  dieselbe  wird 
nur  auf  Grund  der  subjectiven  Schätzung  erfahrener  Beobachter  erzielt 
werden  können,  in  wie  weit  sich  der  klinische  Verlauf  der  Einzel- 
falle unter  dem  Einfluss  der  Therapie  verändert  hat.  In  dieser 
Richtung  sei  auch  hier  auf  die  aus  der  Bemer  medicinischen  TClinik 
stammende  Mittheilung  von  C.  Meyer  hingewiesen,  welche  die  C.Meyer. 
Modification  des  klinischen  Verlaufs  der  Diphtherie 
durch  die  Anwendung  des  Heilserums  (Deutsches  Arch.  1. 
klin.  Med.)  bespricht.  Aus  der  Bearbeitung  dieses  klinischen  Ma- 
terials ergibt  sich  als  Beweis  für  die  Wirksamkeit  des  Diphtherie- 
heilserums, dass  die  Membranen  in  allen  günstig  verlaufenden  FäUen 
von  der  Injection  an  gerechnet  fast  constant  zur  gleichen  Zeit  ver- 
schwanden, und  zwar  unabhängig  davon,  ob  früh  oder  spät  injicirt 
wurde,  und  dass  auch  Stenosenerscheinungen  und  Fieber  sich  in 
Betreff  ihrer  Dauer  vom  Zeitpunkte  der  Injection  an  wie  die  Mem- 
branbildungen verhalten. 

Sehr  zahlreiche  Publicationen  liegen  aus  dem  Berichtsjahre  über 
die  Anwendung  der  Serumtherapie  bei  Tetanus  vor.  Wir 
verweisen  auf  die  Besprechungen  an  früheren  Stellen  (S.  109  ff., 
S.  278,  S.  336).  Auch  die  Berichte  über  serumtherapeutische  Ver- 
suche bei  anderen  Krankheiten  (Pneumonie  etc.)  woUe  man  an 
anderen  Orten  des  Jahrbuchs  nachlesen. 

Organotherapeutische  Präparate. 

In  Bezug  auf  die  practische  Anwendung  organotherapeutischer 
Präparate  hat  das  Berichtsjahr  nichts  wesentlich  Neues  gebracht. 
Hingegen  liegen  eine  Reihe  von  chemischen  und  physiologischen 
Untersuchungen  über  die  Producte  der  inneren  Secretion  vor,  auf 
die  hier  nur  ganz  kurz  hingewiesen  werden  kann.  So  bedeutet  eine 
Untersuchung  0.  v.  Fürth^s  (Zur  Kenntniss  der  brenzcate- 
chinähnlichen   Substanz    der    Nebennieren.     Zeitschr.    f. 


670  Gottlieb. 

Neben-       physiol.  Chemie  Bd.  26)  einen  wichtigen  Fortschritt  zu  der  Isolirung 

nieren-      ^^^  blutdrucksteigemden  Substanz   der  Nebennieren.     Die  Analyse 

V.  Fürth,'      des  in  grosser  Reinheit  dargestellten  und  auf  den  Blutdruck  enorm 

einwirkenden  Productes,   das  allerdings  nicht   krystallisirt   erhalten 

werden  konnte,  macht  es  wahrscheinlich,  dass  die  blutdrucksteigemde 

Substanz  ein  hydrirtes  Dioxypyridin,  also  ein  verhältnissmässig  ein- 

V.  Cyon.      fach  zusammengesetzter  Körper  ist.  —  Nach  E.  v.  Cyon  (Pflüger's 

Archiv  Bd.  72)  wirkt  das  Nebennierenextract  erregend  auf  die  Nervi 

accelerantes  cordis  und  auf  die  Vasoconstrictoren,  lähmend  auf  den 

Vagus   und  Depressor   ein.     Es  besteht    danach   ein  Antagonismus 

dieser  Substanz  gegen   die  Wirkungen  des  Jodothyrins  und  Hypo- 

physins. 

Jodothyrin,  Das  Jodothyrinist  nach  v.  C  y  o  n  (Die  physiologischen  Herzgifte. 

V.  Cyon.  Pflüger's  Archiv  Bd.  73)  ein  Erregungsmittel  des  Depressor  und  des 
Vagus  im  Herzen  und  ist  bestimmt,  die  regulatorischen  Herznerven- 
apparate  in  constanter  Erregbarkeit  zu  erhalten.  Jodothyrin  hebt 
nach  V.  Cyon  die  Atropiuwirkung  auf  das  Herz  auf  und  ist  mo- 
mentan im  Stande,  die  nach  Atropin  vollkommen  erloschene  Erreg- 
barkeit der  Vagusendigungen  wieder  herzustellen.  Jodnatrium  wirkt 
gerade  umgekehrt,  vermindert  die  Erregbarkeit  der  Vagi  und  reizt 
die  accelerirenden  Herznerven.  Da  nun  v.  Cyon  nach  Exstirpation 
der  Schilddrüse  ähnliche  Verhältnisse  in  der  Erregbarkeit  der  Herz- 
nerven findet  wie  bei  Jodnatriumvergiftung  imd  da  Jodothyrin  im 
Stande  ist,  diese  Veränderungen  zur  Norm  zurückzuführen,  so  nimmt 
V.  Cyon  an,  die  Schilddrüse  habe  die  Function,  die  Jodsalze,  welche 
auf  das  System  der  Vagi  und  Sjnnpathici  toxisch  wirken,  unschäd- 
lich zu  machen  durch  Ueberfuhrung  in  die  organische  Verbindung 
des  Jodothjnnns,  welches  auf  die  gleichen  Systeme  anregend  und 
ihre  Leistungsfähigkeit  erhöhend  wirkt.  (Beiträge  zur  Physiologie 
der  Schilddrüse  imd  des  Herzens.     Pflüger's  Archiv  Bd.  70.) 

Auf  die  Frage,   ob  das  Jodothyrin  als  ein  chemisches  Indi- 

Roos,        viduum   anzusehen  ist  (vergl.  Roos,   Zeitschr.   f.   physiol.   Chemie 

Blum,        Bd.  25  und  Blum,   ebenda  Bd.  26),    sowie  ob  dasselbe  selbst  als 

ein  Paarung  von  Eiweissstoffen  in  der  Drüse  enthalten  oder  erst 

durch    tiefergreifende    Spaltungen    aus    denselben    darstellbar    ist 

Tambach.      (R.  Tambach,  Zeitschr.  f.  Biologie  Bd.  36),  kann  an  diesem  Orte 

nicht  näher  eingegangen  werden. 

E.    V.    Cyon    (Die    Verrichtungen    der    Hypophyse, 
in.  Mitth.    Pflüger's  Archiv  Bd.  73)  bespricht  die  erfolgreiche  Be- 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie. 


671 


handlung    eines    Falles    von   Akromegalie    mit    Hypophysenpnlyer.  Hypophys 
Nach  zwei  fixeren  Mittheflnngen  des  Verfassers  dienen  Hypophyse      ^'  ^**"* 
und  Schilddrüse  vereint  dazu,  den  Blutandrang  zum  Gehirn  zu  regu- 
liren.     Die  Hypophyse  wird  durch  Blutzufluss  gereizt  und  setzt  die 
Schilddrüse  als  ^ Schleuse*^  in  Thatigkeit.    Die  chemischen  Producte 
beider  Drüsen  beeinflussen  direct  die  Centren  und  Gefass-  und  Herz- 


nerven. 


Nährmittelpräparate. 


Aus  dem  Berichtsjahr  liegen  über  die  in  den  letzten  Jahren  zu 
allgemeinerer  Anwendung  gelangten  Präparate  sehr  exacte  Stoff- 
wechselversuche mit  Somatose  und  Nutrose  von  ß.  Neumann 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  3)  aus  dem  hygienischen  Institute 
zu  Würzburg  vor.  Der  Verf.  verglich  in  einem  allen  Anforderungen 
an  einen  einwandfreien  Stoffwechselversuch  entsprechenden  Selbst- 
versuche die  Somatose  mit  einem  Caseinpräparat,  der  Nutrose.  Nach 
einer  Vorperiode  mit  Stickstoffgleichgewicht  wurde  der  Einfluss  des 
Eiweisspräparats  auf  den  N- Wechsel  während  einer  Versuchs-  und 
einer  Nachperiode  bei  vöUig  constanter  und  analysirter  Nahrung  er- 
mittelt. Es  ergab  sich.,  dass  die  Ausnutzung  der  Nutrose  eine  sehr 
gute,  ja  der  Ausnutzung  des  Fleischeiweisses  nahe  war;  von  der 
dargereichten  Somatose  erschienen  hingegen  40 — 50  ^jo  N  in  den 
Fäces,  die  Ausnutzung  war  also  eine  sehr  schlechte  in  Ueberein- 
stimmung  mit  älteren  Resultaten  Salkowski's.  Berücksichtigt  man 
weiter,  dass  auch  die  Bekömmhchkeit  der  Somatose  zu  wünschen 
übrig  lässt,  da  nach  grösseren  Gaben  in  kurzer  Zeit  Diarrhöen  auf- 
treten, und  dass  die  Nutrose  völlig  geschmacklos  und  um  mehr  als 
die  Hälfte  billiger  ist,  so  sprechen  diese  Versuche  sehr  zu  Gunsten 
des  Caseinpräparats. 

Auch  aus  einer  Arbeit  aus  dem  Zunt zischen  Institute:  „lieber 
die  Möglichkeit  der  Eiweissmast"  von  Bornstein  (Berl. 
klin.  Wochenschr.  Nr.  36)  geht  die  ausgezeichnete  Resorption  des 
Caseinnatriums  hervor;  50g  Nutrose,  entsprechend  einer  Fleisch- 
menge von  225  g ,  wurden  im  Selbstversuche  völlig  ausgenutzt  und 
betheiligten  sich  auch  im  Ueberschuss  über  den  Stickstoff  bedarf  ge- 
reicht ohne  Schlacke  am  Gesammtstoffwechsel. 

Andererseits  liegen  auch  aus  diesem  Jahre  eine  Reihe  günstiger 
Berichte  über  Somatose  und  Somatosepräparate  vor.  So  fanden 
Th.  Panzer  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  25)  und  H.  Gold- 
mann (Allgem.  med.  Centralzeitung  Nr.  49)  die  Eisensomatose 
empfehlenswerth. 


Somatose 

und 
Xiitrost\ 

Keumauu, 


Bonisteiu, 


Panzer, 
Qoldmann, 


672  Gottlieb. 

s omatose  F.   Röhmann  (Berlin,   klin.  Wochenschr.  Nr.  36)   hat  Stoff- 

und         wechselversuche   mit  phosphorhaltigen  und  phosphor- 

F.  Röhmann.  dreien  Eiweisskörpern  angestellt  und  weist  daraufhin,  dass 
bei  dem  Casein  für  die  Ernährung  des  Säuglings  nicht  bloss  die  Art 
der  Gerinnbarkeit  von  Bedeutung  zu  sein  scheint,  sondern  auch  der 
Gehalt  an  organisch  gebundenem  Phosphor.  Denn  in  Thierversuchen, 
in  denen  Phosphor  nur  in  Form  des  phosphorhaltigen  Eiweisskörpers 
(Casein)  gereicht  wurde,  aber  keine  Phosphate,  erfolgte  stärkerer  An- 
satz von  Phosphor  im  Organismus,  als  in  Parallelversuchen,  in  denen 
phosphorfreie  Eiweisskörper  (Myosin  und  das  Globulin  der  Hanf- 
samen, Edestin)  unter  gleichzeitiger  Zufuhr  von  Phosphaten  in  der 
gleichen  Gesammtphosphormenge  verfuttert  wurden.  Stickstoffansatz 
erfolgte  in  beiden  Fällen,  aber  die  im  Verhältniss  zum  Stickstoff  an- 
gesetzte P-Menge  war  bei  Fütterung  phosphorhaltiger  Eiweisskörper 
weit  grösser.  Die  Bedeutung  phosphorfreier  und  phosphorhaltiger 
Eiweisskörper  für  die  Ernährung  ist  somit  nicht  die  gleiche. 

Auch  über  die  Ausnutzimg  eines  anderen  Gaseinpräparates,  des 
Sanatogen  genannten  glycerinphosphorsauren  Caseinnatriums,  liegt 
Sanatogen,  eine  Versuchsreihe  von  G.  N.  Vis  und  G.  Treupel   (lieber  die 
\is  u.  Treupel,  Verdaulichkeit  einiger  Eiweisspräparate.    Münch.  med.  Wochenschr. 
Nr.  9)  vor.    Bei  constanter  Diät  wurde  etwa  die  Hälfte  des  Eiweisses 
durch   Sanatogen   ersetzt;   die  in  dieser  Periode  in  den  Fäces  aus- 
geschiedene N-Menge  war  nicht  grösser,  die  Ausnutzung  des  Sana- 
Gumpert.      togens  also  nicht  schlechter  als  die  des  Fleischeiweisses.  —  Gumpert 
(Deutsche  med.  Wochenschr.,   Therap.  Beil.  Nr.  10)  theilt  günstige 
Erfahrungen  mit,  die  er  mit  dem  Sanatogen  als  Nährpräparat  in  ver- 
schiedenen Krankheitszuständen  gemacht  hat. 

Einen  wichtigen  Fortschritt  auf  dem  Gebiete  der  künstlichen 
Nährpräparate  bedeutet  ohne  Zweifel  das  in  diesem  Berichtsjahre 
eingeführte  Tropon,  als  ein  gutes  und  billiges  Eiweissersatzmittel. 
Tropon,  D.  Finkler  berichtete  zuerst  in  einem  Vortrage  auf  dem  IX.  inter- 
^^*  nationalen  Congress  für  Hygiene  und  Demographie  zu  Madrid  (Deutsche 
med.  Wochenschr.  Nr.  17)  über  das  Resultat  langjähriger  Versuche 
zur  Herstellung  eines  geschmacklosen  und  haltbaren  Eiweisspräparate 
aus  billigen  animalischen  und  vegetabilischen  Materialien.  Er  be- 
spricht in  dieser  ersten  Mittheilung  die  Verhältnisse  des  Eiweiss- 
consums  der  arbeitenden  Classen  und  berechnet,  dass  mehr  als  30  V 
der  Gesammtausgaben  der  arbeitenden  Bevölkerung  und  mehr  als 
die  Hälfte   der  Gesammtspeisekosten   auf  die  Beschaffung  des  noth- 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  673 

wendigen  Eiweissquantums  kommen.  Infolgedessen  wird  das  Eiweiss 
oft  genug  nur  in  ungenügender  Quantität  und  in  ungleichmässiger 
Weise  eingeführt.  Das  Ergebniss  der  Versuche  zur  Erschliessung 
neuer  billiger  Eiweissquellen  war  die  Herstellung  des  Tropons,  eines 
geruch-  und  geschmacklosen  Präparats-  von  90 — 97  */o  Eiweissgehalt, 
das  sich  im  Preise  wesentlich  billiger  stellt,  als  das  in  Form  von 
Fleisch  aufgenommene  Eiweiss.  Das  Präparat  wird  aus  entfetteten 
Fischen,  Leguminosen  etc.  von  den  „Troponwerken"  in  Mühlheim 
hergestellt  und  die  Bleichung  und  wohl  auch  Zerstörung  unangenehm 
schmeckender  Stoffe  wird  dabei  durch  Wasserstoffsuperoxyd  bewerk- 
stelligt. Als  einem  concentrirten ,  billigen  Nahrungsmittel  von  un- 
begrenzter Haltbarkeit  könnte  ihm  wohl  die  Bedeutung  eines  Volks- 
emährungsmittels,  sowie  eines  x  geeigneten  Proviants  für  Beisen  und 
Feldzüge  etc.  zukommen.  Das  geringe  Volum  und  die  feine  Ver- 
theilung,  sowie  die  leichte  Besorbirbarkeit  lassen  es  auch  für  die 
Krankenemährung  sehr  geeignet  erscheinen.  Es  ist  ein  lederbraunes, 
gleichmässig  feines  Pulver,  in  Wasser  völlig  unlöslich,  fast  geruch- 
und  geschmacklos. 

Die  schoji  in  diesem  Jahre  mit  dem  neuen  Nährpräparate  ange- 
stellten ziemlich  zahlreichen  Versuche  bestätigen  die  Voraussetzungen 
Finkler's  und  beweisen  die  volle  therapeutische  Brauchbarkeit  des  Finkler, 
Tropons.  Fink  1er  berichtete  zunächst  selbst  über  die  Verwen- 
dung von  Tropon  zur  Krankenernährung  (Berliner  klin. 
Wochenschr.  Nr.  30)  in  100  Fällen  verschiedenartigster  Natur,  in 
denen  das  Präparat  in  kleineren  imd  in  grösseren  Gaben,  ja  sogar 
ausschliesslich  kürzere  oder  längere  Zeit  gegeben  wurde.  In  ein- 
zelnen Fällen  wurden  im  Laufe  der  Zeit  einige  Kilo  verabreicht  und 
ohne  jeden  Widerwillen  oder  schädliche  Nebenwirkung  vertragen. 
Ja  ein  Kranker,  der  an  Peritonealtuberculose  litt,  bekam  in  193  Tagen 
7320  g  Tropon  (pro  die  37,10  g)  und  nahm  dabei  um  13,5  kg  an  Ge- 
wicht zu.  Die  Besultate  beweisen  die  Anwendbarkeit  und  absolute 
Unschädlichkeit  des  Präparats.  Weiter  liegen  bereits  eine  Beihe 
von  Stoffwechsel-  und  Ausnutzungsversuchen  mit  Tropon  vor.  Nach 
Finkler's  Untersuchungen  werden  ca.  95  *^/o  Tropon  ausgenutzt, 
Plaut  (Zeitschr.  f.  diät.  u.  physik.  Therapie  Bd.  1,  S.  68)  stellte  an  Plaut, 
2  Patientinnen  der  I.  raedicinischen  Klinik  der  Charite  Versuche 
an,  bei  denen  er  ein  Drittel  des  Nahrungseiweisses  durch  Tropon 
ersetzte.  In  der  17tägigen  Troponperiode  wurde  das  Eiweiss  zu 
90 ^/o,  in  der  troponfreien  Periode  zu  86,3  **'o  ausgenutzt;  es  erga* 
sich    daraus   sogar   eine    etwas   bessere    Ausnutzung    des    Troü* 

Aehnliche  Besultate   erhielt  H.  Strauss  in  der  DI.  medi 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  4' 


674  Gottlieb. 

Klinik  der  Charit^  (Therapeutische  Monatsh. ,  Mai,  S.  241).  In 
2  Fällen  von  3  untersuchten  schien  die  Ausnutzung  in  der  Tropon- 
periode  eine  bessere  zu  sein.  Völlig  exacte  Stoffwechselversuche  mit 
Tropon,  genau  analysirter  Nahrungseinfuhr  stellten  femer  H.  Schmilinsky 
s^^^^^^y  und  G.  Kleine  im  Krankenhause  Hamburg-Eppendorf  an  (Münch. 
med.  Wochenschr.  Nr.  31).  •  Auch  in  diesen  einwandsfreien  Selbst- 
versuchen, in  denen  ein  Viertel,  ein  Drittel  imd  zwei  Drittel  der  Ge- 
sammteiweissmenge  in  der  Nahrung  durch  Tropon  ersetzt  wurde,  er- 
gab sich  eine  sehr  vollständige  Ausnutzung  (90°/o),  wenn  dieselbe 
auch  in  allen  3  Versuchen  eine  etwas  schlechtere  war,  als  in  den  Vor- 
perioden. Zweifellos  vermag  das  Tropon  demnach  das  Eiweiss  an- 
derer Nahrungsmittel  vollständig  zu  ersetzen.  Die  Patienten  nahmen 
nach  übereinstimmenden  Berichten  der  Beobachter  das  Präparat  ohne 
Widerwillen  und  ohne  unangenehme  Störungen,  und  zwar  thee-  oder 
esslöffelweise  in  Wasser,  Suppe  oder  Milch  eingerührt,  sowie  als  Zu- 
satz zu  verschiedenen  Speisen,  als  Tropon-Zwieback,  Tropon-Cakes  etc. 
Der  geringe,  dem  Präparate  noch  anhaftende  Geschmack  war  in  diesen 
Formen  leicht  zu  verdecken. 

Intoxicatlonen. 

Vergiftang  Die  von  M.  Kamm  beschriebene  schwere  Carbolsäure- 

™**         intoxication  mit  günstigem  Ausgang  (Therap.  Monatsh.,  März) 

Kttmm  '  illustrirt  von  neuem,  dass  eine  in  den  ersten  10  Minuten  nach  erfolgter 
Vergiftung  vorgenommene  Magenausspülung  auch  nach  sonst  letalen 
Gaben  lebensrettend  wirken  kann.  Bei  einem  5jährigen  Kinde  waren 
durch  Verwechselung  mindestens  4  g  reiner  Carbolsäure  per  os  ge- 
geben; in  tiefer  Bewusstlosigkeit ,  bei  kaum  fühlbarem  Puls  und 
röchelnder  Athmung  wurde  5 — 10  Minuten  darauf  die  Ausspülung 
vorgenommen,  das  Kind  erlangte  nach  Stunden  die  Besinnung  wieder 
und  überstand  auch  die  der  Vergiftung  folgende  Nephritis. 

Auch  in  dem  Berichtsjahr  wurde   eine  Reihe  von  Fällen  von 

Drews,  Carbolgangrän  beschrieben.  So  theilt  R.  Drews  (Therapeut. 
Monatsh.,  September)  3  Fälle  von  Carbolgangrän  durch  langdauemde 
Wirkung  ganz  schwacher  2 — 3^/oiger  Carbolsäurelösungen  mit,  die 
an  Handrücken,  Finger  und  Zehe  durch  locale  Wirkung  entstanden 

Kamm.  waren.  Auch  M.  Kamm  (Therap.  Monatsh.,  Mai)  beschreibt  einen 
Fall  von  Carbolgangrän  durch  einmaliges  Uebergiessen  eines  ver- 
letzten NagelgUeds  mit  reiner  Carbolsäure. 

G.  Kluge  theilt  einen  Fall  von  Lysolvergiftung  mit  (Münch. 
med.  Wochenschr.  Nr.  28),  in  welchem  durch  Verwechselung  ca.  10  g- 


Arm^imittellehre  und  Toxikologie.  67  S 

Lysol  genommen  waren.     Die   localen  Verätzungen  waren   im  Y^r-  Vergiftung 
gleiche   zur  analogen  Wirkung  des   Phenols   geringer;    der   rasche       -  ™**. 
Eintritt  der  allgemeinen  Vergiffcungssymptome  gleicht  aber  völlig  dem        Kluge, 
bei  Phenolvergifbungen.     Schon  nach  3 — 4  Minuten  treten  Bewusst- 
losigkeit   ein,   Herzschwäche,    beängstigende  Dyspnoe,    CoUaps  und 
Krämpfe  in  verschiedenen   Muskelgruppen  —  also   ein  der  Carbol- 
säurevergifbung  ganz  analoges  Bild.     Nach  schleuniger  Entfernung 
des  noch  zum  grossen  Theile  unresorbirten  Giftes  durch  Magenaus- 
spülung trat   Genesung   ein.     Immerhin   spricht   das   schwere  Ver- 
giftimgsbild,  das  sich  rasch  nach  10  g  Lysol  entwickelt  hatte ,  sehr 
dagegen,  das  Lydol  als  so  ungiftig  anzusehen,   wie  es  öfters  hinge- 
stellt wird. 

K.  Beinecke  (Zur  Gasuistik  der  Bromoformvergif-  —mit 
tun  gen.  Therap.  Monatsh.,  Juli)  stellt  IB  Fälle  aus  der  Litteratur  '^™oform, 
zusammen,  aus  denen  hervorgeht,  dass  schon  1  g  als  stark  toxische 
Dosis  anzusehen  ist  und  sehr  bald  eintretende  Bewusstlosigkeit, 
beginnende  Athemlähmung  und  Schädigung  der  Herzaction  bewirkt. 
Allen  Vergiftungen  ist  die  vollständige  Bewusstlosigkeit,  Reflexlosig- 
keit,  bedrohliche  Cyanose,  Herz-  und  Athmungsschwäche,  Tracheai- 
rasseln imd  Miosis  gemeinsam;  der  Bromoformgeruch  der  Exspira- 
tionslnft  ist  stets  deutlich.  Der  Verfasser  beschreibt  einen  weite- 
ren selbst  beobachteten  Fall  von  Bromoformvergiftung,  an  welchem 
vorerst  die  Entstehungsursache  durch  unzweckmässige  Arzneiver- 
ordnung von  Interesse  ist.  Dem  3jährigen  Kinde  war  Bromoformi  2,0, 
Spirit.  5,0,  Aqu.  dest.  60,0,  Sir.  simpl.  20,0  verordnet  worden.  Aus 
dieser  Mixtur  wird  aber  Bromoform  durch  den  Wasserzusatz  ausge- 
fallt, und  so  erhielt  das  Kind  mit  dem  letzten  Theelöffel  der  Arznei 
annähernd  die  ganze  verordnete  Menge  von  2  g.  20  Minuten  darauf 
lag  das  Kind  in  tiefer  Bewusstlosigkeit,  war  reflexlos,  zeigte  Cyanose, 
Trachealrasseln ,  kaum  fühlbaren  Puls.  Künstliche  Athmung  war 
nothwendig.  Die  Narkose  wich  aber  nach  3  Stunden,  und  der  Fall 
endete  mit  Genesung.  Auch  Müller  (Münch.  med.  Wochenschr.  Müller. 
Nr.  38)  veröffentlicht  einen  Fall  von  Bromoformvergiftung,  der  bei 
einem  2jährigen  Kinde  nach  6  g  tödtlich  endete  und  dessen  Sections- 
befund  mitgetheilt  wird. 

O.  "Wien  berichtet  über  einen  Fall  letaler  subacuter  Sul- 
fonalvergiftung  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  39).  Die  Dar- 
reichung von  3mal  0,5  g  Sulfonal  1  */?  stündlich  des  Abends  wui'de 
an  einer  geisteskranken  Patientin  6  Wochen  lang  fortgesetzt  mit 


676  Gottlieb. 

Vergiftung  dazwischengeschobenen  Pausen  von  2 — 4:  Tagen.     In  einer  solchen 

u  Pause  begann  der  Symptomencomplex  der  Vergiftung  mit  gastrisclien 

W^ien,    '     Erscheinungen,  darauf  traten  Paresen  ein,  und  erst  am  8.  Tage  nach 

Beginn  der  Erscheinungen  war  Hämatoporphyrinurie  vorhanden.    Die 

letztere,  die  häufig  als  ein  Wamungssymptom  bezeichnet  wird,  tritt 

also  keineswegs  immer  vor  den  anderen  Sjonptomen  auf.  Am  11.  Tage 

endete  die  Vergiftung  tödtlich.     Verf.  räth,  Sulfonal  nie  länger  als 

einige  Tage  nehmen  zu  lassen,  und  hält  mit  B;echt  Pausen  von  4  bis 

B  Tagen  bei  fortgesetzter  Darreichung  für  zu  kurz  bemessen.  —  Auch 

Pöllitz.       Pöllitz   (Vierteljahrsschr.    f.   gerichtl.   Med.)   berichtet  über  einen 

Fall  von  Sulfonalvergiftung  nach  lange  fortgesetztem  Gebrauche. 

—  mit  R.  Immerwahr  bespricht  einen  Fall  von  Antipyrinintoxi- 
Antipyrin,    cation  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  34)  mit  einem  Exanthem,   das 

bei  der  syphilitisch  inficirten  Patientin  leicht  zu  Verwechselung  mit 
einem  syphilitischen  Exanthem  hätte  Anlass  geben  können. 

-mit  K.  Witthauer  theilt  4  im  Laufe  eines  Vierteljahrs  beobachtete 

Laoto-       Fälle  von  Icterus  nach  Lactopheningebrauch  mit,  die  schon 
Witthauer,     i^^-ch  mehrtägigem  Gebrauch  von  1,6 — 3,0  g  Lactophenin  pro  die  auf- 
getreten waren  imd  zur  Vorsicht  bei  längerem  Gebrauch  grosser  Dosen 
L.  Hahn,      mahnen.  —  Auch  L.  Hahn  veröffentlicht  (Deutsche  med.  Wochenschr., 
Therap.  Beil.)  2  Fälle  von  Icterus  nach  Lactophenin. 

-  mit  A.  Habel  berichtet  über  einen  Fall  von  typischer  Strychnin- 
^*'h  b^r*°'   Vergiftung   (Münch.   med.  Wochenschr.   Nr.   1).     Bemerkenswerth 

ist  an  dem  Falle,  einem  Selbstmordversuche  mit  ca.  0,18  Strychninum 
hydrochloratum ,  der  nach  Magenausspülung  und  Anwendung  von 
Bromkalium  mit  Genesung  endete,  das  Auftreten  von  Blut  und  Cylin- 
dem  im  Harn  nach  Ablauf  der  acuten  Vergiftung  und  die  Tem- 
peraturerhöhung während  der  Krämpfe. 

Die  letztere  verdient  Interesse  mit  Hinsicht  auf  die  Arbeiten  von 
E.  Hamack,  E.  Harnack  und  seinen  Schülern,  welche  feststellten,  dass  die  meisten, 
Kionka.  vielleicht  sogar  alle  Krampfgifte  temperaturemiedrigend  wirken.  Kionka 
hat  (Archives  intern,  d.  Pharmacodynamie  Bd.  5)  von  diesem  Standpunkte 
aus  die  Aenderungen  der  Körperwärme  während  der  Strychninvergfiftung 
calorimetrisch  verfolgt  und  unterscheidet  an  Kaninchen  zwei  Stadien,  eines, 
in  welchem  die  Körperwärme  infolge  der  Krämpfe  erhöht  ist,  und  ein 
zweites,  in  dem  sie  trotz  fortdauernder  Krämpfe  unter  die  Norm  sinkt 
In  beiden  Stadien  ist  sowohl  die  W^ärmeabgabe,  als  die  Wärmeproduction 
erhöht;  während  aber  in  dem  ersten  Stadium  die  Grösse  der  Wärme- 
production überwiegt,    tritt  dieselbe  im  zweiten   zurück,   und  die  Körper- 


Ai'zneimittellehre  und  Toxikologie. 


677 


wärme  sinkt  durch  gesteigerte  Wärmeabgabe.  E.  Harnack  (Centralblatt 
f.  Physiologie  Nr.  19)  hat  gleichfalls  durch  calorimetrische  Versuche  seine 
früheren  Untersuchungen  über  die  temperaturemiedrigende  Wirkung  der 
Erampfgifte  fortgeführt  und  ist  zu  dem  Resultate  gelangt,  dass  durch  die 
Wirkung  dieser  Gifte  die  Wärme regulirung  durch  directe  Beeinflussung 
nervöser  Centren  gestört  ist  und  dabei  die  Wärmeabgabe  durch  die  Krampf- 
gifte von  vornherein  gesteigert  wird. 


Eine  relativ  seltene  Vergiftung  beschreibt  A.  Berkholz  (Ein 
Fall  von  Camphervergiftung.  St.  Petersb.  med.  Wochenschr. 
Nr.  51).  Als  Abortivmittel  wurden  ca.  15  g  Campher  in  Suspension 
getrunken.  2  Stunden  später  traten  Kopfschmerzen  und  bald  darauf 
Erbrechen  und  ein  heftiger  Krampfanfall  auf,  nach  welchem  das  Sen- 
sorium  getrübt  war;  die  Augen  waren  weit  aufgerissen,  es  bestand 
grosse  Muskelunruhe,  die  sich  in  heftigen  Aufregungszuständen  stei- 
gerte. Nach  Magenausspülung  und  nach  Chloralhydrat  und  Brom- 
kalium Hess  der  Aufregungszustand  nach  und  kehrte  die  Besinnung 
allmählich  wieder. 


—  mit 

Campher, 

Berkholz. 


K.  B.  Lehmann  hat  aus  der  Litteratur  alle  sicheren  Erfah- 
rungen über  die  Wirkung  ein-  oder  mehrmaliger  genau  bekannter 
Knpfergaben  zusammengestellt  (Zeitschr.  f.  Hygiene  u.  Infections- 
krankheiten  Bd.  26)  und  daraus  für  die  Toxikologie  des  Kupfers 
die  Schlüsse  gezogen ,  dass  1.  sehr  grosse  Dosen  (30  g  Kupfersalz 
=  7,6  g  Kupfer)  durch  heftige  Gastroenteritis  tödtlich  werden  können; 
hingegen  ist  kein  Fall  bekannt ,  in  dem  Dosen  von  4 — 8  g  Kupfer- 
salz auf  einmal  genommen  tödtlich  gewirkt  hätten,  vielmehr  rufen 
solche  Mengen  nur  massige  Erkrankung  hervor.  2.  Einmalige  Gaben 
von  1 — 2  g  Kupfersalz  haben  niemals  andere  Erscheinungen,  als  Er- 
brechen und  höchstens  Durchfall  hervorgerufen  und  Dosen  bis  0,5  g 
Kupfersalz  sind  völlig  wirkungslos.  3.  Chronische  Kupfervergiftung 
ist  am  Menschen  niemals  einwandsfrei  beobachtet,  es  werden  wochen- 
lang Dosen  von  100 — 120  mg  Kupfersalz  wirkungslos  ertragen. 


—  mit 
Kupfer, 
Lehmann. 


Ueber  einen  Fall  von  Arsenvergiftung  berichtet  C.  Hödl- 
mo  ser  (Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  37),  über  2  Fälle  von  Fliegen- 
steinvergiftung  (Arsenkobalt)  H.  D^ri  (Pester  med.  Presse 
Nr.  42).  Von  den  letzteren  Fällen,  in  denen  das  Gift  durch  Ver- 
wechselung mit  Aloe  genommen  war,  wäre  der  eine  der  paralytischen 
Form  der  Arsenvergiftung  zuzurechnen,  dabei  aber  die  starke  Ent- 
wickelung  von  Krämpfen   hervorzuheben,   während  der  zweite  den 


—  mit 

Arsen, 

Hödlmoser, 

D6ri. 


678  Gottlieb. 

Vergiftung  häufigeren  choleriformen  Typus  der  Vergiftung  zeigt.  —  C.  Binz  und 
."^  C.  Laar   (Archiv   f.    exp.  Pathol.  u.  Pharmakol.  Bd.  41)  haben  die 

Binz  n.  Laar.  Oxydation  der  arsenigen  Säure  im  Organismus  verfolgt  und  konnten 
das  Resultat  früherer  Untersuchungen,  dass  arsenige  Säure  im  Harn 
zum  grossen  Theile  als  Arsensäure  erscheint,  dahin  erweitem,  dass 
neben  Arsensäure  arsenige  Säure  nur  in  äusserst  geringer  Menge 
ausgeschieden  wird.  Wo  diese  Oxydation  vor  sich  geht,  ist  noch 
zweifelhaft;  es  ist  aber  wahrscheinlich,  dass  dem  menschlichen 
Harn  der  arsenigen  Säure  gegenüber  oxydirende  Fähigkeit  zukommt. 

üeber  das  Verhalten  und  den  Nachweis  des  Schwefel- 
-mit       wassersto  f  f  s  im  Blute  hat  E.  Meyer  im  pharmakologischen  In- 

Schwefel-    gtitut  zu  Halle  interessante  Untersuchungen  angestellt  (Arch.  f.  exp. 

£  Meyer  '  ^^^^^l-  ^-  Pliarmakol.  Bd.  41).  Der  chemische  Nachweis  im  Blute 
erwies  sich  in  Reagensglasversuchen  als  mehr  als  lOmal  so  empfind- 
lich, als  der  spectroskopische  Nachweis  des  Sulfhämoglobinstreifens 
im  Roth.  Für  die  Praxis  ergibt  sich  daraus  die  Forderung,  sich 
mit  dem  negativen  Ausfall  des  spectroskopischen  Nachweises  nicht 
zu  begnügen.  Der  chemische  Nachweis  im  Blute  kann  entweder 
durch  alkalisches  Bleipapier  geführt  werden,  oder  weit  schärfer  durch 
das  Hindurchleiten  eines  Luftstromes  durch  die  Blutprobe  und  vou 
da  durch  eine  salzsaure  Lösung  von  p-Amidodimethylanilin  und  Eisen- 
chlorid, in  der  sich  bei  Gegenwart  von  H^S  sogleich  Methylenblau 
bildet.  Weitere  Versuche  ergaben,  dass  der  H2S  im  Blute  in  dop- 
pelter Weise  gebunden  ist,  einmal  als  Schwefelalkali  im  Serum,  aus 
welch'  lockerer  Bindimg  er  durch  Durchleiten  von  Luft  oder  CO-^ 
vollständig  befreit  werden  kann ;  dann  abei'  als  fest  gebundener  H.^ 
im  Sulf hämoglobin ,  aus  welcher  Verbindung  er  erst  durch  HCl  ab- 
gehalten werden  kann.  Bei  Zusatz  von  wenig  HjS  zum  Blute  ist 
derselbe  nur  an  Alkali  gebimden;  erst  bei  Zusatz  grösserer  Mengen 
wird  Sulf  hämoglobin  nachweisbar.  Thierversuche  zeigen,  dass  der 
HjS  in  lockerer  Bindung  vöUig  ausreicht,  um  tödtliche  Vergiftung 
herbeizuführen,  der  Sulf  hämoglobinstreifen  wird  erst  nachweisbar, 
wenn  die  Thiere  eine  sehr  concentrirte  H2S-Atmosphäre  eingeathmet 
haben.  Für  den  Nachweis  der  Vergiftung  ist  von  Bedeutung,  dass 
der  H2S  wieder  aus  dem  Blute  verschwinden  kann,  wenn  die  Thiere 
auch  nur  kurze  Zeit  vor  dem  Tode  noch  reine  Luft  geathmet 
haben. 

M.  Laub  berichtet  über  Glykosurie  bei  Phosphorvergif- 
tung (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  37).  Das  ziemlich  seltene  Sym- 
ptom der  Glykosurie  war  2  beobachteten  Fällen  gemeinsam  und  trat 


Arzneimittellehre  und  Toxikologie.  679 

bei  einer  Patientin  am  4.  und  11.,  in  dem  anderen  Falle  am  7.  und       —  mit 
8.  Kranklieitstage  vorübergehend  auf;  der  Verf.  macht  die  Deutung   ^^J^sphor, 
dieser  Zuckerausscheidung  als  alimentäre  Glykosurie  durch  Versagen 
der  Leber  als  Glykogenreservoir  auf  der  Höhe  der  Leberveränderungen 
sehr  wahrscheinHch. 

La  einer  sehr  wichtigen  experimentellen  Untersuchung  über  die 
Bildung  von  Fett  im  Organismus  bei  Phosphorvergiftung 
hat  0.  Polimanti  (Pflüger 's  Archiv  Bd.  70)  im  Laboratorium  von  Polimanti. 
Zuntz  (Berlin)  die  für  die  Stoffwechselphysiologie  bedeutungsvolle 
Frage  bearbeitet,  ob  in  den  Geweben  der  mit  Phosphor  vergifteten 
Thiere  in  der  That  eine  Fettbildung  aus  Eiweiss  eintritt,  die  den 
einzigen  einwandsfrei  nachgewiesenen  Fall  der  Fettbildung  aus  Eiweiss 
überhaupt  bedeuten  würde.  Die  bisher  über  diese  Frage  angestellten 
Untersuchungen  waren  nicht  eindeutig,  da  nur  die  bekannten  L eo- 
schen Versuche  an  Fröschen  eine  Zunahme  der  Gesammtmenge  des 
im  Körper  enthaltenen  Fettes  bei  den  P-Thieren  im  Vergleiche  mit 
normalen  nachwiesen,  während  bei  allen  anderen  Versuchen  der  Ein- 
wand einer  Einwanderung  von  Fett  in  das  degenerirende  Gewebe, 
dessen  Fettgehalt  bestimmt  wurde,  bestehen  bleibt.  Leo's  Versuche 
aber  hatten  eine  so  geringe  Steigerung  des  Fettgehalts  der  P-ver- 
gifteten  Thiere  ergeben  (im  Mittel  0,65  ^/o),  dass  dieselbe  mit  Eück- 
sicht  auf  die  neueren  Arbeiten  über  die  Schwierigkeit  exacter  Fett- 
bestimmungen in  den  Geweben  zweifelhaft  erscheint.  Polimanti 
hat  deshalb  diese  Versuche  Leo's,  in  denen  individuelle  Schwan- 
kungen der  Versuchsthiere  nicht  ausgeschlossen  waren,  wiederholt 
und  dabei  eine  wichtige  Fehlerquelle  vermieden,  indem  er  die  den 
individuellen  Schwankungen  am  meisten  ausgesetzten  Fettmengen, 
die  sog.  Fettkörper  und  Geschlechtsdrüsen  der  Frösche  vor  dem  Ver- 
suche operativ  entfernte.  Leber,  Centralnervensystem  und  der  übrige 
Körper  der  Thiere  wurde  getrennt  mit  sehr  exacten  Methoden  auf 
den  Fettgehalt  untersucht.  In  allen  Versuchen  trat  die  Wirkung 
des  P  eindeutig  hervor,  indem  die  vergifteten  Thiere  in  der  Trocken- 
substanz ihres  Leibes  stets  mehr  Fett  enthielten,  als  die  Control- 
thiere,  im  Mittel  5,51  °/o  gegen  4,47  °/o.  Diese  Zunahme  ist  zu  gross, 
als  dass  sie  nur  auf  Fettbildung  aus  Glykogen  bezogen  werden 
könnte;  es  muss  zweifellos  eine  Neubildung  von  Fett  aus  Eiweiss 
unter  der  Einwirkimg  des  Phosphors  stattgefunden  haben.  Gleich- 
zeitig nimmt  auch  der  Wassergehalt  der  Organe  bedeutend  zu.  Nur 
das  Centralnervensystem  betheiligt  sich  nicht  an  diesen  Verände- 
rungen durch  Phosphor  und  behauptet  wie  im  Hungerzustande 
besten  seine  constante  Zusammensetzung. 


680  GottHeb. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

J.  Berendes,  Geschichte  der  Pharmacie.    Leipzig. 

H.  Bunzel,  Die  künstlichen  Fiebermittel.     Stuttgart. 

0.  DornblÜth,  Die  Arzneimittel  der  heatigen  Medicin.  Mit  therapeu- 
tischen Notizen,  zusammengestellt  für  practische  Aerzte  und  Stu- 
dirende  der  Medicin.    8.  Aufl.     Würzburg. 

G.  Dragendorff,  Die  Heilpflanzen  der  verschiedenen  Völker  und  Zeiten» 
ihre  Anwendung,  wesentlichen  Bestandtheile  und  Geschichte.  Ein 
Handbuch  für  Aerzte,  Apotheker,  Botaniker  und  Droguisten.  Stutt- 
gart. 

CA.  Ewald,  Handbuch  der  allgemeinen  und  speciellen  ArzneiTcrordnungs- 
lehre:  Auf  Grundlage  des  Arzneibuches  f.  d.  Deutsche  Reich  und 
der  fremden  neuesten  Pharmakopoen.     13.  Aufl.    Berlin. 

A.  Gilbert  et  P.  Garnot,  L^opoth^rapie.    Paris. 

Köhler's  neueste  und  wichtigste  Medicinalpflanzen.  In  naturgetreuen  Ab- 
bildungen mit  kurz  erklärendem  Texte.  Ergänzungsband.  Heraus- 
gegeben von  Dr.  M.  Vogtherr.     Gera-Üntermhaus. 

A.  Eos  sei,  Leitfaden  für  medicinisch-chemische  Curse.    4.  Aufl.    Berlin. 

J.  Lindenmayer,  Die  Vergiftungen,  deren  Erkennung,  Vorbeugung  und 
das  gegen  sie  gerichtete  Heilverfahren.  Tabellarisch  dargestellt. 
Wien. 

Nesemann,  Die  dem  freien  Verkehr  entzogenen  und  überlassenen  Arznei- 
mittel.   Breslau. 

H.  Schulz,  Pharmakotherapie. 


xn. 

Greiiclitliclie  Medicin. 

Von  Dr.  Georg  Fnppe^  Privatdocent  an  der  Universität  Berlin. 

I«  AUgremeines« 

Kockel  (Die  gegenwärtige  Bedeutung  der  gerichtlichen      Gegen- 
Medicin.     Antrittsvorlesung.    Leipzig)   bejaht  die   Frage  pach  der     w artige 
Nothwendigkeit  der  gerichtlichen   Medicin  als   besonderes    Special-  ^^^  gericht- 
fach, bespricht  sodann  die  Leistungen  und  Fortschritte,  welche  sie       liehen 
zu  verzeichnen  hat    und  die  durchaus  mit  denjenigen  anderer  Ge-     ^^^^^J"** 
biete    der   Medicin    sich   auf  gleicher   Höhe    befinden,    und   befür- 
wortet endlich  eine  Ausdehnung  des  Gebietes  der  gerichtlichen  Me- 
dicin in  dem  Sinne,   dass  die  dem  Arzt  nothwendigen  Kapitel  der 
socialpolitischen  Gesetzgebung,  insbesondere  der  Unfallversicherung, 
mit  hineinbezogen  werden. 

In   ähnlicher  Weise   spricht  sich   Puppe  (Gerichtliche  Me-  Gerichtliche 

dicin    und    Gesetzeskunde   für   Mediciner.     Aerztl.   Sachver-  *^®^*ßi"  ^°^ 

Gesetzes- 

ständigen-Zeitung  Nr.  20)  für  eine  Erweiterung  des  Programms  der    künde  für 
gerichtlichen  Medicin  aus;  er  wünscht  aber  nicht  allein  einen  Unter-    Mediciner, 
rieht  in  der  socialpolitischen  Gesetzgebung,  verlangt  vielmehr  einen         ^^^^* 
Unterricht  in  der  Gesetzeskunde  für  Mediciner  überhaupt,   der  von 
Seiten  der  gerichtlichen  Medicin  zu  erfolgen  habe.    Straf-  und  civil- 
rechtliche  Verhältnisse  des  Arztes,   Medicinal-   und   Sanitätspolizei, 
socialpolitische  Gesetzgebung  sollen   die   Hauptkapitel   dieser    „Ge- 
setzeskunde  für  Mediciner"   bilden.     Verf.  befürwortet  weiter  einen 
obligatorischen  Unterricht  in  dieser  dergestalt  erweiterten  gericht- 
lichen Medicin,   Prüfung  im  StaÄtsexamen  in  diesem  Gebiete,   Er- 
richtung   von   gerichtlich-medicinischen   Instituten,    deren   jetzt   in 
Deutschland  ein  einziges  besteht;  das  Material  derselben  sollen  bilden: 


682 


Puppe. 


Fort- 

bildungs- 

carse, 

Dreising. 


gerichtliche  Obductionen ,  sanitätspolizeiliche  Obductionen  (bei  allen 
Fällen  von  plötzlichem  Tod),  gerichtsärztliche  Untersuchungen  an 
Lebenden,  Unfall-  und  Invaliditätsuntersuchungen,  forensische  Blut- 
und  Haaruntersuchungen.  Verf.  legt  endlich  die  Nothwendigkeit  von 
Fortbildungscursen  für  Physiker  im  Gebiet  der  gerichtlichen  Medicin 
dar.  Dieselben  hätten  in  den  gerichtlich-medicinischen  Instituten 
stattzufinden;  sie  bilden  ein  Analogen  zu  den  psychiatrischen  Fort- 
bildungscursen der  Physiker. 

Für  den  letzterwähnten  Vorschlag  von  Fortbildungscursen 
tritt  auch  Dreising  (Genügen  die  bisherigen  Fortbildungscurse? 
Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  5)  ein. 


Florence- 

Bche 

Sperma- 

reaction, 

Gumprecht, 


II.  Zweifelhafte  geschlechtliche  Yerhältnlsse. 

Die  Erörterungen  über  die  von  Florence  angegebene  Sperma- 
reaction  dauerten  im  Berichtsjahr  noch  fort.  Gumprecht  (Ueber 
das  Wesen  der  Jodreaction  [Florence'sche  Heaction]  im 
Sperma  und  ausserhalb  desselben.  Centralbl.  f.  allg.  Pathol. 
u.  pathol.  Anat.  Bd.  9,  Nr.  14  u.  15)  fand,  dass  die  Beaction  durch 
eine  gewisse  Stufe  des  Lecithinzerfalls  bedingt  ist,  eben  jene  Stufe, 
in  welcher  Cholin  auftritt.  Im  Sperma  ist  dieser  Zersetzungsgrad 
physiologisch  vorhanden,  in  anderen  lecithinhaltigen  Stoffen  kann  er 
künstlich  durch  Ba(0H)2  oder  durch  Päulniss  hervorgerufen  werden. 
Weiteres  Fortschreiten  der  Fäulniss  lässt  die  Beaction  nicht  mehr 
Gongales-Cruz,  eintreten.  —  Nach  Gon9ales-Cruz  (Annales  d'hyg.  publ.  et  de 
m6d.  leg.  Nr.  2)  tritt  die  Beaction  noch  bei  einer  Verdünnung  des 
Spermas  von  1 :  350  auf,  bei  1 :  400  nicht  mehr.  Beimengungen  von 
Blut  und  Harn  hemmen  den  Eintritt  der  Beaction  oder  heben  ihn 
ganz  auf;  Eiter,  Fäces,  Vaginalsecret  verhalten  sich  indifferent.  — 
Beumer  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  49)  empfiehlt,  wie  es 
schon  B  i  c  h  t  e  r  gethan  hatte,  die  F 1  o  r  e  n  c  e'sche  Beaction  als  Vor- 
probe bei  Untersuchung  auf  Sperma  zu  benutzen.  Fällt  sie  negativ  aus, 
so  ist  die  weitere  Untersuchung  überflüssig;  ist  sie  positiv,  so  muss 
der  Nachweis  der  Sj)ermatozoen  geführt  werden. 


Beumer. 


Gonokokken* 

nachweis, 
Steinschneider. 


Steinschneider  (Aerztl.  Sachverst.-Ztg.  Nr.  6)  hält  den  Nach- 
weis von  Gonokokken  für  erbracht,  wenn  er  in  einem  aus  den 
Genitalien  stammenden  Secret  intracellulare  Diplokokken  von  Kaffee- 
bohnenform mikroskopisch  nachweisen  kann,  die  sich  nach  Gram  ent- 
färben. Neisser  vertritt  eben  dieselbe  Ansicht,  dass  unter  den  ange- 
führten Bedingungen  lediglich  der  mikroskopische  Nachwels  genüge. 


Gerichtliche  Medicin.  683 

Im  Anschloss  an  einen  forensisch  interessanten  Fall  (eine  Heb- 
amme behauptet  gegenüber  der  Anschuldigung:  sie  habe  einen  in- 
strumentellen  Abort  eingeleitet,  dass  sie  katheterisirt  habe)  unter- 
suchte   Calman    (Sensibilitätsprüfungen    am    weiblichen  SenüiblUtHt 

Grenitale   nach   forensischen   Gesichtspunkten.     Arch.  f.        .^.*'/. 

.  .  .  T\i'         m  welbllohoii 

Gjmäk.  Bd.  55,  H.  2)  Ortssmn,   Tastsmn,   Drucksmn ,  Temperatur-  Genitalien 

sinn  und  das  Schmerzgefühl  der  weiblichen  Genitalien  und  der  weib-       Oalman. 

liehen  Hamorgane.    Orts-  und  Tastsinn  fand  er  im  ganzen  in  beiden 

Gegenden  herabgesetzt,  der  Drucksinn  erwies  sich  in  der  Hamriihre 

als    ziemlich   gut  entwickelt,   in   der   Scheide   als  herabgesetzt,    im 

Uterus   und  an   der  Aussenseite  der  Portio  war  er  überhaupt  nicht 

nachzuweisen.     Der  Temperatursinn   ist  in  der  Harnröhre   ziemlich 

deutlich  vorhanden,   in  der  Scheide  ist  er  schwach  ausgebildet,   an 

der   Portio   und   dem  Uterusinnern  fehlt   er  vollständig.     Schmerz- 

empfindung  ist   in  der  Harnröhre  ziemlich  lebhaft,  in  der  Scheide, 

der  Portio  und  im  Cervicalkanal  nur  massig,  im  Cavum  uteri  häufig 

deutlich  auszulösen.    Endlich  fand  Calman,  dass  Ausspülungen  mit 

Desinficientien  die  Sensibilität  der  Scheide  herabsetzen. 

III.  Ter^iftiiiiiren  >). 

In   einer  sehr  ausführlichen,   231  Beobachtungen  um£asHenden 
Zusammenstellung  berichtet   Lesser   (Vierteljahrsschr.    f.    gerichtl.  Vertheilu».«? 
Med.  u.  öffentl.  San.-Wes.  Bd.  14,  H.  2;   Bd.  15,  H.  1  u.  2:  Bd.  10,    /*;,^*'^* 
H.  1)  über  die  Vertheilung  der  Gifte  im  Körper.    Steine  Mit-       l^wtrt. 
theilungen  betreffen  Arsen,  Arsenwasserstoff,  Alkohol,  Opium,  31  or- 
phium,  Phosphor,  Strychnin,  Carbolsäure,  chlorsaures  Kalium,  Cyau- 
kali  und  Blausäure,  Chloroform,  Zuckersäure,  Schwefelnäuni,  Salz- 
säure,  salpetrige  Säure,   Natronlauge,   Ammoniak,   Sublimat,   Bl<:;i, 
Pilze,   Antimon,  Salpeter,  ßhodankalium ,  Wasnerschifirliiig ,  St^^ch- 
apfel,  Nikotin  und  Petroleum. 

Scherbatscheff  (AnnaL  dTiygif^ne  pubL  et  de  med.  le;r.  Sr.  2)    Kn«*.»*.* 
stellte  Untersuchungen  darüber  an,  wie  lange  A  r  h  <f  n  ,  j><-r  o»^  u  ud    <^  * «  * '  ^  •^  •- 
subcutan  eingeführt,  in  den  einzelnen  Organ^^n  nach  wein  bar  bi'^ibt.  K^L^-rwiUM^r 
Bei  einer  Gabe  von  15  mg  lie»«  sich  Ar^en  nach  83  Tagen  w*;d«fr  im 
Gehirn,  noch  in  der  Leber  nachweisen,  bei  3  cg  na<'h  07  Tajr*^j;  woL! 
im  Gehirn,    nicht   in   den   Knochen,    }^i   6  cg   rjach    106  Th'^*h  ijj 
Knochen  und  Gehirn,  l>ei  9  cg  nach  5  Moitat^ii  ijo'h  in  d<;n  Knv  L*-n, 
Bei  subcutaner  Application  i»t  die  Grenze  d*:r  Xa'Jjwfrir^yörk*  ;t  'rl' »r 

»)  Vergl.  auch  6.  €74  fl. 


684 


Puppe. 


Arien  in 

den  Haaren, 

Schiff. 


Arsen- 

lähmung, 

Tacklam. 


Phosphor- 

lähmung, 

Henschen. 


Inhalation 
der  Dämpfe 

von 

salpetriger 

und  Unter- 

salpeter- 

säure, 

Kockel. 


engere,  insofeme  als  sich  2  cg  nach  77  Tagen  weder  im  Gehirn  Doch 
in  den  Kochen  aufifinden  Hessen.  Jedenfalls  verweilt  Arsen  langer 
im  Körper,  als  man  bisher  annahm.  Pradilectionsorte  sind  Knochen 
und  Gehirn. 

Schiff  (Wiener  klin.  Wochenschr.  Nr.  22)  hat  experimentell 
festgestellt,  dass  Arsen  bei  langdauemder  Darreichung  auch  in  die 
Haare  übergeht.  Auch  bei  einmaligen  acuten  Arsenvergiftungen 
lässt  sich  der  Stoff  in  den  Haaren  nachweisen.  Schiff  ist  auf 
Grund  dieser  Untersuchungen  der  Ansicht,  dass  es  wahrscheinlich 
bei  Hautkrankheiten  eine  derartige  Ablagerung  von  Arsen  in  den 
epidermoidalen  Gebilden  ist,  die  den  therapeutischen  Effect  bedingt. 

Nach  Intoxication  mit  „Mäusegift",  das  arsenige  Säure  ent- 
hielt, stellte  sich  nach  10  Tagen  eine  schlaffe  Lähmung  der 
Streckmusculatur  der  Unterschenkel,  sowie  der  Hand-  und  Vorderarm- 
musculatur  ein,  die  bis  zur  6.  Woche  zunahm,  mit  Entartungsreaction 
einherging  und  femer  mit  miliumartigem  Ausschlag,  Sensibilitäts- 
Störungen  und  Parästhesieen  in  den  betroffenen  Partieen  verbunden 
war.  Heilung  ohne  Defect ;  zuerst  trat  eine  Wiederherstellung  der  sen- 
siblen, dann  der  motorischen  Fimctionen  ein.  (Tacklam,  Archiv  f. 
Psych.  Bd.  31.) 

Nach  einem  wiederholten  Vergiftungsversuch  mit  Phosphor 
bei  einem  70jährigen  Manne  traten  Schmerzen  und  motorische 
Schwäche  der  Beine,  schliesslich  auch  der  Finger  auf;  es  bildete 
sich  eine  Parese  der  Extremitäten  verbunden  mit  Sensibilitätsanoma- 
lieen  aus.     (Henschen,  Neurol.  Centralblatt  Nr.  9.) 

Ein  Arbeiter  hatte  bei  Aufräumungsarbeiten  nach  Platzen  eines 
SalpetersäureballonsDämpf e  von  salpetriger  und  Untersalpeter- 
säure eingeathmet;  er  klagte  zunächst  nur  über  Hustenreiz  und 
Trockenheit  im  Halse.  Nach  6  Stimden  stellten  sich  Dyspnoe  und 
Cyanose  ein,  die  stetig  zunahmen,  bis  der  Exitus  eintrat.  Die  Sec- 
tion  ergab  ausser  Pharyngitis,  Tracheitis,  Bronchitis  und  Stauungs- 
byperämie  der  Nieren  imd  Lungen  nichts  Besonderes.  Thierversuche 
bestätigten  zunächst  die  Angaben  der  Krankengeschichte,  dass  nach 
initialer  Inhalation  der  giftigen  Dämpfe  zunächst  eine  gewisse 
Euphorie  eintritt,  die  dann  von  schweren  zum  Tode  führenden 
Athembeschwerden  gefolgt  ist.  Bei  der  Section  fanden  sich  Oedem 
und  Bronchopneumonie,  sowie  Thrombosirungen  in  den  Lytaph- 
^efftssen.  Blutveränderungen  wurden  bei  diesen  subacut  verlaufenden 
Fällen  nicht  beobachtet.  (Kockel,  Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl. 
Med.  f  öff.  San.-Wes.  H.  1.) 


GerichÜiche  Medidn.  t>?o 

Nach  wiederholtem  Verband  einer  Fingerverletznng  mit  angeb> 
lieh  8^oiger  Carbolsänrelösnng  trat  am  2.  Tage  Gangrän  des 
zweiten  und  dritten  Gliedes  des  betreffenden  Fingers  aof.  Stein-  c*rb^i- 
metz  (Arch.  f.  off.  Gresondheitspflege  in  Elsass-Lothringen  Bd.  8l  fV^J*^ 
Nr.  2)  erörtert  die  Verschiedenartigkeit  des  Entstehens  einer  Ver- 
ätzung durch  Carbolsäure  und  einer  Grangran;  er  tritt  im  übrigen 
dafür  ein,  dass  die  Aqua  carbolisata  dem  Handverkauf  der  Apotheker 
entzogen  werde. 

Bei   einem  Falle   von  plötzHchem  Tod  erhob  sich  der  Verdacht  Angebiick«^ 
einer   Carbolsäurevergiftung,    der  dadurch  Nahrung  erhielt, ^•''"*^*^***'^ 
dass  im  Magen  der  Leiche  0,6  g,  in  Nieren,  Gehirn  und  Leber  eben-     l.  Levü  * 
falls  geringe  Mengen  Carbolsäure  durch  einen  Chemiker  nachgewiesen 
wurden;  die  Section  hatte  im  übrigen  Blutüberfullung  des  Pfortader- 
kreislaufes, des  Gehirns,  sowie  Fettinfiltration  des  Herzens  in  ziem- 
lich   hohem    Grade    ergeben.     Aetzungserscheinungen    fehlten   voll- 
kommen.    Ein  zweiter  zu  Rathe  gezogener  Chemiker  konnte  in  Gre- 
him ,    Leber  und  Nieren  keine    Carbolsäure  nachweisen.     L  e  w  i  n 
(Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  16)   spricht  sich  nach  Erwägung 
der    verschiedenen  Möglichkeiten   entschieden    gegen   die   Annahme 
eines  Carboltodes  aus. 

Ueber  einen  FaU  von  Lysolvergiftung  berichtet  G.  Kluge 

(s.  S.  674). 

Ein  32  Jahre  alter  Mann  hatte  sich  einen  Kartoffelsalat  mit  Essigessenz, 
Essigessenz  bereitet,  denselben  gegessen  und  die  übrig  bleibende  Kluge. 
Flüssigkeit  nachher  getrunken.  Wenige  Stunden  nachher  erkrankte 
er  mit  Leibschmerzen,  Erbrechen  und  Durchfall.  Bald  danach  trat 
Collaps  ein,  von  dem  sich  der  Patient  etwas  erholte.  Die  Diarrhöen 
dauerten  an,  unter  Somnolenz  trat  der  Tod  ein.  Die  Section  konnte 
sich  nur  auf  den  Magen  erstrecken;  sie  ergab  eine  dunkelgraue  Fär- 
bung der  Schleimhaut,  Schwellung  und  Ekchymosirung.  (G.  Kluge, 
Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  22.)  Die  benutzte  Speiseessigessenz 
ist  eine  Essigsäure  von  stark  corrosiver  Wirkung,  die  durch  Karamel 
braun  gefärbt  ist. 

Ten  holt  (Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  15)  beschreibt  ausführ- 
lich die  Katastrophe  auf  der  Zeche  Carolinenglück  bei  Bochum, 
die  115  Opfer  erforderte.  Es  handelte  sich  um  eine  Combination 
verschiedener  Schädlichkeiten :  1.  E2q)losion  schlagender  Wetter.  Ge- 
mische von  CH4  mit  atmosphärischer  Luft  von  1 — 4  *^/o  sind  unschäd- 


686  Puppe. 

Katast lopbelich,    bei  5 — 10 ^/o    stellt   sich   starke   Explosionsfähigkeit  ein ,   bei 
auf  der      höherem  Gehalt  nimmt  letztere  wieder  ab.   2.  Kohlenstaubexplosion. 
Carolinen-    ^'  Griftiger  Nachtschwaden ,   bestehend  aus  Wasserdampf,  Kohlen- 
glück bei     säure,  Stickstoff  und  vor  aUem  als  Product  der  Kohlenstaubexplosion 
T°nh  u™'     KoWenoxyd.     Die  Opfer  der  Katastrophe  lassen  sich  in  drei  Kate- 
gorieen  theilen:    1.  Verbrennungen  mit   Einsprengung  von  Kohlen- 
staub in  die  Haut.     2.  Schwere  Knochenverletzungen  zugleich   mit 
Erscheinungen  wie  1  und  3.  Kohlenoxydvergiftungen.. 

Versuche,  eine  Differentialdiagnose  zwischen  Leucht- 
gas-  und  Kohlendunstvergiftung  zu  stellen,   sind  mehrfach 
gemacht,  aber  bislang  immer  fehlgeschlagen.    Das  Princip   des  von 
Differential- Gon9ale  s-C  r  u  z  beschriebenen  Verfahrens  erscheint  als  ein  brauchbares, 
diagnose     ^g  gebeint  die  Möglichkeit  zu  gestatten,  die  Methode  auch  in  forensi- 
Leuchtgas-   sehen  FäUen  zu  verwerthen.     Entzieht  man   dem  Blute  im  Vacuum 
wnd         seinen  Gehalt  an  absorbirten  Gasen  und  schaltet  0,  CO  und  COj  aus, 
duns^^       so  wird,  wenn  es  sich  um  eine  Leuchtgasvergiftung  handelt,  durch  den 
Vergiftung,  durchschlagenden  elektrischen  Funken  aus  den  im  Leuchtgas  enthal- 
Gon^ales-Cruz.  ^enen  Kohlenwasserstoffen  Acetylen  gebildet,  das  sich  durch  ammonia- 
kalisches  Kupferchlorür  als  rothes  Präcipitat  nachweisen  lässt.    Bei 
Thieren,  die  mit  Holz-,  Anthracit-  und  Kookskohlendunst  vergiftet 
waren,  entstand  nie  Acetylen,  bei  Thieren,  welche  durch  Leuchtgas 
vergiftet  waren,  lieferte  das  Verfahren  stets  positive  Resultate.  (Ann. 
d'hyg.  publ.  et  de  m6d.  leg.  Nr.  B.) 

Blausäure-  In  der  Vierteljahrsschrift  für  gerichtliche  Medicin  und  öffent- 

**°k  r  ^^^®^  Sanitätswesen  H.  1   gibt  Kuhlmey  eine   erschöpfende  Dar- 

vergiftuug,  Stellung  der  Blausäure-  und  Cyankaliumvergiftung  vom  ge- 

Kuhlmey.  rieht särztlichen  Standpunkte,  ohne  wesentlich  Neues  zu  bringen. 

Chronische  Ein  Arzt  nahm  häufig  bittere  Mandeln  enthaltendes  Gebäck   zu 

Blau  saure-  gj^j^.  ^^^  stellten  sich  Abgeschlagenheit,  physische  und  psychische 
Boddaert.  '  Schwäche,  Kopfschmerz,  Frostgefiihl,  fibrilläre  Muskelzuckungen 
ein,  Erscheinungen,  die  nach  Aussetzen  der  betreffenden  Nahrungs- 
mittel abnahmen ;  abends  traten  die  Symptome  im  allgemeinen  stärker 
auf.  Die  Untersuchung  des  Gebäcks  hatte  nun  das  interessante  Er- 
gebniss,  dass  gar  nicht  bittere  Mandeln  in  ihm  enthalten  waren,  son- 
dern blausäurehaltige  feingepulverte  Nüsse.  Aus  den  Beob- 
achtungen  geht  hervor,  dass  keine  Gewöhnung  an  das  Gift  eintritt^ 
dass  dasselbe  langsam  ausgeschieden  wird,  und  endlich,  dass  durch 
den  Backprocess  nicht  alle  Blausäure  entfernt  wird.  (Boddaert, 
Annal.  de  la  soc.  de  m^d.  l^g.  de  Belgique.) 


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688  Puppe. 

Chloroform-  richtet  über  Thierversuche,  sowie  über  forensische  Fälle,  aus  denen 
n a r k 0 8 e,  hervorgeht,  dass  die  Chloroformnarkose  selbst  noch  einige  Tage 
nachher  durch  Erzeugung  degenerativer  Vorgänge  in  den  Organen 
letal  werden  kann.  Auch  der  Gebrauch  des  reinsten  Chloroforms, 
sowie  die  Befolgung  der  verschiedensten  Methoden  und  Apparate 
zur  Narkose  kann  diese  Veränderungen  nicht  hintanhalten.  Die 
Wahl  des  Chloroforms  als  Mittel  zur  Narkose  kann  dem  Arzt  nicht 
zum  Vorwurf  gemacht  werden,  da  auch  die  anderen  Inhalation»- 
Anästhetica  nichts  weniger  wie  gefahrlos  sind;  der  Nachweis  des 
ursächlichen  Zusammenhanges  zwischen  einer  etwaigen  Incorrectheit 
bei  der  Narkose  und  dem  Exitus  wird  ebenfalls  in  der  Regel  nicht 
zu  fahren  sein,  da  auch  bei  einer  technisch  einwandfreien  Narkose 
der  Exitus  eintreten  kann,  ohne  dass  ein  Verschulden  vorliegt. 

ßromoform-  Die  von  Resch   mitgetheilte  Bromoformvergiftung  kam 

Vergiftung,  ^^   ^^j.  -^^gigg   ^u   Stande,    dass    ein    5^2    Jahre   altes    Kind   etwa 

1^/2  g  Bromoform  trank.  Nach  einer  Viertelstunde  fiel  es  rück- 
wärts auf  den  Stuhl  und  begann  zu  schlafen;  die  Athmung  war 
schwankend.  Auf  Anrufen  wachgeworden,  suchte  es  das  Bett 
auf  und  verfiel  alsbald  in  einen  tiefen  Schlaf,  während  die  Athmung 
zeitweise  aussetzte.  Der  Arzt  fand  das  Kind  in  diesem  Zustande. 
Athmung  oberflächlich,  beschleunigt,  frequenter,  kaum  fühlbarer,  un- 
regelmässiger Puls,  reactionslos ,  weite  Papillen,  kühle  Haut.  Der 
Athem  roch  stark  nach  Bromoform.  Patellarreflexe  aufgehoben. 
Nach  Anwendung  von  Excitantien  ging  der  Collaps  vorüber;  es  er- 
folgte vollkommene  Heilung.  (Archiv  f.  öff.  Gesundheitspflege  in 
Elsass-Lothringen  Nr.  2.) 

Jodoform-  Schlesinger   (AUg.   Zeitschr.   f.   Psychiatrie  Bd.  54.)   unter- 

psychosen,  gcheidet  drei  Gruppen  von  psychischen  Störungen,  die  infolge  von 
Jodoform  Vergiftung  auftraten:  1.  Fälle,  die  unter  dem  Bilde 
einer  ängstlichen  Unruhe  verlaufen;  dieselbe  äussert  sich  in  motori- 
scher Erregung  oder  in  ängstlicher  depressiver  Aifectänderung. 
Nervöse  Störungen,  wie  Schlaflosigkeit,  Schwindel,  Kopfschmerz, 
Ohrensausen,  Appetitlosigkeit,  Lichtscheu  bestehen  häufig  daneben. 
Der  Puls  ist  klein,  frequent,  oft  besteht  Albuminurie.  Dauer  dieser 
Störungen  stunden-  bis  wochenlang.  2.  Fälle,  die  unter  dem  Bude 
der  acuten  Verworrenheit  verlaufen,  Tobsuchts-  oder  Stuporanf&Ue 
können  eintreten,  verbunden  mit  Gesichtshallucinationen.  Neben  den 
nervösen  Störungen  der  ersten  Gruppe  können  bestehen  Icterus, 
Hautjucken,  Erbrechen  imd  Hämaturie.     Dauer  der  schweren  Sym- 


Gerichtliche  Medicin.  689 

ptome  5 — 8  Tage,  die  Reconvalescenz  kann  sich  monatelang  hin- 
ziehen. 3.  Comatös-meningitische  Form ;  sie  befelllt  meist  jugendliche 
Personen  und  setzt  am  2.  Abend  post  operationem  ein.  Prognose 
quoad  vitam  bei  2  und  3  zweifelhaft.  Grössere  Mengen  von  Jodo- 
form sind  nicht  maassgebend  für  den  Eintritt  der  Vergiftungserschei- 
nungen.  Zur  Erklärung  der  giftigen  Wirkung  des  Jodoforms  ziehen 
manche  Autoren  die  Wirkung  des  nicht  durch  Blutbasen  gebundenen 
Jods  heran,  andere  glauben  an  eine  dem  Chloroform  analoge  Wir- 
kung, eine  Auffassung,  für  die  der  Befund  von  degenerativen  Ver- 
änderungen der  Organe  spricht. 

Infolge   einer   Verwechselung   von   Arzneien   in   der   Apotheke   Morphium- 
hatten ein  2  Jahre  resp.  9  Monate  altes  Kind  0,02  resp.  0,014  Mor-  ^«'ff  ""^e 

^  ,  .  l>ci  zwei 

phium  per  os  genommen.    Nach  einer  Stunde  wurde  die  Verwechse-     Kindern, 
lung  bemerkt,  der  Arzt  fand  beide  Kinder  soporös  mit  Stecknadel-    Hirschberg, 
köpf  grossen  Pupillen.     Magenausspülungen,   kalte  üebergiessungen, 
Cssigwasserklystiere  besserten  den  Zustand,  so  dass  6  Stimden  nach 
der  Vergiftung  jede  Gefahr  beseitigt  war.  Atropin  wurde  nicht  ge- 
geben.    (Hirschberg,  Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  1.) 

Im  Gegensatz  zum  eben  angeführten  Fall  traten  bei  2  kräftigen   Morphium- 
erwachsenen Individuen  Intoxicationserscheinuneen  nach  medicinalen  Vergiftung 

,  bei  zwei 

Gaben  von  Morphium  auf,  die  spontan  wieder  vorübergingen.  Auf-     Erwach- 
fallend war  bei  beiden  Patienten  ein  unaufhörlicher  quälender  Juck-       ^.?°f'^' 
reiz  an  der  Nase.     (Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  3.) 


Müller. 


Schenk  gibt  in  der  Deutschen  Medicinal-Zeitung  Nr.  60 — 62   Opium  und 
eine    zusammenfassende  Darstellung  der   Lehre  von  der  Opium-    .if^l*^?, 

AI  KAlOluei 

Vergiftung,    sowie  besonders  den  durch  Morphin ,    Codein  und       Schenk. 
Narcein  bedingten  Intoxicationen. 

Ein   Gichtiker    hatte   in    einer   Nacht    eine    volle   Flasche    des    Colchicin 

Mylius'schen  LiquorColchicicompositus  (0,6  ®/o  Colchicin  ent-  ^  ^j^  *"  ^^^  ^  ^ 

haltend,  im  ganzen  ca.  150g)  ausgetrunken  und  war  wenige  Stun-     Coichici 

den    darauf  an    schwerer   Gastroenteritis   erkrankt,    die   Darment-  compositus), 

leerungen  wurden  blutig,   kolikartige  Schmerzen,   Tenesmus  stellte 

sich  ein,  der  Puls  war  fadenförmig,  verlangsamt.    24  Stunden  nach 

dem  Beginn  der  Vergiftimgserscheinungen  trat  der  Tod  ein.    Kor- 

nalewski  (Beilage  zur  Zeitschrift  f.  Med.-Beamte)  macht 

aufinerksam,  dass  das  obige  Geheimmittel  für  den  Grosshj 

gegeben,    aber  nun   sub  forma   Grosshandel  tiberall   zu 
Jahrburh  der  practischen  Medicin.    1899. 


690  Puppe. 

er  empfiehlt  die  Annahme  einer  Bestimmung,  dass  die  Abgabe  von 
Giften,  auch  im  Grosshandel,  an  Nichtwiederverkäufer  überhaupt 
verboten  sein  soUe. 

Tödtiich  Bei  einer  an  Mammacarcinom-Recidiv  erkrankten  Frau  wurden 

ver  aufene  annähernd  0,5  des  Extr.  Chelidonii  maioris  subcutan  iniicirt: 

Vergiftung      ....  .,.  v  J» 

durch  Extr.  die  Patientin  ging  kurze  Zeit  (wenige  Stunden)  nachher  zu  Grunde, 

Chelidonii  nachdem  Unruhe,  Schmerzen,  Frost  sich  eingestellt  hatten.     Guts- 

Gutsmuths.     niuths  (Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  3)  bejaht  den  ursächlichen 

Zusammenhang  zwischen  Injection  und  Tod,  den  betreffenden  Arzt 

trifft  indess  kein  Verschulden,  da  er  keine  unerlaubt  hohe  Dosis  an- 

gewandt  habe. 

IT.  Kfndesmord. 

Vagi  tu  B  Im  Anschluss   an  einen  selbstbeobachteten  Fall  legt  T  h  o  r  n 

und^er^ter  (S^^^^l-  klin.  Vortrage  Nr.  189)  dar,  dass  erster  Schrei  und 
Athemzug,  ersterAthemzug  keineswegs  zusammenfallen  müssen .  Vier Fac> 
Thom.  toren:  Luft  im  Uterus,  Störung  des  placentaren  Kreislaufes,  äusserer 
Reiz,  gesteigerte  Erregbarkeit  des  Athemcentrums ,  sind  im  allge- 
meinen für  das  Zustandekommen  des  Vagitus  uterinus  erforderlich. 
Thorn's  Fall  zeichnet  sich  dem  gegenüber  dadurch  aus,  dass  eine 
Störung  der  placentaren  Athmung  fehlte  und  dass  nur  ein  mach- 
tiger Beiz  auf  Körperoberfläche  und  Athemwege  des  Fötus  durch 
eindringende  Luft  ausgeübt  wurde,  der  den  exspiratorisch  erfolgen- 
den Vagitus  auslöste. 

