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►
Gl 0.5
P8
JAHRBUCH
DER
PRACTISCHEN MEDICIN.
BEGRÜNDET VON D« PAUL BÖRNER.
UNTER MITWIRKUNG VON
Kais. Bath Docent Dr. Clar In Wien-Oleichenberg , Dr. Freyhan in Berlin, Prof. Für-
bringer, in Berlin, Geh. Hofrath Prof. Dr. Gärtner, Direotor des hygienischen Insütuts
in Jena, Prof. Dr. B. Gottlieb, Director des pharmakologischen Instituts in Heidelberg,
Prof. Dr. Hochhaus in Kiel, Prof. Dr. Horstmann in Berlin, Dr. H. Joseph in Berlin,
Prof. Dr. A. Jurasz in Heidelberg, Dr. Lewald, Arzt der Privatheilanstalt zu Obernlgk,
Privatdooent Dr. H. Neu mann in Berlin, Privatdocent Dr. G. Puppe in Berlin, Prof.
Dr. Ribbert, Director des pathologisch-anatomischen Instituts in Zürich, Prof. Dr. Th. Bo8en-
h e i m in Berlin, Sanltatsrath Dr. Schwab ach in Berlin, Prof. Dr. Seeligmüller in Halle a. S.,
Privatdocent Dr. H. Sternberg in Wien, Dr. Stettiner In Berlin, Privatdoc^t Dr. P. Strass-
mann in Berlin, Privatdocent Dr. Wagner in Leipzig
HERAUSGEGEBEN VON
D"" J. SCHWALBE
IN BERLIN.
Jährgang 1899.
STUTTGART.
VERLAG VON FERDINAND ENKE.
1899.
►
(o I C.5
P8
VI Inhalt.
4. Hamorgane. S. 41.
Nebenniere. S. 42.
5. Geschlechtsorgane. S. 42.
6. Bewegungsorgane. S. 44.
IL
Innere Medtetn* S. 47—316.
I. Krankheiten des Nervensystems. Von Professor Dr. Seelig-
müller in Halle. S. 47.
A. Allgemeines (Anatomie j Physiologie etc.), S. 47.
B. Krankheiten der Centralorgane. S. 54.
1. Gehirn. S. 54. .
a. Anatomie. Physiologie. Allgemeine Pathologie. S. 54.
b. Localisation im Gehirn. S. (50.
c. Hirnhäute. S. 67.
2. Krankheiten des verlängerten Marks. S. 70.
3. Krankheiten des Rückenmarks. S. 70*
a. Anatomie. Physiologie. Rückenmarkshäute. Allgemeine
ErkraDkungen des Rückenmarks. S. 70.
b. Myelitis. S. 76.
c. Syringomyelie. S. 76.
d. Tabes. S. 78.
e. Multiple Sklerose. S. 83.
f. Poliomyelitis. S. 84.
g. Spastische Spinal paralyse. Landry'sche Paralyse. S. 85.
h. Krankheiten der Muskeln. S. 85.
C. Krankheiten der peripheren Nerven. S. 88.
AUgemeines. S. 88.
Gehimnerven. S. 90.
Rückenmarksnerven. S. 93.
D. Neurosen, S. 95.
Allgemeines. S. 95.
Epüepsie. S. 96.
Hysterie. S. 100.
Neurasthenie. S. 101.
Morbus Basedowii. S. 103.
Myxödem. S. 105.
Die übrigen Neurosen. S. 107.
II, 2. Psychiatrie. Von Dr. Lewald, Besitzer und leitendem Arzt
einer Heilanstalt für Nerven- und Gemüthskranke zu Obernigk bei
Breslau. S. 118.
I. Anatomie und pathologische Anatomie. S. 118.
II. Physiologie und Psychologie. S. 120.
UI. Specielle Pathologie der Psychosen. S. 124.
IV. Alkoholismus und Intoxicationspsychosen. S. 132.
V. Paralysis progressiva. S. 133.
VI. Therapie. S. 136.
II, 3. Krankheiten der Athmungsorgane. Von Prof. Dr. Hoch-
h aus in Kiel. S. 141.
1. Allgemeines. (Physiologie. Untersuchungsmethoden. Allgemeine
Pathologie und Therapie.) S. 141.
2. Krankheiten der Bronchien, S. 147.
3. Krankheiten der Lunge. S. 149.
Inhalt. Vn
1. Lungenentzündung. S. 149.
2. Lungenschwindsucht. S. 150.
3. Lungencarcinom. S. 162.
4. Osteosarkom der Lungen. S. 162.
5. Lungenechinococcus. S. 163.
6. Aktinomjkose der Lungen. S. 163.
7. Milzbrand der Lungen S. 163.
8. Streptothrix in der Lunge. S. 164.
4. Krankheiten des Brustfells und des Mediastinums. S. 164.
1. Pleuritis. S. 164.
2. Pyothorax. S. 165.
3. Pneumothorax. S. 166.
4. Chylothorax. S. 166.
5. Mediastinalgeschwülste. S. 167.
II, 4. Krankheiten der Kreislaufsorgane. Von Prof. Dr. Hoch-
haus in KieL S. 169.
1. Physiologie. S. 169.
2. Untersuchungsmethoden. S. 174.
3. Allgemeine Pathologie. S. 175.
.4. Allgemeine Therapie. S. 180.
5. SpecieUe Pathologie. S. 182.
A. Krankheiten des Herzens. S. 182.
a. Angeborene Herzfehler. S. 182.
b. Endocarjditis. Klappenfehler. S. 184.
c. Herzmuskelerkrankungen. S. 187.
d. Herzsyphilis. S. 191.
B. Krankheiten des Herzbeutels, S. 191.
C. Krankheiten der Gefässe. S. 192.
II,5>Krankheitenderyerdauungsorgane. YonProf. Dr. Th. Rosen-
heim in Berlin. S. 197.
A. Oesophagus. 8. 197.
6. Magen. S. 203.
C. Darm. S. 214.
D. Leber. S. 225.
E. Pankreas. S. 227.
II, 6. Krankheiten der Harnorgane (ausschliessl. der chirur-
g Ischen und venerischen). Von Prof. Dr. Fürbringer und
r. H. Stettiner in Berlin. S. 230.
A. Anatomie, Physiologie, üntersuchungsmethoden. S. 230.
B. Nierenkrankheiten. S. 285.
a. Allgemeine Pathologie. S. 235.
Albuminurie. S. 235.
Blut, Blutfarbstoffe und andere Pigmente im Harn. S. 237.
Sonstige Stoffe im Harn. S. 239.
b. Specielle Pathologie der Nierenkrankheiten. S. 241.
1. Diffuse Nephritis. S. 241.
2. Nephrolithiasis. S. 249.
3. Eitrige Nephritis. S. 252.
4. Tuberculose und Neubildungen der Niere. S. 254.
5. Entozoän der Nieren. S. 255.
6. Sackniere. S. 256.
7. Bewegliche Niere. S. 257.
C. Krankheiten der unteren Harnwege. S. 258.
VTTT Inhalt.
II, 7. Acute allgemeine In fectionskrankheiten undZoo-
nosen. Von Dr. Freyhan in Berlin. S. 265.
A. Allgemeines. S. 265.
B. Specielles. S. 268.
1. Cholera. S. 268.
2. Typhus abdominalis. S. 268.
3. Febris recurrens. S. 276.
4. Influenza S. 276.
5. Tetanus. S. 278.
6. Polyarthritis. S. 280.
7. Erysipel. S. 282.
8. Parotitis epidemica. S. 283.
9. Malaria. S. 283.
10. Dysenterie. S. 287.
11. Morbus Weiiii. S. 289.
12. Gelbfieber. S. 289.
13. Pest. S. 291.
14. Aktinomykose. S. 294.
15. Müzbrand. S. 295.
16. Lyssa. S. 296.
17. Rotz. S. 297.
18. Maul- und Klauenseuche. S. 297.
ü, 8. Constitutionskrankheiten. Von Privatdocent Dr. Maxi-
milian Sternberg in Wien. S. 299f
A. Pathologie des Stoffwechsels. S. 299.
1. Diabetes mellitus. S. 299.
2. Diabetes insipidus. 8. 306.
3. Fettsucht. S. 306.
4. Gicht. S. 306.
B. Pathologie des Blutes, S. 308.
1. Allgemeines. S. 308.
2. Anämie und Chlorose. S. 310. |
3. Perniciöse Anämie. S. 311.
4. Leukämie und Pseudoleukämie. S. 313. '
5. Hämorrhagische Diathese. S. 314. '
C. Allgemeine Constitutionskrankheiten, S. 315.
1. Rachitis s. Abschnitt Kinderkrankheiten.
2. Chronischer Gelenkrheumatismus. S. 315.
3. Osteomalacie. S. 315.
III.
Chirurgie (etnschliessL der Unfalls- nnd Kriegschirnrgte). Von
Dr. Paul Wagner, Privatdocent an der Universität Leipzig. S. 317
bis 384.
I. Allgemeine Chirurgie. S. 317.
1. Allgemeine und locale Anästhesirung. S. 317.
2. Untersuchungsmethoden. S. 321.
3. Operations- und Verbandlehre. S. 322.
4. Verletzungen. S. 332.
5. Entzündungen und Infectionskrankheiten. S. 334.
6. Geschwülste. S. 336.
IL Specielle Chirurgie. S. 339.
1. Krankheiten des Kopfes und Halses. S. 339.
2. Krankheiten der Brust und Wirbelsäule. S. 350.
3. Krankheiten des Unterleibs. S. 356.
Inhalt. IX
a. Magendarmkanal. S. 356.
b. Leber, Gallenblase, Milz, Pankreas. S. 367.
- c. Hamorgane. S. 869.
d. Männliche Geschlechtsorgane. S. 372.
4. Krankheiten der Extremitäten. S. 374.
IV.
Gebnrtshillfe nnd Gynäkologie. Von Privatdocent Dr. P. Strassmann,
Assistent an der geburtsh.-gynakol. Üniversitäts-Poliklinik (kgl. Charit^)
in Berlin. S. 385—454.
I. Geburtshülfe. S. 385.
1. Allgemeines. S. 885.
2. Schwangerschaft S. 387.
a. Retroflezio uteri gravidi. S. 387.
b. Schwangerschaft und Geschwülste. S. 389.
c. Schwangerschaft und Herzfehler. S. 389.
d. Schwangerschaft und Blutkrankbeit. S. 390.
e. Abort S. 390.
f. Tubenschwangerschaft (Extrauteringravidität). S. 391.
3. Geburt, S. 396.
a. Anatomie, Physiologie, Diagnostik. S. 396.
b. Künstlicher Abort, künstliche Frühgeburt und Er-
weiterung. S. 398.
c. Fehlerhafte Lagen. S. 398.
d. Rigidität des Muttermundes. S. 400.
e. Zange. S. 400.
f. Wendung. Enges Becken. S. 400.
g. Verkleinerungsoperationen. S. 401.
h. Eklampsie. S. 402.
i. Symphyseotomie. S. 404.
k. Kaiserschnitt. S. 405.
1. Kaiserschnitt mit Entfernung des Uterus bezw. Sterili-
sirung. S. 406.
m. Vaginale TotaJexstirpation. S. 407.
n. Nachgeburtsperiode. S. 409.
4. Wochenbett. S. 409.
5. Krankheiten der Neugeborenen. 8. 412.
II. Gynäkologie. S. 416.
1. Allgemeines. 8. 416.
2. Aeussere Genitalien und Scheide. S. 418.
a. Hermaphrodisie. 8. 418.
b. Prolaps. S. 418.
3. Uterus. S. 420.
a. Untersuchungsmethoden. S. 420.
b. Endometritis. S. 420.
c. Lageveränderungen des Uterus. S. 425.
Allgemeines. S. 425.
Re^oflexio uteri. S. 426.
Inyersio uteri. S. 428.
d. Fibromyome. S. 429.
e. Maligne Tumoren. Carcinome, maligne Adenome. S. 433.
Syncytiale Geschwülste. S. 486.
Sarkom des Uterus. S. 438.
4. Ovarium. S. 438.
Conservative Ovarialchirurgie. S. 439.
X lolialt
5. Tube. S. 440.
j6. Allgemeines über Totalezstirpation, Technik bei vaginalem
und abdominalem Vorgehen etc. S. 441.
Ventrale Laparotomie. S. 443.
Vaginale Laparotomie. S. 445.
7. Entzündliche Adnexerkrankungen. S. 447.
8. Gonorrhoe. S. 449.
9. Tuberculose der Genitalien. S. 451.
V.
Avgenlieilkvnde« Von Prof. Dr. G. Horstmann in Berlin. S. 455—490.
1. Anatomie und Physiologie. S. 455.
2. Allgemeine Pathologie und Therapie. S. 459.
3. Re&actions- und Accommodationsanomalieen. S. 469.
4. Anomalieen der Muskeln und Nerven. S. 471.
5. Erkrankungen der Lider, des Thränenapparates, der Orbita
und Nebenhöhlen. S. 473.
6. Erkrankungen der Gox^junctiva, Cornea und Sclera. S. 474.
7. Erkrankungen der Iris, des Ciliarkörpers, der Chorioidea
(einschl. sympathischer Ophthalmie) und des Glaskörpers.
S. 480.
8. Glaukom. S. 482.
9. Erkrankungen der Linse. S. 484.
10. Krankheiten der Netzhaut imd des Sehnerven. S. 485.
1 1 . Augenerkrankungen im Zusammenhang mit sonstigen Körper-
krankheiten. S. 486.
VI.
Olirenkranklieiteii« Von Sanil&tsrath' Dr. Schwabach in Berlin.
S. 491—519.
A. Anatomie und Physiologie des Gehörorgans. S. 491.
B. Pathologie und Therapie der Ohrenkrankheiten. S. 493.
a. Allgemeines. S. 493.
b. Kruikheiten des äusseren Ohrs. S. 495.
c. Krankheiten des mittleren und inneren Ohrs. S. 498.
VII.
Krankheiten der Nase, des N asenraclienranins 9 des Mvndes, des
Kehlkopfs vnd der Lvftrölire« Von Prof. Dr. A. J u r a s z in Heidelberg.
S. 520-539.
1. Allgemeines. S. 520.
a. Neue Instrumente und Üntersuchungsmethoden. S. 520.
b. Arzneimittel. S. 523.
2. Krankheiten der Nase und ihrer Nebenhöhlen. S. 524.
a. Nase. S. 524.
b. Nebenhöhlen der Nase. S. 526.
3. Krankheiten des Mundes, des Rachens und des
Nasenrachenraums. S. 527.
4. Krankheiten des Kehlkopfs. S. 533.
5. Krankheiten der Luftröhre. S. 538.
VIII.
Hant- nnd venerisclie Krankheiten. Von Dr. Max Joseph in Berlin.
8. 540-575.
A. Hautkrankheiten. S. 540.
I. Anatomie. Physiologie. Allgemeine Pathologie. S. 540.
Jshait. XI
U. Pathologie und Therapie. S. 542.
1. Entzündliche Dermatoeen. S. 542-
2. CirculationaBtAruDgen der Haut. S. 545-
3. Pro^reraive EmäimuigSBtOruiigeii der Haut. S. 547.
4. Regresrive EmährungtstSrungen der Haut. S. 549.
5. Neoritische Dermatosen. S. 551.
6. Parasitäre DermatoBen. S. 552.
7. Chronische Infectionakrankheit^n der Haut. S. 554.
8. Allgemeine Therapie. 8. 560.
B. VeneriBche Krankheiten. S. 562.
1. Oonorrhoe. S. 562.
2. Venerische Helkoaen. S. 566.
3. Syphilis. S. 567.
a. Hant und Schleimhaut. S. 567.
b. Viscerallues. S. 569.
c. Hereditäre Lnes. 8. 571.
d. Therapie der Lues. S. 572.
IX.
Kinde rkrmnk bei ten. Ton PriTatdoc«Dt Dr. H. Neumann in Berlin.
S. 575—610.
A. PhjKoloffie. 8. 575.
B. Pathologie und Therapie. S. 581.
1. Krankheit«a der Neugeborenen. S, 581.
II. Krankheiten des NerrenByetemB. 8. 582.
in. Krankheiten der Atlunungsorgane. 8. 586.
TV. Krankheiten der Kreislaufsorgane. S. 588.
V. Krankheiten der Verdauungsorgane. S. 589.
VI. Krankheiten der Hamorgane. S. 597.
VII. Acute Infectionskrankheiten. S. 598.
1. Diphtherie. S. 598.
2. Scharlach. 8. 602.
3. Masern. S. 603.
4. Influenza. 8. 604.
VIII. Allgemeine conatitutionelle Krankheiten im Kindesalter.S. 604-
1. Rachitig. S. 604.
2. Barlow'ache Krankheit S. 605.
3. Leukämie. 8. 606.
IX. Syphilis. 8. 607.
X.
Sllmfttolegle , Balneologie, Hydrotherapie. Von Kais. Rath Docent
Dr. Clar in Wien-Gleichenberg. S. 611—643.
1. Klimatologie. S. 611.
2. Balneologie. S. 621.
3. Hydrotherapie. 8. 633.
XI.
AnnelniftteUebre und Toxikologie. Von Prof. Dr. B. GoUlieb,
Direktor des pharmakologischen Instituts der Universität Rt'idelberg.
8. 644—680.
Allgeneines. 8. 644.
(Arzneiverordnung, Hautresorption, üntersuchungamethüden etc.)
S. 644.
Specielle Pharmakologie. S. 649.
Narcotica. S. 650.
Alkohol. S. 653.
Antipyretica. S. 654.
LocaJe Anästhetica. S. 656.
Mydriatica und Miotica. S. 658.
Antiseptioa. S. 658.
Diuretica. S. 663.
Gardiaca und Analepiica. S. 665.
Eisenpräparate. S. 665.
Serumtherapie. S. 668.
Organotherapeutische Präparate. S. 669.
Nährmittelpräparate. S. 671.
Intoxicationen. S. 674.
XU.
*
Gericlitllche Mediein« Von Dr. Georg Puppe, Privatdocent an der
Universität Berlin. S. 681-706.
I. Allgemeines. S. 681.
n. Zweifelhafte geschlechtliche Verhältnisse. S. 682.
III. Vergiftungen. S. 683.
IV. Kindesmord. S. 690.
V. Andere gewaltsame Todesarten. S. 693.
VI. Kunstfehier, Leichenveränderungen, plötzlicher natürlicher
Tod. S. 697.
VII. Zweifelhafte Geisteszustände. S. 700.
VIII. Aerztliche Sachverständigenthätigkeit in Unfall* und Invaliditäts-
sachen. S. 703.
XIII.
Oeffentliehes Gesnndlieitsweseii. Von Geh. Hofrath Prof. Dr. A. G ä r t n e r
in Jena. S. 707—766.
1. Städtereinigung. S. 707.
2. Wohnungshygiene. S. 714.
a. Bauhygiene. S. 714.
b. Heizung. S. 716.
c. Beleuchtung. S. 717.
3. Arbeiterhygiene. S. 718.
4. Hygiene der Nahrungsmittel und Wasserversorgung. S. 721.
5. Kleidung und Hautpflege. S. 729.
6. Hygiene des Wochenbettes und der Säuglinge. S. 731.
7. Schulhygiene. S. 733.
8. Desinfection. S. 739.
9. Tropenhygiene. S. 743.
10. Bekämpfung der Infectionskrankheiten. S. 747.
a. AUgememes. S. 747.
b. Tuberculose. S. 749.
c. Typhus. S. 752.
d. Diphtherie. S. 754.
e. Pocken und Impfung S. 755.
f. Trachom. S. 759.
11. Krankenhaus, Krankentransport, MiUtarhygiene. S. 760.
Sachregister.
Autorenregister.
I.
AUgemeine Pathologie und pathologisclie Anatomie
(einschliessl. Bacteriologie).
Von Prof. Dr. Hvflro Bibbert in Zürich.
1. Allgemeine Aetlologie, pflanzliche und thierische Parasiten,
Infectionsicrankheiten ^).
1. Allgremelnes«
1. Morphologie der Bacterien.
lieber eigenartige bacteriologische Verhältnisse des Roth«
laufbacillus berichtete Th. Kitt (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 22, S. 726). Rothlauf-
In Bouillon, die mit Serum versetzt war, wuchs der Bacillus fadenförmig bacillen,
aus und bildete verzweigte Streptothrixformen. Dadurch kommt er dem ^
Tnberkelbacillus nahe, dessen actinomycesähnliches Verhalten bekannt ist.
2. Physiologie der Bacterien.
W. Scholtz (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 27) prüfte das Verhalten Anaerobe
anaerober Bacterien bei Luftzutritt. Sie wuchsen, wenn in dem Bacterien,
Culturmedium zugleich Aeroben lebten, zumal bei starker Vermehrung Scholtz.
derselben. Offenbar liegt das daran, dass die Aeroben Sauerstoff auf-
zehren und reducirende Substanzen liefern. Wurde durch solche Culturen
Luft geleitet, so gediehen die Ana§roben nicht. Sie gewöhnten sich während
der Versuche nicht an eine aörobe Lebensweise. — H. Rieder (Münch. Wirkung der
med. Wochenschr. Nr. 4) untersuchte die Wirkung der Röntgen- Röntgen-
t«trahlen auf Bacterienculturen, z. B. Typhusbacillen, und fand, dass sie ^^'*^^®^ ^^^
ähnlich beeinflusst werden, nur nicht so stark, wie durch directes Sonnen- Bieder,
licht, d. h. also dass sie im Wachsthum verzögert wurden. Er denkt auch
an eine therapeutische Verwendung dieser Ergebnisse. In einer späteren
') Vergl. auch Lifectionskrankheiten, Abschn. II, 7.
Jahrbuch der practisohen Medioin. 1899. 1
2 Ribbert.
Mittheilung (ibid. Nr. 25) zeigt Rieder, dass die Wirkung der Röntgen-
strahlen nicht auf die dabei in Betracht kommenden elektrischen Wir-
kungen zurückzuführen ist. — Von der Widerstandsfähigkeit der Bacterien
Wirkung des gegen Alkohol handelte R. Minervini (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 29). Der
Alkohols auf ^g^jjyjj^j^Q jj^j hat eine geringe bactericide Wirkung, zumal auf
Minervini ' »porogene Keime. Eine mittlere Goncentration wirkt stärker als die ab-
solute, in siedendem Zustand tödtet der Alkohol rascher als bei gewöhn-
licher Temperatur. Antiseptische Substanzen vernichten die Keime in
Lebensdauer alkoholischer Lösung besser als in wässriger. — M. Ficker (Zeitschr. f.
^®'. Hyg. Bd. 29) prüfte verschiedene leicht eintretende äussere
Fioker ' Einwirkungen, wie Austrocknung, Befeuchtung, Temperaturwechsel etc.
in ihrer Bedeutung für die Bacterien. Er fand, dass schon geringfügige
Aenderungen sehr wirksam sein können. In feuchter Luft halten sich
Bacterien bei tieferer Temperatur sehr gut. Wenn sie ausgetrocknet waren,
gehen sie durch Befeuchtung rasch zu Grunde. In wenigem Wasser bleiben
sie lange lebend, bei reichlichem Wasserzutritt sterben sie ab. Durch
mehrstündiges Stehen in den Leitungsröhren bekommt das Wasser anti-
septische Eigenschaften.
Bacterien
in den
normalen
Lungen,
Bartbel,
Dürck.
3. Vorkommen der Bacterien im normalen Organismus.
Th. Barthel (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 24) studirte die Frage nach
dem Vorkommen von Bacterien in den Lungen. Dürck (voriges
Jahrb. S. 14 u. 15) hatte behauptet, dass in ihnen immer Bacterien seien»
Fr. Müller hat dagegen schon im vorvergangenen Jahre geltend gemacht,
dass die Resultate Dürck's darauf bei-uhen könnten, dass Schleim aus dem
Kehlkopf in die Lungen geflossen sei. Barthel fand nun bei zwei Kaninchen
die Lungen und Luftröhren bacterienfrei, bei zwei Hunden bacterienhaltig.
Bei Menschen fand er in den Lungen zweimal Saprophyten, in den Bron-
chen dagegen stets pathogene Keime in wechselnder Menge. Die Lungen
selbst scheinen demnach für gewöhnlich frei von pathogenen Bacterien zu
sein, doch hat Dürck (ibid.) die Beweiskraft von Barthel's Resultaten
angezweifelt und auf seine Thierversuche verwiesen.
4. Ausscheidung von Bacterien durch Drüsen.
Ausschei-
dung von
Bacterien
durch
Diüsen,
A. Biedl und R. Kraus (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 26) kamen durch Ver-
suche über Elimination von Bacterien durch Drüsen zu dem Er-
gebniss, dass die specifische Thätigkeit der Organe für die Ausscheidung"
maa«8gebend sei, da Bacterien zwar durch alle Blutgefässe hindurchtreten
Biedl u. Kraus, können, thatsächlich aber nicht in allen Secreten gefunden werden. Sie
werden durch Niere und Leber leicht eliminirt, durch Speicheldrüsen und
Pankreas dagegen nicht. Es gebe demnach eine physiologische Secretion
von Bacterien.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie, 3
5. Erbliche Uebertragung der Bacterien.
G. Haus er (Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 61) verbreitete Vererbung
sich über die Vererbung der Tuberculose und sprach sich *®'
dahin aus, dass dieselbe im allgemeinen nicht durch Uebertragung Häuser,
der Bacillen zu Stande komme. Die Fälle congenitaler Tuberculose
sind spärlich und beziehen sich nur auf hochgradige Tuberculose
der Mutter, also nicht auf die häufigsten Fälle. Haus er experi-
mentirte mit Meerschweinchen, denen er locale Tuberculose der
Lungenspitzen beibrachte, und sah bei zahlreichen Nachkommen,
einen zweifelhaften Fall ausgenommen, nie Tuberculose. Die Ver-
erbbarkeit der Erkrankung beruht auf der übertragenen Disposition.
— S. Nakarai (Ziegler's Beitr. Bd. 24) hat aufs neue Hoden, Nakarai.
Nebenhoden und Samenblasen, die frei von anatomischen
Veränderungen waren, auf die Gegenwart der Bacillen ge-
prüft und gesehen, dass ein Theil der inficirten Thiere tuberculös
wurde. Bacillen waren also vorhanden, aber zweifellos nur sehr
wenige und nicht immer. Jedenfalls komme der Vererbung der
Tuberculose durch Sperma keine nennen swerthe Bedeutung zu, da-
gegen könne den Bacillen des Samens vielleicht Wichtigkeit für die
Erzeugung weiblicher Genitaltuberculose beizumessen sein.
6. Uebertragung der Bacterien durch die Luft.
M. Neisser (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 27) machte Experimente Luftstaub-
über Luftstaubinfection. Er trocknete Bacterien ein und infection,
prüfte ihre Verbreitbarkeit durch einen Luftstrom von 1 cm pro Se-
cunde. Auf diese Weise konnten über eine Strecke von 80 cm er-
folgreich verstäubt werden Staphylokokken, Pyocyaneus, Milzbrand-
sporen, Meningokokken und mit bemerkenswerther Leichtigkeit auch
TuberkelbaciUen. Negativ blieben die Versuche bei Diphtherie,
Typhus, Pest, Cholera, Pneumonie und Streptokokken. Neisser
ist demnach der Meinung, dass ausgehustete Bacillen durch die Luft
übertragen werden können.
7. Eindringen von Bacterien in den Organismus.
H. F. Nuttall (Centralbl. f. Bact. Bd. 23) suchte festzustellen, Ueber-
inwieweit durch die Stiche von Wanzen und Flöhen Bac- *^*S"°5 ^^'^
...j^. , , __,_._ Bacterien
tenen in den Organismus gelangen können. Er uess die Insecten durch
sich an kranken Thieren inficiren und dann gesunde stechen. Nie- Wanzen,
mals kam eine Infection zu Stande. Die Cultur der Wanzen und N^*^^«
Ribbert.
Post-
mortales
Eindringen
der
Flöhe ergab, dass die Infectionserreger in ihnen rasch absterben.
Eine Uebertragung dürfte also auch für andere als die untersuchten
Krankheiten nur sehr selten vorkommen. — A. Birch-Hirsch-
feld (Ziegler's Beitr. Bd. 24) machte Studien über das schon oft
discutirte postmortale Eindringen von Bacterien, speciell
Bacterien, des Bacterium coli. Er sah, dass es schon einige, im Durchschnitt
Hirschfeld ^^ Stunden post mortem in den inneren Organen gefunden wird.
Pathologische Veränderungen des Darms haben darauf keinen Ein-
fluss. Wahrscheinlich kann das Bacterium auch schon agonal ein-
dringen und dann leichter nach Verletzung der Darmwand, ins-
besondere des Epithels.
Infeotions-
gifte,
Behring.
8. Inf ectionsgifte.
E. Behring (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 36) schlägt vor,
die Bezeichnung „Infection" nicht nur auf die Fälle anzuwen-
den, in denen Krankheiten durch ein Eindringen von Parasiten in
den Körper bedingt sind, sondern auch auf die, in welchen nur die
Gifte lebender Wesen in den Organismus gelangen, letztere selbst
aber nicht. Er unterscheidet danach eine parasitäre und eine
toxische Infection. Die Gifte aber nennt er in allen Fällen In-
f ectionsgifte.
9. Disposition, Immunität und Heilung.
Von besonderem Interesse sind zunächst die Untersuchungen
über die Bindung bacterieller Gifte durch Zellbestand-
Bindung theile. A.Wassermann (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 1) prüfte,
des Tetanus- ^Qjj der Meinung ausgehend, dass die Tetanusantitoxine die in
A.Wassermwin, -Lösung übergegangenen Producte von Zeilen des Centralnerven-
systems seien, Emulsionen des letzteren auf ihre Wirkung und fand,
dass sie bestimmte Giftmengen , gleichzeitig mit ilinen bei Thieren
injicirt oder nach der Giftinjection beigebracht, unschädlich machen.
24 Stunden vorher injicirt schützen sie den Organismus vor der
Takaki, Vergiftung. Mit Takaki (ibid.) stellte er femer fest, dass andere
Organe die Wirkung des Centralnervensystems nicht besitzen und
dass das Gehirn stärker wirkt als das Eückenmark. Zu denselben
Behring, principiell wichtigen Ergebnissen ist auch E. Behring gelangt
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 5). Bei Tauben, die an Tetanus
verendet waren, fand sein Mitarbeiter Ransom in allen Organen
beträchtliche Giftmengen, nur nicht im Centralnervensystem.
Hier ist das Gift gebunden und so unschädlich gemacht worden.
Behring meint, dass auch bei anderen Infectionen ähnliche Be-
Allgemeine Pathologie, pathologiflche Anatomie, Bacteriologie. 5
Ziehungen der Gifte zu bestimmten Organen vorhanden sein könnten.
Denselben Gedanken hatte auch A. Wassermann (Berl. klin, A.WasBermann,
Wochenschr. Nr. 10). Er konnte zeigen, dass Milz, Lymphdrüsen
imd Knochenmark dem Typhusgift gegenüber sich analog ver-
halten, wie das Nervensystem gegenüber dem Tetanus. Er meint
femer, dass der Uebergang der bindenden Zellsubstanz ins Blut ein
Aasdruck ihrer übermässigen Bildung in der Zelle sei. Für die
zunächst durch das Gift vernichteten Protoplasmatheile trete eine
Regeneration ein, die wie sonst so oft über das Ziel hinausschiesse.
Milchner (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 17) untersuchte genauer die Milchner,
Bindung des Tetanusgiftes durch Gehimsubstanz. Er fand,
dass der Vorgang auch in centrifugirter Gehimemulsion erfolgt, also
ein rein chemischer Process, kein vitaler ist. Ein Ueberschuss von
Giffc wird nicht mehr gebunden. Mit dem gleichen Thema be-
schäftigte sich auch F. Blumenthal (Deutsche med. Wochenschr. Blumenthal,
Nr. 12). Er kommt auf Grund von Versuchen zu dem Schluss,
dass der Tetanus dadurch entstehe, dass sich das Gift mit den
giftbindenden Substanzen der Nervenzellen vereinigt.
Dadurch verschwindet es aus dem Blut, wenn eine bestimmte Menge
injicirt war. Das gebundene Gift kann durch Heilserum nicht mehr
beeinflusst werden, daher seine Anwendung bei bereits ausge-
brochenem Tetanus nur noch insofern nützen kann, als es das im
Blute durch die Bacillen stets neu gebildete Gift bindet. — Auch
A. Knorr (Münch. med. Wochenschr. Nr. 11 u. 12) experimentirte Knorr,
über die Beziehungen des Tetanusgiftes zum thierischen
Organismus. Nur Lst er über den Uebergang des Zellstoffes ins
Blut etwas anderer Meinung. Er meint, das Gift übe eine an-
lockende Wirkung auf die Zellen aus, diese producirten nun das
Material, welches das Gift bilde, in reichlicher Menge und gäben es
so in das Blut ab. — F. Blumenthal und P. Jacob (Berl. klin. Blumenthal u.
Wochenschr. 8. 1079) versuchten das Antitoxin subdural einzu- Jacob,
spritzen, um womöglich die Entgiftung des Centralnervensystems
auf diese Weise besser zu erreichen. Sie hatten aber negative Re-
sultate. Auch die Injection in die Gehirnsubstanz war nicht er-
folgreich.
R. Pfeiffer und Marx (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 27) übertrugen Bindung
diese den Tetanus betreffenden Lehren auch auf die Cholera. Die desCholera-
das Gift bindenden Stoffe entstehen hauptsächlich in der Milz, femer pfeiffer u. Marx.
in den Lymphdrüsen und im Knochenmark. Sie sind nach voll-
endeter Immunisirung in diesen Organen reichlicher zu finden als
6 Ribbert.
Bindung im Serum. — W. Myers (Lancet, 2. Juli) übertrug Wasser-
^®® mann's Ergebnisse auch auf die Vergiftung mit Schlangengift,
giftes, Er prüfte, ob das Centralnervensystem von Meerschweinchen eine
Myere, (Jas Gift bindende Substanz enthalte. Er fand aber, dass Mischungen
beider Stoffe die Virulenz nicht aufheben. Nur hat das Nebenein-
stephen u. ander einen mildernden Einfluss auf das Gift. — J. Stephen und
^® * M. Myers (Joum. of Pathol. Bd. 5) studirten die Wirkung des
Schlangengiftes auf Blut ohne und mit Vermischung mit Immun-
serum. Das Gift für sich hinderte die Blutgerinnung, das Serum
rief sie hervor. In der Mischung mit letzterem wurde nun das Gift
gebunden und dadurch unwirksam. Es verhinderte nun die Ge-
rinnung nicht mehr. Diese Wirkung des Serums auf das Gift ist
eine specifische. Verf. meint, dass sie im Körper in gleicher Weise
Giftbindnng, vor sich gehe. — Schon vorher hat H. Kossei (Berl. klin. Wochen-
^^^^' Schrift Nr. 7) interessante Versuche über die Giftbindung durch
Serum ausserhalb des Körpers mitgetheilt. Er suchte festzustellen,
ob der Vorgang chemischer Natur oder von lebenden Zellen ab-
hängig sei, tmd benutzte das Aalgift, welches rothe Blutkörperchen
rasch auflöst. Vermischte er aber das Gift vor dem Zusatz zum
Blut mit dem Serum eines immunisirten Thieres, so blieb die auf-
lösende Wirkung aus. Danach sind zur Giftbindimg die Zellen nicht
erforderlich, sie spielen aber bei der activen Immunisirung eine Rolle.
Ueber die Agglutination von Culturen durch Serum arbeitete
Agglutina- E. Behring (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 19). Er zeigte,
tion, ^g^gg ^^^^ üultuT durch bestimmte Züchtung ihr Verhalten bei der
Behring, . ^
Agglutination ändern kann. Wenn er Cholerabacillen in
Bouillon züchtete, zu welcher etwas Serum eines immunisirten Pferdes
gesetzt war, so war nachher die Agglutination bei der so gezüch-
teten Cultur sehr geringfügig, während sie mit der ControUcultur
NicoUe, voll gelang. — Ch. Nicqlle (Annales de Plnstitut Pasteur Nr. 8)
fand, dass die zur Agglutination führenden Substanzen der Ober-
fläche des Bacterienkörpers (Typhusbacillus) anhaften und durcl:
Bieberatein, das Serum zur Gerinnung gebracht werden. — M. Biebersteii
(Zeitschr. f. Hyg. Bd. 27) stellte fest, dass normales Serum nuj
selten Spuren einer agglutinirenden Wirkung auf Typhusbacillei
erkennen lässt. Das Typhusserum prüfte er auch auf Colibacillen un'
Escherieh, sah, dass auch diese sehr leicht agglutinirt werden. — Th. Esche •. ^ ^f
rieh (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 40) benutzte die Aggluti ./^^'^»
nation, imi in Fällen von Säuglingsdiarrhoe, in welchen das Bar
terium coli fast rein auftrat, die Bedeutung dieses Bacillus festzii
'^••':^^
. , E. t«.d sich ^«.„-^^'X:!-!«...!. - O,--.-'^ *"""■
":-Ser ergab für «e «- -;^pX l^r. 12. t...i. a«- «.-^
::.::,„d wirken, -'^^l'^'f'^^^,, ..d ver^a^ato B.-IW. ^,0
■■ -A« die echten Cholera gowisson
. . .,^ Sublimat geg j^Murinatioti gaWii.
-. . . : ilaznostisch branchbare -V.
"" ' . ™r Fracre der activon uu-Mv^s-
, lle Untersnchuiig^n zurr - , j ^ZoUso\^r. M^^7V^^^'^ '» -
.%-£.•. 25). Ib«^ Sel««^ Maus.« eine active Immum."»"«
- - . v^«-:hweinchen «^t^w^hatte keine svooiti»«-!««« "«-
: '-■ -::.i :i.r gescbüt^n J^jrf'X .ich nur bei ThWo,,.
"" F-^pnscbaften. Die^e la ,.„.,.,. jj^NVoiMon wovon.
' .^ '_-v..r. Arten von Vaccm^ ^^^ ^,^^^^^ ^^, ,^.,„ ,
-' --—. ^,..e Vaccine. ^V^'^^r^V^er Mil/A.ra««» v.-H.mUV
- ■^' '-" / Natürlicher a^«"**"'^""'\" Uawn (»'-.<».«»- ^«^«-«-'^t
-■ _x- ^sen neue Tnfection. itj^t ,w UnW>H ^^,,„,,.
- --^:^-"-:-^ Bd. 24) prüfte die Immune ^,^^^^^^^, ^^^^^^^^
" " ■" . -nl Da« Tetannsgift bleibt a .,.,„ ,,„„„,
. -1^- -r_ -.i» --•- , Q„>,Htanz findet, die <» »"»-
- - _ -v^ ■ -^ k^'°« Substanz n , ^ ^^^ ^^^ ,,,,,,,,,
- ■ ,:rhtd schaden. — ^J^"" r'/.«iurlii- V, b"'"^'"
_ ,- Hl^ "" I^^vwteA Wassermann </""'7' •.'.,., «„v-^^v^v
, c . -.t i ^ « berichtete A j,,,.,„..,l,„„ „...1. »..-«n ,,„.„,.,.««.
■ - : -■ ^ - -^.'.^'^btete sie weder "e™ j..,,,,,,,,,.,«-".
- - ■ - ' =;,. im Einklang mit den W - ^. ,,, ,., ,,,,,. „„.««.^^
--:... . -in im allgemein n^rb^^^^^^^^^^^^^^^
— - - - Z^. -:c.cbenschr.Nr.43). D'';/' .„.^.„rbonc ,^ho««.
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- - : - J^.a --.«1 Anritomen im Blut ^^.^.^^^ ^^^,,,,^,,
- "- '--' . ..enden Organe au Anruz ,„„ j«.
"^■^ - " '- "' ---^ -''^^''*^ \T "n ^ in.Uch, die durch
' - " ' : :, ,,. InfecüonskrankbeJB ^^^ ^^^^^^^^^^^^
g Ribbert.
Immunitat W. Kolle und G. Turner (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 29) theilten
gegen -j^^ ^^^ Capland gewonnenen Erfahrungen über Schutzimpfung
Kolleu. Turner. gegen Rinderpest mit. Die Immunisirung gelingt durch Ein-
verleibung steigender Giftdosen. Die Schutzimpfung wird vorge-
nommen durch gleichzeitige subcutane Injection von virulentem Pest-
blut auf die eine und Immunserum auf die andere Seite des Thieres.
Die Methode hat sich durchaus bewährt.
Ueber Schutz gegen Infection durch locale Verän-
Entzündung derungen berichtete W. Noetzel (Fortschr. d. Med. Nr. 6).
^^^. Granulirende Wunden lassen keine Bacterien durchtreten. Auch
Noetzel, * Gifte scheinen nicht auf ihnen resorbirt zu werden, sicherlich nicht
das Tetanusgift. Die aufgebrachten Bacterien werden durch die
Wundsecrete, denen keine bacterientödtende Eigenschaft zukommt,
Kohn, fortgeschwemmt. — P. K o h n (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 29)
eruirte, dass den auf Wunden durch Höllenstein und andere Aetz-
mittel erzeugten Schorfen eine gewisse Schutzwirkung gegen Diph-
theriebacillen und andere Mikroben zukommt. Erstere gingen auf
Cobbet, dem Schorf rasch zu Gnmde. — L. Cobbet und W. S. Melsome
MelBome. (Centralbl. f. pathol. Anat. Nr. 20) behaupten auf Grund von Ver-
suchen eine schützende Wirkung der Entzündung. Sie bringt die
Vertheidigungsmittel des Blutes und der Gewebe an die angegriffene
Stelle. Nicht infectiöse Entzündung ist geeignet, gegen nachherige
Infection mit massig virulenten Bacterien zu schützen. Gegen stark
virulente schützt sie nicht.
Oedem und H. J. Hamburger (Centralbl. f. Bact. Bd. 24) fand, dass
Infection, j^^iigbrandbacillen in Extremitäten mit venöser Stauung
Hamburger. . ^
auch ohne Mithülfe von Zellen rascher zu Grunde gehen als an
gleichen Stellen der gesunden Extremität.
Fieber und G. Engelhardt (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 28) prüfte die Be-
infection, Deutung des Fiebers für die Infection. Durch Wärmestich
Engelbardt. li m
hergestellte Temperaturerhöhung hatte günstigen Einnuss auf die
Staphylokokkeninfection, am meisten bei intravenöser Injection. Es
handelt sich aber nur um Lebensverlängerung, nicht um dauernden
Schutz. Die Art der Wirkung bleibt unklar.
Bedeutung Ueber die Bedeutung der Leukocytose bei Diphtherie be-
Lgyjj^^Qgg richtete Besredka (Annales de Tlnstitut Pasteur Nr. 6). Nach ex-
bei i)erimenteller und spontaner Infection tritt die Vermehrung der Leuko-
infection, cyten ein. In zur Heüung gelangenden Fällen ist sie beträchtlich,
bei letal endenden bleibt sie aus. Die Leukocytose sei demnach ein
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 9
den Verlauf günstig beeinflussender Factor und prognostisch wichtig.
— A. Loewy und P. F. Richter (Virch. Arch. Bd. 161) hatten Loewy u.
in früheren und neuen Versuchen gesehen, dass eine experimentell Bicl»ter,
erzeugte Hyperleukocytose nur einen massig fördernden, selten hei-
lenden Einfluss hat. Die aber immerhin vorkommende günstige
Wirkung wird auf das Freiwerden antitoxischer Stoffe aus den
Leukocjrten zurückgeführt. Den Zerfall erschliessen sie unter anderem
aus dem Auftreten von Albumosen im Blut. — A. Motta Coco Motta Coco,
(Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 24) studirte die Leukocytose bei Diplo-
kokkeninfection. Bei Kokken mittlerer Virulenz tritt sie stets ein
und weicht später einer Hypoleukocytose. Virulente Infectionen
machen keine Vermehrung der Zellen, bei immunen Thieren entsteht
ntir massige Leukocytose, die vom Knochenmark abzideiten ist. —
H. vandeVelde (ibid. Bd. 23) fand, dass Exsudate, welche lebende van de Velde,
Leukocyten enthalten, viel bactericider sind als Blutserum, dass also
die Zellen für die Bildung der bacterientödtenden Substanzen be-
deutsam sind. — 0. Bail (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 42) kam bei Bail,
Versuchen, in denen er Staphylokokken und Leukocytenmassen zu-
sammen injicirte, zu dem Schluss, dass auf diese Weise der tödtliche
Ausgang der Infection verzögert wird, und bezieht das auf die Bin-
dung der Gifte durch Leukocytenstoffe. Die Kokken bleiben selbst
zunächst am Leben, gehen aber später zu Grunde oder tödten die
Thiere erst nachträglich. — M. Löwit (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 23) Löwit.
fand, dass bei der Zerreibung von Lymphdrüsen in der Nährflüssig-
keit bactericide Eiweisskörper vorhanden sind, die aus den Zellen
stammen müssen. Einwände, dass hier eine andere Ursache heran-
zuziehen sei, konnten zurückgewiesen werden. — G. Perez (ibid. Wirkung
Bd. 23) wies in normalen Thierlymphdrüsen stets Bacterien nach, ^®^ Lymph-
während alle anderen Organe steril waren. Auch künstlich einge- p^^g^
führte Bacterien würden von den Lymphdrüsen lange festgehalten.
Li ihnen erführen sie allerdings eine Abschwächung. — F. Besan9on Besancon u.
und M. Labbe (Archives de med. exper. Nr. 3) studirten die Be- Labb6.
deutung der Lymphdrüsen für die Infection. Li ihnen werden
auf lymphatischem oder hämatogenem Wege zugeführte Bacterien
gut zurückgehalten, erfahren eine Abschwächung und gehen zu Grunde
durch Phagocytose und bactericide Substanzen. — J. Courmont — derMilz,
und Duffan (ibid.) fragten nach der Bedeutung der Milz. Ihre ^°^°°* ^■
Exstirpation wirkte verschieden und je nach der Bacterienart bald
nützlich, bald schädlich. Doch trat im gleichen Fall inmier der
gleiche Effect ein. So hat die Milz doch eine bestimmte Ein-
wirkung.
10
Ribbert.
Phago-
cytose,
MarchAnd,
Tiltges,
Salimbenl,
Hesnll.
L. Marchand (ibid. Nr. 2) prüfte die Pbagocytose gegenüber
Streptokokken. Abgeschwächte und virulente Culturen verhielten
sich in verschiedenen Serumarten gleich, sie wuchsen darin lebhaft.
Die Differenz bei der Infection musste daher auf etwas anderes be-
zogen werden. Die abgeschwächten Kokken wurden von den Leuko-
cjrten geft-essen, die virulenten nicht. — N. Tiltges (Zeitschr. f. Hyg.
Bd. 28) erklärte die Immunität des Huhnes gegen Milzbrand aus der
Serumwirkung, die Phagocjrtose spielt nur eine geringe Rolle. Tauben
haben wenig wirksames Serum, aber lebhafte Phagocytose, die in
den Fällen, in denen Heilung eintritt, den heilenden Factor darstellte. —
A. T. Salimbeni (Annales de Plnstitut Pasteur Nr. 3) beobachtete
bei subcutaner Injection von Diphtherie- und Cholerabacillen und von
Streptokokken bei immunisirten Thieren stets lebhafte Phagocytose.
Streptokokken wurden zuerst von mononucleären Zellen gefressen,
dann wieder frei und nun von polynucleären Leukocjrten vernichtet.
— F. Mesnil (ibid. Nr. 8) immunisirte Kaninchen gegen Schweine-
rothlauf und stellte fest, dass das Serum dieser Thiere neue Kanin-
chen gegen die Infection schützt und sie auch durch nachfolgende
Injection noch heilt. Die Bacterien werden aber nicht durch die
Flüssigkeiten getödtet, sondern durch Phagocytose vernichtet.
Chemotaxis, J. Pfoehl (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 24) eruirte, dass die Erscheinung,
Pfoehl. wonach Leukocjten in Capillarröhren mit anlockenden Substanzen hinein-
wandern, lediglich eine physikalische ist, die auch mit verschiedenen anderen
Stoffen, z. B. Sand, hervorzurufen ist, und dass sie auch bei Leukoc3rten
eintritt, die durch Chemikalien gelähmt wurden.
2. Einzelne InfectionskrankhelteD.
1. Septikämie.
Erysipel- Sippel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 19) trat der von Pe-
^^^tre to-' truschky vertretenen Auffassung von der Identität des Strepto-
kokken, coccus pyogenes und erysipelatos entgegen. Jene Meinung werde
Sippel. dadurch hervorgerufen, dass der Erysipelcoccus gelegentlich Eiterung
mache. So wurde eine Wöchnerin von einer Hebamme iniicirt, die
mit Erysipel in Berührung gekommen war. Es entstand eitrige Peri-
tonitis, die incidirt wurde. Von der Incisionswunde entwickelte sich
Osteomye- ein Hauterysipel. — F. Perutz (Münch. med. Wochenschr. Nr. 3)
Perate beschrieb einen Fall, in welchem bei einem llmonatlichen Kinde
nach einer Pneumonie eine eitrige Osteomyelitis an der Gh:'enze
zwischen Diaphyse und Epiphyse des Humerus aufgetreten war. In
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. H
dem Eiter fanden sich Pneumokokken. — 0. Lanz und F. Lüscher Abscessder
(Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. B) berichteten über einen Schilddrüse,
Abscess in der Thyreoidea, der nach Pneumonie und Pleuritis Lttscher.
entstanden war. Es fand sich in ihm der Pyocyaneus. — F. Lai-
tiner (Centralbl. f. pathol. Anat. S. 292) sah in einem Falle vom Pathogen er
Darm ausgehender Allgemeinerkrankung alle Organe von einem Bac- ^/^*®^®'
• £% ^ftl vln vi I
terium durchsetzt, welches durch Cultur und Experiment als eine für
Thiere pathogene Proteusart festgestellt wurde. Verf. hält den Mi-
kroben daher für den Erreger der Erkrankung. — N. J. Kedrowsky Emphysem
(ibid. Nr. 20) fand in der Blase einer an Eklampsie verstorbenen ®'
28jährigen Person ein Emphysem der Schleimhaut, wie es auf Darm- Kedrowsky.
und Vaginalschleimhaut oft beschrieben wurde. Er konnte ein Stäb-
chen züchten, welches besonders mit den von E. Fränkel beschrie-
benen übereinstimmte, und ist der Meinung, dass dieses das Emphysem
hervorgerufen habe.
2. Tuberculose.
H. Aronson (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 22) studirte die Natur Aether-
der aus Tuberkelbacillenculturen mit Aether extrahirbaren Sub- « bösliche
Substanzen
stanzen, die man gewöhnlich als Fette angesehen hat. Aronson inden
fand, dass es sich um Wachs handelt. Er bezieht auf seine Gegen- Tuberkel-
wart, wie es Klebs bezüglich der Fette gethan hat, die specifische Aronson *
Färbbarkeit der Bacillen. Das meiste Wachs findet man zwischen
den Zellen, aus diesen lässt es sich nur mit besonderen Methoden
entfernen. — M. Nocard (Annales de l'Institut Pasteur Nr. 9) hat Geflügel-
versucht, menschliche TuberkelbaciUen in Geflügelbacillen umzu- *^^®'c^]ose.
NoG&rd.
bilden. Er brachte Culturen in CoUodiumsäckchen in die Bauch-
höhle von Hühnern und prüfte sie nach mindestens 4 Monaten. Nach
einmaligem Verfahren fand er nur relativ geringe Veränderung, nach
der einmaligen Wiederholung aber sah er die Bacillen in ihrer Wir-
kung auf Säugethiere den Geflügelbacillen ähnlich und nur für Hühner
infectiös, was sie vorher nicht waren. — Vagedes (Zeitschr. f. Hyg. Virulenz,
Bd. 28) prüfte Tuberkelbacülenculturen verschiedener Herkunft aus ^^ß®"®^-
menschlichem Material auf ihre Virulenz und fand beträchtliche Diffe-
renzen beim Thierversuch (Kaninchen). Hochvirulente Culturen ver-
hielten sich so bei allen Arten der Infection, sie vermochten in
grossen Mengen auch Ratten zu inficiren.
lieber experimentelle Tuberculinbehandlung machten
P. Baumgarten und K. Walz Mittheilungen (Centralbl. f. Bacteriol.
Nr. 23). Sie hatten mit dem neuen Tuberculin keine guten Erfolge.
12 Ribbert.
Tnbercnlin, Bei Infection der Nager schritt die Erkrankung nach grossen Dosen
Baumgarten u. j^q^ ^^^^ behandelten Thieren rascher fort als bei den ControUthieren.
Die VerfF. schliessen, dass kleine Dosen keinen Vortheil bringen und
dass, je grösser die Dosen genommen werden, um so grösser die
stroebe. Nachtheile sind. — H. Stroebe (Monogr. Jena) stellte ebenfalls
ausgedehnte Versuche an. Er sah zunächst, dass eine Ausheilung
der experimentellen Meerschweinchentuberculose in keinem Falle ge-
lungen ist, nur trat in späterer Behandlungszeit zuweilen eine Ver-
langsamung im Fortschreiten ein, wahrscheinlich abhängig von Ab-
schwächung der Bacillen, deren Abtödtung niemals gelang. Auch
stellten sich hier und da gewisse Rückbildungsprocesse ein. Indem
mit ihnen sich regenerative Processe combinirten, konnten in ge-
wissen Grenzen günstige Veränderungen erzielt werden. Doch han-
delte es sich eben immer nur um locale Heilungen, die ja auch bei
nicht behandelten Thieren, wenn auch weniger ausgesprochen beob-
achtet werden. Weitere Versuche ergaben, dass dem Tuberculin
irgend eine immunisirende Wirkung nicht zukommt.
Misoli- Zur Frage der Mischinfection machte D. Hansemann Mit-
infection, theilung (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 12). Er hob hervor, dass der
TuberkelbaciUus sich auch secundär auf andersartig erkranktem Ge-
webe ansiedeln könne. Scrophulose sei z. B. zunächst eine Er-
krankimg für sich, und die Tuberculose komme erst hinzu, broncho-
pneumonische , sjrphilitische und andere Heerde könnten secundär
inficirt werden, auch beschrieb er seiner Ansicht nach nichttuber-
culöse bronchiektatische Cavemen, die Bacillen als secundäre Ein-
dringlinge enthielten. — Ausgedehntere Untersuchimgen über die
Schröder u. Mischinfection stellten G. Schröder und F. Mennes an (Monogr.
Mennes. Bonn). Sie glauben derselben nicht die ihr meist zugeschriebene
Bedeutung zuerkennen zu sollen. Die durch Cultur nachgewiesenen
Eitererreger stellten sich nämlich bei sämmtUchen imtersuchten
fiebernden Phthisikem aller Stadien als nicht oder kaum virulent
heraus. Auch die aus ihnen hergestellten Toxine hatten in grossen
Mengen bei Thieren nur eine geringe Wirkung. Daher seien weder
die Bacillen noch die Toxine für das Bild der chronischen Lungen-
tuberculose verantwortlich zu machen. Die Eitererreger spielen nur
die Rolle von Saprophyten, für die Prognose sei ihr Befund ohne
Werth, auf die therapeutischen Maassnahmen seien sie ohne Einfloss.
Von localen Tuberculosen verdient Erwähnung die von M. Mi-
chaelis und S. Blum experimentell hervorgerufene Endocarditis
Allgemeine Pathologie, pathologiache Anatomie, Bacteriologie. 13
tuberculosa (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 35). Nach Durch- Endo-
stossung der Klappen und gleichzeitiger BaciUeninfection entstand ca-'ditis
; . , T^ , j.^. tuberculosa,
eine typische iLndocarditis. Michaelis u
8. Typhus.
Blum.
J. Petruschky (Centralbl. f. Bacteriol. Nr. 28) berichtet dar- Anaachei-
über, dass in einzelnen Fällen sich eine überaus massenhafte Aus- d'»»« der
Scheidung von Typhusbacillen durch den Harn nachweisen baoiUeYim
lasse, die wochenlang anhalten kann. In solchen Fällen besteht Harn,
natürlich die Möglichkeit einer eventuellen Verbreitung des Typhus ^®*^"®^^y-
durch den Harn.
4. Diphtherie.
Die Frage der Unterscheidung der echten Diphtherie-
bacillen von den Pseudodiphtheriebacillen war Gegenstand
mehrfacher Untersuchung. Auckenthaler (Centralbl. f. Bacteriol. Bebte und
Bd. 23) fand, dass die Methode Neisser's (s. vor. Jahrb.) nicht ^"«do-
völlig einwandfrei ist. Wenn Sporen bei seiner Färbung fehlen, sei bacillen,
allerdings Diphtherie auszuschliessen , wenn aber nur wenige Pol- Auckenthaler,
kömer da sind, sei die Sache nicht entschieden. Es müsse dann
noch der Thierversuch hinzukommen. Czaplewsky (Deutsche med. CEaplewski,
Wochenschr. Nr. 4 — 6) meinte, dass man sich zur Feststellung, ob
bei einem Falle echte Bacillen vorhanden seien, nicht mit einer Probe
begnügen, sondern mehrere Proben verschiedener Stellen durch den
Thiei'versuch prüfen solle. — Fr. Schanz (Wien. med. Presse Nr. 28) Schanz,
kam zu dem Schluss, dass jene Unterscheidung nicht möglich sei.
Die avirulenten Bacillen könnten von den virulenten überhaupt nicht
getrennt werden. Sie könnten unter bestimmten Bedingungen auf
entzündetem Boden Virulenz bekommen und so zu echten Bacillen
werden.
M. Meyerhof (Arch. f. Hyg. Bd. 33) bestätigte, dass die Keulen- Wachsthums-
bildung und Verzweigungen der Diphtheriebacillen nicht als re- formen,
gressive Veränderungen aufgefasst werden dürfen. Sie gehören vielmehr
zur Biologie der Bacillen, die demnach nicht Bacterien seien, son-
dern sich den Fadenpilzen näherten. Man wird ihnen zunächst eine
Zwischenstellung zwischen beiden Gruppen einräumen müssen.
V. Morat und M. Elmassian (Annales de Tlnstitut Pasteur^*"^^^'^^''''^
Nr. 3) fanden, dass die auf die unverletzte Conjunctiva gebrachten Dlphtherie-
Toxine der Diphtheriebacillen heftige, von Fibrinausscheidung hacilien,
begleitete Entzündung hervorriefen. Das Toxin wird also durch das Elmasian.
u
RibT>ert.
Diphtherie-
baoillen und
Strepto-
kokken,
fiemheim,
M. MeUn,
Hubert.
Ver-
schiedene
Diphtherie-
bacillen-
arten,
Sla^Tjk n.
Hanicatide.
Diphtherie
und
Scharlach,
Soerensen.
Epithel hindurch reaorbirt, und die entzündlichen Erscheinungen bei
Diphtherie könnten danach auf die Gifte allein zurückgeführt werden.
J. Bernheim (Arch. f. Hyg. Bd. 33) prüfte die Immunisirung
gegen eine Mischung von Diphtheriebacillen und Strepto-
kokken und fand, dass die Wirkung auf der erzeugten Immunität
gegen Streptokokken beruht, so dass nun der Organismus seine
ganze Kraft gegen den Bacillus richten kann. In jener Mischung
ist die Virulenz des letzteren nicht gesteigert. Ihre deletäre Wir-
kung beruht auf der Gegenwart der Streptokokken. — M. Metin
(Annales de Plnstitut Pasteur Nr. 9) prüfte experimentell, ob Diph-
theriebacillen sich in den Organen vermehren, und fand, dass das
nicht der Fall ist, wenn sie rein eingeführt wurden, dagegen wohl,
wenn sie mit Streptokokken zusammen zur Wirkung gelangen. —
P. Hubert (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 29) fand bei Culturen der
Diphtheriebacillen mit Streptokokken, dass jene unter diesen Um-
ständen früher und stärker Gift bilden, als sie es in Reinculturen
thaten. Diese Veränderung beruht auf einer verstärkten Virulenz.
Damit stellt sich Verf. in Gegensatz zu Bernheim.
Slawyk imd Manicatide (ibid.) prüften die Angaben von
Zupnik (vor. Jahrb.), dass es zwei verschiedene Arten von Diphtherie-
bacillen gebe, konnten sie aber nicht bestätigen. Die Wachsthums-
erscheinungen stimmten zwar nicht immer überein, alle anderen
Eigenschaften waren aber identisch.
Soerensen (ibid.) untersuchte das Vorkommen von Diphtherie-
bacillen bei Scharlacherkrankung und fand, dass wenn ein ein-
zelner Fall mit Bacillen vorhanden war, die anderen im gleichen
Saale sehr oft auch inficirt wurden. Unter 213 Fällen der Art trat
dann aber nur 5mal Diphtherieerkrankung ein.
Antitoxin- W. Bulloch (Journ. of Path. Bd. 5) machte Versuche über den
verbleib Verbleib des subcutan injicirtenDiphtherieantitoxins. Erfand,
im Körper, , , , . .
Bullooh. ^*S8 08 sehr rasch ms Blut übertritt, um aber aus ihm schon nach
einem Tage grösstentheils wieder zu verschwinden, ohne indess durch
die Nieren ausgeschieden zu werden. Der Rest bleibt noch einige
Experimen- Zeit. — F. Henke (Virch. Arch. Bd. 164) prüfte den Werth des
Diphtherieantitoxins bei inficirten Meerschweinchen. Er
sah in gewissen Grenzen eine günstige Wirkung. Aber wenn nach
der Infection länger als 20 Stunden mit der Therapie gewartet wurde,
war diese erfolglos. Daher werde auch beim Menschen nur mit
frühzeitiger Anwendimg des Serums ein Erfolg zu erwarten sein.
Es müSvse auch bedacht werden, dass ja das Antitoxin die Bacillen
teile Sernm
therapie,
Henke,
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 15
nicht schädige und dass gegen die Streptokokkenmischinfection das
Semm machtlos sei. — C. Spronck (Annales de Flnstitut Pasteur Spronck.
Nr. 10) fand hei Feststellungder in Holland mitDiphtherieantitoxin
gewonnenen therapeutischen Resultate, dass, wenn man auf 58^
erwärmtes Serum benutzt, die sonst wohl beobachteten schädlichen
Nebenwirkungen vermindert werden. Von anderer Seite war die-
selbe Beobachtung schon mit normalem Pferdeblutserum gemacht
worden. Spronck sah zugleich, dass die specifische Kraft des
Diphtherieserums durch die Erwärmung nicht leidet.
5. Pneumonie.
J.W. Eyre und J. N. Washburn (Joum. of Path. and Bacter. Virulenz der
Bd. 5) konnten die Virulenz des Pneumococcus auf einem
bestimmten Medium lange erhalten. Kaninchen war sehr, Meer-
schweinchen relativ, Geflügel absolut immun. Durch mehrmaliges
Durchfuhren durch den Meerschweinchenkörper wurde die Virulenz
für diese Thiere gesteigert. Das Normalserum der genannten Thiere
schützte gegen die minimalste tödtliche Dosis, aber nicht mehr. Das
Serum war agglutinativ, zwischen dieser Wirkung und der Immuni-
tät bestand keine Beziehung.
6. Tetanus.
F. Ransom (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 8) experimentirte intestinale
an Meerschweinchen, um die Frage nach der Giftigkeit von Bac- . /
\ ^ , ^ Wirkung,
teriengiften, speciell des Tetanusgiftes zu prüfen. Er fand, Ransom.
dass das Gift nicht resorbirt wird, sondern den Darmkanal, per os
oder per rectum eingeführt, unverändert wieder verlässt. Es konnte
in den Organen, die verrieben und Mäusen subcutan injicirt wurden,
nicht nachgewiesen werden.
Pneumo-
kokken,
E3rre n.
Waahbnm.
7. Keuchhusten.
L. Vincenzi (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 40) fand im Spu- Bacterien
tum bei Keuchhusten einen Mikroorganismus, der regelmässig vor-
kam und als Coccobacillus bezeichnet werden musste. Er spricht
ihn als Erreger der Krankheit an. Thierversuche gelangen nicht.
Das Bacterium unterschied sich von anderen früher und besonders
von dem durch Czaplewski beschriebenen (s. vor. Jahrbuch). Mit
des letzteren Untersuchungen stimmt aber wieder 0. Zusch (Münch.
med. Wochenschr. Nr. 23 und Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 24) überein.
Besonders günstig als Culturmedium war ein „Anasarkaflüssigkeit-
des Keuch-
hustens,
Vincenzi,
Zusch,
16
Bibbert.
Bacterien Glyceiinagar" . Die Reincultur gelang aus Schleimflöckchen leicht,
es ^^^ ' ebenso die Weiterzüchtung. Verf. meint, die Umstände, dass die
Znsch, Mikroben regelmässig bei Keuchhusten vorkommen, sonst fehlen,
dass ihre Menge sich mit dem klinischen Verhalten deckt und dass
die Befunde an weit aus einander liegenden Orten (Heidelberg, Aachen,
Königsberg) gemacht wurden, sprächen sehr für die specifische Be-
deutung des Bacteriums. Es ist gegen Hitze und Austrocknung
sehr empfindlich. Daher lasse sich die Vorliebe der Erkrankung
Gzaplewski. fiir feuchte Gegenden verstehen. — Czaplewski (Centralbl. f.
Bacteriol. Bd. 24) betonte Vincenzi gegenüber nochmals, dass es
ihm gelungen sei, eine Reincultur des von ihm aufgefundenen Mikro-
organismus darzustellen, und veranschaulichte das Verhalten der Cul-
turen durch Photogramme.
8. Meningitis.
Diplococcus Gr. Still (Joum. of pathol. Bd. 5) fand bei Untersuchung ein-
int ra- facher Basilarmeningitis bei Kindern, dass sie durch den Diplococcus
cellnlaris,
Stfll,
Kamen,
intraceUularis (Weichselbaum-Jaeger) veranlasst wurde. Er
fasst daher jene Erkrankung als die sporadische Form der epidemi-
schen Cerebrospinalmeningitis auf, bei der wiederum L. Kamen
(Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 24) das Vorkommen jener Kokken in
Cottncflman, mehreren Fällen bestätigte. Auch Councilman, Mallory und
Wright (Report of the state board of health of Massachusetts)
fanden dieselben Organismen bei einer grossen Epidemie sehr häufig
Httnermann. auch in der durch Lumbalpunction gewonnenen Flüssigkeit. Hün er-
mann (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 36) zweifelt an der Specificität
jener Kokken, da sie auch bei traumatischer und bei tuberculöser
Meningitis gefunden worden sind. Kann man diese beiden Erkran-
kungen ausschliessen , so ist allerdings die Gegenwart der Diplo-
kokken für die Diagnose Cerebrospinalmeningitis ausreichend.
Pestheerd
in Afrika,
Kooh.
Pest in
Indien,
Hankin.
9. Pest.
Ausser den drei Pestheerden in Mesopotamien, Thibet und
Arabien gibt es, worauf R. Koch (Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 28) hinwies, noch einen in Innerafrika, in der Nähe von Deutsch-
Ostafrika. Die Verbreitung geschieht auch dort durch Eatten. Koch
konnte die Anwesenheit der Bacillen durch mikroskopische Unter-
suchung conservirter Theile feststellen. — E. H. Hankin (Annales
de rinstitut Pasteur, Nov.) berichtete nach Beobachtungen in Indien
ausführlich über die Bedeutung der Ratten bei der Verbreitung der
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 17
Pest. Sie sind dort die wichtigsten Vermittler der Infection. Die
schlecht gebauten und schlecht ventilirten Häuser sind deshalb be-
denklich, weil sie den Aufenthalt der Eatten begünstigen. Gute
Häuser werden insofern Schutz bieten. Der Kampf gegen die Pest
ist aber deshalb, schwierig, weil sich die Ratten nur schwer aus-
giebig beseitigen lassen. Deshalb behalten die Schutzimpfungs- und
antitoxischen Methoden ihre Bedeutung. Wie die Ratten die Ver-
breitung der Infection bewirken, ist unbekannt. Sie müssen die
Bacterien irgendwie verbreiten, wahrscheinlich unter Mithülfe von
insecten. Dabei muss aber angenommen werden, dass die Bacillen,
entgegen ihrem Verhalten in Culturen, bei dieser Art der Verbrei-
tung sehr widerstandsfähig sind. — lieber die Pest in Bombay
berichtete G. Sticker (Münch. med. Wochenschr. Nr. 1) nach eigenen
Erfahrungen. Ausser klinischen Mittheilungen besprach er die patho-
logische Anatomie imd die Bacteriologie. Die Erkrankung der Lungen
ist eine heerdförmige oder eine imgleichmässige lobäre. Die Bacillen
lassen sich in frischen Erkrankungsheerden der Leiche gut auf-
finden. Sie gehen aber in ihr rasch zu Grunde. An Lebenden
findet man sie im Blut, in dem Auswurf und primären Hautaffec-
tionen. — Z. Jokote (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 23) sah, dass die
Bacillen in den an der Pest verendeten imd in Gartenerde, in Blech-
kästen aufbewahrten Mäusen in 22 — 30 Tagen absterben. Bei der
gewöhnlichen Beerdigung des Menschen wird das also jedenfalls
noch schneller geschehen.
Pest in
Bombay,
Sticker.
Wider-
stands-
fähigkeit
der Pest-
bacillen,
Jokote.
G. Marki (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 24) stellte Untersuchungen
über die Toxine der Pestbacillen an. Er fand in Bouillonculturen
ein wahrscheinlich als Stoffwechselproduct aufzufassendes Gift. Aber
auch in den Bacterienleibern ist ein Toxin vorhanden. Diese Gifte
sind sehr deletär. Mit steigenden Dosen lassen sich Mäuse giftfest
machen, dagegen bleiben sie dann gegen lebende Bacillen empfäng-
lich. Das Serum der immunisirten Thiere zeigt antitoxische Eigen-
schaften. Eine Beingewinnung der giftigen Substanzen gelang nach
den bekannten Methoden nicht.
Toxine
der Pest-
bacillen,
Marki.
Eine traurige Bestätigimg der specifischen Bedeutung der Pest-
bacSlen lieferten die viel besprochenen Pesterkrankungen im
Wiener Krankenhause. Der Leichendiener und der Assistenzarzt
Dr. Müller (vergl. Wiener klin. Wochenschr. Nr. 43) gingen daran
zu Grunde. Die Erkrankimg befiel hauptsächlich die Lungen und ist
in dieser Form besonders deletär. Beachtenswerth ist, dass die
Jalnrbiieh der practischen Medicin. 1899. 2
Pest in
Wien.
18
Ribbert.
klinischen Befinde die Diagnose auf Pest noch nicht sicher stellen
Hessen, als die bacteriologische Untersuchung des Sputums die In-
fection schon zweifellos sicherte.
Tropische
Malaria,
Koch,
Bignami.
10. Malaria. '
Rob. Koch hat bei seinem Aufenthalt in Afrika auch die
Malaria studirt (siehe Auszug aus den Verh. d. deutsch. Colonial'
gesellschafb, Deutsche med. Wochenschr. Nr. 24). Er glaubt, dass
die Tropenfieber einen eigenen Typus darstellen und durch besondere
Formen von Plasmodien bedingt würden. Was die Uebertragung
angeht, so schliesst er sich der Meinung derer an, welche die Mos-
quitos als die Vermittler in Anspruch nehmen. Es gibt eine Im-
munität von Negern auch gegen die schwersten Malariaformen. —
A. Bignami (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 24) macht demgegenüber
geltend, dass die Tropenfieber in den wesentlichsten Punkten, auch
was die Plasmodiumformen angeht, mit malignen Sommer- und Herbst-
tertianfiebern der gemässigten Klimate übereinstimmten. Alle von
Koch angegebenen Merkmale der Parasiten stimmten zu denen der
itaKenischen Tertianfieber. Nur von der eigenartigen Ringform
der Pigmentirung spreche Koch nicht, aber Verf. glaubt dessen
Schilderung entnehmen zu können, dass er nur gefkrbte Präparate
untersuchte. In diesen sei aber das Pigment nicht sichtbar. Bi-
gnami begrüsst es, dass Koch sich nun auch der Mosquitotheorie
angeschlossen habe. '
Psendo-
aktino-
mykose,
Bereatnew.
Strepto-
thrix,
RnUmann.
11. Aktinomykose.
N. Berestnew (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 29) untersuchte mehrere
Fälle von klinisch-typischer Aktinomykose, fand aber nicht die
charakteristischen Pilze, sondern verschiedene Mikroben. Er imter-
scheidet demgemäss neben der echten Aktinomykose, welche ausser
durch die echten Strahlenpilze auch durch Streptothrixarten hervor-
gerufen wird, die nicht die bekannten Kömchen bilden, sondern zer-
streut liegen, eine Pseudoaktinomykose. Sie wird durch Bacterien
hervorgerufen, die imter anderem zu Fäden auswachsen und auch
keulenförmige Anschwellungen bilden können. — W. Eu 11 mann
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 29) gewann aus dem Sputum einer
Frau linsen- bis erbsengrosse Knöllchen von harter, zäher Consi-
stenz, die sich aus Fadenpilzen zusammengesetzt erwiesen. Die Cidtur
gelang, es wuchs ein Streptothrix, mit dem erfolgreiche Infec-
tionen von Thieren vorgenommen wurden.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 19
Max Wolffund James Israel (Virch. Arch. Bd. 161) sprachen Unität des
sich für die Unität der bis ietzt nachgewiesenen Aktinomyces- Aktino-
pilze beim Menschen und Thier aus. Sie wurden dazu durch einen im wolff u.
Jahr 1897 erschienenen Aufsatz van Niesse n's veranlasst, dem sie Israel,
grundsätzlich entgegentreten mussten. Die klinischen, tinctoriellen
und morphologischen Erscheinungen berechtigten nicht zu einer
Trennung in mehrere Arten, ebensowenig die verschiedene Färbung
der Drusen, die sich in demselben Falle finden könne, das culturelle
Verhalten und die Thierinfection , die ihnen allein, wie sie glauben,
bisher sicher gelungen ist.
12. Soor, Hefepilze.
A. v. Frisch (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 39) konnte in einem Hefepilze
Fall von Cystitis bei einer 64jährigen Frau aus dem Harn, in ^®/
welchem sich weisse kömige Gebilde befanden, Hefezellen nach- y Frisch.'
weisen, die sich bei weiterer Cultur als Soor erwiesen. Der Infec-
tionsmodus der Blase blieb unklar. — A. Buschke (Sammig. klin. Pathogene
Vortr. , Neue Folge Nr. 218) hat unter neuen Mittheilungen über He'earten,
pathogene Hefen die jetzigen Kenntnisse über die Blastomykose
zusammengefasst. Er unterscheidet Hefen mit schweren Gewebs-
veränderungen, Oidien mit den gleichen Folgen, Oidien mit Ober-
flachenerkrankung (Soor) , Hyphomyceten (Trichophyten etc.) und
Schimmelpilze. Die Erkrankungen durch Hefepilze theilt er ein in
Hautveränderungen, primäre Erkrankungen innerer Organe mit
tomorähnlichen Neubildungen und blastomykotische Septikämieen.
Eine ätiologische Bedeutung der Sprosspilze für die malignen Tu-
moren lehnt er ab.
13. Protozoon.
Fr. Eoemer (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 23) hat 17 Fälle von Dysenterie-
Dysenterie, die theils tropischer, theils europäischer Herkunft *™öben,
waren, auf Amöben untersucht und solche immer gefunden. Da ihm
aber die Uebertragung der Erkrankung auf Katzen nicht immer ge-
lang, so hält er es nicht für sicher, dass die Amöben die Erreger
der Dysenterie sind. Es könnte sich auch um harmlose Schmarotzer
handeln. — St. Ciechanowski und J. Nowak (Centralbl. f. Bact. Ciechanowski
Bd. 23) haben in Krakau einheimische Dysenterie untersucht "* ^®^'*^»
und gefunden, dass die Amöben keine ätiologische Bedeutung haben,
ebensowenig das Bacterium coli. Auch für die in der Darmwand
nachgewiesenen Streptokokken konnten sie keine ätiologische Be-
20 Ribbert.
deutung feststeUen, doch müsse mit ihnen weiter experimentirt werden.
Bis jetzt wüssten wir nichts über die Aetiologie der einheimischen
Dysenterie- Dysenterie. — F. Harris (Amer. joum. of med. sciences, April) dagegen
*H^iTiE°* meint, dass der constante in verschiedenen Gegenden erhobene
Amöbenbefund ihre ätiologische Bedeutung wahrscheinlich mache.
Er fand die Amöben regelmässig in den Darmgeschwüren bis in die
Muscularis und in die Ljrmphgefesse, ebenso einmal in einem Leber-
abscess.
Trioho- Skaller (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 25) beobachtete in dem
"sk n^*"' diarrhoischen Stuhl eines Falles von Oesophaguscarcinom Tricho-
monaden, hält sie aber für ätiologisch bedeutungslos. Auch haben
sie auf den Verlauf der Diarrhoe keinen Einfluss. Verfütterung er-
gab negative Resultate.
Amöben- J. Tsujitani (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 24) konnte Amöben-
'^®i,'^°)J^'!^''' reine ulturen (siehe vor. Jahrb.) dadurch gewinnen, dass er die
Nährböden mit Bacterienculturen bestrich, die er dann abtödtete.
Auf diesen Boden brachte er Amöben, die in Cholerabacillenculturen
gewachsen und von diesen durch Zusatz von Alkali und Säure,
welche die KommabaciUen tödten, die Protozoen aber lebend lassen,
befreit worden waren. Die Amöben gediehen nun auf jenem Nähr-
boden, indem sie die todten Bacterien als Nahrung benutzten. In-
sofern aber die letzteren abgestorben waren, kann man die Amöben-
cultur als Reincultur bezeichnen.
14. Thierische Parasiten.
AnguiUuia Ueber Anguillula intestinalis machte Leichtenstern
'Le^chtln^tVii^^ (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 8) Mittheilung. Dieser fast aus-
nahmslos harmlose Darmschmarotzer kann sich im Wirth selbst fort-
pflanzen, oder seine Eier, bezw. die aus ihnen entstandenen Em-
bryonen entwickeln sich im Koth, imd zwar in zwei Formen, einmal
direct wieder zu Anguillula intestinalis oder zunächst zu einer Zwischen-
form Rhabditis stercoralis, die demnach keine besondere Species
Biiharsia, darstellt und weniger widerstandsfähig zu sein scheint. — St. Kar-
Kartulis, tulis (Yirch. Arch. Bd. 152) berichtete über einige pathologisch-
anatomische Beobachtungen zur Bilharziakrankheit. Die Eier
des Distomum haematobium werden in vielen Geweben angetroffen,
aber Verf. meint, dass sie nicht mit dem Blut dorthin kämen, son-
dern in loco von den Würmern abgelegt würden. Ihre Gegenwart
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 21
gibt zu entzündlichen Processen Veranlassung, die zu umschriebenen
geschwulstähnlichen Wucherungen führen können. In der Blase sah
Kartulis oft Papillome. Auch beobachtete er relativ oft Car-
cinome und meint, dass an ihrer Entstehimg der Wurm betheiHgt
sei. Es würde sich dann um die Bildung des Krebses auf einem
entzündeten Bindegewebsboden handeln. — Ueber das Ankylo-
stomum duodenale (Monogr. Leipzig) machten W. Zinn und Ankylo-
M. Jacoby Mittheilimgen, die auf Beobachtungen in verschiedenen ^^^^^^*
Erdtheilen beruhen. Die Verbreitung dieses Parasiten ist eine sehr jacoby.
grosse. Ausser in den Tropen kommt er unter anderem in Mittel-
europa häufig vor, besonders in Italien. Bei seiner Bedeutung für
die Entstehung von hochgradigen Anämieen verdient das Ankylo-
stomum alle Beachtung.
II. Allgemeine Pathologie.
1. Blut, Thrombose 5 Embolie.
Zur Bildung der Erythrocyten machte A. Pappenheim (Virch. Bildung der
Arch. Bd. 151) Mittheilungen. Er geht davon aus, dass die rothen Blut- rythro-
kdrperchen durch Metamorphose von weissen entstehen, und sucht nun die pappenheim.
dabei vor sich gehenden Processe, besonders die Veränderungen der Kerne
festzustellen. Er findet zwischen denen der weissen Zellen und denen
der kernhaltigen rothen typische Unterschiede, die eine Erkennung von
Erythrocyten auch da schon zulassen, wo das Protoplasma noch kein
Hämoglobin wahrnehmen lässt. Der Kern scheine daher die führende
Rolle zu haben«
S.Engel (ibid. Bd. 153) studirte die perniciöse Anämie in Be- PemiciöBe
zug auf die von Ehrlich aufgestellte Meinung, dass es sich bei ihr Engel. '
um einen Kückschlag in den embryonalen Typus der Blutbildung han-
dele. Er bejaht diese Frage in der Hauptsache. Das Knochenmark
wird wieder lebhafter blutbildend, wie in der zweiten Periode des
Embryonallebens, die grossen kernhaltigen Erythrocyten entsprechen
der ersten Fötalzeit. Nun dauert ja freilich die Blutbildung von der
Embryonalzeit im Knochenmark an. So kommt man dann zu dem
Schluss, dass jener Rückschlag hauptsächlich durch das Auftreten
der grossen kernhaltigen Erythrocyten gekennzeichnet ist. — Ueber
die Wirkung des Arsens auf die Blutbescha£Penheit berichtete
S. Bettmann (Ziegler's Beitr. Bd. 23). Die Vergiftung in massigen
Dosen hat eine Vermehrung der rothen Blutkörperchen des Blutes
22 Ribbert.
Blut bei durch gesteigerten Uebertritt derselben aus den blutbildenden Or-
^"®'*" ganen zur Folge, in denen sie offenbar in. grosser Menge neuge-
Bettmann. bildet werden. Diese Zunahme der Erythrocyten ist aber nur eine
vorübergehende ; sobald die Organe stärker geschädigt sind, hört die
Zellneubüdung auf. Nun stellt sich eine Vermehrung der weissen
Wirkung Zellen ein. — C. Qeorgiewsky (ibid. Bd. 24) untersuchte den
^®s Einfluss des Extr. filicis maris aether. auf Thiere und
Bxtraotam
filici» auf fand, dass es eine blutzerstörende Wirkung ausübt. In den Leber-
Blut, Zellen und später in Milz und Knochenmark findet sich viel Hämo-
eorgiewB y. gj^^j^ Sonstige pathologische Veränderungen wurden nicht ge-
funden. Das Extract schädigt also lediglich das Blut und könnte so
Subcutane indirect Icterus bedingen. — v. Starck (Münch. med. VSTochenschr,
Hämoglobin- ;f^j. 3 y 4^ prüfte die Möglichkeit einer Aufnahme subcutan oder
V Starck.* intraperitoneal injicirt-en reinenHämoglobinsbeiThieren
und fand, dass es zum grossen Theil unschädlich resorbirt, zum Theil
freilich durch Secrete wieder ausgeschieden, zum Theil aber auch
verarbeitet und in Milz, Knochenmark und Lymphdrüsen deponirt wird.
Es dürfte in dieser Form auch therapeutisch verwerthbar sein. —
EisenindeiA. Tedeschi (Ziegler's Beitr. Bd. 24) studirte die Leber und das
Lebernach Knochenmark nach Milzexstirpation. Er fand, dass in beiden der
ektomie, Eisengehalt erheblich zunimmt. Er schliesst daraus, dass beide Or-
Tedeschi. gane in einer wesentlichen Beziehung zur Blutbildung stehen, wahr-
scheinlich hämatopoetisch wirken. Sie thun das auch im fotiden
Leben, wo sie weit mehr Eisen enthalten als die Milz, die ihrerseits
beim Erwachsenen das weitaus eisenreichste Organ ist.
Leukocyten- J. Jelly (Arch. de m6d. exper. Nr. 5) untersuchte die verschiedenen
formen, Formen der Leukocyten und erkl&rte sie für Variationen einer Zellart,
die sich durch amöboide Beweglichkeit auszeichne. Die Verschiedenheiten
sollen durch die differenten Stadien der Entwickelung und durch den
wechselnden Ort ihres Vorkommens bedingt sein.
Ueber die morphologischen Verhältnisse der eztravasculären Blut-
Blut- gerinnung verbreitete sich Fr. Müller (Ziegler^s Beitr. Bd. 23).
geriunnng. Intravasculäre und ausserhalb der Gefässe erfolgende Gerinnung verlaufen
Muller. gleich. Die rothen Blutkörperchen sind bei der Fibrinbildung betheiligt.
Ebenso entstehen aus ihnen durch Abschnürung, Fragmentirung oder Aus-
scheidung die meisten Blutplättchen. Nur wenige gehen aus Leukocyten
hervor.
CoUateral- Den Collateralkreislauf suchte A. Bier (Virch. Arch.
kreis lauf, g^j 253) durch Experimente und Beobachtungen am Menschen weiter
aufzuklären. Er fragte, weshalb nicht in allen Fällen, wenn der
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 23
arterielle Blutfloss in einem Körpertheil erheblich herabgesetzt ist,
venöse Hyperämie und eventuell Infarcirung eintritt. Bei den Ex-
tremitäten bleibt sie ja fast immer aus. Er meint, es beruhe darauf,
dass hier die Capillaren sich dem venösen Blut verschliessen und
venös ankommendes auspressen, während den Capillaren der inneren
Organe dieses Q-efuhl für venöses Blut fehle. Er sieht in diesen
Verhältnissen eine Anpassung, insofern die Extremitäten durch sie
einen Schutz hätten, dessen die inneren Organe nicht bedürften.
Experimentelle Untersuchungen über Parenchymzellen-
embolie stellte A. Maximow (Virch. Arch. Bd. 151) an. Er Parenchym
konnte durch Quetschung des schwangeren Kaninchenuterus einen «eilen-
Uebertritt von PlacentarriesenzeUen , durch Zertrümmerung von ^j^^i^o^;
Ejiochenmark einen solchen von KnochenmarksriesenzeUen , und
zwar meist degenerirenden Formen, durch Quetschung der Leber
einen Uebertritt von Leberzellen ins Blut erzielen und die Gebilde
in der Lunge nachweisen. — 0. Lubarsch (ibid.) meint demgegen-
über, dass die Zertrümmerung des Knochenmarks nicht das Wesent-
liche bei der Knochenmarksriesenzellenembolie darstelle. Diese trete
vielmehr auch ohne Knochenläsion als Begleiterscheinung von an-
deren Parenchymzellenembolieen, z. B. von PlacentarriesenzeUen auf.
Maassgebend sei eine Alteration des Knochenmarks durch solche
Embolieen. Begünstigend wirke eine Erschütterung. — Fujinami Hämor-
(Virch. Arch. Bd. 152) konnte bei Thieren durch Lijection von rhagischer
flüssigem Paraffln in die Circulation multiple hämorrhagische Fnjmami.
Infarcte der Lungen erzeugen, die von menschlichen nur durch
ihre geringere Consistenz abwichen. Freilich machte nicht jeder
Embolus einen Lifarct. Meist entstand er, wenn ausser Verstopfang
des kleineren Astes noch der Hauptstamm partieU verlegt war.
Beim Menschen fand er jedesmal bei Lifarcten Embolie. Er be-
zieht daher die Lifarctbildung durchaus auf Embolie. — P. Ernst Retrograder
(ibid. Bd. 151) fand bei einem primären Nierentumor mit multiplen Transport,
Metastasen einen Geschwulstpfropf in einer Coronararterie. Er
musste rückläufig hineingekommen sein. Ernst meint, er
müsse hineingeschleudert worden sein, denn an ein stationsweises
Vorrücken im Sinne Ribbert's (siehe vor. Jahrbuch) sei nicht zu
denken. Dagegen spreche besonders die Einkeilung des Pfropfes.
24 Ribbert.
2. Entzflndnng.
Entzündung Abramow (Ziegler's Beitr. Bd. 23) hat die mehrfach (s. vor.
er eura, j^jjj.|j ) discutirte Frage nach der Betheiligung des Endothels
der serösen Häute an den entzündlichen Processen aufs
neue geprüft und gefunden, dass das Exsudat als ein Gerinnungs-
product anzusehen ist, welches ohne Betheiligung des Endothels und
des Bindegewebes entsteht. Letzteres werde nicht zu Fibrin, ersteres
sterbe infolge des Entzündungsreizes ab und veranlasse nun, als
Ferment wirkend, die Q-erinnung. An dieser seien auch die aus-
getretenen rothen Blutkörperchen durch Fermentbildung betheiligt.
Entzündung — V. Hinsberg (Virch. Arch. Bd. 152) studirte das Verhalten
„ ®*. des Peritonealendothels an der durch Fremdkörper
Jr e r 1- *
toneuma, (Bärlappsamen) hervorgerufenen Bindegewebswucherung.
Hinsberg, jjr konnte sich überzeugen, dass eine Theilnahme an der Neubildung
der Bindesubstanz auszuschliessen ist. Das Endothel (Epithel) wuchert
selbständig und überzieht lediglich die um die Fremdkörper ent-
stehenden Granulationsknötchen nach Art der normalen Anordnung.
— G. Hauser (Virch. Arch. Bd. 154) trat entgegen Arnold, der
bestritten hatte, dass die von K. Zenker und G. Haus er be-
schriebenen strahlenförmig um Leukocyten angeordneten Fibrin-
steme dadurch entstünden, dass die Zellen Gerinnungscentren dar-
GerinnungB- stellten, für die Richtigkeit dieser Deutung ein, in der Haus er eine
centrenbei g^^^^e der Anschauungen von AI. Schmidt erblickt. Wenn die
Entzündung,
Hanser. Figuren nicht immer auftreten, so liege das daran, dass nach Durch-
tränkung des Gewebes mit Ferment die Zellen nicht mehr genügende
locale Anziehungspunkte darstellten.
Kälte- H. Hochhaus (Virch. Arch. Bd. 164) Hess durch flüssige
Wirkung Kohlensäure erzeugte Kälte von 80<^C. für 30 Secunden auf
und ** ^
Entzündung, Leber und Niere wirken und studirte die Folgen. Die direct
HochhauB, getroffenen Theile wurden in einer Tiefe von 1 — 1 '/« mm nekrotisch.
Daran angrenzend entstand H3rperämie, Leukocytenemigration und
Bindegewebswucherung, die das todte Gewebe zum Theil resorbirte.
Zum anderen Theil verkalkte es. In der Leber ist die Wucherung
schon nach 24 Stunden, in der Niere erst nach 8 Tagen sichtbar. —
Fürst. E.Fürst (Ziegler's Beitr. Bd. 24) machte eingehende Untersuchungen
über die Folgen leichter Kälteeinwirkung durch ein kurz-
dauerndes leichtes Anfrieren der Haut des Kaninchen- und Meer-
schweinchenohres. Es entstand eine bis achtfache Verdickung der
Epidermis, während das Corium nicht stark verändert wurde. Die
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 25
Verdickung beruht auf Vennehrung und Vergrösserung der Zellen.
Es bildeten sich zahlreiche Riesenzellen mit vielen Kernen durch
amitotische Theilung. Ihre Qenese ist eine unicellulare. Sie beruht
auf einer Schädigung des Protoplasmas, das sich nicht mehr theilen
kann. Dadurch wird der weniger geschädigte Kern entspannt, der
sich nun amitotisch vermehrt. Schon nach 4 — 5 Stunden kann man
die ersten Anfänge der Riesenzellenbildimg sehen. Nach Anlegung
kleiner Wunden zeigte sich, dass die Kälte die Regenerationsfabig-
keit steigert, eine Erscheinung, die weiteres Studium verdient.
E. Krompecher (Ziegler's Beitr. Bd. 24) hat die Genese der Plasma-
Plasmazellen studirt und gefunden, dass sie aus Lymphocyten ^® ®^'
hervorgehen. Andererseits sollen sie sich zu Bindegewebszellen um-
wandeln. Demnach würde indirect ein Theil der Lymphocyten an
der Bindegewebsbildung theilnehmen.
Allgemeine, die verschiedenen Seiten der Entzündung berührende
Auseinandersetzungen lieferte 0. Lubarsch (Deutsche med. Wochen- Allgemeines
schnfb Nr. 32). Er besprach u. a. die Herkunft und Bedeutimg der _ ^ ., /
,..,-, , Entzündung,
bei ihr auftretenden Zellen und stimmte den bekannten Anschauungen Lubarsoh,
von P. Grawitz insofern zu, als er auch den fixen Elementen bei
der Bildung der Zellen eine grössere Bedeutung beilegt, als es meist
geschieht. Dagegen opponirt er ihm darin, dass die in transplan-
tirten Hornhäuten sich bildenden, durch Zellenhäufung zu Stande
kommenden Spiessfiguren Producte der Homhautzellen seien. Er
laset sie aus eingewanderten Elementen, aber nicht nur aus Leuko-
cyten, hervorgehen. Grawitz (ibid. Nr. 45) hat dagegen Einspruch Grawitz,
erhoben und seine Meinung vertheidigt, Lubarsch (ibid. Nr. 50) Lubarsch.
wieder geantwortet. Die Frage kann hier nicht ausführlich erörtert
werden.
8. Pigment.
Schurig (Arch. f. exper. Path. und Pharmak. Bd. 41) verfolgte das Hämoglobin
Schicksal subcutan injicirten Hämoglobins. Ein Theil wird in loco x!^^V^
direct in eisenhaltiges Pigment umgewandelt. Ein anderer Theil wird injection
resorbirt, in der Leber zu Bilirubin, in Nieren und Knochenmark in Pigment Scharig.
umgesetzt. Wird sehr viel Hämoglobin eingespritzt, so entsteht durch über-
mässige Grallenbildung Hämoglobinocholie und weiterhin Hämoglobinurie. —
P. Ernst (Virch. Arch. Bd. 152) fand bei Pseudomelanose verschie- Paeudo-
dener Abdominalorgane bei einer von Blasenkatarrh ausgehenden Sepsis, melanose,
dass die schwarzgraue durch Leber und Niere fleckig vertheilte Färbung
von der Gregenwart von Bacteriencolonieen abhing. Die Mikroben hatten
26
Ribbert.
die Fähigkeit SchwefelTrasserstoff zu produciren. Daher meint Ernst, dass
sie das auch im Körper gethan haben, dass so zn dem in den Orgien
vorhandenen Eisen Schwefel hinzukam und dass sich so Schwefeleisen
bildete.
4. Degeneration.
Für die Frage der fettigen Degeneration sind die Unter-
Fett- suchungen von Interesse, die 0. Polimanti über die Bildung des
*Potoanti*' ^®**®® ^®^ Phosphorvergiftung ansteUte (Pflüger's Arch. Bd. 70).
Er vergiftete Frösche nach Entfernung der Fettkörper und Ge-
schlechtsorgane und fand bei den OontroUthieren 4,47, bei den anderen
5,61 Fett. Verf. meint, dass dieses nicht aus Glykogen stammen
Pflüger. könne, da dessen Menge zu gering sei. — Dagegen machte E. Pflüg er
geltend (ibid. Bd. 71), dass die Frösche Glykogen genug enthielten,
dass aber die Fettbildung in Wirklichkeit nicht nachgewiesen sei,
Phosphor- da die Arbeit Polimanti's Versuchsfehler enthalte. — H. Schmaus
Vergiftung, ^nd A. Böhm (Virch. Arch. Bd. 152) fanden nach Phosphor-
Schn&us n. , ,
Böhm. Vergiftung in Leberzellen rothe und weisse Blutkörperchen mit
Uebergängen in homogene, mit den RusseFschen Körpern überein-
stimmende Gebilde, jene eigenartigen Umwandlungen von Fetttropfen
in myelinähnliche Körper, und endlich allerlei Waben- und Granula-
structuren, die Verff. als Kunstproducte auffassen.
Amyloide
Degene-
ration,
Nowak,
Maximow,
Petrone.
J. Nowak (Virch. Arch. Bd. 152) konnte bei Kaninchen durch
Staphylokokken-, bei Hühnern auch durch Terpentineiterung Amy-
loidentartung erzeugen. Danach sind nicht bestimmte ätiologische
Momente, sondern allgemeine Ernährungsstörungen, die durch Eiterung
und chronische Darmkatarrhe hervorgerufen werden, für die De-
generation verantwortlich zu machen. — A. Maximow (Virch. Arch.
Bd. 153) berichtete über analoge Versuche. Auch er konnte durch
Staphylokokkeneiterung bei Kaninchen und Hühnern Amyloid er-
zeugen und schloss auf Grund der Histologie, dass die Entartung
auf der Wirkung der bacteriellen oder anderer Zersetzungsproducte
beruhe, welche die Zellen schädigen, so dass diese als Product ihres
alterirten Stoffwechsels Amyloid ausschieden. — G. A. Petrone
(Archives de m6d. exp6r. Nr. 5) bestätigte diese Untersuchungen.
Aber er warf die Frage auf, ob das Amyloid überhaupt eine charak-
teristische Substanz sei. Er glaubt gefunden zu haben, dass auch
mit Blutfarbstoff durchtränkte Gewebe die gleiche BrCaction geben
und fiihrt daher die Ablagerung auf den Blutfarbstoff zurück.
W. Noetzel (Virch. Arch. Bd. 151) untersuchte die Histo-
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 27
lyse, die in den Larven von Musciden ähnüch wie im Froschlarven- HiBtolyse,
schwänz vorkommt. Sie erfolgt lediglich durch die Einwirkung des Noeteel.
Gewebesaftes, nicht durch Phagocytose. Die Leukocyten seien da-
her an der Auflösung der zerfallenden (Massen nicht wesentlich be-
theiligt.
5. Regeneration.
Ttschistowitsch (Ziegler's Beitr. Bd. 23) wiederholte die Begene-
Regener ationsversuche am Gehirn, die schon von vielen central-
Seiten gemacht worden sind (s- vor. Jahrb.). Aseptische Wunden nerven-
werden nur durch Wucherung von Gefässen und Bindegewebe der syeteme,
Pia geschlossen. Die angrenzende GUa nimmt nur wenig Antheü, witsch,
sie bildet nur eine sklerotische Zone um die Narbe. Regeneration
der Nervenzellen und Nervenfasern blieb aus. Die Resultate stimmen
im wesentlichen mit den früheren überein. — J. Wieting (ibid.) —der
stadirt« aufe neue die Regeneration peripherer Nerven. Er bestätigte ^'Z^IT
die Angaben v. Büngner's, dass die neuen aus dem centralen Ende Wieting,
in den degenerirten peripheren Theil hineinwachsenden Axen-
cylinder nicht durch Verlängerung der alten entstehen, sondern aus
einer Differenzirung des Protoplasmas der gewucherten und centri-
petal vordringenden Zellen der Schwann'schen Scheide. Um die
Axencylinder bildet sich Mark und an seiner Peripherie eine neue
Scheide. — J. Forssmann (ibid. Bd. 24) prüfte die Einflüsse, Forsemann.
welche die Richtung der aus dem durchschnittenen Nerven aus-
wachsenden Fasern bestimmen. Mechanische Momente spielen eine
leicht begreifliche Rolle, sind aber nicht das Maassgebende. Wenn
er das centrale Ende in ein Röhrchen steckte, so wuchsen die Fasern
lebhaft hindurch, wenn am anderen Ende der periphere Nerv sich
befand, kaum oder gar nicht dagegen, wenn der letztere fehlte.
Verf. schliesst also, dass die chemotaktische Wirkung des peripheren
Stuckes die Richtung der wachsenden Fasern bestinmit.
V. Cornil und P. Carnot (Semaine mM. Nr. 55) untersuchten
— der
die Heilung von Leb er wunden. Sie erfolgte nur durch Bildung von cq^juI u
Bindegewebe und Gefässen. Das Lebergewebe war unbetheüigt, die Camot,
GaUengänge wuchern etwas und bilden Riesenzellen. Podwyssoski Podwyssoski.
(Jahrb. 1887) hat lebhaftere Gallengangswucherung gesehen.
Ueber Veränderungen metaplasirter Gewebe berichtete
H. Ribbert (Arch. f. Entw.-Mech, Bd. 6). Kleine in Lymphdrüsen
verpflanzte Stückchen verschiedener Gewebe wuchsen zwar an, er-
28
Ribbert.
Nerven,
Neamann.
Trans-
plantation
der Haat,
Enderlen,
Wentflcher.
Trans- fuhren aber eine Vereinfachung ihres Baues, eine Rückkehr auf eine
plantation: fröj^ere Entwickelungsstufe, eine Rückbildung und schliesslich zum
Ribbert. ' Theil eine Atrophie. — E. Neumann (ibid.) sah an Ne r v e n Stückchen,
welche in die vordere Augenkammer übertragen wurden, analoge
Rückbildungsvorgänge, die denen ähnlich waren, welche bei Nerven-
regeneration entstehen. Die transplantirten Stücke gingen schliess-
lich zu Grunde.
Ueber Transplantation wurde auch sonst noch von mehreren
Seiten gearbeitet. — Enderlen (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 48)
knüpfte an Versuche Wentscher's an, der geprüft hatte, wie lange
die Haut ausserhalb des Körpers transplantationsfähig blieb.
Enderlen konnte trocken oder feucht aufbewahrte Hautlappen bis
zum vierten Tage erfolgreich übertragen. Doch gelang das Anheilen
fiischer Lappen erheblich leichter, als bei jenen längere Zeit con-
servirten. Er meint, dass die Versuche Wentscher's, der die Öe-
websstücke ohne wesentlichen Schaden weit länger aufbewahren
konnte, vielleicht insofern auf einem Irrthum beruhten, als in der
Tiefe der Wunde vielleicht Epithel zurückgeblieben sei, von dem
die Regeneration ausging. J. Wentscher (Ziegler's Beitr. Bd. 24)
hat aber durch ausführliche Darstellung seiner Versuche gezeigt,
dass in der That auch viele (12) Tage aufbewahrte Hautlappen
wieder anheilen können, freilich auch nur in dem durch viele Be-
obachter festgestellten Sinne, dass nur ein Theil des transplantirten
Stückes anwächst. Nur die untersten Epithelzellen behalten ihre
Vitalität. Er bewahrte die Läppchen theils in Kochsalzlösung, theils
in einer Flasche trocken auf. Ln letzteren Falle rollten sie sich zu-
sammen und blieben dadurch im Lineren vor der Vertrocknung ge-
schützt. Ganz eingetrocknete Läppchen heuten nicht mehr an. Auch
Wentscher sah aber, dass die Transplantation bei frischen Lappen
leichter gelingt. Er empfiehlt daher zu practischen Zwecken eine
längere Aufbewahrung nicht.
Die Uebertragung der Schilddrüse wurde aufs neue von
Enderlen vorgenommen (Mitth. aus den Grenzgeb. der Med. u.
Enderlen ' Chir. Bd. 3). Er bestätigte , dass die verpflanzten Stücke central
untergehen, peripher erhalten bleiben und, nach Art des embryonalen
Wachsthums proliferirend , typisches Schilddrüsengewebe bilden.
C. Sultan hat über dieselben Ergebnisse berichtet (Centralbl. für
pathol. Anat. Nr. 10).
Ueber die Transplantation der Ovarien arbeitete H. Rib-
bert (Arch. f. Entw.-Mech. Bd. 7). Er konnte bei Meerschweinchen
die Eierstöcke, nachdem er sie abgeschnitten und an einer anderen
— der
Snltan.
— der
Ovarieni
Hoden and
Mamma.
Ribbert.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 29
Stelle des Peritoneums befestigt hatte, anwachsen und Follikel bilden
sehen. Nach 4'/s Monaten waren sie noch durchaus typisch gebaut.
Dagegen gelang die Verpflanzung nicht bei dem Hoden. Auch
bei wenige Tage alten Thieren ging er stets zu Grunde, während
der Nebenhoden anwuchs. Andererseits aber hatte die Trans-
plantation der Mamma wiederum Erfolg. Die bei jungen Thieren
ausgesclmittenen und auf dem Ohr angeheilten Drüsen entwickelten
sich typisch, und eine lieferte, als das Thier trächtig wurde, einige
Tröpfchen Milch.
Für die Hypertrophie des Myocards hat folgende Arbeit Interesse.
B. Morpurgo und F. Bindi (Virch. Arch. Bd. 151) studirten die Zahl Kernzahl
der Kerne an den Muskeln. Je dünner die Fasern, desto grösser ist die ^ ^^'|
Eemmenge. Die Zunahme der quergestreiften Substanz ist also nicht von uorpurgo u.
gleichmfissiger Kemvermehrung gefolgt. Der Befund stimmt zu dem von Bindi.
Morpurgo früher (s. vor. Jahrb.) gewonnenen Ergebniss, dass bei Hyper-
trophie die feineren Muskelfasern am meisten wachsen.
6. Neubildmig.
Die parasitäre Genese der Neubildungen wurde vertheidigt
von D. B. Boncalli (Joum. of Pathol. and Bacteriol. Bd. 5). Er glaubte Parasitäre
in einem Adenocarcinom des Ovariums, in Sarkomen und Epithelio- ^^^^^^^^^f
men Blastomyceten aufgefunden zu haben. Auch R. B e h 1 a (Centralbl. b i l d n n g e n,
f. Bacteriol. Bd. 24) trat dafür ein , dass die Tumoren auf Mikro- Roncalli,
Organismen zurückgeführt werden müssten. A. Maffucci dagegen Maffucci
und L. Sirleo (Zeitschr. f. Hyg. Bd. 27) betonten, die gefundenen Sirleo.
Blastomyceten erzeugten im Experiment niemals Geschwülste, sondern
nur Entzündung. Möglich sei die pathogene Bedeutung von Para-
siten, bewiesen sei aber bis jetzt nichts. Die bisher gefundenen
Organismen seien secundäre Ansiedler. — Auch Bibbert (Deutsche Allgemeines
med. Wochenschr. Nr. 11, Münch. med. Wochenschr. Nr. 25, Sach- \^®«f t
TV T . i-t schwiilste,
verständigen-Zeitung Nr. 19) sprach sich gegen die parasitäre Grenese Ribbert,
aus und vertheidigte ausserdem in mehreren Arbeiten seine An-
schauungen, dass die Neubildungen aus abgesprengten Qewebskeimen
hervorgehen. 0. Lubarsch (Zur Lehre von den Geschwülsten und Lubarsoh.
Infectionskrankheiten. Monographie) trat wiederum dem Bef. in all-
gemeinen Ausführungen entgegen und bestritt vor allem dessen
Lehre von der Entstehung des Carcinoms aus entzündlich abge-
sprengten Epithelien.
Die allgemeinen Erörterungen finden ihre Ergänzung durch
zahlreiche Beobachtungen und Beschreibungen einzelner Tumoren.
0. Müller (Arch. f. Entw.-Mech. Bd. 6) theilte Beispiele über
30 Ribbert.
Chondrom, Absprengung von Knorpel am Skelettsystem mit. Es finden
Müller. g-^j^ solche schon unter normalen Verhältnissen, femer bei Bachitis.
Aus ihnen können Tumoren entstehen, und zwar solche mit und
solche ohne Malignität. Die Bösartigkeit ist nicht nur eine einfache
Wachsthumssteigerung, sondern bedeutet die aus unbekannten Grün-
den erfolgende Annahme eines specifischen Charakters. In diesem
Rhabdo- Punkt wendet Verf. sich gegen den Ref. — C. Helbing (Centralbl.
myom, £ pathol. Anat. Bd. 9) fand bei einem 2djährigen Manne an Stelle
der linken Lunge einen über 8 kg schweren grauweissen, nach vom
in einzelne Knoten sich auflösenden Tumor, der sich als typisches
Ehabdomyom erwies und Knorpel enthielt. Es handelte sich da-
nach um ein aus verlagertem Keime hervorgegangenes Teratom.
Nehrisom. Die linke Lunge war gar nicht angelegt. — A. Nehrkorn (Virch.
Arch. Bd. 151) beschrieb einen mit dem Kreuzbein fest verbundenen,
mit stark verdickter Wand versehenen Uterus, auf dessen Innen-
fläche er einen Heerd quergestreifter Musculatur nachwies. Er meint
aus Uebergängen zu glatten Muskelfasern schliessen zu können, dass
es sich hier nicht um Keim Verlagerung , sondern um Metaplasie
Uterus- handle. — P. v. Lockstädt besprach die Myome des Uterus
myome, ^^^^ Rücksicht auf die in ihnen vorkommenden Drüsenschläuche
V. Lockstädt,
(Monogr. Berl. Karger). Er findet, dass Recklinghausen zu weit
gegangen ist, wenn er die Adenomyome vorwiegend aus Resten des
WolfPschen Körpers ableitet, v. Lockstädt meint, dass die Ab-
leitung der Epithelgebilde von der Uterusschleimhaut mindestens
dieselbe Berechtigung habe und für die meisten Adenomyome die
richtige sei. Die Einbettung der Drüsenschläuche in cjrtogenes
Gewebe lasse sich so am besten verstehen. Auch von der Tuben-
schleimhaut könnten die Tumoren ausgehen. Stets aber handle es
sich um embryonale Entwickelungsstörungen bezw. Verlagerungen
Meyer. von Schleimhauttheilen in das Myometrium. — R. Meyer (Zeitschr.
f. Geburtsh. u. Gjniäkol. Bd. 37) betont ebenfalls die Möglichkeit
einer Herleitung der Adenomyome von der Uterusschleimhaut. Er
fand bei jugendlichem Uterus Drüsen ins Myometrium abgesprengt.
Er beschrieb auch Myome um Reste des WolfTschen Ganges. —
Angiom, H. Ribbert (Virch. Arch. Bd. 151) erörterte die Genese der An-
giome. Sowohl die cavemösen Angiome der Haut und der Leber
wie die Teleangiektasieen gehen aus selbständigen Gefässkeimen
hervor, meist auf Grund fi)taler Verlagerungs- bezw. Isolirungs-
processe. Die Lymphangiome sind ebenso zu deuten. Sie stellen
gut umgrenzte Tumoren dar, im Gegensatz zu den Lymphangi-
ektasieen, die durch Erweiterung von Lymphgefassen entstehen.
Ribbert.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 31
Habermann (Münch. med. Wochenschr. Nr. 23) beobachtete
multiple Neurome bei einem 28 Jahre alten weiblichen Individuum.
Die Tumoren sassen am ganzen Körper vertheilt, machten allerlei
klinische Erscheinungen und wurden theilweise exstirpirt. Sie hatten
zum Theil anatomisch einen sarkomatösen Charakter bei geringer
Malignität. Es handelt sich also um secundär maligne Neurome.
Verf. fuhrt die Tumorbildimg auf congenitale Anlage zurück. —
0. Busse (Virch. Arch. Bd. 161) untersuchte einen grossen, vom
achten Brustwirbel bis zum kleinen Becken reichenden Tumor. In
ihm fanden sich marklose und spärliche markhaltige Nervenfasern
und GranglienzeUen. Er musste demnach von einem sympathischen
Ganglion abgeleitet werden. — K. Krauss (Virch. Arch. Bd. 163)
beschrieb bei einem 7jährigen Mädchen multiple subcutane, kleinste
bis orangegrosse Tumoren, die sich aus Ganglienzellen, markhaltigen
und marklosen Nerven aufbauten. Solche Neubildungen sind selten.
Verf. meint, dass sie vom Sympathicus ausgegangen seien, zumal
er einen Zusammenhang mit Nerven nicht auffinden konnte. —
G. S trübe (Virch. Arch. Bd. 161, Suppl.) fand gleichzeitig mit multiplen
Neurofibromen der Haut, der grösseren und kleineren Nerven-
stämme, des Vagus und der hinteren Wurzeln multiple gliomatöse
Heerde im Kückenmark. Demnach beruht der Process auf einer
complicirten Entwickelirngsanomalie des Nervensystems. — Pels-
Leusden (Ziegler's Beitr. Bd. 23) schilderte einen Fall von Tumor
des Lendenmarks, der, aus dem Rückenmark herauswachsend, die
weichen Häute der ganzen Medulla und theilweise auch der Gehim-
basis durchwachsen hatte. Es handelte sich um ein Gliom mit echter
Neuroglia. Etwas Besonderes ist jene Verbreitung in den Häuten,
die meist von dem Gliom verschont zu bleiben pflegen. — W. Rosen-
thal (ibid.) besprach einen Tumor des Rückenmarks, der aus Gliom-
gewebe mit eingelagerten Cysten bestand, die mit Epithel ausge-
kleidet waren, aber nach Art der normalen Gliaentwickelung Ueber-
gänge zu dem Neurogliagewebe zeigten. An anderen Stellen der
Medulla fanden sich reine Gliomheerde. Auch war Syringomyelie
vorhanden. Alle diese Processe beruhen auf Entwickelungsstörungen.
— Auf dem Boden eines exstirpirten Lupus entwickelte sich in
einem von Tau ff er (Virch. Arch. Bd. 151, Suppl.) beschriebenen Falle
ein Spindelzellensarkom mit RiesenzeUen. Verf. bespricht die
Beziehung des Tumors zum entzündlichen Boden. Es könnte an die
vom Ref. bezüglich des Krebses geäusserte Ansicht gedacht werden,
dass die Entzündung zur Isolirung und zum selbständigen Wachs-
thum von Zellen führen könne.
Neurom,
Habermann,
Busse»
Krauss,
Strube.
Gliom,
PelS'Leusden,
Rosenthal.
Sarkom,
Tauffer.
32
Ribbert.
Endo-
theliom,
ErompecheT,
Limaoher,
Boirmanii,
Eberth n.
Spude.
UeberEndotheliome des Hodens verbreitete sich E.Kro m-
pecber (Virch. Arch. Bd. IBl, Suppl.). Er studirte 11 Fälle und
glaubt sich berechtigt, den Endothelcharakter deshalb zu behaupten,
weil er einen Zusammenhang der Zellen mit Lymphgefassendothelien
in 3 Fällen auffand. Endotheliome seien danach im Hoden häu-
figer als Carcinome. — F. Lim acher (ibid.) beschrieb Blutgefäss-
endotheliome in strumösen Schilddrüsen. Die Tumorzellen zeigten
üebergänge von den normalen Endothelien zu grossen sarkomatösen
Geschwulstzellen. — Borrmann (ibid.) untersuchte ein Blutgefäss-
endotheliom der Scrotalhaut. Er fand es aus schön entwickelten
endothelialen Röhren zusammengesetzt, den Tumor aber mit der
Nachbarschaft nur räumlich, nicht genetisch verbunden. Die Ge-
schwulst wuchs nur durch Wucherung ihrer eigenen Bestandtheile,
nicht durch Umwandlung benachbarter Zellen. — C. J. Eberth und
Spude (Virch. Arch. Bd. 1B8) sahen bei drei Mäusen einer Familie
multiple subcutane Knoten aus Kanälen aufgebaut, die mit cubi-
schem Epithel ausgekleidet waren. Verff. halten sie für Lymph-
gefilsse, die Tumoren daher für Endotheliome. Ihre Entstehung
beruht auf ererbter embryonaler Anlage.
Hyper- A. Kelly (Ziegler^s Beitr. Bd. 23) untersuchte mehrere Tumoren
^*^**iii^"*' der Niere und zum Vergleich auch solche der Nebenniere und stimmte
in der Hauptsache Grawitz darin zu, dass die aus versprengten
Nebennierenkeimen hervorgehenden Tumoren der Niere
häufig sind. Der Bau ist meist charakteristisch und an Nebenniere
erinnernd, unterstützend wirkt der Fettgehalt, der Glykogengehalt
Oraapner, ist nicht beweisend. — ß. Graupner (ibid. Bd. 24) beschrieb eben-
falls eine von Nebennierentheilen ausgehende Neubildung der Niere.
In ihr fanden sich hyaline Umwandlungen wie in Cylindromen. Verf.
erörterte die Benennung solcher Tumoren und kommt zu dem Schluss,
da die Nebennieren von der Ur- oder Vomiere abstammten, also
epithelial seien, müssten die Timioren ebenfalls den epithelialen zu-
Weiss, gerechnet werden. — Auch B. Weiss (ibid.) studirte solche Neu-
bildungen (Hypemephrome). Die eine lag neben der linken Niere
und Nebenniere, von beiden Organen durch eine Kapsel getrennt,
die andere im Ligamentum latum. Neben ihr war noch ein kleines
Rossa, Knötchen aus versprengter Nebennierensubstanz vorhanden. — H o s s a
(Arch. f. Gynäkol. Bd. 56) schilderte das Vorkommen von verspreng-
ten Nebennierenabschnitten im Ligamentum latum und besprach die
aus ihnen entstehenden Cysten und Tumoren. Beim Neugeborenen
sind solche Keime häufig, später verschwinden sie meist durch re-
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 33
gressive Met€unorphose. — K. Buday (ibid.) verbreitete sich über
die Cystenbildung in den Hypernephromen der Niere. Er
sah sie durch Hohlwerden von ZelLaträngen entstehen und lehnt ihre
Genese durch Zerfall centraler Zellen ab. Die regelmässige Anord-
nung des Epithels spricht gegen diese Erklärung.
Buday.
F. V. Birch-Hirschfeld (ibid.) lieferte eine Besprechung
der congenitalen Drüsengeschwulst (Adenosarkom) der
Niere, die sich aus unentwickeltem Drüsengewebe, sarkomatösem
wucherndem Bindegewebe, event. quergestreiften Muskelfasern und
sonstigen Bestandtheilen aufbaut. Er meint, dass alle diese Tu-
moren, von denen die epithelialen Bestandtheile zurücktreten können,
so dass man sie für reine Sarkome halten könne, einer Grruppe an-
gehören und auf embryonale Einschlüsse, vielleicht von Theilen des
WolfTschen Körpers bezogen werden müssten. — H. Merkel (ibid.)
beschrieb zwei solcher Tumoren, den einen kindskopf-, den anderen
bimengross. Er schliesst sich Birch-Hirschfeld an, indem er
die von diesem angenommene Genese der Neubildungen acceptirt. —
O. S. Misick (Joum. of Pathol. and Bacteriol. Bd. 5) untersuchte
einen Lebertumor bei einem 128tündigen Kinde. Es handelte sich
um ein Teratom, welches aus embryonalem Lebergewebe mit Drüsen-
gängen, krebsperlenähnlicher Zusammenlagerung der Zellen, zahl-
reichen Blutgefässen, einem sarkomähnlichen Bindegewebe und einem
knochenmarkähnlichen Gewebe mit Osteoblasten sich aufbaute. Die
Geschwulst muss aus einer Entwickelungsstönmg abgeleitet werden. —
C. J. Eberth (Virch. Arch. Bd. 163) fand auf der Innenfläche der
Dura bei einer alten Frau einen kleinen flachen Tumor, der mit
einem Stiel die Dura durchsetzte und aus lymphoidem Gewebe, Fett-
gewebe, Nerven und quergestreiften Muskelfasern bestand, also ein
Teratom darstellte. — Wilms (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 49)
lieferte eine eingehende Darstellung der „Embryome und em-
bryoiden Tumoren" des Hodens. Er zeigte, dass alle diese
Tumoren wie die entsprechenden des Ovariums aus Bestandtheilen
dreier Keimblätter sich aufbauen, also rudimentäre, mehr oder
weniger entwickelte Embryonen darstellen. Bald finden sich alle
Bestandtheile deutlich ausgeprägt, bald ist nur eine Gewebsart,
z. B. der Knorpel hauptsächlich oder allein entwickelt. — M. A.
Trachtenberg (Virch. Arch. Bd. 154) beschrieb einen Fall von
multiplen, kleinen Tumoren und einem 4 cm langen, über dem Conus
medullans sitzenden Tumor an der Hinterfläche des Rückenmarks, die
als Dermoide angesprochen werden mussten. Zwar fand sich nur
Jahrbuch der practischen Medicln. 1899. 3
Adeno-
sarkome
der Niere,
Biroh-
Hirschfeld,
Merkel.
Leber-
teratom,
Misick.
Teratom
der Dura,
Eberth.
Embryome
des Hodens,
Wilms.
Dermoid,
Trachtenberg.
34 Ribbert.
in einem Kaum noch eine epitheliale Auskleidung, aber in der Wand
des grössten waren Talg- und Schweissdrüsen vorhanden. Verf.
fasst die Tumoren auf als hervorgegangen aus versprengten Epi*
dermisabschnitten, die beim Schluss des Wirbelkanals isolirt wurden.
Cysten, — F. Rau (Virch. Arch. Bd. 163) fand am unteren Ende des Oeso-
^^^' phagus dem Magen anliegend eine 4 cm messende Cyste mit einem
theils einschichtigen flimmernden, theils mehrschichtigen cubischen
Epithel ausgekleidet und mit Drüsen versehen. Sie musste aus einer
fötalen Entwickelungsstörung des Oesophagus abgeleitet werden. —
Tumoren G. Klein (ibid. Bd. 154) besprach die aus den Gärtnerischen Gängen
^^'^ ^*'**'®'^' hervorgehenden Tumoren. Die Gänge finden sich bekanntlich oft
Klein. *^ ^®^ Uterus- und Vaginalwand und im Ligamentum latum. Sie
können zur Geschwulstbildung führen. Im Ligamentum latum ent-
wickeln sich Cysten, eventuell mit papillärer Lmenfläche, im Uterus
Cysten und Cystomyome, eventuell reine Adenome und auch viel-
leicht Carcinome, in der Wand der Scheide und im Hymen Cysten.
7. Missbildnngr.
Acardii, Ueber die Entstehung der Acardii verbreitete sich Fr. Schatz
s<*»tz- (Festschr. f. Thierfelder). Er entwickelte im Zusammenhange
seine in zahlreichen früheren Arbeiten vertretene Auffassung. Die
wichtigste Grundlage ist seiner Meinung nach eine Verengerung des
Lumens der Nabelschnur- oder Nabelvene an irgend einer Stelle aus
irgend einem Grunde. Dann bekommt der betreifende Zwilling zu
wenig Blut, während das nicht in ihn fliessende durch Placentar-
anastomosen dem anderen zuströmt. Dadurch wird jener Zwilling
schlecht ernährt, bis sein arterieller Blutdruck unter den des anderen
sinkt und dieser nun sein Blut in die Arterien des schwächeren In-
dividuums hinüberdrückt. In diesem entsteht dann Umkehrung des
Bau oh spalte, Blutstromes mit seinen Folgen. — Rischpler (Arch. f. Entw.-Mech.
Riaohpiar. g^ g) ^^j^ auf Grund eingehender Studien an 3 Fällen von Bauch-
spalte unter Berücksichtigung des Gefässverlaufes, der Wirbelsäulen-
krümmung und des Verhaltens der Bauchorgane zu dem Schluss, dass
die Bauchspalte in frühester Embryonalperiode wegen einer mangel-
haften Trennung bezw. Verwachsung des Chorions imd Amnions ent-
stehe, infolge deren der Körper im Wachsthum alterirt werde. — N ehr-
Sinns uro- körn (Virch. Arch. Bd. 161) berichtete über ein llmonatliches Kind,
genitalis, -vw^elches mit Pyometra in Form eines faustgrossen, eitergefüllten Sackes
zu Grunde ging. Es fand sich keine Vagina. Der eitererftillte Uterus
communicirte median zwischen den Ureteren mit der Harnblase. Die
Verbindung konnte nicht postembryonal entstanden sein. Sie musste auf-
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomiei Bactenologie. 35
gefasst werden als die Folge einer Missbildung, einer Persistenz des
Sinns urogenitalis. Das Rectum war unverändert. — A. Dienst
(ibid. Bd. 154) besprach einen Fall von Atresia ani congenita
urethralis mit doppelseitiger Ureterenerweiterung, Hypertrophie der
Harnblase, Hydronephrose und Klumpfuss, Born (Diss. Zürich) einen
Fall von Atresia ani mit Verdoppelung der Vagina und des Uterus
und Hydronephrose, M. Lange (Ziegler's Beitr. Bd. 24) ebenfalls
Atresia ani mit Verdoppelung des Penis, der Harnblase und dop-
pelter Communication des Rectums mit den Urethrae. — Siegen-
beek van Heukelom (ibid. Bd. 24) schilderte eine Beobachtung,
in welcher bei einem Manne mit rechtsseitigem Ejyptorchismus und
gut entwickelten inneren Grenitalien ein vollständiger im rechten
Leistenkanal liegender weiblicher Genitalschlauch vorhanden war.
Siegenbeek nennt diesen Hermaphroditismus den tubulären,
während er von glandulärem Hermaphroditismus redet, wenn beide
Keimdrüsen zugegen sind. Ein sicherer derartiger Fall ist bis jetzt noch
nicht bekannt. — C. Mayer (ibid.) berichtete über eine Familie, in
der sich elf Spaltbildungen mit Syndaktylie verbunden an
Händen und Füssen fanden. Die Störung betraf nur die männlichen
Familienmitglieder. Verf. meint, dass es sich nicht um Folgen am-
niotischer Verwachsungen, sondern um Idioplasmaveränderungen
handelt. Die Neigung zur Deformation nahm mit den Generationen
allmählich ab. — G. Arnheim (Virch. Arch. Bd. 154) beschrieb
einen Fall von congenitaler Hypertrophie der ganzen rechten
Körperhälfte bei einem 2 Jahre alten rachitischen Kinde. Die Hyper-
trophie betraf alle Theile : Knochen, Binde-, Muskel- und Fettgewebe,
sowie die Blutgefässe. Der Process hatte von der Geburt an zu-
genommen. Verf. meint, dass vielleicht intrauterine Circulations-
störongen durch Nabelschnurumschlingungen oder dergl. an solchen
Missbildungen Schuld haben könjiten. Es fand sich nun ausserdem
noch eine beiderseitige Hypertrophie der Lungen mit Bronchi-
ektasen. Ein solches Zusammentreffen von Hypertrophie innerer
Organe und halbseitiger Körperhypertrophie wurde bisher noch nicht
gesellen. — A. Schaper (Arch. f. Entw.-Mech. Bd. 6) entfernte
bei Amphibienlarven das Centralnervensystem und fand,
dass dieser Defect keinen Einfluss auf die Körperentwickelung hat.
Diese geht also durch Selbstdifferenzirung vor sich. Es ist das für
die Anencephali von Interesse, die ja auch ohne Centralnerven-
system sich durchaus normal entwickeln. Bei jenen Versuchen
schadete specieU die Zerstörung des Hirns nicht im mindesten der
Ausbildung des Opticus und der Augen.
Atresia ani,
Dienst,
Born,
Lange,
Herma-
phroditis-
mns,
S. y. Heokelom.
Spalthand,
Mayer.
Gongenitale
Hyper-
trophie,
Arnheim.
Fehlen des
Gentral-
nerven-
systems,
Schaper.
^
36 Ribbert.
III. Specielle pathologische Anatomie der Organe.
1. Respirationsorgrane.
AccesBori- G. Schaffner (Virch. Arch. Bd. 162) fand, dass an der Basis
scher ^^^ Unterlappens der Lunge sehr häufig ein bisher nur wenig be-
lappen, achteter accessorischer Lappen vorkommt, der bald grösser,
Schaffiier. jj^ld kleiner, bald gut abgegrenzt, bald nur unvollkommen abgetrennt
Sandstaub ist. — Woskressensky (Centralbl. f. pathol. Anat. S. 296) sah in
in der Limge und bronchialen Drüsen bei allen untersuchten Menschen
Woskressensky. -^^^^^^ ^^^ Sandstaub, Kieselsäure. Er fand, dass die Menge
dem Alter proportional ist und mit begünstigender gewerblicher Be-
schäftigung steigt. Die Lungen enthalten stets weniger Staub als
Bronchitis die Drüsen. — M. Herzog (Centralbl. f. pathol. Anat. Bd. 8 Nr. 24)
fibrinosa, £^^^ jl^ Gerinnsel bei Bronchitis fibrinosa nicht wie andere
Herzog.
(s. vor. Jahrb.) angegeben hatten, aus Schleim, sondern aus Fibrin
zusammengesetzt.
Schilddrüse.
Schilddrüse L. Comte (Ziegler's Beitr. Bd. 23) arbeitete über die Be-
„ ^^^ . Ziehungen zwischen Schilddrüse und Hypophysis. ßegres-
Hypophysis, . ^ j r r j^ e»
L. Comte. sive Veränderungen der Schilddrüse hatten Hypertrophie oder Hyper-
plasie der Hypophysis zur Folge, ebenso Fehlen der Thyreoidea. Li
der Schwangerschaft und bei Cretinen mit vergrösserten Schilddrüsen
Nebenschild- fand sich zugleich Vergrösserung der Hypophyse. — W. Kürsteiner
Ktoteiner (^^^' ^^^^ ^^- ^1) untersuchte die als Nebenschilddrüsen
so viel besprochenen Epithelkörper neben der Thyreoidea. Sie unter-
scheiden sich im Bau von dieser oder sind jedenfalls nur in früher
Embryonalzeit mit ihr in Uebereltn Stimmung. Die oberhalb der
Schilddrüse gelegenen Körper rechnet Kürsteiner zu ihr, ent-
scheidet aber nicht, ob sie compensirend für sie eintreten können,
die unteren Körper setzt Kürsteiner zur Thymus in Beziehung. —
Morbus Walter Edmunds (Journ. of Path. and Bact. Bd. 5) fand durch
Basedowii, Untersuchung und Experiment, dass die Hypertrophie der Schild-
drüse im Morbus Basedowii ein compensatorisch-hypertrophischer
Vorgang sei. Der Schluss basirt auf den histologischen Befunden.
Verf. sah ferner, dass die Nebenschilddrüsen nach Entfernung der
Hauptdrüse die gleiche curative Wirkung haben wie diese. Doch
kann Schilddrüsene.xtract das Eintreten der Kachexie nur aufhalten,
nicht verhindern. — Im vergangenen Jahr wurde berichtet, dass
Allgemeine Pathologie, Anatomie, pathologische Bacteriologie. 37
Mnnk allen jetzt geltenden Lehren von der Bedeutung der Thyreoidea
entgegengetreten sei und ihre Lebenswichtigkeit bestritte. Dagegen
wandte sich nun v. Eiseisberg (Virch. Arch. Bd. 153). Munk's Bedeutung
Exstirpationen und Transplantationen seien doch zum weitaus grössten v.5fJ ..
Theil im Sinne der heutigen Anschauungen ausgefallen. Die spar- y. Eiselaberg, '
liehen Ausnahmen können demgegenüber nichts bedeuten. Sie liessen
sich vielleicht unter Annahme besonderer Bedingungen erklären.
Munk seinerseits hat wieder betont (ibid. Bd. 164), dass gerade Mnnk,
jene Versuche, in denen die Exstirpation des Organs ohne Folgen
blieb, wenn auch ihre Zahl nicht gross sei, völlig hinreichten, um
die Lebenswichtigkeit der Schilddrüse in Frage zu stellen, v. Eiseis- ▼• Eiselsberg.
berg hob dagegen hervor (ibid.), dass Munk die Nebenschilddrüsen
nicht geiunden habe und dass die vereinzelten Fälle, in denen Thiere
trotz der Nebenorgane zu Gfrunde gingen, nicht genügten, um die
Bedeutung der Thyreoidea in Frage zu stellen.
2. Circulationsorgrane.
A. Dräsche (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 45) hat drei Fälle Aneurysmen
von Aneurysmenbildung an den Herzklappen beobachtet, der Herz-
Li einem Falle fanden sich drei Aneurysmen der Mitralis, in einem Dräsche,
zweiten ein ebensolches. Sie waren infolge acuter Endocarditis ent-
standen. In dem dritten Falle bestanden bei Stenose und Lisufficienz
der Mitralis an dieser Klappe vier linsengrosse Aneurysmen. Li
allen Beobachtungen ist die Eingangsöffnung gegen den Ventrikel,
die Wölbung gegen den Vorhof gerichtet. — Das Verhalten der linken
Herzkammer bei Erkrankungen der Mitralis untersuchte
Ä. Oestreich (Virch. Arch. Bd. 151). Ln Gegensatz zu weit ver- Herz bei
breiteten Ansichten glaubt er gefunden zu haben, dass nach Stenose Mitral-
r\ . . . . . Stenose,
des Ostiums keine Atrophie des linken Ventrikels stattfindet. Er oestreich.
fand allerdings auch die Musculatur oft dünn, meint aber, dass es
sich in solchen Fällen um eine angeborene Hypoplasie handele, wo-
für ihm auch die Enge und glatte Linenfläche der Aorta zu sprechen •
scheint. — F. Glaser (ibid. Bd. 154) trat der Frage näher, ob die Sarkolemm
Muskelfasern des Herzens ein Sarkolemm besitzen, wie es Oest- des Herz-
reich gesehen zu haben glaubte. Er hat nun an fragmentirten Glaser. '
Muskeln zwischen den Bruchstücken eine homogene Substanz ge-
sehen, die sich färben Hess und die er deshalb als ein Sarkolemm
ansprechen zu soUen glaubt. Sie ist viel zarter als das Sarkolemm
der Skeletmuskeln. Bisher war man der Meinung, dass eine solche
HüUe dem Herzmuskel fehle.
38 Ribbert.
Offener F. ßau (ibid. Bd. 153) untersuchte einen Fall von offenem Duc-
BotaUi *^^ Botalli mit trichterförmiger Erweiterung seines aortalen Ab-
Rau. Schnittes und auf die Umgebung beschranktem Atherom der Pulmonalis.
Im Leben hatten keine Erscheinungen auf die Abnormität hingewiesen.
Traumati- 0. Manz (Ziegler's Beitr. Bd. 24) beschrieb ein nach Faust-
Rohes schlag entstandenes haselnussgrosses Aneurysma der Arteria
Manz. ' temporalis. Es war nach dem histologischen Befund durch eine
Zerreissung der Intima und Media entstanden. In der nur von
der Adventitia gebildeten aneurysmatischen Ausbuchtung war nun
durch Wucherung der erhaltenen Intima eine unregelmässige, zottig-
balkenfbrmige, hohe Auskleidung entstanden, in deren Gewebe sich
viele elastische Fasern entwickelt hatten. Verf. meint, dass diese
Fasern gleichsam den Versuch der Wand verdeutlichten, dem Blut-
druck Widerstand zu leisten. — Ueber die Neubildung elasti-
Elastische scher Fasern in der Intima bei Endarteriitis berichtete L. Jores
^^^F^d^*^ (ibid.). Er sah die ersten elastischen Gebilde in enger räumlicher
arteriitis, Beziehung zu den Zellen entstehen und meint daher, dass daraus
Jores. auf eine formative Thätigkeit der Zellen bei Bildung der Fasern ge-
schlossen werden dürfe. Er verhehlt sich freilich nicht, dass die
Spontane räumliche Anordnung allein noch nicht sicher entscheidet. — Haga
Gangrän (yirch. Arch. Bd. 152) führte die bei Leuten, fast immer Männern,
durch End- . . « r^
arteriitia ^^ jüngeren Jahren auftretende spontane Gangrän der unteren
Haga. Extremitäten auf endarteriitische Wucherungsprocesse der Intima
oder der ganzen Wand zurück. Sie bedingen Verschluss oder er-
hebliche Verengerung des Lumens. Verf. hält den Process für syphi-
litisch. Die Wucherungen der Wand haben manchmal den Charakter
Aortitis von gummösen Gewebsneubildungen. — H. Stroebe (Centralbl. f.
tuberculo8a,pathol. Anat. Bd. 8) beschrieb einen Fall von Aortitis tuber-
Stroebe. . ,
culosa, in welchem 2 cm über den Klappen eine 7 mm hohe, 3 bis
4 mm breite Erhebung sass, die sich aus einer Wucherung der In-
tima und Fibrinbelägen zusammensetzte. Sie enthielt zumal an der
Basis sehr grosse Bacillenmengen. Verf. meint, zunächst seien Ba-
cillen aus verkästen Drüsen in das Blut gelangt, hätten durch Fest-
setzung an der Wand jene Erhebung und zugleich Miliartuberculose
erzeugt, an deren Entstehung später auch Bacillen aus dem Vor-
sprung sich betheiligten und für deren Zustandekommen im allge-
meinen er anerkennt, dass die von Wild und Ribbert gegen
Weigert erhobenen Einwände (s. vor. Jahrb.) insofern berechtigt
sind, als die Miliartuberculose auch von wenigen auf capillarem Wege
in den Kreislauf gelangten Bacillen herrühren kann.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 39
Milz.
A. Christomanos (Ziegler's Beitr. Bd. 24) beschrieb einen Total-
FaU von totaler Nekrose der Milz. Sie war entstanden durch ^^^ j^j^
Drehung des Gefassstieles des seit Jahren infolge von Malaria er- Christomanos.
heblich vergrösserten Organes. Die Milzvene war total thrombosirt,
ebenso die in ihrer Wand vorhandenen Vasa vasorum, deren Ver-
schluss jeden Collateralkreislauf unmöglich machte. Das Organ wurde
operativ mit Erfolg entfernt. Die Operation hatte auf die Zusammen-
setzung des Blutes keinen Einfluss.
3. Terdaniingsorgane.
H. Hildebrand (Münch. med. Wochenschr. Nr. 33) bestätigte Magen-
das Vorkommen von Magendrüsen in der Oesophagus- Oesophagus,
Schleimhaut. Eberth hatte (1897) zuerst jene Erscheinung in HUdebrand,
einer fünfinarkstückgrossen Stelle im unteren Oesophagus gesehen,
ebenso später Seh äff er (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 22). Hilde- Schaffer.
brand fand in der Höhe des Ringknorpels zwei symmetrische
erosionsähnliche Stellen mit Magendrüsen. Er fasst sie mit Schaff er
als an Ort und Stelle entstanden auf, während Eberth sie auf em-
bryonale Störungen bezogen hatte.
Die in der Magen- und Darmschleimhaut vielfach vorkommenden rund- Hyaline
liehen hyalinen Körper, die neuerdings von mehreren Seiten beschrieben Körper in
wurden, fasst Ch. Thorel (Virch. Arch. Bd. 151) als Russersche Fuchsin- *" f/^.®"""
körperchen auf. S. Saltykow (ib. Bd. 153) dagegen kam durch Vergleich schleim-
mit denselben Gebilden in anderen Geweben zu dem Schluss, dass es sich haut,
um Derivate der rothen Blutkörperchen, sei es um Capillarthrombose , sei Thorel,
es um intracellular gelegene handelt.
P. Grützner (Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 71) hat genauere Mit- Bttokläufige
theilungen über die bereits früher besprochenen Versuche gemacht, in I>arm-
denen er sah, dass in den Mastdarm eingespritzte körnige Massen bis Qrützner
zum Magen gegenläufig befördert wurden. Er stellte neue Thier-
versuche und Experimente am Menschen an, und zwar mit positivem Er-
folg. Er erklärt die Erscheinung aus der Art der Darmbewegung, indem
diese nicht nur nach abwärts, sondern abwechselnd auch nach oben ge-
richtet, also eine pendelnde ist. So können Körner eine Strecke weit nach
oben gegenläufig geschoben werden, dann liegen bleiben und bei nächster
Gelegenheit wieder gegen den Magen hin bewegt werden, den sie so all-
mählich erreichen. — R. Hoeber stellte Versuche an über die Resorp-
tion im Dünndarm (Arch. f. d. ges. Physiol. Bd. 70), indem er Salz-
40 Ribbert.
Resorption lösungen in eine Darmschlinge injicirte. Es zeigte sich, dass die Besorp-
i™ tion in einer bei manchen Fällen deutlich hervortretenden Beziehung zu
Hoeber * ^^^ osmotischen Druck der Lösungen steht, dass sie also nach physikali-
schen Gesetzen vor sich geht.
Eisen- A. Hofmann (Virch. Arch, Bd. 151) hat durch Untersuchung mensch-
resorption, ]j[ciiei. ^ind thierischer Organe ohne und nach Verabreichung von Eisen
die R e s 0 r p t i 0 n u n d A u 8 s c h e i d u n g desselben festzustellen versucht.
Er konnte die Aufnahme durch den Dünndarm, die Ausscheidung durch
das Colon bestätigen. Neu ist, dass ihm der Nachweis auch beim Menschen
bei gewöhnlicher Nahrung gelang.
Syphiliti- K. Schuchardt (Virch. Arch. Bd. 164) beschrieb einen Fall
Mastdarm- ^^^ Mastdarmgeschwür, welches nach der Aetiologie als syphi-
gesohwür, H tisch angesprochen werden konnte und histologisch eine Structur
Schuchardt tot, die damit im Einklang stand. Es fanden sich makroskopisch blau-
rothe Geschwulstknoten der Schleimhaut, die aus zeUreichem Gewebe
bestanden, welches sich vor allem um die Gefässe gruppirte.
Leber.
Zucker- Ueber einen Fall von Zuckergussleber berichtete Siegert
^ SiegetC^' (Virch. Arch. Bd. 1B3). Er betraf ein lOjähriges Individuum, bei
welchem seit 10 Jahren Bjankheitsbeschwerden entstanden. Es fand
sich Pericardialsynechie und schwartige Pleuritis. Das Lebergewebe
war nicht erkrankt. Verf. meint, dass es eine mit Pleuritis und
Pericarditis einhergehende chronische Verdickung der Leberkapsel
gibt, die zu Schrumpfung und Ascites fuhrt. Der Process ist ver-
schieden von der Veränderung der Leber, welche sich als Folge
einer adhäsiven Pericarditis durch Vermittelung von Stauung ent-
Leber- wickelt. — M. Simmonds (Centralbl. f path. Anat. S. 885) be-
"sinunondB. * Schrieb zwei Fälle von grossknotiger Tuberculose der Leber.
La dem einen Fall, bei Caries der Wirbelsäule hatte sich ein gänse-
eigrosser, central nekrotischer Tumor gebildet, der central und peri-
pher Bacillen enthielt. Li dem anderen waren neben Lungentuber-
culose viele erbsen- bis gänseeigrosse Knoten vorhanden mit dem-
selben Bacillenbefund.
Gallen- D. Hanse mann (Virch. Arch. Bd. 164) sah nach Gastrotomie
Bteine, ^^^^ Fäden in den Duodenalwänden zwei Gallensteine entstehen,
HanBemanii. .
deren Bildung möglich war, weil kein Magensaft mehr in das Duo-
denum gelangte. Seit der Operation waren 7 Monate verflossen. Li
dieser Zeit also können sich Gallensteine bilden. Der eine war
12 mm lang.
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 41
Pankreas.
M. Simmonds (Münch. med. Wochenschr. Nr. 6) sprach sich be-Fettgewebs-
zügKch der Fettgewebsnekrose dahin aus, dass sie vom Pankreas atTOmondH
direct abhängig sei, dass dieses also nicht erst secundär erkranke.
Dafür sprachen die Thierexperimente und ein Fall, in welchem sich
die Nekrose an eine Pankreasverletzung anschloss. — Bei bacterio-
logischer Untersuchung eitriger Pankreasentzündungen wies
G. Etienne (Arch. de m^d. exp6r Nr. 2) verschiedene BacterienartenP»niiro»titi8
gleichzeitig nach, am häufigsten aber das Bacterium coli, dem er deshalb ^ Etieime *
eine besondere Wichtigkeit beimisst. — Ueber die Betheiligung des
Pankreas bei hereditärer Lues berichtete E. Schlesinger Syphiii-
(Virch. Arch. Bd. 154). In einzelnen Fällen findet man interstitielle **^^^®
... Pankrea-
Processe, die bis zur Vernichtung des eigentlichen Drüsengewebes titis,
gehen können, so dass nur die kleinen Gänge übrig bleiben. Gum- Schlesinger,
mata sind sehr selten.
4. Harnorgane.
K. Winkler (Virch. Arch. Bd. 154) trat für die ausschlag- Eklampsie,
gebende Bedeutung der Niere bei der Eklampsie ein. Er konnte
m neun Fällen stets mehr oder weniger hochgradige Veränderungen
des Organs nachweisen, die entweder als Steigerung der physio-
logischen Abnormitäten desselben während der Schwangerschaft, oder
als bereits fiüher bestandene aufzufassen seien. Die Erkrankung sei
dadurch bedeutsam, dass die Niere abnorme in der Gravidität ge-
bildete StoflFwechselproducte nicht ausscheiden könne. Ihre Retention
mache die Krampfanfälle. Die Blutungen der Leber seien die Folge
der Compression durch den Uterus, die ParenchymzeUenembolie die
Folge einer mechanischen Läsion von Placenta, Leber und Knochen-
mark (siehe oben unter Blut).
Marckwald (Münch. med. Wochenschr. Nr. 33) studirte die Ureteritis
multiple Cystenbildung in den Ureteren und der Harnblase. Sie 1^^*^^^°,^^
gehen aus den v. Brunn'schen Epithelnestem durch Zerfall der
centralen Zellen hervor. Jene Nester entstehen embryonal und extra-
uterin. Sie nehmen mit dem Alter an Zahl zu. An ihrer Umwand-
lung zu Cysten haben Entzündung und Lifection keinen Antheil.
Marckwald weist also auch die Auffassung zurück, dass gewisse
hyaline Körper in den Cysten Parasiten sein könnten.
42
Ribbert
Nebenniere.
Hyper- M. Simmonds (Virch. Arch. Bd. 153) fand bei einem 58 Jahre
*'n'V*-*' alten Manne eine hochgradige Atrophie der einen und eine sehr
niereB, betrachtliche Hypertrophie der anderen Nebenniere. £r hält
diese for eine compensatorische, da es ihm auch im Experiment an
jungen Kaninchen gelang, dnrch Exstirpation der einen Nebenniere
eine compensatonsche Vergrösserong der anderen zu erzeugen.
SimmmdB«
5. Gegehleehtsorgane«
Sperma-
togenese,
Coides.
am Neben-
hoden,
Wieeel.
H. Cordes (Virch. Arch. Bd. 161) untersuchte die Hoden zahl-
reicher Individuen auf das Verhalten der Spermatogenese. In
Fallen acuter Erkrankungen verschiedener Art war die Bildung von
Spermatozoen ganz angehoben oder erhebHch vermindert. Ebenso
war das Resultat in den Hoden zahlreicher Phthisiker. Der Ein-
fluss der Allgemeinerkrankung auf die Spermatogenese ist also ein
tiefgreifender. Verf. prüfte auch das Vorhandensein von Fett in
den Hodenepithelien und fand es in allen Fällen auch bei gesunden
Nebenniere Männern. — J. Wiesel (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 18) fand bei
Neugeborenen in 76'/s ^/o der Fälle am Nebenhoden abgesprengte
Neben nierentheile. Bei 15 Kindern waren sie 5mal beider-
seitig, 13mal einseitig vorhanden. Meist lagen sie im Bindegewebe
um das Vas deferens am Nebenhoden, seltener in ihm. Der Keim
war von einer bindegewebigen gefslssreichen Kapsel abgegrenzt. Bei
älteren Kindern und Erwachsenen fehlten ausgebildete Keime, doch
sah man ZeUstränge, die Wiesel als untergehende Nebenniere be-
trachtet. — Most (Virch. Arch. Bd. 164) besprach mehrere Fälle
von malignen Hodentumoren, die als Endotheliome aufgefasst
werden mussten, und verbreitete sich in erster Linie über die Meta-
stasirung. Der wichtigste Verbreitungsweg ist die Lymphbahn. Zu-
nächst die Lymphdrüsen vor der Wirbelsäule bis zur Cystema chyli
herauf und dann Einbruch in den Ductus thoracicus, von welchem
aus die supraclavicularen Drüsen inficirt werden.
Hoden-
tnmoren,
Host.
Cysten,
Zahn.
lieber die Eesultete seiner Untersuchung von Tubo-Ovarial-
Tnbooyarial- Cysten berichtete W. Zahn (Virch. Arch. Bd. 151). Während
man früher glaubte, jene Cysten entständen durch die Vereinigung
einer Ovariencyste mit einer cystisch dilatirten Tube, zeigte Zahn,
dass die Cyste lediglich die erweiterte Tube ist, in deren Wand der
Fiersteck eingelassen ist. Die Verbindung ist so zu erklären, dass
bei dem Verschluss des abdominalen Tubenendes das Ovarium mit in
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 43
die VerschlusBstelle einbezogen wurde. Bedeutsam kann das Ver-
halten dadurch werden, dass aus dem Ovarium Eier in die Cyste
gelangen können und dass so Tubarschwangerschaft entsteht. Zahn
fuhrt 2 Fälle an.
B. Andr6 und G. Chavannaz (Arch. de m4d. exp4r. Nr. 2) haben Giftigkeit
den Inhalt von Ovariencysten und Parovarialcysten bei Thieren der Ovarial-
cvstoxi*
intraperitoneal injicirt. Die Flüssigkeit ist stets steril. Sie ist aber aus fijigBi»keit
Ovariencysten stets sehr giftig, aus Parovarialcysten nur sehr wenig. Thiere, Andr6 u.
die ein Sechstel ihres Gewichts bekamen, gingen sehr rasch zu Grunde unter Chavannaz.
Schwäche, Abmagerung und Temperaturemiedrigung. Starben die Thiere
nicht, so wurden die giftigen Substanzen hauptsächlich durch die Niere
ausgeschieden.
J. Vitrac (Arch. d. m6d. exp6r. Nr. 2) beschrieb eine eigen- Uterus-
artige Form von Uterus tuber cul ose. Es handelte sich um epi- vitrao. '
theliomähnliche Wucherungen des Collum uteri mit spärlichen Bacillen.
V. Kahlden (Ziegler's Beitr. Bd. 23) besprach die sog. Apo- Apoplexia
plexia uteri. Bei alten Frauen trifft man oft hämorrhagische In- y. Kahlden.
farcirung der Uterusschleimhaut. Sie wird auf Gefasserkrankungen,
besonders der Arterien zurückgeführt. Wenn viele Gefasse durch
die Arteriosklerose verschlossen sind, so dass die CoUateralbahnen
iinzureichend sind, entsteht rückläufiger Venenstrom und im Aji-
seiduss daran die Infarcirung. Herzschwäche begünstigt den Pro-
cess. — Grossvenor (Joum. of Bact. and Pathol. Bd. B) fand ülcera
bei allgemeinen Stauungszuständen multipleülcera derVagina J^fgye*oy
und glaubte sie aus dem Verhalten der zugehörigen Venen ableiten
zu können. Diese waren thrombosirt. Er meint, dass so etwas
nicht selten wäre, und nennt die Geschwüre phlebothrombotische
ülcera. — E. Glaeser (Virch. Arch. Bd. 154) untersuchte einen Myosarkom
Fall von polypösem Sarkom an der Innenfläche des Uterus. oiaeser. '
Er discutirt die Frage seiner Genese und leitet es aus dem Binde-
gewebe der Schleimhaut ab. Besonders interessirte ihn die Frage
nach der Beziehung zur Musculatur. Sie Hess sich überall scharf
gegen das Sarkom begrenzen, letzteres war also nicht aus ihr her-
vorgegangen. Verf. meint auch, dass in anderen so gedeuteten
Fällen die Auffassung irrig sei, wenn er auch auf Grund einiger
weniger anderer Beobachtungen nicht leugnen will, dass aus Wucherung
der glatten Musculatur sarkomatöse Neubildungen entstehen können.
E. Unger (Virch. Arch. Bd. 164) untersuchte die Entstehung
des Colostrums. Er bestätigt frühere Untersuchungen, insofern
er die Colostrumkörperchen für Leukocyten hält, die in die Milch-
44 Ribbert.
EntBtehnng räume eingedrungen sind und sich mit Fett beladen haben. Sie
^ , ®* finden sich nur in Milch, die längere Zeit in den Drüsenräumen
ColOBtrums ... .
Unger. verweilte. Wird die Milch dauernd nicht entleert, so wandern jene
Zellen zurück und werden in den regionären Lymphdrüsen und den
dahin fuhrenden Lymphbahnen gefunden. Auch die Mastzellen, die
Verf. für modificirte Leukocyten hält, betheiligen sich an der Re-
sorption von Fett aus gestauter Milch.
Ueber die Folgen einer vor 7 Jahren erfolgten bilateralen Ca-
Foigen der stration für den weiblichen Genitaltractus berichtete Ernst Lilien-
CaBtration £^i^ (Zeitschr. f. Heilk. Bd. 19). Er fand den Uterus beträcht-
beim Weibe, , ^ , ^
Lüienfeld. lieber und schneller verkleinert, als es nach der Menopause der
Fall zu sein pflegt. Diese Atrophie beruhte auf regressiven Vor-
gängen in Schleimhaut und Muscularis. Erstere zeigte Abflachung
des Oberflächen- und Drüsenepithels, Verringerung der Drüsen an
Zahl, Schwund der Literglandularsubstanz. Die Muscularis war
relativ noch stärker betroffen, am meisten im unteren Uterinsegment,
wo die Muskelfasern fast ganz atrophirt waren, so dass die Wan-
dung hier fast nur noch aus Bindegewebe bestand. Auch in den
Adnexstümpfen fand sich eine Atrophie.
Mamma- M. U. C. Günther (Zeitschr. f. Heilk. Bd. 19) arbeitete über
Cysten, 2wei Fälle von Mammacysten. Er fand, dass die Hohlräume
"^^^ entweder und zwar gewöhnlich als „Retentionscysten" anzusehen
sind und auf entzündlicher Grundlage entstehen (Mastitis chronica
cystica) oder als cystische Geschwülste. Sie enthalten dann hohes
Cylinderepithel.
6. Bewegnngrsorgrane.
Knochen- Francis Willy (Joum. of Pathol. and Bacteriol. Bd. 5) stu-
metastase ^j^p^ ^jg Knochenmetastasen des Carcinoms mit Rücksicht
bei
Garcinom, &nf die Knochenbrüchigkeit und fand, dass diese durchaus nicht
Wüly. immer auf locale krebsige Processe zurückzuführen ist, daös sie
vielmehr sehr häufig auf allgemeinen Ernährungsstörungen beruht,
so dass sie mit der bei Tabes beobachteten auf einer Stufe steht.
Knochen- Er untersuchte femer (ibid.) das Knochenmark von Krebs-
mark bei kranken und sah, dass es, soweit es roth ist, die Neigung hat,
Willy. * sich zu vermehren. Andere Theile sind blass und gelatinös. Diese
sind der Ausdruck der Kachexie, jene können regenerirend wirken
Knochen- und so die Anämie vermindern. — H, Hirschfeld (Virch. Arch.
mark Zellen, g^ ;|^^g^ suchte die Genese der mit neutrophilen Granulis versehenen
Knochenmarkzellen festzustellen. Sie gehen seiner Meinung
Allgemeine Pathologie, pathologische Anatomie, Bacteriologie. 45
nach hervor aus granulafreien, die den Lymphocyten des Blutes
ähnlich sind.
G. Kapsammer (Virch. Arch. Bd. 152) stellte Untersuchungen Knorpel bei
an über das Vorkommen des Knorpels bei Fracturen. Wenn ^'racturen,
die Bruchenden genau auf einander passend fixirt werden, so er-
folgt die Heilung allein durch einen knöchernen Callus. Sind sie
aber verschoben oder schlecht fixirt, so bildet sich an der Bruch-
stelle Knorpel, dessen Vorhandensein eine Verzögerung der Heilung
bedeutet. — P. ßathke (Arch. f. Entw.-Mechanik Bd. 7) berichtete Myositis
über einen Fall von Myositis ossificans des Oberschenkels, die ossificans,
nach Trauma entstanden war. Die intermusculäre Knochenbildung
erfolgte nach vorheriger reichlicher Knorpelentwickelung. Verf.
meint, dass diese nur dann eintrete, wenn die fraglichen Gewebe
lebhaft bewegt würden, wie es in diesem Falle geschehen sei. Bei
ßuhigstellung entstehe sofort Knochen. Er beruft sich unter an-
deren auch auf die Arbeit Kapsammer 's.
J. Maeder (ibid. Bd. 6) untersuchte die Hyperostosen, Hyper-
weiche sich an der Innenfläche der Rippen bei eitriger Pleu- ostosen der
ritis finden. Er führte sie auf den Reiz der Entzündung zurück M^der *
und studirte ihren Bau. Er fand, dass die innere Structur in Be-
ziehung zur Function der Rippe, zur Beugungsbeanspruchung steht.
Zunächst entsteht ein Knochen ohne bestimmten Bau, der dann mit
der Rippenrinde zu einer gemeinsamen Knochenmasse verschmilzt.
— H. Ribbert (ibid.) hat Experimente über die Folgen einer Wirbel-
abnormen Krümmung der Wirbelsäule, und zwar der . s&olen-
, . , krämmung,
Schwanzwirbelsäule des Kaninchens angestellt. An dem m stark Ribbert.
gebogenem Zustande fixirten Objecte fand an der Concavität von
den Zwischenwirbelscheiben aus Neubildung von Knorpel und an
dem angrenzenden Knochen die Production periostealen Knochens
statt. An der Convexität fand sich an entsprechenden Stellen
Knocheneinschmelzung. Die Resultate dürften auch für die mensch-
lichen Wirbelsäulenverkrümmungen von Interesse sein.
M. Miwa und W. Stoeltzner (Ziegler's Beitr. Bd. 24) unter- Folgen
suchten die Knochenveränderungen, die sich bei einem jungen, mit * h^'n^'
kalkarmer Nahrung gefutterten Hunde einstellten. Die Folge Miwa n.
war eine allgemeine Osteoporose, eine Verdickung der periostealen stoeltzner.
Cambiumschicht mit Knorpelbildung und Osteophyten, leichte Un-
regehnässigkeit der endochondralen Knochenbildungszone und leichte
Verbreiterung der Knorpelwucherungszone. Von der Rachitis sind
ab«r die Veränderungen scharf zu trennen. Denn es fand sich kein
46 Ribbert.
unverkalkter Knochen, und die präparatorische Verkalkungszone war
vorhanden. Es war also nur, entsprechend der geringeren Menge
zur Verfügung stehenden Kalkes, weniger Knochen gebildet worden.
Lehrbücher und Monographieen.
]. Bacteriologie.
R. Abel, Taschenbuch für den bacteriologischen Practikanten. 4. Aufl.
Würzburg.
Baum garten, Jahresbericht über die pathogenen Mikroorganismen 1896
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L. Heim, Lehrbuch der Bacteriologie mit besonderer Berücksichtigimg der
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n.
Innere Medicin.
1. Krankheiten des NeryensystemB^).
Von Professor Dr. Seeligrmllller in Halle.
A. Aiigemeines.
(Anatomie, Physiologie, Pathologie, Therapie.)
Franz Nissl (Nervenzellen und graue Substanz. Münch. med. Nerven-
Wochenschr. Nr. 31 — 33) möchte nach seinen Untersuchungen die Neuron- ® ^^^J^
theorie wenigstens in ihrer Gültigkeit nach der functionellen Seite hin Sabstanz,
wesentlich einschränken. Nicht die graue Substanz an sich , nicht die Fnmz Nissl.
Nerrenzellen , sondern das durch geeignete Färbmittel sichtbar werdende
eigenthümliche, bald fein molecular, bald kömig, bald faserig, bald mehr
schwamm-, bald netzartig angeordnete Gewebe, welches sich wesentlich von
der Glia und den Gliafasem unterscheidet, in der grauen Substanz stellt
die Bahn dar für das verwickelte Getriebe der feinen nervösen Erregungen.
James R. Whitwell (Brit. med. Joum., March 12) empfiehlt eine Unter-
Expansionsdesiccationsmethode zum Studium der Neuroglia *^A^^^^f'
des Gentralnervensystems. Mittels dieser stellte sich ihm der Stütz- Neuroglia
apparat des Gentralnervensystems dar als ein aus Fasern gewirktes Netz- James B. Whit>
▼erk, in dessen Maschen Zellen, Neurogliazellen und Nervenzellen, liegen. well.
Die Fasern bilden ein vollständiges Eorbgeflecht für jedes Element des
Nervengewebes und schliessen die Blutgefässe ein; sie bestehen aus stark
brechender und stark elastischer Substanz, die chemisch weder Neurokeratin
noch Elastin zu sein scheint.
G. Bikeles und A. Jasinski (Zur Frage der trophischen Trophische
Nerven. Centralbl. f. Physiol. Nr. 11, S. 345) stellen trophische Nerven q^^J^^^'^^
oder eine etwaige trophische Function der Spinalganglien nach ihren Ver- a. Jasinski.
soeben bei Katzen in Abrede.
') Vergl. auch II, 2.
48 Seeligmüller.
HotoriBohe Johannes Starke (Ueber den Einfluss des Centralnerven-
Nerven, Systems auf die Erregbarkeit des motorischen Nerven. Gentralbl.
Starke. ^ Physiol. Nr. 18) glaubt durch Versuche an Fröschen nachgewiesen zu haben,
dass, wenn ein intacter Nerv eines lebenden Thieres durch einen bestimmten
Himreiz — Zerstörung der contralateralen Hemisphäre durch das Übliche Aus-
bohren mit einem stumpfen Gegenstande — in den Zustand verminderter Er-
regbarkeit versetzt wird, der Nerv eines anderen Thieres, überhaupt ein
anderer Nerv, der an ersteren angelegt wird, ebenfalls in diesen Zustand
verfällt. Das Ganze wird vom Verf. als ein Analogon zum Elektrotonus, im
gegebenen Falle zvmi Anelektrotonus, aufgefasst.
Topographie A. Blaschko, Beiträge zur Topographie der äusseren Haut-
<lör decke. I. Zur Pathologie und Topographie des Herpes zoster (Arch, f.
Hantdeoke ^6"^8,tol. Bd. 43). Die Efflorescenzen des Herpes zoster, insofern sie nur auf
Blaschko. ^^^ Hautgebiet der betroffenen Nerven stehen, können zur präciseren Ab-
grenzung der einzelnen Hautnervengebiete verwerthet werden, wenn es
gelingt, geeignete Fälle ausfindig zu machen, bei denen die befallenen
Nerven gut genug erkannt werden können. Diesen Versuch hat Blaschko an
theils aus der Litteratur, theils aus seiner eigenen Casuistik ausgewählten
Fällen durchgeführt und nach den Ergebnissen eine tabellarische Zusammen-
stellung gemacht, die für den grösseren Theil der Spinalnerven das zu-
gehörige Hautgebiet angibt.
Nerven-
verzwel- pj.^^^ Frohse (Anatomischer Anzeiger Nr. 13) hat über die Ver-
in den zweigung der Nerven zu und in den menschlichen Muskeln Unter-
Maskeln, suchungen angestellt und dieses Verhalten durch Abbildungen erläutert
Frohse.
Verhalten Georg Eapsammer (Ein weiterer Beitrag zur Eenntniss des Ver-
<lör haltens der Knochen nach Nervendurchschneidung. Wien. klin.
Knochen y/^ochenschr. Nr. 23) stellte an 7 Hunden Versuche in der Weise an, dass
nach
Nerven- ^^ ^^^ einem den N. maxillaris inf., bei den anderen 6 den N. mandibularis
durch- einer Seite durchschnitt. Bei den nach geraumer Zeit getödteten Thieren liess
Bchneidung, gjch kein Unterschied zwischen den beiden Seiten wahrnehmen, ausser in
Kapsammer, g Fallen, wo eine ganz locale Röthung des Periostes, in einem Falle ver-
bunden mit geringer Verdickung in der Gegend des vierten Backenzahnes, die
noch in physiologischer Breite liegt; in diesen Fällen bestand an den ge-
rötheten Stellen leichte Suppuration. Auch hier also ergab sich keine
Enochenhypertrophie nach Nervendurchschneidung.
Nerven- Nageotte und Ettlinger, Läsionen der Nervenzellen im
Kellen nach Verlauf verschiedener Intoxicationen und Autoin toxicationen
tionen ' (Pi^^sse m4d., Mars 23). Experimentelle Intoxicationen, wie sie durch Exstir-
Nageotte u. pation der Nebennieren , der Nieren , Inoculation von Vipergift , Tetanus,
Ettlinger. Ingestion von Jodkali entstehen, bedingen in den centralen Nervenzellen
Krankheiten des Nervensystems. 49
L&sionen des Protoplasmas, welche auf die chromatische und achromatische
Substanz sich beziehen. Ihre Hauptcharaktere sind die Ghromolyse, die
Spaltbildung und die Yacuolenbildung.
0. Juliusburger und E. Meyer (üeber den Einfluss fieber- Ganglien-
hafter Processe auf die Ganglienzellen. Berl. klin. Wochenschr. seilen nach
Nr. 81) fanden in 9 Fällen nur einmal schwerere Läsionen, diese nur in t>,««^^-.^„
den Zellen der Hirnrinde und ihrer Art nach verschieden von denen , die Jaliusburger u.
Goldscheider und Flatau dem Fieber zuschreiben, halten deshalb die Meyer.
beobachtete Alteration der Granula für eine durchaus nicht typische und
rein quantitative Veränderung infolge abnormer Lebensvorgänge in den
Zellen. „. ,,
Einfluss
von Mikro-
Ueber den Einfluss von Mikroorganismen und ihrer Organismen
Toxine auf die Entstehung von centralen und peripheren ^^J^***^**®^
Nervenkrankheiten fand in dem Annual Meeting der Section für Neu- ^^^^^j^}^ ^II^qq
rologie (Brit. med. Joum. S. 970) eine Discussion statt, an welcher, nach- Buzzard,
dem sie von Buzzard eingeleitet, D e r c u m , Collins, Ferrier, Bram-Dorcum.CoUins,
well u. a. sich betheüigten. I^^^\
" Bramwell.
L. 0. Darkschewitsch (Zur Frage von den Lähmungserschei- Lähmungen
nungen bei Pasteur'schen Impfungen. Neurol. Centralbl. Nr. 3) be- ^®^
Pasteur-
obachtete 2 f^lle, in denen 5 und 8 Tage nach Beendigung eines Turnus sehen
ron im einen 12, im anderen 16 Pasteur'schen Impfungen gegen Tollwuth Impfungen,
Keirenlähmungen eintraten, die Mangels jeder anderen Aetiologie dieser l^wrJ^chewitsch.
Impfung mit Wahrscheinlichkeit zur Last zu legen sind. In dem einen Falle
wurde ein S^ähriger Mann, während zwei andere mit ihm zugleich geimpfte
Personen frei blieben, von Schmerzen im linken Beine und beiden Armen,
Abnahme der Sensibilität im linken Beine, Ungeschicklichkeit in beiden
Armen betroffen, die sich sehr langsam besserten. In dem anderen Falle
trat bei einem 28jährigen Manne binnen 2 Tagen beiderseitige Facialis-
lähmung auf, die sich nach einer Woche schon sichtlich besserte.
B. Scagliosi, Beitrag zur pathologischen Anatomie des Central- Central-
nervensystems bei der acuten Anämie (Deutsche med. Wochenschr. nerven-
Nr. 20). Bei einer 36jährigen Frau war durch im 8. Monat der Gravidität d^p acuten
auftretende hochgradige Gebärmutterblutungen, die nach SStägiger Dauer Anämie,
Frühgeburt nnd Tod herbeiführten, eine hochgradige Anämie bewirkt Scagliosi.
worden. An dem nach NissTscher Färbung untersuchten Centralnerven-
system fand sich Zerfall der Nissl-Eörperchen in feinste Körnchen, blass
bläuliche Tinction der sonst imgefärbten Grundsubstanz, Auftreten farbloser
Stellen in den Kernen, Atrophie der Rückenmarksganglienzellen; welche
Veränderungen Yerf. als durch die abnorm geringe Ernährung bedingt
ansieht
Jahrimch der practischen Hedicin. 1899. 4
50 SeeligmOller.
Postdiph- Hans Luce (Anatomisclie Untersuchung eines Falles
theritische y^j^ post diphtheritischer Lähmung mittels der Marchi-
*Luce°^' Methode. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 12, H. 5u. 6) untersuchte
das Nervensystem eines 2jährigen Kindes, das vor 3 Wochen als geheilt von
einer leichten Mandeldiphtherie, an der es 3 Wochen gelitten und mit
Serum behandelt worden war, entlassen, bald darauf Schluckbeschwerden
und weiterhin allmählich fortschreitende Lähmung der gesammten Skelett-
musculatur bekam und infolge dessen starb. In MeduUa spinalis und Him-
stamm deckte die Marchi- Methode schwere trophische Veränderungen auf,
während die anderen Tinctionsmethoden keine nennenswerthen Verände-
rungen erkennen Hessen. Verf. polemisirt im Anschluss an diesen Fall
gegen den 7on anderen Autoren ausgesprochenen Satz, dass zwischen den
anatomischen Befunden dieser Methode und den functionellen Ausfalls-
erscheinungen gesicherte Beziehungen schon gekannt seien; nur so viel
erscheine sicher, dass diese Veränderungen der nervösen Elemente als
trophische Störungen aufzufassen seien.
Nerven- Georg Köster (Experimenteller und pathologisch -anatomischer
System bei Beitrag zur Lehre von der chronischen Schwefelkohlenstoffver-
Schwefel- gi^t^^^g- Neurol. Centralbl. Nr. 11) nahm an Kaninchen chronisehe Ver-
ls o hl enstoff- giftungen durch Inhalation von CS2 vor; es zeigten sich klinisch Gewichts-
vergiftnng, abnähme und damit ungefähr parallel Zunahme der faradischen Muskelerreg-
ü. Köster. barkeit, die später wieder zurückging, femer im Anfang Hyperästhesie und
später Anästhesie der Extremitätenenden, zuletzt auch leichte Paresen imd
ataktische Erscheinungen in der Locomotion. In ihrem Verhalten zeigten
sie sich im Anfang aufgeregt, während sie späterhin eine stuporöse Träg-
heit und Reactionslosigkeit zeigten; die Periode, während deren die Ver-
giftung stattfand, dauerte zwischen 14 Tagen und 3V2 Monaten.
Die peripheren Nerven zeigten sich frei von Veränderungen, dagegen
zeigten die Ganglienzellen des gesammten Gentralnervensystems alle Arten
und Grade von Degenerationserscheinungen und strotzende GefässfÜllung
der pericellulären Capillarschlingen.
Athetose Rudel (Ueber Athetose und Taenia sag in ata. Deutsche med.
bei Taenia, Wochenschr. Nr. 30) beobachtete bei einem 18jährigen Mädchen Krämpfe
und Zuckungen in den Extremitäten, die in mehrtägigen Intervallen in
kurzen Anlällen auftraten und den Charakter von Athetosebewegungen
zeigten. Das Kind beherbergte, wie sich herausstellte, eine Taenia saginata,
nach deren Abtreibung die Anfälle wegblieben, das Gesammtbefinden sich
zusehends besserte.
Kraft- Otto Thilo (Kraftbestimmungen zu ärztlichen Zwecken.
best im- Münch. med. Wochenschr. Nr. 30) empfiehlt genaue Kraftbestimmungen ein-
™Th'?^"* zelner Muskeln durch Gewichte für die Diagnose von Paresen sowie zur
Entlarvung von Simulanten, wofür der Anblick der zu bewegenden Gewichte
Krankheiten des Nervensystems. 51
dem Patienten entzogen sein soll, und erörtert die Technik derartiger Unter-
suchongen.
Babinski (Du phenomene des orteils et de sa valeur s^miologique. Zehen-
La semaine m^dicale Nr. 40) beobachtete bei einer Reihe organischer Er- Phänomen,
krankungen des Centralnervensystems Erwachsener, denen allen eine Läsion Babinski.
der Pyramidenbahn gemeinsam war, ein Zehenphänomen, das darin
besteht, dass nach Reizung der Fusssohlenhaut durch Kitzeln, Kratzen oder
Stechen nicht wie bei Gesunden eine Flexion der Zehen, sondern eine Ex-
tension derselben erfolgt. Das Phänomen ist also den gesteigerten Sehnen-
refiexen und dem Fussclonus verwandt, kann aber auch bestehen, wo diese
fehlen, wie es auch fehlen kann, wenn diese vorhanden sind. Es scheint,
wo es vorhanden ist, eine Läsion der Pyramidenbahn zu beweisen, ohne
über den Grad der Läsion etwas zu verrathen; dafür spricht auch, dass bei
Neugeborenen, bei denen die Pyramidenbahn noch nicht ausgebildet ist,
nach Kitzeln der Fusssohlen ebenfalls eine Extension der Zehen auftritt.
W. Erb (lieber das intermittirende Hinken und andere inter-
nervöse Störungen infolge von Gefässerk'rankungen. ™***^'^®°<^®s
° .*=' ^ Hinken,
Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 13, H. 1 u. 2) konnte in fast Erb.
}<ämmtlichen von ihm selbst beobachteten 12 Fällen von intermittiren-
(lem EQnken mehr weniger deutliche Veränderungen an den Arterien
der Fasse (Art. dorsales pedis und tibiales posticae) nachweisen und
öbliterirende endarteriitische Processe bei den zur Autopsie gelangten
Fällen finden. Therapeutisch empfiehlt er möglichst lange fortgesetzte
Ruhe, Vermeidung von Alkohol, Tabak, von übertriebenem Kalt-
Wassersport, Sorge für warme Füsse; femer Jodkali, warme Fuss-
bäder und Priessnitzumschläge , besonders aber galvanische Fuss-
bäder; späterhin vorsichtig geregelten Gebrauch der Beine.
E. Hankel (Unglücksfälle durch hochgespannte Unglücks-
elektrische Ströme, v. Volkmann's Min. Vortr. N. F. Nr. 208) fälle durch
hoch-
beschreibt 3 tödtliche Verunglückungen durch Ströme von 110 bis gespannte
130 Volt bei Alkoholikern und bei einem Patienten mit fettiger elektrische
Degeneration von Leber imd Herz. Nicht tödtliche Einflüsse eventuell H^^ef'
viel höher gespannter Ströme (bis 2(XX) Volt) lassen den Betroffenen
aufschreien und für einige Zeit bewusstlos zusammenbrechen. Manch-
mal bleibt eine Elektroneurose zurück.
Arthur Schiff (Zur diagnostischen Bedeutung der
Lnmbalpunction. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 9) constatirt als
Ergebniss seines Ueberblicks über die gesammte diesen Gegenstand
52
Seeligmüller.
Lumbal-
panction,
Schiff.
betreffende Litteratur eine durchgängige Anerkennung der Quincke-
sehen Methode als eines werthvollen diagnostischen Hülfsmittels bei
intracraniellen Erkrankungen. Den von mancher Seite angezweifelten
therapeutischen Erfolgen gegenüber hält er doch eine günstigere
Auffassung fiir berechtigt. Die Hauptfrage, deren Lösung von der
Function verlangt wird, die Frage, ob im Subduralraume Eiter oder
wenigstens entzündliche Processe vorhanden sind, gilt nun bei posi-
tivem Ausfalle der Function als sicher entschieden; auf negativen Be-
fund ist kein Werth zu legen. Als positiv galt der Ausfall bisher,
wenn die punctirte Flüssigkeit morphotische Entzündungsproducte,
Eiterzellen, Mikroorganismen, zum mindesten eine wenn auch noch
so leichte Trübung aufs^es. Hier erinnert nun Verf. an ein gleich
anfangs von Lichtheim angegebenes, von Quincke bestätigtes
Kriterium, das allem Anscheine nach sehr wenig beachtet worden
ist; es handelt sich um die Beobachtung, dass in dem 24 Stunden
lang ruhig stehen gelassenen Liquor cerebrospinalis sich ein feines
Gerinnsel bildet, wenn irgend welche meningitischen Processe be-
stehen. Schiff kann nach seiner Nachprüfung die Zuverlässigkeit
dieser Probe bestätigen ; die Gerinnselbildung fehlte in keinem Falle,
in dem nicht nachher das Vorhandensein von Meningitis unzweifel-
haft sichergestellt wurde, während sie ausblieb bei den Fällen ohne
entzündliche Veränderungen der Meningen.
Vertical-
galvano-
meter,
£aleiiburg.
A. Eulenburg (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 19) rühmt
ein von der Firma W. A. Hirschmann in Berlin hergestelltes
neues Verticalgalvanometer, dessen Vorzug darin besteht,
dass es vom Erdmagnetismus unabhängig ist.
BewegnngB*
therapie,
Ooldsoheider.
Goldscheider (lieber Bewegungstherapie bei Erkran-
kungen des Nervensystems. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 4
und 5) bestätigt nach seinen Erfahrungen die von Frenkel berich-
teten Erfolge der compensatorischen Uebungstherapie und empfiehlt
die Anwendung der Methode auch bei einer Reihe anderer Krank-
heiten des Nervensystems. So sah er selbst gute Erfolge bei dem
Litentionstremor der multiplen Sklerose, bei der Chorea, bei der
allerdings nur jeden zweiten Tag eine wenige Minuten lange Uebung
vorzunehmen sei, femer bei Schreibkrampf, hysterischem Tremor,
selbst bei Athetose, wo durch lange fortgesetzte Uebungen eine ge-
wisse Fähigkeit, die athetotischen Bewegungen zu hemmen, erreich-
bar ist. Dass Muskelspasmen durch Bewegungsübungen zu bessern
sind, weiss man von der hysterischen Contractur schon lange; aber
Krankheiten des Nervensystems. 53
ancH die Muskelrigidität bei der multiplen Sklerose ist in leichteren
Fällen günstig zu beeinflussen ; hier empfehlen sich besonders rasche,
schleudernde und Pendelbewegungen mit der durch einen Gehülfen
nnterstatzten Extremität. Bei hochgradigen Paresen und Muskel-
atrophieen ist zunächst das Eigengewicht der Extremität aufzuheben,
damit der noch bestehende Best von motorischer Kraft manifest
werden kann; das geschieht entweder durch Equilibrirung der Ex-
tremität mittels Flaschenzugs imd Gegengewichts, oder aber im
Wasserbade durch den Auftrieb des Wassers. Die Entdeckung, dass
er im Bade die sonst unbewegliche Extremität mit überraschender
Leichtigkeit bewegen kann, übt einen so ermuthigenden Einfluss auf
den Gelähmten, dass Goldscheider geneigt ist, eben diesem Um-
stände das Hauptverdienst an der Wirksamkeit indifferenter Thermen
zuzuschreiben. Auch gewisse Applicationen des elektrischen Stromes
sind im wesentlichen bewegungstherapeutische Maassnahmen, so die
Reizung gelähmter Muskeln. Der elektrische Reiz bahnt gewisser-
maassen wieder dem activen motorischen Impuls «den Weg; deshalb
erscheint die Aufforderung an den Patienten, im Momente der Reizung
activ mitzubewegen, sehr zweckmässig. Auch Neuralgieen, Gelenk-
neurosen werden oft durch Bewegungsübungen günstig beeinflusst.
Groldscheider empfiehlt die Methode dringend den practischen
Aerzten und kann dies um so mehr, als er eigens dazu construirte
Apparate für nicht nothwendig hält.
Monnier (lieber die Behandlung von Nervenkranken Muakel-
und Psychopathen durch nützliche Muskelbeschäftigung. •"°^ ^**
Zeitschr. f. Krankenpflege S. 211) rühmt die Erfolge, welche er in Monnier.
der Anstalt des Ingenieurs Grohmann bei Zürich von der Beschäf-
tigungstherapie — Gärtnerei, besonders Graben, Tischlerei, Typo-
graphie, Modelliren, Zeichnen und Tapeziren — , namentlich bei
Hysterischen und Neurasthenischen gesehen hat.
Fr. Lots (üeber einige mit mechanischen Hautreizen Behandlung
behandelte Fälle von Nervenkrankheiten. Zeitschr. für _^^,^".^,^
mecnaniscno
klin. Med. Bd. 35, H. 1 u. 2) behandelte Fälle von habituellem Haatreize»
Kopfschmerz, Neurasthenie, Herzaussetzen, Tabes mit gutem Erfolg ^^^*
— im letzteren Fall imter Besserung der Sensibilität — durch „Gym-
nastik der sensiblen Nerven", die er, um Erkältungen zu vermeiden,
nicht durch kaltes Wasser, sondern durch Frottiren mit Loofah und
Kieslaufen erzielt. In einem vielleicht in Tabes übergehenden Fall
von Neurasthenie besserten sich auch die Kniereflexe. Bei nervösem
Herzklopfen und erhöhter Pulszahl blieb der Erfolg aus.
54 Seeligmüller.
Pyramidon, Rudolf Laudenheimer (Ueber Anwendung des Pyra-
Laudenheimer. j^idonsbeiNervenkrankheiten. Therap. Monatsh. , April) sah
bei verschiedenartigen Kopfschmerzen guten Erfolg ^/a — 2 Stunden
nach Darreichung von 0,3 — 0,5 g, bei Neuralgieen nach höheren
Dosen, mangelhaften Erfolg bei schwer neurasthenischen, hysterischen
und paranoischen Patienten. Gut wirkte das Mittel bei neuritischen
Schmerzen der Alkoholiker, rheumatischen Gelenkaffectionen , Lum-
bago, nicht dagegen bei tabischen Krisen, bei psychotischen Auf-
regungszuständen. Erhebliche Nebenwirkungen traten auch nach
15 g nicht ein.
B. Krankheiten der Centralorgane.
1. Gehira.
a. Anatomie. Physiologie. Allgemeine Pathologie*).
Nerven- Leopold Auerbach (Nervenendigung in den Centralorganen.
endigung Neurol. Centralbl. Nr. 10) hält das Vorhandensein eines wirklichen Netzes,
in den ^^ stellenweise die Zellen umspinnt und an deren Versorgung mit End-
organen bäumchen sich betheiligt, für erwiesen. In Betreff der Frage nach dem
Auerbach. Zusammenhange zwischen den einzelnen Nervenelementen entscheidet er sich
nach seinen Beobachtungen für die Gontactlehre.
Markfasern- Adolf Passow (üeber den Markfasergehalt der Centralwin-
gehalt der düngen eines normalen männlichen Individuums. Neurol. Centralbl.
Central- jijj. q\ f^jj^j^ (j^sg ü^ (jgn Gentralwindungen, besonders aber in der vorderen,
windunsen
Passow * ^^^ mittlere Partie, die der Hand- und Fingerregion entsprechen dürfte,
den grössten Reichthum und die grösste Dichtigkeit an Nervenfasern in der
Tangentialfaserzone und dem super- und interradiären Faserwerke, sowie
auch in der Markstrahlenfaserung besitzt. Die faserärmsten Regionen waren
die dem Facialis und Hypoglossus angehörenden unteren Gebiete.
Mark- F. Siemerling (üeber Markscheidenentwickelung des Ge-
scheiden- hirns und ihre Bedeutung für die Lo calisatio n. Berl. klin.
ent Wicke- "W'ochen.schr. Nr. 47) glaubt durch seine Ausführimgen nachgewiesen zu
Siemerling. haben, dass die Hauptschlussfolgerungen Flechsig's zur Begründung seiner
bestechenden Lehre von den Sinnes- und Associationscentren des Gehirns
bisher einer anatomischen Grundlage entbehren. Damit vnll er aber das
Verdienst Flechsiges, in der Markscheidenentwickelung ein Mittel an-
gegeben zu haben, um einzelne Systeme genauer von einander zu unter-
scheiden, in keiner Weise angetastet haben.
') Vergl. auch II, 2.
Krankheiten des Nervensystems. 55
L. Tarassewitsch (CTeber Alterationen des Centralnerven- Anatomi-
systems in einem Falle von 35tägiger Inanition. Russ. Arch. f. .^®^® ^ ®^'
Pathologie etc. Bd. 5, Abth. 6) fand mit der Nissl'schen Methode Chro- d^r Nervfn-
matolyse und Protoplasmavacuolisation der Nervenzellen, im allgemeinen zellenbei
geringere Veränderungen in ihnen als in den Zellen anderer Körper- Inanition,
gewebe. Tarassewitsch,
A. Mankowsky (Ueber Alterationen des centralen Nerven- — , bei
Systems bei acuter und chronischer Morphiumintoxication. acuter und
Russ. Arch. f. Pathologie etc. Bd. 6, Abth. 1) fand in acuten Fällen Chro- Morphium
matolyse nach Nissl ohne Kemalteration , in chronischen hochgradige iutoxication,
Chromatolyse , Vacuolisation des Protoplasmas, Läsion der Kemcontour, Mankowsky.
überhaupt die Schwere der Zellläsion im Centralnervensystem abhängig
nicht von der Menge, sondern von der Wirkungsdauer des eingeführten
Morphins.
M. V. Zeissl, Ueber den Einfluss des Jods auf den Gehirn- Einfluss
druck (Wien. med. Presse Nr. 15). Injection von grösseren Mengen (50 ccm) desJodauf
von Jod-Jodnatriumlösung (Jod. pur. 4,0, Natr. jod. 4,2, Aq. dest. 200,0) in druck
die Carotis des Versuchsthieres bewirkte zunächst Pulsverlangsamung und y. zeissl.
alsbald eine ganz ausserordentliche Blutdrucksteigerung, welcher sich eine
unerwartet hohe Steigerung des Gehimdrucks zugesellte. Diese letztere
war beträchtlicher als die, welche bei andersartigen den allgemeinen Blut-
druck steigernden Eingriffen zugleich mit auftritt, und scheint hauptsäch-
lich durch Transsudation von Flüssigkeit ins Gehirn bewirkt zu werden.
Adolf Bickel, Zur vergleichenden Physiologie des Gross- Ver-
hirns (Pflüger's Arch. Bd. 72, H. 3 u. 4). An den niederen Wirbelthieren, gleichende
Ton den Vögeln abwärts, erweisen sich die experimentellen Reize, welche dg 3
auf die oberflächlichen Grosshimschichten der Säuger applicirt motorische Orosshims,
Erscheinungen und eventuell Krämpfe der Skelettmusculatur hervorrufen, Bickel.
in dieser Richtung als völlig wirkungslos. Bei eben diesen Thierclassen
fehlt die corticofugale Pyramidenbahn, welche sich erst in den niederen
Classen der Sänger auszubilden beginnt, und es ist bei diesen bis jetzt noch
keine Bahn mit Sicherheit nachgewiesen, welche das Grosshim mit den
motorischen Apparaten des Markes verbindet, obwohl, wie eine einfache
Erwägung zeigt, solche Verbindungen existiren müssen.
W. Oluszewski (Von der Bedeutung der Associationscentren Associa-
von Flechsig zur Erforschung der Entwickelung des Geistes,**®'^^^®^*^^"
o D o ' von
der Sprache, derPsychologie der Sprache, wie auch der Lehre Flechsig,
von der Sprachlosigkeit. Neurol. Centralbl. Nr. 4 u. 5) versucht die Oluszewski,
Lehre Von der Sprache und ihren Störungen mit der von Flechsig be-
gründeten Auffassung des Baues und der Functionen der Hirnrinde in Ein-
klang zu bringen.
bämor
rhagieen,
56 SeeligmüUer.
Arterio- p. J. Kovalewsky (Die Arteriosklerose des Gehirns.
^^d\7** Neurol. Centralbl. Nr. 15) beschreibt 3 entsprechende Fälle mit
Gehirns, folgenden constanten Symptomen: Ohrensausen, Schwindel, epilepti-
Kovaiewsky. forme und Angstanfalle, Gehör- und Gedächtnissschwäphe, Schlaf-
losigkeit, Obstipation, daneben die bekannten Veränderungen des
Circulationsapparates, Bradycardie. Vereinzelt fanden sich bulbäre,
apoplektiforme Erscheinungen, Paresen, Schwäche der Intelligenz
u. a. m. Therapeutisch wird neben Jodaten empfohlen die diätetische
und medicamentöse Verminderung der Kalksalze im Körper (Milch-
säure).
Retinal- Willi amson (British med. Journal, June) hat bei allgemeiner
Arteriosklerose und dadurch entstandenen Hämorrhagieen, Em-
b e i boheen oder Thrombosen im Gehirn gleichzeitig Hämorrhagieen
Gehirn- ^j^ ^^^ Retina wiederholt beobachtet, und zwar auf der Seite der
Q v^ ATI O"
Sklerose cerebralen Läsion. Analoge Läsionen hat A. Marie 1890 bei
Wüliamson. Paralytikern constatirt.
Westphal- Ad. Strümpell (üeber die Westphal'sche Pseudo-
sche Pseudo-g^2gj.^g^ und über diffuse Hirnsklerose, insbesondere
Sklerose,
Strümpell, hei Kindern. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 12, H. 2)
bringt zu dieser von Westphal seinerzeit auf Grund zweier Fälle
aufgestellten Krankheit 2 eigene Beobachtungen, welche die von
Westphal aufgestellten charakteristischen Symptome in typischer
Ausbildung zeigen, nämlich 1. Sprachstörung (Scandiren, Silben-
dehnung), 2. Verlangsamung der Bewegungen in den Augen- und
Gesichtsmuskeln, verbunden mit eigenthümlich starrem Gesichts-
ausdruck, 3. psychische Störungen : geistige Schwäche und Reizbar-
keit, 4. apoplektiforme Anfälle, 5. starkes Zittern der Glieder,
spastische Erscheinungen, 6. Geringfügigkeit der Sensibilitätsstörung,
Intactbleiben der Blasen- und Mastdarmfunction. Im ganzen besteht
also ein Kxankheitsbild, das in seinen Einzelheiten und im chronischen
Gesammtverlaufe der multiplen Sklerose sehr ähnlich ist, dessen patho-
logisch-anatomische Grundlagen aber bisher nicht aufgefunden
wurden ; vielmehr waren die bisherigen anatomischen Nachforschungen
ganz resultatlos.
G. Marines CO (Untersuchungen über die Muskelatrophie
und -Contractur bei organischer Hemiplegie. La Semaine
medicale S. 466) erklärt die Atrophie für ein constantes Vorkommen
bei Hemiplegie. Sie kommt zu Stande durch die Unterdrückung des
Krankheiten des Nervensystems.
57
Einflusses gewisser Heizungen, welche die corticalen Neurone auf die Mnskel-
medullärfen Neurone ausüben, die den centralen Ursprung des Sym- Atrophie
pathicns darstellen. Es sind wesentlich vasomotorische Störungen, contrao
welche die Verletzung der sensitiv-motorischen Zone oder die De- turennach
generation des Pjrramidenbündels zur Folge hat. Von allen Geweben des i^rinesco. '
Körpers erträgt aber das Muskelgewebe Störungen des Blutzuflusses
mit am wenigsten lange. Indessen mögen auch die Immobilisation
und Schmerzhaftigkeit der gelähmten Glieder zur Atrophie beitragen.
Bei einem Hystero-Epileptischen , dem Joannesco den Halssym-
pathicas resecirt hatte, trat Atrophie der Enochen und der Muskeln
der Oesichtshälfte auf der Seite der Operation ein.
Die hemiplegische Contractur resultirt aus dem Verluste des
Gleichgewichts, welches durch die verschiedenen nervösen Einflüsse,
die auf das Vorderhom einwirken, hergestellt wird. Solche Ein-
flüsse gehen aus als Reizungen centrifugal vom Gehirn, später aber,
wenn die Contractur fixirt ist, auch centripetal infolge der schmerz-
haften Immobilisation und ebenso bei der faradischen oder mechanischen
Behandlung.
M. Friedmann, Ueber einen weiteren Fall von nervösen
Folge zuständen nach Gehirnerschütterung mitSections-
befund (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 11, H. 5 u. 6).
Bei einem 48jährigen Manne, der im Jahre 1870 durch eine in seiner
Nähe zerplatzende Bombe verletzt und stark zu Boden geschleudert
war und danach ein schweres Krankenlager mit mehrwöchentlicher
Bewusstlosigkeit („Gehirnentzündung") durchgemacht, bestand seit-
dem eine vollständige Veränderung des Charakters, Furchtsamkeit,
Energielosigkeit, vöUige körperliche Intoleranz, essentielle Gedächt-
nissschwäche, steifer Gang. 20 Jahre später traten SchwindelanfaUe
mit lallender Sprache, Angstanfalle auf. Der rechte Arm war vor-
übergehend paretisch, und ebenso einige Monate vor dem Tode
wieder, der durch einen apoplektischen Anfall mit rechtsseitiger
Hemiplegie veranlasst wurde. Abgesehen von dem apoplektischen
Erweichungsheerd bestand eine umfassende Gefassveränderung am
ganzen Gehirn, bestehend in obliterirender Endarteriitis der A. basi-
laris, Arteriosklerose der A. fossae Sylvii; an den kleinen Gefassen
massige Verdickung und hyaline Umwandlung der Wandung
und theilweise rundzellige Infiltration der adventitiellen Gefass-
scheiden.
Scagliosi (Ueber die Gehirnerschütterung und die
daraus im Gehirn und Rückenmark hervorgerufenen
Hirn-
erschütte-
rung,
Friedmans,
Scagliosi.
58
Seeligmüller.
histologischen Veränderungen. Virchow's Arch. Bd. 152,
H. 3) fand bei Kaninchen, die nach dem Trauma noch 1 — 24 Stunden
am Leben geblieben waren , degenerative Veränderungen in den
Ganglienzellen und noch früher in den Gliazellen des Gehirns und
Rückenmarks.
Haarseil
bei Hirn-
erschütte-
rung,
Heidenhain.
Seidenhain (Das Haarseil [Setaceum] . Berl. klin. Wochen-
schrift Nr. 8) berichtet über 6 Fälle, in denen nach schwerer Com-
motio cerebri zurückgebliebene vasomotorische Störungen mit mehr
oder weniger starker chronischer Meningitis, die sich in Schwiudel-
anfallen, Benommenheit und Kopfschmerzen bei jedem Versuch zu
körperlicher oder geistiger Arbeit äusserten, nach Erfolglosigkeit
der sonst üblichen Therapie durch das Haarseil schliesslich geheilt
wurden.
Hämor-
rhagische
Ence-
phalitis,
Koppen,
Deiters.
Koppen (Ueber Encephalitis, Ges. der Charite-Aerzte,
Sitzung vom 9. Dec. 1897. Ref. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 30)
beschreibt 4 Fälle der hämorrhagischen Form, von denen zwei
neben frischen alte, ausgeheilte Heerde erkennen Hessen. Im An-
schluss daran berichtet Oppenheim über einen solchen Fall, der
nach dem Autopsiebefund völlig geheilt war.
Deiters (Ueber hämorrhagische Encephalitis. Neurol.
Centralbl. Nr. 16) beobachtete bei einer 62jährigen paranoischen
Patientin einen acut auftretenden Anfall von Benommenheit, Krämpfen
in der linken Körperhälfte, und 2 Stunden später auch in der rechten,
in der nur das Bein frei blieb; die Temperatur war dabei nicht ge-
steigert, der Puls gespannt und sehr frequent. Etwa 24 Stunden nach
Beginn des Zustandes starb sie. Man fand starken Blutreich thum
in der ganzen Schädelhöhle; über dem rechten Scheitellappen nach
vom bis fast an die Centralfurche, nach hinten bis über die Occipital-
windungen sich erstreckend, und an einer zweimarkstückgrossen
Stelle am oberen Ende der linken Centralwindungen war die Pia
diffus blutig tingirt, die Piavenen fest thrombosirt, die Rindensub-
stanz stark geröthet und von zahlreichen Blutpünktchen durchsetzt.
Mikroskopisch erwiesen sich die Venen durch weisse Thromben aus-
gefüllt; die nervösen Elemente zeigten bedeutende Veränderungen;
Bacterienfarbungen blieben negativ. Der Process ist streng ge-
nommen kein entzündlicher, sondern als der primäre Vorgang im-
ponirt dabei die Venenthrombose, von der allerdings nicht mit Sicher-
heit anzugeben ist, wie weit an ihrem Zustandekommen entzündliche
Processe mitgewirkt haben.
Krankheiten des Nervensystems. 59
Kattwinkel (Ueber Störungen des Würgereflexes, Würge-
der Sprache und der Deglutition bei Hemiplegie. "^3^^^.^®'
Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 59) fand den Würgereflex bei links- piegieen,
seitigen Hemiplegieen viel häufiger erloschen als bei rechtsseitigen. Kattwinkel.
Nach ihm ist das Centrum für den Würgereflex im Corpus striatum
der rechten Hemisphäre und ebenda das für die Deglutition zu
suchen. Die bei rechtsseitigen Himheerden recht häufigen Sprach-
störungen sind meist articulatorische.
Adler (Ueber den einseitigen Drehschwindel. Deutsche Einseitiger
Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 11, H. 5 u. 6) steUt 11 FäUe zu- ^J^J?*"' ,
' ^ ^ ^ scnwindel,
sammen, in denen einseitige Labyrinth- oder Acusticusaffectionen Adler.
traumatischer (Felsenbeinfractur , Bogengangsverletzung) oder ent-
zündlicher Natur (im Gefolge von Meningitis oder eitriger Mittel-
ohrentzündung) neben hochgradiger Schwerhörigkeit auf dem kranken
Ohre Gleichgewichtsstörungen eigenthümlicher Art verursachten. Nicht
immer beim Stehen, aber meist beim Gehen und besonders beim Stehen
mit geschlossenen Augen trat Schwindel nach der Seite der Läsion
hin auf, active und passive Bewegungen des Kopfes nach der ge-
sunden Seite hin ungestört, nach der kranken vom hefhigsten Schwindel
begleitet, so dass die Patienten erbleichten und der Bewegung ener-
gischen Widerstand leisteten. Dazu kamen Scheinbewegungen der
Aussen weit in der Richtung der Kopf bewegungen ; bei geschlossenen
Augen glaubten die Patienten nach der Seite, nach der gedreht
wurde, zu versinken. Die galvanische Erregbarkeit des Acusticus
war erheblich gesteigert. Verf. vermuthet, dass dieser einseitige
Drehschwindel durch eine Uebererregbarkeit des Gleichgewichts-
organes der kranken Seite bedingt sei.
A. Spanbock und J. Steinhaus (Ueber das Zusammen- ßitemporaie
treffen von bitemporaler Hemianopsie und Diabetes in- Hemianopsie
. . ^ ^ , undDiabetes
sipidus. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 52) erklären diese in insipidus,
einem Falle von ihnen beobachtete Coincidenz für rein zufallig und Spanbock u.
nicht durch die Art der Krankheitsursachen und durch anatomische
Verhältnisse bedingt.
PaulJakob, Durali nfusion (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 22).
Infusion 0,1^/oiger NaCl-Lösung macht keine Symptome, 0,6 ^/o ige
macht vorübergehende Schmerzen in Rücken und Beinen, Kopf- ;
schmerzen und Symptome der Vagusreizung. Die Druckvermehrung 1
bleibt symptomlos. Farbzusätze zu den Infusionslösungen zeigten J
1
60
Seeligmüller.
Dnral-
infusion,
Jakob.
sicli bald in der Farbe verändert und traten bald im Urin auf. Sie
vertheilten sich über den ganzen Subarachnoidealraum. Grössere in-
fandirte Mengen behindern durch Druckwirkung ihre Resorption und
ihren Abfluss. Therapeutisch sind medicamentöse Spülungen bei
Meningitiden zu versuchen : 50 g einer */« "/oigen Fhenollösung werden
ohne Störungen vertragen (Versuche an Hunden). 26 g einer 4 ^/o igen
KJ-Lösung machen beim Hund eine vorübergehende Paraplegie,
Saüvation, Conjunctivalinjection , Tachypnoe, Temperatursteigerung
und anderes. Das Jod wird ins Cerebrum und in die Medulla spi-
nalis aufgenommen. Die Ausscheidung des Jods (in Form von Jod-
kali) durch den Urin geht viel langsamer vor sich als bei der Auf-
nahme per OS, aber doch quantitativ vollständig. Infusion von 25 g
*/2°/oiger Chloralhydratlösung bHeb ohne Symptome von Seiten der
Versuchsthiere.
Behandlung
der
Apoplexie,
Grasset.
Heerd-
erkran-
knngen,
Anton.
Grasset (Nouv. remM. Nr. 1) empfiehlt zur Behandlung
der Apoplexie bei bewusstlosen Kranken die Injection
von Aether (1 — 10 ccm pro die) oder Campheröl, oder von
Coffein (Coffeini, Natr. benz. ana 2,5, Aq. fervid. ad 10,0. D. S.
2 — 6 ccm während eines Tages einzuspritzen) oder auch 2 — 5 ccm einer
0,1^/oigen Lösung von Spart ein. Bei Kranken, die Schlucken
können, reicht man abwechselnd esslöffelweise folgende zwei Mi-
schungen: 1. Ammon. acet. 5,0, Tinct. canellae 3,0, Sir. naphae 80,0,
Aq. tiliae ad 120,0. 2. Qoffeini, Natr. benz. ana 2,0, Mucil. salep.
120,0.
b. Localisation im Gehirn.
G. Anton (Ueber Heerderkrankungen des Gehirnes,
welche vom Patienten selbst nicht wahrgenommen
werden. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 10) macht auf die Fälle von
Heerderkrankungen des Gehirns aufmerksam, welche grosse, auffallige
psychische Defecte verursachen, ohne dass die Kranken selbst diese
Defecte gewahr würden, oder etwa über dieselben Reflexionen an-
stellten. In einem Falle von corticaler Blindheit, deren Vorhanden-
sein dem Betroffenen gar nicht bewusst wurde, — er war sozusagen
seelenblind für seine Blindheit — bestanden grosse symmetrische
Erweichungsheerde an der Convexität der Occipitallappen. In einem
jüngst zur Autopsie gelangten Falle totaler Taubheit, ohne dass das
Bestehen dieser Taubheit von dem Individuum empfunden und be-
werthet wurde, waren an beiden Hemisphären die erste und aweite
Schläfenwindung in ganzer Ausdehnung und das untere Scheitel-
Krankheiten des NervensystemjB. 61
läppchen zum Theile in einen Erweichungsheerd aufgegangen. Es
erscheint von Bedeutung für das Verständniss der Unfähigkeit der
Patienten, von diesen ihren Defecten zu wissen, dass die Erweichung
die Sinnesgebiete in grosser Ausdehnung, jedenfalls weit hinaus über
die muthmaassHchen Zonen der eigentlichen corticalen Projections-
felder befallen hatte.
Oscar Reichel, Zur Pathologie der Erkrankungen Pathologie
des Streifenhügels und Linsenkerns (Wien. med. Presse „, ^!!
° Streifen-
Nr. 19). Bei einem 22 Jahre alten Postamtsdiener traten Monate hügeisund
nach dem Primäraffect Erscheinungen von Seiten des Nervensystems ^i'i»®'**^®^'^^
auf in Form von intensiven Kopfschmerzen, zunehmender Benommen-
heit, Parese des linken Facialis, Hypoglossus und spastischer Parese
der linken Extremitäten. Durch energische specifische Behandlung
gehen diese Erscheinungen nach 2 Wochen grösstentheils zurück;
6 Monate später erkrankt er plötzlich mit Aphasie, zimehmender
Somnolenz, rechtsseitiger Lähmung und erliegt in kurzer Zeit dem
Leiden. Es fand sich Endarteriitis beiderseits an den Art. fossae
Sylvii, ältere Erweichungen in den grossen Ganglien der Insel und
des Operculum rechterseits , fiische Erweichung derselben Gebiete
linkerseits. In einem zweiten Falle bestand eine symmetrische Er-
weichung beider Linsenkeme, von denen die ältere nach der Ana-
mnese zu schliessen spurlos verlaufen zu sein scheint, die jüngere in
Form einer Apoplexie auftrat und jetzt noch unter dem Bilde einer
Facialislähmung und geringer Parese des linken Armes in Erschei-
nung trat, welche Symptome aber in einigen Tagen vollständige
Rückbildung erfuhren.
Tantzen, Ueber einen durch Cerebrospinalmeningitis Apoplexie
complicirten Fall von Apoplexie im linkeu Sehhügel de» linken
Tx , 1 ^xT 1 1 -Jt ^«x t^. a»' 1 ' -nt 1 1 Sehhügels,
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 17). Eine 47j ännge Frau bekam Tantzen.
3 Tage nach einem apoplektischen Anfalle, der Differenz (linke sehr
eng, rechte weit) und Reactionslosigkeit der Pupillen, Nystagmus,
Parese der rechten Gesichtshälfte und Rechtsdrehung des Kopfes,
aber keine Extremitätenlähmung hinterlassen hatte, Fieber, einen
Herpes facialis und rechtsseitige Hemiparese; ferner Nackenstarre
und allgemeine Hyperästhesie. Die durch Lumbalpunction erhaltene
Flüssigkeit enthielt einen häufig in Tetradenform liegenden Coccus,
der auch im Nasenschleim massenhaft vorhanden war. 4 Tage später
trat Tod ein. Die Section ergab Cerebrospinalmeningitis; eine
Hämorrhagie im dritten Ventrikel, als deren Ausgangspunkt ein apo-
62 Seeligmüller.
plektischer Heerd nachzuweisen war, welcher den medialen vorderen
Theil des linken Sehhügels zerstörte.
Heerd im S. E. Henschen (Ueber Localisation innerhalb des
äusseren äusseren Knieganglions. Neurol. Centralbl. Nr. 5) beobachtete
ganglion, ^^^ einer 51jährigen Frau nach einer unter apoplektischen Erschei-
Henschen. nungen aufgetretenen linksseitigen Hemiplegie und Hemianästhesie,
die aber bald vollständig zurückgingen, eine bis zum 10 Monate
später erfolgenden Tode unverändert bestehende Hemianopsie des
linken unteren Quadranten. Die Autopsie ergab eine hämorrhagische
Cyste im occipitalen Abschnitt des Thalamus opticus und Pulvinar,
die Tractus opticus und occipitale Sehbahn frei liess, die dorsale
Hälfte des äusseren Kniehöckers zerstörte. Verf. folgert aus dem
Befunde, dass auch im Kniehöcker eine feste Projection der beiden
homogenen Netzhauthälften besteht, und zwar, dass der dorsale Ab-
schnitt des Kniehöckers den dorsalen Quadranten der gleichseitigen
Netzhauthälften entspricht.
Hypophysis, E. v. Cyon (lieber die Function der Hypophysis cerebri. Aca-
Cyon. demie des Sciences. Wien. med. Presse Nr. 10) erklärt nach seinen Unter-
suchungen als Function der Zirbeldrüse die, das Gehirn gegen die Gefahren
eines plötzlichen Blutandranges zu schützen. Schon der leiseste Druck auf
die Hypophysis ruft eine brüske Schwankung des Blutdruckes hervor, sowie
eine beträchtliche Verlangsamung der Herzaction, wobei die Herzkraft
gleichzeitig erhöht wird. Die Blutdruckschwankung löst aber durch Reizung
der Pneumogastrici jenen Mechanismus aus, durch welchen die Schilddrüse
das Gehirn von einem gefährlichen Blutandrang frei hält; dieselben Phä-
nomene ruft die schwächste elektrische Reizung hervor.
Hypophysis ^- Loeb (Hypophysis cerebri und Diabetes mellitus.
und Diabetes Centralbl. f. innere Medicin Nr. 35) bezeichnet das Auftreten von Diabetes
" L ^*b"'' mellitus resp. Glykosurie bei Akromegalie als ein so häufiges, dass ein zufälli-
ges Nebeneinandervorkommen beider Krankheiten ausgeschlossen erscheint.
Vielmehr ist der Diabetes bezw. die Glykosurie verursacht durch Druck-
wirkung der vergrösserten Hypophysis auf das Gehirn, bezw. auf ein vom
Verf. in der Gegend des Tuber cinereum postulirtes Diabetescentrum.
Opticus- 0. Körner (Abfluss von Liquor cerebrospinalis durch die Nase und
atrophie Opticusatrophie , ein Symptomencomplex, wahrscheinlich verursacht durch
'^V^^i t ^^^^ ^^ ^^® Keilbeinhöhle durchgebrochene Geschwulst der Hypo-
^^^(leT^ ^ physis cerebri. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 33, H. 1) berichtet über
Hypophysis, eine eigene Beobachtung dieses Symptomencomplexes und stellt acht ganz
Körner. analoge Fälle aus der Litteratur zusammen.
Krankheiten des Nervensystems. 63
Pförringer (Fortschr. d. Med. Nr. 11) beobachtete plötzlichen Cysticercus
Tod durch freien Cysticercus im dritten Ventrikel, welcher !r"^/\V^f
.... . Ventrikel,
einen Stiel durch den Aquaeductus Sylvii bis in den vierten Ven- pförringer.
trikel sandte und dadurch die Wasserleitung vollständig verlegt hatte
bei einem 17jährigen Manne, der an Kopfschmerzen und epileptischen
Anfallen litt.
M. Sander (Ein pathologisch-anatomischer Beitrag zur Func- Kleinhim-
tion des Kleinhirns. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd 12, ^inction,
Sander.
Xr. 5 u. 6) erklärt in einem Falle von wallnussgrossem Gliosarkom
der rechten Kleinhimhemisphäre von ihm beobachtete hemichorea-
tische Bewegungsstörung im Einklänge mit Bonhöffer's Unter-
suchungen als bedingt durch die Zerstörung des Corpus dentatum
cerebelli und der von ihm ausgehenden Bindearmbahn, insofern da-
durch bestimmte regulatorische Einwirkungen des Kleinhirns auf die
Thätigkeit der motorischen Centren ausgefallen seien.
Th. Neabürger und L. Edinger (Einseitiger, fast totaler Mangeides
Mangel des Cerebellums, Varix oblongatae, Herztod durch Kleinhirns,
Accessoriusreizung. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 4 u. 5) berichten über Neubürger u.
einen klinisch völlig symptomlosen Fall von Defect der rechten Kleinhim-
hälfke, der anatomisch durch seine secundären Degenerationen unsere Kennt-
msse Tom Bau des Kleinhirns und seiner Bahnen in jedem Punkte
bestätigt. Insbesondere fand sich auch eine Atrophie des Fasernetzes in
den sensibeln Endkemen (VIII., X.), entsprechend dem Ausfall der senso-
rischen Cerebellarbahn. Der Tod trat ein unter den Symptomen der Vagus-
reizung, als deren Substrat ein Varix in demjenigen Theile des Accessorius-
kems gefunden wurde, der die Vagusfasem fürs Herz liefern soll.
Miura (Mittheilungen der medicinischen Facultät von Tokio Cerebellare
1898) berichtet über drei Beobachtungen von cerebellarer here- ^e^e^itäre
ditärer Ataxie. Bei der Autopsie des einen Falles fanden sich Miura.'
Brücke, Oblongata und Rückenmark in ihrem Volumen sehr reducirt,
das letztere von vom nach hinten abgeplattet. Aber es fehlte De-
generation der Rückenmarksstränge. Nach Miura^s Meinung gibt
es viele UebergangsfeUe zwischen der Krankheit Frie drei ch's und
der hereditären Ataxie.
W.V.Bechterew (lieber die Erregbarkeit der Grosshirn- Grosshirn-
rinde neugeborener Thiere. Neurol. Centralbl. Nr. 4) fand bei der Nach- rinde neu-
prüfung der über diese Frage angestellten Versuche, dass die unentwickelte SöJ^^^^ß^ier
marklose Pyramidenbahn nicht völlig unerregbar erscheint; wohl aber geht y Bechterew,
ihr die Fähigkeit ab, isolirte Reize bestimmten Muskeln und Muskelgruppen
64
SeeligmfiUer.
zuzuführen. Diese Fähigkeit wird ihr im Verlaufe der späteren Entwicke-
lung nach Aufnahme der Markscheiden zu Theil.
Rindenfeld Armin Tschermak (Notiz betreffs des Rindenfeldes der Hinter-
d®'^i^*®'' strangbahnen. Neurol. Centralbl. Nr. 4) fand bei Katzen nach experi-
menteller Zerstörung der medullären Hinterstrangkeme eine nicht un-
beträchtliche Zahl sog. directer Fasern, die aus den Zellen der contra-
lateralen Hinterstrangkeme entspringen und zur Grosshimrinde ziehen, also
ein kreuzendes Hinterstrangkem-Grosshimrindensystem; die überwiegende
Zahl der langen Hinterstrangkemfasem bildet allerdings ein kreuzendes
Hinterstrangkem-Thalamussystem. Die corticale Endstelle der ersteren nun
ist bei der Katze diejenige Rindenstelle, welche als den Rolando'schen
Centralwindungen , speciell der hinteren, beim Menschen homolog zu be-
trachten ist.
strang-
bahnen,
Tscheimak.
— des
Facialis,
Eckhard.
G. Eckhard, Das sog. Rindenfeld des Facialis in seiner
Beziehung zu den Blinzelbewegungen (Gentralbl. f. Physiol.
Bd. 12, H. 1). Von Bönsel (Inaug.-Dissertat., Giessen 1897) war am Hunde
festgestellt worden, dass durch Reizung einer gewissen Stelle des Gyrus
coronalis sich eine isoHrte Blinzelbewegung auslösen lässt. Verf. suchte
nun festzustellen, ob dieses sog. Orbicularisfeld einen Einfluss auf die nor-
male Lidbewegung auszuüben vermag, indem er diese Stelle mit einem
ziemlich reichlichen concentrischen Rindenabschnitt der Umgebung exstir-
pirte. Er stellte sechs verschiedene Versuche theils mit einseitiger, theil»
mit doppelseitiger Exstirpation an und fand, dass das Orbicularisfeld keinen
Einfluss auf die reflectorische und spontane Thätigkeit des subcorticalen
Centrums für die Lidbewegung hat.
Central Alfred A. Reichenberg (Central entstandene Schmerzen,
entstandene Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 11, H. 5 u. 6) beobachtete bei einer
IUi(AMil^^°' 7^ährigen Frau seit einer Himarterienthrombose , die nur vorübergehende
Parese im linken Facialisgebiet und Extremitäten erzeugt hatte, vom 4. Tage
danach bis zu ihrem '/« Jahre später nach neuerlichem apoplektischem
Insult erfolgenden Tode heftige Schmerzen im linken Arm und Bein; da-
neben bestand Hyperästhesie im Gesicht und Oberarm ; der Vorderarm und
Rumpf fast anästhetisch, im Bein stark herabgesetztes Gefühl. Es fand sich
in der rechten Himhälfte eine Erweichung, welche in der rechten Hemi-
sphäre den grösseren Theil des unteren Scheitelläppchens einnahm und
durch eine nach vom gestreckte Zacke am allerhintersten Theil der inneren
Kapsel die sensible Bahn nahezu erreichte oder traf.
Muskel- W. Muratow (Zur Localisation des Muskelbewusstseinsauf
bewa88t8ein,Q].m2c[ eines Falles von traumatischer Kopfverletzung. Neurol.
Centralbl. Nr. 2) beobachtete bei einem 23jährigen Mädchen, das seit einem Falle
im 1. Lebensjahre rechtsseitig gelähmt war und an epileptischen Krämpfen
Muratow.
Krankheiten des Nervensystems. 65
eben dieser Seite litt, deutliche Störung der Sensibilität und ein völliges ''
Fehlen des Muskelgefühls in der rechten Hand. Die noch persistirende
Narbe deutete auf eine Zerstörung des mittleren Drittels der Central-
windangen und auf theilweises Mitbefallensein des oberen und des
unteren Drittels und des Gyrus angularis.
Ferdinand Alt, Zur Pathologie des corticalen Hör- Corticaies
centrums (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 10). Für die Beziehung ^^^^^JJ*^"""'
psychischer Ausfallflerscheinungen auf post mortem erhobene Gehim-
heerde ist es von grösster Wichtigkeit, die Intactheit der peripheren
Acusticusbalin zu ermitteln, weil sonst die Gefahr besteht, mancherlei
Fehlschlüsse dabei zu machen. In einem Falle von Sprachstörung,
bei dem auch gekreuzte einseitige Gehörstörungen auffielen, konnte
durch die genaue Functionsprüfung die Gewissheit erlangt werden,
dass diese Störungen centralen Sitz haben mussten. Diese Feststellung
ermöglichte dann die Diagnose einer Durchbrechung der Stabkranz-
faserung des linken Schläfenlappens durch einen Krankheitsheerd, der
einerseits gegen die Rinde, andererseits markwärts in die Tiefe vor-
drang, womit die gesammten Symptome : amnestische Aphasie, rechts-
seitige Hemiplegie und gekreuzte Taubheit in befriedigender Weise
erklärt werden konnten.
P. Näcke (Neurol. Centralbl. 1897, Nr. 24) berichtet über einen Dämmer-
an sich selbst beobachteten Dämmerzustand mit Amnesie nach ■^^**'^d ™**
. Amnesie
leichter, durch einen Schlag auf die Mundgegend, den er bei der n^ch Hirn-
Visite von einem aufgeregten Paranoiker erhielt, bewirkter GehiVn- erschütte-
erschütterung, während deren er die complicirtesten Handlungen
seiner gewohnten täglichen Thätigkeit (Visite, ärztliche Verordnungen,
Eintragung von Notizen) ausführte, ohne nachher die geringste Er-
innerung daran zu besitzen. Er macht auf die forensische Wichtig-
keit aufmerksam, die eine solche Erscheinung eventuell einmal
liaben kann.
A. Pitres (Die amnestische Aphasie und ihre klini- Amnestische
sehen Varietäten. Progr^s m6d. Nr. 21, 22, 24, 26, 28, 31) ^Jj^^g'®'
streitet auf Grund seiner Beobachtungen für die Existenz einer be-
sonderen Form der amnestischen Aphasie, ohne dass derselben eine
besondere umschriebene Heerdläsion zu Grunde läge. Hierauf be-
ruht ihre günstige Prognose gegenüber den Aphasieformen , welche
durch Heerdläsion hervorgerufen sind.
Jahrbach der practischen Medioin. 1899. 5
rung,
Näcke.
66 Seeligmüller.
Amnesie Lannois (Lyon m^dical Bd. 88, Nr. 21) beobachtete einen Fall
T? v™i* von allgemeiner Amnesie mit Erhaltung des Zahlen-
Erhaltaog ^ . . . ^ .
desZahlen- gedächtnisses bei einem 32jährigen Manne, der sich geistig nur
gedächt- noch damit beschäfHgen konnte, dass er beständig Zahlen schrieb
Lannois. ^^^ rechnete; auch im Kopf vermochte er gut zu rechnen.
Aphasie Ulrich Rose (Aphasie als Einleitung eines urämi-
«*a«.f-«k«« sehen Anfalls. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 9) beobachtete bei
urämischen ^ ^ ^ ^ ^ ^
Anfall, einem seit längerer Zeit, mindestens seit 9 Monaten an Nephritis
Rose. leidenden d2jährigen Maler eine plötzlich auftretende motorische
Aphasie, die nach halbstündigem Bestehen von eklamptischen Anfallen
unterbrochen wurde.
«
Wort- James Hinsheiwood (Ein Fall von Wortblindheit ohne
blindheit, Buchstabenblindheit. Lancet, Febr. 12.) kommt durch einen
Hinsheiwood. . ' ,
eigenen und die beiden anderen bis jetzt veröffentlichten, ebense
reinen Fälle von Burnett (Arch. of Ophthalmol. 1890) und Mier-
zewski (Septembersitzung der Petersb. psychiatr. Gesellsch. 1890)
zu der Anschauimg, dass die Centren der optischen Wortbüder, der
optischen Buchstabenbilder und der optischen Zahlenbilder sich nicht
decken, sondern neben einander in der Hirnrinde liegen.
Sprach- H. Gutzmann (Die Vererbung organischer und func-
störnngen- tioneller Sprachst örungen. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 29)
vererhuns x ca
Gutzmann. ' theilt seine bezüglichen Beobachtungen mit, welche er an 2228 Kranken,,
und zwar B48 mit Taubstummheit, 287 mit angeborenen Gaumendefecten^
83 mit Stigmatismus lateralis, 869 mit Stottern, 152 mit Stammeln
und 289 mit Hörstummheit gemacht hat. Dadurch ist die Möglich-
keit der Vererbung functioneller Sprachstörungen erwiesen.
Blepharo- W. HartleyBunting (The Lancet, 20. Aug.) sah nach chirurgischer
ptose, Entfernung eines Stücks der Hirnrinde am hinteren Ende der rechten
^^ "^* mittleren Stirn windung linksseitige Ptosis eintreten, die nach 12 Wo-
chen verschwand. Er nimmt deshalb ein isolirtes Centrum für den Levator
palpebrae an der genannten Stelle an und glaubt, dass eine Functions-
Übemahme seitens der anderen Hemisphäre möglich ist. Das bei Hirn-
embolie seltene Auftreten von Ptosis soll durch die doppelte Gefässver-
sorgung jenes Centrums von den vorderen und mittleren Hirnarterien aus
sich erklären.
Johann Prus (üeber die Leitungsbahnen und Patho-
genese der Rindenepilepsie. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 38)
Krankheiten des Nervensystems. 67
erklärt Unverricht's Theorie von der Leitung der Rindenepilepsie Rinden-
läDgs der Himoberfläche nach dem sog. Irradiationsgesetz für un- «P***ps^®»
richtig; weiter, dass die Pyramidenbahnen an der Leitung der Rinden- bahnen,
epilepsie nicht den geringsten Antheil nehmen. Vielmehr geschieht ^'^'**'
die Leitung der Erregung von der Hirnrinde zur MeduUa oblongata
hauptsächlich vermittelst motorischer Bahnen, welche er als Extra-
pyramidenbahnen bezeichnet und welche von der Hirnrinde zur Ob-
longata und zum Rückenmarke durch den oberen Theil des Mittel-
hims verlaufen und sich im verlängerten Marke kreuzen. Diese
Bahnen leiten hauptsächlich die Erregungen für complicirte Be-
wegungen und tragen zur gehörigen Coordination und Association
der Bewegungen bei.
Schede (Zur operativen Behandlung der Jackson^schen Operative
Epilepsie. Vortrag a. d. 70. Vers, deutsch. Naturf. u. Aerzte zu Behandlung
*^ '^ , der Rinden-
Düsseldorf. Ref. der Wien. med. Presse Nr. 48) meint, dass nur epilepsie,
das vollständige Vorhandensein aller Symptome der Jackson- Schede,
sehen Epilepsie gegründete Aussicht auf Erfolg der Operation gebe
und dass man erst Jahre nach dieser von wirklicher Heilung sprechen
dürfe. Er bespricht 3 mit vollem Erfolg operirte Fälle, darunter einen
17 Jahre nach dem Trauma operirten Fall.
Braun (lieber die Erfolge der operativen Behandlung Braun.
der traumatischen Jackson'schen Epilepsie. Deutsche
Zeitschr. f. Chir. H. 2 u. 3) berichtet über eine Heilung nach Ex-
3tirpation des Rindencentrums der linken Hand 6 Jahre nach der
Verletzung. Resection des Schädeldachs und Entfernung einer Cyste
waren ohne Erfolg. Referirte Fälle sind nur zum Theil ermuthigend.
c. Hirnhäute.
Stabel (3 Fälle von subduralen und extraduralen Häma- Sub- und
tomen. Deutsche med. Wochenschr., Vereinsbeilage Nr. 16) berichtet tf..*'^* i'ale
' . Hämatome,
über 3 Fälle von intracranieller Blutung nach Kopftrauma, die zu stahl.
schwerem Himdruck und motorischen Heerdsymptomen führte und
operativ gefunden und entleert wurde. In dem einen Falle handelte
es sich um ein subdurales Hämatom in der Gegend der rechten Cen-
tralwindungen , welches vollkommene Parese der rechten Extremi-
räten und nur Spasmus in der linken Seite hevorgebracht hatte, so
dass man erst den Heerd auf der linken Hemisphäre vergeblich ge-
sacht hatte. Im dritten Falle entsprach das zunächst gefundene
kleine Hämatom nicht recht der Schwere der Allgemeinerscheinungen ;
68
SeeligmüUer.
nicht lange nachher traten aber ganz unvermittelt heftige Krämpfe
in allen Extremitäten und auch der Athmungsmusculatur auf; es kam
bald zum Tode, und die Autopsie ergab im rechten Gyrus hippo-
campi einen taubeneigrossen, gelben Erweichungsheerd, von dem eine
profuse Ventrikelblutung, die bis unter die Dura des Kleinhirns und
hinab bis zur Cauda equina gedrungen war, ausging.
darch
Lambal*
punction,
Slawigk n.
Manicatide,
Meningitis Slawigk und M. Manicatide, Zur baciUären Diagnose
tuberoalosa, -, tut • '.' . r. ^ j n j« t i i
Diagnose ^®^ Meningitis tuberculosa durch die Lumbalpunction
(Berl. klin. Wochenschr. Nr. 18). Von 19 Fällen wurde bei 16 der
Bacillenbefund in der Cerebrospinalflüssigkeit erhoben, in den drei
anderen ihre Anwesenheit durch das Ergebniss der üeberimpfung
bewiesen. Wichtig für dieses bessere Ergebniss war die Präcision
der Methodik, deren sich die Verff. befleissigten; indem sie unter Weg-
lassung des Mandrins die Hohlnadel mit einem kurzen Stück Gummi-
schlauch verbanden, das am anderen Ende ein metallenes Ansatz-
stück trug, vermieden sie den bei Entfernung des Mandrins oft
unvermeidlichen Abfluss von Flüssigkeit, sowie die dabei auftretende
Gefahr der Verunreinigung, und konnten genau controlliren , wenn
die Spitze in den Durasack eingedrungen war. Bei der Suche nach
den sehr oft recht spärlichen Bacillen wandten sie wiederholte Centri-
fugirung der Flüssigkeit an und waren darauf bedacht, eine sorg-
faltige Vertheilung des feinen Gerinnsels auf dem Deckglas herbei-
zuführen.
H. Schwarz (Zur klinischen Würdigung der Dia-
gnose der tuberculösen Meningitis vermittelst der
Lumbalpunction. Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 60, Nr. 2
u. 3) berichtet über 79 im Krankenhaus Friedrichshain untersuchte
Fälle, bei denen sich in 52 Fällen, d. i. in 66°/o die Bacillen nach-
weisen Hessen. Die Ansicht, dass bei der theilweise ausserordentlichen
Verschiedenheit der Resultate verschiedener Autoren zu einem ge-
wissen Theile auch die Unterschiede der von den einzelnen geübten
Technik mit beitragen, wird von mehreren Autoren ausgesprochen.
Deshalb beschreibt Schwarz ausführlicher die in Fürbringe r's
Abtheilung geübte Technik, auf die genauer einzugehen hier nicht
der Ort ist.
Schwarz.
Heydenreich, M^ningite d'origine dentaire (Wien,
med. Presse Nr. 33). Ein 34jähriges bis dahin gesundes Individuum
litt längere Zeit an Zahnschmerzen im Bereich der zwei letzten
rechten unteren Molaren und bemerkte dann in der Parotisgegend
Krankheiten des NeiTensystems. 69
eine schmerzhafte Anschwellung. Er trat ins Spital ein, sein All- Meningitis
gemeinbefinden wurde sehr schlecht; er verfiel in einen halbcoma- „ , ^* .^«
. ..... . . Zanncanes,
tosen Zustand und zeigte dabei deutliche linksseitige Hemiplegie. Heydenreich.
Er starb bald ; es zeigte sich eitrige Meningitis an der Convexität der
rechten Hemisphäre, entlang dem Sinus longitudinalis superior; im
Niveau des Foramen rotund. und ovale lässt sich Eiter ausdrücken, ein
eitriger Streifen bedeckt die untere Fläche des M. temporalis und
lässt sich längs des aufsteigenden Unterkieferastes bis zum Niveau
des Weisheitszahnes verfolgen.
Bresler (Meningitis ventricularis chronica adultorum. Meningitis
Plötzlicher Tod bei derselben. Neurol. Centralbl. Nr. 18) be- ventricu-
jn ris
obachtete an einem Manne in der zweiten Hälfte der Vierziger Bresler.
3 Jahre lang ein Krankheitsbild, welches schleichend mit Abnahme
der geistigen Functionen und periodischen Kopfschmerzen, mit welchen
gleichzeitig eine Reihe von subjectiven optischen Phänomenen einher-
gingen, einsetzte. Weiterhin zeigten sich Schwindel- und Ohnmachts-
an&Ue, öfters leichte Verwirrtheitszustände. In einem derartigen
Anfalle, der mit Congestion des Gesichts, starkem Schweissausbruch,
stossartiger Athmung begann, traten einige rhythmische Zuckungen
mit den Armen, Pulsverlangsamung und plötzUcher Exitus letalis
ein. Das Q-ehim zeigt an der Oberfläche verstrichene Furchen, sehr
blasse Färbung der Rinde und starke Ausdehnung der Ventrikel,
die mit wasserklarer Flüssigkeit erfüllt waren. Als ätiologisches
Moment dieses erworbenen Hydrocephalus internus hat chronischer
Alkoholismus zu gelten.
Moty, Trepanation et drainage arachnoidien dans laTrepanation
menineite (L'^cho m^d. du Nord S. 1B9). Bei einem Soldaten «, ^.^
^ , . ^ Drainage
entstand im Anschluss an eine Verletzung der rechten Nasenhöhle bei
durch einen in dieselbe eingestossenen Ladestock ein meningitischer Meningitis,
Sjmptomencomplex, der sich binnen 11 Tagen zu bedrohlicher Höhe
steigerte. Zu dieser Zeit machte Verf. eine Trepanation in der
Gegend des rechten Scheitelbeins, aus deren Oeifnung eine nicht
eitrige Flüssigkeit hervorquillt. Es wird durch Einlegen eines Drains
der Ausfluss des Liquor cerebrospinalis unterhalten, und während
der Zeit besserten sich die Symptome und verschwanden binnen
20 Tagen fast vollständig. Verf. hält danach die Drainage der Me-
ningen gleich beim Beginn acuter infectiöser Meningitis für indicirt.
70 Seeligmüller.
2. Krankheiten des Terlängerten Marks.
Blutschutz Albert Adamkiewicz (Der Blutschutz des verlängerten
des ver- Marks. Neurol. Centralbl. Nr. 7) macht auf eine wichtige Thatsache
Marks aufmerksam, dass bei der syphilitischen acuten Erkrankung des Rücken-
Adamkiewioz. marks im Stadium der schweren Lähmungen diese in ganz gesetzmässiger
Weise unten, also in den Unterextremitäten einsetzen und nach oben fort-
schreiten, aber stets die lebenswichtigen bulbären Centren für das Kauen,
das Schlucken, die Athmung und Herzregulation intact lassen, eher dann
noch weiter oben die Kerne der Nn. oculomotorii , faciales und hypoglossi
befallen. Diese Reihenfolge erklärt er aus der besonderen Anordnung der
Vascularisation der verschiedenen Centralgebiete.
Ophthalmo- y. Fragstein und Kempner (Ophthalmoplegia exterior
exterUr completa mit Paralyse des Augenfacialis. Deutsche med.
V. Fragstein Wochenschr. Nr. 85) beschreiben einen Fall von beiderseitiger Oph-
u. Kempner. thalmoplegia exterior completa mit Lähmung des rechten Stirn- und
Augenfacialis ohne irgend welche sonstigen nervösen Symptome als
nucleäre Lähmung und als neuen Beleg für den von Mendel postu-
lirten besonderen Augenfacialiskem. Den einzigen ätiologischen An-
halt bietet bestehende Tuberculose. Betreifs der besonderen Be-
grenzung des pathologischen Processes wird daran erinnert, dass die
basalen Hirnarterien nach Heubner Endarterien seien.
Pseudo- Ulrich Rose (Nephritis, Arteriosklerose und apoplekti-
bnlbär-
paralyse,
forme Pseudobulbärparalyse. Zeitschr. f. klin. Med. Nr. 5 — 6)
Rose. findet auf Grund seiner Fälle und derjenigen der Litteratur, dass in
der Regel die Pseudobulbärparalyse bei Schrumpfhiere sich anato-
misch und klinisch wie diejenige bei Altersarteriosklerose verhält.
Daneben finden sich jedoch seltene Fälle der nephritischen Form,
die klinisch durch äusserst zahlreiche, leichte Anfalle, anatomisch
durch multiple kleine und kleinste Erweichungsheerde charakterisirt
sind. Diese Vorkommnisse leiten über zu den urämischen Lähmungen,
bei denen auch manchmal multiple mikroskopische Capillarapoplexieen
nachweisbar sind.
8. Krankheiten des BDckenmarks.
a. Anatomie. Physiologie. Rückenmarkshäute.
Allgemeine Erkrankungen des Rückenmarks.
Adolf Bickel (üeber die Function der Hinterstränge des
Rückenmarks. Münch. med. Wochenschr. Nr. 37, S. 1161) behauptet auf
Krankheiten des Nervensystems. 71
<5rund von Versuchen, dass Tasteindrücke bei Mensch und Thier auf einer Hinter-
gekreuzten sensorischen Bahn im Rückenmark fortgeleitet werden, dass beim si^rftoge,
Thier (Hund, Katze und AfPe) eine ungekreuzte sensorische Bahn der Tast- Bickel '
«rregpmg bei ihrer centralen Fortleitung offen stehe und dass diese, beim
Hunde wenigstens, in den Hintersträngen gesucht werden muss. Die Lei-
tung für Kältereize erfolgt im Rückenmark ungekreuzt, und zwar im
Hinterstrange.
Gustav Bikeles (ebenda) hält auf Grund von Versuchen die An-Centripetale
nähme von centripetalen sensibeln Leitungsbahnen in der ^eitungs-
Höhe des obersten Lumbal- und des untersten Brusttheiles ct„„j^
UllIlClGi
bei Hunden und Katzen für nicht genügend begründet. Wohl Bikeles,
aber könnten die collateralen zusammen mit den Strangzellenfasem inner-
halb der grauen Substanz eine kurze Verbindung der unterbrochenen Ab-
4Bchnitte der Seitenstränge herstellen.
0. Langendorf f, Zur Kenntniss der sensibeln Leitungsbahnen Langendorff.
im Rückenmark (Pflüger's Arch. Bd. 71, H. 7 u. 8). Bei Vornahme des
8 1 e n s 0 n'schen Versuches (Compression der Bauchaorta) tritt ausser der
motorischen Paraplegie der hinteren Extremitäten auch Aufhebung der
Schmerzleitung ein. Anatomische Untersuchungen ergaben, dass diese Aus-
fälle durch die als Folge der Blutabsperrung auftretende Läsion der grauen
Rückenmarksubstanz verursacht werden, da in der weissen Substanz auch
nach langem Bestehen der Aortencompression keine nachweisbaren Altera-
tionen eingetreten waren. Dass die Schmerzleitung nicht bereits in den
IntervertebralgangHen unterbrochen sein kann, bewies Langendorff da-
durch, dass die Reizung der hinteren Wurzeln im gelähmten Gebiete er-
folglos war, der weiter nach vom gelegenen dagegen von der lebhaftesten
Schmerzreaction der Thiere beantwortet wurde. Langendorff fand nun
auch eine Aufhebung der Leitung tactiler Reize nach der Aortencompression,
soweit dieselbe aus dem Ausfall von reflectorischer Blutdrucksteigerung und
dem Ausbleiben von Reflexkrämpfen bei strychninvergifteten Thieren nach
tactiler Reizung in den gelähmten Gebieten ersichtlich war. Er schliesst
daraus, dass die in den Dorsalsträngen direct aufsteigenden Hinterwurzel-
fasem weder die Schmerz- noch die tactile Empfindung der Haut ununter-
brochen zum Gehirn leiten.
Carl Schaff er, Beitrag zum Faserverlauf der Hinterwurzeln Hinter-
am Cervicalmarke des Menschen (Neurol. Centralbl. Nr. 10). Der wurzeln
des
OolTsche Strang erscheint nur im Cervicalmark seitlich durch das Septum cervical-
paramedianum abgegrenzt, während distal-ventral eine sichtbare Grenzlinie marks,
fehlt; hier enthält der GolTsche Strang ausser den Sacral- und Lumbal- Schaffer.
wurzeln noch die unteren acht Dorsalwurzeln. Die dem Verlaufe einzelner
Wurzeln entsprechenden Streifen des Hinterstranges verfügen nicht über
ihnen allein reservirte Längsebenen, sondern die intramedullären Fort-
sätze der Hinterwurzeln sind mit den benachbarten innigst vermengt. —
72 Seeligmüller.
Läsionen hinterer Wurzeln werden ganz sicher von absteigender Degenera-
tion im Hinterstrange gefolgt; es ist dies die Schultz e'sche kommaförmige
Entartung, welche die Mitte des Burdach'schen Stranges einnimmt. Die-
selbe erschöpft sich bereits bis zur nächsten unteren Wurzel, ist somit von
kurzem Verlaufe; sie wird ausschliesslich durch Läsion von Hinterwurzel-
fasem bedingt; sie bildet nur einen Bruchtheil vom Gesammtbilde der ab-
steigenden Hinterstrangsdegeneration.
Gowers- G. J. Rossolimo (üeber den centralen Verlauf des Gö-
sch es wer s' sehen Bündels. Neurol. Centralbl. Nr. 20) fand durch Unter-
Rossolimo Buchung einer pathologischen Degeneration, dass das Gowers'sche Bündel
im Gebiet des Corpus restiforme Fasern an die E^leinhimseitenstrangbahn
abgibt, solche aus dem GolTschen Kern empfängt, sich im Velum medulläre
anterius theilweise kreuzt und im hinteren Vierhügelpaar, in der Substantia
nigra und im Globus pallidus endet.
Spinal-
ganglien, ^' Bikeles und A. Jasinski (Zur Frage der trophischen
trophische Nerven. Centralbl. f. Phys. Nr. 11) bestreiten nach einem Exstirpations-
Function, versuch ohne folgende Atrophie die t r o p h i s c h e Function derSpinal-
Bikeles u. « „ „ „ i : ^ ^
Jasinski. »»"iglien-
Rücken- A. Hoche (Ueber die bei Hirndruck im Rückenmarke
marksver- auftretenden Veränderungen. Deutsche Zeitschr, f. Nervenheilk.
J . ^ Bd. 11, H. 5 u. 6) fand bei Hirntumoren im Rückenmark Degenerationen
Hirndruck, ^^^ hinteren Wurzeln und Hinterstränge, welche nicht als secundäre von
Hoche. den cerebralen Processen in der Continuität abhängen. Sitz und histo-
logischer Charakter des Tumors waren ohne Einfluss, dagegen der Grad
und die Dauer des vorhandenen Himdruckes; am stärksten waren die
cervicalen, lumbalen und oberen dorsalen Wurzeln betheiligt. Hoche
möchte solche Degenerationen für im klinischen Bilde auftretende sensible
Ausfallserscheinungen, Sensationen, Schwinden der Patellarreflexe, die öfters
beobachtete Empfindlichkeit oder spontane Schmerzhaftigkeit der Nacken-
gegend verantwortlich machen.
Rücken- Gisbert Kirchgässer (üeber das Verhalten der Nerven-
marks- wurzeln des Rückenmarks bei HirngeschwÜlsten, nebst Be-
würze n e merkungen über die Färbung nach Marchi. Deutsche Zeitschr.
iiirnge*
schwülsten, ^* Nervenheilk. Bd. 13, H. 1 u. 2) führte an dem Rückenmark eines Falles
Kirchgässer. von Hirntumor, der direct im Anschluss an die Operation gestorben war, und
an dem eines an Erebskachexie gestorbenen Patienten eingehende Unter-
suchungen hinsichtlich der Degenerationen im Bereich der Wurzeleintrittszone
der hinteren Wurzeln aus und fand, dass diese im ersteren Falle quantitativ
mächtiger ausgebildet waren, besonders im Cervicalabschnitt des Rücken-
marks, ein Umstand, der für die Ansicht spricht, welche die Druckerhöhung
in der Cerebrospinalhöhle für die Ursache derselben anschuldigt. Er fand
Krankheiten dea Nerrengjatems. 73
veitorbin ähnliche Veränderungen im Gebiet der vorderen Wurzeln, nur
nicht so reichlich. Er ist der Meinung, dass die Prädisposition der hinteren
WnraeUone zu Degenerationen wahracheinlich auf Eigenthümliolikeiten ihres
anatomischen Verlaufes beruht, durch welche sie weniger widerstandsiUhig
gegen mechanische Schädigungen als die veriical verlaufenden Fasern zu
^ein acheint. Es liees sich in dem Falle von Hirntumor eine Vermehrung
der degenerirten Faaem mittels der Marchi-Färbung in dem Pyramiden-
ätrange der einen Seite feststellen, an der sich bei der bestimmten Angabe
eines vermehrten Schwächegefühls objeotiv keine Parese, sondern nur Ver-
stärkung des Fuascionus feststellen liess.
V. Bab es (Ueber den Einfluss der verschiedenen Infectionen Nerven-
»Df die Nervenzellen des Rückenmarks. Berl. klin. Woehenachr. ,','"*,? ""^
Nr. 1—3) glaubt, dass es von grösater Bedeutung ist, ob infolge einer In- Babes.
fection nur einzelne Zellen oder Zellgnippen oder die Umgebung der
Nervenzellen veiindert sind. Die specielle Localisation hängt von der Art
des Virus und seines Eindringens ins Rückenmark ab. So verursachen der
Pestbacillus und seine Toxine hochgradigen Zerfall der Nervenzellen, indem
derselbe durch die kleinen GefUsse der grauen Substanz in die Nervenzellen
eindringt; andere Bacillen dringen in den Centralkanal ein, und ihre Toxine
.'«hädigen die benachbarten Zellen der grauen Substanz. Das Virus der
LjBsa dringt von den Wurzein oder dem Centralkanal oder einzelnen Ge-
iäesen ans ins Mark, verursacht zunächst perivasculäre Zellwucherung und
Hämorrhagie , dann aber eigenthümliche Veränderungen in den Nerven-
zellen. Typhus- und Diphtheriebacillus, sowie deren Toxine bringen in der
mittleren Zone der grauen Substanz massige Veränderung der grossen
Servenzellen zu Stande , während der Leprabacillus vom pericellnlären
Raum aus in die Vorderhomzellen eindringt und die Zellen selbst nur all-
mUdich schädigt. Im allgemeinen verursachen sehr schnell wirkende Bac-
lerien und Toxine gewöhnlich weniger intensive Veränderungen als solche,
die längere Zeit hindurch auf das Rückenmark wirken.
H. Senator (Zwei Fälle von Querachnittserkrankung dea Qner-
Halamarks. Beitrag zur Kenntniaa der Sehnenreflexe, der ^^^^^^^^^
äecundären Degeneration und der Eörnchenzellen im des
Bäckenmarke. Zeitachr. f. klin. Med. Bd. 3B H. 1 u. 2) hält in Be- Halamarli
mg aaf die Herkunft der Kömchenzellen beide bisher auageaprochene
Aiiüliauungeii für richtig, insofern die Zellen unter sich bedeutende
Csterectiede in Form und AiiL-ilnimg zeigen, so daas die einen aus
I der Adventitia uder de.s 1/ efässrohra , die anderen aus Neu-
i hervorgegangen sein können.
r (Zur Fi-EiK'? nach dem Verhalten der Sehnen- Fätbrinec!
i tota-iflcftuerlasion des oberen Rückenmarks.
, Nr. 84) widerspricht der Allgemein-
74 Seeligmüller.
gültigkeit des Bastian-Bruns'schen Gesetzes unter Hinweis auf
früher von ihm ausgeführte Versuche am Kaninchen und einen makro-
skopisch untersuchten Fall von totaler hoher traumatischer Querläsion.
Halbseiten- Max v. Arx (Ein Fall von halbseitiger Verletzung des
Usion, Rückenmarks. Correspondenzbl. der Schweizer Aerzte S. 309)
erörtert in dem genau beschriebenen Falle die Frage : Ist eine totale
Verletzung der rechten Rückenmarkshälfte möglich ohne gleichzeitige
Verletzung der linken, in Anbetracht des Umstandes, dass wir in
unserem Falle die Einstichsöffnung links von der Wirbelsäule
finden? Verf. bejaht diese Frage für den Fall, wo die Verletzung
in der Höhe zwischen dem vierten Hals- und fünften Brustwirbel
statt hatte, woselbst die Domfortsätze ziemlich wagerecht verlaufen.
Primäre J. Pal (Ueber amyotrophisch-paretische Formen der
combinirte combinirten Erkrankungen der Nervenbahnen, sog. primäre
erkrankang, combinirte Systemerkrankung. Wien, M. Perles) stellt zwei Haupt-
Pai. gruppen auf: 1. die primären combinirten Strangerkrankungen im
engeren Sinne des W^ortes und 2. diejenigen Strangaffectionen , bei
denen auch eine Erkrankung der Ganglienzellen specieU in den Vorder-
hörnern das Kxankheitsbild beeinflusst oder beherrscht.
Diagnose Heinrich Labin, Klinischer Beitrag zur Diagnose der Af-
. ^, ^f5 fectionen des Conus terminalis (Wien. klin. Wochenschr.
Affectionen . . . ^
des Conus Nr. 10). Ein 55jähriger, bislang völlig gesunder Mann erleidet nach
terminalis, einem Sturze eine totale Lähmung der Ober- und Unterextremitäten,
Harn- und Kothverhaltung. Diese Beschwerden gehen allmählich
zurück bis auf folgende: spastische Parese der Ober- und Unter-
extremitäten und partielle Empfindungslähmung (fiir Schmerz und
Temperatur), welche die Gesäss-, Perineal-, Anal-, hintere Scrotalhaut,
und an den Unterextremitäten lange schmale Streifen, die distalwärts
immer breiter werden, umfasst und schliesslich den ganzen Fuss
einnimmt. Diese Symptome , abgesehen von dem spastischen Zu-
stande in den Extremitäten, lassen sich herleiten von einer centralen
Hämatomyelie der Hinterhömer des unteren Lumbal- und des ganzen
Sacrococcygealmarkes .
Spinale Julius Weil (Ein Fall von spinaler Monoplegie des
Monoplegie j.g^,lj^^ej^ Beins. Neurol. Centralbl. Nr. 15) beobachtete einen
des rechten
Beins, 31 Jahre alten Arbeiter, bei dem bei einer starken körperlichen An-
Weü. strengung plötzlich unter heftigem Schmerz im Knie und Fussgelenk
Krankheiten des Nervensystems. 75
eme schlaffe Lähmung des ganzen rechten Beins aufgetreten war,
die sich weiterhin als dauernd erwies und mit Entartungsreaction
der Musculatur, welche von der grauen Vordersäule aus vom dritten
Lumbal- bis zum dritten Säcralsegment innervirt wird, einherging.
Nach Ausschliessung neuritischer Erkrankung bleibt nur die eine
Möglichkeit eines spinalen Sitzes der Affection, die als Apoplexie
in das rechte Vorderhom des genannten Bereichs angesehen wird.
Gisbert Eirchgässer (Experimentelle Untersuchungen Rüoken-
fib er Rückenmarkserschütterung. Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. marks-
Bd. 11, H. 5 u. 6) bewirkte bei Kaninchen durch Klopfen auf eine Stelle
der Wirbelsäule, das ohne Verletzung der Wirbelknochen und Weichtheile Kirchgässer.
herbeizuführen fortgesetzt wurde, bis Paresen der Extremitäten, meist der
unteren und nur vorübergehende, entstanden, eine durch Zerfall der Mark-
scheiden und Ausfall ganzer Fasern deutlich als solche erkennbare Er-
krankung des ganzen Querschnittes, entsprechend der Einwirkungsstelle der
erschütternden Gewalt und daran anschliessend typische auf- und absteigende
Degenerationen. Wie an der Wirbelsäule fehlte auch im Wirbelkanal und
der Rückenmarksubstanz selbst jede gröbere Spur der Erschütterung, wie
etwa eine Blutung oder gröbere Weichtheilquetschung.
G. Marinesco (Sur les parapl^gies flasques par com-Compression
pression de la moelle. La semaine m6d. S. 153) beschreibt 2 Fälle ^®* »ücken-
. . . . mark 8,
von Querläsion des Rückenmarks im Dorsaltheile. In dem einen Falle Marinesco.
wurde durch eine tuberculöse Pachymeningitis eine vollständige Lei-
tungsunterbrechung in der Höhe des sechsten Dorsalsegmentes be-
wirkt ; dabei bestand vollständig schlaffe Paraplegie mit Aufhebung
der Sehnenreflexe. Im zweiten Falle war die Läsion durch eine
eindringende Kugel zwischen dem fünften und sechsten Dorsal-
segment localisirt und bestand hier in einer Abplattung des Rücken-
markes, besonders der linken Hälfte, während unterhalb dieser Stelle
eine Zerstörung der grauen Substanz der Hinterhömer und der an-
grenzenden weissen Substanz vorhanden war. Die Leitung war
nicht ganzlich aufgehoben, sondern sie bestand noch für tactile Reize,
während Temperatur- und Schmerzempfindung in der unteren Körper-
Hälfte fehlten; späterhin stellte sich in Füssen imd Unterschenkeln
totale Anästhesie ein, während an den Oberschenkeln und am Unter-
körper die Dissociation bestehen blieb. Hier fehlten ebenfalls die
Hautreflexe, an den Patellarreflexen bestand das Phänomen des contra-
lateralen Reflexes, indem bei Beklopfen der rechten Tricepssehne die
linken Adductoren sich contrahirten.
76 Seeligmüller.
b. Myelitis.
Acute Apostoli imdPanet (Les my^lites aigues infectieuses.
A ^*feor^** Note sur un cas de my61ite aigue grippale trait^ par l'^lectricite.
Panet. Gu^rison. Rev. de m6dec. Nr. 7) beobachteten einen 36jälirigen
Patienten, bei dem vor 2 Jahren nach einer Influenzaerkrankung eine
Schwäche in der linken Hand, gefolgt von Atrophie der ganzen Muscu-
latur des Armes, auftrat ; 1 */« Jahre später begann sich eine Schwäche
der Beine geltend zu machen, welche sich zu einer ausgeprägten
spastischen Parese derselben entwickelte. Es wurde nun eine auf-
steigende Galvanisation des Rückenmarkes vorgenommen, und nach
32 Sitzungen, die sich auf ca. 3 Monate vertheilten, waren die spa-
stischen Zustände in den Beinen verschwunden, die Muskelmassen der
oberen Extremitäten vollkommen ersetzt.
Puerperale Brush (Puerperale Myelitis. Med. News, 26 März) sah
Myelitis, ^^ 5 pellen von gestörtem Wochenbettsverlauf myeli-
Jorosii. , ^ , ,
tische Symptome, die er durch Septikämie erklärt.
Reflexe Joseph Fränkel (Weiterer Beitrag zum Verhalten der
bei hohen Reflexe bei hohen Querschnittsmyelitiden. New Yorker
Quer- . . .
Schnitts- med. Wochenschr. Nr. 10) hatte im April vorigen Jahres der New
myeiitiden, Yorker neurologischen Gesellschaft über 4 Fälle spinaler Erkran-
^^ * kung berichtet , deren Reflexsymptome nicht im Einklänge mit der
herrschenden Lehre waren. Nunmehr theilt er einen fünften Fall
mit und kommt zu folgenden Schlüssen : 1. Gravidität, resp. Wochen-
bett scheinen eine bemerkenswerthe ätiologische Rolle in den Er-
krankungen des Rückenmarks zu spielen. 2. Totale Querschnitts-
läsionen des Rückenmarkes sind stets von schlaffer Paraplegie gefolgt.
8. Verlust der Reflexe ist nicht immer ein Beweis einer totalen Durch-
trennung des Rückenmarksquerschnitts und demnach nicht immer ein
Zeichen vollständiger therapeutischer Aussichtslosigkeit. 4. Für das
Zustandekommen der Sehnenreflexe ist das Bestehen eines gewissen
Muskeltonus unerlässliche Bedingung.
Vergl. auch die Arbeiten von Senator und Für bring er auf S. 73.
c. Syringomyelie.
Syringo«
myeiiebei Fälle von centraler Erweichung des Rückenmarks,
Meningitis bezw. Höhlenbildung in demselben bei Meningitis, bezw.
Wolienweber' ^^ningomyelitis syphilitica haben Hans Wullenweber
u. Schwa». (Münch. med. Wochenschr. Nr. 32) und Emil Schwarz (Zeitachr.
Krankheiten des Nervensystems. 77
f. klin. Med. Bd. 34) mitgetheilt. Letzterer bezeichnet als zwei be-
sonders bemerkenswerthe Symptome im Krankheitsbilde das sehr
wechsebide Verhalten der Patellarreflexe und die einige Zeit lang
beobachteten choreaähnlichen Spontanbewegungen der Beine.
Bei Syringomyelie beobachtete Alfred Kofend Spontan- fracturen,
fractur beider Humerusköpfe und Resorption derselben Kofend.
(Wien. klin. Wochenschr. Nr. 13), AlbertEugenStein (Deutsches hV*\®
Arch. f. klin. Med. Bd. 60) totale Hemianästhesie, und M. A. Lunz anästhesie,
als Complication bei einer 30jährigen Frau eine bedeutende Ste|ii.
Vergrösserung der Hände: Cheiromegalie (Deutsche med. megalie
Wochenschr. Nr. 8). Lunz.
Jean Cardamatis (TJn type intermediaire entre la Inter-
. mediärer
lepre, la syringomyelie et la maladie de Morvan. Le Typus
progres m^d. Nr. 33 u. 34) beobachtete eine BBjährige Frau, bei zwischen
welcher die ausserordentliche Reichhaltigkeit der Symptome doch die ^^P"**'
scharfe Differentialdiagnose zwischen den obigen Krankheiten nicht myelie und
ermöglichte. Es bestand bei ihr eine Veränderung der Nasenschleim- Morvan-
^ g eil Ar
haut und der Gesichtshaut in der Umgebung der Nase, die nach Krankheit
aller Wahrscheinlichkeit lepröser Natur war ; daneben bestanden am Cardamatis.
linken Arm und rechten Beine eine hochgradige Muskelatrophie,
Arthropathieen und dissociirte Sensibilitätsstörungen ; an der Wirbel-
säule eine ausgeprägte Kyphoskoliose.
V. Düring, Die Schwierigkeiten in der Diagnose nervöserDifferential-
Lepraformen, insbesondereinBeziehung auf dieSyringo- Diagnose
"^ » . « . V von Lepra
myelie (Arch. f. Dermatol. Bd. 43). Die Befunde im Rückenmark und gy ring o-
bei Leprösen sind in Anbetracht des bis jetzt im ganzen kleinen Ob- myelie,
ductionsmaterials und in Anbetracht der bis jetzt geringen Auf- ^* ^'
merksamkeit, die man dem Rückenmark zugewandt hat, schon recht
bedeutend. Es fanden sich da sowohl durch baciUäre Invasion des
Centralnervensystems hervorgerufene Veränderungen, als auch De-
generationsprocesse anscheinend sowohl endo- wie exogener Natur,
die vollauf diejenigen sensiblen und trophischen Störungen erklären,
welche nicht auf periphere Neuritis zurückführbar sind. Anatomisch
haben diese Veränderungen mit Syringomyelie nichts zu thun.
Die klinische Unterscheidung zwischen Lepra und Syringomyelie
kann in gewissen Fällen schwierig, oder sogar zeitweilig unmöglich
«ein. Nach des Verfassers Beobachtungen sind folgende Kriterien
noch am zuverlässigsten: Die Anästhesie ist bei Lepra fast immer
78
Seeligmüller.
sjrmmetrisch, zunächst bandförmig, später segmental (d. h. hier hand-
schuh-, strumpf- oder westenförmig). Die Dissociation ist meistens
unvollkommen ; die Anästhesie nimmt ab an Intensität nach der Tiefe
der Gewebe zu und an den Extremitäten proximalwärts. Die syringo-
myelitische Anästhesie ist häufig asymmetrisch, stets von vornherein
segmental (im oben angedeuteten Sinne; doch bezweifelt es Verf.
selbst!), meist besteht vollständige Dissociation, und die Anästhesie
ist scharf abgegrenzt.
d. Tabes.
Hinter»
Trepinski (Die embryonalen Fasersysteme in den
Ta^e*8 Hintersträngen und ihre Degeneration bei der Tabes.
Trepinski. Arch. f. Psychiatrie u. Nervenkrankheiten Bd. 30, Nr. 1) wies in
vier Fällen von Tabes nach, dass die Degenerationsfelder mit der
embryonalen Entwickelung der Markscheiden übereinstimmen.
Hintere
Wurzeln
bei Tabes,
Dambacher.
E. Dambacher (Untersuchung über das Verhalten der
hinteren Wurzeln bei einem Falle von Tabes dorsalis.
Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 12, H. 2) fand bei dem Falle,
dessen klinische Symptome kein besonderes Interesse darboten, dass
die hinteren Wurzeln sich stets in demselben Stadium der Erkran-
kung befanden, wie die zugehörigen Abschnitte des Markes; dies
betraf die hinteren Wurzeln durchaus gleichmässig und continuirlich
in ihrer Ausdehnung von der Einstrahlung der hinteren Wurzelfasem
in die Wurzelzone bis zu ihrem Ursprung im Ganglion. Dieses selbst
erwies sich frei von pathologischen Veränderungen, doch möchte
Dambacher darauf kein Gewicht legen. Ein weiterer Beftmd, der
in Hinsicht auf die von Obersteiner vertretene Theorie über den
Ausgangspunkt der Degeneration von Interesse ist, ist der eines auf-
fallenden Lockerungszustandes der untersten Schichten der Pia, d. h.
gerade derer, die für die von Obersteiner angenommene Compres-
sion in Frage kämen.
Spinal- Carl Schaffer (Das Verhalten der Spinalganglienzellen
gangiien. ^^j Tabes auf Grund NissPs Färbung. Neurolog. Centralbl.
bei Tabes, ^r. 1) fand, dass selbst bei ausgeprägter Tabes die Zellen des sen-
Schaffer sibeln Protoneurons mit der NissFschen Färbung keine Verände-
rungen aufwiesen, die bestimmt als pathologisch bezeichnet werden
könnten.
K. Gumpertz (Hautnervenbefunde bei Tabes. Zeitschr.
f. klin. Med. Bd. 35, H. 1 u. 2) fand in acht Fällen von Tabes 3mal
Krankheiten des Nerrensystems.
79
schwere, 2inal angedeutete Degeneration der Hautnerven. Die Fälle Hautner ven
waren uncomplicirt. Einmal lag ätiologisch Influenza vor. Einmal ^^ TAbes,
war die Degeneration am stärksten in der Gegend der sensibeln End-
apparate (der trophischen Centren?). Wo Degeneration der Haut-
nerven fehlt, sollen sie regenerirt sein. ReflexcoUateralen werden
nicht regenerirt.
Tabes und
Syphilis,
Outtmann,
Fisher,
Scheiber.
A. Öuttmann (Tabes dorsalis und Syphilis. Zeitschr.
f. kLin. Med. H. 3 u. 4) leugnet auf Grund der Statistik, der patho-
logisch-anatomischen Forschungen , die auf die peripheren Neuron-
endigongen als den Ausgangspunkt des Processes hinweisen, sowie
auf Grund der schlechten Resultate antisyphilitischer Therapie den
causalen Znsammenhang zwischen Tabes und Lues.
Pisher (Occid. medic. Times, March) hält auf Grund der im
Cooper-CoUege in San Francisco beobachteten Fälle von Tabes die
Bedeutung der Syphilis als ätiologischen Moments für übertrieben.
Gegen den ätiologischen Zusammenhang zwischen Syphilis und
Tabes führt auch S. H. Scheiber (Zur Tabessyphilisfrage.
Deutsche med. Wochenschr. Nr. 38) folgende Argumente an : Tabes
ist selten oder gar nicht beobachtet in Gegenden, wo sehr viele syphi-
litische Erkrankungen vorkommen, so bei den Kirgisen, in Japan, in
Arcansas, in Bosnien und Herzegowina, in Abessinien. Bei den Arabern
war die allgemeine Paralyse, obwohl die Syphilis bei ihnen von jeher
sehr verbreitet ist , bis vor kurzem so gut wie unbekannt. Femer
rindet man bei alten Prostituirten, die doch meist syphilitisch waren,
sehr selten Tabes. Danach kann die Syphilis unmöglich die einzige
und hauptsächlichste Ursache der Tabes und Dementia paralytica sein.
8. Kalischer (lieber erbliche Tabes. Berl. kHn. Wochenschr. Erblichkeit
Xr. 18) beobachtete eine 61jährige Frau und deren 27jährigen Sohn, ^",^*Jl^^'
welche beide an den typischen Symptomen der uncomplicirten Tabes
erkrankt sind, erstere seit etwa 16 — 20 Jahren in langsam fort-
schreitender Weise, der Sohn seit einem Jahre mit schnell progres-
sivem Verlauf. Bei der Mutter lässt sich eine Ursache der Erkran-
kung nicht erweisen, insbesondere fehlt in Anamnese und Unter-
.'«uchungsbefund jeder Anhaltspunkt für eine etwa stattgehabte syphi-
litische Affection ; dies letztere ist auch bei dem Sohne der Fall, bei
welchem von sonstigen ursächlichen Schädlichkeiten nur anhaltendes
Stehen infolge seines Geigerberufes in Frage kommen könnte.
R. Cunyngham Brown (Verlust des sexuellen Ver-
mögens bei Tabischen. The Lancet, June 11, S. 1613) consta-
Kalischer.
80
Seeligmüller.
Impotenz
bei Tabes,
Brown.
tirte Impotenz in 70®/o bei Fällen von 2jähriger Dauer, Leimbach
in 53,25 °/o (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. 1895) bei Fällen
von irgend welcher Dauer; in 15,54 °/o war die Impotenz eines der
frühesten Sjrmptome. Cunyngham Brown weist nach, dass die
Impotenz in geradem Verhältnisse steht mit der Analgesie der Eichel.
Er unterscheidet zwei Stadien; 1. Stadium: Verlust oder Verminde-
rung des willkürlichen sexuellen Vermögens mit Fortbestehen der
imwillkürlichen Erection und Emission, imd 2. Verlust beider. In
dem ersten besteht die Analgesie der Glans allein oder gleichzeitig
vermindertes Tastvermögen, aber die Hoden sind nicht atrophirt, und
das Hodengefühl ist vorhanden. Im zweiten Stadium kommen diese
beiden Veränderungen hinzu.
Tabische
Sehnerven*
atrophie,
Süex.
Silex, üeber tabische Sehnervenatrophie (mit Skiopti-
kondemonstrationen) (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 39). Von 54 Fällen
von tabischer Sehnervenatrophie, die er in kurzer Zeit nach einheit-
lichen Gesichtspunkten auf ihre Aetiologie hin untersuchte, liess
sich bei 44 (81,5 °/o) voraufgegangene syphilitische Infection nach-
weisen; imter diesen 44 fand sich eine ganz beträchtliche Zahl
solcher, bei denen eine gründliche Behandlung der Syphilis vorauf-
gegangen war, so dass er den Schluss zieht, dass hier wenigstens
die gründliche Quecksüberbehandlung das Auftreten des tabischen
Processes nicht zu verhindern im Stande ist. Der Erfolg der Queck-
silbercur bei Beginn der tabischen Opticusatrophie ist entweder
gleich Null oder in nicht wenigen Fällen sogar eine Beschleunigung
der Abnahme der Sehschärfe. In Fällen von Opticusatrophie, bei
denen während einer Schmiercur eine Verbesserung der Sehschärfe
beobachtet wird, hält er es für wahrscheinlich, entweder dass syphi-
litische Processe, welche den Sehnerven neben dem tabischen Process
schädigten, dadurch zurückgingen, oder dass nebenher Tabaksambly-
opie bestand, die sich unabhängig von der Behandlung besserte. Auch
von elektrischer Behandlimg der tabischen Atrophie hat er keinerlei
sicheren Nutzen gesehen.
Reflecto-
Tische
Pupillen-
starre bei
Tabes,
Treupel,
Eichhorst.
G. Treupel (Münch. med. Wochenschr. Nr. 35) beschreibt einen
Fall von zweifelhafter Tabes dorsalis, in dessen Verlauf die
reflectorische Pupillenreaction ein wechselvolles Ver-
halten zeigte, während die übrigen Symptome zumeist unverkennbar
zunahmen, das Leiden also im ganzen sich versclüimmert hatte. Das-
selbe hat auch Eichhorst (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 23) in
2 Fällen beobachtet.
Krankheiten des Nervensystems. 81
Hermann Eichhorst (Einige Bemerkangen über intermii- Tabische
tirende Pupillenstarre bei Tabes dorsalis. Deutsche med. Aagen-
Wochenschr. Nr. 23) constatirte bei zwei tabischen Patientinnen EiGhhont.
während einer durch mehrere Jahre fortdauernden Beobachtung, dass
die Pupillenstarre noch nach langem Bestehen des Leidens und trotz
Verschlimmerung desselben durch Perioden von reflectorischer Be-
weglichkeit derselben unterbrochen war.
P. K. Pal (Augenkrisen bei Tabes dorsalis. Berl. klin. pai.
Wochenschr. Nr. 2) beobachtete bei einem Tabiker, der die Initial-
Symptome der Demenz darbot, Anfalle von plötzlich auftretenden,
brennenden, stechenden Schmerzen in beiden Augen und deren Um-
gebung, dabei krampfhafte Oontractionen der Orbiculares oculi, starken
Thränenfluss und geröthete und geschwollene Conjunctivae bulbi et
palpebrarum. Die Umgebung war dabei hyperästhetisch, es bestanden
keine Druckpunkte am Foramen supraorbitale; Dauer des Anfalles
2 — 3 Stunden, eine Stunde nachher sind die Augen, abgesehen von
leichter Hjrperästhesie , wieder normal. Die Augen sind in der
Zwischenzeit absolut normal, die Anfälle somit als Krisen zu deuten.
H. Senator (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 29) beschreibt einen Tabesfuss,
,, m-i •fTii/» • • «T^ Sehnen-
Fall von Tabes mit Tabes tu ss, emen zweiten mit Dupuy- contractnr,
tren'scher Sehnencontractur. Senator.
Duplay (La M6decine moderne) rühmt bei Mal perforant Mal
du pied die schon -seit 1894 empfohlene Dehnung des Nervus plan- perforant,
taris in der Knöchelgegend. (Chalier hat in seiner These 1897
14 Heilungen in 15 Fällen zusammengestellt.)
Tabes ohne
van Oordt (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Nr. 13) beob- Ataxie,
achtete Tabes ohne Ataxie mit Hysterie.
van Oordt.
H. Senator (Ueber die Behandlung der Tabes dor- Therapie
salis. Zeitschr. f pract. Aerzte Nr. 8) bietet eine reichhaltige Zu- <^er Tabes,
sammenstellung von Mitteln und Maassnahmen, die in vielen Fällen
einen günstigen Einfluss auf den Verlauf der Tabes auszuüben
scheinen. Im einzelnen interessirt die Empfehlung des Argent.
nitricum, das in den Anfangsstadien von Nutzen zu sein schien,
wenn auf alle anderen Behandlungsarten verzichtet werden musste.
Ebenso hält er die Anwendung starker Ableitungen durch Blasen-
pflaster, punkt- und strichformige Cauterisationen neuerdings für des
Versuches werth. Von den Bädern empfiehlt er nur die nicht stark
reizenden. Unter den mechanischen Maassnahmen ist eine sehr vor-
Jahibuch der practischen Hedicin. 1899. ß
82 SeeligmtQler.
sichtige Anwendung der Moschutkc^sky^schen Suspension von
günstigem Einfluss auf eine ganze Reihe von Symptomen. Die
Uebungstherapie, die er als eine Bereicherung der Tabestherapie an-
erkennt, hält er nicht für eine unbedingte Domäne der Anstalts-
behandlung, wenngleich sie in solchen aus naheliegenden Gründen
die besten Erfolge erzielt.
Orthopädie Jacques Joseph (Berlin), Ueber einige Fortschritte
bei Tabes, ^qj. orthopädischen Apparatotherapie, mit Berücksichti-
°^^^ * gung der compensatorischen Uebungstherapie bei Tabes dorsalis
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 9). Physiologisch ist unter TJebung
bestimmter Bewegungen nicht Muskel-, sondern Gehimgymnastik,
die Uebung moleculärer Bewegungen der Ganglienzellen zu verstehen.
Von pathologischer Seite spricht für suggestive Uebungstherapie bei
Tabes die Erfahrung des Schwindens tabischer Ataxie bei mania-
kalischen Zuständen. Indicirt ist die Uebungstherapie bei allen
nicht acuten, nicht mit schwereren Allgemeinstörungen einhergehen-
den Ataxieen. Nutzlos ist sie, wo Schwäche der InteUigenz oder
Spasmen bestehen. Ausser der Ataxie wird auch das R omberg'sche
Phänomen gebessert.
üebungs- Paul Jacob (Ueber die compens atorische Uebungs-
therapie therapie bei der Tabes dorsalis. Deutsche med. Wochenschr.
bei Tabes
Jakob ^^' ® — ^^) ^^^^ nach seinen Erfahrungen die Anwendung geeigneter
Apparate bei einer systematischen Ausführung der Uebungstherapie
für nothwendig. Sie erleichtem die Erlangung der bestmöglichen
Präcision in der Ausfuhrung der wieder zu erlernenden Bewegungen
und haben auf den Patienten eine sehr günstige psychische Wir-
kung, die bei der langen Dauer der Cur von hervorragender Wich-
tigkeit ist. Er hat zu diesem Zwecke besonders für die Ataxie der
Beine eine Beihe von Apparaten, theils zu Präcisionsübungen im
Sitzen, theils zu Gangübungen construirt. Auch die beständige ärzt-
liche Aufsicht bei Ausfuhrung der Uebungen ist nöthig, weil die
Patienten theils wegen des mangelnden Ermüdungsgefühles, theils
in ihrem übertriebenen Eifer, sich selbst überlassen, durch ihnen
schädliche Ueberanstrengungen das Gegentheil von dem Erhofften
herbeizuführen Gefahr laufen, und auch weil ihnen die strenge, zu-
verlässige ControUe fehlen würde. Er ist deshalb der Meinung, da.s8
diese Therapie nur den sich speciell mit ihr beschäftigenden Aerzten
vorbehalten bleiben werde.
ßum. A. Bum (Wien. med. Presse Nr. 8) berichtet im Wien. med.
Club über seine Resultate bei der Uebungstherapie der
Eranklieiten des Nervensystems. 83
tabischen Ataide. Die Erfolge sind am besten bei den stationären
Fällen; eine wichtige ßolle spielt die Intelligenz und Willenskraft
der Patienten ; die Apparate hält er für durchaus entbehrlich.
e. Multiple Sklerose.
Fürstner, Ueber multiple Sklerose und Paralysis Multiple
agitans. Arch. f. Psychiatr. Bd. 30, H. 1. Redlich hat jüngst Sklerose
der Paralysis agitans einen specifischen anatomischen Befund am paralysis
Rückenmark in Gestalt einer Peri- und Endarteriitis mit Fortsetzung agitans,
des entzündlichen Processes auf die Stützsubstanz besonders der ^" ^^^'
Hinter- und Pyramidenseitenstränge vindicirt. Dem gegenüber be-
tont Für st ner das Ergebniss einer von ihm vorgenommenen histo-
logischen Untersuchung des B>ückenmarks von einem ganz typischen
Fall der Paralysis agitans; es fiel ganz negativ aus. Den patho-
logischen Process der multiplen Sklerose entwickelt er folgender-
maassen : gewisse Eigenthümlichkeiten der nervösen Substanz geben
eine Disposition, unter Mitwirkung verschiedenartiger occasioneller
Momente (besonders Traumen) entsteht primäre Degeneration der
Markscheiden ; im Anschluss daran oder gleichzeitig entwickeln sich
Gefassveränderungen , und weiterhin kommt es bei Intactbleiben
jedenfalls eines Theiles der Axencylinder zur Vermehrung des Glia-
gewebes. Von einem entzündlichen Process kann nach ihm nicht
die Rede sein; schon die symmetrische Entwickelung zahlreicher
Heerde spreche dagegen.
Sigmund Erben (Zur Histologie und Pathologie der Histologie
insel förmigen Sklerose. Neurol. Centrälbl. Nr. 14) findet bei ^^f*,
1 • 1 Ol 1 11 •! 1 • 1 multiplen
multipler bklerose neben den von ihm als pnmär erkannten regres- Sklerose,
siven Veränderungen der Nervenelemente reichliche neugebildete Erben.
Axencylinder. Als Ursache des Intentionszittems bezeichnet er den
frühzeitigen Schwund einzelner Fasern der psychomotorischen Bahn ;
die jungen Axencylinder erklären die vorkommende Wiederher-
stellung ausgefallener Functionen.
L. Brauer (Muskelatrophie bei multipler Sklerose. Muskei-
Neurol. Centrälbl. Nr. 14) beschreibt einen mit uncompUcirter Muskel- »^^^^Phie bei
, . T_ . , . . -r» • • multipler
atropme beginnenden, später eme spastische Parese der Beine zei- Sklerose,
genden, ohne die Cardinalsymptome verlaufenden Fall. Die Autopsie Brauer.
ergab dem klinischen Bilde entsprechende spinale Heerde und Ver-
änderungen der peripheren Nerven. Bei vorliegendem Fall wird
zum ersten Mal auf eine Anomalie der Schweisssecretion , über-
84
Seeligmüller.
massiges Schwitzen an einer umschriebenen Partie des rechten Vorder-
armes, bei multipler Sklerose hingewiesen.
Aetiologie
der acaten
Polio-
myelitis,
Sohnltze.
Polio-
myelitis
anterior
subacata,
Hess.
f. Poliomyelitis.
Fr. Schnitze (Zur Aetiologie der acuten Poliomye-
litis. Münch. med. Wochenschr. Nr. 88) fand bei einem 5jährigen
Knaben, der, seit 13 Tagen mit Müdigkeitsgefiihl und Fieber er-
krankt, eine schlaffe Lähmung beider Arme und der Halsmuskeln
zeigte, in der durch Lumbalpunction entleerten Flüssigkeit bei der
bacteriologischen Untersuchung viele kurze Ketten und in Tetraden
angeordnete, gonokokkenähnlich aussehende Diplokokken, die voll-
ständig die Form der Weichselbaum- Jäger'schen Meningokokken
zeigten. Obwohl das Krankheitsbild der gewöhnlichen Meningitis
fehlte, so ist das Vorhandensein der Diplokokken in der Cerebro-
spinalflüssigkeit erwiesen und damit, dass Entzündungserreger sich
einerseits heerdweise in den Meningen und in der Nähe der Gefasse
ansiedeln und zugleich hauptsächlich im Gebiete der vorderen Cen-
tralarterien des Rückenmarks intensivste Entzündung hervorrufen.
Hess (Ein Fall von Poliomyelitis anterior subacuta
adultorum. Deutsche med. Wochenschr., Vereins-Beil. Nr. 16)
stellt einen 58jährigen Mann vor, bei dem sich seit einem halben
Jahre degenerative Processe in fast allen Muskeln der drei Vorder-
armnerven zeigten, die auf eine Affection der grossen GangüenzeUen
in den grauen Vordersäulen des Gervicalmarkes zurückzufuhren sind.
Interessant ist, dass bei dem Patienten, der Linkshänder war, auch
der linke Arm fast ausschliesslich betroffen ist.
Polio,
royelitis
acuta der
Erwach-
senen,
Niedner.
Niedner (Ein Fall von Poliomyelitis acuta der Erwach-
senen. Münch. med. Wochenschr. Nr. 18) beobachtete bei einem
19jährigen eine acut unter Fieber auftretende Lähmung der Mm.
deltoides, pectoralis major und Extensoren des Armes, sowie Schwäche
der Flexoren ausser Biceps und Supinator longus, sowie des ganzen
Beines der rechten Körperseite; 2 Tage später war die Lähmung
der ganzen rechten Körperseite fast complet, und im FaciaHsgebiete
zeigte sich eine Asymmetrie. Während der nächsten Tage besserten
sich die Lähmungen sehr bedeutend, doch nach 4 Tagen trat deut-
liche Facialisparese, Schwäche der Bachen-Kehlkopfinusculatur, Som-
nolenz, bald auch Erlahmung der Athmungs- und Herzthätigkeit auf,
an der er am folgenden Tage starb.
Krankheiten des Nervensystems. g5
g. Spastische Spinalparalyse. Landry'sche Paralyse.
S. E. Henschen, Acute spastische Spinalparalyse Acute
nach Influenza (Deutsche Zeitschr. f. Nervenheilk. Bd. 12, H. 5 spastische
. Spinal-
u. 6). Ein 34jähriger Landmann erkrankte vor 5 Jahren während einer p a r a i y s e,
Influenzaepidemie sehr heftig an dieser Krankheit, während deren Hensohen.
er starke Schmerzen in den Extremitäten und eine gewisse Steifig-
keit im ganzen Körper empfand. Danach war sein rechtes Bein ge-
lahmt und steif; einige Wochen später begannen im linken Arme
Parästhesien, aber keine deutlichen Bewegungsstörungen. Ein Jahr
später wurde das Unke Bein in derselben Weise wie das rechte be-
fallen. Die klinische Untersuchung zeigt jetzt ausgebildete spastische
Zustände in den unteren Extremitäten und Schwäche des linken
Armes.
Wilhelm Göbel (lieber Landry'sche Paralyse. Münch. Landry'sche
med. Wochenschr. Nr. 31 u. 32) wies in einem typischen Falle "öbJi*^'
mittels derMarchi-Methode degenerative Processe im Bückenmark und
der Cauda equina nach, die Nonne bei der Discussion im Hamburger
Verein nicht als die anatomische Ursache der klinischen Erschei-
nungen, sondern nur als Ausdruck der stattgehabten Infection, bezw.
Intoxication des Gentralsystems ansieht; ebenso seien die acuten
parenchymatösen Veränderungen, die in vielen Muskeln nachgewiesen
werden konnten, nur ein symptomatischer Ausdruck dieser Intoxi-
cation.
h. Krankheiten der Muskeln.
B. Morpurgo (üeber Activitätshypertrophie des willkür- Activitäts-
lichen Muskels. Virch. Arch. Bd. 150, S. 522) sieht nach seinen Unter- hyper-
troDhie der
suchnngen in der Activitätshypertrophie der willkürlichen Muskeln ein Bei- Muskeln
spiel von wahrer Hypertrophie im Sinne Virchow's. Die Vergrösserung Morpurgo.
der Muskeln geschieht ohne Vermehrung der querftestreiften Muskelfasern,
bloss durch Verdickung der vorher bestehenden Elemente, und zwar wachsen
die ursprünglich dünnsten Fasern am meisten durch Vermehrung des
Sarkoplasmas.
H. Curschmann (Uebereine besondereForm von schwie-
liger Mnskelentartung. Münch. med. Wochenschr. 1897, Nr. 47)
beobachtete bei 8 Personen an den oberen Extremitäten eine eigen-
thümliche symmetrische Entartung einer E»eihe von Muskeln, und
zwar in allen Fällen der Mm. biceps, triceps und deltoides, sowie
in geringerem Grade des PectoraUs major, in einem Falle auch
86 SeeligmüUer.
Schwielige noch der Mm. supra- und infraspinatus. Das Muskelfleisch war er-
Muskel- sQizt durch dünnes, derbes, schwieliges Gewebe, am M. biceps in
Gurschmann! ^^^ eigenthümlichen Anordnung, dass das mittlere Drittel desselben
noch contractu und relativ intact geblieben war, die den Sehnen
zunächst liegenden Partieen dagegen durch das feste Gewebe ersetzt
waren. In zweien der Fälle liess sich anatomisch eine das eine Mal
30, das andere Mal 12 Jahre zurückliegende, schwere und lange Er-
krankung nachweisen, die mit Wahrscheinlichkeit Trichinose ge-
wesen war. In allen 3 Fällen enthielten die aus dem erkrankten
Biceps excidirten Muskelstückchen reichlich verkalkte Trichinen,
strauss. H. Strauss (lieber die sog. rheumatischeMuskelschwiele.
Berl. klin. Wochenschr. Nr. 5 u. 6) hält an dem Vorkommen einer
„rheumatischen Muskelschwiele" fest, von der er allerdings ein-
räumen muss, dass ihre rheumatische Verursachung nur nach Ex-
clusion aller anderen ätiologischen Factoren, die gelegentlich zur
Bildung harter Knoten im Muskelgewebe fuhren, anzunehmen ist.
Streng genommen ist also rheumatische Muskelschwiele weiter nichts
als Muskelschwiele ohne bekannten Ursprung, und Strauss ver-
muthet bei Fällen dieser Art als eigentliches causales Moment latente
Traumen. Therapeutisch empfiehlt er eine exacte Localmassage,
warme bezw. heisse Localbäder oder Compressen, feuchtwarme
Ueberschläge ; die Anwendung des faradischen Stroms , auch Moor-
und Schlammapplicationen. Doch ist eine kritische Diagnose nöthig,
weil sonst gelegentlich bei äusserlich ähnlich auftretenden Affectionen,
bei denen Massage direct contraindicirt wäre, z. B. tiefe Varicen,
Trichinose, maligne Neubildungen, Schaden angerichtet werden könnte.
inter- Bertelsmann (Ein Fall von interstitieller und paren-
titielle undgjjyjj^j^^^ggj. Myositis [sog. rheumatischer Muskel-
tose Schwiele]. Münch. med. Wochenschr. Nr. 32) weist auf druck-
Myositis, schmerzhafte Knoten in der Musculatur bei sog. Muskelrheumatis-
smaiin. ^^^ j^^^ deren mikroskopische Untersuchung eine acute Entzündung
ergibt und die Gebilde als Ausgangspunkt schwieliger Muskeldegene-
ration anzusprechen gestattet.
Dermato- fT H, Köster (Zur Kenntniss der Dermatomyositis. Deutsche
myoBitie. ZeitscHr. f. Nervenheilk. Bd. 12, H. 2) zeigt an einer Reihe von
5 Fällen, dass die charakteristischen Symptome der Dermatomyositis :
Empfindlichkeit der Muskeln mit Schmerzen bei Druck und Be-
wegungen, Oedeme des darüber Hegenden Unterhautgewebes, Haut-
blutungen, Erytheme und Ekzeme in mehr oder minder typischer
Krankheiten des Nervensystems. 87
Ausbildung, auch anderen Exankheitszuständen sich hinzugesellen
können, und es ist daher bei der völligen Unkenütniss über die
ätioIogLschen Momente der Dermatomyositis von Interesse, dass diese
Erscheinungen in zweien dieser Fälle bei rheumatischen Zuständen,
in einem als Begleiterscheinungen einer multiplen Neuritis auftraten.
Für das Zustandekommen des Symptomencomplexes ist Verf. ge-
neigt eine allgemeine vasomotorische Störung mit centralem Sitz
verantwortlich zu machen, durch die es zu hochgradiger üeber-
filllimg der Gefasse bis zur Extravasation kommen könne.
J. Ho ff mann (Klinischer Beitrag zur Lehre von der Dys- Dystrophia
trophia muscularis progressiva. Deutsche Zeitschr. f. m^sculans
_ proffrsssiva
Xervenheilk. Bd. 12, H. B u. 6) bringt 4 eigene Beobachtungen bei Hoffinann.
und verweist auf eine Reihe in der Litteratur niedergelegter Fälle,
auf Grund deren eine Erweiterung des Krankheitsbildes der Dys-
trophie geboten erscheint. Es ist daraus ersichtlich: 1. dass das
Leiden mit (myopathischer) Bulbärparalyse beginnen und als solche
eine Zeit lang stationär bleiben kann, 2. dass es sich zuerst am
Unterschenkel und Vorderarm etabliren kann, und 3. dass eine
<)phthalmoplegia externa sich einem anderen Typus des Leidens und
riann wohl ebenfalls als myopathische beigesellen, vielleicht auch
•lie Krankheit einleiten kann. Eechnet man hinzu, dass die kleinen
Handmuskeln und die Unterschenkelmuskeln beim Fortschreiten des
Processes recht oft mitergriiFen werden, so geht hervor, dass bei
der Dystrophie wohl aUe willkürlichen Muskeln des Körpers er-
kranken können.
Leopold Laquer (Ueber die allgemeine schwere My- Myasthenie,
asthenie. Volkmann'sche Hefte Nr. 205) berichtet über einen typi- ^»^»er.
sehen Fall dieses Leidens aus eigener Beobachtung, der einen
47jährigen gichtischen Schreiner betraf und nun schon über ein Jahr
lang besteht. Li dem Falle waren die Augenmuskeln in wechseln-
•1er Intensität und die Rumpf- und Extremitätenmuskeln betroffen,
>ie zeigten in classischer Weise die leichte Ermüdbarkeit, auch die
myasthenLsohe Reaction. Literessant und wichtig ist die Constatirung
•ier Thatsache, dass während des weiteren Fortbestehens der Krank-
heit eine massige Atrophie der Extremitätenmuskeln ohne Verände-
nmg der elektrischen Erregbarkeit eintrat und Steigerung der
>^chwäche bis zu deutlicher Muskelparese.
A. Eulenburg (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 1) berichtet
'iber einen Fall von Myasthenia pseudoparalytica gravis
88 Seeligmüller.
Myasthenie, mit intermittirender Ophthalmoplegie, der einen Kauf-
Enienbnrg. mann von 28 Jahren betraf. Die Erscheinungen bestehen bereits
seit 3 Jahren, mit zeitweiligen Remissionen. Diese Schwankungen
in der Schwere der Moskelschwäche sind an den Augenmuskeln am
grössten, an ihnen treten Perioden völliger Functionstüchtigkeit,
einmal bis zur Dauer von einem Jahre, auf. Die Muskelkraft ist
nach längerer Ruhe vorübergehend besser. Eulenburg nimmt
als Ursache eine tiefgreifende Stoffwechselstörung an, infolge deren
es zur Anhäufting von Muskelermüdungsstoffen im Körper komme.
C. Krankheiten der peripheren Nerven.
Allgemeines.
Neuraigiecn, A. Eulenburg (Zur Pathologie und Therapie der
Enienburg. Neuralgieen. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 83) macht darauf auf-
merksam, dass die Neurontheorie — insofern auf einen Theil der
Nervenbahn längere Zeit einwirkende Schädlichkeiten nicht ohne
Einfluss auf das trophische Centrum bleiben können — eine neural-
gische Zellveränderung erwarten lässt, auch wenn es bis jetzt nicht
gelungen ist, sie ausfindig zu machen.
Behandittüg Hamm (Die Behandlung der Neuralgieen mit dem
^^^ Aetherspray. Therap. Monatsh., Oct., S. 649) empfiehlt statt
TOit des zu theuem Chloräthyls den viel billigeren Aether, der als Spray
Aetherspray, angewendet meist schon nach einmaliger Application gewünschten
Hamm. j^^^^^ ^^^^^
Heisse Luft William Taylor (The Lancet, Nov. 26, S. 1386) rühmt bei
bei Neuralgieen und bei Rheumatismus den Heilerfolg von Strö-
M e u ral flri een
Taylor. nien heisser Luft, die durch besondere Apparate auf die be-
trofPenen Körpertheile applicirt werden.
Neuritis B. Naunyn (üeber Neuritis gonorrhoica. Zeitschr. f.
gonorrhoica, pract. Aerzte Nr. 11) empfiehlt gegen diese Form von Neuritis,
welche er bei einem 17jährigen jungen Manne einige Wochen nach
der Infection neben einer Arthritis des linken EUbogengelenks im
rechten Beine aufkreten sah, einige Abende hinter einander 8 — 4 g
Natr. saHcyl. und Application von Kälte auf die erkrankten Nerven,
am besten in der Gestalt der Leiter'achen Röhren.
Carl Heilbronner (Rückenmarksveränderungen bei
multipler Neuritis der Trinker. Monatsschr. f. Psychiatrie
Krankheiten des Nervensystems. g9
und Neurol.) deutet die von ihm mit der Marc hinsehen Methode ge- Eücken-
fondenen Bückenmarksbefimde als durch dieselbe Schädigung wie marks-
die periphere Neuritis hervorgebracht, nämlich eine toxische, ohne ruBgen bei
dass der Alkohol ausschliesslich dabei in Betracht käme. multipler
Nenritis,
Heilbronner.
W. Gilmore Ellis (Ein Beitrag zur Pathologie des
Beri-Beri. Lancet, 15. Oct., S. 985) berichtet über das ende- Beri-Beri,
mische Aufboten des Beri-Beri im Singapore-Asylum. Von allen ^^^•
Todesfiülen kamen hier 1896 nicht weniger als 50°/o, 1897 fast
60 •/o auf Beri-Beri-£j<anke. Bei der Blutxmtersuchung konnte der
von Pekelharing und Winkler entdeckte Bacillus nicht immer
nachgewiesen werden.
Carl Hammer (Ein experimenteller Beitrag zur Frage der Degener a-
degenerativen Neuritis bei Tuberculose, Deutsche Zeit-*^^® ^®^^^**^
schrifk f. Nervenheilk. Bd. 12) fand bei Meerschweinchen, die tuber- -r^bgjß^iogg
culös inficirt worden waren, die motorischen Zellen des Rücken- Hammer,
marks (bis zum Untergange) regelmässig erkrankt und von diesen
wahrscheinlich secundär abhängige Neuritis in den peripheren
Nerven, speciell in den Nn. peronei.
W. Ebstein (Zur Lehre von der gichtischen Neu- Gichtische
ritis. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 31) berichtet über einen ^®^"?"'
■c ... . Ebstein.
Fall von typischer Gicht mit Neuritis im Grebiete des Plexus
brachialis, die zu nicht unbeträchtlicher Atrophie am rechten Arme
geführt hat. Jedes andere ätiologische Moment als Gicht, insbe-
sondere Alkoholismus, ist auszuschliessen.
H. M. Thomas (Philadelphia med. Joum., 14. Mai) beschreibt Re cur-
einen Fall und referirt 6 Fälle von recurrirender Polyneuritis. '^''^^^^^^^y'
4 -.,... .1.1 A • 1 1 1 neuritis,
Ausser Blei sei em ätiologisches Agens nicht bekannt. Thomas.
A.Danzig(Auf trophoneurotischerBasis entstandene Neuroti-
Oedeme. Eshenedelnik, 25) sah nach einer fieberhaften Krankheit ^®^®"^f^®™»
Oedem der linken unteren Extremität mit Sensibilitätsstörungen und
Erhöhung der faradischen Erregbarkeit bei einer belasteten Patientin
anfitreten, das per exclusionem als trophoangioneurotisch diagnosti-
drt und mit Massage, Brom und Jod erfolgreich behandelt wird.
Carl Stompfe (Zur Casuistik der Akinesia algera.
Zeitschr. f. Heilk. H. 4) beschreibt 2 Fälle der genannten Krank-
90 Seeligmüller.
A ki n e n i a heit bei nicht erblich belasteten, aber nervös veranlagten Geschwistern,
algera, einen leichteren, aber in Paranoia übergehenden, und einen schwe-
stompfe. . , . . -I
reren, der eine völlige Apraxie darstellt. Beide Fälle widerstehen
jeder Behandlung. Beide charakterisiren sich als eine Neurasthenie
höchsten Grades durch die reizbare Schwäche, die gedrückte Stim-
mung ohne tiefere, dauernde Affecte, nosophobe und selbstquäle-
rische Angstzustände, Unentschlossenheit, endlich durch Kopfschmerz,
Schwindel, Schlaflosigkeit ; der eine Fall zeigt noch das Gefühl des
Schwimmens u. a. m. Der InteUect ist in beiden Fällen intact. Sie
sprechen gegen eine scharfe Trennung der Akinesia algera von der
Atremie NefteFs.
Gehirnnerren.
Centrale M. P. Romano v (Zur Frage von den centralen Verbindungen
Verbin- ^^^ motorischen Hirnnerven. Neurol. Centralbl. Nr. 13) zerstörte
motoriflchYn ^^ Hunden das durch faradische Reizung aufgesuchte Centrum der einzelnen
Hirnnerven, Himnerven durch Auslöffeln und untersuchte das Gehirn der 20 — 30 Stunden
Romanov. post operationem getödteten Thiere. Bei diesen Versuchen ergab sich nach
Zerstörung der Centren des fünften, siebenten und zwölften stets absteigende
Degeneration in der gleichseitigen Pyramide, beim fünften und zwölften Über
deren ganze Fläche vertheilt, beim siebenten vorzugsweise im veiitromedialen
Antheil. Im Niveau der Kerne der betreffenden Nerven ziehen Fasern
von der Pyramide zur Rhaphe und auf die gegenüber liegende Seite bin
nahe an den Nervenkem. Beim Hypoglossus sieht man die Kreuzung in
der ganzen Ausdehnung der Kerne des Nerven; beim Facialis beginnt die
Kreuzung schon etwas oberhalb; dagegen kreuzen sich die Fasern zum
Trigeminuskem oberhalb der Kerne, bereits im distalen Abschnitt der
unteren Corpora quadrigemina. Es finden sich beim Facialis imd Trige-
minus auch zum gleichzeitigen Kerne verlaufende Fasern.
Multiple Victor Hanke (Wien. kUn. Wochenschr. Nr. 16) beobachtete
Hirnnerven- -^qI multipler Hirnnervenlähmung infolge syphilitischer Basal-
Hanke. ' meningitis einen Lagophthalmus des linken Auges im Schlafe trotz
erhaltener Fähigkeit des vollkommenen Lidschlusses im wachen Zu-
stande und erklärt dies Symptom so, dass der paretische Sphincter
zwar eine kurzdauernde, aber keine anhaltende tonische Contraction
habe leisten können, insbesondere infolge des Mangels neuer reflec-
torischer Contractionsimpulse während des Offenstehens des Auges.
Es war nämlich unter anderem auch der sensible Trigeminus gelähmt.
Das sog. BelTschePhänomen, welches für schwere Facialis-
lähmungen als pathognomonisch noch letzthin von Bordier und
Krankheiten des NeiTcnsystems.
91
Frenkel (Semaine m^d., Sept. 1897) angesprochen worden war, haben
M. Campos (Progr^s m6d. S. 97), M. Bernhardt (Berlin, klin.
Wochenschr. Nr. 8) und Georg Köster (Münch. med,, Wochenschr.
Nr. 28) als die bei activem und passivem Lidschluss physiologisch
erfolgende Drehung des Augapfels nach aussen und oben erwiesen.
J. L. Faure und Fr. Füret (Gaz. des höp. Nr. 28) schlagen bei
schweren Facialisparalysen infolge von Zerstörung des Nerven im
Felsenbein als operativen Eingriff vor, den zum Cucullaris gehenden
Accessoriusast zu durchschneiden und seinen centralen Stumpf mit dem
peripheren Theil des Facialis am Processus mastoideus zu vernähen. Ueber
einen Erfolg einer von den Autoren ausgeführten Operation berichten
sie nichts.
Faoialis-
lähmung und
Beirsches
Phänomen,
Bordier a.
Frenkel,
Campos,
Bernhardt,
G. Köster.
Schwere
Facialis*
lähmung,
Faure u. Foret.
Georg Avellis (lieber clonische Öaumenmuskelkrämpfe Gaumen-
mit obiectiv wahrnehmbarem Ohrgeräusch. Münch. med., ?^*^® .,
. A m ' ' ' krampfemit
Wochenschr. Nr. 17) beobachtete diese seltene Anection bei zwei objectiv
Individuen, welche alle beide die charakteristischen Symptome all- wahrnehm-
gemeiner Nervosität und verminderter Leistungsfähigkeit in aus- geräusch
geprägtem Grade darboten. In dem einen Falle wurde die Durch- AveUis.
schneidung der Sehne des Tensor veli palatini ausgeführt, doch war
sie nicht im Stande , das Phänomen zum Verschwinden zu bringen.
Verf. hält diesen localen Krampf nur für ein Symptom der allge-
meinen nervösen Constitution und erwartet eine Heilung nicht von
localen Maassnahmen, sondern von einer die allgemeine Nervosität
berücksichtigenden Therapie.
Bernhardt (Ueber rhythmische Gaumensegelcontractio-
nen. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 30) demonstrirt bei einer
30jährigen Frau rhythmische oder clonische Contractionen des Gaumen-
segels, der Arcus palatoglossi und palatopharyngei , der hinteren
»Schlundwand und des Zungengrundes; sie erfolgen etwa 100 — 120mal
in der Minute, nicht synchron mit dem Pulse. Die Patientin leidet
schon seit Wochen daran, hatte anfangs Kopfschmerzen und klagt
über ein Geräusch in den Ohren, das auch objectiv als eine Art
^psen zu hören ist. Dies rührt von der Contraction des M. tensor
veh palatini her, der die Lippen des Tubenostiums von einander
abhebt. Durch Ausschluss aller Möglichkeiten kommt er zur Dia-
gnose einer Neurose.
Marcel Lermoyez (Presse m^dicale, 7. Mai) sieht den Facialis
Dicht als motorischen Nerven des weichen Gaumens an, viel-
mehr soll dieser mittels des Nervus pharyngeus vom Vagus versorgt werden.
Rhyth-
mische
Ganmen-
contrac-
tionen,
Bernhardt.
Facialis
nicht der
Ganmen-
nerv,
Lermoyez.
92 Seeligmüller.
Mit dieser Behauptimg sollen die physiologischen, wie pathologischen That-
sachen im Einklänge stehen.
aeschmaoks- Hans Schlichting (Klinische Studien über die Ge-
1*^°""^^' schmackslähmungen durch Zerstörung der Chorda tym-
pani und des Plexus tympanicus. Zeitschr. f. Ohrenheilk.
Bd. 32, H. 4) fand bei acht Fällen von Zerstörung der Chorda tym-
pani in der Paukenhöhle ausschliesslich auf dem vorderen Theile der
Zunge G-eschmackslähmungen, freilich in individuell wechselnder Aus-
dehnung (zwischen */» und ^/s). In einem Falle von Verletzung des
Plexus tympanicus bei wahrscheinlich intacter Chorda wurde auf dem
hinteren Theile der Zunge und am weichen Gaumen nicht geschmeckt ;
ausserdem bestand als individuelle Besonderheit Ageusie des ganzen
vorderen Theils der Zunge. In fünf Fällen von Zerstörung der
Chorda tympani und des Plexus tympanicus war die ganze Zungen-
hälfbe mit dem Gaumen der Geschmacksempfindung beraubt, nur in
einem Falle bestanden noch einige kleine empfindende Inseln. Auch
dies spricht also dafür, dass die Geschmacksfasem des hinteren
Zungentheils und des Gaumens im Plexus tympanicus verlaufen.
Sonach steht fest, dass alle Geschmacksfasem durch die Pauken-
höhle ziehen, gleichgültig welches der weitere Weg bis zum Gehirn
ist, den sie nehmen.
Störungen G. Monteux und P. A. Lop (Troubles de Tinnervation du
des N. vaguBpngmQQgastrique dans la dothienentörie. Rev. de m^dec. Nr. 7)
Montou u ' beobachteten bei 2 Typhuspatientinnen eine Reihe von Anfällen , welche
Lop. bestanden in hochgradiger Dyspnoe mit Suffocationsgefühl , Tachycardie,
flüchtig auftretenden rothen Flecken, Schmerzen bei Druck auf die Vagi,
Aufblähung des Magens, wiederholtem Erbrechen und Schlucken ; das Fieber
war dabei unverändert, der Urin verhielt sich normal, an den Lungen war
keine Störung, abgesehen von der beschleunigten Athmung, wahrzunehmen.
Unter diesen Umständen bleibt nur übrig, diese Erscheinungen auf eine
Störung der Function des Vagus zu beziehen.
Operative Tilmann, Ein Fall von operativer Vagusverletzung
des^Va'W (^®^*s^^® Zeitschr. f. Chir. Nr. 2-3). Bei Gelegenheit der Ex-
TUmann. ' stirpation eines Drüsencarcinoms am Halse wurde der linke Vagus-
stamm mit einer Schieberpincette gefasst und, wie sich nachträglich
zeigte, nur zum Theil comprimirt. Dies hatte augenblicklichen Still-
stand von Athmung und Herzthätigkeit zur Folge; nach Befreiung
des Nerven aus der Compression kam bei künstlicher Athmung die
Herzthätigkeit wieder in Gang.
Krankheiten des Nervensystems. 93
Maximilian Sternberg, üeber den äusseren Ast des N. aooes-
Nervus accessorius Willisii (Pflüger's Arch. Bd. 71). Das Ergebniss Boriuf,
der am Affen (Macacus rhesus) vorgenommenen Reizversuche über die ™ ^'
Innervationsvertheilung des Accessorius ergab, dass der Stemocleidoma-
stoideos ausschliesslich vom Accessorius motorisch innervirt wird, der Tra-
pezi'tu hingegen ausser vom Accessorius auch vom Gervicalplexus motorische
Fasern empHLngt. In welcher Weise sich die beiden Nervenarten in die
Innervation dieses Muskels theilen, ob jeder von ihnen gewisse, vielleicht
fonctionell verschiedenwerthige Bündel innervirt, oder ob ihre Fasern gleich-
mäang durch einander gemischt endigen, war am Affen nicht festzustellen.
Bflekenmarksnerren •
G. L. Walton (The natura and treatment of spasmodic TorticoUis
torticollia. Americ. joum. of the med. sciences Nr. 3) bezeichnet »P^sUca,
den spastischen Wendehals als eine Störung der corticalen Centren
für die Rotation des Kopfes, welche sich aus einer längere Zeit ge-
wohnheitsmässig festgehaltenen Halsstellulig unter Hinzutritt gewisser
Momente wie neuropathischer Heredität, schwächlicher Constitution,
vielleicht sogar einer Art von Autointoxication entwickelt. So sehr
in manchen Fällen die abnorme Haltung beein£usst werden kann von
gewissen willkürlichen psychischen Vorgängen, so unterliegt doch
sie selbst der Willkür nicht. Die Behandlung ist sehr schwierig
und von keiner günstigen Prognose; Verf. erwartet fast einzig das
Heil vom Messer des Chirurgen, und zwar handelt es sich um zwei
Möglichkeiten des operativen Eingriffs, die auch schon combinirt
worden sind, entweder Resection der die spastischen Muskeln in-
nervirenden Nerven, oder dieser Muskeln selbst. Die Nerven sind
der Accessorius der einen und die drei oberen Cervicalnerven der
anderen Seite.
Hermann Oppenheim (lieber Brachialgie und Brachial- Brachial-
nenralgie. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 26) gibt eine Statistik von neuralgie,
189 Fällen von Schmerzen der Arme, die vom Nervenapparat aus-
gingen oder ihn in Mitleidenschaft gezogen hatten. In nur 22 Fällen
adelte es sich um eine echte Brachialneuralgie, in zusammen 71
um Neuritis, Wirbel-, Rückenmarksaffectionen , Beschäftigungsneur-
^e oder unbekannte Ursachen, in 96 Fällen dagegen um eine
Brachialgie oder Psychalgia brachii, das unter Umständen dominirende
Symptom einer Neurose oder Psychose. In diesen Fällen fehlen die
Merkmale der Neuralgie'; aus der Art des Auftretens des Schmerzes,
m dem sonstigen Zustand des Patienten und ex juvantibus (Hypnose)
'lürfte auf den psychogenen Ursprung des Uebels geschlossen werden.
94 Seeligmüller.
N. radialis, Carl Gumpertz (Ueber die elektrische Erregbarkeit des
elektrische j^ radialis. Neurol. Centralbl. Nr. 17) hat an 51 Personen die Erreg-
^k\1t*^ barkeit des N. radialis an der Umschlagstelle geprüft und gefunden, dass
Gumpertz. derselbe normalerweise für beide Pole des Oeffnungsinductionsstromes zu er^
regen ist und dass bei galvanischer Reizung die Vereinzelung der Anoden-
öffiiungs- und Schliessungszuckung möglich ist. Stellt sich bei wiederholter
Prüfung heraus, dass der Nerv auf galvanische Anodenschliessungszuckung
nicht anspricht und für die faradische Anode gar nicht oder erst bei sehr
geringem Rollenabstande eine Reaction erzielt wird, so ist diese Erschei-
nung zwar nicht für eine bestimmte Affection pathognomonisch , hat aber
den Werth einer quantitativen Erregbarkeitsherabsetzung überhaupt. In
erster Linie wird dann an eine Beeinflussung des Nerven, bezw. seines
Kern- oder Wurzelgebietes zu denken sein.
Lumbal- L. Minor, Ueber eine Bewegungsprobe und Bewegungs-
Bchmerz Störung bei Lumbaischmerz und bei Ischias (Deutsche
Ischias, nied. Wochenschr. Nr. 23 u. 24). An Lumbago und an Ischias
Bewegung s- Leidende sind nicht im Stande sich aus sitzender Haltung mit ge-
Mi*or^' streckten Beinen (auf dem Boden) ohne Zuhülfenahme der Hände
zu erheben ; und wenn man ihnen den Gebrauch derselben gestattet,
so verfahren sie ganz verschieden. Bei beiderseitigem Lumbaischmerz
richtet sich der Patient aul, wie der an typischer Dystrophie leidende
er stellt sich auf alle Viere und richtet die Wirbelsäule auf durch
Emporklettem mit den Händen an den eigenen Beinen. Anders der
mit typischer einseitiger Ischias behaftete: er stellt die Arme nach
hinten, verlegt den Schwerpunkt rückwärts, stellt das leistungsfähige
gebeugte Bein mit der Fussspitze unter den Schwerpunkt und streckt
es nun, indem er mit einer Hand vom Fussboden abstösst, während
die andere Hand balancirt. Dieses verschiedene Verhalten hat dia-
gnostischen Werth, indem es gelegentlich genauere Localisation der
Schmerzen und Beurtheilung ihrer Intensität oder ihrer Veränderung
zum Guten oder Schlimmen gestattet. Bei Traumen des Steissbeins
wird man nicht selten mit Hülfe dieser Probe nachweisen können
dass nur eine Seite vorwiegend betroffen ist; auch für den gelegent-
lichen Nachweis von Simulation erscheint es verwerthbar.
Radfahrer- W.H.Brown (A form of neuralgia occurring in cyclists.
neuraigie, The Brit. Med. Joum., Febr. 26) wurde von einer Eeihe von eifrig
dem Radsport huldigenden Personen consultirt wegen sehr lästiger
Schmerzen am Scrotum, die bei einigen so stark waren, dass sie
die Bewegung unmöghch machten, die Scrotalhaut war stark hyper-
ästhetisch, die Testikel sehr druckempfindlich. In einem Falle be-
Krankheiten des Nervensystems. 95
stand nach einer längeren Tour völlige Anästhesie des Penis. Bei
radfahrenden Damen beobachtete er Schmerzhaftigkeit des Anus und
der umgebenden Haut. Durch Ruhe Hessen sich die Beschwerden
immer beseitigen, sie kamen aber nach neuen Radtouren immer
wieder und blieben nicht eher aus, als bis man den Sattel ge-
wechselt hatte.
6. Gambrin, Ueber die Tarsalgie in ihren Beziehu^igen Tarsalgie,
zu den Störungen des Nervensystems (Th^se de Paris). Die öambnn.
Tarsalgie beruht stets auf einer allgemeinen neuropathischen Dis-
position, so dass schon die kleinste Gelegenheitsursache das locale
üebel auslöst. Dieses beruht auf trophischen Veränderungen in den
betreffenden Gelenken.
D. Neurosen.
. AUgremeines.
E. Biernacki (Zur Aetiologie der functionellen Neurosen Aetiologie
[Hysterie und Neurasthenie]. Neurol. Centralbl. Nr. 6) glaubt aus seinen ^®''.
Versuchen mit Natriumoxalat an dem Blut von Hysterischen und Neur- ^,,
ästhemschen schliessen zu können, dass bei diesen Kranken Anomalieen Neurosen,
im Gehalt an Fibrinogen bestehen und damit eine Abänderung der Inten- Biernacki.
»ität der Oxydationsvorgänge. Dadurch erklären sich die häufige Goinci-
denz jener Krankheiten mit Constitutionsanomalieen, sowie die Hyper- und
Anacidität des Magensaftes, die Prostatorrhoe, die Schweisse und das
hysterische Fieber.
Maximilian Sternberg (Ueber einige BeziehungenBeziehuugen
zwischen Neurosen und örtlichen Erkrankungen. Wiener f^"*^?*®"
1 TLT rk/^\ 1 n n i • Örtlichen
kJin. Wochenschr. Nr. 20) macht auf folgende mteressante Punkte Erkran-
aufinerksam: Findet man in einem gegebenen Falle eine Combination kungenund
einer allgemeinen Neurose mit einer localen Affection, so stelle man gtemberff*'
dies genau fest, ohne über den Befund vorläufig irgend eine Bemerkung
za machen, eventuell durch einen speciellen Fachmann, der vorher über
den allgemeinen Zustand instruirt sein muss, imd fasse rasch seinen
Entschluss. Ist eine locale, besonders operative Behandlung nöthig, so
soll sie ungesäumt, womöglich durch einen einzigen Eingriff beendigt
werden: Ist keine locale Behandlung unbedingt nöthig, so verspricht
eine solche mit suggestiver Nebenabsicht einigen Erfolg bei vor-
wiegend motorischen Beschwerden; bei vorwiegend sensiblen Sym-
ptomen ist die locale Affection am besten zu ignoriren, da eine längere
locale Behandlung hier meist nur den Erfolg hat, die Beschwerden
96 Seeligmüller.
durch Autosuggestion zu fixiren. Weiss der Patient noch nichts von
der localen AfPection, so versuche man dieselbe zu behandeln, ohne
dass er von ihr etwas erfährt. Schwieriger ist es, wenn er schon
davon weiss, so versuche man es mit einer harmlosen Nothlüge:
man erkläre die Sache nach eingehender Untersuchung für „^^S^"
boren^, fiir etwas, was nur als „interessante Rarität^' Bedeutung habe.