Meiäna  Ein  Neugeborenes  starb  5  Tage  post  partum  an  Meläna;    die 

™^*  *Yh  ^^'  Autopsie  ergab  an  der  Uebergangsstelle  von  der  Cardia  in  denOeso- 

11  ehern  Sitz  phagus  inmitten  einer  erbsengrossen  gerötheten  Partie  zwei  steck- 

der         nadelkopfgrosse    seichte    Substanzverluste    mit    scharfen    Bändern. 

aue^ie^*     Mikroskopisch  erwies  sich  die  Schleimhaut  entzündlich  und  hämor- 

Spiegeiberg.    rhagisch  infiltrirt,  in  oberflächlicher  Nekrose  begriffen.    (Prag.  med. 

Wochenschr.  Nr.  6.)    (Vergl.  auch  den  Fall  von  Rh  ein  er.  S.  415. 

D.  Red.) 

Ciechanowski  (Viertelj .-Schrift  f.  ger.  Med.  u.  off.  San.-Wesen 
H.  4)  theüt  2  Fälle  von  Dickdarmruptur  bei  Neugeborenen 
mit,  einen  selbst  beobachteten  und  einen  bereits  in  polnischer  Sprache 
von  Browicz  veröffentlichten.  In  letzterem  Falle  handelte  es  sich 
um  einen  neugeborenen  Knaben,  der  nur  wenige  Stunden  am  Leben 


Gerichtliche  Medicin.  691 

blieb.  Die  Section  ergab  Peritonitis,  der  Dickdarm  war  der  Bauch-  Darmruptur 
wand  angeheftet,  ein  Mesocolon  fehlte,  das  Rectum  zeigte  eine  knie-  bei  Neu- 
förmige  Knickung,  infolge  dessen  bei  Meconiumansammlung  daselbst  ciechanowski 
nicht  die  erforderlichen  Excursionen  seitens  des  Dickdarms  ge- 
schehen konnten,  vielmehr  Nekrose  und  Perforation  erfolgte.  Der  erst- 
erwähnte Fall  betraf  ein  am  4.  Tage  an  Peritonitis  verstorbenes  neu- 
geborenes Mädchen,  das  im  übrigen  durch  eine  einzige  Wehe  ge- 
boren worden  war.  Die  Perforationsstelle  fand  sich  hier  am  linken 
Theile  des  Colon  transversum,  gerade  am  Rippenbogenrand;  der 
davon  lateralwärts  Hegende  Theil  des  Quercolons  und  der  Anfangs- 
theil  des  Colon  descendens  bildeten  eine  A-^rn^igo  Knickung,  die 
leer  war,  während  der  oberhalb  der  Perforation  liegende  Darm- 
abschnitt sich  stark  mit  Inhalt  erfüllt  erwies.  Ciechanowski  ist 
geneigt  anzunehmen,  dass  neben  übermässiger  Meconiumanfullung 
und  abnormen  anatomischen  Verhältnissen  auch  der  überaus  schnelle 
Geburtsvorgang,  der  mit  schroffen  Aenderungen  der  Druckverhält- 
nisse im  Abdomen  einherging,  Schuld  an  der  Perforation  war. 

Kockel  (Ziegler 's  Beiträge  zur  pathol.  Anatomie  und  zur  allg.  Bestimmung 
Pathologie  Bd.  24)   kommt  auf  Grund  seiner  an  45  Neugeborenen         ^^^ 
und  einer  Anzahl  Thiere  angestellten  Untersuchungen  zu  dem  be-        jjeu- 
merkenswerthen  Ergebniss,  dass  eine  Bestimmung  der  Lebens-    geborener 
dauer    Neugeborener    auch    vor    dem    Nabelschnurabfall    *"*"^®'^" 

.  ...       werthung 

möglich  ist.  Als  Anhaltspunkt  nimmt  er  Leukocyteninfiltration  an,  die    der  mikro- 

er  schon  1  Stunde  nach  der  Geburt  an  der  Nabelschnurbasis  in  den  »kopi sehen 

VorfifänfiTO 

alleroberflächlichsten  Lagen  beobachtet  hat.     Luierhalb  der  ersten  beim  Nabei- 
4  Lebensstunden  nimmt  die  Lifiltration  zu,  umfasst  die  Nabelschnur-      schnur- 
basis  ringförmig  und  greift  etwas  mehr  in  die  Tiefe.     Gegen  das      !^^^*^^' 
Ende   des  ersten  Tages  ist  eine  Ausbreitung  der  Ldiltration  nach 
der  Mitte  der  Nabelschnur  zu  beobachten,   so   dass  es  zur  Büdung 
einer  infiltrirten  Platte   kommt,    durch   die   das  bleibende  Gewebe 
gegen  das  abzulösende  begrenzt  wird  und  die  im  Laufe  des  2.  Tages 
noch   deutlicher  wird.     Der   weitere  Verlauf  der  Abstossung   des 
Nabelschnurrestes  lässt  sich  natürlich  auch  mikroskopisch  verfolgen, 
die  Sülze  wird  spätestens  vom  4.  Tage  ab  unter  Kemverlust  auf- 
gelöst.    Der  Schwerpunkt    der  Ergebnisse  liegt  aber  darin,   dass 
man  gerade  innerhalb  der  beiden  ersten  Lebenstage  über  die  Lebens- 
dauer sich  informiren  kann. 

Eine  Magd  wurde  vom  Lande  in  die  Klinik  transportirt,  unter- 
wegs gebar  sie  einen  Knaben,    eine  Begleiterin  durchtrennte  und 


692  Puppe. 

Verblutung  unterband  die  Nabelschnur.     Bei  der  Ankunft  in  der  Klinik  war 
aus  der      ^^^  Band  todt.    Der  Nabelschnurrest  zeigte  eine  sehr  lockere  Unter- 

nnter-  .  .    .  ^^ 

bundenen    bindung,  wie  sofort  in  der  Klinik  festgestellt  wurde.    Entweder  war 

Nabel-  also  die  Unterbindung  zu  locker  angelegt,  oder  durch  Verdunstung 
Dittrich'  ^^^  consecutive  Schrumpfung  des  Nabelschnurrestes  war  ein  Miss- 
verhältniss  zwischen  Ligatur  und  Nabelstrang  eingetreten.  Andere 
Ursachen  der  Blutung  aus  der  unterbundenen  Nabelschnur  können 
sein:  abnormer  Verlauf  und  Bildung  der  Gefesse,  zu  kurz  abge- 
schnittene Nabelschnur,  die  Art  der  Athmung,  insofern  durch  die- 
selbe die  Circulation  beeinflusst  wird,  und  Hämophilie.  (Dittrich, 
Prager  med.  Wochenschr.  Nr.  43  u.  44.) 

Kindesmord  Eine    Schwangere    kommt    heimlich    nieder    und   vergräbt   das 

durch  Kind.  Die  Section  ergibt  ausgiebige  Lungenathmung  sowie  Würg- 
MüUer.  '  spuren  am  Halse,  die  höchstwahrscheinlich  von  der  rechten  Hand 
herrühren.  Angeklagt  suchte  die  betreffende  Person  die  letzteren 
durch  Selbsthülfe  bei  der  Geburt  zu  erklären,  eine  Interpretation, 
die  aber  wegen  der  Lage  der  Hautvertrocknungen  unwahrscheinlich 
war.    (Müller,  Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  10.) 

Noth wendig-  Eine  Nachgeburt  saut opsie  kann  wichtige  Befunde  ergeben, 

keit  der     ^^  Rückschlüsse   auf  den  Geburtsvorcang  gestatten.     So  zeigt  sich 

forensischen,    .   „  .      .  ,.  ©ob  ,       ^t         , 

Nach-       hei  Placenta  praevia  der  vorhegende,  zuerst  von  der  Unterlage  ge- 
geburts-     löste  Abschnitt  der  Placenta  mit  Blutgerinnseln  verfilzt,  der  Eihaut- 

"^Küstne**'  ^^®  S®^*  ^^®  ^^  ^®  Placenta  heran.  Für  vorzeitige  Lösung  der 
Placenta  gibt  abnorme  Kürze  des  Nabelstranges  ein  wichtiges  Kenn- 
zeichen ab.  Bei  asphyktisch  geborenen  Kindern  zeigen  sich  femer 
häufig  an  der  Amniosfläche  der  Placenta  strotzend  gefüllte  Venen. 
Grüngelbliche  (Meconium-)  Färbung  der  Eihäute  und  der  Amnios- 
obei'fläche  der  Placenta  spricht  für  intragenitale  Asphyxie.  Wenn 
Küstner  (Viertelj .-Schrift  f.  ger.  Med.  u.  öffentl.  Sanit.- Wesen  H.  1) 
im  übrigen  meint,  dass  es  sich  um  gewaltsame  Erstickung  handeln 
müsse,  wenn  bei  der  Section  eines  Neugeborenen  die  allgemeinen 
Zeichen  des  Erstickungstods  vorhanden  und  die  Lungen  vollkommen 
lufthaltig  sind,  so  wird  man  ihm  hierin  nicht  beistimmen  können; 
die  Dignität  der  sog.  Zeichen  des  Erstickungstodes  ist  nach  der 
Meinung  maassgebender  Gerichtsärzte  eine  nur  sehr  geringe.  Im 
übrigen  dürfte  sich  gerade  bei  forensischen  Fällen  eine  Nachgeburts- 
autopsie nur  selten  bewerkstelligen  lassen,  weil  erfahrungsgemäss 
in  der  Regel  die  Nachgeburt  nicht  für  die  Untersuchung  zur  Ver- 
fugung steht;  wo  sie  aber  zur  Verfügung  steht,  erfolgt  auch  ihre 
gerichtsärztliche  Autopsie  ohnehin. 


Gerichtliche  Medicin.  693 


Y.  Andere  erewaltsame  Todesarten. 

Puppe  erörtert  in  Dräsche ^8  Bibliothek  der  ges.  med.  Wissen-  Erstickung, 
Schäften  (Band:  Hygiene  und  gerichtliche  Medicin  S.  7B0  ff.)  die  ^"PP® 
Lehre  von  der  Erstickung  im  gerichtsärztlichen  Sinne.  Nach 
einer  Besprechung  der  Definition,  der  Erscheinungen  des  Erstickungs- 
todes und  der  Befunde  an  der  Leiche  wird  für  eine  Einengung  des 
Begriffs  „Erstickung"  plaidirt,  da  nach  der  bisherigen  allgemeinen 
Terminologie  unter  den  Begriff  „Erstickung"  in  gerichtUch-medici- 
nischem  Sinne  jeder  Tod  schliesslich  sich  subsumiren  lasse  imd 
die  Erstickungsbefunde  an  der  Leiche  absolut  nichts  Specifiscbes  an 
sich  haben.  Ein  Gutachten,  welches  weiter  nichts  sagt,  als:  „Der 
Tod  ist  durch  Erstickung  eingetreten ;  eine  Ursache  für  dieselbe  bat 
die  Section  nicht  ergeben,"  würde  besser  ersetzt  durch  die  Fassung: 
„Die  Section  hat  eine  bestimmte  Todesursache  nicht  ergeben".  In 
der  Arbeit  wird  unter  anderem  berichtet  über  Untersuchimgen  be- 
treffend den  Blutgehalt  der  Lungen  bei  verschiedenen  Todesarten, 
aus  denen  hervorgeht,  dass  keineswegs  auch  die  mechanischen  Er- 
stickungsarten  sich  stets  durch  hyperämische  Lungen  auszeichnen. 

Nach   den   bisherigen   Erfahrungen    geben    uns   die  subpleu-   Beziehung 

ralen  Ekchymosen  nur  darüber  Auskunft,  welches  die  Art  des       «r  sub- 

•^  ,  .        '  j    j       1      pleuralen 

Sterbens  war,  d.  h.  sie  scheinen  zu  beweisen,   dass  der  Tod  durch  Ekchymosen 
primäre  Lähmimg  des  Athemcentrums  eingetreten  ist,  nicht  durch         z^' 
primäre  Herzlähmung.     Weitere  Untersuchungen  über  Vorkommen  p  strassmaim. 
subpleuraler  Ekchymosen  bei  letzterer  Todesart  bezeichnet  Strass- 
mann  (Viertelj.-Schrift  f.  ger.  Med.  u.  öffentl.  San.-Wesen  H.  2)  als 
erwünscht.     Der  practische  Werth    des    genannten  Symptoms  für 
die  Bestimmung   der  Todesursache    kann   nicht    gering  genug   ge- 
schätzt werden,  eine  anatomische  Diagnose  auf  Tod  durch  Asphyxie 
im  allgemeinen  sollte  überhaupt  nicht  gestellt  werden. 

Auch  Hab  er  da  (Viertelj.-Schrift  f.  ger.  Med.  u.  öff.  San.-We8.        Post- 

H.  2)  tritt  dafür  ein,  dass  den  Ekchymosen  nicht  die  Bedeutung     ™®/**!,®^ 
'  ^  '^  ^*^  "^Jintstenen 

zukommt,    die   man  ihnen   früher  beimaass.     Er  hat  postmortal  an         von 
frischen  Kindesleichen  Ekchymosen   in   den   Conjunctiven   erzielen  Ekchymosen, 
können,  wenn  er  24  Stunden  lang  an  den  Beinen  suspendirte.   Dass 
kleine  Ekchymosen  sich  durch  die  Hypostase  vergrössem,  ist  zweifel- 
los;  man  beachte  nur  die  Ekchymosen  an  Vorder-  und  Hinterseite 
von  Herz  und  Lunge  vergleichsweise :  in  der  Regel  wird  man  finden, 


694  Puppe. 

dass  diejenigen  an  der  Hinterseite  (bei  Lage  der  Todtenflecke  am 
Kücken)  stärker  ausgebildet  sind  als  an  der  Vorderseite  der  ge- 
nannten Organe. 

Krankheit»-  Ein  Geisteskranker  (Paranoiker)   macht  zwei  vergebliche  Er- 

^ "  e ii""e i  täi^g^iigs versuche.  Die  Vereitelung  des  ersten  erfolgte,  ohne  dass 
wieder-      Bewusstseins Verlust  überhaupt  eingetreten  wäre,   bei  dem  zweiten 
belebten     bestand  bereits   Bewusstlosigkeit.     Es   stellten   sich   nun   fibrillare 
Wollenberg.'  Muskelzuckungen  ein,  die  in  allgemeine  tonische  Krämpfe  übergingen. 
Darauf  folgte  ein  Zustand  verworrener  Erregung,  der  nach  24  Stun- 
den nachliess.    Es  bestand  dauernde  Amnesie  für  die  Zeit  des  zweiten 
Selbstmordversuches.    Wollen berg  (Arch.  f.  Psych.  Bd.  81)  fasst 
die   beobachteten  Erscheinungen    auf  als  Folge   einer  Ernährungs- 
störung des  Oehims  und  nicht  als  hysterisches  Symptom  (cf.  Jahr- 
buch 1897,  S.  101). 

Spectraier  Das  Princip  des  spectralen  Blutnachweises  von  Ipsen 

«ofwti.     (Vierteil  .-Schrift  f.  ger.  Med.  u.  öffentl.  San.-Wes.  H.  1)  ist  die  Ex- 

nacnweiSi  .  ,  . 

Ipsen.  traction  eines  Blut  enthaltenden  Objectes  mittels  saures  Hamatin 
bildender  alkoholischer  Kupfersulfatlösung.  Sie  wird  in  der  Weise 
angestellt,  dass  reiner  wasserfreier  Alkohol  nach  Zusatz  von  aus- 
geglühtem Kupfersulfat  auf  Blut  bei  einer  Temperatur  von  38 
bis  40®  C.  mehrere  Tage  unter  häufigem  Schütteln  einwirkt,  worauf 
filtrirt  und  spectroskopirt  wird.  Ist  Blut  vorhanden  gewesen,  dann 
zeigt  sich  der  Streifen  des  sauren  Hämatins  im  Both,  dessen  Identität 
durch  Umwandlung  in  den  des  alkalischen  Hämatins  und  weiter 
des  Hämochromogens  festgestellt  werden  kann. 

Forensi-  Wegen  seiner  hämatinbildenden  Eigenschaft  lässt  sich  auch  das 

scher  Blut-   Formaldehyd  mit  Alkohol   absolutus  ana  gemischt  als  Extractions- 
näcbweis 
mittelst     iiüttel  für  alte  Blutflecke  in  Anwendung  ziehen.     Sowohl  altes 

Pormal-      getrocknetes,  wie  auch   stark  erhitztes  Blut  lieferten  stets  positive 

dehyd.       Resultate;  es  ergab  sich  das  Spectrum  des  sauren  Hämatins,  dessen 

Princip  des  j  &  mt  > 

Kaiser-      Identität   durch   alkoholische  Aetzkalilösung   und   gelbes  Schwefel- 

ling'schen    ammon   festzustellen   gelang.    Nur  auf  180*^  erhitztes  Blut   erwies 
virungs-     ®^^^  *^®  refractär.     Auch  bei  dem  Nachweis  der  Formelemente  des 
Verfahrens,  Blutes  in  alten  getrockneten  Flecken  konnte  Formaldehyd  mit  Kali- 
Puppe,       lauge  zu  gleichen  Theilen  gemischt  mit  Vortheil  verwendet  werden : 
die  angeführte  Mischimg   lieferte  ebenso  gute  Bilder  wie  die  Hof- 
mann-Pacin i'sche    Lösung    und    das    B  o  u  s  s i n'sche    Beagens. 
Puppe  (Vortrag  auf  der  Düsseldorfer  Naturforscher- Versammlung. 


Gerichtliche  Medicin.  695 

Kef.  in  der  Zeitschrift  f.  Med.-Beamte  Nr.  23.  Erscheint  in  extenso 
in  der  Viertelj.-Schr.  f.  ger.  Med.  1899)  hat  dann  weiter  seine  Unter- 
suchungen darauf  ausgedehnt,  festzustellen,  auf  welchen  Vorgangen 
es  beruht,  dass  bei  der  Präparation  anatomischer  Objecte  in  den 
natürlichen  Farben,  wie  sie  von  Melnikow-Raswedenkow, 
J 0 r e s  und  Kaiserling  ausgeführt  ist,  die  Blutfarbe  durch  Form- 
aldehyd zunächst  verloren  geht  und  nachher  wiederkehrt.  Er  hat 
insbesondere  das  Kaiserling'sche  Verfahren  zum  Gegenstand  der 
Prüfung  gemacht.  Untersucht  wurden  zunächst  wiederholt  benutzte 
Präparationsäüssigkeiten ;  das  Formaldehydgemisch  erwies  sich 
spectroskopisch  als  saures  Hämatin  enthaltend,  der  Alkohol  als 
alkalisches  Hämatin  enthaltend;  die  Olycerinlösung  war  spectro- 
skopisch indifferent.  Stark  bluthaltige  Oewebstheile,  die  nach 
Kaiserling  conservirten  Präparaten  entnommen  wurden,  ergaben 
bei  der  Prüfdng  mit  dem  Mikrospectroskop  alkalisches  Hämatin. 
Letzteres  liefert  also  den  Blutfarbstoff,  resp.  das  Blutfarbstoffderivat, 
welches  die  Blutfarbe  des  Präparats  als  „natürlich^^  erscheinen  lässt. 

Die  beiden  Forderungen,   welche  an  ein  zum  Nachweis  derForeiiBische 

Formelemente  des  Blutes  verwendetes  Reagens  zu  stellen  sind,   ^i'^*'^**^®''* 

^  '    Buchungen 

bestehen  darin,    dass  die  betreffende  Flüssigkeit  den  Blutfarbstoff     (Pepsin- 
nicht  lösen  darf  und  die  Contouren  der  Blutzellen  sichtbar  macht;    «lycerin), 

Äff    Hi/>litAi* 

sie  werden  von  den  bislang  bekannten  Eeagentien  am  besten  von 
der  30°/oigen  Kalilauge  und  sodann  von  der  Hofmann-Pacini- 
schen  Flüssigkeit  erfüllt.  Von  der  Thatsache  ausgehend,  dass 
Pepsinlösungen  bei  Zimmertemperatur  zwar  Fibrin,  aber  nicht  Ei- 
weiss  peptonisiren,  i.  e.  lösen,  hat  Richter  (Vortrag  auf  der  Ver- 
sammlung deutscher  Naturforscher  u.  Aerzte  zu  Düsseldorf.  Section 
f.  gerichtl.  Med.  Referat  in  der  Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  23) 
Versuche  mit  von  Grübler  (Dresden)  bezogenem  Pepsinglycerin  ge- 
macht. Während  concentrirtes  Glycerin  die  Blutschollen  in  kleine, 
anscheinend  den  einzelnen  zusammengebackenen  BlutzeUen  ent- 
sprechende Partikel  zersprengt  und  verdünntes  Glycerin  den  Blut- 
farbstoff rasch  löst,  traten  in  mit  Pepsinglycerin  behandelten  Präpa- 
raten die  Contouren  der  Blutzellen  sehr  deutlich  hervor,  so  dass 
Richter  diese  Flüssigkeit  für  forensische  Zwecke  empfiehlt,  zumal 
die  Präparate  haltbar  sind.  Er  lässt  es  unentschieden,  ob  die  Wir- 
kung des  Pepsinglycerins  in  einer  Auflösimg  des  zwischen  den  Blut- 
zellen befindlichen  Fibrinnetzes  besteht. 

Oxyhämoglobinlösimgen  von  bestimmter  Stärke  verhalten  sich 
irritirenden  Agentien  wie  Schwefelsäure,   Kalilauge  etc.  gegenüber 


096  Puppe. 

Unter«  verschieden:    nach   Znsatz   der    letzteren    verschwindet    das   OHb- 

M<;h'ddiiBg  Spectrum  nach  verschieden  langer  Zeit,  so  das  des  Menschenblntes 

and  nach  2  Minuten,  beim  Hunde  nach  6  Minuten,  beim  Pferde  nach 

M«;n wehen-  gx  Minuten,  beim  Kalbe  nach  135  Minuten.    War  das  untersuchte 

I     I  M  # 

MftKnanimi.  ^^^^  älter,  so  wird  die  Widerstandsfähigkeit  geringer;  ist  kein  OHb 
mehr  in  dem  zu  untersuchenden  Fleck  vorhanden,  so  lässt  sich  auch 
die  Probe  in  obiger  Form  nicht  anstellen.  Der  Vorschlag,  die  ver- 
schiedenen Hämoglobine  des  Menschen-  und  Thierblutes 
zu  forensischen  Zwecken  zu  bestimmen,  erscheint  auf  jeden  FaU  sehr 
bemerkenswerth.  (Magnanimi,  Rivista  di  medic.  leg.  e  di 
giurisprud.  med.,  März.) 

Ouajak.  Siefert  (Vierteljahrsschr.  f.  ger.  Med.  u.  öff.  San.- Wesen  H.  3) 

Hune*  ox  **d-  ^^^^^  *^  ^ö  ^^^  Schönbein  gefundene  Eigenschaft  des  aus  einer 
Hesction     Wasserstoffsuperozydlösung  durch  Blut  frei  gewordenen  Sauerstoffs, 
beim        Guajaktinctur  zu  bläuen.    Wegen  ihres  Mangels  an  Ausschliesslich- 
Biat-        ^^^^  ^^  diese  Reaction  für  den  forensischen  Blutnachweis  nicht 
nach  weis,    verwendbar,  insofern  noch  eine  grosse  Anzahl  anderer  Substanzen: 
siefert.       organische  Stoffe,  regulinische  Edelmetalle  und  Substanzen,  welche 
GKiajaktinctur  direct  zu  bläuen  vermögen,  die  Blaufärbung  hen'^or- 
rufen.    Er  hat  deshalb  folgende  Modification  des  Schönbei n'schen 
Verfahrens  vorgeschlagen :  Behandlung  der  Blutspur,  die  in  trockenem 
Zustande  sich  befinden  muss,  mit  schwefelsäurehaltigem  Alkohol,  Er- 
hitzen bis  zum  wallenden  Sieden  auf  dem  Wasserbad,  Zuftigung  von 
80°/oiger  Kalilauge  bis  zu  deutlich  alkalischer  Beaction,  Filtration 
und  möglichst  genaue  Neutralisirung   des  Filtrates,   abermalige  Fil- 
tration, Zusatz  von  concentrirter  Kochsalzlösung,  WasserstofFsuper» 
oxyd  und  einigen  Tropfen  Guajaktinctur.    Durch  die  angeführte  Vor- 
behandlung werden  alle  Stoffe  ausgeschaltet,  die  mittelbar  oder  un- 
mittelbar Bläuung  von  Guajaktinctur  bewirken,  und  nur  Blut  bleibt 
als  einziger,  die  Beaction  vermittelnder  Stoff  übrig. 

Unter  102  systematisch  untersuchten  Fällen  von  plötzlichem 
Kf^ttembolie,  natürlichem  und  gewaltsamem  Tod  fand  Carrara  (Friedreich's 
Cairara.  Blätter  f.  gor.  Med.  Nr.  4)  27mal  Fettembolie;  er  unter- 
suchte 17  Fracturen  mit  18  positiven  Befunden,  27  Herz-,  Nieren- 
und  Gefässerkrankungen,  Lungenkrankheiten  und  gewaltsame  Cr- 
stickung  mit  6  positiven  Befunden  (die  beiden  letzteren  Gruppen 
zeigten  niemals  FettemboHe;  bei  3  Fällen  von  „Lungenthrombose ** 
fand  sich  einmal  ein  positiver  Befund,  ebenso  zeigte  ein  Fall 
von    Darmruptur   Fettembolie).     Von    Vergiftungen    fand    sich   bei 


Gerichtliche  Medicin.  697 

Phosphorvergiftung  unter  B  Fällen  einmal  Fettembolie,  an  Verbren- 
nungen und  Verbrühungen  6mal  unter  13  Fällen.  Die  grosse  Be- 
deutung der  letzterwähnten  Befunde,  die  Carrara  durch  weitere 
Untersuchungen  zu  ergänzen  verspricht,  leuchtet  ohne  weiteres  ein. 

Trotz  Einwirkung  hoher  Hitzegrade  und  dadurch  bewirkter   Histologi- 
Verkohlung  lässt  sich  häufig  noch  die  Organdiagnose  stellen.   Die  ..  ^^^®  ^®^' 

,  ,  o  o  anderungen 

Veränderungen  bestehen  in  starker  Füllung  der  der  Hitzequelle  femer       an  den 
liegenden  Qefasse,   Anämie  der  ihr  benachbarten,  kleinen  Extra-  Geschlecht s- 
vasate  und  Abhebung  des  Epithelbelages  häufig  in  Blasenform.    Das    ^^^^q^^j. 
Bindegewebe  zeigt  zuweilen  eine  deutliche  Querstreifung,   die  auf  Temperatur, 
Schrumpfungsvorgängen    beruhen    dürfte.     (Reuter,   Vierteljahrs-       Re«ter. 
Schrift  f.  ger.  Med.  und  öff.  San.- Wesen  H.  3.) 

Strassmann   (Vortrag    auf   der    15.   Hauptversammlung  des  Extradurale 
Preuss.  Med.-Beamt.-Vereins ,   abgedruckt  in  der  Beilage  zur  Zeit-   ^*™»*o™ö 
Schrift  für  Med.-Beamte)  erwähnt  3  Fälle,  bei  denen  sich  unter  Ein-    brennung, 
Wirkung  der  Flamme  auf  den  Schädel  Extravasate   oberhalb  der  ^- ^*^^®™*'*'^- 
Dura  gebildet  haben,   die  vollkommen   den  Eindruck  traumatischer 
Blutergüsse  machten  und  nur  durch  die  Anwesenheit  von  geschmol- 
zenem  Fett   sich   von  diesen  unterschieden.     Experimente  lehrten, 
dass  es  sich  hier  um  einen  rein  mechanischen  Vorgang  handelt,  der 
mit  Leichtigkeit  an  frischen  Schädeln  von  Thierleichen ,   aber  auch 
an  jedem  bei  der  Section  abgenommenen  Schädeldach  durch  Flammen- 
wirkung erzielt  werden  kann. 


YI.  Knnstfehler,  LeichenTerändernngen,  plötzlieher 

natttrlicher  Tod. 

Ein  Arzt  hatte  versucht,  mittels  einer  gebogenen,  oberflächlich   Aerztiiche 
desinficirten  Haarnadel  einen  Johannisbrodkem  aus  dem  Gehörgang      ?  v^**' 
eines  Jungen  zu  entfernen,  der  Versuch  misslang,  und  der  Vater  des      Haebler. 
Patienten  wurde  vom  Arzte  veranlasst,   in   einer  Ohrenklinik  Hülfe 
nachzusuchen;  hier  konnte  aber  wegen  inzwischen  eingetretener  ent- 
zündlicher Schwellung   und    Ohreiterung   nichts    vom  Fremdkörper 
gesehen  werden,  und  da  keine  bedrohlichen  Erscheinungen  bestanden, 
wurde  der  Junge  mit  der  Weisung  versehen,  wiederzukommen,  wenn 
es  schlimmer  würde.    Nicht  lange  darauf  trat  eine  tödtliche  eitrige 
Meningitis   ein.     Dieselbe   war  veranlasst,    wie  die  Section   ergab, 
durch  den  im  Ohr  sitzenden  Fremdköi'per.    Die  Gutachten  der  Sach-     -^ 
verständigen  gingen  darüber  aus  einander,  ob  der  Arzt  die  letale  J 


698  Puppe. 

fection  verursacht  habe,  oder  ob  die  Möglichkeit  einer  anderweitea 
Infection  zuzugeben  sei.  Das  Gericht  nahm  einen  ursächlichen  Zu- 
sammenhang zwischen  fehlerhafter  ärztlicher  Handlungsweise  und 
Tod  an  und  verurtheilte  den  Arzt  zu  3  Tagen  Ge&ngniss.  Ein 
Kunstfehler  wurde  darin  gesehen,  dass  derselbe  den  Fremdkörper 
nicht  durch  Ohrausspülen  zu  entfernen  gesucht  hätte  und  dass  er 
ohne  Narkose  mit  einem  scharfen  Haken  manipulirt  hätte,  der  bei 
dem  unruhigen  Kinde  fast  sicher  Verletzungen  hätte  verursachen 
müssen.    (Vierteljahrsschrift  für  ger.  Med.  und  off.  San.-Wesen  H.  2.) 

Gefahren  Strassmann  theilt  in  der  Aerztlichen  Sachverständigen-Zeitung 

des  jjj.  i  yiep  Gutachten  mit,  die  folgende  Veranlassungen  hatten.  Fall  1 
Berufes  betraf  einen  Arzt,  der  bei  der  Exstirpation  einer  Tonsille  in  einer 
F.  strassmann.  Poliklinik  einem  ungebärdigen  Jungen  ein  paar  Ohrfeigen  gegeben 
hatte.  Fall  2  betraf  einen  Arzt,  der  beschuldigt  war,  eine  Ober- 
schenkelfractur  nicht  sachgemäss  behandelt  und  insbesondere  einen 
markstückgrossen  Decubitus  durch  den  Streckverband  veranlasst  zu 
haben.  In  FaU  3  sollte  ein  Arzt  wissentlich  ein  falsches  Zeugniss 
abgegeben  haben  in  einer  Ehescheidungssache  (er  hatte  von  einem 
grossen  Nabelbruch  und  ausgedehnter  Krampfaderbildung  gesprochen^ 
während  ein  zweiter,  von  gegnerischer  Seite  zugezogener  Arzt  einen 
kleinen  Nabelbruch  und  unbedeutende  Krampfadem  festgestellt  haben 
wollte).  In  FaU  4  endlich  soUte  ein  Arzt  sich  der  Schamverletzong 
schuldig  gemacht  haben,  indem  er  ein  junges  Mädchen  per  vaginam 
untersuchte.  In  allen  4  Fällen  konnte  ein  exculpirendes  Gutachten 
abgegeben  werden. 

Unter-  Bei  einer  Prügelei  war  ein  Arbeiter  von  einem  Genossen  ver- 

lassene     \Qizt  worden;  er  wurde  vom  Arzte  verbunden,  und  die  Wunde  heilte 
einer        uach  etwa  1V<  Wochen.   Lähmung  des  rechten  Armes  und  Sprach- 
Messer-      losigkeit  machten  die  Ueberfuhrung  des  Verletzten  in  ein  Kranken- 
kimge  aus   j^^^^  nothwendig,  wo  nach  einigen  Tagen  bei  der  Trepanation  des 
Becker.     '  Schädels  ein  Hirnabscess  und  als  dessen  Veranlassung  eine  über 
4  cm  lange ,   8  mm  breite  und  2  mm  dicke   Messerklinge  gefunden 
wurde.     8  Tage  nach  der  Operation  starb  der  Patient.    Die  Klinge 
war  zweifellos  inficirt,  somit  die  Gehimwunde  auch,  und  eine  inficirte 
Gehimwunde  kann  nicht  desinficirt  werden.     Das  Verfahren  gegen 
den  erstbehandelnden  Arzt  wurde  infolge  des  Sachverständigen-GKit- 
achtens  eingestellt.     (Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  5.) 

Dietrich  gibt  in  der  Beilage  zur  Zeitschrift  fiir  Med.-Beanate 
das  Ergebniss   der  seiner  Zeit  unter  den  preussischen  Medicinal- 


Gerichtliche  Medicin.  699 

b6amt«n    veranstalteten    Umfrage    über    die    Curpfu scheret    in  cai- 

PreuBsen.    Das  Material  bilden  Mittheilungen  von  304  Physikern,  P'"<i*'e''ei 

Auf  6464  Aerzte  in  den  betreffenden  Kreisen  kommen  2404  Cm--  Dietrich 
pfuscher. 

Bei  todten,  mit  offenen  Augenlidem  liegenden  Vereuchethieren    Trttbnng 
tritt  nach  10 — 20  Stunden  eine  Trübung  der  Linse  auf,  die  nach*"  Krysiaii 
20 — 80  Stunden  verschwindet.    Sie  ist  die  Folge  von  Wasserver-     Leichen- 
dunatung,   sie  tritt  nicht  ein  an  den  von  der  Iris  bedeckten  Stellenerscheinans 
des  Organs;  ihr  Verschwinden  ist  eine  Folge  der  Wiederverflüasigung        '    '*'''' 
des  Eiweisskäqiers,  auch  Erschütterungen  bringen  die  Trübung  zum 
Verschwinden.    Forensisch  läset  sich  das  Phänomen  zunächst  —  sein 
Vorkommen  beim    Menschen   vorausgesetzt  —  zur  Bestimmung  der 
Zeit  des  Todes  verwenden.     Findet  sich  die  Trübung  bei  Wasser- 
leichen, so  beweist  dies,  daas  die  betreffende  Leiche  erst  einige  Zeit 
an  der  Luft  gelegen  hat.    Anfhellungaflecke  innerhalb  der  Trübung 
lassen  erkennen,  daes  die  Leiche  einige  Zeit  nach  dem  Tode  berUhrt 
worden  ist.    (Archiv  f.  d.  ges.  Physiologie  Bd.  72.) 

Klingelhöfer  (Vierteljahrsschr.  f.  ger.  Med.  u.  öff.  San. -Wesen     Lelcben- 
H.  1}  beschreibt  Vertrocknungen,  die  von  beiden  Mundwinkeln  sich     Befunde 
streifenförmig  nach  abwärts  zogen  und  den  Verdacht  einer  Schwefel-    ineecten- 
säure Vergiftung  wachriefen.   Die  Untersuchung  ergab  aber,  dass  die-   bBnagnng, 
selben  veranlasst  waren  durch  Bisse  der  Blatta  germanica,  des  't«''K<""*f" 
als  „Schwabe"  bei  uns  bekannten  Insects,   die  an  der  betreffenden 
Leiche  gefunden  wurde.    In  einem  weiteren  Falle  konnte  der  Be- 
fiind  erhoben  werden,  dass  sich  die  Vertrocknungen  vermehrten,  als 
die  Leiche  längere  Zeit  der  Einwirkung  der  Insecten  ausgesetzt  blieb. 

Ein  Fleischer  erkrankt  nach  dem  Heben   einer   schweren  Iiast  Pioizücher 
mit  Erbrechen  und  Schmerz  in  der  linken  Seite,   er  coUabirt  und  zJ'erohteii' 
stirbt  nach  wenigen  Stunden.    Die  Section  ergibt,  dass  der  grösste      hemie, 
Theil  des  Magens  durch  eine  2  Finger  starke  Oeffnung  des  Dia-    Beigem»«!. 
pbragmas  in   die  linke  Brusthöhle  getreten  ist.    Die  Zwerchfell- 
öfinung  findet  sich  im  mnsculösen  Theil  des  Organs,  abdomin alw^rts 
finden  sich  hier  Verlöthungen   des  Gekröses  mit   dem  Diaphrai^iMii 
Violleicht  ist  die  Oeflnung  veranlasst  durch  einen  vor  mehreren  Jüliifiu 
erlittenen  Stich  in  die  linke  Brust.    Bergmann  (Zeitschr.  f.  Bled.- 
Beamte  Nr.  6)  beklagt  sich,  dass  der  amtirende  Richter  auf  Ansuchen 
nicht  gestattet  habe,  behufs  Eruirung  des  Situs  thoracis  die  Sectic^ 
der  Brusthöhle  vor  derjenigen  der  Bauchhöhle  vorzunehmen,  wo 


^ 


700  Puppe. 

Autopsie  wegen  Verdachts  einer  Vergiftung  vorgenommen  wurde. 
Der  Richter  hatte  kein  Recht,  dem  Obducenten  Abweichungen  vom 
Regulativ  zu  erlauben;  der  Obducent  gestattet  sich  aber  selbst  Ab- 
weichungen vom  Regulativ,  die  erforderlich  sind,  und  bemerkt  dies 
im  Protokoll. 

Die  Thymus  des  6  Wochen  alten  kräftigen  Kindes  war  6:5:2  cm 

gross,  ausserordentlich  derb.  In  den  Lungen  fand  sich  viel  grauweisser 

Plötzlicher  Schleim,  der,  wie  Seydel  (Vierteljahrsschr.  f.  ger.  Med.  und  öff. 

T^d^ö*      San.-Wesen    H.    4)    ausführt,    beim    plötzlichen    Tod    durch 

Thymus-  ^  i  r 

hyperpiasie, Thymushyperplasie  selten  vermisst  wird  und  auf  einer  Trans- 
seydei.       sudatiou  auf  die  Bronchialschleimhaut  beruht,   die  ihrerseits  durch 
Stauung  in  den  Gefössen  resp.  durch  Stockung  der  Herzactioii  ver- 
anlasst ist.    Letztere  wieder  ist  höchstwahrscheinlich  bedingt  durch 
Druck  auf  die  Herznerven. 


YII«  Zweifelhafte  Oeistesznstftnde« 

Vorschlag  Bremme  (Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  14)  knüpft  daran  an, 

\enderunff  ^^^  nicht  selten  Freisprechxmg  auf  Grund  des  S  51  St.G.B.  erfolgt 
der         und  Ueberfuhrung  in  eine  Lrenanstalt  mangels  zwingender  Grunde 
Strafrechts,  nicht  fur  angezeigt  befunden  wird.   Er  plaidirt  dafür,  dass  in  solchen 
Geistes-     Fällen  der  Richter  oder  eine  eigens  eingesetzte  Commission  Unter- 
kranken     bringimg  in  eine  Anstalt  für  eine  gewisse  Zeit  beschliessen  könne, 
und  bei      ^ejm  2,  B,  sinnlose  Trunkenheit  oder  impulsives  oder  moralisches 

zwei  fei-  .  ...  . 

haften  Irresein  vorliegt.  Es  ist  dies  ein  Kapitel  der  Strafrechtspflege,  das 
Geistes-  in  anderen  Ländern,  z.  B.  England,  Italien,  seine  befriedigende  Lösung 
Bremme    '  goft"^^©!^  ^ftt>  ^  Deutschland  aber  hoffentlich  nicht  mehr  allzulange 


der  definitiven  Erledigung  harrt. 

Geminderte  Kirn  (Vierteljahrsschr.  f.  ger.  Med.  etc.  H.  4)  geht  davon  aas, 

Zurech-      ^j^gg  ^g  rechtlich  nur  eine  Zurechnungsfehigkeit   und  eine  Unzu- 
nung^s-  _  n.    ,        ,  c»o 

tähigkelt,    rechnungsiahigkeit  gäbe,  dass  aber  der  Praktiker  das  Bedürfniss 

Kim.  habe,  Grade  der  Zurechnungs&higkeit  festzustellen.  Wie  viele  an- 
gesehene Psychiater,  so  tritt  auch  er  energisch  für  die  Statuirung 
einer  geminderten  Zurechnungsfahigkeit  ein.  Er  iUustrirt  diese 
Forderung  durch  ein  reiches  casuistisches  Material. 

Sei  ff  er  (Arch.  f.  Psychiatrie  Bd.  31)  liefert  eine  Monographie 
über  den  Exhibitionismus  unter  Berücksichtigung  der  ganzen 
über  diesen  Gegenstand  erschienenen  Litteratur.    Von  den  7  eigenen 


Gerichtliche  Medicin.  701 

Fällen,  über  die  er  berichtet,  betrafen  5  Epileptiker,  1  senile  Demenz      Exhibi- 
nnd  1  Alkoholiker.  Nur  in  2  Fällen  konnte  ein  einigermaassen  sicheres   **°^^1™"*' 
Urtheil  auf  Grund  des  §61  abgegeben  werden. 

Ein   seit  dem   15.  Jahre  der  Masturbation  ergebener  Gewohn-  Exhibitiou 
heitstrinker hatte  häufiger  Exhibition  geübt;  die  voUe Befriedigung  ®^^y'\J^°lJ^* 
fand  er  aber  erst,  wenn   er  nachher  masturbiren  konnte.    In  der     Geiste s- 
Auswahl  der  Käumlichkeiten  sowie  der  Frauen,  vor  denen  er  seine     kranken, 
Genitalien  entblösste,  hatte  er  stets  eine  grosse  Vorsicht  an  den        eimann. 
Tag  gelegt;   sein  Thun  gelangte   erst  zur  Kenntniss  der  Behörden, 
als  er  sich  mit  dem  Vater  eines  der  gebrauchten  Schulmädchen  ver- 
feindete.  Psychisch  bot  er  nur  Zeichen  von  Neurasthenie,  sowie  von 
Alkoholismus  dar.     Er  wurde  zu  9  Monaten  Geföngniss  verurtheilt. 
(Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  7.) 

Hysterische  Erscheinungen  (Lähmung,  Sensibilitätsstörungen)  Hysterischer 
combinirten  sich  bei  Beobachtungen  von  Ganser  mit  einer  mehrere     i^a^niej-- 

°  .         zustand, 

Tage    dauernden   Bewusstseinstrübung;    nachher   bestand   ein       oanser, 
Erinnerungsdefect.     Die  Anfälle  wiederholten  sich   nicht   selten   in 
leichteren  Graden.     (Archiv  f.  Psych.  Bd.  30.) 

Im  Anschluss  hieran  theilt  Binswanger  (Monatsschrift  für  Binswauger. 
Psychiatrie  Bd.  3)  folgenden  Fall  mit.  Ein  24  Jahre  alter  Mann 
begeht  nach  kurzem  allgemeinem  Unwohlsein  ein  Conamen  suicidii. 
Bei  der  sofortigen  Aufnahme  in  die  Anstalt  besteht  Desorientirtheit, 
Hypalgesie,  an  den  Extremitäten  Analgesie,  die  am  6.  Krankheits- 
tage verschwinden.  Epilepsie  und  Psychose  nach  Strangulation  sind 
nach  Binswanger  auszuschliessen. 

Roth  (Vierteljahrsschr.   f.  ger.  Med.  u.  öff.  San.-Wesen,  H.  1)     Paranoia 

bereichert  die  Casuistik  des  Querulantenwahns  um  einen  neuen,     ^.^!^^ 

....  toria, 

sehr  instructiven  Fall.  Es  handelt  sich  um  ein  39jähriges,  nicht  Roth, 
belastetes  Individuum,  das  von  früher  Jugend  an  sonderbare  An- 
zeichen von  Selbstüberhebung  u.  dergl.  dargeboten  hatte.  Wegen 
Beamtenbeleidigung  angeklagt,  wurde  er  auf  das  Gutachten  Roth's 
hin  freigesprochen.  Im  Termin  gingen  die  Ansichten  der  Sach- 
verständigen übrigens  aus  einander. 

Adler  veröffentlicht  Beobachtungen  über  interessante 
Seelenstörungen.  1.  Angstneurose  bei  einem  Barbier.  Der- 
selbe bekam  beim  Rasiren  oder  auch  schon  beim  Eintritt  eines 
Kunden  in  den  Laden  die  Vorstellung,   er  könne  diesen  ernstlich.  ^j 


702  Puppe. 

Interessante  verletzen.  Besserung  nach  Opium.  2.  Acute  Demenz  nach 
Seelen-  Scharlach.  Mittheilxmg  eines  nicht  selbst  beobachteten,  übrigens 
Adler.  '  günstig  verlaufenen  Falles  und  eines  zweiten,  den  Adler  aber 
später  aus  den  Augen  verlor.  3.  Hypochondrische  Verrückt- 
heit, die  sich  nach  einer  EUbogencontusion  entwickelt  haben  soll. 
Eine  Frau  glaubt,  dass  eine  Schlange  um  den  einen  Arm  gewickelt 
sei  xmd  am  Knochen  frässe;  am  anderen  Arme  zwicke  ein  Krebs. 
(Deutsche  Medicinalzeitung  Nr.  47.) 

Periodische  Hitzig  (Berl.  klin.  Wochenschr.  Nr.  1 — 3)  bespricht  zunächst 

Seelen-      ^^  Mängel  der  psychiatrischen  Nomenclatur,   die   der  Abstellung 

Störungen,  o  r  ^  j  o 

Hitzig.  dringend  bedürfen;  jeder,  der  über  eine  Krankheit  schreiben  wolle, 
müsse  erst  vorher  sagen,  was  er  eigentlich  unter  dem  gewählten 
Krankheitsnamen  verstanden  wissen  wolle.  Sodann  wendet  er  sich 
gegen  die  Kräpelin'sche  Annahme,  dass  der  erste  manische  Anfall 
der  Vorläufer  einer  periodischen  oder  circulären  Psychose  sei. 
Periodische  Psychosen  sind  ausschliesslich  solche,  die  in  ihrer  eigen- 
thümlichen  Erscheinungsweise  regelmässig  periodisch  wiederkehren. 
Im  Anschluss  an  je  einen  Fall  von  periodischer  Tobsucht,  circulärem 
Irresein  und  menstruellem  Irresein  erörtert  er  alsdann  die  Meinert* 
sehe  Hypothese  von  der  G-efassspannung  resp.  Qefässentspannung 
bei  Melancholie  resp.  Manie,  die  durch  Morphium  resp.  Atropin, 
theoretisch  genommen,  zu  beeinflussen  sein  müssten.  Morphium  lasse 
aber  im  Stich,  Atropin  jedoch  habe  bei  melancholischen  wie  mania- 
kaiischen  Zuständen  subcutan  kurz  vor  dem  Eintritt  des  zu  erwar- 
tenden periodischen  Anfalles  gegeben  gute  Erfolge  geliefert. 

Acute  Bisher  waren   bekannt:    1.  periodische   Manie,   2.   periodische 

periodisch   Melancholie,    3.    periodisch  haUucinatorische   Paranoia.     Ziehen 
Paranoia     (Monatsschr.  f.   Psych,  u.  Neurol.  Bd.    1)  fügt  diesen   als  viertes 
Ziehen.       Krankheitsbild  eine    acute    periodisch    einfache   Paranoia 
hinzu,  die  nicht  mit  Hallucinationen  einhergeht.     Hierher  sind  viel* 
leicht  die  Fälle  zu  rechnen,  bei  denen  im  Anschluss  an  die  Men- 
struation Wahnideen  auftreten. 

Die  moralische  Idiotie  kommt  in  foro  nur  dann  in  Be- 
tracht, wenn  die  sie  veranlassende  Krankheit  nachgewiesen  ist;  sie 
ist  in  der  Praxis  nur  verwendbar,  wenn  eine  Gesetzgebung  in  deter- 
ministischem Sinne  vorhanden  ist.  Cr  am  er  (Münch.  med.  Wochen- 
schrift Nr.  46)  hält  sich  nicht  für  competent,  darüber  zu  urtheilen, 
ob  es  zweckmässig  ist,  eine  solche  Gesetzgebung  einzuführen,  glaubt 


Gerichtliche  Medioin.  703 

aber,  dass  es  noch  lange  dauern  wird,  bis  alle  Schwierigkeiten,  welche  Horsiü 
aich  der  practischen  Durchföhnmg  entgegenstellen,  beaeitigt  aind.  '^'o*' 
Die  moralische  Idiotie  kann  bei  den  Terschiedenen  Oeisteskrankheiten 
als  ein  am  meisten  in  die  Augen  fallender  Symptomen  complex  vor- 
kommen. Der  Nachweis  der  ethischen  moralischen  Perversität  allein 
genügt  zum  Nachweis  der  Krankheit  nicht,  es  kann  deshalb,  solange 
die  heutige  Gesetzgebung  besteht,  in  foro  nicht  von  einer  moralischen 
Idiotie  als  Krankheit  im  Sinne  des  %  61  St.G.B.  gesprochen  werden 
(Reichsgericht sentscheidung).  Bei  dem  heutigen  Stande  der  Wissen- 
schaft ist  es  äusserst  schwierig,  in  practisch  dvu^:hftthrbare^  Weise 
in  einer  zu  schaffenden  Gesetzgebung  die  moralische  Idiotie  zu  be- 
rücksichtigen. Es  ist  nicht  statthaft,  ein  Gutachten  im  Sinne  einer 
noch  za  schafienden  Gesetzgebung  abzugeben.  Die  Fälle  mit  im 
Vordergrunde  stehenden  ethischen  Defecten,  wo  man  auch  nach  ge- 
nauer Untersuchung  im  Zweifel  sein  muss,  ob  Krankheit  vorliegt 
oder  nicht,  sind  selten.  Das  practische  Bedürfhiss,  fiir  solche  Fälle 
eine  besondere  Gesetzgebung  zu  schafTen,  ist  nicht  so  gross,  wie  es 
auf  den  ersten  Augenblick  scheint.  Ea  deckt  sich  diese  Frage  un- 
geföhr  mit  der  Frage  der  geminderten  Zurechnungsföhigkeit.  Wird 
der  Begriff  der  moralischen  Idiotie  heute  schon  in  die  Gesetzgebung 
eingeführt,  so  wird  die  Zahl  der  Individuen,  welche  in  diesea  Gebiet 
fallen,  in  völlig  ungerechtfertigter  Weiae  enorm  ansteigen  und  so 
Nichtgeisteskranke  als  moralisch  irrsinnig  betrachtet  und  ausge- 
sprochen Geiat«skranke    als   moralisch   irrsinnig  verartheilt  werden. 

Till,  lerztllche  SachTersUndl^nthatigkeit  In  Unfall  und 
iDTalldltktB  Sache  n. 

Pirgau  (Archiv  für  Unfallheilkunde  Bd.  2)  legt  in  längeren  MuBk( 
Ausführungen  dar,  daeadie  Verminderung  oder  Vergrösserung  '^  7 ^ 
eines  Muskelquerschnitts  die  Folge  einer  verminderten  oder  verletz 
vermehrten  Arbeitsleistung  ist;  er  ist  der  Ansicht,  dass  Differenzen  Firgai 
von  1  cm  bei  der  Beurtbeilung  der  Moskelatonie  nicht  verwerthet 
werden  können,  um  so  weniger,  als  ein  erkranktes  Glied  atrophisch 
sein  und  trotzdem  einen  gi-öaseren  Umfang  haben  kann,  al.-!  'l;!-^  ■  nt- 
sprechende  Glied  der  gesunden  Seite.  Er  stellt  die  FordLCnn-  i-nl, 
daas  Messungen  an  den  Extremitäten  nur  in  bestimmten  St^lhnii^en 
erfolgen  sollen,  so  am  Oberarm  hei  horizontaler  Streckung  nfi<  !j  »uesen,. 
am  Vorderarm  bei  halber  Pronation  mit  gestreckten  Fin^;ijni,  unci 
zweitens,  dass  diese  Messungen  soweit  thunlich  auch  am  >ii')ji;iieiideT 
Muskel  Torgenommen  werden,  um  die  Excursion  des  Mur?k<:ls  fest 
zustellen.  __j 


704  Puppe. 

Ein  durch  herabrutschende  Erdmassen  umgeworfener  Erdarbeiter 
zeigte  links  neben  den  Domfortsätzen  des  zehnten  und  elften  Brust- 
wirbels einen  Wulst  von  halb  Apfelgrösse,  oberhalb  und  aussen  da- 
von fand  sich  eine  markstückgrosse,  flache  Vertiefting.    Der  Wulst 
verschwand  beim  Vomüberbeugen ,  in  der  Delle  war  eine  Rippe  zu 
Subcutane   fühlen.     Im  Anschluss  daran  bespricht  Seibold  (Archiv  f.  Unfall- 
Ruptur  des  Heilkunde  etc.  Bd.  2)  die  subcutanen  Muskelrupturen,   von 
erector     denen  sich  drei  Gruppen  unterscheiden  lassen:   1.  am  pathologisch 
trunci,       veränderten  Muskel  vorkommende,   2.  am  gesunden  Muskel  durch 
plötzliche  heftige  Contractionen  entstandene  (functioneUe) ,  3.  durch 
directe  Gewalt  am  gesunden  Muskel  hervorgerufene  (traumatische). 


Seibold. 


ßeeinfius-  Albu  (Archiv  f.  Unfallheilkunde  etc.  Bd.  2)  bespricht  die  Mög- 

«1    ^^^^1,      lichkeit   einer  Verschlimmerung  eines  chronischen  Leidens,   im   be- 
chroniBcher  ,  ^  ^  ,       ' 

Herz-  und    sonderen  einer  Herz-  und  Nierenaffection  durch  einen  Unfall. 
Nieren-      Er  bejaht  die  Frage,  ob  es  eine  acute  Herzdilatation  bei  einem  vor- 
ünfaii       ^^^  ganz  gesimden  Menschen  gibt.    Idiopathisch  vergrösserte  Herzen 
Albu         sind  disponirt,  durch  Ueberanstrengung  eine  acute  Dilatation  zu  er- 
leiden. 

Trauma-  Durch  einen  Absturz  in  der  Scheune  erlitt  ein  Landwirth  eine 

t  i  s  c  he  8         

Aorten-      Brustverletzung ,   im  Anschluss   an   welche   sich   ein  Aneurysma 
aneurysma,  des  Aortenbogens  entwickelte.     (Obergutachten,  mitgetheilt  in 
Fr.  Miuier.     ^er  Zeitschrift  für  Med.-Beamte  Nr.  13.) 

Fraglicher  Ein  58jähriger  Arbeiter  erlitt  infolge  Quetschung  durch  Eisen- 

hang^er^"  ^^'^^'^^gö'^   ®i^6   Contusion   des   Bmstkorbes;   er   erkrankte   an  all- 

Ruptur  eines  gemeiner  Mattigkeit,  Bronchialkatarrh  u.  dergl.  und  starb  7  Jahre  nach 

Aorten-      ^qjj^  Unfall  ziemlich  plötzlich.     Die  Section  ergab  ein  geplatztem 

aneurysma    .  j  a        x      j  j  -n«     rw  %_  j 

miteinem    Aneurysma  de  r  Aorta  descendens.    Em  Zusammenhang  des- 

vor  7  Jahren  selben  mit  jenem  Unfall  wurde  von  Pantzer  (Vierteljahrsschr.  fiir 

^'j!|"^*j"^''    ger.  Med.  etc.  H.  2)  für  möglich,  in  einem  Obergutachten  dagegen 

Pantzer.      für  nicht  vorliegend  erachtet. 

sections-  Schaff  er  (Zeitschr.  f.  Med.-Beamte  Nr.  13)  theilt  3  Sections- 

Ca"is8on-*^  befunde  bei  Caisson-Arbeitern  mit  (1  Section,  2 Besichtigungen). 
Arbeitern,   Es  fanden  sich  Luftembolie,    multiple  Ekchymosen,  Hautemphysem 
schäffer.      und  Gas  in  Brust-  und  Bauchhöhle. 

Das    Ergebniss     einer     experimentellen    Studie    ReinebothV 
(Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  37j  ist,   dass  unbeschadet  der  rein 


Gerichtliche  Medicin.  705 

nervösen  Effecte  einer  Commotio  thoracica  eine  plötzliche  Che-  £ inf la s s  de r 
fasserweiterong  oder  Gefassdahmong  im  Lungenkreislauf  und  eine   Krschütte- 
dadurch   beschrankte   Blutzufuhr   zum   linken   Ventrikel   zu  Stande  Brustkorbs 
kommt,  deren  Resultat   ein  Sinken  des  Blutdrucks   ist.     Practisch      auf  die 
wichtig  wird  dies  Ergebniss  bei  der  Beurtheilung  einer  Hämoptoe,  ®p'**^*  ^®" 
die  ein  Phthisiker  nach  einem  Unfall  erleidet,    der  die  erkrankte      Lunge« 
Spitze  nicht  direct  betroffen  hat     (Vergl.  S.  144.)  Reineboth. 

Ein  Werkmeister  wurde   beim  Löschen    eines  Brandes   völlig  Tabes  nach 

durchnässt:   er  konnte   sich  erst   nach   einifcen  Stunden  umkleiden,  ^''^^l*'*'^«- 

.-11  Betriebs- 

Nach  5  Wochen  Kribbeln  m  den  Zehen,    nach  7  Monaten  typische      unfall, 

Tabes.     Binswanger  und  Stegmann  (ünfallversicherungspraxis    BiMwanger 
Nr.  6)  bejahen  die  Frage  des  Zusammenhanges  zwischen  der     *    w«»Ji»»n, 
voraufgegangenen  Erkältung  und    dem  Kückenmarks- 
leiden.    Der  Verunglückte  erhielt  darauf  Vollrente  zugebilligt. 

Bei   einem  an  Tabes  leidenden  Arbeiter,    dessen  Grundleiden  Erblindung 
durch  Sehnervenatrophie  complicirt  war,  trat  bei  angestrengter  Ar-  ^»"^«s  an 
beit  in  einem  zugigen  Local,  während  er  auf  der  Leiter  stand,  plötz-     atrophie 
lieh  Erblindung  ein.    Goldscheider  nimmt   an,   dass  die  Seh-    leidenden 
nervenatrophie  eme  acute  Verschlimmerung   durch  Zug  und  Ueber-  Qoidschoider 
anstrengung  erfahren  hat.    Das  B;eichsversicherungsamt  schloss  sich 
dem  Gutachten  an  und  bewilligte   die  Rente   für  völlige  Erwerbs- 
unfähigkeit.    (Obergutachten,  mitgetheilt  in   der  Zeitschr.  f.  Med.- 
Beamte  Nr.  14.) 

Adler  (Archiv  f.  Unfallheilkunde  Bd.  2)  gibt  eine  Zusammen-     Trauma- 

stellung  von   118  Fällen  von  Hirntumor,    die  traumatischen  ^^^*^J®  ?,''"''• 

^.^.       .      .  .  .  .    gesohwulste, 

Ursprungs  waren.     Wichtig  ist   anamnestisch,   dass  sich  an  die        Adler. 

traumatischen  Beschwerden  Tumorsymptome  anschliessen.    Zuweilen 

ist    nach   dem    anatomischen   Befunde    eine    Altersbestimmung   des 

Tumors  möglich;  in  manchen  Fällen  entspricht  der  Sitz  des  Tumors 

dem  Angriffspunkt  der  Gewalt,   eventuell    deutet    eine   Hautnarbe 

darauf  hin.    Aber  auch  fem  vom  Angriffspunkt  der  Gewalt  können 

sich  Hirntumoren  entwickeln. 

Lehrbücher  und  Monographieen. 

P.  Brouardel,  La  responsabilit^  m^dicale.     Paris. 

C.  Kippenberger,   Grundlage  für  den  Nachweis  von  Giftstoffen  bei  ge- 
richtlich-chemischen Untersuchungen. 
Jahrbnch  der  praotisohen  Medicm.    1899.  45  i 


706  Puppe. 

L.  Knapp,  Der  Scheintod  der  Neugeborenen.  Seine  Geschichte,  klinische 
und  gerichtsärztliche  Bedeutung.    Wien  und  Leipzig. 

Erafft-Ebing,  Psychopathia  sexualis.     10.  Aufl.     Stuttgart. 

G.  Ledderhose,  Die  ärztliche  Untersuchung  und  Beurtheilung  der  ünfall- 
folgen. 

Hugo  Magnus,  Die  Untersuchung  der  optischen  Dienstfähigkeit  des  Eisen- 
bahnpersonals.   Breslau. 

A.  Oppenheimer,  Juristisches  Handbuch  f&r  practische  Aerzte  mit  spe- 
cieller  Berücksichtigung  der  bayrischen  Gesetzgebung.    München. 

Placzeck,  Berufsgeheimniss  des  Arztes.    2.  Aufl.    Leipzig. 

0.  Rapmund  und  E.  Dietrich  unter  Mitwirkung  von  J.  Schwalbe, 
Aerzliche  Rechts-  und  Gesetzeskunde.    I.  Theil.    Leipzig. 

P.  Reichel,  Die  Abschätzung  der  Erwerbsfähigkeit.    Wiesbaden. 

P.  Schuster,  Die  Untersuchung  und  Begutachtung  bei  traumatischen  Er^ 
krankungen  des  Nervensystems.    Berlin. 

F.  G.  Stubenrath,  Ueber  Aspirationspneumonie ,  insbesondere  nach  Elin- 
dringen  von  Ertränkungsflüssigkeit  und  über  ihre  gerichtsärztliche 
Bedeutung.    Würzburg. 


xm. 
Oeffentliclies  Gresnndheitswesen. 

Von  Geh.  Hofrath  Prof.  Dr.  A.  Gärtner  in  Jena. 

1.  Städtereinlgungr« 

Nach  Kleemann  (Die  Kanalisation  von  Steglitz.    Bei-    Kanaiiea- 

trae  für  die  Beurtheilung  der  Schwemmkanalisation  mit     a*°^,^?^ 
®  ©  ^  Steglitz, 

Ausschluss  der  Meteorwässer.  Viertelj.  f.  gerichtl.  Med.  u.  Kleemann, 
öffentl.  Sanitatswesen,  3.  Folge,  Bd.  16,  Supplementhefb)  macht  sich 
in  Deutschland  schon  seit  Jahrzehnten  eine  eigenthümliche  Ver- 
steifung gegen  das  sog.  Trennsystem  geltend.  Während  in  England 
in  den  letzten  20  Jahren  über  40  Städte  so  kanalisirt  sind,  ist  in 
Deutschland  das  System,  ausser  in  drei  anderen  Städten,  vollständig  nur 
in  Steglitz  durchgeführt.  ■ —  Kleemann  berichtet  darüber,  dass  sich 
die  Befürchtungen:  Verstopfung  der  Rohre,  Trockenlaufen  der  Lei- 
tungen, mangelhafte  Entlüftung  durch  die  ßegenrohre,  Verschlickung 
der  Rieselfelder,  durchaus  nicht  eingestellt  haben,  dass  sich  das 
System  vielmehr  sehr  gut  bewährt  habe.  Dabei  stellte  sich  dasselbe 
rund  um  die  Hälfte  billiger  als  ein  System  mit  Einschluss  der  Regen- 
Wässer.  Die  Strassenwässer  haben  in  der  Ratze,  einem  sehr  kleinen 
Bach,  irgend  welche  Störungen  nicht  hervorgerufen. 

A.  Gärtner  xmd  A.  Herzberg  (Vortheile  und  Nach- 
theile der  getrennten  Abführung  der  Meteorwässer  bei 
der  Kanalisation  der  Städte.  Vierteljahrsschr.  f.  öffentl.  G-e- 
sundheitspflege  Bd.  30,  Ref.  fiir  den  deutschen  Verein  f.  öffentl.  Ges. 
zu  Karlsruhe)  stellen  zunächst  fest,  dass  die  Abführung  der  Fäka- 
lien zur  Zeit  in  den  meisten  Städten  nicht  den  Anforderungen  ent- 
spreche.   Die  gemeinschaftliche  Abschwemmung  der  Fäkalien,  Haus- 


708  Gärtner. 

Trenn-  und  Kegenwässer  stelle  principiell  das  beste  System  dar,  aber  die 
Systeme,  Städte  gingen  nicht  heran,  weil  es  zu  theuer  sei,  besonders  wegen  der 
Herzberg,  definitiven  Beseitigung  der  Massen.  Die  Begenwässer  der  Strassen 
und  Höfe  in  kanalisirten  Städten  könnten  unbedenklich  in  die  Fluss- 
läufe gelassen  werden.  Werden  die  Kegenwässer  gesondert  abge- 
leitet, so  kann,  bei  ungefähr  gleichen  Kosten  der  Anlage  des  Kanal- 
systems an  sich,  eine  wesentliche  Erspamiss  eintreten  durch  Ver- 
wendung kleinerer  Maschinen,  Kessel  und  Bohre,  sowie  kleinerer 
Rieselfelder  und  Klärbecken ;  auch  könne  man  bei  Vorsorge  fiir  eine 
facultative  Klärung  und  bei  obligatoricher  Desinfection  aller  Abgänge 
infectiöser  Kranker  vielfach  mit  einer  bloss  mechanischen  Klärung 
der  Abwässer  —  ohne  störende  Regenwässer  —  auskommen.  Ob 
ein  getrenntes  oder  ein  Sammelsystem  für  eine  Stadt  vortheilhafter 
sei,  richte  sich  nach  den  jeweiligen  örtlichen  Verhältnissen. 

Hygienische  Metzger (HygienischeBedeutung  derTrennsysteme. 

Bedeutung   Hyg.  Rundschau  S.  290)  fuhrt  die  starke  Abminderung  der  Sterb- 

Hot*  TvAtin  •/ o  '  ^ 

Systeme,  Hchkeit  der  letzten  Jahre  von  Berlin  auf  den  Anschluss  fast  aller 
Metzger.  Grundstücke  an  die  Kanalisation  zurück,  wenigstens  in  der  Haupt- 
sache. Die  Methoden  zur  Entfernung  der  von  den  Regenwässem  ge- 
trennten Hauswässer  sind  die  gewöhnlichen  Trennungssysteme  — 
enge  Gravitationsleitungen,  das  Shone-Merten-System,  das  gemischte 
Trennsystem,  d.  h.  ein  solches,  welches  einen  Theil  der  Regenwässer 
mit  aufnimmt  —  und  das  Metzger'sche  Doppelrohrsystem.  Bei  diesem 
liegen  zwei  Kanäle,  Regen-  und  Schmutzwasserableitung,  in  demselben 
Rohrmantel.  Redner  weist  dann  darauf  hin,  wie  enorm  die  Regen- 
wassermengen  die  des  Schmutzwassers  übersteigen  (200fach).  Bei 
Trockenwetter  seien  beide  Schwemmsysteme  gesundheitlich  gleich 
und  bei  Regenwetter  das  Trennsystem  besser,  da  es  dann  nur  Regen-, 
aber  kein  Schmutzwasser  in  die  Vorfluth  entleere,  was  das  Sammel- 
system thue.  Ein  Nachtheil  sei  der  doppelte  Anschluss  der  Häuser, 
aber  dadurch  würden  die  Bewohner  wiederum  zu  grösserer  Reinlich- 
keit veranlasst.  Das  Trennsystem  leiste  bei  geringeren  Kosten  das- 
selbe, was  die  Sammelsysteme  leisten» 

AbwÄsser-  Schmidtmann,    Proskauer,    Eisner,     Wollny-Baier 

reinigung,   gg^jQ^    einen    Bericht    über    die   Prüfung   der  von   den   Firmen 

Schmidtmann,  =>  .  .  n     t  •  i. 

Proakaner,     Schweder  u.  Co.  und  E.  Merten  u.  Co.  bei  Gross-Lichterfelde  emcn- 

Bisner,       teten  Versuchsreinigungsanlage  für  städtische  Spüljauche 

y-     er.  (yjgj^ß]jj^iy,gßhj,   f  gerichtl.  Med.  u.  öifentl.  Sanitätswesen,  8.  Folge, 

Bd.  16,    Supplementhefb).     Die  Anlage  besteht  aus  dem  Schlamm- 

fang,  in  welchem  grössere  schwimmende  xmd  schwere  Theile  abge- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  709 

fangen  werden.  Dann  läuft  das  Abwasser  in  den  Faulraum;  in  ihm 
bleibt  es  ca.  24  Stunden  stehen.  In  dieser  Zeit  gehen,  da  der  freie 
Sauerstoff  fast  völlig  fehlt,  erhebliche  Reductionsprocesse  vor  sich, 
um  so  mehr  als  durch  die  Construction  der  Anlage  eine  gleich- 
massige  Temperatur  gewährleistet  ist.  Vom  Faulraum  kommt  das 
gährende  Wasser  jetzt  direct,  früher  erst  nach  Passiren  eines  Lüf- 
tungsschachtes auf  aus  Kies  und  Koksklein  aufgeschüttete,  unten 
drainirte  Filter  und  bleibt  auf  denselben  ca.  8  Stunden,  dann  wird 
die  Flüssigkeit  abgelassen  und  das  Filter  oder  der  Oxydationsraum 
bleibt  den  Rest  des  Tages  leer  stehen  zu  seiner  Regeneri^ung.  Das 
ablaufende  Wasser  soU  klar,  geruchlos  und  zu  Nachzersetzungen  nicht 
mehr  geeignet  sein.  Die  von  den  vorgenannten  Herren  angestellte 
Prüfung  ergab  die  Richtigkeit  jener  Angabe ;  es  hatte  in  der  Anlage 
stattgefunden  eine  Abnahme  der  Oxydirbarkeit  um  70  °/o  ,  des  Ge- 
sammtstickstoffes  um  50 — 60  °/o ,  des  Ammoniakstickstoffes  um  75  °/o 
und  eine  Neubildung  von  Nitrit-  und  Nitratstickstoff  um  ca.  20  bis 
25*^/o.  Die  Menge  des  entstehenden  Schlammes  war  gering,  da 
auf  den  sog.  Filtern  eine  reichliche  Zerlegung  der  suspendirten 
Stoffe  statthat.  Dagegen  bildet  sich  in  dem  Faulraum  noch  Schlamm, 
wenn  auch  derselbe  zum  Theil  durch  die  Bacterien  zerstört  wird; 
das  „Faulen",  die  anaerobe  Gährung,  soll  geringen  Werth  haben. 
Femer  findet  in  den  gefüllten  Filtern  keine  Nitratbildimg  statt,  weil 
freier  Sauerstoff  fehlt;  dieselbe  entsteht  jedoch  in  dem  Schlamm  der 
abgelassenen  Filter.  Die  qualitative  Leistung  der  Anlage  war  eine 
befriedigende,  dahingegen  lässt  die  quantitative  noch  zu  wünschen 
übrig,  und  zur  Zeit  dürfte  die  Anwendung  dieses  „biologischen"  Ver- 
fahrens wegen  der  Grösse  der  Anlage  sich  für  grosse  Städte  noch 
nicht  eignen, 

Proskauer  und  Eisner  verbreiten  sich  über  die  hygienische    Degener's 

Untersuchung  des  Kohlebreiverfahrens  zur  Reinigung  von    ^^hlebrei 

*=*  &       o  beim 

Abwässern  auf  der  Klärstation   in  Potsdam  (Vierteljahrsschrift  f.     Reinigen 
gerichtl.  Med.  u.  öffentl.  Sanitätswesen,  3.  Folge,  Bd.  16,   Suppl.-         y«» 
Heft).     Nach  Angabe  des  Dr.  D  e  g  e  n  e  r  wird  Torf,  Moorerde  oder   progi^auer  u  ' 
Braunkohle  feinst  zermahlen   den  Stadtabwässem   beigemischt  und       Elsner. 
darauf  ein  Fälltmgsmittel,  z.  B.  Eisenoxydsalzlösung,  zugesetzt.    Auf 
1  cbm  Abwasser  kommen  etwa  1  kg  Kohle  und  170  g  des  Eisensalzes. 
Die  ganze  Mischimg  wird  nach   dem  bekannten  Rothe'schen  Ver- 
fahren in  Eisenthürme  hineingegeben.     Das  ablaufende  Wasser  ist 
völlig  klar;   die  organischen  —  gelösten  —  Substanzen  haben   sich 
um  etwa  90  % ,   die  gelösten   organischen    Stickstoffsubstanzen  um 


710 


Gärtner. 


Degener*B  60 — 80  °/o  verringert,  Effecte,  wie  sie  bei  keiner  anderen  Klännethode 
Kohlebrei  ^^  j^^^t   bekannt    sind.     Weder    das    geklärte   Wasser    noch   der 
Reinigen  Schlamm  gehen  in  Fäulniss  über;  der  Kohleschlamm  wird  zu  Bri- 
lon quettes  oder  Torfsteinen  verarbeitet,  die  zur  Kesselfeuerung  und  zur 

JL    \\  wn  S  Q  tt  A  V*  VI  ^^ 

Proskauer  u '  Gewinnung  von  Leuchtgas  dienen  können.  Eine  Desinfection  der 
Eisner.  Abwässer  tritt  nicht  ein;  soll  sie  erreicht  werden,  so  genügt 
ein  Zusatz  von  12 — 15  g  Chlorkalk  pro  Oubikmeter  geklärten  Ab- 
wassers. Das  Chlor  wird  nach  geleisteter  Desinfection  durch  die 
Humussäuren  und  Eisenoxydulsalze  rasch  völlig  zerstört.  Der  Best 
des  nicht  zersetzten  Chlorkalkes  lässt  sich  leicht  durch  kleine  SchneU- 
filter  aus  Koks  oder  Braunkohle  oder  Kies  abfangen.  Das  erwähnte 
Verfahren  dürfte  berufen  sein,  in  der  Städtereinigungsfrage  eine 
grosse  Rolle  zu  spielen. 


Abwässer- 

reinigang, 

Riensch. 


H.  Riensch  (Die  Reinigung  der  städtischen  Abwässer 
und  die  Verwerthung  der  dabei  gewonnenen  Abfall- 
stoffe. Wiesbaden)  reinigt  die  Abwässer  dadurch,  dass  er  sie  zu- 
erst durch  eine  Art  Kamm  treten  lässt,  dessen  Zähne  15  mm  aus  einan- 
der stehen,  und  die  dort  abgelagerten  Stoffe  mit  einem  Rechen  heraus- 
kratzt, von  welchem  sie  durch  eine  Bürste  abgeputzt  und  auf  ein 
Band  ohne  Ende  geschoben  werden,  um  am  Ende  desselben  in  Wagen 
zu  fallen  imd  als  Dungmittel  verwerthet  zu  werden.  Dem  so  vor- 
gereinigten Wasser  werden  Chemikalien  zugesetzt  und  ein  Ausf^en 
der  Sinkstoffe  in  flacher  Rinne  bewirkt,  deren  Boden,  wenn  mit 
Schmutz  beladen,  nach  unten  in  einen  konischen  Raum  geöffnet 
wird ;  der  dort  angesammelte  Schlamm  wird  abgepumpt.  Hinter  dieser 
Rinne  sind  abermals  Kämme  und  Rechen  angebracht,  welche  mit 
6  mm  weiten  Oeffnungen  arbeiten,  dahinter  stehen  wieder  Siebe  mit 
1  mm  von  einander  abstehenden  Drähten.  Zuletzt  tritt  das  Schmutz- 
wasser unter  jalousieartig  angeordnete  Bretter,  von  welchen  der 
feinste  Schlamm  abgesetzt  und  durch  welche  das  Wasser  filtrit  wird. 
Die  in  Marburg  mit  etwas  abgeändertem  Apparat  erzielten  Resultate 
sind  als  günstig  zu  beurtheilen. 


▲bwässer- 

klärung, 

Briz. 


J.  Brix  hat  über  Klärung  städtischer  Abwässer  (Cen- 
tralblatt  für  allgemeine  Gesundheitspflege  Jahrg.  17)  im  Ham- 
burger Architekten-  und  Ingenieurverein  gesprochen  imd  stellt  in 
seinem  Vortrage  die  sämmtlichen  Methoden  zusammen,  indem 
er  zugleich  den  Ghrad  ihrer  Wirksamkeit  bezeichnet.  Auch  die 
neueren  in  diesen  Blättern  schon  besprochenen  Verfahren  werden 
von  ihm  erwähnt.    Aus  der  zusammenfassenden  Uebersicht  lässt  sich 


Oeffentliches  Gesundheitewesen.  711 

schwer  etwas  herausheben;  zur  allgemeinen  Information  ist  der  Vor- 
trag sehr  geeignet. 

J.  König,  E.  Haselhoff  und  R.  Grossmann  (Neue  Ver-  Schmutz- 
fahren  zur  Reinigung  von  Schmutzwässern.  Zeitschr.  f.  Reinigung, 
Untersuchung  der  Nahrungs-  u.  Genussmittel,  sowie  der  Gebrauchs-       König, 

ceeenstände  H.  3)  bringen  über  die  elektrischen  Verfahren  nichts     HaseihoflFu. 
®  °  /  o  ^    ^  Grossmann. 

Neues.    Das  Webst er'sche  ist  ein  chemisches  Reimgungsverfahren, 

wobei  das  Ferrohydroxyd,  das  Fällungsmittel,  fortgesetzt  durch  den 
elektrischen  Strom  auf  der  Gusseisenelektrode  erzeugt  wird.  Das 
Verfahren  von  Her  mite  (Kohle  und  Zinkplatten  in  salzhaltigen 
Flüssigkeiten)  wirkt  durch  seine  unterchlorigsauren  Salze  desodori- 
sirend  und  desinficirend.  Das  Ferrozone-Polarite- Verfahren  bewirkt 
durch  das  Ferrozone  (schwefelsaure  Thonerde  und  schwefelsaures 
Eisenoxyd),  welches  dem  Wasser  zugesetzt  wird,  eine  Fällung  der 
Schwebestoffe,  die  dann  durch  die  Filtration,  wobei  das  Polarite 
(Eisenoxyd)  Sauerstoff  abgibt,  abgefangen  und  oxydirt  werden  sollen. 
Die  Autoren  weisen  nach,  dass  man  statt  das  Polarite  auch  Garten- 
erde, Koksklein  und  Calciumplumbat  mit  dem  gleichen  Erfolge  an- 
wenden kann.  Die  Nitrification  geht  zweifellos  durch  Bacterien  vor 
sich,  und  es  ist  anzunehmen,  dass  der  mechanisch  den  rauhen  Filter- 
theilchen  anhaftende  Sauerstoff  den  Process  begünstigt;  ausserdem 
aber  entsteht  eine  nicht  unbeträchtliche  Menge  freien  Stickstoffs. 
Mehr  Erfolg  hat  das  von  Alex.  Müller  zuerst  eingeführte,  dann  von 
Dibdin-London  mehr  ausgebaute  und  jetzt  von  Schweder-Merten 
benutzte  Princip,  die  Abwässer  durch  Reduction  und  Oxydation  zu 
reinigen.  Die  Schmutzwässer  kommen  nach  Passirung  von  Sieben 
für  etwa  24  Stunden  in  den  Faulraum,  gelangen  von  dort,  über  ge- 
lochte Bleche  fliessend,  um  Luft  aufzunehmen,  in  den  Oxydations- 
oder Filterraum.  Die  Filter  bestehen  aus  Kies,  Koksgrus  und  ge- 
körnter Steinkohlenschlacke  mit  Kies.  Hier  bleibt  das  Wasser 
4  Stunden  und  fliesst  dann  klar  und  geruchlos,  aber  reich  an  Bac- 
terien ab.  Schlamm  wird  in  der  Anlage  sehr  wenig  gebildet; 
die  Schlammtheilchen  werden  vielmehr  zerlegt.  Es  findet  eine  starke 
Oxydation  der  organischen  Substanzen  und  Bildung  freien  Stickstoffs 
bei  Nitrification  des  Ammoniaks  statt.  Möglicherweise  hat  diese 
Klärung  für  kleinere  Gemeinden  eine  Zukunft. 

0.  Korn,  Die  Rieselfelder  der  Stadt  Freiburg  i.  B.  (Arch. 
f.  Hyg.  Bd.  22 ,  S.  173).  Durch  ein  ganzes  Jahr  hindurch  sind  die 
Drainwässer  der  Freiburger  Anlage  untersucht  worden.    Die  Kanal- 


712  Gäi-tner. 

lie  seif  eider,  jauche  ist  schon  sehr  verdünnt,  da  pro  Kopf  und  Tag  380  Liter 
0.  Korn.  Wasser  zur  Verwendung  kommen,  ausserdem  mischt  sich  Grund- 
wasser dem  Drainwasser  bei.  Der  Autor  wird  daher  zweifellos  Hecht 
haben,  wenn  er  angibt,  die  Drainwässer  könnten  ohne  Bedenken  dem 
Fluss  zugeführt  werden.  Eine  Wechselwirkung  zwischen  den  vorhan- 
denen chemischen  Substanzen  und  den  Bacterien  findet  wohl  im 
Kanalwasser,  jedoch  nicht  im  Drainwasser  statt.  Aeussere  Ein- 
flüsse, Temperatur,  Eegenmenge,  Jahreszeiten  sind  nur  von  unter- 
geordneter Bedeutung  bei  dem  Beinigungsprocess.  In  den  5  Jahren 
des  Bestehens  Hess  sich  eine  Abnahme  der  chemisch  wirkenden  und 
der  filtrirenden  Eraft  des  Bodens  nicht  constatiren. 

Abwässer-  Dunbar    und  Zirn,    Beitrag  zur   Frage    über  die   Des- 

^^^j^'«^*^'infection  städtischer  Abwässer  (Vierteljahrsschr.  f.  gerichtl. 
Med.  u.  öffentl.  Sanitatswesen,  3.  Folge,  Bd.  16,  Suppl.-Heft).  Sogar 
bei  nicht  stark  concentrirten  Abwassern  ist  ein  Zusatz  von  1  Theil 
Kalkhydrat  auf  1000  Theile  Abwässer  zu  einer  sicheren  Abtödtung 
selbst  der  leicht  zerstörbaren  Cholerabacillen  nicht  ausreichend; 
auch  1 :  500  genügt  nicht  immer  zur  Abtödtung  in  B — 6  Stunden. 
Voller  Erfolg  wurde  dahingegen  erzielt  bei  Anwendung  von  Chlor- 
kalk (33°/o)  1 :  15000.  Dabei  stellt  sich  die  Desinfection  mit  Chlor- 
kalk 5mal  billiger  als  die  mit  Aetzkalk.  Sollte  zu  viel  freies  Chlor 
in  den  Abwässern  verblieben  sein,  dann  lässt  sich  dasselbe  durch 
Calcium-  oder  Natrium  bisulfit  oder,  am  billigsten,  durch  Eisenvitriol 
beseitigen. 

Kranken-  Rubner-Virchow,   Gutachten   d.  Kgl.  wiss.  Deputation  f.  d. 

„,    *^'"       Medicinalwesen  über  die  Einleitung  der  Abwässer  des  Land- 

abwasser.  *^ 

Abwässer    krankenhauses  zu  H.  in  die  Fulda,  und:  Gutachten  d.  Kgl.  wiss. 

^°°         Deputation  f.  d.  Medicinalwesen  über  die  Reinigung  der  Kanali- 

Rubner-  '   sationswässer  der  Stadt  Hannover.    In  dem  ersten  Gutachten 

Virchow.      wird  gesagt,  dass  die  Abwässer  und  Fäcalien  eines  Krankenhauses 

von  91  Betten  nicht  geeignet  seien,  die  Fulda  zu  inficiren  bezw.  zu 

verunreinigen,  sofern  eine  ordentliche  systematische  Desinfection  der 

Abgänge   der  infectiösen   und   verdächtigen  Kranken  stattfände  und 

in  eingeschalteten  Sedimentirbecken  die  schweren  und  groben  Stoffe 

abgefangen  würden.    Bezüglich  Hannovera  wollen  die  Gutachter  die 

Einfühnmg  der  ungeklärten  Abwässer  in  die  Leine  nicht  zugestehen. 

Sie  rechnen  aus,  dass  in  kurzem  sich  die  Abwässer  zum  Flusswasser 

wie   1 :  16,5   verhalten  würden.     Zwar   sei   eine   Infection  kaum  zu 

fürchten,  da  das  Leinewasser  schon  jetzt  nicht  getrunken  werde,  da- 


Oeffentliches  Geßiindheitsweaen.  713 

gegen  seien  Ablagerungen  bedenklicher  Art  und  Fäulniss  derselben 
wahrscheinlicli,  anch  fehle  es  der  Leine  an  starken  Hochwassern, 
namentlich  an  Sommerhochwässem,  welche  den  Schlamm  mitnehmen 
könnten.  Es  sei  der  Stadt  aufzulegen,  die  Abwässer  von  den 
Schwimm-  und  Sinkstoffen  durch  mechanische  oder  chemische  Klä- 
rung zu  befreien. 

H.   Jaeger,    Die    beabsichtigte   Einleitung   der   Ab-  Einleitung 

Wässer   von    Stuttgart  in  den  Neckar  unterhalb   Cann-         ^°^ 

11    1  •      T- •  11  -r^ .  1        Schmutz- 

statt,   eventuell  die   hiergegen    erhobenen    Einsprüche     wässern 

seitens  der  flussabwärts  liegenden  G-emeinden  (Zeitschr.  in  Fltisse, 
f.  Hyg.  u.  Infect.  Bd.  27,  S.  73).  Die  Abwassermenge  von  Stuttgart  '^*®*^®'' 
beträgt  nur  den  45.  Theil  des  bei  niedrigstem  Stand  von  dem  Neckar 
abgeführten  Wassers,  trotzdem  war  der  Fluss  und  die  Umgegend 
verpestet,  weil  zwei  mächtige  Wehre  das  Niedersinken  der  Schlamm- 
theilchen  förderten  und  diese  allmählich  in  Zersetzung  übergingen, 
wodurch  ein  erheblicher  Gestank  entstand  und  das  Wasser  sogar 
zum  Viehtränken  unbrauchbar  wurde.  Das  Grundwasser  kann  zu 
Zeiten  vom  Neckar  gespeist  werden,  jedoch  ist  eine  Gesundheits- 
schädigung nicht  zu  fürchten,  weil  bei  dem  Wege  durch  den  Sand 
und  Kies  die  Bacterien  zurückgehalten  imd  die  unappetitlichen  Stoffe 
vöUig  zerlegt  werden. 

Goldschmidt,  Luxemburger,  Franz,   Hans  und  Ludwig      Selbst- 
Neumaver,   W.    Prausnitz    (Das   Absterben   der   Mikro-   Reinigung 

.  der Is&r 

Organismen  bei  der  Selbstreinigung  der   Flüsse.    Hyg.   Goldschmidt 
Rundschau  Nr.  4)  haben  die  Isar  in  ihrem  Verhalten  gegen  die  von  Luxemburger, 
der  Münchener  Kanalisation   eingebrachten  Mikroorganismen  unter-    '    '  ^'     ^®°' 
sucht,  indem  sie  zu  verschiedenen  Zeiten  und  an  den  verschiedenen     Prausnitz. 
Orten  die  Keimzahl  bestimmten.     Sie  kamen  zu  dem  Resultat,  dass 
die  Selbstreinigung  der  Flüsse,   d.  h.  das  Verschwinden  der  einge- 
leiteten leblosen  Verunreinigungen  durch  die  Thätigkeit  der  Mikro- 
organismen nicht   beeinflusst  wird.     Das  Verschwinden  der  einge- 
brachten Bacterien  geschieht  zur  Tages-  und  Nachtzeit  und  ist  nicht 
durch  die  Belichtung  des  Wassers  bedingt.  Die  Belichtung  befördert 
höchstens  das  Absterben.    Letzteres  verläuft  sehr  schnell,  und  zwar 
gehen  in   der  Isar   bei   einem  Lauf  von  20  km  in  etwa  8  Stunden 
50*^/o    der  eingeschwemmten  Bacterien  zu  Grunde.     Hierdurch  wird 
die   alte  Erfahrung  erklärt,   dass  Epidemieen  nicht  oft  flussabwärts 
ziehen. 


714  Gärtner. 

Feuer-  E.  v.  Hofmann  (Zur  Frage  der  Feuerbestattung.    Wien. 

V  HotoLn^*  klin.  Wochenschr.  Nr.  7)  gibt  an,  dass  die  Leichen  oft  viel  lang- 
samer verfaulen,  als  man  gemeiniglich  annimmt,  so  faule  z.  B.  das 
Fett  nicht,  es  werde  vielmehr  langsam  in  Fettsäuren  und  Glycerin 
zerlegt.  Die  Fäulniss  sei  Wirkung  von  Mikroorganismen,  ausserdem 
aber  spielten  kleine  Thiere,  Insecten  u.  s.  w.  eine  grosse  Bolle  bei 
der  endlichen  Zersetzung  der  Leichen.  Ln  lockeren,  trockenen  Boden 
trete  nicht  selten  Mumification  ein,  in  festen  Särgen  gebraucht  die 
Fäulniss  sehr  lange  Zeit.  Vom  ästhetischen  Standpunkte  aus  be- 
trachtet, finden  bei  der  begrabenen  Leiche  hässliche  Veränderungen 
statt,  die  man  bei  der  Feuerbestattung  imigehe;  aber  auch  letztere 
habe  unästhetische  Perioden,  besonders  im  Beginn  der  Verbrennung. 
Der  Autor  bespricht  dann  die  Exhumirungen  vom  gerichtsärztlichen 
Standpunkte.  Wenn  auch  die  Wiederausgrabungen  selten  seien  und 
selten  ein  Resultat  lieferten,  so  kämen  andererseits  doch  erfolgreiche 
Exhumirungen  vor.  Aus  diesem  GFrunde  ist  der  Verf.  gegen  eine 
obligatorische  Einführung  der  Licineration ,  gesteht  aber  eine  facul- 
tative  zu,  da  man  dieselbe  nur  gestatten  würde,  wenn  die  Todesart 
in  jeder  Beziehung  klargestellt  sei ;  ausserdem  wäre  in  irgendwie 
zweifelhaften  Fällen  eine  Obduction  zu  verlangen. 
Graber.  Max  Gruber  (Zur  Frage  der  Feuerbestattung.     Wiener 

klin.  Wochenschr.  Nr.  8)  bespricht  in  ausführlicher,  sehr  sachge- 
mässer  Weise  die  von  der  Erdbestattung  befürchteten  Gefahren;  er 
kommt  zu  dem  wohl  von  allen  Hygienikem  anerkannten  Schluss. 
dass  bei  geregeltem  Betrieb  und  guter  Anlage  der  Friedhöfe  ge- 
sundheitliche Gefahren  nicht  bestehen.  Die  Hygiene  habe  daher  znr 
Zeit  kein  actuelles  Interesse  an  der  Feuerbestattung. 


2.  Wohniinf  shyf  iene, 

a.  Bauhygiene. 

UngeBunde  P.   Brouardel    (Le    logement   insalubre.      Ann.    d'hygiene 

^Bro^el.^"'  P^^li^^ö  S.  97)  weist  hin  auf  die  Verhältnisse  des  Hötel-Dieu  vor 
100  Jahren.  Dort  habe  die  Ansteckung  stattgefunden  durch  die 
übermässige  Belegung;  man  steckte  bis  zu  8  Kranke  in  ein  grosses 
Bett.  Wie  damals  im  Hospital,  so  würden  jetzt  durch  die  engen 
Wohnungen  die  Krankheiten  vermittelt.  Vor  allem  sei  die  Tuber- 
culose  zu  furchten;  in  Frankreich  stürben  daran  jährlich  150000  Hen. 
sehen,  in  Paris  betrage  die  Sterblichkeit  daran  auf  10000  Ein- 
wohner 51,  in  Laval  60  und  in  Fougöres  sogar  84. 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  715 

B.  Baumeister,  J.  Classen,  J.  Stubben,  Denkschrift  des   Verlegung 

Verbandes  Deutscher  Architekten-  und  Ingenieurvereine  '^'^^^onen- 

^  enteignung, 

über    die     Umlegung    städtischer    Grundstücke    und    die    Baumeister, 

Zonenenteignung  (Zeitschr.  d.  Centralstelle  f.  Arbeiter- Wohlfahrts-  Classen, 
einrichtungen  Nr.  12).  Unter  Umlegung  versteht  man  die  Umgestal- 
tung der  Form  der  vorhandenen  Feldgrundstücke  in  einem  Stadt- 
erweitemngsplan,  so  dass  die  einzelnen  Grundstücke  eine  zu  der  zu 
erbauenden  Strasse  passende  Lage  erhalten.  Dagegen  wurde  geltend 
gemacht,  dass  die  Umlegung  einen  unerhörten  Eingriff  in  das  Privat- 
eigenthum  darstelle.  Dieser  Einwurf  ist  hinfallig,  denn  bei  der  Zu- 
sammenlegung der  ländlichen  Grundstücke  wird  dieser  Eingriff  schon 
seit  mehr  als  20  Jahren  zu  allgemeiner  Zufriedenheit  geübt ;  dagegen 
ist  in  der  Umlegung  eine  viel  bessere  Ausbildung  der  einzelnen 
Häuserblöcke  und  damit  der  einzelnen  Häuser  gegeben.  Aehnliche 
Gesetze  bestehen  zum  Theil  in  Hessen,  in  Hamburg,  Basel  und 
Zürich.  Die  Zonenenteignung  soll  statthaben  Air  Landerwerb  zur 
Anlage  von  neuen  Strassen,  Plätzen  imd  für  Grundstückstheile,  die  zur 
selbständigen  Bebauung  ungeeignet  sind,  sowie  für  in  älteren  Stadt- 
theilen  liegende  Grundstücke,  die  aus  Gesundheits-  und  Verkehrs- 
rücksichten einer  Neubebauung  bedürfen.  Durch  dieselbe  verschwinden 
die  entsetzlichen  Winkelgassen,  die  licht-  und  sonnenlosen  Quartiere 
der  ältesten  Stadttheile,  imd  es  wird  eine  zweckmässigere  Bebauung 
der  neueren  Stadtviertel  erzielt. 

H.  Albrecht,  Städtische  Boden-  und  Wohnungsreform  Wohnungs- 
(Zeitschr.  d.  Centralstelle  f.  Arbeiter- Wohlfahrtseinrichtungen  Nr.  18).  ^Jj^'^' 
Freiburg  i.  Br.  ist  eine  der  wenigen  Städte,  die  für  die  ärmere  Be- 
völkerung Wohnimgen  in  eigener  Begie  bauen.  Schon  früher,  in  den 
sechziger  Jahren,  hatte  die  Stadt  kleine  Wohnungen  für  Arbeiter 
gebaut,  die  sie  in  den  Privatbesitz  der  Arbeiter  übergehen  Hess ;  aber 
die  Häuser  kamen  allmählich  in  die  Hand  der  Fabrikbesitzer  und 
wohlhabenderer  Privatleute.  Dann  baute  eine  gemeinnützige  Bau- 
genossenschaft 147  Wohnungen;  aber  auch  damit  war  der  Bedarf 
nicht  gedeckt.  Jetzt  baut  die  Stadt  selbst  zu  vermiethende  Häuser, 
und  zwar  für  eine  Summe  von  629000  Mark  mit  168  Wohnungen 
von  2  und  3  Zimmern  nebst  Zubehör,  Küche,  Keller,  Bodenraum, 
sowie  grösstentheils  kleineren  Gartenantheilen.  Der  Miethpreis  ist 
durchschnittlich  für  eine  dreiräumige  Wohnung  336,  für  eiue  zwei- 
räumige  264  Mark;  dabei  erfolgt  eine  Verzinsung  des  Kapitcds  mit 
4,28  ^/o ;  die  Stadt  wird  dabei  noch  jährlich  ca.  9000  Mark  zusetzen 
müssen. 


716  Gärtner. 

Wohoangs-  Wohnungsordnung  für  die  Stadt  Dresden  vom  25.  Januar 

y*l?'  Jyin«  1898.  Für  die  Privatmiethwohnungen  ist  vorgeschrieben,  dass  sie 
in  einem  gesundheitsmässigen  Zustande  sich  befinden;  jede  Familien- 
wohnung soll  mindestens  aus  einem  heizbaren  Wohnraum  und  einem 
Schla&aum  von  wenigstens  3  qm  Grundfläche  und  womöglich  einer 
Küche  bestehen  sowie  einen  eigenen  Zugang  haben.  Ueberfullt  ist 
eine  Wohnung,  welche  fiir  einen  Erwachsenen  nicht  20,  for  ein  Kind 
nicht  10  cbm  Luftraum  gewährt.  Die  Untervermiethung  an  Schlaf- 
burschen u.  s.  w.  ist  in  der  üblichen  Weise  geregelt.  Den  Dienst^ 
boten  ist  ebenfalls  ein  Mindestraum  von  20  cbm  zu  gewähren,  doch 
ist  „vorläufig"  noch  eine  mittelbare  Belichtung  und  Lüftung  vom 
Treppenhaus  her  gestattet,  während  die  übrigen  Zimmer  unmittelbar 
in  das  Freie  führende  Fenster  haben  müssen.  Die  untervermietheten 
Eäume  und  Schlafstellen  unterliegen  zeitweiliger  behördlicher  Con- 
trolle,  die  übrigen  —  leider  —  nur,  wenn  gesundheitliche  und  sitt- 
liche Nachtheile  zu  befürchten  sind.  (D.  h.  also  gar  nicht ;  denn  wie 
soll  die  Behörde  das  wissen,  wenn  sie  nicht  revidiren  darf?)  Die 
Benutzung  ungesunder  Wohnungen  ist  zu  untersagen  oder  von  der 
Erfüllung  gewisser  Bedingungen  abhängig  zu  machen. 

b.  Heizung. 

Heizung,  H.  Meidinger,  Die  Heizung  von  Wohnräumen  (Deutsche 

H.  Meidinger.  vierteljahrsschr.  f.  öffenü.  Gesundheitspflege  H.  2).  Der  rühmlichst 
bekannte  Autor  hat  grosse  Versuchsreihen  angestellt.  Er  constatirt 
zunächst,  dass  man  die  Leitungswärme  (Luftwärme)  von  der  Strahlungs- 
wärme trennen  müsse.  Die  Decke  eines  Zimmers,  als  der  heissesta 
Theil,  strahle  die  Wärme  nach  unten;  daher  sei  der  Fussboden  stets 
wärmer  (etwa  1  ^)  als  die  Luft  B  cm  über  demselben.  In  demselben 
Horizont  im  Zimmer  ist,  abgesehen  von  grosser  Nähe  des  Heiz- 
körpers, die  Temperatur  überall  die  gleiche.  Die  Differenz  zwischen 
Decken-  und  Fussbodentemperatur  ist  grösser  im  Beginn  des  Heizens, 
bei  stärkerer  Kälte,  bei  dünnen,  gut  wärmedurchlassenden  Wänden. 
Nach  Meidinger  |ist  es  irrig,  dass  durch  Luftheizung  oder,  was 
dasselbe  sagt,  durch  einen  Mantelofen,  die  Luft  gleichmässiger  er- 
wärmt werde  als  durch  einen  einfachen  Ofen  (Strahler);  ein  Mei- 
dinger-Ofen,  ein  Amerikaner  Ofen,  oder  ein  Karlsruher  Gasschul* 
ofen  und  ein  Gasreflectorofen  wirken  also  bei  gleichen  erzeugten 
Wärmemengen  gleich.  Ist  ein  Haum  18 — 20  °  C.  warm,  so  wird  in 
der  Nähe  eines  nicht  ummantelten  Ofens  die  Strahlung  unangenehm. 
ist  der  Baum  jedoch  niedriger  temperirt,  so  wird  sie  angenehm  em- 


OeffenÜiches  Gesundheitswesen.  717 

pfänden.  Der  Unterschied  in  der  Wärme  zwischen  Kopf  und  Fuss 
ist  um  so  geringer,  je  höher  das  Local  ist,  je  schwächer  geheizt 
wird  und  je  höher  über  dem  Boden  die  Luftcirculation  beginnt; 
heizt  man  z.  B.  mit  den  Gktsfiammen  des  Kronleuchters,  so  gibt 
das  für  die  Schichten  bis  zu  2  m  über  dem  Boden  die  gleichmässigste 
Wärmevertheilung. 

J.   Schneider,    seit   25   Jahren   städtischer   Heizingenieur   in     öasofen- 
München,  bespricht  in  der  Versammlung  von  Heizungs-  und  Lüftungs-      d^Lü'ft*^ 
fachmännem  in  München  die  Vorzüge  und  Nachtheile  der  Gas-     Schneider. 
Ofenheizung  und -Lüftung  an  der  Hand  der  Ergebnisse  der  Schule 
in  Neuhausen  (Gasofenheizungs-  und  Lüftungsanlage  im  Schulhause 
zu  Neuhausen.   Gesimdheits-Ing.  S.  365).    Er  gelangt  zu  dem  Schluss, 
dass  vom  gesundheitlichen  Standpunkte  aus  wenig  gegen  diese  Art  der 
Heizung  zu  sagen  sei ;  der  Kostenpunkt  sei  allerdings  erheblich,  um 
mindestens  das  Dreifache  höher  als  der  einer  Dampfheizung,  auch  sei 
der  Betrieb  durchaus  nicht  so  einfach,  als  man  gewöhnlich  glaube; 
die  Beaufsichtigung  der  Oefen,  ihre  Reinigung,   die  Entfernung  des 
Condenswassers  u.  dergl.   verlangten   eine  gute,   aufmerksame   Be- 
dienung.    Der  Artikel  sei  Interessenten   zur  Leetüre   recht   warm 
empfohlen. 

c.  Beleuchtung. 

Gon^.  Cruz  (Etudes  sur  la  recherche  de  Tempoisonne-  Leochtga»- 
ment  par  le  gaz  d'eclairage.  Annales  d'hygiene  publ.  et  de  med.  ^^^^!^^^* 
legale,  Mai)  stellte  sich  die  Aufgabe  nachzuforschen,  ob  neben  der 
Kohlensaure  und  dem  Kohlenoxyd  bei  Leuchtgas  Vergiftung  auch 
andere  Körper,  vor  allem  Kohlenwasserstoffe,  in  das  Blut  über- 
treten, um  eventuell  auf  diese  Weise  eine  Vergiftung  mit  Leucht- 
gas von  einer  auf  andere  Weise  durch  CO  entstandenen  zu  unter- 
scheiden. Er  fand,  dass  die  Kohlenwasserstoffe  des  Leuchtgases 
sich  zn  einem  guten  Theil  durch  das  Hindurchschlagen  elektrischer 
Funken  in  Aethylen  überfuhren  lassen  und  dass  dieses  Gas  leicht 
und  in  grosser  Menge  vom  Blut  aufgenommen  werden  kann.  Der 
Nachweis  ans  dem  Blut  gelingt  leicht,  wenn  man  die  Gase  aus- 
pumpt und  nach  der  Fortnahm e  von  CO2  und  CO  durch  den  verblei- 
benden Gasrest  den  elektrischen  Funken  schlagen  lässt.  Es  stellte 
sich  heraus,  dass  bei  Leuchtgasvergiftung  Aethylen  nachgewiesen 
irerden  kann,  bei  Kohlendunstvergiftung  (aus  Holzkohle.  Koks  oder 
Anthracit)  indessen  nicht. 


718  Gärtner. 

Acetyien,  Joh.  V^rtess,  Acetylen  vom  hygienischen  Standpankte 

T6rte88.  (Gesundheits-Ingenieur  S.  225).  Es  war  von  Dr.  Birchmoore 
angegeben  worden,  schon  0,01  *^/o  Acetylen  in  der  Luft  sei  gefahrlich. 
V6rtess  nennt  das  eine  lächerliche  Uebertreibnng.  Er  habe  in  seinem 
Laboratorium  das  Gas  entwickelt,  die  Ventilation  abgestellt  und  sich 
gar  nicht  belästigt  gefühlt.  Qr^hant  hat  seinen  Hund  20  ^/o  Ace- 
tylen athmen  lassen  ohne  Schaden.  Die  Verbindung  des  Hämo- 
globins mit  dem  Acetylen  ist,  wenn  überhaupt  vorhanden,  eine  sehr 
lockere.  Das  Leuchtgas  ist  betreffs  Einathmung  also  viel  ge- 
fährlicher als  Acetylen.  Ein  explosibles  Gemisch  entsteht,  wenn 
1  Theil  des  Gases  mit  12  Theilen  Luft  gemischt  ist;  ähnlich  ist 
das  Verhältniss  beim  Leuchtgas.  Schon  geringste  Mengen  Acetylen 
verrathen  sich  bereits  durch  den  Geruch  nach  Knoblauch.  Die  Ver- 
brennungsproducte  sind  auch  günstiger  als  die  des  Leuchtgases,  denn 
ein  Auerglühlicht  verbraucht  pro  Stundenkerze  2,7  Liter  Leuchtgas 
und  3,2  Liter  Sauerstoff  oder  16  Liter  Luft  und  liefert  daför 
3,5  Liter  Wasserdampf  und  16  Liter  Kohlensäure.  Eine  Acetylen- 
lampe  verbraucht  pro  Stundenkerze  nur  0,6  Liter  Acetylen  und 
1,5  Liter  Sauerstoff  oder  7  Liter  Luft  und  erzeugt  0,6  Liter  Wasser- 
dampf und  1,2  Liter  Kohlensäure.  Die  Temperatur  der  Gasflamme 
ist  1350",  die  des  Acetylens  900**.  Unangenehm  waren  früher  die 
Verunreinigungen  des  Acetylens,  es  entstanden  beim  Brennen  Phos- 
phorsäure, Schwefelsäure,  Cyanüre;  seitdem  man  gelernt  hat,  das 
Material  zu  reinigen,  ist  dieser  Uebelstand  auf  ein  Minimum  redu- 
cirt.  AUes  in  allem  also  ist  das  Acetylengas  weniger  geföhrlich  tmd 
weniger  belästigend  als  das  Leuchtgas. 

3.  Arbeiterhygiene. 

Vergif-  C.  G.    Santesson,    üeber    chronische   Vergiftungen 

tungen      ^^^   Steinkohlentheerbenzin:   vier  Todesfälle.     Nach    klini- 
durch 
Steinkohlen- sehen  und  pathologisch-anatomischen  Beobachtungen  mehrerer  Col- 

theerbenz in,  legen  ^nd  mit  beleuchtenden  Thierexperimenten  (Archiv  f.  Hyg. 
Bd.  31,  S.  836).  Li  einer  Fahrradreifenfabrik  waren  in  schlecht 
ventilirten  Bäumen  eine  Anzahl  junger  Mädchen  zeitweise  bei 
12stündiger  Arbeit  mit  Bestreichen  von  Zeugstreifen  mit  in  rohem 
Benzin  gelöstem  Kautschuk  beschäftigt.  Neun  von  ihnen  erkrankten^ 
vier  starben.  Selbst  kurze  Zeit,  3  Wochen  währende  Beschäftigung, 
hatte  genügt,  den  Tod  zu  bewirken.  Die  Erkrankung  trat  sehr  all- 
mählich auf  unter  Bildung  von  kleinen  Petechien,  oft  erst  nach 
dem  Verlassen    der  Fabrik.     Die   Obduction   ergab  Blutdissolution 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  719 

und  grössere  Blutungen  in  verscliiedenen  Organen.  Bei  Thieren 
konnten  ähnliche  Erscheinungen  hervorgerufen  werden.  Die  Er- 
krankungen *  hörten  auf,  als  Männer  in  besser  ventilirten  Bäumen 
die  Arbeit  übernahmen.  Santesson  verlangt,  dass  Arbeiterinnen 
in  Bäumen  mit  Benzindämpfen  nicht  beschäftigt  werden  dürfen,  dass  * 
die  Bäume  gut  ventilirt  seien,  die  Arbeitszeit  beschränkt  werde  und 
Extrastunden  verboten  seien.  Es  sind  schon  die  geringsten  Sym- 
ptome der  Krankheit  zu  beachten  wegen  der  stark  cumulativen 
Wirkung.     Das  schädigende  Agens  scheint  das  Benzol  zu  sein. 

Blum,  Die  Verunreinigung  der  Luft  durch  Staub  in  staub  im 
den  Gewerben  der  Textilindustrie  und  die  Mittel  zur  ^jaum  ** 
Verhütung  der  Staubgefahr  (Centralbl.  f.  allg.  Gesundheits- 
pflege Bd.  17,  H.  3).  Beim  „Schlichten"  der  Zeuge  entsteht  viel 
Mehlstaub,  der  zugleich  mit  den  auf  dem  Kleister  u.  s.  w.  sich  zahl- 
reich entwickelnden  Schimmeln  eingeathmet  wird.  Die  ostindische 
Baumwolle  gibt  einen  härteren  Staub  als  die  amerikanische  und 
ägyptische,  die  Bohbaumwolle  liefert  17,6  *^/o  Staub.  Letzterer  erzeugt 
zunächst  Katarrhe  und  Asthma,  denen  sich  später  die  Tuberculose 
zugesellt.  Der  Hanf  bewirkt  bei  den  Seilern  das  Hechelfieber, 
welches  mit  starkem  Husten  und  auffallender  Erschöpfung  einher- 
geht. Aehnliche  unangenehme  AiFectionen  entstehen  durch  den 
Flachsstaub.  Wenig  offensiv  ist  der  beim  „Gasiren"  der  Seide  ent- 
stehende Staub,  welcher  aus  den  versengten  Partikeln  der  kleinen 
Härchen  hervorgeht.  Viel  schlimmer  ist  der  WoUstaub,  der  schwer 
auszuhusten  ist.  Am  gefürchtetsten  ist  der  Staub  der  Kunstwoll- 
fabrikation, denn  er  enthält  neben  den  organischen  auch  anorga- 
nische Theile  und  eventuell  Krankheitserreger.  Die  Angaben  über 
die  Verhütung  der  Staubinhalation  bieten  nichts  Neues. 

H.   Basch,    Ueber  Bleivergiftung   bei  Kachelofen-        Blei- 
fabriken (Arb.  a.  d.  Kais.  Gesundheitsamt  Bd.  15,   S.  81).    Bei  ^«^«'^*^"« 
der  Glasurbereitung  für  die  Kacheln  wird  Bleioxyd  gebildet,  welches  Kachelofen- 
leicht    bei    der   Oxydation    des   Bleies    in   der  Muffel  entsteht  und    Arbeitern, 
ebenso  wie  bei  dem  Ansetzen,  Mischen  und  Eintragen  der  Glasur- 
masse in  die  Oefen  leicht  verstäubt.    Um  die  in  der  Ofenfabrikation 
sehr   häufigen  Bleierkrankungen    zu   vermeiden,    sind  die   Arbeiter 
über  die  Schädlichkeiten  des  Bleies  zu  belehren,  und  ist  zu  verlangen, 
dass  das  Aeschem  (Umwandlung  von  Blei  imd  Zink  in  die  Oxyde) 
nur  in  gut  ventilirten  Bäumen  geschieht  und  dass  besondere  Ab- 
saugevorrichtungen   über   den  Aeschermuffeln    angebracht  werden; 


720  Gärtner. 

femer  ist  die  Mischung  der  Glasurmasse  mechanisch  vorzunehmen^ 
und  dürfen  die  Oefen  nur  befahren  werden,  nachdem  sie  ordentlieli 
abgekühlt  sind. 

Accumnia*  Deutsches  Bei  eh.    Bekanntmachung  des  Bundesrathes ,  be- 

Bigi  treffend  die  Einrichtung  und  den  Betrieb  von  Anlagen 
Deutoches  zur  Herstellung  elektrischer  Accumulatoren  aus  Blei 
^^^-  oder  Bleiverbindungen  vom  11.  Mai  1898  (Veröff.  des  Kais. 
Ges.-Amtes).  In  der  Accumulatorenfabnkation  haben  sich  Blei- 
intoxicationen  gezeigt.  Der  Bundesrath  ordnet  daher  an,  dass  die 
Bäume,  in  welchen  mit  Blei  hantirt  wird,  mindestens  3  m  hoch  sein 
müssen;  wo  ein  Zerstäuben  von  Blei  möglich  ist,  muss  der  Fuss- 
boden  wasserundurchlässig  sein  und  tägHch  mindestens  einmal,  ebenso 
wie  die  Tische,  feucht  gereinigt  werden.  Wo  Bleistaub  entsteht, 
soll  er  thunlichst  am  Entstehungsorte  abgesogen  werden.  Für  reich- 
liche Waschgelegenheit  ist  Sorge  zu  tragen;  besondere  Ankleide- 
imd  besondere  Speiseräume  sind  zu  gewähren«  Arbeitennnen  und 
jugendlichen  Arbeitern  ist  die  Arbeit  mit  Blei  untersagt.  Vor  der 
Einstellung  haben  die  Arbeiter  ein  ärztliches  Attest  über  ihre  Gre- 
eignetheit  beizubringen;  monatlich  einmal  sind  die  Arbeiter  von 
einem  Arzt  zu  untersuchen. 

Gewerbliche  Die  sehr  ausführliche  Abhandlung  vonTh.  Sommerfeld  über 
infectfon  ^^®  gewerbliche  Milzbrandinfection  (Zeitschr.  d.  Central- 
Sommerfeld.  steUe  für  Arbeiter- Wohlfahrtseinrichtungen  Nr.  16,  17,  18,  19)  gibt 
die  Oewerbe  an,  in  welchen  die  Milzbrandinfectionen  stattfinden,  und 
legt  ziffemmässig  dar,  wie  gross  die  Gefahr  ist.  So  z.  B.  er- 
krankten in  einer  einzigen  Fabrik  in  St.  Denis  in  15  Jahren  21  Per- 
sonen an  Anthrax;  in  den  Jahren  von  1888 — 92  kamen  allein  in 
Nürnberg  31  MüzbrandfaUe  vor.  Dann  bringt  sie  die  zur  Zeit  be- 
stehenden Maassnahmen  und  legt  an  der  ELand  der  wissenschaftlich 
festgestellten  Thatsachen  dar,  wie  die  Maassnahmen  beschaffen  sein 
sollten.  Aus  den  Ausfährungen,  auf  welche,  da  sie  Detailarbeit 
darstellen,  hier  nicht  näher  eingegangen  werden  kann,  folgt,  dass 
es  nicht  leicht  ist,  einen  absoluten  Schutz  zu  erzielen« 

Aniiismas.  Aus  dem  Inspectionsbezirk  Wiesbaden  (Berufskrankheiten  und 

ihre  Verhütung.  Zeitschr.  d.  Centralstelle  för  Arbeiter^WoUfiJirts- 
einrichtungen  Nr.  13)  wird  mitgetheilt,  dass  die  Arbeiter,  welche 
mit  der  Herstellung  des  Anilins,  dessen  Homologen  und  Spaltungs- 
producten,   sowie  der  Nitroproducte  des  Benzols  und  Toluols   be- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen. 


721 


ach&ftigt  sind,  unter  den  bekannten  Erscheinungen  des  Aniligmus 
(raaachartige  Zustände  schwerster  Art)  leiden.  Die  Absaugevor- 
nchtungen,  sonstige  Ventilation  u.  s.  w.  hatten  keinen  Erfolg,  erst 
durch  Abkürzung  der  Arbeitszeit  von  10  auf  7  Stunden  gelang  es, 
die  Zahl  der  Krankheitstage  von  492  auf  293  pro  anno  herunter- 
zudrücken. 


Wohlfahrt. 


lieber  deo  Umfang  und  die  Wirkung  der  deutschen  Arbeiter- 
Arbeiterversicherung  im  Jahre  1896/7  gibt  die  Zeitschrift  v«"iciie. 
der  Centralstelle  für  Arbeiter- Wohlfahrtseinrichtungen  S.  96  Aus-  centraisteUe 
kunft.  Im  Jahre  1896  waren  versichert  bei  64  gewerblichen  Be-  <^  Arbeiter- 
mfsgenossenschafken  in  442772  Betrieben  6734680  Personen;  es 
worden  88,7  Millionen  Mark  Entschädigungen  gezahlt;  die  gesammten 
Ausgaben  beHefen  sich  auf  61  Millionen  Mark.  Die  48  land-  und 
forstwirthschaftlichen  Berufsgenossenschaften  umfassten  4,6  MiUionen 
Betriebe  mit  rund  11,2  Millionen  Versicherter;  es  wurden  12,6  Mil- 
lionai  Mark  Entschädigung  bei  16  Millionen  Mark  Gesammtausgaben 
bezahlt.  Die  Gesammtsumme  aller  Entschädigungen  betrug  67  Mil- 
lionen Mark.  —  Im  Jahre  1897  bezogen  rund  231 500  Personen 
26,8  Millionen  Mark  Invalidenrente  und  rund  222  300  Personen 
27,6  Millionen  Altersrente.  Ein  Theil  des  verfuglichen  Vermögens 
dieser  Kassen  ist  derart  angelegt,  dass  es  gemeinnützigen  Zwecken 
dient;  bis  zum  1.  Januar  1898  sind  angelegt  in  Arbeiterwohnungen 
21,4,  fär  landwirthschaftliche  Creditkassen  17,4,  für  den  Bau  von 
Kranken-  und  Reconvalescentenhäusem ,  Herbergen,  Volksbädem, 
Kleinkiuderschulen,  Spar-  und  Gonsumvereinen  10,3  Millionen  Mark. 


4«  Hygiene  der  NakrngSMittel  vnd  WasserTeraorgnng, 

Hermann  und  Morgenroth,  Ueber  Bacterienbefunde   Bacterien- 
in  der  Butter  (Hyg.  Rundschau  S.  217).    Im  vorjährigen  Berichte    (T^J^rkei- 
hal  Bef.   zwei  sich  widersprechende  Artikel  über  Tuberkelbacillen-  baciiien)  in 
ftuide  in  der  Marktbutter  bringen  müssen ;  vorstehende  Arbeit  scheint   derButter, 
Klarheit    in    die  Frage    zu   bringen.     Die   Autoren   impften   Meer-    noree^th 
schweineben  mit  je  4 — 5  ccm  bei  37*^  geschmolzener  Butter  in  die 
Baucbhöhle  und  untersuchten  die  Thiere  nach   mehreren  Wochen 
auf  Tuberkelbacillen  und  auf  die  säurefesten  tuberkelbacillenähnHchen 
Mikroben  von  L.  Rabinovitsch.     In  10  Butterproben  fanden  sie 
3mal  ganz  zweifellose,   farberisch  und  culturell  nachgewiesene  Tu- 
berculose-  und  ebenso  oft  die  erwähnten  säurefesten  Bacillen,  die 

sich  cultureU  leicht  von  den  Tuberkelbacillen  unterscheiden  lassen; 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  46 


722  Gärtner. 

die  säurefesten  Organismen  sind  nur  in  geringem  Grade  pathogen. 
Die  Verff.  kommen  zu  dem  Schluss,  wenn  auch  Infectionen  durch 
Butter  nicht  bekannt  seien,  so  seien  sie  ebenso  gut  möglich  wie 
durch  Milch  und  sei  daher  eine  Pasteurisirung  (Erhitzung  auf  70^ 
während  20  Minuten)  des  Rahmes  bezw.  der  Milch,  die  sich  leicht 
ausfahren  lässt,  erforderlich. 

Tnberkei-  Petri,  Zum  Nachweis  der  Tuberkelbacillen  inButter 

baciilen  ^^^  Milch  (Arbeiten  a.  d.  Kais.  Gesundheitsamt  Bd.  14,  S.  1). 
nndBatter  -^^ö  widersprechenden  Eesultate  früherer  Untersucher  veranlassten 
Petri.  das  Gesundheitsamt  weitere  Untersuchungen  anzustellen,  und  es  wurde 
in  102  Proben  das  schon  im  vorigen  Jahrbuch  erwähnte  tuberkel- 
bacillenähnliche  Stäbchen  38mal  allein,  16mal  mit  Tuberkelbacillen 
vereint  gefunden.  17mal  waren  Tuberkelbacillen  allein  vorhanden, 
31mal  fehlten  beide  Organismen.  Hiemach  ist  die  Butter  in  32  % 
der  Proben  tuberculös  gefunden  worden;  unter  16  Proben  aus 
München  enthielt  keine  Tuberkelbacillen.  In  64  Proben  Milch 
waren  9  =  13®/o  mit  Tuberkelbacillen  behaftet,  4  =  6,3 ®/o  ent- 
hielten das  neue  Stäbchen.  Letzteres  unterscheidet  sich  leicht  da- 
durch, dass  es  auf  Glycerinagar  rasch  wächst  und  in  kleinen  Mengen 
unter  die  Haut  gebracht  für  Meerschweinchen  nicht  pathogen  ist. 

Tuberoulose         Sheridan  Del6pine    (Tuberculosis  and  milk-supply 

und  Milch-    ^^^^  g^j^^  remarks  on  the  dangers  of  bad  milk.     Lancet, 

versorgnng,  .  ^  ^ 

Delöpine.      Sept.   17)   injicirte  Milch   von   gesunden  und   tuberculösen    Kühen 

unter  die  Haut  von  Meerschweinchen,  ebenso  injicirte  er  Müch  aus 
städtischen  und  ländlichen  Verkaufsstellen.  Er  fand  in  den  letzteren 
bis  zu  17  ^/o,  bei  der  Milch  von  gesunden  Kühen  keine,  bei  der  von 
kranken  in  27  ^/o  Tuberkelbacillen.  Er  räth  daher  an,  bei  den  Bin- 
dern die  Tuberculinprobe  zu  machen,  die  reagirenden  bald  abzu- 
schlachten und  einen  gesunden  Stamm  heranzuzüchten  durch  Aiif- 
ziehen  der  Kälber  mittels  sterilisirter  Milch.  Die  Euter  der  Kühe, 
die  Hände  der  Melker  seien  absolut  rein  zu  halten,  die  Milch- 
ge&sse  durch  kochendes  Wasser  oder  Dampf  zu  sterüisiren.  Nicht 
sterilisirte  Milch  tuberculosefreier  Thiere  sei  ebenso  wie  die  steri- 
lisirte  Milch  sofort  stark  abzukühlen  und  bis  zum  Gebrauch  kühl 
zu  halten.  Die  Behörden  sollen  darüber  wachen,  dass  nur  gute 
Milch  in  den  Handel  komme. 

B.  J.   Petri   und  A.  Maassen,   Zur  Beurtheilung  der 
Hochdruck-Pasteurisirapparate  (Arbeiten  aus  d.  Kais.  Ge- 


Oeifentliches  Gesundheitewesen.  723 

snndheitsamt  Bd.  14,   S.  53).     Vielfach   ist  seitens  der  Molkereien       Miich- 
der  Betrieb  so  eingerichtet,  dass  die  Milch  Morgens  gebracht,  sofort  P'**®^'^*^"* 
centrifdgirt  und  die  Magermilch  direct  dem  wartenden  Wagen  zu-       petn  u. 
rückgegeben  wird.     Die  in  der  Wirthschaft  und  hauptsächlich  für      Maassen. 
'    die  Viehfiitterung  verwendete  Magermilch  hat  nicht  selten  Erkran- 
kungen unter  den  Thieren  zur  Folge  gehabt.    Deshalb  hat  man  die 
Milch  sterilisirt  oder  pasteurisirt.    Durch  die  Firma  Kleemann  &  Co. 
wurden  Pasteurisirapparate  in  den  Handel  gebracht,  welche  in  5  bis 
15  Minuten  dauernder  Erhitzung  fast  völlige  Keimfreiheit  erzielen 
sollten.     Die  angestellten  Versuche  haben  zwar  ergeben,   dass  das 
nicht  der  FaU  ist,   dass  vielmehr  bei  Fünfininutenbetrieb  ein  Theü 
der  Milch  schon  in  */2  Minute,  bei  Fünfzehnminutenbetrieb  in  2  Va  Mi- 
nuten den  Apparat  verlässt,   dabei  ist  es  nicht  angängig,   dass  die 
Temperatur   unter  100*^  gehalten   wird;    indessen   war  die  Keimab- 
tödtung  doch  eine  bedeutende  und  leistete  der  Apparat  Befriedigendes, 
wenn,   wie  meistens  in  den  Molkereien,  die  Milch  recht  frisch  ein- 
geliefert wird.     Da  Magermilch  ein  vorzügliches  Eiweissnahrungs- 
mittel  ist,  so  sind  diese  Feststellungen  für  das  Volkswohl  von  grossem 
Belang. 

J.  Simon,  TJeber  Bacterien  am  und  im  Kuheuter  (Er-    Bacterien 

lan£cen).    Die  Ansichten  über  das  Vorkommen  und  die  Herkunft  der   *™  ^"^^^  i™ 
.        .  .  .  .  .  Kuheuter, 

Bacterien  in  der  Milch  sind  sehr  getheilt.     Es  scheint  festzustehen,        Simon. 

dass  bei  gewissen  Krankheiten,  insbesondere  solchen,  die  Hämor- 
rhagieen  und  Zellnekrosen  bewirken,  Bacterien  in  die  Milch  über- 
gehen können.  Die  Milch  gesunder  Kühe  ist  nach  S  i  m  o  n's  Unter- 
suchungen keimfrei,  die  Bacterien  finden  sich  nur  bis  zu  dem  den 
Schlusstheil  der  Zitze  verschliessenden  Pfropf.  Simon's  Behaup- 
tungen dürften  richtig  sein,  da  seine  Untersuchungsmethode  sehr 
gut  war;  er  untersuchte  die  Euter  ganz  frisch  geschlachteter  Thiere, 
indem  er  die  Strichkanäle  und  die  Drüse  aufschnitt  und  so  in  tadel- 
loser Weise  Proben  entnahm. 

F.  Bosenau,  Weitere  Beiträge  zur  Geschichte  der 
Fleischvergiftungen  (Arch.  f.  Hyg.  Bd.  32,  S.  219).  In  einer 
sehr  grossen  Reihe  von  Fleischvergiftungen  sind  Bacillen  gefunden 
^worden,  welche  den  Colibacillen  sehr  ähnlich  waren.  Hosenau 
vermehrt  noch  die  Anzahl  der  Beftmde  im  Fleisch  nothgeschlachteter 
Tliiere.  Ein  Theil  dieser  Colibacillen  war  indifferent  für  den  Men- 
Bclien  bezw.  fiir  die  Maus,  ein  anderer  war  infectiös  bezw.  toxisch  und 
l>lieb  nicht  toxisch  nach  dem  Kochen,  ein  dritter  behielt  die  Toxicität 


724  Gärtner. 

Fleisch-  trotz  des  Kochens.  Rosen  au  verlangt,  dass  das  Fleisch  derjenigen 
vergif-  nothgeschlachteten  Thiere,  welches  nicht  schon  seines  änaaeren 
Rosenan.  Habitus  wegen  verworfen  wird,  bacteriologisch  untersucht  und, 
wenn  ohne  Bacterien  befunden^  ohne  weiteres  dem  Consum.  freigegeben 
werde;  wenn  bacterienhaltig ,  so  sollen  Infections-  und  Tozicitäts- 
versuche,  die  in  wenig  Tagen  erledigt  werden  können,  angestellt 
und  nach  deren  Ausfall  verfahren  werden ^  so  zwar,  dass  bacterien- 
haltiges,  aber  nach  dem  Kochen  nicht  toxisches  Fleisch  nach  gründ- 
lichem Kochen  im  Sterilisator  freigegeben  werden  kann  und  dass 
toxisches  Fleisch  zu  verwerfen  ist.  Wo  Kühbräume  vorhanden  sind, 
ist  diese  Methode  zweifellos  zu  empfehlen. 

Fluor-  M.  Perret  (La  conservation  des  denr^es  alimentaires 

natriumals        j.  j^  fluorure  de  iodium.     Annal.   d'hyg.   publ.   et  de  m^de- 
virungs-      cii^6   legale,    Juni)   wollte  prüfen,    ob  statt  des  Chlomatriums  das 
mittel,       Fluomatrium  als  Conservirungssalz  benutzt  werden  könne.    Er  fand, 
®"®  '        dass  es  selbst  in  gesättigter  wässriger  Lösung  (3 :  100)  vom  Magen- 
darmkanal   aus  nicht  giftig    wirkte;    subcutan    vertrage    ein    Kilo 
Thier  10,  intravenös  8  mg.     Li  einer  Lösung  von  3*^/oo  vermag  das 
Mittel    die  Entwickelung  des  Buttersäureferments   und  der  Mikro- 
organismen, welche  die  Zersetzung  der  Butter  erregen  und  begün- 
stigen,  zu  verhindern.     Das  Mittel  kann  ausserdem  vöUig  aus  der 
Butter  ausgewaschen  werden.  (Nothwendig  ist  das  Mittel  anscheinend 
nicht,    und   ob   es  mehr  leistet    als   Kochsalz,    ist    nach   den  vor- 
liegenden Untel^uchungen  nicht  bewiesen.) 

Gestützt  auf  die  Beobachtungen  von  Kolb  und  die  unter- 
Zucker-      suchungen   von   Mosso    und   Schumburg    gab   Leitenstorfer 

ernährung   (XJeber  einen  Zuckerernährungsversuch  in  der  Truppe. 

Leitenstorfer.  *  Deutsche  militärärztliche  Zeitschr.  Nr.  7)  je  10  Soldaten  von  3  Gom- 
pagnieen  täglich  50 — 60  g  Zucker  während  der  Manöverzeit  von 
5  Wochen;  je  10  andere  Leute  dienten  zur  Controlle;  die  Gewichts- 
zunahme gegenüber  den  Controllleuten  betrug  nur  '/«  kg,  aber  die 
Pulszahl  war  in  der  Minute  5,5  weniger,  was  für  eine  wesentlich 
kräftigere,  ausgiebigere  Herzarbeit  spricht.  Die  Athmungszahl  war 
um  0,6  Athemzüge  in  der  Minute  geringer.  Die  Leute,  welche  den 
Zucker  nicht  Morgens  in  den  Kaffee,  sondern  über  Tag  bei  Er- 
müdungsgefühl nahmen,  gaben  einstimmig  an,  dass  sie  durch  das 
Kauen  des  Zuckers  sich  wesentlich  gekräftigt  gefühlt  hätten  und 
dass  der  Hunger  und  das  Durstgefuhl  für  eine  gewisse  Zeit  be- 
seitigt worden  seien.  Der  Zucker  wurde  gern  genommen  und  gnt 
vertragen. 


Oeflfentliches  Gresundheitswesen.  725 

Finkler  (Eiweissnahrung  und  Nahrungseiweiss.  Tropon, 
Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  17)  sagt,  dass  die  meisten  Menschen  ^*i5^«r. 
zu  wenig  Eiweiss  gemessen.  Das  Eiweiss  werde  durch  die  Muskel- 
arbeit zerstört,  je  mehr  Arbeit,  desto  mehr  Eiweisszersetzung;  er 
rechnet  aus,  dass  jetzt  schon  bei  angestrengter  Arbeit  145  g  Eiweiss 
pro  Tag  gegeben  wird,  aber  ein  grosser  Theil  des  Eiweisses  sei, 
besonders  weil  es  als  Pflanzeneiweiss  gegeben  werde,  unverdaulich, 
so  dass  sich  die  Zahl  auf  108  g  reducirt.  Fink  1er  gesteht  zu,  dass 
der  Mensch  auch  mit  weniger  Eiweiss  auskommen  könne,  aber  dann 
stelle  er  sich  bezüglich  der  Arbeit  und  der  ganzen  Körperhaltung 
auf  ein  niedrigeres  Niveau.  Die  Eiweisszufuhr  sei  femer  in  der 
gewöhnlichen  Kost  zu  ungleichmässig  vertheilt.  Das  Remedium 
gegen  die  zu  geringe  animalische  Fleischnahrung  sei  gegeben  in 
dem  „Tropon,"  einem  aus  pflanzlichen  und  thierischen  Stoffen  be- 
reiteten, reinen  und  fast  geschmacklosen  Eiweiss;  dasselbe  werde  in 
wasserlöslicher  und  nicht  wasserlöslicher  Form  dargestellt  und  könne 
ohne  Schwierigkeit  den  meisten  Gerichten  beigemischt  werden.  — 
Wenn  auch  nicht  aUe  Behauptungen  F  i  n  k  1  e  r's  unangefochten 
bleiben  dürften,  so  liegt  doch  schon  allein  in  der  Grossfabrikation 
eines  indifferenten,  leicht  verdaulichen  Eiweisses  ein  grosses  Ver- 
dienst. 

Beckurts  und  Rümelin  (Die  Nahrungsmittelfälschung   Nahrungs- 
und  ihre  Bekämpfung.    Vi ertelj .-Schrift  f.  öff.  Gesundheitspflege      mittel- 
Bd.  30.    Referat  für  den  Verein  f.  öff.  Gesundheitspflege  Karlsruhe)     und  ihre 
vertreten  die  Auffassung,  dass  die  Particularstaaten  und  die  grösseren  Bekämpfung, 
Städte  mehr  von  dem  Rechte  der  Erlassung  von  Vorschriften  über    ^^^.l^^'^  ^" 
den  Verkehr  mit  Nahrungsmitteln  Gebrauch  machen  sollten;  hierbei 
seien  für  das   ganze  Deutsche  Reich  gültige  Normen  anzustreben. 
Oeffentliche  Untersuchungsstellen  seien  einzurichten,   die  in  die  be- 
treffende Verwaltungsorganisation  eingegliedert  fiir  Untersuchungen 
bei  Privatpersonen  möglichst  billige  Gebühren  zu   erheben   hätten. 
Die   vom  Auslande   eingehenden  unter  die  Bestimmungen  des  Nah- 
rungsmittelgesetzes fallenden  Waaren  sollten  schon  beim  Eintritt  in 
den  freien  Verkehr  von  den  Zollämtern  controHirt  werden;  würden 
die  Waaren  dort  als  verfälscht  oder  minderwerthig  erkannt,  so  seien 
sie  der  nächsten  Untersuchungsstelle  zur  definitiven  Feststellung  ihres 
Werthes  zuzuweisen. 

K.  B.  Lehmann   (Hygienische  Studien  über  Kupfer. 
Arch.   f.  Hyg.  Bd.  31,   S.  279)  stellt  die  ganze  umfängliche  Litte- 


726  Gärtner. 

HygieniBcheratur  zusammen,   die  sich  auf  die  Schädigung  des  Menschen  durch 

...     \  ^^,      Kupfer  bezieht.    Hierbei  stellt  sich  heraus,  dass  selbst  srrosse  Dosen 
über  Kupfer,        *   ,  , 

K.  B.  Lehmann,  von  circa  30  g  Kupfersalz  (=  7,5  g  Kupfer)  durchaus  nicht  immer  den 
Tod  bringen ,  Gaben  von  4 — 8  g  tödten  niemals.  Einmalige  Dosen 
von  1 — 2  g  Salz  erzeugen  höchstens  Erbrechen  und  etwas  Durch- 
fall; 0,12  g  ist  besonders  in  Speisen  genommen  völlig  wirkungslos, 
höchstens  erzeugt  es  einmal  Erbrechen.  Eine  chronische  Kupfer- 
vergiftung ist,  trotzdem  zuweilen  wochenlang  täglich  0,1 — 0,2  g,  oder 
monatelang  0,03  g  gegeben  worden  sind,  niemals  beobachtet  worden. 
Die  sehr  seltenen  entgegenstehenden  Beobachtungen  gegen  die  Un- 
schädlichkeit des  Kupfers  sind  in  das  räthselhafte  Gebiet  der  Idio- 
synkrasie zu  verweisen. 

Bekämpfung  Tuczek,  Die  Bekämpfung  des  Alkoholmissbrauches 
Alk  h^\  '  .(Viertelj.-Schr.  f.  öffentl.  Gesundheitspflege  Bd.  50).  Auf  der  letzt- 
brauche s,  jährigen  Versammlung  des  Vereins  für  öffentliche  Gesundheitspflege 
Tuczek.  in  Karlsruhe  sagte  der  Autor:  Gegen  einen  massigen  Genuss  gei- 
stiger Getränke  bei  Erwachsenen  sei  hygienisch  nichts  einzuwenden : 
auch  nehme  der  Alkohol  im  Arzneischatz  einen  wohlbegründeten 
Platz  ein,  dahingegen  biete  der  acute  und  chronische  Alkoholismus 
grosse  Gefahren,  sowohl  für  die  eigene  Person  als  auch  die  Famiüe 
und  das  Gemeinwohl.  Zur  Abwehr  müsse  sich  die  Privatinitiative 
mit  der  staatlichen  Thätigkeit  vereinen.  Die  Hauptursache  der 
Trunksucht  liege  in  der  Gewöhnung  an  das  Genussmittel  und  in 
socialen  Missständen,  sowie  in  erworbener  oder  ererbter  krankhafter 
Disposition.  Die  prophylaktischen  Maassnahmen  der  Privat-  und 
Vereinsthätigkeit  sollen  daher  umfassen  das  Gebiet  der  Belehrung, 
die  Förderung  des  leiblichen  und  sittlichen  Wohles  und  die  Be- 
kämpfung der  das  Nervensystem  schädigenden,  zur  Trunksucht  prä- 
disponirenden  Momente.  Die  Gesetzgebung  hat  Maassnahmen  zu 
ergreifen,  finanz-  und  sanitätspolizeilicher,  sowie  gewerb-  und  civil- 
rechtlicher  Art  zur  Einschränkung  des  Angebots  und  des  Consimis 
von  Branntwein;  dann  sei  die  schutzgewährende  sociale  Gesetz- 
gebung weiter  auszubauen.  —  Trinkerasyle  eventuell  mit  Auf- 
nahmezwang seien  einzurichten;  geheilte  Trinker  müssen  sich  für 
alle  Zeit  des  Alkohols  vollständig  enthalten. 

E.  Fl  ade  (Zur  Alkohol  frage.  Sammelreferat.  Hyg.  Bund- 
schau S.  230  u.  1025)  bringt  alle  über  das  vorstehende  Thema  im 
letzten  Jahr  entstandenen  Arbeiten,  Vorträge  u.  dergl.  Zu  einer 
Besprechung    eignet   sich    das   Referat    naturgemäss    nicht;    Liter- 


Oeffentliches  Geflundheitswesen.  727 

essenten  seien  auf  dasselbe  hingewiesen.  Einzelne  Daten  mögen  her-  Alkohol- 
aosgegriffen  sein.  In  Baden  geben  Cigarrenarbeiter  mit  456  Mark  fj^pi^de 
jährlichem  Hausaufwand  104  Mark  für  Bier  und  nur  45  für  Fleisch 
aus.  Die  Mannheimer  Fabrikarbeiter  wenden  10  ^/o  ihres  Gesammt- 
verdienstes  för  Alkoholica  an.  In  der  Schweiz  ist  seit  Einfuhrung 
des  Alkoholmonopols  der  Alkoholconsum  um  mehr  als  0,5  Liter  pro 
Kopf  und  Jahr  gesunken.  Die  Trinkerheilstätte  Ellikon  erzielte  bei 
den  zwischen  1889  und  1895  Entlassenen  —  Behandlungsdauer  min- 
destens 6  Monate  —  in  44*^/o  völlige  Abstinenz,  in  25°/o  massigen 
Alkoholgenuss,  in  31  */o  Rückfälle.  —  Die  Behauptung,  dass  mit  der 
Alkoholfrage  der  grösste  Theil  der  socialen  Frage  gelöst  sei,  darf 
man  wohl  nicht  zu  ernst  nehmen.  Mit  Recht  aber  macht  der  Autor 
darauf  aufmerksam,  dass  den  EisenbahnangesteUten  es  erleichtert 
werden  müsse,  keinen  Alkohol  zu  trinken;  femer  seien  bei  grossen 
Bauten  u.  s.  w.  Kaffeeschänken  einzurichten,  die  Goncessionirung 
zum  Handel  mit  Branntwein  sei  so  viel  wie  möglich  zu  versagen. 
Da  der  Erwerb  und  die  Erpachtung  von  kleinen  Gärten  die  Leute 
vom  Wirthshausbesuch  abzieht,  so  sollten  die  Communen  solche 
Grundstücke  für  billiges  Entgeld  an  Arbeiter  abgeben,  wie  es  z.  B. 
Kiel  thue,  welches  2380  solcher  Gärten  habe. 

Für  die  Grossindustrie  ist  die  Enteisenung  des  Wassers 

(Dunbar  und  E.  Orth  und  Dunbar  und  Ph.  Kryck.  Versuche     Enteise- 

zur  Enteisenung  von  Brunnenwasser.     SchiUing's  Journal  für  Gas-  ^     !L?'^* 

^  -KT  \  ^®*  Wassert, 

beleuchtung  und  Wasserversorgung  Nr.  18  u.  26)  als  gelöst  zu  be-       Dnnbar, 

trachten  durch  das  Oesten'sche  und  Pief  keusche  System  der  Lüftung  ^^h» 
und  Filtrirung,  wenn  auch  Verbesserungen  dieser  Systeme  noch 
möglich  sind.  Für  den  Kleinbetrieb,  den  Bedarf  des  einzelnen 
Hauses  ist  die  Entwässerung  noch  nicht  einfach  genug.  Es  sind 
allerdings  schon  durch  Steckel,  Kurth,  Lübbert  und  Dunbar 
Verfahren  angegeben,  aber  dieselben  sind  zu  complicirt.  Dunbar 
und  Orth  erhielten  bereits  sehr  gute  Resultate,  wenn  sie  dem  Aus- 
laufrohr der  Pumpe  eine  Brause  aufsetzten  und  das  Wasser  durch 
Liufb  in  ein  Fass  laufen  Hessen,  welches  zur  Hälfte  mit  Sand  ge- 
fiiUt  war  und  unten  einen  Hahn  besass.  War  das  Wasser  nicht 
schon  klar,  so  wurde  es  nach  2 — 4wöchentlichem  Betrieb  klar,  in 
-welcher  Zeit  sich  eine  Ockerschicht  um  die  einzelnen  Sandkömchen 
gelegt  hatte.  Das  Reinigen  des  Filters  war  in  einer  halben  Stunde 
durch  Auswaschen  des  Sandes  erledigt.  Für  Kesselbrunnen  con- 
stmirien  sie  SchneMlter  ebenfalls  aus  einem  Fass  mit  filtrirender 
Sandschicht  bestehend.     Die    Enteisenung    nach    dem    Salbach- 


Kryck. 


728  Gärtaier. 

Enteise-     Krohnke'schen  Verfahren  gelang  den  Autoren  noch,  wenn  sie  das 
^^^       gut  gelüftete  Wasser  mit  einer  Schnelligkeit  von  15  m  in  der  Stande 
Donbar,     ' dnrch  das  Filter  laufen  Hessen;    das  bedeutet  eine  gewaltige  Er- 
Orth,        spamiss  in  Anlage  und  Betrieb.    Die  Lüftung  kann  ersetzt  werden 
^®  *       durch  Anwendung  der    Mammutpumpe   oder  den    Körting'schen 
Lüfter.  —  Li  der  zweiten  Arbeit  weisen  die  Autoren  die  zur  Oxy- 
dation  erforderliche  Sauerstofimenge   nach   und    zeigen,   dass  man 
auch  mittels  intermittirender  Filtration  gute  Resultate  erzielen  kann, 
und  femer,  dass  die  Entfernung  der  CO2  für  die  Enteisenung  nicht 
von  Belang  ist. 

Vorurtheile  G.  Bizzozero   (Ueber  die  Methoden  der  Wasserreini- 

gegen  das  gung  und  die  Vorurtheile  gegen  das  abgekochte  Wasser. 
Wasser  Wiener  med.  Presse  Nr.  57  ff.)  spricht  von  der  Versorgung  mit 
Bizzozero.  Wasser,  sofern  central  geliefertes  gutes  Wasser  nicht  zur  Verfugung 
steht.  Mit  Recht  traut  er  auch  den  besten  Kleinfiltem  nicht,  ihre 
Handhabimg,  ihre  Controlle  ist  für  den  Hausbetrieb  zu  schwierig: 
ebensowenig  lässt  er  die  chemischen  Mittel  —  unter  welchen  zweifel- 
los sich  recht  gute  befinden,  z.  B.  Brom,  Chlorkalk  u.  s.  w.  Ref. 
—  gelten,  weil  sie  eine  grosse  Reihe  von  Kenntnissen  und  Mani- 
pulationen erfordern,  die  man  vom  Laien  nicht  verlangen  kann. 
Ein  einfaches  und  sicheres  Verfahren  stellt  das  Abkochen  dar,  in- 
dessen schmeckt  abgekochtes  Wasser  fade.  Es  rührt  das  nicht  von 
dem  Mangel  an  Kohlensäure  her,  denn  diese  ist  in  verschwindenden 
Quantitäten  im  Wasser  enthalten,  ebensowenig  an  Mangel  von  Kalk : 
letzterer  ist  überhaupt  im  Wasser  nicht  erforderlich,  wir  geniessen 
davon  in  der  übrigen  Nahrung  völlig  genügende  Mengen.  Der  fade 
Geschmack  rührt  her  von  dem  Luftmangel  und  der  zu  hohen  Tem- 
peratur. Kühlt  man  in  reinen  Geftlssen  abgekochtes  Wasser  gut 
ab  und  schüttelt  es  nur  ganz  kurze  Zeit  mit  Luft,  so  ist  es  von 
nichtabgekochtem  Wasser  am  Geschmack  nicht  zu  unterscheiden. 

Giftwirknng         H.  Koeppe,  Reines  Wasser,  seine  Giftwirkung  und 
reinen       gein  Vorkommen  in  der  Natur  (Deutsche  med.  Wochenschr. 

VW   Ik  A  fl  A  1*  B 

Koeppe.  *  Nr.  39).  Der  beste  Lidex  für  die  Reinheit  des  Wassers  ist  sein«? 
elektrische  Leitfähigkeit ;  diese  steigt  mit  der  Zunahme  von  firemden 
Stoffen.  Ist  die  des  absolut  reinen  Wassers  gleich  0,038,  ao  ist 
die  des  sehr  sorgfaltig  bereiteten  und  aufgehobenen  destillirten 
Wassers  etwa  2,1,  des  gewöhnlichen  destiUirten  Wassers  =  49.  Will 
man  das  destillirte  Wasser  reinigen,  so  lässt  man  es  theilweise  und 
langsam  gefrieren  und  schmilzt  das  Eis.   Dadurch  werden  die  Ga*«»- 


Hnd  Salze  ausgeschieden.  Deraelbe  Vorgaug  ami^u«>(  imoU  iu  «h^' 
Natur  beim  langsamen  Frieren,  die  LeitungatUhigkoit  luukt  ^Uuu  (mm 
anf  8,0,  sogar  bis  auf  2,0  herunter»  GtiwiUkulioho«  IjtntuugrtWMMmn' 
hat  über  100,  natürliches  Selterswasser  über  5700,  Koci^NalHWlmiim' 
(Homburg)  über  15000.  Das  reine  H^O  int  nun  oin  Mturkt^M  /oll 
gift;  im  Magen  erfidiren  die  oberflÄclüiübon  EpItholHoliiohtt^i  oino 
stärkere  Quellung  und  Auslaugung  und  wenlnn  ab^t^toMHiMi,  I^ioHn 
locale  Giftwirkung  tritt  klinisch  als  Uobolkoit,  Ei'hroohon ,  Mh|(ou- 
katarrh  in  die  Erscheinung.  Dieselbon  Affootionon  /,i>i^tMi  nicli  \\UA\i 
selten  nach  dem  Genuss  von  Eis  oder  SchnonwiiHrtor  Inn  Hnrjj^lniirnn, 
sie  kommen  aber  auch  zu  Stande,  wonn  Kranknn  lUn^orfi  Znll. 
Stückchen  von  Natureis  innerlich  ge^^obon  wi^nlim,  Man  wi'inint 
daher  besser  Kunsteis  an,  bezw.  lässt  kloinn  Mi)n^nti  oinnr  Hc^liwiiclinii 
Salzlösung  dazwischen  geniessen. 

5.  Hantpflegre  und  KleldaniTf 

Stadtbaurath  Schulze  (Bonn),  Uobor  VolkHlWl  Hi^r  ((h^Hiiwi-  >/n\Un\itt'\»t. 
heits-Ingenieur  S.  143).    Nach  histonHchijr  Kinl<;iUin^  o.it\\iiU:\ih  tUn-        '  '"^'' 
Bedner  in  erster  Linie  die  BasHinbäder,   die  ttII<trdinp;H  mit  v</rli<ir 
zu   benutzenden  ReinigungHbä/]em ,  Douchcri ,  auM/urtiMh^n  >»<i<ff<;    ttt 
jenen   sei  die  unter  dem  EinflnHH  flar  u:f'-i[ojiH*'M'n/t',n  Ani'ttttihU'ntinf^ 
stehende  gesundheitsfördernde,    ^frf'riHoh«jnd<?    iind    $i\f\ilirU'ftfitt   Wir 
kung  des  Was-sers   am   ^hr^u^Ai.     ^lhUi\'/ro'*M*i  Auht^i^u   dj<  .-m   A/t 
lieasen  sich  für  150 — 200-O^XJ  Mark  fi'iurhAtUfi:  di«;  (ß*,l'ih*u*'  iiitii'it  */ 
:?ei  möglich  durch  ZnH^:Yinrm^.  der  .S»?<dt  ntifl  ^'fhU*  tt  von  V/'/K.»K>>*r/n^ 
sodann  durch  verziij  suche  Ar/ heil  •che  in';,    I;e;i  l'/f:^y.f,*/'r.'  ft,  .-"K'/, 
üe  Volk«braui5^ba der  nach ,    a^^rr  Hje    t^hA  a.<  li>  ^',,/"' y-"'^''* '      '''• 
vorri^chem   Eir.f?i«s.     Eir.    Bad    bra-;' ?,♦    ?,>,r.*    uma    >.  '    \h  S'^y 
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730  Gärtner. 

um  mit  der  Neufällung  wieder  anznsteigen.  Einen  Grund  für  den 
An-  und  Abstieg  vermochte  Verf.  nicht  zu  entdecken.  Dieser  Befund 
mahnt  zur  Vorsicht  bei  der  Abschätzung  der  Beinlichkeit  eines 
Bassinbadwassers  durch  Bacterienzählung. 

Waldwolle,  F.   Lastschenko,  lieber  Producte  aus  Waldwolle 

Lastscbenko.  (^^j^.  f.  Hyg.  Bd.  33,  S.  193).  WaldwoUe  ist  nichts  anderes  als 
Flanell  oder  ein  anderer  Wollstoff,  welcher  mit  einer  ätherische 
und  Gerbstoffverbindungen  enthaltenden,  aus  Fichtennadeln  gewon- 
nenen Substanz  getränkt  worden  ist.  Diese  Substanz  geht  beim 
Waschen  rasch  verloren  und  kann  durch  Neuimbibition  wieder  er- 
setzt werden.  Hygienisch  ist  die  WaldwoUe  den  gewöhnlichen  Woll- 
zeugen gleicher  Constitution  und  Webeart  gleich  zu  stellen. 

Wärme-  0.  Spitta(Ueber  das Wärmeleitungs vermögen  einiger 

leitungvon  Bettstoffe.     Arch.  f.  Hyg.  Bd.  32,  S.  285)  hat  eine  Anzahl  Bett- 
Bettstoffen,  „  ,-  T»l  1  -.-.,,, 

Spitta.  Stoffe  nach  den  genauen  von  iiubner  angegebenen  Methoden  be- 
züglich ihres  Wärmeleitungsvermögens  untersucht  und  gefunden, 
dass  der  geringste  Wärmeverlust^  stattfindet  bei  den  mit  WoUwatte 
gefütterten  Steppdecken,  dann  bei  locker  gewebten  Wolldecken,  da- 
nach bei  Steppdecken  mit  Baumwollwattefullung  und  zuletzt  bei 
dicht  gewebten  wollenen  Schlafdecken;  dabei  zeichnet  sich  ausser- 
dem die  zuerst  genannte  Wolldecke  durch  grosse  Leichtigkeit  aus. 