K 1 im a 1?
terisohe Windscheid (Deutsche Praxis Nr. 7) bespricht ausführlich
Neurosen, die Patholo£rie imd Therapie der klimakterischen Neurosen.
Windscheid. ®
Epilepsie.
Pathogenese H. Unverricht (Ueber die Epilepsie. Samml. klin. Vortr.,
^ ,f^^ . N. F. Nr. 196) gibt einen Ueberblick über die von ihm und seinen
Epilepsie, .
Unverricht. Schülern seit dem Jahre 1893 angestellten Thierversuche und kommt
zu dem Residtat, dass ein grundsätzlicher Unterschied zwischen corti-
caler und genuiner Epilepsie nicht besteht, dass ^es nur langsam und
schnell verlaufende Anfalle gibt und dass beide der Rinde ihren
Ursprung verdanken, sowie endlich, dass die Anwendung von Ana-
logieschlüssen aus dem Thierversuche auf die genuine Epilepsie in
vollem Umfange berechtigt erscheine.
Auto- L. W. Weber (Neuere Anschauungen über die Bedeutung der
intoxication Autointoxication bei der Epilep'sie. Münch. med. Wochenschr.
• VT L
"*® * Nr. 26) möchte der Autointozication eine grosse ätiologische Bedeutung
Epilepsie, beilegen; dieselbe kommt zu Stande durch wahrscheinlich verschiedenartige
Weber. Giftstoffe» welche vom Körper selbst bei Stoffwechselanomalieen periodisch
gebildet werden. Es wird therapeutisch darauf ankommen, allen Störungen
des Stoffwechsels vorzubeugen.
Einflnss Mich. Was. Sokolow (üeber den Einflnss meteorologischer
meteorologi- Bedingungen [besonders Erdmagnetismus] auf epileptische
scher Be- j^nfane. St. Petersburg, med. Wochenschr. Nr. 16) stellte von einem
dingnngen . , . _.
g^Qf Material von durchschnittlich 26 Epileptikern die w&hrend zweier Jahre
epileptische genau registrirten Anfälle in Gurven graphisch dar und fand zimächst eine
Anfälle, typische Aehnlichkeit der für die verschiedenen Altersclassen gezeichneten
Curven untereinander und der beiden Jahrescurven untereinander; es be-
standen Mazima im Juli und Januar, Minima im November und Mai. Die
in der Minderzahl vertretenen Fälle von idiopathischer Epilepsie machten
keine Ausnahme. Sodann bestand eine auffallende Beziehung dieser Curven
zu der Curve des Erdmagnetismus, die in dem Observatorium derselben
Region aufgenommen war, sowohl der Jahrescurve wie auch der der täg-
lichen Schwankungen, und zwar verhielten sich die epileptischen Curven
zu den magnetischen gerade entgegengesetzt. Die anderen meteorologischen
Krankheiten des Nervensystems.
97
Alkoholo*
gene
cardiale
Epilepsie,
Smith.
Epilepsie
mit
Diabetes
mellitus,
Ebstein.
Factoren (Barometerdmck, Witterung) Hessen keinen ausgeprägten Einfluss
anf die epileptischen An^Ue erkennen.
Smith (üeber eine nach Aetiologie, klinischem Verlauf und
Prognose genau sich als ^alkohologene cardiale Epilepsie^'
charaktensirende Gruppe epileptiformer Zustände. Versamml. des
südwestdeutschen psychiatr. Vereins in Karlsruhe 1897, Novbr.) be-
schreibt eine besonders bei neuropathisch belasteten Individuen vor-
kommende Form von Epilepsie, die durch eine nach Genuss von
Alkohol auftretende Herzerweiterung verursacht wird, sich ausser in
Krampfanfallen auch in epileptischen Aequivalenten, Dämmerzuständen
und Verstimmungen äussert und in genauem Zusammenhange mit
der Herzerkrankung auftritt und verschwindet.
Wilhelm Ebstein (lieber das Nebeneinandervorkommen
von Epilepsie bezw. epileptiformen Anfällen und Dia-
betes mellitus bezw. Glykosurie. Deutsche med. VSTochen-
schrtft Nr. 1 u. 2) theilt \der einschlägige Fälle mit, von denen in
drei genauer und länger beobachteten epileptische Anfalle und ein
Diabetes mellitus decipiens mit intermittirendem Charakter fest-
gestellt wurden. In zweien dieser letzteren bestanden ausserdem Ge-
himsymptome, welche auf halbseitige cerebrale Erkrankung schliessen
Hessen, für welchen Verdacht übrigens auch im dritten Falle gewisse
vorübergehende Erscheinungen sprachen. Ebstein hält es dem-
gemass geboten, bei epileptischen Anfällen mehr, als bisher vielleicht
geschehen, auf das Vorkommen von Zucker im Harn zu fahnden.
Adler (Radialislähmungnach epileptischen Anfällen, lähmung
XeuroL Centralbl. Nr. 15) führt zwei derartige Fälle auf Compression nach
des Nerven durch krampfhafte Tricepscontraction zurück. ^^Adi^**^'
Th. Ziehen (Beiträge zur Opium-Brombehandlung der
Epilepsie. Therap. Monatsh., August, S. 416) theilt seine eigenen
und fremde Erfahrungen mit. Contraindicirt ist die Methode nur
bei sehr gesunkenem Kräftezustand und bei schweren Herzkrank-
heiten. Gerade im Kindesalter sind auffällige Erfolge erzielt, ebenso
ist die senile Epilepsie der Opium-Bromcur sehr zugänglich. Gerade
langdauemde Fälle werden oft günstig beeinflusst. Fälle, welche
vorzugsweise in Absences und SchwindelanfäUen sich äusserten,
reagiren zuweilen ebenso günstig wie die typischen Fälle des Grand
mal Bei syphilitischer (hereditär oder erworben) Epilepsie wird die
Jahrbach der practischen Medicin. 1899. 7
98 SeeligmüUer.
Opium -Brom. Flechsig' sehe mit der specifischen Behandlnng mit Erfolg com-
behandlnng ^jjjjjj^ j^ vielen FäUen führte die Flechsig'sche Behandlnng noch
Epilepsie, dauernde Erfolge herhei, wo die gewöhnliche Brombehandlung keinen
Ziehen, Q^^p um« einen vorabergehenden Erfolg erzielt hatte. Auch die Com-
bination einer echten Epilepsie mit Heerderkrankungen ist nicht als
Contraindication zu betrachten. Bei gesunkenem Kräftezustand wird
eine mehrwöchentliche Kräftigungs- und Emährungscur voraus-
geschickt. Schwere Herzfehler, z. B. Aortenstenose, geben eine ab-
solute Contraindication ab, leichtere, gut compensirte dagegen nicht,
ebenso wenig blosse Arhythmie, wie sie namentlich bei der kind-
lichen Epilepsie recht häufig ist. Eine Tagesdosis über 0,8—0.9
bietet keinen wesentlichen Vortheil. Bei mittelkräftigen Erwachsenen
gibt Ziehen zu Anfang 3mal 0,5 Op. pulv. pro die, nach je 2 Tagen
Steigerung um 0,01, also der Tagesdosis um 0.03. Dabei wird die
höchste Dosis 0,9 nach 7 Wochen erreicht. Bei Kindern zwischen
12 und 15 Jahren steigt Ziehen nur bis zu einer Tagesdosis von
0.06 Op. pulv. Bei Kindern zwischen 9 und 12 Jahren nicht über
0,4, bei solchen zwischen 6 und 9 Jahren nicht über 0,3. Verboten:
Gewürze, Thee und Kaffee, Alkohol in jeder Form, Bouillon, die
geradezu Anfalle hervorrufen kann. Meist nur eine Fleischmahlzeit
am Tage. Femer verboten Rauchen und sexueller Umgang. Ruhe,
so dass die Kranken nur 8 Stunden ausser Bett sind, nur massige
Spaziergänge ohne Steigen unternehmen und sich nur leicht be-
schäftigen. Streng zu vermeiden hohe Zimmertemperaturen und
strahlende Wärme. Kühle Bäder von 24 ^ R. und 10 Minuten Dauer,
aUe 2 — 3 Tage um 1 ° und 1 Minute herunter. Meist bleibt Ziehen
bei 17 • und 3 Minuten stehen. Gegen die Appetitlosigkeit Salzsäure,
1 Esslöffel einer 1^/s — 2°/oigen Lösung in einem Glase Wasser
1 Stunde nach der Mahlzeit. Gegen Verstopfung sofort Umgestaltung
der Diät und Leibmassage. Li der Uebergangsphase, wo das Opium
plötzlich weggelassen und sofort durch 6 — 9 g Brom salze ersetzt
wird, bedarf der Kranke dringend eines Pflegers. Temperatur und
Puls soUten wenigstens alle 2 Stunden festgestellt werden. Diät:
nur Cacao, Toast, geschabtes Fleisch und Schleimsuppe mit Ei (wegen
der Diarrhoe). Die Flechsig'sche Cur ist auch ausserhalb einer
Ellinik mögHch. Halbe Erfolge hat Ziehen viele, volle nur in vier
FäUen mit 1 Vsjährigem und einen Fall mit 2jährigem Wegbleiben der
Anialle. Eine ausfuhrliche Statistik wäre zur Zeit verfrüht.
Kellner, Kellner, Ueber die Erfolge der Flechsig'schen Opiuna-
Brombehandlung (Therap. Beü. Nr. 2 d. Deutsch, med. Wochen-
schrift). Von zwölf dieser Behandlung unterzogenen Epileptikern,
Krankheiten des Nervensystems.
99
Linke,
bei denen noch keine Demenz eingetreten,! der Rräftezustand ein
guter war und vorausgegangene Brommedicationen keinen nennens-
werthen Erfolg gehabt hatten, zeigten fünf keine Veränderungen ihre»
Zustandes, einer konnte nicht genügend beobachtet werden ; bei den
sechs anderen zeigte sich eine deutliche Herabminderung der Zahl
der Anfalle, von Heilung konnte in keinem Falle gesprochen werden.
Linke (Zur Opium-Brombehandlung der Epilepsie.
Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 65, H. 3) beschreibt 5 Fälle von Epi-
lepsie, die mit Flechsig's Opium-Bromcur behandelt wurden. So-
wohl diejenigen, die die Behandlung vertrugen, als die, bei denen
die Bromdose wegen Bromismus verringert werden musste, hatten
keinen nachhaltigen Erfolg.
Schröder, 24 weitere nach Flechsig behandelte
Fälle von Epilepsie (61. Vers. d. psychiatr. Vereins d. Rhein-
provinz, den 11. Juni 1898. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 55, H. 3).
Nach einer längeren oder kürzeren Pause traten bei 22 Patienten
die Anfalle , manchmal in verminderter Zahl , wieder auf, nur zwei
sind jetzt, nach 8 Monaten, noch anfaUsfrei. Bei einigen wurde das
psychische Verhalten ungünstig beeinflusst.
W.V.Bechterew (Ueber die Bedeutung der Cardiaca
bei der Behandlung der Epilepsie) empfiehlt die Combination
von Cardiacis, besonders Infus, adonis vemalis 2 — 3 : 180, mit Keil. ^ Bechterew
bromat. 12 oder Infus, digit. 0,5 — 0.75 : 180 mit Kai. oder Natr.
bromat. ana 6—8 und Codein 0,15—0,2, täglich 4—6—8 Esslöffel.
Schröder.
Cardiaca
bei
R. He ssler (Epilepsie und Erysipel. Joum. of the Am. med.
Ass., 14. Mai) wandte auf Grund einer zufälligen Erfahrung Erysipelanti-
toxin gegen Epilepsie mit Erfolg (!) an (4 Fälle).
Erysipel-
antitoxin
gegen
Epilepsie,
Hessler.
A. Chipault (Gazette des hdpitaux Nr, 16) erklärt die Kesection Resection
des obersten Ganglions des Halssympathicus für nöthig, weil da- des
durch der die Anfälle auslösenden Himanämie und den dadurch ent- Ganglion
^«henden Ernährungszuständen entgegengewirkt werde, insofern durch die nervi
Tingefährliche and technisch ausserordentlich leicht ausführbare Operation sympathici
die vasoconBtrictorische Wirkung des Sympathicus aufgehoben werde. Die ^ei
Erfolge waren ermuthigend. Bei 30 Operirten trat Besserung in 10, Hei- Ep^|®P^iet
lang in 13 Fällen ein, in 7 Fällen keine Aenderung, in 1 Verschlimmerung.
Julius Donath (Der Werth der Resection des Halssym- Donath,
pathicus bei genuiner Epilepsie, nebst einigen Beobachtungen und
phydologischen Versuchen über Sympathicuslähmung. Wien. klin. Wochenschr.
^r. 16) constatirte in 3 Fällen von schwerer genuiner und iMMMBJhU^ ^o^
^ptomatischer Epilepsie die vollkommene ErfoUl''^
100 SeeligmüUer.
Anordnung vorgenommenen Resection des Halssympathicus. Die unmittel-
bar nach der Operation aufgetretene Böthe des Gesichts, der Gonjunctiva,
verbunden mit Temperatursteigerung und vermehrter Schweisssecretion, ver-
schwand nach '4 Tagen vollständig.
Hjsterie«
Natur und Paul Sollier, lieber Natur und Entstehung der
Entstehung Hysterie (Centralbl. f. Nervenheük. u. Psychiatrie, März). Dass
Hysterie, die Hysterischen in Wirklichkeit nicht wachen, wie es scheint, son-
SoUier. dem schlafen (Zustand des „Vigilambulisrnns") , schliesst Verf. aus
der Schlaflosigkeit anästhetischer Hysterischer und aus der That-
sache, dass man Patienten aus dem hysterischen Leidenszustand durch
Befehl in den Zustand vor der Erkrankung zurückzuversetzen ver-
mag („retrograde Amnesie" solcher Patienten). Beim successiven
Wiedereintreten der Sensibilität zeigt das betreffende Glied Schmerz-
punkte. Gleichzeitig treten solche im Niveau der demselben ent-
sprechenden Hirn- und Rückenmarkscentren auf. Nach der „Methode
der Schmerzpunkte" constatirte Verf. als Centrum der visceralen
Empfindung die obere parietale Himrindenpartie. Zuletzt tritt das
Wiedererwachen des Stimhims, des Organs der Psyche, ein.
Pupillen- J. P. Karplus (Ueber Pupillenstarre im hysterischen
hv^stVrUch* -^i^^alle nebst weiteren Bemerkungen zur Symptomato-
Anfaiie, logie und Differentialdiagnose hysterischer und epi-
Karpius. leptischer Anfälle. Jahrb. f. Psychiatrie Bd. 17) weist an der
Hand von 111 genauen Krankengeschichten Hysterischer nach, dass
jede Diagnose auf Epilepsie, welche sich wesentlich auf die im An-
falle beobachtete Reactionslosigkeit der Pupille stützt, als unberechtigt
anzusehen ist, insofern Pupillenstarre nicht nur in den grossen, son-
dern selbst in den kleinen hysterischen Anfallen, die bloss mit Äe-
spirations- und Schluckkrämpfen ohne Bewusstseinsstörung einher-
gehen, auftreten kann.
Hysteria Strauss (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 38) stellte Hysteria
viriiis, virilis fest bei einem 29jährigen Schuhmacher, bei welchem wegen
Stenose, Darmstenose irrthümlich 2mal die Laparotomie ausgeführt worden
strauss. war. In einem typischen hysterischen Anfalle verschwand der seit
5 Monaten bestehende Meteorismus, und spontaner Stuhlgang trat ein.
Krankheiten des Nervensystems. 101
Neurasthenie.
TL Benda (Neurasthenischer Hunger. Deutsche med. Neur-
Wochenschr. Nr. 13) beschreibt einen bei Neurasthenikem häufigen ^^^^^^^^^^^'^
Symptomencomplex, bestehend in Anfällen von grosser körperlicher Benda.
Schwäche bis zu ohnmachtahnlichen Zuständen mit Blässe des Ge-
sichts, Druck und Schwere im Kopfe, kaltem Schweiss, Irregularität
und Kleinheit des Pulses, in manchen Fällen mit Hungergefühl, meist
mit Widerwillen gegen Speisen verbunden , der nie unmittelbar nach
eingenommener Mahlzeit auftreten und durch Essen beseitigt werden
soll. Er deutet ihn als eine neurasthenische übermässige Reaction
auf den centralen Reiz, welcher durch die völlige Leere des Magens
auf dem Wege einer Vagusreizung bewirkt wird, kurz als neur-
asthenischen Hunger und empfiehlt zur Bekämpfung desselben häufige
kleine Mahlzeiten und das beständige Beisichtragen von etwas Ge-
niessbarem, z. B. eines Stückes Schokolade, um damit der etwa
kommenden Anwandlung sogleich zu begegnen.
Mathieu (Neurasthenie und Arteriosklerose. Blatt, f. Behandlung
klin. Hydrother. 1897, Nr. 10) legt bei dieser häufigen Combination der Neur-
das Hauptgewicht auf hygienisch-diätetische Vorschriften: Vermei- bei Art er io-
dung physischer und intellectueller Ueberarbeitung , viel Aufenthalt Sklerose,
im Freien; nicht fleischreiche Nahrung, besonders ausgeschlossen die *
leicht toxinhaltigen Würste, Meerfische, Muscheln, Austern, Fasanen,
Schwarzwild; zu empfehlen sind gut gekochte dünne Pürees von
Hülsenfiüchten , Müch, Milchspeisen und Eier. Verboten schwere
AlkohoHca, Wein nur massig und verdünnt, gestattet Wasser, Müch,
indifferente Infuse. Bei Cephalaea, Schwindel, Anorexie sollen kurz-
dauernde Milchcuren vorgenommen werden. Regelung des Stuhl-
gangs, Verbot des Tabaks ; gegen Spannung der Arterien : Jodnatrium ;
als unterstützende Proceduren je nachdem laue oder kalte Bäder,
Kohlen Säurebäder, Franklinisation.
Sigmund Erben (Ueber ein Pulsphänomen bei Neur-
asthenikem. Wien. Min. Wochenschr. Nr. 24) fand bei Neur-
asthenikem und solchen Geisteskranken, bei denen eine gesteigerte
Erregbarkeit des Nervensystems bestand, dass, während bei sonsti-
gen Körperbewegungen der Puls eine grosse Neigung zeigte, die
Frequenz rasch zu beschleunigen, bei den Bewegungen des Vor-
beugens des Körpers und des Niederhockens, sowie auch des ex-
tremen Rückwärtsbeugens des Kopfes eine Verlangsamung des Pulses
102 Seeligmüller.
Puls- eintritt, welche ganz die Charaktere einer Vagusreizung hat; kurz
Phänomen nach Ausführung der Bewegung tritt ohne Einleitung, scharf gegen
Xeur- dön bisherigen Puls abgesetzt, der langsame Puls ein; es finden in
asthenie, dem langsamen Rhythmus 4 — 7 Schläge statt, darauf hebt sich die
Frequenz allmählich wieder und erreicht die Höhe vor dem Versuch,
resp. tibersteigt sie noch. Als Ursache der Vagusreizung scheint
die das Vaguscentrum erregende dabei auftretende venöse Grehim-
hyperämie im Spiele zu sein,
Behandlung Löwenfeld (Ueber die Behandlung der männlichen Im-
- J potenz und die Gassen'schen Apparate. Therapeut. Monatshefte,
Impotenz, ^ '^^^ .... .
Löwenfeld. Febr.) hält den Gebrauch der von einem Civilingenieur Gassen mit
widerlicher und kecker Reclame, die sich unter anderem auf ein an-
geblich günstig lautendes Gutachten Krafft-Ebing's bezieht, ange-
priesenen Apparate zur Heilung der männlichen Impotenz für durchaus
nicht harmlos und warnt vor ihrer Anwendung. Nach seinen eigenen
Erfahrungen sind mindestens drei Viertel aller Fälle von nervöser
oder psychischer Impotenz der Heilung oder Besserung durch die
üblichen Methoden zugänglich. Er hält es für unrichtig, sich ledig-
lich auf antineurasthenische Maassnahmen zu beschränken, sondern
empfiehlt energische Durchführung einer localen Behandlung in Form
der Kühlsonde und der elektrischen Behandlung, die in einigen
Fällen allein genügten, Heilung herbeizuführen.
Pollutionen, Helion Popper (Zur Behandlung der Pollutiones noc-
opper. turnae und der Ejaculatio praecox. Therap. Beil. d. D. med.
Wochenschr., 3. Nov., S. 85) erklärt beide AfiPectionen für nur gra-
duell verschiedene Neurosen, insofern sie der Ausdruck einer krank-
haften Uebererregbarkeit im Bereiche der nervösen Centren und
Leitungen sind, welche den Ejaculationsapparat versorgen. Popper
empfiehlt dagegen den galvanischen Strom nach folgender Methode
anzuwenden : Während der negative Pol in Form einer etwa 50 qcm
grossen flachen Elektrode auf die seitliche Blasengegend aufgesetzt
wird, wird eine Katheterelektrode mit 1 cm langer Metallspitze bis
an das Caput gallinaginis vorgeschoben und unter leichtem Hin- und
Herbewegen ein Strom von 1 */a — 2 Milliampere secunden weise 5 — 6mal
durchgeleitet. Popper will bei 14 Fällen von Pollutiones noctumae
Erfolg gehabt haben und ebenso in 6 Fällen von Ejaculatio praecox.
Krankheiten des NeiTensystems. 103
Morbus Basedowii.
Sehr wichtige Beiträge zur pathologischen Anatomie bringt
die Arbeit von Max Askanazy (Deutsches Arch. f. klin. Med. Patholo-
Bd. 61, S. 118). In 3 Fällen ausgesprochen, im 4. wegen des kurzen gische
Bestehens der Krankheit erst angedeutet, fanden sich bei normalem desMorbus
Beiunde des Nervensystems die willkürlichen Muskeln in grosser Basedowü,
Ausdehnung von interstitieller Lipomatose befallen, besonders stark ^ anazy.
«lie Muskeln des Rumpfes, der Augen, der Zunge. Ein grosser Theil
der quergestreiften Muskeln war geschwunden, an den übrig ge-
bliebenen waren alle Phasen degenerativer Muskelatrophie zu stu-
diren. Diese Veränderungen können nur durch ein im Blute krei-
sendes, direct auf die Muskeln wirkendes Gift hervorgebracht werden,
welches durch die krankhaft veränderte Schilddrüse producirt wird.
Schild-
Ebenfalls für die Schilddrüsen theorie plaidiren v. Notthaft drüsen-
und Ezio Benevenuti (PolicHnico Bd. 5, H. 3), dagegen polemisirt ^ Nottliaft
Engen KoUerits (Ungar, med. Presse Nr. 19, 22 — 24, 27). Benevenuti,
KoIIeiits.
A. Freih. v. Notthaft (Ein Fall von arteficiellem acutem
Thyreogenem Morbus Basedowü. Centralbl. f. innere Med. Arteficielier
Nr. 15) beobachtete bei einem 43jährigen Mann infolge übermässigen ^*^^f^^'
Gebrauches von Thyreoideatabletten , die derselbe auf eigene Faust
zur Entfettung gebrauchte und von denen er binnen 5 Wochen fast
1000 Stück (k 0,3) nahm, noch während der Medication das Auf-
treten der sämmtlichen Sjnnptome des Morbus Basedowii bei gleich-
zeitigem rapidem Gewichtsverlust von ca. 14°/o seines Gewichts und
einer Glykosurie massigen Grades. Nach Aussetzen des Thyreoidea-
gebrauches bildeten sich zuerst die psychischen Symptome der Auf-
geregtheit und Depression zurück und gleichzeitig die Glykosurie,
'iann verschwanden der Reihe nach der Tremor, die Tacliycardie,
am längsten blieben die Schilddrüsenschwellung, der Exophthalmus
und die übrigen Augenphänomene bestehen, doch waren sie nach
10 Monaten verschwunden«
X^ n Yi* 1 1 1 li I* P R
Holmes (Philadelphia medicalJoum., 11. Juni) sah bei 4 Kin- vorkommen
dem derselben Familie den vollständigen Symptomencomplex desMorbus
'ies Morbus Basedowii, ein noch nicht veröffentlichtes Vorkommniss. Basetiown,
Holmes.
AI» von der Oblongata aus angeregt möchte Lad Hascovec (Gaz.
bebcL Nr. 13) die Tachycardie bei Basedow'scher Krankheit ansehen
104 Seeligmüller.
Entstehung auf Grund von Thierversuchen : intravenöse Einspritzung von Schilddrüsen-
^^^ . safb bewirkte Herabsetzung des Blutdruckes und Beschleunigung des Pulses,
von der ^^® letztere bleibt nach Durchschneidung der Nn. vagi oder nach Atropin,
Oblongata verschwindet aber nach Durchschneidung der Oblongata.
ans,
Hascovec.
Ed. Boinet (Recherches sur la goltre exophthalmique.
Krankheit 8- Rev. de mMec. Nr. 7) berichtet über 15 noch nicht veröffentlichte
Ml d des päUe yon Basedow'scher Krankheit, an denen die ätioloffische Be-
MorbUS __ , IT rr /. .
Basedowii, Ziehung ZU nervöser Veranlagung, hereditär nervösen Zügen fast m
Boinet. allen Fällen ersichtlich war. Starke Emotionen, Zomausbrüche, die zu
dieser Krankheit geführt haben, wirkten auf ein bereits prädisponirtes
Nervensystem. In der Frage der Verursachung des Basedow'schen
Symptomencomplexes vertritt er den Standpunkt, dass es sich um
eine Neurose handelt, welche besonders auf die Centren der Me-
dulla oblongata einwirkt; dafür spricht die grosse Zahl von Sym-
ptomen, welche auf das vasomotorische, das Schweiss-, das Vomier-
centrum, das Centrum der Hamsecretion hinweisen, femer auch die
Beziehungen und gelegentlichen Combinationen mit einer Reihe von
Erkrankungen des Bulbus und des Cervicalmarkes. Die Struma
sieht er demgemäss für ein secundäres Symptom an, das durch die
krankhafte Veränderung des vasomotorischen Centrums veranlasst
wird, dann aber seinerseits durch Uebersecretion ungünstig und die
Krankheit steigernd zu wirken vermag.
Compiicirte Complicirte Fälle haben beschrieben : D i n k 1 e r (Neurol. Centralbl .
^Morbur Nr. 13, S. 616) mit Hemiplegie und psychischen Störungen.
Basedowii, — Griffith (Brit. med. Joum., August20) xmd Rosenmeyer (Cen-
Dinkler, tralbl. f. pract. Augenheilk., Mai, S. 144) mit Hornhautgeschwür,
Rosenmever ^^^^c^ös in dem Falle von Griffith den Verlust beider Augen zur
ühthoflf, Folge hatte. — Uhthoff (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 11) da-
gegen einen Fall von linksseitiger homonymer Hemianopsie
mit XJebergreifen auf die rechte Gesichtshälfte, complicirt mit doppel-
Jacobsohn. seitiger Ophthalmoplegia interna und Morbus Basedowii. — Jacob-
sohn (ibid. Nr. 7) einen Fall von Hemicranie, einseitiger Läb-
mimg des Halss3rmpathicus und Morbus Basedowii.
Ingeirans. Ingeirans (Coincidenz von Tabes, Morbus Basedowii
und Epilepsie. Echo m^dical du Nord S. 580) beobachtete einen
Fall, in welchem die genannte Trias von Symptomenbildem sich
bei demselben Individuum fand. Auf Grund eingehender Erwä-
gungen kommt Ingeirans zu der Anschauung, dass der Base-
dow, auch wenn er bulbär bedingt wäre, und die Hinterstrang-
Krankheiten des Nervensystems. 105
Sklerose hier einfach assocürt sind und keine gemeinschaftliche
anatomische Läsion als Ursache haben, wohl eher nervöse Heredität.
Die operative Therapie der Basedow-Krankheit hat
Jos. Sorgo (Centralbl. f. die Grenzgebiete der Med. u. Chir. Bd. 1, Operative
Nr. 6 — 8) in einer Uebersicht der Todesursachen von den in den ^!„ «^^»,"5
' ^ des Morbus
Jahren 1894 — 97 angeführten Operationen und ebenda Nr. 9 die Er- Basedowii,
folge besprochen. Danach wurden bedeutende Besserungen in 15**/o, Sorgo,
deutliche Besserungen in 36 °/o , also im ganzen 51 °/o Besserungen
erzielt; Heilung in 28**/o, keine Besserung oder Verschlimmerung
in 67«, Tod in 14®/o notirt. Einen Fall, wo die sehr bedeutende Bes-
senmg nach halbseitiger Kropfexstirpation seit 6 Jahren andauert,
theilt Jul. Wolff (Mitth. aus d. örenzgeb. Bd. 3, Nr. 1, S. 38) mit, Wolff.
ausserdem guten Erfolg von derselben Operation in 5 weiteren
Fällen und 2mal glänzenden Erfolg. Aehnlich sind die Erfolge von
Arthur Booth (New York med. Record, August 13). Booth.
In Frankreich zieht man meist die Resection des Sympa-
thicus den Kropfoperationen vor, so F. Combemale und H. Gau- Sympathico-
'iier (Un cas de goitre exophthalmique ; action dela Sympathie o- ß™'^^ ^j- '
tomie [Operation de Jaboulay] sur Texorbitisme et sur la tachy- Combemale u.
rardie. L'^cho m^d. du Nord S. 220 ff.). Eine 32jährige Frau war Gandier.
früher mit einem latenten Kropf behaftet, der unter unbekannten
Einflüssen zu wachsen anfing und dabei von Exophthalmie , Tachy-
cardie und allen Symptomen der Hyperthyreoidisation begleitet wurde,
die durch eine Thyreoidinmedication noch gesteigert wurde. Nach
venig wirksamem medicamentösem Versuch entschloss man sich in-
folge der bedrohlichen Herzbeschwerden, enormer Tachycardie mit
Asystolie und Herzangst die Resection des Halssympathicus zu
machen. Es erfolgte sofortiges Zurückgehen des Exophthalmus,
fierabgehen der Pulse von 200 auf 90 — 100, Verschwinden aller
Herzbeschwerden; an der Schilddrüse keine Veränderung. Die Pa-
tientin konnte ihre Thätigkeit -^eder aufnehmen. Verff. halten da-
nach diese Operation bei Basedow dann für indicirt, wenn die
Herzbeschwerden prävaliren, und erklären die Wirkung als eine
Herabsetzung der Hypersecretion der Schilddrüse.
Myxödem«
D. J. Wolfstein (Infantiles Myxoedema. Americ. joum.
of the med. scienc. Nr. 3) behandelte ein 4'/* jähriges Mädchen, welches
«Üe classischen somatischen und psychischen Symptome des Myx-
1 06 Seeligmüller.
Schild- Ödems darbot, mit Thyreoidintabletten. In den ersten ]4 Tagen,
^'^^®": . während deren tätlich drei Tabletten {k 0,3) gegeben wurden, trat
infantilem eine Gewichtsabnahme von 19 V« auf 13^2 Pfund ein, bedingt durch
Myxödem, ein förmliches Wegschmelzen der myxödematösen Massen, femer eine
Wolfstem. yQÜg^ändige Umwandlung des bisher stupiden psychischen Verhaltens
in hochgradige Unruhe, die auch den nächtlichen Schlaf unmöglich
machte. Diese letztere Erscheinung erwies die Herabsetzung der
täglichen Dosis auf eine Tablette als bedingt durch Ueberfütterung
mit Thyreoideasubstanz. Die Darreichimg wurde mit 1 */2 monatlicher
Pause wegen Bronchitis fortgesetzt und erzielte eine langsam, aber
stetig fortschreitende Entwickelung des Körpers zu gesunden Ver-
hältnissen und auch allmählichem Erwachen der geistigen Functionen.
Schild- A. Magnus-Levy (Untersuchungen zur Schilddrüsenfrage. G a s - u n d
drüsen- Stoffwechseluntersuchungen bei Schilddrüsenfütterung bei
fr k Avonj A T} O i
w„wx^«^ Myxödem, Morbus Basedowii und Fettleibigkeit Zeitschr. f. klin.
Myxödem, •' ' ^
Morbus Med. Bd. 33, H. 3 und 4) beobachtete hochgradige Steigerung des Gas-
Basedowii, wechseis lun 60 — 90 % der Anfangswei-the nur bei einem Myxödempatienten ;
Fettleibig- ^^g^ einem 12jährigen Kinde mit leichter Struma und einer älteren Frau
Magnus-Levy °^^^ Morbus Basedowii fehlte jede Steigerung; bei einer Kropfpatientin und
zwei Fettleibigen wurden nur vereinzelte höhere Werthe, bei drei anderen
Fettleibigen und einer Kropfpatientin eine Steigerung des Sauerstoffv^er-
brauches um 10 — 157o, bei einem Falle mit Stnuna um 25 7o constatirt. Bei
allen positiven Reihen war eine cumulative Wirkung erkennbar durch lange
Nachwirkung, und bei geringen Dosen und Dosirung in längeren Fristen
eine Art von Gewöhnung. Jodkali und Thyreoantitoxin blieben ohne Effect.
Bei dem Myxödempatienten bestand in der thyreoidinfreien Zeit Herab-
setzung des Gaswechsels, der Wärmebildung und des Stickstoffwechsels;
sowohl Thyreoidintabletten wie Thyrojodin steigerten den Gas- und Stick-
stoffwechsel. Beim Morbus Basedowii bestand eine Erhöhung des Sauer-
stoffverbrauches, die mit Bessenmg der Symptome zurückging. Bei Fett-
leibigkeit ist eine erhebliche Herabsetzung nicht nachgewiesen, für geringere
Grade sind die Methoden nicht fein genug. Bei Entfettung durch Thyreoidin
entfällt der Hauptantheil des Gewichtsverlustes auf Wasserverlust; femer
aber auch häufig beträchtlicher Eiweissverlust , der als toxogener aufzu-
fassen ist, da er nicht durch erhöhte Nahrungszufuhr zu beseitigen ist.
Pathologie \V. Muratow (Zur Pathologie des Myxödems. Neurol.
M '^d* Centralbl. Nr. 20) zeigt an der Hand eines Falls, dass das congeni-
Muratow, tale Mj'xödem durch völligen Schilddrüsenmangel nicht nur zu einei-
toxischen Affection der Rindenzellen, sondern auch zu einer Ent-
wickelungshemmung, besonders der Associationssysteme führt. — L u-
v. Korczynski. dom il v. Korczynski (Einige Bemerkungen über das Myx-
Krankheiten des Nervensystems. 107
ödem. Wiener med. Pr. Nr. 36) beschreibt einen Fall von Myx-
ödem mit Anacidität und motorischer Schwäche des Magens, Albu-
minurie, erhöhten Reflexen, Colostrumsecretion der Brüste, Anämie,
Poikilocytose, Megalocytämie und eosinophilen Zellen bei einer Frau
von 41 Jahren. Schilddrüsentherapie bringt wesentliche Besserung,
unter anderem Wiedereintritt der Menses nach öjähriger Pause, aber
doch nicht völliges Schwinden aller Nebensjnnptome. Nach dem
Befund in verschiedenen Stadien der Behandlung gehören dem Myx-
ödem als solchem zu die Megalocythämie , das Auftreten der viel-
leicht im subcutanen Gewebe entstehenden eosinophilen Zellen und
ein Ueberwiegen der Lympho- und Myelocyten unter den weissen
Blutkörperchen.
Cecil F. Beadles (Brit. med. Joum., April 9, S. 947) fandPathogenese
des
in 2 Fällen von Myxödem die Pituitaria vergrössert, dazu die Myxödems
Thyreoidea auch in einem dritten Falle atrophisch und blutarm. Beadles.
Die fibrigren Neurosen.
E. Jendrässik (Ueber die Hemiatrophia faciei. Deutsches Hemi-
Arch. f. kUn. Med. Bd. 59) sucht auf Grund klinischer Beobach- atrophia
timgen und Erwägungen der Ursache den Sitz dieser Affection in« den jendrass'ik.
Kopfganglien des Sympathicus.
MaxPickardt (Die Beeinflussung des Stoffwechsels Morbus
bei Morbus Addisonii durch Nebennierensubstanz. Berl. Addisonii,
klin. Wochenschr. Nr. 33) prüfte bei einem 34jährigen Manne, bei wechsei,
dem alle klinischen Symptome der Bronzekrankheit bestanden, das Pickardt.
Verhalten des Stoffwechsels vor und während der Darreichung von
Nebennierensubstanz. Es ergab sich, dass während in der Vorperiode
das Stickstoffgleichgewicht ziemlich leicht zu erhalten war, mit Be-
ginn der Nebennierenfiitterung sofort eine erhebliche Steigerung der
Stickstoffausscheidung eintrat, die in den ersten 4 Tagen der Medi-
cation progressiv zunahm. Das Verhalten nach der Fütterungs-
periode konnte nicht festgestellt werden, da der Speisezettel vom
Patienten weiterhin nicht innegehalten werden konnte. In einem ana-
logen Versuch hatte Senator nicht nur keine Steigerung der Stick-
sToffausscheidung , sondern vielleicht sogar eine geringe Verminde-
nmg derselben zu constatiren geglaubt.
•
F. Schwyzer (Zur Aetiologie des Morbus Addisonii.
New Yorker med. Monatsschr. Bd. 10, H. 1) beobachtete 3 Fälle
208 Seeligmüller.
Morbus von acut verlaufender Kachexie, von denen 2 die charakteristische
Addison! i, Addison'sche Hautverferbung darboten; in allen 3 Fällen erwies
Schwyzer^* ^^ Section das Bestehen von Lues und specieU syphilitischen Pro-
cessen an den Nebennieren; der zuletzt beobachtete Fall bot noch
das Besondere, dass bei ihm, obwohl die Untersuchung und Anamnese
keine Zeichen von Lues darbot, eine dennoch vorgenommene anti-
syphilitische Behandlung vorübergehende Besserung bewirkte. Li
allen 3 Fällen war nur je eine Nebenniere durch den Process zer-
stört, die andere sehr wenig davon ergriffen.
— MeUno- Fr. Schultze (Ueber Melanoplakie der Mundschleim-
plakie, haut und die Diagnose auf Morbus Addisonii. Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 46) schliesst aus 2 von ihm mitgetheilten
Fällen ohne Autopsie, dass das, wie es scheint, gar nicht so seltene
Vorhandensein der Melanoplakie der Mundschleimhaut auch dann
noch nicht zur sicheren Diagnose von Addison'scher Krankheit ge-
nügt, wenn zugleich eine bräunliche Verfärbung der Haut aus un-
klarer Ursache vorhanden ist.
Migräne, A. Seeligmüller hat in der Eulenburg'schen Encyklopädie
A.SeeUgmtiUer.Bd. 16 eine ausführliche Darstellung der Migr&ne gegeben.
Atypisches Als „atypisches Flimmerskotom" bezeichnet Rieh. Hil-
Flimmer- p^rt (Centralbl. f. Augenheilk. Bd. 4, S. 105) gefärbte Ringe, welche
Migräne ^^ ^^'^ ersten Falle von Migräne blau waren und sich in dem ganzen
Hilpert. Gesichtsfeld bewegten, in einem zweiten bunt auf braunem Grunde.
Arthritische Als Complication der Migräne beobachtete Clayton Jones
Anfälle bei (Lancet, Jan. 29, S. 320) in 6 Fällen arthritische Anfälle in
Jones. ' einem Fussgelenke, welches schmerzte und etwas anschwoll. Ein
solcher Anfall dauerte 12 — 20 Stunden und kehrte jährlich 1 — 2mal
wieder. Sonst war von Gicht nichts nachzuweisen.
Hemicranie,
Sym- L. Jacobsohn (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 7) beobachtete
pathicus- einen Fall von Hemicranie, einseitiger Lähmung des Hals-
Morbus sympathicus und Morbus Basedowii bei einer 38jährigen
Basedowii, Frau, die seit dem 21. Lebensjahre an Hemicranie litt.
Jacobsohn.
Migräne- Koeppen (Ueber Migränepsychosen. Versamml. des süd-
psychosen, westdeutschen psychiatr. Vereins in Karlsruhe, 1897, Nov.) theilt
3 Beobachtungen mit, die zu beweisen scheinen, dass es Fälle von
eigenthümUchen Psychosen gibt, die in besonderer Beziehung zur
Krankheiten des Nenrensystems. 109
Migräne stehen und etwa als posthemicranische Psychosen den post-
epileptischen Zuständen gleichzustellen wären; der vorhergehende
Migräneanfall ist dabei gewöhnlich von langer Dauer und mit sen-
sorischen Erscheinungen verbunden.
J. W. Frieser (Ueber Migräne und deren Behandlung. Therapie der
Münch. med. Wochenschr. Nr. 35) sah einmal Heilung der Migräne Migräne,
nach Entfernung eines Nasenpolypen, ein anderes Mal nach Auf-
richtung des retroflectirten Uterus. Er sucht die eigentliche Ursache
des Anfalls in einer Zersetzung des Mageninhalts durch Fermente
oder Ptomaine. Durch eine zweckmässige Aenderung der Diät er-
zielte er wiederholt Besserung, ja Heilung. Von inneren Mitteln
rühmt er das Mentholum valerianicum, das Benzacetin und
Trephenin zu 0,5 in Pulver.
Erwin Thomson (Methylenblau in seiner Wirkung — Methylen-
bei nervösem Kopfschmerz und Hemicranie. St. Petersb. _. *'*'
^ . Thomson.
med. Wochenschr. Nr. 22) wandte m 5 Fällen, darunter bei seiner
eigenen Hemicranie, Methylenblau in Dosen von 0,1 mit gleicher
Menge Muskatnuss an und erzielte damit sehr zu weiterem Gebrauch
bei nervösem Kopfschmerz, Migräne und verwandten Zuständen auf-
mmitemde Resultate. Unangenehme Nebenwirkungen sind dunkel-
grüne Färbung des Harnes, unangenehmer Geruch desselben, starker
Harndrang, einmal auch Erbrechen.
Sarason (Hannover), Ein Apparat zur mechanischen — Mecha-
Behandlung des Kopfschmerzes (Deutsche med. Wochenschr. /^^^^^^
Nr. 9). Eine halbringformige Feder, die um den Hinterkopf liegend saraaon.
durch zwei Pelotten die beiden Arteriae temporales an den Schläfen
comprimirt, wird besonders für angioparalytische Migräne empfohlen.
R. Stintzing (Wesen und Behandlung des trauma- Wesen
tischen Tetanus. Münch. med. Wochenschr. Nr. 40) fasst die Re-^®^ Tetanus.
sultate der Untersuchungen anderer Autoren und seiner eigenen in
folgenden, theüs feststehenden, theils hypothetischen Anschauungen
über die Pathogenese des Tetanus zusammen. Der TetanusbaciUus
erzeugt an dem Orte seiner Ansiedlung (Wxmde oder Impfstelle)
Toxine. Diese gelangen theils in die Blutbahn (bei Thieren) und
können von dieser aus wirksam werden. Im wesentlichen aber
werden sie längs der nahe gelegenen Nerven, vermuthlich in den
Haschen des Perineuriums, deren Flüssigkeit eine besondere Attrac-
tionskraft eigen zu sein scheint, zum Rückenmarke fortgeleitet. In
'ien Subarachnoidealraum oder unmittelbar in das Rückenmark ge-
110
Seeligmüller.
Stintsdng,
Courmont,
Wesen langt, entfalten sie (bei Thieren) ihre toxische Wirkung zunächst
®|^.^®j^*°"*'von der Binmündungsstelle aus und erzeugen somit zunächst den
örtlichen Tetanus. Wird Gift in genügender Menge weiter produ-
cirt und zugeleitet, so erzeugt es regionär bis zum allgemeinen Te-
tanus fortschreitende Krämpfe. Meist jedoch breiten sich bei diesem
die Krämpfe ohne Regel aus, vermuthlich weil die Toxine in den
weiteren mit Flüssigkeit angefüllten Räumen rascher diffundiren.
Den Angrüfspunkt für das Tetanusgift bilden jedenfalls die moto-
rischen Ganglienzellen in den Vorderhömem, die unter Einwirkung
des Giftes in einen Zustand erhöhter Erregbarkeit gerathen. Dass
die neuerdings gefimdenen morphologischen Veränderungen dieser
Zellen einen dem Tetanus eigenartigen Befund darstellen, ist noch
fraglich.
J. Courmont, Doyen undPaviot, La contracture tetanique
n'est pas fonction d'une lesion appr^ciable des cellulee ner-
veuses mdduUaires (Arch. de physiologie Nr. 1). Controllversuche zu
den zuerst von Marinesco beschriebenen Zellveränderungen nach
experimentellem Tetanus an Kaninchen — Veränderungen, welche durch
die NissTsche Methylenblaufärbung nachweisbar und für den Tetanus
charakteristisch sein sollten — fielen vollständig negativ aus. Die als
pathologisch angesehenen, homogen dunkelblau gefärbten Zellen fanden
sich ebenso auch im Rückenmark ganz gesunder Thiere. In mit Pikro-
carmin und Safranin gefärbten Präparaten waren die gleichen Elemente
gefärbt wie in den Methylenblaupräparaten, deren Vortheile nur darin be-
stehen, dass sie schärfer differenziren und eventuell vorhandene bacterielle
Einschlüsse erkennen lassen. Auch in der menschlichen Pathologie haben
die Verff. mehrfach die Erfahrung gemacht, dass die NissTsche Methode,
allein angewendet, unstreitig zur Annahme pathologischer Veränderungen
gefuhrt hätte, wo Controllfärbungen mit den genannten Reagentien nor-
male Verhältnisse bewiesen. Sie warnen deshalb vor voreiligen Ver-
werthungen solcher Ergebnisse der Nissl'schen Färbimg und empfehlen
fortgesetzte ControUe durch die älteren erprobten Methoden.
Livio Vincenzi, Tritt im menschlichen Blute nach über-
standenem Tetanus Antitoxin auf? (Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 16.) Von einem mittelschweren, ohne Antitoxin behandelten und ge-
nesenen Tetanusfalle eines 44jährigen Mannes entnahm Verf. am Ent-
lassungstage 150,0 ccm Blut aus der Vena cephalica. Die mit dem daraus
gewonnenen Serum angestellten Versuche Hessen keine immunisirende oder
heilende Wirkung desselben erkennen. Verf. schliesst also daraus, dass in
diesem Serum keine Spur von Antitoxin enthalten gewesen sei. Behring
bestreitet in einer der Arbeit angefügten Kritik, dass die Versuche für die
letztere Behauptung beweiskräftig seien; für ihn beweisen "sie nur, dass
nach überstandenem Tetanus kein Tetanustoxin im Blute mehr frei war.
Vincenzi,
Krankheiten des Nervensystems.
111
F. Ransom (Das Schicksal des Tetanusgiftes nach seiner in-
testinalen Einverleibung in den Meerschweinchenorganismus (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 8) fand, dass das Tetanusgift vom intacten Magendarm-
kanal aus unschädlich ist, sogar in sehr grossen Dosen. Es wird weder
vom Magen, noch vom Darm absorbirt; infolge dessen erscheint weder
Gift noch Antitoxin im Blute. Es wird im Magendarmkanal nicht zer-
stört, sondern fliesst unverändert durch den ganzen Kanal und wird per
anum ausgeschieden.
Wilhelm Göbel (Monatsschr. f. Psychiatrie u. Neurol. Bd. 3) fand
bei einem am 9. Tage trotz Tetanus antitoxin gestorbenen Tetanus-
kranken makroskopisch Gehirn und Rückenmark unverändert, mikro-
skopisch dagegen mit der M a r c h i - und N i s s 1- Methode an den Strängen und
den Cranglienzellen des Rückenmarks interessante Yerändeinrngen , ebenso
P^choütre (Comptes rendus de la Soc. de Biologie, 25. Juni) bei mit einer
virulenten Tetanuscultur inficirten Kaninchen; besonders verloren die
Ni Barschen Granula ihre regelmässige Anordnung und zerfielen zu gleicher
Zeit in feinen kaum noch sichtbaren Staub.
Siegfried Tauner (Ein Beitrag zur Kenntniss des Tetanus
des Menschen. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 31, S. 747) sieht in seinem
sehr genauen mikroskopischen Befunde eines schnell verlaufenen Tetanus
als die wesentliche Veränderung im Rückenmark die nicht nur durch die
neueren, sondern schon durch ältere Methoden nachweisbare hochgradige
Schwellung der Kemkörperchen an, die nicht nur in seinem Falle die Zell-
bilder beherrschte, sondern auch bereits von anderen bei experimentellem
und menschlichem Tetanus constatirt worden ist.
Tetanusantitoxische Eigenschaften des normalen Cen-
tralnervensystems constatirten Wassermann und Takaki (Berlin,
klin. Wochenschr. Nr. 1) in dem Centralnervensystem des Meerschweinchens,
der Taube, des Kaninchens, Pferdes und Menschen. Die antitoxische Kraft
wohnt den Zellen und nicht etwa einer in dem Centralnervensystem ent-
haltenen wasserlöslichen Substanz inne.
Ransom,
Göbel,
Pöchoütre,
Taoner,
Wassermann
u. Takaki.
F. Köhler (Zum gegenwärtigen Stand der Serumtherapie Serum-
des Tetanus. Münch. med. Wochenschr. Nr. 46, S. 1470) fasst *^®"P'® *®^
Tetanus,
aas Resultat einer Statistik von 96 Fällen in folgenden Sätzen zu- Köhler,
sammen : Eine Statistik über 96 mit Tetanusserum behandelte Fälle
gibt procentual ein etwas günstigeres. Resultat als früher
vor der Serumbehandlung. Ein allgemein gültiger Modus für eine
Erfolg bestimmt in Aussicht stellende Anwendung des Tetanusserums
läset sich nicht aufstellen; eine Statistik (31 Fälle) innerhalb der
ersten 2 Tage nach Ausbruch der Erscheinungen mit Tetanusserum
behandelter Fälle ergibt heute eine Mortalität von 64,5 **/o. Die Wir-
kung des Tetanusserums ist vielleicht in einzelnen Fällen eine un-
mittelbar eingreifende, selten ist es ohne jeden Einfluss, meist von
112
Seeligmüller.
Serum- allmählichem Erfolge, stets ohne bedeutsame Nebenwirkungen. Es
therapie des^j^pß^y^ sich die Anwendung des Tetanusserums frühzeitig, in
J^ O ^ n Mm (iL Ba ^^
Köhler, grossen Dosen, in wiederholter Injection. Mit der Länge der
Incubation wächst, wie vor der Serumtherapie, die Aussicht auf Er-
folg. Auch die vor der Serumtherapie als sehr ungünstig geltenden
Fälle von Tetanus puerperalis scheinen durch Tetanusserum günstig
Heddaeus. beeinflusst werden zu können. — A. Heddaeus (Ueber den heutigen
Stand der Therapie des Tetanus traumaticus. Münch. med.
Wochenschr. Nr. 11 — 13) kommt nach seinen eigenen 4 und nach den
in der Litteratur beschriebenen Fällen zu einem günstigen Urtheil
über die Antitoxintherapie, doch betont er den unterstützenden Werth
der bisher gebrauchten Maassnahmen, der Zerstörung des primären
Heerdes, der Verwendung von sedativen und narkotischen Mitteln,
der Elimination des Giftes aus dem Körper.
Tetanus-
tozin und
•antitozin,
Blumenthal.
Ferdinand Blumen thal, lieber die Veränderung de»
Tetanusgiftes im Thierkörper und seine Beziehung zum
Antitoxin (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 12). Das den Versuchsthieren
eingespritzte Tetanusgift findet man bei gewissen Thierarten vollständig
im Blute wieder (z. B. beim Meerschweinchen), bei anderen nur zu einem
gewissen Bruchtheile (z. B. Kaninchen). Bei Kaninchen zeigt sich der
Tetanus 40 Stunden nach der Injection, und zu dieser Zeit war im Organis-
mus kein wirksames Gift mehr nachzuweisen, nachdem von der 12. Stunde
nach der Injection an dasselbe je länger je mehr abgenommen hatte und
andererseits seine Wirkimg an den damit behandelten Mäusen mehr in clo-
nischen Krämpfen, Paraplegie und Goma bestanden hatte. Dass diese clo-
nischen Krampfformen mit dem einverleibten Gifte in ursächlichem Zu-
sammenhange stehen, bewiesen ControUversuche mit Organsäften von mit
anderen Bacteriengiften vergifteten Kaninchen, die eine viel geringerö Giftig-
keit besassen und nicht die charakteristischen Krämpfe zu erzeugen im
Stande waren. Dieses gesetzmässig wechselnde Verhalten der Organsäfte mit
Tetanus vergifteter Kaninchen erklärt Blumen thal als den Ausdruck einer
allmählichen Bindung des Toxins durch Bestandtheile von Gewebszellen;
das so gebundene Toxin wirkt auf andere Organismen übertragen nicht
mehr giftig, in dem Organisnms, in dem es entstand, ist es aber die Ur-
sache der Krämpfe. Der Zeljenbestandtheil, mit dem das Toxin die eigent-
lich Tetanus erzeugende Verbindung eingeht, ist das im Hirn und Rücken-
mark der für Tetanus empfänglichen Thierspecies vorhandene Antitoxin,
welches im Nervensystem der immunen Species ganz zu fehlen scheint.
Dass beide Substanzen eine chemische Verbindung eingehen, erschliesst
Blumenthal aus folgenden Beobachtungen: eine antitoxisch wirkende Auf-
schwemmung von Himsubstanz lässt nichts von ihrem AntitoxingehaJt fil-
triren; versetzt man sie mit einer an sich filtrirbaren Toxinlösung, so geht
auch kein Toxin ins Filtrat über; nur wenn man die letztere im Ueber-
Krankheiten des Nervensystems.
113
schoss zufügt, so filtrirt der üeberschuss das ungebundene Toxin. Für die
Tetanosheilserumtherapie ergibt sich hieraus, dass das Heilserum nur das
noch nicht gebundene Toxin zu paralysiren vermag, gegen das bereits ge-
bimdene und krampferzeugende machtlos ist; daher B ehr in g's Satz: dass
der Erfolg des Heilserums abhängig ist von der Schnelligkeit, mit der es
nach Beginn der ersten tetanischen Symptome angewendet wird.
Arndt (Die bisherigen Ergebnisse der Anwendung des Die Sern m-
Behring'schen Tetanusantitoxins in der Veterinärmedicin. t^orapie des
Deutsche med. Wochenschr. Nr. 4) referirt die bisherigen Veröffentlichungen in der
über die Antitoxinbehandlung von Pferden und findet, dass von 74 Thieren Veterinär-
33 geheilt wurden. Ein Autor lässt das Antitoxin nur als ausgezeichnetes medicin,
Praventivmittel gelten. • '^™^*-
R. Sievers (lieber Tetanie bei Dilatatio ventriculi.
Berl. klin. Wochenschr. Nr. 31 u. 32) kritisirt die Ansicht, dass
die Tetanie in solchen Fällen durch Salzsäureüberschuss bedingt sei.
Allerdings sei die starke Dilatation meist durch Ulcus ventriculi
hervorgerufen und demnach Salzsäureüberschuss nachweisbar, es
komme aber Tetanie bei Magenerweiterung auch ohne Ulcus bezw.
Ulcusnarben, ja sogar bei Salzsäuremangel vor.
Greo W. Ja«coby (Zur Myotonie- New Yorker med. Monats-
schrift Nr. 8, S. 385) berichtet zunächst über zwei Fälle von er-
worbener Myotonie, die er von dem congenitalen Typus geschieden
haben will. AUe FäUe, welche die charakteristischen Zeichen myo-
tonischer Bewegimgsstörung und Beaction nicht darbieten, sondern
nur einen tonischen Spasmus bei oder nach activen Bewegungen,
sollte man nach SeeligmüUer's Vorschlag als ,Intentions-
kramp r bezeichnen. Solche Intentionskrämpfe können mit einer
ganzen Beihe anderer Störungen, auch solcher der Myotonia con-
genita einhergehen. Sie treten besonders auf bei Hysterie, Tetanie
und Beschäftigungsneurosen.
Bonhöffer (Ein der choreatischen Bewegung anscheinend
constant zugehöriges Symptom. 74. Sitzung d. Ver. ostd.
Irrenärzte zu Breslau. Lähr's Zeitschr. Nr. 4) weist auf Fehlen des
Muskeltonus und auf Gelenkrelaxation hin, auch auf manchmal zu
lindende Anomalieen der Sehnenreflexe, und erinnert an den Zu-
sammenhang von Läsionen der hinteren Wurzeln und des Kleinhirns
mit abnormer Muskelschlaffheit. Er glaubt, dass die choreatische
Bewegung durch „centripetale Störungen" veranlasst werde und dass
m ihrer Form nach der Willkürbewegung nahe stehe.
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. g
Tetanie,
Sievers.
Myotonie,
Jacoby.
Chorea,
Bonhöfler.
114 Seeligmüller.
Huntington- F. C. Facklam (Beiträge zur Lehre vom Wesen der Hunting»
^""^Fafkii^^*' ton'schen Chorea. Arch. f. Psychiatr. Bd. 30, H. 1) berichtet über
8 Beobachtungen, darunter einen Fall mit Autopsie und histologischer
Untersuchung. Auf Grund dieses Materials weist er der Hunting-
tonischen Chorea eine Sonderstellung zu; der typische Beginn im
4. Jahrzehnt des Lebens, meist auf erblicher Basis, der chronische,
progressive Verlauf, die Unheilbarkeit , die psychischen Störungen
von degenerativem Charakter, deren Substrat schwere organische
Veränderungen der Hirnrinde, bestehend in chronischen meningo-
encephalitischen Processen mit Atrophie büden.
CoUins. JosephCoUins (Americ. Joum. of med. Sciences, Sept., S. 276)
fand in einem Falle von Huntington'scher Chorea bei einem
55jährigen Mann, dessen Mutter, sowie deren Schwester und Vater
an demselben Uebel gelitten, eine chronische parenchymatöse Degene-
ration der Hirnrinde, vorzugsweise in der Nachbarschaft der Central-
furche, mit consecutiven und secundären Veränderungen im inter-
stitiellen Gewebe und den Gefessen, Atrophie der Hirnrinde, Etat
cribl6, langsam fortschreitende Degeneration der Ganglienzellen, Zu-
nahme des GHagewebes, Erweiterung der pericellulären Zwischen-
räume; Fehlen von punktförmigen Hämorrhagieen; leichte Degene-
ration der gekreuzten Pyramidenstränge im Bückenmark.
Unfall- Paul Schuster (Zur Beurtheilung der Rückenschmerzen bei
nerven- Unftdlpatienten. Berl. kHn. Wochenschr. Nr. 10) theüt die grosse
Schuster, Zahl der Unfallpatienten, in deren Krankheitsbild die Klagen über
Rückenschmerzen eine RoUe spielen, in drei Kategorieen: 1. die ge-
wöhnlichen Hypochonder, Hysteriker und Neurastheniker, bei denen
der Schmerz meist nur nebenbei, neben vielen anderen Klagen an-
gegeben wird; 2. die sog. KümmelPsche Krankheit, eine nach trau-
matischer Erschütterung der Wirbelsäule auftretende und schleichend
verlaufende Wirbelerkrankung, die zu Deformität der Wirbelsäule
(Gibbus, wenn auch leichten Grades, und Kyphose) führt. Verf. hält
für den wichtigsten Punkt der Differentialdiagnose eine irgendwie
nachweisbare Wirbeldifformität , ohne diese ist es schwierig, diese
organische Erkrankung von dem dritten Symptomenbilde, bei dem
die Klage über Rückenschmerz im Vordergrunde steht, zu unter-
scheiden; derselbe wird als continuirlicher, bei jeder Körperlage
fortbestehender, bei Bewegungen gesteigerter beschrieben. Die
Wirbelsäule ist krankhaft gestreckt; eine Biegung der Wirbelsäule
wird ängstlich vermieden, ist aber möglich. Die langen Rücken-
muskeln befinden sich dabei andauernd im Zustande einer wahr-
Krankheiten des Nervensystems. 115
scheinlich reflectoiischen Anspannung, ausgelöst durch den primären
Schmerz.
F. Egger (Casuistische Beiträge zur Frage der func- Egger.
tionellen ünfallnervenkrankheiten [traumatische Neu-
rosen]. Jahresber. der Allg. Poliklin. zu Basel) kommt an der
Hand seiner Fälle zu folgenden Schlüssen. 1. Statt von objectiven und
subjectiven, spricht man besser von simulirbaren und nicht simulir-
baren Zeichen. Unter den letzteren bewährt sich dasMannkopfsche
Symptom, der sphygmographisch zu beobachtende plötzliche Anstieg
der Pulszahl bei Zufiigung eines Schmerzes, z. B. eines Druck-
schmerzes, ein Symptom, das von der geringeren, allmählichen Puls-
beschleunigung durch psychische Erregung sicher zu unterscheiden
ist. Bewegungen sind während des Versuchs von dem Patienten
zu vermeiden. 2. Die klinische Bedeutung einer krankhaften Störung
wird wesentlich mit bestimmt durch die Situation, in welche gesetz-
liche Bestimmungen den Patienten bringen.
Lehrbücher und Monographieen.
A. Adamkiewiez, Die Funetionsstörungen des Grosshims. Hannover.
6. Adolf, Die Gefahren der künstlichen Sterilität, besonders in ihrer Be-
ziehung zum Nervensystem. 4. Aufl. Leipzig.
H.Charlton Bastian, A treatise on aphasia and other speech defects.
London«
T. Cohn, Leitfaden der Elektrodiagnostik und Elektrotherapie. Für Prak-
tiker und Studirende. Berlin.
S. Erben, Klinische XJntersuchmigen über Muskelrheumatismus (Nacken-
schmerz, Ereuzschmerz). Beiträge zur klinischen Medicin mid Chirur-
gie. Hefb 19. Wien und Leipzig.
B. Erdmann und R. Dodge, Psychologische Untersuchungen über das
Lesen. Auf experimenteller Grundlage. Halle a. 8.
C. ¥6r^, La famille neuropathique. 2. 4dit. Paris.
L. y. Frankl- Hoch wart und 0. Zucker kandl, Die nervösen Er-
krankungen der Blase. Handb. der spec. PathoL u. Therapie von
H. Nothnagel. Wien.
F. Gattel, Heber die sexuellen Ursachen der Neurasthenie und Angst-
neurose.
A. Goldscheider, Gesammelte Abhandlungen. Bd. 1: Physiologie der
Hautsinnesnerven. Leipzig.
Derselbe, Die Bedeutung der Reize im Lichte der Neuronlehre. Leipzig.
A. Goldscheider und E. Fiat au, Normale und pathologifiche Anatomie
der Nervenzellen. Auf Grund der neueren Forschimgen. Berlin.
116 SeeligmflUer.
H. Gutzmann, Die practische Anwendung der Sprachphysiologie beim
ersten Leseunterricht. Berlin.
Derselbe, Ueber die Verhütung und Heilung der wichtigsten Sprachstörungen.
München.
Derselbe, Das Stottern. Eine Monographie für Aerzte, Pädagogen und
Behörden. Frankfurt a. M.
HenryHead, Die Sensibilitätsstörungen der Haut bei Yiscenderkrankungen.
Deutsch von W. Seiffer. Berlin.
£. Hitzig, Der Schwindel. Aus NothnageFs Pathol. und Therapie.
Hochstetter, Beiträge zur Entwickelungsgeschichte des Gehirns. Stuttgart.
A. Ho ff mann, Ueber die Anwendung der physikalischen Heilmethoden
bei Nervenkrankheiten in der Praxis. Halle a. S.
W. Elaas, Ueber conjugirte Augenablenkung bei Gehimerkrankungen.
Marburg.
R. V. Erafft-Ebing, Arbeiten aus dem Gesammtgebiet der Psychiatrie
und Neuropathologie. 3. Heft. Leipzig.
Leopold Laquer, Allgemeine Elektrotherapie. Aus Eulenburg's und
SamueFs Lehrbuch der allgemeinen Therapie. Wien und Leipzig.
Derselbe, Ueber die allgemeine schwere Myasthenie. Sammlung klinischer
Vorträge N. F. Nr. 205. Leipzig.
A. Liebmann, Vorlesungen über Sprachstörungen.
H. Liepmann, Ein Fall von reiner Sprachtaubheit. (Psychiatr. Abhand-
lungen.) Breslau.
Heinrich Lorenz, Die Muskelerkrankungen. NothnageFs Spec. Pathol.
und Therapie Bd. 11, 3. Theil, 1. Abth.
W. Macewen, Die infectiös-eitrigen Erkrankungen des Gehirns und Rücken-
marks, Meningitis, Himabscess, infectiöse Sinusthrombose. Autori-
sirte deutsche Ausgabe von P. Rudioff. Wiesbaden.
P. J. Möbius, Vermischte Aufsätze. 5. Heft der Neurologischen Beiträge.
Leipzig.
E. Nebelthau, Gehimdurchschnitte zur Erläuterung des Faserverlaufs.
Je 83 chromolithographische und Erläuterungstafeln nebst kurzem
Text. Wiesbaden.
H. Oppenheim, Lehrbuch der Nervenkrankheiten. 2. Aufl. Berlin.
A. Pick, Beiträge zur Pathologie und pathol. Anatomie des Centralnerven-
systems. Berlin.
A. Pitres, L'aphasie amn^stique et ses vari^t^s cliniques. Le^ons faites
ä l'höpital St.-Andr^ de Bordeaux.
B. Pollack, Die Färbetechnik des Nervensystems. 2. Aufl.
Saint-Paul, Essais sur le langage Interieur. Bibliothöque de psychologie. ParLs.
H. Schlesinger, Beiträge zur Klinik der Rückenmarks- und Wirbel-
tumoren. Jena.
Fr. Schnitze, Lehrbuch der Nervenkrankheiten. 1. Band: Destructive
Erkrankungen des peripheren Nervensystems, des Sympathicus, des
Rückenmarks und seiner Häute. Stuttgart.
Krankheiten des Nervensystems. 117
]
P. Schuster, Die Untersuchung und Begutachtung bei traumatischen Er- i
krankungen des Nervensystems. Ein Leitfaden für Practiker. Berlin. i
Otto Schwarz, Die Bedeutung der Augenstörungen für die Diagnose
der Hirn- und Rückenmarkskrankheiten. Berlin.
C. Schwidop, Sprache, Stimme und Stimmbildung. Karlsruhe.
Sternberg, Die Akromegalie. Mit 16 Abbildungen.
M. Verworn, Beiträge zur Physiologie des Centralnervensystems. 1. Theil :
Die sogenannte Hypnose der Thiere. Jena.
W. Wagner und P. Stolper, Die Verletzungen der Wirbelsäule und
des Rückenmarks. Deutsche Chirurgie. Lieferung 40. Stuttgart.
n, 2. Psychiatrie.
Von Dr. Lewaldy Besitzer und leitendem Arzt einer Heilanstalt für
Nerven- und Gemüthskranke zu Obemigk bei Breslau.
I. Anatomie und pathologisehe Anatomie.
Auch in diesem Jahre berichten eine Reihe von Arbeiten über solche
Befunde auf dem Gebiete der Pathologie der Ganglienzelle,
welche mittels der Nissrschen oder einer ihr analogen, zu demselben Ziele
führenden, Methode erhoben worden sind. Noch gar viele wichtige Fragen
harren aber trotz eifrigster Arbeit und trotz Beibringung reichlichen Ma-
terials einer einmüthigen Beantwortung. So ist z. B. noch keine Einigung
erzielt bezüglich des Baues des Grundplasmas der Zelle, das nach den An-
gaben der einen Autoren, als deren bedeutendsten Vorkämpfer wir wohl
Structnr v. Lenhossek ansehen können, eine netzartige (pseudowabige) Struetur
der zeigen soll, während andere, unter denen Flemming in erster Linie ge-
anK en- j^g^^^^ werden muss, mit Entschiedenheit für den Aufbau des Zellengrund-
V. Lenhossek, plfl'Smas aus Fibrillen eintreten. Ebenso ist die Controverse über den ana-
tomischen Charakter der Granula, die V. Lenhossek als Tigroidkömchen,
Goldscheider Goldscheider und F 1 a t a u aber als N i s s Tsche Zellköiperchen bezeichnen,
u. FUtau, jjQ(jh jgu keinem definitiven Abschluss gekommen; Nissl hält sie für sehr
' verschiedenartig gebaute „ Substanzportionen " im Zellleibe und bestreitet,
dass sie durchweg einen Aufbau aus einzelnen Körnchen zeigen; v. Len-
hossek beschreibt die Granula in der Spinalganglienzelle als Gebilde,
welche aus einer Grundsubstanz und aus Körnchen, die in sie eingelagert
Benda, sind, bestehen, eine Auffassung, die deijenigen Benda's bezüglich der
Struetur der Granula als Plasmaelemente, gefüllt mit basophilen Granu-
Oscar Julius- lationen, sehr nahesteht. Juliusburger und Ernst Meyer können in
hxager u. ^gn Granulis nur Kömchen und Kömchenaggregate sehen, deren Zwischen-
Meyer, gu^jg^^j^^ von dem Grundplasma der Zelle principiell nicht zu trennen ist.
Was die Bedeutimg dieser Granula anlangt, so scheint insofern wenigstens
eine einheitliche Auffassung zu bestehen, als man ihnen keine nervösen.
Functionen im engeren Sinne im Haushalte der Ganglienzelle zuschreibt,
wohl aber ist die Frage noch im Flusse, wie man die verschiedenen Zellen-
Psychiatrie.
119
Terandeningen aufzufassen habe und wofür sie eigentlich der anatomische
Ausdruck sind. Wir verweisen auf den Abschnitt , Nervenkrankheiten"
S. 47 ff.
Im Gegensatz zu manchen Autoren steht Alzheimer (AJlg. Zeitschr.
f. PBychiatrie Bd. 54, H. 4), der bemüht ist, für die verschiedenen
Psychosen specifisch verschiedene anatomische Verände-
rungen der Ganglienzelle, besonders aber charakteristi-
sche Alterationen der Granula nachzuweisen. Nach Julius-
burger und Meyer (Neurol. Centralbl. Nr. 4) ist die Structurveränderung
nicht die anatomische Grundlage einer bestimmten Functionsstörung, son-
dern nur der anatomische Ausdruck einer Beaction der Zelle auf ihre durch
den Erankheitsvorgang abgeänderten Lebensbedingungen; ihnen sind die
Granula Spannkraftmaterial für die Zelle, und sie erscheinen restituirt,
^bald die Anpassung der Lebensvorgänge in der Zelle an ihre äusseren
Einflüsse vollzogen ist. Auch nach Nissl (Neurol. Centralbl. Nr. 18) sind
die Zellveränderungen nicht in erster Linie der Ausdruck
einer nervösen Funct ionsstörung; es finden sich z. B. bei ganz
venchiedenen Erankheitszuständen dieselben Bilder der Ganglienzellen aus
der menschlichen Gehirnrinde wieder. Beim Thier verändert nach Nissl
jedes Gift bei subacuter maximaler Vergiftung die Nervenzellen der Binde
in specifischer Weise, dagegen konnte er nicht einmal bei solchen Para-
lytikern, deren Erankheit ziemlich gleichartig verlief, specifische Rinden-
zellenveränderungen nachweisen und hält es daher nicht für erlaubt, aus
der Feststellung von Nervenzellenveränderungen in der Rinde auf klinische
Krankheitsvorgänge Schlüsse zu ziehen. Dass auch diejenigen Nervenzellen-
TCiänderungen , die nach experimentell herbeigeführten Schädigungen ein-
treten, nicht der sichtbare Ausdruck einer Störung der specifisch nervösen
Zellthätigkeit sind, dafür spricht auch die von Goldscheider und Fla tau
(Deutache med. Wochenschr. Nr. 7) gefundene Thatsache, dass bei Eanin-
(hen nach Vergiftung mit Malonnitril und nachfolgender Entgiftung mit
Natrium subsulfurosum die motorischen Vorderhomzellen noch stark alterirt
waren, obwohl bereits das normale Bewegungsvermögen des Thieres wieder
«ingetreten war. Nach den Studien dieser Autoren lassen sich experi-
mentell in Zellen derselben Species differente Alterationen nachweisen,
velche in ihrer Eigenart durch die specifische Schädigung bestimmt sind.
So fanden sie bei erwärmten Kaninchen ganz charakteristische Verände-
rungen der Nervenzellen und berichten ein weiteres über analoge Befunde
in den Nervenzellen fiebernder Menschen (Fortschritte der Medicin Nr. 7).
Biesen Befunden wurde von Juliusburger und Meyer (Berl. klin.
Wochenschr. Nr. 31), ebenso wie von Erich Müller und Manicatide
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 9) widersprochen.
Alois
Alzheimer,
Nissl,
Goldscheider
u. Flatan,
Oscar Julius-
burger u.
Ernst Meyer,
Erich Müller
n. Manicatide.
Die Zellveränderungen im Vorderhorn bei progressiver
Paralyse unterzieht Berger (Monatsschr. f. Psychiatrie Bd. 3, S. 1)
einer Untersuchung. Bei 83°/o der untersuchten Fälle fand er Verände-
120 Lewald.
Zellver- rangen der Zellen, und zwar sehr häufig Pigmentzunahme im Protoplasma ;
änderungen (jg^an schloss eich gewöhnlich Zerfall der Granula und Ersatz derselben
l) 6 i
Paralyse cl^^ch feine, sich intensiv färbende Körnchen, die schliesslich ihrerseits auch
H. Berger. verschwinden, so dass die Zelle dann eine undeutlich begrenzte, blasse
Protoplasmamasse wird.
Eisenhaltige Weber (Monatsschr. f. Psychiatie Bd. 3, S. 507) untersuchte das Ge-
Ganglien- jjjj^ eines Knaben, der im 5. Lebensjahr mit Fieber erkrankt war, Krämpfe
L W Weber. °^^ nachfolgenden Lähmungserscheinungen durchgemacht hatte, dann geistes-
schwach geworden und im nächsten Jahr an Bronchopneumonie gestorben
war. In der ganzen Grosshimrinde befanden sich zahlreiche Hohlräume
und Cysten, meist an der Grenze zwischen Rinde und Mark. In der Nach-
barschicht der Cysten lagen ganze Gruppen stark degenerirter, eisen-
haltiger Ganglienzellen. Diese eisenhaltigen Zellen gruppirten sich um
erkrankte und blutende Gefässe herum, und da der periphere Theil des
Protoplasmas zuerst erkrankt, handelte es sich wohl um eine Infiltration
mit einem Eisenalbuminate.
II. Physiologie und Psychologie.
Die beiden Hirnhemisphären sind wohl symmetrisch, aber
nicht äquivalent, und der bekannteste Unterschied ist die Localisation
des Sprachcentrums auf der linken Seite. Die Unterschiede erstrecken sich
Ungleich- femer nach Klippel (Presse m^dicale, 29. Januar) auf Entwickelnng,
werthigkeit Configuration, Gewicht, physiologische Functionen, Häufigkeit der Erkran-
Grosshirn- ^^"^fi»» pathologische Symptome infolge der letzteren und auch auf die
hemi- secundären Degenerationen nach Zerstörungen der einen oder anderen Seite.
Sphären, Die in der Pyramidenbahn auftretende absteigende Degeneration ist nach
M. Klippel. Läsxon der linken Hemisphäre ausgesprochener. Sie findet sich auch
noch nach linksseitigen Erweichungsheerden , die vor dem Gyrus frontalis
ascendens localisirt sind ; bei allen Läsionen der Rolando'schen Windungen,
der centralen grauen Kerne und der inneren Kapsel ist die Degeneration
bei linksseitigem Sitz des Heerdes eine stärkere. Die Pyramidenvorder-
strangbahn ist bei Sitz der Heerde links eine stärkere; ebenso findet sieh
bei diesen häufiger Degeneration der ungekreuzten Pyramidenseitenstrang-
bahn. Klippel glaubt, dass von der linken Hemisphäre aus eine aus-
gedehntere Verbreitung corticaler Fasern im Rückenmarke Platz greift,
eine Folge des functionellen Ueberwiegens der linken Hemisphäre. Letztere
ist übrigens fast constant schwerer, als die rechte. Die Behauptung von
Luys, dass sich dieses Verhältniss bei Geisteskranken umkehrt, kann
Klippel nicht bestätigen. Während beim Menschen die Sprache links
localisirt und die rechte Hand kräftiger und geschickter ist, findet sich
kein noch so hoch stehendes Thier, bei dem die Gleichheit beider Hemi-
sphären in physiologischer Beziehung nicht vollkommen erscheint.
Psychiatrie. 121
Wie gross die Verschiedenheit des Gewichts der beiden Beide Hern i-
Hemisphären in pathologischen I^len werden kann, zeigen Aufzeich- Sphären
nongen Bonrneville's aus der Idiotenanstalt Bicötre (Progr. m6d. S. 248). ^«'»^hieden
Der grösste unterschied von 820 g fand sich bei einem Ejranken mit mul- £. BonnieTiUe.
tipehi Heerden, der an Hemiplegie links mit epileptischen An^Qlen litt
Es entsprach in allen Fällen das Mindergewicht einer Hemisphäre der ge-
kreuzten EGrperseite, welche die Hemiplegie zeigte, und ebenso stand den
gesunden Extremitäten einer Seite stets das grössere Gewicht der zuge-
hörigen Hemisphäre zur Seite.
Beiträge zur vergleichenden Physiologie des Grosshirns hat
Bichel (Pflüger's Archiv Bd. 72) geliefert. Er konnte bei Tauben, bei Groashim-
denen er durch Terpentininjectionen eine auf nur eine Grosshimhemisphäre «nerreg-
beachränkte Entzündung hervorgerufen hatte, ausser einer allgemeinen «ledere*'
Henunung niemals Motilitätsstörungen constatiren. Faradische und gal- Wirbel-
ramsche Reizversuche bei Tauben und Fröschen fielen völlig negativ aus. thieren,
Auch chemische Reizungen bei Frosch und Eidechse blieben wirkungslos. ^- ^l^^^'-
Diese ünerregbarkeit der Grosshimrinde niederer Yertebraten erklärt
Bichel aus den abweichenden anatomischen Verhältnissen.
Ueber die Tiefe des Schlafes hat Michelson aus der Heidel- Die Tiefe
berger psychiatrischen Klinik eine interessante Studie geliefert (Psycho- dos Schlafes,
logische Arbeiten von E. KräpeKn Bd. 2 , H. 1 , S. 84). Er stellte fest, ^^^^
wie gross ein Schallreiz sein musste, um gerade das Erwachen hervorzu-
rufen. Es fielen nach einander Kugeln, von denen jede die vorhergehende
um 5 oder 10 g Gewicht übertraf, aus einer bestimmten Höhe auf ein
Brett herab und verursachten somit Schallreize von immer grösserer Stärke,
Es ergab sich, dass meist vor Ablauf der ersten Stunde die grösste Schlaf-
tiefe erreicht wird, worauf sofort ein bedeutender Nachlass eintritt. Bei
einer Anzahl von Personen zeigte jedoch die Schlafcurve einen wesentlich
anderen Verlauf, so zwar, dass das Maximum später erreicht wurde und
keineswegs so sehr hoch lag, als in den übrigen Fällen; der Abfall war
minder steil, das Ende weniger niedrig. Es handelt sich um tiefgreifende
individuelle Verschiedenheiten, die sich bei denselben Personen auch im
wachen Leben deutlich ausdrücken. Die Leute mit raschem hohem Maxi-
mum und baldigem Absturz der Schlafintensität sind sog. Morgennaturen,
deren geistige Leistungsfähigkeit in den Vormittagsstunden am höchsten
steht, während sie gegen Abend nachlässt. In die andere Kategorie ge-
hören die Abendnaturen, jene nicht allzu seltenen Menschen mit einer
geringen Leistungsfähigkeit am Vormittage, die zunächst noch nicht recht
Ausgeschlafen erscheinen, während sie gegen Abend den Gipfel ihrer geistigen
Potenz erst erreichen.
Während man bisher im allgemeinen nach MendeTs Vorgang das
Ganglion habenulae für das Centrum der Pupillenbewegung an-
L. Bach.
122 Lewald.
Lage des sah, kommt Bach (Sitzungsbericht der med-phys. Gesellschaft zu Wflrz-
Pnpillen- bürg. Centralbl. f. Nervenheilkunde, Aprilheft) zu einem anderen Ergebniss.
^^t"*"™"' Zur Feststellung der Lage dieses Centrums hat Bach an Thieren Decapi-
tationen ausgeführt: nach einfacher, selbst sehr hoch ausgeführter Decapi-
tation ist die directe und indirecte Reaction der Pupille auf Licht noch
prompt vorhanden; es bleibt hierbei stets ein verschieden langes Stück des
Halsmarkes zurück. Zerstört man dieses in seinen allerobersten Theilen,
so erlischt — aber nur dann — sofort die Pupillenreaction. Hier wÄre
also das Centrum für die Pupillenbeweg^ng zu suchen. — In der Discussion
theilt Wolff mit, dass er bei einem im Anfangsstadium der Paralyse ge-
storbenen Manne, bei dem als einziges körperliches Symptom Pupillen-
starre vorhanden war, eine auf die Hinterstränge des oberen Halsmarkes
beschränkte Degeneration gefunden hat, und eine darauf angestellte genaue
Untersuchung des Rückenmarks zahlreicher Paralytiker ergab, dass jene
Stelle immer dann erkrankt war, wenn Pupillenstarre bestanden hatte, dass sie
dagegen stets sich als normal erwies, wenn Lichtreaction dagewesen war.
der Thiere,
Max Yerwon.
Die sog. Yerworn hat sich die Aufgabe gestellt, den Zustand der Bewegungs-
Hypnose losigkeit, in den viele Thiere dadurch versetzt werden können, dass man
sie in abnormen Körperlagen an Lagecorrections- oder Fluchtbewegungen
verhindert (Experimentum mirabile des Pater Kirchner 1646), physio-
logisch zu ergründen (Beiträge zur Physiologie des Centralnervensystem».
I. Die sog. Hypnose der Thiere. Jena). Er erklärt das in Rede
stehende Phänomen als die Resultante aus zwei Componenten, einer to-
nischen Erregung des Lagereflexgebietes (Kleinhirn?) und einer Hemmung
der cortico-motorischen Sphäre. Das Grosshim ist an der Erscheinung
nur durch Hemmung der willkürlichen motorischen Impulse betheiligt,
und es kann daher das Phänomen auch an grosshimlosen Thieren in
typischer Weise hervorgerufen werden. Das ^Erwachen" der Thiere und
ihr spontanes Aufstehen aus der abnormen Lage erfolgt entweder durch
innere Reize vom Grosshim aus oder aber häufiger durch äussere, auf dem
Wege des Reflexes zu dem Lagereflexcentrum fortgeleitete Reize, welche
den Tonus des letzteren plötzlich zu einer grösseren Erregungshöhe steigern.
Hierdurch erhalten die tonisch contrahirten Muskeln plötzlich einen Contrac-
tionszuwachs, und es wird eine rasche Lagecorrectionsbewegung ausgeführt.
Die Hemmung der corticalen motorischen Centren ist vergleichbar der
Hemmung von spontanen Bewegungen oder Handlungen, wie sie auch beim
Menschen durch plötzliche Sinneseindrücke hervorgebracht wird; dort wird
dieser plötzliche Sinneseindruck bewirkt durch das energische, plötzliche
und erschreckende Zufassen des Experimentators. Grosshimlose Thiere
bleiben im allgemeinen länger in dem bewegungslosen Zustande, als Thiere
mit unversehrtem Grosshim, denn bei ersteren ist die eine Quelle des
die endliche Lagecorrection herbeiführenden Reizes, nämlich die spontanen
vom Grosshim zu dem tonisch erregten Lagereflexcentmm strömenden Im-
pulse, ausgeschaltet.
Psychiatrie. 123
Während über den Einfluss der acuten Alkoholvergiftung auf den
allgemeinen Blutumlauf und auf die Eörpergefasse eine ganze Reihe von
Untersuchungen vorliegen, ist das Verhalten der Circulation im Ge-
hirne bei dieser Vergiftung in vielen Beziehungen noch ungenügend
ontennicht. v. Bechterew (Centralbl. f. Nervenheilkunde, Octoberhefk) Gircnlation
hat darum durch einen seiner Schüler Versuche anstellen lassen, aus denen im Gehirn
hervorgeht, dass bei intravenöser Einführung von Alkohol die Herzthätigkeit f |j^J^^ f/
gesteigert und der Blutdruck erhöht wird, so dass allgemeine Hyperämie Vergiftung,
des Gehirns die Folge ist. Späterhin tritt infolge von Hemmung der W. v. Bechte-
Eeizaction Sinken des Blutdruckes ein, die Puls wellen werden spärlich. ^®^*
In diesem Stadium ist bereits arterielle Anämie des Grehims zu constatiren,
gewöhnlich combinirt mit venöser Hyperämie. In der Folge macht sich
ungeachtet des gesunkenen allgemeinen Blutdruckes und der geschwächten
Herzthätigkeit von neuem Hyperämie des Gehirns geltend, sehr wahrschein-
lich abhängig von Lähmung oder Parese der Vasoconstrictoren des Gehirns.
Sodann folgt wiederum Steigerung der Hei'zaction und Beschleunigung des
Pulses, was zu einer Strombeschleunig^ng in der Carotis Anlass gibt. Aber
trotz der Steigerung des allgemeinen Blutdruckes lässt die Himhyperämie
in den späteren Stadien häufig nach. Bei kleinen Alkoholgaben gehen
Steigerung des Blutdruckes und Himhyperämie einander nicht selten
parallel. Der Tod der Versuchsthiere wird begleitet von ausgesprochener
Hyperämie des Gehirns, die Athmung setzt vor dem Herzstillstande aus.
Bei Application kleiner Alkoholmengen durch die Magensonde treten bei
den Hunden im Allgemeinen sehr unbedeutende Veränderungen der Gehim-
circulation auf! Zunächst leichte Hypei^mie, später ebensolche Anämie.
Grosse Dosen erzeugen andauernde Hyperämie mit nachfolgender und zum
Thefl voraufgehender Anämie des Gehirns.
Die psychischen Wirkungen des Hungers sind nach Wey- Einfluss des
gandt (Münch. med. Wochenschr. Nr. 13) zunächst eine gelinde Reizbar- Hungers
keit und Unruhe, die aber nach 34 — 36 Stunden nachliess und einer leichten t^ .
Gleichgültigkeit Platz machte. Das Hungergefühl war am deutlichsten \^. Weygandt.
▼ährend des ersten Tages; nach 60 Stunden traten plötzlich stechende
Schmerzen im Unterleibe auf, die auf Opium nachliessen. Es fand sich
Unlust zum Denken, Unentschlossenheit , die sich am deutlichsten darin
kund gab, dass nach Ablauf einer Stägigen Hungerperiode die Versuchs-
person noch 6 Stunden brauchte, bis sie zu einem bestimmten Entschlüsse
kam, ob sie jetzt wieder Nahrung zu sich nehmen oder noch einen Hunger-
tag zugeben sollte. Der Schlaf war reich an Träumen, die sich auf
Hungern und Nahrungsaufnahme bezogen. Nach dem Erwachen fühlte
man sich ganz frisch, doch kam bei körperlicher Bewegung das Gefühl
leichter Schwäche bald zur Geltung. Auffallend war, dass an dem Tage
mit Wasserenthaltung der Durst keine starken Beschwerden machte, obwohl
diese Versuche gerade an heissen Sommertagen stattfanden.
124 Lewald.
III. Specielle Pathologie der Psychosen.
Von erheblicher practischer Bedeutung ist das Auftreten von
Psychosen psychischen Störungen nach Operationen. Rayneau
nach (Revue neurologique Nr. 37 u. 38) hält die Psychosen nach Opera-
0. Rayneau. ' tionen ftir selten ; sie weisen die verschiedenartigsten Symptome auf;
einen Typus einer bestimmten Psychose post operationem gibt es
nicht. Mit Ausnahme gewisser Operationen am Schädel und der
Thyroidektomie , bei welchen der chirurgische Eingriff an sich eine
Geistesstörung zur Folge haben kann, fallt die ätiologische Haupt-
rolle der hereditären oder persönlichen Veranlagung zu. Alkoholismus,
Infection, Autointoxication, Angst vor der Operation haben natürlich
ebenfalls ihre Bedeutung. Die gynäkologischen Operationen scheinen
mehr, als andere Operationen, Psychosen im Gefolge zu haben. Im
allgemeinen kann man 1 — 2 Psychosen auf 100 chirurgische Ein-
griffe statistisch nachweisen (? Ref.) ; sie treten am häufigsten sofort
nach der Operation auf, selten später. Die Prognose hängt natür-
lich von der Form der Psychose ab, ist aber im allgemeinen günstig.
Eine monographische Darstellung der im Wochenbett auf-
Psychosen tretenden Geistesstörungen gibt Siegenthaler (Jahrbücher
^™ fiir Psychiatrie Bd. 17) und legt seinen Ausfuhrungen 27 eigene Fälle
Ernst Siegen- * ^'^ Grunde. Darunter waren drei Fälle transitorischer Geistes-
thaier, Störung von einer Dauer von 5 Stunden bis zu 2 Tagen bei Kranken
mit schwerem Puerperalfieber; sie gingen einher mit starker Trü-
bung des Bewusstseins , Sinnestäuschungen und psychomotorischer
Erregung. Unter den 27 Fällen konnte 17mal Heilung constatirt
werden, 8 Kranke starben an der puerperalen Infection. Jüngere
Frauen wurden im allgemeinen leichter gesund, als ältere; besonders
ge&hrdet sollen alte Erst- und Zweitgebärende sein. Günstige
Zeichen sind Remissionen, anhaltende Gewichtszunahme und Wieder-
kehr der Menstruation. In den Fällen mit Infection hat natürlich
die Schwere der Infection für die Prognose maassgebenden Einfluss.
H. Rhode. Nach Rhode (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 41) hängen die
Wochenbettspsychosen in den meisten Fällen mit einer Infection
oder Intoxication der Wöchnerin zusammen und erklären sich nur
durch diese. Die psychische Störung nimmt dann meist wesentlich
den Charakter deliriöser Zustände an, die zahlreichen Sinnes-
täuschungen verursachen die Verwirrtheit der Kranken; der Sym-
ptomencomplex ist häufig nur rudimentär entwickelt. Eine andere
Abart bilden die bekannten, bald nach der Geburt auftretenden, in
Psychiatrie. 125
wenigen Stunden ablaufenden Zustände, die, durch starke Bewusst-
seinstrubung und Neigung zu impulsiven Handlungen charakterisirt,
ein grosses forensisches Interesse darbieten. Am häufigsten sieht
man im Wochenbett Erschöpftingspsychosen. Im Gegensatz zu den
bisher genannten symptomatischen Psychosen kommen idiopathisch
im Wochenbett natürlich alle Formen von Psychosen vor ; eine speci-
fische Puerperalpsychose existirt nicht.
Das Greisenalter mit der vornehmlich auf Atherom be-
ruhenden chronischen Ernährungsstörung zeigt, wie Schmidt Psychosen
a)eutsche Medicinal-Zeitung Nr. 9—16) ausfährt, eigenartig ge- ^«* »reisen,
i&rbte Psychosen. An der senilen Involution nimmt das Gehirn a. Schmidt,
durch Volumens- und Gewichtsverlust (Abnahme an Gehimsubstanz)
Theil, welcher zwischen dem 50. und 70. Lebensjahre einen ziem-
lich Constanten Grad innehält. Zweckmässigerweise theilt man die
senilen Psychosen in psychische Schwächezustände, in einfache und
durch organische Gehimveränderungen verursachte Seelenstörungen.
Von practischer Bedeutung ist namentlich die erstere Form, die
durch Stimmungsanomalieen, ethische Defecte, Neigung zu Sittlich-
keitsverbrechen charakterisirt ist, weil sie die rechtliche Verant-
wortlichkeit des Greises in Frage stellt. Hieraus ist als Postulat
zu folgern, dass ein wegen eines Verbrechens angeklagter Greis nicht,
ohne psychiatrisch begutachtet zu sein, verurtheilt werde.
Sold er (Jahrbücher für Psychiatrie Bd. 17) hat eine Reihe von Psychosen
Fällen zusammengestellt, die klinisch als Delirium acutum oder unter „ ^^\
° , , Koprostase,
einem ähnlichen Bilde verliefen, bei denen die Section neben schwan- p, y. sölder.
kenden Befanden im Gehirn und inconstanten parenchymatösen De-
generationen an den Nieren und anderen Organen eine Dick da rm-
koprostase ergab, die Verf. als die Ursache der psychischen Stö-
rungen auffasst. Er lehnt sich dabei an die Arbeiten von Wagner
an (vergL dieses Jahrbuch 1897, S. 117) und fasst die Psychose
als eine Autointoxication auf, hebt aber abweichend davon hervor,
dass in seinen Fällen keinerlei Anzeichen von Verdauungsstörungen
Gestanden und dass auch im Harn die Zeichen gesteigerter Eiweiss-
taulniss fehlten. Von den psychischen Symptomen sprechen fiir den
intestinalen Ursprung das brüske Einsetzen der Verwirrtheit mit leb-
hafter, motorischer Erregung, die Angst, Kopfschmerzen, die starke
Bewnsstseinsstörung , der continuirHche Verlauf ohne Remissionen,
trüh eintretende Herzschwäche. Als negative Zeichen erwähnt er
das Fehlen anderweitiger Krankheitsursachen, die vorher bestandene
126 Lewald.
Psychosen körperliche und geistige Gesundheit, den fieberlosen Verlauf. Thera-
^®* peutisch ergibt sich natürlich als wichtigste Indication die Behand-
F. V. Sölder.' l^^"^g der Koprostase (Calomel, Oelinfusionen). Für das Delirium
acutum, dem sich klinisch die Solde r'schen FäUe nähern, wurde
vielfach angenommen, dass die Hyperämie des Gehirns die Ursache
der Erscheinungen sei. Sold er weist diese Annahme zurück, schon
weil in seinen Fällen eine Incongruenz zwischen Hyperämie und
Psychose sich findet. Eine zweite Ansicht fasst das Delirium acu-
tum auf als die Folge einer bacteriellen Invasion des Gehirns; auch
diese Ansicht ist nicht zu beweisen. Eine dritte Anschauung sieht
im Delirium acutum den Ausdruck einer Giftwirkiing (Infection oder
Autointoxication). Diese dritte Annahme scheint die am meisten
plausible zu sein; für sie sprechet! ausser anderen Momenten vor
allem die parenchymatösen Degenerationen in den inneren Organen,
die man ohne Zwang als Gifbwirkung auffassen kann.
Psychosen Rasch, der jahrelang Arzt in Siam war, hat den Einfluss
in den ^qq Tropenklimas auf das Nervensystem studirt (AUg. Zeit-
ciiristian Rasch. Schrift f. Psychiatrie Bd. 54, H. 4). Das augenfölligste Symptom ist
die tropische Agrypnie, die mehr oder weniger hartnäckige und an-
dauernde Schlaflosigkeit; an sie schliessen sich Erschlaffung, gei-
stige Indifferenz, Abnahme der Widerstandsfähigkeit gegen Krank-
heiten, Unlust zu körperlicher und geistiger Anstrengung, Einbusse
an Energie, Empfindlichkeit gegen kleine Leiden, fortschreitende
Abstumpfung der geistigen Fähigkeiten, Gedächtnissabnahme, Auf-
regung, Steigerung der gemüthlichen Erregbarkeit und Reizbarkeit
bis zur brutalsten Explosion. Durchaus ruhige und besonnene Leute,
welche über grössere Selbstbeherrschung verfügten, haben Kasch
oft geklagt, dass sie zu gewissen Zeiten (nicht immer) bei gering-
fugigen Anlässen in eine maasslose, früher nicht gekannte Erregung
geriethen, so dass sie sich gegen ihren Willen zu Thätlichkeiten
hinreissen Hessen. Bezeichnend für den Zustand des Nervensystems
ist der hohe Grad von Erschöpfung, welche derartigen Explosionen
zu folgen pflegt. Das tropische Klima schafft nicht nur nervöse
Leiden, es vermag auch eine wesentliche Steigerung und Ver-
schlimmerung eines bestehenden Nervenleidens herbeizufuhren. Per-
sonen also, die zu Neurosen disponirt sind oder an einer solchen,
namentlich auch an Epilepsie, leiden, sollen nicht in die Tropen
gehen.
Die Psychosen bei Carcinom sub finem vitae sind recht
selten und in der Litteratur fast gar nicht berücksichtigt. Elsholz
Psychiatrie. 127
(Jahrbücher f. Psychiatrie Bd. 17) hat drei Fälle veröffentlicht, die Psychosen
sämmtlich unbelastete Individuen betrafen. In allen drei Fällen ^f^
wechselten Zeiten, in denen die Kranken klar oder beinahe klar kachexie
waren, mit Phasen ab, in denen sie hochgradig verwirrt und unbe- a. Eisholz,
sinnlich erschienen; selbst wenn die Kranken klar erschienen, ver-
wirrten sich bei lange fortgesetztem Examen ihre Gedanken, die Ge-
dächtnissleistung nabln ab, und der Gedankengang wurde abspringend
und ungeordnet. Deliriöse Verwirrtheit mit depressiver Grund-
stimmung wurde unterbrochen von Zuständen ängstlicher Erregtheit.
Bezüglich des Zusammenhanges zwischen Carcinom und Psychosen
wäre Autointoxication denkbar, aber auch eine directe Einwirkung
des Carcinomgiffces auf das centrale Nervensystem. Damit wäre die
Ton Klemperer für das Coma carcinomatosum aufgestellte Hypo-
these eines im Blute circulirenden Krebsgiftes in Uebereinstimmung.
Auch Herzfehler können bei disponirten Personen als Ge-
legenheitsursache zur Entstehung von Psychosen dienen. Die ver-
mittelnden Ursachen bilden nach Fischer (Allg. Zeitschr. f. Psy- Psychosen
chiatrie Bd. 54, H. 6) diejenigen abnormen Organgefuhle, welche den ^®^ Herz-
-w^m. «? «? ^ kranken
subjectiven Symptomencomplex der Herzfehler ausmachen , wie ^^j^ Fischer.
Schmerzen in der Herzgegend, Herzklopfen, Beklemmungsgefühle,
Athembeschwerden , Schwindel u. s. w. Alle diese Gefühle können
auf reflectorischem Wege Gefühls- imd Sinnestäuschungen hervor-
bringen und dadurch den Ausgangspunkt von Psychosen bilden.
Nicht compensirte Herzfehler können auch unmittelbar bei nicht be-
lasteten Individuen zur Entstehung von Psychosen fuhren, entweder
infolge von Störungen des Blutkreislaufes im Gehirn oder infolge
einer Veränderung der chemischen Beschaffenheit des Blutes. Die
durch incompensirte Herzfehler hervorgerufene Psychose pflegt unter
dem Bude der Amentia, einer acuten haUucinatorischen Verwirrt-
heit za verlaufen, und kann unter Umständen in Demenz übergehen.
In einer mit zahlreichen Krankengeschichten belegten Arbeit
(BerL klin. Wochenschr. Nr. 21 — 24) erörtert Landenheimer den Psychosen
Zusammenhang zwischen Psychosen und Diabetes. Er^öi i^>at>etes,
stellt drei Möglichkeiten auf: Entweder ist die Coincidenz zufällig, ® ™® *
öder der Diabetes ist die Folge der Psychose oder drittens ihre Ur-
sache, oder schliesslich beide sind die Folgeerscheinungen einer ge-
meinsamen cerebralen Ursache. Melhturie kommt bei geisteskranken
Greisen (über 60 Jahren) mehr als lOmal so häufig vor, als bei jün-
geren Geisteskranken, eine Thatsache, die im stricten Gegensatze zu
128 Lewald.
den bisherigen Angaben über die Frequenz des Diabetes bei alten
Leuten steht. Bei geisteskranken Greisen findet sich Zucker 4mal
so häufig, wie bei geistesgesunden alten Leuten; es treffen also
Glykosurie und eine senile Psychose besonders häufig zusammen.
Die Korsakow'sche oder polyneuritische Psychose
ist im abgelaufenen Jahre Gegenstand verschiedener Arbeiten ge-
Poiy- wesen. Mönkemöller (AUg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 54, H. 6)
neuri tische ^Y)t eine grosse Casuistik aus der Lrenanstalt Herzberge der Stadt
0. MönkemöUer, -ß®rlin ZU Lichtenberg, Meyer berichtet (ebenda Bd. 55, H. 2) über
EiBBt Meyer, einen höchst interessanten Fall, und Schnitze (Berl. klin. Wochen-
rnst c ultee. g^j^^g. j^j. 24 ff.) gibt einen kritischen Beitrag zur Theorie dieser
Störung, die psychisch charakterisirt ist durch völlige Unklarheit über
Ort und Zeit, schwerste Gedächtnissstörung bei meist guter Stim-
mung und wohl erhaltener Denkfähigkeit, daher die Kranken auch
in der Lage sind, die Lücken ihres Gedächtnisses durch phanta>
stische, aber nicht ungeheuerliche Erdichtungen zu maskiren. Nach
Korsakow sollen sich nun diese psychischen Defecte stets mit
Polyneuritis zusammen vorfinden; Schnitze glaubt dies bestreiten
zu können und spricht die Ueberzeugung aus, dass die Zeichen, aus
denen man eine leichte Neuritis zu erkennen gewöhnt ist — leichte
Empfindungsstörungen — nicht selten falschlich festgestellt werden,
indem die Angaben der sehr beeinöussbaren Kranken bei der Unter-
suchung oh ungenau oder ganz unglaubwürdig seien. Schnitze
nimmt daher an, dass das Zusammentreffen der Psychose und
Neuritis durch die gemeinsame Ursache, den Alkoholismus chronicus,
verursacht ist. Der Einwurf, dass sich auch nichtalkoholische Neuri-
tiden mit dem geschilderten psychischen Symptomencomplexe ver-
binden, beweist nach Schnitze wenig, da ja auch die anderen
Polyneuritiden irgendwelchen Vergiftungen des Körpers — einschliess-
hch der Lifectionen — entspringen. Die Korsakow'sche Krankheit
kann also angesehen werden als eine eigenartige Form einer Psychose,
in der das Gehirn auf sehr verschiedenartige Vergiftungsreize ant-
wortet.
Es ist in sachkundigen Kreisen bekannt, dass nicht wenige
Personen ins Militär eingestellt werden, die an angeborener Geistes-
PsychiBche schwäche (Imbecilhtät) leiden. Die Militärärzte haben nach Schröter
^'MirnftV*" (AUg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 54, H. 5) begreifHcherweise bei
E. Schröter. ^^^ Aushebungsgeschäft erhebliche Schwierigkeiten, eine sichere
Diagnose sofort zu stellen; in der BrCgel kann ja auch erst eine
129
eamsät 'Kanams^ ogr Anamneae imd eme eingebende Proiiing 4lds
CnaaefiKusTsnofif: «m^ mAsres. Vr^kkeü s^bsl dem geübten Beobftckter
€rmü^Am^ IK^eräan sokte Lipme nun eingestellt, so versagen sae
T^ßcL iz. QBc 'Bet mt wBtgewz'^jiüesD. L^heasveAälanaaem. nnd gegen-
t*jer op Tifüaeisa^mt der mn säe gestellten neuen Anforienxngen,
ck -v^nieBaDF eimge geastige Gewandtlieit v^iuigen. Sie werden
■i&ikt? jnaDcdmiu mci nnn Gegenstand Ton IGsahandlnngen von S^ten
ibra- niiduset Torseaetzten , ^w»! diese enras mit ihnen eiraclien
mfl mDflsen. &ber naiärfidi hem Verstandniss fm* die geistige
der JjBnxe laben könn^i. Nataxüch könn^i «nck
inne P^nrciioBBC beim JEücar enistehai. nnd zwar geschieht das nicht
sehen imtBr vemger dtsmilich an£^gesprc>chenen KranVheitserachei-
riHkgen. WLts nom ae »ernst zn beobachten pflegt. Da nämlich die
strengt sn&särisc^ X^isciptlin den einzelnen zur staikeren Selbst-
':«db€9Ts<<J:Bng raiiigt imd da dieses Moment anch krankhaft ent-
«i^ehendoi T^tt j nrnrnm^rm und VorsteUungen gegenüber Geltung ge-
xicux. fiD ^rennag häimg das übliche Svmptomenbild der Psychose
lidxt «<* nngecrüm mm Ansdnick zn kommen. Das gibt zQweÜen
AT^Iary, Iner nnd da Smiüation za vermnthen. Allerdings kann man
^%seiL dsG£ andererMats die straffe militärische Disciplin im einzelnen
FiJk: enraf geisog IGnderwerthiges in geistiger Beziehung zu kräf-
^£€31. m erziehfin Termag, wiewohl gerade die Disciplin bei fiisch
«Seil entwickfihideD KranklieitsfcHinen sehr wohl im Stande ist, be-
rrnnende psnrciiisehe Erkrankung längere Zeit zu verdecken. Endlich
k:<s2iit eB auch vor. dass ein an chronischer Paranoia od. dergL
leidender Mann eingesteDt wird, der bis dahin gar nicht für geistes-
kmik g<. Das ist redit gut möglich, wenn die Symptome nicht
iiamer. scndem nur gelegentlich deutlicher in die Erscheinung treten,
cder wezm der betreffende Mensch sich abseits von anderen Menschen
bidr. SD dass seme anfEalligen Eigenschaften, sein eigenthümliches
We»en und selbst seine gelegendich krankhaft;e Handlungsweise nicht
Traoxt offenbar werden konnten.
Subnormale Temperaturen, auch solche unter 35^, sind Hypo-
^>d Geeanden und G^steskranken häufiger, als man ft*üher glaubte. th«rnue
Untex den Ursachen der Hypothermie kommen bei Geisteskranken kranken,
oach Snell lATIg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 55, H. 8) haupts&ch- Otto Sneu!
lieh drei in Betracht, erstens die Wärmeentziehung, welche durch
& bei Geisteakranken so häufige Ünempfindlichkeit gegen Kälte
begünragt wird. Die gmngen Erniedrigungen der Körperwärme,
Tekhe bei Melancholischen, Stuporösen und Blödsinnigen häufig sind,
1899. 9
130 Lewald.
Hypo- auch wenn die Kranken dauernd im wannen Zimmer im Bett liegen,
thermie g^^^ wohl durch eine Herabsetzung des Stoffwechsels zu erklären,
kranken, ^i® dritte Ursache der Hypothermie muss in einer unmittelbaren
Otto SneU. Wirkung der Erkrankung der nervösen Centralorgane gesucht werden.
Hier steht die progressive Paralyse im Vordergrunde : natürlich kann
ein Paralytiker auch durch unmittelbare Wärmeentziehung oder durch
Herabsetzung des Stoffwechsels eine Erniedrigung der Temperatur
erleiden, und beides kommt thatsächlich ofb genug vor, aber es bleiben
noch Fälle übrig, in denen beide Ursachen nicht zur Erklärung heran>
gezogen werden können. Bekannt sind die merkwürdigen Tempe-
raturschwankungen, die ofb mit dem paralytischen Anfall verbunden
sind. Snell hat hier Temperaturen bis herab zu 25° (24 Stunden
vor dem Tode) gemessen. Zu bemerken ist, dasö durch die moderne
Pflege der Paral3rtiker die subnormalen Temperaturen viel seltener
geworden sind.
Die nach Erhängungsversuchen auftretenden Erschei-
nungen sind schon verschiedentlich Gegenstand der Untersuchung
Amnesie gewesen (s. dieses Jahrbuch 1896, S. 120; 1898, S. 101). Wollen-
nach berg (Arch. f. Psychiatrie Bd. 31) berichtet von einem paranoischen,
versuch, stark haUucinirenden Arbeiter, der zwei vergebliche Erhängungs-
Richard versuche machte. Der erste wird, ehe noch Bewusstseinsverlust ein-
0 en erg. ^^^ vereitelt, während beim zweiten sich bereits vollständige Be-
wusstlosigkeit eingestellt hatte. Bei der sofort eingeleiteten künst-
lichen Athmung traten immer mehr zunehmende fibrilläre Muskel-
zuckungen ein mit allmähHchem Uebergange in typische, tonische
Muskelkrämpfe; die Pupillenreaction war eben nur angedeutet. An
Stelle der Krämpfe stellte sich nach etwa 3 Stunden ein Zustand ver-
worrener Erregung mit motorischer Unruhe ein, der nach 24 Stunden
aufhörte, und dann kam der Mann erst zum Verständniss seiner
Lage. Er blieb amnestisch für die ganze Zeit des zweiten Selbst-
mordversuches. Diese retroactive Amnesie ist die Folge einer Er-
nährungsstörung im Gehirn und nicht, wie Möbius behauptet hat,
als Symptom einer durch den Selbstmordversuch verursachten trau-
matischen Hysterie aufzufassen, und dasselbe gilt von den Krämpfen,
die einfach Reizerscheinungen sind. Ob für die Störungen mehr die
Asphyxie oder die durch Carotidenverschluss verursachte Blutleere
im Gehirn verantwortlich zu machen ist und wie weit dabei die von
Kompe (Neurol. Centralbl. 1897, Nr. 7) betonte Vaguscompression
mitspielt, ist nicht zu entscheiden. Jedenfalls handelt es sich bei
den psychischen Störungen nach Erhängungsversuchen um die Con-
Psychiatrie. 131
currenz verschiedener Vorgänge, die zu Reizungszuständen , Emäh-
nmgsstörungen, kurz zu materiellen Schädigungen der Centralorgane
fuhren und ihren klinischen Ausdruck in dem typischen Tind durch
die retroactive Amnesie charakteristisch gefärbten Zustandsbilde finden.
Man hört häufig die Ansicht selbst in medicinischen Kreisen,
dass Lustmorde nur von Geisteskranken verübt werden. Das ist
nach Leppmann (Zeitschr. f. Medicinalbeamte Nr. 23) durchaus Lustmord,
falsch: Wollust und Grausamkeit sind innig verwandt, und die Er- - imann
regung sinnlicher Lustgefühle durch grausame Handlungen ist unter
bestimmten socialen Verhältnissen als Massenerscheinung vorge-
kommen. Man wird also , um die Frage der Zurechnungsfähigkeit
der Lustmörder zu prüfen, in erster Linie, wie bei allen Strafthaten,
nicht die That, sondern den Thäter zu untersuchen haben. Li der
Litteratur sind im allgemeinen nur solche Fälle veröffentlicht, deren
•krankhafter Charakter deutlich ist; Leppmann muss aber die
Frage, ob jemand in unserer jetzigen Culturepoche noch in der
Breite geistiger Gesundheit zum Lustmörder werden kann, auf Grund
seiner 25 Fälle bejahen. Unter ihnen sind nur drei im Sinne des
Strafgesetzbuches unzurechnungsfähig gewesen, die anderen waren
entweder präsumptiv Gesunde oder Leute mit Schwachsinn massigen
Grades. Das Lustverbrechen charakterisirt sich bei den Thätem
meist nicht als vorher überlegter, auf Grund bewusster wollust-
erweckender Grausamkeitsideen ausgeführter Mord, sondern meist
als Todtschlag, als plötzlich sich regender und unbewusst zur
Weckung und Erhöhung der Wollust dienender Drang zur Grausam-
keit und zur Vernichtung des Opfers. Nicht selten handelt es sich
mn Leute, die infolge langjähriger geschlechtlicher Ausschweifungen
und Masturbation der Reizhunger zum Ungewöhnlichen treibt, oder
die infolge erzwungener Enthaltsamkeit oder allgemeiner Entsitt-
lichung zu dem Verbrechen getrieben werden. Die Ausführung der
Tödtung lässt durch den Befund an dem Opfer bisweilen einen Rück-
schluss auf das wollüstig-grausame Motiv zu. Es handelt sich häufig
um das Streben, in das Körperinnere, an die Stätte, wo der Mensch
entsteht, zu den inneren Genitalien vorzudringen; auch übt das
fliessende Blut und das warme zuckende Fleisch eine wollusterregende
Wirkung aus; namentlich findet man oft zahlreiche, tiefe, über den
Tödtungszweck hinausgehende Halsschnittwunden, ebenso wie Er-
würgen und Erdrosseln nicht selten zu constatiren ist.
132 Lewald.
IT. Alkoholismns und Intoxleationspsjehoseii.
Die Beziehungen zwischen dem chronischen Alkohol-
Alkoholis- missbrauch und dem Selbstmord hat Sullivan (Joum. of
muB und ^0^^, sciences, Aprü) an einer grösseren Reihe von Trinkern, die
W. c. Samvan. Selbstmordversuche gemacht hatten, untersucht, und zwar handelt es
sich um 110 Personen, 54 männliche und 56 weibliche. Bei Betrach-
tung des Alters ergibt sich, dass das Maximum für männliche alkoho-
listische Selbstmörder zwischen 25 — 35, fiir weibliche zwischen 20
bis 30 Jahren liegt. Je chronischer der Alkoholismus ist, desto sel-
tener werden Suicidversuche gemacht. Bei den untersuchten Indi-
viduen war am häufigsten ein verschieden hoher Grad von Schwach-
sinn zu constatiren. Ausserdem fanden sich, wie selbstverständlich,
häufig gastrische Störungen; aus ihnen öoss ein Depressionszustand,
in welchem die That erfolgte. Beim weiblichen Geschlecht legt Sul-
livan den Störungen, welche der Alkoholismus in dem Genital-
system bewirkt, den Hauptwerth bei (Menstruationsstörungen).
Einen Fall von acuter Psychose als Theilerscheinung
PsyohoBen einer Salicylsäurevergiftung berichtet Saloschin (Wiener
^B&ure^^ kün. Bundschau Nr. 5 u. 6). Die belastete Kranke, 21 Jahre. alt,
intoxi- bekam in 36 Stunden 18,0 Natr. salicyl., und es entwickelte sich
cation, schnell zunehmend ein Krankheitsbild, das mit starker Erreirune:
S. SaloBohin. , , 00
einsetzte und im Laufe von einigen Stunden Wahnideen, Gesichts-
und GehörshaUucinationen zeitigte. Nach 18 Stunden verschwand
der Symptomencomplex vollständig. Eine Zusammenstellung der
Casuistik der Psychosen bei Salicylsäureintoxicationen ergibt: das
weibliche Geschlecht ist numerisch bevorzugt, ebenso alte, schwache
und marastische Individuen; bei jungen kräftigen Personen kann
Belastung oder Trauma eine Disposition schafiPen. Die Krankheits-
bilder sind wechselnd : bald nur allgemeine Erregung, Unruhe, Angst-
gefühl oder Euphorie mit Lustgefühlen, allgemeiner Fröhlichkeit oder
Delirien, Wahnvorstellungen, Hallucinationen , Verwirrtheit, endlich
Bewusstseinsverlust, Sprachstörung, Paresen, Coma, Krämpfe. Be-
gleiterscheinungen sind Kopfschmerz, Ohrensausen etc. Der Ablauf
ist rasch, 8 — 10 Stunden, die längste Dauer war 3 Tage. Ein Unter-
schied in der Wirkung der Säure oder ihrer Salze besteht nicht ; die
Erscheinungen können auch bei mittleren Dosen (12 — 20 g, 1 g stund-
lich) und bei Kindern, Frauen oder bei vorhandener Idiosynkrasie
auch schon nach kleinen Dosen (4,0) auftreten.
Psychiatrie. 133
Die bei der Behandlung mit Jodoform auftretenden Psychosen
psychischen Störungen zeigen sich nach Schlesinger (Allg. ^^^
Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 64, H. 6) entweder in Form einzelner intoxi-
Symptome oder auch als gut charakterisirte Psychosen. Erstere oation,
können auch Prodromalerscheinungen der letzteren darstellen: die * ^ esmger.
ängstliche Unruhe, die motorische Erregung, die Affectveränderung
bei fast ganz freiem Sensorium gehören zur ersten Gruppe. Als
häufigste Psychose zeigt sich, wie bei den meisten Infectionen und
Intoxicationen , die haUucinatorische Verwirrtheit, die kein speci-
fisches Gepräge trägt. Femer kommt Melancholie vor oder auch
ein comatöser Symptomencomplex mit meningitischen Erscheinungen,
and schliessHcli bei Kindern eine eigenthümüche Zustandsform, die
eben üebergang zwischen der hallucinatorischen Verwirrtheit und
der comatösen Form darstellt.
Die Urämie führt mitunter zu einer acuten Psychose . Biscboff — bei
(Wiener klin. Wochenschr. Nr. 25) veröffentlicht einen solchen FaU. J^'^^'^i
. . E. Bischon.
Zumeist ist die Ursache der Geistesstörung die urämische Intoxi-
cation, seltener dürfte die Psychose als Folge urämischer Krampf-
anfalle, äbnücli einem epileptischen Dämmerzustande auftreten, end-
lich besteht die Möglichkeit, dass eine vorhandene urämische Amau-
rose die Psychose auslösen kann. Die urämische Psychose verläuft
fast immer unter den Erscheinungen der acuten Verwirrtheit und ist
gegenüb^ den anderen Formen dieser Erkrankimg häufig durch das
Vorhandensein von Störungen des centralen und peripheren Nerven-
systems ausgezeichnet. Diese Störungen ähneln mitunter den para-
lytischen Läbmimgserscheinungen (vergl. dieses Jahrbuch 1897, S. 121
a. 122), und da in manchen Fällen urämischer Psychosen auch auf
psychiscbem Gebiete eine allgemeine Herabsetzung der geistigen
Functionen vorherrschend ist, welche als Intelligenzschwäche und
Oedächtnissdefect aufgefasst werden kann, so ist manchmal die
Differentialdiagnose nicht ganz leicht.
Y. Paralysis progressiya.
Zur anatomischen Diagnose der progressiven Para-
lyse gehört nach Nissl (Monatsschr. f. Psych., Nov.) der gleich-
zeitige Nachweis folgender vier Erscheinungen: 1. Schwund der
Diploe, 2. eine nicht durch ihre Intensität, sondern durch die Art
der Ausdehnung charakterisirte Verdickung und Trübung der weichen
Haute. 3. Hydrocephalus extemus und internus und 4. eine nach-
134 Lewald.
Anatomische weisbare Atrophie des Stirn- und Scheitelhims über der Convexität
magno 8 e ^^^^ ^^j. Innenseite. Die Trübung und Verdickunfi: der weichen
der pro- . . ^ , ®
gressiven Häute erstreckt sich über die Convexität und Innenfläche des Stim-
Paraiyse, und Scheitelhims und lässt vor allem den Occipitalpol frei. Die
milchige Trübung ist häufig nur stellenweise angedeutet; manchmal
finden sich auch Verwachsungen der Rinde und der Häute; beim
Abziehen resultiren Substanzverluste. In diesem Falle kann die
Trübung ganz fehlen; an den Yerwachsungsstellen sind die weichen
Häute oft eigenartig gelatinös durchsichtig. Solche Verwachsungen
findet man übrigens auch an der Basis des Stimhims. Das sicherste
mikroskopische Kriterium für die paral3rtische Rindenerkrankung ist
das ündeutlichwerden , das Verwaschensein der Schichtung der
Nervenzellen. Offen ist allerdings noch die Frage, ob die erwähnten
Kriterien die anatomische Diagnose sichern, wenn die klinische
Diagnose zweifelhaft ist.
Die Frage der Aetiologie, die bei der progressiven Paralyse
aus naheliegenden Gründen von sehr erheblicher Wichtigkeit ist,
liegt zur Zeit so, dass nach der Ansicht der meisten Autoren der
Lues eine entscheidende, doch nicht die einzige Rolle zugeschrieben
wird. Da der anatomische Frocess bei der Tabes recht ähnlich,
wenn nicht identisch, mit dem bei der progressiven Paralyse (quoad
Lues und Rückenmark) ist, so gehört hierher eine Arbeit von Sarbö (Pester
A ^Sa^bö*' med.-chir. Presse Nr. 3 — B), der eine Reihe der grösseren Statistiken
über die Häufigkeit der Lues bei Nichttabischen einerseits und bei
Tabikem andererseits zusammengestellt und dabei gefunden hat, dass
Lues sich bei Nichttabischen in 22 ^/o, bei Tabikem aber in 72 *^/o findet.
Er tritt für den engen Zusammenhang zwischen Tabes und Lues
ein, betrachtet die graue Degeneration der Hinterstränge aber nicht
als specifische syphilitische Erkrankung, sondern, wie Strümpell,
als consecutive Affection, ähnlich wie die postdiphtherischen Läh-
mungen im Verhältniss zur Diphtherie. Mit Recht kann man darauf
hinweisen, dass die Wirkungslosigkeit der specifischen Therapie bei
der Tabes gegen den syphilitischen Ursprung derselben gar nichts
beweise, da es sich ja bei Tabes um Zerftdl von Fasern handelt,
deren Wiederherstellung von vornherein gar nicht zu erwarten ist,
abgesehen davon, dass manche zweifellos tertiär S3rphilitische Affec-
tionen (gewisse HautsyphiHde) auf specifische Behandlung ebenso
wenig reagiren. Zu ähnlichen Schlüssen gelangt Sarb6 für die
Paralyse auf Grund einer Zusammenstellung von 18 Statistiken und
betont die Neigung der Paralyse, sich mit Tabes zu combiniren,
Psychiatrie. 135
sowie die Häufigkeit von Augenmuskellähmangen gerade bei Lues,
Tabes und Paralyse. Die Ueberzeugung Sarb6*s, dass es mit der
Zeit gelingen wird, die Paralysen, in deren Anamnese Sjrphilis
vorkam, von jenen, in deren Anamnese sie fehlt, klinisch und
histologisch zu trennen, hält Ref. für irrthümlich.
Abgesehen von der Paralyse, bewirkt die Lues verschiedene Differential-
Gehirn affectionen, die prognostisch und anatomisch von der diagnose
progressiven Paralyse zu trennen sind. Neben der diffusen gummösen y^^y^gg^^gj.
Basilarmeningitis findet sich, wie bekannt, eine specifische End- Paralyse
Arteriitis oder eine gummöse Periarteriitis mit Wucherung der Intima. *"id Lues
In klinischer Beziehung bieten alle diese Zustände mit der Paralyse carl Wickel,
viele üebereinstimmung, doch verläuft letztere schneller, während
bei Gehimlues Störungen der Pupillenreaction 10 Jahre lang beob-
achtet worden sind, ohne dass andere Symptome hinzutraten. Wickel
(Arch. f. Psych. Bd. 30) berichtet über sechs Fälle aus der Mar-
bnrger Klinik und hebt als differentialdiagnostisch wichtigste Sym-
ptome hervor: Augenmuskelstörungen von wechselndem Charakter,
vorübergehende und andauernde aphasische Störungen, vorübergehende
Paresen, geistige Schwäche ohne progressiven Charakter mit lang
erhaltener Krankheitseinsicht, Auftreten florider specifischer Pro-
cesse, günstiger Einfluss der specifischen Therapie und langjährige
Krankheitsdauer.
Dass die typische, früher „classisch" genannte Form
der Paralyse seltener geworden ist gegenüber der sog.
dementen Form, wird jeder Fachmann bestätigen, der auf eine
10 jährige Erfahrung zurückblickt. Mendel (Monatsschr. f. Nerven- vorwiegen
heilk., Beiheft October) fand 1880 unter 180 Fällen 55 typische, der
jetzt unter 194 Fällen nur 24 typische. Die demente Form ist also ^poyni^'^
mehr als doppelt so häufig geworden. Femer sind die lang an- der
dauernden Remissionen häufiger geworden, in denen die Krankheit, Paralyse,
nachdem sie eine gewisse Höhe erreicht hat, oft 3 — 5 Jahre un-
verändert bleibt. Während also der Verlauf milder geworden ist,
hat die Ej'ankheit an Häufigkeit sicher zugenommen. Vor allem
befallt sie jetzt häufiger das weibliche Geschlecht (vergl. auch dieses
Jahrbuch 1898, S. 109). Während noch 1859 gesagt werden konnte,
dass die Paralyse ausschliesslich bei Männern vorkommt, ist jetzt
das Verhältniss der erkrankten Frauen zu den Männern: 1 : 3,9.
Hendel hat 20 Fälle von Paralyse resp. Tabes bei Ehegatten ge-
lben, eine ätiologisch bedeutsame Thatsache. Dass das jugendliche
136 LewalcL
Vorwiegen Alter jetzt häufiger befallen wird, lehrt die Arbeit von Thiry
der (vercl. weiter unten). Will man diese Erscheinungen erklären, so
dementen "^ => ' ^ . , /. i. tt
Form kann man die grössere Häufigkeit unschwer auf die grössere Ver-
de r breitung der Sj^hilis zurückfuhren. Was aber das Milderwerden
liende/'^' des Verlaufes betrifft, so ist eine bestimmte Erklärung nicht auf-
zustellen; höchstens kann man an die Möglichkeit denken, dass
das Virus sich irgendwie verändert haben könnte. Dass solche Gifte
in ihrer Wirkungsweise schwanken können, wissen wir ja von der
Diphtherie her. Vielleicht liegt der Grund auch darin, dass die
antisyphilitische Behandlung jetzt gründlicher durchgeführt wird, als
früher. Leppmann hat darauf aufmerksam gemacht, dass die In-
sassen von Zuchthäusern, obgleich sie sehr häufig syphilitisch in-
ficirt und anderen Psychosen sehr ausgesetzt sind, fast niemals an
Paralyse erkranken; vielleicht dass das völlig ruhige Leben in der
Strafanstalt, das jeden Kampf ums Dasein ausschliesst, einen Schutz
gegen die Erkrankung an Paralyse verleiht.
Progressive Paralyse bei Mutter und Kind beschreibt
Paralyse Müller (Allg. Zeitschr. f. Psych. Bd. 26, H. 2). Die Mutter wurde
» ^^^^ ^ ii^t 43 Jahren paralytisch und starb nach 3 Jahren, das Kind hatte
Mutter und r j ^ » ^
Kind, nach der Geburt Ausschläge, mit */4 Jahren desgleichen und er-
A. Müller, krankte etwa im 9. Lebensjahre unter den Erscheinungen von arti-
culatorischer Sprachstörung, zunehmenden Lähmungen und Demenz;
es starb im 16. Lebensjahr, und der anatomische Befund war der
übliche.
Vor einigen Jahren stellte Leppmann im Berliner psych-
iatrischen Vereine den Antrag, eine Enquete über solche Erkran-
kungen an progressiver Paralyse anzustellen, welche
im Verlaufe anderer Psychosen auftreten. Die Anregung
Paralyse ist, soweit ich mich erinnere, ins Wasser gefallen. Richter (Allg.
"*^^ Zeitschr. f. Psych. Bd. B5, H. 1) veröffentlicht einen hierher ge-
anderen , *^ , , , ^
Psychosen hörigen Fall. Es handelt sich um einen alten Paranoiker mit gut
auftretend, ausgebildetem Wahnsystem, der seit etwa 10 Jahren krank war und
nun nach Eintritt mehrerer Schlaganfalle das Bild einer Paralyse
in ihrer dementen Form bis zu seinem Tode bot. Leider fand keine
Section statt.
YI. Therapie.
Zu interessanten therapeutischen Resultaten kommt Hitzig bei
einer Betrachtung über die periodischen Geistesstörungen
Psychiatrie. 137
iBerl. klin. Wochenschr. Nr. 1 ff.). Ausgehend von der Theorie Therapie
Meynert's vom Einflnsse des Reizzustandes oder der Erschlaffung ^®"*^.^*^®^®'
der vasomotorischen Centren auf das Zustandekommen von Depression Störungen,
und Exaltation versuchte der Hallenser Kliniker die physiologisch indi- ^^^'^^ Hitzig .
cirten Mittel Morphium und A t r o p i n , und zwar würde, entsprechend
der Meynert'schen Hypothese, das Morphium, unmittelbar vor
Begimi des Anfalls angewendet, als Coupirungsmittel von Excita-
tions-, das Atropin bei gleicher Anwendung als Coupirungsmittel von
Depressionszuständen wirken müssen. Das Morphium zeigte sich
nicht wirksam , dagegen erwies sich — entgegen der Hypothese —
Atropin sowohl bei Exaltations- wie Depressionszuständen als wirk-
sam. ControUversuche an Thieren ergaben, dass das Atropin Druck-
steigerung im Ge&sssystem bewirkt, und zwar nicht nur infolge von
Veränderung der Herzthätigkeit, sondern jedenfalls auch durch Ge-
iässerweiterung. Als erwiesen kann gelten, dass wir im Atropin
ein Mittel besitzen, durch das in einer Anzahl von FäUen einer
Urappe von bisher fiir unheilbar gehaltenen Psychosen HeUung oder
doch Besserung zu erzielen ist, wenn folgende Regeln beachtet
werden: Anwendung nur bei periodischen Psychosen, Beginn der
Behandlung kurz vor Eintritt des zu erwartenden Anfalles, sub-
cutane Anwendung und Beginn mit sehr kleinen Dosen (0,1 — 0,3 mg),
vorsichtiges Ansteigen und allmähliches Heruntergehen mit dem
Mittel.
Einen kritischen Ueberblick über die Anwendung der Hydro-
therapie bei Psychosen gibt Thomson (Monatsschr. f. Psych., Hydro-
October). Ein historischer Rückblick zeigt, dass man in der ganzen t^erapie,
Hydrotherapie im Laufe der Zeit von den heroischen eingreifenden
Proceduren immer mehr auf die milderen zurückgekommen ist. Eine
eigentliche theoretische Grundlage für die Hydrotherapie der Psy-
chosen besitzen wir nicht, weil uns die den Psychosen ursächlich
m Grrunde liegenden Vorgänge noch meist unbekannt sind und weil
ja auch über die Wirkungsweise der hydriatrischen Proceduren
noch keine vöUige Klarheit besteht. Aus den Kenntnissen über die
Wirkungsweise des Wassers lässt sich wenig für die Theorie der
Hydrotherapie bei Geisteskrankheiten gewinnen. Die 'Anwendung
bei Erregungszuständen kann dadurch begründet werden, dass man
annimmt, dass denselben eine Hyperämie des Gehirns zu Grunde
liege, und dass man deshalb durch Einpackungen und laue Bäder
eine Hauthyperämie hervorzurufen bestrebt ist. Bei der Melancholie
wirken langandauemde lauwarme Bäder recht günstig. Meistens
138 Lewald.
aber wird es sich um rein symptomatische Maassnahmen handeln.
Erwähnt sei die günstige Beeinflussung des Decubitus durch Bäder-
behandlung. Bei apathischen affectlosen Zuständen sind leicht an-
regende Proceduren, wie Halbbäder und Abreibungen zu em-
pfehlen.
Von grossem, theoretisch und practisch gleich erheblichem In-
Therapeu- teresse sind die Mittheilungen Friedlände r's (Neurol. Central-
tische |jjg^^|. j^j. 23) über die Anwendung von Bacteriengiften bei
I m p f u ngen _.^.
mit Typhus- Psycho sen. Es handelt sich um therapeutische Impfungen mit
bacterien, abgetödteten Reinculturen des Typhusbacillus. Bei Hunden und
Kaninchen konnte selbst durch Dosen, die lOmal so gross waren,
als die von Friedländer bei Menschen angewandten, der Tod
nicht herbeigeführt werden. Die ersten Impfungen wurden an ab-
solut verlorenen, unheilbar chronischen Psychosen vorgenommen.
Bei der Mehrzahl der Fälle zeigte sich die aus der Litteratur wohl-
bekannte Erscheinung, dass während des durch die Impfung ver-
ursachten Fiebers eine mehr oder minder vollständige Klarheit ein-
trat. Mit dem Verschwinden des Fiebers trat der frühere Zustand
wieder ein. Was die einer Therapie überhaupt zugänglichen Fälle
anbelangt, so berichtet Friedländer von zwei Besserungen, zwei
sicheren und einer wahrscheinlichen Heilung. Als die für Impfungen
geeignetsten Fälle bezeichnet Friedländer Fälle von Erschöpfungs-
psychosen und schwere Melancholieen mit drohendem Uebergange
in Demenz, bei denen man durch das Fieber imd die electiv« Wir-
kung der Bacterientoxine eine starke Anregung des StofPwechseLs
in dem torpiden Organismus erzeugen will. Da Friedländer eine
ausführliche Arbeit über seine Erfahrungen in Aussicht stellt, wollen
wir im nächsten Jahrgange auf diese bedeutsame Frage zurück-
kommen.
Peronin, Als ein Ersatzmittel des Morphiums empfehlen Munk (Aerztl.
Jakob MuDk. Centr.-Anzeiger Wien , Nr. 22 , 1897) und andere das von Merck
dargestellte Peronin, das chlorwasserstoffsaure Salz des Benzyl-
morphins. Es ist ein weisses Pulver von bitterem Geschmack, in
Wasser fasr unlöslich; in den Handel kommt es in Form von
Plätzchen mit 0,02 Peronin. In dieser Dosis wird es als schmerz-
stillend, in doppelter Dosis als schlafinacl^end empfohlen. Ref. hat
das Mittel ebenfalls versucht und kann die narkotische Wirkung bei
leicht Erregten bestätigen, ohne aber die suggestive Wirkung ganz
ausschliessen zu können.
Psjcliiatde. 139
Zur Therapie des Somnambnlismas empfehlt Hirscli-TkerAFi« ^«*
krön (Therapeutische Monatshefte, Mai) Qaergalyanisadon der Me- ^^^"^"^
dulla oblongata and erklärt den HeilefTect dnrch Beeindnssong der HineUcroa.
Gefiisscentren , ^so zwar, dass die Xerrenfasem gekräftigt werden,
wodurch in den getroffenen Himpartieen eine regehnässige Circa-
ladon stattfindet nnd dadurch einer ToUständigen Anänusining der
getroffenen Himpatieen vorgebeogt wird''.
Eine grosse Hjpnotismns-Debatte, die bei einzehien Rednern Hypaotis^
kritischen Sinn mehr als billifr vermissen lässt nnd in der kein ein- ^ T**'
. Debatte,
ziger neuer Gesichtspunkt zur Sprache kam, hat die British medical
Association (British med. Journal, 10. Sept.) auf ihrer Jahresver-
sammlung zu Edinburgh abgehalten.
Die zum Theil recht erheblichen Veränderungen, welche durch Bftrger-
das am 1. Januar 1900 in Kraflb tretende Bürgerliche Gesetz- ^ Hches
Gesetibnch,
buch in der rechtlichen Stellung der Geisteskranken geschaffen g. Asehaffen.
werden, bespricht Aschaffen bürg (Münch. med. Wochenschr. *>»i»-
Xr. 28) unter Anführung der betreffenden Paragraphen.
Lehrbücher und Monographieen.
Ädamkiewicz, Functionsstönmgen des Grosshims. Hannover.
Baldwin, Die Entwickelang des Geistes beim Kinde und bei der Rasse.
Berlin.
T. Bechterew, Die Leitmigsbabnen im Grehim und Rückenmark. IL Aufl«
Bd. 2. St Petersburg.
Bleuler, Die allgemeine Behandlung der Geisteskranken. Erweiterte An-
trittsvorlesung. Zürich.
Baschan, Bibliographischer Semesterbericht der Erscheinungen auf dem
Gebiete der Neurologie und Psychiatrie. 1897. Bd. 1. Jena.
Dannemann, Die psychiatrische Klinik zu Giessen. Berlin«
}L W. Drobisch, Empirische Psychologie nach naturwissenschaftlicher
Methode. 2. Aufl. Hamburg und Leipzig.
Durkheim, Le suicide. Paris.
Fürstner, Wie ist die Fürsorge für Geisteskranke von Aerzten und Laien
zu fordern? Berlin.
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im Lichte der Neuronlehre. Leipzig. i
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n, 3. Krankheiteii der Athnrangsorgane.
Von Prof. Dr. Hochhans in Eiel.
1. Allgemeines.
(Physiologie, üntersnchimgaiaeihodeii. Allgemeine Pathologie und Therapie.)
Da die Angaben über die unteren Lungengrenzen und die Lage
des Spitzenstosses noch immer schwanken, hat Schulthess (Deutsches Stand der
ArcL f. klin. Med. Bd. 60, H. 2 u. 3) dies nachgeprüft, und zwar die untere unteren
rechte und linke Lungengprenze bei 100 gesunden Individuen im Stehen, und «-„ -f ^
gefimden, dass rechts die untere Grenze 61mal am oberen Rande der des Spitze n-
siebenten Rippe, 15mal im sechsten Intercostalraum und 24mal am unteren stoss es beim
Rande oder auf der sechsten Rippe war. Die untere Grenze links neben gesunden
dem Stemum (also Beginn der oberen absoluten Herzdämpfung) war in g s«i.«ifhegl
66 Fallen am oberen Rande der fünften Rippe , 22mal im vierten Inter-
costalraum und 12mal auf der vierten Rippe. Die Untersuchung des Spitzen-
stosses bei 50 weiblichen Personen zeigte, dass er in 81 Fällen im fünften
Intercostalraum in der Mamillarlinie , in 6 ausserhalb und in 7 innerhalb
derselben im fünften Intercostalraum, 6mal im vierten Intercostalraum,
ond zwar 3mal innerhalb und 3mal ausserhalb der Mamillarlinie sich
befand.
Durch genaue Yergleichung des percutorischen Befundes an den Lungen-
spitzen von Leichen mit dem Sectionsresultat hat Oestreich (Die Per- Percussion
cüssion der Lungenspitzen. Zeitschr. f. klin Med. Bd. 35, H. 5 u. 6) der
festzustellen gesucht, wie genau man Erkrankungen in diesem Lungentheil I'^i'^seii-
dorch Percussion nachweisen kann. Das Resultat war, dass ein einziger Oestreich!
Heerd in der Spitze die Grösse einer Kirsche haben muss, um den Per-
cossionston zu ändern; sind indess mehrere Heerde vorhanden, so braucht
der einzelne nur erbsengross zu sein, um eine Veränderung des Schalles
1 ^ Dämpfungen
hervorzurufen. «« ^««
an den
Lnngen-
Doppelseitige Spitzendämpfung mit abgeschwäch-spitzen ohne
tem Vesicaläratbmen ohne !Rasselfi:eräusch6 hat Kernig pathoiogi-
(Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 34, H. 3 u. 4) mehrfach beobachtet Befund,
bei stark marastischen Kranken, die lange Zeit bettlägerig gewesen Kernig.
X42 Hochhaus.
waren. Er fuhrt diesen Befand, den man auch an anderen Lungen-
partieen constatirt, wohl mit Recht auf ßetraction der Lungenspitzen
durch die ungenügende Athmung zurück.
Bacterien finden sich hei fast jeder entzündlichen Lungenerkrankung,
hauptsächlich FränkeTsche Diplokokken, pyogene Staphylokokken und
Beziehnngon Streptokokken. Klipstein sucht nun die Frage zu heantworten, wie diese
zwischen Mikroorganismen in die Lungen hineingelangen (Experimentelle Bei-
j T, träfire zur Fräse der Beziehungen zwischen Bacterien und Er-
und Er- o o o ^ ^
kranknngen krankungen der Athmungsorgane. Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 34,
der H. 3 u. 4). Durch zahlreiche Versuche an Kaninchen und Hunden kam
Athmung 8- Klipstein zu folgendem Resultate: Die Lungen, die Bronchien, die
Klinstein* Trachea, meist auch der Larynx gesunder Thiere sind unter gewöhnlichen
Verhältnissen nahezu keimfrei. Bei Kaninchen, die unter einer Glasglocke
reizende Gase (Dämpfe von Ammoniak, Osmium etc.) einathmen, stellte sich
anfangs ein Katarrh der getroffenen Schleimhäute, bei länger dauernder
Einwirkung eine mit der Dauer der Inhalation intensiver werdende Ent-
zündung der Conjunctival- , Nasen-, Pharyngeal-, Tracheal- und Bronchial-
schleimhaut ein; öfter traten auch bronchopneumonische Processe auf; nur
in den schwersten Fällen waren Mikroorganismen der Nasen- und Mund-
höhle in den entzündeten Geweben nachweisbar. Wurden bei diesen Ver-
suchen zuerst in die Nase Bacterien geimpft, so traten die Entzündungen
viel rascher und intensiver auf, und die Mikroorganismen waren in den
Lungen viel reichlicher nachweisbar. In Anwendung dieser Versuche auf
die menschliche Pathologie führt Verf. aus, dass bei den meisten Ent-
zündungsformen der Lunge zuerst leichtere Erkrankungen der Respirations-
schleimhaut durch chemische, thermische oder mechanische Reize herbei-
geführt werden und dass dann auf dem so präparirten Boden die Bacterien
entweder auf dem Athmungsweg oder durch das Blut resp. die Lymphe
sich einfinden, wuchern und stärkere Veränderungen herbeiführen.
Das Vorkommen der eosinophilenZellen ist in den letzten Jahren
bei den verschiedensten Organerkrankungen constatirt worden, ohne davss
es indess bis jetzt sicher gelungen wäre, ihre Bedeutung zu erkennen.
Eosinophile Auf Anregung von F. A. Hoffmann hat Teichmüller bei 300 Per-
Zellen im gonen, die an den verschiedensten Affectionen des Respirationstractus litten,
Teiclontaie'r Untersuchungen des Sputums gemacht, um über das Vorkommen \md die
Bedeutung dieser Zellen einen Anhalt zu gewinnen. (Deutsches Arch. f.
klin. Med. Bd. 60, H. 6.) Uebereinstimmend mit früheren Autoren fand er
im Secret bei acutem Schnupfen zahlreiche eosinophile Zellen; im Sputum
bei Bronchitis sind sie ebenfalls häufig; bei acuter Bronchitis zahlreicher,
wie bei chronischer; bei Keuchhusten wurden sie nicht gefunden; bei
Bronchiektasieen waren sie wieder viel reichlicher. Bei dem Irischen
Asthma war ihr Vorkommen häufig neben Curschmann*schen Spiralen.
Auf das Vorhandensein zahlreicher eosinophiler Zellen im Sputum von
Krankheiten, der Athmungsorgane. 143
Lenten mit massigem Husten, etwas trockenem, zähem, schleimigem Aus-
warf gründet Teichmüller (nach F. A. Hoffmann) die Diagnose eines
mdimeniären Asthmas (oder eosinophilen Katarrhs). Bei Emphysem, Bron-
chopneumonie, der croupösen Pneumonie kommen sie nur vereinzelt vor; bei
Longeninfarct sind sie vorhanden, in massigem Grade auch bei Herzfehler-
lnngen« Am interessantesten war das Resultat beim Phthisikersputum. Teich-
müller fand sie hier bei 167 Phthisikern 123mal, im Gegensatz zu anderen
Autoren, die sie wesentlich seltener fanden. In Bezug auf das Vorkommen
konnte er dann des Genaueren eruiren, dass sie sich am häufigsten finden,
venn der betreffende Patient noch ziemlich kräftig, wenn er noch keine oder nur
wenig Temperatursteigerung hat und der Örtliche Process noch klein und um-
Achrieben ist; in allen solchen Fällen also, wo man annehmen kann, dass
der Organismus sich mit allen verfügbaren Kräften gegen das Eindringen
des Tuberkelbacillus wehrt. Damit stimmen auch vom Verf. gemachte Be-
obachtungen, wo bei Phthisikern im Initialstadium anfangs im Sputum
nnr eosinophile Zellen waren, nachher, als der Process weiterschritt und
Taberkelbacillen erschienen, zwar schwanden, und zuletzt, als der Organis-
mus wieder sich kräftigte, die eosinophilen Zellen erschienen und die
Toberkelbacillen wieder schwanden. Für den Verf. ist daher der Nachweis
von eosinophilen Zellen ein werthvoUer Fingerzeig für den Verlauf des
tuberculösen Processea.
Hammond's neue Methode, Tuberkelbacillen schnell Unter-
in Flüssigkeiten aufzufinden (The GiU University), besteht da- ^^-^^^J^g^^Ji®"^
rin, dass H a m m o n d der zu untersuchenden Flüssigkeit (Milch) 5 °/o b a c 1 1 1 e n,
reine Carbolsäure zusetzt ; dann fuUt er davon je 16 com in kleine E- W. Ham-
(Haschen und centrifugirt 15 Minuten lang; dann wird die klare ™°" *
Flüssigkeit abgegossen und der Niederschlag mit 3 com B°/oiger
Natronlauge geschüttelt und 3 Minuten stehen gelassen. Das Gläs-
chen wird dann bis zur Marke 15 mit destillirtem Wasser aufgefüllt
imd 20 Minuten centrifugirt. Hiernach wird wieder die obenstehende
klare Flüssigkeit abgegossen und der Niederschlag auf Bacillen unter-
sucht. Verf. hat dadurch Tuberkelbacillen gefunden dort, wo sie
sich kaum durch die Impfung nachweisen Hessen. Für Sputum und
Urin ist sie auch sehr brauchbar.
Beineboth (Münchener medicin. Wochenschr. S. 117) berichtet über
die Resultate von Thoraxerschütterung bei Kaninchen. In
Narkose wurde in die Brustwand ein Fenster geschnitten, dann machte er
zuerst folgenden lehrreichen Versuch: Wenn er mit der Sonde die frei- ^
liegende Lunge bestrich, erfolgte in diesem Bezirk eine mehrere Minuten
dauernde Hyperämie durch Auftreten zahlreicher kleiner, vorher unsicht-
barer Gefässe. Legt man ein Plessimeter auf die freigelegte Lunge und
tflyt darauf einen Schlag mit dem Percussionhanmier aus, so wird dieselbe
144 Hochhaus.
Einflass bläulich, und es erscheinen auf einmal zahlreiche kleine Gefösschen, die
der Er- g^^^^ nebst der Hyperämie nach 45 Secunden verschwinden. Aehnlich ist
'Ses BrÜsr ^as Resultat, wenn das Plessimeter neben das Fenster gelegt und dann der
korbesanf Schlag ausgeführt wird. Wird das Trauma an der anderen Seite ausgefOhrt,
die Gef&sse so ist nichts zu sehen. Bei totaler Verhämmerung einer ganzen Thorax-
^®' ^^J'^^* ®®^*^ ^^ ^^^' einmal die ganze eine Lunge bläulich und hyperämisch,
Lnneennd '''^^re^d die andere blass war. — Die Ursache ist augenscheinlich eine
ein Ent- Lähmung des Tonus der Gefösscapillaren, die bei heftigem Trauma eine
stehunsB- Ansammlung von erheblichen Blutmengen innerhalb der Blutbahn bewirkt
modas der ^^^ dadurch ein Sinken des allgemeinen Blutdruckes herbeiführen kann,
traama» "
tischen ^ practischer Beziehung zieht Verf. aus seinen Versuchen den Schluss,
Hämoptoe, dass nach einem Trauma des Thorax bei einem Menschen mit Spitzen-
Reineboth. Infiltration die BlutüberfOUung , resp. die dieser nachfolgende Zusammen-
ziehung der (Jefösse eine Blutung in den geschädigten Grefässen der er-
krankten Partie herbeiführen könne.
Sugillationen der Pleura sind nach den verschiedensten Ursachen
beobachtet, bei Erstickung, bei Läsion der vorderen Yierhügel, bei gewissen
Verletzungen des Rückenmarkes, bei Reizung sensibler Nerven und am häu-
figsten wohl beistarkerAbkÜhlung. Mit den in letzter Weise entstan-
Sugilla- denen beschäftigt sich Rein eboth Peuteches Arch. f. klin. Med. Bd. 62).
Pl^'nV i^^ Durch geeignete Versuche an Kaninchen, die er mehrere Minuten lang in
folge von eiskaltes Wasser taucht, weist er nach, dass erstens die Ekchymosen der
Abktthlnng, Pleura wirklich Folgen der Abkühlung sind und dass dies zweitens durch
Beineboth. q^j^q Drucksteigerung der Pleuralgefässe infolge einer Reizung des vasomoto-
rischen Centrums geschieht. Reineboth denkt sich nach seinen Experi-
menten im einzelnen den Vorgang so, dass zuerst durch den intensiven Kälte-
reiz das Blut nach den inneren Orgien gedrilngt und zugleich reflectorisch
das vasomotorische Centrum gereizt wird; der Reiz von der abgekühlten
Haut lässt aber bald nach und wird dann ersetzt durch eine Verilnderung
des Blutes, eine Hämoglobinämie, die in massigem Maasse eintritt und die
auch das vasomotorische Centrum reizen soll. Zum Schluss hebt Reine-
both hervor, dass seine Abkühlungsversuche auf menschliche Verhältnisse
nicht anwendbar sind.
Physika- Brosch (Virch. Archiv Bd. 163, H. 2) macht den Versuch, die
lische seinerzeit von Waidenburg so glorreich inaugurirte Methode der
Functions- _ ,. ... . .^- • j v •
Prüfung der Functionsprufung der Atnmungsorgane wieder bis zu einem
Athmnng, gewissen Grade zu rehabilitiren. Die Idee, die seinerzeit Wal de n-
A. Brosch. |j^j.g ^^^ ggi^e Nachfolger leitete, war zweifelsohne eine sehr richtige,
und ihre Ausfuhrung wäre für unsere Diagnostik sehr erstrebenswerth
gewesen; denn so sehr Auscultation und Percussion uns auch über
den Zustand der Lungen orientiren, über ihre Function lassen sie
uns doch häufig sehr im Zweifel. Der Umstand aber, der eine Ver-
Krankheiten der Athmungsorgane. 145
werthung der damaligen Methode hinderte, war ihre Unvollständig-
keit* Man mass mittels des Pneumatometers den in- imd ezspirato-
risehen Druck und bestimmte durch das Spirometer die Oapacität
der Lungen. Das war aUes; von den Factoren, die uns aber einen
Einblick in die Function der Athmungsorgane gestatten, sind das
nur einige und dazu solche, deren Bestimmung an vielen Versuchs-
iehlem leidet, wieBrosch ausfahrlich darthut. Um diese Methode
zu einer fruchtbringenden zu machen, müssen aber sämmtliche
Componenten des Athmungsactes genau bestimmt werden. Die ein-
zelnen Theile sind : 1. die Athmungskraft, 2. die Mengenverhältnisse
der Athmtxngsgase , 3. die zeitlichen Verbältnisse der Athembewe-
irungen, 4. besondere Eigenthümlichkeiten der Versuchsperson, welche
den Athmungsact beeinflussen. Diese einzebien Factoren geht der
Verf. genau durch, zergliedert sie weiter und zeigt auch, wie sie
genau bestimmt werden können. Die dazu erforderlichen Instru-
mente hat er zum Theil neu construirt; so verwirft er z. B. die
Waldenburg'scbe Athemmaske als fehlerhaft und gebraucht statt
dessen einen von Biehl erfundenen, sehr practischen Nasenkatheter.
Zur Messung der Athmungsgase, besonders der Residualluft, braucht
er das von ihm gefundene, auch sehr einfache und practische Pneu-
monometer. Wenn man nun in der von ihm vorgeschriebenen Weise
die Function der Lungen einzeln analysirt, dann wird man auch
«eher ein richtiges Bild darüber bekommen, ob die Lunge normal
iunctionirt oder nicht. Er empfiehlt nun nach einem von ihm ent-
worfenen Schema viele, normale Leute zu untersuchen, um so zu
sehen, wie sich bei gesunden Leuten in den verschiedensten Zu-
ständen die einzelnen sog. Respirationscoefficienten verhalten; da-
durch gewinnt man eine Anschauung von der mittleren normalen
Function der Lunge und zugleich einen Maassstab, um daran andere
zu prüfen. Besonders wichtig hält er dies Verfahren fiir den Militär-
arzt, der häufig über den Lungenbefund ein Ürtheil abgeben muss,
bei dem ja bekanntlich Percussion und Auscultation nicht so selten
zu Täuschungen Anlass geben.
Statt der gewöhnlichen Fingerpercussion empfiehlt Balz (Berl. Piess-
klin. Wochenschr. Nr. 48) die palpirende Percussion, für die äathesie,
*r den Namen Plessästhesie vorschlägt. Sie wird von ihm in
folgender Weise ausgeführt : Der Mittelfinger der linken Hand wird
als Plessimeter benutzt; der zweite bis vierte Finger der rechten
Hand wird im Metacarpalgelenk um einen halben rechten Winkel
gebeugt und 2 cm vom Mittelfinger der linken Hand entfernt ge-
Jahrtmch der practischen Medicin. 1899. IQ
146 Hochhaus.
PlesB- halten; dann wird mit den Fingern der rechten Hand ein kurzer
asthetie. Schlag gegen ihn ausgeübt, wobei dieselben aber einige Secunden
fest liegen bleiben; dies wird dann nach Bedarf wiederholt. Der
Schalleindruck ist ein geringer, um so grösser und feiner aber da»
Gefühl der Resistenz der unterliegenden Organe. Am besten anwend-
bar ist sie bei Erkrankungen der Lunge, Pleura, der Milz, der Leber,
sowie überall dort, wo die gewöhnliche Percussion wegen Schmerz-
hafügkeit nicht anwendbar ist. Zur Percussion der oberen erkrankten
Lungenspitzen räth Balz, nicht wie gewöhnlich an der Spitze zu
beginnen, sondern in den unteren Litercostalräumen, wo der Schall
noch normal ist ; Schalldifferenzen sollen dann leichter gehört werden.
Bei der Auscultation erinnert Balz an die Wichtigkeit der un-
mittelbaren Auscultation ; man hört damit nicht nur schneller, sondern
auch feiner, sowohl spärliche Easselgeräusche, wie auch leichte Ver-
änderungen des Athmens; auch das diastolische Aorteninsufficienz-
geräusch und Aneurysmageräusche werden leichter gehört. Als „crepi-
toid" bezeichnet Balz ein Athmen auf der Grenze zwischen Vesi-
culärathmen und Knisterrasseln, das er bei unmittelbarer Auscultation
häufig gehört hat an der Ghrenze von Pneumonieen dort, wo sie gerade
weiterschreiten; femer als erstes Zeichen von Lungenödem. Zum
Schlüsse betont Balz, dass es bei der Perception feiner Unter-
schiede beim Percutiren und Auscultiren häufig vortheilhafb ist, die
Augen zu schliessen.
Pueuma- Die Wirkungen des Luftdruckes sind nach v. Liehig
The^a^le (^öi^^chrift för diätetische und physikalische Therapie Bd. 1, H. 2)
V. Liebig.' jetzt besser bekannt als früher und deshalb auch ihre Anwendung
in der Therapie leichter präcisirbar. Die Hauptsache ist, dass bei
der verdichteten Luffc die Ausathmung erschwert, bei der verdünnten
erleichtert ist. Bei der verdichteten Luft ist die Exspiration lang-
samer und tiefer und die Athemfrequenz nimmt ab; die Lungen
ziehen sich weniger stark zusammen, daher eine Erweiterung der
Lungenstellung, der negative Druck in der Pleurahöhle wird grösser,
der Blutdruck sinkt, und der Puls wird langsamer. Umgekehrt ist
es bei vermindertem, verändertem Druck : der Widerstand gegen das
Ausströmen der Luft hat abgenommen, ebenso der negative Pleura-
druck, der Blutdruck ist erhöht, der Puls beschleunigt, die CapiUaren
sind stärker gefüllt. Durch die Gewöhnung an eine stärkere An-
strengung der Athmungsmuskeln geht nach einigen Tagen bei kräf-
tiger Bewegung im Freien die veränderte Capacität zurück, und der
Athem wird wieder tiefer, der Puls ruhiger, aber eine geringe Be-
Krankheiten der Athmungsorgane. 147
schleunigung bleibt. Die Erkrankungen, bei denen Verf. die pneuma-
tische Kammer empfiehlt, sind Anämie und Chlorose, Bronchial-
katarrhe, Emphysem und Asthma, femer bei den Katarrhen der
Trommelhöhle bei Schwerhörigen, bei denen besonders belgische
Aerzte grossartige Erfolge erzielt haben.
Zur Behandlung chronischer dyspnoischer Zustände,
besonders von Asthma und Emphysem, empfiehlt Langerhans (Zeit- Athem-
öchrift für diätetische und physikalische Therapie Bd. 2, H. 1) zwei Übungen bei
sehr einfache Apparate, den einen zur Erleichterung der Inspiration, Lnng en-
den anderen zur Beförderung der Exspiration. Bei der methodischen Krankheiten,
Anwendung wurden erzielt: 1. eine Herabsetzung des Blutdruckes, ^^^^^ *"^'
2. ein richtiges Athmen der Patienten, 3. eine dauernde Pulsverlang-
samung.
2. Krankheiten der Bronchien.
„Die Diagnostik derFremdkörper in den Luftwegen"
gehört zu den schwierigsten Aufgaben, besonders bei Kindern, die
eine genaue Anamnese nicht zu machen im Stande sind (E. Frenz, Fremd-
Jahrbuch für Kinderheilkunde). Allerdings kommt es auch bei Er- Körper
wachsenen zuweilen vor, wie eine Anzahl citirter Fälle beweisen, dass Luftwegeu,
der Moment des Eindringens in die Luftwege nicht zu eruiren ist Pronz.
und erst spätere Symptome auf eine derartige Vermuthung führen;
meist ist der betreffende Unfall jedoch von prägnanten Symptomen
gefolgt: Husten, Erstickungsanfalle, Heiserkeit u. s. w. Nach einiger
Zeit pflegen sich diese Erscheinungen zu beruhigen, und es tritt
ein gewisses Stadium der Latenz auf, an das dann erst später wieder
heftigere Symptome von Seiten des Respirationstractus sich anschlies-
sen, meist Entzündungen oder Eiterungen. Bei Kindern sind die an-
fanglichen Symptome gering, erst die Späterscheinungen veranlassen
die Heranziehung des Arztes, für den die Diagnose meist recht
whwierig ist. Als beachtungswerthe Momente empfiehlt Frenz
1. das meist gute Aussehen der Kinder, 2. den plötzlichen Beginn,
3. den anhaltenden Hustenreiz, 4. die lange Dauer der Stenose, 5. die
«spiratoriscbe Dyspnoe.
Während früher die verschiedensten acuten und chronischen
Krankheiten als Ursachen der fibrinösen Bronchitis an-
gegeben wurden, nimmt man heute meist bestimmte Mikroorganismen
als ursächliche Erreger an, insbesondere den Diphtheriebacillus und
Pneumoniecoccus. Hints (Ueber die Aetiologie der primären crou-
148 Hochhaus.
Aetiologie pösen Bronchitis. Pester medic. -chirurgische Presse Nr. 51) weist
^'^^'^^ darauf hin, dass bei den acuten Formen eine derartige Aetiologie
crouposen ; ....
BronohitiB, wohl möglich wäre, dagegen nicht bei den chronischen, deren
Hints. Dauer sich über viele Jahre erstrecken kann ; hier müsse eine andere
Ursache vorliegen, über die wir zur Zeit noch nichts Genaueres
wissen.
Behandlung Quincke (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 24) empfiehlt zur leich-
hf *®^ö^ Entleerung des eitrigen Inhalts sackartiger oder cylindrischer
Quincke. Bronchiektasieen jeden Morgen eine Lagerung des Patienten
mit erhöhtem Fussende (etwa 30 cm). Der Eiter fliesst dadurch
leichter in die grossen Bronchien und kann dann besser entleert
werden.
Pathogenese Talma (Berl. klin: Wochenschr. Nr. 52) ist der Ansicht, dass
u n B e h a n d- ^ ^^ Asthma bronchiale auf einem Contracturzustande der äusseren
lang des
Asthma Respirationsmuskeln und der Muskeln der Luftwege beruht und zwar
bronchiale, des Pharynx, der Trachea und der grossen Bronchien, zuweilen auch
der Glottis ; letzteres schliesst er besonders aus der Thatsache, dass
das charakteristische G-iemen hauptsächlich über den grossen Bron-
chien, dem Larynx und der Trachea gehört wird. Die Muskeln dieser
zuletzt genannten Gebilde, welche, wie die Spiegeluntersuchung lehrt,
bei ihrer Zusammenziehung eine erhebliche Stenose herbeifthren,
können von vielen Menschen auch willkürlich bewegt werden, wie
dies das Beispiel mancher Asthmatiker und Gesunder zeigt, die künst-
lich einen Asthmaanfall produciren können. Darauf baut Talma
nun eine neue Therapie des Asthmas, die ihm selten versagt und die
hauptsächlich in einer methodischen G^ymnastik der Athemmuskeln
besteht. Die Kranken müssen lernen, im Tacte langsam ein- und
auszuathmen, auch während des Anfalls, und können dadurch häufig
letzteren vollkommen coupiren.
Zu den drei bis jetzt bekannten Obductionsbefunden bei Bron-
Pathoiogie chialasthma ftigt A. Fraenkel (Zur pathologischen Anatomie des
u. Therapie Bronchialasthmas. Zeitschr. f. klin. Medicin Bd. 35, H. 5 u. 6) einen
Bronchial- neuen hinzu. Der betreffende Patient litt seit 3 Jahren an sehr
asthmas, starken Anfallen; kam ins Krankenhaus wegen Gichtbeschwerden;
hier bekam er mehrere heftige Asthmaparoxysmen und verstarb
plötzlich innerhalb eines Anfalles. Bei der Obduction fanden sich
in den gerötheten Bronchien zähe, zum Theil ftldige Gerinnsel,
welche mikroskpisch vielfach eine kömige Beschaffenheit zeigten;
Krankheiten der Atbmuugsorgane. 149
andere bestanden aber aus zahbeichen Cylinderepithelien ; in den
kleineren und mittleren Bronchien ein erheblicher Desquamativ-
katarrh mit so massenhafter Abstossnng der Epithelien, dass das
Lumen dadurch verschlossen war. Wodurch diese Abstossnng der
Epithelien bewirkt wird, muss dahingestellt bleiben, jedenfalls findet
die erhebliche Dyspnoe dadurch ihre Erklärung. Ob dieser Befund
bei allen Fällen von Asthma bronchiale sich finden wird, ist Verf.
zweifelhaft; nach dem wechselvollen Verhalten des Sputums ist es
ihm unwahrscheinlich. Zum Schluss erwähnt Fraenkel, dass ihm
die subcutane Anwendung von Hyoscinum hydrobromicum
(0,000^— 0,0006— 0,0008) die besten Dienste bei den Anfällen ge-
leistet hat.
v. N 0 o r d e n (Therapeut. Monatshefte, October) empfiehlt dringend Atropinbei
das Atropin in steigenden Dosen zur Behandlung des Bronchial- . .«« «1.7*1 e
asthmas. Er beginnt mit ^2 mg und steigt bis 4 mg, geht dann v. Noorden.
allmählich herunter. Die Cur dauert etwa 6 Wochen. Neben Atropin
rauss natürlich auf gute Ernährung etc. entsprechender Werth ge-
legt werden. Bei 9 Fällen hat Verf. damit zum Theil dauernden
Erfolg erzielt, nur bei einem Knaben und mehreren veralteten Fällen,
die durch Emphysem complicirt waren, war die Cur erfolglos.
S« Krankheiten der Lunge.
1. Lungenentzündung.
Haedke (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 14) berichtet über Endemische
eine kleine Epidemie von Pneumonie (4 Fälle), von denen einer P'^eumome,
"^ . \ /7 Haedke.
zur Obduction kam. In einem Haushalt erkrankten kurz nach ein-
ander vier Personen mit Athemnoth, Husten und Fieber; die erste
erkrankte am 20. December und starb am 22. December, die zweite
«erkrankte am 24. December und starb am 2. Januar; fast gleich-
zeitig erkrankte die dritte, die aber genas. Die vierte, welche Verf.
im Krankenhaus genau beobachtete, bekam am 25. December Husten,
Auswurf, Dyspnoe und hohes Fieber. Bei ihrer Aufnahme war
links hinten unten eine Dämpfimg und Rasseln zu constatiren, später
auch rechts hinten unten; unter hohem Fieber allmählicher Verfall
und Tod am 9. Januar. Bei der Obduction fand sich in der linken
Pleurahöhle ein massiger Erguss und im linken Unterlappen, ebenso
vie im rechten katarrhalische pneumonische Heerde. In diesen j
Heerden fanden sich nun zwei Mikroorganismen, der Streptococcus
150 Hochhaus.
longus und eine Proteusart; dieser Mischinfection misst Verf. nun
die Bösartigkeit der Lungenerkrankung bei.
An einem grossen Material — 1659 Fällen von croupöserPneu-
Zeitliches monie — aus verschiedenen Städten der Schweiz sucht Bommer
Auftreten ^Ueber das zeitliche Auftreten der croupösen Lungen-
croupösen entzündung und die Beziehungen der Disposition zu
Lungen- atmosphärischen und kosmischen Verhältnissen. Deutsch.
^ ° Bommer." ^''^^^^- ^* ^^^"- ^^^- ^^- 60, H. 4 u. 5) festzustellen, welchen Ein-
fluss die Witterungsverhältnisse auf die Pneumonie haben. Das Re-
sultat fasst er in folgende Schlusssätze zusammen: Der Initialfrost
bei croupöser Pneumonie setzt mit Vorliebe Abends und Morgens
ein. Der Ausbruch des Krankheitsprocesses steht öfters in unver-
kennbarem Abhängigkeitsverhältniss zu gewissen Schwankungen der
Witterung, und er wird namentlich dann gefördert, wenn nach einer
Kälteperiode bei sinkendem Druck und Feuchtigkeitsgehalt der Luft,
bei zunehmender Temperatur und mehr südlicher Luftströmung Thau-
wetter, Schneefall oder Regen sich ereignen. Der Einfluss des
Mondes auf die Disposition ist, wenn auch sehr klein, wahrschein-
lich vorhanden.
Bacterio- Kelle (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 27) fand bei einer ausgedehnten
logie bei dergpjjjejuie yq^ Pneumonie bei Negern ganz dieselben Erreger wie bei
, T^ der Pneumonie der Weissen, nämlich den Pneumoniecoccus und den In-
aer Neger, ...
W. Kolle. fluenzabacillus ; interessant war das gleichzeitige Auftreten beider Arten
von Pneumonie neben einander.
Serum- Weisbecker (Münch. med. Wochenschr, Nr. 7 u. 8) hat 20 Fälle von
therapieder pjjg^jj^Qjjjg mit Blutserum von Reconvalescenten behandelt und fast
Weisbecker durchweg davon günstige Einwirkungen sowohl auf davS Allgemeinbefinden,
wie auch auf den örtlichen Process gesehen.
2. Lungenschwindsucht.
Zu dem Problem der Vererbung der Tuberculose liefert
Vererbung Hauser (Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 61, H. 3 u. 4) einen sehr
^®^ interessanten Beitrag. Drei Theorieen kommen dabei hauptsächlich
Tuberculose,. ^^ t\- • • /^ i . ,
Hauser. m Frage: Die eine, am meisten von Cor n et vertreten, leugnet jeden
erblichen Einfluss und Bchreibt jede Tuberculose einer extrauterinen
bacillären Infection zu; die zweite, deren Hauptvertheidiger Baum*
garten ist, erklärt den erblichen Charakter dieser Krankheit durch
die sog. bacilläre Vererbung, nach welcher bereits das Ei mit Tu-
Krankheiten der Athmungsorgane. 151
berkelbacillen vergiftet ist; die dritte, die Hauser vertritt und die
aach wohl unter den Practikem die meisten Anhänger hat, erklärt
die Thatsache des erblichen Vorkommens durch eine angeborene
Disposition zur Erkrankung an Tuberculose. G. Haus er wendet
sich hauptsächlich gegen die Baumgar ten'sche Theorie — die Ein-
seitigkeit der Cornet'schen Auffassung ist ja wohl allgemein zu-
gegeben — . Es ist nun heutzutage gar nicht mehr zweifelhaft, dass
es eine Anzahl von Fällen gibt, sowohl bei Thieren wie bei Men-
schen, bei denen eine baciUäre Vererbung im Sinne Baum garte n's
sicher constatirt worden ist. Aber einmal sind diese Fälle an Zahl
sehr gering und kommen nur dort vor, wo die Mutter an hochgradig-
ster Tnberculose erkrankt war, die bald zu ihrem Tode führte, wäh-
rend sie bei Tuberculose des Vaters überhaupt kaimi constatirt
worden; es stimmte das also gar nicht überein mit dem häutigen
Vorkommen von ererbter Tuberculose beim Menschen. Dann geben
diese Fälle auch gar keine Erklärung für jene Beobachtungen, wo
Kinder taberculöser Eltern sich jähre-, ja jahrzehntelang kräftig ent-
wickeln und dann an Tuberculose sehr schnell zu Grunde gehen.
Endlich sprechen dagegen Thierversuche von Haus er. Er rief
\m Kaninchen und Meerschweinchen umschriebene Lungentubercu-
lose hervor und beobachtete deren Junge, die er nach geraumer Zeit
tötete; dabei fand er nun, dass Thiere, deren Vater sowohl wie
Mutter tuberculös waren, sich fast ausnahmsweise gut entwickelten
und keine Spur von Tuberculose zeigten. Es würde zu weit fuhren,
<iie gi^ze Beweiskette Haus er^s hier anzuführen; die vorstehenden
Bemerkungen zeigen aber schon, dass die bacilläre Vererbung nui*
'lie Ausnahme ist und dass wir ohne eine ererbte Disposition zu
dieser Erkrankung in den meisten Fällen nicht auskommen, wie das
'üe Practiker stets trotz der Bacteriologie angenommen haben.
Bei seinen Untersuchungen über die Frage der Mischinfec-
tion bei Lungentuberculose kam Schütz (Berl. klin. Wochen- Misch-
Schrift Nr. 14, 15 u. 16) zu sehr interessanten Resultaten. Untersucht ^y^^^^^^
' ^ . bei Lungen-
wnrde das Sputum und, wenn möglich, später auch der Inhalt der tuberculose,
Cavemen von Tuberculosen; ersteres nach der Methode von Kita- Schütz.
4ato und Behring. Schütz fand nun als Begleiter des Tuberkel-
badUus 26mal Streptokokken, 22mal Staphylokokken, und zwar 19mal
beide zusammen, 7mal Streptokokken ohne Staphylokokken und dmal
Staphylokokken ohne Streptokokken, Befunde, wie sie ja schon häu-
tiger erhoben worden sind; ausserdem aber noch in 18 FäUen einen
«^phtherieartigen Bacillus. Genauere Untersuchungen und Experi-
152
Hochhaus.
m^nte ergaben nun, dass dieser letztere in einzelnen Fällen sicher
der echte Löffle r'sche Bacillus war, in den übrigen Fällen musste
es zweifelhaft gelassen werden, ob es nicht etwa ein Pseudodiph-
theriebacillus war. Ueber die Rolle dieses Bacillus kann sich Verf.
noch nicht genauer auBsprechen, vielmehr muss das den weiteren
Versuchen überlassen bleiben.
Secundäre
Infection
mit
Tuberkel-
bacillen,
Hansemann.
Der sehr interessante Vortrag Hansemann's (Berl. klin.
Wochenschr. Nr. 11) über secundäre Infection mit Tuberkel-
bacillen gipfelt in dem Nachweis, dass durchaus nicht alle patho-
logischen Veränderungen, bei denen man den Tuberkelbacillus findet,
auch durch diesen bedingt sind, sondern dass gar nicht so selten die
Veränderungen durch andere Ursachen hervorgerufen werden und die
Ansiedelung des Tuberkelbacillus eine secundäre ist. Zu diesen Er-
krankungen gehören, wie Hansemann an Präparaten demonstrirte,
die Scrophulose der Lymphdrüsen, typhöse Geschwüre, viele Pneumo-
koniosen, die fibröse Bronchitis und besonders die sjrphilitischeu
Lungenerkrankungen.
Pseado- Möhr (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 24) beschreibt in einer vor-
taberkel- läufigen Mittheilung zwei tuberkelbacillenähnliche Bacillen^
*^.^mu-"* *®von denen er den einen aus Timotheeextract und den anderen aus Mist
eine miliare gezüchtet hat. Beide haben mit dem Tuberkelbacillus eine grosse Form-
Taberkel- ähnlichkeit gemeinsam und zeigen sich bei der Färbung sehr resistent
krankheit gegen Alkohol und S'äure; das Wachsthum auf den einzelnen Nährböden
vefiirsachen
A Möhr * ^^^ genau beschrieben. Bei den Thierversuchen zeigten sich Resultate,
die denen der wirklichen Tuberculose bei Meerschweinchen sehr ähnlich
waren, so dass Verf. nicht ansteht» eine gewisse Verwandtschaft seiner Ba-
cillen zur Tuberculose anzunehmen.
Das häufige Auftreten von Magenbeschwerden bei Phthi-
Magen- dikern im Anfangsstadium, wie Croner (Deutsche med. Wochen-
^7mVrüh-^"^^*^^ Nr. 48) ausfuhrt, ist bekannt. Es müssen hier zwei Gruppen
Htadinmder unterschieden werden: zur ersten sind die Fälle zu rechnen, wo die
Schwind- Magenbeschwerden im Vordergrunde stehen und die Lungenbeschwer-
den, wenn überhaupt merkbar, nur minimal sind; in die zweite die-
jenigen, bei denen auch schon deutliche Lungenerscheinungen zu
constatiren sind. Die Ursache dieser Magensymptome sind noch
nicht sicher gestellt, und deshalb hat Oroner eine grössere Anzahl
von solchen Fällen mit Bezug auf die Magenfiinction untersucht und
dabei gefunden, dass sowohl Hyper-, wie Sub-, wie auch normale
Acidität vorhanden sein kann; die Motilität war stets normal. Groner
■ acht,
Croner.
Krankheit«!! der Athmungsorgane. 153
gUabt, das8 dieee Stäruugen fuDctioneller Natur »iDd ; dass sie eine
Folge der Ueberemähnmg sind, wie Volland annimmt, glaubt er
nicht,
Carriöre und Bourneville (L'Eeho midical du Nord) haben Kosinophii«
Unteranclinngeii angestellt über das Vorkomjuen und die Bedeu- Zellanim
tong der eosinophilen Zellen im Sputum Tuberculöser und Spotam.
konuuen zu folgendem Resultate : Eine Vermehmng dieser Zellen (mehr Csmire n.
»Is 3'Jg) wird recht häufig beobachtet, doch meistens nui- in den "^ **
Anfaagsstadien der Phthise, während sie im letzten Stadium selten
dind. Bei Eracbeinen vieler Tuberkelbacillen werden sie seltener,
nach Blutungen dagegen häufiger. Im Ulnigen gelang es ihnen nicht,
eine besondere Bodeutung bis jetzt herauszufinden. Spätere experi-
nentelle Arbeiten sollen darüber AufschluBS versebaffen.
Daas Smegmabacillen sehr leicht bei der Untersuchung des
Urins mit Tuberkelbacillen verwechselt werden können, ist bekannt,
iIms de eich aber auch im Auswurf finden können und ao eine
tSlschliche Diagnose von Tuberculose vortäuschen können, ist selten
and deshalb der von Pappenheim (Berl. klin. Wochenachr. Nr. 37) Smegm».
berichtete Fall von besonderem Interesse. Der Patient, 35 Jahre '»'o'"«» ""
all, kam wegen unstillbarer Diarrhöen in die KHnik; in den Stühlen liehen
fanden sich mehrere Exemplare von Botriocepbalua lat. Trotz aller Lnngen.
Hiltel zunehmende Macies ; kurz ante mortem fand sich vom und panMohaiiii
hinten unten eine Dämpfimg mit Rasseln, im Sputum reichliche
Taberkelbacillen (nach Gabbet). Temperatur 36*. Diagnose: Tuberc.
iralmonuro et inteatini. Bei der Section fand sich nun in der Lunge
keine Tuberculose, sondern zahlreiche bronchopneumonische Heerde,
'lie zum Tbeil schon abscodirten, starke Bronchitis und Bronchiektasie.
lieschwüre im Darm. Im Abatrichpräparat der Lungen fanden sich
wieder die Bacillen, die sich indess nicht züchten Hessen und auch
bei der Impüing von Meerschweinchen keine Tuberculose erzeugten.
Nähere Untersuchungen ergaben nun, dass es sieb hier nicht um
den Tuberkelbacillns, sondern um den Smegmabacilluä handelte, dei'
ueh den gewöhnlichen Färbeverfahren allerdings dein Tuberkel-
baciUuB sehr ähnlich sehen kann, insbesondere die äüm-ufeatigkeit
oiit diesem gemein hat. Zum Schluss gibt Verf. ein Verfnli
Eoit dem auch auf fiirberischem Wege die Differentialdiiigtio^e gestellt
'erden kann.
Im AnBchluss an die Arbeit von Pappenhci
A. Fraenkel iBerl. klin. Wochensehr. Nr. 40), dam da»
154 Hochhaus.
Fraeukel. kommen von Smegmabacillen im Sputum schon früher gesehen und
auch von ihm publicirt worden sei. Seiner Meinung nach beruht die
tinctorielle Aehnlichkeit der Smegmabacillen mit den Tuberkel-
bacillen auf dem reichen Gehalt der betreffenden Sputa an Fettsäuren
und Myelin. Zur Unterscheidung beider hat Fraenkel sich der
Houselt'schen Methode bedient, wobei die Präparate nach der Fär-
bung mit Carboliuchsin in eine Mischung von 3,0 HCl und Alkohol
abs. für 10 Minuten eingelegt, nachher mit Methylenblau nachgefärbt
werden.
Werth- Das Prüfungsverfahren des Tuberculosegiftes ist bis
be Stimmung jetzt noch ein^sehr unvollkommenes, längst nicht so exact, wie uns dies bei
„ ^ , der Diphtherie und dem Tetanus möglich ist. Zwei Weflre stehen uns nun zu
Tubercalose- ^ o -^
gift- Gebote, diesem üebelstande abzuhelfen: entweder noch empfindlichere Thiere
Präparate, (für die Tuberculose) aufzusuchen oder die Giftigkeit des Tuberculoseg^iftes
Lingelsheim. durch Concentration noch zu erhöhen. Da beides zur Zeit nicht möglich
ist, schlug Lingelsheim (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 37) einen
anderen Weg ein, indem er den Schädel trepanirte und dann einspritzte ; die
Giftigkeit war dann um das ISOfache vermehrt; wenn er aber intracere-
bral einspritzte, so war die Verstärkung eine 500 — lOOOfache.
Röntgen- Mühsam (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 45) hat Thieren (mit) Tu-
strahlen bei berkelbacillenculturen in die Bauchhöhle, in die Haut und ins Knie
experimen- g^j^pf^ dann längere Zeit durchleuchtet, umzusehen, ob die Tubercu-
Tnbercnlose, l^^^ bei ihnen günstiger verlief als bei Gontrollthieren. Das Erg^bniss war.
Mühsam. dass in der That, besonders bei Impfung in die Haut die durchleuchteien
Thiere zum Theil erheblich länger lebten als die Controllthiere. Eine
Heilung wurde aUerdings nicht beobachtet.
Thier- Huber (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 7) stellte es sich zur Auf-
versuche gäbe, die Behauptung Koch's, dass es mit dem neuen Tuber-
neuen culin möglich sei, Thiere gegen Tuberculose zu immunisiren, nach-
Tubercuiin zuprüfen. Die Versuche sind an 60 Thieren (46 Meerschweinchen
^'^'' und 15 Kaninchen) angestellt, in der Art, dass zuerst die Thiere
mit verschieden starker Dosis des neuen Tuberculins immnnisirt
wurden und nachher mit Tuberkelgift, entweder aus der Cere-
brospinalflüssigkeit Tuberculöser oder mit tuberculösem Sputum oder
mit tuberculösem verriebenem Leichenmaterial inficirt wurden. Alle
diese Versuche ergaben nun übereinstimmend, dass die vorher mit
Tubercuiin geimpften Thiere nicht länger lebten, als die Controll-
thiere. In Bezug auf das Präparat selber bemerkt Verf., dass es
auch in grösserer Dosis nichts schadet und nur selten verunreinigt ist.
Krankheiten der Athmungsorgane.
155
Huber (ibid.) hat auf der v. Leyden'schen Klinik im ganzen
19 Fälie (4 geaimde, 15 Schwindsüchtige in den verschiedensten
.Stadien) mit Tuberculin T. R. behandelt. Seine Erfahrung fasst
rr ziuammen in dem Schlusssatz , dass durch die Behandlung mit
•i-;!» Tuberculin T. R. bei vorsichtiger Anwendung und sorgialtiger
Auswahl nach Koch's Angaben zwar kein Schaden gestiftet, aber
auch keine die bisher bei Lnngentuberculose erreichten Resultate der
Kmnkenhausbehandlung wesentlich überragenden, specifischen Heil-
erfolge erzielt würden.
Die Erfahrungen mit dem Tuberculin T. R., über dieBurg-
Lart(Berl. khn. Wochenschr. Nr. 7) von der weiblichen Abtheilung
'irr V. Leyden'schen Klinik berichtet, sind den Hube r'schen sehr
ähnhch; er findet, dasa es sich bei den fiebernden Schwindsüchtigen
überhaupt nicht eignet und daes es bei den übrigen nicht zu em-
pfehlen ist; wenigstens nicht mehr leistet, als die bisherigen Me-
thoden.
Räude (eod. 1.) hat i Fälle (3 Lungenschwindsüchtige, 1 Fall
vun Knochentuberculose) behandelt und kommt zu dem Schluss, dass
ähnhche und noch bessere Erfolge mit anderen Behandlimgsarten,
t^aonders mit der Ichthyolbehandlung in Verbindung mit reichlicher
Ernährung und Freiluftcur erzielt werden.
H. Raw und Hillebrand (The Lancet, Juü 23) haben 13 Fälle
■ ■m Tnberculose mit dem neuen Tuberculin T. R. behandelt; von
liegen sind die 4 günstigsten Fälle vollkommen gehellt, bei den
übrigen war kein Erfolg, bei manchen Misserfolge. 8 Fälle von Lupus
beilten ausgezeichnet.
Beinhold (Manch, med. Woobenachr. Nr. 22) hat mit dem
Taberculin T. R. 34 Kranke, grösstentheils Lungenkranke, be-
handelt. In 7 Fällen hat er anscheinend günstige Erfolge erzielt; bei
'i«n meisten übrigen war der EflTect zweifelhafter. Zu einem sicheren
Entscheid, ob das Tuberculin T. R. wirklich günstig auf den Lungen-
[irocess wirkt, ist Reinhold aher auch noch nicht gekommen; weitere
Erfahrungen müssen erst noch darüber gemacht werden.
Die Beobachtungen von Starck (Munch. med. Wochenschr.
Nr, 17) aus der Heidelberger KUnik gehören zu den wenigen, die
•ich günstig flir das neue Tuberculin aussprechen. 10 Fälle von
'»ginnender Tuberculose und 3 Fälle von Kautlupus wurden j
Wdelt, und zwar durchweg mit ganz geringen Dosen,
möglich eine Temperatursteigerung zu vermeiden. In f '
'i^Ute sich zum Theil eine ganz erhebliche B"--o niii; (lo
■■ren Befindens ein, die 4mal durch den deutliilik^n object
156 Hochhaus.
ftmd ihre Bestätigung fand; nur in 2 Fällen war nach der Tuber-
culin-T.R.-Cur gar keine objective Veränderung zu constatiren. Ob
freilich diese Besserung nur dem Tuberculin T. B. zuzuschreiben sind,
scheint fraglich, da gewiss der Aufenthalt in der Klinik allein schon
günstig wirkt. Die Fälle von Lupus wurden alle erheblich ge-
bessert.
Allgemeine Zwei Behandlungsmethoden kommen nach v. Ziemssen (Müncli.
Behandlung med. Wochenschr. Nr. 1) für die Behandlung der Tuber-
tubercnlose culose in Betracht: die specifische und die klimatisch-
Zierassen. diätetische Therapie. Die Erfolge der ersteren sind bis jetzt
vollkommen unbefriedigende, auch die mit dem neuen Tuberculin;
deshalb müssen wir um so mehr die letztere in Angriff nehmen, und.
zwar wird dies am practischsten in heimischen Sanatorien geschehen.
Die Vorzüge des Höhenklimas sind nach v. Ziemssen nicht so be-
deutende, als gewöhnlich angegeben wird, und die Schattenseiten
sind recht erheblich; deshalb muss mit allen Kräften auf die Er-
bauung von Sanatorien hingearbeitet werden, wie das ja jetzt auch
schon mehrfach anderwärts geschehen ist.
Wasser iu Stern (Therapeut. Monatsh. , Juni) empfiehlt nach dem Vor-
der Schwind- gj^jjgg ^^j^ Bremer und Dettweiler warm die Hydrotherapie
be handlang zur Behandlung der Phthise. Eine ziemlich genaue Beschreibung
Max Stern, der einzelnen Proceduren mit ihren Indicationen macht diese Arbeit
für den practischen Arzt recht lesenswerth.
Kreosotum H. Goldmann (Wiener klin. Wochenschr. S. 817) empfiehlt
carbonicum ^^r Behandlung der Lungentuberculose folgende Combina-
Ammonium ^^^^ • Kreosoti carbonici, Ammonii sulfoichthyol. ana 15,0, öly cerini 30,0.
sulfo- Aq. menth. pip. 10,0. 3mal 20 — 30 Tropfen täglich. Er hat von dieser
yo 1- Medication in leichten und mittelschweren Fällen mehrfach voll-
cum
i) ei Phthise', kommene Heilung gesehen, während dieselbe bei den fortgeschrittenen
H. Goidmanii. versagte.
Oleum In einer sehr breiten Abhandlung verbreitet sich B. Alexander
. amphoia- (ßerl. klin. Wochenschr. Nr. 48) zuerst über die hygienisch-diäu»-
Lnngen- tische Behandlung der Phthise, die er bei allen Patienten, denen e»
tubercuiose, möglich ist, allein verwendet. Für diejenigen aber, denen die Mittel
B. A exander. ^^^^ entsprechend lange Cur nicht erlauben , empfiehlt er subcutane
Injectionen von Ol. camp ho rat. off. Er beginnt mit 0,1 — 0,2 com
Krankheiten der Atiimungsoigane. 157
]>ro die und steigt allmählich bis 1,0 ccm. Der Campher spielt seiner
Meinuig nach in der Phthiseotherapie dieselbe Rolle, wie die Digi-
talis bei Herzklappenfehlem.
Zenker (Münch. med, Wochenschr. Nr. 41) hat versucht, die o«rftdi»-
Itei vielen Tuberculosen resp. dazu Disponirten eingesunkene Brust h^^tf^r
•inrch einen Geradehalter zu heben und dadurch auch die Ein- krank «\
atlunung viel tiefer zu machen. Derselbe besteht aus einem Gips- 7.<»«kt»i.
• orsett, aus dem der ganze vordere Theil bis imterhalb des Nabeln
lind auch noch ein seitliches Stück herausgenommen ist, so dass also
in der Hauptsache nur noch eine kräftige Beckenstütze und der
hintere Theil stehen geblieben ist. Auf dem Beckentheil wird die
Gegend der Cristae ilei noch durch zwei Stahlbügel verstärkt, und
auf diesen bauen sich die Armkrücken auf, die die Arme kräftig
zurückhalten und dadurch den Thorax aufrichten. Jede Behinde-
rung der Athmung ist dadurch ausgeschlossen. Verf. hat damit bin
jetzt bei 2 Patienten sehr ermuthigende Versuche gemacht.
Die Gewichtsbestimmung desPhthisikersistnach Wolff OowirhtH.
'Münch. med. Wochenschr. Nr. 25 u. 26) eines der besten Mittel,^ ****** *"*"'*•'
lim den Verlauf der Erkrankung zu controUiren; Vorbedingung dabei derLungon-
ist, dass keine XJeberemährung stattfindet, die nach Verf. bei den tuberculoBi-,
meisten Tuberculosen zu entbehren ist. Die häufige Anwendung der . J ^rni«iiii
Waage gibt nicht nur mit grosser Genauigkeit Veränderungen des
^TTondprocesses an, sondern lässt auch mit grosser Sicherheit ver-
rinzelte, nur Sttmden dauernde Abweichungen von der gewohnten
Lebensweise erkennen, wie das einige sehr instructive Beispiele
zeigen. Des Weiteren bespricht Wolff alle jene Factoren, die auf
•ia« Gewicht der Patienten Einfluss haben, wie die Ernährung, die
Höhenlage, die Witterung, die Art der Behandlung, die frühere Ge-
^undheitslage a. s. w. Zuletzt ventilirt er die Frage, ob dem Kranken
jedesmal das Resultat der Wägnng mitzutheilen ist oder nicht; er
"Ut^hliesst sich, mit wenigen Ausnahmen, fiir das erstere, um »o^^^hwAti«!»;:
>elber dem Kranken ein Mittel an die Hand zu geben über die Um- yt^ft^ux^f^ ,
''tände. die ihm schaden oder die für ihn indifferent sind , nachziidr;nken. beiiond#;r«a
Abth^i-
Schaper (BerL klin. Wochenschr. Nr. 8) plaidirt in einem Vor- "LonK^i"
^^^ energisch fnr die Einrichtung von sog, KrankenhauHsana- kr«nk<^ir.
•orien, fnr eigene Gebäude, in denen die Tuberculösffn der einzelnen «J^'***-'*^''
'^«nen getremxK nna bequem untergebracht werden können. Für häH»<5rß,
iaa CWrite-Kranlrenhami insbesondere legt er einen armfuhrlichen ^Uf^r
158 Hochhaus.
Plan und Skizze vor, nach dem dies Gebäude eingerichtet werden
müsste, das gewiss bei der doch nicht so selten vorkommenden
tuberculösen Infection im Krankenhause von grossem Nutzen wäre.
IV. Tn b e r- Ueber die interessanten Verhandlungen des I Y« Tuberenloseeongreftses
culoae- j„ Paris (27. Juli bis 3. Auguat) berichten wir im Zusammenhange.
9 ' So verschieden der Bacillus der menschlichen und der Huhne rtub er-
Identität culose auch sein möge, so ist es doch Nocard gelungen, den einen in den
er mens c • a^jj^g^g^ umzuwandeln. Zu dem Zwecke schloss er menschliche Tuberkel-
iicuen- und
Hühner- bacillen in ein CoUodiumsäckchen, das bekanntlich für Bacillen und Phago-
tuberculose, cyten undurchgängig, aber für Flüssigkeit passirbar ist, und brachte sie
Nocard. Jq ^^g Peritoneum eines Huhnes. Wenn er das 3 — 4mal wiederholt hatte,
waren aus denselben Bacillen der Hühnertuberculose geworden mit allen
deren Eigenschaften. Sie sind also beide Yarietäten derselben Art.
Die Thatsache, dass bei der Laparotomie von Bauchfelltuberculo^e
das Hinzutreten des Sauerstoffes die Heilung der Tuberculose bewirkt.
Behandlung brachte Hirschfelder auf die Idee, ein Oxytuberculin zu bereiten.
^®' Die Methode bestand in der Hauptsache darin, dass er Tuberculin mit
Tuherculose ^„m. — _
mit Oxy. stark sauerstoffhaltigem Wasser bei 100* etwa 120 Stunden lang behandelt.*».
tuberculin, Das erhaltene Präparat hat gar keine unangenehmen Nebenwirkungen und
Hirschfelder, hat dem Verfertiger bei der Behandlung auch fortgeschrittener Tuberculose
sehr gute Dienste geleistet.
Neues Denys berichtet, dass im bacteriologischen Institut zu Löwen ein
Tuberculin, Tuberculin hergestellt wurde, dessen Herstellungsmethode allerdings noch
verbessert wurde, das bei Thieren und auch bei Menschen, die an mittel-
schwerer und leichter Tuberculose erkrankt waren, die besten Resultate
ergab.
Prophylaxe Der Vortrag von Bang über den Kampf gegen die Tuberculose der
gegen die fhiere ist insofern auch für die Kenntniss der menschlichen Tuberculose
Tuberculose ij^^cressant, als er genau die Quellen bespricht, aus denen auch für viele
Banff. Menschen die Tuberculose entspringt. Das Fleisch der tuberculösen Thiere
ist am wenigsten gerährlich; einmal weil darauf in den meisten Ländern
genau gefahndet wird und beim Verkauf als solches bezeichnet wird, dann
auch weil die Muskulatur mit am wenigsten inficirt ist. Viel ge^Uirlicher
sind Milch und Butter, die bei der nicht seltenen Tuberculose des Euters
häufig voll von Bacillen sind. Zum Schutze gegen weitere Ansteckung
ist deshalb in Dänemark ein Gesetz erlassen, wonach Milch und Rahm
vor ihrem Verkauf auf 85^ erhitzt sein müssen — ein genügender Schutz
gegen die Tuberkelbacillen. Auf die anderen Veterinären Vorschriflen
kann hier nicht eingegangen werden.
Sowohl Claude wie B e cl e r e sprechen sich begeistert für die
Anwendung der X-Strahlen bei der Diagnose der Tuberculose
der Lunge mit ihren verschiedenen Complicationen aus. Beide sind
Krankheiten der Athmungsorgane. 159
der Meinung, dass es dadurch gelingt, in sehr vielen Fällen Tuber- Diagnostik
culose nachzuweisen, die uns sonst wohl verborgen geblieben wäre. ^®' ^*^"*s®°;
Neben den einfachen Infiltrationen glauben sie, dass man mit Sicher- ^ üb erculose
heit auch Cavemen , Schwartenbildung , pleuritische Exsudate und h. Claude u.
Pneumothorax nachweisen könne. Es ist ilinen beiden gewiss, dass ^* ^^^^^'®-
die X-Strahlen in ihrer diagnostischen Wichtigkeit der Percussion
and Auscultation nicht nachstehen.
M.Bergonie und Peissier kommen in ihren Berichten zu dem Wirkung der
Resultate, dass die Hauttuberculose zweifellos günstig durch die ^C-strahlen
' ... auf die
X-Strahlen beinflusst werde, dass dies dagegen bei der experi-Tuberculose.
menteUen Tuberculose nicht der Fall sei.
Charvin hat vergleichsweise Kinder von gesunder und solche von Erblichkeit
taberculöser Mutter in ihrem ganzen Verhalten untersucht. Er fand, dass ^®^
die letzteren in ihrer ganzen Ernährung gewisse auffallende Störungen dar- charvin
boten ; sie nahmen viel langsamer an Gewicht zu, manchmal nahm dasselbe
gar ab und blieb wieder auf dem alten Punkte stehen. Der toxische Coef-
fident des Urins, der bei gesunden Kindern = 0, war bei ihnen recht hoch.
Die Nahrungsmittel wurden alle viel schlechter assimilirt als von gesunden
Kindern. Mikroskopisch fand er Verfettung der Leber.
Hallopeau betont, dass der Tuberkelbacillus nicht bloss an Hauterkran-
dem Orte, wo er sich etablirt, krankhafte Veränderungen macht, i^^n&öJi^oi
..... Tuberculose,
iiondem dass auch von ihm producirte Gifte die übrigen Gewebe Hallopeau.
des Körpers schädigen und dort Erkrankungen hervorrufen können,
besonders in der Haut. Die Affectionen, welche so indirect dem
Tuberkelbacillus ihr Entstehen verdanken können, sind der Liehen
scrophulosorum , acneartige Eruption, vereiternde Folliculitis, papu-
löse Exantheme, Lupus erythematodes, gewisse Arten von Pityria-
sis rubra.
Bekanntlich ist es bei Kindern in der Regel unmöglich, Diagnose
Sputum zu erhalten und zu untersuchen, was die Diafmose einer ^ ^ ,
'^ , . Tuberculose
sospecten Lungenaffection erschwert. Mennier hat nun, um doch bei Kindern,
das Sputum zu erhalten, welches ja meist verschluckt wird, den Mennier.
Magen ausgespült, in dem Lihalt die Sputumreste aufgesucht und
diese auf Bacillen untersucht, wodurch er sehr häufig die Diagnose
stellen konnte.
Letulle hat auch durch die Hospitalbehandlung sehr Hospitai-
göte Resultate bei der Tuberculose erzielt, und zwar durch vier ® *f ""^
... . "®'
Factoren: 1. strengste Reinlichkeit sowohl der Kranken wie der Tuberculose,
Warter und aller Dinge, mit denen die Kranken in Berührung kamen ; Letulle.
2. durch Zufiihr reichlicher frischer Luft; 3. durch die Liegecur;
4 durch reichliche Ernährung.
IgO Hochhaus.
Rehandlang Nach einer Uebersicht über die Zahl der Schwindsüchtigen , die
„ . ^^'^ , in Frankreich iedes Jahr 150000 Opfer fordert, besprechen sie kurz
im die Gefahren, welche viele derselben, besonders die fortgeschrittenen
Sanatorium, för die Umgebung mit sich bringen. Auf F 1 ü g g e's Untersuchungen
^Beaüiasch^ ftissend, betonen sie, dass die Hauptgefahr in der Verbreitung der
kleinen Sputumpartikelchen beim Husten, Niesen und Sprechen
liegt. Die Behandlung der meisten Tuberculosen liegt noch sehr im
argen, besonders in Frankreich, während anderwärts durch die
Schaffung von eigenen Sanatorien ein grosser Fortschritt gemacht
ist, den die beiden Bedner auch für Frankreich lebhaft empfehlen.
In die Sanatorien dürfen natürlich nur die Kranken mit beginnender
Tuberculose geschickt werden. Die Installirung dieser Sanatorien
müsste vom Staat oder den grossen Gemeinden in die Hand ge-
nommen werden. Die Kosten sind allerdings nicht gering. So be-
rechnen beide Autoren, dass bei dem Bau des ersten grösseren
Sanatoriums in Angicourt jedes Bett etwa 9600 Franken kostet,
während allerdings im Auslande erheblich billiger gebaut wird (5000
fiir ein Bett). Immerhin ist der Preis in Anbetracht der vielen
Arbeitskräfte, die so dem Staat erhalten resp. gewonnen werden
können, ein geringer.
^kelT d" *^* M. Geodel betont, dass es am zweckmässigsten sei, eine An-
Erbauung 25ahl kleiner Sanatorien (für 4 — 20 Personen) zu erbauen, die überall
kleiner leicht auf dem Lande errichtet und von den ortsanwesenden Aerzten
Sanatorien, , r • i.x- i. j i •• i.
Geodel. beaufsichtigt werden konnten.
Das Das Resultat Arloing's, Lourmons' und Nicolas' von sehr
Koch'sche vielen Versuchen an Thieren und Menschen ist kurz fokrendes: das
Tuberculin, _, , i . m t» • • i -i. • -n m
Arloing, Tuberculin T. K. ist unwirksam gegen die experimentelle Tuber-
E. Loarmons, culose, ist frei von fiebererregenden, vasodilatatorischen und gefass-
icoas. lähmenden, herzlähmenden Substanzen, es enthält noch ein herz-
verlangsamendes Gift imd begünstigt die Entstehung von Drusen-
erkrankungen.
Klinische Landouzy äussert sich nach seiner Erfalirung, die allerdings
Erfahrung j^^^p gechs Kranke betrifft, dass er eine unzweifelhafte Besserung
Tuber cni in, nicht gesehen, indess auch keinen offenbaren Schaden j so dass man
Landouzy, einstweilen vorsichtig weiter probiren muss. In der Discussion äus-
serten sich die meisten Redner in gleichem Sinne.
^c^ Arloing und G u m a r d haben aus Culturen des E o c haschen Bacillus
schiedene yj^^ verschiedene Tub erculine (a — d) isolirt, deren Wirkungen
Arloing u. ' ^^® genau studirt haben. Die Details müssen im Original nachgelesen
Gnmard. werden.
Krankheiten der Athmungsorgane. IgX
Maragliano gibt einen ausfuhrlichen Bericht über seine Sero« s e r o-
tberapie, der er für die Heilung der Tuberculose die gü^^stigsten j^^^^^^^J^
Effecte zuschreibt. Maragliano,
Landouzy hielt einen sehr interessanten Vortrag über die Ent- Landouzy.
<tehung, die Geschichte und den jetzigen Stand der Serotherapie, der
darin gipfelt, dass wir uns jetzt noch im Stadium der Hoflhung befinden,
diis< ausser bei der Diphtherie und dem Tetanus noch kein Resultat er-
zielt sei, besonders nicht bei der Tuberculose. Zum Schluss hebt er her-
ror, dass bei der Tuberculose insbesondere die Prophylaxe viel mehr
leisten musR.
A r 1 o i n g und Courmont haben gefunden, dass in Glycerinbouillon- ^ ^.^ * " * ° *'
Culturen de« TuberkelbaciUus das Blutserum von Phthisikern eine er- Koch'schen
hebliche Agglutination hervorruft, während das Serum gesunder Menschen ßacilluB,
di«^ fast niemals vermag. Arioing u.
Courmont.
Courmont wies nach, dass das Serum von tuberculdser Pleuritis Sero-
oder Peritonitis stets eine stark agglutinirende Einwirkung auf flOssige diagnostik
Culturen von Tuberkelbacillen hat und dies als ünterscheidungsmittel von*^*^*^®'***^**'
Exsudaten, die' ein solches Verhalten nicht zeigen, dienen kann. CouriMnt *
A r t h a u d hat gefunden , dass von 100 Schwindsüchtigen etwa Formender
60 — 80 V an erheblicher Verdichtung der Lunge durch Binde- tuber-
jrewebsentwickelung leiden, während die classische Form der Lungen-
Tuberculose erheblich seltener ist. Diese Sklerose der Lunge ist Verdichtung,
nach Arthaud häufig übersehen worden. Man beachtet wohl die ^ Arthaud.
Affection der Spitzen, aber nicht die davon ausgehende Verdichtung
des Lun^engewebeSj die allerdings bei oberflächlichem Zusehen gar
nichr so leicht herauszufinden ist. Von dieser Sklerose beschreibt
Verf. drei Arten, die er auch percutorisch und auscultatorisch genau
'iiagnosticirt und deren Symptomenbild er ausführlich beschreibt.
Sicot, Durant, Mongour und Papillon sprachen über die xachycardie
Tachvcardie bei Tuberculosen; sie sind alle der Meinung, dass bei
♦lieses Symptom sehr häufig schon als Prodrom der Tuberculose sich^"^*!"^^*®"^*
zeigt, dass es um so stärker hervortritt, je intensiver der Fort- Durant.
schritt der tuberculösen Erkrankung ist und dass es in der Recon- Mongour
valescenz zu schwinden pflegt. Es ist mithin ein hen-orraorend dia- ^ *pi o«
;n:'j»Pti«che8 Zeichen.
Unter Krymotherapie versteht Eibard die Anwendung sehr Krymo-
iütensiver Kälte auf den Magen von Tuberculösen mit vollständiger therapieb«»i
Anorexie. Um dies zu erreichen, hüllte er feste COj in einen ^°*'*^^^''***
j^ack von grobem Tüll, den er aber noch mit Watte umgab und
lann auf die Magengegend applicirte. Bei der Verdunstung der CO2
Jafaftoch der practiscbeii IfedidB. 1899. ^
162 Hochhaus.
entstand eine Temperatur der Haut von 5 *. Die Anwendung ge«
schah 2mal pro die, der Erfolg war nach 5 Tagen bei vielen ein
vollständiger.
Behandlung Block fixirt die kranke Seite durch einen Gipsverband, der
der Phthise Nachts abgenommen wird, und erzielt dadurch eine Abnahme des
mit Tm«
mobiiisation-^^ö*®^^) des Sputums, des Erbrechens und der Schmerzen. Ver-
d er kranken suche haben dem Verf. ergeben, dass die Rippenathmung bei dei-
Seite, Hälfte der Patienten mit dem Verband fast stiU steht und dass nur
das Zwerchfell athmet; er vermuthet, dass durch eine Anhäufung
von CO2 in der Spitze der günstige Erfolg bewirkt wird.
3. Lungencarcinom.
intra- Bosanquet (The Lancet, 16. JuU) berichtet folgenden inter-
thoracischer ggg^^^gjj pjjj y^jj Lungencarcinom: Eine Frau von 4B Jahren
Metastasen wird ins Hospital aufgenommen mit Husten, Schwäche, linksseitiger
c. Bosanquet. Körperlähmung tmd rechtsseitiger Gesichtslähmung. Bechts hinten
unten war eine Dämpfung bis zum Angulus scapulae mit abge-
schwächtem Athmen. Unter indifferenter Medication gingen die ner-
vösen Erscheinungen etwas zurück, dagegen bekam sie Schmerzen
in der linken Schulter, die ebenso wie der Arm bald ödematös
wurde. Dann erweiterten sich die Hautvenen über beiden Supra-
claviculargegenden, es schwoll auch der rechte Arm an, ebenso das
Bein und das Abdomen ; im Leibe fanden sich grosse Tumormassen
in der Nabelgegend. Bei der Nekropsie fanden sich : ein Tumor des
rechten unteren Lungenlappens (Carcinom), die Pleuren dicht mit
Knötchen besetzt, die Halsdrüsen links geschwollen, die Vena jugu-
laris interna und externa thrombosirt, die Drüsen des Abdomens stark
vergrössert, Metastasen in der Leber, eine Anzahl kleinerer Meta-
stasen im Gehirn, ein Ulcus des Magens.
4. Osteosarkom der Lungen.
Nachweis In der Beobachtung Leo's (BerL klin. Wochenschr. Nr. 16) von
eine« Osteo- Osteosarkom der Lungen handelt es sich um einen lOjährigen
Lungen Knaben, dem wegen Sarkom das rechte Bein amputirt worden war.
dar eh Einige Zeit nachher erkrankte er an Lungenerscheinungen; die physi-
Röntgen- kalische Untersuchung liess eine Verdichtung links hinten unten
H. Leo. i^d rechts vom vermuthen, während der übrige Theil der Lunten
frei zu sein schien. Ln Gegensatze dazu zeigte nun die Durch-
£[rankheiten der Athmungsorgane. 163
Ituchtung, dass auch fast der ganze übrige Theil der Lunge von
Verdichtungen durchsetzt war, was auch die Obduction bestätigte.
Es hat sich hier also die Durchleuchtung der Percussion und Aus-
cnltation wesentlich überlegen gezeigt.
5. Lungenechinococcus.
Echinokokken der Lunge sind in Amerika sehr selten, und
deshalb berichtet Beck (The Journal of the American Medical Asso- Eohino-
ciadon, 19. Novbr.) einen Fall, den er mit Glück operirt hat. Der coccus
Kranke hatte vor 6 Jahren zu husten angefangen, hatte dann eine ^ ßeck"^^*^
Pleuritis acquirirt, die pimctirt wurde; danach Besserung von kurzer
Dauer, nachher wieder Husten und Auswurf. Vor 2 Jahren trat
eine Schwellung an der rechten Seite auf, aus der sich bei der In-
<ision Eiter entleerte. Trotzdem dauerte der Husten fort, und das
Sputum wurde fotide ; als sich in demselben Keste einer Cystenwand
tanden, wurde der Kranke zur Operation geschickt. Nach B^section
•ier fünften und sechsten rechten Kippe wurde die Lunge mit dem
Paquelin geöffnet und in derselben eine grosse Höhle mit jauchigem
Inhalt und Echinokokken gefunden. Die Höhle wurde tamponirt und
heilte allmählich vollkommen aus. Zum Schluss betont Beck, dass
^ie Diagnose ausserordentlich schwierig sei, da die charakteristischen
Elemente des Echinococcus anfangs vollkommen fehlen,
6. Aktinomykose der Lungen.
Karewsky (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 15, 16, 17) berichtet Aktinomy-
ausfuhrlich über einen operativ geheilten Fall von Aktinomykose kose der
Ier Lungen und des Thorax. Eine ausfuhrliche Schilderung der ^^^ Thorax
Art der Invasion des Strahlenpilzes in die Lunge, seine Verbreitung Karewsky.
innerhalb derselben und auf Pleura und Thorax wird vorerst ge-
;^ben, und daran reihen sich wichtige Bemerkungen über die Diagnose
'ind den Zeitpunkt des operativen Eingreifens, das Verf. ausführlich
^hildert. Es ist das der 4. Fall geheilter Lungenaktinomykose.
Wenn auch die Zahl noch klein ist, so glaubt Verf. doch, dass der
Zukunft noch grössere chirurgische Erfolge vorbehalten sind.
7. Milzbrand der Lungen.
Schottmüller (Münch. med. Wochenschr. S. 1231) berichtet
ober 2 Fälle von Lungenmilzbrand, deren einen er schon 1895
Xg4 Hochhaus.
Lungen- beschrieben hatte. Der neue Fall betraf einen 51jährigen Korl)-
milzbrand, wacher, der plötzlich über Frost, Kopfschmerzen, Mattigkeit, Husten,
Stiche in der linken Seite und Kurzluftigkeit erkrankt war. Der
Husten verschlimmerte sich, deshalb 2 Tage nachher Aufnahme
ins Krankenhaus. Hier fand man starke Cyanose, Dyspnoe, kein
Fieber, in beiden Lungen Hochstand der unteren Grenzen und links
hinten unten etwas Dämpfung mit scharfem Vesiculärathmen und
Knisterrasseln. Sputum zäh, schleimig, graubräunlich. Puls sehr
klein, frequent. Sensorium frei. Von dem sofort entnommenen Blut
wurden Culturen auf Serum und Agar-Agar gemacht, in denen sich
reichlich Milzbrandbacillen zeigten; auch im Sputum viele Milzbraad-
bacillen nachweisbar. Tod 10*/» Stunden nach der Aufnahme. Die
Obduction ergab Milzbranderkrankung der Lunge. Im Anschluss
daran gibt Verf. eine sehr ausführliche Zusammenstellung der Ca-
suistik dieser so seltenen Krankheit.
8. Streptothrix in der Lunge.
Aus dem Rullmann (Münch. med. Wochenschr. Nr. 29) hat aus einem Sputum,
Sputum welches in einer geringen Menge wäesriger Flüssigkeit mehrere linsen-
st° *^ * ^^^ erbsengrosse Knöllchen von gelblichgrüner Farbe enthielt, eine Strepto-
thrix thrix isolirt. Die Knötchen waren fast eine Reincultur dieser Pilzart,
W. Rullmann. die sich allerdings sehr schwer von Aktinomyces unterscheiden Hess. Zahl-
reiche Thierversuche stellten die Pathogenität dieses Pilzes fest. Die
klinischen Erscheinungen bei der Kranken, von der das Sputum herrührte,
liessen nach v. Ziemssen auf einen abgesackten Heerd an der rechten
Lungenwurzel schliessen.
4. Krankheiten des Brnstfells und des Mediastinums.
1. Pleuritis.
Pleura- C. Barlow berichtet über Untersuchungen, die er bei Thieren
reizung und ^jjj^j an menschlichen Präparaten über die Natur der pleuri-
Pleura-
entzündung, *i*^c^^'^ Membranen und Schwarten angestellt hat (British
L. Barlow. medic. Joum., 3. Sept.). In Uebereinstimmung mit den neuesten
Autoren (Grawitz, Schleiffart, Borst, Neumann) unterscheidet
er drei getrennte Formen der Pleuritis: 1. eine fibrinoide Umwand-
lung des subendothelialen Bindegewebes mit Zellinfiltration der Pleura ;
2. eine erhebliche Vermehrung des Bindegewebes der Pleura ohne
fibrinoide Umwandlung und Zellinfiltration; 3. eine Form, bei der
die neugebildete Membran hauptsächlich aus jungen, neugebildeten
Gefassen und Bindegewebe besteht. Das Endothel bedeckt zuweilen
Krankheiten der Athmungsorgane. 165
die neugebildete Membran; bei experimenteller Pleuritis der Meer-
schweinchen war dasselbe entweder untergegangen oder lag unter
der Membran; bei Präparaten von Pleuritis beim Menschen war das
Endothel nie zu finden.
In der darauf folgenden Discussion wurde von Prof. Green-
field, Dr. Woodhead und Prof. Mac Tadzean betont, dass
das anatomische Verhalten der pleuritischen Membranen offenbar
sehr verschieden sein müsse je nach der Natur des entzündung-
erregenden Agens, sowie des betreffenden Individuums, und dass es
nicht angängig sei, die Untersuchungsresultate bei den verschieden-
sten Thieren mit den Verhältnissen bei der menschlichen Pleuritis
za vergleichen.
Die Diagnose der Pleuritis diaphragmatica ist bekannt-
lich recht schwer, die beste Schilderung des Krankheitsbildes findet
N-ich bei Bouveret (Trait^ de Pempyeme). Unter den Symptomen
ist eines, auf das Zülzer in Anlass zweier von ihm beobachteter Pleuritis
Fälle besonders aufmerksam macht. Dasselbe wird von dem Er- "^*P*^^^*g*
matica,
tinder Gu^neau de Mussy als Bouton diaphragmatique bezeichnet g. Ztilzer.
imd besteht in einer umschriebenen Schmerzhafbigkeit am Schnitt-
punkt zweier Linien, einer, die parallel dem äusseren Stemalrand läuft,
^iner zweiten, die auf der Verlängerung der zehnten Rippe gezogen
wird. Daneben sind natürlich noch andere : Fieber, Dyspnoe, Schmerzen
im ganzen Umfang der Basis des Thorax, ein Schmerzpunkt am
N. phrenicus, wo er in den Thorax eintritt. Die Auscultation ist
negativ ; die Percussion ergibt eine tjnnpanitische Dämpfung des un-
teren Lungenlappens. — Von den beiden Fällen berichtet Zülzer
den letzteren ausführlich; trotzdem die Probepunction negativ aus-
M^ wurde doch die Operation ausgeführt; der Kranke starb leider
an Herzschwäche.
2. Pyothorax.
Beck (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 15 — 17) gibt auf Grund von Behandlung
231 Fällen operirter Empyeme kurz einen Abriss über die „ ?®^
Pyothorax
Methode der Behandlung. Die Aspirationsmethode, auch die Bü- Beck.
Uu'sche Methode, sowie die einfache Incision verwirft er, fordert
vielmehr für jedes Empyem breite Eröffnung und Resection von 1 bis
2 Bippen ; dann manuelle Exploration zur Entfernung der dicken,
klunpigen Fibrinmassen. In der ersten Zeit wird die Wunde mit
Jodoformgaze tamponirt und erst später ein Gummidrain eingelegt.
Mit dieser Behandlungsweise hat er die günstigsten Erfolge erzielt.
\ßQ Hochhaus.
Von seinen 231 Fällen, von denen allerdings 21 abgehen, die er
schon früher beschrieben, starben 19, und zwar waren dies nur
solche, die complicirt oder erst spät zur Diagnose gekommen waren.
Neuer Welcke (Münch. med. Wochenschr. S. 1088) fand in der Probe-
Parasit in punctionsflüssigkeit eines jauch igen PI euraexBudat 68 massenhafte faden-
jauc gern £gj^gg Gebilde theils mit, theils ohne eine runde Verdickung an ihrem
exsudat, oberen Ende, die in lebhafter Schlangenbewegung das Gesichtsfeld durch-
Welcke. eilten. Dieselben sahen der bekannten Gercomonas intestinalis ähnlich. Ge-
färbte Exemplare, die Prof. Hertwig vorgelegt wurden, wurden von diesem
mit Wahrscheinlichkeit als Spirillen gedeutet.
3. Pneumothorax.
Pneumo- Hag und Gebhard beschreiben einen interessanten Fall von
thorax Pneumothorax, bei dem sie als Ursache der Qusentwickelung den
daroh gas- , a • •
bildende ColibaciUus feststellen konnten (Deutsches Archiv f. klin. Med.
Baoterien, ßd. 61, H. 3 u. 4). Der betreffende Patient, ein 43jähriger Tag-
A Oeblfa^ löhner, hatte sich mit einem Dolche in der Herzgegend verletzt. Die
Wunde war schnell verheilt, es entwickelte sich indess im linken
Pleurasack zuerst ein hämorrhagisches, nachher ein eitriges Exsudat,
zugleich mit Gasentwickelimg. In dem herausgelassenen Gttse wurden
Kohlensäure, Wasserstoff und Stickstoff nachgewiesen. Aus dem
Eiter wurden zwei Mikroorganismen gezüchtet, der Staphylococcus
pyogenes aureus und der Colibacillus. Mit letzterem angestellte
Gährungsversuche in Pepton und Milchzuckerlösung ergaben unzwei-
deutig, dass er im Stande ist, Wasserstoff, imd zwar höchstwahr-
scheinlich aus Eiweiss zu bilden. Experimentell bei Thieren Gas-
bildung durch diesen Bacillus zu erzeugen gelang ihnen, wie vielen
anderen, nicht; es müssen also noch besondere Bedingungen hinzu-
treten, um diese Eigenschaft wachzurufen.
4. Chylothorax.
Doppel- Henssen (Münch. med. Wochenschr. Nr. 20) berichtet f eigen -
•eitiger ^^^ YsM von doppelseitigem traumatischem Chylothorax. Ein
tiBcher j^^ngör kräftiger Mann wird durch einen Wagen gegen eine Thür
Chylothorax, gepresst; er konnte noch 3 Stunden arbeiten und 2 Stunden nach
. enssen. gj^^g^ gehen. Am anderen Tag sehr starke Athembeschwerden,
deshalb Aufnahme ins Krankenhaus. Hier fand man rechts hinten
unten und rechts vorne unten eine Däm2)fimg mit schwachem Bron-
chialathmen; bei der Punction eine milchige Flüssigkeit. Einige
Krankheiten der Athmungsorgane. 167
Tage nachher war auch links hinten unten eine Dämpfung, und
aach hier ergab die Probepunction nulchige Flüssigkeit im Pleura-
ranm. unter Ruhe allmähliche Heilung. Henssen diagnosticirt eine
traumatische Zerreissung des Ductus thoracicus ; doppelseitige Fälle
sind bis jetzt noch nicht beobachtet; einseitige 22.
5. Mediastinalgeschwülste.
Der von Sokolowski berichtete Fall von Mediastinal- Diagnostik
geschwulst (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 48) betraf einen „ ^.\. ,
° ^ ... Mediastinal-
Kranken, der 1 Jahr vor der Au&ahme ins Spital mit zunehmen- ge schwülste,
der Athemnoth und Cyanose erkrankt war. Der Befund ergab eine Sokolowski.
Dämpfung rechts vom oben von der Clavikel bis zur vierten Bippe,
erheblich vergrösserte Lymphdrüsen in der Supraclaviculargegend
rechts und links, hochgradige Erweiterung der Venen am Thorax
and Abdomen; bedeutend verengte rechte Pupille. Eine Probe-
punction rechts vorne im zweiten Intercostalraum ergab eitrige
Flüssigkeit; trotzdem diagnosticirte Sokolowski ein Lympho-
sarkom des Mediastinums. Tod an Athemnoth und Herzschwäche.
Die Obduction ergab auch ein grosses Lymphosarkom, das vom
rechten Lungenhilus ausging und sich in die rechte Lunge hinein
erstreckte; die aspirirte Flüssigkeit rührte von dem Lihalt einer
Bronchiektasie her.
Lehrbücher und Monographieen.
E. Aufrecht, Zur Verhütung und Heilung der chronischen Lungentuber-
culose. Wien.
fl. Boruttau, Kurzes Lehrbuch der Physiologie. Für Mediciner. Leipzig
und Wien.
PBrouardel und A.Gilbert, Traite de Medecine et de Th^rapeutique.
Bd. V. Paris.
K. Cestan, La th^rapeutique des empyemes. Paris.
^. Croner, Grundriss der internen Therapie. Für Aerzte und Studirende.
Leipzig.
A. Daiber, Mikroskopie des Auswurfs. Wiesbaden.
W. Ebstein und J. Schwalbe, Handbuch der practischen Medicin.
Stuttgart.
A. Eulenburg und Samuel, Lehrbuch der allgemeinen Therapie und
der therapeutischen Methodik. Wien und Leipzig.
J R. Fowler and R. J. Godlee, Diseases of the lungs. London.
•-•Goldschmidt, Asthma. München.
Igg Hochhaus.
L. Hermann, Leitfaden für das physiologische Practicum. Leipzig.
L. Erehl, Pathologische Physiologie. 2. Auflage des Grundrisses der all-
gemeinen klinischen Pathologie. Leipzig.
A. Landerer, Die Behandlung der Tuberculose mit Zimmtsäure. Leipzig.
J. Lazarus, Pneumatotherapie.
Derselbe, Allgemeine Inhalationstherapie.
W. V. Leube, Specielle Diagnose der inneren Ki*ankheiten. II. Bd. 5. Aufl.
Leipzig.
Liebreich, Encyklopädie der Therapie. Berlin.
N. Ortner, Vorlesungen über specielle Therapie innerer Krankheiten.
H. Bd. Wien und Leipzig.
Penzoldt und Stintzing, Handbuch der Therapie innerer Krankheiten.
2. Aufl. Jena.
Petermann, Die Lungenschwindsucht, ihre Heilstätten und ihre Heilung.
J. Ruhemann, Ist Erkältung eine Krankheitsursache und inwiefern?
Leipzig.
H. Sahli, Lehrbuch der klinischen Untersuchungsmethoden für Studirende
und practische Aerzte. 2. Aufl.
6. Schröder und Fr. Mennes, lieber die Mischinfection bei der chroni-
schen Lungentuberculose. Bonn.
Julius Schwalbe, Grundriss der speciellen Pathologie und Therapie mit
besonderer Berücksichtigung der Diagnostik. 2. Aufl. Stuttgart.
Die Tuberculose. Mit Beiträgen von M. Scheimpflug, C. Gussen-
bauer, A. v. Weismayr, J. Rabl, E. Freund und J. Csokor und
einer Einleitung von L. v. Schrotte r. Wien und Leipzig.
Voll and. Die Limgenschwindsucht, ihre Entstehung, Verhütung, Behand-
lung und Heilung. Tübingen.
11, 4. Krankheiten der Kreislanfsorgane.
Von Prof. Dr. Hochhans in Kiel.
1. Physlologrte.
Durch sehr starke elektrische Ströme gelingt es nach Langen- Wogen und
dorff (Pflüger's Archiv Bd. 70, S. 281), auch die isolirte Herzspitze ^J^'^J"""^^"
warmblütiger Thiere durch Tetanisiren zum Wogen zu bringen; indess Laneendorff
nur auf kurze Zeit, niemals länger, als der Reiz andauert. Bei lebenden
Herzen indess pflegt das Wogen den Reiz länger zu überdauern , ein Um-
stand, der sicher für eine Reizung gangliöser Apparate spricht; unipolare
Reizung, einzelne Inductionsströme rufen nie ein Wogen hervor. Kron-
ecker versuchte das Wogen durch eine directe oder reflectorische Erregung
•*me« in der Kammerscheidewand gelegenen Gefässnervencentrums mit nach-
folgender Anämie der Herzwand und Lähmung der coordinirenden Leitungs-
wege der Erregung zu erklären. Dagegen spricht indess der Umstand, dass
Absperrung der Blutzufuhr zum Herzmuskel diesen nicht zum Flimmern
bringt.
Einfluss der
Durch sinnreiche Versuchsordnung stellte Porter (American Joum. Herz-
of Phys. Bd. 1, H. 2, S. 145) fest, dass bei der Herzcontraction der contraction
Blütstrom in den Coronargefässen sich verstärkt; die Ursache „i-* *
. ® . ' filatstrom
liegt in der Compression, welche die Goronargefässe durch die Zusammen- in den
Ziehung des Herzens erfahren, wodurch eine zeitweise verstärkte Füllung Herz-
<ler Geßjsse herbeigeführt wird. gefässen.
Porter.
in den
Venen,
Knoll.
Die Mittheilung KnoU's (Pflügers Archiv Bd. 72) ist dem Venen- Blut-
puU gewidmet. Die Hauptergebnisse sind: 1. Verf. konnte bei seinen Bewegung
VersQchsthieren keine selbständige Zusammenziehung der grossen Venen-
«tänmie wahrnehmen. 2. Die Pulscurve der Jugularvene erwies sich ge-
wöhnlich als anadikrot, bei Hunden öfters katadikrot ; dieselbe ist bedingt,
wie nähere Versuche ergaben, zum Theil durch eine Bergwelle, hervor-
genifen durch Contraction des rechten Ventrikels, zum Theil durch eine
Ton der Dilatation des Ventrikels verursachte Thalwelle, während die
zwischen diesen beiden Wellen liegende Steigerung des Venendrucks durch
172 Hochhaus.
Herz nerven, Erregung von einem zum anderen Theil hinüberleiten. — Weitere Stützen
Musquens. (i^j. neuen Theorie waren die Beobachtungen, dass das embiyonale Herz
bereits zu einer Zeit schlägt, wo es noch gar keine GrangHenzellen enthält
und dass diese erst beträchtlich später vom Nervus sympathicus aus ins
Herz einwandern. Es wurde dann noch später nachgewiesen, dass durch
mechanische Reize die Herzspitze zu rhythmischer Contraction gebracht
werden konnte, und femer, dass der Herzmuskel auf perpetuirliche Reize
mit rhythmischen Bewegungen reagirt. Weitere wichtige Thatsachen sind
danach die Beobachtungen, dass das Herz auf den faradischen Reiz ent-
weder gar nicht oder mit voller Contraction reagirt, dass der Herzmuskel
während der Systole und kurz nachher durch einen Reiz nicht alterirt
wird. Als weitere wichtige Stützen der neuen Theorie kamen hinzu die
Entdeckungen, dass die Venen der Flügel der Fledermaus, dann die Ohr-
arterien des Kaninchens, das Herz der Tunicaten und Crustaceen rhyth-
mische Gontractionen ausführen, ohne dass bis jetzt Ganglien in ihnen
nachgewiesen sind.
Alle diese Thatsachen sprechen sehr für die Automatie des Herz-
muskels, die, wie weitere Versuche lehren, ihren Ausgang nimmt von dem
Rhythmus der Bewegung der Herztheile an der Mündung der grossen Venen
und sich von da durch die Muskelbrücken zum Vorhof und dem Ventrikel
fortpflanzt.
Welche Function haben nun die Nerven und Ganglien des Herzens?
Da die Herznerven also nicht motorischer Natur sind, müssen sie entweder
sensibler oder reflex vermittelnder Art sein. Beim Hunde und Kaninchen
ist nun anscheinend durch Knoll, Zwardemaaker und Woolridge die
Sensibilität des Herzens nachgewiesen worden; vielen anderen Experimen-
tatoren ist der Beweis nicht geglückt, und das frei liegende Herz der
Katharina S^raphin zeigte auch bei intensiven Reizen keine Empfindlich-
keit. In der Pathologie werden zwar häufig Schmerzen bei Erkrankungen
des Herzens (Myo-, Endocarditis) auf Reizung der sensibeln Nerven zurück-
geführt ; möglich ist das ja immerhin, aber bewiesen ist es bis jetzt nicht ;
ebenso verhält es sich mit den Schmerzen bei Angina pectoris. Verf. hat
nun auf Rath Engelmann^s diese Frage einer Prüfung unterzogen und
hat bei elektrischer Reizung des Herzens hauptsächlich Veränderungen
durch Reflexwirkung erzielt^ die sich kundgeben zum Theil in der willkür-
lichen Musculatur, zum Theil in Veränderungen der Herzaction selber, die
dreierlei Art waren: 1. solche der Kraft der Contraction (isotrope Wirkung),
2. Veränderungen in der Leitungsfähigkeit (isomotrope Wirkung) und 3. Ver-
änderungen der Herzfrequenz (chronotrope Wirkung). Der Reflexbogen geht,
wie die Versuche bewiesen, durch das Centralnervensystem. Vermöge dieser
Reflexwirkungen ist das Herz im Stande, auf Veränderungen in seiner Sub-
stanz durch Veränderungen in seiner Contractionskrafb, seiner Leitungsfähi^-
keit und Frequenz zu reagiren und dadurch unter Umständen gewisse Schä-
digungen auszugleichen. Durch diese Versuche ist afso bis jetzt erwiesen,
dass die Herznerven vorzugsweise reflexvermittelnde sind. Welche Be-
Ueatimg die Gan^im im H^fritii h.iWn. ;s: j^lvr Wvvh v,nn\or n\oU! K!av
ire«teDt.
V. Frey behandelt in seinem auf der letiteu Nafurtor^'Uono^^immUux^ ru>*i\^\ofi»t^
«gehaltenen Vortrag über die Thätigkeit de« Hertens in seinen ph>*io- ^^'^* M<»v#»^w*
logischen Beziehungen das gleiche TheniA wie Musquons in «einer
vorstehend rcferirten Arbeit, aiuf die wir deshalb vi*rweistM\: nur ftl^jt Kro\
noch ein interessantes Kapitel su über die GrOsse der vom Herren \u\tor
den Terschiedensten Bedingungen geleisteten Arbeit und über dtM^»u He
rechnung. Er regt dabei eine Menge Fragen an, die gerade \\v\\ Kliniker
besonders interessiren , deren Lösung aber noch wenig i« AugritV gt*
nommen ist.
Nach einer vollständigen üebersicht über den gegenwilttigcn SluntI
der Lehre von den Ganglienzellen des HerzenH berichtet Seh wu rl « iMi«
iDeutsche med. Wochenschr. Nr. 30) seine eigenen anatomischen Utdci*' »Uli «hm»
M M 1 1 n it I III
suchungen, bei denen er stets mit Thionin gcflirbt hat. Heino HcHultato n „,!,,,„ ,|„,
^ind folgende: Die Ganglienzellen kommen am Herzen nur auf dem l»*- HHiitfnthtni m,
schiÄnkten Gebiete auf der Hinterfläche der VorhÖfe vor; duHMclIn' liegt Hnhwurl/.
zwischen den hinteren Endigungen der Herzohren mehr linkN iiIn reelit.« um
den Sinus herum und erstreckt sich nach unten bis zum KulruN eoromuiuN
transversus. Die Ganglienzellen sind unter dem Kpicard gelagert.
In seinem Vortrage , Kritische Bemerkungen über Herz nerven"
■Deutsche med. Wochenschr. Nr. 31) gibt K. v. Leyden einen kurzen, KillUOi«-
iiber völlig orientirenden üeberblick über die derzeitige L«'lire von tWr H»*m«»
Innervation des Herzmuskels. Leyden ist der Meinung, da«« die inyogene ||«,,.y^„i,, y, „
Theorie (s. Referat über die ArVieit von MusquenM 8. 171 j Mirh m'Ur gut )/, v It^yiUu
ullen klini^'hen En»cheinungen anpaisse; nur int jetzt die Frage, wum iiiit
d»?n vielen Nerven und Ganglienzellen im Herz<fn anzufangen i^t, Viel<'
adh#Ti «äe für a^-ncibel und reflexvermittelnd; aber <ftwa»« Hi*:ii<'r<'« iA tUtt
aber noch nicht eroirl, «o da«« eine Entarf;heiduMg, wel< lie TU^'o/n' tii*'
r>hti2*r i<t, bi» ^*<zX n<:>ch nicht gegeben w^rd^'n kann,
IMl dcn-'i dir t^kdnnt>fn Ver»'0';he r. Ziem»*en'» an dem f;*'»' \\t"/i'ti*iih
H»-rz*Hii «ier £jh*bäriiut Seraj»hiii fe^gei^ielh j*t, <ii** *Xa> Ui*'tt>^ s.*.' ut' U*'rA
^^^T*C^ Mw^rr} *fTT*^jiiT i«t, rer*T3' üte H- K !litil.*:r (J>*- v*'/ r *> A f ' r t K * f • » >f' ' * »
•-:3s_Mrt(L riLil. H-^' dJ*- Eiswirkan? ';on^taö*'rf ^r* "^y ;.•,*- Ävf -i.. r ^*'*'' '**
Jirr der ■aip»irenG*r<ti •rn^n^irte '-^* ru 5^^ Ji? ,.«,r/;;^'*' •/*,<*:'/ *?r ,• •' ',' y y
174 Hochhaus.
Die Nach den Untersuchungen von A. S. Dogiel (»Die sensibeln
sensibeln Nervenendiffuniren im Herzen und in den Blutgefässen der
Nerven- o o o
endieaneen Säugethiere.* Archiv f. mikroskop. Anat, Bd. 52, H. 1, S. 44) befinden
im Herzen sich sowohl dicht unter dem Pericard, wie im Endocard zahlreiche, ziem-
nnd in den lieh dicke Nervenstämme, zum Theil markhaltig, zum Theil marklos. Au»4
Blut- diesen entvdckeln sich die Endapparate in Form eines Netzes sehr feiner
der Sänge- Nervenfäden, zwischen denen sternförmige Bindegewebszellen mit ihren
thiere, Ausläufern als Stützsubstanz gelagert sind. Die Anzahl dieser sensibeln
A. S. Dogiel. Apparate ist gleich der an den empfindlichsten Hautstellen. Aehnliche
sensible Endapparate befinden sich auch in den Blutgefässen, dicht unter
dem Endothel und in der Adventitia.
3« Untersnchnngsmethoden«
Auf- Die neue Methode seiner graphischen Darstellung des auscul-
zeichnung tatorischen Herzbefundes ohne conventionelle Zeichen besteht darin,
& U 8 C U 1 1 &•
torisoher ^^® Pfaundler alle Elangphänomene des Herzens in ein Coordinaten-
Herz- System einzeichnet, wobei die Abscisse den zeitlichen Ablauf und die Ordi-
befnnde, nate die Intensität der Elangerscheinungen misst. Da die weitere Erklärung-
ohne die beigegebene Abbildung kaum verständlich ist, muss auf das
Original (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 48) verwiesen werden.
Pfaundler.
, " **" V. Liebig (Mtinch. med. Wochenschr. Nr. 16) hat bei sich und einer
frequeuz ® ^ ' .
in der Dame festgestellt, dass in der pneumatischen Kammer die Puls-
pneuma- frequenz bei erhöhtem Druck deutlich abnimmt. Die Verminde-
tiechen nmg betrug bei einem Druck von 35 mm Hg 4,1—4,4 Schläge in der
Kammer, -•«■• i
.... ' Minute.
V. Liebig.
Dia- Diagnostische Schlüsse aus Puls und Pulscurven werden von Reine-
^'schlüsst^ both (Deutsches Arch. f. kün. Med. Bd. 60, H. 2 u. 8) mitgetheilt.
aus Puls und 1. Der Valsalva'sche Versuch bei offenem Pneumothorax
Pulscurven, nach Resection — ein Maass für die Wiederausdehnungsfähigkeit der pneu-
Reineboth. mbthoracischen Lunge. Durch den Valsalva'schen Versuch vdrd der Druck
innerhalb des Thorax ganz erheblich vermehrt, das Blut in den Lungen-
capillaren wird dem linken Herzen und dem grossen Kreislauf zugetrieben.
Der Eintritt von venösem Blut ins rechte Herz wird erheblich erschwert;
dadurch kommt es zu einer erheblichen Stauung in den Eörpervenen, wo-
durch naturgemäss auch der Blutgehalt des arteriellen Systems vermindert
wird. Das sphygmographische Bild der Radialis wird dadurch 1. kleiner,
und 2. rückt die Curvenbasis durch die venöse Stauung im Arm immer
höher. Diese charakteristische Veränderung beim Valsalv ansehen Ver-
such bleibt nun nach des Verfaasers Untersuchungen beim Bestehen eines
grösseren Pneumothorax aus, wenn eine grössere Fistelöfihung zwischen
Bronchialbaum und Pleuraraum besteht oder wenn die Pneumothoraxlunge
ausdehnungsfahig ist. Wenn das erstere nun ausgeschlossen werden kann.
Krankheiten der Kreislaufsorgane. 175
so bietet die Aufnahme der Radialiscurve während des Valsalv ansehen
Venuchs ein gewisses Maass, an dem wir sehen, ob eine Lunge noch aus-
dehnungsfähig ist oder nicht.
2. Einseitiges Ohrpulsger&usch — unter Umständen ein Symptom
des Puls US differens der Carotis. Arteriosklerose der dem Ohr benach-
barten Gefässe mit Herzhypertrophie ist eine der häutigsten Ursachen der
entotischen Geräusche. Reineboth hat nun gefunden, dass zuweilen in
derartigen Fällen das GeiUusch nur einseitig gehört wird; dass dann an
der Seite, wo das Geräusch nicht gehört wurde, der Carotispuls erheblich
kleiner war, wie an der anderen, was zum Theil in einem Falle durch eine
Verengerung der Carotis an ihrer Ursprungsstelle bewirkt wurde. Der
Bhtstrom in ihr erlitt dadurch eine solche Abschwächung , dass das ent-
otische Geräusch nicht zu Stande kommen konnte.
Im zweiten Theil seiner Arbeit berichtet Verf. über einige Fälle von
Pulsus paradoxus und Pulsus differens. Pulsus paradoxus nennt er
den Puls, wenn er während der Inspiration kleiner wird; Pulsus differens,
wenn der Puls an einer Seite kleiner is»t als an der anderen. Treffen beide
Zustande zusammen, so wird an der Stelle, wo der Pulsus differens ist,
anter Umständen eine Intermission auftreten. Derartige Fälle hat Reine-
both mehrere beobachtet.
3. Allgemeine Pathologie.
Talma (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 47) berichtet kurz über die Ver- Experi-
'Hiche, die sein Schüler van Dorsten über die Entstehung anorgani- mentell
scher Herzgeräusche bei Hunden gemacht hat. Dieselben wurden in erzeugte
... anorgani-
der Weise angestellt, dass die Art. carotis sinistra und die Jugularis dextra sehe Her z-
faM. stets freigelegt wurden; ausserdem wurde je ein paraffinirtes Glas- ge raus che,
röhrchen in die Art. cruralis zur Ablesung gemessener Blutmengen und S. Talma,
in die Vena cruralis gebunden zur Eingiessung von Flüssigkeiten. Durch
diese Versuche wurde constatirt: 1. dass Oligämie nur selten die Ursache
von anorganischen Herzgeräuschen ist; 2. dass Hydrämie, aber noch viel
Ktärker hydrämische Plethora die Ent<(tehung derselben, insbesondere im
Conus arteriosus der rechten Kammer, auch im übrigen Theil in der linken
Kammer und in den Arterien begünstigt ; 3. dass Chinin eine Erweiterung
der Herzhöhlen mit Herz- und Arteriengeräuschen, wie sie bei Chlorose
gefanden werden, hervorruft; 4. dass Herabsetzung der Herzfrequenz, d. h.
eine stärkere Füllung der Kammer die Bildung der herzsystolischen Ge-
räusche begünstigt; 5. dass Verstärkung der Systole die Geräusche ver-
>tärkt resp. sie hervorruft.
Nachdem Baiin t (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 1 u. 2) in
finer Uebersicht der bisherigen Ansichten über die Ursachen der
Incompensation bei Herzfehlern zu dem Resultat gekommen
176 Hochhaus.
Experi- ist, dass keine derselben befriedigt, hat er selber Thierexperimente
m enteile angestellt, um der Lösung der Frage näher zu kommen. Zuerst
Buchungen zerstörte er bei Hunden die Aortenklappen nach Kosenbach's Me-
li ber in- thode; es trat danach Hypertrophie des Ventrikels, aber keine In-
sation*der Kompensation ein. Dann fugte er bei anderen Thieren dazu noch
Herz- häufigere Injectionen von 2 mg Phosphor (in Oel) — auch ohne jeden
klappen- Erfolg; denn trotz hochgradigster Verfettung der Herzmusculatur
R. Balint ^^at keine Incompensation ein. Femer combinirte er die Klappen-
zerreissung mit einer tiefen Vagotomie, zuerst einseitig, nachher
doppelseitig; im letzteren Falle starben die Thiere meist nach
24 Stunden (während gesunde erst nach 6 Tagen eingehen), im er-
sten trat nach einer gewissen Zeit, meist nach 4 Wochen Incompen-
sation ein. Die Musculatur zeigte dabei nur dieselben Verände-
nmgen, wie das gewöhnliche hypertrophische Herz. Verf. zieht
daraus den Schluss, dass die Hauptursache der Incompensation in
einer Erkrankimg des Herznervensystems gelegen ist. Zum Schluss
verwahrt er sich dagegen, dass diese Versuchsresultate direct auf
den Menschen übertragen werden.
Ueber die Prognose von Herzkrankheiten mit Bezug
auf die Lebensversicherung fand in der Jahresversammlung
der British med. Association eine Verhandlung statt (The British
Die med. Joum., 17. Sept.). Gairdner eröffnete die Discussion zuerRt
Prognose ^^^ ^^^^^ Rückblick auf 10 Fälle langlebiger Herzkranker, über die
von Herz- . . . .
krankheitener in der gleichen Gesellschaft und bei ähnlicher Gelegenheit 1886
mitBezug in Brighton gesprochen hatte. Von diesen erwähnt er zuerst einen
LebenBver- -^^i ^®^ mindestens 30 Jahre lang an einer Mitralinsufficienz litt,
Sicherung, dabei stets eine ausgedehnte Praxis besorgte und 70 Jahre alt an
Gairdner, einer intercurrenten Krankheit stsu*b, nachdem eine Zeit lang vorher
das Geräusch vollkommen geschwunden war. Der zweite Fall be-
traf einen Mann, den er zuerst im Jahr 1862 imtersuchte, bei dem
er ein lautes postsystolisches Geräusch an der Basis constatirte.
Derselbe hat ein jetzt bewegtes Leben hinter sich und ist voll-
kommen gesund; das Geräusch ist geschwimden. Der dritte Fall
ist der interessanteste. Der betreffende Kranke hatte einen Tumor,
der von der rechten Vorhofswand ausging und das Tricuspidalostium
zum grössten Theil verstopfte. 10 Jahre, nachdem die ersten Herz-
erscheinungen aufgetreten, starb der Kranke an einer Pneumonie,
wobei der genannte Befund erhoben wurde.
Nach einer allgemeinen Uebersicht über die Schwierigkeiten
der Beurtheilung vieler Erkrankungen in Bezug auf. die Lebensver-
Krankheiten der Ejreislaufsorgane. 177
Sicherung theilt er die Herzerkrankiingen in acht Gruppen ein und be- DieProgiiose
spricht bei ieder die Chancen fcr das Leben der Individuen. Bei der ^^®" ?•!?"
^ *' krankheiten
Fericarditis exsudativa kommt er zu dem Besultat, dass dieselbe j^n Bezug
nur in den seltensten Fällen ausheilt, meist Residuen dauernder Art anf die
hinterlasst, die das Herz doch schädigen und deshalb die Fortdauer ^i^^^J^J^^
des Lebens beeinträchtigen. An zweiter Stelle erwähnt er die orga- Oairdner.
nischen Erkrankungen ohne jede functionelle Störung, wo-
bei die Betreffenden also glauben, vollständig gesund zu sein, da sie
nie eine Störung gespürt haben. Gairdner räth in diesem Falle,
den Betreffenden nicht a limine abzuweisen, sondern ihn nur auf
einige Jahre zurückzusetzen, um ihn dann wieder zu prüfen. Bei
seniler Degeneration der Arterien räth Gairdner dem Kran-
ken, sich der weiteren Untersuchimg zu entziehen, da er jedenfalls,
wenn überhaupt, nur unter erschwerenden Umständen aufgenommen
werden könnte. Bei organischen Herzfehlern mit Begleit-
erscheinungen, die eine Versicherung ausschUessen, räth Gaird-
ner dies dem Aspiranten sofort zu sagen. Schwierig ist die Be-
rathung bei function eller Herzerkrankung, die ja häufig mit
Irregularität imd erhöhter Erregung einhergeht. Zweifellos leben
viele mit solcher Abnormität lange Zeit bei schwerer Arbeit, und
man kann deshalb, wenn alle anderen Zeichen einer Herzerkrankung
fehlen, die Versicherung, wenn auch unter Cautelen, befürworten.
BradycardieundTachycardie sind ebenfalls zwei Erscheinungen,
deren Beurtheilung fiir die Lebensversicherung sehr schwierig ist,
da heutzutage noch keine Statistiken darüber existiren, welchen Ein-
floss diese beiden Symptome auf die Lebensdauer haben. Ganz all-
gemein hält Gairdner aber die Tachycardie für benigner als die
Bradycardie. Die Herzgeräusche bei Chorea hält Gairdner
hat durchweg für organischer Natur und betrachtet sie also auch
von diesem Standpunkte. Die Bedeutung eines kleinen Herzens, das
aber sehr selten vorkommt, ist zweifelhaft, dagegen ist ein breites
Herz meist Zeichen einer Herzschwäche, häufig verursacht durch
Nierenerkrankung. Fälle von Angina pectoris sind wohl meist
von der Versicherung zurückzuweisen. Wie aber verhält es sich
mit den Fällen von sog. Pseudoangina, wo Leute nur ab imd zu
einige leichte Anfalle bekommen und sonst ganz wohl sind? Hier
ist die grosse Schwierigkeit die, dass es nicht möglich ist, sicher
wahre und falsche Angina zu unterscheiden, und deshalb wird sich
der Arzt dabei immer sehr im Zweifel befinden.
Li der Discussion bemerkt Symes Thompson, dass es schwierig s. Thompson,
sei, bei den weniger gut bekannten, wo als Zeichen nur Arhjrthmie,
Jalirbneh der practischen Medicin. 1899. 12
178
Hochhaus.
DidPrognosemtermittirender Puls, klappender zweiter Aortenton vorhanden sind,
▼on Herz« ^^^ Entscheidung zu fiällen. Die Langsamkeit des Pulses ist nach
mitBdzng seiner Erfahrung nicht so schlimm, als Ctairdner memt. Tyson
anf die betont, dass viel mehr Gewicht als auf die Erkrankung der Klappen
auf den Zustand des Myocards gelegt werden müsse. Easles hebt
den schädigenden Einfluss hervor, den Tabak, Thee und Kaffee im.
Uebermaass auf das Herz ausüben, er mahnt deshalb darauf zu in-
quiriren und die Betreffenden nicht nur in der Buhe, sondern auch
in der Arbeit zu untersuchen.
L eben BT 6 r-
■ iohernng,
Gtadrdner,
Tyson,
EaBles.
Fragmen-
tation des
Herz-
mnskelSi
Karcher.
Ueber die von Landouzy und Benant zuerst beschriebene
Fragmentation des Herzmuskels veröffentlicht Karcher
(Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 60, H. 1) eine grosse Menge kli-
nischer und pathologischer Beobachtimgen, denen er auch eine An-
zahl experimenteller Thierversuche beifügt. Die Herzen mit Frag-
mentation sind weich, matsch, behalten den Fingereindruck und
sehen gelbbräunlich aus; mikroskopisch, nach Zerzupfen in einer
Zusatzflüssigkeit, sieht man die Muskelzellen in der Höhe des Eber th-
schen Eattes auseinandergegangen. Wie deutsche Forscher später
fanden, sieht man die Querrisse fast ebenso häufig auch in den
Muskelfasern selber; die Querstreifdng war meist gut erhalten; der
Kern meist imverändert, zuweilen aber stark gebläht. Neben der
Fragmentation, die fast stets nur heerdweise zu beobachten ist, finden
sich die verschiedensten Gb-ade anderweitiger Erkrankung (Atrophie,
fettige Degeneration, Myocarditis). Unter dieser typischen Frag-
mentation hat Karcher, wie früher schon Eber th undBrowicz,
auch Zustände im Herzmuskel beobachtet, bei denen zwischen den
einzelnen Muskelfasern Scheidewände sichtbar werden, die offenbar
die Kittsubstanz bilden, da sie denen ganz ähnlich sehen, welche
durch Behandlung mit Kalilauge erhalten werden. Karcher hat
die Fragmentation in zwei Dritteln aller von ihm untersuchten Fälle
(160) gefunden, und zwar waren dies plötzliche Todesfölle, Herzen
bei Infectionskrankheiten, bei Vergiftungen, bei chronischen Schwäche-
zuständen des Herzens und bei chronischen Kachexieen. Irgend ein
Anhaltspunkt für die Entstehung der Fragmentation oder für die
Diagnose derselben konnte nicht mit Sicherheit gewonnen werden;
auch Pulscurven, die von Leuten stammten, deren Herz bei der
Obduction Fragmentation zeigte, ergaben nichts Charakteristisches.
Karcher versuchte dann auf experimentellem Wege diesen Zu-
stand des Herzens zu erzeugen durch plötzliche Blutdrucksteigerung,
durch chronische Vergiftung, durch Herabsetzung des Blutdruckes,
Krankheiten der Kreislaufsorgane. 179
durch Durchschneiden des Nervus vagus; aber mit nur seltenem
Erfolg. Am besten gelang ihm die experimentelle Erzeugung durch
Störung der Ernährung des Herzmuskels mit Hervorrufung einer
starken Blutdrucksteigerung am Schlüsse. Nach alledem kommt
Karcher zu dem Schlüsse, dass die Fragmentatio cordis eine
der gewöhnlichen Erscheinungen von regressiver Metamorphose ist.
E. Klebs bespricht in der New Yorker med. Monatsschrift Entstehung
Bd. 10, Nr. 7 die Entstehung musikalischer Herztöne bei "J*"*'^*«'"
' , scher Töne
einem von ihm vorgestellten Patienten. Derselbe, 33 Jahre alt, war im mensch-
früher am Typhus erkrankt gewesen und zeigte jetzt folgenden in- liehen
teressanten Herzbeftmd: Herz bedeutend vergrössert, namentlich g ^lebs '
nach links, Spitzenstoss ausserhalb der Mamillarlinie im vierten
tmd fünften Intercostalraum. Ueber der Aorta, am lautesten aber
über dem unteren Theil des Stemums hört man während der Systole
in den ersten zwei Dritteln ein massig starkes Sausen, im letzten
Drittel einen musikalischen Ton, gefolgt von einem schwachen dia-
stolischen Sausen; letzteres ist während der Ruhe gering, wird
starker bei der Arbeit. Der Puls ist hoch, zeigt den Charakter des
Pulses bei AorteninsufBcienz , um welche es sich nach Verf. hier
handelt. Die Entstehung des musikalischen Tones führt er zurück
auf die Existenz eines sackartigen Aneurysmas in der Aorta thoracica.
Die Wand der Aorta geräth bei der stärkeren Dehnung durch die
systolischen Wellen in Schwingung und erzeugt so den musikalischen
Ton. Für diese Annahme spricht auch eine Dämpfung über dem
Bücken rechts hinten unten.
Eichhorst (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 25) hat mehrfach Tox&mische
hei der Resorption von Oedemen bei Herzkranken eigenthümliche Doürien
Störungen beobachtet, nämlich Bewusstseinstrübungen, De- kranken
lirien, enge Pupillen, Secessus nescii. Die Athmung war Eichhoret.
tief, nicht beschleunigt, es bestand keine Cyanose. Nach Beendi-
gung der Resorption schwanden alle Symptome. Diese eigenthüm-
lichen Erscheinungen beruhen nach seiner Meinung darauf, dass
toxische Substanzen in den Oedemen bei ihrer Aufnahme ins Blut
nicht rechtzeitig durch die Nieren ausgeschieden werden.
180 Hochhaus.
4. AUg^emeine Therapie.
Unter dem Vorsitz von Balfour fand in der British medi-
cal Association Juli 1898 eine Discnssion über die Zeichen und
Folgen verschiedener Qefässspannung, sowie über deren
Diagnostik Behandlung statt (Brit. med. Joum.). Broadbent hielt den
Th^^anie einleitenden Vortrag. Er betonte dabei folgendes: Die erste Ur-
derGef&Bs- Sache des Drucks innerhalb der Geflässe ist natürlich das Herz, das
Spannung, mj^ einer gewissen Kraft eine Menge Blutes in einer bestimmten
Zeit ins Arteriensystem hineinbefördert; diese Kraft muss natürlich
stark genug sein, um die Flüssigkeit durch Capillaren und Venen
hindurch wieder zum Herzen zurückzutreiben. Als bestimmender
Factor für die Grösse der Qe&ssspannung kommt in Betracht der
periphere Widerstand in den Capillaren; je grösser dieser, um so
grösser der Druck und umgekehrt. Die Stärke des peripheren Wider-
stands wird bedingt einmal durch die Beschaffenheit der Capillaren
— sind diese sehr gewunden und nachgiebig, so wird leicht Stauung
und erheblicher Widerstand eintreten — und in zweiter Linie durch
die Grösse der Attraction der Blutflüssigkeit zur Gefösswand resp.
durch die anziehende Kraft, die die umgebenden Gewebe auf den
Inhalt der Gefässe ausüben. Ueber die Spannung der Gefässe orien-
tiren wir uns durch die Untersuchung des Pulses, wobei man auf
folgendes zu achten hat: 1. auf das Kaliber der Radialis, 2. auf
den Zustand des Gefasses in der Systole und Diastole, 3. auf den
Ictus des Pulses, ob er kurz und plötzlich oder allmählich erfolgt,
4. auf die Dauer des Pulses und sein Absinken. Was die Bedeutung
und die Zeichen erniedrigter Pulsspannung angeht, so bemerkt
Broadbent, dass zuweilen in ganzen Familien ein schwaches Herz
mit geringer Gefässspannung gefunden wird, ohne dass man von
einer eigentlichen Krankheit sprechen kann. Die Ursache niederen
Blutdrucks liegt entweder in einer Erkrankung des Herzens (orga-
nischer oder nervöser Natur) oder in dem Zustand herabgesetzter
Spannung der feineren Arterien. Am exquisitesten fand man das
im Fieber, wo die Relaxation der Gefösse zuweilen eine so grosse
ist, dass die Pulswelle auch in den Venen noch deutlich sichtbar
ist. Die Ursache dieser verminderten Spannung sind offenbar im
Blut kreisende giftige Substanzen. Bei manchen fieberhaften Krank-
heiten sind die Gefasse aber auch dauernd contrahirt. Bemerkens-
werth ist nach Broadbent, dass bei Epilepsie fast stets der Blutdruck
ein niedi'iger ist. Hohe Gefässspannung ist weit häufiger; wir be-
Krankheiten der Ereislaufsorgane. Igl
obachien sie besonders bei Nierenleiden, Gicht, Bleivergiftung, Lith- Diagnostik
ämie und Obstipation — aUes Leiden, denen nach Broadbent die »rJ^^
^ ^ ' Tnerapie
mangelhafte Ausscheidung oder Verbrennung stickstoffhaltiger Sub- der Gefäss-
stanzen gemeinsam ist. Die Folgen dieser andauernd erhöhten BP*>i>iQn§.
Spannung sind bekannt, sowohl für die Arterien, wie für die Ge-
fasse. Von anderen Erkrankungen erwähnt Broadbent noch die
Neurasthenie, bei der die PäUe mit erhöhtem Blutdruck prognostisch
viel günstiger sind, wie die mit niedrigem; desgleichen bei der Epi-
lepsie. Die urämischen Convulsionen hält Broadbent auch fiir in
directer Beziehung stehend mit Erhöhung des Blutdrucks, und zwar
spielt hier eine Störung der Circulation in den HimcapiUaren mit.
Auch beim chronischen Bronchialkatarrh sah Broadbent häufig hohen
Blutdruck, während er beim Cheyne-Stokes'schen Athmen stets
nur niedrigen sah. Bei Behandlung des niedrigen Blutdruckes kommt
68 darauf an die Ursache zu finden, die stets in einer fehlerhaften
Ernährung besteht, mag diese nun eine Störung der Verdauung oder
der Assimilation sein, oder mag irgend eine Drüsenfunction gestört
sein (Thyreoidea oder Nebenniere), oder mag auch eine Erkrankung
irgend eines anderen Organs (z. B. Krebsleiden) vorliegen. Die Ent-
fernung dieser Ursachen ist die Hauptsache, nebenbei kann dann auch
noch Digitalis gebraucht werden. Um hohe Gefassspannung zu besei-
tigen, ist es in erster Linie nöthig, die Ausscheidung der giftigen Sub-
stanzen zu bewirken, die die Ursache der Erscheinung sind. Zu den
hier in Betracht kommenden Maassregeln gehören neben Regulation
der Diät (Beschränkung der stickstoffhaltigen Substanzen und des
Alkohols) körperliche Uebungen, Bäder, Schwitzmittel, Diuretica,
Alkalien und Aperientia. Die medicamentösen Heilmittel sind am
Platze bei Angina pectoris und dort, wo sofort Linderung geschaßt
werden soU. Diese sind Nitroglycerin und Amylnitrit; sie wirken
indess nur momentan , während das Erythroltetranitrat von B r a d-
bury auch eine länger dauernde Wirkung hat.
Als zweiter Redner besprach Bradbury die verschiedene Ge-
fassspannung mehr vom therapeutischen Standpunkte aus; insbe-
sondere die erhöhte, die bei weitem am häufigsten Gegenstand der
Therapie ist. Die Fälle erhöhter Spannung theilt er vom klinischen
Standpunkt ein in die mehr oder minder heilbaren und die unheil-
baren , "WO meistens die Gefässe stark pathologisch verändert sind.
Die Hauptaufgabe besteht nun darin, das Blut von den ursächlichen
toxischen Substanzen zu reinigen resp. die Wiederansammlung zu
bindern, und zwar durch entsprechende Diät, tägliche Uebungen,
durch Jod und durch Abfuhrmittel. Um Abhülfe von momentanen
182 Hochhaus.
Beschwerden zu schaflPen, ist die Anwendung von Amylmtrit, Nitro-»
glycerin, Chloroform und, wenn eine länger dauernde Einwirkung
beabsichtigt ist, Er3rthroltetranitrat indicirt. Letzteres ist nach.
Bradbury und anderen englischen Aerzten das geeignetste Mittel,
und er hat davon bei Angina pectoris, bei nervösem Krampf der
Capillaren, bei interstitieller Nephritis die besten Erfolge gesehen.
Die Ein- Altschul (Die Einwirkung des Badfahrens und anderer
^",^,^?»*®" sportlicher Thätigkeit aufs Herz. Münch. med. Wochenschr.
Radfahrens '^ , ^ ,
und anderer Nr. 49) hat bei verschiedenen Personen vor und nach sportlichen
sportlicher XJebungen (Bergsteigen, Turnen, Radfahren) Puls, Athmung und
aufs He rV Herzgrenzen untersucht und hat dabei gefunden, dass die Herz-
G. Altschnl. grenzen in der Regel erheblich verbreitert werden, auf eine Zeit lang
auch noch nach der Uebung und dass Athmung und Puls, aller-
dings individuell verschieden, vermehrt sind. Das Radfahren übt
den schlimmsten Einfluss aus, weil dabei alle Körpermuskeln ange-
strengt sind und weil ein schnelles Nachlassen in der Regel nicht
möglich ist. Er räth daher sehr zu vorsichtigem Gebrauch und
dann nur solchen, deren Arterien und Herz vollkommen normal sind.
Zur Behandlung starker 0 e d e m e der unteren Extremitäten
Mechanische empfiehlt Borgherini (Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 61, H. 6),
?^ It"j wenn die inneren Mittel nicht mehr wirken, die Ableitung nach
der Oedeme, ^ , ^ ' ^
Borgherini. aussen durch oberflächliche Schnitte in die Haut. Borgherini
macht an jedem Bein 4, 2 — ^3 cm lange Einschnitte bis ins Unter-
hautzellgewebe, verbindet antiseptisch und lässt die Flüssigkeit dann
abtropfen. Bei 3 Fällen hat er davon sehr gute Erfolge gesehen.
5. Speeielle Pathologr^^)«
A. Krankheiten des Herzens.
a. Angeborene Herzfehler.
Obiiteration Brunner (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 50) hat folgenden
*I ^J, **"* interessanten Fall von Obiiteration der Aorta an der Bin-
der Ein- ^
mündungs- mündungsstelle des Ductus Botalli beobachtet. Eine Frau,
stelle des 3Q Jahre alt, mit ausgedehntem Gesichtslupus und Lungentuberculose
Botalli zeigte folgenden Herz- und Gefassbefund : Herzdämpfung nicht ver-
Bnumer. grössert, Herztöne unrein; am meisten fallen an der oberen Hälfte
des Rumpfes geschlängelte, stark erweiterte und dicht unter der
Krankheiten der Kreislaufsorgane.
183
Haut liegende Arterien auf. Zu beiden Seiten des Stemums, etwa
1 cm davon entfernt, sieht man in allen Zwischenräumen bis hinab
ins Epigastrium eine herzsynchronische Pulsation — von der Art.
mammaria interna herrührend. An einer Stelle rechts vom Nabel
ebenfalls Pulsation einer federkieldicken Arterie. Der Puls der Art.
croralis und poplitea nicht fühlbar. Aus diesem Befiinde schloss
Verf. auf eine Stenose der Aorta; die Section ergab eine ObUte^
ration derselben an der Einmündungsstelle des Ductus Botalli.
Zinn (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 20) berichtet folgenden FaU Persistenz
von angeborener Persistenz des Ductus Botalli des Herzens. ^*b ^°J\*i^*
Die Herzdämpfiing begann links in der linken Mamillarlinie, reichte w. Zinn'
nach rechts bis zum rechten Stemalrand; nach oben zeigt die Herz-
dämpfung einen ca. 5 — 6 cm breiten Fortsatz, der dem 1. — 3. linken
Intercostalraum angehört und sich nach rechts 3 cm über den linken
Stemalrand erstreckt. Im Bereich dieser Dämpfung fühlt man ein
deutliches Schwirren, Spitzenstoss im 5. Intercostalraum. Man hört
in der eben genannten Zone ein lautes systolisches Geräusch, das
aich noch in die Diastole herein erstreckt; daneben ist ein erster
Ton deutlich erkennbar, ein zweiter nicht vorhanden. An den
übrigen Ostien sind neben dem Geräusch zwei schwache Töne hörbar.
Pols klein, regelmässig, ca. 90 Schläge in der Minute. Aus diesem
Befund diagnosticirt Zinn ein Offenbleiben des Ductus Botalli und
wird in dieser Annahme bestärkt dadurch, dass das Geräusch auch
über den Halsvenen und im linken Interscapularraum deutlich ge-
hört wird. Ausserdem sprach noch dafür das Böntgenbild , das in
der Gegend der Dämpfung einen deutlichen pulsirenden Schatten
zeigte in schräger Bichtung von rechts unten nach links oben, offen-
bar die erweiterte Pulmonalarterie.
Der von Dräsche (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 62) mit- Dräsche,
getheüte Fall von Persistenz des Ductus arteriosus Bo-
talli zeichnet sich von dem vorstehenden dadurch aus, dass er die
von Gerhardt als charakteristisch bezeichnete bandförmige Dämpfung
im 2. und 1. Intercostalraum links nicht zeigte; im übrigen unter-
schied er sich nicht von den bisher publicirten.
F. Bau (Casuistische Mittheilungen aus dem Eatharinenhospital in
Stuttgart. Virch. Arch. Bd. 153, H. 1) beschreibt 1. ein cavernöses An-
giom im rechten Herzvorhof. Es fand sich bei der Obduction zu-
ßüig im rechten Yorhof neben der Fossa ovalis und lateral von derselben
ein kleinkirschgrosser , kugliger Tumor, der sich bei genauerer Unter-
suchung als ein cavernöses Angiom herausstellte, das von den tieferen
Ig4 Hochliaas.
Cavernöses Schichten des Endocards ausgegangen war. Klinisch hat dasselbe keine
Angiom im Symptome gemacht.
^-, ^1,^.1 2. Offenbleiben des Ductus BotallL Bei einem Kranken, der
UfienoleiDen -• tt-
des Ductus &^ Husten, Kurzathmigkeit, starker Gyanose und Kleinheit mit Arhythmie
Botalli, des Pulses litt, fand sich bei der Obduction ein Offenbleiben des Ductus
F. Bau. Botalli. Der Anfangstheil der Aorta war sehr erweitert bis zum Abgange
des Truncus brachiocephalicus, von da ab Verengerung. Dicht vor dem
Abgang des Ductus Botalli spannt sich quer über zwei Drittel des GefUss-
umfanges eine leistenartige Erhebung der unteren Wand des Aortenbogens,
die an ihrer höchsten Stelle 5 mm misst; dahinter eine nach der Pul-
monalis hingehende Ausbuchtung der Wand, in deren Tiefe der offen-
stehende Ductus Botalli sich befindet. Klinisch war nur eine leichte Er-
weiterung der Herzdämpfung nach links und ein systolisches Geräusch im
dritten linken Intercostalraum zu constatiren gewesen.
b. Endocarditis. Klappenfehler.
Nach einer ausfuhrlichen Zusammenstellung der bisher beob-
Endo- achteten Fälle von Endocarditis gonorrhoica bespricht Sieg-
card itis beim (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 34) einen von ihm beobachteten. Die
gonorrhoica, • • m
Siegheim. Patientin war 14 Tage vorher, bald nach dem inficirenden Coitus, an
heftigen Schmerzen im Leibe, grünem Erbrechen und Durchfall er-
krankt; sie hatte täglich zwischen 12 und 12 V« ühr Schüttelfrost mit
nachfolgender Hitze, ausserdem Kopfschmerz, Mattigkeit, Appetit- und
Schlaflosigkeit. Die objective Untersuchung ergab normalen Lungen-
befund, über der Tricuspidalis ein schwaches systolisches Geräusch,
Puls 112, Urin eiweissfrei. In der Folgezeit zeigte sich bald eine Ver-
breiterung der Herzdämpfung mit Aussetzen des Pulses ; über der Mi-
tralis ein leichtes diastolisches, über der Aorta ein lautes diastolisches
Geräusch ; Herzklopfen, Dyspnoe, zunehmende Schwäche, häufige, fast
täglich auftretende Schüttelfröste. Später schwoU auch die Milz an
und im Urin trat Blut und Eiweiss auf. 6 Wochen nach der ersten
Beobachtung ging Patientin an CoUaps und Lungenödem zu Grunde.
Die Obduction ergab eine ulceröse Endocarditis der Aortenklappen,
Lungenödem, Myocarditis, Nephritis. Parenchymatöse Schwellung
von Leber und Müz. In den Auflagerungen der Aortenklappen
wurden zweifellos Gonokokken mikroskopisch, indess nicht culturell,
nachgewiesen. Der Verlauf war also hier ein recht bösartiger; in
der Epikrise betont Verf., dass dies nur in einem Theil der bis-
herigen Beobachtungen der Fall sei; viele verlaufen zweifelsohne
gutartig mit nur geringem Fieber und kaum bemerkbaren subjectiven
Beschwerden.
Enulkfaeiten der Ereislaofsorgane. 185
Michaelis und Blum (Experimentelle Erseugung von Ezperi-
Endocarditis taberculosa. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 35) ""•»*«l^«
hihen bei Kaninchen die Aortenklappen durchstossen und 2 Stunden von Endo-
oachher Aufschwemmungen von Tuberkelbacillen in die Blutbahn in- earditis
jicirt. Dadurch gelang es ihnen, bei diesen Thieren ausnahmslos ^^M^Sa n *'
eine Endocarditis tuberculosa hervorzurufen, die bekanntlich beim Blum.
Menschen zuerst 1886 von Heller nachgewiesen wurde.
An der Hand von 29 Fällen aus der Kieler medicinischen Poli-
Üinik erörtert Jess (Münch. med. Wochenschr, Nr. 40 u. 41) den Chronischer
Einfluss der Gravidität auf den Herzmuskel. Er kommt Herz-
m folgendem Resultat: Bei compensirtem Herzfehler pflegt die Ge- fehler
bort in der B«gel normal zu verlaufen; bei Wiederholung ist der nnd
Einfluss doch häufig ein recht schädigender; bei Klappenfehlern, die ^*J'** * >
nicht compensirt sind, kann die Gravidität den Zustand erheblich
Tersdüimmem und zuweilen auch einen tödtüchen Verlauf herbei-
fäliren. In jedem Falle muss der Verlauf der Geburt sorgfaltig
ärztlich überwacht werden.
Dräsche gibt eine ziemlich vollständige Uebersicht über das Aneurysmen
Vorkommen und die Entstehung der Herzklappen- in den
^ . Herz-
aneurysmen (Wien. kÜn. Wochenschr. Nr. 46). Nach einer ge- klappen,
Hauen litterarischen Uebersicht der bisher publicirten Fälle theilt er Dräsche,
selbst 3 aus seiner eigenen Praxis mit und erörtert im Anschluss
<iaran die Entstehung und Diagnose derselben. Die Ursachen sind
8t«ts endocarditische oder atheromatöse Processe, die die oberfläch-
Kchen Schichten der Klappen zerstören und so dem Blutstrom Ge-
legenheit geben, sich in die Klappen einzuwühlen und die entgegen-
gesetzte Schicht vorzubuchten. Am häufigsten werden dieselben
beobachtet an der Mitralis, und zwar am Aortenzipfel, dann an den
Aortenklappen, nicht selten aber auch an den übrigen Klappen. Ein
eigenthümliches, charakteristisches Symptomenbild gibt es nicht, da
iß der Regel die damit verbundenen Krankheitsprocesse (Endo-
carditis oder Atheromatöse) vorherrschen; indess entstehen natur-
gemäss durch ein Eindringen in den Hohlraum des Aneurysma oder
durch denselben bei etwaiger Perforation Geräusche, häufig musi-
kalischer Art, oder auch Töne, die zuweilen eine Vermuthungs-
diagnose stellen lassen; aber mehr kann die Diagnose nur in den
allerseltensten FäUen leisten.
In einer etwas sehr gedehnten Arbeit spricht Borgherini
•Deutsches Arch. f. kHn. Med. Bd. 60, H. 2 u. 3) unter Beibringung
X86 Hochhaus.
Das 8 einschlägiger Fälle über die Veränderungen, welche der
Verhalten rückläufige Blutstrom bei Aorteninsufficienz inner-
des ^
rückläufigen balb des Ventrikels hervorbringt. Er geht aus von der That-
BiutBtroms sache, dass die Oefihung resp. der Kanal, welcher in solchen Fällen
snffioienz während der Herzdiastole von den Semilunarklappen gebildet wird,
der je nach der pathologischen anatomischen Veränderung die ver-
Semilnnar- gchiedenste Grösse, Form und Ausdehnung haben kann, wodurch
klappen der . ,
Aorta, natürlich auch der rückkehrende Blutstrom in seiner Grösse und
A. Borghexini. Richtung bestimmt ist und mit diesem auch etwaige Veränderungen
innerhalb der Herzhöhle und zugleich auch der auscultatorische
Befund. In den 3 Fällen, die er ausfuhrlich schüdert, fanden sich
jedesmal an den Stellen, wo der rückläufige Blutstrom aufstiess,
deutliche Veränderungen: Verdickungen des Endocards, Hypertrophie
und Einbiegung des Septums, Abplattung der nächstgelegenen Papillär-
muskeln. Dass gerade diese die vom Blutstrom getroflPenen Stellen
waren, bewies er durch das Experiment, indem er Wasser unter
einem Druck von 2 m in die Aorta einfliessen liess und nun
durch eine OefFnung in der Herzwand beobachtete, welche Richtung
der austretende Strahl nahm; dieselbe fiel stets mit der zusammen,
welche die anatomischen Veränderungen am Herzen annehmen Hessen.
Diese Folgeerscheinungen am Herzen sind natürlich nicht immer
vorhanden, sondern nur dann, wenn der rückfliessende Blutstrom
eine gewisse Kraft hat und der Herzfehler schon eine längere Zeit
bestanden hat; dann aber häufig auch recht ausgesprochen, wie das
vor Borgherini schon mehrere Autoren (J. Schwalbe, Zahn u. a.)
dargethan haben. Dass diese Verhältnisse auf den Auscultations-
befund einen Einfluss haben müssen, ist selbstverständlich, denn die
Fortleitung des Geräusches ist abhängig von der Richtung des er-
zeugenden Blutstromes; so wird das Geräusch natürhch, je nach-
dem der Strom gegen das Septum oder gegen die linke Herzwand
gerichtet ist, auch vom Arzte in anderer Weise imd in anderer
Richtung gehört werden. — Manche Veränderungen des Herzens, die
Borgherini erwähnt, lassen sich indess noch nicht sicher er-
klären, und es ist deshalb nothwendig, dass diesen Dingen bei Ob-
ductionen ein grösseres Interesse als bisher zugewendet wird.
Keyt hatte behauptet, dass bei Aorteninsufficienz der
Zeitraum zwischen Herzspitzenstoss und Erscheinen
des Radialpulses erheblich verkürzt sei. Der Grund davon
Hege in dem Fehlen der Anspannungszeit, weil bei diesem Herz-
fehler das Aortenostium ja stets geöffnet sei und deshalb in Ven-
Krankheiten der Kreislauf sorgane. 187
trikel nnd Aorta auch der gleiche Druck herrschte; mithin brauchte Intervall
das Herz erst nicht durch eine Contraction von gewisser Dauer «wiBchen
(beim normalen Herz 0,16 — 0,2 Secunden) seinen Blutdruck auf die und Radial-
Hohe der in der Aorta herrschenden zu bringen. Dem widerspricht puls bei
nun Ghapmann (Lancet, 2. Juli 1896) einmal durch Hinweis auf, ^^5.*®*^'
.. .j ^ i.T inBuffioienz,
die Erfahrungen bekannter Kliniker, die gerade das Gegentheil davon Ohapmaim.
behaupten (z. B. B r o a d b e n t), dann durch Beibringung von gleich-
zeitigen Herz- und Pulscurven eines Falles von reiner Aorteninsuffi-
cienz. Diese beweisen ganz deutlich, dass der Beginn des Badial-
puIses deutlich 0,53 Secunden später erfolgt als der des Spitzen-
stosses, während die Norm nur 0,17 — 0,2 Secunden beträgt. Diese
Curven zeigten dann femer, dass die Dauer der Systole erheblich
verlängert war; sie betrug 0,4 Secunden, während die Diastole nur
0,36 — 0,39 Secunden lang war, und beim normalen Herzen be-
kanntlich die Diastole länger ist als die Systole; es begann die
Systole ausserdem, nach dem cardiographischen Bilde zu schliessen,
ganz allmählich. Verf. sieht in dieser langsamen und allmählich
beginnenden Systole eine vortheilhafbe Gompensationseinrichtung,
da dadurch die ganze grosse Blutmasse nach und nach ins Arterien-
system eingepresst und so eine plötzliche Dehnung desselben ver-
mieden wird. Die Hauptursache der Verlängung des Herz-Radial-
intervalls sieht Ghapmann in der eben hervorgehobenen langsamen
Contraction des Herzens, die natürlich auch nur eine langsam ver-
laufende BlutweUe erzeugt, trotz des Fehlens der Anspannungszeit.
An der Hand von 13 anatomisch genau untersuchten Fällen von
Mitralfehlern kommt Oestreich (Das Verhalten der linken Die linke
Herzkammer bei den Erkrankungen der Valvula mitralis. ^®^'^*™™®'
Virch. Arch. Bd. 151) zu dem Resultat, dass die Lenhartz-Baum- fehlem
bach'sche Anschauung richtig ist, wonach bei der Mitralstenose keine Oestreich.
Atrophie, sondern meist ein normal kräftiger Bau des linken Ven-
trikels zu constatiren ist; bei der Insufficienz ist der Ventrikel meist
normal, selten etwas dilatirt oder hypertrophisch.
0. Herzmuskelerkrankungen.
Freund (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 49 u. 50) berichtet über
einen der seltenen Fälle von acuter diffuser Myocarditis.
Der betreffende Kranke litt bereits 4 Monate an entzündlicher Er-
krankung der meisten Gelenke, ehe er ins Krankenhaus kam. Hier
schwanden nach 6,0 g SaHcyl pro die sehr rasch die Gelenkerschei-
188 Hochhaus.
Acute niingen, der Puls war aber dauernd sehr frequent, 100 — 130, die Herz-
diffnse dämpfiing sehr intensiv und etwas verbreitert. Auch das psychische
O. Freund. ' Verhalten war nicht normal, der Kranke wurde unruhig, weinte und
konnte nur mit Mühe im Bette gehalten werden. Als Ursache dieses
Verhaltens bezeichnete er selber einen heftigen Schmerz in der Ster-
nalgegend. Trotzdem das Salicyl sofort abgesetzt wurde, steigerte
sich die Benommenheit bald zum tiefen Coma, der Puls wurde immer
frequenter bis 150, und Patient starb unter starker Temperatur-
erhöhung (40'). Die Obduction ergab als wichtigsten Befund: die
Herzmusculatur sehr schlaff, theils blassröthlich, theils gelbfleckig;
ebenso die Oberfläche der Papillarmuskeln gelbfleckig; auf dem
Durchschnitt sind gelblich-röthliche, kleine, derbe Heerde und Blu-
tungen in das Muskelparenchym eingestreut. Mikroskopisch fanden
sich in der Musculatur die Bindegewebsfasern und die flxen Ge-
webszellen ödematös, stellenweise ein feinkörniges, fadiges Exsudat ;
in den Interstitien zahlreiche polynucleäre Leukocyten. Die Muskel-
fasern waren meist gut erhalten, an einigen. Stellen aber kernlos
und in Läugsfibrillen zerfallen. Die fleckigen Heerde waren fettig
entartete Muskelfasern. Danach bestand also hier eine acute inter-
stitielle und parenchymatöse Myocarditis. Verf. gibt eine ausföhr-
liche Darstellung der bis jetzt publicirten Fälle und erörtert zuletzt
die bekannten Schwierigkeiten der Diagnose.
Erschlaf- Unter Erschlaffung des Herzens versteht L. Feilchen-
ungdes f^i^ (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 9) einen nach den verschiedensten
L. Peilchenfeld. Ursachen auftretenden abnorm starken Ermüdungszustand, der zwar
an und für sich nicht gefahrlich, aber den Uebergang zu ernsteren
Herzerkrankungen (Ueberdehnung) bilden kann. Die specieUeren
Ursachen, die zu einer solchen Erschlaffung, welche ja schon nor-
malerweise in der Thätigkeit zu constatiren ist, führen, sind entweder
dauernde übermässige Anstrengung, oder Herabsetzung der Leistungs-
* fehigkeit des Organismus durch Erkrankungen oder aber zu plötz-
lich gesteigerte Anforderungen ans Herz. Alle diese Ursachen be-
wirken eine Erschlaffung und Verbreiterung des Herzens, die weniger
sicher durch die Percussion, viel besser durch die Palpation in den
einzelnen Intercostalräumen , besonders bei vomübergebeugter Hal-
tung festgestellt werden kann. Die Symptome, durch die sich die
Erschlaffung des Herzens kundgibt, sind Schmerzempflndungen in
der Herzgegend, Angstgefühle, Athmungsbehinderung, Schlaflosig-
keit, mangelnder Appetit, Schwindel und Schwächegefuhl. Diese
Symptome werden häuflg als Neurasthenie diagnosticirt, ihre Ür-
Krankheiten der Ereislaufsorgane. 189
Sache ist aber meist eine ErschlafFdng des Herzens. Von den mehr
als dO Fällen seiner Praxis fuhrt der Verf. 15 genauer an in den
verschiedensten Stadien. Er unterscheidet nach diesen Fällen
drei Formen der durch Ueberanstrengung hervorgerufenen Herz-
erschlafFimg und zwar:
1. das Vorstadium der HerzerschlafPung ;
2. das erste Stadium der Herzerschlaffang:
a) acute Form,
b) subacute Form,
c) intermittirende HerzerschlafPung :
a) acute Form,
ß) chronische Form;
3. das zweite Stadium der Herzerschlaffung:
a) acute Form (schwere Dehnung),
b) chronische Form (die eigentliche Dilatation).
Wie aus den leichten Formen die schwereren Formen nach des
Verfassers Meinimg entstehen, ist aus dem Schema ersichtHch. Nach
einer Uebersicht der Ursachen im speciellen betont Verf. zum Schluss,
wie wichtig die Behandlung der Anfangsstadien ist.
In einer eingehenden Abhandlung über Myofibrosis cordis
sucht Dehio (Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 62, H. 1 u. 2) end- Myofibrosis
gültig den Beweis zu liefern, dass sich bei Herzen mit länger be- °n*v^**
stehender Dilatation innerhalb des Muskelfleisches eine diffuse Zu-
nahme des Bindegewebes entwickelt, die er als Myofibrosis bezeichnet.
Den ersten Anstoss zu dieser Anschauung gaben Dehio's Unter-
suchungen, die er mit seinen Schülern Badasowsky und Sack
unternahm und die zu dem Resultate führten, dass diese diffuse
Bindegewebszunahme in der Wand der Vorhöfe am stärksten sei;
spater fanden Sack und Gurwitsch, dass dieselbe Veränderung
auch im Gewebe der Ventrikel bei dilatirten Herzen stets anzu-
treffen sei. Jetzt hat Dehio seine Untersuchungen fortgesetzt. Um
einen Maassstab für die Menge des Bindegewebes zu finden, hat
er zuerst normale Herzen bei Kindern, Erwachsenen und Greisen
untersucht und dabei constatirt, dass schon normalerweise eine diffuse
Zunahme des Bindegewebes im Alter eintritt. Von pathologischen
Herzen hat Dehio 22 neue genau nach der KrehTschen Methode
untersucht, und zwar befinden sich darunter Hypertrophie und Dila-
tation aus den verschiedensten Ursachen, worüber eine tabellarische
Tebersicht schnell genaue Auskunft gibt. Die Hauptschlussfolge-
rungen, die Verf. aus seinen Untersuchungen zieht, sind folgende:
190
Hochhaus.
MyofibroBia Die Hypertrophie des Herzmuskels ohne gleichzeitige Dilatation
oordi», desselben ist nur mit geringen Graden der Myofibrose verknüpft
öder auch ganz frei von einer solchen. Wo dagegen die hyper-
trophische Herzwand schon eine abnorme Dehnung erfahren hat und
dilatirt ist, da finden wir in derselben mit auffallender Eegelmässig-
keit auch die Myofibrose ausgeprägt. Die Myofibrose ist in den
Vorhöfen viel stärker ausgeprägt als in den Ventrikeln. Die Ur-
sache dieser diffusen Bindegewebsentwickelung sieht Dehio in einem
primären Untergang der Muskelsubstanz. Jeder hypertrophische Herz-
muskel ist weniger leistungsfähig als der gesunde. Die Anstrengungen
des gewöhnlichen Lebens fähren bei ihm leichter zur Ermüdung,
zur Abnutzung und zum allmählichen Schwund; die zu Grunde ge-
gangene Muskelfaser wird dann durch Bindegewebe ersetzt. Für
den Vorhof wird durch die Hyperplasie des Bindegewebes eine
Festigkeit der Wandungen erreicht, die ihn befähigt, der Dehnung
durch die gestauten Blutmassen erfolgreich Widerstand zu leisten;
auch beim Ventrikel wird die Nachgiebigkeit der Wandungen da-
durch bedeutend herabgesetzt, aber dieser Vortheil ist hier wegen
des Verlustes der viel wichtigeren contractilen Substanz doch gering.
Es ist also bis zu einem gewissen Grade die Myofibrosis ein com-
pensatorischer Vorgang.
Cava.
N. Baw.
Primärer Nath. Baw (The Brit. med. Journal S. 1335) beschreibt fol-
Tamordea «enden Fall von primärem Herztumor. Die Patientin, 43 Jahre
rechten ® -^ . '
Vorhofs und alt, erkrankte vor 3'/« Jahren mit Schmerzen in der Brust und
der Vena Dyspnoe; ausserdem konnte sie im Bette nicht liegen. Sie war
noch wohlgenährt, hatte massigen Ascites, Oedem an den Beinen, die
oberflächlichen Venen an den Beinen, am Thorax und Abdomen
waren enorm vergrössert. Ueber der rechten Limge intensive Däm-
pfung, die linke normal. Das Herz war beträchtlich nach rechts
verschoben, an der Basis ein systolisches Geräusch ; die Leber nach
unten geschoben, uneben, kömig. Die rechte Pleura wurde ponctirt
und eine beträchtliche Menge Blutes herausgelassen, wonach er-
hebliche Besserung; trotzdem allmähliche Verschlechterung unter
Steigerung aller Symptome. Unter starker Dyspnoe Exitus. Die
Autopsie ergab ein Fibrom des rechten Vorhofes und einen Biss der
Vena cava inferior kurz vor ihrem Eintritt in den Vorhof. In der
rechten Pleura sehr viel Blut. Thrombose der Vena cava inferior.
Krankheiten der Kreislauf sorgane. 191
d. Herzsyphilis.
Adler (New York med. Joum., 22. Oct.) behandelt in einem Herz-
interessanten Vortrag die Syphilis des Herzens. Diese Er- »ypliiiis.
kranknng wird bis jetzt meistens als eine Rarität betrachtet, trotz-
dem die Arbeiten von Semmola, Mra9eku. a. beweisen, dass die-
selbe hanfig vorkommt. Um nun den Einfluss der Syphilis auf das
Herz zu studiren, untersuchte Verf. vier Herzen von hereditär syphi-
litischen Kindern, die bei Lebzeiten keine Herzerscheinungen ge-
zeigt hatten. Bei zweien war der Befund normal; bei den beiden
anderen fand er aber typische syphilitische Veränderungen an den
Gelassen (Endarteriitis) , in der Umgebung kleinzellige Infiltration,
Entwickelung von Bindegewebe mit Untergang der Musculatur.
Ausserdem untersuchte er noch zwei Herzen von Erwachsenen, die
an Syphilis litten, aber an anderen Ursachen gestorben waren. Aucb
hier fanden sich im Herzfleisch interstitielle Myocarditis und die
bekannten Veränderungen an den Gelassen, von denen, wie Verf.
glaubt, der ganze Process ausgeht. Die Häufigkeit syphilitischer
HerzafiPectionen ist damit erwiesen. Die Diagnose ist recht schwierig;
immerhin wird man an Lues denken müssen, wenn die gewöhnlichen
Ursachen einer Herzerkrankung fehlen und Syphilis vorhanden ge-
wesen ist. Einen interessanten Fall fuhrt Verf. als Beleg an, wo
die Herzerscheinungen sich zumeist als Anginabeschwerden zeigten.
Als alle anderen Mittel versagten, wurde durch Jod ein dauernder
Erfolg erzielt. Jedenfalls wird nach Verf. künftig häufiger als bisher
bei Herzkrankheiten die Syphilis als ätiologisches Moment in Be-
tracht gezogen werden müssen.
B. Krankheiten des Herzbeutels.
Brentano (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 32) bespricht die Chir ur-
einzelnen Indicationen zur chirurgischen Behandlung der „ ^** ^^^
T% • • ' ' ' Behandlung
Pericarditis und erörtert die in Betracht kommenden Methoden, (ler eitrigen
Nach seiner Meinung ist von den letzteren die einzig empfehlens- Perikarditis,
werthe die Resection des fünften linken Rippenknorpels mit breiter
Incision des Pericardiums und nachfolgender Tamponade. Von seinen
0 Fällen ist 1 geheilt; die uhrigen erlagen der Schwere der Grund-
kraokheit.
Meltzer (Münn ^m^^^L 34^ berichtet über
einen Fall von eigep» ^^^^^^ .iids bei einem
192 Hochhaus,
Herzbeutel- Geisteskranken. Derselbe starb ziemlich plötzlich an Herzschwäche,
tuberculose, q}„^q dass sich dafiir ein Grund finden liess. Bei der Obduction
fand sich eine Mediastino-Pericarditis chronica; beide Pericardial-
blätter verklebt und in dieselben zahlreiche, derbe Knoten einge-
lagert; die Lymphdrüsen in der Nähe verkäst; in der linken Lungen-
spitze Zeichen tuberculöser Erkrankung. Der mikroskopische Be-
fund ergab, dass die Knoten im Pericardium tuberculöser Natur
waren. Diese grossknotige Form der Tuberculose ist beim Menschen
ausserordentlich selten, wie die Litteratur zeigt; beim Rinde bekannt-
lich die gewöhnliche, was wie Bollinger meint, von der Chronicität
der Rindertuberculose abhängt. Wie in diesem Falle diese perl-
suchtartige Erkrankung zu Stande gekommen, darüber kann man
nur Vermuthungen aufstellen.
C. Krankheiten der Gefleee.
Arterio- Bäumler (Münch. med. Wochenschr. Nr. B) hebt in einem
Sklerose und ^^gatze über Arteriosklerose und Arteriitis die grosse
Banmler. ' Unsicherheit hervor, die noch in den Anschauungen und der
Diagnose über die Veränderungen der Arterien besteht. Arterio-
sklerose gilt gewöhnlich als eine Altersveränderung, die wir meist
an der geschlängelten, gespannten Radial- und Temporalarterie
diagnosticiren. Sehr häufig findet man aber bei Obductionen,
dass die vermutheten Veränderungen durchaus nicht generalisirt,
sondern hier und da in den grösseren oder kleineren Arterien sich
vorfinden. Wunderbar ist auch, dass diese vielfach als Alterserschei-
nungen betrachteten Veränderungen bei vielen alten Leuten über-
haupt nicht vorhanden sind; dagegen finden wir bei jüngeren Lidi-
viduen zwar auch solche heerdweise Erkrankungen, aber auch gar
nicht so selten diffuse Verdickungen der Arterienwand. Beide Er-
krankungen müssen doch wohl auf verschiedenem Wege zu Stande
kommen. Die Ursachen der allgemeinen Arteriosklerose sind be-
kannt; in erster Linie steht der Alkohol, sowohl wegen seiner toxi-
schen Wirkung, wie auch wegen des Uebermaasses der Flüssigkeits-
zufuhr und der dadurch entstehenden mechanischen Drucksteigerung.
Für die localisirten Formen der Arterienentzündung machen die
Franzosen neuerdings die Lifectionskrankheiten verantwortlich, eine
Ansicht, die zweifelsohne viel für sich hat, wenn auch nicht für alle
Fälle gültig ist. Für den Kliniker besteht bis jetzt noch die Schwierig-
keit der sicheren Diagnose der einzelnen Arterienerkrankungen; durch
Vergleich der klinischen Erscheinungen mit dem Obductionsbefund
Krankheiten der Kreislauf sorgane. 193
mnss häufig noch emirt werden, welche Erscheinungen besonders
durch heerdweise Arteriitis entstehen.
Mit günstigstem Erfolge hat Stewart (A further account of Behandlung
the treatment of aneurysm by the conioint use of galvanism through ^^^
. . V Aneurysmen,
introduced coiled wire, The Philadelphia med. Journal, 12. Novbr.) Stewart.
bei 12 Fällen von Aneurysmen das Verfahren von Conradi an-
gewendet. Dasselbe besteht darin, dass gewundener Draht von be-
trachtlicher Länge in den Sack der Aneurysmen eingeführt wird.
Das hervorstehende Ende des Drahts, welcher am besten aus Gold,
Silber oder Platin besteht, wird mit der Anode einer constanten
Batterie verbunden, während die Kathode, grossplattig, aufs Abdomen
applicirt wird. Der Strom wird langsam von 0 bis zu 40 ja 80 Milli-
ampere gesteigert und ebenso wieder auf 0 herabgemindert; die
Sitzung soll '/4 — 1'/«« Stunden dauern.
Cherchowsky (Ein neues Zeichen der Sklerose des Neues
Aortenbogens. La Semaine m^d. S. 409) empfiehlt folgendes Ver-^®^^'^®" '^^^
Sklerose des
fahren, um die normale Elasticität der Aorta festzustellen. Er per- ^orten-
cntirt zuerst die Dämpfung der Aorta am oberen Theil des Stemums, bogens,
was nach seiner Ansicht stets gelingt, und zeichnet sie auf; dann Cherchowsky.
übt er auf den oberen Stemaltheil eine Anzahl recht heftiger Schläge (!?)
mit dem Percussionshammer aus und findet nach kurzer Zeit eine
VergrÖsserung dieser Dämpfung, besonders nach rechts, welche etwa
3 Minuten anhält. Um die Contractionsfahigkeit der Aorta fest-
zustellen, schlägt er 2 — 3mal auf die Gegend der Magengrube und
findet dann eine Verkleinerung der normalen Aortendämpfung,
üeberall, wo dieses Zeichen fehlt, diagnosticirt er Arteriosklerose
des Aortenbogens; mit seiner Methode ist ihm diese Diagnose an-
geblich sehr häufig recht frühzeitig geglückt.
Unter paradoxaler Frequenz des Pulses versteht Grasset Paradoxale
(La Semaine m6d. S. 353) eine Erscheinung, die sich entweder Frequenz
des Pulses
in Bradycardie mit verminderter Gefassspannung oder Tachycardie Grasset.
mit erhöhter Gefassspannung äussert. In der Norm ist das Verhalten
bekanntlich so, dass bei vermehrter Gefassspannung eine Verlang-
samung des Pulses und bei verminderter eine Beschleunigung des-
selben auftritt (von Grasset als Loi de Marey bezeichnet). Diesen
paradoxalen Puls hat nun Grasset bei einer ganz bestimmten Gruppe
von Krankheiten entdeckt, namentlich bei der von ihm so genannten
multiplen Sklerose mit vorzugsweiser Localisation an Herzge&ssen;
Jahrbacb der praotiscben Medicin. 1899. 13
194 Hochhaus.
Paradoxale nach unserer Bezeichnung: bei den difiusen Myocarditiden mit vor-
Prequenz zugBweiser arteriosklerotischer Erkrankung der Gefässe. Die Ur-
Gi-asset. ' sache dieser Erscheinung muss also hier, da die peripherischen Ge-
fässe intact sind, im Herzen resp. im Herznervenapparat liegen. —
Daraus zieht Verf. nun den Schluss, dass man im „Pouls paradoxal"
ein diagnostisches Mittel hat, um auf eine Schwäche des Herzens
resp. der Herznerven zu schliessen. Als Mittel gegen diesen Zu-
stand empfiehlt er zur Herabsetzung des Gefasstonus Jodkali, zur
Stärkung des Herzens Spartein nach der Formel: Jodkali 6,0, Spart,
sulf. 0,5, Aq. dest. 300. 2—4 Esslöffel pro die.
Obliteration S. Haffner beschreibt einen Fall von Obliteration der Ca-
der Carotia rotis communis sinistra und beider Arteriae brachiales
sinistra und iii^olg© von embolischer Arteriitis bei Herzfehler (Deutsches
beider Archiv f. klin. Med. Bd. 60, H. 4 u. 6). Es »handelt sich bei dem
Arteriae Kranken um einen 42iähriffen Arbeiter mit Mitralstenose, der Ende
brachiales ... .
infolge von 1Ö92 zuerst eine Embolie mit Verschluss der linken Art. axillaris
embolisoher bekam. Die Symptome waren Hjrpästhesie und Parästhesieen, ver-
' bei^ *" bunden mit heftigen, manchmal ausstrahlenden Schmerzen im Arm.
Herzfehler, Der Radialpuls, der anfangs verschwunden war, zeigte sich 1895
s. Haftaer. vdeder. Ende 1896 erfolgte eine Verstopfung der linken Carotis
communis; die Symptome waren dauernde Pulslosigkeit der Carotis
und ihrer Aeste, Druckempfindlichkeit und spontane Schmerzhafbig-
keit in der Umgebung des Ohres, leicht Schwindel bei der Arbeit.
Zwischen März und Juli 1896 Verschluss der rechten Art. bra-
chialis und profunda, aber ohne besondere Symptome. März 1897
rechtsseitige Hemiplegie; später Lungen- und Milzinfarcte , denen
der Kranke September 1897 erlag. Die Obduction bestätigte die
Herzdiagnose, ebenso den Verschluss der drei grossen Arterien. Den
Schluss bildet eine Casuistik der ähnlichen Beobachtungen.
Aneurysma Martini (Lancet, 9. Juli) beschreibt folgenden interessanten
der Carotis, Fall von Aneurysma der Carotis: Ein 48jähriger Matrose fühlte
' "^'*^' plötzlich beim Pfeifen seiner Bootspfeife einen Euck im Nacken;
8 Tage später fand sein Arzt an der linken Halsseite einen wall-
nussgrossen pulsirenden Tumor. Als Patient 14 Tage später ins
Hospital aufgenommen wurde, war der Tumor, der als ein Aneu-
rysma der linken Carotis diagnosticirt wurde, hühnereigross. Die
subjectiven Beschwerden bestanden in einem metallischen, trockenen
Husten, schwacher Stimme und Herzbeschwerden. In Chlorofonn-
narkose wurde die Carotis unterbunden, wonach die Pulsation in der
Krankheiten der Ereislaufsorgane. 195
Geschwulst verschwand. Die Pupillen contrahirten sich momentan;
Lippen, Gesicht und Hals wurden blass. In den nächsten Tagen
hatte er häufig heftige, linksseitige Gesichtsschmerzen, so dass Mor-
phium angewendet werden musste. Die Wunde heilte gut und das
Aneurysma verkleinerte sich etwas, das allgemeine Befinden war
gat. Indess blieb eine leichte Ptosis des linken Augenlides, sowie eine
Schwäche der Stimme dauernd zurück.
Flockmann (Münch. med. Wochenschr. S. 847) beschreibt Aneurysma
2 Fälle von Aneurysma dissecans, die im Eppendorfer Kranken- dissecans,
haus zur Obduction kamen. Im ersten Falle wurde das Aneurysma
gefdnden bei einem 57jährigen Manne, der mit den Erscheinungen
einer Insufficienz der Mitralis und der Aortenklappen ins Kranken-
haus kam und bald nach der Aufiaahme starb. Bei der Section fand
sich ein ausgedehntes Aneurysma dissecans an der Aorta ascendens.
Der zweite Fall betraf einen 26jährigen Malergehülfen , der wegen
einer äusseren Erkrankimg behandelt wurde, sonst anscheinend ge-
sund war und nach einer Erregung plötzlich zusammenbrach imd
starb. Hier fand sich ein grosses Aneurysma dissecans im auf-
steigenden Theil der Aorta, die Abwühlung der Intima von der
Media reichte aber auch bis in die Aorta descendens bis zu Finger-
breite vom Zwerchfellschlitz. Das Herz war stark hypertrophisch.
Im Anschluss an diese beiden Fälle erörtert Verf. die Häufigkeit
und besonders die Entstehung des Aneurysma dissecans. Bei der
Obduction findet man stets einen E.iss der Intima, durch den das
Blut eindringt und das Aneurysma bildet. Unbekannt ist bis jetzt
die Ursache des Einreissens; Trauma ist nur in wenigen Fällen
notirt, Erkrankung der Aortenwand kaum in der Hälfte der Fälle
vorhanden. Wahrscheinlich ist die Ansicht Troje's, dass das meist
hypertrophische Herz bei gewaltsamer momentaner Action den Ein-
riss der Intima zu Stande bringt. Was die Diagnose angeht, so ist
diese meist nicht zu stellen, wie die vorstehenden Fälle auch lebren.
Bei einer von Heiligenthal (Deutsche med. Wochenschrift Embolie der
Nr. 33) beobachteten Patientin mit Myocarditis imd Stenosis mitralis ^^'^^!**,.
' . . . , . abdominalis,
traten plötzlich heftige Schmerzen in beiden Beinen imd eine voll- Heiligenthal.
kommene Paraplegie sowohl motorischer wie sensibler Natur auf.
Die Beine waren ganz kalt; der Puls an der Art. cruraHs und
Poplitea geschwunden; im Urin viele granulirte und epitheliale Cy-
linder; Tod bald nachher. Heiligenthal diagnosticirte eine Em-
bolie der Aorta abdominalis, was die Obduction auch bestätigte.
196 Hochhaus.
Röntgen- Beck (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 7) berichtet über einen
strahlen bei
Arterio-
Fall, bei dem durch die Durchleuchtung die arterioskleroti-
Sklerose, sche Interesse a anterior deutlich sichtbar gemacht wurde.
Beck.
Lehrbücher und Monographieen.
G. W. Balfour, Glinical lectures on diseases of the heart and aorta. 8. ed.
London.
0. Braun, Herzbewegung und Herzstoss. Jena.
£. Gensier, Coeur, vaisseauz, pathog^nie-paihologie, thörapeutic, hydro-
minerale. Paris.
J. G. Edgren. Die Arteriosklerose. Klinische Studien. Leipzig.
D. Gerhardt, Ueber Entstehung und diagnostische Bedeutung der Herz-
töne. Sammlung klinischer Vorträge. N. F. Nr. 214. Leipzig.
S. Gräupner, Die Störungen des Kreislaufs und ihre Behandlung mit
Bädern und Gymnastik. Berlin.
Gumprecht, Die Technik der speciellen Therapie für Aerzte und Stu-
dirende. Jena.
H. Kisch, Uterus und Herz in ihren Wechselbeziehungen. Leipzig.
F. 0. May et, Traitd de diagnostic mddical et de s^mäiologie. Paris.
A. Morison, On cardiac failure and its treatment. With especial reference
to the use of baths and exercises. London.
J. K. Proksch, Ueber Venensyphilis. Bonn. ,
Th. Schott, Zur acuten Ueberanstrengung des Herzens und deren Behand-
lung. 3. Aufl. Wiesbaden.
V. Vierordt, Die angeborenen Herzkrankheiten (aus: Specielle Pathologie
und Therapie von Nothnagel).
n^ 5. Krankheiten der Terdauungsorgane.
Von Prof. Dr. Th« Bosenheim in Berlin.
A« Oesopha^g«
Auch in diesem Jahre haben eine Anzahl Autoren sich mit der
Oesophagoskopie beschäftigt, die ja in immer erhöhterem Maasse
das Interesse weiterer ärztlicher Kreise erweckt. Bevor ich indess
diese Publicationen bespreche, mögen einige, die die Anatomie und
Physiologie der Speiseröhre betreffen, referirt werden.
Höchst beachtenswerth erscheint mir eine Mittheilung von J. Seh äff er Bau der
(Wiener klin. Wochenschr. Nr. 22), der sich mit dem Studium des Epithels Oesophagus-
ond der Drüsen der Speiseröhre befasst hat. Er konnte die bemerkens- haut
werthe Thatsache constatiren, dass im menschlichen Oesophagus an ver- Schaifer,
schiedenen Stellen, hauptsächlich jedoch in den lateralen Buchten seines
obersten Abschnittes Partieen typischer Magenschleimhaut vorkommen
können. Die sich hier findenden, mit hellen Zellen ausgekleideten Drüsen-
schläuche nebst Schleim secemirendem Oberflächenepithel können bei Be-
trachtung mit freiem Auge leicht für Erosionen gehalten werden, imd sind
diese Inseln im derben Pflasterepithellager ausgedehnter, so stellen sie
wohl einen Locus minoris resistentiae dar; sie schaffen wohl die Prä-
disposition für die Entstehung von Divertikeln, sind wohl auch für die
Entwickelung von Carcinomen und peptischen Geschwüren bedeutungsvoll. —
Auch H. Hildebrand (Münch. med. Wochenschr. Nr. 33) behandelt den- Hildebrand,
selben Gegenstand, in übereinstimmender Weise mit Schaff er; auch die
Anschauung, dass es sich hier um heterotopisch entstandene Drüsen handelt,
theilt er.
Von physiologischem Interesse sind die experimentellen Untersuchungen,
die Cannon und Moser (Americ. Journal of Physiol. Bd. l,^Nr. 4) über
die Bewegung der Nahrung in der Speiseröhre angestellt haben.
Sie verfolgten den Schluckact, wenn massig feste und ganz feste Nahrung
genommen wurde, wobei sie die betreffenden thierischen und menschlichen
198
Rosenheim.
Bchluckact Individuen mit Röntgenstrahlen durchleuchteten und die Bewegung der mit
Cannon u. grossen Dosen Wismuth durchsetzten Bissen unter dem Fluorescenzschirm
beobachteten. Es ist bekannt, dass flüssige Nahrung durch die Druck-
wirkung der Mm. mylohyoidei bis an die Cardia herangespritzt wird.
Die peristaltische Welle, die den Oesophagus entlang läuft, holt die ver-
schluckte Masse gewissermaassen erst nachträ>glich ein, und sie ist es dann,
wie dies namentlich auch wieder durch neuere Untersuchungen Meltzer*8
an Hunden dargethan wird (Journal of exp. Med. Bd. 2, Nr. 5), welche
etwa 4 Secunden nach Beginn des Schluckens die Masse durch die Cardia
in den Magen hineintreibt. Ganz anders gestalten sich die Dinge bei
festerer Nahrung; hier geschieht die Abwärtsbeförderung langsam
durch die Peristaltik allein, wenigstens gilt dies für den Menschen.
Meltzer.
Was nun die Oesophagoskopie betrifft, so ist zu bemerken,
dass Vorschläge zur Verbesserung des Instrumentariums und der
Technik auf diesem Gebiete immer von neuem auftauchen. Von
diesen Bemühungen kann man aber nur sagen, dass sie gemeinhin
überflüssig sind; denn Instrumentarium und Technik sind jetzt ge-
nügend einfach geworden, und es besteht für Niemand, der Er-
fahrung hat, ein Zweifel, dass diese und jene kleine Modification,
die man sich erlaubt und auf die man Werth legt, an dem End-
Oesophago- resultat nicht viel ändert. Kirstein (Berl. klin. Wochenschr.
*^**Pj®» Nr. 27) hält es fiir nöthig, die Ausführung der Oesophagoskopie im
Sitzen von neuem zu beschreiben und angelegentlich zu empfehlen;
Emliom, das Gleiche thun Einhorn (New York med. Jonmal, Dec. 1897)
Epstein, und Epstein (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 6 u. 7). Jeder dieser
Autoren fiigt noch irgend einen kleinen Tric hinzu, was vielleicht
dem betreffenden Entdecker das Gefühl der Befriedigung erwecken
mag, was aber durchaus noch keinen Fortschritt in der Sache dar-
zustellen braucht. Kirstein sucht die an sich einfachen Ver-
hältnisse bei der Oesophagoskopie zu äusserst complicirten zu
stempeln, die er dann theoretisch zu analysiren trachtet. Für ihn
ist die individuell verschiedene Beschaffenheit und Anhefbung der
Zunge die Ursache, warum die Oesophagoskopie bald leicht, gelingt,
bald unausführbar ist. Das essentielle Hindemiss der Oesophago-
skopie, der massige Körper der Zunge, muss aus dem Wege ge-
räumt werden; man drängt sie nach vorne: mediane Oesophago-
skopie, nach der Seite: laterale Oesophagoskopie, und hierzu dient
das von ihm angegebene Spatel. Dass eine Reihe von anderen Mo-
menten, das Verhalten und Bau des Oberkiefers, der Zähne, Ver-
knöcherung der Kehlkopfknorpel und anderes mehr von Belang sind
für die leichte oder schwere Ausführbarkeit der Oesophagoskopie,
Krankheiten der Verdauungsorgane. 199
berücksichtigt er nicht weiter. Epstein beschreibt die Methode
der Oesophagoskopie, wie sie von seinem Chef, Professor Störk in
Wien, geübt wird, den er fiir den eigentlichen Pfadfinder auf diesem
Arbeitsgebiete imbefangen anspricht. Er benutzt einen Tubus mit
gegliedertem Ansatzstück, fährt das Instrument im Sitzen ein, unter-
sucht in dieser Position, indem er von einem Stirnreflector aus-
gehendes Licht einfallen lässt. Dass man auf dem vorgeschlagenen
Wege auch zum Ziele kommen kann, bezweifle ich nicht; aber die
Leistungsfähigkeit dieses Verfahrens für diejenigen Fälle, bei denen
die Untersuchung schwierig ist imd lange dauert, und namentlich
für diejenigen , wo wir therapeutische Eingriffe vornehmen wollen,
ist bisher nicht bewiesen. Ja, Epstein gesteht im Gegentheil ein,
dass wo ein längeres Manipuhren nöthig ist, er es vorgezogen hat,
nach Einfuhrung des Instrumentes im Sitzen, in E.ückenlage zu
untersuchen . Die Einführung des Instrumentes, des geraden wie
des gekrümmten, im Sitzen ist, wie ich nie bezweifelt habe, sehr
pt ausführbar; aber sie ist für die überwiegende Mehrzahl der
Fälle eine ganz überflüssige Procedur. Ich gebe zu, dass es ftir
den ungeübten Anfanger einen gewissen Vortheil haben kann, ein
gekrümmtes Instrument, das nachher gestreckt wird, einzuführen,
aber dass es für den Patienten einen Nutzen haben soU, den unbe-
quemen Lagewechsel mit dem Tubus in der Speiseröhre durchzu-
machen, vermag ich nicht einzusehen. Dauert die Untersuchimg
kurze Zeit, so wird man auch, während der Patient sitzt, sich ge-
nügend Orientiren können, aber wie lange wir fiir eine Untersuchung
brauchen, das können wir nie vorher wissen. Das Gesichtsfeld
kann durch Blut, durch stagnirendes Secret verdeckt sein, dessen
Auftupfen längere Zeit erfordert; es kann die Extraction eines
Fremdkörpers nöthig sein, eine Aetzung oder sonst ein Eingriff;
all das erfordert, dass der Ej*anke ruhig ist, und das wird er am
ehesten in einer Lage, die ihm angenehm ist, und das ist die Eücken-
lage schon deshalb, weil er in dieser durch das herabfiiessende
Mxmd- und Itachensecret nicht beheUigt wird. Nach den mir zu
(xebote stehenden reichen Erfahrungen liegt für mich nicht der ge-
ringste Grund vor, eine von den hier vorgeschlagenen Modificationen
zu acceptiren; dass sie keine Verbesserungen sind, geht schon daraus
bervor, dass man es jetzt bei zimehmender Erfahrung auf der Störk-
schen Klinik vorzieht, in Rückenlage zu operiren. Dass man bei
Anwendung eines am Tubus befestigbaren Elektroskops , das
V.Hacker und ich benutzen und das die Einführung von Instru-
menten ganz gut gestattet, seitliche Bewegungen mit dem Tubus
200
RosenheniL
zur Absachung des Gesichtsfeldes sehr viel rascher und sicherer,
ohne das Bild zu verlieren^ ausfuhren kann, scheint mir mehr für
diese Art der Beleuchtung zu sprechen, als für die von Störk em-
pfohlene.
Das, was dann Epstein über Fremdkörperextractionen im
Oesophagoskop mittheilt, desgleichen über die Sondirung, bestätigt
die schon von v. Hacker und mir gemachten Erfahrungen. Sehr
beachtenswerth sind die Erfolge, die der Autor bei der Behandlung
von Stricturen mit unter Leitung des Auges eingelegten Lami-
naria stiften erzielt hat. Das Verfahren, das Epstein in An-
lehnung an den älteren Senator'schen Vorschlag selbständig aus-
Oesophago- gebildet hat, habe ich selbst zu erproben Grelegenheit gehabt (Berl.
»kopie, jjjjj Wochenschr. Nr. 22). In Betreff des von ihm benutzten In-
strumentariums muss ich indes die Bemerkung machen, dass die
Zange mit gezahnten Branchen, die er anwendet, nicht empfehlens-
werth ist, da die Loslösung der Zähne vom Stift nach der Einfuh-
rung Schwierigkeiten machen kann. Ich gebrauche für den in
Rede stehenden Zweck eine Zange mit glatten, ausgehöhlten Innen-
flächen. Erfolg hatte Epstein bei seinem Vorgehen in sehr
schwierigen Fällen mit engen ringförmigen, und kurzen, röhren-
förmigen Stricturen. Für längere Stricturen haben sich Epstein,
der hier eine Idee v. Hacker's verwerthete, gespannte Drains
bewährt, die er an einem 2 mm dünnen metallenen Einfuhrungsstab
im Oesophagoskop einbringt. Der Drain bleibt nach Entfemimg des
Einfiihrungsstabes bis zu 24 Stunden Uegen. Für das Verfahren
eignen sich, wie ich meine, nur wenige an sich gut geartete Fälle,
bei denen eben die Strictur noch weit genug ist, um ein solches
Instrument anstandslos passiren zu lassen. Immerhin wird auch
dieses Procedere in gewissen Fällen gute Dienste leisten, und da
der verfugbare therapeutische Apparat für die Behandlung von
Stricturen des Oesophagus, wegen der Verschiedenheit und der
CompLLcirtheit der Verhältnisse, gar nicht mannigfaltig genug sein
kann, so wird man auf die hier gemachten Vorschläge sicherlich
gelegentlich zurückkommen müssen.
Von vornehmlich klinischem Interesse sind zwei Mittheilungen
V. Hacker, v. Hacker*s (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20). In dereinen beschäftigt
er sich mit der Oesophagoskopie und ihrer klinischen
Bedeutung. Er gibt hier ausführlicher, was er zusammenfassend
bereits in früheren PubHcationen niedergelegt hat. Ich finde des-
halb, so wichtig die Arbeit an sich ist, da sie den Gegenstand
gründlich erschöpft und durch eine Reihe sehr wohlgelungener Ab-
Krankheiten der Yerdauungsorgane. 201
bildungen die in Betracht kommenden mannigfaltigen Verhält-
nisse illustrirt, keine Veranlassung, hier sie im einzelnen zu ana-
lysiren. — In der zweiten Mittheilung beschäftigt sich v. Hacker
ausschliesslich mit dem Krebs der Speiseröhre; an der Hand
von 20 genauer mitgetheilten Beobachtungen führt er uns alle die
Bilder vor, welche das Carcinom in der Speiseröhre machen kann.
Am Schluss erwähnt er noch einen recht wichtigen Punkt, der sich
auf die Besichtigung am Eingang des Oesophagus dicht unterhalb
des Constrictor pharyngis inferior bezieht, einer Stelle, deren Besichti-
gung laryngoskopisch nicht mehr, ösophagoskopisch noch nicht ge-
lingt, indem der Tubus leicht, wenn man ihn bewegt, vorwärts
gleitet, aber noch leichter in den Rachen zurückrutscht. Für solche
Fälle empfiehlt Hacker einen Tubus, dessen kürzerer Querschnitts-
durchmesser nach der Einführung sagittal, dessen längerer frontal
steht und dessen Einfuhnmgsende so construirt ist, dass sein aus
zwei Halbröhren gebildetes, etwa 3 cm langes Einführungsende durch
einen einfachen Mechanismus winkelig, wie die Branchen einer
Zange nach rechts und links sich öffnet und ebenso wieder ge-
schlossen werden kann. Für den gleichen Zweck der Besichtigung
dieses schwerer zugänglichen Theiles empfiehlt Kirstein (AUgem. Kirstein.
med. Centralztg. Nr. 90) einen gewöhnlichen Tubus mit einer Seiten-
öffnung, einem 5 cm langen, bis zur Hälfte des Tubusumfanges
eingeschnittenen Fenster mit abgerundeten B.ändem, in das die
Schleimhautpartie alsdann sich hineinwölbt. Bei der Einfuhrung
dieses Instrumentes steht das offene Fenster nach hinten; es kann
auch ein das Fenster schliessender Mandrin miteingefuhrt werden.
Dass die Besichtigung der Cricoid- und Aryrückfläche von grosser
Wichtigkeit werden kann, ist zweifellos; das Kirstein'sche In-
strument hat aber den Nachtheil, dass es nur für Verhältnisse passt,
die es noch gestatten, einen starken Tubus durch die erkrankte
obere Oesophagealpartie hindurchzufiihren. Oftmals ist das aber
nicht möglich, hier ist der Hacker'sche Tubus brauchbarer; in
welchem Umfange das der Fall ist, müssen weitere Controllunter-
suchungen lehren.
Neue Fälle von Erweiterung der Speiseröhre im unteren
Abschnitt theilen Netter (Archiv f. Verdauungskrankh. Bd. 4),
Einhorn (Medical Record) und Reitzenstein (Münch. med.
Wochenschr. Nr. 12) mit. In letzterem Falle wurde die Differential-
diagnose zwischen spindelförmiger Erweiterung und Divertikel in
der Weise begründet, dass ein solider, mit Heftpflaster am unteren
202 Bosenheim.
Divertikel Ende beklebter dünner Mercier-Katheter in den Magen, ein anderer
der Speise- j^qU^^p jj^ ^q erweiterte Speiseröhre eingeführt wurde. Beim Ein-
Netter,' giessen von Farblösungen in die Hohlsonde wird das Heftpflaster
Einhorn, bei spindelförmiger Erweiterung mitgeßirbt, bei Divertikeln nicht.
Reitzenstein.
Einen interessanten Fall von Stenose des Oesophagus hat
Oesophagus-Ehrlich (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 42) infolge von Schar lac h-
stenose, diphtherie beobachtet. Es handelte sich um einen Knaben von
BhrÜGh, ^ . . « ^
5 Jahren, bei dem sich im Laufe von 2 Jahren nach Scharlach-
diphtherie eine so hochgradige Verengerung der Speiseröhre ent-
wickelte, dass schliesslich die Gastrostomie gemacht werden musste.
Eine Sondirung gelang weder vor noch nach der Operation. Der
Rosenheim. Rnabe wurde mir deshalb überwiesen, und es gelang mir unter sehr
grossen Schwierigkeiten, ohne Zuhülfenahme der Chloroformnarkose,
die schlecht vertragen wurde, trotz des heftigen Sträubens des
Kindes, im Oesophagoskop einen feinen Laminariastift in die Strictur
einzuführen und sie so zu erweitem; später konnte ich dann zu
stärkeren Nummern übergehen und erzielte schliesslich völlige Heilung.
Zur Diagnose der Oesophagus-Tracheal fisteln theilt
Oesophagns-Kohlenberger (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 23) folgendes
^'*°J^**^" einfache Verfahren mit, das in einem Falle erprobt wurde. Eine
Kohlenberger. weiche Sonde wurde in den Oesophagus eingeführt, das höher
stehende Fenster derselben war der Trachea zugewandt, vor das
offene Ende der Sonde hielt man die Flamme eines Wachsstockes
und schob, während der Patient tiefe Athemzüge machte, die Sonde
allmählich vor. Die Flamme wurde bei der Inspiration stark ein-
gezogen, bei der Exspiration weggeblasen; sowie man an die Fistel-
stelle kam, erlosch das Licht.
Behandlung Von therapeutischem Interesse ist die Mittheilung von Zeehuisen
^^^ (Centralbl. f. innere Med. Nr. 2). Er empfiehlt zur Behandlung
Oesophagus-^ ., . ri \. j. - j. ^ -er 1. 1 i i i •
stricturen caustischer üesophagusstricturendas Verscnluckenkleiner
Zeehuisen. Kugeln, die an einem Seidenfaden befestigt sind. Lässt man dies
Abends vornehmen, so passirt die Kugel Nachts häufig den engen
Kanal, auch wenn er für eine Sonde nicht mehr passirbar ist, und
— mit sie erweitert ihn regelmässig beim Herausziehen. — Bayer berichtet
Eucain, ^^^^ ^^ günstigen Erfahrungen (Therap. Monatsh., April), die in
meiner Poliklinik bei der Behandlung der Stricturen, namentlich der
carcinomatösen , mit Einspritzungen 3°/öiger Eucainlösungen in
die Speiseröhre gemacht worden sind. Die Injection geschieht mit
der von mir angegebenen 3 — 4 ccm enthaltenden, mit einem 35 cm
KimaUieiteB der Yerdairaiig'soigaiie« 203
langen Ansatzrohr Tersehenen Oesopha^osspritze. Das Yertahi^n
kommt beim Carcinom imverhälmissmässio; häoiiger zur Anwendung
als die Sondinmg.
B« Magea.
Torweg zu ndimen wäre die Besprechung einiger Arbeiten, welche
phynologuclie, den 3fagen betreffende Fiagen berücksichtigen. Ich er-
wähne hier Untersnehnngen von G. Lörcher (PflOgers Archir Bd. 69) Lab»
über Labwirknng, die angestellt wurden, um zu zeigen, wie einige Wrciwr.
Laugen und Salze auf das Lab einwirken. Am stärksten hemmend wirken
auf die Labgerinnnng die Alkalien. Gerinnung tritt um 8o rascher ein, bezw.
die durch Labgerinnnng erzielte Eäsemenge ist um so grosser, je mehr Kalk-
{«alze sich in der Milch befinden und je länger ümen Zeit gegeben wird,
ihre Bolle bei der Gerinnung zu spielen. Auch Säure schädigt in höherer
Concentration und bei genügend langer Einwirkung das Labferment. Nicht
gekochte Milch gerinnt rascher, als solche, die vorher gekocht oder einige
Zeit anf höhere Temperatur gebracht worden war. Durch Erhitzung auf
60 — 70* wird das Lab zerstört, das Prolab, das Zymogen, wird durch
Säoren in Lab verwandelt, und darauf beruht sein Nachweis.
Bugarszky und Liebermann studirten das Bindungsvermögen Bindung der
eiweissartiger Körper für Salzsäure, Natriumhydrozyd und Biweiss-
Kochsalz (Pflfigers Arch. Bd. 72). Es zeigte sich, dass Salzsäure und ^ ^*^^!'*
Natriumhydrozyd in wässriger Lösung von eiweissartigen Körpern gebunden Liebermann.
werden, jedoch eine Bindung von Kochsalz nicht stattfindet. 1 Molecül
EiweiK bindet 4 Molecüle Salzsäure, 1 Molecül Albumose 3 Molecüle Salz-
aore, 2 Molecüle Pepton aber nur 1 Molecül Salzsäure. Wie die Salz-
iänre verhält sich das Natriumhydrozyd.
Die Frage der Eisenresorption im Magen und Duodenum
beschäftigte Hari (Arch. f. Yerdauungskr. Bd. 4). Er findet, dass, wenn Eisen-
zach das Duodenum den grösseren Antheil an der Resorption hat, doch resorption,
das Cylinderepithel der Magenschleimhaut unzweifelhaft befähigt ist, ^"^*
massige Mengen Eisen zu resorbiren.
Die Magenbewegnngen hat Gannon (Amer. Journal of Physiol. Magen-
Bd. 1, Nr. 3) mit Hülfe der Röntgenstrahlen studirt, indem er die Be- bewegnng.
vegmgen des Magens, der eine reichlich mit Wismuth gemischte Nahrung Cannon
enthielt, unter dem Fluorescenzschirm verfolgte. Freilich beziehen sich diese
rntersnchungen nur auf den Katzenmagen, sie haben aber immerhin auch
IntereaBe für die Physiologie des Menschen, da die Verhältnisse in mancher
Beziehung ähnliche sein dürften. Bei der Katze zeigt sich die Pyloms-
pfiitie des Magens durchaus verschieden vom Fundus. Letzterer Lst ein
Keservoir, das seinen Inhalt ganz allmählich in den Pförtnertheil hinüber-
filttt. Die Bewegung im Fundus ist keine peristaltiache, und eine Durch-
QÜbcfamig mit 3fagensaft findet hier nicht statt; Mischung, Zerreibung und
AoMtoivnng der Nahrung findet im Pylorus statt mit Hülfe von Con-stric-
204
Rosenheim.
tionen, die ganz unregelmässig von Oeffnungen des Pylorus begleitet werden.
Psychische Einflüsse unterbrechen die Magenbewegung.
Gährung,
Talma,
Ehret.
Eine wichtige Frage aus der pathologischen Physiologie des Magens
ist die der Gährung der Kohlehydrate. Mit dieser beschäftigt sich
Talma von neuem (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 35). Er stellt folgende
Erfahrungssätze auf: Gährungsproducte sind Ursachen motorischer Insuffi-
cienz des Magens. Krampf des Sphincter pylori kann die nächste Ursache
der motorischen Insufficienz sein. Die Gährung ist eine Ursache von
Hyperchlorhydrie. Der von den Gährungsproducten und der starken Säure
erweckte Magenkrampf kann die Ursache von Ulcerationen und vielleicht
Perforationen der Wand sein, und schliesslich kann aus einem durch Alkohol-
gährung entstandenen Ulcus sich ein Carcinom entwickeln. Diese Gährung,
deren vornehmste Producte Gase sind, wird durch Vorenthaltung der Kohle-
hydrate am besten bekämpft. Neben ihr kommt noch eine zweite Gährung
in Betracht, bei welcher wenig Gase, aber viel Säuren gebildet werden
(Essigsäure, Milchsäure u. s. w.). Auch diese Gährung kann die Ursache
von Krankheiten der Magenwand sein. Hier ist die Beurtheilung schwerer,
da hier gewöhnlich andere Erkrankungen nebenher bestehen, z. B. Car-
cinom. — Das specielle Verhältniss der Sarcinen zu den Magen^hrungen
behandelt dann Ehret (Mitthlg. a. d. Grenzgebieten Bd. 2). Er macht
auf die Fälle aufmerksam, wo im überstauten Mageninhalt massenhafte
Sarcinen nachgewiesen werden, während Hefe und andere Bacterien wenig
hervortreten. Hier besteht unter Umständen lebhafteste Gasgährung mit
Bildung von Alkohol, Kohlensäure, Aldehyd, Essigsäure und Ameisensäure.
Hierfür dürften die Sarcinen verantwortlich zu machen sein, deren Vege-
tationsenergie der Stärke der Gährung parallel zu laufen pflegt. Wo viel
Sarcinen sind, ist die Gesammtacidität gemeinhin eine hohe, während
sie bei starker Entwickelung von Kokken und langen Bacterien eher gering
zu sein pflegt. Die Art der Magenerkrankung hat mit dem Auf-
treten der Sarcinen gar nichts zu thun. Eine wichtige Infections-
quelle unseres Magens ist sicher das Bier. Gemeinhin geschieht die In-
fection mit Sarcinen und sprossender Hefe zugleich.
Diagnosti-
sche Bedeu-
tung der
Magen-
gährung,
Ehret.
In einer weiteren Arbeit hat dann Ehret (ebenda Bd. 3) die
diagnostische Bedeutung der M a geng ä h run g e n be-
leuchtet. Während, wie bereits oben erwähnt, das Bestehen einer
Sarcinengährung oder Sarcinenhefegähning keinen diagnostischen An-
halt gibt, spricht Langbacteriengährung mit grösster Wahrschein-
lichkeit für Krebs. Kurzstäbchengährung spricht mit 68 ®/o Wahr-
scheinlichkeit für Carcinom. Das Fehlen jeder ohne weiteres mikro-
skopisch zu diagnosticirenden Gährung, trotz erheblicher Ueber-
stauungen, spricht geradezu gegen Carcinom. Die Möglichkeit, dass
GährungUeb er Stauung und motorische Insufficienz des
Krankheiten der Verdauungsorgane. 205
Magens, wie dies auch T a 1 m a betont, zu erzeugen im Stande
ist, wird von Ehret durch einen sehr beweisenden Selbstversuch
dargethan.
Die Verbesserung unserer diagnostischen Hülfsmittel ist
auch in diesem Jahre mannigfach angestrebt worden. Ich erwähne zu-
nächst ein Verfahren von Kadner (Deutsche med. Wochenschr. Chemische
Nr. 13) zur Untersuchimg der Magenfunctionen. Es erscheint ihm Diagnostik
nützlich, vor Ausheberung des Probefrühstückes eine Lösung von Kadner.
phosphorsaurem Natron (100 g) trinken zu lassen. Das aus-
geheberte Gemisch wird alsdann zur Bestimmung der freien Salz-
saure verwendet, ermöglicht aber vor allem durch Titrirung mit
Uranlösung die Feststellung der Gesammtmenge des Mageninhaltes.
Der von Keach gebrachte Beitrag zur Prüfung der secretorischen Jodkap sein,
Function des Magens (Fortschritte der Med. Bd. 16, Nr. 19) scheint ^*^^-
mir practisch bedeutungslos. Nach dem Vorgange von Sahli und
Günzburg lässt er auf nüchternem Magen mit dem Probefrühstück
eine Gelatinekapsel, die 0,6 eines Gemenges Baryumjodat und
Wismuthoxy Jodid im Verhältniss 1 : 2 enthält , schlucken. Es
wurde dann der Speichel auf Jod geprüft. Mittels dieses Verfahrens
soU es möglich sein, Hyperacidität zu diagnosticiren und Hypacidität
auszuschliessen.
Unter den physikalischen Untersuchungsmethoden ist es die
Magendurchleuchtung, welche durch Starck (Samml. klin. Magendurch-
Vortr. Nr. 217) noch einmal eingehend besprochen und in Betreff leuchtung.
ihrer diagnostischen Leistung geprüft wird. Wesentlich erscheint
ihm, dass man erst den leeren Magen mit einer einfachen Ein-
horn'schen Glühlampe durchleuchte und dann die Gestaltverände-
rungen desselben bei zunehmender Füllung controllire. Auf diese
Weise bekommt man Aufschluss über die Dehnbarkeit in normalen
und pathologischen Zuständen, über Gastroptose und Gastrektasie.
Zur Grenzbestimmung des ganzen Magens wie seiner Theile scheint
ihm die Methode besonders geeignet. Ebenso kann sie bei Magen-
tumoren oder schwierigen topographischen Verhältnissen des Ab-
domens von grossem Nutzen sein. Für die Frühdiagnose des Py-
loruscarcinoms aber leistet sie nichts.
Boas und Levy-Dorn geben ein Verfahren zur Diagnostik von
Magendarmkrankheiten mittels Röntgenstrahlen an (Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 2). Sie bedienen sich 12 g schwerer, Wis-
muth enthaltender Celluloidkapseln von 2*/4 cm Länge
206
Rosenheim.
Röntgen-
strahlen,
Boas n.
Leyy-Dorn.
und 1 ^4 cm Dicke, deren Lage sie nach dem Verschlucken auf dem
Fluorescenzschirm zu erkennen in der Lage sind. Die Möglichkeit,
dass es auf diese Weise gelingt, eine erheblichere Verengerung des
Magens oder Darmes zu erkennen, wäre dann mit Bestimmtheit zu-
zugeben, wenn wir sicher wären, dass das Passiren einer solchen
Kapsel allemal sich anstandslos in bestimmter Zeit vollzieht, wo
keine Verengerung vorhanden ist. Das ist aber nicht der Fall, da
in erschlafften Organabschnitten, sowohl im Magen als im Darm,
Fremdkörper unverhältnissmässig lange liegen bleiben können.
Andererseits muss darauf außnerksam gemacht werden, dass das
hier empfohlene Verfahren nicht unbedenklich ist, indem diese
ziemlich massive Kapsel eine vorhandene Strictur völlig undurch-
gängig machen kann.
Des weiteren ist dann die Photographie des Mageninnern
als brauchbare physikalische Untersuchungsmethode von F. Lange
graphie des undMeltzing (Münch. med. Wochenschr. Nr. 60) empfohlen worden.
Die ersten Versuche auf diesem schwierigen Gebiete, von Kuttner
angestellt, sind den beiden Autoren anscheinend entgangen, sie haben
übrigens ein practisches Resultat nicht gehabt. Ob der Apparat
von Lange und Meltzing mehr leisten wird, bleibt abzuwarten.
Er besteht aus Kopfstück (mit Beleuchtungskörper, Linse u. s. w.),
Schlauch und Camera, wird in den leeren Magen eingeführt und
vermittelt leicht die Aufnahme von Bildern in grosser Zahl hinter ein-
ander (bis zu 60), indem ein Filmstreifen, der die wechselnden
Bilder aufnimmt, ganz allmählich abgerollt und hinter der Linse
vorbeigeführt wird. Weitere Einzelheiten siehe im Original. Ich
glaube nicht, dass auf diesem Wege eine Orientirung über das
Mageninnere möglich ist, die Deutung der Bilder wird immer eine
überaus willkürliche sein.
Photo-
mjiern.
Lange n.
Meltzing.
Gastro-
skopie,
KelUng.
Endlich ist die Gastroskopie als jüngste Methode zu er-
wähnen; sie ist durch neuere Untersuchungen von Kelling (Münch.
med. Wochenschr. Nr. 49 u. 60) gefordert worden. Auf Grund
neuer Erfahrungen und Versuche empfiehlt er zur Anwendung ein
Gastroskop nach dem Princip von Mikulicz, winklig im unteren
Drittel abgeknickt. Er hat das Lastrument nach der Richtung ver-
vollkommnet, dass er in der Lage ist, es biegsam einzuführen, was
sich dadurch erreichen lässt, dass der Haupttheil des Apparates aus
einem Gliederrohr besteht, welches vom Knickungswinkel 86 cm
lang bis zum Kopftheil reicht und welches nach der Einfuhrung in
diesem Theil durch Zug an einem Draht gestreckt wird. Nun wird
Krankheiten der Verdauungeorgane. 207
der Apparat im Körper um 180° gedreht, und der frei in den Magen
hineinragende Schnabel wird durch Andrücken eines Hebels von
aussen her in winklige Stellung gebracht. Auf sonstige constructive
Einzelheiten will ich hier nicht eingehen. Kelling versichert,
dass er mit diesem complicirten Apparat in der Lage gewesen ist,
einwandsfreie Diagnosen zu stellen. Die Brauchbarkeit eines ge-
raden Gastroskopes, wie ich es empfohlen habe, gibt er nur für die
Fälle zu, wo bei gastroptotischen Mägen der Pylorus mit nach unten
gesunken ist. Das Instrument von Kelling hat im Verhältniss zu
meinem eigenen früher beschriebenen den Nachtheil, dass es einen
Durchmesser von 14 mm hat. Dass die Einführung Schwierigkeiten
zu überwinden hat, die in manchen Fällen überhaupt nicht aus-
gleichbar sind, gibt Kelling selbst zu, jedenfalls haben die ver-
dienstvollen Bemühungen Kelling*s unsere Kenntnisse auf dem
schwierigen Gebiete der Gastroskopie gefördert, auch wenn das
letzte Wort zur Lösung des hier vorliegenden Problems noch nicht
gesprochen sein sollte.
Schliesslich haben wir noch über den Werth der histologi-
schen Untersuchungsmethode von Schleimhautfetzen,
die im Sondenfenster haften geblieben sind, eine Beurtheilung zu ver-
zeichnen, die sich auf eingehendere Prüfungen stützt. Olivetti Histologi-
(Gazzetta medica di Torino Nr. 38) findet, dass die Diagnose ge- »che Unter-
. , Buchung von
wisser Magenkrankheiten mit Hülfe des Mikroskopes gesichert werden Magen-
kann. Aber die Ergebnisse sind mit grösster Kritik nur zu ver-Bolileimhaut-
werthen und werden in ihrer Bedeutung meist überschätzt. Olivetti'
Wir kommen nimmehr zu den klinischen Arbeiten. Berück-
sichtigen wir zunächst diejenige Krankheitsgruppe, die unter dem
Namen der motorischen Insufficienz zusammengefasst wird, so
müssen wir eine experimentelle Studie von Weintraud (Verhandl. Motorische
d. 16. Congresses f. innere Med. in Wiesbaden) vorwegnehmen. Es Insufficienz
. ... des Magens,
gelang ihm, hochgradige Magenektasieen, die dem Krankheitszustand weintraud,
beim Menschen vollständig entsprechen (Erweiterung mit Hyper-
aciditat und Gährung) bei Hunden dadurch zu erzeugen, dass er
ihnen den Pylorus mit einem dünnen Gummischlauch umschnürte.
In den vorgeschrittensten Fällen fanden sich Hefe und colossale Mengen
Sarcinen im Mageninhalt. Auch der nüchterne Magen enthielt, wenn
er am Abend vorher ausgespült war, öfter nicht unerhebliche Mengen
Magensaft. Nach Entfernung des Einges war die Bückbildung eine
auffallend gute, selbst wenn der pathologische Zustand 10 Monate
208
Rosenheim.
Tetanie,
Sievers,
BobBon,
Motorische bestanden hatte. — Eingehend prüft W. Michaelis (Zeitsohr. f. klin.
^/«^'"^^^'^'^Med. Bd. 34) die Erweiterung des Antrum pylori und ihre
Michaelia. Beziehung zur motorischen Insufficienz des Magens. Unzweifelhaft
liess sich feststellen, dass bei den Mägen, deren Motilität
schwer gestört ist, die rechte Grenze in der Regel be-
deutend weiter von der Medianlinie entfernt ist, als bei
den Mägen mit guter Motilität, ein Verhalten, auf das ich selbst in
meinem Buche schon die Aufmerksamkeit gelenkt habe. Dieser Be-
fund ist auf Vergrösserung des Magens nach rechts und auf eine
selbständige Ausweitung der Portio pylorica zu beziehen. — Die
bei Erweiterung des Magens am ehesten zu Stande kommende Te-
tanie hat Sievers (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 31 u. 32) in zwei,
Robson (Lancet, Novbr.) in drei Fällen beobachtet. Dass das Auf-
treten der Tetanie im Zusammenhang mit einem Vorhandensein von
Uebersäuerung des Mageninhaltes steht, ist Sievers mit Recht
unwahrscheinlich, indem er auf die FäUe hinweist, wo die Tetanie
sich bei Carcinom mit Subacidität gefunden hat, was durch eine
weitere Beobachtung von Albu (Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 4)
bestätigt wird , und wo sie bei Darm- und Feritonealaffectionen zu
Stande gekommen ist, oder wie z. B. in einem Falle von Trevelyan
(Lancet, Sept.) regelmässig im Anschluss an Brechattacken auftrat.
Die entscheidende Voraussetzung für die Entstehung dieses nervösen
Symptomencomplexes ist, dass Verhältnisse geschaffen werden, unter
denen sich Zersetzungsproducte in den Organen der Bauchhöhle
bilden können. — Eine eigenartige Form von , wie er es nennt , 1 a-
tenter Tetanie bei hochgradiger Erweiterung des Magens, infolge
Pyloruscarcinom beobachtete Kuck ein (Berl. klin. Wochenschr.
Nr. 46). Schwere Benommenheit des Sensoriums , leichte clonische
Zuckungen in der Musculatur der Extremitäten und des Facialis-
gebietes bestanden neben ausgesprochenem Trousseau'schen Phänomen,
während die elektrische Erregbarkeit keine auffallende Abweichung
von der Norm zeigte. Erwähnenswerth ist noch, dass der Magen-
inhalt keine nennenswerthe Salzsäure enthielt, so dass auch dieser
Fall beweist, dass Superacidität nicht die nothwendige Voraussetzung
für das Zustandekommen der Tetanie oder tetanieähnlicher Zu-
stände ist. Dass, wo diese Zufalle die Dilatation compliciren, eine
energische chirurgische Therapie geboten ist, betont Albu, der bei
seinem Patienten mit bestem Erfolg den Pförtner reseciren liess.
Alba,
Treyelyan,
Kuckein.
Unter den sonstigen Erkrankungen des Magens ist die Atrophie
der Schleimhaut fortgesetzt Gegenstand des Interesses und des Stu-
Krankheiten der Yerdauungsorgane. 209
diuina. — N. Reichmann (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 46) bringt Gastritis
einen Beitrag zur Diagnose der Gastritis atrophicans. Vor der »^jophicans.
, , _ Rp.ip.nina.nn .
Nahrungsaufnahme oder eimge Stunden nach dem Essen, am häufig-
sten in der Nacht tritt bei derartigen Patienten ein Symptomen-
complex auf, welcher sich aus einem Schmerzgefühl im Abdomen,
ganz nahe dem Nabel, als ob sich etwas im Leibe herumgedreht
hätte, gleichzeitiger Uebelkeit und gelegentlich folgender Regurgi-
tation wässriger Flüssigkeit zusammensetzt. Dieses Symptom findet
sich nicht in allen Fällen; anfangs, wo es vorhanden ist, stellt es
sich seltener und mit geringerer Intensität ein; ohne sichtbaren
Grund kann es eine Zeit lang ausbleiben. — Die Frage der Beziehung
der Atrophie zur progressiven perniciösen Anämie wird von
M. Koch (Inaug.-Dissert. , Berlin) mit gleichzeitiger Berück- Magen-
sichtifioing der atrophischen Processe im Darm vom pathologisch- **'°P^^® ^"^^
. . pemiciöse
anatomischen Standpunkte aus an der Hand eines grossen Leichen- Anämie
materials einer eingehenden Prüfung unterzogen. Die Veränderungen Koch,
am Digestionstractus scheinen Koch durch den anämischen Zustand
bedingt, das Secundäre und nicht die Ursache der perniciösen
Anämie zu sein, sie sind Erscheinungen analog der Fettmetamor-
phose der Herzmusculatur und der Hinterstrangsdegenerationen des
Rückenmarks. — In gewissem Zusammenhang mit der Atrophie steht
die stenosirende Pylorushypertrophie, von der ich einen ganz
charakteristischen Fall vor einigen Jahren (Jahrg. 1894) mitgetheilt
habe und deren Kenntniss Boas (Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 4) Blagen-
durch Mittheilung von drei neuen Fällen vermehrt. Die Chroni-**'^^^^^® '^'^^
cität des Verlaufes mit weiten Schwankungen in der Stärke der hyper-
Beschwerden, die stete Stagnation, die für eine mechanische trophie,
Stenose spricht, der chemische Befund des Mageninhaltes mit ^^'
seinem dauernden Fehlen von Salzsäure und Fermenten, der auf
tiefgreifende Veränderungen an der Magenschleimhaut hinweist, alles
das kann die Diagnose der stenosirenden Gastritis ermöglichen, doch
kommen sicher Fälle vor, wo die Differentialdiagnose gegenüber
anderen gutartigen Processen, besonders aber gegenüber Carcinom
geradezu unmöglich sein wird. Ein fühlbarer Tumor fehlte bei zweien
der Boas'schen Fälle. La dem einen derselben trat eine stark aus-
gebildete peristaltische Unruhe hervor, die von vornherein an ein
Hindemiss am Pylorus denken liess. — Endlich schHesse ich hier
noch eine Notiz über gutartige papilläre Geschwülste der
Magenschleimhaut an. Sklifossowsky (Virch. Arch. Bd. 163) Papilläre
lenkt die Aufinerksamkeit auf Zottengeschwülste von Wallnuss- . ^T, ,
^ schwulste,
grosse, die auf dem Boden der Gastritis proliferans entstehen und Sklifossowsky.
Jahrbuch der practischen Medicin. If^SS. 24
2 IQ Rosenheim,
die als papilläre Fibrome oder als drüsige Hj^erplasieen anzu-
sprechen sind.
Den Magenkrebs betreffend, erwähne ich eine Untersuchung
Blutkörper- von F. P. Henry (Arch. f. Verdauungskrankh. Bd. 4) über den
chenzählung^jjg^gQQg^jggj^gjj "VVerth der Blutkörperchenzählung bei
krebs Latenz des Uebels. Er findet, dass die Zahl der rothen Blutkörper-
Henry, chen beim Magenkrebs im vorgerückten Stadium in der Regel zwi-
schen zwei und drei Millionen pro Cubikcentimeter schwankt und
dass diese Zahl bis zum Ende des Lebens ebenso hoch bleibt, wäh-
Pepsinbeim rend bei pemiciöser Anämie die Zahl erheblicher sinkt. — Gintl
^^^^^V^^'^C-^c^- ^- Verdauungskrankh. Bd. 4) verbreitet sich über das Ver-
vrinu*
halten des Pepsins bei Erkrankungen des Magens und speciell auch
beim Krebs. Bei letzterem finden sich stark herabgesetzte Werthe
neben solchen, welche sich der Norm nähern oder dieselbe erreichen ; im
wesentlichen dasselbe Verhalten zeigt sich bei anderen Affectionen
mit Verminderung der Saftproduction. Lidess ist festzuhalten, dass
eine bedeutende Herabsetzung des Werthes für Salzsäure nicht aus-
schliesst, dass daneben relativ hohe Werthe für Pepsin gefunden
werden.
Pylorus- Zur Diagnose der Verwachsung zwischen Pylorus-
tumor, tumor und Leber bringen v. Kundrat und H. Schlesinger
V Kundnit u.
SchleBüiger. (Mittheil. a. d. Grenzgeb. Bd. 2) einen interessanten Beitrag. Hier
war in einem Falle die Diagnose auf das Fehlen der Verwachsung
gestellt worden, indem man sich an den von mir aufgestellten Satz
hielt, dass ein Tumor, der die respiratorische Bewegung der Leber
mitmacht, sich aber bei maximaler LispirationssteUung vom Finger
fixiren lässt und diese Lage beibehält, während die Leber nach oben
steigt, nicht mit der Leber verwachsen sei. Und doch bestand die
Verwachsung, weil sie an der unteren Fläche der Leber und
weit nach rückwärts zu sass, wodurch ein Verhalten vorge-
täuscht wurde, wie beim Fehlen von Verlöthungen.
Syphilis Auf die seltene Syphilis des Magens macht Dieulafoy (Bull,
des Magens, „^^^j ^ Wiener med. Bl. Nr. 28 u. 29) besonders aufmerksam. Sie
manifestirt sich in hämorrhagischen Erosionen, gummösen Lifiltraten
und Plaques, Ulcerationen und Narben, Es können alle Symptome
des Ulcus auftreten. Ein mitgetheilter Fall beweist, dass Hg und
Jodkali helfen, wenn Lues die Basis des Geschwürs ist.
Krankheiten der Yerdanungsorgane.
211
Zur Lehre von der Hyperacidität bringt Hemme t er (Arch.
f. Verdauungskrankh. Bd. 4) einen Beitrag, indem er den histologi-
schen Verhältnissen der Magendrüsen im allgemeinen und speciell
bei dieser Erkrankung nachgeht. Wucherung der Drüsen-
elemente findet er in mehr als der Hälfte der Fälle von Hyper-
acidität und Atrophie, annähernd in demselben Verhältniss bei Fällen
von Anacidität. Ohne auffallende anatomische Verändenmgen kommen,
wie die Untersuchungen lehrten, die schwersten Störungen der Se-
cretion auf rein nervösem Wege zu Stande. — Therapeutisch hat sich
Hemmeter bei Hyperacidität mit Nutzen der Takadiastase
bedient, deren Wirkungsweise Strauss und Stargardt (Therap.
Monatsh. , Febr.) dadurch erklären , dass sie zwar nicht resistenter
gegen Säure sei, als das Ptyalin, aber dass sie zusammen mit dem-
selben eine absolute Steigerung der verfügbaren Fermentkraft dar-
stelle und demgemäss wirksam sei. Man soll sie im Anfang der
Verdauung geben, aber nur, wo keine Motilitätsstörung und
namentlich auch kein Magensaftfluss vorliegt. — Auch die Frage der
Diät bei Hyperacidität ist noch von anderen Seiten von Sörensen
und Metzger (Münch. med. Wochenschr. Nr. 36), sowie von Strauss
und Aldor (Zeitschr. f. diätetische u. physich Therapie Bd. 1) ven-
tüirt worden. Auf Grund von Beobachtungen und Experimenten
empfiehlt Hemmeter eine amylaceenreiche Kost, da Fleisch-
kost stärker stimulirend auf die Secretion wirkt. Strauss und
Aldor empfehlen, da der Magen des Hyperaciden der Amylaceen-
verdauung Schwierigkeiten entgegensetzt , grosse Gaben Fett.
Sörensen und Metzger haben sich nicht davon überzeugen können,
dass die Eiweisskost eine stärkere Salzsäureabscheidung im hyper-
aciden Magen bewirke. Die Werthe für die freie Säure wenigstens
sind bei Eiweisskost und Kohlehydratnahrung annähernd dieselben,
aber das kann meines Erachtens nichts beweisen, nur die Ge-
sammtnaengen von Saft, die die Digestion der verschiedenen Nah-
rungsstoffe erfordert, gestatteten uns einen Rückschluss auf den
Grad der Inanspruchnahme des di'üsigen Apparates im gegebenen
Falle. Hier sind Vergleiche misslich und exacte Resultate schwer er-
hältlich, weil die verschiedenen Nahrungsmittel verschiedene Mengen
Salzsäure zu binden und zu neutralisiren vermögen.
Hyper-
acidität,
Hemmeter.
— Taka-
diastase,
Hemmeter,
Strauss u.
Stargardt.
- Diät,
Sörensen u.
Metzger,
Strauss n.
Aldor.
Wir sind bei Besprechung dieser Untersuchungen bereits auf
das Gebiet der Therapie übergegangen, doch müssen wir noch einige
Arbeiten, die die Symptomatologie betreffen, voi*weg nehmen. Hier
erwähne ich Angaben von C r o n e r (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 48)
212 Rosenheim.
Phthise und über die Magenbeschwerden im Frühstadium der Lungen-
Magen, Schwindsucht, die er als rein fun et ion eile Störungen auff aast.
Croner. ' ^
Nervöse Herzog (Zeitschr. f. diät. u. physiol. Therap. Bd. 2) bringt eine
I>y«pep8ie, ggjy, eingehende Studie zur Klinik der nervösen Dyspepsie,
die Bekanntes erschöpfend und anschaulich bespricht.
Die Frage, ob das Pepsin eine antizymotische Kraft
Antizymo- gegenüber den Gährungen des Magens besitzt, beantwortet Aldor
tische Kraft (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 29) in dem Sinne, dass kein Grund
Aldor. ' vorliegt, anzunehmen, dass demselben ein der Salzsäurewirkung
gleich werthiger Einfluss zukommt. Speciell in Bezug aufdieMilch-
säuregährung zeigt sich, dass dieselbe trotz vorhandener
grosser Pepsinmengen zu Stande kommt, wenn nur die
Acidität des Mageninhaltes entsprechend niedrig ist.
Mineral- Wendriner (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 23) stellte durch ge-
wässerund j^aue Versuche an Kranken fest, dass der Neuenahrer Sprudel
secretion, ^^ Secretion wenig oder gar nicht, wohl aber die motorische
Wendriner, Kraft des Magens erhöht. — A. Simon zeigte in einer unter
"'^^^' meiner Leitung durchgeführten Untersuchungsreihe , dass das
Glaubersalz eine die Secretion des Magens anregende, daneben
auch die Peristaltik reizende Wirkung habe (Zeitschr. f. klin. Med.
Bd. 35). — Die therapeutische Wirkung des Kalkes und insbesondere
Piatkowski, der Hauptquelle des Krynicaer Wassers prüfte Piatkowski.
Das Wasser wirkt als Antacidum und austrocknend auf die Magen-
schleimhaut; es verringert die Quantität des angesammelten Schleimes
und erleichtert die Verdauung der Milch durch Auslaugen der Casein-
Unger. fermente (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 1). — Unger (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 23) theilt Beobachtungen über den Einfluss der
Kissinger Kochsalzquelle auf die Magenverdauung mit. Er
will sie nicht bloss bei herabgesetzter peptischer Magenthätigkeit,
sondern auch bei Hjrperpepsie verwandt wissen, da sie im ersteren
Falle anregend, im letzteren herabstimmend zu wirken vermag.
Die Beziehungen zwischen Arzneien und Magen er-
Arznei und örtert Moritz (Münch. med. Wochenschr. Nr. 48). Wollen wir ein
^*^.®°' Arzneimittel langsam zur Aufnahme bringen, so gebe man es in den
voUen Magen, sonst nüchtern mit V« — 1 Grias Wasser, wo wir eine
prompte Wirkung haben wollen. Wenn wir den Magen schonen
wollen, so verabreichen wir es am besten ebenfalls nüchtern in
Wasser, da es dann verhältnissmässig rasch den Magen verlassen
Erankheiten der Verdauimgsorgane.
213
wird. Schleim hat eine schützende Wirkung und wird fiir letzteren
Zweck, also für die Schonung sich geeignet erweisen. Bei motori-
scher Störung des Magens gebe man die Arzneien, wenn möglich,
in alkoholischer Lösung.
Vergleichende Untersuchungen über den Werth einiger Magen-
und Darmantiseptica hat Riegner (Deutsche med. Wochen- Antiseptica
Schrift Nr. 25) angestellt. Diese ergaben bezüglich der Magenmittel '»i"" ^f*een
fiir salicylsaures Natron, Menthol und Thymol eine relativ hohe Des- Kiegner.
infectionskraft (Aufhebung der Gährung bei Concentrationen von
'/s — 2 ®/oo). Unter den Darmantiseptica stehen Chinosol und Thymol
obenan. Sie hemmen dio Gährung bei einer Concentration von V^ ^/o-
Erwähne ich noch, dass Tripier von Heisswasse rein-
giessungen in den Darm sehr gute Resultate bei der Bekäm-
pfung hartnäckiger Gastrorrhagieen (Semaine med.) gesehen hat,
so fehlt in unserer therapeutischen Uebersicht nur noch das, was
die Chirurgie fiir die Behandlung beizutragen in der Lage war.
Ich verweise hier auf eine sehr ausführliche Arbeit von Carle und
Pantino (Arch. f Chir. Bd. 56), in der ein sehr grosses Material
verwerthet wird. Auch auf Kocher's Beiträge zur Magenchirurgie
(Correspondenzblatt f. Schweizer Aerzte Nr. 20) sei noch besonders
die Aufmerksamkeit gelenkt.
Den Einfluss der Gastroenterostomie auf die Se-
cretionsvorgänge des Magens illustrii*t eine Beobachtung von
Kövesi (Münch. med. Wochenschr. Nr. 34), der den von mir zuerst
erhobenen Befund des Verschwindens secretorischer Anomalieen nach
der Operation bestätigt.
H e i s B-
Wasser-
irrigationen
bei Hagen-
blutang,
Tripier.
Chirurgie
des
Magens,
Carle u.
FaDtino,
Kocher.
Gastro-
entero-
stomie und
Secretion»
Kövesi.
Totale
Magen-
resection,
Hofmann,
Schliesslich möchte ich auf den Stoffwechselversuch, den
A, Hof mann (Münch. med. Wochenschr. Nr. 18) an dem von
Schlatter (siehe vor. Jahrb.) mitgetheilten Fall von totaler'
Magenresection angestellt hat, hinweisen. Es zeigte sich, dass
die Ausnutzung der Nahrung eine vorzügKche war, dass der StoiF-
ansatz nichts zu wünschen übrig Hess, und der Ausfall der Salz-
säuresecretion ohne jeden Einfluss auf die Grösse der Darmfaul-
nias war. Wroblewski (Centralbl. f. Physiol. Nr. 21) macht für Wroblewski.
den citirten Fall speciell noch darauf aufmerksam, dass die Zahlen
für den Chlornatriumgehalt im Harn auffallend niedrige sind,
was fiir die Kichtigkeit der Theorie spricht, die die Salzsäure aus
den Chloriden der Nahrung und nicht aus denen des Blutes ent-
stehen lässt.
214 Roaenheiin.
ۥ Barm.
Den besten üebergang von der Besprechung der Magenkrankheiten
zu denen des Darmes bietet für uns ein Eingehen auf eine Arbeit von
Yerhältniss Wiczkowski über das gegenseitige Verhältniss der Magen-
der Magen- ^^d Darmf unctionen (Arch. f. Verdauungskr. Bd. 4). Der Autor fand,
f ,. , * dass in Fällen von Darmatonie der Werth für die freie Salzsäure ein ziem-
lanctionen,
Wiczkowski. üch bedeutender war; er fiel nach Darreichung von Abführmitteln. Be-
stand hingegen Diarrhoe, so war die Quantität der freien Salzsäure gering
oder sie fehlte ganz; ihr Werth stieg, wenn man die Diarrhoe künstlich
zum Stillstand brachte. Eine Beeinflussung der Motilität des lifagen-s
konnte durch Veränderung der Motilität des Darms nicht erzielt werden.
Ein physiologisches und klinisches Interesse haben die die Bewe-
gung des Darminhalts betreffenden Untersuchungen Grützner's
Dünndarm- (Pflüger's Arch. Bd. 71). Grützner findet, dass im Dünndarm bei Thieren
bewegung, a^ch jn der Norm die Bewegung des Inhalts nicht bloss nach dem Anus
ZU gerichtet ist, sondern fortdauernd auch rückläufig stattfindet, so dass
es nicht einmal pathologischer Zustände bedarf, um eine Heraufbeförderung
von Massen nach dem Magen zu Stande zu bringen. Die Contraction der
Ringmusculatur für sich allein muss schon bewirken, dass der Danninhalt
nicht bloss nach unten in den Theil des Darmrohres, der durch Contraction
der Längsmusculatur erweitert wird, hinübertritt, sondern auch in den
höher gelegenen Abschnitt zurückgepresst wird. Folgt jetzt Erschlaffung
der Muskeln, so muss der Brei nach oben ausweichen, denn durch Er-
schlaffung der Ringfasem wird der obere Theil weiter, durch Erschlaffung
der Längsfasern der untere Theil enger.
Reaction des Von Belang sind dann weiter Untersuchungen von M a 1 1 h e s (Verhdl.
Dünndarm- d. IG. Congr. f. inn. Med.) über Reaction des Dünndarminhaltes,
Mo ff hfl« ' ^^® ^^ Patienten mit Dünndarmfistel und an Thieren gewonnen wurden. Es
zeigte sich, dass der DünndarminhaJt auf Lakmoide, Cochenille und Methyl-
orange stark alkalisch, auf Curcuma, Phenolphthalein, Rosolsäure sauer rea-
girt, bei Lakmus wechseln die Verhältnisse; namentlich wenn Fett in der
Nahrung ist, erscheinen die oberen Partieen auf Lakmus stark sauer, die
unteren gewöhnlich alkalisch. Dieses Verhalten erklärt sich durch die An-
wesenheit reichlicher Mengen von Kohlensäure neben Carbonaten;
eine solche Lösung ist chemisch alkalisch, hat aber doch gewisse Eigen-
schaften einer sauren Lösung. Die alkalische Reaction ist vorzugsweise be-
dingt durch die Carbonate, erst in zweiter Linie durch die Phosphate. Die
saure Reaction hängt von der Kohlensäure ab, die freien Fettsäuren sind
ohne Einfluss; denn eine Ueberschwemmung des Darmkanals mit denselben
wird normalerweise durch das lange Verweilen des Fettes im Magen verhindert.
Höchst beachtenswerth sind die Beobachtungen über die Zusammen-
setzung des Fistelkothes einer Patientin mit Anus praeter-
Matthes.
Krankheiten der Yerdanungsorgane. 215
naturalis am untersten Ende des Ileums, die A. Schmidt Zusammen-
bringt (Arch. f. Verdauungskr. Bd. 4). Es handelte sich um eine chronische setzung des
Darm&tenose an der Bauhin'schen Klappe infolge narbiger Strictur. Die t xu
Consistenz des durch die Fistel entleerten Kothes war dickbreiig; die ^^ Schmidt.
Reaction war constant schwach sauer, der Abfluss erfolgte stetig, gepulvertes
Oarmin wurde schon 3 Stunden, nachdem es genommen worden war, in
dem Brei erkannt. Es wurden gefunden:
1. An Gasen: CO2 und H2 in wechselnden Mengenverhältnissen; massige
Mengen N, die aus der Luft stammen, und geringe Menge Methan.
2. Yon Speiseresten: reichliche Muskel- und spärliche Bindegewebs-
faserreste, in der Regel nur mikroskopisch, gelegentlich auch mit blossem
Auge erkennbar; geringe Mengen gelöster Eiweissstoffe , Fettsubstanzen,
unverdaute Cellulosehüllen mit eingeschlossenen Stärkekömem, freie Stärke-
kömer.
3. Von Verdauungsproducten : Albumosen (kein Leucin und Tyrosin,
kein Zucker).
4. Von Drüsen- und Darmwandsecreten : Pepsin, diastatisches Ferment
(kein fettspaltendes Ferment), unveränderter Gallenfarbstoff (keine Gallen-
sauren, kein Schleim).
5. Von bacteriellen Zersetzungsproducten : Spuren von aromatischen
Oxysäuren, Ameisensäure, Essigsäure, Buttersäure, CO2, H2, CH4.
Auch die Beobachtung dieses Falles weist darauf hin, dass unter
physiologischen Verhältnissen die Grenze für das Auftreten der
Eiweissfäulniss im Darm durch die Klappe stark markirt
ist. Veränderungen der Nahrung, der Peristaltik beeinflussen den Umfang
der Fäulniss, aber nicht den Ort; wechselt dieser, findet also die Fäulniss
bereits im Dünndarm statt, so haben wir es mit pathologischen Verhält-
nissen zu thun. Von entscheidender Bedeutimg für das Zustandekommen
der Fäulniss an der Klappe ist die Stagnation, dann kommt die Ver-
änderung des Speisebreis durch Resorption der gelösten
Kohlehydrate und Eindickung des Breis in Betracht; andere
Momente, wie die Infection durch dort wirksame Fäulnisserreger, die Ab-
stumpfung der sauren Reaction sind von geringerer Bedeutung.
Untersuchungen Über die Verdauungs- und Aufsaugungs-
fähigkeit des Dickdarms veröffentlicht Aldor (Centralbl. f. inn. Diokdarm-
Med. Nr. 7). Die Gerinnung der Milch, die als Klysma in den Darm ge- Verdauung,
bracht wird, konmit durch das Bacterium coli, nicht durch Enzyme zu
Stande, ein Vorgang, der der Ausnutzimg durchaus nicht förderlich ist
and der vermeidbar ist durch sorgsame Auswaschung des Darmes und durch
Zugabe von 1,0 — 1,5 g Natrium carbonicum zu 1 Liter Milch, ein Quantum,
das ganz gut auf einmal zum Einlauf gebracht werden kann. Aldor
eonatatirt, dass, wenn auch ein eigentlicher Verdauungsprocess im Dick-
darm nicht zu Stande kommt, doch Kohlehydrate ausgezeichnet, Eiweiss i
recht gut, Fette verhältnissmässig schlecht ausgenutzt werden.
216 Rosenheim.
Diagnostische Zwecke werden durch eine Reihe interessanter ^
zum Theil bedeutungsvoller Arbeiten in diesem Jahre gefördert.
Dickdarm- Kuhn kommt wiederum auf die wichtige Frage der Dickdarm-
sondirnng, gondirung und Darmrohranwendung (BerL klin. Wochenschr. Nr. 2)
zurück. Mit seinem federnden Darmrohr gelingt es ihm, bis zur
Flexura lienalis und darüber hinaus vorzudringen; nicht immer, aber,
wie er meint, doch gemeinhin. Durch das Aufblähen des Darmes
würden die Schlingen und speciell die Flexura sigmoidea aus ihrer Lage
gebracht, sie erfahren künstliche Torsionen und Abknickungen. Man
belasse also die Flexur bei der Sondirung so wie sie ist, oder falls
man sie vorziehen muss, so geschehe dies nur in der Richtung nach
unten rechts vorn, so also, dass sie in der Hauptsache in der
rechten Fossa iliaca zu liegen kommt, wodurch der Winkel im
Schiefferdecker'schen Punkt, d. h. an der Uebergangsstelle der Flexur
ins Colon descendens ein möglichst stumpfer wird.
Glutoid- Sahli empfiehlt zur diagnostischen und auch therapeuti-
kapseln, sehen Verwendung Glutoidkapseln (Deutsch. Arch. f. klin. Med.
Bd. 61). Dieselben, von verschiedenem Härtungsgrade erhältlich, ver-
hindern unzweifelhaft die Herstellung einer Beziehung zwischen Medi-
camenten und Magensaft, wo sie nicht gewünscht ist. Wo wir den
Magen schonen oder nur eine Darmwirkung haben wollen, z. B. bei
Eisen, Silbersalz, können sie die besten Dienste leisten. Bei dem
Constanten Härtungsgrad der Kapseln lassen sie sich für diagnosti-
sche Zwecke verwerthen. Man gibt zugleich mit einem Probefinih-
stück 0,15 Jodoform in einer oder besser in drei Kapseln; das Auf-
treten der Jodreaction im Speichel gestattet einen gewissen
Rückschluss auf die Energie der Pankreas function, falls die
Motilität des Magens normal ist. Die Reaction tritt in der Norm
*/4 — 1 Stunde nach dem Frühstück auf, erhebliche Verspätungen
dürften eine pathognostische Bedeutung haben.
Von weittragendster Bedeutung für die Diagnose der Darm-
erkrankungen erscheinen mir eine Reihe experimenteller und
klinischer Untersuchungen über Functionsprüfung des
Functions- Darmes, die von A. Schmidt (Verhdl. des 16. Congr. f. i. Med.,
Prüfung B^ri klin. Wochenschr. Nr. 41, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 61)
A.Schmidt* ^^^ von Strasburger (ibid.) angestellt worden sind. Die Voraus^
Strasburger. setzung für die Verwendbarkeit der Fäcalgährung zu diagnostischen
Zwecken war nicht von vornherein gegeben, sondern es bedurfte
erst einer grossen Zahl mühseliger Untersuchungen, um die Berechti-
gung einer solchen Verwerthung darzuthun.
Wenn man fiische Fäoes mit Wasser lis z:i mis-^i^ dünr^össicer
Consistenz verrohrt und im Br'i*>:-LrazLk bti Kü-rp^rremf^ramr stehen
lässt, so stellt sich in d-r MeLrzah; der Fäille Gasbildnng ein.
Schmidt nnterscheidet a^is pra^.tischen Gründen eine frühe nnd
späte Nachgahmng. Die ers^ere l>rgiiinr schon nach einijs^en Smcden,
hat in der Regel nach Abla'ii* de» ersten Tages den Höhepunki nnd
nach 48 Stnnden ihr Ende erre;«-ht-
Die chemischen Verändemiigen in den Fäces weisen darauf hin,
dass bei der Frühgährnng vomehinli.. h lei .ht assimilirl-are Kohle-
hydrate, hei der Spätgährnng verwiegend andere Producte, nament-
lich Eiweiss, doch anch Ceüilo^e zersetzt werden. Da der zweite
Process hanfig schon vor Beendigung des ersten einsetzt, so ist es
verständlich, dass sich aach s^^^hon bei den Gasen der Früheähnin«''
Zersetzungsprodncte des EiweL^ses vornnden.
In jedem Stahle finden si«.-h Ueberreste aiis d^-m Xahrnngs-
eiweiss, so dass eine Spärjr^hrur.;: in massigen Grenzen zn den nor-
malen Vorgängen zn zählen ist und, soweit sie innerhalb dieser
Grenzen bleibt, klinisch kein weiteres Interesse erweckt.
Anders verhält es sich mit der Frühgährnng, welche, wie Schmidt
weiterhin festgestellt hat, bloss bei zwei Dritteln gesunder Menschen
nach gemischter Kost eintritt.
Ob eine Fruhgährung erfolgt oder ausbleibt, hängt, abgesehen
von vereinzelten Ausnahmen, von der Anwesenheit unverdauter
Kohlehydrate in den Fäces ab. Von den letzteren kommt gröbere
Cellulose nicht in Betracht, da dieselbe erst nach Wochen vergährt.
Zucker wurde in gesunden Fäces niemals gefunden, in kranken sehr
selten. Das Gleiche gilt für die übrigen löslichen Kohlehydrate.
Als Vorbedingung für das Znstandekonmien der Frühgährnng muss
demnach im Grossen nnd Ganzen die Anwesenheit von Stärke
gelten. Wenn nun bei gleicher Nahrung die Fäces der einen Ver-
suchsperson rasch vergähren, die der anderen keine Gasbildung
zeigen, so ist daraus zu entnehmen, dass der Darm der ersteren
Person im Verhältniss weniger Stärke verdaut hat als der Darm der
letzteren, somit in diesem Punkte weniger fimctionstüchtig war.
Eine gewisse Menge von Kohlehydraten kann von Gesunden ofien-
bar so vollkommen assimilirt werden, dass in den Fäces keine Früh-
gährnng eintritt. Andererseits zeigt der Umstand, dass bei den übrig
zwei Dritteln Nachgahmng eintrat, dass auch bei Gesunden eine Gre
vorhanden ist, von der ab die zugeführte Stärke nur so weit verdaut w
dass gewisse, den Grährungserregem leicht zugängliche Keste wie
ausgeschieden werden. Es bestehen hier individuelle Schwankung
216 Kosenheim.
Diagnostische Zwecke werden durcli eine Reihe interessanter^
zum Theil bedeutungsvoller Arbeiten in diesem Jahre gefordert.
Dickdarm- Kuhn kommt wiederum auf die wichtige Frage der Dickdarm-
sondirung, gondirung und Darmrohranwendung (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 2)
zurück. Mit seinem federnden Darmrohr gelingt es ihm, bis zur
Flexura lienalis und darüber hinaus vorzudringen ; nicht immer, aber,
wie er meint, doch gemeinhin. Durch das Aufblähen des Darmes
würden die Schlingen und speciell die Flexura sigmoidea aus ihrer Lage
gebracht, sie erfahren künstliche Torsionen und Abknickungen. Man
belasse also die Flexur bei der Sondirung so wie sie ist, oder fall&
man sie vorziehen muss, so geschehe dies nur in der Richtung nach
unten rechts vorn, so also, dass sie in der Hauptsache in der
rechten Fossa iliaca zu liegen kommt, wodurch der Winkel im
Schiefferdecker^schen Punkt, d. h. an der Uebergangsstelle der Flexur
ins Colon descendens ein möglichst stumpfer wird.
Glutoid- Sahli empfiehlt zur diagnostischen und auch therapeuti-
kapseln, sehen Verwendung Glutoidkapseln (Deutsch. Arch. f. klin. Med.
Bd. 61). Dieselben, von verschiedenem Härtungsgrade erhältlich, ver-
hindern unzweifelhaft die Herstellung einer Beziehung zwischen Medi-
camenten und Magensaft, wo sie nicht gewünscht ist. Wo wir den
Magen schonen oder nur eine Darmwirkung haben wollen, z. B. bei
Eisen, Silbersalz, können sie die besten Dienste leisten. Bei dem
Constanten Härtungsgrad der Kapseln lassen sie sich für diagnosti-
sche Zwecke verwerthen. Man gibt zugleich mit einem Probefrüh-
stück 0,15 Jodoform in einer oder besser in drei Kapseln; das Auf-
treten der Jodreaction im Speichel gestattet einen gewissen
Rückschluss auf die Energie der Pankreas function, falls die
Motilität des Magens normal ist. Die Reaction tritt in der Norm
*/4 — 1 Stunde nach dem Frühstück auf, erhebliche Verspätungen
dürften eine pathognostische Bedeutung haben.
Von weittragendster Bedeutung für die Diagnose der Darm-
erkrankungen erscheinen mir eine Reihe experimenteller und
klinischer Untersuchungen über Functionsprüfung des
Functions- Darmes, die von A. Schmidt (Verhdl. des 16. Congr. f. i. Med.,
Prüfung Berl klin. Wochenschr. Nr. 41, Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 61)
A. Schmidt* ^^^^ von Strasburger (ibid.) angestellt worden sind. Die Voraus-
strasburger. setzuDg für die Verwendbarkeit der Fäcalgährung zu diagnostischen
Zwecken war nicht von vornherein gegeben, sondern es bedurfte
erst einer grossen Zahl mühseliger Untersuchungen, um die Berechti-
gung einer solchen Verwerthung darzuthun.
Krankheiten der Yerdanongsorgane. 217
Wenn man frische Fäces mit Wasser bis zu massig dünnflüssiger
Consistenz verrührt und im Brütschrank bei Körpertemperatur stehen
lässt, so stellt sich in der Mehrzahl der Fälle Gasbildung ein.
Schmidt unterscheidet aus practischen Gründen eine frühe und
späte Nachgährung. Die erstere beginnt schon nach einigen Stunden,
hat in der Regel nach Ablauf des ersten Tages den Höhepunkt und
nach 48 Stunden ihr Ende erreicht.
Die chemischen Veränderungen in den Fäces weisen darauf hin,
dass bei der Frühgährung vornehmlich leicht assimilirbare Kohle-
hydrate, bei der Spätgährung vorwiegend andere Producte, nament-
lich Eiweiss, doch auch Cellulose zersetzt werden. Da der zweite
Process häufig schon vor Beendigung des ersten einsetzt, so ist es
verständlich, dass sich auch schon bei den Gasen der Frühgährung
Zersetzungsproducte des Eiweisses vorfinden.
In jedem Stuhle finden sich Ueberreste aus dem Nahrungs-
eiweiss, so dass eine Spätgährung in massigen Grenzen zu den nor-
malen Vorgängen zu zählen ist und, soweit sie innerhalb dieser
Grenzen bleibt, klinisch kein weiteres Interesse erweckt.
Anders verhält es sich mit der Frühgährung, welche, wie Schmidt
weiterhin festgestellt hat, bloss bei zwei Dritteln gesunder Menschen
nach gemischter Kost eintritt.
Ob eine Frühgährung erfolgt oder ausbleibt, hängt, abgesehen
von vereinzelten Ausnahmen, von der Anwesenheit unverdauter
Kohlehydrate in den Fäces ab. Von den letzteren kommt gröbere
Cellulose nicht in Betracht, da dieselbe erst nach Wochen vergährt.
Zucker wurde in gesunden Fäces niemals gefunden, in kranken sehr
selten. Das Gleiche gilt für die übrigen löslichen Kohlehydrate.
Als Vorbedingung für das Zustandekommen der Frühgährung muss
demnach im Grossen und Ganzen die Anwesenheit von Stärke
gelten. Wenn nun bei gleicher Nahrung die Fäces der einen Ver-
suchsperson rasch vergähren, die der anderen keine Gasbildung
zeigen, so ist daraus zu entnehmen, dass der Darm der ersteren
Person im Verhältniss weniger Stärke verdaut hat als der Darm der
letzteren, somit in diesem Punkte weniger functionstüchtig war.
Eine gewisse Menge von Kohlehydraten kann von Gesunden offen-
bar so vollkommen assimilirt werden, dass in den Fäces keine Früh-
gährung eintritt. Andererseits zeigt der Umstand, dass bei den übrigen
zwei Dritteln Nachgährung eintrat, dass auch bei Gesunden eine Grenze
vorhanden ist, von der ab die zugeführte Stärke nur so weit verdaut wird,
dass gewisse, den Gährungserregem leicht zugängliche Reste wieder
ausgeschieden werden. Es bestehen hier individuelle Schwankungen.
218 Rosenheim.
Functions- Bei Erkrankungen der Verdauungsapparate tritt früher und in
Prüfung liöherem Maasse Frühcrährung ein als beim Gesunden. Ein Theil dieser
des Darms, . . .
A. Schmidt, pathologischen Frühgährung zeigt insofern Besonderheiten, als dabei
Strasburger. neben oder statt der Kohlehydrate in hervorragendem Maasse Ei-
weiss zerfällt.
Wollte man nun auf das Verhalten der Frühgährung diagnosti-
sche Schlüsse aufbauen, so war es erforderlich, die Grenzen zwischen
normaler und pathologischer Frühgährung kennen zu lernen. Gibt
es eine solche Grenze, und wo liegt dieselbe? Es wurde systematisch
das Verhalten der Kohlehydrate von verschiedener Aufschliessbar-
keit in Bezug auf die Energie der Nachgährung geprüft, also 1. leicht
lösliche Kohlehydrate (Zucker), die nur den motorischen und resorp-
tiven Apparat des Darms in Anspruch nehmen, 2. Stärke, bei der
noch eine diastatische Wirkung in Action treten muss, und 3. Stärke,
die in dünne Zellwände eingeschlossen ist, bei der celluloselösende
Bacterien in Thätigkeit treten müssen und die Ansprüche an alle
anderen Darmfanctionen gesteigert sind. Die Zulage von eiweiss-
haltigen Nahrungsmitteln hatte gar keinen Einfluss auf die Gährung,
oder sie nahm sogar et-was ab. Das Gleiche galt bemerken swerther
Weise auch vom Fett. Wollte man nun auf Grund dieser Er-
fahrungen gewisse Diät formen aufstellen, so musste man berück-
sichtigen, dass dieselben für diagnostische Zwecke so beschaffen sein
mussten, dass auch Magendarmkranke sie geniessen können und
dass dabei die stoffliche Bilanz gewahrt wird. Hiemach kommen
zur Verwendung drei Formen, von denen die erste vornehmlich aus
Milch, Eiern, Haferschleim und Zucker besteht und einen calorischen
Werth von 1774 Cal. hat. In der zweiten findet sich noch gehacktes
Fleisch und Kartoffelbrei imd in der dritten noch Cotelette in er-
heblicheren Mengen statt des gehackten Fleisches und vor allem
Milchbrode. Der calorische Werth steigt hier auf 2136 Cal. Der
zu untersuchende Patient erhält zunächst Form 1 zugleich mit
0,3 Carmin ; wenn die Fäces nicht mehr roth gefärbt sind, d. h. nach
etwa 3 — 4 Tagen, wird eine Probe zur Gährung angesetzt. Dann
folgt Diät 2 und wenn nöthig Diät 3. Durch Obstipationen werden
Verzögerimgen herbeigeführt, auch wird Form 3 nicht immer ver-
tragen ; Form 1 ist in vielen Fällen überflüssig. Die Dauer eines syste-
matischen Versuches würde sich immerhin über 8 — 14 Tage erstrecken.
Die Untersuchung selbst im Einzelfalle gestaltet sich so:
der Stuhl wird möglichst frisch mit Wasser gleichmässig ver-
rührt bis zu ziemlich dünnflüssiger Consistenz und in den unteren
Theil eines für diesen Zweck construirten Gährungsröhrchens ein-
Krankheiten der Verdauungsorgane. 219
gefüllt, das mit einem durchbohrten Gummipfropfen luftdicht abge-
schlossen wird. Durch die Durchbohrung fuhrt ein Glasröhrchen,
welches an seinem Ende einen kleineren Gummipfropfen trägt, auf
den ein mit Wasser gefülltes Rohr an einem Ende geschlossen auf-
gesetzt ist. Steigen jetzt Gasblasen auf, so wird das Wasser in ein
daneben befindliches Steigrohr gedrängt. Der ganze Apparat kommt
in den Brütschrank für 24 Stunden; die Gährungsprobe ist dann
positiv, wenn etwa '/< — V* des im Rohre befindlichen Wassers ver-
drängt ist. Die Untersuchungen bei Gesunden und Kranken ergaben,
dass das Auftreten von Frühgährung bei Diätform 1 unbedingt patho-
logisch, bei Diätform 2 eher pathologisch als normal, bei Diätform 3
normal ist. Bei der Mehrzahl der normalen Stühle tritt bei Diät-
form 3 noch keine Gährung auf, beweisend für einen krankhaften
Vorgang ist bloss der positive Ausfall der Probe. Ist so die Störung
in der Kohlehydrat Verdauung erwiesen, so ist die Annahme berechtigt,
dass vielleicht in noch höherem Maasse die Eiweiss- und Fett-
resorption gelitten hat. Sitz der Erkrankung ist bei positivem Aus-
fall der Probe der Dünndarm und der obere Dickdarmabschnitt.
Indem wir jetzt zu den rein klinischen Arbeiten übergehen, con-
statiren wir, dass die Discussion über die Appendicitis immer
noch eine lebhafte ist. Ich erwähne eine Besprechung dieser Er-
krankung von C. Beck (New Yorker med. Monatsschr. Nr. 6) vom Appendi-
einseitigsten chirurgischen Standpunkte. Kümmell (Berl. klin. J !*'
Wochenschr. Nr. 15) geht auf die recidivirende Perityphlitis ein, Kümmell,
die er nicht weniger als 104mal ohne einen einzigen Todesfall
im anfallsfreien Stadium operirt hat. Neuere Erfahrungen über
Appendicitis bietet auch Sonnenburg (Mitth. a. d. Grenzgeb. Bd. 3), Sonnenburg,
die bereits Bekanntes durch Hinzufügung neuerer Beobachtungen er-
gänzen. — Rendu (La Medecine moderne Nr. 51) weist auf die Rendu,
Fälle von Peritonismus hin, wie sie bei hysterischem Zustande
vorkommen und das Bild schwerster Appendicitis mit Betheiligung des
Peritoneums vortäuschen können.
Die Appendicitis in ihren Beziehungen zu Schwangerschaft,
Geburt imd Wochenbett analysirt E. Fraenkel (Samml. klin. Fraenkel,
Vortr. Nr. 229). Er kommt zu der Ueberzeugung, dass für den Ver-
lauf der Krankheit in der Schwangerschaft keine wesentlich anderen
Bedingungen als ausserhalb derselben bestehen. Sind auch Abort J
oder Frühgeburt überwiegend häufig, so ist das Entscheidende doch -^
die Form der Erkrankung; Verwachsungen des Appendix mit
den Genitalorganen werden nur ausnahmsweise den schwangeren Uterus
220
Rosenheim.
Appendi-
citis,
Fraenkel,
Czemy u.
Heddaens.
in seinem Wachsthum aufhalten und ihn zu vorzeitigen Contractionen
veranlassen. Die Möglichkeit einer durch die Zusammenziehung des
puerperalen Uterus bedingten Continuitätstrennung einer periappen-
dicitischen Abscesswand ist nicht von der Hand zu weisen. So kann
es dann zu jauchiger Peritonitis kommen; auch ist eine besondere
Beziehung der Appendicitis zur Entstehung von Parametritis im
Wochenbette anzuerkennen. Leichte Fälle soll man exspectativ be-
handeln, bei Recidiven ist der operative Eingriff zu empfehlen.
Schliesslich erwähne ich noch die Beiträge zur Pathologie und
Therapie der Wurmfortsatzentzündung von Czerny und Heddaeus
(Beitr. zur klin. Chir. Bd. 21). Der acute erste Anfall von Appen-
dicitis soll nach internen Gesichtspunkten behandelt werden, führt
derselbe aber früher oder später unter alarmirenden Erscheinungen
allgemeiner und localer Natur zur Perforation mit Abscessbildung,
so soll der Chirurg eingreifen, auch dann, wenn der Heerd circum-
scripit bleibt und wenn er nach dem Ablauf der ersten schweren
Symptome keine wesentliche Veränderung zeigt. Die recidivirenden
Formen gehören gleichfalls dem Chirurgen.
Von grossem Interesse sind die neueren Studien, die die Be-
ziehungen zwischen gewissen im Darminhalt nachweisbaren Mikro-
organismen und Erkrankungen des Darmes klarzustellen suchen.
Drei neue Fälle von Balantidium coli im menschlichen Darm
Balantidiumtheilt Woit mit (Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. 60). Zwei von
®°^*» den 3 Fällen kamen zur Section; in dem einen derselben fand sich
Woit
nur eine Colitis, in dem anderen auch Geschwürsbildung. Von einigem
Nutzen erwiesen sich bei der Behandlung Einlaufe von Borsäure-
lösung in Verbindung mit Pulv. flor. cinae 1,5 3mal täglich. Dass
die Balantidien die Darmkrankheit hervorrufen, erscheint Woit un-
zweifelhaft.
Amöben,
Harris,
Römer.
Die Frage der Amöbendysenterie erörtert Harris (Americ.
Joum. of the med. Sciences, April) in erschöpfender Weise an
der Hand eines reichen Materials, das pathologisch-anatomisch wie
klinisch gründlich verwerthet worden ist. Dass die Amöben die
Ursache der Erkrankung sind, nimmt Harris als feststehend an.
Die Amöben gelangen mit dem Trinkwasser in den Verdauungs-
schlauch. — Dann bringt Römer Erfahrungen über Amöben bei
Dysenterie und Enteritis (Münch. med. Wochenschr. Nr. 2), die
ihn gelehrt haben, dass einigennaassen charakteristische Unterschiede
zwischen den Amöben der tropischen und denen der europäischen,
speciell der deutschen Ruhr und den Amöben der Enteritis nicht
Krankheiten der Yerdauungsorgane. 221
herauszufinden sind. Die Ansicht, dass die Amöben nur harmlose
Schmarotzer sind, ist nach E.ömer nicht von der Hand zu weisen,
ihre Pathogenität noch nicht entscheidend bewiesen.
Zinn und J a c o b y haben die bemerkenswerthe Thatsache fest- A n ch y l o-
gestellt, dass neben zahh'eichen anderen Eingeweidewürmern alle stomum,
von ihnen Untersuchten aus Vorderindien und Ceylon, durchweg ge- jaooby
sonde Leute verschiedener Altersclassen , in ihrem Darm Anchy-
lostomen beherbergen. Die Anchylostomiasis ist also nicht die
nothwendige Folge des Vorhandenseins der Würmer, gewisse Per-
sonen und Kassen zeigen sich offenbar immun (Berl. klin. Wochen-
schrift Nr. 43).
In sehr eingehender Weise bespricht noch einmal einer unserer
hervorragendsten Kenner der Anchylostomen, Leichtenstern, die Leichtensteni.
Genese der Anchylostomenkrankheit. Er weist von neuem darauf
hin, dass das eigentliche Element der encystirten Larven das
Wasser ist. Die Anämie erregende Wirkung der Parasiten ist
durch die hämatophage Lebensweise derselben und durch die von
ihnen ausgehende Giftwirkung zu erklären (Wien. klin. Rundschau
Nr. 28—27).
ZurKenntnissder Anguillula intestinalis bietet Leichten- Anguilluia,
Stern (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 8) eine Reihe bemerkens- L«ichtenst«rn.
werther Betrachtungen, die das Ergebniss der Beobachtungen an
14 Anguillulaträgem und zahlreicher Culturversuche sind. Die
pathologische Bedeutung dieser Würmchen schätzt er sehr niedrig
ein, man würde aber zu weit gehen, anzunehmen, dass sie immer
ganz harmlos wären. Festzuhalten ist, dass es in morphologischer
Hinsicht nur eine AnguiUula gibt, deren Embiyonen theils die
Fähigkeit der directen Umwandlung in die Filariaform, theils die
Fähigkeit der Erzeugung der Rhabditis-stercoralis-Generation besitzen.
Leichtenstern macht zum Schluss noch darauf aufmerksam, dass
der Anguillulawirth sich häufig selbst mit Embryonen seiner eigenen
Parasiten inficirt.
Speciell die Erkrankungen des Cöcums sind Gegenstand einer
eingehenden Studie von Obrastzoff (Arch. f. Verdauungskr. Bd. 4).
Bei den Carcinomen, wenn sie noch nicht zu weit vorgeschritten
sind, fallt die bedeutende Beweglichkeit des Tumors auf, die
hinzukommende Stenose der aus dem Dünndarm in den Dickdarm
führenden Oeffnung entwickelt sich ziemlich rasch, prägnant und oft
222 Rosenheim.
Cöcal- frühzeitig. Die Diagnose Tuberculose des Cöcums stützt sich
erkran- einmal auf die Infiltrationen der Wandungen des Organs, welches
klingen, . . od?
übrastzoff. l>ei Palpation den Charakter eines Tumors annimmt, und auf die
Anwesenheit von TuberkelbaciUen im Stuhl. Tritt Diarrhoe auf, so
hängt dieselbe von tuberculösen Greschwüren des Dünndarmes ab.
Der Befund der Bacillen ist deshalb von Bedeutung, weil, wie ein-
schlägige Untersuchungen zeigten, ohne Erkrankung des Darmes
Bacillen im Stuhlgang bei Phthisikem nicht gefunden wurden. Der
Tumor bei der Tuberculose ist in seiner Umgrenzung undeutlicher
als beim Carcinom. Die tuberculose Perityphlitis ist durch
Unbeweglichkeit des Tumors ausgezeichnet, während bei der
Cöcaltuberculose die Beweglichkeit sehr gut erhalten zu sein pflegt.
Festigkeit, Unebenheit und Schmerzhaftigkeit des Heums bei Vor-
handensein von TuberkelbaciUen im Stuhlgang lassen eine tuberculose
Erkrankung des Ileums erkennen. Dasselbe wird als ein zeige- bis
Cöcumtuber- mittelfingerdicker Strang palpirt. — Conrath behandelt ausfuhrlicher
culose, noch die locale chronische Cöcumtuberculose (Beitr. z. klin.
Chir. Bd. 21). Sie entsteht durch verschlucktes Sputum, nur in
wenigen Fällen lymphogen oder hämatogen bei bestehender Allge-
meininfection. Das Vorkommen primärer Darmtuberculose bei älteren
Kindern und Erwachsenen kann nicht von der Hand gewiesen werden.
Prädisponirt ist wegen der hier stattfindenden Stagnation das Cöcum,
von dem aus sich der Process weiterverbreiten kann. Die Cöcal-
tuberculose ist mucös und submucös, manchmal auch subserös, durch
Contactinfection von den Lymphdrüsen her entstanden. Je geringer
die Lungenaffection , um so eher bleibt der Process locaUsirt. Der
tuberculose Cöcaltumor ist eine Neubildung mit Bindegewebs- und
Muskelhypertrophie und Infiltration wenig zum Zerfall neigender
TuberkeDmötchen. Der Verlauf der Krankheit ist gewöhnlich ein
exquisit chronischer; eitriger Zerfall ist nicht die Regel. Die Abscess-
bildung kann ohne Fieberbewegung einhergehen, Wechsel von Ver-
stopfung und Diarrhoe ist ein häufiges Symptom; Kolikanfalle, von
der Stenosirung des Lumens abhängig, fehlen selten. TuberkelbaciUen
im Stuhl beweisen nicht viel, aber der Tumor ist meist nicht zu
verkennen, durch Aufblähen des Darms kann er bisweilen besonders
deutlich gemacht werden. Gestalt- und Grössenwechsel des Tumors
ist abhängig vom Fäcalgehalt des Darmtheils, auf Druck fiihl- und
hörbare Geräusche sind beachtenswerth. Verwachsung mit der
Nachbarschaft macht die Geschwulst unbeweglich. Enteroanasto-
mose und Resection sind die beiden in Betracht kommenden chirur-
gischen Verfahren.
Krankheiten der Verdauungsorgane.
223
Die Frage der Enteroptose und ihre Beziehung zum
intraabdominalen Druck behandelt Meltzing (Arch. f. Ver- Enteroptose,
dauungskr. Bd. 4). Er unterscheidet eine reine Enteroptose, deren Meltzing,
Charakteristicum der Hängebauch ist und deren Ursache in einer
Veränderung der vorderen Bauchdecken imd des Beckenbodens ge-
sucht werden muss. Hier spielt das Corsett oder der Schnürdruck
ätiologisch gar keine RoUe. Wohl aber ist dies bei der zweiten
Form der Enteroptose, die durch Verdrängung entsteht, und zwar
sowohl bei Bauchdecken mit herabgesetzter Widerstandsfähigkeit,
als auch bei jugendlich straffen der FaU. Die Gesetze des intra-
abdominalen Druckes erleiden bei dieser letzten Form meistens keine
Störung; es fehlt eine negative Druckzone, ebenso wie auch eine
dauernde Erhöhung des Bauchdruckes. In der Norm haben wir es
beim lebenden Individuum zunächst mit dem hydrostatischen Druck
zu thun. Der Spannungsdruck der Musculatur des Bauches kommt
erst bei Anwendung der Bauchpresse ernstlich in Betracht, die nega-
tive Schwankung ist wesentlich abhängig von Eespiration und Blut-
anfullung.
In Betreff der Pathogenese der Enteroptose vertritt Rosen- Rosengart.
gart (Zeitschr. f. diät. u. physik. Therap. Bd. 1) die Anschauung,
dass auf der einen Seite das Persistiren der angeborenen Lage der
Eingeweide in allen oder nur in einzelnen Theilen, auf der anderen
Seite die unter der Wirkung äusserer Ursachen erfolgende, mehr
oder weniger vollständige Rückwärtsentwickelung zu den Verhält-
nissen des angeborenen Situs von entscheidender Bedeutung sind.
Wir haben es also bei der Enteroptose mit einer Lagerung zu thun,
wie sie ihre höchste Ausbildung im fötalen Organismus gefunden
hat. Entweder handelt es sich um ein Stehenbleiben auf der
fötalen Anlage oder um einen Entwickelungsgang in umgekehrter
Eichtung. Untersuchimgen an Föten und Kinderleichen stützen
diese Theorie.
Einen Fall von chronischer Darmstenose bei männ-
licher Hysterie wird von Strauss mitgetheilt (Berl. klin.
Wochenschr. Nr. 38). Das Krankheitsbild war so irreführend, dass
2inal mit Rücksicht auf die bedrohlichen Obstructionserscheinimgen
eine Laparotomie gemacht worden ist. — Duodenalstenose, her-
vorgerufen durch einen grossen Gallenstein, ohne dass je charak-
teristische Erscheinungen vorhanden gewesen waren, die an Chole-
lithiasis denken Hessen, fahrte bei einem Patienten von Wegele
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 16), als man den Versuch einer Re-
Darm-
stenose,
Strauss,
224
Rosenheim.
Darm- section machte, den Tod herbei, während in einem Falle von Re-
p!^^-"' widzof f (Arch. f. Verdauungskr. Bd. 4) Gastroenterostomie Heilung
brachte.
Rewidzoff.
Mastdarm-
Btrictur,
Schachardt.
Darm- Habel (Virch. Arch. Bd. 153) bestätigt in Betreff der Darm-
**TRhV^' atrophie die Anschauungen Gerlach's imd Heubner's, dass
Schwund der Drüsen und Zotten gemeinhin ein postmortales Phä-
nomen ist, bei dem Andauung, Fäulniss und Ueberdehnung durch
Gasblähung die Hauptrolle spielen.
Schuchardt (Virch. Arch. Bd. 1B4) vertritt die Auffassung,
dass die Mastdarmstrictur gemeinhin syphilitischen Ur-
sprungs sei. Sie beginnt, sich von imten nach oben entwickelnd,
mit der Büdung merkwürdiger blaurother, prominirender Knötchen
an der Oberfläche der Schleimhaut, dies sind gummöse Teleangiekta-
sieen; zugleich findet eine Absetzung specifischen Gewebes und
gummöser Knoten in der Submucosa und den tieferen Schichten
statt. Durch den auf Nekrobiose beruhenden Zerfall des specifischen
Gewebes entstehen zunächst oberflächliche, oft serpiginöse Geschwüre,
weiterhin tiefe, mit narbiger Schrumpfung verbundene Substanzver-
luste und Stricturen.
Hämatomdes Einen seltenen Fall von Darmerkrankung, der sich als sub-
Dünndarms, seröses Hämatom des Dünndarmes darstellt, beobachtete und
heilte durch Operation P. Wollheim (Münch. med. Wochenschr.
Nr. 6).
Zwei neue Fälle von Lymphosarkomotose des Dünndarms
Lympho- theüt R. Schmidt (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 21) mit und er-
sarkom des örtert die Beziehungen zur Tuberculose. Das Krankheitsbüd ist
R Schmidt'* ^-hnlich dem bei Tuberculosis peritonei, beide Processe können com-
binirt sein. Von diagnostischem Werth ist das Verhalten der
Oedeme, die frühzeitig ohne nachweisbare Ursache einsetzen und
die Neigung zu diffuser Ausbreitung haben, fem er die kachektische
Mitbetheiligung des Gesammt Organismus.
Myom des lieber die Myome des Magendarmkanals berichtet erschöpfend
Magendarm- ß Steiner mit Beibringung neuer eigener Beobachtungen (Beitr.
R. Ste*nw. Z- ^li»- ^^^- ^^' 22).
Colica
mucosa,
V. Koorden.
Für die Behandlung der Colica mucosa empfiehlt v.Noorden
(Zeitschr. f. pract. Aerzto Nr. 1) die Verwendung einer schweren,
vegetabilienreichen Kost, durch die meist spontan Stuhl erzielt wird.
Krankheiten der Verdauungsorgane. 225
B. Leber.
P i c h 1 e r (Centralbl. f. innere Med. Nr. 36) macht auf die Sicht- Leber-
barkeit des unteren Leberrandes (den Leberschatten) fiir >c^»*<^en,
diagnostische Zwecke aufinerksam. Bei tiefer Bauchathmung nimmt
das Auge einen dem Zwerchfellschatten ganz gleichen Bewegungs-
vorgang wahr, auch die grosse Curvatur des Magens und Darm-
stücke können in ihrer Begrenzung so erkannt werden, was R, Stern Stem.
(ibid. Nr. 43) bestätigt.
Die Frage der alimentären Glykosurie bei Leber-
kranken erörtert Bierens de Haan (Arch. f. Verdauimgskr. Bd. 4). Alimentäre
Das Vorkommen derselben bei allen Formen von Cirrhose, aber auch G^^y^osurie
bei Leber-
gelegentlich bei anderen Leberaffectionen ist nicht zu leugnen, es krankheit,
scheint aber, dass mehr der Allgemeinzustand, der stark gelitten Bierena de
hatte, als der cirrhotische Process fiir das Auftreten des Phänomens
verantwortlich zu machen wäre.
Haan.
Das Verhältniss der hypertrophischen zur atrophi-
schen Leber entzündung analysirt Tauszk (Pest, med.-chir. Cirrhose,
Presse Nr. 33 u. 34) und theilt einen beweisenden Fall mit, der die Tauszk.
TJmwandlimg der ersten Form in die zweite darstellt. Diese voll-
zieht sich, wenn zu der Erkrankung des biliären Bindegewebes sich
die Veränderung des portalen Bindegewebes und des Parenchyms hin-
zugesellt; gleichviel, ob dies direct oder indirect, consecutiv oder
zufallig geschieht, so wird sich die grosse Leber verkleinem und
Hydrops zum Icterus hinzutreten.
Ueber Katalepsie imd Psychose bei Icterus sprechen
sich Damsch und Gramer aus (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 13 Katalepsie
und 14). Die kataleptischen Symptome wurden bei gutartigem ^®^ Icterus,
Icterus im Kindesalter beobachtet , die maniakalischen Zustände, Cramer.
richtiger Verwirrtheit mit Aufregung verliefen unter dem Bilde der
acuten gelben Leberatrophie, agitirte Melancholie kam in einem Falle
von anhaltendem Icterus zur Beobachtung.
Stoffwechselversuche hat in einem Falle von katarrhalischem
Icterus R. Schmidt (Centralbl. f. inn. Med. Nr. 5) angestellt; das Ver- Katarr
halten des neutralen Schwefels spricht gegen die Annahme einer Mehr- *ch<
production von Taurocholsäure im Sinne einer Leberimtation. Aber auch „ .
bei langdauemdem Icterus findet andererseits keine Einschränkung der
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 25
226 Rosenheim.
Production der Gallensäuren statt. Dies spricht dafür, dass die Zellfanc-
tion der Leber nicht gut alterirt sein kann, und des weiteren erscheint es
deshalb nicht plausibel, das Zustandekommen des Icterus in einer Parenchym-
erkrankung zu suchen, vielmehr dürfte es sich in einschlägigen Fällen um
Resorption gestauter Galle im Sinne der mechanischen Theorie handeln.
Unter den Arbeiten, die die Gallensteinkolik behandeln,
Chole- erwähnen wir vorerst eine Arbeit Riedels (Mitth. a. d. Grenzgeb.
^*^^^"/*» Bd. 3). Jede Gallensteinkolik beruht nach diesem Autor primär auf
der acuten Entzündung einer hydropischen Gallenblase.
Der Stein steckt im Blasenhals, das Exsudat ist kokkenfrei und
kann spontan zurückgehen. Obwohl der Stein im Hals der Gallen-
blase bleibt, kann doch Icterus auftreten , der ein entzündlicher im
Gegensatz zu dem reell lithogenen ist. Aus dem serösen kann ein
eitriges Exsudat allmählich werden ; ist der Stein sehr klein, so kann
er durch den Druck des Exsudates durch den Ductus cysticus imd
choledochus herausbefördert werden. Bei sehr kleinen Steinen kann
sich dies gelegentlich ohne Icterus vollziehen. Sehr häufig bleiben
die Steine im Ductus choledochus stecken, weil sie relativ gross
sind oder weil die Entzündung nachlässt. Die hier entstehenden
Entzündungen sind zimächst serös, später eitrig.
— Glykos- Glykosurie ist nach Zinn (Centralbl. f. i. Med. Nr. 38)
^'*®' bei GaUensteinkrankheit sehr selten; er fand sie unter 89 Fällen
Exner. 2mal. Exner (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 31) hatte vordem
auf das unverhältnissmässig häufige Vorkommen von Zucker im
Harn Gallensteinkranker aufinerksam gemacht.
Einen lesenswerthen Aufsatz über die Frage : wie, wodurch imd
in welchen FäUen von Cholelithiasis wirkt eine Karlsbader
— Karls- Cur? liefert uns Kehr (Münch. med. Wochenschr. Nr. 38). Als
^'*®' ^'*'' Erklärung für das plötzliche Sistiren der Schmerzen nimmt er ein
Aufhören des entzündlichen Processes an und gibt zu, dass die
Krankheit in jedem Stadium spontan heilen oder wenigstens sym-
ptomlos werden kann. Die Karlsbader Kur ist am Platze bei
acutem Choledochusverschluss, soweit er sich nicht zu sehr
in die Länge zieht, bei entzündlichen Processen in der
Gallenblase mit und ohne Icterus, wenn sie selten oder nicht zu
häufig auftreten, bei häufigen Koliken und jedesmaligem Ab-
gang von Steinen, bei Kranken, welche an Adipositas, Diabetes,
Gicht leiden oder bei denen wegen Affectionen des Herzens die Ge-
fahren der Narkose in Betracht kommen und endlich bei Operirten.
Krankheiten der Verdauungsorgane. 227
Der Operation verfallen: die acuten, serös- eitrigen Entzün-
dungen, die aus diesen resultirenden Verwachsungen, wenn
sie Beschwerden machen, der chronische Choledochus- und
Cysticusverschluss, alle hartnäckigen, den Lebensgenuss
verbitternden Cholelithiasisformen, eitrige Cholangitis
und Leberabscess, Perforationen an den Gallenwegen und
Peritonitis und endlich der Gallensteinmorphinismus.
Das Vorkommen von Spulwürmern in den Gallengängen
beweisen 2 neue Beobachtungen von Hertens (Deutsche med. Spulwürmer
Wochenschr. Nr. 23). Leick (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 20)*'^^«^^*^^«'^-
W O O^ A T|
sah in einem Falle einen Leberabscess, von dem er annimmt, dass Mertens,*
er durch infectiöse Keime, die ein Spulwurm mitgeschleppt hatte, Leick.
entstanden ist.
Zum Schluss sei noch auf einen höchst bemerkenswerthen Fall
von acuter gelber Leberatrophie mit Ausgang in Heilung
hingewiesen , den Senator (Charite-Annalen Bd. 23) beobachtete Acute gelbe
und bei dem Stoffwechseluntersuchungen gemacht wurden. Leber-
Diese zeigten als bemerkenswerth ein ausserordentlich starkes Herab- Senator. '
sinken des Gesammtstickstoffs im Harn während der Zeit des voll-
ständigen oder fast vollständigen Hungems. In der Zeit, in der
femer der Eiweisszerfall besonders hoch erscheint, wird die relative
Harn Stoffausscheidung auffallend niedrig. Endlich ist eine relative
Vermehrung des Ammoniaks bemerkenswerth gewesen.
E« Pankreas.
S. Rosenberg (Pflüger's Arch. Bd. 70) hat an Hunden Versuche über Verdauung
den Einfluss des Pankreas auf die Resorption der Nahrung ^^^
gemacht, nachdem die Ausführungsgänge unterbunden und zur Verödung ^^ ^^^^l
gebracht worden waren. Anfangs trat nur eine merkliche Störung der
Stickstoffausnutzung ein, die Fett- und Kohlehydratresorption wird
erst nach längerer Zeit bei gleichzeitig weiterer Verminderung der Stick-
stoffVerwerthung geschädigt. Es muss also im Anfang tryptisches und
amylolytisches Ferment auf Umwegen in den Darm kommen. Die Be-
dingungen fBr die Resorption der Fette sind auch bei vollständiger Ab-
wesenheit der Fermente vorhanden, indem Bacterienwirkung als Ersatz
eintritt. — Stoffwechseluntersuchungen bei Verschluss des Ductus pancreati-
cus, die Deucher in 3 Fällen anstellte (Correspondenzbl. f. Schweiz. Aerzte oeuniMir.
Nr. 11), zeigten die Nothwendigkeit des Zusammenwirkens von Bauchspeichel
und Galle für die Fettresorption. Die Spaltung der Fette kann bei
Pankreasverschluss genau so vor sich gehen wie in der Norm. Die Aus-
228 Rosenheim.
Chronische nutzung des Eiweisses wird deutlich, aber nicht beträchtlich gestört,
♦ u**ii ^^® Resorption der Kohlehydrate erleidet keine Einbusse. — Dem
Pankrea- gegenüber war in einem FaUe, den ich selbst (Berl. klin. Wochenscbr.
titis, Nr. 14) beobachtete und bei welchem es sich um eine chronische inter-
Rosenheiin. stitielle Pankreatitis infolge von Lues handelte und in dem auch
Glykosurie bestand, die Fettspaltung minimal, die Fettverdauung
so schwer geschädigt, dass nahe an 807» des Fettes zu Verlust ging.
Von dem Eiweiss der Nahrung erschienen rund 20 7« ^^ Koth wieder. Der
im Harn ausgeschiedene Zucker war höchst wahrscheinlich Maltose.
Schliesslich sei hier noch auf experimentelle Studien über die Fett-
Fettnekrosegewebsnekrose des Pankreas von Eatz und Winkler (Arch. f. Ver-
ses dauungskr. Bd. 4) hingewiesen. Die Nekrose wurde an Hunden künstlich
K ^**"' erzeugt durch Ligaturen bei möglichster Schonung der grossen Gefässe.
Winkler. ^^^ Nekrosen waren dort am ausgesprochensten, wo Secretstauimgen statt-
fanden. Auffiel nach der Operation bei den Versuchsthieren die Ver-
mehrung der Leukocyten im Blut, die als eine Folge resorbirter
Nucleine, vielleicht auch neugebildeter Toxine anzusehen wäre. Die gleiche
Ursache bedingt auch eine rasche Gerinnbarkeit des Blutes und
frühzeitiges Auftreten von Blutkrystallen im nativen Präparat. Femer
zeigte sich bei den Versuchsthieren gewöhnlich eine erheblichere Ver-
kleinerung der Milz, eine Wechselbeziehung, auf welche schon embiyo-
logische Beobachtungen seit langem hingewiesen haben.
Lehrbücher und Monographieen.
J. Boas, Diagnostik und Therapie der Darmkrankheiten. L Theil: All-
gemeine Diagnostik und Therapie. Leipzig.
Diätbüchlein, Nach v. Lejden's Handbuch der Ernährungstherapie.
Leipzig.
L. Ebstein, üeber Oesophagoskopie und ihre therapeutische Verwendbar-
keit. Wien u. Leipzig.
M. Einhorn, Die Krankheiten des Magens. Ein Lehrbuch für Aerzte und
Studirende. Berlin.
P. Glatz, Dyspepsies nerveuses et neurasth^nie. Basel.
Hans Herz, Die Störungen des Verdauungsapparates als lUrsache und
Folge anderer Erkrankungen. Berlin.
J. G. Hemmeter, Diseases of the stomach. Philadelphia.
Justine Hidde, Die Krankenkost. Eine kurze Anweisung, wie dem
Kranken die Speisen zu bereiten sind. Wiesbaden.
Eochrecepte und kurze Winke zur Bereitung von Speisen für Darm- und
Magenleidende nach KussmauTs Methode practisch erprobt im Ev.
Diakonissenhause zu Heidelberg und zusammengestellt von Schwester
Magdalene. 2. Aufl.
r
Krankheiten der Verdauungsorgane. 229
E. ?. Leyden, Handbuch der Ernährungstherapie und Diätetik. Leipzig.
Lindner und L. Kuttner, Die Chirurgie des Magens und ihre Indi-
cationen. Berlin.
S. M. Lukjanow, Grundzüge einer allgemeinen Pathologie der Verdauung.
Zehn Vorlesungen. Leipzig.
H. Nothnagel, Die Erkrankungen des Darmes und des Peritoneums. III.
und letzter Theil. Wien.
Oser, Die Erkrankungen des Pankreas. Wien.
J. F. Pawlow, Die Arbeit der Verdauungsdrüsen. Uebersetzt von Walter.
Wiesbaden.
Quincke und Hoppe-Seyler, Die Erkrankungen der Leber. Wien.
Rosenheim, Allgemeine Therapie der Krankheiten der Verdauungsorgane.
Sonderausgabe aus dem Lehrbuch der allgemeinen Therapie von
Eulenburg und Samuel. Wien und Berlin.
A. Schmidt, Die Schleimabsondenmg und ihre diagnostische Bedeutung
für die Entzündung der Schleimhäute. Sammlung klinischer Vor-
träge, Neue Folge Nr. 202. Leipzig.
H. Starck, Ueber Magendurchleuchtung. Sammlung klinischer Vorträge,
N. F. Nr. 270. Leipzig.
A. Verbaegen, Physiologie et pathologie de la secr^tion gastrique suivies
de la technique compl^te du cath^tärisme de Testomac et de Texamen
m^thodique du liquide gastrique. Paris.
A. E, Vogl, Die wichtigsten vegetabilischen Nahrungs- und GenussmitteL
1. u. 3. Lieferung. Wien u. Leipzig.
n, 6. Krankheiten der Hamorgane
(ausschliesslich der chirurgischen und venerischen).
Von Prof. Fürbringer und Dr. H. Stettiner in Berlin.
A. Anatomie, Physiologie, Untersucliungsmethoden.
üeber die Lage der Nieren, namentlich in Bezug auf ihre Zu-
Lage der gänglichkeit für die Palpation, haben Wolf Becher und Rudolf Len-
Ni ereil, hoff (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 32) einmal an 24 Samoanerinnen,
W Becher u . .
R Lenhoff ^°^ einen etwaigen Einfluss der bei uns üblichen Frauenkleidung auszu-
schalten, und zweitens bei 300 einheimischen Patientinnen Versuche an-
gestellt. Sie sind dabei zu dem Ergebniss gelangt, dass das Vorkommen
palpabler Nieren an sich unabhängig vom Schnüren, vielmehr von der
Körperform des Individuums in seiner Gesammtheit abhängig sei.
In der Goulstonian lecture über Beobachtungen aus der Nierenpatho-
Physiologie logie (The Lancet, 19. März) gibt John Rose Bradford einleitend einen
der Ni^ere, Ueberblick unserer jetzigen Kenntnisse der Physiologie der Niere,
indem er ihre Circulationsverhältnisse, ihre excretorische, ihre synthetische
und ihre metabolische Thätigkeit auseinandersetzt, welch letztere schein-
bar einige Aehnlichkeit mit der sog. , inneren Secretion" der Schilddrüse
hat. Die Wirkung partieller und totaler Nephrektomieen , Unterbindung
der Nierenarterien und üreteren bei Hunden wird ausführlich besprochen
und klar auseinandergesetzt.
Von grossem Interesse dürften die noch nicht ausführlich veröflPent-
l'rin der lichten Resultate der von Paul Richter und Leop. Casper angestellten
beiden Untersuchungen über die Arbeits theilung der Nieren sein, auf die
Nieren, ersterer gelegentlich der Discussion über die therapeutischen Erfahrungen
über den Ureterkatheterismus kurz hinwies (Berliner med. GeseDschaft,
7. Decbr.). Der zu gleicher Zeit gesondert aufgefangene Urin beider Nieren
zeigt unter physiologischen Verhältnissen nahezu die gleiche chemische Be-
schaffenheit, während sich bei Erkrankung der einen Niere sofort Differenzen
zeigen.
John Rose
Bradford.
Krankheiten der Hajinorgane. 231
Die gegenw&rti^ten Änaclianungen Über den HarnblaaenverBchluüs
beipricht Maiimilian t. Zeissl (Wiener med. Presse Nr. 22). Er hat HamblasHii-
bereits vor 12 Jahren auf die Bedeutung des M. sphincter internus hin- veraolilu»«,
gewieaea und durch Thierrersnche gezeigt, dass derselbe einen sicheren
VerschlnsB der Blaae bilde, wie dies nun neuerdings auch durch die Arbeiten
von Behfisch (vergl. dieses Jahrbuch, voriger Jahrg. S, 229) und in der
Houographie t. Frankl-Hocbwart und Zuckerkaiidl durch neue ex-
perimentelle und klinische Tbatsachen klargelegt sei.
Ab ein zuverlässiges ßeagenB zum Nachweis von Albumen
im Harn schlagt C. Alpers (Pharmakol. Centralbl. S. 619) eine l'lttigeQaecksllbei
Queckeilbersnccinimidlö'sung vor, welche, dem mit etwas Salz- -V e"! "g'l'.'j.
säore versetzten Harne in gleicher Quantität zugesetzt, einen Gehalt teagen«,
desselben an Eiweias noch in einer Verdünnung von 1 1 150000 durch "^^ *lp»"-
weisse Wolken oder Trübungen kenntlich macht.
F. Mittalbach (Frag. med. Wochenschr. Nr. 30 u. 31) willQu«nti(>Uv
durch Vereinfachung der Brandberg'schen Methode dem practi- »«■t'»"'"»
sehen Arzte ein geeignetes Verfahren zur quantitativen Bestim- Albumeim,
mnng des Eiweisses im Harn geben. Er hat dazu vier Tabellen F. HltMlhu:Ji.
aufgestellt, mit deren Hülfe man einen Eiweissgehalt von 0,003 "/o
bis I '/o in kurzer Frist bestimmen kann.
Eine neue Methode zum Nachweis der Albumonen im
Harn beschreibt Ivar Bang (Deutsche med. WochenHchr. \r. 2), .VichwelH
welche die von Salkowski angegebene, von ihm «elbut aber ab* '•'"
nicht ganz fehlerfrei hingestellte fvergl. dieses Jahrb. 1898, S. 230) |y„ !,,„„
ersetzen soll. Der mit Ammoniumsulfat gesättigte Ham wird w^ntri-
{ngirt. Der Bodensatz, welcher aus Albumosen, Eiweins, Urubiliu
nnd Hamaalzen besteht, wird mit 97°,'iiigem Alkohol verrieljen, in
welchen das Urobilin übergeht. Bei sehr starkem Urobilingehalt
mnse man nach dem Alkobolanszug den Bückstand in WaxiMjr M'mha,
mit Chloroform und einigen Tropfen Schwefelsäure ausHchüti<:]ri. itm ^
dann dJe Chloroformlösung abzuhebem. Gewöholich genügt >.'. '\:-n ^^M
in Wasser gelösten Bück>taad zu kochen und zu ljltriri:i) , v. "W-ii ^^H
dann auf dem Filter EiweLss. Ham.säure und unlösliche .Sal»; !/■ ;'" ti,
währraid die Albumosen in dnn Filirat übergeben und mii diir 1'..<ji'*i-
reactitin nachgewiesen werden k'ijuien. Um VerwucIisiuiJi" ■. rnii
Hämal«porphyrin za vermeiden, »jU man, falls >^ii.lj •h\~-^:\\n: -.[■ ■ 'r..-
skopisch nacbweisen lanr-t. den Harn zuerst mit dilorbarj-uia !;"mj
Ssadowen iSt. PeltrF-l.urg. m'A. W.ycL'^nbchr. Xr. 24i -u'-.l.l
den Salkowski'öchen FtU*^r aur.xu-'-lialt.-r, , iüdeiu w 'i'v: llan--
232 Fürbringer und Stetfciner.
pigmente durch übermangansaures Kali zu zerstören sucht, welches
in den hierzu erforderlichen Mengen die Peptone nicht angreift.
Alsdann wird die Salkowski'sche Reaction mit Phosphorwolfram-
säure angestellt.
Zum Nachweis des Blutfarbstoffes im Harn mittels der
Nachweis He Herrschen Probe bemerkt V. Arnold (Berl. klin. Wochenschr.
v° A^^M* ^^* ^^^^ ^*^® dieselbe nicht auf Büdung von Hämatin, sondern von
Hämochromogen beruht , dass dieselbe mit spectroskopischer Unter-
suchung combinirt (es genügt eines der gebräuchlichen Taschen -
spectroskope) ein schärferes Untersuchungsresultat, als die Probe
allein es erreichen liesse, ermöglicht und dadurch eine der schärfsten
und zugleich einfachsten Blutproben wird, da die combinirte Unter-
suchung noch da die Erkennung von Blutfarbstoff ermöglicht, wo
die chemische Probe allein ein unsicheres Resultat ergeben hätte.
Als eine sehr empfindliche B. e a c t i o n auf Gallenfarbstoffe
Oalien- im Harne preisen Anton Krokiewicz und Joseph Batko
farbstoff- n^[Q^^ ]jlin. Wochenschr. Nr. 8) eine Modification der Ehrlich'schen
reactiOD,
KrokiewicB u. Methode mit Diazobenzolsulfosäure : In eine Eprouvette (so lautet
Batko, die Vorschrift für die empfindlichste der drei empfohlenen Proben)
werden je einige Tropfen l®/oiger wässriger Lösung von Acid. sulf-
anüic. und einer 1^/oigen wässrigen Lösung von Natriumniti'at und
ebenso viel Harn gegossen, dann ein Tropfen concentrirter reiner
Salzsäure zugefügt, wodurch eine tiefvioletfce Färbung der Flüssig-
keit entsteht, welche alsdann mit destillirtem Wasser bis zur amethyst-
violetten Färbung verdünnt werden soll. Li Fällen von sehr ge-
ringen Quantitäten der Gallenfarbstoffe tritt die amethystviolette
Färbung nach einigen Minuten deutlich hervor. — Demgegenüber be-
A. Joiles. hauptet Adolf JoUes (Wien. med. Wochenschr. Nr. 17) auf Grund
sorgsamer Nachprüfung, dass diese Methode das Prädicat „sehr em-
pfindlich" nicht nur nicht verdient, sondern als Gallenfarbst offprobe
für Harn überhaupt nicht empfohlen werden kann. Auch die
Gluzinsky'sche Probe (vergl. voriges Jahrb. S. 231) hält Joiles
für absolut ungeeignet. Er empfiehlt folgendes auch die geringsten
GaUenfarbstoffmengen nachweisende Verfahren. In einem mit einem
Glasstöpsel versehenen, unten sich conisch verjüngenden und über
eine birnenförmige Ausbauchung in ein mit seitlich eingeschlossenem
Glasstöpsel versehenes enges Rohr endigenden Cylinder werden
ca. 60 ccm Harn mit 3 — 5 ccm Chlorbaryum und 5 ccm Chloroform
versetzt und das Ganze mehrere Stunden kräftig geschüttelt. Als-
Krankheiten der Uamorgane. 233
dann lägst man den Cylinder etwa 10 Minuten stehen, wobei sich
daa Chloroform imd der Niederschlag zu Boden setzen. Durch Oefifnen
dea Hahnes wird Chloroform und Niederschlag in eine kleine Por-
zellanschale gebracht, welche dann für emige Minuten aof ein
kochendes Wasserbad gesetzt wird. Nach Verdampfung des Chloro-
forms und Erkaltung der Schale lässt man längs der Wandung 1 bis
2 Tropfen einer concentrirten Salpetersäure, die etwa 'li rauchende
Salpetersäure enthält, herunterüiessen , worauf Kt-i öt'geuwart von
Gallenfarbstoff der charakteristische blaue und grün« fiiiig ent-
steht.
Mit der Präge der Fehling'schen Lösung, d. h. mit ihrer Znckar-
Antoreduction beschäftigen sich Arbeiten von M. Jovitachitsch: 0"^?, . !
J. Gerock und M. Siegfried {Ber. d. Deutsch, itiem, Ges. Bd. 30, lasln"
S. 2431, 2865, 3133), aus denen auch wieder hervorgeht, wie vor-M-J""'«='""«^
sichtig man mit Schlüssen aus den mit Fehling'schor Lö.^ung äuge- MSieefr'«*
stellten Zuckerproben sein muss. j
H. Malfatti (Centralbl. f. die Krankh. d. Harn- u. Sexualorg. — Trommm*- ]
H. 10) meint, dasa der Praotiker bei genügender Vorsicht mit der '„''u''"!^''
Trommer'scben Probe zur Zuckerbestimmung im allgemeinen aus-
kommen kann. Bei fraglichen Fällen gelingt es r.ft. die Fehlorquelle
anazuschalten, indem man den mit Kalilauge und KupferMulfatlösung
versetzten Harn filtrirt. Eine alsdann mit dem Filtrat vorgenommene
positive Trommer'sche Probe spricht mit grösserer Wahrschein-
lichkeit für die Anwesenheit von Zucker. Auch zur ungefähren
Schätzung der Zuckermenge genügt die Trommer'sche Probe imd
wird noch klarer, wenn man dem ReactioD9gi;mis[!i nach Parg
Ammoniak zusetzt , wodurch statt des gelben unlöi^licheu Kiirpunt
beim Kochen eine farblose Lösung entsteht. Durch Zufttgung u
Para^nöl oder Petroleum kann man nach Petikii's Vorschlagfj
Beständigkeit dieser ßeaction erhöhen.
Ueher den Nachweis des Traubenzuck.iTä im Harn
Methylenblau berichtet A. Fröhlich (Centralbl- f.
Nr. 4). Der zu untersuchende Harn wird mit Blcinuekorloi
Bleiesaig ausgefallt. Gleiche Theile des Filtrats
blaulösung {1,0 : 300,0) werden unter Zusatz von Kalilauge
Eintretende Entfärbung spricht für Zuckergehalt
0.04"..
234 Fürbringer und Stettiner.
Aräo- Ueber die aräometrische Bestimmung des Trauben-
metrische Zuckers im Harn siehe Th. Lohn stein (AUgem. med. Central-
BeStimmang •%rr ,^r\ ^r* r%f\ -r» 1 II« -rrr t i TtT «/>\
des Zuckers, zöitung Nr. 58, 82 — 88; Ben. klin. Wochenschr. Nr. 39).
Th. Lohnstein.
Eine kurze Mittheilimg über die quantitative Bestimmung
Quantitative des Harnindicans bringt Eyvin Wang (Hoppe-Seyler's Zeit-
Be8timmungg^jjj.ift f. physiol. Chemie Bd. 25, H. 5 u. 6). Die Methode besteht
des Harn- ^ ^ ' .
indicans, i^i ^ör Ueberfuhrung der gesammten Indicanmenge in Indigo und
Eyvin Wang. Indigosulfosäure (I.Fällung des Harns mit 20'/oiger Bleizuckerlösung;
2. Versetzimg des klaren Fütrates mit dem gleichen Volumen des
aus reiner concentrirter Salzsäure und 2 g Eisenchlorid bestehenden
Obermayer'schen Reagens; 3. Ausschütteln mit Chloroform, bis
das Chloroformextract farblos ist; 4. Abdestilliren des Chloroforms,
Trocknen des B.ückstandes und Zusetzung von 3 — 4 com concen-
trirter Schwefelsäure) und Titrirung derselben mit Kaliumpermanganat-
lösung.
Eine neue volumetrische Methode zur Bestimmung der
Volu- Harnsäure im Urin beschreiben F. W. Tunnicliffe und Otto
metr so e Rosenheim (Brit. med. Joum., 5. Febr.). Die nach der Hopkin-
Harnsaure- ^ ' . , , ^
bestimmung sehen Methode gewonnene Harnsäure wird mit V«»"Normalpiperidin-
Tunnicliffe u. lösung titrirt. 1 ccm derselben bindet 0,0084 g Harnsäure.
H. Cook. * Harry Cook (Medical Record, 12. März) fällt die Harnsäure
als Silberurat, trennt dieses durch eine Centrifuge, deren Gläser gra-
duirt sind, vom Harn und liest die Menge des ersteren so direct am
graduirten Glase ab. 1 ccm Silberurat entspricht 0,001176 g Harn-
säure.
Oentrifugal- Ueber ein neues Centrifugalfilter und seine Anwendung in
^i}}2 '' der Urologie berichtet Gustav Gärtner (Wien. med. Wochenschr.
Kit ijartner. __
Nr. 13).
Cystoskopie, Ueber die Bedeutung der Cystoskopie bestehen kaum noch
Cannelo Bmni. Differenzen. Zwei drastische Beispiele fiir die Wichtigkeit derselben
in diagnostischer Beziehung veröffentlicht CarmeloBruni (Monats-
berichte über die Gesammtleistungen auf d. Geb. d. Krankheiten des
Harn- u. Sexualapp. H. 4).
Ueber die Berechtigung ihrer jüngeren Schwester, des Ureter-
katheterismus, als diagnostischen Hülfsmittels sind die Ansichten
noch getheilt, wie dies am deutlichsten in der im December statt-
Krankheiten der Hamorgane. 235
gehabtea Diacussion über den Casper'schen Vortrag über thera- Ureter-
peutiache Erfahrungen mit dem UreterkatheteriBmus zu Tage trat. "" *'"' ^
Da bei Schluss dea Berichtsjahree weder der Vortrag, noch die im CMper,
Anschlnss an iRn gemachten Bemerkungen in extenso vorliegen, Bei Boissean du
hier nur ganz kurz auf sie verwiesen. — Neue Apparate wurden von ^ Fimk,
Boisseau du Rocher (Ann. dea mal. gön.-urin. Nr. b) und in H&ny FeoTlck.
Anlehnung an den Albarran'echen Apparat von E. Frank (Berl.
klin. Wochenschr. Nr. 9) beschrieben. Von anderen Forachem be-
tont namentlich Harry Fenwick (Brit. med. Jonrn., 15. Jan.) den
diagnostischen Werth des Ureterkatheterismua.
Ueber dieNiereninaufficienzbei normaler Beschaffen-
heit der einenNiere und über die Diagnose dieses Zustand es
verbreitet sich v, Korinyi (Pester med.-chir. Presse Nr. 62) auf Disgnos«
Gmnd eigener experimenteller und klinischer Erfahrungen. Eine.''*' J^f^f"''
abnorm grosse Erniedrigung des Gefrierpunktes des Blutes zeigt eine v. Kortnri.
krankhafte Abnahme der Function beider Nieren an. Beträgt der
Geftierpunkt specieU mehr ala 0,56 °, so ist mehr als die Hälfte der
secemirenden Oberfläche von der Function ausgeschlossen; die func-
tionelle Störung erstreckt sich also auf beide Nieren. Der Nachweis
eines normalen Gefrierpunktes beweist, dass der durch die einseitige
Nierenkrankheit verursachte Ausfall durch erhöhte Function der in-
ta»a«n Niere vollkommen gedeckt wird, und bietet nach des Verfassers
Ansicht dem Operateur eine noch höhere Beruhigung, ala der Aus-
fall der anderen bisher geübten Unterauchungsmethoden.
B. Nlerenkrankhelten.
a. Allgemeine Pathologie.
A. K. Stone (Boston med. and surgicalJoum., Sept.) berichtet lUjoniiB-
nberdasErgebniss vonUrinuntersuchungi'ii ij.^i lü48Ffll' " —
in denen weder Nephritis, nochHerzaffection, noch Fieber O'
degenerative Zustände vorlagen, wie auch Fä-Ür
Leukorrhoe ausgeschlossen wurden. 298mal (aUo lj
wurde Eiweiss im Urin gefunden. Handelt es sich I
gehendes Symptom, so ist der Eiweissbefund als «
massiger Organfunction, mangelhafter Oxydation i
eine Störung des Kreielaufa zurückzuführen. Ja
1
236
Fürbringer und Stettiner.
Transi-
toriscbe
Albamin-
nrie,
Symonds,
Bickerton,
W. Porter.
sich hüten, aus einer einmaligen, auch noch so sorgfaltigen Unter-
suchung eine Diagnose auf eine Nierenerkrankung zu stellen.
Nach Symonds (Medical Record, 29. Jan.) beruht die transi-
torische Albuminurie am häufigsten auf einer organischen
Nierenveränderung, einer acuten Nephritis, seltener auf functionellen
Störungen, von denen er mehrere Formen unterscheidet: 1. tjrpische
Albuminurie, meist bei dyspeptischen und anämischen Personen;
2. diätetische Albuminurie, durch Uebermaass stickstoffhaltiger Nah-
rung bedingt; 3. musculäre Albuminurie nach übermässiger Muskel-
anstrengung, Radfahren; 4. Albuminurie der Pubertätszeit, nament-
lich bei anämischen Personen; B. Albuminurie als Folge von Glykos-
urie oder sehr starker Concentration des Harns ; 6. Albuminurie bei
Influenza oder gewöhnlichen Erkältungen, welche bald wieder vor-
übergehen. Jedenfalls ist die transitorische Albuminurie als patho-
logisch anzusehen, und während ihres Bestehens liegt die Gefahr der
Entwickelung einer ernsteren organischen Erkrankung vor. Jenseits
des 4. Decenniums findet sich selten functionelle Albuminurie, wie
überhaupt diese Diagnose mit grosser Vorsicht zu stellen ist. — In der
sich an Symonds' Vortrag in der New York Academy of medicine an-
schliessenden Discussion, in welcher auch auf die Bedeutung einer solchen
transitorischen Albuminurie für die Abschliessung von Lebensversiche-
rungen hingewiesen wird, bezweifelt Bickerton das Vorkommen
einer physiologischen Albuminurie. William Porter meint, daae
es bei Leuten, die mehr Eiweissnahrung aufnehmen, als sie zu oxy-
diren vermögen, infolge von Hypertrophie der Nierenzellen zu einer
physiologischen Albuminurie kommen könne, ohne dass eihe Nieren-
erkrankung vorliege. Starke Fleischesser könnten oft durch eine
diätetische Therapie von der Albuminurie befreit werden, während
eine bei vorwiegend vegetabilischer Kost entstandene Albiuninurie
meist eine schlechte Prognose gebe.
Für das Vorkommen einer functionellen Albuminurie spricht
Auto- sich auch A. Prätorius (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 14) aus, und
in toxi- zwar pflichtet er der Theorie Bouchard's bei, dass hauptsächlich
ibuminurie Autointoxicationen bei ihrer Aetiologie eine Rolle spielen. Er
A. PrÄtorius. unterscheidet transitorische (alimentäre, aus vorübergehenden Magen-,
Leber- und Darmstörungen resultirende und infolge stärkerer Muskel-
anstrengungen entstehende Albuminurie) und chronische Formen
(cyklische und intermittirende, bei längerem Bestehen leicht zu inter-
stitieller Nephritis führende Albuminurie). Verursacht wird die func-
Krankheiten der Hamorgane. 237
tionelle Albuminurie durch endogene Toxine, welche theils dem Ver-
dauungstractus entstammen, theils aus mangelhafter Assimilation von
stickstoffhaltigen Stoffwechselproducten hervorgehen (Fettsucht, Gicht,
Diabetes). Zum Theil spielen dyskrasische Fermente und trophische
Einflüsse in ihrer Aetiologie eine Rolle (Myxödem, Entwickelungs-
störungen, Geisteskrankheiten). Auch der Ausfall gewisser Organ-
functionen, wie der Leber und der Schilddrüse soll bei ihrer Bildung
betheiligt sein können. Auch er betont natürlich, dass die Diagnose
nur mit grosser Vorsicht zu stellen sei, und meint, dass zum Zu-
standekommen der Autointoxicationsalbuminurie eine ge-
wisse Empfindlichkeit und Widerstandsschwäche der Niere gehöre.
Von einer functionellen Albuminurie bei Diabetes,
hervorgerufen durch die gesteigerte Inanspruchnahme der Niere durch
die Ausscheidung des mit Zucker überladenen Harns, spricht
Grube (Verhandlungen des 16. Congresses f. innere Medicin). Er Albuminurie
unterscheidet diese Form von der Albuminurie im Endstadium der^®* ^^***®*®^'
schweren Form des Diabetes, von der Stauungs-, der Alters- imd
der auf Nephritis chronica beruhenden Albuminurie. Erstere gebe
keine schlechte Prognose, da sie mit dem Linken des Zuckergehaltes
oft wieder verschwinde.
Blut, Blutfarbstoffe und andere Pigmente im Harn.
Mit den Blutungen aus anatomisch unveränderten
Nieren beschäftigt sich eine Arbeit von S. Grosglik (Sammlung Blutungen
kHn. Vortr., Neue Folge Nr. 203). Im Anschluss an einen von ihm ^"^
selbst beobachteten Fall, auf den schon im vorigen Jahrgang (S. 234) Njeren
hingewiesen wurde, unter kritischer Berücksichtigung aller bisher S. Grosglik,
in der Litteratur beschriebenen FäUe unterscheidet auch er, gleich
Klemperer, drei Gruppen: 1. solche bei vererbter hämophiler Con-
stitution, 2. Blutimgen nach körperlicher Ueberanstrengung und
3. bei vasomotorischen Störungen. Als ein typisches Beispiel für
die letzte Kategorie verweist er auf einen von Sokoloff (Berl.
klin. Wochenschr. 1878, Nr. 20) veröffentlichten FaU, der von
Klemperer nicht herangezogen war. Im Gegensatz zu Klem-
perer warnt Grosglik vor einem exspectativen Verhalten. Gerade
bei der Unsicherheit der Diagnose soll der chirurgische Eingriff,
welcher nicht nur in der Blosslegung des Organes und Betastung,
sondern auch in einer genaueren Untersuchung des Parenchyms
nach Durchschneidung zu bestehen hat, vor unangenehmen Ent-
täuschungen bewahren.
Krankheiten der Hamorgane. 241
med. Wochenschr. Nr. 1), von Geelvink (Centralbl. f. Neurol. Nr. 7) Alimentäre
und von Max Arndt (Berl. klin. Wochen8chr. Nr. 49). Sie findet Jfiykosurie
. . . ^®i Nerven-
sich nicht bei Epilepsie und Kückenmarkskrankheiten. Die Frage, krankheiten,
ob sie bei traumatischen Neurosen sich häufiger findet, als bei anders- ^^^ Oordt,
artig entstandenen Nervenerkrankungen, ist noch nicht spruchreif, m. Arndt'
Sehr sorgßlltige Untersuchungen über die Ehrlich'scheDiazo- Ehrlich'eche
reaction im Harn hat Anton Krokiewicz angestellt (Wiener ***^'
klin. Wochenschr. Nr. 29). Er hat sie 16167mal in 1106 Fällen Krokiewicz.
vollfuhrt und kommt zu dem Resultate, dass sie ein sehr wichtiger
diagnostisch-prognostischer Factor bei Fällen von Phthise und Typhus
ist. Im Verlaufe von Lungentuberculose weist das Erscheinen der
Diazoreaction auf einen acuten Verlauf des Krankheitsprocesses
hin. Bei Abdominaltyphus, selbst in Fällen eines leichten, abortiven
Verlaufes erscheint sie in der ersten und zweiten Krankheitsperiode.
Das AuBreten derselben in der Genesungsperiode zeigt fast immer
ein Becidiv an. In zweifelhaften weit fortgeschrittenen Fällen, wo
es sich um Magenkrebs oder Tuberculose des Verdauungskanals
handeln dürfte, spricht das constante Ausbleiben der Diazoreaction
far den Magenkrebs.
b* Speeielle Pathologrie der Nierenkrankhelten«
1. Diffuse Nephritis.
Auf die Bedeutung der mikroskopischen Untersuchung des Haifn-
sediments für dieDifferentialdiagno.se der verschiedenen
Formen der Nephritis lenkt Louis Heitzmann (New YorkerDifferential-
med- Monatsschr. Nr. 2) von neuem die Aufmerksamkeit und ge- Diagnose der
▼eT8cliie~
denkt dabei der Theorie von Carl Heitzmann, dass man aus der denen
Granulirang der Eiterkörperchen einen Schluss auf die Constitution Formen der
des Individumns ziehen könne. Eine ausgezeichnete Constitution ^ tf itz*^**
zeigt nach ihm nur grob granulirte, stark lichtbrechende, beinahe
homogene Eiterkörperchen ohne nachweisbaren Kern. Ganz fein
grannliite Eiterkörperchen mit einem oder mehreren Kernen be-
weisen eine berontergekommene schlechte Constitution. Kurz vor
dem Tode zer&llen die Eiterkörperchen in unregelmässige, fein
granulirte Häufchen. Bezüglich der Nomenclatur der verschiedenen
Fonnen schlagt er zunächst vor, den Ausdruck „Bright'sche Nieren-
kruikheit", da er keine besondere Form charakterisirt, zu vermeiden,
vod empfiehlt die Eintheilung in katarrhalische (desquamative oder
löterBdueUe), croupöse (oder parenchymatöse) und eitrige Nephritiden.
iiMaek der pnetttcben Medidn. 1899. Iß
242
Fürbringer und Stettiner.
Erkältung»- Zwei Fälle, in denen Erkältung (starke Durchnässung) die
°^pJi^J^**' Veranlassung des Auftretens einer schweren acuten Nephritis ge-
wesen sein soll, theilt Carter (The Lancet, 16. Jan.) mit.
Carter.
Nephritis,
Schloth-
BrttckenaQi
Interessante Mittheilungen über chronische Nierenent-
zündung infolge von gonorrhoischen Stricturen weiteren
Obstructive Kalibers (Charri^re Nr. 14) der hinteren Harnröhre macht Schi oth-
Brückenau (Münch. med. Wochenschr. Nr. 17) auf Grund von
6 Beobachtungen. Es handelt sich hier um eine obstructive Ne-
phritis, wenn auch nicht in den engen Grenzen, die Saundby
diesem Begriffe gezogen, in dessen Fällen es sich um eine ascen-
dirende Pyelonephritis handelte. In den hier wiedergegebenen Be-
obachtungen fehlen die Zeichen einer Hamstauung, sowohl der
Residualham, als die retrostricturalen Erweiterungen der Hamwege.
Die Gründe, aus denen Schloth dennoch die Verengerung als
ätiologisches Moment für die Nephritis ansieht, sind einmal die Be-
obachtung, dass durch das Trinken eines starken Diureticums
(Wemazer Wasser) eine erhöhte Congestion der Nieren und retro-
stricturalen Hamwege künstlich hervorgerufen werden konnte und
dass zweitens durch mechanische Erweiterung der Stricturen nicht
nur diese Congestionserscheinungen völlig beseitigt, sondern auch
die Nephritis günstig beeinflusst wurde. Zur Erklärung zieht Schloth
die Lehre über die Hamgifte heran.
Pneumouie-
Einen typischen Fall von Pneumonienephritis, bei welchem
der Höhe der Krankheit im Urin Pneumokokl
wurden, theilt Kleinmann (Diss. inaug. Berlin) mit.
nephritis, ^^^ ^^^ Rohe der Krankheit im Urin Pneumokokken gefanden
Klemmann. °
Typhus- Im Urin von Typhuskranken, bei denen sich Eiweiss und
R^rfi^ 'd * Cylinder im Harn zeigten, konnte Bichardson (Joum. of experim.
med. Nr. 3) in einer grossen Anzahl von Fällen TyphusbaciUen nach-
weisen. Dieser Befund ist auch für die Frage der Infectiosität des
Urins Typhuskranker von Wichtigkeit.
Malaria-
w. s. Thayer. Auftreten von Nephritis infolge von Malaria.
William S. Thayer (Med. Record, 4. Mai) betont das häufige
Ueber die Syphilis der Nieren gelangt Holmes Greene
(Joum. of cutan. and genito-urinary diseases Nr. 1) zu folgenden
Schlüssen : Die syphilitische Affection der Nieren äussert sich in der
Form von parenchymatöser und interstitieller Nephritis, gummöser
Krankheiten der Hamorgane. 243
Affection und amyloider Entartung. Meist handelt es sich um eine Syphilis
Combination dieser Formen. Oft ist nur eine Niere erfiriffeu. In„®'^ leren,
o . . Hohnes Greene,
seltenen Fällen verläuft die Nierensyphilis unter dem Bilde eines
malignen Tumors.
W. H. Whitehead(Joum. of americ. med. association, 16. Aug.) W. H. White-
sah in einer grossen Anzahl von Fällen bei Morbus Bfightii nach ®* *
Jodkali und Quecksilberbichlorid innerhalb 30 — 60 Tagen Schwinden
der Albuminurie imd bei nachhaltiger Behandlung kein Recidiv.
Er schliesst hieraus, dass Nephritiden häufiger, als man anzunehmen
gewohnt ist, auf syphilitischer Basis beruhen.
Dass bei chronischem Morbus Brightii häufig Darmstörungen,
sowohl Durchfalle, als Obstipation, auftreten, ist seit langem be-
kannt, desgleichen, dass bei Cholera, Dysenterie und starken Durch-
fallen oft Albuminurie und Cylinderausscheidung im Harne erscheint.
Auf das Auftreten von Nierenerscheinungen bei Obsti-
pation und Darmkoliken lenkt G-. Kobler (Wiener klin. Wochen- Nieren-
schrift Nr. 20; Wiener med. Bl. Nr. 18 u. 36) die Aufinerksamkeit. erschei-
nungen bei
Er sab bei derartigen Fällen hyaline Cylinder, Cylindroide und Nieren- Obstipation,
epithelien, mitunter auch rothe und weisse Blutkörperchen sich im ö. Kobler.
Urin zeigen, ohne dass in diesen Fällen gleichzeitig Albuminurie
bestand. Die Formelemente schwanden aus dem Harn mit dem Auf-
hören der Obstipation und dem Eintreten normaler Stuhlverhältnisse.
Zur Frage des Oedems bei Nephritis hat Oscar Reichel Pathogenese
(Centralbl. f. inn. Med Nr. 41) Versuche angestellt, indem er Ne- ^ ^^®^ ^ .
^ , => ' , Oedems bei
phritikem ohne Oedeme an verschiedenen Körperstellen physio- Nephritis,
logische Kochsalzlösungen subcutan infundirte. Die geringe Menge Oscar Reiche],
von 50 ccm , welche bei gesunden Menschen in wenigen Stunden
aufgenommen wird, kam erst nach 5 — 10 Tagen zur Resorption.
Mit Recht glaubt Reichel auf einen Zusammenhang dieses ver-
minderten Resorptionsvermögens mit dem Entstehen der Oedeme
bei Nephritis schliessen zu müssen.
lieber die Wechselbeziehungen von Albuminurie,
Hydrämie und Hydrops bei Brightikem haben G. Dieballa Albumin-
imd L. K6tly Peutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 61, H. 1 u. 2) „ l^'?"'.
TT i- 1 -r-w Hydramie,
Untersuchungen angestellt. Die Grösse des Hydrops steht danach Hydrops bei
in umgekehrtem Verhältniss zum Hämoglobingehalt und specifischen Brightikem,
Gewichte des Blutes, sowie zur Zahl der rothen Blutkörperchen und ^ ^K^tly
der Hamtagesmenge , in geradem Verhältniss zur procentualen und
244 FCLrbrmger und Stettiner.
auch zur täglichen Eiweissmenge des Harns. Zwischen Hydrops und
Hydrämie zeigt sich kein bestimmtes Verhältniss. Letztere entwickelt
sich früher und ist in der Hauptsache eine Folge der mangelhaften
Wasserausscheidung, wird aber wohl auch mit durch die Albuminurie
herbeigeführt. Durch Vermittelung der Hydrämie entwickelt sich
dann der Hydrops der übrigen Körpergewebe.
Eine Verdünnung des Blutserums resp. Blutplasmas
Wasser- und konnte auch W. Bruner (Centralbl. f. inn. Med. Nr. 18) in einer
^H^*^Rf^^*^' grossen Anzahl von Nephritisfallen nachweisen. Die ausgesprochenen
bei Symptome der Urämie sind nach seinen Untersuchungen immer von
Nephritis bedeutender Blutverdünnung begleitet. Während es im Verlaufe
^ W Bruner^' ^^^ Nephritis auch ohne urämische Symptome infolge von Ver-
armimg des Serums an festen Bestandtheilen zu Blutverdünnung
kommen kann, ist bei der Urämie die Serumvermehrung das blut-
verdünnende Moment. Es handelt sich um eine Zurückhaltung von
Wasser resp. Lymphe im Blut, um ein wahres Oedem des Blutes.
Man kann danach das Oedem der Körpergewebe als eine Aus-
gleichserscheinung im nephritischen Organismus betrachten. Femer
fand Bruner bei diesen Untersuchungen, dass sich das Nephritis-
blut durch eine deutliche Tendenz zur Abnahme des Natrium-
gehalts charakterisirt, woraus sich die Mahnung ergeben würde,
solchen Kranken dauernd Natriumsalze zu verabreichen.
Gegen die von Bohne (Diss. inaug. 1897) aufgestellte H3rpothe8e,
Eetention dass die Retention von Chloriden im Organismus die Ursache
^^J^^, ^ör urämisch-comatösen Zustände sei, wendet sich A. Hof mann
Chloriden .._^
und Urämie, (Deutsches Arch. f. klin. Med. Bd. 61, H. 5 u. 6), indem er einmal
A. Hofinann. die Beweiskraft der Untersuchungen anzweifelt und zweitens darauf
aufmerksam macht, dass es zur Betention von Chloriden, auch ohne
dass irgend welche urämische Symptome auftreten, kommen kann.
Dass die Urämie nicht einfach die Folge der Retention der sonst
Entstehung mit dem Harn ausgeschiedenen Stoffe sei, wird von John Böse
der Urämie, Bradford (The Lancet, 19. u. 26. März, 2. April) in seinen bereits
' oben erwähnten Vorträgen an der Hand von experimentellen Unter-
suchungen und klinischen Beobachtungen ausgeführt. Er sieht ein
Haupt moment für die Entstehung der Urämie in der Vernichtung
der regulirenden Thätigkeit, welche die gesunde Niere auf die
anderen, namentlich die stickstoffhaltigen Körpergewebe ausübt.
Eine treffliche historische Darstellung der Anschauungen,
welche man früher bis zu der Theorie von Feltz und Ritter und
Krankheiten der Hamorgane. 245
den „weittragenden Anschauungen" Bouchard's über das Wesen Geschichte
der Urämie gehabt hat, gibt eine Arbeit von A. C^o^theimer ^®^^^*™^®»
(Monatsber. über d. Gesammtleistungen auf d. Greb. d. Krankh. d.
Harn- u. Sex. -App. H. 7 u. 8).
Einen Fall, in welchem Aphasie die Einleitung eines
urämischen Anfalles bildet, theilt Ulrich E,ose (Berlin, klin. Aphasie bei
Wochenschr. Nr. 9) mit. Es ist schwer, solche Heerdsymptome zu J?f?'™^®'
. ' . Ulrich Rose,
erklären. Nach Rose mag, ebenso wie der Blutdruck (und damit
die Gefahr der Hämorrhagie) in den Gefössen des Himstammes weit
grösser ist, wie in denen der übrigen Himtheile, z. B. der Rinde,
so dort auch die Zufuhr des im Blute kreisenden urämischen Giftes
eine besonders schnelle und reichliche sein und die so plötzlich
über die Region der Stammganglien und der Capsula interna aus-
geschüttete Noxe nun zunächst ihre verderbliche Wirkung in diesen
Theilen entfalten, entweder durch directe Gewebsvergifbung oder
durch Circulationsstörungen.
Mit den urämischen Psychosen beschäftigt sich Bischoff Urämische
(Wiener klin. Wochenschr. Nr. 23). Er betont, dass stets das Vor- ^^^^V^lf"'
. . . Bischoff.
ausgehen der Nephritis nachgewiesen werden muss, um nicht eine
acute Geistesstörung mit secundärer Albuminurie für eine urämische
Psychose zu halten. Bleibt das Leben erhalten, so kann auch voll-
kommene Heilung der Psychose eintreten, und es können sich später
urämische Zustände wiederholen, ohne dass es dabei wieder zu
Geistesstörungen zu kommen braucht.
Seine Erfahrungen über urämische Darmgeschwüre fasst
P. Grawitz (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 21) folgendermaassen Urämische
zusammen: „Wenn bei Fällen von mehr oder minder plötzlich ein- "°^."
" , , . ^ . geschwure,
tretender Unterdrückung der Nierenfunction oder bei Erlahmung eines p. Grawitz.
stark hypertrophischen linken Herzventrikels, der einen erheblichen
Antheil an der Harnausscheidung bei fortgeschrittener Nierenschrum-
pfdng gehabt hatte, reichliche Mengen von Hamsalzen in das Darm-
lumen abgeschieden werden, so darf man bei der Section Darm-
geschwüre, welche die Entstehung aus diffuser, flächenhafter, in die
Tiefe greifender Nekrose erkennen lassen, mit hoher Wahrscheinlich-
keit als urämische Darmgeschwüre bezeichnen."
Zur Therapie der Nephritis haemorrhagica theilt
Kram er (St. Petersb. med. Wochenschr. Nr. 20) mit, dass er in
246 Fürbringer und Stettiner.
Therapieder4 Fällen nach innerlicher Darreichung von Methylenblau in Verbin-
Nephritis ^jjj^nr mit Salol ein schnelles und absolutes Verschwinden des Blut-
haemor-
rhagica, gehaltes, eine Verminderung der Albuminurie und eine Besserung
Kramer. des Allgemeinbefindens eintreten sah.
Therapie der Hurrwitz (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 23) erzielte in
S c h a r 1 ach- ^ jj^^jj^ Falle von Scharlachnephritis mit beträchtlichen Oedemen
nephritis ^
durch und Ascites durch Ausführung der Venäsection ein Schwinden
Aderlas 8, (jer Oedeme bereits am folgenden Tage, dem dann langsam die Hei-
lung lolgte.
Einen breiteren Raum in der Litteratur des vergangenen Jahres
nimmt die Besprechung der Therapie der chronischen Ne-
phritis ein. Es sei hier zunächst der Discussion über dieses Thema
in der British medical association (Brit. med. Joum. , 8. Oct.) ge-
Therapie dacht. Den einleitenden Vortrag hielt Nestor Tirard. Er
chronischen ^^^o^*® zunächst, wie wichtig zur Verhütung von Exacerbationen
Nephritis, geeignete hygienische (Vermeidung von Erkältungen, von körper-
Nestor Tirard. Heber und geistiger Ueberanstrengung) und diätetische Maass-
regeln seien. Bezüglich der letzteren steht er auf dem Stand-
punkte, dass während einer acuten Exacerbation eine vollständig
strenge Diät, wie bei einer acuten Nephritis, beobachtet werden
müsse, später aber eine gemischte, wenn auch blande Diät angezeigt
sei. Vor allem müsse man sorgsam Magenindispositionen vorzubeugen
suchen. Geringe Mengen von Alkohol gestattet er. Die medicamen-
töse Behandlung der chronischen Nephritis, sofern diese nicht auf
Syphilis oder Malaria zurückzuführen sei und dann dementsprechend
behandelt werden müsse, sei eine symptomatische. Der Verminde-
rung der Hamsecretion ist entweder durch Darreichung von H e r z-
1 0 n i c i s (Strophanthus, Digitalis, Theobromin, Coffein, Diuretin) oder
von Diureticis (Wasser, Milch, salinische Abführmittel, Kalium
jodatum) entgegenzuwirken. Bei starker Albuminurie ist Bettruhe
angezeigt, unter deren Einfluss sich oft der Eiweissverlust rasch ver-
mindere. Ferner kommen Adstringentia (Tannoform, Tannalbin)
und Eisenpräparate in Betracht. Gegen den Hydrops empfiehlt
sich die Anwendung von Diaphoreticis (hydrotherapeutische Maass-
nahmen mannichfacher Art, Pilocarpin mit grosser Vorsicht unter
Berücksichtigung des Zustandes von Herz und Lungen), salinischen
und anderen Abführmitteln (Natrium sulfuricum, Natrium tartaricum,
Kalium tartaricum, Tartarus natronatus, Tubera jalapae, Scammo-
nium) und von Diureticis (Lithion, Kalium und Natronsalze). Bei
Erankfaeiten der Hamorgane. 247
der Schrumpfniere handelt es sich zunächst meist um Beseiti-
gung des die Kranken arg peinigenden Kopfschmerzes. Nitroglycerin
und müde Abführmittel bringen oft Milderung. Bei Schlaflosigkeit
nützen oft warme Fussbäder am Abend. Von Schlafmitteln gibt er
dem Opium und eventuell den Morphiumpräparaten den Vorzug.
Auch von Sulfonal hat er gute Wirkungen gesehen. Leichte Magen-
storungen kann man oft noch durch Darreichung von Stomachicis
beseitigen. Meist handelt es sich dabei schon um urämische Sym-
ptome. Bei der Behandlung der Urämie hat er von Amyl-
nitrit und Nitroglycerin, deren Anwendung von anderen warm em-
pfohlen wird, selten Erfolge gesehen. Auch Purgantia, Diaphoretica
und Diuretica lassen hier im Stich. Gute Erfahrungen hat er mit
Crotonöl in Verbindung mit heissen Einpackungen gemacht. Narko-
tica dürfen im urämischen Stadium nur mit grosser Vorsicht an-
gewandt werden. — In der sich anschliessenden Discussion zeigten
sich bezüglich der von T i r a r d angegebenen diätetischen und medi-
camentösen Behandlungsweise wenig Meinungsverschiedenheiten. Ein-
zelne Redner, wie Robert Saundby, sprechen sich für völlige AI- R. Saundby,
koholentziehung aus. Mc Vall und Ralph Stockmann sind z^ ^*^'
auch Gegner einer zu lange ausgedehnten reinen Milchdiät. Für die
Behandlung der chronischen Nephritis mit Schilddrüsenextract trat
T. M. AUison ein. Von C. J. Macalister und W. C. Stillar T. M. Allison,
werden Einathmimgen von Sauerstoff bei Auftreten von urämischen ^* '^' Macalister
Erscheinungen empfohlen, deren Berechtigung von RalphStock-'
mann bestritten wird. Für eine frühzeitige und intensive chirur-
gische Behandlung der Hautwassersucht und der Trans-
sudate der serösen Höhlen treten C. A. Ewald (Berlin), Mc Vall, CA. Ewald,
Bobert Saundby und W. Ewart ein. Ewald will nicht die Mo VaU,
Ansammlung von grossen Flüssigkeitsmengen in den Körperhöhlen
abwarten, sondern dieselben sobald als möglich und so oft es bei
Wiederansammlungen nothwendig ist, eventuell jeden dritten Tag,
punctiren. Zur Ableitung des Oedems wendet er grosse Hohlnadeln
-an, wahrend von den anderen Rednern der kleineren Southey'schen
Canüle der Vorzug gegeben wird. Ewald hat in einer Reihe von
FäUen mit diesem Verfahren gute Erfolge erzielt. Saundby und r. Saundby u.
Ewart (s. auch Brit. med. Joum., 2. JuH) lenken noch besonders ihre ^' ^wart,
Aufmerksamkeit auf die Lagerung der Patienten. Durch Erhöhung
des Kopfendes des Bettes und geeignete Massage sei es möglich, die
ganze transsudirte Flüssigkeitsmenge nach den unteren Extremitäten
zu leiten und von dort dann durch die erwähnte Methode abfliessen
zu lassen. Erst nach Beseitigung der Oedeme tritt die medicamen-
248 Fürbringer und Stettmer.
tose Behandlang in ihr Kecht und sei jetzt im Stande mehr zu leisten,
als vorher.
Zur Technik der chirurgischen Behandlung derHaut-
Behandlung Wassersucht äussert sich weiter Menko (Deutsche med. Wochen-
*®' Schrift, Therap. Beil. S. 81), der die Curschmann'schen Canülen
8 acht, ^^ folgender Modification in Anwendung zieht: das äussere Ende
Menko, igt trichterförmig erweitert und wird mit einem konischen Ansats
des Gummischlauchs unter Bajonettverschluss in sichere, den
Kranken nicht störende Verbindung gebracht. Nach Abnahme des
Apparats wird der Wundkanal durch eine metallene, leicht anzu-
bringende Feder comprimirt.
Gumprccht. Gegen das Nachsickem aus dem Punctionskanal empfiehlt Gum-
precht (Therap. Monatsh. , Febr.) einen kleinen Bausch antisep-
tischer Gaze auf die Stichstelle zu drücken, die Haut der Umgegend
derartig zu falten, dass der Bausch in einer Rinne Kegt, und letz-
teren in dieser Lage durch amerikanisches Heftpflaster zu fixiren.
Auf die diätetische Therapie des chronischen Mor-
bus Brightii geht auch ausführlich eine Arbeit von Norbert
Diätetische Ortner (Die Heilkunde, Juli) ein. Auch er spricht sich gegen
Therapie der gjjjQ Monate hindurch fortgesetzte exclusive Milchdiät aus. £ine
Nephritis, tägliche Aufnahme von 1 — 1^« Liter Milch mit Zusatz von Alkalien
Norbert Ortner. ist wünschenswerth. Von Fleischsorten verbietet er Bindfleisch,
Hammelfleisch, Wild und Würste, gestattet die verschiedenen Sorten
weissen Fleisches, fette Leber, gelatinöse Fleischsorten. Der Genuas
von Lachs, Aal und Stör ist verboten, andere Fischsorten sind er-
laubt. Eier in massiger Zahl zu geniessen, hält er für statthaft.
Zu untersagen ist der Genuss von frischen Gemüsen, welche reich
an Stickstoff imd KaU sind. Kohlehydratnahrung ist einzuschränken.
Genuss von Fett ist empfehlenswerth. Von AlkohoUcis gestattet er
massige Menge Bieres. Genuss von Obst und Obstsäften ist erlaubt.
Salzwasser- Klystiere von */»^/»ig6ni Salzwasser empfiehlt Victor Eltz
kiystiere bci(»pijgj.^p Monatsh., Sept.) bei Nephritis, namentlich bei Auftreten
V Kitz. * urämischer Symptome. Sie bewirken eine starke Steigerung der
Diaphorese und Diurese.
Aderlass Der Mittheilungen von Laache auf dem Xu. internationalen
bei Urämie, medicinischen Congresse über die günstige Wirkung des Aderlasses
bei Urämie (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 9) ist schon im vorigen
Jahrgange dieses Jahrbuches (S. 245) gedacht worden. Er betont, dass
Krankheiten der Hamorgane. 249
der Aderlass kein Universalmittel sei und dass geeignete Fälle aus-
gesucht werden müssten. Auch C. A. Ewald trat in der bereits Ewald,
erwähnten Discussion über die Behandlung der chronischen Nephritis
warm für die Ausführung der Venäsection, eventuell mit nach-
folgender Kochsalzinfasion, in einer grossen Anzahl von Fällen ein,
während die übrigen Redner derselben ziemlich skeptisch gegen-
überstanden und der Ansicht waren, dass sie sich nur für wenige
FäUe eigne. Saundby (1. c.) hat gute Erfolge von Darmeingies- Saundby,
sungen mit kaltem Wasser gesehen.
Charles E. Nammark (New York med. Record, 26. Febr.) Nammark u.
und Metzger (Med. and surg. Joum. , 26. Mai) empfehlen wie- ^^^s^^-
derum auf Grund günstiger Erfahrungen den Aderlass mit nachfol-
gender Kochsalzinfusion.
2. Nephrolithiasis.
Da wiederholt Beobachtungen von Nierensteinkrankheiten
nach B.Ü ckenmarksers chütterung mitgetheüt sind, hat Pos- Nierenstein-
ner (70. Versammlung deutscher Naturforscher und Aerzte) im Ver- «^krankung
ein mit Asch (Strassburg) experimentell die Frage zu entscheiden Bücken-
gesucht, ob die Steinbildung direct von der Rückenmarkserkrankung mark,
abhängig sei. Bei Hunden wurde das Rückenmark in der Höhe des Iwsh^'
ersten und zweiten Lendenwirbels quer durchschnitten. Das Resultat
war bei zwei Thieren, die mehrere Monate am Leben erhalten werden
konnten, ein negatives. Bei der Section erwiesen sich die Nieren
intact.
Die Symptomatologie und Diagnose der Nephrolithia-
sis bespricht ausführlich J. H. Musser (The Philadelphia med. Symptomato-
Joum., 16. April). Gewöhnlich werden als Symptome Schmerzen, °6*® ^"^^^
. .. ... Diagnose
intermittirende Hämaturie, Pynrie, intermittirendes Fieber, häufiger derNephro-
Urindrang und Auftreten von Nierenkoliken angegeben. Selten findet n^hiaBis,
man alle Symptome, so dass die Diagnose keine Schwierigkeiten
macht. Nach seinen Beobachtungen ist die Hämaturie constant, so-
lange sich der Stein im Nierenbecken befindet, wenn sie auch mit-
unter so spärlich ist, dass sie sich nur mit Hülfe des Mikroskops nach
Centrifugirung des Sediments nachweisen lässt. Pyurie ist ein se- »
cnndäres Symptom, das in einer grossen Anzahl von Fällen fehlen
kann. Werth legt Musser auf die Albuminurie und den Befund
von hyalinen Cylindem bei hohem specifischem Q^gj^^^^^ Urins.
Den Ureterkatheterismus, welcher in einzelnen
250 Fürbringer und Stettiner.
geben könnte, hält er fiir zu gefährlich. Auch von der Anwendung
der Röntgenstrahlen zur Sicherung der Diagnose hat er nur nega-
tive Resultate gesehen.
Nierensteine Was den letzteren Punkt anbetrifft, so hat Ringel (Centralbl.
Rö'^t ^' ^^- ^^- '^^) d^^ch Versuche festgestellt, dass harte Oxalatsteine
strahlen, fast vollkommen undurchlässig, Hamsäuresteine etwas durchlässiger
^^e^* und Phosphatsteine fast vollkommen durchlässig für Röntgen-
strahlen sind. Da aber die Häufigkeit der erwähnten drei Arten
von Nierensteinen im umgekehrten Verhältniss zu ihrer Undurchlässig-
keit fiir Röntgenstrahlen steht, so ergibt sich daraus einmal, dass
es nur in wenig Fällen glücken wird, Bilder von Nierensteinen bei
Lebenden zu bekommen, und dass andererseits nur positive Resultate
bei Stellung der Diagnose berücksichtigt werden dürfen. Bezüglich
der Technik empfiehlt Ringel, um jeglichen störenden Neben-
schatten zu vermeiden, den Patienten vorher gründlich ausleeren
zu lassen.
Jedenfalls dürfte es sich empfehlen, in fraglichen Fällen die
Untersuchimg mit Röntgenstrahlen vorzunehmen, wie denn auch eine
Ch. A. Morton, Reihe von Veröffentlichungen, wie die von Charles A. Morton
Flipp ^^^ Lancet, 4. Juni), von Tailor und Fripp (Brit. med. Joum.,
Albert Aisberg. 80. April) und Albert Aisberg (Münch. med. Wochenschr. Nr. 51)
ihre Bedeutung für Stellung der Diagnose und Ausführung der Ope-
ration klar zu Tage treten lassen.
lieber Nephrolithiasis im Kindesalter macht John
Nephro- H. Morgan (Brit. med. Joum., 26. Febr.) Mittheilungen. Hamsäure-
it lasiB im ^^^ Oxalatconcremente sind nicht selten und verursachen oft schon in
Kindesalter,
John H. Morgan, geringen Mengen Schmerzen und Hämaturie. Da letztere oft gering
ist, kommt es häufig zu Verwechselung mit Darmkoliken. Bei der
Durchsicht von 2594 Sectionsprotokollen von Kindern, die an anderen
Leiden gestorben waren, fand Morgan 20mal Steine im Nieren-
becken oder im Anfangstheile des Ureters. Zur Entstehung von Stein-
bildungen fuhrt meist eine un zweckmässige Ernährung.
Bezüglich der internen Therapie der Steinkrankheit
Interne betont MartinMendelsohn (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 3) von
Therapie der jj^^gjj^^ dass, wenn auch die Chemie zahlreiche Arzneikörper her-
oteinKranR- n •• ^ t -r-r /*
heit, gestellt hat, welche Harnsäure aufzulösen vermögen, es bisher nicht
M, Mendelsohn, gelungen ist , diese Wirkung innerhalb des Organismus , eine Auf-
lösung von Hamconcrementen innerhalb der Hamwoge zu erzielen.
Ejrankheiten der Hamorgane. 251
Dagegen vermag sie nach zwei anderen Richtungen erfolgreich zu
wirken, erstens durch Anregung der Diurese, zweitens durch Be-
einflussung der Heaction des Harns. Zum ersten Zwecke dienen die
Mineralwassercuren. (Auch Lithium und seine Salze wirken nur als
Diureticum.) Die Abstumpfung der Acidität des Harns wird durch
Citronensaft , durch kohlensaures Natron, durch Kalkwasser oder
Magnesia borocitrica erreicht. Die alkalische Therapie darf aber
nicht so weit gehen, dass der Urin aasgesprochen alkalisch wird, da
es dann wieder leicht zur Bildung von Phosphatconcrementen kom-
men kann.
Hazlett (Therap. Grazette Nr. 7) sieht das beste Mittel zur Hazlett.
Verhütung der Nierensteinkrankheit im Natrium sulfuri-
cum. Dasselbe regt die Verdauungs- und Secretionsthätigkeit der
Bauchorgane an, namentlich der Leber, und soll dadurch bewirken,
dass manche Substanzen, die früher von den Nieren in Form von
Harnsäure ausgeschieden wurden, nunmehr durch den Darm ihren
Weg nehmen.
Ueber einen Fall von Cystinurie bei einer 22jährigen Patientin
macht F. Warburg (Deutsche Medicinal-Zeitg. Nr. 69 u. 70) Mit- Cystinurie,
theüungen. Ausgezeichnet ist der Fall durch eine gleichzeitig mit ^' ^^^^^'
der Cystinurie imd der Cystitis auftretende Gelenkerkrankung, welche
eine gewisse Aehnlichkeit mit einem Gichtanfalle hatte. Als Vor-
boten beobachtete War bürg Frösteln und allgemeine Mattigkeit.
Dami trat plötzlich Abends unter Fiebersteigerung eine schmerzhafte
Erkrankung der beiden Hüftgelenke auf, die am anderen Morgen
nachliess, um gegen Abend wieder stärker zu werden. Dann schwand
die Gelenkerkrankung, um nach 14 Tagen plötzlich wieder unter
denselben Erscheinungen aufzutreten. Mit dem Schwinden der Cysti-
tis und der Cystinurie hörten die Anfalle auf. Bemerkenswerth
ist femer, dass Patientin hereditär nicht belastet war und weder
Blasen- noch Nierensteinleiden in der Famüie der Patientin vor-
gekommen waren. Sie selbst hatte früher viel an rheumatischen
Beschwerden gelitten. Nach Besprechung der verschiedenen über
die Cystinbildung aufgestellten Theorieen wendet sich War bürg
noch kurz der Therapie zu. Von Darreichung von Alkalien verspricht
er sich nicht viel Nutzen. Da die Ursache der Cystinurie in einer
abnormen Zersetzung des Eiweiss im Darm zu suchen ist, muss das
Eiweiss namentlich in Form des Fleisches nach Möglichkeit aus der
Nahrung verbannt werden. Ausserdem ist Darreichung von Darm-
desinlicientien am Platze.
252 Fürbringer und Stettiner.
Cystinnrie, In gleichem Sinne spricht sich Walter Smith (Brit. med.
w. Smith. Joum., 9. April) aus, welcher 2 Fälle von Cystinurie beobachtet und
75 aus der Litteratur gesammelt hat.
3. Eitrige Nephritis.
Die Besprechung der Aetiologie der eitrigen Nephritis
lässt sich von der der infectiösen Erkrankung der übrigen Hamwege
nicht trennen. Die Bedeutung, welche die Guyon'sche Schule dem
Bacterium coli bei der Entstehung fast aller infectiösen Hamwege-
leiden zuschrieb, ist durch die am Ende des vorigen Jahres er-
Aetiologie schienene Monographie von Thorkild Rovsing (Klin. u. experi-
^^^ , ment. Untersuchungen über die infectiösen Erkrankungen der BÜam-
Thorkiid' wege) stark in Zweifel gezogen. Auch in seinem auf der British me-
Rovsing, dical association gehaltenen Vortrage (Monatsber. über die Gesammt-
leistungen auf dem Geb. d. Harn- u. Sex.-App. H. 9), welcher sich
auf eine bacteriologische Untersuchung von über 200 Fällen gründet,
vertritt er den Standpunkt, dass das Bacterium coli viel weniger
pathogen ist, wie die harnstoffzersetzenden Bacterien (Sta-
phylococcus pyogenes aureus und albus, Proteus Hauser, verschiedene
Diplokokken und Stabbacterien, die sowohl pyogen, wie auch nicht
pyogen sein können). Das Bacterium coli veranlasst nach seiner
Meinung nur leichte Erkrankungen, meist nur reine Bacteriurie.
Seine Anwesenheit im Harn ist für die Blasenschleimhaut gleich-
gültig, solange dieselbe keine Continuitätstrennung aufweist. Ebenso
finden die mit dem Blute in die Nieren gebrachten Colibacillen nur
Gelegenheit, eine Pyelitis zu erzeugen, wenn durch Calculi oder
Hamgries Continuitätstrennungen in der Schleimhaut oder auf andere
Weise, z. B. bei Wandemiere durch Incarceration infolge von Tor-
sion oder Knickung des Ureters, oder bei Tumoren Schleimhaut-
verletzungen entstanden sind. In der weit überwiegenden Anzahl
von Cystitisfallen und Pyelonephritisfällen wird die Entzündung durch
hamstoffzersetzende Mikroben verursacht, deren pyogene Formen
heftiger und gefahrlicher sind, als das Bacterium coli.
Max Melchior, Nicht auf dem gleichen Standpunkte steht Max Melchior
(Monatsber. über die Gesammtleistungen auf dem Geb. d. Harn- u.
Sex.-App. H. 10). Er fasst seine Erfahrungen folgendermaassen zu-
sammen: Das Bacterium coli ist die hauptsächlichste Ursache der
Bacteriurie bei saurem Hara. Ausser durch Bacterium coli kann
Bacteriurie auch durch harnstoffzersetzende Bacterien herbeigeföhrt
werden. Die Bacteriurie kann renalen oder vesicalen Ursprunges
Erankheiten der Hamorgane.
253
sein. Das Bacterium coli ist die häufigste Bacterienform , welche
bei Cystitis, Pyelitis und suppurativer Pyelonephritis gefunden wird.
In einer grossen Anzahl von Fällen geht die Cystitis mit saurem
Urin einher, auch wenn sie durch hamstoflFzersetzende Bacterien
verursacht ist. Bei Frauen werden nicht selten spontane , durch
urethrale Autoinfection entstandene CoUcystitiden beobachtet. Das
Bacterium coli vermag spontane Cystitiden und Pyelitiden durch
hämatogene Infection von Seiten des Darmkanals herbeizufuhren.
Durch Bacterium coli herbeigeführte Pyelitis wird nicht selten von
secundärer Cystitis begleitet. HamstoflFzersetzende Bacterien können
bisweilen Pyelonephritis ohne Complication mit Cystitis verursachen.
Ueber das Vorkommen von Bacterium coli in der mähn-
lichen Harnröhre hat R. Faltin (Centralbl. f. d. Krankh. d.
Harn- u. Sexualorg. H. 10) Untersuchungen angestellt und dasselbe
unter 51 Fällen nur 2mal gefunden. Er schliesst daraus, dass der
Infectionsweg ein anderer, als der per urethram sei.
Richard Kretz (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 41) hat bei
einem Falle von Pyelitis in einem Theile der Eiterkörperchen des
Sediments in wechselnder Menge eingeschlossene kleine Bacterien
gefanden, die gleich ziemlich zahlreichen extracellulär liegenden in
Form, Grösse und Anordnung vollständig mit den Pfeiffer'schen
Influenzabacillen übereinstimmten.
Faltin,
R. Kretz.
Zur Differential diagn ose zw'ischen Cystitis undPye-
litis stellt Georg Rosen feld (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 30) Cystitis
folgende Thesen auf; Alkalische Reaction findet sich nicht bei un- _ '^f.^.
... . . 11- Pyelitis,
complicirter Pyelitis. Die Grenze des Eiweissgehaltes auch bei g. Rosenfeld.
maximaler Cystitis ist bei 0,1 °/o (in maximo 0,15 °/o) gelegen. Sind
fast alle Eiterzellen vielzackig contourirt, so spricht das fiir Pye-
litis. Sind die vorhandenen rothen Blutkörperchen meistens che-
misch oder morphotisch zerfallen, so spricht dies — bei nur mikro-
skopischer Blutung und bei Abwesenheit eines Blasentumors — für
Pyelitis. Schollen der kleineren Epithelien der oberen Hamwege
können als unterstützend für die Diagnose Pyelitis gelten. Das
charakteristischte Symptom für die Diagnose ist das Verhältniss von
Eiveissgehalt und Eiter. Der Eiweissgehalt der Pyelitis ist immer
das Zwei- bis Zweieinhalb- , ja Dreifache des Eiweissgehaltes der
Cystitis von gleicher Intensität.
Von Medicamenten werden bei Nephropyelitis namentlich Salol
und Urotropin empfohlen . Dieses letztere übertrifft nach M a r t i n
254 Fürbringer und Stettiner.
Medioamen- Mendelsohn (Bari. klin. Wochenschr. Nr. 3) das Salol noch er-
B h dl lieblich in seiner Wirkung. Der günstige Effect ist besonders da
der Pyelitis, evident, WO es sich um Affectionen der Hamwege handelt, die mit
Mart Mendel- Hamzerzetzung einhergehen. Aber auch in anderen Fällen von Pyelitis
ist der Erfolg nach Mendelsohn ein überraschender. Bei gonorrhoi-
schen und tuberculösen Pyelitiden sind weniger gute Erfahrungen
beobachtet, während es bei den chronischen Fällen von Pyelitis und
Cystitis, namentlich bei den Eiterungen der Hamwege alter Leute
von erstaunlicher Wirksamkeit ist.
— ürotropin, Auch Leop. Casper betont von neuem die guten Erfolge des
Leop. Casper. "[Jrotropins in solchen Fällen (Monatsber. f. d. Ghesammtleistimgen
a. d. Geb. d. Harn- u. Sex.- App. H. 1).
Nieren- Das von Casper und Kelly vorgeschlagene Verfahren, mit
® *^ «® '*' Hülfe des Hamleiterkatheterismus Nierenbeckenausspülungen
ausspttlnng r o
dnrch mit Borlösungen oder Silbernitratlösungen vorzunehmen,
Harnleiter- ^j^g auch in einzelnen Fällen Heilung herbeigeführt hat, wird von
katheteris- o o /
jjj^g Thorkild Rovsing (1. c.) fiir gefährlich erachtet. Er bevor-
Thorkild zugt eine innerliche Darreichung von 2 Litern Wasser, dem 3 — 4 g
Rovsing. Salol zugesetzt werden , wodurch man gleichfalls eine antiseptische
Ausspülung des Nierenbeckens erreiche.
4. Tuberculose und Neubildungen der Niere.
Seine reichen Erfahrungen über p r im ä re Ni er e nt üb er cu 1 o s e
Primäre theilt J. Israel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 28) mit. Unter
Nieren- 21 von ihm operirten Fällen befanden sich 16 ganz sichere Primär-
tuberculose, * '^
J. Israel. erkrankungen der Niere. Nach seinen Erfahrungen ist von allen
eitrigen und Retentionsprocessen der Niere ungeföhr der dritte Theil
tuberculös und etwa der vierte Theil primäre Nierentuberculose.
Das Leiden wurde bei Frauen häufiger angetroffen, als bei Männern.
Die acuten Fälle gehören der allgemeinen Miliartuberculose an. Die
chronische Form ist eine überwiegend einseitige Erkrankung. Die
gewöhnlichste ist die käsig-cavemöse , bei welcher Israel vier
Formen von Hüllen erkrankung beobachtet hat: 1. lipomatös-sklero-
tische Verdickung der Fettkapsel, 2. perinephritische Abscessbildung,
3. fungöse perinephritische Wucherung, 4. das Auftreten isolirter
verkäster grosser Tuberkelknoten in der Fettkapsel. Die zweite
Form der chronischen Nierentuberculose ist die primäre tuberctdöse
Ulceration der frei in die Kelche ragenden Papillenspitzen , welche
Krankheiten der Hamorgane. 255
klinisch durch das Auftreten initialer, proftiser, lang währender Blu-
tungen charakterisirt ist. Bei der dritten Form ist das ganze Organ
von zahlreichen, kleineren oder grösseren Knollen durchsetzt. Die
sich selbst überlassene Nierentuberculose steigt durch den Ureter in
die Blase hinab. Die descendirende Blasentuberculose beginnt am
Ostium uretericum. Ausser der Tuberculose kommt in der zweiten
Niere amyloide Entartung vor. Die Niere kann die einzige Locali-
sation der Tuberculose sein, häufiger finden sich noch andere Heerde.
Klinisch traten gewöhnlich zuerst irradürte Mictionserscheinungen
auf, sowie 4mal unter 16 FäUen Hämaturie als erstes allgemeines
Krankheitssymptom. Vergrösserung der Niere fehlte nur in 2 Be-
obachtungen. Tuberkelbacillen werden bei Nierentuberculose ohne
Blasenerkrankung selten gefunden. Fieber fand sich bei primärer
uncomplicirter Nierentuberculose nur in 26 °|o der Fälle, bei gleich-
zeitiger Blasentuberculose in 80°/o.
Auf die Schwierigkeit des Nachweises der Tuberkel- Tuberkel-
bacillen im Harn weisen auch Webb (Brit. med. Joum., 7. Mai) Bacillen
«nd Chairman (ebendort) hin. ' Webb"'
Gluurman.
B. Goldberg (70. Naturforscher- und Aerzte- Versammlung) hat interne
sowohl bei den noch nicht operationsfahigen Nierentuberculosen, als Therapie
aach bei den nicht mehr operablen und auch bei den Operationen tuberculose
j^elbst die medicamentöse Behandlung herangezogen. Er hat B. Goldberg,
ausser Guajakol und Kreosot Ichthyolum sulfoammoniacum in flüssiger
Form zu 1,0 — 3,0 pro die bei 13 Urogenitaltuberculosen verabreicht
und konnte danach nicht nur eine Besserung des Allgemeinzustandes
constatiren, sondern auch ein Zurückgehen der örtlichen Erschei-
nungen (Blutung, Eiterung, Harndrang, Schmerzen).
Mittheilungen über Nierengeschwülste bei Kindern macht Nieren-
John H. Morgan (Brit. med. Joum., 26. Febr.). Die Kagnose f ®j ^^^^'/^^^^
macht meist keine Schwierigkeiten, da die Tumoren rasch zu wachsen J. H. Morgan,
pflegen und sich bald Hämaturie einstellt. Die Therapie besteht in
der operativen Entfernung der Geschwulst.
5. Entozoän der Nieren.
Ueber Echinokokken der Niere berichtet L. Manasse Echino-
(Centralbl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorgane H. 11 u. 12) im ^^^.^"^ ^«^
Anschluss an emen in der Poliklinik von Posner (vergl. auch Berl. l. Manasse,
klin. Wochenschr. Nr. 9) beobachteten und auf operativem Wege Posner.
256
Fürbringer und Stettiner.
Echino- geheilten Fall unter Berücksichtigung der bisher in der Litteratur
^°N^e^e^*' veröffentlichten Fälle. Die Krankengeschichte bietet nach zwei Rich-
L. Manas'se, tungen hin ein besonderes Interesse. Einmal ist hier zum ersten
Mal mit Hülfe des Cystoskops an einem Lebenden die rechte Ureteren-
mündung als die Durchtrittspforte für Hydatiden in die Harnblase
festgestellt worden. Zweitens zeigte die Höntgenphotographie, dass
Echinokokkencysten fiir ihre Strahlen nicht durchgängig sind. Das
Aktinogramm gab eine viel deutlichere Vorstellung von der Grösse
und Ausdehnung des Tumors, als es die Percussion und Palpation
gethan hatten. Von welchem Organe die Cyste ihren Ausgang ge-
nommen hatte, Hess sich auch durch diese TJntersuchungsmethode
nicht mit Sicherheit feststellen. Ma nasse ist der Meinung, dass
es sich um einen Nierenechinococcus mit Durchbruch ins Nieren-
becken gehandelt hat. Er hat 51 derartige Fälle aus der Litteratur
gesammelt und entwirft, sich hierauf stützend, das Elrankheitsbild des
Nierenechinococcus. Der Durchbruch ist meist mit einem KolikanfaU
verbunden. Nachdem er erfolgt , ist die Diagnose auf Grund des
Hambefiinds und mit Hülfe der Cystoskopie leicht zu stellen. Thera-
peutisch wird von inneren Mitteln Terpentinöl empfohlen. Meist
wird ein operatives Vorgehen angezeigt sein. — Für ein solches
G. HooBd, spricht sich auch G. Ho u sei (Revue de chir. Nr. 8 u. 9) unter
Mittheilung zweier neuen Beobachtungen aus. — 2 Fälle , in denen
Hydatidencysten auf dem gewöhnlichen Hamwege abgingen, wo-
F. Roche, nach Heilung eintrat, theilt F. Roche (Annales des maladies g^n.-
urin. Nr. 7) mit.
6. Sackniere.
Exp er im enteile Unter suchungen über die Entstehung
der Hydronephrose und den Zusammenhang zwischen Hydro-
nephrose und Wandemiere haben Hildebrand und Haya (Deutsche
Zeitschr. f. Chir. Bd. 49) angestellt und haben zum Theil die Re-
sultate Tuffier's bestätigt gefunden. Nach Fixirung der Harn-
leiter in winklig geknickter Lage mit einer nicht schnürenden Faden-
°^^H* V**^ schlinge entstand bei 6 Kaninchen Hydronephrose. Li 6 anderen
nephrose, Fällen, in welchen künstlich eine Wandemiere gemacht wurde, trat
Hüdebrand u. keine Hydronephrose ein. Ebenso wenig führte zweimaliges Um-
drehen des Ureters um seine Queraxe zur Entstehung von Hydro-
nephrose. Unterbindung desselben erzeugte eine solche.
Experi-
mentelle
Dnter-
sncbnngen
über die
E
d
Haya.
Krankheiten der Hamorgane. 257
Mit der Entstehung der traumatischen Hydronephrose Trauma-
beschäftigt sich Zeller Peutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 49) unter ^yl^l
Mittheilung eines solchen Falles. nephrose,
Zeller.
Die Grrundzüge der operativen Hydronephrosenbehand- Behandlung
lung mit Berücksichtigung der ätiologischen Momente (Wander- d®^ Hydro-
niere, Steinniere, traumatische Hydronephrose, Hamleiterverände- p. Wagner.
rangen) bespricht P. Wagner (Centralbl. f. d. Krankh. d. Ham-
n. Sexualapp. H. 4).
Mittels Ureterkatheterismus und folgender Ausspülung mit Heilung der
Höllensteinlösung heilte Schwartz (Bull, et m6m. de la soc. de chir. Hydro-
de Paris Bd. 23) einen Patienten, welcher an einer sehr hochgradigen durch
Hydronephrose litt, ein Fall, der zu weiteren therapeutischen Ver- ^ Ureter-
suchen mit dem Hamleiterkatheterismus ermuthigen dürfte.
katheteriB-
mus,
Schwartz.
7. Bewegliche Niere.
Die Aetiologie, Symptomatologie, Complicationen,
Prognose und Behandlung der beweglichen Niere be-
spricht H. EdwinLewisin einem längeren Aufsatze (The New York Pathogenese
med. Joum., 23. April) und fasst das Wesentliche in folgenden ^^'^ 7*°*^'"
Sätzen zusammen. Die Wandemiere ist ein ziemlich häufiges Leiden, h. Edwin
findet sich bei Frauen öfter, als bei Männern. Meist wirken zu ihrer Lewis.
Entstehung mehrere Momente zusammen. Das Leiden bedroht immer
die Gesundheit der Kranken, da es jederzeit zu ge&hrlichen Com-
plicationen kommen kann. Die nicht operative Form der Behand-
lung hat immer nur palliativen Effect.
Wander-
Einen Fall von Dislocation beider Nieren nach Unfall niere nach
theilt Betcke (Monatsschr. f. Unfallheilk. Nr. 7) mit. Betoke.
Cleveland Test (Medical Record, 18. Juni) ist der Ansicht, Bandagen-
dass in solchen (traumatischen) Fällen von Wandemiere die Pe- Behandlung
lotten- und Bandagebehandlung viel zu leisten vermag. Er sah in niere
einem FaUe bei einer Frau , die wenige Stunden nach dem Trauma Cleveland Test,
in Behandlung kam, Badicalheilung.
Gegen die operative Behandlung der Wanderniere, welche nur
nach Fehlschlagen aller anderen Mittel in Betracht käme, spricht
sich Max Einhorn (Zeitschr. f. diät. u. physiol. Therap., H. 1)
ans. Me^t kommt man seiner Ansicht nach mit diätetisch-mechani-
Jifaxbneh der praeÜBchen Medicin. 1899. 17
258 Fürbringer und Stettiner.
Etiätetisch- schen Heüfactoren zum Ziele. Ausser der Verordnung einer gut
g®®^**'^^*^^® passenden Leibbinde ist durch Ueberemährung das Körpergewicht
derWander- ^u heben und durch Gymnastik, allgemeine Massage und Elektricität
niere, eine Kräftigung des Organismus zu erstreben. Als fiir das Leiden
charakteristische Symptome gibt er folgende an: 1. ein Gefühl von
Zug und Schwere im Unterleib; 2. ziemlich heftiges Pochen im
Unterleib (Pulsation der Aorta abdominalis); 3. das Stärkerwerden
der Beschwerden beim Stehen und Gehen, ihre Verminderung beim
Liegen; 4. häufiges Uriniren; 6. leichte Kreuzschmerzen nach An-
strengungen; 6. Verschlinmierung der Beschwerden zur Zeit der
Menstruation.
Auf die Häufigkeit der Coexistenz von Wanderniere und
Wander- Appendicitis hatEdebohls schon früher aufmerksam gemacht.
niere und Nach seinen jetzigen Erfahrungen (Centralbl. f. Gynäk. Nr. 40) glaubt
citiB ®^ ^^^ ^^^^ aufstellen zu können, dass die chronische Appendicitis
Edebohis. die constanteste Folge der Symptome erzeugenden Wandemiere sei.
Die Frage, ob der Wurmfortsatz mit ergriffen sei, spielt fiir ihn
bei der Ladicationsstellung der Operation der Wandemiere eine
Hauptrolle.
Ueber bewegliche Nieren im Kindesalter, welche nicht
Bewegliche SO selten zu sein scheinen, wie man glaubt, macht Comby (Brit. med.
Niereim Joum., 16. Oct.) Mittheilungen. Aetiologisch kommen hauptsächlich
comby.*''' gastrische Störungen und aUgemeine Emährungsstörungen , welche
zu einer Erschlaffung der Bänder führen, in Betracht. In einer
grossen Anzahl von Fällen ist congenitale Veranlagung die Ursache.
Die Behandlimg ist entweder eine Bandagenbehandlung, wobei
sich am besten eine einfache FlaneUbinde bewährt hat oder in sel-
tenen Fällen eine operative.
C. Krankheiten der unteren Harnwege. »
eine
und
Ueber die Ba et erien, welche bei der Entstehung der Cystitis
Rolle spielen, vergl. den Abschnitt über eitrige Nephritis.
Zur Frage des Vorkommens von Harnblasenentzündung
uuu Harnblasengeschwülsten bei Arbeitern in Farb-
fabriken liefert Leichtenstern (Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 45) einen bemerkenswerthen Beitrag unter der Form zweier
eigenen FäUe. Im ersten (31jähriger Arbeiter) heilte der harte,
schmerzhafte Tumor spontan, was auf eine entzündliche Ghenese
Krankheiten der Hamorgane. 259
(y,acute productive Cystitis mucosa") deutet; der zweite (51jähriger Harnblasen-
Meister) kam zur Operation und Section. Bei normalen Nieren ö'f^rankung
T TT . . 1"^ Farb-
waren die Wandungen der Harnblase zum grössten Theil in der fabriken,
umfangreichen Neubildung untergegangen. Letztere unterschied sich lieichtenstem.
von dem durch Rehn und Marchand beschriebenen, ätiologisch
identischen, an Alveolarsarkom erinnernden Tumor durch geringeren
Reichthum von Zellen und weniger engen Anschluss der Geschwulst-
elemente an die Gefasse. Wahrscheinlich geht in solchen Fällen
eine langandauemde entzündliche Reizxing voraus, welche die Gifte
hervorrufen. Unter letzteren stehen 'Anilin, Toluidin und Naphthyl-
amin obenan.
Einen neuen Befund von Soorerkrankung der Blase theilt
V. Frisch (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 39) mit. Die 64jährige Soor der
anämische Patientin entleerte neben reichlichem Gas trüben, zahl- ^^^ V**
V. Friscli.
reiche weisskömige Gebilde führenden, zuckerhaltigen Harn. Letz-
tere bestanden im wesentlichen aus verfilzten Mycelftden und Hefe-
zellen. Trotzdem war das Bacterium coli als Ursache der Pneumaturie
aufzufassen. Ueber das culturelle Verhalten des genannten Pilzes
und der Hefezellen geben Abbildungen undteingehendereMittheüungen
von Pal tauf genaueren Aufschluss.
Ueber einen Fall von Cystitis (und Pyelitis) nach schwerem
Unfall berichtet Posner (Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med. und Trauma-
öffenü. Sanitätswesen Bd. 16, H. 1). Der 19jährige Patient hatte cyeuti^s
durch eine Quetschung der Lendenwirbelsäule mit Schenkel- und Posner.
Beckenbruch zunächst eine centrale Blasenlähmung erlitten, die
ihrerseits zu schwerem Katarrh der Blase und weiterhin zur Infec-
• tion beider Nieren führte. Infolge dessen war der Kranke voll-
ständig erwerbsimfahig geworden.
Nach Thorkild Rovsing (Monatsber. über die Gesammt- Behandlung
leistungen auf dem Gebiete d. Harn- u. Sexualapp. H. 9) ist der ^®^ Cystitis,
grösste Theil der Haminfectionen , welche ihren Ursprung in der
Harnröhre nehmen, durch die Einführung von Instrumenten bedingt.
Prophylaktisch injicirt Rovsing daher in allen Fällen von einmaliger
Einführung eines Instrumentes unter Umständen, welche eine In-
fection befurchten lassen, am Schlüsse der Operation in die Harn-
blase 40 — 50 ccm einer 2 ^/o igen Lösimg von Argentum nitricum.
Nach 3 — 4 Minuten wird die Silbemitratlösung aus der Harnblase
entfernt, welche hierauf mit sterilisirtem Wasser ausgespült wird.
260
Fürbringer und Stettmer.
der Cystitis
Th. Rovsing
Behandlang In Fällen von täglicher Katheterisation macht er gewöhnlich Aus-
spülungen der Blase mit l*/oiger Phenosalicyllösung. Seine Behand-
lungsmethode bei einfacher Cystitis ist folgende: Ausspülung der
Harnblase durch einen sterilen Katheter mit sterilem Wasser bis
zum klaren Zurückfiiessen der Flüssigkeit, hierauf Einspritzung von
50 ccm einer 2 ^/o igen Silbemitratlösung und nach 2 Minuten Injec-
tion von 50 ccm sterilen Wassers, so dass in der Blase eine 1^/oige
Silbemitratlösimg zurückgelassen wird, welche später vom Patienten
spontan entleert wird.
— dnrch
Argentum
nitricum,
L. GaKper.
Experimentelle Beiträge zur Wirkung des Argentum
nitricum in der Harnröhre und Harnblase bringt Leop. Casper
(Monatsber. über die Gesammtleistungen auf dem Geb. der Krankh.
d. Harn- u. Sexualapp. H. 12). Aus seinen Thierversuchen ergibt
sich, dass eine nachhaltige, dauernde Entzündung durch verschor-
fende Argentum nitricum-Lösung in der Stärke bis zu 2 "/o weder in
der Harnröhre, noch in der Blase hervorgerufen wird, dass viel-
mehr lediglich eine Ablagerung von reducirtem Silber oder einer un-
bekannten Silberverbindung stattfindet, dass ein Process, der zu einer
schrumpfenden oder narbigen Veränderung der oberflächlichsten, wie
der tieferen submucösen Schichten fuhrt, nicht bewirkt wird. Die
Wirkung des Argentiun nitricum ist abgesehen von der Verschorfung
der Oberfläche eine chemotaktische, die eine vorübergehende örtliche
Leukocytose in den tieferen Schichten der Mucosa und in dem Binde-
gewebssubstrat der Submucosa herbeiführt. Casper meint, dass auf
diese Leukocytose oder Alexocytose vielleicht die so starke anti-
bacterielle Wirkung der Argentum nitricum - Lösung zurückzu-
führen ist.
-Pyoktanin, Günstige Wirkimg von Pyoktaninum caeruleum hat R. E.
E. Graham. Graham (New York med. Journ., 21. Juni) in einer grosser Anzahl
von Cystitisfällen gesehen.
Orthof orm, Versuche, die Nogues (Annal. des mal. g^n.-urin. H. 4) mit
NogufeB. Glycerinlösung von Orthoform wegen der sowohl schmerzstillenden,
als desinficirenden Wirkung desselben bei Cystitis vorgenommen hat,
haben zu keinem günstigen Ergebnisse gefuhrt.
■Salosantal,
(). Werler.
Oscar Werler (Therap. Monatsh. H. 6) empfiehlt das Salo-
santal, welches die Function eines wirksamen Antisepticums und
Sedativums in sich vereinigt. Es entwickelt seine bactericide und
Krankheiten der Hamorgane. 261
antiputride Action nicht allein bei alkalischer, sondern auch bei
saurer Beaction des Harns von Cystitikem. Es übt eine nachhaltige
Wirksamkeit auf die TJnnqualität selbst nach bereits eingestellter
Medication aus.
TJeber den bactericiden Einfluss derAciditätdesHarns
auf die Cystitiserreger hat OttoRostoski (Deutsche med. Wochen- a c i d i t ä t
Schrift Nr. 16) Versuche angestellt. Die erwartete Wirkung: trat ^^?" ^"'J?
n T\ ••11 1 ^®^ Cystitis,
nicht immer auf. Dagegen erwies sich der Harn von Patienten, der Rostoski.
durch Darreichung von Acidum camphoncum (6,0 pro die) stark
sauer gemacht war, als stark bactericid, indem schon nach einigen
Stunden eine erhebliche Abnahme der lebenskräftigen Keime statt-
fand. Er glaubt, dass dies nur auf die starke Ansäuerung des
Harns, nicht auf eine specifische Wirkung der Camphersäure zu-
rückzuführen ist.
Einen Fall von Cystitis pseudomembranacea theilt
Bairay (Lyon m^dical Nr. 9) mit. Zur Stellung der Diagnose Cystiti»
kann die häufige Verlegung des Katheters helfen, an dem man dann ps^udo-
Membranen finden wird. Auch macerirt der Katheter leichter, als c^a,
in anderen Fällen. Therapeutisch kommt, wie auch in dem mitge- Bairay.
theilten Falle, die Sectio alta in Betracht.
lieber Leukoplakia yesic'ae macht H. Lohnstein (Monatsber. über Leukoplakia
die Gesammtleistungen auf dem Geb. der Erankh. d. Harn- u. Sexual app. vesicae,
H. 2) Mittheüungen. Er hat bei einem 56 Jahre alten Drechsler diese ^' ^^ohnetein.
Krankheit mittels Cystoskopie erkannt. Zum Zustandekommen der Leuko-
plakie genügt das Bestehen eines langdauemden, mehr oder weniger in-
tenaiyen entzündlichen Reizes der Blasenschleimhaut. Mittels Cystoskopie
konnten beide Formen der Erkrankung, in welchen die Leukoplakie bisher
beobachtet ist, festgestellt werden, sowohl flächenhafte, mehr diffuse Aus-
breitung, wie papelförmige, circumscripte, in Form von wellenartigen Ge-
bilden sich darstellende Veränderungen. In den meisten Fällen finden sich
nebenbei andere Leiden (Prostatitis, Prostatahypertrophie, Lithiasis). Durch
ihre Behandlung können die subjectiven Beschwerden gelindert werden.
In dem mitgetheilten Falle, in welchem eine Prostatahypertrophie das
Leiden begleitete, wurde durch Höllensteinspülungen (1 : 2000) ein weiteres
Ümsichgreifen der Krankheit während 2jähriger Beobachtung verhütet.
Die Dysurie und ihre Therapie bespricht Martin Mendel-
söhn in einem längeren Aufsatze (Therap. Monatsh. H. 1). Unter
262 Fürbringer und Stettiner.
Dyeurie, Dysurie versteht man einen jeden Zustand, in welchem der Vor-
■ ®" °' gang des Harnlassens erschwert oder beschwerlich ist. Man kann
demnach drei Formen von Dysurie unterscheiden: 1. die, in welcher
die einzelne Harnentleerung zu einer mechanisch schwierigen wird
(Stricturen der Harnröhre, Prostatahypertrophie); 2. diejenige, bei
der eine grosse Häufigkeit des Urinirens eintritt, das Hambedürfiiiss
gesteigert ist (PoUakiurie) ; 3. die, bei welcher die normalerweise
ohne besondere subjective Empfindung vor sich gehende Austreibung
des Harns schmerzhaft und quälend wird, wo ELamzwang besteht.
Die Therapie muss natürlich die Beseitigung der zu Grunde liegen-
den ursächlichen Affection erstreben, hat aber auch die Aufgabe,
durch allgemeine und locale Maassnahmen die hochgradigen Be-
schwerden zu lindem. Warme Kataplasmen auf den Unterleib,
warme Eingiessungen in den Mastdarm, Sitzbäder, schleimige Ge-
tränke, Narkotica in Form von Suppositorien, Blutentziehungen am
Damm etc. kommen hier vor allem in Betracht.
PoUakiurie, Mit der PoUakiurie beschäftigt sich auch 0. Kraus (AUg.
0. Kraus, ^-^j^ ^^^ 2;tg. Nr. 7—9). Sie kommt bei einer Reihe von Affec-
tionen des Digestionstractus, des Nervensystems, femer bei Urethritis,
Cystitis, Prostatitis, mitunter auch als Vorbote des Morbus Brightii
vor. Eine besondere Form ist die Pollakiuria urica. Kraus
beschreibt 3 derartige Fälle. Mit Verschwinden der Hamsäureaus-
scheidung durch Gebrauch alkalischer Wässer verschwand auch die
PoUakiurie.
Auf die Behandlung der Urogenitalkrankheiten des
Mannes mit Massage und gymnastischen Uebungen, welche
Massage bei bisher wenig geübt ist, lenkt Richard Huldschiner (Berl. klin.
Er k ran- Wochenschr. Nr. 28) die Aufmerksamkeit. Fälle, in denen es sich
Urogenital- darum handelt, den Blasentonus zu erhöhen (Harnröhrenstricturen,
apparates, Prostatahypertrophie) , femer Fälle von erhöhter Blasenreizbarkeit,
Huldschiner. gQ^ghl reine Blasenneurosen, wie Theilerscheinungen eines ähnlichen
Leidens, endlich solche Fälle, wo es gilt, entzündliche Infiltrationeu
hinwegzuschaffen, eignen sich für dies Verfahren.
Röntgen- Auf die Bedeutung derRöntgenstrahlen für die Aufdeckung
strahlen bei von Blasen st eine n macht C. Lengard (Deutsche med. Wochen-
steinen Schrift Nr. 41) aufmerksam. Im allgemeinen gilt für sie dasselbe,
Lengard, was Ringel über die Nierensteine ausgeführt hat (vergl. oben
^^"^®^' Abschnitt über NephroHthiasis).
Krankheiten der Hamorgane. 263
In seiner Abhandlung über Echinokokken in den Hamwegen
(Centralbl. f. die Krankheiten der Harn- u. Sexualorg. H. 12) be-
spricht L. Manasse auch die Echinokokken der Harnblase Echino-
und die ihrer nächsten Umgebung. Ein einheitliches Symptomen- ^^okkender
bild kann für dieselben bisher nicht aufgestellt werden. Wenn j,. Manasse/
nicht gerade durch den spontanen Abgang von Hydatiden oder durch
eine unbeabsichtigte Eröffnung einer Cyste Klarheit geschaffen ist,
begegnet die Diagnose grossen Schwierigkeiten.
Einen Beitrag zu den Störungen der Harnentleerung
bei Kindern liefert Robert Kutner (Berl. kün. Wochenschr. Störung
Nr. 19). In beiden von ihm mitgetheilten Fällen, von denen der <*®]^ ^"•'^^'
/ ^ ' entleerung
eine einen 8 Jahre alten Knaben, der zweite ein 7jähriges Mädchen bei Kindern,
betrifft, handelt es sich um eine functioneUe Anomalie der Schliess- ^' Kutner.
musculatur in Form eines chronischen Spasmus. In dem ersten
Falle zeigte sich starke Behinderung des Urinabflusses, die sich zu-
weilen bis zur completen Harnverhaltung steigerte, im zweiten Falle
von Geburt an unireiwilliges Hamträufeln.
Einen Fall, in welchem sich im Anschluss an eine Diphtherie Blasen-
des Rachens eine vollständige Lähmung der Blase entwickelte, ^**»™^"ß
beschreibt Joseph Englisch (Wien. med. Presse Nr. 9). Die Diphtherie,
Lähmung zeigte sich zuerst nur unter der Form der Enuresis noc- J- Eßglisch.
tuma. Später trat völlige Incontinenz ein.
In einer Arbeit über den Werth der Elektrolyse bei der
Behandlung chronischer glandulärer Urethritis (New York
med. Record, 20. Aug.) kommt G. Mundorffzu folgenden Schluss- Elektrolyse
Sätzen: Ausser bei acuter Urethritis muss in ledem Falle urethraler ^ ^^} ^
chronischer
Erkrankung eine sorgfaltige Urethroskopie vorgenommen werden, glandulärer
In der Regel können alle Formen chronischer Urethritis durch Dila- Urethritis,
tation und Höllensteininjectionen geheilt werden. Elektrolyse ist • ^ o •
nur bei der glandulären Form indicirt und führt, die meisten Fälle
zur Heilung. Wo dieselbe nichts nützt, ist die Dilatation indicirt,
ebenso falls die Elektrolyse zu Narbenbildung führt. Während der
Behandlung muss die HamrÖhrenbeschaifenheit durch regelmässige
Endoskopie controUirt werden.
Lehrbücher und Monographieen.
L. Bard et L. M. Bonnet, Becherches et consid^rations cliniques sur les
dififörences de perm^abilit^ renale dans les diverses esp^ces de n6-
phrites. Paris.
264 Fürbringer und Stettiner.
L. Casper, Handbach der Gystoskopie. Leipzig.
Desnos, Trait^ ^l^mentaire des maladies des voies unnaires avec un pr^-
face du Prof. F. Guyon. Paris.
L. V. Frankl-Hochwart u. 0. Zuckerkandl, Die nervösen Erkrankungen
der Blase. Wien.
P. Fürbringer, Text-book of diseases of kidneys and genito-urinary organs.
Trans, from the German by W. H. Gilbert. London.
Felix Guyon, Die Krankheiten der Hamwege. Klinische Vorlesungen aus
dem Höpital Necker. Nach der 3. franz. Aufl. übers, u. bearb. von
Dr. 0. Krausfa u. Dr. 0. Zuckerkandl. 3. Bd.: Der Katheterismus.
Wien.
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Sammlung klinischer Vorträge, Neue Folge, Nr. 203. Leipzig.
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A. Henocque, Spectroscopie de Turine et des pigments. Paris.
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Blase mit besonderer Berücksichtigung der Endoskopie und Cysto-
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Lassar-Cohn, Praxis der Harnanalyse. Anleitung zur chemischen Unter-
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C. Posner, Therapie der Hamkrankheiten. 2. Aufl. Berlin.
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culose. Paris.
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C» Vieillard, Etüde physiologique , clinique et pathologique. L'ürine
humaine (urines normales, anomales, pathologiqnes). Paris.
>k
rf X'
--21 ->* '^ICII.
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^•^'^^ :a>ür '.iK tl^^pdErrn. -nürrrt::«:^ Anv„^hu>o \,n\^ ,<>., \,„,,,, , ,
* iSns ^annasjcnr-^ -rsirrer Thioro 5i>^>;vn ^no r.N\».N >\ >^
«2 .S'.:iiira si -r-rc-jrJlTZ. Er ist dor Mt iu\u\x\ . »h-^^. .1
266 Freyhan.
immniiität liehe und durch häufige Einführung des Giftes noch gesteigerte
der Igel Toleranz der Igel eine Folge der grösseren Widerstandsfähigkeit
Cantharidenilu'er Gewebe ist und nicht auf ein natürliches oder erworbenes
und Cantharidenantitoxin zurückzufuhren ist. Zu ähnlichen Ergebnissen
^®**^*"^^®'*" gelangt der Autor Peutsche med. Wochenschr. Nr. 40) bei Unter-
Lewin. suchungen über die angebliche Immunität der Igel gegen Schlangen-
gift. Auch hier besteht zweifellos eine erhebliche Toleranz, aber
durchaus keine Immunität ; denn wenn die Thiere auch in der Regel
Ottembisse gut überstehen, so können sie doch gelegentlich danach
erkranken und zu Grunde gehen. Keinesfalls kann die Widerstands-
&higkeit gegen das Gifb durch Einimpfung des Igelblutes auf andere
Thiere übertragen werden. Sonach stellt die sog. natürliche Im-
munität des Igels nur eine erhöhte Widerstands&higkeit dar und
wurzelt nicht in einer übertragbaren Eigenschaft des Blutserums.
Wesender Gegenüber den Anfechtungen Lewin 's hält Behring (Deutsche
Immniiität, med. Wochenschr. Nr. 42) die Anschauung aufrecht, dass jedes In-
dividuum als gif t immun zu bezeichnen ist, welches gegen die
krankmachende Wirkung solcher Giftdosen geschützt ist, die für
andere Individuen bei gleicher Applicationsart verderblich sind; es
würden daher beispielsweise Kaninchen auch dann als morphium-
immun zu bezeichnen sein, wenn sie eine stomachale Morphium-
unempfindlichkeit besitzen würden, da ja der Mensch vom Magen
aus mit Morphium vergiftet werden kann. Ausser einer isopathi-
schen, cellular und histologisch bedingten Immunität gibt es noch
eine chemisch bedingte, die man antitoxische nennt. Bei genauen
vergleichenden Untersuchungen über den krankmachenden Effect
bestimmter Giftdosen an Thieren, die theils durch isopathische,
theils durch antitoxische Immunität auf denselben Antitoxingehalt
des Blutes gebracht waren, hat Behring den Eindruck gewonnen,
dass erstere stärker giftempfindlich sind als letztere, woraus er
sclüiesst, dass nach Abzug der hämatogenen Immunität bei den
isopathisch immunisirten Individuen eine histogene TJeberempfind-
lichkeit zurückbleibt.
EinflnsB von Nach Drago (Gazz. d. osped. Nr. 46) verlieren Thiere infolge von
Racken- Durchschneidung des Rückenmarks ihre natürliche Immunität.
mar s- j^^^ Einffriff schwächt in beträchtlichem Grade die Alkalescenz des Blut-
lasionen ^
anf die serums ab und vermindert den Gehalt an Senimalbumin imd Globulin. Ob
Immunität, hieran trophische Störungen oder Hypei*thermie die Schuld tragen, bleibt
^^™^°- vorläufig noch unentschieden.
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen. 267
Trumpp (Verh. des 16. Congr. f. inn. Med.) unterzieht die Beziehungen
Beziehunfi^en der Agfflutination zur Immunität einer ex- <*«' Aggiuti-
<=» o» ^ nation zur
perimentellen Prüfung und kommt dabei zu dem bemerkenswertnen immnnität,
Resultat, dass Cholera- und Typhusimmunserum schon in vitro einen Trampp.
stark schädigenden Einfluss auf die zugehörige Bacterienart aus-
üben, der sich dadurch kenntlich macht, dass die betreffenden Species
im* die activen Alexine des normalen Blutserums bedeutend angreif-
barer sind. Diese Wirkung ist eine specifische und geht annähernd
proportional dem Agglutinationsvermögen des Immunserums, eine
Thatsache, welche auf die Bedeutung der Agglutination für das
Zustandekommen der Immunität ein helles Licht wirft.
Hamburger (Deutsche med. Wochenschr, Nr. 7) hat ermittelt, dass Anti-
nicht nur das venöse Blut an sich stärker antibacteriell wirkt l^*ct«ri«lle
als das arterielle, sondern dass ein Gleiches auch von der Oedemflüssigkeit venösen
der venösen Stauung gilt. Auch in entzündeten Partieen, in denen eine Blutes,
Verlangsamung des venösen Blutstroms stattfindet, wächst das antibacterielle Hamburger.
Yermögen der Entzündungsflüssigkeit. Diese Eigenschaft bedeutet ein weiteres
Schutzmittel des Organismus im Kampfe gegen die Invasion von Mikro-
organismen an.
Interessante Aufklärung über den behaupteten Einfluss von Haut- Hautreiz-
reizmitteln auf Infectionen bringen die experimentellen Versuche ™i**ol ]ind
Marti nTs (Speriment. Bd. 3). Weder wurden entzündliche Processe in Martini '
den unter der Haut liegenden Geweben durch die Application dieser Mittel
gebessert, noch wurde die Verallgemeinerung der Infection hintangehalten
oder die Resistenz des Organismus erhöht. Danach sind die Hautreizmittel
für Infectionen nicht nur unnütz, sondern sogar manchmal schädlich.
Berger (Therap. Monatshefte Nr. 3 u. 4) behauptet, dass das Einfluss des
gehäufte Auftreten vieler Infectionskrankheiten mit bestimm- \ ®" * v
° . • T TV . ansteckende
ten Wetterverhältnissen Hand in Hand geht. Das Wetter wird Krank-
bedingt durch den Stand von Baro- und Thermometer, durch den hei ten,
Feuchtigkeitsgehalt und den allgemeinen Witterungscharakter. Der ^^^'
Wind kommt weniger für die Entstehung als fiir die Weiterver-
breitung der Infectionskrankheiten in Betracht. Die grösste Be-
deutung kommt den Niederschlägen zu.
Verschiedene Versuchsreihen haben Dominicis (Wiener med. Presse Einfluss des
Nr. 18) gelehrt, dass das Fasten, in gewissen Grenzen zweckmässig und^*®*®'*^ *^^
mit Umsicht durchgeführt, Menschen und Thiere gegen den Einfluss derj£rnnki,eiten
Mikroben und deren Toxine widerstandsfähiger macht Er führt dies Dominicis.
darauf zurück, dass jede Nahrung putride Zersetzungen erfährt und durch
Autointozication eine verminderte Resistenz gegenüber Bacterien entsteht.
268
Freyhan.
B. Specielles.
1. Cholera.
Biidungs- Pfeiffer und Marx (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 3) fuhren
statte der ^^^ Reihe von Thatsachen an, die dafür sprechen, dass die blut-
Gholeraanti- . ' .
körper, bildenden Organe die Ursprungsstätte der bei der Immuni-
pfeifferu. Marx, gij^iing gich bildenden specifischen Choleraschutzstoffe
darstellen. Und zwar handelt es sich nicht um eine temporäre Auf-
speicherung der Antistoffe in den genannten Organen, sondern
thatsächlich um eine dort vor sich gehende Bildung. Denn Thiere,
bei denen 20 Stunden nach der Einverleibung von hochwirksamem
Choleraserum eine Titrirung des Blutes und der Milz vorgenommen
wurde, zeigten ein viel stärker wirksames Verhalten des Blutes
als der Milz, so dass von einer Aufspeicherung der Antikörper in
der Milz keine Bede sein kann.
Prophylaxe Nach eingehenden Voruntersuchungen gelangte Hank in (Brit.
^./««u^ry* med. Joum. 22. Jan.) zu der Ansicht, dass die Desinfection der
aurcü Kali ...
^ erm an gani- Schöpfbrunnen in den indischen Dörfern durch Kali permangani-
®"°?» cum den Ausbruch resp. die Weiterverbreitung der Cholera in vielen
Fällen hintanhalten könne. Ein Experimentum crucis stellte er bei
einer ausbrechenden Epidemie in einem Dorfe an, indem er die
Hälffce der Brunnen desinficirte imd die andere Hälfte unberührt
Hess. Es stellte sich heraus, dass die Choleravibrionen nach 2 bis
3 Tagen aus den desinficirten Brunnen verschwunden waren, während
sie in den übrigen persistirten. Für je einen Schöpfbrunnen genügen
30 g Kali permanganicum.
ContagioBi-
tat des
Typhus,
Anneguin.
Wasser als
Infections-
träger des
Tj'phHs,
Petruschky.
2. Typhus abdominalis.
Den besten Beweis für die Contagiosität des Typhus erblickt
Anneguin (Lyon. m^d. Nr. 6) in der hohen Erkrankungsziffer
der Krankenwärter. Für sie können die sonst angeschuldigten
Schädlichkeiten — Wasser, Milch, Nahrung u. s. w. — kaum in
Frage kommen, sondern nur allein die Contagion verantwortlich ge-
macht werden. Er berechnet die Morbidität des Wärterpersonals
auf 9 — 10°/o, die des französischen Heeres auf etwa l"/o.
Für die Stadt Danzig fuhrt Petruschky (Danzig) den einwand-
freien Nachweis, dass die Wasserleitung den fast ausschliesslichen
Infectionsträger des Typhus darstellte. Solange die Stadt ihr Trinke
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen. 269
Wasser aus dem verseuchten Eadaunekanal bezog, betrug die Typhus-
morbidität 12 ^/oo, während sie jetzt nach der Fertigstellung der
neuen Anlagen auf 1 — 3^/oo gesunken ist.
Die Gefährlichkeit der Milch als typhusübertragendes Medium
illustrirt eine Beobachtung von Harbitz (Norsk Magaz. for Lägevid. üeber-
H. 8). Er weist nach, dass alle befallenen Wohnungen ihre Milch des T^vplfus
von ein und derselben Molkereigenossenschaft bezogen. Auf die durch Hiich,
gleiche Ursache konnte Davies (Lancet, 4. Dec, 1897) eine Epidemie Harbitz,
in Clifton zurückfuhren ; auch hier lag für fast alle inücirten Häuser
ein und dieselbe Bezugsquelle vor. Nachdem diese aus dem Ver-
kehr ausgeschlossen war, sistirte die Krankheit. In der verdächtigen
Meierei waren die Milchkannen in einem Flusslauf gespült worden,
in den sich zahlreiche Ciosetabwässer entleerten.
Nach den Angaben von Kister und Fraenkel (Münch. med. üeber-
Wochenschr. Nr. 9) beherbergt sterilisirte Buttermilch Tvphus-, tragung
... . '"^ dnrchButter-
bacillen 9 Tage, nicht sterilisirte erheblich kürzere Zeit, da hier die milch,
üppig gedeihenden Saprophjrten die Typhusbacillen überwuchern. Kister u.
Die Möglichkeit der Existenz der Typhuskeime in diesem Medium
verdient in Zeiten von Epidemieen in Rechnung gezogen zu werden.
Jancken (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 27) ist in der seltenen Länge des
La£;e, bei einer Truppenepidemie das Incubationsstadium der ^°®^^***^'^^"
-rx 1 1 • /» 11 1 -fTT 1 1 1 11 Stadiums,
Krankheit genau feststellen zu können. Während dasselbe sonst jancken.
auf 2 — 3 Wochen angegeben wird, lagen hier zwischen dem genau
ermittelten Zeitpunkt der Infection und dem Ausbruch der ersten
Krankheitserscheinungen nur 2 — 5 Tage. Es scheint also, dass
unter gewissen Umständen die Virulenz der Typhusbacterien sehr
rasch die Krankheit zur Entwickelung bringt.
Unter den im letzten Jahr von Hunt (Practitioner , März) be- Recidive,
handelten 70 Typhen traten in 28 Fällen Recidive auf, ohne dass ^^***-
ein besonderer GJrund dafür aufgefunden werden konnte. In 15 Fällen
kam es zu einem Recidiv, bevor die Temperatur zur Norm abge-
fiedlen war, in den übrigen lag ein mehr minder grosses apyretisches
Intervall dazwischen.
In Italien soll die Typhusmortalität nach Cäro (Giorn.
mtem. d. science med. Bd. 6) während der letzten Jahre constant im
mortalität
in Italien,
270 Freyhan.
Typhus- Sinken begriffen sein. Die Frequenz der Erkrankungen hat ihren
niedrigsten Stand im Februar und April und erreicht ihren Höhe-
Caro. punkt im November. Die Hauptcentren der Krankheit bilden Apu-
lien, Sicilien und Toskana; verhältnissmässig wenig befallen sind
Piemont, Ligurien und Sicilien.
Leber- Crespin (Gaz. des hopit. Nr. 146) macht auf schwere Sym-
symptome p^me yQ^ Seiten der Leber aufinerksam, welche gelegentlich die
Crespin, * Krankheit compliciren können. In einer Anzahl von Fällen beob-
achtete er Leberschwellungen im Verein mit lebhafter Empfindlich-
keit bei Druck ; dabei enthielt der Urin regelmässig reichlich Urobilin
bei vermindertem Hamstoffgehalt ; mehrfach trat auch Icterus in die
Erscheinung. Alle diese Fälle betrafen Leute, die früher in tropi-
schen Gegenden gelebt hatten, so dass für das Zustandekommen,
von Lebercomplicationen bei Typhus klimatische Factoren maassgebend
zu sein scheinen.
Hawkins. Icterus erklärt Hawkins (Med.-chir. Transact. Bd. 80) fiir
ein sehr seltenes Vorkommniss bei Typhus; derselbe setzt gewöhn-
lich ein mit Fieberbewegungen, DeHrien, galligem Erbrechen und
Diarrhöen und ist ein Signum mali ominis. Als Ursachen vermuthet
er katarrhalische Processe und parenchymatöse Degenerationen in
der Leber.
Empyem der Lawrence-Mason (Bost. med. and surg. Joum., März) ist es
Gallenblase, gelungen, einen im Verlauf eines Typhus im rechten Hypochondrium
Mason. auftretenden, respiratorisch verschieblichen Tumor als ein Empyem
der Gallenblase zu identificiren ; in dem durch Function aspirirten
Eiter fanden sich virulente TyphusbaciUen. Eine Prädisposition zur
Infection bilden Gallensteine. Die in der Gallenblase restirenden
Typhusbacterien können die Quelle einer Reinfection werden, indem
sie in den Darm zurückwandern und dort ein erneutes Aufflackern
des Krankheitsprocesses bewirken.
Oesophagus- Sehr selten dürfte die Beobachtung einer Oesophagusstrictur
^p'^^h^d'' *^^ dem Boden eines typhösen Ulcus sein, wie sie vonPachard
(Philadelphia med. Joum., 7. Jan.) gemacht worden ist. Sie befand
sich in einer Entfernung von 12 — 13 cm von den Zähnen und wurde
durch allmähliche Dilatation gebessert.
Wenn auch ein Theil der bei Typhus häufigen Pleuritiden
einer Mischinfection seinen Ursprung verdankt, so stellt doch nach
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen. 271
Achard (Semaine m^d. Nr. 40) ein nicht geringer Bruchtheü echte Typhöse
Gomplicationen dar. Letztere sind entweder serofibrinöser oder l^ieuntis,
eitriger Natur, ohne dass es in dem jeweiligen Falle möglich ist,
den specieHen Ghrund hierfür ausfindig zu machen. Die Therapie
dieser AfPectionen ist in grossen Zügen dieselbe wie bei den acuten
Pleuritiden ; bei serofibrinösem Erguss ist die Flüssigkeit durch Func-
tion, bei eitrigem durch Rippenresection zu entleeren. Jedoch ist
es wohl zu beachten, dass die typhösen Empyeme keineswegs fou-
droyante Erscheinimgen machen, so dass ein Hinziehen der Ope-
ration bis in die Convalescenz keine nennenswerthen Gefahren be-
dingt.
Auf Grund genauer Blutuntersuchungen bestätigt Kölner Blutver-
(Dentsches Arch. f. klin. Med. Bd. 60) die Angaben neuerer Autoren, »»derungen,
dass die Zahl der weissen Blutkörper im Initialstadium des
Typhus sinkt und nach der Defervescenz rasch zunimmt. Die ini-
tiale Hypoleukocytose ist ein diflferentialdiagnostisch werthvoUes,
wenn auch kein absolut eindeutiges Symptom. Die rothen Blut-
körperchen und der Hämoglobingehalt sinken ab.
Bislang stand kein sicheres Mittel zu Gebote, um intra vitam
zu entscheiden, ob die bei Typhus auftretenden cerebralen Sym-
ptome im concreten Falle durch eine complicirende Meningitis
hervorgerufen seien oder nicht. Jemma nun (Gaz. degl. osped. Typhus-
Nr. 148) hat in einem solchen Falle zur Stellung einer exacten Dia- meningitis,
gnose die Lumbalpunction herangezogen und mit ihrer Hülfe
das Vorhandensein von Ebert haschen Bacülen in der Cerebrospinal-
flüssigkeit festgestellt. Trotz dieses Befundes kam der Fall zur
Heilung.
Gnizetti (Arch. p. 1. sc. u. med. Nr. 1) hat in 10 Fällen von Typhus Typhöse
starke Veränderungen imSympathicus gefunden, welchen er eine causale V er änd e-
Bedeutung für den letalen Ausgang zuschreibt. Die markhaltigen Nerven- g«müathi-
fasem zeigten die sog. Neuritis segmentalis periaxillaris, die Ganglien klein- ons,
zeUige Infiltrationsheerde, venöse Hyperämie, starke Congestion mit kleinen, Gaizetti.
vorwiegend perivasalen Hämorrhagieen, sowie trübe Schwellung und fettige
Degeneration der Grefässendothelien.
Monteux und Lop (Revue de m6d. Nr. 7) beschreiben 2 seltene
Fälle von Vagusaffectionen bei Typhus. In dem einen Falle
bestand anfallsweise Dyspnoe, Tachycardie, Druckempfindlichkeit
272 Freyhan.
Typhöse der Vagi am Halse, Auftreibang des Magens und wiederholtes Er-
Vagus- brechen: der andere zeichnete sich aus durch Singultus, Erbrechen,
Honteoz Erstickungsanfälle und hochgradige Tachycardie. Diese Zufalle er-
u. Lop. fordern eine energische Therapie, vor allem Hautreize wie Cantha-
ridenpflaster und Points de feu, femer subcutane Strychnin- und
Coffeininj ectionen.
Typhöse Die typhöse Laryngitis charakterisirt sich nach Schulz
^^'s^h^"'' (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 34) durch partieUe Schloimhautröthung
ohne starke Absonderung. Im anatomischen Präparat zeigte die
Schleimhaut eine grössere Anzahl von stark hyperämischen , zum
Theil über Hnsengrossen Stellen, die ziemlich gleichmässig über die
Umgebung erhaben waren; grob sichtbare Substanzverluste waren
nicht vorhanden. In dem Bindegewebe unterhalb der Infiltrate
waren deutliche Typhusbacterien angesiedelt.
Typhus Die seltene Gombination von Typhus mit Pyelitis sah Eckert
^ifri'*"' (Wratsch Nr. 10) in 8 Fällen. Regelmässig ging mit der Grösse
der Eiterausscheidung im Harn die Höhe des Fiebers Hand in Hand.
Typhnsund Raymond (Amer. Joum. of Ch. med. sc, März) nimmt auf Grund
Bergfieber, eigener und fremder Beobachtungen Stellung zu der Frage, ob das sog.
«Bergfieber* als eine Krankheit sui generis oder als larvirter Typhus
anzusehen sei, und kommt zu einem bejahenden Ergebniss. Auffallend ist
die Differenz der Sterblichkeit zwischen Weissen und Farbigen; wahr-
scheinlich trägt die mangelhafte Em&hrung der letzteren Schuld daran,
dass sie der Krankheit in weit höherem Grade zum Opfer fallen als die
Weissen.
Das Kapitel der Heilung von Perforationsperitonitis nach
Geheilte Typhus bereichem Handford (Brit. med. Joum., 28. Juli) und
er ora- Herringham (Med.-Dir. Transact. Bd. 80) um je einen Fall. Der
Peritonitis, eine heilte spontan, wahrscheinlich durch Verklebung der lädirten
.^'^f'?^! Stelle; der andere wurde durch Laparotomie gerettet, obwohl die-
selbe erst 22 Stunden nach erfolgter Perforation vorgenommen wer-
den konnte.
Herringham.
Typhus- Den schon friiher gemachten Befund von Typhusbacillen in
b* c 1 1 1 e n i n ^i^^ipie ^ Hautabscessen konnte Bartozzewicz (Medicyna, April)
und Urin, in einem concreten Fall wiederum erheben; desgleichen fand Pe-
Bartozzewicz, truschky (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 23) eine Massenausschei-
dung von TyphusbaciUen durch den Urin.
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen.
273
Cesaris-Demel (Gazz. med. di Torino Nr. 13) gibt einen Differential-
neuen, aus Kalbsleber bereiteten Nährboden an, auf dem Typhus- *»»«'» ose
.... . zwischen
und Colibacillen ein differentes Verhalten zeigen. Letztere ver- Typhus- und
Ursachen nämlich eine homogene Trübung, während erstere zur Coli-
Agglutination und Sedimentbüdung fuhren. - Stern (Centralbl. f. c^es^Demei.
Bacteriol. Bd. 23) untersuchte die Wirkung, welche das Serum Stern.
Typhuskranker auf das Bacterium coli ausübt, und fand, dass das-
selbe sie unter Umständen noch stärker agglutinirt als Typhus-
bacillen. Er ist daher der Ansicht, dass eine t3rphusverdächtige
Cultur nicht ohne weiteres für Typhus spricht, wenn sie durch
Typhusserum in starker Verdünnung agglutinirt wird.
Alle TJntersucher sind darin einig, dass wir in der Widal-
schenReaction ein diagnostisches Hülfsmittel allerersten ßanges
erhalten haben; Bestätigungen über die grosse Zuverlässigkeit der
Probe geben auf Grund eines sehr umfangreichen Materials Pec höre Widal'sche
<Ann. de Bruxelles Bd. 6), van der Weide (Centralbl. f. Bact. Re»ction,
Pcchfere
Bd. 23) und Brown (Lancet, 23. Oct.). Nur darin gehen die Mei- yg^ ^^r Weide.
nungen noch aus einander, inwieweit das Ergebniss der Probe im Brown,
einzelnen Fall als unbedingt entscheidend für die Diagnose zu
gelten habe. In der Hauptsache werden drei Punkte discutirt: er-
stens das späte Auftreten der Reaction, zweitens die Dauer der
Agglutinationsfahigkeit imd endlich der Umstand, dass auch dem
Blut Nichttyphöser unter Umständen agglutinirende Kraft zukommt.
Nach Scholtz (Hygien. Rundschau Nr. 9) allerdings ist letzterer Scholtz,
Umstand bei Beobachtung einfacher Vorsichtsmaassregeln nicht im
Stande, die Brauchbarkeit der Serodiagnose zu beeinträchtigen; denn
der höchste bei normalem Blut beobachtete Werth beträgt 1 : 25,
der niedrigste des typhösen 1:45. Epifanow (Bolnitsch. Gaz. Epifanow,
Nr. 2) behauptet, dass das Agglutinationsvermögen des Blutes in
umgekehrter Proportion zur Schwere der Erkrankung steht; in
leichten und mittelschweren Fällen ist der Eintritt der Wid ansehen
Probe ein rascher und deutlicher, in schweren ein schwacher und
langsamer; das späte Auftreten der Reaction gibt sonach einen pro-
gnostischen Hinweis auf die Schwere des Falles. Beachtung ver-
dient eine Beobachtung von Eshner (Philadelphia med. Joum. Eshner,
Nr. 5), bei der die Serodiagnose in der Fieberperiode ein negatives
Resultat ergab, während sie im Recidiv positiv ausfiel. Ebenso
negativ verhielt sich ein Fall von Berghinz (Gazz. degli osp. Berghinz,
Nr. 146), trotzdem der klinische Verlauf, der bacterieUe Befand und
die Section die Diagnose eines Typhus bestätigten. Er macht in-
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. |3
274
Freyhan.
Heaotion.
Chiari u.
Kraus,
dessen darauf aufmerksam, dass hier dem Ausfall der serodiagnosti-
schen Methode eine vorausgegangene Chininbehandlung hinderlich
gewesen sein kann, da festgestellt ist, dass T3rphusbacülen auf Agar>
der mit 0,5 ^/o Chinin versetzt ist, nicht fortkommen.
Ein erklärendes Licht auf die Fälle, bei denen trotz positiven
Ausfalls der Widal'schen Probe kein Typhus bei der Obduction
Widarsche gefunden wurde, werfen die Mittheilungen von Chiari und Kraus
(Zeitschr. f. Heilk. Bd. 18), welche über eine Reihe von Fällen
reiner t3rphöser Septikämie ohne die anatomischen Charakteristica
des Typhus berichten. Hier fiel die Probe positiv aus; erst die
bacteriologische Untersuchimg klärte über das wirkliche Vorhanden-
sein einer t3rphö8en Infection auf, trotzdem die Section einen für
Typhus negativen Befund ergeben hatte.
Nach Malvoz (Ann. de l'Institut Past. Nr. 7) wirken Sublimat,
Alkohol und Formalin ebenso agglutinirend auf T3^husbacillen wie
Typhusserum; indessen coaguliren diese Stoffe alle Eiweisskörper,
so dass ihre Wirkimg nicht auf TjrphusbaciUen allein beschränkt
ist. Speciell auf Typhusculturen agglutinirend wirken Safranin und
Vesuvin, gegen die sich andere Bacterienspecies refi^ctär zeigen.
Malyoz.
Aggluti-
nation,
Lambotte,
Dnrham.
Die Thatsache, dass ausser dem Typhusserum noch die oben
genannten Substanzen fähig sind, Typhusbacillen zu agglutiniren,
benutzen Lambotte undBossaert (Arch. m6d. Beiges, Dec), um
darauf eine vereinfachte Methode zur Diagnose des Typhus zu ba-
siren. Sie stellen von den zu untersuchenden Colonieen Wasser-
emulsionen dar und versetzen sie mit Formalin oder Safranin; das
Eintreten oder Ausbleiben der Agglutination bildet dann den Beweis
für die Identität oder Nichtidentität der Typhusbacillen.
Durham*s (Lancet, 15. Jan.) Untersuchungen erweisen, dass
Typhusserum auch agglutinirend auf Gärtnerische Bacillen wirkt.
Er will deshalb den Begriff der specifischen ßeaction eingeschränkt
wissen und schlägt statt dessen den Ausdruck „specielle" vor.
Die Behandlung der Krankheit bewegt sich im grossen und
Behandlung ganzen in den alten Bahnen weiter. Clarke (Bristol med. Journ.,
des Typhus ^^2.) legt das Hauptgewicht auf eine strict durchgeführte Kalt-
Kaltwasser Wasserbehandlung. Calomel hält er in den ersten Wochen
Clarke, für erlaubt, später das Bismuth-ß-Naphthol. Für die Kaltwasser-
Baruch, behandliAig legen noch Baruch (Med. Record, 1. Oct.) und Tyson
Tyson. (Amer. Joum. of the med. sc, Oct.) eine Lanze ein.
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen. 275
Bettmann (Cincinnati Lancet, 25. Juni) ist des Lobes voll Behandlung
von dem ausgiebigen Gebrauch von Calomel. Er 'gibt es in stund- ^ß» Typhus
liehen Dosen von 5 mg so lange, bis alle Symptome der Krankheit Calomel,
geschwunden sind, wenn nicht das Auftreten einer Stomatitis den Bettmann.
Weitergebrauch des Mittels verbietet. — Belval ((L'Indep. m6d., —mit
3. Jan.) redet der continuirlichen Irrigation des Abdomens das ^^!\ \^^^^'
^ =» Hoher
Wort, von der Erwägung ausgehend, dass das Centrum der Mi- Irrigation,
krobenentwickelung sich im Darm befindet. Nicht nur konnte er Belval,
in allen seinen Fällen auf diese Weise eine Herabminderung des
Fiebers herbeifuhren, sondern er erzielte auch eine Besserung der ge-
sammten Symptome ; die Kranken empfanden die Procedur sehr an-
genehm.
In grösserem Maassstabe als früher ist* in dem Berichtsjahr die
Serum behandlung versucht worden. Die von Weissbecker
inaugurirte Methode (cfr. Jahrg. 1898, S. 273) der Behandlung mit
Reconvalescentenserum findet einen Fürsprecher in Walger (Cen- —mit
tralblatt f. inn. Med. Nr. 37), der sie in 4 Fällen, die eine un- Serum-
günstige Prognose gaben, mit sehr gutem Erfolge benutzt hat. walger,
Ebenso hat Spirig (Corresp.-Bl. f. Schweiz. Aerzte Nr. 13) einen Spirig,
Erfolg damit erzielt; besonders trat ein evidenter Einfluss auf die
Temperatur zu Tage. Oertlich verliefen die Injectionen stets reiz-
los; Nebenerscheinungen stellten sich nicht ein. Endlich constatirt
auch Jey (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 19) in einigen Fällen Jey,
einen Einfluss dieser Behandlungsweise, meint jedoch, dass die Anti-
toxine des ßeconvalescentenserums zu schwach seien, um den Typhus-
toxinen wirksam entgegentreten zu können. — Nach Chantemesse Chantemesse.
(Progr. med., 16. April) sind die bei T3^hus angestellten serothera-
peutischen Versuche daran gescheitert, dass das bislang verwandte
Serum das eigentliche T3rphustoxin nicht enthalten hat. Er selbst
nun hat ein Culturmedium gefunden, auf dem sich das Typhustoxin
in voller Stärke entwickelte und mit dessen Hülfe an Pferden ein
mit starkschützenden Eigenschaften begabtes Antitoxin gewonnen
wurde. Mittels desselben ist es ihm gelungen, nicht bloss Thiere
gegen eine T3rphusinfection zu schützen, sondern auch bei Menschen
Heilungen zu erzielen.
Dalgliesh (Lancet, 1. Oct.) hat in einem Falle von extremer — mit Darm-
Darm tympanie bei Typhus den tödtlichen Ausgang durch P u n c t i o n P « n c ti o n,
des Colon transversum verhütet. Er entschloss sich zu diesem Ein-
griff, nachdem alle Versuche, der Gasauftreibung durch Klysmata
Herr zu werden, gescheitert waren. Unmittelbar nach der Function
276 Freyhan.
trat eine grosse Erleichterung zu Tage, der später vollkommene
Heilung nachfolgte.
3. Fehris recurrens.
Das von Gabritschewsky dargestellte Antispirochäten-
Serum- serum ist von Loewenthal (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 43
behandlung ^ ^^j ^^^ einer Reihe von Patienten erprobt worden, ohne dass er
Recurrens, dadurch zu einem entscheidenden TJrtheile über den Werth der Be-
Loewenthai. handlung gelangt ist. Bei den Fällen, die mit Relapsen verliefen,
dauerte die Apyrexie meist länger als bei den unbehandelten Fällen ;
es scheint demnach, als ob die Einverleibung des Serums keine
Bildung von starkschützenden bactericiden Substanzen im Blute ver-
anlasst. Auch die Relapse wurden in gewisser Weise beeinflusst,
indem sich bald intermittirende , bald stark remittirende Schwan-
kungen bemerklich machten. Aehnlich verhielt es sich mit den ab-
ortiven Anfallen im dritten und vierten Paroxysmus.
4. Inf lu enz a.
Immunität Aus Turney's (Lancet, 5. Febr.) Zusammenstellungen aus der
nach Litteratur geht hervor, dass Individuen durch das Ueberstehen einer
Influenza, *=*, ' , t x?- i i, •
Tumey. Innuenza eme Immunität gegen die Krankheit acquinren; in-
dessen ist dieselbe von 'so kurzer Dauer, dass sie klinisch nicht in
Betracht kommt. Unzweifelhaft besteht auch bei vielen Personen
eine specielle Empfänglichkeit für die Krankheit resp. eine erwor-
bene Prädisposition.
Beziehungen Marty (Arch. gener. de med., Juli) untersucht an der Hand
der Grippe ^Juer localen Epidemie die Beziehungen, welche zwischen
zu anderen ^ ^ . -, -• ... t p a* i i_-u • j.
Infectionen ^^^ Grippe und anderweitigen Iniectionskrankneiten
Marty. bestehen. Unter allen Infectionskrankheiten , die zur gleichen
Zeit wie die Influenza grassirten, war es allein das Erysipel, das
eine gewisse Relation zu ihr zeigte, insofern als ihre Morbiditäts-
maxima zusammenfielen; alle anderen Krankheiten, wie Masern,
Scharlach und Röteln, zeigten keinerlei geaetzmässige Beziehungen.
Im engsten Zusammenhang mit ihr stehen Bronchitis, Laryngitis,
Pneumonie und Meningitis; letztere tritt um so häufiger in die Er-
scheinung, je schwerer die Epidemie auftritt; ihre maximale Häufig-
keit fiillt stets in die Anfangszeit einer Influenzaepidemie.
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen. 277
Zu den drei HAuptformen der Influenza, der nervösen, bronchiti-
schen und gastrointestinalen , gesellt Marqui6 (Joum. de med. de Sudorale
Bordeaux Nr. 6) eine vierte, die sudorale Form. Die zur Diu- /^J^ ®'
. . . . Iniiuenza,
stration mitgetheilten Krankengeschichten sind dadurch ausgezeichnet, Marqaiä.
dass im Anschluss an eine leichte fieberhafte Bronchitis eine starke
Neigung zum Schwitzen und eine lebhafte Empfindlichkeit der Haut
gegen Kälte auftritt. Der Schweiss bricht in Anfallen aus, während
deren die Bronchitis zurückgeht; vice versa steigert sich die
Bronchitis beim Nachlassen des Schwitzens. Von dem epidemi-
schen Schweissfriesel unterscheidet sich die sudorale Influenza
durch das Fehlen eines miliaren Exanthems sowie durch die viel
längere Dauer der Krankheit.
Dreschfeld (Med. Chronicle, März) beschäftigt sich eingehend Neurotische
mit den neurotischen Complicationen der Influenza. Von den ^„?.™?«''
. . ' . . . cationen,
InfluenzabaciUen an sich abhängig sind Hämorrhagieen, Encephalitis, Dreschfeid.
Thrombosen und hämorrhagische Meningitiden , während periphere
Neuritiden und ftmctionelle Störungen aus den toidschen Einwir-
kungen des baciUären Giftes resultiren. Cerebrale Abscease, suppu-
rative Meningitis u. s. w. basiren meist auf einer Mischinfection.
Andere Folgekrankheiten stehen zur Influenza nur in loser Be-
ziehung, insofern als die Grundkrankheit die Gewebe weniger wider-
standskräftig gegen den Angriff secimdärer Schädlichkeiten macht.
So constant die Roseola bei Typhus auftritt, so ist sie doch Roseola,
kein pathognomonisches Symptom dieser Krankheit, da sie zweifellos Peion.
auch bei der Influenza hin und wieder zu beobachten ist. lieber
3 derartige Fälle berichtet Pelon (Gaz. des höpit. Nr. 46).
Die Mittheilung einer Taubheit nach Influenza stammt von Taubheit
Riehl (Wiener allg. med. Zeitg. Nr. 29), der sie nach mehrtägiger ^^^^
I ^\ T^ I 11 A f^ 9 tt
Schwerhörigkeit eintreten sah, trotzdem der Spiegelbefund vollkommen mehi^
normal war. Pilocarpininjectionen brachten keine Besserung zuwege.
In einer Reihe von InfluenzafaUen hat Goliner (Aerztliche Behandlung
Rundschau Nr. 16) sowohl P he sin als auch Coprin prompt wirk- , ^^^
/• j m r»/x ^rxA n -T 1/^1 1 Influenza
.sam gefunden. Temperaturen von 89 — 40° fielen nach Gebrauch mit Ph es in
von 2stündlichen Dosen k 0,5 g schon nach 4 Stunden zur Norm; und Coprin,
die Kopfschmerzen Hessen nach, und ebenso erfuhren die hartnäckigen ° "*®^
Rücken- und Lendenschmerzen eine wesentliche Herabminderung.
Besonders eclatant war die Wirkung in den Fällen, in welchen die
i
278 Freyhan.
nervösen Erscheinungen im Vordergrunde des Krankheitsbildes
_, , ,, standen.
Behandlung
der In*
fluenzamit Baccelli (Gazz. degli osped. Nr. 43) empfiehlt für die Behandlung der
Chinin, nervösen Form eine Composition von Chinin, Phenaoetin mid Campher.
Camnher ' ^ßs^D^o^^ßla-'^d (Lancet, 23. April) sah von einem Aufguss der Yerba
Baccelli. ' santa — einer früher gegen Bronchitis und Phthise angewandten Drogue —
— mit scbr gute Wirkungen in Influenzafällen mit lästigen und langwierigen
Yerbasanta, Hustenanfällen.
Westmoreland.
5. Tetanus.*)
In symptomatologischer Hinsicht liegen einige bemerkens-
werthe Mittheilungen vor. Zunächst * ein Tetanus puerperalis,
Tetanus beschrieben von Kühnau (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 28), der
^"®JjJ*^' 'ausgezeichnet war durch das Hervortreten tetanischer Erscheinungen
im Bereich der Schlund- und Kehlkopfmusculatur. Am intensivsten
wirksam war das Tetanusgift in den endometritischen Gewebsfetzen
enthalten; auch gelang es, aus ihnen die Tetanusbacillen reinzu-
züchten. Zweifellos war die Infection vom Endometrium ausge-
gangen.
Aetiologie Sehr seltsam war die Aetiologie in einem von Bandisch
'^^B^dtel*'''' ^^^^^' ^^°' Wochenschr. Nr. 31) mitgetheüten Falle. Hier hatte
die Infection durch einen mit Gartenerde beschmutzten Holzsplitter
stattgefunden, mit dem der Kranke zu wiederholten Malen in seinen
Tetanus nnd schmerzenden Zähnen herumgebohrt hatte. — Brunner's (Fortschr.
stryohnin- ^ Med. Nr. 10) experimentelle Untersuchungen ergeben, dass zwischen
Brunner. ' Tetanus und St rychnin Vergiftung kein innerer Zusammenhang be-
steht und dass die Einwirkung beider Gifte auf das Nervensystem
ein ganz verschiedenes ist. Im Nervensystem normaler Thiere lassen
sich keine Elemente auffinden, die dem Organismus Schutz gegen
Strychnin verleihen könnten, d. h. es existiren in den Nervenzellen
keine Seitenketten, die im Stande sind, Strychnin zu binden, wie
dies fiir das Tetanustoxin zutrifft.
Tetanische Die von Westphal (Fortschr. d. Med. Nr. 13) ausgeführte
Rücken- Untersuchung eines tetanischen Rückenmarks ergab Be&nde, die
befnnde. ^^^^ durchaus mit denjenigen decken, die von Goldscheider und
Westphal. Flatau auf Grund ihrer experimentellen Versuche als typisch für
*) Vergl. auch S, 109 ff.
Acut« aligenieiiie Infectioiukrankheiteii und Zoonosen. 279
TetAnua bezeichnet sind. Der Umstand, dass nur in einer relativ
nicht grossen Anzahl von ZeUen Alterationen angetroffen wurden,
legt angesichts der langen — 12 Tage währenden — Krankheits-
daner die Yermuthusg nahe, dass schon Rückbildungarorgänge statt-
gefimden haben.
Nach' Coriadi (Morgagni Nr. 1) Oben die Tetanns toxine einen be- Biologische
echleanigenden Eioflues auf den Blutdruck, Puls- und Respirations- "'r'*"!
frequenz sowie auf die StoffwechselpTocegse aus. Besonders evident ist die TetiinD»-
Steigemng des Blutdrucks, ohne indessen parallel mit der Qrösae der Toxin- giftes,
dod» zu gehen. Bei vorheriger Curaresirung de» Thieres oder bei Durch- c<ni»ai,
Mlmeidnng des ROckenmarks kommt die Wirkung des Tetannstoxins auf
den BiDtdmck nicht zur Geltung.
Heilerfolge werden dem Antitoxin zugeschrieben in den Antitoiln-
PäUen von Brooks (Lancet, 8. Jan.), Möller (Münch. med. ''*'*"''*'""^'
Wochenschr. Nr. 8), Reinhard (ibid.), Railingh (Nederl. Tijd.
V. Geneeskunde , 8. Jan.), Fatterson (Lancet, 8. Jan.), Croly
(ibid.), Claasland (ibid.), Griffin (ibid.), Haie (Brit. med.
Jonm. Nr. 4) und Myles (ibid.); Netlesen (Norsk Mag. Nr. 9)
hat nach Antitoxin eine Vennindenmg der tetanischen Rigidität,
aber nicht der Reflexerregbarkeit beobachtet. — Den günstigen Er-
fahrungen stehen gegenüber die Fälle von Myles (Lancet, 8. Jan.),
Lund (Boston med. Jonm., 21. März), Erdheim (Wiener klin.
Wochenschr. Nr. 19), Brans (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 14),
Curnow (Lancet, 30. April), Tauber (Wiener klin. Wochenschr.
Nr.31), G-reenwood (Lancet, 30. April), Sehnbert (Münch. med.
Wochenschr. Nr. 8), Beuthne r (Deutsche med. Wochenschr. Nr.*)),
Homans (Boston med. Joum., 2. Juni), Morgan (Brit. med. Joum.,
9. Juh) und Denham (Lancet, 8. Jan.), die sämmtlich trotz der
Antitoxinbehandlnng mit dem Tode endigten. Die Heilialle sind um
w weniger beweisend, als der Tetanus keine absolut tödtiiche Krank-
heit ist und Heilungen bei fast jeder Art von Therapie nicht selten
9bd. 8o berichtet St oke (Lancet, 8. Jan.) über eine Heilung dnrch
Inhalation mit Amylnitrit und Dentaigne (Lancet, 8. Jan.) über
3 Heilfelle diiHi r,,i,il„[,„.|„ ßthiii.dluug v,.ii Quptk.sfllKT uu-\ Clilornl.
Angesichts .lur scbleohteu R«MÜtBte, welche die klinische An-
wendung des Äatitoxiii» !Pt,W^'-' '••■'■ li^t,, strebe^ JLiy^x i
Borrel (Presse mWio., ip
thodik an, indem m» ^0 _
fahnmgs^tiiAsM die H<^ ^^
280
Freyhan.
Methodik wird, d. h. in das Centralnervensystem. Am Meerschweinchen gab
diese Modification durchweg bessere Resultate als die subcutane
der
Antitoxin-
Roax,
behandinn? Application. Desgleichen wurde in einem Falle am Menschen trotz
des Tetanus, schwerer Symptome eine Heilung erzielt; die Application geschah
in der Art, dass durch eine Trepanationsöfinung von 8 mm Breite
eine Spritze tief ins Gehirn eingesenkt und unter geringem Druck
entleert wurde. — In derselben Richtung bewegen sich die Versuche
Blumenthal u. von Blumenthal und Jakob (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 49);
nur benutzen sie zur Einführung des Antitoxins die Methode der
Duralinfusion. Ihre Erfolge waren keineswegs so gut wie diejenigen
der französischen Forscher; vielmehr glauben sie, dass das Tetanus-
gifb zur Zeit des Ausbruchs von Krankheitserscheinungen bereits
im Centralnervensystem so fest verankert sei, dass es auch mit
Hülfe des auf dem Wege der Duralinfusion eingeführten Antitoxins
nicht mehr entfernt werden könne.
Jakob.
mit Gehirn
emulsion,
Krokiewicz.
Endlich verdient noch ein therapeutischer Versuch erwähnt zu
Behandlung werden , den Krokiewicz (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 25,
August) auf die oben erwähnte Thatsache basirt hat, dass die Ge-
himsubstanz gegenüber dem Tetanusgift neutralisirende Eigenschaften
besitzt. Er hat einen Fall von Tetanus mit Injectionen von G-e-
hirnemulsion behandelt und dadurch eine entschiedene Besserung
erzielt, während in einem Controllfall Antitoxininjectionen ohne
jeden Erfolg blieben.
Aetiologie
der Poly-
arthritis,
Bloch.
6. Polyarthritis.
Aetiologisch fasst Bloch (Münch. med. Wochenschr. Nr. 15
u. 16) den Gelenkrheumatismus als einen pyämischen Process auf,
der von ganz verschiedenen Heerden seinen Ursprung nimmt. Er
stellt eine Beihe von Fällen zusammen, in denen die ELrankheit
sich an Furunkel, Eiterpusteln und Mittelohrkatarrhe angeschlossen
hat. Die causale Bedeutung von Halsentzündungen erkennt er an,
bestreitet aber die Specificität derselben; vielmehr kann die Gelenk-
affection jede Art von Tonsillitis begleiten. Ein Parallelismus
zwischen der Intensität der causalen Angina und der des Rheuma-
tismus besteht uicht.
Sympto- Nach Singer (Wien. med. Presse Nr. 7) besteht die voll aus-
mato ogie, g^^ji^j^^ rheumatische Infection aus der Vereinigung einer Anzahl
Symptome, deren hauptsächlichste sind: Gelenkaffectionen, Angina,
Endocarditis, Pericarditis und Erythema multiforme. Die meist vor-
Wiibeli
Acute allgemeine Infectioiiakrankheiten und ZoonOBen. 281
handeoe Qelenkaffection ist zur Diagnose des Rheumatismus nicht
absolut erforderlich und fehlt in den Formes fruetee. Solche Formea
frastes treten auf im Gtewande von Neuralgieen, Chorea und rudi-
mentären Anginen.
Betheiligung der Wirbelsäule , besondere der HalBwirbelsäule,
pflegt im Verlauf einer poly artbritischen Erkrankung nach Carda-
relli (Gazz. degli osped. Nr. 46) häufiger vorzukommen, als a
gemein angenommen wird. Differentialdiagnoatisch kommen rheuma- CKdaieill,
riflcher Torticollis, Pott'sche Wirbelerkran knng und PacbymeningitiB
cervicaljs in Frage. £» gibt eine acute Form dieser Wirbelgelenk-
erkrankung, die mit Exsudation einhergebt, und eine mehr chronische,
bei der es zu einer Zerstörung der Zvischenknorpelscheiben kommt.
Uckermann (Centralbl. f. innere Med. Nr. 39) resumirt seine Rhcama-
Ansicht über rheumatische Keblkopfaffectionen dahin, dass sie g'!',?''* ,
ziemhch häofig sind und meist in der Form von Entzündung der trrectioDen
Cricoarytänoidknorpel auftreten. Neben Laryngitiden, die die Poly- Dokermann.
arthritis begleiten, gibt es unzweifelhaft auch ganz selbständige
Formen ; dieselben äussern sich entweder als Laryngitis simples mit
atarker Empfindlichkeit und Injection, oder in Form einer Infiltration,
oder endlich als Laryngitis oedematosa. Diese letzte Form unter-
scheidet sich nur durch die Anamnese und die schnelle Wirkung der
antirheumatischen Therapie von der gawöbnlichen infectiösen Laiyn-
gitia oedematosa.
In therapeutischer Hinsiebt empfiehlt Oalliard (Fresse Tberapie:
mM., 10. Juli) sehr warm das Salophen, das den glänzenden Er- ^»'oplion,
folgen der Salicylsäure wenig nachgibt; zwei Drittel der Fälle er-
fahren durch das Mittel eine Besserung, ohne dass Nebenwirkungen
zn spüren sind. Dieser Empfehlung schliesst sich auf Grund zahl-
reicher Versuche auch Drewa (Therap. Monatsh. Nr. S) an. Drews.
Mosler (Deutsche med. Wochenschr. Ni. ürn rumbinirt, .Saütyl Sniicyi
und Salophen in der Weise, dass er /.upr^t grö.'asere Dosen \
Salicyl verabreicht und später Salophen - — ■
lieh nachfolgen lässt.
Einen neuen Coacurrenten in Gestalt
»teilen Linossier und Lannois ((^s
salicybcum entgegen. Angeblich ist
f
282 Freyhan.
Formen und bei localisirten AfFectionen überlegen. Die AppUcatioii
geschieht durch directe Auftragung des Mittels und nachfolgenden
hermetischen Abschluss. Selbst bei sehr grossen Dosen pflegen keine
Intoxicationen aufzutreten.
Therapie der Bannatyne (Edinb. med. Joum. Nr. 1) behandelt seine Kranken
^J^^7'. niit Guajakolcarbonat, und zwar verabfolgt er innerlich 3mal
Ouajakol- täglich '/t g und applicirt äusserlich eine Auflösung von krystaUini-
carbonat, schem Ghiajakol in Olivenöl. Zur Verdeckung des imangenehmen G-e-
Bannatyne. ^^^ ^^^^ Klettenöl.
— Wärme, Wilms (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 23) hat mit dauernder
Wüm». Wärmeapplication gute Erfolge erzielt. Der seinem Verfahren
dienende Apparat ist dem Princip der Leiter'schen Kühlröhren
nachgebildet; zum Schutz der Haut werden die erkrankten Partieen
mit einem dünnen Gipsverband bekleidet. Die Temperatur des Wassere
wird so hoch wie nur irgend möglich genommen und der Apparat
dauernd im Gang gehalten.
7. Erysipel.
Identität Sippel (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 19) bestreitet die Be-
^®* hauptung Petruschky'svonder Identität des Streptococcus
C0CCU8 pyogenes und erysipelatis. In dem Umstand, dass durch
pyogeneB Streptokokkenculturen, die aus parametritischem Eiter gezüchtet waren,
^^ . . . Impferysipel erzeugt werden konnte, erblickt er nur die Bestätigung
Sippel. der bekannten Thatsache, dass die Erysipelerreger gelegentlich auch
eine Eiterung hervorrufen können. Er selbst verfögt über einen
Fall, bei dem sich nach der Incision einer eitrigen Parametritis von
der Wunde aus ein typisches Erysipel der äusseren Haut entwickelte.
Die therapeutisch viel verwerthete Thatsache, dass Ichthyol
Therapie des sehr gut in Haut und Schleimhäute eindringt, hat Koelzer (Deutsche
Erysipels: m^^j Wochenschr. Nr. 43) veranlasst, die viel wirksameren bacteri-
anytoi, ciden Anytole auf diese Eigenschaft hin zu untersuchen, und in der
Koelzer. That konnte er eine unzweifelhafte Beeinflussung des Erysipels durch
Metakresolanytol feststellen. Ein definitives Urtheil über den
practischen Werth des Mittels wird man bis nach der Prüfling an
einem grösseren Material zurückstellen müssen.
Das Antistreptokokkenserum findet vorläufig noch keine
rechte Verwendung. Es verdient indessen hervorgehoben zu werden,
Acute allgememe Infectdonakrankheiten und Zoonosen.
283
das8 den beiden von Magill (Lancet, 19. Febr.) und von
Smith vorliegenden Berichten zufolge (Philadelphia med. Joum.,
15. Febr.), eine eclatante Wirkung auf das Erysipel beobachtet
worden ist.
— Anti-
strepto-
kokken-
serttin,
Ma«m,
Smith.
8. Parotitis epidemica.
Zinn (Charite- Annalen ; 22. Jahrg.) theilt 2 einschlägige Fälle
mit, die durch seltene Com plicati onen ausgezeichnet waren. Im
ersten Fall gesellte sich zu der Parotitis eine acute Endo carditis,
die gleichzeitig mit der Abschwellung der Speicheldrüse zurückging;
im zweiten Falle wurde die Krankheit eingeleitet durch eine circum-
scripte Peritonitis, der erst am 7. Krankheitstage die typische
Parotisschwellung nachfolgte.
Seltene
Oompli-
cationen der
Parotitis,
Zinn.
9. Malaria.
Ziemann (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 8J präcisirt die Re-
sultate seiner Parasitenstudien dahin, dass die jungen Parasiten
aus einem Klümpchen Chromatin, einer umgebenden achromatischen
Zone und dem Protoplasmaleib bestehen; die sog. Laveran'schen
Halbmonde sind absterbende Parasiten. Bei der Beurtheilung thera-
peutischer Agentien muss im Auge behalten werden, dass eine
grosse Reihe von Malariafallen spontan heilt; man muss sich daher
vor Täuschungen hüten. Das PhenocoU und Methylenblau hält er
für völlig wirkungslos. — Bei der Untersuchung von 87 Fällen hat
Solley (New York med. Joum., 16. April) verschiedene neue
Beobachtungen über die mit Geissein versehenen Parasiten ge-
macht. Eine Form enthielt Greissein an beiden Polen mit ausser-
ordentlich lebhafter, vibrirender Bewegung; bei einer zweiten Form
konnte beobachtet werden , wie aus einer rapiden Vibration des Pig-
ments sich eine Geissei herausbildete. Endlich wurden auch Fälle
beobachtet , bei denen kleine Protuberanzen zu Geis.seln anwuchsen
und nach der fertigen Bildung sich von der Mutterzelle trennten.
— Däabler (Medicinsk. Obosr. Bd. 45) betont, dass bei den ring-
förmigen Parasiten Ring und umgebendes Plasma zusammengehören ;
^ sah, wie das Plasma Pigmentschollen aufiiahm und wieder aus-
stiess. Das Plasma enthalt Kern und Kemkörperchen . Nach C a n e 1 1 i s
(Progres med. Nr. 40) sind alle Parasitenformen der Malaria identisch.
Ihre morphologischeD Differenzen hängen von der Verschiedenheit
Malaria-
Parasiten,
Ziemann,
SoIIey,
Däabler,
CaaeUia.
284
Freyhan.
der biologischen Verhältnisse ab und repräsentiren nur verschiedene
Entwickelungsstufen.
Abwesen- Robinson (Med. Record, 15. Jan.) wendet sich gegen die Be-
hei t von hauptung, dass in allen Fällen von Malaria Plasmodien auffindbar
Plasmodien . '^ ® .
bei Malaria, sind. Zweifellos kommen Fälle mit negativem Parasitenbefunde vor,
Robinson, trotzdem das Krankheitsbild mit absoluter Sicherheit für Malaria'
spricht und die specifische Therapie prompt anschlägt. Die Tinctura
chinae hilft oft dort, wo das Chinin im Stich gelassen hat.
Einfltttts des Nach Rogers (Lancet, 12. März) lässt sich das Auftreten und
Ornnd- ^^q zeitliche Vertheilung der Malaria in den meisten Gebieten Indiens
Wassers
Hogejg ' in directe Abhängigkeit vom Regenfall und Grundwasser-
stand bringen. Nach seiner Meinung werden die Plasmodien durch
die von steigendem Grundwasser verdrängte Bodenluft in die Höhe
Maitshonz. getrieben. Dieselbe Beobachtung machte Marchoux (Annales de
rinst. Pasteur Nr. 8) in Senegambien, wo das Maximum der Malaria-
morbidität in die Regenzeit fallt, das Minimum in die trockenen
Monate.
Schwarz-
Wasser-
fieber,
Smith,
Haig,
Sambon.
lieber das Schwarzwasserfieber und seine Zugehörigkeit
zur Malaria sind die Ansichten sehr getheilt. Smith (Lancet,
19. März) betont, dass diese Krankheit selten oder nie Neuankom-
mende befallt, sondern sich stets da etablirt, wo vorher wiederholte
Attacken der gewöhnlichen Malaria vorgelegen haben. Es handelt
sich um ein schweres remittirendes Fieber mit Frösten, in dessen
Verlauf die Zeichen einer raschen Blutzersetzimg, Icterus, Urobilinurie
und Methämoglobinurie, deutlich werden. Der Verf. bestreitet ent-
schieden, dass das Schwarzwasserfieber ätiologisch auf übermässigen
Ghiningebrauch zurückzuführen sei. Dieser Ansicht pflichtet auch
Haig (Lancet, 2. April) bei, wenn er auch zugibt, dass Chinin in
grossen Dosen die Entwickelung der Krankheit begünstigt. Er findet,
dass gewisse Analogieen zwischen dem Schwarzwasserfieber und der
paroxysmalen Hämoglobinurie, Chlorose und Anämie bestehen, also
Affectionen, denen ein Ueberschuss von Harnsäure im Blut gemein-
sam ist. Sambon (Brit. med. Joum. , 24. Sept.) vertritt die An-
sicht, dass die Krankheit weder mit Malaria noch mit medicamen-
tösen Ursachen etwas zu thun habe, vielmehr stelle sie einen Morbus
sui generis dar, dem ein besonderer Parasit zukomme. Er hat die
Bemerkung gemacht, dass Eingeborene viel weniger von ihr befallen
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen. 285
werden als Fremde, und dass sie stets nur im Grefolge der Malaria
aui^ritt.
Hingegen definirt Koch Schwarzwasserfieber (Berlin 1898) als eine Tropen-
Chininvergiftung, welche bei vorsichtigem Gebrauch des Chinins von ™*^»"*'
der Bildfläche verschwinden dürfte. Er fand in Deutsch-Ostafrika
vier Formen von Malaria, und zwar neben zwei seltenen die Tertiana
und die eigentliche Tropenmalaria. Letzterer kommt ein ganz be-
stimmter Typus zu, der ähnlich dem der Tertiana ist; nur belaufen
sich die fieberfreien Intervalle auf ganz wenige Stunden. Zwischen
den Anfallen und dem Entwickelungsgange der Parasiten bestehen
regelmässige Beziehungen. Im Anfange des Paroxysmus erscheinen
kleine Ringe, die während des Anfalls zu grossen auswachsen. Chinin
wirkt nur im fieberfreien Stadium; hier genügt oft eine einzige Dosis.
Prophylaktisch empfiehlt sich jeden fünften Tag die Darreichung von
1 g Chinin 1 — 2 Monate lang. Was die Ueb ertragung der
Malaria anlangt, so schHesst sich Koch der Mosquitotheorie an und
glaubt, dass die Mosquitos zunächst die Plasmodien auf ihre Eier
und Larven übertragen und von hier aus die weitere Infection erfolgt.
Diese Ansicht wird auch von Manson (Brit. med. Joum., 24. Sept.) Manson.
getheüt, der die geographische Verbreitung der einzelnen Malaria-
formen daraus ableitet, dass die verschiedenen Parasiten an besondere
Mosquitospecies gebunden sind.
Die meist passageren Sehstörungen im Verlauf der Malaria
fuhrt Guarnieri (Archiv, per le sc. med. Bd. 21) auf Circulations- Seh-
störungen in den Gefassen der Betina und Chorioidea zurück und ^ orungen,
glaubt nicht, dass sie auf toxischen Ursachen basiren. Yarr (Brit.
med. Joum., 24. Sept.) unterwirft alle bei Malaria beobachteten Augen-
complicationen einer genauen Analyse. Relativ am häufigsten kommt
es zu Neuritis, retinalen Blutungen, Chorioiditis und Glaskörper-
trübungen. Seltener treten periodische Amaurose, Opticusatrophie
und centrales Skotom in die Erscheinung. Die Behandlung muss
eine causale sein undjbesonders auf eine Entfernung der Kranken
aus den malarischen Gegenden dringen; ausgiebiger Gebrauch von
Jodkalium dient zur Beschleunigung der Resorption bei Glaskörper-
trübungen.
Uebereinstimmend bei der Quotidiana, Tertiana und Quartana Leuko-
hat Vincent (Annal. de linst. Pasteur Bd. 11) im Beginne des ^y^t^^»«.
Anfalls eine beträchtliche Leukocytose gefunden, die späterhin
286 Freyhan.
einer Hypoleukocytose Platz macht. Die Vennehrung betrifft haupt-
sächlich die Lymphocyten, in geringerem Grade die eosinophilen und
die grossen einkernigen Zellen. Die phagocytäre Thätigkeit kommt
fast ausschliesslich den einkernigen Elementen zu.
Die Diazoreaction verhält sich bei den verschiedenen Formen
Diazo- der Malaria nach Boschdestwenski (Wratsch Nr. 20) verschieden.
reaction bei -ßg^ der Tertiana wird sie stets vermisst, bei der Quotidiana mit
Malaria, , . . .
Roschdest- regelmässigem Typus tritt sie manchmal, bei der mit unregelmässigem
wenaki. Typus constant auf. Der Grad und die Dauer des Phänomens geht
parallel mit der Schwere der Erkrankung.
Behandlung: Als ein neues therapeutisches Agens erscheint das Euchinin
® ' auf dem Plane. Aus der zahlreichen Litteratur über dieses Ersatz-
Oray,
mittel des Chinins heben wir hervor die Arbeiten von Gray (Brit.
PanegroBsi, med. Joum., 26. Febr.), Panegrossi (Gazz. degli osped. Nr. 118),
TomaBelU Tomaselli und Zangri (Kiforma med. Nr. 156) und Ssuchomlin
s* ^i^^^ii* (Medicinsk. obosr. H. 7). Uebereinstimmend wird die ausgezeichnete
Wirksamkeit des Präparates anerkannt; seine besonderen Vorzüge
bestehen darin, dass es in kleineren Dosen als das Chinin wirkt,
femer dass es völlig geschmacklos ist, und endlich, dass es frei von
Nebenwirkungen ist, insonderheit keine Belästigung des Gehörorgans
hervorruft.
Ueber das Methylenblau sind die Meinungen noch immer ge-
— Methylen- theüt. Während Cardamatis (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 5)
rft^***«« ^^^ Schegol off (Medicinsk. obosr. H. 17) das Mittel in den Himmel
Schegoloff,* erheben und seinen therapeutischen Werth weit über den des Chinins
Mays. stellen, spricht sich Mays (Münch. med. Wochenschr. Nr. 24) sehr
reservirt aus und vindicirt ihm nur eine gewisse Heilwirkung bei
Quotidianaformen.
Die von Tappeiner festgestellte Giftwirkung der Chinoline
und Phosphine auf Amöben Uess es schon aus theoretischen
Gründen wünschenswerth erscheinen, diese Substanzen für die Be-
— Chinoline handlung der Malaria heranzuziehen. Nachdem die von Fürbringer
""hi ^^^ Jodlbauer (Deutsch. Arch. f. klin. Med. Bd. B9) angestellten
Fürbringer* Vorversuche an Thieren die Gewissheit der guten Verträglichkeit
u. Jodlbaner, der Körper evident gemacht hatten, ist Mannaberg (ibid.) zu ihrer
klinischen Verwendung geschritten, ohne dass der Erfolg den theore*
tischen Erwartungen entsprochen hätte. Es gelang zwar, die Fieber-
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen.
287
anfalle für einige Tage zu coupiren und die Plasmodien zeitweilig
zum Schwinden zu bringen; doch recidivirte die Krankheit prompt
nach dem Aussetzen der Mittel.
Jeffery (Med. Record, 20. August) empfiehlt, Chinin mit einem
Zusatz von Myrrhen zu versehen, weil dadurch eine Leukocytose
hervorgerufen wird, die den Plasmodien phagocytär entgegen-
wirken kann.
Myrrhen,
Jeffery.
Betreffs der malarischen Splenomegalie glaubt Perona (Poli- Behandlung
clinico, 15. Jan.), dass sich eine Exstirpation durch subcutajie Appli- ^®' Spien o-
cation einer Lösung von Jodjodkali in Guajakol verhüten lässt. Perona,*
Die Einwirkung auf das vergrösserte Organ ist eine ganz eclatante.
Auch Laccetti (Giomale Internat, d. sc. med. Bd. 1) redet einer medi- Laccetti.
camentösen Behandlung das Wort und empfiehlt vasoconstrictorische
Mittel, wie Arsen, Strychnin und Ergotin. Nur bei der Splenomegalia
neoplastica hält er eine Operation für angezeigt.
Gichanowaki
u. Nowak,
10. Dysenterie.
Cichanowski und Nowak (Centralbl. f. Bact. Bd. 23) sprechen Aetiologie
allen Theorieen über die Aetiologie der in gemässiirten Zonen ^ ^®' .
. . . Dysenterie,
vorkommenden epidemischen Dysenterieen jede Berechtigung ab.
Amöben und GolibaciUen sind sicher nicht im Spiele; die Bolle der
Streptokokken ist eine mindestens zweifelhafte, wenngleich ihr con-
stantes Vorkommen in der Darmwand die Vermuthung erweckt, dass
sie nicht ganz ausser Zusammenhang mit der Krankheit stehen.
Noch viel weniger als bei der epidemischen Buhr unserer Gegenden
spielen Bacterien oder Amöben bei der sporadischen eine Rolle. Auch
Römer (Münch. med. Wochenschr. Nr. 2) hält die Amöben nicht
für die Erreger der Dysenterie, obwohl er sie in 15 Fällen, die zum
Theil aus Deutschland stammten, gefunden hat. Er ist vielmehr der
Ansicht, dass sie harmlose Schmarotzer sind, die bei katarrhalischen
Zuständen im Darm sehr günstige Vegetationsbedingungen finden. —
Harris (Americ. Journal of the med. sc, April) dagegen meint, dass
zwar der positive Beweis für die ursächliche Beziehung der Amöben
zur Dysenterie noch ausstehe, dass jedoch die Constanz ihres Vor-
kommens einen Causalnexus wahrscheinlich mache.
Um die Erreger der japanischen Dysenterie zu ermitteln, ging
Shiga (Centralbl. f. Bact. Bd. 23) so vor, dass er die aus den
Stuhlen Dysenterischer gezüchteten verschiedenartigen Bacterien-
Römer,
Harris,
Shiga.
288
Freyhan.
Dysen-
terische
Leber-
abscesse,
Schweiger,
Potherat.
Dysente-
rische
Qelenk-
affectione
Remlinger.
species durch das Serum Dysenteriekranker zur Agglutination zu
bringen suchte. Es traf dies nur für eine mit ganz bestimmten cul-
turellen Eigenthlimlichkeiten begabte Bacillenart zu, die er deshalb
als die Erreger der Krankheit ansprechen zu können glaubt.
Schweiger (Wiener med. Presse Nr. 8) hat bei drei Leber-
abscessen, in deren Anamnese keine Dysenterie zugegeben wurde,
bei der Obduction Veränderungen im Darm vorgefunden, die nur
als B.esiduen einer früher durchgemachten Dysenterie gedeutet werden
konnten. Es wirft dies ein Streiflicht auf die Leberabscesse unauf-
geklärter Provenienz, die zum Theil wenigstens der Dysenterie an-
gehören dürften.
Nach Potherat (Bull, de la societ6 de chir., 2. Febr.) ist die
Beimengung von Galle bei den dysenterischen Leberabscessen
ein seltenes Ereigniss. Denn gewöhnlich sind diese von einer cir-
rhotischen Zone umgeben, innerhalb deren die GaUengänge atrophiren
und die Gefasse verengt sind. Ein eigentlicher Galleniiuss findet
sich nur in solchen Fällen, wo durch ausgedehnte Nekrosen ein
grösserer Gallengang eröffnet wird.
Die dysenterische Gelenk äffe et ion besteht entweder an vielen
Gelenken in Form einer trockenen Entzündung oder an einem Ge-
n, lenk in Form eines Hydarthros; die Lieblingsstelle bildet fast immer
das Knie. Die Gelenkflüssigkeit enthält keinen Keim, der durch
die gewöhnlichen Untersuchungsmethoden zur Entwickelung gebracht
werden kann. B.emlinger (Revue de m6d., Sept.) meint daher, dass
die Gelenksentzündungen durch ein Toxin verursacht werden, das
im Darm erzeugt wird. Die Behandlung des Hydarthros besteht in
Punction mit nachfolgender Compression und Immobilisation.
Therapie der
Dysenterie:
Ammoninm-
Chlorid,
Attygalle.
- Mag-
nesium-
salfat,
Wyatt-Smith.
- Höllen-
stein- und
Kupfer-
snlfat,
Sandwith.
Attygalle (Brit. med. Journal, 7. Mai) wandte gegen Dysenterie
mit gutem Erfolg Ammoniumchlorid an, das er 4stündlich in
Gaben von 4 g verabfolgte. In der Mehrzahl der Fälle war nach
3 — 4 Tagen der Blutgehalt aus dem Stuhl geschwunden, desgleichen
die Leibschmerzen. — Wyatt-Smith (Brit. med. Journal, 29. Jan.)
empfiehlt die Anwendung von grossen Dosen Magnesiumsulfat,
das nach seinen Beobachtungen überraschend günstig wirkt. Ipeca-
cuanha hält er für nutzlos, Opium fiir direct schädlich. — Der Ver-
urtheilung der Ipecacuanha schliesst sich Sandwith (Brit. med.
Journ., 24. Sept.) an; grösseres Vertrauen verdienen Eingiessungea
von schwachen Höllenstein- oder Kupfersulfatlösungen, doch
Acute allgemeine lufectionskranMieiten und Zoonosen. 289
milssen sie sehr frühzeitig gegeben und lange fortgesetzt werden. — Monsonia.
Maberly (Lancet, 16. Juli) endlich rühmt der Monsonia gute Heil- Maberly.
Wirkung nach.
11. Morbus Weilii.
In den von Klein und Schütz {Wien. med. Wochenschr. Nr. 6 Krankheite-
bisS) beobachteten Fällen bestand die charakteriatisclieSymptomen- «"^,'^**'
trias Fieber, Nephritis und Icterus. Dae Fieber zeichnete weiiü.
sich durch einen raschen Anstieg der Temperatur, mangelndes Fasti- Klein n. Sobütz,
gium und eine stafFelförmige Lyse ans. Der stets hochgradige
Icterus trat gewöhnlich erst mehrere Tage nach Beginn der Krank-
heit auf, manchmal erst in der Apyrexie. Leberschmerzen waren
nicht constant vorhanden ; die Mila war nur massig vergröasert. Die
Fälle betrafen ausschliesslich Schwimmschüler oder Pioniere, die sich
durch Baden in verunreinigtem Wasser inficirt hatten; durch das
stricte Verbot des Badens konnte der Wetterverbreitung der Krank-
heit Einhalt gethan werden.
Leick (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 42) tritt mit Ent- Leick.
schiedenheit der Ansicht entgegen, dass es sich bei derWeil'schen
Krankheit um einen mit Icterus complicirten Typhus handelt.
Dagegen spricht einmal der bacteriologische Beiitnd, femer die
SectdoDsergabnisse und endlich der negative Ausfall der Widal'schen
Probe, den er in einem Falle constatiren konnte.
Die geringe Anzahl der tödtHcIhen Fälle von Morbus Weilii
wird durch Picard (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 471 um einen Pioart.
weiteren vermehrt.
12. Gelbfieber.
Novy (Med. ßecord, 17, Sept.) hält weder die Havelburg- Aetioioi
sehen noch die Sanarelli'schen Bacillen für die Errei:iM- der _ ^.^'
Krankheit; erstere gehören den Colonarten, letztere derTyphll^,Linn'l^e sovy.
au und sind unter sich scharf verschieden.
Nelson (Med. Becord, 6. Aug.) unterscheidet eine ) ' i i.' li tf; Sjmptom
Form, die sich auf einen einzigen Anfall beschränkt, feifHT eine ^l|fl
schwerere und endlich eine maligne Form, bei der der Kranke j^^^^
schon im Initialstadium unter Bchwarzem Erbrechen und scliu'nrzea
Stühlen stirbt. In diesen Fällen ist das Blut vollständig /trstört,
es änden sich nur noch Trümmer von rothen Blutkörpeni. 'riiora-
Jahibnch der pnctjachen Uedicln. lam. l<j
t
290
Freyhan.
peutisch gibt Nelson zunächst eine Mischung von Chinin und Natron-
sulfat, um die Stuhlverstopfung zu heben; dann setzt er den Patienten
in ein Dampfbad und wiederholt diese Procedur so oft, als die Haut
wieder trocken und der Puls hart wird.
Differential- Stubbert (Med. News, 23. Juli) legt die differentialdiagno-
^^*^"?'® ®*s tischen Kriterien des gelben Fiebers gegenüber der pemiciösen
vT e 1 DXl 6 o e ]r 8} ^^ ^^
Stubbert. Malaria und dem Denguefieber dar. Beim gelben Fieber ist constant
bilateraler und postorbitaler Kopfschmerz vorhanden; die Temperatur
hält sich auf massiger Höhe; der Puls ist frühzeitig verlangsamt;
Hauteruptionen fehlen; Albuminurie besteht gewöhnlich; Chinin ist
unwirksam. Bei der pemiciösen Malaria ist der Sitz des Kopf-
schmerzes in der Stirn und Schläfe gelegen; Temperatur und Puls
sind hoch; Albuminurie ist selten und Chinin wirkt günstig. Beim
Denguefieber endlich fehlt stets die Albuminurie, während polymorphe
Hauteruptionen reichlich aufschiessen.
Durch Inoculation von in ihrer Virulenz abgestuften Culturen
des Bacülus icteroides sowie zweier anderer Bacterienspecies, die er
aus dem Blut von Gelbfieberleichen gezüchtet hat, vermochte Fitz-
patrick (Med. B,ecord, 29. Jan.) nicht nur Hunde gegen jede einzelne
dieser drei Species, sondern auch gegen ein Gemisch von allen
dreien zu immunisiren. Er glaubt dergestalt eine Basis gefunden
zu haben , auf der die Herstellung eines wirksamen Immunserums
gelingen dürfte.
Immnnisi-
rungs-
versnche,
Fitzpatrick.
Schutz-
impfung,
Sanarelli.
Sanarelli (Gazz. d. osped. Nr. 43) theilt die Resultate seiner
Schutzimpfungs versuche mit. Das zur Application verwandte
Serum stammte von Pferden , die durch eine geeignete "Vorbehand-
lung sehr hoch immunisirt worden waren. Es ist bactericid, ohne
antitoxisch zu sein, wirkt also nur gegen die Bacterien selbst; da-
gegen bleibt es unwirksam, wenn die Toxine schon die Körperorgane
angegriffen haben. Von 22 behandelten Fällen starben 5 ; die even-
tuelle Wirkung gibt sich sofort in einer beträchtlichen Nieren-
absonderung zu erkennen , die sich in günstigen FäUen zu einer
wahren Pol)rurie steigert. Noch glänzender wai* die prophylaktische
Wirkung des Serums; es gelang Sanarelli in einem Ge&ngniss,
wo die Krankheit grassirte, sie durch Schutzimpfung aller Insassen
sofort zum Stehen zu bringen.
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen. 291
13. Pest.
Simpson (Brit. med. Journ., 24. Sept.) gibt einen historischen Entwicke-
Ueberblick über die Entwickelung der letzten Pestepidemie in, ?*^ ®^ ^
, . . letzten Pest-
Indien. Danach sind deren erste Anfänge nicht in den September 1896, epidemie,
sondern in eine weit frühere Zeit zu setzen. Zuerst wurde die Krank- Simpson.
heit als Lues, dann als Malaria gedeutet und erst ganz zuletzt richtig
erkannt ; einen guten diagnostischen Fingerzeig gab das massenhafte
Zugrundegehen von Hatten ab.
Matignon (Journ. de m6d. de Bordeaux Nr. 19) hat im nörd- Pestheerd
liehen China einen Pestheerd entdeckt, der mit den sonst be- »«China,
kannten Pestheerden Chinas in keinem unmittelbaren Zusammenhang
steht. Der erste dortige Fall datirt aus dem Jahre 1888; bei der
Dichte der Bevölkerung und den ungünstigen hygienischen Be-
dingungen war die Verbreitung der Seuche eine ausserordentlich
rasche.
Die Frage, von welchen Centren die Pest bei den Epidemieen
der letzten 20 Jahi*e ihren Ursprung genommen hat, beantwortet
Koch (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 28) dahin, dass es vier Centren der
Centren mit endemischem Sitze der Pest gibt, Mesopotamien, Z^V''
Thibet, Assir und Centralafrika. Letzteres hat für uns besondere
Bedeutung, da sich von dort aus die Krankheit auf unsere ostafri-
kanischen Colonieen weiterverbreitet hat. Zweifellos liegen der
Seuche specifische Bacterien zu Grunde ; die für Pest sehr empfind-
lichen Ratten sind die Hauptüberträger der Krankheit.
Um die Rolle, welche Insecten bei der Verbreitung der Pest
spielen, aufzuklären, hat Nuttall (Centralbl. f. Bact. Bd. 22) Fliegen Verbreitung
mit Pestorganen geiuttert und gefunden, dass diese erst nach mehreren d^rch
. . Insecten,
Tagen zu Grunde gehen, so dass sie sehr wohl in der Lage sind, Nuttal,
in der Zwischenzeit Nahrungsmittel zu inficiren. Wanzen dagegen
scheinen unschädlich zu sein; wenigstens wnrden Mäuse durch die
Bisse inficirter Wanzen nicht krank. — Wichtig dürfte auch die Fest-
stellung der Thatsache sein, dass Frösche sowohl im Winter- wie —durch
im Sommerzustande für Pest empfänglich sind; diese Feststellung drösche,
verdanken wir Devell (Centralbl. f. Bact. Bd. 22).
Die Lebensdauer der Pestbacillen ist eine sehr kurze.
Yoküto (Centralbl. f. Bact. Bd. 23) fand, dass sie sich in der Erde
292
Freyhan.
Biologie
der Pest-
baoillen,
Yokoto,
Oladin
Symptomato-
lof^ie
der Pest,
Yamagiwa,
Sticker.
Wiener
Pestfälle,
Schilling.
nur 22 -30 Tage hielten, und zwar gingen sie um so schneller zu
Grunde, je wärmer die Temperatur war. Pestleichen bilden demnach
nur eine minimale Ansteckungsgefahr. — G 1 a d i n (Wratsch Nr. 29)
fand, dass die Pestbacillen durch Austrocknung zu Grunde gehen.
Dabei macht es keinen Unterschied, ob die Austrocknung durch zer-
streutes Sonnenlicht oder im Dunkeln geschieht; directes Sonnen-
licht allerdings wirkt sehr intensiv. Kälte vertragen die Bacterien
relativ gut, bei Mischung mit anderen Mikroben gehen sie meist
rasch zu Grunde.
Nach Yamagiwa (Virch. Arch. Bd. 149) kommt der Pest eine
charakteristische Symptomentrias zu: ein plötzlicher Anstieg
der Temperatur, eine schmerzhafte Anschwellung der peripheren
Lymphdrüsen und eine Hyperämie der Conjunctiva. Am stärksten
sind die peripherwärts liegenden Glieder der afficirten Drüsenkette,
am wenigsten die centralwärts gelegenen geschwollen. Die Pest-
erreger dringen durch die Haut in den Organismus ein, ohne dass
stets makroskopisch sichtbare Eingangspforten, wie Wunden, Risse
u. s. w. vorhanden sind.
Stick er (Münch. med. Wochenschr. Nr. 1) imterscheidet drei
klinische Varietäten der Pest, erstens die sehr häutige Drüsen-
pest, zweitens die Pestjnistel, die sich auf der Haut entwickelt und
zu einem tiefen, kraterfi)rmigen Geschwür mit Nekrose führt, und
drittens die seltene Lungenpest, bei der es rasch zu einer katarrhali-
schen Pneumonie mit zahlreichen Pestbacillen im Auswurf kommt.
Verschiedentlich wird auch noch eine vierte Form, die Darmpest,
angenommen, welche klinisch dem intestinalen Milzbrand oder einem
h()chst malignen Typhus ähneln soll. Alle diese Formen können
zur* Sepsis führen; dagegen existirt eine primäre Pestsepsis nicht.
Neben den vollentwickelten Formen sind abortive Erkrankungen sehr
liäutig.
Die traurigen Wiener Pestfälle gehören nach Schilling
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 46) der Kategorie der Pestpneumonie
an. Diese sehr seltene Form ist durch den meist enormen Bacillen-
gehalt des Sputums hochgradig infectiös und spielt wahrscheinlich
eine erhebliche Rolle bei der Weiterverbreitung der Krankheit, um
so mehr, als sie häufig verkannt und deshalb nicht mit der genügenden
Vorsicht behandelt wird.
Lew in (Wratsch Nr. 2) betont einige Symptome, welche ge-
eignet sind, in diagnostischer Beziehung einen Fingerzeig an
Acute allgemeine Infectionfikrankheiteu und Zoonoseii. 293
die Hand zu geben. ZunäcLat die Facies peatica, cliarakteriaiit Diagno
durch Apathie, Sonmolenz, Herabainken der Lider und Veratricheu-
sein der Haatfalten. Ferner die Lingua peatica, die geachwolleii
und feucht iat und einen gleichmäasig über die Oberfläche ver-
breiteten Belag trägt. Dann das Delirium pesticum, daa im Gegen-
satz zu dem tjphöaen einen systematischen und beständigen Charakter
hat. Sehr charakteristiach iat auch die starke, nie zur Eiterung
fahrende Hyperämie der Sclera.
Haffkine (Brit, med. Jonm., 24. Sept.) berichtet über die Prive
Resultate der von ihm auagefiihrten Schutzimpfungen, In einer ""j/l'
Ortschaft erkrankten voo 148 Nichtgeimpften 12 mit 6 Todesfallen,
von 173 Geimpften 2 mit Ausgang in Gene.'iung. Unter 8200 in
Bombay präventiv geimpften Personen erkrankten 18, von denen
nur 2 starben, weil hier die Impfung zu spät erfolgt war. Ganz
ähnlich lauten die Berichte aus den portugiesischen Colonieen und
den kleinen Städten.
Nach Beinarowitach (Arch. de science de biol. Nr. 3) be- Aniii
wirkt das Antipestaerum nur eine passive und vorübergehende ««t«
Immunität, deren Dauer ungefähr proportional ist der Menge des
injicirten Serums. Das durch die Seruminjection in den Zustand
der paasiven Immunität versetzte Thier acquirirt durch nachfolgende
Einverleibung virulenter Pestculturen auch noch einen gewiasen
Grad von activer Immunität. Die Fähigkeit zur Erlangung
der activen Immunität und die Dauer derselben atehen im umge-
kehrten Verhältniss zu der Menge dea zuerst inoculirten Antipeat-
senims.
Die mit dem Yersin'schen Serum in Indien erzielten Resultate
bleiben nach den Angaben von Dieudonn^ (Münch, med. Wochen- Dieud
achrift Nr. 6) weit hinter denjenigen zurück, die bei der 1896er
Epidemie in China gewonnen wurden, wenngleich ein gewisser Ein-
fluss auch hier unverkennbar zu Tage trat. Die Mortalität der be-
handelten Fälle betrug nur 50°!«; allerdings bandelte es sich aus-
schliesslich um die leichteste Form der Pest, die Drilsenpi -i . LLti ^
schwachen Erfolg der 8erumtherapie setzt Dieudonn^ uut II. rli-
nung des noch ungenügenden Giftschutzes dea Serums.
Dimmock (Brit. med. Joum., 24. Sept.) hält für di-.» ijusto pf
Präventivmaaaaregel gegen die Krankheit die Verpflanzung der ^
294
Freyhan.
bedrohten Bewohner in eine gesunde Gegend. Natürlicli ist
dies nur in kleineren Ortschaften zu ermöglichen.
Harbitz.
14. Aktinomykose.
Morphologie Grrillo (Riforma med. Nr. 101 — 103) hat sich eingehend mit
^^ .^^' der Morphologie der Aktinomycespilze beschäftigt und be-
mycespilze, ^ => , ...
Griilo, tont, dass es verschiedene Species gibt, die durch besondere culturelle
Merkmale ausgezeichnet sind und eine verschiedene Pathogenität
besitzen.
Als besonders geeigneten Nährboden empfiehlt Harbitz (Norsk.
Mag. f. Laegevid. Nr. 1) eine Combination von angesäuertem Agar
mit Eiweiss, auf dem die Züchtung der Rasen sehr leicht gelingt.
Durch Impfung mit Aktinomycesculturen konnte er niemals Thiere
tödten; bei der Obduction fand sich meist eine abgekapselte Masse
in der Peritonealhöhle der Impfthiere vor. In derselben fehlten die
charakteristischen Rosetten, so dass es sich nur um reactive Ent-
zündungen, um die inoculirten aktinomy kotischen Massen gehandelt
haben kann.
Lungen-
aktino-
mykose,
Karewski.
Nach Karewski (Berl. kün. Wochenschr. Nr. 15—17) ist es
in vielen Fällen möglich, die Lungenaktinomykose so frühzeitig
zu erkennen, dass eine operative Hülfe noch möglich ist. Die
Operation bietet die günstigsten Chancen dann, wenn die ersten
Anzeichen einer Ueberwanderung auf den Thorax sichtbar werden.
In diesem Stadium stützt sich die Diagnose auf die Combination
von Schwellung des Thorax an einer und Retraction an einer anderen
Stelle, femer auf die brettharte Infiltration der Weichtheile, auf ein
scheinbares Empyema necessitatis , chronischen Verlauf, sowie das
Fehlen von Tuberkelbacillen und elastischen Fasern im Auswurf.
Die genannten Zeichen fordern zu einer Probepunction mit starken
Nadeln auf, durch welche eventuell die Pilze selbst oder Eitertröpfclien
aspirirt werden; beide Ergebnisse sind gleich werthvoll, da beide
unbedingt eine Indication zum operativen Einschreiten abgeben.
(Vergl. S. 163.)
Jodkali-
therapie,
Prutz.
Nach den Untersuchungen von Prutz (Mittheü. a. d. Grenz-
gebieten d. Med. u. Chirurg. Bd. 4) ist das Jodkali kein Speci-
ficum gegen Aktinomykose im eigentlichen Sinne. Es ist daher
nicht im Stande, die operative Behandlung gänzlich zu ersetzen,
wohl aber berufen, sie einzuschränken. Es kann den Krankheits-
Acute aUgemeioe Infectionekrankheiteu und Zoonouen. 295
heerd so „vorbereiten", dasB ein früher schwerer Eingriff in einen
leichteren verwandelt wird, ja dase manche Fälle überhaupt erst
operabel werden. Bei kleinen oberflächlichen Heerden bleibt die
Operation das schnellste und sicherste Verfahren. Die Wirkung
des Jodkalj ist nicht in allen Fällen augenfällig, jedoch für die über-
wiegende Mehrzahl ganz zweifellos.
Butler (Med. News, 23. April) leitete in mehreren Fällen die Kuoalypti
Behandlung mit Eucalyptusöl in innerlicher oder äusserlicber ^^^mykott
Application. Der Erfolg war über Erwarten günstig; die Temperatur Butler.
sank, Husten und Auswurf schwanden, und die physikalisch nach-
weisbaren Veränderungen bildeten steh fast völlig zurück.
gestellt, dass Milzbrandbacillen gegenüber Formalin eine ganz be-
sondere Empfindlichkeit besitzen. Es ist dies von einer gewissen wirkabg,
Tragweite deswegen, weil es die Thatsache erklärlich macht, dass Hammer,
trotz der nur oberflächlichen Desinfectionekraft des Formalins die
sonst ausserordentlich resistenten, als Testmaterial dienenden Müz-
brandsporen hier rasch zu Ctrunde gehen.
Aus den experimentellen, unter Ausschluss der phagocytären — ßaoteri.
Wirkung der weissen Blutkörperchen angestellten Untersuchungen. "
Eamburger's (Centralbl. f. Bact. Bd. 24) geht die nicht unwichtige Tenösen
Thatsache hervor, dass venöse Stauung das Zugrundegehen Stauung,
von Milzbrandvirus sehr begünstigt. H«nbi.rg.r.
Auf Grund einiger Eigenbeobachtungen gibt Schottmüller Lungen.
(Münch, med. Wocbenschr. Nr. 39) eine Schilderune des tvpischeu n»''^'"»"*'
1 ... , .. . T, , -, . . , ^ , SchottmUller.
Lungenmilzbrands. H^me Beschreibung stimmt mit der anderer
Beobachter fast genau übersin; eine besondere BerücksichtifiiinL': ■:\- _^
dbn der eigenthümliche Pieberverlauf. Die Krankheit aet/r mit
hoher Temperatur, etwa 40°, ein, nimmt dann täglich um i;twii 1" ^^
ab, 30 dass vom 8. Tage ab überhaupt kein Fieber, später augar^^l
Collapstemperatnren bestehen. Der Verlauf ist ein sehr schneUa"
und erstreckt sich nur auf 3 — 6 Tage; die Prognose ist sehr ema
(Vergl. S. 163.)
296
Freyhan.
Milzbrand
der Nase,
Stxubell.
Der casuistische Beitrag von Strubell (Münch. med. Wochen-
schrift Nr. 48) ist einmal interessant wegen der ungewöhnlichen
Localis ation an der Nasenspitze und femer wegen des
überaus günstigen Verlaufes. Derselbe kann angesichts der anftUig-
lieh sehr schlechten Prognose mit Recht der mit grosser Oonsequenz
und heroischen Mitteln durchgeführten Behandlung zugeschrieben
werden. Es wurden täglich etwa 30 Pravazspritzen einer 3°/oigen
Carbollösung in die erkrankte Nase injicirt und daneben unausgesetzt
heisse Kataplasmen applicirt, welche bei einer Temperatur von
50 — 55° C. alle 10 Minuten Tag und Nacht erneuert wurden.
Milzbrand-
heilserum,
Sclavo,
Delio.
Ueber die Darstellung und Wirksamkeit eines Heilserums
gegen Milzbrand hat Sclavo im Februar der medicinischen Akademie
in Turin Bericht erstattet. Bisher hat die Serumtherapie in 14 Fällen
Erfolg gehabt; bei denselben war eine prompte Wirkung auf das
Oedem und eine schnelle Abstossung des Schorfes zu constatiren. —
Einen weiteren Fall von Heüung theilt Delio (Gazz. degH osped.
Nr. 79) mit ; schädliche Local- oder Allgemeinerscheinungen sind durch
die Injectionen niemals veranlasst worden.
Einimpfung
cl<»r Lyssa
in die
Cornea,
Centamii.
16. Lyssa.
Centanni und Muzio (Arch. p. 1. scienz. med. Nr. 1) geben an,
dass die Einimpfung des Wuthgiftes mittels Scarification der
Cornea mit absoluter Sicherheit zum Tode der Versuchsthiere
führt, und zwar fast ebenso rasch wie bei subduraler Infection.
Das Gift bleibt im Stratum epitheliale der Cornea localisirt und er-
reicht hier fast die nämliche Concentration wie im Centralnerven -
System der Thiere.
I ni m u n i-
sirende
Eigen-
schaften
der üalle,
Frant/ius.
Nach Analogie der von Koch für die Rinderpest urgirten
Thatsache, dass die Galle der dieser Krankheit erlogenen Thiere
immunisirende Eigenschaften besitzt, hat Frantzius
(Wratsch Nr. 16) experimentell festzustellen versucht, inwieweit
diese Verhältnisse auch für die Hundswuth zutreffen. Er fand, dass
durch Einverleibung der von einem kranken Thier stammenden
GaUe keine Krankheitserscheinungen verursacht werden konnten,
während die mit Gehimemulsion gleicher Provenienz behandelten
Thiere ausnahmslos zu Grunde gingen.
Nach Pottevin (Annal. de l'Inst. Pasteur Nr. 4) wurden
Acute allgemeine Infectionskrankheiten und Zoonosen. 297
während des Betriebsjahres 1308 wuthkranke Personen im Institut Therapie,
Pasteur behandelt, von denen 4 starben. Die grösste Mortalität Pottevm.
kommt auf das Conto der Gesichtsverletzungen. Seit Gründung des
Instituts sind im ganzen 15549 Franzosen und 3096 Auswärtige be-
handelt worden.
17. Rotz.
Batko (Wiener klin. Wochenschi*. Nr. 42) berichtet über eine Chronische
chronische Rotzinfection, welcher eine aus 4 Mitgliedern be- . *^*^'
' . . . .'^ infection.
stehende Familie zum Opfer gefallen ist, und die nachweislich von rotz- g^^^
kranken Pferden ausging. Aus dem mikroskopischen Bild und Cultur-
verfahren sowohl wie aus dem Ergebniss des Thierexperimentes
ging unzweifelhaft hervor, dass echter Rotz vorlag. Malleininjectiouen
wurden von den Patienten abgelehnt.
Der von Genf rein (Revue med. de la Suisse rom. 20./12.) Rotz-
mitgetheilte Fall ist durch die sehr seltene LocaUsation von Rotz- beschwüre
mi • 1 -n rw ' *™ Thranen-
geschwüren am Thränensack ausgezeichnet. Er war lange Zeit sack,
verkannt und erst durch die bacteriologische Untersuchung sicher- Gonfrein.
gestellt worden. Auch hier war die Ansteckung durch ein rotzkrankes
Thier erfolgt.
18. Maul- und Klauenseuche.
Löffler und Frosch (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 16) ver- -\etiologie
öffentlichen den von der Reffierunff erforderten Bericht der zur Er- »»dlmmum-
forschung der Krankheit niedergesetzten Commission. In ätiologischer Löffler u.
Beziehung wird der Siegel -Bus senius'sche Bacillus nicht als Er- Frosch,
reger der Krankheit anerkannt; ebenso hat es sich herausgestellt,
dass die zahlreichen Bacterienbefunde anderer Forscher lediglich
accidenteller Natur sind. Uebertragen lässt sich die Krankheit mit
Sicherheit auf Rinder imd Kälber und zwar am besten durch Ein-
führung des in den Blasen befindlichen Virus in die Blutbahn. Sehr
wichtig ist der Umstand, dass es der Commission gelungen ist, Thiere
gegen die Krankheit künstlich zu immunisiren.
Lehrbücher und Monographieen.*)
Böing, Neue Untersuchungen zur Pocken- und Impffrage. Berlin.
Baschke, Üeber Hefemykosen bei Menschen und Thieren. Samml. klin.
Vorträge Nr. 218.
') Vergl. auch S. 46.
298 Freyhan.
Curschmann, Unterleibstyphuß. Nothnagel's Specielle Pathologie und
Therapie. Wien.
Fichera, II risanamento delle campagne italiane rispetto alla malario.
Milano.
Galliard, La Grippe. Paris.
Hei ekel, Die Vaccinekörperchen. Jena.
Jez, Der Abdominaltyphus. Wien.
W. W. Keen, The surgical complications and sequels of typhoid fever.
Philadelphia.
R. Koch, Reiseberichte über Rinderpest, Bubonenpest in Indien und Afrika,
Tsetse- oder Surrakrankheit, Texasfieber, tropische Malaria, Schwarz-
wasserfieber. Berlin.
V. Eubassow, Pilze des Paludiums. Berlin.
Landouzy, La s^rothörapie. Paris.
Lapasset, Le traitement specifique du paludisme d*apr^ la biologie de
rh^matozoaire. Paris.
F. Martius, Pathogenese innerer Krankheiten. 1. Heft: Infections-
krankheiten und Autointoxicationen. Leipzig u. Wien.
J. Petruschky, Die wissenschaftlichen Grundlagen und die bisherigen
Ergebnisse der Serumtherapie. Sammlung klinischer Vortrage, N. F.
Nr. 212. Leipzig.
Rumpf, Die Cholera indioa und nostras. Jena.
Sanarelli, La fiövre jaune. Paris.
Solmon, La fiövre typholde, la tuberculose et la malaria. Paris.
Ziemann, Ueber Malaria und andere Blutparasiten. Jena.
n, 8. ConstttntionskrBnkhelten.
Vop Dr. Maximilian Sternber^, Frivatdocent für innere Medicin
in Wien.
A. Pathologie des Stoffwechsels.
I. Diabetes mellUns.
X Seegen (Centralbl. f. Physiologie Bd. 12, 8. 505) hat schon vor
vielen Jahren auf das Vorhandensein eines besonderen Eohlebjdrates
in der Leber neben Zucker und Glykogen hingewiesen. Seine neueren
Untersuchungen zeigen, dass es im Wasser lOi^Iich ist und durch Alkohol
gefällt wird. Es reducirt nicht alkaliiiche Kupferlösung. Durch Kochen
mit Salzsäure wird es in Traubenzucker übergeführt. Seegen schlägt den
Namen Leberdextrin vor.
H, J. Bing (Centralbl. f. Physiologie Bd. 12, S. 209) bestätigt die
Angabe von Henriques (siehe vorjährigen Bericht) , dass der grösste
Theil der reducirenden Substanz des Blutes Jecorin ist. Nach intravenöser
Einspritzung von Traubenzucker wird der grösste Theil des eingeführten
Zucker« in Jecorin umgewandelt. Auch der Zusatz von Traubenzucker zu
defifarinirtem Blute im Reagensglaae erzeugt eine Vermehrung des Jecorins.
Dieses ist nämlich eine Verbindung des Lecithins mit Zucker. Aehnliche
Verbindungen bilden auch andere Zuckerarten, wie Arabinose, Lävulose,
Galaktose u. s. w.
Bekanntlich verschwindet aus zuckerhaltiHi'm lilnii^ wjihn'inl de«
Stehens ein Theil des Zuckers. Diesen Vorgang, din miin auch bei Be-
handlung einer ZuckerlQsung mit einem Brei von zi^rkle inerten thierisch"^'
Geweben hervorrufen kann, bezeichnet man als Gl,
auf Oiydationavorgilngen (siebe Jahrbuch 1896).
O. Kövesy (Centralbl. f, Physiologie Bd. 12, S
Zucker- und Kochsalzlösung mit Leberbrei di^n-iii-t und dl**
rung des Gefrierpunktes beslimmt. Es steigt der Gifrii'qiimktsei
werth der Mischung bei der Glykolyse. Dies bi'iulil mif der
Körpern mit besonders tiefliegendem Gefrierpunkti', ilaniiiti'r
'"'ijiH
dl*^*
300 Sternberg.
GJykolyse W. Spitzer (Pflüger's Archiv Bd. 67 u. 71, Berliner klin. Wochenschr.
^"<*, S. 814) hat seine Studien über die oxydative Kraft der Gewebe
xy a 10 n ^g-gj^^ Jahrbuch 1896) fortgesetzt. Die wichtigste Rolle spielen die im
Geweben. Zellkerne enthaltenen Nucleoproteüde , wie die Thatsache beweist, dass
Spitzer. reine wässerige Lösungen dieser Substanzen dieselbe Wirkung wie der
Gewebsbrei haben. Ausser der Verbrennung des Zuckers vollführen sie
auch andere Oxydationen, z. B. die Umwandlung von arseniger Säure zu
Arsensäure. Die SauerstofFÜbertragung beruht wahrscheinlich auf einer eisen-
haltigen Atomgruppe, nicht aber auf einem »Ferment". Aehnliche Substanzen
finden sich, wie Spitzer (Fortschr. d. Med. Bd. 16, S. 451) in einem in-
teressanten Sammelreferat zeigt, im Thier- und Pflanzenreiche sehr ver«
breitet.
GlykoBurie A. Biedl (Centralbl. f. Physiologie Bd. 12, S. 624) beobachtete nach
nach Fistel Anlegung von Fisteln des Ductus thoracicus und nach ünter-
. . , ,^ bindung desselben eine andauernde Glykosurie, welche auch bei
bindung des °. j »
Ductus Hunger nicht verschwand. Dagegen fehlten die Symptome eines eigent-
thoracicus, liehen Diabetes, insbesondere Gefrässigkeit , Durst und Abmagerung. Der
Biedl. Autor meint, dass die Lymphe, welche durch den Ductus thoracicus dem
Blute zugeführt wird, eine Substanz enthält, die den Zuckerverbrauch im
Organismus beeinflusst.
Diuretica P. F. Richter (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 35, S. 463) hat das Ver^
^^^ halten der Diuretica zur Glykosurie im Thierexperiment untersucht.
Reiter ' ^^® Glykosurie nach Coffein, Diuretin und verwandten Substanzen hat
nichts mit der Diurese zu thun, sondern konmit durch eine Wirkung auf
die Leber zu Stande, welche unfähig wird, Glykogen aufzuspeichern.
Zucker im L. Schaller (Centralbl. f. Gynäkologie Nr. 13) verabreichte Schwan-
Frucht- geren ante partum Phlori dz in und untersuchte das Fruchtwasser auf
w assefnacli
Phlori dzin- Mucker. Er fand sich nur dann einige Male, wenn Phloridzin bis
(larreichung, zum Weheneintritt gegeben wurde. In solchen Fällen enthielt der Harn
Schaller. des Neugeborenen Zucker. Die fötale Niere functionirt demnach nicht bis
unmittelbar vor der Geburt.
Leber und H. Strauss (Berl. klin. Wochenschr. S. 1121) führte eine Anzahl Ver-
Glykosurie, guche über die Beziehungen der Leber zur Glykosurie aus. Unter
88 Leberkranken (Carcinom, Cirrhose, Icterus catarrhalis, Stauungsleber,
Cholelithiasis, Trauma, Echinococcus) gelang es nur bei 2 Fällen von Trauma,
alimentäre Glykosurie zu erzeugen. Bei Fröschen wurde durch Exstirpation
der Leber die Assimilationsgrenze für subcutan eingespritzten Zucker nicht
herabgesetzt. Strauss spricht sich gegen die Annahme aus, dass reine
Lebererkrankungen Ursachen des Diabetes sein können.
H. Strauss (Berl. klin. Wochenschr. S. 398) untersuchte femer die ver-
schiedenen Zuckerarten auf ihr Verhalten zur alimentären
Constitutionskrankheiten.
301
Glykosurie
durch ver-
schiedene
Zucker-
arten,
Strauss,
Glykosurie. Er wählte nur solche Personen, welche besonders leicht Alimentäre
alimentäre Glykosurie zeigten. Am leichtesten erzeugt Galaktose, am
schwierigsten Lävulose Zuckerausscheidung. Die Galaktose und Lävulose
erscheinen als solche wieder im Harne, Amylum, Saccharose und Lactose
als Traubenzucker. Die individuellen Unterschiede beruhen zum grossen
Theile auf dem Verhalten des Darmkanals der Versuchspersonen in Bezug
auf Spaltung und Besorption. Dass die Lävulose besonders schwer aus-
geschieden wird, stimmt mit der Thatsache, dass sie auch von Diabetikern
gewöhnlich gut verwerthet wird, überein.
Ch. Achard und E. Weil (Archives de medecine experimentale et
d'anatomie pathologique Bd. 10, S. 816) haben gleichfalls verschiedene
Zucker arten, jedoch bei Diabetikern, subcutan und per os einver-
leibt. Auch sie fanden, dass Lävulose und Galaktose von Diabetikern bei
beiden Arten der Einführung gut verwerthet werden.
Achard n.
Weil.
Gh. Talamon (La medecine moderne S. 170) schlägt vor, als Haus-
haltungsdiabetes (Diabäte domesüque) die Fälle von Diabetes bei Ehe-
gatten und bei Herr und Diener zusammenzufassen, und berichtet über
2 interessante Fälle, in welchen langjährige Diener von Diabetikern selbst
an Diabetes elrkrankten. Der Gedanke an Ansteckung ist nicht ganz abzu-
weisen.
Haus-
haltungs-
diabetes,
Talamon.
Ebstein.
Eine Anzahl von Arbeiten haben sich mit der Beziehung des
Diabetes zu anderen Krankheiten beschäftigt.
W.Ebstein (70. Versammlung deutscher Naturf. u. Aerzte in Diabetes,
Düsseldorf. Deutsche med. VS^ochenschr. S. 693) hat in einem geist- Fettleibig-
. . . keit und
reichen Vortrage die Stellung der Fettleibigkeit, der Gicht Gicht,
und der Zuckerkrankheit im nosologischen System erörtert.
Das Gemeinsame dieser drei Krankheiten besteht in einer mangel-
haften, häufig familiären und vererbbaren Beschaifenheit des Proto-
plasmas. Es ist am zweckmässigsten , die Krankheiten nicht ak
„Constitutionskrankheiten" od. dergl. , sondera als „allgemeine
Erkrankungen des Protoplasmas mit vererbbarer An-
lage" zu bezeichnen.
Diabetes,
Hirschfeld.
F. Hirschfeld (Berl. klin. Wochenschr. S. 212) hat bei Fett- Fettleibig
leibigen mit geringer Muskelthätigkeit Zucker nach reichlicher keit und
Kohlehydratzufuhr auftreten gesehen. Nach einer Entfettungsperiode
war dies unter gleichen Verhältnissen nicht mehr der Fall. Wahr-
^heinlich besteht ein gewisser Zusammenhang zwischen reichlicher
Ernährung bei ungenügender Muskelthätigkeit und Entstehung des
Diabetes.
302
Stemberg.
H. Strauss (Berl. klin. Wochenschr. S. 1125) macht darauf auf-
merksam, dass Psoriasis in manchen Fällen dem Ausbruche eines
Psoriasis
und
Diabetes, , , , . . .
strauBB. Diabetes lange vorhergeht. Bei Psoriasis findet man nicht selten
alimentäre Glykosurie.
Syphilis
und
Diabetes,
Manchot.
Nach C. Manchot (Monatshefte f. pract. Dennatologie Bd. 27)
gibt es drei Arten von Beziehung zwischen Syphilis und Dia-
betes: 1. Ein Diabetiker inficirt sich mit Syphilis. 2. Ein Syphi-
litischer oder syphilitisch Gewesener bekommt einen Diabetes, der
mit seiner Syphilis nicht zusammenhängt. 3. Ein Constitutionen Syphi-
litischer bekommt einen syphilitischen Diabetes alsTheilerschei-
nung seines Allgemeinleidens. Dieser kann mit oderohnt^
nachweisbare Läsion des Centralnerv ensystems bestehen.
Ausserdem gibt es eine transitorische Glykosurie bei SvphiUs,
insbesondere im Secundärstadium. Syphilitische Infection ist bei Dia-
betikern sehr selten. Die Ursache liegt in der frühzeitigen Impotenz.
Der sjrphilitische Diabetes wird durch energische antisyphiUtische
Behandlung auch ohne antidiabetische Diät geheilt , ^ wofür Verf.
sehr lehrreiche Beispiele bringt. Er scheint auf Pankreaserkrankung
zu beruhen (2 Sectionen). Die transitorische syphilitische Glykosurie
ist analog der syphilitischen Albuminurie und dürfte in vorüber-
gehenden Störungen im Pankreas, vielleicht auch in der Leber, ihren
Grund haben.
P«ukrea8-
kolik und
Diabetes,
Polyakoff.
Polyakoff (Berl. klin. Wochenschr. S. 237) hat einen Fall
von temporäremDiabetes mit grossem Dm^st, Heisshunger, Ab-
magerung u. s. w. beobachtet, der sich an eine Pankreaskolik
anschloss. Die Symptome der letzteren bestanden in SchmerzanföUen
neben dem Epigastrium, welche der linken Rippenbogenwand ent-
lang bis zur Wirbelsäule und dem Schulterblatt ausstrahlten und von
Erbrechen begleitet waren. Keine Concremente im Stuhle, auch nicht
die „charakteristischen" Fettstühle. Auf antidiabetische Diät, Anti-
pyrin und Coffein vollständige Heilung, sowohl der Kolik als des
Diabetes.
Salol und
Pankreas-
function
beim
Diabetes,
Badger.
Man hat angenommen, dass das Salol im Darme durch den
Pankreassaft gespalten werde. Wenn daher die PankreasAinction
gestört ist, müsste die Resorption der Salicylsäure und ihre Aus-
scheidung im Urine als SaUcylursäure (Dunkelfarbung durch Eisen-
chlorid) ausbleiben. Auf Grund dieser Ueberlegung suchte G. S. C.
Badger (The Journal of the Boston Society of Medical Sciences
Constitutioiiakraiikheiten. 303
S. 118> eine eventuelle Läsion des Pankreas bei Diabetikern durch
Salolverabreichnng nachzuweisen. £s gelang jedoch nicht, selbst bei
einem Falle, der klinisch als ^Pankreasdiabetes" angesehen werden
musste. Wahrscheinlich ist aber zur Salolspaltung gar nicht die Mit-
wirkung von Pankreassaft erforderlich.
Böhm (llunch. med. Wochenschr. S. 1147) theilt einen sehr Acuter
rapid verlaufenen Fall von Diabetes bei einem 17jährigen ^**?*^'^'*
Burschen mit. Derselbe war Zögling der Unteroffiziersschule ge-
wesen und den körperlichen Leistungen bis kurz vor der Spital>
aufnähme voUkonunen gerecht geworden. Tod am 20. Tage, nach-
dem er gesteigerten Durst und vermehrtes Harnlassen bemerkt hatte.
Bei der Section fand sich Pankreasatrophie und subacute Nephritis.
Die Albuminurie bei Diabetes hat K. Grube (Verband- Alb uminarie
langen d. 16. Congresses f. innere Med, S. 95) zum Gegenstande*»** ^^^^^***^'
einer Studie gemacht. Er unterscheidet fiinf Formen: 1. Die Albu-
minurie bei der schweren Form des Diabetes; sie ist constant
im Endstadium vorhanden. 2. Stauungsalb um in ur i e infolge von
Herzschwäche. 3. Altersalbuminurie, die auf leichte Ai*terio-
sklerose der Nierengefasse zurückzufuhren ist. 4. Functionelle
Albuminurie; diese ist stets sehr gering und verschwindet leicht
bei Abnahme der Zuckermenge. 5. Albuminurie durch chro-
nische Nierenentzündung; diese ist eine Folge der fimctio-
nellen Albuminurie.
W. Ebstein (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 3) bespricht die Diabetes
Combination von Diabetes und Epilepsie. Erstens können .^^^ .
epileptische resp. epileptiforme Anfalle eine Folge der Zuckerkrank- Ebstein.
heit sein; zweitens kann die Zuckerausscheidimg eine Folge von
Epilepsie sein; drittens endlich können beide Folgen einer gemein-
samen Ursache sein. Was die erste Kategorie betriffl;, so können
sowohl im Coma gelegentlich Convulsionen vorkommen, als auch
ausserhalb desselben infolge von Acetonämie (vergl. Bericht 1896 über
Jacoby's Arbeit). Zuckerausscheidung nach epileptischen Anfallen
ist viel seltener, als in der Litteratur angegeben wird. In Bezug
auf die letzte Möglichkeit theilt Ebstein mehrere sehr interessante
Beobachtungen mit, insbesondere Fälle betreffend, welche erst ver-
haltnissmässig spät an epileptischen Anfallen, auch unter dem Bilde
der Jackson'schen Epilepsie erkrankten. In solchen Fällen wurde
mehrfach Diabetes mellitus decipiens intermittens beobachtet.
304
Stemberg.
Stoff- W. V. Moraczewski (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 34, S. 39) nahm in
Wechsel bei einem Falle eine genaue Untersuchung des Stoffwechsels mit Bück-
T\ in V) A ^ A B
j. •. sichtaufdieSalze vor. Es war ein deutlicher Phosphor-, Kalk- und
Chlorverlust zu constatiren. Zusatz von Calciumphosphat zur Nahrung be-
wirkt eine geringe Stickstoiferspamiss, nicht aber Chlomatriumzusatz. Zu-
satz von Calciumphosphat zur Nahrung hat eine Verminderung der Zucker-
ausscheidung zur Folge.
Nicht- Seegen hat vor Jahren bekanntlich als charakteristisch
verwerthung|s^^ die schwere Form des Diabetes das vollständige Unver-
der Kohle- . , ®
hydrate beim mögen der Zellen hingestellt, die Amylaceen zu verdauen. Diese
schweren Angabe ist von Külz und Leo angegriffen worden, und seitdem
besteht die Meinung, dass in allen Fällen von schwerem Diabetes
noch eine gewisse Menge von Kohlehydraten verbrannt werde.
Rumpf. Th. Rumpf (Berl. klin. Wochenschr. S. 945) theilt nun sehr
genau beobachtete Fälle mit, in welchen die Assimilationsfähig-
keit für Kohlehydrate vollständig erloschen war. In solchen
Fällen lässt sich keine eiweisssparende Wirkung von Kohlehydraten
nachweisen. Bei so schweren Kranken muss die Einfuhr von Brod,
Milch u. dergl. insbesondere dann vermieden werden, wenn die ein-
tretende Zuckerausscheidung grösser ist, als der Menge der ein-
geführten Kohlehydrate entspricht.
Kohlen*
säure-
aiisschei-
dunß,
Ebstein.
Für die Theorie des Diabetes ist es eine Grundfrage, ob der
Diabetiker dieselbe Kohlensäuremenge ausscheidet, wie ein Ge-
sunder. Denn, wenn der Zucker im Harne deswegen erscheint, weil
er im Körper nicht verbrannt wird, so muss der Diabetiker weniger
Sauerstoff consumiren und weniger Kohlensäure ausscheiden. Petten-
kofer und Voit hatten dies auch zu finden geglaubt, diese Angabe
ist jedoch später vielfach bestritten worden. W. Ebstein (Deutsche
med. Wochenschr. S. 101) hat nun in einem Falle bei mittlerer Diät
mit dem Pettenko fernsehen Respirationsapparate Bestimmungen
machen lassen. Es ergab sich in zwei Versuchen von je 24stündiger
Dauer 687,8 g CO2 im Mittel, also eine Zahl, welche mit den alten
P ett enkof er- Voi tischen Bestimmungen sehr gut übereinstimmt
und die verminderte Kohlensäureproduction thatsächlich beweist.
Jodo- K. B. Lehmann (Sitzungsber. d. physikal.-med. Gesellsch.
"zucke^^ Würzburg 1897, 11. März) hat eine neue Methode der Zuckerbest im-
bestimmung, mung angegeben : 60 ccm F e h 1 i n g'scher Lösung werden gekocht ,
Lehmann, jnji; 2B ccm zuckerhaltiger Flüssigkeit versetzt und noch einige
Minuten im Sieden erhalten. Dann wird durch ein kleines Filterchen
ConsCinüaBskimiikheiten. 305
filtrirt, nacligewmsclies . Fürrat und Waschwässer vereinigt und auf
2SO ccm aufgefnlii. Mac Tersetrr nun mit Schwefelsäure und Jod-
kalinm Dadurti-h wird eine der Kupfermenge gleiche Menge von
Jod freL Dieses titrirt man durch ' : « -NörmabiatriumhyposttliiTlösTmg.
R. Benjamin lT>eTi:sche med- Wochenschr. S. &51) hat die Methode. Bea^luua.
an Zuckerhamen geprüft. Sie erweist sich für klinische Zwecke als
sehr practisch, da sie genaue Resultate gibt und wenig Zeit tmd
Apparate erfordert- Sehr cöncentrirte Harne müssen verdünnt werden.
Th. Lohnstein l^rL klin. Wochenschr. S. 866) hat das be- Gahrangs^
kannte Hinhorn'sche Gahrungssaccharometer verbessert, so daas es^****'"*''^!^'*^»
ziemlich genaue Resultate gibt. Allerdin^ muss Quecksilber zum
Abschiuss verwendet werden.
Therapie»
Die Therapie des Diabetes wurde auf dem diesjährigen aes
(16.) Congresse für innere Medicin besprochen, H. Leo berichtete DUbetoa:
über Versuche mit Zyma se, dem aus der Hefe dargestellten Prosa- ^^^
sa,ft. Bei diabetisch gemachten Hunden gelang es damit, die Zucker- - mit
ausscheidim^ zu verringern. — F. Blumenthal theilte tlierapoutiache ^*"*k*^***-
Versuche mit Pankreasextract mit. — R. v. Jaksch empfahl die BlumentliAl
Verwendung von Lävulose und von Pentosen, insbesoudero —mit
Rhamnose, als von Kohlehvdraten , welche der Diabetiker gut ?»!!i^**^
vertragt und verbrennt. Pentosi^n,
V. JakNch.
Th- Oliver (The Lancet Bd. 2, S. 401) empfiehlt das Cocain - mit rociktii»
in kleinen Dosen bei der Behandlung des Diabetes. Es verringert OUv«u*.
das Müdigkeitsgefuhl und wirkt der so häufigen und lästigen Stuhl-
verstopfdng entgegen.