Wärme-  Die  Wärmeleitung   des    Leders   hängt   nach   v.   Lewa- 

leitungbeiniggjjg^  (lieber  das  Wärmeleitungsvermögen  des  Leders.  Arch.  f. 
V.  Lewaschew.  Hyg.  Bd.  31,  S.  259)  ab  von  seinem  specifischen  Gewicht.  Dieses 
ist  wieder  recht  verschieden,  ebenso  wie  der  Wasser-  und  Fett- 
gehalt, die  Menge  der  sonstigen  organischen  und  anorganischen  Sub- 
stanzen (Sohlenleder,  Glaceleder,  Futter-  oder  Waschleder).  Je  grösser 
das  specifische  Gewicht  ist,  um  so  grösser  ist  die  Wärmeleitung. 
Das  Leder  leitet  aber  überhaupt  schlecht  und  steht  in  seiner  Wärme- 
leitung etwa  in  einer  Reihe  mit  den  woUenen  Geweben;  es  leitet 
schlechter,  hält  also  besser  warm  als  BaumwoUe  und  Leinen.  Oelen 
des  Leders  beeinträchtigt  seine  Wärmehaltung,  es  leitet  besser ;  aber 
wesentlich  mehr  Wärme,  bis  zum  Doppelten,  wird  vom  Schuhleder 
abgegeben,  wenn  es  mit  Wasser  durchtränkt  ist. 

Die  Wärmeleitung  der  Fussbekleidung  hängt,  wie  Max  Kubner 
(Zur  Hygiene  der  Fussbekleidung.  Arch.  f.  Hyg.  Bd.  31, 
S.  217)  ausführt,  ab  von  ihrer  Dichte  —  das  Oberleder  misst  ge- 
wöhnlich 1  mm,  die  Sohle  10  mm  —  und  dem  specifischen  Gewicht 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  731 

der  Lederart  —  Leder  leitet  im  allgemeinen  ebenso  schlecht  als  Wolle     Hygiene 
und  schlechter  als  Baumwolle  und  Leinen  — ,  femer  von  der  Wärme-  u^uf. «]^^  ' 

'  DeKleiauBg, 

differenz  zwischen  innen  und  aussen.    Die  Temperatur  an  der  Aussen-     M.  Rubner. 

Seite  des  Schuhes  richtet  sich  nach  der  Lufttemperatur,  im  Lmem 
des  Schuhes  beträgt  sie  24—25®,  an  der  Fusshaut  selbst  31 — 33®. 
Die  Contactfläche  des  mit  3  cm  hohen  Absätze  versehenen  Schuhes 
mit  dem  Boden  beträgt  nur  69  qcm ;  nur  durch  diese  geben  wir  also 
an  den  Boden  Wärme  ab;  die  Abgabe  durch  das  Oberleder  wird 
wesentlich  gemüdert  durch  die  Strümpfe.  Diese  verhalten  sich  wie 
die  Trikots  derselben  Stoffe  (Wolle,  Baumwolle),  und  geben  um  so 
weniger  ab,  je  dicker  sie  sind.  Das  Leder  und  die  gestrickten  bezw. 
gewirkten  Strümpfe  sind  ziemlich  gut  comprimirbar  und  dämpfen 
den  Stoss  des  Körpers  beim  Gehen,  Laufen  u.  s.  w.  erheblich;  wo 
am  Fuss  viele  und  grosse  Schweissdrüsen  sitzen,  wird  viel  Wasser- 
dunst  —  Schweiss  —  ausgeschieden,  welcher,  wenn  der  Schuh  oben 
dicht  schliesst,  sich  ansammelt  und  das  „Schwitzen"  der  Füsse  be- 
dingt zu  einer  Zeit,  wo  der  übrige  Körper  noch  nicht  fühlbar 
schwitzt.  Schnürschuhe  sind  mit  Rücksicht  auf  die  Ventilation  und 
den  besseren  gleichmässigen  Schluss  dem  nur  oben  schliessenden 
Zugstiefel  vorzuziehen.  Genässtes  Schuhzeug  leitet  die  Wärme  doppelt 
80  gut  als  trockenes,  geöltes  gibt  viel  mehr  Wärme  ab  als  nicht 
geöltes,  aber  doch  erheblich  weniger  als  nasses. 

6.  Hygiene  des  Wochenbetts  und  der  Säuglinge. 

Dobczynski  (Werden  alle  Fälle  von  Kindbettfieber     Anzeige- 
von    den    Hebammen    dem    zuständigen    Kreisphysicus   pHicht  der 
angezeigt?    Deutsche   med.   Wochenschr.   Nr.   52)   behauptet   mit    Dobczynski. 
Hecht,   dass  nur  ein  Theil  der  Kindbettfieber  von   den  Hebammen 
gemeldet  werde,  einerseits  deshalb,  weil  die  Hebammen  die  Krank- 
heit nicht  erkennen,  andererseits  deshalb,  weil  sie  sich  furchten,  dasfe 
ihnen  die  Schuld  für  die  Erkrankung  in  die  Schuhe  geschoben  werde, 
und  sie  Belästigung  und  Schädigung  in  ihrem  Beruf  zu  gewärtigen 
haben.    Dobczynski  schlägt  daher  vor,  eine  bessere  Durchbildung 
der  Hebammen  insbesondere  durch  Fortbildungscurse,  Gründung  von 
Hebammenvereinen  unter  Leitung  des  Physicus,  sowie  die  allgemeinere 
Verbreitung  der  Hebammenzeitung,  eine  mehr  discrete  Untersuchung 
jedes   Falles   einer  Anzeige  —  das   scheint   die  Hauptsache   zu   sein 
und  wird  sich   auch   sehr  wohl  ausfuhren  lassen  —  und  zuletzt  die 
Ausdehnung  zur  Verpflichtung   der  Anzeige   auch   auf  die  Aerzte. 
(Es    ist    zweifellos    die  Anzeigepflicht   beim  Wochenbettfieber   eine 


732  Gärtner. 

ganz  andere  als  bei  den  übrigen  Infectionskrankheiten,  für  die  „keiner 
kann^,  denn  bei  erstorem  liegt  immer  im  Hinterhalt  die  unglückliche 
Frage:  Wer  ist  schuld  daran?  Selbstverständlich  kann  in  einer  so 
difficilen  Sache  die  Anzeigepflicht  nur  dann  verlangt  werden,  wenn 
die  Behandlung  der  Sache  mit  der  allergrössten  Vorsicht  und  Rück- 
sichtnahme erfolgt.     Ref.) 

Hebammen-  B.  Bichter,  Revision  der  Tagebücher  der  Berliner 

**1üchtw  "'  Hebammen  vom  Jahre  1897.  (Deutsche  med.  Wochenschrift). 
Die  auf  behördliche  Anweisung  erfolgte  Vorlage  der  Tagebücher 
ergab,  dass  sie  im  grossen  Ganzen  recht  unordentlich  gefuhrt  worden 
sind,  und  eine  öftere  ControUe  dringend  erwünscht  wäre.  Von 
689  Tagebüchern  waren  130  unordentlich  gefuhrt.  Die  Angaben 
über  Frühgeburt,  unzeitige  Geburt  und  Abort  sind  oft  incorrect. 
Nur  bei  42  ^/o  der  vorgekommenen  Aborte  ist  anscheinend  ein  Arzt 
zugezogen.  Die  Lage  des  Kindes  ist  meistens  ungenau  angegeben, 
insofern  als  die  Unterarten  der  Lagen  nicht  notirt  sind.  Ebenso- 
wenig  ist  die  Diagnose  betreffs  der  Erkrankung  der  Mütter  genau, 
und  es  fehlen  die  Daten  über  das  Alter  der  Mütter.  Ln  ganzen 
linden  sich  21625  männliche,  20367  weibliche  Geborene  aufgeführt, 
dann  Todtgeborene  1335,  Frühgeborene  1965,  Aborte  2991,  Zwillings- 
geburten 363,  Drillinge  4,  Missbildungen  84.  Es  erkrankten  69  Frauen 
an  Puerperalfieber,  49  an  Eklampsie,  142  an  anderen  Krankheiten, 
83  starben;  von  den  Kindern  starben  697.  Die  Zahl  der  ärztlichen 
Hülfeleistungen  betrug  4930. 

Wohlfahrt»-  Deneke,    Eine    Wohlfahrtseinrichtung    für    Wöch- 

einrich-  nerinnen  (Technisches  Gemeindeblatt  Nr.  12).  Ln  Jahre  1874 
w^ch^'  starben  in  Preussen  7086,  1884 :  5606,  1893 :  5299  Frauen  an  Wochen- 
nerinnen,  bettfieber;  ein  Todesfall  davon  kommt  jetzt  noch  vor  in  den  Städten 
auf  300,  auf  dem  Lande  auf  200  Wöchnerinnen.  In  dem  vorjährigen 
„Jahrbuch"  sind  die  allgemeinen  Einrichtungen  wiedergegeben,  welche 
diese  Aifection  zum  Schwinden  bringen  sollen.  Deneke  gibt  hier 
eine  specielle,  den  „Wanderkorb".  2 — 3  Wochen  vor  der  Geburt 
wird  der  W^öchnerin  eine  Listruction  und  ein  Handtuch,  sowie  125  s: 
1  °/oiger  Trikresolschmierseife  übergeben.  Bei  der  Geburt  kommt 
der  Wanderkorb  in  Gestalt  eines  weissemaillirten  Blecheimers,  dessen 
Deckel  als  Schüssel  gearbeitet  ist,  mit  einer  Listruction  über  die 
wichtigsten  Regeln  zur  Verhütung  von  Erkrankungen  im  Wochen- 
bett, eine  emaiUirte  Waschschüssel,  Gummiunterlage,  250  g  Wund- 
watte,  3  Barchentunterlagen,   1  Betttuch,   2  Handtücher,  1  Hemd 


Deneke. 


OeffenÜichea  Gesundheitswesen.  783 

Nach  10  Tagen  wird  alles  wieder  abgeholt  bis  auf  Hemd  und  Watte, 
die  geschenkt  werden.  Die  sämmtliehen  Sachen  werden  darauf 
gründlichst  gereinigt  und  desinficirt.  Die  Hebammen  sind  angewiesen, 
im  Bedarfsfalle  den  Wanderkorb,  der  jeden  Augenblick  an  einem 
bestimmten  Ort  zu  haben  ist,  zu  holen.  Die  lauf^Niden  Kosten  be- 
tragen pro  Fall  4,50  Mark. 


7.  Sehvlhygieae» 

A.  Eulenburg  (Unterrichtshygienische  Forderungen,       schui- 
die  aufgrund  der  bisherigen  Untersuchunesereebnisse  ^^^®"i*°**® 

°  .  Forde- 

für   den  Unterricht    in   den  unteren   Oymnasialclassen      rangen, 

aufgestellt  werden  müssen.  Vortrag  im  Verein  für  öffent-  Eiüenburg. 
liehe  Gesundheitspflege,  28.  Februar  1898)  fordert,  dass  alle 
obligatorischen  wissenschaftlichen  Lehrstunden  auf  den  Vormittag 
zu  verlegen  seien.  Der  Nachmittag  muss  dem  Turnen,  den  Be- 
wegungsspielen und  facultativen  Lehrgegenständen  bleiben.  Nui* 
4  Lehrstunden  sollen  täglich  gegeben  werden,  die  durch  Pausen  von 
5 — 15  Minuten  zu  trennen  sind;  nur  ausnahmsweise  ist  eine  5.  Lehr- 
stunde abzuhalten,  dann  aber  muss  derselben  eine  20  Minuten  lange 
Pause  vorhergehen.  Die  Stunden  mit  der  grösseren  Ermüdung, 
Kechnen,  fremde  Sprachen,  sind  zuerst  zu  nehmen,  die  weniger  stark 
ermüdenden,  Religion,  Deutsch,  Naturgeschichte,  verbleiben  den 
späteren  Stunden.  Stärkere  Anstrengungen,  z.  B.  Extemporalien, 
Prüfungsarbeiten,  sind  möglichst  dicht  hinter  den  Sonntag  zu  legen, 
-welcher  hervorragend  als  Erfrischungstag  dient.  Die  Ferien  können 
kurz,  sollen  dafär  aber  häufiger  sein  als  jetzt. 

Gymnasialdirector  Schwalbe  (Schulhjgienische  Fragen       Sohni- 
UBd   Mittheilungen.     Wissenschaftliche  Beiträge    zum  Jahres-  J»yf?ieni8che 
bericht  des  Dorotheenstädtischen  Gymnasiums  in  Berlin.     Deutsche      schwaibe* 
med.  Wochenschr.  Nr.  27)   hat  reges  Interesse  für  das  gesundheit- 
liche Wohl  seiner  Schüler;  er  führte  Gesundheitslisten  ein  über  alle 
Schüler.    Die  Lehrer  haben  sorgfältig  auf  die  hygienischen  Verhält- 
nisse der  Schuliocale,  Heizung,  Beleuchtung  u.  s.  w.  zu  achten.     Li 
Untersecunda  wurde  wöchentlich  1  Stunde  Hygiene  gelehrt.  Schwalbe 
ist  ein  Gegner  des  Schularztes.     Der   Referent  Alexander    Edel 
ureist  aber  nach,  dass  der  Lehrer  in  Hygienicis  stets  Düettant  und 
Laie  sei,  er  könne  als  solcher  wohl   den  Arzt  unterstützen,   aber 
nicht  ersetzen. 


734  Gärtmer. 

Schularzt-  Fr.  Kalle,  Die  Lösimg  der  Schularztfrage  in  Wiesbaden 

'"J®'  (Vierteljahrsschr.  f.  öff.  Gesundheitspflege  S.  433).  Der  durch  seine 
social-hygienischen  Bestrebungen  bekannte  Wiesbadener  Stadtrath 
Kalle  fasst  den  Begriff  Schularzt  weiter,  als  das  gewöhnlich  ge- 
schieht; die  Schulärzte  sollen  dafür  sorgen,  dass  die  körperliche  £nt- 
Wickelung  der  Kinder  möglichst  gefördert  werde.  Von  diesem  Stand- 
punkte aus  ist  das  Institut  der  Wiesbadener  Schulärzte  (6  k  600  Mark 
Gehalt)  geschaffen  und  dabei  alles  vermieden,  wodurch  der  Schul- 
arzt bei  den  Lehrern,  den  Eltern  der  Kinder  und  den  Aerzten  an- 
stossen  könnte.  Die  Schulärzte  sollen  die  neu  eintretenden  Elemen- 
tarschüler untersuchen,  den  „Gesundheitsschein"  ausstellen  und  dabei 
angeben,  ob  die  Kinder  einer  dauernden  ärztlichen  Ueberwachung 
oder  besonderer  Berücksichtigung  beim  Unterricht  (z.  B.  Ausschliessen 
vom  Turnen,  Sitzen  auf  der  ersten  Bank  etc.)  bedürfen.  Alle  14  Tage 
besucht  der  Schularzt  die  Schule,  besichtigt  eine  Anzahl  Classen- 
räume  und  die  darin  befindlichen  Kinder;  solche  Kinder,  welche 
irgendwie  verdächtig  erscheinen,  werden  von  dem  Arzt  besonders 
untersucht,  der  dann  den  Eltern  eventuell  empfiehlt,  ihre  Kinder 
ärztlich  behandeln  zu  lassen;  jährlich  müssen  mindestens  zweimal 
alle  Räume  betreffs  Beleuchtung,  Heizung,  Ventilation,  Ueberfullung 
u.  s.  w.  revidirt  werden.  Einer  der  Schulärzte  ist  ebenso  wie  der 
Kreisphysicus  und  der  Medicinalrath  Mitglied  der  Schuldeputation. 
Die  Einrichtung  hat  sich  gut  bewährt,  Differenzen  sind  nach  keiner 
Richtung  hin  vorgekommen;  bei  1500  Erstau&ahmen  wurden  in 
200  Fällen  ärztliche  Anordnungen  getroffen,  auch  auf  die  Schul- 
localitäten  machte  sich  ein  guter  Einfluss  geltend,  —  Die  Wies- 
badener Einrichtung  kann  in  mancher  Beziehung  als  Vorbild 
dienen. 
Edel.  A.  Edel,   Die   Grenzen   der   schulärztlichen  Thätig- 

k  e  i  t  (Zeitschr.  f.  Schulgesundheitspflege  Nr.  10).  Die  seit  30  Jahren 
geforderten  Schulärzte  haben  als  Gegner  die  Aerzte,  welche  für  ihre 
Praxis  fürchten,  die  Lehrer,  welche  sich  ängstigen,  sie  bekämen  eine 
Aufsichtsbehörde  mehr,  und  die  Architekten,  die  nicht  wollen,  dasd 
ihnen  die  Aerzte  hineinreden.  Edel  weist  die  Bedenken  zurück;  er 
sieht  in  den  Schulärzten  nur  ärztliche  Sachverständige  und  Hygieniker ; 
vor  allem  wünscht  er  nicht  —  selbstverständlich  — ,  dass  der  Schul- 
arzt so  eine  Art  poliklinischer  Sprechstimde  abhalte.  Die  Unter- 
suchungen z.  B.  über  Ueberbürdung  dürfen  nur  auf  höhere  Anordnung 
imd  im  vollen  Einverständniss  mit  dem  Lehrer  erfolgen.  Edel 
wünscht  femer  die  Mitwirkung  des  Schularztes  bei  der  Reform  des 
Turnunterrichtes;  letzterer  soll  den  Kindern  eine  gesunde,  kräftige 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  735 

Bewegung  im  Freien  gestatten.  Der  Autor  ist  ein  entschiedener 
Gegner  des  sog.  Abschlussexamens  (Versetzung  nach  Obersecunda) ; 
er  hält  das  Examen  pädagogisch  für  mindestens  überflüssig  und  ge- 
sundheitlich für  schädlich. 

Erlass  des  Bezirksschulrathes  für  die  Stadt  Troppau,  betreffend  Schulärzte 
die  Einführung  von  Schulärzten  (Oest.  Sanitätswesen  und  *"  ^^*^^'^*'^" 
Veröff.  d.  Kais.  Ges.- Amtes  S.  253).  In  Troppau  haben  freiwillig 
die  Stadtärzte  und  einige  Privatärzte  Schularztfunctionen  übernommen. 
Letztere  bestehen  in  jährlicher  eingehender  Untersuchung  jeden 
Schülers  und  Eintragung  jedes  einzelnen  Befundes  in  ein  „Gbnmd- 
buch" :  Körperlänge,  allgemeiner  Ernährungszustand,  Beschaffenheit 
des  Knochensystems,  Augen  und  Ohren,  Haare  und  Haut,  Zähne, 
Brustorgane,  Bauchorgane,  Impfzustand.  Bei  etwaigen  Fehlem  ist 
das  Entsprechende  vorzunehmen  bezw.  einzuleiten  und  sind  die 
Lehrer  und  Eltern  auf  den  Zustand  auch  aufmerksam  zu  machen. 
Ausserdem  sind  monatliche  Revisionen  vorzunehmen,  die  sich  er- 
strecken auf  die  hygienischen  Verhältnisse  des  Schulhauses  und  der 
Classenzimmer,  Ventilation,  Heizung,  Beleuchtung  u.  s.  w.  und  den 
allgemeinen  Gesundheitszustand  der  Schulkinder.  Ueber  die  In- 
spection  ist  ein  Protokoll  aufzunehmen;  vierteljährlich  haben  die 
Schulärzte  zu  einei*  Besprechung  zusammenzutreten. 

C.  Henie,  Untersuchungen  über  die  Zähne  der  Volks-       Volks- 
Schüler  zu  Hamar  in  Norwegen  (Zeitschr.  f.  Schulgesundheits-       zahne 
pflege  Nr.  21).   Hamar,  5000  Einwohner,  ist  in  der  glücklichen  Lage,       Henie. 
bei  einem  Stadtbudget  von  177000  Mark  39000  Mark  für  die  Volks- 
schule auszugeben.     Der  Schularzt  Henie  drückt   sich  recht  zu- 
reden über  seine  Stellung  aus,  er  kann  segensreich  wirken.    Ausser 
anderen  sanitären  Maassnahmen  werden  auch  Untersuchungen  der 
Zähne  vorgenommen.    Bei  660  Kindern  von  7 — 15  Jahren  fanden 
sich  nur  61  mit  vollständig  gesundem  Gebiss,  zwei  Drittel  der  Zahl 
hatten  1 — 4,   ein  Viertel  5 — 8  kranke  Zähne.     Am  meisten  afficirt 
waren    die    Milchzähne;    nach    dem   Wechsel    derselben    trat    eine 
Besserung  ein,   die  aber  nicht  anhielt;   bei  7  Jahre  alten  Kindern 
waren  20,1  °/o,  bei  12  Jahre  alten  10,3  °/o,  bei  15  Jahre  alten  13®/o 
aller  Zähne  krank. 

Die  Versuche  von  Kemsies  (Zur  Frage  der  Ueberbür- 
dungunsererSchuljugend.  Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  3) 
hatten  zum  Gegenstand  Qualität  und  Quantität  von  Rechenarbeiten, 


736  Gärtftcr. 

üeber-      Arbeitsgesehwindigkeit ^  sowie  Muskelleistung.    Die  besten  Arbeits- 

A^^R^h^    tage  der  Woche  sind  Montag  und  Dienstag,  also  die  Tage  nach  dem 

k in  der,      sonntäglichen  Ruhetag^  die  beste  Arbeitszeit  die  beiden  ersten  Lehr- 

Kemsies.      stunden.   Der  Ergograph  ergibt  auch  für  sie  die  grösste  körperliche 

Frische.   Der  dreistündige  Nachmittagsunterricht  der  höheren  Lehr- 

anstalt^ä  wirkt  schädlich.     Pausen  von  längerer  Daner  sind  nach 

zweistündigem  Unterricht,  sowie  nach  jeder  dann  folgenden  Stunde 

einaurichten.    Für  11 — 18jährige  Schuld  soll  der  Untetricht  nicht 

über  4  Stunden  dauern.   Die  Ferien  übasL  eine  kräftigende  Wirkung 

aus,  die  jedoch  nur  ca.  4  Wochen  vorhält.    Für  geistige  Arbeit  ist 

vorhergehende  körperliche  Ermüdung,  z.  B.  Tui*nen,  ungeeignet. 

Zurück-  S.  Kalischer,  Knoll,  H.  Neumann,  Teichmann  (Unter- 

gebliebene auchung  zurückgebliebener  Schulkinder.  Deutsche  med. 
Rauscher,  'Wochenschr.  Nr.  14)  wurden  von  10132  Schülern  der  drei  m^teren 
KnoU,  Classen  Berliner  Volksschulen  255,  die  in  ihrer  oder  der  voraus- 
H.  i^nmann,  gegangenen  Classe  länger  als  2  Jahre  gesessen  hatten,  zur  Unter- 
suchung vorgeführt.  Es  fanden  sich  116  geistig  minderw^rtkige 
Kinder,  also  etwa  1,15®/«,  davon  waren  sckwachbegabt  6d,  schwaeh- 
sinnig  in  geringem  Grade  25,  in  höherem  Ghrade  15,  blödsinnig  8. 
Körperliche  Störungen  ISemden  sich  bei  den  untersuchten  255  Kindern 
recht  häufig;  so  waren  scrophulöse  Drüsen  lOlmal,  Mandehrer- 
grösserung  75mal,  abgelaufene  Mittelohrentzündung  47mal,  Kropf 
14mal,  Sprachstörungen  lOmal  vorhanden.  Die  Bedeutung  der  körper- 
lichen Störungen  für  die  geistige  Minderwerthigkeit  Hess  sich  nicht 
feststellen.  Die  Idioten  und  die  sittlich  verwahrlosten  Kinder  (5) 
bedürfen  der  Entfernung  aus  der  Schule  und  der  Unterbringung  in 
besondere  Anstalten.  Bei  den  Schwachbegabten  und  in  geringerem 
Orade  Schwachsinnigen  haben  vielfach  Nachhülfestunden  statt- 
gefunden; doch  genügten  dieselben  nicht.  Die  Errichtung  besonderer 
Classen  bezw.  Schulen  für  diese  Kinder  wird  von  den  Autor^ä  ge- 
wünscht. (Es  ist  auffallig,  dass  so  wenig  Institute  und  Schulen  für 
Schwachbegabte  und  schwererziehliche  Kinder  in  Deutschland  vor- 
handen sind.  [Eine  Uebersicht  derselben  siehe  im  Reichs-Medidnal- 
Kalender.  D.  Redaction.]  Das  in  Jena  bestehende  Institut  für 
schwererziehliche  Kinder  von  Trüper  hat  sehr  gute  ErfcJge  aufxn- 
weisen.     Ref.) 

J.  Widowitz  (Schulhygienische  Reformen  bei  Maaern. 
Wiener  klinische  Wochenschr.  Nr.  36)  stellt  die  Forderung  au^  die 
Schulclassen ,   welche   bei  Beginn  einer  Masemepidemie   einen  Er- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  737 

krankungsfall  haben,  vom   9. — 14.  Tage   nach   dem  Bekanntwerden       Schul- 
der ersten  Erkrankung  zu  schliessen,  weil  innerhalb  dieser  6  Tage    ^Ma^sern  ^^ 
die   vom    ersten   Falle    inficirten   Kinder    ansteckungstüchtig   seien.      Widowitz. 
Die   ausgesperrten   Kinder  sollen   von   ihren   Angehörigen    sorgsam 
überwacht  und  während  der  6  Tage  von  jedem  Verkehr  mit  nicht 
gemaserten  Kindern  fem  gehalten  werden.     Haben  die  Masern  eine 
epidemische  Ausbreitung  bereits  gefunden,  so  ist  mit  Absperrmaass- 
regeln  nichts  mehr  auszurichten.    Geschwister  der  Erkrankten  dürfen 
die  Schule  besuchen,  wenn  sie  die  Masern  bereits  überstanden  haben, 
denn  gesunde  Personen  sollen  nach  Ansicht  von  W  ido  witz  die  Masern 
nicht  übertragen  können. 

Dankwarth,    Ueber    Zuglüftung    in     Schulzimmern  Zuglüftung 

(Zeitschr.  f.  Schulgesundheitspflege  Nr.  10).     Die  künstliche  Venti-     ^^  ®^^"^- 
.......  .  .  zimmern, 

lation  ist  für   die   meist   dichtbesetzten   Schulen   nicht   ausreichend.    Dankwarth. 

Der  Kohlensäuregehalt  ist  in  den  meisten  Fällen  schon  bei  2  Stunden 
dauerndem  Unterricht  nicht  unter  1,5  ®/oo  zu  halten.  Der  Luftver- 
schlechterung  kann  in  gründlicher  Weise  abgeholfen  werden  durch 
gleichzeitiges  Oeffnen  der  Fenster  und  Thüren.  Dankwarth  zeigte, 
dass  die  Kohlensäure  von  l,77**,'oo  nach  Offenhalten  in  2^/2  Minuten 
auf  0,655,  in  5  Minuten  auf  0,553  "'00  sank.  Erkältungen  fürchtet 
Oberlehrer  Dankwarth  mit  Recht  nicht,  selbst  wenn  die  Kinder 
in  der  Pause  bei  offenen  Fenstern  und  Thüren  in  der  Classe  bleiben; 
denn  die  kühle  Luft  umspült  die  Kinder  gleichmässig ,  locale  Ab- 
kühlung tritt  also  nicht  ein,  ausserdem  dauert  die  Lüftung  nur  wenige 
Minuten,  und  es  steigt  infolge  dessen  durch  die  warmgebliebenen 
Wände,  Inventarien  u.  s.  w.  die  Lufttemperatur  nach  Schluss  der 
Fenster  rapid  wieder  zu  ihrer  früheren  Höhe. 

Die    von    E.    Bayr    (Ueber   Beleuchtungsversuche    in     ßeleuch- 

Lehr zimmern  mit  directer  undindirecterBe leuchtung       tungs- 

®     versuche 
bei  Anwendung  von  Gas  und  Gasglühlicht,  elektrischen     in  Schul- 

Glüh-  und  Bogenlichtlampen.    Zeitschr.   f.   Schulgesundheits-    zimmern, 

pflege  S.  129)  mit  grosser  Sorgfalt  angestellten  Versuche  fuhren  den 

Autor  zu   dem  Schluss:   Bei   directer  Beleuchtung  kann   das  Lehr- 

zimmer  sehr  hell  beleuchtet  sein,  doch  ist  hierbei  eine  richtige  und 

gleichmässige    Lichtvertheüung   vor   allen    Dingen   durch    die   sehr 

störende  Schattenbildung  unmöglich.    Femer  wird  häufig  die  strahlende 

Wärme  lästig.     Bei  der  indirecten  Beleuchtung,  welche   etwa  40 ^/o 

mehr  Licht  erfordert,  fehlen  die  Differenzen  in  der  Helligkeit,  fehlen 

vor  allem  die  störenden  Schatten,  ebenso   ist  durch  die  Reflectoren 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899.  47 


E.  Bayr. 


738 


Gärtner. 


and  Vor- 
hänge, 
Schnbert 


die  strahlende  Wärme  vermieden.  Jedoch  ist  nach  Bayr  eine 
10  Meterkerzenhelligkeit  nicht  ausreichend,  es  müssen  20  Meter- 
kerzen verlangt  werden.  Es  empfiehlt  sich  nicht,  durchscheinende 
Reflectoren  zu  verwenden,  also  indirecte  mit  directer  Beleuchtung 
zu  verbinden,  sondern  es  sind  bei  sehr  weissgehaltener  Decke  Metall- 
spiegel zu  benützen. 

Schalfenster  P.  Schubert  (Schulfenster  und  Vorhänge.  Münch.  med. 
Wochenschr.  Nr.  14)  tritt  mit  aller  Entschiedenheit  für  eine  südliche 
(südöstliche,  südliche,  südwestliche)  Lage  der  Schulzimmer  ein  und 
weist  nach,  dass  die  Nordlage  ungünstiger  ist.  Betreffs  der  Menge 
des  Lichtes  stellt  Schubert  sich  auf  den  Cohn'schen  Standpunkt: 
50  reducirte  Raumwinkelgrade ;  das  reflectirte  Licht  genügt  ihm  nicht. 
Linksseitiges  Licht  oder  linksseitiges  Licht  mit  Ergänzung  von  oben 
rechts  oder  von  oben  wii^d  verlangt.  Gegen  den  Schluss  des  Aufsatzes 
werden  die  Schwierigkeiten  gewürdigt,  welche  sich  einem  zweck- 
mässigen Abblenden  des  Sonnenlichtes  entgegenstellen.  Nachdem 
die  C  0  h  n'sche  Arbeit  über  die  Rouleaux  kritisch  besprochen  ist,  wird 
vorgeschlagen,  Eouleaux  mit  in  verschiedener  Höhe  feststellbarer 
Stange  anzuwenden  oder  Kathedralglas  in  Doppelfenstern,  und  zwar 
als  Schiebefenster  zu  verwenden,  oder  Versuche  zu  machen  mit  den 
für  Schaufenster  eingeführten,  in  Rahmen  eingespannten,  über- 
greifenden und  senkrecht  stehenden  Jalousien. 


Krüppel- 
heime, 
Rosenfeld. 


Der  sehr  interessante  Aufsatz  von  L.  Rosen feld  über  Ar- 
beitsschulen für  Verkrüppelte  (Zeitschr.  f.  Sehniges.  Nr,  1, 
S.  4)  bringt  Notizen  über  die  in  Dänemark,  Schweden  und  Norwegen 
bestehenden  Schulen  und  Litemate  für  Verkrüppelte.  Er  bespricht 
die  Entstehungsgeschichte  dieser  Anstalten,  ihre  Einrichtung,  ihre 
Leistungen.  Die  Kinder  lernen  nicht  nur  die  elementaren  Wissen- 
schaften, sondern  auch  die  für  sie  passenden  Handwerke.  Dann 
bespricht  der  Autor  sehr  ausführlich  das  schon  seit  dem  Jahre  1832 
in  München  bestehende  Heim  dieser  Art.  Die  Art  des  Lernens,  der 
tägliche  Stundenplan,  die  Lehrfacher  sowie  die  Resultate  der  für 
Unterstützung  im  späteren  Leben  gegründeten  Anstalt  wird  ausfuhr- 
lich behandelt  und  es  wird  nachgewiesen,  dass  die  Münchener  An- 
stalt mit  ihren  77  Freistellen  für  Bayern  viel  zu  klein  ist.  Der 
Artikel  erfüllt  mit  einem  gewissen  Gefühl  der  Scham  darüber, 
dass  für  die  armen  Krüppel  so  wenig  geschehen  ist  und  so  viel  ge- 
schehen kann.  Hoffentlich  fällt  die  Am'egung  R  o  s  e  n  f  e  1  d's  auf  einen 
guten  Boden. 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  739 


desinfection 
mit  Formal- 


8.  Desinfection. 

A.  W.  Fairbanks,  Experimentelle  Untersuchungen  Zimmer 
über  Zimmerdesinfection  mit  Formaldehyddämpfen 
(Centralbl.  f.  Bact.  u.  Paras.  Bd.  23,  H.  1,  2,  3,  4).  Durch  die  dehyd 
Firma  Schering  ist  ein  Apparat  in  den  Handel  gebracht,  mit  welchem  dämpfen, 
das  Polymer  des  Formaldehyds,  das  Paraformaldehyd,  in  Pastillen  banks 
gepresst  und  durch  eine  Spirituslampe  zu  Formaldebyd  verdampft 
wird.  Der  Apparat  ist  sehr  einfach  und  compendiös,  seine  Be- 
nutzung ungemein  leicht,  man  braucht  nur  die  entsprechende  An- 
zahl Pastillen  —  fiir  jeden  Cubikmeter  Luftraum  zwei  Stück  —  oben 
hineinzulegen  und  unten  die  Flamme  zu  entzünden.  Thüren,  Fenster, 
Ofen  u.  s.  w.  sind  dicht  zu  schliessen.  Nach  24  Stunden  waren  frei 
liegende  Mikroben  aller  Art,  sogar  Milzbrandsporen  gebildet,  aber 
schon  ein  Bedecken  der  ausgelegten  Culturen  mit  zwei  Lappen,  erst 
recht  die  Lagerung  derselben  zwischen  zwei  Matratzen  Hess  ein  Ab- 
sterben von  sporenlosen  Mikroben,  Diphtherie,  Typhus,  Staphylo- 
kokken nicht  zu ;  dahingegen  wurden  sie  zwischen  Staub  eingelagert 
getödtet.  Fairbanks  empfiehlt  die  Zimmerdesinfection  mit  Form- 
aldehyd in  der  angegebenen  Methode,  und  E.  G-rawitz  schliesst  sich 
in  einer  Nachschrift  dem  an.  Kleider,  vor  allem  Betten  und  ähn- 
liches, würden  jedoch  im  Dampf  zu  desinficiren  sein.  —  Ref.  stimmt 
nach  den  Erfahrungen,  die  er  mit  dem  Autoclaven  nach  den  Angaben 
von  Trillat  gemacht  hat,  mit  den  Empfehlungen  vorgenannter 
Autoren  bezw.  des  Formaldehyds  zur  Zimmerdesinfection  vollständig 
liberein;  es  ist  eine  ungemein  einfache,  sichere,  ungefährliche  Methode, 
aber  für  Bettzeuge,  dickere  Kleider  u.  s.  w.  ist  sie  nicht  mehr  ge- 
eignet. 

O.  Hess  (Formaldehyd  als  Desinfectionsmittel.  Hess. 
Dissertation,  Marburg)  hat  mit  dem  Trillat'schen  Autoclaven  und 
Formochlorol  gearbeitet.  Er  kommt  zu  dem  Schluss,  dass  sich 
Bäume  (drei  Zimmer)  zu  300  cbm  Inhalt  mit  1  1  Formochlorol,  dessen 
Dämpfe  bei  3  Atmosphären  Druck  in  das  Zimmer  eintreten,  gut  des- 
inficiren lassen,  soweit  die  Oberflächendesinfection  in  Betracht  kommt; 
auch  unter  leichter  Decke  (Blatt  Papier,  leichte  Kleidungsstücke)  ge- 
legene vegetative  Formen  der  Bacterien  werden  abgetödtet.  Der 
Zimmerstaub  wird  ebenfalls  steril,  nur  im  Staube  des  Bodens  be- 
halten einige  Sporen  ihre  Lebensfähigkeit.  Genügt  nun  ein  Formo- 
chlorol von  weniger  als  40®/o,  so  sind  grössere  Mengen  als  vorhin 
angegeben  erforderlich. 


740 


Gärtner. 


Desinfec-  Petruschky   und    G.   Hinz    (Ueber   Desinfection    von 

tionmit     Kleidungsstücken   mittels   strömenden  Formaldehyds. 
Pormal-  ^  ... 

dehyd,       Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  33)   hingen   die   zu  desinficirenden 

Petraschky  u.  Kleidungsstücke   in   einen  Schrank ,  machten   oben   eine   kleine  Ab- 

zugsöifnung  und  bliesen  durch  ein  unten  angebrachtes  B  öhrchen  mit 

dem    Trilla  tischen    Autoclaven    unter    3   Atmosphären    stehendes 

Formaldehyd  in  und  durch  den  Schrank.     Schon  nach  */»  stündigem 

Durchblasen  war  voller  Desinfectionserfolg  erreicht. 


Hinz. 


Lingner'8 
Formalin- 
desinfec- 

tions- 

apparat, 

Elsner, 


Schönfeld. 


Eisner,  Ueber  einen  neuen  Formalindesinfections- 
ap parat  (Sitzungsbericht  der  Berliner  med.  Ges.  vom  9.  März). 
Die  Herren  Walt  her  und  Schlossmann  verhindern  die  Pol^nneri- 
sation  des  Formaldehyds  dadurch,  dass  sie  dem  Formalin  hydrophile 
Substanzen,  Glycerin,  zusetzen  =  Glykoformal.  Dieses  wird  in  den 
Lingner'schen  Vemebelungsapparat  gegeben,  einen  ringförmigen 
Kessel,  in  welchem  Wasser  zimi  Sieden  gebracht  wird,  und  wo  der 
entstehende  Dampf  das  Glykoformal  in  Nebelform  in  das  Zimmer 
hineinwirft.  Der  Nebel  ist  in  kürzester  Zeit  so  dicht,  dass  man  ein 
brennendes  Licht  nicht  mehr  sehen  kann.  Lässt  man  den  Apparat 
arbeiten,  so  sind,  ohne  dass  Thüren  und  Fenster  verklebt  zu  werden 
brauchen,  in  3  Stunden  Milzbrandsporen,  Staphylokokken  u.  dergl., 
die  man  leicht  zugedeckt  hinlegte,  regelmässig  getödtet,  wie  mehr- 
fache Untersuchungen  von  Proskauer,  Eisner  und  Spiering 
ergaben. 

Schönfeld  (Mittheilungen  über  den  neuen  Schloss- 
mann'schenDesinfectionsapparat.  Deutsche  med.  Wochen- 
schrift Nr.  40j  kommt  zu  demselben  günstigen  Resultat  wie  Eisner. 
Selbstverständlich  dringt  aber  das  Glykoformal  auch  nicht  in  die 
Tiefe  der  Gegenstände,  z.  B.  Matratzen,  hinein.  Schön feld  tadelt 
ausserdem:  1.  dass  der  Nebel  nach  den  3  Stunden  noch  so  stark 
sei,  dass  man  nur  unter  ganz  erheblicher  Belästigung  bis  zum  Fenster 
vordringen  könne;  2.  dass  der  Apparat  (80  Mark)  und  auch  das 
Glykoformal  (4  Mark  pro  Liter)  zu  theuer  seien,  um  das  Verfahren 
bei  der  ärmeren  Bevölkerung  anzuwenden;  3.  dass  sich  der  Geruch 
mehrere  Tage  in  ausgeprägter  Weise  in  den  Räumen  halte,  ein 
schwerer  Nachtheil  überall  da,  wo  beschränkte  Räume  vorhan- 
den sind. 


W.  Silberschmidt  (Ueber  Wohnungsdesinfection. 
Correspondenzblatt  f.  Schweizer  Aerzte  Nr.  7  u.  8)  hat  Versuche 
mit  Formalin  angestellt  und  in  der  Hauptsache  den    Trillat'schen 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  741 

Autoclav,  aber  auch  den  A  r o n s o naschen  „Aesculap"  verwendet;  mit  Wohnungs- 
letzterem  waren  die  Resultate   nicht  ganz   so   günstig.     Im  übrigen       *tion*^ 
erzielte  Silberschmidt  die  üblichen  Resultate:  gute  Oberflächendes-        durch 
infection,  aber  kein  Eindringen  in  die  Objecte.  Formal- 

d  A  il  V  u 

Czaplewsky  (UeberWohnungsdesinfection  mit  Form-  silberaohmidt, 
aldehyd.  Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  41)  bespricht  die  ver-  Czaplewsky, 
schiedenen  Methoden  der  Fonnalindesinfection  und  rechnet  aus,  dass 
bei  der  Schlossmann-Lingner'schen  Glykoformalmethode  sehr 
viel  mehr  Formaldehyd  zur  Verwendung  kommt  (9 — 10  g  auf  den 
Cubikmeter)  als  bei  den  übiigen  Methoden  (2 — 3,5  g).  Der  Autor 
erreicht  gute  Effecte  dadurch,  dass  er  viel  Was8erdam})f  im  Zimmer 
entwickelte,  wodurch  der  Polymerisation  vorgebeugt  wird.  Wird 
viel  Formaldehydgas  mit  viel  Wasserdampf  rasch  erzeugt,  so  ist  die 
Desinfection  eine  gute,  es  tritt  sogar  ein  gewisses  Eindringen  in  die 
Tiefe  ein.  (Letzterer  Erfolg  ist  jedoch  von  so  verschiedenen  Fac- 
toren  abhängig,  dass  den  practischen  Aerzten  gerathen  sei,  nicht  da- 
mit zu  rechnen.  Ref.)  Die  Desinfection  in  den  tieferen  Thcilen  des 
Zimmers  ist  geringer  als  in  den  oberen,  und  es  ist  anzunehmen,  dass 
das  Formaldehyd  nicht  als  Gas,  sondern  in  Lösung  wirkt;  es  kommt 
also  auf  die  zu  desinficirenden  Flächen,  nicht  so  sehr  auf  den  Kubik- 
inhalt des  Zimmers  an;  todte  Winkel,  stagnirende  Luft  wirken 
mechanisch  störend.  Sehr  übel  wird  von  Czaplewsky  —  mit 
Recht  —  der  sehr  intensive  und  schwer  zu  entfernende  Geruch  nach 
Fonnaldehyd  bemerkt,  wenn  grosse  Mengen  verwendet  werden. 
Ueber  6  Stunden  sollte  die  Desinfectionsdauer  nicht  hinausgehen. 

C.  Flügge,  Die  Wohnungsdesinfection  durch  Form-  Flagge, 
aldehyd  (Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Inf.  Bd.  29,  8.  276).  Flügge 
hat  seit  2  Jahren  mit  Formaldehyd  Versuche  anstellen  lassen 
und  kommt  zu  dem  Endresultat,  dass  die  Desinfection  mit  Fonn- 
aldehyd sich  zur  Zimmerdesinfection  am  besten  eignet.  Flügge 
hat  das  Trillat'sche  Verfahren,  das  von  Schlossmann  und 
Aronson  (Schering)  versucht.  Das  Schlossmann'sche  hält  er 
—  mit  Recht  —  für  das  am  wenigsten  zu  empfehlende,  da  es  zu 
viel  Formaldehyd  vereint  mit  dem  schmierenden  Glycerin  in  das 
Zimmer  bringt  und  der  Geruch  sich  sehr  .s^;hwer  entfernen  lässt. 
Das  A  ro  n  80  n'sche  Verfahren  ist  gut,  wenn  2.5  Pantiilen  furl  cbm 
Raum  verwendet  werden  und  wenn  zu  gleicher  Zeit  Was^^er  (pro 
100  cbm  3,5  Liter  H^O)  verdampft  wird.  Nach  dem  Breslauer  Ver- 
fahren werden  250  ccm  Formaldehyd  mit  2340  ccm  H/)  =  *?'/)  ccm 
40% igen  Formalins  auf  100  cbm  Raum  verdampft,  nacLdem  alle 
Ritzen  und  Oeii^angen  mit  Papier.  Watte.  Fensterkitt  f«.orffsam  t?^ 


742  Gärtner. 

schlössen  und  die  Kleider  etc.  (mit  herausgezogenen  Taschen,  auf- 
geklapptem Rockkragen  u.  s.  w.)  möglichst  breit  über  Gestelle  gehängt 
sind.  Die  besudelte  Wäsche  kommt  in  ein  Gefäss  mit  Sublimat- 
kochsalzlösung (l"/oo)  und  verbleibt  im  Zimmer.  Nach  7  Stunden 
ist  die  Desinfection  beendet,  darauf  wird  sofort  Ammoniak  entwickelt 
(pro  1  cbm  Baum  sind  8  ccm  einer  gewöhnlichen  26**/oigen  Ammoniak- 
lösung erforderlich)  und  die  Dämpfe  durch  das  Schlüsselloch  in  das 
Zimmer  geleitet.  Eine  Stunde  nach  Entwickelung  des  Ammoniaks 
kann  das  Zimmer  geöffnet,  gelüftet,  wieder  in  Stand  gesetzt  und 
benutzt  werden.  Dieses  Verfahren  hat  sich  in  der  Praxis  bereits 
gut  bewährt. 

Des-  C.  Römer,   Ueber  Desinfection  von  Milzbrandsporen 

infection     durch  Phenol  in  Verbindung  mit  Salzen  (Münchener  med. 
Phenol      Wochenschr.  Nr.  10).     Scheuerlen   hatte   gefunden,   dass  Zusatz 
und  Salzen,  von  Kochsalz   zur  CarboUösung  die   desiniicirende  Kraft  gegenüber 
Römer.       Milzbrandsporen  wesentlich  erhöht.   Römer  konnte  diese  Thatsache 
bestätigen  und  meint,   dass  die  Kochsalzlösung  (6,0 °/o)   die  Sporen 
selbst  nicht  direct  schädige,  aber  vielleicht  eine  Lockerung  und  Auf- 
quellung   der   Sporenmembran    bewirke,    so    dass    das    Desinficiens 
(2°/oiges  Carbol)    nunmehr    einzudringen    vermöchte.     Die  Art   der 
Wirkung   der  Desinficientien  ist  noch   unklar.     Römer   neigt    mit 
Weyland  der  Ansicht  zu,  dass  Fällungen  in  den  Eiweisssubstanzen 
der  Zellen  den  Tod  der  Zellen  bedingen. 


Des-  Der  von  F.  Abba  und  Bastelli   angegebene  neue  Dampf- 

infections-  apparat  zur  Desinfection  inficirter  Objecte  (Hyg.  Rund- 
Abbau.  Bastelli.  schau  S.  317)  entspricht  im  allgemeinen  dem  von  Schimmel. 
Budenberg,  Geneste  und  Herscher  u.  s.  w.,  nur  zeichnet  er 
sich  dadurch  aus,  dass  sehr  rasch  Dampf  erzeugt  werden  kann,  weil 
die  Wasserschicht  niedrig  ist  (6  cm)  und  weil  ein  Theil  des  Kessels 
einen  in  der  Feuerung  liegenden  Röhrenkessel  darstellt.  Ein  Ventil 
gestattet  bei  1  und  bei  1 V«  Atmosphären  Druck  zu  desinficiren.  Femer 
ist  der  in  den  Apparat  zu  schiebende  Wagen  so  eingerichtet,  dass 
er  bei  geschlossenen  Thüren  um  seine  Längsaxe  gedreht  werden 
kann.  Die  Drehung  soll  mit  schaukelnder  Bewegung  ausgeführt 
werden,  um  die  letzten  Reste  Luft,  die  noch  in  den  zu  desiniiciren- 
den  Objecten  stecken,  zu  entfernen,  und  so  eine  ganz  sichere  Des- 
infection zu  erzielen.  Die  mitgetheilten  Resultate  lauten  günstig. 
Für  Massendesinfection  dürfte  der  Ofen  zu  empfehlen  sein. 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  743 

Leuch,     Vom     Desinfectionsdienst     in     der     Stadt         Des- 
Zürich  (Viertelj.  f.  öff.  Gesundheitspflege  S.  305).     In  Zürich  ist   i-^J^^^^i^ns- 
ein  Gesundheitsamt  eingerichtet  worden,  bestehend  aus  dem  techni-        Lench. 
sehen  Inspector,   dem  Stadtarzt,   Stadtchemiker,   Stadtthierarzt  mit 
ihren   Assistenten   und  20  Sanitätsbediensteten,    sowie   2  Desinfec- 
torinnen.    Cholera,  Pocken,  Scharlach,  Diphtherie,  Abdominaltyphus 
und  Puerperalfieber  sind  anzeigepflichtig  und  werden  auch  von  den 
Aerzten  gemeldet.     Nach  der  Meldung  geht  ein  Sanitätsbediensteter 
in   die  Wohnung  und  benachrichtigt   bei  Diphtherie  und  Scharlach 
den  Hausvorstand  und  den  Lehrer,   dass    die  Geschwister  der  Er- 
krankten   nicht    zur  Schule    kommen   dürfen,    bis   durch  den  Arzt, 
welcher  ein  völlig  vorgedrucktes  kurzes  Formular  erhält,  bescheinigt 
ist,  dass  die  Gefahr  erloschen  sei.    Desinficirt  wird  das  Zimmer,  in 
welchem  das  Kind  lag,   durch  2  Desinfectorinnen  nach  besonderer 
Vorschrift,  und  die  Kleider  des  Kindes  mittels  Dampf.    Bei  Typhus 
bringt   der  Sanitätsdiener   gleich   die    erforderliche  Kalkmilch  mit; 
ausserdem  übergibt  er  der  Familie  gedruckte  Verhaltungsmassregeln ; 
desinficirt  werden  nur  das  Bett,  der   Fussboden  und  die  Wände  bis 
in  Kopfhöhe.     Bei  Tuberculose  ist  die  Desinfection  facultativ,  wird 
jedoch  meistens  ausgeführt.     Jede  Desinfection  ist  unentgeltlich,  es 
ist  anbefohlen,   möglichst  vorsichtig  mit   den  Objecten  umzugehen; 
verursachte  Beschädigungen  werden  vergütet,   es  wird  fast  nur  das 
Krankenzimmer  nebst  Inhalt  desinficirt.     Dabei  wird   die  Desinfec- 
tion ärztlich  überwacht,  indem  von  Zeit  zu  Zeit  leicht  nachweisbare 
Bacterien  vor  der  Desinfection   an  einzelne  Stellen  des  Raumes  ge- 
bracht werden.     In  5  Jahren   sind  gegen   3000  Wohnungsdesinfec- 
tionen   vorgenommen   worden.     Eine   Ueberführung    der  Einwohner 
in  andere  Räume  während  der  Desinfection  findet  nur  bei  den  Pocken 
statt.  —  Der  Aufsatz  bietet  noch  eine  grosse  Menge  kleiner  Hülfen 
und  ist  eine  der  besten  Arbeiten,   die  über  dieses  Thema  veröffent- 
licht worden  sind.     Interessenten   sei   die  Leetüre  des  Artikels  auf 
das  wärmste  empfohlen. 


9.  Tropenhj^iene. 

Sambon  (Remarks  of  the  etiology  of  sunstroke.  Siriasis 
not  heat  fever,  but  an  infectious  disease.  Brit.  med.  Journ. 
S.  744)  behauptet,  dass  Synkope,  Ohnmacht  und  Hitzschlag  oft  ver- 
wechselt würden,  für  letzteren  will  er  das  Wort  Siriasis  eingeführt 
haben.    Der  Hitzschlag  befalle  alle  Berufsarten  und  Alter,  bevorzuge 


744 


Gärtner. 


Sonnenstich,  aber  das  männliche  Geschlecht.  Die  Annahme,  dass  unpassende 
Sambon.  Kleidung  Wärmeschlag  erzeugen  helfe,  sei  ein  Irrthum,  sie  erzeuge 
nur  Sjmkope.  Unmässigkeit ,  Uebermüdung,  Ueberfüllung  seien 
nur  vorbereitende  Ursachen.  Die  Krankheit  entstehe  durch  einen 
speciiischen  Keim,  der  in  den  oberflächlichsten  Bodenschichten  sich 
belinde,  mit  dem  Staub  aufgewirbelt  werde  und  so  in  den  Magen- 
darmkanal bezw.  in  die  Lungen  gelange.  Der  Autor  dürfte  mir 
seiner  Ansicht  wohl  isolirt  stehen  und  bleiben. 

Malaria-  C.  Däubler,   Zur  Kenntniss   der   ostindischen  Malaria- 

parasiten,   Parasiten   im  Vergleich  zu  den  Malariaparasiten  anderer 
Däubler         r-  o  r 

Länder  (Berl.  kÜn.  Wochenschr.  Nr.  5).     Bei   34  Malariakranken, 

von  welchen  sich  die  meisten  in  dem  kachektischen,  fieberlosen  Sta- 
dium befanden,  wurden  die  kleinen  ringförmigen  Parasiten  gefunden. 
Der  Ring  umschliesst  das  Plasma  der  Parasiten,  so  dass  nicht  eigent- 
lich eine  Ring-,  sondern  eine  Scheibenform  vorhanden  ist.  Das  Ma- 
lariaprotozüon  besitzt  Kern  und  Kemkörperchen.  Ausserhalb  der 
Blutkörperchen  sah  Däubler  die  Parasiten  ebenfalls,  und  zwar  als 
sehr  kleine  und  zarte,  bewegliche  Kügelchen.  Halbmondformen 
wurden  bei  den  Patienten  nur  2mal  gesehen,  dagegen  in  mehreren 
Fällen  die  erheblich  grösseren  Plasmodien  der  gewöhnlichen  Ter- 
tiana. Däubler  ist  der  Ansicht,  es  seien  besondere  klimatische 
Schädigungen  vorhanden ,  welche  die  Bösartigkeit  der  Malaria  beim 
Europäer  gegenüber  den  farbigen  Rassen  erklären  müssten. 


Tropen- 
hygiene, 
ör^bant. 


N.  Grehant  (Hygiene  des  voyageurs  dans  les  pays 
chauds.  Annales  d'hygiöne  publique  et  de  medecine  legale,  Sept.y 
ist  nicht  Arzt,  sondern  Professor  am  naturwissenschaftlichen  Mu- 
seum, daher  sind  seine  tropenhygienischen  Bemerkungen  mehr  natur- 
wissenschaftlicher Art.  Dieselben  sind,  wenn  man  von  einigen 
„Räubergeschichten"  absieht,  brauchbar;  wichtig  sind  die  Regeln 
bezüglich  des  Fischgenusses,  die  Grehant  nach  Fonssagrives  an- 
gibt: sich  nach  den  Eingeborenen  richten  betreffs  des  Fischgenusses, 
eventuell  verdächtige  Fische  an  Katzen  versuchen,  keinen  Fisch  ge- 
niessen,  der  nicht  sorgfältig  ausgenommen  und  von  den  Eiern,  den 
männlichen  Samendrüsen  und  der  Leber  befreit  ist. 


Rob.  Koch  (Reiseberichte  über  tropische  Malaria  — 
Schwarzwasserfieber.  Berlin)  hat  wiederum  mit  dem  ihm 
eigenen  Blick  und  seiner  eisernen  Energie  auf  der  Reise  nach  Ost- 
afrika  die  Aetiologie  der  Infectionskrankheiten  in   reichem  Maasse 


OefFentliches  Gesundheitswesen.  745 

gefördert.    Seine  Untersuchungen  galten  vor  allem  den  durch  Hämato-    Tropische 
zoen  hervorgerufenen  Thier-  und  Menschenkrankheiten.     Uns  inter-     J?^^*J*** 

...  .  Rob   Koch, 

essirt  in  erster  Linie  die  Malaria.  Unter  den  72  mit  Malaria  be- 
hafteten Personen  litten  63  an  tropischer,  7  an  gewöhnlicher  tertianer, 
1  an  quartaner,  1  an  irregulärer  Malaria;  letztere  beiden  Fälle 
waren  importirt,  kommen  also  für  Ostafrika  nicht  in  Betracht.  Für 
die  tropische  Malaria,  die  man  für  quotidian  hielt,  weist  Koch 
nach,  dass  ein  Tertianiieber  mit  einer  geringen  Remission  am  1.  Tage 
und  einer  kurzdauernden  tiefen  Remission  am  2.  Tage  vorliegt.  Die 
Malariaparasiten  sind  klein,  ringförmig,  mit  einem  Knöpf chen  an 
der  einen  Seite,  sie  werden  dann  grösser  und  bekommen  an  der  an- 
deren Seite  eine  sichelförmige  Verbreiterung.  Das  Pigment  ist  in 
sehr  feiner  Vertheilung  in  ihnen  enthalten  und  sammelt  sich  vor  der 
Sporulation,  die  mit  dem  neuen  Anfall  einsetzt,  im  Centrum  des  dann 
gänseblümchenförmigen  Körpers  an.  Der  Anfall  wird  aber  höchst 
wahrscheinlich  nicht  durch  die  Sporen  ausgelöst,  wie  das  sog.  Nach- 
fieber zeigt,  sondern  durch  die  ZerfaUsproducte  der  zu  Grunde  ge- 
gangenen Parasiten.  Am  sichersten  lassen  sich  die  Parasiten  bei 
der  tropischen  Malaria  in  der  fieberfreien  Zeit  nachweisen,  in  letz- 
terer wirkt  auch  das  Chinin  (lg)  am  besten,  ist  also  in  derselben 
zu  geben.  Die  sog.  halbmondförmigen  Körper  fasst  Koch  nicht  als 
die  Erzeuger  der  Malariakachexie  auf,  sondern  als  sterile  Formen  der 
absterbenden  Malariaprotozoen.  Letztere  und  mit  ihnen  die  Anfalle 
verschwinden  spontan,  kehren  aber  gegen  den  12.  Tag  wieder  als 
Recidive.  Ungefähr  ebenso  lange  dauei-t,  wie  Koch  an  einem  Bei- 
spiel nachweist,  die  Incubation.  Zur  Verhütung  der  Recidive  er- 
wies sich  Koch  lg  Chinin  als  ausreichend,  dagegen  genügt  1  g 
in  einmaliger  Dosis  gegeben  als  Prophylakticum  nicht.  Bessere  Er- 
folge sah  er  bei  Verabreichung  von  0,5  g  jeden  3.  Tag.  Aus  Ana- 
logieschlüssen vom  Texasfieber  her,  aus  der  Beobachtung,  dass  Ma- 
laria nur  dort  vorkomme,  wo  Mosquitos  sind,  dass  sie  fehlt,  wo 
diese  fehlen,  schliesst  Koch,  dass  die  Mosquitos  die  Vermittler  der 
Infection  sind,  nicht  aber  in  der  Weise,  dass  der  Mosquito,  welcher 
an  einem  Malariakranken  gesessen  hat  nun  durch  einen  weiteren 
Stich  einen  gesunden  Menschen  inficire,  sondern  in  der  Weise,  dass 
die  Malariaprotozoen  auf  die  Eier  und  damit  auf  die  jungen  Mos- 
quitos übergehen  imd  diese  die  Infection  vermitteln.  Für  den  Ma- 
lariaparasiten ist  der  Mensch  der  einzige  Wirth ;  Thiere  sind  für  die 
Krankheit  unempfänglich.  Die  Eingeborenen  der  Küste,  die  malaria- 
reich ist,  sind  entweder  durch  Vererbung  oder  Ueberstehen  der 
Krankheit  immun ;  nui'  Eingewanderte,  selbst  Neger  desselben  Stam- 


746  Gärtner. 

Tropische    mes,  der  an  der  Küste  immun  ist,  sind  sehr  empfänglich.    Als  Schutz 
Malaria,     empfiehlt  Koch  das  Trinken  von  nur  abgekochtem  Wasser  —  auch 
aus  anderen  Gründen  (Ruhr  etc.)  sei  das  zu  empfehlen  — ,  die  Be- 
nutzung gutschliessender  Mosquitonetze  und  in  stärker  gefährdeten 
Bezirken   die  Verabreichung  von  Chinin  in  der  vorhin  angegebenen 
Form.     Die  gewöhnliche   Tertiana  sei  der  der  gemässigten  Breiten 
gleich  und  werde  durch  das  bekannte ,  von  der  tropischen  Malaria 
verschiedene  Protozoon  hervorgerufen,    auch  scheine  bei  dieser  Art 
der  Malaria  ein   spontanes  Verschwinden   der  Anfalle   nicht   aufzu- 
treten. —  Das   Schwarzwasserfieber,    die  bösartigste  Affection  von 
Ostafrika  (20  °/o  Mortalität),  beginnt  mit  einem  heftigen  Schüttelfrost, 
Fieber   und    der   Absonderung    eines    durch    gelösten   Blutfarbstoff 
dunkel  gefärbten  Urins,  dann  folgt  Icterus  und  häufiges,  oft  unstill- 
bares Erbrechen  mit  starkem  Kräfbeverfall.    Der  Tod  erfolgt  häufig 
durch   Verstopfung    der   Nierenkanälchen    mit    geronnenem    Hämo- 
globin, oder  durch  massenhaften  Zerfall  der  rothen  Blutkörperchen. 
Die   früher  ganz  aUgemeine  Annahme  war  die,    dass  da«  Schwarz- 
wasserfieber  eine   bösartige  Form  der  Malaria   sei;    es  zeigte   sich 
jedoch,  dass  nicht  immer  Malariaprotozoen  im  Blute  gefunden  werden 
konnten;   dass  femer  Chinin  nicht  allein  nichts  nützte,  vielmehr  zu 
schaden  schien  und  daher  die  Chininbehandlung  von  einer  grösseren 
Zahl  von  Tropenärzten  direct  perhorrescirt  wurde.    Koch  sah  16  Fälle 
von  Schwarzwasserfieber  und  fand  nur  in  zweien  Malariaprotozoen; 
konnte  indessen  zugleich  nachweisen,  dass  diese  mit  der  Krankheit 
selbst   nichts   zu   thun   hatten;   dahingegen  gelang   es  in  dem  einen 
Falle,  direct  und  regelmässig  einen  Anfall  von  Schwarzwasserfieber 
durch   eine   Gabe   Chinin   hervorzurufen;   aUe   Patienten   hatten  vor 
ihrer  Erkrankung  Chinin,   zuweilen  in  grossen  Mengen,  genommen. 
Koch   hält   daher  das   Schwarzwasserfieber  in   der   überwiegenden 
Mehrzahl  der  Fälle  für  eine  Chininintoxication  bei  solchen  Personen, 
welche   in   den   Tropen   eine   Idiosynkrasie   gegen   Chinin  erworben 
haben;    möglicherweise    wirken    auch    andere    Körper   ähnlich   wie 
Chinin.    Personen,  welche  eine  derartige  Widerstandslosigkeit  gegen 
Chinin  besitzen,   müssen  gegen  intercuiTente  Malaria  andere  Mittel. 
z.  B.  Arsen,  Methylenblau  u.  s.  w.,  versuchen. 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  747 

10.  Bekämpf ang  der  Infeetionskrankheiten*). 

a.  Allgemeines. 

W.  Kruse  verarbeitet  in  seinem  Aufsatz  über  den  Einfluss  Volk» 
desstädtischenLebensaufdieVolksgesundheitCOentralbl.  ««■"»«»b*»^' 
f.  allg.  Gesundheitspflege  Bd.  17 j  die  Statistiken  der  preuHHinchen 
Landesgebiete  nach  der  oben  angegebenen  Richtung  und  kommt  7M 
dem  Schlüsse,  dass  die  Säuglings-  und  Kindersterblichkeit  ClO  Jahr) 
in  den  Städten  zwar  durchschnittlich  etwas  grösser  ist  als  auf  dem 
Lande,  dass  aber  die  regionären  Differenzen  viel  grösser  sind  als  jene. 
Das  städtische  Leben  erhöht  die  Sterblichkeit  der  Männer  bf^/l^mtend 
durch  die  Art  und  Weise  der  Beschäftigung;  landschaftliche  (re- 
gionäre) Einflüsse  kommen  hierbei  nicht  in  Betracht.  Weitaus  am 
höchsten  ist  die  Sterblichkeit  der  Männer  in  den  Bezirken  der  Eiij^in- 
und  Kohlenindustrie:  die  Sterblichkeit  der  Frauen  ist  in  Stadt  und 
Land  wenig  verschieden;  harte  landwirthschaft liehe  Arl>eit  erhöht 
allerdings  die  Sterbegefahr,  das  thut  die  regionär  vorhandene  Tuber- 
culose  aber  noch  viel  mehr.  Trotzdem  die  Sterblichkeit  überliauj/t 
in  den  letzten  Jahrzehnten  geringer  geworden  ist,  blieb  der  Unter- 
schied zwischen  Stadt  und  Land  bestehen.  Die  eheliche  Fnichrlxir- 
keit  ist  in  den  Städten  geringer  als  auf  dem  Lande,  doch  fallen  hier- 
bei die  regionären  Unterschiede  stark  inü  Gewicht.  Von  einer 
körperlichen  Entartung  der  städtischen  Bevölkerung  kann  keii/e  li'r'ie 
sein,  nur  treten  in  einigen  Orten  im  Benif  l>».-;rni redete  Unterr^-nied*? 
bei  der  wehrpflichtigen  Jagend  zu  Ungunsten  der  .St-äo*-;  auf.  D.e 
gebildete  Jugend  ist  zwar  nicht  ab»  körperlich  mir. 'ierwerri.^  zu 
betrachten,  sreht  aber  auch  nicht  auf  der  H  he  d>r  ko;-;/-..»-!. 'Le-'- 
AusbilduL^- 


Sheridan   Delc-pine    iThe    bact  eriolc  gi  cal    f^. '<,£:.',  ri  t     Bi*'*. r.v 
o  f  c  e  r  t  a  i  n  i  n  f  e  c  t  i  o  u  s  diseases  in  c  o  l  n  e  c  t  i  ci.  w ;  *  j.  ;.  •.  .,.'.     ..?.►«.  i  ► 
health  work-   L^:.:et.  5.  Febr.l  g>r  i:.  Lür^tjerer.  A'i-r-i-'-:'  ^-^z,  --.r^e    n  .  t .  *  ^-^  l 
Ansichten   üVrr  d:-  Ven«-eiy:*>ark*-::    ö-rr  hi.  r.^ji  '. ,  jri-r   :.•     .<.-  v-c-  **-  •. "*i 
meinwoLL     Betrer*    der   T'i**>:rculv«yr    s.il    i-i .:,:    l-j*    --r    il    --ii^r  *'\*^*^* 
unterstützt  weriri..   e»  wiri  v^r^:^.    :^'*t  i .  L    .--  2l  .1  '<  .:  T«- 
berkelbaciUei.    ii,t'^r?«T . Lt    w^rle.      A-».!:.    «r:.'-***    iii.    '-r' *".:.  jrjt-t^ 
Scblaimn    ä-r  Jit^iL    ffii.i    'jV   Ba.lLr'.    l.t   -^  *^'-    ^'  :    -  *_v-r   z: 
finden,  ee  i«  rä*ll:  L^rr.    i-.L  r>  L-ü:.!:.  3I-.-r:r?.::Lv--'-    :,ri    z:    .        j-r-i 


Ter^I.  A',»-»/r-i_'r*  T 


4. 


748  Gärtner. 

Bacterio-  die  sicher  auch  auf  vereinzelte  Bacillen  mit  Krankheit  reagiren. 
logische  jy^Q  bacteriologischen  Untersuchungen  auf  Diphtherie  werden  unent- 
suchungen  geltlich  gemacht,  den  Aerzten  werden  Tuben  zur  Verfügung  ge- 
und  öffent-  stellt,  in  welchen  an  einem  Eisendraht  ein  Stückchen  sterilisirten 
Delöpine  Schwammes  sitzt,  mit  welchem  sie  die  verdächtigen  Stellen  abreiben 
sollen.  In  204  von  293  verdächtigen  Fällen  konnte  constatirt  wer- 
den, dass  Diphtherie  nicht  vorlag;  in  7  °/o  der  Fälle  gab  die  ein- 
malige bacteriologische  Untersuchung  kein  richtiges  Resultat,  was 
durch  die  zweite  oder  dritte  Untersuchung  corrigirt  wurde.  Bei 
zweifelhaften  Fällen  von  Abdominaltyphus  wird  nach  der  Widal- 
sehen  Methode  untersucht.  Die  Aerzte  bekommen  in  einem  Röhr- 
chen eine  Einstichnadel  und  eine  kleine  Grlaspipette.  Ist  in  den 
umschnürten  Finger  oberhalb  des  Nagelfalzes  eingestochen,  so  wird 
der  oder  die  Blutstropfen  mit  der  unten  capillaren  Pipette  abge- 
sogen. Die  Pipette  durch  Einhalten  in  eine  Flamme  geschlossen. 
Ueber  dem  Coagulum  sammelt  sich  Serum,  welches  in  dem  Verhält- 
niss  1 :  25  zur  Untersuchung  verwendet  wird.  Unter  etwa  800  unter- 
suchten Fällen  waren  circa  50*/o  kein  Typhus.  Die  Reaction  ver- 
sagt nur  in  den  ersten  Tagen  des  Typhus,  eine  spätere  Wiederholimg 
ergibt  die  WidaTsche  Reaction.  Del6pine  verlangt  für  diese  Ar- 
beiten einen  voU  ausgebildeten  und  gut  bezahlten  Bacteriologen  und 
ein  gut  ausgelastetes  Laboratorium.  Stadt-  und  Landkreise  können 
sich  vereinigen  zur  Unterhaltung  einer  solchen  Anstalt,  die  für  die 
Aerzte  sehr  angenehm  und  erleichternd,  für  das  Publicum  aber  von 
grossem  sanitären  Werth  ist. 

Vermeidung  Battlehner  (Die  Verbreitung  von  ansteckenden  Krank» 

anstecken-  leiten  in  Badeorten  und  Sommerfrischen.  Schutzmaassregeln 
heiten  in  für  die  Bewohner  und  Besucher  solcher  Orte.  Vierteljahrsschr.  f. 
Badeorten,  öffentl.  Gesundheitspflege  Bd.  30.  Referat  f.  d.  deutschen  Verein 
f.  öffentl.  Ges.  in  Karlsruhe)  meint,  dass  Besucher  ansteckende 
Krankheiten  in  Bäder  und  Sommerfrischen  mitbrächten,  sei  seltener 
als  das  Gegentheil.  In  Bädern  und  Sommerfrischen  sei  vor  allem 
für  reichliches,  gutes  Wasser,  für  gesunde,  mit  guten  Aborten  ver- 
sehene Wohnungen,  geregelte  Abführung  sämmtHcher  Unrathstoffe 
Sorge  zu  tragen.  In  den  Bassinbädem  sei  das  Wasser  unter  bac- 
teriologischer  ControUe  häufig  zu  erneuern.  Eines  der  wichtigsten 
Mittel  zur  Verhütung  der  Infectionskrankheiten  sei  die  Anzeige- 
pflicht der  Aerzte.  Desinfectionsapparat  und  geschulte  Desinfec- 
toren,  sowie  Absonderungsräume  für  infectiöse  Kranke  seien  in  jedem 
Badeort  erforderlich,  ebenso  eine  Leichenhalle.    Auch  für  die  Bade- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  749 

orte   bedürfe   es   zur  erfolgreichen  Bekämpfung   der  Seuchen   eines 
gleiclimässig  durchzuführenden  Reichsseuchengesetzes. 

J.  G.  Nuttall   (Zur   Aufklärung  der  Rolle,   welche    ste-       üeber- 
chende  Insecten  bei  der  Verbreitung  von  Infectionskrank-  ^^s^^sj^on 

*^  ^  ^  Iniectionen 

heiten  spielen:    Inf ections versuche  an  Mäusen  mittels  Milzbrand,        durch 
Hühnercholera  und  Mäuseseptikämie   inficirter  Wanzen   und  Flöhe.  Wanzen  und 

12*  1  Ä  ll  A 

Centralbl.  f.  Bacteriologie  u.  Parasitenkunde  Bd.  23,  S.  625)  Hess  Nuttaii*. 
hungrige  Wanzen  und  Flöhe  auf  mit  obigen  Krankheitserregern  in- 
ficirten  und  dann  gestorbenen  Thieren  saugen  und  setzte  sie  halb- 
satt auf  gesunde  Thiere.  In  keinem  einzigen  Falle  wurde  die  ELrank- 
heit  übermittelt.  Dann  wurden  Wanzen,  die  sich  an  iniicirten  ge- 
storbenen Thieren  vollgesogen  hatten,  in  gewissen  Zeiträumen 
ausgedrückt  und  der  Inhalt  auf  Nährplatten  gebracht  bezw.  in 
Thiere  injicirt;  schon  nach  wenig,  bis  höchstens  72  Stunden  Hessen 
sich  lebende  pathogene  Keime  nicht  mehr  nachweisen,  dabei  ging 
das  Absterben  bei  den  warm  gehaltenen  Insecten  viel  rascher  vor 
sich,  als  bei  den  in  einer  Temperatur  von  13  °  gehaltenen ;  der  Koth 
von  Wanzen  enthielt  nach  24  Stunden  keine  virulenten  Milzbrand- 
bacillen  mehr.  Bei  Flöhen,  die  auf  Milzbrandthieren  gesessen  hatten, 
ergab  sich,  dass  dieselben  schon  nach  8  Stunden  nicht  mehr  zu  in- 
ficiren  vermochten.  Hiemach  scheint  also  die  TTebertragungsgefahr 
bei  den  obengenannten  Krankheiten  durch  Flöhe  und  Wanzen  mini- 
mal zu  sein. 

b.  Tuberculose. 

Der  Director  der  grossen  Lungentuberculösen-Heilstätte  Allan d 

bei  Wien,   Alex.    v.  Weismayr  (Zur  Frage   der   Verbreitungverbreitung, 

der    Tuberculose.     Wiener   klin.  Wochenschr.  Nr.  46),    hat   eine  „  ^  ^®^  , 

'  .    Tuberculose 

Reihe  wichtiger  Untersuchungen  gemacht,  ausgehend  von  der  Arbeit  y.  Weismayr. 
Flügge's  über  die  Tröpfcheninfection.  Weismayr  fand  in  üeber- 
einstimmung  mit  Flügge,  dass  durch  Hustenstösse ,  viel  weniger 
3urch  Singen  imd  lautes  Sprechen ,  in  den  Mund  gebrachte  Prodi- 
giosuscultur  in  Gestalt  feinster  Tröpfchen  verspritzt  werde,  jedoch 
nur  in  der  Richtung  des  Hustenstosses  und  auf  eine  Entfernung  von 
4  m;  nach  ca.  ^ji  Stimde  waren  die  Keime  wieder  aus  der  Luft  ver- 
schwunden. Wurde  auf  den  Boden  oder  in  die  auf  dem  Boden 
stehenden  Näpfe  gespuckt,  so  waren  in  der  Umgebung  der  Näpfe 
zahlreiche  Prodigiosuskeime  nachzuweisen,  hingegen  waren  dieselben 
nicht  aufzufinden,  wenn  der  Auswurf  in  Dettweiler'sche  Flaschen 
oder  in  Brusthöhe  befindliche  Speinäpfe  entleert  wurde,  oder  wenn 


750  Gärtner. 

in  die  Hand  bezw.  in  ein  Tuch  gehustet  wurde.  Im  Mundspeichel 
konnten  durch  die  mikroskopische  Untersuchung  selbst  bei  weit  vor- 
geschrittener Lungentuberculose  nur  wenig  Bacillen  nachgewiesen 
werden;  ebenso  wenig  in  den  feinen  Tröpfchen,  die  von  Tuberculosen 
auf  Deckgläschen  gehustet  wurden ,  die  auf  eine  Platte  geklebt 
waren  und  dicht  vor  den  Mund  gehalten  wurden.  Beim  blossen 
Hauchen  waren  niemals  Bacillen  in  der  Luft  nachweisbar,  v.  Weis- 
mayr  schlägt  vor,  den  Kranken  eine  „Spuckdisciplin"  beizubringen, 
d.  h.  die  Patienten  zu  veranlassen,  sich  häufig,  insbesondere  nach 
starken  Hustenstössen,  den  Mund  auszuspülen  und  nur  in  Speifläsch- 
chen  oder  in  Brusthöhe  befindliche  Speinäpfe  zu  spucken  bezw.,  wenn 
solche  nicht  vorhanden,  in  vorgehaltene,  oft  zu  wechselnde  Taschen- 
tücher zu  husten.  Der  Tropf cheninfection  lasse  sich  so  leicht  und 
erfolgreich  entgegentreten. 