Th. Oliver (ibid.) berichtet über einen Fall von H e i 1 u u g doH HaiiwAimcr
diabetischen Comas durch intravenöse SalzwaKHor- ^"'"•*'"* *'"*
infusion. Man liess dem bewusstlosen Kranken 1,6 Liter einer oiivor.
0.6*/oigen Lösung von Chlomatrium in eine Vorderannvene einflieHson.
Noch während der Lifusion erholte sich der Patient und gelangte
wieder zur vollen Kraft.
Bornstein (Verhandl. d. 16. Congresaes f inn. Med. S. 188) Saocharln,
constatirte in einem Selbstversuche mit Saccharin Venninde- ß^'*^"^***»
rang des Appetits und Störungen des Stuhlgangs und warnt davor,
es dem Gesunden anstatt Zucker zu verabreichen, da ihm auf diese
Art ein wichtiger Factor der Ernährung vorenthalten wird.
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 20
306 Stemberg.
2, Diabetes inslpidns.
Hysterische G. Carriere (L'6cho medical du nord S. 268) theilt einen Fall
Polyurie und ^Qj^ Polyurie und Pollakiurie auf hysterischer Basis mit. Dör
Follakiurie, .^. , . __ , , ^. . . . . , , ^-r i -i
Carritoe. 49jähnge Kranke hatte Gingivitis mit schmerzlosem Verlust der
Zähne, Heisshunger, starken Durst, liess S^a Liter Harn pro die und
war seit 6 Monaten impotent. Ausserdem rechtsseitige Hemi-
anästhesie und Krampfanfalle. Da das klinische Bild dem de&
Diabetes ähnelt, so bezeichnet der Verf. den Fall als hysterischen
Pseudodiabetes.
8. Fettsneht«
Marien- E. Löwy (Therap.' Monatsh. Bd. 12, S. 185) erörtert die Ent-
bader Cur fe^ijung durch die in Marienbad üblichen Maassnahmen.
bei ®
Fettsucht, Von fetten, sonst gesunden Menschen werden 2 — 3 Glas Elreuzbruimen
Löwy. oder Ferdinandsbrunnen Morgens vor dem Frühstück langsam ge-
trunken, mit je IB Minuten Pause zwischen 2 Gläsern. Hierauf ein
einstündiger Spaziergang. Nachmittags die diuretisch wirkende Ru-
dolf squelle. Bei insufticienter Herzaction zuerst Ruhe und Digitalis,
dann Combination kleinerer Quantitäten Kreuzbrunnen mit der stark
eisenhaltigen Ambrosiusquelle. Bei anämischer Fettsucht grössere
Quantitäten Ambrosiusquelle und Glaubersalzwässer. Bei gesundem
Herzen viele Bewegung in den Wäldern, sonst langsame Steigerung
des täglichen Spazierganges. Verf. ist der Ansicht, dass die Marien-
bader Wässer nicht durch ihre abführende Wirkung entfettend
wirken, sondern durch einen „gesteigerten Stoffwechsel der Organe,
welcher auf dem Wege überhaupt vermehrter Ausscheidung von
Stickstoff unter allgemeinem Wohlbefinden vor sich geht" (?).
4. Gicht.
Harnsäure A. Magnus-Levy (Verhandl. d. 16. Congresses f. inn. Med.
im ^*®J** S.266) hatHarnsäurebestimmungenim Gichtanfalle und ausser-
MngnuB-Levy. halb desselben gemacht, und zwar sowohl im Blute als im Harne.
Im Gichtanfalle findet eine vermehrte Ausscheidung der Harnsäure
statt. Die Harnsäure im Blute ist während des Gichtanfalles nicht
vermehrt, ebenso wenig die Alkalescenz des Blutes herabgesetzt.
Beides widerlegt die Theorie der Gicht, die Garrod aufgebaut hatte.
G. W. Balfour (The Lancet Bd. 2, S. 473) ist der Ansicht,
dass der acute Gichtanfall auf einer Störung der arteriellen Cir-
Consütutionskrankheiten. 307
culation im erkrankten Gelenke beruhe. Diese Annahme erkläre die Wesen des
Venenausdehnung, den Schmerz und die Ablagerung von Harnsäure. Oi«ht-
Therapeutisch sei daher nicht Ruhe, sondern energische Bewegung Balfour.'
und Massage anzuwenden.
J. Meikle (The Brit. Med. Joum. Bd. 2, S. 764) untersuchte die Lebensdauer
Lebensdauer der seit 1863 bei den schottischen Lebensversiche- ^nd Lebens-
Tersiche-
rungsanstalten versicherten Personen, bei welchen Gicht als hereditäre rung bei
Belastung oder eigenes Leiden nachweisbar war. Es zeigte sich, Oichtikem,
dass die Zahl der thatsächlichen Todesfalle die der* „erwarteten"
um 33*/o überstieg. Lisbesondere ist bei jüngeren Personen mit
gichtischer Diathese die zu erwartende Lebensdauer bedeutend ver-
ringert, so z. B. für einen 26jährigen Mann statt 38 Jahre B Mo-
naten nur 32 Jahre 3 Monate. Bei Leuten über 66 Jahren gleicht
sich der Unterschied ziemlich aus. Die Lebensversicherungsgesell-
schafken pflegen Gichtische mit einer Extraprämie von 3 **/o zu be-
legen, was aber angesichts der erhöhten Sterblichkeit ganz ungenü-
gend ist. Die Sterblichkeit der Uratiker ist 3,6mal so gross als die
der Totalabstinenten.
W. Ebstein (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 31) berichtet Gichtische
über einen Fall von atrophischer Lähmung eines Armes bei NeuritiP,
einem Gichtischen. Dabei bestand Gefühl von Eingeschlafensein
und Steifheit. Durch entsprechende diätetische Behandlung und con-
stanten Strom bedeutende Besserung. Die Zweige des Plexus bra-
chialis werden verhältnissmässig am häufigsten von gichtischer
Neuritis befallen, welche im übrigen ein noch wenig bekanntes Ge-
biet darstellt.
A. P. Luff (The Lancet Bd. 1, S. 1606 und La Medecine mo- Behandlung
deme S. 401) hat Untersuchungen über die Einwirkung verschie- der Gicht:
dener Substanzen auf die Löslichkeit des Natriumurats und auf die undSalicyl-
Zersetzlichkeit des Quadriurats des Natriums gemacht. Ersteres ist Ȋure,
bekanntlich in den gichtischen Tophi enthalten, letzteres nach Bence .„>,-,
Jones und Roberts die Form, in welcher die Harnsäure im Blute Luff.
und im Harne gelöst ist. Durch Zersetzung des Quadriurats ent-
stehen nach der Ansicht der englischen Autoren die Hamsäure-
ablagerungen. Luff untersuchte zuerst die Alkalien und das
salicylsaure Natrium. Weder die gewöhnlichen Alkalien, noch die
Lithiumsalze, noch Piperazin und Lysidin erhöhen die Löslichkeit
von Natriumurat. Die Verwendung dieser Substanzen bei Tophi ist
308 Stemberg.
Behandlung daher nach seiner Ansicht irrig und nutzlos. Dasselbe gilt von dem
aYit V salicylsauren Natrium, welches noch dazu die Gefahr vermehrter
nnd Salicyl- Harnsäurebildung in den Nieren mit sich bringt. Dagegen erhöht die
säure, Asche vieler Pflanzen, z.B. von Spinat, Kartoffeln, Spargeln,
aschen ' Sellerie, Carotten u. s. w., sehr merklich die Löslichkeit des Na-
Luff. triumurats. (Eine Ausnahme bildet die Asche von grünen Erbsen.)
Diese Wirkung ist nicht von den Alkalien abhängig. Ein Zusatz
von solcher Asche bewahrt die Lösung des Natriumquadriurats vor
der Zersetzung. Der Unterschied zwischen den Wirkungen vege-
tabilischer und animalischer Diät bei Gicht beruht nach Luff auf
dieser Wirkung der Pflanzensalze.
— Kränzen 8- F. Kölbl (siehe Litteraturverzeichniss) bespricht ausführlich die
r^ 1? *' j Pathologie der Gicht, ohne indess etwas Neues in dieser Hinsicht
Quellen und .
Präparate, zu bringen. Zur localen Behandlung empfiehlt er insbesondere
Kölbl. „Mattoni's Franzensbader Moorsalz" und „Mattoni*s Franzensbader
Moorlauge". Für ein Fussbad oder Handbad soll V« — ^ ^g Salz
oder die doppelte Menge Lauge angewendet werden. Zur internen
Behandlung empfiehlt er die Franzensbader NatalienqueUe.
— Schlamm- A. Winkler (siehe Litteraturverzeichniss) empfiehlt die Yer-
-onM* Wendung von Schlammbädern, wie sie in Naundorf gebraucht
inr inKier.
werden. Sie sollen bei Gicht mit 37 — 39 ° C. angewendet werden.
Dauer 20 Minuten bis '/< Stunden. Nach je 2 — 3 Badetagen ein
Euhetag. Durchschnittlich sind 15 Bäder für eine Cur erforderlich.
Gegen das Nachschwitzenlassen, welches in anderen Schlammbädern,
z. B. in Pistyan, zu einem besonderen System ausgebildet ist, spricht
er sich entschieden aus, da es durch Concentrirung der mit ham-
sauren Salzen überladenen Gewebssäfte eher geeignet sei, das
Leiden zu verschlimmern.
B. Pathologie des Blutee.
1. Allgremelnes,
Alkalescenz- C. S. Engel (Berl. klin. Wochenschr. S. 308) hat die LoewyVhe
bestimmung Methode der Alkalescenzbestimmung dahin modificirt, dass er mit einem
£ I ' Melangeur 0,05 com Blut, dann 99mal so viel destillirtes Wasser ansaugt
und die Mischung mit V?:^ -Normal Weinsäure gegen Lakmuspapier titrirt.
Kraus. F. E r a u 8 (siehe Litteraturverzeichniss) hat seine frühere Methode der
Alkalescenzbestimmung geändert und titrirt jetzt lackfarbenes Blut,
welches durch Ammonsulfatlösung von Hämoglobin und £i weiss befreit wird.
Als Indicator verwendet er Methylorange.
Constitutionskrankheiten. 309
Nach F. Kraus (ibid.) besteht kein Parallelismus zwischen den Er- Blutkohle n-
gebnissen der alkalimetrischen Untersuchung und der Menge der aus dem 8*^^« ^^^
Blute auspumpbaren Kohlensäure. alkale'lcenz,
Kraus.
H. Winterberg (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 35, S. 388) hat den
Ammoniakgehalt des menschlichen Blutes studirt. Das mensch- Ammoniak
liehe Blut enthält präformirtes Ammoniak in einer Menge von 0,6 — 1,3 mg. i™ Bl'ite.
Im Fieber gibt es etwas grössere Schwankungen. Die „Ammonämie"
als KrankheitsbegrifF (v. Jaksch sen.) ist nicht erwiesen und wird am
besten ganz fallen gelassen. Auch die Urämie kann nicht als „Carbamin-
säurevergiftung" betrachtet werden, wie manche Forscher noch heute
wollen.
Das im Vorjahr von A. Jolle s angegebene „Ferrometer" (siehe vor- Eisen-
jährigen Bericht) ist der Gegenstand mehrerer Arbeiten gewesen. A. Jolles Bestimmung
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 7 ; Wiener med. Presse Nr. 5) gibt genaue joiiea '
Vorschriften über die Handhabung, ebenso Hl a d i k (Wiener klin. Wochenschr. HIadik,
S. 74). Bei gesunden Männern zwischen 20 und 30 Jahren finden sich
0,0425 Gewichtsprocente Eisen im Blute. Der mögliche Fehler bei dem Ap-
parate beträgt etwa lO^o- S. Jellinek (Wiener klin. Wochenschr. S. 778) Jellinek.
hat die Ergebnisse des Ferrometers mit der Miescher'schen Modification
des V. Fleischl'schen Hämometers verglichen. Er findet ebenso wie
Jolles, dass die Resultate beider Bestimmungen nicht immer parallel
gehen, weil im Blute ausser dem Hämoglobin noch andere eisenhaltige
Substanzen vorhanden sein können.
Th. R. Brown (The Journal of experiment. Medicine Bd. 3, S. 315) Eosinophile
beobachtete bei Trichinose eine bedeutende Vermehrung von Zellen bei
eosinophilen Zellen, die er geradezu als ein diagnostisches Kenn- ^^^ inose,
zeichen der Krankheit ansieht. Die Zahl der neutrophilen Leukocyten war
vermindert. Verf. nimmt an, dass die Eosinophilen aus jenen entstanden
seien.
Determann (Deutsch. Arch. f. klin. Medicin S. 365) hat eingehende Blut-
Untersuchungen über das Verhalten der Blutplättchen in Krank- plättchen,
heiten angestellt. Zum Zwecke der Zählung wird ein Blutstropfen mit
wässriger 0,9^loigeT Chlomatriumlösung verdünnt, welcher man einen Tropfen
wäBsriger, gut filtrirter Methylviolettlösung zusetzt. Man bestimmt zuerst
da« Verbältniss der Blutplättchen zu den rothen Blutkörperchen und
dann die Zahl der letzteren in gewöhnlicher Weise. Er bestätigt die von
Arnold (siehe Jahrbuch 1897) vertretene Annahme, dass die Blutplättchen
aus abgeschnürten rothen Blutkörperchen entstehen. Dies lässt sich auch
am menschlichen Blut nachweisen, das ausserhalb des Körpers aufbewahrt
wird. Vermehrung der Blutplättchen kommt bei allen Krankheiten vor,
die zur Kachexie führen. Sie zeigt eine Herabsetzung der Widerstands-
kraft der rothen Blutkörperchen an.
Determann.
310
Stemberg.
Die Wirkung des Aderlasses auf den Blutkreislauf
Wirkung des ist noch immer nicht ganz erledigt. J. Ronsse (Centralbl. f. Physio-
^iuVden^* logie Bd. 12, S. 377) hat darüber erneute Untersuchungen angestellt,
Blutkreis- welche es sicherstellen, dass der Blutdruck nach einer Blutentziehung
lauf, von 1 — 1,5 ®/o des Körpergewichtes längere Zeit erniedrigt bleibt.
Insbesondere bei Affen erreicht der Blutdruck erst nach ungefähr
einer Stimde die frühere Höhe. Daraus ist wahrscheinlich für den
Menschen derselbe Schluss zu ziehen.
Ronsse.
Subcutane
Kochsalz-
lösung,
Krönig.
Gr. Krönig (Zeitschr. f. Krankenpflege S. 62) furchtet bei der
jetzt vielfach verwendeten subcutanen Infusion von Koch-
salzlösung den Eintritt von Luftembolie und hat deshalb fiir
diesen Zweck eine Hohlnadel angegeben, in welcher ein zweites Rohr
vorgeschoben werden kann. Dadurch wird es möglich, bei tröpfeln-
dem Durchfliessen der Injectionsflüssigkeit den Einstich zu machen,
ohne dass man eine Verstopfung durch einen ausgestochenen Ge-
webspfropf zu befurchten hat; femer kann man das untere Ende
beliebig bewegen, um die Flüssigkeit im subcutanen Zellgewebe besser
zu vertheilen.
Central-
nerven-
System bei
acuter
Anämie,
Seagliosi.
2. Anämie und Chlorose.
Während über das Verhalten des Centralnerven Systems
bei chronisch anämischen Zuständen zahlreiche Untersuchungen vor-
handen sind, ist über dasselbe bei acuter Anämie nichts bekannt.
G. Seagliosi (Deutsche med. Wochenschr. S. 809) untersuchte das
Nervensystem einer Frau, welche im 8. Monate der Schwangerschaft
infolge von durch 34 Tage wiederholten Gebärmutterblutungen starb.
Fast alle Zellen des Hirns, insbesondere die Pyramidenzellen, zeigten
Zerfall und Auflösung «der NissFachen Zellkörperchen. An den
Purkinje'schen ZeUen des Kleinhirns war der Körper fast überall
mit feinsten Körnchen erfüllt, der Kern nicht gut abgrenzbar. In
den Ganglienzellen des Rückenmarks bestand Atrophie und Chro-
mat olyse. Die Veränderungen sind wohl als Folgen der mangel-
haften Sauerstoffzufuhr zu deuten.
Therapie der H. Birgelen (Münch. med. Wochenschr. S. 964) machte bei
orose. QiiiQrose subcutane Einspritzungen von Eisen. Es
Subcutane , . ^ "
Eisen- wurden Ferrum citricum oxydatum und Ferrum citricum ammonia-
injectionen. ^^^ beide in 10"/oiger wässriger Lösung in Dosen von 0,10 einver-
Birifelcn
leibt. In der Regel traten Reactionserscheinungen auf und fanden
Oonstitutioiiskranldieiteii. 311
sicli Quaddeln und längere Zeit dauernde knotige Infiltration. Zahl
der Injectionen 30 — 40. In einigen Fällen trat bedeutende Besse-
rung ein. Die Methode kann bei Ulcus ventriculi, pemiciöser An-
ämie, bei Geisteskranken u. s. w. von Werth sein.
Gilbert und Garnier (Comptes rendus de la Soci6t6 de Bio- — Knochen-
logie, 2. April) haben Versuche über die Behandlung der Chlo- G^bertu
rose durch rothes Knochenmark angestellt und fast keinerlei Garnier.
Erfolg davon gesehen. Die übliche Eisentherapie ist ungleich wirk-
samer.
H. Rosin (Verhandl. des 16. Congresses f. innere Med. S. 218) -Heisse
behandelte eine grosse Zahl von Chloroseföllen mit heissen Bä- Rosin*
dem von 32® R. (40® C). Die Patientin bedeckt vor dem Bade
den Kopf mit einem kalten Umschlag. Dauer des Bades anfangs V*»
später */« Stunde. Die Wanne muss gut zugedeckt sein oder die
Temperatur durch Zugiessen heissen Wassers dauernd auf 32® er-
halten werden. Nach dem Bade wird eine, wenige Secunden dauernde,
kalte Douche oder kalte Abreibung verabfolgt und die Haut tüchtig
frottirt. Dann ruht die Patientin angekleidet noch etwa 1 Stunde.
Weiteres Schwitzen im Bett ist nicht nöthig. Wöchentlich 3 Bäder.
Das Bad hat stets ein Gefühl von Frische und Wohlbehagen zur
Folge ; die Muskelschmerzen schwinden. Nur bei wenigen Fällen ver-
sagte die Cur.
8. PernlciÖRe Anftmie.
E. Grawitz (Berl. klin. Wochenschr. S. 704) hat eine neue Pathologie
zusammenhängende Darstellung der Krankheit gegeben. Das klinische ^®f.
Bild ist von Biermer so fixirt worden, dass kaimi etwas daran zu Anämie
ändern ist. Ohne eine specifische oder grob zu Tage tretende Grawitz.
Schädlichkeit erkrankt ein Mensch an allgemeiner hochgradiger
Schwäche, die Haut zeigt eine extreme Blässe, das Fettpolster bleibt
meist erhalten. Es treten anämische Geräusche auf, hochgradige
Appetitlosigkeit, Stuhlverstopfung, selten Durchfälle, femer nervösn
Störungen, Blutungen in verschiedenen Organen, meist zuerst in dor
Retina imd unter gelegentlichen Fieberbewegungen verläuft die
Krankheit tödtlich, wobei jedoch gelegentlich Remissionen vor-
kommen. Bei der Obduction findet man bekanntlich nur socundär«
Degeneration, Siderosis und die lymphoide Umwandlung dos Markes
der rothen Röhrenknochen. Die mikroskopische Blutuntcrsuchung
zeigt eine progrediente Abnahme der rothen Blutkörperchen, Poikilo-
312 Siemberg.
Pathologie cytose, kernhaltige rothe Blutkörperclieii, polychromatophile Färbimg
?®5.. vieler Erythrocyten. Die Leukocyten sind auf der Höhe der Krankheit
perniciosen . «^ . »^ -r», n t .
Anämie, zmneißt vermindert. Dieser Blutbefund ist aber keineswegs für die
Orawitz. E^rankheit „typisch", vielmehr findet man aU das auch bei anderen
schweren Anämieen. Das Volum der rothen Blutkörperchen zeigt
sich in centrifugirtem Blute gegenüber dem Serumvolum enorm ver-
mindert. Das Serum selbst hat verhältnissmässig normale Zu-
sammensetzung. Das weist auf eine specielle Schädigung der rothen
Blutkörperchen hin. Auch dieser Blutbeftmd findet sich bei einigen
schweren secundären Anämieen gleichfalls. Man kann den Begriff der
perniciosen Anämie eben nicht durch den Blutbefund abgrenzen, sondern
nur durch sorgfältige Beobachtung aller Symptome am Krankenbette.
Der wesentliche Unterschied liegt in dem klinischen Gesammtbilde. Die
perniciöse Anämie ist eine Anämie, welche auf einer fehler-
haften Richtung in der Blutbildung beruht. Es handelt
sich um eine krankhafte Zellenthätigkeit. "Wird das anämisirende Mo-
ment beseitigt, so wird die Anämie nicht ohne weiteres durch regenera-
tive Processe in den blutbildenden Organen beseitigt, sondern es
bleibt die fehlerhafte Richtung in der Blutbildung bestehen. Eine
einheitliche Aetiologie besitzt der Symptomencomplex der perniciosen
Anämie nicht. Folgende Gruppen von ätiologischen Momenten sind
zu berücksichtigen: 1. Störungen in der Verdauung (Koprostase,
Hysterie, Atrophie der Darm- und Magendrüsen); 2. Gravidität;
3. chronische Blutimgen, infolge welcher die regenerative Fähigkeit
der blutbildenden Organe schliesslich ungenügend wird; 4. constitu-
tionelle Syphilis, welche zur Sklerosirimg der Knochen und damit
zur Verringerung der Menge des blutbildenden Knochenmarkes fuhrt;
B. hygienische Schädlichkeiten verschiedener Art ; 6. chronische Ver-
giftungen, z. B. durch Kohlenoxyd; 7. gewisse Fälle von Bothrio-
cephalus- und Anchylostomumanämie , welche durch die Abtreibung
der Würmer nicht mehr geheilt werden. Mikroorganismen spielen
keine Rolle. Für die Therapie gibt es kein Specificum. Jeder Fall
erfordert seine eigene Behandlung, alle aber eine zweckmässige Diät
imd Bettruhe. Am besten ist die Behandlung in einer gut einge-
richteten Heilanstalt. Findet sich Vermehrung des Indicans, so sind
Darmantiseptica wie Salol, Menthol etc. angezeigt. Eisen ist direct
contraindicirt, insbesondere in der ersten Behandlungszeit. Dagegen
ist Arsenik unstreitig von guter Wirkung. Knochenmark ist nutzlos,
Bluttransfusionen sind gelegentlich von vorübergehendem Erfolge.
Im allgemeinen sind die Erfolge einer consequenten Therapie nicht un-
günstig, wenn die Behandlung in einem frühen Stadium begonnen wird.
ConstitutioniikrEinklieiteii. 313
0. Schaumann und T.W. Tallqui st (Deutsche med. Wochen-
schnfc S. 312) haben den experimentellen. Nachweis erbracht, dasa
imBothriocephaluelatua eine btutkörperchenzerstörende Substanz
enthalten ist. Es Hess sich nämlich bei Hunden eine Verminderung
der rothen Blutkörperchen erzielen, wenn man sie mit zerriebenem
oder zerachnittenem Wurm futterte oder ein filtrirtea Kochsalzextract
subcutan beibrachte.
J. S. Risien Russell (The Lancet Bd. 2, S. 4) sucht zu be-
weisen, daas die Rückenmarksveränderungen bei schweren
Anämieen sich von denen der „Ataxie paraplegique" nicht unter- bei Bchwsre
scheiden. Sie sind daher bei der pemiciösen Anämie nicht als eine Anumieen
directe Folge der Blutveränderung , sondern als ein dieser coordi-
nirter Process aufzufassen. Die Gefesserkrankung spielt keine wesent-
liche Rollo.
4. Lenh&mie und PsendoIenkBinir.
M. Löwit (Centralbl. f Bacteriologie S. 206 und Wiener klin. P<r«Biten
Wochenschr. S. 479) hat bei Leukämie im Blwte und den L,„^j^;g
blutbildenden Organen Sporozoen aufgefunden. Man findet LSwit.
solche Gebilde in oder an den Leukocyten, insbesondere in dem durch
Function gewonnenen Milzblute. In den Organen liegen sie haupt-
säcfaiicb zwischen den Leukocyten, ihnen innig angelagert oder auf-
sitzend. Er bezeichnet den Parasiten als ,.Haemamoeba lencaemiae".
Th. Pfeiffer (Centralbl. f. inn. Med, S. 1) hat im AnschlusH Fibrin im
an seine im Vorjahre referirten Pibrinunterauchungen Bestimmungen ,p(,g„ g|„(
des Faserstoffgehaltes im Blute bei 8 Fällen von Leukämie gi^macht. Pisiner,
Das Plasma zeigt eine zwar erkennbare, aber doch geringe Zunahme
des Fibrins (im Mittel 2,23 Fibrin in 1000 ccm Blut). Die Ver-
mehrung des Fibrins steht weit hinter den Werthen zurück, welche
für anderes Leukocytoseblut mit einer beträchtlich geringeren Ver-
mehrung der weissen Blutkörperchen festgestellt wurden. Die Leuko-
cytose bei Leukämie verhält sich also in ihrer Wirknti;;
chemische Zusammensetzung des Blutplasmas ganz iitiilvc
entzündliche Leukocytose. Man muss entwcler annehm-ii. <laiMd
Zellen weniger fibrinbildendes Material liefern, weil st'- u ■ uiK-ir <lr
enthalten, oder weniger abgeben, weil sie nicht zerf»!!. n. lAtv
gerinnungsbenunende Factoren mitwirken, welche du .-\bUtt(
Gerinnung trotz der vorhandenen Faserst off bildner vvrtiu>da«|
314
Stemberg.
Aonte
Psendo-
leukämie,
Riedel,
Menko,
Körmöczi.
Mehrere Autoren berichten über acute Pseudoleukämie, so
Riedel (Deutsche med. .Wochenschr. 1897, S. 619), M. L. H. S.
Menko (Deutsche med. Wochenschr. S. 161), E. Körmöczi (Pester
medicinisch-chirurgische Presse S. 247). Allerdings scheinen unter
diesem Namen verschiedene Formen zusammengeworfen zu werden.
In dem einen Falle von Menko entwickelte sich in der Schwanger-
schaft eine Geschwulst der einen Achselhöhle, welche exstirpirt
wurde. 2 Monate später Recidiv, welches sich auf Arsenikgebrauch
verkleinerte ; dann starke Anämie und Fiebererscheinungen. Remis-
sion sämmtlicher Erscheinimgen , so dass die Frau ihren häuslichen
Pflichten nachkommen konnte. Nach einigen Wochen wieder Fieber,
Anschwellung der Leistendrüsen, Anschwellung der Milz, Meteoris-
mus, Somnolenz, Tod. (Dieser Fall gehört wohl eher zu dem
Lymphosarkom; über den Befund der exstirpirten Geschwulst
wird nichts berichtet. Der Ref.) Im Falle von Körmöczi handelte
es sich um einen 66jährigen Mann, bei welchem seit einiger Zeit
Schwäche und Schüttelfröste bestanden. Milz und Leber waren ver-
grössert, ebenso überall die Lymphdrüsen. Das Blut war licht, ent-
hielt 2000000 rothe Blutkörperchen mit 35 °/o Hämoglobin. Tod nach
4monatlicher Kxankheitsdauer.
5« Eftmorrhagrlsche Diathese.
Bekanntlich hält man seit längerer Zeit die Purpura für eine
Infectionskrankheit und hat bereits verschiedene Mikroorga-
nismen, als Staphylokokken, Pneumokokken, Streptokokken, dabei
Infectiöse gefunden. J. Lapin (La MMecine moderne S. 225) theilt 2 hier-
Purpura, j^^j. gehörige Fälle mit. In dem einen Falle handelte es sich um
ein kleines Mädchen mit hämophiler Belastung (ein Onkel war an
Purpura gestorben, sie selbst leidet viel an Nasenbluten), bei dem
eine gutartige Purpura in wenigen Tagen ablief. Auf der Höhe der
Erkrankung fand sich ein aerober Coccus im Blute. In dem anderen
Falle war es ein schwer herzleidender Mann, bei dem eine Purpura
in 30 Stunden tödtlich verlief. Im Blute ein Streptococcus, In
beiden Fällen konnte durch die Mikroorganismen im Thierexperi-
mente keine Hämorrhagie erzeugt werden. Der Autor nimmt daher
an, dass das Auftreten von Hämorrhagieen von der besonderen Dispo-
sition des inflcirten Individuums abhängt und dass je nach dieser
verschiedene Infectionen mit oder ohne Hämorrhagieen verlaufen
können. Die infectiöse Purpura muss nicht nothwendig mit Fieber
verlaufen. Ihre Diagnose kann nur durch die bacteriologische Unter-
suchung gestellt werden.
Constitutionskranldieiten. 315
C. Allgemeine Constituttonskrankheiten.
1. Rachitis
8. Abschnitt , Einderkrankheiten".
2. Chronischer Gelenkrhenmatismns.
Menopause
L. Badt (Verhandlungen des 16. Conffresses f. inn. Med. S. 620) *\^
hat in einer grossen Anzahl von Fällen die Grelenksveränderungen des
mit dem Klimakterium beginnen gesehen und ist der Ansicht, dass ohronisohcn
dieses einen sehr wichtigen ätiologischen Factor abgibt. Er em- , ® matis-
pfiehlt dem entsprechend die Behandlung mit Oophorintabletten. mus,
Badt.
8. Osteomalacie.
G. Ar coli (La Clinica medica italiana S. 133) machte in einem Stoff-
Falle schwerer Osteomalacie eine Anzahl von Stoffwechselunter- osteo-
suchungen. Es ergab sich in zwei Perioden jedesmal ein Ueber- malacie,
schuss der Ausscheidung von Kalk, Magnesia und Phosphorsäure ^rcoli.
im Harn und Koth über die in der Nahrung eingeführte Menge.
Die Phosphorsäure im Harne zeigte eine bedeutende Steigerung bei
der Menstruation.
Der Aetiologie und Therapie der Osteomalacie geht Schnell Pathologie
(Zeitschr. f. Gynäkol. Bd. 39, H. 3) an der Hand von 32 in 10 Jahren ^^^^ Osteo-
in der Würzburger Klinik beobachteten Fällen nach. 1 Patientin malacie,
zeigte eine spontan geheilte Osteomalacie, sie ging aber an der Schnell.
stabil gewordenen Beckenverengerung durch Uterusruptur zu
Grunde, 4 kamen kreissend zur KHnik (2 Exitus), 16 wurden medi-
camentös mit Phosphorleberthran und Soolbädern bis zur
genügenden Besserung imd Arbeitsfähigkeit behandelt, bei 11 wurde
die Castration ausgeführt und brachte Heilung, auch nach jahre-
langer Nachuntersuchung. Es lässt sich eine tardive und pro-
gressive Form unterscheiden. Letzterer entsprechen auch die
stärkeren Veränderungen im Ovarium: Atrophie, hyaline Entartung,
Follikelschwund.
C. Bernstein (Münch. med. Wochenschr. Nr. 14) hat einen
Fall von Osteomalacie bei einer 46jährigen Frau erfolglos mit
316 Stemberg.
Oophorin, Oophorin behandelt, trotzdem consequent 120 Tabletten verab-
V ■ °/^ ^* °/ reicht wurden. Als er hierauf Phosphorleberthran verordnete,
bei Osteo- ^ ^ »
malacie, wurde schon nach einem Monate eine bedeutende Besserung erzielt.
Bernstein.
Lehrbücher und Monographieen.
A. C. Coles, The blood. How to examine and diagnose its diseases. London.
W. Ebstein, Ueber die Lebensweise der Zuckerkranken. 2. Aufl. Wiesbaden.
P. Ehrlich und A. Lazarus, Die Anämie. (Specielle Pathologie und
Therapie, herausgegeben von H. Nothnagel. Bd. 8, H. 1.) Wien.
Dr. C. S. Engel, Leitfaden zur klinischen Untersuchung des Blutes.
E. Grube, Die diätetische Behandlung der Zuckerkrankheit. Bonn.
A. Ha ig, Uric acid as a factor in the causation of disease. 4. Aufl.
London.
Kabierske, Zum Verständnisse der Schwitzbäder und ihrer Anwendung bei
Fettleibigkeit. Breslau.
F. Kölbl, Die harnsaure Diathese. Wien.
F. Kraus, Ueber die Vertheilung der Kohlensäure im Blute. Graz. Fest-
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M. Litten, Die Krankheiten der Milz und die hämorrhagischen Diathesen.
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Bd. 8, H. 3.) Wien.
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B. Naunyn, Der Diabetes mellitus. (Specielle Pathologie und Therapie.
herausgegeben von H. Nothnagel. Bd. 7, H. 6.) Wien.
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Therapie, herausgegeben von H. Nothnagel. Bd. 18, H. 2.) Wien.
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A. Winckler, Ueber die Behandlung der Gicht mit Schlammbädern.
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m.
Chirurgie
(einschliessl. der Unfalls- und Kriegschirurgie).
Von Dr. Paul Wagner, Privatdocent an der Universität Leipzig.
I. Allgemeine Chirurgie.
1. Allgemeine and loeale Anästhesirnng.
W. Grube (Zur Lehre von der Chloroformnarkose. Chloroform-
Arch. f. klin. Chir. Bd. B7, H. 1) ist Anhänger des Chloroforms ge- ^*^^^°^^^ '
blieben. Die Gesammtzahl seiner innerhalb 37 Jahren ausgeführten
Chloroformnarkosen berechnet er auf rund 40000. Hierunter be-
finden sich nur 3 Fälle von wirklichem Chloroformtod. Störungen
wurden am häufigsten in Form von mehr oder weniger besorgniss-
erregenden Asphyxieen beobachtet. Albuminurie und Cylindrurie
waren sehr selten; häufiger kamen Mucinurie und Urobilinurie nach
der Chloroformnarkose vor. Sehr selten kam es zu vorübergehender
Grlykosurie, Hämoglobinurie und zu Icterus. Alle diese Pigment-
veränderungen des Harns, die nach Chloroformnarkose auftreten,
können nicht anders erklärt werden, als dass im Organismus infolge
Einwirkung des eingeführten Chloroforms eine reichliche Zerstörung
von rothen Blutkörperchen und Blutpigment zu Stande kommt. Der
späte Chloroformtod kann als Erscheinung einer vermehrten endogenen
Autointoxication angesehen werden.
Wagner und Longard (Centralbl. f. Chir. Bd. 26, Nr. 48) Neue Aether-
ist es in gegenseitiger Unterstützung gelungen, eine einfache, hand- ™*ske,
liehe und sicher functionirende Ae therm aske zu construiren. Da Longard.
die Ej'anken hierbei «icht reine Aetherdämpfe , sondern mit reich-
318
Wagner.
lieber Luft durch Siebvorrichtungen feinst gemischtes Aethergas ein-
athmen, so fehlt das Erstickungsgefühl vollständig; auch das £x-
citationsstadium fehlt oder tritt nur in geringem Maasse auf. Der
Aetherverbrauch ist verhältnissmässig sehr gering.
Experimentelle Untersuchungen über die Entstehung der
Erkran- Erkrankungen der Luftwege nach Aethernarkose haben R. Hol-
kungen der gcher (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 1) zu folgenden Ergebnissen geführt:
^7^*^® 1. Ausser einer geringfügigen, vermehrten Schleimsecretion üben die Aether-
narkose, dämpfe keinerlei Reizwirkung auf die Tracheo-Bronchialschleimhaut aus.
R. Kölscher. 2. Das bei der Aethernarkose vorkommende Trachealrasseln beruht immer
auf Aspiration von Mundinhalt und ist bei richtiger Technik — Sorge für
guten Abfluss des secemirten Mundinhaltes durch Tieflagerung und Seit-
wärtsdrehung des Kopfes und Lüftung des Mundwinkels, Sorge fär an-
dauernd freie Athmung durch Vorziehen des Unterkiefers — wohl zu ver-
meiden. 3. Die nach der Aethernarkose vorkommenden AflPectionen der
Luftwege sind meist die Folgen einer solchen Aspiration des infectiösen
Mundinhaltes. 4. Die Flimmerung des Tracheal- und Bronchialepithels ist
während der Narkose nicht gestört. 5. Der Speichelfluss beruht bei der
Aethernarkose, wenn auch zum grössten Theile, so doch nicht allein auf
einer localen Reizwirkimg der Aetherdämpfe , vielmehr spielen hier auch
centrale Einflüsse eine Rolle.
Aethyl- Nach der lilittheilung von J. Pircher (Wien. klin. Wochen-
narkose" Schrift Bd. 11, Nr. 21) hat sich die Aethylcbloridnarkose in
J. Pircher, der v. Hacker'schen Klinik bei kurzdauernden Operationen auch
weiterhin gut bewährt. Fast ausnahmslos trat die vollständige Un-
empfindlichkeit sehr rasch ein, ebenso aber erwachten die Kranken
auch sehr rasch wieder. Besorgnisserregende Erscheinungen von
Seiten des Herzens oder der Lunge wurden bisher nicht wahr-
genommen.
Ueber die Narkose mit Aethylchlorid oder Kelen
G. LothelBsen. kann G. Lotheissen (Arch. f. klin. Chir. Bd. 67, H. 4) auf Grund
weiterer Erfahrungen aus der v. Hacker'schen Klinik nur an-
dauernd Günstiges berichten. Unangenehme Zufalle wurden nicht
bemerkt, niemals traten Erscheinungen der Herzschwäche, gestörter
Respiration auf; noch weniger also eine wirkliche Asphyxie. Eine
schädigende Einwirkung auf die Nieren war auch nicht zu beob-
achten.
Die Thierversuche , die S. W. Herzog (Deutsche Zeitschr. f.
Chir. Bd. 49, H. 2 u. 3) über das Verfahren nach König-
Maas angestellt hat, ergaben, dass dasselbe ein mächtiges Wieder-
Chirurgie. 319
belebungsmittel ist sowohl bei der Narkosensjmkope , als auch bei Wied er-
der Narkosenasphyxie. Das Schüller^sche Verfahren steht dem ^^^xv^J^^
von König-Maas bedeutend nach. Im allgemeinen waren die beim
Resultate folgende : Das Verfahren von König-Maas gab Wieder- Scheintod
belebung in 62°/o, das von Schüller in 22°/o, das von Laborde Narkose,
in lB®/o. S.W.Herzog.
(Jeber den Werth der Laborde'schen Wiederbelebungs-Laborde'sche
methode beim Scheintod während der allgemeinen Nar- Wieder-
belebungs-
kose hat S. W. Herzog (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. B methode,
und 6) Versuche an Thieren angestellt. Auf Grund dieser Versuche s. W. Herzog,
kommt er zu folgenden Schlüssen: Das Laborde'sche Verfahren,
das in wiederholten starken Tractionen an der Zunge besteht, ist
bei Asphyxieen in einem späten Stadium der Narkose nicht stich-
haltig und soll deshalb auch nicht angewandt werden. Bei
Asphyxieen in früheren Stadien der Narkose ist die Laborde'sche
Methode wahrscheinlich von Nutzen, als Hülfsmittel bei anderen
Wiederbelebungsmethoden, die wirksamer sind.
H. Braun (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 2) theilt experi- Locaie
mentelle Untersuchungen und Erfahrungen über Infil- -Anästhesie
trationsanästhesie mit. Er empfiehlt für die Schleich'sche
Infiltrationsanästhesie eine von ihm seit Monaten an einer grossen
Zahl poliklinischer und klinischer Operationen practisch erprobte
Lösung von 0,1 °/o Eucain B in einer 0,8 "/o igen Kochsalzlösung zu
verwenden.
Hackenbruch (ibid. Bd. 57, H. 2) wendet seine Methode der Hackenbruch,
circulären Analgesirung mittels V« — V* **/oiger Cocain-Eucain-
lösung seit längerer Zeit mit bestem Erfolge an.
G. Gottstein (ibid. Bd. 57, H. 2) theilt die ausgedehnten G. Gottstein,
günstigen Erfahrungen über locaie Anästhesie in der Breslauer
chirurgischen Klinik mit. Nach Operationen an Magen und Darm
kamen aber auch hierbei Pneumonieen u. s. w. vor. Gottstein nimmt
an, dass der Mangel genügender Expectoration bei eröffneten und
genähten Bauchdecken den Ausbruch der Störungen am Respirations-
apparat verschuldet.
Nach P. Sudeck (Ueber Lo calanästhesie. Deutsche med.
Wochenschr. Bd. 24, Nr. 8) sind im Hamburger alten allgemeinen
Krankenhause im verflossenen Jahre fast 30 eingeklemmte
Hernien unter Anwendung der Schleich'schen Anästhesie
320 Wagner.
Local- operirt worden. Auch bei anderen grösseren Operationen wurde
*p*s*d*^k*' ^^®^® Methode mit Vortheil benutzt, so bei Gastroenterostomie,
Gastrostomie, Cholecystotomie, Anlegung eines Anus praeternaturalis,
Tracheotomie bei Erwachsenen. Immerhin bHeb bei den grösseren
Bauchoperationen noch einiges zu wünschen übrig, so dass in solchen
FäUen meist die Allgemeinnarkose vorgezogen wurde. Bei herunter-
gekommenen Kranken wurde die Schädigung einer langdauernden
AUgemeinnarkose dadurch abzuschwächen gesucht, dass Aether dar-
gereicht und schon während der Operation eine subcutane Koch-
salzinfusion von 1 — 2 Liter physiologischer Kochsalzlösung gemacht
wurde. Bei Operationen an Fingern und Zehen bewährte
sich die Methode der regionären Anästhesie nach Oberst
ausgezeichnet.
Region&re Mit der regionären Cocainanästhesie hat 0. Manz
Cocain- (Centralbl. f. Chir. Bd. 26, Nr. 1) die gleichen günstigen Erfolge
0. Manz, erzielt, wie Oberst, Braun u. a. Das Verfahren eignet sich aber
nicht nur fiir Finger und Zehen, sondern auch für Hand und Fuss,
ja mit grosser Wahrscheinlichkeit werden auch noch weitere Ge-
biete dieser bequemen Methode zugänglich gemacht werden können.
An Hand und Fuss muss man nach vorhergegangener Esmarch-
scher Abschnürung nach der Cocaininjection — bis 0,026 an der
Hand , bis 0,06 g Cocain am Fuss — wenigstens 16 — 20 Minuten
warten, ehe Anästhesie eingetreten ist.
Weitere Beiträge über regionäre Cacainanästhesie
P.Arndt, gibt P. Arndt (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 16). Er hat das
Obers tische Verfahren auch auf Operationen am Penis — Phimo-
sencircumcisionen — mit Erfolg ausgedehnt. Die Anwendung
der regionären Cocainanästhesie bietet hierbei ausserdem den grossen
Vortheil, dass man Dank der Constriction ausserordentlich reinlich
operiren kann, da das Glied vollständig ischämisch ist. Die In-
jectionen selbst werden durch Aethylchlorid schmerzlos gemacht.
Blutleere S. Kofmann (Blutleere als Lpcalanästhesie. Central-
ai8 Local. ^^^^^^ f qj^j^. gj 36, Nr. 40) hat von der Oberst-Braun'schen
anaBthesie, ' . ^
s. Kofmann, Methode der Localanästhesie nur die Blutleere zur Erzeugung der
Anästhesie benutzt, die Cocaininjectionen aber ganz weggelassen.
Der Erfolg war auch so vollkommen.
Gegen diese Anschauung von Kofmann wendet sich sehr
H. Braun, energisch H.Braun (Regionäre Anästhesie und Blutleere.
Centralbl. f. Chii\ Bd. 26, Nr. 43), der eine Reihe von Selbstver-
Chirurgie. 321
suchen über Umschnürungsanästhesie angestellt hat. Die Ergebnisse
dieser Versuche beweisen: 1. dass die Anämie der Gewebe an sich
in absehbarer Zeit einen wesentlichen Einfluss auf die Organe der
Scbmerzempfindung nicht ausübt ; 2. dass specifisch lähmend wirkende
Stoffe bei gleichzeitiger Unterbrechung des Blutstromes nur deshalb
intensiver auf die Nervenstämme und sensiblen Nervenendigungen
wirken, weü ihre Resorption gehindert wird; 3. dass die an um-
schnürten Gliedern zu beobachtenden Sensibilitätsstörungen lediglich
eine Folge der Nervencompression sind ; 4. dass nicht dringend genug
davor gewarnt werden kann, ein Glied so fest zu umschnüren, dass
periphere Anästhesie eintritt.
2. Untersnchiiiigrsmethodeii.
Die diagnostische Bedeutung der Röntgenstrahlen
in der Chirurgie zeigt sich hauptsächlich in der Auffindung .
der von aussen in den Körper eingedrungenen Fremd-
körper, sowie in einer ganz genauen Kenntnissnahme von Ver-
1 etzungen und Deformitäten der Knochen und Gelenke.
Für die Lagebestimmung von Fremdkörpern inderTiefe
bei der Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen haben Sehr- Röntgen-
wald (Deutsche med. Wochenschr. Bd. 24, Nr. 19) und Angerer strahlen,
(Centralbl. f. Chir. Bd. 26, Nr. 18) verhältnissmässig einfache Methoden Angerer '
angegeben, die ihre Anwendung namentlich auch dann finden, wenn
es sich um den Nachweis von ins Gehirn eingedrungenen
Kugeln handelt. Solche Fälle sind mitgetheilt worden von E.Braatz e. Braatz,
(Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 1), E. v. Bergmannn (Berl. klin. E. v. Bergmann,
Wochenschr. Bd. 35, Nr. 18), E. Henschen (Mittheilg. aus d. Grenz- E. Henschen,
gebieten d. Med. u. Chir. Bd. 3, H. 2), v. Burckhardt (Württem- v. Burckhardt.
berg. med. Correspondenzbl. Bd. 68, Nr. 36).
TJeber die Diagnose der Nephrolithiasis durch Rönt- Diagnose
genbilder hat Ringel (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 49) inter- der Nephro-
essante Leichen versuche angestellt (s. S. 260). durch
lieber einen mit Hülfe des Röntgenbildes diagnosti- Röntgen-
cirten Fall von Nierenstein mit Operationsbefund be- „v 5'
T \ -r\ Ringel,
richtet A. Aisberg (Münch. med. Wochenschr. Bd. 46, Nr. 61). Das a. Aleberg,
Röntgenbild wies bei dem 34jährigen Kranken die Anwesenheit von
Nierensteinen mit Sicherheit nach. Der Befund bei der Operation
deckte sich vöUig mit dem des Bildes. Es wurde ein grosser Oxalat-
stein ans dem Nierenbecken, sowie mehrere kleine Oxalatsteine aus
der Niere selbst entfernt.
Jahrbuch der praotiachen Hedicin. 1899. 21
322 Wagner.
DimgnoBe C. Lauen stein (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 50, H. 1 u. 2)
*?.'.?.*^^'*^ hat auch ein durch E/öntgenstrahlen nachgewiesenes Con-
lithiasiB , , , TT 11 1 TLT- ^1
darch crement von kohlensaurem Kalk aus dem Nierenbecken
Röntgen- operativ entfernt. Dass das Röntgenbild des Steines in allen
C Lanenstein I^UTchmessem etwas grösser erschien, als die wirklichen Maasse sich
nachher herausstellten, hing mit der Entfernung zusammen, in der
der Stein im Körper von der Aufhahmeplatte lag.
Röntgenbild F. König deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 4) bespricht
er n er- ^.^ Bedeutung des Röntgenbildes für die operativeBe-
Goxitis, handlung der tuberculösen Coxitis. Er betrachtet es als
F. König, erwiesen, dass durch die Röntgenaufnahme eine Anzahl von Knochen-
heerden in tuberculös erkrankten Hüftgelenken aufgedeckt und
dass dadurch eine präcise Diagnose möglich, die Stellung der Indi-
cation für die operative Behandlung gesichert wird.
Ueber die Bedeutung der Röntgenstrahlen für die
Bedeutung Kriegschirurgie berichtet H. Küttner (Beitr. z. klin. Chir.
. " _ Bd. 20, H. 1) auf Grund der Erfahrungen, die er im griechisch-tür-
strahlenfür kischen Kriege 1897 gesammelt hat. Er stellt die Behauptung auf^
die Kriegs- jj^ss wir in den Röntgenstrahlen ein neues Hülfsmittel besitzen, das
chirurffie
H Küttner.' ^ gewisse Fälle im Kriege so werthvoUe Dienste zu leisten ver-
mag, dass die Verwundeten ein unbedingtes Recht auf seine Ver-
wendung haben. In diesem Sinne ist das Verfahren für die Reserve-
lazarethe als unentbehrlich zu bezeichnen. Grosse Dienste hat das
Röntgen'sche Verfahren geleistet für die Feststellung des Sitzes
steckengebliebener Kugeln; infolge der relativ grossen Genauigkeit,
mit der dies geschehen konnte, ist die Technik der Geschossextrac-
tion namentlich bei eiternden V^unden jedenfalls sehr erleichtert
worden. Trotzdem sollen wir uns aber nicht verleiten lassen, unsere
Indicationen zur Entfernung von Geschossen weiter zu stellen, als
seither; Kugeln, die keine Erscheinungen machen, sind ruhig im
Körper zu lassen. Zur Operation darf nur dann geschritten werden,
wenn die vorhandenen Symptome zur Schwere und Gefahr des ope-
rativen Eingriffes im richtigen Verhältnisse stehen.
Ueber die Oesophagoskopie und ihre klinische Bedeu-
tung s. S. 198.
8. Operations- und Yerbandlehre.
Rydygier (Wiener klin. Wochenschr. Bd. 11, Nr. 44) gibt Be-
merkungen über die auf seiner Klinik geübte Methode der
Chirurgie. 323
Anti- und Asepsis. Er huldigt nicht ausschliesslich der asep- Anti- und
tischen Wundbehandlung, sondern gebraucht immer noch bei allen p^j'^"^'
inficirten Wunden und solchen, die sich nicht genau abschliessen
lassen, Antiseptica wie Sublimat, Jodoform, Argentum nitricum, essig-
saure Thonerde. Rydygier glaubt, dass diese chemischen Mittel
in geeigneter Concentration bis zu einer gewissen Tiefe in das Ge-
webe hinein wirksam sein können und wenigstens die Entwickelung
der Bacterien hemmen, ohne die Lebensfähigkeit der Gewebe zu be-
einträchtigen.
P. Klemm (Zur Asepsis des Nahtmaterials. Deutsche Asepsis des
med. Wochenschr. Bd. 26, Nr. 37) führt aus, dass wir unser Naht- ^*^*^
. . materials,
material durch Kochen sicher steril machen können. Doch was hilft p. Klemm,
diese Sterilität, wenn der Faden auf seinem Wege zur Wtmde mit
Mikroben besät wird ? Die Gefahr der Infection ist proportional der
Menge des dienenden, bei der Operation thätigen Personals. Es ist
deshalb jedes Anfassen des Naht- und Unterbindungsmaterials durch
mehr als eine Person zu vermeiden. Die kleinen technischen Hülfs-
mittel, die Klemm hierzu verwendet, müssen in der Originalarbeit
nachgelesen werden.
Ueber dieneuestenBestrebungen, dieaseptische Wund-
behandlung zu vervollkommnen, lässt sich J. Mikulicz (Arch. Vervoll-
f. klin. Chir. Bd. 57, H. 2) des weiteren aus. Es sind namentHch ^^^^^^^s
drei InfectionsqueUen, deren vollkommene Beseitigung ausserordent- aseptischen
liehe Schwierigkeiten bereitet: die Luft, die Haut des Ope- Wund-
rationsfeldes und die Haut unserer Hände. Durch Gebrauch j ifujaucz. '
von Operationsmasken, durch Operiren in trockenen, steriüsirten
Handschuhen und anderes mehr lassen sich diese Gefahren wenig-
stens etwas beseitigen.
TTnter Mittheilung von Thierversuchen über die Auskeimungszeit
von Infectionserregem in frischen Wunden bespricht P. L. Fried- Aseptische
rieh (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 2) die aseptische Versor- Versorgung
gung frischer Wunden. Als Ergebniss seiner experimentellen wnnden,
und klinischen Erfahrungen stellt er folgende Hauptsätze auf: Jeg- P. L. Friedrich,
liehe, durch nicht operative Verletzungen bezw. durch sog. Spontan-
infection gesetzte Wundinfection ist zunächst ein örtlicher Process.
Für seine therapeutische und prognostische Beurtheilung ist es von
Wichtigkeit, damit zu rechnen, dass er in der weitaus grössten Zahl
der Fälle bis mindestens zur 6. Stunde, oft länger oder dauernd
324 Wagner.
Aseptische ein solcher bleibt. Dieser Zeitraum stellt gewissennaassen die Aus-
^ f^i^^'^h "'^^ keimungszeit des Infectionsmaterials dar. Von den in dieser Zeit
Wunden, angreifenden Heilverfahren ist die exacte Anfrischung des Ver-
P. L. Friedrich, letz ungsgebietes im Gesunden und in ganzer Ausdehnung des
Verletzungsgebietes das zuverlässigste Verfahren zur Erzielung einer
infectionslosen Heilung. Kann dieses Verfahren nicht angewendet
werden, so ist eine mehr oder weniger offenhaltende Be-
handlung das beste Präservativ gegen schwere Infectionen.
Die Anwendung antiseptischer Stoffe hat nur Sinn, wenn
das Wundgebiet für das Anbringen derselben hinreichend zugänglich
ist, wenn sie in der bezeichneten Auskeimungszeit oder nach der
vom Organismus und nicht von chemischen Substanzen geleisteten
Demarcation des Infectionsprocesses erfolgt; auf progrediente oder
Allgemeininfectionen ist sie einflusslos, manchmal nachtheilig.
Ursachen Die Ursachen des Misslingens der Asepsis sieht A. La n-
„. ff* derer (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 2) hauptsächlich in der un-
Misslingens . .
derAsepsis, genügenden Desinfection des Operationsfeldes. Die Haut ist bisher
A. Landerer. nur in ca. 40 °/o der Fälle trotz zum Theil compHcirter Methoden
wirklich steril zu machen. Die bisherigen Hautdesinfectionen sind
nur Oberflächendesinfectionen und lassen die in den Haarbälgen,
Hautdrüsen u. s. w. zurückgehaltenen Hautbacterien unberührt. Durch
die präliminare Desinfection der Haut mittels 1 — 2**/oiger
Formalinlösung in Form von Umschlägen ist es Landerer ge-
lungen, die Haut des Operationsfeldes in ca. 85*/o der Fälle steril
zu gestalten.
Operations- P. L. Friedrich (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 17) empfiehlt den
handschahe, Qgl3j.g^^Q}^ yq^ Operationshandschuhen nur innerhalb der Grenzen,
• "* '-^e sie von Zoege v. Manteuffel gezogen worden sind; ganz besonders
aber auch für den Fall, wo der Operateur oder Assistent durch eine ge-
ringe, nicht mehr infectionsfreie L'äsion ihrer eigenen Hand ein aseptisches
Wundgebiet gefährden können, während sie andererseits zum Operiren
durch die Umstände gezwungen sind. Friedrich bedient sich für solche
Zwecke dünner, nahtloser Gummihandschuhe, die mit einem Ausdehnungs-
coefficienten des Gummi von 1 : 7 von ziemlicher Feinheit bei noch leid-
licher Haltbarkeit hergestellt werden.
In seinen Bemerkungen über Händedesinfection und Opera-
E. OpltB. tionshandschuhe (Berl. klin.Wochensclir. Bd. 35, Nr. 39) vertritt E. Opitz
im Gegensatz zu Doederlein eine nützliche Wirkung der gestrickten
Operationshandschuhe. Dadurch dass sie aus porösem Stoffe bestehen,
wirken sie ähnlich wie sterile Tupfer. Bei Berührung mit dem Peritoneum
Chirurgie. 325
und der Wundfläche, noch mehr beim Herüberstreichen nehmen sie infolge
ihrer rauhen Oberfläche Keime hinweg, saugen sie mit der Flüssigkeit in
die Maschen des Gewebes hinein und halten sie dort fest.
Zur Sicherung der Asepsis bei Operationen hat 0. Vulpius Operations-
(Münch. med. Wochenschr. Bd. 45, Nr. 19) Kapuzen aus Leinwand her- kapuze,
stellen lassen, die den ganzen Kopf verhüllen und nur die Augen frei * *^
lassen. Auf diese Weise werden Mund, Nase und Haare auf möglichst
einfache Art (!) abgeschlossen. Vulpius operirt natürlich auch ausschliess-
lich nur mit Handschuhen.
In recht ansprechender Weise geis&elt F. Bern dt (Münch. med. Auswüchse
Wochenschr. Bd. 45, Nr. 19) die Auswüchse der modernen Wund- ^®^
behandlung. Er versteht hierunter namentlich die Mund- und Nasen- ™^ ^^^^"^
° Wund-
binde, die Handschuhe und das Abkratzen der obersten Hautschichten, behandlung,
Die Vulpius'sche Kapuze war Berndt bei der Abfassung seiner Arbeit F. Bemdt.
noch nicht bekannt.
ZurDesinfection des Operationsfeldes empfehlen A.Lan-Desinfection
derer und C. Krämer (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 8) Umschläge ^ *®*.
... Operations-
mit l®/oigerFormalinlö8ung, da nur durch ein gasförmig wirkendes feides,
Desinfectionsmittel die in der Tiefe sitzenden Hautmikroorganismen A. Landerer u.
getroATen werden können. Die Desinfectionstechnik ist sehr einfach :
Reinigungsbad und Seifenabreibung des ganzen Körpers; l^joige
Formalinumschläge der zu operirenden Stelle, die 12 — 36 Stunden
liegen bleiben; vor der Operation die übliche Seifenabscheuerung,
Rasiren, Aetherabreibung, Sublimatdesinfection.
Für den aseptischen Operationssaal, wo die verschiedenen
Sterilisationsapparate mittels Gas geheizt werden, fordert H. Strehl Aseptischer
(Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 5), dass die während der Operation arbeiten- Operations-
den Sterilisationsapparate unter Abzügen aufgestellt werden, wie sie in „ „ '
chemischen Laboratorien schon längst verwendet werden. Nur dann, wenn
die schädlichen Verbrennungsgase von dem Operationssaale abgehalten
werden, wird die Gefahr einer Chloroformzersetzung vermieden.
Um bei drainirten Wunden zu verhindern, dass das Secret unter
dem Verbände ausfliesst, empfiehlt Ikawitz (Arch. f. klin. Chir. Abgeschlos-
Bd. 56, H. 2) die Anwendung von abgeschlossenen Glasdrains, ■®!*® . **'
sog. Secretauffängern. Diese haben an der äusseren Peripherie c. E. ikawitz.
des oberen Randes eine ringartige Verdickung, vermittelst deren die
Röhre in der Wunde festgehalten werden soll. Die Röhren sind
gerade oder gebogen, 6 — 10 cm lang und besitzen eine Lichtung von
6 mm.
326 Wagner.
Stichkanal- J. Troller (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 22, H. 2) hat Untersuchungen
infectionen ^^^j. Stichkanalinfectionen bei Hautnähten und ihre Be-
bei Haut-
nahten, Ziehungen zur Art des Nahtmaterials angestellt. Die Fäden
J. Troller. bei den Hautnähten werden in der Wunde sehr häufig mit Keimen
verunreinigt, und zwar besonders die extrapercutan gelegenen Halb-
schlingen ; doch erweisen sich auch in einem relativ grossen Procent-
satze die subcutan gelegenen Abschnitte als keimhaltig (Staphylo-
coccus pyogenes albus und Micrococcus tetragenus ; seltener Staphylo-
coccus pyogenes aureus und Streptococcus pyogenes). Die günstigsten
Resultate wurden erzielt bei gründlicher Desinfection der Haut und
antiseptischen (Pulver-) Verbänden. Die nicht imbibitionsfahigen Naht-
materialien sind in ihren subcutanen Schlingentheilen viel seltener
keimhaltig, als die imbibitionsfahigen, wie Catgut und Seide. Doch
auch die ersteren überragt an günstigen Resultaten der Aluminium-
bronzedraht, da ihm antiseptische Eigenschaften zukommen. In un-
gefähr der Hälfte aller Fälle, wo Keime an den subcutan gelegenen
Schlingen festgestellt werden konnten, trat manifeste Stichkanal-
infection ein.
Bei seinen Untersuchungen Über Wundsecret und Bacterien bei
der Heilung per prima m (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 2) fand
Bacterien H. Schloffer fast stets Bacterien, und zwar neben Saprophyten als fast
bei der ständigen Befund den Staphylococcus albus. Das Wundsecret zeigte nament-
perprimam ^^^^ innerhalb der ersten 10 Stunden entwickelungshemmende und bacterien-
H SchlofTer. tödtende Eigenschaften. Im allgemeinen ist der Staphylococcus albus für
unsere Operationswunden bedeutungslos, namentlich wenn wir für einen
möglichst freien Abfluss der Wundsecrete Sorge tragen.
Ueber die Anheilung getrockneter und feucht auf-
Anheilung bewahrter Hautläppchen hat Enderlen (Deutsche Zeitschr. f.
getrock- Chir. Bd. 48, H. 1) interessante Untersuchungen angestellt, deren fast
feucht auf- ausnahmslos negative Ergebnisse den Went seherischen Resultaten
bewahrter schroff gegenüberstehen. Enderlen gelang es nur 2mal, conser-
lä pcVen ^"^®> ^ Stunden resp. 4 Tage alte, noch feuchte Hautlappchen an-
Enderlen. zuheilen. Vollkommen trockene Hautstückchen gelangten überhaupt
nicht zur Anheilung. Nach alledem möchte sich Enderlen nur in
den dringendsten Fällen des Went sc herrschen Ver&hrens bedienen
und auch dann nur solche Hautstückchen benutzen, die nicht älter
als 4 Tage sind. Im allgemeinen ist die bewährte Thiersch'sche
Methode vorzuziehen, bei deren correcter Ausfuhrung die Läppchen
mit Sicherheit anheilen.
Chirurgie. 327
J. L^vai (Carbol in der Unfallheilkunde und die erste Carbol in
Hülfeleistung bei Verletzungen der Arbeiter. Arch. f. Un- ?[" ^'''',""
fäUheilk. Bd. 2 , H. 2 u. 3) kommt auf Ghrund eigener und fremder j. i^yai.
Erfahrungen zu dem Schlüsse, dass man das Carbol weder in Form
von Umschlägen, noch in Form von feuchten Verbänden, noch in
einer anderen äusserlichen Anwendung, selbst in der allerschwächsten
Lösung gebrauchen darf. Die erste Hülfeleistung bei Verletzungen
der Arbeiter darf weder auf die Antisepsis basirt werden, noch kann
sie nach den Grundzügen der Asepsis durchgeführt werden; sie ist
nur auf Grund der Reinlichkeit im gewöhnlichen Sinne durchfuhrbar.
Kallenberger (Berl. klin. V^ochenschr. Bd. 35, Nr. 12) be- Orthoform.
richtet über die in der K lau ssne raschen Klinik angestellten Ver- ^■"«'*^^^8®r.
suche mit dem anästliesirenden , vollständig ungiftigen, antiseptisch
wirkenden Orthoform. Dasselbe wurde angewendet bei frischen
Wunden und Verletzungen, bei Brandwunden, bei Unterschenkel-
geschwüren, bei carcinomatösen und syphilitischen Geschwüren, bei
Zahncaries und nach Zahnextractionen. Das Orthoform hat überall, wo
es mit sensiblen Nervenendigungen in Berührung kommen konnte,
Schmerzstillung herbeigeführt. Die Zeit bis zum Eintritt der Em-
pfindungslosigkeit betrug 3 — 5 Minuten; die Anästhesie war voll-
ständig und dauerte durchschnittlich 35 Stunden. Das Orthoform
wirkt ausserdem antiseptisch und secretionshemmend ; seine absolute
Ungifbigkeit sichert ihm eine ausgedehnte Anwendung.
Ueber die von ihm angegebenen dauernden Spiritusverbände
kann Salzwedel (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 3) nur fortdauernd Dmnemde
GrünBtiges berichten. Da der Spiritus durch den längeren Contact, °P»"^^8-
der durch dje Verbände ermöglicht wird, nicht nur die Hautober- Saimwedel/
fläche gründlich desinficirt, sondern auch die tieferen Gewebsschichten,
in denen sich die Entzündung verbreiten könnte, in gasformigem Zu-
stande mit desinficirender Kraflb durchdringt, so empfiehlt Salz-
wedel seinen Spiritusverband als einen technisch sehr einfachen und
doch zuverlässigen Nothverband.
i
W. Noetzel hat experimentelle Untersuchungen über peritoneale Peritoneal
Resorption und Infection angestellt (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 2) ßesorptio^
und dabei gefunden, dass die Resistenz des Bauchfells bedinirt wird , .^\. !
1. durch die bacterieiden Eigenschaften der peritonealen serösen Flüssig- ^
keit, die nach bezüglichen Experimenten höher zu sein scheint als dj
des Blutserums; 2. durch die ausserordentlich grosse Oberfläohe des Pez
tonenms, auf der unter normalen Verhältnissen die Bacterien in ähnliche
328
Wagner.
Weise zu kleinsten Mengen vertheilt werden und der Einwirkung der
Schutzkräfte des Körpers zugänglich gemacht werden, wie nach der Re-
sorption durch das Blut in den Organen.
Blutstillung Ueber die Blutstillung bei Operationen durch Angio-
durch tripsie nach der von Tuff ier bei der vaginalen Hysterektomie an-
tripsie, gewendeten Methode hat M. W. af Schulten (Central bl. f. Chir.
M. w. af s4ul- Bd. 25, Nr. 29) Versuche angestellt. Das Verfahren gab bei kleinen
und mittelgrossen Gefössen vortreffliche Resultate: die Operations-
zeit wird verkürzt, es bleiben keine Catgut- oder seidenen Knoten
in der Wunde.
Darms chirm,
K. Böser.
K. Roser (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 11) hat aus Stahldraht
und Tricotschlauch einen leicht zu sterilisirendön, elastisch federnden
Darmschirm construirt. Dieser wird nach Eröffnung der Bauch-
höhle so in diese eingelagert, dass er wie ein Diaphragma wirkt,
das Operationsfeld isoUrt und die Därme zurückdrängt. Auf diese
Weise kann man ohne Assistenz und ohne Beckenhochlagerung das
kleine Becken eventriren, so dass man mit zwei Händen in ihm ar-
beiten kann, ohne im mindesten durch Därme gestört zu werden.
Darm-
knöpfe,
A. Wölfler.
Die Erfahrungen A. Wölfler's (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 2)
über die Anwendung der Darmknöpfe gründen sich auf über
40 Fälle von acuten Darmstenosen; in chronischen Fällen zieht er
die Darmnaht, und zwar namentlich die seitliche Anastomose, allen
anderen Methoden vor. Wolf 1er hat sowohl mit dem Murphy-
Elnopf, sowie mit dem resorbirbaren Frank -Knopf eine Anzahl
schlechter Erfahrungen gemacht und hat deshalb einen neuen Darm-
knopf mit möglichst weitem Lumen construiren lassen, der ein wirk-
licher Darmschliesser ist und nach 5 — 6 Tagen zum grössten Theü
resorbirt wird. Der Werth dieses Knopfes muss erst noch eingehend
experimentell geprüft werden.
A. Bobrow.
Echino- A. Bobrow (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 4) theilt ein neues
*^°.°*l?V*™*^' Operationsverfahren zur Entfernunff von Echinococcus in
der Leber und anderen parenchymatösen Bauchorganen
mit, das sich ihm schon in einer Reihe von Fällen ausgezeichnet be-
währt hat. Nach sorgfaltiger Entleerung und Austupfung wird der
Echinokokkensack und die Bauchwunde fest vernäht. In 5 so ope-
rirten Fällen trat Prima intentio und innerhalb 2 — 3 Wochen rasche
Genesung ein. Niemals zeigte sich nach der Operation eine An-
Chirurgie. 329
hauiiing von Flüssigkeit in der Höhle des entleerten Sackes. Augen-
scheinlich erfolgt die Transsudation in der Richtimg zur leeren fibrösen
Kapsel des Parasiten nur dann, wenn die Höhle offen gelassen, die
Bander des Sackes in die Wunde eingenäht und wenn die Höhle
drainirt wird.
N. Lieblein (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20, H. 1) berichtet aus Alkohol-
derWölfler'schenKlinik über einen durch Alkoholinjectionen i'^Jectionen
bei
geheilten Fall von Aneurysma arteriale racemosum des arteriellem
Kopfes. Dieses Verfahren ist von Thiersch in einem von Ples- ßanken-
sing beschriebenen Falle zum ersten Male mit vollem Erfolge zur j^ i^eblein
Anwendung gekommen. Die Behandlungszeit der Wölfler'schen
Kranken erstreckte sich über 6 Jahre ; die ELranke erhielt im ganzen
402 Injectionen von 30 — 95^/oigem Alkohol. Den besten Erfolg hatten
die bis ins Periost gehenden Injectionen, da sie ausgedehnte und
derbe Infiltrate bildeten und bei ihrer Schrumpfung eine Verenge-
rung der Gefässe hervorriefen. Die Patientin wurde vollkommen und
dauernd geheilt.
Einen bemerkenswerthen Beitrag zur ExarticülationimHüft-
gelenke gibt H. Braun (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 5 ExartieuU-
u. 6). Bei Kranken, die durch vorausgegangene Leiden oder durch **°^ ^™ ^*^*"
starken Blutverlust nach Verletzungen so geschwächt und anämisch h. Braun,
geworden sind, dass ein jeder weitere Blutverlust das Leben be-
drohen würde, und bei Personen mit Neubildungen, die, von dem
Kopfe des Femur oder dem angrenzenden Theil des Schenkelhalses
ausgehend, das Hüftgelenk von vorn her bedecken, empfiehlt Braun
folgende Methode der Hü/tgelenksexarticulation: Die Arteria
und Vena iliaca externa werden prophylaktisch unterbunden, und von
dieser V7unde aus wird nach Ablösung des Peritoneums bis zur
Theilungsstelle der Arteria iliaca communis die Arteria iliaca interna
mit dem Finger gegen den B/and des Beckeneinganges bis zur defini-
tiven Blutstillung in der Exarticulationswunde comprimirt. Bei zwei
Kranken hat sich dieses Verfahren sehr gut bewährt.
Aus dem Knappschaftslazareth zu Völklingen berichtet K. Seil
(Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 4) über die Anwendung des Hans-
mann'sche nExtensionsap parates bei Behandlung von Unter-
schenke Ibrüchen. Durch diesen Apparat sind wir in den Stand
gesetzt, auch die schwersten complicirten Fracturen ohne Knochen-
naht wie subcutane zu behandeln. Der Segen der Extensionsbehand-
330 Wagner.
HAiiBinaiin* lung, den diese bei der Heilung van Oberschenkelbrüchen gestiftet
t'° loni- ^^*^» kann daher auch in vollem Um&nge den Unterschenkelfractiiren
ap parat cu Gute kommen. Von 80 mit diesem Apparate behandelten Frac-
bei Unter- turen waren 13 eomplicirt, 36 Diaphysen-, 19 Malleolar- und 12 Supra-
itrttoben malleolarfracturen. Die Resultate waren sehr gunstig, besonders auch
K. SelU in Besug auf die spatere Functions&higkeit.
Sub- 0. Hahn (Beitr. e. klin. Chir. Bd. 22, H. 2) berichtet aus der
^*Utt^tt^ * Tübinger chirurgischen Klinik über die an 81 Fällen bisher erprobten
«oh»nk«l* günstigen Besultate der nach dem Bruns'schen snbperi-
»mpiitatioa, ostalen Verfahren aus£:eführten Unterschenkelamputa-
tionen. Alle 81 Kranke genasen. 62mal trat vollständige Prima
intentio ein. Die Technik des Verfahrens ist leicht und scha£ft ein-
fache imd gunstige Wundverhältmsse: der Gangrän der Lappen wird
itt rationeller und denkbar sicherster Weise vorgebeugt, die resul-
tirvtuie Form des Stumpfes ist sehr gr^t und dauernd.
v^»te0- Storp ^Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 4Bl H. 4» hat die Tech-
rU»u»« ♦ Ij^ ^ osteoplastischen Unterschezikrlamputationen
l at*f^ ... ,
$cli^«k«K viahin wreict^iioht. daa5? er einen Hant-Per::sr-Kji:r?henlappen aus der
aw^ataii«^ Vv>rvier>*n TibiÄf..tvhe bilirt. drnselben nach eben einbezieht und nach
^^^ w»ijoi^ ner Aniputati^'n a^' den Stunipt aTiflr*:^ on-d befestigt. Die
g;anie Operatisn iirvstaltct sc.h rtlAtiv einfA^'her als die Bier sehen
R^«««m;^ W. Rotb .RfiTr. X. klin. Olir. Bi. 21, H. S i:r':t die grossen
V*^*'*^ Vorr,;^' irr K e s r ot: : : : r : : - . il : Ane * na j k Br «ns hervor« die
w kmi^ ui .itr rv.bir-prr jl-rir'^*.>»,i.Tn Klinik r«rr>:::s in !•> Fillrn ans^fuhrt
wjLT.ie. I>:t Brnns*s,JiT Rrtr^'.Ti.n- ür rL?c A::snjLlm2C:«s eine ansge-
r:i.r.~;:c F':L=..'u:n>f».J-^£tn rr^r-:*- ei^T^ s^^.i 1 rir alle die Fälle,
• . » - ^^ . - ... » . » ^^ • •
rYS^c^.n *llrz i-::>c:'i :'t- ilr^r^irLiirj: v-.rr-iz-irn ia. indem das
v^l:r.izniT .>rr Vr*rT^?..l--irrcr vi-r. i:r Til -> :in»i -rin Tbeil de?*
Oyu."*n::is r-:,^l:.-i >ir*r-,5Tr >: . _ k>-~. 2 f'iT iiT ?».liB>*r>rr«i Falle
xvc :?».*>..: v>: r i -':n M.>Jv.l:i.fr->:r--r^:n Ini itri-rn ir* C^eotomit*
Ir. -. .v-r Ar:»:-* i^lt^r i.r Szi':.t- 1": ^ ri : liiiT.ni: bei Läh-
*r. uTicv. v:n 1 ^ > I t. ::•.:>: t :. rnii' > *^ t *ä i xss nn-l ln>-
" .- s . r .*. . - ^ i T .1 z r H * ": : r^'-l > .r '«V >. i.-tsc'Xt 5^ 36k Xr, 37 »
Chirurgie. 331
Fuss vorgenommen hat; ein Versuch am Oberschenkel — Ersatz des Sehnenüber-
gelähmten Quadriceps durch den Sartorius — misslang. Bedeutungs- ^ "vid'^'^^'
voller erscheint die Sehnenüberpflanzung für partielle Läh-
mungen der Hand zu werden, da hier auf anderem Wege absolut
nichts zu erreichen ist. Die bisher vorliegenden Mittheüungen hier-
über sind spärlich, aber ermuthigend. Vulpius kann aus seiner
Praxis 3 weitere Operationen hinzufügen, die im allgemeinen wenig
günstige Verhältnisse boten und noch keine ganz befriedigenden Re-
sultate ergaben. Der Indicationskreis der Sehnenüberpflanzung ist
jedenfalls noch sehr erweiterungsfähig.
F. Franke (Mittheilungen a. d. Grenzgebieten d. Med. u. Chir. Fun ction eile
Bd. 3, H. 1) hat das Verfahren der Sehnenüberpflanzung auch Heilung der
in 2 Fällen von Radialislähmung bei Kindern angewendet. Die lähmang
RadiaUslähmung lässt sich nicht, wie gewöhnlich die Lähmungen an durch
den Füssen, durch Sehnenüberpflanzungen allein aufheben, sondern «lastik
sie bedarf auch noch der Sehnenverkürzung. Aus diesem Grunde F. Franke,
möchte Franke die Behandlungsmethode mit dem mehr zusammen-
fassenden Namen der Sehnenplastik bezeichnen.
Ein neues Verfahren der Sehnenplastik am Finger-
rücken hat V. Hacker (Wiener klin. Wochenschr. Bd. 11, Nr. 2) Sehnen-
in einem Falle mit vorzüglichem Erfolge angewendet. Die Methode P^*"*^*' "-^
besteht darin, bei den von zwei am Knöchel mit einander ver- rücken,
schmelzenden Strecksehnen versorgten Fingern die ganze Finger- ^- Hacker,
rückensehne oder einen Theil derselben durch Umschlagen der
höher oben durchtrennten minderwerthigen der beiden Sehnen nach
vom über das noch von der Streckaponeurose überzogene Knöchel-
gelenk und Einpflanzung derselben an der Nagelphalanx zu ersetzen.
Als ein neues Material zur Herstellung orthopädischer
Apparate empfiehlt 0. Vulpius die Hornhaut (Münch. med. Material zur
Wochenschr. Bd. 45, Nr. 52). Dieselbe besteht aus roher, ent- ^"/*^^!.^,^^
-1 j 1 mi • ... . . orthopadi-
naarter und getrockneter Thierhaut, die mit einem Lack imprägnirt scher
gebrauchfiäüiig in den Handel gebracht wird. Die Hornhaut eignet Apparate,
sich besonders für Hülsenapparate. Die Technik ist überaus einfach • ^ P>
und von jedem durchführbar. Nach 12 — 15 Stunden langem Liegen
in kaltem Wasser ist die Hornhaut völlig weich wie nasses Fliess-
papier und kann auf dem mit Tricot überzogenen, gut getrockneten
Gipsmodell in beliebiger Form gewalkt werden.
332 Wagner.
4« YerletznngeB.
Um die Wirkung der Bleispitzengeschosse („Dum-
Wirkung der Dum-Geschosse) genauer zu studiren, hat v. Bruns (Beitr. z. klin.
ßleispitzen- q^^ gj gl, H. 3) zusammen mit Dr. Wendel interessante Schiess-
geschosse, '
P. V. Bnms. versuche angestellt. Das Hauptergebniss dieser Versuche ist , dass
die aus kleinkalibrigen Gewehren geschleuderten Bleispitzen geschosse
bei Nahschüssen bis auf 200 m Entfernungen Verletzung setzen, die
schwerer sind als alle bisherigen Gewehrschusswunden. Es beruht
dies auf dem Zusammenwirken der hochgesteigerten lebendigen Exaft
und der Deformirung der kleinkalibrigen Bleispitzengeschosse. Letz-
tere sind auf nahe Entfernung eine übermässig grausame, auf weite
Entfernung aber weniger wirksame Waffe als die Vollmantel-
geschosse.
Im Anschluss an einen in der Strassburger chirurgischen KUnik
beobachteten Fall von Durchschneidung der Arteria maxillaris interna
Ver- hat A. Woehrlin (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 21, H. 3) die Ver-
letzungen letzungen und traumatischen Aneurysmen der Arteria
der Arteria ... . .
maxillaris maxillaris interna einer Bearbeitung unterzogen. Nach seiner
interna, Ansicht sind die Verletzungen der Maxillaris interna als gefahrlich,
aber durchaus nicht als unbedingt tödtlich zu betrachten. Die Haupt-
gefahr besteht in secundären Blutungen; die sicherste Therapie ist
die Unterbindung der Maxillaris interna in loco oder die ContinuitÄts-
ligatur der Carotis externa; diejenige der Carotis communis ist nur
in Fällen dringendster Noth oder bei ganz ungünstigen äusseren Um-
ständen erlaubt. Bei den sehr seltenen traumatischen Aneurysmen
der Arteria maxillaris interna ist zunächst eine längere Zeit hin-
durch consequent ausgeführte Compression zu versuchen; bleibt
diese ohne Erfolg, so ist man zu einer Continuitätsunterbindung der
Carotis externa berechtigt.
Ueber die Entschädigung der sog. Unfallbrüche hat
Unfall- C. Kaufmann (Corresp.-Blatt f. Schweizer Aerzte Bd. 28, Nr. 23 f
'^^®' folgenden Satz formulirt: Die immittelbar nach einem eigentlichen
Unfälle beim Betriebe oder nach einer aussergewöhnlichen An-
strengung bei der Betriebsarbeit, d. h. nach einer über den Rahmen
der gewöhnlichen Betriebsarbeit hinausgehenden schweren körper-
lichen Anstrengung frisch und plötzlich unter heftigen Schmerzen
in Erscheinung tretenden Unterleibsbrüche sind entschädi^^imgH-
pfiichtig.
Chirurgie. 333
J. Riedinger (Monatsschr. f. Unfallheilk. Bd. 5, H. 9) theilt Spät-
einen interessanten Fall von Spätsymptom einer B ecken ver- »ymptom
/i^ 1 • 1-1^ 1 derBecken-
letzung (üs praepubicum oder traumatisches endomuscu- Verletzung,
läres Osteom) mit. Bei einem Kranken mit geheiltem Becken- J. Biedinger.
ringbruch fand sich eine mit dieser Verletzung im Zusammenhang
stehende Neubildung von Knochen am Ansatz des M. adductor longus.
Wahrscheinlich war am Muskelansatz eine diflPuse periostale Wuche-
rung vorhanden, die ihm keine genügende Festigkeit gewährte. Da-
durch kam es zum Abriss des Periostes, das sich in dem Muskel
retrahirte und eine secundäre Knochenbildung veranlasste. Der etwa
5 cm lange und annähernd fingerdicke Knochenzapfen wurde mit
Erfolg exstirpirt.
Golebiewski (Ein casuistischer Beitrag zur Patho- Unfälle
eenese der Unfälle nach „Umknicken". Arch. f. Unfallheil- ^*®^
Umknicken"
künde u. s. w. Bd. 2 , H. 2 u. 3) hat auf Grund von 93 Beobach- " Golebiewski.
tungen gefunden, dass, wenn das „Umknicken" auch meistens ein
ungefährlicher Vorgang zu sein pflegt, man doch Unrecht thut, die
Bedeutung des Umknickens zu unterschätzen. Während vielfach das
Umknicken mit dem Fuss ganz ohne Schaden vorübergeht und daher
nicht beachtet wird, hinterlässt es oft einen dauernden irreparabeln
Nachtheil. Das Umknicken im Knie und im Hüftgelenk pflegt zwar
seltener, aber meist um so schwerwiegender zu sein. Der schwere
Xachtheil in allen hier in Frage stehenden Gelenken offenbart sich
sowohl bei älteren als auch bei jüngeren Individuen. Personen mit
constitutionellen Veranlagungen, und solche, die an starkem chroni-
schem Alkoholismus leiden, und ältere Personen scheinen besonders
geföhrdet zu sein.
In einer Arbeit über Muskelschwund Unfallverletzter mit
besonderer Berücksichtigung der oberen Extremität (Arch.
f. Unfallheilk. Bd. 2, H. 2 u. 3) sagt Firgau bezüglich der Pro- Muskel-
gnose folgendes: Dieselbe ist in allen Fällen von leichter Quetschung »chwund
und einfacher Fractur ohne Verlagerung der Bruchenden eine gute, verletzter,
Bei Luxationen und bei Fracturen mit Verlagerung kann sie nicht Firgau.
mehr als gut bezeichnet werden ; die Wiederherstellung nimmt dann
schon längere Zeit in Anspruch. Noch mehr ist dies der Fall, wenn
die Gelenke entzündet sind, oder wenn infectiöse Processe hinzu-
treten. Namentlich die letzteren machen die Prognose zu einer
schlechten durch Betheiligung der Nerven oder gar des Central-
organs. In keinem Falle wird der frühere Zustand der Musculatur
334
Wagner.
wieder erreicht, sondern eine Wiederherstellung erfolgt nur so weit,
als es für die Function des Muskels nothwendig ist.
5« Entzflndniigeii und Infectiongkrankheiten.
Keimgehalt üeber den Keimgehalt accidenteller Wunden hat H. Riggen-
acciden- bach (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 1) eingehendere Untersuchungen
*®^^®' angestellt; er ist dabei zu folgenden Ergebnissen gelangt: Eine aeciden-
H Blffffenbach ^®^® Wunde der Körperoberfläche enthält stets zahlreiche Keime, unter
denen sich auch meist pathogene befinden. Auch der am meisten hier
vorkommende Staphylococcus pyogenes albus ist als pathogener Keim auf-
zufassen. Die Keime entstammen in erster Linie der Körperoberfläche in
der Umgebung der Wunde und werden entweder durch das verletzende
Instrument in die Wunde gebracht, oder sie wachsen von den Hauträndem
in das Wundsecret. Der Keimreichthum wächst mit der Zeit, die ver-
streicht, bevor der Patient in ärztliche Behandlung kommt. Die anti-
septische Behandlungsmethode bei solchen Wunden setzt die Keimzahl
mehr herab als die aseptische; sie ist also in solchen Fällen vollständig
gerechtfertigt.
Infection
von Schasi
wanden,
A. HiUIer.
Therapie
inficirter
SchQBB*
wanden,
H. P. KoUer.
A. Müller (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 2 u. 3) hat ex-
perimentelle Untersuchungen über die Infection von Kaninchen
durch Geschosse angestellt und ist dabei zu folgenden Ergebnissen ge-
kommen: Eine Infection durch Geschosise ist möglich und kann stattfinden
durch ein inficirtes Projectil (Stahlspitze und Bleitheil), durch einen in-
ficirten Lauf, indem es ein inficirtes Tuch passirt. Die Infection wird
weder beeinflusst durch die Reibung bei grosser Geschwindigkeit (600 m),
noch durch die Erhitzung des Laufes im Magazinfeuer. Eine Infection
kann nicht verhindert werden, weder durch Application von Jodtinctur
noch durch Drainage oder Cauterisation des Schusskanals. Die Mikroben
müssen daher in die den Schusskanal umgebenden Gewebe hineingesprengt
werden. Die Streptokokkeninfection macht bei den Kaninchen ganz typische
Organveränderungen. Streptokokken finden sich nur in der Wunde und
dem Pericard, zuweilen auch im Blut und im Harn. Die Viralen« der
Streptokokken kann sehr gesteigert werden durch fortwährende Ueber-
impfungen vom Kaninchen auf Serum und zurück.
H. F. Koller (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 2 u. 3) hat im
Tavel'schen Laboratorium experimentelle Versuche über die
Therapie inficirter Schusswunden bei Kaninchen angestellt.
Die mittels Staphylococcus aureus, Pj^ocyaneus und Streptococcus capsularis
inficirten Schusswunden wurden durch Ausbrennen mit dem Thermocauter.
•
durch Pinselungen mit Tinctura Jodi, durch Drainage mittels Jodoform-
gaze, durch Einlegen eines Glasdrains, durch Desinfection mit CarbolÄmv
behandelt. Neben den so behandelten Thieren wurde immer ein Controll-
Chirurgie. 335
thier in der Weise behandelt, dass die Wunde sofort nach dem Schusse
fortlaufend genäht und mit Collodium oder Watte bedeckt wurde. Die
verschiedenen Versuche ergaben, dass nur die mit Drainage behandelten
Thiere und die ControUthiere geheilt wurden, dagegen die anderen der
Infection erlagen. Dieses Verhalten erklärt sich daraus, dass die dem Ge-
schoss anhaftenden Fremdkörper und Mikroorganismen nicht nur im Ver-
laufe des Schusskanales abgelagert, sondern in das den Kanal umgebende
Gewebe abgelagert werden. Eine möglichst schnelle Schliessung darf nur
bei den Schusswunden leichteren Grades ausgeführt werden, d. h. in den
seltenen Fällen, in denen die Wunden von der Infection fernbleiben.
An der Hand eigener Beobachtungen — 337 klinische Fälle —
gibt P. Sendler (Festschr. z. 50jähr. Feier d. med. Gesellsch. zu Gelenk-
Magdeburg S. 83) einen Rückblick auf die Behandlung der Gelenk- *^^"«^^1^««»
tuberculose. Er fasst sein Glaubensbekenntniss in folgenden
Sätzen zusammen: Die Anfänge der Gelenktuberculose , sowie die
Frühformen überhaupt sind zunächst rein conservativ in Angriff zu
nehmen. Ist in bestimmter begrenzter Zeit (längstens nach Verlauf
von 2 — 3 Monaten) eine augenfällige Besserung nicht erreicht, oder
tritt gar eine Verschlimmerung ein, so ist das Verfahren aufzugeben.
Dann tritt die Operation in ihr Recht. Die schwereren Fälle werden
am besten gleich operirt; nachweisbare Eiterung erfordert immer die
Operation. Im allgemeinen muss bei Kindern schonend, bei alten
Leuten radical vorgegangen werden. Aber auch bei gewissen Er-
krankungsformen Erwachsener kann ein Verfahren angezeigt sein, das
nicht nur die Erhaltung des Gliedes, sondern auch die möglichste
Wiederherstellung der Function des Gelenks als Endziel erstrebt.
A. He nie (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20, H. 2 u. 3 u. Suppl.-Heft) A. Heule.
hat in einer grösseren Arbeit die Behandlung der tubercu-
lösen Gelenkerkrankungen und der kalten Abscesse an
der chirurgischen Klinik zu Breslau in den Jahren 1890
bis 1896 beschrieben. Auf Grund des sehr reichhaltigen Beobach-
tungsmateriales — 333 Fälle — kommt er zu folgenden Ergebnissen :
Die consequent durchgeführte conservative Behandlung der Ge-
lenktuberculosen (Stauung, Jodoform glycerin , orthopädische Maass-
nahmen etc. , eventuell auch atypsche Operationen) steht bezüglich
der Anzahl der erreichten Heilungen der operativen Therapie nicht
nach. Die functionellen Resultate der operativen Therapie sind
erheblich besser als diejenigen der operativen. Die Mortalität ist
im ganzen bei conservativem Vorgehen geringer als bei operativem.
Nur für das Kniegelenk Erwachsener ist bei fixirter Patella die
Resection der conservativen Therapie vorzuziehen.
336 Wagner.
Acute Osteo- Als Beitrag zur Lehre von der acuten Osteomyelitis
myelitisdeBdes Kreuzbeins theüt A. Dehler (Beitr. z. Min. Chir. Bd. 22,
A. Dehler. ^- ^) *^s der Würzburger chirurgischen Elinik 3 hierhergehörige
Beobachtungen mit. Die Hauptmassen des erkrankten Markes sassen
in den Massae laterales der oberen Kreuzbeinwirbel. Trotz mehr-
facher operativer Eingriffe gingen alle 3 Kranke an schwerster all-
gemeiner Sepsis zu Grunde.
Den heutigen Stand der Therapie des Tetanus trau-
TetanuB maticus stellt A. Heddaeus (Münch. med. Wochenschr. Bd. 45,
*"?°^*"®^»»Nr. 11—13) in folgenden Sätzen zusammen: Das Behring'sche
Tetanusantitoxin ist nach den bisherigen Erfahrungen ein zweifel-
los wirksames Mittel von specifischem Charakter bei der Behandlung
des Tetanus traumaticus und verdient in allen Fällen angewandt zu
werden. Von Bedeutung ist die möglichst frühzeitige Anwendung.
Die Localbehandlung, die in möglichster Zerstörung des pri-
mären Heerdes bestehen soll, darf nicht ausser Acht gelassen werden,
weü ihre Vernachlässigung eine permanente Zufuhr von Toxinen
und damit eine Beeinträchtigung der Antitoxinwirkung bedingt.
Die symptomatische Behandlung mit sedativen Mitteln
(Narkoticis u. s. w.) muss mit der Serumtherapie Hand in Hand
gehen, da sie noch wirksam ist, wo die letztere versagt. Die bis-
herigen Methoden zur Herausschaffung des Tetanusgiftes aus dem
Körper sind ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Die Präventiv-
behandlung verdient weitere Berücksichtigung.
F. Köhler, Ueber die Untersuchungen von F. Köhler (Münch. med. Wochen-
schrift Bd. 45, Nr. 45 u. 46) s. S. 111.
Auf den experimentellen Untersuchungen von B o r r e 1 und R o u x
fussend, haben einzelne Autoren bei traumatischem Tetanus das Anti-
C. Baoalogla, toxin intracerebral injicirt, so unter anderen C. Bacaloglu
ChaulÄrdtt. (Gaz. des höpit. Bd. 71, Nr. 70), Chauffard und Quenu (ibid.
Ombrtdftnne. Bd. 71 , Nr. 73) , Ombredanne (Presse med., 3. Sept.). Der Er-
folg war auch bei dieser Methode nicht sicher.
6. Gescliwlllste.
Maltiple Aus der Helferich'schen Klinik theüt M. Gerulanos (Deutsche
MuBkel- Zeitschr. f. Chir. Bd. 48, H. 4) einen Fall von multiplem Muskel-
echmcH , ... .
kokken, echinococcus mit, bei dem die Zahl der Echinokokken, die die
H. Oemlanos. ganze Gegend vom Rippenbogen bis zur Mitte des Oberschenkels
besetzt hielten, nicht viel weniger wie 100 betrug. Mehrfache Ope-
Chirurgie. 337
rationen brachten Heilung. Die Multiplicität der Echinococcusblasen
erklärt Gerulanos in seinem Falle durch eine massenhafte Aus-
wanderung von Embryonen.
Unter Mittheilung einer eigenen Beobachtung aus der König-
schen Klinik hat Doebbelin (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 48, Knochen-
H. 1) 23 Fälle von Knochenechinokokken des Beckens zu- echino-
kokkfiii dfis
sammengestellt. 4 FäUe betrafen das Darmbein, 1 Fall das Scham- Beckens,
bein, 5 Fälle das Kreuzbein; in 8 Fällen lagen Erkrankungen meh- Doebbelin.
rerer Beckenknochen vor. 4mal wurden Becken und Femur, Imal
Becken und zahlreiche andere Knochen erkrankt gefunden. 22mal
handelte es sich um die multiloculäre Form des Echinococcus,
nur Imal um die grossblasige uniloculäre. Bei der multiloculären
Form schreitet die Erkrankung schliesslich bis zu einer enormen
Zerstörung des Knochens fort, die sich der durch die malignen Ge-
schwülste bedingten ebenbürtig an die Seite stellen kann. Die
Prognose dieser meist sehr schleichend verlaufenden Krankheit ist
ungünstig; von 22 Kranken genasen nur 3. Von der Behandlung
ist wohl nur dann etwas zu erwarten, wenn es möglich ist, den
Knochenheerd zugänglich zu machen und mit Meissel, Säge und
scharfem Löflfel alles Kranke gründlich zu entfernen.
Einen Beitrag zur Lehre von den Echinokokkenge-
schwülsten an den grossen Schenkelgefässen gibt Most Echino-
(Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. B u. 6). Bei dem 48jährigen ^^oi^^^en an
^ den fff ossen
Kranken hatte sich der Echinococcus in der Scheide der Crural- schenkei-
gefasse angesiedelt und sich nach dem Scarpa'schen Dreieck zu aus- gefässen,
gebuchtet. Der Kranke starb 4 Tage nach der Spaltung und
Ausräumung des Sackes an einer Pulmonalthrombose. Aus der
Litteratur ergibt sich, dass die Gegend der grossen Cruralge fasse im
weiteren Sinne des Wortes, d. h. die Ileopsoas- und obere Adduc-
torenpartie ein relativ oft aufgesuchter Ansiedlungspunkt der Para-
siten ist, dass aber vor der Operation die Diagnose kaum je
richtig gestellt worden ist. Therapeutisch wird wohl, ähnlich wie
bei den subfascialen Echinokokken anderer Körpertheile , auch bei
den Blasen der Cruralgegend die möglichst vollständige Exstirpation
der Cyste mit ihrer Bindegewebshülle grundsätzlich auszuführen sein.
Ist die Exstirpation wegen fester Verwachsungen u. s. w. unmög-
lich, so muss man sich mit der Incision und Drainage begnügen.
A. Barth (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 3) hat eine histo-
logiflch-klinische Studie über die Entstehung und das Wachs-
Jabibnch der pracüschen Medicin. 1899. 22
338 Wagner.
Entstehung thum der traumatischen Grelenkkörper veröffentlicht. Die
^"th anatomischen und experimentellen Untersuchungen haben als fest-
der freien stehend für die traumatische Aussprengung von Theilen der mensch-
Gelenk- liehen Gelenkfläche ergeben, dass der Gelenkknorpel am Leben bleibt.
A°ßarth* ^®^ knöcherne Antheil aber abstirbt, mag nun das ausgesprengte
Stück frei im Gelenk bleiben oder, wie es häufig geschieht, mit der
Gelenkwand verwachsen. Die Bruchfläche des ausgesprengten Stückes
wird entweder durch ein osteoides oder noch häufiger durch ein
Knorpelgewebe abgeschlossen und von einem Bindegewebsmantel be-
deckt. Die traumatischen freien Gelenkkörper zeigen grosse Tendenz
zur Verkalkung und Petrification. Es gibt traumatische Gelenk-
körper, die in bisher nicht aufgeklärter Weise durch ein verhältniss-
mässig geringfügiges Trauma entstehen und bei denen die klinischen
Erscheinungen der Gelenkverletzimg ganz unverhältnissmässig ge-
ringfügig sind. Die häufigste Ursprungsstätte der traumatischen Ge-
lenkkörper sind die Condylen des Femur. Alle Gewalteinwirkungen,
die die grossen Verstärkungs- und Hemmungsbänder des Knie-
gelenkes, oder auch nur Theile desselben in plötzliche, über die
physiologische Grenze hinausgehende Distraction versetzen, sind im
Stande, traumatische Gelenkkörper zu erzeugen. Dahin gehören die
Ad- und Abductionsbewegungen des Kniegelenkes und vor allem die
Torsionsbewegungen.
Cystisches Unter Zugrundelegung einer Beobachtung aus der v. Berg-
Enchondro- mann^schen Klinik bespricht Fritz König (Arch. f klin. Chir.
solitäre ^^- ^^» ^- ^) ^^^ cystische Enchondrofibrom und die soli-
Cysten der tären Cysten der langen Röhrenknochen. Diese namentlich
an gen |^^. jugendüci^en Individuen beobachtete Krankheit ist durch locale
knochen, Exstirpation mit guter vitaler und functioneller Prognose heilbar und
F. König, (jarf nicht mit den verschiedenen Arten der Knochensarkome ver-
wechselt werden, die trotz der eingreifendsten Operationen — totale
Entfernung der ganzen Extremität — eine sehr ungünstige Prognose
geben.
Sarkome Reinhardt (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 5 u. 6) berichtet
der langen über 64 Fälle von Sarkomen der langen Extremitäten-
knoch*e"n krochen, die 1880 — 95 in der Göttinger chirurgischen Klinik be-
Reinhardt, obachtet wurden. Am häufigsten sassen die Geschwülste im oberen
Drittel der Tibia und im unteren des Femur. Centrale Sarkome
waren häufiger als die periostalen. Das Alter von 16 — 25 Jahren
war am häufigsten betroifen ; auf 40 männliche kamen nur 14 weib-
Chirurgie.
339
liehe Kranke, dmal war es zu Fractur des sarkomatosen Elnochens
gekommen. Die Operationsmethode bestand fast ohne Ausnahme in
Amputation oder Exarticulation. Partielle Exstirpationen wurden bei
ßiesenzellensarkomen an kleineren Knochen: Talus, Calcaneus, Cla-
vikel vorgenommen. Von 39 Kranken, die bis zum Herbst 1891
operirt wurden, sind 7 = 18°/o dauernd, d. h. 8 — 12 Jahre geheilt
geblieben. In 4 Fällen trat im directen Anschluss an die Operation
der Tod ein.
der
bösartigen
Neu-
bildungen
an den
langen
Röhren-
knochen,
Wieainger.
Auf Grund dreier günstig ausgegangener Operationsfalle em-
pfiehlt Wiesinger (Deutsche med. Wochenschr. Bd. 24, Nr. 42), bei Behandlung
der Behandlung der bösartigen Neubildungen an den
langen Röhrenknochen nach dem Vorgange von Mikulicz an
Stelle der Amputation und Exaiidculation die Resection zu ver-
suchen. Bei den schaligen myelogenen Sarkomen ist dieses Ver-
fahren schon früher mit Erfolg versucht worden. Die Möglichkeit,
in dieser conservativen Weise vorzugehen, wird weniger durch die
Ausdehnung der nothwendigen Resection bestimmt, da es ja gelingt,
ganz bedeutende Defecte noch zur Heilung zu bringen, als durch
das Verhalten der Geschwülste zu den umgebenden Weichtheilen,
besonders den grossen Gefassen. Ist die Geschwulst bereits auf
diese vorgedrungen, so dass sie ohne deren Verletzung nicht mehr
rein exstirpirt werden kann, so ist der Versuch, die betreffende Ex-
tremität zu erhalten, zwecklos und die sofortige Entfernung der-
selben geboten. Ein weiterer Grund, die Amputation vorzunehmen,
ist die mangelnde ConsoHdation der resecirten Knochenenden an der
unteren Extremität.
Ueber eine Geschwulst von schilddrüsenartigem Bau im
Femur berichtet C. Göbel (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 4) auf
Grund eines von Helferich operirt en Falles. Der Tumor hatte eine
Pteeudarthrose erzeugt, und es wurde deshalb mit Erfolg die Exarticulatio
femoris vorgenommen. Aehnliche Fälle von Schilddrüsenmetastasen hat
Göbel in der Litteratur 15 gefunden.
Schild-
drüsen-
metastase
im Femur,
C. Göbel.
II. Speclelfe Chirurgie.
1. Krankheiten des Kopfes und Halses.
Die grösste Schwierigkeit der Technik der Craniektomie mit
der Drahtsäge besteht darin, letztere unter den Knochen des Schä-
340 Wagner.
Temporäre dels durchzuführen, und zwar ohne Ausübung von Druck und obie
Schädel- Verletzung der Hirnhäute. L. Gigli (Zur Technik der tem-
reseotion ...
mit porären Schädelresection mit meiner Drahtsäge. Cen-
Drahtsäge, tralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 16) hat zu dem Zwecke eine Art rinnen-
^ ■ förmiger Sonde ausführen lassen, die an ihrem Ende fast rechtwinklig
gekrümmt ist. In der Rinne dieser Sonde kann man ein 8 — ^9 mm
breites Fischbein gleiten lassen und in der Richtung weiterdrängen.
die ihm das Ende der Sonde gegeben hat, parallel der Oberfläche
des Hirns.
Schädel- E. Braatz (Zur Schädeltrepanation. Centralbl. f. Chir.
*''^P*^^°°'Bd. 25, Nr. 3) empfiehlt auf Grund eigener Erfahrungen für die
Schädeltrepanation aufs wännste die Grigli'schen Drahtsägen. Die
Trepanation geht mit diesen schnell und leicht vor sich; die ur-
sprüngliche Oeffnung im Schädel kann stets in beliebiger Richtung
vergrössert werden. Zum Bohren der Trepanlöcher hat Braatz
einen besonderen, sehr handlichen Bohrer construirt, ebenso zum
Durchführen der Drahtsäge durch die Trepanlöcher Sonden mit ver-
schiedenen ausprobirten Krümmungen.
C. Lauenstein. C. Lauenstein (Zur Technik der Schädeltrepanation
mit Hülfe des CoUin'schen Perforateurs und der G-igli'schen
Säge. Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 8) führt die Drahtsägen mittels
Uhrfedern durch die Trepanlöcher.
Ueber das Auftreten von Hirngeschwülsten nach Kopf-
„Trauma- Verletzungen hat Adler (Arch. f. Unfallheilk. u. s. w. Bd. 2, H. 2 u. 3'
tische" Hirn- eingeiieu^e Untersuchungen angestellt und eine Casuistik von 118 ^tran-
Adler ' niatischen" Hirntumoren zusammengestellt. Wenn auch weder hinsichtlidi
des Geschlechts und Lebensalters noch nach Art und Sitz des Tumor*
, traumatische* und „nicht traumatische" Himgeschwülate sich unter-
scheiden, so macht doch in einer Anzahl von Fällen schon die Anamnese
einen Zusammenhang zwischen Verletzung und Geschwulstbildung wahr-
scheinlich, wenn sich nämlich an die traumatischen Beschwerden alhn&h-
lieh typische Tumorsymptome anschliessen. In zweifelhaften Fällen wir«!
eine ungefähre Altersbestimmung des Tumors aus dem anatomiscbor.
Befunde zu versuchen sein. Andere Male wird die Ueber einstimuiuni:
des Angriffsortes der Gewalt mit dem Sitz des Tumor-,
eventuell Residuen der Verletzung an den weichen Schädeldecken,
dem Schädelknochen oder den Hirnhäuten an correspondirender Stelle di*'
ätiologische Bedeutung des Schädeltraumas ausser Zweifel stellen. E-
können aber auch an von dem Angriffsort weit entfernten Himstellen aut-
tretende Geschwülste die Folge der Verletzung sein.
Chirurgie. 341
Die Trepanation bei der traumatischen Jackson'schen
Epilepsie bildet den Inhalt einer sehr eingehenden Arbeit von
Graf (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 3). Nach einer kritischen Trepanation
Besprechung der von v. Bergmann ausgeführten Operationen theilt bei trauma-
Graf 146 Fälle operativ behandelter traumatischer Jack- jaokson-
son'scher Epilepsie aus der Litteratur mit. Die einfache Tre- scher
panation, mit oder ohne Eröffnung der Dura mater, aber ohne ^Gnrf '
Operationen am Schädelinhalt, wurde 71mal ausgefiihrt, während
die übrigen 75 Trepanationen auch die Hirnrinde und die deckende
weiche Hirnhaut operativ in Angriff nahmen. In den letzteren Fällen
handelte es sich 56mal um Entfernung in das Hirn eingedrungener
Knochenfragmente, um Incision oder Exstirpation von Cysten, um
Excision von Narben etc., während 19mal das Centrum der den An-
fall einleitenden Muskelgnippe , die meist durch Reizung mit dem
faradischen Strom erkannt war, exstirpirt wurde. Auf 146 Trepana-
tionen kamen 9 Todesfälle, die als Folgen der Operation anzusehen
sind. Betrachtet man nun die Fälle, in denen eine Heilung erreicht
wurde, so sieht man diese unter den verschiedensten Bedingungen
zu Stande kommen. Die Beseitigung einer knöchernen Depression,
die Excision eines Stückes der narbig verdickten Dura sind ebenso
im Stande, dauernde Befreiung von den Krämpfen zu schaffen, wie
die Exstirpation einer Cyste, einer Narbe oder eines Stückes der
anscheinend nicht veränderten Hirnrinde. Keine von beiden Me-
thoden hat vor der anderen einen erkennbaren Vortheil. Auch das
Horsley'sche Verfahren, so radical es erscheinen mag, schützt
nicht vor Rückfallen. Im ganzen wird von 35 Heilungen, die länger
als ^2 Jahr anbielten, berichtet; femer von 22 Besserungen. Diesen
stehen 36 Misserfolge gegenüber, während 53 Fälle infolge zu kurzer
Beobachtungsdauer, ungenauer Mittheilungen u. s. w. statistisch nicht
zu verwerthen sind.
H. Braun (Ueber die Erfolge der operativen Be- H.Braun,
handlung der traumatischen Jackson'schen Epilepsie.
Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 48, H. 2 u. 3) berichtet über einen
Kranken, bei welchem ibm nach mehrfachen Operationen die Hei-
lung einer traumatischen Jackson'schen Epilepsie schliesslich ge-
lungen ist und zwar, wie er annimmt, durch die Exstirpation des
corticalen Centrums für die Bewegungen der linken Hand und des
linken Daumens. Der Kranke ist jetzt 7 Jahre 4 Monate vollkommen
geheilt geblieben. Braun hat aus der Litteratur seit 1889 30 Fälle
von traumatischer J a c k s o n'scher Epilepsie zusammengestellt, in
denen Theile der Grehimoberfläche (motorische Centren) entfernt
342 Wagner.
Trepanation wurden, und 57 Fälle, bei denen es sich nur um die Entfernung
beitrauma- y^j^ Theilen des verletzt gewesenen Schädels oder von pathologi-
JackBon- sehen Veränderungen an der Stelle der Verletzung handelte. Aus
scher diesem Material ergibt sich als Richtschnur für unsere Behandlung
^.piiepsie, ^gj. traumatischen Jackson'schen Epilepsie folgendes; Bei circum-
scripten Verletzungen des Schädels, wenn dieselben in der Gegend der
motorischen Rindencentren gelegen sind, soll zunächst die Trepana-
tion an der Stelle der Verletzung vorgenommen werden. Erst wenn
durch diesen Eingriff kein wesentlicher Erfolg erzielt wird, ist man
berechtigt, das betreffende elektrisch bestimmte Centrum, auch wenn
es keine pathologischen Veränderungen zeigen sollte, in genügender
Ausdehnung und in einer Tiefe von ca. 5 mm zu exstirpiren. Eine
Operation ist auch dann vorzunehmen, wenn schon mehrere Jahre
seit dem Beginne der Epilepsie verflossen sind.
crani- J. v. Fedoroff (Arch. f. klin. Chirurgie Bd. 57, H. 3) theüt
j^ *F*d^'ff 3Craniektomieen mit, die er an 2 Kranken ausgeführt hat, und
die Ergebnisse seiner an Hunden vorgenommenen Experimente.
Er kommt hierbei zu folgenden Schlussfolgerungen: Die bös-
artigen Geschwülste des Schädeldaches müssen möglichst weit in
noch völlig gesunden Knochen exstirpirt werden, wobei auch die
Dura, wenn sie auch nur verdächtig erscheint, mit fortgenommen
werden muss. Die Grösse des dabei entstandenen Schädeldefectes
und der Dura kann, wenn nöthig, die Hälfte und vielleicht noch
mehr des Schädeldaches betragen. Solche grosse Defecte können
lange Zeit nur mit Haut bedeckt bleiben, ohne dem Kranken grössere
Gefahren für sein Leben zu verursachen. Bei der Operation ist
dem Blutverluste die grösste Aufmerksamkeit zu schenken (rasches
Operiren mit dazu geeigneten Instrumenten).
Schussver- Ueber Schussverletzungen des Gehirns hat Tilmann
1 A ß'l^^r« « (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 3) seit Jahren mit einem 9-mm-Re-
des uenirns, _ '
Tilmann. volver Schiess versuche angestellt und die Veränderungen und Zer-
störungen studirt, die das Gehirn beim Beschuss erleidet. Diese
Versuche ergeben die Berechtigung, drei Grade der Einwirkung auf
das Hirn als Folge der Durchschiessung festzustellen. Zunächst die
Zermalmung des Gehirns im Schusskanale, dann die Quetschung der
nächsten Umgebung desselben und endlich eine Art von Erschütte-
rung, die in der Vermehrung der Blutpunkte und in feinsten Zer-
reissungen im Himgewebe ihren Ausdruck findet. Diese letzt-
genannten Veränderungen sind in der Nähe des Schusskanals am
stärksten und nehmen nach der Peripherie zu ab.
Chirurgie. 343
Auf Grund von 26 der Kü mm el Fachen Abtheilung (Hamburg- Pene-
Eppendorf) entstammenden Fällen bespricht H. Graff (Beitr. zur ^^^^^^ende
klin. Cllir. Bd. 22, H. 2) die Behandlung penetrirender schussver-
Schädelschussverletzungen. Er glaubt sich auf Grund der letzungen,
gemachten Erfahrungen zu dem Schlüsse berechtigt, dass die primäre ^* ^^^^'
Trepanation bei penetrirenden Schädelschussverletzungen im all- .
gemeinen überflüssig imd zwecklos ist. Als Ausnahme könnte nur
gelten, wenn aus der Einschussöffnung eine profuse Blutung erfolgt,
oder wenn Zeichen dafür vorhanden sind, dass die Kugel ganz ober-
flächlich sitzt, also leicht zu entfernen ist. Bei einfachen Himdruck-
erscheinungen ist zuerst ein Versuch mit der Lumbalpunction zu
machen.
lieber die Deckung von Schädeldefecten mit ausgeglüh-Deokung von
tem Knochen nach der Methode von Barth weiss J. Grekoff Schädel-
defectien
(Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 39) auf Grund zweier klinischer j. Grekoff.'
Beobachtungen Günstiges zu melden. Die FäUe betrafen 2 Kinder
von 10 und 9 Jahren, die 3 resp. 15 Wochen alten Defecte waren
ö'/aiö, resp. 5:2*/a cm gross. Die Heilung hat bisher 5 und 7^«
Monate Bestand gehabt.
F. A. Kehrer (Die operative Behandlung angeborener Operative
Kopfbrüche, insbesondere der Hirnwasserbrüche. Archiv ^«^»»"»^^^«"le
f. klin. Chir. Bd. 57, H. 1) hebt hervor, dass die meisten Kinder Kopf bräche,
mit angeborenen Kopfbrüchen — Cephalocelen — erfahrungsgemäss ^- •^- Kehrer.
todt geboren werden oder innerhalb der ersten Lebenstage an in-
fectiöser Meningitis zu Grunde gehen. Verhältnissmässig am gün-
stigsten sind noch die Aussichten bei reiner Hydromeningocele und
bei einfachen Hirnbrüchen — Cenencephalocelen — , während bei
Himwasserbrüchen — Hydrencephalocelen — ein längeres Fort-
leben ausgeschlossen erscheint. Die bis jetzt angewandten Behand-
lungsmethoden, namentlich auch die Exstirpation , haben an dieser
trüben Prognose wenig geändert. Soweit die bis jetzt vorliegenden
Erfahrungen ein Urtheil gestatten, hat man Aussicht auf einen fimc-
tionell befriedigenden Erfolg in Fällen von einer Meningocele und
von frontaler Hydrencephalocele , aber auch hier nur dann, wenn
nicht angeborener Wasserkopf damit verbunden ist. Dagegen scheint
die Exstirpation der mit Hydrencephalocele occipitahs, sowie aller
mit Hydrocephalus internus verbundenen Himbrüche nicht im Stande,
die Kinder vor Idiotie, Blindheit u. dergl. schweren Himstörungen
zu bewahren.
344
Wagner.
Ueber Hydrencephalocelen und über die Frage ihrer
Operation operativen Behandlung spricht sich Paul Möller (Deutsche
der Zeitschr. f. Chir. Bd. 48, H. 1) auf Ghnind eines günstig verlaufenen
Hydren- . ... .
cephalocele, Operationsfalles — Danziger chirurgisches Lazareth — dahin aus,
P. Möller, dass die Fälle von Hydrencephalocele eine verhältnissmässig gün-
stigere Prognose geben, bei denen eine völlige Abschnürung des
vorgefallenen Ventrikeltheiles mit nachfolgender Obhteration des
Stieles noch während des intrauterinen Lebens stattgefunden hat.
In solchen Fällen kann die radicale Abtragung der Geschwulst zu
vollkommener Heilung ohne geistige Defecte führen.
Hyper- F. Thöle (Mittheilgn. aus d. Grenzgebieten d. Med. u. Chir. Bd. 3,
thermie bei jj, j) theilt aus der Garre'schen Klinik einen Fall von Hyperthermie
'J°' mit, der wahrscheinlich durch eine directe Reizunfi^ des thermischen
Operationen, . °
F. Thöle. Centrums im Corpus striatum zu erklären ist. Es handelte sich um
einen nach einem Schädelbruch entstandenen linksseitigen partiellen Hydro-
cephalus, der die Veranlassung zu epileptischen Krämpfen gegeben hatte.
Osteoplastische Trepanation, Entleerung des Hydrocephalus. Heilung.
Vom Operationstage an IV« Monate lang Temperaturerhöhungen bis Über
40° mit den wunderlichsten Schwankungen. Krämpfe seit mehreren Monaten
ausgeblieben.
Schädel-
basis-
fibrome,
M. Jordan,
Hopmann.
Für die operative Entfernung der Fibrome der Schädel-
basis empfiehlt M. Jordan (Münch. med. Wochienschr. Bd. 46,
Nr. 21), das Operationsfeld durch eine Combination der temporären
Kiefer- und Nasenresection freizulegen. Diese Operation, die Jordan
in 2 Fällen mit sehr günstigem Erfolge ausführte, ist weniger
eingreifend, als die L an genbec kusche Oberkieferresection, und die
durch dieselbe hervorgerufene Narbenbildung kaum entstellender,
als bei letzterer, da die Quemarben der Nase nicht oder nur un-
bedeutend sichtbar sind.
Hop mann (ibid. Bd. 46, Nr. 21) unterlässt bei der Operation
der Basisfibrome jede vorbereitende Operation und stellt sich einen
sehr geräumigen Zugang zum Nasenrachenraum durch möglichst
starkes Nachvorwärtsziehen des Velums her. Die Geschwulstbasis
wird dann nur unter Leitung des Gefühls mittels Elevatorien, Raspa-
torien und scharfen Löffels entfernt.
Um die von der Schädelbasis herunterkommenden Geschwülste
der Nase und des Nasenrachenraumes bequem und sicher zu ent-
fernen, hat Part seh (Arch. f. klin. Chir. Bd. 67, H. 4) mit Erfolf^
eine neue Methode temporärer Gaumenresection versucht.
Chirurgie. 345
Die Beobachtung, dass ein horizontal abgesprengter Gaumen im Zu- Temporäre
sammenhang mit den Alveolarfortsätzen ohne jede Schädigung der ^»^njf'i-
Dentur in kurzer Zeit fest und brauchbar zu verheilen vermag, Partsch.
brachte Partsch auf den Gedanken, den Zugang zum Schädel-
grunde durch fallthürartige Abklappung des ganzen ovalen Ab-
schnittes des Gesichtsschädels zu versuchen. Dieser Versuch gelang
vollkommen.
Die von Hansmann eingeführte Behandlung der Unter-
kieferbrüche durch Gewichtsextension zeichnet sich, wie
G. Seelhorst (Münch. med. Wochenschr. Bd. 45, Nr. 17) auf Gewichts-
Grund von 8 Beobachtungen hervorhebt, durch ihre Einfachheit und ö*|eiision
^ . . ' . bei Unter-
leichte Handhabung aus. Sie vermeidet eine Störung der Beweg- kiefer-
Hchkeit der Mundgebilde und gestattet eine genaue Ueberwachung brüchen,
der Wundheilung. Der Extensionszug wird dadurch ausgeübt, dass ' ®® ^^^ *
um die Schneidezähne des Unterkiefers ein starker Faden geknüpft
wird, dessen mit */« — 1 Pfund beschwertes Ende an der unteren
Bettkante über eine Rolle läuft. Die Extension kann meist schon
nach 8 — 10 Tagen weggelassen werden.
Zum improvisirten Ersatz des Knochendefectes nach
halbseitiger Unterkieferresection hat F. Berndt (Arch. f. Improvi-
klin. Chir. Bd. 57, H. 1) in 4 FäUen mit günstigem Erfolge die ge- Jt^KnochVii^
wohnlich zu Pessaren verwendeten Celluloidringe benutzt. Diese sind defectes
durch Kochen im Wasser leicht zu steriHsiren und zu formen, haben nach
ein geringes specifisches Gewicht und sind deshalb reizlos. Die erste xjnte*rk\efe^i^
Bedingmig für die Einheilung der Prothese ist der völlige Abschluss resection,
der Wunde von der Mundhöhle. Kann man denselben nicht primär ^' Berndt.
durch Vemähung der Schleimhaut erreichen — was übrigens in den
meisten Fällen gelingt — , so wartet man wohl besser mit dem Ein-
legen der Prothese, bis die betreffende Communication zwischen
Wunde und Mundhöhle durch Granulation geschlossen ist. Die
Prothese kann jahrelang liegen bleiben, ohne Fisteln zu bilden;
später kann sie eventuell durch eine Knochenplastik ersetzt werden.
Auf Grund mehrerer Beobachtungen aus der Breslauer chirurgi-
schen Klinik gibt L. Alexander (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20, H. 3)
einen Beitrag zur Kenntniss der wahren Ankylose des
Kiefergelenks. Als Ursachen derselben finden wir vornehm-
lich infectiöse entzündliche Processe, die sich in der Nähe
des Kiefergelenkes abspielen, so besonders auch die eitrige Otitis
346
Wagner.
Wahre
Ankylose
des
Kiefer-
gelenks,
L. Alexander,
K. Roser.
media. Auch Traumen spielen öfters eine grössere E;olle. Im
allgemeinen sind die durch die arthrogene Kieferklemme hervor-
gerufenen Störungen sehr ernster Natur und erfordern dringend Ab-
hülfe. Von den verschiedenen operativen Methoden empfiehlt Ale-
xander namentlich eine von Mikulicz erprobte Modification des
Helferic haschen Verfahrens. Nach vorausgegangener Meissel-
resection wird nicht ein Lappen aus dem Schlafenmuskel mit unterer
Basis in den Knochendefect eingepflanzt, sondern ein Muskelstück
aus dem Masseter mit ebener Basis. Hierdurch kann die Entfernung
eines Knochentheils aus dem Jochbogen vermieden und die Opera-
tion um vieles einfacher gestaltet werden.
Zur Behandlung der Kiefergelenksankylose theilt
K. Roser (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 5) einen FaU mit, in dem
er mit gutem Erfolge eine Goldplatte in das reeecirte Gelenk ein-
gelagert hat. Er empfiehlt die Interposition einer Goldplatte nament-
lich bei den arthrogenen Kiefergelenksankylosen ; er beabsichtigt aber
auch bei Ankylosen anderer Gelenke die eventuell nur temporare
Interposition von Metall- oder Gummiplatten zu versuchen.
Myogene
Kiefer-
klemme,
F. V. Pried-
länder,
H. Braun.
F. V. Friedländer (Beitrag zur Kenntniss der mvo-
genen Kieferklemme. Wien. klin. Wochenschr. Bd. 11, Nr. 19)
hat bei einem 19jährigen Mädchen mit schwieliger Degeneration und
partieller Verknöcherung beider Mm. temporales und dadurch be-
dingter Kieferklemme die beiden Muskeln mit günstigem Erfolge
total exstirpirt. lieber das weitere Schicksal der Kranken konnte
nichts in Erfahrung gebracht werden.
H. Braun (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 2 u. 3) theilt
einen Fall von myogener Kieferklemme bei einer 15jährigen,
an ausgesprochener Myositis ossificans progressiva leidenden
Kranken mit. In der Litteratur befinden sich schon eine Reihe von
Beobachtungen, in denen die myogene Kieferklemme die gleiche
Aetiologie hatte. In dem Braun^schen Falle wurden nach
einander beiderseits die Gelenkköpfe des Unterkiefers und die Proc.
coronoidei resecirt. Mehrere Wochen lang war der Erfolg günstig,
dann standen die Zahnreihen wieder so fest auf einander wie zuvor.
Braun entschloss sich deshalb zur Zurücklagerung der In-
sertion der Kaumuskeln, einer Operation, die bisher von
Le Dentu und Kocher in je einem Falle von myogener Kiefer-
klemme mit Erfolg ausgeführt worden ist. Das Resultat dieser Ver-
legung oder Desinsertion aller Kaumuskeln war auch bei der Braun-
Hchen Kranken zufriedenstellend. Es wurde zwar nicht ein beweg-
Chirurgie. 347
lieber Kiefer und die Möglichkeit zum Kauen erzielt, aber die
Kranke war durch die letzte Operation doch insofern wesentlich ge-
bessert, als sie schneller Flüssigkeiten und weiche Nahrungsmittel
in den Mund fähren konnte. Das Operationsresultat hat sich bisher
erbalten; die Zahnreihen sind 1 cm weit von einander entfernt ge-
blieben.
Stetter (Beiträge zur Glossitis papillaris und tu b er- GlosBitis
culosa. Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 2) hat bei 4 Kranken eine ^*^* ^'^^
' ' and
Affection des Zungengrundes in der Gegend der Papulae circum- tuberculosa,
vallatae beobachtet, die in einer abnormen Höhe dieser Papillen be- Stetter.
stand. Die Abtragung derselben beseitigte dauernd alle Beschwerden.
Die mikroskopische Untersuchung ergab, dass es sich um harte
Papillome der Zungenschleimhaut gehandelt hatte. Femer
beobachtete Stetter bei einem 46jährigen Kranken einen Tuberkel-
knoten in einer Papilla circumvallata der Zunge, der sich
im Anschluss an Lungentuberculose bereits zu einer Zeit entwickelt
hatte, in der sichere Zeichen für die letztere weder auscultatorisch
noch percutorisch, noch endlich bacteriologisch nachzuweisen waren.
Ueber die Lymphgefässe und Lymphdrüsen der Zunge
mit Beziehung auf die Verbreitung des Zungencar-
cinoms hat H. Küttner (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 21, H. 3) ein- Verbreitung
gehende Untersuchungen angestellt, aus denen sich für die Operation „ **
des Zungencarcinoms folgendes ergibt: Man soll, wie es beim Lippen- Carcinoma,
und Mammacarcinom schon längst geübt wird, auch beim Zungen- ^- Küttner
careinom typische Drüsenausräumungen vornehmen, und zwar müssen
die snbmaxillaren, submentalen und tiefen cervicalen Drüsen beider-
seits entfernt werden. Fühlt man vergrösserte Drüsen in der Supra-
claviculargmbe, so sind dieselben, auch wenn sie nach oben keinen
Zusammeohang haben, unter allen Umständen auszuräumen, wenn
DOihig, doppelseitig.
Von den chronisch entzündlichen Erkrankungen, die den eigent-
lichen Gescfawalstbildungen zunächst kommen, können sich in der
Parotis die Aktinomykose und die Syphilis localisiren. Gegen Tuber-
culase scheint die Parotis, ebenso wie die übrigen Speicheldrüsen,
fast immun zu sein; in der Litteratur findet sich nur eine von
Stabenranch mitgetheilte Beobachtung. Einen neuen Fall von
Taberculose der Parotis theilt M. Bockhorn (Arch. f. klin.
Chir. B«L 57. H. li aas der v. Bergmännischen Klinik mit. Durch
348 Wagner.
Tuberculose zwei operative Eingriffe wurde bei der 39jährigen Kranken die theil-
' weise käsig erweichte Parotis, anscheinend ohne Verletzung des
M. Bockhorn. N. facialis, entfernt. Heilung ohne Recidiv. Pathologisch-anatomiach
handelte es sich um verkäsende Tuberculose, die sich auf dem in-
teracinösen Wege, vermuthlich durch Vermittelung der Lymph-
bahnen, entwickelt hatte. Die schädlichen Keime waren wahröchein-
lich durch die nicht mehr normale Mimdschleimhaut eingedrungen,
die, sei es durch Stomatitis, sei es durch die cariösen Zähne, zur
Infection prädisponirt war.
Kropf- Th. Kocher (Corresp.-Blatt f. Schweizer Aerzte Bd. 28, Nr. 18)
Operation, ijenchtet über eine neue Serie von 600 Kropfoperationen,
Th. Kocher. . . r r ?
die er in den letzten 3^/2 Jahren ausgeführt hat. Darunter waren
18 maligne Strumen (6 Todesfälle), 11 Fälle von Strumitis (2 Todes-
fälle), 15 Basedowki'anke (2 Todesfälle). Von den 556 Kranken mit
Colloidstruma starb nur ein Patient imd zwar an Chloroformtod. Bei
der gegenwärtig so günstigen Operationsprognose können die Indi-
cationen zur Kropf Operation weiter gefasst werden. Die Gefahr hat
sich auch bei complicirten Operationen um ein bedeutendes ver-
mindeii;, seitdem Kocher principiell auf die allgemeine Narkose
verzichtet und alle Strumen bloss mit Cocainanästhesie operirt; im
übrigen ist er seiner alten Operationsmethode vollkommen treu ge-
blieben.
Resection Zoege v. Manteuffel (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 18) hat
^ff sich für die Resection parenchymatöser Strumen ein Ver-
Schilddrüse, . . .
Zoege V. fahren ausgebildet , das gestattet , mit sehr geringen Blutverlusten
Manteuffel. grosse Stücke aus dem Kröpfe auszuschneiden, und keine Massen-
ligatur hinterlässt. Nach Blosslegung der Struma mittels Kocher-
sehen Bogenschnittes und Durchtrennung der tiefen Halsfascie geht
man an die Basis der Struma ein. Die Gefasseintnttsstellen werden
vom Assistenten mittels Daumen und Zeigefinger comprimirt. Nach
der Resection wird die Wunde sofort mit einer fortlaufenden Seiden-
naht, die fast bis an den Boden der keilförmigen Resectionswunde
hineinreicht, vernäht. Der untere Wundwinkel wird offen gelassen,
der Stumpf versenkt, die Muskeln darüber vernäht.
Aberrirte Eine aberrirte Struma unter der Brusthaut beobachtetA*
Struma, F. Hofmeister (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20, H. 3). Bei dem 54jährigen
F. Hoftneister. Joanne hatte sich innerhalb 20 Jahren eine kindskopfgrosse Struma cystioa
entwickelt; eine mannskopf grosse cystische Geschwulst unter der linken
Brusthaut — Schlüsselbein bis sechste Rippe — soll sich innerhalb eines
Chirurgie. 349
halben Jahres gebildet haben. Dieser Tumor war mit dem vom linken
SchUddrüsenlappen ausgegangenen Hauptkropf durch einen parenchyma-
tösen Stiel verbunden. Function und Injection von lO^oig^Di Jodoformöl
brachten die aberrirte Struma zur Heilung ; beim Halskropf war diese Be-
handlung erfolglos, da die Wandungen starke Kalkplatten enthielten.
In den Fällen, in denen die Kropf exstirpation nicht mehr aus-
geführt werden darf, empfiehlt A. Wölfler (Beitr. z. klin. Chir. Operative
Bd. 21, H. 2) eine operative Dislocation des Kropfes vor- des Kropfes,
zunehmen. Dieser Eingriff, der nicht mit der Jaboulay'schen A. Wölfler.
Exothyreopexie verwechselt werden darf, besteht darin, dass man
den Kropf aus seinem Lager, wo er functionelle Störungen hervor-
ruft, herausholt imd ihn unter der Haut und dem Kopfnicker, und
auch wohl den übrigen Muskeln an einer zumeist höher gelegenen
Stelle fixirt, wo er voraussichtlich die Luftröhre, den X. recurrens
und die Speiseröhre nicht mehr drücken kann. Indicationen für die
Dislocation des Kropfes sind: 1. Kropfrecidive ; 2. bilaterale Com-
pression der Luftröhre durch beide Kropfhälften (Exstirpation der
einen, Dislocation der anderen) ; 3. einseitige Compression der Luft-
röhre durch jene Kropf hälfte, die gerade nicht exstirpirt worden ist;
4. substemale Verlagerung einer gleichmässig vergrösserten Schild-
drüse bei jugendlichen Lidividuen.
Unter Beibringung von 4 neuen Beobachtungen aus der v. Bruns-
schen Klinik behandelt S. Preyss (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 22, H. 2) Diffuse
die Operation der diffusen Lipome des Halses. Die Exstir- "^^pi^yg^®'
pation derselben ist oft eine äusserst schwierige und zeitraubende
Operation, aber der Heilungsverlauf ist trotz der ausgedehnten Wund-
höhlen stets günstig, die Gefahr für den Kranken sehr gering. Wir
beseitigen durch sie die so auffallende Entstellung, sowie die etwa
vorhandenen Beschwerden. Vor allem können wir durch eine aus-
gedehnte zeitige Operation verhindern, dass es überhaupt zu bedroh-
lichen Compressionserscheinungen kommt, ohne eine Wiederkehr der
exstirpirten Tumoren befürchten zu müssen.
Als Beitrag zur Kenntniss der tiefen Lipome des Halses Tiefe
theüt Fr. Völcker (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 21, H. 1) folgende Be- ^^^'^J^J^/^g
obachtung mit: Bei einem 14jährigen Mädchen hatte sich ein kinds- pr. Völcker.
kopfgrosses, subfasciales Lipom an der rechten HaLsseito entwickelt,
das, wie sich bei der Exstii'pation ergab, mit einem festen knöchernen
Stiel an den Proc. transversus des fünften Halswirbels bindegewebig
fixirt war. Dieser Knochenstiel erwies sich als eine rudimentäre
350 Wagner.
Halsrippe, deren verdicktes Periost durch Metaplasie zur Bildung
der lipomatösen Geschwulst geführt hatte.
2. Krankheiten der Brnst und Wlrbels&nle.
Die Calot'sche Behandlung der tuberculösen Spondy-
Calot'8 litis hat, wie Hoffa (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 3) hervor-
Behandlung jig^j^^ eine ganze Reihe von Todesfällen zur Folge gehabt und be-
cu lösen ^rf deshalb entschieden grosser Einschränkungen. Contraindi-
Spondylitis, cationen gegen das Verfahren bilden das Alter des Buckels, sehr
^^° *' hohe Grade von Buckelbildung, Abscesse. Hat ein Gibbus länger
als 3 — 4 Jahre bestanden, so ist er in der Mehrzahl der Fälle in
Ruhe zu lassen, da sich mit aller Wahrscheinlichkeit eine feste Ver-
wachsung der Wirbel entwickelt hat. H o f f a hat das ursprüngUche
Calo tische Verfahren mit Resection der Domfortsätze 4mal geübt:
das vorsichtige Redressement , wie es Calot jetzt auch selbst em-
pfiehlt, 19mal. Mit den bisherigen Ergebnissen ist Hoffa recht
zufrieden ; natürUch kann von einem definitiven Resultate noch nicht
die Rede sein. Man darf nicht vergessen, dass es sich neben der
Difibrmität der Wirbelsäule doch noch um eine tuberculöse Erkran-
kung der Wirbel handelt, die zur Ausheilung mindestens 2 — 3 Jahre
beansprucht.
L. WuUstein, L. Wullstein (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 27) bespricht
die schweren anatomischen Veränderungen, die sich beider
allerdings bisher kleinen Zahl experimenteller Redressements er-
geben haben. Bei ganz alten, mit grosser Deformität und knöcherner
Ankylose geheilten Fällen soll man sich auf die paragibbäre Correc-
tion beschränken. Bei allen anderen Fällen soU man das von
Calot gesetzte Ziel zu erreichen suchen, aber bei vollständiger
Continuitätserhaltung der erkrankten Wirbelsäule. Für dieses all-
mähliche, vorsichtige Redressement hat Wullstein einen beson-
deren Lagerungsapparat construirt.
0. Vulpius, 0. Vulpius (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 3) empfiehlt, an
Stelle der ganz unzulänglichen manuellen Extension entweder die
horizontale Schraubenextension oder noch besser die ver-
ticale Suspension treten zu lassen. Die Vortheile des zunächst
sehr abschreckenden Aufhängens an den Füssen sind die freie Zn-
gänglichkeit des ganzen Rumpfes, die Entfernung des Narkotiseurs
aus dem Arbeitsgebiete, die Möglichkeit, direct an der Wirbelsäule
imd mit dosirbarer Kraft eine Gewichtsextension anbringen zu
können. Unbedingt muss der extendirte Kopf in den Verband ein-
Chirurgie.
351
geschlossen werden. — Schede (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 3)
empfiehlt ebenfalls nur eine sehr gemilderte modificirte Calot'sche
Behandlung und hat dafür einen besonderen Apparat angegeben,
dessen Kraftentfaltung genau dosirt werden kann.
E. Anders (Statische und pathologische Verhältnisse
der redressirten spondylitischen Wirbelsäule. Arch. f.
klin. Chir. Bd. B6, H. 4) hebt hervor, dass wir durch das Calot'sche
Verfahren in den Stand gesetzt worden sind, durch wirkliche Tren-
nung von Wirbeltheilen den tubercidösen Heerd bei horizontaler
Lagerung vom statischen Drucke zu entlasten. Man ist femer im
Stande, durch gewaltsame Trennung der exulcerirten Wirbelkörper
und Geradestellung den Rückenmarkskanal und seinen Inhalt von
den sich in ihn hineindrängenden ZerfaUstheilen zu befreien und
den auf solche Ursachen zurückzufuhrendeo Lähmungen entgegen-
zutreten. Dagegen findet durch zu weites Auseinanderrücken des
supra- und infragibbären Segmentes von einander in der Längs-
richtung Verschiebung des Markes im Kanal und Dehnung mit
seinen Folgezuständen statt. Der Nachweis eines knöchernen Er-
satzes für die entstandene Lücke nach dem Redressement ist bis
jetzt noch nicht erbracht worden.
Schede.
E. Anders.
N. Huhn (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 4) hat einen Ap- Apparat zur
parat zur Streckung und Ausgleichung: des Buckels con- Streckung
.^j . T^. 1 , r^,/. des Buckele,
struirt, der eme correcte Dosirung der angewendeten Zugkraft er- n. Huhn.
möglicht. Alle Manipulationen am Kranken lassen sich im Apparat
ausfuhren, sowohl Zug, Redressement , Reclination als Fixation im
Gipsverbande. Die Zahl der Assistenten wird dabei auf höchstens
1 — 2 Personen reducirt.
Die von Kümmell zuerst im Jahr 1891 beschriebene trau-
matische Spondylitis ist seitdem von einer ganzen Reihe von
Autoren beobachtet worden. Auch W. Hattemer (Ueber trau- Trauma-
matischeSpondylitis und secundäre traumatischeKyphose. tische
Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20, H. 1) theilt aus der Garr^'schen Klinik w.'^HatLmer''
zwei charakteristische Fälle dieser Affection mit. Die durch das
Trauma primär gesetzten Veränderungen sind in vielen Fällen von
traumatischer Spondylitis nicht mit Sicherheit zu bestimmen. Je
nach der Schwere und Art der einwirkenden Gewalt handelt es sich
am eine Quetschung der Knorpel, eine Absprengung von Knochen- *
splittem, eine Infraction, Fissur oder mehr oder minder vollständige
Compression der Wirbelkörper. Die secundäre Erweichung und
352 Wagner.
Kyphose der Wirbelsäule ist entweder die Folge einer traumatischen
rareficirenden Ostitis oder einer localen Osteomalacie auf nervöser
Grundlage. Die Prognose ist verhältnissmässig günstig, wenn bald
die richtige Therapie eingeschlagen wird: Fixirung und Entlastung
der Wirbelsäule wie bei tuberculöser Spondylitis. Auch nach an-
scheinend völliger Ausheilung müssen die Kranken noch längere
Zeit einen Stützapparat tragen.
Auf Grund von 59 Obductionsprotokollen tödtlicher Eückgrats-
Trauma- Verletzungen bespricht P. Stolper (Monatsschr. f. Unfallheilkunde
tische Bd.5,H.2)dietraumati8chenBlutungeninundum dasEücken-
Blutungen ' -^ , . ®
uraundin mark. Diese kommen bei allen schwererön Rückgratsverletzun-
das Rücken- gen yor, seltener ohne solche. Die extramedullären Blutungen
P stolper. waren stets mit einer durch Wirbelverschiebung hervorgerufenen
Contusio medullae complicirt, hatten also als selbständige Aifection
keine Bedeutung. Intramedulläre Blutungen fanden sich nur im
Halsmark, und zwar immer neben Quetschungserscheinungen. Die
Verbreitung der Blutung in der Längsaxe war stets sehr augen-
fällig, ebenso meist die Bevorzugung der grauen Substanz. Die Ur-
sache der Hämatomyelie ist eine Rücken markszerrung.
Echino- M. Wilms (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 21, H. 1) theilt aus der
C0CCU8 Trendelenburg'schen Klinik einen Fall von Echinococcus
multilocu- ^ .
laris der multilocularis der Wirbelsäule mit und bespricht im Anschluss
Wirbelsäule, lueran das Verhältniss des multiloculären Echinococcus
zum Echinococcus hydatidosus. Bei dem Kranken, bei dem
eine Resection der Wirbelsäule anscheinend mit Erfolg vorgenommen
wurde, der aber dann später dem Fortschreiten der Affection erlag,
ergab der genaue pathologisch -anatomische und helminthologi-
sche Befund, dass der W^urm nach den äusseren mechanischen
Bedingungen wechselnd bald wie der Hydatidosus bald wie der Multi-
locularis wuchs. Wilms kommt zu dem Schlüsse, dass eine Unter-
scheidung der Tänie von Echinococcus multilocularis und hydati-
dosus ebensowenig angängig ist, wie eine Unterscheidung des Blasen-
wurms nach Form, Grösse und Zahl der Haken. Es gibt nur
eine Taenia echinococcus.
Auf Grund des reichen Materials des Stuttgarter Katharinen-
• hospitals hat A. Klett (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 49, H. 4
u. 5) die Behandlung der Thoraxverletzungen bearbeitet.
V. Burckhardt führt bei den Stichwunden des Thorax princi-
Cinrnrgie. 353
piell die primäre Desinfectioii des WundkaTials . eveDtufcH bi? zur Behau dlni.^
Pleura oder zum Herzbeutel aus. Xicht T»eiietiireDde Wunden wer- ^^'
den dann genäht, penetrirende mit Jodoformxraze tampc^nirt. Bei letiBBgeu.
Schusswunden des Thorax Legnüirte man sich in d^r Regel mit A Kl*-tt
einer Desinfection der Umgebunfr der Wunde, der Ein- und Aus-
schussöfiiiung, wenn die letztere T(»rhandeTi, und dem Anlegen eines
aseptischen Deckrerbandes. Die Ericufire dieser Behau diungsmeth o-
den waren sehr günstig.
Garre (Ueber Oesophagusrf-hecti on und Oesoj»Lagus- Ocsopbagns-
plastik. Arch. £. klin. Chir. Bd. 57. R 3i hat 3 Oesophagu^resec- '**^^^'"''
tionen wegen Carcinom ausgeführt. Die g^^-^<ren Schwierigkeiten
erwachsen einem Operateur bei d*-r XtrubilduLi: einf^ Schlundrohrs.
In seinem letzten Falle it>t Garre in dt-r Weie»e Torgefirangm . dass
er die gesunde Kehlkojtfschl^i Tri haut aus^chäit^. um sie zur Bildung
des neuen Schlundrohret«! zu b'r-nutzen- Di^-^er Tubus irJt und blieb
sehr gut vascularisirt und erwies t^ich als ein vorzügliches Material
fiir die vollkommen gelungene Plastik-
Operationen an dem Bru^tabschnitt der Speiseröhre Operatiocfn
hat Rehn (Arch. f. khn. Chir. Bd. 57. R 4) in 2 FäUen ausge- " *^"
führt. Der Oesophagus wird von hinten her ireig-r-Iegr : nach eint-m abschnitt
Lappenschnitt an der rechten hinteren Thoraxwand und BesecTinn ^^^
. , • -n- • - * 1 i_ -^ Speiseröhre.
von wenigstens vier Kippen in grosserer Au>^iennung trint man ^^ehn
nach Ablösung der Pleura auf den Oesophagus, der in seinem Brust-
theil entschieden besser beweglich ist, als am Halse. Beide Operirt.e
gingen an Infection zu Grunde.
Ueber die Verletzung des Ductus thoracicus am Halse
und ihre Heilungsmöglichkeit hat W. Wendel (Deutsche ^«*^
Zeitschr. f. Chir. Bd. 48, H. 5 u. 6» eingehendere Untersuchungen des^D^oV/s
«'zugestellt. Er kommt dabei zu df-m Ergebnisse, dass eine Ver- thor*cicu>
Ittzung des Ductus thoracicus am Halse in einem grossen Procent- !^iSi*^*.t"
>atze der Fälle fiir den Abfluss des Chvlus in das Blut ohne Be-
Deutung ist. Hier wird die Tamponade, die Ligatur, das Anhfren
»iiner Klemme genügen, um eiue Chylorrhoe zu vermeiden. Die
Keüung wird ohne jede Störung in kurzer Zeit erfolgen. In den
Fällen aber, wo keine Collateralen vorhanden sind, um den Abfluss
^le.s Chylus zu übernehmen, wird nur ganz ausnahmsweise bei kleinen
>».*itlichen Verletzungen ein Verschluss der OefFnung durch Gerinnsel
Jafarbach der practischen Mediciii. 1899. 23
354 Wagner.
stattfinden können. Denn einerseits hat der Chylus keine grosse
Coagulationsfclhigkeit, und andererseits sind die nachdrängenden chy-
lösen Massen so gross , dass sie einen etwa gebildeten Thrombus
wieder fortschwemmen werden. Hier haben wir eine Chylorrhoe
zu erwarten, die so lange andauert, bis sich ausreichende Collate-
ralen gebildet haben.
Operative Harvey W. Cushing (Operative wounds of the thoracic
1 ♦-«^J««- duct. Report of a case with suture of the duct. Ann. of
letzangen *
des Ductus surg. Bd. 27, H. B) verletzte bei der Exstirpation carcinomatöser
thoracicus, Drüsen oberhalb des Schlüsselbeines den Ductus thoracicus : ca. 3 mm
lange Längswunde, aus der sich sofort reichliche, klare seröse
Flüssigkeit ergoss. Sofortige Naht ; Heilung per primam intentionem ;
kein weiterer Lympherguss. Unter 8 in der Litteratur mitgetheilten
operativen Ductus -Verletzungen finden sich noch 2, wo die Ver-
letzung mit Erfolg sofort durch die Naht geschlossen wurde.
Dermoid- G. Ekehorn (Archiv f. kUn. Chir. Bd. 57, H. 1) gibt auf
M^^*" * H ^ m ^^^^^^"^^^ 2 eigener und 29 in der Litteratur zerstreuter Beobachtungen
anticum, einen üeberblick über die Dermoidcysten des Mediastinum
G. Ekehorn. anticum. Diese auf fötale Störungen zurückzuführenden Cysten
können längere Zeit ohne nachweisbare Erscheinungen bestehen ; für
gewöhnlich haben sie nur ein langsam fortschreitendes Wachsthum.
Von den verschiedenen Symptomen ist am charakteristischsten und
geradezu pathognomonisch das Aushusten von Haaren; wichtig ist
femer eine längere Zeit bestehende Hervorwölbung der Brust-
wand. Unter den subjectiven Symptomen treten die Athembeschwer-
den am meisten hervor. ' Die Prognose der mediastinalen Dennoid-
cysten, die nicht durch chirurgischen Eingriff behandelt werden, ist
absolut schlecht. Daher ist ein operativer Eingrüf — Totalexstir-
pation oder einfache Licision und Ausräumung mit nachfolgender
Cauterisation der Wände und Drainage — dringend indicirt, sobald
die Diagnose feststeht.
Verblutung Ein Fall von tödtlicher Verblutung nach Stichverletzung
,r ^y^?^ der achten Intercostalarterie ist der Lihalt einer Mittheilung
Verletzung . . , r.« .
einer Inter- von L. Froriep aus der v. Bruns'schen Klinik (Beitr. z. klin. Chir.
costal- Bd. 22, H. 2). Therapeutisch lehrt diese Beobachtung, bei allen
L* Froriep Verletzungen des Thorax, bei denen eine Verletzung der Intercostal-
arterie in Betracht kommen kann, auch wenn keine Blutung daraul
hinweist, die Wunde zu erweitem, die Arterie aufzusuchen, an Ort
und Stelle eventuell zu unterbinden, oder um die Aspirationswirkung
der Pleurahöhle aaazuBchalten, eine Plenronaht zu machen und dann
die äussere Wunde mit dem blutenden Gefösse zu behandeln.
Die Erfahrungen über die Behandlung veralteter Em-
pyeme, die in der Czerny'schen Klinik an 20 Kranken gesammelt
woi-den sind, sprechen, wie Jordan (Arch. f. klin. Cbir, Bd. 57, Behandiui
H. 3) hervorhebt, zu Gunsten der Schede'echen Operation, bei der vet»liete
neben den betreffenden Rippenstücken auch die Zwiachenrippentbeüe jort<m.
und die Pleuraschwarte entfernt werden. Die ßesection der Thorax-
wand muss 90 ausgiebig sein , daas die Empyemhöhle von jeglicher
Knochenüberdaehung befreit wird. Für die Nachbehandlung em-
pfiehlt sich sehr die vollständig offene Wundbehandlung.
G. Perthes (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20, H, 1) theüt ein neues Kaoh-
Verfahren zur Nachbehandlung der Operation des Em- »»•l'.ndlur
pyems; und zur Beseitigung des Pneumothorax mit, sofern sniprem-
er auf einem Defect der Thoraxwand beruht. Das Ver- opentior
fahren bezweckt, nach der Radicaloperation des Empyems durch
Schnitt und Rippen resection einen negativen Druck in der Empyem-
höhle zu unterhalten, der im Sinne der Wiederentfaltung der colla-
birt«n Lunge und der Verkleinerung der Empyendiöhle wirksam ist-
Die dem Verfahren dienende Vorrichtung besteht aus einer Bunsen-
schen WasBerstrahlpumpe; eine eigens conetruirte, die Operations-
wunde luftdicht abschlieBsende Kappe ermögUcht es, die durch die
Luftpnmpe erzeugte Luflverdünnung auf die Empyemhühle auszu-
dehnen. Der aus der Empyemhöhle abfliessende Eiter wird in einem
Sammelgef&Bse aufgefangen , an dem ein Manometer jederzeit den
in der Pleurahöhle unterhaltenen negativen Druck zu controlliren
gestattet.
Auf Grund einer Zusammenstellung der mit der Pneumotomie
bisher erzielten Resultate hebt Preyhan (Berliner Klinik H. 1171 Pnauwo-
zunächst hervor, daaa sich die doppelseitigen Lungenaffectionen, p j'*'
Tnberculose und Brouchiektasien, nicht iur die Pneumotomie eignen.
Diese Operation soll nur bei einseitigeu Lungencrkrankimgeii An-
wendung finden. Und zwar bieten hier die acuten Erkranliimgen
ungleich bessere HeiluogsausBichten, ala die chronischen. Die Mög-
lichkeit einer rechtzeitigen Operation wird in der Hauptsache durch
die Frühdiagnose gewährleistet. Von den verschiedenen Operationen
gebührt der ßesection die erste SteUe. Von grundlegender Bcdeu-
356 Wagner.
tung für diesen operativen Eingriff ist natürlich das Bestehen von
Pleuraadhäsionen, die überall da, wo sie etwa fehlen, künstlich er-
zeugt werden müssen.
3. Krankheiten des Unterleibs.
a. Magendarmkanal.
Ueber Peritonitis chronica non tuberculosa und ihre
Folgen: Verengerung des D ar m s und Di slocation der rechten
Peritonitis Niere, hat Riedel (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 3) interessante
chronica Mittheilungen gemacht. Er bespricht zunächst die Narbenbildung
tuberculosa, i^i ^^^ Mesenterien, die namentlich im Mesenterium des S romanum
Riedel. häufig vorkommt und hier zu ileusartigen Zuständen führen kann.
Entwickelt sich der chronisch entzündliche Process im Peritoneum
der hinteren Bauchwand rechterseits, so kann er zu erheblicher Dis-
location der rechten Niere führen; sie wird nach der Mittellinie zu
verzogen, erscheint als stark fixirter Tumor in der Gegend der
Gallenblase, während gleichzeitig das Duodenum nach links verzen-t
wird. Es treten meist die gleichen Erscheinungen auf, wie bei der
acuten Gallenblasenentzündung. In diesen Fällen muss möglichst
bald operirt und die Niere fixirt werden.
An der Hand von 7 in der chirurgischen Abtheilung des Frank-
Pene- furter Krankenhauses beobachteten Fällen bespricht E. Siegel
trirende (ßeitr. z. klin. Chir. Bd. 21, H. 2) die Diagnose und Therapie
letzungen ^®^ penetrirenden Bauchverletzungen. Die Fälle waren
E. Siegel. 2 Schussverletzungen ohne nachweisbare Schädigung innerer Organe,
3 Stichverletzungen des Magens, resp. der Leber und 2 Schuss Ver-
letzungen mit Eingeweideperforationen. 6 Kranke genasen nach der
Laparotomie; nur der Patient mit Stichverletzung des Magens starb.
Die frühzeitige Laparotomie ist bei penetrirenden Bauchverletzungeu
diejenige Therapie, die allen Complicationen Rechnung trägt und
die allein uns befähigt, den Gefahren zu begegnen, die von Seiten
peritonealer Infection und Verblutung drohen.
Zur operativen Behandlung der diffusen eitrigen Per-
Operative forationsperitonitis bringt B. v. Beck (Beitr. z. klin. Chir.
Behandlung ß^j 20, H. 1) einen neuen Beitrag. Er hat innerhalb 6 Monaten
der Per- ...
forations- ^^ Fälle von eitrig-jauchiger, acuter Peritonitis, bedingt durch Or-
peritonitis, ganperforation , beobachtet. Von den 12 Kranken wurden 11 ope-
B. V. Beck. j.^j^. ^ crenasen, und zwar wurden diese 6, 24 und 48 Stunden nach
der Perforation operirt. v. Beck betont, dass bei Verdacht oder
Chirurgie.
357
des
Magen-
carcinoms^
Mikulicz,
Annahme einer peritonealen Organperforation oder beim diagnosti-
cirten Auftreten einer diffusen, der Eiterung oder Jauchung ver-
dächtigen Peritonitis der Kranke möglichst bald in chirurgische Be-
handlung zu bringen ist, die in einem ausgiebigen Bauchschnitt mit
Ausräumung des Exsudates bestehen muss.
In seinen Beiträgen zur Technik der Operation des
Magencarcinoms (Archiv f. klin. Chir. Bd. 57, H. 3) betont
J. Mikulicz zunächst die grosse Wichtigkeit, die Verbreitungswege Operation
des Magencarcinoms genau zu studiren. Für den Chirurgen wichtig
ist besonders die continuirliche Verbreitung in der Magenwand.
Mikulicz ist überzeugt, dass wir dieselbe bisher zu wenig berück-
sichtigt haben imd dass in der Regel zu wenig von der Magen-
wand resecirt worden ist. Die Forderung, bei Magencarcinomen
radicaler als bisher vorzugehen, bringt es mit sich, dass die Ope-
ration sich nach jeder Richtung hin eingreifender gestaltet und dass
die Technik namentlich für die vorgeschrittenen Fälle eine Aende-
rung erfahrt. Zur Verringerung der dadurch gesteigerten Gefahren
tragen heute wesentlich zwei Mittel bei: die Schleich'sche An-
ästhesie und die Vervollkommnung unserer Wundbehandlung und
Operationstechnik.
Die bisherigen Erfahrungen bei der radicalen Opera-
tion des Magencarcinoms (der Magenresection und der
Magenexstirpation) an der Züricher chirurgischen Klinik
sind nach Krönlein (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 2) folgende:
Von 24 Operirten starben 5 an den Folgen der Operation, 2 an inter-
currenten Krankheiten, 8 an Carcinomrecidiv im 1. — 3. Jahre post
operationem; 8 Kranke leben ohne Recidiv, davon 2 im 4. Jahre;
1 Kranker lebt mit Recidiv. Die Kranke mit totaler Magenexstir-
pation ist nach 10 Monaten noch vollkommen gesund.
Krönlein.
F. Krumm (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 4) hat bei 2 Kranken
die Magenresection nachKocher's Methode (Gastroduodeno-
stomie) vorgenommen. Beide Kranke sind bisher 6 resp. 8 Mo-
nate recidivfrei. Besonders günstige Aussichten bietet der erstere
Fall, in dem eine Frühdiagnose gestellt werden konnte. Krumm
empfiehlt das Kocher'sche Verfahren, das nach den Angaben der
Litteratur bisher erst 39mal ausgeführt worden ist.
Einen sehr interessanten Fall von Regeneration des Magens
nach fast totaler Resection beobachtete Schuchardt (Arch.
Magen-
resection
nach
Kocher's
Methode,
F. Krumm.
358 Wagner.
Regene- f. klin. Chir. Bd. 57, H. 2). Bei dem 58jährigen Manne war Anfang
1«« ««--«-«». 1895 ein Theil des Duodenums, das krebsig iniiltrirte Netz und der
Magens nacn ' ^
totaler ganze Magen bis auf einen 2 — 3 Querfinger breiten Stumpf an der
Resection, Cardia entfernt. Der Stumpf Hess sich bequem mit dem Duodenum
vereinigen. 2'/4 Jahre später Tod an Lungenmetastasen. Aus dem
zurückgelassenen Cardiastumpf und dem Duodenum hatte sich ein
neuer magenähnlicher Blindsack von 500 g Capacität gebildet ; kein
örtUches Recidiv.
Gastro- TJeber die Gastroenterostomie hat V. Chlumskij (Beitr. z.
entero- ^^^ Chir, Bd. 20, H. 1 u. 2) ausgedehnte experimentelle und sta-
V. Chlumskij, tistische Studien angestellt, die besonders dasMikulicz'sche Material
zur Grundlage haben. Von Ende 1884 bis Mitte 1897 wurden in
der Breslauer chirurgischen Klinik 74 Gastroenterostomieen vor-
genommen, und zwar 61mal wegen Carcinom resp. Sarkom, llmal
wegen Ulcus ventriculi resp. dadurch entstandener Pylorusstenose.
24 Operirte (32,43 °/o) starben innerhalb der ersten 30 Tage. Die
Operationsmethode war die nach v. Hacker und Wo If 1er, letztere
mit besonderen Modificationen. In der letzten Zeit wurde der Mur-
phy'sche Knopf immer häufiger zur Anlegung der Magendarmfistel
verwendet, und zwar immer nach dem Princip der Gastroenterostomia
anterior, antecolica. Von 1881 — 96 sind 550 Gastroenterostomieen
mitgetheilt worden. Welchen Einfluss die zunehmende Uebung und
Erfahrung der Chirurgen auf den Erfolg der Operation gewonnen
hat, geht am besten daraus hervor, dass sich die Gesammtresultate
von Jahr zu Jahr bessern: 1881—86 65,71 <>/o ; 1886—90 46,47 Vo:
1891—96 33,91 % Mortalität,
w. Sykoir, Eine einfache Methode der Gastroenterostomie hat W. S}'-
koff (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 2) in einem Falle erprobt. Er
bildet zunächst eine feste Vereinigung zwischen Magen und Leer-
darm, ohne dass einer von beiden eröffnet wird. Dann wird das zu-
führende Ende mittels eines Querschnittes eröffnet und von da aus
die an den Magen angenähte Darm wand und die betreffende Magen -
wand durchtrennt. Die quere Darmincision wird dann in der Weise
genäht, dass an dieser Stelle eine quer verlaufende Klappe entsteht.
0. Kappeier, 0, Kappeier (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 49, H. 2 u. 8)
theilt seine Erfahrungen über Gastroenterostomie mit. Er
hat von 1887 — 98 39 Gastroenterostomieen ausgeführt: 8mal wegen
Ulcus, 31mal wegen Carcinom. 12 Kranke starben innerhalb der
ersten 80 Tage. 8 Kranke wurden nach der ursprünglichen Methode
von Wölfler, 10 nach der von v. Hacker operirt. 21 Kranke ope-
Chirurgie.
359
rirte Verf. nach einer eigenen Methode mit horizontaler Aufhängung
beider Schenkel der angenähten Schlinge am Magen. Bei diesem
Verfahren werden Störungen in der Magendarmcirculation fast ganz
vermieden.
Aus der Albert'schen Klinik liefert H. Peham (Deutsche Zeit- H. Peham,
Schrift f. Chir. Bd. 48, H. 5 u. 6) einen Beitrag zur Gastroentero-
stomie, der sich auf 67 solche Operationen stützt, die 1890 — 97
vorgenommen wurden. 34 Kranke verstarben während ihres Aufent-
haltes in der Klinik, darunter 14 an Peritonitis. In 50 Fällen wurde
die Anastomose an der hinteren Wand des Magens nach der von
V. Hacker angegebenen Weise angelegt, in 13 Fällen die vordere
Anastomose nach Wolf 1er und in 4 Fällen die vordere Anastomose
nach B renne r's Angabe ausgeführt. Gegenüber der Resection tritt
Peham sehr energisch für die Gastroenterostomie ein; er will lieber
ein operables Carcinom unresecirt lassen, als eine Narbenstrictur
reseciren.
Als ein neues vereinfachtes Verfahren der Gastroentero-
stomie und Enteroanastomosis empfiehlt A. Podres (Arch. f. A. Podres.
klin. Chir. Bd. 57, H. 2) die perforirende Kreuznaht, über die aber
jedenfalls erst noch weitere Erfahrungen gesammelt werden müssen.
J. Hochenegg (Wiener klin. Wochenschr. Bd. 11, Nr. 21) hat Gastro-
bei einem 25jährigen Kranken mit jedenfalls angeborenem Sand- ^'^.^^^^^^^^^
uhrmagen mit günstigem Erfolge die Gastroanastomose nach magen,
Wölfler vorgenommen. Die vorher ausserordentlich starken Be- J- Hochenegg.
schwerden, namentlich das heftige Erbrechen, wurden durch die Ope-
ration vollkommen gehoben.
Auf Anregung von A. Henle (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 29)
hat Mikulicz in einem Falle von gutartiger Pylorusstenose
anstatt der Pyloroplastik oder Gastroenteroanastomose die Gastro-
duodenostomie mit Erfolg ausgeführt. Die mittels Naht aus-
gefiihrte Anastomose wurde zwischen Magen und dem oberen hori-
zontalen Duodenalabschnitt mit Ausschaltung des Pylorus ausgeführt.
Voraussetzung für die Ausführbarkeit der Operation sind Verlage-
rung des Pylorus nach oben und die Verwandlung des oberen hori-
zontalen Duodenalabschnittes in einen verticalen oder wenigstens aus-
gesprochene Beweglichkeit des genannten Duodenalschenkels.
Oastro-
daodeno-
Btomie,
A. Henle.
Ueber die Behandlung des perforirenden Magen- und
Duodenalgeschwürs hat K. G. Lennander (Mittheilungen aus d.
360 Wagner.
Behandlung Grenzgebieten d. Med. u. Chir. Bd. 4, H. 1) eine grössere Arbeit ver-
f ^"^ ^Yen öffentlicht, die sich hauptsächlich auf eigene Beobachtungen gründet.
Magen- und Er verfügt über 13 Operationsfalle: 8 mit diifuser, 5 mit circum-
Duodenal- gcripter Peritonitis. Weir und Foote haben 79 Operationen wegen
cesdiwürB
K. G. Lennan- perforirender Magen- oder Duodenalgeschwüre zusammengestellt ; die
der. Mortalität beträgt 71 "/o. Von den innerhalb 12 Stunden nach Be-
ginn der Symptome Operirten starben 39 °/o ; von den innerhalb 12
bis 24 Stunden Operirten 76 °/o ; von den später Operirten 87 ^/o .
Chirurgische R. Wanach (Ein Beitrag zur chirurgischen Behandlung
^^^Tes^"""^ des Duodenalgeschwürs. Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 2) ope-
Duodenal- rirte einen 22jährigen Kranken 15 Stunden nach Beginn der schweren
geschwürs, peritonitischen Erscheinungen. Auf der Vorderwand des Duodenums
dicht am Ansätze des Ligamentum hepatico-duodenale, fand sich eine
Perforation. Excision des Geschwürs unmöglich. Feste Vemähung
mit sero-serösen Nähten; Jodoformtampon. Heilung. Während der
Operation ist die Perforation im Duodenum ausser von Wanach nur
noch in 7 Fällen gefunden worden (4 geheilt, 4 gestorben). Vor
der Operation konnte die Diagnose kein einziges Mal gestellt werden.
Eine sehr eingehende Bearbeitung der Myome des Magen-
Myome des darmkanals hat R. Steiner (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 22, H. 1 u. 2)
Ma^gendarm- ^^^ ^^^ Wölfler'schen Klinik geliefert. Im Anschluss an eine Be-
R. Steiner, obachtung Wölfler's von Myoma sarcomatosum jejuni und an 2 Be-
obachtungen Eppinger's von Myom des Magens und des Processus
vermiformis hat Steiner 58 Fälle aus der Litteratur zusammen-
gestellt. Die inneren Myome des Verdauungkanales, soweit
sie sich klinisch bemerkbar machen, zeigen in erster Linie die Sym-
ptome der Verstopfung, und zwar im Anfang mehr die eines incom-
ple1;en als completen Verschlusses. Letzterer tritt dann allerdings
oft plötzlich auf, zeigt aber charakteristische Unterbrechung, während
welcher oft vollkommenes Wohlbefinden vorhanden ist. Die inneren
Myome des Magens und des Rectums sind meist durch schwere
Blutungen ausgezeichnet. Die äusseren Myome des Magen da rm-
r obres erreichen weitaus grösseren Umfang und rufen anfanglich
nur die Symptome der Verzerrung und Verziehung hervor, ohne die
Passage zu stören; später treten zu ihnen die Symptome der Com-
pression. Bei den durch äussere Myome hervorgeinifenen Stenosen
treten keine freien Intervalle ein. Wegen Myomen des Verdauungs-
kanales wurden im ganzen 24 Operationen ausgeführt; 5 Kranke
starben daran.
Chirurgie. 361
W. S. Halsted (Inflated rubber cylinders for circular Darmnaht,
suture of the in testine. Bull, of the John Hopkin's hosp. Bd. 9, ^- ^- Halß^^ed.
Nr. 83) empfiehlt auf Grund von Thiei-versuchen die circuläre Darm-
naht über kleinen Kautschukballons auszufiihi'en, die luftleer in die
resecirten Darmenden eingeführt und dann mit Luft aufgeblasen
werden. Die Darmnaht lässt sich über einem solchen wurstförmigen
Ballon sehr rasch und exact vornehmen. Kurz vor Beendigung der
Naht wird der wieder luftleer gemachte Ballon entfernt.
Zur Casuistik der vielfachen Schussverletzungen des Vielfache
Dünndarms theüt A. Mannaberg (Beitr. z. kHn. Chir. Bd. 20, Schuss-
, . . Verletzung
H. 2) einen sehr interessanten Fall aus der Wölfler'öchen Klinik des Dünn-
mit. Die 40jährige Kranke hat aus '/4 m Entfernung einen Revolver- darms,
öchuss in das Abdomen bekommen. 5 Stunden nach der Verletzung * * *'^'
Laparotomie. Es fanden sich 17 Verletzungen des Dünndarms, dar-
imter 16 Perforationen, die sämmtlich genäht werden mussten. Hei-
lung. Bei constatirter oder mit grosser Wahrscheinlichkeit an-
genommener complicirter Perforation des Magendarmtractus muss
alsbald die Laparotomie als einzig richtige Therapie ausgeführt werden,
nicht nur im unmittelbaren Anschlüsse an die Verletzung, sondern
auch, mit allerdings in geometrischer Proportion abnehmender Aus-
sicht auf Erfolg, auch noch am 2. oder 3. Tage.
Popp er t (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 3) machte bei einer Poppert.
Unterleibsschussverletzung 4 Stunden später die Laparotomie.
Es fanden sich 12 Perforationen im Dünndarm. Es mussten 5 mehr
oder wenige lange Darmstücke resecirt werden. Heilung.
Auf Grund von 23 Operationen schildert May dl (Mittheilungen Jejuno-
aus d. Grenzgeb. der Med. u. Chir. Bd. 3, H. 3 u. 4) die Leistungs- ^ir^"^®'
lähigkeit und die technischen Vervollkommnungen der Jejunostomie.
Es geht aus den mitgetheilten Erfahrungen ebenso entschieden her-
vor, dass die Jejunostomie sowohl in Bezug auf die breite Anwend-
barkeit dieses Verfahrens, die Sicherheit der Methode, ihre leichte
Ausführbarkeit auch ohne Narkose, ihre schon bei der ersten Reihe
von Fällen beobachtete geringe Sterblichkeit, gute Function der
Fistel, die postoperative Lebensdauer, Ausbleiben der Recidive von
Stenosenerscheinungen jedenfalls der Gastroenterostomie überlegen _
ist und fortab das Verfahren der Wahl bei neoplastischen malignen
Stenosen des Magendünndarmüberganges werden sollte, ebenso wi*
es die Gastroenterostomie werden muss, wenn es sich um guta
narbige Verengerungen handelt.
362 Wagner.
In seinen neueren Erfahrungen über Appendicitis hebt
Appendi- E. Sonnenburg (Mittheilungen aus d. Grenzgebieten d. Med. u.
citis, Chir. Bd. 3, H. 1) hervor, dass den mit stürmischen Initialsymptomen
'einhergehenden charakteristischen Anfallen, selbst wenn es sich um
erste Attacken handelt, die pathologischen Veränderungen der per-
forirenden Appendicitis zu Grunde liegen. In diesen Fällen ist
nur durch eine chirurgische Behandlung — Eröffnung des Abscesses
und völlige Entfernung des erkrankten Wurmfortsatzes — dauernder
Erfolg zu erzielen. Bei den diffusen, nach Appendicitis auf-
tretenden Feritonitiden, die meist im Anschluss an einen ab-
gekapselten Heerd um den perforirten Appendix entstehen, der nach
der Bauchhöhle durchbricht, empfiehlt Sonnen bürg, den ursprüng-
lichen Heerd durch Flankenschnitt breit zu eröffnen und durch Ent-
lastung desselben ihn unschädlich zu machen. Dadurch wird die
weitere Infection des freien Bauchraumes beschränkt. Von 64 Kranken
mit diffuser Peritonitis nach Appendicitis, die Sonnenburg mittels
Flanken Schnittes behandelte, genasen 27 = 42*^/0.
In einem Beitrage zur Pathologie und Therapie der
Wurmfortsatzentzündung, der sich auf 56 Fälle mit 14,3 */o Mor-
Gzemy n. talität gründet, präcisiren Czerny und Heddaeus (Beitr. z. klin.
HeddaeuB. q^ g^ 21, H. 2) ihren Standpunkt in der Appendicitisfrage dahin,
dass der acute erste Anfall von Appendicitis dem internen Mediciner
gehört. Kommt es im Anschluss an diesen Anfall unter acuten oder
chronischen Erscheinungen zur Abscessbildung, so muss chirurgisch
eingeschritten werden. Alle chronischen recidivirenden Formen, seien
sie rein katarrhalisch, seien sie ulcerös oder perforirend oder theil-
weise obUterirend, gehören dem Chirurgen, weil sie eine beständige
Gefahr und Existenzbeeinträchtigung des Besitzers bilden.
Locale Eine grössere Arbeit von V. Conrath (Beitr. z. klin. Chir.
chronische Bd. 21 , H. 1) über die locale chronische Cöcumtuberculose
tnbercalose ^^^ ihre chirurgische Behandlung gründet sich auf 5 Be-
V. Conrath. obachtungen aus der Wölfle raschen Klinik und 80 aus der Litte-
ratur zusammengestellte Fälle. Die chronische Cöcumtuberculose,
der tuberculöseCöcaltumor ist wohl ausnahmslos eine secundäre
Darmtuberculose und behält seinen eigenen Charakter unabhängig
davon, ob die Tuberculose in der Mucosa oder Subserosa ihren Ur-
sprung genommen hat. Die subseröseForm entsteht durch Con-
tactinfection von den regionalen tuberculösen Lymphdrüsen aus ; die
mucöse Form ist eine Fütterungstuberculose , verursacht durch
tuberculose Sputa. Der tuberculose Cöcaltumor ist meist hart und
Chirurgie. 363
höckerig, von der Bauchwand abdrückbar , mehr oder weniger be-
weglich. Therapeutisch empfiehlt sich die Totalexstirpation
des Göcaltumors dann, wenn Aussicht vorhanden ist, dass bei
einem sonst noch ziemlich kräftigen Individuum die Geschwulst leicht
und ohne Zurücklassung eines localen Heerdes exstirpirt werden
kann. In aUen anderen Fällen ist die incomplete Darmausschal-
tung auszufuhren, der unt^ günstigen Verhältnissen die Exstirpation
angeschlossen werden kann.
J. Schulz (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 5 u. 6) be-D ärmsten ose
richtet über einen Fall von Darmstenose infolge von Gangrän i^J^ol^e von
der Schleimhautnach Operationeiner incarcerirtenLeisten- haut-
hernie. Die Schleimhaut der eingeklemmt gewesenen, anscheinend gangrän,
lebensfähigen und deshalb reponirten Darmschlinge war geschwürig ' ®
zerfallen ; es bildete sich eine gleichmässige narbige Stenose aus, die
mehrere Wochen nach der Hemiotomie eine Laparotomie nöthig
machte. Wegen des grossen Schwächezustandes des Kranken wurde
die Enteroainastomose gemacht. Heilung. Zwei ganz ähnliche
Beobachtungen sind früher von Garr^ und Maas mitgetheilt worden.
A. V. Eiseisberg (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 2) theilt seine Totale
Erfahrunsen über die Behandlung von Kothfisteln und Stric- ^""^*^*-
iT-i, -11 i-i-i aohaltung
turen des Darmkanals mittels der totalen Darmausschal- beiKoth-
tung mit. Er hat die totale Darmausschaltung bisher 12mal aus- fisteln,
gefuhrt; 6mal handelte es sich um für die Resection inoperable Koth- '^' "®" ^^'
fisteln (2 Todesfälle); 3mal um inoperable Tumoren (1 Todesfall);
2mal um ausgedehnte Schwielen resp. Abscessbildung des Cöcums;
Imal um Tuberculose des Cöcums. Die Darmausschaltung soll aber
stets erst dann in Betracht kommen, wenn eine Resection sich un-
möglich oder zu gefahrlich und schwierig erweist. Die partielle
Darmausschaltung, die bei für Resection inoperablen Stenosen der
totalen Ausschaltung wegen ihrer Einfachheit vorzuziehen ist, lässt
bei Kothfisteln meist im Stiche; während bei nicht bestehenden
Fisteln die totale Darmausschaltung der partiellen nur dann vor-
zuziehen sein wird, wenn sehr lebhafte Schmerzen bestehen, eine
Infection und katarrhalische AfFection des Darmkanals von dem Ent-
zündungsheerde aus oder gar eine schwere Blutung und Perforation
zu befürchten ist. Unter allen Umständen aber wird man die par-
tielle Darmausschaltung vor die totale stellen, wenn man über zu-
und abführendes Stück im Unklaren ist. Trotz der günstigen Er-
folge von V. Baracz und Obalinski warnt v. Eiseisberg vor der
364 Wagner.
totalen Occlusion der ausgeschalteten Partie ; er lässt stets eine Fistel
als Sicherheitsventil. Die Secretion aus dieser Fistel nimmt immer
schnell ab, so dass sie die Kranken nicht belästigt.
intussus- H. Küttner (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 21, H. 2) theilt aus der
ception ^ Bruns'schen Klinik einen sehr interessanten Fall von Ileus
eines
Meckel- durch Tntussusception eines Meckel'schen Divertikels mit.
sehen Trotz Laparotomie starb die 41jährige Kranke. Die Section ergab,
H Küttner ' ^^^^ ^ ^°^ unterhalb des Ueberganges von Duodenum in Jejunum
das Darmlumen durch ein handschuhiingerfbrmig umgestülptes Diver-
tikel verlegt war und dass dicht unterhalb der Basis dieses Gre-
bildes die Darmwand in geringer Ausdehnung gangränös und an drei
kleineren Stellen perforirt war.
Die Frage der forcirten Taxis eingeklemmter Brüchebe-
Forcirte spricht E. Bennecke (Berl. klin. Wochenschr. Bd. 35, Nr. 12) an der
Taxis, Hand eines sehr lehrreichen Beispiels. Die falsche Ansicht, dass die
Compressionstaxis der eingeklemmten Brüche überhaupt nicht über-
trieben werden könne, hat schon viel Unheil angerichtet. Am gefahr-
lichsten kann sie in der Narkose werden, wo das Fehlen von Schmerzens-
äusserungen des Kranken zur Anwendung stärkerer Kraft verfuhrt.
Die Taxis soll nie mit maximaler, stets mit stark gemässigter Kraft und
keinenfalls länger als 10 Minuten vorgenommen werden. Die Repositions-
versuche werden aber nur kürzere Zeit wiederholt, nachdem der Kranke
mit erhöhtem Becken etwa 1 Stunde mit einer Eisblase auf dem Bruch
zu Bett gelegen hat. Sind auch diese Versuche erfolglos, so wird
sofort zur Operation geschritten. Ist ausserhalb des Krankenhauses
die Taxis schon versucht, so wird sie in der Klinik auf ein Mini-
mum beschränkt. Führen diese Versuche nicht in wenigen Minuten
zum Ziele, so wird zur Operation geschritten. Sind irgend welche
Erscheinungen von Perforation, Entzündung im Bruchsack vorhanden,
oder ist der Bruch sehr gespannt und sehr schmerzhaft, ist die
Leistungsfähigkeit des Darms auch nur im geringsten zweifelhaft,
so unterbleibt selbstverständlich jeder Versuch einer Reposition.
Darrawand- 0. Föderl (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 2) hat eine experimentelle
bräche, Studie über Darmwandbrüche veröflFentlicht. Die Anregung zu der Ar-
0. Föderl. ^^-^ ^^ ^^ Beobachtung eines Falles von incarcerirter Lateralhemie in
der secundären Ausstülpung eines Nabelbruchsackes. Die 45jährige Kranke
wurde durch Operation geheilt. Zur Ergründung des bei den Darm-
wandbrüchen in Betracht kommenden Mechanismus hat Föderl
Versuche an lebenden Meerschweinchen, sowie exti-aabdominale Versuche
Chirurgie.
365
am lebenden und todten Darme angestellt. Die Hauptresultate sind fol-
gende: Die acuten Einklemmungen von Partialhemien entstehen in der
Regel nach dem Typus der Eotheinklemmung, selten infolge elastischer
Incarccration. Bei chronischen Partialhemien findet sich immer eine Ver-
wachsung mit demjenigen Peritonealtheile, der der Bruchpforte, bezw. dem
Bruchsacke entspricht. Für die Entstehung der Darmwandbrüche über-
haupt kommt namentlich die Wirkung der Bauchpresse in Betracht. Soll
eine elastische Einklemmung entstehen, so muss ein leerer Darm einer sehr
elastischen Bruchpforte gegenüberliegen. Meist besteht anfangs eine Com-
munication zwischen Partialhemie und Lateralbruchschlinge, die später
durch eine secundare elastische Umschnürung aufgehoben werden kann.
Th. Hiller (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 22, H. 1) theilt 16 Ope- Operation
rationen bei Nabelbrüchen mit, die von Steinthal im Stutt-
garter Diakonissenhause vorgenommen worden sind. Bei 2 Kranken
bestand schwere Einklemmung; beide starben nach der Operation,
der eine an schon bestehender Peritonitis, der andere an Pneumonie.
9 Kranke sind '/2 — 3^/a Jahre nach der Operation sicher recidivfrei.
Bei kleinen und mittelgrossen Brüchen und bei Kranken, die eine
allgemeine Narkose ertragen, erscheint die Omphalektomie nach
Condamin-Bruns als die rationellste Methode. Bei Trägem von
Nabelbrüchen , die für eine allgemeine Narkose nicht tauglich er-
scheinen, besitzen wir in der Schleich'schen Infiltrationsmethode
ein vorzügliches Mittel, die Radicaloperation der Nabelbrüche gefahr-
los durchzufiihren.
der Nabel-
brüche,
Th. mUer.
Hernia
Processus
vaginalis
encystica,
K. Selcke.
Im Anschluss an eine Beobachtung aus der Garre'schen Klinik hat
K. Selcke (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 22, H. 1) eine Arbeit über die Hernia
Processus vaginalis encystica geliefert. Von den bisher beschriebenen
Fällen sind nur 7 als wirkliche encystirte Hernien anzuerkennen. Die meist
congenitale, fast stets rechts sitzende Hernia processus vaginalis encystica
ist eine sehr wichtige Abart der äusseren indirecten Leistenhernie und da-
durch charakterisirt, dass der Bruchsack sich in die Höhle des nicht ob-
literirten Processus vaginalis hineingestülpt hat. Die Tunica vaginalis
communis ist mehr weniger stark erweitert, enthält verschiedene Mengen
Flüssigkeit. Der in die Tunica vaginalis eingeführte Finger bewegt sich
in einem völüg abgeschlossenen Blindsack; man gelangt auf keine Weise
in die Bauchhöhle, auch nicht mit der Sonde. Die Diagnose der Hernia
encystica ist klinisch sehr selten, bei der Operation wohl immer zu stellen.
F. Baehr (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 1) theilt 3 Beobachtungen g^J^^^^^
des sehr seltenen äusseren Schenkelbruches mit, der in noch heute bruch,
mustergültiger Weise 1829 von Hesse Ibach beschrieben worden ist. Seine F. B«
366 Wagner.
Haupteigenthümlichkeiten sind das sehr allmähliche Entstehen, die La^
zwischen Spina ilei anterior snperior und den Schenkelgefössen, die breite
Basis und die stumpfe Spitze.
Auf Grund der ausgezeichneten Erfolge, die Kocher namentlich
Radioal- mit seiner lateralen Verlagerungsmethode erzielt hat, stellt S. Leben-
Operation ^^ (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 48, H. 5 u. 6) folgende Sätze
der Hermen, ^ .' xx« j- i
S. Lebensobn. für die Radicaloperation der Hernien auf: 1. Die Radicalope-
ration eines Bruches ist ein ungefährlicher Eingriff; er bietet sehr
grosse Sicherheit in Bezug auf definitive Heilung. 2. Bei Brüchen,
die irreponibel oder incoercibel sind, die schon Einklemmungserschei-
nungen hervorgerufen haben, ist die Radicaloperation unbedingt ge-
boten. 3. Jeder reponible Bruch, der sich durch Bruchband nur in
einer Weise zurückhalten lässt, die dem Exanken Beschwerden ver-
ursacht, soll einer Radicaloperation unterworfen werden. 4. Als Indi-
cation zur Radicaloperation darf femer gelten der Wunsch des
Kranken, durch eine Radicaloperation geheilt und vom lästigen
Tragen eines Bruchbandes befreit zu werden. 5. Die Operation ist
contraindicirt bei gestörtem Allgemeinbefinden, Krankheit lebens-
wichtiger Organe und bei solchen Potatoren, bei denen Delirium-
ausbrüche zu befürchten sind.
Radical- A. Br enner(Centralbl. f. Chir. Bd. 26, Nr. 41) hat bei 348 Leisten-
de^ L^el ^r'n- ^^^^^^^ ^^^ Fingerhut- bis Mannskopfgrösse die Radicalopera-
hernien, tion nach Bassini gemacht. Er hat die Methode dahin abgeändert,
A. Brenner, (j^gg ^r den Cremaster als Ergänzung der Muskelplatte des Obli-
quus internus verwendet und durch ihn die hintere Wand des Leisten-
kanals bildet. Es wird auf diese Art Muskel an Muskel und nicht die
Muskelmasse des Litemus und Transversus an die gefassarme Schicht
des angefrischten Poupart^schen Bandes vernäht. Die 348 Brüche
fanden sich bei 251 Kranken; 2 starben. Unter 169 verwerthbaren
Fällen fanden sich 10 Recidive (5,9 »/o).
Osteo- M. Borchard berichtet über 4 Kranke, bei denen Körte mit
plastiBcher gü^gtigem functionellem Resultate den osteoplastischen Ver-
Verschlass . f ^
grosser schluss grosser Bruchpforten nach dem Verfahren von Tren-
Brnch- delenburg-Kraske ausgeführt hat. Es wird aus dem Becken des
M^ Borchard. Bruchkranken selbst ein Periostknochenlappen oder ein Periost-
knorpelknochenlappen gebildet, mit seiner Basis an der Ursprungs-
stelle mit dem Becken in Verbindung gelassen und dann nach oben
in die Bruchpforte hineingeklappt. Der Dauererfolg hängt im wesent-
Chirurgie. 367
liehen davon ab, dass die Knochenplatte möglichst in dem Um-
fange bestehen bleibt, in dem. sie bei der Operation aufgerichtet
wurde. Dieses ideale Resultat ist bei drei von den Körte'schen
Operationen erreicht worden, die 3*/», 2^4, l'/4 Jahre recidivfrei sind.
b. Leber, Gallenblase, Milz, Pankreas.
Ueber die Stillung von Leber- und Nierenblutungen
mit Dampf und heisser Luft hat H. Schneider (Beitr. z. klin. Stillung von
Chir. Bd. 21, H. 3) an Thieren mit gutem Erfolge experimentirt. jjieren^
Die beisse Luft gestattet auch grosse blutende Flächen rasch mit blutnngen
fester Decke zu versehen; der entstehende Schorf ist dauerhaft, mittelst
aseptisch, ohne fremde Einschlüsse, unter ausschliesslicher Ver- wasser-
Wendung des ausströmenden Blutes gebildet. Eine functionelle dampf es,
Schädigung der Organe durch Ueberhitzung ist nicht zu befurchten. ^' Schneider.
Jedenfalls erscheint die Methode auch beim Menschen einer näheren
Prüfung werth.
H. Kehr (Samml. klin. Vorträge, N. F. Nr. 22B) theilt die Gallenstein-
Resultate von 360 Gallensteinlaparotomieen mit, unter be- i«P»ro-
_ ^ i-i. i.-i-i r>-ri tomieen,
sonderer Berücksichtigung der in den letzten 2 Jahren aus- h. Kehr.
geführten 151 Operationen. Er vertheilt seine Operirten unter
fünf grosse Gruppen: 1. Die Steine steckten nur in der Gallenblase
bezw. im Duct. cysticus und konnten durch Cystostomie, Cystico-
tomie u. s. w. entfernt werden. Von 180 hierher gehörigen con-
servativen Gallenblasenoperationen endeten nur 3 tödtlich. 2. Die
Gallenblase war derartig beschaffen, dass ihre Erhaltung keinen
Zweck hatte, wie bei Obliterationen des Duct. cysticus, Schrumpfungs-
processen der Gallenblasen Wandungen. Von 69 Totalexstirpationen
verliefen 3 letal. 3. Die Steine lagen schon im Choledochus und
muBsten, da sie wegen ihrer Grösse weder durch die Papille in das
Duodenum, noch durch den Cysticus in die Gallenblase geschoben
werden konnten, 46mal durch die Choledochotomie und Imal durch
Choledochotripsie entfernt werden (4 Todesfälle). 4. Unter die vierte
Gruppe gehören 19 Fälle, bei denen entweder statt der vermutheten
Gallensteine andere krankhafte Processe (Ulcus ventriculi, Wander-
niere, Leberechinococcus) aufgedeckt, oder die Gallenblase zwar leer
von Steinen, aber mit Netz, Magen, Darm oder Bauchwand ver-
wachsen gefunden wurde (3 Todesfalle). 5. Es bestand neben der
Gallensteinkrankheit weit vorgeschrittenes Carcinom der Leber, der
Porta hepatis, des Choledochus, des Magens, des Pankreaskopfes,
364 Wagner.
totalen Occlusion der ausgeschalteten Partie ; er lässt stets eine Fistel
als Sicherheitsventil. Die Secretion aus dieser Fistel nimmt immer
schnell ab, so dass sie die Kranken nicht belästigt.
intussuB- H. Küttner (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 21, H. 2) theilt aus der
ception y Bruns'schen Klinik einen sehr interessanten Fall von Ileus
eines
Meckel- durch Tntussusception eines MeckeTschen Divertikels mit.
sehen Trotz Laparotomie starb die 41jährige Kranke. Die Section ergab,
H Küttner ' ^^^^ ^ ^^ unterhalb des Ueberganges von Duodenum in Jejunum
das Darmlumen durch ein handschuhfingerfbrmig umgestülptes Diver-
tikel verlegt war und dass dicht unterhalb der Basis dieses Ge-
bildes die Darmwand in geringer Ausdehnung gangränös und an drei
kleineren Stellen perforirt war.
Die Frage der forcirten Taxis eingeklemmter Brüche be-
Forcirte spricht E. Bennecke (Berl. klin. Wochenschr. Bd. 35, Nr. 12) an der
TaxiB, Hand eines sehr lehrreichen Beispiels. Die falsche Ansicht, dass die
Compressionstaxis der eingeklemmten Brüche überhaupt nicht über-
trieben werden könne, hat schon viel Unheil angerichtet. Am gefahr-
lichsten kann sie in der Narkose werden, wo das Fehlen von Schmerzens-
äusserungen des Kranken zur Anwendung stärkerer Kraft verfuhrt.
Die Taxis soU nie mit maximaler, stets mit stark gemässigter Kraft und
keinenfaUs länger als 10 Minuten vorgenommen werden. Die Repositions-
versuche werden aber nur kürzere Zeit wiederholt, nachdem der Kranke
mit erhöhtem Becken etwa 1 Stunde mit einer Eisblase auf dem Bruch
zu Bett gelegen hat. Sind auch diese Versuche erfolglos, so ^vi^d
sofort zur Operation geschritten. Ist ausserhalb des Krankenhauses
die Taxis schon versucht, so wird sie in der Klinik auf ein Mini-
mum beschränkt. Führen diese Versuche nicht in wenigen Minuten
zum Ziele, so wird zur Operation geschritten. Sind irgend welche
Erscheinungen von Perforation, Entzündung im Bruchsack vorhanden,
oder ist der Bruch sehr gespannt und sehr schmerzhaft, ist die
Leistungsfähigkeit des Darms auch nur im geringsten zweifelhaft,
so unterbleibt selbstverständlich jeder Versuch einer Reposition.
Darrawand- 0. Föderl (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 2) hat eine experimentelle
brüohe, Studie über Darmwandbrüche veröflFentlicht. Die Anregung zu der Ar-
0. Föderl. ^^j^ ^^ ^-^ Beobachtung eines Falles von incarcerirter Lateralhemie in
der seeundären Ausstülpung eines Nabelbruchsackes. Die 45jährige Kranke
wurde durch Operation geheilt. Zur Ergründung des bei den Darm-
wandbrüchen in Betracht kommenden Mechanismus hat Föderl
Versuche an lebenden Meerschweinchen, sowie extraabdominale Versuche
Chirurgie.
365
am lebenden und todten Darme angestellt. Die Hauptresultate sind fol-
gende: Die acuten Einklemmungen von Partialhemien entstehen in der
Regel nach dem Typus der Eotheinklemmung, selten infolge elastischer
Incarccration. Bei chronischen Partialhemien findet sich immer eine Ver-
wachsung mit demjenigen Peritonealtheile, der der Bruchpforte, bezw. dem
Bruchsacke entspricht. Für die Entstehung der Darmwandbrüche über-
haupt kommt namentlich die Wirkung der Bauchpresse in Betracht. Soll
eine elastische Einklemmung entstehen, so muss ein leerer Darm einer sehr
elastischen Bruchpforte gegenüberliegen. Meist besteht anfangs eine Com-
munication zwischen Partialhemie und Lateralbruchschlinge, die später
durch eine secundäre elastische Umschnürung aufgehoben werden kann.
Th. Hiller (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 22, H. 1) theilt 16 Ope- Operation
rationen bei Nabelbrüchen mit, die von Steinthal im Stutt-
garter Diakonissenhause vorgenommen worden sind. Bei 2 Kranken
bestand schwere Einklemmung; beide starben nach der Operation,
der eine an schon bestehender Peritonitis, der andere an Pneumonie.
9 Kranke sind ^/2 — 3^« Jahre nach der Operation sicher recidivfrei.
Bei kleinen und mittelgrossen Brüchen und bei Kranken, die eine
allgemeine Narkose ertragen, erscheint die Omphalektomie nach
Condamin-Bruns als die rationellste Methode. Bei Trägem von
Nabelbrüchen , die für eine allgemeine Narkose nicht tauglich er-
scheinen, besitzen wir in der Schleich'schen Infiltrationsmethode
ein vorzügliches Mittel, die Radicaloperation der Nabelbrüche gefahr-
los durchzufiihren.
der Nabel-
brüche,
Th. Hüler.
Im Anschluss an eine Beobachtung aus der Garr^'schen Klinik hat
K. Selcke (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 22, H. 1) eine Arbeit über die Hernia
Processus vaginalis encystica geliefert. Von den bisher beschriebenen
Fällen sind nur 7 als wirkliche encystirte Hernien anzuerkennen. Die meist
congenitale, fast stets rechts sitzende Hernia processus vaginalis encystica
ist eine sehr wichtige Abart der äusseren indirecten Leistenhernie und da-
durch charakterisirt, dass der Bruchsack sich in die Höhle des nicht ob-
literirten Processus vaginalis hineingestülpt hat. Die Tunica vaginalis
communis ist mehr weniger stark erweitert, enthält verschiedene Mengen
Flüssigkeit. Der in die Tiinica vaginalis eingeführte Finger bewegt sich
in einem völlig abgeschlossenen Blindsack; man gelangt auf keine Weise
in die Bauchhöhle, auch nicht mit der Sonde. Die Diagnose der Hernia
encystica ist klinisch sehr selten, bei der Operation wohl immer zu stellen.
Hernia
Processus
vaginalis
encystica,
E. Selcke.
Aeusserer
F. Baehr (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, H. 1) theilt 3 Beobachtungen « . _. .
, 111 scneuiiei*
des sehr seltenen äusseren Schenkelbruches mit, der m noch heute bruch,
mustergültiger Weise 1829 von Hesselbach beschrieben worden ist. Seine F. Baehr.
370 Wagner.
traumatischer Hydronephrose einer Solitärniere, sowie end-
lich 1 Fall von malignem Nieren tu mor (Nephrektomie; Tod
mehrere Monate später an Recidiv).
Nieren- E. Braatz (Zur Nierenexstirpation. Deutsche Zeitschr. f.
"tV'n^*" ^^^^' ^^' ^' ^' ^^ ^ö^^c^^«* ^^er 7 Nephrektomieen, die er in den
E. ßraatz. letzten 2 Jahren ausgeführt hat. Darunter handelte es sich Smal
um bösartige Geschwülste, Imal um Steinniere, Imal um Pyelitis,
Imal um Nierenbeckenfistel und Imal um Hydronephrose. Die ope-
rative Mortalität war Null; eine Kranke starb 1 Jahr nach der Ope-
ration an einem später aufgetretenen Recidiv. In keinem Falle kam
auch nur die Spur eines Antisepticums in Anwendung.
ßehandlu ng Ueber die Behandlung der Urachusf istel verbreitet sich F. Lexer
(ierUrachus-(A.rch. f. Min. Chir. Bd. 57, H. 1) in einem grösseren Aufsatze. Da für
7 T.AT«i ^^® Entstehung sowohl der congenitalen wie acquirirten Urachus-
f istel die Stauung des Urins und die von der Blase aus fortgesetzte Ent-
zündung der Schleimhaut eine grosse Rolle spielen, so sind diese in erster
Linie zu beseitigen. Mit einem grösseren radicalen Eingriffe soll man bei
der angeborenen Fistel wegen der Gefahr der Peritonealverletzung einige
Jahre warten. Dann empfiehlt sich aber die Exstirpation des ganzen
Schleimhautschlauches und die quere Vemähung der Blase. Bei der sog.
acquirirten Urachusfistel gibt Lex er für den Anfangstheil des Ganges dem
V. Baum ann'schen Verfahren den Vorzug (Spaltung des Ganges und Aus-
kratzung); im übrigen ist auch hier die radicale Exstirpation vorzunehmen.
F. Lexer.
F. Branner.
Harnblasen- Auf Grund einer eigenen Beobachtung hat sich F. Brunner
^^«!„™V (I^öiitsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 67, H. 2 u. 3) eingehender mit den
Harnblasenbrüchen beschäftigt , von denen er im ganzen
ca. 180 Fälle in der Litteratur auffinden konnte. Seit 1860 sind nur
noch inguinale und crurale Cystocelen beobachtet worden. Nach
dem Verhalten des Bauchfells unterscheidet man extraperitoneale
(seltene), paraperitoneale (häufigste) und intraperitoneale (sehr
seltene Form) Cystocelen. Die bei Männern viel häufiger beob-
achteten Blasenhemien sind fast immer erworben. Sie entstehen
primär: 1. indem die Blase durch starke Anfiillung und durch
Druck der Bauchpresse durch die Bruchpforte getrieben wird; 2. durch
Vermittelung des prävesicalen Lipoms; secundär: 1. durch Zug
eines präexistirenden gewöhnlichen Bruchsackes ; 2. durch Einsenken
der ausgedehnten, schlaffen, mit Peritoneum bedeckten Blase in eine
vorgebildete gewöhnliche Hernie. Die grosse Mehrzahl der Blasen-
Chirurgie. 371
brüche wird erst während der Operation erkannt, häufig sogar erst
dann, wenn die Blase unabsichtlich eröffnet worden ist. Von 81 Ope-
rirten , bei denen die Blase verletzt wurde , starben 21 , und zwar
mindestens 13 direct an den Folgen der Blasenverletzung. Ist die
Blase verletzt und die Verletzung bei der Operation erkannt, so muss
die Blasenwunde, wenn irgend möglich, genäht, die Blase hinter die
Bruchpforte versenkt und letztere möglichst geschlossen werden.
Die inguinalen Blasenbrüche sind Gegenstand einer aus-
fnhrlichen Arbeit von G. Lothei ssen (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20, H. 3). Inguinale
Dieser hat in der Innsbrucker chirurgischen Klinik selbst 6 Fälle operirt, brüche
ohne die Blase zu verletzen. In der Litteratur finden sich noch 138Beob- G. Lotheissen.
achtungen von inguinaler Cystocele. Die Diagnose kann meist erst
bei der Operation gestellt werden. Unabsichtliche Blasenverletzimgen
sind jetzt hierbei nicht mehr so häufig wie früher, Dank der zahl-
reichen Veröffentlichungen, die auf das Vorkommen der Cystocele
aufraerksam gemacht haben. Die Behandlung der Cystocele kann
nur operativ sein : Bruchoperation, Reposition des prolabirten Blasen-
theiles. Bei Incarcerationen kommt es meist nicht zu Gangrän der
Blasenwand ; die Blase kann also reponirt werden. Ist es jedoch zu
Gangrän der Blasenwand gekommen imd hat man die Blase erkannt,
so lässt man sie vorgelagert und wartet die spontane Abstossung
des gangränösen Theiles ab. Lotheissen zieht diese Behandlung
der Resection und primären Blasennaht vor.
Ein neues Verfahren der Blasennaht nach Sectio alta
hat W. J. Rasumowsky (Arch. f. klin. Chir. Bd. 67, H. 2) ange- Cystopexie,
geben. Er vernäht die Blasenwunde sorgfaltig mittels zweier Reihen ^- '^' R*s^-
von Nähten und fixirt dann die Nahtstelle der Blase an die vordere
Bauchwand (Cystopexie). Alle Fäden werden nachträglich ent-
fernt, damit sie nicht später zu Concrementbildungen Veranlassung
geben. Die Methode hat sich schon vielfach ausserordentlich be-
währt.
Eine neue Methode der Cystoraphie durch Ueberdachung
haben E. Juvara und J. Balacescu (Wien. Min. Rundschau Bd. 12, Cystoraphie
Nr. 40 u. 41) mit Erfolg an Hunden geprüft. Das Verfahren charakterisirt durch
_ l T fi il f* IT"
sich durch Bedeckung der Nahtlinie mit einem der musculösen Schnitt- ^achune
rander des Blaeenschnittes, der in Form eines Lappens präparirt, herüber- e^ Juvara u.
gezogen und in einer besonderen Art über sie genäht wird. Dadurch er- J. Balacescu.
hält man eine sehr ausgedehnte Vereinigungsfläche, die jedes mögliche
Dorchsickem von Urin verhindert, selbst wenn die Blasenspannung sehr
gross ist.
372 Wagner.
Supra- H. Wagner (Centralbl. f. Chir. Bd. 26, Nr. 30) berichtet über
symphysäre ^^^ Operation von Mikulicz, der bei einem 16jährigen Kranken
tion der ^^^ ausgedehntem traumatischem Hamröhrendefect die Harnröhre
Harnröhre und den Penis suprasymphysär in die Blase implantirte.
Penis in ^^^ functionelle Erfolg war sehr gut; der Kranke konnte den Harn
die Blase, schliesslich 2 Stunden lang halten.
H. Wagner.
Auf Grund der Ergebnisse der in der v. Frisch'schen Ab-
Urethro- theilung ausgeführten Operationen empfiehlt M. Schlifka (Wien.
tomia ^^ Presse Bd. 39, Nr. 46) bei Verengerungen der Harnröhre
interna, ^ / , .
M. Schiitka. die Urethrotomia interna. Zur Vermeidung von Haminfiltration
wird die Strictur an ihrer oberen Wand incidirt. Für die nächsten
Tage wird ein Verweilkatheter eingelegt, dann die Strictur regel-
mässig mit Metallsonden dilatirt.
Eine neue Methode der Radicaloperation der Hydrocele
Hydrocelen- hat Winkelmann (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 44) angegeben.
Whüi^l^ °"* Er empfiehlt, unter Schleich'scher Anästhesie nach 3 — 4 cm langer
Incision und nach Abfluss der Hydrocelenflüssigkeit den Hoden vor-
zuziehen, so dass die ganze Tunica vaginalis sich umkrempelt; der
Sack wird nun so mit dem Hoden reponirt, dass die ganze Tunica
vaginalis propria nach aussen gegen die weitmaschig-bindegewebigo
Tunica vaginalis communis sieht und mit dieser bald fest verwachsen
kann. Genaue Hautnaht.
d. Männliche Geschlechtsorgane.
Kryptor- K. A. Ziebert (lieber Kryptorchismus und seine Be-
k^'a' zTebert ^»^^^^^g- ^®^^^- ^- ^^^- ^^^^' ^^' 2^' ^- 2) »*®^* auf dem Kocher-
schen Standpunkte, dass die Kryptorchidie als ein eigentliches Uebel
betrachtet und danach behandelt werden muss. Unter den thera-
peutischen Maassnahmen ist die blutige Reposition, die Orchido-
pexie, allen andeien Operationen vorzuziehen, da sie selbst bei
Halberfülg, wie ja thatsächlich alle als gelungen bezeichneten Ope-
rationen nur einen solchen aufzuweisen haben, wenigstens die Be-
schwerden nimmt. Die Arbeit gründet sich auf 11 Fälle von Orchido-
pexie aus der Czerny'schen Klinik.
A. Poncet (Lyon m^d. Bd. 30, Nr. 32) berichtet über 114 Falle
von Cystotomia resp. Cystotomia suprapubica, die er wegen
schwerer durch Prostatahypertrophie veranlasster Stö-
Chirurgie. 373
rangen in der Urinsecretion ausgeführt hat. Die Operation ist Cystotomia
indicirt bei unmöglichem oder sehr schwierigem, schmerzhaftem ^^P'*P™ *®*
Katheterismus, sowie bei acuten oder chronischen Urininfectionen statikern,
mit ihren schweren Folgezuständen. Wegen der erstgenannten In- ^' Poncet,
dication hat Poncet 39mal operirt (2 Todesfälle), bei acuter Urin-
infection 29mal (12 Todesfälle), bei chronischer Urininfection 46mal
(13 TodesfäUe).
0. Simon (Centralbl. f. d. Krankh. d. Harn- u. Sexualorgane Bottini'sche
Bd. 9, Nr. 8) kann nach den allerdings noch nicht sehr zahlreichen, v®'**,^
* , '^ ... feei Prostata-
Ergebnissen der Czerny'schen Klinik die Behandlung der Pro- hyper-
statahypertrophie mit der Bottini^schen Operation zur aus- trophie,
gedehnteren Anwendung empfehlen. Von 8 Kranken wurden 4 ge-
heilt, 1 bedeutend gebessert. Zwei Todesfälle sind nicht der Ope-
ration zur Last zu legen, sondern der schon vorher bestehenden
Nephritis resp. Pyelonephritis.
A, V. Frisch (Wien. klin. Wochenschr. Bd. 11, Nr. 48) hat A. v. Frisch.
Bottini's galvanocaustische Incision der hypertrophirten
Prostata bei 10 Kranken ausgeführt. Achtmal handelte es sich
um chronische complete, 2mal um chronische incomplete Harn-
verhaltung. Vier Kranke genasen vollständig, 1 wurde dauernd,
1 vorübergehend gebessert. Drei Fälle blieben resultatlos, 1 Kranke
starb infolge der Operation. Unter 127 Operationen nach Bottini
finden sich 62 Heilungen, 34 Bessenmgen, 22 Misserfolge, 9 Todes-
falle. Also ein sehr günstiges Resultat. Ein voller Erfolg ist nur
bei chronischer completer Harnverhaltung und intact erhaltener Con-
tractionsfähigkeit der Blase zu erwarten.
Auf Grund von 45 der Koche r'schen Klinik und Privat-
klinik entstammenden Fällen gibt R. Koenig (Deutsche Zeitschr. f. Hoden-
Chir. Bd. 47, H. 5 u. 6) einen Beitrag zum Studium der Hoden- tujierculose,
tuberculose. In der Aetiologie der Hodentuberculose spielt die
Prostata eine überaus wichtige Rolle. Sie dient den Tuberkel-
baciUen als geeignete Brutstätte, wo sich dieselben lange reactionslos
oder unter geringen Erscheinungen entwickeln können, um bei
günstiger Gelegenheit mit oder ohne Betheiligung der Harnorgane
dem Vas deferens entlang in den Nebenhoden herunterzusteigen. Die
Genitaltuberculose kann auch durch metastatische Infection, nament-
lich von einem Lungen- oder Knochenheerde aus, oder selten direct
von der Blase oder Niere in den Hoden fortgeleitet werden. Eine
wirklich primäre Hodentuberculose gehört zu den Ausnahmen. Thera-
R. Koenig.
Ji
374 Wagner.
peutisch ist allein die Castration im Stande, sichere Erfolge zu
erzielen. Mitbetheiligung der Prostata contraindicirt die Castration
nicht. Auch bei Mitbetheiligung der Hamorgane hat die Castration
als Palliativoperation Berechtigung und übt auf die Tuberculose der
Hamorgane sowie auf die der Prostata eine günstige Rückwirkung aus.
Lipome des A. Gabryszewski (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 4) hat in
der Elinik von Rydygier ein Lipom des Samenstranges operirt und
A. Gabiy- hn Anschluss hieran 29 Beobachtungen aus der Litteratur zusammengestellt.
Bzewski. Nach Kocher finden sich im Samenstrange schon im normalen Zustande
Pettlappen vor, die die Bedeutung des subserösen Fettes haben und die
der Ausgangspunkt für Lipome sind. Gabryszewski untersuchte diese
Verhältnisse an ca. 50 Leichen und kam zu folgenden Ergebnissen: In
jedem Samenstrange ohne Ausnahme findet man zwischen dem perivuscu-
lären losen Bindegewebe um den Proc. vaginalis peritonei makroskopisch
sichtbare Fettlappen, die gewöhnlich im ununterbrochenen Zusammenhange
mit dem subperitonealen Fettgewebe stehen. Die aus diesen Fettlappen
hervorgehenden Lipome bezeichnet man als primäre Samenstrangs-
lipome, im Gegensatz zu den secundären, die ihren Anfang in der
Nachbarschaft des Samenstrangs nehmen und später erst wachsend an den
Samenstrang heranrücken.
4. Krankheiten der Extremitäten.
In einem grösseren Aufsatze über die Pathologie und
Therapie der Coxa vara (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 21, H. 2) spricht
Coxa vara, pi Hofmeister zunächst über die Bedeutung der Untersuchung
' mittels Röntgenstrahlen für die Erkenntniss und Behandlung dieser
Affection. Als operativer Eingriff ist am meisten zu empfehlen die
Osteotomia intertrochanterica mittels Gigli'scher Drahtsage.
Da die neueren Erfahrungen ergeben haben, dass die Prognose der
Coxa vara wesentlich günstiger ist, als bisher angenommen wurde,
so muss die Indication zu operativen Eingriffen sehr eingeschränkt
werden. Eigentlich bleiben für die Operation nur die Fälle mit
doppelseitiger Erkrankung übrig, unter der Voraussetzung, dass diese
zu bleibender schwerer Versteifung mit sehr beträchtlicher Functions-
störung geführt hat. Das wahre Heil der Kranken liegt in der
Frühdiagnose, die es ermöglicht, durch rationelle unblutige Maass-
nahmen (permanente Extension, Stützapparat) der Entstehung schwerer
Deformitäten vorzubeugen.
K. Endlich (Arch. f. klin. Chir. Bd. 56, H. 3) theilt aus der
RiedeVschen Klinik je 2 Fälle von blutiger Reposition der
Chirurgie. 375
Luxatio iliaca und obturatoria mit. In 3 Fällen war das Blutige
fimctionelle Resultat sehr befriedigend. Bei der Behandlung ver- Reposition
^ ^ der Luxatio
alteter Hüftgelenksluxationen hat man die Wahl zwischen iuaca und
der blutigen Reposition und der Resection des luxirten obturatoria,
Schenkelkopfes. Letztere ist häufiger vorgenommen worden,
da sie gefahrloser und leichter ist. Es ist aber wünschenswerth,
dass unter allen Umständen erst die blutige Reposition versucht
werde; gelingt diese nicht, dann erst ist zur Resection zu schreiten.
Ausser den Fällen von Riedel, der in Deutschland wohl zuerst
die blutige Reposition der Luxatio iliaca vorgenommen hat, sind in
der Litteratur erst 10 Fälle bekannt, wo die blutige Reposition von
wirklich gutem Erfolge gewesen ist.
Ueber die Behandlung der congenitalen Hüftluxa-
tion mit der unblutigen Reposition nach Lorenz macht
Th. Kölliker (Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 42) interessante Mit- unblutige
theilungen. Er nahm die unblutige Reposition 64mal vor bei 50 Kindern ^P®^* *°^
von 1 — 11 Jahren. 14mal handelte es sich um doppelseitige Luxa- genitalen
tion. In 38 FäUen Hess sich das vorläufige Ergebniss feststellen: Hüft-
2 Heilungen, 26 Transpositionen, 11 Misserfolge. Die Transposition rph. Kölliker
des Schenkelkopfes in die Pfannengegend entspricht der ursprüng-
lichen Stellung des Schenkelkopfes, der von Kölliker beschriebenen
Luxatio femoris congenita supracondyloidea und stellt immerhin noch
ein leidliches Resultat der Behandlung dar, in vielen Fällen ein
besseres, als es durch die blutige Operation zu erzielen ist.
Zur ambulanten Behandlung der tuberculösen Hüft- Ambulante
gelenkentzündung empfiehlt K. Port (Münch. med. Wochen- ® " b °^
Schrift Bd. 45, Nr. 40) einen durch Bandeisenstäbe verstärkten culösen
Cellulosehülsenverband, der über einem Gipsmodell exact gearbeitet Hüftgelenk-
wird. Der Verband hat nach unten einen Steigbügel mit Extensions- g^ p^^.
Vorrichtung.
Zur Behandlung der frischen Kniescheibenbrüche
theilt Doebbelin (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 49, H. 4 u. 5)
aus der König'schen Klinik 9 Beobachtungen mit. Nach der An-
sicht von König empfiehlt es sich heutzutage, thunlichst alle
Fracturen der Patella offen zu nähen, und zwar möglichst
in den ersten Tagen nach der Verletzung. Nothwendig ist die blutige
Naht in den Fällen von totaler Strecklahmheit, bedingt durch Bruch
der Patella und Zerreissung der seitlichen Streckvorrichtungen.
376 Wagner.
Behandlung Diese dürften ohne blutigen Eingriff kaum je zu befiiedigender
frischer Heilung kommen. In allen übrigen Fällen ist es jedenfalls von
fracturen, grösstem Nutzen, wenn man sich durch die Methode der offenen
Doebbelin. Naht einen genauen Einblick in die Verhältnisse des verletzten
Oberschenkelstreckapparates verschafft. Bei allen 9 Kranken wurde
durch die Operation die vollkommene Gebrauchsfähigkeit des ver-
letzten Gliedes vollkommen wieder hergestellt.
Unter Beibringung zweier neuer und 61 Beobachtimgen aus der
Angeborene Litteratur hat L. Steindler (Zeitschr. f. Heük. Bd. 19, H. 4) die
Patellar- angeborene Luxation der Patella bearbeitet. Mit Ausnahme
luxation, n ^T ^ 11111 «1 TT
L. Steindler. von 3 Verrenkungen nach oben handelte es sich stets um Ver-
renkungen nach aussen. Nach den neuesten entwickelungsgeschicht-
lichen Studien über die Patella imd das Kniegelenk ist es sehr wahr-
scheinlich, dass bei jeder congenitalen PateUarluxation ein Keim-
fehler vorliegt, der entweder an sich genügt, dass sich die Knie-
scheibe direct an einer abnormen Stelle entwickelt oder dass durch
diese fehlerhafte Anlage die originäre Disposition gegeben ist, die
gewöhnlich in der ersten Zeit des fötalen Lebens durch verschiedene
secundäre Einflüsse (Traumen, Kindesbewegungen u. s. w.) indirect
zur Entstehung der Luxation fuhrt.
Die Behandlung des Genu valgum und der schweren
Flexionscontracturen des Kniegelenks ist in der Krause-
instrumen- sehen chirurgischen Abtheilung in Altena, wie H. Gross (Beitr.
telles Re- ^ yj^ q^iit. Bd. 20, H. 3) berichtet, seit den letzten 3 Semestern
dressement . . . . _^
des Genu ^in^ i'^in mechanische, instrumenteUe. Das Redressement geschieht
valgum mittels eines dem Rizzoli'schen Osteoklasten ähnelnden Apparates,
der sich aber erst bei Flexionen von 126*^ anbringen lässt. Ist die
Contractur erheblicher, so muss vorher durch Gewichtsextension oder
Händekraft bis zu diesem Grade gestreckt werden. Bei starker
ausgebildetem Genu valgum wird das Redressement mittels des
Apparates auf zwei bis drei Sitzungen vertheilt.
Um- Li einer grösseren Arbeit über umschriebene Binnen-
schriebene Verletzungen des Kniegelenks gibt Vollbrecht (Beitr. z.
Binneiiyer' , ,
letzungen klin. Chir. Bd. 21, H. 1) einen Beitrag zur Lehre von den
des Knie- Gelenkmäusen und den Verletzungen der Zwischen-
VoUbrecht Knorpel. Seine Untersuchungen gründen sich auf 68 Fälle von
Gelenkmäusen und 11 Fälle von Meniscuszerreissungen. Bezüglich
der Entstehung der Gelenkmäuse leugnet Vollbrecht im Gegen-
u. s. w.»
H. Gross.
Chirurgie. 377
satz zu König die Existenz einer Osteochondritis dissecans
und hebt hervor, dass eine durch Verletzung herbeigeführte sofortige
Ablösung von Theilen der Gelenkfläche, die als freie Körper in der
Folge auftreten, nicht selten ist und in vorher gesunden Gelenken
auch als Folge geringfügiger Gewalteinwirkungen öfter vorkommt.
Die abgelösten Gelenkstücke gehen dann fast regelmässig an irgend
einer Stelle Verwachsungen ein. Bei den sog. Luxationen der
Menisken handelt es sich, wie Vollbrecht in Uebereinstimmung
mit Bruns hervorhebt, um Abreissimg der vorderen oder hinteren
Haft^telle meist infolge einer forcirten Rotation. Sowohl bei den
Meniscusrupturen, als bei den Gelenkmäusen geben operative Ein-
griffe sehr günstige Resultate.
In dem Verfahren gegen winklige Ankylosen und
Contracturen des Kniegelenks legt W. Koch, ebenso wie Knie-
Helferich und schon früher Busch, das Hauptgewicht auf die «ö^öJ^^^s-
' . . ankyloae,
Narben der hinteren Hälfte des Gelenkes, auf die Kapsel und Weich- ^. Koch.
theile unter der Fossa popHtaea und, sofern Genu valgum besteht,
auch an der Aussenseite des Gelenkes. Diese Theile werden sehr
energisch angefasst; von den Knochen wird womöglich gar nichts
weggenommen, höchstens so viel als nöthig ist, das Genu valgum,
eine Abdachung nach der Kniekehle und Aehnliches zu beseitigen.
Die weitere Streckung bleibt der Nachbehandlung überlassen und ge-
schieht mittels Gipsverbandes oder in Schienen mit Schraubengewinden.
W. Prutz (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 48, H. 5 u. 6) theilt Trauma-
aus der Königsberger Klinik 2 Fälle von schwerer Knieverletzung V/^^t^tt
mit, in denen es durch kleine, versteckt liegende, nicht direct nach- ing Knie-
weisbare Kapselrisse zu Lufteintritt ins Kniegelenk ge- gelenk,
kommen war. Der eine Kranke, bei dem neben der Luft flüssiges
Blut im Gelenk war, erlag am 7. Tage trotz Amputation einer acuten
Sepsis. Therapeutisch kann bei dem wahrscheinlich durch Aspiration
erfolgenden Lufteintritt nicht besonders eingegriffen werden. Die
versteckte Lage der kleinen Kapselrisse ist ihr bester Schutz.
G. Müller (Zur Behandlung des federnden Unter-
schenkels. Centralbl. f. Chir. Bd. 25, Nr. 22) hat mehrfach
Kranke mit geheilten Unterschenkelfracturen beobachtet, die das
Bein nur mit Unterstützung von Krücke und Stock gebrauchen
konnten. Die Untersuchung mittels Röntgenstrahlen ergab in diesen
Fällen fast übereinstimmend eine Dislocation der Tibiafragmente ad
378
Wagner.
Federnder latus derart, dass dieselben nur mit einem Theile, etwa einem Drittel
J'^ ®J' ihrer Bruchflächen sich berührten, während die übrigen zwei Drittel
G. Hüller. frei endigten. Hierdurch entstand beim Gehen etc. ein eigenthüm-
liches Federn des Fragments. Die Behandlung bestand in einer
mit Stahlschienen versehenen Lederhülse, die dem Beine Festigkeit
gab und die Consolidirung des Bruches unterstützte.
Trauma-
tiBche
Liixationen
des FuBses
im
Talocrural-
gelenk,
0. Wendel.
0. Wendel (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 21, H. 1) hat unter Zu-
grundelegung zweier Beobachtungen aus der B musischen Klinik
108 Fälle von traumatischen Luxationen des Fusses im
Talocruralgelenk zusammengestellt. Mit Gelenkwunden com-
plicirt waren 44 Luxationen; am häufigsten fand sich diese Com-
plication bei den Lateralluxationen. Unter den 64 einfachen Luxa-
tionen wurden diejenigen, die gleich nach dem Unfall in Behandlung
kamen, leicht reponirt. Jedenfalls sind die reinen Fussgelenks-
luxationen nicht so ganz ausnahmsweise vorkommende Verletzungen,
wie man gewöhnlich annimmt. Die reinen Luxationen des Fusses
im Talocruralgelenk sind als besonderes Ejrankheitsbild zu betrachten
und von den Fracturen vollständig zu trennen. Die bei Knöchel-
öder Talusfracturen bestehenden Dislocationen sind secundäre Ver-
schiebungen der Gelenkenden (Verrenkungsbrüche oder Bruch-
verrenkungen).
Talus-
fractnr,
£. Kammer.
E. Kummer (La fracture de Pastragle. Rev. m6d. de
la Suisse romande Bd. 18, Nr. 7) hebt hervor, dass die Talus-
fractur nicht nur zusammen mit anderen Gelenkfracturen resp.
Luxationen und Subluxationen beobachtet wird, sondern häufig genug
auch eine vollkommen selbständige Verletzung darstellt. Pathologisch -
anatomisch unterscheidet er: Fracturen des Halses, horizontale,
sagittale und Schief brüche, Comminutivbrüche, Brüche der hinteren
Apophyse.
Dis- Reinhardt-Natvig hat 28 FäUe von Distorsionen im
torsionen p^ssgelenk genau untersucht; von diesen hatten 20 Fissuren im
FuBsgelenk, Knochen, imd zwar vornehmlich im MaUeolus extemus. Diese
Reinhardt- Fissuren konnten zum Theil noch Monate, ja in 2 Fällen noch 12 Jahre
* ^^' nach der Verletzung palpirt werden.
Ueber die Behandlung von Unterschenkelgeschwüren
liegen zunächst Mittheilungen von A.Köhler (Ueber die Trans-
plantation der Ulcera nach Thiersch, ohne Entfernung
Chirurgie. 379
der Granulationen. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 1) Behandlung
und von Heintze (Ueber den Einfluss der Resection der derünter-
. Bchenkel-
Vena saphena auf dieHeilungderUnterschenkelgeschwüre. geschwüre,
Ibid. S. 107) vor. Köhler hat bei mit frischen, kräftigen, derben, A.Köhler,
wenig secemirenden Granulationen bedeckten Geschwüren die Läpp-
chen auf die granulirenden Flächen aufgepflanzt, ohne Abkratzen
oder Abschneiden der Granulationen. Die Heilungserfolge waren
günstig. Heintze hat ebenfalls mit günstigem Erfolge in den Heintze.
Fällen von Unterschenkelgeschwüren, in denen ausgedehnte Varicen-
büdung vorlag, die Vena saphena möglichst hoch am Oberschenkel
resecirt. Bildeten die Varicen ein tumorähnliches Convolut, so
wurden sie exstirpirt. Die Behandlung der Ulcera selbst war mög-
lichst indifferent; bei grösseren Geschwüren wurde ausserdem die
Thiersch'sche Transplantation, eventuell nach der Modification von
Köhler, vorgenommen.
Unter Zugrundelegimg einer eigenen Beobachtung aus der Rostocker Fa sali pome,
chirurgischen Klinik hat A. Kleinknecht (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20, H. 2) ^' Kleinknecht.
einen Beitrag über die Lipome des Fusses, insbesondere der
Fusssohle geliefert. Unter 32 Beobachtungen fanden sich zwei ange-
borene diffuse Lipome, die von der Fusssohle zum Fussrücken übergingen.
Die überwiegende Mehrzahl der circumscripten Fusslipome hatte
itnbfascialen Ursprung; der Zahl nach überwogen die unter der Fascia
plantaris entstandenen. Einzelne derselben waren sicher erworben. Be-
sonders das zu den Sehnenscheiden gehörende Fettgewebe scheint häufig
die Ursprungsstelle der Lipome abzugeben. Vor allem aber ist der Zu-
sammenhang mit den Sehnenscheiden festgestellt durch die interessanten
Beobachtungen von innerhalb der Sehnenscheiden gewachsenen Lipomen
(Sprengel, Jaksch).
Für die Varicen der unteren Extremität empfiehlt A.Holtz- Varicen-
mann (Strassburger Dissertation) die operative Behandlung nach i>ehaiidlung,
Trendelenburg. Dieses Verfahren beseitigt die durch die In-
sufßcienz der Saphena hervorgerufenen und unterhaltenen Compli-
cationen und Beschwerden, hat dagegen wenig Einfluss auf das
chronische Oedem. Auch die Varicen als solche werden durch die
Trendelenburg'sche Unterbindung nicht dauernd beseitigt. Es
empfiehlt sich hier die Combination der Trend elenburg'schen
Operation mit grossen Längsincisionen am Unterschenkel durch die
varicösen Venenpack et e bis auf die Muskelfascie (Methode von
Ledderhose). Die an dem bis zur Senkrechten erhobenen Beine
ausgeföhrten Incisionen werden sofort durch fortlaufende Naht ge-
380 Wagner.
schlössen; um das Bein wird ein Compressionsverband angelegt.
— lieber die Aetiologie und die chirurgische Therapie
(insbesondere der Radicaloperation) der Varicen an den
Varicen- unteren Extremitäten hat C. Krämer gearbeitet (Münch. med.
^^^^^^^^'»»' Wochenschr. Bd. 45, Nr. 38 u. 39). Die Varicenbüdung beruht auf
einer angeborenen mangelhaften Klappenbildung der Saphena ; mecha-
nische Ursachen allein bringen keine Varicen zu Stande, sondern
nur Oedem oder andersartige Ektasieen kleinerer Venen. In leich-
teren Fällen und namentlich bei älteren Individuen ist die Tren-
delenburg'sche Resection der Saphena genügend. Ist aber
die ganze Saphena von oben bis unten erweitert, geschlängelt, mit
Varicenknoten besetzt, so ist die Eadicalexstirpation nach
Madelung angezeigt.
Ueber Complicationen — Thrombose mit anschliessender
Lungenembolie und Infarct — nachTrendelenburg*scherVaricen-
Complica- Operation bei aseptischem Wundverlauf berichtet Franz
tionen nach (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 4) auf Grund eines in der
bure'solier Königsberger chirurgischen Klinik beobachteten Falles. Vereinzelte
Varicen- ähnliche Beobachtungen sind schon früher gemacht worden. Aus
^P"**^®"» alledem geht hervor, dass die Trendelenburg*sche Operation
nicht immer, wie man bisher anzunehmen geneigt war, völlig gefahr-
los ist, sondern dass selbst bei genauer Beobachtung der Asepsis
aus uns bisher noch unbekannten Gründen ausgedehnte Thrombosen
und aus ihnen resultirende Complicationen, wie Lungenembolie,
Lungeninfarct u. s. w., auftreten können. Demgemäss ist die Opera-
tion nicht in allen Fällen von Varicen, resp. varicösen TJlcera in-
dicirt, sondern nur dann, wenn die durch dieses Leiden hervor-
gerufenen Beschwerden sehr gross sind imd den gewöhnlichen Be-
handlungsmethoden nicht weichen wollen.
Habitaelle Der Aufsatz von C. Francke: Zur pathologischen Ana-
Schulter- tomie und Therapie der habituellen Schultergelenks-
E elfin ks*
laxationen luxationen (Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 48, H. 4) stützt sich
C. Francke. auf 18 Beobachtimgen, darunter 4 neue Operationsfalle von Müller,
(Aachen). Pathologisch-anatomisch fanden sich in diesen
18 Fällen: 16mal Kapselerweiterung; 12mal Defecte am Humerus-
kopfe; 9mal Defecte an der Pfanne; 5mal freie, resp. gestielte Gk-
lenkkörper. Als beste Operationsmethode empfiehlt C. Francke
folgende: Freilegung der Gelenkkapsel, eventuell nur Faltennähong
derselben, häufiger dagegen die Eröffnung des Gelenks, Beachtung
Chirurgie. 381
etwaiger freier oder gestielter Körper, E-esection der Kapsel, Vor-
nähung etwa abgerissener Rotatoren. Ruhigstellung des Gelenks
ftir etwa 14 Tage, Drainage oder Tamponade des Gelenks, oder
auch auf diese Weise möglichste Retraction der Gelenkweichtheile
zu erreichen. Die Resection des Schulterkopfes ist möglichst ein-
zuschränken.
Auf Grund der Erfahrungen der Bruns'schen Klinik gibt Operative
F. Cuhorst (Beitr. z. klin. Chir. Bd. 20, H. 3) einen Beitrag zur ^«^*'»*^«'^e
,. T» , j, -VI T X' • -nTi irreponibler
operativen Behandlung irreponibler Luxationen im Ellen- Ellenbogen-
bogengelenk. Innerhalb 20 Jahren wurden 39 Luxationen gelenks-
beider Vorderarmknochen nach hinten beobachtet; 16 waren «*«*i.°"!"'
^ P. Cuhorst.
frisch und wurden sämmtüch reponirt. Unter 23 inveterirten
Luxationen mussten 9 operativ angegriffen werden, und zwar
wurde 2mal die blutige Reposition und 7mal die Resection
ausgeführt. Als Schnittführung für die Resection empfiehlt Bruns
auf Grund seiner Erfahrungen einen bilateralen Längsschnitt
und die Resection des unteren Humerusendes unter Schonung
der Gelenkenden der Vorderarmknochen und im Sinne der sub-
periostalen Technik. Bei dieser Schnittführung bleibt der ganze
Streckapparat intact. Aus der Litteratur konnte Cuhorst 21 mit
Arthrotomie und 63 mit Resection behandelte Fälle von ver-
alteter hinterer EUenbogenluxation zusammenstellen.
0. Brigel (Die Jodoformbehandlung der Handgelenk- Jodoform-
tuberculose und ihre Dauerresultate. Beitr. z. klin. Chir. ® *° ^^^
der Hand-
Bd. 20, H. 1) berichtet aus der v. Bruns^schen Klinik über 39 Fälle gelenk-
von Handgelenktuberculose, von denen 24, und zwar zum grösseren ^^^^J^^^^ ose,
Theile mit ausgezeichnetem functionellem Resultate, dauernd geheilt
wurden. Auf Grrund dieser ausgezeichneten Erfolge steht Brigel
nicht an, die Jodoformbehandlung specieU bei Handgelenktuberculose
als beste und erfolgreichste Behandlungsart zu empfehlen. In jugend-
lichem Alter mehr als in höherem gibt sie bei beginnendem Fungus
und bei Fehlen anderweitiger Localisation der Tuberculose, man
kann fast sagen, sichere Gewähr für Heilung in einer relativ ziem-
lich kurzen Zeit. Auch von schweren Formen der Handgelenktuber-
culose mit Abscessen, Fisteln und Schlottergelenk wird ebenso eine
grosse Anzahl dauernd zur Heilung gebracht. Die Behandlungs-
methode, die ambulatorisch durchgeführt werden kann, ist bequem
in der Anwendungsweise, da jeder practische Arzt die Einspritzungen,
382 Wagner.
zu denen ausser einer sterilisirbaren Spritze kein weiteres Instrumen-
tarium gehört, machen kann.
Radialis- M. Gerulanos (Ueber das Vorkommen von Radialis-
a mnng; lähmunff nach einer heftigen Contraction des Muse, triceps
nach & & r
heftiger brachii. Deutsche Zeitschr. f. Chir. Bd. 47, H. 1) theilt eine der-
Contraction artige Beobachtung aus der Helferich'schen Klinik mit. Gleiche
triceps Beobachtimgen sind auch früher schon von Gowers und Oppen-
brachii, heim gemacht worden. Es gibt demnach eine Anzahl von Fallen,
GerulanoB. ^j^j denen eine Radialislähmung ohne directe äussere Gewaltein-
wirkung, lediglich infolge einer plötzUchen und heftigen Contraction
des Muse, triceps brachii, besonders seines äusseren Kopfes ein-
treten kann. Der sich bei Beugungen des Vorderarms gewöhnlich
vorschiebende Nerv kann unter besonderen Umständen, wie Fixation
der Nerven durch die Vorderarmmusculatur , plötzlich einsetzende
Contraction des M. triceps u. s. w., beim Ausweichen gehindert und
so zwischen Knochen und Muskel comprimirt werden. Eine Nerven-
verzerrung im Sinne einer übermässigen Nervendehnung erscheint
aus anatomischen Gründen nicht annehmbar.
Lehrbücher und Monographieen.
E. Albert, Lehrbuch der speciellen Chirurgie. 5. Aufl. 2. Bd. Wien u.
Leipzig.
C. Beck, Appendicitis. Samml. klin. Vorträge, N. F. Nr. 221. Leipzig.
y. Bergmann, Die chirurgische Behandlung der HimgeschwÜlste. Samml.
klin. Vorträge, N. F. Nr. 200. Leipzig.
H. Bottini, Die Chirurgie des Halses. Deutsch von Dr. S. Arkel. Leipzig.
H. Braun, üeber Infiltrationsanästhesie und regionäre Anästhesie. Samml.
klin. Vorträge, N. F. Nr. 228. Leipzig.
K. Brunner, Erfahrungen und Studien über Wundinfection und Wund-
behandlung. 1. u. 2. Theil. Frauenfeld.
A. Bum, Handbuch der Massage und Heilgymnastik. 2. Auflage. Wien
und Berlin.
L. Casper, Hundbuch der Cystoskopie. Leipzig.
H. Gocht, Lehrbuch der Röntgenuntersuchung. Stuttgart.
E. G u rl t , Geschichte der Chirurgie und ihrer Ausübung. Volkschirurgie —
Alterthum — Mittelalter — Renaissance. Mit 28 Tafeln, 6 Bildnissen
und 19 anderen Abbildungen. Berlin.
P. Güterbock, Die chirurgischen Krankheiten der Nieren. Leipzig u.
Wien.
F. Hansj, Ueber die Principien der modernen Wundbehandlung. Wien
u. Leipzig.
Chirurgie. 383
H. Helferich, Atlas und Grundriss der traumatischen Fracturen und
Luxationen. 4. Aufl. München.
D. Hell in, Anleitung zum Chloroformiren. Leipzig.
A. Hoffa, Lehrbuch der orthopädischen Chirurgie. 3. Aufl. Stuttgart.
Derselbe, Die moderne Behandlung der angeborenen Hüftgelenksluxationen.
München.
M. Jaff^, üeber denWerth der Laparotomie als Heilmittel gegen Bauch-
felltuberculose. Samml. klin. Vorträge, N. F. Nr. 211. Leipzig.
M. Jeannel, Chirurgie de Tintestin. Paris.
G. Joachimsthal, üeber Wesen und Behandlung der Coxa vara. Samml.
klin. Vorträge, N. F. Nr. 215. Leipzig.
W. Kcen, The surgical complications and sequels of typhoid fever. Phila-
delphia.
Kehr, Die Resultate von 360 Gallensteinlaparotomien unter besonderer
Berücksichtigung der in den letzten 2 Jahren ausgeführten 151 Ope-
rationen. Sammlung klin. Vorträge, N. F. Nr. 225. Leipzig.
A. Kirchner, üeber das Wesen der sog. Fussgeschwulst. Wiesbaden.
F. Koenig, Lehrbuch der speciellen Chirurgie. 7. Aufl. Bd. 1.
W. Körte, Die chirurgischen Krankheiten und die Verletzungen des Pan-
kreas. Stuttgart.
Kolischer, Die Erkrankungen der weiblichen Harnröhre und Blase.
Leipzig u. Wien.
Kowalk, Militärärztlicher Dienstunterricht für einjährig-freiwillige Aerzte
u. Unterärzte, sowie für Sanitätsofficiere des Beurlaubtenstandes. 4. Aufl.
R. Kutner, Die instrumenteile Behandlung der Harnleiden. Berlin.
A. Landerer, Handbuch der allgemeinen chirurgischen Pathologie und
Therapie. 2. Aufl. Wien und Leipzig.
G. Ledderhose, Die ärztliche Untersuchung und Beurtheilung der ünfall-
folgen. Wiesbaden.
Le Dentn und P. Delbet, Traite de Chirurgie clinique et operatoire.
VU. Paris.
A. 0. Lindfors, Zur Lehre von den angeborenen Himbrüchen und deren
chirurgischer Behandlung. Samml. klin. Vorträge, N. F. Nr. 222
u. 223. Leipzig.
H. Lindner und L. Kuttner, Die Chirurgie des Magens und ihre Indi-
cationen einschliesslich Diagnostik. Berlin.
A. Lorenz, Das instrumentelle combinirte Redressement der Hüftgelenks-
contracturen. Samml. klin. Vorträge, N. F. Nr. 206. Leipzig.
K. May dl. Die Lehre von den ünterleibsbrüchen (Hernien). Wien.
M.Mayer, Zur Anwendung eitererregender chemischer Mittel in der Chi-
rurgie. Samml. klin. Vorträge, N. F. Nr. 216. Leipzig.
V. Mosetig-Moorhof, Handbuch der chirurgischen Technik bei Opera-
tionen und Verbänden. 4. Aufl. 1. Liefg. u. ff. Leipzig u. Wien.
G.Müller, Kurzgefasstes Lehrbuch der Nachbehandlung von Verletzungen
nebst einer Anleitung zur Begutachtung von ünfallfolgen. Berlin.
384 Wagner.
J. B. Murphy, Surgery of the liing. Chicago.
P. Myrdacz, Handbuch für k. und k. Militärärzte. Bd. 2. Wien.
J. Port, Anleitung zu ärztlichen ImprovisationBarbeiten. Im Auftrage des
Eönigl. Bayer. Eriegsministeriums verfasst. 2. Aufl. Stuttgart.
J. Potarca, La Chirurgie intra-mödiastinale postörieure. Paris.
P. Beichel, Die Abschätzung der Erwerbsfähigkeit. Wiesbaden.
C. L. Schleich, Schmerzhafte Operationen. 3. Aufl. Berlin.
Transactions of the American Orthopedic Association. Philadelphia.
W. Wagner und P. Stolper, Die Verletzungen der Wirbelsäule und des
Bückenmarks. Stuttgart.
J. Zabludowski, Bemerkungen zur Massagetherapie in der Chirui^ie.
Samml. klin. Vorträge, N. F. Nr. 209. Leipzig.
IV.
Grebnrtshülfe und Crynäkologie.
Von Privatdocent Dr. P. Strassmann^ Assistent an der geburtsh.-gynäkol.
Universitäts-Poliklinik (kgl. Charite) in Berlin.
I. GeburtshOlfe.
1. AUgremeines.
Goenner (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 18) hat den Wertli des
Alkohols als Desinfectionsmittel geprüft. Er ist ein viel
geringeres Desinficiens als Sublimat. Streptokokken z. B. vernichtet
er in der practisch in Frage kommenden Zeit nicht. Auch gegen
Milzbrandsporen ist er unwirksam. Sublimat dagegen greift die
Haut kaum mehr an und ist auch Sporen gegenüber zuverlässig.
T jaden (Giessen) (Zeitschr. f. Gynäkol. Bd. 38, H. 3) hat in
der Giessener Frauenklinik Versuche angestellt, was der Alkohol
beim Sterilisiren der Hände leistet. Die verschiedenen Bacterienarten
verhalten sich dem Alkohol gegenüber verschieden. Wesentlich ist
die Dicke der Schicht, auf welche der Alkohol wirkt. Der Quel-
lungszustand der Gewebe lässt den Alkohol stärker wirken. 76- und
90®/o iger Alkohol tödtet Keime besser als 60®/oiger oder absoluter. Femer
prüfte er an 102 Hebammen, wie sich ihre Hände den gebräuchlichen
Desinficientien gegenüber verhalten. In 402 Versuchen war nur
9mal eine Keimfi-eiheit (darunter 7mal eines Fingers) erzielt worden.
Trotzdem die Desinfection sehr lange , länger jedenfalls als in der
Praxis gemacht wurde. Die Ursache liegt in der rissigen und
schwieligen Beschaffenheit der Hände.
Krug (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 41) nimmt zur Trocken-
eterilisationgeburtshülfUcherlnstrumente runde verschlossene
Jahrbach der praotischen Medicin. 1899. 25
Desinfec-
torischer
Werth des
Alkohols,
Goenner,
Tjaden.
386 Strassmann.
Metall- Metallbüchsen, die man auch im Bratofen erhitzen kann. Die
büchsen für Instrumente werden in Asbestpapier eingehüllt. (Das sicherste und
Krug. überall durchfuhrbare Verfahren bleibt das Auskochen an Ort und
Stelle. Ref.)
Operations- A. Doederlein (Beitr. z. Geb. u. Gynäkol. Bd. 1, H. 1) hat bacterio-
handechahe logische Versuche über die Operationshandschuhe aus Tricotstoff
*"" t ff ^ angestellt. Während die Hand nach Fürbringer keimfrei zu machen ist
Doederlein. ^^^ ^^^ ^^ während der Operation erhalten lässt, werden Handschuhe aus
der Luft her leicht inficirt, da die Keime in den mit Blut und Flüssigkeit
gefüllten Maschen einen guten Nährboden finden. Tricothandschuhe ver-
mindern die Asepsis.
Für geburtshül fliehe Untersuchung und Operationen empfiehlt
Handschuhe A. Doederlein (Berl. klin. Wochensohr. Nr. 50 u. Gentr. f. Gynäkol. Nr. 26)
ans Condom- ^e Benutzung von Handschuhen aus Condomgummi. Diese haben
^"Mrilt^'^' sich in der Tübinger Klinik bei 200 Entbindungen sehr bewährt. Trotz
httl fliehen der Untersuchung von 4 — 8 Practicanten, oft bis zu 30- und 40mal, waren
unter- Temperaturerhöhungen, ohne dass prophylaktische Spülungen gemacht
suchung, worden sind, selten. — Jedenfalls sind diese Handschuhe dem Practiker,
der bei anderweitiger Thätigkeit nicht immer die Abstinenz nach infecüGsen
Berührungen durchführen kann, zu empfehlen. Auch die Frage nach dem
Werthe der Desinfection der Gebärenden wird sich an einem grösseren
Material lösen lassen. Die Desinfection geschieht durch V'^^diges
Kochen und Aufbewahren in l^oigem Lysol. Die Handschuhe können mehr-
fach verwendet werden. Sie werden über die sterile Hand gezogen.
Prophylak- Hofmeier (Zur Verhütung des Kindbettfiebers.
""J^^P.l^ IV. Beitr. Berl. klin. Wochensohr. Nr. 46, 14. Nov.) berichtet über
inieotion ^ ^ ^ ' ^ ^ ^
der das vierte Tausend Wöchnerinnen, die nach antiseptischen Qmnd-
KreiBsenden. oätzen, wie aus den früheren Veröffentlichungen bekannt sein dürfte,
entbunden worden sind (Desinfection der Scheide und Cervix mit
Va'/oigem Sublimat). Ein Infectionstodesfall, der der Anstalt zur
Last fiele, kam nicht vor. Die Mortalität der 4000 betrug über-
haupt 0,7 ®/o, an Infection 0,15*^/0, an Infection in der Anstalt 0,1 *;o.
Die puerperale Morbidität abzüglich der extragenitalen Erkrankungen
war 5,9*^/0, an schwereren Störungen 2,4 ^/o. Hofmeier hält die
Vorrichtungen von Burckhardt (Nachgeburtsspecula) und die von
V. Mars angegebenen Gummiärmel, sowie endlich die durch Doe-
derlein empfohlenen Touchirhandschuhe für überflüssig. Eine wei-
tere Herabsetzung der Morbidität ist nach seiner Ueberzeugung nur
durch eine weitere Desinfection der Kreissenden zu erreichen.
Geburtshülfe und Gynäkologie. 887
2. Sehwangrerschaft.
a. Retroflexio nteri gravidi.
A.Dührssen (Berlin), lieber Aussackungen, Rückwärts- Aus-
neicranffen und Knickuntren der schwangeren Gebär- «t^t^^"«^^'^'
mutter mit besonderer Berücksichtigung der sog. Retroflexio uteri neignngen
gravidi partialis (Arch. f. Gynäkol. Bd. 57 , H. 1). Aussackungen ^^^
der hinteren Corpuswand des schwangeren Uterus können bei retro- des
flectirtem und anteflectirtem Uterus entstehen. Die letzteren kommen schwangeren
zu Stande bei Uterus bicomis, durch Tumoren, durch „den vor- J?*®''*^*
' ' " Dührssen.
liegenden Kindstheil oder stärkere Entwickelung des hinteren unteren
Uterinsegments", durch perimetritische Verwachsungen der hinteren
Uteruswand, durch mangelhafte Entfaltung der vorderen, complemen-
tare Entfaltung der hinteren Wand nach Vaginofixation und Ventro-
fixation. Sie sind also als Retroflexio uteri gravidi partialis spuria
anzusehen. Aussackungen der vorderen Corpuswand entstehen
durch den vorliegenden Kindstheil und durch Vagino- oder Ventro-
fixation. Auch die Seitenkanten können durch die erwähnten
Operationen, femer durch Torsionen und perimetritische Verwach-
sungen ausgesackt werden. Unter Zugrundelegitng dieser Einthei-
lang und mit sehr ausgedehnter Benutzung der Litteratur bespricht
nun Dührssen die einzelnen Gruppen nach Symptomatologie, Ur-
sachen und Therapie. Ebenso wie Verwachsungen sind Schrum-
pfungen der Serosa der hinteren Wand des retroflectirt gelegenen
Uterus Schuld an der Entstehung einer partiellen Retroflexio uteri
gravidi und auch der Incarceration. Abgesehen von dieser Ursache
sind chronische Metritis, Perimetritis und enges Becken Ursachen der
Einklemmung. Bei der Diagnostik dieses Zustandes wird auf die
Verwechselung mit Tubargravidität und supravaginaler Hypertrophia
cervicis hingewiesen. Gewiss wird hier eine vorsichtige, wenn auch
selten nothwendige Sondirung die Patienten vor unzweckmässigen
Maassnahmen schützen. Aber D ü h r s s e n's Anweisung „Ist es eine
Tubenschwangerschafk , so schadet eine lege artis ausgeführte Son-
dirung nichts — ist es eine Retroflexio uteri gravidi, so schadet sie
meistens nichts", ist denn doch zu leicht hingesagt und unrichtig.
Die Erscheinungen von Seiten der Blase bilden bekanntlich die
grössten Gefahren flir die Frau. Dührssen hat sich besonders
der Blasengangrän in seinen Betrachtungen zugewendet. Diese kommt
nach mehrtägiger Retention auch ohne Compression der Arterien zu
Stande. Da hier Repositionsversuche bisweilen die Blasenruptur be-
fördert haben, so warnt Dührssen bei jauchig schwarzem Harne
388 Strassmann.
Aus- und beginnenden peritonitischen Erscheinungen diese vorzunehmen.
Backung en, ^^^ j^^^^ indessen zahllose Fälle mit zersetztem Urin in der üblichen
Ruckwarts-
neigungen Weise durch Katheterisation und Aufrichtung behandelt, ohne einmal
und nur Ruptur oder peritonitische Erscheinungen folgen zu sehen. Die
* des ^ Retroversio uteri gravidi wird von der Retroflexio grundsätzlich ge-
schwangeren schieden. Der Muttermund ist hier gegen die Symphyse oder die
Uterus, vordere Bauchwand gerichtet. Die Einklemmung kommt erst viel
später zu Stande je nach dem Grade der Version vom 4. Mo-
nate bis in die zweite Hälfte der Schwangerschaft. Eine Selbst-
reposition ist ausgeschlossen, der Katheterismus sehr erschwert wegen
der „Zweitheilung der Blase". Hier wird für gewisse Fälle der Ei-
hautstich als Anfang der Behandlung gerathen. Zustimmen kann
man der Ansicht, dass die Laparotomie fast immer umgangen werden
kann. — Was die übrigen Abschnitte der Arbeit anbelangt , so ver-
missen wir für die Aussackungen der vorderen Wand bei Retro-
positio uteri die anatomischen und klinischen Belege.
Behandlung Ahlfeld (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 38) bemerkt in einer Er-
aör widerung an Dührssen, dass er bei der Behandlung des in-
rirten car c er irten geschwängerten Uterus auch bei Blasengangrän
Retroflexio noch durch geeignete Reposition (Knie-Ellbogenlage) und Einlegen
uteri .
gravidi ^ines Ringes zum Ziele gekommen sei.
Ahlfeld, A. Müller (Centr. f. Gjniäk. Nr. 43) hat sich bei einer partiellen
Müller, fixirten Retroflexio uteri gravidi im 4. — 5. Monate, die sich
nicht reponiren Hess, des Kolpeurynters zur Aufrichtung bedient.
Derselbe kam in die Scheide zu liegen imd bewirkte unter ziemlich
starken Schmerzen nach über 3 Stunden die Aufrichtung des Utems.
Patientin trug aus. Müller empfiehlt das Verfahren gegenüber
Dührssen's activem Vorgehen (Function, vaginale Eröffnung des
Uterus).
Fi-anz. Bei K.Franz (Ein FaU von Bauch schnitt zur Aufrichtung
der rückwärts gebeugten und eingeklemmten Gebär-
mutter bei Schwangerschaft im 7. Monat. Münch. med.
Wochen sehr. Nr. 1) handelte es sich um einen sehr ausgespro-
chenen Fall von Retroflexio uteri gravidi partiaUs bei einer 18jährigen
Primipara. Das im Becken befindliche Segment war für einen
Tumor gehalten imd nach vergeblich versuchter Reposition (nur
mit zwei Fingern von der Scheide) punctirt worden. Der entleerte
Inhalt wiu'de als Dermoidbrei angesehen. Erst die Laparotomie
Idärte den Befund auf. Der Uterus wurde aufgerichtet, und sofort
konnte die Geburt beendet werden. Der Ansicht, dass hier ein Fall
Geburtshülfe und Gynäkologie. 389
vorlag, in dem die Laparotomie unumgänglich war, kann Ref. nicht
beipflichten.
b. Schwangerschaft und Geschwülste.
Rosenberg (Med. News, 22. Jan., Centr. f. Gynäk. Nr. 22) warnt Fibro-
vor einem activen Verfahren bei Schwangeren, die mit Fibroiden ^^^^^l
behaftet sind. Von 6 Müttern trugen B aus mit lebenden Kindern,
eine abortirte. Alle blieben gesund. Myomektomieen in der Schwanger-
schaft haben für Mütter und Kinder eine sehr hohe Mortalität.
c. Schwangerschaft und Herzfehler.
Kisch (Therap. Monatsh. , Februar) betrachtet die Frage, ob Heirat h
herzkranke Mädchen heirathen dürfen. Da Cohabitation und , ®""
kranker,
die Folgen der Conception Ansprüche an das Herz stellen, so darf Kisch.
nur bei guter Compensation , Ernährung und kräftiger Musculatur,
bei grösster körperlicher Schonung die Ehe gestattet werden. Sie
ist zu verbieten bei nervösen, sehr alten Individuen und bei con-
genitalem Vitium. Massiger sexueller Verkehr imd nicht mehr als
zwei Geburten sind anzurathen.
O. Feis (Samml. kl in. Vortr. Nr. 213) behandelt die Complica- Schwan ger-
tion von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett mit Schaft,
chronischem Herzfehler. Die gemeinsame Thätigkeit von Ge- Wochenbett
burtshelfer und innerem Kliniker und die Prüfting des späteren Ver- i>ei
haltens der Entbundenen ist nothwendig, um ein richtiges Bild zu ^q^v- ^^'
gewinnen. Zunächst soll in der Schwangerschaft immer abwartend
verfahren werden. Bei bedrohlichen Erscheinungen ist der künst-
liche Abort oder die Frühgeburt nicht immer zu umgehen.
Die künstliche Frühgeburt bei Herzkranken hat
Gusserow (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 31, October) in einem Vor- Künstliche
trage beleuchtet. Von 70 Fällen, bei denen in der Klinik Herz- Frühgeburt
fehler und Schwangerschaft zusammentrafen, starben 4 Mütter, hier kranken
hatten die Störungen zu spontaner Unterbrechung geführt, die Geburt Gusserow.
endigte mit dem Tode. 6 andere mussten operativ entbunden werden
und blieben lebend. Femer wurden 13 FäUe beobachtet, bei denen zwar
Compensation sstörungen eintraten, die Geburt aber spontan zu Ende
ging und die Mütter leben blieben. 46 Frauen kamen ohne Com-
pensationsstörungen nieder. Nur eine wurde wegen der Herzerschei-
nungen künstlich vorzeitig entbunden. Nach dieser Statistik hält
Gusserow die künstliche Frühgeburt bei Herzkranken nur da in-
390
Strassmann.
dicirt, wo bei Compensationsstörungen nicht spontan die Frühgeburt
eintritt. Ein Herzfehler an und für sich ist schon deswegen tiicht
als Indication zur künstlichen Frühgeburt aufzufassen, weil die lange
Dauer der künstlichen Entbindung dieselben Gefahren bringen kann,
wie die natürliche Geburt.
d. Schwangerschaft und Blutkrankheit.
Künstliche H. Schröder (Arch. f. Gynäkol. Bd. 57, H. 1) berichtet aus der Kgl.
Fehlgeburt üniv.-Frauenklinik zu Bonn über wiederholte Schwangerschaft bei
hei lienftleF
Leukämie liß^ö-l^r Leukämie. 25jährige Frau, die bereits 5mal geboren und 2mal
Schröder. ' abortirt hatte. Nach der letzten Entbindung Bemerken einer Geschwulst,
die sich bei der Aufnahme im 6. Monate der neuen Schwangerschaft als
vergrösserte, bis zum Darmbein herabreichende Milz darstellt Hämoglobin-
gehalt 507o, Verhältniss der weissen za den rothen Blutkörperchen = 1 : 28.
Mikroskopisch typischer Blutbefund. Knochen- und Lymphsjstem nicht mit
ergriffen. Wegen schwerer Zeichen von Anämie und Athemnoth künst-
liche Fehlgeburt. Die ausgestossene Frucht zeigt keine Zeichen von
Leukämie. Wochenbett zuerst febril, dann normal. Die subjectiven Er-
scheinungen bessern sich, obwohl der Blutbefund bei der Entlassung eher
ungünstiger ist (Verhältniss = 1 : 20). Die sofortige Frühgeburt wird nicht
principiell, sondern nur bei höchstgesteigerten Symptomen empfohlen.
Abort-
therapie,
Boiflsard,
Biermer,
Feinberg.
e. Abort.
Die Aborttherapie hat eine ausfuhrliche Besprechung von
Boissard (M6d. moderne Nr. 16 u. 17) gefunden. Mit geringen Ab-
weichungen in Bezug auf die Antiseptica ist die Therapie von der
üblichen nicht verschieden. Wenn möglich wird die manuelle Aus-
räumung statt der instrumenteilen vorgenommen.
Biermer (Magdeburg) und Feinberg (Petersburg) (Centralbl.
f. Gynäkol. Nr. 21) sind für die weitere Verwendung der von
Ge ssner verworfenen Curette besonders beim unvollständigen Aborte.
Der ärztliche Finger ist schwerer zu desinficiren als das Instrument.
Narkose ist zur digitalen Ausräumung nöthig; oft genug gelingt
sie nicht vollständig und ist nicht schonender als die Abrasio.
Lysolgaae Hahn (Mainz) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 16) empfiehlt nach
h* ft* ' -^^sräumung septischer oder saprischer Aborte bezw. Placentar-
A borte, lösimgen Fiebernder die 48 stündige Tamponade mit lysolge-
Hahn. trankter Gaze.
Eine fast rein auf mikroskopischem Gebiete liegende Discassion knüpfte
sich an die Demonstration Gottschal k*8 Über einen Fall von sog. tu-
berösem subchorialem Hämatom an (Sitz. d. Ges. f. Geb. u. Gynäkol.,
Geburtshülfe und Gynäkologie. 391
14. u. 28. Oct.). Es sind das bekanntlich Eier, welche längere Zeit retinirt waren Tuberöse
und bei denen die Vergrösserung der Placenta bezw. des Chorions durch »ttbchoriale
vielfache knollige Blutansammlungen auffällt. Gottschalk versucht die oottBchalk '
Entstehung auf eine Insufficienz des embryonalen Herzens und ein Aus-
bleiben des Flacentarkreislaufes zurückzuführen. In den Zotten fänden sich
keine Gefässe, und der Embryo gehe daher frühzeitig zu Grunde.
In der Discussion nehmen fast alle Redner gegen diesen Erklärungs- DiscusBion.
versuch Stellung; es seien in den Präparaten degenerirte Gefässe sichtbar
(Keller und Steffeck). Auch verschiedene physiologische Gründe, Bil-
dung von Zotten (Eossmann), Fehlen der Hämatome bei Zwillingen mit
insnfficientem Herzen und endlich das Vorkommen von Eiern späterer Monate
mit den gleichen Hämatomen (Strassmann), bei denen der Flacentar-
kreifilauf deutlich ausgebildet ist, sprechen dagegen.
Doesseker (Zürich) (Correspondenzblatt für Schweizer Aertze Missed
Nr. 16) behandelte eine Frau, die 6mal geboren hatte und ganz ge- ^bortion,
sund war, wegen schwerer Blutungen, die im Verlauf einer
missed Abortion auftraten. Das dem 1. Monate entsprechende
Ei wurde nach 7 Monaten ausgestossen. Doch deuten die Wachs-
thumsverhältnisse der Eihäute und die klinischen Erscheinungen
darauf hin, dass das Ei erst etwa 4 Wochen todt im Uterus lag.
f. Tubenschwangerschaft (Extrauteringravidität)*).
Engström (Mittheilungen aus der gynäkologischen Aetiologie
Klinik des Prof. Dr. Otto Engström in Helsingfors. derTuben-
_— seh w ft II GT e f'
Bd. 2, H. 1) berichtet über klinische und pathologisch-anatomische schaft,
Beobachtungen zur Aetiologie der Tubenschwangerschaft auf Ghnind Engström,
von 35 eigenen Fällen. Wir heben aus diesen den mikroskopischen
Befund in 3 Fällen hervor, wo die uterinwärts gelegene
Partie der Tube viel mehr entzündlich verändert war,
als die abdominal vom Fruchtsack gelegene. In einem Falle war
dieser Theil sogar vollkommen gesund. Engström geht der Ein-
wirkung nach, welche eine Tubenentzündung auf die Eieinnistung
hat. Obschon sie die ektopische Ansiedlung begünstigt, ist sie doch
nicht zum Entstehen dieser absolut erforderlich. Uebrigens
sind auch uterine Schwangerschaften nach Tubenerkrankungen
beobachtet.
Ref. (Berl. klin. Wochenschr. 1897) hat in einer Arbeit über p. strassmann,
die Entstehung der Extrauterinschwangerschaft zu beweisen ver-
sucht, dass alle Fälle aufzufassen sind als eine Hemmung
*) Auf Wunsch der Redaction an dieser Stelle, statt unter , Gynäko-
logie" berichtet Ref.
892
Strassmann.
der Tuben-
Schwanger-
schaft,
Mandl u.
Schmidt.
Aotiologie des auf der Wanderung durch die Tube nach dem Uterus
begriffenen befruchteten Eies. Gewiss wird eine solche be-
sonders durch voraufgegangene Tubenentzündungen auch begünstigt
werden. Zur Einnistung in der Tube muss aber wenigstens an
einer Stelle eine mit Epithel versehene, bis zu einem gewissen
Grade gesunde Schleimhaut angenommen werden.
L. Mandl und H. Schmidt (Arch. f. Gynäkol. Bd. 66, H. 2)
haben die Aetiologie und Pathologie der Extrauterinschwanger-
schaft an der Hand von 77 Operirten der Schaut ansehen Klinik
bearbeitet. Wir heben hervor, dass 27 früher gonorrhoisch er-
krankt waren. Die Wand der Hämatocele besteht nach den Autoren
nicht aus organisirtem Fibrin, sondern aus fibrillärem Bindegewebe.
Casnistik, Eine sehr reichliche Casuistik über Extrauterin Schwanger-
schaft findet sich auch in diesem Jahre in fast allen gynäkologi-
schen Blättern (z. B. Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 46). Viel Freude
an den extrauterin liegenden Früchten späterer Monate erlebt der
Operateur nicht, und man thut am besten, auf diese bei operativen
Entschlüssen keine Eücksicht zu nehmen.
Neugebauer. Neugebauer (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 30) hat bei einer
fast ausgetragenen Extrauterinschwangerschaft einlebendes
Kind entwickelt, das allerdings bald an Lebensschwäche starb.
Es lag frei zwischen den Därmen und zeigte infolge dessen viele
Vorbildungen. Fruchtwasser war kaum vorhanden, die Placenta
löste sich spontan. Drainage, Genesung.
Zwei weitere Fälle von nahezu ausgetragener Extra-
uterinschwangerschaft, aber mit abgestorbener Frucht, eben-
Warszawski, falls aus der Neugebauer'schen E^linik, berichtet War szawski
(Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 37). Der Fruchtsack wurde eingenäht
und der allmählichen Ausheilung überlassen. Heilung.
Wilke. Wilke (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 41) hat ebenfalls eine lebende
Frucht von 88 cm Länge in der Bauchhöhle frei und ohne
Fruchtwasser gefunden. Der Sack wurde eingenäht, da Lösungs-
versuche zu starken Blutungen fiihrten. Nach 6 Wochen begann die
Placenta stückweise auszujauchen. Heilung.
Zangemeister (Zeitschr. f. Gynäkol. Bd. 88, H. 8) veröffent-
licht aus der Olshausen'schen Klinik 3 Fälle von wiederholter
Wiederholte
Tuben-
schwanger«
Schaft, Extraute rinschwangerschaft. Zwischen der ersten Operation
Zangemeister, m^j ^q^ neuen ektopischen Conception waren je 4'/2 Jahre, 9 Monate
und einmal nur 6 Wochen vergangen. Zwei wurden doppelt operirt,
eine starb.
Geburtshülfe und Gynäkologie. 393
Gottschalk berichtet in der Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Gottschalk,
(10. Juni) über eine wiederholte Schwangerschaft in der-
selben Tube. Die erste verlief als tubarer Abort mit Hämatocele,
die zweite nach 1 ^2 Jahren mit Ruptur. — Laparotomie, Heilung. In
der Discussion spricht sich Olshausen fiir die ventrale Operation
derartiger Fälle gegenüber der vaginalen aus.
Falk (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 38, H. 2) ver- Falk.
öffentlicht aus der Jenenser Klinik einen Fall von zweimaliger
Extrauterinschwangerschaft innerhalb dreier Jahre. Bei
der ersten Laparotomie konnten die Anhänge der anderen Seite
wegen der Verwachsungen nicht sichtbar gemacht werden. Genesung.
L. Fränkel (Placentarpolypen der Tube. Aus der Placentar-
Künik des Prof. E. Fränkel in Breslau. Arch. f. Gynäkol. Bd. 66, P^iypen in
. der Tube,
S. 713) beschreibt die Krankengeschichte und den anatomischen Be- l. Prankel.
fund von 2 Fällen von Placentarpolypen in der Tube. Der Sitz war
beide Male im mittleren Drittel an einer stark verdünnten bezw.
eingerissenen Stelle, wahrscheinlich an der Stelle der Ruptur. Die
Spitze der Polypen sah nach dem Abdominalende. Zur Dia-
gnose ist auf immer erneute Anfalle innerer oder äusserer Blutung
zu achten, die nach der Euptur oder nach tubarem Abortus selbst
bei vollkommen abgekapselter Hämatocele auftreten.
Fehling (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 38) macht Tuben-
auf die Bedeutung der Tubenruptur und des Tubenabortes Tubenabort
für Verlauf, Prognose und Therapie der Tubarschwanger- Pehling.
Schaft aufinerksam. Die Tupenruptur ist viel seltener als der
Tubenabort (1:8). Bei der ersteren treten die bedrohlichen Krank-
heitserscheinungen der inneren, plötzlichen Verblutimg auf. Bei
dem Tubenabort wird das Ei vollständig oder unvollständig von der
Haftfläche gelöst. Es wird in die Bauchhöhle abortirt oder bleibt
als Mole in der Tube. Es bildet sich eine Hämatosalpinx neben
einer Hämatocele. Die Zeichen dieser Erkrankung sind manch-
mal schwer von der Pyosalpinx zu unterscheiden. Bei mehreren
Dutzend exspectativ behandelter Fälle kam kein Todes-
fall vor. Im übrigen hat Fehling von 83 in den letzten Jahren
beobachteten Tubenschwangerschaften 31 operirt und steht auf dem
Standpunkte, dass man die rupturirte und nicht rupturirte
möglichst bald operiren soll. Bei Hämatocele, deren Re-
sorption sich auf Monate und Jahre erstreckt, soll eingegriffen werden,
wenn der Tumor bei ruhiger Lage wächst, Zeichen innerer Blutung
394 Strassmann.
auftreten oder Erscheinungen von Zersetzung des Inhaltes bemerk-
bar werden. Geringe Temperaturen finden sich aber auch ohne
Zersetzimg. Fehling bevorzugt den abdominalen Weg und exstir-
pirt bei Erkrankung die andere Tube mit. Ist sie gesund, so rese-
cirt er sie theilweise, um einer Wiederholung der ektopischen An-
siedelung vorzubeugen.
Operative W. Thorn (Naturf.-Vers., Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 41) er-
Behandlung gj^^j^ die Grenzen der operativen Therapie der Extra-
der Tuben- ^ , ^
schwanger- Uterinschwangerschaft und die Ausgänge der Erkrankung. Die
■chaft, Gefährlichkeit der Hämatocele und Hämatome bei Tubenabort sei
' übertrieben. Frische solle man nicht operativ angreifen. Man sehe
selten Nachblutungen oder Zersetzungen. Stationäre Tumoren dürften
erst nach 6 Wochen angegriffen werden. Er ist der Ansicht, dass
60 — 70°/o so ausheilten. Nach dem dritten Monate solle immer,
ebenso vorher bei noch in der Entwickelung begriffener Schwanger-
schaft operirt werden.
Veit, Veit (ibid.) räth, bei Hämatocele immer zu warten und bei Re-
tention einer todten Frucht und tubarem Abort nur nach den Sym-
ptomen die Indication zur Operation zu stellen.
V. Guörard, A. v. Gu6rard (ibid.) hat drei ältere Extrauteringraviditäten
mit Glück operirt, während eine nicht operirte einer Perforation in
den Darm erlag.
Mayo BobBon. Mayo Robson (Brit. med. Joum.) verlor von 23 wegen Ex-
trauterinschwangerschaft Operirten nur eine an Embolie.
Er tritt mit Recht auch für die Operation bei Pulslosigkeit
ein. Drei in diesem Zustande Operirte erlangten den Puls noch
während der Operation wieder, was Robson auf die wie eine
Infusion wirkende Ausspülung der Bauchhöhle zurückfuhrt.
Scanto (Pest. med. -chir. Presse Nr. 26) theilt eine Extrauterin-
Verblutung Schwangerschaft mit, die nach Ruptur in ca. 4 — 6 Stunden zu
^® VJl«, Grunde ging. Insofern bietet der Fall also nichts Besonderes. Zu
operirter .
Tuben- bedauern ist nur, dass die Patientin nicht gerettet worden ist.
schwanger- gcanto liess sie mit Recht nach den nöthigen medicamentösen
Schaft . .
Scanto.' Verordnungen in das Krankenhaus bringen. Hier lebte sie noch
2 Stunden. „Eine Operation konnte bei ihr nicht vorgenommen
werden. Ich war der festen Ueberzeugung, dass Patientin schon wegen
der inneren Blutung und auch wegen des anhaltenden Col-
lapses kein Object der Laparotomie mehr war." — Diese
Ansicht ist unrichtig. Derartige Patientinnen werden noch oft
Geburtehülfe und Gynäkologie. 396
genug, wenn sie pulslos sind, gerettet durch die ja nur wenige Mi-
nuten benöthigende Operation. Je schwerer der CoUaps, um so
dringender die Operation. Im Krankenhaus besonders sollte die
zerrissene Art. uteiina ebenso gut unterbunden werden, wie etwa
eine durchschnittene Art. radialis.
Eine rupturirte interstitielleSchwangerschaft hat Beck- Inter-
mann (Petersb. Zeitschr. f. Gynäkol. Bd. 38, H. 3) im Anfang des schwanger-
3. Monats mit Ausgang in Genesung operirt. Der rupturirte Uterus schaft,
hatte sich sehr stark contrahirt. Die Diagnose des Sitzes konnte Beckmann,
erst am Präparat festgestellt werden. Der Uterus wurde supra-
vaginal amputirt.
John W. Taylor (The Lancet, 28. Mai, 4.-25. Juni. On Pathologie
extrauterine Pregnancy). In drei Vorlesungen hat Taylor xheranie
ein Bild von der Geschichte, Entstehung, Anatomie, Diagnostik und der
Therapie der Extrauterinschwangerschaft gegeben. Bei der Dar-^**'*'^*®^^'^"
. o o o Bchwanger«
Stellung der Diagnostik ist die Art der Ansiedelung und des Sta- schaft
dinms , in dem sich die Entwickelung des Eies befindet , berück- J. w. Taylor,
sichtigt. Von Einzelheiten hätte etwas mehr vor dem Gebrauch
der Sonde gewarnt werden können, denn sie begünstigt die Ruptur.
Wer gezwungen ist, sie anzuwenden, muss im Stande sein, bald
darauf die Operation vorzunehmen. Dass eine tubo-uterine oder
interstitielle Schwangerschaft nicht zu diagnosticiren sei und immer
tödtlich verlaufe, kann Ref. nicht zugeben. Vor einigen Jahren
hatten wir in der Klinik der Charit^ einen derartigen Fall (Bericht
der Charitegesellschaft) , bei dem eine interstitielle Schwangerschaft
als ektopisch erkannt und durch Incision und Entleerung des Frucht-
halters mit Erhaltung des Uteruskörpers operirt wurde. Die Eintheilung
in tubo-abdominale, tubo-ligamentäre, tubo-uterine ist zwar
nicht immer streng durchzufuhren, ist aber zur Sonderung der ein-
zelnen Krankheitsformen recht geeignet.
Taylor bevorzugt ein operatives Vorgehen, und zwar vom Ab-
domen aus , nur für abgekapselte Hämatocelen wird die C o 1 p o-
tomia posterior gewählt. Auch in diesem Kapitel finden sich
viele werthvoUe Winke, z. B. über extraperitoneale Eröffnung ein-
zelner interligamentärer Formen, über die Versorgung der Placenta
bei vorgeschrittener Schwangerschaft, über Drainage etc.
396 Strassmann.
3. Geburt.
a. Anatomie, Physiologie, Diagnostik.
Gefrier- W. Lusk (Brit. med. Joum., 11. Juni) gibt einen Gefrierschnitt
schnitt durch eine in der ersten Geburtsperiode befindliche Siebentgebärende
u' J''^»» ** j^ im 7- Monate. Interessant ist, dass sich auch hier die deutliche Aberrenzunff
iLTeiBBenae, ° c
Loak. eines unteren üterinsegments , das aus dem Corpus uteri hervorgegangen
ist, erkennen lässt. Weitere Details sind für ein Referat nicht geeignet.
Rühmlich sei an dieser Stelle der 7 Tafeln gedacht, welche allerdings in
Verkleinerung, aber mit hinreichender Deutlichkeit die Verhältnisse wieder-
geben und so weiteren Kreisen eine Anschauung gewähren, während bei
uns derartige Gefrierschnitte meist in kostbaren Monographieen nur schwer
zuzüglich sind.
Einflussvon Hensen gibt aus der Frauenklinik zu Kiel (Arch. f. Gynäkol.
Morphinm ^^ 55 g i29) einen Bericht über den Einfluss des Morphiums
und Aether . . . -^
auf die ^^^ ^^9 Aethers auf die Wehenthätigkeit des Uterus, nebst Be-
Wehen, obachtungen zur Physiologie der Uteruscontractionen. Mittels intra-
uterinen Ballons wurden kymographisch Beobachtungen bei 16 Ge-
bärenden (10 Erst- und 6 Mehrgebärenden) angestellt. Die Beobach-
tungsdauer schwankte von 20 Minuten bis 11 Stunden. 6 mal wurde
Morphin-, 6mal Aethernarkose angewandt. lieber die Zahlen-
werthe der im Uterus herrschenden Druckverhältnisse ist das Original
zu vergleichen. Morphium 0,005 — 0,02 g ist ohne jeden Einfluss
auf Wehenthätigkeit und Bauchpresse. Aether bewirkt nach 1 bis
2 Minuten eine erhebliche Schwächung der Uterusarbeit, indem er
die Grösse der Wehen verringert und die Pause verlängert. Die
Bauchpresse sistirt in der Aethernarkose ; die Wehenthätigkeit stellt
sich B bis 20 Minuten nach Aussetzen des Aethers wieder her.
Chloroform hinterlässt dagegen eine selbst bis 2 Stunden sich er-
streckende schädliche Nachwirkung. Die Aethernarkose empfiehlt
sich daher für Operationen, wo es erwünscht ist, dass sofort hinter-
her wieder Wehen eintreten.
Ueber manuelle Beckenschätzung schreibt H. Löhlein
im 5. Heft seiner gynäkologischen Tagesfragen (Wiesbaden). Wenn
auch die instrumenteUe Beckenmessung für die genaue Ermittelung
der Abstände des grossen Beckens und die wissenschaftliche Ver-
werthung unerlässHch ist, so ist es doch eine Thatsache, dass in
praxi oft verhängnissvolle Entscheidungen getroffen werden, die eine
Kenntniss der räumlichen Becken Verhältnisse voraussetzen, während
Geburtshülfe und Gjmäkologie.
397
eine Messung mit dem Zirkel nicht ausgeführt wird oder nicht aus-
föhrbar ist. Daher soll der Klinicist schon darin geübt werden,
nur mittels der Hand und des Centimetermaasses eine
Beckenschätzung vorzunehmen. Die absolute Grösse der Quer-
durchmesser lässt sich manueU befriedigend feststellen, wenn man
die Spannweite seiner Hand (21 — 24 cm) kennt. Nennenswerthe
Differenzen werden leicht erkannt. Die Vorwölbung der Regio
suprapubica beeinträchtigt die höchste Spreizung der Finger nur um
ca. 1 — 1,5 cm. An der Wölbung der Darmbeinschaufeln ist das
Verhältniss der beiden Querdurchmesser zu schätzen. Für die Er-
kennung des allgemein verengten Beckens ist die Messung des
Beckenumfanges eine weitere Stütze. Sie bleibt hinter dem nor-
malen (90 cm) um 6 — 10 cm zurück. Dazu kommt die Austastung
des Beckens. Der Untersucher muss einmal zuvor die Entfernung
der Mittelfingerspitze vom ersten Interphalangealgelenk und vom
Metacarpophalangealgelenk des Zeigefingers festgestellt haben. Dann
lassen sich die Conjugata vera, die im Becken schräg aufsteigenden
Durchmesser und das Verhältniss der Räumlichkeiten mit genügen-
der Genauigkeit schätzen. Endlich hat eine sorgfältige Betrachtung
und Betastung der Regio sacralis zu erfolgen. Sie gewährt einen
guten Anhalt für die Erkenntniss einerseits eines günstigen Becken-
baues, andererseits gewisser Formen des engen Beckens, nämlich
der asymmetrischen. Den Grad der Ungleichheit bestimmt am
besten die innere Austastung.
Manuelle
Becken-
Schätzung,
LöMein.
Müllerheim (Verwerthung der Röntgenstrahlen in der Ge-
burtshülfe. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 39) hat systematische Ver-
suche an der Leiche, in deren Becken und Abdomen ein kindlicher
Cadaver eingelegt war, angestellt. Expositionsdauer und Bewegungen bei
der Aufnahme, die an der Lebenden so grosse Beachtung erfordern, fallen
hier natürlich nicht in Betracht. Der Platinspiegel muss immer direct
gegenüber der Symphyse stehen. Bei einer Entfernung der Lichtquelle
von 50 cm hat man von dem photographirten Querdurchmesser des Beckens
2 cm abzuziehen, um den wirklichen festzustellen. Vier Skizzen sind bei-
gegeben, aus denen aber nur schwer eine Vorstellung von der Deutlichkeit
des Röntgenbildes entnommen werden kann. Der Eintritt des Kopfes ins
Becken, die Haltung bei Gesichtslage, das Vorhandensein von Zwillingen,
eine Querlage sind gut zu erkennen. Wenn auch zunächst hier noch kein
positives Ergebniss der Verwerthbarkeit der X-Strahlen in der Geburtshülfe
vorliegt, so sind doch derartige Vorversuche entschieden dankenswerth, da
80 leicht manche Eigenheiten der Bilder klar gelegt werden, deren Beur-
theilung an der Lebenden weit mehr Mühe machen würde. Referent
Röntgen-
strahlen,
Müllerheim.
j
398
Strassmann.
Einbringen
von
Argentnm
nitricnm,
Perlsee.
Olycerin,
Saft.
ist überzeugt, dass auch der GeburtshÜlfe durch die Röntgenstrahlen manche
Aufklärungen erwachsen können.
b. Künstlicher Abort, künstliche Frühgeburt und Erweiterung.
M. Perlsee (Prag. med. Wochenschr. Nr. 29) gibt eine neue
Methode der Einleitung des Abortes und der Frühgeburt an.
Er bringt mittels eines Aetzmittelträgers ein 1 cm langes , 3 mm
dickes Stückchen Arg. nitr. über den inneren Muttermund und ver-
abreicht Seeale. In wenigen Stunden setzen Wehen ein. Das Ei
bleibt intact. Auch später zeigten sich keine Störungen. (4 Fälle.)
H. Saft (Breslau) (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 3) theilt
eine in der Breslauer Hebammenanstalt geübte neue Methode der
Anwendung des Glycerins zur Einleitung der Früh-
geburt mit. Eine Fischblase, die mit Aether entfettet und durch
Sublimat und Alkohol sterilisirt ist, wird an einer elastischen Hohl-
bougie in den Uterus eingeschoben, so dass sie über den inneren
Muttermund zu liegen kommt. Dann wird sie durch die Bougie mit
100 g Glycerin gefüllt und die Scheide mit Jodoformgaze gefüllt.
Die durchschnittliche Geburtsdauer bei den ausschliesslich so be-
handelten Frühgeburten betrug 62 Stunden. Die Wochenbetten ver-
liefen gut. Die Wirkung erklärt sich der Verf. durch DiSusions-
vorgänge. Sollte sie nicht eine directe durch den Druck der auf-
geblähten Fischblase sein?
Ballon- Kleinhaus (Prag) (Monatsschr. f. Geburtsh. Bd. 7, H. 2) hat
dilatation, die Ballondilatation 7mal mit Erfolg angewendet und empfiehlt
Kleinhans. t ■« • -ni_i
sie besonders zur Einleitung der Frühgeburt und bei Eklampsie.
Metrenryae, W. Müller (Bonn) (lieber Metreuryse. Diss. inaug.) theilt.
6 künstliche Geburten mit, bei denen die Ballondilatation des Uterus
in Anwendung gebracht wurde. Eine Mutter starb an Luftembolie.
W. Müller.
Vorder-
scheitel-
lagen,
Hexzfdd.
c. Fehlerhafte Lagen.
Herzfeld (Wien. med. Wochenschr. Nr. 6 — 10) gibt einen Bei-
trag zur Lehre von den Vorderscheitellagen. Die Vorderscheitel-
lagen sind Deflexionslagen und zählen zu derselben Gruppo
wie die Stirn- und Gesichtslagen. Die Ursachen sind bisweilen
Dolichocephalie, femer Geschwülste, welche die Deflexion des Kopfes
verursachen, nicht aber plattes Becken, abgewichene Lagen, Elehi-
heit des Schädels. Viel seltener als die Vorderscheitellage ist die
abnorm rotirte Hinterhauptslage. Diese letztere entsteht
GeburUhülfe und Gynäkologie. 399
nach Verf. durch Prominenz eines Sitzbeinstachels, der das Hervor-
treten des Hinterhauptes verhindert. Bei der Vorderscheitellage ist
die grosse Fontanelle der tiefste Punkt, die Stimnaht ist zu tasten.
Bei der abnorm rotirten Hinterhauptslage bleibt das Hinterhaupt
der tiefste Theil , die Pfeilnaht verläuft senkrecht nach oben , die
grosse Fontanelle ist oben hinter der Symphyse zu fühlen, aber die
Stimnaht nicht zu erreichen. Der Damm ist bei der Vorderscheitel-
lage mehr gefährdet. Sie verläuft als Vorderscheitellage oder wandelt
sich in Hinterhauptslage um (Seitenlagerung), oder geht in tiefen
Querstand über. Die Art der Zangenanlegung wird in üblicher
Weise geschildert.
Müller (München) (Monatsschr. f. Gynäkol. u. Geburtsh. Bd. 7, Hintere
H. 6) macht ebenfalls auf den Unterschied aufmerksam, welcher , *? f^"
zwischen den Vorderhauptslagen und den „hinteren Hinter- Müller.
hauptslagen^ besteht. Die „hinteren Hinterhauptslagen" sind
ungünstiger. Es wird empfohlen, wenn Lagerungswechsel nicht
hilft, durch manuelle Drehung des Kopfes und des Rumpfes eine
Rotation des Hinterhauptes nach vom zu versuchen. Besonders
schwer ist der Verlauf, wenn die kleine Fontanelle in der Kreuzbein-
höhle steht. Auch Ref. kann diesen Unterschied, der keine blosse
Tüftelei ist, aus seinen Erfahrungen bestätigen. Die Entbindung
durch die Zange kann hier recht schwer werden.
Solowieff (Moskau) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 30) hat unter ümwand-
18 Stirnlagen neben verschiedenen anderen Operationen 5mal die i?."*,^®'^
. . . . «. Stimlagfe
Umwandlung in Gesichtslage mit günstigem Ausgange für Mutter in Gesiciita-
und Kind ausgeführt. Die Geburten verliefen spontan. Vorbedingung ^ \*^f'
sind : gute räumliche Verhältnisse, völlige Erweiterung, nicht zu lange
Dauer nach dem Blasensprung und gute Wehen.
Solowieff.
Zum Herüberführen der Extractionsschlinge empfiehlt H. Müller Herübe r-
(Zur Behandlung der Steissgeburt. Münch. med. Wochen- „^^Jl^!'^ ^!^
® *= ^ Scolinge bei
Schrift Nr. 40, 4. October) den männlichen Katheter, wenn es steissiage
nicht gelingt, den Fuss zu holen. Ref. möchte hervorheben, dass mittels
bei Steisslagen überhaupt nie instrumenteile Hülfe nöthig ist. Katheters
Entweder ist bei indicirter Kunsthülfe der Fuss herabzuholen ; wenn Müller,
der Muttermund aber erweitert ist und der Steiss tief steht, kann
man in Narkose durch Expression, wenn nöthig, den Steiss so herab- Manuelle
drangen, dass man manuell extrahiren kann, ohne dem Kind die un- gteisslaee
vermeidlichen Schädigungen durch Schlinge oder Haken beizubringen. P. strassmann.
400 Strassmann.
Seit vielen Jahren ist in der Charite kein Instrument mehr bei
Steissgeburten verwendet worden.
d. Rigidität des Muttermundes.
Cocainbei Farrar (Gainsborough) (Brit. med. Joum., 17. Sept.) hat in
igiaita 5 Fällen von Eiffidität des Muttermundes bei Primiparen durch
des Mniter- . , . . . .
m n n d e 8, Auftragen einer 10 ®/oigen Cocainlösung eine rapide Auflockerung
Farrar, -qj^^ Erweiterung innerhalb 5 Minuten erzielt. — Jardine (Glasgow)
hat bei dem Versuch, Cocain in Zäpfchen zu verwenden, keinen
Erfolg in Bezug auf die Erweiterung gesehen.
e. Zange.
Eine sehr breite Discussion über den Gebrauch und den Miss-
brauch der Zange fand auf dem Edinburger Meething statt
Gebranch (Brit. med. Joum., 20. August). Milne Murray eröffnete die Dis-
Mi sbrau h ^^^^^^^ ^^^ einem allgemeinen Vortrage, dessen Principien mit den in
der Zange, Deutschland üblichen durchaus übereinstimmen. Indicationen und Con-
Milne Murray. traindicationen werden erörtert. Man greife zur Zange, wenn man sich
sagen kann, dass das Hisico des Eingriffs geringer ist, als das des
Abwartens. Bevorzugt wird in Eugland die Axenzugzange.
Griff zum J. le Page (Brit. med. Joum., 24. December) hat einen
'V^^p'™*' Griff construirt, der an die Kreuzung der Zange angebracht werden
kann und so eine Umwandlung zur Axenzugzange ermöglicht,
dabei jeder Zeit entfernt werden kann.
f. Wendung. Enges Becken.
Wendung Müller (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 26) bespricht die Technik
*"*' " *^^®'der Wendung aus Kopflagen. Bei schwierigen Wendungen aus
Müller, Hinterhauptslage ist Müller mehrfach dadurch noch zum Ziel ge-
kommen, dass er die „falsche Hand'* am Bauch des Kindes
emporführte; ebenso hat er bei Gesichtslage durch Einfuhren
der dem Rücken entsprechenden Hand leichter die Wendung aus-
führen können, die vorher auf die gewöhnliche Methode nicht ge-
lungen war.
Alexander (Diss. inaug. Berlin) hat in einer unter dem Ref.
angefertigten Arbeit über die prophylaktische Wendung an
der Hand des Charit^materials folgende Grundsätze festgestellt:
Bei Erstgebärenden ist die prophylaktische Wendung sensu stricto
Geburtshülfe und Gynäkologie. 401
nicht anzuwenden; erst wenn nach mehrstündigem Warten der Kopf Prophylak-
iiicht eintritt, darf auch hier gewendet werden. Bei Mehrgebärenden ™.*"?^*
ist die prophylaktische Wendung beim platten Becken von 8V« cm Alexander.'
abwärts principiell vorzunehmen, darüber geben Wendung und Ab-
warten gleiche Resultate. Ungünstiger Ausgang bei Kopflagen,
günstiger bei Beckenendlage früherer Geburten geben die Indi-
cation. Beim allgemein verengten Becken ist von der prophylak-
tischen Wendung abzusehen, mit Ausnahme der höheren Grade. Es
ist möglichst bei stehender Blase oder bald nach dem Sprung zu
wenden. An die Wendung ist die Extraction anzuschliessen. Bei
stehender Blase und mangelhafter Erweiterung ist abzuwarten, bis
völlige Erweiterung da ist. Bei gesprungener Blase darf der Me-
treurynter angewendet werden.
Huppert (Arch. f. Gynäkol. Bd. 66) macht auf die Bedeutung Wai oh er's che
der Walcher'schen Hängela£re aufmerksam, bei deren An- Hängelage,
Wendung in 28 Fällen IB spontane Geburten bei engem Becken er-
zielt wurden. Vorbedingung sind gute Wehen, verstrichene Portio,
gesprungene Blase, Kopf im Beckeneingang. Die Kreissende soll
nicht nur in dieser Lage entbunden werden, sondern auch schon in
der Austreibungsperiode so gelagert werden.
g. Verkleinerungsoperationen.
Fehling (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 43) (Naturforscher- Ver- vier-
sammlung) hat einen viertheiligen Cranioklast (Cephalo- theiliger
thrypthelktor) angegeben. Das Instrument kann nicht wie das Fehline
Auvard'sche als Perf Oratorium dienen. Da es zwei innere Blätter
besitzt, kann es gleich bequem in erster und zweiter Schädellage
angelegt werden. Eine Beckenkrümmung ist angebracht. Wenn
bei stärkerer Verengerung Cephalothripsie erwünscht ist, so wird
über den am Kopf fixirten Cranioklast ein weiteres äusseres Blatt
angelegt.
Zur Decapitation hat in der Dresdener Klinik der Braun- Decapitation
sehe Haken sich wohl bewährt (18 Fälle, Arens, Arch. f. Gynäkol. „ ™J' ,
' ' »^ Brannschem
Bd. 66). Der Kopf ist von aussen zu fixiren. Die Siebold'sche Haken,
Scheere dient in schwierigen FäUen zur Durchschneidung. Arens.
Radojewski (Eine neue Methode zur Entwickelung des nach-
folgendenEopfes bei stark verengtem Becken. Deutsche med. Wochenschr .
Nr. 42, 20. Oct. 1898) hat in 2 Fällen den nachfolgenden Kopf, der sich
Jahibach der practischen Hedidn. 1899. 26
402 Strassmann.
Ver kleine- nicht extrahiren liess, dadurch zur Verkleinerung gebracht, dass er z wi-
rung des sehen 2. und 3. Brustwirbel die Wirbelsäule trennte, mit einem
nachfolgen- jg^theter das Gehirn zerstörte und dann mittels Aspiration ent-
yon der leerte. Er hat auch ein Instrument zu diesem Zwecke angegeben (Cere-
Wirbelsänle brotom mit Aspirator). Neu ist die Methode nicht, vielmehr schon vor
*^*» Jahren von Cohnstein angegeben und mit Erfolg vereinzelt, z. B. bei
Badojewsla. gy^jj-Q^ephalus ausgeführt worden. Es genügt dazu ein Messer und ein
langer Katheter.
Kleidotomie, Kallinowsky (Diss. inaug.) stellt die bisher ausgefiihrten
Kallinowsky. .^^^^ mitgetheilten Fälle von Kleidotomie, darunter 4 von
P. Strassmann ausgeführte, zusammen. Die Operation ist dann
indicirt, wenn nach spontaner oder künstlicher Geburt des Schädels
die Schultern weder durch die üblichen Handgriffe und äusseren
Druck, noch durch Extraction entwickelt werden können. Sie ist
der Exenteration vorzuziehen. Die Durchschneidung mittels S i e b o 1 d-
scher Scheere unter Leitung der Hand gelingt leicht. Der Rumpf
folgt sofort.
h. Eklampsie.
Patho- K.Winckler (Beiträge zur Lehre von der Eklampsie. Virchow^s
logische Arch. Bd. 154, H. 2) folgert aus 9 Sectionen Eklamptischer, dass eine schwere
Anatomie Glomerulonephritis die Intoxication des Organismus bedingt. Die Nieren-
Eklampsie a-ffection tritt auf 1. acut als Steigerung der durch die Schwangerschaft
Winckler. bedingten physiologischen Alteration der Nieren, 2. als recar-
rirende chronische Nephritis, erworben durch Infectionskrankheiten
im Kindesalter und vorher symptomlos verlaufen. Die anderen Verände*
rungen sind als eine Folge der Erampfzustände oder durch die Schwanger-
schafbserscheinungen zu betrachten. — Wir vermissen an der verdienstvollen
Arbeit ein Eingehen auf die in mehreren Fällen beobachtete Erweiterung^
der Ureteren in ihrer Beziehung zur Eklampsie.
Eklampsie ^' Boissard (Medec. moderne) betrachtet die Behandlung der Eklampsie
als Auto- vom Standpunkt einer durch die Schwangerschaft bedingten Autoin-
intozi- toxication. Sie ist streng von dem Zusammentreffen einer chronischen
Boissard Nephritis mit Schwangerschaft zu unterscheiden. Die Insufficienz der Nieren
und der Leber tritt in den Vordergrund. Dazu kommen die nervösen.
choreaartigen Symptome. Man berücksichtige bei eklamptischen Prodromen.
bei jeder Albuminurie oder bei Icterus die Ernährung und die Ausschei-
düng. Ruhe, prophylaktische Brom- und Chloralgaben bis zum Verschwinden
jeder Erregung, ein massiger Aderlass beim ersten Anfall (300 — 400 g),
protrahirte Ghloroformnarkose wird der Anwendung des Morphium und
Veratrum viride vorgezogen. Einleit^ing der Geburt ist nur selten nöthig.
Sind Wehen da, dann so schnell wie mögKch entbinden. Manuelle Rr-
Geburtshülfe und Gynäkologie. 403
Weiterung lässt sich in 1 Stunde erreichen und «sei den Incisionen und
dem Aecouchement forc6 vorzuziehen**. Warme Bäder und Injection von
kOnstlichem Serum werden empfohlen und im Wochenbett grosse Chloral-
klystiere. Sehr wichtig ist die Prophylaxe durch ausschliessliche Milchdiät,
Biuretica, Diaphoretica und Abführmittel; eine lOtägige Milchdiät
soU den Ausbruch der Eklampsie sicher verhüten. Sauerstoffinhalationen
(10 — 15 Liter täglich) unterstützen diese Behandlung.
Gm einer veröffentlicht Bemerkungen über das Verhalten der Temperatur
Temperatur bei Eklampsie (Prag. med. Wochenschr. Nr. 46 — 48). „^, ^®* .
^ . . . . Eklampsie,
In allen Fällen reiner Eklampsie, wo die Anfalle sich rasch hinter omeiner.
einander folgen, tritt eine Erhöhung der Temperatur ein. Der Typus
ist ein remittirender. Die Prognose ist günstig, wenn die Temperatur
sich der Zahl und Häufigkeit der Anfalle anschmiegt, mit dem Auf-
hören derselben zurückgeht, mit neuen wieder ansteigt. Im gleich-
massigen Ansteigen erreichte Temperaturen bis zu 41° sind nicht
als ungünstig zu bezeichnen, sie kommen bei in Genesung aus-
gehenden Fällen vor. Hat jedoch das Fieber auch mehrere Stunden
nach Aufhören der Anfalle Tendenz zu steigen, oder setzten unver-
hältnissmässig hohe Temperaturen vorzeitig ein, so ist die Prognose
letal zu stellen.
Gordon (Lancet, 15. Jan.) verabreichte bei einer Eklamptischen Behandlung
Extractum fluid, veratri viridis subcutan. Der Puls fiel von „, , ,
Eklampsie:
100 auf 50. Die Wirkung hielt 10 Stunden an. Genesung. Das veratrum
Alkaloid setzt auch die Erregbarkeit des Rückenmarks herab. yiride,
Qordon.
Mende (Godesberg) (Die Dührssen'schen tiefen Cervix- —Tiefe
einschnitte bei zwei Eklamptischen am Ende der Schwanger- . ^e'^**'
'^ . ® inciBionen,
schart. Therap. Monatsh., September) hat bei zwei Schwangeren, Mende.
die an schwerer Eklampsie erkrankt waren und bei denen durch
die üblichen Mittel die Anfalle nicht beseitigt wurden, zunächst
die Entbindung durch Tamponade und Kolpeurynter in Gang
gebracht. Später hat er bei verstrichener, aber nicht geöfineter
Cervix tiefe Incisionen gemacht und die Entbindung mit lebendem
Kinde glücklich beendet. Uterustamponade. Die Anfeile sistirten
zwar bei beiden nicht, die Mütter genasen indess schliesslich. Mende
empfiehlt, das Verfahren für schwere Fälle anch in der Landpraxis
anzuwenden.
Olshausen hat bei einer Eklamptischen, die 10 AnfäUe
gehabt hatte und bereits Lungenödem und Cheyne-Stokes'sches
402 Straseanann.
Ver kleine- nicht extrahiren liees, dadurch zur Verkleinerung gebracht, dass er swi-
rung des sehen 2. und 3. Brustwirbel die Wirbelsaule trennte, mit einem
nachfolgen- Katheter das Gehirn zerstörte und dann mittels Aspiration ent-
den Kopfes ■»• rr % i_ //^
von der leerte« Er hat auch ein Instrument zu diesem Zwecke angegeben (Cere-
Wirbelsänle brotom mit Aspirator). Neu ist die Methode nicht, vielmehr schon vor
*^8t Jahren von Cohnstein angegeben und mit Erfolg vereinzelt, z. B. bei
Radojewski. Hydrocephalus ausgeführt worden. Es genügt dazu ein Messer und ein
langer Katheter.
Kleidotomie, Kallinowsky (Diss. inaug.) stellt die bisher ausgefiihrten
Kallinowsky. ^^^j mitgetheilten Fälle von Kleidotomie, darunter 4 von
P. Strassmann ausgeführte, zusammen. Die Operation ist dann
indicirt, wenn nach spontcuier oder künstlicher Greburt des Schädels
die Schultern weder durch die üblichen Handgriffe und äusseren
Druck, noch durch Extraction entwickelt werden können. Sie ist
der Exenteration vorzuziehen. Die Durchschneidung mittels S i e b o 1 d-
scher Scheere unter Leitung der Hand gelingt leicht. Der Rumpf
folgt sofort.
h. Eklampsie.
Patho- K.Winckler (Beiträge zur Lehre von der Eklampsie. Virchow^s
logische Arch. Bd. 154, H. 2) folgert aus 9 Sectionen Eklamptischer, dass eine schwere
Anatomie Glomerulonephritis die Intoxication des Organismus bedingt. Die Nieren-
d Air
Eklampsie ^<s<^on tritt auf 1. acut als Steigerung der durch die Schwangerschaft
Winckler. bedingten physiologischen Alteration der Nieren, 2. als recar*
rirende chronische Nephritis, erworben durch Infectionskrankheiten
im Kindesalter und vorher symptomlos verlaufen. Die anderen Verände-
rungen sind als eine Folge der Krampfzustände oder durch die Schwanger-
schafbserscheinungen zu betrachten. — Wir vermissen an der verdienstvollen
Arbeit ein Eingehen auf die in mehreren Fällen beobachtete Erweiterung
der Ureteren in ihrer Beziehung zur Eklampsie.
Eklampsie A. Boissard (Medec. moderne) betrachtet die Behandlung der Eklampsie
als Auto- vom Standpunkt einer durch die Schwangerschaft bedingten Autoin-
intozi- toxication. Sie ist streng von dem Zusammentreffen einer chroniaohen
Boissard Nephritis mit Schwangerschaft zu unterscheiden. Die Insufficienz der Nieren
und der Leber tritt in den Vordergrund. Dazu kommen die nervösen,
choreaartigen Symptome. Man berflcksichtige bei eklamptischen Prodromen,
bei jeder Albuminurie oder bei Icterus die Ernährung und die Ausschei-
dung. Ruhe, prophylaktische Brom- und Chloralgaben bis zum Verschwinden
jeder Erregung, ein massiger Aderlass beim ersten Anfall (300 — 400 g),
protrahirte Chloroformnarkose wird der Anwendung des Morphium und
Veratrum viride vorgezogen. Einleitung der Geburt ist nur selten n5thig.
Sind Wehen da, dann so schnell wie möglich entbinden. Manuelle Er-
Geburtshülfe und Gynäkologie.
405
Buist,
;oc
■iiulee) (Brit. med. Jonm. , 17. September) hat 2mal Symphyseo
i])liyseotomirt. Bei der ersten nahm er die Opera- ^°™^® ^° "^
' ' . , ^ ^ Schwanger
Schwangerschafkswoche vor, mit der Absicht, eine schaft,
\'(-itorung des Beckens durch Einschaltung eines ab-
benstückes zu erzielen. Es trat aber nach 8 Tagen
Zange. Das Kind starb an Bronchitis. Im Wochen-
'tonesung. Querdurchmesser um ca. 2 cm weiter.
nicht nachahmenswerth sein.
..tr ein typischer. Beendigung auch hier durch die
Oisciission betheiligte sich charakteristischerweise
der als unterste Grenze für diese Operation eine
■m nngab.
Ett andra fall af symfyseotomi (Finska
Bd. 40, Nr. 9, Sept. 1898). Achte Geburt einer
tu gern Becken, welche bisher stets mit Kunst-
-il icher Frühgeburt, todte Kinder zur Welt ge-
j<l der siebenten Entbindung Uterusruptur.
-' )tomie und Anlegung der Zange, lebendes
«n der Incision in die rechte grosse
Xaht, Drainage, im Wochenbett Pyelitis,
\\'<Hhen, Gehfahigkeit ungestört. Es ist dies
• inie in Finnland.
lie Begeisterung für die Symphyseotomie,
....-^stii. In Berlin z. B. ist 1898, so weit dem
' "rii worden.
i "^
Morisani,
Heinricius.
I\ a iserschnitt.
• I
-^ e r c u 1 ( ) s a V e r s 1 0 r b e n e n hat Kais er-
eis.I.nitt ein lebendes Kind 8«»»»^*^«"
der Ver-
storbenen
Weinberg.
Querer
Fun da 1-
schnitt,
Reyinga,
Knauer,
Hain,
Clemenz,
Schröder,
Riedinger.
»irtenReyinga
'•' en z (Peters-
' ■ r (■) d e r aus
• Jynäkol.)
■ ;i r e a
' in
\
404 Strassmann.
Kaiser- Athmen zeigte, bei der der Cervicalkanal aber noch erhalten war,
schnitt bei ^m-ch conservativen abdominalen Kaiserschnitt ein lebendes
£klampsie,
oishansen, Kind gewonnen und die Mutter gerettet. Der Eingriff wird als ein
sicherer und in seinen Consequenzen besonders für die Mutter weniger
Burmeister. bedeutungsvoller geschildert als der vaginale Kaiserschnitt (cf. Bur-
meister, Ges. f. Geburtsh. zu Berlin, 11. Februar, Centralbl. für
Gynäkol. Nr. 12).
i. Symphyseotomie.
Indioationen Nach A. Pinard (De la Symphyseotomie ä la cliniqu'e Baude-
und Ans- locque du 7 däcembre 1896 au 7 d^cembre 1897. Extrait des Ann. de
gftnge der Gyn^cologie et d'Obst^trique, avril) ist die Symphyseotomie in der Klinik
tomie Baudelocque in den letzten Jahren 89mal ausgeführt worden. In dem
A. Pinard. berichteten Jahrgange kam diese Operation 7mal zur Anwendung. £8 sei
zunächst bemerkt, dass diese 7 unter einer GesammtziflPer von 97 Frauen
mit engen Becken vorgenommen wurden. 77 kamen spontan nieder, 3 mit
Hülfe der Zange, 5 wurden durch Kaiserschnitt und 6 durch Baaiotripde
entbunden. Unter den spontan Entbundenen befanden sich 4 bei der vor-
hergehenden Geburt Symphyseotomirte. Die 7 Symphyseotomirten waren
der Mehrzahl (5) nach Multiparae, 2 kamen zum ersten Mal nieder. 1 wurde
zum zweiten Male der Operation unterworfen. Die Becken waren 6ma1
rachitisch, Imal schräg oval verengt. Die Entbindung wurde hinterher
Smal durch Zange, 4mal durch Wendung beendigt. Sämmtliche Kinder
wurden lebend zur Welt gebracht, von den Müttern starb 1 an Infection.
Der Verf. ist der Ansicht, dass die Verkleinerung des lebenden Kindes der
Vergangenheit angehört. — Ref. kann den Indioationen zur Durchschnei-
dung der Schamfuge in der vom Verf. berichteten Ausdehnung nicht
beistimmen. £s fällt sofort bei Uebersicht der Statistik auf, dass gar keine
prophylaktische Wendung bei den Kreissenden mit engem Becken gemacht
worden ist, eine Art der Entbindung, deren Werih für Rachitische nicht
genug betont werden kann. Dabei hatte keine der Symphyseotomirten
eine hochgradige Verengerung , die Conjugata betrug nie unter 10 cm.
Auch der Umstand, dass 4 früher Operirte spontan niederkamen, rückt
die Indication zur Symphyseotomie bei der vorhergehenden Geburt in
ein fragliches Licht. Femer erscheint es sehr hochgegrifPen , dass auf
20 enge Becken, die Kunsthülfe beanspruchen, 7mal hätte die Per-
foration des lebenden Kindes ausgeführt werden müssen, w^nn nicht
die , Symphyseotomie* an ihre Stelle getreten wäre. Wie selten ist doch
diese freilich unangenehme Operation bei rechtzeitiger Hülfe nöthig!
Den Vorschlag des Verfassers, bei hohem Fieber und intrauteriner In-
fection statt der Perforation des Kindes die Laparotomie mit nach-
folgender Totalexstirpation zu machen, halten wir entschieden nicht für
empfehlenswerth.
Geburtehülfe und Gynäkologie.
405
Buist (Dundee) (Brit. med. Joum. , 17. September) hat 2mal Symphyseo-
im Hanse symphyseotomirt. Bei der ersten nahm er die Opera- '°™*® ^^ *®'
j r j ^ r Schwanger-
tion in der 31. Schwangerschaftswoche vor, mit der Absicht, eine 8chaft,
permanente Erweiterung des Beckens durch Einschaltung eines ab- Buist,
gemeisselten Eoiochenstückes zu erzielen. Es trat aber nach 8 Tagen
Frühgeburt ein. Zange. Das Kind starb an Bronchitis. Im Wochen-
bett Phlebitis. Genesung. Querdurchmesser um ca. 2 cm weiter.
Der Fall dürfte nicht nachahmenswerth sein.
Der zweite war ein typischer. Beendigung auch hier durch die
Zange. An der Discussion betheiligte sich charakteristischerweise
nur Morisani, der als unterste Grenze für diese Operation eine Morisani,
CoDJugata von 7 cm angab.
G. Heinricius, Ett andra fall af symfyseotomi (Finska Heinricius.
läkares. HandUngar Bd. 40, Nr. 9, Sept. 1898). Achte Geburt einer
27jährigen Frau mit engem Becken, welche bisher stets mit Kunst-
hülfe, auch bei künstlicher Frühgeburt, todte Kinder zur Welt ge-
bracht hatte. Während der siebenten Entbindung Uterusruptur.
Daher jetzt Symphyseotomie und Anlegung der Zange, lebendes
Kind, Weiterreissen der Incision in die rechte grosse
Labia, Verband, keine Naht, Drainage, im Wochenbett Pyelitis,
Heilung innerhalb 6 Wochen, Gehföhigkeit ungestört. Es ist dies
die sechste Symphyseotomie in Finnland.
In Deutschland ist die Begeisterung füi' die S3nnphyseotomie,
wie es scheint, im Nachlassen. In Berlin z. B. ist 1898, so weit dem
Ref. bekannt, keine vollzogen worden.
k. Kaiserschnitt.
Bei einer an Meningitis tuberculosa Verstorbenen hat Kaiser-
Weinberg (Stuttgart) durch Kaiserschnitt ein lebendes Kind *^^"y^*"
entwickelt. storbenen,
Weinberg.
Mit dem queren Fund al schnitt (Fritsch) operirtenReyinga
(Groningen), Knauer (Wien), Hain (Gablonz), Clemenz (Peters-
burg) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 10). Femer theilt Schröder aus
der Fritsch'schen Klinik (Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol.)
4 weitere von Fritsch selbst operirte Fälle mit.
Den fundalen Querschnitt bei der Sectio caesarea
machte Riedinger (Brunn) (Centralbl. far Gynäkol. Nr. 29) in
2 Fällen. In einem derselben stand später die Cervix sehr hoch.
Es war eine unbeabsichtigte Ventrifixation entstanden.
Querer
Fundal-
sohnitt,
Eeyinga,
Ktiaaer,
Hain,
Clemenz»
Schröder,
Riedinger.
406
Strassmann.
Querer
Fnndal-
schnitt,
Schaller.
Sagittal-
schnitt,
P. Mimer.
Schaller (Halle) erwähnt 2 Fälle, in denen der quere
Fundalschnitt einmal einriss, ein anderes Mal colossal blutete,
so dass die Anlegung des Schlauches nothwendig wurde.
P. Müller (Bern) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 9) empfiehlt bei
der Sectio caesarea den Schnitt sagittal durch den Fundus
uteri zu legen.
Wahl des
Schnittes
nach dem
Placentar-
sits,
Frank,
Everke.
Frank (Vers. d. Naturf. zu Düsseldorf. Centralbl. f. G3mäkol.
Nr. 41) hält es fiir richtig, den Schnitt bei der Sectio caesarea
nach dem Sitz des Kuchens anzulegen. Den Fundalschnitt em-
pfiehlt er nicht wegen der ungünstigen Lage der Adhäsionen und
der Gefahr bei etwaiger Infection. Aus diesen Gründen erscheint
ihm der Schnitt in der vorderen Wand möglichst tief am ge-
eignetsten.
Auch Everke (Bochum) (ibid.) erklärt sich gegen den Fundal-
schnitt (ungenügende Ernährung der Wunde, Secundärinfection,
Verwachsungen). Er räth, die Decidua bei der Naht mitzufassen.
Sectio
caesarea
bei Anen-
cephalus,
Madlehner.
Nicht gerechtfertigt unserer Ansicht nach war einer der beiden von
Madlehner ausgeführten Kaiserschnitte (Münch. med. Wochenschr.
Nr. 1). Es handelte sich um eine in Gesichtslage befindliche Frucht einer
alten I-para. Zange und Wendung Hessen sich nicht ausführen. Tetanus
uteri. Bei der Sectio caesarea wurde ein grosser Anencephalus entwickelt.
Die Untersuchung mit halber Hand hätte das Hindemiss der grosaen
Schultern erkennen lassen müssen. Durch Verkleinerungrsoperationen und
die hier gewiss indicirte Cleidotomie wäre der Mutter die schwere Opera-
tion um einer Missbildung willen erspart geblieben.
1. Kaiserschnitt mit Entfernung des Uterus
bezw. Sterilisirung.
Statistik Aus der Arbeit von Leopold und Haake (Arch. f. Gynäkol.
Operationen ^^' ^^ ^^^ ^^ Sectiones caesareae sei hervorgehoben, dass auf
bei gonor- 71 conservative Sectiones caesareae 7, auf 29 Sectiones caesareae nach
rhoischer Porro 3 Todesfälle kamen. Dringend wird davor gewarnt, bei
Leopold a.' gonorrhoischer Infection, auf die stets vorher zu untersuchen
Haake. ist, den conservativen Kaiserschnitt zu machen, da die O^fahr puer-
peraler Erkrankung gesteigert ist.
Siedentopf (CentralbL für Gynäkol.) hat mit glücklichem
Ausgange für Mutter und Kind bei engem Becken und bestehender
GeburtshOlfe und Gynäkologie. 407
Infection den Kaiserschnitt durch quere Eröffnung des Fundus Abdominale
mit nachfolgender Totalexstirpation des Uterus nebst An- T.^'*^'
All 1 rr « 1 1 ▼> . exBtirpation
hängen vom Abdomen aus gemacht. Zum Schutze des Peritoneums bei
wurde der Cervicalkanal bei der Herausnahme zugeklemmt. infection,
Siedentopf.
Steinthal (Stuttgart) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 14) hat bei Kaiser-
TJterusmyom einen Kaiserschnitt mit querer Eröffnung des |^*f j*" **
Fundus gemacht, sah sich aber genöthigt, da der Kopf bei der Ex- Steinthal. *
traction nicht folgte, noch einen Sagittal schnitt daraufzusetzen.
Das Kind kam lebend. Der Uterus wurde supravaginal amputirt.
Genesung.
Halban (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 31) hat bei einer Frau, die Sectio
sich zum zweiten Mal der Sectio caesarea unterziehen musste, den^t,*"*"^^.^ "***
' Resection
queren Fundalschnitt mit der Besection der Tuben ver- der Tnben.
bunden. Der periphere Stumpf wurde unter das Peritoneum ver- Halban.
senkt. Heilimg.