Prophylaxe  St.  Balikowski  (Noch  einige  Worte  über  die  Nothwen- 

Tuberculose  ^ig^eit  durch  Staatsgesetz  geregelter  Prophylaxe  der 
Balikowski.  Tuberculose.  Wien.  klin.  Wochenschr.  Nr.  14)  gibt  zunächst  zahlen* 
massig  die  eminente  Gefahr  kund,  die  in  der  Tuberculose  als  Volks- 
krankheit Hegt;  in  Oesterreich  z.  B.  sind  von  100  Todesfallen  12,8 
der  Tuberculose  zuzuschreiben.  Dann  geht  er  über  zu  den  mähri- 
schen Verordnimgen,  welche  sich  besonders  auf  das  Bad  Koznau  be- 
ziehen und  die  in  der  That  alles  enthalten,  was  man  bezw.  der 
Tuberculoseprophylaxe  verlangen  kann;  sie  erstrecken  sich  auf  das 
phthisische  Publicum,  von  dem  verlangt  wird,  dass  es  weder  in 
Taschentücher,  noch  auf  den  Boden  spucken  darf.  Das  Curcomite 
soll  auch  auf  den  Promenaden  Speigefasse  aufstellen  lassen.  Die 
Vermiether  hinwiederum  sollen  das  gleiche  in  den  Wohnungen, 
Corridoren,  Aborten  thun.  Die  Miethwohnungen  sind  vor  und  nach 
der  Saison  gründlich  zu  reinigen;  die  Phthisikerwohnungen  sind 
schon  12  Stunden  nach  dem  Verlassen  zu  reinigen  und  zu  desinficiren. 
Für  die  Desinfection  werden  detaiUirte  und  ausreichende,  aber  nicht 
über  das  nöthige  Maass  hinausgehende  Vorschriften  erlassen.  Der  Ab. 
gang  der  Phthisiker  und  die  geschehene  Desinfection  sind  der  Orta- 
poHzeibehörde  anzuzeigen  ;  eine  städtische  Desinfectionsanstalt  ist  ßin- 
zurichten  u.  dergl.  m.  Bezüglich  der  tuberculösen  Milch  und  des 
tuberculösen  Fleisches  verlangt  Balikowski  strenge  Vorschriften, 
um  das  Verschwinden  der  Affection  unter  dem  Rindvieh  zu  bewirken 
und  damit  eine  grosse  Gefahr  für  den  Menschen  zu  beseitigen. 

W.  Aebi,   Liegt  für  die  umwohnende  Bevölkerung  von 
Lungencurorten  eine  vergrösserte  Gefahr  der  Ansteckung 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  751 

mit   Tuberculose   vor?   (Correspondenzblatt  f.   Schweizer  Aerzte         An- 
Nr.  2.)    Davos  bietet  für  die  Beantwortung  vorstehender  Frage  gün-   steckungs- 
stige  Bedingungen.   Aebi  hat  die  Bevölkerungszahl  von  1847 — 97  zu-  Einwohner 
sammengestellt  und   die   Tuberculosesterblichkeit  berechnet.     Dabei    von  Luft- 
entstand  eine  Schwierigkeit  dadurch,   dass  ein  erheblicher  Procent-        ^^^^i     ' 
satz  von  Personen  in  Davos  ansässig  wird,  welche  zunächst  als  Pa- 
tienten  den    Ort    aufsuchten.      Diese    stark   inficirte   Bevölkerungs- 
kategorie musste  ausgeschaltet  werden.    Aebi  trennt  also  zwischen 
Eingewanderten   und  Landsassen;   während  nun   die  Zahl  der  Ein- 
gewanderten erheblich  zunahm,   blieb  die  Zahl  der  alteingesessenen 
Bürger  sich  gleich.     Die  Berechnung  ergibt,   dass   die  Tuberculose 
weder  unter  den  Eingewanderten  noch  unter  den  Landsassen  durch 
den  Zuzug  der  Tuberculosen  seit  dem  Jahre  1866  sich  vermehrt  hat, 
die   Tuberculosesterblichkeit  schwankt   ganz   unregelmässig  bei  den 
1300  Landsassen  zwischen  0  und  2,3  auf  1000  in  jedem  Jahr. 

J.    Schwalbe    (Volksheilstätten    für     Lungenschwind-    Volksheil- 

süchtige.   Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  44  u.  45)  führt  in  Wort  '*?'"®°/^'' 

rn  '  Tuberculose 

und  Bild  die  Tuberculoseheilstätten  von  Alland  bei  Wien,    Loslau    j.  Schwalbe. 

in  Oberschlesien  und  Heiligenschwendi  am  Thunersee  vor  und  weist 
vor  allem  auf  die  zwischen  den  Heilanstalten  bestehenden  Differenzen 
hin.  Sehr  werthvoU  ist  die  an  die  Beschreibung  anschliessende 
Kritik,  die  für  neuzuerbauende  Anlagen  von  grosser  Bedeutung  sein 
wird.  Alland  hat  neben  den  grossen  Kosten,  6481  Gulden  pro  Bett, 
die  grossen  Nachtheile,  dass  es  zu  viel  Kranke,  400,  aufnehmen  soll, 
wodurch  die  Behandlung  erschwert  und  die  Entfernung  von  der 
Heimath  für  viele  Kranke  zu  beträchtlich  ist.  Im  übrigen  ist  es 
als  eine  Musteranstalt  zu  bezeichnen.  Li  Loslau  kostet  das  Bett 
nur  3600  Mark,  es  ist  ebenfalls  mit  allem  hygienischen  Comfort  aus- 
gestattet, nur  wird,  wohl  mit  Recht,  die  Anlage  der  Küche  in  der 
Südfront  des  Hauptgebäudes  getadelt  wegen  der  dort  entstehenden 
Gerüche  und  des  Lärmes.  Die  Dettweiler'schen  Speigläser  sind  dort 
verpönt.  Der  Auswurf  soll  ausser  in  den  Speigefässen  in  Becken  ent- 
leert werden ,  die  an  der  Wand  angebracht  sind  und  mit  Wasser- 
leitung und  Kanalisation  in  Verbindung  stehen.  Ln  Freien  soll  das 
Sputum  in  Gruben  entleert  werden.  Der  Grundplan  von  Heiligen- 
schwendi erscheint  dem  Verf.  tadellos,  doch  sind  im  Betrieb  einige 
Ausstellungen  zu  machen;  als  vorzüglich  wird  das  KJima  jüeser 
1100  m  hoch  gelegenen  Anstalt  bezeichnet. 

P.  Reille  (Les  Sanatoriums  et  l'hospitalisation  des   tu- 
berculeux  indigents   au  IV.  Congr^s  de   la  tuberculose.     Annal. 


752  Gärtner. 

Hospitali-    d'hygiene  publique  et  de  medecine  legale,  Oct.  u.  Dec.)  stellt  in  vor- 
^*m*°J^  ^^'    züglicher  Weise  zusammen,  was  bis  jetzt  in  der  Unterbringung  der 
culösen,     Tuberculosen  geleistet  worden  ist,  nicht  bloss  in  Frankreich,  Deutsch- 
Reille.        land  und  England,   sondern  in  der  ganzen  Welt.     Er  weist  zi£Pem- 
mässig  nach,  wie  wenig  der  Staats^  wie  viel  der  Privathülfe  zu  ver- 
danken sei,  und  hält  letztere  für  die  Hauptquelle,  aus  welcher  die 
Segnungen  fliessen.     Als  Neues  bringt  Reille  den  auch  vom  Con- 
gress  acceptirten  Vorschlag  Legendre's,  eine  grosse  Anzahl  kleiner 
Sanatorien  zu  bauen,  um  so  die  räumlichen  Schwierigkeiten  zu  über- 
winden und  leichter,   local  patriotisch,   Kapitalien  zu  erhalten.     Es 
wird    sogar  vorgeschlagen,    dass  an   günstig  situirten   Orten   prac- 
tische  Aerzte  einige  Kranke  in  Pension  nehmen  könnten.    (Letzteres 
dürfte  doch  etwas  zu  weit  gehen.     Ref.) 

Fürsorge  H.  Weicker,    Ueber   die   Fürsorge    für  unsere  lungen- 

für  langen-  tranken  Reconvalescenten  (Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  20). 

k  r  An  1(6 

Reconvales-  Wenn  die  Tuberculosen  aus  Tuberculoseheilstätten  entlassen  werden 
centen,      sollen,  so  erhebt  sich  gewöhnlich  die  Frage,  wohin  mit  den  Leuten, 

Vir  aI^i»^m 

die  vielfach  ihre  Stellung  verloren  haben  oder  in  einer  gesundheit- 
lich ungünstigen  Stellung  waren.  Den  Rath,  den  Beruf  zu  wechseln, 
können  die  wenigsten  Arbeiter  befolgen.  Der  Verf.  empfiehlt  Ver- 
eine zu  gründen,  welche  die  Kreise  der  Arbeitgeber  für  die  Recon- 
valescenten zu  interessiren  hätten,  so  dass  diese  die  Reconvalescenten 
gern  bei  den  leichteren  Arbeiten  in  den  Betrieben  anstellten;  dafür 
müssten  aber  die  Arbeiter  in  den  Heilstätten  besonders  daraufhin 
belehrt,  ja  abgerichtet  werden,  recht  vorsichtig  zu  sein,  sowohl  be- 
treffs ihrer  eigenen  Gesundheit,  Ernährung,  Alkoholmissbrauch  u.  s.  w.. 
als  auch  betreffs  des  Sputums.  Auch  seien  die  Arbeiter  auf  die 
Schädigungen  ihres  Berufes  aufmerksam  zu  machen  und  ihnen  Mittel 
und  Wege  anzugeben,  sie  zu  vermeiden. 

0.  Typhus. 

Typhus-  M.  Wilckens,Eine  durch  Milchinfection  hervorgerufene 

Verbreitung  Typhusepidemie,  beobachtet  zu  Hamburg  im  Aug.-Sept.  1891 
Wilckens.  '  (Zeitschr.  f.  Hyg.  u.  Infect.  Bd.  27).  In  Hamburg  hat  seit  der  Ver- 
besserung des  Trinkwassers  die  Typhusmortalität  stark  abgenonmien, 
seit  1893  von  mehr  als  1000  auf  403  im  Jahre  1896.  Im  Jahre  1897 
hielt  sich  die  Typhusmorbidität  sehr  niedrig,  bis  sie  im  August- 
September  plötzlich  rasch  anschwoll.  Es  erkrankten  162  Personen, 
darunter  nur  43  Männer  und  119  Frauen  und  Kinder.     Die  Infec- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  753 

tionen  kamen  hauptsächlich  in  drei  kleinen  Bezirken  vor.  und  es 
Hess  sich  constatiren,  dass  in  denselben  nur  Personen  erkrankt 
waren,  welche  aus  bestimmten  Milchgeschäften  ihre  Milch  bezogen 
hatten.  Die  Geschäfte  bekamen  das  Getränk  von  denselben  auswärtigen 
Lieferanten.  Während  über  die  Verbreitung  des  Typhus  durch  die 
Milch  nach  den  Ausführungen  Wilcken's  gar  kein  Zweifel  herr- 
schen kann,  gelang  es  nicht,  die  Quelle  des  ersten  Bezuges  der 
Typhiuskeime  zu  ermitteln.  Die  sonst  in  der  Stadt  um  jene  Zeit 
vorgekommenen  Typhuserkrankungen  werden  auf  Milchconsum  von 
herumziehenden  Milchverkäufem  zurückgeführt,  die  von  dem  einen  der 
drei  inficirten  Geschäfte  ihre  Waare  bezogen  hatten. 

Eug.  Fraenkel  und  Kister,  Ueber  Typhusbacillen  in     Typhus- 
Buttermilch   (Münch.   med.   Wochenschr.  Nr.  7).     Dass   Typhus- „^*°'^^^^^'! 

^      .  ,  /  j^r  Buttermiloh, 

bacillen  längere  Zeit  sich  in  Milch  halten  und  vermehren  können,  e.  Fraenkel  u. 
war  bekannt.  Die  Autoren  mussten  bei  einer  Tjrphusepidemie  als  Kister. 
Vermittlerin  eines  Theiles  der  Fälle  Buttermilch  ansehen.  Die  Ex- 
perimente ergaben,  dass  die  Typhuserreger  selbst  in  kleiner  Zahl 
sich  mindestens  48  Stimden  in  der  Buttermilch  zu  halten  vermögen; 
länger  wird  diese  Milch  nicht  aufgehoben,  deshalb  hatten  weiter- 
gehende Versuche  keinen  Zweck.  Es  ist  also  bezüglich  der  Typhus- 
ätiologie  auch  die  Buttermilch  als  Vehikel  für  die  Keime  zu  be- 
trachten. 

Charles  Porter  (The  influence  for  evil  of  the  Midden-  Typhus- 
privy  in  the  dissemination  of  typhoid  fever.  Lancetv«^^'^®^*"'*^' 
S.  1120)  fand,  dass  in  Stockport  die  Häuser,  welche  Gruben  be- 
sitzen, erheblich,  fast  3mal  häufiger  FäUe  von  Typhus  haben,  als 
solche  mit  Wasserciosets.  (Das  Factum  als  solches  soU  nicht  be- 
stritten werden,  ob  aber  die  Gruben  die  Veranlassung  sind  oder  die 
neben  denselben  bestehenden'  übrigen  hygienischen  Verhältnisse, 
dürfte  eine  offene  Frage  sein.     Ref.) 

J.  Robertson  (Soil  as  a  factor  in  the   spread  of  cer-    Boden  als 
tain  diseases.    Brit.  med.  Joum.  Aug.  13,  S.  421)  hat  für  25  Jahre  Krankheits- 

vefbreitier 

die  Typhuserkrankungen,   in  je  Öjährige  Perioden  getrennt,   in  be-     Robertson.' 
sondere  Karten  von  England  und  Wales  eingetragen  und  findet,  dass 
die  stärker  befallenen  Bezirke  immer  dieselben  sind.     10 ^/o  der  Er- 
krankungen fübrt  Robertson  auf  directe  Infection  vom  Kranken 
auf  sein  Pflegepersonal  zurück.    Die  Verbreitung  der  Tj^huserreger 

durch   Milch  und  Wasser   erkennt  Verf.  wohl  an,   aber   er   glaubt 
Jahrbuch  der  practischen  Medidn.    1899.  43 


i 


754 


Gärtner. 


nicht,  dass  sie  10°/o  übersteigen.  Ueber  80**/o  der  Erkrankungen- 
will  der  Autor  auf  den  Boden  zurückführen.  Die  Typhusbacillen 
sollen  sich  dort  besonders  an  den  schmutzigen  Stellen,  wo  sie  also 
viel  Nährstoff  zugefiihrt  erhalten,  über  Jahr  und  Tag  halten.  Be- 
wachsener Boden  ist  ein  schlechter  Verbreiter  der  Bacillen.  Auch 
sollen  sie  mit  dem  Staub  durch  die  Wohnung  verbreitet  werden  und 
auf  Speise  und  Trank  sich  niederlassen,  womit  eine  weitere  Infections- 
möglichkeit  gegeben  sei.  (Die  Ansichten  des  Autors  dürften  nicht 
ungetheilten  Beifall  finden ,  aber  sie  mahnen ,  der  Frage  der  Aetio- 
logie  des  Typhus  erneut  nahe  zu  treten.    Ref.) 


Diphtherie 

in  einer 

Schule, 

Wesbrook, 

Daniel, 

Wilson, 

Adair. 


d.  Diphtherie. 

F.  F.  Wesbrook,  Mc  Daniel,  Wilson  and  Adair,  A  pre- 
liminary  communication  on  bacillus  diphtheriae  and 
its  variants  in  a  school,  in  which  diphtheria  was  en- 
de mic  (Brit.  med.  Joum.,  16.  April).  In  einem  grossen,  sehr  gut 
gehaltenen  und  gut  gelegenen  Internat  starb  seit  seiner  Einrichtung 
die  Diphtherie  nicht  aus.  Die  absolut  negative  Untersuchung  von 
Kanalisation,  Wasser-  und  Milchversorgung  u.  s.  w.  führte  endlich 
dazu,  den  Rachen  der  Kinder  zu  untersuchen,  wo  dann  virulente 
DiphtheriebaciUen  gefunden  wurden.  Um  die  throat-to-throat  trans- 
mission  (die  Uebertragung  von  Rachen  zu  Rachen)  zu  verhindern, 
wurden  die  Kinder,  bei  denen  man  Diphtherie  gefunden  hatte,  isolirt, 
und  zwar  so  lange,  bis  die  nach  14  Tagen  wiederholte  Untersuchung 
2mal  keine  Bacillen  mehr  ergab.  Die  Autoren  verlangen,  dass  der 
Rachen  von  Personen,  welche  in  Contact  mit  diphtherischen  Patienten 
gekommen  sind,  auf  Bacillen  untersucht  werde  und  dass,  wenn  solche 
gefunden  werden,  die  Personen  so  lange  in  Quarantäne  verbleiben, 
bis  die  Bacillen  verschwunden  sind.  Das  Verschwinden  ist  nur  dann 
anzunehmen,  wenn  zwei  auf  einander  folgende  Untersuchungen  negativ 
ausfallen.  Diphtherische  Patienten  und  besonders  Reconvalescenten 
sollen,  wenn  irgend  möglich,  jeder  fiir  sich  in  einem  Isolirzimmer 
gehalten  werden.  (Es  zeigt  sich  immer  mehr,  dass  für  eine  erfolg- 
reiche Prophylaxe  der  Diphtherie  die  bacteriologische  Untersuchung 
der  Rachenorgane  der  Umgebung  erforderlich  ist.    Ref.) 

F.  A.  Dixey  (Diphtheria  in  London.  Brit.  med.  Joum.. 
3.  Sept.,  S.  611)  weist  nach,  dass  in  London  die  Zahl  der  Diphtherie- 
fälle inuner  noch  hoch  ist,  trotzdem  sie  nach  einem  stärkeren  An- 
stieg im  Jahre  1896  zu   sinken  beginnt.     Die  meisten  Diphtherie- 


OefFentliches  Gesundheitswesen.  755 

feile  kommen  im  Herbst  vor.  In  ganz  deutlicher  Weise  erscheint  der  Diphtheria 
Verlauf  der  Diphtheriekurve  eingeschnitten  zur  Zeit  der  Schulferien;  ^^  London, 
diese  Erscheinimg  ist  ganz  regelmässig  und  macht  sich  sowohl  in 
den  Winter-  als  Sommerferien  geltend;  es  ist  nicht  daran  zu  zwei- 
feln, dass  der  Schulschluss  dieses  Absinken  der  Erkrankungen  be- 
wirkt. Die  Mortalität  hat  seit  Einführung  des  Heilserums  ganz 
wesentlich  abgenommen.  Dabei  ist  die  Zahl  der  Meldungen  die 
gleiche  geblieben,  jedenfalls  ist  sie  nicht  gestiegen.  Dixey  fühit 
die  verminderte  Sterblichkeit  auf  die  Behandlung  mit  dem  Antitoxin 
als  ihre  Ursache  zurück. 

Bezüglich  der  Prophylaxe  der  Diphtherie  ist  nach 
Hagenbach-Burkhardt  (Hagenbach-Burkhardt  und  Albr.  Diphtherie- 
Burkhardt,  Ueber  Diphtherie-Prophylaxe.  Correspondenzblatt  der  P^op^^y^"«. 
Schweizer  Aerzte  Nr.  3)  die  Persistenz  des  Diphtheriebacillus  im  Burkhardt  n. 
erkrankten  Individuum  von  grossem  Belang.  Die  Langlebigkeit  der^^-  Burkhardt. 
pathogenen  Organismen  auf  den  bereits  Genesenen  erklärt  viele  Fälle 
von  Infectionen,  trotzdem  die  gründlichste  Desinfection  nach  der 
Ersterkrankung  vorgenommen  war.  Auch  kommt  bezüglich  der 
Prophylaxe  in  Betracht,  dass  relativ  viele  Personen  völlig  virulente 
Diphtheriebacillen  beherbergen  und  trotzdem  gesund  bleiben.  Schützen 
kann  man  die  disponirten  Personen  durch  die  Injection  von  Immun- 
serum. Die  bis  jetzt  in  den  Krankenhäusern  erzielten  Resultate 
seien  als  gute  zu  bezeichnen.  Der  Schutz  erstrecke  sich  ungefähr 
auf  einen  Monat,  dann  müsse  die  Injection  wiederholt  werden.  Die 
hygienischen  Maassnahmen  wurden  von  Albr.  Burkhardt  be- 
sprochen. Unter  denselben  sei  hervorgehoben,  dass  für  Schüler  und 
Lehrer  eine  Carenzzeit  von  10  Tagen  nach  erfolgter  Genesung  ver- 
langt wird  und  dass  die  Pfleger,  wenn  sie  das  Krankenzimmer 
verlassen  wollen,  die  Oberkleider  abzulegen  und  die  Hände  zu  waschen 
haben.  Den  gesund  gebliebenen  Geschwistern  wird  der  Besuch  von 
Elementarschulen,  Kindergärten,  Kinderheimen,  Spielplätzen  verboten, 
der  Besuch  der  mittleren  und  höheren  Schulen  —  wegen  des  höheren, 
somit  weniger  gefehrdeten  Alters  —  gestattet.  Bezüglich  der  Des- 
infection ist  hervorgehoben,  dass  das  Personal  und  die  Einrichtun- 
gen des  Sanitätsdepartements  jederzeit  unentgeltlich  zur  Verfügung 
stehen. 

e.  Pocken  und  Impfung. 

Urtheil  des  Reichsgerichts  vom  28.  April  1896  (Entsch.  d.  Reichsger. 
Bd.  28,  S.  332.   Beilage  zu  den  Veröffentlichungen  des  Kais.  Gesund- 


756  Gärtner. 

impfliBten  heitsamtes  S.  64).     Die  Angeklagte  A.   hatte  ziu'  Nachschau  nicht 

^"^^   .     ihr  Kind,  sondern  ein  fremdes  gestellt  und  darauf  för  ihr  Kind  einen 
Impfscneine  '  ^ 

sind  keine  Impfschein  erhalten.  Die  Anklage  lautete  auf  Urkundenfälschung, 
öffentlichen  Die  Vorinstanz   hatte   eine  Urkundenfälschung   nicht   angenommen, 

Reichseericht  ^^^  Reichsgericht  weist  die  von  der  Staatsanwaltschaft  eingelegte 
Revision  zurück,  da  die  Impfscheine  und  Listen  nur  den  Zweck 
hätten,  die  Durchführung  des  Impfzwanges  zu  ermöglichen,  sie  seien 
nur  Controllregister  und  nicht  Urkunden.  Auch  dem  Impfarzte  sei 
eine  Befrigniss,  die  Thatsache  einer  mit  Erfolg  stattgehabten  Impfung 
einer  bestimmten  Person  zum  öffentlichen  Glauben,  d.  h.  für  und 
gegen  Jedermann  voll  beweiskräftig  zu  beurkunden,  gesetzlich  nicht 
verliehen. 

Impf-  Carter  (Vaccination  rashes.    The  Lancet,  20.  Aug.)  theilt 

^^^CMte  *  ^®  ^^^  ^®  Vaccination  folgenden  Ausschläge  ein  in  solche,  die  nur 
der  Uebertragung  der  Vaccine  zuzuschreiben  sind,  und  solche,  wo 
zum  Vaccinevirus  noch  ein  anderes  Virus  hinzutritt.  Zu  den  ersteren 
rechnet  er  die  secundären  Vaccinepusteln ,  die  Urticaria,  das  Ery- 
thema  multiforme,  welches  so  selten  ist,  dass  Carter  selbst  es  nie 
beobachtet  hat.  Auf  die  Resorption  der  Vaccine  können  in  seltenen 
Fällen  auch  morbiUiforme,  scarlatiniforme  und  ähnliche  Erytheme  auf- 
treten, wie  sie  auch  im  Anfangsstadium  der  Pocken  vorkommen: 
anscheinend  ist  eine  besondere  Disposition  hierfür  erforderlich.  Unter 
den  Folgekrankheiten,  bei  denen  noch  ein  besonderes  Virus  hinzu- 
treten müsse,  bespricht  Carter  als  die  häufigste  das  Ekzem;  er 
lässt  jedoch  nur  die  Ekzeme  gelten,  welche  vor  der  definitiven  Hei- 
lung der  Pusteln  auftreten.  Thut  man  das,  so  bleiben  wenig  Ekzeme 
übrig,  die  auf  die  Impfring  zurückzuführen  sind;  es  sei  eine  eigen- 
thümliche  Erscheinung,  dass  nicht  selten  nach  der  Vaccination  ein 
schon  bestehendes  Ekzem  heile.  Betreffs  der  anderen  Krankheiten 
bringt  der  Autor  nichts  Neues;  betreffs  der  congenitalen  Syphilis 
meint  er,  dass  die  Vaccination  möglicherweise  den  Anstoss  gebe  fiir 
das  Hinaustreten  aus  der  Latenz;  die  Uebertragung  von  S3rphilis, 
Lepra  und  Tuberculose  sei  durch  die  animale  Impfung  ausge- 
schlossen. 

Kubier  (Ueber  die  Dauer  der  durch  die  Schutz- 
pockenimpfung bewirkten  Immunität  gegen  Blattern. 
Arbeit,  a.  d.  Kais.  Gesundheitsamt  Bd.  14)  hat  die  vorhandene  Lit- 
teratur  und  Statistik  gründlich  bearbeitet,  um  ein  möglichst  klares 
Bild  über  den  Impfschutz  zu  erhalten.     Er  kommt  zu  ungefähr  fol- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  757 

genden  Schlüssen.     Die  Vaccination   verleiht   gegen  Vaccine    einen    Dauer  der 

vom   11.   Tage    an    reichenden   Schutz,    der    zuweilen   nur  Monate,      Schutz- 
.  °  .  '       pocken- 

meistens  ein  Jahrzehnt  anhält.     Die    schlecht   entwickelten  ßevac-   Immunität, 

cinationspusteln  beweisen,  dass  eine  gewisse  Widerstandsfähigkeit  Kubier, 
trotzdem  bestehen  bleibt.  Auch  das  Ueberstehen  der  Blattern  ge- 
währt keinen  dauernden  Schutz  gegen  die  Vaccine,  wenn  derselbe 
auch  etwas  kräftiger  und  nachhaltiger  ist  als  der  durch  Vaccination 
erzeugte.  Durch  das  Ueberstehen  der  Pocken  wird  meistens  ein 
über  das  ganze  Leben  dauernder  Schutz  gegen  Variola  gewährt; 
tritt  aber  eine  Neuerkrankung  ein,  so  verläuft  sie  mild.  Einen  so 
kräftigen  Variolaschutz  gewährt  die  Vaccination  nur  für  die  ersten 
10  Jahre  nach  der  Impfung,  nach  dieser  Zeit  werden  die  Pocken- 
erkrankungen der  Geimpften  häufiger,  aber  auch  dann  noch  verlaufen 
sie  wesentlich  milder.  In  16  englischen  Städten  starben  in  den 
Jahren  1892 — 1893  von  611  erkrankten  geimpften  Kindern  unter 
10  Jahren  9  (l,5°/o),  von  1B28  Ungeimpften  557  (36,5''/o).  Im  Alter 
über  10  Jahren  starben  von  9598  Geimpften  463  (4,7°/o),  von  1047 
Ungeimpften  351  (33,7 *^/o).  Man  kann  sagen,  Pockentodesfalle  sind 
in  den  ersten  10 — 20  Jahren  nach  der  Impfung  Ausnahmen. 

L.  Voigt  (Impfschutz  und  Variolavaccine.     Deutsche  Impfschutz 
med.  Wochenschr.  Nr.  32)  fand,  dass  Kinder,  welche  in  den  Jahren  «nd  Variola- 

V  ft  0  c  i  U  6 

1870/71  die  Blattern  überstanden  hatten,  nach  7  Jahren  schon  wieder        y^j^   ' 

zu  50®/o,  nach  12  Jahren  zu  75®/o  für  die  Vaccine  empfanglich  waren. 

Seit  den  in  Hamburg  vorkommenden  PockenfaUen  impfte  Voigt  auf 

ein  Kalb  über;  1882  wurde  diese  Variolavaccine  zum  ersten  Mal  zur 

Impfung  in  grossem  Maassstabe  benutzt,  und  es  zeigte  sich,  dass  bei 

den  mit   dieser  Lymphe   geimpften   Kindern  die  Re vaccination  um 

20 — 30®/o  weniger  Personalerfolge  hatte. 

Charles  Dingle,  A  short  account  of  the  Middl|eb'orough  Pocken- 
small-pox  epidemy  1897;98  (Lancet,  23.  April).  England  ist  ^^^f^®^*^' 
zur  Zeit  das  Land  der  Pockenepidemieen ;  dort  hat  man  anscheinend 
am  wenigsten  von  Jenner  gelernt.  Vom  22.  November  1897  bis 
31.  März  1898  erkrankten  in  Middleborough  1200  Personen  an  Variola, 
davon  waren  Geimpfte  1028  mit  87  Todesfällen  (8,40»,  Ungeimpfte 
172  mit  79  Todesfällen  (45,93°/o).  Die  ErkrankungszüFer  der  Vac- 
cinirten  und  die  Mortalität  steigt  proportional  mit  der  seit  der 
Impfung  verflossenen  Zeit.  Der  Nutzen  der  Impfung  ist  hiemach 
auf  der  Hand  liegend.  Es  darf  aber  nicht  übersehen  werden,  dass 
trotz  der  Impfung,  welche  beim  Andringen  der  Seuche  stattgefunden 


758  ^  GÄrtner. 

hatte,  24  Personen  2 — 14  Tage  nach  der  erfolgreichen  Impfnng 
erkrankten,  ebenso  war  in  44  Fällen  ein  Impfschutz  bis  14  Tage  nach 
der  Revaccination  nicht  vorhanden,  in  ganz  wenigen  Fällen  traten 
Pocken  auf  bis  4  Wochen  nach  der  Impfung.  Der  Seuche  wurde 
dadurch  Einhalt  geboten,  dass  fast  alle  Kranke  in  das  Pockenhospital 
kamen,  dass  an  5  Stellen  der  Stadt  Bureaus  mit  unentgeltlicher 
Impfung  eingerichtet  wurden  und  dass,  als  der  Zudrang  zu  den 
öffentlichen  Impfterminen  aufhörte,  die  Impfarzte  in  jedes  Haus 
gingen  und  unentgeltliche  Impfung  anboten. 

Thier-  L.  Stumpf,'  Ueber  Züchtung  von  Thierlymphe  (Münch. 

^«^^^f'      nied.  Wochenschr.  Nr.  5).    Der  bekannte  Vorsteher  des  Münchener 

otuinpf. 

Impfinstitutes  theilt  mit,  dass  die  vielen  Fehlerfolge,  die  er  mit 
Lymphe  verschiedener  Art  im  verflossenen  Jahre  hatte,  zurückzu- 
fuhren seien  auf  das  zu  junge  Kälbermaterial,  welches  ihrn  zur  Ver- 
fügung stand;  ältere  Thiere  seien  für  die  Pustelerzeugung  und  Er- 
haltung der  Virulenz  günstiger.  Der  Keimgehalt  der  Lymphe  sei 
möglichst  gering  zu  halten  bezw.  herzustellen  und  zu  halten,  denn 
wenn  auch  beim  Fehlen  der  Bacterien  in  der  Lymphe  die  entzünd- 
liche Reaction  um  die  Pustel  infolge  Eindringens  des  Vaccinevirus 
entstehe,  so  sei  doch  Vorsicht  anzurathen.  Ausser  dem  Sedimentiren 
und  Centrifiigiren  entferne  der  Zusatz  von  Glycerin  etwa  vorhandene 
Bacterien. 

impftechnik,  Weichardt,  Zur  Impftechnik  (Zeitschr.  f.  Medicinalbeamte 
Weichar  t.  -jq-^.  g^  jy^^  durch  seine  Nickelimpf spatel  bekannte  Autor  empfiehlt 
als  Lymphrecipienten  einen  vernickelten  Metallblock,  in  welchen  eine 
keilförmige  Vertiefung  mit  Millimetereintheilung  eingeschnitten  ist. 
Je  nach  der  Entfernung  von  der  Spitze  soU  man  beim  Eintauchen 
des  Impfspatels  eine  mehr  oder  minder  grosse,  von  1 — 5  mg  schwan- 
kende Lymphmenge  erhalten.  (Verfertiger:  0.  Seytfart  in  Alten- 
burg.) 

Bacterien  Deelemann  (Ueber  den  Bacteriengehalt  derSchutz- 

!5  y"^  '  pockenlymphe.  Arbeit,  a.  d.  Kais.  Gesundheitsamt)  untersuchte 
Lymphen  von  allen  nichtpreussischen  Impfanstalten;  er  fand  im 
Cubikcentimeter  zwischen  1550  und  8^«  Millionen  Bacterien.  Unter 
ihnen  waren  einige  für  Mäuse  und  Kaninchen  virulente,  dem  Bact. 
coli  ähnliche  Stäbchen.  Die  gelben  und  weissen  Staphylokokken  er- 
wiesen sich  als  sehr  schwach  virulent,  denn  es  gelang  nicht,  durch 
subcutane  Einführung  von  1  Oese  Beincultur  Mäuse  oder  Kaninchen 
zu  tödten.    Bei  der  Kinderimpfung  zeigte  sich  nie,  dass  aUe  Lym- 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  759 

phen  guten  Impferfolg  brachten,  dagegen  trat  eine  gesundheitliche 
Schädigung  auch  bei  den  Lymphen  nicht  ein,  welche  erwiesener- 
maassen  thierpathogene  Keime  enthielten,  ein  erneuter  Beweis  dafür, 
dass  von  Pathogenität  bei  Thieren  nicht  ohne  weiteres  auf  Patho- 
genität beim  Menschen  gefolgert  werden  darf.  Die  Anzahl  der  Keime 
nahm  mit  dem  Alter  der  Lymphe  und  mit  dem  Glyceringehalt  ab. 
Deelemann  empfiehlt  Thierl3anphe  zu  verwenden,  welche  mit 
ca.  60°/o  Glycerin  versetzt  und  2 — 5  Monate  alt  ist.  Von  Dr.  Paul 
in  Wien  wurde  eine  Lymphe  eingesandt,  die  vollvirulent,  aber 
beinahe  bacterienfrei  war,  sie  enthielt  in  1  ccm  nur  43 — 104  Bac- 
terien  und  war  auf  Kälbern  unter  einem  Deckverband  gezüchtet. 

f.  Trachom. 

Jul.  Hoppe  (Die  Trachomepidemie  und  ihre  Be-  Traohom- 
kämpfung  im  Regierungsbezirk  Gumbinnen.  Klin.  Jahr-  öpi*«™*« 
buch  Bd.  7)  ist  auf  Veranlassung  der  Regierung  1  Jahr  im  Bezirk  Bekämpfung 
Gumbinnen  gewesen  zum  Studium  und  zur  Bekämpfung  der  Granu-  Hoppe, 
lose.  Hoppe  ist  anscheinend  Dualist,  aber  auch  der  Unitarier  findet 
völlig  Berücksichtigung.  Als  Eintheilung  dienen  Hoppe  die  Directiven 
V.  Hippel's.  Die  stärkste  Verbreitung  der  verschiedenen  Bindehaut- 
entzündungen ist  in  Masuren  49  ^/o  und  in  Litauen  28®/o.  Mit  der 
grösseren  Wohlhabenheit  ist  regelmässig  geringeres  Erkranktsein 
verbunden,  und  die  Zahl  der  Augenkranken  nimmt  mit  dem  Lebens- 
alter zu.  FoUikelbildung  von  nicht  ausgesprochen  trachomatösem 
Charakter  auf  gesunder  oder  massig  entzündeter  Conjunctiva  ist  die 
häufigste  AugenafPection,  das  eigentliche  Trachom  fand  sich  in  Litauen 
überhaupt  zu  22,9,  in  Masuren  zu  32,2  °/o  von  sämmtlichen  Binde- 
hautentzündungen ;  femer  gibt  Hoppe  die  Zahl  der  Trachomatösen 
bei  800000  Einwohnern  auf  4000  an.  Der  Weg  der  Trachomver- 
breitung ist  in  erster  Linie  die  Familie.  Die  Schule  hat  auch  einen 
Antheil,  aber  derselbe  ist  bei  den  Volksschulen  nicht  bedeutend,  bei 
den  höheren  Schulen  ungefähr  gleich  Null;  an  dritter  Stelle  steht 
der  Verkehr  von  Ort  zu  Ort,  und  darin  ist  die  Gefahr  für  den 
Westen  begründet.  Die  Prophylaxe  liegt  in  erster  Linie  in  der 
besseren  Ausgestaltung  der  socialen  Verhältnisse.  Ausreichende 
Geldmittel,  besondere  Aerzte,  Unterstützung  der  Aerzte  durch  die 
Lehrer  bis  zu  einem  gewissen  Grade,  zahlreiches  Pflegepersonal, 
Ambulatorien,  periodische  Untersuchung  der  Schüler  und  klinische 
Behandlung.  Dieser  Theil  der  Arbeit  enthält  so  vieles  Wichtige, 
dass  derselbe  im  Original  eingesehen  werden  muss. 


760  Gärtner. 


g.  Thierkrankheiten. 

PestBchntz,  Dieudonn^,  Ueber  die  Resultate  der  Yersin^schen 

Dieudonnö.  ^j^^j  Haff kine'schen  Immunisirungs-  und  Heilungsver- 
suche bei  Pest  (Münch.  med.  Wochenschr.  Nr.  36).  Yersin  hat 
zuerst  ein  Pestserum  aus  Pferden  gewonnen,  die  steigende  Dosen 
virulenter  Cultur  erhalten  hatten.  Die  Heilresultate  bei  früh  an- 
gewendetem Serum  waren  günstige,  schwankend  nach  der  Stärke 
des  Serums  zwischen  93  und  60°/o,  während  unbehandelt  nur  10  bis 
20®/o  genasen.  Das  Serum  soll  in  erster  Linie  antitoxisch  wirken, 
und  das  durch  Behandlung  der  Thiere  mit  lebenden  Bacillen  erzeuge 
Serum  soll  erheblich  kräftiger  sein  als  das  nur  durch  Immoni- 
sirung  mit  todten  Bacillen  gewonnene.  Die  Haffkine'sche  Lnpfdng 
ist  entgegen  der  eben  erwähnten  secundären  oder  passiven  Immun i- 
sirung  eine  primäre  oder  active.  Haffkine  injicirt  2,5 — 3,0  ccm 
einer  durch  Erhitzen  auf  70®  abgetödteten  Bouilloncultur ,  der  nach 
8 — 10  Tagen  eine  zweite  Injection  folgen  soll.  Euer  ist  von  einer 
Heilwirkung  nicht  die  Rede,  aber  auch  die  Vorbeugung  scheint  nicht 
übermässig  stark  zu  sein.  Denn  sie  soll  weniger  das  Auftreten  der 
Krankheit  als  vielmehr  ihre  Bösartigkeit  günstig  beeinflussen.  Sie 
eignet  sich  zum  Schutze  von  Aerzten,  Wärtern  und  kleineren  Be- 
völkerungsgruppen. 

Sero-  Bourges  und  M6ry(Surles6rodiagnostic  de  la  morve. 

i*f  D°A  j     Semaine  m6d.  S.  60)  haben  Meerschweinchen  mit  Rotz  inficirt.     Das 
oei  KOtz,  ' 

Bourges  u.  Blut  derselben  zeigte  am  9.  Tage  agglutinirende  Eigenschaften;  aller- 
M6ry.  dings  nicht  in  vollkommener  Weise,  indem  nämlich  nur  kleine 
Häufchen  von  3 — 8  Bacillen  sich  bilden,  zwischen  welchen  noch  viele 
vereinzelte  Bacülen  frei  umherschwimmen.  Trotzdem  ist  das  Phä- 
nomen scharf  und  kann  zur  SichersteUung  der  Diagnose  dienen.  Bei 
Pferden  dürfte  allerdings  die  Malleinprobe  vorzuziehen  sein,  um  so 
mehr,  als  das  Pferdeblutserum  an  sich  schon  eine  ziemlich  stark 
agglutinirende  Eigenschaft  bezüglich  der  Rotzbacillen  besitzt. 

11.  KrankenliaiiSy  Krankentransport,  Militürliygiene. 

Dietrich,  Krankenpflege  im  Ehrenamt  (Deutsche  med. 
Wochenschr.  Nr.  1).  Zur  Zeit  sind  in  Deutschland  gegen  14000  Dia- 
konissen, ITOODiakone,  17500  katholische  Krankenpflegeschwestem, 
sowie  676  Schwestern  der  Johanniter  und  850  Schwestern  vom  rothen 
Ejreuz.    Aber  diese  genügen  immer  noch  nicht;   zudem  wollen  sich 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  761 

manche  Pflegerinnen  nicht  in  die  geschlossene  Form  der  Mutterhaus-  Krank en- 
genossenschaften  einpferchen  lassen,  daher  ist  ein  Verein  gegründet  |J^®^®  *™ 
zur  Sicherstellung  von  Dienstleistungen  der  evangelischen  Diakonie  Dietrich, 
(eingetragene  Genossenschaft  mit  beschränkter  Haftung),  der  in 
3  Jahren  bereits  300  nach  den  verschiedensten  Dichtungen  hin  gut 
ausgebildete  Pflegerinnen  hinausgesendet  hat.  —  Physikus  Henigen 
in  Siegen  nahm  Frauen  und  Mädchen  auf  V«  Jahr  in  das  Siegener 
Krankenhaus  auf,  schickte  sie  auf  V«  Jahr  in  das  Augustahospital 
und  entliess  sie  dann  als  Pflegerinnen  in  ihre  heimathlicbe  Ge- 
meinde; der  Anschluss  erfolgt  an  die  Frauenvereine,  die  Besoldung, 
ca.  400  Mark  jährlich,  geschieht  durch,  die  Gemeinde  oder  den  Kreis. 
In  Posen  hat  man  auch.  Gemeindeschwestern  eingeführt,  diesen  aber 
das  Recht  gegeben,  sich  „ehrenamtliche"  Gehülfinnen  anzulernen 
imd  in  der  Pflege  zu  verwenden.  Dietrich  ist  gegen  diese  Ein- 
richtung, da  sie  ein  nicht  voll  durchgebildetes  Personal  zulasse,  also 
eine  Dilettantenwirthschaft  einreisse,  den  Berufskrankenpflegerinnen 
eine  nicht  nothwendige  Concurrenz  geschaffen  werde  und  die  Hülfe 
nicht  zuverlässig  sei,  da  die  ehrenamtliche  Pflegerin  letzteres  doch 
nur  so  weit  sei,  als  ihre  Zeit,  ihre  übrigen  Berufspflichten  und  ihr 
guter  Wille  das  zulassen. 

P.    Jacobsohn    (Berufsmässige    und    nichtberufs-      Berufs- 

massige  Krankenpflege.     Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  8)     »assige 
.  »,  und  nicht 

schliesst  sich  den  Ausfuhrungen  Dietriches  betreffs  der  „ehren-      berufs- 
amtlichen" Pflegerinnen  voll  an.   Er  plaidirt  aber  dafür,  da  die  Ge-     massige 
meindepflegerinnen  unmöglich  allen  Dienst  leisten  könnten,  für  viele      J^neee" 
Familien  sie  auch  zu  theuer  wären,  den  weiblichen  Mitgliedern  der     Jacobsoim. 
weniger   gut   situirten  Classen   durch.  Aerzte  Unterweisung  in  der 
Familienkrankenpflege  geben  zu  lassen  und  so  für  den  eigenen  Be- 
darf Pflegerinnen  zu  schaffen ,   die  zwar  nicht  tadellos  seien ,  aber 
doch  mehr  leisteten,  als  jetzt  durch  die  ganz  ungeübten  Hände  der 
Familienangehörigen  geleistet  wird. 

George    Meyer    (Gesundheitspflege    und    Kranken-    Londoner 
pflege  in  London.    Deutsche  med.  Wochenschr.  Nr.  16,  17,  18) ^^^Z^'^«^*^ 

r         o  .  pflege  und 

bespricht  einen  grossen  Theil  des  Londoner  Krankenhausbetriebes.     Kranken- 
Aus   der  Masse  des  Gebotenen  ragt  vor  allem  und  immer  wieder      p'iege, 
heraus,  dass  in  England  bezw.  in  London  viel  Geld  für  humanitäre 
Zwecke  vorhanden  und  verfiiglich  ist.    Dadurch  gelingt  es  natürlich 
leichter,  Gutes  und  Grosses  zu  schaffen.     Die  Erziehung  der  Pflege- 
rinnen dauert  4  Jahre,  ihr  Dienst  ist  nicht  leicht,  aber  werden  sie 


762  Gärtner. 

alt  und  gebrechlich,  dann  sind  reichliche  Fonds  da,  ihnen  ein  gutes 
Otium  cum  dignitate  zu  gewährleisten.  Für  die  erste  Hülfe  sind  in 
London  eine  sehr  grosse  Anzahl  Aerzte  thätig  (auf  je  750  Einwohner 
kommt  ein  Arzt),  als  Eettungsstationen  werden  hauptsächlich  die 
durch  ganz  London  vertheilten  Hospitäler  benutzt.  London  zeichnet 
sich  aus  durch  den  grossen  Reichthum  an  Specialhospitälem,  z.  B. 
für  Augen-,  Ohren-,  Kehlkopf-,  Lungen-,  Haut-,  Krebs-,  Beinkranke 
u.  s.  w.  Die  „Fieberspitäler"  nehmen  die  Lifectiösen  auf;  besondere 
Wagen  vermitteln  auf  telephonischen  Anruf  den  Transport  unent- 
geltlich; nach  jeder  Benutzung  werden  die  Wagen  desinficirt.  In 
den  Fieberhospitälem  sind  besondere  Eingänge  und  Verkehrsbahnen 
für  die  Lificirten  und  Nichtinficirten. 

Lungen-  H.  Schaper,  lieber  die  Nothwendigkeit  der  Einrich- 

kran  en-     ^^jjg    besonderer   Abtheilungen   für   Lungenkranke    in 
haaser,  ®  . 

Schaper.      grösseren  Krankenhäusern   (Berl.   klin.  Wochenschr.  Nr.  8). 

Der  Director  der  Charite  in  Berlin  stellt  fest,  dass  gegen  17,B**'o  der 
innerlich  Kranken  der  Charit^  tuberculös  sind;  ähnliche  Procent- 
zahlen ergeben  sich  in  anderen  Krankenhäusern.  Schaper  sagt, 
etwa  die  Hälfte  der  Kranken  müsse  in  besonderen,  zweckentsprechenden 
Isolirzimmem  des  klinischen  Hauptgebäudes  untergebracht  werden, 
nämlich  die  in  hoffnungslosem  Zustande  Eingebrachten,  solche  mit 
stark  fotidem  Auswurf,  die  zunächst  in  Beobachtung  zu  nehmenden 
zweifelhaften  Fälle  u.  s.  w. ;  für  die  grössere  Hälfte  aber  solle  ein 
Krankenhaus-Sanatorium  im  Charit^gebiet  errichtet  werden,  ein  zwei- 
stöckiges Gebäude  mit  einer  grösseren  Zahl  kleinerer  Krankenzimmer 
und  einigen  kleinen  Sälen.  Liegen  viele  Kranke  zusammen,  so  stören 
sie  sich  gegenseitig  die  Nachtruhe  in  erheblicher  Weise  durch  den 
Husten;  der  nach  Nordost  gerichtete  Corridor  soll  als  Wandelbahn 
ausgebildet  werden,  mit  Vorbauten,  die  als  Speisezimmer  dienen, 
an  der  südwestlichen  Front  sind  8  m  breite,  geräumige  Liegehallen 
gedacht. 

Anstalt  für  Alt,  Allgemeines  Bauprogramm  zur  Errichtung  einer 

Epiieptiacbe^j^g^^l^  für  Epileptische  und  Geisteskranke  (Monatsschr. 
und  OeisteB-  r        r 

kranke,      ^-  Psych,  u.  Neurol.  Sonderabdruck).   Der  bekannte  Director  der  Epi- 

^t-  leptikeranstalt  Uchtspringe  verlangt  für  eine  Anstalt  von  800  Epi- 

leptikern (einschliesslich  etwa  IBO  Irren),  darunter  etwa  100  Kinder 
und  100  Pensionäre,  zunächst  eine  klinische  AbtheUung  (für  etwa 
150  Kranke)  mit  je  einer  Aufnahmebaracke  für  25  Männer  und  Frauen, 
]e  einer  Reconvalescentenvilla  fiir  je  40  Kranke,  je  einer  Isolir-  und 


Oeffentliches  Gesundheitswesen.  763 

Infectionsbaracke  für  die  beiden  Geschlechter  und  einem  Lazareth  fiir 
je  10  Männer  und  Frauen.  Die  Fensionärabtheilung  ist  eine  etwas 
besser  ausgestattete  und  eigene  Küche  besitzende  Abtheilung  der 
Männer-  und  Frauencolonie.  Diese  bergen  je  gegen  220  Kranke  in 
6  Villen.  Die  innere  Ausstattung  soll  möglichst  behaglich  sein.  Für  die 
Kinderabtheilung  ist  eine  klinische  Abtheilung,  insbesondere  für  die 
neu  Eingetretenen,  Erfordemiss ;  die  übrigen  Kinder  werden  in  Villen 
untergebracht.  Schulhaus,  T\im-  und  Spielplatz  sind  recht  geräumig 
anzulegen.  Grossen  Werth  legt  Alt  auf  die  Familienpflege:  die 
Reconvalescenten  werden  vor  ihrer  definitiven  Entlassung  bei  den 
ausserhalb  des  Anstaltsterrains  in  kleinen  Gruppen  zusammen- 
wohnenden Wärtern  untergebracht,  wo  sie  mitarbeitende  Familien- 
mitglieder darstellen.  Die  Gebäude  für  Verwaltungs-  und  allgemeine 
Bedürfnisse  sind  die  üblichen. 

K.  Alt,  Zur  Geschichte  des  Pavillonsystems  (Irren-  Pavillon- 
pflege Jahrg.  2,  H.  5).  Pavillons  sind  gewöhnlich  zweistöckige  *^!u*°^' 
Gebäude  für  Kranke  im  Landhausstyl,  während  Baracken  einge- 
schossige Gebäude  darstellen.  Das  decentralisirende  Princip  ist 
schon  uralt.  Gegen  das  Jahr  370  baute  der  Bischof  Basüius  vor 
den  Thoren  von  Cäsarea  eine  ganze  Ej-ankenstadt  mit  getrennten 
Häusern  für  die  verschiedenen  Geschlechter,  die  Aerzte,  Pfleger, 
Handwerker  u.  s.  w.  In  England  wurde  gegen  die  Mitte  des 
vorigen  Jahrhunderts  der  Pavillonbau  ausgeführt,  darauf  1839  in 
Paris  (Lariboisiere).  In  Deutschland  wurde  das  System  durch 
Professor  Reil  1803  für  Irrenanstalten  empfohlen  und  1876  durch 
Professor  Meyer  in  Marburg  a./L.  und  1877  durch  Director 
Köppe-Altscherbitz  für  die  Irrenpflege  durchgeführt. 

Fr.   Jenner,    Die  indirecte  Beleuch/tung  des  Isolir-       isolir- 
zimmers  (Monatsschr.  f.  Psychiatrie  und  Neurologie  S.  248).   I^iObefe^chtune 
bis  jetzt  oft  recht  mangelhafte  Beleuchtung  der  Isolirzimmer  ist  in       Jenner. 
Uchtspringe   —   Anstalt   für  Epileptiker   —   in  der  Weise   durch- 
geführt,  dass  eine  in  weiss  emaillirter  Köhre  steckende  Glühlampe 
sich   in   einem  schmalen  Schacht  oberhalb  der  Thür  befindet.     Das 
Licht   wird  gegen  die  Decke  geworfen,  durch  eine  rauhe  Hartglas- 
scheibe hindurch,   welche  den  Lichtschacht  nach  der  Zelle  hin  ab- 

•  

schliesst.  Die  Lichtquelle  bleibt  dem  Kranken  verborgen ;  die  Decke 
ist  weiss,  die  Wände  sind  recht  hellfarbig  getüncht. 

Paul   Gerhard   (Ueber    Feuer-,    Schutz-    und   Lösch- 
vorrichtungen   in    amerikanischen    Staats-Irrenhospi- 


764 


Gärtner. 


Fenerscbutz-tälern.     Gesundheits-Ingemeur  Nr.   16,   S.  241)    wurde    von   der 
vorrich-     gtaats-Irrenbehörde  des  Staates  New  York  beauftragt,  ein  kurz  ge- 
Hospitäler, fasstes  Regulativ  für  Feuerschutz-  und  Feuerlöscheinrichtungen  der 
Gerhard.      Irrenanstalten  auszuarbeiten,   und  bringt  das  Regulativ  im  Gesund- 
heits-Ingenieur zum  Abdruck.     £s  kann  nicht  unsere  Aufgabe  sein, 
hier  auf  die  Arbeit,  die  sehr  viel  Gutes  enthält,   im  einzelnen  ein- 
zugehen ;  jedoch  seien  Krankenhausleiter,  die  eventuell  ihre  Klientel 
schützen  woUen,  auf  dieselbe  besonders  aufinerksam  gemacht. 

Fortschritte  W.  Croner  (Fortschritte  der  Krankenpflege  in  den 

der  Kranken- j^j^j.^j^   1896  und  1897.    Deutsche   med.  Wochenschr.    Nr.  26 
pflege, 
Croner.       und  27)    zählt  eine  Reihe  Verbesserungen   auf,   von  denen   die   an 

den  Betten  gemachten  die  wichtigsten  sein  dürften.  Für  ärmere 
Verhältnisse  wird  statt  des  Strohsackes  gewaschene  Haferspreu  em- 
pfohlen. In  der  Irrenpflege  hat  sich  bei  unreinlichen  Ej-anken  lang- 
faseriges Moos  gut  bewährt.  Das  verunreinigte  Moos  muss  täglich 
entfernt  werden,  es  kann  gewaschen,  getrocknet  und  wieder  ge- 
braucht werden.  Die  Einrichtungen,  welche  dazu  dienen,  den  Kranken 
im  Bett  zu  heben,  ohne  ihn  aus  seiner  Lage  zu  bringen,  sind  durch 
Zeichnungen  erläutert.'  Femer  werden  noch  Bettschüsseln  be- 
sprochen, dann  folgen  Operationstische  u.  s.  w. 


Kranken- 
trage, 
Nicolai. 


H.  F.  Nicolai,  lieber  die  Construction  einer  Trage, 
welche  das  Anlegen  von  Nothschienen  erspart  (Vortrag 
auf  d.  Moskauer  intemat.  Congress.  Deutsche  militärärztl.  Zeitschr. 
S.  145).  Der  durch  seine  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  des  Kranken- 
transportes bekannte  Verf.  hat  eine  anscheinend  sehr  practische 
Trage  construirt.  Er  geht  aus  von  dem  richtigen  Princip,  dasa  ein 
vollständiges  Ruhen  aller  Muskelgruppen  nicht  bei  horizontaler  Lage, 
sondern  bei  einer  zwischen  Liegen  und  Sitzen  die  Mitte  haltenden  Lage 
möglich  sei.  Man  müsse  deshalb  eine  Trage  schaffen,  welche  fiir  die 
verschiedenen  Verletzungen  eine  verschiedene  Stellung  gestatte.  Das 
erreicht  der  Autor  dadurch,  dass  er  aus  Mannesmannröhren ,  die 
nach  Art  einer  Haarnadel  umgebogen  und  winklig  über  der  Fläche 
eingebogen  sind,  zwei  Tragenhälften  construirt:  die  eine  stellt  mit 
dem  gebogenen  Theil  den  Rückentheil ,  mit  den  freien  Enden  die 
unteren  Tragstangenenden  dar,  die  andere  Hälfte  bildet  mit  dem 
gebogenen  Theil  das  Fussende  und  das  Declive  für  den  Unter- 
und  Oberschenkel,  mit  den  freien  Enden  die  oberen  Tragstangen- 
enden. Die  beiden  Hälften  brauchen  nur  zusammengelegt  und  die 
zwei  unteren  Tragstangenenden  durch  zwei  an   dem  Fusstheil  be- 


OefPentliolies  Gesundheitswesen.  765 

findliche  Oesen  gesteckt  zu  werden,  und  die  Trage  ist  fertig.  Um 
den  Theil  für  die  Oberschenkel  zu  verlängern  oder  zu  verkürzen, 
sind  an  dem  unteren  Theil  der  Trage  vier  verschiedene  Lager- 
zapfen angebracht,  auf  welche  je  nach  Bedarf  der  Rückentheil 
gelegt  wird.  Soll  der  Kranke  mehr  liegen ,  so  werden  die  un- 
teren, soll  er  mehr  sitzen,  die  oberen  Tragstangenenden  hoch  ge- 
stellt. Die  anscheinend  sehr  practische  Trage  kostet  100  Mark  und 
ist  zu  haben  bei  T.  Sahnle,  Berlin  SW.,  Friedrichstrasse  225. 


Lehrbücher  und  Monographieen. 

£.  Aufrecht,  Anleitung  zur  Krankenpflege. 

A.  Baginsky  und  0.  Janke,  Handbuch  der  Schulhygiene.  3.  Aufl.  Bd.  1. 
Stuttgart. 

Bertog,  Brennecke  und  Dietrich,  Beiträge  zu  einer  Reform  der  ge- 
burtshülflichen  Ordnung  im  preussischen  Staate.    Berlin. 

F.  Bros  in,  Ein  Ideal  der  Frauenwelt.  Beiträge  zur  Bekleidungsfrage. 
Dresden. 

H.  Buchner,  Acht  Vorträge  aus  der  GesundheitslAre.    Leipzig. 

Die  Handhabung  der  Gesundheitsgesetze  in  Preussen.  Für  Behörden,  Me- 
dicinalbeamte ,  Aerzte  und  Gewerbetreibende  in  einzelnen  Abhand- 
lungen erläutert.  Herausgegeben  von  Med.-Ass.  Dr.  Spring feld  und 
Reg.-Rath  F.  Sieb  er.    Berlin. 

Bd.  1:  Spring  feld,  Die  Rechte  und  Pflichten  der  Unternehmer 

von   Privatkranken-,    Privatentbindungs-    und    Privatirrenanstalten. 

Bd.  2:   Spring  feld,   Die  Rechte  und  Pflichten  der  Hebammen. 

E.  V.  Esmarch,  Hygienisches  Taschenbuch  für  Medicinal- und  Verwaltungs- 
beamte, Aerzte,  Techniker  und  Schulmänner.    2.  Aufl.    Berlin. 

H.  Eulenberg  und  Th.  Bach,  Schulgesundheitslehre.  Das  Schulhaus 
und  das  ünterrichtswesen  vom  hygienischen  Standpunkte.  2.  Aufl. 
Berlin. 

A.  Gärtner,  Leitfaden  der  Hygiene.  Für  Studirende,  Aerzte,  Architekten, 
Ingenieure  und  Verwaltungsbeamte.    3.  Aufl.    Berlin. 

E.  Hirschberg,   Die   sociale   Lage    der   arbeitenden   Classen   in   Berlin. 

Berlin. 
Ferd.  Hueppe,  Handbuch  der  Hygiene.    Berlin. 
A.  Johne,   Der  Trichinenschauer.    Leitfaden   für   den  Unterricht   in   der 

Trichinenschau  und  für  die  mit  der  Controlle  und  Nachprüfung  der 

Trichinenschauer    beauftragten    Veterinär-    und   Medicinalbeamten. 

6.  Aufl.     Berlin. 

F.  Kemsies,   Arbeitshygiene  der  Schule   auf  Grund   von  Ermüdungsmes- 

sungen.   Berlin. 
K.  Ena u SS,  Die  Stellung  der  Schule  zur  Volksemährung.    Stuttgart. 


766  Gärtner. 

R.  Koch,   Aerztliche  Beobachtungen  in  den  Tropen.    Verhandlungen  der 

Deutschen  Colonialgesellschaft,  Abtheilung  Berlin,  Heft  7.    Berlin. 
Kuthy,  lieber  Lungenheilanstalten.    Wien  und  Leipzig. 
C.  Mez,  Mikroskopische  Wasseranalyse.    Anleitung  zur  Untersuchung  des 

Wassers  mit  besonderer  Berücksichtigung  von  Trink-  und  Abwasser. 

Berlin. 
Mosler,  Zur  Abwehr  ansteckender  Krankheiten.    Zeitgemässe  Rathschläge 

für  Bewohner  und  Besucher  der  Badeorte,  insbesondere  der  Seebäder. 

Greifswald. 

E.  Münsterberg,  Die  Armenpflege.  Einführung  in  die  praktische  Pflege- 

thätigkeit.     Berlin. 

M.  Pistor,  Das  Gesundheitswesen  in  Preussen  nach  deutschem  Reichs-  und 
preussischem  Landrecht.    Bd.  2.    Berlin. 

Fr.  Plehn,  Die  Kamerunküste.  Studien  zur  Klimatologie,  Physiologie  und 
Pathologie  in  den  Tropen.    Berlin. 

W.  Prausnitz,  Grundzüge  der  Hygiene.  Unter  Berücksichtigung  der 
Gesetzgebung  des  Deutschen  Reichs  und  Oesterreichs.    München. 

Th.  Rumpf,  Die  Cholera  indica  und  nostras.  Beilage  zu  den  Jahrbüchern 
der  hamburgischen  Staatskrankenanstalten.    Jena. 

Rapmund  und  Dietrich,  Aerztliche  Rechts-  und  Gesetzeskunde.  Unter 
Mitwirkung  voi#J.  Schwalbe-Berlin.    Bd.  l.    Leipzig. 

Th.  Sommerfeld,  Handbuch  der  Gewerbekrankheiten.    Bd.  1.    Berlin. 

A.  Strümpell,  Ueber  die  Alkoholfrage  vom  ärztlichen  Standpunkt  aus. 
2.  Aufl.    Leipzig. 

A.  Thiele,  Vorbeugungs-  und  Verhaltungsmaassregeln  bei  Diphtheritis  zur 
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J.  L.  W.  Thudichum,  Briefe  über  öffentliche  Gesundheitspflege,  ihre 
bisherigen  Leistungen  und  heutigen  Aufgaben.    Tübingen. 

L.  Wagner,  Unterricht  und  Ermüdung.  Ermüdungsmessungen  an  Schülern 
des  neuen  Gymnasiums  in  Darmstadt.  Sammlung  von  Abhand- 
lungen aus  dem  Gebiete  der  pädagogischen  Psychologie  und  Physio- 
logie.   Bd.  1,  H.  4.    Berlin. 

Th.  WeyTs  Handbuch  der  Hygiene.  Jena.  Lfg.  36:  A.  Weichselbaum, 
Parasitologie. 

A.  T.  Tucker  Wisa,  How  to  avoid  tubercle.    London. 

A.  und  H.  Wolpert,  Die  Luft  und  die  Methoden  der  Hygrometrie.  2.  Band 
der  Theorie  und  Praxis  der  Ventilation  und  Heizung.    Berlin. 

F.  Wolter,  Das  Auftreten  der  Cholera  in  Hamburg  in  dem  Zeitraum  von 

1831 — 1893.    Mit    besonderer   Berücksichtigung    der   Epidemie    des 
Jahres  1892.     München. 
A.  G.  Young,  Notes  on  Desinfectants  and  Desinfection. 


Sachregister. 


A. 


Abdominaltyphos,  8.  a.  Typhus;  Calo- 
mel  bei  275;  Darmtympanie  bei 
275;  Hydrotherapie  des  641;  con- 
tinairliche  Irrigation  bei  275;  Ealt- 
wasserbehandluDg  des  274;  Seriim- 
behandlung  des  275. 

Abnabelnng  413. 

Abort  390 ;  Einleitung  desselben  durch 
Einführung  von  Argentum  nitri- 
cum  398;  künstlicher  398;  Lysol- 
gaze bei  fieberhaftem  890;  Thera- 
pie dess.  390. 

Abortion,  missed  891. 

Abscesse,  periauriculäre  495 ;  Typhus- 
bacillen  in  solchen  272. 

Abwässer,  Desinfectionder712;  Klä- 
rung der  710 ;  Reinigung  der  708, 
709,  710;  Reinigung  der,  nach 
Degener's  Verfahren  709;  Reini- 
gung der,  von  Hannover  712. 

Acardii  34. 

Accessorius,  N.  93. 

Accommodation  des  Auges  457;  er- 
höhte 470. 

Accommodationsanomalieen  des  Au- 
ges 469. 

Accommodationsbreite  469. 

Accumulatoren,  Blei  und  720. 

Acetonurie  bei  Gravidität  240;  und 
Tod  der  Frucht  240. 

Acetylen  718. 

Acidum  arsenicosum  bei  malignen 
Larynxtumoren  537. 

Acne  nach  Jodgebrauch  545. 


Addison*sche  Krankheit',  Aetiolog^e 
ders.  108;  Diagnose  ders.  108;  Stoff- 
wechsel bei  ders.  107. 

Adenoma  malignum  der  Cervix  uteri 
nach  Myomotomie  484. 

Adenosarkome  der  Niere  83. 

Aderhaut,  s.  a.  Ghorioidea;  Sarkom 
der  481. 

Aderlass,  Blutkreislauf  und  310;  bei 
Scharlachnephritis  246,  602;  bei 
Urämie  248. 

Adnexerkrankungen ,  entzündliche 
447 ;  heisse  Ausspülungen  bei  dens. 
447 ;  Belastungslagerung  bei  dens. 
448;  Columnisation  bei  dens.  447. 

Adnexoperation,  Stielversorgung  bei 
445. 

Aerztlicher  Beruf,  Gefahren  dess. 
698. 

Aether,  Einfluss  dess.  auf  die  Wehen 
896,  658. 

Aethermaske  317. 

Aethemarkose,  Affectionen  der  Luft- 
wege nach  318. 

Aetherspray  bei  Neuralgieen  88. 

Aetherische  Oele  663. 

Aethylchloridnarkose  318. 

Aetzmittelträger  nach  Wolff  521. 

Agglutination,  s.  a.  WidaPsche  Re- 
action;  6,  274;  und  Immunität  267; 
des  Koch'schen  Bacillus  161. 

Airol,  Dermatitis  nach  546. 

Ajaccio  617. 

Akinesia  algera  89. 

Aktinomyces,  ihre  ünität  19. 

Aktinomykose  18,  294;  Eucalyptusöl 


768 


Sachregister. 


bei  295;  Jodkali  bei  294;  A.  der 
Lungen  163,  294. 

Aktinomykosepilz  294. 

Albnmen,  s.  a.  Eiweisa;  quantitative 
Bestimmung  dess.  231. 

Albuminurie  durch  Autointoxication 
236;  bei  Diabetes  237,  303;  ohne 
Erkrankung  der  Hamorgane  235; 
— »Hydrämie  undHydropsbeiBrigh- 
tikem  243;  transitorische  236. 

Albumosen,  Nachweis  dors.  231. 

AlbumoBurie  und  Fieber  239;  und 
Enochenleiden  240;  bei  Myxödem 
239. 

Alcaptonurie  240. 

Alexander'sche  Operation,  Zunahme 
der  Hernien  nach  ders.  428;  bei 
Retroflexio  uteri  427. 

Algerien  als  Wintercurort  616. 

Alkalien  bei  Gicht  307. 

Alkohol,  8.  a.  Spiritus;  Athmung  und 
653;  Wirkung  dess.  auf  Bacterien 
2;  Bekämpfung  des  — missbrauchs 
726;  und  Blutalkalescenz  654;  sein 
Werth  als  Desinfectionsmittel  385; 
zur  —frage  726;  beim  Nabelver- 
band der  Neugeborenen  418;  bei 
Otitis  externa  496;  Injection  von 
—  bei  arteriellem  Rankenangiom 
329;  als  Yerbandmittel  327;  und 
Verdauung  653. 

Alkoholintoxication ,  s.  a.  Alkohol- 
missbrauch, Alkoholvergiftung. 

Alkoholismus  132;  und  Epilepsie  97; 
und  Selbstmord  132. 

Alkoholvergiftung,  s.  a.  Alkoholin- 
toxication, Alkoholmissbrauch ;  6e- 
hirncirculation  bei  acuter  —  123. 

Alopecia  areata  551 ;  syphilitica  569. 

Ammoniak  im  Blut  309. 

Ammoniumchlorid  bei  Dysenterie 
288. 

Ammonium  sulfoichthyolicum  bei 
Lungentuberculose  156. 

Amnesie  und  Dämmerzustand  nach 
Himerschüttenmg  65;  mit  Erhal- 
tung des  Zahlengedächtnisses  66; 
nach  Erhängungsversuch  130 

Amöbendysenterie  und  -Enteritis  220. 

Amöbenreincultur  20. 

Amyloid  26. 

Anämie  810;  Centralnervensystem 
bei  acuter  49,  310;  pemiciöse  21, 
311;  pemiciöse,  BothriocephaluB 
bei  ders.  813;  pemiciöse  und  Ma- 
genatrophie 209;    pemiciöse,  Pa- 


thologie ders.  311;  und  Rücken- 
mark 318. 

Anästhesie,  s.  a.  Narkose,  Anästhe- 
sirung;  317;  locale  319. 

Analeptica  665. 

Anatomie,  pathologische  1. 

Aneurysma,  Behandlung  dess.  193; 
der  Carotis  194;  dissecans  195; 
der  Herzklappen  37;  traumaticum 
88. 

Angiom  30. 

Angiomyxom  der  Nase  525. 

Angiosarkom  der  Zunge  528. 

Angiotripsie,  Blutstillung  durch  828. 

Anguillula  intestinalis  20,  221. 

Anüismus  720. 

Ankylose,  wahre,  des  Eiefergelenks 
346. 

Ankylostomum  21;  im  Darm  221. 

Anorexie,  hysterische  583. 

Antinosin  bei  Augenkrankheiten  467. 

Antipyrin,  Exantheme  nach  545 ;  Ver- 
giftung mit  676. 

Antisepsis,  s.  a.  Sterilisation,  Asepsis, 
Desinfection ;  und  Asepsis  328. 

Antiseptica  658 ;  für  Magen  und  Darm 
213;  und  Toxine  658. 

Antistreptokokkenserum  bei  Carbun- 
kein  542;  bei  Erysipel  288;  bei 
Mittelohreiterang  503. 

Antitoxin,  sein  Schicksal  im  Körper  14. 

Anytin  661. 

Anytole  661. 

Aorta,  Embolie  der  —  abdominalis 
195 ;  Obliteration  ders.  an  der  Mün- 
dung des  Ductus  Botalli  182. 

Aortenaneurysma,  traumatisches  704 ; 
Zusammenhang  von  Ruptur  eines 
—  mit  einem  vor  7  Jahren  erlitte- 
nen Unfall  704. 

Aortenbogensklerose,  neues  Symptom 
ders.  193. 

Aorteninsufficienz,  Intervall  zwischen 
Spitzenstoss  und  Radialpuls  bei  187 : 
Verhalten  des  rückläufigen  Blut- 
stroms bei  186. 

Aortitis  tuberculosa  38. 

Aphasie,  amnestische  65;  durch  ur- 
ämischen Anfall  66;  bei  Urämie 
245. 

Apoplexia,  Behandlung  ders.  60; 
uteri  43;  des  linken  Sehhügels  Gl. 

Appendicitis  219,  362;  und  Wander- 
niere 258. 

Arbeiterhygiene  718. 

Arbeiterversicherung  721. 


Sachregister. 


769 


Arbeiterwohlfahrt,  Centralstelle  für 
721. 

Argentamin  als  Prophylacticum  gegen 
Ophthalmia  neonatorum  465. 

Argentum  nitricum,  s.  a.  Höllenstein; 
bei  Erkrankungen  der  unteren  Ham- 
wege  260;  zwecks  Einleitung  des 
Aborts  398. 

Argentum  orthophosphoricum  bei 
Öonorrhoe  564. 

Arsen  in  den  Haaren  541,  684;  Nach- 
weis dess.  683;  Vergiftung  mit  677, 
678. 

Arsenicismus,  Hautveränderungenbei 
541. 

Arsenlähmung  684. 

Arsen  Vergiftung,  Blut  bei  21. 

Arteria  maxillaris  interna,  Verletzun- 
gen der  332. 

Arteria  uterina,  präventive  Unter- 
bindung der  —  bei  Uterusexstir- 
pation  442. 

Arteriitis  192. 

Arteriosklerose  192;  des  Gehirns  56; 
mit  Neurasthenie,  Behandlung  die- 
ser CombinationlOl ;  Retinalhämor- 
rhagie  bei  ders.  56 ;  Röntgenstrah- 
len bei  196. 

Arthritis,  Anfälle  von  —  bei  Migräne 
108. 

Arznei  und  Magen  212,  644. 

Arzneimittellehre  644;  Lehrbücher  der 
680. 

Asepsis,  8.  a.  Desinfection ,  Sterili- 
sation, Antisepsis;  und  Antisepsis 
323;  des  Nahtmaterials  323;  des 
Operationssaals  325 ;  Ursachen  miss- 
lungener  324;  bei  frischen  Wun- 
den 323. 

Associationscentren  von  Flechsig  55 ; 

Asthma  bronchiale,  Atropin  bei  149 ; 
Behandlung  und  Pathogenese  des 
148;Pathologie  undTherapiedesl48. 

Ataxie,  cerebellare  583;  cerebellare 
hereditäre  63. 

Athemübungen  bei  chronischen  Lun- 
genleiden 147. 

Athemzug,  erster,  und  Vagitus  uteri- 
nus  690. 

Athetose  bei  Taenia  saginata  50. 

Athmung  und  Alkohol  653;  physi- 
kalische Functionsprüfung  der  144. 

Athmungsorgane ,    Krankheiten    der 
141 ;  Krankheiten  der  —  und  Bac- 
terien  142;  Krankheiten  der  —  bei 
Kindern  586. 
Jahrbuch  der  practischen  Medicin.    1899. 


Atresia  ani  35. 

Atropin  bei  Asthma  bronchiale  149. 

Auge,  Accommodation  dess.  457;  An- 
ästhesirung  dess.  mit  Holocain  462 ; 
Anatomie  und  Physiologie  dess.  455 ; 
Bestimmung  der  Projection  dess. 
472 ;  Coordinationscentrum  derMus- 
keln  dess  458;  Glaukom  im  linsen- 
losen 482;  Injection  von  Eiterer- 
regem in  die  vordere  Kammer  dess. 
460;  Medicamente  für  das  —  in 
öliger  Lösung  465 ;  Pityriasis  rubra 
pilaris  am  544;  Röntgenstrahlen 
bei  Fremdkörpern  im  460;  Schleich- 
sche  Infiltrationsanästhesie  beiEnu- 
cleation  dess.  461;  offene  Wund- 
behandlung bei  Operationen  am 
461. 

Augenentzündung,  s.  a.  Bindehaut- 
entzündung, Conjunctivitis,  Tra- 
chom, Ophthalmie;  der  Neugebor- 
nen  475. 

Augenerkrankungen  bei  Malaria  488 ; 
und  Nasenaffectionen  486. 

Augenfacialis,  Paralyse  des  70. 

Augengläser,  isometropische  468. 

Augenheilkunde  455 ;  Lehrbücher  und 
Monographieen  488. 

Augenkrisen,  tabische  81. 

Augenmuskellähmung  bei  Nephritis 
487 ;  bei  Otitis  media  purulenta  502. 

Auswurf,  8.  Sputum. 

Autointoxication  als  Ursache  der  Epi- 
lepsie 96. 

Autointoxicationsalbuminurie  236. 

Axenzugzange,  Umwandlung  des  For- 
ceps in  eine  400. 


B. 


Bacillen  (s.  auch  Bacterien),  anaerobe, 
bei  Tympania  uteri  410. 

Bacterien,  ihre  Ausscheidung  durch 
Drüsen  2;  und  Erkrankungen  der 
Athmungsorgane  142;  des  Keuch- 
hustens 15;  ihre  Lebensdauer  bei 
Einwirkung  äusserer  Agentien  2; 
in  normalen  Lungen  2;  Morpho- 
logie der  1;  postmortales  Ein- 
dringen ders.  4;  und  Prima  inten- 
tio  326;  ihre  Uebertragung  durch 
die  Luft  3;  ihre  Uebertragung 
durch  Wanzen  3;  Wirkung  des  Al- 
kohols auf  2;  Wirkung  der  Rönt- 
genstrahlen auf  1. 

49 


770 


Sachregister. 


Bacteriengifte ,  ihre  Wirkupg  vom 
Darmkanal  aus  15. 

Bacteriologie  1. 

Bacteriologische  Untersuchungen  und 
öffentliches  Wohl  747. 

Bäder,  heisse,  bei  Chlorose  811; 
Infectionskrankheiten  in  Bädern 
und  Sommerfrischen  748. 

Balantidium  coli  220. 

Ballondilatation  zwecks  Einleitung 
der  Frühgeburt  398. 

Balneologie  611. 

Balneotherapie,  Diurese  und  623; 
und  Ischias  623;  der  Ereislaufs- 
organe  624;  und  Menstruation  622; 
und  Psoriasis  628. 

Barlow'sche  Krankheit  605. 

Basedow'sche  Krankheit  86 ,  108;  ar- 
tificielle  108 ;  complicirte  Fälle  ders. 
104;  familiäres  Vorkommen  ders. 
108;  Krankheitsbild  ders.  104;  ope- 
rative Behandlung  ders.  105;  pa- 
thologische Anatomie  ders.  108; 
undSchilddrüsentheoriel08 ;  Schild- 
drüsentherapie bei  ders.  106;  Sym- 
pathicotomie  bei  ders.  105;  Ent- 
stehung der  Tachycardie  bei  ders. 
104. 

Basis  cranii,  Labyrinthverletzung  bei 
Fractura  516. 

Bauchdeckenabscess,  Gonokokken  in 
—  nach  Sectio  caesarea  410. 

Bauchfell,  s.  a.  Peritoneum;  seine 
Resistenz  gegen  Infectionen  327; 
Tuberculose  dess.  451. 

Bauchnarbenbrüche  nach  ventraler 
Laparotomie  444. 

Bauchspalte  34. 

Bauchverletzungen,  penetrirende  856. 

Beckeneiterung,  Drainage  durch  einen 
Uteruskatheter  bei  448;  Fisteln 
nach  448;  operative  Behandlung 
der  448. 

Beckenschätzung,  manuelle  397. 

Beckenverletzung  333. 

Beleuchtung  717;  der  Isolirzimmer 
763;  der  Schulzimmer  737. 

Bell'sches  Phänomen  und  Facialis- 
lähmung  90. 

Benzacetin  bei  Migräne  109. 

Bergfieber  und  Typhus  272. 

Ben-Beri  89. 

Bettstoffe,  Wärmeleitung  der  730. 

Bewegungsorgane  44. 

Bewegungstherapie  52. 

Bilharzia  20. 


Bindehautentzündung,  s.  a.  Augen- 
entzündung, Conjunctivitis,  Tra- 
chom, Ophthalmie;  Bacteriologie 
der  acuten  475. 

Bindehautkatarrh  und  Ichthyol  467. 

Bitterwasser,  Fettresorption  und  626 ; 
-Rubinat  626. 

Blase,  8.  a.  Harnblase,  Cystitis;  su- 
prasymphysäre  Transplantation  des 
Penis  und  der  Harnröhre  in  die 
—  372. 

Blasengeschwulst  bei  Eandem  597. 

Blasenlähmung  nach  Diphtherie  268» 

Blasenspasmus  bei  Kindern  597. 

Blasensteine ,  Röntgenstrahlen  bei 
dens.  262. 

Blausäure,  Vergiftung  mit  686. 

Blei  und  Accumulatoren  720. 

Bleispitzengeschosse  882. 

Bleivergiftung  bei  Kachelofenarbei- 
tern 719. 

Blepharochalasis  478. 

Blepharoptose  66. 

Blut,  8.  a.  Blutnachweis,  Blutzellen ; 
21;  Alkalescenzbestimmung  dess. 
808;  sein  Ammoniakgehalt  809; 
antibacterieUe  Wirkung  des  ve- 
nösen —es  267;  bei  Arsenvergif- 
tung 21 ;  Eisen  bestimmung  in  de  ms. 
809;  eosinophile  Zellen  in  dems. 
bei  Trichinose  309;  seine  Kohlen- 
säure und  Alkalescenz  809 ;  Nach- 
weis von  —  im  Harn;  bei  Nephri- 
tis und  Urämie  244;  Pathologie 
dess.  308;  spectraler  — nachweis 
694;  Unterscheidung  von  Thier- 
und  Menschen —  696;  Verände- 
rungen dess.  bei  Typhus  271;  Wir- 
kung von  Extr.  filicis  maris  auf  — 
22. 

Blutalkalescenz  und  Alkohol  654. 

Blutbewegung  in  den  Venen  169. 

Blutgefilsse,  die  sensiblen  Nerven- 
endigungen in  dens.  bei  Säugern 
174. 

Blutgerinnung  22. 

Blutkörperchenzählung ,  Luftdruck 
und  611;  bei  Magenkrebs  210. 

Blutkreislauf  und  Aderlass  310. 

Blutleere,   als  locales  Anästheticum 

320. 
Blutnachweis,  durchFormaldehyd694 ; 

Guajakwasser  -  Superoxyd-Reaction 

beim  forensischen  696. 
Blutplättchen  309. 
Blutstillung  durch  Angiotripsie  828. 


Sachregister. 


Blutstrom,  rückläufiger  bei  Aorten- 
insufficienz  186. 

Blutung  des  Kehlkopfs  538;  aus  ge- 
sunden Nieren  237;  des  Rachens 
530;  traumatische  —  um  und  in 
das  Rückenmark  352;  heisser  Was- 
serdampf bei  —  der  Leber  und 
Niere  367. 

Blutveränderung  im  Gebirge  612; 
durch  thermische  Einflüsse  640. 

Blutzellen  (s.  a.  Blut,  Blutnachweis), 
forensischer  Nachweis  der  —  durch 
Pepsin- Glycerin  695. 

Bocca  d'Amo  619. 

Borsäure,  Zinkoxyd  und,  bei  Oto- 
mykosis  496. 

Bothriocephalus  bei  pemiciöser  An- 
ämie 313. 

Bottini'sche  Operation  bei  Prostata- 
hypertrophie 373. 

Brachialneuralgie  und  Brachialgie 
93. 

Brandwunden,  Pikrinsäure  bei  543. 

Braun'scher  Haken,  Decapitation  mit 
dems.  401. 

Bromacne  544. 

Bromoform,  Vergiftung  mit  675, 
688. 

Bronchien,  Krankheiten  der  147. 

Bronchiolitis,  Schultze'sche  Schwin- 
gungen bei  586. 

Bronchitis,  Aetiologie  der  primären 
croupösen  148 ;  Behandlung  der  148 ; 
fibrinöse  36. 

Bronchoskopie,  directe  522. 

Bruchpforten,  osteoplastischer  Ver- 
schluss grosser  366. 

Brust,  8.  a.  Thorax,  Brustkorb ;  Krank- 
heiten der  350. 

Bruijtfell,  Krankheiten  dess.  164. 

Brustkind,  Stoifwechsel  beim  580. 

Brustkorb,  s.  a.  Thorax,  Brust;  Er- 
schütterungen dess.  in  ihrem  Ein- 
fluss  auf  Lungen-  und  Pleuralge- 
fösse  705. 

Bubonen,  Behandlung  der  566. 

Buchstabenblindheit ,  Wortblindheit 
ohne  66. 

Buckel,  Apparat  zur  Streckung  dess. 
351. 

Butter,  Bacterienbefunde  in  der 
721. 

Buttermilch,  Infection  ders.  durch 
Typhusbacillen  269,  753. 

Buttermilchsuppe  zur  Sänglingser- 
nährung  594. 


C,  s.  auch  K. 

Caissonarbeiter,  Sectionsbefunde  bei 
solchen  704. 

Calomel  bei  Abdominaltyphus  275; 
Injectionen  von  —  bei  Lupus 
558. 

Campher  bei  Influenza  278;  Vergif- 
tung mit  677. 

Canthariden,  Immunität  der  Igel 
gegen  265. 

Carbolgangrän  685. 

Carbolsäure  in  der  Unfallheilkunde 
327 ;  Vergiftung  mit  674 ;  angeb- 
liche Vergiftung  mit  685. 

Carbunkel ,  Antistreptokokkenserum 
beim  542. 

Carcinom,  s.  a.  Krebs;  der  Cervix 
nach  Myomotomie  434;  des  Ei- 
leiters 441 ;  Knochenmark  bei  44 ; 
Knochenmetastase  bei  44 ;  Lymph- 
apparat des  Uterus  und  Beckens 
bei  —  des  Collum  433 ;  endolaryn- 
geale  Operation  des  Kehlkopf — s 
536;  des  Mittelohrs  513;  des  Ohres 
514;  Psychosen  bei  126;  abdomi- 
nale Operation  bei  —  des  Uterus 
436;  am  prolabirten  Uteras  434. 

Cardiaca  665;  bei  Epilepsie  99. 

Carolinenglück,  Katastrophe  auf  der 
Zeche  686. 

Carotis,  Aneurysma  der  194. 

Castration,  ihre  Folgen  beim  Weibe 
44,  438. 

Centralnervensystem,  Alteration  dess. 
bei  Inanition  55;  Alteration  dess. 
bei  Morphiumintoxication  55;  An- 
ämie und  310;  bei  acuter  Anämie 
49;  Fehlen  dess.  35;  Krankheiten 
dess.  54;  Nervenendigung  in  dems. 
54;  seine  Regeneration  27. 

Centralwin düngen,  Markfaserngehalt 
in  dens.  54. 

Centrifugalfilter  234. 

Cerebrospinalmeningitis,  s.  a.  Menin- 
gitis cerebrospinalis. 

Cerebrotomie  bei  nachfolgendem 
Kopf  402. 

Ceruminalpfröpfe,  Erweichung  ders. 
495. 

Cervicalmark.Faserverlauf  der  Hinter- 
wurzeln im  71. 

Cervixcarcinom ,  constante  Wärme 
bei  inoperablem  434. 

Cervixincisionen  bei  Eklampsie  408 

Cheiromegalie  bei  Syringomyelie  77. 


772 


Sachregister. 


Ghelidoniumeztracb ,  Vergiftung  mit 

690.J 
Chemotaxis  10. 
Chinin  bei  Influenza  278. 
Chinoline  bei  Malaria  286. 
Chinolin-Wismuth-Rhodanatöei,  660. 
Chinopyrin  655. 
Chirurgie  317;  üntersuchungsmetho- 

den  in  der  321. 
Chloride,  Rentention  ders.  bei  Urämie 

244. 
Chloroform,  Herzganglien  und  653; 

tödtliche  Nachwirkung  dess.  417; 

Zersetzung  dess.  durch  Graslicht  687. 
Chloroformnarkose  317,  687. 
Chlorom  des  Schläfenbeins  509. 
Chlorose    310;    Hydrotherapie    der 

636;  Therapie  310. 
Cholelithiasis,  s.  a.  GaUenstein  226; 

und   Glykosurie  226;   und  Karls- 
bader Cur  226. 
Cholera    268;     Bildungsstätte     der 

— antitoxine  268;  Prophylaxe  der 

268. 
Choleragift,  Bindung  dess.  5. 
Chondrom  80. 
Chorditis     vocalis     inferior    hyper- 

trophica  533. 
Chorea   113;    Huntington'sche    114; 

—  minor  bei  Fremdkörpern  im  Ohr 

496. 
Chorioepithelioma  malignum  437. 
Chorioidea,  s.  Aderhaut. 
Chorioiditis  exsudativa,  Thiosinamin 

bei  465. 

Chylothorax,  doppelseitiger,  trauma- 
tischer 166. 

Cimicifuga  racemosa  bei  Ohrensausen 

494. 

Circulation,  Wirkung  von  Umschlägen 
auf  Temperatur  und  639. 

Circulationsorgane  37. 

Cirrhose  der  Leber  225. 

Cocain  bei  Diabetes  305;  bei  Rigi- 
dität des  Muttermundes  400. 

Cocainanästhesie ,  regionäre  320; 
Tracheotomie  unter  539. 

Cöcum,  Erkrankungen  dess.  221; 
Tuberculose  dess.  222,  362. 

Coffeon  665. 

Colchicin,  Vergiftung  mit  689. 

Colica  mucosa  224. 

CoUateralkreislauf  22. 

CoUoide,  Diurese  durch  664. 

Collyrien,  ölige  465. 

Colostrum,  seine  Entstehung  44. 


Colpektomie  bei  Greisinnen  419. 

Colporrhaphia  mediana  419. 

Columnisation  bei  entzündlichen 
Adnexerkrankungen  447. 

Coma  diabeticum,  Salzwasserinfusion 
bei  305. 

Conjunctiva,  Mikroorganismen  in  der 
459. 

Conjunctivitis  (s.  a.  Augenentzündung, 
Bindehautentzündung ,  Trachom, 
Ophthalmie),  Antinosin  gegen  467; 
blennorrhoica ,  Protargol  gegen 
466;  blennorrhoica,  subconjuncti- 
vale  Sublim atinjection  bei  462. 

Constitutionskrankheiten  299. 

Conus  terminalis,  Diagnose  der  Affec- 
tionen  dess.  74. 

Coprin  bei  Influenza  277. 

Cornu  cutaneum  548. 

Coronillin  665. 

Cosaprin  655. 

Coxa  vara  374. 

Coxitis  tuberculosa,  Röntgenstrahlen 
bei  322. 

Craniektomie  343. 

Cranioklast,  viertheiliger  401. 

Creeping  disease  553. 

Cuneohysterectomia  vaginalis  427. 

Curettement  des  Uterus  420. 

Curpfuscherei  in  Preussen  699 

Cyankali,  Vergiftung  mit  686. 

Cysten  84;  solitäre,  der  langen 
Röhrenknochen  338. 

Cysticercus  im  dritten  Hirn  Ven- 
trikel 68. 

Cystinurie  251. 

Cystitis,  s.  a.  Blase,  Harnblase. 

Cystitis,  Acidität  des  Harns  bei  261 ; 
Behandlung  259;  chronica  566: 
Orthoform  bei  260;  pseudomem- 
branacea  261;  und  Pyelitis  252: 
Pyoktanin  bei  260 ;  Salosantal  bei 
260;  traumatische  259. 

Cystocele  370,  371;  Behandlung  der 
418. 

Cystopexie  371. 

Cystorrhaphie  371. 

Cystoskopie  234. 

Cystotomia  suprapubica  bei  Prosta- 
tikern 378. 


D. 


Dämmerzustand  mit  Amnesie  nach 
Himerschütterung  65 ;  hysterischer 
701. 


Sachregister. 


773 


Dampfbäder ,  Magensecretion  und 
638. 

Darm  214;  Anchylostomum  im  221; 
Antiseptica  für  den  213;  Functions- 
prüfung  desB.  216;  und  Magen- 
functionen  214. 

Darmatrophie  224. 

Darmausschaltung,  totale,  bei  Koth- 
fistel  363. 

Darmbewegung,  rückläufige  39. 

Darmgeschwüre  bei  Urämie  245. 

Darmkrankheiten ,  Säureintoxication 
bei,  der  Kinder  593. 

DarmknOpfe  328. 

Darmnaht  361. 

Darmruptur  bei  Neugeborenen  691. 

Darmscheidenfistel  nach  Elemmbe- 
handlung  bei  vaginaler  Total- 
exstirpation  442. 

Darmscbirm  828. 

Darmstenose  bei  Hysteria  virilis  228 ; 
infolge  von  Schleimhautgangrän 
363. 

Darmtympanie  bei  Abdominaltyphus 
275. 

Darmwandbrüche  364. 

Decapitation  mit  Braun'schem  Haken 
401. 

Deciduoma  malignum  437. 

Degeneration  26;  amyloide  26. 

Delirien,  toxämische,  bei  Herz- 
kranken 179. 

Dermatitis  nach  Airol  546;  arte 
ficialis  544. 

Dermatomyositis  86. 

Dermatosen,  Berufs —  der  Photo- 
graphen 544;  entzündliche  542; 
Eresamin  bei  560. 

Dermoid  33. 

Dermoidcysten  des  Mediastinum  anti- 
cum  854. 

Desinfection  (s.  a.  Sterilisation,  Anti- 
sep8i8,A8ep8is)durchAlkohol885;de6 
Operationsfeldes  325;  mit  Phenol 
und  Salzen  742;  prophylaktische  — 
der  Ereissenden  386;  Theorie  der 
658;  der  Wohnung  durch  Formal- 
dehyd 741. 

Desinfectionsapparat  Abba-Bastelli 
742. 

Desinfectionsdienst  743. 

Diabetes  insipidus  806;  insipidus, 
bitemporale  Hemianopsie  bei  59; 
mellitus  299;  mellitus,  acuter  808; 
Albuminurie  bei  237;  mellitus, 
Albuminurie    bei    303;    mellitus, 


Cocain  bei  305 ;  mellitus  und  £pi- 
lei)sie  97,  308 ;  mellitus,  Fettleibig- 
keit und  Gicht  301;  mellitus  vom 
gynäkologischen  Standpunkt  416; 
von  Hausgenossen  301;  Hydro- 
therapie des  637;  mellitus  und 
Hypophysis  cerebri  62;  mellitus 
und  Eohlehydrate  304;  mellitus, 
EohlensäureausBcheidung  bei  304 ; 
mellitus,  Lävulose  und  Pentosen 
bei  305;  mellitus,  Pankreasextract 
bei  305;  mellitus  und  Pankreas- 
kolik  302;  und  Psoriasis  302; 
mellitus,  Psychosen  bei  127;  melli- 
tus, Salol  und  Pankreasfunction 
bei  302;  mellitus,  Stoffwechsel  bei 
304 ;  mellitus  und  Syphilis  302 ;  mel- 
litus, Zymase  bei  305. 

Diät  bei  chronischer  Nephritis  248; 
bei  Hyperacidität  des  Magens  211. 

Diätbüchlein  228. 

Diätcuren,  vegetabilische  636. 

Diarrhoe,  Hydrotherapie  der  635. 

Diastatisches  Ferment  bei  Säug- 
lingen 579. 

Diazoreaction  241;  bei  Malaria  286. 

Dickdarmsondirung  216. 

Dickdarm  Verdauung  215. 

Dilatator  pupillae  455. 

Diphtherie  13;  Blasenlähmung  nach 
263;  Diagnose  598;  Immunisirung 
gegen  602;  Lähmung  nach  50,  602; 
in  London  754 ;  Mischinfection  bei 
598;  Prophylaxe  der  755;  und 
Scharlach  14;  in  einer  Schule  754; 
Serumbehandlung  der  600;  £in- 
fluss  des  Status  lymphaticus  auf 
den  Ausgang  der  601. 

Diphtheriebacillen  13;  Gifkwirkung 
der  13;  und  Streptokokken  14; 
verschiedene  Arten  der  14;  Wachs- 
thumsformen  13. 

Diphtherieserum  669;  Nebenwirkung 
des  601;  Peptonurie  nach  602. 

Diplococcus  intracellularis  bei  Menin- 
gitis 16;  bei  Mittelohreiterung 
498. 

Disposition  4. 

Diurese,  Balneotherapie  und  623; 
durch  CoUoide  664. 

Diuretica  und  Glykosurie  300,  664. 

Diuretische  Wirkung  der  Salze  663. 

Doma  Watra  631. 

Drehschwindel,  einseitiger  59. 

Drucksonde  bei  Mittelohraffectionen 
499. 


774 


Sachregister. 


Ductas  Botalli,  Persistenz  des  38, 
183,  184;  lingualis,  Pathologie  des 
528;  omphalo-entericas,  Persistenz 
des  582;  thoracicus,  operative  Ver- 
letzungen des  354;  thoracicus,  Ver- 
letzungen des  —  am  Halse  853. 

Dünndarm,  Hämatom  dess.  224; 
Lymphosarkom  dess.  224;  Reac- 
tion  seines  Inhalts  214;  Resorption 
im  40. 

Dünndarmbewegung  214. 

Duodenalgeschwür,  Behandlung  des 
perforirenden  360. 

Duodenalstenose  durch  Gallenstein 
223. 

Dura  mater,  Teratom  der  33. 

Duralinfusion  59. 

Dysenterie  287 ;  Aetiologie  287 ;  Am- 
moniumchlorid bei  288;  Gelenk- 
affectionen  bei  288;  Höllenstein 
und  Kupfersulfat  bei  288;  Leber- 
abscess  bei  288;  Magnesium sulfat 
bei  288. 

Dysenterieamöben  19,  20. 

Dysmenorrhoe ,  Endometritis  und 
Abrasio  421. 

Dyspepsie,  nervöse  212. 

Dystrophia  muscularis  progressiva 
87. 

Dysurie  262. 


£. 


Echinococcus  der  Beckenknochen  337 ; 
der  Harnblase  263;  der  Lungen 
163;  der  Muskeln  336;  der  Niere 
255;  im  rechten  Ovarium  439;  an 
den  grossen  Schenkelgefässen  337 ; 
und  Syphilis  570;  multilocularis 
der  Wirbelsäule  352. 

Echinokokkotomie  328. 

Eierstock  (s.  a.  Ovarium),  Tubercu- 
lose  dess.  452. 

Eileiter,  s.  a.  Tuba  Fallopiae;  440; 
Gravidität  nach  Entfernung  beider 
440;  Sterilisirung  durch  Operatio- 
nen am  441. 

Eisen  in  der  Leber  nach  Splenek- 
tomie  22 ;  Resorption  dess.  40,  203 ; 
Resorption  und  Ausscheidung  dess. 
665;  subcutane  Inj ection  von  310, 

668. 
Eiterstreptokokken     und     Erysipel- 

kokken  10. 
Ei  weiss   (s.  a.  Albumen) ,   Nachweis 


dess.  durch  Quecksilbersuccinimid 
231. 

Eiweisskörper,  ihr  Bindungsvermögen 
für  HCl,  NaCl  und  NaOH  203. 

Ekajodoform  660. 

Ekchymosen,  Erstickung  und  sub- 
pleurale  693;  postmortale  Ent- 
stehung von  693. 

Eklampsie  41,  402;  als  Autointoxi- 
cation  402;  Behandlung  403;  Cer- 
vixincisionen  bei  403;  Kaiserschnitt 
bei  404;  pathologische  Anatomie 
der  402;  Temperatur  bei  403; 
Veratrum  viride  bei  403. 

Ekzem,  Naphthalan  bei  543 ;  Pikrin- 
säure bei  543. 

Elektrische  Ströme,  hochgespannte, 
Unglücksfälle  durch  dies.  51. 

Elektrolyse  bei  Sklerodermie  550; 
bei  chronischer  glandulärer  Ure- 
thritis 263. 

Ellenbogenluxation,  Behandlung  irre- 
penibler  381. 

Embolie  21;  der  Aorta  abdominalis 
195;  im  Wochenbett  410. 

Embryom  des  Hodens  33. 

Emphysem  der  Harnblase  11. 

Empyem  der  Oberkieferhöhle,  Orbital- 
phlegmone nach  474. 

Empyemoperation ,  Nachbehandlung 
der  355. 

Encephalitis,  hämorrhagische  58. 

Enchondrofibroma  cysticum  der  lan- 
gen Röhrenknochen  338. 

Endarteriitis ,  elastische  Fasern  bei 
38;  spontane  Gangrän  bei  38. 

Endocarditis  184;  gonorrhoica  184. 
564;  und  Ohraffection  518;  tuber 
culosa  12;  experimentell  erzeugte 
tuberculöse  185. 

Endometritis  420;  Abrasio  und  Dys- 
menorrhoe 421;  Aetzung  ver- 
mittelst Hartgummistäbchen  und 
Formalin  bei  422;  keimfreie  Aas- 
stopf ung  des  Uterus  bei  421 ;  Silber - 
Stäbchen  bei  421;  Vaporisation 
und  Vapocauterisation  bei  423. 

Endometrium,  Excision  dess.  bei 
Uterusblutung  424;  mikroskopische 
Untersuchung  dess.  421. 

Endotheliom  32. 

Enophthalmus,  traumatischer  474. 

Enteisenung  des  Wassers  727. 

Enteroptose  223. 

Entzündung  24,  334;  allgemeines 
über    25;    Gerinnungscentren    bei 


Sachregister. 


775 


24;  und  Infection  8;  und  Kälte- 
wirkung 24;  des  Peritoneums  24; 
der  Pleura  24. 

Eosinophile  Zellen  in  Hautblasen  540; 
in  tuberculösem  Sputum  158;  im 
Blut  bei  Trichinose  309. 

Epheliden,  Entfernung  der  548. 

Epidermis  (s.  a.  Haut),  Durchgängig- 
keit der,  für  flüssige  und  feste 
Stoffe  647 ;  Eigenleben  von  — zellen 
541. 

Epiglottis,  maligne  Tumoren  der  537. 

Epiglottiscurette  nach  Heermanu  521. 

Epilepsie  96 ;  alkohologene,  cardiale 
97;  Autointoxication  als  Ursache 
der  96;  Cardiaca  bei  99;  und 
Diabetes  mellitus  97,  808;  und 
meteorologische  Einflüsse  96 ; 
Opium-Brombehandlung  der  97, 
98,  99;  Pathogenese  der  96;  Ra- 
dialislähmung nach  97;  Resection 
des  Ganglion  supremum  N.  sym- 
pathici  bei  99;  Trepanation  bei 
traumatischer  Jackson'scher  841. 

Episcleritis,  Jod  bei  468. 

Epitheliom  der  Wange  und  Nase 
549. 

Erblichkeit  (s.  a.  Heredität,  Ver- 
erbung), Erblichkeit  der  Tabes  79; 
der  Tuberculose  150,  159. 

Erdmagnetismus  und  epileptische 
Anfälle  96. 

Erhängung,  Krankheitserscheinungen 
nach  missfflückter  694. 

Erkältung,  Nephritis  infolge  von  242; 
und  Tabes  705. 

Erstickung  693 ;  und  subpleurale  Ek- 
chymosen  693. 

Erysipel  282;  Antistreptokokken- 
serum  bei  288;  und  Eiterstrepto- 
kokkeu  10;  Metakresolanytol  bei 
282,  542. 

Erythrocyten,  Bildung  der  21. 

Erythro melalgie  546. 

Essigessenz,  Vergiftung  mit  685. 

Eucain  658;  bei  Oesophagusstric- 
turen  202. 

Eucalyptusöl  bei  Aktinomykose  295. 

Euchinin  655;  bei  Malaria  286. 

Eudermol  661;  gegen  Scabies  552. 

Eugallol  561,  6ü2. 

Euphthalmin   als  Mydriaticum  463; 

Eurei3ol  561,  663. 

Eurobin  561,  662. 

Exhibitionismus  700;  bei  einem  nicht 
nachweisbar   Geisteskranken    701. 


Extractum  filicis,  seine  Wirkung  auf 

Blut  22. 
Extraduralabscess,      melancholische 

Wahnideen  bei  otitischem  503. 
Extrauteringravidität  891. 


F. 


Facialis,  Nervus,  Rindenfeld  des  64. 

Facialislähmung  und  BeU'sches  Phä- 
nomen 90;  bei  acuter  Otitis  media 
502;  schwere  91. 

Fango  629. 

Fasten  und  Infectionskrankheiten  267. 

Favus,  Uebertragung  des  von  Hüh- 
nern auf  Menschen  553. 

Febris  recurrens  (s.  a.  Recurrens) 
276;  Serumtherapie  bei  276. 

Fehling'sche  Lösung,  ihre  ünzuver- 
lässigkeit  beim  Zuckemachweis  283. 

Femur,  Schilddrüsenmetastasen  im 
339. 

Ferrohämol  667. 

Ferrometer  von  JoUes  309. 

Fettembolie  696. 

Fettentartung  26. 

Fettgewebsnekrose  41. 

Fettleibigkeit,  Diabetes  mellitus  und 
Gicht  801 ;  Schilddrüsentherapie 
bei  ders.  106. 

Fettnekrose  des  Pankreas  228. 

Fettresorption,  Bitterwasser  und  626. 

Fettsucht  306 ;  Marienbader  Cur  bei 
306. 

Feuerbestattung  714. 

Feuerschutzvorrichtungen  für  Hospi- 
täler 764. 

Fibrin  im  leukämischen  B]ut  318. 

Fibrom  der  Schädelbasis  344;  der 
Zunge  528. 

Fibromyome  (s.  a.  Uterusmyom)  429; 
Pathologie  der  429. 

Fieber  und  Alburaosurie  289;  Ein- 
fluss  dess.  auf  Ganglienzellen  49; 
und  Infection  8. 

Fistelkoth ,  Zusammensetzung  dess. 
215. 

Fleischvergiftungen  723. 

Flimmerskotom ,  atypisches,  bei  Mi- 
gräne 108. 

Flöhe,  Uebertragung  von  Bakterien 
durch  3. 

Fluomatrium  als  Consemrungsmittel 
724. 


776 


Sachregister. 


Fonnaldehyd,  Desinfection  der  Woh- 
nung durch  741;  Zimmerdesinfec- 
tion  mit  — dämpfen  739. 

Formalin  660 ;  bei  Endometritis  422 ; 
Lingner*8  — desinfectionsapparat 
740;  Wirkung  dess.  auf  Milzbrand- 
bacterien  295. 

Fracturen,  Knorpel  bei  45. 

Franzensbader  Quellen  und  Präparate 
bei  Gicht  308. 

Frauenmilch  575 ;  und  Kuhmilch  576  ; 
Menge  und  Beschaffenheit  der 
577. 

Freiluftbehandlung  der  Phthise  in 
England  620. 

Fremdkörper,  Extractionsversuche  am 
falschen  Ohr  496;  im  Ohr  als  Ur- 
sache von  Chorea  minor  496 ;  Tod 
nach  Extraction  eines  solchen  aus 
dem  Ohre  497;  der  Tuba  Eusta- 
chü  498. 

Fruchttod  und  Acetonurie  240. 

Frühgeburt,  Einleitung  der,  durch 
Ballondilatation  398;  Einleitung 
der,  durch  Glycerin  398;  künst- 
liche 398;  künstliche,  bei  Herz- 
kranken 389;  künstliche,  bei  lie- 
naler  Leukämie  390. 

Fussbekleidung  (s.  a.  Schuhzeug), 
Hygiene  der  730. 

Fussgelenk,  Distorsion  im  378. 

Fusslipome  379. 


G. 


Gährungssaccharometer  305. 
Gärtner  sehe  Gänge,  Tumoren  ders. 

34. 
Galle,  immunisirende  Eigenschaften 

ders.  bei  Lyssa  296. 
Gallenabsonderung ,     Mineralwässer 

und  626. 
Gallenblasenerapyem  bei  Typhus  270. 
Gallenfarbstoff,   Nachweis   dess.   im 

Harn  232. 
Gallensecretion,  Hydrotherapie  und 

638. 
Gallenstein  (s.  a.  Cholelithiasis)   40; 

Laparotomieen  bei  367. 
Gallenwege,   Ausräumung   der  368; 

Spulwürmer  in  denselben  227. 
Galvunocauter ,     aseptischer ,     nach 

Heermann  521. 
Ganglienzellen,  Bau  der  118;   eisen- 


haltige 120;  nach  fieberhaften  Pro- 
cessen 49;  Pathologie  der  118;  im 
Säugethierherzen  173. 

Gangrän  der  Haut  551. 

Gasofenheizung  und  Lüftung  717. 

Gastritis  (s.  a.  Magen),  atrophicans 
209. 

Gastroanastomose  bei  Sanduhrmagen 
359. 

Gastroduodenostomie  359. 

Gastroenterostomie  358 ;  und  Magen- 
secretion  212. 

Gkistroskopie  206. 

Gaumen,  weicher,  Innervation  dess. 
91. 

Gaumencontractionen ,  rhythmische 
91. 

Gaumenmuskelkrämpfe  mit  objectiv 
wahrnehmbarem   Ohrgeräusch  91. 

Gaumenresection,  temporäre  345. 

Gaumenspalte,  Operation  der  531. 

Gebärmutter  (s.  a.  Uterus),  Igniexstir- 
pation  bei  Scheidenkrebs  435. 

Geburt  396;  und  Herzfehler  389. 

Geburtshülfe,  Lehrbücher  und  Mono- 
graphieen  über  452. 

Geburtslagen,  fehlerhafte  398. 

Geburtswege,  künstliche  Erweiterung 
der  398. 

Geburtszange  (s.  a.  Zange),  Gebrauch 
und  Missbrauch  der  400. 

Gefässkrankheiten  192. 

Gefässspannung,  Diagnostik  und  The- 
rapie der  180. 

Gefässverstopfung ,  embolische,  der 
Carotis  communis  sinistra  und 
beider  Arteriae  brachiales  bei 
Herzfehler  194. 

Geflügeltuberculose  11. 

Gkfrierschnitt  durch  eine  Ereissende 
396. 

Gehirn  (s.  a.  Hirn,  Grosshim),  Ana- 
tomie, Physiologie  und  allgemeine 
Pathologie  dess.  54;  Arterioskle- 
rose dess.  56;  Circulation  im,  bei 
acuter  Alkoholvergiftung  12S; 
Heerderkrankungen  dess.  60;  Lo- 
calisation  im  60 ;  Markscheidenent- 
wickelung  in  dems.  54;  Schuss- 
wunden  dess.  342;  Schusswunden 
dess.,  ihre  Behandlung  343. 

Gehimdrnck,  Einfluss  des  Jod  auf 
den  55. 

Gehirnerschütterung  57;  Amnesie  und 
Dämmerzustand  nach  65;  Haarseil 
bei  58. 


Sachregister. 


777 


Gehimkrankheiten  54. 

Gehimnerven  90;  multiple  Lähmung 
ders.  90;  centrale  Verbindungen 
der  motorischen  90. 

Gehimoperationen,  Hyperthermie  bei 
343. 

Gehör  ohne  Schnecke  491. 

Gehörgang ^  äusserer,  Atresie  dess. 
495;  Lipom  im  äusseren  497;  Sar- 
kom am  inneren  516. 

Gehörorgan,  Anatomie  und  Physio- 
logie dess.  491. 

Geisteskranke  und  bürgerliches  Ge- 
setzbuch 139. 

Geistesstörungen,  periodische  Thera- 
pie ders.  137. 

Geisteszustände ,  zweifelhafte  700 ; 
und  Strafrechtspflege  700. 

Gelbfieber  289;  Aetiologie  289;  Dif- 
ferentialdiagnose 290 ;  Immuni- 
sirungsyersuche  bei  290;  Schutz- 
impfung gegen  290;  Symptoma- 
tologie 289. 

Gelenkaffectionen  bei  Dysenterie 
288. 

Gelenkkörper,  Entstehung  und  Wachs- 
thum  der  338. 

Gelenkrheumatismus  (s.  a.  Poly- 
arthritis, Rheumatismus),  chroni- 
scher 315;  Menopause  und  chroni- 
scher 315 ;  Stauungshyperämie  bei 
chronischem  631. 

Gelenktuberculose  335. 

Genitalien,  Veränderungen  der,  bei 
hoher  Temperatur  697 ;  Sensibilität 
der  weiblichen  683. 

Genu  valgum,  Behandlung  376. 

Geradehalter  für  Lungenkranke  157. 

Gerichtliche  Medicin  681;  gegen- 
wärtige Bedeutung  ders.  681 ;  Fort- 
bildungscurse  in  ders.  682;  und 
Gesetzeskunde  für  Medi  einer  681; 
Lehrbücher  etc.  705. 

Gerinnungscentren  bei  Entzündung 
24. 

Geschlechtliche  Verhältnisse,  zweifel- 
hafte 682. 

Geschlechtsorgane ,  patholog.  Ana- 
tomie der  42. 

Geschmack,  Lähmung  dess.  92 ;  —  bei 
Ohrenkrankheiten  492. 

Geschwülste  (s.  a.  Tumoren,  Neu- 
bildungen) 29, 336 ;  und  Schwanger- 
schaft 389. 

Gesetzeskunde  und  gerichtliche  Me- 
dicin für  Mediciner  681. 


Gesundheitspflege  in  London  761. 

Gesundheitswesen,  öffentliches  707. 

Gewichtsextension  bei  Unterkiefer- 
brüchen 345. 

Gicht  306 ;  Carlsbad  und  Pistyan  bei 
628;  Fettleibigkeit  und  Diabetes 
301;  Lebensversicherung  und  Le- 
bensdauer bei  307;  Neuritis  bei 
89,  307;  Therapie  307. 

Gichtanfall,  Harnsäure  im  806;  Wesen 
dess.  307. 

Giftbindung  durch  Serum  6. 

Gifte,  Vertheilung  der,  im  Körper 
683. 

Glasdrains,  abgeschlossene  325. 

GlaubersalzwirkuDg  auf  den  Magen 
625. 

Glaukom482 ;  intraoculare  Neubildun- 
gen und  488 ;  im  linsenlosen  Auge 
482;  Späterfolge  der — behandlung 
484. 

Gliom  31. 

Glossitis,  papillaris  und  tuberculosa 
347. 

Glutoidkapeln  216,  645. 

Glycerin  zur  Einleitung  der  Früh- 
geburt 398. 

Glykolyse  299. 

Glykosurie,  alimentäre  240;  alimen- 
täre, bei  Leberkrankheit  225;  ali- 
mentäre ,  bei  Nervenkrankheiten 
241;  alimentäre,  durch  verschie- 
dene Zuckerarten  801;  und  Ghole- 
lithiasis  226;  und  Diuretica  300, 
664;  und  Leber  300;  bei  Unter- 
bindung und  Fisteln  des  Ductus 
thoracicus  300. 

Gonokokken  im  Bauch deckenabscess 
nach  Sectio  caesarea  410;  Bio- 
logie derselben  564 ;  Nachweis  der 
682. 

Gonorol  566. 

Gonorrhoe  (s.  a.  Tripper)  562;  Di- 
latationsspecula  bei,  der  Cervix 
450 ;  Itrol  bei  565 ;  Largin  bei  564 ; 
Neuritis  bei  88;  orthophosphor- 
saures  Silber  bei  564;  und  Porro- 
operation  406 ;  Protargol  bei  564 ; 
Salbenstäbchen  bei  chronischer 
566 ;  beim  Weibe  449 ;  beim  Weibe, 
Diagnose  450,  beim  Weibe,  Pro- 
targol gegen  450. 

Gowers'sches  Bündel,  centraler  Ver- 
lauf dess.  72. 

Gravidität,(s.a.  Schwangerschaft)  387 ; 
Acetonurie  bei  240;   nach  Entfer- 


778 


Sachregister. 


nung  beider  Eileiter  440;  und 
Herzklappenfehler  185. 

Graviditätsvaricen  am  äusseren  Ohr 
496. 

Greisenalter,  Psychosen  im  125. 

Grippe  (s.  a.  Influenza)  und  ander- 
weitige Infectionskrankheiten  276. 

Grosshim  (s.  a.  Hirn,  Gehirn),  Ün- 
erregbarkeit  dess.  bei  niederen 
Thieren  121 ;  Ungleichwerthigkeit 
der  beiden  Hemisphären  120 ;  ver- 
gleichende Physiologie  dess.  55; 
verschiedene  Schwere  seiner  Hemi- 
sphären 121. 

Grosshirnrinde  neugeborener  Thiere 
63. 

Grundwasser  und  Malaria  284. 

Guajakolcarbonat  bei  Polyarthritis 
282. 

Guajakwasserstoffsuperoxyd-Reaction 
beim  forensischen  Blutnachweis 
696. 

Gummigesch Wülste  bei  Frauen  568; 
in  der  Hohlhand  568. 

Gummihandschuhe  in  der  Gel^urts- 
hülfe  386. 

Gynäkologie,  Lehrbücher  und  Mono- 
graphieen  über  453. 


H. 


Haar,  Arsen ablagerung  in  541 ;  Ein- 
fluss  des  — Schneidens  auf  den 
— wuchs  541. 

Haarseil  bei  Gehirnerschütterung  58. 

Hämatin  666. 

Hämatome  des  Dünndarms  224; 
extradurale  —  bei  Verbrennung 
697;  8ub-  und  extradurale  67; 
tuberöse,  subchoriale  391. 

Hämatoporphyrinurie  nach  Sulfonal 
239. 

Hämaturie  bei  chronischer  Nephritis 
238;  Symptom atologische  Bedeu- 
tung der  238. 

Hämoglobin ,  subcutane  Injection 
dess.  22;  sein  Schicksal  nach  sub- 
cutaner Injection  25. 

Hämoglobinurie,  paroxysmale  238. 

Hämoptoe  und  Thoraxerschütterung 
144. 

Hämorrhagische  Diathese  314. 

Hals,  chirurgische  Affectionen  dess. 
339. 

Halslipome,  diffuse  349. 


Halsmark ,  Querschnittserkrankung 
dess.  73. 

Handgelenktuberculose,  Jodoform  bei 
381. 

Harn,  s.  a.  Urin;  Acidität  dess.  bei 
Cystitis  261;  Blut,  Blutfarbstoff 
und  andere  Pigmente  im  237; 
Nachweis  von  Blut  im  232;  Nach- 
weis von  Gallenfarbstoff  im  232; 
Bestimmung  der  Harnsäure  im  234; 
Bestimmung  des  Tndicans  im  234; 
Nachweis  von  Zucker  im  233 ;  Tu- 
berkelbacillen  im  255;  Typhus- 
bacillen  im  272. 

Harnblase  (s.  a.  Cystitis,  Blase),  Echino- 
coccus der  263;  Emphysem  der  11; 
Erkrankung  der  —  in  Farbfabriken 
259;  Leukoplakie  der  261;  Soor 
der  259. 

Hamblasenverschluss  23  L 

Harnentleerung,  Störungen  der — bei 
Kindern  263. 

Harnleiter,  s.  a.  Ureter;  Eatheteris- 
mus  dess.  bei  Pyelitis  254. 

Hamorgane,  path.  Anatomie  der  41 ; 
Anatomie,  Physiologie  und  Unter- 
suchung der  230 ;  Krankheiten  der 
230 ;  Krankheiten  der,  bei  Kindern 
597;  Massage  bei  Erkrankungen 
der  262. 

Harnröhre,  suprasymphysäre  Implan- 
tation der  —  und  des  Penis  in  die 
Blase  372. 

Harnsäure  im  Gichtanfall  306;  volu- 
metrische   Bestimmung   dei*s.  234. 

Hamwege,  Krankheiten  der  unteren 
258;  Krankheiten  der  unteren  — , 
Argentum  nitiicum  bei  dens.  260. 

Haut,  8.  a.  Epidermis;  eosinophile 
Zellen  in  Blasen  der  540 ;  Gangrän 
der  551;  Krankheiten  der  541: 
Leukoplakie  der  551;  Nervenge- 
biete der  48;  Sarkomatose  der  548; 
Veränderungen  der  —  bei  Araeni- 
cismus  541. 

Hauterkrankungen  bei  Tuberculose 
159. 

Hautnerven  bei  Tabes  78. 

Hautpflege  729. 

Hautreize,  mechanisclie,  bei  Behand- 
lung von  Nervenleiden  53. 

Hautreizmittel  und  Infection  267. 

Hautüberpflanzung,  s.  a.  Transplan- 
tation; nach  Wentscher  326. 

Hautwassersucht,  s.  a.  Oedem,  Hy- 
drops; Behandlung  der  248. 


Sachregister. 


779 


Hebammen,  Anzeigepflicbt  der  731; 
— tagebücher  732. 

Hefepilze  19;  bei  Cystitis  19;  patho- 
gene  19. 

Heftpflastersireifen  bei  Ulcus  cruris 
543. 

Heidelbeereztract  561. 

Heilmittel,  Prüfung  neuer  650. 

Heilung  4.   • 

Heirath  Herzkranker  389. 

Heisswasserirrigation  bei  Magen- 
blutuDg  213. 

Heizung  716. 

Hemianästhesie  bei  Syringomyelie  77. 

Hemianopsie  bitemporale  bei  Dia- 
betes insipidus  59. 

Hemiatrophia  faciei  107. 

Hemicranie,  s.  a.  Migräne;  Sym- 
pathicuslähmung  und  Morbus  Base- 
dowii  108. 

Hemiplegie,  Muskelatrophie  und  Gon- 
tracturen  nach  57;  Würgreflexe 
bei  59. 

Heredität,  s.  a.Erblichkeit,  Vererbung ; 
bei  Sprachstörungen  532. 

Hermaphroditismus  35,  418. 

Hemia  incarcerata,  forcirte  Taxis  bei 
364;  Processus  vaginalis  encystica 
365;  umbilicalis  415;  uteri  418. 

Hernien,  Acquisition  von  —  durch 
Unfall  832;  Radicaloperation  der 
366;  Zunahme  der  —  nach  der 
Alexander^schen  Operation  428. 

Heroin  650. 

Herpes  tonsurans  553:  zoster  552; 
zoster  ophthalmicus  487. 

Herz,  Erschlaffung  dess.  188;  Krank- 
heiten dess.  182;  bei  Mitralstenose 
37 ;  Myofibrosis  dess.  189 ;  die  sen- 
siblen Nervenendigungen  in  dem- 
selben bei  Säugern  174;  Physio- 
logie dess.  173;  Einfluss  von  Sport 
auf  das  182;  elektrisches  Verhalten 
dess.  bei  Tetanie  173 ;  und  N.  vagus 
171;  Wogen  und  Flimmern  dess. 
169. 

Herzafiectionen,  Psychosen  bei  127; 
rheumatische  —  bei  Kindern  588; 
und  Unfall  704. 

Herzauscultation ,  graphische  Dar- 
stellung ihrer  Ergebnisse  174. 

Herzbeutelkrankheiten  191. 

Herzbeuteltuberculose  191. 

Herzcontraction  und  Blutstrom  in  den 
Herzgefässen  169. 

Herzdiagnose  588. 


Herzfrequenz  und  N.  sympathicus 
cervicalis  170. 

Herzgefässe,  Blutstrom  in  dens.  bei 
Herzcontractionen  169. 

Herzganglien    und  Chloroform  653. 

Herzgeräusche ,  experimentell  er- 
zeugte anorganische  175. 

Herzgifte,  physiologische  170. 

Herzklappen,  Aneurysmen  der  37, 
185. 

Herzklappenfehler  184;  angeborene 
182;  embolische  Obliteration  der 
Carotis  communis  sinistra  und  bei- 
der Arteriae  brachiales  bei  194; 
und  künstliche  Frühgeburt  388; 
und  Gravidität  185;  und  Heirath 
389;  Untersuchungen  über  die  In- 
compensation  ders.  175;  und 
Schwangerschaft  389. 

Herzkrankheiten  und  Lebensver- 
sicherung 176;  Prognose  ders.  176; 
toxämische  Delirien  bei  179. 

Herzmuskel,  Fragmentation  dess.  178 ; 
Sarkolemm  am  37. 

HerzmuskelerkrankuDgen  187. 

Herznerven  171,  173. 

Herzsyphilis  191. 

Herztöne,  musikalische  179. 

Herzvorhof,  cavernöses  Angiom  im 
rechten  184;  primärer  Tumor  im 
rechten  190. 

Herzwand,  Gefässnerven  der  170. 

Heufieber,  Orthoform  bei  523. 

Hinken,  intermittirendes  51. 

Hinterhauptslage,  hintere  399. 

Hinterstrangbahnen,  Rindenfeld  ders. 
64. 

Hinterstränge  des  Rückenmarks,  ihre 
Function  71. 

Hirn,  s.  Gehirn,  Grosshirn. 

Hirnabscess,  doppelter  acuter  —  nach 
Trepanation  des  Proc.  mastoideus. 
511;  Exitus  bei  otitischem  513; 
otitischer  506. 

Himdruck,  Alteration  des  Rücken- 
marks bei  72. 

Hirnhäute  67. 

Hirntumoren ,  Nervenwurzeln  des 
Rückenmarks  bei  72. 

Hirntumoren,  traumatische  340,  705. 

Himventrikel,  dritter,  Cysticercus  in 
dems.  63. 

Hiatolyse  27. 

Hoden,  Embryom  dess.  33;  Tumoren 
dess.  42. 

Hodentuberculose  373. 


780 


Sachregister. 


Höllenstein,  s.  a.  Argentum  nitricum ; 
bei  Dysenterie  288. 

Hörapparate  491. 

Hörcentram,  corticales  65 ;  Pathologie 
des  corticalen  517. 

Hördefecte  bei  Taubstummen  493. 

Hörinstrument  für  Schwerhörige  493. 

Hörprüfung  491;  bei  Taubstummen 
494;  bei  Simulation  493. 

Hoffa'sche  Bauchbinde  445. 

Holocain  als  Anästheticum  bei  Augen- 
Operationen  462. 

Homhautgeschwür,  Xeroform  bei  467. 

Homhautnarben,  Ichthyol  bei  467. 

Hornhauttrübung,  Thiosinamin  bei 
465. 

Hospitäler,  s.  a.  Krankenhäuser ;  Feuer- 
schutz^orrichtungen  für  764. 

Hüftgelenk,  Exarticulation  im  329. 

Hüftgelenksentzündung,  tuberculöse, 
ambulante  Behandlung  ders.   375. 

Hüftluxation,  congenitale,  unblutige 
Reposition  ders.  375. 

Hühnertuberculose,  ihre  Identität  mit 
menschlicher  Tuberculöse  158. 

Hunger,  neurasthenischer  101;  Ein- 
fluss  dess.  auf  die  Psyche  123. 

Hutchinson'sche  Zähne  571. 

Hyaline  Körper  in  der  Magendarm- 
schleimhaut 39. 

Hydrämie,  Albuminurie  und  Hydrops 
bei  Brightikem  243. 

Hydrargyrum  coUoidale  573. 

Hydrencephalocele,Operation  der  344. 

Hydrocele,  Operation  der  372. 

Hydrocephalus ,  Entleerung  des  Er- 
gusses bei  585. 

Hydrocephalus  bei  hereditärer  Syphi- 
lis 571. 

Hydroencephalocele ,  s.  Kopfbrüche. 

Hydronephrose,  s.  a.  Sackniere;  Be- 
handlung 257 ;  Entstehung  der  256 ; 
traumatische  257 ;  Ureterkatheteris- 
mus  bei  257. 

Hydrops  (s.  a.  Oedem,  Hautwasser- 
sucht)^  Albuminurie  und  Hydrämie 
bei  Brightikern  243. 

Hydrotherapie  611;  des  Abdominal- 
typhus 641;  der  Chlorose  636;  des 
Diabetes  637;  der  Diarrhoe  635; 
und  Gallensecretion  638;  bei 
Lungentuberculose  156;  bei  Psy- 
chosen 137;  des  Ulcus  rotundum 
633;  der  Verdauungsorgane  634. 

Hydrotomie  der  Nasenscheidewand 
526. 


Hyoscin  als  Mydriaticum  464. 

Hyperleukocytose  bei  Scharlach  602. 

Hypemephrome  32;  Cystenbildung  in 
dens.  33. 

Hyperostosen  der  Rippen  45. 

Hyperthermie  beiHimoperationen344. 

Hypertrophie,  congenitale  35. 

Hypnose  der  Thiere  122. 

Hypnotismus  139. 

Hypophysis  cerebri,  und  Diabetes 
mellitus  62;  Function  ders.  62; 
Opticusatrophie  bei  Geschwulst 
ders.  62;  und  Schilddrüse  36. 

Hypophysenpulver  671. 

Hypopyon-Keratitis  479. 

Hypothermie  bei  Geisteskranken  129. 

Hyrgol  574. 

Hysterektomie ,  s.  a.  Hysteromyom- 
ektomie,  Myotomie;  mit  Erhaltung 
der  Ovarien  438. 

Hysterie  100;  Darmstenose  bei  männ- 
licher 100, 223;  Natur  und  Entsteh- 
ung ders.  100;  Pupillenstarre  wäh- 
rend der  Anfälle  100;  Schulepidemie 
von  582. 

Hysteromyomektomie,  s.  a.  Hyster- 
ektomie, Myotomie;  mit  Erhaltung 
der  Ovarien  433. 

Hysteroskopie  420. 


I. 


Ichthyol  bei  Augenkrankheiten  467. 

Ichthyosis  hystrix  547;  linearis  548. 

Icterus,  infectiöser  —  bei  Kindern  590  r 
Katalepsie  und  Psychose  bei  225; 
katarrhalischer  225. 

Idiotie,  amaurotische,  familiäre  488 ; 
moralische  703. 

Igel,  Immunität  der  —  gegen  Gan- 
thariden  und  Schlangengiift  265. 

Igniexstirpation  bei  Gebärmutter- 
scheidenkrebs 435. 

Immunisirung  gegen  Diphtherie  602. 

Immunität  4,  7;  und  Agglutination 
267 ;  gegen  Gonokokken  7 ;  der  Igel 
gegen  Canthariden  und  Schlangen- 
gift 265;  nach  Influenza  276;  gegen 
Rinderpest  8;  und  Rückenmarks- 
läsionen 266;  gegen  Tetanus  7; 
Wesen  der  266. 

Impfausschläge  756. 

Impflisten,  rechtliche  Bedeutung  der 
756. 


Sachregister. 


781 


Impfscheine,  rechtliche  Bedeatung 
der  756. 

Impfschutz  und  Variolavaccine  757. 

Impftechnik  758. 

Impfungen  755. 

Impotenz  hei  Tahes  79;  Behandlung 
der  102. 

Inanition,  Alteration  des  Central- 
ner^ensystems  hei  55. 

Indican,  Bestimmung  dess.  im  Harn 
234. 

Infarct,  hämorrhagischer  23. 

Infection  und  Entzündung  8;  und 
Fieber  8;  und  Hautreizmittel  267; 
und  Leukocytose  8;  und  Lymph- 
drüsen 9;  und  Milz  9;  Nervenzellen 
des  Rückenmarks  bei  74;  und 
Oedem  8 ;  Resistenz  des  Bauchfells 
gegen  327;  von  Schusswunden  334; 
Tonsillen  als  Eingangspforten 
schwerer  allgemeiner  529. 

Infectionsgifte  4. 

Infectionskrankheiten  1»  10;  acute, 
allgemeine  265;  acute,  bei  Kindern 
598;  in  Badeorten  und  Sommer- 
frischen 748;  Bekämpfung  der  747; 
chirur^sche  334;  und  Fasten  267; 
Heilprincipien  bei  264;  und  Wetter 
267,  616. 

Influenza  (s.  a.  Grippe),  276;  Chinin, 
Phenacetin  und  Campher  bei  278; 
Immunität  nach  276;  neurotische 
Complicationen  277;  Phesin  und 
Coprin  bei  277;  Roseola  bei  277; 
bei  Säuglingen  604;  sudorale  Form 
ders.  277;  Taubheit  nach  277; 
Yerba  santa  bei  278. 

Insectenbisse,  Veränderungen  an  der 
Leiche  durch  699. 

Intercostalarterie,  Verblutung  nach 
Verletzung  einer  354. 

Intoxicationen  (s.  a.  Vergiftungen, 
Arbeiterhygiene,  gerichtliche  Me- 
dicin)  674. 

Intoxicationspsychosen  132. 

Intrauterinspeculum  420. 

Intussusception  eines  MeckeVschen 
Divertikels  364. 

Inversio  uteri  428 ;  hinterer  Scheiden- 
uterusschnitt  bei  428;  vorderer 
üterusschnitt  bei  428;  Vemähung 
des  Uterus  in  der  Scheide  bei 
428. 

Iris,  Tuberculose  der  480. 

Iritis,  Pilocarpin  bei  syphilitischer 
und  rheumatischer  465. 


I  Irrigation,  continuirliche  bei  Ab- 
dominaltyphus 275. 

Ischia  619. 

Ischias,  Balneotherapie  und  623;  Be- 
wegungsprobe bei  94. 

Isolirzimmer,  Beleuchtung  der  763. 

Itrol  bei  Gonorrhoe  565. 


J. 


Jalta  619. 

Jecorin  299. 

Jejunostomie  361. 

Jod,  Acne  nach  545;  Einfluss  dess. 
auf  den  Gehirndruck  55;  bei  Or- 
bitaltumoren und  Episcleritis  468. 

Jodalbacid  bei  Syphilis  573. 

Jodkali  bei  Aktinomykose  294. 

Jodkapseln,  Diagnostik  von  Magen- 
krankheiten durch  205. 

Jodoformintoxication,  Psvchosen  bei 
133. 

Jodoformogen  561,  660. 

Jodoformpsychosen  688. 

Jodoformseide  417. 

Jodoformvasogen  in  der  Augenheil- 
kunde 467. 

Jodothyrin  670. 

Jodtinctur  bei  Syphilis  572. 

Jodvasogen  in  der  Augenheilkunde 
467. 

Johannisbrunn  632. 

Jurasz'sche  Zange,  modificirt  nach 
Thomson  521. 

Ky  8.  auch  C. 

Eältewirkung  und  Entzündung  24. 

Kaiserling'sches  Couservirungsver- 
fahren  zu  forensischen  Zwecken, 
Untersuchungen  über  dass.  694. 

Kaiserschnitt,  s.  a.  Sectio  caesarea: 
405;  bei  Anencephalus  406;  mit 
Castration  bei  Osteomalacie  407: 
bei  Eklampsie  404;  bei  Myom  407; 
mit  fundalem  Querschnitt  405: 
Sagittalschnitt  bei  406:  Wahl  der 
Schnittführung  je  nach  dem  Pia- 
centarsitz  406 ;  mit  Tuben r^section 
407;  vaginaler,  bei  Caroinom  4\>>: 
vaginaler,  mit  Totalexs^tirpaiion  bei 
Uterusruptur  40S:  au  Verstorbenen 
405. 

Kalium  h\'V)ermausri«noum  bei  Lvipus 
559. 


782 


Sachregister. 


Kalkarm uth  der  Nahrang  45. 

Kaltwasserbehandlung  des  Abdomi- 
naltyphus 274. 

Kanalisation  von  Steglitz  707. 

Karlsbad,  Pistyan  und,  bei  Gicht 
628. 

Karlsbader  Cur  und  Cholelithiasis  226. 

Katalepsie  und  Psychose  bei  Icterus 
225. 

Katheterismus  des  Ureters  bei  Pye- 
Htis  254. 

Kehlkopf,  8.  a.  Larynx;  Acidum  ar- 
senicosum  bei  malignen — tumoren 
537;  Diagnose  und  Therapie  des 
— Carcinoma  535 :  endolaryngeale 
Operation  des  — carcinoms  536; 
üebergang  einer  gutartigen  Ge- 
schwulst dess.  in  eine  bösartige 
535;  — krankheiten  520, 533 ;  Oedem 
dess.  533;  Sarkom  dess.  537; 
Schilddrüsengeschwülste  im  538 ; 
Eindringen  der  Tuberculose  in  den 
534;  Veränderungen  im,  bei  Leu- 
kämie 538. 

Kehlkopfaffectionen ,  rheumatische 
281. 

Kehlkopfblutungen  538. 

Kehlkopfschwindel  538. 

Kehlkopfzange  nach  Whistler  521. 

Keloid,  Scarification  bei  549. 

Keratitis,  Hypopyon —  479;  paren- 
chymatosa  480. 

Keratomalacie  und  Lues  hereditaria 
571;  Xeroform  bei  467. 

Kernig'sches  Symptom  bei  Meningi- 
tis 584. 

Keuchhusten  15;  Bacterien  dess.  15; 
Pertussinbei  587 ;  Ursache  dess.  586. 

Kiefergelenk,  wahre  Ankylose  dess. 
346. 

Kieferklemme,  myogene  346. 

Kinderkrankheiten  575. 

Kindesmord  690;  durch  Erwürgen  692. 

Kleidotomie  402. 

Kleidung  729. 

Kleinhirn,  Function  dess.  63;  Mangel 
dess.  63. 

Kleinhimabscess ,  Heilung  bei  otiti- 
schem, durch  Operation  512. 

Klemmzange  bei  Totalexstirpation 
des  Uterus  und  der  Annexe  442. 

Klimakterium,  Liquor  ferri  bei  Blu- 
tungen im  422;   Neurosen   im  96. 

Klimatolo^e  611. 

Knieganglion,  Heerd  im  äusseren  62. 

Kniegelenk,     Ankylose    dess.    377; 


Binnenverletzungen  dess.  376; 
traumatischer  Lufteintritt  ins  877. 

Kniegelenkscontractur ,  Behandlung 
376. 

Knochen,  ihr  Verhalten  nach  Nerven- 
durchschneidung 48. 

Knochendefect ,  Ersatz  dess.  durch 
Celluloid ringe  345. 

Knochenleiden  und  Albumosurie  240. 

Knochenmark  bei  Chlorose  311. 

Knochenmarkzellen  44. 

Kochrecepte  228. 

Kochsalzlösung,  subcutane  810. 

Koch'scher  Bacillus  ^  Agglutination 
dess.  161. 

Körpergewicht  und  Lungentuber- 
culose  157. 

Kohlehydrate  und  Diabetes  mellitus 
304. 

Kohlendunst ,  Differentialdiagnose 
zwischen  Leuchtgas-  und  —Vergif- 
tung 686. 

Kohlensäure  im  Blute  309. 

Kohlensäureausscheidung  bei  Dia- 
betes mellitus  304. 

Kohlenstaubexplosion  auf  Zeche  Caro- 
linenglück 685. 

Kopf,  chirurgische  Affectionen  dess. 
339. 

Kopfbrüche,  s.  a.  Hydroencephalo- 
cele;  congenitale,  ihre  operative 
Behandlung  343. 

Koplik'sche  Flecke  bei  Masern  603. 

Koprostase,  Psychosen  bei  125. 

Kothfistel,  totale  Darmausschaltung 
bei  368. 

Kraftbestimmungen  50. 

Krankenhäuser  (s.  a.  Hospitäler)  760; 
für  Epileptische  und  Geisteskranke 
762;  für  Lungenkranke  762. 

Krankenhaussanatorien  für  Lungen- 
kranke 157. 

Krankenpflege ,  berufsmässige  und 
nichtberufsraässige  761 ;  ein  Ehren- 
amt 760;  Fortschritte  der  764;  in 
London  761. 

Krankentrage  764. 

Krankentransport  760. 

Krebs,  s.  a.  Carcinom ;  Diagnose  und 
Therapie  des  Larynxkrebsea  535. 

Kreislaufsorgane,  Balneotherapie  der 
624;  Krankheiten  der  169;  Krank- 
heiten der,  bei  Kindern  588;  all- 
gemeine Pathologie  der  175;  Unter- 
suchung der  174;  Lehrbücher  etc. 
der  196. 


Sachregister. 


'8::; 


Kreosotum  carbonicum  bei  Lungen- 

tuberculose  156. 
Eresamin  661;  bei  Hautkrankheiten 

und  als  Desinficiens  566. 
Kriegschirurgie  317 ;  Röntgenstrahlen 

und  322. 
Krim,  die  619. 
Kropf,  8.  a.  Struma;  operative  Dis- 

location  dess.  349. 
Kropfoperation  348. 
Krüppelheime  738. 
Kuheuter,    Bacterien    am    und    im 

723. 
Kuhmilch  und  Frauenmilch  576. 
;Kuhmilchnahrung ,  VerdauungsrQck- 

stände  bei  579. 
Kunstfehler,  ärztliche  697. 
Kupfer,  hygienische  Studien  über  725 ; 

Vergiftung  mit  677. 
Kupferelektrolyse  bei  Ozaena  .^25. 
Kupfersulfat  bei  Dysenterie  288. 
Eoymotherapie  der  Anorexie  Tuber- 

culöser  161. 
Kryptorchismus  372. 
KiystalllinsCfTrübung  der,  alsLeichen- 

erscheinung  699. 


L. 


Lab,  Wirkung  von  Laugen  und  Salzen 
auf  203. 

Labyrinth,  Affectionen  dess.  bei  Mittel - 
ohreiterung  514;  Blutung  im  — 
bei  Leukämie  518;  Nekrose  dess. 
511;  Verletzung  dess.  bei  Fractura 
basis  cranii  516. 

Lactation  und  Milchsecretion  414; 
und  Schwangerschaft  415. 

Lactophenin,  Vergiftung  mit  676. 

Lähmungen  nach  Pasteur'ecben  Im- 
pfungen 49 ;  postdiphtheri tische  50. 

Lävulose  bei  Diabetes  30o. 

Landry'sche  Paralyse  h5. 

Laparotomie  bei  (Gallensteinen  367; 
vaginale  445,  446;  vaginale,  Ein- 
wände gegen  die  447;  vaginale, 
Indicationen,  Technik  und  Grenzen 
ders.  445;  vaginale,  Indicationen 
für  die  vordere  und  hintere  447 ; 
vaginale,  ihre  Vortheile  g**j(enüber 
dem  ventralen  Bauchechnitt  445; 
ventrale  443;  ventrale,  Bauch  naht 
und  Bauchnarben brüche  nach  ders. 
444;    ventrale,    Einführung   einen 


Ballons  in  die  Scheide  bei  ders. 
443;  ventrale,  Jodoformgazetam- 
ponade der  Scheide  bei  dem.  44v^ : 
ventrale,  Scbnittführung  bei  dere. 
443;  ventrale,  Vor-  und  Nachbe- 
handlung ders.  443. 

Largin  bei  Gonorrhoe  .564. 

Laryngitis  exsudativa  533;  tvpho^ 
272. 

Laryngologie,  Lehrbücher  und  Mcno- 
graphieen  539. 

Laryngoskopie  bei  Kindern  522. 

Laryngospasmus  537. 

Larynx,  s.  a.  Kehlkopf;  Tuber- 
culose  des  —  und  der  Lunge  5-54, 
5t>5. 

Lebensversicherung  und  Herzkrank- 
heiten 176;  und  Lebensdauer  ht-i 
Gichtikem  307. 

Leber  40,  225;  Cirrhose  der  22;.: 
und  Glykosurie  300;  ihre  Regenera- 
tion 27;  Teratom  der  33:  Tuber- 
culose  der  40. 

Leberabscess  bei  Dvsenterie  2'*^. 

Leberaffectionen.  alimentäre  Glykos- 
urie bei  225;  bei  Typhus  2T«.». 

Leberatrophie,  acute  geibe  2'21:  Sy- 
philis und  570. 

Leberdextrin  29*<- 

Leberschatten  225. 

Lehrbücher  der  Arzneimittellehre  uri 
Toxikologe  6^0;  der  Augei^i.^-^- 
kunde  4^^**=;  der  Bacterioiosrif  4*  : 
der  Chirurgie  3 ""2;  der  Con^t:tl 
tionskrankbfciten  316:  der  G'i'b  rt— 
hülfe  452;  der  gerichtlichen  Medic-i. 
705;  der  Gesohlt.' cht  skr  dnkli*-:tfi. 
574;  des  öffentlichen  GeKundi.-'it?- 
weeens  7^>o  :  der  G\TiäkoiOgie  4'-;"  • 
der  Krankheiten  cl^^r  Harn- 'r^raii- 
203;  der  Hautkrankheiten  b*-2:  a-r 
acuten  InfectioL^krankheiteL  unI 
Zoonosf^n  297:  d^T  Kinderk:  ii.i.£- 
heiten  609:  der  Klimatolo£nr.  Bl  - 
neoloßrie  und  HydroibfrLpk  ^4-^ 
der  Kraukbeit*-n  d^^r  Krei-lc  u:— 
Organe  196;  d'.T  KrüiikriCiteL  d^: 
Lunge,  des  Brubtl*.  it  iiud  d^^  Xt- 
diantinumK  167:  der  Nen-eLr^-uur- 
hfciten  115;  der  Oi.renL^:'kui.:  ^ 
51>^;  der  allgemeiiien  PatL  j  '*:.r 
und  pathologisch^^n  AntJtoiu]-  rt*  . 
der  Psychosen  l-jl^:  aer  hi  mt- 
Laryngolo^ie  O'J^  :  oer  KraiikLeiteii 
der  Verdauuugsor;riine  22!. 

Leichenveränderujjjr-ii  0>7. 


784 


Sachreg^ter. 


Leistenhernien,  Radical  Operation  der 

366. 

Lenigallol  561,  662. 

Lenirobin  561,  662. 

Lepra,  Aetiologie  der  557;  Behand- 
lung der  557 ;  Behandlung  der  — 
auf  den  Fidshiinseln  558;  Sero- 
diagnostik der  556 ;  Serumtherapie 
der  557;  Syringomyelie  und  Mor- 
van*8che  Krankheit  77;  viscerale 
555. 

Leprabacillen,  Cultur  der  555;  Loca- 
lisation  der  556;  Verbreitung  der 
—  von  den  oberen  Luftwegen  aus 
554. 

Leuchtgas,  Vergiftung  mit  717;  Diffe- 
rentialdiagnose zwischen  —  und 
Kohlendunstvergiftung  686. 

Leukämie  313;  und  Blutfibrin  313; 
künstliche  Frühgeburt  bei  lienaler 
390;  Labyrinthblutung  bei  518; 
lieno- myelogene  —  bei  Kindern 
607;  bei  Neugeborenen  606;  Para- 
siten bei  313;  Veränderungen  im 
Kehlkopf  und  in  der  Trachea  bei 
538. 

Leukocyten,  Formen  ders.  22. 

Leukocytose  bei  Malaria  285;  und 
Infection  8. 

Leukonychie  550. 

Leukoplakia551 ;  bucco-lingualis  528; 
pharyngis  529;  vesicae  201. 

Levico  632. 

Lianthral  562. 

Lidekzem,  Xeroform  bei  467. 

Ligaturenschnürer  417. 

Linse,  Erkrankungen  der  484. 

Linsenkern,  Pathologie  dess.  61. 

Lipome  des  äusseren  Gehörgangs  497 ; 
des  Samenstrangs  374;  tiefe  — 
des  Halses  349. 

Lippenekzem  durch  Mundwässer 
542. 

Liquor  Aluminii  acetici  bei  Me- 
trorrhagie 422;  ferri  sesquichlo- 
rati  bei  klimakterischen  Blutungen 
422. 

Lissa  in  Dalmatien  617. 

Little'sche  Krankheit,  Syphilis  con- 
genita und  571. 

Lochien,  Typhusbacillen  in  den  410. 

Lues  (s.  a.  Syphilis)  cerebri  und 
progressive  Paralyse  135;  heredi- 
taria  571;  hereditaria  und  Kera- 
tomalacie  571;  und  Paralyse  134; 
Therapie  der  572. 


Luft,  heisse,  beiNeuralgieen88;  über- 
hitzte 630. 

Luftcurorte,  Gefahr  der  Ansteckung 
mit  Tuberculose  für  Einwohner  der 
751. 

Luftdruck  und  Blutkörperchenzäh- 
lung 611. 

Luftröhre  (s.  a.  Trachea),  Krank- 
heiten der  520. 

Luftstaubinfection  3. 

Luftwege,  Affectionen  der  —  nach 
Aethernarkose  318;  Fremdkörper 
in  dens.  147. 

Lumbalpunction  51;  bei  Meningitis 
tuberculosa  68. 

Lumbaischmerz,  Bewegungsprobe  bei 
94. 

Lungen,  Aktinomykose  der  163; 
Krankheiten  der  149;  Milzbrand 
der  163;  Nachweis  eines  Osteosar- 
koms ders.  durch  Röntgenstrahlen 
162 ;  Sandstaub  in  den  36 ;  Strepto- 
thrix  in  den  164;  Tuberculose  des 
Larynx  und  der  535. 

Lungencarcinom  162. 

Lungenechinococcus  163. 

Lungenentzündung  (s.  a.  Pneumonie) 
149. 

Lungengrenzen,  Stand  ders.  bei  Ge- 
sunden 141. 

Lungengymnastik  147. 

Lungenkranke  (s.  a.  Lungentubercu- 
lose,  Lungenschwindsucht,  Phthisis, 
Tuberculose),  Behandlung  der  An- 
orexie ders.  durch  Kalt«  161;  Ge- 
radehalter für  157 ;  Trennung  ders. 
nach  Stadien  und  von  anderen 
Kranken  157. 

Lungenlappen,  accessorischer  36. 

Lungenschwindsucht  (s.  a.  Lungen- 
tuberculose.  Lungenkranke,  Phthi- 
sis, Tuberculose)  150;  Magenbe- 
schwerden im  Anfangsstadium  ders. 
152. 

Lungenspitzen,  Dämpfung  an  dens. 
ohne  pathologischen  Befund  141; 
Percussion  der  141. 

Lunffentuberculose  (s.  a.  Lungen- 
schwind8ucht,Lungenkranke.  Phthi- 
sis, Tuberculose),  allgemeine  Be- 
handlung der  156;  Behandlung 
ders.  durch  Immobilisation  der 
kranken  Seite  162;  Gewichtsver- 
änderungen im  Verlauf  der  157; 
Hydrotherapie  bei  156;  Kreosot  um 
carbonicum  und  Ammonium  sulfo- 


Sachregister. 


785 


ichthyolicnm  bei  156;  Larynxaffec- 
tionen  bei  534;  Mischinfection  bei 
151 ;  Ochsenserum  bei  162;  Oleum 
camphoratum  bei  156;  Tuberculin 
T.  R.  bei  155. 

Lungenverdichtung  161. 

Lupus,  Calomelinjectionen  bei  558; 
erythematosus  551 ;  Kalium  hyper- 
manganicum  bei  559;  Sarkom  auf 
549;  der  Thränenwege  473;  Tuber- 
culin bei  559. 

Lustmord  131. 

Luzatio  iliaca,  blutige  Reposition  der 
375;  obturatoria,  blutige  Reposi- 
tion ders.  375. 

Lymphangitis  im  Wochenbett  412. 

Lymphdrüsen  und  Infection  9. 

Lymphe,  Bacterien  der  758. 

Lymphosarkom  des  Dünndarms  224; 
der  Zungentonsille  528. 

Lysol  gegen  Pityriasis  yersicolor  552; 
Vergiftung  mit  675. 

Lysolvergiftung  im  Wochenbett  411. 

Lyssa  296;  immunisirende  Eigen- 
schaften der  Galle  bei  296;  Im- 
pfung der  Cornea  mit  296;  The- 
rapie 297. 


M. 


Macula  lutea,  Sitz  der  456. 

Magen  203;  Antiseptica  für  den  218; 
und  Arzneien.  213,  645;  Chirur- 
grie  dess.  213;  und  Darmfunc- 
tionen  214;  Hyperacidität  dess. 
211;  motorische  Insufßcienz  dess. 
207 ;  und  Lungenschwindsucht  212; 
totale  Resection  dess.  213;  Syphilis 
dess.  210;  Untersuchung  von 
Schleimhautfetzen  dess.  207 ;  Unter- 
suchung dess.  durch  Röntgen- 
strahlen 205; 

Magenatrophie  und  perniciöse  An- 
ämie 209 ;  und  Fylorushypertrophie 
209. 

Magenbewegung  203. 

Hagenblutung,  Heisswasserirrigation 
bei  213. 

Magencarcinom,  Operation  dess.  357. 

Magendarmkanal,  Myom  dess.  224. 