Heidenhain (Worms) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 24) hat zwei- — mit
mal bei osteomalacischer Beckenenge den queren Fundalschnitt Kastration
, . ^ . bei OBteo-
angewendet. Statt der Amputatio uteri wurde die Castration an- malacie,
geschlossen. Heidenhain.
W. Scharlieb (Brit. med. Journ., 17. Sept.) hat einen Fall von Amputatio
missed Labour veröffentlicht. Die reife Frucht war bei Atresie '^^^i *»®*
missed
des Muttermundes im Uterus retinirt. Die Entstehung der Atresie Labour
ist nicht aufgeklärt. Die Diagnose schwankte zwischen Atresie und infolge
Extrauterinschwangerschaft. Bei der Sondirung glaubte man, direct sdharlieb'.
unter den Bauchdecken zu sein. Der Geburtstermin war im Juli,
im September kam die Frau hochfiebemd zur Klinik. Bei der La-
parotomie wurde der Uterus mit der verjauchten Frucht und Pla-
centa entfernt. Tod nach 25 Tagen an Erschöpfung. Eine Cervix
oder ein Os uteri wurde weder bei der Operation noch bei der Sec-
tion gefunden. Zur Drainage war eine künstliche Oeffnung nach
der Scheide angelegt worden. Im Becken fanden sich multiple
Eiterheerde.
m. Vaginale Totalexstirpation.
H. Fritsch, Vaginale Totalexstirpation eines carcino-
matösen Uterus am Ende der Schwangerschaft (Centralbl.
f. Gynäkol. Nr. 1). Das Carcinom beschränkte sich auf die Portio.
Beabsichtigt war zuerst der Kaiserschnitt mit nachfolgender abdo-
408
Strassmann.
Dterus,
Fritschy
Mittermaier,
Vaginale minaler Totalexstirpation. Als aber bei beginnender Wehenthätig-
exstirpation^®^* der Muttermund sich dehnbar erwies, wurde an einer noch ge-
des Sunden Stelle incidirt und mit der Zange ein lebendes Kind entwickelt.
puerperalen, gofo^t wurde nun die typische vaginale Uterusexstirpation mit Nähten
Carcinoma- , •'^ , ^ -^ .
töÄenbezw. gemacht, die sich sehr leicht gestaltete. Genesung. — Die abdomi-
rnptnrirten nale Exstirpation , den Kaiserschnitt, den Porro will F ritsch bei
Carcinom durch den „vaginalen Kaiserschnitt" (Dührssen) mit
Totalexstirpation ersetzt wissen. Auch für die Uterusruptur wird
die vaginale Exstirpation empfohlen.
Mittermaier (Hamburg), Zur Behandlung des Uterus-
carcinoms in der Gravidität (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 2). Bei
einer Frau, die spontan eine 6monatliche Frucht geboren hatte, fand
sich ein vorgeschrittenes Cervixcarcinom. Die Placenta musste bei
hohem Fieber manuell gelöst werden. Am folgenden Tage wnrde der
Uterus vaginal exstirpirt. Abfall des Fiebers. Heilung. — In einem
anderen Falle wurde das Carcinom im 7. Monate entdeckt, nach Ab-
kratzung wurde das vordere Scheidengewölbe und Peritoneum er-
öffnet, durch vaginalen Kaiserschnitt der Uterus mittels Wendung
und Extraction der Frucht und manueller Placentarlösung entleert
und dann sofort exstirpirt. Heilung.
Den bisher berichteten Fällen von vaginaler Uterusexstir-
pation wegen Cervixcarcinoms unmittelbar nach rechtzeitiger
Geburt fugt E. Schröder (Königsberg) (Zeitschr. f. Geburtsh.
u. Gynäkol. Bd. 39, H. 3, S. 525) die Mittheilimg eines von Winter
operirten hinzu. Die Entbindimg wurde bei Tympania uteri durch
Perforation beendet, das Kind war reif (3000 g). Patientin war da-
nach sofort fieberfrei; nach 40 Stunden vaginale Totalexstirpation
mittels Ligaturen unter theilweiser Zerstückelung des Corpus. Car-
cinom der vorderen Lippe, links bereits in das Ligament reichend.
Heilung unter Entstehung einer Ureterfistel, die sich aber später
schliesst. Recidiv. — Bei operablem Uteruscarcinom in der zweiten
Hälfte der Schwangerschaft ist die sofortige Entbindung nach theil-
weiser Auslösung der Cervix mit Hülfe tiefer üterusincisionen vor-
zunehmen. Die vaginale Uterusexstirpation ist unmittelbar anzu-
schÜessen. Einem lebensflihigen Kinde können so gute Chancen
geboten werden. — In einem zweiten Falle entfernte Winter bei
einer mit completer Uterusruptur eingelieferten Kreissenden erst
durch Laparotomie Kind und Placenta und exstirpirte dann vaginal
den Uterus, welcher quer zerrissen war. Heilung. — Für den Prac-
tiker ist die Jodoformgazetamponade nach Beendigimg der Geburt
eine Behandlungsmethode der Uterusruptur, welche ganz gute Be-
SohrÖder,
Winter,
Geburtshülfe und Qpdkologie. 409
snltate liefert. Die bisherigen Operationaverfahren geben schlechtere
Resttltate als die Tamponade. Die vagmale Exstirpation des rup-
toriiten Uterus verspricht bessere, schon deshalb, weil alle vaginalen
Eingriffe eine günstigere Prognose bieten als die ventralen. Auf
diesem Gebiete ist durch die Vorschläge Dührssen's unzweifelhaft
ein Fortschritt angebahnt worden.
n. Nachgeburtsperiode.
R. V, Badberg (Dorpat) (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 43) BipresBio
empfiehlt die Nachgeburtsexpression so auBzuiuhren, dass die *'"'
Hand allmählich sich hinter den Uterus durch die Bauchdecken ein- ^ , Budber
gräbt, langsam druckt und, wenn die Placenta geboren ist, nicht so-
fort loalässt, sondern langsam mit dem Drucke wieder nachgibt.
Arendt (Therap. Monatsh., Januar) räth bei atonischen Nach- filat-
blntnngen den Uterus mit Kugelzangeu stark hernnterge- Stillung,
zogen zu halten. Es werden die Geisse dadurch comprimirt und
Contractioneu angeregt. Ref. hält die Tamponade mit festem Wickel-
verbände, um deu Uterus herabzudrängen, für sicherer.
4. Woehenbetl.
In 12 Fällen von Subinvolutio uteri nach spontaner, normaler
Geburt hat Knapp (Uober die Berechtigung der Aus- Ana-
schabung derGebärmutterbei verzögerter Rückbildung flDh'buoB
derselben im Wochenbett. Arch. f. Gynäkol. Bd. 55, 8. 414) „rzöelrt.
nach 8—10 Tagen das Curettement gemacht, um die Rückbildung loTolptioi
za beschleunigen. Auch dort, wo feeine Eireste zurückgeblieben K""??-
waren, vollzog sich in 4 — 6 Tagen eine entsprechende Involution.
Am 6. Tage danach standen die Frauen auf, Verf. empfiehlt das
Curettement als zweckmässig bei Subinvolutio uteri, ja selbst schon
da, wo „die Wöchnerin nicht in der Lage ist, eine vollkommene
spontane Involution durch längere Zeit abzuwarten". Wir möchten
vor der Einluhrung einer solchen Indicationsstellung in die Praxis
dringend warnen.
Schwarzenberg (Zürich) (Centralbl. f Gyi^i-
zur aseptischen Tamponade dcH puerg^ye» ■ '
grosses, trichterförmiges, metallenes Speculum t ~
wird mit einer modificirten Kugelzange
mge (d^
4X0 Strassmann.
Aseptische Häkchens an dem Speculum befestigt werden kann, so gleichzeitig
Tamponade, Uterus und Speculum fixirend. Eine zweite Zange hält die hintere
SoBwarzenDerg. «tit i TT-»Tir^»
Lippe, die Vulva ist durch den überragenden Rand des Spiegels ge*
deckt. Die Methode soll sich in der Klinik bewährt haben.
Temperatur- Kalmus (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 19) bemängelt die bisher
m es sang, übliche Art der zweimaligen Messung der Wöchnerinnen, wenn es
sich um genaue Statistik zur Beurtheilung des Werthes der Scheiden-
spülungen handelt. Denn von einer grösseren Zahl gynäkologisch
Klranker hatten 22 *^/o zeitweise ihre höchste Temperatur am
Mittag.
Thrombose Singer (Arch. f. Gynäkol. Bd. 56) hat 55 Fälle von Throm-
^^^ böse und Embolie bei Wöchnerinnen aus der Dresdener Frauen-
Sin^r. * klinik mit besonderer Berücksichtigung der gonorrhoischen Infection
bearbeitet. Bei 34 ^/o fanden sich Gonokokken im Scheidensecret,
je einmal Gonokokken mit Streptokokken bezw. Staphylokokken.
Immer wurde vor dem Ansteigen der Temperatur das Ansteigen
des Pulses in staffelformiger Weise (Mahle rasches Zeichen) con-
statirt.
Anaerober Lindenthal (Monatsschr. f. Geburtsh. Bd. 7, H. d) hat bei
Bacillus bei Tympania uteri einen auch für die Colpohyperplasia cystica cha-
yj^tQxi rakteristischen an aeroben Bacillus nachgewiesen. Für die G^s-
Lindenthal. bildung kommt nach seiner Ansicht das Bacterium coli nicht in Be-
tracht, es ist nur ein zufälliger Nebenbefund.
Q-onococcuB
im Bauch- Becker (Arch. f. Gynäkol. Bd. 56) gelang es, aus einem Bauch-
decken- deckenabscess nach conservativer Sectio caesarea neben Strepto-
*Hecke"' Kokken auch Gonokokken nachzuweisen.
Typhus- Wh. Williams (Baltimore) (Centralblatt f. Gynäkol. Nr. 34)
bacillen berichtet über eine fiebernde Puerpera, deren Uteruslochien
in den -^ '
Lochien, TyphusbaciUen enthielten. Der Ehemann war 5 Tage vor der
Williams. Entbindung an Typhus gestorben. Das spontan geborene Kind nach
36 Stunden. Die WidaFsche Probe war positiv. Heilung unter der
üblichen Behandlung. Die Uebertragung hat wahrscheinlich per
vaginam stattgefunden. Milztumor, Diarrhöen fehlten.
Cheury (DuPaludisme dansl'Etat puerperal. Joum. m6d.
de Bruxelles Nr. 37, 15. September) beobachtete bei einer mittels
GeboKtelLüIfe und Gjnäkobjgür. 411
Zange entlHnidaiai WöcluK^iii am 4. Tage Ficb^cr, das sich int er- Xalart&iai
mittirend hinaog. bis seine Xamr als Malaria erkannt «urde. ^' *k*^-
Der Genitalbeitbnd war negativ, obwohl begreüliclierweise znefSI
an Sepsis gedaeitt wurde. Sie hane l5rüK«eT an Halaria geliTteo. *iie
heilte nnd dann nach einer Ovari^xomitr wieder einen Bä.cktäII ge^
zeigt hatte. Der letzte An£iII lag 8 J&hre zurück. IHrc-h Chinin
wurde anch difamal ein Ter^ihwin-iri^ aller Ers^heinongen bewirkt.
Malariarecidive s»:Z<rn nacii Tr&imrrn^ sehr häo^ sein.
C r a m e r < C-ez^^ral 1 1 £ Gtläj: : L Nr. 39 1 berichT*ct a-i* der B«:j::er L y * . :
Franenklinik eine LT*:Iverg:f': *i:g bei Uternsanssp-iliiiig. '*'^5— **?
Obwohl Gramer 'die Mi-g-Iiihker^. iius» die bei der Secci'O^n g-ersüi-ece Wvtk^Ki«?-^
Nephritis schon vcrii-ir l-e^tai. i-rn Line nni eüt ar. d-ni Töitliibrs O«««.
Aasgange sch-ald »cL in BeiraürLi xi-=in, &:> er^-L-eiit i.-.h die Ver-
gifhmg zweif-rü^». E» w:irdrrn t-inüih ]^*ri:-h na^rh d'rr G«eV.Lrt eine
ersichtliche UisacLe 4 L:ier 1 "i iger Lös *i:g • üe als..» 40 ^ reiü«*
Lysol enthiehem i:: i^-e SiL^iie g<ef5^«LiT. Als daij&ih !"• SrTiiiiea
spater die Te:L:p>ei*t=r Jx.-cLsd^jZ. w^irde eiiie 45' C. LeiÄ>e l'^iige
LjsolaasspalTziig de5irT.^sTi« geu^a^it. Xicliiem L>'0 g d^irci^-rlaiifctn
waren, trat C-iH^j»« ein. Am fil^rcii-ia Tage I.Terüit ujid PL-r^l^irie-
Tod am 10- Tag^. Se»cT::'ii er^*. Ejji.iieTTiTi^- Pi^a::»etrrri^. Eiid'.^-
phlebitis und acme LäiiiorriagL?*:ixe XepLriri*- Hirre wirkü.h eine
Nephritis schon Tc*iiker bestandri- &:• wire die Ajcweij duzig ^c maas^ai-
hafter, fer paerpenJe Oi^gaaie hi-iL '•:»n:3eEtrin^r ai.Ti*^*Ti-.:ii'^r Flüs&g-
keiten gewiss nicliT ra rechrd^iird^iri^
Interesse verdieii^^ ci:rfT.e ein V:»rrr5tg T.ii: Frv 4Wa«ÜLgT-.»i.' £*r*n:
(Med. Record, 4. Jimi: CVütralvl 1 r>.^i::.L Nr* 39 tl*-j- die '^^"'^^^ **
Serumtherapie Ctr:T .Sirept vk okkei-iz-iecti-. n in. Wccien- tt^tkex»-
bett. Unter 83 FäH-en wjir d-^r Er: lg lOz-iL r'-it. S'-i.aI «sillecit niid i«^«ct:c.i.
65mal zweiftiliair. ErbrecL^i;- C^IIixp^^- P:Lifr*jee»iLl-rUiI^.:iig traT-en
bei nnglnckliclieiii Antgange *-iL- L^ L»eutie..läaiid §diid '.•l-sL'rT ii'.»'.]!
keine ansg€?dehirtereai YereucLe ilz' CLr-zn ^ALtiistrejit.okviuir-ii'j.eruii-*'
gemacht.
Ch- Noble iPliüad. med. J'jun^. 2. J'-l" trin flj- ci- c '. n-
servative Behandlung der j i.*ri j.-rj i-I-L Eiter 'J2_gti: »riii-
Es sollen keine ExeiirjaTioii*: i. vfa;j:''_i.l «.»i^rr a'o:i.iL.nfcJ' ge-
macht werden^ bondem Intiti^ixei. uiid L»rsilL;fci:*r von 1*:^ Vagi
ans. Diese werden br^i Paranierri'iji zur H*-l v' g i. Ljvl. W: P
metritis eine Besscsning eiiu-riten. ^xrjb'9*^r*: E-'L;rKt!e w^^ri*:-!!
Fit
412 Strassmann.
Puerperale diirch auf später verschoben, wo die Patientin nicht mehr fiebert
Eiterungen, ^^^ ^ besserem Kräftezustand ist. Im Frühstadium peritonitischer
c o n B e r*
vative Eiterungen zu operiren, ist gefiährlich und fuhrt auch in glücklich
Behandlung, verlaufenden Fällen wegen der unumgänglichen Drainage zu Bauch-
*' brüchen. (15 Krankengeschichten.)
Phlebitis Thomas (Zeitschr. f. Gynäkol. Bd. 39, H. 3) beleuchtet an
und 22 Fällen der Freun duschen Klinik die Bedeutung der Differen-
Lymph- . . . , °
angitis, tialdiagnose zwischen Phlebitis und Lymphangitis im
Thomas. Puerperium. Ausser den klinischen Symptomen kann durch die
locale Untersuchung die Diagnose annähernd sicher gestellt werden.
Die Phlebitis lässt den vorderen und hinteren Douglas frei, man
fühlt strangartige Schwellungen, aber keine Exsudate, diese nur in
Verbindung mit lymphangitischen Formen. Bei Lymphangitiden da-
gegen ist in 2 — 3 Wochen die Schwellung entweder kleiner geworden,
oder es bildet sich ein grösseres Exsudat. Eine besondere, wenig
beachtete Form bilden kleine, circumscripte Schwellungen an den
Tubenecken, die erst auf Druck schmerzhaft sind, allerdings Fieber
machen, aber unter diätetischer Behandlung zurückgehen. Die
Exstirpation phlebitischen Processe sind die gefahrlicheren. Einmal hat Freund
der tbrom- g^j^ versucht, die Vena spermatica mit dem puriformen Throm-
botischen . . . * *
Vena ^^^ 2u exstirpiren. Exitus nach 2 Tagen. In der Cava bereits
spermatica, eitriger Pfropf.
Freund sen.
5. Krankheiten der Nengreborenen*
Schädelform Müller (Münch. med. Wochenschr. Nr. 41) macht darauf aufmerksam,
und Oeburts-^^gg nicht nur die Schädelform des Neugeborenen von dem Geburt.««-
Müller * mechanismus beeinflusat werde, sondern dass wahrscheinlich auch eine ge-
wisse Form des Schädels einen bestimmten Geburtsmechanismus bedinge,
was ja z. 6. schon für einige Gesichtslagen festgestellt sei, aber auch für
andere abnorme Lagen Geltung habe.
Alter der S. Rosenfeld, DerEinfluss des elterlichen Alters auf das Geschlecht
Eltern und ^^j, Rinder in Wien (Wiener med. Blätter, 22. Sept.; Centralbl. f. GyxAkol.
der Rinder ^^' ^ °' ^^^' ^^^ Statistik sind 32991 ehelich lebend Geborene und
Rosenfeld. 17599 unehelich lebend Geborene aus dem Jahre 1896 verwerthet worden.
In über 907o ^^i^ das Alter beider Eltern bekannt. Obwohl sich nun heraus-
lesen lässt, dass die meisten Knaben geboren, wenn die Mutter älter ist als
der Vater, und am wenigsten, wenn der Vater älter als die Mutter, so kann
man doch daraus kein Gesetz herleiten, weil bei Beobachtung der ein-
zelnen Zahlen die Sexualproportion nicht dort am niedrigsten ist, wo der Vater
bedeutend, sondern dort, wo er nur um weniges älter ist als die Mutter.
Das: keine G&nstMJDMaös^säi Skdsh^Tmiit^'L "VTirttt . «^iliträ« ursr inr Tk-
handeiiBeiii sidtt auf. -taBiÄF^dm ük:* dlho. LJiö-r*iL ^ i~-»r~~r*rf j*^^*SLiä>si
nach der Gebun ^-r?*- K'7«ftt:*> 111^ ±1 : ^rilü Z»ijL.rLi: jrr-zLLt.iLT Ücüi- ?i«txi*iu**
Schrift £ Gvüäi:.! Bl. et? R : . Ir*r ILjLÖ-r Tr:L-ii iz^.-n mri -=*'^^'^*'* ''^
der Geburt Tma \d^ rzr A\'iit:»rI":rLr ^r^ .'Z-'^ f^in-rr vrrif- irff:«r^:XT« gcw rfwr
wie vi^] Bhrr an^ ::itfr Xl '.«»uriLiimr ii:«ijl f-^^^, "sr-;^!^ s.fjir' at^
geiial»e]T wird. Bei I-jijtreL Tr^n^HL '«.If =$'... *ef V-_l''--:,Lr'e:i Bj z Vitrir.
Eine ):»es<:»ndtire Bei^Tmii;^ r rr-r-r 1^7 t:»rz:i::r*?>?*rzjf;rz. i..~T:iifT^
aber fär die Eiitu^ix-^Tr^g xjiin ei„ Vk- i:LlT.r ^.1 £jl i:r il"Rf
RegeL abzrmabelii- v^'ijl i_jr Piliüii.i i^ Silz-izr LTz^rJ-'r: Lt*
V. Biidber^: • C'^iTTLlt»^ 1 «Vn^Lx.l Xt. 47 Lü* zl 3A* FlIj-x Alkrir:
den Xabel d€* Xe-o^eb'jrtojea: tlt: *iiA!TL A 1 k :L :■ I - Wt Tteifc-^ir.lri: ^^*'* *^
verbunden, das« bit nnL AtcbZ xL^il 1 — 2illI gewitLhsth ^vrzrzr- Ter^mxl
Die AustrcK:kciiL.g xi.Lz-..^: ^iL ateLr pc^r-jn- B-tdaer^iLc-inTZLirrT: ^
traten nicht aiiL Xail i-i Aiis-»t :»»?i:i4i tslt d^r Xhl^el ir:«ckei^
Keine Eitermg.
XennjöLB «UrrVer e:i. ir*:\criLfc&-«r> ii. irr ^'ä^glir.gai- &a£fr £*r
behandlnnf:. BerL iÜn. ViOLh^Zihi.iiT. Xr. !• rT^riiiii si.h z^^^^ ia> **»-
Baden ans. l:*evor der !Nat>e- i» * •^r-^ifcL-iei: ir^t, 'w*:i^ e^ ":ir M"tt.— ' /&t:;'Ii aiif- ^^— — -
hiehe nnJ 'iie Kinier hn^z^ijii^T ruiLikLiueii. Anjh die EriLig-r^
des Mnndes i*»T Tre^:^^ der E-^izm.^ 1:11 i S«>:'rl»eg"jiisTi^:i:zig nicin
rathsam. Üa^ I>urcha«c-hij^jirTi de* Z"'.iL:reL"*jditd:Lenis 'la-s^ aaC-hiriieT-
rathen "«rird, dürfie ir.LI krzrU'/h --.L'H ^ti^^e 1-icL.T meLr in grosserer
Ausdehnung gemaciiT v.-r-ri: «^ii_
T- Schrader <B--rl r:iT.. Wi.iLrii^vLr. Xr. 8» h&T in Qirr Semmd«.
Hallenser FranenkÜLÜ Vej-;rle: cLe zvifriLen gebadeten imatichT
gebadeten Xeng^rUo reuen ange&telli. SiwoiJ die Bt-sziiaffen-
heit des Xabei•^ ai^ au^L die TeiLj»eraTaj'eD •••j'rhiiien ftir dh> Bad.
Aach grööt^ere G-evichtöabnahiiie üe^« s:ch nicht bei C^i. g-b&iet^L
feststellen.
Czer-wenka <Wiei:. V'An. Wochen>ckr. Xr. 11 • hat nach Er- ^««rwent».
fahrungen an der Grajser K'iTik ti:ht gefunden. da>> d&t^ Bade'
die Tnfcrtionj'.p^liahr de^« nen^eborei.eL Ein irr < erii''iie- Heilnng t
Miimi£cation des Xabel» "waren bei den ge^iadtirn nicht Terzög
auch gediehen sie W-sj^er.
414
Strassmann.
Somatose
auf Milch-
secretion,
0. Drews,
Nach 76 eigenen Beobachtungen und den Erfahrungen anderer
EinfiusB der Autoren schliesst Drews (Weitere Erfahrungen über den Einfluss der
Somatose auf die Secretion der Brustdrüsen bei stillenden
Frauen. Centralbl f. inn. Med. Nr. 3), dass die Somatose auf die
Brustdrüsen von stillenden Frauen eine speciiische directe Einwirkung
ausübt. Durch die Darreichung gelingt es, einerseits eine unge-
nügende Secretion in reichlicher Weise zu steigern, andererseits eine
schon in früher Zeit des Stillens versiegende Secretion in aus-
reichender Weise wieder herzustellen, vorausgesetzt, dass die Brust-
drüsen überhaupt gut entwickelt und nicht Krankheiten vorhanden
sind, welche der Mutter überhaupt das Stillen verbieten. Die Dosis
betrug 3 — ^4mal einen Theelöffel, in Getränk oder Suppe gelöst.
G. Joachim (Centralbl. f. inn. Med. Nr. 10) fuhrt die günstige
Einwirkimg der Somatose bei Stillenden auf die Besserung des
Appetites imd des Allgemeinbefindens zurück.
Joachim.
MenBtrua'
tion und
Laotation,
Bendiz,
Welchen Einfluss die Menstruation auf die Lactation hat,
suchte Ben dix (Charit^- Annal., 23. Jahrg.) an 140 Müttern zu ent-
scheiden, die mit ihren Kindern während der Zeit der Lactation oder bald
nach der Entwöhnung die Poliklinik H e u b n e r's aufsuchten. 85 = 60*|o
menstruirten während der Lactation, und zwar 45 vor Ablauf des
3., 16 im 4. Monate, die anderen später. Bei 21 unter diesen 85
stellten sich Milchveränderungen dadurch ein. 2mal war die Menge
sogar vermehrt. Im ganzen gaben 11 Fälle keine Veranlassung,
die Ernährung des Kindes zu ändern. Bei den übrigen 10 ver-
schwand Imal die Milch sofort, auch die anderen 9 mussten sehr
bald absetzen. Wahrscheinlich war aber, wie die Untersuchung des
Säuglings ergab, die Milchmenge hier schon vorher nicht genügend
gewesen. Auch die regelmässige Wiederholung der Menstruation
ist nur mit wenigen Ausnahmen ein Grund zur Entwöhnimg gewesen.
Tritt die Menstruation erst nach dem ersten Halbjahre ein, so ist der
Zeitpunkt zur gesetzmässigen Entwöhnung gekommen, und der Mangel
an natürlicher Nahrung ist ohne Bedeutung. Qualitativ liessen sich
(20 Analysen bei 8 stillenden Frauen) nur geringe Veränderimgen
für den Fettgehalt nachweisen, der während der Menstruation er-
höht ist. Den übrigen Veränderungen ist keine Bedeutung zu-
zumessen. Stuhl und Befinden des Säuglings waren nur sehr selten
gestört. Auf Grund des Auftretens der Menses ist also, selbst wenn
sich Milch Veränderungen zeigen, niemals abzusetzen, denn sie gleichen
sich ohne Schädigung des Kindes aus. Nur wo das Kind zurück-
bleibt oder die Nahrung versiegt, muss entwöhnt werden. In zweifei-
Greboitshälfe nnd Gynäkologie. 415
haften Fällen soll gewogen werden. Es liegt kein Anhalt vor, dass
der Eintritt der Menstruation den San^ing zn englischer Krankheit
disponirt. Bei der Wahl einer Amme ist es wichtig, darauf zn
achten, dass sie schon 6 — 8 Wochen hinter sich hat, d. h. die Zeit,
in welcher die erste Menstruation gewöhnlich eintritt. Ist diese
ohne dauernde Herabsetzung der Milchmenge verlaufen, so kann die
Amme unbeschadet angenommen werden.
In ähnlicher Weise spricht sich Jacob (Diss. inaug. Paris) Jacob,
über das Stillen während der Menstruation aus.
Capart (Diss. Inaug. Paris) hat unter 29 Fällen von Stillen Lactation
während der Schwanscerschaft nur 2mal entwöhnen lassen. „ . ^^
. Schwanger-
Die übrigen Kinder gediehen gut. Besonders soll nicht in den sehaft,
heissen Monaten, xmd nicht vor dem 6. Lebensmonate entwöhnt Capart,
werden. Die intrauterine Entwickelung des zweiten Fötus hatte in
den angefnhrten Fällen nicht gelitten.
Auf Grund von 26 Beobachtungen schliesst Sutils (Obste- Satfls.
trique Nr. 1), dass sich bei der grösseren Zahl von gestillten
Kindern mit dem Eintritt einer Schwangerschaft eine geringere
Progression im Gewicht feststellen lasst, die sich um so mehr be-
merkbar macht, je jünger der Säugling ist. Eine besondere Be-
deutung soU für das Kind nicht darin liegen.
H. V. Both (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 38, H. 1) Hernia
beschreibt einen in der Marburger Klinik beobachteten Fall von ^™y*B<JJ '*
Hernia funiculi umbilicalis, die ein Meckel'sches Divertikel
als Inhalt hatte. Da die Wand ulcerirt war, wurde exspectativ ver-
fahren und durch Alkoholverband erst der Haut eine gewisse Festig-
keit verschafft. Mit dem Thermocauter wurde dann allmählich der
Stiel durchgebrannt. Die kleine Darmfistel, die dabei entstehen
musste, heilte schliesslich spontan zu.
Kroenig (Centralbl. f. Grynäkol. Xr. 51; Ges. f. Geburtsh. zu Kroenig.
Leipzig) operirte einen Nabelbruch bei einem Neugeborenen, der
mit der Leberoberfläche verwachsen war, so dass er die Bruchsack-
hüllen mit dem kurz abgeschnittenen Nabelschnurrest ver-
senkte und die Haut darüber vernähte.
B he in er (Corresp. f. Schweiz. Aerzte S. 524) schildert einer
Fall von Melaena. Die Section ergab ein Ulcus duodenal
416 Strassmann.
Melaena, Nirgends Thromben in den Gefassen. Aetiologie unklar. Bei der
Rheiner. Verschiedenheit des pathologischen Befundes bei der Melaena schlagt
Rh ein er vor, den Namen ^Melaena^' ganz fallen zu lassen.
II. Gynäkologie.
1. Allgremeines.
Hygiene Der Hygiene des Weibes widmet Auvard (Medecine mo-
des Weibea, (j^me Nr. 18 u. 19) eine übersichtliche Besprechung. Die körper-
liche und geistige Ueberanstrengung, die Schäden der unzweck-
mässigen Kleidung, die habituelle Ueberdehnung der Blase, die Ver-
hütung infectiöser Erkrankung, die Entwickelungsstörungen und
endlich die Hygiene der Flitterwochen werden in aphoristischer
Form besprochen. Als Probe sei folgendes Dictum angeführt:
D6florer, laisser gu^rir, avant de recommencer.
Einwirkung Strassmann (Verh. d. Deutsch. Ges. f. öff. Gesundheitspflege.
der Näh- Hvff. Rundschau Nr. 8) hat die Einwirkung der Nähmaschinen-
maschinen- -"^ i, ri • x i j j-
arbeit arbeit aui die weiblichen Genitalorgane an den die gyna-
auf die kologische Universitätspoliklinik der Charit^ besuchenden Näherinnen
enitalien, ^mtersucht. Zur Statistik sind 356 Frauen verwerthet worden. Es
r. (»trassmann.
liess sich ein Ueberwiegen der Menstruationsanomalieen nachweisen,
femer gehäufte Aborte und grössere Schwangerschafbsbeschwerden,
Zunahme der katarrhalischen und entzündlichen Erkrankungen an
Uterus und Adnexen, erhöhte Ziffer von Retrodeviationen auch bei
virginellen Genitalien, Zunahme der Entzündungen im Beckenbinde-
gewebe und Bauchfell. Für andere Erkrankungen ist eine solche
Differenz nicht aufzufinden, für den Prolaps ist sogar wegen der
sitzenden Beschäftigung die Erkrankungsziffer bei Näherinnen ge-
ringer. Die Ursachen beruhen zum Theil auf übermässigem und un-
zeitgemässem Arbeiten, Hyperämie der Beckenorgane und Begünsti-
gung des Ascendirens entzündlicher Erkrankungen. Daher soll mit
der Nähmaschinenarbeit nicht vor dem 18. Jahre begonnen werden,
eine gewisse Stundenzahl nicht überschritten werden. Im Wochen-
bett, in der Schwangerschaft, während der Menstruation und bei
stärkeren Erkrankungen ist die Arbeit am besten gänzlich auszusetzen.
Diabetes
^^^ Kleinwächter (Zeitschr. f. Geburtsh. etc. Bd. 38, H. 2»
Genitalien, widmet dem Diabetes vom gynäkologischen Standpunkte eine
Rleinw&chter. Untersuchung auf Grund von 22 Fällen. Es fand sich keine vor-
Geburtshülfe und Gynäkologie. 417
zeitige Atrophie der Genitalien. Eine Schwerkranke trug aus, sonst
sind keine puerperalen Zustände beobachtet worden.
Beuttner (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 25) hat einen Nadel- Nadelhalter,
halt er construirt, der im Stiel eine Rolle Seide oder Catgut birgt B«^ttner.
und mit dem man, ohne wieder einzufädeln, viele Knopfnähte
legen kann.
Conitzer (Hamburg) (Centralbl. f. Gjmäkol. Nr. 30) hat zur Sichel-
bequemeren Entfernung von Nähten in der Tiefe der Scheide besser zur
ein sichelförmiges Messer mit abgeplatteter gebogener Spitze von Nähten,
angegeben, die unter den Knoten geführt werden soll. (Bequemer Conitzer.
ist zu diesem Zwecke eine lange Scheere mit einem Häkchen vorne.
Referent.)
Ehrenfest (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 4) hat einen Ligaturen- Ligaturen-
schnürer angegeben, um bei Raumbeschränkung eine mittels ■^J»"^"'^»
De schäm Pascher Nadel gelegte, schwer zugängliche Ligatur zu
schnüren.
Odebrecht (Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol., 13. Mai) empfiehlt Jodoform-
Jodoformäther zul
lösung aufbewahrt wird.
mit Jodoformäther zubereitete Seide, die in schwacher Sublimat- z^!*^*®!
' Odebrecht.
Stas (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 20) empfiehlt einen zusammen- Operations-
legbaren Operationstisch. af^
Stas.
Für gynäkologische Operationen empfiehlt McCardie (Birming- Narkose:
ham) (Brit. med. Joum.) nach Erfahrungen bei mehreren 1000 Nar- ^ t h
kosen die Mischung von 2 Theilen Aether und 1 Theil Chloroform i The 11
mit dem Clo veraschen Apparat, der sich reguliren lässt. Chloroform,
Mo Cardio.
F. Schenk (Zur tödtlichen Nachwirkung des Chloro- Tödtliche
forms. Zeitschr. f. Heilk. Nr. 19, S. 3) berichtet über 2 Fälle, in . Nach-
wirknnfiT des
denen Frauen nach schweren gynäkologischen Laparotomieen am Chloroforms,
3. Tage nach der Operation unter den Erscheinungen der Herz- Schenk,
schwäche und schwerer Nierenaffection zu Grunde gingen. Es fand
sich Fettdegeneration .von Herz , Leber und Nieren, deren Ursache
auf die IV« — 2*/« stündige Narkose zurückgeführt wird. Verf. warnt
vor den kurz hinter einander folgenden Narkosen und räth zur Ein-
schränkung der diagnostischen Narkose.
Jahrbach der practischen Hedioin. 1899. 27
418
Strassmaim.
3. Aenssere Genitalien und Scheide.
a. Hermaphrodisie.
Hernie üeber Hermaphrodisie sind zahlreiche casuistische Beitrage er-
phrodlsle, schienen (cf. Centr. f. Gynäkol. Nr. 42; Ströbe, Ziegler's Beitr. Bd. 22;
jj *' Hansemann, Berl. klin. Wochenschr.).
Psendo-
berma-
üeber einen eigenthümlichen Fall von Pseudohermaphrodi-
tismuB masculinus, der gynäkologisches Interesse bot, trug Schultze-
mus V e Hing hausen in der Gesellschaft für Geburtshtilfe zu Leipzig vor. Eine
mascnlinns. 82j&hrige Lehrerin, die nie menstruirt hatte und eine blind endigende
Hernia uteri, Scheide besass, wurde wegen einer in einem Bruchsacke befindlichen Ge-
Schultze- schwulst operirt. Es war dies der Uterus mit Tube und einer Cyste. Ani
Uterus sass ein Hoden. Dabei waren sowohl der Habitus wie die äusseren
Genitalien weiblich.
b. Prolaps.
Massage Eijkmann (Niederl. Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol., 19. Januar,
bei Prolaps, Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 40) hat 2 Patientinnen mit totalem
Prolaps mittels Massage behandelt und geheilt. Das Resultat
wird von Veit bestätigt, obwohl Treub geneigt ist, es auf peri-
metritische Verwachsungen beziehentlich senile Atrophie zurück-
zuführen.
Cystooelen- A. Bouth (Brit. med. Joum., 17. Sept.) excidirt bei der Plastik
^^^RTnti**"^' wegen Cystocele ein dreieckiges Stück aus der vorderen Scheiden-
wand und vernäht in T-Form; die Basis der Anfirischung befindet
sich über der Portio , die Spitze nahe der Urethralmündung. — In
der Discussion tritt Sa enger für die hohe Cervixamputation.
Fehling dagegen für die Fixation des Uterus an die Bauchdecken
oder die Blase ein. Martin und Lapthorn Smith sind für die
Ausführung der Neben Operationen in einer Sitzung (Dammplastik.
Fixation). Die meisten Redner sind der Ansicht, dass die vorder»
Kolporrhaphie allein nicht genüge.
Aonth,
Saenger,
Fehling,
Martin,
L. Smith.
Technik der
Prolaps-
operation,
Saenger.
M. Saenger gibt einen Beitrag zur Technik der Prolaps-
operation (Centralbl. f. G3mäkol. Nr. 2). Grössere Vorfälle be-
dürfen längerer Vorbereitung zur Operation. Sie schwellen dann
ab, Acnepusteln etc. an den Labien müssen abheilen. Der Uterus
muss thunlichöt dem Beckenboden als Stütze erhalten bleiben.
Plastisch geht Saenger in der Weise vor, dass er das Collen
Geburtshülfe und Gynäkologie. 419
hoch excidirt, was unter Blutleere und ohne Narkose ausgeführt
werden kann. Die vordere Kolporrhaplrie und die hintere Kolpo-
Perineorrhaphie geschieht dann so, dass von einem Medianschnitte
aus zwei seitliche Lappen abgelöst werden. Blase und Mast-
darm werden nach Resection der Lappen durch versenkte feine
Seidennähte zurückgestülpt. Die oberflächliche Naht geschieht mit
nahe den Wundrändem gelegten Seidennähten. Zur Heilung der
Cyetocele ist die hintere Plastik unentbehrlich. Die Ventrifixation
macht S aenger nur bei Totalprolaps.
»
S aenger (Ges. f. Geburtsh. zu Leipzig, 17. Oct. Centralbl. f. Colpor-
Gynäkol. Nr. Bl) hat beim Prolaps älterer, schwächlicher IgdUna
Frauen die sog. Colporrhaphia mediana nach Neugebauer- Saenger.
Le Fort in der Weise modificirt, dass er ein langgezogenes Recht-
eck aus beiden Scheiden excidirt und mit Offenlassen einer kleinen
linksseitigen Oefinung zunächst den hinteren Wundrand mit Catgut,
dann die gesanmite Fläche mit tiefen Seidenfaden verschliesst.
Wormser (Monatsschr. f. Geb. u. Gynäkol. Bd. 7, H. 4) theiltKoipektomie
die von P. Müller bisher mit seiner Methode der Kolpektomie ^®^
T»«i» iTki 1 -i-i .^1-1 Greisinnen,
zur Beseitigung des Prolapses alter Frauen erzielten Er- p MtiUer-
folge mit. Operirt sind 8 Patientinnen zwischen B3 — 70 Jahren. Wormser,
£8 wird dabei bekanntlich nach Excision der Scheide und der hyper-
trophischen Portio der Uterus versenkt und die Wundfläche ver-
näht. Niemals bildete sich eine Hydrometra. Recidive kamen nicht
vor. Selbstverständlich eignet sich das Verfahren nur da, wo Co-
habitation und Menstruation nicht mehr stattfinden.
Ebenso berichtet Pflanz (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 14) in der Pflanz,
geburtshülflich- gynäkologischen Gesellschaft in Wien (18. Januar)
über die Resultate der Scheidenexstirpation nach Müller bei tota-
lem Prolaps von 8 alten Frauen. Keine Hydrometra. Kein Reci-
div. Heilungsdauer durchschnittlich 6 Tage.
Bei grossem ScheidenvorfaU mit vollständigem Uterusprolaps
in 3 Fällen, complicirt mit anderweitigen Erkrankungen, hat MartiuExstirpation
(üeber Exstirpatio vaginae. Vortr. auf. d. Düsseldorfer Natur- "^o** Scheide
forscher- Versamml., Berl. klin. Wochenschr. Nr. 40) IQmal auch die ^ JJ ProUps
Scheide mitsammt den inneren Genitalien exstirpirt. Nach ring- Martin,
förmiger Incision und Ablösung der Scheide wird vom und hinten
das Peritoneum eröffnet und mit der Incision vereinigt, dann folgt
420 Strassmann.
typische Totalexstirpatiön , zum Schlüsse quere Obliteration der
Wunde und, wenn nöthig^ Perineoauxesis. Kein TodesfalL
3. Utems.
a. üntersuchungsmethoden.
Hystero- Beuttner (Genf), lieber Hysteroskopie (CentralbL f. Gyn.
skopie, ^j. 22). Das Instrument ist nichts anderes als das Nitze-Winter-
Beattner.
sehe Cystoskop. Es wird in einem Metallrohr in den Uterus ein-
geschoben und an einem Kinge fixirt. Bei der Hysteroskopie liegt
die Lampe direct der Schleimhaut an, eine Ueberhitzung wird durch
die ableitende Metallröhre verhindert. Ausserdem ist eine Spülvor-
richtung angebracht, wenn das Gesichtsfeld, wie es häufig der Fall
sein dürfte, sich mit Blut bedeckt. lieber Erfahrungen mit der
Methode ist nichts angegeben.
Iiitraaterin- Zepler (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 28) hat ein intrauterines
speouium, gpeculum etwa von der Form eines vaginalen Badespeculums von
Zeigefingerstärke angegeben. 3mal wurde nach vorausgeschickter
Dilatation der Uterus gespiegelt; 2mal glaubt Zepler die Tuben
1 — 1,5 cm mit einem feinen Stäbchen sondirt zu haben. Er hofft,
dass sich das Instrument bei puerperaler Erkrankung wird verwen-
den lassen. Die bisherigen Versuche geschahen in Narkose.
Erweiterung Saenger (Ueber Erweiterung und Austastung des
^"^ Uterus als Voract der Behandlung. CentralbL f. Gynäkol.
Aust&stung ... .
drsUteras, ^i*- 7) empfiehlt die Dilatation des Uterus mittels Laminana
Saenger. (Kochen in 5^/oiger CarboUösung und Einlegen in Jodoform&ther)
für die Entfernung von Abortresten, bei Myomen des Corpus, bei
grossem Uterus, nach wiederholten erfolglosen Auskratzungen, bei
Verdacht auf Malignität. Sorgfaltige Ueberwachung der Tempe-
ratur und des Pulses. Narkose ist nicht immer bei der Austastun«;
nöthig. Die Ausschabung wird angeschlossen.
Mikro* b. Endometritis.
skopisohe
Unter- L. Pick (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 9) kürzt die Herstellung von ge-
fluc ung des fi^p^j^^ Gefriersebnitten dadurch ab, dass er Härtung und Färbuntr mit
Endo* . ...
metrium der Verwendung formalinisirten Alauncarmins combinirt. Ganze
L. Pick. Stücke können vorgefärbt werden. Die neue Methode lautet : üebert ragen
Geburtshülfe und Gynäkologie.
421
Garette-
ments,
Beuttner.
der Schnitte in 4Voiges Formalin, dann in die Formalin-Farblösung für
3 Minuten, im übrigen wie bisher Alkohol, Xylol, Balsam.
Nach 0. Beuttner (Genf) (Zur Technik des Curette- Technik des
ments. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 47, 20. Nov.) soll der Asepsis
wegen das Curettement immer im Speculum ausgeführt werden.
Um Länge und Kichtung des Uterus zu bestimmen, soU erst son-
dirt werden. Als Instrument benutzt Beuttner eine von Re-
verdin angegebene Sonde dilatatrice, bei der die Schlinge
durch eine Schraube drei verschiedene Weiten erhalten kann. Der
Stiel der Curette dient gleichzeitig zur intrauterinen Spü-
lung. Ein kleiner metallener Gazebehälter lässt sich in das Spe-
culum einsetzen und erleichtert dem allein operirenden Arzte die
Tamponade.
Oetker (Oeynhausen), Ueber keimfreie Ausstopfung der Keimfreie
Gebärmutterhöhle (Centralbl. f. Gynäkol.) . Der Apparat be- ♦ "^ * *
steht aus einer langen, glatten, metallenen Röhre, an die an einer Oetker.
Stelle ein die Gaze enthaltender Glasbehälter angeschraubt wird.
Die Röhre kommt in den Uterus zu liegen, imd mittels eines Stopfers
wird die Gaze vorgeschoben. Assistenz und Kugelzange sind ent-
behrlich.
V. Franqu6 (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 38, H. 1)
erörtert die Endometritis, Dysmenorrhoe und Abrasio mu-
cosae an der Hand von 117 gutartigen imd 21 mab'gnen Schleim-
häuten, die durch Curettement entfernt worden sind. Die Diagnose
der klinischen Untersuchung auf gutartige Erkrankung hatte sich
mikroskopisch ebenso bestätigt, wie die mikroskopische Diagnose
„maÜgn" nicht einmal irrthümlich war. Die Art der Endometritis
(glandularis, interstitialis und Mischform) lässt sich aus den klini-
schen Erscheinungen nicht herleiten. Dysmenorrhoische Zustände
sind oft allein auf anatomische Veränderungen des Endometriums
zurückzufuhren .
Endo-
metritis,
Dysmenor-
rhoe,
Abrasio,
V. Franqne.
Klien (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 11) hat mit Hülfe von Milch- intrauterine
Zucker, Gummi arabicum, Eiweiss und Glycerin Silberstäbchen /^^tV^
' ' •'^ ^ durch los-
hergestellt, welche in Wasser löslich, dabei aber biegsam und ela-uche Silber-
stisch sind und sich zur Einführung in den Uterus eignen. Als st&bchen,
Medicament dient das Cred^'sche Argentum solubile in 2°/oiger
Menge. Die Einführung geschieht mit einer Art Salbenspritze. Vor
422 Strassmann.
die Portio kommt ein Tampon zu liegen. Da der Uteiois nicfat dis-
locirt zu werden braucht, so bilden Erkrankungen der Adnexe keine
Contraindication.
Intrauterine In der Discussion zu Menge's Vortrag über intrauterine
Aetzung Aetzung (mit Watte umwickelte Hartgummistäbchen, die
Hartgummi- ^^ 26^/oigem Formalin getränkt sind) (Leipziger Ges. f. Geb., Central-
stäbohen blatt. f. Gynäkol.) warnt Zweifel vor dem Gebrauch der zu
™** starken Aetzmittel (50°/oige8 Chlorzink, unverdünnter Liquor fern).
Menge, ' Die Braun'sche Spritze ist bei Lijection weniger Tropfen ein wohl
Zweifel, geeignetes Listrument. Ebenso wie Saenger hält er eine weit-
gehende Asepsis der Sonde und der Watte bei intrauterinen
Saenger, Aetzungen nicht für nothwendig. — Saenger hat mit dem Silber-
stäbchen mit Chlorzinkwatte (Aetzung in 14tägigen Pausen) gute
Graefe. Resultate erzielt. — Graef e kam mit dem Silberstäbchen leichter als
mit der Hartgummisonde in den Uterus. Menge hält die Chlor-
zinkschorfe nicht für aseptisch und sieht darin einen grossen Vor-
zug der Formalinbehandlung.
Behandlung Lavialle und Buyssen (L'Echo mM. du nord S. 226) be-
vonMetror- achten über befriediirende Resultate mit Stypticin bei Uterus-
rbagieen .
durch hämorrhagieen und Hämoptysen. Es steht nicht hinter dem Ergotin
stypticin, zurück.
Ruvssen'* ^' ^raitenberg (Wiener med. Presse Nr. 36) schreibt dem
V. Braitenberg. Stypticin ebenfalls einen günstigen Einfluss auf Uterusblutungen
zu (24 Fälle). Das Tagesquantum betrug maximal 0,4 g. Bei an-
complicirter hämorrhagischer Endometritis und bei einem Myom
versagte es. Eine sedative Wirkung konnte nicht festgestellt werden.
— durch
von Liquor Kalenscher (Münch. med. Wochenschr. Nr. 1) hat sich bei
aiuminii Gebärmutterblutungen 3mal mit Erfolg der Lijection von Liquor
acetici, aiuminii acetici in den Uterus bedient.
Kalenscher.
— durch Bert hold (Gyn. Ges. zu Dresden, 22. März) empfiehlt, bei kli-
^^*^"^h M*^^*' D^*i^*^rischen Blutungen vor der Totalexstirpation tägliche Injectionen
mit Liquor ferri, Aquae destillatae ana in den Uterus zu
machen, bis die Blutung nachlässt.
L. Pincus (Danzig) (Weiteres über Vaporisation und Vapo-
cauterisation. Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 10, 22, 88. Ueber At-
mocauaiH. Therapeut. Moiiatsh., October) verwendet einen besonders
UeburtshQlfe und Gynäkologie.
42S
cauterisa-
tion,
L. PÜieas,
constnurten doppelläufigen Katheter zur Dampfbehandlung des — darch
Uterus, bei dem der Bückstrom nach aussen geleitet ist. Der Cer- ^T*^®"**"
. tion, Vapo
vicalkanal wird durch Gazeumwickelung geschützt. Der Vapoc auter
stellt einen Katheter mit geschlossenem Pavillon dar. Hier wirkt
also nur die Temperatur des Dampfes. Der Apparat mit Zubehör
kostet 30 Mark. In einer späteren Mittheilung ist ein hölzerner
Cervixschutz aus röhrenförmigen Platten angegeben. 15 — 30 Secun-
den bei 105® Dampf durch den Uterus zu leiten, dürfte genügend
zur Blutstillung sein. Wiederholungen des Verfahrens dürfen erst
nach völliger Regeneration der Schleimhaut vorgenommen werden.
Die Behandlung der Endometritis soU kurz vor oder nach den Menses
stattfinden. Endometritiden verschiedenster Art, Myome, Subinvolutio
haben sich unter Anwendung des Dampfes gebessert, doch dürfte
man bei Subinvolutio uteri wohl mit harmloseren Methoden zum
Ziele kommen (s. unten). Adnextumoren, rigide Portio und
Verdacht auf Malignität sind Contraindicationen des Ver-
fahrens. Bei maligner Erkrankung soll nur, wenn die Operation
nicht mehr anwendbar ist, der Dampf genommen werden. Den
Vapocauter nimmt Pincus bei Gonorrhoe. Die absichtliche Oblite-
ration bei klimakterischen Blutungen und vielleicht zur künstlichen
Bterilisirung kann mit dem Dampf leicht erreicht werden.
Dührssen (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 36) theilt 3 Fälle
mit, in denen die Vaporisation zur Blutstillung, ja durch die Ex-
foliation der Uterusschleimhaut (Imal als völliger Abguss des
Cavams) zu der für diese Patientinnen erwünschten Amenorrhoe
fahrte.
Dührssen.
Vapori-
sation,
Baruch,
V. Weiss,
Baruch, Völlige Atrophie des Uterus infolge von Vapori- Obliteration
sation (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 5). Bei einer 27jährigen Frau ^J^^j^
wurde wegen länger bestehender Blutimgen im 5. Monate nach der des Uterus
ersten Entbindung ambulant eine Vaporisation gemacht; danach "*«**
absoluter Stillstand der Blutung, vöUige Obliteration und Atrophie
der inneren Genitalien.
O. V. Weiss (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 24) berichtet über
einen Fall von Obliteration des nicht puerperalen Uterus nach
Vaporisation. Diese wurde bei einer 19jährigen Patientin mit
weitem Cavum, '/4 Minuten bei 100® ausgeführt. Plastische Ver-
suche vergeblich.
Einen dritten FallvonObliterationund Atrophie des Uterus P. Strassn»
mit Amenorrhoe hatte Ref. Gelegenheit zu untersuchen. Es kann
daher von der Anwendung des Dampfes bei jugendlichen Pa-
424 Strassmann.
tientinnen oder solchen, bei denen die Menstruation und Concep-
tionsfähigkeit zu erhalten ist, nur dringend gewarnt werden.
Todesfall Den ersten Todesfall nach der Anwendung des Vapocau-
^*°** ters (der durch Dampf erhitzten geschlossenen Metallröhre) hat
sation ^^^ ^^ Velde aus der Treub'schen Klinik veröffentlicht (Centr.
van de Velde. f. GynäkoL).
Eine 45jährige Frau mit präklimakterischen Blutungen wurde genau
nach den von Pincus gegebenen Vorschriften 1 Minute mit dem in den
Uterus eingelegten Vapocauter behandelt. Der Kanal war weit, das In-
strument wurde ruhig gehalten. Am Abend begannen Schmerzen, am
nächsten Morgen Fieber. Uterusausspülung, wobei nekrotische Fetzen ent-
leert werden. Einspritzung von Tinctura jodi. (Ueberflüssig! Ref.) Der
Puls stieg aber trotz sehr geringer Temperatur und massiger Schmerzen
immer höher. Am 3. Tage Erbrechen, am 4. Exitus. Jauchiger Erguss im
Becken, nekrotische Perforationsstellen im Fundus. Die Schleimhaut ist
vollständig zerstört, aber auch in die Muscularis erstreckt sich die Nekrose.
Eine nachträgliche Infection ist wohl nach der Exankengeschichte
auszuschliessen. Vielmehr ist der traurige Fall, bei dem wahrschein-
lich mit einer Abrasio die Patientin geheilt worden wäre, so zu
deuten, dass sich der Uterus unter dem hohen thermischen Reize
fest gegen den Vapocauter anlegte, die Aetzung im Fundus tiefer
wirkte, so dass durch Gangrän eine Perforation eintrat. Jedenfalls
lehrt die Mittheilung, dass man von der intrauterinen Anwendung
der Glühhitze in dieser Form absieht. Beim „Dampfe" dürfte es
wohl nicht zu erwarten sein. Bevor man diesen anwendet, sollte
aber stets die Abrasio versucht werden. Erst wenn diese versagt
hat, mag man vaporisiren.
Unter dem Namen „Excisio vaginalis mucosae uteri" veröffent-
Behandlung licht Dührssen (Centralbl. f. GynäkoL Nr. 60) ein Verfahren, von
blataneen ^^^ Scheide aus die Uterusschleimhaut zu entfernen. Die
der Uterus-
lutnngen
durch Indication zu dieser Operation sind schwere hämorrhagische Endo-
Excision metritis und Blutungen, die jedem anderen Verfahren trotzen, Falle,
des Endo- . , , i -i- m / i • • ,
metriums ^ welchen man also die iotalexstirpation sonst vorgenommen hätte.
Dührssen. Nach Einschnitt im vorderen Scheidengewölbe oder circulärer Um-
schneidung mit oder ohne Unterbindung der Arteria uterina wird
die Cervix freigelegt und hochamputirt. Die Blutung wird provi-
sorisch gestillt. Der Uteruskörper wird vorgezogen und median ge«
spalten. Durch Hochschieben des Peritoneums oder Abpräpariren
mit der Scheide kann sogar diese Spaltung extraperitoneal erfolgen.
Der Schnitt wird am oberen Ende nach den Tubenecken wie bei
Geburtshülfe und Gynäkologie. 425
der Section fortgefülirt. Jetzt wird die Schleimhaut mit der ober-
sten Lage der Muscularis excidirt. Der Uterusrest wird mit durch-
greifenden Catgutsuturen verschlossen und vaginißxirt. Der Cervix-
stumpf wird mit Scheide übemäht. Viermal hat Dührssen die
Operation ausgeführt. Der erste Fall betraf eine 44jährige Frau
mit irreponibel fixirtem Uterus und Adnexen, die durch ihre Blu-
tungen bis aufs äusserste herabgekommen war, sonst aber keine
Beschwerden hatte. Die zweite Patientin war eine 66jährige Frau
mit Prolaps, Blutung, Ausfluss, bei der die mikroskopische Unter-
suchung ein zweifelhaftes Resultat ergeben hatte. Die dritte war
eine 50jährige Kranke mit Blutungen und Retroflexio, die schon
länger behandelt war. Eine vierte war eine Hämophile, der die
Vaporisation nur vorübergehend Abhülfe gebracht hatte. Die Ope-
ration hat vor der Totalexstirpation den Vortheil, dass eine weite
Eröffiiung des* Parametriums vermieden wird. — Die Eröffnung des
Peritoneums dürfte sich wohl nicht ganz umgehen lassen. Auch
darf man sich nicht der Täuschung hingeben, als ob es sich hier
um einen geringfügigen Eingriff handelt. Derselbe erfordert grosse
technische Gewandtheit; die Vorwälzung des Uterus, Aufschneiden
und Vemähung nehmen gewiss eine beträchtliche Zeit in Anspruch,
kaum weniger als eine leichte Totalexstirpation. Endlich darf man
nicht ausser Acht lassen, dass die meisten gutartigen Blutungen
(ohne Tumoren) auf nichtoperative Weise gestillt werden können
(z. B. in dem dritten oben erwähnten Falle), besonders seit der An-
wendung des Dampfes, die Dührssen selbst (siehe oben) em-
pfohlen hat.
c. Lageveränderungen des Uterus.
Allgemeines.
Löhlein (Gynäkol. Tagesfragen H. 5, Nr. 3, Wiesbaden) er- Indlcation
örtert eine Frage, mit der sich verschiedene Arbeiten aus grösseren „ . '^5,
.... Benanalung
Kliniken in jüngster Zeit beschäftigt haben, nämlich, wann Falsch- der
lagen der Gebärmutter Gegenstand der Behandlung^*^**^^^*««"'
sind. Beschwerden bei beweglicher Anteflexio sind auf hypo-
plastiache Verhältnisse, Stenosen oder allgemeine Körperstörungen
zurückzuftihren. Die Stiftbehandlung wird trotz neuerer Empfeh-
lungen verworfen. Bei fixirter Anteflexio hat die Perimetritis, nicht
die Lage des Uterus Behandlung zu finden. Die Retroversio und
-flexio ist immer eine pathologische Lage. Sie stört oft die Schwanger-
schaft und fuhrt auch zu anderweitigen Veränderungen, die dann die
426 Strassmann.
indication Patientinnen zum Arzte treiben. Bei den angeborenen Verlagenmgen
h^^A\ behandelt Löhlein nur die Complicationen , ein Standpunkt, der
der nicht überall getheilt werden dürfte. Der Auffassung, dass hier
F als oblagen, Operationen nicht gerechtfertigt seien, steht z. B. die Anschauung
° *"* von Freund gegenüber, der hier gerade operirt. Im übrigen sacht
Löhlein, wie wohl immer noch die Mehrzahl der Frauenärzte, bei
acquirirter Retroflexio die Pessarbehandlung vor dem operativen
Eingriffe zu ermöglichen. Fixirte Knickungen sollen im entzünd-
lichen Stadium Behandlung finden, später aber nur ausnahmsweise
Pessarversuchen oder der Operation unterworfen werden. Auch in
letzterem Punkte weicht Löhlein's Anschauung von der vielfach
gebräuchlichen ab. Die Ventrifixation ist die zuverlässigste Opera-
tion; neuerdings wandte sich Löhlein auch der Alexander'schen
Methode der Verkürzung der Ligamenta rotunda zu.
Retroflexio uteri.
Prophylaxe Abel (Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol., Leipzig, 17. Januar) sprach
„ . fj . über die Prophylaxe der Retroflexio uteri. Wichtig ist die
Retroflexio, .•
Abel. Untersuchung jeder Entbundenen bei der Entlassung behufs recht-
zeitiger Pessarbehandlung. Die Wassersuppendiät ist wegen der Darm-
trägheit nicht zu empfehlen. Auch soll die Wöchnerin nicht zu
lange liegen. Bei jeder Operation, besonders Adnexexstirpation, wo
auch nur Neigung zur Retroversion besteht, soll durch Ventrifixui'
vorgebeugt werden.
Eine grosse Statistik über 2500 Fälle von Ventrifixation
Operative hat Lapthorn Smith (Montreal) gesammelt (Med. Record, 4. Juni
Beha^n^dlung ^^^ Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 39). Er empfiehlt die Operation nur.
Retroflexio: wenn aus anderen Gründen (z. B. Verwachsungen) der Bauch ge-
Ventri- öflEnet werden muss. Unter 148 Schwangerschaften waren 3 von
L. Smith.' Schmerzen , Aborten oder schwierigen Geburten gefolgt. Bei der
einfachen Annähung an das Bauchfell (Suspensio uteri) treten auch
nur wenig Rückfalle und keine Schwangerschaftsstörungen auf. Die
innere oder äussere Alexander- Operation wird gerühmt. — Li der
Discussion sind die Ansichten getheilt.
-Lappen. Frei SS (Kattowitz) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 16) hat 2 Fälle
Uteras ^^^ beweglicher Retroflexio in der Art operirt, dass er nach Er-
Preiss. ö£Enung des vorderen Peritonealumschlages einen Lappen des
Corpus mit dem angefrischten Collum vereinigte und dann durch
eine Art Vesicofixation den Uterus verlagerte.
>itfburtafaülfe imd Gynäkologie. 427
F'iLt-t; .L'Eelio ine<ücal da Nord S. 209) beßchreibt; als Caneo- — C^imea-
Hj'jtjerfjkom.La va^iaalis ein in 4FälIen von ihm an^C^waadtes Hy**«5"
^^a^hroL aar Bekandlim^ der Betroflexio nterL Naek Ero&ong ▼ajiÄaUs,
:e» vnrier«! Schädfin^irölbes und Peritoneums wird der XTten»
r^^so^m^ «m iiaciiet} Viereck aasgeschnitten und quer vernäht, so
der übearnsancefiectirt ist. — Aehnliche Operationen sind übrigens
von •ieoiacher Seite angegeben.
Bi ie lArch. £ GvnäkoL Bd. 56) hat tot Heilung der Retro Va«i»»l«
::«EÖJ areri 12mal üe von ihm angegebene Methode der Verkürz uns: V'^*^'^**
^^=^ ^ ^ der ra&d^m
ier rinle^iiXarnerbänder durch den vorderen Seheiden- Matter^
^ckniti in Anwendung gebracht. Die Besultate waren gute. Ein biader.
Tode^aO. am ^. Ta^r** ohne locale Erseheinunsren.
Bodo.
r*ie • ; peratrve Behan«ilung der Ketroflexio uteri, mit besou-
•i-irer Berrickachtigring der Alex and er'schen Ojvration, d. i. der
Verkirzmi^ d*rr runden Matterbänder wird von Rumpf (Arvh. f. - Aems»t»r«
GjTi^^^^ Bd. 57. H. 2) erörtert. Eine ca. 15 cm lange Incision wird j^i^^aa^t^r-
oog»rc::':niii^ nach oben concav so ungefähr von einer Mitte des Op^ratios
Poop ar: -»^ihcn Bandes nach der der anderen Seite gettihit, dass sie fast
ganz in lie Gr'rnze der Schamhaare fallt. Nach Durv'htrenuuug der
Fa»'ia aTLp»rrtioialis mit der darunter liegenden Fettschicht wird die
Apon-rnr .-«e d-rs Mose, obliquus extemus freigelegt. Zur Aufdeckimg
dt« LfrLstennnges empliehlt es sich, von aussen her das Gewel)e
stumpf na#:h der Symphyse in der Richtung des Faserverlaufes abzu-
'Irangec^ XTm das Lig. rotundum weiter central zu fassen, wird
paiail-* zum lig. Poupartii die Aponeurose 4 cm weit gespalten, Ist
das Ug. rirmduni noch von dem Bauch des Obliquus internus be-
deckt, so wiri der Inhalt des Leistenkanals mit zwei Fingern nach
i€ir Mitte nnigekippt. Nun lässt sich das Band allmählich 10 bis
12 cm unter Ah^treifen des Processus vaginalis peritonei vorziehen.
Der Widerstand der Tubenecke wird, auch ohne Contrv>lle von der
Vagina, iühlhar. Die Bänder werden gleichzeitig mit dem Schlüsse
des L^istenringes nach Bassini tixirt. Mit zwei bis divi Catgut-
Knopfnahren wir»i der Muse, obliquus internus an die hinteiv Wand
des Lig. Poupartii genäht. Drei Nähte durchstechen das runde
Band. Mit zwei weiteren wird es zur S^Tuphyse zu auf die Ajm>-
neiu-ose festgenaht und der Rest abgeschnitten. Die Aponeurose des
ObliqoQS extemus wird mit fortlaufendem Catgut vernäht, ebenso
Fett und Fasde, die Haut mit Seide. Durch sorgialtige Naht wird
die Gegend bruchsicherer als zuvor. Rumpf hat 44 Multipara,
428 Strassmanu.
Behandlung 19 Nullipare und 12 Virgines operirt. Nachuntersucht konnten
« . ^ «' . 53 Fälle werden, die sämmtlich ein gutes Resultat lieferten, sowohl
Retroflexio . ' . '
uteri was die Lage als die Narben anbetriffst. 11 spontane Geburten ohne
durch die Recidiv der ßetroflexio fanden statt. Zwei klagten in der zweiten
Operation ^*^*® ^®^ Schwangerschaft über ziehende Schmerzen, ünzuläng-
Rumpf. Uchkeit und Unmöglichkeit der Eingbehandlung , virginelle Retro-
flexionen sind die Hauptindicationen, erst in zweiter Linie der Pro-
laps, bei dem die Operation neben der Kolporrhaphie stattfindet.
Statt der Ventrifixation macht Rumpf, wenn bei fixirtem Organe
die Eröffnung der Bauchhöhle nöthig ist, die Faltung der runden
Mutterbänder, bei gleichzeitigem Prolaps mit Verkürzung der Dou-
glas'schen Falten (18 Fälle). Die Naht geschieht in Beckenhoch-
lagerung mit fortlaufendem Catgut. Für die bewegliche Retroflexio
ist also nach Rumpf die äussere AI exander- Operation, ftr die
fixirte die innere ventrale, eventuell unter Zuhülfenahme von Ver-
kürzung der Douglas'schen Falten die geeignetste Operation.
Hernien Li der New Yorker geburtshülfüchen Gesellschaft (Centralbl. f.
^*® Gynäkol. Nr. 47) wird von verschiedenen Seiten die Zunahme der
Alexander- •' '
Operation. Hernien nach der Alexander-Operation betont.
Inversio uteri.
Behandlung Bei Liversio uteri ist durch die Licision der Scheide und des
'^^""**^ Uterus ein Verfahren gewonnen, durch das die Exstirpation oder
hinteren Amputation des Uterus überflüssig geworden ist. Perlis (Kiew)
Scheiden- (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 9) hat mit Erfolg nach Küstner's Vor-
Uterus*
schnitt schlag eine irreponible Liversio uteri durch hinteren Schei-
Perlis. denschnitt mit Spaltung der hinteren Uteruswand geheilt.
-durch Essen-Moeller (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 46) theilt einen
in der ^ ^^ chronisch puerperaler Uterusinversion mit, bei dem B o re-
Scheide, lius die hintere Uteruswand spaltete und, da die Reposition noch
EssenMoeUer. nicht gelang, die Ränder umklappte und den Uterus in der Scheide
vernähte; jetzt erst wurde das Organ reponirt. Heilung.
— durch Kehrer, Zur conservativ-operativen Behandlung der chroui-
^Uterus" ^chen Inversio uteri (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 12; Beitr. z. Geb.
schnitt, u. Gynäkol. Bd. 1, H. 1). Der in Gaze eingeschlagene Uterus wurde
Kehrer. vorgezogen und die vordere Wand vom Os extemum bis über die
Mitte des Corpus gespalten. Der Uterus wurde schrittweise reponirt
und vernäht.
Geburtshülfe und Gynäkologie. 429
d. Fibromyome.
P. Strassmann und Lehmann (Arch. f. Grynäkol. Bd. 56, Pathologie
H. 3) liefern einen Beitrae zur Patholoffie der Myomerkran-„.^
^ . *=* & j Fibromyome,
kung. Die Aetiologie der Fibromyome ist noch dunkel. Vieles p. strassmann
spricht dafür, dass sie ihren Ausgang von den Gefässen nehmen, ^' Lehmann,
zumal von den Arterien. Die Häufigkeit von Herz- und Gefessver-
änderungen im Körper Myomkranker gab die Veranlassung, die
klinischen Beziehungen zwischen diesen und der uterinen Erkran-
kung zu untersuchen. Es wird nun zunächst erörtert, wie durch
das Myom das Herz verändert werden kann (Blutung, Schmerz,
Druck, Grösse und Verdrängung anderer Organe). Besonders wird
dann die Frage geprüft, ob der Uterus durch primäre Herz- und
Gefassveränderungen derart in Mitleidenschaft gezogen werden kann,
dass Entstehung und Weiterwachsen der Geschwülste begünstigt
würde, und wie weit mithin jene Erkrankungen in das Bild des
Myoms hineingehören. 71 Fälle der Poliklinik wurden daraufhin
untersucht und ein genauer Herz- und Gefässstatus mit Berück-
sichtigung des zeitlichen Auftretens der Herz- und Uterusbeschwerden
aufgenommen. Es hatten dauernde Oedeme 5"/o, zeitweise Oedeme29°/o-
Albuminurie 17,6 ^'/o. Gelenkrheumatismus hatten 15,5 ^'/o , Hemi-
]ilegie 2 Patientinnen. In 32 % = 23 Patientinnen fanden sich ob-
jectiv nachweisbare Veränderungen. Unter Hinzurechnung der Fälle
mit ausgesprochener Functionsstörung steigt die Zahl der Myom-
kranken mit anatomisch festgestellter Herzläsion auf 29 = 40,8®/n.
Der mögliche Einfluss wiederholter Wochenbetten wird erwogen. Die
Beziehungen der Asthma- und Angina-pectoris-Anfälle als Zeichen
myocarditischer und myarteriitischer Erkrankungen bei Myomen
werden erläutert. Dass vor den Symptomen des Tumors schon
Herzerscheinungen bestehen und in gewissem Sinne unabhängig oder
parallel von diesen auftreten, beweisen unter anderem die Nach-
prüftingen Operirter. Die bei Myomkranken auftretenden Formen
der Arteriosklerose, die Apoplexieen, die häufigen Thrombosen und
Embolieen, besonders der Lungenarterie, das gleichzeitige Auftreten
von Basedow'scher Krankheit finden ausfuhrliche Besprechung. Ana-
mnestisch ist femer für viele der späte Eintritt der Menses charak-
teristisch (cf. Tabelle). Auch hier ist eine Beziehung zwischen Herz
und Gefässen (Chlorose, Enge der Arterien und des Uterus). Eine
zweite Tabelle, die auch Sectionsbefunde umfasst und in der Klinik
einen Procentsatz von 47 °/o Herzläsionen ergibt , dient zur Stütze
430 Strassmann.
Pathologie der gefundenen Beziehungen. Bei der Therapie ist auf die Herz-
„.^ ^®' und Allffemeinbehandlung Rücksicht zu nehmen. Auch vor der
Fibromyome, ...
P. Strassmann Operation ist bei schweren myocarditischen Veränderungen eine stimu-
n. Lebmann. Urende Behandlung nothwendig. Frühzeitig objectiv nachweisbare
Herz- und Gefässveränderungen sind, zumal bei jungen Frauen, eine
Indication, keine Contraindication zur Operation. Ihre Anschauung
über die Myomerkrankung in Beziehung zum Gefasssystem fassen
die Ver£f. dahin zusammen: Myome sind als Tumoren durch die
localen und fiir diese Geschwülste charakteristischen Symptome ge-
eignet, degenerative Zustände der Herzmusculatur hervorzurufen.
Andererseits können Herz- und Gefllssveränderungen das weitere
Krankheitsbild der Myomkranken bestinmien und gehen häufig neben
diesen einher. Vermuthlich sind, ähnlich wie bei der Basedow'schen
Krankheit die Neubildung von Schilddrüsengewebe, in gewissen
Fällen von Neubildung von Uterusgewebe Herz-, Gefilss- und Uteras-
veränderungen als Symptome einer mit vasomotorischen Vorgängen
zusammenhängenden Erkrankung anzusehen.
Die Beziehungen der Fibromyome des Uterus zur Steri-
sterilität lität und Fertilität hat E. Fraenkel (Monatschr. f. Geburtsh.)
i;. ^?,-*.* untersucht und kommt zu wesentlich anderen Resultaten als Hof-
rertiiitat
bei Uteras- meier. Dieser hatte bekanntlich einen irgendwie weitergehenden
myomen, Zusammenhang zwischen Myom, Sterilität und Fertilität nach seineu
Tabellen nicht aufzufinden vermocht. Fraenkel dagegen findet för
gynäkologisch Kranke überhaupt 8 °/o Sterilität , für Myomkrank«>.
27,8 ®/o und rechnet auch den Procentsatz bei Hof meier auf 26,8 V
um. Auch die Fertilität der Myomkranken ist um 22,3 ®/o vermindert.
Ein- und Zweischwangerschaften häufig. Ein gewisser conceptions-
erschwerender Einfluss ist für die Myome anzunehmen. Die Be-
ziehungen der Sterilität zum Myom sind nach der Lage jedes ein-
zelnen Falles zu beurtheilen und nicht immer zu entscheiden.
Torsionen Frommel (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 22) macht darauf aul-
be*Myo*men D^ö^^^^am, dass peritonitische Anfälle bei Myomen einer Torsion
Frommel. des Uterus durch die Geschwülste ihre Entstehung verdanken
können. (2 Fälle.)
-bei B. Schnitze (Zeitschr. f. Geb. u. Gynäkol. Bd. 38» H. 2) be-
Myomenund '^j^^ die Axendrehung des Uterus durch Geschwülste. Er
Ovarial- *^ ®
tumoren, stellt 82 Fälle zusammen, bei denen 15mal Myome, 17mal Ovarial-
B. ScbnlUe. tumoren den Uterus um seine Axe gedreht hatten. Begünstigend
Geburtshülfe und Gynäkologie. 431
wirken voraufgegangenes Puerperium, schlaffe Bauchdecken, Raum-
mangel beim Wachsen des Tumors, kurzer Stiel. Blasenbeschwerden
werden häufig angegeben. Die Spirale am Uterus zu fühlen ist
Schnitze nie gelungen. Manchmal lässt sich vielleicht die ver-
änderte Lage der Ovarien verwerthen.
S. Gottschalk berichtet über den Heilwerth und die An- Therapie der
zeificen der vascinalen Unterbindung der Yasa uterina Fioro-
o o o myome:
bei Uterusmyomen (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 20, 16. Mai). Unter-
Nach Durchtrennung der vorderen Scheide und Zurückschieben der l>indung der
Blase wird jederseits mit drei Seidenfäden die Basis des Lig. g Gottschalk.*
latum mit der Art. uterina unterbunden. Es treten danach oft
Wehen auf. Am 8. Tage stecht Patientin auf und erhält noch eine
Zeit lang Ergotin. (20 Fälle.) Die Blutungen aus dem myomatösen
Uterus standen mit einer Ausnahme sofort. Alle wurden für längere
Zeit amenorrhoisch. In 14 FäUen sind die Myome kleiner ge-
worden, 7mal sind sie überhaupt nicht mehr nachweisbar und werden
vom Verf. als radical geheilt angesehen. Am geeignetsten sind intra-
murale Corpusmyome; je näher dem Klimakterium, um so besser.
Intraligamentäre Tumoren eignen sich nicht zur Unterbindung.
Gottschalk will die Methode noch ausdehnen und sicherer ge-
stalten, indem er am Leistenring die Lig. rotunda aufsucht, en masse
ligirt und so die Anastomose zwischen Epigastrica imd Uterina aus-
schaltet. (Dann ist es wohl vorzuziehen, die Tumoren zu entfernen.
Ref.)
W e i 1 1 (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 20) berechnet nach einer — Operative
Sammel Statistik die bisherigen Resultate der Myomotomie. Die Be^*^dlung
^ ^ *' derfioro-
Mortalität der supravaginalen Amputation mit extraperitonealer Stiel- myome:
Versorgung ist auf 8°/o gesunken, die der intraperitonealen schwankt Sammel-
zwischen 8 — 10**/o. Die retroperitoneale Methode ergibt 6,6 7o, die ^ßjji '
alidominale Totalexstirpation 6,2 "/o und die vaginale Totalexetirpa-
tion 2,6 — l,8®/o Mortalität. Die Vorzüge der von Pean inaugurirten %
Klammermethode werden betont.
Die abdominalen Myomoperationen der Leipziger Klinik
hat Abel (Arch. f. Gynäkol. Bd. 57, H. 2) auf ihre Dauererfolge ge- Abel,
prüft. Von 4 Castrationen heilte nur eine den Tumor, bei der
zweiten kam es später zu submucöser Ausstossung, bei der dritten
und vierten degenerirten nach 6 bezw. 7 Jahren die Tumoren
sarkomatös. (Auch Fohling hat nach der Castration einmal FeUing.
nach 2 und einmal nach 8 Jahren noch maligne Degeneration des
432 Strassmann.
Operation Myoms eintreten sehen. Er empfiehlt statt dieser Operation die
der Fibro- vaginale Totalexstirpation bei kleinen, die abdominale Operation bei
myome: *' ^ , '■^
Sammel- grösseren Geschwülsten.) 5 My 0 me nu cle a ti o n en, 1 Todesfall mehrere
Statistik, Wochen nach der Entlassung an Heus bei einer Schwangeren. Die
^ typische Zweifel'sche Myomektomie wurde 65mal ausgeführt.
Die Nachprüftmgen erstrecken sich über mehrere Jahre. 9mal bil-
deten sich Stumpfexsudate, die aber nur 4mal die Heilung störten.
Klagen durch senile Colpitis traten 7mal in Erscheinung. Eine car-
cinomatöse Degeneration des Collums kam nicht vor. Blieben bei
der Operation die Ovarien zurück, so findet ein allmählicher Ueber-
gang ins Klimakterium statt. Die Molimina menstrualia, die in etwa
50 ^/o aufbraten, hatten eine mittlere Dauer von l^t Jahren. Im
4. Jahre nach der Operation waren Ovarien nie mehr tastbar. Gre-
fahren traten durch das Zurücklassen nicht ein. 8 Patientinnen
menstruirten.
— Abdomi- H.Hofmeier (Zur abdominalen Myomotomie. Münch. med.
naie Wochenschr. Nr. 48) hält die extraperitoneale Stielversorgung bei
Hofineier. der Myomotomie nur für bestimmte Fälle geeignet. Die besten Re-
sultate gibt das retroperitoneale Verfahren, bei dem ein mög-
lichst kleiner Stumpf geschaffen wird, die Art. uterinae isolirt ver-
sorgt werden und eine sorgfaltige Verdeckung des Stumpfes mit
vorher abgelösten peritonealen Lappen stattfindet. Den Cervical-
kanal desinficirt Ho fm ei er durch Einspritzung von Carbolalkohol.
685 Operationen (Deutschland und Amerika) hatten eine Mortalität
von 23 = 4,2 ®/o. Hofmeier selbst operirte 57 mit 1 Todesfall.
Dagegen ergaben 520 abdominale Totalexstirpationen 9,6*^/0 Todes-
flllle. Jedenfalls ist dtirch die intraperitoneale Methode allmählich
eine so günstige Prognose der Operationen geschaffen, dass auch die
Indicationsstellung davon nicht unberührt bleiben wird.
Im allgemeinen lässt sich eine Tendenz der operativen Therapie
bei Myomen dahin erkennen, entweder den Uterus total, wenn mög-
lich vaginal, sonst abdominal zu entfernen, oder nur die Myome
zu enucleiren und den Uterus zu erhalten. Alle übrigen Operationen
werden seltener als früher angewendet.
— Total- Smyly (Brit. med. Joum., 17. Sept.) empfiehlt die vaginale
«***^"^P*^^®"' Entfernung des myomatösen Uterus, die er 17mal mit 1 Todes-
fall gemacht hat.
Bnmm. Bumm (Beitr. z. Geb. u. Gynäkol. Bd. 1, H. 1) empfiehlt zur
Myomotomie die Totalexstirpation (36 abdominale, 24 vaginale).
Geburtshülfe und Gynäkologie. 433
Wenn möglich soll vaginal vorgegangen werden, wobei es besonders
auf die Herabziehbarkeit und eine zugängige Scheide ankommt. Das
Morcellement findet auch Verwendung, Wo Klemmen gelegt wer-
den, folgt zum Schlüsse die Unterbindung der vorgezogenen Stümpfe.
Der provisorischen Klemmen bedient sich Bumm auch bei der ab-
dominalen Methode.
Temoin (Bourges) (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 26) will — Ent-
statt der Totalexstirpation die abdominale Exstirpation der 'ernuhg
Fibromyome mit theilweiser oder totaler Erhaltung des Uterus ^^
möglichst weit angewendet wissen. Er hat das Verfahren in 97 Fällen Erhaltung
mit 6 TodesfäUen gemacht. ^"^Temota"''
Auch Noble (The conservative treatment of fibroid tumors by Noble.'
Myomoectomy) bevorzugt die Enucleation der Geschwulst mit Er-
haltung des Uterus. Wenn nicht ernstere Complicationen vorliegen,
soll diese angestrebt werden, nicht die Totalexstirpation. So operirt
wurden 17 vaginal, 8 abdominal. Kein Todesfall. 3 wurden schwanger
und gebaren rechtzeitig.
Howard Kelly (Brit. med. Joum. , 29. Januar) empfiehlt bei mit
der Hysterektomie und Hysteromyomektomie die Ovarien oder eines Erhaltung
doT Ov&rion
von ihnen zu erhalten, um den Ausfallserscheinungen vorzu- g ^g^y
beugen. Er gibt eine Tabelle von 20 so Operirteo.
Aus der ersten psychiatrischen Klinik des Prof. v. Wagner in Heilung
Wien berichtet Eisholz (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 29, 21. Juü) ^^^^^
Psvchose
über die Heilung einer Psychose bei Uterusmyom nach nach Total-
vaginaler Totalexstirpation der inneren Genitalien. exstirpation,
ElBholE.
e. Maligne Tumoren. Carcinome, m'aligne Adenome.
Den Lymphapparal^ des Uterus mit besonderer Berück-
sichtigung der Totalexstirpation bei Carcinom hat Peiser Lymph-
(Zeitschr. f. Gfynäkol. Bd, 39, H. 2) bearbeitet. Beim Collumcar- uurusVnV
einem erkrankeo in 50 ^/o die regionären Lymphdrüsen, und zwar Backens bei
fiüh schon, oft zu einer Zeit, wo die Ligamente noch frei sind und der Carcinoma
Krebs noch für operabel gilt. Durch Lrjectionen Hess sich fest- p%er
stellen, dass zwei bis vier Ljmiphstämme vom Collum entspringen,
zwei bis drei ziehen mit der Art. uterina über den Ureter Dach I
aussen und münden in die Glandulae hypo gastricae. Ein bis zwei
Stränge biegen nach hinten um und steigen im Lig. sacrouterinum
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 28
430 Strassmann.
Pathologie der gefundenen Beziehungen. Bei der Therapie ist auf die Herz-
„.. und Allffemeinbehandlunff B;ück8icht zu nehmen. Auch vor der
Fibromyome, ...
P. Strassmann Operation ist bei schweren myocarditischen Veränderungen eine Stimu-
li. Lehmann, ürende Behandlung nothwendig. Frühzeitig objectiv nachweisbare
Herz- und Geftssveränderungen sind, zumal bei jungen Frauen, eine
Indication, keine Contraindication zur Operation. Ihre Anschauung
über die Myomerkrankung in Beziehung zum Gefasssystem fassen
die Verff. dahin zusammen: Myome sind als Tumoren durch die
localen und fiir diese Geschwülste charakteristischen Symptome ge-
eignet, degenerative Zustände der Herzmusculatur hervorzurofeu.
Andererseits können Herz- und Gefössveränderungen das weitere
Ejrankheitsbild der Myomkranken bestimmen und gehen häufig neben
diesen einher. Vermuthlich sind, ähnlich wie bei der Basedow'schen
Krankheit die Neubildung von Schilddrüsengewebe, in gewissen
Fällen von Neubildung von Uterusgewebe Herz-, Gefass- und Uterus-
veränderungen als Symptome einer mit vasomotorischen Vorgängen
zusammenhängenden Erkrankung anzusehen.
Die Beziehungen der Fibromyome des Uterus zur Steri-
sterilität lität und Fertilität hat E. Fraenkel (Monatschr. f. Geburteh.)
„ *.,....* untersucht und kommt zu wesentlich anderen Eesultaten als Hof-
rertiiitat
bei Uterus- meier. Dieser hatte bekanntlich einen irgendwie weitergehenden
myomen, Zusammenhang zwischen Myom, Sterilität und Fertilität nach seinen
Tabellen nicht aufzufinden vermocht. Fraenkel dagegen findet für
gynäkologisch Kranke überhaupt 8**/o Sterilität, für Myomkrank* >
27,8 •/o und rechnet auch den Procentsatz bei Hof meier auf 26,8 V
um. Auch die Fertilität der Myomkranken ist um 22,3 ®/o vermindert.
Ein- und Zweischwangerschaften häufig. Ein gewisser conceptions-
erschwerender Einfluss ist für die Myome anzunehmen. Die Be-
ziehungen der Sterilität zum Myom sind nach der Lage jedes ein-
zelnen Falles zu beui'theilen und nicht immer zu entscheiden.
Torsionen Frommel (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 22) macht darauf auf-
beiMyomen ^lerksam, dass peritonitische Anfälle bei Myomen einer Torsion
Frommel. des Uterus durch die Geschwülste ihre Entstehung verdanken
können. (2 FäUe.)
-bei B. Schnitze (Zeitschr. f. Geb. u. Gynäkol. Bd. 38, H. 2) be-
^°™*?* ^"spricht die Axendrehung des Uterus durch Geschwüh^te. Er
tnmoren, stellt 82 Fälle zusammen, bei denen 15mal Myome, 17mal Ovaiial-
B. Schnitze, tumoren den Uterus um seine Axe gedreht hatten. Begünstigend
Geburtshülfe und Gynäkologie. 431
wirken voraufgegangenes Puerperium, schlaffe Bauchdecken, Raum-
mangel beim Wachsen des Tumors, kurzer Stiel. Blasenbeschwerden
werden häufig angegeben. Die Spirale am Uterus zu fühlen ist
Schnitze me gelungen. Manchmal lässt sich vielleicht die ver-
änderte Lage der Ovarien verwerthen.
S. Gottschalk berichtet über denHeilwerth und die An- Therapie der
zeicren der vaginalen Unterbindung der Vasa uterina Fi^ro-
* ® ^ myome:
bei Uterusmyomen (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 20, 16. Mai). unter-
Nach Durchtrennung der vorderen Scheide und Zurückschieben der bin düng der
Blase wird jederseits mit drei Seidenfäden die Basis des Lig. g öottachaik.*
latum mit der Art. uterina unterbunden. Es treten danach oft
Wehen auf. Am 8. Tage steht Patientin auf und erhält noch eine
Zeit lang Ergotin. (20 Fälle.) Die Blutungen aus dem myomatösen
Uterus standen mit einer Ausnahme sofort. Alle wurden für längere
Zeit amenorrhoisch. In 14 Fällen sind die Myome kleiner ge-
worden, 7mal sind sie überhaupt nicht mehr nachweisbar und werden
vom Verf. als radical geheilt angesehen. Am geeignetsten sind intra-
murale Corpusmyome; je näher dem Klimakterium, um so besser.
Intraligamentäre Tumoren eignen sich nicht zur Unterbindung.
Gottschalk will die Methode noch ausdehnen und sicherer ge-
stalten, indem er am Leistenring die Lig. rotunda aufsucht, en masse
ligirt und so die Anastomose zwischen Epigastrica und Uterina aus-
schaltet. (Dann ist es wohl vorzuziehen, die Tumoren zu entfernen.
Ref.)
Weill (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 20) berechnet nach einer — Operative
Sammelstatistik die bisherigen Resultate der Myomotomie. Die Be*ia»dlung
Mortalität der supravaginalen Amputation mit extraperitonealer Stiel- myome:
Versorgung ist auf 8°/o gesunken, die der intraperitonealen schwankt Sammel-
zwischen 8 — lO^/o. Die retroperitoneale Methode ergibt 6,6 Vo, die ^^^i '
abdominale Totalexstirpation 6,2 ^/o und die vaginale Totalexetirpa-
tion 2,6 — l,8®/o Mortalität. Die Vorzüge der von P 6 an inaugurirten •
Klammermethode werden betont.
Die abdominalen Myomoperationen der Leipziger Klinik
hat Abel (Arch. f. Gynäkol. Bd. 57, H. 2) auf ihre Dauererfolge ge- Abel,
prüft. Von 4 Castrationen heilte nur eine den Tumor, bei der
zweiten kam es später zu submucöser Ausstossung, bei der dritten
und vierten degenerirten nach 6 bezw. 7 Jahren die Tumoren
sarkomatös. (Auch Fehling hat nach der Castration einmal FehUng.
nach 2 und einmal nach 8 Jahren noch maligne Degeneration des
432 Strassmann.
Operation Myoms eintreten sehen. Er empfiehlt statt dieser Operation die
der Fibro- Yacmjaie Totalexstirpation bei kleinen, die abdominale Operation bei
myome: ^ ^ ' , ^
Sammei- grösseren Geschwülsten.) B My 0 menu cleati on en, 1 Todesfall mehrere
Statistik, Wochen nach der Entlassung an Heus bei einer Schwangeren. Die
"* typische ZweifeTsche Myomektomie wurde 65mal ausgeführt.
Die Nachprüfungen erstrecken sich über mehrere Jahre. 9mal bil-
deten sich Stumpfexsudate, die aber nur 4mal die Heilung störten.
Klagen durch senile Colpitis traten 7mal in Erscheinung. Eine car-
cinomatöse Degeneration des Collums kam nicht vor. Blieben bei
der Operation die Ovarien zurück, so findet ein allmählicher Ueber-
gang ins KHmakterium statt. Die Molimina menstrualia, die in etwa
50 '^/o aufbraten, hatten eine mittlere Dauer von l^s Jahren. Im
4. Jahre nach der Operation waren Ovarien nie mehr tastbar. Ge-
fahren traten durch das Zurücklassen nicht ein. 3 Patientinnen
menstruirten.
— Abdomi- H. Hofmeier (Zur abdominalen Myomotomie. Münch. med.
nale Wochenschr. Nr. 48) hält die extraperitoneale Stielversorgung bei
nofineier. der Myomotomie nur fiir bestimmte Fälle geeignet. Die besten Re-
sultate gibt das retroperitoneale Verfahren, bei dem ein mög-
lichst kleiner Stumpf geschaffen wird, die Art. uterinae isolirt ver-
sorgt werden tmd eine sorgfaltige Verdeckimg des Stumpfes mit
vorher abgelösten peritonealen Lappen stattfindet. Den Cervical-
kanal desinficirt Ho fm ei er durch Einspritzung von Carbolalkohol.
685 Operationen (Deutschland und Amerika) hatten eine Mortalität
von 23 = 4,2 ®/o. Hofmeier selbst operirte 57 mit 1 TodesfSsdl.
Dagegen ergaben 520 abdominale Totalexstirpationen 9,6 ®/o Todes-
falle. Jedenfalls ist durch die intraperitoneale Methode allmählich
eine so günstige Prognose der Operationen geschaffen, dass auch die
Indicationsstellung davon nicht unberührt bleiben wird.
Im allgemeinen lässt sich eine Tendenz der operativen Therapie
bei Myomen dahin erkennen, entweder den Uterus total, wenn mög-
lich vaginal, sonst abdominal zu entfernen, oder nur die Myome
zu enucleiren und den Uterus zu erhalten. Alle übrigen Operationen
werden seltener als früher angewendet.
— Total- Smyly (Brit. med. Joum. , 17. Sept.) empfiehlt die vaginale
**'^i'P**^*^"' Entfernung des myomatösen Uterus, die er 17mal mit 1 Todes-
fall gemacht hat.
Biiinm. Bumm (Beitr. z. Geb. u. G3rnäkol. Bd. 1, H. 1) empfiehlt zur
Myomotomie die Totalexstirpation (36 abdominale, 24 vaginale).
Geburtshtilfe und Gynäkologie. 433
Wenn möglich soll vaginal vorgegangen werden, wobei es besonders
auf die Herabziehbarkeit und eine zugängige Scheide ankommt. Das
Morcellement findet auch Verwendung, Wo Klemmen gelegt wer-
den, folgt zum Schlüsse die Unterbindung der vorgezogenen Stümpfe.
Der provisorischen Klemmen bedient sich Bumm auch bei der ab-
dominalen Methode.
Temoin (Bourges) (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 26) will — Ent-
statt der Totalexstirpation die abdominale Exstirpation der fernuhg
Fibromyome mit theilweiser oder totaler Erhaltung des Uterus mit
möglichst weit angewendet wissen. Er hat das Verfahren in 97 Fällen Erhaltung
mit 6 Todesfällen gemacht. des Uterus,
^ . , Temoin,
Auch Noble (The conservative treatment of fibroid tumors by Noble.
Myomoectomy) bevorzugt die Enucleation der Geschwulst mit Er-
haltung des Uterus. Wenn nicht ernstere Complicationen vorliegen,
«oll diese angestrebt werden, nicht die Totalexstirpation. So operirt
wurden 17 vaginal, 8 abdominal. Kein Todesfall. 3 wurden schwanger
und gebaren rechtzeitig.
Howard Kelly (Brit. med. Joum. , 29. Januar) empfiehlt bei mit
der Hysterektomie und Hysteromyomektomie die Ovarien oder eines Erhaltung
der Ovarien
von ihnen zu erhalten, um den Ausfallserscheinungen vorzu- g j^g^y *
beugen. Er gibt eine Tabelle von 20 so Operirten.
Aus der ersten psychiatrischen Klinik des Prof. v. Wagner in Heilung
Wien berichtet Eisholz (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 29, 21. JuU) «i"^«^
^^ Psvchose
über die Heilung einer Psychose bei Uterusmyom nach nach Total-
vaginaler Totalexstirpation der inneren Genitalien. exstirpation,
Elshole.
e. Maligne Tumoren. Carcinome, m'aligne Adenome.
Den Lymphapparat, des Uterus mit besonderer Berück-
sichtigung der Totalexstirpation bei Carcinom hat Peiser Lymph-
(Zeitschr. f. Gynäkol. Bd, 39, H. 2) bearbeitet. Beim Collumcar- ü^4^*^^*/„7
einem erkranken in 50°/o die regionären Lymphdrüsen, und zwar Beckens bei
früh schon, oft zu einer Zeit, wo die Ligamente noch frei sind und der Carcinoma
colli,
Peiser.
Krebs noch fiir operabel gilt. Durch Lrjectionen liess sich fest- coi i.
stellen, dass zwei bis vier Lymphstämme vom Collum entspringen,
zwei bis drei ziehen mit der Art. uterina über den Ureter nach
aussen und münden in die Glandulae hypo gastricae« Ein bis zwei
Strange biegen nach hinten um und steigen im Lig. sacrouterinum
Jahrbuch der priBLCtiachen Medicin. 1899. 28
434 Strassmann.
»
zu ein bis zwei Sacraldrüsen auf. Verf. schildert nun ein Verfahren,
diese erste Drüsenetappe mitsammt Beckenorganen und dem Becken-
bindegewebe zu exstirpiren^ Zuerst müssen die Ureteren, durch
Katheter markirt, präparirt werden, dann folgt die Ablösung der
Peritoneallappen , Unterbindung der Gefasse, völliges Auslösen des
Parametriums mit Drüsen und Durchbrennen der Vagina mit dem
Paquelin.
Adenoma E. Kaufmann (Basel), Untersuchungen über das sog. Aden oma
"cervio?" malignum, speciell dasjenige der Cervix uteri, nebst Bemerkungen
nach über Lnpfinetastasen in der Vagina (Virch. Arch. Bd. 154, H. 1),
Myomotoiiiie,jj^ Carcinom, das vom zurückgelassenen Cervixstumpf eines vor
Kannnann. - ^ i • -i • tt
5 Jahren supravaginal amputirten, myomatösen Uterus ausgegangen
war, gab die Veranlassung zu den Untersuchungen. Nach sehr ge*
nauen histologischen Beschreibungen wünscht Verf. das Adenoma
malignum als selbständige Species aufgegeben zu sehen. Die be-
schriebenen Geschwülste, besonders der Cervix, gehören zum Be-
griff des Adenocarcinoms. Es finden sich alle Uebergänge von
einfacher Hyperplasie bis zur Geschwulstbildung. Dasselbe Verhalten
zeigen die Metastasen der Drüsen. Die zahlreichen Knötchen der
Vagina, welche leicht als Impfmetastasen angesehen werden könnten,
sind durch retrograden Transport auf dem L3anph* oder dem venösen
Wege zu erklären.
Cervix- Savor (Geb.-gynäkol. Ges. in Wien, 14. Juni) demonstrirte eine
carcinom ^^gen Carcinom exstirpirte Cervix uteri von einer Frau,
Myomotomie,^öi der vor 4 Jahren das Corpus wegen Myom amputirt worden
Savor. war. Dies ist bereits der dritte Fall an der Chrobak'schen Klmilr,
Auch hierin würde also ein Grund liegen, bei der Myomoperation
die Totalexstirpation zu bevorzugen.
Carcinom W. Schmidt (Monatsschr. f. Geb. u, Gynäkol. Bd. 7, H. 5) ver-
und Prolaps, Q£pQ^^lißlj^ einen Fall von Carcinom an der vorgefallenen Ge-
bärmutter aus der Hallenser Klinik. Auf 423 Prolaps- und
294 Krebsoperationen kamen nur 2 derartige Combinationen.
Behandlung
®"., ZurBehandlungdesulcerirenden, inoperabelnCervixcarcinoms
inop6raDi6n
Cervix- mittels confltanter Wärme hat Westermark (Stockholm) (Centn f. GynäkoL
carcinomB Nr. 49) einen Apparat construirt. In die Scheide kommt eine spiralige
™*' silberne Röhre zu liegen, durch die von einem mit der Wasserleitung in
Wärme Verbindung ges'etzten Behälter, der mit Gas erwärmt wird, Wasser von
Westermark. 42— 44® C. strömt. Zeitdauer der Anwendung 48 Stunden. Geruch und
Geburtshülfe und Gynäkologie.
435
Blutung sollen bald verschwinden. (7 Fälle.) Einmal soll das Carcinom
sogar local geheilt sein, die Infiltration des Parametriums bestand fort.
(Der Preis des Apparates [110 Mk.] und die Umständlichkeit der Methode
dürften ihrer Anwendung entgegenstehen, da man ja schneller durch Curette-
ment, Paquelin, Jodoformgaze zum Ziel kommt. Ref.)
Thumim berichtet über 104 mit Totalexstirpation behan- Vaginale
delte Fälle von Krebs der Gebärmutter aus Prof. Landau's Carcinom-
operationen,
Frauenklinik (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 18 u. 19). Von 104 in Thumim-
den letzten Jahren Operirten, deren Erkrankung auch mikroskopisch Landau,
als Carcinom festgestellt war, starben nach der Operation 8 = 7,6®/o ;
32 sind recidivfrei , unter ihnen 28 = 2,7 ®/o bereits 6 Jahre. Bei
den Recidiven betrug die freie Zeit 9 Monate. Der Tod trat nach
11 Monaten durchschnittlich ein. Nur ein Recidiv wird als Impfung
angesehen (Metastase an der Urethra nach Morcellement eines Corpus-
carcinoms). Die sog. Vorbereitimg des Tumors einige Tage vor der
Operation ist wegen der Gefahr einer Parametritis nicht angewendet
worden. 2mal entstanden Ureterfisteln, Imal eine Blasenfistel. Nach-
blutungen wurden einmal 3 Tage nach Entfernung der Klemmen, ein
andermal 11 Tage bei einer gleichzeitig wegen Prolaps mit Naht
Operirten beobachtet.
G. Gellhorn theilt die Resultate der Radicalbehandlung des
Gebärmutter-Scheidenkrebses mit dem Glüheisen mit (Arbeiten aus
der Privat-Frauenklinik von Dr. A. Mackenrodt in Berlin H. 2,
Berlin). Die Igniexstirpation des krebsigen Uterus ist inner-
halb 3 Jahren 39mal von Mackenrodt ausgeführt worden, meist
mit dem Galvanocauter , zuletzt öfter mit dem durch Gas erhitzten
Glüheisen. Die Mortalität betrug 7 = 17,9 *^/o. Allerdings muss dabei
in Betracht gezogen werden, dass auch die ersten Versuche mit ein-
gezogen wurden und die Grenze der Exstirpation sehr erweitert
worden ist. Wenn der Uterus nur etwas beweglich ist und die In-
filtration der Lig. lata noch eine weiche Zone von 1 — 2 cm von der
Beckenwand frei lässt, so wurde auch bei Uebergang des Carcinoms
auf die Vagina operirt, Erkrankimgen der Blase oder des Rectums da-
gegen sind Contraindicationen. Hindert die Grösse des Uterus die
vaginale Entfernung, so zieht Mackenrodt die abdominale Ent-
fernung dem Morcellement vor, weil sonst die nöthigen Handhaben
fehlen. Leichtere Grade von Albuminurie sind keine Contraindica-
tion. Messer und Scheere sollen, so lange noch Carcinom im Körper
ist, vermieden werden. Die Scheidendammincision wird ebenfalls
Igni-
exstirpa-
tion,
Gellhoni-
Mackenrodt.
436 Strassmann.
igniexstir- mit dem Faquelin angelegt. Zur Blutstillung sind Umstechungen
ß^iih^**' und Unterbindungen nicht ganz zu entbehren. Als Nebenverletzungen,
Mackenrodt. zum Theil behufs radicaler Therapie beabsichtigt, kamen 7 Ureter-
fisteln, 4 Blasenfisteln und 8 Darmverletzungen zu Stande. Schmerzen
und Nachblutungen aus dem Brandschorfe wurden nicht beobachtet.
Von 82 geheilt Entlassenen starben 8 an Becidiven, die Narben
blieben frei von Carcinom. Eine vierte starb an unbekannter Ur-
sache. Von den 27 Geheilten sind 10 erst im letzten Halbjahr
operirt. Die übrigen 18 sind recidivfrei, 7 mehr als 1, 7 andere
mehr als 2 Jahre. Mackenrodt ist der Ansicht, dass die Recidive
vorwiegend Impfrecidive sind, die durch die Igniexstirpation ver-
mieden würden. Bei der Ausdehnung der Erkrankimg in den ope-
rirten Fällen kann man die Dauerresultate, trotz der Mortalität und
trotz der Nebenverletzungen, nicht als ungünstige bezeichnen. Wie es
mit der definitiven Heilung steht, wird eine weitere Beobachtung
lehren. Zweifellos geben die Narben nach dem Brandschorf einen
besonders unempfänglichen Boden für locale Recidive ab, was man
auch bei der Oauterisation inoperabler Fälle sieht. Jedenfalls wird
in geeigneten Fällen die neue Methode weiter zu erproben sein.
Abdominale C. Jacobs (Revue de GynecoL et de Chir. abdom. Nr. 1) hat
^*f*^*f^™' llmal bei Gebärmutterkrebs abdominal operirt. 1 Todes-
Operationen, ^ ^ *
Jakobe, fall (Pneumonie). Merkwürdigerweise amputirte Jacobs nach
Auslösung der Umgebung erst den Uteruskörper und excidirte das
Collum gesondert. Er hat nur Frühstadien des Carcinoms auf diese
Weise angegriiFen.
FnnkePreand. An der Freund'schen Klinik sind, wie Funke (Zeitschr. f.
Gynäkol. Bd. 39, H. 8) mittheilt, bis jetzt 20 abdominale Total-
exstirpationen des malign erkrankten Uterus vorgenommen
worden. Die Indication gaben Complication mit Myom, Pyosalpinx,
Schwangerschaft, 4mal carcinomatöse Drüsen etc. Es starben 8 an
Peritonitis und 1 an Eiterung und Ureterfistel nach 8 Wochen. Be-
denkt man , dass auf vaginalem Wege 6 Fälle inoperabel gewesen
wären, so steht die Mortalität von 20 ^/o immerhin noch in gutem
Verhältniss zu den erzielten Resultaten. Einmal wurde absichtlich
der Ureter abgetrennt und mit Erfolg in die Blase implantirt-: 4mal
wurden die kranken Iliacaldrüsen entfernt.
Syncytiale Geschwülste.
Noch immer ist die Streitfrage nicht entschieden, ob die an eine
Schwangerschaft anknüpfenden malignen Geschwülste mütterlichen
Geburtshülfe und Gynäkologie. 437
oder kindlichen Geweben ihre Herkunft verdanken und wie der Zu-
sammenhang zu erklären ist. Aus deA zahlreichen Veröffentlichungen
seien folgende hervorgehoben:
Zwei neue Fälle von malignem Chorionepitheliom theilt
Marchand (Zeitschr. f. Gynäkol. Bd. 39, H. 2) mit, der sich ja schon Chorio-
vielfach mit dieser Frage beschäftigt hat. Beide Patientinnen er- meciduoma
krankten typisch nach Blasenmole. Das erste Curettement hatte bei malignam),
der einen, die nachher inoperabel war, eine normale Schleimhaut Marchand,
ergeben. Die andere gelang es durch Totalexstirpation zu retten.
Histologisch wäre hervorzuheben, dass Marchand eine Trennung
der beiden die Geschwulst bildenden Gewebselemente nicht für ge-
rechtfertigt hält, da Uebergangsformen vorkommen. Da die Ge-
schwulst unzweifelhaft vom Chorionepithel ausgeht, so zieht er den
obigen Namen an Stelle des Syncytioms vor.
Veit (Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol. zu Berlin, 25. März) kommt Veit,
auf Grund eines neu beobachteten Falles von malignem Deciduom
zu der Auffassung, dass die ursprüngliche Erkrankung ein Sarkom
des Uterus ist. Durch Conception und Ansiedelung auf der er-
krankten Schleimhaut verändert sich das Sarkom in eigenthümlicher
Weise, aber auch das Ei. Es kommt zu Abortus, Blasenmole etc.
Eitheile können in die weiten Uterusvenen und in andere Organe
verschleppt werden und Wachsthumsvorgänge zeigen (Metastasen?).
Runge hält dem gegenüber am fötalen Ursprünge des „Deci- Runge,
duoms" fest,
Pfannenstiel (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 23) hält das Syn- Pfiinnenstiel,
cytiom für eine in der Schwangerschaft entstandene Neubildung,
deren Ursprung das Endothel mütterlicher Capillaren ist.
Die ersten Stadien der Eiansiedelung beim Kaninchen, welche Koss- Kossmann,
mann (Studien zur normalen und pathologischen Anatomie der Flacenta.
14 Heliogravüren nach der Natur. Arch. f. Gynäkol. Bd. 57, H. 1) studirte,
lassen deutlich die Umwandlung des üterusepithels in Syncytium erkennen.
Kossmann betrachtet die malignen Tumoren der Placentarstelle als Car-
cinome, die von dem in syncytialer Umwandlung begriffenen Uterusepithel
ausgehen.
Wenn L. Fränkel (Vergleichende Untersuchungen des Uterus- und L. Pränkel.
Chorionepithels. Arch. f. Gynäkol. Bd. 55, H. 2), der 11 Species auf diese
Frage hin untersuchte, anninunt, dass das , Syncytium" von ganz verschiedenen
Geweben gebildet werde und es für den Menschen unwahrscheinlich sei, dass
das äussere Epithel der Zotten von der Mutter kommt, so muss dem ent-
gegengehalten werden, dass viel zu späte Stadien untersucht worden sind.
Maaasgebend sind nur Präparate ' vor oder kurz nach der Eiansiedelung.
Die Entwickelung und Durchwachsung der Gewebe lässt über die Herkunft
438 Strassmann.
keine sicheren Schlüsse zu. Auch die ursprüngliche Doppelschicht des
Chorionüberzuges beim Menschen wird in den späteren Monaten immer
weniger kenntlich.
Sarkom des Uterus.
Pathologie V. Franqu6 (Münch. med. Wochenschr. Nr. 41) theilt mit, dass
des üterns- ^ ^Jqj. Würzburger Klinik in 10 Jahren 16 Uterussarkome zur
▼. Fnnqa^', Beobachtung kamen. Es ist 20mal so selten als das Carcinom. Nor
2mal ging die Geschwulst von der Schleimhaut aus, Imal von der
Wand, 1 war zweifelhaft. Wahrscheinlich waren 11 sarkomatös
degenerirte Fibromyome. 6mal war vor der Operation nur die
Diagnose ,^Myom^^ gestellt. Nur die beiden Patientinnen mit poly-
pösen Sarkomen blieben dauernd geheilt. Einmal fand sich neben-
bei noch ein Carcinom in der Cervix. Erwähnenswerth ist das Vor-
kommen von quergestreiften Muskelfasern in einem hydropischen
Sarkom des Corpus.
Uistogenese E. Gläser (Danzig) (Zur Histologie und Histogenese des
deBSarkoms.üterussarkoms. Arch. f. path. Anat., Phys. etc. Bd. 134, H. 2) führt
Glkser. . ^^ Entstehung eines von ihm operirten Uterussarkoms auf eine directe
Veränderung der üterusmuskelzellen zurück, während meist das Sarkom
von den Bindegewebselementen der Mucosa, Muscularis oder eines Myoms
ausgeht.
4. OTarinm.
Die Stellung der Keimdrüse zum weiblichen Organismus und die
Ausfallserscheinungen nach der Castration an einem grossen
Material Operirter zu prüfen, bietet immer noch eine zwar müh-
Wirkung der same, aber dankenswerthe Arbeit. Pf ist er (Arch. für Gynäkol.
Castration, g^ 5^ h. 3, S. 683—684), der die in den Jahren 1880—96 Ca-
strirten (Operateur Dr. Kuhn) zu seinen Untersuchungen studirte,
verfögt über 116 Patientinnen, die er aus einer Gesammtziffer
von 179 Operirten nachuntersuchen konnte. 7 waren während der
Nachbehandlung gestorben, 14 in späterer Zeit, 42 konnten nicht
nachuntersucht werden. Die Operationen waren wegen Erkrankung
der Adnexe, wegen Myomen, irreponibler Retroflexion vorgenommen
worden. Die Menstruation blieb in 94,8 "jo fort, bei den übrigen
5,2^/0 hatten Verwachsungen, besonders mit dem Darme eine voll-
ständige Abtragung der Adnexe unmöglich gemacht. Auch Leu-
korrhoe wurde in 80°/o günstig beeinflusst, in 64% verschwand
sie vollständig. Molimina menstrualia zeigten noch 30 7o. DerOe-
schlechtstrieb wird nach der Castration bei jugendlichen und
Geburtshülfe und Gynäkologie. 439
uuverheiratheten Individuen auffallend constant beeinträchtigt, da-
gegen bei solchen, die bereits im geschlechtlichen Verkehr standen,
ändert er sich nicht mit der Gesetzmässigkeit, sondern ist abhängig
von der individuell ausgebildeten Neigung und Gewöhnung (Libido
centralis). Dabei erwies sich die Clitoris 15mal bei verringertem
und 20mal bei erloschenem Orgasmus in normalen trophischen
Verhältnissen. Ueberhaupt sind Scheide und äussere Geni-
talien nicht so abhängig wie der Uterus von den Ovarien, was
sich auch im anatomischen Verhalten erkennen Hess. Die Mehrzahl
der Fälle nahm an Körpergewicht zu. Den Frauen, die nach der
Operation eine psychische Depression zeigten, stehen andere
gegenüber, die einen besseren Gemüt hszustand aufwiesen.
74 beobachtej^en eine Abnahme des Gedächtnisses. Mit den
therapeutischen Erfolgen ist Verf. mit Recht zufrieden. Abgesehen
von der geringen Mortalität haben 87 vollständige Heilung
angegeben, 13 eine befriedigende Abnahme der Beschwerden, 6 nur
geringe Besserung. Die letzteren waren fast alle Hysterische. Auch
eine Hysteroepilepsie wurde nicht geheilt. Die Resultate bei Tumoren
waren mit einer Ausnahme unter 33 gute.
Conservative 0 varialchirurgie.
Ch. Martin (Brit. med. Joum., 17. Sept.) tritt für eine weit- Erhaltung,
gehende ,.conservative Ovar ial Chirurgie" ein. Bei Pyosal- l^esection,
pinxoperationen mit oder ohne Exstirpation des Uterus, bei der ch. Martan.
Operation von Parovarialcysten .und Myomotomieen lassen sich die
Ovarien erhalten. Bei Fibromen, Dermoiden, Cystomen(?) soll die
Resection angestrebt werden. Bei chronischer oder cystischer Ent-
artung hat Martin die Ignipunctur 14mal angewendet.
Vergl. oben „Fibrome".
Ein Echinococcus des rechten Eierstocks wurde von B. S. Echino-
Schultze (Zeitschr. f. Gynäkol. Bd. 38, H. 3) durch theüweise coccus im
•»-• • . JSil c r 8 CO C Ky
Exstirpation und Einnähen des Sackes geheilt. Die Geschwulst ver- b. s. Schnitze
hielt sich zu Uterus und Tube wie ein Ovarialtumor.
S. Gottschalk, lieber den Einfluss des Wochenbettes Wachenbett
auf cystische Eierstocksgeschwülste (Sammlung klin. Vor- g^ß^h**)]!"
träge, N. F. Nr. 207). Die 40jährige Frau hatte 3 Monate vor der, "
Operation eine Zangenentbindung durchgemacht. Im Wochenbette
Fieber und peritonitische Anfsille. Operation wegen- Axendrehung.
Die Geschwulst war eine vereiterte Ovarialcyste, die mit dem Darm
440 Strassmann.
sehr ausgedehnt verwachsen war. In derselben Bacterium coli. Id
einem daneben gelegenen Abscesse Staphylococcus pyogenes albus.
Heilung.
Dermoide Kroemer (Arch. f. Gynäkol. Bd. 57, H. 2) untersuchte an einer
^^^ grösseren Serie von Tumoren die Histogenese der Dermoide
Teratome ,_,. . ii«tt-»/« «i
des Ovarium.^^^ Teratome des Eierstocks und bestätigt die Pfannenstiel-
Kroemer, gehe Ansicht, dass es sich um „ovulogene" Tumoren handelt, die
stets eine dreiblätterige Keimanlage zeigen.
5. Tnbe.
Tuben- Floeckinger (Galveston) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr, 34) hat wohl
sondirung, ^^m ersten Male den Beweis erbracht, dass die Tubensondirung
mit der gewöhnlichen Uterussonde möglich ist. Bei einer Pa-
tientin, die ein subseröses Myom hatte und abortirte, drang die
Sonde bei Ausräumung eines Abortes bis zum Griffe ein. Zunächst
dachte man an Perforation. Als aber die Laparotomie nach
einiger Zeit zur Entfernung des Tumors gemacht wurde, führte
Floeckinger vorher die Sonde vaginal ein bis zum Griff und wies
sie nachher in der Tube bei geöfinetem Bauche nach. Auch der
Durchgang durch den interstitiellen Theil der Tube in der Uterus-
wand liess sich beim Zurückziehen des Instrumentes beobachten.
Schwanger- Frank (Cöhi) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 17) hat bei Ent-
geh aft nach fej«jiimg der beiden Tuben Stückchen von Ovarialgewebe in den
^'''be?d"er* Tubenstumpf bezw. in die Uteruskante implantirt (3 Fälle). Alle
Tuben, 3 concipirten: eine trug aus, eine abortirte, die dritte wurde extra-
uterin schwanger.
Frank.
Entstehung Orthmann (Ges. f. Geburtsh. u. Gynäkol. in Berlin, 24. Juli)
derTubo- unterscheidet bei der Entstehung der Tuboovarialcysten zwei
^cy'ten Gruppen, je nachdem die Sactosalpinx oder die Ovarialcyste das
Orthmann. Primäre ist. Bei der ersteren Form kommt es wahrscheinlich eu
einer Druckatrophie der Wandung zwischen Tube und dem hydro-
pischen Eierstock, bei den anderen schlüpft vermuthlich die Tube
in eine Rupturstelle der Ovarialcyste und verwächst innen.
E. Falk (Ueber primäre epitheliale Neubildungen der Ei-
leiter [Eileiterkrebs]. Berl. klin. Wochenschr. Nr. 26 u. 26) theilt
die primären papillären Geschwülste der Tube ein in: 1. gutartige
Geburtshülfe und Gynäkologie. 441
Papillome auf entzündlicher Basis, 2. in die Tiefe dringende Car-
cinome und 3. papilläre Epitheliome, die sich anfange nur oberfläch-
lich anabreiten und denen es nicht anzusehen ist, ob sie gutartig
bleiben oder bösartig werden. Klinisch gehört diese letzte Gruppe,
zu der auch der berichtete Fall gerechnet wird, auf die gleiche Stufe
wie die Carcinomatösen.
Hofbauer (Arch. f Gyn&kol. Bd. 66, H. 2) beschreibt aus
der Schaut a'schen Klinik einen Fall von primärem , doppel-
seitigem Tubencarcinom mit gleichzeitigem Plattenepithelkrebs
der Cervix. Im Uterus ein kleines Myom.
Kossmann (Berlin) (Centralbl, f. Gynäkol. Nr. 14) hält nach
Thierverauchen die einfache Unterbindung der Tuben für nicht'
genügend, um Sterilität herbeizuführen. Zuverlässig sei die doppelte
Unterbindung und Durchtrennu'ng mit Paquehn. Bei der"
Vaginifixur hält er sie füi- nicht indicirt, da er keine Geburts-
störungen erlebt hat.
Neumann (Guben) (Centralbl f. Gynäkol. Nr. 24) hat statt - duroU
der Tubendiu-chschneidung die keilförmige Excision des inter- das''»!«"
stitiellen Tubenabschnittes zur Herbeiführung der Sterilität stitlelleu
ausgeführt. Laparotomie, Naht mit Catgut. Versenken der Tuben- T'ie'lBs,
Öffnungen unter das Peritoneum. Bei den bisherigen Verfahren war
die Möglichkeit intrauteriner oder extrauteriner Schwangerschaft
nicht ausgeschlossen,
Rühl (Eibach-Dillenburg) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 8) hat - duroli
zur Herbeiführung künstlicher Sterilität die Tuben durch vorderen '^^äie"
Scheidenschnitt vorgezogen, durchschnitten und das uterine Ende Scheide,
in die Scheide eingenäht (!?). Sollte eine solche Communication ^°*''-
zwischen Scheide, Tube und Peritonealhöhle nicht gefahrlich sein?
Rose (Hamburg) (Centralbl. f. Gynäkol. 'Sv.'lG) empfiehlt, um 7 du'oh
Frauen die Henstniation zu erhalten, wenn wich ■/.. B. beim Kaiser- Eicia'i'on*'
schnitt oder nach vaginaler Operation die Sterilisirung nothwcndig üose
erweist, die Tuben keilförmig zu excidiren und die abgeschnitteuen
Enden mit Peritoneum zu übemähen.
6. Allgemeines über Totalexstlrpatioa, Technik bei
UDd KbdomlDalem Torgehen etc.
Bumm (Zur Technik der Uterusexstirpai
f. Gynäkol. Nr. 11) empfiehlt bei der abdominalen
442 Strassmann.
Technik der Uterus die präventive Abklemmung der Ligamente. Der
Uterus- Uterus wird ausgeschnitten, und nun erst werden die collabirten Qe-
pation, &ssbündel mit feinen Catgutiaden unterbunden. Auch für inter-
Bnmm. ligamentäre Myome ist das Verfahren anwendbar, wenn die Knollen
enucleirt sind.
Präventive Fenomenow (Kasan) (Zur Technik der intraperitonealen Ope-
Unter- rationen am Uterus. Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 23) hat sich bei
bindnng der . ... .
Art. uterina, abdominalen Uterusexstirpationen einer neuen Methode der
Fenomenow. präventiven Unterbindung der Art. uterina bedient. Das
Lig. rotundum wird unterbunden und durchschnitten, dann wird ein
Lappen aus dem Peritoneum des Lig. latum nach vom abgeschoben
und die Arterie in der Tiefe gefühlt und unterbunden. Dieselbe
kann bis ziu* Klreuzung mit dem Ureter verfolgt werden. Jetzt erst
wird die Ovarica Ugirt und der Uterus amputirt. Zur Hochdrängung
der Beckenorgane verwendet auch Fenomenow den Kolpeurynter,
erlebte aber einmal bei einer Nullipara eine ßcheidenruptur, die Naht
erforderte.
Desinfection Den strömenden Wasserdampf benutzt Fenomenow ausser
mit Dampf, jj^j gonorrhoischer und putrider Endometritis als Desinficiens vor
Myomoperationen und der vaginalen Totalexstirpation.
Auch eine Bauchüstel hat er damit behandelt. Das Rohr wird mit
sterilem Filtrirpapier umwickelt und während der Vaporisation mit
kaltem Wasser gespült, um eine Verbrennung zu verhüten.
Klemm- Doyen und Tuffier (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 51) haben
zange, ^^^^ ^^^^ starke, breit fassende Klemmzange herstellen lassen.
Tuffler. ^* dieser werden bei der Totalexstirpation des Uterus und der
Anhänge die Ligamente platt gepresst und dann einfach durch-
schnitten. So ist es möglich, ohne liegenbleibende Klemmen und
Operation ^^^ö Ligatur die Operation auszuführen.
ohne
liegende Aus der Land aussehen Klinik berichtet Thumim kurz, dass
Q^g^ in 26 Fällen so mit günstigem Ausgange und ohne Nachblutung
Ligatur, operirt sei. Er selbst hat das Instrument noch handlicher gemacht.
Thumim.
scheiTen- ^' ^^^^^^®^ (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 38, H. l)
fisteln nach theilt ausfühi'lich 3 Fälle von Darm scheidenfisteln mit, die nach
Total- Klemmbehandlung bei vaginalerTotalexstirpationentstanden
^Vion^*^ sind. Im ersten Falle handelte es sich um ein Exsudat. Spontane
Schiller. Heilung am 6. Tage. Bei der zweiten um eine difinse Oarcinose.
Geburtshülfe und Gjmäkologie. 443
Bei der dritten um ein ausgebreitetes Portiocarcinom. Hier hatte
sich der Darm nur gegen die Klemme angelegt, ohne mitgefasst zu
sein. Es ist daher sorgfältig darauf zu achten, dass die Spitzen
durch Gaze gedeckt sind.
Ventrale Laparatomie.
F. H. Wiggin (New York) (Brit. med. Joum., 30. April) gibt Massnahmen
eine beherzigenswerthe Zusammenstellung der wichtigsten Maass-^^''^!^^"*^'^
nahmen vor und nach einer Laparotomie. Jede soll, wenn Laparo-
irgend möglich, einige Tage zuvor auf Temperatur, Puls, Respiration tomie,
und Urin untersucht werden und genügend lange mit Abführmitteln *^**"*
behandelt sein. Man operire einige Tage nach der Menstruation.
Immer muss die Vagina vor der Laparotomie desinficirt werden. 2 Stun-
den vor der Operation gebe man etwas peptonisirte Nahrung mit
einem Stimulans, um das Erbrechen nach der Narkose einzuschränken.
So wenig wie möglich Anästhesie, geleitet durch einen erfahrenen
Arzt. Warmhaltung der Patientin während der Operation, recht-
zeitige Infusion. Irrigation des Abdomens mit heisser Kochsalz-
lösung zum Stimuliren, zur Verhütung von Adhäsionen und septi-
scher Infection (?). Lagewechsel in den ersten Tagen und Gebrauch
eines Darmrohrs. B.echtzeitige Verabreichung von Nahrung. Nach
Lösung schwerer Verwachsungen Darreichung stimulirender Kly-
stiere. Bei Darmlähmung Magenausspülung und salinische Ab-
führmittel. Bei glattem Verlaufe nicht zu früh Abführmittel.
Neugebauer (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 5) empfiehlt zur Er- Ballon in
leichterung der Zugänglichkeit tief im Becken liegender Tumoren derScheide
für die Laparotomie die Einführung eines mit Wasser aufzublähenden drängen,
Ballons in die Scheide. Neugebauer.
R Wendeler (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 12) hat, Neugebauer's gaze?/d"ie
Vorschlag folgend, vor einer abdominalen Myomoperation die Scheide
Scheide mit Jodoformgaze tamponirt, um die inneren Organe ^^^ Hoch-
hochzudrtogen. Die Operation wurde dadurch sehr erleichtert. wenX'.'
Zur Schonung der die Muskeln versorgenden Nerven empfiehlt Einschnitt,
Woolsey (New York) (Annais of surgery, Januar, cit. nach Central- Wooisey,
blatt f. G^ynäkol. Nr. 22) den Schnitt nicht in die Mitte des Rectus,
sondern weiter nach innen ca. 1 cm vom Innenrande des Muskels
zu legen. Auch die Art. epigastrica wird so geschont. Die Linea
444 Sti*as8mann.
alba gibt leicht zu Hermen Veranlassung, ist aber bei eitrigen Pro-
cessen deswegen vorzuziehen, weil die Muskelscheide nicht er-
öffiiet wird.
Bauch- Lennander (Upsula) (cit. nach Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 4
schnitt, ^ 22) will den Bauchschnitt zwar durch die Rectusscheide legen,
den Muskelbauch aber zur Seite schieben. Ausser der Schonung des
Muskels hat das Verfahren den Vorzug, dass dieser dann vor den
Einschnitt gelagert wird.
Bauchnaht Ueber Bauchnaht und Bauchnarbenbrüche berichtet
und.Brüche.G. Abel (Leipzig) (Arch. f. Gynäkol. Bd. 56, H. 3). In der er-
schöpfenden Arbeit, die sich auf die Untersuchungen von 685 Frauen
= 97,5 °/o aller Laparotomirten stützt, hat der Verf. alle auf die Aus-
führung und Heilung der Bauchschnitte bezüglichen Fragen erörtert.
Es ergab sich, dass die Narbenfestigkeit in allererster Linie auf
sorgfältiger Wiedervereinigung der Bauchwunde beruht. Eine exacte
Fasciennaht ist dabei das Wichtigste. Diese kann, wenn der Schnitt
in die Linea alba fiel, ohne die Rectusscheide zu eröiftien, eine ein-
fache seih. Bei extramedianem Schnitte müssen zwei Fasciennähte
gelegt werden. Die Interposition von anderen Geweben ist zu
vermeiden. Bei per primam geheilten Narben ergab die Knopf-
naht 29 ®/o Brüche , die Muskelnaht 24 ®/o Brüche , die Fascien-
naht 8,9 ^/o Brüche. Bei Wundinfection ergab die Knopfnaht 68 •fo
Brüche, die Muskelnaht 64 °/o Brüche, die Fasciennaht 31 ®/o Brüche.
Neben der genauen Naht ist also die Erzielung der Prima intentio
durch die Asepsis das Wichtigste. Während der Operation ver^
dient der Schutz der Wunde durch Umsäumung des Peritoneuma
und bei eitrigen, jauchigen etc. Vorgängen durch Gazeservietten
mehr Beachtung. Abscesse sind frühzeitig breit zu eröffnen, um
die Schädigung der Fascie einzuschränken. Die Etagennaht ist
am meisten zu empfehlen. Die Narben festigkeit nimmt ab, je fetter
die Bauchwand ist. Dagegen ist die Constitution, der Ernährungs-
zustand, die Zahl der Geburten ohne Einfluss. Dünne Bauch-
decken neigen nicht zu Heraien. Auch die Grösse der Brüche ißt
von Wundnaht und -heilung abhängig. Nach beendeter Heilung
lässt sich keine Schädigung der Festigkeit durch irgenwelche andere
Einwirkungen (frühes Aufstehen, Tragen der Binde, Arbeit, Schwanger-
schaft) erkennen. Laparotomiebinden sind aber nicht entbehrlich.
Das Netz vor dem Schluss der Bauchwunde auszubreiten, empliehlt
sich, weil die Netzverwachsungen meist keine grösseren Beschwerden
machen. Kleinere Netzbrüche stehen auch sehr häufig im Wachs-
Geburtahülfe und Gynäkologie. 445
thuin still. Sehr genau werden die Bruchbeschwerden, die Opera-
tionen der Bräche, die Festigheit bei wiederholter Laparotomie, auf
Grund der Litteratur und eigener Erfahrungen abgehandelt. Um eine
exacte Schichtnaht anlegen zu können, empfiehlt es sich bei fester
Narbe die neue Incision neben der alten zu machen; stärker ver-
dünnte Narben sind zu excidiren.
Um die Gefahren des Heus und die Verwachsungen auch nach Prophylaxe
Ovariotomie und Adnex Operationen zu verringern, willKreutz- ^®^ Heus
mann (Amer. Joum. of Obstetr. Nr. 6) den Stiel nach Abpräpariren xjebernähen
des Bauchfells wie bei der Myomotomie retroperitoneal versenken, des Stieles,
Kreutzmaim.
Schanz (Deutsche med. Wochenschr., Therap. Beilage Nr. 10) Hoffa'sohe
rühmt die Vortheüe der Hoffa'schen Bauchbinde. Das Neue ^ u"^®'
daran ist ein Hüfbbügel, der vom Sitzbeinknorren beginnend in die
Höhe steigt und über den Darmbeinkamm zur Symphyse verläuft.
Der Stützpunkt ist dadurch ohne Schenkelriemen auf das Becken
verlegt.
Vaginale Laparotomie.
Aufdem Gebiete der vaginalen Laparotomie dürfte Düh rssen Kin-
(Die Einschränkung des Bauchschnittes etc. Berlin) wohl über die ^°**'*^''^**^
grösste Zahl von Operationen verfügen . Dührssen bevorzugt den Schnittes
Weg zwischen Blase und Uterus. Bezüglich Technik und Indicationen durch
und Grenzen der Methode sei auf das Original hingewiesen; im <* P Storni a
^ ö 7 anterior,
Rahmen eines Referates lassen sich die einzelnen Fragen nicht er- Dührssen.
ledigen.
Cleveland (Med. Record, 23. April) wägt die Vort heile Voriheiie
der Scheidenoperationen gegenüber der Laparotomie ^®'
vasinalen
ab. Die ersteren sind zu bevorzugen wegen des geringeren Shocks, gegenüber
der günstigeren Drainage, weil keine Hernie zu befürchten ist, Ver- der
wachsungen geringer sind und die Heilung rascher verläuft. Die ^®^*^*^®'^
Schwierigkeiten sind grössere und steigern sich bei Verwachsungen tomie,
und bei zu grossen Geschwülsten. Parovarialtumoren und kleine Ova- Cleveland
rialtumoren sind von unten , grosse und verwachsene von oben an-
zugreifen, ebenso Myome, die sich dem Nabel nähern. Dermoide
sollen stets wegen des nicht gleichgültigen Inhalts von der Scheide
angegriffen werden. Ebenso alle vereiterten Geschwülste, selbst
noch dann, wenn bereits die Laparotomie angefangen war. Nur in
446 Strassmann.
Ausnahmefällen ist die Laparotomie hier am Platze (hohe Durch*
bräche, Tuberculose). Carcinome, die von unten nicht operabel sind,
sollen auch vom Bauche aus nicht mehr operirt werden.
Ovariotomie, Nach einer geschichtlichen Einleitung geht A. Martin (Ueber
* " ' die Entwickelung der Ovariotomie im Verlauf der letzten
20 Jahre. Rede, gehalten am 23. Juli 1898 in der Festsitzung der
Brit. g3mecol. Society in London. Therap, Monatsh., Sept.) auf die
Verschiebung der Lidicationsstellung der Ovariotomie und die Ver-
änderung der Operationstechnik ein. Jetzt greift man kleine Ge*
schwülste an schon wegen der Möglichkeit maligner Entartung.
Entzündung und Vereiterung sind als Indication hinzugekonmien.
Das Gebiet der Entfernung gesunder Eierstöcke zur Unterdrückung
der Menstruation ist dagegen eingeschränkt worden. Ja es wird
sogar erstrebt, bei Tumoren Stücke gesunden Gewebes zu erhalten.
Bei der Besprechung der Technik hebt Martin besonders die Vor-
züge der vaginalen Ovariotomie hervor, die er 131mal ausgeführt
hat; er bevorzugt die Colpotomia anterior. Die Mortalität betrag
2 = l,6°/o. Er war nie genöthigt, zur Laparotomie überzugehen.
Löhlein. Ueber vaginale Bauch schnitt Operationen berichtet H. Löh-
lein in Heft 5 der von ihm herausgegebenen „Gynäkologischen
Tagesfragen" (Wiesbaden). Löhlein's Erfahrungen stützen sich
auf 42 vaginale Bauchschnitte. Er sieht in dieser Methode eine er-
freuliche Bereicherung der Therapie. Die Vortheile sind geringere
Infectionsgefahr, geringere Störungen nach der Operation im Orga-
nismus, leichte Entfernung von Ergüssen und die Möglichkeit, mit
dem peritonealen Eingriffe eine Reihe anderer Operationen an Uterus,
Scheide, Damm etc. zu verbinden. Die schwache Seite dieses Weges
ist, dass die Methode beschränkt wird durch Enge der Scheide,
Grösse der Tumoren, Hochlagerung und Fixation der Neubildungen,
durch die Erschwerung der Blutstillung. Aus der Casuistik heben
wir hervor, dass die grösste Geschwulst, ein mannskopfgrosses Cy-
stom, nach der Totalexstirpation des prolabirten Uterus vaginal ex-
stirpirt wurde. Zweimal musste der Leibschnitt nachträglich aus-
geführt werden, einmal wegen zu fester Verwachsimgen, das andere
Mal, weil osteomalacische Beckenenge das Vordringen hinderte.
Sehr interessant ist der Bericht über die vaginale Entfernung einer
das Becken ausfüllenden Cyste 6 Wochen vor der Entbindung:
Heilung, rechtzeitige Geburt. Bei tuberculösem Ascites hat Löh-
lein den hinteren Scheiden -Bauchhöhlenschnitt 5mal ausgeführt.
Hier übertrifft er die Laparotomie an Einfachheit, durch die gründ*
Geburtshülfe und Gyi^kologie. 447
liehe Entleerung und die leicht zu ermöglichende Drainage. Die
Heilungsresultate waren mindestens ebenso gut. Bei engen senilen
oder infantilen Genitalien ist der ventralen Laparotomie der Vorzug zu
geben. Endlich wurde zweimal die Explorativincision bei maligner
Erkrankung im Douglas'schen Räume angelegt.
A. Donald (Manchester) (Brit. med. Joum., 17. Sept.) em- indication
piiehlt nach einer Reihe von 59 Fällen die vaginale Operation. "' ^J^'^eren
^ .... ^^d hinteren
Die vordere Cöliotomie ist bei chronischen Entzündungen, Cysten Einschnitt,
im Ligament, Fibroiden und Explorativincisionen, die hintere bei Donald.
Pyosalpinx, Ovarialabscess , Extrauterinschwangerschaft und vagi-
naler Ovariotomie in Anwendung zu ziehen. Doch soU man nicht
einseitig nur vaginal vorgehen.
Zweifel (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 16) steht der zu weiten Einwände
Ausdehnung der Kolpotomie noch etwas skeptisch gegenüber, j^*®^®" **f
Z. B. ist die Sicherheit der Blutstillung noch viel wichtiger als die Zweifel.
Wahl des Operationsweges. Die Mortalität hat auch noch nicht
den günstigen Procentsatz erreicht wie bei der Laparotomie. Die
Exstirpatio uteri darf bei leichteren Erkrankungen, wie es z. B. bei
der Retrofiexiooperation sich ereignet hat, nicht in Frage kommen.
Für Verwachsungen der Tuben bevorzugt er den abdominalen
Weg. — Li der Discussion, die sich in der Leipziger Gesellschaft an
diesen Vortrag anschloss, stimmte Sänger den Ausfuhrungen zu,
hob aber den Werth der Kolpotomie für die Entfernung von Myo-
men hervor.
7. Entzandliche Adnexerkranknngen. Behandlung
der entzünd-
8 t ratz (Haag) (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 17) hat ein Halb- ]*/^®'*
A Q n 6 X*
rinnenspeculum aus Glas hergestellt, in dessen Stiel der Abfiuss erkran-
durch einen Kanal geleitet wird. Ein zweites Speculum ist aus kungenmit
h e i B 8 6 n
Celluloid verfertigt und dient für heisse Ausspülungen, bei ^^g.
denen die Vulva vor der Temperatur geschützt wird. Spülungen,
Stratz.
Auvard, lieber Scheidentamponade (Centralbl. f. Gynäkol. — mit
Nr. 12). Die Columnisation, eine von Amerika aus zuerst em- Coi^mni-
. . . sation,
pfohlene Methode , besteht darin , dass im Speculum Glycerin oder Auvard.
eine Glycerinmischung eingegossen und die Scheide mit Gaze oder
Watte ziemlich fest angefüllt wird. Nach 3 Tagen Herausnahme
und sofortige Erneuerung der Tamponade. Zur Behandlung eignen
448 Strassmann.
sich chronische Adnexerkrankungen, Betrodeviationen zur Vorbehand«
lung für das Pessar und perimetritische Zustande. Dauer 1 bis
3 Monate.
Die Behandlung der entzündlichen, namentlich der exsudativen
Behandlung Beckenerkrankungen will P in cu s (Zeitschr. f. öynäkol. Bd. 39,
der Adnex- g 1) durch die „Belastungslagerung" verbessern. Der Körper
kungenmit ruht auf schiefer Ebene (Erhöhung des Fussendes um 15 — 35 cm);
BelastungB- dadurch werden die Beckenorgane aus dem Becken elevirt und der
^Pincus^^* venöse und Ijnnphatische Rückfluss begünstigt. Bei chronischen £nt<
Zündungen soll das Planum permanent, bei acuten intermittirend
angewendet werden. Zur Compression dienen Binden, Schrotsack,
Heftpflaster etc., als Gegendruck von der Scheide ein Luf^^pessar,
Staffeltamponade, Kolpeurynter (?), Schrotsack (?). Bei Fieber und
Schmerzen soU die Compression intermittirend sein oder fortbleiben.
Peritonitische Reizungen sind eine Gontraindication.
Uterus- A. Neumann (Centralbl. f. Gynäkol. Nr. 17) hat den doppel-
katheter aU läufigen Uteruskatheter in der Weise als Dauerdrain bei einem
Neumann. * eröffiieten Beckenabscess verwendet, dass er die äussere Hülle liegen
Hess und dann Durchspülimgen täglich machte. Mit Jodoformgaze
wird der drainirende Theil in situ erhalten.
Die aus spontan perforirten vereiterten Beckenorganen
entstandenen Fisteln nach aussen, nach dem Rectum, der Blase,
Fisteln der Scheide und dem Uterus bespricht W. A. Freund (Beitr. z.
nach Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 1, H. 1). Anhangsweise theilt er mit,
eiterungen, "^® ^^ ^öi derartigen Fällen nach operativer Entfernung des Tn-
w. A. Freund, mors den Uterus zur Deckung der vernähten Perforationsöffnung
benutzt. Auch zur Deckung von Blasenfisteln hat er den Uterus
verwendet. Endlich wurde bei grossen Prolapsen und Hernien Uterus
und Lig. latum vor die Bruchpforte gelagert, um Schutz gegen
Recidive zu gewähren.
Dass die Anschauungen über die operajtive Behandlung der
Beckeneiterungen noch keineswegs übereinstimmende sind, be-
weist die auf dem Edinburger Meeting (Brit. med. Joum., 20. August)
operative abgehaltene Discussion« CuUingworth will die parametranen
Behandlung Eiterungen möglichst bald ohne Eröffnung der Bauchhöhle öffnen,
eiterungen, Bei den intraperitonealen ist die Bestimmung des Zeitpunktes der
('uiUngworth, Operation sehr schwer. Bei acuten Erscheinungen soll möglichst
ein Eingriff vermieden werden. Schwellungen im Douglas von
Gebnrtshölfe und Gynäkologie.
449
kugelförmiger Gestalt sprechen für Eiter und sind zu eröffnen. Bei
Recidiven von Beckenentzündung ist an Tul>en- und Ovarialdegene-
ration zu denken und zu operiren, ebenso bei Wachst hum von
Adnextumoren entzündlicher Art.
Doyen macht bei extraperitonealen Eiterungen eine seitliche Doyen,
Kolpotomie, stösst eine Komzange in den Eiterheerd und drainirt.
Intraperitoneale Abscesse eröffnet er ebenfalls vaginal; nur wenn
sie den Beckeneingang überragen , fuhrt er die Laparotomie aus.
1892 hat er die erste totale abdominale Castration bei Beckenabscess
gemacht. Doch genügten ihm oft Incision und Drainage.
Auch Jacobs (Brüssel) bevorzugt bald den vaginalen, bald den Jacobs.
abdominalen Weg. Bei Pyosalpinx, Fisteln, periut erinen Eiterungen
wählt er die vaginale Operation und hat so 432mal mit 8 Todes-
fallen operirt.
Th. Landau hatte unter 58 vaginalen Cöliotomieen nur 20®/o rh. Land*
Dauerheilungen (kein Todesfall). Daher zieht er für entzündliche
Processe die Radicaloperation vor.
Sänger bevorzugt die Laparotomie, welche er bei schweren Sänger,
Beckeneitenmgen 67 mal ohne Todesfall vollzog und bei der 9mal
ein Eierstock erhalten werden konnte.
Fehling macht bei doppelseitiger Erkrankung die vaginale Fehling,
Radical-, bei einseitiger die abdominale Operation. Martin dagegen Martin,
erscheint die Erhaltung des Uterus wichtig, er drainirt nie.
Truzzi (Monatsschr. f. Geb. u. Gynäkol. Bd. 7, H. 1) hat bei Truzzi.
schweren chronisch eitrigen Entzündungen der Adnexe 7mal in
der Weise operirt, dass er erst abdominal, mit möglichster Schonung
der Eiterheerde die Adhäsionen löste, die Ligamenta infundi-
bulo-pelvica unterband und den Douglas mit Gaze tamponirte. Dann
werden vaginal die Organe exstirpirt und der Tampon zur Scheide
hinausgeleitet.
8. Gonorrhoe.
Die Untersuchungen von P. Broese und H. Schiller (Zur
Diagnose der weiblichen Gonorrhoe. Berl. klin. Wochen-
schrift Nr. 26 u. 28) beziehen sich auf 27.1 Fälle „klinischer Gonor-
rhoe", und zwar 36 acute und 235 chronische. Sie sind in der
Absicht ausgeführt, festzustellen, was die Untersuchung auf Gono-
kokken beim Weibe leistet. Nach Pick und J a c o b s o n 'scher
Methode (Carbolfuchsin und Methylenblau) wurden ca. 1500 Prä-
parate durchmustert. Bei 36 Fällen acuter GonoiThoe wurden
Jahrbuch der practischen Medicin. 1S99. 29
450 StrassmaniL
Diagnose immer Gonokokken gefunden, aber zur Diagnose ist in der
•M*'ii B-ögcl dieser Nachweis nicht nöthig; denn das Hauptsymptom , die
Oonorrhoe, Urethritis, ist fast immer gonorrhoisch. Die seltene nicht gonor-
^''^^ '*• rhoische, eitrige Urethritis wird immer durch den schnellen Ablaaf
erkannt. Besonders ermöglicht die Combination der acuten Er-
krankungen verschiedener Abschnitte des weiblichen Sexualorganf^
die Diagnose Gonorrhoe. Schwierigkeiten in der Diagnose können
jene seltenen Fälle machen, in denen allein die Gervix ohne die
Urethra erkrankt, und hier kann ein mikroskopischer NachM^eis aller-
dings allein die Diagnose sichern. Die These Neisser's, dass in
allen Fällen chronischer weiblicher Gonorrhoe nur der Gonokokken-
nachweis zur Diagnose fuhrt, würde eine grosse Reihe von Fällen
unerkannt lassen. Vielmehr basirt die Diagnose auf der gleichzeitigen
Erkrankung verschiedener Abschnitte. Das sicherste Zeichen ist die
chronische Urethritis, unsicher sind die übrigen Affectionen des
Scheideneinganges und der Scheide : sie werden aber pathognomisch
für chronische Gonorrhoe, sobald sie mit Erkrankungen des Uterus
und der Adnexe combinirt sind. Schwierig, oft unmöglich ist es, zu
entscheiden, ob ein einfacher chronischer Uteruskatarrh auf Gonor-
rhoe beruht oder nicht. Die Verbindung mit entzündlicher Adnex-
erkrankung spricht in der Kegel für Gonorrhoe. Die Zahlen nber
die Vertheilung der einzelnen Erkrankungen und den Ausfall der
Präparate müssen im Original nachgelesen werden. So sicher der
positive Befund von Gonokokken für Gonorrhoe spricht, so wenig
spricht der negative dagegen. Man ist daher gezwungen, um nicht
in schwere Irrthümer zu verfallen, sich vor allem auf die klinischen
Symptome bei der Diagnose der weiblichen Gonorrhoe zu ver-
lassen.
Diiatations- F. Lehmann (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 1) behandelt
specuUbei ^iß chronische Cervicalgonorrhoe durch Erweiterung
chronischer i p . -rv.t -»>>
Gervical- ^^^^ metallenen, röhrenförmigen Dilatatoren. Die in der
gonorrhoe, Röhre sichtbare Cervicalschleimhaut wird nun mit dem Playfair-
schen Stabe geätzt. Einmal wöchentlich wird die Behandlung vor-
genommen. Der Schleim wird durch vorherige Sodaspülung fort-
geschwemmt.
Protargol,
Neisser, Das von Neisser zur Behandlung der Gonorrhoe empfoh*
^ L F^t* ^®^® Protargol (Verbindung von Silber mit einem Proteinstoff)
o. Behrenk, hat eine lebhafte Debatte entfesselt, aus der hervorgeht, dass jeden-
Dreyer. falls der Werth kein absolut zuverlässiger ist. Zu Gunsten des
Qeburtfihülfe und Gynäkologie. 451
Protargols sprechen sich Neisser (Dermat. Centralbl. H. 1 u. Berl.
klin. Wochenschr. Nr. 10), E. R. Frank (Berl. klin. Wochenschr.)
und L. Fürst (Therap. Monatsh., April) aus, während G. Behrend
(Berl. klin. Wochenschr. Nr. 14) und Dreyer (Monatsber. etc. auf
d. Gebiete der Harn- u. Sextialkrankh.) sich dagegen wenden.
9« Tnbercnlose der Genitalien.
Sechs Fälle von Uterustuberculose, die innerhalb 10 Mo-
naten zur Beobachtung kamen, berichtet Vassmer (Arch. f. Gyn. üterus-
Bd. 7, H. 2) aus der Göttinger Klinik; 4 wurden durch die Aus- *'*VM8mer''
schabung diagnosticirt. Vassmer schildert die verschiedenen
Formen. Es kann jede Vergrösserung des Uterus fehlen. Cha-
rakteristisch ist fiir viele Fälle die Amenorrhoe. Einmal ging nach
der Ausschabung die Erkrankung in ein chronisches Stadium über;
bei relativem Wohlbefinden fanden sich in der Uterusschleimhaut
doch noch Tuberkelbacillen. Mehrfach waren die Anhänge auch
tuberculös erkrankt.
Eine primäre Uterustuberculose wurde nach Hofbauer Holbauer.
(Arch. f. Gynäkol. Bd. 56, H. 2) in der Seh au tauschen Klinik bei
einer ELlimakterischen durch Totalex stirpation geheilt.
J. Vitrac, Tuberculose v^g6tante du col uterin simulant Tuberculöse
le Cancer (Arch. de MM. exp^riment. etc., März). Die Patientin war / ®8eta-
.... . tionen der
ein junges Mädchen, das als Tjähriges Kind eine traumatische Cervix,
Scheidenverletzung erlitten hatte. Seit dem 12. Jahre Blasen- Vitrac
besch werden. Seltene Menstruation. Phthisis pulmonum. Die Er-
krankung an der Portio wurde durch Probeexcision als tuberculös
diagnosticirt. Der Uterus wurde mitsammt einer Ovarialcyste va-
ginal exstirpirt. Locale Heilung. Die ein Carcinom vortäuschende
Cervixtuberculose bildet nicht ulcerirte, nicht indurirte
Vegetationen. Die Entwickelung geht langsam unter Schmerzen
und Ausfluss vor sich. Die Tuberkeln sitzen submucös. Bacillen
sind spärlich. Neigung zu Verkäsung ist gering.
Ueber die Tuberculose der Tuben und des Bauch- Tuberculose
felis hat Alterthum (Beitr. f. Geburtsh. u. Gynäkol. Bd. 1, H. 1) ^^^^J^^^/""
eine ausführliche Arbeit angefertigt. Es gibt ascendirende und de- Bauchfells,
scendirende Formen. Die Tuberkeln sind häufig von der Vagina Alterthum.
aus an den Tuben (Isthmus) und im Douglas zu tasten. Durch
Verwachsungen bilden sich grosse Scheingeschwülste. Die Knötchen
der Peritonitis nodosa erklärt Alterthum für geheilte Tuberkeln.
452 StraBsmaim.
Frische Fälle können znerst diätetisch, ältere sollen operativ und
zwar durch Laparotomie behandelt werden. Schwere Tuberculose
anderer Organe ist eine CoDtraindication. Der Uterus soll bei Ope-
rationen mit entfernt werden. Eiterheerde sind von der Scheide,
den Bauchdecken, dem Ca\'nm ischio-rectale aus zu incidiren und
zu drainiren.
Tabereulose K. Frank und E. G. Orthmann, Ein Fall von Tuber-
der Eileiter culose der Eileiter und Eierstöcke (Berl. klin. Wochenschr.
und
Eierstöcke ^^* ^)* ^^^ Genitaltuberculose war wahrscheinlich vom Peritoneum
^rank u. fortgeleitet. Die Patientin erlag ungefähr ein Vierteljahr nach
Eicstirpation der Anhänge dieser Erkrankung. Die Eierstöcke sind
dii'ect von den Tuben inficirt worden. Die Erkrankung trat hier
in miliarer Form auf, die makroskopisch nicht erkennbar ist. Ein
Corpus luteum war allem Anschein nach von der Tubenschleimhaut
inficirt worden. Es fanden sich gerade hier massenhaft Bacillen.
Von dieser Impfstelle aus verbreitete sich die Tuberculose in das
Ovarialgewebe hinein.
Lehrbücher und Monographieen.
I. Geburtshülfe.
Orthmann.
«"-
F. Ahlfeld, Lehrbuch der Geburtshülfe zur wissenschaftlichen und pra
tischen Ausbildung für Aerzte und Studirende. 2. völlig umgearbeitete
Auflage. Mit 338 Abbild, u. 16 Curventafeln im Text. Leipzig.
Bertog, Brenneke und Dietrich, Beiträge zu einer Reform der gr-
burtshülf liehen Ordnung im preussLschen Staate. Berlin.
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Dohrn, Die Behandlung des Nachgeburt-szeitraumes für den Gebrauch de>
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stocksgeschwülste. Sammlung klin. Vortr., N. F. Nr. 207. Leipzig.
Johannes Grosse, Ignaz Philipp Semmelweis, der Entdecker der Ur-
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Otto V. Herff, Zeit- und Streitfragen über die ärztliche Ausbildung, in»-
besondere über den geburtshÜlflich-gynÄkologischen Unterricht. Wies-
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klinische und gerichtsärztliche Bedeutimg. I. Geschichtlicher Theil.
Mit 9 Abbildungen im Texte. Wien und Leipzig.
DerH(;lbi', Wochenbettstatistik. Eine klinische Studie. Berlin.
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V.
Augenheilkimde.
Von Professor Dr. ۥ Uorstmann in Berlin.
1. Anatomie nnd Physiologrie.
G runer t (Der Dilatator pupillae des Menschen, ein Beitrag zur Ana- Dilatator
tomie und Physiologie der Irismusculatur. Arch. f. Augenheilk. Bd. 36, pupillae,
S. 319) hat in einer gediegenen Untersuchung versucht, den langjährigen
Streit über das Vorhandensein eines Erweiterers der Pupille zu ent-
scheiden. Er konnte als überzeugend feststellen, dass die menschliche Iris
zwischen dem Stroma und dem hinteren Epithel eine Schicht glatter Muskel-
fasern besitzt, welche nach ihrer anatomischen Anordnung imd ihrem Ver-
halten bei wechselnder Pupillenweite als Dilatator pupillae angesehen
werden muss. Der Muskel nimmt seinen Ursprung; im Bindegewebe des
Ciliarkörpers und inserirt sich am Pupillarrande. Die Henle'sche Membran
und die Spindelzellenepithelschicht von Grünhagen sind mit diesem
Muskel gleichbedeutend. Die sog. hintere Grenzmembran Grünhage n's
und anderer ist eine Gontractionserscheinung des Dilatators.
Aus der Arbeit vonTerrien (Recherches sur la structure de lar^tinePars ciliaris
ciliaire et Torigine des fibres de la Zonula de Zinn. Arch. d'Ophtalm. retinae,
Bd. 18, Nr. 9), welcher an der Hand mehrerer Abbildungen den Bau der zinnii
Pars ciliaris retinae, sowie den Ursprung der Zonulafasern er- Terrien!
örtert, sei folgendes hervorgehoben : Der Ciliartheil der Retina besteht aus
nur zwei Zellenschichten und den Stützfasem. Die äussere Schicht bilden
die Pigmentzellen der Retina, welche auf der sich über die Ora serrata
hinaus fortsetzenden Lamina vitrea der Chorioidea liegen. Die andere ist
die Schicht der hellen Zellen, welche die Fortsetzung der inneren Körner-
schicht bilden. Diese hellen Zellen sind auf dem flachen Theil der Pars
ciliaris retinae sehr hoch und cylindrisch und an den Ciliarfortsätzen mehr
cubisch. Die Stützfasem, welche aussen auf der Glasmembran der Chorio-
idea haften, durchdringen die beiden Zellenschichten und endigen innen zu
456
Horstmann.
Zonula
Zinnii,
Temen.
Pars ciliaris einem Theil mit breiter Basis; zum anderen Theil aber treten sie zwischen
retinae, Jen einzelnen Zellen der Vertiefungen und Falten der Ciliarfortsätze her-
vor als feinste Fasern, welche sich zu kleinen Bündeln vereinigen,
welche in die Zonulafasern übergehen. Letztere bilden somit die
eigentliche Fortsetzung der Stützfasern. Die Zonulafasern, welche alle in
dem Ciliartheil der Retina und zwar etwas nach vorn von der Ora serrata
entspringen, gehen zum grössten Theile zur Linse, einige gehen zur
Membrana hyaloidea, und andere verbinden einzelne Stellen der Ciliarfort-
sätze mit einander.
Sitz der
Macula
lutea,
Rollet u.
Jaqueau.
Die Meinungsverschiedenheiten der Autoren über den Sitz der Ma-
cula lutea relativ zur Papille (aussen unten, aussen oben, aussen)
haben Rollet und Jaqueau (Anatomie topographique de la macula. Annal.
d'Ocul. Bd. 119, S. 431) veranlasst, diese Frage näher ins Auge zu fassen.
Die anatomische Untersuchung von etwa 40 menschlichen Augen hat den
Verff. gezeigt, dass der gelbe Fleck immer etwas unterhalbderhorizon-
talen Ebene liegt, welche den Mittelpunkt der Sehnervenpapille enthält.
Dieses Verhalten wurde an frischen, in situ befindlichen Augen constatirt
nach sorgfältiger Wegnahme des vorderen Bulbusabschnittes. Die verticale
Distanz zwischen zwei horizontalen Linien, von denen die eine durch den
Mittelpunkt der Sehnervenpapille geht, während die andere die Fovea cen-
tralis enthält, beträgt 0,5 — 1,5 mm. Das Leichenauge zeigt 24 Stunden
nach dem Tode eine radiäre Faltung der Netzhaut, welche die Sehner\'en-
papille umgibt. Kine dieser Falten, länger als die übrigen, reicht bis zur
Macularegion und enthält den gelben Fleck, der am Leichenauge aus-
nahmslos schwarz oder dunkelbraun erscheint. Die Distanz zwischen der
Fovea centralis und dem Mittelpunkt der Sehnervenpapille beträgt 4 mm.
An kurzsichtigen Augen ist sie grösser.
Bahnen der
Pupillar-
reaction,
Bemheiraer.
\
Nach Untei-suchungen von Bernheimer (Exi^erimentelle Unter-
suchungen über die Bahnen der Pupillarreaction. Sitz.-Ber. d.
Kais. Akademie der Wissenschaften in Wien. Mathem.-naturw. Classe
Bd. 107, Abth. 3) am embryonalen Mensch engehim und nach Experimenten,
die an Aft'en gemacht wurden , stellt er folgende auch für den Menschen
gültige Sätze auf: Die Sehnervenfasem verlaufen im Chiasma theil weise
gekreuzt. Auch die , die Pupillarreaction vermittelnden Sehnervenfasem
(Pupillarfasern) verlaufen im Chiasma theilweise gekreuzt. Diese Fasermasse
ist gleichmässig vertheilt. Jedes Auge ist mit dem Sphincterkem derselben
Seite und dem der entgegengesetzten Seite durch Sehnervenfasem verbunden.
Die theilweise gekreuzten , Pupillarfasern* durchziehen mit den theilweise
gekreuzten Sehnervenfasern den ganzen Sehstiel und biegen erst in der
Gegend der Corpora geniculata gegen die Mittellinie ab, um die im vor-
deren Antheile der vorderen Vierhügel unter dem Aquaeductus gelegenen
Sphincterkerne zu erreichen. Ausser dieser Verbindimg jedes Auges mit
Augenheilkunde. 457
beiden Sphincterkemen durch die theilweise gekreuzten Fasern besteht noch
ein zweiter Zusammenhang der beiden Augen mit den Sphincterkemen
durch eine centrale Verbindung der beiden Kerne mit einander. Es ist
sehr wahrscheinlich, dass diese centrale Verbindung der beiden Sphincter-
kerne durch die Ganglienzellenfortsätze (Golgi*sche Präparate) der dicht
neben einander liegenden Sphincterkerne vermittelt werde.
Beruhe imer (Ein Beitrag zur Kenntniss der Beziehungen zwi- Pupillar-
schen dem Ganglion ciliare und der Pupillarreaction. v. Graefe's reaction
Arch. f. Ophthalm. Bd. 44, S. 526) gelang es mit der Nissl'schen Methode ^^^.
der primären Reizung durch Experimente am Affen: Zerstörung der Hom- ciliare
haut mit Schonung der Membrana Descemeti, nachzuweisen, dass im Ganglion Beraheimer.
ciliare Nervenfaserwurzeln sich befinden, welche nicht allein die Iris und den
Ciliarkörper, sondern sicherlich auch die Hornhaut versorgen — ein wich-
tiger Umstand, der mehr gegen die rein sympathische Natur des Ganglion
ciliare spräche. Man müsste denn annehmen, dass die im Ganglion vor-
gefundenen Degenerationen nach Zerstörung der Hornhaut auf die eventuell
vorhandenen spärlichen Gefässnerven zurückzuführen seien. Die in letzter
Zeit aufgestellte Behauptung, es könnte sich in gewissen Fällen von iso-
lirter Pupillenstarre um eine primäre Erkrankung des Ganglion ciliare,
gleichsam des primären peripheren Cent rums der Pupillarreaction handeln,
wird durch die beschriebenen Experimente hinfällig, da bei krankhafter
Zerstörung des Ganglion ciliare danach auch irgendwelche Veränderungen
in der Hornhaut auftreten müssten, was noch niemals beobachtet wurde.
Es ist vielfach versucht worden, eine an sonst emmetropischen Augen
auftretende Kurzsichtigkeit auf Erhöhung des Brechungsindex des Kammer-
wassers zu beziehen. Hess' (Bemerkungen zur Accommodationslehre. Accommo-
V. Graefe's Arch. f. Ophthalm. Bd. 46, S. 440) daraufhin angestellte Be- dation,
rechnungen und üeberlegungen führten ihn zu dem Ergebniss, dass Er-
höhung des Kammerwasserindex von dem normalen Werthe (1,3365) auf
1,377 in einem emmetropischen Auge nur eine Myopie von 1,7 D. hervor-
ruft und dass Erhöhung des Index auf den Werth 1,42 erst eine Myopie
von 5.3 D. zur Folge hat. Daraus ergibt sich die practisch vielleicht nicht
ganz unwichtige Folgerung, dass die vorübergehenden Myopieen wohl sicher
nicht oder nur zu einem verschwindend kleinen Theile auf Erhöhung des
Kammerwasserindex bezogen werden können. Denn zur Erzeugung einer
Myopie von 1,5 — 2,0 D. müsste der Kammerwasserindex dem Homhautindex
gleich, bezw. sogar höher als dieser werden, was in Wirklichkeit wohl
kaum vorkommt.
Hess und Heine (Experimentelle Untersuchungen über den Einfluss Hess u. Heiney^
der Accommodation auf den intraoculären Druck nebst Beiträgen ~,^
zur Kenntniss der Accommodation bei Säugethieren. v. Graefe's Arch. f.
Ophthalm. Bd. 46, S. 243) haben an verschiedenen Thieren (Hund, Katze,
Kaninchen, Affe) Versuche angestellt, indem sie theils durch Reizung vom
458 HoratmaxuL
Accommo- Ganglion ciliare aus, theils durch directe Reizung von der Sclera aus
TT . TT *• Ciliarmuskelcontractionen auslösten. Sie beobachteten dabei die Aecom-
Hess II. Heine.
modationsvorgänge und stellten in geeigneter Weise Messungen des intra-
oculären Druckes an. Danach konnte festgestellt werden, dass die Accom-
modationsfähigkeit bei Hunden, Katzen und Kaninchen im Vergleiche zu
jener beim Menschen nur rudimentär entwickelt ist. Sie entspricht auch
bei jungen Thieren im Durchschnitte nur einer Accommodationsbreite von
1,0 — 3,0 D. Die Accommodationsfähigkeit bei den untersuchten Affen ent-
sprach im Durchschnitt einer Breite von mindestens 10 — 12 D. Ebenso
gross etwa ist sie bei Tauben. Die mit nachweisbarer Refractionserhöhung
einhergehende Contraction des Ciliarmuskels hat weder bei Hunden und
Katzen, noch bei Affen und Vögeln irgend einen messbaren £influs8 auf
die Höhe des intraoculären Druckes. Der Einfluss des Sympathicus auf die
Accommodation Hess sich bei diesen Versuchen nicht nachweisen. Die
durch elektrische Reizung hervorgerufenen Aenderungen der Pupillenweite
hatten keinen Einfluss auf die Höhe des intraoculären Druckes. Im mensch-
lichen Auge hat auch maximale Contraction des Ciliarmuskels nicht den
geringsten nachweisbaren Einfluss auf die Circulation in den sichtbaren
Netzhautgefässen.
Der Contraction eines Muskels entspricht nach den Versuchen von
Coor- Topolanski (Das Verhalten der Augenmuskeln bei centraler
dinations- Reizung. Das Coordinationscentrum und die Bahnen für co-
Augen- ordinirte Bewegungen, v. Graefe*s Arch. f. Ophthalm. Bd. 46, S. 452)
m US kein, immer ein Aufgeben des Tonus der Antagonisten und Eintreten in einen
Topolanski. Lähmungszustand, beides in völlig gleicher Art. Die Vierhügel selbst sind
für die Auslösung von Augenbewegungen durch einen elektrischen Reiz be-
langlos; sie können ohne Schaden vollständig entfernt werden, und zwar
beiderseits. Auch die Thalami optici können beiderseits entfernt werden,
und zwar gleichgültig, ob gleichzeitig mit den Vierhügeln oder bei Be-
lassung derselben. Von den Vierhügelarmen kann deren oberer Theil weg-
genommen werden, ebenso wie die oberen Seitentheile der Corpora geni-
culata lateralia. Von keiner Stelle aus ist eine Reizung mit schwachen Strömen
zur Erzielung coordinirter Augenbewegungen möglich, ausser von dem
Opticus, und zwar von seiner Eintrittsstelle in den Bulbus an, von dem
Chiasma, vom Tractus, von der äussersten Thalamusgrenze, von den Corpora
geniculata lateralia, den tieferen Stellen der Vierhügelarme und von dem
Zusammenstosse dieser beiden Stellen in der Mitte und Tiefe. Wird diese
Bahn zerstört, dann hört die Möglichkeit einer Bewegungsleitung in ent-
sprechender Weise auf; wird das Centrum in der Tiefe zerstört, dann hört
überhaupt jede coordinirte Augenbewegung auf. Das Centrum liegt im
Niveau der Kerne des Oculomotorius unmittelbar vor ihnen.
Augenheilkunde.
459
2. Allgemeine Pathologie nnd Tlierapie.
Dalön (Experimentela undersökningaz öfer desinfectionen of opats Mikro-
bindehinna. Nord. med. Arkiv Bd. 7, H. 3 u. 4) bespricht erst ausführ- Organismen
Inder
lieh die früheren Arbeiten über Mikroorganismen in der Conjunctiva, conjunotiva
besonders in Beziehung auf den Vorzug antiseptischer oder aseptischer Dal6n,
Flüssigkeiten zur Ausspülung des Conjunctivalsackes. Er hat an 30 Indi-
viduen das eine Auge mit Sublimat (1 :5000), das andere mit Kochsalz-
lösung desinficirt. Eine Probe für Cultui-versuche wurde sowohl gleich vor
als nach der Desinfection vorgenommen, wie auch, nachdem die Augen
5 — 14 Stunden verbunden worden waren. Es zeigte sich, dass unmittelbar
nach der Desinfection keine oder äusserst wenige Mikroorganismen nach-
zuweisen waren; nach der Verbindung dagegen wurden zahlreiche Colonieen
gefunden, doch nahezu immer weniger als vor der Desinfection. Man
konnte keinen besonderen Unterschied zwischen Sublimat und Kochsalz
nachweisen; der kleine nachweisliche Unterschied ist zu Gunsten der Koch-
salzlösung ausgefallen. Es zeigte sich, dass die Bacterienmenge sich immer
unter dem Verband bedeutend vermehrte. Nach der Entfernung des Ver-
bandes wurde eine beständige Abnahme der Bacterienmenge constatirt, ohne
dass mtan eine bestimmte Zeit, bis die Menge dieselbe wie vor der Des-
infection war, angeben konnte. Durch Versuche mit antiseptischem (Sub-
limat-) und aseptischem Verband schien es in Beziehung auf die Augenlid-
mnder, dass der antiseptische Verband vielleicht einen Vorzug hatte.
Jodoformpulver in dem Conjuncfcivalsack unter dem Verband zeigte keine
Fähigkeit, die Bacterienentwickelung zu verhindern. Der Verf. hat zwölf
veriichiedene Bacterien nachgewiesen, am häufigsten einen Micrococcus, dem
Staphylococcus pyogenes albus ähnlich, und einen Bacillus, Weeks' keulen-
förmigen Bacillus.
Nach Uhthoff (Ueber die neueren Fortschritte der Bacteriologie ühthoft.
auf dem Gebiete der Conjunctivitis und Keratitis des Menschen.
Samml. zwangloser Abhandl. aus dem Gebiete der Augenheilk. , heraus-
gegeben von Vossius Bd. 2, H. 5) sind als Erreger von Conjunctivalaffectionen
beim Menschen folgende Mikroorganismen anzuerkennen: der Neiss er-
sehe Gonococcus, der Fränkel-Weichselbaum'sche Diplococcus (Pneumo-
coccus), der Koch-Weeks'sche Bacillus, der Streptococcus pyogenes, der
Klebs-Löffler'sche Diphtheriebacillus , der Diplococcus (Morax), die
Staphylokokken und die Diplokokken (Pseudogonokokken) acuter FoUicular-
katarrhe der Conjunctiva. Als vereinzelte Befunde sind noch anzuführen
der Micrococcus minutissimus (Bach) und ein Bacillus' (nach Gram Tärbbar),
ganz neuerdings bei epidemischer Conjunctivitis beschrieben von Groma-
kowski, femer einzelne Fälle von Conjunctivalinfection durch Bacterium
coli. Die Tuberkelbacillen , Leprabacillen , Bacillen des Rhinoskleroms,
Aktinomyces , Soor , Leptothrix buccalis , Streptothrix u. s. w. kommen, ob-
wohl bei Conjunctivalerkrankungen gefunden, als Erreger einer Conjunctivitis
460 Horstmann.
Mikro- im eigentlichen Sinne nicht in Betracht. Die Xerosebacillen haben keine
Organismen pathogene Bedeutung für die Aetiologie der Conjunctivitis. Die Frage nach
in der ^^,^ Erreger des Trachoms ist noch ungelöst, einstimmig aber besteht die
Uhthoff. Ansicht, dass die Erkrankung auf Grund bestimmter Mikroorganismen ent-
stehen müsse. Als Mikroorganismen, welche bisher als Erreger der Keratitis
beim Menschen gefunden wurden, sind zu nennen der Frank el-Weichse 1-
baum'sche Kapseldiplococcus, die Streptokokken, die Staphylokokken, der
Pfeiffer'sche Kapselbacillus, der Bacillus pyogenes foetidus, das Bacteriuni
coli, der Bacillus pyocyaneus, der Diplobacillus , der Ozaenabacillus , der
Aspergillus fumigatus, die Tuberkelbacillen und Leprabacillen.
Injection Picot (Recherches experimentales sur Tinoculation de micro-
\^^ organismes dans la chambre anterieure de Toeil du lapin. Arch,
Elter- d'Ophtalm. Bd. 18, S. 341) suchte durch Injection von Reinculturen der ver-
crrccern
in die schiedenen Eitererreger, sowie anderer das Auge gewöhnlich nicht heim-
vordere suchender Mikroorganismen in die vordere Kammer von Kaninchen die von dem
Kammer, Auge der Infection entgegengesetzten Widerstände, insbesondere die Wirkung
des bacterienfeindlichen Kammerwassers und die Phagocytose zu erforschen.
Beide spielen, wie aus den einzeln mitgetheilten Versuchen ersichtlich, eine
grössere Rolle, als bisher gewöhnlich angenommen wird. So bewirkt z. B.
das Kammerwasser einen raschen Zerfall der Milzbrandstäbchen. Das Auge
reagirt auf die verschiedenen Pilze in verschiedener, doch für die einzelnen
Arten charakteristischer Weise. Das dem einzelnen Pilz zukommende
Krankheitsbild wird wohl durch dessen Virulenz, sowie die Widerstands-
fähigkeit des Thieres, nicht aber durch die Menge der injicirten Keime be-
einflusst. Während einige durch Iridocyclitis und Panophthalmie das Auge
vernichten, bewirken andere zuweilen heilbare Veränderungen, wie der
Micrococcus tetragenus und der Aspergillus niger. Andere, wie der Strepto-
thrix (Eppinger), bewirken eine Pseudotuberculose der Iris, während der
Typhusbacillus keine besonderen Veränderungen erzeugt. Bei den meisten
Versuchen erfolgte Allgemeininfection, welcher die Thiere erlagen. In einem
Fälle entstand auf dem nicht geimpften Auge die gleiche Affection, und zwar
nicht durch die für die sympathische Uebertragung vermutheten Wege,
sondern durch Allgemeininfection.
Diagnostik Kibbe (The Utility of the X-Rays in detecting and wea-
.^^'^ ting metallic partieles in theeye. Arch. of Ophth. Bd. 24, S. 512)
strahlen ^^^ ^i^® Anzahl von Versuchen an Augen solcher Patienten gemacht,
bei Fremd- in deren Augen MetalLsplitter entweder sicher vorhanden waren oder
« • • •
Körpern im y^^^niuthet wurden, um festzustellen, was bei der Diagnose solcher
Ä u ir 6
Kibbe, Fälle X-Strahlen leisteten. Er kommt zu folgenden Sclilüssen:
Metallische Fremdkörper mit Ausnahme von Aluminium können mit
sein* seltenen Ausnahmen sicher festgestellt werden. Ihre Lage lässt
sich so genau feststellen , dass dadurch ein Weg zum operativen
Augenheilkunde.
461
Hansell,
Vorgehen gegeben ist. Der Erfolg hängt in hohem Maasse ab von
der Beschaffenheit des Apparates, von der Geschicklichkeit und Er-
fahrung des Operateurs und von dem Verhalten des Patienten. Man muss
ein zu langes Exponiren vermeiden, damit keine Dermatitis erfolgt.
Hansell (Die Röntgenstrahlen in der Augenchirurgie
Joum. Amer. Med. Assoc, 1. Jan.) wandte in 2 Fällen die X-Strahlen
bei Fremdkörpern im Auge an und konnte ihre Gegenwart imd Lage
hierdurch genau bestimmen. Er stellte die Bilder dadurch her, dass
er die Platte an der Schläfe befestigte und die Lampe unter einem
Winkel von 45** auf der entgegengesetzten Seite anbrachte.
Auch Stöckl (Fremdkörper im Bulbus, Localisation mit Röntgen-
strahlen. Wiener klin. Wochenschr. Nr. 7) gelang es in 2 Fällen, wo
Fremdkörper in der Sclera sassen, welche auf keine andere Methode
localisirt werden konnten, durch Röntgenstrahlen deren Lage festzu-
stellen, so dass sie entfernt werden konnten. — Weiteren Autoren, wie
Günsberg (Wjestnik ophth. Nr. 2), Weiss (Ophthalm. Klinik Nr. 5
und Zehender's klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Bd. 36, S. 350), Starr
(Ophth. Rev., Juli), de Schweinitz (ebenda) u. a. gelang es ver- de Schweiiütz
mittelst dieser Methode, Fremdkörper im Auge zu localisiren und zu
entfernen.
Stöckl,
Günsberg,
Weiss,
Starr,
Borthen (Ueber offene Wundbehandlung bei Staropera-
tionen. Zehender's klin. Monatsbl. Bd. 36, S. 280) beobachtete bei einer
84jährigen Frau, die im Delirium senile nach einer Cataractoperation
den Verband abgerissen hatte, eine vollständig gute Heilung. Darauf-
hin führte er 20 Staroperationen nach Hjort's Anweisung mit
offener Wundbehandlung mit dem günstigsten Erfolge aus.
Hjort (Zur offenen Wundbehandlung bei Augenoperationen.
Centralbl. f. pract. Augenheilk. Bd. 22, S. 296) spricht sich für die
0 f f e neWundbehandlung bei Augenoperationen aus. Die wenigen
Verluste, welche er dabei beobachtete, sind nicht auf dieselbe zu-
rückzuführen.
Offene
Wund-
behandlung,
Borthen,
Hjort,
Weiss (Ausführung der En ucleation unter Schleich- Schleich-
scher Infiltrationsanästhesie. Ophthalm. Klinik Nr. 12) enucleirte ,.,1^^!.^"'
^ , . . filtrations-
unter Schleich'scher Infiltrationsanästhesie 5 Augen. Eine völlige anäathesie
Aufhebung der Sensibilität wurde in allen Fällen nicht erzielt, wohl b^i
aber eine Herabsetzung. In 2 Fällen, wo Schmerz empfunden wurde, ^veiss
waren länger dauernde entzündliche Perioden der Enucleation vor-
ausgegangen. Daher empfiehlt sich die Schleich'solie Anästhesie
462
Horateuum.
Sab-
conjnncti-
vale
Snblimat-
injectioD,
De SykloBSi.
Holocain,
Würdmann,
Masselon,
Snegirew,
besonders bei firischen Verletzungen nnd intraoculären Tumoren,
solange die Geschwulst die äussere Haut noch nicht durchdrungen hat.
De Syklossi (Les injections sous - conjonctivales de
sublime dans le traitement de la conjonctivite blennorrha-
gique. Annal. d'OcuL Bd. 120, S. 1) gibt einen allgemeinen Ueberbliek
über die Frage der Wirkung der subconjunctivalen Sublimat-
injection und erörtert eingehend die Frage ihrer Wirkung bei Con-
junctivalblennorrhoe. Seine Versuche bei Erwachsenen erstrecken
sich auf 83 Augen (52 Kranke), die an bacteriologisch constatirter Con-
junctivitis gonorrhoica litten und welche im ganzen 158 Sublimat-
injectionen, also in den meisten Fällen zwei Injectionen, erhielten.
Die Sublimateinspritzung setzt der Homhautinfiltration und dem
Homhautgeschwür sichere Schranken ; zuweilen kann sie selbst eine
drohende Hornhautnekrose hintanhalten. Der Verf. hat, wie seine
sehr sorgfaltige und selbst detaiUirte Statistik zeigt, im ganzen
4 Hornhäute total verloren. Diese 4 Fälle gehören einer Reihe von
8 Fällen an, in denen die Augenblennorrhoe einen besonders heftigen
und bösartigen Charakter zeigte.
Würdmann (Bericht über Holocain als locales Anästheti-
cu m fiir die Augenpraxis. Ophth. Rev. 1 897, Nr. 10) hat das Holocain
in l*^/oiger Lösung bei allen Augen Operationen gebraucht, ohne
schlechte Resultate zu «"fahren. Die Vortheile desselben in dieser
Dose sind folgende: Es ist nicht giftig, aseptisch, vollkommen an-
ästhesirend und erweitert die Pupille nicht. Es ist auch bilUger als
Cocain.
Masselon (De Tholocaine ^ en ophtalmologie. Arch. d'Opht.
Bd. 17, S. 590) fand, dass das Holocain selbst in 4*/oiger Lösung
bei entzündlichen Augen eine vollständige Gefühllosigkeit nicht her-
vorrief und hierin dem Cocain nachzustehen schien. Dagegen fehlten
ihm die letzteren eigenthümlichen Wirkungen auf die Hornhaut,
Pupille, Accommodation und Tension. Seine Anwendung war aber
schmerzhafter als die des Cocains.
Snegirew (Ueber den Einfluss des Holocains auf die Diffusion
aus dem Conjunctivalsack in die vordere Kammer. Wjestnik Ophth,
Bd. 15, S. 260) stellte seine Untersuchungen an Kaninchenaugen
nach der colorimetrischen Methode von Beljarminow mit l%iger
Holocainlösung und nachheriger Einträufelung der Fluorescein-
lösung an und fand, dass die Holocainlösung die Diffusion bedeutend
begünstige. Der Diffusion scoefficient betrug 4—6,6. Sodann ver-
Augenhei&unde.
463
glich er den Einfluss auf die Di£Pusionsbeschleunigung (an beiden
Augen eines und desselben Thieres) der 1^/oigen Holocainlösung und
einer 2 — 4*^|'oigen Cocainlösung und fand die Wirkung des Holocains
l^/a — 2,4mal stärker als die des Cocains. Verf. würde daher den
üblichen Zusatz von Cocain zu den Lösungen der Alkaloide (Atro-
pin, Eserin und anderer) durch Holocain ersetzen, besonders bei er-
höhtem intraoculärem Druck.
Dal^n (Ueber das Holocain und dessen Einwirkung auf das
Hornhautepithel und die Heilung perforirender Hornhaut-
schnitte. Nord. med. Ark. Nr. 16) prüfte die Einwirkung von Holocain
auf die Hornhaut des Kaninchens und fand dabei, dass V« — V/oige Holo-
cainlösungen für das Hornhautepithel gar nicht indifferent sind, wie es von
einigen Autoren angegeben worden ist. Im Gegentheil ruft P/oiges Holo-
cain stärkere Epithelveränderungen hervor als A^/oigea Cocain. Die makro- und
mikroskopischen Veränderungen erweisen sich etwas verschieden, je nach-
dem Holocain oder Cocain verwendet wird. Das Holocain scheint für die
Epithelzellen das stärkere Zellengift zu sein. Im weiteren prüfte Verf.,
ob das Holocain die Heilung von perforirenden Homhautschnitten in ähn-
licher Weise störe, wie esMellinger in Betreff des Cocains angegeben
hat. Er konnte aber weder für das Holocain noch für das Cocain die von
Mellinger beschriebene Störung constatiren. Was die klinische Verwend-
barkeit des Holocains betrifft, so wirkt — nach des Verfassers Erfahrung —
dieses Mittel bei entzündeten Augen schneller und sicherer als das Cocain,
das letztere hat aber den Vortheil, dass es die Gefässe der Bindehaut und
Iris contrahirt, wodurch die Blutung bei einer Operation vermindert wird.
Dal4n.
Nach den Untersuchungen von Winselmann (Ueber E u-
phthalmin. Zehender's klin. Monatsbl. Bd. 36, S. 253) bewirkt das
Euphthahnin, in 5 — 10**/oiger Lösung in das Auge eingeträufelt, Pu-
pillenerweiterung, die weder schneller noch langsamer eintritt, als
bei den jetzt gebräuchlichen Mydriaticis. Dabei wird die Accommo-
dation in nur sehr geringem Maasse beeinflusst, und der intraoculäre
Druck nicht verändert. Vergiftungserscheinungen sind nicht zur
Beobachtung gekommen, ebenso an der Conjunctiva und Cornea.
Die Mydriasis verschwindet nach sehr kurzer Zeit.
Eaphtbal-
min,
Winselmann.
Kyle (Wässriger Extract der suprarenalen Kapsel in der
Augenpraxis. Ophthalm. Rev. Nr. 4) hat eine mehr als 1jährige Erfahrung
mit der localen Anwendung des wässrigen Extracts der suprarenalen Kapsel
in Augenkrankheiten und ist mit den Erfolgen ausserordentlich zufrieden.
Er findet ihn als Adstringens und Anästheticum , letzteres in Verbindung
mit Cocain von grossem Werthe. Er braucht eine 2 — 4%ige Lösung des
Extractes. Es zieht die Wände der Blutgefässe in der normalen und ent-
Extract der
enpra-
renalen
Kapsel,
Kyle.
464 Hontmann.
zündeten Conjunctiva zusammen. Er hat den Extract mit Vortheil in acuter und
chronischer Conjunctiritis , Trachom. PanOphthalmitis, Iritis, Thranensack-
entzündung und Keratitis gehraucht. Er hat niemals schlimme Wirkungen
von seiner Anwendung, selbst nach beträchtlicher Zeit, gesehen.
Hyoscin und Nach Emmert (Hyoscin [Scopolamin] und Hyoseyamin. Cen-
Scopolamin, tralbl. f. pract. Augenheilk. Bd. 22, S. 10) sind Hyoscin und Sco-
' polamin chemisch, physiologisch und klinisch identisch. In einer
Lösung 1 : 1000 ist dasselbe sowohl wegen der Beständigkeit seiner
Wirkung, als auch wegen anderer hervorragender Eigenschaften das
zur Zeit beste Mydriaticiun.
Meyer, Scopol amin und Atroscin sind, wie Meyer (Scopolamiu
und Atroscin. Zehender's klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Bd. 3C.
S. 19) berichtet, nahe verwandte Substanzen. Das Unterscheidende
liegt nur in ihrem verschiedenen Gehalt an Kr^^stallwasser und an
ihrem verschiedenen optischen Verhalten. Es verhält sich das
optisch active Hyoseyamin, das sog. Atroscin, zum activen Scopol-
amin ähnlich wie das optisch active Hyoseyamin zu dem optisch in-
activen Atropin. Unter denselben Bedingungen, unter denen chemisch
das Hyoseyamin in Atropin übergeht, geht das active Scopolamin
in das inactive Scopolamin oder Atroscin über. Einige Tropfen einer
0,4 "/o igen Lösung in das Auge geträufelt, veranlassen nach 7 Minuten
eine Erweiterung der Pupille, welche nach 25 Minuten ihr Maidmnm
erreicht und 6 — 8 Tage dauert. Das Scopolamin zeigt dasselbe Ver-
halten wie das Atroscin. Die Lähmung der Accommodation erfolgte
bei letzterem in 10 Minuten und war vollständig 30 — 35 Minuten
nach der Instillation. Toxische Wirkungen in Form von Schwindel.
Pulsbeschleunigung und Trockenheit im Halse kamen zuweilen nach
Atroscin vor. Bei pathologischen Fällen wurde eine intensivere
Wirkung des Atroscins gegenüber dem Scopolamin beobachtet. Auf-
fallend bleibt die Häufigkeit leichter toxischer Erscheinungen, sowie
das zuweilen vorkommende Versagen der Wirkung auf die Accom-
modation.
Fowler, Fowler (Scopolaminum hydrobromicum als Mydria-
ticum und Cycloplegicum. Amer. Journ. of Ophthalm. 1897.
Nr. 11) gebrauchte Scopolamin in mehr als GOO Fällen von Refrac-
tionsst()rung ohne irgend welche nachträglich schädliche Wirkung.
Er benutzte eine ^20*^/0 ige Lösung, welche alle 15 Minuten 1 Stunde
lang applicirt wurde. Er findet, dass die volle Lähmung 20 bi?«
80 Stunden anhält und in 70—100 Stunden wieder vorübergeht. Er
^It es in *|! 0 %igen Dosen für ein brauchbares Mydriaticum bei Iritis.
Augenheilkunde. 465
Panas (Sur les collyres huileux. Arch. d'Ophtalm. Bd. 18, Panas
S. 837) ersetzte, wie bereits von anderen Seiten empfohlen, die
wässrigen Lösungen von Atropin, E serin, Pilocarpin und
Cocain durch Auflösungen der Basen dieser Alkaloide
in Olivenöl, das zuvor auf 120** erhitzt, dann bis auf 60** und für
Eserin auf 45** abgekühlt wurde. Als Vortheile werden die leichtere
Verwendung dieser Mittel, sowie ihre Unzersetzlichkeit und Keim-
freiheit hervorgehoben. Selbst die offen stehengebliebenen Lösungen
erwiesen sich als steril und die in ihnen enthaltenen Mikroorganis-
men und Sporen waren nicht mehr pathogen. Bei der Cocainlösung
ist das Litactbleiben des Homhautepithels von besonderem Werth.
Wie die Basen dürften sich auch die Oleate und Stearate, besonders
die letzteren, wegen ihrer leichten Löslichkeit empfehlen, falls sie
ebenso wenig reizend wirken wie die erstgenannten.
Burnham (The hypodermic use of pilocarpine alone and as- Pilocarpin,
societed with others medicines in the treatment of certain eye affec- B^^"**™-
tions. Ophth. Rev. Bd. 16, S. 259) hatte bei rheumatischer und
specifischer Iritis gute Resultate mit hypodermalen Pilo-
carpineinspritzungen. Er gibt das Pilocarpin sehr lange Zeit,
bis zu mehreren Jahren, mit Intervallen von etwa 6 Wochen. Dosis
V« — V* g- Es wird Nachmittags gegeben, während Patient zu Bett
liegt, in Flanelldecken eingehüllt und gut zugedeckt. Nach 2 Stun-
den steht Patient auf und wird mit warmen Handtüchern abgerieben.
Verf. sah niemals ernstliche Störungen bei dieser Cur.
Suker (Thiosinamine. A clinical contribution. Ophthalm. Rev. Thio-
Bd. 7, S. 228) theilt seine Erfahrungen über Thiosinamin mit, ^'^H^l^'
ein Product des Senfsamenöls, welches kürzlich die Aufmerksamkeit
der Dermatologen erregt hat. Er hat es in 2 Fällen von Chorio-
iditis exsudativa, wie er glaubt, mit grossem Nutzen angewandt
und ebenso in Fällen von Hornhauttrübung. Seine diuretische Wir-
kung ist ganz ausgesprochen. Es muss in Kapseln gegeben und
die Dose allmählich von 1 — 3 g täglich vergrössert werden.
#
Hoor (Versuche mit Argentamin als ProphylakticumA rgentamin,
gegen die Ophthalmie der Neugeborenen. Ophthahn. Klinik ^^'
Nr. 3) wendet das Argentamin in 3 — 5**/oiger Lösung statt des Ar-
gentum nitricum sowohl zum Pinseln wie zu Instillationen an und
hebt als Vorzug hervor, dass es keine Reizerscheinungen mache,
keine Argyrose bewirke, auch bei iritischen und cyclitischen Com-
Jahrbach der practischen Medidn. 1899. 30
466 Qorstmann.
plicationen anwendbar sei, bei Homhautdefecten keine Incrustationen
hervorrufe und eine stark bactericide Wirkung besitze. Hingegen
sind die Erfahrungen mit dem Argentamin als Prophylakticum
nicht sehr günstige bis jetzt, wenigstens bei Anwendung einer befolgen
Lösung, da von 19 Fällen, in denen Gonokokken bei der Mutter im
Scheidensecrete geAmden wurden, in 9 Fällen Infection eintrat and
zwar 5mal schwerer Natur.
Protargol, Darier (Protargol, ein Specificum gegen Conjunc-
Darier, tivitis blennorrhoica. Ophth. Klinik Nr. 7) ist auf Grund conse-
quenter Versuche zur Ueberzeugung gekommen, dass Protargol
ein Specificum bei blennorrhoischer Conjunctivitis ist; es ist auch
wegen fast vollständigen Fehlens caustischer oder corrosiver Wir-
kung unschätzbar, im Gegensatz zum Argentum nitricum. Selbst
stärkste Dosen (&0°/oige Lösungen) sind ohne Furcht vor Compli-
cationen anzuwenden. Bei abklingendem Process ist eine 5^/oige
Lösung zu benutzen, welche auch bereits zwischen den einzelnen
Touchirungen mit Erfolg benutzt wird.
Pergens, Auch Pergens (Protargol bei Augenleiden. Zehender^s
klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Bd. 36, S. 129) behandelte eine Reihe
von Conjunctivalleiden mit einer 2 — 20^/oigen Protargollösung , bei
welchen allen ein günstiges Resultat erzielt wurde.
Wioherkiewicz, Nach den Erfahrungen Wicherkiewicz's (Meine Erfahrungen
über das Protargol. Ophth. Klinik Nr. 18) steht das Protargol
in B — 20®/oiger Lösung bei acuten granulösen und katarrhalischen
Bindehautentzündungen dem Höllenstein, ebenso dem Plumbum ace-
ticum nach. Bei Homhautgeschwüren , sofern diese unrein waren,
konnte man bei Einträufelung einer 5®/oigen Lösung Besserung beob-
achten, bei anderen Geschwüren hat es keinen Heilerfolg, dagegen
leistet es gute Dienste bei Thränensackeiterungen , ebenso bei der
Blennorrhoe der Neugeborenen und Erwachsenen.
Bossaiino. Nach ausgiebigen Versuchen mit Protargol kommt Bossa-
lino (II Protargolo in oftalmologia e suo valore terapeutico. Giom.
d. R. Accad. di Med. di Torino Nr. 3) zu folgenden Schlüssen: Es
ist nicht von nennenswerthem Vortheil gegenüber anderen Mitteln
bei Blepharitis, Blepharoconjunctivitis und Keratitis phlyctaenulosa.
Bei Katarrhen der Conjunctiva zeichnet es sich aus durch die
Schmerzlosigkeit der Anwendung gegenüber dem Argentum nitricum,
wogegen die Heilimg gegenüber letzterer Methode etwas längere
Zeit beansprucht. Ausgezeichnete Dienste leistete das Protargol bei
Augenheilkunde. 467
acuten und chronischen Dacryocystitiden , angewendet in Form von
Dnrchspülungen in '/«'^/oigen Lösungen.
Nach Eberson (lieber die Anwendung des Ichthyols bei Ichthyol,
Augenkrankheiten. Aerztl. Rundschau Nr. 20) ist das Ich- Emerson.
thyol ein sicheres Mittel zur Beseitigung des Trachoms, indem es
den Verlauf dieser Krankheit bedeutend abkürzt und eine glatte
Heilung herbeiföhrt. Diese Behandlung ist besonders bei Kindern
warm zu empfehlen. Das Ichthyol bringt Bindehautkatarrhe mit
sich und fuhrt ohne Complicationen seitens der Hornhaut in kürzester
Zeit zur Heilung. Es ist ein mächtiges Mittel zum Aufhellen von
Narbenbildungen der Cornea.
C o 1 e m a n (Antinosin bei Augenkrankheiten. Joum. of Amer. Antinosin,
med. Assoc, Jan.) fand, dass Antinosin in 1 — 2 *^/oiger Lösung ein Coleman.
gutes Ersatzmittel für Formalin bei katarrhalischer, palpebraler und
folliculärer Conjunctivitis sei. Es reizt nicht wie Formalin.
Wicherkiewicz (Xeroform in der Augenheilkunde. Wochen- Xeroform,
schrifb f. Therap. u. Hygiene des Auges Nr. 32 u. 49) wandte das Wicherkiewicz.
Xeroform als Pulver zu Zerstäubungen und als 5 — 10 *^/o ige Salbe
bei Lidekzem, folliculären und pustulösen Bindehautentzündungen,
auch als Antisepticum nach Operationen und Keratomalacie mit Er-
folg an. Bei Homhautgeschwüren wird das Mittel sehr gut ver-
tragen.
Szulislawski (lieber die Verwendbarkeit des Jod- und Jodo- Jod- und
formvasogens in der Au£^enheilkunde. Centralbl. f. pract. Augenh. ° oform-
o o r- & vasogene,
Bd. 22, S. 289 u. 333) empfiehlt die Anwendung des Jod- und szuiisiawski.
Jodoformvasogens, da beide Mittel von der unversehrten Haut
aus resorbirt werden. Das Jodoformvasogen gelangt leichter und in
grösseren Mengen durch die Haut zur Resorption, als das Jod-
vasogen. Obwohl auf diese Weise nur geringe Mengen von Jod in
den Organismus eingeführt werden können, erscheint die Anwen-
dung von Jod- und Jodoformvasogen im Hinblick darauf, dass sie
lange in demselben verweilen und sehr langsam ausgetrieben
werden, zu Einreibungen als theoretisch vollständig begründet,
und die bisherigen practischen Resultate rechtfertigen ihre Auf-
nahme in unseren Arzneischatz als Ersatz für die innere Darreichung
von Jod. Die bisherigen Versuche mit der localen Anwendung dieser
Mittel auf die Bindehaut ermuntern nicht zu weiteren Untersuchungen.
\
468
Horstmann.
Grosse
Jodgaben,
Pagenstecher.
Gelbe Queck
silbersalbe,
Pagenstecher.
Pagenstecher (Ueber die Anwendung von grossen Dosen
Jod in der Augenheilkunde. Zehender's klin. Monatsbl. f. Augenh.
Bd. 35, S. 401) bespricht die Anwendung von grossen Dosen Jod
(Kali oder Natrium abwechsehid) bei Orbitaltumoren gummöser Na-
tur und bei hartnäckigen FäUen von Episcleritis, jedoch hauptsach-
lich dann, wenn die Affection mit deutlicher Knotenbildung einher-
geht. Es wurden bis zu 25 g pro die 3 Wochen lang esslöflfelweise
nach den Mahlzeiten verabreicht und ganz vorzüglich vertragen.
Das gelbe Quecksilberoxyd der sog. Pagen steche raschen
Salbe muss nach Pagenstecher (Ueber die gelbe Quecksilber-
salbe. Zehender's klin. Monatsbl. f. Augenh. Bd. 86, S. 73) in der
Art bereitet werden, dass man eine Lösung von stark verdünntem
Quecksilberchlorid mit einer Lösung von Aetzkali fallt, mit der Vor-
sicht, dass man die Chloridlösung unter beständigem Umrühren zur
Kalilösung fügt und dass nach Beendigung der Fällung Kali im Ueber-
schuss vorhanden ist. Der Niederschlag wird mit rein destiUirtem
Wasser sofort und so lange unter Abschluss des Lichtes ausge-
waschen, bis die Ablaufflüssigkeit mittels salpetersaurem Silberoxyd
keine Spur von Chlor zu erkennen gibt, und hierauf bei sehr ge-
linder Wärme getrocknet. Das Quecksilberoxyd muss sehr fein ver-
rieben werden. Als Constituens wird am besten Vaselin verwandt.
Am meisten eignet sich eine 5 — 10**/oige Präcipitatsalbe.
Isometro-
pische
Gläser,
Fortunati,
Kriiss.
Fortunati (Le lenti isometropi. Boll. d. R. Accad. Med. di
Koma Bd. 22 , H. 4 u. 5) bespricht die sog. isometropischen
Linsen, welche das Haus Fischer in Paris liefert. Verf. maass
zunächst am Goniometer den Brechungsindex eines aus dem neaen
(Mantois'schen) Glase geschliffenen Prismas und fand denselben
1,576, während beim Krownglas derselbe nur 1,528 aufweist. Auf
Grund des gefundenen Brechungsindexes berechnete Verf. den
Krümmungsradius, den eine aus dem neuen Material verfertigte
Linse haben müsste, um denselben Brennpunkt zu erreichen, den
ein gewöhnliches Krownglas hat. Es ergaben sich natürlich Unter-
schiede zu Gunsten der neuen Linsen.
NachKrüss (Ueber die Eigenschaften der Isom et r open-
gläse r. Zehender's klin. Monatsbl. f. Augenheilk. Bd. 86, S. 147)
hingegen haben die Lsometropengläser keinen bemerkbaren Vortheil
vor anderen Brillengläsern.
Augenheilkunde. 469
8. Refraotions- nnd Aecommodatlonsanomalieen«
Fromaget und Bordier (Etudes sur Pacuite visuelle et Eunpli- Sehschärfe,
tude d'accommodation. Arch. d'Ophtalm. Bd. 17, S. 610) bestimmten Accommo-
bei mehr als 900 Lycealschülem in Bordeaux von 5 — 21 Jahren die breite,
Sehschärfe und bei 408 die Accommodationsbreite und ihre Fromaget u.
BeziehungenzurRefraction, wobei Fälle von schlechtem Sehen, ßo^er-
Astigmatismus und Myopie über 4,0 D. oder mit inneren Augen-
veränderungen ausgeschlossen blieben. Sie fanden, dass die Seh-
schärfe bis zum 14. Lebensjahre zu- und von da langsam abnimmt.
Die Accommodationsbreite wechselt in jeder Altersstufe mit der
Refraction, die bis zum Alter von 10 Jahren hypermetropisch war.
Wie eine Curve zeigt, haben die Hypermetropen die grösste Ac-
commodationsbreite, dann folgen die Emmetropen und Myopen. Das
gleiche Verhalten ergab die Untersuchung von 250 Studirenden.
Bei corrigirter Ametropie wird dagegen die Accommodationsbreite
gleich der der Emmotropen und bei den Myopen selbst noch grösser.
Die Accommodationsbreite steht nicht in einem bestimmten Ver-
hältniss zur Refraction und variirt z. B. bei ein und demselben
Grade von Myopie. Die Accommodationsbreite war erheblich grösser
bei den kurzsichtigen Studenten als bei den Lycealschülem, weil
erstere die Correctionsgläser fast beständig trugen, letztere aber
nicht. Bei den Hypermetropen hatte die Accommodationsbreite unter
den gleichen Umständen abgenommen. Diese Verschiedenheit beruht
auf der Uebung des Oiliarmuskels , dessen Leistungsfähigkeit mit
seiner Lianspruchnahme wächst. Dies wurde auch durch die Unter-
suchung von Soldaten im Alter von 21 — 25 Jahren bestätigt, welche,
sämmtlich der Landbevölkerung oder der Arbeiterclasse entstammend,
ihre Accommodation weniger geübt hatten und eine geringere Ac-
commodationsbreite als die Studenten aufwiesen. Die Accommo-
dationsbreite wechselt selbst bei gleicher Refraction bei den ver-
schiedenen Berufsarten und ist ausserdem auch von dem allgemeinen
Körperzustand abhängig.
Schreiber (Die Lidication der Myopieoperation. Magdeburg)
hat, durch seine Fälle operativ behandelter Myopie und durch
jene anderer belehrt, mit vollem Recht sich jenen angeschlossen,
welche die Lidicationen zur Myopieoperation bedeutend einschränken.
Die äusserste Myopiegrenze, bis zu welcher operativ vorgegangen
werden darf, muss unbedingt 16,0 D. bleiben. Sollte indessen der
470
Horstmann.
Myopie-
Operation,
Schreiber,
Haedike.
betreffende Myop mit dieser Kurzsichtigkeit noch arbeits&hig sein,
so ist keinesfalls die Operation vorzunehmen. Einäugige hochgradige
Myopen sind überhaupt nicht zu operiren, da die Operation dann
doch nicht absolut gefahrlos ist. Die jugendlichen Myopen bis
14 Jahre sind einfach zu discidiren. Bei älteren Myopen kommt
man damit gewöhnlich nicht aus, sondern wird die Linearextraction
nachschicken müssen. Für ältere (erwachsene) Myopen empfiehlt
Verf. die auch von anderen vorgeschlagene und ausgeführte Eztrac-
tion der durchsichtigen Linse.
Haedike (Beitrag zur operativen Behandlung hoch-
gradiger Kurzsichtigkeit. In.-Diss. Berlin) hat die an der
Schweigger^schen Klinik operirten Fälle von hochgradiger Kurz-
sichtigkeit, 50 an der Zahl, tabellarisch zusammengestellt und kritisch
verwerthet. Hervorgehoben muss werden, dass, da diese Patienten
immer nur auf einem Auge operirt wurden, der Werth dieses Ma-
terials inmierhin ein ungleich grösserer ist, als wenn es sich um eine
viel grössere Zahl doppelseitig operirter handelte. Verf. kommt auf
Ghnmd dieser längere Zeit beobachteten Fälle zur Ueberzeugung,
dass bei hochgradiger Myopie die krankhaften Veränderungen des
Augenhintergrundes ganz unabhängig von einer Extraction der Linse
in beiden Augen gleichmässig progressiv bleiben. Auch glaubt er.
dass die Entfernung der Linse aus hochgradig myopischen Augen
keinen Einfluss auf die Entwickelung einer Netzhautablösung nehme.
Erhöhte
Acoommo-
dation,
Reddingios.
Beddingius (Erhöhte Erregbarkeit der Accommodation.
V. Gräfe's Arch. f. Ophth. Bd. 46, S. 874) bespricht 8 Fälle von
sog. erhöhter Erregbarkeit der Accommodation mit den ent-
sprechenden Beschwerden musculärer Asthenopie, die er unter 800
poliklinischen Patienten beobachtet hat. Accommodation war auf
beiden Augen normal. Binoculäres Sehen. Augenbewegungen bei
den Lateralinnervationen normal. Convergenz normal, d. b. die
Distanz des Punctum proximum der Convergenz zur Grundlinie ist
nicht grösser als 5 cm. Beim Sehen in die Feme zeigen sie alle
Orthophorie oder geringe Exophorie, beim scharfen Nahesehen starke
Exophorie und asthenopische Beschwerden. In allen Fällen hat es
sich gezeigt, dass durch Verordnung von schwachen Concavglasem
die Beschwerden behoben werden. Verf. meint, dass es sich in
diesen Fällen um ein abnormes Verhältniss zwischen Convergenz und
Accommodation handelt, namentlich um ein Voranstreben der Accom-
modation, Durch Einträufelung von schwachen Dosen Eserin ist der
Zustand, den diese Krankheitsfälle boten, künstlich hervorzurufen.
Augenheilkunde.
.471
4. Anomalieen der Muskeln und Neryen.
De Wecker (La proportion des cas guerisables dans le stra- Behandlnng
bisme. Ann. d'Ocul. Bd. 119, S. 1) schlägt vor, in der Behand- ^?*
. . , . . ßtrabiemus,
lang des Schielens verschieden vorzugehen , j e nachdem Aussicht Wecker.
vorhanden ist, das Binoculärsehen wieder herzustellen, oder wenn
es sich allein darum handelt, einen kosmetischen Effect zu erzielen.
An der Hand einer 3002 FäUe von Strabismus umfassenden Statistik
sucht er festzustellen, welche Fälle die Wiederherstellung des Bin-
oculärsehens voraussehen lassen. In diese Classe reiht Wecker in
erster Linie den Strabismus altemans (15°/o) ein, in welchem die
Sehschärfe beider Augen gleich ist. Er fügt allerdings bei, dass
es sich mit dieser Behauptung mehr um ein Desideratum, als um
ein wirklich erreichtes Resultat handle. Das periodische Schielen
des Hypermetropen mit guter Sehschärfe beider Augen (11 ®/o) heilt
durch das Tragen der corrigirenden Gläser mit vollkommener Wieder-
herstellung des Binoculärsehens. Die Heilung kann auch spontan
eintreten. Wenn die Sehschärfe des schielenden Auges weniger als
'|4 beträgt, so kann nicht auf die Wiederherstellung des binoculären
Sehactes gezählt werden. Dasselbe ist der Fall beim periodischen
Schielen der kurzsichtigen, wo überdies die chirurgische Beseitigung
der Ablenkung nöthig und oft schwierig ist. Bei der häufigsten
Form des Schielens, dem permanenten einseitigen Strabismus, findet
die Wiederherstellung des Binoculärsehens nur in etwas mehr als
dem vierten Theil aller FäUe statt. Es ist also unnütz, diese Kranken
mit Sehübungen zu belästigen, wenn das schielende Auge eine be-
langreiche Herabsetzung der Sehschärfe aufweist.
Da der concomitirende Strabismus, wie Panas (Patho- Panas,
genie et traitement de strabisme fonctionnel dit concomitant.
Arch. d'Ophtalm. Bd. 18, S. 401) ausführt, eine functionelle Störung
der Convergenz, fast immer peripheren Ursprungs, darstellt, so muss
auch die operative Behandlung sich stets auf beide Augen er-
strecken. Panas empfiehlt dieselbe bereits im Alter von 7 bis
9 Jahren, sobald eine friedliche Behandlung erfolglos gewesen ist.
Er gibt der beiderseitigen Rücklagerung den Vorzug vor der Vor-
lagerung, welche er nur bei starkem Divergenzschielen mit der Rück-
lagerung verbindet, und fürchtet selbst bei geringen Schielgraden
von 10 — 15** eine Uebercorrection nicht. Panas operirt in Narkose
und dehnt den Muskel, bevor er ihn durchschneidet mit dem unter
die Sehne geführtea Schielhaken, indem er das Auge allmählich so
weit nach aussen rollt, dass der innere Homhautrand die äussere
472 Horstmann.
Behandlung Commissur leicht erreicht. Auf diese Dehnung, die er früher in
«X ??* der letzt als irriff erkannten Annahme einer Muskelcontractur machte,
Strabismus, , ^
Panas. legt er besonderes Gewicht. Unter 210 Fällen von Convergenz-
schielen war die Schielstellung 180mal sofort beseitigt, während in
SO anderen noch eine gewisse Convergenz bestand, in keinem aber
eine Divergenz aufbrat. Zum Schluss gibt Verf. einen kurzen lieber-
blick über die hauptsächlichsten im Laufe der Zeiten auf einander
gefolgten Anschauungen über die Entwickelung und die Behandlung
des Schielens.
Vignes. Vignes (Avancement musculaire r6p6te. Arch. d'Ophtalm.
Bd. 18, S. 888) empfiehlt zur Vermeidung aller mit der Rücklagerung
verbundenen Nachtheile nur allein die Vorlagerung zu machen,
welche bei einer Resection der Sehne von 3 — 4 mm, je nachdem
man wenig oder viel Tenon'sche Kapsel auf die Nadel nimmt,
Schielen von 10—15^ und 20—22 * beseitigt. Bei höheren Graden
ist es vortheilhafter, die Vorlagerung auf demselben Auge zu wieder-
holen, als den Effect auf beide Augen zu vertheilen. Mit zwei bis
drei denselben Muskel betreifenden Vorlagerungen hat Verf. Schielen
von 26 — 80° beseitigt. Die Nadeln sind, wenn auch der Muskel
weit rückwärts gefasst wird, dicht an den Wundrändem auszu-
stechen, und erst bei den späteren Operationen soll die Conjunctiva
und Tenon'sche Kapsel so weit zurück, als es die Ausdehnung der
Lidspalte erlaubt, gefasst werden. Die Aussicht auf Wiederher-
stellung des binoculären Sehens und eines normalen Blickfeldes ent-
schädigen nach des Verfassers Ansicht die lange Dauer der Be-
handlung. Krankengeschichten sind nicht mitgetheilt.
Zur Bestimmung der fehlerhaften Protection bei den
verschiedenen Beweglichkeitsstörungen der Augen bedient sich
Bestimmung Landolt (La d^termination de la „projection^^ ou „localisation" de
hl rhaften^'^®^' ^^^^' ^^'^P*^**^- ^^ ^Ö» ^- ^78) einer aufrecht stehenden
Projection, 'T&fBl niit einer senkrechten weissen Linie. Mit der Tafel durch ein
Landolt. Chamier verbunden ist eine Platte, deren eine Seite einen Ausschnitt
hat. Der Untersuchte steht vor der Tafel, mit dem Halse so in dem
Ausschnitt der aufgeklappten Platte, dass er den unteren Theil der
Tafel sowie seine Arme nicht sehen und die Bewegungen seiner
Hand, mit welcher er möglichst rasch die Fortsetzimg der vor ihm
beündüchen senkrechten Linie angeben muss, nicht verfolgen kann.
Dicht unter der Verbindung der Tafel mit der Platte findet sich
eine Scala , auf welcher sich die Untersuchimgsergebnisse markiren
lassen. Letztere, welche bei Muskelinsufficienz und concomitirendem
lind paralytiechem Schielen sehr interessant und zum Tiieü über-
raschend waren, will Verf. erst, wenn ihre Zahl grösser, mittbeilen.
S. ErkrknbiiKgen der Lider, des Thrinenapparatei, der Orblta
und SebenhShlen.
Fehr (Ein Fall von Liderschlaffung, sog. Blepharo- I
chalaais. Centralbl. f. pract. Augenheilk. Bd. 22, S. 74) berichtet
Aber ein Sljähriges junges Mädchen, bei dem sich nach recidivirenden
Oedemen an den Lidern die sog. Blepharo chalas ia , d. i. Lidhaut-
erschlaffiing, einstellte. Dnrch die Excision der Falten wurde Heilung
erzielt. Die mikroskopische Untersuchung der Haut ergab eine
Atrophie in allen Tbeilen der Haut mit Ausnahme der Blutge&sae,
die erweitert und strotzend mit rothen Blutkörperchen gefüUt waren.
Morax (Lupus des voies lacrymales. Ann. d'Ocul. Bd. 119, l
S. 349) lenkt die Aufmerksamkeit auf die Häufigkeit des Lupus
der Thränenwege. Diese Affection ebensowohl wie der Lupus
der Nasenschleimhaut wird meist nur dann erkannt, wenn die Oe-
sichtshaut an dem Processe theilnimmt. Verf. theilt eine Kranken-
geschichte mit, in welcher eine doppelte Dacryocystitis das einzige
Symptom eines Lupus der Nasenschleimhaut war, dessen Bestehen
durch die mikroskopische Untersuchung und durch Einimpfung des
Ueerschweinchens festgestellt wurde. Der Gesichtslupus nimmt
häufig seinen Anfang in der Gegend des Thränensackea. Gewisse
ThräneniiBteln haben denselben Ursprung, und die Diagnose kann
dnrch Tuberculininjection festgestellt werden.
Ausser durch falschen Weg beim Sondiren und durch directes
£rööhen des Orbitalraumes bei Thränensackoperationen kann
nach Buainelli (Flammare dell'orbita consecutive a fliiiiim<>)>!) ilel
sacco lagrimale. Clinica modema Nr. 2B) auch 8i">uUiu eine '
Phlegmone des Thränensacks eine Orbitalphlegmaiie bedingen.
Businelli findet in der Litteratur nur 6 Fälle dieser Ai-t angefiibrt,
zu denen ein Fall eigener Beobachtung kommt, in welchem dei* Zu-
sammenhang zwischen Thränensack und Orbita direct erwi<:.'^e» werden
konnte. Operative Heilung mit Sehnervenatrophie.
Bei einem 71jährigen Manne entwickelte sich, wi<: Bauby
(CompUcations orbitairea des empy^mes du sinus maxillniic, Arc.h.
d'Ophtalm. Bd. 17, S. 770) beobachtete, nach längerem Bcste*^
einer chronischen Entzündung der Oberkiefer ho hie
sich durch Schwellung des unteren Lides und der Waiit;cng(
474 Horstmann.
Phlegmone äusserlich kundgab, im Laufe von 2 Tagen eine Phlegmone der
nach Orbita. Dieselbe war, wie sich nach der Incision ergab, von einer
Empyem der Ostitis des Bodens der Orbita ausgegangen, welche wiederum eine
Oberkiefer- jpQigQ der Erkrankung der Kieferhöhle war. Nach gründlicher Aus-
Bauby. räumung der letzteren und Entfernung fungöser Wucherungen und
nekrotischer Knochenstücke nahm die Heilung einen guten Fortgang,
bis der Patient durch eine Bronchopneumonie weggerafft wurde.
Der Uebergang der Erkrankung von der Highmorshöhle auf die
Orbita bildete allein der Ejiochen ohne Betheiligung der Lymph-
gefässe oder Venen. — Im zweiten Falle trat bei einem 28jährigen
Arbeiter mit cariösen Zähnen des Oberkiefers, nachdem die Er-
scheinungen einer Höhlenerkrankung desselben eine Zeit lang be-
standen hatten, entzündlicher Exophthalmus Unks auf. Nach aus-
giebiger Freilegung des Krankheitsgebietes zeigte sich, dass der
Boden der Orbita, sowie die vordere, äussere und innere Ejiochen-
wand der Kieferhöhle grösstentheils nekrotisch waren und entfernt
werden mussten. Obwohl die Localerscheinungen sich sehr besserten,
ging der Kranke doch an einem Abscess im unteren Abschnitt des
Stimlappens zu Grunde, welcher von einer umschriebenen, nekro-
tischen Stelle des Orbitaldaches sich entwickelt hatte. Auch hier
keine Betheiligung der Venen. Bei der bacteriologischen Unter-
suchung des Abscesseiters fand sich der Friedländer'sche Pneumo-
coccus.
Trauma- Zimmermann (Traumatic enophthalmus. Arch. of Ophthabn.
tischer 2^ 26, S. 38) beobachtete 2 Fälle von traumatischem Enoph-
Enophthal- ' ^ , *^
mu8, thalmus ohne Lähmung des Sympathicus. Für solche Fälle nimmt
Zimmermann, man ^jg Ursache eine Lähmung des Sjrmpathicus an, indem die Gefasse
der Orbita und der Mülle rasche Muskel die Innervation verlieren.
Die Einträufelimg von Cocain in das zurückgesunkene Auge hatte
zur Folge, dass die Pupille sich erweiterte, eine vorher bestehende
Ptosis verschwand und die Lidspalte ebenso weit, wie die des anderen
Auges wurde. Hieraus ergibt sich, dass die Ptosis nur eine mecha-
nische Folge des Enophthalmus war und die Erregbarkeit des Hals-
abschnittes de8 83nnpathicus nicht gelitten hatte.
6. Erkrankungen der ConjnnctiTa, Cornea nnd Sclera.
Luudsgaard (Die Augenentzündung der Neugeborenen
in pathogenetischer und therapeutischer Hinsicht. Biblio-
thek for Oeger, Juli — Sept.) gibt eine sorgfältige kritische Dar-
stellung der wichtigsten bisher bekannten Thatsachen in Bezug aul*
Augenheilkunde. 475
Pathogenese und Therapie der Augenentzündung der Neugeborenen. Au«en-
Die Infection geschieht in der Regel nicht in den Geschlechtswegen, entzündung
sondern erst wenn das Kind die Augen zum ersten Mal öffnet, geborenen,
eventuell während der nachfolgenden Toilette desselben. Spätinfec- Lundsgaard.
tion ist nur in seltenen Fällen anzunehmen, und man hat kein Becht,
alle diejenigen Fälle, wo die Krankheit nach dem 5. Tage entsteht,
auf Spätinfection zurückzuführen. Die nicht gonorrhoischen Binde-
hautentzündungen der Neugeborenen, die bisweilen nur durch bac-
teriologische Untersuchung von der echten Blennorrhoe zu unter-
scheiden sind, beruhen wahrscheinlich nicht auf Infection mit (nicht
gonorrhoischem) Vaginalsecret. Zum Theil sind sie von denselben
Mikroorganismen hervorgerufen, die erwiesenermaassen bei Erwach-
senen Bindehautentzündung hervorrufen. Bei der Untersuchung von
8 Neugeborenen mit nicht gonorrhoischer Bindehautentzündung er-
hielt Verf. 8mal Reincultur von Staphylococcus pyogenes (sehr
schwach virulent) und 5mal Culturen von einem nicht virulenten
Bacillus (Xerose- resp. Pseudodiphtheriebacillen). Die etwaige ätio-
iogische Bedeutung dieser Mikroorganismen lässt er dahingestellt.
In prophylaktischer Hinsicht ist die Cred^'sche Methode als die
zur Zeit beste anzusehen. Doch spricht sich Verf. gegen die obli-
gatorische Einführung derselben aus, unter anderem aus dem Grunde,
weil die Lapisinstillationen bisweilen ziemlich heftige Reizerschei-
nungen hervorbringen.
Morax und Petit (Consid^rations cliniques et bact^rio- Bacterio-
logiques sur les inflammations aiguesde la conjonctive. Ann. ^oß*® ^®'
«d'Ocul. Bd. 120, S. 161) setzen aus einander, dass der Weeks'sche Ba- Bindehaut-
cillus, der Diplobacillus und der Gonococcus, auf die Conjunctiva ein- entzündung,
geimpft, immer eine Bindehautinfection hervorbringen, aber mit dem
Ablauf derselben verschwinden, während die gewöhnlichen Bewohner
gewisser Schleimhäute — der Pneumococcus und gewisse Spielarten
des Streptococcus z. B. — nur unter gewissen, noch nicht vollständig
bekannten Umständen die Eigenschaft erlangen, eine entzündliche
Reaction der Schleimhaut hervorzurufen. Eine dritte Mikroben classe
endlich vermag nur dann auf die Augenschleimhaut entzündlich ein-
zuwirken, wenn dieselbe durch eine vorausgegangene Infection vor-
bereitet ist. Hierher gehören der Diphtheriebacillus, der Staphylo-
coccus, die gewöhnlichen Streptokokken. Während eine Cultur von
Diplobacillen , in den Bindehautsack eingebracht, immer eine sub-
acute Conjunctivitis hervorbringt, bleibt eine Pneumokokkeninfection
wirkungslos. Die Experimente Gifford's zeigen aber, dass die ex-
476 Horstmann.
Bacterio- perimentale Pneumokokkeninfection der Conjunctiva möglich ist, und
logie der ^^ klinische Beobachtung hat gezeigt, dass die Pneumokokken-
Bindehaut- Conjunctivitis contagiös werden kann. Fortgesetzte bacteriologische
entzttn düng, Untersuchungen zeigen, dass hauptsächlich im Kindesalter Ueber-
orax u. Pet t. i^fectionen der Conjunctiva sehr häutig sind: Weeks'scher Bacillus-
öonococcus, Streptococcus (Masern), Weeks'scher Bacillus. Der
Weeks'sche Bacillus ruft nicht nur die verschiedensten Reactions-
erscheinungen von Seite der Conjunctiva hervor — von der ein-
fachen Secretionsvermehrung bis zur schweren Eiterung — , er gibt
auch zur Bildung von Phlyctänen, von oberflächHchen Hornhaut-
geschwüren Anlass. In gewissen Fällen ruft eine stark entwickelte
Episcleralinjection heftige Schmerzen hervor. Die subacute Con-
junctivitis ist sicher contagiös, und der von Biard in der Nase ge-
fundene Mikroorganismus gleicht zwar morphologisch dem Diplo-
bacillus, unterscheidet sich aber von ihm durch verschiedene Eigen-
schaften. Er verflüssigt das geronnene Serum nicht.
Trachom, Zunächst bespricht Kuhnt (Ueber die Therapie der Conjuncti-
Knhnt, yi^jg granulosa mit besonderer Berücksichtigung der in den Pro-
vinzen Ost- und Westpreussen herrschenden Krankheitsformen. Jena)
das Wesen, den Verlauf, die Diagnose und Verbreitung
der Conjunctivitis granulosa. Man muss eine acute und eine
chronische Form unterscheiden; die gewöhnliche Art ist die letztere.
Der Charaktet" derselben wird durch Aufsprossen solider, rundlicher
Gebilde, Granula, im Gewebe der entzündlich veränderten Bindehaut
der Augenlider gekennzeichnet. Die Conjunctivitis follicularis und
die Conjunctivitis granulosa sind ganz verschiedene Erkrankungen.
Bei der acuten Granulöse wende man den antiphlogistischen Heü-
apparat und zwar in Form der Kälte an. Daneben spüle man den
Bindehautsack mit schwachen keimtödtenden Lösungen, Sublunai
C/io^/oo) etc. aus und scariticire unter Umständen die Bindehaut.
Nach Aufhören der acut entzündlichen Erscheinungen pinsele man
eine 1 — 2°/oige Lösung von Plumbum aceticum neutrale oder von
Argen tum nitricum ein. Proportional dem mm meist schnellen
Schwinden der Bindehauttumescenz treten die Granula deutlicher
hervor. Jetzt sind SubUmatbepinselungen (1 : 600 — 1000) sehr wirk-
sam, abwechselnd mit Lapis mitigatus. In besonders günstigen
Fällen kann so vollständige Resorption der Kömer, Heilung ohne
Narben bildung eintreten; meist aber ist dieselbe nicht vollständige
die acute Granulöse wird eine chronische. In Betreff der Therapie
der chronischen Granulöse gehen die Ansichten weit aus einander.
Augenheilkunde. • 477
Im Hinblick auf die Wahl der Therapie sind folgende Punkte von Trachom,
Bedeutung: das Stadium und die Ausdehnung der Affection, das ^^'^^f
Verhalten des übrigen Lides, der Zustand des thränenableitenden
Apparates, das Alter des Individuums, der Wohnort des Kranken,
die äusserlichen Verhältnisse desselben und sein allgemeiner körper-
licher Zustand. Nicht minder wichtig erscheint die richtige Beihen-
folge der anzuwendenden Mittel oder Eingriffe. Bedeutende Krampf-
zustände im Gebiete des Orbicularis mit oder ohne phimotische Ver-
engerungen der Lidspalte, Stellungsanomalieen der Lider, insbesondere
der Lidränder und Erkrankungen im thränenableitenden Apparat
müssen zunächst beseitigt werden. Ist dies geschehen, so muss man
sich der Bekämpfung der Granulöse selbst widmen. Die medi-
camentöse Behandlung reicht in nicht durchseuchten Gegenden bei
sehr lange fortgesetzter Anwendung allenfalls aus, die isolirte
Ausrottung der Granula durch Excision, Ausätzung und vor allem
durch Galvanocaustik versagt bei schweren Fällen in durchseuchten
Gegenden vollständig. Einen ungleich höheren Werth bei Behand-
lung der Granulöse haben die auf mechanischen und chirurgischen
Principien beruhenden Behandlungsmethoden. Das Verfahren der
Gebrüder Keining, Abreibung der erkrankten Bindehaut mittels
eines mit Sublimatlösung (1 : 1000) angefeuchteten Wattebäuschchens,
liefert gute Resultate, die Massage nach Panas eignet sich be-
sonders bei der Nachbehandlung und bei Pannus. Die Scarification
der Conjunctiva, das Abtragen der Granulakuppen mit nachfolgender
Abspülung von Sublimat hat Kuhnt nicht ausgeführt, ebenso nicht die
Methode von Johnson, die in Anlegung vieler und langer Einschnitte
mit nachfolgender Einwirkung der Elektrolyse besteht. Mit der Ab-
schabung des Epithels nach Peters erzielt man keine energische
Wirkung; das Ausbürsten der Granula mit Metallbürsten nach
Schröder, ebenso Darier's Brosage ist nur für vereinzelte Fälle
geeignet; die Ausrottung nach Knapp leistet Vorzügliches, besonders
nach tiefen Scarificationen mit folgender Sublimatabreibung, jedoch
nur bei dem sulzigen Trachom. Um der Gefahr vorzubeugen, grös-
sere Schleimhautstücke auszureissen , hat Kuhnt eine in durch-
löcherten Platten auslaufende Pincette den Expressor construirt,
mit welchem er, ohne einen Zug auszuüben, die Granula aus-
quetscht. Von den rein chirurgischen Methoden ist die, mit dem
scharfen Löffel die einzelnen Granula auszulöffeln, wegen der langen
Dauer der Behandlung und baldiger Recidive nicht zu empfehlen,
doch ist für viele FäUe das Ausschneidungsverfahren am Platze. Es
ist allenthalben da anzuwenden, wo auf andere Weise nicht oder
478
Horstmann.
Trachom,
Knhnt,
Raeblmanii,
nur in ungenügender Weise genützt werden kann. Durch die Ex-
cision wird die Heilung ausserordentlich abgekürzt, die secundären
Homhauterkrankungen werden verhindert, bezw. am sichersten ge-
heilt, die bedeutenderen StellungsanomaUeen des Lidrandes, entzünd-
liche Nachschübe, Becidive und E.einfectionen mit Wahrscheinlichkeit
hintangehalten. Die prophylaktische Excision von Walther ist zu
verwerfen. Die Behandlung der Granulöse mittels Erzeugung einer
acuten Ophthalmie, sei es durch Einimpfung eines blennorrhoischen
Secretes oder durch Jequirityinfus, ist zu gefährlich und den anderen
Mitteln keineswegs überlegen. Doch scheint zuweilen alter dicker
Pannus durch die Jequirityophthalmie günstig beeinflusst zu werden.
Bei Kerektasie empfiehlt Kuhnt die Ausfuhrung einer schmalen
Iridektomie an der Stelle der klarsten Homhautpartie. Bei Xer-
ophthalmos ist die Verkleinerung der Lidspalte nach B. u d i n am
Platze.
Nach Baehlmann (Ueber den Heilwerth der Therapie
bei Trachom. Berlin) empfiehlt sich die Anwendung des Argentum
nitricum bei den Formen des Trachoms, wo die Schleimhaut von
weicher, mehr succulenter Beschaffenheit und wo Schwellung und
Blutüberfullung besteht. Um so wirksamer ist das Mittel, je er-
schlaffter und dunklerroth die Schleimhaut aussieht und je mehr
eitriges Secret dieselbe liefert. Die entgegengesetzte Beschaffenheit
der Schleimhaut erfordert die Anwendung des Cuprum suliuricum,
eine rigidere, mehr feste Schwellung mit blasserer, meist gelbröih-
licher Färbung und bei mehr schleimig-seröser Secretion. Die Ex-
cision der Uebergangsfalte ist zu verwerfen, ebenso die Scarification
und Auskratzung. Auch mit den Sublimatabreibungen von Keining
hat Baehlmann keine besonderen Erfolge erzielt. Die operative
Beseitigung der Follikel, besonders durch rechtzeitiges Ausdrücken
neben der medicinischen Behandlung, namentlich mit Cuprum 8ul-
furicum, stellt das einzig rationelle Verfahren dar, welches, früh-
zeitig vorgenommen, den gefürchteten Krankheitsprocess vollständig
beherrscht. Da nun der Durchbruch der Follikel nach aussen berw.
die Eröffnung derselben die Spannung des Gewebes herabsetzt, ist
es selbstverständlich, dass der operative Eingriff auch die Meta-
morphosen der Follikel aufzuhalten vermag und auf diese Weise
durch rechtzeitige Beförderung der Follikelentleerung Sklerose und
Verödung verhindert. Ist Pannus trachomatosus aufgetreten, so ist
die Einträufelung einer */»ö*/oigön Scopolamin- oder einer l%igen
Atropinlösung erforderlich und besonders in den Fällen schatzens-
wertb, wo ein junger, rein trachomatöser, d. h. nicht etwa traumatischer
Augenheilkunde. 479
Pannus im sog. Narbenstadimu zur Entwickelung kommt. Daneben
darf die Behandlung der Conjunctiva mit Cuprum nicht vernach-
lässigt werden. Auch die Massage der Hornhaut ist zu empfehlen.
Gegen Entropium sind nur diejenigen Operationen von dauerndem
Erfolge, welche an der Lage des Lides nichts ändern und nur die
Stellung der vorderen Kantentheile mit den falsch gerichteten Linien
anf der Basis des dem Augapfel anliegenden Lidknorpels verändern.
Bei Trichiasis schafft die Epilation nur palliativen Nutzen. Dieselbe
ist nur heilbar durch totale Exstirpation des Lidrandgewebes mit
sämmtlichen Haarwurzeln, der Defect wird durch Transplantation von
Lippenschleimhaut gedeckt.
Hoppe (Die Erfolge der Bind eh au tknorpelausschnei- Hoppe,
düng bei Trachom. Zehender's klin. Monatsbl. f. Augenh. Bd. 86
S. 225) hat bei seinem Aufenthalt im Regierungsbezirk Gumbinnen
272 Trachomkranke, die früher operirt worden waren, in Bezug auf
ihren Augenzustand revidirt imd gefrmden , dass nur 34,3 ^/o geheilt
waren. Er gewann den Eindruck , dass die Ausschneidungen nicht
im Stande sind, unter ungünstigen hygienischen Verhältnissen Dauer-
heilungen in dem Umfange zu schaffen, dass die allgemeine Ein-
fuhrung der Methode berechtigt erscheint. Die Behandlungszeit wird
durch das Verfahren nicht verkürzt. Am günstigsten sind noch die
Erfolge bei jugendlichen Lidividuen in relativ leichten und frischen
Krankheitsfslllen. Eine immunisirende Thätigkeit Hess sich aus den
Resultaten nicht ersehen, wohl aber bringt die Operation gelegent-
lich dauernde Nachtheile. Nur in schweren Fällen, wo andere chi-
rurgische Maassnahmen vergeblich angewendet wurden, bleibt ein
Versuch mit der Excision als letztem Hülfsmittel angezeigt.
Wie Kohl (Zur Pathologie und Therapie des Ulcus Hypopyon-
serpens. Liaug.-Diss. Giessen) berichtet, ist bei kleinen, in der ^^^m**^'
Entwickelung begriffenen Ulcera serpentia zunächst die conservative
Behandlung mit Atropin, feuchtwarmem oder trockenem aseptischem
Druckverband zu empfehlen. Schreitet das Ulcus fort, so kommt
zunächst die Cauterisation des progressiven Randes und bei grossem
Hypopyon die Function der Kammer im unteren Limbus in Betracht.
Scheint der Process sehr bedenklich, so wird die Querspaltung nach
Saemisch allein oder in Verbindung mit der Cauterisation geübt.
Des Vau X (Du r61e des maladies g^n^rales dans !'<
la Keratite parenchymateuse diffuse. Arch. d'Op
S. 81) fand unter 71 Fällen parenchymatös
480 Horstmann.
Keratitis welche meist das Alter von 10 — 20 Jahren betrafen, 22mal erbliche
p aren- gyphüis und 12mal Tuberculose als Ursache. Letztere, von welcher 3 Be-
chymatosa, ""^ . . , '
Desvauz. obachtungen mitgetheilt werden, scheint demnach eine häufigere Ur-
sache zu sein, als gewöhnlich angenommen wird. Einmal war erworbene
Syphilis die Ursache, imd je Imal war Parotitis epidemica, Diph-
therie, Chorea und ein Trauma vorausgegangen. Scrophulose und
Bachitis fand sich in 5 FäUen. Als weitere Ursachen kommen Malaria,
Influenza, Rheumatismus, Gicht, Uterinleiden und Schwangerschaft
in Betracht. Die eigentliche Hutchinson'sche Zahndeformation
war nur in 3 Fällen vorhanden, in anderen waren die Zähne schad-
haft und unregelmässig, in den meisten Fällen aber in gutem Zu-
stand und wohl gebildet. Die Behandlung hat das Allgemeinleiden
zu berücksichtigen. Quecksilber und JodkaK heilen manche FäUe,
bei denen S3q)hilis ausgeschlossen und Tuberculose anzunehmen ist,
während bei hereditärer Lues das Leiden durch diese Mittel zuweilen
nur wenig beeinflusst wurde.
7. Erkranknngren der Iris, des CiliarkSrpers , der Chorloidea
(einschl. sjmpathiseher Ophthalmie) und des Glaskörpers.
Iris t üb er- Lagrange (ifetiologie, traitement et Evolution de la tuberculose
cuiose, ^^ Yuis. Annal. d'Ocid. Bd. 119, S. 347) hat durch Lijection von
Bacillenculturen in die Carotis beim Kaninchen die Tuberculose des
Uvealtractus hervorbringen können. Er erhielt lOmal typische Miliar-
tuberculose der Lis. Er hält die primäre Iristuberculose beim
Menschen iiir möglich. In vielen FäUen wird die Listuberculose
durch eine umschriebene Primärinfection (Drüsen, Lungen) hervor-
gebracht, die heilt, nachdem sie die Listuberculose hervorgebracht
hat. Vom kUnischen Standpunkt aus müssen diese Fälle als primäre
L-istuberculose betrachtet werden. Die pathologische Anatomie zeigt,
dass die Iristuberculose auf den vorderen Bulbusabschnitt beschränkt
bleibt, denn der Suprachorioidealraum ist durch den Ciliarmuskel ge-
schützt. Die Lymphräume werden aber früh in Mitleidenschaft ge-
zogen, was die AUgemeininfection begünstigt. Beim Kaninchen ist
übrigens fast ausnahmslos ein Anlass zu Allgemeintuberculose. La-
grange enucleirt daher, sobald das Sehvermögen erloschen ist.
Schi eck (Ueber die Ursprungsstelle und die Pigment irung der
Chorioidealsarkome. v. Graefe's Arch. f. Ophthalm. Bd. 45, S. 433 >
hat 20 Fälle von Aderhautsarkom pathologisch-anatomisch unter-
sucht und kommt zu folgendem Ergebniss: Weisse, mit der Ober-
Augenheilkunde.
481
fläche der Chorioidealsarkome in Verhindung stehende Geschwulst- Aderhau t-
massen, welche Einstrahlen von Bindegewebe aus den Resten der ^scujcr'
Ohoriocapillaris erkennen lassen und sich durch einen eigenartigen
angiosarkomatösen resp. endotheliomatösen Bau von ihrer Umgebung
abheben, sind aller Wahrscheinlichkeit nach primär aus der Ohorio-
capillaris entstanden. Eine Wucherung der tiefen Chorioidealschichten
ist in diesen Fällen als eine secundäre aufzufassen und das Fort-
schreiten des Tumors in der Schicht der grossen Gefösse keineswegs
beweisend für die Entstehung der Geschwulst in diesen Lagen. Im
späteren Verlaufe kann jedes primäre Leukosarkom der Ohoriocapil-
laris jederzeit Pigment zugeführt erhalten, indem der sarkomatöse
Process auf die pigmentirten Lagen übergreift, hier Gefasse arrodirt
und eine Abschwemmung von Ohromatophoren sowie EmboHe der-
selben in die leukosarkomatösen Bezirke hervorruft.
Nach Leber und Krahnstöver (Ueber die bei Aderhaut-
sarkomen vorkommende Phthisis des Augapfels und die Bedeutung
von Verletzung bei der Entstehung dieser Geschwülste, v. Graefe's
Arch. f. Ophthalm. Bd. 45, S. 164 u. 267) ist das Auftreten von
Aderhautsarkomen an vorher phthisischen Augen lediglich ein
Spiel des Zufalls, ihr Auftreten nach Verletzung noch nicht ein-
wandsfrei bewiesen. Phthisis bulbi ist vielmehr Folge des Sarkoms
und kommt durch Iridochorioiditis zu Stande. Die Entstehung der
letzteren wird durch den Tumor begünstigt insofern, als die dorthin
gelangenden Mikroorganismen in den abgestorbenen Zellen des
Tumors günstige Entwickelungsbedingungen finden, so dass es zu
Totalnekrose des Tumors kommt. Hierauf nimmt die Entzündung
durch Störung der Flüssigkeitsabsonderung ihren Ausgang in
Phthisis bulbi.
Leber n.
Krahnstöver.
Grote (Ist die Resectio nervi optici zur Verhütung von Oph- Sympathi-
thalmia sympathica eine geeignete Operation? Liaug.-Diss. Berlin) stellt uf^^f .
aus den Jahren 1882 — 97 sämmtliche Fälle zusammen, bei denen wegen orote,
drohender sympathischer Ophthalmie die Resection des Op-
ticus und der Ciliamerven ausgeführt worden ist, und kommt zu
dem Ergebniss, dass in keinem dieser 352 Fälle, sofern die Resection
frühzeitig genug gemacht wurde, eine nachträgliche Ophthalmie
auftrat.
Shaw (Sympathetic Ophthalmia. British med. Journ. , Juni, Shaw.
S. 1580) gibt zuerst eine sehr gute Litteraturübersicht der sym-
pathischen Ophthalmie seit Deutschmann's bekannten Ex-
perimenten. Er bezweifelt die Richtigkeit der Deuts chmann'schen
Jahrbuch der practischen Medicm. 1899. 31
482 Horstmann.
Sympathi- Migrationstheorie. Shaw untersuchte acht verletzte Augen, von
Ophthalmie ''^ö^^^®^ vi®^ sjnnpathische Ophthalmie erregt hatten, ohne Mikro-
Shaw. Organismen zu finden. Er machte auch Experimente, um zu ent-
scheiden , ob , wie Bach behauptet , bei langer Keizung des einen
Auges Veränderungen im anderen auftreten. Es wurden mit septi-
schen Instrumenten Wunden in der Gegend des Ciliarkörpers ange*
legt, Schrotkugeln eingeführt und zuweilen Jequirity benutzt. Shaw
kommt zu dem Schlüsse, dass, obgleich eine vorübergehende Eeizong
eines Auges eine vorübergehende Exsudation von Fibrin und Leuko-
cyten in beiden Augen" hervorrufen kann, doch eine lang dauernde,
beständige Beizung keine reichliche Exsudation mit folgenden organi-
schen Veränderungen im zweiten Auge hervorrufen wird.
8. Glaukom.
Glaukom im Bernheimer (Ueber das Vorkommen von Glaukom
insen osen -^^ linsenlosen Auge. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 17) be-
Ange, ^ ^ ^
Bernheimer. Spricht kurz die Czerma kusche Hypothese des Zustandekommens
von Primärglaukom bei enger Vorderkammer bei alten Leuten und
bei weiter Kammer mit Entzündungsproducten im Kammerwinkel
und führt schliesslich 4 selbst beobachtete Fälle von Glaukom in
linsenlosen iridektomirten Augen an. Bei dreien dieser Patienten
erkrankte auch das zweite Auge an Glaukom. Bernheimer schliesst
daraus, dass auch das Glaukom des anderen, aphakischen Auges als
wirkliches Primärglaukom aufzufassen sei und mit der Extraction in
keinem directen Zusammenhange stehe. In 1 Falle reichte der
verdickte Nachstar im Gebiete des Coloboms bis an die Cornea und
war ihr in der Kammerbucht angelagert. Da für aphakische, irid-
ektomirte Augen die Czermak'sche Theorie nicht entspricht, gibt
Bernheimer den „ganz reservirten" Erklärungsversuch, daas bei
den durch Alter und hypermetropischen Bau zu Glaukom disponirten
Augen die Verlegung eines kleinen Theiles der Kammer durch Nach-
starmassen genügt habe, um das „latente^ Glaukom thatsächlich aus-
zulösen. In entsprechender Weise werden zurückgebliebene Cortical-
massen, Linsenkapseleinheilung und Anlegung des Irisstumpfes an
die Homhautwunde einen GlaukomanfaU begünstigen, sofern das
Auge überhaupt zu Glaukom disponirt ist. Wenn mithin die grossere
Zahl von Glaukomen bei aphakischen Augen als wahre Secundär-
glaukome aufzufassen sind, so müssen doch manche, wie z. B. 8 von
den 4 Fällen Bernheimer's, als primäre Glaukome aufgefaast
werden, nämlich die, bei denen alle die ein Secundärglaukom aus-
Augenheilkunde. 483
lösenden Momente fehlen und auch das zweite, nicht aphakische
Auge an Glaukom erkrankt ist oder nachträglich erkrankt. Zur Ver-
hütung des Glaukoms bei aphakischen Augen räth Bernheime r,
bei glaukomverdächtigen Cataracten der Extraction eine Glaukom-
iridektomie vorauszuschicken, besonders aber bei dem zweiten Auge,
wenn das erstopenrte an Glaukom erkrankte. Bei Nachstar im irid-
ektomirten Auge empfiehlt es sich, frühzeitig eine Discission mit
möglichster Freilegung des Kammerwinkels zu machen.
Die leitende Idee, welche die verschiedenen Theile des von
Panas und Rochon-Duvigneaud (Recherches anatomiques sur Glaukom
le glaucome et les n^oplasmes intraoculaires. Paris) über das Glau- ^^t-^^^l^'
^ . , ^ oculare Nei
kom und die intraoculären Neoplasmen veröffentlichten bildungen,
Buches in ein harmonisches Ganzes verbindet, ist das Bestreben, Panas u.
die Entstehung der Druckerhöhung im Augeninnem aufzuklären D^vigneaud.
durch die genaue anatomische Beschreibung von Augen, an denen
dieselbe während des Lebens constatirt worden war. Die Oblite-
ration des Iriswinkels ist eine Secundärerscheinung, hervorgebracht
durch die Druckschwankungen der Prodromalperiode, welche Druck-
schwankungen einer Hypersecretion der Augenflüssigkeiten bei noch
normalen Abflussverhältnissen zur Ursache haben. Die Hj^ersecre-
tion selbst ist die Folge einer noch unbekannten materiellen Ver-
änderung und nicht eine Functionsstörung. Es scheint jedoch, dass
die Sklerose der Netzhautgefösse in der Hervorbringung derselben
eine gewisse RoUe spielt. Die anatomische Beschreibung der im
weiteren Verlaufe des Glaukoms auftretenden materiellen Verände-
rungen ist ebenso sorgfältig als interessant ; wir verweisen für diese
Details auf das Original. „Während es wahrscheinlich ist, dass es
in Bezug auf die Aetiologie nur eine Art von Primärglaukom gibt,
gibt es sicher mehrere Arten von Secundärglaukom." An der Hand
von ausfiihrlichen Beobachtungen setzen die Verff. diese Ansicht
aus einander. Für die Chorioidealtumoren wird die Pigmentembolie
des Iriswinkels als Glaukomursache anerkannt. Die Compression
der Wirbelvenen spielt nur ausnahmsweise eine Rolle; die directe
Einwirkung der Neubildung auf den Iriswinkel kommt vor, und die
Heizung der Ciliamerven durch den Tumor (Hypersecretion) ist
wahrscheinlich.
Sidler-Huguenin (Die Späterfolge der Glaukombehandlung.
In.-Diss. Zürich) hat an 76 Privatpatienten von Ha ab, die minde-
stens 2 Jahre lang beobachtet werden konnten, die Erfolge der
484 Horsfanann.
Späterfolge Glaukombehandlung studirt und kommt zu folgendem Resultat :
^, ^" In 91,47 Wo der FäUe von Glaucoma inflammatorium mit brauch-
Glankom- '
b eh andlang, barem Sehvermögen vor der Operation konnte dieses durch Iridek-
Sidier- tomie erhalten werden. Sclerotomie oder Miotica allein leisten
^^® • weit weniger, kommen jedoch in der Nachbehandlung in Betracht.
Beim Glaucoma simplex steht die Sclerotomie der Iridektomie nur
wenig nach. Für das Glaucoma haemorrhagicum ist die schonendste
Behandlung die beste und somit die Sclerotomie der Iridektomie
vorzuziehen. Verf. constatirte damit noch 20°/o Heilungen. Aus-
schliessliche Anwendung der Miotica ist bei allen Glaukomformen
ungenügend. Verf. vermochte bei 10 Patienten nächtliche Druck-
steigerung festzustellen, erklärt sich so die Fälle, die bei normaler
Tension bei Tage, z. B. während der Sprechstunde, fortschreitende
Excavation erkennen lassen, und empfiehlt deshalb, den Druck häu-
figer und zu verschiedenen Zeiten zu controUiren.
9. Erkranknngren der Linse.
Nach einer geschichtlichen Einleitung über die Schnittführung
Lappen- bei der Staroperation weist Schweigger (Extraction mit
^^r'^^st .^^PPö^schnitt nach unten. Archiv f. Augenheilk. Bd. 36,
Operation, S. 1) an der Hand der Statistik nach, dass die Behauptung, die
Schweiggw. Operation mit Iridektomie ergebe ebenso gute Sehschärfen wie ohne
Iridektomie, falsch ist. Er berichtet über 194 Operationen mit und über
208 ohne Iridektomie. Verluste fanden sich bei ersteren in 3,6 •/©, bei
letzteren in 2,4 ^/o. Die erzielten Sehschärfen waren besser bei Fort-
fall der Iridektomie (29 "/o mit S = */» — 1 gegen 6 *^/o). Bevorzugt
wird der Lappenschnitt nach unten mit Benutzung eines von
Schweigger modificirten Richter'schen Messers. Er fixirt mit
einer dem P am ar duschen Spiess nachgebildeten Gabel. Für die
Nachbehandlung macht es keinen Unterschied, ob mit oder ohne
Iridektomie operirt wurde. Irisvorfall kam in 12,5 ®/o der Fälle und
nach vorausgeschickter Iridektomie in 9,7 ®/o vor. Die Abtragung
erfolgte 1 — 10 Tage nach dem Nachweis des Vorfalles. Wesentliche
Nachtheile aber, und das ist die Hauptsache, resultirten daraus nicht.
Die vordere Synechie bringt keine ins Gewicht fallenden Störungen,
denn es ist weder die Annahme, dass sich Glaukom infolge dessen
entwickele, noch dass es leicht zu eitriger Iridochorioiditis komme,
bewiesen. Unter 100 zuletzt operirten Fällen gab es nur 2 Pro-
lapse bei Benutzung des zur Zeit von Schweigger geübten Ver-
fahrens. Nach der Extraction wird 3*/oige Lösung von Tropococain
Augenheilkunde. 485
in die vordere Kammer gespritzt. Die Iris wird jetzt hervorgezogen
und dicht an der Homhautwunde mit einem geeigneten Messer
durchschnitten, darauf Eserininstülation. Der Irisschnitt verwächst
in der Regel vollständig und spurlos.
10. Krankheiten der Netshant nnd des SehnerTon«
Horstmann (Ueber den Verlauf der spontanen Netz- Netzhaut-
hau tablösung. Arch. f. Augenheilk. Bd. 36), der im Verlaufe HoMtainn*
von 18 Jahren 106 Fälle von spontan entstandener Netzhautablösung
beobachtet hat, war in 35 Fällen in der Lage, die Entstehung und
den Verlauf des Leidens jahrelang genauer zu beobachten. 5mal
sah Verf. vollständige Heilung eintreten. Bei diesen war die Ab-
lösung niemals stark aufgetrieben, sondern eher flach, und stets
handelte es sich um Personen in jüngeren und mittleren Lebens-
jahren und mit mittleren Graden von Myopie (4,0 — 7,5 D.). In
2 weiteren Fällen legte sich der abgelöste Netzhauttheil zwar wieder
an, nahm aber seine Function nicht wieder auf, und in abermals
2 Fällen, wo die Netzhaut spontan sich wieder anlegte und fiinctio-
nirte, trat die Netzhautablösung von neuem auf, um mit totaler
Netzhautablösung abzuschliessen. Weiter beobachtete Verf. 11 Fälle,
wo die Ablösung partiell und ein Rest des Sehvermögens erhalten
blieb; alle Augen waren zwischen 12 und 4 Jahren in dauernder
Beobachtung. 10 hatten myopischen, 1 emmetropischen Refractions-
znstand. Am häufigsten, in 15 Fällen, wurde die Netzhautablösung
eine totale. Mit Ausnahme eines Falles von Hypermetropie und
eines anderen von Emmetropie handelte es sich überall um myopische
Aagen (3,0 — 25,0 D.). Im abgelösten Theil Hess sich mit einer Aus-
nahme stets ein Einriss nachweisen; die Tension war ausser in
2 Fällen allemal deutlich herabgesetzt. Im folgenden erörtert Verf.
ansfiihrlich die verschiedenen Theorieen über das Zustandekommen
der Netzhautablösung und die zu ihrer Heilung bisher angewandten
operativen Methoden. Diese werden vom Verf. ausnahmslos ver-
worfen und allenfalls der scleralen Function der subretinalen Flüssig-
keit eine vorübergehende Heilwirkung zugeschrieben. Im übrigen
beschränkt sich Verf. darauf, die Samelsohn'sche Behandlung,
Druckverband in Rückenlage verbunden mit Schwitzcur, aufs neue
zu empfehlen.
Ha ab (Ueber die sog. Embolie der Centralarterie.
Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 11) ist der Meinung, dass
486
Horstmann.
Arteria
centralis
retinae,
Haab.
Embolie der es sich bei dem zuerst von v. Graefe geschilderten klinischen Bild
der EmboKe der Arteria centralis sehr oft nicht um eine Embolie
handelt, sondern um eine Thrombose. Die den Gefässverschluss be-
wirkende Thrombose wird durch eine Erkrankung der Gefässwan-
dung selbst herbeigeführt. Dieselbe beruht auf Atherom, Syphilis,
Endarteriitis infolge chronischer Albuminurie oder anderer dyskra-
sischer Zustände. Auch die überall zu lesende Angabe, es trete bei
Verstopfung eines Astes der Centralarterie ein hämorrhagischer In-
farct in der Retina ein, ist unrichtig. Bei 38 vom Autor daraufhin
durchgesehenen, in der Litteratur beschriebenen FäUen war von
einer Blutung nicht die Rede.
Nasen- und
Augen-
erkran-
kungen,
Seifert.
11. Angrenerkranknngren im Zasammenhanp mit sonstigen
KSrperkrankhelten«
Seifert (Ueber die Beziehungen zwischen Nasen- und
Augenerkrankungen. Münch. med. Wochenschr. Nr. 20) fuhrt
aus, dass die Erkrankungen der Nase oft in inniger Beziehung zu
denen des Auges stehen. Sie pflanzen sich entweder in directer
Propagation auf das Auge fort oder rufen auf reflectorischem Wege
krankhafte Erscheinungen am Auge hervor. Diese Thatsache wird
noch nicht genügend berücksichtigt, obgleich ihre volle Würdigung
in manchen FäUen wesentlich bessere Heilerfolge ermöglicht. Bei
Erkrankungen des thränenableitenden Apparates spielen die atro-
phischen Processe in der Nase eine grosse Rolle, sowohl die mit
als die ohne Fötor einhergehenden, dann die Hyperplasie der un-
teren Muschel, sowie alle anderen Processe, welche den unteren
Nasengang verschliessen. Auch adenoide Vegetationen durch Secret-
stauungen üben eine ähnliche Wirkung aus. Eine weitere Grupj>e
von Nasenaffectionen stellt jene dar, welche mit Conjunctivalerkran-
kungen vergesellschaftet sind. Namentlich bei Kindern geben die
verschiedenen Erkrankungen des Naseninnem, z. B. durch Ekzem,
Veranlassungen zu Augenentzündungen gleicher Art. Die Nase ü<t
da meist der primär erkrankte Theil. Sehr bemerkenswerth ist dit-
Beobachtung des Verfassers, dass bei vielen Fällen von Ulcus corneae
serpens Rhinitis atrophica foetida bestand, so dass wohl die In-
fection der Cornea von der Nase aus erfolgte. Auch zwischen Er-
krankungen der Nase und Trachom besteht ein gewisser Zusammen-
hang. So kann unter bestimmten Umständen die Nasongranulose
durch Fortkriechen des Processes in den Ganalis nasolacr}inalis ein
secundäres Trachom des thränenableitenden Apparates und weiter-
hin der Lidbindehaut erzeugen.
Augenheilkunde. 487
In einer Monographie über den Herpes zoster ophthalmi-
cus gelangt Sulz er (Oontributions k l'etude du Zone ophtalmique. Herpes
Annal. d'Ocul. Bd. 119, S. 401 u. Bd. 120, S. 16) zu dem Schluss, ^ ^^^^^J'i^^^j.
dass die Zostereruptionen in zwei grosse Classen zu theilen seien: cus.
sie können einer acuten, specifischen, die Immunität verleihenden Sulzer.
Infectionskrankheit , dem Zosterfieber, ihr Dasein verdanken
und dann dem Exanthem ^er Masern und des Scharlachs gleich-
werthig sein, oder aber einfach ein Symptom verschiedenartiger
Affectionen sein, z. B. Syphilis, Tabes, traumatische und infectiöse
Knochenläsionen, Phlebitis, Gicht, Sinusitis, Tumoren, Gefasserkran-
kungen etc. Die Mehrheit der Fälle von Zoster ophthalmicus scheint
der letzteren Classe anzugehören. Dies ist besonders der Fall, wenn
sich die Bläscheneruption der Haut und der Conjunctiva mit Sym-
ptomen complicirt, die den Augapfel betreffen : primäre interstitielle
Keratitis, Muskellähmungen, Neuritis optica. Diese Eruptionen sind
nicht die Folge einer acuten Infectionskrankheit, sondern ein Sym-
ptom einer encephalitischen, meistens basalen circumscripten oder
diffusen Affection. Während die Prognose des Zosterfiebers gut ist,
muss sie in den Fällen von symptomatischer Zostereruption im Ge-
biet des Trigeminus sehr reservirt sein; der Verlauf des Leidens
kann sowohl durch schwere Symptome von Seiten des Centralnerven -
Systems als durch Beeinträchtigung des Sehvermögens getrübt
werden.
Dünn (Ocular paralysies recurring in the course of nephritis. Augen-
Arch. of Ophth. Bd. 26, S. B42) bringt 3 Krankengeschichten, in ij^J^^^^*'^^
denen sich Augenmuskellähmungen infolge von Albu- bei
minurie finden. Er ist der Meinung von Knies, dass solche Nephritis,
Lähmungen bei Albuminurie sehr häufig sind, obgleich sich in der
Litteratur darüber nicht viel findet. In jedem Falle von rasch sich
entwickelnder Lähmung der Augenmuskeln sollte der Harn unter-
sucht werden. Die Ursache der Lähmungen besteht meist in Blu-
tungen in den Wurzeln oder Kernen der Nerven oder in den Nerven
selbst.
Nach Yarr (Malarial affections of the eye. Brit. med. Joum.,
Sept., S. 870) wurzeln alle Affectionen des Auges bei Ma-
laria in Circulationsstöiningen und können folgendermaassen einge-
theilt werden : 1. Neuritis , 2. Netzhautblutungen , 3. Ketinochorio-
iditis, 4. Ergüsse in den Glaskörper. Bei 1. bestehen die Haupt-
symptome in Supra orbitalschmerzen und Lichtscheu, häufig Nacht-
488 Horstmann.
Augen- blindheit, schnellen Schwankungen der Sehschärfe, Gesichtsfeld in-
b**°M°?^*" **^^ ^^®^ leicht eingeengt. Farbensinn normal, wenn nicht Atrophie
Yarr. ' folgt. Die Papille hat eine „Teinte rouge grisätre". InSOVo dieser
Fälle tritt partielle Atrophie ein. 2. Die Blutungen können kleine
und peripherische sein oder grosse peripapilläre und maculäre. Sie
sind oft durch Parasiteninfarcte und nachfolgendes Extravasat ver-
anlasst. 3. Der Eintritt erfolgt gewöhnlich gegen Ende des Hitze-
stadiums und wird begleitet von Supraorbitalschmerzen, Lichtscheu,
Photopsie. 4. Bei der Seltenheit derselben, die von S e e 1 y (Trans.
Amer. Ophth. Soc, 1882) beschrieben sind, gibt Yarr keine eigenen
Beobachtungen. Die folgenden in ihrer Entstehung unklaren Affec-
tionen wurden noch von anderen Autoren beschrieben: plötzliche
und dauernde Erblindung ohne sichtbare Veränderung des Hinter-
grundes; periodische Amaurose; plötzliche in Atrophie endigende
Amaurose; dauerndes centrales Skotom; periodisches Blausehen.
Leichte Grade von Chininamaurose kommen bei der Malariabehand-
lung häufig vor.
Aman- Sachs (Die amaurotische familiäre Idiotie. Deutsche med.
rotische Wochenschr. Nr. 3) beschreibt einige bei Kindern in den ersten
Idiotie Lebensjahren auftretende allgemeine Krankheitssymptome mit S3rm-
Sachs. metrischen Veränderungen in der Gegend der Macula lutea. Er
nennt die Krankheit amaurotische familiäre Idiotie. Die
Hauptsjrmptome dieser Krankheit sind: 1. Psychischer Defect, in
den frühen Lebensmonaten bemerkbar, der zur absoluten Idiotie
führt. 2. Schwäche aller Extremitäten bis zur vollständigen Läh-
mung, schlaffer oder spastischer Natur. 3. Die tiefen Reflexe können
normal, vennindert oder erhöht sein. 4. Abnahme des Sehver-
mögens, die zur totalen Blindheit führt (Veränderungen in der Ma-
cula lutea und späterhin Opticusatrophie). 5. Marasmus und letaler
Ausgang, meistens vor Ende des 2. Lebensjahres. 6. Die Erkran-
kung betrifft mehrere Kinder derselben Familie.
Lehrbücher und Monographieen.
Ed. Asmus, Das Sideroskop und seine Anwendung. Wiesbaden.
Bericht über die 26. Vei-sammlung der ophthalmologischen Gesellschaft.
Heidelberg 1897. Unter Mitwirkung von E. v. Hippel und A. Wagen«
mann redigirt von W. Hess und Th. Leber. Wiesbaden.
H. Cohn, Tafeln zur Prüfung der Sehleistung und Sehschärfe. 5. ver-
besserte Aufl. Breslau.
Augenheilkunde. 489
W. Czermak, Die augenärztlichen Operationen. 11. u. 12. Lief. Wien.
Flügge und v. Mering, Klinisches Jahrbuch. 7. Bd., 1. Heft: Hoppe,
Die Trachomepidemie und ihre Bekämpfung im Regierungsbezirk Gum-
binnen. — Greeff, Studien über epidemische Augenkrankheiten. Jena.
E. Fuchs, Lehrbuch der Augenheilkunde. 7. vermehrte Aufl. Leipzig und
Wien.
A. Graefe, Motilitätsstörungen mit einleitender Darlegung der noi-malen
Augenbewegimgen. Graefe - Saemisch's Handbuch der gesammten
Augenheilkunde. 2. neubearbeitete Aufl., Lief. 1, 2 u. 3. Leipzig.
R. Greeff, Anleitung zur mikroskopischen Untersuchung des Auges. Berlin.
0. Ha ab. Pathologische Anatomie des Auges. Ziegler*s Lehrbuch der all-
gemeinen und speciellen pathologischen Anatomie. Bd. 2, S. 912.
Jena.
0. Ha ab, Atlas der äusseren Erkrankungen des Auges nebst Grundriss
ihrer Pathologie und Therapie. Mit 76 farbigen und 6 schwarzen
Abbildungen. Lehmann's medicinische Handatlanten. München.
0. Ha ab, Skizzenbuch zur Einzeichnung von Augenspiegelbildem. 2. Aufl.
München.
J. Herrnheiser, Das kurzsichtige Auge. Augenärztliche Unterrichts-
tafeln, herausgegeben von H. Magnus. Heft 15. Breslau.
H. Kuhnt, üeber die Verwendbarkeit der Bindehaut in der practischen
und operativen Augenheilkunde. Wiesbaden.
H. Magnus, Die Untersuchung der optischen Dienstfähigkeit des Eisen-
bahnpersonals. Breslau.
H. Magnus, Augenärztliche Unterrichtstafeln. Breslau.
14. Heft: K. Baas, Die Seh- und Pupillenbahnen.
15. Heft: J. Herrnheiser, Das kurzsichtige Auge.
A. Mooren, Gesichtsetörungen und Uterinleiden. 2. Aufl. Wiesbaden.
W. A. Nagel, Tafeln zur Diagnose der Farbenblindheit. Wiesbaden.
O eller, Atlas der Ophthalmoskopie. 4. Heft. Wiesbaden.
A. Peters, Tetanie und Starbildung. Ein Beitrag zur Pathologie und
pathologischen Anatomie der Linsen. Bonn.
E. Baehlmann, üeber den Heilwerth der Therapie bei Trachom. Berlin.
A. M. Ramsay, Atlas of extemal diseases of the eye; forty eight full-page
plates of the eye in colour and photographure ; with descriptive text.
Glasgow.
R. A. Reddingius, Das sensumotorische Sehwerkzeug. Leipzig.
F. Salz er, Ueber den künstlichen Hornhautersatz. Wiesbaden.
O. Schwarz, Die Bedeutung der Augenstörungen für die Diagnose der
Hirn- und Rückenmarkskrankheiten. Berlin.
H. Schmidt-Rimpler, Die Erkrankungen des Auges im Zusammenhang
mit anderen Krankheiten. Specielle Pathologie und Therapie, her-
ausgegeben von H. Nothnagel. 21. Bd. Wien.
S. Seeligmann, Die mikroskopischen Untersuchungsmethoden des Auges.
Berlin.
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H. Snellen, Handleiding by het oogheelkundig onderzoek. Groningen.
Straub, Handleiding by het oogheelkundig onderzoek. Leiden.
A. Vossius, Lehrbuch der Augenheilkunde. 3. vermehrte Aufl. Leipzig
und Wien.
A. Vossius, Sammlung zwangloser Abhandlungen aus dem Gebiete der
Augenheilkunde. Bd. 2. Halle a. S.
Heft 4: A. Vossius, Der gegenwärtige Standpunkt in der Patho-
logie und Therapie des Ulcus corneae serpens.
Heft 5: W. Uhthoff : Ueber die neueren Fortschritte der Bacterio-
logie auf dem Gebiete der Conjunctivitis und der Keratitis des
Menschen.
Heft 6: K. Baas, Die Augenerscheinungen der Tabes dorsalis
und der multiplen Sklerose.
Heft 7: A. Peters, lieber Kopfschmerzen infolge von Augen-
Störungen.
L. Weiss, lieber das Gesichtsfeld von Kurzsichtigen. Leipzig und Wien.
H. Willbrand und A. Sänger, Die Neurologie des Auges. Ein Hand-
buch für Nerven- und Augenärzte. 1. Bd. Wiesbaden.
VL
OhreniraiLkheiten.
Von Saoitütsrath Dr. Schwabach in Berlin.
A. Anatomie nnd Pbrilolo^le des Geh5ror;aiiB.
Hörprüfung, Hörapparate.
William RutherTord (An adrei's of tone seneation with reteieace
to the function of the Cochlea. The Laneet, 13. August) erörtert auefGhr-
lich die von ihm auf geatellte Theorie über die Function der Schnecke, '
die im Gegensatz zur Helmboltz'dchen Theorie darauf basirt, da.«» eine
Analyse der Töne in der Schnecke nicht stattfindet. Es würden vielmehr
alle Haaraellen durch jeden Ton angeßprochen, die Schallwellen in Schwin-
gungen der Nerven mit gleicher Frequenz, Amplitude und Form umgesetzt.
Im Sensorium erzeugen nach Verf. diese Schwingungen der Nerven Em-
pfindungen , die in ihrer Quantität mit den erregenden Impulsen variiren
(Telephon theorie).
A. Oeseh (Was können wir ohne Schnecke hören? Inaug.-Diss.
Basel) hält sich auf Grund einer sorgfältigen Analyse aller in der Litteratur
vorliegenden f^Ue von Labyrinthnekrose mit Einschluss eine» bisher nicht
veröffeutUchten Falles zu folgenden Schluatten berechtigt: Ea U ki.'!]! F^ll
vorhanden, der sicher beweist, dass SIenschen ohne Schnecke himn können.
Eine immer mehr in Zunahme begrilfene Anzahl von b^len, <tii* mit den
neuesten Half smitteln der Diagnostik geprüft wurden . beweist, dass der
Mensch ohne Schnecke nicht hört. Alle Fälle von Labyrinthriikrü=t , di-'
fSr die Lösung dieser Frage in Betracht gezogen werden kÖniiL'u , waren
mehr oder weniger reine nnd vollständige Nekrosen der SchnPLke.
Nach Victor Hammerechlag (Wien) fßeitrag zur KntwickellT
mechanik der Gehörschnecke. Arch. f. Ohrenheük. Bd. 44. 8
erfahrt die Annahme, nach welcher die Schnecke nfasem in gl>-i''lier
492 Schwabach.
zur Vermittelung der Pereeption der Töne wie der Geräusche geeignet sind,
vom entwickelungsgeschichtlichen Standpunkte eine Unterstützung, und zwar
glaubt er, annehmen zu sollen, dass regelmässige Schwingungen einzelner
Theile der Basilarmembran die Vorstellimg musikalischer Töne, regellose
Erschütterungen der ganzen Membran oder grösserer Strecken derselben
die Empfindung der verschiedenen Geräusche erzeugen.
Reflex- Ost mann (Marburg a. d. L.) kommt auf Grund von Thierexperimenten
erregbarkeituQ(2 Untersuchungen am Menschen über die Reflexerregbarkeit des
.^ * Muse, tensor tympani durch Schallwellen und ihre Bedeutuncr
tympani, ^^^ den Höract (Arch. f. Anat. u. Physiol., Physich Abth. , Nr. 1 u. 2,
Ostmann. S.-A.) zu dem Resultat, dass dieser Muskel ein Schutzapparat des Ohres sei,
imd zwar im Zustande de*r Ruhe dadurch, dass der Muskel, ohne den Ab-
lauf der Schallschwingungen der Gehörknöchelchen an sich zu erschweren, die
Schwingungsweite derselben insoweit einengt, als fQr eine empfindungslose
Wahrnehmung der sensoriellen Reize erforderlich ist. Die Contraction des
Muse, tensor tympani schützt nach Verf. das Ohr auch dadurch, dass sie
Aufnahme wie Fortleitung der Schallschwingungen durch den Schallleitungs-
apparat erschwert.
Geschmacks- Schlichtin g's Untersuchungen (Klinische Studien über die (.i e-
lähmungen schmackslähmungen durch Zerstörung der Chorda tympani und
urch ^gg Plexus tympanicus. [Aus der Ohren- und Kehlkopfklinik der Uni-
der Chorda v^^^ität Rostock.] Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 32, S. 388) wurden an solchen
tympani, Kranken angestellt, bei welchen nachweisbar die Chorda tympani allein
SchUchting. q^q^ der Plexus tympanicus allein oder Chorda und Plexus gleichzeitig ge-
schädigt waren. Es ergab sich, dass in 8 Fällen der ersten Kategorie aua-
Hchliesslich auf der Zunge Geschmackslähmungen und zwar in deren vor-
derem Theil auftreten. Verf. schliesst daraus, dass allein die Chorda den
vorderen Theil der Zunge mit Geschmacksfasem versorgt. Dies geschehe
jedoch in einer individuell sehr verschiedenen Ausdehnung, und zwar von
einem Drittel bis zu vier Fünfteln der Zunge. Von der zweiten Kategorie hat
Verf. nur 1 Fall imtersuchen können ; er spricht dafür, dass eine Verletzung
des Plexus tympanicus zur Greschmackslähmung in den hinteren Theilen der
Zunge und am weichen Gaumen führt. Unter den 5 Fällen der dritten
Kategorie endlich zeigten 4 Lähmung der ganzen geschmacksempfindenden
Strecke, nur einmal waren zwei kleine geschmacksempfindende Inseln ültrig
geblieben. Es beweisen schliesslich, nach Verf., alle Fälle, dass alle Nerv<»ji-
fasern, welche die Geschmacksempfindung zum Centrum führen, durch die
Paukenhöhle ziehen, einerlei, ob sie schliesslich durch den Trigeminus oder
durch den Glossopharyngeus ins Hirn gelangen.
. Eine von Warnecke (Berlin) empfohlene Hörprüfungs-
methode zur Erkennung von Simulation (Arch. f, Ohren-
heilk. Bd. 45, S. 265) oder üebertreibung von mittel- und hoch-
axf
Ohienkianklieiteii. 493
gradiger Schwerhörigkeit besteht in der Prüfung mittels Flüster- Hirjrtfxir
spräche durch zwei Untersucher. Von diesen befindet sich der eine in
der Entfernung, in welcher der Patient zu hören angibt, der and»e
in einem Abstand von mehreren Metern von dem ersten entfernt.
Die Angen tmd das den Untersnchem zugewendete Ohr werden ver-
schlof^sen. Hört der Patient die ihm durch den näherstehenden
Untersucher vorgesprochenen Flüsterzahlen oder -Worte, so beginnt
der weiter stehende Uniersucher zu prüfen; hört der Patient jetzt
auch, so ist er nach Verf der Simulation überfuhrt.
R. Eschweiler berichtet über die Punctionsprüfung des Fmmctiomj
Gehörorgans! Mönch, med. Wochenschr. Nr. 34 K wie sie jetzt von / '*5^* *
den meisten Ohrenärzten geübt wird.
Der wesentliche Bestandtheil des vcn L. Kugel (Ueber ein H«'-
neues Hörinstrnment für Schwerhörifi^e. Wien. med. Wochen- *?*J***^'
schrifb Nr. 46 > empfohlenen Hörinstrumentes ist ein .halber Hohl- köri^e.
kegel", dessen Vortheü vor dem bisher in Gebrauch gewesenen K^s^*-
Hohlkegel nach Verf. darin besteht, dass bei ihm die lästigen Neben-
geräusche (Besonanzgeräusche ) gänzlich fehlen und dass die Hör-
verbesserung eine merklichere als bei dem Höhlkegel ist. Die Ur-
sache für die DifiTerenz in der Hörstärke der beiden Instrumente
sieht Verf. in dem Umstände, dass bei seinem Apparate infolge des
Fehlens der Nebengeräusche die Hörempnndung eine reinere ist.
B. TMihmlmgie md nempie der OlureBknaklieiteB.
a. Allgem.eine3.
Nach E. Morpurgo CEmde »ta<^ii?tique sur les maladies de Wirkang d*r
l'oreille chez les scrofuleux et sur l'influence des basins de Seebaier
amf Obres*
mer. ßef. Annales des malad, de Tor. etc. Nr. St zeigten von kraek*.
188 scrophulösen Kranken 77 nach der Seebadecur eine mehr oder Moip^rgo
weniger bedeutende Gehöret örung.
Untersuchungen über Horde fectebeiTaub stummen, welch*^
Victor Urbantschitsch tZeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 32. S. 224'
an 72 Zöglingen einer Taub??tummenarx«talt anstellte, fihrter* zu dem
Resultat, dass unter 144 Gehörorganen 3mal totale Taubheit. dOtnal
partielle Taubheit und lllii.al ein nachweisliches Gebor fir alle
Harmonikatöne von Contra- A bi.s F* gefuiyjen wnrde. Da Bezold be:
ähnlichen Untersuchungen unter l-Vi <^Tehororzäi^^n 4Szi^ix\ tctale T?iV
494
Schwabach.
Hördefecte heit, Hörreste 108mal und in keinem Falle Gehör fiir alle Töne
bei Taub- fi^j^^j qq fflaubt Verf., dass der bedeutende Unterschied beider Unter-
Rtummen, . .
Urbantschitech. suchungsergebnisse auf die Verschiedenheit des Prüfdngsvorganges
zu beziehen sei, und zwar spricht er sich dahin aus, dass die von
Bezold verwendete continuirliche Tonreihe eine viel zu schwache
Schallquelle repräsentire , um im gegebenen Falle festzustellen, ob
Hörvermögen fiir einen bestimmten Ton vorhanden ist. Dazu eignen
sich nach Verf. am besten die von ihm verwendeten Töne einer
grossen Ziehharmonika, mit der erforderlichenfalls sehr kräftig an-
sprechende Töne zu erzeugen seien.
Hörprüiang Als Beitrag zur Taubstummenforschung berichtet E.Barth
bei Taub- (pflüger's Archiv für Physiol. Bd. 69, S. 669) über die Ergebnisse
stummen, , . . .
Barth. der Untersuchungen der Zöglinge der Provinzial- Taubstummenanstalt
in Pommern vermittelst Bezold's continuirli eher Tonreihe. Es wurden
87 Zöglinge untersucht. Einzelheiten siehe im Original.
Ohren-
sausen,
Panse.
Nach Rudolf Panse (Ohrensausen. Zeitschr. f. Ohren-
heilk. Bd. 33, S. 244) sind fast alle subjectiven Geräusche nach der
Tonlage zu bestimmen. Die reinen Schallleitungsgeräusche entstehen
durch verhinderten Schallabfluss infolge Starrheit der SchaUleitungs-
Vorrichtimg; sie sind vorwiegend in der Lage von 16 — 256 Schwin-
gungen. Die Geräusche hoher Tonlagen beruhen auf Vorgängen im
inneren Ohr; sie können veranlasst sein entweder reflectorisch vom
äusseren Gehörgang, Mittelohr und den verschiedensten Körpertheilen
oder durch Veränderungen im inneren Ohr und Nerven selbst. Die Per-
ception von höher zusammengesetzten Geräuschen und Melodieen etc.
beweist nicht ohne weiteres Gehimleiden. Für die Behandlung er-
gibt sich demnach die Regel, bei Geräuschen in hohen Tonlagen
keine eingi'eifenderen Operationen an der Schallleitungsvorrichtun^,
insbesondere keine Entfernung des Steigbügels zu versuchen.
Cimicifuga
racemosa
gegen
Ohren-
sausen,
Robin u.
Mendel.
Albert Robin und Mendel (Des bourdonnements d'oreille et
de leur traitement par la Cimicifuga racemosa. La Medecine mo-
derne Nr. 38) rühmen die günstigen Erfolge, die sie durch inner-
lichen Gebrauch des Fluidextractes von Cimicifuga racemosa
(16 — 30 Tropfen pro die) bei nicht allzu lange bestehenden (mehrere
Jahre) subjectiven Ohrgeräuschen erzielt haben.
Ohrenkrankheiten. 495
b. Krankheiten des äusseren Ohres.
Einen Beitrag zur Casuistik der operativen Behandlung Operation
concrenitaler Bildunssfehler der Ohrmuschel liefert Hugo 7,^" Miss-
Hecht (Göttingen) (Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 44, S. 91). Es handelte der Ohr-
sich um ein sog. Katzenohr in Verbindung mit Makrotie bei einem muschel,
4 Monate alten Kinde. Trommelfell und äusserer Gehörgang waren
vorhanden. Durch Excision eines keilförmigen Stückes Haut und
Knorpel wurde zunächst die Makrotie beseitigt, und durch eine
zweite in Aussicht genommene Operation soll auch das Katzenohr
beseitigt werden. Abbildung und Beschreibung der Missbildung
imd des Operationsverfahrens siehe im Original.
Unter den von Courtade (Contribution ä Tötude des occlu- Atresiedes
sions acquises et confic^nitales du conduit auditif. Annales des mal. ^*^"®'^®"
^ ^ , . . . Gehorgangs,
de Tor. Nr. 7, S. 12) mitgetheüten Fällen von acquirirter und Conrude.
congenitaler Atresie des äusseren Gehörganges ist der
erste, einen 32jährigen Mann betreffende, von Interesse. Die Affec-
tion war nach einer Verbrennung mit Natronlauge entstanden. Die
anfangs vorhandene eitrige Secretion aus den Ohren hörte nach
einiger Zeit auf, und Patient merkte, dass ihm der Eiter in den
Rachen und Mund floss. Verf. fand, dass der Gehörgang durch eine
verticale Xarbe verschlossen war, entstanden durch Verwachsung der
vorderen und hinteren Gehörgangswand. Die Narbe wurde mit einem
spitzen Tenotom durchschnitten und die Incision gegen die hintere
Wand erweitert, alsdann ein 7 mm dickes Drain eingelegt. Es ent-
leerte sich blutig-eitrige Flüssigkeit. Das Trommelfell zeigte Per-
foration vom unten. Nach 3 Monaten war die operativ gemachte
Oeffiiung noch erhalten.
Nach Leutert (Halle a. S.) kommt als hauptsächlichstes diffe- Peri-
rentialdiagnostisches Merkmal zwischen periauricupärem Abscess ^^jceste
bei Furunkeln des äusseren Ohres gegenüber dem vom Warzen- Leutert.
fortsatz ausgehenden Abscess (Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 43, S. 267)
die Lage des Abscesses in Betracht; die stärkste Schwellung werde
bei dem ersteren in der Regel die Furche zwischen Ohrmuschel und
Warzenfortsatz ausfüllen, während bei letzterem die Schwellung zu-
meist über der Durchbruchsstelle oder über dem Planum des Warzen-
n . . 1 . Erweichung
fortsatzes zu suchen sei. „^^ ^
von
Um steinharte Ceruminalpfröpfe binnen wenigen Augen- pfropfen,
blicken zur Erweichung zu bringen, empfiehlt Carlo Ricci (Annales Wcci.
496 Schwabach.
des mal. de l'or. etc. Nr. 4, S. 432), wie früher schon Graden ig o,
Einträufelungen von Sauerstoffwasser.
Gravidit&ts- Graviditätsvaricen im Meatus externus, an der Concha und
varicenam deren Umgebung rechterseits beobachtete Warnecke (Arch. f. Ohrenheilk.
"""hV*** Bd. 45, S. 266) bei einer 36jährigen im 8. Monat schwangeren Frau. Ge-
Wamecke. l^^^S^^^ ^uid Trommelfell sonst normal. Während aller (10) früheren
Schwangerschaften waren dieselben Tumoren bei der Patientin aufgetreten
und hatten sich nach der Entbindung betiilchtlich verkleinert, ohne aber
vollständig zu verschwinden.
Alkohol- Hang (Ueber Alkoholbehandlung der Otitis externa
^d^^'otiu"^ [circumscripta und diffusa]. Verb. d. Deutschen otolog. Gesellsch.,
externa, Würzburg 27./28. Mai, S. 143) rühmt die guten Erfolge, die er bei
Haug. circumscripter und diffuser Entzündung des äusseren Gehörgangs
mit der Alkoholbehandlung erzielt hat. Bei Furunkeln soll ein in
Alkohol (96 — 98°/o) getauchter Gazestreifen ins Ohr eingeführt und
etliche Tropfen AJkohol aufgegossen, das Ganze mit einem Watte-
pfropf und darüber gelegten BiUroth-Batist bedeckt werden; die
Streifen sind alle 24 Stunden zu wechseln. Bei diffuser Entzündung
soll über die etwa geschwollene Muschel, die Mastoid- resp. Tem-
poralgegend noch ausserdem eine eingetauchte Gompresse mit durch-
löchertem Billroth-Batist-Abschluss gelegt werden.
Borsäure Samuel Theobald (The treatment of otomycosis by the in-
„V^ . sufflation of boracic acid and oxyde of zink. Bullet, of the John
Zinkozyd -^ \ . t
gegen Hopkin's Hospital, Sept.-Oct., Nr. 90 u. 91) bnngt die bereits vor
otomycosis 17 Jahren von ihm empfohlenen Einblasungen von Acidam
Theobald. , . i r» • j x r\j.
boricum und Zincum oxydatum ana gegen Otomycosis
aspergillina als besonders wirksam gegenüber allen anderen Mit-
teln (Alkohol, Sublimat etc.) in Erinnerung.
Chorea
mioor durch Chorea minor, verursacht durch einen Fremdkörper im
Fremd- q|^j. Jj^^^q M. Breitung (Centralbl. f. innere Med. Nr. 10) durch
korper im . .
Ohr, Entfernung des letzteren (Stück Blei) mittels Ausspritzeiis.
Breitang.
Ueber einen Fall von Fremdkörperextractionsversuch am fal-
Fremd- schenOhr berichtet H. Wa 1 1 h e r (Münch. med. Wochenschr. Nr. 15). Nach
kör per- vergeblichen Extractionsvei-suchen seitenß eines Wundarztes am linken Ohr,
versuch am* ^^^^^ Blutung eintrat, wurde das 4jährige Kind der Tübinger Ohrenklinik
falschen Ohr, überwiesen, woselbst man ausgedehnte Verletzung des linken äusseren G^
Walther. hörgangs und des Trommelfells, aber keinen Fremdkörper fand. Letzterer
(ein Stück Zinn) sass vielmehr im rechten Gehörgang und wurde durch
Ausspritzen entfernt.
Ohrenkrankheiten. 497
Dem 3djährigeii Patienten Carette's (Contributions k P^tude des Revolver-
corps ^trangers du conduit auditif. Annales des mal. de Tor. kugei
Nr. 2) war durch zufallige Entladung eines Revolvers (9 mm) das Carette.
Projectil in das rechte Ohr gedrungen, ohne dass schwere Störungen
eintraten. Entfernung nach Ablösung der Ohrmuschel und der hin-
teren häutigen Gehörgangswand nach ausgiebiger Zerstückelung der
Kugel. Trommelfell und knöcherne Gehörgangswand intact. Heilung
nach 5 Wochen.
In dem von Preysing (Schussverletzung des Schläfen- Schuss-
beins. Ausmeisselung der Kugel nach 2 Jahren. Zeitschr. f. Ohren- ^*'^®*2^'^e
heilk. Bd. 32, S. 62) mitgetheilten Falle wurde die Ohrmuschel ab- Schläfen-
gelöst und der knöcherne Gehörgang mit dem Meissel oben, hinten beins,
und vom bis zum Projectil erweitert, das im hintersten Theile des ^y^^^s-
Gehörgangs fest eingekeilt war. Paukenhöhle mit Granulationen er-
füllt, die ausgekratzt wurden. Heilung nach 14 Tagen.
Die operative Entfernung eines Fremdkörpers (Johannis- johannis-
brodkem) aus der Paukenhöhle fährte R. Haug (Deutsche med. brodkern
Wochenschr. Nr. 5) mit glücklichem Erfolge nach Ablösung der Ohr- pauken-
muschel und der häutigen hinteren Gehörgangswand aus. höhle,
Haag.
G. Brühl (Monatsschr. f. Ohrenheilk. Nr. 2) berichtet über einen Todesfall
Todesfall nach Fremdkörperextraction aus dem Ohre. '^^^^ ^'^®°^^'
körne r*
Ungeschickte Extractionsversuche hatten den Stein in die Pauken- extraction
iiöhle gepresst und bei schon bestehender Eiterung zur Eiterverhai- aus dem
tung geführt. Der Fall zeigt, dass ein Fremdkörper in der Pauken- o^m'
höhle bei gleichzeitig bestehender Eiterung eine Lebensgefahr be-
deutet, auch wenn keine gefahrdrohenden Erscheinungen vorhan-
den sind.
Ein vonOle Bull (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 32, S. 226) ex- Lipom des
stirpirtes Lipom des äusseren Gehörganges bei einem «^'^»■ören
Cr GOOfff&Il fiTS
57jährigen Manne hatte den ganzen Gehörgang (links) ausgefüllt bqu.
und war von der unteren Wand ausgegangen.
Biehl (Verschluss überhäuteterTrommelfellöffnungen. Verschluss
Wien. klin. Wochenschr. Nr. 12) bestätigt die günstige Wirkung der ü^er-
von Okuneff zuerst empfohlenen Aetzungen mit Trichloressigsäure Trommelfell-
in 10 — 15'/oiger Lösung, eventuell auch in Substanz bei alten Trom- Öffnungen,
melfellperforationen. Li der Mehrzahl der vom Verf. behandelten ^^^^^
Fälle (12) kam es zum Verschluss der Oeffnung.
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 32
498 Schwabach.
Ohr- Ueber Ohrverletzungen durch Knallerbsen berichtet
^^'^d^^ch"^ Wagenhäuser (Verhandl. der Deutsch, otol. Gesellsch. S. 202).
Knallerbsen, Iii ^^^ meisten Fällen (5 unter 7) wurde Euptur des Trommel-
Wagenhftnser. felis beobachtet, neben leichter Commotio labyrinthi (Schwindel,
Sausen etc.).
Tubercnlöse H. P r e y s i n g (Rostock) veröiFentlicht einen Fall von multiplen
nmoren tuberculösen Tumoren am Schädel und in beiden Trommel-
im
Trommelfell, feilen (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 82, S. 369) mit durchaus gut-
Preysing. axtigem Verlauf. Auf Grund dieses und der in der Litteratur vor-
liegenden ähnlichen Fälle spricht sich Verf. dahin aus, dass der
tuberculöse Tumor im wesentlichen in zwei Formen auftritt, ent-
weder in reiner Granulationsconsistenz , oder aber derber bis zur
Knorpelhärte. Er hält dieselben für relativ gutartig.
c. Krankheiten des mittleren und inneren Ohres.
Fremd- G. Trautmann (Münch. med. Wochenschr. Nr. 47) entfernte
^^y**v **' einen Fremdkörper der Tuba Eustachii durch Ausspritzen des
Enstachii, Ohres bei einem Patienten, der über Schlingbeschwerden, Kopf-
Trantmann. schmerzen, Schmerzen im Ohr, bei schleimig-eitriger Secretion des-
selben und Perforation des Trommelfelles, klagte. Das vorher durch
einen Schleimpfropf geschlossene Tubenostium zeigte sich, nachdem
Patient beim Ausspritzen den Fremdkörper (Kirschkern) ausgespieen
hatte, klaffend und die subjectiven Beschwerden waren wie mit
einem Schlage verschwunden. Verf. glaubt, dass der Eorschkem
durch eine ungeschickte Schlingbewegung in das klaffende Lumen
der Tuba gelangt sei und hier Salpingitis und im Anschluss daran
Otitis media purulenta mit Perforation des Trommelfelles erzeugt
habe.
Dipioooccus William Gheatham (Some of the special germs in inflam-
We ichsei- m^tion of the middle ear, with an interesting case. Medic. Record,
banm bei , . ' . ° '
Hittelohr- 8. Oct.) fand in einem Falle von acuter Mittelohrentzündung in
eiternng, (Jem durch Paracentese entleerten Eiter eine Reincultur von Diplo-
coccus Weichselbaum. Von Interesse ist, dass die Affection von
einer acuten Tonsillitis ihren Ausgang genommen hatte, bei welcher
ebenfalls Diplococcus Weichselbaum in Reincultur gefunden worden war.
E. Friedländer (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 12) hat 20 Falle
von Sklerose der Paukenhöhlenschleimhaut mittels Mas-
Ohrenkrankheiten. 499
sage behandelt. Zur Verwendung kam der Wegner'sche Apparat. Hassage
In allen Fällen, mit Ausnahme eines einzigen, wurden die subjec- ^ '*®' ,
' ® ' «^ Trommel-
tiven Geräusche erheblich gebessert oder hörten ganz auf. Besse- feiia bei
rung des Gehörs trat nur in wenigen Fällen ein, während bei einigen ^^\^J^f^*
Fällen von Otitis media chronica sowohl Gehör als auch subjective
Geräusche gebessert wurden.
Friedländer.
Der von Loenberg (Ueber einen Apparat zur Vibrations- Apparat
massafi^e des Trommelfells und der Nasenschleimhaut für den ^*ir den
Selbstgebrauch des Patienten. Monatsschr. f. Ohrenheilk. Nr. 8, gebrauch
S. 362) empfohlene Apparat ist von Dr. Noebel (Zittau) nach bei Massage
Analogie des Breit ungesehen construirt, von dem er sich im wesen^- t « *' i.
liehen dadurch unterscheidet, dass er nicht mit einem kostspieligen felis,
Elektromotor, sondern mit einer, wohl in jedem Haushalte anzu- Loenberg.
treffenden Nähmaschine (Tretsystem) betrieben wird. Beschreibung
und Abbildung siehe im Original. Das Instrument arbeitet bei mitt-
lerer Tretgeschwindigkeit mit B — 600 Stössen in der Minute. Die
einzelnen Sitzungen sollen steigend 2 — 5 Minuten lang dauern und
täglich 2 — dmal stattfinden. Verf. betont schliesslich, dass die Selbst-
beHandlung mit diesem Apparate nur an eine vorausgegangene ärzt-
liche Behandlung nach erfolgter Anweisung sich anschliessen soll.
Auf Grund seiner seit V« Jalu* angestellten Versuche, betreffend Luft-
die Wirkung der Luftverdünnung im äusseren Gehörgange jo^dünnung
mittels einer Evacuationsflasche (Abbildung und Beschreibung siehe oehörgang
im Original) in Verbindung mit dem Katheterismus, glaubt »»*
Warnecke (Archiv f Ohrenheük. Bd. 45, S. 251. Aus der Kgl. ^^*Jg ^7/"*"
Universitäts-Ohrenklinik in Berlin) bei chronischen Mittelohrkatarrhen, chronischem
einfachen wie mit Retraction und Adhäsivprocessen complicirten Mittelohr-
katarrh
Sklerosen und beginnender nervöser Schwerhörigkeit, eine grössere wamecke.
Wirkung erzielen zu können, als mit dem Katheterismus allein.
13 Krankengeschichten sollen diese Meinung illustriren.
Lucae (Zur Mechanik des schallleitenden Apparates
bei Einwirkung der Drucksonde und über eine neue Ver-
besserung dieses Instrumentes. Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 44,
S. 245) berichtet über die von ihm angestellten Versuche, welche
die bei Anwendung der Drucksonde in Betracht kommenden Be-
wegungen des Trommelfells und der Gehörknöchelchen veranschau-
lichen sollen. Zu diesen Versuchen, deren Anordnung im Original
nachzulesen ist, diente ein Gehörorgan, das von einem notorisch
500 Schwabach.
Oruoksonde Nonualhöreuden stammte. Bei Ausübung eines Druckes auf den
bei kurzen Hammerfortsatz machte ein am Steigbügel befestigter Fühl-
affectionen liöbel regelmässig eine deutliche Bewegung nach innen , um mit
Lucae. Nachlass des Druckes sofort in die Gleichgewichtslage zurückzu-
kehren. Wenn also das Resultat dieses Druckes einer Innenbewe-
gung des schallleitenden Apparates ähnlich wie bei Luftverdichtung
im äusseren Gehörgange ist, so ist doch der Mechanismus der Ge-
hörknöchelchen dabei ein ganz anderer; es muss die ganze Kette
der letzteren, auch unter Dehnung des Axenbandes des Hammers,
des oberen Hammerbandes und des übrigen Bandapparates nach
innen verschoben werden. Demnach ist nach Verf. die Drucksonde
durch die sog. pneumatische Massage nicht ohne weiteres zu er-
setzen. Eine Wirkung von der Anwendung der Drucksonde ist nur
in noch nicht sehr vorgeschrittenen Fällen von „Sklerose" zu er-
warten. Die von Lucae an seiner Drucksonde angebrachte Ver-
besserung soll den Zweck haben, die Reibung des Stempels sowie
ein Einrosten desselben zu vermeiden. Dasselbe Instrument enthält
eine Vorrichtung zur Regulirung der Spannung der Spiralfeder,
deren Kraft vermittelst einer Schraube beliebig verändert werden
kann.
Tenotomie Die absolute Indication zur Tenotomie des Muse, tensor
des Muse, tympani lag nach Matte (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 5) in
tympani einem Falle von complicirtem Schädelbruche vor. Die Erschei-
Matte. nungen von Seiten des Ohres bestanden in quälenden subjectiven
Gehörsempfindungen und starker Herabsetzung der Hörschärfe imd
• waren nach Verf. auf den vorhandenen üeberdruck im Labyrinth
zurückzuführen, der bei bestehender Lähmung seines Antagonisten
(Muse, stapedius) durch den unbehindert wirkenden Muse, tensor
tympani hervorgerufen war. Nach der Tenotomie dieses Muskels
verschwanden die subjectiven Geräusche wie mit einem Schlage, die
Hörfähigkeit stieg bedeutend.
Operative Noltenius (Bremen) (Zur Frage der operativen Behand-
Zertrümme. j^^ ^^^ Stapesankylose. Verhandl. d. Deutsch, otol. Gesellsch.,
rang der ° r ^
Steigbügel- Würzburg 27. /28. Mai, S. 173) hat in 2 Fällen von vorgeschrittener
fussplatte Sklerose der Paukenschleimhaut mit Stapesankylose, die hochgradige
AnkyioBe Schwerhörigkeit und unerträgliches Sausen zur Folge hatte, nach
Kolteniiu. Ablösung der Ohrmuschel und Exstii^pation des Trommelfells mit
Hammer und Amboss die ankylosirte Steigbügelfussplatte zertrümmert
und in den Vorhof hineingestossen. In dem einen Falle wurde das
Ohrenkrankheiten. 501
Sausen vollständig beseitigt und das Gehör nicht unbeträchtlich ge-
bessert, in dem anderen Falle war der Erfolg negativ. In letzterem
war der Heilungsverlauf kein so idealer, wie im ersteren (hier trat
weder Secretion noch Fieber ein), vielmehr zeigte sich langdauemde
Secretion und der Gehörgang wurde in der Tiefe bis auf eine
ganz feine Oeffiiung stenosiiii. Nach diesen Erfahrungen hält N öl-
te nius das Zertrümmern und Hineinstossen der ankylosirten Steig-
bügelfiissplatte in den Vorhof zur Beseitigung schwerer Störungen,
besonders unerträglichen Ohrensausens, für einen berechtigten und
anscheinend nicht gefahrlichen, unter Umständen allerdings schwierig
auszuführenden Eingriff.
Nach A. Hartmann (Die Einwirkung der Otitis media der Allgemeine
Säuglinge auf den Ernährungszustand. Verh. der Deutschen ^'^*?."'^'^'*'^^^"
^ , Störungen
otolog. Gesellsch. zu Würzburg, 27./28. Mai, S. 87) kann die Otitis bei Otitis
media der Säuglinge mit Ernährungsstörungen verbunden sein, media der
welche in veränderter Verdauung und Gewichtsabnahme ihren Aus- Hamann ^'
druck finden. Mit der Entleerung des Secretes durch die Paracen-
tese kann in solchen Fällen die Verdauung wieder zur Norm zu-
rückkehren und auf die Gewichtsabnahme eine Gewichtszunahme
folgen. Temperaturerhöhungen, welche im Verlauf einer Darm-
erkrankung bei Säuglingen auftreten, können durch eine Otitis media
bedingt sein. Bei allen mit Temperaturerhöhung und Gewichts-
abnahme verbundenen Darmerkrankungen der Säuglinge sind die
Hörorgane zum Nachweise einer Entzündung derselben zu unter-
suchen.
Auch Max Steiner (Otitis media der Säuglinge und ihre Steiner.
Folgen. Prager med. Wochenschr. Nr. 21) hat, gestützt auf die
Erfahrungen, die er an dem Material der Breslauer Kinderklinik
und Poliklinik gesammelt hat, sich bemüht zu erforschen , wie weit
die Folgen der Otitis media im SäugHngsalter auf den übrigen Ge-
sundheitszustand reichen. Er ist dabei zu dem Resultat gekommen,
dass die von einigen Autoren aufgestellte Behauptung, es trete bei
Säuglingen durch Resorption von Entzündungsproducten der Ohr-
eiterung progrediente Atrophie und schliesslich der Tod ein, nicht
richtig sei. Dementsprechend legt er auch der von denselben Autoren
als wichtiges klinisches Symptom bei der Ohreiterung betonten Ge-
wichtsabnahme (s. oben) keine Bedeutung bei; er fand vielmehr,
dass nicht selten, trotz auftretender Otitis media, die Gewichtscurve
stieg und in anderen Fällen weder ein Steigen noch ein Sinken der-
selben eintrat. Der Verlauf der Gewichtscurve hängt nach Verf. bei
502
Schwabach.
den mit Otitis behafteten Kindern immer nur von der Ernährung
und dem Magendarmzustande derselben ab.
Trockene S. C. Larsen (Kopenhagen) (Archiv f. Ohrenheilk. Bd. 46,
Behandlung g 286) plaidirt in seinen Bemerkungen über die Behandlung
Mittelohr- ^ör acuten Mittelohreiterung für die absolut trockene Be-
eiterung, handlung mit sterilen Baumwolletampons.
Laraen.
Facialis- De Ponthi^re (Paralysie faciale au cours d'une otite moyenne
be*i acuter *^g^®5 guerison. Annal. des malad, de Toreille Bd. 24, Nr. 8)
Otitis media, theilt einen Fall von Facialislähmung im Verlauf einer
De Ponthifere. acuten Mittelohrentzündung mit, der sich nach einer
breiten Eröffiaung des Trommelfells binnen wenigen Tagen zu-
rückgebildet hat. Anknüpfend an diesen und in der Litteratur ver-
öffentlichte ähnliche Fälle glaubt Verf., dass die schlechte Prognose
einer grossen Zahl von Facialislähmungen dadurch hervorgerufen
wird, dass dieselben a priori als Erkältungslähmungen aufgefasst
und dementsprechend behandelt werden, ohne Berücksichtigung der
Erkrankungen des Ohres, der Nase und des Nasenrachenraumes.
Attgen-
muskel-
lähmangen
bei Otitis
media
pnrulenta,
Habennann.
1
Habermann's (lieber Augenmuskellähmung als Compli-
cation der eitrigen Mittelohrentzündung. Verh. der Deutsch,
otol. Gesellsch. zu Würzburg, 27./28. Mai, S. 94) Fall betrifft einen
6jährigen Knaben, bei dem im Verlaufe einer acuten eitrigen Mittel-
ohrentzündung und anderer schwerer Erscheinungen, welche die
Aufmeisselung des Warzenfortsatzes nöthig machten, Lähmung des
Nervus abducens auf der kranken Seite aufbrat. Bei der Operation
zeigte sich, dass die Entzündung nicht nur auf den Knochen des
Warzenfortsatzes und die Wand des Sinus sigmoideus, sondern auch
auf den Knochen des Pars petrosa in grösserer Ausdehnung über-
gegriffen hatte. Habermann meint, es liege nicht zu ferne anzu-
nehmen, dass die Erkrankung auch die Dura über der Felsenbein-
spitze ergriffen hatte und dass vielleicht auch noch eine umschrie-
bene Affection der Pia, wenn auch nur leichteren Grades, dazu kam.
Für diese Annahme sprechen nach Habermann die hochgradigen
Kopfschmerzen in der Stirn und linken Nasenwurzelgegend, über
die der Kranke klagte, die stets vorhandene Pulsbeschleunigung, die
öftere Brechneigung, die Stuhlverstopfung, die grosse Unruhe und
Reizbarkeit des Kranken, die Lichtscheu massigen Grades und
Hyperämie des Augenhintergrund es. Schliesslich betont Verf., dass,
wenn diese Lähmung als Zeichen des Fortschreitens der Entzündung
Ohrenkrankheiten. 503
des Schläfenbeins gegen die Schädelhöhle zu betrachten sei, sie zu-
gleich ein Signal sein müsse, möglichst rasch und ausgiebig den
Krankheitsheerd im Schläfenbein zu entfernen und auch eventuell
schon eingetretene GompHcationen, z. B. Subduralabscesse aufzusuchen
und zu behandeln.
Lud ewig (Arch. f. klin. Chir. Bd. 57, S. 703) berichtet über Extraction
die günstigen Erfolge, die er durch chirurgische Behandlung ^®" ^*^™®'^
der chronischen Mittelohreiterung und zwar speciell durch die bei
Extraction von Hammer und Amboss erzielt hat. Von 100 Fällen Mittel ohr-
wurden 80 geheilt, 8 blieben ungeheilt; bei 9 war der Erfolg unbe- ^Ludewig^*^*
kannt, bei 3 zweifelhaft. Das Hörvermögen wurde in 75 Fällen
gebessert.
K. Pringle (Trephining of the mastoid for mastoid Anti-
disease; no relief ; subsequent treatment with streptococcic strepto-
serum; recovery. Brit. med. Joum., 15. Jan.) injicirte einem serum bei
22jährigen Manne, bei dem trotz Aufmeisselung des Proc. mastoi- Mittelohr-
deus wegen acuter Mittelohreitenmg Fieber, Schmerzen, Benommen- ®^ ®''^^6'
heit fortdauerten, 13 Tage nach der Operation zu wiederholten Malen •
Antistreptokokkenserum (5 — 10 com) ein, worauf Heilung eintrat.
Verf. lässt dahingestellt, ob dies durch das Serum geschehen sei.
In Hermann Preysing's (Zwei FäUe von Pachymeningitis Pachy-
externa und Extraduralabscess bei acuter Erkrankung des °^®'mi8itis
*^ externa
Warzenfortsatzes. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 33, S. 7) beiden bei acuter
Fällen handelt es sich um eine Pachjoneningitis externa und Extra- Mastoiditis,
duralabscess nach einer sehr kurz dauernden Erkrankung des Proc. ^y^^s-
mastoideus, die noch nicht zu erheblichen Zerstörungen geführt
hatte. Die Paukenhöhle enthielt beide Male Serum, ein Zusammen-
hang mit dem Antrum war nicht nachzuweisen.
C. Biehl, Melancholische Wahnideen als Folge eines Melancholi-
otitischen Extraduralabscesses (Verh. d. Deutsch, otol. G-e- ^®^®
Seilschaft, Würzburg 27./28. Mai, S. 162). Die in der üeberschrift ^^^ach'^''
erwähnten Erscheinungen, die sich in Angstzuständen und Selbst- otitischem
mordideen äusserten, verschwanden bei dem Patienten (einem ß^^ra dural-
. . .absceas,
Sanitätssoldaten), nachdem bei der Aufmeisselung des Proc. mastoi-
deus wegen Abscesses daselbst infolge acuter Mittelohr eiterung zugleich
ein extraduraler Abscess entleert worden war. Verf. fasst die Me-
ns.1.1
504 Schwabach.
lancholie, nach dem Vorgange von Krafft-Ebing, als „einen auf
einer Emähningsstörung beruhenden krankhaften Zustand des psy-
chischen Organes" auf und meint , dass in seinem FaUe die Ernäh-
rungsstörung zu Stande gekommen sei durch Compression des Ge-
hirns infolge raschen Wachsthums des extraduralen Abscesses oder
aber auch durch Toxinintoxication aus dem Fneumokokkeneiter.
Meningitis Waldvogel (Ueber Gehirncomplicationen bei Otitis
"'t'^'UVt''^ media. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 35) veröfFentHcht 4 FäUe
Mittelohr- ... . .
eiterungen, von Meningitis serosa im Gefolge von Mittelohreiterung, um zu
Waldvogel, zeigen, dass die seröse Exsudation der Meningen sofort schwinden
kann, wenn der Eiter im Ohr rechtzeitig entleert wird, dass sie
lange anhalten und schwere Symptome machen kann, um bei rich-
tiger Behandlung der Ohren in Heilimg überzugehen, imd dass sie
schliesslich durch starken Erguss in die Ventrikel zum Tode führen
kann.
Meningitis Stanislaus v. Stein (Moskau) (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 32,
cerebrospi. g 258) berichtet über einen Fall von Meningitis cerebrospi-
doppel- nalis epidemica mit doppelseitiger Otitis. Trepanation beider
8eitig*er Processus mastoidei mit Blosslegung des Sinus transversus erzielte die
Otitis, Entleerung eines glasigen Schleims, in welchem der Diplococcus
intracellularis Weichselbaum nachgewiesen werden konnte.
indica- E. Eimini (Triest) (Ueber die Indicationen der Trepa-
tionen der nation des Warzenfortsatzes. Münchener med. Wochenschr.
Trepanation
des Warzen- S. 375) bespricht zunächst die Grundlagen fiir die Entwickelung
fortsatzes, eines Abscesses im Proc. mastoideus. Periostitis des Warzenfort-
satzes als Folge einer Otitis externa kann durch Bestehen eines
entzündlichen Oedems der Haut des Warzenfortsatzes und Ver-
drängung der Ohrmuschel, Symptome, die oft von Kopfschmerzen
und Fieber begleitet sind, einen Abscess des Proc. mastoideus vor-
täuschen. Ein Abscess am letzteren Ort ist die erste Indication
zur Trepanation. Die Diagnose desselben ist besonders in jenen
Fällen schwierig, wo die Haut über dem Warzenfortsatze trotz be-
stehenden Abscesses nicht verändert erscheint. Wenn bei Otitis
media acuta die Otorrhoe mehr als 4 — 6 Wochen dauert und keine
Dyskrasie besteht, so muss dies den Verdacht eines Abscesses wach-
inifen. Verf. berichtet über einen solchen Fall. Das Cholesteatom
erfordert meist auch die Trepanation. Sehr schwierig wird die Ent-
scheidung, ob operirt werden soll oder nicht, wenn beim Bestehen
Ohrenkrankheiten. 505
einer doppelseitigen eitrigen Mittelohrentzündung plötzlich schwere
pyämische oder cerebrale Symptome auftreten. Manchmal bilden
heftige, jeder sonstigen Therapie trotzende Kopfschmerzen beim Be-
stehen einer imilateralen Ohraffection die Veranlassung zur Trepa-
nation des Warzenfortsates.
Richard Müller spricht sich über die Indicationen zur indica-
operativen Behandlung der Mittelohreiteruns: (Deutsche ^^^'^^'J.^^^'
^ ö & \ ^ operativen
med. Wochenschr. Nr. 13) dahin aus, dass die Eröffnung des An- Behandlung
trum mastoideum bei jeder acuten Mittelohreiterung geboten sei, ^®'
die trotz sachgemässer Behandlung (er versteht darunter die eiterungen
sog. Trockenbehandlung) 14 Tage lang in unveränderter Stärke, MüUer.
ohne eine Wendung zum Bessern erkennen zu lassen, besteht, auch
wenn bedrohliche Erscheinungen noch nicht vorhanden sind. Die
Eadicaloperation ist nach Verf. gerechtfertigt bei allen chroni-
schen Mittelohreiterungen an sich, ohne weitere Complicationen,
wenn es trotz einer durch längere Zeit, und zwar mindestens 2 Mo-
nate fortgesetzten, sachgemässen Behandlung nicht gelingt, sie zu
beseitigen oder doch eine wesentliche Besserung zu erzielen. Ge-
boten ist die Radicaloperation bei beträchtlicher Zunahme der
subjectiven Beschwerden (Kopfschmerzen, Schwindel etc.), bei aus-
gesprochener Pyämie, bei Cholesteatom und bei Verdacht auf cere-
brale Complicationen (Bümabscesse, Sinusthrombose).
Passow (Heidelberg) (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 32, S. 207) Erhaltung
räth, zur Erlangung einer sicheren und schnellen Epidermisirung auric"lären
der retroauriculären Oeffnung nach der Radicaloperation Oeffnnng
chronischer Mittelohreiterungen die Wunde hinter dem Ohr aach
bis zur Heilung offen zu lassen und dann erst zu schHessen. Bei Operation,
Cholesteatom soll die Oeffnimg geschlossen werden, wenn die Ueber- Passow.
häutimg V« — 1 Jahr glatt und reizlos geblieben imd auch nach dem
Verschluss eine üebersicht über das ganze Mittelohr zu erwarten ist.
Er erhält die Oeffnung dauernd bei Neigung zu Ekzembildung imd
wenn es sich um grosse, das Antrum ausfüllende Geschwulstmassen
gehandelt hat.
Manasse und Wintermantel, Bericht über 77 Radicalope-
rationen. (Aus der Universitätsklinik für Ohrenkrankheiten zu Strass-
burg.) (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 33, S. 11.) Als Indicationen für
die Freilegung der Mittelohrräume (Radicaloperation) gelten nach
Verff. : 1. IntracranieUe Complicationen und Verdacht auf solche.
506 Schwabach.
Radicai- 2. Retroauriculäre Fisteln und Abscesse, sowie Senknngsabscesse jeder
Operation ^j^ 3 Stärkere Senkung der hinteren und oberen Gehörgangswand,
clironiacher^:. Chronische Eiterungen bezw. Cholesteatom der Mittelohrräume mit
Mittel Ohr- oder ohne Caries, die auf eine länger dauernde (Monate bis Jahre)
Manassru* niedicamentöse Behandlung nicht zurückgegangen sind. Die Ope-
Wintermantel. ration führen VerfF. nach der Zaufal-Janse naschen Methode aus,
nach Stacke nur dann, wenn der Sinus abnorm weit nach vom
gelegen ist. In allen Fällen wurde ein möglichst vollständiger Schluss
der retroauriculären Wunde angestrebt. Ganz offen blieb dieselbe
nur bei ausgedehnter Labyrinthcaries und bei intracraniellen Compli-
cationen. Für die Nachbehandlung empfehlen Verff. den feuchten
Verband mit 2*/oiger CarboUösung. Von den 77 innerhalb 2 Jahren
operirten Fällen wurden 40 geheilt, 21 blieben in Behandlung, 8 sind
gestorben, und bei 8 blieb der Ausgang unbekannt. Die Behand-
lungsdauer betrug im Durchschnitt der 40 geheilten Fälle 17,8 Wochen.