Magendarmkrankheiten ,        DrÜsen- 
schwellnng  bei  chronischen  —  der 
£[inder  595;  Ursachen  und  Behand- 
lung der  —  der  Säuglinge  590.       | 
Jahrbacb  der  practischen  Medicin.    1899. 


Magendarmschleimhaut,  hyaline  Kör- 
per in  der  89. 

Magendrüsen  im  Oesophagus  39. 

Magendurchleuchtung  205. 

Magengährung  204;  diagnostische 
Bedeutung  der  204. 

Magengeschwulst,  papilläre  209. 

Magengeschwür  (s.  a.  Ulcus  rotuu- 
dum),  perforirendes ,  Behandlung 
dess.  360. 

Magenkrankheiten,  Diagnostik  von, 
durch  Jodkapseln  205;  chemische 
Diagnostik  der  205;  im  Anfangs- 
stadium der  Phthise  152;  und  Te- 
tanie 208. 

Magenkrebs,  Blutkörperchenzählung 
bei  210;  Pepsin  bei  210. 

Magenphoto^phie  206. 

Magenresection  nach  Kocher  857; 
totale,  Bildung  eines  magenähn- 
lichen Blindsacks  nach  einer  solchen 
358;  und  Dampfbäder  638;  und 
Gastroenterostomie  212;  und  Mi- 
neralwässer 212. 

Magenverdauung.Neuenahrer  Sprudel 
und  625;  der  Säuglinge  578. 

Magnesiumsulfat  bei  Dysenterie  288. 

Malaria  283;  Augenstörungen  bei 
488 ;  Behandlung  der  Splenomegalie 
bei  287 ;  Ghinoline  und  Phosphine 
bei  286;  Diazoreaction  bei  286; 
Euchinin  bei  286;  und  Grundwasser 
284;  Leukocytose  bei  285;  Methy- 
lenblau bei  286;  Myrrhen  bei  287 ; 
Nephritis  infolge  von  242;  Para- 
siten der  283,  744;  ohne  auffind- 
bare Plasmodien  284;  tropische  18, 
746;  Sehstörungen  bei  285;  im 
Wochenbett  411. 

Malarin  655. 

Mal  perforant  81. 

Mamma,  Cysten  ders.  44. 

Marchi-Färbung  72. 

Marienbader  Cur  bei  Fettsucht  306. 

Markfasemgebalt  der  Centralwindun- 
gen  54. 

Markscheidenentwickelung  im  Ge- 
hirn 54. 

Masern  603;  Complicationen  der  603; 
Koplik*sche  Flecke  bei  603 ;  Schul- 
hygiene bei  737;  schul  hygienische 
Reformen  bei  788. 

Massage  bei  Erkrankung  der  Ham- 
organe  262;  des  Trommelfells  449. 

Mastdarm,  syphilitisches  Geschwür 
dess.  40;  —  strictur  224. 

50 


786 


Sachregister. 


Mastoiditis,  Facbymenigitis  externa 
bei  acuter  503. 

Maul-  undElauenseuche^Gommissions- 
bericht  über  297. 

MeckeFscbes  Divertikel,  Intussnscep- 
tion  eines  solchen  364. 

Mediastinum  y  Dermoidcysten  im  — 
anticum  354;  QeschwÜlste  dess. 
167;  Krankheiten  dess.  164. 

Medulla  oblongata,  Blutschntz  ders. 
70;  Krankheiten  ders.  70. 

Melaena,  aussergewöhnlicher  Sitz  der 
Blutung  bei  690;  der  Neugeborenen 
416. 

Melanoplakie  108. 

Meningitis  16;  Kemig^sches  Sym- 
ptom bei  584;  Trepanation  und 
Drainage  bei  69;  bei  Typhus 
271. 

Meningitis  cerebrospinalis  (s.  a.  Gere- 
brospinalmeningitis)  mit  doppel- 
seitiger Otitis  504;  serosa,  nach 
Mittelohreiterungen  504;  syphili- 
tica, Syringomyelie  bei  76;  tuber- 
culosa  imd  Lumbalpunction  68; 
ventricularis  69;  bei  Zahncaries 
68. 

Menstruation  und  Baineotherapie 
622;  und  Lactation  414. 

Mentholum  valerianum  bei  Migräne 
109. 

Messerklinge ,  unterlassene  Entfer- 
nung einer,  aus  dem  Gehirn 
698. 

Metakresolanytol  bei  Erysipel  282, 
542. 

Methylenblau  bei  Malaria  286;  bei 
Migräne  109 ;  zum  Zuckemachweis 
im  Harn  283. 

Metreuryse  398. 

Metrorrhagie,  Excision  des  Endo- 
metriums bei  424 ;  Liquor  aluminii 
acetici  bei  422;  Liquor  ferri  bei, 
im  Klimakterium  422;  Styptidn 
bei  422. 

Migräne  (s.  a.  fiemicranie)  108;  ar- 
thritische  Anfälle  bei  108;  atypi- 
sches Flimmerskotom  bei  108; 
mechanische  Behandlung  der  109; 
Psychosen  bei  108;  Therapie  der 
109. 

Mibroorganismen  in  der  Conjunctiva 
459;  als  Ursachen  von  Nerven- 
affectionen  49. 

Mikrosporie  in  Hamburg  558. 

Milch,  Infection  der,  durch  Typhus 


abdominalis  269;  künstliche  577; 
Pa8teuri8irapparate722;  Tuberkel- 
badllen  in  der  722;  Tuberculose 
und  — Versorgung  722;  Verbreitung 
des  Typhus  durch  752. 

Milchmalzsuppe  zur  Ernährung  von 
Säuglingen  598. 

Milchsecretion  (s.  a.  Lactation),  Ein- 
fluss  der  Somatose  auf  die  414. 

Militärhygiene  761. 

Milz  89;  und  Infection  9;  Total- 
nekrose  der  89. 

Milzbrand  295;  gewerbliche  — infec- 
tion 720;  Heüserum  gegen  296; 
der  Lunge  163, 295;  der  Nase  296; 
bactericide  Wirkung  der  venösen 
Stauung  bei  295. 

Milzbrandbacterien ,  Wirkung  des 
Formalins  auf  295. 

Milzbrandimmunität  7. 

Mineralwasser  und  Gallenabsonde- 
rung 626. 

Mineralwässer,  indifferente  621 ;  und 
Magensecretion  212. 

Miotica,  Wirkungsweise  der  658. 

Mischinfection  12;  bei  Diphtherie 
598;  bei  Lungentuberculose  151. 

Missbildung  34. 

Missed  labour ,  üterusamputation 
bei,  infolge  Atresie  407. 

Mitralfehler,  die  linke  Kammer  bei 
dens.  187. 

Mitralstenose,  Herz  bei  87. 

Mittelohr,  primärer  Krebs  dess.  518; 
Sarkom  dess.  513. 

Mittelohraffectionen,  Drucksonde  bei 
499. 

Mittelohreiterung,  Antistreptokokken- 
serum  bei  503;  sterile  BaumwoUe- 
tampons  bei  502;  Complicationen 
bei  511;  Diplococcus  Weichsel- 
baum bei  498;  Extraction  von 
Hammer  und  Amboss  bei  508; 
Labyrinthaffectionen  bei  514;  Me- 
ningitis serosa  nach  504;  Indica- 
tionen  zur  operativen  Behandlung 
der  505 ;  Radicaloperation  bei  chro- 
nischer 506;  elektrischer  Bohrer 
bei  Radicaloperation  der  507 ;  Pla- 
stik bei  Radicaloperation  der  507 ; 
Erhaltung  der  retroauricolaren 
Oeffhung  nach  Radicaloperation 
bei  505. 

Mittelohrkatarrh,  Lufbverdünnnng  im 
äusseren  Gehörgang  und  Kathe- 
terismus bei  chronischem  499. 


Sachregister. 


787 


Monochloreesigsänre  bei  Xanthom 
548. 

Monog^phieen  aus  der  Arzneimittel- 
lehre und  Toxikologie  680;  aus  der 
Augenheilkunde  488;  aus  der  Bac- 
teriologie  46;  aus  der  Chirurgie 
382;  über  Constitutionskrankheiten 
316;  aus  der  Dermatologie  562; 
aus  der  Geburtshülfe  452;  aus  der 

gerichtlichen  Medicin  705;  aus  dem 
«biet  der  Geschlechtskrankheiten 
574;  aus  dem  öffentlichen  Gesund- 
heitswesen 765;  aus  der  Gynäko- 
logie 453;  der  Krankheiten  der 
Hamorgane  263;  über  acute  In- 
fectionskrankheiten  und  Zoonosen 
297 ;  aus  der  Elimatolo^e»  Balneo- 
logie und  Hydrotherapie  642;  der 
Krankheiten  der  Kreislaufsorgane 
196 ;  über  Krankheiten  der  Lunge, 
des  Brustfells  und  des  Mediasti- 
nums 167 ;  über  Nervenkrankheiten 
115;  aus  der  Ohrenheilkunde  518; 
aus  der  Pädiatrie  609;  aus  der 
allgemeinen  pathologischen  Ana- 
tomie 46;  über  Baychosen  139;  aus 
der  Rhinolaryngologie  539;  der 
Krankheiten  der  Verdauungsorgane 
228. 

Monoplegie,  spinale,  des  rechten 
Beins  74. 

Mont-Dore  627. 

Morbus  Brightii  (s.  a.  Nieren,  Ne- 
phritis), Albuminurie,  Hydrämie 
und  Hydrops  bei  243. 

Morbus  Weilii  (s.  a.  Weirsche  Krank- 
heit) 289. 

Morphium,  Derivate  dess.  652;  — Ver- 
giftung bei  zwei  Erwachsenen  689; 
— ver^ftung  bei  zwei  Kindern  689; 
und  Wehenthätigkeit  396,  653. 

Morphiumintoxication,  Alteration  des 
Centralnervensystems  bei  55. 

Morvan*sche  Krankheit,  Lepra  und 
Syringomyelie  77. 

Mumps,  s.  Parotitis  epidemica. 

Mundkrankheiten  520. 

Mundsperrer  520. 

Mundwasser,  Lippenekzem  durch  542. 

Musculus  erector  trunci,  subcutane 
Ruptur  des  704. 

Muskeln,  Activitätshypertrophie  der 
85;  Kemzahl  der  29;  Krankheiten 
der  85;  Nervenverzweigungen  in 
den  48 ;  rheumatische  Schwiele  der 
86;  schwielige  Entartung  der  85. 


Muskelatrophie  und  Contracturen 
nach  Hemiplegie  57 ;  bei  multipler 
Sklerose  83. 

Muskelbeschäftigung  53. 

Muskelbewusstsein,  Localisation  dess. 
64. 

Muskelechinokokken,  multiple  336. 

Muskelschwund  Unfallverletzter  333, 
703. 

Muttermund,  Cocain  bei  Rigidität 
dess.  400. 

Myasthenia  87 ;  pseudoparalytica 
gravis  mit  intermittirender  Oph- 
thalmoplegie 87. 

Mydriasis  durch  Euphthalmin  463; 
durch  Hyoscin  und  Scopolamin 
464. 

Mydriatica,  Wirkungsweise  der  658. 

Myelitis  76;  acuta  76;  puerperalis  76; 
transversa  superior,  Reflexe  bei 
ders.  76. 

Mylius*8cher  Liquor  Golchici  compo- 
situs,  Vergiftung  mit  dems.  689. 

Myocard,  Hypertrophie  dess.  29. 

Myocarditis,  acute,  diffuse  188. 

Myome  des  Magendarmkanals  224, 
360. 

Myopie,  Operation  der  470. 

Myosarkom  des  Uterus  43. 

Myositis  interstitialis  und  parenchy- 
matosa  86;  ossificans  45. 

Myotomie  (s.  auch  Hysterektomie, 
Hysteromyomektomie),  abdominale 
432;  Adenoma  malignum  cervicis 
nach  434;  Gardnom  der  Gerviz 
nach  434;  strömender  Wasser- 
dampf bei  442. 

Myotonie  113. 

Myrrhen  bei  Malaria  287. 

Myxödem  105;  Albumosurie  bei  239; 
infantiles  105;  Pathogenese  dess. 
107;  Pathologie  dess.  106;  Schild- 
drüsentherapie bei  dems.  106. 

Myxom  der  Oberkieferhöhle  527. 


N. 


Nabelbrüche  bei  Neugeborenen  415; 

Operation  der  365. 
Nabelschnur,    Verblutung    aus    der 

unterbundenen  691. 
Nabelverband,    Alkohol    beim,    der 

Neugeborenen  413. 


2 


788 


Sachregister. 


Nachgeburt,  forensische  Bedeutung 
ihrer  Autopsie  692. 

Nachgeburtsperiode  409;  Blutstillung 
in  der  409. 

Nadelhalter  417. 

Nägel,  Ablösung  der  550. 

Nähmaschinenarbeit,  Einfluss  ders. 
auf  die  weiblichen  Genitalien  416. 

Nageltroicart  zur  Function  der  Ober- 
kieferhöhle 522. 

Nahrung,  Folgen  kalkarmer  45. 

Nahrungsmittel,  Fälschung  der,  und 
ihre  Bekämpfung  725;  Hygiene  der 
721. 

Nahtmaterial,  Asepsis  dess.  323. 

Naphthalan  561,  660;  bei  Ekzem  543. 

Narcotica  650. 

Narkose,  s.  a.  Anästhesie,  Anästhe- 
sirung;  mit  Chloroformäther  417; 
Wiederbelebungs  -  Methoden  bei 
Asphyxie  nach  819. 

Nase,  Angiomyxom  der  525;  Eite- 
rungen in  den  NebenhöÜen  der 
526;  Epitheliom  der  549;  Krank- 
heiten der  520,  524;  Nebenhöhlen 

'  der  526;  Syphilis  der  525;  sterile 
Tupfer  bei  Operationen  an  der 
520. 

Nasenerkrankungen  und  Augenaffec- 
tionen  486. 

Nasenrachenraum,  chronischer  Ka- 
tarrh dess.  530;  Krankheiten  dess. 
520;  Polypen  dess.  530. 

Nasenscheere  521. 

Nasenscheidewand,  Resection  der  526. 

Nasenspeculum  520. 

Natrium  phosphoricum  gegen  Pso- 
riasis 546. 

Nebenniere  42;  Hypertrophie  der  42; 
am  Nebenhoden  42. 

Nebennierenextract  in  der  Augen- 
praxis 463. 

Nebennierensubstanz  670. 

Nebenschilddrüsen  36. 

Nephritis,  s.  a.Nieren,  Morbus  Brightii ; 
Augenmuskel] ahm ungen  bei  487; 
Blut  bei,  und  Urämie  244;  chronica, 
Behandlung  246;  chronica,  Diät 
bei  248;  Differentialdiagnose  der 
verschiedenen  Formen  241 ;  eitrige 
252;  durch  Erkältung  242;  Hämat- 
urie bei  chronischer  238;  haemor- 
ragica,  Therapie  246;  infolge  Ma- 
laria 242 ;  obstructive  242 ;  Patho- 
genese des  Oedems  bei  243;  bei 
Pneumonie  242 ;  Salzwasserklysmen 


bei  248;  scarlatinosa,  Aderlass  bei 
246;  bei  Typhus  242. 

Nephrolithiasis ,  s.  a.  Nierenstein, 
Steinkrankheit;  249;  Diagnose  der, 
durch  Röntgenstrahlen  821;  im 
Kindesalter  250;  und  Rückenmark 
249;  Symptomatologie  und  Dia- 
gnose 249. 

Nerven,  motorische  48;  periphere, 
Krankheiten  ders.  88;  periphere, 
ihre  Regeneration  27 ;  trophiflche  46. 

Nervenendigung  in  den  Central- 
organen  54;  sensible,  im  Herzen 
und  in  den  Blutgefössen  der  Säuge - 
thiere  174. 

Nervendurchschneidung ,  Knochen 
nach  48. 

Nervenkrankheiten  47;  Behandlung 
ders.  durch  mechanische  Haut- 
reize 58;  Lehrbücher  und  Mono- 
graphieen  116;  Mikroben  und 
Toxine  als  Ursache  von  49;  Pyra- 
miden bei  54;  nach  Unfällen  114, 
115. 

Nervensystem,  Anatomie  dess.  bei 
magendarmkranken  Säuglingen 
584;  bei  chron.  Schwefelkohlen- 
stoffvergiftung 50. 

Nervenwurzeln  des  Rückenmarks  bei 
Hirntumoren  72. 

Nervenzellen  und  graue  Substanz  47; 
nach  Intoxicationen  48 ;  des  Rücken- 
marks bei  Infectionen  74. 

Netzhaut,  s .  a.  Retina ;  — ablösung  485. 

Neubildungen,  s.  a.  Tumoren,  Ge- 
schwülste; 29;Behandlang  maligner, 
an  den  langen  Röhrenknochen  339; 
Qlaukom  und  intraoculare  483; 
parasitäre  Genese  der  29. 

Neuenahrer  Sprudel,  Magenverdau- 
ung und  625. 

Neugeborene,  Alkohol  beim  Nabel- 
verband ders.  418 ;  Baden  ders.  413 ; 
Geschlecht  ders.  und  Lebensalter 
der  Erzeuger  412;  Krankheiten 
ders.  412,  581;  Bestimmung  ihrer 
Lebensdauer  aus  der  Beschaffen- 
heit der  Nabelschnur  691 ;  Melaena 
bei  dens.  416;  Nabelbruch  bei  dens. 
415;  Schädelform  ders.  und  Ge- 
burtsmechanismus 412. 

Neuralgieen,  Aetherspray  bei  88;  heisse 
Lufl  bei  88;  Pathologie  und  Thera- 
pie der  88;  bei  Radfahrern  94. 

Neurasthenie  101 ;  mit  Arteriosklerose, 
Therapie  dieser  Combination  101: 


Sachregister. 


789 


Hunger  bei  101;  Polsphänomen 
bei  101. 

Neuritis  degenerativa  bei  Tnber- 
culose  89;  bei  Gicht  89,  307;  go- 
norrhoica 88;  multiple,  Rücken- 
marksTemnderungen  bei  ders.  89. 

Neuroglia,  Methode  zur  Untersuchung 
der  47. 

Neurom  31. 

Neurosen,  s.  a.  Nenrenkrankheiten; 
95,  107;  functionelle,  Aetiologie 
ders.  95;  klimakterische  96;  und 
örtliche  Erkrankungen  95. 

Nieren,  s.  a.  Nephritis,  MorbusBrightii ; 
Adenosarkom  der  33;  Alteration 
der,  bei  Obstipation  243;  beweg- 
liche 257;  Echinokokken  der  255; 
Lage  derselben  230;  Physiologie 
der  230;  Tuberculose  der  254; 
Tumoren  der  254;  Tumoren  der, 
bei  Eindem  255;  Syphilis  der  243; 
Zusammensetzung  des  Urins  jeder 
ders.  230. 

Nierenaffectionen  235;  Beeinflussung 
7on,  durch  Unfall  704. 

Nierenblutung  ohne  Substrat  237. 

Nierenchirnigie  369. 

Nierenexstirpation  370. 

Nierengeschwfilste  bei  Eindem  597. 

Niereninsufficienz,  Diagnose  der  285. 

Nierensteine,  s.  a.  Steinkrankheit, 
Nephrolithians ;  und  Röntgen- 
sti-ahlen  250. 

Nierentuberculose,  primäre  254;  in- 
terne Therapie  der  255. 

Nirvanin  657. 

Nucleohistonurie  bei  Pseudoleukämie 
240. 

Nutrose  671. 


0. 


Oberkiefer,  Osteomyelitis  dess.  527; 
Tuberculose  dess.  bei  kleinen  Ein- 
dem 527. 

Oberkieferhöhle,  Myxom  der  527. 

Obstipation,  Nierenerscheinungen  bei 
243. 

Ochsenserum  bei  Lungentuberculose 
162. 

Oedem,  s.  a.  Hautwassersucht ,  Hy- 
drops; acutes,  circumscriptes  .547; 
acutes,  des  Eehlkopfs  533;  und  In- 
f ection  8 ;  mechanische  Behandlung 
dess.  182;  neurotisches  89;  Patho- 
genese  dess.  bei  Nephritis  243. 


Oesophagoskopie  198. 

Oesophagus,  s.  a.  Speiseröhre;  197; 
Magendrusen  im  39;  Besection  des 
353;  -Trachealfistel  202. 

Oesophagusschleimhaut,  Bau  der  197. 

Oesophagusstricturen ,  Behandlung 
der  202 ;  Eucain  bei  202 ;  bei  Typhus 
270. 

Ohr,  Carcinom  dess.  514;  Chorea 
minor  bei  Fremdkörpern  im  496; 
Fremdkörper  -  Extractionsrersnche 
am  falschen  496;  FunctionEpr&fang 
dess.  493;  GraTiditfitsvaricen  am 
äusseren  496;  Revolverkugel  im 
497;  Todesfall  nach  Fremdköiper- 
extraddon  aus  dem  497;  trauma- 
tische Affectionen  am  inneren  517. 

Ohrenheilkunde,  Lehrbücher  und 
Monographieen  518. 

Ohren krankheiten  491;  und  Endocar- 
ditis  518;  Geschmackslähmungea 
bei  492;  Pathologie  und  Therapie 
der  493;  Seebäder  bei  493. 

Ohrensausen  494;  Cimicifugaraoemon 
gegen  494. 

Ohrmuschel,  Operation  b^  Büdui^gB- 
fehlem  der  495. 

Ohrverletzung  durch  Enallerbsen  498. 

Oleum  camphoratum  bei  Lungen- 
tuberculose 156. 

Oophorin  bei  Osteomalacie  316. 

Operationen,  Psychosen  nach  124. 

Operationshandschuhe  324;  aus  Tri- 
cotstoff  386. 

Operationskapuze  325. 

Operationslehre  322. 

Operationssaal,  Asepsis  dess.  325. 

Operationstisch  417. 

Ophthalmia  (s.  a.  Augenentzündnng, 
Bindehautentzündung,  Conjunctivi- 
tis, Trachom)  neonatorum,  Aigent- 
amin  als  Prophylacticum  gegen, 
465;  sympathijBche  481. 

Ophthalmoplegia  exterior  70. 

Opium,  Yergätung  mit,  und  seinen 
Alkaloiden  689. 

Opium- Brombehandlung  der  Epilep- 
sie 97,  98,  99. 

OptiBusatrophie  bei  Hypophysistamor 
62. 

Orbitalphlegmone  nach  Empyem  der 
Oberkieferhöhle  474;  nach  Tbränen- 
sackoperationen  473. 

Orbitaltnrooren,  Jod  bei  468. 

Organotherapeutieche  Präparate  669. 

Orthoform  327,  561,  656;  bei  Cysti- 


790 


Sachregister. 


tis  260;  bei  Heufieber  523;  bei 
intramusculären  Injectionen  574; 
neues  523;  in  der  Rhino-Larjngo- 
logie  523;  Schicksal  dess.  657. 

Orthopädie  bei  Tabes  82. 

Orthopädische  Apparate,  Thierhaut 
als  Material  für  331. 

Osteomalacie  315 ;  Kaiserschnitt  mit 
Castration  bei  407 ;  Pathologie  und 
Therapie  der  315;  Stoffwechsel  bei 
315. 

Osteomyelitis  10;  acuta  am  Kreuz- 
bein 336;  multiple,  nach  Otitis 
media  acuta507;  des  Oberkiefer8527. 

Osteosarkom  der  Lunge  und  seine 
Diagnose  durch  Röntgenstrahlen 
162. 

Otitis  externa,  Alkohol  bei  496;  media, 
Augenmuskellähmungen  bei,  puru- 
lenta  502;  Cerebrospinalmeningitis 
mit  doppelseitiger  504 ;  Ernährungs- 
störungen bei,  der  Säuglinge  501. 
Facialislähmung  bei  acuter  502; 
intracranielle  Oomplicationen  der 
509;  multiple  Osteomyelitis  nach 
acuter  507;  der  Säuglinge  und  ihre 
Folgen  501. 

Otomykosis,  Borsäure  und  Zinkoxyd 
bei  496. 

Ovarialchirurgie,  conservative  439. 

Ovarialcysten,  Giftigkeit  des  Inhalts 
ders.  43. 

Ovarialtumoren,  Axendrehung  des 
Uterus  bei  430. 

Ovarium,  s.  a.  Eierstock;  438;  Der- 
moide und  Teratome  dess.  440; 
Echinococcus  im  rechten  439;  Er- 
haltung dess.  bei  Operationen  an 
den  inneren  Genitalien  438,  439; 
Ignipunctur  dess.  489 ;  Kystom  dess. 
und  Wochenbett  439;  Resection 
dess.  489. 

Ovariotomie,  Stielversorgung  bei  445 ; 
vaginale  446. 

Oxytuberculin  158. 

Ozaena,  Kupferelektrolyse  bei  525. 

P. 

Pachymeningitis  externa  bei  acuter 
Mastoiditis  503. 

Pankreas  41,  227;  Fettnekrose  des 
228;  und  Verdauung  227. 

Pankreascyste  369. 

Pankreasextract  bei  Diabetes  mel- 
litus 305. 


Pankreaskolik  und  Diabetes  302. 

Pankreasnekrose  868. 

Pankreatitis,  chronische  interstitielle 
228;  purulenta  41;  syphilitica  41. 

Paralysis  agitans  und  multiple  Skle- 
rose 83. 

Paralysis  progressiva  133;  anato- 
mische Diagnose  der  134;  die  de- 
mente Form  ders.  135;  und  Lues 
134;  und  Lues  cerebri  135;  bei 
Mutter  und  Kind  136;  nach  an- 
deren Psychosen  186 ;  Pruritus  bei 
551 ;  Veitoderungen  der  Vorder- 
homzellen  bei  ders.  119. 

Paranoia,  acute,  periodisch  einfache 
702;  quaerulatoria  701. 

Parasiten  1 ;  bei  Leukämie  313 ;  thie- 
rische  20. 

Parenchymzellenembolie  28. 

Parotis,  Tuberculose  der  348. 

Parotitis  epidemica  283;  seltene  Oom- 
plicationen der  288. 

Parovarialcysten,  Giftigkeit  ihres  In- 
halts 48. 

Pasteur^sche  Impfungen,  Lähmungen 
nach  dens.  49. 

Patellarfractur,  Behandlung  frischer 
375. 

Patellarluxation,  angeborene  376. 

Pathologie,  allgemeine  1. 

Paukenhöhle ,  Johannisbrodkem  in 
der  497 ;  Massage  des  Trommelfells 
bei  Sklerose  der  499. 

Pavillonsystem,  zur  Geschichte  dess. 
763. 

Pellagra  in  Ungarn  545. 

Penis,  suprasymphysäre  Implantation 
der  Harnröhre  und  des,  in  die 
Blase  372. 

Pentosen  bei  Diabetes  305. 

Pepsin,  antizymotische  Kxaft  dees. 
212;  bei  Magenkrebs  210. 

Peptonurie  nach  Heilserum  602. 

Percussion,  palpirende  145. 

Perforationsperitonitis,  Heilung  ders. 
bei  Typhus  272 ;  operative  Behand- 
lung 356. 

Pericarditis,  chirurgische  Behandlung 
der  eitrigen  191 ;  im  Kindesalter  589. 

Peritoneum,  s.  a.  Bauchfell;  Entzün- 
dung dess.  24. 

Peritonitis,  chronica  non  tuberculosa 
356 ;  bei  Kindern  596 ;  tuberculose. 
bei  Kindern  597. 

Peronin  138,  652. 

Pertussin  bei  Keuchhusten  587. 


Sachregister. 


791 


Peet  16,  291;  in  Bombay  17;  Dia- 
gnose 293;  Historisches  291;  in 
Indien  16;  Pi^ventivirnpfung  gegen 
293;  Prophylaxe  der  293;  Serum 
ffegen  293;  Symptome  der  292; 
Verbreitiingsweise  der  291;  Ver- 
breitung der,  durch  Frösche  291; 
Verbreitung  der,  durch  Insecten 
291 ;  in  Wien  17,  292. 

Pestbadllen  292;  Toxine  der  17; 
Widerstandsföhigkeit  ders.  17. 

Pestheerd  in  Afrika  16 ;  in  China  291. 

Pestschutz  760. 

Pflanzenäsche  bei  Gicht  307. 

Phagocytose  10. 

Pharyngitis  chronica  hyperplastica 
580. 

Pharynx,  s.  a.  Rachen;  Leukoplakia 
des  529. 

Phenacetin  bei  Influenza  278. 

Phenol,  Desinfection  mit,  u.  Salzen  742. 

Phenosol  654. 

Phesin  655;  bei  Influenza  277. 

Phlebitis  im  Wochenbett  412. 

Phosphine  bei  Malaria  286. 

Phosphor  bei  Osteomalacie  316;  bei 
Rachitis  604;  Vergiftung  mit  679. 

Phosphorlähmung  684. 

Phosphorvergiftung  26« 

Photographie  des  Mageninnern  206. 

Phthisis,  s.  a.  Lungenkranke,  Lungen- 
tuberculose ,  Lungenschwindsucht, 
Tuberculose ;  und  Magen  212 ;  Frei- 
luftbehandlung der,  in  England  620. 

Pigment  25. 

Pikrinsäure  bei  Brandwunden  und 
Ekzem  543. 

Pilocarpin  bei  rheumatischer  und 
syphilitischer  Iritis  465. 

Pistyan,  Karlsbad  und,  bei  Gicht  628. 

Pityriasis,  Lysol  gegen,  ver8icolor552; 
rubra  pilaris  am  Auge  544. 

Placenta,  Expression  der  409. 

Placentarpolypen  in  der  Tube  393. 

Plasmazellen  25,  541. 

Plessästhesie  145. 

Pleura,  Entzündung  der  24. 

Pleuraempyem  bei  Kindern  587. 

Pleuraexsudat,  neuer  Parasit  in  jau- 
chigem 166. 

Pleurasugillationen  infolge  von  Ab- 
kühlung 144. 

Pleuritis  164;  diaphragmatica  165; 
hämorrhagische,  bei  Kindern  586; 
Thierversuche  über  Schwarten  und 
Membranen  bei  165 ;  bei  Typhus  271 . 


Pneumatische  Therapie  146* 

Pneumokokken^  ihre  Virulenz  15. 

Pneumonie,  s.  a.  Lungenentzündung; 
15 ;  Bacteriologie  ders.  bei  Negern 
150 ;  Epidemie  von  149 ;  Nephritis  bei 
242 ;  Serumtherapie  ders.  150 ;  zeit- 
liches Auftreten  der  croupösen  150. 

Pneumotomie  355. 

Pneumothorax  166;  gasbildende  Bac- 
terien  bei  166. 

Pocken  755. 

Pockenepidemie  757. 

Poliomyelitis  84;  acuta,  Aetiologie 
84;  acuta  der  Erwachsenen  §^; 
anterior  subacuta  84. 

Pollakiurie  262;  hysterische  306. 

Pollutionen  102. 

Polyarthritis,  s.  a.  Rheumatismus, 
Gelenkrheumatismus;  280;  Aetio- 
logie 280;  Guajakolcarbonat  bei 
282;  Salicylmeth^läther  bei  281; 
Salophen  und  Salicylsäure  bei  281 ; 
Symptomatologie  280 ;  Therapie 
281;  Wärme  bei  282;  Betheiligung 
der  Wirbelsäule  bei  281. 

Polyneuritis,  recurrirende  89. 

Polypen  des  Nasenrachenraumes  530. 

Polyurie,  hysterische  306. 

Porokeratosis  543. 

Porrooperation  und  Gonorrhoe  406; 
bei  bestehender  Infection  407. 

Posticuslähmungen  537. 

Prima  intentio,  Bacterien  und  326. 

Primäraffect  an  den  oberen  Luft- 
wegen 569. 

Prolaps  der  weiblichen  Genitalien 
418 ;  Exstirpation  von  Scheide  und 
Uterus  bei  419;  Massage  bei  418. 

Prolapsoperation,  Technik  der  41b. 

Prostatahypertrophie ,  Bottini'sche 
Operation  bei  373;  Cystotomia  su- 
prapubica  bei  873. 

Prostatamassage  565. 

Prostatitis  gonorrhoica  565. 

Protargol  gegen  Conjunctivitis  blen- 
norrhoica  466 ;  bei  Gonorrhoe  564 ; 
bei  Gonorrhoe  des  Weibes  450. 

Proteus,  pathogener  11. 

Protozoen  19. 

Prurigo  552. 

Pruritus  bei  progressiver  Paralyse  551. 

Pseudoaktinomykose  18. 

Pseudobulbärparalyse  70. 

Pseudodiphtheriebacillen  13. 

Pseudohermaphroditismusmasculinus 
418. 


792 


Sachregister. 


Pseudoleukämie  313;  acute  314;  Nu> 
cleohistonurie  bei  240. 

Pseudomelanose  25. 

Pseudoparalysis  syphilitica  im  Ein- 
desalter  584. 

Pseadotuberkelbacillen  152. 

Psoriasis,  atypische  545 ;  und  Balneo- 
therapie 623;  und  Diabetes  302; 
Natrium  phosphoricum  gegen  546. 

Psyche,  Einfluss  desHungers  aufdiel23. 

Psychiatrie  118. 

Psychose,  Heilung  einer  solchen  nach 
Exstirpation  der  inneren  Genitalien 
433 ;  und  Katalepsie  bei  Icterus  225. 

Psychosen  bei  Garcinom  126;  bei 
Diabetes  127;  Veränderungen  der 
Gauglienzelle  bei  119 ;  des  Greisen- 
alters 125;  bei  Herzkranken  127; 
Hydrotherapie  bei  137;  bei  Jodo- 
formintoxication  133;  bei  Eopro- 
stase  125 ;  beim  Militär  128 ;  Mo- 
nographieen  nnd  Lehrbücher  der 
139;  nach  Operationen  124;  spe- 
cielle  Pathologie  der  124;  poly- 
neuritische  (Korsakow*sche)  128 ; 
posthemikranische  108;  beiSalicyl- 
säureintozication  132 ;  in  den  Tro- 
pen 126;  Typhusbacterienimpfun- 
gen  bei  138;  bei  Urämie  133,  245; 
im  Wochenbett  124. 

Puder,  hautfarbner  561. 

Puls,  diagnostische  Bedeutung  dess. 
174;  paradoxale  Frequenz  dess.  193» 

Pnlscurven,  ihre  diagnostische  Be-» 
deutung  175. 

Pulsfrequenz  in  der  pneumatischen 
Kammer  174. 

Pupillen,  Bahnen  der,  Reaction  456 ; 
Ueaction  und  Ganglion  ciliare  457. 

Pupillencentrum,  Lage  dess.  122. 

Pupillenstarre  im  hysterischen  Anfall 
100;  reflectorische  bei  Tabes  80. 

Purpura  546;  haemorrhagica  546; 
infectiöse  314. 

Pyämie,  otitische  508. 

Pyelitis,  Aetiologie  der  252 ;  medica- 
mentöse  Behandlung  254;  und 
Cystitis  253;  Hamleiterkatheteris- 
mus  bei  254;  bei  Typhus  272; 
Urotropin  bei  254. 

Pylorushypertrophie  und  Magenatro- 
phie 209. 

Pylorusstenose,  congenitale  589. 

Pylorustumor  210. 

Pyocyaneus  in  einem  Schilddrüsen- 
abscess  11. 


Pyoktanin  bei  Cystitis  260. 
Pyothoraz  165 ;  Behandlung  des  165. 
Pyramidon  656 ;  bei  Nervenaffectionen 

54. 
Pyrantin  655. 
Pyrosal  654. 
I^urie,  Urotropin  bei  565. 

Quecksilbersalbe,  Bereitung  der  gel- 
ben 468. 

Quecksilberseife  573. 

Quecksilbersuccinimid  als  'Eiweiss- 
reagens  231. 

Rachen  (s.  a.  Pharynx),  sterile  Tupfer 
bei  Operationen  am  520. 

Rachenblutung  530. 

Rachitis  604;  Phosphorbehandlung 
der  604. 

Radfahren,  sein  Einfluss  auf  das  Hers 
182;  Neuralgie  infolge  von  94. 

Radialis,  N.,  elektrische  Erregbarkeit 
des  94. 

Radialislähmung  nach  Epilepsie  97; 
nach     ContTaction     des     Tricep» 

,  brachii  382;  Heilung  ders.  durch 
Sehnenplastik  331. 

Rankenangiom,  Alkoholinjection  bei 
arteriellem  329. 

Rasirschanker  568. 

Reconvalescenten,  Fürsorge  für  lun- 
genkranke 752. 

Renexe  bei  Myelitis  transversa  su- 
perior  76. 

Refractionsanomalieen  des  Auges  469. 

Resectio  tibio-calcanea  330. 

Resorption  im  Dünndarm  40;  Re- 
sorption des  Eisens  40. 

Respirationsorgane ,  pathologische 
Anatomie  der  36. 

Retina  (s.  a.  Netshaut),  Pars  ciliaris^ 
der  455. 

Retina,  Embolie  der  Arteria  centralis 
486. 

Retinalhämorrhagie  bei  Arterio- 
sklerose 56. 

Retroflexio  uteri  426;  äussere  und 
innere  Alexander^sche  Operation 
bei  427;  Cuneo-Hysterectomia  va- 
ginalis bei  427;  Prophylaxe  der 
426;  vaginale  Verkürsung  der 
runden    Mutterbänder    bei    427: 


Sachregister. 


793 


Ventrifization  bei  426;  Vesico- 
fization  bei  426;  gravidi  387;  gra- 
▼idi,  Behandlung  der  Incarceration 
ders.  388. 

Rhabdomyom  30. 

Rhamnose  bei  Diabetes  305. 

Rheumatismas  (s.  a.  Polyarthritis,  Ge- 
lenkrheumatismus), Kehlkopfaffec- 
tionen  bei  281. 

Rhinitis  (s.  a.  Schnupfen)  diphthe- 
rica  bei  Scharlach  603 ;  polyposa  524. 

Rhinolo^e,  Lehrbücher  und  Mono- 
graphieen  539. 

Rlunoplastik,  partielle  525. 

Rhinosklerom  525. 

Rhinoskopie,  Röntgenstrahlen  in  der 
522. 

Rieselfelder  der  Stadt  Freiburg  i.B.7 1 1 . 

Rindenepilepsie,  Leitungsbahnen  und 
Pathogenese  der  66;  operative  Be- 
handlung ders.  67. 

Rindenfeld  des  Facialis  64 ;  der  Hinter- 
strangbahnen 64. 

Röhrenimochen ,  lange,  Enchondro- 
fibrom  und  solitäre  Cysten  ders. 
338;  lange,  Behandlung  bösartiger 
Tumoren  an  dens.  339 ;  lange,  Sar- 
kome ders.  338. 

Röntgenstrahlen  bei  Arteriosklerose 
196;  ihre  Wirkung  auf  Bacterien  1; 
bei  Blasensteinen  262;  in  der 
Chirurgie  321 ;  bei  Colitis  tuber- 
culosa  322;  bei  Fremdkörpern  im 
Auge  460;  in  der  Geburtshfllfe 
396;  und  Kriegschirurgie  322;  bei 
der  Magenuntersuchung  205;  und 
Nierensteine  250,  321;  Diagnose 
eines  Osteosarkoms  der  Lunge  durch 
162;  in  der  Rhinoskopie  522;  in 
der  Diagnostik  der  Tuberculose 
159;  bei  experimenteller  Tubercu- 
lose 154;  Wirkung  ders.  auf  Tu- 
berculose  159;  bei  intrathoracalen 
Tumoren  523. 

Roseola  bei  Influenza  277. 

Rothlaufbadllen  1. 

Rotz  297;  Serodiaenostik  bei  760. 

Rückenmark  und  Anämie  313; 
traumatische  Blutun|^en  um  und  in 
das  352;  Compression  dess.  75; 
Erschütterung  dess.  75;  Halbseiten- 
läsion  dess.  73;  Alteration  dess. 
bei  Hirndruck  72;  Krankheiten 
dess.  70;  Läsionen  dess.  und  Im- 
munität 266;  centripetale  Leitungs- 
bahnen im  71;  und  Nephrolitbiasis 


249;  Nervenzellen  dess.  bei  Infec- 
tionen  74;  Nervenwurzeln  dess.  bei 
Hirntumoren  72;  Veränderungen 
dess.  bei  multipler  Neuritis  89;  bei 
Tetanus  278. 

Rückenmarkshäute ,  Anatomie  und 
Physiologie  ders.  70. 

Rückenmarkenerven  93. 


S. 


Saccharin,  Nachtheile  dess.  305. 

Sachverständigenthätigkeit,ärztliche» 
in  Unfall-  und  Invalidensachen  703. 

Sackniere,  s.  a.  Hydronephrose;  256. 

Säugethierherz ,  Ganglienzellen  in 
dems.  173. 

Säugling,  Temperatur  dess.  581. 

SäugUngsemährung  mit  Buttermilch - 
suppe  594;  mit  Malzmilchsuppe  593. 

Säureintoxication  bei  Darmkrank- 
heiten der  Kinder  593. 

Saisonniers  547. 

Salbenstäbchen  bei  chronischer  Gk)- 
norrhoe  566. 

Salicylmethyläther  bei  Polyarthritis 
281. 

Salicylsäure  bei  Gicht  307. 

Salicylsäureintozication ,  Psychosen 
bei  132. 

Salophen  655;  bei  Polyarthritis  281. 

Salosantal  662;  bei  Cystitis  260. 

Salpetrige  Säure,  Inhalation  ders.  684. 

Salze,  Allgemeinwirkung  der  663. 

Salzwasserinfnsion  bei  Coma  diabeti- 
cum  305. 

Salzwasserklysmen  bei  Nephritis  248. 

Samenstrang,  Lipome  dess.  374. 

Sanatogen  672. 

Sanatorien,  Grösse  ders.  160;  bei 
Tuberculose  160. 

Sanduhrmagen,  Gastroanastomose 
bei  359. 

Sanoform  660;  bei  Hautkrankheiten 
560. 

Sapolentum  hydrargyri  573. 

Sarkom  31;  der  Aderhaut  481;  am 
inneren  Gehörgang  516;  des  Kehl- 
kopfs 537;  auf  Lupus  549;  des 
Mittelohrs  513;  der  langen  Röhren- 
knochen .338. 

Sarkomatose  der  Haut  548. 

Scabies,  Eudermol  gegen  552. 

Schädelbasis,  Fibrome  an  der  344. 

Schädeldefecte,  Deckung  ders.  343. 


794 


Sachregister. 


Schädelresection,  temporäre,  mit  der 
Gigli'schen  Drahtsäge  340. 

Schädeltrepanation  340. 

Scharlach  602;  und  Diphtherie  14; 
Hyperleukocytose  bei  602;  Rhinitis 
diphtherica  bei  603. 

Scharlachnephritis,  Aderlass  bei  246, 
602. 

Schenkelhemie,  äussere  365. 

Schilddrüse  86;  Bedeutung  der  37; 
und  Hypophysis  36;  Resection  der 
348. 

Schilddrüsengeschwülste  im  Kehlkopf 
538. 

Schilddrüsenmetastase  am  Femur  339. 

Schilddrüsentherapie  bei  Fettleibig- 
keit 106;  bei  Morbus  Basedowii 
106;  bei  Myxödem  106;  bei  infan- 
tilem Myxödem  105. 

Schinznacher  Therme  627. 

Schläfelappenabscesse,  Heilung  oti- 
tischer, durch  Operation  512. 

ScUäfenbein ,  Ghlorom  dess.  509; 
SchuBsverletzung  dess.  497. 

Schlaf,  Tiefe  dess.  121. 

Schlagende  Wetter  auf  Zeche  Karo- 
linenglück 685. 

Schlammbäder  bei  Gicht  308. 

Schlangengift,  Bindung  dess.  6;  Im- 
munität der  Igel  gegen  265. 

Schleich*sche  Infiltrationsanästhesie 
bei  Enucleation  des  Bulbus  oculi 
461. 

Schluckact  197. 

Schmerzen  aus  centraler  Ursache  64. 

Schmutzwässer,  Einleitung  der,  in 
Flüsse  713;  Reinigung  ders.  711. 

Schnecke,  Entwickelung  der  491; 
Function  der  491;  Gehör  ohne 
491. 

Schnupfen,  s.  a.  Rhinitis;  acuter  524; 
nervöser  524. 

Schuhzeug  (s.  a.  Fussbekleidung), 
Wärmeleitung  beim  730. 

Schulärzte,  die  Grenzen  ihrer  Thätig- 
keit734;  inTroppau735;  in  Wies- 
baden 734. 

Schulfenster  und  Vorhänge  738. 

Schulhygiene  733;  Forderungen  der 
733;  Fragen  der  733;  bei  Masern 
736,  737. 

Schulkinder,  Untersuchung  zurück- 
gebliebener 736. 

Schulterluxation,  habituelle  380. 

Schultze'sche  Schwingungen  bei  Bron- 
chiolitis 586. 


Schulzimmer ,  Beleuchtungsversuche 
der  737 ;  Zuglüftung  der  737. 

Schussverletzung  des  Schläfenbeins 
497. 

Schusswunden  des  Dünndarms  861; 
des  Gehirns  342;  ihre  Behandlung 
343;  Infection  von  384;  Therapie, 
inficirter  334. 

Schutzpockenimmunität,  Dauer  der 
757. 

Schwangerschaft  (s.  a.  Gravidität) 
und  Geschwülste  889;  und  Herz- 
fehler 389;  und  Lactation  415; 
und  HenaJe  Leukämie  390;  Sym- 
physiotomie  in  der  405. 

Schwarzwasserfieber  284. 

Schwefelkohlenstofifvergiftung ,  Ner- 
vensystem bei  30. 

Schwefelwasserstoff,  Vergiftung  mit 
678. 

Schwerhörigkeit,  Hörinstrument  bei 
493. 

Schwimmbäder  729. 

Scopolamin  als  Mydriaticum  464. 

Secretauf^ger  825. 

Sectio  caesarea,  s.  Kaiserschnitt. 

Seebäder  bei  Ohrenkrankheiten  493. 

Seelenstörnngen ,  interessante  702 ; 
periodische  702. 

Seereisen  618. 

Sehhügel,  Apoplexie  im  linken  61. 

Sehnencontractur  bei  Tabes  81. 

Sehnenplastik,  s.  a.  Sehnenüber- 
pflanzung; am  Fingerrücken  331; 
bei  Radiuslähmung  331. 

Sehnenreflexe  73. 

Sehnenüberpflanzung,  s.  a.  Sehnen- 
plastik 831. 

Sehnenatrophie  bei  Tabes  80. 

Sehschärfe  469. 

Sehstörungen  bei  Malaria  285. 

Selbstmord  und  Alkoholismus  182. 

Selbstreinigung  der  Isar  718. 

Sepsis,  Silber  gegen  542. 

Septikämie  10. 

Serodiagnostik  der  Lepra  556 ;  bei  Rotz 
760;  bei  tuberculösen  Ergüssen  161. 

Serotherapie  668;  des  Abdominal- 
typhus 275;  der  Diphtherie  600: 
experimentcdle  14;  der  gegenwär- 
tige Stand  der  161;  der  Lepra 
557;  der  Pest  293;  der  Pneumonie 
150;  bei  Recurrens  276;  bei  Strepto- 
kokkeninfection  411;  der  Syphilis 
572;  des  Tetanus  111,  113,  279, 
280;  der  Tuberculose  161. 


Sachregister. 


795 


Sichelmesser ,  zur  £ntfemiing  von 
Nähten  417. 

Silber  gegen  Sepsis  542. 

Silberstäbchen,  intrauterine  Aetzung 
durch  lösliche  421. 

Simulation,  Hörprüfung  bei  493. 

Sinuserkrankungen,  otitische  und  rhi- 
nitische  508. 

Sinusthrombose,  pyämische  508 ;  neues 
Symptom  der  lateralen  510. 

Sinus  urogenitalis,  Persistenz  dess.34. 

Sklerodermie,  diffuse  550;  Elektro- 
lyse bei  550;  Therapie  der  550. 

Sklerose,  multiple,  Histologie  ders.  83 ; 
multiple,  Muskelatrophie  bei  ders. 
88;  multiple,  und  Paralysis  agi- 
tans  83. 

Smegmabacillen  im  Sputum  158. 

Somatose  671;  ihr  Emfluss  auf  die 
Milchsecretion  414. 

Somnambulismus,  Therapie  des  189. 

Sondirung  der  Stirnhöhle  527. 

Sonnenstich  744. 

Soor  19;  der  Harnblase  259. 

Spalthand  35. 

Speiseröhre,  s.  a.  Oesophagus;  Diver- 
tikel der  201;  Operationen  am 
Brusttheil  der  353;  Stenose  der 
202. 

Spermareaction  nach  Florence  682. 

Spermatogenese  42. 

Spinalganglien,  trophische  Function 
ders.  72. 

Spinalganglienzellen  bei  Tabes  78. 

Spinalparalyse,  acute,  spastische  85. 

Spiritus,  s.  a.  Alkohol;  — dauerver- 
bände 327. 

Spitzenstoss,  Stand  dess.  bei  Gesun- 
den  141. 

Splenektomie ,  Eisen  in  der  Leber 
nach  22. 

Splenomegalie,  Behandlung  der,  bei 
Malaria  287. 

Splenopexis  bei  Wandermilz  368. 

Spondylitis  traumatica  851;  tuber- 
culosa,  Galot*s  Behandlung  der  850. 

Spoutanfracturen  bei  Syringomyelie 
77. 

Sport,  sein  Einfluss  auf  das  Herz  182. 

Sprachstorimgen,  diätetische  Behand- 
lung der  581;  Heredität  bei  582; 
Vererbung  von  66. 

Spulwürmer  in  den  Gallenwegen  227. 

Sputum,  eosinophile  Zellen  im  142; 
eosinophile  Zellen  in  tuberculösem 
153;  Smegmabacillen  im  153. 


Stapesankylose ,  operative  Behand- 
lung der  500. 

Staroperation,  Lappenschnitt  bei  der 
484. 

Status  lymphaticus,  Einfluss  des,  auf 
den  Ausgang  der  Diphtherie  601. 

Staub  im  Gewerbe  719. 

Stauungshyperämie  bei  Gelenkrheu- 
matismus 631. 

Steinkohlentheer  562. 

Steinkohlentheerbenzin ,  Vergiftung 
mit  718,  719. 

Steinkrankheit,  s.  a.  N^hrolithiasis, 
Nierenstein;  interne  Therapie  der 
250. 

Steisslage,  manuelle  und  instrumen- 
teile Therapie  der  399. 

Sterilisation  (s.  a.  Desinfection,  Anti- 
sepsis, Asepsis)  geburtshülflicher 
Instrumente  386. 

Sterilil&t  und  Tripper  563;  Herbei- 
führung von,  durch  Einnähen  der 
Tuben  in  die  Scheide  441;  Her- 
beiführung von,  durch  Ezcision 
des  interstitieUen  Tubentheils  441 ; 
durch  Unterbindung  beider  Tuben 
441. 

Stichkanalinfection  326. 

Stirnhöhle,  Eiterung  der  527;  Son- 
dirung der  527. 

Stimlage,  Umwandlung  der,  in  Ge- 
sichtslage 399. 

Stoffwechsel  beim  Brustkind  580; 
bei  Osteomalacie  315;  Pathologie 
dess.  299. 

Stottern,  Ursachen  dess.  532. 

Strabismus,  Behandlung  des  471. 

Stra&echtspflege ,  Vorschläge  zur 
Aenderung  der,  bei  Geisteskran- 
ken und  zweifelhaften  Geisteszu- 
ständen 700. 

Streifenhügel,  Pathologie  dess.  61. 

Streptococcus  erysipelatis,  seine  Iden- 
tität mit  Streptococcus  py  ogene8282. 

Streptokokken  undDiphtiieriebacillen 
14. 

Streptokokkeninfection,  Serumthera- 
pie bei  411. 

Streptothrix  18;   in  der  Lunge  164. 

Strontium  arsenicosum  562. 

Struma  (s.  a.  Kropf),  verirrte  348. 

Strychnin,  Vergiftung  mit  676. 

Strychninvergimng  und  Tetanus  278. 

Stypticin  bei  Metrorrhagie  422. 

Sulfonal,  Hämatoporphyrinurie  nach 
239;  Vergiftung  mit  676,  687. 


796 


Sachregister. 


Sycosis  subnaaalis,  Aetiologie  544; 
vulgaris  553. 

Sympathicus,  N.,  der  Eisfluss  seines 
Halstbeils  auf  die  Herzfrequenz  170 ; 
Operationen  am,  bei  Basedo Wischer 
Krankheit  105;  Resection  seines 
obersten  Halsganglions  bei  Epi- 
lepsie 99 ;  Veränderungen  dess.  bei 
Typhus  271. 

Symphysiotomie  404;  ludicationen 
und  Ausgänge  der  404;  in  der 
Schwangerschaft  405. 

Syphilid,  ulceröses,  im  Gesicht  568. 

Syphilis,  s.  a.  Lues;  567;  des  Bauch- 
fells 571;  congenitale,  Histologie 
und  Pathologie  ders.  571;  conge- 
nitale, der  Leber  571 ;  congenitale, 
und  Little*sche  Krankheit  571;  und 
Diabetes  802;  Echinokokken  und 
570;  gravis  bei  Aerzten  567;  here- 
ditaria  607;  hereditaria,  Hydro- 
cephalus  bei  571;  Jodalbacid  bei 
573;  Jodtinctur  bei  572;  Leber- 
atrophie und  570 ;  des  Magens  210 ; 
des  Mastdarms  40;  der  Nase  525; 
des  Nebenhodens  569;  der  Nieren 
243,  569;  Prophylaxe  der  572; 
Serumtherapie  der  572 ;  und  Tabes 
79 ;  TodesMe  an  569;  der  Zunffe  569. 

Syringomyelie76;  Cheiromeg^ie  bei 
77 ;  Hemianästhesie  bei  77 ;  Lepra 
und  Morvan^sche  Krankheit  70; 
bei  Meningitis  syphilitica  76 ;  Spon- 
tanfracturen  bei  77;  Trophoneu- 
rosen  bei  552. 
Systemerkrankung,  primäre  comb!- 
nirte  73. 


T. 


Tabes  78;  ohne  Ataxie  81;  Augen- 
krisen bei  81;  und  Betriebsunfall 
705;  Erblichkeit  der  79;  Erblin- 
dung bei,  als  Unfall  705;  Haut- 
nerven bei  78;  die  embryonalen 
Fasersysteme  in  den  Hintersträngen 
bei  78;  Impotenz  bei  79;  Ortho- 
pädie bei  82;  reflectorische  Pu- 
pillenstarre 80 ;  Sehnervenatrophie 
bei  80;  Sehnencontractur  bei  81; 
Spinalganglienzellen  bei  78;  und 
Syphilis  79;  Therapie  der  81; 
Uebungstherapie  bei  82;  hintere 
Wurzeln  bei  78. 

Tabesfuss  81. 

Tachycardie  bei  Tuberculose  161. 


Taenia  saginata  bei  Athetose  30. 
Takadiastase  bei  Hyperacidität  des 

Magens  211. 
Talocruralgelenk ,   traumatische  Lu- 
xationen des  Fusses  im  378. 
Talusfractur  378. 
Tanninpräparate  595. 
Tarsalgie  95. 

Taubheit  mit  Influenza  277. 
Taubstumme,  Hördefecte  bei   dens. 

498;  Hörprüfung  ders.  494. 
Taxis,  forcirte  bei  Hemia  incarce- 

rata  346. 
Temperatur,  Wirkung  der  Umschläge 

auf,  und  Girculation  639. 
Tensor  tympani,  Beflexerregbarkeit 

des  492;  Tenotomie  des  500. 
Teratom  der  Dura  33 ;  der  Leber  38. 
Terralin  als  Salbengrundlage  560. 
Tetanie  118;  Elektrisches  Verhalten 
des  Herzens  bei  178 ;  und  Magen- 
afifectionen  208. 
Tetanus  15,    278;   Aetiologie    278; 
Antitoxinbehandlun^  des  279,  280 ; 
Gehimemulsion    bei    280;    puer- 
peralis     278;     Rückenmark     bei 
278;     Serumtherapie     des     111; 
Serumtherapie    des     —    in     der 
Veterinärmedicin  113;  und  Strych- 
ninvergifbung     278 ;     traumaticus 
336 ;  Wesen  undBehandlungdesl09. 
Tetanusgifb  279;  Bindung  dess.  4. 
Tetanustoxin  und  -Antitoxin  112. 
Theeöl  665. 
Thermaldouche  622. 
Thermische  Reize  in  ihrer  Wirkung 

auf  das  Blut  640. 
Thierlymphe  758. 

Thierhaut  als  Material  für  orthopä- 
dische Apparate  331. 
Thiochinanthren  656. 
Thiosinamin  bei  Chorioiditis  exsuda- 
tiva und  Hornhauttrübung  465. 
Thorax,  s.  a.  Brust,  Brustkorb. 
Thoraxempyeme,    Behandlung   vex^ 

alteter  355. 
Thoraxerschütterung  und  Hämoptoe 
148;  ihr  Einfluss  auf  die  Getasse 
der  Pleura  und  der  Lungen  144. 
Thoraxverletzungen,  Behandlung  der 

353. 
Thränensackoperation,  Orbitalphleg- 
mone nach  478. 
Thränenwege,  Lupus  der  478. 
Thrombose  21 ;  des  Bulbus  venae  ju- 
gularis  508;  im  Wochenbett  410. 


Sachregister. 


797 


Thymushyperplasie,  plötzlicher  Tod 
bei  700. 

Thymustod  582. 

Todesfälle  nach  Fremdkörperextrac- 
tionaus  dem  Ohr  497 ;  plötzliche  697. 

Tonsillen  als  Eingangspforten  schwe- 
rer Allgemeininfectionen  529 ;  Tu- 
berculose  der  529. 

Tonsillotom  nach  Wolff  521. 

TorticoUis  spastica  93. 

Toxikologie  644. 

Toxine  und  Antiseptica  659;  als  Ur- 
sache von  Nervenaffectionen  49. 

Trachea,  s.  a.  Luftröhre;  Verände- 
rungen in  der,  bei  Leukämie  538. 

Tracheitis  chronica  haemorrhag^ca 
538. 

Tracheotomie  unter  Cocainanästhe- 
sie  539. 

Trachom,  s.  a.  Aagenentzündung, 
Bindehautentzündung ,  Coi^juncti- 
vitis,  Ophthalmie ;  476 ;  — epidemie 
und  — ^bekämpfung  759 ;  Ichthyol 
bei  467. 

Transfusion,  postnatale  413. 

Transplantation  (s.  a.  Hautüber- 
pflanzung), Allgemeines  über  28; 
von  Haut  28;  der  Hoden  28;  der 
Mamma  28;  von  Nerven  28;  der 
Ovarien  28;  der  Schilddrüse  28. 

Transport,  retrograder  23. 

Trennsysteme,  hygienische  Bedeutung 
der  708 ;  bei  der  Kanalisation  707. 

Trepanation  bei  Meningitis  69;  dop- 
pelter acuter  Himabscess  nach, 
des  Warzenfortsatzes  511;  Indi- 
cationen  zur,  des  Warzenfortsatzes 
504. 

Trephenin  bei  Migräne  109. 

Triceps  brachii,  Radialislähmung  nach 
Contraction  des  382. 

Trichinose,  eosinophile  Zellen  im 
Blut  bei  309. 

Trichomonaden  20. 

Tripper  (s.  a.  Gonorrhoe)  und  Steri- 
Htät  563. 

Trippersecret,  Färbung  dess.  562. 

Trommelfell,  Massage  dess.  bei  Skle- 
rose 499 ;  tuberculöse  Tumoren  am 
498. 

Trommelfellperforationen,  Verschluss 
von  497. 

Trommer'sche  Probe  für  den  Zucker- 
nachweis im  Harn  233. 

Tropen,  Psychosen  in  den  126. 

Tropenhygiene  743,  744. 


Tropenmalaria  285. 

Trophoneurosen  bei  Syringomyelie 
552. 

Tropon  672,  725. 

Tuba£ustaohii,  Fremdkörper  der  498. 

Tuba  Fallopiae,  s.  a.  Eileiter;  Gar- 
cinom  der  441;  Placentarpolypen 
in  der  893;  Sondirung  der  440; 
Tuberculöse  der  451,  ^2. 

Tubenabort  und  Tubenruptur  395. 

Tubenruptur  und  Tubenabort  398. 

Tubenschwangerschaft  391 ;  Actio - 
logie  391;  wiederholte  392. 

Tuberculin  besonderer  Herstellung 
158;  bei  Lupus  559;  verschiedene 
Arten  dess.  160;  T.  R.  bei  Lungen- 
tuberculöse  155;  T.  R.,  Thierver- 
suche  mit  154. 

Tuberculinum  novum  11. 

Tuberculöse  (s.  a.  Phthisis,  Lungen- 
kranke,Lungentuberculose,Lungen- 
schwindsucht)  11;  der  Cervix451; 
des  Göcums362;  Diagnose  ders.  bei 
Kindern  159;  Diagnose  ders.  durch 
Röntgenstrahlen  159;  der  Eileiter 
und  Eierstöcke  452;  Erblichkeit 
ders.  159;  der  Gelenke  335;  der 
weiblichen  Genitalien  451;  Haut- 
erkrankungen bei  159;  Hospital- 
behandlung ders.  159;  Hospitali- 
sation  ders.  752;  Identität  der 
menschlichen  und  Hühnertuber- 
culose  158;  der  Iris  480;  Ein- 
dringen ders.  in  den  Kehlkopf  534; 
des  Larynx  und  der  Lunge  535; 
der  Leber  40;  Gefahr  der  An- 
steckung mit,  für  Einwohner  von 
Luftcurorten750;  Milch  Versorgung 
und  722 ;  Neuritis  degenerativa  bei 
89;  primäre,  der  Nieren  254;  des 
Oberkiefers  bei  kleinen  Kindern 
527;  Oxytuberculin  bei  158;  der 
Parotis  348;  Prophylaxe  der  750; 
Prophylaxe  gegen  thierische  158; 
Wirkung  der  Röntgenstrahlen  auf 
159;  Röntgenstrahlen  bei  experi- 
menteller 154;  Sanatorien  bei  160; 
Serotherapie  der  161;  Tachycardie 
bei  161;  der  Tonsillen  529;  am 
Trommelfell  498;  der  Tuben  und 
des  Bauchfells  451;  des  Uterus 
43,  451;  Verbreitung  der  749;  Ver- 
erbung der  3,  150;  Volksheil- 
stätten far  751 ;  der  Zunge  347, 560. 

Tuberculosegift ,  Werthbestimmung 
dess.  154. 


798 


Sachregister. 


Tuberkelbacillen,  ätherlCsliche  Sub- 
stanzen in  11;  in  der  Butter  721, 
722;  im  Harn  255;  secundäre  In- 
fection  mit  152;  Untersuchung  von 
148;  ihre  Virulenz  11. 

Tuboovarialcysten  49;  Entstehung 
der  440. 

Tumoren  (s.  a.  Geschwülste,  Neu- 
bildungen), Acidum  arsenicosum  bei 
malignen  Larynx —  537 ;  am  Hoden 
42;  maligne,  der  Epiglottis  537; 
Röntgenstrahlen  bei  intrathoraca- 
len  528. 

Tupfer,  sterile,  bei  Operationen  an 
Nase  und  Rachen  520. 

Tympania  uteri,  ana€robe  Bacillen 
bei  410. 

Typhus  abdominalis  (s.  a.  Abdominal- 
typhus)  18,   268;  und  Ber^fieber 
272;  Blutveranderungen  bei  271; 
Contagiosität    des    268;     Gallen- 
blasenempyem   bei   270;   Heilung 
der  Perforationsperitoniias  bei  272 
Laryngitis    bei    272;     Lebersym 
ptome  bei  270;  Meningitis  bei  271 
Mortalität    des,    in    Italien    270 
Nephritis   bei    242;    Oesophagus 
strictur  bei  270;  Pleuritis  bei  271 
Pyelitis  bei  272;  Recidive  des  269 
YerÜlnderungen    des   Sympathicus 
bei  271 ;  üebertragung  durch  Butter- 
milch  269;    Üebertragung    durch 
Milch   269;    üebertragung   durch 
Trinkwasser  268;  Vagusstörungen 
bei  92,  272;  Verbreitung  des  753; 
Verbreitung  des,  durch  den  Boden 
753 ;  Verbreitung  des,  durch  Milch 
752. 

Typhusbacillen  in  Abscessen  und  im 
Harn  272 ;  Ausscheidung  ders.  mit 
dem  Harn  13;  in  Buttermilch  758; 
und  Colibacterien  273;  in  den 
Lochien  410. 

Typhusbacterienimpfungen  bei  Psy- 
chosen 138. 

Typhusgift,  Bindung  dess.  5. 


ü. 

üeberbürdung  der  Schuljugend  785. 
Uebungstherapie  bei  Tabes  82. 
Ulcus  cruris.  Heftpflasterstreifen  bei 

543. 
Ulcus  moUe  der  Coxgunctiva  566. 
Ulcus  rotundum  (s.  a.  Magengeschwür), 

Hydrotherapie  dess.  633. 


Umlegung  städtischer  Grundstücke 
715. 

Umschläge,  ihre  Wirkung  auf  Tem- 
peratur und  Circulation  639. 

Unfall,  Muskelschwund  nach  333; 
Nervenkrankheiten  nach  114,  115; 
durch  Umknicken  333;  Wandere 
niere  nach  257. 

Unfallchirurgie  317. 

Unfallhemien  332. 

Unguentum  cinereum  in  Pillenform 
intern  573. 

Unterkieferbrüche,Gewicht8exten8ion 
bei  dens.  345. 

Unterleib,  chirurgische  Krankheiten 
dess.  356. 

Untersalpetersäure,  Inhalation  ders. 
684. 

Unterschenkel,  federnder  377. 

Unterschenkelamputation,  osteopla- 
stische 330;  subperiostale  330. 

Unterschenkelbrüdie ,  Behandlung 
ders.  durch  den  Hausmann'schen 
Eztensionsapparat  329. 

Unterschenkelgeschwüre,  Behandlung 
der  379. 

Untersuchungsmethoden  in  der  Chi- 
rurgie 321. 

Urachusfistel,  Behandlung  der  370. 

Urämie,  Aderlass  bei  248;  Aphasie 
bei  245;  Aphasie  als  Einleitung 
eines  Anfalls  von  66;  und  Blut 
bei  Nephritis  24;  Darmgeschwüre 
bei  245;  Entstehung  der  244;  Ge- 
schichte der  245;  Psychosen  bei 
133,  245;  Reteniion  von  Chloriden 
bei  244. 

Ureter,  s.  a.  Harnleiter. 

Ureteritis  cystica  41. 

Ureterkatheterismus  235;  bei  Hydro- 
nephrose  257. 

Urethritis,  Elektrolyse  bei  chroni- 
scher, glandulärer  263;  gonor- 
rhoica bei  Kindern  598. 

Urethrotomia  interna  372. 

Urin  (s.  a.  Harn)  jeder  der  beiden 
Nieren  230. 

Urotropin  bei  Pyelitis  254;  bei  Pyurie 
565. 

Urticaria  factitia  546. 

Uterus,  s.  a.  Gebärmutter;  Apoplexie 
des  43 ;  Aussackungen,  Rückwärts- 
neigungen und  Knickungen  des 
schwängern  387;  Carcinom  am  pro- 
labirten  434;  Technik  des  Curette- 
ments  des  420 ;  Darmscheidenfiitel 


Sachregister. 


799 


nach  Elemmbehandlang  bei  vagi- 
naler Totalezstirpation  des  424; 
Erweiiening  und  Austastung  des 
420;  Technik  der  Exstirpation  des 
441,  442;  Indication  zur  Behand- 
lung der  Falschlagen  dess.  425; 
Lageveränderungen  des  425; 
Lymphapparat  des,  und  Beckens 
bei  Carcinoma  colli  438;  Myo- 
sarkom  des  43;  abdominale  Ope- 
ration bei  Gardnom  des  486; 
strömender  Wasserdampf  bei  vagi- 
naler Exstirpation  des  442;  Torsion 
des,  bei  Myomen  und  Ovarial- 
tumoren 430 ;  Klemmzange  bei  To- 
talexstirpation  des,  und  der  An- 
hänge 442 ;  TubercuJose  des  43, 451. 

üterusamputation  bei  missed  labour 
infolge  Atresie  407. 

Üteruscardnom,  Statistik  der  Total- 
exstirpation  bei  435. 

üterusmyom,  s.  a.  Fibromyome;  80; 
Axendrehung  des  Uterus  bei  430; 
Enucleation  dess.  mit  Erhaltung 
der  Gebärmutter  488;  Kaiserschnitt 
bei  407;  Heüung  einer  Psychose 
bei,  nach  Exstirpation  der  inneren 
Genitalien  433;  Totalexstirpation 
bei  482;  Sammelstatistik  der  Ope- 
rationsresultate 481 ;  Sterilität  und 
Fertilität  bei  480;  Unterbindung 
der  Arteria  uterina  bei  481. 

Uterusprolaps  und  Carcinom  484. 

üterussarkom  438;  Histiogenese  488; 
Pathologie  888. 

Uterustamponade ,  aseptische  im 
Wochenbett  409. 


Y. 


Vagina,  Ulcera  der  48. 

Yagitus  uterinus,  erster  Athemzug 

und  690. 
Vagus  und  Herz  171. 
Vagus,  Störungen  dess.  bei  Typhus 

92, 272 ;  operative  Verletzung  des  92. 
Vapocautensation  des    Uterus  428; 

Todesfall  nach  424. 
Vaporisation   des  Uterus  423;   Obli- 

terationund  Atrophie  dess.  nach  423. 
Varicenoperationnach  Trendelenburg 

879;  Folgen  derselben  880. 
Variolavaccine  und  Impfschutz  757. 
Velitractor  nach  Hopmann  521. 
Vena  cava,  primärer  Tumor  der  190. 


Vena  jugularis,  Thrombose  des  Bul- 
bus der  508. 

Vena  spermatica,  Exstirpation  der 
thrombotischen,im  Wochenbett  412. 

Venen,  Blutbewegung  in  den  169. 

Venerische  Krankheiten  562;  Ver- 
breitung ders.  in  Kiel  567. 

Veratrum  viride  bei  Eklampsie  408. 

Verbandlehre  822. 

Verbandmittel,  Alkohol  als  327. 

Verblutung  nach  Verletzung  einer 
Intercostalarterie  854. 

Verdauung  und  Alkohol  653;  und 
Pankreas  227. 

Verdauungsorgane  89;  Hydrotherapie 
der  Krankheiten  der  634;  Krank- 
heiten der  197. 

Vererbung,  s.  a.  Erblichkeit,  Here- 
dität; von  Sprachstörungen  66; 
der  Tuberculose  8,  150. 

Vergiftungen,  s.  a.  Intoxicationen, 
Arbeiterhygiene,  gerichtliche  Me- 
dicin;  683. 

Verletzungen  832. 

Verruga  peruviana  549. 

Verticalgalvanometer  52. 

Vibrationsmassage,  Apparat  zur  — 
des  Trommelfells  499. 

Volksbäder  729. 

Volksgesundheit  747. 

Volksheilstätten  für  Tuberculose  751. 

Vorderscheitellage  898. 


W. 

Wärme  bei  Polyarthritis  282. 

Wahnideen,  melancholische,  bei  oti- 
tischem Extraduralabscess  503. 

Walcher*sche  Hängelage  401. 

WaldwoUe,  Producte  aus  780. 

Wandermilz,  Splenopexis  bei  368. 

Wandemiere  257;  und  Appendicitis 
258;  Bandagenbehandlung  der  257; 
diätetisch-mechanische  Behandlung 
der  258;  im  Kindesalter  258 ;  Patho- 
genese 257;  nach  Unfall  257. 

Wange,  Epitheliom  der  549. 

Wanzen,  UebertragungvonBacterien 
durch  8. 

Warmblüterherz,  Wirkung  von  Giften 
auf  das  isolirte  649. 

Warzenfortsatz,  doppelter  acuter  Ge- 
himabscess  nach  Trepanation  dess. 
511;  Indication  zur  Trepanation 
dess.  504. 


800 


Sachregister. 


Wasser,  Enteisenung  dess.  727;  Gift- 
Wirkung  reinen  — s  728;  Infection 
dess.  durch  Typhus  abdominalis 
268;  Methoden  seiner  Reinigung 
und  Vorurtheile  gegen  das  abge- 
kochte 728. 

Wasserdampf  bei  Leber-  und  Nieren* 
blutungen  867;  strömender,  bei 
Myomotomie  und  vaginaler  Total- 
exstirpation  442. 

Wassertrinken,  Wirkung  dess.  639. 

Wasserversorgung,  Hygiene  der  721. 

Wehen,  Einfluss  von  Morphium  und 
Aether  auf  die  396. 

Wehenthätigkeit  und  Aether  653; 
und  Morphium  653. 

Weib,  Hygiene  dess.  416. 

Weil'sche  ECrankheit,  s.  Morbus 
WeiHi. 

Wendung ,  prophylaktische  401 ; 
schwierige,  bei  Hinterhaupts-  und 
Gesichtslage  400. 

WestphaFsche  Pseudosklerose  56. 

Wetter  und  Infectionskrankheiten 
267,  616. 

WidaVsche  Reaction  (s.  a.  Aggluti- 
nation) 278. 

Wirbelsäule,  Echinococcus  multilocu- 
laris der  852;  Krankheiten  der 
850.1 

Wirbelsäulenkrümmung  45. 

Wochenbett  409 ;  Differentialdiagnose 
zwischen  Phlebitis  und  Lymphan- 
gitis  im  412;  conservative  Behand- 
lung bei  Eiterungen  im41 1 ;  bei  Herz- 
fehlem 389;  Lysol  Vergiftung  im 
411;  Malaria  im  411;  und  Ova- 
rialkystom 439;  Psychosen  im  124; 
Serumtherapie  bei  Streptokokken- 
infection  im  411;  Temperatur- 
messung im  410;  Thrombose  und 
Embolie  im  410  ;Uterusau8schabung 
im  —  bei  Subinvolution  409. 

Wöchnerinnen ,  Wohlfahrtseinrich- 
tungen für  732. 

Wohnungen,  Desinfection  der  — 
durch  Formaldehyd  741 ;  ungesunde 
714. 

Wohnungshygiene  714. 

Wohnungsordnung  für  Dresden  716. 

Wohnungsreform  715. 

Wortblindheit  ohne  Buchstabenblind- 
heit 66. 

Würgreflexe  bei  Hemiplegieen  59. 

Wundbehandlung ,  Auswüchse  der 
modernen  325 ;  offene  —  bei  Augen- 


operationen   461 ;     Yervollkomm- 
nungsbestrebungen  der  323. 
Wunden ,    Eeimgehalt   accidenteller 
884. 


X. 


Xanthom ,    Monochloressigsäure    bei 

548. 
Xeroderma  pigmentosum  548. 
Xeroform  561;  bei  Augenaffectionen 

467. 

Y. 

Yerba  santa  bei  Influenza  278. 


Z. 


Zähne,  die,  der  Volksschüler  zu  Hamar 
in  Norwegen  735. 

Zahlengedächtniss ,  Erhaltung  dess. 
bei  Amnesie  66. 

Zahncaries,  Meningitis  bei  69. 

Zange,  s.  Geburtszange. 

Zehenphänomen  51. 

Zellen,  eosinophile,  im  Sputum  142. 

Zimmerdesinfection  mitFormaldebyd- 
dämpfen  789. 

Zinkozyd,  Borsäure  und,  bei  Oto- 
mykosis  496. 

Zonenenteignung  715. 

Zonula  Zinnii  455. 

Zoonosen  265. 

Zucker,  Bestimmung  dess.  durch 
Aräometrie  284;  durch  das  Gäh- 
rungssaccharometer  805;  jodome- 
trische  Bestimmung  dess.  804 ;  Nach- 
weis von  —  im  Harn  233;  als 
Nährmittel  724. 

Zuckergussleber  40. 

Zuglüftung  in  Schulzimmem  737. 

Zunge,  Angiosarkom  der  528;  Fibrom 
der  528;  Tuberculose  der  560. 