Die retroauriculäre Wunde wurde in 47 Fällen per primam geschlossen:
von diesen heilte sie per primam in 29 Fällen, per secimdam in
18 Fällen ; dauernd offen blieb sie in 20 Fällen. Fisteln im horizon-
talen Bogengang wurden in 9 Fällen notirt. In der Regel gingen
die infolge dieser Complication bestehenden Schwindelerscheinungen
nach der Ausheilung des Processes vollständig zurück. Facialis-
lähmungen traten nach der Operation 5mal auf, bis auf eine gingen
dieselben nach einiger Zeit wieder zurück. Die 8 Todesfälle sind
auf die latenten intracraniellen Complicationen (Meningitis, Him-
abscess, Sinusthrombose) zurückzuführen.
otitiBcher Wintermantel, Bericht über die in den Jahren 1896 und 1897
^"'^*^*®®"» behandelten klinischen und ambulatorischen Kranken. (Aus der Uni-
' versitätsklinik für Ohrenkranke in Strassburg.) (Ibid. S. 24.) Im
Anschluss an den ersten Bericht von Manasse und Wintermantel
gibt letzterer eine Uebersicht über die 1896 — 97 in der genannten
Anstalt behandelten Ohrenkranken, dessen Einzelheiten im Original
nachzusehen sind und erörtert alsdann einen Fall von Hir nah scess,
der, mit Glück operirt, verhältnissmässig lange nach der Operation
doch letal endigte. Die Patientin, ein 6jähriges Mädchen, dem man
nach der typischen Radicaloperation wegen chronischer Mittelohr-
eiterung und Caries einen Abscess des Schläfenlappens entleert hatte,
zeigte 9 Wochen nach der Operation, als es wegen sehr günstigen
Verlaufes bereits der Entlassimg nahe war, plötzlich wieder be-
unruhigende Symptome, Kopfweh, Erbrechen, Verschlimmerung der
Lähmungen, so dass man sich veranlasst fühlte, noch einmal die
Ohrenkrankheiten. 507
Abscesshöhle breit zu eröffnen und die umliegenden Meningealtheile
freizulegen. Das Kind ging nach einigen Tagen an eitriger Cerebro-
spinalmeningitis zu Grunde. Dieser ungünstige Ausgang ist nach
Verf. auf die Configuration des Abscesses zurückzufuhren. Derselbe
bildete, wie die Obduction ergab, keine überall geschlossene Höhle,
sondern setzte sich aus vielen Buchten zusammen und entbehrte vor
allem einer derberen Wandung. Ein Durchbruch in einen Ventrikel
und infolge davon Ventrikelmeningitis ist sehr leicht möglich, wenn
solche Taschen und Risse sich in der Nähe eines Ventrikels finden.
In vorliegendem Falle war eine solche Communication zwischen Abs-
cess und Ventrikel mit Ventrikelmeningitis zu Stande gekommen.
Ob jedoch ein Durchbruch vom Abscess in den Ventrikel statt-
gefunden hatte oder umgekehrt die unter hohem Druck stehende
Flüssigkeit des Ventrikels in die Abscesshöhle durchgebrochen war,
nachdem eine eitrige Ependymitis mit starker Secretion durch Blut-
und Lymphwege zu Stande gekommen war, lässt Verf. dahingestellt.
Jansen (Einiges zur Plastik beiRadicaloperationen. Verh. Plastik bei
der deutschen otol. Gesellsch., Würzburg 27 ./28. Mai, S. 196) rühmt ^^dical-
: o r 7 / Operationen,
die guten Erfolge, die er mit der Körner'schen Plastik (Bildung Jansen.
eines Lappens aus der häutigen hinteren Gehörgangswand und aus
einem entsprechenden Theil der Concha) entweder allein oder in
Verbindung mit Thiersch'schen Lappen bei der Radicaloperation
der chronischen Mittelohreiterungen erzielt hat. Bezüglich der Einzel-
heiten des Verfahrens, namentlich einiger von Verf. an demselben vor-
genommenen Modificationen muss auf das Original verwiesen werden.
Lombard (De Temploi de la fraise et du tour 61ectrique dans Elektrischer
las interventions sur la mastoide et le rocher. Annal. des mal. de ^^^'®' \^^
Radical-
l'oreiUe etc. Bd. 24, Nr. 9) redet bei Radicaloperationen der Operationen,
Anwendung des elektrischen Bohrers statt Hanmiers und Lombard.
Meisseis das Wort. Er sucht die Vorzüge dieses Verfahrens an
einem Fall von Cholesteatom und Caries zu beweisen, bei dem die
Radicaloperation auf diese Weise mit Erfolg ausgeführt worden ist.
Pierre Audion und Albert Mouchet (Mastoidite suppuree; Multiple
osteomyelite k foyers multiples tibia, humerus, clavicule. Gazette heb- ^"*®^*
dorn, de m^d. et de chir., 1. Dec, S. 1194) berichten über einen Fall nach Otitis
von multipler Osteomyelitis bei einem 9jährigen Knaben, als media acuta,
deren wahrscheinliche Ursache sie die vorausgegangene Otitis media ^"^^"^ *•
purulenta acuta, eventuell eine zu gleicher Zeit vorhandene Blepha-
ritis glauben ansehen zu sollen.
508
Schwabach.
PyämiBOhe
Sinns-
thrombose,
Whiting.
Einen Beitrag znr Symptomatologie und Behandlung der
pyämischen Sinusthrombose auf Grund dreier erfolgreich be-
handelter Fälle liefert Fred. Whiting in New York (Zeitschr. f.
Ohrenheilk. Bd. 33 , S. 324). Bemerkenswerth ist das wiederholte
Auftreten von peripher gelegenen Metastasen, nachdem der Zugang
zu den Lungen durch die Unterbindung der Jugularis abgeschnit-
ten war.
Thrombose
des Bulbus
venae
jugularis,
HoifiDtiaiin.
Ueber einen Fall von Thrombose des Bulbus venae jugu-
laris berichtet Richard Ho ff mann (Dresden) in den Verh. der
deutschen otol. Gesellsch. zu Würzburg, 27./28. Mai. Nach erfolg-
loser Eröffnung des Antrum mastoideum wurde in einer zweiten
Operation die mittlere Schädelgrube und, da auch hier kein Krank-
heitsprocess gefunden wurde, der Sinus transversus freigelegt, wobei
durch Verletzung mit einem Knochensplitter eine heftige Blutung
aus dem Sinus eintrat. 4 Tage später Exitus letalis. Bei der Ob-
duction fand sich als Ursache der pyämischen Erscheinungen Phle-
bitis purulenta venae jugularis sinistrae. — Derselbe Autor theilt an
derselben Stelle einen ebenfalls erfolglos operirten Fall von Sinus-
und Jugularisthrombose infolge von chronischer Mittelohreite-
rung mit. Die Thrombose dehnte sich, wie die Obduction ergab,
peripher bis zum Torcular Herophili aus ; sowohl im Sinus als auch
im Bulbus venae jugularis und im obersten Theil der Jugularis dicker,
graugelber Eiter.
Otitische Beiträge zur Casuistik der otitischen Pyämie liefert Carl
s^^dt' '^' M. Schmidt (Odessa) (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 46). Von
im ganzen 8 Fällen verliefen 2 ohne Operation glücklich, einer endete
letal, 6 Fälle kamen zur Operation ; davon wurden 3 geheilt, 2 starben.
Otitische
und
rhinitisohe
SinuB-
erkran*
kungen,
Preysing.
H. Preysing (Rostock) (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 32, S. 227)
theilt seine klinischen Erfahrungen über otitische und rhinitisohe
Sinuserkrankungen und Allgemeininfectionen, sowie über centrale
Taubheit bei eitrigen Entzündungen in der Schädelhöhle mit, die sich
auf 9 Fälle beziehen. Von den operirten Fällen an Sinusphlebitis
wurden 3 geheilt, 4 starben. In dem einen der geheilten Fälle
(74jährige Frau), bei der die Ohreneiterung schon 60 Jahre lang
bestand, trat vorübergehend beiderseitige Taubheit auf, die Verf. als
centrale auffasst und die vielleicht auf eine Circulationsstörung
im Hirn infolge der durch Abducenslähmung , Exophthalmus und
Schwellung der beiden Papillae nervi optici sich documentirenden
II ■ ^nmktr-smsrr^^^MT
509
Phlebitis de« Sizm« set-^tii »scsr y:;— :. i,:». ; r^^^ ii::. R:ri:f:liri der
transrersss sjünjin siji. T-sn. r^»." tt IlIi^. äi£=^ Sxjjl SniTi?i»iii5' «cue
solche riiii ziLtiaon*:. Z»er Pil:^ koEHL* iii^erii&rTiT 11:1^1 acf dem
Wege derBhir:]
geleitete 'EiTzJ^e
m ^"aIl:H^ sz'iiDterT enifJi-niK: ziz*j1: seim.:!: iv»n-
JordÄH «Eiuie
intracranielier C
heilk. Bd. 44. S.
L ^^ Ca£ni5n>2iier Beirrar mr Lrtij^ t:«ii den
TLi licatizrer der OTitis. At'JL. 1. Ohren-
l'^l?
r:i~Ht ETi: ♦j-T
*iT,.CT^
sr ^Ht» : !>acl.T'
-C m aer
Halle'schen OLrsLkliLiK niit Ltiiten t^rriinrc-ei: m k:»iniei:, d&ss
der otitisclieüi Pr-Lmie innner eiiie Sii:T2«:iLr:»n':»:ri»r m Gn^de üe^rft.
die man bei gränüiciiein STicien i-nrii üe «-»lÖTirtioii immer na.tb-
lüreisen könne. Der rweiw TtZ Jriars ist darur::!. t^ffTLerkenj»-
werth- dass bei dem an cLri'xi^iiisr Mittel: hrerr-err:!:^ leidenden Pa-
tienten anf Gnmd der unter des Verfassers ATi^ren s: jh enrw-i ekeln dein
sensoriscJiei Aphasie die l>iagn:i?!* aTif Sc-Lläfenl&T T»ei.&''is.c^ess mit
grosser Sicherbeit gesteüi -werden ki^nnte. Der t:»dii::he Ans^nc
konnte durch die öperatiTe Entleercng des Abscesses nicht verhindert
werden.
latra-
Coinpli-
der C«xiu&,
Jordui.
1. Körner, Ein Fall von CLlorom beider Schlilenbeine,
beider Sinns sigmoidei nnd beider Orbitae, eine otitische
Phlebitis des Sinns cavernosus rortanschend tZeitschr. f.
Ohrenheilk. Bd. 29, S. 92>. — 2. Lnbarsch. Zur Kenntniss der
Chlorome des Schläfenbeins libü Bd. 32, S. 129i. 1. Bei dem
6jährigen Patienten, der wegen Schwerhörigkeit und Kopfschmerzen
in Körner's Behandlnng kam, fand sich ausser diesen Erschei-
nungen beiderseitiger, besonders ünks stark entwickelter Exophthal-
mus, beiderseits Abducenslähmung, starke Ausdehnung der Haut-
venen der Stirn und des Vorderkopfes, Schwellung beider Schläfen-
gegenden, beiderseits Stauungspapille. Beide Trommelfelle stark
hervorgewölbt; durch Paracentese beiderseits reichlich geruchloser
Eiter entleert. Proc. mastoideus sinister auf Druck emptindlich.
Es wurde die Diagnose auf phlebitische Thrombose beider Sinus
cavemosi, inducirt durch beiderseitige eitrige Entzündung der Pauken-
höhle, gestellt. Wegen zunehmender Empfindlichkeit am Proc. masto'
deus und Temperatursteigerung auf 39,2» wurde die Aufmeisselui
des linken Warzenfortsatzes vorgenonunen , die beabsichtigte Fn
legung des Sinus sigmoideus jedoch wegen eintretenden Collaps
aufgegeben. 6 Wochen nach der Operation trat, ohne dass bis dahi
bf ins.
Körner,
510
Schwabach.
Chlorom
deB
Schlafen-
beins,
Körner,
Labarsch.
sieb eine Aendening im Zustande des Patienten eingestellt batte, der
Tod ein. — 2. Die von Lubarscb vorgenommene Obduction ergab,
dass kein Sinus pblebitiscb erkrankt war; doch fand man beide
Sinus transversi in ibren den Schläfenbeinen anliegenden Theilen
durch grün gefärbte Tumoren, die von der Sinuswand ausgingen,
fast vollständig verstopft. Aehnliche Tumormassen waren, von der
Schädelbasis ausgehend, in die Schläfenbeine hineingewuchert ; aucb
das Keilbein war von der Tumormasse durchsetzt. Femer fanden
sich im hinteren Theile beider Augenhöhlen haselnussgrosse Gre-
schwülste und eben solche — bilateral symmetrisch — in den Tem-
poralmuskeln. Die mikroskopische Untersuchung bestätigte die schon
makroskopisch wegen der grünen Farbe der Geschwülste gestellte
Diagnose „Chlorom". Bemerkenswertb ist, dass Lubarsch bei der
mikroskopischen Untersuchung der Gaumentonsillen und einiger Hals-
lymphknoten Tuberkelbacillen fand, obgleich sonst im Körper nichts
von Tuberculose nachgewiesen werden konnte. Dabei fanden sich
die tuberculösen Lymphknoten mitten unter solchen, die einfach hyper-
plastisch waren und somit im wesentlichen den Chloromen glichen.
Die histologische Structur der Chlorome zeigte eine so völlige Ueber-
einstimmung mit der der Lymphome und Lymphosarkome, dass man
ohne die nur makroskopisch nachweisbare grüne Färbung überhaupt
nicht an etwas anderes als diese Tumoren hätte denken können.
Dazu kommt, dass neben deutlich grünen Tumoren auch ungefärbte,
von dem Typus der gewöhnlichen, aleukämischen Lymphome vor-
handen waren. Bezüglich der grünen Färbung der Tumoren betont
Verf., dass ihm die Ursache derselben noch ebenso unbekannt sei,
wie die grünliche Farbe des Eiters. Er schliesst sich übrigens der
Ansicht Eecklinghausen's an, der die rein lymphomatöse Structur
für wichtiger als die grüne Farbe hält. Mit Eücksicht auf den
oben erwähnten Befund von Tuberkelbacillen hält es Verf. für wahr-
scheinlich, dass in der Aetiologie der Lymphosarkomatose und ver-
wandten Krankheiten den Tuberkelbacillen und ihren Giften eine
bedeutende Rolle zufallt.
Neues Nach den Untersuchungen von F. Voss (Ein neues Symptom
Symptom ^^j, obturirenden Lateralsinusthrombose. Zeitschr. f. Ohren-
der Lateral- ...
Sinns- heilk. Bd. 32, H. 3) ist das continuirliche Sausen bei m&s-
thrombose, sigem Druck des Stethoskops auf die Jugularis der ge-
sunden Seite und das Fehlen dieses Geräusches auf der
kranken Seite das für die obturirende Thrombose Charak-
teristische. Die Carotis dient zur ControUe des Druckes; ihre
Ohrenkrankheiten. 511
Töne müssen völlig rein erhalten bleiben ; dann ist das Venengeräusch
am stärksten. Der Stamm der Jngolaris ist für die Untersuchung
weniger gut geeignet, als die Stelle der Theilung in ihre Aeste;
Yenenwinkel möglichst nahe der Schädelbasis.
Charles Thigpen (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 32, H. 2) be- Compli-
richtet über einige PäUe von Complicationen bei Mittelohr- ®**^*^{*®"
eiterung: 1. Empyem des Warzenfortsatzes. Extraduralabscess. Mitteiohr-
Spontaner Durchbruch nach aussen« Operation. Heilung' 2. Chro- eiterungen,
nische Mittelohreiterung mit Betheiligung des Warzenfortsatzes. Ex-
tradural- und Cerebralabscess. Operation. Autopsie. 8. Otitis media
purulenta. Faracentese. Eröffiiung des Warzenfortsatzes ; kein Eiter dq-^^i*
gefunden. Typische Pyämie. Heilung. acuter
Hirnabtcess
H. Selig mann (Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 32, H. 2) berichtet Trepanation
über einen Fall von doppeltem acutem Hirnabscess nach Auf- dei Proc
meisselung des Warzenfortsatzes. Heilung. mastoideuB,
Th. Barr (Glasgow) (Ein Fall von Labyrinthnekrose. Tod Labyrinth-
durch Kleinhimabscess und allgemeine Leptomeningitis. Zeitschr. f. »«kroie,
Ohrenheilk. Bd. 33, HL 1) beschreibt das linke Schläfenbein eines
17jährigen Burschen, der seit 7 Jahren an doppelseitiger Mittelohr-
eiterung gelitten, unter Freilegung des Sinus sigmoideus und der den
äusseren Theil des Bodens der mittleren Schädelgrube auskleidenden
Dura mater opeiirt, an einer Erkrankung des Kleinhirns und Lepto-
meningitis gestorben war. Den Felsenbeintheil nimmt eine grosse
Höhle ein, die mit dem Antrum in Zusammenhang steht, die Folge
einer nekrotischen Zerstörung des gesammten Labyrinths. Die einzige
noch vorhandene Spur des letzteren ist ein kleiner, loser Sequester,
der zur Schnecke gehört. Im Dach dieser Höhle, correspondirend
mit der Lage der Schnecke, befindet sich eine cariöse Oeffnung, die
zwar durch den knöchernen Theil der mittleren Schädelgrube hin-
durchg^t, ab^ von gesunder Dura mater bedeckt ist. Die Lamina
cribrosa ist gänzlich weggefressen und der Gehörnerv hier TölHg
durchtrennt. Der Stamm des Nerven ist besonders am Eingang in
den Meatos auditorius internus erheblich verdickt. Der Nervus fa-
cialis ißt im Meatus auditorius internus mit den Gehörnerven un-
trennbar vereinigt und nimmt augenscheinlich an dessen Schwellung
und Verdickung TheiL Am Ganglion geniculi ist er infolge der Caries
am Bodött der mittleren Schädelgrube von seiner kBöchemen Decke
entblöBSt und liegt unmittelbar unter der Dura mater, 'während er
512
Schwabach.
Labyrinth- an dem unteren Theile der inneren Paukenhöhlenwand zerstört ist.
nekroae, j^^^^ Kleinhirn ist im vorderen Theil des Lobus lateralis in der Nähe
Barr.
des Meatus auditorius internus oberflächlich ulcerirt. Es verbreitet
sich übelriechender Eiter in massiger Menge nach der Mitte zu bis
ins Gewebe des Kleinhirns. In den Maschen der Arachnoidea, so-
wohl an der Conveidtät wie der Basis des Gehirns, ist eine aus-
gedehnte fibrinöse Exsudation zu sehen, besonders ausgesprochen an
der linken Seite der MeduUa und des Pons, wo die Nervi abducens,
facialis, acusticus, glossopharyngeus und vagus mit in die Exsudation
hineingezogen sind.
Operativ
geheilter
otitischer
Kleinhirn-
abscesB,
MüUer.
Operativ
geheilter
otitischer
Schläfen-
lappen-
abscese,
Hofhnann,
Heine.
Heber einen operativ geheilten otitischen Kleinhirn-
abs c es s berichtet Richard Müller (Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 49). Die Erscheinungen, welche den Abscess vermuthen Hessen,
traten erst nach der wegen chronischer Mittelohreiterung vorgenom-
menen Radicaloperation ein, und Verf. glaubt, dass infolge des Meis-
seins von dem Abscess aus mobil gemachte Stoffe in die Lymph-
und Blutbahn gelangt seien und diese Erscheinungen bedingt haben.
Die Trepanation auf das Kleinhirn wurde nicht von der Mastoid-
wunde, sondern aussen vom Os occipitale aus vorgenommen. Heilung
per primam 3 Monate nach der letzten Operation.
Egon Hoff mann (Greifswald) (Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 29) brachte einen EallvonHirnabscess zur Heilung, nachdem
vorher ohne Erfolg ein Epiduralabscess der mittleren Schädelgrube
durch Trepanation des Schläfenbeins oberhalb des äusseren Gehör-
gangs entleert worden war. Linksseitige Extremitätenlähmung wies
auf den Sitz des Abscesses im rechten Schläfenlappen (bei rechts-
seitiger chronischer Mittelohreiterung) hin, und es konnte nun der
Abscess von der alten Trepanationswunde aus ohne Schwierigkeit
eröänet werden.
Heine (Berlin) (Arch. f. Ohrenheilk. Bd. 45, S. 269) liefert einen
casuistischen Beitrag über otitischen Hirnabscess. In allen
3 Fällen handelte es sich um linksseitigen Schläfenlappenabscess,
und alle 3 Fälle wurden durch Operation geheilt.
Aus dem Bericht über 3 operirte Fälle von otitischem
Schläfelappenabscess mit letalem Ausgange von Fr. Röpke
(Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. 33, S. 290) ist bemerkenswerth , dass
in 2 Fällen bei der Obduction die obere Fläche der Pyramide morsch
und grau verfärbt gefunden wurde, Veränderungen, die, wie Verf.
Ohrenkrankheiten.
513
annimint, secundär durch die Nachbarschaft des Himabscesses be*
dingt waren und die die Erscheinungen von Seiten des Trigeminus,
welche bei beiden Patienten bestanden (neuralgische Schmerzen), er-
klärten, da auch das Ganglion Gasseri in Mitleidenschaft gezogen
war. Bemerkenswerth ist femer der im ersten Falle beobachtete „Heiss-
hunger" und für den zweiten Fall der Nachweis eines zweiten Ab-
scesses im OccipitaUappen bei der Obduction. Der Tod in diesem
Falle war durch Blutung in das Corpus striatum erfolgt. Im dritten
Falle konnte die Obduction nicht gemacht werden.
M. Coville und A. Lombard (Otite moyenne suppur^e chro-
nique chez im tuberculeux. Abc^s du cerveau. Trepanation par la
voie mastoidienne. Annales des mal. de Tor. etc. Nr. 11, S. 424) ent-
leerten, nach vorausgegangener Badicaloperation wegen chronischer
Mittelohreiterung einen Hirnabscess, zunächst mit günstigen Er-
folgen, doch ging der Patient bald an Tuberculose zu Grunde.
A. Barkaufs Mittheilung (Zeitschr. f Ohrenheilk. Bd. 33, S. 41)
betrifft einen FaU von chronischer Mittelohreiterung, Abscess
im Lobus temporo-sphenoidalis mit nachfolgender eitriger
Leptomeningitis. Trotz Operation erfolgte der Exitus letalis.
Tödtlich
verlaufene
otitische
Hirn-
abscesse,
Böpke,
Coville u.
Lombard,
Barkan.
Die beiden von Manasse (Strassburg i. E.) (Ueber primären Primärer
Mittelohrkrebs mit secundären Labyrinthveränderungen. ^***®J^°"'"
kreos,
Verhandl. d. Deutsch, otol. Gesellschaft zu Würzburg, 27./28. Mai, Manasse.
S- 109) mitgetheilten Fälle wiesen bei der mikroskopischen ünter-
suchimg ausser den durch den Homkrebs bedingten Veränderungen
im Mittelohr solche im inneren Ohr auf, die zwar nichts Specifisches
für Carcinom hatten (chronische ossificirende Periostitis interna und
ausgedehnte hyaline Degeneration), von denen es Manasse aber
doch für möglich hält, dass sie durch die Krebsbildung im Mittelohr
veranlasst worden seien. Abbildung imd ausführliche Beschreibung
der anatomischen Veränderungen siehe im Original.
In Kirchner's FaU (Bösartige Neubildung nach Mittel- Sarkom des
ohreiterung. Verhandl. d. Deutsch, otol. Gesellsch. Würzburg, ^^^^g*"/*'
27./28. Mai, S. 196) handelt es sich um ein Sarkom, ausgehend von
den zelligen Hohlräumen des Warzenfortsatzes, das allmählich den
ganzen Felsentheil ergriff und zu einer so hochgradigen Erweichung
des Knochens führte, dass bei der Section das ganze Schläfenbein
mit dem Messer ohne Zuhülfenahme von Meissel und Säge aus dem
Schädel herausgenommen werden konnte. Bei der mehrere Wochen
vor dem Tode vorgenommenen Eröffnung des Warzenfortsatzes stiess
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 33
514 Schwabach.
man sogleich nach Entfemong der oberen Knochenschichten auf eine
höckrige, nach allen Richtungen hin ausgedehnte Geschwulstmasse,
welche nicht zu isoüren war. Es musste daher wegen der bedeu-
tenden Ausdehnung der Geschwulst von einer operativen Entfernung
Abstand genommen werden.
Carcinom Treitel (BerKn) (Ueber das Carcinom des Ohres. Zeitschr.
*Trcite"' ^' Ohrenheilk. Bd. 33, H. 2) veröffentlicht 2 Fälle von Carcinom des
Ohres. Bei dem einen, der unter dem Bilde chronischer, mit Granu-
lationsbildung einhergehender Eiterung auftrat und unter den Com-
plicationen von Recurrens- und Facialislahmung Letal endete, handelte
es sich um ein typisches Epithelialcarcinom mit Ferlenbildung. Das-
selbe hatte, wie die Section ergab, das Felsenbein in grosser Aus-
dehnung zerstört und fast die ganze linke hintere Schadelgrube mit
einer gelblichweiss durchscheinenden Masse bedeckt. — Der andere
Fall betrifft eine seit 17 Jahren an Ohreiterung leidende 77jährige
Patientin, deren Gehörgang von blassgraurothen Granulationen aus-
gefüllt ist. Mikroskopisch zeigen letztere das Bild mehrfach ver-
zweigter, drüsenfbrmiger Schlauche, von verschiedenen Mittelpunkten
ausgehend, mit cubischer bis cylindrischer Epithelauskleidung.
Labyrinth- A. Jansen (Berlin) (Arch. f Ohrenheilk. Bd. 46, 8. 193) be-
^^j richtet über eine häufige Art der Betheiligung des Laby-
Hitteiohr- rinthes bei den Mittelohreiterungen auf Grund eines Materials
eitcrungen,^^^ 169 Fällen. In der grossen Mehrzahl der Fälle (124) war der
horizontale Bogengang betroffen, in 7 der obere, in 9 die zugewandten
Schenkel der verticalen Bogengänge. Im Anschluss an diese durch
die Krankheit des Mittelohrs (Cholesteatom, Tuberculose) bedingte
Affection des Labyrinthes theilt Verf. noch 13 Fälle mit, bei denen
die Bogengänge bei der an ihnen vorgenommenen Radicaloperation
verletzt wurden. Die Erscheinungen in allen Fällen bezogen sich
im wesentlichen auf Gleichgewichtsstörungen: Schwindel, schwanken-
der Gang, Uebelkeit, Erbrechen und oscillatorische Augenbewegungen
(Nystagmus). 34 Kranke starben , zum Theil an Tuberculose , die
Hälfte nur an den Folgen der Labyrintheiterung, 3 an EUeinhim-
abscesB, 16 an Arachnitis purulenta. In 10 Fällen nahm Verf. Ein-
griffe ins Labjrrinth vor, imd zwar 6mal von geringfügiger (Aus-
schaben des Vestibulums etc.), 4mal von eingreifenderer Art (Auf-
meisselung der Knochenschale des Labyrinths etc.). Zwei dieser
Fälle gingen an Meningitis zu Grunde, in den übrigen trat Besserung
der schweren Erscheinungen ein.
Ohi*enkrankheiten. 515
Unter den von A. Scheibe (München) (Durchbruch in das Scheibe.
Labyrinth, insbesondere bei der acuten Form der Mittel-
ohreiterung. Verhandl. d. Deutsch, otol. Gesellsch. in Würzburg,
27./28. Mai, S. 123) mitgetheilten Fällen betrifft der erste einen
56jährigen Diabetiker, bei dem wegen Eiterung im Warzenfortsatz
nach acuter Otitis media die Aufmeisselung gemacht worden war.
Nach wochenlangem Wohlbefinden traten wieder Schwindel, Er-
brechen und Taubheit ein, und Patient ging nach weiteren 9 Wochen
zu Grunde. Bei der Obduction fand sich im Mittelohr ein dickes
Granulationspolster in der Gegend des ovalen Fensters; die mikro-
skopische Untersuchung ergab an der Labyrinthkapsel circumscripte
Nekrose um einen Markraum herum neben rareficirender Ostitis und
Erweichung des Knochens durch Resorption der Kalksalze. Im
inneren Ohr fand sich eine heftige eitrige, zum Theil fibrinöse Ent-
zündung, am auffallendsten in den Bogengängen, schwächer im Vor-
hof und der Schnecke, in letzterer besonders in der ersten Windung.
Der Durchbruch in das innere Ohr war an drei Stellen erfolgt:
am hinteren Bogengang, am oberen Bogengang und an der oberen
Peripherie des Steigbügel-Ringbandes. Der Durchbruch aus dem
inneren Ohr in die Schädelhöhle geschah auf dem Wege des inneren
Gehörganges. Li dem zweiten Fall des Verfassers handelt es sich um
das acute Recidiv einer chronischen Eiterung mit Cholesteatom-
bildung. Auch hier trat schnell vollständige Taubheit ein. Der Tod
erfolgte nach 4 Wochen aus anderer Ursache. Die mikroskopische
Untersuchung des Felsenbeins ergab den ganzen horizontalen Bogen-
gang mit Granulationsgewebe erfüllt; der Durchbruch in denselben
war offenbar durch Druckusur des Cholesteatoms erfolgt. Auf Grund
dieser beiden und eines dritten von Hab ermann histologisch unter-
suchten Falles nimmt Verf. an, dass als einziges Symptom des Eiter-
durchbruchs vom mittleren in das innere Ohr der Eintritt von Taub-
heit auf dem kranken Ohr anzusehen sei; wenn auch die Diagnose
auf Grund dieses Symptomes nicht mit Sicherheit zu stellen sei.
Verf. erörtert weiterhin, weshalb die Labyrintheiterung nach acuten
Mittelohreiteiningen weniger häufig vorkomme als bei chronischen.
Den Grund dafür sieht er darin, dass die bei letzterer vorherrschende
nekrotisirende Entzündung an den Weichtheilen sowohl als auch an
der Labyrinthkapsel weniger Widerstand findet als die einfache
acute Entzündung. Die Prognose ist bei Durchbruch nach acuter
Eiterung ungünstiger als nach chronischer, weil die erstere in der
Regel zum geschlossenen, die letztere zum offenen Labyrinthabscess
fuhrt. Bezüglich der Therapi«* ' ' '^i^jlein operativen
516 Schwabach.
Vorgehen die Zukunft gehöre, wenn auch über die Art desselben
vorläufig sich noch nichts Bestimmtes sagen lasse.
Labyrinth- Photiad^s und Gabrielid^s (Gonstantinopel) (Un cas de sour-
bei Fractufa^^*^ ^^^^ troubles de requüibre et exophthalmie pulsatile k la suite
basis cranii, d'une fracture de la base du cräne. Annales des mal. de l'or. etc.
Photiadö» u. ßj 24, Nr. 8) geben die ausfuhrliche Krankengeschichte eines Mannes,
der mit doppelseitiger iaubneit, linksseitiger Facialis-
lähmung und linksseitigem pulsirendem Exophthalmus
in die Behandlung trat; Erscheinungen, die er von einem 3 Jahre
zuvor erlittenen Sturz von einem Baum zurückbehalten hatte. Sie
nehmen an, dass es sich um eine Schädelbasisfractur gehandelt hat,
die in der Gegend des linken Foramen stylomastoideum beginnend
sich bis zum Keilbeinkörper erstreckt hat. Hierbei sind Facialis und
Labyrinth getroffen. Den pulsirenden Exophthalmus erklären sich
die VerflF. damit, dass die Carotis beim Durchgang durch den Sinus
cavernosus verletzt worden ist. Bezüglich der Verletzungen des
rechten Ohres lassen sie die Frage offen, ob dieselben die Wirkung
des Contrecoup beim Fall sind , oder ob die Fractur sich in Form
eines Sprunges bis zum rechten Labyrinth ausgedehnt hat.
Sarkom am A. Druault, Sarkom am innern Gehörgang (Annal. des
Oehöreanff Diftlö'^- -^^ l'oreille etc. Bd. 24, Nr. 8). Ein ITjähriges Mädchen zeigt
Draault. seit seinem 10. Lebensjahre die Symptome eines sich allmählich ent-
wickelnden intracranieUen Tumors, bestellend, ausser den charakteri-
stischen Allgemeinerscheinungen, in rechtsseitiger Facialislähmung,
rechtsseitiger Hemiparese, fast vollkommener rechtsseitiger Taubheit.
Eine auf der linken Seite in der Gegend der Roland'schen Furche
vorgenommene Trepanation zeigt die Meningen und das Gehirn, so-
weit es freigelegt ist, gesund. Die Function des Seiten Ventrikels
ergibt einige Cubikcentimeter klarer Flüssigkeit. Unter Yei*schlim-
merung des Allgemeinbefindens tritt nach einigen Wochen der Tod
ein. Die Section ergibt ein Sarkom der Pia mater von 4 — 5 cm
Durchmesser, das, in dem rechten Tlieil der hinteren Schädelgrube
frei gelegen, nur mit dem Facialis und Acusticus verwachsen und
durch Einsenkung in den inneren Gehörgang dem Felsenbein ad-
härcnt ist.
R. Müller (Zur Diagnose der traumatischen Affectionen
des inneren Ohrs. Deutsche med. Wochenschr., 2. Aug.) hat bei
der Hälfte der von ihm imtersuchten Unfallverletzten, die sämmtlich
Ohrenkrankheiten . 517
das gleiche Krankheitsbild — Schwerhörigkeit bezw. Taubheit, sub- Trauma-
jeetive Geräusche, Schwindel und Kopfschmerzen — zeigten, ein »f/^^r^^
gleiches objectiv nachweisbares Symptom gefunden. Der otoskopische des inneren
Befund ergab nämlich chronisch hj^erämische Zustände in der Tiefe Ohrs,
des äusseren Gehörgangs und chronisch hyperämische Zustände am
Trommelfell. Um den Zusammenhang dieses Befundes mit der AflPec-
tion des nervösen Gehörapparates zu beweisen, geht Verf. auf die
pathologisch-anatomischen Veränderungen, die dem durch das Trauma
hervorgerufenen Symptomencomplex zu Ginmde liegen, näher ein. Er
kommt hierbei zu dem Resultat, dass es sich hauptsächlich um Ver-
änderungen in den Geiassbahnen handelt, besonders um Vermehrung
derselben und daraus resultirende Hyperämie im Labjrrinth, in den
centralen Abschnitten des venösen Gehörapparates und in deren Um-
gebung im Gehirn. Diese Veränderungen in den Blutbahnen dienen
Verf. zur Erklärung der im äusseren Gehörgang und am Trommel-
fell constatirten hyperämischen Verhältnisse. Auch hier im äusseren
Gehörgang und am Trommelfell kann es nach Verfassers Annahme, wie
im Gehirne in den Hirnhäuten und im Labyrinth durch die Er-
schütterung bei dem Unfall infolge von Lähmimg der vasomotori-
schen Nerven zu Störungen und Verändenmgen im Circulations-
system kommen ; auch hier kann Vermehrung der kleinen und klein-
sten Gefesse eintreten imd damit der Thatbestand einer bleibenden
Hyperämie gegeben sein.
Einen Beitrag zur Pathologie des corticalen Hörcen- Pathologie
trums liefert Ferdinand Alt (Wien. med. Wochenschr. Nr. 10) ^f^
durch Mittheilung eines einschlägigen, einen 33jährigen, früher gör-
syphilitisch inficirten Mann betreffenden Falles. Patient hatte plötz- centrums,
lieh, unter gleichzeitiger Lähmung der rechten Körperseite, die '
Sprache verloren, war auf dem rechten Ohr taub geworden und
klagte über Schwindel und Sausen. Dabei hatte er die Erinnerung an
alles, was er früher erlebt hatte, verloren. Verf. glaubt, dass eine
Durchbrechung der Stabkranzfaserung des linken Schläfenlappens
durch einen Krankheitsheerd (wahrscheinlich eine durch syphilitische
Endarteriitis bedingte Erweichung), der einestheils gegen die Rinde,
andererseits markwärts in die Tiefe vordringt, das Zusammentreffen
aller der genannten Symptome (amnestische Aphasie, rechtsseitige
Hemiplegie, gekreuzte Taubheit) erklären könne.
Habermann (Graz), Erkrankung des Ohres infolge von
Endocarditis (Verh. der Deutsch, otol. Gesellsch. zu Würzburg,
518 Schwabach.
Ohr- 27.(28. Mai, S. 90). Bei einem 53jährigeii Maurer, der an Insu£ficienz
^^ IvLTch^^ ^^^ Stenose der Valvula bicuspidalis litt, trat plötzlich ohne beson-
Endo- dere Veranlassung vollständige Taubheit auf dem rechten Ohre ein.
carditis, Vorausgegangene halbseitige Extremitätenlähmung und Endocarditis
deuten nach Verf. darauf hin, dass zur Lähmung des Acusticus wahr-
scheinlich eine Embolie die Veranlassung gegeben haben dürfte, zu-
mal eine andere Ursache fiir die Taubheit nicht zu finden war. Be-
züglich des Ortes, wo die Embolie stattfand, weisen die Beschrankt-
heit der Lähmung auf den Hörsinn und das Fehlen anderer Symptome
auf die peripheren Theile der Leitungsbahnen dieses Nerven hin,
wahrscheinlich also war sie in der Art. auditoria erfolgt. Vollständige
Sicherheit hierüber wäre natürlich nur durch die leider nicht statt-
gehabte Section zu gewinnen gewesen.
Labyrinth- Bei James Finlayson's (The diagnosis during life of retinal
V^*ta^I*^^ and labyrinthian haemorrhages in a case of splenic leuk-
Finlaygon. aemia. Brit. med. Joum., 31. Oct.) bereits vor 10 Jahren zur Be-
obachtung gekommenem Fall von chronischer Leukämie, eine 29jährige
Frau betreffend, war wenige Wochen vor dem Tode plötzlich hoch-
gradige Schwerhörigkeit, Ohrensausen und Schwindel aufgetreten
und mit Rücksicht auf den mangelnden Objectivbeftmd und die
ophthalmoskopisch constatirte Betinalblutung eine Blutung ins innere
Ohr diagnosticirt worden. Bei der Obduction fand sich das Mittelohr
frei, dagegen Blutung im Vestibulum und in der ersten Schnecken-
windung.
Lehrbücher und Monographieen.
L. B 1 a u , Die Erkrankungen des Gehörorgans bei Masern und bei Influenza.
Haug's klin. Vortr. Bd. 2, Heft 14. Jena.
G. B r Ü h 1 , Das menschliche Gehörorgan in 8 topographischen Bildern mit
erläutemdeiu Texte. München.
A. Eitelberg, Practische Ohrenheilkunde. Mit 157 Abbildungen. Wien.
Haug, Thun und Lassen in der Behandlung etlicher der häufigsten Ohr-
afFectionen. München.
G. Heermann, Ueber Otitis media im frühen Kindesalter (Otitis con-
comitans). Bresgen's Samml. zwangl. Abb. Halle a. S.
L. Jankau, Vorsichtsmaassregeln bei Behandlung von Ohrenleiden, zur Ver-
theilung an Ohrenkranke seitens des Arztes. München.
M. Kahn, Die Gewerbe- und Berufskrankheiten des Ohres. Haug*8 klin.
Vortr. Bd. 2, H. 12.
R. Kayser, Ueber Durchlöcherungen des Trommelfells. Bresgen's Samml.
zwangl. Abli. Halle a. S.
Ohrenkrankheiten. 519
Koerner, Die Hygiene des Ohrs. Mit 1 Abbildung. Wiesbaden.
William Macewen, Die infectiös-eitrigen Erkrankungen des Gehirns
und Rückenmarks : Meningitis, Himabscess, infectiöse Sinusthrombose.
Uebersetzt von H. Paul Rudioff. Mit zahlreichen Abbildimgen. Wies-
baden.
R. Pause, Die sog. Sklerose des Mittelohrs. Haug*s klin. Vortr. Bd. 2,
H. 13.
Scliwabach, üeber Tuberculose des Mittelohrs. Berliner Klinik. Berlin.
Stetter, Die angeborenen und erworbenen Missbildungen des Ohres.
Haug's klin. Vortr. Bd. 2, H. 9. Jena.
Trautmann, Chirurgische Anatomie des Schläfenbeins, insbesondere für
Radicaloperationen. Mit 2 Tafeln und 72 Stereoskopen im Kasten
Berlin.
Treitel, lieber das Wesen und den Werth der Hörübungen bei Taub-
stummen und hochgradig Schwerhörigen. Haug's klin. Vortr. Bd. 2,
H. 11. Jena.
vn.
Nasen-
specnlnm,
Amberg.
Nasen'
soheere,
Fein.
Sterile
Tupfer,
Breitnng.
• Mund-
sperrer,
Jourdan.
Krankheiten der Nase, des Nasenrachenraums,
des Mnndes, des Kehlkopfs, der Luftröhre.
Von Prof. Dr. A« Jnrasz in Heidelberg.
1. AUgremelnes.
a. Neue Instrumente und üntersuchungsmethoden.
Obwohl kein Mangel an den verschiedenartigsten Instrumenten
zur Untersuchung der Nase vorhanden ist, empfiehlt dennoch Am-
berg (Monatsschr. f. Ohrenheilk. u. s. w. Nr. 1) ein neues Nasen-
speculum, welches eine Modification des von Fabricius Hildanus
gebrauchten Ohren speculums darstellt. Es ist ein aus zwei Blättern
zusammengesetzter Trichter, der mit einem zweiarmigen Griff ver-
sehen ist und sich durch das Zusammendrücken des letzteren er-
weitert. — Zum Abtragen von hypertrophischen Partieen der Nasen-
schleimhaut hat J. Fein (Arch. f. Laryng. Bd. 7, H. 2 u. 8) eine neue
geschlossene Nasenscheere construirt. — Bei Operationen in der
Nase und im Rachen verwendet Breitung (Monatsschr. f. Ohrenheilk.
u. s. w. Nr. 11) sterile Tupfer, die aus korkzieherartig gedrehten
und mit Watte armirten Glasstäbchen bestehen. Das Abbrechen
dieser zapfenförmigen Stäbchen ist nicht zu fiirchten.
Als Ersatz für die gewöhnlichen metallenen Mundsperrer
und Zahnklemmen gebraucht Jourdan (Therap. Monatsh. Nr. 1)
keilförmige Instrumente von Holz. Ihr Hauptvortheil liegt darin,
dass sie von der Gefahr einer Verletzung frei sind. — N ö 1 1 ( Allgem.
med. Central-Zeitung Nr. 83) beschreibt einen einfachen Zungen-
halter, der beim Anlegen gut vertragen wird und wenig Reflexe
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 521
hervorruft. Dieser Zungenhalter besteht aus zwei Schleifen, die Zangen-
durch ein Mittelstück unter einem Winkel von 80 " vereinigt sind. — Das ^ *\.^ ® ^'
alte Fahnenstock-Mathieu'sche, sowie das von M. Mackenzie
angegebene Tonsillotom ist von Wolff (Aerztl. Polytechnik Nr. 6) steriles
in der Weise verändert worden, dass es viel leichter zerlegbar und^®*^"^!®*®™'
steriHsirbar ist. — Hopmann's Velitractor (Aerztl. Polytechnik
Nr. 6) ist eine Vorrichtung, die den Zweck hat, das G-aumensegel Velitractor,
bei Operationen im Nasenrachenraum statt mit einem Gaumenhaken, Hopmann.
mittels eines G-ummischlauches nach vom zu ziehen. Der G-ummi-
schlauch wird mit einem Ende durch das rechte, mit dem anderen
durch das linke Nasenloch vorgeschoben imd dann zur Mundhöhle
herausgezogen. Hierauf werden beide Enden an einer MetaUplatte
zwischen der Nase und der Oberlippe befestigt. Die Befestigung
ist der Art, dass sie leicht gelöst werden und der Zug vermindert Zangezur
oder verstärkt werden kann. — Die Jurasz'sche Zange zur Op®''**»oii
von
Operation der adenoiden Vegetationen hat Thomson adenoiden
(Joum. of laryng. Nr. 6) in der Weise modificirt, dass er die Vegeta-
Branchen etwas kürzer anfertigen liess. Thomson.
Die Epiglottiscurette, welche Heermann (Archiv für Bpigiottis-
Laryngol. Bd. 8, H. 1) nach dem Vorbild der Landgrafschen curette,
Curette construirt hat, gestattet, die Epiglottis bei tuberculöser In-
filtration mit einem Schnitt ganz oder theilweise abzutragen. — Eine
Doppelcurettezur Entfernung der tuber culös erkrankten
Epiglottis hat ausserdem Lake (Joum. of laryng. Nr. 5 u. 11)
angegeben. Diese Curette soll auch zur Operation von phthisi-
schen Infiltraten in der Glottisgegend dienen, doch dürfte die Ein-
führung dieses Instrumentes in die Kehlkopfhöhle bei der aus der
Abbildung ersichtlichen schwachen Krümmimg auf grosse Schwierig-
keiten stossen. — An dem neuen cachirten Aetzmittelträger
für die Kehlkopfhöhle, den Wolff (Arch. f. Laryngol. Bd. 8, H. 2) Aetzmittel-
beschreibt, ist nichts Neues zu entdecken. — Die für Operationen träger,
Wolff
von Kehlkopfiieubildungen bestimmte Zange nach M c N e i 1 1 Wh i s 1 1 e r
(Joum. of laryngol. Nr. 3) zeichnet sich dadurch aus, dass ihr End- zange^
stück in einem Rohr drehbar ist und unter einen erwünschten Winkel Whistler.
gestellt werden kann.
Heermann (Arch. f. Laryngol. Bd. 8, H, 1) gebraucht asep- Aseptische
tische Galvanocauter, bei welchen die Kupferdrähte nur am Galvano-
Handgriff mit einer Hartgummiisolirung versehen sind, sonst aber Heermann
frei neben einander laufen. Sie werden in starker SolveoUösung auf-
522 Jurasz.
bewahrt und können vollständig sterilisirt werden. Ein Kurzschluss
durch gegenseitige Berührung ist ausgeschlossen.
Nagel- Kirstein (Aerztl. Polytechnik Nr. 4) benutzt zur Function
D««Vl^^i^7JL<iör Oberkieferhöhle einen Nageltroikart, der aus Mannes-
runction der ^ ^ ^ '
Oberkiefer- mannstahlrohr angefertigt ist und sich deshalb nicht verbiegen kann,
höhle, j)j^g Instrument wird nach dem Aufheben der Oberlippe etwa über
dem ersten Molarzahn an die vordere Knochenwand angesetzt und
mit 2 — 3 leichten Hammerschlagen in die Höhle hineingetrieben.
Nach dem Ausziehen des Stachels kann die Canüle zur Aspiration
oder zur Ausspülimg verwendet werden. Der Höhleninhalt entleert
sich durch die Nase. Nach dem Entfernen der Canüle bleibt nur
eine ganz kleine Oeffnung in der Schleimhaut zurück, die sich so
weit verschoben zeigt, dass eine nachträgliche Infection der als ge-
sund beftindenen Höhle ausgeschlossen ist. Die Operation soll leicht
ausführbar und schmerzlos sein.
Laryngo- Petersen (Aerztl. Polytechnik Nr. 7) findet, dass bei der
^'^pPf® '^^^ laryngoskopischen Untersuchung der Kinder die schon
Petersen.' ^^^ Rauchfuss geübte Methode häufig zum Ziele fuhrt und des-
halb mehr Beachtung verdient. Sie besteht darin, dass man die
Zunge mit einem Spatel herunterdrückt und in unmittelbarem An-
schluss einen Spiegel in den Rachen einfuhrt. Hierbei kann man
bei der nachfolgenden Inspiration das Kehlkopfinnere erblicken.
Diese Methode macht uns von dem Wohlwollen und der proble-
matischen Artigkeit der Kinder unabhängig.
Eine interessante Mittheüung über die directe Broncho-
Directe skopie verdanken wir G. Killian (Münch. med. Wochenschi\ Nr. 27).
Broncho- ßs geht daraus hervor, dass man nach vorheriger Cocainisirung der
B K O 0 1 A
Killian' Luftwege entweder von einer künstlichen Trachealwimde oder aut
natürlichem Wege vom Munde aus lange Metallröhren nicht nur bis
zur Bifurcation, sondern noch tiefer in die Bronchien einschieben
kann. Mit Hülfe der Kirstein'schen Stirnlampe oder des Casper-
sehen Elektroskops kann es gelingen, das Innere der Hauptbronchien
und selbst ihrer Aeste zu besichtigen.
Röntgen- G. Spiess (Fortschritte auf d. Geb. der Röntgenstrahlen Bd. 1)
• 'd'^^Rhi" ^^^^ ^^^ ^^® Bedeutung der Röntgenstrahlen in der
Chirurgie, Rhino Chirurgie hin und berichtet, dass er in 3 Fällen die Er-
Spiess. Öffnung der Stirnhöhle von der Nase aus in dem Bilde der Röntgen-
photographie vorgenommen habe. Auch nach Operationen in der
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 523
Oberkiefer- und Keilbeinhöhle seien die Röntgenstrahlen für die
Controle von hohem Werthe.
Wie wichtig die Röntgenstrahlen fiir die Diagnose der für
den Laryngologen in Betracht kommenden intrathoracischen
Geschwülste sind, ergibt sich aus der Mittheilung von A. Rosen- Röntge n-
berg (Arch. f. Laryng. Bd. 8, H. 1). Der Schatten auf dem ^*[^^J®.''
Fluorescenzschirm ist je nach der Lage und Natur der Tumoren thora eis che n
verschieden. Bei Aneurysmen handelt es sich um eine charakteristi- Tumoren,
sehe rundliche Form der Schattenfigur, an der die allseitige Pulsation osenberg.
erkennbar ist, während bei anderen Tumoren die Form nie oder fast
nie so rund aussieht und die Pulsation höchstens an einzelnen Stellen
wahrgenommen wird. Nothwendig ist es, den Thorax nicht nur von
vom, sondern auch von hinten, manchmal auch quer zu durch-
strahlen, damit man sich über die Verhältnisse der Geschwülste
besser orientiren kann. Selbstverständlich sind andere diagnostische
Mittel nicht zu vernachlässigen. Von den 12 Fällen, die der Verf.
beschreibt, betrafen 6 Aneurysmen der Aorta, 2 retrosternale Strumen,
3 Mediastinaltumoren und 2 Oesophaguscarcinome.
b. Arzneimittel.
Bei der Anwendung des 0 r t h o f o r m s in der Rhino-Laryngologie
kommt nach Fink (Aerztl. Praxis Nr. 20) der Umstand in Betracht, Orthof orm,
dass dieses Mittel als Ersatz für Cocain genügend anästhesirend ^^"*^'
wirkt, antiseptisch imd nicht giftig ist imd dass es die Secretion
vermindert. Eine Ischämie tritt nicht ein. Am stärksten äussert
sich die Anästhesie, wenn das Orthoform auf Wunden oder excoriirte
Stellen, also möglichst direct auf die Nervenendigungen applicirt
wird. Sehr grosse Dienste erweist das Mittel bei Schluckbeschwerden
und Schmerzen in Fällen von tuberculöser Kehlkopferkrankung. Die
Linderung hält oft 12 — 15 Stunden an. — Lichtwitz (Bull. med. Lichtwitz.
Nr. 5 u. 7) empfiehlt das Orthoform beim Heufieber, bei dem dieses
Medicament wirksamer sein soll, als das geßihrliche Cocain.
Nach Klaussner (Münch. med. Wochenschr. Nr. 42) hat das Neues
neue Orthoform gegenüber dem alten den Vorzug, dass es sich Orthoform,
weniger zusammenballt, ein feineres und gleichmässigeres Pulver
darstellt und wesentlich billiger ist. Die Wirkung ist dieselbe wie
bei dem alten Orthoform.
524 Jurasz.
£• Krankheiten der Hase nnd ihrer ]febenh5hlen«
a. Nase.
Bei der Behandlung des acuten Schnupfens verwendet
Deraente M.Saenger (Therap. Monatsh., JuK), wie dies bereits im vorigen Jahr-
auT^^ *°' g^^J^ö berichtet wurde, einen Flüssigkeitszerstauber mit Geblase, nun-
mehr in einer neuen modificirten Form. Der „Naseninhalirapparat"
ist nach dem Princip der Wulf sehen Flasche construirt und dient
zum Inhaliren von Terpentinöl oder einer 2 — 10®/oigen Menthol-
alkohoUösung. Das letztere Mittel soll besonders gegen die durch
Congestion bedingten Kopfschmerzen sehr wohlthuend wirken.
Der nervöse Berbineau (Rev. hebdom. de laryng. Nr. 53) rühmt beim
^^**°?^'®^' nervösen Schnupfen die Behandlungsmethode von Moure,
welche darin besteht, dass die Schleimhaut der imteren Muschel mit
oder ohne Resection der letzteren vermittelst einer scharfen Zange
stückweise abgetragen wird. Ist das hintere Muschelende stark
hypertrophisch, so wird es mit kalter Schlinge entfernt. Die Hämor-
rhagie ist ziemlich stark und erfordert die Tamponade oder ober-
flächliche galvanocaustische Aetzung der blutenden Stellen. Auf
Grund von 16 Beobachtungen gelangt der Verf. zu der Schluss-
folgerung, dass diese Methode besser sei, als alle anderen, dass die
Hauptbeschwerden schnell schwinden, keine oder nur geringe ent-
zündliche Reaction auftritt und keine Eiterungen, keine Synechieen
zu Stande kommen.
Polypöse Gegen die polypöse Rhinitis hält L. R^thi (Wien. klin.
'^^Jilk!*"' Wochenschr. Nr. 18) die Einblasungen von Pulvern, die Pinselangen,
chemische Aetzung, ja selbst die Galvanocaustik und die SchHngen-
operation für unzureichend, weil die Erfolge nur vorübergehend seien
imd sich über kurz oder lang Recidive einstellen. Im Interesse der
radicalen Heilung entfernt er mit Hülfe einer gracüen Scheere nicht
nur die Muschelschleimhaut, sondern auch einen mehr oder weniger
grossen Theil des Muschelknochens. Das Vorkommen von starken
Blutungen bei diesem Eingriff gibt R^thi zu, doch gelingt es mittels
Tamponade, das Blut zu stillen. Nachtheilige Folgen sollen selbst
bei totaler Resection der Muscheln nicht eintreten.
H. Hecht (Münch. med. Wochenschr. Nr. 7) bringt weitere
Belege dafür, dass die Kupferelektrolyse bei der Ozaena in
Krankheiten der Nase, des Rachens etc.
525
günstig beeinflussten Fällen eine Umstimmung in den erkrankten Kapfer-
Schleimhautpartieen und in der Drüsensecretion herbeifiihrt und Elektrolyse
die lästigen Beschwerden beseitigt. Die Anschauung, dass dem Ozaena,
Leiden ein bacterieller Process zu Ghiinde liegt, wird bestritten und Hecht,
die trophoneurotische Natur der Affection in den Vordergrund
gestellt.
Einen Fall von Rhinosklerom beobachtete in Berlin Schoetz
(Berl. klin. Wochenschr. Nr. 37) bei einem 21jährigen Mädchen,
das aus den Skleromdistricten an der polnischen Grenze stammte.
Die Rhinoskopie ergab Atrophie der Schleimhaut mit Borkenbildung
und eine bohnengrosse Geschwulst am vorderen Ende der rechten
mittleren Muschel. Im Nasenrachenraum ein dicker Narbenstrang
mit einem haselnussgrossen Knoten, im Larynx Verdickung des
linken Taschenbandes, im oberen Theil der Trachea eine durch
einen Tumor veranlasste Stenose. Für die Annahme von Syphilis
fehlten alle Anhaltspunkte. Die Vermuthung von Sklerom wurde
nach der Entfernung des Trachealtumors durch mikroskopische
imd bacterielle Untersuchungen bestätigt. Der Verf. gibt dem
Zweifel Ausdruck,, ob vielleicht auch bei uns die Krankheit nicht
häufiger ist imd ob nicht einzelne Fälle, die als Ozaena laryngo-
tracheaHs bezeichnet oder zu der Rubrik Lues gerechnet werden,
hierher gehören.
Rhino-
sklerom,
Schoetz.
Die klinischen Erscheinungen, Diagnose und Prognose der
Syphilis der Nase wird von Lieven (Haug's klin. Vorträge
Bd. 2, H. 10) ausführlich besprochen. Bezüglich der Einzelheiten
muss auf das Original verwiesen werden.
Syphilis
der Käse,
Lieven.
H. Gaudier (Echo med. du nord S. 426) berichtet über einen
Fall von Angiomyxom der Nasenhöhle bei einem 14 Jahre alten
Knaben, welcher an häufigen Nasenblutungen und Verstopfung der
linken Nasenhälfbe litt. Der leicht blutende Tumor wurde mittels
kalter Schlinge operirt, welche der Verf. bei gefessreichen Tumoren
allen anderen Methoden vorzieht.
Angio-
myxom
der Nase,
Oaudier.
Die partielle Rhinoplastiknachder Methode von v. Hacker
hat J. Preindlsberger (Wien, klin.' Wochenschr. Nr. 24) in
einem Falle mit sehr gutem Erfolge ausgeführt, ist dabei aber m dftr
Weise verfahren, dass er die Wundfläche des neugßf
flügels nicht durch einen Hautlappen von der at^**
Partielle
Rhino-
^lastik,
^Arger.
n
526 Jurasz.
gedeckt hat. Dadurch nämlich sind in 2 Fällen hässliche Narben
entstanden. Ohne weitere Eingriffe, speciell ohne Transplantation
fand die Ueberhäntnng statt, und das kosmetische Resultat konnte
als ein günstiges bezeichnet werden.
Resection Escat (Arch. intern, de laryng. Bd. 11, Nr. 4) gibt eine neue
der Nasen- Methode an, nach der man die Septumverbiegungen ohne Gefahr
fl O il A 1 O A*
^ a n d einer Perforation reseciren kann. Er spritzt unter das Perichondrium
Hydro- auf der concaven Seite etwa 3 ccm abgekochten Wassers mit einer
g™ ® ' kleinen Spritze so ein, dass die Schleimhaut vom Knorpel abgehoben
wird. Hierauf geht er auf der convexen Seite möglichst schnell mit
einem Messer vor und schneidet das hervorragende Knorpelstück
aus. Das Durchstossen wird infolge der Injection vermieden. Der
ganze Eingriff, welcher mit dem Namen der „Hydrotomie" bezeichnet
wird und nur B Minuten dauert, wird durch 4 Fälle illustrirt.
b. Nebenhöhlen der Nase.
Neben- W. Lindt (Correspondenzbl. f. Schweizer AerzteNr. 5 u. 6) gibt,
höhlen- anknüpfend an einen ausführlich beschriebenen Fall, einen Ueber-
Lindt, * hlick über den gegenwärtigen Stand der Diagnose und Therapie
der chronischen Eiterungen der Nebenhöhlen. Er weist
darauf hin , dass die Stelle , wo der Eiter vorgefunden wird , zwar
die LocaHsation der Erkrankung vermuthen lässt, aber durchaus
nicht zu einer präcisen Diagnose berechtigt. Bei Empyemen der
Highmorshöhle erhält man den besten Aufschluss von der Punction
und Ausspülung vom imteren Nasengang aus, bei anderen Neben-
höhlen ist die Sondirung mit Ausspülung nothwendig. Die Durch-
leuchtung ist unzuverlässig. Therapeutisch wendet der Verf. je nach
Umständen die verschiedenen Methoden an. So nimmt er in Fällen
von Highmorsempyemen die Anbohrung vom Alveolarfortsatz oder
vom unteren Nasengang vor oder legt die Höhle von der Fossa
canina aus frei. Die Siebbeinzellen werden entweder durch Ab-
tragung der mittleren Muschel oder von aussen durch Resection der
Nasenbeine eröffnet. Bei Empyemen der Stirnhöhle, wenn sie hart-
näckig sind, wird die Heilung durch die Resection der vorderen
Moore. Stirnwand und durch das Auskratzen erstrebt. — Moure (Rev.
hebdom. de laryngol. Nr. 10 — 12) verbreitet sich ebenfalls eingehend
über die verschiedenen Fonnen und Behandlungsmethoden der
Nebenhöhlenentzündungen (mit Ausnahme der der Oberkiefer-
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 527
höhle), doch eignen sich die weiten Ausführungen nicht zu einem
kurzen Berichte.
Unter Zugrundelegung einer eigenen Beobachtung stellt G. A v ellis Tubercuios e
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 45) die höchst seltenen Fälle von ^®®
Oberkiefers
Kieferhöhlenempyemen bei ganz kleinen Kindern aus der Litteratur bei kleinen
zusammen und beweist, dass hier ein Irrthum in der Diagnose vor- Kindern,
liegt. Die dabei bestehenden charakteristischen Symptome: Fistel- Aveius.
bildung unter dem Auge, Vorwölbung und Rauhigkeit des Knochens,
Sequesterbildung und Exophthalmus neben einseitiger Eiterung der
Nasenhöhle sind Zeichen einer Tuber culose des Oberkiefers
mit Caries. Ein Empyem der Kieferhöhle ist bei Säuglingen auch
vom entwickelungsgeschichtlichen Standpunkte aus kaum denkbar.
— Auch Lichtwitz (Arch f. Laryng. Bd. 7, H. 2 u. 3) führt aus, Osteo-
dass bei älteren Kindern imd bei Erwachsenen oft die Diagnose auf ™^®^**^"/®.®
t m -r^ ./* vioerJiieiei's,
ein classisches Empyem der Oberkieferhöhle gestellt wird, während Lichtwitz,
es sich dabei um eine Osteomyelitis handelt. Der Eiterheerd
befindet sich in der Dicke des Knochens und entleert sich in die
Nase durch eine Fistel. Zur Illustration wird eine Krankengeschichte
beigefügt.
Gavello (Arch. ital. di otol. Bd. 7, H. 1) theilt einen Fall mit, Myxom der
in welchem Erscheinungen eines Highmorsempyems bestanden und Oberkiefer-
nach der Eröfinung der Höhle polypöse Auswüchse constatirt wur- Gavello*
den. Die Neubildungen, von der Fossa canina aus entfernt, erwiesen
sich als Myxome.
Dass die Stirnhöhle beim Lebenden von der Nase aus son- Sondirung
dirt werden kann, beweisen von neuem die Untersuchungen von . ^V:.,,
Sc heier (Wiener med. Presse Nr. 10). Die Sondirung kann durch scheier.
Röntgenstrahlen controlirt werden.
Auf Grund von 15 Beobachtungen empfiehlt Milligan (Lancet,Stirnhöhlen-
19. Febr.) bei Stirnhöhleneiterungen den operativen Eingriff ^m«^""^'
von aussen. Er resecirt die vordere Stirnwand, stellt eine Ver-
bindung mit der Nasenhöhle her und legt eine Röhre von Hart-
gummi behufs Ausspülung ein.
■
3, Krankheiten des Mandes, des Rachens nnd des Nasenrachenranma*
Einen Beitrag zur Pathologie des Ductus lingr
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 36) liefert J. Killian (Wormf
528 Jurasz.
Pathologie sah bei 4 erwachsenen Individuen in der Gegend des Foramen
des Ductus ßoecmn eine Ansammlung von grauem Schleim, dessen Ursprung
Kiiiian. ' ^^8 ^em genannten Foramen durch Druck mit einer Sonde nach-
gewiesen werden konnte. Bei 2 dieser Individuen fand sich ausser-
dem gleichzeitig eine halbkugelige, glatte Geschwulst an der Zungen-
wurzel dicht am Lig. glosso-epiglotticum medium. Aus dieser Ge-
schwulst konnte auf Druck dasselbe Secret ausgepresst werden.
Aus diesem Befund schliesst Killian, dass es sich hier um eine
Affection des Ductus lingualis gehandelt habe, welcher nach der
Beschreibimg von His, Bochdalek und anderen Anatomen an
der lingualen Ansatzstelle des Lig. glosso-epiglotticum medium be-
ginnt, nach vom verläuft und am Foramen coecum ausmündet. In
diesem Ductus können sich unter dem Einfluss von chronischen Pro-
cessen Hypersecretion oder cystische Erweiterungen entwickeln und,
wie in den beobachteten Fällen festgestellt wurde, entweder keine
Symptome oder Erscheinungen von Fremdkörpergefuhl oder schmerz-
haftem Brennen hervorrufen.
Leukoplakia Lacoarret (Rev. hebdom. de laryng. Nr. 28) ist der Ansicht,
bucco- (jass die Leukoplakia bucco-lingualis mitunter nichts anderes
Lacoarret.' ^^ ®^^® Psoriasis der Zunge darstelle. Einen Fall, der hierher ge-
hört, theilt der Verf. mit. Ausser der A£Fection der Zunge wurde
Psoriasis am Nacken festgestellt.
Fibrom Bei einer 40 Jahre alten Frau constatirte G. Martuscelli ( Arch.
der Zunge, j^g^j ^[ laring., Oct.) einen nussgrossen, am Zuneenrücken sitzenden
Martuscelli. . , ° _ -ni /».Vr^Ti -,
gestielten Tumor, dessen Entstehung auf eme 19 Jahre vorher statt-
gefundene Verletzung der Zunge durch die Zähne während des
Essens zurückgeführt werden konnte. Mikroskopisch erwies sich
der Tumor als ein Fibrom. — Einen ebenfalls gestielten, hasel-
nussgrossen, harten, nicht ulcerirten Tumor des Zungenrückens bei
Angio- einer 25 Jahre alten Frau beobachtete Lichtwitz (Communication
sarkom der 4 la Soc. de laryng. de Paris, April). Die mit der galvanocausti-
Lichtwit« sehen Schlinge entfernte Geschwulst zeigte den Bau eines Angio-
sarkoms. Innerhalb von 2 Jahren kein Recidiv. — Ueber einen
Lympho- Fall von Lymphosarkom der Zungentonsille berichten Martus-
sarkomder celli und Pro ta (Arch. ital. di laring., Juli). Der Fall betraf einen
toiiBille, ^ Jahre alten Mann, welcher über Schluckbeschwerden und Gefühl
Martuscelli u. eines Fremdkörpers im Halse klagte. Objectiv fand sich Hyper-
Piota. trophie der rechten GaumentonsiUe und an der Zungen wurzel eine
aus verschiedenen, grosse und kleinen Prominenzen zusammengesetzte
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 529
Geschwulst. Der Patient starb kurz darauf, nachdem er in ein
EJrankenhaus aufgenommen und wegen schnell eingetretener Athem-
noth tracheotomirt worden war.
Welchen Einfluss die Tonsillen als Eingangspforte bei
der Entstehung von schweren Allgemeininfectionen äussern,
zeigt Jessen (Münch. med. Wochenschr. Nr. 23) an verschiedenen Tonsillen
Beispielen. Es können sich auf diesem Wege Gelenkrheumatismus, ganespforte
Sepsis, Pneumonie, Pericarditis, Pleuritis und nephritische Reizungen von
entwickeln. — Denselben Gegenstand bespricht auch T r e i t e 1 (Deutsche ^ 1 1 g © m e i n-
med. Wochenschr. Nr. 48), indem er hauptsächlich auf das Wesen Jessen '
und die Bedeutung der chronischen Tonsillarabscesse ein- Treitel.
geht, die beim Hinzutreten einer Angina acut werden und die Ur-
sache von septischen Erkrankungen anderer Organe bilden können.
W. Walsham (Lancet, 18. Juni) hat Untersuchungen über die Tuberculose
latente Tuberculose der Gaumenmandeln angestellt und ge- ^ .5,
. , ,. ^ Tonsillen,
funden, dass unter 34 Fällen, in welchen die Tuberculose den letalen Walsham.
Ausgang herbeiführte, in 20 eine mehr oder weniger starke AfFec-
tion der Gaumenmandeln mikroskopisch nachgewiesen werden konnte.
Der Verf. schliesst daraus, dass die tuberculose Infection von den
Tonsillen aus erfolgen und sich auf die Lungen ausbreiten, dass
aber auch die Ansteckung der Mandeln secundär von der Lungen-
erkrankung zu Stande kommen kann.
A. Rosenberg macht in seinen pharyngologischen Mittheüungen Leukoplakia
(Berl. klin. Wochenschr. Nr. 18) auf eine Form von Leukoplakia P^^^^y^eis,
pharyngis aufmerksam, die nicht syphylitischer Natur ist. Ein
40jähriger Mann klagte über geringe Schluckstörungen, die sich im
Anschluss an einen Influenzaanfall einstellten. An den Tonsillen,
an den Gaumenbögen, am Gaumensegel und an der Uvula fanden
sich ungleichmässige, weissliche Trübungen mit scharfer Umgrenzung
und stellenweiser geringer Erhöhung der Oberfläche. Allgemein-
befinden gut, keine Anhaltspunkte für Sjrphilis. Trotzdem wurde
Jod verordnet, aber nach 2wöchentlichem erfolglosem Gebrauch aus-
gesetzt. Aetzungen mit Chromsäure brachten dagegen dauernde
Heilung. Bezüglich der Diagnose konnte nicht nur die Syphilis,
sondern auch die Pharyngomycosis mit Bestimmtheit ausgeschlossen
werden. Leider gelang es dem Verf. nicht, etwas von den Schleim-
hauttrübungen zu entfernen und mikroskopische und bacterielle
Untersuchungen vorzunehmen.
Jahrbndi der practischen Medicin. 1899. 34
530 Jurasz.
Rachen- Derselbe Autor beobachtete in 2 Fällen Rache nblutun gen
blutung, (i^i^) j^ ^^^ ^^^^ j,^^ ^^j^ ^^ Blutung nach Ablauf von
Diphtherie zum Vorschein und stammte aus einer Tonsillarlacune.
Heilung durch galvanocaustische Aetzung. In dem anderen Falle
handelte es sich um einen Varix an der hinteren Rachenwand.
Chronische Faraci (Arch. ital. di otolog. Bd. 7, H. 1) geht von dem Ge-
hyper- gichtspunkte aus, dass sich bei der chronischen hyperplasti-
pi&sviscne ^
Pharyngitis, sehen Pharyngitis histologisch ein neugebildetes Gewebe der
Faraci. Rachenschleimhaut nachweisen lasse und dass man therapeutisch
durch Scarificationen eine Circulationsveränderung herbeifuhren müsse.
Zu diesem Zwecke verwendet er ein besonderes Instrument, welches
mit drei kleinen Messerklingen versehen ist. Die Operation geschieht
unter localer Cocainanästhesie und wird gut vertragen. Blutung
unbedeutend. Die Scarificationen werden oberflächlich und nur an
Stellen stärkerer Hypertrophie tiefer gemacht. Zwei bis sechs
Sitzungen in Zeitintervallen von 12 — 15 Tagen sind erforderlich.
Die Resultate sollen ausgezeichnet sein.
Diejenige Form von chronischem Katarrh des Nasen-
rachenraums, welche mit vermehrter Secretion und Ansammlung
von zähem eitrigem Schleim im Rachen und in der Nase, mit Ge-
hörsstörung, üblem Geruch aus dem Munde, Kopfschmerzen und
verschiedenen Functionsstörungen der oberen Luftwege: Mund-
athmung, Trockenheit, Stimmalteration, Husten u. s. w. verläuft,
Chronischer wird nach Malherbe (Rev. hebdom. de laryng. Nr. 40) bei Indi-
Katarrh d^s ^^^^^ beobachtet, die fiiiher an adenoiden Vegetationen gelitten
rächen- haben. Man findet auch Spuren davon in Krypten, die mit Schleim
räum 8, bedeckt sind. Das rationellste Mittel ist in diesen Fällen das Curet-
tiren, welches der Verf. in Bromäthylnarkose ausführt. Nachträg-
lich gebraucht er noch Pinselungen mit Jod-Jodkaliumlösung. Zur
Illustration sind 7 Beobachtungen angefugt.
Nasen- Lichtwitz (Communicat. k la Soc. de laryng. de Paris,
p'olyp^'n ^^' ^^^•) ^** gestielte Nasenrachenpolypen in 7 Fällen durch
Lichtwitz, eine „rapide" Entfernung beseitigt. Es ist ihm nämlich schnell und
leicht gelungen, diese Neubildungen entweder von der Nase aus mit
dem Messer von Lange oder vom Munde aus mit einer Zange ab-
zulösen. Die Operation soll nicht schmerzhaft sein, keine Hämor-
rhagie hervorrufen und vor Recidiven schützen.
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 531
Die operative Behandlung der G-aumenspalte ist, so-
fern die Affection sich nur auf den weichen Gaumen bezieht, nach
dem Bathe von E. Owen (Lancet, Jan.) im Interesse der Ernährung Operation
schon wenige Monate nach der Geburt vorzunehmen. Zur Ver- derGaumen-
spalte,
einigung des harten Gaumens sollte man erst nach dem Ablauf Owen,
des ersten Jahres schreiten. Die beste Lage bei der Operation ist
die Rückenlage mit herabhängendem Kopfe. Zum Offenhalten des
Mundes benutzt der Verf. den von Smith angegebenen Mundsperrer,
den er in zweckmässiger Weise modificirt hat. Strenge Beobachtung
der Asepsis wird ganz besonders betont. Nach einem fehlgeschla-
genen Heilungsversuche soll man möglichst bald den operativen Ein-
griff wiederholen.
Bei der Behandlung der nervösen Sprachstörungen
spielt, wie H. Gutzmann (Zeitschr. f. diät. u. physik. Ther. Bd. 1, Diätetische
H. 2) auseinandersetzt, neben der Uebungstherapie, die Berücksich- ^^ s'L-a^Jh^
tigung der Diät imd der Lebensweise eine wichtige Rolle. Die Störungen,
betreffenden Maassregeln müssen sich nach den individuellen patho- Gutzmann.
logischen Zuständen richten. So kommt bei Hörstummheit sehr
häufig die Scrophulose in Betracht, welche in der Schwellung der
Rachen-, Gaumen- oder Zungentonsille ihren Ausdruck findet. Diese
Erkrankungen hat der Verf. in 50°/o der Fälle festgestellt. Auch
ist die häufige Verdauimgsstörung in Form von chronischer Obsti-
pation, dann die Anämie und die Enuresis nocturna ins Auge zu
fassen. Letztere hat der Verf. bei den von ihm behandelten Kin-
dern niemals vermisst. Bei Sprachanomalieen der schwachsin-
nigen "Kinder ist die diätetische Behandlung ganz besonders wich-
tig, weil es sich hier oft um Erziehungsfehler handelt, die die
Eltern sowohl in körperlicher als auch geistiger Hinsicht begehen.
Durch Strenge, Energie in der Regelung der Lebensweise sind die
schlechten Gewohnheiten zu corrigiren. Aehnlich liegen die Ver-
hältnisse bei taubstummen Kindern, bei denen man nicht selten
eine Magenneurose in der Form antrifft, dass die kleinen Patienten
bei der geringsten Erregung in ein heftiges Erbrechen verfallen.
Der Speichelfluss ist namentlich bei Imbecülen häufig, und muss die
rationelle Erziehung es so weit bringen, dass die Kinder sich ange-
wöhnen, den Mund geschlossen zu halten imd die Hebemuskeln des
Unterkiefers« kräftiger in Thätigkeit zu setzen. Bemerkenswerth ist i
noch die Thatsache, dass die Stotterer, selbst wenn sie schon I
aus der ersten Kindheit herausgewachsen sind, auffallend oft an
Stuhlverstopfiing leiden. Ausserdem wird bei diesen Kranken auch
532
Jurasz.
Diätetische
Bebandlang
der Sprach-
störnngen,
Oatzmann.
Heredität
der
organischen
und
functio-
nellen
Sprach-
störungen,
Oatzmann.
Ursachen
des
Stotterns,
Mygind.
die Enuresis nocturna meistens in Verbindung mit Onanie und dann
die Neigung zu Katarrhen der oberen Athmungswege häufig beob-
achtet. Zu den wichtigsten diätetischen Heilungsfactoren rechnet
der Verf. die Hydrotherapie und die constante körperliche Be-
wegung besonders in der Waldluft. Nur bei Imbecillen, welche sich
in einem erregten Zustande befinden, empfiehlt sich mehr die Ruhe-
cur in einer modificirten Form, wie sie von Weir-Mitchell gegen
die Neurasthenie und Hysterie vorgeschlagen wurde. Die alkoholi-
schen Getränke sind bei Kindern zu verbieten, bei Erwachsenen
dagegen ist ein massiger Genuss von Bier oder Wein nach den Er-
fahrungen des Verfassers nicht nur nicht schädlich, sondern mitunter
sogar nützlich. Eine vorzügliche Wirkung äussert die Milchdiät.
Zum Schluss führt der Verf. einige t3rpische Krankheitsfälle mit
Rücksicht auf die Erfolge der diätetischen Behandlung an.
In einer anderen Arbeit gibt derselbe Autor (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 29) eine Statistik über die Heredität der or-
ganischen und functionellen Störungen der Sprache.
Bezüglich des Näheren muss auf das Original verwiesen werden.
Das Material, welches H. Mygind (Arch. f. Laryng. Bd. 8, H. 2)
zu seinen Studien über die Ursachen des Stotterns verwendet
hat, umfasst 200 Fälle von Kindern und jungen Leuten im Alter
von 6 — 25 Jahren. Aus der Zusammenstellung dieser Fälle ergibt
sich die alte Erfahrung, dass das männliche Geschlecht zum Stottern
mehr prädisponirt, als das weibliche; in der Statistik des Verfassers
ist das erstere mit 85 °/o vertreten. Was das Alter anlangt, so weist
die Periode vom 2. — 8. Lebensjahre, dann das Pubertätsalter die
grösste Häufigkeit auf. Der Einfluss der Erblichkeit doqumentirt
sich dadurch, dass einerseits das Stottern in 42 °/o der Fälle bei den
nächsten oder entfernteren Verwandten vorgekommen ist, anderer-
seits verschiedene nervöse Erkrankungen wie die Psychosen, Idio-
tismus, Epilepsie, Asthma, Chorea, Neurasthenie, Hysterie u. s. w.
in einem mehr oder weniger grossen Procentsatz bei den Familien-
mitgliedern beobachtet worden sind. Auffallend häufig hat der Verf.
auch die AfFectionen der oberen Luftwege, namentlich chronische
Katarrhe, nachweisen können. Die Scrophulose und Rachitis scheint
dagegen keine grosse ätiologische Bedeutung zu haben. „Psychische
Ansteckung^* ist in 13 ^/o constatirt worden, an Enuresis nocturna
haben nur 6 Kranke (2 ^/o) gelitten. Der Verf. gelangt zu der
Schlussfolgerung, dass das Stottern als eine Neurose zu betrachten
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 533
ist, welche in ätiologischer Hinsicht mit den sog. Degenerations-
neuropathieen verwandt ist, bei denen ebenfalls die disponirenden
Ursachen die Hauptrolle spielen.
4. Krankheiten des Kehlkopfs,
Schech (Münch. med. Wochenschr. Nr. 26) bespricht ausführ- Laryngitis
lieh die verschiedenen Formen der Laryngitis exsudativa, exsudativa,
welche auf der Bildung von kleineren oder grösseren Bläschen oder
einer Hyperämie mit geringer seröser Infiltration und Schleimhaut-
schwellung beruht. Zu den Bläscheneruptionen gehört die Miliaria,
der Herpes, die Varicellen, die Variola, die Maul- und Klauenseuche
und der Pemphigus, während die Urticaria, der Liehen, Impetigo
und Erythema nur geringere Veränderungen in der Schleimhaut er-
zeugen.
Unter Berücksichtigung der Litteratur und seiner eigenen Er-
fahrungen gelangt A. Baurowicz (Arch. f. Laryng. Bd. 7, H. 2 u. 3) Chorditis
zu der Ueberzeugung , dass die meisten Fälle von Chorditis vo- ^ocalis
calis inferior hypertrophica nur eine Form von Kehlkopf- hyper-
sklerom darstellen. In Ausnahmefällen kann es sich dabei auch trophica,
um Tuberculose, Lues, abgelaufene Perichondritis cricoidea, maligne ^^^**
Tumoren oder Leukämie handeln. Ausserdem kommen mitunter
subchordale Verdickungen während der Dauer eines entzündlichen
Processes vor.
Ein acutes Oedem des Kehlkopfes beobachtete Mag nan Acutes
(Rev. hebdom. de laryng. Nr. 52) bei einem 59 Jahre alten Manne, ^«^^^opf-
Neben einer äusserlichen Anschwellung in der Kehlkopfgegend fand Magnan.
sich laryngoskopisch ein starkes Oedem der Epiglottis und ihrer
Umgebung, des ganzen Kehlkopfeinganges und der falschen Stimm-
bänder. Beschwerden : Dyspnoe, Schluckstörungen, Fieber. Ursache
wahrscheinlich gichtische Diathese und Erkältung. Die Krankheit
dauerte 20 Tage und ging ohne Abscessbildung unter dem Einflüsse
von äusserlicher Massage, Pinselung der Epiglottis mit Jodtinctur,
Ableitung auf den Darm und die Haut, kalten Compressen und anti-
septischen Inhalationen in Heilung über.
Die Arbeit von J. Lipowski (Therap. Monatsh., Nov. u. Dec.)
enthält im wesentlichen eine Zusammenstellung der verschiedenen
Ansichten und Erfahrungen über die Larynxerkrankungen
534 Jurasz.
Larynx- bei bestehender Tuberculose der Lungen. Bezüglich der
er kr an- Therapie bei phthisischen Larynxprocessen hebt der Verf. mit Recht
kungen bei- . . »/jt
bestehender besonders die Ruhigstellung des kranken Organs durch das Verbot
Lungen- des Sprechens hervor. Gegen Infiltrationen und Geschwüre soll die
^Linowski^^'^^®^®^^^^® ^^^ directe Application der Kälte (Eis) von grossem
Nutzen sein. Zur localen Anwendung wird neben der Milchsäure
auch das heute wohl allgemein verlassene Argentum nitricum em-
pfohlen. Von den vielen Medicamenten, die in Pulverform in den
•Kehlkopf eingeblasen werden, wird das Orthoform als ein sehr
wirksames desinficirendes und analgesirendes Mittel bezeichnet. Die
Desinfection wird durch eine Mischung des Orthoforms mit Dermatol
erhöht.
Zu der Frage, auf welchem Wege die Tuberculose in
Eindringen den Kehlkopf eindringt, liefert Krieg (Archiv f. Lar^Tig.
Tuberculose -^^^ ^> ^' ^) ^^^^^ klinisch-statistischen Beitrag. Die Infection kann
in den in der Richtung von oben nach unten entweder vermittelst der Ein-
^*^if °^'' ^^^^^^g ö^®^ ^®^ '^ö^ Kopf nach dem Halse sich bewegenden
Lymph- und Blutstromes stattfinden. Von unten nach oben stehen
der Infection des Kehlkopfes ebenfalls zwei Wege offen, nämlich
durch das bacillenhaltige Sputum und durch die Lymph- und Blut-
gefässe, welche von der Lunge nach dem Kehlkopfe zu fuhren.
Indem der Verf. alle diese Möglichkeiten näher beleuchtet, geht er
namentlich auf den letzteren Punkt bezüglich der Ansteckung mit
Hülfe der Lymph- und Blutbahnen von der Lunge aus ein. Er
findet dafür einen wichtigen Beweis in dem Umstände, dass bei ein-
seitiger Erkrankung der Lunge sehr häufig der Kehlkopf auf der-
selben Seite afficirt wird. Unter 700 Fällen von Kehlkopftuber-
culose, die der Verf. beobachtet hat, war die Erkrankung 275mal
(39,3 ^/o) einseitig und 425mal (60,7 ®/o) doppelseitig. Von den
275 Fällen einseitiger Kehlkopftuberculose war in 252 Fällen (91,6 ^/o)
dieselbe Lungenseite erkrankt. Die Correspondenz konnte also in
der überwältigenden Mehrzahl nachgewiesen werden. Demnach ist
aus diesen Zahlen die Schlussfolgerung zu ziehen, dass die Infection
des Kehlkopfes von der Lunge aus auf dem Wege der Circulation
und zwar der Lymphgefasse zu Stande kommt. Anhaltspunkte da-
für, dass hierbei nur die Lymphgefasse eine RoUe spielen, bieten
die Untersuchungen von Mascagni, Schlenker und Schle-
singer. Zuletzt bemerkt noch der Verf., dass nach seinen Er-
fahrungen die rechte Seite der Limge und des Kehlkopfes häufiger,
als die linke Seite, von der Tuberculose befallen wird.
Krankheiten der Nase, des Rachens etc. 535
Aus den Mittheilungen vonBesold (Münch. med. Wochenschr. Larynx-
Nr. 26) über die Miter^rankung des Kehlkopfes bei ^"^^ l^^'^g«'^'
Lungentuberculose ergibt sich, dass unter 346 in Falkenstein ßesold '
behandelten Lungentuberculösen 69 an zweifelloser Kehlkopftuber-
culose litten, dass also der Kehlkopf in etwa 20 ^/o der Fälle in Mit-
leidenschaft gezogen wird. Die in Falkenstein übliche Therapie der
KehlkopfaflPection entspricht den von M. Schmidt dargelegten
Principien. Von neueren Medicamenten hat sich das Orthoform be-
währt. Was die Behandlungsresultate im allgemeinen anlangt, so *
wurden von 69 Fällen 22 geheilt, 26 gebessert und 21 zeigten keine
Besserung. Von den letzteren betrafen 14 Schwerkranke, die sich
entweder der weiteren Behandlung entzogen oder starben.
E. Barth (Arch. f. Laryng. Bd. 7, H. 2 u. 3) veröfiFentUcht einen uebergang
Fall, in welchem der Uebergang einer gutartigen Kehl- einer gut-
kopfge schwulst in eine bösartige als sehr wahrscheinlich g^^hlkopf-
angenommen werden kann. Der Kranke, 46 Jahre alt, erkrankte in geachwulst
seinem 23. Lebensjahre an Heiserkeit, deren Ursache in einem in ^'^ bösartige,
der Commissur der Stimmbänder sitzenden Polypen lag. Nach
wiederholten endolaryngealen Operationen trat eine Besserung ein,
doch blieb die Stimme immer heiser und wurde später immer noch
eine erbsengrosse Wucherung im Kehlkopfe constatirt. Allmählich
entwickelte sich Athemnoth und infolge dessen Nachlass der Ar-
beitsfähigkeit. 23 Jahre nach Beginn des Leidens musste wegen
zunehmender und gefahrlicher Dyspnoe die Tracheotomie gemacht
werden. Die Glottis war bedeutend verengert durch eine diffuse,
höckerige und ulcerirte Geschwulstmasse. Kurz nach der Tracheo-
tomie CoUaps und Tod. Die mikroskopische Untersuchung zeigte
an vielen Stellen deutliche Structur des Papilloms, an anderen
Stellen dagegen das typische Bild des Carcinoma simplex. Der Be-
weis, dass es sich hier um eine Umwandlung einer ursprünglich
gutartigen in eine maligne Geschwulst gehandelt habe, wird von
der 23jährigen Krankheitsdauer und von der histologischen Unter-
suchung abgeleitet.
Unter Anführung zahlreicher Fälle bespricht 0 . C h i a r i (ibid. Bd. 8, Diagnose
H. 1) die Diagnose und die Therapie des Larynxkrebses. ^^^
Die breiten Auseinandersetzungen eignen sich nicht zu einem kurzen xYhlk^o^pf
Berichte. Es verdient nur bemerkt zu werden, das Chiari in Be- krebses,
zug auf die Therapie die endolaryngeale Methode nur ausnahmsweise Chiari.
ftr gerechtfertigt hält und die Thyreotomie als die günstigste be-
trachtet.
es
536
Jurasz.
Endo- Der von Noltenius (ibid.) beschriebene Fall von Carcinom
laryngeal ^^g Larynx bildet einen Beitrag zixr Frage der endolaryngealen
Kehlkopf- Behandlung der malignen Kehlkopfgeschwülste. Bei einem 59 Jahre
carcinom, alten Manne hat der Verf. am freien Rande des rechten Stimmbandes
Noltenius, ^^^ hervorragende Schwellung constatirt, die vollständig gutartig
aussah. Die Heilung erfolgte durch energische galvanocaustische
Aetzung. Nach 2 Jahren stellte sich ein Recidiv ein , ohne dass
irgend welche Zeichen fiir Malignität sprachen. Abermalige galvano-
caustische Zerstörung. 10 Monate später neues Recidiv, wobei die
Geschwulst höckerig und nicht mehr scharf umschrieben erschien.
Da jetzt der Verdacht auf Bösartigkeit erhoben werden musste, so
wurde ein Stück des Tumors entfernt , an welchem die -mikrosko-
pische Untersuchung die Structur eines Krebses nachwies. Der Verf.
entschloss sich den Tumor endolaryngeal zu exstirpiren, was auch
mit Hülfe der Land grafischen Curette ganz gut gelang. Es trat
aber nach der Operation eine Larynxblutung ein, die schliesslich die
Tracheotomie indicirte. Eine blutende Stelle wurde nicht gefun-
den. 3 Tage später wurde die Canüle bei relativem Wohlbefinden
des Patienten entfernt. In der nachfolgenden Nacht Unruhe des
Kranken, Athembeschwerden, Pulsbeschleunigung und Exitus letalis.
Die Section, die sich nur auf den Kehlkopf beschränken durfte,
führte nicht zum Nachweis der Ursache des Todes. Ein offenes
Blutgefäss wurde nicht gefunden. Es zeigte sich aber an dem aus-
geschnittenen Kehlkopfe, dass das Carcinom gänzlich beseitigt war.
Der Verf. hebt deshalb die Thatsache hervor, dass man das Carcinom
im frühen Stadium auf endolaryngealem Wege funditus aus-
rotten kann.
Einen Fall von endolaryngeal operirtem Carcinom des
Jnraaz, Kehlkopfes stellte Jurasz (Münch. med. Wochenschr. Nr. 27)
auf der V. Versammlung süddeutscher Larjmgologen vor. Es han-
delte sich um eine 44 Jahre alte Patientin, bei der das Carcinom
am rechten Stimmbande seinen Ursprung nahm und durch Contact
auf das linke Stimmband übergriff. Es wurden die vorderen Ab-
schnitte beider Stimmbänder sammt der Conmiissur endolaryngeal
excidirt. Durch Narbenbildung kam es zu einer Art Regeneration
der Stimmbänder, so dass die Patientin laut sprechen kann. Bis-
her, es ist bereits ein Jahr verstrichen, kein Recidiv.
F. Hanszel (Wien. med. Wochenschr. Nr. 23) theilt einen neuen
Fall von Sarkom des Kehlkopfes bei einem 56 Jahre alten
Mann mit. Laryngoskopisch wurde ein haselnussgrosser, gelappter.
Krankbeiten der Na«e, des Rachens etc. 537
nicht ulcerirter Tumor conatatirt, welcher vom sass, zwei Dritttheile Sarkoin des
des linken wahren und falschen Stimmbandes einnahm und sich sub- Kehlkopfes,
chordal auadehnte. Die von der Oberfläche ausgeschnittenen Stücke
ergaben histologisch untersucht die Diagnose: mächtige epitheliale
Wucherung mit fibröser Orundsubstanz. Nach der Probeexciaion
trat eine so starke Reaction ein, dass die Tracheotomie gemacht
werden musste, der sich etwa 14 Tage später die Laryngofissur mit
£z8tirpation des Tomors anechloss. Die mikroskopische Unter-
suchung zeigte, dass man es in deu oberen Schichten mit einem
zellenreichen Fibrom und in der Tiefe mit einem Spindelzellenaarkom
mit Biesenzellen zu thun hatte. Der Patient wurde geheilt entlassen,
starb aber später an einer plötzlichen SufTocation, deren Ursache
nicht festgestellt werden konnte, da die Section verweigert wurde.
Die Casuistik der malignen Geschwülste der Epiglottis
hat durch zwei neue Fälle von A. Schiller (Berl. klin. Wochenschr. u.iigne
Nr. 42) und durch einen Fall von L. Harmer (Wien. khn. Wochen-'^'^J^J"""
achrift Nr. 14) eine weitere Bereicherung erfahren. Der letztere Epigiottia,
Fall betraf eine 65jährige Frau. Der Tumor sass links am Rande SobiUer,
des Kehldeckels imd an der ary epigiottia eben Falte in Form einea
blumenkohlartigen haselnussgrosseu Gewächsee. Es war ein Car-
cinom. Die Exstirpation wurde mittels der Pharyngotomia aubhyoidea
ausgeführt. Heilung, die seit 5 Jahren anhält.
Costinin (Rev. hebdom. de laryng. Nr. 38) wandte in einem Acidnni
Falle von Carcinom dea Larynx, in einem zweiten von Carcinom der ""enioo^um
Nase und in einem dritten von Carcinom der Tonsille und der „alignen Ge-
Zungenwurzel das Acidum araenicosum nach der Methode von »chwülBten.
Cerny und Trunecek an. Die Resultate waren sehr günstig. * ""'
Speciell in dem Falle von Nasen epitheliom wurde definitive Heilung
Die klinischen Verhältnisse der Posticnalähmnngen nament- Poslicns-
hch mit Rücksicht auf die Diagnoae und Aetiologie sind von Semon '»•'mnDgeD,
(Brit. med. Joum., Jan.) eingehend dargelegt worden.
K. Hügel (Münch. med. Wochenschr. Nr. 44) macht darauf auf- ^"^S
merksam, dass der Laryngoapasmus derEinder nicht seltaq-a
Refles von einer hypertrophischen Uvula ausgelöst ^
dass in diesen Fällen die Uvulotomie eine rasche Bessen;
Heilung zur Folge hat. Der Verf. führt kurz G hierher g
Beobachtungen an.
538 Jurasz.
Kehlkopf- UeberzweiFälle von K ehlkopf seh wind el berichtet L. Linken-
V'^iT^h^M^* held (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 41). Die Kranken bekamen
plötzlich ein Kitzelgefahl im Halse, darauf einen HustenanfaU und
fielen in eine kurz dauernde Ohnmacht, von der sie sich bald wieder
erholten.
Kehlkopf. Die Publication von v. Geyer über Kehlkopfblutungen
blutungen, (j^f^ßj^ jj^q^ Wochenschr. Nr. 15) verdient insofern eine besondere
Beachtung, als die Blutung in 2 ausfuhrlich beschriebenen FäUen
unter der Schleimhaut stattgefunden und zur Entstehung von tumor-
ähnlichen Erhöhungen in der Gegend der Commissur gefuhrt hat.
Diese Beobachtungen schliessen sich einem früher von Semon ver-
öffentlichten analogen Falle an.
5. Krankheiten der Luftröhre.
Leukämi- lieber die Veränderungen im Kehlkopf und in der
sehe Ver- Trachea bei Leukämie berichtet 0. Barnick (Münch. med.
studemuceii
im 'Wochenschr. Nr. 19 u. 20). Unter Berücksichtigung der Litteratur
Kehlkopf theilt er 3 neue histologisch untersuchte Fälle mit. Während die leuk-
und in der
Trachea,
ämischen Knötchen leichter erkannt werden können, ist die Diagnose
Barnjck. der diffusen leukämischen Infiltration verhältnissmässig schwierig.
Tracheitis F. Massei (Arch. ital. di laring. H. 4) weist darauf hin, dass es
chronica q^q Form von chronischem Trachealkatarrh gibt, bei welchem Blu-
rhagica, tungen vorkommen. Er bezeichnet diese Form mit dem Namen der
Massel. chronischen Tracheitis haemorrhagica. Die Diagnose stützt
sich auf den negativen Lungenbefund, auf die negativen bacterio-
logischen Untersuchungen des Auswurfs und auf den Nachweis von
Varicen in der Tracheaischleimhaut.
Den bis jetzt in der Litteratur bekannt gewordenen 7 Fällen
von Schilddrüs engeschwülsten im Inneren des Kehlkopfes
Schild- und der Luftröhre fügt A.Baurowicz (Arch. f. Laryng. Bd. 8,
drüs en- g 2) einen achten an. Die Geschwulst sass bei einer 21 jährigen Kranken
ffeschwülste . j o
Im Kehlkopf, s^^c^ordal ^^^i* *^^ ^^^ verschloss grösstentheils das Lumen der
Baurowicz. Trachea. Nach der nothwendig gewordenen Tracheotomie wurde
partielle Laryngofissur gemacht und der Tumor, welcher vom un-
teren Bande des Ringknorpels bis zum vierten Tracheairinge reichte,
entfernt. Die Heilung ging glatt vor sich. Der Tumor erwies sich
als eine strumöse Geschwulst.
Kraakbeitea der Nase, des Rachens etc. 539
B. Fräakel (Berl. klm. Wochenachr. Nr. 23) hat in den letzten
3 Jahrer 23mal die Tracheotomie unter Anwendung der von
Schleich eingeführten Infiltrationsmethode vorgenommen. Die ört-
liche Anästhesie geschieht mit einer gewissen Modification in der ■
Weise, dasa bei Erwachsenen zu jeder Seite des zu machenden
Schnittes ein Theilstrich einer 20'/oigen Cocainlösung unter die Haut
eingespritzt wird. Bei Kindern wird eine 10"(oige Lösung gebraucht.
Nach einigen Minuten ist die Anästhesie so verbreitet, dass die
ganze Operation vollständig schmerzlos verläuft. In einigen Fällen
wurde der Cocafnein spritzung eine halbe Chloroformnarkose voraus-
geschickt.
Lehrbücher nnd Mouographieeu.
G. Äbeles, Die HyperplaHie der Rachentonsille und dh' adi'iioideii Vege-
tationen des NasenrachenraunLs. Leipzig.
Broquet, La eure radicale de la sinuisite maiUlaiit ckroniqiie. These
de Bordeaus.
E. Fink, Die Krankheiten der Nase und dea Halsea. ihre Ursachen und
Wirkungen. 10 Vorträge.
M. Hagedorn, Der Keuchhusten und seine örtlichen Erscheinungen in
Nase , Ohren und Hals. M, Bresgen's Samml. zw.ingloser Abhandl.
Bd. 3, H. 2.
P. Heymann, Handbuch der Laryngologie und Rbinologic, Wien.
Herrn. Krauie, Die Erkrankungen der Singstimme, ihre l'i^u'lien und
Behandlung.
Lepoutre. De Taathme ad^noldien. Th^se de Lille.
A. Lieven, Die Syphilis der oberen Luftwege. HauH'^ Win. Vortr. Bd. 2,
H. 10.
J. Mikulicz und W. Kümmel, Die Krankheiten des Mundes. Jena.
Suchannek, lieber Diphtherie der oberen Luftwe^re. Summ!, zwangl.
Abhandl. a. d. Geb. d. Nasen-, Ohren-, Mund- und Halskninkheiten.
HaUe a. S.
E. Winckler, Ueber den Zusammenhang von Nasen- und Aii^enerknin-
knngen. M. Bresgen'e Samml. zwangl. AbhandJ. Bd. 3, H. 1.
vm.
Haut- und venerisclie Krankheiten.
Von Br. Max Joseph in Berlin.
A. Hautkrankheiten.
I. Anatomlet Phjsiologrie« Allgremeine Pathologrie.
üeber das Verhalten der eosinophilen Zellen in Haut-
Eosinophile blasen berichtet Bett mann (Münch. med. Wochenschr. Nr. 39). Frühere
Zellen in Untersuchungen hatten ergeben, dass im Gegensatze zu den übrigen Blasen
au äsen, ^^^ Haut gerade in der Pemphigusblase eine reichliche Menge von eosino-
philen Zellen vorkäme. Während er diese Thatsache bestätigen konnte,
fand er aber entgegen der landläufigen Ansicht vom Fehlen der eosino-
philen Zellen in Blasen, die durch Vesicantien erzeugt sind, in 50 daraufhin
untersuchten Fällen jene Gebilde ausnahmslos.
Hant*
Verände-
rungen,
durch
Röntgen-
strahlen,
Behrend.
Die unter dem Einfluss der Röntgenstrahlen entstehen-
den Hautveränderungen bespricht Behrend (Berl. klin. Wochen-
schrift Nr. 23). Bei kurzer Expositionszeit und genügendem Abstand von
der Haut verlaufen die Hautentzündungen leicht. Bei längerer Einwirkung
scheint es aber fraglich, ob die Hautveränderungen wieder zur Norm zurück-
kehren. Der Einfluss auf die Hirsuties der Frauen ist noch nicht sicher-
gestellt. Die Hautentzündung stellt sich im wesentlichen als eine Ver-
brennung ersten Grades dar. Verf. berichtet über 1 Fall, in welchem die
Veränderungen an den Händen sehr schwere waren, ähnlich wie bei einer
Sklerodermie.
Durch vielfache experimentelle Versuche Über das Eigenleben
menschlicher Epidermiszellen ausserhalb des Organismug
Haut- und venerische Krankheiten.
541
konnte Wentacher (Beitr. zur path. Anat. u. zur allg. Path. Bd. 24) den Eigen
Beweis erbringen, daas trotz vollkommener Unterbrechung aller natürlichen moi
Esistenzbedingungen das Leben der menBchlichen Eeimschichtzetlen der
Epidermia unter Unutänden längere Zeit erhalten bleiben und nach Wieder-
herstellung physiologischer Emähningsverbältnisae von neuem in typischer Wsntacber.
Form und Function sich äussern kann.
Epidei
Beiträge zur Lehre von den Flasmazellen liefert Krompecher
{ibid.). Immer mehr schrumpft die von Unna zuerst betonte specifische
Bedeutung der Plasmazellen zusammen. Auch in der vorliegenden Arbeit
wird im Gegensätze zu Unna die Entstehung der Plasmazellen aus Lympho-
cyten nachgewiesen. Seine weiteren Untersuchungen sprechen dem Verf. für
die Umwandlung der Plasmazellen zu Bindegewebszellen und sonach f^r die
hämatogene Bildung von Bindegewebe, wobei die Plasmazellen Uebergangs-
zellen bilden und gleichfalls die Umbildung der hämatogenen Wanderzellen
zu Bindegewebszellen vermitteln.
In dem durch seine Arsenproduction bekannten Reichenstein in Schle-
sien stellte sich früher häufiger, jetzt infolge der hygienischen Maaesnahmen
seltener eine Erkrankung ein, welche sich hauptsächlich in Melanose der
Haut und keratetiachen Hautvei^derungen äussert. Diese Erscheinungen
sind als chronische Arsenintexication zu deuten, und zwar infolge des Arsen-
gehalts der früher als Trinkwasser benutzten oberen Erdwgsser. Geyer
(Ueber die chronischen Hautveränderungeu beim Arseni- ä
cismus und Betrachtungen über die Massenerkrankungen
in Beichenstein in Schlesien. Arcb. f. Dermal, u. Syph. Bd. 43) hat sich
nun mit grosaem Eifer an Ort und Stelle mit dieser Affection beschäftigt.
Ueher das Wesen der Pigmentanomalie und der Keratose konnte Verf. an
einem anf Neisser's Klinik aufgenommenen Kranken interessante Beob-
achtungen anstellen. Es wird vielleicht allgemeines Interesse erregen, dasa
man jetzt daran geht, die Beichensteiner ArsenwäHser auch therapeutisch
zu verwerthen, da die Gebirgsformationen dieselben wie beim Roncegno-
ond Levicowasser sind.
Histologische Untersuchungen über den Einfluss des Schneidens
der Haare auf ihr Wachsthum stellte C.W. Bischoff (Arch. f. mikr.
Anat Bd. 41) an. Er gelangt im Gegensatze zu Remesow auf Grund mühe-
voller histologischer Untersuchungen zu der Anschauung, dii— li...jl,-[ iv.ilji
scheinlich das Schneiden der Eaare keinen Einfiuaa auf li i ^V.u li-t)i jir
derselben ausübe. Daraus folgt, dass die Haare nicht tUbii; -iini . t'inen
Reiz weiterzu leiten.
Ueber die Ablagerung von Arsen in den Hanren berichtet*
E. Schiff (Wien. kün. Wochensohr. Nr. 22). Er fand nueh mühsamen j
üntersucbnngen an Hunden, dass bei lang anhaltender D^irreicl
Eiueinas
des
SflUntideni
Cllf
r
542 Joseph.
Arsen dieses in die Haare übergeht. Daraus schliesst er mit Wahrscheinlich-
keit, dass es eine locale Einwirkung des Arsens bei Hauterkrankungen ist,
welche den therapeutischen Effect bedingt.
II. Pathologie nnd Therapie.
1. Entzündliche Dermatosen.
Auf die Beziehungen zwischen Lippenekzemen und Mund-
Lippen- wässern macht A. Neisser (Therap. Monatsh., Febr.) anfinerksam.
ekzeme -g^ ßiähriger Knabe litt an einem seit Monaten bestehenden, die
durch "^ ®
Mundwässer, Mund ö£Fnung umgebenden squamösen Ekzem. Erst nach Fortlassen
Neisser, des als Mund- und Zahnwasser gebrauchten Odols verschwand das
Ekzem. Verf. vermuthet, dass die ätherischen Oele, Oleum Menthae
piperitae und Oleum CaryophyUorum, in diesen Mundspülwässem und
Zahi^pulvem schädlich für periorale Dermatitiden sind. — Im Gegen-
satze hierzu glaubt Axmann (Therap. Beil. d. Deutsch, med. Wochen-
schrift Nr. 12) dem im Odol enthaltenen Salol die Schuld beimessen
zu müssen. Er sah oft nach der innerlichen Einnahme von Salol
Lippenekzeme entstehen.
Ueber chirurgische Erfahrungen mit löslichem metalli-
schem Silber bei der Behandlung von septischen Wund-
Silberbei infectionen (Blutvergiftungen) berichtet We r 1 e r (Deutsche med .
WeriOT.' Wochenschr. , Therap. Beil., Nr. 10 , 6. Oct.). Er sah in 3 Fällen
(Phlegmone und multipler Furunculose) schnelle Erfolge von der
Anwendung des Unguentum Cred6, welches 15 °/o Argentum colloidale
enthält. Man verordnet: Unguent. Cred6 1,0. Doses Nr. m. D. ad
chartam ceratam. Ein Päckchen der Silbersalbe wird jeden Abend
20 — 25 Minuten lang auf einer gesunden Körperstelle eingerieben.
Behandlung Einen Carbunkel des Halses behandelte Ashe (British med. Joom.,
, , j Nov.) erfolgreich mit Antistreptokokkenserum. Nach 4maliger In-
Asbe. ' jection ^trat in einem Monat vollkommene Heilung ein. Daraus schlie^^t
Verf., dass der Carbunkel nicht nur durch Staphylokokken, sondern durch
eine Mischung verschiedener Mikroorganismen hervorgerufen werde.
Ueber die Erysipelbehandlung mit Metakresolanytol be-
Erysipei- richtet W. Koelzer (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 43). Das-
*^®^*°j^^°°^' selbe wurde zuerst in 1- und 3**/oiger Lösung beim Er3'8ipel des
Kaninchenohres versucht. Nachdem hier ein unzweideutiger Erfolg
erzielt war, ging Verf. dazu über, es beim Menschen zu versuchen,
und in 5 Fällen konnte er hier eine unzweifelhafte Beeinflussung
Haut- und venerische Krankheiten.
543
des Erysipels durch das Präparat constatiren. Zu einem definitiven
Urtheil wünscht er erst Erfahrungen an einem möglichst grossen
Material und stellt zur Erwägung, ob diese Methode sich nicht auch
als ein Gewinn für die Therapie anderer localer bacterieller und
parasitärer Erkrankungen von Haut und Schleimhaut herausstellen
sollte.
Für die Behandlung von Brandwunden und Ekzemen
empfiehlt E. Sympson (Quart, med. Joum. , Juli) die Pikrinsäure Plkrinsänre
als schnell wirkendes gutes Mittel. Verbandgaze wird mit l**/oiger bei Brand-
Pikrinsäure in Wasser durchtränkt und auf die erkrankte Fläche Ekzem
gelegt. Auch bei rhagadiformen Ekzemen bewährte sich diese Sympson,
Methode.
üeber Porokerato8i8(cf. vor. Jahrg. S. 493) liegen wieder einige neue
Beobachtungen vor. Wende (Joum. of out. and genito-urin. dis., Nov.) be- Poro-
schreibt die Erkrankung bei einer 45jährigen Frau an dem Handrücken, ^oratosis,
an dieser Stelle bestand Anidrosis und Asteatosis. Verschiedene Ueber- '
impfongen zum Zwecke des Nachweises der eventuell parasitären Natur der
Affection waren ergebnisslos, nur auf der gesunden Hand des Individuums
gelang eine scheinbare üebertragung. Auch Basch (Pester med.-chir. Presse Baach,
Nr. 27) konnte in seiner Beobachtung bei bacteriologischen Untersuchungen
kein positives Resultat erzielen, ebenso wenig sah er von der Therapie einen
Erfolg. Ducrey und Respighi (Annal. de Dermat et de Syph. H. 1) Ducrey u.
constatirten in einem typischen Falle von Porokeratosis auf der Schleimhaut Respighi
der Mundhöhle Stecknadelkopf- bis linsengrosse opalescirende Flecken mit
einem scharfen Rande, ähnlich wie auf der äusseren Haut. Diese Schleim-
hautveränderungen fehlten in dem letzten von Heller in der Berliner Der- Heller,
matologischen Gesellschaft (December) vorgestellten Falle. Freilich fehlt
auch hier noch zur vollen Bekräftigung der Diagnose die mikroskopische
Untersuchung.
Zur Behandlung des Ekzems empfiehlt Hirschkron (Deutsche Ekzem,
med. Wochenschr. Nr. 12) das Naphthalan, und Unna (Mon. f. ^^J'J''"*
pract. Dermat. H. 11) hält das Waschen der Hände bei Ekzemen an
dieser Stelle für sehr schädlich.
Zur Behandlung der Ulcera cruris verwendet H. Thompson
(Lancet Nr. 3913) die alte Methode der Einwickelung des Beins mit
sich dachziegeHbrmig deckenden Heftpflaster streifen und sah
davon sehr gute Erfolge.
Auf den Zusammenhang von Augenerkrankungen mit
Hautleiden (Pityriasis rubra püaris am Auge) macht Mohr (Wien.
ülcera
cruris,
Thompson.
544
Joseph.
Pityriasis klin. Rundschau Nr. 36) aufmerksam. Es ist dieses der erste der-
^^, f artige Fall. Bei einem 29jährigen Patienten bestand das Hautleiden,
am Auge, ein Liehen ruber acuminatus, seit 9 Jahren. Seit 2 Jahren stellten
Mohr. q[q}^ Schmerzen an den Augen ein, und man konnte auf der Con-
junctiva palpebrarum ähnlich wie auf der äusseren Haut mehrere
mohnkomgrosse , scharf begrenzte Knötchen wie auf der äusseren
Haut wahrnehmen. Secundär zeigten sich auf der Hornhaut ober-
flächliche Substanzverluste.
Drei Fälle von Dermatitis arteficialis durch Primula ob-
Dermatitis conica, Oleum Lauri und Eugallol berichtet Hopf (Dermat.
arteficialis, Centralbl., Oct.). Der erste Patient war ein Gärtner, welcher viel mit
Hopf. ' ' , ' ^
Primeln zu thun hatte. Der zweite Kranke hatte gegen Heiserkeit
ungereinigtes LorbeerÖl gebraucht, und der dritte ELranke bekam
seine arteficielle Hautentzündung nach dem Gebrauche einer gegen
Psoriasis empfohlenen Mischung von Eurobin und Eugallol, wie sie
Kromayer jüngst empfohlen hat.
Berufs-
dermatose
der Photo-
graphen,
Freund.
Eine Beruf sdermatose der Photographen beschreibt
L.Freund (Wien, therap. Wochenschr. Nr. 27). Er konnte die Er-
krankung in 9 Fällen constatiren, und zwar ist die Beschäftigung mit
Methol, welches beim Entwickeln der Platten benutzt wird, als Ur-
sache anzuschuldigen. Es zeigt sich ähnlich wie bei der localen
Asphyxie eine starke Cyanose der Hände, die Haut ist hart und
schwer in Falten aufzuheben.
Sycosis
und Aus-
schnupfen,
Unna.
Auf die Beziehungen der Sycosis subnasalis und Aus-
schnupfen macht Unna (Mon. f. pract. Dermat. H. 12) aufmerksam.
Er verbietet bei Sycosis der Oberlippe den Gebrauch des Taschen-
tuches wegen der Reibung der Oberlippe und lässt zur Entfernung
des Nasenschleims eine Nasendouche mit '/«^/o Ichthyol anwenden.
Zum Verband werden SalbenmuUe (Zink) genommen.
Bromacne,
Neumann.
Einen merkwürdigen Fall von Bromacne demonstrirte J. Neu-
mann (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 17). Ein 29jähriger Mann
zeigte nicht nur im Gesichte blasenartige Wucherungen, sondern bei
der Section fand man in ähnlicher Weise auch die grosse Curvatur
des Magens erkrankt.
Einen durch Intensität und Ausdehnung seltenen Fall von atypi-
scher Psoriasis beobachtete Deutsch (Wien, klin, Wochenschr-
Haut- und venerische Krankheiten. 545
Nr. 6). Hier stellte sich die Psoriasis im Anschlüsse an Gelenk- Atypische
sch merzen ein, später traten wieder Recidive mit Qelenkbeschwerden *^ » <> '^^ * * * *»
. . . Deutsch.
zusammen auf. Die einzelnen Efflorescenzen waren mit starken, fast
centimeterdicken krustösen Auflagerungen versehen. An den Händen
waren es sogar directe warzige Homgebilde. Verf. bezeichnet diese
Form als Psoriasis ostracea.
Bei seinen Untersuchungen zur Histologie der Jodacne fand
Giovannini (Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. 45), dass es sich um Jodacne,
eine acute, eitrige, oberflächliche Folliculitis und Perifolliculitis han- ^iov*°»"»»-
delt, während die Talgdrüsen nur secundär erkranken.
2. GirculationsstÖrungen der Haut.
Durch die Arbeit von Purjesz (Pester med.-chir. Presse Nr. 25) Pellagra
werden wir mit dem Auftreten der Pellagra in Ungarn bekannt *" üngam,
Pnxjesz.
gemacht, während man früher dort diese Erkrankung nicht kannte.
Ja das Auftreten muss sogar als ein massenhaftes bezeichnet werden,
da Verf. bereits von 20 Fällen berichten konnte. Kein Wunder,
dass die dortigen Aerzte das Krankheitsbild zuerst nicht erkannten,
bei genauerem Studium stellte sich aber heraus, dass die dort de-
monstrirten Kranken sich in nichts von dem bekannten Bilde der
Pellagra unterschieden. Für die Aetiologie ist es von Interesse, dass
die betreflFenden Einwohner sich sonst von Roggen- und Weizenmehl
ernähren, nur in diesem Jahre nach drei schlechten Ernten ge-
zwungen waren, ihre Ansprüche herabzumindern und sich haupt-
sächlich oder ausschliesslich mit Maismehl zu ernähren.
Wechselmann (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 21) berichtet Antipyrin-
über 5 Fälle von Antipyrinexanthem, welche Köbner beobachtet Exantheme,
, « . Wechselmann.
hat. Bei 4 Patienten war das Exanthem auf wenigen Bezirken
localisirt, während beim 5. ausgedehnte Hautflächen befallen waren.
Verf. stellt zur Erwägung, ob nicht bei den befallenen Individuen
zu bestimmten Zeiten Störungen in der Ausscheidung des Antipyrins
durch die Nieren eintreten, und dass dann das Mittel mehr durch
die Schweiss- und Speicheldrüsen ausgeschieden werde, wodurch auch
die Localisation im Munde sich erklären liesse. Jedenfalls seien die
Angaben, dass in einigen Fällen das Antipyrin sich im Urin nicht
nachweisen liess, der Beachtung werth.
Die Purpura ist nach Perrin (La Presse med., Oct.) keine
selbständige Krankheit, sondern das Symptom einer Toxyhämie.
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 35
546
Joseph.
Purpura,
Pertni.
Purpura
baemor-
rbagica,
Lewis.
Häitfig sind nach ihm die Tonsülen der Sitz der Toxine, hier finden
sich dann Staphylo- nnd Streptokokken, sowie Pnenmokokken. Dnrch
die Einwirkung der Toxine anf die CapiUaren wird das Blmextra-
vasat erzengt. Anch die scheinbar primäre rheumatische Porpnra
erklare sich meist dnrch vorhergehende infectiöse Krankheiten, welche
anch die fonctioneUen Störungen verursachen.
lieber 3 PäDe von Purpura haemorrhagica (Morbus Werl-
hofii) berichtet Lewis (Med. Hecord, Mai). In dem ersten bestand
Icterus gravis, und der Tod erfolgte durch eine Hämorrhagie. Im
2. Falle beobachtete er hohe Temperatur, Bewusstlosigkeit und
Oculomotoriuslähmimg. Hier trat langsame, aber vollständige Hei-
lung ein. Der 8. Patient hatte hohes Fieber, Schmerzen im Kehl-
kopf, Hämaturie und starb an Verblutung. Man fand in allen Or-
ganen hämorrhagische Infarcte und im Herzblut den Staphylococcus
albus.
Natrium Gegen die Urticaria empfiehlt Wolff (Joum. of Amer. med.
phosphori- assoc.) das Natrium phosphoricum. Man gibt etwa Sstündhch
Urticaria ^^ine Dosen einer concentrirten Lösung. In acuten Fällen ist die
Wour. Wirkung eine schnelle, auch in chronischen tritt bald Besserung ein,
doch werden Recidive nicht verhütet.
Urticaria
factitia,
Seymonr.
Nach seinen zahlreichen Untersuchungen im Krankenhause Fried-
richshain glaubt Seymour (Zur Kenntniss der Erscheinungsform und
klinischen Bedeutung der Urticaria factitia. Inaug.-Diss. Berlin),
dass die Urticaria factitia als eine für hysterische und neurastheni-
sche Zustände pathognomonische Erscheinung betrachtet werden
muss. Körperliche sowohl als geistige Anstrengungen einerseits und
psychische Einflüsse andererseits spielen wahrscheinlich eine grosse
Eolle in der Aetiologie.
«
J. Collier (Lancet, 13. August) glaubt, dass die Erythro-
melalgie keine selbständige vasomotorische Neurose, sondern ein
für Erkrankungen des Rückenmarkes charakteristischer Symptomen-
complex ist, für welchen er den Ausdruck „vasculäre Krisen" em-
pfiehlt.
Reizerscheinungen beim Gebrauche von Airolpulver
**'"irel""' beobachtete Spiegel (Mon. f. pract. Dermat. Bd. 27) in 2 Fällen, und
zwar bei der Behandlung eines Ulcus molle sowie eines Panaritium.
Jod war in beiden Fällen im Urin nicht nachzuweisen.
Erythromel-
algie,
Collier.
Airol-
Haut- und venerische Krankheiten. 547
Ueber die familiäre Form des acuten circumscripten
Oedems berichtet H. Schlesinger (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 14). Acutes
Betroffen waren in 6 Fällen vier Generationen einer Familie in ci'c^™"
. • /• j scriptes
nahezu vollkommen identischer Weise, der Beginn fand stets um oedem,
das 20. Lebensjahr herum statt. Die Anfalle wurden durch De- Schlesinger,
pressionsgefühl und Gefühl von Unbehagen eingeleitet; ein eigen-
artiges Erythem ging dem Anfalle um mehrere Stunden voraus.
Dann apoplektiformer Beginn der Schwellungen, mitunter anstatt der
Anschwellungen Erbrechen und Koliken. Die Affection persistirte
bis in das späte Alter in gleicher Weise, nur wurden mit zunehmen-
dem Alter die Anfalle weniger heftig und seltener.
Als Saisonniers bezeichnet Du Castel (La semaine mM. Saisotiniers,
Nr. 20) das Auftreten einzelner Hautkrankheiten zu bestimmten ^^ Castel.
Jahreszeiten. Zwei Fälle von Prurigo setzten Anfang Mai ein, um
zu Beginn des Winters zu verschwinden. Zwei andere Patienten
litten an Psoriasis, welche zwar nie ganz verschwand, aber doch bei
dem einen im FrühHng und Herbst, bei dem anderen oft nur im
Frühling oder Sommer stärkere Eruptionen erzeugte. Die kalte
Jahreszeit brachte stets eine bedeutende Besserung. Bei den Krank-
heiten der kalten Jahreszeit schlägt Verf. vor, die Circulation durch
Dampfbäder, schweisstreibende Getränke, trockene und feuchte Ab-
reibungen anzuregen. Für die bei Hitze eintretenden Dermatosen
empfehlen sich Belladonna, Tannin, Kalkphosphat , Ergotin, sowie
eine tonisirende Hydrotherapie.
3. Progressive Ernährungsstörungen der Haut.
Ueber Ichthyosis hystrix hat Schourp (Dermat. Centralbl., Ichthyosis
Mai) in des B/cferenten Poliklinik einige neue Beobachtungen anstellen hystrix.
können. Es gelang durch consequente und langanhaltende Dar-
reichung von Thjn'eoideatabletten eine erhebliche Besserung des
Krankheitsbüdes herbeizuführen. Besonderes Interesse hatte aber
die histologische Untersuchung, da eine solche bisher noch niemals
ausgeführt war. Charakteristisch ist der unvermittelt scharfe Ueber-
gang vom Rete Malpighii auf die Homschicht; im oberen Drittel
des Corium war keine Spur eines elastischen Fasemetzes zu er-
kennen. Zwischen Bete Malpighii und Stratum comeum schieben
sich keratohyalinhaltige Zellen.
Einen Fall von linear unilateraler Ichthy
Phillips (British med. Joum. , 5. Febr.). Die»
548
Joseph.
Ichthyosis pathisches Papillom oder Naevus neuroticus bezeichnete Affection
mm ■
l?®*'^"' nahm nur die linke Seite ein und war angeboren. Die Affection
Phühps. . -r» . , . . .
schnitt am Kumpfe scharf in der Mittellinie ab, während sie an den
Extremitäten longitudinal verlief. •
Entfernung Zur Beseitigung der Epheliden, Sommersprossen, empfiehlt
der Touvenaint (Gaz. hebd., Mai) 2mal tägliches Waschen mit Zinc.
Touvenaint. sulfocarbol. 4,0, Glycerini 60,0 und jeden 2. Tag folgende Salbe:
Hydr. praec. alb. , Bismuth. subnitr. ana 4,0, Ungt. Glycerini 15,0.
Cornn Zwei Fälle von Gornu cutaneum palpebrae hatte Ballaban
cutaneum, (Centralbl. f. pract. Augenheilk., April) Gelegenheit zu untersuchen. Er
gelangt zu der Anschauung, dass die Hauthömer den Papillomen zuzu-
rechnen sind, von denen sie sich nur durch einen besonderen Grad und
Intensität der Epidermiswucherung und Verhomung unterscheiden. Daher
wären sie wohl am besten vom histologischen Standpunkte aus als Keratoäis
papillomatosa zu bezeichnen.
Monochlor- J. McGuire sah gute Erfolge (Journ. of cutan. and genito-urin.
essigsaure ^^ j^\ ^^^ ^^j. Anwendung der Monochloressigsäure bei
beiXanthom, ' , . ° . '^
Guire. Xanthomen. Es wird immer nur eine kleine Stelle geätzt, der
Schorf stösst sich in kurzem ab, und in 4 — 6 Wochen kann man
hierdurch Heilung erzielen.
Xeroderma Einen Fall von Xeroderma pigmentosum stellte Barendt
pigmen- (rpi^^ Lancet, 29. Oct.) bei einem 2jährigen Kinde vor. Hier war
Barendt. merkwürdigerweise von der Anwendung der Röntgenstrahlen ein
günstiger Einfluss zu verzeichnen.
Haut-
SB rk oma-
tose,
Joseph.
Ueber Hautsarkomatose berichtet Max Joseph (Arch. f.
Dermat. u. Syph. Bd. 46). Ein 82jähriger Mann zeigte eine grosse
Anzahl von Tumoren (etwa 70) über die ganze Haut vertheilt und
nach der Section auch welche in den inneren Organen. Zum wesent-
lichen Unterschiede von den sonstigen Befunden in Sarkomen stellte
sich in diesem Falle eine hyaline Degeneration der Bindegewebsfasern
und eine mucinöse Degeneration der Infiltrationszellen ein. Ebenso
waren im Gegensatze zu echten Sarkomen die elastisphen Fasern und
die Mastzellen in dem Infiltrationsgebiete noch vorhanden. Verf. glaubt
mit Kaposi, dass man solche Fälle als ^Sarkoide Tumoren^ ab-
grenzen müsse.
In seinen Beiträgen zur geographischen Pathologie der West-
küste Südamerikas sind von besonderem Interesse die Beobachtungen,
Haut- und venerische Krankheiten. 549
welche Rüge (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 46) an 20 Kranken des Verruga
stadtischen Hospitals in Lima über die Verruga peruviana an- Peruviana,
stellen konnte. Diese litten bis auf einen alle an der acuten Form,
befanden sich in einem weit vorgeschrittenen Stadium und machten
einen bejammemswerthen Eindruck. Bedeckt am ganzen Körper
mit Geschwülsten, die zwischen der Grösse einer Erbse und eines
halben Strausseneies schwankten, waren sie bei hohem Fieber meist
bewusstlos. Die grösseren Geschwülste waren zerfallen und ähnelten
jauchigen Krebsmassen. Diese acute Form der Vemiga gilt als tödt-
lich. Die Patienten stammten alle aus dem berüchtigten Thale Agua
de verrugas, 70 km von Lima entfernt und 1800 m über dem Meere.
In Peru nimmt man den Genuss des Wassers dieser Schlucht, be-
sonders zur Zeit der Schneeschmelze, als Ursache an. Ein Kranker
litt an der chronischen Form. Er zeigte nur vereinzelte, erbsen-
grosse Papillome, makroskopisch nur durch ihre dimkle Pigmentirung
von den gewöhnlichen Warzen zu unterscheiden. Die Diagnose
„Verruga" konnte nur deshalb bei ihm gestellt werden, weil er die der
Verruga eigenthümüche Localisation der Warzen auf der Bindehaut
des Auges zeigte. Eine hochrothe, himbeerähnliche Farbe wurde
übrigens an keinem einzigen Papillom wahrgenommen.
lieber ein Epitheliom der Wange und linken Nasenseite bei
einem -erst 14jährigen Knaben berichtet Hartzell (New York med. Epitheliom,
Joum., März). Die Geschwüre auf der Wange bestanden sogar schon Hartzell.
seit 2 Jahren mit ihren aufgeworfenen, wachsigen Rändern.
Als einen höchst seltenen Befund constatirte E. Tauffer (Vir- Sarkom
chow's Archiv Bd. 1B2) ein Sarkom auf narbig-lupösem Boden. *°J[^^^^^'
. . TaufTer.
Sonst sieht man auf Lupusnarben Carcinome entstehen , hier aber
fand sich ein Spindelzellensarkom mit Riesenzellen auf chronisch ent-
zündlichem narbigem Boden.
Bei einem Keloid des Vorderarmes, welches schon mehrfach
vergeblich operirt war, wandte Lawrence (The British med. Joum., Keloid,
Juli) Scarificationen an. Danach wurde die Blutung durch heisse ^canfica-
Compressen begünstigt und oberhalb des Keloides eine Gummi- Lawrence.
schlauchbinde angelegt, um die venöse Circulation zu unterbrechen.
4. Regressive Ernährungsstörungen der Haut.
Jn 8 Fällen von umschriebener Sklerodermie glaubt Brocq
(Annal. de Dermat. et de Syph. H. 2) mit der elektrolytischen
550
Joseph.
bei Sklero-
dermie,
ßrocq.
Elektrolyse Behandlung gute Erfolge erzielt zu haben. Nur in einem 9. Falle,
bei einem Knaben mit multiplen Krankheitsheerden und schnellem
Verlaufe, Hess ihn diese Therapie im Stich. Merkwürdigerweise
konnte Verf. beobachten, dass nach Behandlung einer erkrankten
Stelle sich die anderen auch zurückbildeten. Den naheliegenden, auch
von Hallopeau bereits erhobenen Einwand, dass auf die Rückbildung
der sklerosirten Partieen die elektrolytische Behandlungsweise keinen
grossen Einfluss übe, sucht Verf. durch eine Reihe von Bemerkungen
zu widerlegen, die aber nicht stichhaltig erscheinen.
Sklero-
dermia
diffusa,
Mosler.
Ueber Sclerodermia diffusa berichtet Mosler (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 28). Er hat 9 Fälle beobachtet, darunter 2 circum-
scripte und 7 diffuse Sklerodermie. Hiervon kamen 6 beim weib-
lichen uiid 3 beim männlichen Geschlechte vor. Er unterscheidet
zwischen acut und chronisch verlaufenden FäUen. Die häufig zu
findende Pigmentation an den erkrankten Stellen hält Mosler für
einen Folgezustand des der Sklerodermie eigenthümlichen patho-
logisch-anatomischen Processes. Die Kranken erhalten Bäder mit
einem Zusätze von je 60,0 Ichthyolammonium und innerlich Tabletten
von Calcium sulfo-ichthyolicum k 0,1, pro die drei Stück, daneben
Einreibungen von 10"/oigem Ichthyolvaselin. Ueber den Erfolg will
Mosler später berichten.
Therapie
der Sklero-
dermie,
Beer,
Osler.
Beer (Wien. med. Bl. Nr. 11 — 15) berichtet über 5 Fälle von
Sklerodermie und sah in diesen durch zweckmässige Massage,
elektrische Behandlung und Bäder Heilung eintreten. — Osler (Joum.
of cutan. and genito-urin. dis., Febr.) erzielte gute Erfolge durch
Salicylpräparate, während Thyreoidintabletten ohne Einfluss blieben.
Ueber Leukonychie verbunden mit Koilonychie berichtet
Leukon y- Forchheimer (Dermat. Centralbl., Nov.) aus des Referenten Poliklinik.
^j!h^' "^^ bestand hierbei nicht nur eine völlige weisse Verfärbung sämmt-
lieber Fingernägel, sondern sie waren auch deformirt. Die Wölbung
der Nagelplatte war nicht wie im normalen Zustande nach oben
convex, sondern nach oben concav. Therapeutisch bewährte sich
ein Polirpulver, aus Stanni oxydat. 10,0 und Carmin 0,1 bestehend.
Ueber eine symmetrische Loslösung der Fingernägel vom
Nägel- Nagelbette berichtet Smith (British med. Joum., Febr.). Die
Smith***' Symmetrie der AfFection war so ausgeprägt, dass nicht nur an beiden
Händen die entsprechenden Nägel ergriffen waren, sondern auch an
Hautr und venerische Krankheiten.
551
den gleichen Fingern jeder Hand die Nagelablösung die gleiche
Ausdehnung annahm. Es war eine 30jährige Frau, welche im übrigen
stets gesund war.
Beim Lupus erythematosus sah Stowers (British Joum. Lupus
ofDermat., April) gar keine Erfolge von der Anwendung des neuen ®ry*^®™*-
^__ . LOS vL Sf
Tuberculins, während C rock er das Salicin empfiehlt. Es wurde stowers,
1,0 g 3mal täglich gegeben, und innerhalb 6 Monaten folgte Heilung. Crocker.
Zur Kenntniss der Gangraena cutis steuert Riecke (Wiener Gangraena
klin. Wochenschr. Nr. 6) einen interessanten Beitrag bei. Bei einem
jungen Mädchen traten nach einer Verletzung am Daumen häufig
wiederkehrende Bläscheneruptionen am Arme auf, welche mit scheiben-
förmigen Defecten endigten. Es bedurfte erst eingehender Unter-
suchung, um festzustellen, dass die Patientin zur künstlichen Hervor-
bringung dieser Blasen Aetzmittel benutzte.
cutis,
Riecke.
Schütz (Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. 46) beobachtete in Leukoplakie,
einigen Fällen das Zusammentreffen von Leukoplakie mit einigen ^^^
Hauterkrankimgen, welche mit einer vermehrten Hornbildung einher-
gehen, Psoriasis, Tyloma palmarum, Eczema chronicum squamosum
beider Ellenbogen. Er glaubt, dass hierfür ursächliche und gemein-
same Bedingungen im Körper vorhanden sind. Therapeutisch be-
währte sich 3 — 5^/oiger Salicylspiritus.
5. Neuritische Dermatosen.
Während Kober (Berl. klin. Wochenschr. Nr. IB) eine an-
gebliche Classenepidemie von 8 Fällen typischer Alopecia areata
beobachtete, theilt Bender (Dermat. Centralbl., Oct.) einen weiteren
Fall von Alopecia areata nach Operation am Halse mit. Bei
einem 25jälirigen Manne stellte sich eine Alopecia areata ein, bald
nachdem er wegen Drüsen am Halse operirt worden war. Der Fall
scheint mehr für die trophoneurotische Natur der Erkrankung zu
sprechen.
lieber Pruritus als Symptom der progressiven Paralyse be-
richtet Sarbo (Neurol. Centralbl. Nr. 1). Der Sitz des Juckens
ist nach ihm in der Hirnrinde zu suchen. — R. Bloch (Die Heil-
kunde) sah in einem Falle von Pruritus cutaneus einen guten Er-
folg nach innerlichem Salophengebrauch (3mal täglich 1,0).
Alopecia
areata,
Kober,
Bender
Pruritus,
Sarbo,
Bloch.
552 Joseph.
Herpes In der Statistik, welche Cantrell (The Philadelphia med.
c°*tr^' Joum., 26. März) über das Auftreten des Herpes zo ster während der
letzten 20 Jahre in Philadelphia aufgestellt hat, sind 198 Fälle unter
19492 Personen enthalten. Er fand die Erkrankung am häufigsten
im August, October und November auftreten, danach kamen Mai,
Juni, Juli und December. Am meisten vertreten war der Zoster
pectoralis, dann folgten Zoster abdominalis, femoralis, brachialis,
frontalis, ophthalmicus, facialis, nuchae.
Prurigo, Ueber Prurigo berichtet D o h i (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 22)
^^**'" aus des Referenten Poliklinik. Bei der histologischen Untersuchung von
Prurigoknötchen bei einem 21jährigen Manne mit Prurigo ferox fand
sich neben einer hochgradigen Akanthose eine beträchtliche In-
filtration im Stratum subpapillare der Cutis. Besonders auffallig
war die starke Hypertrophie der Musculi arrectores. Auf Grund
dieser Befände wendet sich Verf. gegen die Anschauung, als ob die
Prurigo als eine chronische Form der Urticaria aufzufassen sei.
Ueber trophische Störungen der Haut bei spinaler
Tropho- Gliomatose oder Syringomyelie berichtet Pospelow (Arch. f.
^neurosen p^j-ßj^t. u. Syph. Bd. 45). In diesem hier berichteten typischen
myelie, Falle von Syringomyelie wurden von Hautkrankheiten beobachtet:
Pospelow. a) ^Q locale Asphyxie der Extremitäten oder Baynaud'sche AflRec-
tion, b) der Symptomencomplex der Morvan'schen Form, c) Sklero-
daktylie, d) Erythromelalgie und schliesslich ein Herpes zoster irre-
gularis gangraenosus.
6. Parasitäre Dermatosen.
Ueber Eudermol und seine Anwendung bei Scabies berichtet
Eudermol Wolters (Therap. Monatsh. H. 8). Eudermol ist salicylsaures
gegen Nicotin, über welches ich bereits früher aus meiner Poliklinik von
Scabies, . '
Wolters. Hei mann (Inaug.-Diss. Leipzig 1897) habe berichten lassen. Verf.
empfiehlt dasselbe in einer 0,P/oigen Salbe als gutes Mittel gegen
Scabies.
Lysol Gegen Pityriasis versicolor [empfiehlt L. Lewy (Wiener
gegen jj^q^^ Presse Nr. 31) dreimaliges Betupfen an 3 Tagen Morgens mit
versicolor, reinem Lysol und an den folgenden Tagen Waschen der Brost mit
Lewy. einer schwachen LysoUösung ('/a — 1%). Nach dem zweiten Be-
tupfen reine Wäsche, in 8 Tagen Heilung.
Haat- und Tenerische Erankheiteii.
553
Einen Fall von Creeping disease beobachtete Kaposi (Wien. klin.
Rondschan Nr. 17). Bei einem 2Vsjälirigen Kinde wurde vor 6 Wochen ein
rother Fleck an der Schnlter bemerkt, Ton dem aus ein schmaler, scharf
begrenzter, in mannigfachen, bald plötzlichen, bald bogenförmigen Krüm-
mungen verlaufender rother Streifen sich bis zum Oberschenkel entwickelte.
Die A£fection wird wahrscheinlich durch die Larven von Gastrophilus equi
oder, wie Czokor vermuthet, der Maden dieser Dipteren, wie sie auf der
Haut und im Yerdauungskanale des Pferdes schmarotzen, hervorgerufen.
Verf. schlägt hierfür den Namen .Hipponomoderma* vor. Rille beob-
achtete einen ähnlichen Fall, welcher nach 2 Monaten spontan ausbeute.
Bei Sycosis vulgaris empfiehlt Brocq (La Presse medicale,
28. Sept.) als Nachtsalbe: Hydr. oxyd. flav. 0.5, Yaselini 15.0, und
als Tagsalbe: Acid. salicyL, Camphor. ana 0.2. Zinci oxyd. 2.0. Lano-
lini, VaseHni ana 8.0. M. f. ungt.
Creeping
disemse.
Sycosis
vulgaris,
Brooq.
Das Vorkommen der Mikrosporie in Hamburg Consta-
tirte Frau Dr. Trachsler fMonatsh. f. pract. Dermat. Bd. 26). Mikrosporie
Diese Form ist seit Grubv und Sabonrand von den übrigen*" ^•"''*'^'
" . ... Trtchskr.
Trichophytieen abgetrennt. Ihre Diagnose stützt sich klinisch auf
die scharfe Begrenzung des Krankheitsbildes, seine gleichmässige
Bedeckung mit grauweissen, aschfarbenen Schuppen, das Erhalten-
bleiben von 2 — 3 mm langen, dicken, weisslichen Haarstümpfen, die
Existenz von ähnlichen kleinen Tochterheerden um einen oder zwei
weit grössere Mutterheerde, ohne dass es zu einer diffusen Erkran-
kung der Kopfhaut kommt, die bedeutende Contagiosität, die Indo-
lenz und auffallende Chronicitat, die Hartnäckigkeit den therapeu-
tischen Eingrüfen gegenüber und die stricte Beschränkung auf das
Kindesalter. Mikroskopisch ist die Diagnose gesichert durch das
constante Vorkommen einer ausserhalb des Haarschaftes gelegenen
Sporenscheide.
Bei Herpes tonsurans capillitii empfiehlt Sheffield Herpes
(New York med. Joum., Mai) folgende Salbe: Acid. carboL, Ol. pe- i^i^ffieid
trolei ana 65,0, Tinct. Jodi, Ol. Bicini ana 110,0, Ol. Rusci q. s.
ad 500.0.
Dass der Favus von Hühnern auch auf den Menschen über-
tragen werden kann, constatirte Waelsch (Prag. med. Wochen-
schrift Nr. 18 u. 19). Jemand hatte von Galizien, bekanntlich einer
Brutstätte des Favus, Hühner geschickt bekommen. Dieselben kamen
elend an und mussten getödtet werden. Beim Auspacken des Ge-
Favas.
Wmelsob.
554 Joseph.
flügels und beim Verscharren war der Betreffende mit dem „räudigen"
Geflügel in Berührung gekommen und hatte sich inficirt.
7. Chronische Infectionskrankheiten der Haut.
Bemerkenswerthe Untersuchungen über die Verbreitung der
Leprabacillen von den oberen Luftwegen aus liegen von
Verbreitung Schaff er (Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. 44) vor. Dieser Weg
der Lepra- ^^j. Ausscheidung der Leprabacillen wurde bisher ganz vemach-
von den lässigt oder viel zu wenig beachtet. Es scheint aber die Verbreitung
Luftwegen der Mikroorganismen von den Schleimhäuten der oberen Respirations-
* ®^' Organe, insbesondere der beim Sprechen betheiligten Organe viel
bedeutungsvoller als die übrigen Arten der Bacillenabgabe an die
Aussenwelt. Die leprösen Lifiltrate sind zumal bei der tuberösen
Form sehr häufig auf der Schleimhaut des Mundes , der Xase und
des Kehlkopfes localisirt und enthalten ausserordentlich grosse
Bacillenmengen, Li der That ergab nun die Untersuchung, welche
Schäffer an 2 Patienten mit tuberöser Lepra aus dem Memeler
Bezirk anstellte, ganz überraschende Resultate. Zuerst wurde die
practisch wichtigste Frage der BaciUenausscheidung beim gewöhn-
lichen Sprechen geprüft. Die oft wiederholten Untersuchungen gaben
stets positive Resultate. Li 10 Minuten wurden mehrere Tausend
gut farbbarer Leprabacillen ausgeworfen. Bei einigen Versuchen
Hessen sich Bacillen in einer Entfernung von l^/i m nachweisen,
nach längerem Suchen auch noch in etwas grösserem Abstand. Es
wurden femer auch von Schäffer Versuche über die Möglichkeit,
durch therapeutische Maassnahmen dem Auswerfen von Bacillen
Einhalt zu thun, angestellt. Am meisten schien noch eine gründ-
liche Ausspülung der Mundhöhle mit nachfolgender Aetzung der
zugänglichen erodirten oder ulcerirten Flächen mit dem Argentum-
nitricum-Stifb zu bieten. Lidessen waren doch noch stets mehrere
Hundert Bacillen nach 10 Minuten langem Sprechen auf den Object-
trägem nachweisbar, auch nahm die Zahl der ausgeworfenen Bacillen
schon nach einigen Stunden wieder erheblich zu. Auch beim Niesen
werden ausserordentlich zahlreiche Leprabacillen entfernt, die Mikro-
organismen werden hierbei noch weiter verbreitet als bei Sprech-
versuchen. Die grösste Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dass dit*>e
ausgeschiedenen Bacillen lebensfähig sind, zumal sie in feuchtem,
schleimigem Stadium nach aussen kommen. Andererseits sieht aber
Verf. selbst in der Annahme, dass die Bacillen auf dem geschilderten
Wege den Körper grossentheils lebensfähig verlassen, noch kein
Haut- und venerische Krankheiten.
555
allzu sehr beunruhigendes Moment, weil die klinische Erfahrung
stets gelehrt hat, dass die Gefahr der Lepraübertragung thatsäch-
lich ausserordentlich gering ist.
Ueber viscerale Lepra berichtet Max Joseph (Arch. f.
Dermat. u. Syph. Bd. 43). Li einem Falle von tuberöser Lepra er-
gab die Untersuchung von Leber, Niere und Zunge keine Lepra-
bacillen, während dieselben in der Milz geradezu enorm zahlreich
waren. Das hierbei gefundene constante Vorkommen der Bacillen
in ZeUen und die zunehmende Vacuolisirung dieser Zellen machen
es ausserordentlich wahrscheinlich, dass die Leprabacillen gewisser-
maassen das Zellprotoplasma aufzehren. Man kann mit Sicherheit
erkennen, dass die Leprazellen die durch Bacillenmassen veränderten
ZeUen der Milzfollikel sind. Danach hält Verf. mit Neisser an
der Thatsache der intracellulären Existenz für den überwiegenden
Theil der im Organismus befindlichen Bacillen fest. Die Bacillen
fanden in diesem Falle unzweifelhaft durch die Lymphgefässe und
Lymphspalten ihre Verbreitung. Verf. vermuthet, dass die Milz eine
Art Filtrirkörper darstellt und die Leprabacillen aus dem Blute
hierhergeschwemmt und deshalb in der Milz in so grosser Zahl
zu finden sind, weil sie hier gewissermaassen unschädlich gemacht
und als Depot reservirt werden können. Freilich liege darin auch
wieder eine Gefahr, denn jetzt könne bei jeder neuen Steigerung
der physiologischen ZeUthätigkeit, z. B. bei Fieberzuständen, aus der
Milz wieder ein reichliches Conglomerat von Leprabacillen in die
Blutbahn geschwemmt werden und dort Verheerungen anrichten.
Vielleicht sei auch so der schädigende Einfluss des Jodkaliums bei
Leprösen aufzufassen, wie ja auch andererseits der Nachweis von
Leprabacillen im Blute während der Fieberattacken ausschliesslich
oder wenigstens leichter gelänge.
Viscerale
Lepra,
Joseph.
Czaplewski (Centralbl. f. Bacteriol. Bd. 23, Nr. 3 u. 4) be-
richtet über einen aus einem Leprafalle gezüchteten alko-
hol- und säurefesten Bacillus aus der Tuberkelbacillen-
gruppe. Wenn dieser Bacillus auch nicht den Leprabacillus dar-
stellt, so muss er doch als eine besondere Art aufgefasst werden.
Seine Säure- und Alkoholfestigkeit, seine Kolbenbildung und Ver-
zweigungen weisen ihn in die Sklerothrixgruppe.
Unna (Monatsh. f. pract. Dermatol. Bd. 26) hat durch Härtung
und Färbung des Lepraschleims den Nachweis führen können,
Lepra-
bacillen-
Caltnr,
Czaplewski.
556 Joseph.
Looaiisation dass derselbe lediglich aus Leprabacillen besteht. — Femer fand Habel
*®' (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 8) massenhafte Leprabacillen in
bacillen, ^^^ Hautschuppen eines Kranken, femer im Inhalt von pemphi-
Unna, goiden Blasen imd im Staub, der sich in der Umgebung des Kranken
g * ®. ' absetzte. — S a m g i n (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 30) schliesst aus
seinen Sectionsbefimden bei Lepra anaesthetica, dass die Leprabacillen
sich nicht nur in den Nerven, sondern auch in der Haut selbst an-
siedeln. Nur wird dieser Befund intra vitam wegen des äusserst
schnellen Zerfalls der Bacillen gewöhnlich nicht erhoben. Die
speciüsche Hautinfiltration beginnt an den peripheren Enden der
Hautnerven und schreitet centralwärts fort; weiter aufwärts greifen
secundäre Degenerationen Platz.
Sero- Auch Spronck (La culture du bacille de Hansen et le s^ro-
diagnostik diaenostic de la lepre. La Semaine m6d., Sept.) hat zahlreiche
Spronck. Culturversuche auf den verschiedensten Nährmedien mit dem Lepra-
bacillus angestellt. In 3 Fällen von Lepra mixta erhielt er einen
dem Leprabacillus morphologisch ähnlichen Bacillus, der zur Sero-
diagnose dienen könnte. Die Bacillen entnehmen ihren Nährstoff
den leprösen Geweben und eignen sich schlecht zu künstlichen Cul-
turen. Auf Kartoffeln Hessen sich noch am besten kleine Colonieen
bei 38** in 10 Tagen anlegen. Es gelang nicht, die Colonieen auf
Kartoffeln weiter zu cultiviren, doch wurden sie leicht auf Löffle r-
sches Gelatinepferdeserum übertragen. Die unbeweglichen, chromo-
genen, facultativ aeroben Bacillen gediehen nicht in Fleisch-, wohl
aber in Fischbouillon. Die Cultur erzielt einen vom Leprabacillus
etwas verschiedenen Bacillus, welcher durch die Flemming'sche
Lösung nicht schwarz gefärbt wird und sich bei dem Ehrlich'schen
Verfahren schneller ent&rbt als dieser. Er ist für Thiere nicht
pathogen und dem diphtheritischen Bacillus ähnlicher als dem
Tuberkelbacillus. Das Serum Lepröser agglutinirte mit den cultivirten
Bacillen im Verhältniss von V«« — '/«oo» ^©i 3 alten Fällen anästhe-
tischer Lepra betrug die Agglutination 20 — 40. Klinische Symptome,
Dauer oder Intensität der Krankheit sind hierbei ohne Einfluss.
Das lepröse Serum bewahrt unter Abschluss von Luft und Licht
seine Agglutinationsfahigkeit 6 Wochen, getrocknetes Serum haftet
noch nach einem Monat. Zur Serodiagnose lassen sich nur frische,
lebende Culturen verwerthen.
In seinen Bemerkungen zur Aetiologie der Lepra lenkt
Broes van Dort (Dermat. Zeitschr. Bd. 5) die Aufmerksamkeit
H^dt- and TentTiscbe Krankkeit«ii. 557
darauf, dass an Lepra mehr Männer aL> Frauen erkranken, und Lepra*
elaabt diese Thatsache tur die Lehre der Contagion verwerthen ^u _**^®*®**^'
^ ■" . Bi\M8 TIA Dort,
können. Aach t. Daring (Zur Lehre von der Lepra; Contagion t.
und Hereditat- Deutsche med. Wochenschr. Xr. 20 u. 14) bricht
noch ^itimal gegenüber Zambaco, Kaposi und Baelz eine Lanze
für die Contagiosität der Lepra.
Mit der Serumtherapie der Lepra beschäftigten sieh neuer-
dings Dehio (St. Petersburger med. Wochenschr. Xr. 27) und Seram-
A. Grünfeld (Dermat. Zeitschr. Bd. 5). Beide bedienten sich des *>»«r»P>'?
von Carrasquilla empfohlenen Serums, und beide kommen zu DeUo«
verschiedenen Resultaten. Dehio bereitete sich das Lepraheilsemm Griiiifeld.
durch Uebertragung auf ein Pferd selbst, während Grünfeld das
Serum atis der Fabrik von E. Merck in Dannstadt bezog, wohin er
primäres Semm von 2 Leprösen seiner Beobachtung gesandt hatte«
Dehio hat seine Kranken fast 2Vs Monate lang mit Seruminjec-
tionen behandelt, er bedauert aber erklären zu müssen, dass die
therapeutischen Erfolge gleich Null waren. Kein einziger seiner
Leprakranken wurde geheilt, ja kein einziger zeigte auch nur die
geringste Besserung. Ln Gegensatze hierzu beobachtete Grünfeld
bei 2 Leprösen eine bedeutende, ja bei dem einen sogar eine er-
staunliche Besserung nach der Behandlung. Er ist überzeugt, dass
wir in dem Serum ein Mittel haben, welches Nutzen bringen kann.
Eine interessante Mittheilung über Leprabehandlung liegt
von J. A. Voorthuis (Experiments with Dr. Unna's new method Lepra-
of treating leprosy. Janus, Juli-August) vor. Verf. practicirte in^®^*"*^^^*^«?»
Deli, an der Ostküste Sumatras, im Jahre 1894 hatte er mehrere
Europäer wegen Lepra in Behandlung. Die Erkrankung ist daselbst
unter den chinesischen Kulis und den Tabakpflanzern sehr häufig.
Unna hatte nun gefunden, dass eine Substanz im menschlichen
Körper existire, welche eine vollkommene Immunität gegen den
Leprabacillus zeigt, die Muskelsubstanz. Verf. glaubt, dass es von
der grössten Wichtigkeit wäre. Lepröse mit einem Präparat zu be-
handeln, welches aus Muskelsubstanz bestehe. Er benutzte dazu
Valentine's Meat juice in Form von subcutanen Injectionen. Der
Erfolg war ein negativer. Dann brachte er die Substanz direct in
das Blut durch intravenöse Einspritzungen. Hier schien der Erfolg
ein besserer zu sein. Es wurde begonnen mit 0,2 ccm Meat juice,
welches mit der gleichen Menge künstlichen Serums (Natr. chlorat. 0,5,
Natr. phosphor. bas. 0,1, Aq. dest. 100,0) verdünnt war. Es wurden
558 Joseph.
4 Fälle behandelt. Wenn der Erfolg auch kein sehr grosser war,
so konnte doch immerhin eine bemerkenswerthe Besserung des All-
gemeinzustandes und Zurückgehen einzelner Knoten constatirt werden.
Hasiund. H a s 1 u n d (Hospitalstid. Nr. 14) schlägt Hg-Injectionen zur
Behandlung der Lepra vor, da sie ihm in einem Falle sehr gute
Dienste geleistet haben.
Ueber die Behandlung der Lepra auf den Fidschi-
Lepra- Inseln berichtet L. Lewin (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 21).
behandlung Wahrscheinlich ist das Wirksame hierbei der -Sinubaum", die
auf den
Fidschi- Euphorbiacee Excoecaria Agallocha L. Verf. glaubt, dass als Grund-
Inseln, bedingungen der auf den Fidschi-Inseln natürlich in roher Weise in
ewin. Form des Eäuchems üblichen Behandlungsart aufzustellen sind:
Wärme, möglichst langes Wirkenlassen des Milchsaftes der Excoe-
qaria resp. deren Schmelzproducte und vielleicht auch tiefe Scarifi-
cationen. Diese Bedingungen sind leicht zu erfüllen. Der Milch-
saft oder die theerigen Bestandtheile des Holzes Hessen sich z. B.
in Emulsionsform epidermidal oder in multiplen parenchymatösen
Injectionen verwenden, oder man könnte in zweckentsprechend ein-
gerichteten gewärmten Kastenluftbädem die Schmelzproducte des
Holzes unter Ausschluss des Kopfes zur Wirkung gelangen lassen.
Behandlung Asselbergs (Annal. de Dermat. et de Syph. H. 1) behandelte
des Lupus: 25 FäUe von Lupus vulgaris, in welchen jeder Zusammenhang
mitCalomel- K^ ^ -^ r. i i- • ^- 1?
injectionen, ^1* Lues ausgeschlossen war, mit Calomelinj ectionen. Es
Asselbergs, wurden 6 cg aUe 10 Tage injicirt. Bei 23 von diesen FäUen war
der Erfolg ein augenscheinlicher, und in einigen trat sogar voll-
ständiges Schwinden aller Lupusknötchen ein. Nach den ersten
Injectionen ist die Rückbildung eine frappante. Kommt man nach
15 Injectionen nicht zur Heilung, so scheint nach des Verfassers Er-
fahrungen eine Wirkung dieser Medication nicht mehr einzutreten.
In alten Fällen mit derber Infiltration imd Geschwürsbildung ist die
Wirkung eine frappante, dagegen tritt keine Wirkung beim Lupus
erythematosus ein. Verf. ist aber vorsichtig genug, in dieser Be-
handlungsmethode nur eine werthvoUe unterstützende Therapie zu
erblicken, und verbindet die Injectionen mit Cauterisationen.
Channeil. Auch Ch arm eil (L'echo med. du Nord Nr. 9) sah nicht nur
bei Lupus vulgaris, sondern auch beim Lupus erythematosus günstige
Erfolge von Quecksilber und Jod.
Die weiteren Mittheilungen van Ho orn's (Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 7) über T.R.-Behandlung bei Lupus haben zu einem höchst
Haut- und venerische Krankheiten,
559
unbefriedigenden Ergebniss geführt. In einigen Fällen wurde zwar — mit
eine geringe Besserung erzielt, in vielen aber Verschlechterung, Tuberculin,
jedenfalls nirgends Heilung.
Die therapeutische Verwendung der Röntgenstrahlen
hat beim Lupus entschiedene Erfolge aufzuweisen. So hat H. Küm- — mit
mell (Arch. f. Min. Chir. Bd. 57, H. 3) 10 Lupuskranke mittels ft^,^h1en"
dieser Therapie zur Heilung gebracht. Er fasst seine Erfahrungen h. Ktimmell,
in folgenden Sätzen zusammen: Die Röntgenstrahlen bilden ein
sehr werthvolles therapeutisches Mittel zur Behandlung resp. zur
Heilung des Lupus. Die Heilung geht um so sicherer und
schneller von statten, je mehr die eine längere Unterbrechimg er-
fordernde schwere Verletzimg der Haut vermieden wurde. Eine
specifische Wirkung ist den Röntgenstrahlen bei der günstigen Wir-
kung auf den Lupus nicht zuzuschreiben. Die Heilung beruht
auf einer in ihrer Eigenart noch nicht näher bekannten Beein-
flussung des lupösen Gewebes; vielleicht handelt es sich um einen
elektro-chemischen Process oder um eine trophoneurotische Einwir-
kung. Auch durch das concentrirte Licht (Einsen) wird
der Lupus günstig beeinflusst resp. geheilt. Die durch Anwen-
dung der Röntgenstrahlen entstandenen Narben sind weit glatter und
schöner, als die durch andere Behandlung entstandenen. — Günstige
Erfahrungen über die therapeutische Verwendung der Röntgen-
strahlen bei Lupus sind femer noch mitgetheilt worden von
Gocht (Fortschr. auf dem Gebiete der Röntgenstrahlen Bd. 1, H. 1) r^ **
und von Albers-Schönberg (ibid. Bd. 1, H. 2 u. 3). Schönberg.
TJeber die Behandlung des Lupus mit Kalium hyper-
manganicum hat sich P. Kaczanowsky ausgelassen (Deutsche - mit
Zeitschr. f. Chir. Bd. 49, H. 2 u. 3). Er hat das Verfahren in 34 ver- Valium
... hyper-
schiedenen Fällen von Lupus, sowie bei örtlichen tuberculösen Affec-manganioum,
tionen tiefliegender Gewebe mit gutem Erfolge angewendet. Auf Kaczanowsky.
die von Bjrusten befreite, sorgfältig abgetrocknete Lupusfläche wird
eine 2 — 5 mm hohe Schicht trockener, pulverisirter KrystaUe des
reinen übermangansauren Kaliums gestreut. Darüber kommt ein
Wattedeckverband. Ist die Wimde gereinigt, so wird sie mit einem
einfachen antiseptischen Verbände bedeckt.
lieber ein tuberculöses Zungengeschwür berichtet ?>'
Ref. PoUkünik F. Wolf (Liaug.-Diss. Bonn). Bei dem phth
44jährigen Manne ergab die mikroskopische Untersuchung
560
Joseph.
Tuberculose schwtirs der Zungenspitze Tuberkel und Tuberkelbacillen. Das
w^if ^^' G^eschwür wurde unter Cocainanästhesie mit dem weissglühenden
Thermocauter tief ausgebrannt.
Wolf.
Eckstein.
8. Allgemeine Therapie.
Ueber den Desinfectionswerth des Kresamins (Aethylendiamin-
kresol) und seine therapeutische Verwendung bei Hautkrankheiten
Kresamin, berichtet H. Eckstein (Therap. Monatsh. , April). Das Präparat
erwies sich bei vielen Dermatosen als sehi* brauchbar, besonders bei
der Behandlung des Ekzems, bei pustulösen und mit Abscessen ein-
hergehenden Dermatitisformen , der Sycosis, den Ulcera cruris und
besonders den vorher ausgekratzten oder ausgeätzten Lupusflächen
der Extremitäten. Die Applicationsweise besteht in Form von Salben
(10°/o Ejesamin 10 — 50,0, Adipis lanae ad 100,0), PflastermuUen und
wesentlich von Lösungen (1 : 4000 — 400,0 in Bädern , zu Verbänden
imd Umschlägen).
Terralin,
Eichhoff.
Als neue Salbengrundlage empfiehlt Eichhoff (Deutsche Med.-
Ztg. Nr. 19) das Terralin. Dasselbe besteht aus Calcium sulfuri-
cum ustum, Kaolin, Terra silicea, Lanolin, Glycerin und indifferenten
Antisepticis. Die mit dieser Grundlage hergestellten Salben, z. B.
Pyrogallol 10,0, Terralin 100,0, erweisen sich als ein Mittelding zwi-
schen Fettsalben imd reinen Pasten, sie sind haltbar, reizlos, resor-
birend, resorbirbar und mit reinem Wasser ohne irgend eine Zuthat.
wie Seife oder Soda, abwaschbar. Daher ist es ausser zu den ver-
schiedensten Salben- resp. Pastenzusammenstellungen auch als kos-
metisches Hautschutz- und Deckmittel, sowie als Schminkengrundlage
zu empfehlen.
Ueber Sanoform und seine therapeutische Verwendung be-
Sanoform richtet aus des Ref. Poliklinik S. Goldschmidt (Liaug.-Dissert.
Goldschmidt. Bonn). Verf. hebt die austrocknende und secretionshemmende Wir-
kung des Sanoforms hervor. Es bewährte sich als gutes Verband-
mittel zur Behandlung von venerischen Geschwüren und Llcera
varicosa cruris. Auch als 10°/oige Salbe zeigte es bei einigen chro-
nischen Ekzemen gute Heilerfolge.
Einige neue dermatologische Heilmittel, Derivate des Pyrogallols,
Chrysarobins, Resorcins empfehlen Kromayer und Vieth (Mon. f.
pract. Dermat. Bd. 27). Als Ersatzmittel des Pyrogallols werden
Haut- und venerische Krankheiten. 561
Lenigallol und Eugallol vorgeschlagen. Das letztere wirkt Lenigallol,
stärker als das erstere, Eugallol wird für Psoriasis, Lachen ruber, Eugallol.
Lupus erythematosus und chronisches Ekzem, Lenigallol für Psoriasis Eurobin,
und Ekzem empfohlen. Von den Ersatzmitteln des Chrysarobins Euresoi,
wird Euro bin als das stärker wirkende Präparat bei Psoriasis xmd K^^*5^>^ ^•
chronischem Ekzem, Lenirobin als das mildere zugleich noch beim
Herpes tonsurans verwandt. Das Euresoi bewährte sich bei Acne
vulgaris, Syphilis simplex, Seborrhoe und Kopfschuppen.
Naphthalan empfehlen Kohle der (Mon. f. pract. Dermat. Naphthalau,
Bd. 27, H. 3) und Riehm (Deutsche Med.-Ztg. Nr. 1) bei Ekzemen, RoWeder.
besonders Gewerbeekzemen, bei Psoriasis xmd Erysipel. Rohleder
hält es für ein reducirendes Mittel gleich dem Ichthyol und Schwefel.
Daxenberger (Aerztliche Rundschau Nr. 34) hat wiederum von Heidelbeer-
dem durch Winternitz empfohlenen Heidelbeerextract bei Ekzemen « x t r a c t,
_, „ " Daxenberger.
gute üiriolge gesehen.
Als geruchloses Jodoformpräparat empfiehlt Kromayer das Jodo-
Jodoformogen (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 10). Es baUt sich nicht '^J™'^^®*''
wie das Jodoform zusammen und hat keinen derartig penetranten
Geruch, es regt eine schnelle Granulationsbildimg und Ueber-
häutung an.
Das vor einigen Jahren eingeführte Ortho form von Kallen- Ortho form,
berger (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 12) hat sich sehr bewährt bei ^allenberger.
Brandwunden und Unterschenkelgeschwüren, es hat eine secretions-
beschränkende Wirkung und ist absolut ungiftig. — Ebenso wird von
Beuttner (Corresp.-Bl. f. Schweizer Aerzte, 16. Juli) bei Unter- Xeroform,
Schenkelgeschwüren das Xerof oi|m bevorzugt. — Das Xeroform wird Beuttner,
auch von Berend (Jahrb. f. Kinderheilk. , Oct.) bei Ekzemen der Berend.
Kinder empfohlen.
Ueber Chinolin-Wismuth-Rhodanat berichtet aus des Ref.
Poliklinik L. Forchheimer (Therap. Monatsh. H. 8). Es bewährte Chinolin-
sich ganz besonders bei Unterschenkelgeschwüren und erzeugt hier Wismuth-
einen guten trockenen Schorf, unter dem es bald zur Heilung kommt, porchheimer.
Ebenso war das Mittel bei Ulcera .mollia und spitzen Condylomen zu-
weilen gut.
Ais hautfarbenen Puder, Pulvis cuticolor, empfiehlt Unna Haut-
folgende Mischimg: Rp. Zinci oxydati 2,0, Magnesiae carbon. 3,0, far^ener
Boli albae 3,0, Boli rubrae 2,0, Amyli oryzae 10,0. M. f. pulvis. Unna.
Jahrbuch der practisohen Medicin. 1899. 35
562 Joseph.
Lianthrai, Neueres über Steinkohlentheer berichtet Leistikow
Leistikow. ^^Q^ £ pj^^j^ Dermat. H. 8). Man giesst Steinkohlentheer mit
Benzol aus und befreit ihn dann vom Benzol. Alsdann bleibt ein
Eückstand, Lianthrai genannt, der besonders günstig juckstillend in
Form einer 5 — 20°/oigen Salbe bei Ekzemen und Prurigo wirkt.
strontiam Salomon ist der Meinung, dass Strontium arsenicosum
arsenicosum, ijeggej. y^}^t als Kalium arsenicosum (Med. Bull., Sept.). Er braucht eine
Salomon. . „ ,.
l"/oige Lösimg, zubereitet nach folgender Formel: Strontii arsen. 1,2,
Natrii bicarb. B,0, Alkohol 7,0, Spirit. aurant. compos. gtt. 8,0,
Sirup. 15,0, Aq. dest. q. s. ad 120,0. Hiervon werden 1 — IB Tropfen
genommen.
Lehrbücher und Monographieen.
V. Babes, Untersuchungen über den Leprabacillus und Ober die Histologie
der Lepra. Berlin.
L. Brocq, Traitement des dermatoses par la petite Chirurgie et les agents
physiques. Paris.
Buncan Bulkley, Manual of diseases of the skin with an analysis of
twenty thousand consecutive cases and a formulary. 4. Aufl. New York.
Max Joseph, Lehrbuch der Hautkrankheiten. 3. Aufl. Leipzig.
Kafka, Therapie der Haut- und Geschlechtskrankheiten. München.
M. Kaposi, Handatlas der Hautkrankheiten. Für Studirende und Aerzie.
I. Abtheilung. Wien und Leipzig.
Ledermann, Therapeutisches Yademecum der Haut^ und Geschlechts-
krankheiten. Berlin.
L e r e d d e , L*ecz^ma. Nature, pathog^nie, diagnostic et traitement. Paris.
C. Lombroso, Die Lehre von der PeUagra. Aetiologisohe, klinische und
prophylaktische Untersuchungen. Deutsch von H. K u r e 1 1 a. Berlin.
Mra^ek, Atlas der Hautkrankheiten. München.
A. Neisser, Stereoskopischer medicinischer Atlas. Lief. 26. Leipzig.
B. Venerische Krankheiten.
1. Gonorrhoe.
Färbung Lanz (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 40) empfiehlt zur deut-
„ ?®' liehen, einfachen und schnellen Färbung der Gonokokken ein
Tripper- ...
secrets, Gemisch von Thionin und Fuchsin. Hiervon heben sich die blau ge-
Lanz. ferbten Gonokokken scharf von dem intensiv rothen Grunde ab und
lassen sich sowohl von den bläulichrothen Kernen als auch von
dem rothen Protoplasma der Eiterzellen scharf unterscheiden. Die
Epithelien werden durch das Fuchsin leuchtend roth geftrbt, wah-
rend ihre Kerne blauroth erscheinen. Zur Herstellung des Fuchsin-
Haut- und venerische Krankheiten. 563
Thioningemisches bedient man sich gesättigter Fuchsin- und Thionin-
lösungen in 2°/oiger wässriger Carbollösung. Diese Lösungen halten
sich unbeschränkt lange, ohne sich zu verändern. Das Gemisch
muss nur ex tempore hergestellt werden, weil es bei längerem Stehen
an Färbevermögen einbüsst. Als die beste Mischung der beiden
Lösungen erwies sich ein Verhältniss von Thionin zu Fuchsin wie 4:1.
Die Färbung vollzieht sich durchschnittlich in etwa V* — V« Minuten.
Statt der 2 Gläser der Thompson'schen Zwei-Gläser-Probe Zwei-
empfiehlt K. Gerson (Therap. Monatsh., Juni) ein Doppelglas. Es ^l*»«^-
ist ein einziges Glas durch eine gläserne Querwand in zwei Abthei- Gereon!
lungen geschieden.
Die wichtigen Beziehungen zwischen Sterilität und Tripper Sterilität
bespricht Benzler (Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. 45). Schon ^«^^ ''^^^pp®^'
früher hatte Verf. den Einfluss doppelseitiger Hodenentzündungen,
allerdings nicht nur gonorrhoischen, sondern auch traumatischen
Ursprungs, in der Ehe untersucht und hierbei gefunden, dass in unge-
fähr 77 °/o die Fortpflanzungfähigkeit des Mannes erhalten geblieben
war. Li der vorliegenden Arbeit berichtet er über 474 Ehen, um
festzustellen, welche Rolle der Tripper an sich hierbei spielt. Er
stellte eine Sammelforschung in der Armee über 3000 Trippererkran-
kungen an, welche im Garnisonlazareth zu Hannover geführt waren.
Diese grosse Zahl schrumpfte auf 474 Leute zusammen, welche wäh-
rend ihrer Dienstzeit im Lazareth an Tripper behandelt waren,
später geheirathet hatten, und von denen zuverlässige Angaben über
ihre Nachkommenschaft bekannt waren. Sterilität wurde nur dann
angenommen, wenn die Leute mindestens 3 Jahre kinderlos ver-
heirathet waren. Hiemach stieg die absolute Sterilität von 10,6 °/o
beim einfachen Tripper durch die Complication mit einseitiger Hoden-
entzündung auf 23,4 und bei doppelseitiger Hodenentzündung auf
41,7 °/o. Während die relative Sterilität keine wensentlichen Schwan-
kungen darbot, stieg die Gesammtsterilität von 27,8 °/o beim ein-
fachen Tripper auf 36,9 bei einseitiger, und 62,6 bei doppelseitiger
Hodenentzündung. Danach sieht sich Verf. gezwungen, zu seiner
früheren Behauptung, dass von 100 Männern nach doppelseitiger
Hodenentzündung noch fast 77 die Chance haben, Kinder zu be-
kommen, wenn sie eine conceptionsfähige Frau heirathen, die Be-
merkung hinzuzufügen: „wenn die Frau nicht ihrerseits durch den
Mann krank und unfruchtbar gemacht wird".
Einen weiteren Beitrag zur Biologie des Gonococcus und
zur pathologischen Anatomie des gonorrhoischen Pro-
564
Joseph.
Biologie cesses liefern Ghon und Schlagenhaufer (Wien. klin. Wochen-
^®* Schrift Nr. 24). In diesem typischen neuen Falle von Endocarditis
Gonococcus, . . ,
Endo- ulcerosa bei Gonorrhoe bei einer 18jährigen Dienstmagd gelang der
carditis positive culturelle Nachweis von Gonokokken. Hierdurch ist nach
gonorrhoica j®^®^ Richtung der einwandfreie Beweis für das Vorkommen einer
Ghon u. Endocarditis rein gonorrhoischer Natur erbracht. Von der zehnten
Schlagenhaufer. Q^jjQj.j^^-Qjj einer solchen Reincultur wurde sogar einem Patienten
in die Urethra überimpft, und es zeigte sich am 3. Tage eine
typische acute Gonorrhoe (!!). Hervorzuheben ist in diesem Falle das
Fehlen einer Arthritis gonorrhoica.
Sehr zahlreich sind wieder die mehr oder weniger neuen Vor-
schläge zur Behandlung der Gonorrhoe. Mit dem Protargol war
BehandiungKreissl (Dermat. Centralbl. , April) recht zufrieden. Er hält das-
^^^^ selbe zwar durchaus für keine Panacee gegen iede Urethritis eonor-
Gonorrhoe: . , . ...
mit rhoica, im Gegentheil er glaubt nach seinen bisherigen Erfahrungen
Protargol, annehmen zu dürfen, dass es an Tiefenwirkung dem Argonin nach-
reißs , steht und dass es in vielen chronischen gonorrhoischen Urethritiden
weniger leistet, als das Argentamin oder das Argentum nitricum. Für
die acute Gonorrhoe der Harnröhre dagegen, wenn der Fall in der
ersten Woche der Erkrankung zur Behandlimg kommt, möchte er das
Protargol als das Antigonorrhoicum par excellence erklären. — Auch
Somogyi, Somogyi (Pester med.-chir. Presse Nr. 40) bestätigt im wesentlichen
die schon durch viele andere Arbeiten festgestellten Erfahrungen, dass
Protargol ein verlässliches und sicheres Antigonorrhoicum und ein
sicheres Heilmittel der zum ersten Mal acquirirten Gonorrhoe ist. —
Dreyer. Drey er (Monatsber. über die Gesammtleist. auf dem Geb. der Krankh.
d. Harn- und Sexual-App. Bd. 3, H. 1) glaubt nach seinen Versuchen
annehmen zu können, dass die bactericide Kraft der üblichen Prot-
argollösungen durchaus nicht so gross ist, wie angegeben wurde.
- mit Ortho- öpietschka (Prager med. Wochenschr. Nr. 18 — 20) hat in Ge-
phosphor- meinschaft mit Robertson das zweifachsaure Silbersalz der
Silber, Orthophosphorsäure zur Behandlung der Gonorrhoe versucht.
Spietflchka. Er lässt es in Lösungen von V< — *ia °/oo injiciren und sah in einer
Reihe von Fällen recht günstige Resultate. Er hält dieses Sübersalz
für eines der wirksamsten aller bis jetzt bekannten Antigonorrhoiea.
- mit
Largln,
Pezzoli.
Als weiteres neuestes Antigonorrhoicum empfiehlt Pezzoli
(Wiener klin. Wochenschr. Nr. 12) das L argin. Dasselbe ist eine
Silber-Ei weiss Verbindung mit einem Silbergehalte von 11,1%, mithin
die an Salzen reichste der bisher bekannten Eiweissverbindungen.
Haut- und venerische Krankheiten. 5t}5
Dasselbe wurde in 'i'4 — 1 '/j °/»iger Löeung angewandt. Von 36 Fällen
recenter Urethritis anterior heilten 27 Fälle unter der Larginbehandlung,
ohne dass ein Zeichen von Urethritis posterior hinzugekommen wäre.
In 8 Fällen blieb die Larginbehandlung ohne Erfolg, und der Pro-
cesB griff auf die hintere Urethra über. Danach kommt Verf. zu
der Anschauung, dase die beim Largin sowohl als beim Frotargol
erzielten Eesultate einen unleugbaren Fortschritt, was das Auftreten
der Comphcationen betrifft, darstellen. Speciell leiste das Largin
wesentlich mehr als das Protargol. Es blieben 77 "/o recenter Ure-
thritis ant. von dem Uebergreifen auf die Pars post. befreit, wäh-
rend nach Finger's Erfahrungen dies bei der Protargol b eh andlung
nur bei 64 "fo der Fall war. Dagegen scheint in der Zeitdauer des
Verschwindens der Gonokokken aus dem Secrete das Largin dem
Protargol etwas nachzustehen. Verf. ist weit davon entfernt, in dem
Largin oder dem Protargol ein Abortivmittel gegenüber dem Gono-
coccus zu sehen, sondern betont nur, dass die Dauer der Erkrankung
um ein Wesentliches reducirt wird, so dass mitunter schon in
2 Wochen Heilung zu erzielen ist.
Von dem durch Cred^ zuerst eingefiihi-ten Silbercitrat (Itrol)
sah Werler (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 16) gute Erfolge bei der - ■
Gonorrhoe. Die Itrolinjectionen müssen anfanglich sehr schwach ^^^
(0,02 : 200,0) , sodann beim Nachlassen der Entzündung allmählich
starker verschrieben werden, bis zur höchsten Concentration 1 ; 3800.
Innerlich empfiehlt er eine Combination von Extr. Pichi americ. mit
Salol oder Ol. Santal., z. B. Estr. Pichi americ. sicc, SaloU ana 2,0,
Magnes. et Cerae alb. q. s. M. f. pilul. Nr. 80. S. Täglich 1 bis
3 Pillen nach der Mahlzeit.
Unter Mittheilnng von 3 Krankheitsiallen bestätigt Brewer Droti
(Joum. of cut. and genito-urin. dis-, Nov.) die Erfahrungen Casper's, *"
dass Urotropin auf die Pyurie einen sehr günstigen Einfluss ausübt. Brei
Mit der postgonorrhoischen Prostatitis und Erkrankung
der Samenblaschen beschäftigt sich Swinburne (Joum. of cut. and Prosti
genito-urin. dis., März). Er verlangt dringend, dass in jedem Falle lange P"
bestehender Gonorrhoe, zumal wo die hintere Harnröhre oder die s„fnb
Epididymis ergriffen sind, Prostata tmd SamenbläHchen untersucht
werden. Oft bilden sie sich zwar spontan zurück, meist aber erst ^^gt
durch Massage. Für letztere Zwecke empfiehlt Sonnenberg (Der
matol. Centralbl., Dec.) ein neues Instrument. Dasselbe besteht a
566 Joseph.
einer festen, hohlen, aus Neusilber gearbeiteten, cylinderartigen Vor-
richtung, deren eines Ende stumpf, glatt und abgerundet, während
das andere oifen ist.
Salben- Salbenstäbchen bei chronischer Gonorrhoe empfiehlt
Stäbchen bei L Wolff (Dermat. Centralbl., Juli). Als Medicament verwendet er
chronischer iti-tiii/ka/x • -r-r-iii'-r*«-««*-
Gonorrhoe, hauptsächlich Ichthyol (5>) wegen semer Haltbarkeit, Keizlosigkeit
Wolfl. und Tiefenwirkung. So wird die Behandlung der chronischen Prostatitis,
die ja die meisten Fälle von chronischer Urethritis post. complicirt,
sehr gut unterstützt durch Einführung eines Ichthyolbougies , ein
über den anderen Tag.
Gonorol, Von innerlichen Mitteln empfiehlt Kiehl (Wien. klin. Wochen-
Riehl. Schrift Nr. 52) das Gonorol. Es stellt ein besonderes Sandelholzöl-
präparat dar, in welchem die schädlichen, häufig Nebenwirkungen ver-
ursachenden Substanzen entfernt wurden. Es wurden Tagesdosen
von 2 — 3,0 durch 10 — 30 Tage ohne jede Schädigung verabreicht.
Cystitis Gegen Cystitis chronica empfiehlt Biegler (Wiener med. El.
chronica, ^j. ^^^ folgende Verordnung: Acid. naphthionici pulv. 3,0. Divide
in part. aequ. Nr. VI. D. ad capsul« amyl. S. 3 — istündlich ein
Pulver.
2. Yenerisehe Helkosen.
Ulcus moiie lieber ein Ulcus moUe conjunctivae berichtet Vignes(La
^^^ Presse m6d., Oct.) bei einem firüher sjrphilitischen, etwa 50jährigen
Vignes. 'Manne. Am oberen Conjunctivalsack bestand ein kleines Ulcus mit
gelblichem Grunde und steilen, nicht indurirten Bändern. Gleich-
zeitig litt er an schmerzhafter Adenitis der präauriculären und cervn-
calen Drüsen. Da der Sohn des Patienten einen weichen Schanker
hatte und der Vater denselben selbst wusch, so ist eine Ansteckung
wahrscheinlich.
Strepto- Für die Darstellung des Streptobacillus des weichen Schankers
bacillus des bewährt sieb nach Loth (Monatsh. f. pract. Dermat. Bd. 26, H. 8) am besten
Ulcus molle, ^j^ Formolfixirung.
Loth.
Ueber die Behandlung der Leistenbubonen mit Injection von
Hydrargyrum benzoieum oxydatum berichtet Thorn (Deutsche med.
Wochen sehr. Nr. 3). Von ihm werden in Analogie des Verfahrens
von Welander nach Function des abscedirenden Bubos und Aspira-
Waelsch.
Haut- und venerische Krankheiten. 567
tion des Eiters 4 ccm einer l"/oigen Lösung dieses Mittels einge- Behandlung
spritzt und nach 8 Tagen Aspiration und Injection wiederholt. — Des- ^®*
gleichen bespricht Waelsch (Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. 42) die Thom*,
Abortivbehandlung der Bubonen. Auch er ist der Meinung, dass die
Injectionen frühzeitig gute Dienste leisten. Nur werde der Effect
nicht durch das Medicament, sondern durch die mechanische Wirkung
des Einstiches erreicht. Daher empfiehlt er Einspritzungen von 2 bis
6 ccm sterilisirter physiologischer Kochsalzlösung an verschiedenen
Punkten des Tumors. Hierdurch werden weder Schmerzen noch
Temperatursteigerungen hervorgerufen. Die Heilung trat durch-
schnittlich in 15 Tagen auf. Indess musste in 5 Fällen doch zur
Incision gegriffen werden.
8. Sjphllis.
a. Haut und Schleimhaut.
lieber die Verbreitung der venerischen Erkrankungen
in Kiel berichtet Wullenweber (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 49). Verbreitung
Danach bietet die controllirte Prostitution in Kiel, was die Zahl der ^®^®'*»J^^®'
Krank-
syphilitischen Erkrankungen angeht, entschieden günstigere sanitäre heiten,
Verhältnisse dar, als die geheime, nicht controllirte Prostitution. Wullenwebei"
Ebenso ist die Intensität der Krankheiten bei der controUirten Pro-
stitution geringer als bei der geheimen, also die Ansteckungsgefahr
bei der geheimen stärker als bei der controUirten.
Ueber Syphilis gravis bei Aerzten berichtet Brandis Syphilis
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 21). Er behandelte in Aachen ^^erzten^*
10 Aerzte an Syphilis gravis. Alle waren am Finger inficirt, und Brandis.
zwar Zeige- oder Mittelfinger. Die Infectionen am Finger nahmen
keinen besonders schweren Verlauf, obwohl die Krankheit stets
ausserordentlich stürmisch verlief. Geheilt wurden sie aber alle,
wenn auch erst nach langen, häufig wiederholten Curen. Merk-
würdigerweise wurde die Diagnose in allen Fällen sehr spät gestellt.
Spätestens vom Ende des 3. Jahres nach der Infection blieb die Heilung
eine dauernde. Verf. räth daher den Aerzten Vorsicht bei Opera-
tionen an Syphilitischen, und den Patienten, alles daran zu setzen,
die defiinitive Heilung ihrer Lues innerhalb der ersten 2 , spätestens
3 Jabre zu vollenden, und zwar dadurch, dass sie sich wähi'end
dieser Zeit in regelmässigen Absätzen selbst ohne äussere Veran-
lassung einer mercuriellen Behandlung unterziehen.
568 Joseph.
Rasir- Max Joseph (Berl. dermat. Oesellsch., 14. Juni) stellte einen
"loXh"' ^^ "^^ «^«- Rasirschanker der rechten Wange vor. an.
Körper bestand bereits Roseola. Er weist auf die grosse Häufig-
keit der extragenitalen Infection hin, da er schon aUein 3 Rasir-
schanker in dieser Gesellschaft gezeigt habe. — In der Discnssion
wird ebenfalls auf die Häufigkeit der extragenitalen Infection und
die grosse Bedeutung der Rasirschanker hingewiesen.
Ueber Gummigeschwülste in. der Hohlhand berichtet
Gummi- 0. V. Ley (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 43) an der Hand von
^ in der ^ instructiven Krankengeschichten und bespricht genau die in Be-
il oh l band, tracht kommenden difPerentialdiagnostischen Momente. Es leuchtet
V. Ley. q[j^^ (jg^gg qjj^q frühzcitigc Diaguose besonders wichtig ist, zumal sonst
leicht operative Maassnahmen geplant werden, welche natürlich bei
richtiger Erkennung der Aetiologie überflüssig sind.
üiceröses Max Joseph (Berl. dermat. Gesellsch., 1. Nov.) stellte ein hoch-
^JoseBh ' g^'^^^iigös ulceröses Syphilid im Gesichte einer Frau vor. Die-
selbe war niemals fiüher behandelt worden, und das Syphilid bestand
bereits seit 4 Monaten. Infolge eines Gummis des linken Augenlids
war bereits ein erhebliches Ektropium eingetreten, und ausserdem
zeigte das rechte Ohr einen starken Defect.
Oummata Nach seinen Erfahrungen in der Hospitalpraxis konnte Viannay
ei rauen, ^j^ j^ frequence des l^sions tertiaires sans ant^c^dents chez la femme
dans le milieu hospitalier et de son importance en clinique et en
Pathologie. Ann. de Derm. et de Syph., Oct.) wieder die Thatsache
bestätigen, dass die gummösen Erscheinungen bei Frauen sehr
häufig (unter 100 Fällen 52mal) auftreten, ohne dass man in der
Anamnese eine Infection nachweisen konnte. In 48 Fällen waren
unzweifelhaft specifische Antecedentien vorhanden bei Frauen, welche
an Tabes, progressiver Paralyse und Aortenaneurysmen erkrankt
waren. Ohne andere unterstützende Ursachen zu leugnen, ist Verf.
Anhänger des syphilitischen Ursprungs jener Affectionen. (Bekannt-
lich hat sich vor kurzem Virchow energisch gegen diese Art von
Beweisführung ausgesprochen. Ref )
Nach den eingehenden mikroskopischen Untersuchungen von
J. Pini (Sur la syphilose de la langue. Ann. d. Denn, et de Syph.,
Oct.) beginnt die Glossitis gummosa in dem submucösen Binde-
gewebe und verbreitet sich von hier aus nach der Oberfläche, indem
Haut- und venerische Krankheiten. 569
nicht nur die Papillen, sondern auch das elastische und Muskel- Syphilis
gewebe zur Atrophie gebracht wird. Es finden sich keine Riesen- d«' Zunge,
Zellen^ die Gefässerkrankung besteht in einer Proliferation des Endo-
thels und Infiltration der Adventitia. Ein endarteritischer Process
zeigt sich aber nicht. Im Gegensatze hierzu beginnt die Glossitis
syphilitica diffusa in dem Muskelparenchym, und von hier aus wird
die ganze Zunge ergrififen. Das Epithel zeigt unregelmässige Aus-
läufer in die Tiefe, und in dem Infiiltrat finden sich einige Riesen-
zellen. Diese Bindegewebsneubildung geht später mit Retractions-
und Ulcerationsbildung einher, wodurch die klinischen Bilder der
gelappten und rhagadiformen Zunge erklärt werden.
Ebner (Arch. f. Denn. u. Syph. Bd. 45) hat 191 Fälle von Primär-
Primäraffecten an den oberen Luftwegen zusanmiengestellt. *f'«cte an
Hiervon konmien 28 Fälle auf die Nase, 24 auf den Nasen rächen- Luftwegen,
räum und 138 auf den Rachen. Von diesen wiederum waren die Ebner,
meisten Tonsillarschanker. Meist wurden die Primäraffecte des
Nasenrachenraumes ebenso wie die Rachenschanker durch verun-
reinigte Instrumente erzeugt. Frauen und Männer waren imgefähr
in gleicher Zahl betroffen.
Nach den Veröffentlichungen des Kaiserlichen Gesimdheitsämtes Todesfälle
(Nr. 41) starben im Jahre 1896 in Preussen an den directen ^'^ ^^P^^^^-
Folgen der Syphilis 391 Personen gegenüber 324 im Jahre 1895.
Bei Alopecia syphilitica ciliaris empfiehlt M o n i n (New Alopecia
York med. Joum.) folgende Salbe erbsengross auf die Lider einzu- ^yp *^|*ica,
reiben: Rp. Pilocarpini 0,05, Hydrarg. praec. alb. 0,25, Vaselini
flavi 15,0.
b. Viscerallues.
Syphilis des Nebenhodens (Wien. klin. Rundschau Nr. 8)
beobachtete S. Ehrmann. In beiden Nebenhoden befanden sich Syphilis
wallnussgrosse, harte Tumoren nebst einigen erbsengrossen und läng- . ^ ^"'
liehen in der Cauda und in einem Samenstrange. Vor 2 Jahren Ehrmann.
syphilitische Infection und augenblicklich annuläres Sjrphilid in der
Schultergegend.
Syphilis der Nieren beobachtete R. H. Greene (Joum. of
cutan. and genito-urin. dis. , Januar) bei einem 4()jährigen Manne,
welcher plötzlich mit Schmerzen der linken Nierengegend erkrankte.
570
Joseph.
Syphilis Nach wenigen Stunden stellte sich Hämaturie ein. Solche Attacken
der Nieren, traten zunächst in IntervaDen von einiiren Wochen, später immer
Qreene.
nur von einigen Tagen auf. Patient kam dabei sehr herunter. Die
Diagnose wurde nach eingehender cystoskopischer Untersuchung auf
Nephrolithiasis gestellt. Bei der Function der Niere wurde aber kein
Stein gefunden. Da erst kam man auf Syphilis in der Anamnese.'
Nach einer Einreibungscur hörte die Hämaturie auf. Im Urin wurden
ausser Blutkörperchen und wenigen Eiterzellen vor allem reichliche
Bindegewebsbündel angetroffen. Verf. glaubt hieraus im Verein mit
der übrigen Krankengeschichte die Diagnose eines Ghimmi der Niere
stellen zu können.
Syphilis
und Echino'
kokken,
Lennhoff.
Lennhoff (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 26) berichtet über
mehrere Fälle, in welchen Echinokokken mit syphilitischen
Geschwülsten verwechselt wurden. Bei dem ersten Patienten
mit sicher durch die Section constatirter Lues zeigte es sich, dass
die Gummigeschwülste der Leber viel hartnäckiger sind als solche
an anderen Organen. Ein Gummi blieb durch die Therapie unbe-
einflusst, und die Behandlung vermochte nicht einmal die weitere
Entwickelung einer zweiten Geschwulst in der Leber zu verhindern.
Weder die halbkugelige Form, noch die eigenartige Härte sind für
Gummigeschwülste der Leber charakteristisch, auch die mehrfach
als typisch bezeichneten Dellen können, wie aus den beiden nächsten
Krankengeschichten hervorgeht, bei Echinococcus vorkommen.
Syphilis
u nd Leber-
atrophie,
Richter.
In seiner Arbeit über Syphilis und acute gelbe Leber-
atrophie berichtet P. F. Richter (Charit6-Annal. , 29. Jahrg.)
über 2 einschlägige Krankheitsfalle und stellt in sehr sorgfältiger
Weise die Litteratur über diesen Gegenstand zusammen. In der
weitaus überwiegenden Mehrzahl der Fälle beginnt die Leberaflfection
gleichzeitig mit dem Auftreten der ersten Secundärsymptome. Meist
sind Frauen erkrankt. Der klinische Verlauf zeigt keine wesent-
lichen Verschiedenheiten von dem Bilde der gewöhnlichen acuten
Leberatrophie. Der Verlauf der Lues ist kein besonders schwerer, so
dass man einen derartigen bösen Ausgang hätte erwarten können.
Somit steht die Thatsache fest, dass in einer nicht unbeträchtücheD
Anzahl von Fällen von acuter gelber Leberatrophie die Ki*ankheit
im floriden Stadium der Lues häufig gleichzeitig mit den ersten
Secundärsymptomen in die Erscheinung tritt. Es scheint nach den
vorliegenden Beobachtungen dieses Zusammentreffen nicht einmal ein
sehr seltenes zu sein.
Haut- und venerische Krankheiten. 571
Einen eigenthümlichen und sehr seltenen Fall von Syphilis
des Bauchfells demonstrirte L. Pick (Berl. klin. Wochenschr. Syphilis
Nr. 48). Bei einer 58jährigen Frau mit syphilitischer Kachexie und ^®^
Amyloid zeigten sich Gummiknoten des Bauchfells, deren Unter- ^ Pick. '
Scheidung von Tuberkeln mit Sicherheit möglich war.
c. Hereditäre Lues.
Peltesohn (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 18) macht auf Keratoma-
ein bisher vernachlässigtes ätiologisches Moment der Keratomalacie, lacieund
. hereditäre
die hereditäre Lues, aufmerksam. In 2 Fällen gelang es ihm durch Lues,
eine antisyphiHtische Behandlung Heilung zu erzielen. Peltesohn.
Heller (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 5) macht weitere Mit- Hydro-
theilungen über den FaD von chronischem Hydrocephalus bei°®P^*\'^^. *^®*
hereditärer Syphilis, den er bereits im Jahre 1892 ebendaselbst Syphilis,
publicirt hat. Die Zweifel, ob das ätiologische Moment des Hydro- Heller,
cephalus damals die Lues war, sind dadurch beseitigt, dass Patient
jetzt in der That noch ein periostales Gummi des Humerus auf-
wies.
E. Fournier (La Med. moderne Nr. 49) ist der Meinung, Hutchin-
dass weder die Zeichen der Atrophie noch die Kleinheit des Wuchses, 8on'sche
Sattelnase oder Hutchinson^sche Zähne unbedingt sichere poumier.
Zeichen der hereditären Lues sind; im Gegentheil, er habe Men-
schen beobachtet, welche trotz aller dieser Symptome gesimd blieben
und keine Erscheinungen der hereditären Lues aufwiesen.
Clark (Amer. Joum. of med. Assoc, Apr.) beobachtete 2 Fälle Congeni-
von congenitaler syphilitischer Lebercirrhose bei Kin- t*le Leber-
dem. Das eine war 10 Jahre alt. Bei der Section fand sich eine ciark.
granulirte gelbe Leber, ähnlich wie in dem zweiten Falle.
J. de Amicis (Arch. f. Dermat. Bd. 43) bringt die Little'sche Littie'sche
Krankheit mit der hereditären Lues in Beziehung. Er reiht diesen ^^^^fj^®**'
Symptomencomplex (Diplegia spastica congenitalis) den hereditär
parasjrphilitischen Formen an.
Sehr interessante Beiträge zur Histologie und Pathologie
der congenitalen Syphilis bringt E. H e c k e r (Deutsch. Arch.
f. klin. Med. Bd. 61) bei. Er bat 100 Sectionen an syphilitischen Kin-
572
Joseph.
congenitaie dem gemacht, davon entfielen 92 auf Todtgeburten und 8 auf Kinder,
^H^^*^**' ^® gelebt hatten. Bei ersteren ist die Leberschwellung eine fast
regelmässige Erscheinung, bei letzteren fehlt s'ie häufig. Die Nieren
zeigen beim todtgeborenen Fötus eine Vermehrung, beim ausge«
tragenen eine Verminderung des Gewichtes. Der Milztumor ist beim
Fötus constant.
d. Therapie der Lues.
Als prophylaktisches Mittel gegen die Lues empfiehlt
Prophylaxe T. Forte (Mailand) neben der Beseitigung der heimlichen Prostitu-
^hV ^^" ^^^ allem auch Untersuchung der Männer, sowie zwangsweise
Forte. ' Behandlung und Anzeigepflicht für jeden Syphilitiker. Nur auf diese
Weise wäre die Seuche gänzlich zu beseitigen.
Sernm-
therapie,
Neisser.
Die Frage: was wissen wir von einer Serumtherapie der
Syphüis imd was haben wir von ihr zu erhoflPen? erörtert A. Neisser
(Arch. f. Dermat. u. Syph. Bd. 44). Er beleuchtet in dieser kriti-
schen Uebersicht und Materialien Sammlung die mit dem Arbeitsplan
der Serumtherapie bei Syphilis zusammenhängenden Thatsachen und
Hypothesen. Das Endziel unserer Bestrebungen, die Heilung der
Syphilis und Schutzimpfung gegen Syphilis durch specifische, den
Syphilismikroorganismen selbst entstammende StofPwechselproducte
bietet zwar vorläufig wenig Aussicht auf Erfolg. Indess wird jeder
weiteren Arbeit und Forschung auf diesem Gebiete der Weg ge-
ebnet werden durch die ausgezeichnete klare Fragestellung und Her-
vorhebung der einschlägigen Punkte. Diese Arbeit kann niemand,
der nach einem Kampfinittel gegen die überall verbreitete Volks-
seuche sucht, ohne starke Anregung aus der Hand legen.
Ueber Jodpräparate und deren Dosirung bei Syphüis-
Jod- behandlung berichtet Radestock (Therap. Mon., Oct.). Er empfiehlt
jVdUncVu^r g^^ss® Tagesdosen von 10—20,0. Statt des kostspieligen Jodkalis
Radestock, gibt er die Jodtinctur in stärkeren Gaben, Smal täglich je 10 bis
80 Tropfen in Sirup oder verdünntem Wein zu nehmen. Auch
Brown-S6quard's Jodlösung nach folgender Vorschrift ist em-
pfehlenswerth. Rp. Jodi 0,4, Kali jodati 2,0, Aq. dest. ad 50,0.
M. D. S. 3mal täglich 1 Kaffeelöflfel voll in 1 Glas verdünnten Roth-
weins vor dem Essen zu nehmen.
Neue Vorschläge zur Jodtherapie der Syphilis macht
G. Zülzer (Arch. f. Dermat. u. Syph, Bd. 44). Er berichtet über
Haut- und venerische Krankheiten. 573
gute Erfolge aus Neisser's Klinik mit Jodalbacid, einer von Jodalbacid,
allem locker gebundenen oder nur angelagerten Jod befreiten Jod- Zülzer.
Eiweissverbindung. Hiemach kamen niemals die bekannten Erschei-
nungen des Jodismus vor. Es lässt sich eine langsame, aber protra-
hirte Wirkung, vollkommene Ausnutzung der dargereichten Dosis und
absolute Unschädlichkeit hiermit erzielen. Zwar wird man zur schnellen
Wirkung immer vom Jodkalium G-ebrauch machen müssen, aber zum
chronischen Gebrauch, zu Jodnachcuren im tertiären Stadium und
zu Jodzwischen euren in den späteren Syphilisjahren, femer bei ma-
ligner Lues ist das Jodalbacid zu verordnen. 3 — 5,0 Jodalbacid täg-
lich lassen sich in Oblaten, comprimirten Tabletten oder, wie es einige
Male gegeben wurde, in Makronen verbacken leicht einnehmen, wäh-
rend das Jodkali mit seinem unverdeckbaren Geschmack sehr oft
den Widerwillen des Patienten erregt. Verf. gibt daher im An-
schluss an jede während der ersten 3 — 4 Jahre nach der Infection
zu machende Quecksilbercur 3 Wochen lang täglich 3 — 4,0 Jod-
albacid. Beim Auftreten von leichten secundären Erscheinungen in
der Zwischenzeit Jodalbacid (3 — 4 und mehr Granmi täglich) bis zum
Verschwinden derselben. Bei tertiären Erscheinungen bis zur Besse-
rung, eventuell Verschwinden derselben Jodkali. Dann 6 Wochen
lang Jodalbacid 3 — 4mal täglich,
Silberstein (Therap. Monatsh. H. 7) gibt innerlich graue öraue Salbe
Salbe in Form von Pillen, z. B. Ungt. Lanol. hydrarg. einer. 4,5, i^J^^^^?*^'
Pulv. rad. Liquirit. 5,0, Mucilag. gummi mim. q. s. F. pil. Nr. 60.
S. 2mal täglich 2 PiUen.
R. Kaufmann (Dermat. Centralbl., März) empfiehlt aus Max Quecksilber-
Jos eph's Poliklinik eine neue Quecksilberseife, das Sapolentum sap^oVenium
hydrargyri. Sie ist der officinellen grauen Salbe hinsichtlich hydrargyri,
des therapeutischen Effectes als gleichwerthig zu erachten, und da Kaufmann,
sie für den Patienten den subjectiven Vortheil hat, die Wäsche nicht
zu beschmutzen und fast unsichtbar auf der Haut zu bleiben, da sie
femer genau dosirt, haltbar und nicht irritirend ist, so ist anzu-
nehmen, dass sie vielleicht mehr Berücksichtigung findet als die
meisten früheren Quecksilberseifen.
Das lösliche metallische Quecksilber (Hydrargyrum colloi-
dale) empfiehlt Werler (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 42). Ihm be-
währte sich das Unguentum hydrargyri colloidalis für die enderma-
tische Behandlung zu Inunctionscuren, die Solutio hydrargyri colloi-
574 Joseph.
Hydrar- dalis, eine 1 — 2°/oige wässrige dunkelbraune Lösung, fiir subcutane
if*^^"*! Injöctionen, und die Pilulae hydrargyri colloidalis, enthaltend 0,S
Werler. * Hydrargyrum colloidale auf 30 Pillen, zur innerlichen Darreichung.
Hyrgoi, Im Gegensatze hierzu kommt Hopf (Dermat. Zeitschr. Bd. 6)
^°^'' zu dem Schlüsse, dass dieses Hydrargyrum colloidale (Hyrgoi)
keine besonderen Vorzüge vor dem alten unlöslichen Quecksilber be-
sitzt. Für die subcutane Einverleibung sei das Hyrgoi nur mit
Vorsicht anzuwenden, die geeignetste Art der Darreichung seien noch
die Pillen.
Orthoform Als Anästheticum bei intramusculären Injectionen em-
T . ^V pfiehlt Loeb (Mon. f. pract. Dermat. Bd. 27, H. 1) das Orthoform.
Injectionen, ^ , '^ ....
Loeb. Zu der 10®/oigen Hydrargyrum-salicylicum-Suspension wird 6 — 10%
Orthoform zugesetzt.
Lehrbücher und Monographieen.
Caspary, Allgemeine Therapie der ansteckenden GeBchlechtskrankheiten.
Wien.
C h 0 1 z e n ; Atlas der Syphilis und syphilisähnlichen Krankheiten. Hamburg.
W. Collan, üeber Spermatocystitis gonorrhoica. Hamburg und Leipzig.
Finger, Die Vererbung der Syphilis. Wiener Klinik, 24. Jalirg., 4. u. 5. H.
April-Mai.
Finger und S a e n g e r , Die Pathologie und Therapie der Steriht&t beider
Geschlechter. 1. Theil: Die Pathologie und Therapie der Sterilit&t
beim Manne von E. Finger. Leipzig.
Keersmaecker und Verhoogen, L*ur^thrite chronique d*origine gono-
coccique. Bruzelles.
E. Kromayer, Zur Austilgung der Syphilis. Abolitionistisehe Betrach-
timgen über Prostitution, Geschlechtskrankheiten und Yolksgeeund-
heit, nebst Vorschlägen zu einem Syphilisgesetz. Berlin.
A. Lieven, Die Syphilis der oberen Luftwege unter besonderer Berück-
sichtigung der differentiellen Diagnose und der localen Therapie.
Jena.
Mra^ek, Atlas der Syphilis und der venerischen Krankheiten mit einem
Grundriss der Pathologie imd Therapie derselben. München.
Proksch, üeber Venensyphilis. Bonn.
rx.
ElnderkraiLklielteii.
Von Privatdocent Dr. H. Neumann in Berlin.
A. Physiologie.
In Bestätigung einer Angabe von Bunge weist Pröscher (Hoppe-
Seyler's Zeitschrift für physiologische Chemie Bd. 24, H. 3,) an grösseren
Zahlenreihen nach, dass die Zusammensetzung der Milch in Be-
ziehung zu der Wachsthumsgeschwindigkeit bei den einzelnen
Säugethieren steht; je schneller das Thier wächst, um so grösser muss der
Gehalt der Milch an Eiweiss, Kalk und Phosphorsäure sein. Die Angaben
betreffen den Menschen, das Pferd, Rind, Schwein, Schaf, den Hund, die
Katze. Pröscher versucht seine Beweisführung auch auf die einzelnen
Perioden des Wachsthums auszudehnen.
Klemm (Jahrbuch für Kinderheilkunde Bd. 47) nimmt sehr ent-
schieden dagegen Stellung, dass wir die Bekömmlichkeit der Mutter-
milch nur nach dem quantitativen Vorkommen von Eiweiss, Fett und Zucker
beurtheilen, und betont, dass wir nicht einmal in dieser Hinsicht genügend
unterrichtet sind. So unterliege z. B. das Verhältniss zwischen Albumin
und Ca sein weiten Schwankungen, für welche die Gründe sehr verschieden
und zum Theil unbekannt seien. Ebenso sei die Zusammensetzung des
Milchfettes noch nicht ausreichend bekannt. Klemm sah in 12 Fällen den
Schmelzpunkt zwischen 30,5 und 40° C. schwanken, und in einem Fall war
selbst bei etwas über 40® C. noch nicht alles Fett geschmolzen. Neben dem
Zucker schienen noch andere Kohlehydrate in der Milch vorzukommen, die,
wie Klemm für möglich hält, Beziehimgen zu der Umkoffschen Am-
moniakreaction haben könnten. Kurzum, es sei der exacten Forschung über
die Milchbestandtheile noch ungeheuer viel überlassen. Die Bedingung für
daß Gedeihen an der Mutterbrust sei eine vollständige Gesundheit der Milch-
producentin. Die Kinder schwächlicher Mütter würden rachitisch und be-
Franen-
milch,
Pröacher,
Klemm,
576
Neumann.
Frauen-
milch,
Klemm,
Bendix
kämen auf dieser Basis Störungen im Magendarmkanal. Da Klemm bei
schwächlichen Müttern eine Abnormität in ihrem Blut annehmen zu dürfen
glaubte, kam er auf den Gedanken, auch ihre Milch bezüglich ihres Eisen-
gehaltes zu untersuchen. Er fand nun, dass bei den Müttern Rachitischer
oder bei anderen schwachen Müttern der Eisengehalt der Milch ganz con-
stant, selbst bis auf das lOfache, vermindert war (es hat die erste Milch
bei Gesunden ^/lo mg Fe-iOg : 100 Milch, welche Menge im Lauf der Lae-
tation bis auf V^ sinkt). Es scheint das Eisen im Milchserum gelöst und
als ein besimmter Theil des transsudirten Blutserumeisens aufzufassen zu
sein; vielleicht könnte seine Menge als Indicator für die Kraftverh<nisse
der Mutter dienen. Am maassgebendsten bleiben immer die klinischen
Erscheinungen am Säugling, welche bei sonst rationeller Säug^ung die
Untersuchung der Milch anregen und unter umständen zur Entwöhnung
oder mindestens zur Verabreichung von Beikost führen müssen.
Bernhard Bendix (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 14) zeigt durch
Fütterung mit Jodsesamöl, dass je nach den vorhandenen Bedingungen ein
gewisser Theil des Nahrungsfettes in die Frauenmilch übergeht.
Vergleich Koeppe (Vergleichende Untersuchungen über den Salz-
der Frauen- orehalt der Frauen- und Kuhmilch. Habilitationsschrift) hat mit den
iiiiiiirny»
modernen Methoden der physikalischen Chemie vergleichende Untersuchungen
milch,
Koeppe.
über Frauen- und Kuhmilch angestellt, die geeignet sind, neue (jresichts-
punkte zu gewinnen. Die Bestimmung der Gefrierpunktserniedrigung und
der elektrischen Leitföhigkeit bilden den Ausgangspunkt der Untersuchung,
aus welcher sich einerseits die Molecülzahl und der osmotische Druck,
andererseits die Zahl der elektrisch leitenden Molecüle (Ionen) bestimmen
lässt. Sowohl bei der Frauen- wie der KuhmUch fanden sich je nach In-
dividuum, Tag und Tageszeit bezüglich der untersuchten Punkte in weiten
Grenzen Schwankungen ; in beiden Milcharten müssen nach dem Ergebnis.^
der Berechnung Salze in einer neutralen, den elektrischen Strom nicht
leitenden Form, wahrscheinlich als organisch gebundene Molecüle vor-
handen sein. Eine Uebereinstimmung zeigte sich zwischen Kuh- und Frauen-
milch bezüglich der Grefrierpunktserniedrigung und damit auch der Mole-
cülzahl und des osmotischen Druckes. Diese Uebereinstimmung wird bei
verschiedener chemischer Zusammensetzung nur dadurch erreicht, dass in
dem Maasse, als die Salze zurücktreten, der Zucker an Menge zunimmt.
Uebrigens führen die Berechnungen darauf, dass in der Frauenmilch oj*-
motisch wirksame organische Molecüle mit relativ niedrigem Molecular-
gewicht vorhanden sein müssen, die noch unbekannt sind, worauf bekannt-
lich die neueren qualitativen Analysen ebenfalls hinweisen. In seinen
Schlussfolgerungen räth Koeppe in Rücksicht auf den osmotischen Druck
von starken Verdünnungen ab; die Heubner*sche '/>'^^^c^ entspricht in
dieser Richtung vollkommen der Frauenmilch. Ferner betont Koeppe die
Inconstanz in der Zusammensetzung der Frauenmilch. Die Inconstanz de^
Milchzucker- und Salzgehaltes im besonderen gibt der Milch einen wech-
Kinderkrankheiten. 577
selnden Geschmack; der Wechsel in der Nahrung ist aber das Natürliche
und Bekömmliche. Von diesem Gesichtspunkt aus wendet sich Eoeppe
gegen eine absolute Gleichheit der täglichen Einzelmahlzeiten bei der
künstlichen Ernährung; er macht diese Eintönigkeit für gewisse Misserfolge
in der Ernährung verantwortlich.
Axel Johannessen und Eyvin Wang (Studien über die Er- Menge und
nährungsphysiologie des Säuglings. Hoppe-Seyler's Zeitschrift für Beschaffen-
physiologische Chemie Bd. 24, H. 5 u. 6) geben neue sorgfältige Beiträge wranen-
über Nahrungsmenge und Beschaffenheit beim normalen Säugling. Die milch,
Säuglinge waren 3 — 4 Monate alt; sie tranken 15 — 20 Minuten an der Johannessen
Mutterbrust. Die Nahrungsmenge der einzelnen Mahlzeit schwankte bei ^- ^■■^•
dem gleichen Säugling erheblich, besonders fallen die gelegentlichen grossen
Nahrungsmengen auf. Bei den Gewichtsbestimmungen wurde der Gewichts-
verlust durch Perspiratio insensibilis berücksichtigt. Zur Bestimmung der
Zusammensetzung der Milch und des Verbrennungswerthes der täglichen
Milchmengen wurde vor, während und nach dem Säugen des Kindes aus
der Brust eine gleich grosse Milchprobe entnommen und mit einander
gemischt. Die Stickstoffbestandtheile und der Zucker zeigten eine grosse
Gleichmässigkeit , wahrend die Fettmenge erheblich schwankte. Aus den
an vier gesunden Säuglingen gemachten Beobachtungen sei folgende Tabelle
gegeben :
Albumin .... 1,17.%
Fett 3,74%
Zucker 6,39%
Während des Säugens schwankt am wenigsten die Zuckermenge, viel
mehr die Eiweiss- und Fettmenge (am höchsten ist sie am Ende des Saug-
actes). Einmal enthielt die Milch sogar vor dem Säugen 1,4 ® o, nach dem
Säugen 6 % Fett, so dass die Differenz 4,6 ausmachte. Die in 24 Stunden
aufgenommene Milchmenge schwankte bei dem gleichen Kinde nicht un-
erheblich; durchschnittlich tranken die Kinder (zwischen 99 und 134 Tage
alt) 896, 946, 1100 und 948 g im Tag. Der durchschnittliche Nährwerth
von 1000 g der Milch war bei den vier Kindern 570, 710, 630 und 740 Ca-
lorieen. Auf 1 kg Körpergewicht kam durchschnittlich eine Nahrungs-
menge von 70, 106, 106 und 96 Calorieen.
In Nachahmung der Frauenmilch hat Rose eine ,kün>tliche Milch'
in den Handel gebracht. Sie wird nach CarlMeyer (BerL klin. Wochen«5ch r. Knnstliche
Nr. 19) aus den einzelnen Bestandtheilen künstlich zusammengesetzt; die Milch,
Bestandtheile, vor allem das Casein, stammen natürlich meiM in letzter ^^'
Linie ans der Kuhmilch; sie werden einzeln für sich sterilisirt und dann
zusammengeg^ben. Genauere Angaben über die Herstellung fehlen. Thatr
sächlich hat die Müch eine Zusammensetzung, welche den neuehten Ana-
lysen über Frauenmilch entspricht, und gerinnt in älinlicher Wei«e wie
Jahrtmcfa der pnctisdieB Mfidicia. 1>^. 37
Mftziminn
liinimam
1,3 »0
0,9 »/o
4,6 V
2,7 •/«
7.8 »/«
6,9 •/•
578
Neumann.
Künstliche
Milch,
Meyer.
letztere. Die Ausnutzung ist bei grösseren Kindern und Erwachsenen eine
gute, üeber die Verwendung bei Säuglingen berichtet Meyer: »Wir haben
bei zahlreichen atrophischen, schwächlichen Kindern im Alter von wenig
Wochen und Monaten, einige Male auch bei neugeborenen Kindern (zum
Theil Frühgeburten) die künstliche Milch angewendet und konnten aus-
nahmslos feststellen, dass sie sehr gut vertragen wurde, häufig besser ab
Kuhmilch in verschiedener Zubereitung. Mehrere Fälle von schwerem
Magendarmkatarrh im Säuglingsalter sind allein unter ihrer Anwendung
geheilt, ohne dass andere Mittel angewandt wurden." — Es wäre also endlich
der Stein der Weisen entdeckt? Leider verneinten die Säuglinge, die Re-
ferent futterte, diese Frage. Sie verhielten sich meist entschieden ab-
lehnend gegen die künstliche Milch (vermuthlich wegen des Geschmacks),
andere bekamen Darmkatarrhe, da sich die Milch während der Sommer-
hitze zum Theil in den Flaschen zersetzte.
Magen*
Verdauung
der
Säuglinge,
Wolf u.
Frie<]yung,
Marcel u.
Lsbb6,
Bauer u.
Deutaoh.
Wolf und Friedjung (Zur Würdigung der Magenverdauung
im Säugling s'alter. Arch. f. Kinderheilkimde Bd. 25, H. 3 u. 4) mussten
sich in zahlreichen Untersuchungen des Mageninhalts, mit allerdings nicht
ganz vollkommener Methode, überzeugen, dass die Secretion der Verdauungs-
fermente des Magens im Säuglingsalter viel grösseren Schwankungen als
im späteren Alter unterworfen ist. Es scheinen die Fermente im einseinen
und in ihrem Zusammenwirken keine hervorragende Rolle in der Physio-
logie der Magenverdauung zu spielen, so dass sich auch keine grundsätz-
lichen Abweichungen bei Erkrankungen des Darmkanals feststellen liessen.
Vielmehr scheint die Magenverdauung im Säuglingsalter für die Assimi-
lation der Nahrung von untergeordneter Wichtigkeit zu sein und der Magen,
entsprechend der Ansicht anderer Autoren, nur als ein Behälter zu be-
trachten, in dem die Nahrung für den Verdauungsact vorbereitet wird.
Marcel und Henri Labb^ (Du chimisme gastrique normal
chez les nourrissons. Ses modifications dans le rachitisme et au cours
des enterites. Revue mens, des mal. de Tenf. , Sept. 1897) konmien auf
Grund einer grösseren Reihe von Verdauungsversuchen bei Kindern der
ersten Lebensjahre zu folgenden Schlüssen : Der normale Magensaft enthält
bei Kindern unter 2 Jahren keine freie Salzsäure. Die fixen Chlorverbin-
dungen nehmen bis zum vollendeten 1. Jahre zu, dann ab, die organischen Chlor-
verbindungen nehmen ebenso wie die gesammte Chlormenge mit dem Alter
zu. Die Gesammtacidität steigt in den ersten Monaten schnell, später
langsamer. Bei Rachitis sind die fixen Chlorverbindungen vermehrt, die
organischen Chlorverbindungen vermindert; die Gresammtacidität durch die
Fettsäuren vermehrt; die freie Salzsäure erscheint vorzeitig. Die Magen-
Verdauung bei diarrhoischen Neugeborenen wechselt, meist sind die orga-
nischen Chlorverbindungen und ebenso die Gesammtacidität vermindert.
Die freie Salzsäure erscheint vorzeitig. — Auch Ludwig Bauer und Ernst
Deutsch haben (Jahrbuch f. Kinderh. Bd. 48) über das Verhalten der
Magensäure, Motilität und Resorption bei Säuglingen und
Einderkrankheiten.
579
Kindern unter physiologischen und pathologischen Verhältnissen fleissige
Untersuchungen angestellt. Wenn wir den Leser auf diese Arbeit nur kurz
verweisen, so geschieht dies, weil, insoweit als sich neue Ergebnisse in ihr
finden, dieselben an einem noch grösseren Material weiter zu controlliren
sein werden.
£. Moro (Jahrb. f. Einderh. Bd. 47) weist nach, dass das diasta-
tische Ferment, welches beim Säugling in der Regel schon von der
Geburt an im Darminhalt und Eoth vorhanden ist und in den ersten Lebens-
wochen rasch zunimmt, nicht von den Darmbakterien herrührt; vielmehr
stammt es zum Theil von den drüsigen Organen des Darms, insbesondere
vom Pankreas her, zum anderen Theil ist es mit der Milch eingeführt,
soweit es sich um Einder, die Frauenmilch erhalten, handelt.
Diastati-
sches
Ferment,
Moro.
rückstände
bei der
Knhmilch-
nahrnng,
Knoepfel-
macher.
Bei der Verdauung des Euhcaseins bleibt bekanntlich ein phosphor-
reicher Rest, der als Paranuclein oder Pseudonuclein bezeichnet wird.
Während das Frauencasein bei der Verdauung ganz in Lösung geht, ist
dies Pseudonuclein nur unter Anwendung besonderer Maassregeln zu lösen.
Ob in dem Eoth ausser dem Pseudonuclein noch unverdautes Euhcasein
erscheint, worauf die sog. ^Cafeeinflöckchen" hindeuten, ist nicht bestimmt
erwiesen. W. Enoepfelmacher (Verdauungsrückstände bei der Verdauungs
Ernährung mit Euhmilch und ihre Bedeutung für den Säug-
ling. Wien) hat nun versucht, in Rücksicht auf den hohen Phosphorgehalt
des Caseins und seiner Verdauungsrückstände, den Phosphor, welcher in
organischer Bindung in den Fäces vorhanden ist, in seinem Verhältniss
zum Stickstoff zu bestimmen. Zunächst suchte er das Verhältniss zwischen
Phosphor und Stickstoff für denjenigen Theil des Eothes zu bestimmen,
der den Darmabscheidungen entspricht, und benutzte hierzu das Meconium.
Hier kam 1 Theil P erst auf 215, bezw. 302 Theile N. Hiermit verglichen
N
fand sich fiir den Frauenmilchkoth der Quotient ^p- = 250, 127, 562, womit
bewiesen ist, dass Frauencasein oder seine Derivate in demselben nicht
vorhanden waren. Es geht dies ohne weiteres aus der Untersuchung des
N
Euhmilchkothes hervor, in dem -^=r- = 18,2, 18,7, 19,6 war; ausserdem wird
xr
die Annahme, dass die letzteren Zahlen durch den Verdauungsrückstand
des Caseins bedingt sind, auch durch einen Doppelversuch gestützt, in dem
einmal nur Molken, das andere Mal Euhmilch verfüttert wurden. Enoepfel-
macher berechnet aus dem Verhältniss desN:P, dass dieser Verdauungs-
rückstand nur das Pseudonuclein sein könne, und zwar ergeben weitere
Erwägungen, dass von dem gesammten Euhmilchcaseinphosphor der Nah-
rung 5,9 — 10,6 % in den Fäces wieder erscheint (in einem Fall sogar 21 7®).
Weiterhin bespricht Enoepfelmacher, inwieweit der von ihm als Pseudo-
nuclein bestimmte sNahrungsrest** Biedert's als „schädlich" aufgefasst
werden könnte, und regt schliesslich unter anderem die Frage an, inwie-
580
Neuinann.
Verdauung 8- weit der Verlust von Phosphor in organischer Verbindung (dessen künst-
rückstände ücher Ersatz durch anorganische Verbindungen noch nicht erwiesen sei) zu
xr . .1 , bedauern und zu vermeiden sei. Seine Berechnungen führen ihn zu dem
ivunmilcu- ^°
nahrung, Vorschlag, zunächst durch Verdünnung der Milch (1 + 3 Theile Wasser)
Knoepfel- einen Caseingehalt von 0,75^0 zu erzielen und diese Verdünnung auf den
maoher. entsprechenden Fett- und Zuckergehalt zu bringen; wird nun hierzu ein
Eigelb gesetzt, so erhält diese Mischung noch den mangelnden organischen
Phosphor sammt Eisen, und kommt schliesslich das Weisse eines Eies hinzu,
so ist der Albumingehalt der Frauenmilch entsprechend erzielt. Bei dieser
Mischung, welche ziemlich dem Vorschlage von Hempel und Lehmann
entspricht, bleibt freilich das Ca sein nach wie vor zum Theil unverdau-
lich, ausserdem ist es schwer, die Keimfreiheit der Nahrung ausreichend zu
^gewährleisten.
Stoff-
wechsel
beim
Brustkind,
Rubner u.
Ileubner.
Unter Mitwirkung von Bendix, Winternitz und Wolpert haben
Max Rubner (Die natürliche Ernährung eines Säuglings. Zeit-
schrift für Biologie Bd. 36, H. 1) und 0. Heubner (lieber die Stoff-
und Kraftbilanz eines jungen Brustkindes. Naturforscherversanom-
lung in Braunschweig 1897) den schwierigen Versuch durchgeführt, während
des grösseren Theiles von 9 Tagen an einem 9w5chentlichen Brustkind den
Stoffwechsel zu messen. Es ist ihrer Ausdauer und der Versuchsanordnung
f^elungen, ein recht befriedigendes Ergebniss zu erzielen, zumal der Säug-
ling sich wesentlich gesund und sein Körpergewicht, wenn er auch nicht
normal gedieh , wenigstens auf gleicher Höhe erhielt. Es wurde auf der
einen Seite die Aufnahme an Muttermilch und auf der anderen Seite
die Ausgaben an Urin, Koth, Lungenathmung und Perspiratio insensibili^
gemessen. Das Kind nahm täglich im Durchschnitt über 600 g Mutter-
milch ein und nutzte hiervon die Kohlehydrate ganz, das Fett zu 94,41 •/••
die N-h altige Substanz nur zu 83,12 aus (an letzterem ist wohl eine
Diarrhoe schuld). Was den C-Stoffwechsel betrifft, so übersteigen die Aus-
gaben etwas die Einnahmen, so dass das Kind wohl etwas Körperfett zu-
gesetzt hat, während umgekehrt etwas N im Körper zurückgehalten und
wahrscheinlich als Eiweiss angesetzt wurde. Auch von der Asche kam ein
Theil zum Ansatz; da trotzdem das Körpergewicht gleichblieb, zeigt sich,
dass die Zusammensetzung der Gewebe in einer nach aussen nicht erkenn-
baren Weise wechseln kann. Das aufgenommene Wasser wurde zu 59^«
durch die Nieren, der Rest durch Haut und Nieren ausgeschieden. Eben>i>
wie die Perspiration schwankte auch die Kohlensäureausscheidung, je nach-
dem das Kind wachte oder schlief. Der Verbrennungawerth der Ein- unti
Ausfuhr wurde sowohl berechnet, wie auch direct durch Verbrennung bt^
stimmt. Ein Liter der Muttermilch, die ziemlich fettarm war, liefert»-
614 grosse Calorieen, eine andere fettreichere Muttermilch übrigens 724 Ca-
lorieen (Kuhmilch 660 Calorieen). Auf den Tag und das Kilogramm Körper-
substanz verbrauchte der Säugling nicht ganz 70 Calorieen, welche &!:&
unterste Grenze des Verbrauchs zu betrachten sind. Die in der Nahrung
Kinderkrankheiten. 581
gebotenen Spannkräfte wurden zu 91,6 7o» also sehr günstig ausgenutzt.
Auf die Körperoberfläche berechnet, schied der Säugling stündlich
18,5 Kohlensäure auf den Quadratmeter aus, so dass, verglichen mit dem
Erwachsenen, der entsprechend 15,6 — 16,1 ausscheidet, der Säugling —
wenigstens in dem untersuchten, nicht völlig normalen Fall — keinen leb-
hafteren, sondern eher einen geringeren Stoffwechsel als der letztere hat.
Trotz der täglichen Verwendung der Aftermessung in der Praxis be-
steht keine Uebereinstimmung in der Methode und Unklarheit in der Be-
urtheilung der gewonnenen Temperatur. Ref. hat daher diese Verhältnisse
einer genaueren Prüfung durch Theodor Homburger (Arch. f. Kinder- Temperatur
heilkunde Bd. 25, H. 3 u. 4) unterziehen lassen. Je nachdem das Thermo- h® ^™ ^^ei^'
meter 5 — 6 oder 10 — 12 cm tief in den After eingeführt wurde, fanden
sich Unterschiede, die sich zwischen 0,1 und 0,7® bewegten; allerdings war
nur in 16 7« der Unterschied erheblicher (0,4 — 0,7). Erst in einer Ent-
fernung von 10 cm von der Afteröffhung fand sich regelmässig eine Tem-
peratur, die auch bei noch tieferer Einführung nicht mehr zunahm und
die daher als eine solche bezeichnet werden konnte, welche der wirklichen
Körperwärme am nächsten kommt. Bei dieser tiefen Methode der After-
messung wird die höchste Temperatur in 2 Minuten sicher erreicht. Die
Methode ist bei guter Fixirung des Kindes und Einführung der eingeölten
Kugel unter gleichmässigem aber vorsichtigem Druck (wobei die Haltung
sondenförmig erfolgt) fast immer anwendbar und durchaus ungefährlich.
Ob alle Individuen die gleiche Wärmeeinstellung haben, ist nicht sicher;
unter Benutzung der erwähnten Methode fand sich bei Bändern eine Normal-
temperatur zwischen 37 und 88®; vielleicht kann sie ausnahmsweise auch
einige Zehntel nach unten und selbst zwei Zehntel nach oben abweichen.
Will man die wirkliche Mastdarmtemperatur in Beziehung zur Achsel-
höhlentemperatur bringen, so muss man, nach einigen Messungen -Ho m-
burger's zu schliessen, von der ersteren 0,5—0,8® C. abziehen.
B. Pathologie und Therapie.
!• Krankheiten der Neugeborenen.
Wenn der Ductus omphalo-entericus in offener Ver-
bindung mit dem Darm und Nabel persiatirt, kann er sich im ganzen
um- und herausstülpen; hierbei wird der Darm an den Nabel gezogen,
und es kann schliesslich zu einer Abklemmung des Darms kommen.
Den Prolaps des Ductus omphalo-entericus einfach abzutragen,
ist nicht erlaubt, da hiermit die Bauchhöhle eröffnet wird und der
eröffiiete Darm m die Bauchhöhle zurückschlüpft. Vielmehr ist eine
kunstgerechte Entfernung mit Darmnaht nöthig, wie sie Körte
582 Neumann.
Persistenz (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 7) in einem Fall mit Erfolg aus-
'^om^hal^o-^ führte. Ein derartiges Vorgehen schloss sich jedoch in dem Falle
enterious, von H. v. Roth (Zeitschr. f. Geburtsh. u. Gynäk. Bd. 38) aus, weil
Körte, die Laparotomie sich bei dem septischen Zustand der Nabelgegend
nicht ausführen Hess. Roth's Fall zeigt insofern eine Besonderheit,
als sich nicht erst nach Abfall der Nabelschnur eine abnorme Com-
munication mit dem Darme zeigte, sondern schon bei dem Neuge-
borenen eine etwa taubeneigrosse Geschwulst mit lufthaltigem, nicht
reponirbarem Inhalt vorhanden war. Hier wurde zunächst die den
Tumor nach aussen abschliessende Decke durch Alkohol ausge-
trocknet und dann die Geschwulst an der Basis fortgesetzt cauteri-
sirt, um peritoneale Verwachsungen zu erzeugen. Als schliesslich
auf diese Weise die Geschwulst abgetragen war, wulstete sich Darm-
schleimhaut hervor, aus deren Lumen sich Koth entleerte. Allmäh-
lich schloss sich die Fistel, und es trat vollkommene Heilung ein.
Ueber das Baden der Neugeborenen s. S. 413.
Thymastod, Jeröme Lange beschreibt plötzlichen Tod infolge Com-
Lange, pression der Trachea durch die vergrösserte Thymus
(Jahrb. f. Einderheilk. Bd. 48, H. 1). Ein gesundes Mädchen von
3 ^/s Monaten wird im Bett todt aufgej^den. Die Section zeigt eine
sehr grosse Thymusdrüse, welche die Luftröhre umgreift und säbel-
scheidenförmig zusammengedrückt hat; die bindegewebigen Zwischen-
räume zwischen den Trachealknorpeln sind an der betreffenden Stelle
wohl durch Dehnung ungewöhnlich weit. Es erlaubt der Befund nur
die Deutung, dass „die bereits längere Zeit bedeutend flach gedrückte
Trachea durch acute Schwellung der Thymusdrüse und eventuell
plötzliche Lageveränderung des Halses acut stenosirt worden und
hierdurch die Erstickung hervorgerufen worden ist". — Auch in dem
Olessin. Fall von 0. Clessin (Münch. med. Wochenschr. Nr. 11) trat der
Tod ohne jedes Vorzeichen im Schlafe ein; es Hess sich die Com-
pression der Trachea 2 cm oberhalb der Bifurcation durch die ver-
grösserte Thymusdrüse bei sorgfaltiger Leichenöffnung bestimmt
nachweisen.
II. Krankheiten des NerfenBystems.
V. Holwede beschreibt eine Epidemie von hysterischen
Zufällen in einer Bürgerschule zu Braunschweig (Jahrb.
f. Kinderheilk. Bd. 48, H. 2 u. 8). Die Zufalle verliefen in folgender
Weise: Die Mädchen legten plötzlich, nachdem sie kurz zuvor über
Kinderkrankheiten. 583
Kopfschmerzen geklagt hatten und ihr Gesicht sich geröthet hatte, Epidemie
den Kopf auf den Schultisch, begannen zu zittern, wurden am ganzen der
Körper schlaff, sanken unter die Bank und geriethen in einen rausch- Holwede.
oder schlafähnlichen Zustand; nur bei einigen zeigten sich schwach
ausgeprägte clonische Elrämpfe. Die Pupillen waren während des
Schlafes mittelweit und von träger B.eaction, die Augen standen
unter Thränen, die Bindehaut, sowie das ganze Gesicht waren ge-
röthet; die Gliedmaassen zuckten oder zitterten. Auf starken Druck
Abwehrbewegungen. Meist nach ^/2 Stunde allmähliches Erwachen,
und nur allmähliche Erinnerung an das Vorgefallene. — Vom
13. Januar bis zum 23. März wurden 42 Mädchen im Alter von
8 — 14 Jahren aus verschiedenen Classen, und zwar selbst solche,
welche die An&Ue nicht selbst gesehen hatten, befallen. Ein Schul-
schluss von 8 Tagen genügte nicht, um die Epidemie abzuschneiden.
Kissel theilt einen Fall von schwerer hysterischer An- Schwere
orexie, die mit Genesung endete, mit (Arch. f. Kinderheilk. Bd. 25, ^^0^6x^6 ^
H. 5 u. 6). Das 14jährige Mädchen hatte seit 3 Monaten die Speisen Kissei.
erbrochen oder wieder ausgespieen und zuletzt ganz verweigert;
ihr Gewicht betrug bei der Aufnahme 18200 g; durch Sonden-
fütterunßj wurde der Widerstand gegen Nahrungsaufnahme gebrochen,
so dass sie im Laufe von B7 Tagen um 16 700 g zunahm.
Luigi Concetti, Sopra un caso di atassia cerebellare Ataxia
post-tifica in un bambino. (La Pediatria Nr. 8). Nach einem concetti
schweren Typhus entwickeln sich bei einem erblich nicht belasteten
Knaben von 4 Jahren folgende Nervenstörungen: schlaffe Paresen,
wesentlich der unteren Extremitäten, starke Ataxie beim Gehen,
während eine solche in der Ruhelage nicht vorhanden ist; fast voll-
ständiger Verlust der Patellarreflexe und einiger Hautreflexe ; Fehlen
von Sensibilitätsstörungen; leichte Reizbarkeit und geringe Beein-
flussung der Intelligenz. Keine Atrophieen, keine Spasmen. Nach-
dem die Krankheit 3 Jahre angedauert hatte, kam sie in Behand-
lung und wurde besonders durch die Darreichung von JodkaUum zur
Heilung gebracht. Concetti nimmt an, indem er alle Möglichkeiten
durchgeht, dass es sich um eine multiple Sklerose, die sich im Ellein-
him localisirte, gehandelt habe. (Mit der Möglichkeit eines Gummi-
knotens rechnet er nicht, da er die Erkrankung als einen Folge-
zustand der Typhusinfection betrachtet. Ref.)
J. Zappert (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 46, H. 3 u. 4) fand in
einem Fall typischer Pseudoparalyse der Arme Verände-
584 Neumann.
Pseudo- rungen im Rückenmark, welche er als eine Meningitis in der Cer-
paralysis yicalanschwellung und eine ebendort befindliche Degeneration der
Zsppert. ' hinteren Wurzeln auffasst. Auch die vorderen Rückenmarkswurzeln
waren degenerirt, von ihnen schien peripheriewärts eine Degenera-
tion der Nerven auszugehen. Zapp er t glaubt, dass bei einer Sich-
tung der Fälle von syphilitischer Pseudoparalyse nur bei einem Theil
sich eine schmerzhafbe Knochenaffection als Ursache nachweisen
lassen wird, während in einem anderen Theil spinale Erkrankungen
nachweisbar sein werden.
Anatomische Nach der Methode von Nissl stellten Erich Müller und
Unter- Manicatide Untersuchungen der Nervenzellen maficendarm-
suchnngen ^^ . . . °
des Nerven- kranker Säuglinge und eines Falles halbseitiger Krämpfe
Systems, an (Zeitschr. f. klin. Med. Bd. 36). Es fanden sich in allen Fällen
Manicatide ^'^^ Darmerkrankung Zell Veränderungen, imd zwar verschieden stark
ausgeprägt. Am Rückenmark waren die ZeUläsionen immer im
Dorsahnark am stärksten. Die Form der Veränderungen hatte nichts
gerade für Darmkrankheiten Charakteristisches, andererseits waren
sie auch von der Höhe des Fiebers unabhängig. Die Untersuchung
des Falles von einseitigen Elrämpfen zeigte keinen sicheren Unter-
schied, der ihrem Sitze entsprochen hätte.
Kernig'sches Netter bespricht die Wichtigkeit des Kernig'schen Sym-
Symptom pj^Q^g (Bulletins et M^moires de la Soc. m6dic. des Höpitaux de
Meningitis, Paris, 22. Juli). Dasselbe zeigt sich, wenn Kranke im Bett auf-
Netter. sitzen: das Knie kann dann nicht durchgedrückt werden, obgleich
in Rückenlage durchaus keine Bewegungsbeschränkung besteht.
Netter prüfte hierauf 41 Kranke mit Cerebrospinalmeningitis mit
Erfolg, sowie B andere meningitische Kranke, die nur einmal, bezw.
in der Agone zur Untersuchung kamen und das Symptom vermissen
liessen. Es fand sich also das Symptom in 90*^/0 von Meningitis,
während es in zahlreichen Fällen anderer Erkrankung nie gefunden
wurde. 2 Fälle müssen wir genauer besprechen. Ein Knabe zeigt
klinisch und bacteriodiagnostisch alle Zeichen eines Unterleibs-
typhus, der durch die Leichenöfiiiung in jeder Hinsicht seine Be-
stätigung findet; während des Lebens Kernig'sches Symptom, ob-
gleich sonst nichts auf eine Meningitis weist ; bei der SchädelerÖffnung
wird eine eitrige Meningitis (durch den Staphylococcus pyogenes
aureus und den Typhusbacillus veranlasst) aufgefunden. In dem
zweiten Fall handelt es sich um einen 4*/* jährigen ILnaben, bei dem,
trotzdem die sonstigen Symptome undeutlich waren, das Kernig'sche
Kinderkrankheiten. 585
Symptom immer wieder an eine Cerebrospinalmeningitis denken liess.
Die deswegen gemachte Lumbalpunction blieb ergebnisslos, aber in
kaum zweifelhaftem Anschluss an dieselbe entwickelt sich beider-
seits in der Gegend des Steissbeins ein Abscess, der neben sehr
feinen Stäbchen den Meningococcus enthält. Insofern nimmt Netter
wohl mit Recht an, dass auch in diesem Fall das Kernig'sche Sym--
ptom mit einer Meningitis, imd zwar einer „Forme fruste" derselben
in Verbindung stand. Netter beobachtete noch 6 andere Fälle von
Formes frustes, welche ausser dem K e r n i g'schen Zeichen nur noch
Schmerzen im Rücken und den Beinen, zweimal ausserdem noch Pe-
techien zeigten. Uebrigens kann das Kernig'sche Zeichen zwar
während der ganzen Krankheit und selbst bis in die Reconvale-
scenz hinein vorhanden sein, es kann aber auch schon früher ver-
schwinden oder nur zeitweise bestehen, so dass seine Abwesenheit
nicht erlaubt, die Meningitis auszuschliessen.
lieber die diagnostische Bedeutung der Lumbal-
punction bei tuberculöser Meningitis s. S. 68.
Ganz aussichtslos erscheinen beim chronischen Hydrocephalus Chronischer
die Functionen des Gehirns oder des Rückgratkanals; Hydro-
. cephalus,
bei den letzteren fliesst, infolge des Verschlusses des Magendie'schen behandelt
Loches die hydrocephalische Flüssigkeit aus den Ventrikeln meist "*»*
nicht ab, bei den ersteren erneuert sie sich, es sei denn, dass Marfan ^
— wie in einem Falle von Marfan (La Semaine med. S. 194) —
von selbst eine Drainage nach dem Unterhautgewebe zu Stande
kommt. Jedenfalls soll man nur bei offenem Schädel punctiren \md
jede Aspiration vermeiden; auch ist die Function zwecklos bei offen-
baren Missbildungen des Gehirns.
Walker Overend und Fester Gross (The Lancet, 29. Oct.) Overend u.
machten bei einem lOmonatlichen Kind mit chronischer Meningitis Gross,
eine basale Drainage, indem sie hinter dem Warzenfortsatz ein
Stück Knochen mit einem Durchmesser von etwa */2 Zoll entfernten
und den vierten Ventrikel drainirten. Der Tod trat am 23. Tage
nach der Operation und scheinbar nicht im Zusammenhang mit ihr
ein. Daraus, dass sich nachträglich in den Ventrikeln und an der
Basis noch grosse Mengen Flüssigkeit fanden, erhellt genügend die
Zwecklosigkeit der Operation.
Von den chirurgischen Eingriffen beim Hydrocephalus er-
scheint ims am meisten bemerkenswer th die intracranielleDrai-
nage, welche G. A. Sutherland imd W. Watson Cheyne (The Sutherland
British med. Joum., 15. Oct.) empfehlen. Wenngleich die geistige ""' ^^^^''^'
586
Neumann.
Schultze-
sche
Schwin-
gangen bei
Bronchio-
litis,
Schilling.
Hämor-
rhagische
Plearitis,
Lewin.
Ursache
des Kench-
hustens,
Behla,
Function nur eine Besserung erfahren könnte, wenn keine zu starke
Entartung des Gehirns vorliegt, wird durch diese Operation immer-
hin eine dauernde Verminderung der hydrocephalischen Flüssigkeit
erzielt, die um so bemerkenswerther ist', als die Lebensaussichten
bei der Operation nicht ungünstig sind. Es wird die grosse Fon-
tanelle an einer seitlichen Ecke eröffnet, eine Catgutdrainage zwi-
schen dem subduralen Baum imd dem Seitenventrikel hergestellt und
dann wieder geschlossen. Wenn sich hiemach (infolge Verschlusses
des M 0 n r o 'sehen Loches) nur die operirte Seite verkleinert, so muss
dieselbe Operation auch auf der anderen Seite vorgenommen werden.
III. Krankheiten der AthmuBgreorgrane«
Bei schweren Fällen von Dyspnoe und Asphyxie empfiehlt
Fr. Schilling (Die Behandlung der Bronchiolitis, Atel-
ektasie etc. kleinster Kinder mittels Schultze'scher
Schwingungen. Münch. med. Wochenschr. Nr. 11) in vorsich-
tiger Weise — d. h. in einer Sitzung 10 — 12mal — die bekannten
Schult ze'schen Schwingungen vorzimehmen. Das jüngste Kind, bei
dem er sich ihrer bediente, war 2 Tage alt, das älteste 16 Wochen.
Unter 60 Fällen von Pleuritis exsudativa hat Lewin (Ein Bei-
trag zur hämorrhagischen Pleuritis bei Kindern. Jahrb.
f. Kinderheilk. Bd. 47) 4mal Pleuritis haemorrhagica beobachtet.
Alle 4 Fälle verliefen durchaus günstig; die Erkrankung begann zu-
meist mit leichten Entzündungserscheinungen der Augen, an die sich
die Pleuritis haemorrhagica anschloss; dieselbe heilte unter einer
roborirenden Behandlung stets vollständig aus, so dass Lewin die
Prognose derselben bei Kindern als eine durchaus günstige bezeichnet.
Das seltene Vorkonmien rührt nach Lewin wohl meistens daher,
weil bei dem guten Verlauf meist nicht punctirt werde.
Die Forschimgen über die Ursache des Keuchhustens
wollen sich jetzt allem Anschein nach zu bestimmteren Ergebnissen
verdichten. Zwar sind sie auch in diesem Jahre noch reich an
Gegensätzen, so dass der Streit zwischen Amöben und Bacterien
wogt. Robert Behla (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 19) findet
im Keuchhustenauswurf sporenbildende Amöben; die Amöben
hatten mehrfach pulsirende Vacuolen; die Sporen sind in Sporo-
Cysten eingeschlossen. Die Untersuchung muss an dem frischen,
warmen Präparat geschehen. Behla erwähnt übrigens auch, dass
es ihm gelungen sei, einen Hund durch Einblasen von getrocknetem und
gepulvertem Sputum an tvpischem Keuchhusten erkranken zu lassen.
Kinderkrankheiten.
587
Viel grössere Aussichten als die Amöbe hat jedoch der von
Czaplewski und Hensel (siehe vorigen Jahrgang) beschriebene Ozaplewski,
kurze Bacillus. Czaplewski (Deutsche med. Wochenschr.
Nr. 14) hält sein Polbacterium für identisch mit dem von Koplik
und von Spengler beschriebenen Bacterium und äussert sich auch
im Centralbl. f. Bact. Bd. 24, Nr. 22 des weiteren über sein Bac-
terium gelegentlich der Besprechung einer Untersuchung von Livio
Vincenzi. Dieser (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 40) fand einen Vinccnzi,
Coccobacillus, der unbeweglich und ungefiähr so klein wie der
der Influenza ist, auf Gelatine und unter 24*^ C. nicht wächst; auf
Blutserum und auf Löffler'schem Serum soll er nur kümmerlich,
besser auf Agar wachsen; hier entwickeln sich bei 37° nach 30 Stun-
den winzig kleine Colonieen, von denen die oberflächlichen wie Luft-
bläschen, von unregelmässigem Detritus begrenzt, erscheinen; die
Colonieen sind kaum mit blossem Auge sichtbar. Die Colonieen des
Coccobacillus sind nur sehr kurze Zeit überimpf bar; das Bacterium
geht bei 60*^ in 3 Minuten zu Grunde und ist gegen Austrocknung
sehr empfindlich. Thierexperimente schlugen fehl. Das Bacterium
wurde bei 18 Kranken, und zwar am reichlichsten bei rein schlei-
migem Sputum gefunden.
Auch Zusch (Centralbl. f. Bact. Bd. 24, Nr. 20 u. Münch. med. Zuach.
Wochenschr. Nr. 23) fand bei 25 Kindern in den Schleimflöckchen
des uncomplicirten Keuchhustens in wechselnder Menge Kurz Stäb-
chen, die unter Umständen auch das Aussehen von Diplokokken
hatten, ohne Eigenbewegung sind und sich nach Gram entfärben.
Besonders gut wachsen sie auf Anasarca-Glycerinagar , doch auch
auf gewöhnlichem Agar und selbst in Gelatine. Am besten wachsen
sie zwischen 37 und 38°; gegen Hitze und Austrocknung sind sie
wenig widerstandsfähig. Serumreaction und Thierversuche bUeben
negativ. Während sie sich in reinen Fällen ausschliesslich finden,
stellen sich bei Complicationen noch andere pathogene Bacterien ein.
Zusch glaubt, dass seine Bacillen die gleichen wie die von Czap-
lewski beschriebenen sind.
Ernst Fischer (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 27, Therap. Pertussin,
Beil.) berichtet, dass das P ertuss in (Extr. Thymi saccharati) seinen bischer.
Kindern bei Keuchhusten gut gethan habe. Er schreibt diesem Mittel
wesentlich eine krampfmildemde und schleimlösende Wirkung zu.
Leo Levy (Ueber die Behandlung des Empyems im Empyem
Kindesalter. Jahrb. f Kinderheük. Bd. 46, H. 1 u. 2) weist auf ^®'f^^^"'*
Grund einer sorgfältigen Analyse der veröffentlichten und 55 eigener
\
588 Neumann.
Fälle nach, dass ein Vorzug der Bülau'schen Methode gegenüber
der Radicaloperation bisher nicht nachweisbar sei.
IT« Krankheiten der Kreislauf sorgrane*
Herz- 0. Soltmann (Zur Herzdiagnose. Jahrb. f. Kinderheilk.
^**^^^®» Bd. 48) drückt in Kürze seine Anschauungen über Herzdiagnose bei
Kindern aus ; da sie nach Meinung des B.eferenten durchaus zutreffend
und auch vielfach anerkannt sind, ohne doch genügend populär zu sein,
mögen die bezüglichen Thatsachen hier Erwähnung finden. Accidentelle
anämische systolische Geräusche treten in den ersten 8 — 4 Lebens-
jahren überhaupt nicht, vielmehr wesentlich nur in der Pubertäts-
zeit bei ausgesprochener Chlorose auf. Cardiopulmonale, meist systo-
lische Geräusche sind sowohl in ihrem Schallcharakter und Timbre,
als auch in ihrer Intensität und Extensität discontinuirlich (sie
nehmen zu bei verstärkter und verschwinden bei angehaltener Ath-
mung). Bei Mitralinsufficienz kann ein herzsystolisches Geräusch an
der Spitze bei hebendem Spitzenstoss jahrelang das einzige con-
stante physikalische Symptom bleiben. Wenn wir bei nachweisbarer
Verbreiterung des Herzens und Accentuation des zweiten Pulmonal-
tones ein systolisches Geräusch haben, welches nicht an der Spitze
am stärksten ist, werden wir eher an einen myocardialen Ui'spnmg
des Geräusches denken.
In der pädiatrischen Abtheilung des Edinburger Congresses der
British medical Association war eine bemerkenswerthe Discussion
über die rheumatischen Herzkrankheiten im Kindesalter
Rheuma- (The Brit. med. Joum., 15. Oct.). D. B. Lees berichtete auf Grund
*kVa^ii\heU vö^ 1^ tödtlich verlaufenen FäUen; in fast einem Drittel der Fälle
bei Kindern, waren die Kinder im ersten Anfall erlegen, 86mal bestand gleich-
Leei. zeitig frischer Rheumatismus. Die Herzkrankheit führte nicht so-
wohl durch die endocarditischen als durch die pericarditischen Ver-
änderungen zum Tode. Die Endocarditis hatte in bekannter Weise
wesentlich die Mitralklappe befallen und in der Hegel eine InsofB-
cienz herbeigeführt, aber obgleich sie, ausser in einem Fall, immer
zu finden war, war sie 76mal von keiner grossen Bedeutung. Viel
wichtiger ist die Pericarditis und nur in 9 von den 150 Fällen war
der Herzbeutel ganz frei, llSmal bestanden Verwachsungen, die
77mal — also in der Hälfte aller Fälle, sogar zur völligen Oblitera-
tion gefuhrt hatten. Schon diese Zahlen lassen erkennen, dass für
den schlimmen Verlauf viel weniger ein pericardialer Erguss als eine
pericardiale Verwachsung in Betracht kommt, wie sich denn nur in
Kinderkrankheiten. 589
25 °/o Flüssigkeit, und zwar gewöhnlich in nicht grosser Menge vor-
fand. Von der Pericarditis aus wird offenbar in der Regel die Herz-
musculatur in Mitleidenschaft gezogen, so dass es zu einer tödtlichen
Insufficienz unter dem Bilde der Dilatation kommt, wie sie in
92 Fällen auch besonders erwähnt wurde; selbst die Hypertrophie
mag unter Umständen nur durch Oedem und Entzündung der Wan-
dung vorgetäuscht sein. Wichtig ist es aber zu betonen, dass die
Dilatation des Herzens auch ohne Endo- oder Pericarditis bei Rheu-
matismus gewöhnlich ist, und zwar bei Erwachsenen ebenso wie bei
Kindern und mit dem Kommen und Schwinden des Rheumatismus
entsprechend wechselt. Lees sah dies in gleicher Weise bei In-
fluenza und möchte in beiden Krankheiten einen specifisch toxischen
Einfluss auf das Herz annehmen. Ungünstig ist es, wenn ein neuer
rheumatischer Anfall eintritt, bevor sich das Herz von dem früheren
Anfall ganz erholt hat. Es ist wichtig zu wissen, dass eine
schnelle Zunahme der Herzdämpfung beim acuten Rheumatismus,
selbst wenn der Verdacht auf einen pericardialen Erguss vorliegt,
doch zum Theil oder selbst ganz durch eine Dilatation verursacht
sein kann. Ueber die Differentialdiagnose zwischen beiden Zuständen
herrschte auch in der Discussion keine völlige Uebereinstimmung.
— Auch Baginsky hat sich eingehend mit der Pericarditis imPericarditis,
Kindesalter beschäftigt. Er gibt über Diagnostik und Therapie ^»«^nsky.
zu ausfuhrliche Mittheilungen (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 48) , als
dass wir hier genauer auf dieselben eingehen könnten.
Y. Krankheiten der Yerdanangrsorgrane.
Carl Stern (Deutsche med. Wo chenschr . Nr. 38) unterscheidet Angeborene
klinisch zwischen einer angeborenen relativen und absoluten Stenose ^yiorus-
^ Stenose,
des Pylorus. Nicht galliges Erbrechen und Stuhlverstopfung be- Stern,
stehen bei der letzteren von Geburt an, während diese Erscheinungen
bei der relativen Verengerung so lange fehlen können, als die rela-
tive Verengerung noch nicht in eine absolute übergegangen ist.
Anatomisch handelt es sich in der Regel um eine musculäre Hyper-
trophie der Pfbrtnermusculatur , wobei sich die Schleimhaut ent-
sprechend in Falten legt; nach Stern ist bei klinisch erkannter
„absoluter" Stenose das Pförtnerlumen bis auf 3 mm oder darunter
verengt. In solchen Fällen ist die möglichst frühzeitige Gastro-
enterostomie angezeigt — die allerdings in dem von Stern berich-
teten Falle das Kind nicht mehr zu retten vermochte.
Ganz im Gegensatz zu Stern erklärt Meinhard Pfaundler Pfaundler.
(Wien. klin. Wochenschr. Nr. 45), dass die bei SäugHngsleichen ge-
590 Neumann.
fundenen ringförmigen Pylorustumoren, welche aus hyperplastischen
Wandungsgebilden bestanden, nur als eine systolische Leichenstarre
des normalen Pförtners aufzufassen seien. Allerdings gebe es im
frühen Säuglingsalter Krankheitsbilder, welche auf eine bestehende
Pylorusstenose hinweisen, aber wahrscheinlich handle es sich hierbei
um eine rein fanctionelle Erkrankung, nämlich um einen Spasmus der
Pylorusmuskeln, welche entsprechend durch Magenausspülungen und
anderes zu behandeln sei, keinenfaUs aber einen chirurgischen Ein-
griff rechtfertige.
infectiöser A. A. Kissel (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 48) gibt eine gute
Kissel ' Schilderung des infectiösen Icterus bei Kindern und betont
mit Recht, dass sich zwischen ihm und dem einfachen katarrhalischen
Icterus kein grundsätzlicher Unterschied finde, vielmehr der letztere
dem ersteren in der Regel zuzurechnen sei.
Ursachen Escherich (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 40 u. 41) fasst
Behandlnne ^® neuesten Anschauungen über die Bedeutung der Bacterien
der Magen- in der Aetiologie der Magendarmerkrankungen der Säug-
darmkran k- linge zusammen und erweitert sie. Der Bestand und die Erhaltung
^gy einer normalen Bacterienvegetation im Verdauungstractus ist als
Säuglinge, Ausdruck der physiologischen Leistung desselben aufzufassen, und
Eschench, ^^ kann bei einem Kinde, dessen Kräfte damiederliegen , zur Ent-
wickelung abnormer saproph}i;ischer oder pathogener Bacterien
kommen, ohne dass diese darum als Ursache der etwa vorhandenen
Darmerkrankung anzusprechen wäre. Auch die Bacterien, die mit
der Milch infolge ihrer ektogen entstandenen Zersetzung in den
Darm gelangen, dürfen in ihrer Bedeutung für Darmerkrankungen
nicht allzu sehr überschätzt werden. Bedeutungsvoller sind die Zer-
setzimgen, die in der Mundhöhle, vor allem aber im Magen statt-
finden können, so dass es deshalb von grosser Wichtigkeit ist,
dass der Magen des Säuglings rasch und vollständig vor dem Ein-
tritt neuer Nahrung entleert wird. Manche Zersetzungen beginnen
aber erst im Darm selbst, z. B. diejenigen der Stärke oder die durch
anaerobe Bacterien bedingten ; diese endogene oder Chymuainfection
setzt nicht so stürmisch ein wie die Intoxicationen, welche auf den
Genuss einer ausserhalb des Körpers zersetzten Milch zurückzuführen
sind imd fiir die der Ausdruck „Cholera infantum" zu reserviren
wäre; der endogenen Infection sind sogar Brustkinder, häufiger
allerdings Flaschenkinder ausgesetzt. Wenn kohlehydrathaltige
Nahrungsreste vorhanden sind, handelt es sich hierbei um eine saure
Kinderkrankheiten. 591
Gährung, wo solche fehlen, besonders wenn grosse Mengen Darm-
secret in den Magen gelangen, um eine stinkende Eiweissfanlniss ;
das Darmsecret geht leichter als das Kuhcasein in Fäulniss über.
Gegenüber der endogenen Darmzersetzung hilft sich der Organismus
durch vermehrte Peristaltik, durch preise Secretion, durch Er-
brechen und Anorexie. Der gefahrlichere Theil der Magendarm-
erkrankungen beruht auf der „Einwirkung infectiöser, vielleicht
specifischer Krankheitskeime, welche sich unabhängig von der Art
der Ernährung im Darmkanal ansiedeln und denselben als Eintritts-
pforte benutzen, um alsdann im Innern des disponirten Körpers ihr
Zerstörungswerk zu vollenden" . Bei der Streptokokkenenteritis
ist das Krankheitsbild ein ungemein wechselndes: von vorüber-
gehenden Beizerscheinungen mit serös spritzenden Stühlen bis zu
dem Bild der Cholera infantum; Beginn mit Hyperpyrexie und Con-
vulsionen und trotzdem häufig schneller günstiger Ausgang. Bei
länger erkrankten, geschwächten Kindern kann sich die Krankheit
mehr im Dickdarm localisiren (mit eitrig-blutigen Stühlen). Diese
Streptokokkeninfection kann auch secundär bei einer schon bestehenden
Darmerkrankung entstehen. (Ob Escherich den Streptococcus für
identisch mit dem Streptococcus pyogenes hält, ist nicht ganz ersicht-
lich. Ref.) Von infectiösen Krankheiten schildert femer Escherich
eine dysenterieähnliche Erkrankung — Colitis infectiosa oder Coli-
colitis — , welche bald sporadisch, bald epidemisch auftritt und viel-
leicht auf eine besondere infectiöse Form des Bacterium coH zurück-
zufuhren ist. Bei der Vorbeugung möchte Escherich die Milch-
sterilisirung nicht missen, ausserdem soll aber auf die Reinhaltung
der Mundhöhle, Vermeidung der Contactinfection und Intacterhaltung
der chemischen und motorischen Functionen des Magens Sorgfalt
verwendet werden. Femer Trennung der Gesunden von den Kranken,
Trennung der Pflegerinnen und der Gebrauchsartikel! Durch ektogene
Zersetzung entstandene Intoxication ist wie jede Intoxication zu be-
handeln ; bei endogener Infection ist die Nahrung so zu ändern, dass
anstatt Milch eine dünne Mehlabkochung, anstatt Mehl hingegen
verdünnte Milch während der Erkrankung zu reichen ist. Bei Ei-
weissföidniss bewährt sich die Dextrintherapie (also z. B. Liebig'sche
Suppe).
Ganz ähnliche Gesichtspunkte bezüglich der infectiösen Natur
der wichtigsten Darmkatarrhe finden wir beiHeubner und seinem
Schüler HeinrichFinkelstein. Das Eigenartige der von H e üb n e r Finkelatein,
im Krankenhaus eingeführten Säuglingspflege ist bekanntlich die
Anstellung einer besonderen „oberen" und „unteren" Wärterin, von
592 Nemnann.
Ursachen denen jene die Emähnmg, diese die Reinigung besorgt. Es ist nun
„ ^ ^'*?, interessant, durch Finkelstein (Morbidität und Mortalität in Säug-
Behandlnng , , ' , ....
der Magen- lingsspitälem. Zeitschr. f. Hyg. Bd. 28) die, wie wir nicht leugnen
darmkrank- können, überzeugende Begründung für jene Neuerung zu erhalten.
S&uirlinire "^ eiiier sehr sorgfaltigen statistischen Aufstellung weist Finkel-
Finkelstein. Stein nach, dass bei sonst wesentlich gleichbleibenden Verhältnissen
seit jener Neuerung die Sterblichkeit in der Säuglingsabtheilung der
Charit^ beträchtlich gesunken ist und sich nicht mehr sehr fem von
demjenigen Procentsatz hält, der unter Rücksicht auf die Krank-
heitsformen und das Kindermaterial erwartet werden könnte. Der
Niedergang der Sterblichkeit betrifft nur die Kinder der ersten
3 Lebensmonate, von denen nach Einführung der Neuerungen statt
83,6 °/o nur 61,3 °/o starben; die Sterblichkeit, für alle Säuglinge be-
rechnet, sank von 78,6 ®/o auf 68,B °/o. Finkelstein zeigt nun, dass
diejenige Schädlichkeit, welche die Säuglinge in einer Säuglings-
abtheilung bedroht, in der Ansteckung mit infectiöser Enteritis ge-
geben ist. Während die hohe Ansteckungsfahigkeit des Dickdarm-
katarrhs an und für sich bekannt genug ist, verdient doch der Nach-
weis besonderes Interesse, dass in den genau verfolgten kleinen
Krankenhausendemieen, welche sich im Anschluss an die Aufnahme
derartig erkrankter Kinder entwickelten, neben den typischen Fällen
andere vorkamen, welche mehr oder weniger schnell verliefen und
verhältnissmässig wenig Schleim in den Stühlen zeigten, bis hinab
zu solchen Fällen, bei denen die Entleerungen überhaupt nur un-
wesentlich gestört waren imd das Auffällige nur ein Stillstand oder
Nachlass in der Gewichtszunahme war. Andererseits rechneten auch
gewisse hoch fieberhafte, durch schweren Collaps und wässrig-
schleimige Stühle gekennzeichnete BrechdurchfeUe hierher. Von
diesen Darmerkrankungen heben sich nun als nicht infectiös ein-
fache Dyspepsieen, typische Enterokatarrhe, Cholera junger Kinder
ab. Klinisch wäre für den Brechdurchfall zu betonen, dass die in-
fectiöse Form unter hohem, meist anhaltendem Fieber und Nephritis
(bei Mädchen meist auch Cystitis) verläuft. Hingegen hat die nicht
infectiöse Form längere dyspeptische Prodromi, die dem Collaps mit
Erbrechen und profusen, nicht schleimigen Diarrhöen vorausgehen;
Fieber fehlt hier in den reinen Fällen. Die Ursachen der infectiösen
Enteritis sind noch nicht genügend ergründet und scheinen zu
wechseln. Finkelstein besteht nicht auf seinen in einer Epidemie
beobachteten und seiner Zeit mitgetheilten Befunden, er erwähnt
Booker's und Es che rieh's Befunde. Jedenfalls erscheint die
Trennung nach der Aetiologie und das Aufgeben der gewöhnlichen
Kinderkrankheiten.
593
klinischen Eintheilung der Beachtung werth, da sie vermuthlich,
wenn nicht in der Behandlung, so doch in der Vorbeugung der
Darmkrankheiten im Säuglingsalter zu wichtigen Fortschritten fuhren
wird.
KeUer,
Bendix.
Milch-
malz-
suppe,
Keller,
Von den Untersuchungen über den Stoffwechsel bei magen-
darmkranken Kindern, die seit mehreren Jahren von Czerny und
seinen Schülern veröffentlicht werden, hatten wir bisher nicht be-
richtet, weil ihre Ergebnisse noch nicht durchsichtig genug waren.
Es lässt sich jetzt sagen, dass nach jenen Untersuchungen bei magen-
darmkranken Säuglingen eine vermehrte Ammoniakausscheidung statt-
findet; diese soll (vergl. Keller, Deutsche med. Wochenschr. Nr. 39) s&ure-
das Zeichen einer gesteigerten Bildung und Ausscheidung saurer ini^toxication
Stoffwechselproducte bei unzweckmässiger Ernährung sein. Es soll Krankheiten,
hierbei zu einer Säureintoxication kommen, mit welchem Begriff
nun weiterhin gearbeitet wird. Allerdings erfahrt der Ausgangs-
punkt der Theorie unter anderem einen empfindlichen Stoss durch
den Nachweis von Bendix (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 48), dass
die Vermehrung in der Ammoniakausscheidung einfach in einer Zer-
setzung des Urins innerhalb der Auffangevorrichtungen beruhen
dürfte. Von seiner Theorie aus kommt Keller zu folgenden Forde-
rungen in der Ernährung magendarmkranker Kinder. Da es bei der
Säureintoxication zu einem Verlust des Organismus an fixen Alkalien
kommt, hält er eine alkalireiche Nahrung für nothwendig. Im übrigen
vermeidet er Zufuhr einer grossen Menge von Milcheiweiss, ebenso
von Fett und sucht den Nährwerth der Nahrung durch Zugabe
grösserer Mengen von leicht verbrennbaren Kohlehydraten zu ver-
mehren. Kurzum, indem er wesentlich die Liebig'sche Suppe wieder
aufleben lässt, gibt er folgende Vorschrift: Um 1 Liter Suppe zu
erhalten, werden */s Liter Wasser auf 50 — 60** erwärmt und hierin
100 g Malzextract gelöst und hierzu 10 ccm ll°/oiger Kalium-car-
bonicum-Lösung gesetzt ; gleichzeitig werden in '/a Liter Milch 50 g
Weizenmehl durch Quirlen zu gleichmässiger Lösung gebracht und
durch ein enges Sieb gegossen; beides wird zusammengegossen und
auf offener Flamme unter fortwährendem Umrühren zum Kochen
gebracht. Die Suppe wurde in heissem Zustande in vorher erwärmte
Flaschen, welche während 10 Minuten in strömendem Dampf erhitzt
worden waren, gefüllt imd luftdicht verschlossen. Die mit Gummi-
Patentverschluss geschlossenen Flaschen wurden möglichst rasch ab-
gekühlt und während mehrerer Stunden in Eiswasser bei einer
Temperatur von unter 10^ gehalten. Auch nach Abgabe an die poli-
Jahrbnch der practischen Medicin. 1899. 3g
J
594 Neumann.
klinischen Patienten war die Suppe weiter auf Eis aufzubewahren.
Die Elinder erhielten in 24 Stunden in der Begel nur 6 Mahlzeiten
und in allmählicher Steigerung von 460 — 600 ccm an bis höchstens 900 g.
Bei Kindern über '/i Jahren trat unter Umständen noch Beifiitterung
ein; bei Kindern unter V* Jahr machten die häufigen und erbsen-
breiförmigen Stühle eine schwächere Suppe wenigstens für den An-
fang der Ernährung nöthig; hier kamen auf 1 Liter Suppe 250 ccm
Milch, 750 ccm Wasser, 75 g Malzextract, 10 ccm ll**/oige Kalium-
carbonicum-Lösung und 35 g Weizenmehl. Nach den Berichten,
die Keller selbst über seine Erfolge an klinischem Material (Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 39, Allgem. med. Centralztg. Nr. 30, femer
Milch- „Malzsuppe" etc. Jena) gibt, sowie durch Conrad Gregor (Jahrb.
™*^'' f. Kinderheilk. Bd. 48) für das poliklinische Krankenmaterial ver-
snppe, ,
Gregor. öffentlichen lässt, muss man in der That mit den Erfolgen recht zu-
frieden sein. Dass übrigens hiermit die Richtigkeit der Theorie,
welche zu dem practischen Erfolg führte, nicht bewiesen wird, be-
darf nicht der Ausführung. Als ein Erfolg sind aber in der That
die Gewichtszunahmen zu bezeichnen, welche bei dieser Ernährungs-
art erreicht wurden; auch gute Fortschritte in sonstiger Hinsicht
wurden durch genaue Beobachtung sichergestellt. Nicht zu beur-
theilen ist vorläufig nach Ansicht des Bef., welcher von den ein-
zelnen bei dieser Ernährung in Betracht kommenden Factoren den
wichtigeren Antheil hat und welcher zu entbehren ist; auch ist es
noch nicht ausgemacht, ob diese Nahrung den Kindern auf die Dauer
zusagt. Bedauerlich ist schliesslich der hohe Preis, den die reich-
liche Verwendung des Malzextracts bedingt.
Gerade wegen ihres Gegensatzes zu der herrschenden An-
schauung über Säuglingsemährung erweckt die Mittheüung von
Butter- L. de Jager (Die Verdauung und Assimilation des ge-
milchsnppe, sunden und kranken Säuglings, nebst einer rationellen
Methode zur Säuglingsernährung. BerHn) unser Interesse;
da sie einen glaubwürdigen Eindruck macht, sollte sie näher geprüft
werden — vielleicht finden sich hierbei bestinmitere Anzeigen fiir
die Methode, welche bei Verdauungsstörungen der Säuglinge em-
pfohlen wird. Es soll ein Liter Buttermilch nach Zusatz eines
Esslöffels Weizen- oder Reismehies auf offenem Feuer unter stetigem
Rühren zum Sieden erhitzt werden und unter Rühren 10 — 16 Mi-
nuten im Sieden erhalten werden; zur Versüssung wird etwa ein
Esslöffel Rohrzucker auf ein Liter zugesetzt ; nachdem die Nahrung
vom Feuer genommen ist, wird eine Messerspitze Butter hinzu-
Einderkrankheiten. 595
gethan. Von diesem dünnen Brei, welcher, wenn mit ausreichender
Sorgfalt zubereitet, glatt, d. h. grobkörnig aussehen muss, bekommt
der Säugling 2 — Sstündlich so viel, wie er trinken will; in
der Regel wird im Tage ein Liter Buttermilch verbraucht. Bei
dieser Nahrung soll Diarrhoe und Erbrechen nach einigen Tagen,
wenn vorhanden, verschwinden und die Entwickelung der Säuglinge
eine gute sein. Misslich ist es, dass die Buttermilch selbst von ver-
schiedener Güte ist- Der Verfasser — ein holländischer practischer
Arzt — hat die Buttermilch zur Verfügung, die beim Buttern nach
altherkömmlicher Weise übrig bleibt, während die bei fabrikmässiger
Herstellung der Butter zurückbleibende Milch vielfach weniger em-
pfehlenswerth ist.
In Ergänzung früherer auf der Heubner'schen Klinik an-
gestellter Versuche wurden von W. K o e 1 z e r (Jahrbuch f. Kinderheilk. Tannin-
Bd. 46, H. 3 u. 4) mit Tannigen, Tannalbin, Tribenzoylgallus- ^'^oe^IzeV^'
säure (wobei sich die TribenzoylgaUussäure minderwerthig zeigte)
Versuche angestellt. Es wurden grosse Dosen (2 g täglich für den
Säugling) gegeben, zuweilen sogar sofort in den ersten 2. Stunden
2 g und später viermal täglich 0.5. Ein wesentlicher Unterschied
zwischen Tannigen und Tannalbin ist nicht zu erkennen. Bei acuten
Dyspepsieen könnte — allerdings wohl mit Unrecht — der gute Er-
folg des Tanninpräparates insofern angezweifelt werden, als es häufig
mit Calomel vereint gegeben wurde. Bei chronischen Dyspepsieen
war die Wirkung nicht ebenso sicher. Beim acuten Darmkatarrh
wurde zunächst die Diät geregelt und mit der hiemach erfolgenden
Darreichung der Tanninpräparate wiederholt ein Erfolg erzielt. En-
teritis mit schleimig-eitrigen blutigen Stühlen wurde nicht sichtlich
beeinflusst. Länger als 8 Tage die Tanninpräparate zu geben, wird
widerrathen.
Das periphere Lymphdrüsensystem ist nach der Be-
hauptung von Fröhlich (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 47) relativ oft Drüsen-
bei den chronischen Magendarmkrankheiten des Säuglingsalters mit- Schwellung
betheiligt. Diese Schwellungen peripherer Ljnnphdrüsen sind bis- chronischen
weilen universell, betreffen aber besonders häufig die Nuchal-, Axillar- Magendarm-
und namentlich die Liguinaldrüsen ; die Drüsen sind linsen- bis "^'pröhii^ch ^"'
bohnen-, in seltenen Fällen sogar kirschgross. Li 20 sonst uncompli-
cirten Fällen erfolgte die mikroskopische Untersuchung; aus der-
selben erwähnen wir, dass in 6 Fällen (Kindern mit schwerer Anämie
und Rachitis) Blutungen gefunden wurden, in 5 Fällen nmdlich be-
596 Neumann.
grenzte Nekrosen; andere Drüsen waren entzündlich hyperplastiscb
oder chronisch indurirt. Fröhlich gibt an, dass in einer Reihe
seiner Fälle keine Hautaifectionen vorausgegangen seien, welche
die Drüsenerkrankungen erklärten, und will hieraus etwas schnell
schliessen, dass es sich bei dem chronischen Magendarmkatarrh um
eine allgemeine Intoxication, bezw. Infection des ganzen Körpers mit
besonderer Betheiligung des Lymphsystems handle.
Die beiden Beobachtungen von E. Hagenbach-Burckhardt
Peritonitis, (Ueber Diplokokkenperitonitis bei Kindern. Correspondenz-
agen a , j^j^^^^ £ Schweizer Aerzte Nr. 19) sind bemerkenswerth. Es handelt
sich um 2 Mädchen (wie es bei diesen Fällen gewöhnlich ist), welche
})lötzlich eine eitrige Peritonitis bekommen; dieselbe sackt sich im
unteren Theil der Bauchhöhle ab ; in dem einen Fall bahnt sich der
Eiter unter dem Poupart'schen Bande nach beiden Oberschenkeln
seinen Weg und macht ausserdem Metastasen im rechten Schulter-
und Kniegelenk. Nach Incision der Abscesse bezw. Bauchschnitt
bei beiden Kindern schnelle Heilung. Das Eigenartige des Krank-
heitsverlaufes erscheint durch die Krankheitsursache, welche in beiden
Fällen der Pneumoniecoccus war, bedingt.
Man neigt vielfach zu der Meinung, dass jede chronische ex-
sudative Peritonitis tuberculösen Ursprungs sei. In dem Falle Fila-
Filatoff. t off 's (Arch. f. Kinderheilk. Bd. 26), welcher einen 4jährigen Knaben
betraf, wurde nach vergeblicher Function der Bauchschnitt gemacht
und die eiweissreiche Flüssigkeit sowie ein Stück des Bauchfells
auf TuberkelbaciUen vergebens untersucht (auch die Lnpftmg von
Meerschweinchen blieb erfolglos). Die Leber war hier ziemlich stark
vergrössert. Der Bauchschnitt führte keine Heilung herbei, viebn^ir
war der Leib bald wieder kugelförmig durch den Ascites auf-
getrieben; dabei fühlte sich das Kind nach wie vor von seiner
. Krankheit nur wenig mitgenommen. Der letztere Umstand, zusammen
mit dem Befund eines starken, frei beweglichen Ergusses, bei
Schmerzlosigkeit des Bauches und Mangel einzelner Resistenzen er-
möglicht schon klinisch die Unterscheidung von der tuberculösen
Peritonitis.
E. Ausset und Bedart (L'Echo m^ical du Nord S. 555) be-
richten über einen Fall von tuberculöser Peritonitis bei einem
9jährigen Mädchen, welcher trotz vielfacher Functionen, trotz Laparo-
tomie imd trotz Kreosotklysmen sich nicht besserte, während unter
Durchleuchtung mit Röntgenstrahlen Heilung eintrat; es fanden
Einderkrankheiten.
597
60 Sitzungen von einer Dauer bis zu 30 Minuten und in einer Nähe Tubercuiöse
bis zu 13 cm statt: die Haut bräunte sich hierbei, ohne sich jedoch Peritonitis»
' ' ** Aasset u.
ZU entzünden. Bödart.
YI. Krankheiten der Harnor|^ane.
Campbell Kynoch (The Lancet, 17. Sept.) entfernte eine Nieren-
adenosarkomatöse Nierengeschwulst bei einem 14monat- ^ Kvn^h ^ *
liehen Mädchen und konnte das Kind noch nach fast 2 Jahren ge-
sund vorstellen.
Auch von den beiden Fällen Luigi Concetti's (I Sarcomi Concetti.
renali nei bambini. La Biforma medica Jahrg. 14, Mai) verdient
der eine insofern besondere Berücksichtigung, als seine dauernde,
über 2 Jahre beobachtete Heilung eine grosse Seltenheit ist. Es
handelt sich um ein grosses melanotisches Myxosarkom der rechten
Niere, welches bei einem Säugling von 11 Monaten entfernt wurde.
Siehe femer S. 255.
Urologische Untersuchungen aus dem Kindesalter sind noch sehr
spärlich. Robert Kutner (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 19) theilt
2 merkwürdige Fälle mit: In dem ersten bestand Hamerschwerung
bezw. -Verhaltung infolge eines chronischen reflectorischen Spasmus
des Sphincter vesicae externus, durch dessen Dehnung Heilung
erfolgte. In dem anderen Fall bestand aus dem gleichen Grunde
eine Enuresis, indem aus der übermässig erweiterten Blase unwill-
kürlich eine kleine Menge Harn alle paar Stunden ausgepresst wurde,
während der Contractionszustand des Sphincter eine willkürliche und
völlige Blasenentleerung nicht erlaubte.
Spagmus
des
Blasen-
muskels,
Kutner.
Sohürenberg.
In dem Fall von G. Schürenberg (Jahrbuch f. Kinderheilk. Blasen-
Bd. 48, H. 1) war die Retentio urinae bei einem Smonatlichen Kind ^snh« J^hArl '
durch eine cystische Geschwulst verursacht, welche der Schleim-
haut des Blasengrundes breit aufsass und eine Hydro- und Pyo-
nephrose verursachte. Nach ihrem Bau musste sie als eine Prolifera-
tionscyste aufgefasst werden, welche aus einer Adenombildung her-
vorgegangen war; für die letztere gaben Drüsen Veranlassung,
welche aus der Harnröhre nach dem Blasengrund verlagert waren.
Owohl Harnröhrenentzündung bei Knaben selten ist, konnte
Victor Imerwol (Arch. f. Kinderheilk. Bd. 25, H. 5 u. 6) in kaum
2 Jahren bei 10 Knaben von 1 — 11 Jahren eine solche beobachten.
598
Neumaim.
Imerwol.
Urethritis Es handelte sich immer um eine Ansteckung mit dem Gonococcas,
j?onorrhoica, j-g eij^j^gQ ^{q \^q{ Mädchen nur ausnahmsweise auf geschlechtliche
Acte zurückzuführen war. Bei richtiger Behandlung trat in 8 his
4 Wochen Heilung ein. In 2 Fällen, und zwar gerade bei ganz kleinen
Knaben kam es übriggns zur Epididymitis und Vaginalitis.
Diagnose
der
Diphtherie,
Fraenkel,
firuno.
TU. Aente Infeetionskrankhelten«
1. Diphtherie.
Während die Werthschätzung der bacteri elegischen Dia-
gnose für die Praxis bei der Diphtherie in deutlicher Abnahme ist,
mahnt C. Fraenkel dieselbe nicht zu versäumen; er beschreibt
2 Fälle von diphtheritischer Entzündung der Augenbindehaut, die
durch Gonokokken veranlasst war, und fuhrt die verschiedenen Bao»
terien auf, die noch ausserdem pseudomembranöse Ein- und Auf-
lagerungen verursachen können.
In der That scheint sich die im vorigen Jahrgang erwähnte
Neisser'sche Färbung für die Einlagerungen in den Diphtherie-
stäbchen als practisch brauchbar bewährt zu haben. Hingegen konnte
James Bruno (Berl. klin. Wochenschr. Nr. Bl) fiir die Agglu-
tinationdesDiphtheriebacillus durch Diphtherieserum ebenso-
wenig wie seine Vorgänger ein einheitliches Resultat erzielen; be-
sonders für die klinische Serumdiagnose muss er bei der Diphtherie
eine allgemeine Gültigkeit mit Sicherheit verneinen.
Anfechtbar könnte die Stellung des Diphtheriebaciüus in Fällen
sein, die klinisch nicht als Diphtherie zu betrachten und bacterio-
logisch zweifellos gleichzeitig auch auf die Wirkung anderer Bac-
terien zurückzufuhren sind. Es wäre dies z. B. in den zwei von
Misch- Freymuth und Petruschky veröffentlichten Fällen von Noma
infectionen. (DeuijQciie ^^^^ Wochenschr. Nr. 16 u. 38) der Fall; dass beide
Petruscliky Kinder unter Anwendung von Antitoxin genasen, würde aber immer-
hin die Wahrscheinlichkeit nahe legen, dass der Diphtheriebacülas
nicht ohne Bedeutung bei dem Krankheitsvorgang war.
Dass umgekehrt bei der echten membranösen Diphtherie die
Mitwirkung der Streptokokken vielfach zu sehr unterschätzt wurde,
Preisich, geht aus den folgenden Arbeiten hervor. Preisich (Jahrbach f.
Kinderheilk. Bd. 48) hat unter Hunderten von Diphtheriefallen bac-
teriologisch überhaupt keine Beincultur des Diphtheriebacillus
gefunden, sondern ausserdem noch den Streptococcus, den Staphylo-
eoceus albus , aureus und citreus , einen kleinen Diplococcus , einen
Kinderkrankheiten. 599
grösseren Coccus, den Friedlaender'schen Bacillus und andere
Bacterien. Er kommt daher zu dem Schlüsse, dass nur der Kliniker
aus dem Fötor, den Drüsenanschwellungen u. dergl. die Bedeutung
der Mischinfection erkennen kann ; so muss der Kliniker unter Um-
ständen auch solche Fälle als septisch bezeichnen, wo im Blute keine
Streptokokken nachgewiesen werden können. Den Pseudodiphtherie-
bacillus hält Preisich für verschieden von dem echten Diphtherie-
bacillus.
Auch J. Bernheim (Ueber die Pathogenese und Serum- Bemheim.
therapie der schweren Bachendiphtherie. Leipzig und
Wien) wendet der Bachendiphtherie seine besondere Aufinerksamkeit
zu, was Bef. in Anbetracht des Missbrauches, der mit dem Begriff
„Beincultur" in den letzten Jahren getrieben wird, für verdienstlich
hält. Bernheim betont, dass man die Häufigkeit der den Diph-
theriebacillus begleitenden Bacterien natürlich unterschätzt, wenn man
einen Nährboden benutzt, welcher den Diphtheriebacillus gut und
die anderen Bacterien weniger gut wachsen lässt. Nach seinen Ver-
gleichen bekommt man, wenn man die frischen Bandpartieen der
diphtheritischen Beläge untersucht, über das Verhältniss der ein-
zelnen Bacterien den zuverlässigsten Aufschluss durch das mikro-
skopische Bild (88,5 ^/o starke und mittelstarke örtliche Mischinfec-
tion); ähnlich ist das Verhältniss bei Cultur auf Agarplatten (90,5 **/o),
während die Blutserumagarplatten und noch mehr das schiefe Blut-
serum die anderen Bacterien ungebührlich zurücktreten lassen (78,9
bezw. 33,4 °/o). Was den Eintritt von Bacterien in die Blutbahn be-
trifft, so hängt ihr Nachweis ebenfalls sehr von den Methoden ab:
Bernheim verimpfbe grössere Mengen von Blut in Bouillon und
fand hierbei in 57,5 **/o Streptokokken, bei der hämorrhagischen Form
sogar in 62,5 °/o. Indem er über die Frage, ob die Streptokokken
etwa erst kurz vor dem Tode in das Blut gedrungen seien, kurz
hinweggeht, erklärt er sich in Bücksicht auf die Häufigkeit der
örtlichen Mischinfection der Streptokokkensepsis nicht mit denjenigen
einverstanden, welche den Streptokokken bei der epidemischen Diph-
therie keine grosse Bedeutung beimessen wollen. Umgekehrt wäre
es falsch, den Begriff der septischen Diphtherie nun gerade auf
solche Fälle anwenden zu woUen, vielmehr richtet sich die Schwere
der Erkrankung — man spräche richtiger nicht von septischer Diph-
therie, sondern von Diphtheria gravis — nicht nach der Misch-
infection allein, sondern sie ist stets in erster Linie von der Viru-
lenz der dabei betheiligten Mikroorganismen abhängig. Wenn man
auch die Bedeutung der Streptokokken anerkennt, die sogar unter
600
Nenmaim.
Umstanden den wesentlicheren Theil des Krankheitsbildes bestimmen
mögen, so spielt doch die fuhrende Rolle der Diphtheriebacillus. Die
genauere Beschreibung des Einflusses der Serumtherapie auf den Ab-
lauf der schweren Fälle von Diphtherie übergehen wir, trotzdem sie
manches von Belang bietet; im wesentlichen wirkte das Serum sehr
günstig, ohne aber selbst bei früher Injection da, wo schwere Misch-
infectionen vorlagen, immer den Tod abwenden zu können.
Sernm- Die VeröflPentlichungen über die guten Erfolge in der Serum-
behandlnng behandlung der Diphtherie fliessen noch zahlreich. Ausnahmslos
Diphtherie, sieht man die Sterblichkeit mindestens auf die Hälfte der früheren
Sterblichkeit herabsinken. Es erübrigt sich, die einzelnen Berichte
zur Erhärtung dieser Thatsache anzuführen oder auf Anfeindungen
einzugehen, welche nicht durch ausreichende persönliche Erfahrung
gestützt werden. Wenn im Gegensatz zu den Erfolgen in Deutsch-
land, Frankreich, Kussland und anderen Staaten in England kein
ebenso deutlicher Abfall festzustellen war, so wird dies von Louis
cobbett, Cobbett (The Lancet, 3. Dec.) — entsprechend dem Befund einer
zu diesem Zweck niedergesetzten Commission — auf die Minder-
werthigkeit des englischen Diphtherieantitoxins zurückgeführt. Aber
ßötticher, selbst wenn man mit vollwerthigem Serum arbeitet, so betont Bot-
tich er (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 1 — 3) mit Recht, dass eine
Verzettelung der Injectionsmenge , welche selbst im allerersten Sta-
dium der Erkrankung mindestens 1000, besser aber 1500 Immunitäts-
einheiten umfassen muss, die Wirksamkeit der ganzen Serumtherapie
in Frage stellt.
Kretz. Richard Kretz (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 21) gibt vom
pathologisch-anatomischen Standpunkt aus einen Bericht ^ über den
Einfluss des Heilserums. Es starben ohne Serum an recenter
Diphtherie 25,5 ^/o der Todten, mit Serum 4,6 '^/o, ohne Serum an Diph-
therie mit Complicationen 14,1 °/o, mit Serum 8,7 °/o, ohne Serum an
Folgekrankheiten 3,3 °/o , mit Serum 6,8 **/o . Die TodesföUe an gan-
gränöser Diphtherie gingen durch das Serum zurück. Ein ungünstiger
Einfluss des Antitoxins auf die Tuberculose liess sich nicht fest-
stellen. Die Vermehrung der Folgekrankheiten ist durch den Ein-
fluss des Serums, welcher den Tod hinausschob, zu erklären.
Adolf Baginsky (Weitere Beiträge zur Serumtherapie
der Diphtherie nach den Beobachtungen imXaiser- und
Kaiserin-Friedrich-Kinderkrankenhause inBerlin. Arch.
f. Kinderheilk. Bd. 24) bringt manche bemerkenswerthe Einzelheiten.
Kinderkrankheiten. 601
Von den Serumexanthemen, im besonderen von dem Erythema multi- Neben-
forme, betont Baginsky, dass sie immer günstig und ungefährlich Wirkung des
sind; immerhin hat er doch in seiner eigenen Familie einen recht serums,
schweren Fall beobachtet: das weit ausgedehnte Exanthem mit Baginsky.
dunkelrothen , kreisförmig und iigurenbildend sich ausbreitenden
Efflorescenzen verlief nicht allein unter hohem Fieber und heftigen
Gelenkschmerzen mit Herzpalpitationen und systolischem Herz-
geräusch, sondern gleichzeitig mit weit verbreiteten striemenartigen
und fleckenartigen, tiefliegenden, subcutanen Blutungen. (Entfiebe-
rung am 3. Tage.) Wenn Baginsky ausserdem davon berichtet,
dass nicht nur bei einem Kinde, sondern auch bei einer älteren Ver-
wandten desselben nach einer prophylaktischen Einspritzung eine
schwere, langwierige Nephritis eintrat, so muss man sagen, dass die
Serumeinspritzung doch auch recht ernste Schäden gelegentlich setzen
kann. Kef. kann deshalb nur billigen, wenn Baginsky die Im-
munisirung des einer Diphtherieinfection ausgesetzten Kindes —
ausser bei Ansammlung in Krankenhäusern, Pflegeanstalten — nicht
für grundsätzlich geboten hält, und stimmt mit Baginsky darin
überein, dass man bei der ziemlich sicheren Heilwirkung des Serums
mit der Spritze in der Hand das Erscheinen der Diphtherie selbst
abwarten kann.
Der von Paltauf zuerst beschriebene und von Escherich
weiterhin berücksichtigte „Status lymphaticus" soll folgende An-
zeichen haben: „etwas pastösen Habitus, leichten Grad von Rachitis
und eine palpable Milz, Vergrösserung der Lymphfollikel am Zungen-
grunde und im Schlundring, sowie Vergrösserung der palpablen
Lymphdrüsen an den verschiedenen Körperstellen, eventuell auch
eine percutirbare Thymusdämpfung". Escherich lässt nun eine
Anzahl von Diphtheriefällen durch Moriz Daut (lieber die Einfluss
Beziehungen des Status lymphaticus zur Diphtherie, des Status
Jahrbuch f. Kinderheilk. Bd. 47, H. 2 u. 3) beschreiben, von auf den
denen er meint, dass der Status lymphaticus den Eintritt des Ausgang
Todes begünstigt habe; er nimmt dies unter 79 Todesfällen 23mal ... , " .
an. Es schien in diesen Fällen der rasch tödtliche Verlauf (vor Daut.
allem die hochgradige Athemnoth) nicht in dem richtigen Ver-
hältniss zu den krankhaften Veränderungen zu stehen, welche die
Section erkennen Hess. Bei dem neuen Krankheitsbilde bleibt
vorläufig der persönlichen Schätzung ein breiter Spielraum, doch
darf man seiner weiteren Durcharbeitung mit Interesse entgegen-
sehen.
602
Neumann.
Peptonnrie
nach
Heilserum,
Cattaneo.
C. Cattaneo (Peptonurie bei infectiösen Krankheiten
des Kindesalters. Jahrbuch f. Kinderheilkunde Bd. 46) unter-
suchte mit der Methode von Salkowski den Urin bei infectiösen
Ejrankheiten im Kindesalter. Es zeigte sich, dass die Peptonurie
regelmässig nach Heilserumeinspritzung eintritt, im übrigen zuweilen
bei verschiedenen infectiösen Krankheiten vorkommt (Masern, Schar-
lach, Diphtherie), ohne jedoch diagnostisch oder prognostisch von
Bedeutung zu sein.
Post-
diphtheri-
8che
Lähmung,
Escherich.
Bei gewissen Formen postdiphtheritischer Lähmung
findet sich unter anderem eine abnorm starke seitliche Verschieb-
barkeit des Herzens (bei Seitenlage); Escherich (Die dia-
gnostische Verwerthung des Röntgenverfahrens bei Untersuchung
der Kinder. Mittheilungen des Vereins der Aerzte in Steiermark
Nr. 2) konnte diese Verhältnisse in einem Fall demonstriren.
Immanisi-
rung,
Slawyk.
Die Bedeutung der Immunisirung kranker Kinder Hess sich
nicht nur positiv nach Slawyk (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 6)
dadurch beweisen, dass während 2 Jahre in der Charit^ keine Haus-
infectionen vorkamen, sondern auch negativ insofern, als nach dem
Aussetzen der Schutzimpfungen sofort wieder von neuem sich Infec-
tionen einstellten. Wenn man alle 21 Tage 200 Immunitätseinheiten
einspritzt, immunisirt man sicher, ohne erheblichere Nebenerschei-
nungen befurchten zu brauchen.
2. Scharlach.
Hyperlcuko- Aus den fleissigen Blutuntersuchungen, welche van den
''^'"'rlaVh ^^^^ ^^ Scharlach ansteUte (Arch. f. Kinderheük. Bd. 25), ergibt
van den Berg. ^^^^ ™^* Sicherheit nur das Eine, dass im allgemeinen 20 — 30 Tage
lang eine Hyperleukocytose besteht.
AderiasBbei MaxHurwitz (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 6, Ther. Beil.)
^^^h^^m^ wendete bei Scharlachnephritis eines 7jährigen Knaben als
letztes Mittel einen Aderlass an (etwa 1 Tassenkopf Blut) ; die Oedeme
schwanden schon am nächsten Tage, und die Nierenentzündung kam
zur Heilung.
Hurwitz.
Nach einer Mittheilung von C. Todd (A form of extemal
Rhinitis due to the Klebs-Löffler Bacillus appearing in children con-
valescent from Scarlet fever. The Lancet, 28. Mai) erkrankten 14 * •
Kinderkrankheiten. 603
der Kinder, welche im London Fever Hospital in der Reconvalescenz Rhinitis
vom Scharlach standen (meist 3 — 4 Jahre alt), an einer Rhinitis diphtherica
externa (ohne Membranbildung) und einem pustulösen Ekzem. Es Scharlach
wurden an den erkrankten Stellen für Meerschweine virulente Diph- Todd,
theriebacillen nachgewiesen; dabei fehlten solche im Halse derselben
Kinder und erkrankten letztere auch nicht an Diphtherie. Die
Rhinitis verlief ohne Fieber, Eiweissausscheidung oder Drüsen-
schwellung. — In der Discussion über diese beachtenswerthe Unter-
suchung machte Kant hack darauf aufmerksam, dass echte Löffler- Kanthack.
Bacillen (nicht etwa Pseudodiphtheriebacillen) neuerdings in den
verschiedensten Erkrankungen des Mundes und der Haut gefunden
wären, ohne dass Membranen gebildet waren.
3. Masern.
Das von Koplik als Frühsymptom der Masern beschriebene Kopliks-
Schleimhautexanthem (s. vorigen Jahrgang S. 538) ist in seiner 'locke
Bedeutung von verschiedenen Seiten anerkannt worden. Slawyk siawyk,
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 17) erklärt es für ein gleichzeitig
frühzeitiges und durchaus zuverlässiges Symptom; von 62 Masem-
fallen zeigten es 46. Wenngleich es in der Regel auf der Wangen-
schleimhaut sitzt, so fand es sich doch auch gelegentlich an der
Lippenschleimhaut und einmal sogar an der Zunge. Die weissen
Fleckchen confluiren fast niemals, durch Tupfen lassen sie sich nicht
entfernen, wohl aber lassen sie sich mit der Pincette, ohne Schmerz
oder Blutung zu erzeugen, herausholen. Mikroskopisch stellen sie
dicke Convolute grosser, zum Theil verfetteter Mundepithelien dar.
Die Flecke erscheinen am 1. oder 2. Tag der Prodrome und bleiben
durchschnittlich 6 — 7 Tage bestehen.
Auch aus der Ganghofne raschen Kinderklinik wird die Be-
deutung des Koplik'schen Frühsymptoms bei Masern be-
stätigt; Ludwig Knöspel zeigt unter anderem, wie besonders in Knöspei.
einem Elinderhospital die Verwerthung des Symptoms oft von grosser
Wichtigkeit ist.
F. Förster (Jahrb. f. Kinderheilk. Bd. 48) theilt eine Reihe Complica-
seltener Verwickelungen bei Masern mit. Von dem gleich- tionen
hol V. a 8 6 r n
zeitigen Vorkommen von Pemphigus und Masern meint er zwar, dass pörster.
es sich um gelegentliche Doppelansteckungen handele, immerhin
glaubt er doch, dass masemkranke Kinder oder solche, welche sich
im Incubationsstadium der Masern befinden, eine besondere Disposi-
Concetti.
g04 Neumann.
Complica- tion für die Aufnahme des Pemphiguscontagiums haben müssen,
tionen Femer sah Förster bei Masern einige Fälle allgemein verbreiteten
bei Masern, _, . , T.«i-rr r. ^^
Förster. Emphysems, wie es auch sonst bei starken Hustenaniallen vor-
kommt ; übrigens kam einer mit dem Leben davon. Schliesslich wird
ein schwerer Masemfall (mit doppelseitiger Lungenentzündung) bei
einem 1jährigen Sand berichtet, bei dem es zu einer Thrombose im
linken Ventrikel und einer Embolie der linken Carotis interna mit
Verschluss der Art. chorioidea anterior und entsprechender Läh-
mung kam.
4. Influenza.
Influenza, Luigi Concetti (Supplemento al Policlinico Jahrg. 4) beob-
achtete im Verlauf der Lifluenza bei zwei Dritteln der SäagUnge
Depressionserscheinungen (Benommenheit, mit Nahrungsverweigerung
u. dergl.), femer bei etwas grösseren Elindem Erscheinungen von
Pseudocroup und schliesslich (wesentlich bei Kindern zwischen 2
und 7 Jahren) Drüsenentzündungen, welche zum Theil dem Bild
des Pfeif fernsehen Drüsenfiebers entsprachen. Ref. erwähnt diese
Beobachtungen deshalb ausdrücklich, weil der Zusammenhang der
zwei letzteren Krankheitsformen mit acuten Katarrhen, im besonderen
der Lifluenza wohl noch nicht genügend gewürdigt ist.
Till. Allgemeine eonstltutlonelle Krankheiten Im Klndevalter.
1. Rachitis.
Phosphor- Erich Müller (Charit^-Annalen Jahrgang 23) berichtet über
behandiung 20 rachitische Kinder, welche während 3— 4 Monate täglich 0,001g
UaohitiB Phosphor erhalten hatten. Er zieht aus seinen Tabellen folgende
Müller. Schlüsse: „Das Allgemeinbefinden besserte sich unter beständiger
Gewichtszunahme schon wesentlich nach den ersten 2 — 3 Flaschen
und blieb bei allen Elindem bis zum Schlüsse ein gutes; die nervösen
Erscheinungen — unruhiger Schlaf , Laryngospasmus, Kopfsch weisse —
wichen gleichfalls nach 2 — 6 Flaschen Phosphorleberthran. Weniger
günstig, aber doch noch deutlich beeinflusst wurde die Craniotabes.
Andererseits war eine eindeutig günstige Wendung mit Bezug auf
die Zahnverhältnisse, die Ossification der Fontanellen, die Lumbal-
k3^ho8e, das öehvermögen der Kinder nicht festzustellen. Sicher
ganz unbeeinflusst blieben durchgängig die übrigen Knochen-
veränderungen, wie Rosenkranz, Thoraxeinziehungen und die Epi-
Kinderkrankfaeiten.
605
physenschwellungen an den Extremitäten." Uebrigens wurden die
Kinder gleichzeitig hygienisch-diätetisch behandelt.
2. Barlow'sche Krankheit.
Die Barlow'sche Krankheit gab wieder zu einer Reihe von Ver-
öffentlichungen Anlass. Während ein Theil derselben den Typus,
welchen Bar low beschrieb, entsprechend wiedergibt, weichen andere
erhebHch ab und nähern sich mehr den von Hirschsprung be-
schriebenen Fällen. So sind Baron's Fälle (Münch. med. Wochen- Barlow'sche
Schrift Nr. 18 u. 19) unter anderem durch das gleichzeitige Fieber, ^^^^^^^ß*^»
durch die während der Krankheit auftretende MüzschweUung und
vor allem durch den Umstand, dass es sich nicht, wie gewöhnlich
sonst, um zunächst gesunde Kinder aus besten Verhältnissen handelt,
ausgezeichnet. Hingegen sind die folgenden FäUe durchaus typisch.
Johannes Seitz (Zürich) kann einen solchen im Correspondenz- Seitz,
blatt für Schweizer Aerzte Nr. 22 mittheilen, trotzdem oder vielmehr
weil er ihn nicht entsprechend der Barlow'schen Krankheit behandelt
hat : der lOmonatliche Knabe machte eine 3 — 4 Monate dauernde Krank-
heit durch, welche unter Kachexie und ftirchtbaren Schmerzen ver-
lief. Die eigenthümlichen Krankheitserscheinungen folgten sich in
der Weise, dass zuerst Blutungen in die Orbita, dann in das Periost
eines Oberschenkels und aus der Niere auftraten; unregelmässiges,
nur selten erhebliches Fieber.
Folgenden Fall berichtet Netter (Bullet, et M6moires d. 1. Soc. Netter,
medicale des Höpit. de Paris Nr. 32). Ein gut entwickeltes Kind
von 10 Monaten, welches kaum Spuren von Rachitis zeigt und in
den besten hygienischen Verhältnissen lebt, erkrankt mit Schmerzen,
Pseudoparalyse und tiefer Anschwellung an den Beinen und mit
starker Blässe der Haut. Die Diagnose wird klar, als sich an einer
Tibia zwei subperiostale Blutungen und eine bläulich verfärbte An-
schwellung der öaumenschleimhaut einstellen. Ueberraschend schnelle
Heilung unter der bekannten antiscorbutischen Behandlung. Es war
unmöglich für die Krankheit etwas anderes verantwortlich zu machen,
als dass die Milch des Kindes im Soxhlet'schen Apparat 45 Minuten
lang steriüsirt wurde.
Ausgezeichnet durch den Ausgang und die hierdurch ermög-
lichte Autopsie ist der Fall von 0. Naegeli (Correspondenzbl. f. Naegeli.
Schweizer Aerzte 1897, Jahrg. 27, Nr. 19). Der Knabe war von der
2. Lebenswoche an mit einem Reisbrei ernährt, der mit gleichen
Theilen Fenchelthee und Milch hergestellt war. Im Alter von
g06 Neumann.
Barlow'sche 11 Monaten erschien er gut entwickelt und fett, aber sehr blass«
Krankheit, q}^q Rachitis. Es entwickelten sich um diese Zeit Kopfschmerzen
und eine starke Empfindlichkeit und Bewegungsbeschränkung des
linken Beines; der linke Oberschenkel war angeschwollen. Kein
Fieber. Nach ca. 3 Wochen trat ziemlich unerwartet der Tod ein,
und es zeigte die Section folgendes: Keine Rachitis; Musculatur und
Zellgewebe rings um die Epiphyse des linken Femur über dem Knie-
gelenk blutig durchtränkt; das Periost ist durch einen beträchtlichen
Bluterguss vom Knochen abgehoben, am meisten in den mittleren
Femurpartieen, weniger an den Epiphysen; 1 man unterhalb der Epi-
physe besteht eine Fractur ohne Dislocation. Ganz ähnliche Ver-
hältnisse bestehen an der linken Tibia; hier ist die obere Epiphyse
gelöst. Femur und Tibia sind nicht weicher als gewöhnlich, aber
auffallend leicht und schwimmen unentkalkt im Wasser, während
rachitische Knochen sofort sinken. Mikroskopisch sind in der
Gegend der Knorpel-Knochengrenze keine abnorm vorgeschobenen
Markräume oder Yerkalkungszonen, auch keine versprengten Knorpel-
reste (wie bei Rachitis) zu entdecken, vielmehr ist die Knorpel-
wucherungszone nur wenig breiter, die obere Grenze der Markruume
verläuft in einer Wellenlinie. Am Knochenmark sind die Knochen-
bälkchen auffallend spärlich, die Markräume entsprechend weit, die
faserigen Elemente überwiegen sehr, während die Pulpazellen sehr
spärlich sind. Die Epiphysenlösung beruht auf einer Fractur im
Bereich der jungen und dünnsten Knochenbälkchen. — Verf. betont,
dass es sich hier weder um Rachitis noch um Syphilis gehandelt
habe ; vielmehr hält er die Barlow'sche Krankheit fiir eine eigenartige
Krankheit kleiner Kinder, deren Charakter zunächst in Allgemein -
Veränderungen des sich aufbauenden Organismus, besonders in Ver-
änderungen des Blutes und der Knochen bestehe; erst auf einer
gewissen Höhe des Allgemeinleidens trete eine hämorrhagische Dia-
these hinzu, die nun das klinische Bild der Barlow'sohen Elrankheit
hervorrufe.
3. Leukämie.
Wie weit Leukämie im zarten Kindesalter vorkommt,
erscheint dem Ref. noch nicht genügend aufgeklärt. Auch der von
Leukämie Ij. Pollmann (Ein Fall von Leukämie beim Neugeborenen. Müncb.
ei ^ eu- jnß(j^ Wochenschr. Nr. 2) berichtete Fall ist in dieser Deutung keines-
geborenen, , ^ ^ ^
PoUmann, wegs einwandsfrei : das Kind wurde mit zahlreichen Petechien und
sichtlich krank geboren; als es am 18. Tage in Behandlung kam.
Eonderkrankheiten. g07
wurde eine starke Leber- und Milzanschwellung gefunden und das
Verhältniss der weissen zu den rothen Blutkörperchen auf 1 : 8 fest-
gestellt; die Leukocyten bestanden fast alle aus einkernigen Zellen
mit ziemlich grossem Kerne imd einem massig breiten Protoplasma-
saum. Nachdem der Tod am 19. Lebenstage erfolgt war, wurden
keine zweifellosen Zeichen der Leukämie, hingegen unter anderem
noch eine Endocarditis verrucosa gefunden. Der Autor denkt selbst
an die Möglichkeit einer intrauterinen Infection, ohne darum den
Gedanken einer lienal-medullären Leukämie aufzugeben. Den Ref.
überzeugt in letzterer Hinsicht der Blutbefund um so weniger, als
bei Säuglingen auch bei der entzündlichen Leukocytose die L3rmpho-
cyten — nicht, wie beim Erwachsenen, die polynucleären Zellen —
in den Vordergrund zu treten pflegen und der missglückte Nachweis
von Bacterien, wie auch der Verf. zugibt, noch nicht eine bacterielle
Ansteckung ausschliesst.
Mit viel grösserem Recht könnten Rolleston und Latham Rolleston u.
ihren Fall, der ein l^a jähriges Kind betraf (The Lancet, 14. Mai), * *™"
für eine Leukämie erklären, insofern sie unter anderem in Knochen
und Leber lymphatische Lifiltrationen nachweisen konnten und der
Blutbefund nicht nur durch die starke Vermehrung der Leukocyten,
sondern auch durch ein reichliches Auftreten von Myelocyten aus-
gezeichnet war. Trotzdem entschliessen sich die Verff. nur dazu, von
einem mit Rachitis complicirten Lymphadenom zu sprechen. Die
Linenfläche des Magens war — ausser am Pylorus — mit Ijnnph-
adenomatösen Wucherungen besetzt, die bis wallnussgross waren.
Einen sicheren Fall von lieno-myelogener Leukämie sah Lieno-
J. Cassel (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 4) bei einem 8jährigen myelogene
Mädchen. Die weissen Blutkörperchen verhielten sich zu den rothen cassel.
wie 1:7; unter den Leukocyten überwogen die Markzellen.
IX. Syphilis.
Die umfangreiche Arbeit Carl Hochsinger's (Studien über Hereditäre
die hereditäre Syphilis. 1. Theü. [Beiträge zur Kinderheü- g^^^^^^'*;
künde aus dem ersten öffentlichen Kinderkrankeninstitute in Wien.
Herausgegeben von M. Kassowitz. Neue Folge. V.] Leipzig und
Wien) gibt einen Ueberblick über vieljährige Studien des Verfassers,
die uns allerdings zum Theil schon bekannt sind, zum anderen Theil
allgemeiner Bekanntes nur in besonderer Beleuchtung zeigen, bezw.
ergänzen , schliesslich moderne theoretische Anschauungen aus dem
608 Neumann.
Hereditäre Gebiete der Syphilis in überzeugender Form kritisch beleuchten. Ein
Syphilis, Kapitel wird dem CoUes'schen Gesetz und dem Choc en retour bei
der hereditären Syphilis gewidmet. Hier sind — wenigstens nach
Meinung des Ref. — die Ausfuhrungen Hochsinge r*s, trotz aUer
Mängel in der poliklinischen Beobachtung, überzeugend und bedeu-
tungsvoll. Im theilweisen Gegensatz zu den Anschauungen Four-
nier's, Finger*su. a. stellt Hoch sin ger fest, dass Frauen syphi-
litische Kinder gebären können, ohne selbst syphilitisch zu werden;
hingegen gewinnen sie infolge des Uebertritts immunisirender Sub-
stanzen einen gewissen, allerdings sehr variablen Grad von Im-
munität gegen Syphüis. Eine Retroinfection der Mutter seitens eines
spermatisch inficirten Fötus ist klinisch unbewiesen und unbeweisbar
imd theoretisch nur schwer zu begründen. Die Finger'sche Hypo-
these von der Toxinnatur der Tertiärsyphilis und des kryptogene-
tischen Tertiarismus der Mutter ist (und dies ist wichtig, besonders
entschieden zu betonen) unvereinbar mit den Grundlagen der vorhin
erwähnten Colles'schen Immunität und im Widerspruch mit der
pathologischen Anatomie und Klinik der congenitalen Frühsyphilis.
Neu und kaum hinreichend begründet ist es, wenn Hochsinger,
auf die seltenen Ausnahmen von der Oolles'schen Immunität hin,
wünscht, dass syphilitische E r s t entbundene , wofern die künstliche
Ernährung unter günstigen Verhältnissen durchfuhrbar ist, vom
Säugen Abstand nehmen sollen. Ausfuhrlich wird die „difPiise here-
ditär syphilitische Hautinfiltration der Säuglinge ^^ abgehandelt. Die
häufigste Localisation an den Fuss- und Handtellern ist allgemein
bekannt, seltener ist sie im Gesicht (besonders um den Mund und
auf dem behaarten Kopf, noch seltener an der unteren Körperhälfte
[Nates, Rückseite des Ober- und Unterschenkels]); Entstehung und
Auftreten dieser diffusen, d. h. nicht aus einzelnen Papeln oder
Flecken bestehenden Infiltration wird sehr genau gewürdigt und ihr
damit eine grundsätzliche Stellung im klinischen Bilde der Haut-
syphilis zugewiesen. Soweit diese Infiltration mit einer Verletzung
der Hautdecke einhergeht, dürfte übrigens nach der Vermuthung
des Ref. wohl noch eine secundäre Entzündung durch Entzündung»-
bacterien eintreten, deren Hochsinger weder klinisch noch histo-
logisch Erwähnung thut. In dem dritten Abschnitt der Studien
handelt Hochsinger von den diffusen visceralen Manifestation 8-
formen der hereditären Frühsyphilis. Hochsinger stützt sich hier-
bei unter anderem auf werthvolle eigene histologische Untersuchungen.
Uns interessirte bei letzteren besonders die Feststellung, dass dat^
frühzeitige Einsetzen der syphilitischen Infiltration in der Niere und
Kinderkrankheiten. 609
Lunge Organtheile auf einer frühen Entwickelungsstufe festhalten
kann, wie solche Feststellungen bisher nur vereinzelt gemacht waren.
— Bezüglich der Localisation der syphilitischen Zellinfiltration in
den Eingeweiden ebenso wie in der Haut lässt sich Hochsinger
immer angelegen sein zu betonen, dass das Syphilisgift eine enge
Beziehung zu den kleinsten Gefassen und Capillaren der drüsigen
Organe hat und daher die syphilitische Erkrankung nur in dem
Maasse auftreten kann, als sich das Drüsenparenchym der zeitlichen
und örtlichen Ausdehnung nach im Fötus und später entwickelt.
Daher findet sich die Leber, welche zuerst fertig entwickelt und
Ainctionsfahig ist, immer am stärksten und frühzeitigsten erkrankt.
Es ist merkwürdig, dass Hochsinger, der eine besonders grosse
Erfahrung über Syphilis hat, bezüglich der Hu tch in so naschen
Zähne einen verneinenden Standpunkt festhält.
Sehr werthvoU sind auch die Beiträge Rudolf Hecke r's zur Heoker.
Histologie und Pathologie der congenitalen Syphilis
(Deutsches Arch. f. klin. Med. 61) s. S. 575.
Lehrbücher und Monographieen.
Adolf Baginskj, Diphtherie, diphtheritischer Croup (Specielle Patho-
logie und Therapie, herausgegeb. von Nothnagel. Bd. 2, I. Theil).
Wien.
H. Barbier und G. Ulmann, La dipht^rie. Nouvelles recherches bac-
t^riologiques et cliniques, prophylaxie et traitement. Paris.
J. Bernheim, üeber die Pathogenese und Serumtherapie der schweren
Rachendiphtherie. Klinische und experimentelle Untersuchungen.
Leipzig und Wien.
P. Biedert, Ernährungstherapie bei Krankheiten des Kindes. Handb.
d. Ernährungstherapie Bd. IT. Herausgeg. von £. v. Leyden. Leipzig.
Ph. Burkhard, Die Fehler der Kinder. Eine Einführung in das Studium
der pädagogischen Pathologie mit besonderer Berücksichtigong der
Lehre von den psychopathischen Minderwerthigkeiten.
B. Fischl, Fortschritte in der Erkenntniss und Behandlung der Magen-
darmkrankheiten beim Säugling. Medicinische Wandervorträge H. 58.
Berlin.
Derselbe, Quellen und Wege der septischen Infection beim Neugeborenen
und Säugling. Samml. klin. Vorträge, N. F. Nr. 220. Leipzig.
H. Gillet, Formulaire d'hygiöne infantile individuelle. Hygiene de Tenfant
ä la maison. Paris.