Zungencarcinom ,  Verbreitung  dess. 
847. 

Zungenhalter  nach  Jourdan  521. 

Zungentonsille ,  Lymphosarkom  der 
528. 

Zurechnungsfähigkeit ,  geminderte 
700. 

Zweigläserprobe  563. 

Zwerchfellshemie ,  plötzlicher  Tod 
durch  699. 

Zymase  bei  Diabetes  805. 


Amarsrireinfaer. 


?"•» 

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i:,^. 


A. 


Abbi.    r   741 
Abe.  42C  -4-jI  -44^ 

Ai>^.  I;  4*_ 

Abrnmcr^  1^ 

Adiaxc:  iTl. 

AnhitTL    Ci.   8*J1. 

Adair  TTh.. 

Adamkiflwiü.  Alt^er:  7<^    11.-^ 

AdifiT  ofe.  irr    läl.  ^41.  70^  1\):. 

Adcüf.  G.  IIL. 

Aebi.  W.  7.^1" . 

Atifeid,  F.  ii>y>i.  4dL 

Albarrar  i?:ife 

Albeis-bctiont»«!;^  "53^ 

AJhesrl,  £.  3*^1. 

Albreciit.  E-  71ö 

Albn  20?i.  7(4 

A2dor  211.  Ulli.  IIü. 

Alexandfir  401 

Alezajider.  1).  ir»€ 

AXexBudar.  L.  £»4{i. 

AlHsaiL  T.  M.  i54.T 

AlpezB,  C  2&1- 

Alibetg,  All^ert  2i^.  VrJl 

Alt,  rerdiiMBQd  6*5.  .'IT. 

Alt,  K.  7(i2L  7{»L. 

Altertlnzm  ^-Sl. 

AltBchni  G.  1*2. 

Alzheimer,  Aiais  11  äi 

Amberg  520. 

Amicü,  J.  de  571. 

Anden,  E.  351. 

Andre,  B.  43. 

Angerer  321. 

Jafarbnefc  der  prartisrhe«  MedidiL    l$<>^. 


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802 


Autorenregister. 


Bacaloglu,  C.  336. 

BaccelH  278. 

Bach,  L.  122. 

Bach,  Th.  765. 

Badger,  6.  S.  C.  302. 

Badt,  L.  315. 

Baehr,  F.  365. 

Balz,  E.  145. 

Bänmler  192. 

Baginsky,  A.  589,  600,  609,  765. 

Ba3,  0.  9. 

Bain,  W.  626. 

Balaceecu,  J.  371. 

Baldwin  139. 

Balfour,  G.  W.  196,  306. 

Balikowski,  St.  750. 

Balint,  R.  175. 

Bairay  261. 

Bandelier  660. 

Bang  158. 

Bang,  Ivar  231. 

Bannaiyne  282. 

Barbier,  H.  609. 

Barendt  548. 

Barkan,  A.  513. 

Barlow,  L.  164. 

Bamick,  0.  538. 

Baron  605. 

Barr,  Th.  511. 

Barth,  A.  338. 

Barth,  E.  494,  535. 

Barthel.  Th.  2. 

Bartozzewicz  272. 

Baruch  423. 

Baruch,  S.  274,  642. 

Basch  543. 

BasteUi  742. 

Bastian,  H.  Charlton  115. 

Batko,  Joseph  232,  297. 

Battlehner  748. 

Bauby  474. 

Baudisch  278. 

Bauer,  Ludw.  578. 

Baumeister,  B.  715. 

Baumgarten,  P.  11,  46. 

Baurowicz,  A.  533,  538. 

Bayer  202. 

Bayr,  E.  737. 

Beadles,  Cecil  P.  107. 

Beaulasch  160. 

Becher,  W.  230. 

Bechterew,  W.  v.  63,  99,  123,  139. 

Beck  163,  165,  196. 

Beck,  B.  V.  356. 

Beck,  C.  219,  382. 

Becker  698. 


Beckmann  395. 

Becknrts  725. 

Bec]^re,  M.  159. 

B^dard  596. 

Beer  550. 

Behia,  R.  29,  586. 

Behrend,  G.  450,  540. 

Behrens,  W.  46. 

Behring,  E.  4,  6,  7,  265,  266. 

Beinarowitsch  293. 

Beissel  622. 

Belval  275. 

Benda,  C.  118. 

Benda,  Th.  101. 

Bender  551. 

Bendiz,  Bemh.  414,  576,  593. 

Benevenuti,  Ezio  103. 

Beigamin,  R.  305. 

Bennecke,  E.  364. 

Benzler  563. 

Berbineau  524. 

Berend  561. 

Berendes,  J.  680. 

Berestnew,  N.  18. 

Berg,  van  den  602. 

Berger  267. 

Berger.  H.  119,  615. 

Berger,  P.  642. 

Berghuiz  273. 

Bergmann  699. 

Bergmann,. E.  v.  321,  382. 

Berffoni^  159. 

Berkholz,  A.  677. 

Berlioz  162. 

Bemdt,  F.  345. 

Bernhardt,  M.  9L 

Bemheim,  J.  14,  599,  609. 

Bemheimer  482,  556,  557. 

Bernstein,  C.  315. 

Bertelsmann  86. 

Berthold  422. 

Bertog  452,  765. 

Besancon,  F.  9. 

Besold  535. 

Besredka  8. 

Betcke  257. 

Bettmann  275,  540. 

Bettmann,  S.  21. 

Beumer  682. 

Beuthner  279. 

Beuttner  417,  420,  561. 

Bichel,  A.  121. 

Bickel,  Adolf  55,  70. 

Bickeles,  G.  47,  71,  72. 

Bickerton  236. 

Bieberstein,  M.  6. 


Äutorenregister. 


803 


Biedert,  P.  609. 

Biedl,  A.  2,  300. 

Biegler  566. 

Biehl,  C.  497,  503. 

Bier,  A.  22,  631. 

Biermer  390. 

Biernacki,  E.  95. 

Bignami,  A.  18. 

Bindi,  F.  29. 

Bing,  H.  J.  299. 

Binswanger  701,  705. 

Binz,  C.  678. 

Birch'Hirechfeld,  A.  4. 

Birch-Hirschfeld,  F.  V.  33. 

Birgelen,  H.  310,  668. 

Bischoff,  C.  W.  541. 

Bischoff,  E.  133,  245. 

Bizzozero,  G.  728. 

Blaschko,  A.  48. 

Blau,  L.  518. 

Bleuler  139. 

Bloch  280. 

Bloch,  R.  551. 

Block  162. 

Blum  185,  670,  719. 

Blum,  S.  12. 

Blumenthal,  F.  5,  112,  280,  305. 

Boas,  I.  205,  209,  228. 

Bobrow,  A.  328. 

Bock,  J.  648. 

Bockhom,  M.  348. 

Boddaert  686. 

Bode  427. 

BGhm,  A.  26,  303. 

Böing  297. 

Bötticher  600. 

Boinet,  Ed.  104. 

Boissard,  A.  390,  402. 

Bokomy,  Th.  663. 

Bommer  150. 

Bonhöffer  113. 

Booth,  Arthur  105. 

Borchard,  M.  366. 

Bordier  90,  469. 

Borgherini  182,  185. 

Born  35. 

Bomstein  305,  671. 

Borrel  279. 

Borrmann  32. 

Borthen  461. 

Boruttau,  H.  167. 

Bosanquet  162. 

Bossaert,  J.  7. 

Bossalino  466. 

Bossart  274. 

Both,  H.  V.  415. 


Bottini,  H.  382. 

Bourges  760. 

Bourneville  153. 

Bourneville,  £.  121. 

Braatz,  E.  321,  340,  370. 

Brackel,  A.  v.  369. 

Bradford,  John  Rose  230,  244. 

Bradsbaw  240. 

Braitenberg,  v.  422. 

Bramwell  49. 

Brandis  567. 

Braun,  C.  196. 

Braun,  H.  67,  319,  320,  329,  341, 

346,  382. 
Brasch,  R.  642. 
Brauer,  L.  83. 
Breitung,  M.  496,  520. 
Bremme  700. 
Brennecke  452,  765. 
Brenner,  A.  366. 
Brentano  191. 
Bresler  69. 
Brewer  565. 
Briegel,  0.  381. 
Brix,  J.  710. 
Broadbent  180. 
Brocq,  L.  549,  553,  562. 
Broese,  P.  449. 
Brooks  279. 
Broquet  539. 
Brosch,  A.  144. 
Brosin,  Fr.  453,  765. 
Brouardel,  P.  167,  705,  714. 
Brown  273. 
Brown,  H.  W.  94. 
Brown,  R.  Cunyngham  79. 
Brown,  Th.  R.  309. 
Brühl,  G.  497,  518. 
Bruner,  W.  244. 
Bruni,  Garmelo  234. 
Brunner  182. 
Brunner,  F.  370. 
Brunner,  K.  278,  382. 
Bruno,  James  598. 
Bruns  279. 
Bruns,  H.  658. 
Bruns,  P.  v.  332. 
Brush  76. 
Buchner,  H.  765. 
Buday,  K.  33. 
Budberg,  R.  v.  409,  413. 
Bugarszky  203. 
Buist  405. 

Bulkley,  Duncan  562. 
Bull,  Ole  497. 
BuUoch,  W.  14. 


804 


Autorenregister. 


Bum,  A.  82,  382. 
Bumm  432,  441. 
Bunge,  G.  v.  666. 
Bunting,  W.  Hartley  66. 
Bunzel,  H.  680. 
Burckhardt,  v.  321. 
Burghart  155,  654. 
Burkhard,  Ph.  609. 
Burkhardt,  Alb.  755. 
Burmeister  404. 
Bumham  465. 
Bm-tonFanning,  E.  W.  620. 
Buschan  139. 
Buschke,  A.  19,  297. 
BusinelU  473. 
Busse,  0.  31. 
Butler  295. 

Buxbaum,  B.  635,  636. 
Buzzard  49. 


C. 


Cahnan  683. 

Gampos,  M.  91. 

Ganellis  283. 

Cannon  197,  203. 

Cantrell  552. 

Capart  415. 

Gardamatis,  Jean  77,  286. 

Gardarelli  281. 

Garette  497. 

Carle  213. 

Carnot,  P.  27,  680. 

Garo  270. 

Carrara  696. 

Carriöre,  G.  306. 

Garter  242,  756. 

Gaspary  574. 

Gasper,  L.  235,  254,  260,  264,  382. 

Cassel,  J.  607. 

Castel,  Du  547. 

Gattaneo,  G.  602. 

Gensier,  E.  196. 

Centanni  296. 

Gesaris-Demel  273. 

Cestan,  E.  167. 

Chairman  255. 

Chantemesse  275. 

Chapmann  187. 

Gharmeil  558. 

Charvin  159. 

Ghauffard  336. 

Chavannaz,  G.  43. 

Cheatham,  William  498. 

Cherchowsky  193. 


Cheury  410. 

Gheyne,  W.  Watson  585. 

Ghiari,  0.  274,  535. 

Chipault,  A.  99. 

Ghitt^nden,  R.  H.  658. 

Ghlumskij,  V.  358. 

Chotzen  574. 

Christomanos,  A.  39. 

Giechanowski,  St.  19,  287,  690. 

Gima  238. 

Gipriani,  G.  658. 

Glado,  S.  453. 

Glark  571. 

Glarke  274. 

Glassen,  J.  715. 

Glaude,  H.  158. 

Glausland  279. 

Glemenz  405. 

Glessin,  0.  582. 

Gleveland  445. 

Gobbet,  L.  8. 

Gobbett,  Louis  600. 

Cohn,  H.  488. 

Gohn,  Ludwig  452. 

Gohn,  T.  115. 

Goleman  467. 

Coles,  A.  G.  316. 

Gollan,  W.  574. 

Gollier,  J.  546. 

GoUins  49. 

GoUins,  Joseph  114. 

Gombemale,  F.  105. 

Gomby  258,  609. 

Gompagnolle,  R.  v.  240. 

Gomte,  L.  36. 

Goncetti,  Luigi  583,  597,  604. 

Conitzer  417. 

Gonrath,  V.  222,  862. 

Gook,  H.  234. 

Gordes,  H.  42. 

Gomil,  V.  27. 

Gorradi  279. 

Costinin  537. 

Councilman  16. 

Courmont  161. 

Gourmont,  J.  9,  110. 

Courtade  495. 

Coville,  M.  513. 

Gramer  225,  411,  703. 

Grespin  270. 

Crocker  551. 

Groly  279. 

Groner,  W.  152,  167,  211,  764. 

Gross,  Foster  585. 

Cruz,  Gon9.  717. 

Csokor,  J.  168. 


Autorenregiater. 


805 


Cuhoret,  F.  381. 

CuUingworth  448. 

Curnow  279. 

Gurschmann,  H.  85,  298. 

Cushing,  H.  W.  354. 

Cyon,  E.  v.  62,  170,  670. 

Czaplewski  13,  16,  555,  587,  741. 

Czermak,  W.  489. 

Czeray  220,  362. 

Czerwenka  413. 


D. 

Däubler  283. 

Däubler,  C.  744. 

Daiber,  A.  167. 

DaUn  459,  463. 

Dalgliesh  275. 

Dambacher,  E.  78. 

Darnach  225. 

Daniel,  Mc  754. 

Dankwarth  737. 

Dannemann  139. 

Dan  zig,  A.  89. 

Darier  466. 

Darksche witsch,  L.  0.  49. 

Dauth,  Moritz  601. 

Davies  269. 

Dazenberger  561. 

Deelemann  758. 

Dehio  189,  557. 

Dehler,  A.  336. 

Deiters  58. 

Delag^niere  453. 

Delbet,  P.  383. 

Del^pine,  Sheridan  722,  747. 

Delio  296. 

Deneke  732. 

Denham  279. 

Dentaigne  279. 

Denys  158. 

Dercam  49. 

Den,  H.  677. 

Desnos  264. 

Desvaux  480. 

Detennann  809. 

Deucher  227. 

Deutach  544. 

Deutsch,  Ernst  578. 

Devell  291. 

Dieballa,  6.  243. 

Dienst,  A.-  35. 

Dietrich  452.  698,  760,  765,  766. 

Dietrich,  E.  706. 

Dieudonn^  293,  760. 


Dieulafoy  210. 

Dimmock  293. 

Dingle,  Charles  757. 

Dinkler  104. 

Dittrich  692. 

Dixey,  F.  A.  754. 

Dobczynski  731. 

Dodge,  R.  115. 

DoebbeHn  337,  375. 

Doederlein,  A.  386. 

Doesseker  391. 

Dogiel.  A.  S.  174. 

Dohi  552. 

Dohm  452. 

Dojmi,  L.  V.  617. 

Dominicis  267. 

Donald,  A.  447. 

Donath,  Julius  99. 

Domblüth,  0.  680. 

Dort,  Broes  van  556. 

Doyen  110,  442,  449. 

Dragendorff,  G.  680. 

Drago  266. 

Dräsche,  A.  37,  183,  185. 

Dreising  682. 

Dreschfeld  277. 

Dreser,  H.  650. 

Drews,  0.  414. 

Drews,  R.  281,  655,  674. 

Dreyer  450,  564. 

Drobisch,  M.  W.  139. 

Druault,  A.  516. 

Ducrey  543. 

Dührssen,  A.  387,  409,  423,  424,  445, 

453. 
Dürck  2. 

Düring,  v.  77,  557. 
Duffan  9. 
Dunbar  712,  727. 
Dünn  487. 
Duplay  81. 
Duplay,  S.  453. 
Durkheim  139. 
Dnrham  274. 
Durant  161. 


E. 


Easles  178. 
Eberson  467. 
Eberth,  C.  J.  32,  33. 
Ebner  569. 
Ebstein,  L.  228. 

Ebstein,  Wilhelm  89,   97,   167,  301, 
303,  304,  307,  316. 


806 


Autorenregister. 


Eckert  272. 

Eckhard,  C.  64. 

Eckstein,  H.  560,  661. 

Edebohls  258. 

Edel,  A.  734. 

Edgren,  J.  G.  196. 

Edinger  656. 

Edinger,  L.  63. 

Edmunds,  Walter  36. 

Egger,  F.  115. 

Ehrenfest  417. 

Ehret  204. 

Ehrich,  E.  368. 

Ehrlich,  F.  202. 

Ehrlich,  H.  316. 

Ehrmann,  S.  569. 

Eichhoff  560. 

Eichhorst,  Hermann  80,  81,  179. 

Ejikmann  418. 

Einhorn,  A.  656. 

Einhorn,  M.  198,  201,  228,  258. 

Eiseisberg,  A.  v.  37,  363. 

Eitelberg,  A.  518. 

Ekehom,  G.  354. 

Ellis,  W.  Gilmore  89. 

Elmassian,  M.  13. 

Eisholz,  A.  126,  433. 

Eisner  708,  709,  740. 

Eltz,  Victor  248. 

Emmert  464. 

Enderlen  28,  326. 

Endlich,  K.  375. 

Engel,  C.  S.  808,  816. 

Engel,  S.  21. 

Engelhardt,  G.  8. 

Englisch,  J.  263. 

Engström  391. 

Epifanow  273. 

Epstein  198. 

Erb,  W.  51. 

Erben,  Sigmund  83,  101,  115. 

Erdheim  279. 

Erdmann,  B.  115. 

Ernst,  P.  23,  25. 

Escat  526. 

Escherisch,  Th.  6,  590,  602. 

Eschweiler,  R.  498. 

Eshner  273. 

Esmarch,  E.  v.  765. 

Essen-Moeller  428. 

Etienne,  G.  4L 

Ettlinger  48. 

Eulenberg,  H.  765. 

Eulenburg,  A.   52,  87,  88,  167,  733. 

Everke  406. 

Ewald,  C.  A.  247,  249,  680. 


Ewald,  R.  699. 
Ewart,  W.  247. 
Exner  226. 
Eykmann  418. 
Eyre,  J.  W.  15. 


F. 


Fabre-Domergne  46. 

Facklam,  F.  C.  114. 

Fairbanks,  A.  W.  739. 

Falk  393. 

Falk,  E.  441. 

Faltin,  R.  253. 

Fantino  213. 

Farad  530. 

Farrar  400. 

Faure,  J.  L.  91. 

Fedoroff,  J.  v.  342. 

Fehling  393,  401,  418,  431,  449. 

Fehr  473. 

Feilchenfeld,  L.  188. 

Fein,  J.  520. 

Feinberg,  390. 

Feis,  0.  389,  453. 

Fenomenow  442. 

Fenwick,  Harry  235. 

F^r^,  C.  115. 

Fessler,  Th.  238. 

Fetz,  239. 

Fichera  298. 

Ficker,  M.  2. 

Filatoff  596. 

Filehne,  W.  647. 

Finger.  E.  453,  574. 

Fink,  E.  523,  539. 

Finkelstein,  Heinr.  591. 

Finkler,  D.  672,  673,  725. 

Finlayson,  James  518. 

Firgan  333,  703. 

Fischer,  Ernst,  127,  587. 

Fischl,  R.  609. 

Fisher  79. 

Fitzpatrick  290. 

Flade,  E.  726. 

Flatau,  E.  115,  118,  119. 

Flesch,  Max  453. 

Flockmann  195. 

Floeckinger  440. 

Floret  651. 

Flügge,  C.  489,  741. 

Foederl,  0.  364. 

Förster,  F.  603. 

Folet  427. 

Forchheimer,  L.  561,  660. 


Autorenr^^ter. 


807 


Forssmann,  J.  27. 

Forte,  T.  572. 

Fortünati  468. 

Fo8s  642. 

Fournier,  E.  571. 

Fowler  464. 

Fowler,  J.  R.  167. 

Fränkel,  A.  148,  153. 

Fränkel,  B.  539,  616. 

Fraenkel,  C.  598. 

Fraenkel,  E.  219,  269^  430,  753. 

Fränkel,  Joseph  76. 

Fränkel,  L.  393,  437. 

Fragstein,  v.  70. 

Francke,  C.  380. 

Frank  406,  440. 

Frank,  E.  235. 

Frank,  Ernst  R.  W.  238,  450. 

Frank,  K.  452. 

Franke,  F.  331,  368. 

Frankl-Hochwart,  L.  v.  115,  264. 

Franqu^,  v.  421,  438. 

Frantzius  296. 

Franz  380. 

Franz,  K.  388. 

Frenkel  91. 

Freund  436. 

Freund,  E.  168. 

Freund,  G.  187. 

Freund,  H.  W.  453. 

Freund,  L.  544. 

Freund,  M.  B.  453. 

Freund,  W.  A.  412,  448. 

Frey  411. 

Frey,  A.  173,  624. 

Freyhan  355. 

Freymuth  598. 

Friedjunff  578. 

Friedländer,  A.  138,  660. 

Friedländer,  E.  499. 

Friedländer,  F.  v.  346. 

Friedländer,  R.  640. 

Friedmann,  M.  57. 

Friedrich,  P.  L.  323,  324. 

Frieser,  J.  W.  10j9. 

Fripp  250. 

Frisch,  A.  V.  19,  259,  373. 

Fritsch  408. 

Fröhlich  595. 

Pröhüch,  A.  233. 

Frohse,  Fritz  48. 

Fromaget  469. 

Frommel  430. 

Fronz,  E.  147. 

Froriep,  L.  .354. 

Frosch  297. 


Fuchs,  £.  489. 

Fürbringer,  P.  73,  264.  286,  619. 

Fürst,  E.  24. 

Fürst,  L.  450. 

Fürstner  83,  139. 

Fürth,  0.  V.  669. 

Fujinami  28.    . 

Funke,  A.  486,  458. 

Füret,  Fr.  91. 

Futcher.  Th.  B,  240. 


GabrielidÖB  516. 
Gabriszewsky,  A.  874. 
Gärtner.  A.  707,  766. 
Gärtner,  G.  234. 
Gajrer,  G.  642. 
Gairdner  176. 
Galliard  281,  298. 
Ganser  701. 
Gambrin,  G.  95. 
Garnier  311. 
Garr6  353. 
Gattel,  F.  115. 
Gaudier,  H.  105,  525. 
Gavello  527. 
Gebhard,  A.  166. 
Gebhardt,  W.  642. 
Geelvink  241. 
Gellhom,  G.  435,  454. 
Geodel  160. 
Georgiewsky,  C.  22. 
Gerhard,  Paul  763. 
Gerhardt,  D.  196. 
Gerock,  .J.  233. 
Gerson,  K.  563. 
Gerulanos,  M.  336,  382. 
Geyer  .541. 
Geyer,  v.  538. 
Ghon  564. 
Gigli,  L.  .340. 
Gübert  311. 
Gilbert,  A.  167,  680. 
Gillet,  H.  609. 
Gintl  210. 
Gioflfredi.  Ch.  ^;.>4. 
Giovanni  545. 
Gladni  292. 
Gläser,  E.  43.  43^. 
Glaser,  F.  :;T. 
Giatz,  P.  22?^. 
Giai.  J.  02:^.. 
Gmeiner  40>:. 
Gochu  H.  '-;<2,  5"»9. 


808 


Autorenregister. 


Godlee,  R.  J.  167. 

Göbel,  C.  339. 

Goebel,  Wilhelm  85,  111. 

Goenner  385. 

Goldberg,  B.  255. 

Goldmann,  H.  156,  671. 

Goldscheider  52,  115,  118,  119,  139, 

705. 
Goldschmidt  713. 
Goldschmidt,  S.  167,  560. 
Golebiewsky  333. 
Goliner  277. 
Goncales-Cruz  682,  686. 
Gonfrein  297. 
Gordon  403. 
Gottheimer,  A.  245. 
Gottschalk ,  S.  391 ,  393 ,  431 ,  439, 

452. 
Gottstein,  A.  610. 
Gottstein,  G.  319. 
Graefe,  A.  489. 
Gräfe,  Max  422,  454. 
Gräupner,  S.  Gh.  196,  642. 
Graf  341. 
Graff,  H.  343. 
Graham,  £.  260. 
Grasset  60,  193. 
Graucher  609. 
Graupner,  R.  32. 
Grawitz,  E.  311. 
Grawitz,  P.  25,  245. 
Grav  286. 
GreeflP,  R.  489. 
Greene.  Holmes  243,  570. 
Greenfield  165. 
GreenwooJ  279. 
Gregor,  Conr.  594. 
Grehant,  N.  744. 
Grekoff,  J.  343. 
Griffin  279. 
Griffith  104. 
Grillo  294. 

Grosglik,  S.  237,  264. 
Gross  139. 
Gross,  H.  376. 
Grosse,  Johannes  452. 
Grossmann,  R.  711. 
Grossvenor  43. 
Grote  481. 
Grousset,  A.  264. 
Grube,  K.  237,  303,  316. 
Grube,  W.  317. 
Gruber,  Max  714. 
Grünfeld,  A.  557. 
Grützner,  P.  39,  214. 
Grunert  455. 


Guamieri  285. 

Günsberg  461. 

Günther,  M.  ü.  C.  44. 

Günther,  C.  46. 

Guerard,  A.  v.  394. 

Güterbock,  P.  382. 

Guizetti  271. 

Gumpert  672. 

Gumpertz,  E.  78,  94. 

Gumprecht  196,  248,  682. 

Gurlt,  B.  382. 

GuBsenbauer,  C.  168. 

Gusserow  389. 

Guth,  H.  665. 

Gutsmuths  690. 

Guttmann,  A.  79. 

Gutzmann,  H.  66,  116,  531,  5S2. 

Guyon,  Felix  264. 

H. 

Haab,  0.  485,  489. 

Haake  406. 

Haan,  Bierens  de  225. 

Habel  224. 

Habel,  A.  556,  676. 

Haberda  693. 

Habermann  31,  502,  517. 

Hackenbruch  319. 

Hacker,  v.  200,  331. 

Haebler  697. 

Haedike  470. 

Haedke  149. 

Haffkine  293. 

Haffner,  S.  194. 

Hag,  R.  166. 

Haga  38. 

Hagedom,  M.  589,  609. 

Hagenbach-Burkhardt  755. 

Hagenbach,  E.  596. 

Hahn  390. 

Hahn,  J.  S.  642. 

Hahn,  L.  676. 

Hahn,  0.  330. 

Haig,  A.  284,  316. 

Hain  405. 

Halban  407. 

Haie  279. 

Hallopeau  159. 

Halsted,  W.  S.  361. 

Hamburger,  H.  J.  8,  267,  295. 

Hamm  88. 

Hammer  295. 

Hammer,  Carl  89. 

Hammerl,  H.  659. 

Hammerschlag,  Victor  491. 


Autorenregiflter. 


809 


Hammond,  E.  W.  143. 

Handfort  272. 

Hanke,  Victor  90. 

Hankel,  E.  51. 

Hankin,  E.  H.  16,  268. 

Hansel!  461. 

Hansemann,  P.  12,  40,  152,  418. 

Harbitz  269,  294. 

Hari  208. 

Harmer,  L.  537. 

Hamack,  E.  676. 

Harrifl,  D.  F.  239. 

Harris,  F.  20,  220,  287. 

Hartmann,  A.  501. 

Hartzeil  549. 

Hascovec,  Lad.  103. 

Haselhoff,  E.  711. 

Haslund  558. 

Hattemer,  W.  851. 

Haag,  R.  496,  497,  518. 

Hauser,  G.  3,  24,  150. 

Hausy,  F.  382. 

Hauszel,  F.  536. 

Hawkins  270. 

Haya  256. 

Hazlett  251. 

Head,  Henry  116. 

Hecht,  Hugo  495,  524. 

Hecker  410. 

Hecker,  Rudolf  571,  609. 

Hedbom,  E.  649. 

Heddaeus,  A.  112,  220,  836,  362. 

Heermann,  6.  518,  521. 

Heickel  298. 

Heidenbain  58,  407. 

Heilbronner,  Carl  88. 

Heiligenthal  195. 

Heim,  L.  46. 

Heine  512,  557. 

Heinricius,  G.  405. 

Heintze  379. 

Heinz,  R.  656. 

Heitzmann,  L.  241. 

Helbing,  C.  30. 

Helferich,  H.  383. 

Heller  543,  571. 

Hellin,  D.  383. 

Hemmeter,  J.  C.  211,  228. 

Henie,  C.  735. 

Henke,  F.  14. 

Henle,  A.  335,  359. 

Henocque,  A.  264. 

Henry,  E.  P.  210. 

Henschen,  S.  E.  62,  85,  321,  684. 

Hensen  396,  653. 

Henssen,  0.  166. 


Herff,  Otto  v.  452. 

Hermann,  L.  168. 

Herringham  272. 

Hermheiser,  J.  489. 

Herz,  Hans  228. 

Herzberg,  A.  707. 

Herzfeld  398. 

Herzog  L.  212. 

Herzog,  M.  36. 

Herzog,  S.  W.  319. 

Hess  84. 

Hess,  0.  739. 

Hess,  W.  488. 

Hesse  660. 

Hessler,  R.  99. 

Heubner,  0.  580. 

Heydenreich  68. 

Heymann,  P.  539. 

Hidde,  Justine  228. 

Hubert,  P.  14. 

Hüdebrand,  H.  39,  197,  256. 

Hillebrand  155. 

Hiller,  Th.  365. 

Hüpert,  Rieh.  108. 

Hinsberg,  V.  24. 

Hinschelwood,  James  66. 

Hints,  147. 

Hinz,  G.  740. 

Hjort  461. 

Hippel,  E.  V.  488. 

Hirschberg  689. 

Hirschberg,  E.  765. 

Hirschfeld  139. 

Hirschfeld,  F.  301. 

Hirschfeld,  H.  44. 

Hirschfelder  158. 

Hirschkron  139,  543. 

His  jun.,  W.  650. 

Hitzig,  Eduard   116,  137,  139,  702. 

Hladik  309. 

Hoche,  A.  72. 

Hochenegg,  J.  359. 

Hochhaus,  H.  24. 

Hochsinger,  Carl  607,  610. 

Hochstetter  116. 

Hoeber,  R.  39. 

Hödlmoser,  C.  677. 

Hölscher,  R.  318. 

Hofbauer  441,  451. 

Hoffa,  A.  350,  383. 

Hoffmann,  A.  116. 

Hoffmann,  Egon  512.  *^ 

Hoffmann,  J.  87. 

Hoffmann,  Rieh.  508. 

Hofmann,  A.  40,  213,  244,  6e 

Hofmann,  E.  v.  714. 


810 


Autorenregifiter. 


Hofmeier  386,  432. 
Hofmeister,  F.  348,  374. 
Hofmeyer-Schröder  454. 
Holmes,  103. 
Holtzmann.  A.  379. 
Holwede,  v.  582. 
Homans  279. 
Homburger,  Th.  581. 
Honigmann,  G.  666. 
Hoor  465. 
Hoom,  van  559. 
Hopf  544,  574. 
Hopmann  344,  521. 
Hoppe,  Jul.  479,  489,  759. 
Hoppe-Seyler  229. 
Hermann  721. 
Horstmann  485. 
Hotchkis  239. 
Housel,  G.  256. 
Huber  154,  155. 
Hünermann  16. 
Hueppe,  Ferd.  765. 
Hügel,  K.  537. 
Huhn,  N.  351. 
Huldschiner,  Richard  262. 
Hunt  269. 
Huppert  401. 
Hurrwitz  246. 
Hurwitz,  Max  602. 


I. 

Ikawitz,  C.  E.  325. 
Ilberg  140. 
Imbert,  L.  264. 
Imerwol  597. 
Immerwahr,  R.  676. 
Ingeirans  104. 
Ipsen  694. 

Israel,  James  19,  254. 
Israel,  0.  46. 


Jacob  415. 

Jacob,  Paul  5,  59,  82,  280. 

Jacobi,  A.  610. 

Jacobs  449. 

Jacobsohn,  L.  104,  108. 

Jacobsohn,  P.  761. 

Jacoby  221. 

Jacoby,  Geo  W.  113. 

Jacqueau  556. 

Jäger,  H.  713. 


Jaff^,  M.  383. 

Jager,  L.  de  594,  660. 

Jakobs,  G.  436. 

Jakoby,  M.  21,  46. 

Jaksch,  R.  v.  305. 

Jancken  269. 

Jankau,  L.  518. 

Janke,  0.  765. 

Jansen,  A.  507,  514. 

Jaquet,  A.  614. 

Jardine  400. 

Jasinski,  A.  47,  72. 

Jeannel,  M.  383. 

Jefifery  287. 

Jellinck,  S.  309. 

Jemma  271. 

Jendrässik,  £.  107. 

Jenner,  Fr.  763. 

Jess  185. 

Jessen  529. 

Jey  275. 

Jez  298. 

Joachim,  G.  414. 

Joachimsthal,  G.  383. 

Joal  627. 

Jodlbauer  286. 

Johannessen,  Axel  577. 

Johne,  A.  765. 

Jokote,  Z.  17. 

Jolles,  Ad.  232,  240,  309,  656. 

Jolly,  J.  22. 

Jones,  Clayton  108. 

Jordan  355,  509. 

Jordan,  M.  344. 

Jores,  L.  38. 

Joseph,  Jacques  82. 

Joseph,  Max  548,  555,  568. 

Josionek  622. 

Jourdan  520. 

Jovitschitsch,  M.  233. 

Juliusburger,  0.  49,  118,  119. 

Jurasz  536. 

Juvara,  E.  371. 


Kabierske  316. 
Kaczanowski,  P.  559. 
Eadner  205. 
Kafka  562. 

Kahlden,  C.  v.  43,  46. 
Kahn,  M.  518.      . 
Kaienscher  422. 
Kalischer,  S.  79,  736. 
Kalle,  Fr.  734. 


Autorenregister. 


811 


Kallenberger  327,  561,  656. 

EallinowBky  402. 

Kalmus  410. 

Kamen,  L.  16. 

Kamm,  M.  674. 

Kanthack  603. 

Kaposi,  M.  553,  562. 

Kappeier,  0.  358. 

Kapsammer,  G.  45,  48. 

Karewski  163,  294. 

Karplus,  J.  P.  100. 

Kartulis,  St.  20. 

Karvonen,  J.  J.  264. 

Kassowitz  669. 

Kattwinkel  59. 

Katz  228. 

Kaufmann,  C.  332. 

Kaufmann,  £.  434. 

Kaufmann,  R.  573. 

Eayser,  R.  518. 

Kedrowsky,  N.  J.  11. 

Keen,  W.  W.  298,  383. 

Keersmaecker  574. 

Kehr,  H.  226,  367,  883. 

Kehrer  428. 

Kehrer,  F.  A.  343. 

Keller  593. 

Kelling  206. 

Kellner  98. 

Kelly,  A.  32. 

Kelly,  A.  Howard  433,  454. 

Kelynack,  T.  N.  264. 

Kempner  70. 

Kemsies,  F.  735,  765. 

Kermauer,  F.  659. 

Kernig  141. 

K6tly,  L.  243. 

Keyt  186. 

Kibbe  460. 

Killian,  ö.  522. 

Killian,  J.  527. 

Kionka  676. 

Kippenberger,  C.  705. 

Kirchgässer,  Gisbert  72,  75. 

Kirchner  513. 

Kirchner,  A.  383. 

Kim  700. 

Kirstein  198,  201,  522. 

Kisch,  E.  Heinrich  196,  389,  454,  642. 

Kissel,  A.  A.  583,  590. 

Kister  269,  753. 

Kitt,  Th.  1. 

Klaas,  W.  116. 

Klaussner,  F.  523,  656. 

Klebs,  E.  11. 

Kleemann  707. 


Klein  289. 

Klein,  G.  34. 

Klein,  Th.  618. 

Kleine,  G.  674. 

KleinhauB  398. 

Kleinknecht,  A.  379. 

Kleinmann  242. 

Kleinwächter  416. 

Klemm  575. 

Klemm,  P.  323. 

Klemperer,  F.  46. 

Klett,  A.  353. 

Klien  421. 

Klingelhöfer  699. 

Klippel,  M.  120. 

Klipstein  14^. 

Kluge,  G.  674,  685. 

Knapp,  Ludwig  409,  452,  706. 

Knauer  405. 

Knauss,  K.  765. 

Knoepfelmacher,  W.  579,  610. 

Knöspel,  Ludw.  603. 

KnoU  169,  736. 

Knorr,  A.  5. 

Kober  551. 

Köhler,  G.  243. 

Koch,  M.  209. 

Koch,  R,  16,  18,  285,  291,  298,  744, 

746,  766. 
Koch,  W.  377. 
Kocher,  Th.  213,  348. 
Kockel  681,  684,  691.  • 

Köhler  680. 
Köhler,  A.  379. 
Köhler,  F.  111,  336. 
K^lbl,  F.  308,  316. 
Kölliker,  Th.  375. 
Köhler  271. 

Koelzer  W.  282,  642,  595. 
König,  F.  322,  338,  383. 
König,  J.  711. 
König,  R.  373. 
Koppe,  H.  576,  642,  728. 
Koppen  58,  108. 
Körmöczi  314. 
Kömer,  0.  62,  509,  519. 
Körte,  W.  383,  582. 
Köster,  Georg  50,  91. 
Köster,  H.  86. 
Köstlin  413. 
Kövesi  213. 
Kövesy,  G.  299. 
Kofend,  Alfred  77. 
Kofraann,  S.  320. 
Kohl  479. 
Kohlenberger  202. 


812 


Autorenregisier. 


Kohn,  P.  8. 

Kolischer,  Gustav  264,  388,  454. 

KoUe,  W.  8,  150. 

KoUer,  H.  F.  334. 

Kollerits,  Eugen  108. 

Koranyi,  v.  285. 

Korczyüski,  Ludomil  v.  106. 

Korn,  0.  711. 

Komalewski  689. 

Koslik,  V.  729. 

Kossei,  A.  680. 

Kossei,  H.  6. 

Kossmann  437,  441. 

Kovalewsky,  P.  J.  66. 

Kowalk  883. 

Kowalski,  E.  638,  639. 

Krämer,  C.  325,  880. 

Kraflft-Ebing,  R.  v.  116,  140,  706. 

Krahnstöver  481. 

Kramer  246. 

Kraus,  F.  274,  308,  309,  316. 

Kraus,  0.  262. 

Kraus,  R.  2. 

Krause,  F.  680. 

Ejrause,  Herm.  589. 

Krauss,  K.  31. 

Krehl,  L.  168. 

Kreissl  564. 

Kretz,  Richard  253,  600. 

Kreutzmann  445. 

Krieg  584. 

Kroei&er  440. 

Krönig  415. 

Krönig,  G.  810. 

Krönlein  357. 

Krokiewicz,  Anton  232,  241,  280. 

Kromayer,  E.  561,  574,  660,  662. 

Krompecher,  £.  25,  32,  541. 

Krüss  468. 

Krug  386. 

Krumm,  F.  357. 

Kruse,  W.  747. 

Kryck,  Ph.  727. 

Kubassow,  v.  298. 

Kubier  756. 

Kühnau  278. 

Kümmel,  W.  539. 

Kümmell,  H.  219,  559. 

Ktirsteiner,  W.  36. 

Küstner,  0.  454,  692. 

Küttner,  H.  322,  347,  364. 

Kugel.  L.  493. 

Kuhlmey  686. 

Kuhn  216. 

Kuhnt,  H.  476,  489. 

Kukein  208. 


Kummer,  £.  378. 

Kundrat,  y.  210. 

Kuthy,  Desider  642,  766. 

Kutner,  R.  263,  264,  383,  597. 

Kuttner,  L.  229. 

Kuttner,  R.  383. 

Kyle  468. 

Kynoch,  Campbell  597. 

L. 

Laache  248. 
Laar,  C.  678. 
Labb6,  Henri  578. 
Labb^,  M.  9. 
Labin,  Heinrich  74. 
Laccetti  287. 
Lachner-Sandoval,  Y.  46. 

Lacoarret  528. 

Lagrange  480. 

Laitiner,  F.  11. 

Lambotte  274. 

Landau,  L.  435. 

Landau,  Th.  449. 

Landerer,  A.  168,  824,  325,  383. 

Landolt  472. 

Landouzy  160,  161,  298. 

Lange,  Jdröme  582. 

Lange,  M.  35. 

LangendorflF,  0.  71,  169. 

Langerhans  147. 

Lannois  66,  281. 

Lanz,  0.  11,  562. 

Lapasset  298. 

Lapin,  J.  314. 

Laquer,  Leopold  87,  116. 

Larsen,  G.  S.  502. 

Lassar-Gohn  264. 

Lastschenko,  F.  730. 

Latham  607. 

Laub,  M.  678. 

Laudenheimer,  Rudolph  54,  127. 

Lauenstein,  C.  822,  340. 

Lavialle  422. 

Lawrence  549. 

Lawrence-Mason  270. 

Lazarus,  A.  316. 

Lazarus,  J.  168. 

Lazarus-Barlow,  W.  S.  46. 

Lebensohn,  S.  366. 

Leber,  Th.  481,  488. 

Ledderhose,  G.  383,  706. 

Le  Dentu  383. 

Ledermann  562. 

Lees,  D.  B.  588. 


Autorenregister. 

Lehmann  429. 

Lindner.  H.  L>ÄK  HSH, 

Lehmann,  F.  450. 

Lindt  W.  526. 

Lehmann,  K.  B.  304,  665,  677,  725. 

Lingelsheim  154. 

Leichtenstern  20,  221,  259. 

linke  99. 

Leick  227,  289. 

Linkenhe]d,  L.  538. 

Leistikow  562. 

Linossier  281. 

LeitenRdorfer  724. 

Lipowski,  *T.  533. 

Lengard,  G.  262. 

Littauer,  Arthur  452. 

Lenhoff,  R.  230. 

Litten,  M.  316. 

LenhÖRflek,  v.  118. 

Lockst&dt,  y.  30. 

Lennander,  E.  G.  360,  444. 

Loeb  574. 

Lenn6,  A.  316. 

Loeb,  M.  62. 

Lennhoff,  570. 

Löbel,  A.  622.  634. 

Lentz,  0.  655. 

Löffler,  F.  297,  661. 

Leo,  H.  162,  305. 

Löhlein,  H.  397,  425,  446.  <tA, 

Leopold  406. 

Lönberg  499. 

Le  Page,  J.  400. 

Lörcher,  G.  208. 

Lepoutre  539. 

Löwenfeld  102. 

Leppmann,  Arthur  131. 

Loewenthal  276. 

Leredde  662. 

Loewit,  M.  9. 

Lermoyez,  Marcel  91. 

Loewy,  A.  9. 

Lesser  683. 

Löwy,  E.  306. 

LetuUe  159. 

Lohnstein,  H.  261. 

Leuhe,  W.  v.  168. 

Lohnstein,  Th.  234;  mh. 

Leuch  743. 

Loimann,  G.  643. 

Lentert  495. 

Lombard,  A.  507,  513. 

Leva,  J.  642. 

Lombroso,  C.  562. 

Levai,  J.  327. 

Longard  317. 

Levy-Dom  205. 

Lop,  P.  A.  92,  27'^. 

Levy,  E.  46. 

.  Lorentz  687. 

Levy,  Leo  587. 

'  Lorenz,  A.  383. 

Lewascbew,  v.  730. 

,  Lor^mz,  Heinrich  116, 

Lewin  293,  586. 

Loth  .V;6. 

Lewin,  L.  265,  558,  685. 

.  Loth^HJjen,  G.  'MH,  %1\. 

Lewis  546. 

Lotü,  Fr.  T,'/,. 

Lewis,  H.  Edwin  257. 

Lowit,  M.  */M. 

LewkowicE,  Jae.  655. 

Lubar*x'h,  0.  2r>,  29,  4^,  V/^. 

Lewy,  L.  552. 

Lucae  AV4, 

Lexer,  E.  370. 

Loee,  Hatw  V>. 

Ley,  0.  T.  .56%. 

Lack,  W.  3'^. 

Lejden,  E.  t.  173,  229. 

Lodtfwift  T/f/, 

Lichtwifa  523,  527,  52^,  530. 

L'.iwi;?,'  K.  ^;;I,  WL 

LiebermaDn  2fjZ, 

L%'JTr:jf,   V.  i,.'/l. 

Liebermeister,  r.  642. 

\y^.*/,i.*:r,  > ,   J  K 

Liebig.  G.  t.  14^^,  174,  M5. 

L-f?,  A,  K  >//7.  ';:'; 

Lieblein,  K.  329. 

WsK>,T.',V,   .%,    M      '^/V 

Liebmami,  A<  Il€.  6:0. 

Liebieidi,  0.  Uy*.  ^/\, 

L-'-C'/iÄ.":  4Ti 

Liepmaon.  H,  VA. 

Lvr.z    y,  A    TT 

Lieren  A.  o'2->.  'S74. 

LiJicnfeid.  Lrzjtr.  44. 

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Limadaer,  F,  Ä 

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814 


Autorenregister. 


Maberly  289. 

Macalister,  G.  J.  247. 

Macewen,  William  116,  519. 

Mackenrodt,  A.  435,  454. 

Macnaughton,  Jones  H.  454. 

Mac  Tadzean  165. 

Madlehner  406. 

Maeder,  J.  45. 

Ma£^cci,  A.  29. 

Magdalene,  Schwester  228. 

Magül  283. 

Magnan  533. 

Magnanimi  696. 

Magnus,  Hugo  489,  706. 

Magnus-Levy,  A.  106,  306. 

Mairet  140. 

Malfatti,  H.  233. 

Malherbe  530. 

Malvoz  274. 

Manasse  505,  513. 

Manasse,  L.  255,  263. 

Manchot,  G.  302. 

Mandl,  L.  392. 

Manicatide  14,  68,  119,  584. 

Mankowsky,  A.  55. 

Mannaberg,  A.  286,  361. 

Manson  285. 

Manteuffel,  Zöge  y.  348. 

Manz,  0.  38,  320. 

Maragliano  161. 

Marcel  578. 

Marchand,  L.  10,  437. 

Marchoux  284. 

Marckwald  41. 

Marfan  585,  609. 

Marinesco,  G.  56,  75. 

Marki,  G.  17. 

Marquie  277. 

Martin,  A.  418,  419,  446,  449,  454. 

MaAin,  Gh.  439. 

Martini  267. 

Martini,  J.  H.  194. 

Martius,  F.  46,  298. 

Martuscelli,  G.  528. 

Marty  276. 

Marx  5,  268. 

Massei,  F.  538. 

Masseion  462. 

Matignon  291. 

Matte  500. 

Matthes  214. 

Matthieu  101. 

Maximow,  A.  23,  26. 

Maydl,  K.  361,  383. 

Mayer,  G.  35. 

Mayer,  M.  383. 


Mayet,  F.  0.  196. 

Mays  286. 

Mc  Gardie  417. 

Mc  Guire,  J.  548. 

Meidinger,  H.  716. 

Meikle,  J.  307. 

Meissen,  E.  612. 

Melchior,  Max  252. 

Melnikow,  N.  7. 

Melsome,  W.  S.  8. 

Meltzer  191,  198,  652. 

Meltzing  206,  223. 

Mende  403. 

Mendel  135,  494. 

Mendelsohn,  M.  250,  254,  262. 

Menge  422. 

Menko  248,  314. 

Menn  240. 

Mennes,  Fr.  12,  168. 

Mercier  240. 

Mering,  v.  489. 

Merkel,  H.  33. 

Mertens  227. 

M6ry  760. 

Mesnil,  F.  10. 

Metin,  M.  14. 

Metzger  211,  249,  708. 

Meunier  159. 

Meyer  464. 

Meyer,  C.  669. 

Meyer,  Carl  577. 

Meyer,  E.  49,  118,  119,  128,  678. 

Meyer,  George  761. 

Meyer,  R.  30. 

Meyerhoff,  M.  13. 

Mez,  G.  766. 

Michaelis,  M.  12,  185. 

Michaelis,  W.  208. 

Michelson,  Eduard  121. 

Mikulicz,  J.  323,  357,  589. 

Milchner  5. 

Mill,  Gharles  K.  140. 

Milligan  527. 

Minervini,  R.  2. 

Minor,  L.  94. 

Misick,  0.  S.  33. 

Missmahl,  W.  458. 

Mittelbach,  F.  231. 

Mittermaier  408. 

Miura  63. 

Miwa,  M.  45. 

Möbius,  P.  J.  116,  140. 

Mohr,  A.  152. 

MöUer  279. 

MöUer,  P.  344. 

MönkemöUer,  0.  128. 


161. 
UoQin  569. 
Honnier  hS. 
Monteni,  G.  82,  272. 
Monti,  Aloie  453.  610. 
Hooreu,  A.  489. 
Mooren,  R.  4M. 
MomciewBki,  W.  v.  304. 
MoTBt,  V.  13. 
Morai  473,  475. 
Mo^^u  279. 
Morgan,  J.  H.  250,  255. 
Morgenroth  721. 
Moniani  405. 
MoriBhima,  K.  668. 
MoruoD,  A.  196. 
Moritz,  Fr.  212,  644. 
Moro,  E.  .J79. 
Morpnrgo,  B,  29,  85. 
Morpnrgo,  E.  493. 
Morton,  Ch.  A.  250. 
Hoser  197. 

Hoeetig-Moorhof,  t.  383. 
Moaler  281,  550,  655,  766. 
Mosae,  M.  657. 
MoBHO,  Angelo  643. 
Most  42.  337. 
Motte  Coco,  A.  9. 
Motj  69. 

Moacbet  Alb.  507. 
Moore  526. 
MHn«k  562,  574. 
Mfituam   1,54. 

MfUler  399,  400,  675,  689,  692. 
HOUer,  A.  136,  334.  388. 
Moller,  Erich  119,  584,  604. 
Maller,  F.  C.  626. 
MflUer,  Fr.  22.  704. 
Maller,  0.  377,  383. 
Moller,  H.  399. 
Moller,  H.  F.   173. 
Müller  (MOnchen)  412. 
Möller,  0.  29. 
Maller,  P.  406,  419. 
Haller,  R.  140. 

MoUer.  Richard  .505.  512,  516. 
Maller.  W.  398. 
Mollerheitn  397. 
MüuBterb«rg.  E.  766. 
MOnzer,  E.  663. 
Mondorff,  G.  263. 
Mnnk,  H.  37. 
Monk.  Jakob  138. 
Maratow,  W.  64,  106. 


Morpfaj,  J.  B.  384. 
MarT&y,  Mihie  400. 
HuBqueos  170,  171. 
Maaser,  J.  H.  249. 
Muzio  296. 
Myers,  W.  6. 
Mjgind,  H.  532. 
Myle«  279. 
Hyrdacz,  P.  384. 


trecke,  P-  65. 
Na^eli.  0.  605.- 
Nagel,  W.  Ä.  454,  489. 
Nageotte  48. 
Nakarai.  S.  3. 
Nammark,  Cb.  E.  249. 
NaiuTii,  B.  88,  316. 
Nebelthan.  E.  116.  140. 
Nehrkom,  A.  30,  34. 
NeiBset,  A.  450,  542,  562,  572. 
Neieeer,  M.  3, 
Nelson  289. 
Neseroann  680. 
Netleaen  279. 
NHter  160,  201,  584,  605. 
Neubaner  264. 
Neabarger,  Tb.  63. 
Nengebaner,  F.  392,  443,  töi. 
Nenmann,  A.  413.  441,  44a 
Nemnann,  E.  28. 
Neamann,  Fr.  617. 
Neomann,  H.  736. 
Nenmaon,  J.  544. 
unann,  B.  671. 
Nenmajer,  F.  713. 
Nenmajer,  H.  713. 
NemDayer,  L.  713. 
Nemnan,  D.  238. 
Nicolai,  H.  F.  764. 
Nicolas,  J.  160. 
Nicolle.  Ch.  6. 
Niedner  84. 
Niehana,  P.  627. 
Niasl.  Franz  47,  118.   119,  lÜ- 
Noble,  Ch.  411,  i2S. 
Socard.  M.  11,  15S. 
N511  521. 

Noetzel.  W.  8,  26,  3r 
Nognts  260. 
Noltenioa  .500,  .336 
Noorden,  C.  v.  I4S     : : 
Nothnagel,  H.  229. 
Notthaft.  T.  103- 


816 


Autorenregister. 


Novy  289. 

Nowak,  J.  19,  26,  287. 

Nuttal  3,  291,  749. 


0. 

Obrastzoff  221. 

Odebrecht  417. 

Oeller  489. 

Oesch,  A.  491. 

Oestreich,  R.  37,  141,  187. 

Oetker  421. 

Oliver,  Th.  305. 

Olivetti  207. 

Olshausen  404. 

Oluszewaki,  W.  55 

Ombr^danne  386. 

Oordt,  van  81,  241. 

Opitz,  E.  324. 

Oppenheim,  Hermann  98,  116. 

Oppenheimer,  A.  706. 

Orth,  E.  727. 

Orthmann,  £.  G.  440,  452. 

Ortner,  N.  168,  248. 

Oser,  L.  229,  316. 

Osler  550. 

Ostertag  46. 

Ostmann  492. 

Overend,  Walker  585. 

Owen,  £.  581. 


P. 

Pachard  270. 
Pagenstecher  468. 
Pal,  J.  73, 
Pal,  F.  K.  81. 
Palimanti,  0.  26. 
Panas  465,  471,  483. 
Panegrossi  286. 
Panet  76. 

Pause,  Rudolf  494,  519. 
Pantzer  704. 
Panzer,  Th.  671. 
Papillon  161. 
Pappenheim,  A.  21,  153. 
Parques  238. 
Partsch  345. 
Passow,  Adolf  54,  505. 
Patterson  279. 
Paviot  110. 
Pawlow,  J.  P.  229. 
P^choütre  111. 
Peham,  H.  359. 


Peiser  433. 

Peissier  159. 

Pelon  277. 

Pels-Leusden  31. 

Peltesohn  571. 

Penzoldt  168. 

Perez,  G.  9. 

Pergens  466. 

Periis  428. 

Perlsee,  M.  898. 

Perona  287. 

Perret,  M.  724. 

Perrin  546. 

Perthes,  G.  355. 

Perutz,  F.  10. 

Petermann  168. 

Peters,  A.  489,  490. 

Petersen  522. 

Petit  475. 

Petri  722. 

Petrone,  G.  A.  26. 

Petruschky,  J.  13,  268,  272,  298,  598, 

740. 
Pezzoli  564. 
Pfannenstiel  487. 
Pfaundler,  Meinhard  174,  589. 
Pfeiffer,  R.  5,  268. 
Pfeiffer,  Th.  313. 
Pfister  438. 
Pflanz  419. 
Pflüger,  E.  26. 
Pfoehl,  J.  10. 
Pförringer  63. 
PhüUps  548. 
Photiades  516. 
Piatkowski  212. 
Picard  289. 
Pichler  225. 
Pick,  A.  116. 
Pick,  L.  421,  571. 
Pickardt,  Max.  107. 
Picot  460. 
Pinard,  A.  404. 
Pincus  448. 
Pini,  J.  568. 
Pinner,  F.  369. 
Pircher,  J.  818. 
Pissary,  A.  264. 
Pistor,  M.  766. 
Pitres,  A.  65,  116. 
Placzeck  706. 
Plant  678. 
Plehn,  Fr.  766. 
Podres,  A.  359. 
Podwyssoski  27. 
PoelUtz  676. 


Antorenregister. 


817 


Polimanti,  0.  679. 

Pollack,  B.  116. 

Pollitz  687. 

Pollmann,  L.  606. 

PolyakoiF  302. 

Ponthiere,  de  502. 

Popper,  Heiion  102. 

Poppert  361. 

Port,  J.  384. 

Port,  K.  375. 

Porter  169. 

Porter,  Ch.  753. 

Porter,  W.  236. 

Posner  249,  255,  259,  264. 

Pospelow  552. 

Potarca,  J.  384. 

Potherat  288. 

Pottevin  297. 

Poncet,  A.  373. 

Pou88on  238. 

Prätorius,  A.  236. 

Prausnitz,  W.  713,  766. 

Preindlsberger,  J.  525. 

Preiaich  598. 

Preiss  426* 

Preysing,  H.  497,  498,  503,  508. 

Preyss,  S.  349. 

Pringle,  K   503. 

Pröscher  575. 

Proksch,  J.  K.  196,  574. 

Proekauer  708,  709. 

Prota  528. 

PruB,  Johann  66. 

Prutz  294. 

Prutz,  W.  377, 

Puppe  681,  693,  694. 

Purjesz  545. 


Q 

Quänu  336. 
Quincke  148,  229. 


Rabl,  J.  168. 
Radestock  572. 
Radojewski  401. 
Raehlmann,  E.  478,  489. 
Railingh  279 
Ramsay,  A.  M.  489. 
Ransom,  F.  15,  111. 

Jahrbuch  der  practischen  Medicin. 


1899 


Rapmund,  0.  706,  766. 

Rasch,  Christian  126. 

Rasch,  H.  719. 

Rasumowsky,  W.  J.  371. 

Rathke,  P.  45. 

Rau,  F.  34,  38,  184. 

Räude,  A.  155. 

Raw,  H.  155. 

Raw,  N.  190. 

Raymond  272. 

Rayneau,  0.  124. 

Reach  205. 

Reddingius,  R.  A.  470,  489. 

Rehn  358. 

Reichet,  Oscar  61,  248. 

Reichel,  P.  384,  706. 

Reichenberg,  Alfred  A.  64. 

Reichmann,  N.  209. 

Reille,  P.  751. 

Reimann  701. 

Reineboth  143,  144,  174.  704. 

Reinecke,  K.  675. 

Reinhard  279. 

Reinhardt  338. 

Reinhardt-Natvig  378. 

Reinhold  155. 

Reitzenstein  201. 

Remlinger  288. 

Renault,  A.  316. 

Rendu  219. 

Resch  688. 

Respighi  543. 

Reuter  697. 

R^hi,  L.  524. 

Rewidzoff  224. 

Reyinga  405. 

Rheiner  415. 

Rhode,  H.  124. 

Ribard  161. 

Ribbert,  H.  28,  29,  30,  45,  46. 

Ricci,  Carlo  495. 

Richardson  242 

Richter,  M.  695. 

Richter,  P.  230. 

Richter,  P.  F.  9,  300,  570,  664. 

Richtei-,  R.  136,  732. 

Riecke  551. 

Riedel  226,  314,  356. 

Rieder,  H.  1,  264. 

Riedinger,  J.  338,  405. 

Riegner  213. 

Riehl  277.  566. 

Riehm  561. 

Riensch,  H.  710. 

Rifezos.  N.  «es. 

Riggenbnch,  U.  834. 

^o 


818 


Autorenregister. 


Rimini,  E.  504. 

Ringel  250,  262,  321. 

Rischpler  34. 

Ritti  140. 

Robertson,  J.  753. 

Robin,  Albert  494. 

Robinson  284. 

Robson  208. 

Robson,  Mayo  394. 

Roche,  F.  256. 

Rocher,  Boisseau  du  235. 

Röchet,  V.  264. 

Rochon-Duvigneaud  483. 

Röhmann,  F.  672. 

Römer,  C.  659,  742. 

Römer,  Fr.  19,  220,  287. 

Roemhild,  L.  610. 

Röpke,  Fr.  512. 

Rogers  284. 

Rohleder  561. 

Rolleston  607. 

Rollet  556. 

Romanov,  M.  P.  90. 

Roncalli,  D.  B.  29. 

Roos  670. 

Roschdestwenski  286. 

Rose  441. 

Rose,  E.  368. 

Rose,  Ulrich  66,  70,  245. 

Rosenau,  F.  723. 

Rosenbaum,  F.  660. 

Rosenberg  389. 

Rosenberg,  A.  523,  529,  530. 

Rosenberg,  S.  227. 

Rosenfeld,  G.  253. 

Rosenfeld,  L.  738. 

Rosenfeld,  S.  412. 

Rosengart  223. 

Rosenheim,  0.  234. 

Rosenheim,  Th.  200,  202,  228,  229. 

Rosenmeyer  104. 

Rosenqvist,  E.  613. 

Rosenthal,  W.  31. 

Roser,  K.  328,  346. 

Rosin,  H.  311. 

Rossa,  Emil,  32,  454. 

Rossolimo,  G.  J.  72. 

Rostoski,  Otto  261. 

Roth  701. 

Roth,  H.  V.  582. 

Roth,  W.  330. 

Rothschild,  H.  de  610. 

Rousse,  J.  310. 

Routh,  A.  418. 

Roux  279. 

Rovsing,  Thorkild  238,  252,  254,  259. 


Rubner,  Max  580,  712,  730. 

Rudel  50. 

Rühl  441. 

Rümelin  725. 

Rüge  549. 

Ruhemann,  J.  168. 

Rullmann,  W.  18,  164. 

Rumpf  427. 

Rumpf,  Th.  298,  304,  766. 

Runge  437,  453. 

Rüssel,  J.  S.  Risien  313. 

Rutherford,  William  491. 

Ruyssen  422. 

Rydygier  323. 


S. 


Sachs  488. 

Saenger,  M.  418,  419,  420,  422,  449, 

453,  524,  574. 
Sänger,  A.  490. 
Saft,  H.  398. 
Sahli,  H.  168,  216,  645. 
Saint  Paul  116. 
Salimbeni,  A.  T.  10. 
Salkowski,  E.  659. 
Salomon  562. 
Saloschin,  S.  132. 
Saltykow,  S.  39. 
Salzer,  F.  489. 
Salzwedel  327. 
Sambon  284,  743. 
Samgin  556. 
Samuel  167. 
Sanarelli  290,  298. 
Sander,  M.  63. 
Sandwith  288. 
Santesson,  C.  G.  718. 
Sarason  109. 
Sarbö,  A.  134,  551. 
Saundby,  R.  247,  249. 
Savor  434. 
Scagliosi,  B.  49,  57. 
Scaglioso,  G.  310. 
Scanto  394. 
Schäffer  554,  704. 
SchaflPer,  Carl.  71,  78. 
Schaffer,  J.  39,  197. 
Schaffher,  G.  36. 
Schaller,  L.  300,  406. 
Schanz,  Fr.  13. 
Schaper,  A.  35. 
Schaper,  H.  157,  762. 
Scharlieb,  W.  407. 


Autorenregifiter. 


819 


Schatz,  Fr.  34. 

Schaumann,  0.  313,  613. 

Schauta,  Friedrich  453. 

Schech  533. 

Schede  67,  351. 

Schegolow  286. 

Scheu)e,  A.  515. 

Scheier  527. 

Scheiger  288. 

Schenk  689. 

Schenk,  F.  417. 

Schenk,  Leopold  453. 

Scherbatscheff  683. 

Scherk,  G.  643. 

Schieck  480. 

SchiflF,  Arthur  51. 

Schiff,  £.  541,  684. 

Schiller,  A.  537. 

Schiller,  H.  442,  449. 

Schüling  292. 

SchilUng,  Fr.  586. 

Schlagenhanfer  564. 

Schleich,  C.  L.  384. 

Scheimpflug,  M.  168. 

Schlesinger,  £.41. 

Schlesinger,  H.  116,  210,  547. 

Schlesinger,  M.  133,  688. 

Schlichting.  Hans  92,  492. 

SchUfka,  M.  372. 

Schlöss  140. 

Schloffer,  H.  326. 

Schloth-Bi-ückenau  242. 

Schmauss,  H.  26. 

Schmidt,  A.  126,  215,  216,  229. 

Schmidt,  H.  392. 

Schmidt,  J.  M.  508. 

Schmidt,  R.  224,  225. 

Schmidt-Rimpler,  H.  489. 

Schmidt,  S.  653. 

Schmidt,  W.  434. 

Schmidtmann  708. 

Schmilinsky,  H.  674. 

Schneidemühl  46. 

Schneider,  H.  367. 

Schneider,  J.  717. 

Schnell  315. 

Schönfeld  740. 

Schoetz  525. 

Scholtz  273. 

Schott,  Th.  196. 

Schottmüller  163,  295. 

Schourp  547. 

Schrader,  T.  413. 

Schreiber  469. 

Schreiber,  S.  H.  79. 

Schröder  99. 


Schröder,  E.  405,  408. 

Schröder,  G.  12.  168,  612. 

Schröder,  H.  390. 

Schrötter,  E.  128. 

Schrötter,  L.  v.  168. 

Schubert  279. 

Schubert,  P.  738. 

Schuchardt,  K.  40,  224,  358. 

Schürenberg,  G.  597. 

Schürmeyer,  B.  46. 

Schütz  150,  289,  551. 

Schultön,  M.  W.  af  328. 

Schultess,  E.  239. 

Schulthess,  E.  141. 

Schultz,  P.  658. 

Schnitze,  B.  430. 

Schnitze,  B.  S.  439,  454. 

Schnitze,  Ernst  128. 

Schnitze,  Fr.  84,  108,  117. 

Schnitze- Vellinghausen  418. 

Schulz  272. 

Schulz,  H.  680. 

Schulz,  J.  363. 

Schulze  729. 

Schurig  25. 

Schuster,  P.  114,  117,  140,  706. 

Schwabach  519. 

Schwalbe,  B.  733. 

Schwalbe,  J.  167,  168,  706,  751,  766. 

Schwartz  173,  257. 

Schwarz,  Emil  76. 

Schwarz,  H.  68. 

Schwarz,  L.  655. 

Schwarz,  Otto  117,  489. 

Schwarzenberg  409. 

Schweigger  484. 

Schweinitz,  de  461. 

Schwidop,  C.  117. 

Schwyzer,  F.  107. 

Sclavo  296. 

Seegen,  J.  299,  304. 

Seelhorst,  G.  345. 

Seeligmann,  S.  489. 

Seeligmüller,  A.  108. 

Sehrwald  321. 

Seibold  704. 

Seifert  486. 

Seiffer  700. 

Seitz,  Johannes  605. 

Selcke,  K.  365. 

Seligmann,  H.  511. 

Seil,  E.  329. 

Semon  537. 

Senator,  H.  73,  81,  227. 

Sendler,  P.  835. 

Seydel  700. 


820 


Autorenregister. 


Seymour  «546. 

Shaw  481. 

Sheffield  553. 

Shiga  287. 

Sicot  161. 

Sidler-Huguenin  483. 

Sieber,  F.  765. 

Siedentopf  406. 

Siefert  696. 

Siegel  E.  356. 

Siegenbeek  van  Heukelom  35. 

Siegenthaler,  Ernst  124. 

Siegert  40. 

Siegfried,  M.  233. 

Siegheim  184. 

Siemerling,  E.  54. 

Sievers,  R.  113,  208. 

Silberschmidt,  W.  740. 

Silberstein  573. 

Silex  80. 

Simmonds,  M.  40,  41,  42. 

Simon,  A.  212,  625,  637. 

Simon,  J.  723. 

Simon,  0.  373. 

Simpson  291. 

Singer  280,  410. 

Sippel  10,  282. 

Sirleo,  L.  29. 

Skaller  20. 

SklifFossowsky  209. 

Slawigk  68. 

Slawyk  14,  602,  603. 

Smith  97,  140,  283,  284,  550. 

Smith,  L.  418,  426. 

Smith,  W.  252. 

Smyly  432. 

Snegirew  462. 

Snell,  Otto  129. 

Snellen,  H.  490. 

Sobemheim,  G.  7. 

Sölder,  F.  v.  125,  126. 

Sörensen  14,  211. 

Sokolow,  Mich.  Was.  96. 

Sokolowski  167. 

Solley  283. 

Sollier,  Paul  100. 

Solmon  298. 

Solowieff  399. 

Soltmann,  0.  588. 

Solly,  E.  615. 

Sommer  140. 

Sommerfeld,  Th.  720,  766. 

Somogyi  564. 

Sonnenberg  565. 

Sonnenburg.  E.  219,  362. 

Sorgo,  Jos,  105. 


Spanbock,  A.  59. 
Spiegel  546. 
Spiegelberg  690. 
Spiess,  G.  522. 
Spietschka  564. 
Spirig  275. 
Spior,  K.  658,  664. 
Spitta,  0.  730. 
Spitzer,  W.  300. 
Springfeld  140,  765. 
Spronck,  C.  7,  15,  556. 
Spude  32. 
Ssadowen  231. 
Ssuchomlin  286. 
Stabel  67. 
Starck,  v.  22,  666. 
Starck,  H.  155,  205,  229. 
Stargardt  211. 
Starke,  Johannes  48. 
Starr  461. 
Stas  417. 
Stegmann  705. 
Stein,  Albert  Eugen  77. 
Stein,  Stanisl.  v.  504. 
Steiner  238. 
Steiner,  Max  501. 
Steiner,  R.  224,  360. 
Steindler,  L.  376. 
Steinhaus,  J.  59. 
Steinmetz  685. 
Steinschneider  682. 
Steinthal  407. 
Stephen,  J.  6. 
Stern,  Carl  589. 
Stern,  Max  156. 
Stern,  R.  225,  273. 
Stemberg.  Maximilian  93,  95,  117. 
Stetter  347,  519. 
Stewart  193. 
Sticker,  G.  17,  292. 
Still,  G.  16. 
Stülar,  W.  C.  247. 
Stintzing,  R.  109,  168. 
Stockmann,  R.  247. 
Stöckl  461. 
Stoelzner,  W.  45. 
Stoke  279. 

Stolper,  P.  117,  352,  384. 
Stumpfe,  Carl  89. 
Stone,  A.  K.  235. 
Storoscheff,  H.  639. 
Storp  330. 
Stowers  551. 
Strasburger  216. 
Strasser,  A.  636,  637.  643. 
1   Strassmann,  Fr.  687,  693,  697,  698 


Antorenregister. 


821 


Strassmann,  P.  391,  399,   416,    423, 

429,  454. 
Stratz  447. 
Straub  490. 
Strauss,  H.  86,  100,  211,   223,   300, 

302,  673. 
Strehl,  H.  325. 
Stroebe,  H.  12,  38,  46,  418. 
Strube,  G.  31. 
Strubell  296. 
Strümpell,  Ad.  56,  766. 
Strünckmann,  K.  453. 
Struve,  G.  652. 
Stubenrath,  F.  C.  706. 
Stubbert  290. 
Stubben,  J.  715. 
Stumpf,  L.  758. 
Stursberg,  H.  652. 
Suchannek  539. 
Sudeck,  P.  320. 
Suker  465. 
SuUivan,  W.  C.  132. 
Sultan,  C.  28. 
Sulzer  487. 
Suter,  F.  614. 
Sutherland,  G.  A.  585. 
Sutils  415. 
Swinbume  565. 
Syklossi,  de  462. 
SykofT,  W.  358. 
Symonds  236. 
Sympson,  E.  543. 
Szulislawski  467. 

T. 

Tacklam  684. 
Tailor  250. 
Takaki  4,  111. 
Talaraon,  Ch.  301. 
Tallquist,  T.  W.  313. 
Talma,  S.  148,  175,  204. 
Tambach,  R.  670. 
Tanner,  Siegfried  111. 
Tantzen  61. 
Tarasse  witsch,  L.  55. 
Tauber  279. 
Tauffer  31,  549. 
Tauszk  225. 
Taylor,  J.  W.  395. 
Taylor,  William  88. 
Tedeschi,  A.  22. 
Temoin  433. 
Tendlau,  B.  655,  665. 
Tenholt  685. 
Teichmann  736. 


Teichmüller  142. 
Terrien  455. 
Test,  Cleveland  257. 
Thayer,  W.  S.  242. 
Theobald,  Samuel  496. 
Thigpen,  Charles  511. 
Thilo,  Otto  50. 
Thiry  140. 
Thöle,  F.  344. 
Thomas  412,  654. 
Thomas,  H.  M.  89. 
Thompson,  H.  543. 
Thompson,  Symes  177. 
Thomsen  137. 
Thomson  521. 
Thomson,  Erwin  109. 
Thorel,  Ch.  39. 
Thom  566,  690. 
Thorn,  W.  394. 
Thudichum,  J.  L.  W.  766. 
Thumim  435,  442. 
Tilmann  92,  342. 
Tiltges,  N.  10. 
Tirard,  Nestor  246. 
Tirmann,  J.  667. 
Tjaden  385. 
Todd,  C.  602. 
Tomaselli  286. 
Topolanski  458. 
Touvenaint  548. 
Trachsler  553. 
Trachtenberg,  M.  A.  88. 
Trautmann,  G.  498,  519. 
Treitel  514,  519,  529. 
Trepinski  78. 
Treupel,  G.  80,  656,  672. 
Trevelyan  208. 
Tripier  213. 
Troller,  J.  326. 
Trumpp  267. 
Truzzi  449. 
Tschermak,  Armin  64. 
Tschistowitsch  27. 
Tsujitani,  J.  20. 
Tuczek  726. 
Tuffier  264,  442. 
Tunnicliffe,  F.  W.  234. 
Turner,  G.  8. 
Tumey  276. 
Tyson  178,  274. 


ü. 

Uckermann  281. 

UhthoflF,  W.  104,  459,  490. 


822 


Autorenregister. 


Ulmann,  G.  609. 

ünger  140,  212. 

Unger,  E.  48. 

Unna  543,  544,  556,  561. 

ünverricht,  H.  96. 

Urbantschitsch,  Victor  493- 


T. 

Vagedes  11. 
Vahlen,  E.  625. 
Vau,  Mc  247. 
Variot,  G.  610. 
Vassmer  451. 
Veit,  J.  394,  437,  454. 
Velde,  n.  van  de  9,  424. 
Verhaegen,  A.  229. 
Verhoogen  574. 
V6rte88,  Job.  718. 
Verworn,  M.  117,  122. 
Viannay  568. 
Vieülard,  C.  264. 
Vierordt,  H.  196. 
Vieth,  H.  561,  662. 
Vignes  472,  566. 
Vincent  285. 

Vincenzi,  L.  15,  110.  587. 
Virchow  712. 
Vires  140. 
Via,  G.  N.  672. 
Vitrac,  J.  43,  451. 
Völcker,  Fr.  349. 
Vogl,  A.  E.  229. 
Vogtiierr,  M.  680. 
Vo^ft,  L.  757. 
VoUand  168. 
Vollbrecht  376. 
VoUmer,  E.  623. 
Voorthuis,  J.  A.  557. 
Voss,  P.  510. 
Vossius,  A.  490. 
Vulpius,  0.  325,  331,  350. 


W. 

Waelsch  553,  567. 
Wagenhäuser  498. 
Wagenmann,  A.  488. 
Wagner  317. 
Wagner,  H.  372. 
Wagner,  L.  766. 
Wagner,  P.  257. 
Wagner,  W.  117,  384. 
Waldvogel  504. 


Walger  275. 

Walsham,  W.  529. 

Walther,  Heinr.  453,  496. 

Walton,  G.  L.  93. 

Walz,  K.  11. 

Wanach,  R.  360. 

Wang,  Eyvin  284,  577. 

Warburg,  F.  251. 

Wamecke  492,  496,  499. 

Warszawski  392. 

Washbum,  J.  N.  15. 

Waäsermann,  A.  4,  5,  7,  111. 

Webb  255. 

Weber  619. 

Weber,  Hermann  648. 

Weber,  L.  W.  96,  120. 

Wechselmann  545. 

Wecker,  de  471. 

Weichardt  758. 

Weichselbaum,  A.  46. 

Weicker,  H.  752. 

Weil,  E.  301. 

Weil,  Julius  74. 

Weill  431. 

Weinberg  405. 

Weinberger,  S.  628. 

Weintraud  207. 

Weisbecker  150. 

Weiss  461. 

Weiss,  B.  32. 

Weiss,  J.  652. 

Weiss,  L.  490. 

Weiss,  0.  V.  423. 

Weissenfeid,  J.  653. 

Weissmayr,  A.  v.  168,  749. 

Weisz,  E.  623. 

Weyl,  Th.  766. 

Wegele  223. 

Welcke  166. 

Weide,  van  der  273. 

Welsenburg,  G.  v.  453. 

Wende  548. 

Wendel,  0.  378. 

Wendel,  W.  358. 

Wendeler,  P.  443. 

Wendriner,  B.  212,  625. 

Wentscher,  J.  28,  541. 

Werler,  0.  260,  542,  565,  573,  662, 

Wertheimer  170. 

Westbrook,  F.  F.  754. 

Westermark  484. 

Westmoreland  278. 

Westphal  278. 

Weygandt,  W.  128. 

Whistler  521. 

Whitehead,  W.  H.  248. 


^■^