Grancher, Comby, Marfan, Traite des maladies de Tenfance. Tome IV.
Paris.
M. Hagedorn, Der Keuchhusten und seine örtlichen Erscheinungen in
Jahrbach der practischeii Medicin. 1899. 39
ß\Q Neuinaxm*
Nase, Ohren und Hals. Sammlung zwangloser Abhandlungen auf
dem Gebiete der Nasen-, Ohren-, Mund- und Halskrankheiten Bd. HI^
H. 2. Halle.
Carl Hochsinger, Studien über die hereditäre Syphilis. LTheil. Leipzig
und Wien.
A. Jacob i, Therapie des Säuglings- und Eindesalters. Autorisirte deutsche
Ausgabe der H. Auflage von Dr. 0. Reunert. Berlin.
L. de Jager, Die Verdauung und Assimilation des gesunden und kranken
Säuglings. Nebst einer rationellen Methode zur Säuglingsemährung.
Berlin.
W. Knoepfelmacher, Yerdauungsrückstände bei der Ernährung mit
Kuhmilch und ihre Bedeutung fär den Säugling. Beiträge zur klin.
Med. und Chirurgie H. 18. Wien und Leipzig.
Alb. Liebmann, Die Untersuchung und Behandlung geistig zurückge-
bliebener Kinder. Berlin.
Alois Monti, Kinderheilkunde in Einzeldarstellungen. Wien und Leipzig.
L. Roemheld, Allgemeine Yerhaltungsmaassregeln bei den einzelnen
Krankheiten der Kinder. Die hygienisch-diätetischen Verordnungen
der Heidelberger Kinderklinik (Prof. Vierordt). Heidelberg.
H. de Rothschild, L'allaitement mixte et Tallaitement artificiel. Paris.
G. Yariot, La dipht^rie et la serumthärapie. l^tudes cliniques faites au
Pavillon Bretonneau. Paris.
Th. Ziehen, Die Ideenassociation des Kindes. I. Berlin.
X.
KUmatologie, Babeologie, Hydrotherapie.
Von K. Rath Docent Dr. Clar in Wien-Gleichenberg.
1. Klimatologie.
Ueber die moderne Frage der Blutveränderung im Gebirge
brachte auch das abgelaufene Jahr eine Reihe von Untersuchungen
und kritischen Auseinandersetzungen. Zunächst interessirt eine Mit*
theilung von A. Gottstein („Ueber Blutkörperzählung und Blutkörper-
Luft druck." Berl. klin. Wochenschr. Nr. 20 u. 21), welche nach- ^^^ j^°^^_
weist, dass die allgemein benutzte Thoma-Zeis s'sche Zählkammer dm ck,
unter verschiedenen Verhältnissen verschiedene Werthe fiir dasselbe ^' ^ottstein.
Blut angibt. Erhöhte Wärme vergrössert den Kammerraum und
lässt die Zählwerthe ansteigen, was fiir die Beobachtungen in den
Tropen schon in Rechnung zu ziehen wäre. Wird die geschlossene
Zählkammer wechselndem Luftdrucke ausgesetzt, so treten infolge
der Elasticität der Deckplatte und eingeschlossenen Luft natürlich
bedeutende Schwankungen des Kammerraumes ein, welcher bei stei-
gendem Luftdruck verkleinert und bei fallendem vergrössert werden
muss. Die entsprechende negative und positive Tendenz in der
Aenderung der Zählwerthe ist aber der vorliegenden Frage gegen-
über ohne Belang, denn die Blutpräparate werden in der Höhe und
Tiefe immer unter gleichem Luftdrucke angefertigt und untersucht.
Um so wichtiger ist die Beobachtung, dass in der pneumatischen
Kammer unter demselben Drucke hergestellte und durchgezählte
Präparate niedrigere Werthe ergaben bei höherem Druck und um-
gekehrt. So wurden in demselben Blute bei 7G0 mm Hg 4 820, bei
1020 mm nur 4,068 und bei 500 mm schon 5,568 Millionen Blutkörper
im Cubikmülimeter aus den Zählungen berechnet. Eine physika-
lische Erklärung dieses Befundes steht noch aus und wird nur auf
612 Clar.
Bjutkörper- mögliche Aenderung der Capillarattraction zwischen Flüssigkeit und
^*d L*°n- ^^^^ sowie der Oberflächenspannung zwischen Luft und capillarer
druck, Flüssigkeit hingedeutet. Uebrigens sind die beobachteten Aende-
A. Gottstein, rungen der Zählwerthe zu gering , um die im Gebirge gemachten
Erfahrungen zu erklären, und ist ja auch bei wochenlang unter der
Glocke im lufbverdünnten Baume gehaltenen Thieren durch Zäh-
lungen ausserhalb derselben die Blutkörpervermehrung festgestellt
worden. Wohl ist es aber möglich, dass die im Apparat gelegene
Fehlerquelle für die plötzliche Veränderung der Zahl mit dem Höhen-
wechsel verantwortlich zu machen ist, womit die allseitig betonte
Beobachtung im Einklang stünde, dass der anfanglichen Blutkörper*
Vermehrung erst später eine solche des Hämoglobins nachfolgt.
£. MeiBsen u. Dem Uebelstande des Apparates glaubten E. Meissen und
G. Schröder, q Schröder abhelfen zu können und stellten eine vom Luftdrucke
unabhängige Zählkammer für Blutkörperchen (Münch.
med. Wochenschr. Nr. 4) her, indem sie den Band der Kammer, wo das
Deckglas aufliegt, mit einer radiär eingeschli£fenen Furche versahen,
durch welche die Aussenlufb mit dem Inneren der Kammer com-
municirt. Es kann nun wohl bei höherem Luftdrucke ein Ein-
biegen des Deckglases nicht stattfinden, doch ist der Zweck der
Neuerung für Untersuchungen im Gebirge von vornherein nicht ein-
leuchtend, da ja Anfertigung und Beobachtung der Präparate unter
gleichem Drucke geschieht. Allerdings ist zuzugestehen, dass eine
Communication des Kammerraumes mit der Aussenlufb den Aus-
gleich zufälliger, auf mechanische oder thermische Einflüsse zu-
rückzuführender Differenzen gewissermaassen als Sicherheitsvorrich-
tung gestattet. Unerklärt bleibt, warum die Verff. bei vergleichen-
den Zählungen mit der neuen Kammer etwas niedrigere Werthe er-
halten als mit der alten.
Li einem zweiten Artikel („Zur Frage der Blutverände-
rungen imGebirge." Münch. med. Wochenschr. Nr. 42) veröffent-
Biut- licht G. Schröder im Einverständnisse mit A. Gottstein des letz-
yer&nderung^j.gjj Zählversuche im pneumatischen Cabinet. Es stellte sich heraus,
*G. Schröder' dass die Schlitzkammer die Zählergebnisse bei verschiedenem Drucke
nicht änderte, dagegen die gewöhnliche Kammer bei verdichteter Luft
zu niedrige und bei verdünnter Luft zu hohe Werthe vortäuscht«,
obwohl Ajifertigung und Beobachtung der Präparate unter gleich*
bleibendem Drucke stattfand. Nun machte Schröder Nachprüfungen
seiner Zählungen in Görbersdorf, wo er mit Jaruntowsky im
Jahre 1894 bei ansässigen gesunden Männern in der Seehöhe von
Elimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 613
561 m durchschnittlich 5764000 Erythrocjrten im Cubikmillimeter ge-
funden hatte. Die neue Zählkammer ergab ein Minus von 366 000 Zellen,
und durch dessen Berücksichtigung vermindert sich zwar die im Ge-
birge eintretende Blutkörpervermehrung, allein sie bleibt doch be-
stehen. Die Sicherheit des Eintrittes derselben sei so gross, dass
man aus der wechselnden Blutkörperzahl eines Gesunden auf die
wechselnde Höhe des Aufenthaltes schliessen könne, die Ursache aber
sei weder im Sauerstoffhunger noch in der Eindickung des Blutes,
sondern wahrscheinlich in einer anderen Vertheilung der Blutkörper-
chen im Gefösssystem, ohne Neubildung derselben, zu finden.
Als Verfechter des positiven Einflusses der Luftverdünnung auf
die Blutneubildung treten wieder Ossian Schaumann und Emil Bl***
Rosenqvist mit einer ausführlichen Veröffentlichung ihrer schon im Höhen-
im Vorjahre erwähnten Versuche in die Schranken („Ueber die klima,
Natur derBlutveränderungen im Höhenklima." Zeitschr. 0. Schaumaim
. . , u. E. Rosen-
f. klin. Med. Bd. 35, H. 1 — 4). Nach einer geschichtlichen Ein- qvist.
leitung betonen sie, ihr Augenmerk ganz besonders auf neugebildete
Blutscheiben gerichtet zu haben, und wurden bei den Hunden, Ka-
ninchen und Tauben, welche sie in der Glocke unter einem der
Seehöhe von 4000 m entsprechenden Luftdrucke von 450 mm Hg
hielten, auch die Durchmesser der Blutkörper gemessen. Die Luft-
feuchtigkeit unter der Glocke betrug durchschnittlich 87 ^jo , die
Temperatur 24 ® C. , und in allen Fällen wurde Blutkörperzahl und
Hämoglobin erheblich, erstere mehr als letzteres, doch langsamer
als im Gebirge gesteigert. Von Austrocknung kann keine Bede
sein, und müssen diese Veränderungen auf die Luftverdünnung be-
zogen werden. Der Hämoglobinvermehrung geht stets eine initiale
Verminderung voraus, welche die Blutkörperzahl nur in der Hälfte
der Fälle mitbetrifPb. Auch in der Periode der Vermehrung treten
Remissionen auf, und beim Leben im Freien nach vollendetem Ver-
suche erfolgt die Verminderung langsamer als nach der Rückkehr
aus dem Gebirge. Oft bleibt auch der Blutkörper- und Hämoglobin-
gehalt des Blutes durch Monate erhöht, oder es tritt auf die Ver-
minderung nochmalige Erhöhung ein, wie sie auch Leuch bei Kin-
dern beobachtete, der das Blut von Feriencolonisten vor und nach
dem Gebirgsaufenthalte untersuchte. Zwei Monate nach der Rück-
kehr war die im Gebirge vermehrte Hämoglobinmenge und Blut-
körperzahl gefallen, ohne den Anfangswerth zu erreichen, und nach
Ablauf von 4 Monaten seit der Rückkehr abermals gestiegen. Zu
ihrem Erstaunen fanden die Verff. in der Vermehrungsperiode im
614 Clar,
Blut- Gegensatze zur Angabe der Autoren über das Auftreten vieler kleiner
^j^^'g^"'*^^ Formen den mittleren Durcbmesser der Blutkörper vergrössert,
kiima, Welcher nach Erreichung eines Maximums wieder abnimmt, wie dies
0. Schaumann auch Schaumann bei sich und seiner Frau gelegentlich eines Ge-
qvist. birgsaufenthaltes nachwies. Es seien andere Beobachter, welche
keine wirklichen Messimgen vornahmen, vielleicht durch Contrast-
Wirkung getäuscht worden. Kernhaltige Erythrocyten, welche sonst
nur vereinzelt und selten zu beobachten sind, wurden in der Ver-
mehrungsperiode ungleich häufiger angetroffen , um bei der Frei-
lassung der Thiere wieder zu verschwinden. Auch freie Kerne
wurden gesehen, und besonders starke Veränderungen zeigt das
Taubenblut in verdünnter Luft durch das Auftreten deutlicher Mi-
tosen. Die Neubildungstheorie erkläre alle Veränderungen auf das
Beste, der Organismus sei auf einen bestimmten Luftdruck einge-
gestellt; werde die Leistungsfähigkeit des Hämoglobins stärker in
Anspruch genommen, so komme es anfänglich zu einer Zerstörung
und Verminderung des Blutfarbstoffes, dann zu seiner Vermehrung.
Blut- Eine Stütze finden die Verff. in der Arbeit von A. Jaquet und
ver&nderungp g^^ „Ueber die Veränderungen desBlutes im Hoch-
im Hoch- if ©^
gebirg e, gebirg e" (Correspondenzbl. f. Schweizer Aerzte Nr. 4). Diese
A. Jaquet u. Autoren strebten zur Lösimg der strittigen Punkte vor allem eine
' Bestimmung der Gesammtblut- und Hämoglobinmenge an, und da
es keine Methode gibt, diese am lebenden Thiere auszufuhren, musste
der etwas weniger sichere Weg gewählt werden, an Reihen von
Thieren in Daves (1600 m) und an ControUreihen in Basel (260 m)
zu experimentiren. Als Versuchsthiere dienten halbjährige Kanin-
chen; es wurden neun solche nach Daves gebracht, um durch
4 Wochen unter gleichen Bedingungen gehalten zu werden, und elf
andere verblieben in Basel. Das Ohrblut der letzteren nahm in
dieser Zeit 1,13 **/o an Blutkörperchen und 10,16 ^/o an Hämoglobin
zu, bei den Gebirgsthieren aber stieg die Blutkörperzahl um 21,4''o
und die Hämoglobinmenge um 40,66 ®/o. Schliesslich wurden die
Thiere aus dem Gebirge zurückgebracht und beide Serien entblutet.
In einer der Carotis entnommenen Blutprobe wurde der Hämo-
globingehalt bestimmt, dann das Gefasssystem mit 1^/oiger Koch-
salzlösung von 37^ C. ausgewaschen und aus dem Hämoglobin-
gehalte der gesammten Flüssigkeit die ursprüngliche Blutmenge za-
rückgerechnet. Diese betrug f^ Basel durchschnittlich 90,66 ccm
und für Daves 104,15 ccm, femer die Gesammtmenge des Hämo-
globins für Basel 12,07 g und für Daves 14,85 g, der Trockenrück-
stand des Blutserums für Basel 6,89 ®/o und für Davos 7,13*«,
Klimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 615
woraus sich ergibt, dass der XJeberschuss der Blutmenge in Davos
14,88 ®/o , der Qesammtmenge des Hämoglobins 23,03 ^/o und des
Trockenrückstandes des Blutserums 3,65 °/o der Basler Zahlen aus-
macht. Die Mittelzahlen des Körpergewichtes sind fiir beide Thier-
serien sowohl zu Beginn des Versuchsmonates als am Ende des-
selben nahezu gleich, und berechnet man die Zunahme des Blutes
und Hämoglobins in pro mille des Körpergewichtes, so erhält man
daher nahezu dieselben procentischen Differenzen, wie sie oben an-
gegeben sind. Im Gegensätze hierzu hatten die Versuche von Weiss
an Kaninchen, die in Andermatt 1444 m und am Pilatus 2070 m
hoch lebten, keine Vermehrung der Gesammthämoglobinmenge er-
geben, doch wenden die Verff. unter anderem ein, dass der ganze
Darmtract und das Fell entfernt worden war, ehe der Rest zer-
hackt, mit Wasser extrahirt und colorimetrisch geprüft wurde. Sie
sind der Ansicht, dass mit ziemlicher Sicherheit die Vermehrung
des Hämoglobins im Höhenklima als durch Neubildung bediagt auf-
zufassen sei. Die Erklärung durch Eindickung ist ausgeschlossen,
nicht aber eine gleichzeitig verschiedene Vertheilung der Blut-
körperchen im Gefasssystem.
Edwin Solly („Die Blutveränderungen, hervorge- B. SoUy.
bracht durch die Höhe und ihr practischer Werth."
The Philadelphia Policlinic Nr. 27) hat zu Colorado Springs in
6000 Fuss Seehöhe mit dem Hämatokrit von Judson Daland
sowohl als mit der Thoma-Zeis s'schen Zählkammer Unter-
suchungen angestellt und nicht nur die Blutkörperzahl, sondern auch
das Gesammtvolum vermehrt gefimden, so dass eine absolute Ver-
grösserung der Oberfläche sich herausstellte, welche Sauerstoff ab-
sorbiren kann. Im übrigen gibt der Artikel eine Uebersicht des
über Höheneuren Bekannten, und schliesslich spricht der Verf. die
eigenthümliche Ansicht aus, die Phthise verbessere sich mit der
Entfernung von der See, das trockene Klima der Wüste und des
Hochgebirges sei das vortheilhafbeste. Die Dauer des Aufenthaltes
in der Höhe müsse auf 6 Monate bis 1 Jahr berechnet werden,
während welchef Zeit der Kranke höchstens auf einen Monat nach
Hause gehen darf.
Eine statistische Arbeit über Morbidität liefert Heinrich
Berger („Die Bedeutung des Wetters für die anstecken-
den Krankheiten." Therapeutische Monatshefte H. 3 u. 4).
Er prüft den Einfluss von Luftdruck, Temperatur, Bewölkung,
Niederschlag und Wind auf die Häufigkeit von Diphtherie, Schar-
616 Clar.
Das Wetter lach, Masern und Typhus. Um den Tag der Ansteckung zu eruiren,
und die wurde die Incubationsdauer berücksichtigt und zunächst die Zahl
krankheiten ^^^ Erkrankungen in den einzelnen Monaten festgestellt. Diphtherie,
H. Berger. Scharlach und Masern traten mehr in den Wintermonaten , Typhus
am häufigsten im August auf. Die weitere Auseinandersetzung be»
fasst sich mit der Frequenz aller vier Krankheiten zusammenge*
nommen, besonderes Interesse aber erregt die Untersuchung, wie
sich jede einzelne derselben gegenüber den verschiedenen Combi«
nationen von fallender oder steigender Tendenz der Wärme, des
Luftdruckes und der Feuchtigkeit verhalten: Der Typhus zeigt sein
Maximum, wenn Barometer, Thermometer und Hygrometer gleich-
zeitig steigen, und sein Minimum, wenn das Barometer steigt, Thermo*
meter und Hygrometer aber fallen. Diphtherie und Scharlach haben
ihr Maximum bei steigendem Thermometer ,und gleichzeitig fallen-
dem Barometer und Hygrometer, ihr Minimum , wenn Barometer
und Thermometer steigen und das Hygrometer fallt. Das Maximum
der Masern tritt bei fallendem Barometer und Thermometer sowie
steigendem Hygrometer ein, das Minimum, wenn alle drei Instru-
mente steigen. Im allgemeinen treten die wenigsten Erkrankungen
bei heiterem, die meisten bei trübem Wetter und besonders bei
Regen imd Nebel auf. Bezüglich der Winde zeigen die allerdings
auch vorherrschenden westlichen Luftströmungen die grösste Fre-
quenz der Erkrankimgen imd Nordostwinde die geringste.
Ueber südliche Curorte liegen mehrere Berichte vor. B. Fränkel
Algerien, bespricht Algerien als Winterstation für Kranke (Berl.
B. Fränkel. j^^ Wochenschr. Nr. 6). Die französischen Colonieen in Afrika
bieten recht verschiedene Arten von Xlima, je nachdem sie auf
der Nord- oder Südseite des Atlas liegen. Die Stadt Algier selbst
eignet sich nicht ftir Kranke, wohl aber die Villenstadt Mu-
stapha sup^rieur mit ihrem grünen Gelände, das sich am Gebirge
hinzieht und wo sich auch gute Hotels finden. Die Vegetation ist
sehr üppig, die Palme fühlt sich zu Hause, es kommen starke
Regengüsse vor, dauern aber nicht lange an. Die Temperatur ist
höher als an der Biviera, doch sind die Abende ebenfalls kühl, und
grosse Temperatursprünge treten besonders ein, wenn der Sirocco
in Nordwind umschlägt. Der Boden liefert einen feinen Kalkstaub,
der sich der Luft mittheilt, wenn auch weniger als an der Riviera,
doch bietet Algier im ganzen vor dieser keine besonderen Vorzüge,
und Phthisiker passen nur im Anfangsstadium hierher. Viel wich-
tiger als Algier ist Biskra jenseits des Atlas mit seinem ausge-
Elimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 617
dehnten Palmenwalde. Nach den secl^sjährigen Beobachtungen von
Dicquemare hat der kälteste Monat Januar eine Mitteltemperatur
von 9,6° C, ein mittleres Maximum von 15,2° und ein mittleres
Minimum von 4,4° aufzuweisen. Das Charakteristische des Klimas
ist seine Trockenheit, es kommt auch bei stärkerer Bewegung nicht
zur Schweissbildung, die in Algier sehr leicht auftritt. Die Unter-
kunft in den Hotels ist gut und billig, ein öffentlicher Park bietet
prachtvolle Promenaden unter immergrünen Mimosen, Staub ist
selten, doch kann er ausnahmsweise bei Wind stark belästigen, und
nach Sonnenuntergang feilt die Temperatur rasch. Uebelstände sind
das stark magnesiahaltige Trinkwasser und die fiir Kranke unbe-
queme Bahnfahrt, welche nur von einem Mittelmeerhafen, Phiüppe-
ville, Biskra in einem Tage zu erreichen gestattet. Bei Phthise und
Rheumatismus sind die Resultate des Aufenthaltes gute.
Ueber eine Inselstation berichtet Fr. Neu mann („Ajaccio Ajaccio.
und Umgebung." Berl. klin. Wochenschr. Nr. 1). Er betont ^r. Neumann.
ganz besonders die gleichmässige Milde der Lufib, welche aber ihre
herrliche Meeres- und Gebirgsfrische bewahrt. Für die Hinreise
des Kranken wird die directe Seefahrt von Marseille oder Nizza
der allerdings viel kürzeren Ueberfahrt von Livomo nach Bastia an
der Ostküste der Insel vorgezogen, weil die Unterkunft an letzterem
Orte zu wünschen übrig lässt und dann noch die Bahnfahrt durch
die Insel bevorsteht. Sehr richtig wird auf den differenten Witte-
rungscharakter verschiedener Jahrgänge, aber auch auf die That-
sache hingewiesen, dass Ajaccio in ungünstigen Wintern der Riviera
gegenüber im Vortheile bleibt. Der Vorwurf, dass die offene Wasser-
leitung aus dem Quellgebiete des Ghravoneflusses vor Verunreini-
gungen nicht sicher sei, ist berechtigt, doch besteht auch eine
Rohrwasserleitung aus dem Lisa-Lisa- Thale. Die Ueppigkeit der
Vegetation und besonders des insularen Buschwaldes macht die zahl-
reichen Spaziergänge erquickend; die sanitären Verhältnisse der
Bevölkerung sind nur durch die oft schlechte Ernährung sowie die
im Sommer vorkommende Malaria ungünstig beeinflusst. Die Unter-
kunft in den Hotels ist gut und eher billiger als auf dem Continent.
Aehnliche klimatische Vorzüge wie Corsica im Tyrrhenischen
weist Lissa im Adriatischen Meere auf. Der dort ansässige
Dr. Lorenz v. Dojmi berichtet über Lissa inDalmatien als
Cur ort (Wien. med. Wochenschr. Nr. 8). Der Insel kommt die
grösste Winterwärme auf österreichischem Boden zu, es gedeihen
618 Clar.
Lissain Caruben, Orangen, Citronen, und selbst die Frucht der Dattelpalme
Daimatien, gelanirt mitunter zur Beife. Unter der Bevölkerung kommt Chlorose,
Kachitis und Scrophulose nur sehr selten vor, die Sterblichkeit an
Tuberculose ist sehr gering und beträgt im Durchschnitte von
25 Jahren 7 '/< ^/o aUer Todesfalle. Die Stadt Lissa liegt an einem
fast kreisförmig geschlossenen Hafen; den besten Windschutz ge-
niesst der nördliche Stadttheil, Banda piccola, die Kleinseite, wo
Verf. in 25 Jahren nur 13 Fälle von Lungen- und EippenfeUent-
Zündung in einer Bevölkerung von gegen 1000 Personen beobachtete.
Noch geschützter ist ein sich anschliessendes, nach Süden exponirtes,
Gradina genanntes, mit Weinbau bedecktes Terrain. Dort enthält
der Boden zahlreiche Beste des altrömischen Issa und ist der Bau
eines Sanatoriums geplant. Ein tabellarischer Vergleich zwischen
Lissa und Abbazia illustrirt nicht nur die höhere Mitteltemperatur
der Lisel, sondern auch deren warme Morgen imd Abende, die einen
längeren Krankentag bedingen. Ein anderer Vergleich bezieht sich
auf die Monatsmittel der täglichen Temperaturmaxima und -Minima.
Lissa zeigt etwas höhere Minima und niedrigere Mazima, also eine
geringere Wärmeschwankung als Nizza. Die Insel ist 7 geogra-
phische Meilen vom Lande entfernt, wird jetzt in dreistündiger
Fahrt von Spalato erreicht, und wenn dessen Bahnverbindung mit
dem Lilande perfect geworden sein wird, müssen auch die Vorzüge
von Lissa zur Geltung kommen, dessen mittlere Januartemperatur
nur um einen halben Grad gegen jene von Corfu zurücksteht.
Die Seereise Die reine Thalassotherapie vertritt Theodor Klein („Die
ix«,ilf***i Seereise als Heilmittel." Münch. med. Wochenschr. Nr. 30).
Ueilmitteii
Th. Klein. Die Erleichterung des Seeverkehres vermehrt die Zahl der auf dem
Meere Heilung Suchenden und die Erfahrungen des Verfassers als
Schiffsarzt des Norddeutschen Lloyd decken sich mit jenen des
englischen Arztes William G. Wilson. Die Seeluft ist rein,
feucht und geringen Tagesschwankungen unterworfen, der Appetit
wird angeregt, Zerstreuung und Buhe ist gleichzeitig geboten. Die
Seebrisen wirken tonisch und ebenso die Seewasserbäder and
-Douchen auf den gut eingerichteten SchifiPen. Trotz der maschi-
nellen Ventilation der Cabinen wird sich der Patient nur zmn
Schlafen in diesen aufhalten und sucht selbst das Deck und dessen
grosse GeseUschaftsräume auf. Schwebebetten gleichen die Schi£b-
bewegung möglichst aus, übrigens tritt die Seekrankheit bei Süd-
fahrt in günstiger Jahreszeit weniger auf und hinterlässt oft eine
günstige Reaction. Bei der Phthise wirkt die Seereise in den An-
Elimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 619
fangsstadien gut, aber es wäre verfehlt, Patienten mit vorgeschrit-
tener Erkrankung auf die See zu schicken. Passend sind femer:
Scrophulose, Neurasthenie, Abspannung nach Ueberanstrengung und
Aufregung, Beconvalescenz. Auszuschliessen sind alle Krankheiten
der Bauchorgane, Schwangerschaft, Gicht und Rheumatismus. Die
Beise nach Brasilien soll in die Zeit vom April bis zum October
fallen, um dem gelben Fieber auszuweichen, für jene nach Ostindien
ist die im Rothen Meere kühlere Zeit vom October bis März zu
wählen. Entschieden günstig für Lungenkranke ist nach Wilson
die Fahrt nach dem Cap und von dort nach Australien. Besonders
auf der letztgenannten Strecke kann das Seeklima seine Wirkung
nachhaltig entfalten. Als kurze Seereise für Reconvalescenten em-
pfiehlt sich die Fahrt nach Westindien.
Aus dem russischen Süden berichtet Weber über Jaltaund Jaitaund
das Südgestade der Krim als Terrain für permanente ^^l^*^*™'
® ^ Weber.
klimatische Curorte (Münch. med. Wochenschr. Nr. 5). Nur
der von Laspi bis Aluschta 90 Werst sich erstreckende Küsten-
strich ist durch die Jailakette vor rauhen Winden geschützt, nur
hier zeigt die Vegetation ein vollkonmien südliches Gepräge und
überwintert die Palme im Freien. Durch Schaffung von Communi-
cationen des Ufers mit den Wäldern der Jailakette wird auch diese
in der heissen Jahreszeit noch mehr als jetzt zum Aufenthalte
dienen können. Nach Dmitriew haben Juli und August eine
Mitteltemperatur von 24,3° C. , Januar und Februar eine solche
von 4,1* C; das Jahresmittel der Feuchtigkeit betragt 60**/o. Im
Winter fallt die Temperatur durchschnittlich an 10 Tagen imter
den Gefrierpunkt. Die häufigsten Winde wehen als Mistrale aus
Nordwest vom Gebirge her senkrecht auf dessen Richtung. Die
günstigsten Witterungsverhältnisse zeigt der Herbst, er ist auch
wegen der Traubencur die Hauptsaison. Man kann bis Mitte
October bei einer Wassertemperatur von 16° R. baden. Unter allen
Orten des Gestades eignet sich Jalta am besten für die Wintercur,
es stehen auch Milch, Kefir und musterhaft betriebene Hydrothera-
pie zur Verfugung. Der Frühling ist weniger günstig, doch treffen
dann aus den Grossstädten viele Kranke wegen des dort noch
schlechteren Wetters ein, und im Sommer füllen sich die kleinen
Seebadeplätze sowie die Villegiaturen der Höhenzüge.
P. Pürbringer berichtet über Bocca d*Arno und Ischia
von heute (Deutsche medic. Wochenschr. Nr. 5, 6 u. 7). Das
620 Clar.
Bocca d'Arno kleine Seebad Bocca d'Amo an der Mündung des Arno ist durch
und 1 8 Chi a, ^^ Strassenbahn mit Pisa verbunden, welche durch einen ausge-
dehnten Pinienwald führt, in dem Dromedare gezüchtet werden.
Es hat sich in letzter Zeit bedeutend vergrössert, die Verpflegung
ist einfach, aber gut, und man geniesst sowohl die Aussicht auf die
Insebi des toscanischen Archipels als auf die Berge von Carrara
und Pisa. Der feinsandige Strand hat mittelstarken Wellenschlag,
und die Wasserwärme betrug Anfang September 25** C. — Ischia,
dessen vornehmsten Curort Casamicciola das Erdbeben vom 28. Juli
1883 zerstörte, besitzt einige dreissig stofFarme Quellen von 40^ bis
60** C, man trinkt, badet und benutzt den Fango. Rheumatismus,
Gicht und Functionsstörungen nach erlittenen Traumen bilden die
Hauptindicationen. Die Seebäder werden von den Einheimischen
im Juli und August frequentirt, für den Nordländer ist Juni und
September vorzuziehen. Als Wintercurort für Phthisiker ist Ischia
wegen der Nordwinde noch weniger als Capri geeignet, aber es ist
eine der angenehmsten Sommerfrischen mit guten Gasthöfen und
einer treuherzigen Bevölkerung. Die Temperatur hält sich im
Sommer einige Grade unter der des Festlandes, allerdings sind die
Nächte warm.
Ueber die Freiluftbehandlung der Phthise in £ng-
Freiluft- land berichtet F. W. Burton-Fanning (The Lancet, 5., 12. und
7rVifthu! ^^' ^^r^)- ^® MortaUtät an Phthise betrug in England im Jahr«
in England, 1838 fiir 10000 der Bevölkerung 38 und sank bis zum Jahre 1894
F. w. Burton- g^^f 14^ ^as wohl hauptsächlich den gebesserten Lebensverhältnissen
^* zu verdanken ist. Die Heilung ist in den verschiedensten Klimaten
zu erreichen durch reine Lufb, Hautpflege und gute Ernährung,
gute Erfolge haben die geschlossenen Anstalten in Deutschland,
weshalb Hermann Weber sich für die Errichtung vieler kleiner
Hospitale in England mit allen Vorkehrungen &ür Freiluftbehandlung
ausspricht. Verf. begann seine Versuche zu Cromer, nordöstlich
von London an der Ostküste in einer 250 Fuss über dem Meere und
'/4 Meile von der See windgeschützt gelegenen Villa, deren Veranda
mit beweghchen Glaswänden ausgestattet wurde. Nebel musste ver-
mieden werden, aber in trockenen Nächten blieben die Patienten
Sommers und Winters bis 10 Uhr im Freien und schliefen bei
offenem Fenster. An diese Lebensweise wurden die Kranken nach
und nach gewöhnt. Besonders günstig wirkte die Freiluftbehand-
lung auf die Abnahme des Fiebers, wie dies eine Reihe von Kranken-
geschichten und eine tabellarische Uebersicht aller 24 behandelten
Elimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 621
Fälle ausweist. Zwischen Bacillenzahl und Krankheitsverlauf war
keine constante Belation zu finden; Streptokokken waren beson-
ders in Fällen mit rascher Höhlenbildung überreichlich vorhanden.
Oefters ging Gewichtszunahme und allgemeine Besserung der Fieber-
abnahme voraus, die einmal 244 Tage auf sich warten Hess. Ob-
wohl das E^ma im Winter nicht vortheilbaft ist, wirkt doch die
gewohnte Lebensweise und Umgebung ausgleichend, das Sommer-
küma aber ist unvergleichlich. Der Boden besteht aus Sand und
Kies, die Luft ist frisch, die BrOgenmenge gering und Nebel sind
selten. Im allgemeinen wird die freie Luft sehr gut vertragen, nur
die katarrhalische Form der Phthise verlangt ein klimatisch milderes
Begime. Bei guter Bekleidung und Windschutz tritt nach und nach
Abhärtung ein und die Empfänglichkeit fär Katarrhe nimmt ab.
2. Balneologie.
Auf der 19. öffentlichen Versammlung der balneologischen Ge-
sellschaft (Veröffentl. der Hufeland'schen Gesellschaft in Berlin)
machte 0. Liebreich eine vorläufige Mittheilung über die Wir-indifferente
kung der sog. indifferenten Mineralwässer, welche nicht ^^sseV
mit der des destillirten Wassers zusammenfallt, das ein Gift för den o. Liebreich.
Organismus vorstellt. Ganz anders wie dieses wirken die Thermen
mit geringem Stoffgehalt. Der bei ihrem Gebrauch oft auftretende
Badeausschlag ist noch nicht genügend erklärt, und es scheinen
überhaupt verschiedene Substanzen eine specifisch verschiedene Beiz-
wirkung auf die Haut zu haben. Wahrscheinlich resorbirt die Haut
durch Lücken zwischen den Epidermiszellen , wenngleich schwierig
und langsam, es können aber kleine Mengen wirksamer Substanz
grosse Effecte hervorrufen. Eine schwache Lösimg von kohlen-
saurem Natron kann z. B. stark, eine concentrirte stärker, eine
mittelstarke aber gar nicht reizen, wenn sie gerade mit dem Or-
ganismus isoton ist. Beim Thierversuche trat im kurzen concen-
trirten Kochsalzbade Pulsverlangsamung und Blutdruckzunahme auf,
letztere blieb im destillirten Wasser aus, und es stieg die Puls-
frequenz wie auch im gewöhnlichen Berliner Wasser, das aber auch
den Blutdruck steigerte, was eine schwache Sodalösung nicht that,
die den Puls weniger als destillirtes Wasser beschleunigte. Bei
längerer Badedauer nahm die gesteigerte Pulsfrequenz im Berliner
Wasser rasch, im destillirten langsam ab. Jedenfalls reagire die
Haut auf Differenzen in der Zusammensetzung der Badeflüssigkeit
energisch.
622
Clar.
Indifferente
Thermen,
Josionek.
Ebendort sprach J o s i o n e k über die Wirkung indifferenter
ThermenaufdieHaut mit Rücksicht auf Wiesenbad, wo der Bade-
ausschlag keineswegs nur bei protrahirten Bädern oder disponirten
Personen auftritt. Er ähnelt bald den Rubeolen oder Masern, bald
erinnert er an Urticaria. Scrophulöse Ekzeme verschlimmem sich,
heilen aber nachträglich rasch ab und diese Exacerbationen be-
treffen auch nicht mit dem Wasser in Berührung kommende Theüe.
Vielleicht ist der geringe Natrongehalt im Spiele, jedenfalls aber
reagiren die Exantheme auf Thermalwasser anders und starker als
auf gewöhnliches Wasser.
Thermal-
donche,
Beissel.
Daselbst berichtete Beissel über die Anwendung und Wir-
kung der Thermaldouchen bei rheumatischen und gich-
tischen Erkrankungen, welche zu Aachen mit einer Druckhöhe
von 14 m und gewöhnlich 2 — 3® wärmer als das folgende Bad ge-
braucht werden. Der Wärter betritt mit dem Badenden das leere
Bassin, kann den Strahl leicht fächerförmig zerstreuen und verbindet
mit der Douche die Massage. Der Kranke verweilt dann noch
IB — 20 Minuten in dem unterdessen gefüllten Bassin und pflegt dann
der Buhe. Die Methode fuhrt zu einer starken reactiven Hyper-
ämie, alle frisch entzündlichen Zustände sind von ihr auszuschliessen,
doch auch bei fleberlos verlaufenden Fällen muss mit kurzen, weni^r
starken und warmen Douchen begonnen werden. Im richtigen Ver-
laufe nimmt die Schmerzhaftigkeit bald ab, und die Beweglichkeit
im nachfolgenden Bade, welches den Willensimpuls durch die Hebe-
krafk des Wassers unterstützt, zu; es können der Douche auch die
Empflndlichkeit herabsetzende Fangoumschläge vorausgeschickt wer-
den. Die H3rp6rämie der Haut wirkt entlastend auf die inneren
Organe, femer hat die Douche prophylaktischen Werth.
Menstrna-
tion und
Balneo-
therapie,
A. Löbel.
Arthur Löbel sprach dort über die Menstruation in der
Balneotherapie und warf die Frage auf, warum nur der sicht-
bare Ausdruck der Ovarialthätigkeit das Aussetzen der Badecur be-
dingen soll und warum wenig menstruirende Sexualkranke trotz der
Wellenbewegung ihres organischen Lebens weniger Schonzeit finden
sollen als normal oder zu stark menstruirende Frauen. Mit dem
Beginne der Periode kommen Ereislaufsgeschwindigkeit und Blut-
druck, Temperatur und Stoffwechsel in ein Sinken, das auch noch
auf die erste Hälfte der Intermensti-ualzeit übergreift. Der Vor-
tragende ist nun der Ansicht, es sei sowohl die styptische Wirkung
der Moorbäder als die bluttreibende der Stahlbäder als passendes
Elimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 623
Correctiv einer vermehrten oder verminderten Menstrualblutung heran-
zuziehen, bei der Fortsetzung der Bäder während der Menstruation
aber stets die sphygmomanometrische Controlle und besondere Vor-
sicht in der Woche vor dem erwarteten Eintritt der Blutung anzu-
wenden.
Ueber Psoriasis und Balneotherapie brachte E. Vollmer Psoriasis
auf dem Berliner Balneologencongress eine Mittheilung. Von den «nd Bai neo-
zahllosen bei Psoriasis empfohlenen äusseren Mitteln kann man sich ^ Vollmer,
etwa auf das Chrysarobin, die Pyrogallussäure und den Theer ver-
lassen, denen die innerliche Arseniktherapie, vielleicht auch die An-
wendung grosser Dosen Jodkalium oder der Thyreoidtabletten unter-
stützend zur Seite steht. Am günstigsten wirken diese bewährten Mittel
in Verbindung mit der Balneotherapie, welche in der Anwendung haut-
reizender Bäder zu bestehen hat. Wie es bei acuten E.eizzuständen
der Haut nichts Schädlicheres gibt, als difPerente Bäder, so gibt es bei
allen mit Verhomungsprocessen einhergehenden Hautkrankheiten nichts
Segensreicheres, denn es gilt mit reizenden Mitteln an Stelle der alten
Haut eine neue zu setzen. Darin ist der Werth der Kreuznacher
Mutterlaugenbäder gelegen, und die Patienten haben durch die Verbin-
dung der localen, internen und Badecur oft einen recidivfreien Winter.
E. Weisz theilt ebendort „Einiges über Ischias" mit und Ischias
macht auf die Schwierigkeit der Differentialdiagnose zwischen Neur- und Baineo-
algie und Neuritis aufmerksam. Diese wäre aber von um so ^ Weisz.'
grösserer practischer Wichtigkeit, wenn die Neuritis nur antiphlogi-
stisch behandelt werden sollte. Weisz sieht in Pistyan jährlich
über 100 Ischiaskranke und kann bestätigen, dass die Thermal-
behandlung auch bei Neuritis besonders dankbar ist, auch Poly-
neuritis ist keine Contraindication. Skoliose fand er in 10°/o,
Bilateralität in 15 ^/o aller Fälle; keine Gangart ist für Ischias
charakteristisch. Die Bäder werden mit Temperaturen von 25 bis
34* B. in der Dauer von 10 — 30 Minuten angewendet und mit fol-
gender Bettruhe verbunden.
Julius Glax sprach daselbst über denEinfluss verschie-
dener balneo therapeutischer Verfahren auf die Diurese.
Bei der Beurtheilung der Diurese muss stets die Summe der flüssigen
Einnahmen mit der Hammenge verglichen werden. Das Trinken
von kaltem Wasser vermehrt bei Gesunden die Diurese, so dass die
Ausscheidung sogar die Einfuhr übersteigt, heisses Wasser drückt
624 Clar.
Diuresennd bei längerem Gebrauche die Hammenge bald herab. Im Fieber aber
Balneo- gndet eine Wasserretention statt, die durch vermehrte Flüssigkeite-
j Qii^ ' ssuAihr nur noch gesteigert wird. Bei Mineralquellen kommt zur
Temperaturwirkung noch die den Blutdruck steigernde der Kohlen-
säure und die osmotische der Salze im Sinne einer vermehrten Harn-
ausscheidung. Zum Zwecke der Aufsaugung von Exsudaten aber
habe das Trinken derselben nur dann Berechtigung, wenn sie andere
flüssige Ingesta substituiren. Sie wirken nicht durch die gestei-
gerte Diurese, sondern übersalzen das Blut, wodurch die Au&augong
begünstigt und in zweiter Linie die Diurese vermehrt werde. Kalte
Bäder vermehren, heisse vermindern den Blutdruck und damit die
Diurese, Kohlensäure vermehrt die diuretische Wirkung des Bades.
Bei allen fieberhaften Processen mit intacter Niere ist das kalte
Bad das beste Diureticum. In Hinsicht des Klimas steigert trocken-
warme Luft die Perspiration und setzt die Diurese herab, kalte
feuchte Luft wirkt umgekehrt.
Balneo- Ebendort sprach A. Frey zur Behandlung der Kreislaaf-
therapie derg^5r^jigQjj jjr fand das Wesen der gestörten Compensation in
Störungen, ^^^ Missverhältniss zwischen arteriellem und venösem Blutdruck,
A. Frey, ersterer ist zu gering, letzterer zu hoch, die Blutmenge im arteriellen
System ist zu klein , die im venösen zu gross. Zur Kräftigung des
Herzmuskels und zur Herabsetzung der Widerstände im grossen
Kreisläufe dienen die hautreizenden Bäder, welche die Hautge&sse
erweitem und die Herzkraft anspornen. Die Stauung in den Venen
wird durch die Massage verringert. Die active Muskelbewegting
kommt zu Hülfe, indem sie einen Blutzufluss zum arbeitenden
Muskel herbeifuhrt und dadurch die inneren Organe entlastet.
Das mit Kohlensäure mehr beladene Blut löst vermehrte and
vertiefte Athembewegungen aus, wird sauerstofireich und n&hrt
besser das Herz. Bei genügendem Rückfluss und schwachem Herzen
kommt es zur Dilatation, der Ptils wird schwach und frequent, die
ersten Töne sind matt — hier passen vorzüglich die hautreizenden
Bäder. Bei ungenügendem Rückfluss, wo die Dilatation geringer,
der Puls weniger frequent ist, muss besonders durch verstärktes
Athmen die venöse Circulation beschleunigt werden und die Massage
eintreten. Die Bäder unterstützen besonders die Proptilsivkraft, und
die Mechanotherapie unterstützt die Aspirationskraft des Herzens.
Beginnende Compensationsstörungen verlangen Bergsteigen, Massage,
kühle hautreizende Bäder, vorsichtige Hydrotherapie, genaue Di&t.
Bei zunehmender Degeneration ist die Gefahr der Dilatation durch sa
Elimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 625
starke Begünstigung des Eückflusses naheliegend. Gut bekommen
hier kohlensaure Bäder von einigen dreissig Grad Celsius, dazu
kommen leichte Massage mit passiven Bewegungen in horizontaler
Lage, anregende Getränke in öfteren kleinen Gaben, Digitalis, even-
tuell Diuretica xmd das Schwitzbett. Die acute Dilatation infolge
von Ueberanstrengung gibt die besten Resultate, auch Fettherz
massigen Grades infolge von Alkoholgenuss und Uebemährung bei
zu grosser Euhe wird günstig beeinflusst, und hier gelten vorzüglich
die Oertel'schen Grundsätze.
Ueber Verdauung und StofFwechsel liegen einige Arbeiten vor.
Alexander Simon prüfte die Wirkung des GlaubersalzesG^laubersaiz-
auf die Macenfunction (Zeitschr. f. klin. Med. H. 3 u. 4), um Wirkung
. auf den
gegenüber den Untersuchungen von Jaworski über den Einfluss des Magen,
Elarlsbader Wassers die Bedeutung reiner warmer Glaubersalzlösungen a.. Simon.
besonders auf den anaciden Magenkatarrh kennen zu lernen. Es
wurden 200 g einer ^/s^/oigen Lösung von 40° C. früh nüchtern ge-
trunken xmd fette wie saure Speisen gemieden. Der Erfolg der
2 — 3wöchentlichen Curen war bei der genannten Form ein günstiger,
gering beim atrophischen Magenkatarrh und bei Dilatationen, im-
^ünstig bei nervösen Magenbeschwerden und Hyperacidität. Bei
Gastritis mucosa tritt Säuresteigerung ein, und die Peristaltik wird
entschieden angeregt. So verlässt auch das Ewal dusche Probe-
frühstück unter Zusatz von 0,5 — 1,0 g schwefelsaurem Natron viel
rascher den Magen. Die Wirkung ist also analog jener des Karls-
bader Wassers, nur wird die Hyperacidität nicht herabgesetzt.
Die Wirkung desNeuenahrerSprudels auf dieMagen-
verdauung (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 23) untersuchte B.W en- Neuenahrer
driner auf der Klinik des Prof. Käst in Breslau. Er liess 300 g Sprudel und
Sf afiren*
Äuf 30^*0. erwärmten Sprudels früh nüchtern trinken, eine Stunde Verdauung,
später die aus V« Liter Mehlsuppe bestehende Probemahlzeit nehmen B. Wendriner.
und exprimirte nach Ablauf einer weiteren Stunde, um die Ver-
dauungskraft des Mageninhaltes auf Fibrin oder geronnenes Hühner-
eiweiss zu prüfen. Die Secretion der Salzsäure und des Schleimes
wurde kaum beeinflusst, aber die motorische Kraft des Magens er-
höht. Es wurde in allen Fällen weniger Speisebrei im Magen ge-
ftmden, wenn vorher Sprudel getrunken worden war, als bei den
Controllversuchen mit Ausschluss des Sprudels.
E. Vahlen bringt Mittheilungen über den Einfluss des
Friedrichshaller Bitterwassers auf die Eesorption des
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 40
626 Clar.
Bitter- Fettes (Therap. Monatsh. H. 3). Er hat seinen Versuch so ange-
wassernnd ordnet, dass ein 9,6 kg schwerer Hund, dessen tägliche Nahrung
re Sorption, ^^^ 200 g Fleisch und 50 g Fett bestand, jeden zweiten Tag einen
E. Wahlen. Zusatz von 100 g Bitterwasser bekam. Es folgten vier solcher
Doppelperioden von je zweimal vier- oder zweimal fünftägiger Dauer
auf einander, der Stuhl blieb stets gebunden und wurde nur einmal
täglich abgesetzt. Die den einzelnen Perioden entsprechenden Roth-
mengen wurden mit dem Soxhlet'schen Apparat extrahirt und das
Extract als Fett in Rechnung gebracht. Die Summe der so er-
haltenen Extractmengen beträgt für die Tage, an welchen kein
Bitterwasser genommen wurde, 3,1489 g, während an den Bitter-
wassertagen zusanmien 6,9337 g, also mehr als das Doppelte an
ätherlöslichen Stoffen ausgeschieden wurde. Es würde das für eine
geringe Verzögerung der Fettresorption auch bei kleinen, nicht ab-
fuhrenden Bitterwasserdosen sprechen.
Mittheilungen über das spanische Bitterwasser
B, u b i n a t (Wiener klin. Eundschau Nr. 46) bezüglich dessen thera-
Bitter- peutischer Wirkung macht F. C. Müller. Dieses in den Aus-
wasser läufem der Pyrenäen der Provinz Lerida entsprincrende Bitterwasser
F. c. Müller. ^^* ^^^ Stärkste, welches wir kennen, indem es in 1000 Theilen
96 Theüe schwefelsaures Natron enthält, während schwefelsanre
Magnesia mit 3^/oo und Kochsalz mit 2°/oo allerdings stark zurücktreten.
Verf. hatte günstige Erfolge in einer Eeihe von Fällen mit Obstipation
und brauchte das Mittel nur esslöffelweise in Wasser zu reichen.
Es wirkte auch vermindernd auf gleichzeitig vorhandene psychische
Erregungszustände und hysterische Beschwerden, sowie günstig auf
die Rückbildung einer Acne vulgaris. Der TJebereinstimmung mehrerer
Analysen zufolge scheint die Zusammensetzimg eine constante zu
sein.
Mineral- William Bain untersuchte die Wirkung gewisser Arz-
wasserund ^eien und Mineralwässer auf die Absonderung und Zu-
absonde- sammensetzung der menschlichen Galle (The British me-
ruD?» dical Journal, 25. Juni). Bei einem Manne von 49 Jahren, dem
*^"' wegen vollkommener Sistirung des Gallenabflusses in den Darm eine
permanente cutane Gallenfistel angelegt worden war, wurde ein
Gallenrecipient angewendet, welcher gestattete, die gesanmielte Galle
jederzeit mittels eines Hahnes abzulassen. Dabei war die Ernäh-
rung und Bewegung eine gleichmässige und nahm die Versuchs-
person täglich 36 g gereinigter Ochsengalle. In einer 16tägigen
Klimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 627
Periode wurden von 8 Uhr fiüli bis 12 Uhr Mittags 147,7 ccm, von
12 — 4 Uhr, in welche Zeit die Hauptmahlzeit fiel, 165,1 ccm und
von 4 Uhr bis 8 Uhr Abends 148 ccm durchschnittlicher Absonde-
rung gemessen, also für 12 Tagesstunden 460,8 ccm, während auf
die 12 Stunden der Nacht von 8 Uhr Abends bis 8 Uhr früh nur
312 ccm entfielen. Es kann hier nur der Einfluss der Mineral-
wässer auf die Gallenabsonderung Erwähnung finden, und beob-
achtete Verf. bei keinem anderen Wasser eine so bedeutende Ver-
mehrung derselben wie bei der alten Schwefelquelle von Harrogate,
welche 12 g Kochsalz im Liter enthält und in derselben Eichtung
wirkte wie das Karlsbader Wasser.
Therapeutische Mittheilungen gibtP. Niehans („Erfahrungen Wirkung der
über die Wirkung der Schinznacher Therme." Corre- Schinz-
spondenzblatt f. Schweizer Aerzte Nr. 16). Verf. beobachtet seit Therme,
25 Jahren den Verlauf tuberculöser Haut-, Knochen-, Gelenks- und P- Niehans.
Lymphdrüsenerkrankungen unter dem Einflüsse der Thermalmethode,
welche zunächst eine starke Reaction in Form vermehrter Secretion
bei den geschwürigen Processen und von Schwellung bei einge-
schlossenen Krankheitsheerden hervorruft, die besonders bei letz-
teren mit starker Fieberbewegung einbergeht. Die spontane Ab-
heilung tuberculöser Heerde in der Spongiosa der Gelenkenden ist
bei Kindern beobachtet worden, bei Erkrankungen im Markraume
der Röhrenknochen empfiehlt es sieb aber jedenfalls, die Diaphyse
vor der C\ir in genügender Weise zu eröfiiien. Es gibt dann die
Thermalcur den Impuls zu rascher Abstossung des nekrotischen
und zur Retraction des umgebenden Gewebes. Sehr schöne Erfolge
geben tuberculöse Hautgeschwüre, sie reinigen sich und kommen
rasch zur Benarbung, ebenso werden die käsigen Producte offener
vereiternder Lymphdrüsen ausgestossen , und der Rest des Paren-
chyms erholt sich. Nicht aufgebrochene Lymphome werden ent-
weder zur Rückbildung angeregt, oder es wird die Abscessbüdung
vorbereitet, wenn in denselben schon Zerfallsproducte lagern. Contra-
indicirt ist der Bädergebrauch bei Knochen- und Gelenksentzün-
dungen im acuten Stadium, bei Wirbelsäulentuberculose mit Senkungs-
abscessen, bei Beckencaries und pelviogener Coxitis, während bei
femorogener Coxitis, wo der Krankbeitsheerd spontan oder operativ
den Weg nach aussen fand, die C\ir günstig wirkt.
Dielndicationen undContraindicationen der Wässer
von Mont-Dore bespricht J o a 1 in La M6decine moderne Nr. 53.
628 Clar.
Mont-Dore, Er findet den Carort in erster Linie für die erethischen Formen der
Joai. Erkrankungen der Luftwege angezeigt, besonders wenn von dort
nervöse Beflexe wie Krampfhusten und Asthma ausgelöst werden.
Die windgeschützte Höhenlage von 1050 m wirkt tonisirend, die elf
arsenhaltigen alkalisch-muriatischen Quellen haben Temperaturen
von 38 — 45° C, sie erleichtem die Expectoration und setzen die
Eeizbarkeit der Schleimhäute herab. Dreissig Lihalationssäle geben
Gelegenheit, die Stoffe derselben mit den Luftwegen in unmittel-
baren Contact zu bringen, und man badet in dem kohlesaurereichen
Wasser der Pavillonquelle, welches einen starken Hautreiz setzt, in
der Dauer von 10 — 12 Minuten. Wo diese Bäder zu stark er-
scheinen, werden warme Douchen auf den Thorax verordnet, welche
ebenso, aber in geringerem Grade die Blutüberfüllung der Schleim-
häute herabsetzen. Auch pleuritische Ergüsse und trockene Pleuri-
tiden werden von der lang dauernden warmen, stark gespannten
Douche günstig beeinflusst. Femer passen nach Mont-Dore vor-
züglich die Elinder mit Pharyngitis, Bronchitis, Emphysem und
Bronchialdrüsenerkrankungen, dann die reizbaren Formen der Tuber-
culose und die Phthise der Diabetiker, solange kein Fieber vorhan-
den ist. Diesen theilweise eigenthümlichen Anschauungen bezüglich
der Lidicationen entsprechen auch solche rücksichtKch der Contra-
indicationen , unter denen alle Erkrankungen des Herzens imd der
grossen Gefasse, schwere nervöse Störungen, heftige Diarrhoe, Leber-
und Nierenerkrankungen und Phthise mit Fieber aufgezählt werden.
Karlsbad S. Weinberger fragt: „Soll der Gichtische nach Karls-
oder -^^^ oder nach Pistyan gehen?" (Wien. klin. Rundschau Nr. 14)
bei Gicht? ^^^ findet, dass manchem Karlsbad, manchem Pistyan besser an-
s. Weinberger, schlage, weshalb es sich empfehle, auch in Pistyan beide Curen zu
verbinden, indem der Kranke nach dem 15 — 30 Minuten dauernden
Bade noch ebensolange schwitzt, zu Hause angelangt aber einen
Becher Mühlbrunn, nach 20 Minuten einen zweiten und Nachmittags
eventuell einen dritten erhält. Die Anregung des Stoflfwechsels
durch das Bad mache die Bewegung überflüssig, und diese Combi-
nation passe mindestens für die vielen Gichtkranken, welche die locale
N. Rifczes. Application des Schlammes unbedingt benöthigen. — N. Rifczes
replicirt unter gleichem Titel im selben Blatte Nr. 19, dass Karls-
bad der Indicatio causalis entspreche und auch die übrigen nöthigen
Curmittel biete.
Die Mittheilungen 0. v. Aufschnaiter's über Fangobe-
handlung (Wien. klin. Rundschau Nr. 9, 10, 11 u. 12), welcher
Klimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 629
die Methode an der Klinik Gerhardt kennen gelernt hatte, be- Fango-
ziehen sich auf Erfahrungen in der in Wien errichteten neuen An- Behandlung,
0. V. Auf-
stalt. Der vulcanische Schlamm der Schwefelthermen von Battaglia schnaiter.
besteht etwa zur Hälfte seines Gewichtes aus Wasser; die luft-
trockene Masse stellt ein sehr feines Pulver vor, das noch 3,64 °/o
Wasser, 6,43 °/o organische und 89,93 °/o unorganische Stoffe enthält.
Unter letzteren fäUt ein bedeutender Gehalt an Kieselsäure auf,
zum Theil herrührend von Diatomeenpanzern, die bei directer Appli-
cation auf die Haut sich in diese einbohren und einen kräftigen
Hautreiz setzen. Die bacteriologische Untersuchung ergibt nur einen
minimalen Keimgehalt, entsprechend der hohen Temperatur des Ur-
sprunges. Der Fango wird mit seinem natürlichen Gehalt an Ther-
malwasser im Wasserbade erwärmt, dem leidenden Körpertheüe in
täglich steigender Temperatur und Dauer in dicker Schicht und mit
entsprechender Umhüllung aufgelegt. In der Einpackung sinkt in-
folge des thermischen und mechanischen Hautreizes zunächst Puls-
imd Athemfrequenz bei ansteigendem Blutdruck, dann gewinnt die
Wärmewirkung die Oberhand, Puls- und Athem&equenz steigt bei
gleichzeitig absinkender Herzkrafb, doch verhindert der andauernde
Hautreiz ein excessives Maass dieser Umkehrung im Gegensatze zu
den Verhältnissen beim heissen Bade. Es tritt dann reichliche
Schweissbildung mit Erweiterung der Hautge&sse ein, die so nach-
haltig ist, dass auch Kältereize keine Contraction bewirken, so dass
keine nachträgliche Verkühlung zu befurchten ist. Die Körper-
temperatur steigt, das specifische Gewicht des Harnes und die Stick-
stoffaasscheidung ist vermehrt, aber die Erschlaffung der Musculatur
ist eine geringere als nach dem warmen Bade, wie die Erschöpfungs-
curven zeigen; im ganzen ist die Fangobehandlung minder an-
greifend als die Thermalmethode. Der Fango ist ein vorzügliches
Kataplasma, seine Dichte und gleichmässige Consistenz, das schlechte
Wärmeleitungsvermögen und der intensive Hautreiz gestatten die
Anwendung hoher Temperaturen ohne zu starke Beeinflussung der
Circulation. Die Hautfluxion wirkt ableitend auf innere Organe,
die directe Wärmezufuhr resorbirend auf alle Arten von Exsudaten.
Nach der Einpackung folgt ein kurzes warmes Bad, eventuell eine
kalte Douche. Eine tabellarische Uebersicht von 100 behandelten
Fällen zeigt gute Erfolge bei Polyarthritis rheumatica, Besserung
bei Arthritis deformans, sehr günstige Wirkung bei chronischem
Muskelrheumatismus und bei Neurosen auf traumatischer Basis sowio
bei gonorrhoischer Gonitis, theilweisen Erfolg bei Neuralgieen, jjün-
stigen Einfluss bei Arthritis urica und ganz besonders bei KrknÄti*
630 Clar.
kung der weiblichen Sexualorgane in Form chronischer Entzün-
dungen und Exsudate.
In den letzten Jahren hat sich die Behandlung verschiedener
Gelenkaffectionen mit heisser Luft nach dem Vorgange von Taller-
Ueberhitzte man bewährt, berichtet Fedor Krause über die örtliche An-
p toius Wendung überhitzter Luft (Münchener med. Wochenschr.
Nr. 20). Er arbeitet statt mit dem kostspieligen Taller manischen
Apparat mit einem solchen eigener Construction. Das zu behandelnde
Glied ruht fi:*eigelagert in einem Cylinder aus Asbestpappe, dem die
heisse Luft durch den Schornstein des Quincke'schen Schwitz-
bettes zugeleitet wird. Die Temperatur wird bald von 70 — 80 auf
100 und 120 Centigrade und noch höher gesteigert, die Einwirkung
täglich ein- bis zweimal durch eine Stunde und mehr vorgenommen.
Bis zum Schweissausbruche haben die Kranken ein brennendes Ge-
fühl, dann aber vertragen sie die weitere Hitzesteigerung gut, welche
durch die Kälte erzeugende Verdunstung des Schweisses gemildert
erscheint. Die Schweissproduction ist viel ausgiebiger als bei an-
deren Proceduren und es schwitzt nicht nur das behandelte Glied,
sondern der ganze Körper, und selbst die Haare werden feucht.
Auffallend ist die rasche Schmerzlinderung bei rheumatischen Cre-
lenksleiden, gute Erfolge wurden erzielt bei Arthritis deformans,
bei der subacuten und chronischen Form der gonorrhoischen Ge-
lenkentzündungen, bei nach Verletzungen zurückgebliebener Ge-
lenksteifigkeit , bei chronischen synovialen Gelenkergüssen, chro-
nischer Periostitis, schmerzhafter Muskelspannung. Wie weit bei
acuten Affectionen genützt werden kann, muss weitere Erfahrung
lehren. Manche Kranke vertragen das Verfahren nicht, es bildet
aber eine werthvolle Bereicherung der Therapie, gibt theilweise
bessere Erfolge als heisse Bäder mit Schwitzen oder Douchen und
ist viel einfacher und weniger angreifend.
£. Lindemaim. EmilLindemann benutzt an Stelle der mit Gas oder Spiritus
heizbaren Vorrichtungien das nach seiner Angabe von L. Marcus
in Hamburg construirte Elektrotherm : ElektrischerHeissluft-
apparat (Blätter f. klin. Hydroth. Nr. 10). Dasselbe gestattet
überall, wo eine elektrische Anlage vorhanden ist, die Benutzung
der Elektricität als Wärmequelle. Es besteht aus einem aufklapp-
baren Kasten aus Steinholz mit Oeffiiungen zum Durchstecken der
Extremität und einem daneben befindlichen Schaltbrett mit Rheo-
stat, welcher die Wirkung des Erhitzers im Kasten rasch und genau
zu reguliren erlaubt. Der Patient verfügt ausserdem selbst über
Elimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 631
«inen Druckschalter zur Unterbrechung und Wiederherstellung des
Stromes. Verschiedene Sicherheitsvorrichtungen schliessen eine
Schädigung durch diesen aus und geschieht die Behandlung unter
thermometrischer und hygrometrischer ControUe sowie directer Beob-
achtung durch ein Fenster im Deckel. Vorzüge des Apparates sind
ausser der UngeföhrHchkeit die bequeme Handhabung, die Reinheit
und Trockenheit der erhitzten Luft und die schnelle xmd genaue
Regulirbarkeit der Wärmegrade.
Gute Erfolge wurden erzielt bei Gicht, Arthritis deformans,
chronischen Gelenkdistorsionen und Ischias.
Der activen Hyperämie zieht Aug. Bier die Stauungshyper- Stauung s-
ämie vor („Die Behandlung des chronischen Gelenk- !'^Pr'^'^\''
. " , . bei Gelenk-
rheumatismus mit heisser Luft — activer Hyperämie rheumatis-
— und Stauungshyperämie." Münchener med. Wochenschr. ™^^:
Nr. 31). Er hat gute Erfolge mit dem Quin c keuschen Schwitz- ^^'
bette, in dem er täglich durch 8 — 10 Stunden die Gelenke bei
Tuberculose und chronischem Rheumatismus Lufttemperaturen von
70 — 100° C. aussetzt, findet aber die passive Hyperämie schneller
wirkend und leichter anwendbar. Oberhalb des Gelenkes wird eine
Gummibinde fest um die Extremität gelegt, nachdem deren peri-
pheres Ende bis zum Gelenk durch eine Cambricbinde vor zu star-
kem Anschwellen geschützt wurde. Die Binde wird anfangs dauernd,
dann intermittirend getragen, die Erfolge sind überraschend, aber
die Methode hat wenig Nachahmung gefunden.
Topographisch-balneologische Mittheilungen machte E. Ludwig Doma
auf der 19. öffentlichen Versammlung der balneologischen Gesell- e\*V^*
Schaft über den Curort Dorna Watra in der Bukowina (Veröffent-
lichungen der Hufeland'schen Gesellschaft in Berlin). 3 km von der
rumänischen Grenze liegt der Markt Doma Watra mit seinen Eisen-
quellen. Der Curort ist erst in den letzten Jahren aus seinem
desolaten Zustande auf die Höhe eines modernen Bades gehoben
worden. Er befindet sich nach Stur im Centrum eines krystaUini-
schen Massivs, in welches trachytische Eruptionen aus Siebenbürgen
herüberreichen, und diese erklären die Kohlensäureexhalationen,
-welche bei der QueUbildung eine wichtige ßoUe spielen. Jetzt func-
tionirt ein mit allen modernen Einrichtungen ausgestattetes Bade-
haus für Stahlbäder, Moorbäder und Hydrotherapie, welch letztere
durch eine vorzügliche Süsswasserleitung versorgt wird. Die Mineral-
quellen, welche ausser Eisenbicarbonat wenig andere Stoffe enthalten.
632 Clar.
smd an diesem theilweise so reich, dass sie die berühmtesten Wässer
derselben Kategorie übertreffen. In der Umgebung, besonders in
Pojana stampi, mächtig entwickelte Pflanzenmoore enthalten im
lufttrockenen Zustande über 7 ®/o in Aether lösliche, harzartige Stoffe
in feiner Vertheilung, welchen wohl ein Theil der Moorbäderwirknng
zufallt.
Johannis- E. Ludwig und V.Ludwig, „Die Eisensäuerlinge von
r. T*^^"^ Johannisbrunn in Schlesien" (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 9).
£. Ludwig n. ^
V. Ludwig. Der Curort liegt 380 m über Meer, 2 ^2 Meüen von Troppau, dessen
Aerzte seine Quellen schon im vorigen Jahrhundert benutzten. Die
Quellen entspringen aus den sedimentären Schichten der EuLn-
formation, doch finden sich in der Umgebung zahlreiche Eeste vnl-
canischer Thätigkeit, welche den Beichthum der Gegend an Säuer-
lingen erklären. Von den drei Quellen, Johannisbrunn, Marienquelle
und Paulaquelle, wurden die beiden letzteren, welche erbohrt sind
und zur Trinkcur dienen, der AnalysaAunterzogen. Die Marienquelle
enthält 0,991, die Paulaquelle 0,804 Eisenbicarbonat in 10000 Theüen,
beide sind sehr reich an freier Kohlensäure, zeigen einen massigen
Gehalt an Bicarbonaten der Alkalien imd Erden, einen sehr ge-
ringen an Sulfaten, Chloriden und organischer Substanz.
Levioo, E. Ludwig und R« v. Zeynek, „Chemische Unter-
E. Ludwig u. suchung der Mineralquellen von Levico" (Wiener klin.
Wochenschr. Nr. 26). Levico liegt 520 m hoch zwischen der Cima
d'Asta und Trient im Gebiete der Schieferhülle, welche deren grani-
tischen Kern umgibt, der wohl eruptiven Ursprungs ist. Dieser
zerklüfteten Schieferhülle entspringen auch zu Vetriolo in 4200 m
Luftlinie von Levico dessen beide Quellen, das Starkwasser und
Schwachwasser. Ersteres entquillt einer 150 m langen Grotte in
einer Ergiebigkeit von 11 1 pro Minute mit 14° C. Temperatur, ent-
hält 46,027 schwefelsaures Eisenoxydul und 16,660 ireie Schwefel-
säure in 10000 Theüen als Hauptbestandtheile , femer Sulfate von
Magnesia, Kalk, Zink und Thonerde, endlich 0,060 Arseni^säure-
anhydrid. Das Schwachwasser enthält nur 3,703 schwefelsaures
Eisenoxydul, ausserdem 0,595 Eisenbicarbonat, keine freie Schwefel*
säure und nur Spuren von Arsen.
Klimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 633
8. Hjdrotheraple.
W. Winternitz sprach in der 19. öffentlichen Versammlung Hydro-
der balneologischen Gesellschaft über die Hydrotherapie des *^®'*P^® ^*"
Ulcus rotundum ventriculi (Blatter f. klin. Hydroth. Nr. 5). rotundum,
Es ist wahrscheinlich, dass eine chlorotische Blutbeschaffenheit mit w. Winternitz.
Verminderung des Hämoglobingehaltes und der Blutalkalescenz bei
gleichzeitiger Hyperacidität des Magensaftes zum Magengeschwür
disponirt. Durch die Verminderung der Blutströmung etwa in Form
eines Angiospasmus kann die Disposition zur Schädlichkeit anwachsen
und im Zusammentreffen mit einer zufälligen Lasion, vielleicht durch
Ingesta oder ein Trauma, zu einem peptischen Geschwüre fuhren.
Die anatomische Beschaffenheit des Magengeschwürs zeigt ja, dass
es sich nicht um ein eigentliches Geschwür, sondern um einen trichter-
förmigen Substanzverlust handelt, welcher Aehnlichkeit mit dem Mal
perforant du pied hat, das zweifellos auf einen Nerveneinfluss zurück-
zufuhren ist. Es wird sich darum handeln, dem vermutheten Angio-
spasmus entgegen zu arbeiten und die Circulation in der Magen-
schleimhaut zu bessern, wozu sich flüchtige, wenig Wärme ent-
ziehende hydriatische Proceduren eignen, die nach den Unter-
suchungen von Strasser auch die Alkalescenz des Blutes erhöhen.
Obwohl bei Chlorose die Wärmeproduction herabgesetzt ist, verbietet
dies keineswegs die Anwendung niedriger Temperaturen, sondern
kurze thermische Nervenreize steigern die Wärmeproduction in ähn-
licher Weise, wie kleine Blutentziehungen die Blutbüdung anregen.
Allerdings muss der Eintritt einer prompten Reaction überwacht
werden, allein wenn nach jeder einzelnen Procedur sich das Aus-
sehen des Patienten bessert und der Blutdruck steigt, wird auch die
Magenschleimhaut besser und von einem starker alkalischen Blute
durchströmt und dadurch die Bedingung fär die Heilung des Ge-
schwüres geboten werden. Bezüglich der einzelnen Symptome wird
die Gardialgie ausser durch die auf Hebung der allgemeiaen Circu-
lation abzielenden Proceduren durch kurze, kalte Sitzbäder in der
Dauer von 3 — 5 Minuten mit nachfolgenden Leibbinden günstig be-
einflusst. Mit letzteren kann der heisse Magenschlauch verbunden
werden, derselbe soll aber nur 10 — 15 Minuten liegen bleil-en- Auch
kalte Herzschlauclie bessern die allgemeine und dadurch die Iccale Cir-
culation« Winternitz ist der Ansicht, dass durch eine Ausschal-
tung der Magenfimction in Form absoluter Abstinenz das Ausbleiben
von Secretion sauren Magensaftes nicht gewahrleistet ist und un'.cr
634 Clar.
Hydro- anderem auch die übrigens mangelhafte Ernährung durch den Darm
therapiedes auf reflectorischem Wege eine solche herbeiführen kann. Es empfiehlt
ro tun dum, ^^^^ vielmehr eine strenge Milchcur, welche der beste Eegulator der
w. Winternitz. Acidität des Magensaftes ist. Die Milch wird in öfteren und kleinen
Quantitäten gereicht und gewöhnlich entfettet, abgekocht und lau-
warm am besten vertragen. Gegen das gefcLhrlichste Symptom, die
Blutung, ist die directe Kälteeinwirkung durch Schlucken von Eis-
pillen oft erfolglos, weil sie nicht gerade auf den Ort der Blutung
wirkt und sich bald eine schädliche Menge von lauem Wasser im
Magen ansammelt. Dagegen hat sich wiederholt die Ausnutzung der
reflectorischen Gefasscontraction bewährt, welche auf eine Kälte-
application im Mastdarm in der Magenwandung eintritt und welche
sich beim Experiment als Temperaturabnahme des Mageninneren
documentirt. Es ist demnach das Einfuhren von kleinen Eisstückchen
in das Rectum ein rationelles und wirksames Vorgehen.
Eine TJebersicht der Hydrotherapie bei chronischen Er-
Hydro- krankungen der Verdauungsorgane gibt Arthur Löbel
the^ra^pie (ßjätter f. klin. Hydroth. Nr. 4). Bei der Behandlung von Magen-
Verdauung s- krankheiten muss sowohl durch die Regulirung des Blutkreislaufes
Organe, auf die Function der Drüsen der Schleimhaut als durch Eeflexwirkung
auf die musculären Elemente Einfluss gewonnen werden. Die Dys-
peptiker bilden zwei Ghiippen, einestheüs mit Beizerscheinungen wie
Magenkrämpfen und Erbrechen, andererseits mit Trägheitszuständen,
die von Fäulnissprocessen begleitet werden. Man wird besonders
bei zarten, anämischen Personen mit Theüabreibungen und Leib-
binden beginnen, Einpackungen und ganze Abreibungen können
folgen. Bei torpidem Charakter werden sich weiter kräftige wechsel-
warme Begenbäder, bei der erethischen Form Halbbäder mit Ueber-
giessungen empfehlen. Bei atonischen Magenerkrankungen wendet
Verf. das kalte, bei besonderer Erregbarkeit das warme Sitzbad und
den auf das feuchte Blatt einer Leibbinde applicirten warmen Magen-
schlauch an. Bei Darmcatarrh mit Diarrhoe ist eine kalte Abreibung
mit gut ausgerungenem Tuche, gefolgt von einem kalten Sitzbade in
der Temperatur von 10 — 14° und der Dauer von 10 Minuten und
länger, das souveräne Mittel, dem eine feuchte Leibbinde sich an-
schliesst. Bei Krampfformen und Kolikschmerzen werden Sitzbäder
von 26 — 30° und langer Dauer oder die feuchte Einpackung mit
folgendem Halbbade angerathen. Gegen Obstipation wird ausser der
Lrigation das kurze kalte Sitzbad zur Anregung der Peristaltik em-
pfohlen, femer die kräftige Uebergiessung des Unterleibes im Halb-
Klimatologie, Balneologie, Hydi'otherapie. 635
bade und die wechselwarme Deuche. Wo die träge Darmfunction
mit Kopfcongestionen verbimden ist, passt das fliessende kalte Fuss-
bad. Bei Icterus haben die Injectionen von kaltem Wasser, ver-
bunden mit reichlichem Wassertrinken, der dreistündig gewechselten
Leibbinde und Milchdiät raschen Erfolg. Chronische Proctitis und
Hämorrhoiden erfordern die Anwendung kalter Sitzbäder und Leib-
binden, sowie des Mastdarmkühlers.
Speciell für die hydriatische Behandlung der Diarrhoe
gibt B. Buxbaum klare und einfache Regeln (Blätter f. klin. Hydria-
Hydroth. Nr. 9). Er findet, dass die bei den verschiedensten Formen J**^?,®
der Diarrhoe bewährten hydriatischen Proceduren noch viel zu wenig der
angewendet werden. Sowohl bei acuten als chronischen Fällen und Diarrhoe,
unabhängig von deren Veranlassung ist das kalte Sitzbad am Platze. * ^ *"°^'
Tragen die Ligesta die Schuld, so dient es in kurzer Dauer zur An-
regung der Peristaltik und Eeinigung des Darmes. Mit der aus-
giebigen Entleerung sistiren gewöhnlich die vorausgegangenen KoUken.
Analog wird auch die paradoxe Diarrhoe behandelt, welche bei
Stagnation des Darminhaltes mit Büdung reizender Zersetzrmgs-
producte auftritt. Zur Verminderung der Peristaltik werden eben-
falls die prolongirten Sitzbäder wenig imter Blutwärme und der
heisse Magenschlauch, eventuell die Dampfcompresse in Form eines
heissen Umschlages auf trockenem Flanell empfohlen. Bei starker
Hyperämie mit sehr vermehrter Secretion passt wieder die Reihen-
folge: kalte Abreibung, länger dauerndes kaltes Sitzbad und Leib-
binde, um durch Ableitung und Reflex die Darmgefasse zur Con-
traction und die Peristaltik zur Ruhe zu bringen. Auch bei
Diarrhoe infolge tuberculöser Darmgeschwüre erzielen Leibbinden
und Abreibungen aus der Bettwärme palliative Erfolge. Sitzbäder
bewähren sich auch bei Dysenterie, wo durch 1 — 1 ^a Stunden fort-
gesetzte Eissuppositorien besonders gegen den Tenesmus wirksam
sind. Die Erkältungsdiarrhöen, mit denen viele Personen auf
Witterungsinsulte antworten, beruhen auf mangelhafter Reactions-
iahigkeit der Haut, und durch systematisch fortgesetzte Abreibungen
wird die Disposition am besten behoben. Nervöse Diarrhöen sind
Theilerscheinungen der Neurasthenie und finden ihre rationelle Be-
handlung durch Halbbäder.
Derselbe Autor brachte auf der 19. öffentlichen Versammlung der
balneologischen Gesellschaft Beiträge zur PathologieundThera-
pie der Chlorose (Veröffentl. der Hufeland'schen Ges. in BerUn)
686
Clar.
Hydro- Da es sich bei der Chlorose nicht nur um Eisenmangel des Blutes^
'^nvf ^** ^^^ sondern um den Eückgang einer Eeihe von organischen Functionen
B. Bazbaom. handelt, haben kurze, kräftige, mechanisch-thermische R^ize guten
Erfolg und sie steigern auch den Hämoglobingehalt des Blutes. Mit-
unter handelt es sich aber um die von Winternitz als Anaemia
spuria bezeichnete ungleichmässige Vertheilung des Blutes, das sich
besonders bei Enteroptose in den venösen Gefassen des Abdomens
infolge zu schwacher Peristaltik ansammelt. Hier haben die all-
gemein tonisirenden Proceduren eine verhältnissmässig geringe Wir-
kung im Vergleiche zu kurzen, kalten, die Peristaltik anregenden
Sitzbädern. Das langdauemde kalte Sitzbad, vermindert die Peri-
staltik wieder, fährt aber bei Gesunden das Blut aus den ünter-
leibsorganen anderen Bezirken zu, wobei sein Gehalt an Erythro-
cyten und Hämoglobin in der Peripherie mit der Dauer des Sitz-
bades steigt. Bei Patienten mit Enteroptose aber findet diese Steige-
rung nur anfanglich, etwa in den ersten 5 Minuten der Badedauer
statt, dann tritt wieder eine Abnahme ein. Ausser den Sitzbädern
empfehlen sich auch Halbbäder mit hohen Bauchübergiessungen und
Begenbäder mit kräftigem Fächer auf den Unterleib.
Vegetabili- In derselben Versammlung sprach Alois Strasser über vege-
BcheDiät- tabilische Diätcuren (Blätter f. klin. Hydroth. Nr. 3). Der
A. straBBer. Vegetarierkampf hat jedenfalls das Verdienst, die excessive Er-
nährung mit Fleisch eingedämmt zu haben. Obwohl das Pflanzen*
eiweiss weniger ausgenutzt wird als das thierische, so ist die Er-
nährung mit Vegetabiüen doch möglich, nur bedarf es grösserer
Volumina, es kommt bald zur Sättigung, aber auch Hunger tritt
rascher wieder ein. Bei schwer atonischen Zuständen ist diese Diät
auszuschliessen , bei schwächlichen Leuten und leichter Darmatonie
soll der Uebergang zu ihr allmählich erfolgen, bei robusten Patienten
und directer Schädlichkeit der Fleischnahrung aber plötzlich, ebenso
bei übemährten Neurasthenikem mit Plethora abdominalis. Gute
Resultate gibt oft eine mit Milchcur combinirte vegetarische Di&t
bei Chlorose, wo ja häufig Widerwille gegen Fleisch besteht. Es
passen dann grüne Gemüse, Leguminosen und Obst, mit Ausschluss
von viel Stärkemehl. Die Cur wirkt wahrscheinlich als Alterans, sie
wird nicht sehr lange, etwa 3 — 6 Wochen ertragen, wenn aber dann
wieder zur gemischten Kost übergegangen wird, nimmt die Ernährung
im ganzen zu. Wo die Verdauung mit Reizerscheinungen, wie Urti-
caria etc. einhergeht, sind diese bei vegetarischer Ncdirung ver-
mindert, Scorbut heilt unter einer sofort in toto etablirten vege-
Elimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 637
tarisclien Diät, bei Arteriosklerose wirkt sie durch Ausfall der
toxischen Substanzen, welche die Intima der G^fasse reizen, günstig,
besonders wenn gleichzeitig viel Müch genossen wird. Wenn keine
schwere Magendilatation vorhanden ist, werden Darmanästhesieen
ausgezeichnet beeinflusst, ebenso Gicht, diese aber nur bei langer Fort-
setzung der Cur in nicht ausschliesslicher Weise. Bei Phosphaturie
wären Fett und Kohlehydrate, bei Oxalurie grüne Gemüse und Obst
zu bevorzugen, bei Diabetes grüne Gemüse, Leguminosen, saure
Aepfel, Erdbeeren in Verbindung mit dem nöthigen Fleisch und Fett.
Derselbe Autor bespricht die Berechtigung der Hydrotherapie bei Hydro-
den zahlreichen Diabetikern, welche thatsächlich wegen der von ihrer ^^^j^^P»®
Grundkrankheit bedingten Beschwerden in Wasserheilanstalten Zu- Diabetes,
flucht suchen („Diabetes und Hydrotherapie." Blätter f. klin. ^- strasser.
Hydroth. Nr. 1). Während bei manchen StoflFwechselkrankheiten
wie Fettsucht xmd Gicht die Indication zur Steigerung der Oxydation
besteht, trifft dies bei Diabetes im allgemeinen nicht zu, sondern
nur bei der Glykosurie der Fettleibigen. Nur diese vertragen
energische Proceduren zum Zwecke der Steigerxmg des Stoffwechsels,
für den wahren Diabetiker mit schon gesteigertem Umsätze sind
milde Formen der Wassercur und vor allem die 1 — 1^« Stunden
dauernde feuchte Einpackung mit folgender kurzer Douche, Ab-
reibung oder einem Halbbade am Platze. Sie wirkt ebenso günstig
auf die Haut, als gegen die Erregungszustände und rheumatoiden
Schmerzen. Die Toleranz fiir Kohlehydrate steigt während einer
Wassercur, die spröde blasse Haut wird besser durchblutet, succu-
lenter und mehr zu Schweiss geneigt, die Diurese und etwa vor-
handene Albuminurie nimmt ab, ebenso der Heisshunger und die
Acetonurie, das Körpergewicht bleibt durch Verminderung des Ei-
weisszerfaUes im gleichen. Letzterer ist entweder ein physiologischer
zur Erhaltung des Calorieengleichgewichtes , oder durch Toxine be-
dingt. Im ersten Falle nützt die Hydrotherapie durch vermehrte
Ausnutzung der stickstoffhaltigen Nahrung mit Schonung des Körper-
eiweisses und im zweiten durch Oxydation der toxischen Substanzen.
Gleichzeitig verringert sich die Obstipation und die Neigung zu
Tuberculose. Der Pho^phatdiabetes imd die Acetonurie, wie sie
beide ohne Glykosurie bei schweren psychischen Depressionszuständen
vorkommen, erfordern wahrscheinlich dieselbe Behandlung.
Grossentheils auf der hydriatischen Abtheilung des Prof Winter-
nitz vollendete Alexander Simon eine experimentelle Studie
638 Clar.
Dampfbäder über den Einfluss der Dampfbäder auf die Magensecretion
und Magen. (Blätter f. klin. Hydroth. Nr. 11). Schon vor längerer Zeit hatten
A. Simon.' Zaniecki und später Gruzdow bei Versuchen an Gesunden und
Magenkranken gefunden, dass heisse Bäder und Dampfbäder eine
Abnahme des Säuregrades und der Verdauungsfahigkeit des Magen-
saftes bewirken. Verf. prüfte den Einfluss des Dampfkastenbades
auf die Magensaftabsonderung bei mehr als 20 Fällen und fand bei
Hyperacidität ein bedeutendes Absinken des Säuregrades, welches
nicht unmittelbar nach dem Bade beginnt, aber auffallend lange an-
hält, so dass manchmal erst im Verlaufe von mehreren Tagen der
normale Zustand zurückkehrt. Ist dagegen die Acidität schon an
und für sich gering, so ist es schwer, sie noch weiter herabzusetzen.
Die Erscheinung lässt sich nicht einfach als Folge der Anämie der
Magenschleimhaut deuten, welche bei der reichlichen Durchblutung
der Haut im Schwitzbade allerdings eintreten muss, aber doch nur
kurze Zeit anhalten kann. Es scheint vielmehr die Verarmung des
Organismus an Chloriden durch den Schweiss die Hauptrolle zu
spielen, so wie umgekehrt subcutane Injectionen von KochBalzlösung
die saure Secretion des Magens erhöhen. Vorläufig steht fest, dass
Schwitzbäder bei verminderter Acidität nicht passen und auch bei
nervösen Magenerkrankungen nutzlos erscheinen, aber bei zu reich-
licher saurer Absonderung von sehr günstigem Erfolge sind.
Hydro- Eine Arbeit physiologischen Inhaltes ist: Edmund Kowalski,
^^^i*?/* „Ueber den Einfluss von äusseren hydrotherapeutischen
and Gallen- ", n -, * r^ u /^
secretion, Proceduren auf die Grallensecretion (Blätter f. klin. Hydroth
E. Kowalski. Nr. 11). Einem 10,5 kg schweren Hunde wurde eine complete
Gallenfistel angelegt, die Gallenmenge betrug im Durchschnitte
mehrtägiger Versuchsreihen für 12 Tagesstunden ohne Anwendung
von Proceduren 46 ccm, nach heissen Bädern 56 ccm, bei der An-
wendung kalter Douchen nur 48 ccm , aber bei heissen Bädern in
Verbindung mit kalten Proceduren 74 ccm. Heisse Douchen hatten
keinen Einfluss, und bezüglich der kalten, welche die Gesammt-
absonderung wenig alterirten, ergab sich eine momentane Ausschei-
dung von 3 — 8 ccm innerhalb 5 Minuten, während sie vor Anwendung
der Douche in demselben Zeiträume höchstens 1,6 ccm betragen
hatte. Der kurzdauernde Kältereiz vermehrt die Gallenausscheidung
ohne Aenderung des Procentgehaltes an festen Bestandtheilen , die
vermehrte Absonderung nach heissen Bädern zeigt aber auch einen
höheren procentischen Stoffgehalt. Verf. meint, da heisse Bäder die
Absonderung, kalte die Ausscheidung steigern, erkläre sich der
Klimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 639
grösste Effect bei einer Verbindung beider Badeformen. Es bleibt
aber fraglich, ob eine momentane Ausscheidung der schon abge-
schiedenen Galle den täglichen Durchschnitt beeinflussen kann, man
wird sich also mit dem Versuchsergebnisse begnügen, dass die
thermische Contrastwirkung die Gallensecretion am meisten steigert.
Derselbe Verfasser bringt ausführliche Untersuchungen Wirkung
über das Verhalten der Temperatur und der Circulation rr^olufa«««
r Umscnlagen
in den Bauchhöhlenorganen unter dem Einfluss von auf
Umschlägen (Blätter f. klin. Hydroth. Nr. B— 8). Die Erwärmung Temperatur
und Abkühlung des Bauchinneren ist nicht gleichbedeutend mit ciroulation
Hyperämie und Anämie, die Experimente an Hunden und Kaninchen £• Kowalski,
ergaben nicht constant, aber in der Mehrzahl der FäUe ein um-
gekehrtes Verhalten. Es zeigte sich bei E»eizung des Nervus de-
pressor, welche den Blutzufluss nach der Bauchhöhle vermehrt und
von einem Sinken des Blutdruckes in der Carotis begleitet ist, meist
ein geringes Fallen des in die Bauchhöhle gesenkten Thermometers.
Im Gegensatze hierzu zog die im Gefolge der Beizung des Nervus
splanchnicus oder einer Aortencompression auftretende Anämie einen
minimalen Temperaturanstieg nach sich. Beim Einstellen der Reizung
des Depressor steigt die Temperatur ein wenig, die Freigabe des
Blutstromes durch EinsteMen der Reizung des Splanchnicus oder des
Druckes auf die Aorta zeigt die grösste Differenz in einem Abfalle
von 0,1 — 0,2° C. Bei der Anwendung kalter Umschläge auf den
Bauch steigt in der Regel der Blutdruck in der Carotis, und er fallt
nach der Application von heissen Umschlägen. Man kann also an-
nehmen, dass erstere eine Contraction, letztere eine Dilatation der
Bauchgefasse bewirken. Ausserdem beeinflusst der Umschlag die
Temperatur der Tiefe durch directe Wärmeleitung und durch Ver-
mittelung des kreisenden Blutes, welches mit seiner an der Ober-
fläche erlangten Temperatur die Wärmeverhältnisse im Inneren ändert.
Demnach erscheinen die Veränderungen der Temperatur in der Bauch-
höhle unter dem Einflüsse von Umschlägen als die resultirenden
entgegengesetzt wirkender Factoren, von denen der überwiegende
den Ausschlag gibt.
H. Storoscheff bringt Mittheilungen über die physio-
logische Wirkung des Wassertrinkens rücksichtlich
seiner Menge und seiner Temperatur (Blätter f. klin.
Hydroth. Nr. 10). Die Menge des Wassers, welche der Organismus
ausscheidet, ist etwas grösser als jene des eingenommenen, weil er
640 Clar.
Wirkung selbst durch die Verbrennung Wasser bildet. Bei gewöhnlicher
des Wasser- Lebensweise nimmt der Erwachsene etwa Vit Liter Wasser im Gte-
H. storoscheir. *rän^ ^"^<i V« Liter in der festen Nahrung zu sich , 4 Personen
hielten diese während der ersten Versuchswoche ein, tranken in der
zweiten 700 — 1200 ccm Wasser über den Tag vertheilt und in der
dritten das Doppelte. Der Stickstofiumsatz nahm bei vermehrtem
Trinken in allen FäUen zu, die Assimilation des Nahrungsstick-
stoffes aber nur in der mittleren Periode, in der dritten nahm sie
wieder ab. Li einer anderen Versuchsreihe wurden die Speisen und
Getränke theils möglichst kalt, theils möglichst heiss genossen; ea
fand beim kalten Begime eine etwas grössere Assimilation des Nah-
rungsstickstoffes statt.
Blut- B. Friedländer stellte zahlreiche Versuche über Verände-
veränderungj.mjorQjj ^^^ Zusammensetzung des Blutes durch ther-
durch .
thermische i^^ische Einflüsse an, welche sich sämmtlich auf das mensch-
EinflüBse, liehe Capillarblut beziehen (Blätter f. klin. Hydroth. Nr. 2). Er fand
R. Friedländer, ^g- ^^^ Application intensiver und anhaltender Kältereize, welche
mit einer Oontraction der Hautgeflässe einhergeht, eine durchschnitt-
liche Verminderung der rothen Blutkörperchen um ca. 7®/o, während
die Leukocyten um ca. 16 ^fo vermehrt erschienen und das speeifische
Gewicht des Blutes bei gleichbleibender Serumdichte eine Abnahme
erfuhr. Im Beactionsstadium nach kurzen Kälteeinwirkungen, wie
Halbbädem und Fächerdouchen , findet sich in dem erweiterten Ca-
pillargebiete der Haut eine gleichmässige Vermehrung der rothen
und weissen Blutkörperchen um ca. 13 ^/o, einhergehend mit Er-
höhung des specifischen Gewichts des Blutes ohne Aenderung der
Serumdichte. In beiden Fällen handelt es sich also um keine Ein-
dickung des Blutes , sondern um eine andere Vertheilung der Form-
demente desselben im Gefösssysteme. Nur Wärmeeinwirkungen mit
Schweissbildung dicken das Blut unter Zunahme der Serumdichte
wirklich ein, gleichzeitig steigt das specifische Gewicht des Blutea
xmd nimmt die Zahl der rothen Blutkörperchen um ca. 11 ^/o, jene
der weissen um ca. 18®/o zu. Jeder thermische Reiz bewirkt also
eine Zunahme der Leukocyten und die Zunahme der Erythrocyten
ist bei der neuroirritativen Congestion ausgiebiger als bei der neuro-
paralytischen.
Wilhelm Winternitz, „Die Wasserbehandlung des
Unterleibstyphus auf der Klinik" (Blätter f. klin. Hydroth.
Nr. 12). Trotz der Kenntniss des E berth- Gaff ky'schen Bacillus
Klimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 641
ist kein specifisches Mittel gegen den Typhus gefunden worden und Hydro-
als einzig empfehlenswerthe Methode ist die Wasserbehandlung an- «'»P «
erkannt, welche aber keineswegs bloss als antithermisches Verfahren Unterleibs-
zu betrachten und als antipyretische Heilmethode zu bezeichnen ist. typhua,
Die alte Schönlein'sche Ansicht von der Heilwirkung des Fiebers
gegenüber den parasitären Krankheitserregern gewinnt in neuester
Zeit wieder Boden. Trotzdem ergibt sich aus der Erfahrung die
Nothwendigkeit , das Fieber zu bekämpfen, nicht aber bloss die
Temperatursteigerung, denn Ueberhitzung und Gefahr decken sich
nicht vollkommen, wie schon Naunyn's überhitzte Thiere beweisen.
Auch die parenchymatösen Degenerationen und Himerscheinungen
scheinen nicht einfache Consequenzen der Ueberhitzung zu sein, es
zeigen TyphusfaUe mit subfebrilen Temperaturen manchmal einen
pemiciösen Charakter, der sich bessert, wenn nach einem kühlen
Bade die Temperatur steigt. Ebenso ist die Körperconsumption mehr
dem Infectionsprocesse als der Wärmesteigerung zuzuschreiben,
welche übrigens nicht nur auf einer Vermehrung der Wärmebildung,
sondern auch auf einer Verminderung der Wärmeabgabe beruhen
kann. Mader hebt die lähmende Wirkung des Typhusgiftes auf
die vasomotorischen Nerven hervor und findet hier einen günstigen
Angriffspunkt für die Hydrotherapie, welche auch die Bronchien zur
Expectoration und die paretischen Gedärme zur Contraction anregt.
Wenn der Dikrotismus nach einer Kälteapplication auf einige Zeit
schwindet und das Herz langsamer und kräftiger schlägt, zeigt sich
darin die günstige symptomatische Wirkung, aber der Kältereiz übt
auch einen blutverbessemden Einfluss aus, indem er der Verminderung
der weissen Blutkörperchen steuert, den Alkalescenzindex erhöht und
zur Ausscheidung der Toxine beiträgt. Verf. wendet sich also gegen
die Auffassung Curschmann's (in dessen Buche über den Unter-
leib.styphus) von der Wasserbehandlung als blosser Wärmeentziehung
und ist auch mit dem Ausschluss der weniger schweren Fälle von
der Hydrotherapie nicht einverstanden, weil ja diese einen ernsten
Charakter annehmen können und es darauf ankommt, die Wehr-
kräfte des Organismus der Intoxication gegenüber möglichst früh-
zeitig wachzurufen. Bei Anzeichen von Darmblutung und bei peri-
tonitischer Reizung sind locale Abkühlungen empfehlen swerth, ho wie
bei Herzschwäche Proceduren günstig wirken, welche die peripheren
Widerstände herabsetzen imd die Innervation reflectorinch stei^orn.
Auch schon früher bestehende, besonders constitutionelle Erkran-
kungen schliessen die Hydrotheraj)ie nicht au», ebenHowoni^ daH
Alter oder die Blutarmuth junger Personen oder Fettlei bigk(jit, nur
Jahrbach der pncÜBchen Mediein. 1899. ^j
642 Clar.
Hydro- darf nicht, in der Absicht, schonender zu verfahren, der thermische
therapie Nervenreiz ein zu geringer sein, um mit Sicherheit die volle Beaction
Unterleibs- hervorzubringen. Die in dem Buche Curschmann's besonders
typhns, empfohlenen Vollbäder hält Verf. für weniger zweckmässig als die
W. Wintemitz. Halbbäder, da diese die Möglichkeit einer besseren Bearbeitung der
Hautoberfläche zur Vermehrung der Wärmeabgabe bieten. Die
günstige Wirkung auf Puls und Athmung tritt nur bei niedrigen
Temperaturen ein. Von grösster Wichtigkeit ist das frühzeitige
Einsetzen der Wasserbehandlung schon in der ersten Woche, um
der Entwickelung der Schädlichkeiten keine Zeit zu gönnen , und
nicht nur bei schweren, sondern bei allen Formen ist es ein Kunst-
fehler, die Wassercur nicht anzuwenden.
Lehrbücher und Monographieen.
Simon Baruch, The principles and practice of hydrotherapy. New York.
P. Berger, Führer durch die Privatheilanstalten Deutschlands, Oesterreicbs
und der Schif^eiz. Mit ausführlicher Darstellung der modernen Be-
handlungsmethoden. 6. Aufl. Berlin.
R. B rasch, Kritische Betrachtungen über Ernährung, ^toffirechsel und
Eassinger Curen. Wiesbaden.
Foss, Das freiberrlich v. Sierstorff-Cramm'scbe Bad Driburg in seinen
alten und neuesten Heilfactoren nebst einigen balneotherapeutischen
Novitäten. Braunschweig.
G. Gager, Bad Gastein. Berlin.
W. Gebbardt, Die Heilkraft des Lichtes. Leipzig.
S. Cb. Gräupner, Die Störungen des Kreislaufes und ihre Behandlung
mit Bädern und Gymnastik, Berlin,
J. S. Hahn, Die wunderbare Heilkraft des frischen Wassers bei dessen
innerlichem und äusserlicbem Gebrauch. 6. Aufl. Mit Vorwort von
Prof. Dr. W. Wintemitz. Leipzig.
E. H. Kisch, Balneotherapie und Klimatotherapie in Eulenburg's und
SamueTs Lehrbuch der allgemeinen Therapie und therapeutischen
Methodik. Wien.
H. Koeppe, Die physikalisch-chemische Analyse der Mineralwässer.
Desider Kuthy, Die Sanatoriumbehandlung der Tuberculose, hygienisch-
diätetische Therapie mit besonderer Berücksichtigung der unbe-
mittelten Tuberculotiker. Mit einem Vorwort von F. v. Koranyi
und Einleitung von Leon-Petit in Paris. Budapest. (Ungarisch.)
J. Leva, Die nervösen Magenkrankheiten und ihre Behandlung in Tarasp.
Zürich.
V. Liebermeister, üeber Lungenschwindsucht und Höhencurorte. Vort r.
Klimatologie, Balneologie, Hydrotherapie. 643
G. y. Lieb ig, Der Luftdruck in den pneumatischen Kammern und auf
Höhen vom ärztlichen Standpunkte. Braunschweig.
6. Loimann, Kritische Studien über Moor- und Minei-almoorbäder.
Angelo Mosso, Der Mensch auf den Hochalpen. Leipzig.
C. Scherk, Die freien Ionen und die ungelösten Salz Verbindungen in
ihrer Wirkung bei Gebrauch von natürlichen Mineral wassertrinkcuren.
Halle a. S.
Hermann Weber, The mineral waters and health resorts of Europe.
London.
W. Winternitz und A. Strasser, Hydrotherapie.
XI.
Arzneimittellelire und Toxikologie.
Von Prof. Dr. B« Gottlieb, Director des pharmakologischen Instituts
der Universität Heidelberg.
Allgemeines.
(Arzneiverordnung, Hautresorption, üntersuchungs-
methoden etc.)
Arzneien Fr. Moritz weist in einem Vortrage im ärztlichen Verein zu
und München (Ueber die Beziehunscen zwischen Arzneien und
MoiltK. Magen. Münchener med. Wochenschr. Nr. 48) auf einige fiir die
Arzneiverordnung wichtige Consequenzen hin, die sich aus den neueren
Arbeiten über die Resorption im Magen ergeben. Ungünstig kann
einerseits die Magenthätigkeit einzelne Arzneisubstanzen beeinflussen,
indem z. B. das Trypsin der Pankreaspräparate durch das Pepsin oder
die Alkalien, welche auf den Darm einwirken sollen, durch die Magen-
säure zerstört werden; ungleich häufiger wird aber andererseits der
Magen durch gereichte Arzneien geschädigt. Die Schädigung wird xun
so geringer sein, je rascher das Arzneimittel aus dem Magen in den
Darm fortgeschafft wird. Desto rascher erfolgt aber auch die Re-
sorption. Dies geht aus den experimentellen Arbeiten von Tappeiner,
Brandl, v. Mering und Moritz hervor, die übereinstimmend ge-
zeigt haben, dass man die resorptive Leistung des Magens früher
ungemein überschätzt hat imd dass für die meisten wassrigen
Lösungen geradezu der Darm das ausschliesslich resorbirende Organ
darstellt. Salze, Zucker, Pepton werden erst bei höherer Concen-
tration im Magen resorbirt, imd für das Wasser lässt sich nachweisen,
dass die Resorption im Magen gleich NuU zu setzen ist und in den
einzelnen Darmabschnitten nach abwärts hin immer mehr zunimmt.
Arzneimittellelire und Toxikologie. (545
Ein Arzneimittel, das lange im Magen verweilt, wird deshalb langsam,
ein solches, das den Magen rasch verlässt, wird rasch resorbirt. Wie
können wir nun die Schnelligkeit beeinflussen, mit der ein Arznei-
mittel den Magen passirt? Dieselbe hängt vor allem vom Inhalte
des Magens ab, und Experimente am menschlichen Magen ergaben,
dass Wasser und neutrale Salzlösungen den Magen am raschesten
verlassen, ganz schwach die Schleimhaut reizende Lösungen, wie
Suppe, Wein etc. werden schon langsamer fortgeschafft, und am
längsten verweilen Flüssigkeiten, neben denen sich noch feste Nahrung
im Magen befindet. Diese Schlussfolgerungen wurden durch Ver-
suche erhärtet, in denen leicht nachweisbare Indicatoren (salicyl-
saures Natron, Jodkalium, gepulverte Holzkohle) unter verschiedenen
Bedingungen dargereicht und durch Ausheberung des Magens con-
trollirt wurde, in welcher Zeit sich derselbe der eingeführten Sub-
stanz entledigt hatte. Ein möglichst rascher Durchgang durch den
Magen und eine möglichst rasche Resorption wird demnach erzielt,
wenn man Arzneimittel nüchtern mit */2 — 1 Glas Wasser nehmen
lässt; ein Narkoticum, Schlafinittel oder Fiebermittel kommt so am
promptesten zur Wirkung. In gleicher Weise mit viel Wasser ge-
reicht, wird eine reizende Substanz den Magen am wenigsten
schädigen; die Gegenwart der sog. Mucilaginosa verzögert zwar
den Durchtritt der Arzneien durch den Magen, dieser Umstand
wird aber durch die schützende Wirkung dieser einhüllenden Sub-
stanzen ausgeglichen. Weit vollkommener wird freilich das Problem
der Schonung des Magens gegen Arzneireizung dadurch gelöst, dass
man Arzneistoffe einfuhrt, die im Magen unlöslich sind imd erst im
Darm gelöst werden, z. B. Salol, Tannalbin etc., oder durch Ein-
fuhrung der Arzneien in erst im Darm löslichen Hüllen (Glutoid-
kapseln). Endlich macht Moritz darauf aufmerksam, dass man sich
in solchen Fällen, in denen die Magenentleerung pathologisch verzögert
ist und in denen man die Resorption vom Magen aus doch in An-
spruch nehmen muss, mit Vortheü der resorptionsbefordemden
Wirkung des Alkohols und der Gewürze bedienen kann, welche für
den Magen Tappeiner, Brandl und v. Mering erwiesen haben.
Man gebe die Arzneien in solchen Fällen mit wenig starkem Alkohol
oder mit Gewürzen (Pfefferminz etc.).
Einen entschiedenen Fortschritt in unserem therapeutischen
Können und zugleich ein neues Hülfsmittel zur experimentellen Er-
forschung der Verdauungsvorgänge scheinen die schon im Vorjahre
von S a h 1 i empfohlenen Glutoidkapseln zu bedeuten, über welche
-^rTtT-r-*-- ir T r TV r ' i" T. ^ Tj- •> It.^ c ilk apseln. C0!T^-
-7. z.i-rz-r.^~ i S Iv^iTrT ArrTTr: Xr. 1j Tind Deatsches Archiv t
"r . T. ü-e — I- . I^r t:- i-T F~rA Kj^LgrrAnn in St. Crallen b-r-
C^^"*-^*'^::. "--1-* --iijtj^tJL sbii i:ir:L F.rrLil'iekyd seikärtete Gtlaiii-
kä;— Iz.. v^l itr £^r:l i:e?e BrLärLz:!^ ?^2^» Wasser imd st--:
PrT -.i.->CzÄii:Lrr Tzi^^nefiL Tri irr^Az. jgfkr.'g gewordön sind^ aber dur i
•lie PiLJzTrrÄ-'Vrrii-:!!^ TrrLil"rLi5s=::J^>£^ I-richt geL>st werden. Di«<
ili+rr:i-=._ljif: irr «TrlaTiir. 'r*r: riijrr ^,'rrJ-i\"' :h-rii Hamin^ dxirch Fom 1
ilr^ Li-ülkrh Tizii V^-:ll::zi^'=flh;zi«rh in Salzsäure-Pep^ mehr
Tizid E:*-Lr ei^Lz::"' ^«^r^-ü. wäijTei. i dir Veria^ilichkeit darcli die Trvi-
äinTrriaTiiizig erLalien ileftt, s^rstanc-t es, die Xapseln in einem v<rr-
siLi-ri-rTien Graie irr WiierstandsiÄlii^keit hennstellexi. Für pra--
t:-:Le Zweike g-rnü^ii drri .Härtegrade". Als «schwache Hamm::"
wenien Kaf«<^ji bez^ri-^imet , die gegen Pepsin-Salzsäare bei 40" C
1 ' t STTind^rn widersta:: isiabig bleiben und sich in Pankreai^So*ia ii
1 — 1 ' 2 StiLL ien L'-sen : bei «minierer Härtung"" dauert die Wbier-
stand-fidLiiikeit gegen Pej«sin-Salzsänre 7 Stunden, die Löfiungszr-r
in Pai^kreas-Soda beträgt 2 — 2* i Standen; bei der «starken Härtimj:*
endlich steigt die Widerstands tahigkeit gegen die Magen verdaatm^
auf 12 Stunden, während sich die Kapseln in Pankrea^-Soda «U-^L
noch in 2S — 3*t Stunden auflösen. Die Glutoidkapseln iin«!
-pülen der beiden letzteren Härtungsgrade entsprechen nun den
strengsten Anforderungen, welche an ^Dünndarmkapseln tmd -pillec'.
d, h. an Kapseln und PiUen gestellt werden müssen, die den Maget
ungelöst pa.ssiren und erst im Darm zur Lösung kommen sollen
Im Gegensatz zu allen älteren Präparaten, welche z. B. das Keratic
oder auch das Salol in diesem Sinne als Hülle für Arzneisubstanzen
verwandten, konnte Sahli von den Glutoidkapseln in der That fes^t-
stellen, dass sie ihren Inhalt vor der Einwirkung des Magensäfte?*
und vor der Magenresorption geschützt bis in den Darm bringen
und daselbst mit Sicherheit gelöst werden. Dies ergab sich sowohl
in Brutofenversuchen im Reagensglas, als besonders durch Versuche
am Menschen, in denen die Kapseln gefüllt mit leicht nachweisbaren
Indicatoren (Jodoform, Salol, Gaultheriaöl) gereicht wurden; durch
Auflliobcirung des Magens wurde die dargereichte Substanz dann
vorgü])ünH gesucht, wurde aber nach der Auflösung der Kapsel im
Darm in den Secreten leicht nachweisbar. Die Glutoidkapseln mittlerer
und starker Härtung passiren also den Magen intact und werden
im Darm nach einiger Zeit mit Sicherheit gelöst. Dabei lasst sich
' Arzneimittellelire und Toxikologie. 647
der Härtungsgrad mit solch genügender Constanz herstellen, dass
man „diagnostische" Glutoidkapseln dazu benutzen kann, um aus der
Zeit des Auftretens eines in der Kapsel gereichten Indicators im
Speichel oder im Harn Schlüsse auf die Function der Pankreas-
verdauung zu ziehen. Gibt man auf diese Weise Jodoform, so tritt
bei Gesunden die Jodreaction im Speichel nach 4 — 6 Stunden auf;
eine erhebliche Verspätung würde auf Störung der Pankreas-
function schliessen lassen. Vor allem aber haben sich die Glutoid-
kapseln und -pülen in den Versuchen Sahli's als nützliche Be-
reicherung der Therapie bewährt. Sie gestatten es, einerseits Sub-
stanzen vor der Einwirkung des Magensaftes zu schützen, welche,
wie z. B. Pankreaspräparate durch denselben unwirksam werden,
oder Arzneimittel, die im Darm zur Wirkung kommen sollen, wie
Darmantiseptica, Alkalien, Gallensalze etc., mit Umgehung der Magen-
resorption in den Darm zu bringen. Zum Zwecke der Darmanti-
septik empfiehlt Sahli besonders Glutoidkapseln mit Calomel und
mit Itrol; Chininkapseln dürften besonders bei Amöbenaffectionen
des Darmes in Betracht kommen. Bei einer weiteren Gruppe haben
die Glutoidkapseln den Zweck, den Magen vor der schädlichen Ein-
wirkung solcher Medicamente zu schützen, gegen welche derselbe
empfindlicher ist, als der Darm. Sie bewährten sich besonders für
Menthol, Kreosot, Balsamum Copaivae etc., sowie auch glutoidirte
Blaud'sche Pillen oder Glutoidkapseln mit Ferrum reductum gut ver-
tragen wurden. Besonders empfiehlt Sahli als angenehme Dar-
reichungsform der Salicylsäure Glutoidkapseln mit salicylsaurem
Methyl.
W. Filehne berichtet Versuche über die Durchgängig- Durch-
keit der menschlichen Epidermis für feste und flüssige ^^^^^^^j
Stoffe (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 3). Lässt man das Resorp- EpidermiB»
tionsvermögen der in der Haut gelegenen Apparate (Talg- und Püehno.
Schweissdrüsen etc.) ausser Acht und beschränkt die Frage nach
der Durchgängigkeit der Haut auf die Epidermis, so ist dieselbe
als eine mit Cholestearinfetten durchtränkte und an ihrer einen,
äusseren Fläche mit Fett, dem Hauttalg überzogene Difiusions-
membran anzusehen. Nur solche Stoffe können durch die Membran
hindurch diffundiren, welche sich in den die Membran durchtränken-
den und sie überziehenden Medien zu lösen im Stande sind, bezw.
sich mit ihnen mischen. Es wurde von diesem Gesichtspunkte aus
eine Beihe von Arzneistoffen daraufhin geprüft, ob sie die Fähig-
keit besitzen, sich in einem Oholestearinfett , dem wasserfreien La-
648 Gottlieb.
Durch- nolin und in einem fetten Oele, dem Olivenöl zu lösen resp. sich mit
gangigkeit \\^qj^ ^u mischen. In wasserfreiem Lanolin waren unlöslich: Koch-
der
Epidermis, salz, Kaliumchlorid, Jodkalium, Ferrum carbonicum, Arsenik und
Fiiehne. Tartarus stibiatus. Insoweit diese Stoffe durch die Haut resorbirt
werden, muss also ihre Au&iahme durch die Haarfollikel, die Talg-
und Schweissdrüsen erfolgen, während nach den Versuchen von der
Epidermis selbst u. a. aufgenommen werden können : Sublimat, Blei-
oxyd, Jod, Schwefel, femer Alkohol, Aether, Chloroform, fett« und
ätherische Oele, Jodoform, Carbolsäure, Campher, sowie auch freie
Alkaloide wie Strychnin, Cocain, Nicotin und Veratrin, nicht aber
die wasserlöslichen Salze dieser Alkaloide.
Soweit dies in dem knappen Rahmen dieses Berichts möglich ist, wird
im speciellen Theile auf manche Bereichenmg auch der experimentell-
pharmakologischen Unteruchungsmethoden hinzuweisen sein, üeber einen
wichtigen Fortschritt der pharmakologischen Methodik sei schon hier be-
richtet, da derselbe für das Studium verschiedener Arzneigruppen von Be-
deutung und von allgemein ärztlichem Interesse ist, nämlich über die Isolirung
des Wai*mblüterherzen8, über welchen Gegenstand mehrere Veröffentlichungen
vorliegen. Bekanntlich beschräjikte man sich bis in die neueste Zeit bei
dem Studium der Wirkung verschiedener Stoffe auf das Herz auf die Iso-
lirung und Durchblutung des Froschherzens, während pharmakologische Ver-
suche am überlebenden Säugethierherzen nur in unvollkommener Weise aus-
geführt waren. Es ist deshalb ein bedeutungsvoller Fortschritt, dass es
nach neueren Methoden gelingt, auch das isolirte, vom Nervensystem völlig
unabhängige Säugethierherz an einem künstlichen Kreislauf von unver-
änderlichem Widerstände stundenlang arbeitend zu erhalten und unter dem
Finfluss verschiedener experimenteller Eingriffe zu beobachten. J. Bock
hat in einer aus dem pharmakologischen Institut zu Strassburg hervor-
gegangenen Arbeit (Untersuchungen über die Wirkung verschie-
dener Gifte auf das isolirte Säugethierherz. Archiv für experiment.
Pathologie und Pharmakologie Bd. 41) eine solche Methode ausgearbeitet
Isolirung Bock belässt — wie auch eine zweite kurz vorher erschienene und rein
^®".. physiologischen Problemen gewidmete Studie von E. Hering jun. (Pflüger'i^
herzen 8 '-^^^^^ Bd. 72) — das Herz im Körper in situ, lässt aber das Blut nur
fiock, durch Herz und Lungen kreisen, während der gesammte Körperkreislauf
durch eine Verbindungsleitung zwischen Carotis und Jugularis derselben
Seite ersetzt ist. An künstlich respirirten Kaninchen wird die absteigende
Aorta sowie die beiden Subclaviae unterbunden, während in die eine Caroti!)
das Quecksilbermanometer eingesetzt ist; aus der anderen Carotis, die dem
Blutstrom dann aUein noch offen steht, fliesst das Blut aus der linken Heiz-
kammer durch ein System von Glasröhren mit constantem Widerstände in
die Jugularvene und in das rechte Herz, um von da durch den kleinen
Kreislauf zurückzukehren. Es ist also nur der Coronarkreislauf und der
Arzneimittellehre und Toxikologie. 649
kleine Kreislauf erhalten. Ein so vorbereitetes Herz arbeitet nun stunden-
lang regelmässig fort; die Einwirkung des Gentralnervensystems ist völlig
weggefallen und die Herzbewegungen nur vom Zustande der Herzmusculatur
und von den nervösen Elementen des Herzens selbst abhängig. Bock hat
nun das isolirte Warmblüterherz unter dem Einfluss einer Reihe von Giften
studirt. Bei der Untersuchung der narkotisch wirkenden Verbindungen der
Fettreihe ergab sich, dass die haloidfreien Verbindungen (Aether, Alkohol,
Pental) nur geringen Einfluss auf das Herz zeigten und in grösseren Mengen
zugeführt werden mussten, um ein Sinken des Blutdrucks im Präparate
hervorzurufen. Dagegen verursachten alle haloidhaltigen Narkotica (Chloro-
form, Chloralhydrat , Aethylbromid etc.) eine sehr bedeutende Schädigung
der Herzarbeit, ein Ergebniss, das auch mit dem Vergleiche der Aether-
und Choroformwirkung auf das Froschherz gut übereinstimmt. Die Stoffe
der Digitalisgruppe riefen auch am isolirten, von vasomotorischen Verände-
rungen unabhängigen Warmblüterherzen eine Drucksteigerung im künst-
lichen Kreislauf hervor, in Uebereinstimmung mit den für die Digitalis-
wirkung am isolirten Froschherzen ermittelten Thatsachen.
K. Hedbom (Ueber die Einwirkung verschiedener Stoffe auf Hedbom.
das isolirte Säugethierherz. Skandinav. Archiv f. Physiologie Bd. 8,
H. 1 — 3) benutzte im physiologischen Institut zu Stockholm die von Langen-
de rff 1895 beschriebene Methode zur Untersuchung des überlebenden
Säugethierherzens zum Studium der Giftwirkungen. Das Herz verbluteter
Katzen und Kaninchen wurde nach der Einführung einer Canüle in die
Aorta herausgenommen und durch eine geeignete Vorrichtung unter con-
stanten Druck gesetzt; durch diesen Druck werden die Aortenklappen ge-
schlossen, und das Blut hat keinen anderen Weg als durch die Coronar-
gefasse, das aus den Coronarvenen ausfliessende Blut wird aufgefangen, und
die Contractionen des Herzens, das auch in diesen Versuchen einige Zeit
nach der Durchströmung regelmässig pulsirte, werden durch ein in der
Herzspitze befestigtes Häkchen verzeichnet, welches durch einen Faden
auf einen geeigneten Schreibapparat einwirkt. Mit dieser Methode hat
der Verf. die Einwirkung von einer Reihe von Giften auf das Herz
untersucht und bringt besonders für das Atropin interessante neue Erfah-
rungen, welche für eine direct reizende Wirkung dieses Giftes auf die
Herzthätigkeit sprechen. Auch eine Anzahl von Organextracten hat Verf.
geprüft und konnte dabei eine erregende Wirkung des Testikelextracts, vor
allem aber die direct erregende Wirkung des Nebennieren- und Hypophysis-
extracts erweisen.
Specielle Pharmakologie.
Im Anschluss an den Bericht des Vorjahres ist die Eintheilung nach
therap6uti8chen Gruppen beibehalten worden. Soweit es der Raum gestattet,
sind neue Arzneimittel besprochen, die auf Grund sachverständiger Unter-
snchuxigen eingeführt wurden. Dass neben manchen wirklich werth vollen
650 Gottlieb.
Bereicherungen des Arzneischatzes auch ohne pharmakologische Sachkennt-
niss untersuchte und klinisch ungenügend geprüfte neue Substanzen zur
Einführung empfohlen wurden, ist ein Missstand, der leider auch in diesem
Berichtsjahr keineswegs abgenommen hat. In sehr klarer und interessanter
Prüfung Weise beleuchtet W. His jun. die Ursachen dieser Missgriffe und bespricht
neuer dje Grundsätze bei der Prüfung neuer Heilmittel (Münchener me-
®^ ™^ ® ' dicinische Wochenschrift Nr. 49). Von den Thesen, zu welchen die Aus-
führungen des Verfassers führen, seien hier nur diejenigen angeführt, die
sich auf die pharmakologische Prüfung, auf die Grundlage therapeuti-
scher Versuche beziehen: Das planmässige und industrielle Aufsuchen
und Herstellen neuer Heilmittel ist vom Arzt wie vom leidenden Publicum
an sich als werthvolle Bestrebung zu begrüssen. Die Bemühungen der
Industriellen um möglichst rasche Verbreitung und Prüfung, sowie baldige
Publication der Prüfungsergebnisse führt zu Missständen, die dem Interesse
der Kranken, wie dem Ansehen des ärztlichen Standes zuwiderlaufen. Der
Prüfung eines Heilmittels hat unbedingt voranzugehen: eine ausführliche
und vollständige Untersuchung der Wirkung am Thier; dieselbe ist von
pharmakologisch gebildeten Fachmännern vorzunehmen. Ohne solche Unter-
suchung sollte kein Mittel zur Verwendung am Menschen kommen. Femer
eine sachgemässe Ueberlegung, ob auf Grund der heutigen künischen und
experimentellen Kenntnisse eine Heilwirkung des Mittels voraussichtlich
zu erwarten sein wird.
Narcotica.
Heroin, H. Dreser hat auf Grund eingehender und interessanter Unter-
Dreser, suchungen über die Wirkung einiger Derivate des Mor-
phins auf die Atbmung (Pflüger's Archiv f. d. ges. Physio-
logie Bd. 72, S. 485 und Therapeutische Monatshefte, Sept.) ein
Morphiaderivat zur Anwendung empfohlen, welchem die für diese
pharmakologische Gruppe charakteristische sedative Wirkung auf
die Athmung besonders ausgeprägt zukommt imd das diesen thera-
peutisch verwerthbaren Effect dabei schon iu kleineren Gaben
auszuüben vermag, als Morphin und Codein. Dieses Morphinderivat,
der Diacetylester des Morphins, wird von den Farbenfabriken vorm.
Bayer & Co. in Elberfeld unter dem Namen Heroin in den Handel
gebracht. Der Methyläther des Morphins, das Codein, besitzt be-
kanntlich nur noch die sedative Wirkung des Morphins auf die
Athmung, die übrigen narkotischen Eigenschaften der Muttersub-
stanz treten hingegen fast ganz in den Hintergrund, und grosse
toxische Gaben rufen dementsprechend an Thieren nur das zweite
tetanische Stadium der Morphinwirkung hervor. Durch den Eintritt
zweier Essigsäure-Radicale an Stelle von H in den beiden OH-Gruppen
Arzneimittellelire und Toxikologie. 651
des Morphins wird nun überraschenderweise die narkotische Wir-
kung auf das Athemcentrum verstärkt, so dass Heroin schon
in kleineren Gaben die Respiration wirksam beeinflusst, als Codein
und sogar als Morphin. Dabei liegt aber die toxische Dosis für
Heroin keineswegs niedriger, so dass der Spielraum zwischen
wirksamer und toxischer Grabe grösser erscheint. Die Wirkung
des Heroins auf die Athmung hat nun D r e s e r einem sehr
gründlichen Studium imterzogen und dabei gezeigt, dass dieses
Morphinderivat, sowie auch das vielgebrauchte Codein als „Husten-
mittel" keineswegs nur durch Herabsetzung der subjectiven Em-
pfindlichkeit des Patienten gegenüber den Secretanhäufungen und
den abnormen Reizen der Bronchialschleimhaut wirken. Eine ge-
nauere Analyse der Leistungen des einzelnen Athemzugs in der
Heroinwirkimg lehrte vielmehr, dass die Herabsetzung der Athem-
grösse, d. h. des in der Minute exspirirten Lufbvolums, welche
für Codein bereits festgestellt war und die auf den ersten Blick eher
für die Anwendung bedenklich erschien, unter Berücksichtigung der
Athemfrequenz sich als eine sehr wichtige Verbesserung der Athem-
ökonomie darstellt, indem nach massigen Gaben z. B. von Heroin
zwar das Volum des in der Zeiteinheit geathmeten Luftquantums
sinkt, aber das Volum des einzelnen Athemzugs sehr erheblich ver-
grössert wird. Die Respiration erfolgt demnach in einer für die
erkrankte Lunge schonenderen Weise. Nach massigen Gaben er-
fahrt dabei das arterielle Blut keine irgend nennenswerthe Ver-
änderung seiner Sauerstoffsättigung. Die Dauer der Inspiration
nimmt femer zu, ein Umstand, der bei katarrhalisch geschwollenen
und durch Secret verengten Luftwegen nur förderlich sein kann;
ebenso wird die Kraft des einzelnen Athemzugs gesteigert. Nach
massigen Gaben tritt eine Lähmung des Athemcentrums nicht ein,
so dass die Empfindlichkeit gegenüber den chemischen Athemreizen,
Sauerstoffverarmung und Kohlensäureüberladung fast ungeändert
blieb; hingegen nahm die Empfindlichkeit des Athemcentrums
gegenüber mechanischer Dehnung der Lunge entschieden ab, ein
Umstand, der in der Behandlung des Hustenreizes vielleicht von
Bedeutung ist. Herz und Kreislauf werden durch Heroin nicht
wesentlich beeinflusst.
Flor et stellte die ersten Versuche über die Anwendung des Floret,
Heroins (Therap. Monatsh., Sept.) in der Poliklinik der Farben-
fabriken zu Elberfeld an und erprobte es in Gaben von 0,005 — 0,02 g
als prompt und zuverlässig wirkendes Mittel zur Bekämpfung des 1
Hustens und Hustenreizes.
652
Gottlieb.
Heroin,
Starave,
Weiss.
Peronin,
Meltzer.
Morphin*
derivate,
Stursberg.
Eine sehr sorgfaltige Mittheilimg über therapeutische Versuche
mit Heroin liegt femer von G. Struve aus der Gerhardt'schen
Klinik in Berlin vor (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 46). Die therapeu-
tischen Versuche bestätigten die Resultate des Thierexperiments. Das
Heroin übt in Dosen von 0,005 — 0,01 in Pillen- oder Tropfenform eine
deutlich nachweisbare beruhigende Wirkung auf die Athmung der
Patienten (meist Phthisiker) aus; die Athemfrequenz wird gemindert,
der Hustenreiz beseitigt. Zugleich tritt eine allgemein narkotische
Wirkung ein und Gefühl von Müdigkeit, so dass bei Fortfall äusserer
Keize Schlaf eintritt, wenn derselbe vorher durch Hustenreiz und
Dyspnoe verhindert war. Eine schmerzlindernde Wirkung besitzt
das Heroin aber im Gegensatz zu Morphin nicht. Ob Gewöhnung
bei längerem Gebrauche eintritt, konnte noch nicht festgestellt
werden, doch wiesen einzelne Anzeichen darauf hin. Auch dieser
Umstand scheint dem Ref. dafür zu sprechen, dass das Heroin durch
seine stärker narkotischen Eigenschaften dem Morphin näher steht,
als dem Codein, wenn ihm auch die schmerzlindernden Wirkungen
des Morphins fehlen.
J. Weiss (Die Heilkunde, Octoberheft) kam ebenfalls zu
günstigen Resultaten. Keiner der Beobachter sah unangenehme
Nebenwirkungen, auch nicht Obstipation.
Das Peronin, der Benzyläther des Morphins, der im Vor-
jahre gegen den Husten der Phthisiker empfohlen wurde, scheint
gleichfalls stärker narkotisch zu wirken, als das Codein, dem es
chemisch sehr nahe steht. So theilt Meltzer Beobachtungen über
die Wirkung desPeronins mit (Therap. Monatsh. S. 316), das er
in Gaben von 0,04 — 0,1 als Beruhigungs- und Schlafmittel für
Geisteskranke, insbesondere bei Erregungszuständen der Paralytiker
anwandte und ähnlich dem Morphin wirksam, aber frei von dessen
üblen Nebenwirkungen fand.
H. Stursberg hat im pharmakologischen Institute zu Bonn
über die Einwirkung einiger Abkömmlinge des Morphins
auf die Athmung experimentelle Untersuchungen angestellt (Ar-
chives internationales de Pharmacodjmamie Bd. 4). Keines der
imtersuchten Morphinderivate zeigte die gleiche Wirkung auf die
Respiration, wie die Muttersubstanz; am nächsten stand dem Mor-
phin ein neuer von Vongerichten dargestellter Körper Chlor-
morphin. Derselbe wirkte deutlich narkotisch und beeinüusste die
Athmung dem Morphin ähnlich. Geringeren Einfluss übte Brom-
morphin aus, das an der Grenze zwischen der Morphingruppe und
Arzneimittellehre und Toxikologie.
653
Codeingruppe zu stehen scheint. Bei den übrigen untersuchten
Substanzen nimmt die erregende Wirkung schrittweise zu, beim Co-
dein, Oxydimorphin , Peronin bis zum Apomorphin, das nur noch
erregende Wirkungen auf die Athmung erkennen lässt.
Hensen hat den Einfluss des Morphiums und des Morphin
Aethers auf die Wehenthätigkeit mittels einer sinnreichen »»»d Wehen-
graphischen Methode (Registrirung der intrauterinen Druckschwan- Hensen.
kungen) studirt (Centralbl. f. Gjnaäkol. Bd. 55). Er kam zu dem
practisch wichtigen Ergebniss, dass Morphin in Dosen von */« — 2 cg
ohne jeden Einfluss auf die Wehenthätigkeit und die Bauchpresse
bleibt, während Aether schon nach 1 — 2 Minuten eine erhebliche
Schwächung der Uterusarbeit und Sistiren der Bauchpresse zur
Folge hat.
S. Schmidt hat (Zeitschr. f. Biologie Bd. 37) in einer gründ- Chloroform
liehen, aus dem physiologischen Institute zu Bern stammenden Ar-
beit Veränderungen der Herzganglien durch Chloro-
formnarkose nachgewiesen, und zwar am deutlichsten bei Hun-
den, aber auch bei Kaninchen und Affen. Die Wirkungen sind
cumulativ, so dass in mehrmaligen Intervallen wiederholte Narkosen
die Herzganglien stärker schädigten, als einmalige längere Narkose.
Aether übte diesen schädigenden Einfluss auf die Herzganglien
nicht aus.
nnd Herz-
ganglien,
Schmidt.
Alkohol.
J. Weissenfeid (Der Wein als Erregungsmittel beim Men-
schen. Pflüger's Archiv d. ges. Physiol. Bd. 71) prüfte in Fortsetzung
früherer Arbeiten des Bonner pharmakologischen Instituts, welche eine
Steigerung der Athemgrösse, d. i. des ia der Zeiteinheit respirirten Luft-
quantums unter dem Einfluss des Alkohols nachgewiesen haben, das Verhalten
der Athmung nach Aufnahme von 50 — 75 ccm alten Xeresweins. Im Selbst-
versuche ergab sich deutliche Steigerung der Athemgrösse, der auch nach
4 Stunden keine erniedrigende Rückwirkung folgte. Die gleiche erregende
Wirkung auf die Athmung trat auch nach künstlichem Wein (Maltonwein) auf.
Gleichzeitige Messungen des Blutdruckes mit dem Basch'scben Sphygmo-
manometer ergaben Ansteigen des Blutdruckes in der Alkoholwirkung.
R. H. Chittenden, L. B. Mendel und H. C. Jackson haben
(American Joum. of Physiolgy Bd. 1) den Einfluss des Alkohols und
alkoholischer Getränke auf die Verdauung studirt. Sie constatirten
wie frühere Untersucher die mächtige Reizung, die Alkohol auf die Magen-
secretion ausübt; sie fanden dieselbe nicht bloss bei directer Einführung in
Alkohol
und
Athmung,
WeisBenfeld.
654
Gottlieb.
Alkohol den Magen, sondern auch bei Einführung vom Darm aus und schreiben
«od somit auch dem resorbirten Alkohol eine Wirkung auf die Secretion zu.
ch't^^A^^* Der Magensaft enthält mehr Salzsäure imd proteolytisches Enzym, so dass
der schädigende Einfluss, den der Alkohol als solcher bekanntlich im
Reagensglas auf die Thätigkeit der Enzyme ausübt, offenbar durch diese
secretonsche Reizung des Magens übercompensirt wird. Auch die unge-
meine Raschheit der Resorption des Alkohols vom Magen aus wurde durch
die Versuche von neuem bestätigt.
Die Wirkung des Alkohols auf die Blutgase und die Blut-
Alkohol alkalescenz hat Thomas (Archiv f. exp. Path. und Pharmakol. Bd. 41)
undBlut- im Laboratorium der medicinischen Klinik zu Strassburg untersucht. Aus-
* »Thl^^^^^* gehend von früheren Versuchen, in denen der Verf. gezeigt hatte, dass zur
Erzeugung der Cholera von der Blutbahn aus bei Kaninchen in Alkohol-
narkose eine sechsmal geringere Dosis Kommabacillen genügt, wie bei
Thieren in normalem Zustande, wurde untersucht, ob etwa nach Alkohol
Veränderungen der Blutalkalescenz eintreten, die die Schwächung der bac-
terienfeindlichen Wirkung im Blute erklären konnten. In der That ergab
sich, dass sowohl die CO2 im Blute, als die durch Titration ermittelte
Alkalescenz in der acuten Alkoholintoxication bedeutend herabgesetzt sind,
in einzelnen FäUen sogar bis zur Hälfte. Der Grund für die Alkalescenz-
Verminderung liegt in der Vermehrung flüchtiger Fettsäuren im Blut, die
die CO2 verdrängen. Bei chronischer Alkoholintoxication konnte eine ähn-
liche Wirkung erst nach monatelang fortgesetzter Alkoholzufuhr constatiit
werden.
Thomas.
Pyroaal
und
Phenosol,
Barghart.
Antipyretica.
Auch aus dem Berichtsjahre ist die Einfiihrung neuer anti-
pyretischer Mittel aus der aromatischen Gruppe zu verzeichnen, und
zwar sind diese neu geprüften Substanzen sämmtlich Substitutions-
producte des Antipyrins oder des Phenacetins. Burghart ver-
suchte in der I. medicinischen Universitätsklinik in Berlin (Ueber
Pyrosal und Phenosol. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 411
zwei neue Präparate, das salicylessigsaure Antipyrin (Pyrosal) imd
das Salicylessigsäure-p-Phenetidid (Phenosol). Die beiden in Wasser
schwer löslichen Verbindungen von bitter säuerlichem Geschmack
zerfallen im Magendarmkanal in ihre Componenten und zeigten die
erwarteten antipyretischen und antineuralgischen Wirkungen in
Dosen von 0,5 4 — 6mal täglich gegeben. Die Mittel haben sich
am Krankenbette recht brauchbar erwiesen, Nebenwirkungen wurden
nicht gesehen.
Auf Grund von Thierversuchen empfiehlt Ch. Gioffredi
(Deutsches Archiv f. klin. Med. Bd. 66, S. B59) ein von Piutti in
Arzneimittellehre und Toxikologie. 655
Neapel dargestelltes Substitutionsproduct des p - Phenetidins , das Pyrantin,
p-Aethoxyphenylsuccinimid (Pyrantin), dessen antipyretische und Gioflfredi.
sedative Eigenschaften im Thierexperiment deutlich hervortraten.
Das unter dem Namen Malarin von der Fabrik Valentiner u. Malaiin,
Schwarz dargestellte Condensationsproduct von p-Phenetidin und Schwarz.
Acetophenon wurde von L. Schwarz im pharmakologischen In-
stitute in Prag an Thieren geprüft (Prager med. Wochenschr.
Nr. 37) und antipyretische und schwach narkotische Eigenschaften
festgestellt, welche klinische Versuche gerechtfertigt erscheinen
lassen.
Dagegen zeigen Versuche von 0. Lentz und B. T endlau Phesin und
(Ueber Phesin und Cosaprin [Eoche]. Berl. klin. Wochen- Cosaprin,
. . Lentz u.
Schrift Nr. 40), dass diese beiden auf Empfehlung vonv. V4mossy Tendlau.
und Fenyvessy eingeführten durch Sulfonirung des Phenacetins
resp. Antipyrins gewonnenen Präparate das Phenacetin und das
Antipyrin weder in ihren antipyretischen noch in den antineural-
gischen Eigenschaften ersetzen können, da durch die Sulfonirung
mit den giftigen Wirkungen der Muttersubstanzen auch die thera-
peutische Wirksamkeit verloren gegangen ist.
Jac. Lewkowicz hat an malariakranken Kindern verglei- Euchinin
chende Versuche mit einer Reihe neuer Fiebermittel angestellt nnd
(Wien. klin. Wochenschr. Nr. 41). Während Phenocoll und Anaigen Lewkowicz. '
sich unwirksam erwiesen, hat Verf. entsprechend der specifischen
Wirkung des Chinins bei Malaria mit Chininderivaten Erfolge er-
zielt und empfiehlt das Euchinin als Chinin ohne bitteren Geschmack
zu innerlichem Gebrauche und das Chinopyrin zur subcutanen In-
jection, wo solche als letzte Zuflucht am Platze ist.
R. Drews (Therap. Monatsh., März) sah von Salophen bei Salophen,
acutem und subacutem Gelenk- und Muskelrheumatismus ebenso Drews,
prompte Wirkung, wie von der Salicylsäure , und berichtet über
günstige Erfolge in einer Reihe von Krankheiten. Er erzielte mit
Salophen als Antineuralgicum und Analgeticum sowie endlich bei
verschiedenen Hautaffectionen mit Pruritus gute Resultate und ver-
ordnete es bei Chorea rheumatica in 8 Fällen mit sehr gutem Erfolg.
M Osler (Deutsche med. Wochenschr., Therap. Beilage Nr. 9) Mosler.
empfiehlt eine combinirte Behandlung des acuten Gelenkrheuma-
tismus mit Salicylsäure und Salophen derart, dass die Cur 3 oder
656 Gottlieb.
5 Tage lang mit grossen Dosen Salicylsäure eingeleitet und dann
mittels des besser verträgliclien Salophens in Gaben von 2 — 3 g
pro die längere Zeit fortgesetzt wird.
Ueber den Nachweis des Pyramidons (Dimethylamido-
Pyramidon, antipyrins) im Harn berichtet A. J oll es (Zeitschr. f. ana-
Jolles. lytische Chemie). Beim Ueberschichten des Harns mit einer sehr
verdünnten alkoholisch- wässrigen Jodlösung (10**/oige alkoholische
Jodlösung auf das lOfache verdünnt) tritt ein violettrother Ring
auf, der beim Stehen ins Rothbraune übergeht. Die Reaction ist
für den Nachweis des Pyramidons geeignet.
In Versuchen über die Entgiftung des Chinolins durch Ein-
fährung von Schwefel in dasselbe (Therap. Monatsh. , August,
Thioohin- S. 422) erwies sich E ding er und Treupel das Thiochin-
anthren, anthren, eine durch directe Einwirkung von Schwefelblüthe auf
Treapel. Chinolin dargestellte Verbindung , in der zwei Chinolinmolecöle
durch zwei Schwefelatome verkettet sind, als ein völlig indifferenter
Körper. Sie vergleichen die Entstehung dieser imgiftigen Verbin-
dung aus dem giftigen Chinolin mit der Entgiftimg des Cyankaliums
durch Umwandlung in Rhodankalium.
Locale Anästhetica.
Orthoform, Zur erfolgreichen Bekämpfung heftiger Schmerzen bei Wunden
Kallenberger. und Geschwüren hat sich das im Vorjahre von Einhorn und Heinz
in die Therapie eingeführte Ortho form ausgezeichnet bewährt.
Ueber seine Verwendung in der chirurgischen Praxis berichtet
Kallenberger aus der Münchener chirurgischen Poliklinik (Ueber
Orthoform. Berliner klin. Wochenschr. Nr. 12); s. S. 327.
Orthoform F. Klaussner (Münch. med. Wochenschr. Nr. 42) berichtet
^^^* über „Orthoformneu", den m-Amido-p-Oxybenzoesäuremethylester,
der sich durch die Stellung der Gruppen im Molecül von dem älteren,
dem p-Amido-m-Oxybenzoesäuremethylester unterscheidet und sich
im Thierexperiment als gleichwertig zeigte, aber billiger herzustellen
ist. Auch dieses „Orthoform neu" bewährte sich als local vollkommen
und dauernd anästhesirend, und auch bei Anwendung grosser Quanti-
täten kamen niemals Vergifkungssymptome zur Beobachtung.
Die Fortsetzung der Orthoformarbeiten von A. Einhorn und
R. Heinz fiihrte nunmehr auch zur Auffindung eines löslichen
Arzneimittellehre und Toxikologie. 657
und zur su))cutanen Injection geeigneten Ortho formderivats. Nirvanin,
Wie aus den Studien über die anästhesirende "Wirkung des Cocains ^i^^™ ^
und Orthoforms hervorgeht, scheint die eigenartige Verkettung der
Benzoylgruppe und der Carboxymethylgruppe mit einem basischen
Complexe das Wesentliche fiir den Eintritt der anästhesirenden
Wirkung dieser Substanzen zu sein, die Constitution der basischen
Gruppe selbst aber ist von untergeordneter Bedeutimg. Die basi-
sche Gruppe im Orthoform ist die Gruppe NH2; dieselbe erwies
sich aber zur Bildung neutraler Salze unfähig und die allein er-
hältlichen sauren Salze des Orthoforms sind natürHch zu subcutaner
Injection ungeeignet. Nunmehr haben die Verff. eine stärker ba-
sische Verbindung erhalten, indem sie an Stelle eines H in der
Amidogruppe des Orthoforms Diäthylglykocoll eintreten Hessen und
das salzsaure Salz des so gewonnenen DiäthylglykocoU-p-Amido-
o-Oxybenzoesäuremethylesters stellt ein in Wasser leicht und bei
neutraler Reaction lösliches Salz dar. 5°/oige Lösungen reizen aller-
dings das Auge, aber weniger empfindliche Schleimhäute nicht; sie
rufen eine vollkommene und langdauemde Anästhesie hervor, sobald
sie mit biossliegenden Nervenendigungen in Berührung kommen.
Subcutan injicirt oder auf Wxmden imd Geschwüre gebracht, ist
das neue Präparat vermöge seiner geringen Giftigkeit und lang-
dauernden Wirkung zur Herbeiführung chirurgischer Anästhesie
sehr geeignet, auf unverletzten Schleimhäuten aber erzeugt es keine
tiefgreifende Anästhesie. In 2'*/oiger Lösung zur subcutanen In-
jection und in 0,2 — 0,5 ®/o iger Lösung zur Herbeiföhrung der Schleie h-
schen Infiltrationsanästhesie hat es sich in klinischen Versuchen sehr
bewährt. Das neue Anästheticum wird von den Höchster Farbwerken
als „Nirvanin" in den Handel gebracht.
lieber das Verhalten des Orthoforms im Organismus hat
M. Mosse (Deutsche med. Wochenschr.) in der I. medicinischen üniversitäts- Schicksal
klinik in Berlin Untersuchungen angestellt. Er konnte zeigen, dass das Ortho- ^^^
form innerlich angewandt sehr rasch und offenbar schon im Magen resorbirt Mosse
wird und entweder als solches oder in seinen Abbauproducten im Harne
erscheint. Orthoform gibt eine Reihe der für die Gruppe des Amidophenols
charakteristischen Reactionen, und diese gelingen nun auch im Harne, in
concentrirten Hamen direct, in verdüimteren nach Eindampfen und Ex-
traction mit Alkohol mit der wässerigen Lösung des abgedampften alkoho-
lischen Extra cts. Am empfindlichsten erwies sich eine schwarzrothe Färbung
nach Zusatz von Chromsäure in der Kälte oder nach Erwärmen. Das Ortho-
form selbst oder ein Abbauproduct erscheinen somit im Harn. Gleichzeitig
tritt eine beträchtliche Vermehrung der Aetherschwefelsäuren ein, so dass
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 42
658
Gottlieb.
wohl anzunehmen ist, dass das Stoffvechselproduct den Organismus gepaart
mit Schwefelsäure verlässt.
Kacain,
Cipiiani.
G. Cipriani (Therap. Monatsh., Juni) empfiehlt das Eucain
sehr warm als locales, dem Cocain überlegenes Anästheticum.
Wirkangs-
weise der
Mydriatica
und
Miotica,
P. Schultz.
Mydriatica und Miotica.
P. Schultz hat die Lehre von der Wirkungsweise der Mydria-
tica und Miotica (Arch. f. Anat. u. Physiol., Physiol. Abtheilung) in
gründlicher Weise durchgearbeitet. Es sei aus dem reichen experimentellen
Material hier nur das Wichtigste hervorgehoben. Den grundlegenden Ver-
such zum Beweise, dass Atropin durch Lähmung der Nervenendigungen des
Oculomotorius im Sphincter wirkt, konnte Yei'f. bestätigen; Reizung der
Nn. ciliares breves, welche die Erregungen vom Oculomotorius dem Sphincter
zuleiten, rief nach Atropin nie mehr Verengerung hervor. Dass eine gleich-
zeitige Reizung der Dilatatorfasem an der Atropinmydriasis nicht betheiligt
ist, liess sich dadurch zeigen, dass der nach Atropinisirung des E^atzenauges
immer noch mehrere Millimeter breite Saum der Iris durch Reizung des
Halssympathicus prompt zum Verschwinden gebracht wird. Dass das Atropin
die Muskelelemente der Iris intact lässt, konnte in neuer Weise gezeigt
werden; die ausgeschnittene Katzeniris contrahirte sich auch in S^oiger
Atropinlösung auf elektrischen Reiz. Für die Cocainmydriasis liess sich
durch Exstirpation des Ganglion cervicale superior der Nachweis führen, das<
dieses Gift im Gegensatze zu Atropin durch Reizung der Nervenendigungen
im Dilatator Pupillenerweiterung erzeugt; denn nach Degeneration der vom
Ganglion auRgehenden Dilatatorfasem erhält man durch Cocain keine Er-
weiterung mehr. Für das Physostigmin kommt der Verf. zu dem Resultat*,
dass dasselbe nicht, wie man bisher allgemein angenommen hatte, die
Musculatur des Sphincter, sondern dass es wie Muscarin die Nervenendi-
gungen des Oculomotorius in diesem Muskel reizt.
Theorie
der
Desinfec-
tion,
Spiro u.
Bnins.
Antiseptica.
K. Spiro und H. Bruns, Zur Theorie der Desinfeetion
(Archiv f. exp. Path. und Pharmakol. Bd. 41). Das Verständniss der Vor-
gänge bei der Desinfeetion ist in jüngster Zeit insbesondere durch Versuche
gefördert worden, welche die empirisch gewonnenen Thatsachen der Des*
infectionslehre vom Standpunkte der neuen Theorien der Losungen be-
trachten. Die im Jahr 1897 gleichzeitig erschienenen Arbeiten von Paul
und Erönig (Zeitschr. f. Hygiene u. Infectionskr. Bd. 25) und von Spiro
und Scheurlen (Münchener med. Wochenschr. 1897) lehrten eine Reihe
von Erscheinungen kennen, welche mit der lonenlehre in üebereinstimmung
und durch dieselbe erst erklärbar waren. Sie lieferten den Beweis, dass
Arzneimittellehre und Toxikologie. 659
die Desinficientien einer Gruppe im dissociirten Zustande lonenreactionen
mit den zu desinficirenden Körpern eingehen. In diese Gruppe ge-
hören die Quecksilbersalze. Spiro und Bruns machen nun wahr-
scheinlich, dass eine andere Gruppe von Desinficientien als Molecule in
Wirksamkeit treten, und zu diesen gehört das Phenol. Den Vorgang
bei der Wirkung des Phenols auf die Eiweisskörper des Bacterienleibs
fassen sie als eine Aneinanderlagerung der Molecule, als eine additionelle
und nicht als eine ümsetzungsreaction auf und wenden auf den Vorgang
eine Reihe voh Gesetzen aus der Lehre der Lösungen an. Sie gehen dabei
von der Thatsache der Verstärkung der Desinfectionswirkung des Phenols
durch Eochsalzzusatz aus. Die Vertheilung des Desinficiens wird bedingt
durch die Lösungsverwandtschafb des Phenols einerseits zu Wasser und
andererseits zum Bacterienleib. Setzt man nun zum Wasser Salze, die das
Phenol aus seinen wässerigen Lösungen auszufüllen vermögen, wie z. B.
Kochsalz, so lockert man die Lösungsaffinitat zwischen Phenol und Wasser
und ändert den Vertheilungsfactor zu Gunsten des Bacterienleibs, so dass
mehr Phenol in denselben einzudringen vermag. In gleicher Weise nimmt
ja auch die Ausätherbarkeit einer Säure, z. B. Milchsäure, durch den Zu-
satz von Salzen zu. Das Aussalzvermögen des Kochsalzes ist also der
Grund für die Verstärkung der Desinfectionswirkung durch dasselbe.
Auch C. Roemer (Ueber Desinfection der Milzbrand- Roemer.
Sporen durch Phenol in Verbindung mit Salzen. Münchener
med. Wochenschr. Nr. 10) beschäftigt sich mit dem Studium der Verstär-
kung der Desinfectionswirkung des Phenols durch NaOl-Zusatz. Schon der
Zusatz von 1 % NaCl genügt bei einer 37oigen Phenollösung, um die Des-
infectionswirkung bedeutend zu steigern; bei einem NaCl-Gehalt von 8^0
scheint das Maximum der Wirkung erreicht zu sein. Der Verf. schliesst
sich der Deutung an, dass Desinfectionswirkimg und fiiweissfällung ein-
ander parallel gehen, und zeigt, dass durch NaCl-Zusatz eine 3%ige Phenol-
lösung das Eiweissfilllungsvermögen einer 57«igen erhält.
Auf die Wirkung der Antiseptica auf Toxine macht Antiseptica
E. Salkowski aufmerksam (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 26). Bei »ind Toxine,
der Verfolgung der Frage, ob aseptisch gehaltener Leberbrei bei
Körperwärme im Stande sei, Diphtherietoxin zu entgiften, fand sich
im Controllexperimente, dass der positive Ausfall des Versuchs nicht
auf Bechnung des Organbreis zu setzen war, sondern dass das als
Antisepticum zugesetzte Salicylaldehyd bei Körperwärme das Toxin
abschwächt. Auch für Carbolsäure und Formalin liess sich die gleiche
Wirkung nachweisen.
Mehrere Arbeiten beschäftigen sich mit der Wirksamkeit
und der Technik der Formalindesinfection. So kommen
H. Hammerl and F. Kermauer (Münchener med. Wochenschr.
660
Gottlieb.
Formalin,
Hammerl u.
Kermaner,
Hesse.
Nr. 48j im hygienisclieii Institute zu Graz zu dem Resultate, dass
Formalin nur dann sicher wirke, wenn der Feuchtigkeitsgehalt
der Objecte gross genug ist, um eine genügende Concentration des
Formaldehyds herbeizuführen. — Die Verwendbarkeit des Formal-
dehyds als Oberflächendesinficiens und seine geringe Penetrationsfahig-
keit werden auch durch Hesse (Inaug.-Diss. Marburg) dargethan.
s an 0 form, Ueber San 0 form als Ersatzmittel des Jodoforms berichtet
A. Friedländer. A. Friedländer (Therap. Moüatsh., März) lobend.
Ekajodo-
form,
Bandelier.
Ueber Eka Jodoform, die Mischung des reinen Jodoforms
mit dem polymerisirten Formaldehyd hat Bandelier (Therap.
Monatsh., April) günstige Erfahrungen gemacht.
Keines von den in den letzten Jahren empfohlenen Ersatzmitteln
scheint aber das Jodoform verdrängen zu können. Deshalh ist ein
neues Jodoformpräparat von Interesse, in welchem das Jodoform selbst
mit allen seinen guten Eigenschaften zur Wirkung gelangt, das aber
gleichzeitig fast völlig geruchlos ist. Dieses Jodoformeiweisspräparat
jodo- wird unter dem Namen Jodoformogen von E. Kromayer (Berl.
formogen, klin. Wochenschr. Nr. 10) sehr warm empfohlen. Es ist ein staub-
r mayer. f^JQ^g^ hellgelbes Pulver, in Wasser unlöslich. Der Geruch ist selbst
bei der Anwendung auf relativ grosse Wundflächen kaum wahr-
nehmbar. Kromayer kam bei der Prüfung des Präparats zu dem
Resultate, dass das Jodoformogen thatsächlich eine ausgesprochene
Jodoformwirkung besitzt, die sich in der Anregung zur gesunden
Granulationsbildung und in der raschen epithelialen üeberhäntung
documentirt. Hingegen scheint auch die nachtheilige Eigenschaft
des Jodoforms, die Haut zu Ekzem zu reizen, dem Jodoformogen
eigen zu sein. Auf Grund seiner Erfahrungen hält Kromayer
das Jodoformogen für das beste Wundstreupulver und der relativen
Geruchlosigkeit wegen für die beste Gebrauchsform des Jodoforms,
Ueber die antiseptische Wirkung des Naftalans berichtet
Naftalan, F. Rosenbaum (Deutsche med. Wochenschr., Therap. Beil. Nr. 4K
Rosenbaum. (jßj. dieses Mittel im Vorjahre empfohlen hat.
chiuolin- Chinolin-Wismuth-Rhodanat, ein grobkörniges, roth-
Wismuth- gelbes, in Wasser unlösliches Pulver, hat L. Forchheimer
Uhodanat, « ? i ^
Forchheimer. (Therapeut. Monatsh., August) zur Behandlung varicöser und syphili-
tischer Geschwüre verwendet.
Ueber Eudermol und seine Anwendung bei Scabies
berichtet M. Wolters aus der Bonner Universitätsklinik für Haut-
Arzneimittellehre iind Toxikologie. 661
krankheiten (Therapeut. Monatsh., August). Eudermol ist salicyl- Eudermol,
saures Nicotin und wurde als 0,l®/oige Salbe bei Scabies angewandt. Wolters.
Die Vortheile gegenüber anderen bisher angewandten Mitteln sind
ziemlich gross, indem die 0,l°/oige Eudermolsalbe nicht reizt und in
dieser Concentration auch keinerlei Intoxicationserscheinungen her-
vorrief, aber nach 2 — 4inaliger Einreibung sicher wirkte. Vor der
Anwendung stärkerer Conceutrationen muss besonders bei jüngeren
Individuen gewarnt werden.
Kresamin ist ein Gemisch von Trikresol (Ortho-, Meta- und
Parakresol) mit der Base Aethylendiamin, das beide Substanzen in
gleicher Concentration enthält. Dieses Gemisch stellt eine anfangs
farblose, beim Stehen an der Luft gelblich werdende Flüssigkeit von
phenolähnlichem Gerüche dar. Die Löslichkeit der Kresole wird
durch die Base gesteigert, die dem Gemisch alkalische Reaction
verleiht. Nach einer Mittheilung über den Desinfectionswerth
des Kresamins (Aethylendiaminkresol) und seine thera-
peutische Verwendung bei Hautkrankheiten hat sich das
Präparat in Versuchen von H. Eckstein (Therap. Monatsh., April) Kresamin,
in der dermatologischen Universitätsklinik zu Breslau als gut des- Eckstein,
inficirend erwiesen. Bei der practischen Verwendung ergab sich
bei guter Desinfectionskraft im Gewebe die grosse Reizlosigkeit des
Kresamins als besonderer Vortheil. Bei der Behandlung vieler
Dermatosen, besonders des Ekzems, von pustulöson und mit Ab-
scessen einhergehenden Dermatitisformen , der Sycosis, den Ulcera
cruris und vorher ausgekratzten Lupusflächen war das Präparat in
Form von Salben, PflastermuUen und von Lösungen sehr brauchbar.
UeberAnytin und Anytole berichtet F. Loef f 1er (Deutsche Anytinund
med. Wochenschr. Nr. 10). Anytin wird ein Product genannt, das V^ii°^^'
durch die Einwirkung concentrirter Schwefelsäure auf schwefel-
haltige Kohlenwasserstoffe und Neutralisation mit Ammoniak er-
halten wird imd das Ammoniaksalz von Sulfosäuren der betreffen-
den Kohlenwasserstoffe darstellt. Es enthält 16,5 °/o Schwefel und
4,5 */o Ammoniak. Das Anytin ist in Wasser löslich und besitzt die
Eigenschaft, andere in Wasser unlösliche Substanzen in Lösung zu
bringen. Solche Lösimgen fabricirt die Ichthyol-Gesellschaft in Ham-
burg unter dem Namen Anytole und benutzt diese Form, um von
desiniicirend wirkenden Substanzen, die ihrer geringen Löslichkeit
wegen sonst nur in schwacher Concentration anwendbar sind, stärkere
Lösungen herzustellen. Loeffler hat nun das An3^in selbst sowie
662 Gottlieb.
Anytin und ein 40°/oige8 Metakresolanytol und ein 10*^/oiges Jodanytol auf die
Anytole, desinficirenden Wirkungen hin geprüft. In Bezug auf die abtödtende
Wirkung auf Bacterienculturen verhielt sich eine l°/oige Kresol-
AnytoUösung etwa wie eine 3"/oige CarboUösung, eine S^joige tödtete
verschiedene Bacillen in kürzester Frist; da nun eine 3"/oige Kresol-
Anytollösung die Haut nur wenig angreift, eine l^/oige aber gar
nicht, so wären derartige Lösungen zur Desinfection der Hände und
zur Desinfection inficirter Wunden geeignet. 1 — 2°/oige Kresol-
Anytollösungen geben auch bei Ozaena befriedigende Resultate.
L 0 e f f 1 e r empfiehlt auch bei der localen Behandlung der Diphtherie
3®/oige Kresol-AnytoUösungen zu versuchen.
Salosantal ist eine Lösung von Salol in reinem ostindischem
Sandelöl und stellt somit die Combination eines Antisepticums und
Salosantal, Balsamicums dar, mit welcher O. Werl er (Therap. Monatsh., Mai)
\\ erler. -^^^ Erkrankungen der Hamorgane (Gonorrhoe, Cystitis etc.) durch
die interne Medication in Form von Tropfen oder in Kapseln (3mal
täglich 10 — 20 Tropfen oder 3mal täglich 0,5 in Kapseln) sehr gute
Erfolge erzielt hat.
Eine Reihe neuer dermatologischer Heilmittel em-
pfehlen H. Kromayer und H. Vieth (Monatsh. f. pract. Dermatol.
Bd. 27) und zwar Derivate des Pyrogallols, Chrysarobins und Re-
sorcins, bei denen die allzu heftigen nachtheiligen Eigenschaften
der AusgangsstoflPe durch Einfuhrung von Säureresten in das Mole-
Eugaliol, cül beseitigt zu sein scheinen. So stellt Eugallol ein monacety-
lirtes Pyrogallol dar, eine sirupartige, braune, in Wasser lösliche
Masse, unter deren Wirkung bei directer Aufpinselung auf erkrankt**
HautsteUen psoriatische Flecken rasch heilen, die aber auch leicht
Hautentzündimgen hervorrufen soll. Ein dreifach acetylirtes Pyrogallol.
I.enigallol, Lenigallol genannt, wird von Kromayer für die Ekzembehandltmg
sehr warm empfohlen. Es ist ein in Wasser unlösliches weisses Pulver,
auf der gesunden Haut nahezu indifferent, wirkt aber auf die erkrankten
Eurobin, Hautstellen in 1 — lO'^/oiger Salbe sehr gut ein. Euro bin ist ein
triacetylirtes Chrysarobin, das in Aceton, Chloroform etc. viel leichter
löslich, als Chrysarobin, beim Eintrocknen einer solchen Lösung bei
Psoriasis sich sehr bewährte, ohne die unangenehmen Nebenwirkungen
des Chrysarobins in gleichem Maasse zu zeigen. Das tetraacetylirte
Lenirobin, Chrysarobin Lenirobin reizt die normale Haut noch weniger und
hat sich als Ersatz des Chrysarobins bei allen leichteren chronischen
Hautaffectionen (Psoriasis, chronische Ekzeme, Herpes tonsurans^
Arzneimittellehre und Toxikologie. 663
susgezeichnet bewährt. Das Eure sei ist monacetylirtes Resorcin,
eine dickflüssige, angenehm riechende, honiggelbe Masse, die sich
leicht verreiben lässt und mit der Kromayer bei Acne vulgaris, Eures ol,
Sycosis simplex , Seborrhoe und seborrhoischen Ekzemen sowie in ^^^^^y^^ "•
verwandten Erkrankungen gute Resultate erhielt.
Th. Bokorny (Pflüger's Archiv) hat die Wirkung der Aetherische
ätherischen Oele auf Pilze untersucht und diese wohlriechenden „ , ^^'
Bokorny.
und scharfschmeckenden, im Wasser schwerlöslichen Secretstone
vieler Pflanzen, die man als ätherische Oele zusammenfasst , mehr
oder weniger wirksam gegen Fäulnissbacterien und Schimmelpilze
gefunden. Die Terpene imter ihnen sind häufig starke Gifte für
Schimmelpilze, schwache für Fäulnisspilze, und Verf. sieht sie als
Schutzstoffe der Pflanze gegen Schimmelpilze an. Practisch ist die
scbimmelfeindliche Beschaffenheit der Terpene für die Conservirung
von Speisen, Fruchtsäften etc. von Bedeutung, denen Gewürze mit
Terpengehalt zugesetzt werden. *
Diuretica.
Zur Pharmakologie der Diurese liegt eine Reihe wichtiger Arbeiten
vor. So hat E. Münzer über die Allgemeinwirkung der Salze Diuretische
(Archiv f. exp. Path. u. Pharmakol. Bd. 41) in Fortsetzupg einer Reihe ^'^'^^""^ ^^"^
von Arbeiten F. Hof meist er's und seiner Schüler aus dem pharma- Münzer.
kologischen Institut der deutschen Universität Prag Untersuchungen an-
gestellt über die allen Salzen, denen eine specifische Toxicität abgeht, ge-
meinsamen Wirkungen im Organismus. Die in diesen Versuchen beobachteten
Giftwirkungen sind von den physikalischen Eigenschaften der Salze ab-
hängig und treten bei allen untersuchten Salzen nach intravenösen Injec-
tionen grosser Mengen in gleichem typischem Verlaufe ein. Sie bestehen
in Reizerscheinungen des centralen Nervensystems, gesteigerter Reflexerreg-
barkeit, fibrillären Muskelzuckungen und endlich in clonisch-tonischen
Krämpfen der gesammten Musculatur. Unter allmählichem Absinken des
Blutdrucks trat der Tod ein. Von besonderem Interesse aber ist die diure-
tische Wirksamkeit der Salze, die bei einbasischen Salzen im umgekehrten
Verhältniss zum Moleculargewicht stand, also sich gerade so wie die mole-
culare Concentration der angewandten Salzlösung verhielt. Die Unter-
suchung des Wasser- und Salzgehalts des Blutes ergab, dass trotz der
colossalen Diurese niemals eine Eindickung des Blutes eintrat, dass viel-
mehr der Wassergehalt des Blutes gegen das Lebensende zu anstieg. Die
grosse Flüssigkeitsmenge, welche unter diesen Bedingungen durch die
Diurese aus dem Blute entfernt wird, stammt demnach aus einer starken
Wasserströmung von den Geweben ins Blut und führt dadurch zu einer
664 Gotüieb.
Austrocknung der Gewebe und auch des Nervensystems, die wohl die Todes-
ursache der Thiere bildet.
Diärese E. Spiro hat die Wirkung von intravenösen Injectionen
durch colloidaler Körper auf die Diurese untersucht (üeber Diurese II.
°g °* ^' Archiv für experim. Path. u. Phannakol. Bd. 41) und dabei gefunden, dass
Gelatine und Gummi arabicum an Kaninchen nach guter und wasserreicher
Ernährung eine Diurese hervorrufen, die mit der Salzdiurese viel Gremein-
sames hat. Die üebereinstimmung mit der Salzdiurese liegt vor allem
in dem Verhalten des Blutes, dessen Wassergehalt bedeutend zunimmt,
während der N-Gehalt vermindert wird. Die coUoiden Substanzen wirken
also im Blute wasseranziehend; deshalb setzen sie auch, wie durch Ver-
suche gezeigt wird, den Ljmphfluss herab. Sehr interessant sind ferner
die von der Salz Wirkung völlig verschiedenen Wirkungen colloidaler Stoffe
auf den Blutdruck und das centrale Nervensystem; es tritt durch intra-
venöse Iigection colloider Substanzen Blutdrucksteigerung und tiefe Nar-
kose an Kaninchen ein.
Diuretica Zu interessanten Resultaten kommt P. F. Richter (Diuretica und
^^^ Glykosurie. Zeitschrift für klinische Medicin Bd. 35, Nr. 5 u. 6) bei dem
Richter ' ^^^^^^^^^ ^^^ Zuckerausscheidung, die sich im Anschluss an die Coffein- oder
Theobromin-Diurese bei Kaninchen nach kohlehydratreicher Ernährung stet^
einstellt. Diese Form der Glykosurie wurde zuerst von Jakobj beschrieben
und als Folgeerscheinung des gesteigerten Secretionsstroms in der Niere,
als „Nierendiabetes* gedeutet. Nach Richter hat aber die Glykosurie
nach Ooffeinpräparaten mit der Diurese als solcher nichts zu thun, da es
durch andere gleichfalls durch Wirkung auf die Niere harntreibende Stoffe,
wie der Salze oder des Harnstoffs, nicht gelingt, sie hervorzurufen. Die
Bestimmung des Blutzuckers zeigte femer, dass von einem Nierendiabetes
im eigentlichen Sinne keine Rede sein kann, da der Zuckergehalt des Blut«<
erhöht ist. Die Glykosurie ist also nicht von der Niere aus zu erklären.
Hingegen konnte Richter nachweisen, dass es sich um eine hepatogene
Glykosurie handelt, indem die Coffeinpräparate eine beschleunigte Sacchari-
ficirung des Glykogens bewirken und deshalb bei vorheriger reichlicher
Fütterung mit Kohlehydraten, also bei reichlichen Glykogenbestftnden in
der Leber Hyperglykämie und Glykosurie erzeugen. Da die Coffeinprä-
parate in dieser Richtung sich nur wirksam erweisen, wo Leberglykogen
in ausreichender Menge zur Verfügung steht, und da die Glykosurie aus-
bleibt, wenn die Leber glykogenarm ist, so konnte Richter auf die>es
Verhalten eine Methode gründen, aus dem Erscheinen oder Ausbleiben der
Glykosurie auf den Glykogenbestand zu schliessen und so in leichter Wei>e
zu entscheiden, inwieweit vorangegangene Zufuhr verschiedener Zucker-
arten im Stande war glykogenbildend zu wirken.
Arzneimittellehre und Toxikologie.
665
Gardiaca und Analeptica.
H. Guth hat in Versuchen über die Anwendung des Coro- Coroniiiin,
nillins am Krankenbett aus der v. Jaksch'schen l^linilf in ^***^-
Prag (Therap. Monatsh., Januar) dieses von Reeb u. Schlagdenhauffen
aus verschiedenen Coronilla-Aii;en dargestellte und von Pr^vost als
Ersatzmittel der Digitalis empfohlene Glykosid an Kranken geprüft
und konnte zwar den Eintritt einer vorübergehenden Diurese und
das Fehlen cumulativer Wirkung bestätigen, fand aber das Coro-
niiiin auf den Puls fast wirkungslos und beobachtete auch den Ein-
tritt unangenehmer Nebenwirkungen, z. B. häufiger Diarrhöen, bei der
Anwendung.
K. B. Lehmann und F. Wilhelm haben die Wirkungen der Coffeon und
flüchtigen, wohlriechenden Bestandtheile des gerösteten Kaffees, das
Coffeon, und K. B. Lehmann und B. Tendlau die flüchtigen
aromatischen Bestandtheile des Thees (T h e e ö 1) untersucht (Archiv
für Hygiene Bd. 32). Im Gegensatz zu anderen früheren Beob-
achtimgen erwies sich das Coffeon auch in grossen Dosen (De-
stillat aus 400 g Kaffeepulver) an gesunden Menschen als ganz
wirkungslos ; weder auf das Grpsshim noch auf das Herz war irgend-
welche Wirkung nachweisbar, so dass alle Wirkungen des Kaffees
dem Coffein allein zuzuschreiben sind. Ebenso erwies sich das sog.
Theeöl, dem manche Autoren die erregenden Wirkungen des
Thees zum Theil zuschreiben, am Menschen ohne Wirkung, auch
wenn das Destillat von 200 g Theeblättem genommen wurde. Da-
nach würden auch die flüchtigen Bestandtheile des Thees nur eine
geschmacksverbessemde Rolle spielen.
Eisenpräparate.
Weitere Beiträge zur Lehre von der Resorbirbarkeit anorganischer
Eißensalze brachte A. Hofmann (Ueber Eisenresorption und Aus-
scheidung im menschlichen und thierischen Organismus. Yir-
chow's Archiv Bd. 151). Bei der mikrochemischen Untersuchung mensch-
licher Organe liess sich die Resorption des Nahrungseisens durch die Darm-
wand und zwar fast ausschUesslich des Duodenums nachweisen; nach der
Darreichung anorganischen Eisens (Fernmi lacticum) fand sich wenigstens
in einem FaUe der Eisengehalt der Dünndarmzotten eclatant vermehrt, wie
dies auch in den Thierversuchen des Verfasssers nach Darreichung anorgani-
schen Eisens nachweisbar war. Das durch die Epithelien aufgenommene Eisen
wird durch Transportzellen auf dem Wege der Lymphbahn weiter geführt
Tbeeöl,
Lehmann,
Wilhelm,
Tendlau.
Eisen-
resorption
nnd -Aus-
scheidung,
Hofmann,
666
GottKeb.
Honigmann,
Eisen- und rasch in der Milz, langsamer in der Leber deponirt. Die allmähliche
resorption Ausscheidung des Nahrungseisens und in weit stärkerem Grade des medi-
un • US- camentösen Eisens findet auch nach diesen Untersuchungen bei Thier und
scheidang, ^
Hofmann, Menschen besonders im Dickdarm statt. Diese Ausscheidung verrichten
gleichfalls eisenbeladene Transportzellen, welche das Darmepithel entweder
durchwandern oder die Eisenkömchen an dasselbe zur Weiterbeförderung
abgeben.
Auf chemischem Wege hat G. Honigmann (Zur Frage über die
Eisenresorption und Eisenausscheidung beim Menschen. Vir-
chow's Archiv Bd. 152) einen diese Frage betreffenden Versuch an einer
Patientin mit einer completen Fistel im unteren Deum angestellt; der
Dickdarm war von der Verdauung ganz ausgeschlossen. Nach mehreren
Tagen constanter Diät erhielt die Kranke Ferrum citricum oxydatum,
0,4160 Fe enthaltend; davon erschienen im zugehörigen Eoth nur 18,67%
wieder, so dass 81,33 7» durch den Darm bis zur Fistel resorbirt wären.
G.V.Bunge untersuchte die Assimilation des Eisens ausCerea-
lien (Zeitschr. f. physiol. Chemie Bd. 25). Die Cerealien enthalten die
Hauptmenge des Eisens in den Schalen, das Reiskorn des Handels daher
nur 1 — 2, Weizenmehl nur 1,6, Gerste 4,5, Weizen 5,5, Weizenkleie 8,8 mg
auf 100 g. Die Frage, ob der thierische Organismus die Eisenverbindungen
der Eleie zu assimiliren vermag, wurde durch Versuche an Ratten im
positiven Sinne entschieden. Der Hämoglobingehalt und das Körpergewicht
der mit Kleienbrod gefütterten Thiere stieg erheblich schneller, als das mit
Weizenbrod gefütterter Controllthiere. Da der Kalkgehalt des Kleienbrodes
nicht wesentlich verschieden war, so konnte der Unterschied im Wachs-
thum der Thiere nicht auf diesen bezogen werden.
Bunge.
Hämatin,
V. Starck.
V. Starck behandelt die mit Rücksicht auf die so ausgedehnte
Anwendung der Bluteisenpräparate sehr wichtige Frage über die
Resorbirbarkeit des Hämatins und die Bedeutung der
Hämoglobinpräparate (Münchener med. Wochenschr. Nr. 52).
Während die Resorption kleiner Mengen anorganischen Eisens wohl
nach Ansicht der meisten Autoren durch die Versuche von KunkeL
Quincke, Gaule etc. erwiesen erscheint, hat die Untersuchung des
EisenstoflPwechsels nach interner Zufuhr von Hämatin in den Ver-
suchen von Voit und Cloetta zu dem Schlüsse geführt, dass das
in dieser Form in den Magendarmkanal eingeführte Eisen unresor-
birt bleibt, v. Starck theilt nun Versuche mit, in denen er die
Fe-Resorption im Darme von Meerschweinchen mittels der mikro-
chemischen Methode Q u i n c k e's untersuchte. Nach vorangegangenem
Hungern hatten die Thiere entweder HommePs Hämatogen oder
Pfeuffer's Hämoglobinsirup oder endlich die entsprechende Menge
Eisen in Form des Sirupus Ferri oxydati solubilis erhalten; nur
Arzneimittellehre und Toxikologie. 667
bei dem Meerschweinclieii , welches das Eisen in dieser letzteren
Form erhalten hatte, fanden sich die Zeichen gesteigerter Eisen-
resorption im Duodenum, nach Darreichung des Hämoglobins war
eine vermehrte Fe-B.esorption nicht nachweisbar. Da nun alle Hämo-
globinpraparate , sofern sie nicht schon aus Hämatin bestehen, im
Magen in Hämatin umgewandelt werden und in dieser Kichtung als
gleichwerthig anzusehen sind, so geht aus den Versuchen hervor,
dass eine resorptive Eisenwirkung der Hämoglobinpräparate bei ihrer
Darreichung per os nicht zu erwarten ist und dass es irrationeU ist,
sie an Stelle solcher Eisenmittel zu setzen, deren Resorbirbarkeit
festgestellt ist. Hingegen constatirt der Verf. eine appetitanregende
Wirkung der Hämoglobinpräparate. Bei der ausgedehnten Anwen-
dung dieser Mittel, die infolge der Reclame als „vollkommener Blut-
ersatz" Mode geworden ist, wird die Resorbirbarkeit des Eisens in
dieser Form vorausgesetzt; die Versuche des Verfassers erscheinen
deshalb sehr zeitgemäss und schliessen sich älteren Untersuchimgen
in ihrem Resultate an.
J. Tirmann (lieber Ferrohämol. Görbersdorfer Veröffent- Ferrohamol,
Hebungen Bd. 2), der Resorptionsversuche mit dem von Kobert Tirmann.
eingeführten Bluteisenpräparate Ferrohämol an Hühnern angestellt
hat, kommt allerdings für dieses Präparat zu entgegengesetzten
Resultaten. Der Verf. konnte mikrochemisch nach Ferrohämolfiitte-
rung den Uebergang des Eisens in die Organe sowie auch in die
während des Versuches gelegten Eier nachweisen, in denen es im
Eigelb abgelagert war.
Mehrere Arbeiten beschäftigten sich mit dem Schicksal des
Hämoglobins nach subcutaner und intravenöser Einverleibung.
So kommen S c h u r i g (Archiv f. experim. Pathol. u. Pharmakol.
Bd. 41) in Versuchen aus der Kieler Universitätsklinik und v. Starck
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 4) zu dem übereinstimmenden Re-
sultate, dass nur der kleinere Theü des subcutan injicirten Hämo-
globins am Orte der Injection von Leukocyten und Bindegewebs-
zellen aufgenommen wird, der bei weitem grössere Antheil aber
in den Kreislauf übergeht. Ein Theil wird dann in der Leber
zu Bilirubin umgewandelt, gleichzeitig aber ein anderer Theil in
Milz, Lymphdrüsen und im Knochenmark festgehalten und ver-
arbeitet. Bei weiterer Zufuhr übergeben diese Organe das Eisen
dami der Leber, und dieses Eisen kann zur Verwerthung im
Organismus herangezogen werden. Da, wie v. Starck nachweist,
subcutane Hämoglobininjectionen sehr gut vertragen werden, sofern
668
Gottlieb.
Ferrohämoi, sie nur Steril und frei von Resten der zerfallenen rothen und weissen
Tirmann. Blutkörperchen sind, so könnte man auch an therapeutische Ver-
suche mit subcutanen Hämoglobininjectionen denken, wenn nicht die
Schwierigkeit zu gross wäre, immer frische sterile Hämoglobin-
lösimgen bereit zu halten. Erst bei Zufuhrung grösserer Mengen
kann der Organismus nicht mehr des ganzen Hämoglobins Herr
werden, und dann tritt zuerst in die Galle und dann in den Harn
der unveränderte Blutfarbstoff über.
MoriBhima. Auch K. Morishima hat im pharmakologischen Institut zu
Strassburg die Schicksale des Hämatineisens verfolgt (Arch.
f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 41). Stoffwechselversuche er-
gaben auch hier, dass nach subcutaner und intravenöser Zufahr
massiger Mengen des Blutfarbstoffs die Eisenausgaben gleichbleiben,
dass also Hämatineisen zurückgehalten wird. Dies geschieht zum
Theil in der Leber. Die Leber vermag nämlich das Eisen aus dem
Hämatin in Ferratin überzuführen. Dies konnte ausserhalb des Or-
ganismus nachgewiesen werden, indem Leberbrei in der alkalischen,
thymolisirten Lösung von Hämin eine Vermehrung seines Ferratin-
gehaltes zeigte. Aus einer Lösung von Ferritartrat wurde das Eisen
hingegen vom Leberbrei nicht in Ferratin übergeführt.
Subcutane
Eisen-
injeotion,
Birgelen.
H. Birgelen hat in der medicinischen PoUklinik zu Erlangen
die günstigen Erfahrungen früherer Autoren über die Verwendbar-
keit der subcutanen Eiseninjectionen zur Behandlung der
Ohiorose bestätigen können (Münchener med. Wochenschr. Nr. 30).
Diese Thatsache, dass die Eisenmedication auch mit Umgehung des
Magendarmkanals ihre Wirkung entfaltet, ist bekanntlich von grossem
theoretischem Literesse ; für jene Ausnahms&Ue, in denen der Magen
auch die mildesten Eisenpräparate nicht verträgt, sind die Versuche
über subcutane Lijection passender Präparate auch von practischer Be-
deutung. Nach den Erfahrungen des Verfassers scheint Ferrum citri-
cum ammoniatum hierfür das empfehlenswertheste Präparat zu sein.
Serumtherapie.
Der Widerspruch gegen die herrschende Meinimg über den
Werth des Diphtherieheilserums hat auch in diesem Berichtsjahre
noch nicht aufgehört. Lisbesondere hat Kassowitz (Therapeu-
tische Monateh. H. 6) auf Grund neuen statistischen Materials Aus-
führungen gegen den Heilwerth des Diphtherieheilserums
vorgebracht. Seiner Beweisführung wurde durch Bag ins ky (Berl.
Arzneimittellehre und Toxikologie. 669
klin. Wochenschr. Nr. 27), durch Tavel (Therap. Monatsh. H. 8) Diphtherie-
sowie durch Kretz (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 21) widersprochen, teils er um,
Einen interessanten Beitrag zur Diphtheriestatistik lieferte
A. Gottstein (Therap. Monatsh. H. 5), nach welchem der Ab-
fall der Mortalität in den Jahren 1896 und 97 nur die Fort-
setzung einer seit dem Jahre 1886 bestehenden absteigenden Tendenz
darstellt, die nur in den Jahren 1892 — 94 durch einen erheblichen
Anstieg unterbrochen war.
Nach Ansicht des Ref. wird auf dem Wege der statistischen
Methode kaum eine völlige Einigung erreichbar sein; dieselbe wird
nur auf Grund der subjectiven Schätzung erfahrener Beobachter erzielt
werden können, in wie weit sich der klinische Verlauf der Einzel-
falle unter dem Einfluss der Therapie verändert hat. In dieser
Richtung sei auch hier auf die aus der Bemer medicinischen TClinik
stammende Mittheilung von C. Meyer hingewiesen, welche die C.Meyer.
Modification des klinischen Verlaufs der Diphtherie
durch die Anwendung des Heilserums (Deutsches Arch. 1.
klin. Med.) bespricht. Aus der Bearbeitung dieses klinischen Ma-
terials ergibt sich als Beweis für die Wirksamkeit des Diphtherie-
heilserums, dass die Membranen in allen günstig verlaufenden FäUen
von der Injection an gerechnet fast constant zur gleichen Zeit ver-
schwanden, und zwar unabhängig davon, ob früh oder spät injicirt
wurde, und dass auch Stenosenerscheinungen und Fieber sich in
Betreff ihrer Dauer vom Zeitpunkte der Injection an wie die Mem-
branbildungen verhalten.
Sehr zahlreiche Publicationen liegen aus dem Berichtsjahre über
die Anwendung der Serumtherapie bei Tetanus vor. Wir
verweisen auf die Besprechungen an früheren Stellen (S. 109 ff.,
S. 278, S. 336). Auch die Berichte über serumtherapeutische Ver-
suche bei anderen Krankheiten (Pneumonie etc.) woUe man an
anderen Orten des Jahrbuchs nachlesen.
Organotherapeutische Präparate.
In Bezug auf die practische Anwendung organotherapeutischer
Präparate hat das Berichtsjahr nichts wesentlich Neues gebracht.
Hingegen liegen eine Reihe von chemischen und physiologischen
Untersuchungen über die Producte der inneren Secretion vor, auf
die hier nur ganz kurz hingewiesen werden kann. So bedeutet eine
Untersuchung 0. v. Fürth^s (Zur Kenntniss der brenzcate-
chinähnlichen Substanz der Nebennieren. Zeitschr. f.
670 Gottlieb.
Neben- physiol. Chemie Bd. 26) einen wichtigen Fortschritt zu der Isolirung
nieren- ^^^ blutdrucksteigemden Substanz der Nebennieren. Die Analyse
V. Fürth,' des in grosser Reinheit dargestellten und auf den Blutdruck enorm
einwirkenden Productes, das allerdings nicht krystallisirt erhalten
werden konnte, macht es wahrscheinlich, dass die blutdrucksteigemde
Substanz ein hydrirtes Dioxypyridin, also ein verhältnissmässig ein-
V. Cyon. fach zusammengesetzter Körper ist. — Nach E. v. Cyon (Pflüger's
Archiv Bd. 72) wirkt das Nebennierenextract erregend auf die Nervi
accelerantes cordis und auf die Vasoconstrictoren, lähmend auf den
Vagus und Depressor ein. Es besteht danach ein Antagonismus
dieser Substanz gegen die Wirkungen des Jodothyrins und Hypo-
physins.
Jodothyrin, Das Jodothyrinist nach v. C y o n (Die physiologischen Herzgifte.
V. Cyon. Pflüger's Archiv Bd. 73) ein Erregungsmittel des Depressor und des
Vagus im Herzen und ist bestimmt, die regulatorischen Herznerven-
apparate in constanter Erregbarkeit zu erhalten. Jodothyrin hebt
nach V. Cyon die Atropiuwirkung auf das Herz auf und ist mo-
mentan im Stande, die nach Atropin vollkommen erloschene Erreg-
barkeit der Vagusendigungen wieder herzustellen. Jodnatrium wirkt
gerade umgekehrt, vermindert die Erregbarkeit der Vagi und reizt
die accelerirenden Herznerven. Da nun v. Cyon nach Exstirpation
der Schilddrüse ähnliche Verhältnisse in der Erregbarkeit der Herz-
nerven findet wie bei Jodnatriumvergiftung imd da Jodothyrin im
Stande ist, diese Veränderungen zur Norm zurückzuführen, so nimmt
V. Cyon an, die Schilddrüse habe die Function, die Jodsalze, welche
auf das System der Vagi und Sjnnpathici toxisch wirken, unschäd-
lich zu machen durch Ueberfuhrung in die organische Verbindung
des Jodothjnnns, welches auf die gleichen Systeme anregend und
ihre Leistungsfähigkeit erhöhend wirkt. (Beiträge zur Physiologie
der Schilddrüse imd des Herzens. Pflüger's Archiv Bd. 70.)
Auf die Frage, ob das Jodothyrin als ein chemisches Indi-
Roos, viduum anzusehen ist (vergl. Roos, Zeitschr. f. physiol. Chemie
Blum, Bd. 25 und Blum, ebenda Bd. 26), sowie ob dasselbe selbst als
ein Paarung von Eiweissstoffen in der Drüse enthalten oder erst
durch tiefergreifende Spaltungen aus denselben darstellbar ist
Tambach. (R. Tambach, Zeitschr. f. Biologie Bd. 36), kann an diesem Orte
nicht näher eingegangen werden.
E. V. Cyon (Die Verrichtungen der Hypophyse,
in. Mitth. Pflüger's Archiv Bd. 73) bespricht die erfolgreiche Be-
Arzneimittellehre und Toxikologie.
671
handlung eines Falles von Akromegalie mit Hypophysenpnlyer. Hypophys
Nach zwei fixeren Mittheflnngen des Verfassers dienen Hypophyse ^' ^**"*
und Schilddrüse vereint dazu, den Blutandrang zum Gehirn zu regu-
liren. Die Hypophyse wird durch Blutzufluss gereizt und setzt die
Schilddrüse als ^ Schleuse*^ in Thatigkeit. Die chemischen Producte
beider Drüsen beeinflussen direct die Centren und Gefass- und Herz-
nerven.
Nährmittelpräparate.
Aus dem Berichtsjahr liegen über die in den letzten Jahren zu
allgemeinerer Anwendung gelangten Präparate sehr exacte Stoff-
wechselversuche mit Somatose und Nutrose von ß. Neumann
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 3) aus dem hygienischen Institute
zu Würzburg vor. Der Verf. verglich in einem allen Anforderungen
an einen einwandfreien Stoffwechselversuch entsprechenden Selbst-
versuche die Somatose mit einem Caseinpräparat, der Nutrose. Nach
einer Vorperiode mit Stickstoffgleichgewicht wurde der Einfluss des
Eiweisspräparats auf den N- Wechsel während einer Versuchs- und
einer Nachperiode bei vöUig constanter und analysirter Nahrung er-
mittelt. Es ergab sich., dass die Ausnutzung der Nutrose eine sehr
gute, ja der Ausnutzung des Fleischeiweisses nahe war; von der
dargereichten Somatose erschienen hingegen 40 — 50 ^jo N in den
Fäces, die Ausnutzung war also eine sehr schlechte in Ueberein-
stimmung mit älteren Resultaten Salkowski's. Berücksichtigt man
weiter, dass auch die Bekömmhchkeit der Somatose zu wünschen
übrig lässt, da nach grösseren Gaben in kurzer Zeit Diarrhöen auf-
treten, und dass die Nutrose völlig geschmacklos und um mehr als
die Hälfte billiger ist, so sprechen diese Versuche sehr zu Gunsten
des Caseinpräparats.
Auch aus einer Arbeit aus dem Zunt zischen Institute: „lieber
die Möglichkeit der Eiweissmast" von Bornstein (Berl.
klin. Wochenschr. Nr. 36) geht die ausgezeichnete Resorption des
Caseinnatriums hervor; 50g Nutrose, entsprechend einer Fleisch-
menge von 225 g , wurden im Selbstversuche völlig ausgenutzt und
betheiligten sich auch im Ueberschuss über den Stickstoff bedarf ge-
reicht ohne Schlacke am Gesammtstoffwechsel.
Andererseits liegen auch aus diesem Jahre eine Reihe günstiger
Berichte über Somatose und Somatosepräparate vor. So fanden
Th. Panzer (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 25) und H. Gold-
mann (Allgem. med. Centralzeitung Nr. 49) die Eisensomatose
empfehlenswerth.
Somatose
und
Xiitrost\
Keumauu,
Bonisteiu,
Panzer,
Qoldmann,
672 Gottlieb.
s omatose F. Röhmann (Berlin, klin. Wochenschr. Nr. 36) hat Stoff-
und wechselversuche mit phosphorhaltigen und phosphor-
F. Röhmann. dreien Eiweisskörpern angestellt und weist daraufhin, dass
bei dem Casein für die Ernährung des Säuglings nicht bloss die Art
der Gerinnbarkeit von Bedeutung zu sein scheint, sondern auch der
Gehalt an organisch gebundenem Phosphor. Denn in Thierversuchen,
in denen Phosphor nur in Form des phosphorhaltigen Eiweisskörpers
(Casein) gereicht wurde, aber keine Phosphate, erfolgte stärkerer An-
satz von Phosphor im Organismus, als in Parallelversuchen, in denen
phosphorfreie Eiweisskörper (Myosin und das Globulin der Hanf-
samen, Edestin) unter gleichzeitiger Zufuhr von Phosphaten in der
gleichen Gesammtphosphormenge verfuttert wurden. Stickstoffansatz
erfolgte in beiden Fällen, aber die im Verhältniss zum Stickstoff an-
gesetzte P-Menge war bei Fütterung phosphorhaltiger Eiweisskörper
weit grösser. Die Bedeutung phosphorfreier und phosphorhaltiger
Eiweisskörper für die Ernährung ist somit nicht die gleiche.
Auch über die Ausnutzimg eines anderen Gaseinpräparates, des
Sanatogen genannten glycerinphosphorsauren Caseinnatriums, liegt
Sanatogen, eine Versuchsreihe von G. N. Vis und G. Treupel (lieber die
\is u. Treupel, Verdaulichkeit einiger Eiweisspräparate. Münch. med. Wochenschr.
Nr. 9) vor. Bei constanter Diät wurde etwa die Hälfte des Eiweisses
durch Sanatogen ersetzt; die in dieser Periode in den Fäces aus-
geschiedene N-Menge war nicht grösser, die Ausnutzung des Sana-
Gumpert. togens also nicht schlechter als die des Fleischeiweisses. — Gumpert
(Deutsche med. Wochenschr., Therap. Beil. Nr. 10) theilt günstige
Erfahrungen mit, die er mit dem Sanatogen als Nährpräparat in ver-
schiedenen Krankheitszuständen gemacht hat.
Einen wichtigen Fortschritt auf dem Gebiete der künstlichen
Nährpräparate bedeutet ohne Zweifel das in diesem Berichtsjahre
eingeführte Tropon, als ein gutes und billiges Eiweissersatzmittel.
Tropon, D. Finkler berichtete zuerst in einem Vortrage auf dem IX. inter-
^^* nationalen Congress für Hygiene und Demographie zu Madrid (Deutsche
med. Wochenschr. Nr. 17) über das Resultat langjähriger Versuche
zur Herstellung eines geschmacklosen und haltbaren Eiweisspräparate
aus billigen animalischen und vegetabilischen Materialien. Er be-
spricht in dieser ersten Mittheilung die Verhältnisse des Eiweiss-
consums der arbeitenden Classen und berechnet, dass mehr als 30 V
der Gesammtausgaben der arbeitenden Bevölkerung und mehr als
die Hälfte der Gesammtspeisekosten auf die Beschaffung des noth-
Arzneimittellehre und Toxikologie. 673
wendigen Eiweissquantums kommen. Infolgedessen wird das Eiweiss
oft genug nur in ungenügender Quantität und in ungleichmässiger
Weise eingeführt. Das Ergebniss der Versuche zur Erschliessung
neuer billiger Eiweissquellen war die Herstellung des Tropons, eines
geruch- und geschmacklosen Präparats- von 90 — 97 */o Eiweissgehalt,
das sich im Preise wesentlich billiger stellt, als das in Form von
Fleisch aufgenommene Eiweiss. Das Präparat wird aus entfetteten
Fischen, Leguminosen etc. von den „Troponwerken" in Mühlheim
hergestellt und die Bleichung und wohl auch Zerstörung unangenehm
schmeckender Stoffe wird dabei durch Wasserstoffsuperoxyd bewerk-
stelligt. Als einem concentrirten , billigen Nahrungsmittel von un-
begrenzter Haltbarkeit könnte ihm wohl die Bedeutung eines Volks-
emährungsmittels, sowie eines x geeigneten Proviants für Beisen und
Feldzüge etc. zukommen. Das geringe Volum und die feine Ver-
theilung, sowie die leichte Besorbirbarkeit lassen es auch für die
Krankenemährung sehr geeignet erscheinen. Es ist ein lederbraunes,
gleichmässig feines Pulver, in Wasser völlig unlöslich, fast geruch-
und geschmacklos.
Die schoji in diesem Jahre mit dem neuen Nährpräparate ange-
stellten ziemlich zahlreichen Versuche bestätigen die Voraussetzungen
Finkler's und beweisen die volle therapeutische Brauchbarkeit des Finkler,
Tropons. Fink 1er berichtete zunächst selbst über die Verwen-
dung von Tropon zur Krankenernährung (Berliner klin.
Wochenschr. Nr. 30) in 100 Fällen verschiedenartigster Natur, in
denen das Präparat in kleineren imd in grösseren Gaben, ja sogar
ausschliesslich kürzere oder längere Zeit gegeben wurde. In ein-
zelnen Fällen wurden im Laufe der Zeit einige Kilo verabreicht und
ohne jeden Widerwillen oder schädliche Nebenwirkung vertragen.
Ja ein Kranker, der an Peritonealtuberculose litt, bekam in 193 Tagen
7320 g Tropon (pro die 37,10 g) und nahm dabei um 13,5 kg an Ge-
wicht zu. Die Besultate beweisen die Anwendbarkeit und absolute
Unschädlichkeit des Präparats. Weiter liegen bereits eine Beihe
von Stoffwechsel- und Ausnutzungsversuchen mit Tropon vor. Nach
Finkler's Untersuchungen werden ca. 95 *^/o Tropon ausgenutzt,
Plaut (Zeitschr. f. diät. u. physik. Therapie Bd. 1, S. 68) stellte an Plaut,
2 Patientinnen der I. raedicinischen Klinik der Charite Versuche
an, bei denen er ein Drittel des Nahrungseiweisses durch Tropon
ersetzte. In der 17tägigen Troponperiode wurde das Eiweiss zu
90 ^/o, in der troponfreien Periode zu 86,3 **'o ausgenutzt; es erga*
sich daraus sogar eine etwas bessere Ausnutzung des Troü*
Aehnliche Besultate erhielt H. Strauss in der DI. medi
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 4'
674 Gottlieb.
Klinik der Charit^ (Therapeutische Monatsh. , Mai, S. 241). In
2 Fällen von 3 untersuchten schien die Ausnutzung in der Tropon-
periode eine bessere zu sein. Völlig exacte Stoffwechselversuche mit
Tropon, genau analysirter Nahrungseinfuhr stellten femer H. Schmilinsky
s^^^^^^y und G. Kleine im Krankenhause Hamburg-Eppendorf an (Münch.
med. Wochenschr. Nr. 31). • Auch in diesen einwandsfreien Selbst-
versuchen, in denen ein Viertel, ein Drittel imd zwei Drittel der Ge-
sammteiweissmenge in der Nahrung durch Tropon ersetzt wurde, er-
gab sich eine sehr vollständige Ausnutzung (90°/o), wenn dieselbe
auch in allen 3 Versuchen eine etwas schlechtere war, als in den Vor-
perioden. Zweifellos vermag das Tropon demnach das Eiweiss an-
derer Nahrungsmittel vollständig zu ersetzen. Die Patienten nahmen
nach übereinstimmenden Berichten der Beobachter das Präparat ohne
Widerwillen und ohne unangenehme Störungen, und zwar thee- oder
esslöffelweise in Wasser, Suppe oder Milch eingerührt, sowie als Zu-
satz zu verschiedenen Speisen, als Tropon-Zwieback, Tropon-Cakes etc.
Der geringe, dem Präparate noch anhaftende Geschmack war in diesen
Formen leicht zu verdecken.
Intoxicatlonen.
Vergiftang Die von M. Kamm beschriebene schwere Carbolsäure-
™** intoxication mit günstigem Ausgang (Therap. Monatsh., März)
Kttmm ' illustrirt von neuem, dass eine in den ersten 10 Minuten nach erfolgter
Vergiftung vorgenommene Magenausspülung auch nach sonst letalen
Gaben lebensrettend wirken kann. Bei einem 5jährigen Kinde waren
durch Verwechselung mindestens 4 g reiner Carbolsäure per os ge-
geben; in tiefer Bewusstlosigkeit , bei kaum fühlbarem Puls und
röchelnder Athmung wurde 5 — 10 Minuten darauf die Ausspülung
vorgenommen, das Kind erlangte nach Stunden die Besinnung wieder
und überstand auch die der Vergiftung folgende Nephritis.
Auch in dem Berichtsjahr wurde eine Reihe von Fällen von
Drews, Carbolgangrän beschrieben. So theilt R. Drews (Therapeut.
Monatsh., September) 3 Fälle von Carbolgangrän durch langdauemde
Wirkung ganz schwacher 2 — 3^/oiger Carbolsäurelösungen mit, die
an Handrücken, Finger und Zehe durch locale Wirkung entstanden
Kamm. waren. Auch M. Kamm (Therap. Monatsh., Mai) beschreibt einen
Fall von Carbolgangrän durch einmaliges Uebergiessen eines ver-
letzten NagelgUeds mit reiner Carbolsäure.
G. Kluge theilt einen Fall von Lysolvergiftung mit (Münch.
med. Wochenschr. Nr. 28), in welchem durch Verwechselung ca. 10 g-
Arm^imittellehre und Toxikologie. 67 S
Lysol genommen waren. Die localen Verätzungen waren im Y^r- Vergiftung
gleiche zur analogen Wirkung des Phenols geringer; der rasche - ™**.
Eintritt der allgemeinen Vergiffcungssymptome gleicht aber völlig dem Kluge,
bei Phenolvergifbungen. Schon nach 3 — 4 Minuten treten Bewusst-
losigkeit ein, Herzschwäche, beängstigende Dyspnoe, CoUaps und
Krämpfe in verschiedenen Muskelgruppen — also ein der Carbol-
säurevergifbung ganz analoges Bild. Nach schleuniger Entfernung
des noch zum grossen Theile unresorbirten Giftes durch Magenaus-
spülung trat Genesung ein. Immerhin spricht das schwere Ver-
giftimgsbild, das sich rasch nach 10 g Lysol entwickelt hatte , sehr
dagegen, das Lydol als so ungiftig anzusehen, wie es öfters hinge-
stellt wird.
K. Beinecke (Zur Gasuistik der Bromoformvergif- —mit
tun gen. Therap. Monatsh., Juli) stellt IB Fälle aus der Litteratur '^™oform,
zusammen, aus denen hervorgeht, dass schon 1 g als stark toxische
Dosis anzusehen ist und sehr bald eintretende Bewusstlosigkeit,
beginnende Athemlähmung und Schädigung der Herzaction bewirkt.
Allen Vergiftungen ist die vollständige Bewusstlosigkeit, Reflexlosig-
keit, bedrohliche Cyanose, Herz- und Athmungsschwäche, Tracheai-
rasseln imd Miosis gemeinsam; der Bromoformgeruch der Exspira-
tionslnft ist stets deutlich. Der Verfasser beschreibt einen weite-
ren selbst beobachteten Fall von Bromoformvergiftung, an welchem
vorerst die Entstehungsursache durch unzweckmässige Arzneiver-
ordnung von Interesse ist. Dem 3jährigen Kinde war Bromoformi 2,0,
Spirit. 5,0, Aqu. dest. 60,0, Sir. simpl. 20,0 verordnet worden. Aus
dieser Mixtur wird aber Bromoform durch den Wasserzusatz ausge-
fallt, und so erhielt das Kind mit dem letzten Theelöffel der Arznei
annähernd die ganze verordnete Menge von 2 g. 20 Minuten darauf
lag das Kind in tiefer Bewusstlosigkeit, war reflexlos, zeigte Cyanose,
Trachealrasseln , kaum fühlbaren Puls. Künstliche Athmung war
nothwendig. Die Narkose wich aber nach 3 Stunden, und der Fall
endete mit Genesung. Auch Müller (Münch. med. Wochenschr. Müller.
Nr. 38) veröffentlicht einen Fall von Bromoformvergiftung, der bei
einem 2jährigen Kinde nach 6 g tödtlich endete und dessen Sections-
befund mitgetheilt wird.
O. "Wien berichtet über einen Fall letaler subacuter Sul-
fonalvergiftung (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 39). Die Dar-
reichung von 3mal 0,5 g Sulfonal 1 */? stündlich des Abends wui'de
an einer geisteskranken Patientin 6 Wochen lang fortgesetzt mit
676 Gottlieb.
Vergiftung dazwischengeschobenen Pausen von 2 — 4: Tagen. In einer solchen
u Pause begann der Symptomencomplex der Vergiftung mit gastrisclien
W^ien, ' Erscheinungen, darauf traten Paresen ein, und erst am 8. Tage nach
Beginn der Erscheinungen war Hämatoporphyrinurie vorhanden. Die
letztere, die häufig als ein Wamungssymptom bezeichnet wird, tritt
also keineswegs immer vor den anderen Sjonptomen auf. Am 11. Tage
endete die Vergiftung tödtlich. Verf. räth, Sulfonal nie länger als
einige Tage nehmen zu lassen, und hält mit B;echt Pausen von 4 bis
B Tagen bei fortgesetzter Darreichung für zu kurz bemessen. — Auch
Pöllitz. Pöllitz (Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Med.) berichtet über einen
Fall von Sulfonalvergiftung nach lange fortgesetztem Gebrauche.
— mit R. Immerwahr bespricht einen Fall von Antipyrinintoxi-
Antipyrin, cation (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 34) mit einem Exanthem, das
bei der syphilitisch inficirten Patientin leicht zu Verwechselung mit
einem syphilitischen Exanthem hätte Anlass geben können.
-mit K. Witthauer theilt 4 im Laufe eines Vierteljahrs beobachtete
Laoto- Fälle von Icterus nach Lactopheningebrauch mit, die schon
Witthauer, i^^-ch mehrtägigem Gebrauch von 1,6 — 3,0 g Lactophenin pro die auf-
getreten waren imd zur Vorsicht bei längerem Gebrauch grosser Dosen
L. Hahn, mahnen. — Auch L. Hahn veröffentlicht (Deutsche med. Wochenschr.,
Therap. Beil.) 2 Fälle von Icterus nach Lactophenin.
- mit A. Habel berichtet über einen Fall von typischer Strychnin-
^*'h b^r*°' Vergiftung (Münch. med. Wochenschr. Nr. 1). Bemerkenswerth
ist an dem Falle, einem Selbstmordversuche mit ca. 0,18 Strychninum
hydrochloratum , der nach Magenausspülung und Anwendung von
Bromkalium mit Genesung endete, das Auftreten von Blut und Cylin-
dem im Harn nach Ablauf der acuten Vergiftung und die Tem-
peraturerhöhung während der Krämpfe.
Die letztere verdient Interesse mit Hinsicht auf die Arbeiten von
E. Hamack, E. Harnack und seinen Schülern, welche feststellten, dass die meisten,
Kionka. vielleicht sogar alle Krampfgifte temperaturemiedrigend wirken. Kionka
hat (Archives intern, d. Pharmacodynamie Bd. 5) von diesem Standpunkte
aus die Aenderungen der Körperwärme während der Strychninvergfiftung
calorimetrisch verfolgt und unterscheidet an Kaninchen zwei Stadien, eines,
in welchem die Körperwärme infolge der Krämpfe erhöht ist, und ein
zweites, in dem sie trotz fortdauernder Krämpfe unter die Norm sinkt
In beiden Stadien ist sowohl die W^ärmeabgabe, als die Wärmeproduction
erhöht; während aber in dem ersten Stadium die Grösse der Wärme-
production überwiegt, tritt dieselbe im zweiten zurück, und die Körper-
Ai'zneimittellehre und Toxikologie.
677
wärme sinkt durch gesteigerte Wärmeabgabe. E. Harnack (Centralblatt
f. Physiologie Nr. 19) hat gleichfalls durch calorimetrische Versuche seine
früheren Untersuchungen über die temperaturemiedrigende Wirkung der
Erampfgifte fortgeführt und ist zu dem Resultate gelangt, dass durch die
Wirkung dieser Gifte die Wärme regulirung durch directe Beeinflussung
nervöser Centren gestört ist und dabei die Wärmeabgabe durch die Krampf-
gifte von vornherein gesteigert wird.
Eine relativ seltene Vergiftung beschreibt A. Berkholz (Ein
Fall von Camphervergiftung. St. Petersb. med. Wochenschr.
Nr. 51). Als Abortivmittel wurden ca. 15 g Campher in Suspension
getrunken. 2 Stunden später traten Kopfschmerzen und bald darauf
Erbrechen und ein heftiger Krampfanfall auf, nach welchem das Sen-
sorium getrübt war; die Augen waren weit aufgerissen, es bestand
grosse Muskelunruhe, die sich in heftigen Aufregungszuständen stei-
gerte. Nach Magenausspülung und nach Chloralhydrat und Brom-
kalium Hess der Aufregungszustand nach und kehrte die Besinnung
allmählich wieder.
— mit
Campher,
Berkholz.
K. B. Lehmann hat aus der Litteratur alle sicheren Erfah-
rungen über die Wirkung ein- oder mehrmaliger genau bekannter
Knpfergaben zusammengestellt (Zeitschr. f. Hygiene u. Infections-
krankheiten Bd. 26) und daraus für die Toxikologie des Kupfers
die Schlüsse gezogen , dass 1. sehr grosse Dosen (30 g Kupfersalz
= 7,6 g Kupfer) durch heftige Gastroenteritis tödtlich werden können;
hingegen ist kein Fall bekannt , in dem Dosen von 4 — 8 g Kupfer-
salz auf einmal genommen tödtlich gewirkt hätten, vielmehr rufen
solche Mengen nur massige Erkrankung hervor. 2. Einmalige Gaben
von 1 — 2 g Kupfersalz haben niemals andere Erscheinungen, als Er-
brechen und höchstens Durchfall hervorgerufen und Dosen bis 0,5 g
Kupfersalz sind völlig wirkungslos. 3. Chronische Kupfervergiftung
ist am Menschen niemals einwandsfrei beobachtet, es werden wochen-
lang Dosen von 100 — 120 mg Kupfersalz wirkungslos ertragen.
— mit
Kupfer,
Lehmann.
Ueber einen Fall von Arsenvergiftung berichtet C. Hödl-
mo ser (Wien. klin. Wochenschr. Nr. 37), über 2 Fälle von Fliegen-
steinvergiftung (Arsenkobalt) H. D^ri (Pester med. Presse
Nr. 42). Von den letzteren Fällen, in denen das Gift durch Ver-
wechselung mit Aloe genommen war, wäre der eine der paralytischen
Form der Arsenvergiftung zuzurechnen, dabei aber die starke Ent-
wickelung von Krämpfen hervorzuheben, während der zweite den
— mit
Arsen,
Hödlmoser,
D6ri.
678 Gottlieb.
Vergiftung häufigeren choleriformen Typus der Vergiftung zeigt. — C. Binz und
."^ C. Laar (Archiv f. exp. Pathol. u. Pharmakol. Bd. 41) haben die
Binz n. Laar. Oxydation der arsenigen Säure im Organismus verfolgt und konnten
das Resultat früherer Untersuchungen, dass arsenige Säure im Harn
zum grossen Theile als Arsensäure erscheint, dahin erweitem, dass
neben Arsensäure arsenige Säure nur in äusserst geringer Menge
ausgeschieden wird. Wo diese Oxydation vor sich geht, ist noch
zweifelhaft; es ist aber wahrscheinlich, dass dem menschlichen
Harn der arsenigen Säure gegenüber oxydirende Fähigkeit zukommt.
üeber das Verhalten und den Nachweis des Schwefel-
-mit wassersto f f s im Blute hat E. Meyer im pharmakologischen In-
Schwefel- gtitut zu Halle interessante Untersuchungen angestellt (Arch. f. exp.
£ Meyer ' ^^^^^l- ^- Pliarmakol. Bd. 41). Der chemische Nachweis im Blute
erwies sich in Reagensglasversuchen als mehr als lOmal so empfind-
lich, als der spectroskopische Nachweis des Sulfhämoglobinstreifens
im Roth. Für die Praxis ergibt sich daraus die Forderung, sich
mit dem negativen Ausfall des spectroskopischen Nachweises nicht
zu begnügen. Der chemische Nachweis im Blute kann entweder
durch alkalisches Bleipapier geführt werden, oder weit schärfer durch
das Hindurchleiten eines Luftstromes durch die Blutprobe und vou
da durch eine salzsaure Lösung von p-Amidodimethylanilin und Eisen-
chlorid, in der sich bei Gegenwart von H^S sogleich Methylenblau
bildet. Weitere Versuche ergaben, dass der H2S im Blute in dop-
pelter Weise gebunden ist, einmal als Schwefelalkali im Serum, aus
welch' lockerer Bindimg er durch Durchleiten von Luft oder CO-^
vollständig befreit werden kann ; dann abei' als fest gebundener H.^
im Sulf hämoglobin , aus welcher Verbindung er erst durch HCl ab-
gehalten werden kann. Bei Zusatz von wenig HjS zum Blute ist
derselbe nur an Alkali gebimden; erst bei Zusatz grösserer Mengen
wird Sulf hämoglobin nachweisbar. Thierversuche zeigen, dass der
HjS in lockerer Bindung vöUig ausreicht, um tödtliche Vergiftung
herbeizuführen, der Sulf hämoglobinstreifen wird erst nachweisbar,
wenn die Thiere eine sehr concentrirte H2S-Atmosphäre eingeathmet
haben. Für den Nachweis der Vergiftung ist von Bedeutung, dass
der H2S wieder aus dem Blute verschwinden kann, wenn die Thiere
auch nur kurze Zeit vor dem Tode noch reine Luft geathmet
haben.
M. Laub berichtet über Glykosurie bei Phosphorvergif-
tung (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 37). Das ziemlich seltene Sym-
ptom der Glykosurie war 2 beobachteten Fällen gemeinsam und trat
Arzneimittellehre und Toxikologie. 679
bei einer Patientin am 4. und 11., in dem anderen Falle am 7. und — mit
8. Kranklieitstage vorübergehend auf; der Verf. macht die Deutung ^^J^sphor,
dieser Zuckerausscheidung als alimentäre Glykosurie durch Versagen
der Leber als Glykogenreservoir auf der Höhe der Leberveränderungen
sehr wahrscheinHch.
La einer sehr wichtigen experimentellen Untersuchung über die
Bildung von Fett im Organismus bei Phosphorvergiftung
hat 0. Polimanti (Pflüger 's Archiv Bd. 70) im Laboratorium von Polimanti.
Zuntz (Berlin) die für die Stoffwechselphysiologie bedeutungsvolle
Frage bearbeitet, ob in den Geweben der mit Phosphor vergifteten
Thiere in der That eine Fettbildung aus Eiweiss eintritt, die den
einzigen einwandsfrei nachgewiesenen Fall der Fettbildung aus Eiweiss
überhaupt bedeuten würde. Die bisher über diese Frage angestellten
Untersuchungen waren nicht eindeutig, da nur die bekannten L eo-
schen Versuche an Fröschen eine Zunahme der Gesammtmenge des
im Körper enthaltenen Fettes bei den P-Thieren im Vergleiche mit
normalen nachwiesen, während bei allen anderen Versuchen der Ein-
wand einer Einwanderung von Fett in das degenerirende Gewebe,
dessen Fettgehalt bestimmt wurde, bestehen bleibt. Leo's Versuche
aber hatten eine so geringe Steigerung des Fettgehalts der P-ver-
gifteten Thiere ergeben (im Mittel 0,65 ^/o), dass dieselbe mit Eück-
sicht auf die neueren Arbeiten über die Schwierigkeit exacter Fett-
bestimmungen in den Geweben zweifelhaft erscheint. Polimanti
hat deshalb diese Versuche Leo's, in denen individuelle Schwan-
kungen der Versuchsthiere nicht ausgeschlossen waren, wiederholt
und dabei eine wichtige Fehlerquelle vermieden, indem er die den
individuellen Schwankungen am meisten ausgesetzten Fettmengen,
die sog. Fettkörper und Geschlechtsdrüsen der Frösche vor dem Ver-
suche operativ entfernte. Leber, Centralnervensystem und der übrige
Körper der Thiere wurde getrennt mit sehr exacten Methoden auf
den Fettgehalt untersucht. In allen Versuchen trat die Wirkung
des P eindeutig hervor, indem die vergifteten Thiere in der Trocken-
substanz ihres Leibes stets mehr Fett enthielten, als die Control-
thiere, im Mittel 5,51 °/o gegen 4,47 °/o. Diese Zunahme ist zu gross,
als dass sie nur auf Fettbildung aus Glykogen bezogen werden
könnte; es muss zweifellos eine Neubildung von Fett aus Eiweiss
unter der Einwirkimg des Phosphors stattgefunden haben. Gleich-
zeitig nimmt auch der Wassergehalt der Organe bedeutend zu. Nur
das Centralnervensystem betheiligt sich nicht an diesen Verände-
rungen durch Phosphor und behauptet wie im Hungerzustande
besten seine constante Zusammensetzung.
680 GottHeb.
Lehrbücher und Monographieen.
J. Berendes, Geschichte der Pharmacie. Leipzig.
H. Bunzel, Die künstlichen Fiebermittel. Stuttgart.
0. DornblÜth, Die Arzneimittel der heatigen Medicin. Mit therapeu-
tischen Notizen, zusammengestellt für practische Aerzte und Stu-
dirende der Medicin. 8. Aufl. Würzburg.
G. Dragendorff, Die Heilpflanzen der verschiedenen Völker und Zeiten»
ihre Anwendung, wesentlichen Bestandtheile und Geschichte. Ein
Handbuch für Aerzte, Apotheker, Botaniker und Droguisten. Stutt-
gart.
CA. Ewald, Handbuch der allgemeinen und speciellen ArzneiTcrordnungs-
lehre: Auf Grundlage des Arzneibuches f. d. Deutsche Reich und
der fremden neuesten Pharmakopoen. 13. Aufl. Berlin.
A. Gilbert et P. Garnot, L^opoth^rapie. Paris.
Köhler's neueste und wichtigste Medicinalpflanzen. In naturgetreuen Ab-
bildungen mit kurz erklärendem Texte. Ergänzungsband. Heraus-
gegeben von Dr. M. Vogtherr. Gera-Üntermhaus.
A. Eos sei, Leitfaden für medicinisch-chemische Curse. 4. Aufl. Berlin.
J. Lindenmayer, Die Vergiftungen, deren Erkennung, Vorbeugung und
das gegen sie gerichtete Heilverfahren. Tabellarisch dargestellt.
Wien.
Nesemann, Die dem freien Verkehr entzogenen und überlassenen Arznei-
mittel. Breslau.
H. Schulz, Pharmakotherapie.
xn.
Greiiclitliclie Medicin.
Von Dr. Georg Fnppe^ Privatdocent an der Universität Berlin.
I« AUgremeines«
Kockel (Die gegenwärtige Bedeutung der gerichtlichen Gegen-
Medicin. Antrittsvorlesung. Leipzig) bejaht die Frage pach der w artige
Nothwendigkeit der gerichtlichen Medicin als besonderes Special- ^^^ gericht-
fach, bespricht sodann die Leistungen und Fortschritte, welche sie liehen
zu verzeichnen hat und die durchaus mit denjenigen anderer Ge- ^^^^^J"**
biete der Medicin sich auf gleicher Höhe befinden, und befür-
wortet endlich eine Ausdehnung des Gebietes der gerichtlichen Me-
dicin in dem Sinne, dass die dem Arzt nothwendigen Kapitel der
socialpolitischen Gesetzgebung, insbesondere der Unfallversicherung,
mit hineinbezogen werden.
In ähnlicher Weise spricht sich Puppe (Gerichtliche Me- Gerichtliche
dicin und Gesetzeskunde für Mediciner. Aerztl. Sachver- *^®^*ßi" ^°^
Gesetzes-
ständigen-Zeitung Nr. 20) für eine Erweiterung des Programms der künde für
gerichtlichen Medicin aus; er wünscht aber nicht allein einen Unter- Mediciner,
rieht in der socialpolitischen Gesetzgebung, verlangt vielmehr einen ^^^^*
Unterricht in der Gesetzeskunde für Mediciner überhaupt, der von
Seiten der gerichtlichen Medicin zu erfolgen habe. Straf- und civil-
rechtliche Verhältnisse des Arztes, Medicinal- und Sanitätspolizei,
socialpolitische Gesetzgebung sollen die Hauptkapitel dieser „Ge-
setzeskunde für Mediciner" bilden. Verf. befürwortet weiter einen
obligatorischen Unterricht in dieser dergestalt erweiterten gericht-
lichen Medicin, Prüfung im StaÄtsexamen in diesem Gebiete, Er-
richtung von gerichtlich-medicinischen Instituten, deren jetzt in
Deutschland ein einziges besteht; das Material derselben sollen bilden:
682
Puppe.
Fort-
bildungs-
carse,
Dreising.
gerichtliche Obductionen , sanitätspolizeiliche Obductionen (bei allen
Fällen von plötzlichem Tod), gerichtsärztliche Untersuchungen an
Lebenden, Unfall- und Invaliditätsuntersuchungen, forensische Blut-
und Haaruntersuchungen. Verf. legt endlich die Nothwendigkeit von
Fortbildungscursen für Physiker im Gebiet der gerichtlichen Medicin
dar. Dieselben hätten in den gerichtlich-medicinischen Instituten
stattzufinden; sie bilden ein Analogen zu den psychiatrischen Fort-
bildungscursen der Physiker.
Für den letzterwähnten Vorschlag von Fortbildungscursen
tritt auch Dreising (Genügen die bisherigen Fortbildungscurse?
Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 5) ein.
Florence-
Bche
Sperma-
reaction,
Gumprecht,
II. Zweifelhafte geschlechtliche Yerhältnlsse.
Die Erörterungen über die von Florence angegebene Sperma-
reaction dauerten im Berichtsjahr noch fort. Gumprecht (Ueber
das Wesen der Jodreaction [Florence'sche Heaction] im
Sperma und ausserhalb desselben. Centralbl. f. allg. Pathol.
u. pathol. Anat. Bd. 9, Nr. 14 u. 15) fand, dass die Beaction durch
eine gewisse Stufe des Lecithinzerfalls bedingt ist, eben jene Stufe,
in welcher Cholin auftritt. Im Sperma ist dieser Zersetzungsgrad
physiologisch vorhanden, in anderen lecithinhaltigen Stoffen kann er
künstlich durch Ba(0H)2 oder durch Päulniss hervorgerufen werden.
Weiteres Fortschreiten der Fäulniss lässt die Beaction nicht mehr
Gongales-Cruz, eintreten. — Nach Gon9ales-Cruz (Annales d'hyg. publ. et de
m6d. leg. Nr. 2) tritt die Beaction noch bei einer Verdünnung des
Spermas von 1 : 350 auf, bei 1 : 400 nicht mehr. Beimengungen von
Blut und Harn hemmen den Eintritt der Beaction oder heben ihn
ganz auf; Eiter, Fäces, Vaginalsecret verhalten sich indifferent. —
Beumer (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 49) empfiehlt, wie es
schon B i c h t e r gethan hatte, die F 1 o r e n c e'sche Beaction als Vor-
probe bei Untersuchung auf Sperma zu benutzen. Fällt sie negativ aus,
so ist die weitere Untersuchung überflüssig; ist sie positiv, so muss
der Nachweis der Sj)ermatozoen geführt werden.
Beumer.
Gonokokken*
nachweis,
Steinschneider.
Steinschneider (Aerztl. Sachverst.-Ztg. Nr. 6) hält den Nach-
weis von Gonokokken für erbracht, wenn er in einem aus den
Genitalien stammenden Secret intracellulare Diplokokken von Kaffee-
bohnenform mikroskopisch nachweisen kann, die sich nach Gram ent-
färben. Neisser vertritt eben dieselbe Ansicht, dass unter den ange-
führten Bedingungen lediglich der mikroskopische Nachwels genüge.
Gerichtliche Medicin. 683
Im Anschloss an einen forensisch interessanten Fall (eine Heb-
amme behauptet gegenüber der Anschuldigung: sie habe einen in-
strumentellen Abort eingeleitet, dass sie katheterisirt habe) unter-
suchte Calman (Sensibilitätsprüfungen am weiblichen SenüiblUtHt
Grenitale nach forensischen Gesichtspunkten. Arch. f. .^.*'/.
. . . T\i' m welbllohoii
Gjmäk. Bd. 55, H. 2) Ortssmn, Tastsmn, Drucksmn , Temperatur- Genitalien
sinn und das Schmerzgefühl der weiblichen Genitalien und der weib- Oalman.
liehen Hamorgane. Orts- und Tastsinn fand er im ganzen in beiden
Gegenden herabgesetzt, der Drucksinn erwies sich in der Hamriihre
als ziemlich gut entwickelt, in der Scheide als herabgesetzt, im
Uterus und an der Aussenseite der Portio war er überhaupt nicht
nachzuweisen. Der Temperatursinn ist in der Harnröhre ziemlich
deutlich vorhanden, in der Scheide ist er schwach ausgebildet, an
der Portio und dem Uterusinnern fehlt er vollständig. Schmerz-
empfindung ist in der Harnröhre ziemlich lebhaft, in der Scheide,
der Portio und im Cervicalkanal nur massig, im Cavum uteri häufig
deutlich auszulösen. Endlich fand Calman, dass Ausspülungen mit
Desinficientien die Sensibilität der Scheide herabsetzen.
III. Ter^iftiiiiiren >).
In einer sehr ausführlichen, 231 Beobachtungen um£asHenden
Zusammenstellung berichtet Lesser (Vierteljahrsschr. f. gerichtl. Vertheilu».«?
Med. u. öffentl. San.-Wes. Bd. 14, H. 2; Bd. 15, H. 1 u. 2: Bd. 10, /*;,^*'^*
H. 1) über die Vertheilung der Gifte im Körper. Steine Mit- l^wtrt.
theilungen betreffen Arsen, Arsenwasserstoff, Alkohol, Opium, 31 or-
phium, Phosphor, Strychnin, Carbolsäure, chlorsaures Kalium, Cyau-
kali und Blausäure, Chloroform, Zuckersäure, Schwefelnäuni, Salz-
säure, salpetrige Säure, Natronlauge, Ammoniak, Sublimat, Bl<:;i,
Pilze, Antimon, Salpeter, ßhodankalium , Wasnerschifirliiig , St^^ch-
apfel, Nikotin und Petroleum.
Scherbatscheff (AnnaL dTiygif^ne pubL et de med. le;r. Sr. 2) Kn«*.»*.*
stellte Untersuchungen darüber an, wie lange A r h <f n , j><-r o»^ u ud <^ * « * ' ^ •^ •-
subcutan eingeführt, in den einzelnen Organ^^n nach wein bar bi'^ibt. K^L^-rwiUM^r
Bei einer Gabe von 15 mg lie»« sich Ar^en nach 83 Tagen w*;d«fr im
Gehirn, noch in der Leber nachweisen, bei 3 cg na<'h 07 Tajr*^j; woL!
im Gehirn, nicht in den Knochen, }^i 6 cg rjach 106 Th'^*h ijj
Knochen und Gehirn, l>ei 9 cg nach 5 Moitat^ii ijo'h in d<;n Knv L*-n,
Bei subcutaner Application i»t die Grenze d*:r Xa'Jjwfrir^yörk* ;t 'rl' »r
») Vergl. auch 6. €74 fl.
684
Puppe.
Arien in
den Haaren,
Schiff.
Arsen-
lähmung,
Tacklam.
Phosphor-
lähmung,
Henschen.
Inhalation
der Dämpfe
von
salpetriger
und Unter-
salpeter-
säure,
Kockel.
engere, insofeme als sich 2 cg nach 77 Tagen weder im Gehirn Doch
in den Kochen aufifinden Hessen. Jedenfalls verweilt Arsen langer
im Körper, als man bisher annahm. Pradilectionsorte sind Knochen
und Gehirn.
Schiff (Wiener klin. Wochenschr. Nr. 22) hat experimentell
festgestellt, dass Arsen bei langdauemder Darreichung auch in die
Haare übergeht. Auch bei einmaligen acuten Arsenvergiftungen
lässt sich der Stoff in den Haaren nachweisen. Schiff ist auf
Grund dieser Untersuchungen der Ansicht, dass es wahrscheinlich
bei Hautkrankheiten eine derartige Ablagerung von Arsen in den
epidermoidalen Gebilden ist, die den therapeutischen Effect bedingt.
Nach Intoxication mit „Mäusegift", das arsenige Säure ent-
hielt, stellte sich nach 10 Tagen eine schlaffe Lähmung der
Streckmusculatur der Unterschenkel, sowie der Hand- und Vorderarm-
musculatur ein, die bis zur 6. Woche zunahm, mit Entartungsreaction
einherging und femer mit miliumartigem Ausschlag, Sensibilitäts-
Störungen und Parästhesieen in den betroffenen Partieen verbunden
war. Heilung ohne Defect ; zuerst trat eine Wiederherstellung der sen-
siblen, dann der motorischen Fimctionen ein. (Tacklam, Archiv f.
Psych. Bd. 31.)
Nach einem wiederholten Vergiftungsversuch mit Phosphor
bei einem 70jährigen Manne traten Schmerzen und motorische
Schwäche der Beine, schliesslich auch der Finger auf; es bildete
sich eine Parese der Extremitäten verbunden mit Sensibilitätsanoma-
lieen aus. (Henschen, Neurol. Centralblatt Nr. 9.)
Ein Arbeiter hatte bei Aufräumungsarbeiten nach Platzen eines
SalpetersäureballonsDämpf e von salpetriger und Untersalpeter-
säure eingeathmet; er klagte zunächst nur über Hustenreiz und
Trockenheit im Halse. Nach 6 Stimden stellten sich Dyspnoe und
Cyanose ein, die stetig zunahmen, bis der Exitus eintrat. Die Sec-
tion ergab ausser Pharyngitis, Tracheitis, Bronchitis und Stauungs-
byperämie der Nieren imd Lungen nichts Besonderes. Thierversuche
bestätigten zunächst die Angaben der Krankengeschichte, dass nach
initialer Inhalation der giftigen Dämpfe zunächst eine gewisse
Euphorie eintritt, die dann von schweren zum Tode führenden
Athembeschwerden gefolgt ist. Bei der Section fanden sich Oedem
und Bronchopneumonie, sowie Thrombosirungen in den Lytaph-
^efftssen. Blutveränderungen wurden bei diesen subacut verlaufenden
Fällen nicht beobachtet. (Kockel, Vierteljahrsschr. f. gerichtl.
Med. f öff. San.-Wes. H. 1.)
GerichÜiche Medidn. t>?o
Nach wiederholtem Verband einer Fingerverletznng mit angeb>
lieh 8^oiger Carbolsänrelösnng trat am 2. Tage Gangrän des
zweiten und dritten Gliedes des betreffenden Fingers aof. Stein- c*rb^i-
metz (Arch. f. off. Gresondheitspflege in Elsass-Lothringen Bd. 8l fV^J*^
Nr. 2) erörtert die Verschiedenartigkeit des Entstehens einer Ver-
ätzung durch Carbolsäure und einer Grangran; er tritt im übrigen
dafür ein, dass die Aqua carbolisata dem Handverkauf der Apotheker
entzogen werde.
Bei einem Falle von plötzHchem Tod erhob sich der Verdacht Angebiick«^
einer Carbolsäurevergiftung, der dadurch Nahrung erhielt, ^•''"*^*^***'^
dass im Magen der Leiche 0,6 g, in Nieren, Gehirn und Leber eben- l. Levü *
falls geringe Mengen Carbolsäure durch einen Chemiker nachgewiesen
wurden; die Section hatte im übrigen Blutüberfullung des Pfortader-
kreislaufes, des Gehirns, sowie Fettinfiltration des Herzens in ziem-
lich hohem Grade ergeben. Aetzungserscheinungen fehlten voll-
kommen. Ein zweiter zu Rathe gezogener Chemiker konnte in Gre-
him , Leber und Nieren keine Carbolsäure nachweisen. L e w i n
(Deutsche med. Wochenschr. Nr. 16) spricht sich nach Erwägung
der verschiedenen Möglichkeiten entschieden gegen die Annahme
eines Carboltodes aus.
Ueber einen FaU von Lysolvergiftung berichtet G. Kluge
(s. S. 674).
Ein 32 Jahre alter Mann hatte sich einen Kartoffelsalat mit Essigessenz,
Essigessenz bereitet, denselben gegessen und die übrig bleibende Kluge.
Flüssigkeit nachher getrunken. Wenige Stunden nachher erkrankte
er mit Leibschmerzen, Erbrechen und Durchfall. Bald danach trat
Collaps ein, von dem sich der Patient etwas erholte. Die Diarrhöen
dauerten an, unter Somnolenz trat der Tod ein. Die Section konnte
sich nur auf den Magen erstrecken; sie ergab eine dunkelgraue Fär-
bung der Schleimhaut, Schwellung und Ekchymosirung. (G. Kluge,
Münch. med. Wochenschr. Nr. 22.) Die benutzte Speiseessigessenz
ist eine Essigsäure von stark corrosiver Wirkung, die durch Karamel
braun gefärbt ist.
Ten holt (Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 15) beschreibt ausführ-
lich die Katastrophe auf der Zeche Carolinenglück bei Bochum,
die 115 Opfer erforderte. Es handelte sich um eine Combination
verschiedener Schädlichkeiten : 1. E2q)losion schlagender Wetter. Ge-
mische von CH4 mit atmosphärischer Luft von 1 — 4 *^/o sind unschäd-
686 Puppe.
Katast lopbelich, bei 5 — 10 ^/o stellt sich starke Explosionsfähigkeit ein , bei
auf der höherem Gehalt nimmt letztere wieder ab. 2. Kohlenstaubexplosion.
Carolinen- ^' Griftiger Nachtschwaden , bestehend aus Wasserdampf, Kohlen-
glück bei säure, Stickstoff und vor aUem als Product der Kohlenstaubexplosion
T°nh u™' KoWenoxyd. Die Opfer der Katastrophe lassen sich in drei Kate-
gorieen theilen: 1. Verbrennungen mit Einsprengung von Kohlen-
staub in die Haut. 2. Schwere Knochenverletzungen zugleich mit
Erscheinungen wie 1 und 3. Kohlenoxydvergiftungen..
Versuche, eine Differentialdiagnose zwischen Leucht-
gas- und Kohlendunstvergiftung zu stellen, sind mehrfach
gemacht, aber bislang immer fehlgeschlagen. Das Princip des von
Differential- Gon9ale s-C r u z beschriebenen Verfahrens erscheint als ein brauchbares,
diagnose ^g gebeint die Möglichkeit zu gestatten, die Methode auch in forensi-
Leuchtgas- sehen FäUen zu verwerthen. Entzieht man dem Blute im Vacuum
wnd seinen Gehalt an absorbirten Gasen und schaltet 0, CO und COj aus,
duns^^ so wird, wenn es sich um eine Leuchtgasvergiftung handelt, durch den
Vergiftung, durchschlagenden elektrischen Funken aus den im Leuchtgas enthal-
Gon^ales-Cruz. ^enen Kohlenwasserstoffen Acetylen gebildet, das sich durch ammonia-
kalisches Kupferchlorür als rothes Präcipitat nachweisen lässt. Bei
Thieren, die mit Holz-, Anthracit- und Kookskohlendunst vergiftet
waren, entstand nie Acetylen, bei Thieren, welche durch Leuchtgas
vergiftet waren, lieferte das Verfahren stets positive Resultate. (Ann.
d'hyg. publ. et de m6d. leg. Nr. B.)
Blausäure- In der Vierteljahrsschrift für gerichtliche Medicin und öffent-
**°k r ^^^®^ Sanitätswesen H. 1 gibt Kuhlmey eine erschöpfende Dar-
vergiftuug, Stellung der Blausäure- und Cyankaliumvergiftung vom ge-
Kuhlmey. rieht särztlichen Standpunkte, ohne wesentlich Neues zu bringen.
Chronische Ein Arzt nahm häufig bittere Mandeln enthaltendes Gebäck zu
Blau saure- gj^j^. ^^^ stellten sich Abgeschlagenheit, physische und psychische
Boddaert. ' Schwäche, Kopfschmerz, Frostgefiihl, fibrilläre Muskelzuckungen
ein, Erscheinungen, die nach Aussetzen der betreffenden Nahrungs-
mittel abnahmen ; abends traten die Symptome im allgemeinen stärker
auf. Die Untersuchung des Gebäcks hatte nun das interessante Er-
gebniss, dass gar nicht bittere Mandeln in ihm enthalten waren, son-
dern blausäurehaltige feingepulverte Nüsse. Aus den Beob-
achtungen geht hervor, dass keine Gewöhnung an das Gift eintritt^
dass dasselbe langsam ausgeschieden wird, und endlich, dass durch
den Backprocess nicht alle Blausäure entfernt wird. (Boddaert,
Annal. de la soc. de m^d. l^g. de Belgique.)
\ "- - - --^ - - - J- - .' i «ilia:
^:i_r:z.i_ tit*^ JL-:rZj!:tTj:.i. Trzri-e w-e^rr:: irt-i^x'tiL iirtir*j'jj*mf A_'n.-
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-war TZULrilJ ''J- IH'! r-"r" r.'>^ r?» ■=-""**'^ - ^ i-rHl -^ A "Tii. -^ T\r *;V^
688 Puppe.
Chloroform- richtet über Thierversuche, sowie über forensische Fälle, aus denen
n a r k 0 8 e, hervorgeht, dass die Chloroformnarkose selbst noch einige Tage
nachher durch Erzeugung degenerativer Vorgänge in den Organen
letal werden kann. Auch der Gebrauch des reinsten Chloroforms,
sowie die Befolgung der verschiedensten Methoden und Apparate
zur Narkose kann diese Veränderungen nicht hintanhalten. Die
Wahl des Chloroforms als Mittel zur Narkose kann dem Arzt nicht
zum Vorwurf gemacht werden, da auch die anderen Inhalation»-
Anästhetica nichts weniger wie gefahrlos sind; der Nachweis des
ursächlichen Zusammenhanges zwischen einer etwaigen Incorrectheit
bei der Narkose und dem Exitus wird ebenfalls in der Regel nicht
zu fahren sein, da auch bei einer technisch einwandfreien Narkose
der Exitus eintreten kann, ohne dass ein Verschulden vorliegt.
ßromoform- Die von Resch mitgetheilte Bromoformvergiftung kam
Vergiftung, ^^ ^^j. -^^gigg ^u Stande, dass ein 5^2 Jahre altes Kind etwa
1^/2 g Bromoform trank. Nach einer Viertelstunde fiel es rück-
wärts auf den Stuhl und begann zu schlafen; die Athmung war
schwankend. Auf Anrufen wachgeworden, suchte es das Bett
auf und verfiel alsbald in einen tiefen Schlaf, während die Athmung
zeitweise aussetzte. Der Arzt fand das Kind in diesem Zustande.
Athmung oberflächlich, beschleunigt, frequenter, kaum fühlbarer, un-
regelmässiger Puls, reactionslos , weite Papillen, kühle Haut. Der
Athem roch stark nach Bromoform. Patellarreflexe aufgehoben.
Nach Anwendung von Excitantien ging der Collaps vorüber; es er-
folgte vollkommene Heilung. (Archiv f. öff. Gesundheitspflege in
Elsass-Lothringen Nr. 2.)
Jodoform- Schlesinger (AUg. Zeitschr. f. Psychiatrie Bd. 54.) unter-
psychosen, gcheidet drei Gruppen von psychischen Störungen, die infolge von
Jodoform Vergiftung auftraten: 1. Fälle, die unter dem Bilde
einer ängstlichen Unruhe verlaufen; dieselbe äussert sich in motori-
scher Erregung oder in ängstlicher depressiver Aifectänderung.
Nervöse Störungen, wie Schlaflosigkeit, Schwindel, Kopfschmerz,
Ohrensausen, Appetitlosigkeit, Lichtscheu bestehen häufig daneben.
Der Puls ist klein, frequent, oft besteht Albuminurie. Dauer dieser
Störungen stunden- bis wochenlang. 2. Fälle, die unter dem Bude
der acuten Verworrenheit verlaufen, Tobsuchts- oder Stuporanf&Ue
können eintreten, verbunden mit Gesichtshallucinationen. Neben den
nervösen Störungen der ersten Gruppe können bestehen Icterus,
Hautjucken, Erbrechen imd Hämaturie. Dauer der schweren Sym-
Gerichtliche Medicin. 689
ptome 5 — 8 Tage, die Reconvalescenz kann sich monatelang hin-
ziehen. 3. Comatös-meningitische Form ; sie befelllt meist jugendliche
Personen und setzt am 2. Abend post operationem ein. Prognose
quoad vitam bei 2 und 3 zweifelhaft. Grössere Mengen von Jodo-
form sind nicht maassgebend für den Eintritt der Vergiftungserschei-
nungen. Zur Erklärung der giftigen Wirkung des Jodoforms ziehen
manche Autoren die Wirkung des nicht durch Blutbasen gebundenen
Jods heran, andere glauben an eine dem Chloroform analoge Wir-
kung, eine Auffassung, für die der Befund von degenerativen Ver-
änderungen der Organe spricht.
Infolge einer Verwechselung von Arzneien in der Apotheke Morphium-
hatten ein 2 Jahre resp. 9 Monate altes Kind 0,02 resp. 0,014 Mor- ^«'ff ""^e
^ , . l>ci zwei
phium per os genommen. Nach einer Stunde wurde die Verwechse- Kindern,
lung bemerkt, der Arzt fand beide Kinder soporös mit Stecknadel- Hirschberg,
köpf grossen Pupillen. Magenausspülungen, kalte üebergiessungen,
Cssigwasserklystiere besserten den Zustand, so dass 6 Stimden nach
der Vergiftung jede Gefahr beseitigt war. Atropin wurde nicht ge-
geben. (Hirschberg, Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 1.)
Im Gegensatz zum eben angeführten Fall traten bei 2 kräftigen Morphium-
erwachsenen Individuen Intoxicationserscheinuneen nach medicinalen Vergiftung
, bei zwei
Gaben von Morphium auf, die spontan wieder vorübergingen. Auf- Erwach-
fallend war bei beiden Patienten ein unaufhörlicher quälender Juck- ^.?°f'^'
reiz an der Nase. (Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 3.)
Müller.
Schenk gibt in der Deutschen Medicinal-Zeitung Nr. 60 — 62 Opium und
eine zusammenfassende Darstellung der Lehre von der Opium- .if^l*^?,
AI KAlOluei
Vergiftung, sowie besonders den durch Morphin , Codein und Schenk.
Narcein bedingten Intoxicationen.
Ein Gichtiker hatte in einer Nacht eine volle Flasche des Colchicin
Mylius'schen LiquorColchicicompositus (0,6 ®/o Colchicin ent- ^ ^j^ *" ^^^ ^ ^
haltend, im ganzen ca. 150g) ausgetrunken und war wenige Stun- Coichici
den darauf an schwerer Gastroenteritis erkrankt, die Darment- compositus),
leerungen wurden blutig, kolikartige Schmerzen, Tenesmus stellte
sich ein, der Puls war fadenförmig, verlangsamt. 24 Stunden nach
dem Beginn der Vergiftimgserscheinungen trat der Tod ein. Kor-
nalewski (Beilage zur Zeitschrift f. Med.-Beamte) macht
aufinerksam, dass das obige Geheimmittel für den Grosshj
gegeben, aber nun sub forma Grosshandel tiberall zu
Jahrburh der practischen Medicin. 1899.
690 Puppe.
er empfiehlt die Annahme einer Bestimmung, dass die Abgabe von
Giften, auch im Grosshandel, an Nichtwiederverkäufer überhaupt
verboten sein soUe.
Tödtiich Bei einer an Mammacarcinom-Recidiv erkrankten Frau wurden
ver aufene annähernd 0,5 des Extr. Chelidonii maioris subcutan iniicirt:
Vergiftung .... .,. v J»
durch Extr. die Patientin ging kurze Zeit (wenige Stunden) nachher zu Grunde,
Chelidonii nachdem Unruhe, Schmerzen, Frost sich eingestellt hatten. Guts-
Gutsmuths. niuths (Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 3) bejaht den ursächlichen
Zusammenhang zwischen Injection und Tod, den betreffenden Arzt
trifft indess kein Verschulden, da er keine unerlaubt hohe Dosis an-
gewandt habe.
IT. Kfndesmord.
Vagi tu B Im Anschluss an einen selbstbeobachteten Fall legt T h o r n
und^er^ter (S^^^^l- klin. Vortrage Nr. 189) dar, dass erster Schrei und
Athemzug, ersterAthemzug keineswegs zusammenfallen müssen . Vier Fac>
Thom. toren: Luft im Uterus, Störung des placentaren Kreislaufes, äusserer
Reiz, gesteigerte Erregbarkeit des Athemcentrums , sind im allge-
meinen für das Zustandekommen des Vagitus uterinus erforderlich.
Thorn's Fall zeichnet sich dem gegenüber dadurch aus, dass eine
Störung der placentaren Athmung fehlte und dass nur ein mach-
tiger Beiz auf Körperoberfläche und Athemwege des Fötus durch
eindringende Luft ausgeübt wurde, der den exspiratorisch erfolgen-
den Vagitus auslöste.
Meiäna Ein Neugeborenes starb 5 Tage post partum an Meläna; die
™^* *Yh ^^' Autopsie ergab an der Uebergangsstelle von der Cardia in denOeso-
11 ehern Sitz phagus inmitten einer erbsengrossen gerötheten Partie zwei steck-
der nadelkopfgrosse seichte Substanzverluste mit scharfen Bändern.
aue^ie^* Mikroskopisch erwies sich die Schleimhaut entzündlich und hämor-
Spiegeiberg. rhagisch infiltrirt, in oberflächlicher Nekrose begriffen. (Prag. med.
Wochenschr. Nr. 6.) (Vergl. auch den Fall von Rh ein er. S. 415.
D. Red.)
Ciechanowski (Viertelj .-Schrift f. ger. Med. u. off. San.-Wesen
H. 4) theüt 2 Fälle von Dickdarmruptur bei Neugeborenen
mit, einen selbst beobachteten und einen bereits in polnischer Sprache
von Browicz veröffentlichten. In letzterem Falle handelte es sich
um einen neugeborenen Knaben, der nur wenige Stunden am Leben
Gerichtliche Medicin. 691
blieb. Die Section ergab Peritonitis, der Dickdarm war der Bauch- Darmruptur
wand angeheftet, ein Mesocolon fehlte, das Rectum zeigte eine knie- bei Neu-
förmige Knickung, infolge dessen bei Meconiumansammlung daselbst ciechanowski
nicht die erforderlichen Excursionen seitens des Dickdarms ge-
schehen konnten, vielmehr Nekrose und Perforation erfolgte. Der erst-
erwähnte Fall betraf ein am 4. Tage an Peritonitis verstorbenes neu-
geborenes Mädchen, das im übrigen durch eine einzige Wehe ge-
boren worden war. Die Perforationsstelle fand sich hier am linken
Theile des Colon transversum, gerade am Rippenbogenrand; der
davon lateralwärts Hegende Theil des Quercolons und der Anfangs-
theil des Colon descendens bildeten eine A-^rn^igo Knickung, die
leer war, während der oberhalb der Perforation liegende Darm-
abschnitt sich stark mit Inhalt erfüllt erwies. Ciechanowski ist
geneigt anzunehmen, dass neben übermässiger Meconiumanfullung
und abnormen anatomischen Verhältnissen auch der überaus schnelle
Geburtsvorgang, der mit schroffen Aenderungen der Druckverhält-
nisse im Abdomen einherging, Schuld an der Perforation war.
Kockel (Ziegler 's Beiträge zur pathol. Anatomie und zur allg. Bestimmung
Pathologie Bd. 24) kommt auf Grund seiner an 45 Neugeborenen ^^^
und einer Anzahl Thiere angestellten Untersuchungen zu dem be- jjeu-
merkenswerthen Ergebniss, dass eine Bestimmung der Lebens- geborener
dauer Neugeborener auch vor dem Nabelschnurabfall *"*"^®'^"
. ... werthung
möglich ist. Als Anhaltspunkt nimmt er Leukocyteninfiltration an, die der mikro-
er schon 1 Stunde nach der Geburt an der Nabelschnurbasis in den »kopi sehen
VorfifänfiTO
alleroberflächlichsten Lagen beobachtet hat. Luierhalb der ersten beim Nabei-
4 Lebensstunden nimmt die Lifiltration zu, umfasst die Nabelschnur- schnur-
basis ringförmig und greift etwas mehr in die Tiefe. Gegen das !^^^*^^'
Ende des ersten Tages ist eine Ausbreitung der Ldiltration nach
der Mitte der Nabelschnur zu beobachten, so dass es zur Büdung
einer infiltrirten Platte kommt, durch die das bleibende Gewebe
gegen das abzulösende begrenzt wird und die im Laufe des 2. Tages
noch deutlicher wird. Der weitere Verlauf der Abstossung des
Nabelschnurrestes lässt sich natürlich auch mikroskopisch verfolgen,
die Sülze wird spätestens vom 4. Tage ab unter Kemverlust auf-
gelöst. Der Schwerpunkt der Ergebnisse liegt aber darin, dass
man gerade innerhalb der beiden ersten Lebenstage über die Lebens-
dauer sich informiren kann.
Eine Magd wurde vom Lande in die Klinik transportirt, unter-
wegs gebar sie einen Knaben, eine Begleiterin durchtrennte und
692 Puppe.
Verblutung unterband die Nabelschnur. Bei der Ankunft in der Klinik war
aus der ^^^ Band todt. Der Nabelschnurrest zeigte eine sehr lockere Unter-
nnter- . . . ^^
bundenen bindung, wie sofort in der Klinik festgestellt wurde. Entweder war
Nabel- also die Unterbindung zu locker angelegt, oder durch Verdunstung
Dittrich' ^^^ consecutive Schrumpfung des Nabelschnurrestes war ein Miss-
verhältniss zwischen Ligatur und Nabelstrang eingetreten. Andere
Ursachen der Blutung aus der unterbundenen Nabelschnur können
sein: abnormer Verlauf und Bildung der Gefesse, zu kurz abge-
schnittene Nabelschnur, die Art der Athmung, insofern durch die-
selbe die Circulation beeinflusst wird, und Hämophilie. (Dittrich,
Prager med. Wochenschr. Nr. 43 u. 44.)
Kindesmord Eine Schwangere kommt heimlich nieder und vergräbt das
durch Kind. Die Section ergibt ausgiebige Lungenathmung sowie Würg-
MüUer. ' spuren am Halse, die höchstwahrscheinlich von der rechten Hand
herrühren. Angeklagt suchte die betreffende Person die letzteren
durch Selbsthülfe bei der Geburt zu erklären, eine Interpretation,
die aber wegen der Lage der Hautvertrocknungen unwahrscheinlich
war. (Müller, Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 10.)
Noth wendig- Eine Nachgeburt saut opsie kann wichtige Befunde ergeben,
keit der ^^ Rückschlüsse auf den Geburtsvorcang gestatten. So zeigt sich
forensischen, . „ . . ,. ©ob , ^t ,
Nach- hei Placenta praevia der vorhegende, zuerst von der Unterlage ge-
geburts- löste Abschnitt der Placenta mit Blutgerinnseln verfilzt, der Eihaut-
"^Küstne**' ^^® S®^* ^^® ^^ ^® Placenta heran. Für vorzeitige Lösung der
Placenta gibt abnorme Kürze des Nabelstranges ein wichtiges Kenn-
zeichen ab. Bei asphyktisch geborenen Kindern zeigen sich femer
häufig an der Amniosfläche der Placenta strotzend gefüllte Venen.
Grüngelbliche (Meconium-) Färbung der Eihäute und der Amnios-
obei'fläche der Placenta spricht für intragenitale Asphyxie. Wenn
Küstner (Viertelj .-Schrift f. ger. Med. u. öffentl. Sanit.- Wesen H. 1)
im übrigen meint, dass es sich um gewaltsame Erstickung handeln
müsse, wenn bei der Section eines Neugeborenen die allgemeinen
Zeichen des Erstickungstods vorhanden und die Lungen vollkommen
lufthaltig sind, so wird man ihm hierin nicht beistimmen können;
die Dignität der sog. Zeichen des Erstickungstodes ist nach der
Meinung maassgebender Gerichtsärzte eine nur sehr geringe. Im
übrigen dürfte sich gerade bei forensischen Fällen eine Nachgeburts-
autopsie nur selten bewerkstelligen lassen, weil erfahrungsgemäss
in der Regel die Nachgeburt nicht für die Untersuchung zur Ver-
fugung steht; wo sie aber zur Verfügung steht, erfolgt auch ihre
gerichtsärztliche Autopsie ohnehin.
Gerichtliche Medicin. 693
Y. Andere erewaltsame Todesarten.
Puppe erörtert in Dräsche ^8 Bibliothek der ges. med. Wissen- Erstickung,
Schäften (Band: Hygiene und gerichtliche Medicin S. 7B0 ff.) die ^"PP®
Lehre von der Erstickung im gerichtsärztlichen Sinne. Nach
einer Besprechung der Definition, der Erscheinungen des Erstickungs-
todes und der Befunde an der Leiche wird für eine Einengung des
Begriffs „Erstickung" plaidirt, da nach der bisherigen allgemeinen
Terminologie unter den Begriff „Erstickung" in gerichtUch-medici-
nischem Sinne jeder Tod schliesslich sich subsumiren lasse imd
die Erstickungsbefunde an der Leiche absolut nichts Specifiscbes an
sich haben. Ein Gutachten, welches weiter nichts sagt, als: „Der
Tod ist durch Erstickung eingetreten ; eine Ursache für dieselbe bat
die Section nicht ergeben," würde besser ersetzt durch die Fassung:
„Die Section hat eine bestimmte Todesursache nicht ergeben". In
der Arbeit wird unter anderem berichtet über Untersuchimgen be-
treffend den Blutgehalt der Lungen bei verschiedenen Todesarten,
aus denen hervorgeht, dass keineswegs auch die mechanischen Er-
stickungsarten sich stets durch hyperämische Lungen auszeichnen.
Nach den bisherigen Erfahrungen geben uns die subpleu- Beziehung
ralen Ekchymosen nur darüber Auskunft, welches die Art des «r sub-
•^ , . ' j j 1 pleuralen
Sterbens war, d. h. sie scheinen zu beweisen, dass der Tod durch Ekchymosen
primäre Lähmimg des Athemcentrums eingetreten ist, nicht durch z^'
primäre Herzlähmung. Weitere Untersuchungen über Vorkommen p strassmaim.
subpleuraler Ekchymosen bei letzterer Todesart bezeichnet Strass-
mann (Viertelj.-Schrift f. ger. Med. u. öffentl. San.-Wesen H. 2) als
erwünscht. Der practische Werth des genannten Symptoms für
die Bestimmung der Todesursache kann nicht gering genug ge-
schätzt werden, eine anatomische Diagnose auf Tod durch Asphyxie
im allgemeinen sollte überhaupt nicht gestellt werden.
Auch Hab er da (Viertelj.-Schrift f. ger. Med. u. öff. San.-We8. Post-
H. 2) tritt dafür ein, dass den Ekchymosen nicht die Bedeutung ™®/**!,®^
' ^ '^ ^*^ "^Jintstenen
zukommt, die man ihnen früher beimaass. Er hat postmortal an von
frischen Kindesleichen Ekchymosen in den Conjunctiven erzielen Ekchymosen,
können, wenn er 24 Stunden lang an den Beinen suspendirte. Dass
kleine Ekchymosen sich durch die Hypostase vergrössem, ist zweifel-
los; man beachte nur die Ekchymosen an Vorder- und Hinterseite
von Herz und Lunge vergleichsweise : in der Regel wird man finden,
694 Puppe.
dass diejenigen an der Hinterseite (bei Lage der Todtenflecke am
Kücken) stärker ausgebildet sind als an der Vorderseite der ge-
nannten Organe.
Krankheit»- Ein Geisteskranker (Paranoiker) macht zwei vergebliche Er-
^ " e ii""e i täi^g^iigs versuche. Die Vereitelung des ersten erfolgte, ohne dass
wieder- Bewusstseins Verlust überhaupt eingetreten wäre, bei dem zweiten
belebten bestand bereits Bewusstlosigkeit. Es stellten sich nun fibrillare
Wollenberg.' Muskelzuckungen ein, die in allgemeine tonische Krämpfe übergingen.
Darauf folgte ein Zustand verworrener Erregung, der nach 24 Stun-
den nachliess. Es bestand dauernde Amnesie für die Zeit des zweiten
Selbstmordversuches. Wollen berg (Arch. f. Psych. Bd. 81) fasst
die beobachteten Erscheinungen auf als Folge einer Ernährungs-
störung des Oehims und nicht als hysterisches Symptom (cf. Jahr-
buch 1897, S. 101).
Spectraier Das Princip des spectralen Blutnachweises von Ipsen
«ofwti. (Vierteil .-Schrift f. ger. Med. u. öffentl. San.-Wes. H. 1) ist die Ex-
nacnweiSi . , .
Ipsen. traction eines Blut enthaltenden Objectes mittels saures Hamatin
bildender alkoholischer Kupfersulfatlösung. Sie wird in der Weise
angestellt, dass reiner wasserfreier Alkohol nach Zusatz von aus-
geglühtem Kupfersulfat auf Blut bei einer Temperatur von 38
bis 40® C. mehrere Tage unter häufigem Schütteln einwirkt, worauf
filtrirt und spectroskopirt wird. Ist Blut vorhanden gewesen, dann
zeigt sich der Streifen des sauren Hämatins im Both, dessen Identität
durch Umwandlung in den des alkalischen Hämatins und weiter
des Hämochromogens festgestellt werden kann.
Forensi- Wegen seiner hämatinbildenden Eigenschaft lässt sich auch das
scher Blut- Formaldehyd mit Alkohol absolutus ana gemischt als Extractions-
näcbweis
mittelst iiüttel für alte Blutflecke in Anwendung ziehen. Sowohl altes
Pormal- getrocknetes, wie auch stark erhitztes Blut lieferten stets positive
dehyd. Resultate; es ergab sich das Spectrum des sauren Hämatins, dessen
Princip des j & mt >
Kaiser- Identität durch alkoholische Aetzkalilösung und gelbes Schwefel-
ling'schen ammon festzustellen gelang. Nur auf 180*^ erhitztes Blut erwies
virungs- ®^^^ *^® refractär. Auch bei dem Nachweis der Formelemente des
Verfahrens, Blutes in alten getrockneten Flecken konnte Formaldehyd mit Kali-
Puppe, lauge zu gleichen Theilen gemischt mit Vortheil verwendet werden :
die angeführte Mischimg lieferte ebenso gute Bilder wie die Hof-
mann-Pacin i'sche Lösung und das B o u s s i n'sche Beagens.
Puppe (Vortrag auf der Düsseldorfer Naturforscher- Versammlung.
Gerichtliche Medicin. 695
Kef. in der Zeitschrift f. Med.-Beamte Nr. 23. Erscheint in extenso
in der Viertelj.-Schr. f. ger. Med. 1899) hat dann weiter seine Unter-
suchungen darauf ausgedehnt, festzustellen, auf welchen Vorgangen
es beruht, dass bei der Präparation anatomischer Objecte in den
natürlichen Farben, wie sie von Melnikow-Raswedenkow,
J 0 r e s und Kaiserling ausgeführt ist, die Blutfarbe durch Form-
aldehyd zunächst verloren geht und nachher wiederkehrt. Er hat
insbesondere das Kaiserling'sche Verfahren zum Gegenstand der
Prüfung gemacht. Untersucht wurden zunächst wiederholt benutzte
Präparationsäüssigkeiten ; das Formaldehydgemisch erwies sich
spectroskopisch als saures Hämatin enthaltend, der Alkohol als
alkalisches Hämatin enthaltend; die Olycerinlösung war spectro-
skopisch indifferent. Stark bluthaltige Oewebstheile, die nach
Kaiserling conservirten Präparaten entnommen wurden, ergaben
bei der Prüfdng mit dem Mikrospectroskop alkalisches Hämatin.
Letzteres liefert also den Blutfarbstoff, resp. das Blutfarbstoffderivat,
welches die Blutfarbe des Präparats als „natürlich^^ erscheinen lässt.
Die beiden Forderungen, welche an ein zum Nachweis derForeiiBische
Formelemente des Blutes verwendetes Reagens zu stellen sind, ^i'^*'^**^®''*
^ ' Buchungen
bestehen darin, dass die betreffende Flüssigkeit den Blutfarbstoff (Pepsin-
nicht lösen darf und die Contouren der Blutzellen sichtbar macht; «lycerin),
Äff Hi/>litAi*
sie werden von den bislang bekannten Eeagentien am besten von
der 30°/oigen Kalilauge und sodann von der Hofmann-Pacini-
schen Flüssigkeit erfüllt. Von der Thatsache ausgehend, dass
Pepsinlösungen bei Zimmertemperatur zwar Fibrin, aber nicht Ei-
weiss peptonisiren, i. e. lösen, hat Richter (Vortrag auf der Ver-
sammlung deutscher Naturforscher u. Aerzte zu Düsseldorf. Section
f. gerichtl. Med. Referat in der Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 23)
Versuche mit von Grübler (Dresden) bezogenem Pepsinglycerin ge-
macht. Während concentrirtes Glycerin die Blutschollen in kleine,
anscheinend den einzelnen zusammengebackenen BlutzeUen ent-
sprechende Partikel zersprengt und verdünntes Glycerin den Blut-
farbstoff rasch löst, traten in mit Pepsinglycerin behandelten Präpa-
raten die Contouren der Blutzellen sehr deutlich hervor, so dass
Richter diese Flüssigkeit für forensische Zwecke empfiehlt, zumal
die Präparate haltbar sind. Er lässt es unentschieden, ob die Wir-
kung des Pepsinglycerins in einer Auflösimg des zwischen den Blut-
zellen befindlichen Fibrinnetzes besteht.
Oxyhämoglobinlösimgen von bestimmter Stärke verhalten sich
irritirenden Agentien wie Schwefelsäure, Kalilauge etc. gegenüber
096 Puppe.
Unter« verschieden: nach Znsatz der letzteren verschwindet das OHb-
M<;h'ddiiBg Spectrum nach verschieden langer Zeit, so das des Menschenblntes
and nach 2 Minuten, beim Hunde nach 6 Minuten, beim Pferde nach
M«;n wehen- gx Minuten, beim Kalbe nach 135 Minuten. War das untersuchte
I I M #
MftKnanimi. ^^^^ älter, so wird die Widerstandsfähigkeit geringer; ist kein OHb
mehr in dem zu untersuchenden Fleck vorhanden, so lässt sich auch
die Probe in obiger Form nicht anstellen. Der Vorschlag, die ver-
schiedenen Hämoglobine des Menschen- und Thierblutes
zu forensischen Zwecken zu bestimmen, erscheint auf jeden FaU sehr
bemerkenswerth. (Magnanimi, Rivista di medic. leg. e di
giurisprud. med., März.)
Ouajak. Siefert (Vierteljahrsschr. f. ger. Med. u. öff. San.- Wesen H. 3)
Hune* ox **d- ^^^^^ *^ ^ö ^^^ Schönbein gefundene Eigenschaft des aus einer
Hesction Wasserstoffsuperozydlösung durch Blut frei gewordenen Sauerstoffs,
beim Guajaktinctur zu bläuen. Wegen ihres Mangels an Ausschliesslich-
Biat- ^^^^ ^^ diese Reaction für den forensischen Blutnachweis nicht
nach weis, verwendbar, insofern noch eine grosse Anzahl anderer Substanzen:
siefert. organische Stoffe, regulinische Edelmetalle und Substanzen, welche
GKiajaktinctur direct zu bläuen vermögen, die Blaufärbung hen'^or-
rufen. Er hat deshalb folgende Modification des Schönbei n'schen
Verfahrens vorgeschlagen : Behandlung der Blutspur, die in trockenem
Zustande sich befinden muss, mit schwefelsäurehaltigem Alkohol, Er-
hitzen bis zum wallenden Sieden auf dem Wasserbad, Zuftigung von
80°/oiger Kalilauge bis zu deutlich alkalischer Beaction, Filtration
und möglichst genaue Neutralisirung des Filtrates, abermalige Fil-
tration, Zusatz von concentrirter Kochsalzlösung, WasserstofFsuper»
oxyd und einigen Tropfen Guajaktinctur. Durch die angeführte Vor-
behandlung werden alle Stoffe ausgeschaltet, die mittelbar oder un-
mittelbar Bläuung von Guajaktinctur bewirken, und nur Blut bleibt
als einziger, die Beaction vermittelnder Stoff übrig.
Unter 102 systematisch untersuchten Fällen von plötzlichem
Kf^ttembolie, natürlichem und gewaltsamem Tod fand Carrara (Friedreich's
Cairara. Blätter f. gor. Med. Nr. 4) 27mal Fettembolie; er unter-
suchte 17 Fracturen mit 18 positiven Befunden, 27 Herz-, Nieren-
und Gefässerkrankungen, Lungenkrankheiten und gewaltsame Cr-
stickung mit 6 positiven Befunden (die beiden letzteren Gruppen
zeigten niemals FettemboHe; bei 3 Fällen von „Lungenthrombose **
fand sich einmal ein positiver Befund, ebenso zeigte ein Fall
von Darmruptur Fettembolie). Von Vergiftungen fand sich bei
Gerichtliche Medicin. 697
Phosphorvergiftung unter B Fällen einmal Fettembolie, an Verbren-
nungen und Verbrühungen 6mal unter 13 Fällen. Die grosse Be-
deutung der letzterwähnten Befunde, die Carrara durch weitere
Untersuchungen zu ergänzen verspricht, leuchtet ohne weiteres ein.
Trotz Einwirkung hoher Hitzegrade und dadurch bewirkter Histologi-
Verkohlung lässt sich häufig noch die Organdiagnose stellen. Die .. ^^^® ^®^'
, , o o anderungen
Veränderungen bestehen in starker Füllung der der Hitzequelle femer an den
liegenden Qefasse, Anämie der ihr benachbarten, kleinen Extra- Geschlecht s-
vasate und Abhebung des Epithelbelages häufig in Blasenform. Das ^^^^q^^j.
Bindegewebe zeigt zuweilen eine deutliche Querstreifung, die auf Temperatur,
Schrumpfungsvorgängen beruhen dürfte. (Reuter, Vierteljahrs- Re«ter.
Schrift f. ger. Med. und öff. San.- Wesen H. 3.)
Strassmann (Vortrag auf der 15. Hauptversammlung des Extradurale
Preuss. Med.-Beamt.-Vereins , abgedruckt in der Beilage zur Zeit- ^*™»*o™ö
Schrift für Med.-Beamte) erwähnt 3 Fälle, bei denen sich unter Ein- brennung,
Wirkung der Flamme auf den Schädel Extravasate oberhalb der ^- ^*^^®™*'*'^-
Dura gebildet haben, die vollkommen den Eindruck traumatischer
Blutergüsse machten und nur durch die Anwesenheit von geschmol-
zenem Fett sich von diesen unterschieden. Experimente lehrten,
dass es sich hier um einen rein mechanischen Vorgang handelt, der
mit Leichtigkeit an frischen Schädeln von Thierleichen , aber auch
an jedem bei der Section abgenommenen Schädeldach durch Flammen-
wirkung erzielt werden kann.
YI. Knnstfehler, LeichenTerändernngen, plötzlieher
natttrlicher Tod.
Ein Arzt hatte versucht, mittels einer gebogenen, oberflächlich Aerztiiche
desinficirten Haarnadel einen Johannisbrodkem aus dem Gehörgang ? v^**'
eines Jungen zu entfernen, der Versuch misslang, und der Vater des Haebler.
Patienten wurde vom Arzte veranlasst, in einer Ohrenklinik Hülfe
nachzusuchen; hier konnte aber wegen inzwischen eingetretener ent-
zündlicher Schwellung und Ohreiterung nichts vom Fremdkörper
gesehen werden, und da keine bedrohlichen Erscheinungen bestanden,
wurde der Junge mit der Weisung versehen, wiederzukommen, wenn
es schlimmer würde. Nicht lange darauf trat eine tödtliche eitrige
Meningitis ein. Dieselbe war veranlasst, wie die Section ergab,
durch den im Ohr sitzenden Fremdköi'per. Die Gutachten der Sach- -^
verständigen gingen darüber aus einander, ob der Arzt die letale J
698 Puppe.
fection verursacht habe, oder ob die Möglichkeit einer anderweitea
Infection zuzugeben sei. Das Gericht nahm einen ursächlichen Zu-
sammenhang zwischen fehlerhafter ärztlicher Handlungsweise und
Tod an und verurtheilte den Arzt zu 3 Tagen Ge&ngniss. Ein
Kunstfehler wurde darin gesehen, dass derselbe den Fremdkörper
nicht durch Ohrausspülen zu entfernen gesucht hätte und dass er
ohne Narkose mit einem scharfen Haken manipulirt hätte, der bei
dem unruhigen Kinde fast sicher Verletzungen hätte verursachen
müssen. (Vierteljahrsschrift für ger. Med. und off. San.-Wesen H. 2.)
Gefahren Strassmann theilt in der Aerztlichen Sachverständigen-Zeitung
des jjj. i yiep Gutachten mit, die folgende Veranlassungen hatten. Fall 1
Berufes betraf einen Arzt, der bei der Exstirpation einer Tonsille in einer
F. strassmann. Poliklinik einem ungebärdigen Jungen ein paar Ohrfeigen gegeben
hatte. Fall 2 betraf einen Arzt, der beschuldigt war, eine Ober-
schenkelfractur nicht sachgemäss behandelt und insbesondere einen
markstückgrossen Decubitus durch den Streckverband veranlasst zu
haben. In FaU 3 sollte ein Arzt wissentlich ein falsches Zeugniss
abgegeben haben in einer Ehescheidungssache (er hatte von einem
grossen Nabelbruch und ausgedehnter Krampfaderbildung gesprochen^
während ein zweiter, von gegnerischer Seite zugezogener Arzt einen
kleinen Nabelbruch und unbedeutende Krampfadem festgestellt haben
wollte). In FaU 4 endlich soUte ein Arzt sich der Schamverletzong
schuldig gemacht haben, indem er ein junges Mädchen per vaginam
untersuchte. In allen 4 Fällen konnte ein exculpirendes Gutachten
abgegeben werden.
Unter- Bei einer Prügelei war ein Arbeiter von einem Genossen ver-
lassene \Qizt worden; er wurde vom Arzte verbunden, und die Wunde heilte
einer uach etwa 1V< Wochen. Lähmung des rechten Armes und Sprach-
Messer- losigkeit machten die Ueberfuhrung des Verletzten in ein Kranken-
kimge aus j^^^^ nothwendig, wo nach einigen Tagen bei der Trepanation des
Becker. ' Schädels ein Hirnabscess und als dessen Veranlassung eine über
4 cm lange , 8 mm breite und 2 mm dicke Messerklinge gefunden
wurde. 8 Tage nach der Operation starb der Patient. Die Klinge
war zweifellos inficirt, somit die Gehimwunde auch, und eine inficirte
Gehimwunde kann nicht desinficirt werden. Das Verfahren gegen
den erstbehandelnden Arzt wurde infolge des Sachverständigen-GKit-
achtens eingestellt. (Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 5.)
Dietrich gibt in der Beilage zur Zeitschrift fiir Med.-Beanate
das Ergebniss der seiner Zeit unter den preussischen Medicinal-
Gerichtliche Medicin. 699
b6amt«n veranstalteten Umfrage über die Curpfu scheret in cai-
PreuBsen. Das Material bilden Mittheilungen von 304 Physikern, P'"<i*'e''ei
Auf 6464 Aerzte in den betreffenden Kreisen kommen 2404 Cm-- Dietrich
pfuscher.
Bei todten, mit offenen Augenlidem liegenden Vereuchethieren Trttbnng
tritt nach 10 — 20 Stunden eine Trübung der Linse auf, die nach*" Krysiaii
20 — 80 Stunden verschwindet. Sie ist die Folge von Wasserver- Leichen-
dunatung, sie tritt nicht ein an den von der Iris bedeckten Stellenerscheinans
des Organs; ihr Verschwinden ist eine Folge der Wiederverflüasigung ' '*''''
des Eiweisskäqiers, auch Erschütterungen bringen die Trübung zum
Verschwinden. Forensisch läset sich das Phänomen zunächst — sein
Vorkommen beim Menschen vorausgesetzt — zur Bestimmung der
Zeit des Todes verwenden. Findet sich die Trübung bei Wasser-
leichen, so beweist dies, daas die betreffende Leiche erst einige Zeit
an der Luft gelegen hat. Anfhellungaflecke innerhalb der Trübung
lassen erkennen, daes die Leiche einige Zeit nach dem Tode berUhrt
worden ist. (Archiv f. d. ges. Physiologie Bd. 72.)
Klingelhöfer (Vierteljahrsschr. f. ger. Med. u. öff. San. -Wesen Lelcben-
H. 1} beschreibt Vertrocknungen, die von beiden Mundwinkeln sich Befunde
streifenförmig nach abwärts zogen und den Verdacht einer Schwefel- ineecten-
säure Vergiftung wachriefen. Die Untersuchung ergab aber, dass die- bBnagnng,
selben veranlasst waren durch Bisse der Blatta germanica, des 't«''K<""*f"
als „Schwabe" bei uns bekannten Insects, die an der betreffenden
Leiche gefunden wurde. In einem weiteren Falle konnte der Be-
fiind erhoben werden, dass sich die Vertrocknungen vermehrten, als
die Leiche längere Zeit der Einwirkung der Insecten ausgesetzt blieb.
Ein Fleischer erkrankt nach dem Heben einer schweren Iiast Pioizücher
mit Erbrechen und Schmerz in der linken Seite, er coUabirt und zJ'erohteii'
stirbt nach wenigen Stunden. Die Section ergibt, dass der grösste hemie,
Theil des Magens durch eine 2 Finger starke Oeffnung des Dia- Beigem»«!.
pbragmas in die linke Brusthöhle getreten ist. Die Zwerchfell-
öfinung findet sich im mnsculösen Theil des Organs, abdomin alw^rts
finden sich hier Verlöthungen des Gekröses mit dem Diaphrai^iMii
Violleicht ist die Oeflnung veranlasst durch einen vor mehreren Jüliifiu
erlittenen Stich in die linke Brust. Bergmann (Zeitschr. f. Bled.-
Beamte Nr. 6) beklagt sich, dass der amtirende Richter auf Ansuchen
nicht gestattet habe, behufs Eruirung des Situs thoracis die Sectic^
der Brusthöhle vor derjenigen der Bauchhöhle vorzunehmen, wo
^
700 Puppe.
Autopsie wegen Verdachts einer Vergiftung vorgenommen wurde.
Der Richter hatte kein Recht, dem Obducenten Abweichungen vom
Regulativ zu erlauben; der Obducent gestattet sich aber selbst Ab-
weichungen vom Regulativ, die erforderlich sind, und bemerkt dies
im Protokoll.
Die Thymus des 6 Wochen alten kräftigen Kindes war 6:5:2 cm
gross, ausserordentlich derb. In den Lungen fand sich viel grauweisser
Plötzlicher Schleim, der, wie Seydel (Vierteljahrsschr. f. ger. Med. und öff.
T^d^ö* San.-Wesen H. 4) ausführt, beim plötzlichen Tod durch
Thymus- ^ i r
hyperpiasie, Thymushyperplasie selten vermisst wird und auf einer Trans-
seydei. sudatiou auf die Bronchialschleimhaut beruht, die ihrerseits durch
Stauung in den Gefössen resp. durch Stockung der Herzactioii ver-
anlasst ist. Letztere wieder ist höchstwahrscheinlich bedingt durch
Druck auf die Herznerven.
YII« Zweifelhafte Oeistesznstftnde«
Vorschlag Bremme (Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 14) knüpft daran an,
\enderunff ^^^ nicht selten Freisprechxmg auf Grund des S 51 St.G.B. erfolgt
der und Ueberfuhrung in eine Lrenanstalt mangels zwingender Grunde
Strafrechts, nicht fur angezeigt befunden wird. Er plaidirt dafür, dass in solchen
Geistes- Fällen der Richter oder eine eigens eingesetzte Commission Unter-
kranken bringimg in eine Anstalt für eine gewisse Zeit beschliessen könne,
und bei ^ejm 2, B, sinnlose Trunkenheit oder impulsives oder moralisches
zwei fei- . ... .
haften Irresein vorliegt. Es ist dies ein Kapitel der Strafrechtspflege, das
Geistes- in anderen Ländern, z. B. England, Italien, seine befriedigende Lösung
Bremme ' goft"^^©!^ ^ftt> ^ Deutschland aber hoffentlich nicht mehr allzulange
der definitiven Erledigung harrt.
Geminderte Kirn (Vierteljahrsschr. f. ger. Med. etc. H. 4) geht davon aas,
Zurech- ^j^gg ^g rechtlich nur eine Zurechnungsfehigkeit und eine Unzu-
nung^s- _ n. , , c»o
tähigkelt, rechnungsiahigkeit gäbe, dass aber der Praktiker das Bedürfniss
Kim. habe, Grade der Zurechnungs&higkeit festzustellen. Wie viele an-
gesehene Psychiater, so tritt auch er energisch für die Statuirung
einer geminderten Zurechnungsfahigkeit ein. Er iUustrirt diese
Forderung durch ein reiches casuistisches Material.
Sei ff er (Arch. f. Psychiatrie Bd. 31) liefert eine Monographie
über den Exhibitionismus unter Berücksichtigung der ganzen
über diesen Gegenstand erschienenen Litteratur. Von den 7 eigenen
Gerichtliche Medicin. 701
Fällen, über die er berichtet, betrafen 5 Epileptiker, 1 senile Demenz Exhibi-
nnd 1 Alkoholiker. Nur in 2 Fällen konnte ein einigermaassen sicheres **°^^1™"*'
Urtheil auf Grund des §61 abgegeben werden.
Ein seit dem 15. Jahre der Masturbation ergebener Gewohn- Exhibitiou
heitstrinker hatte häufiger Exhibition geübt; die voUe Befriedigung ®^^y'\J^°lJ^*
fand er aber erst, wenn er nachher masturbiren konnte. In der Geiste s-
Auswahl der Käumlichkeiten sowie der Frauen, vor denen er seine kranken,
Genitalien entblösste, hatte er stets eine grosse Vorsicht an den eimann.
Tag gelegt; sein Thun gelangte erst zur Kenntniss der Behörden,
als er sich mit dem Vater eines der gebrauchten Schulmädchen ver-
feindete. Psychisch bot er nur Zeichen von Neurasthenie, sowie von
Alkoholismus dar. Er wurde zu 9 Monaten Geföngniss verurtheilt.
(Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 7.)
Hysterische Erscheinungen (Lähmung, Sensibilitätsstörungen) Hysterischer
combinirten sich bei Beobachtungen von Ganser mit einer mehrere i^a^niej--
° . zustand,
Tage dauernden Bewusstseinstrübung; nachher bestand ein oanser,
Erinnerungsdefect. Die Anfälle wiederholten sich nicht selten in
leichteren Graden. (Archiv f. Psych. Bd. 30.)
Im Anschluss hieran theilt Binswanger (Monatsschrift für Binswauger.
Psychiatrie Bd. 3) folgenden Fall mit. Ein 24 Jahre alter Mann
begeht nach kurzem allgemeinem Unwohlsein ein Conamen suicidii.
Bei der sofortigen Aufnahme in die Anstalt besteht Desorientirtheit,
Hypalgesie, an den Extremitäten Analgesie, die am 6. Krankheits-
tage verschwinden. Epilepsie und Psychose nach Strangulation sind
nach Binswanger auszuschliessen.
Roth (Vierteljahrsschr. f. ger. Med. u. öff. San.-Wesen, H. 1) Paranoia
bereichert die Casuistik des Querulantenwahns um einen neuen, ^.^!^^
.... toria,
sehr instructiven Fall. Es handelt sich um ein 39jähriges, nicht Roth,
belastetes Individuum, das von früher Jugend an sonderbare An-
zeichen von Selbstüberhebung u. dergl. dargeboten hatte. Wegen
Beamtenbeleidigung angeklagt, wurde er auf das Gutachten Roth's
hin freigesprochen. Im Termin gingen die Ansichten der Sach-
verständigen übrigens aus einander.
Adler veröffentlicht Beobachtungen über interessante
Seelenstörungen. 1. Angstneurose bei einem Barbier. Der-
selbe bekam beim Rasiren oder auch schon beim Eintritt eines
Kunden in den Laden die Vorstellung, er könne diesen ernstlich. ^j
702 Puppe.
Interessante verletzen. Besserung nach Opium. 2. Acute Demenz nach
Seelen- Scharlach. Mittheilxmg eines nicht selbst beobachteten, übrigens
Adler. ' günstig verlaufenen Falles und eines zweiten, den Adler aber
später aus den Augen verlor. 3. Hypochondrische Verrückt-
heit, die sich nach einer EUbogencontusion entwickelt haben soll.
Eine Frau glaubt, dass eine Schlange um den einen Arm gewickelt
sei xmd am Knochen frässe; am anderen Arme zwicke ein Krebs.
(Deutsche Medicinalzeitung Nr. 47.)
Periodische Hitzig (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 1 — 3) bespricht zunächst
Seelen- ^^ Mängel der psychiatrischen Nomenclatur, die der Abstellung
Störungen, o r ^ j o
Hitzig. dringend bedürfen; jeder, der über eine Krankheit schreiben wolle,
müsse erst vorher sagen, was er eigentlich unter dem gewählten
Krankheitsnamen verstanden wissen wolle. Sodann wendet er sich
gegen die Kräpelin'sche Annahme, dass der erste manische Anfall
der Vorläufer einer periodischen oder circulären Psychose sei.
Periodische Psychosen sind ausschliesslich solche, die in ihrer eigen-
thümlichen Erscheinungsweise regelmässig periodisch wiederkehren.
Im Anschluss an je einen Fall von periodischer Tobsucht, circulärem
Irresein und menstruellem Irresein erörtert er alsdann die Meinert*
sehe Hypothese von der G-efassspannung resp. Qefässentspannung
bei Melancholie resp. Manie, die durch Morphium resp. Atropin,
theoretisch genommen, zu beeinflussen sein müssten. Morphium lasse
aber im Stich, Atropin jedoch habe bei melancholischen wie mania-
kaiischen Zuständen subcutan kurz vor dem Eintritt des zu erwar-
tenden periodischen Anfalles gegeben gute Erfolge geliefert.
Acute Bisher waren bekannt: 1. periodische Manie, 2. periodische
periodisch Melancholie, 3. periodisch haUucinatorische Paranoia. Ziehen
Paranoia (Monatsschr. f. Psych, u. Neurol. Bd. 1) fügt diesen als viertes
Ziehen. Krankheitsbild eine acute periodisch einfache Paranoia
hinzu, die nicht mit Hallucinationen einhergeht. Hierher sind viel*
leicht die Fälle zu rechnen, bei denen im Anschluss an die Men-
struation Wahnideen auftreten.
Die moralische Idiotie kommt in foro nur dann in Be-
tracht, wenn die sie veranlassende Krankheit nachgewiesen ist; sie
ist in der Praxis nur verwendbar, wenn eine Gesetzgebung in deter-
ministischem Sinne vorhanden ist. Cr am er (Münch. med. Wochen-
schrift Nr. 46) hält sich nicht für competent, darüber zu urtheilen,
ob es zweckmässig ist, eine solche Gesetzgebung einzuführen, glaubt
Gerichtliche Medioin. 703
aber, dass es noch lange dauern wird, bis alle Schwierigkeiten, welche Horsiü
aich der practischen Durchföhnmg entgegenstellen, beaeitigt aind. '^'o*'
Die moralische Idiotie kann bei den Terschiedenen Oeisteskrankheiten
als ein am meisten in die Augen fallender Symptomen complex vor-
kommen. Der Nachweis der ethischen moralischen Perversität allein
genügt zum Nachweis der Krankheit nicht, es kann deshalb, solange
die heutige Gesetzgebung besteht, in foro nicht von einer moralischen
Idiotie als Krankheit im Sinne des % 61 St.G.B. gesprochen werden
(Reichsgericht sentscheidung). Bei dem heutigen Stande der Wissen-
schaft ist es äusserst schwierig, in practisch dvu^:hftthrbare^ Weise
in einer zu schaffenden Gesetzgebung die moralische Idiotie zu be-
rücksichtigen. Es ist nicht statthaft, ein Gutachten im Sinne einer
noch za schafienden Gesetzgebung abzugeben. Die Fälle mit im
Vordergrunde stehenden ethischen Defecten, wo man auch nach ge-
nauer Untersuchung im Zweifel sein muss, ob Krankheit vorliegt
oder nicht, sind selten. Das practische Bedürfhiss, fiir solche Fälle
eine besondere Gesetzgebung zu schafTen, ist nicht so gross, wie es
auf den ersten Augenblick scheint. Ea deckt sich diese Frage un-
geföhr mit der Frage der geminderten Zurechnungsföhigkeit. Wird
der Begriff der moralischen Idiotie heute schon in die Gesetzgebung
eingeführt, so wird die Zahl der Individuen, welche in diesea Gebiet
fallen, in völlig ungerechtfertigter Weiae enorm ansteigen und so
Nichtgeisteskranke als moralisch irrsinnig betrachtet und ausge-
sprochen Geiat«skranke als moralisch irrsinnig verartheilt werden.
Till, lerztllche SachTersUndl^nthatigkeit In Unfall und
iDTalldltktB Sache n.
Pirgau (Archiv für Unfallheilkunde Bd. 2) legt in längeren MuBk(
Ausführungen dar, daeadie Verminderung oder Vergrösserung '^ 7 ^
eines Muskelquerschnitts die Folge einer verminderten oder verletz
vermehrten Arbeitsleistung ist; er ist der Ansicht, dass Differenzen Firgai
von 1 cm bei der Beurtbeilung der Moskelatonie nicht verwerthet
werden können, um so weniger, als ein erkranktes Glied atrophisch
sein und trotzdem einen gi-öaseren Umfang haben kann, al.-! 'l;!-^ ■ nt-
sprechende Glied der gesunden Seite. Er stellt die FordLCnn- i-nl,
daas Messungen an den Extremitäten nur in bestimmten St^lhnii^en
erfolgen sollen, so am Oberarm hei horizontaler Streckung nfi< !j »uesen,.
am Vorderarm bei halber Pronation mit gestreckten Fin^;ijni, unci
zweitens, dass diese Messungen soweit thunlich auch am >ii')ji;iieiideT
Muskel Torgenommen werden, um die Excursion des Mur?k<:ls fest
zustellen. __j
704 Puppe.
Ein durch herabrutschende Erdmassen umgeworfener Erdarbeiter
zeigte links neben den Domfortsätzen des zehnten und elften Brust-
wirbels einen Wulst von halb Apfelgrösse, oberhalb und aussen da-
von fand sich eine markstückgrosse, flache Vertiefting. Der Wulst
verschwand beim Vomüberbeugen , in der Delle war eine Rippe zu
Subcutane fühlen. Im Anschluss daran bespricht Seibold (Archiv f. Unfall-
Ruptur des Heilkunde etc. Bd. 2) die subcutanen Muskelrupturen, von
erector denen sich drei Gruppen unterscheiden lassen: 1. am pathologisch
trunci, veränderten Muskel vorkommende, 2. am gesunden Muskel durch
plötzliche heftige Contractionen entstandene (functioneUe) , 3. durch
directe Gewalt am gesunden Muskel hervorgerufene (traumatische).
Seibold.
ßeeinfius- Albu (Archiv f. Unfallheilkunde etc. Bd. 2) bespricht die Mög-
«1 ^^^^1, lichkeit einer Verschlimmerung eines chronischen Leidens, im be-
chroniBcher , ^ ^ , '
Herz- und sonderen einer Herz- und Nierenaffection durch einen Unfall.
Nieren- Er bejaht die Frage, ob es eine acute Herzdilatation bei einem vor-
ünfaii ^^^ ganz gesimden Menschen gibt. Idiopathisch vergrösserte Herzen
Albu sind disponirt, durch Ueberanstrengung eine acute Dilatation zu er-
leiden.
Trauma- Durch einen Absturz in der Scheune erlitt ein Landwirth eine
t i s c he 8
Aorten- Brustverletzung , im Anschluss an welche sich ein Aneurysma
aneurysma, des Aortenbogens entwickelte. (Obergutachten, mitgetheilt in
Fr. Miuier. ^er Zeitschrift für Med.-Beamte Nr. 13.)
Fraglicher Ein 58jähriger Arbeiter erlitt infolge Quetschung durch Eisen-
hang^er^" ^^'^^'^^gö'^ ®i^6 Contusion des Bmstkorbes; er erkrankte an all-
Ruptur eines gemeiner Mattigkeit, Bronchialkatarrh u. dergl. und starb 7 Jahre nach
Aorten- ^qjj^ Unfall ziemlich plötzlich. Die Section ergab ein geplatztem
aneurysma . j a x j j -n« rw %_ j
miteinem Aneurysma de r Aorta descendens. Em Zusammenhang des-
vor 7 Jahren selben mit jenem Unfall wurde von Pantzer (Vierteljahrsschr. fiir
^'j!|"^*j"^'' ger. Med. etc. H. 2) für möglich, in einem Obergutachten dagegen
Pantzer. für nicht vorliegend erachtet.
sections- Schaff er (Zeitschr. f. Med.-Beamte Nr. 13) theilt 3 Sections-
Ca"is8on-*^ befunde bei Caisson-Arbeitern mit (1 Section, 2 Besichtigungen).
Arbeitern, Es fanden sich Luftembolie, multiple Ekchymosen, Hautemphysem
schäffer. und Gas in Brust- und Bauchhöhle.
Das Ergebniss einer experimentellen Studie ReinebothV
(Münch. med. Wochenschr. Nr. 37j ist, dass unbeschadet der rein
Gerichtliche Medicin. 705
nervösen Effecte einer Commotio thoracica eine plötzliche Che- £ inf la s s de r
fasserweiterong oder Gefassdahmong im Lungenkreislauf und eine Krschütte-
dadurch beschrankte Blutzufuhr zum linken Ventrikel zu Stande Brustkorbs
kommt, deren Resultat ein Sinken des Blutdrucks ist. Practisch auf die
wichtig wird dies Ergebniss bei der Beurtheilung einer Hämoptoe, ®p'**^* ^®"
die ein Phthisiker nach einem Unfall erleidet, der die erkrankte Lunge«
Spitze nicht direct betroffen hat (Vergl. S. 144.) Reineboth.
Ein Werkmeister wurde beim Löschen eines Brandes völlig Tabes nach
durchnässt: er konnte sich erst nach einifcen Stunden umkleiden, ^''^^l*'*'^«-
.-11 Betriebs-
Nach 5 Wochen Kribbeln m den Zehen, nach 7 Monaten typische unfall,
Tabes. Binswanger und Stegmann (ünfallversicherungspraxis BiMwanger
Nr. 6) bejahen die Frage des Zusammenhanges zwischen der * w«»Ji»»n,
voraufgegangenen Erkältung und dem Kückenmarks-
leiden. Der Verunglückte erhielt darauf Vollrente zugebilligt.
Bei einem an Tabes leidenden Arbeiter, dessen Grundleiden Erblindung
durch Sehnervenatrophie complicirt war, trat bei angestrengter Ar- ^»"^«s an
beit in einem zugigen Local, während er auf der Leiter stand, plötz- atrophie
lieh Erblindung ein. Goldscheider nimmt an, dass die Seh- leidenden
nervenatrophie eme acute Verschlimmerung durch Zug und Ueber- Qoidschoider
anstrengung erfahren hat. Das B;eichsversicherungsamt schloss sich
dem Gutachten an und bewilligte die Rente für völlige Erwerbs-
unfähigkeit. (Obergutachten, mitgetheilt in der Zeitschr. f. Med.-
Beamte Nr. 14.)
Adler (Archiv f. Unfallheilkunde Bd. 2) gibt eine Zusammen- Trauma-
stellung von 118 Fällen von Hirntumor, die traumatischen ^^^*^J® ?,''"''•
^.^. . . . . . gesohwulste,
Ursprungs waren. Wichtig ist anamnestisch, dass sich an die Adler.
traumatischen Beschwerden Tumorsymptome anschliessen. Zuweilen
ist nach dem anatomischen Befunde eine Altersbestimmung des
Tumors möglich; in manchen Fällen entspricht der Sitz des Tumors
dem Angriffspunkt der Gewalt, eventuell deutet eine Hautnarbe
darauf hin. Aber auch fem vom Angriffspunkt der Gewalt können
sich Hirntumoren entwickeln.
Lehrbücher und Monographieen.
P. Brouardel, La responsabilit^ m^dicale. Paris.
C. Kippenberger, Grundlage für den Nachweis von Giftstoffen bei ge-
richtlich-chemischen Untersuchungen.
Jahrbnch der praotisohen Medicm. 1899. 45 i
706 Puppe.
L. Knapp, Der Scheintod der Neugeborenen. Seine Geschichte, klinische
und gerichtsärztliche Bedeutung. Wien und Leipzig.
Erafft-Ebing, Psychopathia sexualis. 10. Aufl. Stuttgart.
G. Ledderhose, Die ärztliche Untersuchung und Beurtheilung der ünfall-
folgen.
Hugo Magnus, Die Untersuchung der optischen Dienstfähigkeit des Eisen-
bahnpersonals. Breslau.
A. Oppenheimer, Juristisches Handbuch f&r practische Aerzte mit spe-
cieller Berücksichtigung der bayrischen Gesetzgebung. München.
Placzeck, Berufsgeheimniss des Arztes. 2. Aufl. Leipzig.
0. Rapmund und E. Dietrich unter Mitwirkung von J. Schwalbe,
Aerzliche Rechts- und Gesetzeskunde. I. Theil. Leipzig.
P. Reichel, Die Abschätzung der Erwerbsfähigkeit. Wiesbaden.
P. Schuster, Die Untersuchung und Begutachtung bei traumatischen Er^
krankungen des Nervensystems. Berlin.
F. G. Stubenrath, Ueber Aspirationspneumonie , insbesondere nach Elin-
dringen von Ertränkungsflüssigkeit und über ihre gerichtsärztliche
Bedeutung. Würzburg.
xm.
Oeffentliclies Gresnndheitswesen.
Von Geh. Hofrath Prof. Dr. A. Gärtner in Jena.
1. Städtereinlgungr«
Nach Kleemann (Die Kanalisation von Steglitz. Bei- Kanaiiea-
trae für die Beurtheilung der Schwemmkanalisation mit a*°^,^?^
® © ^ Steglitz,
Ausschluss der Meteorwässer. Viertelj. f. gerichtl. Med. u. Kleemann,
öffentl. Sanitatswesen, 3. Folge, Bd. 16, Supplementhefb) macht sich
in Deutschland schon seit Jahrzehnten eine eigenthümliche Ver-
steifung gegen das sog. Trennsystem geltend. Während in England
in den letzten 20 Jahren über 40 Städte so kanalisirt sind, ist in
Deutschland das System, ausser in drei anderen Städten, vollständig nur
in Steglitz durchgeführt. ■ — Kleemann berichtet darüber, dass sich
die Befürchtungen: Verstopfung der Rohre, Trockenlaufen der Lei-
tungen, mangelhafte Entlüftung durch die ßegenrohre, Verschlickung
der Rieselfelder, durchaus nicht eingestellt haben, dass sich das
System vielmehr sehr gut bewährt habe. Dabei stellte sich dasselbe
rund um die Hälfte billiger als ein System mit Einschluss der Regen-
Wässer. Die Strassenwässer haben in der Ratze, einem sehr kleinen
Bach, irgend welche Störungen nicht hervorgerufen.
A. Gärtner xmd A. Herzberg (Vortheile und Nach-
theile der getrennten Abführung der Meteorwässer bei
der Kanalisation der Städte. Vierteljahrsschr. f. öffentl. G-e-
sundheitspflege Bd. 30, Ref. fiir den deutschen Verein f. öffentl. Ges.
zu Karlsruhe) stellen zunächst fest, dass die Abführung der Fäka-
lien zur Zeit in den meisten Städten nicht den Anforderungen ent-
spreche. Die gemeinschaftliche Abschwemmung der Fäkalien, Haus-
708 Gärtner.
Trenn- und Kegenwässer stelle principiell das beste System dar, aber die
Systeme, Städte gingen nicht heran, weil es zu theuer sei, besonders wegen der
Herzberg, definitiven Beseitigung der Massen. Die Begenwässer der Strassen
und Höfe in kanalisirten Städten könnten unbedenklich in die Fluss-
läufe gelassen werden. Werden die Kegenwässer gesondert abge-
leitet, so kann, bei ungefähr gleichen Kosten der Anlage des Kanal-
systems an sich, eine wesentliche Erspamiss eintreten durch Ver-
wendung kleinerer Maschinen, Kessel und Bohre, sowie kleinerer
Rieselfelder und Klärbecken ; auch könne man bei Vorsorge fiir eine
facultative Klärung und bei obligatoricher Desinfection aller Abgänge
infectiöser Kranker vielfach mit einer bloss mechanischen Klärung
der Abwässer — ohne störende Regenwässer — auskommen. Ob
ein getrenntes oder ein Sammelsystem für eine Stadt vortheilhafter
sei, richte sich nach den jeweiligen örtlichen Verhältnissen.
Hygienische Metzger (HygienischeBedeutung derTrennsysteme.
Bedeutung Hyg. Rundschau S. 290) fuhrt die starke Abminderung der Sterb-
Hot* TvAtin •/ o ' ^
Systeme, Hchkeit der letzten Jahre von Berlin auf den Anschluss fast aller
Metzger. Grundstücke an die Kanalisation zurück, wenigstens in der Haupt-
sache. Die Methoden zur Entfernung der von den Regenwässem ge-
trennten Hauswässer sind die gewöhnlichen Trennungssysteme —
enge Gravitationsleitungen, das Shone-Merten-System, das gemischte
Trennsystem, d. h. ein solches, welches einen Theil der Regenwässer
mit aufnimmt — und das Metzger'sche Doppelrohrsystem. Bei diesem
liegen zwei Kanäle, Regen- und Schmutzwasserableitung, in demselben
Rohrmantel. Redner weist dann darauf hin, wie enorm die Regen-
wassermengen die des Schmutzwassers übersteigen (200fach). Bei
Trockenwetter seien beide Schwemmsysteme gesundheitlich gleich
und bei Regenwetter das Trennsystem besser, da es dann nur Regen-,
aber kein Schmutzwasser in die Vorfluth entleere, was das Sammel-
system thue. Ein Nachtheil sei der doppelte Anschluss der Häuser,
aber dadurch würden die Bewohner wiederum zu grösserer Reinlich-
keit veranlasst. Das Trennsystem leiste bei geringeren Kosten das-
selbe, was die Sammelsysteme leisten»
AbwÄsser- Schmidtmann, Proskauer, Eisner, Wollny-Baier
reinigung, gg^jQ^ einen Bericht über die Prüfung der von den Firmen
Schmidtmann, => . . n t • i.
Proakaner, Schweder u. Co. und E. Merten u. Co. bei Gross-Lichterfelde emcn-
Bisner, teten Versuchsreinigungsanlage für städtische Spüljauche
y- er. (yjgj^ß]jj^iy,gßhj, f gerichtl. Med. u. öifentl. Sanitätswesen, 8. Folge,
Bd. 16, Supplementhefb). Die Anlage besteht aus dem Schlamm-
fang, in welchem grössere schwimmende xmd schwere Theile abge-
Oeffentliches Gesundheitswesen. 709
fangen werden. Dann läuft das Abwasser in den Faulraum; in ihm
bleibt es ca. 24 Stunden stehen. In dieser Zeit gehen, da der freie
Sauerstoff fast völlig fehlt, erhebliche Reductionsprocesse vor sich,
um so mehr als durch die Construction der Anlage eine gleich-
massige Temperatur gewährleistet ist. Vom Faulraum kommt das
gährende Wasser jetzt direct, früher erst nach Passiren eines Lüf-
tungsschachtes auf aus Kies und Koksklein aufgeschüttete, unten
drainirte Filter und bleibt auf denselben ca. 8 Stunden, dann wird
die Flüssigkeit abgelassen und das Filter oder der Oxydationsraum
bleibt den Rest des Tages leer stehen zu seiner Regeneri^ung. Das
ablaufende Wasser soU klar, geruchlos und zu Nachzersetzungen nicht
mehr geeignet sein. Die von den vorgenannten Herren angestellte
Prüfung ergab die Richtigkeit jener Angabe ; es hatte in der Anlage
stattgefunden eine Abnahme der Oxydirbarkeit um 70 °/o , des Ge-
sammtstickstoffes um 50 — 60 °/o , des Ammoniakstickstoffes um 75 °/o
und eine Neubildung von Nitrit- und Nitratstickstoff um ca. 20 bis
25*^/o. Die Menge des entstehenden Schlammes war gering, da
auf den sog. Filtern eine reichliche Zerlegung der suspendirten
Stoffe statthat. Dagegen bildet sich in dem Faulraum noch Schlamm,
wenn auch derselbe zum Theil durch die Bacterien zerstört wird;
das „Faulen", die anaerobe Gährung, soll geringen Werth haben.
Femer findet in den gefüllten Filtern keine Nitratbildimg statt, weil
freier Sauerstoff fehlt; dieselbe entsteht jedoch in dem Schlamm der
abgelassenen Filter. Die qualitative Leistung der Anlage war eine
befriedigende, dahingegen lässt die quantitative noch zu wünschen
übrig, und zur Zeit dürfte die Anwendung dieses „biologischen" Ver-
fahrens wegen der Grösse der Anlage sich für grosse Städte noch
nicht eignen,
Proskauer und Eisner verbreiten sich über die hygienische Degener's
Untersuchung des Kohlebreiverfahrens zur Reinigung von ^^hlebrei
*=* & o beim
Abwässern auf der Klärstation in Potsdam (Vierteljahrsschrift f. Reinigen
gerichtl. Med. u. öffentl. Sanitätswesen, 3. Folge, Bd. 16, Suppl.- y«»
Heft). Nach Angabe des Dr. D e g e n e r wird Torf, Moorerde oder progi^auer u '
Braunkohle feinst zermahlen den Stadtabwässem beigemischt und Elsner.
darauf ein Fälltmgsmittel, z. B. Eisenoxydsalzlösung, zugesetzt. Auf
1 cbm Abwasser kommen etwa 1 kg Kohle und 170 g des Eisensalzes.
Die ganze Mischimg wird nach dem bekannten Rothe'schen Ver-
fahren in Eisenthürme hineingegeben. Das ablaufende Wasser ist
völlig klar; die organischen — gelösten — Substanzen haben sich
um etwa 90 % , die gelösten organischen Stickstoffsubstanzen um
710
Gärtner.
Degener*B 60 — 80 °/o verringert, Effecte, wie sie bei keiner anderen Klännethode
Kohlebrei ^^ j^^^t bekannt sind. Weder das geklärte Wasser noch der
Reinigen Schlamm gehen in Fäulniss über; der Kohleschlamm wird zu Bri-
lon quettes oder Torfsteinen verarbeitet, die zur Kesselfeuerung und zur
JL \\ wn S Q tt A V* VI ^^
Proskauer u ' Gewinnung von Leuchtgas dienen können. Eine Desinfection der
Eisner. Abwässer tritt nicht ein; soll sie erreicht werden, so genügt
ein Zusatz von 12 — 15 g Chlorkalk pro Oubikmeter geklärten Ab-
wassers. Das Chlor wird nach geleisteter Desinfection durch die
Humussäuren und Eisenoxydulsalze rasch völlig zerstört. Der Best
des nicht zersetzten Chlorkalkes lässt sich leicht durch kleine SchneU-
filter aus Koks oder Braunkohle oder Kies abfangen. Das erwähnte
Verfahren dürfte berufen sein, in der Städtereinigungsfrage eine
grosse Rolle zu spielen.
Abwässer-
reinigang,
Riensch.
H. Riensch (Die Reinigung der städtischen Abwässer
und die Verwerthung der dabei gewonnenen Abfall-
stoffe. Wiesbaden) reinigt die Abwässer dadurch, dass er sie zu-
erst durch eine Art Kamm treten lässt, dessen Zähne 15 mm aus einan-
der stehen, und die dort abgelagerten Stoffe mit einem Rechen heraus-
kratzt, von welchem sie durch eine Bürste abgeputzt und auf ein
Band ohne Ende geschoben werden, um am Ende desselben in Wagen
zu fallen imd als Dungmittel verwerthet zu werden. Dem so vor-
gereinigten Wasser werden Chemikalien zugesetzt und ein Ausf^en
der Sinkstoffe in flacher Rinne bewirkt, deren Boden, wenn mit
Schmutz beladen, nach unten in einen konischen Raum geöffnet
wird ; der dort angesammelte Schlamm wird abgepumpt. Hinter dieser
Rinne sind abermals Kämme und Rechen angebracht, welche mit
6 mm weiten Oeffnungen arbeiten, dahinter stehen wieder Siebe mit
1 mm von einander abstehenden Drähten. Zuletzt tritt das Schmutz-
wasser unter jalousieartig angeordnete Bretter, von welchen der
feinste Schlamm abgesetzt und durch welche das Wasser filtrit wird.
Die in Marburg mit etwas abgeändertem Apparat erzielten Resultate
sind als günstig zu beurtheilen.
▲bwässer-
klärung,
Briz.
J. Brix hat über Klärung städtischer Abwässer (Cen-
tralblatt für allgemeine Gesundheitspflege Jahrg. 17) im Ham-
burger Architekten- und Ingenieurverein gesprochen imd stellt in
seinem Vortrage die sämmtlichen Methoden zusammen, indem
er zugleich den Ghrad ihrer Wirksamkeit bezeichnet. Auch die
neueren in diesen Blättern schon besprochenen Verfahren werden
von ihm erwähnt. Aus der zusammenfassenden Uebersicht lässt sich
Oeffentliches Gesundheitewesen. 711
schwer etwas herausheben; zur allgemeinen Information ist der Vor-
trag sehr geeignet.
J. König, E. Haselhoff und R. Grossmann (Neue Ver- Schmutz-
fahren zur Reinigung von Schmutzwässern. Zeitschr. f. Reinigung,
Untersuchung der Nahrungs- u. Genussmittel, sowie der Gebrauchs- König,
ceeenstände H. 3) bringen über die elektrischen Verfahren nichts HaseihoflFu.
® ° / o ^ ^ Grossmann.
Neues. Das Webst er'sche ist ein chemisches Reimgungsverfahren,
wobei das Ferrohydroxyd, das Fällungsmittel, fortgesetzt durch den
elektrischen Strom auf der Gusseisenelektrode erzeugt wird. Das
Verfahren von Her mite (Kohle und Zinkplatten in salzhaltigen
Flüssigkeiten) wirkt durch seine unterchlorigsauren Salze desodori-
sirend und desinficirend. Das Ferrozone-Polarite- Verfahren bewirkt
durch das Ferrozone (schwefelsaure Thonerde und schwefelsaures
Eisenoxyd), welches dem Wasser zugesetzt wird, eine Fällung der
Schwebestoffe, die dann durch die Filtration, wobei das Polarite
(Eisenoxyd) Sauerstoff abgibt, abgefangen und oxydirt werden sollen.
Die Autoren weisen nach, dass man statt das Polarite auch Garten-
erde, Koksklein und Calciumplumbat mit dem gleichen Erfolge an-
wenden kann. Die Nitrification geht zweifellos durch Bacterien vor
sich, und es ist anzunehmen, dass der mechanisch den rauhen Filter-
theilchen anhaftende Sauerstoff den Process begünstigt; ausserdem
aber entsteht eine nicht unbeträchtliche Menge freien Stickstoffs.
Mehr Erfolg hat das von Alex. Müller zuerst eingeführte, dann von
Dibdin-London mehr ausgebaute und jetzt von Schweder-Merten
benutzte Princip, die Abwässer durch Reduction und Oxydation zu
reinigen. Die Schmutzwässer kommen nach Passirung von Sieben
für etwa 24 Stunden in den Faulraum, gelangen von dort, über ge-
lochte Bleche fliessend, um Luft aufzunehmen, in den Oxydations-
oder Filterraum. Die Filter bestehen aus Kies, Koksgrus und ge-
körnter Steinkohlenschlacke mit Kies. Hier bleibt das Wasser
4 Stunden und fliesst dann klar und geruchlos, aber reich an Bac-
terien ab. Schlamm wird in der Anlage sehr wenig gebildet;
die Schlammtheilchen werden vielmehr zerlegt. Es findet eine starke
Oxydation der organischen Substanzen und Bildung freien Stickstoffs
bei Nitrification des Ammoniaks statt. Möglicherweise hat diese
Klärung für kleinere Gemeinden eine Zukunft.
0. Korn, Die Rieselfelder der Stadt Freiburg i. B. (Arch.
f. Hyg. Bd. 22 , S. 173). Durch ein ganzes Jahr hindurch sind die
Drainwässer der Freiburger Anlage untersucht worden. Die Kanal-
712 Gäi-tner.
lie seif eider, jauche ist schon sehr verdünnt, da pro Kopf und Tag 380 Liter
0. Korn. Wasser zur Verwendung kommen, ausserdem mischt sich Grund-
wasser dem Drainwasser bei. Der Autor wird daher zweifellos Hecht
haben, wenn er angibt, die Drainwässer könnten ohne Bedenken dem
Fluss zugeführt werden. Eine Wechselwirkung zwischen den vorhan-
denen chemischen Substanzen und den Bacterien findet wohl im
Kanalwasser, jedoch nicht im Drainwasser statt. Aeussere Ein-
flüsse, Temperatur, Eegenmenge, Jahreszeiten sind nur von unter-
geordneter Bedeutung bei dem Beinigungsprocess. In den 5 Jahren
des Bestehens Hess sich eine Abnahme der chemisch wirkenden und
der filtrirenden Eraft des Bodens nicht constatiren.
Abwässer- Dunbar und Zirn, Beitrag zur Frage über die Des-
^^^j^'«^*^'infection städtischer Abwässer (Vierteljahrsschr. f. gerichtl.
Med. u. öffentl. Sanitatswesen, 3. Folge, Bd. 16, Suppl.-Heft). Sogar
bei nicht stark concentrirten Abwassern ist ein Zusatz von 1 Theil
Kalkhydrat auf 1000 Theile Abwässer zu einer sicheren Abtödtung
selbst der leicht zerstörbaren Cholerabacillen nicht ausreichend;
auch 1 : 500 genügt nicht immer zur Abtödtung in B — 6 Stunden.
Voller Erfolg wurde dahingegen erzielt bei Anwendung von Chlor-
kalk (33°/o) 1 : 15000. Dabei stellt sich die Desinfection mit Chlor-
kalk 5mal billiger als die mit Aetzkalk. Sollte zu viel freies Chlor
in den Abwässern verblieben sein, dann lässt sich dasselbe durch
Calcium- oder Natrium bisulfit oder, am billigsten, durch Eisenvitriol
beseitigen.
Kranken- Rubner-Virchow, Gutachten d. Kgl. wiss. Deputation f. d.
„, *^'" Medicinalwesen über die Einleitung der Abwässer des Land-
abwasser. *^
Abwässer krankenhauses zu H. in die Fulda, und: Gutachten d. Kgl. wiss.
^°° Deputation f. d. Medicinalwesen über die Reinigung der Kanali-
Rubner- ' sationswässer der Stadt Hannover. In dem ersten Gutachten
Virchow. wird gesagt, dass die Abwässer und Fäcalien eines Krankenhauses
von 91 Betten nicht geeignet seien, die Fulda zu inficiren bezw. zu
verunreinigen, sofern eine ordentliche systematische Desinfection der
Abgänge der infectiösen und verdächtigen Kranken stattfände und
in eingeschalteten Sedimentirbecken die schweren und groben Stoffe
abgefangen würden. Bezüglich Hannovera wollen die Gutachter die
Einfühnmg der ungeklärten Abwässer in die Leine nicht zugestehen.
Sie rechnen aus, dass in kurzem sich die Abwässer zum Flusswasser
wie 1 : 16,5 verhalten würden. Zwar sei eine Infection kaum zu
fürchten, da das Leinewasser schon jetzt nicht getrunken werde, da-
Oeffentliches Geßiindheitsweaen. 713
gegen seien Ablagerungen bedenklicher Art und Fäulniss derselben
wahrscheinlicli, anch fehle es der Leine an starken Hochwassern,
namentlich an Sommerhochwässem, welche den Schlamm mitnehmen
könnten. Es sei der Stadt aufzulegen, die Abwässer von den
Schwimm- und Sinkstoffen durch mechanische oder chemische Klä-
rung zu befreien.
H. Jaeger, Die beabsichtigte Einleitung der Ab- Einleitung
Wässer von Stuttgart in den Neckar unterhalb Cann- ^°^
11 1 • T- • 11 -r^ . 1 Schmutz-
statt, eventuell die hiergegen erhobenen Einsprüche wässern
seitens der flussabwärts liegenden G-emeinden (Zeitschr. in Fltisse,
f. Hyg. u. Infect. Bd. 27, S. 73). Die Abwassermenge von Stuttgart '^*®*^®''
beträgt nur den 45. Theil des bei niedrigstem Stand von dem Neckar
abgeführten Wassers, trotzdem war der Fluss und die Umgegend
verpestet, weil zwei mächtige Wehre das Niedersinken der Schlamm-
theilchen förderten und diese allmählich in Zersetzung übergingen,
wodurch ein erheblicher Gestank entstand und das Wasser sogar
zum Viehtränken unbrauchbar wurde. Das Grundwasser kann zu
Zeiten vom Neckar gespeist werden, jedoch ist eine Gesundheits-
schädigung nicht zu fürchten, weil bei dem Wege durch den Sand
und Kies die Bacterien zurückgehalten imd die unappetitlichen Stoffe
vöUig zerlegt werden.
Goldschmidt, Luxemburger, Franz, Hans und Ludwig Selbst-
Neumaver, W. Prausnitz (Das Absterben der Mikro- Reinigung
. der Is&r
Organismen bei der Selbstreinigung der Flüsse. Hyg. Goldschmidt
Rundschau Nr. 4) haben die Isar in ihrem Verhalten gegen die von Luxemburger,
der Münchener Kanalisation eingebrachten Mikroorganismen unter- ' ' ^' ^®°'
sucht, indem sie zu verschiedenen Zeiten und an den verschiedenen Prausnitz.
Orten die Keimzahl bestimmten. Sie kamen zu dem Resultat, dass
die Selbstreinigung der Flüsse, d. h. das Verschwinden der einge-
leiteten leblosen Verunreinigungen durch die Thätigkeit der Mikro-
organismen nicht beeinflusst wird. Das Verschwinden der einge-
brachten Bacterien geschieht zur Tages- und Nachtzeit und ist nicht
durch die Belichtung des Wassers bedingt. Die Belichtung befördert
höchstens das Absterben. Letzteres verläuft sehr schnell, und zwar
gehen in der Isar bei einem Lauf von 20 km in etwa 8 Stunden
50*^/o der eingeschwemmten Bacterien zu Grunde. Hierdurch wird
die alte Erfahrung erklärt, dass Epidemieen nicht oft flussabwärts
ziehen.
714 Gärtner.
Feuer- E. v. Hofmann (Zur Frage der Feuerbestattung. Wien.
V HotoLn^* klin. Wochenschr. Nr. 7) gibt an, dass die Leichen oft viel lang-
samer verfaulen, als man gemeiniglich annimmt, so faule z. B. das
Fett nicht, es werde vielmehr langsam in Fettsäuren und Glycerin
zerlegt. Die Fäulniss sei Wirkung von Mikroorganismen, ausserdem
aber spielten kleine Thiere, Insecten u. s. w. eine grosse Bolle bei
der endlichen Zersetzung der Leichen. Ln lockeren, trockenen Boden
trete nicht selten Mumification ein, in festen Särgen gebraucht die
Fäulniss sehr lange Zeit. Vom ästhetischen Standpunkte aus be-
trachtet, finden bei der begrabenen Leiche hässliche Veränderungen
statt, die man bei der Feuerbestattung imigehe; aber auch letztere
habe unästhetische Perioden, besonders im Beginn der Verbrennung.
Der Autor bespricht dann die Exhumirungen vom gerichtsärztlichen
Standpunkte. Wenn auch die Wiederausgrabungen selten seien und
selten ein Resultat lieferten, so kämen andererseits doch erfolgreiche
Exhumirungen vor. Aus diesem GFrunde ist der Verf. gegen eine
obligatorische Einführung der Licineration , gesteht aber eine facul-
tative zu, da man dieselbe nur gestatten würde, wenn die Todesart
in jeder Beziehung klargestellt sei ; ausserdem wäre in irgendwie
zweifelhaften Fällen eine Obduction zu verlangen.
Graber. Max Gruber (Zur Frage der Feuerbestattung. Wiener
klin. Wochenschr. Nr. 8) bespricht in ausführlicher, sehr sachge-
mässer Weise die von der Erdbestattung befürchteten Gefahren; er
kommt zu dem wohl von allen Hygienikem anerkannten Schluss.
dass bei geregeltem Betrieb und guter Anlage der Friedhöfe ge-
sundheitliche Gefahren nicht bestehen. Die Hygiene habe daher znr
Zeit kein actuelles Interesse an der Feuerbestattung.
2. Wohniinf shyf iene,
a. Bauhygiene.
UngeBunde P. Brouardel (Le logement insalubre. Ann. d'hygiene
^Bro^el.^"' P^^li^^ö S. 97) weist hin auf die Verhältnisse des Hötel-Dieu vor
100 Jahren. Dort habe die Ansteckung stattgefunden durch die
übermässige Belegung; man steckte bis zu 8 Kranke in ein grosses
Bett. Wie damals im Hospital, so würden jetzt durch die engen
Wohnungen die Krankheiten vermittelt. Vor allem sei die Tuber-
culose zu furchten; in Frankreich stürben daran jährlich 150000 Hen.
sehen, in Paris betrage die Sterblichkeit daran auf 10000 Ein-
wohner 51, in Laval 60 und in Fougöres sogar 84.
Oeffentliches Gesundheitswesen. 715
B. Baumeister, J. Classen, J. Stubben, Denkschrift des Verlegung
Verbandes Deutscher Architekten- und Ingenieurvereine '^'^^^onen-
^ enteignung,
über die Umlegung städtischer Grundstücke und die Baumeister,
Zonenenteignung (Zeitschr. d. Centralstelle f. Arbeiter- Wohlfahrts- Classen,
einrichtungen Nr. 12). Unter Umlegung versteht man die Umgestal-
tung der Form der vorhandenen Feldgrundstücke in einem Stadt-
erweitemngsplan, so dass die einzelnen Grundstücke eine zu der zu
erbauenden Strasse passende Lage erhalten. Dagegen wurde geltend
gemacht, dass die Umlegung einen unerhörten Eingriff in das Privat-
eigenthum darstelle. Dieser Einwurf ist hinfallig, denn bei der Zu-
sammenlegung der ländlichen Grundstücke wird dieser Eingriff schon
seit mehr als 20 Jahren zu allgemeiner Zufriedenheit geübt ; dagegen
ist in der Umlegung eine viel bessere Ausbildung der einzelnen
Häuserblöcke und damit der einzelnen Häuser gegeben. Aehnliche
Gesetze bestehen zum Theil in Hessen, in Hamburg, Basel und
Zürich. Die Zonenenteignung soll statthaben Air Landerwerb zur
Anlage von neuen Strassen, Plätzen imd für Grundstückstheile, die zur
selbständigen Bebauung ungeeignet sind, sowie für in älteren Stadt-
theilen liegende Grundstücke, die aus Gesundheits- und Verkehrs-
rücksichten einer Neubebauung bedürfen. Durch dieselbe verschwinden
die entsetzlichen Winkelgassen, die licht- und sonnenlosen Quartiere
der ältesten Stadttheile, imd es wird eine zweckmässigere Bebauung
der neueren Stadtviertel erzielt.
H. Albrecht, Städtische Boden- und Wohnungsreform Wohnungs-
(Zeitschr. d. Centralstelle f. Arbeiter- Wohlfahrtseinrichtungen Nr. 18). ^Jj^'^'
Freiburg i. Br. ist eine der wenigen Städte, die für die ärmere Be-
völkerung Wohnimgen in eigener Begie bauen. Schon früher, in den
sechziger Jahren, hatte die Stadt kleine Wohnungen für Arbeiter
gebaut, die sie in den Privatbesitz der Arbeiter übergehen Hess ; aber
die Häuser kamen allmählich in die Hand der Fabrikbesitzer und
wohlhabenderer Privatleute. Dann baute eine gemeinnützige Bau-
genossenschaft 147 Wohnungen; aber auch damit war der Bedarf
nicht gedeckt. Jetzt baut die Stadt selbst zu vermiethende Häuser,
und zwar für eine Summe von 629000 Mark mit 168 Wohnungen
von 2 und 3 Zimmern nebst Zubehör, Küche, Keller, Bodenraum,
sowie grösstentheils kleineren Gartenantheilen. Der Miethpreis ist
durchschnittlich für eine dreiräumige Wohnung 336, für eiue zwei-
räumige 264 Mark; dabei erfolgt eine Verzinsung des Kapitcds mit
4,28 ^/o ; die Stadt wird dabei noch jährlich ca. 9000 Mark zusetzen
müssen.
716 Gärtner.
Wohoangs- Wohnungsordnung für die Stadt Dresden vom 25. Januar
y*l?' Jyin« 1898. Für die Privatmiethwohnungen ist vorgeschrieben, dass sie
in einem gesundheitsmässigen Zustande sich befinden; jede Familien-
wohnung soll mindestens aus einem heizbaren Wohnraum und einem
Schla&aum von wenigstens 3 qm Grundfläche und womöglich einer
Küche bestehen sowie einen eigenen Zugang haben. Ueberfullt ist
eine Wohnung, welche fiir einen Erwachsenen nicht 20, for ein Kind
nicht 10 cbm Luftraum gewährt. Die Untervermiethung an Schlaf-
burschen u. s. w. ist in der üblichen Weise geregelt. Den Dienst^
boten ist ebenfalls ein Mindestraum von 20 cbm zu gewähren, doch
ist „vorläufig" noch eine mittelbare Belichtung und Lüftung vom
Treppenhaus her gestattet, während die übrigen Zimmer unmittelbar
in das Freie führende Fenster haben müssen. Die untervermietheten
Eäume und Schlafstellen unterliegen zeitweiliger behördlicher Con-
trolle, die übrigen — leider — nur, wenn gesundheitliche und sitt-
liche Nachtheile zu befürchten sind. (D. h. also gar nicht ; denn wie
soll die Behörde das wissen, wenn sie nicht revidiren darf?) Die
Benutzung ungesunder Wohnungen ist zu untersagen oder von der
Erfüllung gewisser Bedingungen abhängig zu machen.
b. Heizung.
Heizung, H. Meidinger, Die Heizung von Wohnräumen (Deutsche
H. Meidinger. vierteljahrsschr. f. öffenü. Gesundheitspflege H. 2). Der rühmlichst
bekannte Autor hat grosse Versuchsreihen angestellt. Er constatirt
zunächst, dass man die Leitungswärme (Luftwärme) von der Strahlungs-
wärme trennen müsse. Die Decke eines Zimmers, als der heissesta
Theil, strahle die Wärme nach unten; daher sei der Fussboden stets
wärmer (etwa 1 ^) als die Luft B cm über demselben. In demselben
Horizont im Zimmer ist, abgesehen von grosser Nähe des Heiz-
körpers, die Temperatur überall die gleiche. Die Differenz zwischen
Decken- und Fussbodentemperatur ist grösser im Beginn des Heizens,
bei stärkerer Kälte, bei dünnen, gut wärmedurchlassenden Wänden.
Nach Meidinger |ist es irrig, dass durch Luftheizung oder, was
dasselbe sagt, durch einen Mantelofen, die Luft gleichmässiger er-
wärmt werde als durch einen einfachen Ofen (Strahler); ein Mei-
dinger-Ofen, ein Amerikaner Ofen, oder ein Karlsruher Gasschul*
ofen und ein Gasreflectorofen wirken also bei gleichen erzeugten
Wärmemengen gleich. Ist ein Haum 18 — 20 ° C. warm, so wird in
der Nähe eines nicht ummantelten Ofens die Strahlung unangenehm.
ist der Baum jedoch niedriger temperirt, so wird sie angenehm em-
OeffenÜiches Gesundheitswesen. 717
pfänden. Der Unterschied in der Wärme zwischen Kopf und Fuss
ist um so geringer, je höher das Local ist, je schwächer geheizt
wird und je höher über dem Boden die Luftcirculation beginnt;
heizt man z. B. mit den Gktsfiammen des Kronleuchters, so gibt
das für die Schichten bis zu 2 m über dem Boden die gleichmässigste
Wärmevertheilung.
J. Schneider, seit 25 Jahren städtischer Heizingenieur in öasofen-
München, bespricht in der Versammlung von Heizungs- und Lüftungs- d^Lü'ft*^
fachmännem in München die Vorzüge und Nachtheile der Gas- Schneider.
Ofenheizung und -Lüftung an der Hand der Ergebnisse der Schule
in Neuhausen (Gasofenheizungs- und Lüftungsanlage im Schulhause
zu Neuhausen. Gesimdheits-Ing. S. 365). Er gelangt zu dem Schluss,
dass vom gesundheitlichen Standpunkte aus wenig gegen diese Art der
Heizung zu sagen sei ; der Kostenpunkt sei allerdings erheblich, um
mindestens das Dreifache höher als der einer Dampfheizung, auch sei
der Betrieb durchaus nicht so einfach, als man gewöhnlich glaube;
die Beaufsichtigung der Oefen, ihre Reinigung, die Entfernung des
Condenswassers u. dergl. verlangten eine gute, aufmerksame Be-
dienung. Der Artikel sei Interessenten zur Leetüre recht warm
empfohlen.
c. Beleuchtung.
Gon^. Cruz (Etudes sur la recherche de Tempoisonne- Leochtga»-
ment par le gaz d'eclairage. Annales d'hygiene publ. et de med. ^^^^!^^^*
legale, Mai) stellte sich die Aufgabe nachzuforschen, ob neben der
Kohlensaure und dem Kohlenoxyd bei Leuchtgas Vergiftung auch
andere Körper, vor allem Kohlenwasserstoffe, in das Blut über-
treten, um eventuell auf diese Weise eine Vergiftung mit Leucht-
gas von einer auf andere Weise durch CO entstandenen zu unter-
scheiden. Er fand, dass die Kohlenwasserstoffe des Leuchtgases
sich zn einem guten Theil durch das Hindurchschlagen elektrischer
Funken in Aethylen überfuhren lassen und dass dieses Gas leicht
und in grosser Menge vom Blut aufgenommen werden kann. Der
Nachweis ans dem Blut gelingt leicht, wenn man die Gase aus-
pumpt und nach der Fortnahm e von CO2 und CO durch den verblei-
benden Gasrest den elektrischen Funken schlagen lässt. Es stellte
sich heraus, dass bei Leuchtgasvergiftung Aethylen nachgewiesen
irerden kann, bei Kohlendunstvergiftung (aus Holzkohle. Koks oder
Anthracit) indessen nicht.
718 Gärtner.
Acetyien, Joh. V^rtess, Acetylen vom hygienischen Standpankte
T6rte88. (Gesundheits-Ingenieur S. 225). Es war von Dr. Birchmoore
angegeben worden, schon 0,01 *^/o Acetylen in der Luft sei gefahrlich.
V6rtess nennt das eine lächerliche Uebertreibnng. Er habe in seinem
Laboratorium das Gas entwickelt, die Ventilation abgestellt und sich
gar nicht belästigt gefühlt. Qr^hant hat seinen Hund 20 ^/o Ace-
tylen athmen lassen ohne Schaden. Die Verbindung des Hämo-
globins mit dem Acetylen ist, wenn überhaupt vorhanden, eine sehr
lockere. Das Leuchtgas ist betreffs Einathmung also viel ge-
fährlicher als Acetylen. Ein explosibles Gemisch entsteht, wenn
1 Theil des Gases mit 12 Theilen Luft gemischt ist; ähnlich ist
das Verhältniss beim Leuchtgas. Schon geringste Mengen Acetylen
verrathen sich bereits durch den Geruch nach Knoblauch. Die Ver-
brennungsproducte sind auch günstiger als die des Leuchtgases, denn
ein Auerglühlicht verbraucht pro Stundenkerze 2,7 Liter Leuchtgas
und 3,2 Liter Sauerstoff oder 16 Liter Luft und liefert daför
3,5 Liter Wasserdampf und 16 Liter Kohlensäure. Eine Acetylen-
lampe verbraucht pro Stundenkerze nur 0,6 Liter Acetylen und
1,5 Liter Sauerstoff oder 7 Liter Luft und erzeugt 0,6 Liter Wasser-
dampf und 1,2 Liter Kohlensäure. Die Temperatur der Gasflamme
ist 1350", die des Acetylens 900**. Unangenehm waren früher die
Verunreinigungen des Acetylens, es entstanden beim Brennen Phos-
phorsäure, Schwefelsäure, Cyanüre; seitdem man gelernt hat, das
Material zu reinigen, ist dieser Uebelstand auf ein Minimum redu-
cirt. AUes in allem also ist das Acetylengas weniger geföhrlich tmd
weniger belästigend als das Leuchtgas.
3. Arbeiterhygiene.
Vergif- C. G. Santesson, üeber chronische Vergiftungen
tungen ^^^ Steinkohlentheerbenzin: vier Todesfälle. Nach klini-
durch
Steinkohlen- sehen und pathologisch-anatomischen Beobachtungen mehrerer Col-
theerbenz in, legen ^nd mit beleuchtenden Thierexperimenten (Archiv f. Hyg.
Bd. 31, S. 836). Li einer Fahrradreifenfabrik waren in schlecht
ventilirten Bäumen eine Anzahl junger Mädchen zeitweise bei
12stündiger Arbeit mit Bestreichen von Zeugstreifen mit in rohem
Benzin gelöstem Kautschuk beschäftigt. Neun von ihnen erkrankten^
vier starben. Selbst kurze Zeit, 3 Wochen währende Beschäftigung,
hatte genügt, den Tod zu bewirken. Die Erkrankung trat sehr all-
mählich auf unter Bildung von kleinen Petechien, oft erst nach
dem Verlassen der Fabrik. Die Obduction ergab Blutdissolution
Oeffentliches Gesundheitswesen. 719
und grössere Blutungen in verscliiedenen Organen. Bei Thieren
konnten ähnliche Erscheinungen hervorgerufen werden. Die Er-
krankungen * hörten auf, als Männer in besser ventilirten Bäumen
die Arbeit übernahmen. Santesson verlangt, dass Arbeiterinnen
in Bäumen mit Benzindämpfen nicht beschäftigt werden dürfen, dass *
die Bäume gut ventilirt seien, die Arbeitszeit beschränkt werde und
Extrastunden verboten seien. Es sind schon die geringsten Sym-
ptome der Krankheit zu beachten wegen der stark cumulativen
Wirkung. Das schädigende Agens scheint das Benzol zu sein.
Blum, Die Verunreinigung der Luft durch Staub in staub im
den Gewerben der Textilindustrie und die Mittel zur ^jaum **
Verhütung der Staubgefahr (Centralbl. f. allg. Gesundheits-
pflege Bd. 17, H. 3). Beim „Schlichten" der Zeuge entsteht viel
Mehlstaub, der zugleich mit den auf dem Kleister u. s. w. sich zahl-
reich entwickelnden Schimmeln eingeathmet wird. Die ostindische
Baumwolle gibt einen härteren Staub als die amerikanische und
ägyptische, die Bohbaumwolle liefert 17,6 *^/o Staub. Letzterer erzeugt
zunächst Katarrhe und Asthma, denen sich später die Tuberculose
zugesellt. Der Hanf bewirkt bei den Seilern das Hechelfieber,
welches mit starkem Husten und auffallender Erschöpfung einher-
geht. Aehnliche unangenehme AiFectionen entstehen durch den
Flachsstaub. Wenig offensiv ist der beim „Gasiren" der Seide ent-
stehende Staub, welcher aus den versengten Partikeln der kleinen
Härchen hervorgeht. Viel schlimmer ist der WoUstaub, der schwer
auszuhusten ist. Am gefürchtetsten ist der Staub der Kunstwoll-
fabrikation, denn er enthält neben den organischen auch anorga-
nische Theile und eventuell Krankheitserreger. Die Angaben über
die Verhütung der Staubinhalation bieten nichts Neues.
H. Basch, Ueber Bleivergiftung bei Kachelofen- Blei-
fabriken (Arb. a. d. Kais. Gesundheitsamt Bd. 15, S. 81). Bei ^«^«'^*^"«
der Glasurbereitung für die Kacheln wird Bleioxyd gebildet, welches Kachelofen-
leicht bei der Oxydation des Bleies in der Muffel entsteht und Arbeitern,
ebenso wie bei dem Ansetzen, Mischen und Eintragen der Glasur-
masse in die Oefen leicht verstäubt. Um die in der Ofenfabrikation
sehr häufigen Bleierkrankungen zu vermeiden, sind die Arbeiter
über die Schädlichkeiten des Bleies zu belehren, und ist zu verlangen,
dass das Aeschem (Umwandlung von Blei imd Zink in die Oxyde)
nur in gut ventilirten Bäumen geschieht und dass besondere Ab-
saugevorrichtungen über den Aeschermuffeln angebracht werden;
720 Gärtner.
femer ist die Mischung der Glasurmasse mechanisch vorzunehmen^
und dürfen die Oefen nur befahren werden, nachdem sie ordentlieli
abgekühlt sind.
Accumnia* Deutsches Bei eh. Bekanntmachung des Bundesrathes , be-
Bigi treffend die Einrichtung und den Betrieb von Anlagen
Deutoches zur Herstellung elektrischer Accumulatoren aus Blei
^^^- oder Bleiverbindungen vom 11. Mai 1898 (Veröff. des Kais.
Ges.-Amtes). In der Accumulatorenfabnkation haben sich Blei-
intoxicationen gezeigt. Der Bundesrath ordnet daher an, dass die
Bäume, in welchen mit Blei hantirt wird, mindestens 3 m hoch sein
müssen; wo ein Zerstäuben von Blei möglich ist, muss der Fuss-
boden wasserundurchlässig sein und tägHch mindestens einmal, ebenso
wie die Tische, feucht gereinigt werden. Wo Bleistaub entsteht,
soll er thunlichst am Entstehungsorte abgesogen werden. Für reich-
liche Waschgelegenheit ist Sorge zu tragen; besondere Ankleide-
imd besondere Speiseräume sind zu gewähren« Arbeitennnen und
jugendlichen Arbeitern ist die Arbeit mit Blei untersagt. Vor der
Einstellung haben die Arbeiter ein ärztliches Attest über ihre Gre-
eignetheit beizubringen; monatlich einmal sind die Arbeiter von
einem Arzt zu untersuchen.
Gewerbliche Die sehr ausführliche Abhandlung vonTh. Sommerfeld über
infectfon ^^® gewerbliche Milzbrandinfection (Zeitschr. d. Central-
Sommerfeld. steUe für Arbeiter- Wohlfahrtseinrichtungen Nr. 16, 17, 18, 19) gibt
die Oewerbe an, in welchen die Milzbrandinfectionen stattfinden, und
legt ziffemmässig dar, wie gross die Gefahr ist. So z. B. er-
krankten in einer einzigen Fabrik in St. Denis in 15 Jahren 21 Per-
sonen an Anthrax; in den Jahren von 1888 — 92 kamen allein in
Nürnberg 31 MüzbrandfaUe vor. Dann bringt sie die zur Zeit be-
stehenden Maassnahmen und legt an der ELand der wissenschaftlich
festgestellten Thatsachen dar, wie die Maassnahmen beschaffen sein
sollten. Aus den Ausfährungen, auf welche, da sie Detailarbeit
darstellen, hier nicht näher eingegangen werden kann, folgt, dass
es nicht leicht ist, einen absoluten Schutz zu erzielen«
Aniiismas. Aus dem Inspectionsbezirk Wiesbaden (Berufskrankheiten und
ihre Verhütung. Zeitschr. d. Centralstelle för Arbeiter^WoUfiJirts-
einrichtungen Nr. 13) wird mitgetheilt, dass die Arbeiter, welche
mit der Herstellung des Anilins, dessen Homologen und Spaltungs-
producten, sowie der Nitroproducte des Benzols und Toluols be-
Oeffentliches Gesundheitswesen.
721
ach&ftigt sind, unter den bekannten Erscheinungen des Aniligmus
(raaachartige Zustände schwerster Art) leiden. Die Absaugevor-
nchtungen, sonstige Ventilation u. s. w. hatten keinen Erfolg, erst
durch Abkürzung der Arbeitszeit von 10 auf 7 Stunden gelang es,
die Zahl der Krankheitstage von 492 auf 293 pro anno herunter-
zudrücken.
Wohlfahrt.
lieber deo Umfang und die Wirkung der deutschen Arbeiter-
Arbeiterversicherung im Jahre 1896/7 gibt die Zeitschrift v«"iciie.
der Centralstelle für Arbeiter- Wohlfahrtseinrichtungen S. 96 Aus- centraisteUe
kunft. Im Jahre 1896 waren versichert bei 64 gewerblichen Be- <^ Arbeiter-
mfsgenossenschafken in 442772 Betrieben 6734680 Personen; es
worden 88,7 Millionen Mark Entschädigungen gezahlt; die gesammten
Ausgaben beHefen sich auf 61 Millionen Mark. Die 48 land- und
forstwirthschaftlichen Berufsgenossenschaften umfassten 4,6 MiUionen
Betriebe mit rund 11,2 Millionen Versicherter; es wurden 12,6 Mil-
lionai Mark Entschädigung bei 16 Millionen Mark Gesammtausgaben
bezahlt. Die Gesammtsumme aller Entschädigungen betrug 67 Mil-
lionen Mark. — Im Jahre 1897 bezogen rund 231 500 Personen
26,8 Millionen Mark Invalidenrente und rund 222 300 Personen
27,6 Millionen Altersrente. Ein Theil des verfuglichen Vermögens
dieser Kassen ist derart angelegt, dass es gemeinnützigen Zwecken
dient; bis zum 1. Januar 1898 sind angelegt in Arbeiterwohnungen
21,4, fär landwirthschaftliche Creditkassen 17,4, für den Bau von
Kranken- und Reconvalescentenhäusem , Herbergen, Volksbädem,
Kleinkiuderschulen, Spar- und Gonsumvereinen 10,3 Millionen Mark.
4« Hygiene der NakrngSMittel vnd WasserTeraorgnng,
Hermann und Morgenroth, Ueber Bacterienbefunde Bacterien-
in der Butter (Hyg. Rundschau S. 217). Im vorjährigen Berichte (T^J^rkei-
hal Bef. zwei sich widersprechende Artikel über Tuberkelbacillen- baciiien) in
ftuide in der Marktbutter bringen müssen ; vorstehende Arbeit scheint derButter,
Klarheit in die Frage zu bringen. Die Autoren impften Meer- noree^th
schweineben mit je 4 — 5 ccm bei 37*^ geschmolzener Butter in die
Baucbhöhle und untersuchten die Thiere nach mehreren Wochen
auf Tuberkelbacillen und auf die säurefesten tuberkelbacillenähnHchen
Mikroben von L. Rabinovitsch. In 10 Butterproben fanden sie
3mal ganz zweifellose, farberisch und culturell nachgewiesene Tu-
berculose- und ebenso oft die erwähnten säurefesten Bacillen, die
sich cultureU leicht von den Tuberkelbacillen unterscheiden lassen;
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 46
722 Gärtner.
die säurefesten Organismen sind nur in geringem Grade pathogen.
Die Verff. kommen zu dem Schluss, wenn auch Infectionen durch
Butter nicht bekannt seien, so seien sie ebenso gut möglich wie
durch Milch und sei daher eine Pasteurisirung (Erhitzung auf 70^
während 20 Minuten) des Rahmes bezw. der Milch, die sich leicht
ausfahren lässt, erforderlich.
Tnberkei- Petri, Zum Nachweis der Tuberkelbacillen inButter
baciilen ^^^ Milch (Arbeiten a. d. Kais. Gesundheitsamt Bd. 14, S. 1).
nndBatter -^^ö widersprechenden Eesultate früherer Untersucher veranlassten
Petri. das Gesundheitsamt weitere Untersuchungen anzustellen, und es wurde
in 102 Proben das schon im vorigen Jahrbuch erwähnte tuberkel-
bacillenähnliche Stäbchen 38mal allein, 16mal mit Tuberkelbacillen
vereint gefunden. 17mal waren Tuberkelbacillen allein vorhanden,
31mal fehlten beide Organismen. Hiemach ist die Butter in 32 %
der Proben tuberculös gefunden worden; unter 16 Proben aus
München enthielt keine Tuberkelbacillen. In 64 Proben Milch
waren 9 = 13®/o mit Tuberkelbacillen behaftet, 4 = 6,3 ®/o ent-
hielten das neue Stäbchen. Letzteres unterscheidet sich leicht da-
durch, dass es auf Glycerinagar rasch wächst und in kleinen Mengen
unter die Haut gebracht für Meerschweinchen nicht pathogen ist.
Tuberoulose Sheridan Del6pine (Tuberculosis and milk-supply
und Milch- ^^^^ g^j^^ remarks on the dangers of bad milk. Lancet,
versorgnng, . ^ ^
Delöpine. Sept. 17) injicirte Milch von gesunden und tuberculösen Kühen
unter die Haut von Meerschweinchen, ebenso injicirte er Müch aus
städtischen und ländlichen Verkaufsstellen. Er fand in den letzteren
bis zu 17 ^/o, bei der Milch von gesunden Kühen keine, bei der von
kranken in 27 ^/o Tuberkelbacillen. Er räth daher an, bei den Bin-
dern die Tuberculinprobe zu machen, die reagirenden bald abzu-
schlachten und einen gesunden Stamm heranzuzüchten durch Aiif-
ziehen der Kälber mittels sterilisirter Milch. Die Euter der Kühe,
die Hände der Melker seien absolut rein zu halten, die Milch-
ge&sse durch kochendes Wasser oder Dampf zu sterüisiren. Nicht
sterilisirte Milch tuberculosefreier Thiere sei ebenso wie die steri-
lisirte Milch sofort stark abzukühlen und bis zum Gebrauch kühl
zu halten. Die Behörden sollen darüber wachen, dass nur gute
Milch in den Handel komme.
B. J. Petri und A. Maassen, Zur Beurtheilung der
Hochdruck-Pasteurisirapparate (Arbeiten aus d. Kais. Ge-
Oeifentliches Gesundheitewesen. 723
snndheitsamt Bd. 14, S. 53). Vielfach ist seitens der Molkereien Miich-
der Betrieb so eingerichtet, dass die Milch Morgens gebracht, sofort P'**®^'^*^"*
centrifdgirt und die Magermilch direct dem wartenden Wagen zu- petn u.
rückgegeben wird. Die in der Wirthschaft und hauptsächlich für Maassen.
' die Viehfiitterung verwendete Magermilch hat nicht selten Erkran-
kungen unter den Thieren zur Folge gehabt. Deshalb hat man die
Milch sterilisirt oder pasteurisirt. Durch die Firma Kleemann & Co.
wurden Pasteurisirapparate in den Handel gebracht, welche in 5 bis
15 Minuten dauernder Erhitzung fast völlige Keimfreiheit erzielen
sollten. Die angestellten Versuche haben zwar ergeben, dass das
nicht der FaU ist, dass vielmehr bei Fünfininutenbetrieb ein Theü
der Milch schon in */2 Minute, bei Fünfzehnminutenbetrieb in 2 Va Mi-
nuten den Apparat verlässt, dabei ist es nicht angängig, dass die
Temperatur unter 100*^ gehalten wird; indessen war die Keimab-
tödtung doch eine bedeutende und leistete der Apparat Befriedigendes,
wenn, wie meistens in den Molkereien, die Milch recht frisch ein-
geliefert wird. Da Magermilch ein vorzügliches Eiweissnahrungs-
mittel ist, so sind diese Feststellungen für das Volkswohl von grossem
Belang.
J. Simon, TJeber Bacterien am und im Kuheuter (Er- Bacterien
lan£cen). Die Ansichten über das Vorkommen und die Herkunft der *™ ^"^^^ i™
. . . . . . Kuheuter,
Bacterien in der Milch sind sehr getheilt. Es scheint festzustehen, Simon.
dass bei gewissen Krankheiten, insbesondere solchen, die Hämor-
rhagieen und Zellnekrosen bewirken, Bacterien in die Milch über-
gehen können. Die Milch gesunder Kühe ist nach S i m o n's Unter-
suchungen keimfrei, die Bacterien finden sich nur bis zu dem den
Schlusstheil der Zitze verschliessenden Pfropf. Simon's Behaup-
tungen dürften richtig sein, da seine Untersuchungsmethode sehr
gut war; er untersuchte die Euter ganz frisch geschlachteter Thiere,
indem er die Strichkanäle und die Drüse aufschnitt und so in tadel-
loser Weise Proben entnahm.
F. Bosenau, Weitere Beiträge zur Geschichte der
Fleischvergiftungen (Arch. f. Hyg. Bd. 32, S. 219). In einer
sehr grossen Reihe von Fleischvergiftungen sind Bacillen gefunden
^worden, welche den Colibacillen sehr ähnlich waren. Hosenau
vermehrt noch die Anzahl der Beftmde im Fleisch nothgeschlachteter
Tliiere. Ein Theil dieser Colibacillen war indifferent für den Men-
Bclien bezw. fiir die Maus, ein anderer war infectiös bezw. toxisch und
l>lieb nicht toxisch nach dem Kochen, ein dritter behielt die Toxicität
724 Gärtner.
Fleisch- trotz des Kochens. Rosen au verlangt, dass das Fleisch derjenigen
vergif- nothgeschlachteten Thiere, welches nicht schon seines änaaeren
Rosenan. Habitus wegen verworfen wird, bacteriologisch untersucht und,
wenn ohne Bacterien befunden^ ohne weiteres dem Consum. freigegeben
werde; wenn bacterienhaltig , so sollen Infections- und Tozicitäts-
versuche, die in wenig Tagen erledigt werden können, angestellt
und nach deren Ausfall verfahren werden ^ so zwar, dass bacterien-
haltiges, aber nach dem Kochen nicht toxisches Fleisch nach gründ-
lichem Kochen im Sterilisator freigegeben werden kann und dass
toxisches Fleisch zu verwerfen ist. Wo Kühbräume vorhanden sind,
ist diese Methode zweifellos zu empfehlen.
Fluor- M. Perret (La conservation des denr^es alimentaires
natriumals j. j^ fluorure de iodium. Annal. d'hyg. publ. et de m^de-
virungs- cii^6 legale, Juni) wollte prüfen, ob statt des Chlomatriums das
mittel, Fluomatrium als Conservirungssalz benutzt werden könne. Er fand,
®"® ' dass es selbst in gesättigter wässriger Lösung (3 : 100) vom Magen-
darmkanal aus nicht giftig wirkte; subcutan vertrage ein Kilo
Thier 10, intravenös 8 mg. Li einer Lösung von 3*^/oo vermag das
Mittel die Entwickelung des Buttersäureferments und der Mikro-
organismen, welche die Zersetzung der Butter erregen und begün-
stigen, zu verhindern. Das Mittel kann ausserdem vöUig aus der
Butter ausgewaschen werden. (Nothwendig ist das Mittel anscheinend
nicht, und ob es mehr leistet als Kochsalz, ist nach den vor-
liegenden Untel^uchungen nicht bewiesen.)
Gestützt auf die Beobachtungen von Kolb und die unter-
Zucker- suchungen von Mosso und Schumburg gab Leitenstorfer
ernährung (XJeber einen Zuckerernährungsversuch in der Truppe.
Leitenstorfer. * Deutsche militärärztliche Zeitschr. Nr. 7) je 10 Soldaten von 3 Gom-
pagnieen täglich 50 — 60 g Zucker während der Manöverzeit von
5 Wochen; je 10 andere Leute dienten zur Controlle; die Gewichts-
zunahme gegenüber den Controllleuten betrug nur '/« kg, aber die
Pulszahl war in der Minute 5,5 weniger, was für eine wesentlich
kräftigere, ausgiebigere Herzarbeit spricht. Die Athmungszahl war
um 0,6 Athemzüge in der Minute geringer. Die Leute, welche den
Zucker nicht Morgens in den Kaffee, sondern über Tag bei Er-
müdungsgefühl nahmen, gaben einstimmig an, dass sie durch das
Kauen des Zuckers sich wesentlich gekräftigt gefühlt hätten und
dass der Hunger und das Durstgefuhl für eine gewisse Zeit be-
seitigt worden seien. Der Zucker wurde gern genommen und gnt
vertragen.
Oeflfentliches Gresundheitswesen. 725
Finkler (Eiweissnahrung und Nahrungseiweiss. Tropon,
Deutsche med. Wochenschr. Nr. 17) sagt, dass die meisten Menschen ^*i5^«r.
zu wenig Eiweiss gemessen. Das Eiweiss werde durch die Muskel-
arbeit zerstört, je mehr Arbeit, desto mehr Eiweisszersetzung; er
rechnet aus, dass jetzt schon bei angestrengter Arbeit 145 g Eiweiss
pro Tag gegeben wird, aber ein grosser Theil des Eiweisses sei,
besonders weil es als Pflanzeneiweiss gegeben werde, unverdaulich,
so dass sich die Zahl auf 108 g reducirt. Fink 1er gesteht zu, dass
der Mensch auch mit weniger Eiweiss auskommen könne, aber dann
stelle er sich bezüglich der Arbeit und der ganzen Körperhaltung
auf ein niedrigeres Niveau. Die Eiweisszufuhr sei femer in der
gewöhnlichen Kost zu ungleichmässig vertheilt. Das Remedium
gegen die zu geringe animalische Fleischnahrung sei gegeben in
dem „Tropon," einem aus pflanzlichen und thierischen Stoffen be-
reiteten, reinen und fast geschmacklosen Eiweiss; dasselbe werde in
wasserlöslicher und nicht wasserlöslicher Form dargestellt und könne
ohne Schwierigkeit den meisten Gerichten beigemischt werden. —
Wenn auch nicht aUe Behauptungen F i n k 1 e r's unangefochten
bleiben dürften, so liegt doch schon allein in der Grossfabrikation
eines indifferenten, leicht verdaulichen Eiweisses ein grosses Ver-
dienst.
Beckurts und Rümelin (Die Nahrungsmittelfälschung Nahrungs-
und ihre Bekämpfung. Vi ertelj .-Schrift f. öff. Gesundheitspflege mittel-
Bd. 30. Referat für den Verein f. öff. Gesundheitspflege Karlsruhe) und ihre
vertreten die Auffassung, dass die Particularstaaten und die grösseren Bekämpfung,
Städte mehr von dem Rechte der Erlassung von Vorschriften über ^^^.l^^'^ ^"
den Verkehr mit Nahrungsmitteln Gebrauch machen sollten; hierbei
seien für das ganze Deutsche Reich gültige Normen anzustreben.
Oeffentliche Untersuchungsstellen seien einzurichten, die in die be-
treffende Verwaltungsorganisation eingegliedert fiir Untersuchungen
bei Privatpersonen möglichst billige Gebühren zu erheben hätten.
Die vom Auslande eingehenden unter die Bestimmungen des Nah-
rungsmittelgesetzes fallenden Waaren sollten schon beim Eintritt in
den freien Verkehr von den Zollämtern controHirt werden; würden
die Waaren dort als verfälscht oder minderwerthig erkannt, so seien
sie der nächsten Untersuchungsstelle zur definitiven Feststellung ihres
Werthes zuzuweisen.
K. B. Lehmann (Hygienische Studien über Kupfer.
Arch. f. Hyg. Bd. 31, S. 279) stellt die ganze umfängliche Litte-
726 Gärtner.
HygieniBcheratur zusammen, die sich auf die Schädigung des Menschen durch
... \ ^^, Kupfer bezieht. Hierbei stellt sich heraus, dass selbst srrosse Dosen
über Kupfer, * , ,
K. B. Lehmann, von circa 30 g Kupfersalz (= 7,5 g Kupfer) durchaus nicht immer den
Tod bringen , Gaben von 4 — 8 g tödten niemals. Einmalige Dosen
von 1 — 2 g Salz erzeugen höchstens Erbrechen und etwas Durch-
fall; 0,12 g ist besonders in Speisen genommen völlig wirkungslos,
höchstens erzeugt es einmal Erbrechen. Eine chronische Kupfer-
vergiftung ist, trotzdem zuweilen wochenlang täglich 0,1 — 0,2 g, oder
monatelang 0,03 g gegeben worden sind, niemals beobachtet worden.
Die sehr seltenen entgegenstehenden Beobachtungen gegen die Un-
schädlichkeit des Kupfers sind in das räthselhafte Gebiet der Idio-
synkrasie zu verweisen.
Bekämpfung Tuczek, Die Bekämpfung des Alkoholmissbrauches
Alk h^\ ' .(Viertelj.-Schr. f. öffentl. Gesundheitspflege Bd. 50). Auf der letzt-
brauche s, jährigen Versammlung des Vereins für öffentliche Gesundheitspflege
Tuczek. in Karlsruhe sagte der Autor: Gegen einen massigen Genuss gei-
stiger Getränke bei Erwachsenen sei hygienisch nichts einzuwenden :
auch nehme der Alkohol im Arzneischatz einen wohlbegründeten
Platz ein, dahingegen biete der acute und chronische Alkoholismus
grosse Gefahren, sowohl für die eigene Person als auch die Famiüe
und das Gemeinwohl. Zur Abwehr müsse sich die Privatinitiative
mit der staatlichen Thätigkeit vereinen. Die Hauptursache der
Trunksucht liege in der Gewöhnung an das Genussmittel und in
socialen Missständen, sowie in erworbener oder ererbter krankhafter
Disposition. Die prophylaktischen Maassnahmen der Privat- und
Vereinsthätigkeit sollen daher umfassen das Gebiet der Belehrung,
die Förderung des leiblichen und sittlichen Wohles und die Be-
kämpfung der das Nervensystem schädigenden, zur Trunksucht prä-
disponirenden Momente. Die Gesetzgebung hat Maassnahmen zu
ergreifen, finanz- und sanitätspolizeilicher, sowie gewerb- und civil-
rechtlicher Art zur Einschränkung des Angebots und des Consimis
von Branntwein; dann sei die schutzgewährende sociale Gesetz-
gebung weiter auszubauen. — Trinkerasyle eventuell mit Auf-
nahmezwang seien einzurichten; geheilte Trinker müssen sich für
alle Zeit des Alkohols vollständig enthalten.
E. Fl ade (Zur Alkohol frage. Sammelreferat. Hyg. Bund-
schau S. 230 u. 1025) bringt alle über das vorstehende Thema im
letzten Jahr entstandenen Arbeiten, Vorträge u. dergl. Zu einer
Besprechung eignet sich das Referat naturgemäss nicht; Liter-
Oeffentliches Geflundheitswesen. 727
essenten seien auf dasselbe hingewiesen. Einzelne Daten mögen her- Alkohol-
aosgegriffen sein. In Baden geben Cigarrenarbeiter mit 456 Mark fj^pi^de
jährlichem Hausaufwand 104 Mark für Bier und nur 45 für Fleisch
aus. Die Mannheimer Fabrikarbeiter wenden 10 ^/o ihres Gesammt-
verdienstes för Alkoholica an. In der Schweiz ist seit Einfuhrung
des Alkoholmonopols der Alkoholconsum um mehr als 0,5 Liter pro
Kopf und Jahr gesunken. Die Trinkerheilstätte Ellikon erzielte bei
den zwischen 1889 und 1895 Entlassenen — Behandlungsdauer min-
destens 6 Monate — in 44*^/o völlige Abstinenz, in 25°/o massigen
Alkoholgenuss, in 31 */o Rückfälle. — Die Behauptung, dass mit der
Alkoholfrage der grösste Theil der socialen Frage gelöst sei, darf
man wohl nicht zu ernst nehmen. Mit Recht aber macht der Autor
darauf aufmerksam, dass den EisenbahnangesteUten es erleichtert
werden müsse, keinen Alkohol zu trinken; femer seien bei grossen
Bauten u. s. w. Kaffeeschänken einzurichten, die Goncessionirung
zum Handel mit Branntwein sei so viel wie möglich zu versagen.
Da der Erwerb und die Erpachtung von kleinen Gärten die Leute
vom Wirthshausbesuch abzieht, so sollten die Communen solche
Grundstücke für billiges Entgeld an Arbeiter abgeben, wie es z. B.
Kiel thue, welches 2380 solcher Gärten habe.
Für die Grossindustrie ist die Enteisenung des Wassers
(Dunbar und E. Orth und Dunbar und Ph. Kryck. Versuche Enteise-
zur Enteisenung von Brunnenwasser. SchiUing's Journal für Gas- ^ !L?'^*
^ -KT \ ^®* Wassert,
beleuchtung und Wasserversorgung Nr. 18 u. 26) als gelöst zu be- Dnnbar,
trachten durch das Oesten'sche und Pief keusche System der Lüftung ^^h»
und Filtrirung, wenn auch Verbesserungen dieser Systeme noch
möglich sind. Für den Kleinbetrieb, den Bedarf des einzelnen
Hauses ist die Entwässerung noch nicht einfach genug. Es sind
allerdings schon durch Steckel, Kurth, Lübbert und Dunbar
Verfahren angegeben, aber dieselben sind zu complicirt. Dunbar
und Orth erhielten bereits sehr gute Resultate, wenn sie dem Aus-
laufrohr der Pumpe eine Brause aufsetzten und das Wasser durch
Liufb in ein Fass laufen Hessen, welches zur Hälfte mit Sand ge-
fiiUt war und unten einen Hahn besass. War das Wasser nicht
schon klar, so wurde es nach 2 — 4wöchentlichem Betrieb klar, in
-welcher Zeit sich eine Ockerschicht um die einzelnen Sandkömchen
gelegt hatte. Das Reinigen des Filters war in einer halben Stunde
durch Auswaschen des Sandes erledigt. Für Kesselbrunnen con-
stmirien sie SchneMlter ebenfalls aus einem Fass mit filtrirender
Sandschicht bestehend. Die Enteisenung nach dem Salbach-
Kryck.
728 Gärtaier.
Enteise- Krohnke'schen Verfahren gelang den Autoren noch, wenn sie das
^^^ gut gelüftete Wasser mit einer Schnelligkeit von 15 m in der Stande
Donbar, ' dnrch das Filter laufen Hessen; das bedeutet eine gewaltige Er-
Orth, spamiss in Anlage und Betrieb. Die Lüftung kann ersetzt werden
^® * durch Anwendung der Mammutpumpe oder den Körting'schen
Lüfter. — Li der zweiten Arbeit weisen die Autoren die zur Oxy-
dation erforderliche Sauerstofimenge nach und zeigen, dass man
auch mittels intermittirender Filtration gute Resultate erzielen kann,
und femer, dass die Entfernung der CO2 für die Enteisenung nicht
von Belang ist.
Vorurtheile G. Bizzozero (Ueber die Methoden der Wasserreini-
gegen das gung und die Vorurtheile gegen das abgekochte Wasser.
Wasser Wiener med. Presse Nr. 57 ff.) spricht von der Versorgung mit
Bizzozero. Wasser, sofern central geliefertes gutes Wasser nicht zur Verfugung
steht. Mit Recht traut er auch den besten Kleinfiltem nicht, ihre
Handhabimg, ihre Controlle ist für den Hausbetrieb zu schwierig:
ebensowenig lässt er die chemischen Mittel — unter welchen zweifel-
los sich recht gute befinden, z. B. Brom, Chlorkalk u. s. w. Ref.
— gelten, weil sie eine grosse Reihe von Kenntnissen und Mani-
pulationen erfordern, die man vom Laien nicht verlangen kann.
Ein einfaches und sicheres Verfahren stellt das Abkochen dar, in-
dessen schmeckt abgekochtes Wasser fade. Es rührt das nicht von
dem Mangel an Kohlensäure her, denn diese ist in verschwindenden
Quantitäten im Wasser enthalten, ebensowenig an Mangel von Kalk :
letzterer ist überhaupt im Wasser nicht erforderlich, wir geniessen
davon in der übrigen Nahrung völlig genügende Mengen. Der fade
Geschmack rührt her von dem Luftmangel und der zu hohen Tem-
peratur. Kühlt man in reinen Geftlssen abgekochtes Wasser gut
ab und schüttelt es nur ganz kurze Zeit mit Luft, so ist es von
nichtabgekochtem Wasser am Geschmack nicht zu unterscheiden.
Giftwirknng H. Koeppe, Reines Wasser, seine Giftwirkung und
reinen gein Vorkommen in der Natur (Deutsche med. Wochenschr.
VW Ik A fl A 1* B
Koeppe. * Nr. 39). Der beste Lidex für die Reinheit des Wassers ist sein«?
elektrische Leitfähigkeit ; diese steigt mit der Zunahme von firemden
Stoffen. Ist die des absolut reinen Wassers gleich 0,038, ao ist
die des sehr sorgfaltig bereiteten und aufgehobenen destillirten
Wassers etwa 2,1, des gewöhnlichen destiUirten Wassers = 49. Will
man das destillirte Wasser reinigen, so lässt man es theilweise und
langsam gefrieren und schmilzt das Eis. Dadurch werden die Ga*«»-
Hnd Salze ausgeschieden. Deraelbe Vorgaug ami^u«>( imoU iu «h^'
Natur beim langsamen Frieren, die LeitungatUhigkoit luukt ^Uuu (mm
anf 8,0, sogar bis auf 2,0 herunter» GtiwiUkulioho« IjtntuugrtWMMmn'
hat über 100, natürliches Selterswasser über 5700, Koci^NalHWlmiim'
(Homburg) über 15000. Das reine H^O int nun oin Mturkt^M /oll
gift; im Magen erfidiren die oberflÄclüiübon EpItholHoliiohtt^i oino
stärkere Quellung und Auslaugung und wenlnn ab^t^toMHiMi, I^ioHn
locale Giftwirkung tritt klinisch als Uobolkoit, Ei'hroohon , Mh|(ou-
katarrh in die Erscheinung. Dieselbon Affootionon /,i>i^tMi nicli \\UA\i
selten nach dem Genuss von Eis oder SchnonwiiHrtor Inn Hnrjj^lniirnn,
sie kommen aber auch zu Stande, wonn Kranknn lUn^orfi Znll.
Stückchen von Natureis innerlich ge^^obon wi^nlim, Man wi'inint
daher besser Kunsteis an, bezw. lässt kloinn Mi)n^nti oinnr Hc^liwiiclinii
Salzlösung dazwischen geniessen.
5. Hantpflegre und KleldaniTf
Stadtbaurath Schulze (Bonn), Uobor VolkHlWl Hi^r ((h^Hiiwi- >/n\Un\itt'\»t.
heits-Ingenieur S. 143). Nach histonHchijr Kinl<;iUin^ o.it\\iiU:\ih tUn- ' '"^''
Bedner in erster Linie die BasHinbäder, die ttII<trdinp;H mit v</rli<ir
zu benutzenden ReinigungHbä/]em , Douchcri , auM/urtiMh^n >»<i<ff<; ttt
jenen sei die unter dem EinflnHH flar u:f'-i[ojiH*'M'n/t',n Ani'ttttihU'ntinf^
stehende gesundheitsfördernde, ^frf'riHoh«jnd<? iind $i\f\ilirU'ftfitt Wir
kung des Was-sers am ^hr^u^Ai. ^lhUi\'/ro'*M*i Auht^i^u dj< .-m A/t
lieasen sich für 150 — 200-O^XJ Mark fi'iurhAtUfi: di«; (ß*,l'ih*u*' iiitii'it */
:?ei möglich durch ZnH^:Yinrm^. der .S»?<dt ntifl ^'fhU* tt von V/'/K.»K>>*r/n^
sodann durch verziij suche Ar/ heil •che in';, I;e;i l'/f:^y.f,*/'r.' ft, .-"K'/,
üe Volk«braui5^ba der nach , a^^rr Hje t^hA a.< li> ^',,/"' y-"'^''* ' '''•
vorri^chem Eir.f?i«s. Eir. Bad bra-;' ?,♦ ?,>,r.* uma >. ' \h S'^y
kc»5^.eix- L*:e Ar.<5;:*er. 1ä— ^rr. *►>,;,« Vrr-.v ?/..• '^f'fh }f'>.'/ t.^f
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4 ' «
730 Gärtner.
um mit der Neufällung wieder anznsteigen. Einen Grund für den
An- und Abstieg vermochte Verf. nicht zu entdecken. Dieser Befund
mahnt zur Vorsicht bei der Abschätzung der Beinlichkeit eines
Bassinbadwassers durch Bacterienzählung.
Waldwolle, F. Lastschenko, lieber Producte aus Waldwolle
Lastscbenko. (^^j^. f. Hyg. Bd. 33, S. 193). WaldwoUe ist nichts anderes als
Flanell oder ein anderer Wollstoff, welcher mit einer ätherische
und Gerbstoffverbindungen enthaltenden, aus Fichtennadeln gewon-
nenen Substanz getränkt worden ist. Diese Substanz geht beim
Waschen rasch verloren und kann durch Neuimbibition wieder er-
setzt werden. Hygienisch ist die WaldwoUe den gewöhnlichen Woll-
zeugen gleicher Constitution und Webeart gleich zu stellen.
Wärme- 0. Spitta(Ueber das Wärmeleitungs vermögen einiger
leitungvon Bettstoffe. Arch. f. Hyg. Bd. 32, S. 285) hat eine Anzahl Bett-
Bettstoffen, „ ,- T»l 1 -.-.,,,
Spitta. Stoffe nach den genauen von iiubner angegebenen Methoden be-
züglich ihres Wärmeleitungsvermögens untersucht und gefunden,
dass der geringste Wärmeverlust^ stattfindet bei den mit WoUwatte
gefütterten Steppdecken, dann bei locker gewebten Wolldecken, da-
nach bei Steppdecken mit Baumwollwattefullung und zuletzt bei
dicht gewebten wollenen Schlafdecken; dabei zeichnet sich ausser-
dem die zuerst genannte Wolldecke durch grosse Leichtigkeit aus.
Wärme- Die Wärmeleitung des Leders hängt nach v. Lewa-
leitungbeiniggjjg^ (lieber das Wärmeleitungsvermögen des Leders. Arch. f.
V. Lewaschew. Hyg. Bd. 31, S. 259) ab von seinem specifischen Gewicht. Dieses
ist wieder recht verschieden, ebenso wie der Wasser- und Fett-
gehalt, die Menge der sonstigen organischen und anorganischen Sub-
stanzen (Sohlenleder, Glaceleder, Futter- oder Waschleder). Je grösser
das specifische Gewicht ist, um so grösser ist die Wärmeleitung.
Das Leder leitet aber überhaupt schlecht und steht in seiner Wärme-
leitung etwa in einer Reihe mit den woUenen Geweben; es leitet
schlechter, hält also besser warm als BaumwoUe und Leinen. Oelen
des Leders beeinträchtigt seine Wärmehaltung, es leitet besser ; aber
wesentlich mehr Wärme, bis zum Doppelten, wird vom Schuhleder
abgegeben, wenn es mit Wasser durchtränkt ist.
Die Wärmeleitung der Fussbekleidung hängt, wie Max Kubner
(Zur Hygiene der Fussbekleidung. Arch. f. Hyg. Bd. 31,
S. 217) ausführt, ab von ihrer Dichte — das Oberleder misst ge-
wöhnlich 1 mm, die Sohle 10 mm — und dem specifischen Gewicht
Oeffentliches Gesundheitswesen. 731
der Lederart — Leder leitet im allgemeinen ebenso schlecht als Wolle Hygiene
und schlechter als Baumwolle und Leinen — , femer von der Wärme- u^uf. «]^^ '
' DeKleiauBg,
differenz zwischen innen und aussen. Die Temperatur an der Aussen- M. Rubner.
Seite des Schuhes richtet sich nach der Lufttemperatur, im Lmem
des Schuhes beträgt sie 24—25®, an der Fusshaut selbst 31 — 33®.
Die Contactfläche des mit 3 cm hohen Absätze versehenen Schuhes
mit dem Boden beträgt nur 69 qcm ; nur durch diese geben wir also
an den Boden Wärme ab; die Abgabe durch das Oberleder wird
wesentlich gemüdert durch die Strümpfe. Diese verhalten sich wie
die Trikots derselben Stoffe (Wolle, Baumwolle), und geben um so
weniger ab, je dicker sie sind. Das Leder und die gestrickten bezw.
gewirkten Strümpfe sind ziemlich gut comprimirbar und dämpfen
den Stoss des Körpers beim Gehen, Laufen u. s. w. erheblich; wo
am Fuss viele und grosse Schweissdrüsen sitzen, wird viel Wasser-
dunst — Schweiss — ausgeschieden, welcher, wenn der Schuh oben
dicht schliesst, sich ansammelt und das „Schwitzen" der Füsse be-
dingt zu einer Zeit, wo der übrige Körper noch nicht fühlbar
schwitzt. Schnürschuhe sind mit Rücksicht auf die Ventilation und
den besseren gleichmässigen Schluss dem nur oben schliessenden
Zugstiefel vorzuziehen. Genässtes Schuhzeug leitet die Wärme doppelt
80 gut als trockenes, geöltes gibt viel mehr Wärme ab als nicht
geöltes, aber doch erheblich weniger als nasses.
6. Hygiene des Wochenbetts und der Säuglinge.
Dobczynski (Werden alle Fälle von Kindbettfieber Anzeige-
von den Hebammen dem zuständigen Kreisphysicus pHicht der
angezeigt? Deutsche med. Wochenschr. Nr. 52) behauptet mit Dobczynski.
Hecht, dass nur ein Theil der Kindbettfieber von den Hebammen
gemeldet werde, einerseits deshalb, weil die Hebammen die Krank-
heit nicht erkennen, andererseits deshalb, weil sie sich furchten, dasfe
ihnen die Schuld für die Erkrankung in die Schuhe geschoben werde,
und sie Belästigung und Schädigung in ihrem Beruf zu gewärtigen
haben. Dobczynski schlägt daher vor, eine bessere Durchbildung
der Hebammen insbesondere durch Fortbildungscurse, Gründung von
Hebammenvereinen unter Leitung des Physicus, sowie die allgemeinere
Verbreitung der Hebammenzeitung, eine mehr discrete Untersuchung
jedes Falles einer Anzeige — das scheint die Hauptsache zu sein
und wird sich auch sehr wohl ausfuhren lassen — und zuletzt die
Ausdehnung zur Verpflichtung der Anzeige auch auf die Aerzte.
(Es ist zweifellos die Anzeigepflicht beim Wochenbettfieber eine
732 Gärtner.
ganz andere als bei den übrigen Infectionskrankheiten, für die „keiner
kann^, denn bei erstorem liegt immer im Hinterhalt die unglückliche
Frage: Wer ist schuld daran? Selbstverständlich kann in einer so
difficilen Sache die Anzeigepflicht nur dann verlangt werden, wenn
die Behandlung der Sache mit der allergrössten Vorsicht und Rück-
sichtnahme erfolgt. Ref.)
Hebammen- B. Bichter, Revision der Tagebücher der Berliner
**1üchtw "' Hebammen vom Jahre 1897. (Deutsche med. Wochenschrift).
Die auf behördliche Anweisung erfolgte Vorlage der Tagebücher
ergab, dass sie im grossen Ganzen recht unordentlich gefuhrt worden
sind, und eine öftere ControUe dringend erwünscht wäre. Von
689 Tagebüchern waren 130 unordentlich gefuhrt. Die Angaben
über Frühgeburt, unzeitige Geburt und Abort sind oft incorrect.
Nur bei 42 ^/o der vorgekommenen Aborte ist anscheinend ein Arzt
zugezogen. Die Lage des Kindes ist meistens ungenau angegeben,
insofern als die Unterarten der Lagen nicht notirt sind. Ebenso-
wenig ist die Diagnose betreffs der Erkrankung der Mütter genau,
und es fehlen die Daten über das Alter der Mütter. Ln ganzen
linden sich 21625 männliche, 20367 weibliche Geborene aufgeführt,
dann Todtgeborene 1335, Frühgeborene 1965, Aborte 2991, Zwillings-
geburten 363, Drillinge 4, Missbildungen 84. Es erkrankten 69 Frauen
an Puerperalfieber, 49 an Eklampsie, 142 an anderen Krankheiten,
83 starben; von den Kindern starben 697. Die Zahl der ärztlichen
Hülfeleistungen betrug 4930.
Wohlfahrt»- Deneke, Eine Wohlfahrtseinrichtung für Wöch-
einrich- nerinnen (Technisches Gemeindeblatt Nr. 12). Ln Jahre 1874
w^ch^' starben in Preussen 7086, 1884 : 5606, 1893 : 5299 Frauen an Wochen-
nerinnen, bettfieber; ein Todesfall davon kommt jetzt noch vor in den Städten
auf 300, auf dem Lande auf 200 Wöchnerinnen. In dem vorjährigen
„Jahrbuch" sind die allgemeinen Einrichtungen wiedergegeben, welche
diese Aifection zum Schwinden bringen sollen. Deneke gibt hier
eine specielle, den „Wanderkorb". 2 — 3 Wochen vor der Geburt
wird der W^öchnerin eine Listruction und ein Handtuch, sowie 125 s:
1 °/oiger Trikresolschmierseife übergeben. Bei der Geburt kommt
der Wanderkorb in Gestalt eines weissemaillirten Blecheimers, dessen
Deckel als Schüssel gearbeitet ist, mit einer Listruction über die
wichtigsten Regeln zur Verhütung von Erkrankungen im Wochen-
bett, eine emaiUirte Waschschüssel, Gummiunterlage, 250 g Wund-
watte, 3 Barchentunterlagen, 1 Betttuch, 2 Handtücher, 1 Hemd
Deneke.
OeffenÜichea Gesundheitswesen. 783
Nach 10 Tagen wird alles wieder abgeholt bis auf Hemd und Watte,
die geschenkt werden. Die sämmtliehen Sachen werden darauf
gründlichst gereinigt und desinficirt. Die Hebammen sind angewiesen,
im Bedarfsfalle den Wanderkorb, der jeden Augenblick an einem
bestimmten Ort zu haben ist, zu holen. Die lauf^Niden Kosten be-
tragen pro Fall 4,50 Mark.
7. Sehvlhygieae»
A. Eulenburg (Unterrichtshygienische Forderungen, schui-
die aufgrund der bisherigen Untersuchunesereebnisse ^^^®"i*°**®
° . Forde-
für den Unterricht in den unteren Oymnasialclassen rangen,
aufgestellt werden müssen. Vortrag im Verein für öffent- Eiüenburg.
liehe Gesundheitspflege, 28. Februar 1898) fordert, dass alle
obligatorischen wissenschaftlichen Lehrstunden auf den Vormittag
zu verlegen seien. Der Nachmittag muss dem Turnen, den Be-
wegungsspielen und facultativen Lehrgegenständen bleiben. Nui*
4 Lehrstunden sollen täglich gegeben werden, die durch Pausen von
5 — 15 Minuten zu trennen sind; nur ausnahmsweise ist eine 5. Lehr-
stunde abzuhalten, dann aber muss derselben eine 20 Minuten lange
Pause vorhergehen. Die Stunden mit der grösseren Ermüdung,
Kechnen, fremde Sprachen, sind zuerst zu nehmen, die weniger stark
ermüdenden, Religion, Deutsch, Naturgeschichte, verbleiben den
späteren Stunden. Stärkere Anstrengungen, z. B. Extemporalien,
Prüfungsarbeiten, sind möglichst dicht hinter den Sonntag zu legen,
-welcher hervorragend als Erfrischungstag dient. Die Ferien können
kurz, sollen dafär aber häufiger sein als jetzt.
Gymnasialdirector Schwalbe (Schulhjgienische Fragen Sohni-
UBd Mittheilungen. Wissenschaftliche Beiträge zum Jahres- J»yf?ieni8che
bericht des Dorotheenstädtischen Gymnasiums in Berlin. Deutsche schwaibe*
med. Wochenschr. Nr. 27) hat reges Interesse für das gesundheit-
liche Wohl seiner Schüler; er führte Gesundheitslisten ein über alle
Schüler. Die Lehrer haben sorgfältig auf die hygienischen Verhält-
nisse der Schuliocale, Heizung, Beleuchtung u. s. w. zu achten. Li
Untersecunda wurde wöchentlich 1 Stunde Hygiene gelehrt. Schwalbe
ist ein Gegner des Schularztes. Der Referent Alexander Edel
ureist aber nach, dass der Lehrer in Hygienicis stets Düettant und
Laie sei, er könne als solcher wohl den Arzt unterstützen, aber
nicht ersetzen.
734 Gärtmer.
Schularzt- Fr. Kalle, Die Lösimg der Schularztfrage in Wiesbaden
'"J®' (Vierteljahrsschr. f. öff. Gesundheitspflege S. 433). Der durch seine
social-hygienischen Bestrebungen bekannte Wiesbadener Stadtrath
Kalle fasst den Begriff Schularzt weiter, als das gewöhnlich ge-
schieht; die Schulärzte sollen dafür sorgen, dass die körperliche £nt-
Wickelung der Kinder möglichst gefördert werde. Von diesem Stand-
punkte aus ist das Institut der Wiesbadener Schulärzte (6 k 600 Mark
Gehalt) geschaffen und dabei alles vermieden, wodurch der Schul-
arzt bei den Lehrern, den Eltern der Kinder und den Aerzten an-
stossen könnte. Die Schulärzte sollen die neu eintretenden Elemen-
tarschüler untersuchen, den „Gesundheitsschein" ausstellen und dabei
angeben, ob die Kinder einer dauernden ärztlichen Ueberwachung
oder besonderer Berücksichtigung beim Unterricht (z. B. Ausschliessen
vom Turnen, Sitzen auf der ersten Bank etc.) bedürfen. Alle 14 Tage
besucht der Schularzt die Schule, besichtigt eine Anzahl Classen-
räume und die darin befindlichen Kinder; solche Kinder, welche
irgendwie verdächtig erscheinen, werden von dem Arzt besonders
untersucht, der dann den Eltern eventuell empfiehlt, ihre Kinder
ärztlich behandeln zu lassen; jährlich müssen mindestens zweimal
alle Räume betreffs Beleuchtung, Heizung, Ventilation, Ueberfullung
u. s. w. revidirt werden. Einer der Schulärzte ist ebenso wie der
Kreisphysicus und der Medicinalrath Mitglied der Schuldeputation.
Die Einrichtung hat sich gut bewährt, Differenzen sind nach keiner
Richtung hin vorgekommen; bei 1500 Erstau&ahmen wurden in
200 Fällen ärztliche Anordnungen getroffen, auch auf die Schul-
localitäten machte sich ein guter Einfluss geltend, — Die Wies-
badener Einrichtung kann in mancher Beziehung als Vorbild
dienen.
Edel. A. Edel, Die Grenzen der schulärztlichen Thätig-
k e i t (Zeitschr. f. Schulgesundheitspflege Nr. 10). Die seit 30 Jahren
geforderten Schulärzte haben als Gegner die Aerzte, welche für ihre
Praxis fürchten, die Lehrer, welche sich ängstigen, sie bekämen eine
Aufsichtsbehörde mehr, und die Architekten, die nicht wollen, dasd
ihnen die Aerzte hineinreden. Edel weist die Bedenken zurück; er
sieht in den Schulärzten nur ärztliche Sachverständige und Hygieniker ;
vor allem wünscht er nicht — selbstverständlich — , dass der Schul-
arzt so eine Art poliklinischer Sprechstimde abhalte. Die Unter-
suchungen z. B. über Ueberbürdung dürfen nur auf höhere Anordnung
imd im vollen Einverständniss mit dem Lehrer erfolgen. Edel
wünscht femer die Mitwirkung des Schularztes bei der Reform des
Turnunterrichtes; letzterer soll den Kindern eine gesunde, kräftige
Oeffentliches Gesundheitswesen. 735
Bewegung im Freien gestatten. Der Autor ist ein entschiedener
Gegner des sog. Abschlussexamens (Versetzung nach Obersecunda) ;
er hält das Examen pädagogisch für mindestens überflüssig und ge-
sundheitlich für schädlich.
Erlass des Bezirksschulrathes für die Stadt Troppau, betreffend Schulärzte
die Einführung von Schulärzten (Oest. Sanitätswesen und *" ^^*^^'^*'^"
Veröff. d. Kais. Ges.- Amtes S. 253). In Troppau haben freiwillig
die Stadtärzte und einige Privatärzte Schularztfunctionen übernommen.
Letztere bestehen in jährlicher eingehender Untersuchung jeden
Schülers und Eintragung jedes einzelnen Befundes in ein „Gbnmd-
buch" : Körperlänge, allgemeiner Ernährungszustand, Beschaffenheit
des Knochensystems, Augen und Ohren, Haare und Haut, Zähne,
Brustorgane, Bauchorgane, Impfzustand. Bei etwaigen Fehlem ist
das Entsprechende vorzunehmen bezw. einzuleiten und sind die
Lehrer und Eltern auf den Zustand auch aufmerksam zu machen.
Ausserdem sind monatliche Revisionen vorzunehmen, die sich er-
strecken auf die hygienischen Verhältnisse des Schulhauses und der
Classenzimmer, Ventilation, Heizung, Beleuchtung u. s. w. und den
allgemeinen Gesundheitszustand der Schulkinder. Ueber die In-
spection ist ein Protokoll aufzunehmen; vierteljährlich haben die
Schulärzte zu einei* Besprechung zusammenzutreten.
C. Henie, Untersuchungen über die Zähne der Volks- Volks-
Schüler zu Hamar in Norwegen (Zeitschr. f. Schulgesundheits- zahne
pflege Nr. 21). Hamar, 5000 Einwohner, ist in der glücklichen Lage, Henie.
bei einem Stadtbudget von 177000 Mark 39000 Mark für die Volks-
schule auszugeben. Der Schularzt Henie drückt sich recht zu-
reden über seine Stellung aus, er kann segensreich wirken. Ausser
anderen sanitären Maassnahmen werden auch Untersuchungen der
Zähne vorgenommen. Bei 660 Kindern von 7 — 15 Jahren fanden
sich nur 61 mit vollständig gesundem Gebiss, zwei Drittel der Zahl
hatten 1 — 4, ein Viertel 5 — 8 kranke Zähne. Am meisten afficirt
waren die Milchzähne; nach dem Wechsel derselben trat eine
Besserung ein, die aber nicht anhielt; bei 7 Jahre alten Kindern
waren 20,1 °/o, bei 12 Jahre alten 10,3 °/o, bei 15 Jahre alten 13®/o
aller Zähne krank.
Die Versuche von Kemsies (Zur Frage der Ueberbür-
dungunsererSchuljugend. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 3)
hatten zum Gegenstand Qualität und Quantität von Rechenarbeiten,
736 Gärtftcr.
üeber- Arbeitsgesehwindigkeit ^ sowie Muskelleistung. Die besten Arbeits-
A^^R^h^ tage der Woche sind Montag und Dienstag, also die Tage nach dem
k in der, sonntäglichen Ruhetag^ die beste Arbeitszeit die beiden ersten Lehr-
Kemsies. stunden. Der Ergograph ergibt auch für sie die grösste körperliche
Frische. Der dreistündige Nachmittagsunterricht der höheren Lehr-
anstalt^ä wirkt schädlich. Pausen von längerer Daner sind nach
zweistündigem Unterricht, sowie nach jeder dann folgenden Stunde
einaurichten. Für 11 — 18jährige Schuld soll der Untetricht nicht
über 4 Stunden dauern. Die Ferien übasL eine kräftigende Wirkung
aus, die jedoch nur ca. 4 Wochen vorhält. Für geistige Arbeit ist
vorhergehende körperliche Ermüdung, z. B. Tui*nen, ungeeignet.
Zurück- S. Kalischer, Knoll, H. Neumann, Teichmann (Unter-
gebliebene auchung zurückgebliebener Schulkinder. Deutsche med.
Rauscher, 'Wochenschr. Nr. 14) wurden von 10132 Schülern der drei m^teren
KnoU, Classen Berliner Volksschulen 255, die in ihrer oder der voraus-
H. i^nmann, gegangenen Classe länger als 2 Jahre gesessen hatten, zur Unter-
suchung vorgeführt. Es fanden sich 116 geistig minderw^rtkige
Kinder, also etwa 1,15®/«, davon waren sckwachbegabt 6d, schwaeh-
sinnig in geringem Grade 25, in höherem Ghrade 15, blödsinnig 8.
Körperliche Störungen ISemden sich bei den untersuchten 255 Kindern
recht häufig; so waren scrophulöse Drüsen lOlmal, Mandehrer-
grösserung 75mal, abgelaufene Mittelohrentzündung 47mal, Kropf
14mal, Sprachstörungen lOmal vorhanden. Die Bedeutung der körper-
lichen Störungen für die geistige Minderwerthigkeit Hess sich nicht
feststellen. Die Idioten und die sittlich verwahrlosten Kinder (5)
bedürfen der Entfernung aus der Schule und der Unterbringung in
besondere Anstalten. Bei den Schwachbegabten und in geringerem
Orade Schwachsinnigen haben vielfach Nachhülfestunden statt-
gefunden; doch genügten dieselben nicht. Die Errichtung besonderer
Classen bezw. Schulen für diese Kinder wird von den Autor^ä ge-
wünscht. (Es ist auffallig, dass so wenig Institute und Schulen für
Schwachbegabte und schwererziehliche Kinder in Deutschland vor-
handen sind. [Eine Uebersicht derselben siehe im Reichs-Medidnal-
Kalender. D. Redaction.] Das in Jena bestehende Institut für
schwererziehliche Kinder von Trüper hat sehr gute ErfcJge aufxn-
weisen. Ref.)
J. Widowitz (Schulhygienische Reformen bei Maaern.
Wiener klinische Wochenschr. Nr. 36) stellt die Forderung au^ die
Schulclassen , welche bei Beginn einer Masemepidemie einen Er-
Oeffentliches Gesundheitswesen. 737
krankungsfall haben, vom 9. — 14. Tage nach dem Bekanntwerden Schul-
der ersten Erkrankung zu schliessen, weil innerhalb dieser 6 Tage ^Ma^sern ^^
die vom ersten Falle inficirten Kinder ansteckungstüchtig seien. Widowitz.
Die ausgesperrten Kinder sollen von ihren Angehörigen sorgsam
überwacht und während der 6 Tage von jedem Verkehr mit nicht
gemaserten Kindern fem gehalten werden. Haben die Masern eine
epidemische Ausbreitung bereits gefunden, so ist mit Absperrmaass-
regeln nichts mehr auszurichten. Geschwister der Erkrankten dürfen
die Schule besuchen, wenn sie die Masern bereits überstanden haben,
denn gesunde Personen sollen nach Ansicht von W ido witz die Masern
nicht übertragen können.
Dankwarth, Ueber Zuglüftung in Schulzimmern Zuglüftung
(Zeitschr. f. Schulgesundheitspflege Nr. 10). Die künstliche Venti- ^^ ®^^"^-
....... . . zimmern,
lation ist für die meist dichtbesetzten Schulen nicht ausreichend. Dankwarth.
Der Kohlensäuregehalt ist in den meisten Fällen schon bei 2 Stunden
dauerndem Unterricht nicht unter 1,5 ®/oo zu halten. Der Luftver-
schlechterung kann in gründlicher Weise abgeholfen werden durch
gleichzeitiges Oeffnen der Fenster und Thüren. Dankwarth zeigte,
dass die Kohlensäure von l,77**,'oo nach Offenhalten in 2^/2 Minuten
auf 0,655, in 5 Minuten auf 0,553 "'00 sank. Erkältungen fürchtet
Oberlehrer Dankwarth mit Recht nicht, selbst wenn die Kinder
in der Pause bei offenen Fenstern und Thüren in der Classe bleiben;
denn die kühle Luft umspült die Kinder gleichmässig , locale Ab-
kühlung tritt also nicht ein, ausserdem dauert die Lüftung nur wenige
Minuten, und es steigt infolge dessen durch die warmgebliebenen
Wände, Inventarien u. s. w. die Lufttemperatur nach Schluss der
Fenster rapid wieder zu ihrer früheren Höhe.
Die von E. Bayr (Ueber Beleuchtungsversuche in ßeleuch-
Lehr zimmern mit directer undindirecterBe leuchtung tungs-
® versuche
bei Anwendung von Gas und Gasglühlicht, elektrischen in Schul-
Glüh- und Bogenlichtlampen. Zeitschr. f. Schulgesundheits- zimmern,
pflege S. 129) mit grosser Sorgfalt angestellten Versuche fuhren den
Autor zu dem Schluss: Bei directer Beleuchtung kann das Lehr-
zimmer sehr hell beleuchtet sein, doch ist hierbei eine richtige und
gleichmässige Lichtvertheüung vor allen Dingen durch die sehr
störende Schattenbildung unmöglich. Femer wird häufig die strahlende
Wärme lästig. Bei der indirecten Beleuchtung, welche etwa 40 ^/o
mehr Licht erfordert, fehlen die Differenzen in der Helligkeit, fehlen
vor allem die störenden Schatten, ebenso ist durch die Reflectoren
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899. 47
E. Bayr.
738
Gärtner.
and Vor-
hänge,
Schnbert
die strahlende Wärme vermieden. Jedoch ist nach Bayr eine
10 Meterkerzenhelligkeit nicht ausreichend, es müssen 20 Meter-
kerzen verlangt werden. Es empfiehlt sich nicht, durchscheinende
Reflectoren zu verwenden, also indirecte mit directer Beleuchtung
zu verbinden, sondern es sind bei sehr weissgehaltener Decke Metall-
spiegel zu benützen.
Schalfenster P. Schubert (Schulfenster und Vorhänge. Münch. med.
Wochenschr. Nr. 14) tritt mit aller Entschiedenheit für eine südliche
(südöstliche, südliche, südwestliche) Lage der Schulzimmer ein und
weist nach, dass die Nordlage ungünstiger ist. Betreffs der Menge
des Lichtes stellt Schubert sich auf den Cohn'schen Standpunkt:
50 reducirte Raumwinkelgrade ; das reflectirte Licht genügt ihm nicht.
Linksseitiges Licht oder linksseitiges Licht mit Ergänzung von oben
rechts oder von oben wii^d verlangt. Gegen den Schluss des Aufsatzes
werden die Schwierigkeiten gewürdigt, welche sich einem zweck-
mässigen Abblenden des Sonnenlichtes entgegenstellen. Nachdem
die C 0 h n'sche Arbeit über die Rouleaux kritisch besprochen ist, wird
vorgeschlagen, Eouleaux mit in verschiedener Höhe feststellbarer
Stange anzuwenden oder Kathedralglas in Doppelfenstern, und zwar
als Schiebefenster zu verwenden, oder Versuche zu machen mit den
für Schaufenster eingeführten, in Rahmen eingespannten, über-
greifenden und senkrecht stehenden Jalousien.
Krüppel-
heime,
Rosenfeld.
Der sehr interessante Aufsatz von L. Rosen feld über Ar-
beitsschulen für Verkrüppelte (Zeitschr. f. Sehniges. Nr, 1,
S. 4) bringt Notizen über die in Dänemark, Schweden und Norwegen
bestehenden Schulen und Litemate für Verkrüppelte. Er bespricht
die Entstehungsgeschichte dieser Anstalten, ihre Einrichtung, ihre
Leistungen. Die Kinder lernen nicht nur die elementaren Wissen-
schaften, sondern auch die für sie passenden Handwerke. Dann
bespricht der Autor sehr ausführlich das schon seit dem Jahre 1832
in München bestehende Heim dieser Art. Die Art des Lernens, der
tägliche Stundenplan, die Lehrfacher sowie die Resultate der für
Unterstützung im späteren Leben gegründeten Anstalt wird ausfuhr-
lich behandelt und es wird nachgewiesen, dass die Münchener An-
stalt mit ihren 77 Freistellen für Bayern viel zu klein ist. Der
Artikel erfüllt mit einem gewissen Gefühl der Scham darüber,
dass für die armen Krüppel so wenig geschehen ist und so viel ge-
schehen kann. Hoffentlich fällt die Am'egung R o s e n f e 1 d's auf einen
guten Boden.
Oeffentliches Gesundheitswesen. 739
desinfection
mit Formal-
8. Desinfection.
A. W. Fairbanks, Experimentelle Untersuchungen Zimmer
über Zimmerdesinfection mit Formaldehyddämpfen
(Centralbl. f. Bact. u. Paras. Bd. 23, H. 1, 2, 3, 4). Durch die dehyd
Firma Schering ist ein Apparat in den Handel gebracht, mit welchem dämpfen,
das Polymer des Formaldehyds, das Paraformaldehyd, in Pastillen banks
gepresst und durch eine Spirituslampe zu Formaldebyd verdampft
wird. Der Apparat ist sehr einfach und compendiös, seine Be-
nutzung ungemein leicht, man braucht nur die entsprechende An-
zahl Pastillen — fiir jeden Cubikmeter Luftraum zwei Stück — oben
hineinzulegen und unten die Flamme zu entzünden. Thüren, Fenster,
Ofen u. s. w. sind dicht zu schliessen. Nach 24 Stunden waren frei
liegende Mikroben aller Art, sogar Milzbrandsporen gebildet, aber
schon ein Bedecken der ausgelegten Culturen mit zwei Lappen, erst
recht die Lagerung derselben zwischen zwei Matratzen Hess ein Ab-
sterben von sporenlosen Mikroben, Diphtherie, Typhus, Staphylo-
kokken nicht zu ; dahingegen wurden sie zwischen Staub eingelagert
getödtet. Fairbanks empfiehlt die Zimmerdesinfection mit Form-
aldehyd in der angegebenen Methode, und E. G-rawitz schliesst sich
in einer Nachschrift dem an. Kleider, vor allem Betten und ähn-
liches, würden jedoch im Dampf zu desinficiren sein. — Ref. stimmt
nach den Erfahrungen, die er mit dem Autoclaven nach den Angaben
von Trillat gemacht hat, mit den Empfehlungen vorgenannter
Autoren bezw. des Formaldehyds zur Zimmerdesinfection vollständig
liberein; es ist eine ungemein einfache, sichere, ungefährliche Methode,
aber für Bettzeuge, dickere Kleider u. s. w. ist sie nicht mehr ge-
eignet.
O. Hess (Formaldehyd als Desinfectionsmittel. Hess.
Dissertation, Marburg) hat mit dem Trillat'schen Autoclaven und
Formochlorol gearbeitet. Er kommt zu dem Schluss, dass sich
Bäume (drei Zimmer) zu 300 cbm Inhalt mit 1 1 Formochlorol, dessen
Dämpfe bei 3 Atmosphären Druck in das Zimmer eintreten, gut des-
inficiren lassen, soweit die Oberflächendesinfection in Betracht kommt;
auch unter leichter Decke (Blatt Papier, leichte Kleidungsstücke) ge-
legene vegetative Formen der Bacterien werden abgetödtet. Der
Zimmerstaub wird ebenfalls steril, nur im Staube des Bodens be-
halten einige Sporen ihre Lebensfähigkeit. Genügt nun ein Formo-
chlorol von weniger als 40®/o, so sind grössere Mengen als vorhin
angegeben erforderlich.
740
Gärtner.
Desinfec- Petruschky und G. Hinz (Ueber Desinfection von
tionmit Kleidungsstücken mittels strömenden Formaldehyds.
Pormal- ^ ...
dehyd, Deutsche med. Wochenschr. Nr. 33) hingen die zu desinficirenden
Petraschky u. Kleidungsstücke in einen Schrank , machten oben eine kleine Ab-
zugsöifnung und bliesen durch ein unten angebrachtes B öhrchen mit
dem Trilla tischen Autoclaven unter 3 Atmosphären stehendes
Formaldehyd in und durch den Schrank. Schon nach */» stündigem
Durchblasen war voller Desinfectionserfolg erreicht.
Hinz.
Lingner'8
Formalin-
desinfec-
tions-
apparat,
Elsner,
Schönfeld.
Eisner, Ueber einen neuen Formalindesinfections-
ap parat (Sitzungsbericht der Berliner med. Ges. vom 9. März).
Die Herren Walt her und Schlossmann verhindern die Pol^nneri-
sation des Formaldehyds dadurch, dass sie dem Formalin hydrophile
Substanzen, Glycerin, zusetzen = Glykoformal. Dieses wird in den
Lingner'schen Vemebelungsapparat gegeben, einen ringförmigen
Kessel, in welchem Wasser zimi Sieden gebracht wird, und wo der
entstehende Dampf das Glykoformal in Nebelform in das Zimmer
hineinwirft. Der Nebel ist in kürzester Zeit so dicht, dass man ein
brennendes Licht nicht mehr sehen kann. Lässt man den Apparat
arbeiten, so sind, ohne dass Thüren und Fenster verklebt zu werden
brauchen, in 3 Stunden Milzbrandsporen, Staphylokokken u. dergl.,
die man leicht zugedeckt hinlegte, regelmässig getödtet, wie mehr-
fache Untersuchungen von Proskauer, Eisner und Spiering
ergaben.
Schönfeld (Mittheilungen über den neuen Schloss-
mann'schenDesinfectionsapparat. Deutsche med. Wochen-
schrift Nr. 40j kommt zu demselben günstigen Resultat wie Eisner.
Selbstverständlich dringt aber das Glykoformal auch nicht in die
Tiefe der Gegenstände, z. B. Matratzen, hinein. Schön feld tadelt
ausserdem: 1. dass der Nebel nach den 3 Stunden noch so stark
sei, dass man nur unter ganz erheblicher Belästigung bis zum Fenster
vordringen könne; 2. dass der Apparat (80 Mark) und auch das
Glykoformal (4 Mark pro Liter) zu theuer seien, um das Verfahren
bei der ärmeren Bevölkerung anzuwenden; 3. dass sich der Geruch
mehrere Tage in ausgeprägter Weise in den Räumen halte, ein
schwerer Nachtheil überall da, wo beschränkte Räume vorhan-
den sind.
W. Silberschmidt (Ueber Wohnungsdesinfection.
Correspondenzblatt f. Schweizer Aerzte Nr. 7 u. 8) hat Versuche
mit Formalin angestellt und in der Hauptsache den Trillat'schen
Oeffentliches Gesundheitswesen. 741
Autoclav, aber auch den A r o n s o naschen „Aesculap" verwendet; mit Wohnungs-
letzterem waren die Resultate nicht ganz so günstig. Im übrigen *tion*^
erzielte Silberschmidt die üblichen Resultate: gute Oberflächendes- durch
infection, aber kein Eindringen in die Objecte. Formal-
d A il V u
Czaplewsky (UeberWohnungsdesinfection mit Form- silberaohmidt,
aldehyd. Münch. med. Wochenschr. Nr. 41) bespricht die ver- Czaplewsky,
schiedenen Methoden der Fonnalindesinfection und rechnet aus, dass
bei der Schlossmann-Lingner'schen Glykoformalmethode sehr
viel mehr Formaldehyd zur Verwendung kommt (9 — 10 g auf den
Cubikmeter) als bei den übiigen Methoden (2 — 3,5 g). Der Autor
erreicht gute Effecte dadurch, dass er viel Was8erdam})f im Zimmer
entwickelte, wodurch der Polymerisation vorgebeugt wird. Wird
viel Formaldehydgas mit viel Wasserdampf rasch erzeugt, so ist die
Desinfection eine gute, es tritt sogar ein gewisses Eindringen in die
Tiefe ein. (Letzterer Erfolg ist jedoch von so verschiedenen Fac-
toren abhängig, dass den practischen Aerzten gerathen sei, nicht da-
mit zu rechnen. Ref.) Die Desinfection in den tieferen Thcilen des
Zimmers ist geringer als in den oberen, und es ist anzunehmen, dass
das Formaldehyd nicht als Gas, sondern in Lösung wirkt; es kommt
also auf die zu desinficirenden Flächen, nicht so sehr auf den Kubik-
inhalt des Zimmers an; todte Winkel, stagnirende Luft wirken
mechanisch störend. Sehr übel wird von Czaplewsky — mit
Recht — der sehr intensive und schwer zu entfernende Geruch nach
Fonnaldehyd bemerkt, wenn grosse Mengen verwendet werden.
Ueber 6 Stunden sollte die Desinfectionsdauer nicht hinausgehen.
C. Flügge, Die Wohnungsdesinfection durch Form- Flagge,
aldehyd (Zeitschr. f. Hyg. u. Inf. Bd. 29, 8. 276). Flügge
hat seit 2 Jahren mit Formaldehyd Versuche anstellen lassen
und kommt zu dem Endresultat, dass die Desinfection mit Fonn-
aldehyd sich zur Zimmerdesinfection am besten eignet. Flügge
hat das Trillat'sche Verfahren, das von Schlossmann und
Aronson (Schering) versucht. Das Schlossmann'sche hält er
— mit Recht — für das am wenigsten zu empfehlende, da es zu
viel Formaldehyd vereint mit dem schmierenden Glycerin in das
Zimmer bringt und der Geruch sich sehr .s^;hwer entfernen lässt.
Das A ro n 80 n'sche Verfahren ist gut, wenn 2.5 Pantiilen furl cbm
Raum verwendet werden und wenn zu gleicher Zeit Was^^er (pro
100 cbm 3,5 Liter H^O) verdampft wird. Nach dem Breslauer Ver-
fahren werden 250 ccm Formaldehyd mit 2340 ccm H/) = *?'/) ccm
40% igen Formalins auf 100 cbm Raum verdampft, nacLdem alle
Ritzen und Oeii^angen mit Papier. Watte. Fensterkitt f«.orffsam t?^
742 Gärtner.
schlössen und die Kleider etc. (mit herausgezogenen Taschen, auf-
geklapptem Rockkragen u. s. w.) möglichst breit über Gestelle gehängt
sind. Die besudelte Wäsche kommt in ein Gefäss mit Sublimat-
kochsalzlösung (l"/oo) und verbleibt im Zimmer. Nach 7 Stunden
ist die Desinfection beendet, darauf wird sofort Ammoniak entwickelt
(pro 1 cbm Baum sind 8 ccm einer gewöhnlichen 26**/oigen Ammoniak-
lösung erforderlich) und die Dämpfe durch das Schlüsselloch in das
Zimmer geleitet. Eine Stunde nach Entwickelung des Ammoniaks
kann das Zimmer geöffnet, gelüftet, wieder in Stand gesetzt und
benutzt werden. Dieses Verfahren hat sich in der Praxis bereits
gut bewährt.
Des- C. Römer, Ueber Desinfection von Milzbrandsporen
infection durch Phenol in Verbindung mit Salzen (Münchener med.
Phenol Wochenschr. Nr. 10). Scheuerlen hatte gefunden, dass Zusatz
und Salzen, von Kochsalz zur CarboUösung die desiniicirende Kraft gegenüber
Römer. Milzbrandsporen wesentlich erhöht. Römer konnte diese Thatsache
bestätigen und meint, dass die Kochsalzlösung (6,0 °/o) die Sporen
selbst nicht direct schädige, aber vielleicht eine Lockerung und Auf-
quellung der Sporenmembran bewirke, so dass das Desinficiens
(2°/oiges Carbol) nunmehr einzudringen vermöchte. Die Art der
Wirkung der Desinficientien ist noch unklar. Römer neigt mit
Weyland der Ansicht zu, dass Fällungen in den Eiweisssubstanzen
der Zellen den Tod der Zellen bedingen.
Des- Der von F. Abba und Bastelli angegebene neue Dampf-
infections- apparat zur Desinfection inficirter Objecte (Hyg. Rund-
Abbau. Bastelli. schau S. 317) entspricht im allgemeinen dem von Schimmel.
Budenberg, Geneste und Herscher u. s. w., nur zeichnet er
sich dadurch aus, dass sehr rasch Dampf erzeugt werden kann, weil
die Wasserschicht niedrig ist (6 cm) und weil ein Theil des Kessels
einen in der Feuerung liegenden Röhrenkessel darstellt. Ein Ventil
gestattet bei 1 und bei 1 V« Atmosphären Druck zu desinficiren. Femer
ist der in den Apparat zu schiebende Wagen so eingerichtet, dass
er bei geschlossenen Thüren um seine Längsaxe gedreht werden
kann. Die Drehung soll mit schaukelnder Bewegung ausgeführt
werden, um die letzten Reste Luft, die noch in den zu desiniiciren-
den Objecten stecken, zu entfernen, und so eine ganz sichere Des-
infection zu erzielen. Die mitgetheilten Resultate lauten günstig.
Für Massendesinfection dürfte der Ofen zu empfehlen sein.
Oeffentliches Gesundheitswesen. 743
Leuch, Vom Desinfectionsdienst in der Stadt Des-
Zürich (Viertelj. f. öff. Gesundheitspflege S. 305). In Zürich ist i-^J^^^^i^ns-
ein Gesundheitsamt eingerichtet worden, bestehend aus dem techni- Lench.
sehen Inspector, dem Stadtarzt, Stadtchemiker, Stadtthierarzt mit
ihren Assistenten und 20 Sanitätsbediensteten, sowie 2 Desinfec-
torinnen. Cholera, Pocken, Scharlach, Diphtherie, Abdominaltyphus
und Puerperalfieber sind anzeigepflichtig und werden auch von den
Aerzten gemeldet. Nach der Meldung geht ein Sanitätsbediensteter
in die Wohnung und benachrichtigt bei Diphtherie und Scharlach
den Hausvorstand und den Lehrer, dass die Geschwister der Er-
krankten nicht zur Schule kommen dürfen, bis durch den Arzt,
welcher ein völlig vorgedrucktes kurzes Formular erhält, bescheinigt
ist, dass die Gefahr erloschen sei. Desinficirt wird das Zimmer, in
welchem das Kind lag, durch 2 Desinfectorinnen nach besonderer
Vorschrift, und die Kleider des Kindes mittels Dampf. Bei Typhus
bringt der Sanitätsdiener gleich die erforderliche Kalkmilch mit;
ausserdem übergibt er der Familie gedruckte Verhaltungsmassregeln ;
desinficirt werden nur das Bett, der Fussboden und die Wände bis
in Kopfhöhe. Bei Tuberculose ist die Desinfection facultativ, wird
jedoch meistens ausgeführt. Jede Desinfection ist unentgeltlich, es
ist anbefohlen, möglichst vorsichtig mit den Objecten umzugehen;
verursachte Beschädigungen werden vergütet, es wird fast nur das
Krankenzimmer nebst Inhalt desinficirt. Dabei wird die Desinfec-
tion ärztlich überwacht, indem von Zeit zu Zeit leicht nachweisbare
Bacterien vor der Desinfection an einzelne Stellen des Raumes ge-
bracht werden. In 5 Jahren sind gegen 3000 Wohnungsdesinfec-
tionen vorgenommen worden. Eine Ueberführung der Einwohner
in andere Räume während der Desinfection findet nur bei den Pocken
statt. — Der Aufsatz bietet noch eine grosse Menge kleiner Hülfen
und ist eine der besten Arbeiten, die über dieses Thema veröffent-
licht worden sind. Interessenten sei die Leetüre des Artikels auf
das wärmste empfohlen.
9. Tropenhj^iene.
Sambon (Remarks of the etiology of sunstroke. Siriasis
not heat fever, but an infectious disease. Brit. med. Journ.
S. 744) behauptet, dass Synkope, Ohnmacht und Hitzschlag oft ver-
wechselt würden, für letzteren will er das Wort Siriasis eingeführt
haben. Der Hitzschlag befalle alle Berufsarten und Alter, bevorzuge
744
Gärtner.
Sonnenstich, aber das männliche Geschlecht. Die Annahme, dass unpassende
Sambon. Kleidung Wärmeschlag erzeugen helfe, sei ein Irrthum, sie erzeuge
nur Sjmkope. Unmässigkeit , Uebermüdung, Ueberfüllung seien
nur vorbereitende Ursachen. Die Krankheit entstehe durch einen
speciiischen Keim, der in den oberflächlichsten Bodenschichten sich
belinde, mit dem Staub aufgewirbelt werde und so in den Magen-
darmkanal bezw. in die Lungen gelange. Der Autor dürfte mir
seiner Ansicht wohl isolirt stehen und bleiben.
Malaria- C. Däubler, Zur Kenntniss der ostindischen Malaria-
parasiten, Parasiten im Vergleich zu den Malariaparasiten anderer
Däubler r- o r
Länder (Berl. kÜn. Wochenschr. Nr. 5). Bei 34 Malariakranken,
von welchen sich die meisten in dem kachektischen, fieberlosen Sta-
dium befanden, wurden die kleinen ringförmigen Parasiten gefunden.
Der Ring umschliesst das Plasma der Parasiten, so dass nicht eigent-
lich eine Ring-, sondern eine Scheibenform vorhanden ist. Das Ma-
lariaprotozüon besitzt Kern und Kemkörperchen. Ausserhalb der
Blutkörperchen sah Däubler die Parasiten ebenfalls, und zwar als
sehr kleine und zarte, bewegliche Kügelchen. Halbmondformen
wurden bei den Patienten nur 2mal gesehen, dagegen in mehreren
Fällen die erheblich grösseren Plasmodien der gewöhnlichen Ter-
tiana. Däubler ist der Ansicht, es seien besondere klimatische
Schädigungen vorhanden , welche die Bösartigkeit der Malaria beim
Europäer gegenüber den farbigen Rassen erklären müssten.
Tropen-
hygiene,
ör^bant.
N. Grehant (Hygiene des voyageurs dans les pays
chauds. Annales d'hygiöne publique et de medecine legale, Sept.y
ist nicht Arzt, sondern Professor am naturwissenschaftlichen Mu-
seum, daher sind seine tropenhygienischen Bemerkungen mehr natur-
wissenschaftlicher Art. Dieselben sind, wenn man von einigen
„Räubergeschichten" absieht, brauchbar; wichtig sind die Regeln
bezüglich des Fischgenusses, die Grehant nach Fonssagrives an-
gibt: sich nach den Eingeborenen richten betreffs des Fischgenusses,
eventuell verdächtige Fische an Katzen versuchen, keinen Fisch ge-
niessen, der nicht sorgfältig ausgenommen und von den Eiern, den
männlichen Samendrüsen und der Leber befreit ist.
Rob. Koch (Reiseberichte über tropische Malaria —
Schwarzwasserfieber. Berlin) hat wiederum mit dem ihm
eigenen Blick und seiner eisernen Energie auf der Reise nach Ost-
afrika die Aetiologie der Infectionskrankheiten in reichem Maasse
OefFentliches Gesundheitswesen. 745
gefördert. Seine Untersuchungen galten vor allem den durch Hämato- Tropische
zoen hervorgerufenen Thier- und Menschenkrankheiten. Uns inter- J?^^*J***
... . Rob Koch,
essirt in erster Linie die Malaria. Unter den 72 mit Malaria be-
hafteten Personen litten 63 an tropischer, 7 an gewöhnlicher tertianer,
1 an quartaner, 1 an irregulärer Malaria; letztere beiden Fälle
waren importirt, kommen also für Ostafrika nicht in Betracht. Für
die tropische Malaria, die man für quotidian hielt, weist Koch
nach, dass ein Tertianiieber mit einer geringen Remission am 1. Tage
und einer kurzdauernden tiefen Remission am 2. Tage vorliegt. Die
Malariaparasiten sind klein, ringförmig, mit einem Knöpf chen an
der einen Seite, sie werden dann grösser und bekommen an der an-
deren Seite eine sichelförmige Verbreiterung. Das Pigment ist in
sehr feiner Vertheilung in ihnen enthalten und sammelt sich vor der
Sporulation, die mit dem neuen Anfall einsetzt, im Centrum des dann
gänseblümchenförmigen Körpers an. Der Anfall wird aber höchst
wahrscheinlich nicht durch die Sporen ausgelöst, wie das sog. Nach-
fieber zeigt, sondern durch die ZerfaUsproducte der zu Grunde ge-
gangenen Parasiten. Am sichersten lassen sich die Parasiten bei
der tropischen Malaria in der fieberfreien Zeit nachweisen, in letz-
terer wirkt auch das Chinin (lg) am besten, ist also in derselben
zu geben. Die sog. halbmondförmigen Körper fasst Koch nicht als
die Erzeuger der Malariakachexie auf, sondern als sterile Formen der
absterbenden Malariaprotozoen. Letztere und mit ihnen die Anfalle
verschwinden spontan, kehren aber gegen den 12. Tag wieder als
Recidive. Ungefähr ebenso lange dauei-t, wie Koch an einem Bei-
spiel nachweist, die Incubation. Zur Verhütung der Recidive er-
wies sich Koch lg Chinin als ausreichend, dagegen genügt 1 g
in einmaliger Dosis gegeben als Prophylakticum nicht. Bessere Er-
folge sah er bei Verabreichung von 0,5 g jeden 3. Tag. Aus Ana-
logieschlüssen vom Texasfieber her, aus der Beobachtung, dass Ma-
laria nur dort vorkomme, wo Mosquitos sind, dass sie fehlt, wo
diese fehlen, schliesst Koch, dass die Mosquitos die Vermittler der
Infection sind, nicht aber in der Weise, dass der Mosquito, welcher
an einem Malariakranken gesessen hat nun durch einen weiteren
Stich einen gesunden Menschen inficire, sondern in der Weise, dass
die Malariaprotozoen auf die Eier und damit auf die jungen Mos-
quitos übergehen imd diese die Infection vermitteln. Für den Ma-
lariaparasiten ist der Mensch der einzige Wirth ; Thiere sind für die
Krankheit unempfänglich. Die Eingeborenen der Küste, die malaria-
reich ist, sind entweder durch Vererbung oder Ueberstehen der
Krankheit immun ; nui' Eingewanderte, selbst Neger desselben Stam-
746 Gärtner.
Tropische mes, der an der Küste immun ist, sind sehr empfänglich. Als Schutz
Malaria, empfiehlt Koch das Trinken von nur abgekochtem Wasser — auch
aus anderen Gründen (Ruhr etc.) sei das zu empfehlen — , die Be-
nutzung gutschliessender Mosquitonetze und in stärker gefährdeten
Bezirken die Verabreichung von Chinin in der vorhin angegebenen
Form. Die gewöhnliche Tertiana sei der der gemässigten Breiten
gleich und werde durch das bekannte , von der tropischen Malaria
verschiedene Protozoon hervorgerufen, auch scheine bei dieser Art
der Malaria ein spontanes Verschwinden der Anfalle nicht aufzu-
treten. — Das Schwarzwasserfieber, die bösartigste Affection von
Ostafrika (20 °/o Mortalität), beginnt mit einem heftigen Schüttelfrost,
Fieber und der Absonderung eines durch gelösten Blutfarbstoff
dunkel gefärbten Urins, dann folgt Icterus und häufiges, oft unstill-
bares Erbrechen mit starkem Kräfbeverfall. Der Tod erfolgt häufig
durch Verstopfung der Nierenkanälchen mit geronnenem Hämo-
globin, oder durch massenhaften Zerfall der rothen Blutkörperchen.
Die früher ganz aUgemeine Annahme war die, dass da« Schwarz-
wasserfieber eine bösartige Form der Malaria sei; es zeigte sich
jedoch, dass nicht immer Malariaprotozoen im Blute gefunden werden
konnten; dass femer Chinin nicht allein nichts nützte, vielmehr zu
schaden schien und daher die Chininbehandlung von einer grösseren
Zahl von Tropenärzten direct perhorrescirt wurde. Koch sah 16 Fälle
von Schwarzwasserfieber und fand nur in zweien Malariaprotozoen;
konnte indessen zugleich nachweisen, dass diese mit der Krankheit
selbst nichts zu thun hatten; dahingegen gelang es in dem einen
Falle, direct und regelmässig einen Anfall von Schwarzwasserfieber
durch eine Gabe Chinin hervorzurufen; aUe Patienten hatten vor
ihrer Erkrankung Chinin, zuweilen in grossen Mengen, genommen.
Koch hält daher das Schwarzwasserfieber in der überwiegenden
Mehrzahl der Fälle für eine Chininintoxication bei solchen Personen,
welche in den Tropen eine Idiosynkrasie gegen Chinin erworben
haben; möglicherweise wirken auch andere Körper ähnlich wie
Chinin. Personen, welche eine derartige Widerstandslosigkeit gegen
Chinin besitzen, müssen gegen intercuiTente Malaria andere Mittel.
z. B. Arsen, Methylenblau u. s. w., versuchen.
Oeffentliches Gesundheitswesen. 747
10. Bekämpf ang der Infeetionskrankheiten*).
a. Allgemeines.
W. Kruse verarbeitet in seinem Aufsatz über den Einfluss Volk»
desstädtischenLebensaufdieVolksgesundheitCOentralbl. ««■"»«»b*»^'
f. allg. Gesundheitspflege Bd. 17 j die Statistiken der preuHHinchen
Landesgebiete nach der oben angegebenen Richtung und kommt 7M
dem Schlüsse, dass die Säuglings- und Kindersterblichkeit ClO Jahr)
in den Städten zwar durchschnittlich etwas grösser ist als auf dem
Lande, dass aber die regionären Differenzen viel grösser sind als jene.
Das städtische Leben erhöht die Sterblichkeit der Männer bf^/l^mtend
durch die Art und Weise der Beschäftigung; landschaftliche (re-
gionäre) Einflüsse kommen hierbei nicht in Betracht. Weitaus am
höchsten ist die Sterblichkeit der Männer in den Bezirken der Eiij^in-
und Kohlenindustrie: die Sterblichkeit der Frauen ist in Stadt und
Land wenig verschieden; harte landwirthschaft liehe Arl>eit erhöht
allerdings die Sterbegefahr, das thut die regionär vorhandene Tuber-
culose aber noch viel mehr. Trotzdem die Sterblichkeit überliauj/t
in den letzten Jahrzehnten geringer geworden ist, blieb der Unter-
schied zwischen Stadt und Land bestehen. Die eheliche Fnichrlxir-
keit ist in den Städten geringer als auf dem Lande, doch fallen hier-
bei die regionären Unterschiede stark inü Gewicht. Von einer
körperlichen Entartung der städtischen Bevölkerung kann keii/e li'r'ie
sein, nur treten in einigen Orten im Benif l>».-;rni redete Unterr^-nied*?
bei der wehrpflichtigen Jagend zu Ungunsten der .St-äo*-; auf. D.e
gebildete Jugend ist zwar nicht ab» körperlich mir. 'ierwerri.^ zu
betrachten, sreht aber auch nicht auf der H he d>r ko;-;/-..»-!. 'Le-'-
AusbilduL^-
Sheridan Delc-pine iThe bact eriolc gi cal f^. '<,£:.', ri t Bi*'*. r.v
o f c e r t a i n i n f e c t i o u s diseases in c o l n e c t i ci. w ; * j. ;. •. .,.'. ..?.►«. i ►
health work- L^:.:et. 5. Febr.l g>r i:. Lür^tjerer. A'i-r-i-'-:' ^-^z, --.r^e n . t . * ^-^ l
Ansichten üVrr d:- Ven«-eiy:*>ark*-:: ö-rr hi. r.^ji '. , jri-r :.• .<.- v-c- **- •. "*i
meinwoLL Betrer* der T'i**>:rculv«yr s.il i-i .:,: l-j* --r il --ii^r *'\*^*^*
unterstützt weriri.. e» wiri v^r^:^. :^'*t i . L .-- 2l .1 '< .: T«-
berkelbaciUei. ii,t'^r?«T . Lt w^rle. A-».!:. «r:.'-*** iii. '-r' *".:. jrjt-t^
Scblaimn ä-r Jit^iL ffii.i 'jV Ba.lLr'. l.t -^ *^'- ^' : - *_v-r z:
finden, ee i« rä*ll: L^rr. i-.L r> L-ü:.!:. 3I-.-r:r?.::Lv--'- :,ri z: . j-r-i
Ter^I. A',»-»/r-i_'r* T
4.
748 Gärtner.
Bacterio- die sicher auch auf vereinzelte Bacillen mit Krankheit reagiren.
logische jy^Q bacteriologischen Untersuchungen auf Diphtherie werden unent-
suchungen geltlich gemacht, den Aerzten werden Tuben zur Verfügung ge-
und öffent- stellt, in welchen an einem Eisendraht ein Stückchen sterilisirten
Delöpine Schwammes sitzt, mit welchem sie die verdächtigen Stellen abreiben
sollen. In 204 von 293 verdächtigen Fällen konnte constatirt wer-
den, dass Diphtherie nicht vorlag; in 7 °/o der Fälle gab die ein-
malige bacteriologische Untersuchung kein richtiges Resultat, was
durch die zweite oder dritte Untersuchung corrigirt wurde. Bei
zweifelhaften Fällen von Abdominaltyphus wird nach der Widal-
sehen Methode untersucht. Die Aerzte bekommen in einem Röhr-
chen eine Einstichnadel und eine kleine Grlaspipette. Ist in den
umschnürten Finger oberhalb des Nagelfalzes eingestochen, so wird
der oder die Blutstropfen mit der unten capillaren Pipette abge-
sogen. Die Pipette durch Einhalten in eine Flamme geschlossen.
Ueber dem Coagulum sammelt sich Serum, welches in dem Verhält-
niss 1 : 25 zur Untersuchung verwendet wird. Unter etwa 800 unter-
suchten Fällen waren circa 50*/o kein Typhus. Die Reaction ver-
sagt nur in den ersten Tagen des Typhus, eine spätere Wiederholimg
ergibt die WidaTsche Reaction. Del6pine verlangt für diese Ar-
beiten einen voU ausgebildeten und gut bezahlten Bacteriologen und
ein gut ausgelastetes Laboratorium. Stadt- und Landkreise können
sich vereinigen zur Unterhaltung einer solchen Anstalt, die für die
Aerzte sehr angenehm und erleichternd, für das Publicum aber von
grossem sanitären Werth ist.
Vermeidung Battlehner (Die Verbreitung von ansteckenden Krank»
anstecken- leiten in Badeorten und Sommerfrischen. Schutzmaassregeln
heiten in für die Bewohner und Besucher solcher Orte. Vierteljahrsschr. f.
Badeorten, öffentl. Gesundheitspflege Bd. 30. Referat f. d. deutschen Verein
f. öffentl. Ges. in Karlsruhe) meint, dass Besucher ansteckende
Krankheiten in Bäder und Sommerfrischen mitbrächten, sei seltener
als das Gegentheil. In Bädern und Sommerfrischen sei vor allem
für reichliches, gutes Wasser, für gesunde, mit guten Aborten ver-
sehene Wohnungen, geregelte Abführung sämmtHcher Unrathstoffe
Sorge zu tragen. In den Bassinbädem sei das Wasser unter bac-
teriologischer ControUe häufig zu erneuern. Eines der wichtigsten
Mittel zur Verhütung der Infectionskrankheiten sei die Anzeige-
pflicht der Aerzte. Desinfectionsapparat und geschulte Desinfec-
toren, sowie Absonderungsräume für infectiöse Kranke seien in jedem
Badeort erforderlich, ebenso eine Leichenhalle. Auch für die Bade-
Oeffentliches Gesundheitswesen. 749
orte bedürfe es zur erfolgreichen Bekämpfung der Seuchen eines
gleiclimässig durchzuführenden Reichsseuchengesetzes.
J. G. Nuttall (Zur Aufklärung der Rolle, welche ste- üeber-
chende Insecten bei der Verbreitung von Infectionskrank- ^^s^^sj^on
*^ ^ ^ Iniectionen
heiten spielen: Inf ections versuche an Mäusen mittels Milzbrand, durch
Hühnercholera und Mäuseseptikämie inficirter Wanzen und Flöhe. Wanzen und
12* 1 Ä ll A
Centralbl. f. Bacteriologie u. Parasitenkunde Bd. 23, S. 625) Hess Nuttaii*.
hungrige Wanzen und Flöhe auf mit obigen Krankheitserregern in-
ficirten und dann gestorbenen Thieren saugen und setzte sie halb-
satt auf gesunde Thiere. In keinem einzigen Falle wurde die ELrank-
heit übermittelt. Dann wurden Wanzen, die sich an iniicirten ge-
storbenen Thieren vollgesogen hatten, in gewissen Zeiträumen
ausgedrückt und der Inhalt auf Nährplatten gebracht bezw. in
Thiere injicirt; schon nach wenig, bis höchstens 72 Stunden Hessen
sich lebende pathogene Keime nicht mehr nachweisen, dabei ging
das Absterben bei den warm gehaltenen Insecten viel rascher vor
sich, als bei den in einer Temperatur von 13 ° gehaltenen ; der Koth
von Wanzen enthielt nach 24 Stunden keine virulenten Milzbrand-
bacillen mehr. Bei Flöhen, die auf Milzbrandthieren gesessen hatten,
ergab sich, dass dieselben schon nach 8 Stunden nicht mehr zu in-
ficiren vermochten. Hiemach scheint also die TTebertragungsgefahr
bei den obengenannten Krankheiten durch Flöhe und Wanzen mini-
mal zu sein.
b. Tuberculose.
Der Director der grossen Lungentuberculösen-Heilstätte Allan d
bei Wien, Alex. v. Weismayr (Zur Frage der Verbreitungverbreitung,
der Tuberculose. Wiener klin. Wochenschr. Nr. 46), hat eine „ ^ ^®^ ,
' . Tuberculose
Reihe wichtiger Untersuchungen gemacht, ausgehend von der Arbeit y. Weismayr.
Flügge's über die Tröpfcheninfection. Weismayr fand in üeber-
einstimmung mit Flügge, dass durch Hustenstösse , viel weniger
3urch Singen imd lautes Sprechen , in den Mund gebrachte Prodi-
giosuscultur in Gestalt feinster Tröpfchen verspritzt werde, jedoch
nur in der Richtung des Hustenstosses und auf eine Entfernung von
4 m; nach ca. ^ji Stimde waren die Keime wieder aus der Luft ver-
schwunden. Wurde auf den Boden oder in die auf dem Boden
stehenden Näpfe gespuckt, so waren in der Umgebung der Näpfe
zahlreiche Prodigiosuskeime nachzuweisen, hingegen waren dieselben
nicht aufzufinden, wenn der Auswurf in Dettweiler'sche Flaschen
oder in Brusthöhe befindliche Speinäpfe entleert wurde, oder wenn
750 Gärtner.
in die Hand bezw. in ein Tuch gehustet wurde. Im Mundspeichel
konnten durch die mikroskopische Untersuchung selbst bei weit vor-
geschrittener Lungentuberculose nur wenig Bacillen nachgewiesen
werden; ebenso wenig in den feinen Tröpfchen, die von Tuberculosen
auf Deckgläschen gehustet wurden , die auf eine Platte geklebt
waren und dicht vor den Mund gehalten wurden. Beim blossen
Hauchen waren niemals Bacillen in der Luft nachweisbar, v. Weis-
mayr schlägt vor, den Kranken eine „Spuckdisciplin" beizubringen,
d. h. die Patienten zu veranlassen, sich häufig, insbesondere nach
starken Hustenstössen, den Mund auszuspülen und nur in Speifläsch-
chen oder in Brusthöhe befindliche Speinäpfe zu spucken bezw., wenn
solche nicht vorhanden, in vorgehaltene, oft zu wechselnde Taschen-
tücher zu husten. Der Tropf cheninfection lasse sich so leicht und
erfolgreich entgegentreten.
Prophylaxe St. Balikowski (Noch einige Worte über die Nothwen-
Tuberculose ^ig^eit durch Staatsgesetz geregelter Prophylaxe der
Balikowski. Tuberculose. Wien. klin. Wochenschr. Nr. 14) gibt zunächst zahlen*
massig die eminente Gefahr kund, die in der Tuberculose als Volks-
krankheit Hegt; in Oesterreich z. B. sind von 100 Todesfallen 12,8
der Tuberculose zuzuschreiben. Dann geht er über zu den mähri-
schen Verordnimgen, welche sich besonders auf das Bad Koznau be-
ziehen und die in der That alles enthalten, was man bezw. der
Tuberculoseprophylaxe verlangen kann; sie erstrecken sich auf das
phthisische Publicum, von dem verlangt wird, dass es weder in
Taschentücher, noch auf den Boden spucken darf. Das Curcomite
soll auch auf den Promenaden Speigefasse aufstellen lassen. Die
Vermiether hinwiederum sollen das gleiche in den Wohnungen,
Corridoren, Aborten thun. Die Miethwohnungen sind vor und nach
der Saison gründlich zu reinigen; die Phthisikerwohnungen sind
schon 12 Stunden nach dem Verlassen zu reinigen und zu desinficiren.
Für die Desinfection werden detaiUirte und ausreichende, aber nicht
über das nöthige Maass hinausgehende Vorschriften erlassen. Der Ab.
gang der Phthisiker und die geschehene Desinfection sind der Orta-
poHzeibehörde anzuzeigen ; eine städtische Desinfectionsanstalt ist ßin-
zurichten u. dergl. m. Bezüglich der tuberculösen Milch und des
tuberculösen Fleisches verlangt Balikowski strenge Vorschriften,
um das Verschwinden der Affection unter dem Rindvieh zu bewirken
und damit eine grosse Gefahr für den Menschen zu beseitigen.
W. Aebi, Liegt für die umwohnende Bevölkerung von
Lungencurorten eine vergrösserte Gefahr der Ansteckung
Oeffentliches Gesundheitswesen. 751
mit Tuberculose vor? (Correspondenzblatt f. Schweizer Aerzte An-
Nr. 2.) Davos bietet für die Beantwortung vorstehender Frage gün- steckungs-
stige Bedingungen. Aebi hat die Bevölkerungszahl von 1847 — 97 zu- Einwohner
sammengestellt und die Tuberculosesterblichkeit berechnet. Dabei von Luft-
entstand eine Schwierigkeit dadurch, dass ein erheblicher Procent- ^^^^i '
satz von Personen in Davos ansässig wird, welche zunächst als Pa-
tienten den Ort aufsuchten. Diese stark inficirte Bevölkerungs-
kategorie musste ausgeschaltet werden. Aebi trennt also zwischen
Eingewanderten und Landsassen; während nun die Zahl der Ein-
gewanderten erheblich zunahm, blieb die Zahl der alteingesessenen
Bürger sich gleich. Die Berechnung ergibt, dass die Tuberculose
weder unter den Eingewanderten noch unter den Landsassen durch
den Zuzug der Tuberculosen seit dem Jahre 1866 sich vermehrt hat,
die Tuberculosesterblichkeit schwankt ganz unregelmässig bei den
1300 Landsassen zwischen 0 und 2,3 auf 1000 in jedem Jahr.
J. Schwalbe (Volksheilstätten für Lungenschwind- Volksheil-
süchtige. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 44 u. 45) führt in Wort '*?'"®°/^''
rn ' Tuberculose
und Bild die Tuberculoseheilstätten von Alland bei Wien, Loslau j. Schwalbe.
in Oberschlesien und Heiligenschwendi am Thunersee vor und weist
vor allem auf die zwischen den Heilanstalten bestehenden Differenzen
hin. Sehr werthvoU ist die an die Beschreibung anschliessende
Kritik, die für neuzuerbauende Anlagen von grosser Bedeutung sein
wird. Alland hat neben den grossen Kosten, 6481 Gulden pro Bett,
die grossen Nachtheile, dass es zu viel Kranke, 400, aufnehmen soll,
wodurch die Behandlung erschwert und die Entfernung von der
Heimath für viele Kranke zu beträchtlich ist. Im übrigen ist es
als eine Musteranstalt zu bezeichnen. Li Loslau kostet das Bett
nur 3600 Mark, es ist ebenfalls mit allem hygienischen Comfort aus-
gestattet, nur wird, wohl mit Recht, die Anlage der Küche in der
Südfront des Hauptgebäudes getadelt wegen der dort entstehenden
Gerüche und des Lärmes. Die Dettweiler'schen Speigläser sind dort
verpönt. Der Auswurf soll ausser in den Speigefässen in Becken ent-
leert werden , die an der Wand angebracht sind und mit Wasser-
leitung und Kanalisation in Verbindung stehen. Ln Freien soll das
Sputum in Gruben entleert werden. Der Grundplan von Heiligen-
schwendi erscheint dem Verf. tadellos, doch sind im Betrieb einige
Ausstellungen zu machen; als vorzüglich wird das KJima jüeser
1100 m hoch gelegenen Anstalt bezeichnet.
P. Reille (Les Sanatoriums et l'hospitalisation des tu-
berculeux indigents au IV. Congr^s de la tuberculose. Annal.
752 Gärtner.
Hospitali- d'hygiene publique et de medecine legale, Oct. u. Dec.) stellt in vor-
^*m*°J^ ^^' züglicher Weise zusammen, was bis jetzt in der Unterbringung der
culösen, Tuberculosen geleistet worden ist, nicht bloss in Frankreich, Deutsch-
Reille. land und England, sondern in der ganzen Welt. Er weist zi£Pem-
mässig nach, wie wenig der Staats^ wie viel der Privathülfe zu ver-
danken sei, und hält letztere für die Hauptquelle, aus welcher die
Segnungen fliessen. Als Neues bringt Reille den auch vom Con-
gress acceptirten Vorschlag Legendre's, eine grosse Anzahl kleiner
Sanatorien zu bauen, um so die räumlichen Schwierigkeiten zu über-
winden und leichter, local patriotisch, Kapitalien zu erhalten. Es
wird sogar vorgeschlagen, dass an günstig situirten Orten prac-
tische Aerzte einige Kranke in Pension nehmen könnten. (Letzteres
dürfte doch etwas zu weit gehen. Ref.)
Fürsorge H. Weicker, Ueber die Fürsorge für unsere lungen-
für langen- tranken Reconvalescenten (Deutsche med. Wochenschr. Nr. 20).
k r An 1(6
Reconvales- Wenn die Tuberculosen aus Tuberculoseheilstätten entlassen werden
centen, sollen, so erhebt sich gewöhnlich die Frage, wohin mit den Leuten,
Vir aI^i»^m
die vielfach ihre Stellung verloren haben oder in einer gesundheit-
lich ungünstigen Stellung waren. Den Rath, den Beruf zu wechseln,
können die wenigsten Arbeiter befolgen. Der Verf. empfiehlt Ver-
eine zu gründen, welche die Kreise der Arbeitgeber für die Recon-
valescenten zu interessiren hätten, so dass diese die Reconvalescenten
gern bei den leichteren Arbeiten in den Betrieben anstellten; dafür
müssten aber die Arbeiter in den Heilstätten besonders daraufhin
belehrt, ja abgerichtet werden, recht vorsichtig zu sein, sowohl be-
treffs ihrer eigenen Gesundheit, Ernährung, Alkoholmissbrauch u. s. w..
als auch betreffs des Sputums. Auch seien die Arbeiter auf die
Schädigungen ihres Berufes aufmerksam zu machen und ihnen Mittel
und Wege anzugeben, sie zu vermeiden.
0. Typhus.
Typhus- M. Wilckens,Eine durch Milchinfection hervorgerufene
Verbreitung Typhusepidemie, beobachtet zu Hamburg im Aug.-Sept. 1891
Wilckens. ' (Zeitschr. f. Hyg. u. Infect. Bd. 27). In Hamburg hat seit der Ver-
besserung des Trinkwassers die Typhusmortalität stark abgenonmien,
seit 1893 von mehr als 1000 auf 403 im Jahre 1896. Im Jahre 1897
hielt sich die Typhusmorbidität sehr niedrig, bis sie im August-
September plötzlich rasch anschwoll. Es erkrankten 162 Personen,
darunter nur 43 Männer und 119 Frauen und Kinder. Die Infec-
Oeffentliches Gesundheitswesen. 753
tionen kamen hauptsächlich in drei kleinen Bezirken vor. und es
Hess sich constatiren, dass in denselben nur Personen erkrankt
waren, welche aus bestimmten Milchgeschäften ihre Milch bezogen
hatten. Die Geschäfte bekamen das Getränk von denselben auswärtigen
Lieferanten. Während über die Verbreitung des Typhus durch die
Milch nach den Ausführungen Wilcken's gar kein Zweifel herr-
schen kann, gelang es nicht, die Quelle des ersten Bezuges der
Typhiuskeime zu ermitteln. Die sonst in der Stadt um jene Zeit
vorgekommenen Typhuserkrankungen werden auf Milchconsum von
herumziehenden Milchverkäufem zurückgeführt, die von dem einen der
drei inficirten Geschäfte ihre Waare bezogen hatten.
Eug. Fraenkel und Kister, Ueber Typhusbacillen in Typhus-
Buttermilch (Münch. med. Wochenschr. Nr. 7). Dass Typhus- „^*°'^^^^^'!
^ . , / j^r Buttermiloh,
bacillen längere Zeit sich in Milch halten und vermehren können, e. Fraenkel u.
war bekannt. Die Autoren mussten bei einer Tjrphusepidemie als Kister.
Vermittlerin eines Theiles der Fälle Buttermilch ansehen. Die Ex-
perimente ergaben, dass die Typhuserreger selbst in kleiner Zahl
sich mindestens 48 Stimden in der Buttermilch zu halten vermögen;
länger wird diese Milch nicht aufgehoben, deshalb hatten weiter-
gehende Versuche keinen Zweck. Es ist also bezüglich der Typhus-
ätiologie auch die Buttermilch als Vehikel für die Keime zu be-
trachten.
Charles Porter (The influence for evil of the Midden- Typhus-
privy in the dissemination of typhoid fever. Lancetv«^^'^®^*"'*^'
S. 1120) fand, dass in Stockport die Häuser, welche Gruben be-
sitzen, erheblich, fast 3mal häufiger FäUe von Typhus haben, als
solche mit Wasserciosets. (Das Factum als solches soU nicht be-
stritten werden, ob aber die Gruben die Veranlassung sind oder die
neben denselben bestehenden' übrigen hygienischen Verhältnisse,
dürfte eine offene Frage sein. Ref.)
J. Robertson (Soil as a factor in the spread of cer- Boden als
tain diseases. Brit. med. Joum. Aug. 13, S. 421) hat für 25 Jahre Krankheits-
vefbreitier
die Typhuserkrankungen, in je Öjährige Perioden getrennt, in be- Robertson.'
sondere Karten von England und Wales eingetragen und findet, dass
die stärker befallenen Bezirke immer dieselben sind. 10 ^/o der Er-
krankungen fübrt Robertson auf directe Infection vom Kranken
auf sein Pflegepersonal zurück. Die Verbreitung der Tj^huserreger
durch Milch und Wasser erkennt Verf. wohl an, aber er glaubt
Jahrbuch der practischen Medidn. 1899. 43
i
754
Gärtner.
nicht, dass sie 10°/o übersteigen. Ueber 80**/o der Erkrankungen-
will der Autor auf den Boden zurückführen. Die Typhusbacillen
sollen sich dort besonders an den schmutzigen Stellen, wo sie also
viel Nährstoff zugefiihrt erhalten, über Jahr und Tag halten. Be-
wachsener Boden ist ein schlechter Verbreiter der Bacillen. Auch
sollen sie mit dem Staub durch die Wohnung verbreitet werden und
auf Speise und Trank sich niederlassen, womit eine weitere Infections-
möglichkeit gegeben sei. (Die Ansichten des Autors dürften nicht
ungetheilten Beifall finden , aber sie mahnen , der Frage der Aetio-
logie des Typhus erneut nahe zu treten. Ref.)
Diphtherie
in einer
Schule,
Wesbrook,
Daniel,
Wilson,
Adair.
d. Diphtherie.
F. F. Wesbrook, Mc Daniel, Wilson and Adair, A pre-
liminary communication on bacillus diphtheriae and
its variants in a school, in which diphtheria was en-
de mic (Brit. med. Joum., 16. April). In einem grossen, sehr gut
gehaltenen und gut gelegenen Internat starb seit seiner Einrichtung
die Diphtherie nicht aus. Die absolut negative Untersuchung von
Kanalisation, Wasser- und Milchversorgung u. s. w. führte endlich
dazu, den Rachen der Kinder zu untersuchen, wo dann virulente
DiphtheriebaciUen gefunden wurden. Um die throat-to-throat trans-
mission (die Uebertragung von Rachen zu Rachen) zu verhindern,
wurden die Kinder, bei denen man Diphtherie gefunden hatte, isolirt,
und zwar so lange, bis die nach 14 Tagen wiederholte Untersuchung
2mal keine Bacillen mehr ergab. Die Autoren verlangen, dass der
Rachen von Personen, welche in Contact mit diphtherischen Patienten
gekommen sind, auf Bacillen untersucht werde und dass, wenn solche
gefunden werden, die Personen so lange in Quarantäne verbleiben,
bis die Bacillen verschwunden sind. Das Verschwinden ist nur dann
anzunehmen, wenn zwei auf einander folgende Untersuchungen negativ
ausfallen. Diphtherische Patienten und besonders Reconvalescenten
sollen, wenn irgend möglich, jeder fiir sich in einem Isolirzimmer
gehalten werden. (Es zeigt sich immer mehr, dass für eine erfolg-
reiche Prophylaxe der Diphtherie die bacteriologische Untersuchung
der Rachenorgane der Umgebung erforderlich ist. Ref.)
F. A. Dixey (Diphtheria in London. Brit. med. Joum..
3. Sept., S. 611) weist nach, dass in London die Zahl der Diphtherie-
fälle inuner noch hoch ist, trotzdem sie nach einem stärkeren An-
stieg im Jahre 1896 zu sinken beginnt. Die meisten Diphtherie-
OefFentliches Gesundheitswesen. 755
feile kommen im Herbst vor. In ganz deutlicher Weise erscheint der Diphtheria
Verlauf der Diphtheriekurve eingeschnitten zur Zeit der Schulferien; ^^ London,
diese Erscheinimg ist ganz regelmässig und macht sich sowohl in
den Winter- als Sommerferien geltend; es ist nicht daran zu zwei-
feln, dass der Schulschluss dieses Absinken der Erkrankungen be-
wirkt. Die Mortalität hat seit Einführung des Heilserums ganz
wesentlich abgenommen. Dabei ist die Zahl der Meldungen die
gleiche geblieben, jedenfalls ist sie nicht gestiegen. Dixey fühit
die verminderte Sterblichkeit auf die Behandlung mit dem Antitoxin
als ihre Ursache zurück.
Bezüglich der Prophylaxe der Diphtherie ist nach
Hagenbach-Burkhardt (Hagenbach-Burkhardt und Albr. Diphtherie-
Burkhardt, Ueber Diphtherie-Prophylaxe. Correspondenzblatt der P^op^^y^"«.
Schweizer Aerzte Nr. 3) die Persistenz des Diphtheriebacillus im Burkhardt n.
erkrankten Individuum von grossem Belang. Die Langlebigkeit der^^- Burkhardt.
pathogenen Organismen auf den bereits Genesenen erklärt viele Fälle
von Infectionen, trotzdem die gründlichste Desinfection nach der
Ersterkrankung vorgenommen war. Auch kommt bezüglich der
Prophylaxe in Betracht, dass relativ viele Personen völlig virulente
Diphtheriebacillen beherbergen und trotzdem gesund bleiben. Schützen
kann man die disponirten Personen durch die Injection von Immun-
serum. Die bis jetzt in den Krankenhäusern erzielten Resultate
seien als gute zu bezeichnen. Der Schutz erstrecke sich ungefähr
auf einen Monat, dann müsse die Injection wiederholt werden. Die
hygienischen Maassnahmen wurden von Albr. Burkhardt be-
sprochen. Unter denselben sei hervorgehoben, dass für Schüler und
Lehrer eine Carenzzeit von 10 Tagen nach erfolgter Genesung ver-
langt wird und dass die Pfleger, wenn sie das Krankenzimmer
verlassen wollen, die Oberkleider abzulegen und die Hände zu waschen
haben. Den gesund gebliebenen Geschwistern wird der Besuch von
Elementarschulen, Kindergärten, Kinderheimen, Spielplätzen verboten,
der Besuch der mittleren und höheren Schulen — wegen des höheren,
somit weniger gefehrdeten Alters — gestattet. Bezüglich der Des-
infection ist hervorgehoben, dass das Personal und die Einrichtun-
gen des Sanitätsdepartements jederzeit unentgeltlich zur Verfügung
stehen.
e. Pocken und Impfung.
Urtheil des Reichsgerichts vom 28. April 1896 (Entsch. d. Reichsger.
Bd. 28, S. 332. Beilage zu den Veröffentlichungen des Kais. Gesund-
756 Gärtner.
impfliBten heitsamtes S. 64). Die Angeklagte A. hatte ziu' Nachschau nicht
^"^^ . ihr Kind, sondern ein fremdes gestellt und darauf för ihr Kind einen
Impfscneine ' ^
sind keine Impfschein erhalten. Die Anklage lautete auf Urkundenfälschung,
öffentlichen Die Vorinstanz hatte eine Urkundenfälschung nicht angenommen,
Reichseericht ^^^ Reichsgericht weist die von der Staatsanwaltschaft eingelegte
Revision zurück, da die Impfscheine und Listen nur den Zweck
hätten, die Durchführung des Impfzwanges zu ermöglichen, sie seien
nur Controllregister und nicht Urkunden. Auch dem Impfarzte sei
eine Befrigniss, die Thatsache einer mit Erfolg stattgehabten Impfung
einer bestimmten Person zum öffentlichen Glauben, d. h. für und
gegen Jedermann voll beweiskräftig zu beurkunden, gesetzlich nicht
verliehen.
Impf- Carter (Vaccination rashes. The Lancet, 20. Aug.) theilt
^^^CMte * ^® ^^^ ^® Vaccination folgenden Ausschläge ein in solche, die nur
der Uebertragung der Vaccine zuzuschreiben sind, und solche, wo
zum Vaccinevirus noch ein anderes Virus hinzutritt. Zu den ersteren
rechnet er die secundären Vaccinepusteln , die Urticaria, das Ery-
thema multiforme, welches so selten ist, dass Carter selbst es nie
beobachtet hat. Auf die Resorption der Vaccine können in seltenen
Fällen auch morbiUiforme, scarlatiniforme und ähnliche Erytheme auf-
treten, wie sie auch im Anfangsstadium der Pocken vorkommen:
anscheinend ist eine besondere Disposition hierfür erforderlich. Unter
den Folgekrankheiten, bei denen noch ein besonderes Virus hinzu-
treten müsse, bespricht Carter als die häufigste das Ekzem; er
lässt jedoch nur die Ekzeme gelten, welche vor der definitiven Hei-
lung der Pusteln auftreten. Thut man das, so bleiben wenig Ekzeme
übrig, die auf die Impfring zurückzuführen sind; es sei eine eigen-
thümliche Erscheinung, dass nicht selten nach der Vaccination ein
schon bestehendes Ekzem heile. Betreffs der anderen Krankheiten
bringt der Autor nichts Neues; betreffs der congenitalen Syphilis
meint er, dass die Vaccination möglicherweise den Anstoss gebe fiir
das Hinaustreten aus der Latenz; die Uebertragung von S3rphilis,
Lepra und Tuberculose sei durch die animale Impfung ausge-
schlossen.
Kubier (Ueber die Dauer der durch die Schutz-
pockenimpfung bewirkten Immunität gegen Blattern.
Arbeit, a. d. Kais. Gesundheitsamt Bd. 14) hat die vorhandene Lit-
teratur und Statistik gründlich bearbeitet, um ein möglichst klares
Bild über den Impfschutz zu erhalten. Er kommt zu ungefähr fol-
Oeffentliches Gesundheitswesen. 757
genden Schlüssen. Die Vaccination verleiht gegen Vaccine einen Dauer der
vom 11. Tage an reichenden Schutz, der zuweilen nur Monate, Schutz-
. ° . ' pocken-
meistens ein Jahrzehnt anhält. Die schlecht entwickelten ßevac- Immunität,
cinationspusteln beweisen, dass eine gewisse Widerstandsfähigkeit Kubier,
trotzdem bestehen bleibt. Auch das Ueberstehen der Blattern ge-
währt keinen dauernden Schutz gegen die Vaccine, wenn derselbe
auch etwas kräftiger und nachhaltiger ist als der durch Vaccination
erzeugte. Durch das Ueberstehen der Pocken wird meistens ein
über das ganze Leben dauernder Schutz gegen Variola gewährt;
tritt aber eine Neuerkrankung ein, so verläuft sie mild. Einen so
kräftigen Variolaschutz gewährt die Vaccination nur für die ersten
10 Jahre nach der Impfung, nach dieser Zeit werden die Pocken-
erkrankungen der Geimpften häufiger, aber auch dann noch verlaufen
sie wesentlich milder. In 16 englischen Städten starben in den
Jahren 1892 — 1893 von 611 erkrankten geimpften Kindern unter
10 Jahren 9 (l,5°/o), von 1B28 Ungeimpften 557 (36,5''/o). Im Alter
über 10 Jahren starben von 9598 Geimpften 463 (4,7°/o), von 1047
Ungeimpften 351 (33,7 *^/o). Man kann sagen, Pockentodesfalle sind
in den ersten 10 — 20 Jahren nach der Impfung Ausnahmen.
L. Voigt (Impfschutz und Variolavaccine. Deutsche Impfschutz
med. Wochenschr. Nr. 32) fand, dass Kinder, welche in den Jahren «nd Variola-
V ft 0 c i U 6
1870/71 die Blattern überstanden hatten, nach 7 Jahren schon wieder y^j^ '
zu 50®/o, nach 12 Jahren zu 75®/o für die Vaccine empfanglich waren.
Seit den in Hamburg vorkommenden PockenfaUen impfte Voigt auf
ein Kalb über; 1882 wurde diese Variolavaccine zum ersten Mal zur
Impfung in grossem Maassstabe benutzt, und es zeigte sich, dass bei
den mit dieser Lymphe geimpften Kindern die Re vaccination um
20 — 30®/o weniger Personalerfolge hatte.
Charles Dingle, A short account of the Middl|eb'orough Pocken-
small-pox epidemy 1897;98 (Lancet, 23. April). England ist ^^^f^®^*^'
zur Zeit das Land der Pockenepidemieen ; dort hat man anscheinend
am wenigsten von Jenner gelernt. Vom 22. November 1897 bis
31. März 1898 erkrankten in Middleborough 1200 Personen an Variola,
davon waren Geimpfte 1028 mit 87 Todesfällen (8,40», Ungeimpfte
172 mit 79 Todesfällen (45,93°/o). Die ErkrankungszüFer der Vac-
cinirten und die Mortalität steigt proportional mit der seit der
Impfung verflossenen Zeit. Der Nutzen der Impfung ist hiemach
auf der Hand liegend. Es darf aber nicht übersehen werden, dass
trotz der Impfung, welche beim Andringen der Seuche stattgefunden
758 ^ GÄrtner.
hatte, 24 Personen 2 — 14 Tage nach der erfolgreichen Impfnng
erkrankten, ebenso war in 44 Fällen ein Impfschutz bis 14 Tage nach
der Revaccination nicht vorhanden, in ganz wenigen Fällen traten
Pocken auf bis 4 Wochen nach der Impfung. Der Seuche wurde
dadurch Einhalt geboten, dass fast alle Kranke in das Pockenhospital
kamen, dass an 5 Stellen der Stadt Bureaus mit unentgeltlicher
Impfung eingerichtet wurden und dass, als der Zudrang zu den
öffentlichen Impfterminen aufhörte, die Impfarzte in jedes Haus
gingen und unentgeltliche Impfung anboten.
Thier- L. Stumpf,' Ueber Züchtung von Thierlymphe (Münch.
^«^^^f' nied. Wochenschr. Nr. 5). Der bekannte Vorsteher des Münchener
otuinpf.
Impfinstitutes theilt mit, dass die vielen Fehlerfolge, die er mit
Lymphe verschiedener Art im verflossenen Jahre hatte, zurückzu-
fuhren seien auf das zu junge Kälbermaterial, welches ihrn zur Ver-
fügung stand; ältere Thiere seien für die Pustelerzeugung und Er-
haltung der Virulenz günstiger. Der Keimgehalt der Lymphe sei
möglichst gering zu halten bezw. herzustellen und zu halten, denn
wenn auch beim Fehlen der Bacterien in der Lymphe die entzünd-
liche Reaction um die Pustel infolge Eindringens des Vaccinevirus
entstehe, so sei doch Vorsicht anzurathen. Ausser dem Sedimentiren
und Centrifiigiren entferne der Zusatz von Glycerin etwa vorhandene
Bacterien.
impftechnik, Weichardt, Zur Impftechnik (Zeitschr. f. Medicinalbeamte
Weichar t. -jq-^. g^ jy^^ durch seine Nickelimpf spatel bekannte Autor empfiehlt
als Lymphrecipienten einen vernickelten Metallblock, in welchen eine
keilförmige Vertiefung mit Millimetereintheilung eingeschnitten ist.
Je nach der Entfernung von der Spitze soU man beim Eintauchen
des Impfspatels eine mehr oder minder grosse, von 1 — 5 mg schwan-
kende Lymphmenge erhalten. (Verfertiger: 0. Seytfart in Alten-
burg.)
Bacterien Deelemann (Ueber den Bacteriengehalt derSchutz-
!5 y"^ ' pockenlymphe. Arbeit, a. d. Kais. Gesundheitsamt) untersuchte
Lymphen von allen nichtpreussischen Impfanstalten; er fand im
Cubikcentimeter zwischen 1550 und 8^« Millionen Bacterien. Unter
ihnen waren einige für Mäuse und Kaninchen virulente, dem Bact.
coli ähnliche Stäbchen. Die gelben und weissen Staphylokokken er-
wiesen sich als sehr schwach virulent, denn es gelang nicht, durch
subcutane Einführung von 1 Oese Beincultur Mäuse oder Kaninchen
zu tödten. Bei der Kinderimpfung zeigte sich nie, dass aUe Lym-
Oeffentliches Gesundheitswesen. 759
phen guten Impferfolg brachten, dagegen trat eine gesundheitliche
Schädigung auch bei den Lymphen nicht ein, welche erwiesener-
maassen thierpathogene Keime enthielten, ein erneuter Beweis dafür,
dass von Pathogenität bei Thieren nicht ohne weiteres auf Patho-
genität beim Menschen gefolgert werden darf. Die Anzahl der Keime
nahm mit dem Alter der Lymphe und mit dem Glyceringehalt ab.
Deelemann empfiehlt Thierl3anphe zu verwenden, welche mit
ca. 60°/o Glycerin versetzt und 2 — 5 Monate alt ist. Von Dr. Paul
in Wien wurde eine Lymphe eingesandt, die vollvirulent, aber
beinahe bacterienfrei war, sie enthielt in 1 ccm nur 43 — 104 Bac-
terien und war auf Kälbern unter einem Deckverband gezüchtet.
f. Trachom.
Jul. Hoppe (Die Trachomepidemie und ihre Be- Traohom-
kämpfung im Regierungsbezirk Gumbinnen. Klin. Jahr- öpi*«™*«
buch Bd. 7) ist auf Veranlassung der Regierung 1 Jahr im Bezirk Bekämpfung
Gumbinnen gewesen zum Studium und zur Bekämpfung der Granu- Hoppe,
lose. Hoppe ist anscheinend Dualist, aber auch der Unitarier findet
völlig Berücksichtigung. Als Eintheilung dienen Hoppe die Directiven
V. Hippel's. Die stärkste Verbreitung der verschiedenen Bindehaut-
entzündungen ist in Masuren 49 ^/o und in Litauen 28®/o. Mit der
grösseren Wohlhabenheit ist regelmässig geringeres Erkranktsein
verbunden, und die Zahl der Augenkranken nimmt mit dem Lebens-
alter zu. FoUikelbildung von nicht ausgesprochen trachomatösem
Charakter auf gesunder oder massig entzündeter Conjunctiva ist die
häufigste AugenafPection, das eigentliche Trachom fand sich in Litauen
überhaupt zu 22,9, in Masuren zu 32,2 °/o von sämmtlichen Binde-
hautentzündungen ; femer gibt Hoppe die Zahl der Trachomatösen
bei 800000 Einwohnern auf 4000 an. Der Weg der Trachomver-
breitung ist in erster Linie die Familie. Die Schule hat auch einen
Antheil, aber derselbe ist bei den Volksschulen nicht bedeutend, bei
den höheren Schulen ungefähr gleich Null; an dritter Stelle steht
der Verkehr von Ort zu Ort, und darin ist die Gefahr für den
Westen begründet. Die Prophylaxe liegt in erster Linie in der
besseren Ausgestaltung der socialen Verhältnisse. Ausreichende
Geldmittel, besondere Aerzte, Unterstützung der Aerzte durch die
Lehrer bis zu einem gewissen Grade, zahlreiches Pflegepersonal,
Ambulatorien, periodische Untersuchung der Schüler und klinische
Behandlung. Dieser Theil der Arbeit enthält so vieles Wichtige,
dass derselbe im Original eingesehen werden muss.
760 Gärtner.
g. Thierkrankheiten.
PestBchntz, Dieudonn^, Ueber die Resultate der Yersin^schen
Dieudonnö. ^j^^j Haff kine'schen Immunisirungs- und Heilungsver-
suche bei Pest (Münch. med. Wochenschr. Nr. 36). Yersin hat
zuerst ein Pestserum aus Pferden gewonnen, die steigende Dosen
virulenter Cultur erhalten hatten. Die Heilresultate bei früh an-
gewendetem Serum waren günstige, schwankend nach der Stärke
des Serums zwischen 93 und 60°/o, während unbehandelt nur 10 bis
20®/o genasen. Das Serum soll in erster Linie antitoxisch wirken,
und das durch Behandlung der Thiere mit lebenden Bacillen erzeuge
Serum soll erheblich kräftiger sein als das nur durch Immoni-
sirung mit todten Bacillen gewonnene. Die Haffkine'sche Lnpfdng
ist entgegen der eben erwähnten secundären oder passiven Immun i-
sirung eine primäre oder active. Haffkine injicirt 2,5 — 3,0 ccm
einer durch Erhitzen auf 70® abgetödteten Bouilloncultur , der nach
8 — 10 Tagen eine zweite Injection folgen soll. Euer ist von einer
Heilwirkung nicht die Rede, aber auch die Vorbeugung scheint nicht
übermässig stark zu sein. Denn sie soll weniger das Auftreten der
Krankheit als vielmehr ihre Bösartigkeit günstig beeinflussen. Sie
eignet sich zum Schutze von Aerzten, Wärtern und kleineren Be-
völkerungsgruppen.
Sero- Bourges und M6ry(Surles6rodiagnostic de la morve.
i*f D°A j Semaine m6d. S. 60) haben Meerschweinchen mit Rotz inficirt. Das
oei KOtz, '
Bourges u. Blut derselben zeigte am 9. Tage agglutinirende Eigenschaften; aller-
M6ry. dings nicht in vollkommener Weise, indem nämlich nur kleine
Häufchen von 3 — 8 Bacillen sich bilden, zwischen welchen noch viele
vereinzelte Bacülen frei umherschwimmen. Trotzdem ist das Phä-
nomen scharf und kann zur SichersteUung der Diagnose dienen. Bei
Pferden dürfte allerdings die Malleinprobe vorzuziehen sein, um so
mehr, als das Pferdeblutserum an sich schon eine ziemlich stark
agglutinirende Eigenschaft bezüglich der Rotzbacillen besitzt.
11. KrankenliaiiSy Krankentransport, Militürliygiene.
Dietrich, Krankenpflege im Ehrenamt (Deutsche med.
Wochenschr. Nr. 1). Zur Zeit sind in Deutschland gegen 14000 Dia-
konissen, ITOODiakone, 17500 katholische Krankenpflegeschwestem,
sowie 676 Schwestern der Johanniter und 850 Schwestern vom rothen
Ejreuz. Aber diese genügen immer noch nicht; zudem wollen sich
Oeffentliches Gesundheitswesen. 761
manche Pflegerinnen nicht in die geschlossene Form der Mutterhaus- Krank en-
genossenschaften einpferchen lassen, daher ist ein Verein gegründet |J^®^® *™
zur Sicherstellung von Dienstleistungen der evangelischen Diakonie Dietrich,
(eingetragene Genossenschaft mit beschränkter Haftung), der in
3 Jahren bereits 300 nach den verschiedensten Dichtungen hin gut
ausgebildete Pflegerinnen hinausgesendet hat. — Physikus Henigen
in Siegen nahm Frauen und Mädchen auf V« Jahr in das Siegener
Krankenhaus auf, schickte sie auf V« Jahr in das Augustahospital
und entliess sie dann als Pflegerinnen in ihre heimathlicbe Ge-
meinde; der Anschluss erfolgt an die Frauenvereine, die Besoldung,
ca. 400 Mark jährlich, geschieht durch, die Gemeinde oder den Kreis.
In Posen hat man auch. Gemeindeschwestern eingeführt, diesen aber
das Recht gegeben, sich „ehrenamtliche" Gehülfinnen anzulernen
imd in der Pflege zu verwenden. Dietrich ist gegen diese Ein-
richtung, da sie ein nicht voll durchgebildetes Personal zulasse, also
eine Dilettantenwirthschaft einreisse, den Berufskrankenpflegerinnen
eine nicht nothwendige Concurrenz geschaffen werde und die Hülfe
nicht zuverlässig sei, da die ehrenamtliche Pflegerin letzteres doch
nur so weit sei, als ihre Zeit, ihre übrigen Berufspflichten und ihr
guter Wille das zulassen.
P. Jacobsohn (Berufsmässige und nichtberufs- Berufs-
massige Krankenpflege. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 8) »assige
. », und nicht
schliesst sich den Ausfuhrungen Dietriches betreffs der „ehren- berufs-
amtlichen" Pflegerinnen voll an. Er plaidirt aber dafür, da die Ge- massige
meindepflegerinnen unmöglich allen Dienst leisten könnten, für viele J^neee"
Familien sie auch zu theuer wären, den weiblichen Mitgliedern der Jacobsoim.
weniger gut situirten Classen durch. Aerzte Unterweisung in der
Familienkrankenpflege geben zu lassen und so für den eigenen Be-
darf Pflegerinnen zu schaffen , die zwar nicht tadellos seien , aber
doch mehr leisteten, als jetzt durch die ganz ungeübten Hände der
Familienangehörigen geleistet wird.
George Meyer (Gesundheitspflege und Kranken- Londoner
pflege in London. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 16, 17, 18) ^^^Z^'^«^*^
r o . pflege und
bespricht einen grossen Theil des Londoner Krankenhausbetriebes. Kranken-
Aus der Masse des Gebotenen ragt vor allem und immer wieder p'iege,
heraus, dass in England bezw. in London viel Geld für humanitäre
Zwecke vorhanden und verfiiglich ist. Dadurch gelingt es natürlich
leichter, Gutes und Grosses zu schaffen. Die Erziehung der Pflege-
rinnen dauert 4 Jahre, ihr Dienst ist nicht leicht, aber werden sie
762 Gärtner.
alt und gebrechlich, dann sind reichliche Fonds da, ihnen ein gutes
Otium cum dignitate zu gewährleisten. Für die erste Hülfe sind in
London eine sehr grosse Anzahl Aerzte thätig (auf je 750 Einwohner
kommt ein Arzt), als Eettungsstationen werden hauptsächlich die
durch ganz London vertheilten Hospitäler benutzt. London zeichnet
sich aus durch den grossen Reichthum an Specialhospitälem, z. B.
für Augen-, Ohren-, Kehlkopf-, Lungen-, Haut-, Krebs-, Beinkranke
u. s. w. Die „Fieberspitäler" nehmen die Lifectiösen auf; besondere
Wagen vermitteln auf telephonischen Anruf den Transport unent-
geltlich; nach jeder Benutzung werden die Wagen desinficirt. In
den Fieberhospitälem sind besondere Eingänge und Verkehrsbahnen
für die Lificirten und Nichtinficirten.
Lungen- H. Schaper, lieber die Nothwendigkeit der Einrich-
kran en- ^^jjg besonderer Abtheilungen für Lungenkranke in
haaser, ® .
Schaper. grösseren Krankenhäusern (Berl. klin. Wochenschr. Nr. 8).
Der Director der Charite in Berlin stellt fest, dass gegen 17,B**'o der
innerlich Kranken der Charit^ tuberculös sind; ähnliche Procent-
zahlen ergeben sich in anderen Krankenhäusern. Schaper sagt,
etwa die Hälfte der Kranken müsse in besonderen, zweckentsprechenden
Isolirzimmem des klinischen Hauptgebäudes untergebracht werden,
nämlich die in hoffnungslosem Zustande Eingebrachten, solche mit
stark fotidem Auswurf, die zunächst in Beobachtung zu nehmenden
zweifelhaften Fälle u. s. w. ; für die grössere Hälfte aber solle ein
Krankenhaus-Sanatorium im Charit^gebiet errichtet werden, ein zwei-
stöckiges Gebäude mit einer grösseren Zahl kleinerer Krankenzimmer
und einigen kleinen Sälen. Liegen viele Kranke zusammen, so stören
sie sich gegenseitig die Nachtruhe in erheblicher Weise durch den
Husten; der nach Nordost gerichtete Corridor soll als Wandelbahn
ausgebildet werden, mit Vorbauten, die als Speisezimmer dienen,
an der südwestlichen Front sind 8 m breite, geräumige Liegehallen
gedacht.
Anstalt für Alt, Allgemeines Bauprogramm zur Errichtung einer
Epiieptiacbe^j^g^^l^ für Epileptische und Geisteskranke (Monatsschr.
und OeisteB- r r
kranke, ^- Psych, u. Neurol. Sonderabdruck). Der bekannte Director der Epi-
^t- leptikeranstalt Uchtspringe verlangt für eine Anstalt von 800 Epi-
leptikern (einschliesslich etwa IBO Irren), darunter etwa 100 Kinder
und 100 Pensionäre, zunächst eine klinische AbtheUung (für etwa
150 Kranke) mit je einer Aufnahmebaracke für 25 Männer und Frauen,
]e einer Reconvalescentenvilla fiir je 40 Kranke, je einer Isolir- und
Oeffentliches Gesundheitswesen. 763
Infectionsbaracke für die beiden Geschlechter und einem Lazareth fiir
je 10 Männer und Frauen. Die Fensionärabtheilung ist eine etwas
besser ausgestattete und eigene Küche besitzende Abtheilung der
Männer- und Frauencolonie. Diese bergen je gegen 220 Kranke in
6 Villen. Die innere Ausstattung soll möglichst behaglich sein. Für die
Kinderabtheilung ist eine klinische Abtheilung, insbesondere für die
neu Eingetretenen, Erfordemiss ; die übrigen Kinder werden in Villen
untergebracht. Schulhaus, T\im- und Spielplatz sind recht geräumig
anzulegen. Grossen Werth legt Alt auf die Familienpflege: die
Reconvalescenten werden vor ihrer definitiven Entlassung bei den
ausserhalb des Anstaltsterrains in kleinen Gruppen zusammen-
wohnenden Wärtern untergebracht, wo sie mitarbeitende Familien-
mitglieder darstellen. Die Gebäude für Verwaltungs- und allgemeine
Bedürfnisse sind die üblichen.
K. Alt, Zur Geschichte des Pavillonsystems (Irren- Pavillon-
pflege Jahrg. 2, H. 5). Pavillons sind gewöhnlich zweistöckige *^!u*°^'
Gebäude für Kranke im Landhausstyl, während Baracken einge-
schossige Gebäude darstellen. Das decentralisirende Princip ist
schon uralt. Gegen das Jahr 370 baute der Bischof Basüius vor
den Thoren von Cäsarea eine ganze Ej-ankenstadt mit getrennten
Häusern für die verschiedenen Geschlechter, die Aerzte, Pfleger,
Handwerker u. s. w. In England wurde gegen die Mitte des
vorigen Jahrhunderts der Pavillonbau ausgeführt, darauf 1839 in
Paris (Lariboisiere). In Deutschland wurde das System durch
Professor Reil 1803 für Irrenanstalten empfohlen und 1876 durch
Professor Meyer in Marburg a./L. und 1877 durch Director
Köppe-Altscherbitz für die Irrenpflege durchgeführt.
Fr. Jenner, Die indirecte Beleuch/tung des Isolir- isolir-
zimmers (Monatsschr. f. Psychiatrie und Neurologie S. 248). I^iObefe^chtune
bis jetzt oft recht mangelhafte Beleuchtung der Isolirzimmer ist in Jenner.
Uchtspringe — Anstalt für Epileptiker — in der Weise durch-
geführt, dass eine in weiss emaillirter Köhre steckende Glühlampe
sich in einem schmalen Schacht oberhalb der Thür befindet. Das
Licht wird gegen die Decke geworfen, durch eine rauhe Hartglas-
scheibe hindurch, welche den Lichtschacht nach der Zelle hin ab-
•
schliesst. Die Lichtquelle bleibt dem Kranken verborgen ; die Decke
ist weiss, die Wände sind recht hellfarbig getüncht.
Paul Gerhard (Ueber Feuer-, Schutz- und Lösch-
vorrichtungen in amerikanischen Staats-Irrenhospi-
764
Gärtner.
Fenerscbutz-tälern. Gesundheits-Ingemeur Nr. 16, S. 241) wurde von der
vorrich- gtaats-Irrenbehörde des Staates New York beauftragt, ein kurz ge-
Hospitäler, fasstes Regulativ für Feuerschutz- und Feuerlöscheinrichtungen der
Gerhard. Irrenanstalten auszuarbeiten, und bringt das Regulativ im Gesund-
heits-Ingenieur zum Abdruck. £s kann nicht unsere Aufgabe sein,
hier auf die Arbeit, die sehr viel Gutes enthält, im einzelnen ein-
zugehen ; jedoch seien Krankenhausleiter, die eventuell ihre Klientel
schützen woUen, auf dieselbe besonders aufinerksam gemacht.
Fortschritte W. Croner (Fortschritte der Krankenpflege in den
der Kranken- j^j^j.^j^ 1896 und 1897. Deutsche med. Wochenschr. Nr. 26
pflege,
Croner. und 27) zählt eine Reihe Verbesserungen auf, von denen die an
den Betten gemachten die wichtigsten sein dürften. Für ärmere
Verhältnisse wird statt des Strohsackes gewaschene Haferspreu em-
pfohlen. In der Irrenpflege hat sich bei unreinlichen Ej-anken lang-
faseriges Moos gut bewährt. Das verunreinigte Moos muss täglich
entfernt werden, es kann gewaschen, getrocknet und wieder ge-
braucht werden. Die Einrichtungen, welche dazu dienen, den Kranken
im Bett zu heben, ohne ihn aus seiner Lage zu bringen, sind durch
Zeichnungen erläutert.' Femer werden noch Bettschüsseln be-
sprochen, dann folgen Operationstische u. s. w.
Kranken-
trage,
Nicolai.
H. F. Nicolai, lieber die Construction einer Trage,
welche das Anlegen von Nothschienen erspart (Vortrag
auf d. Moskauer intemat. Congress. Deutsche militärärztl. Zeitschr.
S. 145). Der durch seine Arbeiten auf dem Gebiete des Kranken-
transportes bekannte Verf. hat eine anscheinend sehr practische
Trage construirt. Er geht aus von dem richtigen Princip, dasa ein
vollständiges Ruhen aller Muskelgruppen nicht bei horizontaler Lage,
sondern bei einer zwischen Liegen und Sitzen die Mitte haltenden Lage
möglich sei. Man müsse deshalb eine Trage schaffen, welche fiir die
verschiedenen Verletzungen eine verschiedene Stellung gestatte. Das
erreicht der Autor dadurch, dass er aus Mannesmannröhren , die
nach Art einer Haarnadel umgebogen und winklig über der Fläche
eingebogen sind, zwei Tragenhälften construirt: die eine stellt mit
dem gebogenen Theil den Rückentheil , mit den freien Enden die
unteren Tragstangenenden dar, die andere Hälfte bildet mit dem
gebogenen Theil das Fussende und das Declive für den Unter-
und Oberschenkel, mit den freien Enden die oberen Tragstangen-
enden. Die beiden Hälften brauchen nur zusammengelegt und die
zwei unteren Tragstangenenden durch zwei an dem Fusstheil be-
OefPentliolies Gesundheitswesen. 765
findliche Oesen gesteckt zu werden, und die Trage ist fertig. Um
den Theil für die Oberschenkel zu verlängern oder zu verkürzen,
sind an dem unteren Theil der Trage vier verschiedene Lager-
zapfen angebracht, auf welche je nach Bedarf der Rückentheil
gelegt wird. Soll der Kranke mehr liegen , so werden die un-
teren, soll er mehr sitzen, die oberen Tragstangenenden hoch ge-
stellt. Die anscheinend sehr practische Trage kostet 100 Mark und
ist zu haben bei T. Sahnle, Berlin SW., Friedrichstrasse 225.
Lehrbücher und Monographieen.
£. Aufrecht, Anleitung zur Krankenpflege.
A. Baginsky und 0. Janke, Handbuch der Schulhygiene. 3. Aufl. Bd. 1.
Stuttgart.
Bertog, Brennecke und Dietrich, Beiträge zu einer Reform der ge-
burtshülflichen Ordnung im preussischen Staate. Berlin.
F. Bros in, Ein Ideal der Frauenwelt. Beiträge zur Bekleidungsfrage.
Dresden.
H. Buchner, Acht Vorträge aus der GesundheitslAre. Leipzig.
Die Handhabung der Gesundheitsgesetze in Preussen. Für Behörden, Me-
dicinalbeamte , Aerzte und Gewerbetreibende in einzelnen Abhand-
lungen erläutert. Herausgegeben von Med.-Ass. Dr. Spring feld und
Reg.-Rath F. Sieb er. Berlin.
Bd. 1: Spring feld, Die Rechte und Pflichten der Unternehmer
von Privatkranken-, Privatentbindungs- und Privatirrenanstalten.
Bd. 2: Spring feld, Die Rechte und Pflichten der Hebammen.
E. V. Esmarch, Hygienisches Taschenbuch für Medicinal- und Verwaltungs-
beamte, Aerzte, Techniker und Schulmänner. 2. Aufl. Berlin.
H. Eulenberg und Th. Bach, Schulgesundheitslehre. Das Schulhaus
und das ünterrichtswesen vom hygienischen Standpunkte. 2. Aufl.
Berlin.
A. Gärtner, Leitfaden der Hygiene. Für Studirende, Aerzte, Architekten,
Ingenieure und Verwaltungsbeamte. 3. Aufl. Berlin.
E. Hirschberg, Die sociale Lage der arbeitenden Classen in Berlin.
Berlin.
Ferd. Hueppe, Handbuch der Hygiene. Berlin.
A. Johne, Der Trichinenschauer. Leitfaden für den Unterricht in der
Trichinenschau und für die mit der Controlle und Nachprüfung der
Trichinenschauer beauftragten Veterinär- und Medicinalbeamten.
6. Aufl. Berlin.
F. Kemsies, Arbeitshygiene der Schule auf Grund von Ermüdungsmes-
sungen. Berlin.
K. Ena u SS, Die Stellung der Schule zur Volksemährung. Stuttgart.
766 Gärtner.
R. Koch, Aerztliche Beobachtungen in den Tropen. Verhandlungen der
Deutschen Colonialgesellschaft, Abtheilung Berlin, Heft 7. Berlin.
Kuthy, lieber Lungenheilanstalten. Wien und Leipzig.
C. Mez, Mikroskopische Wasseranalyse. Anleitung zur Untersuchung des
Wassers mit besonderer Berücksichtigung von Trink- und Abwasser.
Berlin.
Mosler, Zur Abwehr ansteckender Krankheiten. Zeitgemässe Rathschläge
für Bewohner und Besucher der Badeorte, insbesondere der Seebäder.
Greifswald.
E. Münsterberg, Die Armenpflege. Einführung in die praktische Pflege-
thätigkeit. Berlin.
M. Pistor, Das Gesundheitswesen in Preussen nach deutschem Reichs- und
preussischem Landrecht. Bd. 2. Berlin.
Fr. Plehn, Die Kamerunküste. Studien zur Klimatologie, Physiologie und
Pathologie in den Tropen. Berlin.
W. Prausnitz, Grundzüge der Hygiene. Unter Berücksichtigung der
Gesetzgebung des Deutschen Reichs und Oesterreichs. München.
Th. Rumpf, Die Cholera indica und nostras. Beilage zu den Jahrbüchern
der hamburgischen Staatskrankenanstalten. Jena.
Rapmund und Dietrich, Aerztliche Rechts- und Gesetzeskunde. Unter
Mitwirkung voi#J. Schwalbe-Berlin. Bd. l. Leipzig.
Th. Sommerfeld, Handbuch der Gewerbekrankheiten. Bd. 1. Berlin.
A. Strümpell, Ueber die Alkoholfrage vom ärztlichen Standpunkt aus.
2. Aufl. Leipzig.
A. Thiele, Vorbeugungs- und Verhaltungsmaassregeln bei Diphtheritis zur
Vertheilung in Familien. München.
J. L. W. Thudichum, Briefe über öffentliche Gesundheitspflege, ihre
bisherigen Leistungen und heutigen Aufgaben. Tübingen.
L. Wagner, Unterricht und Ermüdung. Ermüdungsmessungen an Schülern
des neuen Gymnasiums in Darmstadt. Sammlung von Abhand-
lungen aus dem Gebiete der pädagogischen Psychologie und Physio-
logie. Bd. 1, H. 4. Berlin.
Th. WeyTs Handbuch der Hygiene. Jena. Lfg. 36: A. Weichselbaum,
Parasitologie.
A. T. Tucker Wisa, How to avoid tubercle. London.
A. und H. Wolpert, Die Luft und die Methoden der Hygrometrie. 2. Band
der Theorie und Praxis der Ventilation und Heizung. Berlin.
F. Wolter, Das Auftreten der Cholera in Hamburg in dem Zeitraum von
1831 — 1893. Mit besonderer Berücksichtigung der Epidemie des
Jahres 1892. München.
A. G. Young, Notes on Desinfectants and Desinfection.
Sachregister.
A.
Abdominaltyphos, 8. a. Typhus; Calo-
mel bei 275; Darmtympanie bei
275; Hydrotherapie des 641; con-
tinairliche Irrigation bei 275; Ealt-
wasserbehandluDg des 274; Seriim-
behandlung des 275.
Abnabelnng 413.
Abort 390 ; Einleitung desselben durch
Einführung von Argentum nitri-
cum 398; künstlicher 398; Lysol-
gaze bei fieberhaftem 890; Thera-
pie dess. 390.
Abortion, missed 891.
Abscesse, periauriculäre 495 ; Typhus-
bacillen in solchen 272.
Abwässer, Desinfectionder712; Klä-
rung der 710 ; Reinigung der 708,
709, 710; Reinigung der, nach
Degener's Verfahren 709; Reini-
gung der, von Hannover 712.
Acardii 34.
Accessorius, N. 93.
Accommodation des Auges 457; er-
höhte 470.
Accommodationsanomalieen des Au-
ges 469.
Accommodationsbreite 469.
Accumulatoren, Blei und 720.
Acetonurie bei Gravidität 240; und
Tod der Frucht 240.
Acetylen 718.
Acidum arsenicosum bei malignen
Larynxtumoren 537.
Acne nach Jodgebrauch 545.
Addison*sche Krankheit', Aetiolog^e
ders. 108; Diagnose ders. 108; Stoff-
wechsel bei ders. 107.
Adenoma malignum der Cervix uteri
nach Myomotomie 484.
Adenosarkome der Niere 83.
Aderhaut, s. a. Ghorioidea; Sarkom
der 481.
Aderlass, Blutkreislauf und 310; bei
Scharlachnephritis 246, 602; bei
Urämie 248.
Adnexerkrankungen , entzündliche
447 ; heisse Ausspülungen bei dens.
447 ; Belastungslagerung bei dens.
448; Columnisation bei dens. 447.
Adnexoperation, Stielversorgung bei
445.
Aerztlicher Beruf, Gefahren dess.
698.
Aether, Einfluss dess. auf die Wehen
896, 658.
Aethermaske 317.
Aethemarkose, Affectionen der Luft-
wege nach 318.
Aetherspray bei Neuralgieen 88.
Aetherische Oele 663.
Aethylchloridnarkose 318.
Aetzmittelträger nach Wolff 521.
Agglutination, s. a. WidaPsche Re-
action; 6, 274; und Immunität 267;
des Koch'schen Bacillus 161.
Airol, Dermatitis nach 546.
Ajaccio 617.
Akinesia algera 89.
Aktinomyces, ihre ünität 19.
Aktinomykose 18, 294; Eucalyptusöl
768
Sachregister.
bei 295; Jodkali bei 294; A. der
Lungen 163, 294.
Aktinomykosepilz 294.
Albnmen, s. a. Eiweisa; quantitative
Bestimmung dess. 231.
Albuminurie durch Autointoxication
236; bei Diabetes 237, 303; ohne
Erkrankung der Hamorgane 235;
— »Hydrämie undHydropsbeiBrigh-
tikem 243; transitorische 236.
Albumosen, Nachweis dors. 231.
AlbumoBurie und Fieber 239; und
Enochenleiden 240; bei Myxödem
239.
Alcaptonurie 240.
Alexander'sche Operation, Zunahme
der Hernien nach ders. 428; bei
Retroflexio uteri 427.
Algerien als Wintercurort 616.
Alkalien bei Gicht 307.
Alkohol, 8. a. Spiritus; Athmung und
653; Wirkung dess. auf Bacterien
2; Bekämpfung des — missbrauchs
726; und Blutalkalescenz 654; sein
Werth als Desinfectionsmittel 385;
zur —frage 726; beim Nabelver-
band der Neugeborenen 418; bei
Otitis externa 496; Injection von
— bei arteriellem Rankenangiom
329; als Yerbandmittel 327; und
Verdauung 653.
Alkoholintoxication , s. a. Alkohol-
missbrauch, Alkoholvergiftung.
Alkoholismus 132; und Epilepsie 97;
und Selbstmord 132.
Alkoholvergiftung, s. a. Alkoholin-
toxication, Alkoholmissbrauch ; 6e-
hirncirculation bei acuter — 123.
Alopecia areata 551 ; syphilitica 569.
Ammoniak im Blut 309.
Ammoniumchlorid bei Dysenterie
288.
Ammonium sulfoichthyolicum bei
Lungentuberculose 156.
Amnesie und Dämmerzustand nach
Himerschüttenmg 65; mit Erhal-
tung des Zahlengedächtnisses 66;
nach Erhängungsversuch 130
Amöbendysenterie und -Enteritis 220.
Amöbenreincultur 20.
Amyloid 26.
Anämie 810; Centralnervensystem
bei acuter 49, 310; pemiciöse 21,
311; pemiciöse, BothriocephaluB
bei ders. 813; pemiciöse und Ma-
genatrophie 209; pemiciöse, Pa-
thologie ders. 311; und Rücken-
mark 318.
Anästhesie, s. a. Narkose, Anästhe-
sirung; 317; locale 319.
Analeptica 665.
Anatomie, pathologische 1.
Aneurysma, Behandlung dess. 193;
der Carotis 194; dissecans 195;
der Herzklappen 37; traumaticum
88.
Angiom 30.
Angiomyxom der Nase 525.
Angiosarkom der Zunge 528.
Angiotripsie, Blutstillung durch 828.
Anguillula intestinalis 20, 221.
Anüismus 720.
Ankylose, wahre, des Eiefergelenks
346.
Ankylostomum 21; im Darm 221.
Anorexie, hysterische 583.
Antinosin bei Augenkrankheiten 467.
Antipyrin, Exantheme nach 545 ; Ver-
giftung mit 676.
Antisepsis, s. a. Sterilisation, Asepsis,
Desinfection ; und Asepsis 328.
Antiseptica 658 ; für Magen und Darm
213; und Toxine 658.
Antistreptokokkenserum bei Carbun-
kein 542; bei Erysipel 288; bei
Mittelohreiterang 503.
Antitoxin, sein Schicksal im Körper 14.
Anytin 661.
Anytole 661.
Aorta, Embolie der — abdominalis
195 ; Obliteration ders. an der Mün-
dung des Ductus Botalli 182.
Aortenaneurysma, traumatisches 704 ;
Zusammenhang von Ruptur eines
— mit einem vor 7 Jahren erlitte-
nen Unfall 704.
Aortenbogensklerose, neues Symptom
ders. 193.
Aorteninsufficienz, Intervall zwischen
Spitzenstoss und Radialpuls bei 187 :
Verhalten des rückläufigen Blut-
stroms bei 186.
Aortitis tuberculosa 38.
Aphasie, amnestische 65; durch ur-
ämischen Anfall 66; bei Urämie
245.
Apoplexia, Behandlung ders. 60;
uteri 43; des linken Sehhügels Gl.
Appendicitis 219, 362; und Wander-
niere 258.
Arbeiterhygiene 718.
Arbeiterversicherung 721.
Sachregister.
769
Arbeiterwohlfahrt, Centralstelle für
721.
Argentamin als Prophylacticum gegen
Ophthalmia neonatorum 465.
Argentum nitricum, s. a. Höllenstein;
bei Erkrankungen der unteren Ham-
wege 260; zwecks Einleitung des
Aborts 398.
Argentum orthophosphoricum bei
Öonorrhoe 564.
Arsen in den Haaren 541, 684; Nach-
weis dess. 683; Vergiftung mit 677,
678.
Arsenicismus, Hautveränderungenbei
541.
Arsenlähmung 684.
Arsen Vergiftung, Blut bei 21.
Arteria maxillaris interna, Verletzun-
gen der 332.
Arteria uterina, präventive Unter-
bindung der — bei Uterusexstir-
pation 442.
Arteriitis 192.
Arteriosklerose 192; des Gehirns 56;
mit Neurasthenie, Behandlung die-
ser CombinationlOl ; Retinalhämor-
rhagie bei ders. 56 ; Röntgenstrah-
len bei 196.
Arthritis, Anfälle von — bei Migräne
108.
Arznei und Magen 212, 644.
Arzneimittellehre 644; Lehrbücher der
680.
Asepsis, 8. a. Desinfection , Sterili-
sation, Antisepsis; und Antisepsis
323; des Nahtmaterials 323; des
Operationssaals 325 ; Ursachen miss-
lungener 324; bei frischen Wun-
den 323.
Associationscentren von Flechsig 55 ;
Asthma bronchiale, Atropin bei 149 ;
Behandlung und Pathogenese des
148;Pathologie undTherapiedesl48.
Ataxie, cerebellare 583; cerebellare
hereditäre 63.
Athemübungen bei chronischen Lun-
genleiden 147.
Athemzug, erster, und Vagitus uteri-
nus 690.
Athetose bei Taenia saginata 50.
Athmung und Alkohol 653; physi-
kalische Functionsprüfung der 144.
Athmungsorgane , Krankheiten der
141 ; Krankheiten der — und Bac-
terien 142; Krankheiten der — bei
Kindern 586.
Jahrbuch der practischen Medicin. 1899.
Atresia ani 35.
Atropin bei Asthma bronchiale 149.
Auge, Accommodation dess. 457; An-
ästhesirung dess. mit Holocain 462 ;
Anatomie und Physiologie dess. 455 ;
Bestimmung der Projection dess.
472 ; Coordinationscentrum derMus-
keln dess 458; Glaukom im linsen-
losen 482; Injection von Eiterer-
regem in die vordere Kammer dess.
460; Medicamente für das — in
öliger Lösung 465 ; Pityriasis rubra
pilaris am 544; Röntgenstrahlen
bei Fremdkörpern im 460; Schleich-
sche Infiltrationsanästhesie beiEnu-
cleation dess. 461; offene Wund-
behandlung bei Operationen am
461.
Augenentzündung, s. a. Bindehaut-
entzündung, Conjunctivitis, Tra-
chom, Ophthalmie; der Neugebor-
nen 475.
Augenerkrankungen bei Malaria 488 ;
und Nasenaffectionen 486.
Augenfacialis, Paralyse des 70.
Augengläser, isometropische 468.
Augenheilkunde 455 ; Lehrbücher und
Monographieen 488.
Augenkrisen, tabische 81.
Augenmuskellähmung bei Nephritis
487 ; bei Otitis media purulenta 502.
Auswurf, 8. Sputum.
Autointoxication als Ursache der Epi-
lepsie 96.
Autointoxicationsalbuminurie 236.
Axenzugzange, Umwandlung des For-
ceps in eine 400.
B.
Bacillen (s. auch Bacterien), anaerobe,
bei Tympania uteri 410.
Bacterien, ihre Ausscheidung durch
Drüsen 2; und Erkrankungen der
Athmungsorgane 142; des Keuch-
hustens 15; ihre Lebensdauer bei
Einwirkung äusserer Agentien 2;
in normalen Lungen 2; Morpho-
logie der 1; postmortales Ein-
dringen ders. 4; und Prima inten-
tio 326; ihre Uebertragung durch
die Luft 3; ihre Uebertragung
durch Wanzen 3; Wirkung des Al-
kohols auf 2; Wirkung der Rönt-
genstrahlen auf 1.
49
770
Sachregister.
Bacteriengifte , ihre Wirkupg vom
Darmkanal aus 15.
Bacteriologie 1.
Bacteriologische Untersuchungen und
öffentliches Wohl 747.
Bäder, heisse, bei Chlorose 811;
Infectionskrankheiten in Bädern
und Sommerfrischen 748.
Balantidium coli 220.
Ballondilatation zwecks Einleitung
der Frühgeburt 398.
Balneologie 611.
Balneotherapie, Diurese und 623;
und Ischias 623; der Ereislaufs-
organe 624; und Menstruation 622;
und Psoriasis 628.
Barlow'sche Krankheit 605.
Basedow'sche Krankheit 86 , 108; ar-
tificielle 108 ; complicirte Fälle ders.
104; familiäres Vorkommen ders.
108; Krankheitsbild ders. 104; ope-
rative Behandlung ders. 105; pa-
thologische Anatomie ders. 108;
undSchilddrüsentheoriel08 ; Schild-
drüsentherapie bei ders. 106; Sym-
pathicotomie bei ders. 105; Ent-
stehung der Tachycardie bei ders.
104.
Basis cranii, Labyrinthverletzung bei
Fractura 516.
Bauchdeckenabscess, Gonokokken in
— nach Sectio caesarea 410.
Bauchfell, s. a. Peritoneum; seine
Resistenz gegen Infectionen 327;
Tuberculose dess. 451.
Bauchnarbenbrüche nach ventraler
Laparotomie 444.
Bauchspalte 34.
Bauchverletzungen, penetrirende 856.
Beckeneiterung, Drainage durch einen
Uteruskatheter bei 448; Fisteln
nach 448; operative Behandlung
der 448.
Beckenschätzung, manuelle 397.
Beckenverletzung 333.
Beleuchtung 717; der Isolirzimmer
763; der Schulzimmer 737.
Bell'sches Phänomen und Facialis-
lähmung 90.
Benzacetin bei Migräne 109.
Bergfieber und Typhus 272.
Ben-Beri 89.
Bettstoffe, Wärmeleitung der 730.
Bewegungsorgane 44.
Bewegungstherapie 52.
Bilharzia 20.
Bindehautentzündung, s. a. Augen-
entzündung, Conjunctivitis, Tra-
chom, Ophthalmie; Bacteriologie
der acuten 475.
Bindehautkatarrh und Ichthyol 467.
Bitterwasser, Fettresorption und 626 ;
-Rubinat 626.
Blase, 8. a. Harnblase, Cystitis; su-
prasymphysäre Transplantation des
Penis und der Harnröhre in die
— 372.
Blasengeschwulst bei Eandem 597.
Blasenlähmung nach Diphtherie 268»
Blasenspasmus bei Kindern 597.
Blasensteine , Röntgenstrahlen bei
dens. 262.
Blausäure, Vergiftung mit 686.
Blei und Accumulatoren 720.
Bleispitzengeschosse 882.
Bleivergiftung bei Kachelofenarbei-
tern 719.
Blepharochalasis 478.
Blepharoptose 66.
Blut, 8. a. Blutnachweis, Blutzellen ;
21; Alkalescenzbestimmung dess.
808; sein Ammoniakgehalt 809;
antibacterieUe Wirkung des ve-
nösen —es 267; bei Arsenvergif-
tung 21 ; Eisen bestimmung in de ms.
809; eosinophile Zellen in dems.
bei Trichinose 309; seine Kohlen-
säure und Alkalescenz 809 ; Nach-
weis von — im Harn; bei Nephri-
tis und Urämie 244; Pathologie
dess. 308; spectraler — nachweis
694; Unterscheidung von Thier-
und Menschen — 696; Verände-
rungen dess. bei Typhus 271; Wir-
kung von Extr. filicis maris auf —
22.
Blutalkalescenz und Alkohol 654.
Blutbewegung in den Venen 169.
Blutgefilsse, die sensiblen Nerven-
endigungen in dens. bei Säugern
174.
Blutgerinnung 22.
Blutkörperchenzählung , Luftdruck
und 611; bei Magenkrebs 210.
Blutkreislauf und Aderlass 310.
Blutleere, als locales Anästheticum
320.
Blutnachweis, durchFormaldehyd694 ;
Guajakwasser - Superoxyd-Reaction
beim forensischen 696.
Blutplättchen 309.
Blutstillung durch Angiotripsie 828.
Sachregister.
Blutstrom, rückläufiger bei Aorten-
insufficienz 186.
Blutung des Kehlkopfs 538; aus ge-
sunden Nieren 237; des Rachens
530; traumatische — um und in
das Rückenmark 352; heisser Was-
serdampf bei — der Leber und
Niere 367.
Blutveränderung im Gebirge 612;
durch thermische Einflüsse 640.
Blutzellen (s. a. Blut, Blutnachweis),
forensischer Nachweis der — durch
Pepsin- Glycerin 695.
Bocca d'Amo 619.
Borsäure, Zinkoxyd und, bei Oto-
mykosis 496.
Bothriocephalus bei pemiciöser An-
ämie 313.
Bottini'sche Operation bei Prostata-
hypertrophie 373.
Brachialneuralgie und Brachialgie
93.
Brandwunden, Pikrinsäure bei 543.
Braun'scher Haken, Decapitation mit
dems. 401.
Bromacne 544.
Bromoform, Vergiftung mit 675,
688.
Bronchien, Krankheiten der 147.
Bronchiolitis, Schultze'sche Schwin-
gungen bei 586.
Bronchitis, Aetiologie der primären
croupösen 148 ; Behandlung der 148 ;
fibrinöse 36.
Bronchoskopie, directe 522.
Bruchpforten, osteoplastischer Ver-
schluss grosser 366.
Brust, 8. a. Thorax, Brustkorb ; Krank-
heiten der 350.
Bruijtfell, Krankheiten dess. 164.
Brustkind, Stoifwechsel beim 580.
Brustkorb, s. a. Thorax, Brust; Er-
schütterungen dess. in ihrem Ein-
fluss auf Lungen- und Pleuralge-
fösse 705.
Bubonen, Behandlung der 566.
Buchstabenblindheit , Wortblindheit
ohne 66.
Buckel, Apparat zur Streckung dess.
351.
Butter, Bacterienbefunde in der
721.
Buttermilch, Infection ders. durch
Typhusbacillen 269, 753.
Buttermilchsuppe zur Sänglingser-
nährung 594.
C, s. auch K.
Caissonarbeiter, Sectionsbefunde bei
solchen 704.
Calomel bei Abdominaltyphus 275;
Injectionen von — bei Lupus
558.
Campher bei Influenza 278; Vergif-
tung mit 677.
Canthariden, Immunität der Igel
gegen 265.
Carbolgangrän 685.
Carbolsäure in der Unfallheilkunde
327 ; Vergiftung mit 674 ; angeb-
liche Vergiftung mit 685.
Carbunkel , Antistreptokokkenserum
beim 542.
Carcinom, s. a. Krebs; der Cervix
nach Myomotomie 434; des Ei-
leiters 441 ; Knochenmark bei 44 ;
Knochenmetastase bei 44 ; Lymph-
apparat des Uterus und Beckens
bei — des Collum 433 ; endolaryn-
geale Operation des Kehlkopf — s
536; des Mittelohrs 513; des Ohres
514; Psychosen bei 126; abdomi-
nale Operation bei — des Uterus
436; am prolabirten Uteras 434.
Cardiaca 665; bei Epilepsie 99.
Carolinenglück, Katastrophe auf der
Zeche 686.
Carotis, Aneurysma der 194.
Castration, ihre Folgen beim Weibe
44, 438.
Centralnervensystem, Alteration dess.
bei Inanition 55; Alteration dess.
bei Morphiumintoxication 55; An-
ämie und 310; bei acuter Anämie
49; Fehlen dess. 35; Krankheiten
dess. 54; Nervenendigung in dems.
54; seine Regeneration 27.
Centralwin düngen, Markfaserngehalt
in dens. 54.
Centrifugalfilter 234.
Cerebrospinalmeningitis, s. a. Menin-
gitis cerebrospinalis.
Cerebrotomie bei nachfolgendem
Kopf 402.
Ceruminalpfröpfe, Erweichung ders.
495.
Cervicalmark.Faserverlauf der Hinter-
wurzeln im 71.
Cervixcarcinom , constante Wärme
bei inoperablem 434.
Cervixincisionen bei Eklampsie 408
Cheiromegalie bei Syringomyelie 77.
772
Sachregister.
Ghelidoniumeztracb , Vergiftung mit
690.J
Chemotaxis 10.
Chinin bei Influenza 278.
Chinoline bei Malaria 286.
Chinolin-Wismuth-Rhodanatöei, 660.
Chinopyrin 655.
Chirurgie 317; üntersuchungsmetho-
den in der 321.
Chloride, Rentention ders. bei Urämie
244.
Chloroform, Herzganglien und 653;
tödtliche Nachwirkung dess. 417;
Zersetzung dess. durch Graslicht 687.
Chloroformnarkose 317, 687.
Chlorom des Schläfenbeins 509.
Chlorose 310; Hydrotherapie der
636; Therapie 310.
Cholelithiasis, s. a. GaUenstein 226;
und Glykosurie 226; und Karls-
bader Cur 226.
Cholera 268; Bildungsstätte der
— antitoxine 268; Prophylaxe der
268.
Choleragift, Bindung dess. 5.
Chondrom 80.
Chorditis vocalis inferior hyper-
trophica 533.
Chorea 113; Huntington'sche 114;
— minor bei Fremdkörpern im Ohr
496.
Chorioepithelioma malignum 437.
Chorioidea, s. Aderhaut.
Chorioiditis exsudativa, Thiosinamin
bei 465.
Chylothorax, doppelseitiger, trauma-
tischer 166.
Cimicifuga racemosa bei Ohrensausen
494.
Circulation, Wirkung von Umschlägen
auf Temperatur und 639.
Circulationsorgane 37.
Cirrhose der Leber 225.
Cocain bei Diabetes 305; bei Rigi-
dität des Muttermundes 400.
Cocainanästhesie , regionäre 320;
Tracheotomie unter 539.
Cöcum, Erkrankungen dess. 221;
Tuberculose dess. 222, 362.
Coffeon 665.
Colchicin, Vergiftung mit 689.
Colica mucosa 224.
CoUateralkreislauf 22.
CoUoide, Diurese durch 664.
Collyrien, ölige 465.
Colostrum, seine Entstehung 44.
Colpektomie bei Greisinnen 419.
Colporrhaphia mediana 419.
Columnisation bei entzündlichen
Adnexerkrankungen 447.
Coma diabeticum, Salzwasserinfusion
bei 305.
Conjunctiva, Mikroorganismen in der
459.
Conjunctivitis (s. a. Augenentzündung,
Bindehautentzündung , Trachom,
Ophthalmie), Antinosin gegen 467;
blennorrhoica , Protargol gegen
466; blennorrhoica, subconjuncti-
vale Sublim atinjection bei 462.
Constitutionskrankheiten 299.
Conus terminalis, Diagnose der Affec-
tionen dess. 74.
Coprin bei Influenza 277.
Cornu cutaneum 548.
Coronillin 665.
Cosaprin 655.
Coxa vara 374.
Coxitis tuberculosa, Röntgenstrahlen
bei 322.
Craniektomie 343.
Cranioklast, viertheiliger 401.
Creeping disease 553.
Cuneohysterectomia vaginalis 427.
Curettement des Uterus 420.
Curpfuscherei in Preussen 699
Cyankali, Vergiftung mit 686.
Cysten 84; solitäre, der langen
Röhrenknochen 338.
Cysticercus im dritten Hirn Ven-
trikel 68.
Cystinurie 251.
Cystitis, s. a. Blase, Harnblase.
Cystitis, Acidität des Harns bei 261 ;
Behandlung 259; chronica 566:
Orthoform bei 260; pseudomem-
branacea 261; und Pyelitis 252:
Pyoktanin bei 260 ; Salosantal bei
260; traumatische 259.
Cystocele 370, 371; Behandlung der
418.
Cystopexie 371.
Cystorrhaphie 371.
Cystoskopie 234.
Cystotomia suprapubica bei Prosta-
tikern 378.
D.
Dämmerzustand mit Amnesie nach
Himerschütterung 65 ; hysterischer
701.
Sachregister.
773
Dampfbäder , Magensecretion und
638.
Darm 214; Anchylostomum im 221;
Antiseptica für den 213; Functions-
prüfung desB. 216; und Magen-
functionen 214.
Darmatrophie 224.
Darmausschaltung, totale, bei Koth-
fistel 363.
Darmbewegung, rückläufige 39.
Darmgeschwüre bei Urämie 245.
Darmkrankheiten , Säureintoxication
bei, der Kinder 593.
DarmknOpfe 328.
Darmnaht 361.
Darmruptur bei Neugeborenen 691.
Darmscheidenfistel nach Elemmbe-
handlung bei vaginaler Total-
exstirpation 442.
Darmscbirm 828.
Darmstenose bei Hysteria virilis 228 ;
infolge von Schleimhautgangrän
363.
Darmtympanie bei Abdominaltyphus
275.
Darmwandbrüche 364.
Decapitation mit Braun'schem Haken
401.
Deciduoma malignum 437.
Degeneration 26; amyloide 26.
Delirien, toxämische, bei Herz-
kranken 179.
Dermatitis nach Airol 546; arte
ficialis 544.
Dermatomyositis 86.
Dermatosen, Berufs — der Photo-
graphen 544; entzündliche 542;
Eresamin bei 560.
Dermoid 33.
Dermoidcysten des Mediastinum anti-
cum 854.
Desinfection (s. a. Sterilisation, Anti-
sep8i8,A8ep8is)durchAlkohol885;de6
Operationsfeldes 325; mit Phenol
und Salzen 742; prophylaktische —
der Ereissenden 386; Theorie der
658; der Wohnung durch Formal-
dehyd 741.
Desinfectionsapparat Abba-Bastelli
742.
Desinfectionsdienst 743.
Diabetes insipidus 806; insipidus,
bitemporale Hemianopsie bei 59;
mellitus 299; mellitus, acuter 808;
Albuminurie bei 237; mellitus,
Albuminurie bei 303; mellitus,
Cocain bei 305 ; mellitus und £pi-
lei)sie 97, 308 ; mellitus, Fettleibig-
keit und Gicht 301; mellitus vom
gynäkologischen Standpunkt 416;
von Hausgenossen 301; Hydro-
therapie des 637; mellitus und
Hypophysis cerebri 62; mellitus
und Eohlehydrate 304; mellitus,
EohlensäureausBcheidung bei 304 ;
mellitus, Lävulose und Pentosen
bei 305; mellitus, Pankreasextract
bei 305; mellitus und Pankreas-
kolik 302; und Psoriasis 302;
mellitus, Psychosen bei 127; melli-
tus, Salol und Pankreasfunction
bei 302; mellitus, Stoffwechsel bei
304 ; mellitus und Syphilis 302 ; mel-
litus, Zymase bei 305.
Diät bei chronischer Nephritis 248;
bei Hyperacidität des Magens 211.
Diätbüchlein 228.
Diätcuren, vegetabilische 636.
Diarrhoe, Hydrotherapie der 635.
Diastatisches Ferment bei Säug-
lingen 579.
Diazoreaction 241; bei Malaria 286.
Dickdarmsondirung 216.
Dickdarm Verdauung 215.
Dilatator pupillae 455.
Diphtherie 13; Blasenlähmung nach
263; Diagnose 598; Immunisirung
gegen 602; Lähmung nach 50, 602;
in London 754 ; Mischinfection bei
598; Prophylaxe der 755; und
Scharlach 14; in einer Schule 754;
Serumbehandlung der 600; £in-
fluss des Status lymphaticus auf
den Ausgang der 601.
Diphtheriebacillen 13; Gifkwirkung
der 13; und Streptokokken 14;
verschiedene Arten der 14; Wachs-
thumsformen 13.
Diphtherieserum 669; Nebenwirkung
des 601; Peptonurie nach 602.
Diplococcus intracellularis bei Menin-
gitis 16; bei Mittelohreiterung
498.
Disposition 4.
Diurese, Balneotherapie und 623;
durch CoUoide 664.
Diuretica und Glykosurie 300, 664.
Diuretische Wirkung der Salze 663.
Doma Watra 631.
Drehschwindel, einseitiger 59.
Drucksonde bei Mittelohraffectionen
499.
774
Sachregister.
Ductas Botalli, Persistenz des 38,
183, 184; lingualis, Pathologie des
528; omphalo-entericas, Persistenz
des 582; thoracicus, operative Ver-
letzungen des 354; thoracicus, Ver-
letzungen des — am Halse 853.
Dünndarm, Hämatom dess. 224;
Lymphosarkom dess. 224; Reac-
tion seines Inhalts 214; Resorption
im 40.
Dünndarmbewegung 214.
Duodenalgeschwür, Behandlung des
perforirenden 360.
Duodenalstenose durch Gallenstein
223.
Dura mater, Teratom der 33.
Duralinfusion 59.
Dysenterie 287 ; Aetiologie 287 ; Am-
moniumchlorid bei 288; Gelenk-
affectionen bei 288; Höllenstein
und Kupfersulfat bei 288; Leber-
abscess bei 288; Magnesium sulfat
bei 288.
Dysenterieamöben 19, 20.
Dysmenorrhoe , Endometritis und
Abrasio 421.
Dyspepsie, nervöse 212.
Dystrophia muscularis progressiva
87.
Dysurie 262.
£.
Echinococcus der Beckenknochen 337 ;
der Harnblase 263; der Lungen
163; der Muskeln 336; der Niere
255; im rechten Ovarium 439; an
den grossen Schenkelgefässen 337 ;
und Syphilis 570; multilocularis
der Wirbelsäule 352.
Echinokokkotomie 328.
Eierstock (s. a. Ovarium), Tubercu-
lose dess. 452.
Eileiter, s. a. Tuba Fallopiae; 440;
Gravidität nach Entfernung beider
440; Sterilisirung durch Operatio-
nen am 441.
Eisen in der Leber nach Splenek-
tomie 22 ; Resorption dess. 40, 203 ;
Resorption und Ausscheidung dess.
665; subcutane Inj ection von 310,
668.
Eiterstreptokokken und Erysipel-
kokken 10.
Ei weiss (s. a. Albumen) , Nachweis
dess. durch Quecksilbersuccinimid
231.
Eiweisskörper, ihr Bindungsvermögen
für HCl, NaCl und NaOH 203.
Ekajodoform 660.
Ekchymosen, Erstickung und sub-
pleurale 693; postmortale Ent-
stehung von 693.
Eklampsie 41, 402; als Autointoxi-
cation 402; Behandlung 403; Cer-
vixincisionen bei 403; Kaiserschnitt
bei 404; pathologische Anatomie
der 402; Temperatur bei 403;
Veratrum viride bei 403.
Ekzem, Naphthalan bei 543 ; Pikrin-
säure bei 543.
Elektrische Ströme, hochgespannte,
Unglücksfälle durch dies. 51.
Elektrolyse bei Sklerodermie 550;
bei chronischer glandulärer Ure-
thritis 263.
Ellenbogenluxation, Behandlung irre-
penibler 381.
Embolie 21; der Aorta abdominalis
195; im Wochenbett 410.
Embryom des Hodens 33.
Emphysem der Harnblase 11.
Empyem der Oberkieferhöhle, Orbital-
phlegmone nach 474.
Empyemoperation , Nachbehandlung
der 355.
Encephalitis, hämorrhagische 58.
Enchondrofibroma cysticum der lan-
gen Röhrenknochen 338.
Endarteriitis , elastische Fasern bei
38; spontane Gangrän bei 38.
Endocarditis 184; gonorrhoica 184.
564; und Ohraffection 518; tuber
culosa 12; experimentell erzeugte
tuberculöse 185.
Endometritis 420; Abrasio und Dys-
menorrhoe 421; Aetzung ver-
mittelst Hartgummistäbchen und
Formalin bei 422; keimfreie Aas-
stopf ung des Uterus bei 421 ; Silber -
Stäbchen bei 421; Vaporisation
und Vapocauterisation bei 423.
Endometrium, Excision dess. bei
Uterusblutung 424; mikroskopische
Untersuchung dess. 421.
Endotheliom 32.
Enophthalmus, traumatischer 474.
Enteisenung des Wassers 727.
Enteroptose 223.
Entzündung 24, 334; allgemeines
über 25; Gerinnungscentren bei
Sachregister.
775
24; und Infection 8; und Kälte-
wirkung 24; des Peritoneums 24;
der Pleura 24.
Eosinophile Zellen in Hautblasen 540;
in tuberculösem Sputum 158; im
Blut bei Trichinose 309.
Epheliden, Entfernung der 548.
Epidermis (s. a. Haut), Durchgängig-
keit der, für flüssige und feste
Stoffe 647 ; Eigenleben von — zellen
541.
Epiglottis, maligne Tumoren der 537.
Epiglottiscurette nach Heermanu 521.
Epilepsie 96 ; alkohologene, cardiale
97; Autointoxication als Ursache
der 96; Cardiaca bei 99; und
Diabetes mellitus 97, 808; und
meteorologische Einflüsse 96 ;
Opium-Brombehandlung der 97,
98, 99; Pathogenese der 96; Ra-
dialislähmung nach 97; Resection
des Ganglion supremum N. sym-
pathici bei 99; Trepanation bei
traumatischer Jackson'scher 841.
Episcleritis, Jod bei 468.
Epitheliom der Wange und Nase
549.
Erblichkeit (s. a. Heredität, Ver-
erbung), Erblichkeit der Tabes 79;
der Tuberculose 150, 159.
Erdmagnetismus und epileptische
Anfälle 96.
Erhängung, Krankheitserscheinungen
nach missfflückter 694.
Erkältung, Nephritis infolge von 242;
und Tabes 705.
Erstickung 693 ; und subpleurale Ek-
chymosen 693.
Erysipel 282; Antistreptokokken-
serum bei 288; und Eiterstrepto-
kokkeu 10; Metakresolanytol bei
282, 542.
Erythrocyten, Bildung der 21.
Erythro melalgie 546.
Essigessenz, Vergiftung mit 685.
Eucain 658; bei Oesophagusstric-
turen 202.
Eucalyptusöl bei Aktinomykose 295.
Euchinin 655; bei Malaria 286.
Eudermol 661; gegen Scabies 552.
Eugallol 561, 6ü2.
Euphthalmin als Mydriaticum 463;
Eurei3ol 561, 663.
Eurobin 561, 662.
Exhibitionismus 700; bei einem nicht
nachweisbar Geisteskranken 701.
Extractum filicis, seine Wirkung auf
Blut 22.
Extraduralabscess, melancholische
Wahnideen bei otitischem 503.
Extrauteringravidität 891.
F.
Facialis, Nervus, Rindenfeld des 64.
Facialislähmung und BeU'sches Phä-
nomen 90; bei acuter Otitis media
502; schwere 91.
Fango 629.
Fasten und Infectionskrankheiten 267.
Favus, Uebertragung des von Hüh-
nern auf Menschen 553.
Febris recurrens (s. a. Recurrens)
276; Serumtherapie bei 276.
Fehling'sche Lösung, ihre ünzuver-
lässigkeit beim Zuckemachweis 283.
Femur, Schilddrüsenmetastasen im
339.
Ferrohämol 667.
Ferrometer von JoUes 309.
Fettembolie 696.
Fettentartung 26.
Fettgewebsnekrose 41.
Fettleibigkeit, Diabetes mellitus und
Gicht 801 ; Schilddrüsentherapie
bei ders. 106.
Fettnekrose des Pankreas 228.
Fettresorption, Bitterwasser und 626.
Fettsucht 306 ; Marienbader Cur bei
306.
Feuerbestattung 714.
Feuerschutzvorrichtungen für Hospi-
täler 764.
Fibrin im leukämischen B]ut 318.
Fibrom der Schädelbasis 344; der
Zunge 528.
Fibromyome (s. a. Uterusmyom) 429;
Pathologie der 429.
Fieber und Alburaosurie 289; Ein-
fluss dess. auf Ganglienzellen 49;
und Infection 8.
Fistelkoth , Zusammensetzung dess.
215.
Fleischvergiftungen 723.
Flimmerskotom , atypisches, bei Mi-
gräne 108.
Flöhe, Uebertragung von Bakterien
durch 3.
Fluomatrium als Consemrungsmittel
724.
776
Sachregister.
Fonnaldehyd, Desinfection der Woh-
nung durch 741; Zimmerdesinfec-
tion mit — dämpfen 739.
Formalin 660 ; bei Endometritis 422 ;
Lingner*8 — desinfectionsapparat
740; Wirkung dess. auf Milzbrand-
bacterien 295.
Fracturen, Knorpel bei 45.
Franzensbader Quellen und Präparate
bei Gicht 308.
Frauenmilch 575 ; und Kuhmilch 576 ;
Menge und Beschaffenheit der
577.
Freiluftbehandlung der Phthise in
England 620.
Fremdkörper, Extractionsversuche am
falschen Ohr 496; im Ohr als Ur-
sache von Chorea minor 496 ; Tod
nach Extraction eines solchen aus
dem Ohre 497; der Tuba Eusta-
chü 498.
Fruchttod und Acetonurie 240.
Frühgeburt, Einleitung der, durch
Ballondilatation 398; Einleitung
der, durch Glycerin 398; künst-
liche 398; künstliche, bei Herz-
kranken 389; künstliche, bei lie-
naler Leukämie 390.
Fussbekleidung (s. a. Schuhzeug),
Hygiene der 730.
Fussgelenk, Distorsion im 378.
Fusslipome 379.
G.
Gährungssaccharometer 305.
Gärtner sehe Gänge, Tumoren ders.
34.
Galle, immunisirende Eigenschaften
ders. bei Lyssa 296.
Gallenabsonderung , Mineralwässer
und 626.
Gallenblasenerapyem bei Typhus 270.
Gallenfarbstoff, Nachweis dess. im
Harn 232.
Gallensecretion, Hydrotherapie und
638.
Gallenstein (s. a. Cholelithiasis) 40;
Laparotomieen bei 367.
Gallenwege, Ausräumung der 368;
Spulwürmer in denselben 227.
Galvunocauter , aseptischer , nach
Heermann 521.
Ganglienzellen, Bau der 118; eisen-
haltige 120; nach fieberhaften Pro-
cessen 49; Pathologie der 118; im
Säugethierherzen 173.
Gangrän der Haut 551.
Gasofenheizung und Lüftung 717.
Gastritis (s. a. Magen), atrophicans
209.
Gastroanastomose bei Sanduhrmagen
359.
Gastroduodenostomie 359.
Gastroenterostomie 358 ; und Magen-
secretion 212.
Gkistroskopie 206.
Gaumen, weicher, Innervation dess.
91.
Gaumencontractionen , rhythmische
91.
Gaumenmuskelkrämpfe mit objectiv
wahrnehmbarem Ohrgeräusch 91.
Gaumenresection, temporäre 345.
Gaumenspalte, Operation der 531.
Gebärmutter (s. a. Uterus), Igniexstir-
pation bei Scheidenkrebs 435.
Geburt 396; und Herzfehler 389.
Geburtshülfe, Lehrbücher und Mono-
graphieen über 452.
Geburtslagen, fehlerhafte 398.
Geburtswege, künstliche Erweiterung
der 398.
Geburtszange (s. a. Zange), Gebrauch
und Missbrauch der 400.
Gefässkrankheiten 192.
Gefässspannung, Diagnostik und The-
rapie der 180.
Gefässverstopfung , embolische, der
Carotis communis sinistra und
beider Arteriae brachiales bei
Herzfehler 194.
Geflügeltuberculose 11.
Gkfrierschnitt durch eine Ereissende
396.
Gehirn (s. a. Hirn, Grosshim), Ana-
tomie, Physiologie und allgemeine
Pathologie dess. 54; Arterioskle-
rose dess. 56; Circulation im, bei
acuter Alkoholvergiftung 12S;
Heerderkrankungen dess. 60; Lo-
calisation im 60 ; Markscheidenent-
wickelung in dems. 54; Schuss-
wunden dess. 342; Schusswunden
dess., ihre Behandlung 343.
Gehimdrnck, Einfluss des Jod auf
den 55.
Gehirnerschütterung 57; Amnesie und
Dämmerzustand nach 65; Haarseil
bei 58.
Sachregister.
777
Gehimkrankheiten 54.
Gehimnerven 90; multiple Lähmung
ders. 90; centrale Verbindungen
der motorischen 90.
Gehimoperationen, Hyperthermie bei
343.
Gehör ohne Schnecke 491.
Gehörgang ^ äusserer, Atresie dess.
495; Lipom im äusseren 497; Sar-
kom am inneren 516.
Gehörorgan, Anatomie und Physio-
logie dess. 491.
Geisteskranke und bürgerliches Ge-
setzbuch 139.
Geistesstörungen, periodische Thera-
pie ders. 137.
Geisteszustände , zweifelhafte 700 ;
und Strafrechtspflege 700.
Gelbfieber 289; Aetiologie 289; Dif-
ferentialdiagnose 290 ; Immuni-
sirungsyersuche bei 290; Schutz-
impfung gegen 290; Symptoma-
tologie 289.
Gelenkaffectionen bei Dysenterie
288.
Gelenkkörper, Entstehung und Wachs-
thum der 338.
Gelenkrheumatismus (s. a. Poly-
arthritis, Rheumatismus), chroni-
scher 315; Menopause und chroni-
scher 315 ; Stauungshyperämie bei
chronischem 631.
Gelenktuberculose 335.
Genitalien, Veränderungen der, bei
hoher Temperatur 697 ; Sensibilität
der weiblichen 683.
Genu valgum, Behandlung 376.
Geradehalter für Lungenkranke 157.
Gerichtliche Medicin 681; gegen-
wärtige Bedeutung ders. 681 ; Fort-
bildungscurse in ders. 682; und
Gesetzeskunde für Medi einer 681;
Lehrbücher etc. 705.
Gerinnungscentren bei Entzündung
24.
Geschlechtliche Verhältnisse, zweifel-
hafte 682.
Geschlechtsorgane , patholog. Ana-
tomie der 42.
Geschmack, Lähmung dess. 92 ; — bei
Ohrenkrankheiten 492.
Geschwülste (s. a. Tumoren, Neu-
bildungen) 29, 336 ; und Schwanger-
schaft 389.
Gesetzeskunde und gerichtliche Me-
dicin für Mediciner 681.
Gesundheitspflege in London 761.
Gesundheitswesen, öffentliches 707.
Gewichtsextension bei Unterkiefer-
brüchen 345.
Gicht 306 ; Carlsbad und Pistyan bei
628; Fettleibigkeit und Diabetes
301; Lebensversicherung und Le-
bensdauer bei 307; Neuritis bei
89, 307; Therapie 307.
Gichtanfall, Harnsäure im 806; Wesen
dess. 307.
Giftbindung durch Serum 6.
Gifte, Vertheilung der, im Körper
683.
Glasdrains, abgeschlossene 325.
GlaubersalzwirkuDg auf den Magen
625.
Glaukom482 ; intraoculare Neubildun-
gen und 488 ; im linsenlosen Auge
482; Späterfolge der — behandlung
484.
Gliom 31.
Glossitis, papillaris und tuberculosa
347.
Glutoidkapeln 216, 645.
Glycerin zur Einleitung der Früh-
geburt 398.
Glykolyse 299.
Glykosurie, alimentäre 240; alimen-
täre, bei Leberkrankheit 225; ali-
mentäre , bei Nervenkrankheiten
241; alimentäre, durch verschie-
dene Zuckerarten 801; und Ghole-
lithiasis 226; und Diuretica 300,
664; und Leber 300; bei Unter-
bindung und Fisteln des Ductus
thoracicus 300.
Gonokokken im Bauch deckenabscess
nach Sectio caesarea 410; Bio-
logie derselben 564 ; Nachweis der
682.
Gonorol 566.
Gonorrhoe (s. a. Tripper) 562; Di-
latationsspecula bei, der Cervix
450 ; Itrol bei 565 ; Largin bei 564 ;
Neuritis bei 88; orthophosphor-
saures Silber bei 564; und Porro-
operation 406 ; Protargol bei 564 ;
Salbenstäbchen bei chronischer
566 ; beim Weibe 449 ; beim Weibe,
Diagnose 450, beim Weibe, Pro-
targol gegen 450.
Gowers'sches Bündel, centraler Ver-
lauf dess. 72.
Gravidität,(s.a. Schwangerschaft) 387 ;
Acetonurie bei 240; nach Entfer-
778
Sachregister.
nung beider Eileiter 440; und
Herzklappenfehler 185.
Graviditätsvaricen am äusseren Ohr
496.
Greisenalter, Psychosen im 125.
Grippe (s. a. Influenza) und ander-
weitige Infectionskrankheiten 276.
Grosshim (s. a. Hirn, Gehirn), Ün-
erregbarkeit dess. bei niederen
Thieren 121 ; Ungleichwerthigkeit
der beiden Hemisphären 120 ; ver-
gleichende Physiologie dess. 55;
verschiedene Schwere seiner Hemi-
sphären 121.
Grosshirnrinde neugeborener Thiere
63.
Grundwasser und Malaria 284.
Guajakolcarbonat bei Polyarthritis
282.
Guajakwasserstoffsuperoxyd-Reaction
beim forensischen Blutnachweis
696.
Gummigesch Wülste bei Frauen 568;
in der Hohlhand 568.
Gummihandschuhe in der Gel^urts-
hülfe 386.
Gynäkologie, Lehrbücher und Mono-
graphieen über 453.
H.
Haar, Arsen ablagerung in 541 ; Ein-
fluss des — Schneidens auf den
— wuchs 541.
Haarseil bei Gehirnerschütterung 58.
Hämatin 666.
Hämatome des Dünndarms 224;
extradurale — bei Verbrennung
697; 8ub- und extradurale 67;
tuberöse, subchoriale 391.
Hämatoporphyrinurie nach Sulfonal
239.
Hämaturie bei chronischer Nephritis
238; Symptom atologische Bedeu-
tung der 238.
Hämoglobin , subcutane Injection
dess. 22; sein Schicksal nach sub-
cutaner Injection 25.
Hämoglobinurie, paroxysmale 238.
Hämoptoe und Thoraxerschütterung
144.
Hämorrhagische Diathese 314.
Hals, chirurgische Affectionen dess.
339.
Halslipome, diffuse 349.
Halsmark , Querschnittserkrankung
dess. 73.
Handgelenktuberculose, Jodoform bei
381.
Harn, s. a. Urin; Acidität dess. bei
Cystitis 261; Blut, Blutfarbstoff
und andere Pigmente im 237;
Nachweis von Blut im 232; Nach-
weis von Gallenfarbstoff im 232;
Bestimmung der Harnsäure im 234;
Bestimmung des Tndicans im 234;
Nachweis von Zucker im 233 ; Tu-
berkelbacillen im 255; Typhus-
bacillen im 272.
Harnblase (s. a. Cystitis, Blase), Echino-
coccus der 263; Emphysem der 11;
Erkrankung der — in Farbfabriken
259; Leukoplakie der 261; Soor
der 259.
Hamblasenverschluss 23 L
Harnentleerung, Störungen der — bei
Kindern 263.
Harnleiter, s. a. Ureter; Eatheteris-
mus dess. bei Pyelitis 254.
Hamorgane, path. Anatomie der 41 ;
Anatomie, Physiologie und Unter-
suchung der 230 ; Krankheiten der
230 ; Krankheiten der, bei Kindern
597; Massage bei Erkrankungen
der 262.
Harnröhre, suprasymphysäre Implan-
tation der — und des Penis in die
Blase 372.
Harnsäure im Gichtanfall 306; volu-
metrische Bestimmung dei*s. 234.
Hamwege, Krankheiten der unteren
258; Krankheiten der unteren — ,
Argentum nitiicum bei dens. 260.
Haut, 8. a. Epidermis; eosinophile
Zellen in Blasen der 540 ; Gangrän
der 551; Krankheiten der 541:
Leukoplakie der 551; Nervenge-
biete der 48; Sarkomatose der 548;
Veränderungen der — bei Araeni-
cismus 541.
Hauterkrankungen bei Tuberculose
159.
Hautnerven bei Tabes 78.
Hautpflege 729.
Hautreize, mechanisclie, bei Behand-
lung von Nervenleiden 53.
Hautreizmittel und Infection 267.
Hautüberpflanzung, s. a. Transplan-
tation; nach Wentscher 326.
Hautwassersucht, s. a. Oedem, Hy-
drops; Behandlung der 248.
Sachregister.
779
Hebammen, Anzeigepflicbt der 731;
— tagebücher 732.
Hefepilze 19; bei Cystitis 19; patho-
gene 19.
Heftpflastersireifen bei Ulcus cruris
543.
Heidelbeereztract 561.
Heilmittel, Prüfung neuer 650.
Heilung 4. •
Heirath Herzkranker 389.
Heisswasserirrigation bei Magen-
blutuDg 213.
Heizung 716.
Hemianästhesie bei Syringomyelie 77.
Hemianopsie bitemporale bei Dia-
betes insipidus 59.
Hemiatrophia faciei 107.
Hemicranie, s. a. Migräne; Sym-
pathicuslähmung und Morbus Base-
dowii 108.
Hemiplegie, Muskelatrophie und Gon-
tracturen nach 57; Würgreflexe
bei 59.
Heredität, s. a.Erblichkeit, Vererbung ;
bei Sprachstörungen 532.
Hermaphroditismus 35, 418.
Hemia incarcerata, forcirte Taxis bei
364; Processus vaginalis encystica
365; umbilicalis 415; uteri 418.
Hernien, Acquisition von — durch
Unfall 832; Radicaloperation der
366; Zunahme der — nach der
Alexander^schen Operation 428.
Heroin 650.
Herpes tonsurans 553: zoster 552;
zoster ophthalmicus 487.
Herz, Erschlaffung dess. 188; Krank-
heiten dess. 182; bei Mitralstenose
37 ; Myofibrosis dess. 189 ; die sen-
siblen Nervenendigungen in dem-
selben bei Säugern 174; Physio-
logie dess. 173; Einfluss von Sport
auf das 182; elektrisches Verhalten
dess. bei Tetanie 173 ; und N. vagus
171; Wogen und Flimmern dess.
169.
Herzafiectionen, Psychosen bei 127;
rheumatische — bei Kindern 588;
und Unfall 704.
Herzauscultation , graphische Dar-
stellung ihrer Ergebnisse 174.
Herzbeutelkrankheiten 191.
Herzbeuteltuberculose 191.
Herzcontraction und Blutstrom in den
Herzgefässen 169.
Herzdiagnose 588.
Herzfrequenz und N. sympathicus
cervicalis 170.
Herzgefässe, Blutstrom in dens. bei
Herzcontractionen 169.
Herzganglien und Chloroform 653.
Herzgeräusche , experimentell er-
zeugte anorganische 175.
Herzgifte, physiologische 170.
Herzklappen, Aneurysmen der 37,
185.
Herzklappenfehler 184; angeborene
182; embolische Obliteration der
Carotis communis sinistra und bei-
der Arteriae brachiales bei 194;
und künstliche Frühgeburt 388;
und Gravidität 185; und Heirath
389; Untersuchungen über die In-
compensation ders. 175; und
Schwangerschaft 389.
Herzkrankheiten und Lebensver-
sicherung 176; Prognose ders. 176;
toxämische Delirien bei 179.
Herzmuskel, Fragmentation dess. 178 ;
Sarkolemm am 37.
HerzmuskelerkrankuDgen 187.
Herznerven 171, 173.
Herzsyphilis 191.
Herztöne, musikalische 179.
Herzvorhof, cavernöses Angiom im
rechten 184; primärer Tumor im
rechten 190.
Herzwand, Gefässnerven der 170.
Heufieber, Orthoform bei 523.
Hinken, intermittirendes 51.
Hinterhauptslage, hintere 399.
Hinterstrangbahnen, Rindenfeld ders.
64.
Hinterstränge des Rückenmarks, ihre
Function 71.
Hirn, s. Gehirn, Grosshirn.
Hirnabscess, doppelter acuter — nach
Trepanation des Proc. mastoideus.
511; Exitus bei otitischem 513;
otitischer 506.
Himdruck, Alteration des Rücken-
marks bei 72.
Hirnhäute 67.
Hirntumoren , Nervenwurzeln des
Rückenmarks bei 72.
Hirntumoren, traumatische 340, 705.
Himventrikel, dritter, Cysticercus in
dems. 63.
Hiatolyse 27.
Hoden, Embryom dess. 33; Tumoren
dess. 42.
Hodentuberculose 373.
780
Sachregister.
Höllenstein, s. a. Argentum nitricum ;
bei Dysenterie 288.
Hörapparate 491.
Hörcentram, corticales 65 ; Pathologie
des corticalen 517.
Hördefecte bei Taubstummen 493.
Hörinstrument für Schwerhörige 493.
Hörprüfung 491; bei Taubstummen
494; bei Simulation 493.
Hoffa'sche Bauchbinde 445.
Holocain als Anästheticum bei Augen-
Operationen 462.
Homhautgeschwür, Xeroform bei 467.
Homhautnarben, Ichthyol bei 467.
Hornhauttrübung, Thiosinamin bei
465.
Hospitäler, s. a. Krankenhäuser ; Feuer-
schutz^orrichtungen für 764.
Hüftgelenk, Exarticulation im 329.
Hüftgelenksentzündung, tuberculöse,
ambulante Behandlung ders. 375.
Hüftluxation, congenitale, unblutige
Reposition ders. 375.
Hühnertuberculose, ihre Identität mit
menschlicher Tuberculöse 158.
Hunger, neurasthenischer 101; Ein-
fluss dess. auf die Psyche 123.
Hutchinson'sche Zähne 571.
Hyaline Körper in der Magendarm-
schleimhaut 39.
Hydrämie, Albuminurie und Hydrops
bei Brightikem 243.
Hydrargyrum coUoidale 573.
Hydrencephalocele,Operation der 344.
Hydrocele, Operation der 372.
Hydrocephalus , Entleerung des Er-
gusses bei 585.
Hydrocephalus bei hereditärer Syphi-
lis 571.
Hydroencephalocele , s. Kopfbrüche.
Hydronephrose, s. a. Sackniere; Be-
handlung 257 ; Entstehung der 256 ;
traumatische 257 ; Ureterkatheteris-
mus bei 257.
Hydrops (s. a. Oedem, Hautwasser-
sucht)^ Albuminurie und Hydrämie
bei Brightikern 243.
Hydrotherapie 611; des Abdominal-
typhus 641; der Chlorose 636; des
Diabetes 637; der Diarrhoe 635;
und Gallensecretion 638; bei
Lungentuberculose 156; bei Psy-
chosen 137; des Ulcus rotundum
633; der Verdauungsorgane 634.
Hydrotomie der Nasenscheidewand
526.
Hyoscin als Mydriaticum 464.
Hyperleukocytose bei Scharlach 602.
Hypemephrome 32; Cystenbildung in
dens. 33.
Hyperostosen der Rippen 45.
Hyperthermie beiHimoperationen344.
Hypertrophie, congenitale 35.
Hypnose der Thiere 122.
Hypnotismus 139.
Hypophysis cerebri, und Diabetes
mellitus 62; Function ders. 62;
Opticusatrophie bei Geschwulst
ders. 62; und Schilddrüse 36.
Hypophysenpulver 671.
Hypopyon-Keratitis 479.
Hypothermie bei Geisteskranken 129.
Hyrgol 574.
Hysterektomie , s. a. Hysteromyom-
ektomie, Myotomie; mit Erhaltung
der Ovarien 438.
Hysterie 100; Darmstenose bei männ-
licher 100, 223; Natur und Entsteh-
ung ders. 100; Pupillenstarre wäh-
rend der Anfälle 100; Schulepidemie
von 582.
Hysteromyomektomie, s. a. Hyster-
ektomie, Myotomie; mit Erhaltung
der Ovarien 433.
Hysteroskopie 420.
I.
Ichthyol bei Augenkrankheiten 467.
Ichthyosis hystrix 547; linearis 548.
Icterus, infectiöser — bei Kindern 590 r
Katalepsie und Psychose bei 225;
katarrhalischer 225.
Idiotie, amaurotische, familiäre 488 ;
moralische 703.
Igel, Immunität der — gegen Gan-
thariden und Schlangengiift 265.
Igniexstirpation bei Gebärmutter-
scheidenkrebs 435.
Immunisirung gegen Diphtherie 602.
Immunität 4, 7; und Agglutination
267 ; gegen Gonokokken 7 ; der Igel
gegen Canthariden und Schlangen-
gift 265; nach Influenza 276; gegen
Rinderpest 8; und Rückenmarks-
läsionen 266; gegen Tetanus 7;
Wesen der 266.
Impfausschläge 756.
Impflisten, rechtliche Bedeutung der
756.
Sachregister.
781
Impfscheine, rechtliche Bedeatung
der 756.
Impfschutz und Variolavaccine 757.
Impftechnik 758.
Impfungen 755.
Impotenz hei Tahes 79; Behandlung
der 102.
Inanition, Alteration des Central-
ner^ensystems hei 55.
Indican, Bestimmung dess. im Harn
234.
Infarct, hämorrhagischer 23.
Infection und Entzündung 8; und
Fieber 8; und Hautreizmittel 267;
und Leukocytose 8; und Lymph-
drüsen 9; und Milz 9; Nervenzellen
des Rückenmarks bei 74; und
Oedem 8 ; Resistenz des Bauchfells
gegen 327; von Schusswunden 334;
Tonsillen als Eingangspforten
schwerer allgemeiner 529.
Infectionsgifte 4.
Infectionskrankheiten 1» 10; acute,
allgemeine 265; acute, bei Kindern
598; in Badeorten und Sommer-
frischen 748; Bekämpfung der 747;
chirur^sche 334; und Fasten 267;
Heilprincipien bei 264; und Wetter
267, 616.
Influenza (s. a. Grippe), 276; Chinin,
Phenacetin und Campher bei 278;
Immunität nach 276; neurotische
Complicationen 277; Phesin und
Coprin bei 277; Roseola bei 277;
bei Säuglingen 604; sudorale Form
ders. 277; Taubheit nach 277;
Yerba santa bei 278.
Insectenbisse, Veränderungen an der
Leiche durch 699.
Intercostalarterie, Verblutung nach
Verletzung einer 354.
Intoxicationen (s. a. Vergiftungen,
Arbeiterhygiene, gerichtliche Me-
dicin) 674.
Intoxicationspsychosen 132.
Intrauterinspeculum 420.
Intussusception eines MeckeVschen
Divertikels 364.
Inversio uteri 428 ; hinterer Scheiden-
uterusschnitt bei 428; vorderer
üterusschnitt bei 428; Vemähung
des Uterus in der Scheide bei
428.
Iris, Tuberculose der 480.
Iritis, Pilocarpin bei syphilitischer
und rheumatischer 465.
I Irrigation, continuirliche bei Ab-
dominaltyphus 275.
Ischia 619.
Ischias, Balneotherapie und 623; Be-
wegungsprobe bei 94.
Isolirzimmer, Beleuchtung der 763.
Itrol bei Gonorrhoe 565.
J.
Jalta 619.
Jecorin 299.
Jejunostomie 361.
Jod, Acne nach 545; Einfluss dess.
auf den Gehirndruck 55; bei Or-
bitaltumoren und Episcleritis 468.
Jodalbacid bei Syphilis 573.
Jodkali bei Aktinomykose 294.
Jodkapseln, Diagnostik von Magen-
krankheiten durch 205.
Jodoformintoxication, Psvchosen bei
133.
Jodoformogen 561, 660.
Jodoformpsychosen 688.
Jodoformseide 417.
Jodoformvasogen in der Augenheil-
kunde 467.
Jodothyrin 670.
Jodtinctur bei Syphilis 572.
Jodvasogen in der Augenheilkunde
467.
Johannisbrunn 632.
Jurasz'sche Zange, modificirt nach
Thomson 521.
Ky 8. auch C.
Eältewirkung und Entzündung 24.
Kaiserling'sches Couservirungsver-
fahren zu forensischen Zwecken,
Untersuchungen über dass. 694.
Kaiserschnitt, s. a. Sectio caesarea:
405; bei Anencephalus 406; mit
Castration bei Osteomalacie 407:
bei Eklampsie 404; bei Myom 407;
mit fundalem Querschnitt 405:
Sagittalschnitt bei 406: Wahl der
Schnittführung je nach dem Pia-
centarsitz 406 ; mit Tuben r^section
407; vaginaler, bei Caroinom 4\>>:
vaginaler, mit Totalexs^tirpaiion bei
Uterusruptur 40S: au Verstorbenen
405.
Kalium h\'V)ermausri«noum bei Lvipus
559.
782
Sachregister.
Kalkarm uth der Nahrang 45.
Kaltwasserbehandlung des Abdomi-
naltyphus 274.
Kanalisation von Steglitz 707.
Karlsbad, Pistyan und, bei Gicht
628.
Karlsbader Cur und Cholelithiasis 226.
Katalepsie und Psychose bei Icterus
225.
Katheterismus des Ureters bei Pye-
Htis 254.
Kehlkopf, 8. a. Larynx; Acidum ar-
senicosum bei malignen — tumoren
537; Diagnose und Therapie des
— Carcinoma 535 : endolaryngeale
Operation des — carcinoms 536;
üebergang einer gutartigen Ge-
schwulst dess. in eine bösartige
535; — krankheiten 520, 533 ; Oedem
dess. 533; Sarkom dess. 537;
Schilddrüsengeschwülste im 538 ;
Eindringen der Tuberculose in den
534; Veränderungen im, bei Leu-
kämie 538.
Kehlkopfaffectionen , rheumatische
281.
Kehlkopfblutungen 538.
Kehlkopfschwindel 538.
Kehlkopfzange nach Whistler 521.
Keloid, Scarification bei 549.
Keratitis, Hypopyon — 479; paren-
chymatosa 480.
Keratomalacie und Lues hereditaria
571; Xeroform bei 467.
Kernig'sches Symptom bei Meningi-
tis 584.
Keuchhusten 15; Bacterien dess. 15;
Pertussinbei 587 ; Ursache dess. 586.
Kiefergelenk, wahre Ankylose dess.
346.
Kieferklemme, myogene 346.
Kinderkrankheiten 575.
Kindesmord 690; durch Erwürgen 692.
Kleidotomie 402.
Kleidung 729.
Kleinhirn, Function dess. 63; Mangel
dess. 63.
Kleinhimabscess , Heilung bei otiti-
schem, durch Operation 512.
Klemmzange bei Totalexstirpation
des Uterus und der Annexe 442.
Klimakterium, Liquor ferri bei Blu-
tungen im 422; Neurosen im 96.
Klimatolo^e 611.
Knieganglion, Heerd im äusseren 62.
Kniegelenk, Ankylose dess. 377;
Binnenverletzungen dess. 376;
traumatischer Lufteintritt ins 877.
Kniegelenkscontractur , Behandlung
376.
Knochen, ihr Verhalten nach Nerven-
durchschneidung 48.
Knochendefect , Ersatz dess. durch
Celluloid ringe 345.
Knochenleiden und Albumosurie 240.
Knochenmark bei Chlorose 311.
Knochenmarkzellen 44.
Kochrecepte 228.
Kochsalzlösung, subcutane 810.
Koch'scher Bacillus ^ Agglutination
dess. 161.
Körpergewicht und Lungentuber-
culose 157.
Kohlehydrate und Diabetes mellitus
304.
Kohlendunst , Differentialdiagnose
zwischen Leuchtgas- und —Vergif-
tung 686.
Kohlensäure im Blute 309.
Kohlensäureausscheidung bei Dia-
betes mellitus 304.
Kohlenstaubexplosion auf Zeche Caro-
linenglück 685.
Kopf, chirurgische Affectionen dess.
339.
Kopfbrüche, s. a. Hydroencephalo-
cele; congenitale, ihre operative
Behandlung 343.
Koplik'sche Flecke bei Masern 603.
Koprostase, Psychosen bei 125.
Kothfistel, totale Darmausschaltung
bei 368.
Kraftbestimmungen 50.
Krankenhäuser (s. a. Hospitäler) 760;
für Epileptische und Geisteskranke
762; für Lungenkranke 762.
Krankenhaussanatorien für Lungen-
kranke 157.
Krankenpflege , berufsmässige und
nichtberufsraässige 761 ; ein Ehren-
amt 760; Fortschritte der 764; in
London 761.
Krankentrage 764.
Krankentransport 760.
Krebs, s. a. Carcinom ; Diagnose und
Therapie des Larynxkrebsea 535.
Kreislaufsorgane, Balneotherapie der
624; Krankheiten der 169; Krank-
heiten der, bei Kindern 588; all-
gemeine Pathologie der 175; Unter-
suchung der 174; Lehrbücher etc.
der 196.
Sachregister.
'8::;
Kreosotum carbonicum bei Lungen-
tuberculose 156.
Eresamin 661; bei Hautkrankheiten
und als Desinficiens 566.
Kriegschirurgie 317 ; Röntgenstrahlen
und 322.
Krim, die 619.
Kropf, 8. a. Struma; operative Dis-
location dess. 349.
Kropfoperation 348.
Krüppelheime 738.
Kuheuter, Bacterien am und im
723.
Kuhmilch und Frauenmilch 576.
;Kuhmilchnahrung , VerdauungsrQck-
stände bei 579.
Kunstfehler, ärztliche 697.
Kupfer, hygienische Studien über 725 ;
Vergiftung mit 677.
Kupferelektrolyse bei Ozaena .^25.
Kupfersulfat bei Dysenterie 288.
Eoymotherapie der Anorexie Tuber-
culöser 161.
Kryptorchismus 372.
KiystalllinsCfTrübung der, alsLeichen-
erscheinung 699.
L.
Lab, Wirkung von Laugen und Salzen
auf 203.
Labyrinth, Affectionen dess. bei Mittel -
ohreiterung 514; Blutung im —
bei Leukämie 518; Nekrose dess.
511; Verletzung dess. bei Fractura
basis cranii 516.
Lactation und Milchsecretion 414;
und Schwangerschaft 415.
Lactophenin, Vergiftung mit 676.
Lähmungen nach Pasteur'ecben Im-
pfungen 49 ; postdiphtheri tische 50.
Lävulose bei Diabetes 30o.
Landry'sche Paralyse h5.
Laparotomie bei (Gallensteinen 367;
vaginale 445, 446; vaginale, Ein-
wände gegen die 447; vaginale,
Indicationen, Technik und Grenzen
ders. 445; vaginale, Indicationen
für die vordere und hintere 447 ;
vaginale, ihre Vortheile g**j(enüber
dem ventralen Bauchechnitt 445;
ventrale 443; ventrale, Bauch naht
und Bauchnarben brüche nach ders.
444; ventrale, Einführung einen
Ballons in die Scheide bei ders.
443; ventrale, Jodoformgazetam-
ponade der Scheide bei dem. 44v^ :
ventrale, Scbnittführung bei dere.
443; ventrale, Vor- und Nachbe-
handlung ders. 443.
Largin bei Gonorrhoe .564.
Laryngitis exsudativa 533; tvpho^
272.
Laryngologie, Lehrbücher und Mcno-
graphieen 539.
Laryngoskopie bei Kindern 522.
Laryngospasmus 537.
Larynx, s. a. Kehlkopf; Tuber-
culose des — und der Lunge 5-54,
5t>5.
Lebensversicherung und Herzkrank-
heiten 176; und Lebensdauer ht-i
Gichtikem 307.
Leber 40, 225; Cirrhose der 22;.:
und Glykosurie 300; ihre Regenera-
tion 27; Teratom der 33: Tuber-
culose der 40.
Leberabscess bei Dvsenterie 2'*^.
Leberaffectionen. alimentäre Glykos-
urie bei 225; bei Typhus 2T«.».
Leberatrophie, acute geibe 2'21: Sy-
philis und 570.
Leberdextrin 29*<-
Leberschatten 225.
Lehrbücher der Arzneimittellehre uri
Toxikologe 6^0; der Augei^i.^-^-
kunde 4^^**=; der Bacterioiosrif 4* :
der Chirurgie 3 ""2; der Con^t:tl
tionskrankbfciten 316: der G'i'b rt—
hülfe 452; der gerichtlichen Medic-i.
705; der Gesohlt.' cht skr dnkli*-:tfi.
574; des öffentlichen GeKundi.-'it?-
weeens 7^>o : der G\TiäkoiOgie 4'-;" •
der Krankheiten cl^^r Harn- 'r^raii-
203; der Hautkrankheiten b*-2: a-r
acuten InfectioL^krankheiteL unI
Zoonosf^n 297: d^T Kinderk: ii.i.£-
heiten 609: der Klimatolo£nr. Bl -
neoloßrie und HydroibfrLpk ^4-^
der Kraukbeit*-n d^^r Krei-lc u:—
Organe 196; d'.T KrüiikriCiteL d^:
Lunge, des Brubtl*. it iiud d^^ Xt-
diantinumK 167: der Nen-eLr^-uur-
hfciten 115; der Oi.renL^:'kui.: ^
51>^; der allgemeiiien PatL j '*:.r
und pathologisch^^n AntJtoiu]- rt* .
der Psychosen l-jl^: aer hi mt-
Laryngolo^ie O'J^ : oer KraiikLeiteii
der Verdauuugsor;riine 22!.
Leichenveränderujjjr-ii 0>7.
784
Sachreg^ter.
Leistenhernien, Radical Operation der
366.
Lenigallol 561, 662.
Lenirobin 561, 662.
Lepra, Aetiologie der 557; Behand-
lung der 557 ; Behandlung der —
auf den Fidshiinseln 558; Sero-
diagnostik der 556 ; Serumtherapie
der 557; Syringomyelie und Mor-
van*8che Krankheit 77; viscerale
555.
Leprabacillen, Cultur der 555; Loca-
lisation der 556; Verbreitung der
— von den oberen Luftwegen aus
554.
Leuchtgas, Vergiftung mit 717; Diffe-
rentialdiagnose zwischen — und
Kohlendunstvergiftung 686.
Leukämie 313; und Blutfibrin 313;
künstliche Frühgeburt bei lienaler
390; Labyrinthblutung bei 518;
lieno- myelogene — bei Kindern
607; bei Neugeborenen 606; Para-
siten bei 313; Veränderungen im
Kehlkopf und in der Trachea bei
538.
Leukocyten, Formen ders. 22.
Leukocytose bei Malaria 285; und
Infection 8.
Leukonychie 550.
Leukoplakia551 ; bucco-lingualis 528;
pharyngis 529; vesicae 201.
Levico 632.
Lianthral 562.
Lidekzem, Xeroform bei 467.
Ligaturenschnürer 417.
Linse, Erkrankungen der 484.
Linsenkern, Pathologie dess. 61.
Lipome des äusseren Gehörgangs 497 ;
des Samenstrangs 374; tiefe —
des Halses 349.
Lippenekzem durch Mundwässer
542.
Liquor Aluminii acetici bei Me-
trorrhagie 422; ferri sesquichlo-
rati bei klimakterischen Blutungen
422.
Lissa in Dalmatien 617.
Little'sche Krankheit, Syphilis con-
genita und 571.
Lochien, Typhusbacillen in den 410.
Lues (s. a. Syphilis) cerebri und
progressive Paralyse 135; heredi-
taria 571; hereditaria und Kera-
tomalacie 571; und Paralyse 134;
Therapie der 572.
Luft, heisse, beiNeuralgieen88; über-
hitzte 630.
Luftcurorte, Gefahr der Ansteckung
mit Tuberculose für Einwohner der
751.
Luftdruck und Blutkörperchenzäh-
lung 611.
Luftröhre (s. a. Trachea), Krank-
heiten der 520.
Luftstaubinfection 3.
Luftwege, Affectionen der — nach
Aethernarkose 318; Fremdkörper
in dens. 147.
Lumbalpunction 51; bei Meningitis
tuberculosa 68.
Lumbaischmerz, Bewegungsprobe bei
94.
Lungen, Aktinomykose der 163;
Krankheiten der 149; Milzbrand
der 163; Nachweis eines Osteosar-
koms ders. durch Röntgenstrahlen
162 ; Sandstaub in den 36 ; Strepto-
thrix in den 164; Tuberculose des
Larynx und der 535.
Lungencarcinom 162.
Lungenechinococcus 163.
Lungenentzündung (s. a. Pneumonie)
149.
Lungengrenzen, Stand ders. bei Ge-
sunden 141.
Lungengymnastik 147.
Lungenkranke (s. a. Lungentubercu-
lose, Lungenschwindsucht, Phthisis,
Tuberculose), Behandlung der An-
orexie ders. durch Kalt« 161; Ge-
radehalter für 157 ; Trennung ders.
nach Stadien und von anderen
Kranken 157.
Lungenlappen, accessorischer 36.
Lungenschwindsucht (s. a. Lungen-
tuberculose. Lungenkranke, Phthi-
sis, Tuberculose) 150; Magenbe-
schwerden im Anfangsstadium ders.
152.
Lungenspitzen, Dämpfung an dens.
ohne pathologischen Befund 141;
Percussion der 141.
Lunffentuberculose (s. a. Lungen-
schwind8ucht,Lungenkranke. Phthi-
sis, Tuberculose), allgemeine Be-
handlung der 156; Behandlung
ders. durch Immobilisation der
kranken Seite 162; Gewichtsver-
änderungen im Verlauf der 157;
Hydrotherapie bei 156; Kreosot um
carbonicum und Ammonium sulfo-
Sachregister.
785
ichthyolicnm bei 156; Larynxaffec-
tionen bei 534; Mischinfection bei
151 ; Ochsenserum bei 162; Oleum
camphoratum bei 156; Tuberculin
T. R. bei 155.
Lungenverdichtung 161.
Lupus, Calomelinjectionen bei 558;
erythematosus 551 ; Kalium hyper-
manganicum bei 559; Sarkom auf
549; der Thränenwege 473; Tuber-
culin bei 559.
Lustmord 131.
Luzatio iliaca, blutige Reposition der
375; obturatoria, blutige Reposi-
tion ders. 375.
Lymphangitis im Wochenbett 412.
Lymphdrüsen und Infection 9.
Lymphe, Bacterien der 758.
Lymphosarkom des Dünndarms 224;
der Zungentonsille 528.
Lysol gegen Pityriasis yersicolor 552;
Vergiftung mit 675.
Lysolvergiftung im Wochenbett 411.
Lyssa 296; immunisirende Eigen-
schaften der Galle bei 296; Im-
pfung der Cornea mit 296; The-
rapie 297.
M.
Macula lutea, Sitz der 456.
Magen 203; Antiseptica für den 218;
und Arzneien. 213, 645; Chirur-
grie dess. 213; und Darmfunc-
tionen 214; Hyperacidität dess.
211; motorische Insufßcienz dess.
207 ; und Lungenschwindsucht 212;
totale Resection dess. 213; Syphilis
dess. 210; Untersuchung von
Schleimhautfetzen dess. 207 ; Unter-
suchung dess. durch Röntgen-
strahlen 205;
Magenatrophie und perniciöse An-
ämie 209 ; und Fylorushypertrophie
209.
Magenbewegung 203.
Hagenblutung, Heisswasserirrigation
bei 213.
Magencarcinom, Operation dess. 357.
Magendarmkanal, Myom dess. 224.
Magendarmkrankheiten , DrÜsen-
schwellnng bei chronischen — der
£[inder 595; Ursachen und Behand-
lung der — der Säuglinge 590. |
Jahrbacb der practischen Medicin. 1899.
Magendarmschleimhaut, hyaline Kör-
per in der 89.
Magendrüsen im Oesophagus 39.
Magendurchleuchtung 205.
Magengährung 204; diagnostische
Bedeutung der 204.
Magengeschwulst, papilläre 209.
Magengeschwür (s. a. Ulcus rotuu-
dum), perforirendes , Behandlung
dess. 360.
Magenkrankheiten, Diagnostik von,
durch Jodkapseln 205; chemische
Diagnostik der 205; im Anfangs-
stadium der Phthise 152; und Te-
tanie 208.
Magenkrebs, Blutkörperchenzählung
bei 210; Pepsin bei 210.
Magenphoto^phie 206.
Magenresection nach Kocher 857;
totale, Bildung eines magenähn-
lichen Blindsacks nach einer solchen
358; und Dampfbäder 638; und
Gastroenterostomie 212; und Mi-
neralwässer 212.
Magenverdauung.Neuenahrer Sprudel
und 625; der Säuglinge 578.
Magnesiumsulfat bei Dysenterie 288.
Malaria 283; Augenstörungen bei
488 ; Behandlung der Splenomegalie
bei 287 ; Ghinoline und Phosphine
bei 286; Diazoreaction bei 286;
Euchinin bei 286; und Grundwasser
284; Leukocytose bei 285; Methy-
lenblau bei 286; Myrrhen bei 287 ;
Nephritis infolge von 242; Para-
siten der 283, 744; ohne auffind-
bare Plasmodien 284; tropische 18,
746; Sehstörungen bei 285; im
Wochenbett 411.
Malarin 655.
Mal perforant 81.
Mamma, Cysten ders. 44.
Marchi-Färbung 72.
Marienbader Cur bei Fettsucht 306.
Markfasemgebalt der Centralwindun-
gen 54.
Markscheidenentwickelung im Ge-
hirn 54.
Masern 603; Complicationen der 603;
Koplik*sche Flecke bei 603 ; Schul-
hygiene bei 737; schul hygienische
Reformen bei 788.
Massage bei Erkrankung der Ham-
organe 262; des Trommelfells 449.
Mastdarm, syphilitisches Geschwür
dess. 40; — strictur 224.
50
786
Sachregister.
Mastoiditis, Facbymenigitis externa
bei acuter 503.
Maul- undElauenseuche^Gommissions-
bericht über 297.
MeckeFscbes Divertikel, Intussnscep-
tion eines solchen 364.
Mediastinum y Dermoidcysten im —
anticum 354; QeschwÜlste dess.
167; Krankheiten dess. 164.
Medulla oblongata, Blutschntz ders.
70; Krankheiten ders. 70.
Melaena, aussergewöhnlicher Sitz der
Blutung bei 690; der Neugeborenen
416.
Melanoplakie 108.
Meningitis 16; Kemig^sches Sym-
ptom bei 584; Trepanation und
Drainage bei 69; bei Typhus
271.
Meningitis cerebrospinalis (s. a. Gere-
brospinalmeningitis) mit doppel-
seitiger Otitis 504; serosa, nach
Mittelohreiterungen 504; syphili-
tica, Syringomyelie bei 76; tuber-
culosa imd Lumbalpunction 68;
ventricularis 69; bei Zahncaries
68.
Menstruation und Baineotherapie
622; und Lactation 414.
Mentholum valerianum bei Migräne
109.
Messerklinge , unterlassene Entfer-
nung einer, aus dem Gehirn
698.
Metakresolanytol bei Erysipel 282,
542.
Methylenblau bei Malaria 286; bei
Migräne 109 ; zum Zuckemachweis
im Harn 283.
Metreuryse 398.
Metrorrhagie, Excision des Endo-
metriums bei 424 ; Liquor aluminii
acetici bei 422; Liquor ferri bei,
im Klimakterium 422; Styptidn
bei 422.
Migräne (s. a. fiemicranie) 108; ar-
thritische Anfälle bei 108; atypi-
sches Flimmerskotom bei 108;
mechanische Behandlung der 109;
Psychosen bei 108; Therapie der
109.
Mibroorganismen in der Conjunctiva
459; als Ursachen von Nerven-
affectionen 49.
Mikrosporie in Hamburg 558.
Milch, Infection der, durch Typhus
abdominalis 269; künstliche 577;
Pa8teuri8irapparate722; Tuberkel-
badllen in der 722; Tuberculose
und — Versorgung 722; Verbreitung
des Typhus durch 752.
Milchmalzsuppe zur Ernährung von
Säuglingen 598.
Milchsecretion (s. a. Lactation), Ein-
fluss der Somatose auf die 414.
Militärhygiene 761.
Milz 89; und Infection 9; Total-
nekrose der 89.
Milzbrand 295; gewerbliche — infec-
tion 720; Heüserum gegen 296;
der Lunge 163, 295; der Nase 296;
bactericide Wirkung der venösen
Stauung bei 295.
Milzbrandbacterien , Wirkung des
Formalins auf 295.
Milzbrandimmunität 7.
Mineralwasser und Gallenabsonde-
rung 626.
Mineralwässer, indifferente 621 ; und
Magensecretion 212.
Miotica, Wirkungsweise der 658.
Mischinfection 12; bei Diphtherie
598; bei Lungentuberculose 151.
Missbildung 34.
Missed labour , üterusamputation
bei, infolge Atresie 407.
Mitralfehler, die linke Kammer bei
dens. 187.
Mitralstenose, Herz bei 87.
Mittelohr, primärer Krebs dess. 518;
Sarkom dess. 513.
Mittelohraffectionen, Drucksonde bei
499.
Mittelohreiterung, Antistreptokokken-
serum bei 503; sterile BaumwoUe-
tampons bei 502; Complicationen
bei 511; Diplococcus Weichsel-
baum bei 498; Extraction von
Hammer und Amboss bei 508;
Labyrinthaffectionen bei 514; Me-
ningitis serosa nach 504; Indica-
tionen zur operativen Behandlung
der 505 ; Radicaloperation bei chro-
nischer 506; elektrischer Bohrer
bei Radicaloperation der 507 ; Pla-
stik bei Radicaloperation der 507 ;
Erhaltung der retroauricolaren
Oeffhung nach Radicaloperation
bei 505.
Mittelohrkatarrh, Lufbverdünnnng im
äusseren Gehörgang und Kathe-
terismus bei chronischem 499.
Sachregister.
787
Monochloreesigsänre bei Xanthom
548.
Monog^phieen aus der Arzneimittel-
lehre und Toxikologie 680; aus der
Augenheilkunde 488; aus der Bac-
teriologie 46; aus der Chirurgie
382; über Constitutionskrankheiten
316; aus der Dermatologie 562;
aus der Geburtshülfe 452; aus der
gerichtlichen Medicin 705; aus dem
«biet der Geschlechtskrankheiten
574; aus dem öffentlichen Gesund-
heitswesen 765; aus der Gynäko-
logie 453; der Krankheiten der
Hamorgane 263; über acute In-
fectionskrankheiten und Zoonosen
297 ; aus der Elimatolo^e» Balneo-
logie und Hydrotherapie 642; der
Krankheiten der Kreislaufsorgane
196 ; über Krankheiten der Lunge,
des Brustfells und des Mediasti-
nums 167 ; über Nervenkrankheiten
115; aus der Ohrenheilkunde 518;
aus der Pädiatrie 609; aus der
allgemeinen pathologischen Ana-
tomie 46; über Baychosen 139; aus
der Rhinolaryngologie 539; der
Krankheiten der Verdauungsorgane
228.
Monoplegie, spinale, des rechten
Beins 74.
Mont-Dore 627.
Morbus Brightii (s. a. Nieren, Ne-
phritis), Albuminurie, Hydrämie
und Hydrops bei 243.
Morbus Weilii (s. a. Weirsche Krank-
heit) 289.
Morphium, Derivate dess. 652; — Ver-
giftung bei zwei Erwachsenen 689;
— ver^ftung bei zwei Kindern 689;
und Wehenthätigkeit 396, 653.
Morphiumintoxication, Alteration des
Centralnervensystems bei 55.
Morvan*sche Krankheit, Lepra und
Syringomyelie 77.
Mumps, s. Parotitis epidemica.
Mundkrankheiten 520.
Mundsperrer 520.
Mundwasser, Lippenekzem durch 542.
Musculus erector trunci, subcutane
Ruptur des 704.
Muskeln, Activitätshypertrophie der
85; Kemzahl der 29; Krankheiten
der 85; Nervenverzweigungen in
den 48 ; rheumatische Schwiele der
86; schwielige Entartung der 85.
Muskelatrophie und Contracturen
nach Hemiplegie 57 ; bei multipler
Sklerose 83.
Muskelbeschäftigung 53.
Muskelbewusstsein, Localisation dess.
64.
Muskelechinokokken, multiple 336.
Muskelschwund Unfallverletzter 333,
703.
Muttermund, Cocain bei Rigidität
dess. 400.
Myasthenia 87 ; pseudoparalytica
gravis mit intermittirender Oph-
thalmoplegie 87.
Mydriasis durch Euphthalmin 463;
durch Hyoscin und Scopolamin
464.
Mydriatica, Wirkungsweise der 658.
Myelitis 76; acuta 76; puerperalis 76;
transversa superior, Reflexe bei
ders. 76.
Mylius*8cher Liquor Golchici compo-
situs, Vergiftung mit dems. 689.
Myocard, Hypertrophie dess. 29.
Myocarditis, acute, diffuse 188.
Myome des Magendarmkanals 224,
360.
Myopie, Operation der 470.
Myosarkom des Uterus 43.
Myositis interstitialis und parenchy-
matosa 86; ossificans 45.
Myotomie (s. auch Hysterektomie,
Hysteromyomektomie), abdominale
432; Adenoma malignum cervicis
nach 434; Gardnom der Gerviz
nach 434; strömender Wasser-
dampf bei 442.
Myotonie 113.
Myrrhen bei Malaria 287.
Myxödem 105; Albumosurie bei 239;
infantiles 105; Pathogenese dess.
107; Pathologie dess. 106; Schild-
drüsentherapie bei dems. 106.
Myxom der Oberkieferhöhle 527.
N.
Nabelbrüche bei Neugeborenen 415;
Operation der 365.
Nabelschnur, Verblutung aus der
unterbundenen 691.
Nabelverband, Alkohol beim, der
Neugeborenen 413.
2
788
Sachregister.
Nachgeburt, forensische Bedeutung
ihrer Autopsie 692.
Nachgeburtsperiode 409; Blutstillung
in der 409.
Nadelhalter 417.
Nägel, Ablösung der 550.
Nähmaschinenarbeit, Einfluss ders.
auf die weiblichen Genitalien 416.
Nageltroicart zur Function der Ober-
kieferhöhle 522.
Nahrung, Folgen kalkarmer 45.
Nahrungsmittel, Fälschung der, und
ihre Bekämpfung 725; Hygiene der
721.
Nahtmaterial, Asepsis dess. 323.
Naphthalan 561, 660; bei Ekzem 543.
Narcotica 650.
Narkose, s. a. Anästhesie, Anästhe-
sirung; mit Chloroformäther 417;
Wiederbelebungs - Methoden bei
Asphyxie nach 819.
Nase, Angiomyxom der 525; Eite-
rungen in den NebenhöÜen der
526; Epitheliom der 549; Krank-
heiten der 520, 524; Nebenhöhlen
' der 526; Syphilis der 525; sterile
Tupfer bei Operationen an der
520.
Nasenerkrankungen und Augenaffec-
tionen 486.
Nasenrachenraum, chronischer Ka-
tarrh dess. 530; Krankheiten dess.
520; Polypen dess. 530.
Nasenscheere 521.
Nasenscheidewand, Resection der 526.
Nasenspeculum 520.
Natrium phosphoricum gegen Pso-
riasis 546.
Nebenniere 42; Hypertrophie der 42;
am Nebenhoden 42.
Nebennierenextract in der Augen-
praxis 463.
Nebennierensubstanz 670.
Nebenschilddrüsen 36.
Nephritis, s. a.Nieren, Morbus Brightii ;
Augenmuskel] ahm ungen bei 487;
Blut bei, und Urämie 244; chronica,
Behandlung 246; chronica, Diät
bei 248; Differentialdiagnose der
verschiedenen Formen 241 ; eitrige
252; durch Erkältung 242; Hämat-
urie bei chronischer 238; haemor-
ragica, Therapie 246; infolge Ma-
laria 242 ; obstructive 242 ; Patho-
genese des Oedems bei 243; bei
Pneumonie 242 ; Salzwasserklysmen
bei 248; scarlatinosa, Aderlass bei
246; bei Typhus 242.
Nephrolithiasis , s. a. Nierenstein,
Steinkrankheit; 249; Diagnose der,
durch Röntgenstrahlen 821; im
Kindesalter 250; und Rückenmark
249; Symptomatologie und Dia-
gnose 249.
Nerven, motorische 48; periphere,
Krankheiten ders. 88; periphere,
ihre Regeneration 27 ; trophiflche 46.
Nervenendigung in den Central-
organen 54; sensible, im Herzen
und in den Blutgefössen der Säuge -
thiere 174.
Nervendurchschneidung , Knochen
nach 48.
Nervenkrankheiten 47; Behandlung
ders. durch mechanische Haut-
reize 58; Lehrbücher und Mono-
graphieen 116; Mikroben und
Toxine als Ursache von 49; Pyra-
miden bei 54; nach Unfällen 114,
115.
Nervensystem, Anatomie dess. bei
magendarmkranken Säuglingen
584; bei chron. Schwefelkohlen-
stoffvergiftung 50.
Nervenwurzeln des Rückenmarks bei
Hirntumoren 72.
Nervenzellen und graue Substanz 47;
nach Intoxicationen 48 ; des Rücken-
marks bei Infectionen 74.
Netzhaut, s . a. Retina ; — ablösung 485.
Neubildungen, s. a. Tumoren, Ge-
schwülste; 29;Behandlang maligner,
an den langen Röhrenknochen 339;
Qlaukom und intraoculare 483;
parasitäre Genese der 29.
Neuenahrer Sprudel, Magenverdau-
ung und 625.
Neugeborene, Alkohol beim Nabel-
verband ders. 418 ; Baden ders. 413 ;
Geschlecht ders. und Lebensalter
der Erzeuger 412; Krankheiten
ders. 412, 581; Bestimmung ihrer
Lebensdauer aus der Beschaffen-
heit der Nabelschnur 691 ; Melaena
bei dens. 416; Nabelbruch bei dens.
415; Schädelform ders. und Ge-
burtsmechanismus 412.
Neuralgieen, Aetherspray bei 88; heisse
Lufl bei 88; Pathologie und Thera-
pie der 88; bei Radfahrern 94.
Neurasthenie 101 ; mit Arteriosklerose,
Therapie dieser Combination 101:
Sachregister.
789
Hunger bei 101; Polsphänomen
bei 101.
Neuritis degenerativa bei Tnber-
culose 89; bei Gicht 89, 307; go-
norrhoica 88; multiple, Rücken-
marksTemnderungen bei ders. 89.
Neuroglia, Methode zur Untersuchung
der 47.
Neurom 31.
Neurosen, s. a. Nenrenkrankheiten;
95, 107; functionelle, Aetiologie
ders. 95; klimakterische 96; und
örtliche Erkrankungen 95.
Nieren, s. a. Nephritis, MorbusBrightii ;
Adenosarkom der 33; Alteration
der, bei Obstipation 243; beweg-
liche 257; Echinokokken der 255;
Lage derselben 230; Physiologie
der 230; Tuberculose der 254;
Tumoren der 254; Tumoren der,
bei Eindem 255; Syphilis der 243;
Zusammensetzung des Urins jeder
ders. 230.
Nierenaffectionen 235; Beeinflussung
7on, durch Unfall 704.
Nierenblutung ohne Substrat 237.
Nierenchirnigie 369.
Nierenexstirpation 370.
Nierengeschwfilste bei Eindem 597.
Niereninsufficienz, Diagnose der 285.
Nierensteine, s. a. Steinkrankheit,
Nephrolithians ; und Röntgen-
sti-ahlen 250.
Nierentuberculose, primäre 254; in-
terne Therapie der 255.
Nirvanin 657.
Nucleohistonurie bei Pseudoleukämie
240.
Nutrose 671.
0.
Oberkiefer, Osteomyelitis dess. 527;
Tuberculose dess. bei kleinen Ein-
dem 527.
Oberkieferhöhle, Myxom der 527.
Obstipation, Nierenerscheinungen bei
243.
Ochsenserum bei Lungentuberculose
162.
Oedem, s. a. Hautwassersucht , Hy-
drops; acutes, circumscriptes .547;
acutes, des Eehlkopfs 533; und In-
f ection 8 ; mechanische Behandlung
dess. 182; neurotisches 89; Patho-
genese dess. bei Nephritis 243.
Oesophagoskopie 198.
Oesophagus, s. a. Speiseröhre; 197;
Magendrusen im 39; Besection des
353; -Trachealfistel 202.
Oesophagusschleimhaut, Bau der 197.
Oesophagusstricturen , Behandlung
der 202 ; Eucain bei 202 ; bei Typhus
270.
Ohr, Carcinom dess. 514; Chorea
minor bei Fremdkörpern im 496;
Fremdkörper - Extractionsrersnche
am falschen 496; FunctionEpr&fang
dess. 493; GraTiditfitsvaricen am
äusseren 496; Revolverkugel im
497; Todesfall nach Fremdköiper-
extraddon aus dem 497; trauma-
tische Affectionen am inneren 517.
Ohrenheilkunde, Lehrbücher und
Monographieen 518.
Ohren krankheiten 491; und Endocar-
ditis 518; Geschmackslähmungea
bei 492; Pathologie und Therapie
der 493; Seebäder bei 493.
Ohrensausen 494; Cimicifugaraoemon
gegen 494.
Ohrmuschel, Operation b^ Büdui^gB-
fehlem der 495.
Ohrverletzung durch Enallerbsen 498.
Oleum camphoratum bei Lungen-
tuberculose 156.
Oophorin bei Osteomalacie 316.
Operationen, Psychosen nach 124.
Operationshandschuhe 324; aus Tri-
cotstoff 386.
Operationskapuze 325.
Operationslehre 322.
Operationssaal, Asepsis dess. 325.
Operationstisch 417.
Ophthalmia (s. a. Augenentzündnng,
Bindehautentzündung, Conjunctivi-
tis, Trachom) neonatorum, Aigent-
amin als Prophylacticum gegen,
465; sympathijBche 481.
Ophthalmoplegia exterior 70.
Opium, Yergätung mit, und seinen
Alkaloiden 689.
Opium- Brombehandlung der Epilep-
sie 97, 98, 99.
OptiBusatrophie bei Hypophysistamor
62.
Orbitalphlegmone nach Empyem der
Oberkieferhöhle 474; nach Tbränen-
sackoperationen 473.
Orbitaltnrooren, Jod bei 468.
Organotherapeutieche Präparate 669.
Orthoform 327, 561, 656; bei Cysti-
790
Sachregister.
tis 260; bei Heufieber 523; bei
intramusculären Injectionen 574;
neues 523; in der Rhino-Larjngo-
logie 523; Schicksal dess. 657.
Orthopädie bei Tabes 82.
Orthopädische Apparate, Thierhaut
als Material für 331.
Osteomalacie 315 ; Kaiserschnitt mit
Castration bei 407 ; Pathologie und
Therapie der 315; Stoffwechsel bei
315.
Osteomyelitis 10; acuta am Kreuz-
bein 336; multiple, nach Otitis
media acuta507; des Oberkiefer8527.
Osteosarkom der Lunge und seine
Diagnose durch Röntgenstrahlen
162.
Otitis externa, Alkohol bei 496; media,
Augenmuskellähmungen bei, puru-
lenta 502; Cerebrospinalmeningitis
mit doppelseitiger 504 ; Ernährungs-
störungen bei, der Säuglinge 501.
Facialislähmung bei acuter 502;
intracranielle Oomplicationen der
509; multiple Osteomyelitis nach
acuter 507; der Säuglinge und ihre
Folgen 501.
Otomykosis, Borsäure und Zinkoxyd
bei 496.
Ovarialchirurgie, conservative 439.
Ovarialcysten, Giftigkeit des Inhalts
ders. 43.
Ovarialtumoren, Axendrehung des
Uterus bei 430.
Ovarium, s. a. Eierstock; 438; Der-
moide und Teratome dess. 440;
Echinococcus im rechten 439; Er-
haltung dess. bei Operationen an
den inneren Genitalien 438, 439;
Ignipunctur dess. 489 ; Kystom dess.
und Wochenbett 439; Resection
dess. 489.
Ovariotomie, Stielversorgung bei 445 ;
vaginale 446.
Oxytuberculin 158.
Ozaena, Kupferelektrolyse bei 525.
P.
Pachymeningitis externa bei acuter
Mastoiditis 503.
Pankreas 41, 227; Fettnekrose des
228; und Verdauung 227.
Pankreascyste 369.
Pankreasextract bei Diabetes mel-
litus 305.
Pankreaskolik und Diabetes 302.
Pankreasnekrose 868.
Pankreatitis, chronische interstitielle
228; purulenta 41; syphilitica 41.
Paralysis agitans und multiple Skle-
rose 83.
Paralysis progressiva 133; anato-
mische Diagnose der 134; die de-
mente Form ders. 135; und Lues
134; und Lues cerebri 135; bei
Mutter und Kind 136; nach an-
deren Psychosen 186 ; Pruritus bei
551 ; Veitoderungen der Vorder-
homzellen bei ders. 119.
Paranoia, acute, periodisch einfache
702; quaerulatoria 701.
Parasiten 1 ; bei Leukämie 313 ; thie-
rische 20.
Parenchymzellenembolie 28.
Parotis, Tuberculose der 348.
Parotitis epidemica 283; seltene Oom-
plicationen der 288.
Parovarialcysten, Giftigkeit ihres In-
halts 48.
Pasteur^sche Impfungen, Lähmungen
nach dens. 49.
Patellarfractur, Behandlung frischer
375.
Patellarluxation, angeborene 376.
Pathologie, allgemeine 1.
Paukenhöhle , Johannisbrodkem in
der 497 ; Massage des Trommelfells
bei Sklerose der 499.
Pavillonsystem, zur Geschichte dess.
763.
Pellagra in Ungarn 545.
Penis, suprasymphysäre Implantation
der Harnröhre und des, in die
Blase 372.
Pentosen bei Diabetes 305.
Pepsin, antizymotische Kxaft dees.
212; bei Magenkrebs 210.
Peptonurie nach Heilserum 602.
Percussion, palpirende 145.
Perforationsperitonitis, Heilung ders.
bei Typhus 272 ; operative Behand-
lung 356.
Pericarditis, chirurgische Behandlung
der eitrigen 191 ; im Kindesalter 589.
Peritoneum, s. a. Bauchfell; Entzün-
dung dess. 24.
Peritonitis, chronica non tuberculosa
356 ; bei Kindern 596 ; tuberculose.
bei Kindern 597.
Peronin 138, 652.
Pertussin bei Keuchhusten 587.
Sachregister.
791
Peet 16, 291; in Bombay 17; Dia-
gnose 293; Historisches 291; in
Indien 16; Pi^ventivirnpfung gegen
293; Prophylaxe der 293; Serum
ffegen 293; Symptome der 292;
Verbreitiingsweise der 291; Ver-
breitung der, durch Frösche 291;
Verbreitung der, durch Insecten
291 ; in Wien 17, 292.
Pestbadllen 292; Toxine der 17;
Widerstandsföhigkeit ders. 17.
Pestheerd in Afrika 16 ; in China 291.
Pestschutz 760.
Pflanzenäsche bei Gicht 307.
Phagocytose 10.
Pharyngitis chronica hyperplastica
580.
Pharynx, s. a. Rachen; Leukoplakia
des 529.
Phenacetin bei Influenza 278.
Phenol, Desinfection mit, u. Salzen 742.
Phenosol 654.
Phesin 655; bei Influenza 277.
Phlebitis im Wochenbett 412.
Phosphine bei Malaria 286.
Phosphor bei Osteomalacie 316; bei
Rachitis 604; Vergiftung mit 679.
Phosphorlähmung 684.
Phosphorvergiftung 26«
Photographie des Mageninnern 206.
Phthisis, s. a. Lungenkranke, Lungen-
tuberculose , Lungenschwindsucht,
Tuberculose ; und Magen 212 ; Frei-
luftbehandlung der, in England 620.
Pigment 25.
Pikrinsäure bei Brandwunden und
Ekzem 543.
Pilocarpin bei rheumatischer und
syphilitischer Iritis 465.
Pistyan, Karlsbad und, bei Gicht 628.
Pityriasis, Lysol gegen, ver8icolor552;
rubra pilaris am Auge 544.
Placenta, Expression der 409.
Placentarpolypen in der Tube 393.
Plasmazellen 25, 541.
Plessästhesie 145.
Pleura, Entzündung der 24.
Pleuraempyem bei Kindern 587.
Pleuraexsudat, neuer Parasit in jau-
chigem 166.
Pleurasugillationen infolge von Ab-
kühlung 144.
Pleuritis 164; diaphragmatica 165;
hämorrhagische, bei Kindern 586;
Thierversuche über Schwarten und
Membranen bei 165 ; bei Typhus 271 .
Pneumatische Therapie 146*
Pneumokokken^ ihre Virulenz 15.
Pneumonie, s. a. Lungenentzündung;
15 ; Bacteriologie ders. bei Negern
150 ; Epidemie von 149 ; Nephritis bei
242 ; Serumtherapie ders. 150 ; zeit-
liches Auftreten der croupösen 150.
Pneumotomie 355.
Pneumothorax 166; gasbildende Bac-
terien bei 166.
Pocken 755.
Pockenepidemie 757.
Poliomyelitis 84; acuta, Aetiologie
84; acuta der Erwachsenen §^;
anterior subacuta 84.
Pollakiurie 262; hysterische 306.
Pollutionen 102.
Polyarthritis, s. a. Rheumatismus,
Gelenkrheumatismus; 280; Aetio-
logie 280; Guajakolcarbonat bei
282; Salicylmeth^läther bei 281;
Salophen und Salicylsäure bei 281 ;
Symptomatologie 280 ; Therapie
281; Wärme bei 282; Betheiligung
der Wirbelsäule bei 281.
Polyneuritis, recurrirende 89.
Polypen des Nasenrachenraumes 530.
Polyurie, hysterische 306.
Porokeratosis 543.
Porrooperation und Gonorrhoe 406;
bei bestehender Infection 407.
Posticuslähmungen 537.
Prima intentio, Bacterien und 326.
Primäraffect an den oberen Luft-
wegen 569.
Prolaps der weiblichen Genitalien
418 ; Exstirpation von Scheide und
Uterus bei 419; Massage bei 418.
Prolapsoperation, Technik der 41b.
Prostatahypertrophie , Bottini'sche
Operation bei 373; Cystotomia su-
prapubica bei 873.
Prostatamassage 565.
Prostatitis gonorrhoica 565.
Protargol gegen Conjunctivitis blen-
norrhoica 466 ; bei Gonorrhoe 564 ;
bei Gonorrhoe des Weibes 450.
Proteus, pathogener 11.
Protozoen 19.
Prurigo 552.
Pruritus bei progressiver Paralyse 551.
Pseudoaktinomykose 18.
Pseudobulbärparalyse 70.
Pseudodiphtheriebacillen 13.
Pseudohermaphroditismusmasculinus
418.
792
Sachregister.
Pseudoleukämie 313; acute 314; Nu>
cleohistonurie bei 240.
Pseudomelanose 25.
Pseudoparalysis syphilitica im Ein-
desalter 584.
Pseadotuberkelbacillen 152.
Psoriasis, atypische 545 ; und Balneo-
therapie 623; und Diabetes 302;
Natrium phosphoricum gegen 546.
Psyche, Einfluss desHungers aufdiel23.
Psychiatrie 118.
Psychose, Heilung einer solchen nach
Exstirpation der inneren Genitalien
433 ; und Katalepsie bei Icterus 225.
Psychosen bei Garcinom 126; bei
Diabetes 127; Veränderungen der
Gauglienzelle bei 119 ; des Greisen-
alters 125; bei Herzkranken 127;
Hydrotherapie bei 137; bei Jodo-
formintoxication 133; bei Eopro-
stase 125 ; beim Militär 128 ; Mo-
nographieen nnd Lehrbücher der
139; nach Operationen 124; spe-
cielle Pathologie der 124; poly-
neuritische (Korsakow*sche) 128 ;
posthemikranische 108; beiSalicyl-
säureintozication 132 ; in den Tro-
pen 126; Typhusbacterienimpfun-
gen bei 138; bei Urämie 133, 245;
im Wochenbett 124.
Puder, hautfarbner 561.
Puls, diagnostische Bedeutung dess.
174; paradoxale Frequenz dess. 193»
Pnlscurven, ihre diagnostische Be-»
deutung 175.
Pulsfrequenz in der pneumatischen
Kammer 174.
Pupillen, Bahnen der, Reaction 456 ;
Ueaction und Ganglion ciliare 457.
Pupillencentrum, Lage dess. 122.
Pupillenstarre im hysterischen Anfall
100; reflectorische bei Tabes 80.
Purpura 546; haemorrhagica 546;
infectiöse 314.
Pyämie, otitische 508.
Pyelitis, Aetiologie der 252 ; medica-
mentöse Behandlung 254; und
Cystitis 253; Hamleiterkatheteris-
mus bei 254; bei Typhus 272;
Urotropin bei 254.
Pylorushypertrophie und Magenatro-
phie 209.
Pylorusstenose, congenitale 589.
Pylorustumor 210.
Pyocyaneus in einem Schilddrüsen-
abscess 11.
Pyoktanin bei Cystitis 260.
Pyothoraz 165 ; Behandlung des 165.
Pyramidon 656 ; bei Nervenaffectionen
54.
Pyrantin 655.
Pyrosal 654.
I^urie, Urotropin bei 565.
Quecksilbersalbe, Bereitung der gel-
ben 468.
Quecksilberseife 573.
Quecksilbersuccinimid als 'Eiweiss-
reagens 231.
Rachen (s. a. Pharynx), sterile Tupfer
bei Operationen am 520.
Rachenblutung 530.
Rachitis 604; Phosphorbehandlung
der 604.
Radfahren, sein Einfluss auf das Hers
182; Neuralgie infolge von 94.
Radialis, N., elektrische Erregbarkeit
des 94.
Radialislähmung nach Epilepsie 97;
nach ContTaction des Tricep»
, brachii 382; Heilung ders. durch
Sehnenplastik 331.
Rankenangiom, Alkoholinjection bei
arteriellem 329.
Rasirschanker 568.
Reconvalescenten, Fürsorge für lun-
genkranke 752.
Renexe bei Myelitis transversa su-
perior 76.
Refractionsanomalieen des Auges 469.
Resectio tibio-calcanea 330.
Resorption im Dünndarm 40; Re-
sorption des Eisens 40.
Respirationsorgane , pathologische
Anatomie der 36.
Retina (s. a. Netshaut), Pars ciliaris^
der 455.
Retina, Embolie der Arteria centralis
486.
Retinalhämorrhagie bei Arterio-
sklerose 56.
Retroflexio uteri 426; äussere und
innere Alexander^sche Operation
bei 427; Cuneo-Hysterectomia va-
ginalis bei 427; Prophylaxe der
426; vaginale Verkürsung der
runden Mutterbänder bei 427:
Sachregister.
793
Ventrifization bei 426; Vesico-
fization bei 426; gravidi 387; gra-
▼idi, Behandlung der Incarceration
ders. 388.
Rhabdomyom 30.
Rhamnose bei Diabetes 305.
Rheumatismas (s. a. Polyarthritis, Ge-
lenkrheumatismus), Kehlkopfaffec-
tionen bei 281.
Rhinitis (s. a. Schnupfen) diphthe-
rica bei Scharlach 603 ; polyposa 524.
Rhinolo^e, Lehrbücher und Mono-
graphieen 539.
Rlunoplastik, partielle 525.
Rhinosklerom 525.
Rhinoskopie, Röntgenstrahlen in der
522.
Rieselfelder der Stadt Freiburg i.B.7 1 1 .
Rindenepilepsie, Leitungsbahnen und
Pathogenese der 66; operative Be-
handlung ders. 67.
Rindenfeld des Facialis 64 ; der Hinter-
strangbahnen 64.
Röhrenimochen , lange, Enchondro-
fibrom und solitäre Cysten ders.
338; lange, Behandlung bösartiger
Tumoren an dens. 339 ; lange, Sar-
kome ders. 338.
Röntgenstrahlen bei Arteriosklerose
196; ihre Wirkung auf Bacterien 1;
bei Blasensteinen 262; in der
Chirurgie 321 ; bei Colitis tuber-
culosa 322; bei Fremdkörpern im
Auge 460; in der Geburtshfllfe
396; und Kriegschirurgie 322; bei
der Magenuntersuchung 205; und
Nierensteine 250, 321; Diagnose
eines Osteosarkoms der Lunge durch
162; in der Rhinoskopie 522; in
der Diagnostik der Tuberculose
159; bei experimenteller Tubercu-
lose 154; Wirkung ders. auf Tu-
berculose 159; bei intrathoracalen
Tumoren 523.
Roseola bei Influenza 277.
Rothlaufbadllen 1.
Rotz 297; Serodiaenostik bei 760.
Rückenmark und Anämie 313;
traumatische Blutun|^en um und in
das 352; Compression dess. 75;
Erschütterung dess. 75; Halbseiten-
läsion dess. 73; Alteration dess.
bei Hirndruck 72; Krankheiten
dess. 70; Läsionen dess. und Im-
munität 266; centripetale Leitungs-
bahnen im 71; und Nephrolitbiasis
249; Nervenzellen dess. bei Infec-
tionen 74; Nervenwurzeln dess. bei
Hirntumoren 72; Veränderungen
dess. bei multipler Neuritis 89; bei
Tetanus 278.
Rückenmarkshäute , Anatomie und
Physiologie ders. 70.
Rückenmarkenerven 93.
S.
Saccharin, Nachtheile dess. 305.
Sachverständigenthätigkeit,ärztliche»
in Unfall- und Invalidensachen 703.
Sackniere, s. a. Hydronephrose; 256.
Säugethierherz , Ganglienzellen in
dems. 173.
Säugling, Temperatur dess. 581.
SäugUngsemährung mit Buttermilch -
suppe 594; mit Malzmilchsuppe 593.
Säureintoxication bei Darmkrank-
heiten der Kinder 593.
Saisonniers 547.
Salbenstäbchen bei chronischer Gk)-
norrhoe 566.
Salicylmethyläther bei Polyarthritis
281.
Salicylsäure bei Gicht 307.
Salicylsäureintozication , Psychosen
bei 132.
Salophen 655; bei Polyarthritis 281.
Salosantal 662; bei Cystitis 260.
Salpetrige Säure, Inhalation ders. 684.
Salze, Allgemeinwirkung der 663.
Salzwasserinfnsion bei Coma diabeti-
cum 305.
Salzwasserklysmen bei Nephritis 248.
Samenstrang, Lipome dess. 374.
Sanatogen 672.
Sanatorien, Grösse ders. 160; bei
Tuberculose 160.
Sanduhrmagen, Gastroanastomose
bei 359.
Sanoform 660; bei Hautkrankheiten
560.
Sapolentum hydrargyri 573.
Sarkom 31; der Aderhaut 481; am
inneren Gehörgang 516; des Kehl-
kopfs 537; auf Lupus 549; des
Mittelohrs 513; der langen Röhren-
knochen .338.
Sarkomatose der Haut 548.
Scabies, Eudermol gegen 552.
Schädelbasis, Fibrome an der 344.
Schädeldefecte, Deckung ders. 343.
794
Sachregister.
Schädelresection, temporäre, mit der
Gigli'schen Drahtsäge 340.
Schädeltrepanation 340.
Scharlach 602; und Diphtherie 14;
Hyperleukocytose bei 602; Rhinitis
diphtherica bei 603.
Scharlachnephritis, Aderlass bei 246,
602.
Schenkelhemie, äussere 365.
Schilddrüse 86; Bedeutung der 37;
und Hypophysis 36; Resection der
348.
Schilddrüsengeschwülste im Kehlkopf
538.
Schilddrüsenmetastase am Femur 339.
Schilddrüsentherapie bei Fettleibig-
keit 106; bei Morbus Basedowii
106; bei Myxödem 106; bei infan-
tilem Myxödem 105.
Schinznacher Therme 627.
Schläfelappenabscesse, Heilung oti-
tischer, durch Operation 512.
ScUäfenbein , Ghlorom dess. 509;
SchuBsverletzung dess. 497.
Schlaf, Tiefe dess. 121.
Schlagende Wetter auf Zeche Karo-
linenglück 685.
Schlammbäder bei Gicht 308.
Schlangengift, Bindung dess. 6; Im-
munität der Igel gegen 265.
Schleich*sche Infiltrationsanästhesie
bei Enucleation des Bulbus oculi
461.
Schluckact 197.
Schmerzen aus centraler Ursache 64.
Schmutzwässer, Einleitung der, in
Flüsse 713; Reinigung ders. 711.
Schnecke, Entwickelung der 491;
Function der 491; Gehör ohne
491.
Schnupfen, s. a. Rhinitis; acuter 524;
nervöser 524.
Schuhzeug (s. a. Fussbekleidung),
Wärmeleitung beim 730.
Schulärzte, die Grenzen ihrer Thätig-
keit734; inTroppau735; in Wies-
baden 734.
Schulfenster und Vorhänge 738.
Schulhygiene 733; Forderungen der
733; Fragen der 733; bei Masern
736, 737.
Schulkinder, Untersuchung zurück-
gebliebener 736.
Schulterluxation, habituelle 380.
Schultze'sche Schwingungen bei Bron-
chiolitis 586.
Schulzimmer , Beleuchtungsversuche
der 737 ; Zuglüftung der 737.
Schussverletzung des Schläfenbeins
497.
Schusswunden des Dünndarms 861;
des Gehirns 342; ihre Behandlung
343; Infection von 384; Therapie,
inficirter 334.
Schutzpockenimmunität, Dauer der
757.
Schwangerschaft (s. a. Gravidität)
und Geschwülste 889; und Herz-
fehler 389; und Lactation 415;
und HenaJe Leukämie 390; Sym-
physiotomie in der 405.
Schwarzwasserfieber 284.
Schwefelkohlenstofifvergiftung , Ner-
vensystem bei 30.
Schwefelwasserstoff, Vergiftung mit
678.
Schwerhörigkeit, Hörinstrument bei
493.
Schwimmbäder 729.
Scopolamin als Mydriaticum 464.
Secretauf^ger 825.
Sectio caesarea, s. Kaiserschnitt.
Seebäder bei Ohrenkrankheiten 493.
Seelenstörnngen , interessante 702 ;
periodische 702.
Seereisen 618.
Sehhügel, Apoplexie im linken 61.
Sehnencontractur bei Tabes 81.
Sehnenplastik, s. a. Sehnenüber-
pflanzung; am Fingerrücken 331;
bei Radiuslähmung 331.
Sehnenreflexe 73.
Sehnenüberpflanzung, s. a. Sehnen-
plastik 831.
Sehnenatrophie bei Tabes 80.
Sehschärfe 469.
Sehstörungen bei Malaria 285.
Selbstmord und Alkoholismus 182.
Selbstreinigung der Isar 718.
Sepsis, Silber gegen 542.
Septikämie 10.
Serodiagnostik der Lepra 556 ; bei Rotz
760; bei tuberculösen Ergüssen 161.
Serotherapie 668; des Abdominal-
typhus 275; der Diphtherie 600:
experimentcdle 14; der gegenwär-
tige Stand der 161; der Lepra
557; der Pest 293; der Pneumonie
150; bei Recurrens 276; bei Strepto-
kokkeninfection 411; der Syphilis
572; des Tetanus 111, 113, 279,
280; der Tuberculose 161.
Sachregister.
795
Sichelmesser , zur £ntfemiing von
Nähten 417.
Silber gegen Sepsis 542.
Silberstäbchen, intrauterine Aetzung
durch lösliche 421.
Simulation, Hörprüfung bei 493.
Sinuserkrankungen, otitische und rhi-
nitische 508.
Sinusthrombose, pyämische 508 ; neues
Symptom der lateralen 510.
Sinus urogenitalis, Persistenz dess.34.
Sklerodermie, diffuse 550; Elektro-
lyse bei 550; Therapie der 550.
Sklerose, multiple, Histologie ders. 83 ;
multiple, Muskelatrophie bei ders.
88; multiple, und Paralysis agi-
tans 83.
Smegmabacillen im Sputum 158.
Somatose 671; ihr Emfluss auf die
Milchsecretion 414.
Somnambulismus, Therapie des 189.
Sondirung der Stirnhöhle 527.
Sonnenstich 744.
Soor 19; der Harnblase 259.
Spalthand 35.
Speiseröhre, s. a. Oesophagus; Diver-
tikel der 201; Operationen am
Brusttheil der 353; Stenose der
202.
Spermareaction nach Florence 682.
Spermatogenese 42.
Spinalganglien, trophische Function
ders. 72.
Spinalganglienzellen bei Tabes 78.
Spinalparalyse, acute, spastische 85.
Spiritus, s. a. Alkohol; — dauerver-
bände 327.
Spitzenstoss, Stand dess. bei Gesun-
den 141.
Splenektomie , Eisen in der Leber
nach 22.
Splenomegalie, Behandlung der, bei
Malaria 287.
Splenopexis bei Wandermilz 368.
Spondylitis traumatica 851; tuber-
culosa, Galot*s Behandlung der 850.
Spoutanfracturen bei Syringomyelie
77.
Sport, sein Einfluss auf das Herz 182.
Sprachstorimgen, diätetische Behand-
lung der 581; Heredität bei 582;
Vererbung von 66.
Spulwürmer in den Gallenwegen 227.
Sputum, eosinophile Zellen im 142;
eosinophile Zellen in tuberculösem
153; Smegmabacillen im 153.
Stapesankylose , operative Behand-
lung der 500.
Staroperation, Lappenschnitt bei der
484.
Status lymphaticus, Einfluss des, auf
den Ausgang der Diphtherie 601.
Staub im Gewerbe 719.
Stauungshyperämie bei Gelenkrheu-
matismus 631.
Steinkohlentheer 562.
Steinkohlentheerbenzin , Vergiftung
mit 718, 719.
Steinkrankheit, s. a. N^hrolithiasis,
Nierenstein; interne Therapie der
250.
Steisslage, manuelle und instrumen-
teile Therapie der 399.
Sterilisation (s. a. Desinfection, Anti-
sepsis, Asepsis) geburtshülflicher
Instrumente 386.
Sterilil&t und Tripper 563; Herbei-
führung von, durch Einnähen der
Tuben in die Scheide 441; Her-
beiführung von, durch Ezcision
des interstitieUen Tubentheils 441 ;
durch Unterbindung beider Tuben
441.
Stichkanalinfection 326.
Stirnhöhle, Eiterung der 527; Son-
dirung der 527.
Stimlage, Umwandlung der, in Ge-
sichtslage 399.
Stoffwechsel beim Brustkind 580;
bei Osteomalacie 315; Pathologie
dess. 299.
Stottern, Ursachen dess. 532.
Strabismus, Behandlung des 471.
Stra&echtspflege , Vorschläge zur
Aenderung der, bei Geisteskran-
ken und zweifelhaften Geisteszu-
ständen 700.
Streifenhügel, Pathologie dess. 61.
Streptococcus erysipelatis, seine Iden-
tität mit Streptococcus py ogene8282.
Streptokokken undDiphtiieriebacillen
14.
Streptokokkeninfection, Serumthera-
pie bei 411.
Streptothrix 18; in der Lunge 164.
Strontium arsenicosum 562.
Struma (s. a. Kropf), verirrte 348.
Strychnin, Vergiftung mit 676.
Strychninvergimng und Tetanus 278.
Stypticin bei Metrorrhagie 422.
Sulfonal, Hämatoporphyrinurie nach
239; Vergiftung mit 676, 687.
796
Sachregister.
Sycosis subnaaalis, Aetiologie 544;
vulgaris 553.
Sympathicus, N., der Eisfluss seines
Halstbeils auf die Herzfrequenz 170 ;
Operationen am, bei Basedo Wischer
Krankheit 105; Resection seines
obersten Halsganglions bei Epi-
lepsie 99 ; Veränderungen dess. bei
Typhus 271.
Symphysiotomie 404; ludicationen
und Ausgänge der 404; in der
Schwangerschaft 405.
Syphilid, ulceröses, im Gesicht 568.
Syphilis, s. a. Lues; 567; des Bauch-
fells 571; congenitale, Histologie
und Pathologie ders. 571; conge-
nitale, der Leber 571 ; congenitale,
und Little*sche Krankheit 571; und
Diabetes 802; Echinokokken und
570; gravis bei Aerzten 567; here-
ditaria 607; hereditaria, Hydro-
cephalus bei 571; Jodalbacid bei
573; Jodtinctur bei 572; Leber-
atrophie und 570 ; des Magens 210 ;
des Mastdarms 40; der Nase 525;
des Nebenhodens 569; der Nieren
243, 569; Prophylaxe der 572;
Serumtherapie der 572 ; und Tabes
79 ; TodesMe an 569; der Zunffe 569.
Syringomyelie76; Cheiromeg^ie bei
77 ; Hemianästhesie bei 77 ; Lepra
und Morvan^sche Krankheit 70;
bei Meningitis syphilitica 76 ; Spon-
tanfracturen bei 77; Trophoneu-
rosen bei 552.
Systemerkrankung, primäre comb!-
nirte 73.
T.
Tabes 78; ohne Ataxie 81; Augen-
krisen bei 81; und Betriebsunfall
705; Erblichkeit der 79; Erblin-
dung bei, als Unfall 705; Haut-
nerven bei 78; die embryonalen
Fasersysteme in den Hintersträngen
bei 78; Impotenz bei 79; Ortho-
pädie bei 82; reflectorische Pu-
pillenstarre 80 ; Sehnervenatrophie
bei 80; Sehnencontractur bei 81;
Spinalganglienzellen bei 78; und
Syphilis 79; Therapie der 81;
Uebungstherapie bei 82; hintere
Wurzeln bei 78.
Tabesfuss 81.
Tachycardie bei Tuberculose 161.
Taenia saginata bei Athetose 30.
Takadiastase bei Hyperacidität des
Magens 211.
Talocruralgelenk , traumatische Lu-
xationen des Fusses im 378.
Talusfractur 378.
Tanninpräparate 595.
Tarsalgie 95.
Taubheit mit Influenza 277.
Taubstumme, Hördefecte bei dens.
498; Hörprüfung ders. 494.
Taxis, forcirte bei Hemia incarce-
rata 346.
Temperatur, Wirkung der Umschläge
auf, und Girculation 639.
Tensor tympani, Beflexerregbarkeit
des 492; Tenotomie des 500.
Teratom der Dura 33 ; der Leber 38.
Terralin als Salbengrundlage 560.
Tetanie 118; Elektrisches Verhalten
des Herzens bei 178 ; und Magen-
afifectionen 208.
Tetanus 15, 278; Aetiologie 278;
Antitoxinbehandlun^ des 279, 280 ;
Gehimemulsion bei 280; puer-
peralis 278; Rückenmark bei
278; Serumtherapie des 111;
Serumtherapie des — in der
Veterinärmedicin 113; und Strych-
ninvergifbung 278 ; traumaticus
336 ; Wesen undBehandlungdesl09.
Tetanusgifb 279; Bindung dess. 4.
Tetanustoxin und -Antitoxin 112.
Theeöl 665.
Thermaldouche 622.
Thermische Reize in ihrer Wirkung
auf das Blut 640.
Thierlymphe 758.
Thierhaut als Material für orthopä-
dische Apparate 331.
Thiochinanthren 656.
Thiosinamin bei Chorioiditis exsuda-
tiva und Hornhauttrübung 465.
Thorax, s. a. Brust, Brustkorb.
Thoraxempyeme, Behandlung vex^
alteter 355.
Thoraxerschütterung und Hämoptoe
148; ihr Einfluss auf die Getasse
der Pleura und der Lungen 144.
Thoraxverletzungen, Behandlung der
353.
Thränensackoperation, Orbitalphleg-
mone nach 478.
Thränenwege, Lupus der 478.
Thrombose 21 ; des Bulbus venae ju-
gularis 508; im Wochenbett 410.
Sachregister.
797
Thymushyperplasie, plötzlicher Tod
bei 700.
Thymustod 582.
Todesfälle nach Fremdkörperextrac-
tionaus dem Ohr 497 ; plötzliche 697.
Tonsillen als Eingangspforten schwe-
rer Allgemeininfectionen 529 ; Tu-
berculose der 529.
Tonsillotom nach Wolff 521.
TorticoUis spastica 93.
Toxikologie 644.
Toxine und Antiseptica 659; als Ur-
sache von Nervenaffectionen 49.
Trachea, s. a. Luftröhre; Verände-
rungen in der, bei Leukämie 538.
Tracheitis chronica haemorrhag^ca
538.
Tracheotomie unter Cocainanästhe-
sie 539.
Trachom, s. a. Aagenentzündung,
Bindehautentzündung , Coi^juncti-
vitis, Ophthalmie ; 476 ; — epidemie
und — ^bekämpfung 759 ; Ichthyol
bei 467.
Transfusion, postnatale 413.
Transplantation (s. a. Hautüber-
pflanzung), Allgemeines über 28;
von Haut 28; der Hoden 28; der
Mamma 28; von Nerven 28; der
Ovarien 28; der Schilddrüse 28.
Transport, retrograder 23.
Trennsysteme, hygienische Bedeutung
der 708 ; bei der Kanalisation 707.
Trepanation bei Meningitis 69; dop-
pelter acuter Himabscess nach,
des Warzenfortsatzes 511; Indi-
cationen zur, des Warzenfortsatzes
504.
Trephenin bei Migräne 109.
Triceps brachii, Radialislähmung nach
Contraction des 382.
Trichinose, eosinophile Zellen im
Blut bei 309.
Trichomonaden 20.
Tripper (s. a. Gonorrhoe) und Steri-
Htät 563.
Trippersecret, Färbung dess. 562.
Trommelfell, Massage dess. bei Skle-
rose 499 ; tuberculöse Tumoren am
498.
Trommelfellperforationen, Verschluss
von 497.
Trommer'sche Probe für den Zucker-
nachweis im Harn 233.
Tropen, Psychosen in den 126.
Tropenhygiene 743, 744.
Tropenmalaria 285.
Trophoneurosen bei Syringomyelie
552.
Tropon 672, 725.
Tuba£ustaohii, Fremdkörper der 498.
Tuba Fallopiae, s. a. Eileiter; Gar-
cinom der 441; Placentarpolypen
in der 893; Sondirung der 440;
Tuberculöse der 451, ^2.
Tubenabort und Tubenruptur 395.
Tubenruptur und Tubenabort 398.
Tubenschwangerschaft 391 ; Actio -
logie 391; wiederholte 392.
Tuberculin besonderer Herstellung
158; bei Lupus 559; verschiedene
Arten dess. 160; T. R. bei Lungen-
tuberculöse 155; T. R., Thierver-
suche mit 154.
Tuberculinum novum 11.
Tuberculöse (s. a. Phthisis, Lungen-
kranke,Lungentuberculose,Lungen-
schwindsucht) 11; der Cervix451;
des Göcums362; Diagnose ders. bei
Kindern 159; Diagnose ders. durch
Röntgenstrahlen 159; der Eileiter
und Eierstöcke 452; Erblichkeit
ders. 159; der Gelenke 335; der
weiblichen Genitalien 451; Haut-
erkrankungen bei 159; Hospital-
behandlung ders. 159; Hospitali-
sation ders. 752; Identität der
menschlichen und Hühnertuber-
culose 158; der Iris 480; Ein-
dringen ders. in den Kehlkopf 534;
des Larynx und der Lunge 535;
der Leber 40; Gefahr der An-
steckung mit, für Einwohner von
Luftcurorten750; Milch Versorgung
und 722 ; Neuritis degenerativa bei
89; primäre, der Nieren 254; des
Oberkiefers bei kleinen Kindern
527; Oxytuberculin bei 158; der
Parotis 348; Prophylaxe der 750;
Prophylaxe gegen thierische 158;
Wirkung der Röntgenstrahlen auf
159; Röntgenstrahlen bei experi-
menteller 154; Sanatorien bei 160;
Serotherapie der 161; Tachycardie
bei 161; der Tonsillen 529; am
Trommelfell 498; der Tuben und
des Bauchfells 451; des Uterus
43, 451; Verbreitung der 749; Ver-
erbung der 3, 150; Volksheil-
stätten far 751 ; der Zunge 347, 560.
Tuberculosegift , Werthbestimmung
dess. 154.
798
Sachregister.
Tuberkelbacillen, ätherlCsliche Sub-
stanzen in 11; in der Butter 721,
722; im Harn 255; secundäre In-
fection mit 152; Untersuchung von
148; ihre Virulenz 11.
Tuboovarialcysten 49; Entstehung
der 440.
Tumoren (s. a. Geschwülste, Neu-
bildungen), Acidum arsenicosum bei
malignen Larynx — 537 ; am Hoden
42; maligne, der Epiglottis 537;
Röntgenstrahlen bei intrathoraca-
len 528.
Tupfer, sterile, bei Operationen an
Nase und Rachen 520.
Tympania uteri, ana€robe Bacillen
bei 410.
Typhus abdominalis (s. a. Abdominal-
typhus) 18, 268; und Ber^fieber
272; Blutveranderungen bei 271;
Contagiosität des 268; Gallen-
blasenempyem bei 270; Heilung
der Perforationsperitoniias bei 272
Laryngitis bei 272; Lebersym
ptome bei 270; Meningitis bei 271
Mortalität des, in Italien 270
Nephritis bei 242; Oesophagus
strictur bei 270; Pleuritis bei 271
Pyelitis bei 272; Recidive des 269
YerÜlnderungen des Sympathicus
bei 271 ; üebertragung durch Butter-
milch 269; Üebertragung durch
Milch 269; üebertragung durch
Trinkwasser 268; Vagusstörungen
bei 92, 272; Verbreitung des 753;
Verbreitung des, durch den Boden
753 ; Verbreitung des, durch Milch
752.
Typhusbacillen in Abscessen und im
Harn 272 ; Ausscheidung ders. mit
dem Harn 13; in Buttermilch 758;
und Colibacterien 273; in den
Lochien 410.
Typhusbacterienimpfungen bei Psy-
chosen 138.
Typhusgift, Bindung dess. 5.
ü.
üeberbürdung der Schuljugend 785.
Uebungstherapie bei Tabes 82.
Ulcus cruris. Heftpflasterstreifen bei
543.
Ulcus moUe der Coxgunctiva 566.
Ulcus rotundum (s. a. Magengeschwür),
Hydrotherapie dess. 633.
Umlegung städtischer Grundstücke
715.
Umschläge, ihre Wirkung auf Tem-
peratur und Circulation 639.
Unfall, Muskelschwund nach 333;
Nervenkrankheiten nach 114, 115;
durch Umknicken 333; Wandere
niere nach 257.
Unfallchirurgie 317.
Unfallhemien 332.
Unguentum cinereum in Pillenform
intern 573.
Unterkieferbrüche,Gewicht8exten8ion
bei dens. 345.
Unterleib, chirurgische Krankheiten
dess. 356.
Untersalpetersäure, Inhalation ders.
684.
Unterschenkel, federnder 377.
Unterschenkelamputation, osteopla-
stische 330; subperiostale 330.
Unterschenkelbrüdie , Behandlung
ders. durch den Hausmann'schen
Eztensionsapparat 329.
Unterschenkelgeschwüre, Behandlung
der 379.
Untersuchungsmethoden in der Chi-
rurgie 321.
Urachusfistel, Behandlung der 370.
Urämie, Aderlass bei 248; Aphasie
bei 245; Aphasie als Einleitung
eines Anfalls von 66; und Blut
bei Nephritis 24; Darmgeschwüre
bei 245; Entstehung der 244; Ge-
schichte der 245; Psychosen bei
133, 245; Reteniion von Chloriden
bei 244.
Ureter, s. a. Harnleiter.
Ureteritis cystica 41.
Ureterkatheterismus 235; bei Hydro-
nephrose 257.
Urethritis, Elektrolyse bei chroni-
scher, glandulärer 263; gonor-
rhoica bei Kindern 598.
Urethrotomia interna 372.
Urin (s. a. Harn) jeder der beiden
Nieren 230.
Urotropin bei Pyelitis 254; bei Pyurie
565.
Urticaria factitia 546.
Uterus, s. a. Gebärmutter; Apoplexie
des 43 ; Aussackungen, Rückwärts-
neigungen und Knickungen des
schwängern 387; Carcinom am pro-
labirten 434; Technik des Curette-
ments des 420 ; Darmscheidenfiitel
Sachregister.
799
nach Elemmbehandlang bei vagi-
naler Totalezstirpation des 424;
Erweiiening und Austastung des
420; Technik der Exstirpation des
441, 442; Indication zur Behand-
lung der Falschlagen dess. 425;
Lageveränderungen des 425;
Lymphapparat des, und Beckens
bei Carcinoma colli 438; Myo-
sarkom des 43; abdominale Ope-
ration bei Gardnom des 486;
strömender Wasserdampf bei vagi-
naler Exstirpation des 442; Torsion
des, bei Myomen und Ovarial-
tumoren 430 ; Klemmzange bei To-
talexstirpation des, und der An-
hänge 442 ; TubercuJose des 43, 451.
üterusamputation bei missed labour
infolge Atresie 407.
Üteruscardnom, Statistik der Total-
exstirpation bei 435.
üterusmyom, s. a. Fibromyome; 80;
Axendrehung des Uterus bei 430;
Enucleation dess. mit Erhaltung
der Gebärmutter 488; Kaiserschnitt
bei 407; Heüung einer Psychose
bei, nach Exstirpation der inneren
Genitalien 433; Totalexstirpation
bei 482; Sammelstatistik der Ope-
rationsresultate 481 ; Sterilität und
Fertilität bei 480; Unterbindung
der Arteria uterina bei 481.
Uterusprolaps und Carcinom 484.
üterussarkom 438; Histiogenese 488;
Pathologie 888.
Uterustamponade , aseptische im
Wochenbett 409.
Y.
Vagina, Ulcera der 48.
Yagitus uterinus, erster Athemzug
und 690.
Vagus und Herz 171.
Vagus, Störungen dess. bei Typhus
92, 272 ; operative Verletzung des 92.
Vapocautensation des Uterus 428;
Todesfall nach 424.
Vaporisation des Uterus 423; Obli-
terationund Atrophie dess. nach 423.
Varicenoperationnach Trendelenburg
879; Folgen derselben 880.
Variolavaccine und Impfschutz 757.
Velitractor nach Hopmann 521.
Vena cava, primärer Tumor der 190.
Vena jugularis, Thrombose des Bul-
bus der 508.
Vena spermatica, Exstirpation der
thrombotischen,im Wochenbett 412.
Venen, Blutbewegung in den 169.
Venerische Krankheiten 562; Ver-
breitung ders. in Kiel 567.
Veratrum viride bei Eklampsie 408.
Verbandlehre 822.
Verbandmittel, Alkohol als 327.
Verblutung nach Verletzung einer
Intercostalarterie 854.
Verdauung und Alkohol 653; und
Pankreas 227.
Verdauungsorgane 89; Hydrotherapie
der Krankheiten der 634; Krank-
heiten der 197.
Vererbung, s. a. Erblichkeit, Here-
dität; von Sprachstörungen 66;
der Tuberculose 8, 150.
Vergiftungen, s. a. Intoxicationen,
Arbeiterhygiene, gerichtliche Me-
dicin; 683.
Verletzungen 832.
Verruga peruviana 549.
Verticalgalvanometer 52.
Vibrationsmassage, Apparat zur —
des Trommelfells 499.
Volksbäder 729.
Volksgesundheit 747.
Volksheilstätten für Tuberculose 751.
Vorderscheitellage 898.
W.
Wärme bei Polyarthritis 282.
Wahnideen, melancholische, bei oti-
tischem Extraduralabscess 503.
Walcher*sche Hängelage 401.
WaldwoUe, Producte aus 780.
Wandermilz, Splenopexis bei 368.
Wandemiere 257; und Appendicitis
258; Bandagenbehandlung der 257;
diätetisch-mechanische Behandlung
der 258; im Kindesalter 258 ; Patho-
genese 257; nach Unfall 257.
Wange, Epitheliom der 549.
Wanzen, UebertragungvonBacterien
durch 8.
Warmblüterherz, Wirkung von Giften
auf das isolirte 649.
Warzenfortsatz, doppelter acuter Ge-
himabscess nach Trepanation dess.
511; Indication zur Trepanation
dess. 504.
800
Sachregister.
Wasser, Enteisenung dess. 727; Gift-
Wirkung reinen — s 728; Infection
dess. durch Typhus abdominalis
268; Methoden seiner Reinigung
und Vorurtheile gegen das abge-
kochte 728.
Wasserdampf bei Leber- und Nieren*
blutungen 867; strömender, bei
Myomotomie und vaginaler Total-
exstirpation 442.
Wassertrinken, Wirkung dess. 639.
Wasserversorgung, Hygiene der 721.
Wehen, Einfluss von Morphium und
Aether auf die 396.
Wehenthätigkeit und Aether 653;
und Morphium 653.
Weib, Hygiene dess. 416.
Weil'sche ECrankheit, s. Morbus
WeiHi.
Wendung , prophylaktische 401 ;
schwierige, bei Hinterhaupts- und
Gesichtslage 400.
WestphaFsche Pseudosklerose 56.
Wetter und Infectionskrankheiten
267, 616.
WidaVsche Reaction (s. a. Aggluti-
nation) 278.
Wirbelsäule, Echinococcus multilocu-
laris der 852; Krankheiten der
850.1
Wirbelsäulenkrümmung 45.
Wochenbett 409 ; Differentialdiagnose
zwischen Phlebitis und Lymphan-
gitis im 412; conservative Behand-
lung bei Eiterungen im41 1 ; bei Herz-
fehlem 389; Lysol Vergiftung im
411; Malaria im 411; und Ova-
rialkystom 439; Psychosen im 124;
Serumtherapie bei Streptokokken-
infection im 411; Temperatur-
messung im 410; Thrombose und
Embolie im 410 ;Uterusau8schabung
im — bei Subinvolution 409.
Wöchnerinnen , Wohlfahrtseinrich-
tungen für 732.
Wohnungen, Desinfection der —
durch Formaldehyd 741 ; ungesunde
714.
Wohnungshygiene 714.
Wohnungsordnung für Dresden 716.
Wohnungsreform 715.
Wortblindheit ohne Buchstabenblind-
heit 66.
Würgreflexe bei Hemiplegieen 59.
Wundbehandlung , Auswüchse der
modernen 325 ; offene — bei Augen-
operationen 461 ; Yervollkomm-
nungsbestrebungen der 323.
Wunden , Eeimgehalt accidenteller
884.
X.
Xanthom , Monochloressigsäure bei
548.
Xeroderma pigmentosum 548.
Xeroform 561; bei Augenaffectionen
467.
Y.
Yerba santa bei Influenza 278.
Z.
Zähne, die, der Volksschüler zu Hamar
in Norwegen 735.
Zahlengedächtniss , Erhaltung dess.
bei Amnesie 66.
Zahncaries, Meningitis bei 69.
Zange, s. Geburtszange.
Zehenphänomen 51.
Zellen, eosinophile, im Sputum 142.
Zimmerdesinfection mitFormaldebyd-
dämpfen 789.
Zinkozyd, Borsäure und, bei Oto-
mykosis 496.
Zonenenteignung 715.
Zonula Zinnii 455.
Zoonosen 265.
Zucker, Bestimmung dess. durch
Aräometrie 284; durch das Gäh-
rungssaccharometer 805; jodome-
trische Bestimmung dess. 804 ; Nach-
weis von — im Harn 233; als
Nährmittel 724.
Zuckergussleber 40.
Zuglüftung in Schulzimmem 737.
Zunge, Angiosarkom der 528; Fibrom
der 528; Tuberculose der 560.
Zungencarcinom , Verbreitung dess.
847.
Zungenhalter nach Jourdan 521.
Zungentonsille , Lymphosarkom der
528.
Zurechnungsfähigkeit , geminderte
700.
Zweigläserprobe 563.
Zwerchfellshemie , plötzlicher Tod
durch 699.
Zymase bei Diabetes 805.
Amarsrireinfaer.
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Alzheimer, Aiais 11 äi
Amberg 520.
Amicü, J. de 571.
Anden, E. 351.
Andre, B. 43.
Angerer 321.
Jafarbnefc der prartisrhe« MedidiL l$<>^.
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802
Autorenregister.
Bacaloglu, C. 336.
BaccelH 278.
Bach, L. 122.
Bach, Th. 765.
Badger, 6. S. C. 302.
Badt, L. 315.
Baehr, F. 365.
Balz, E. 145.
Bänmler 192.
Baginsky, A. 589, 600, 609, 765.
Ba3, 0. 9.
Bain, W. 626.
Balaceecu, J. 371.
Baldwin 139.
Balfour, G. W. 196, 306.
Balikowski, St. 750.
Balint, R. 175.
Bairay 261.
Bandelier 660.
Bang 158.
Bang, Ivar 231.
Bannaiyne 282.
Barbier, H. 609.
Barendt 548.
Barkan, A. 513.
Barlow, L. 164.
Bamick, 0. 538.
Baron 605.
Barr, Th. 511.
Barth, A. 338.
Barth, E. 494, 535.
Barthel. Th. 2.
Bartozzewicz 272.
Baruch 423.
Baruch, S. 274, 642.
Basch 543.
BasteUi 742.
Bastian, H. Charlton 115.
Batko, Joseph 232, 297.
Battlehner 748.
Bauby 474.
Baudisch 278.
Bauer, Ludw. 578.
Baumeister, B. 715.
Baumgarten, P. 11, 46.
Baurowicz, A. 533, 538.
Bayer 202.
Bayr, E. 737.
Beadles, Cecil P. 107.
Beaulasch 160.
Becher, W. 230.
Bechterew, W. v. 63, 99, 123, 139.
Beck 163, 165, 196.
Beck, B. V. 356.
Beck, C. 219, 382.
Becker 698.
Beckmann 395.
Becknrts 725.
Bec]^re, M. 159.
B^dard 596.
Beer 550.
Behia, R. 29, 586.
Behrend, G. 450, 540.
Behrens, W. 46.
Behring, E. 4, 6, 7, 265, 266.
Beinarowitsch 293.
Beissel 622.
Belval 275.
Benda, C. 118.
Benda, Th. 101.
Bender 551.
Bendiz, Bemh. 414, 576, 593.
Benevenuti, Ezio 103.
Beigamin, R. 305.
Bennecke, E. 364.
Benzler 563.
Berbineau 524.
Berend 561.
Berendes, J. 680.
Berestnew, N. 18.
Berg, van den 602.
Berger 267.
Berger. H. 119, 615.
Berger, P. 642.
Berghuiz 273.
Bergmann 699.
Bergmann,. E. v. 321, 382.
Berffoni^ 159.
Berkholz, A. 677.
Berlioz 162.
Bemdt, F. 345.
Bernhardt, M. 9L
Bemheim, J. 14, 599, 609.
Bemheimer 482, 556, 557.
Bernstein, C. 315.
Bertelsmann 86.
Berthold 422.
Bertog 452, 765.
Besancon, F. 9.
Besold 535.
Besredka 8.
Betcke 257.
Bettmann 275, 540.
Bettmann, S. 21.
Beumer 682.
Beuthner 279.
Beuttner 417, 420, 561.
Bichel, A. 121.
Bickel, Adolf 55, 70.
Bickeles, G. 47, 71, 72.
Bickerton 236.
Bieberstein, M. 6.
Äutorenregister.
803
Biedert, P. 609.
Biedl, A. 2, 300.
Biegler 566.
Biehl, C. 497, 503.
Bier, A. 22, 631.
Biermer 390.
Biernacki, E. 95.
Bignami, A. 18.
Bindi, F. 29.
Bing, H. J. 299.
Binswanger 701, 705.
Binz, C. 678.
Birch'Hirechfeld, A. 4.
Birch-Hirschfeld, F. V. 33.
Birgelen, H. 310, 668.
Bischoff, C. W. 541.
Bischoff, E. 133, 245.
Bizzozero, G. 728.
Blaschko, A. 48.
Blau, L. 518.
Bleuler 139.
Bloch 280.
Bloch, R. 551.
Block 162.
Blum 185, 670, 719.
Blum, S. 12.
Blumenthal, F. 5, 112, 280, 305.
Boas, I. 205, 209, 228.
Bobrow, A. 328.
Bock, J. 648.
Bockhom, M. 348.
Boddaert 686.
Bode 427.
BGhm, A. 26, 303.
Böing 297.
Bötticher 600.
Boinet, Ed. 104.
Boissard, A. 390, 402.
Bokomy, Th. 663.
Bommer 150.
Bonhöffer 113.
Booth, Arthur 105.
Borchard, M. 366.
Bordier 90, 469.
Borgherini 182, 185.
Born 35.
Bomstein 305, 671.
Borrel 279.
Borrmann 32.
Borthen 461.
Boruttau, H. 167.
Bosanquet 162.
Bossaert, J. 7.
Bossalino 466.
Bossart 274.
Both, H. V. 415.
Bottini, H. 382.
Bourges 760.
Bourneville 153.
Bourneville, £. 121.
Braatz, E. 321, 340, 370.
Brackel, A. v. 369.
Bradford, John Rose 230, 244.
Bradsbaw 240.
Braitenberg, v. 422.
Bramwell 49.
Brandis 567.
Braun, C. 196.
Braun, H. 67, 319, 320, 329, 341,
346, 382.
Brasch, R. 642.
Brauer, L. 83.
Breitung, M. 496, 520.
Bremme 700.
Brennecke 452, 765.
Brenner, A. 366.
Brentano 191.
Bresler 69.
Brewer 565.
Briegel, 0. 381.
Brix, J. 710.
Broadbent 180.
Brocq, L. 549, 553, 562.
Broese, P. 449.
Brooks 279.
Broquet 539.
Brosch, A. 144.
Brosin, Fr. 453, 765.
Brouardel, P. 167, 705, 714.
Brown 273.
Brown, H. W. 94.
Brown, R. Cunyngham 79.
Brown, Th. R. 309.
Brühl, G. 497, 518.
Bruner, W. 244.
Bruni, Garmelo 234.
Brunner 182.
Brunner, F. 370.
Brunner, K. 278, 382.
Bruno, James 598.
Bruns 279.
Bruns, H. 658.
Bruns, P. v. 332.
Brush 76.
Buchner, H. 765.
Buday, K. 33.
Budberg, R. v. 409, 413.
Bugarszky 203.
Buist 405.
Bulkley, Duncan 562.
Bull, Ole 497.
BuUoch, W. 14.
804
Autorenregister.
Bum, A. 82, 382.
Bumm 432, 441.
Bunge, G. v. 666.
Bunting, W. Hartley 66.
Bunzel, H. 680.
Burckhardt, v. 321.
Burghart 155, 654.
Burkhard, Ph. 609.
Burkhardt, Alb. 755.
Burmeister 404.
Bumham 465.
Bm-tonFanning, E. W. 620.
Buschan 139.
Buschke, A. 19, 297.
BusinelU 473.
Busse, 0. 31.
Butler 295.
Buxbaum, B. 635, 636.
Buzzard 49.
C.
Cahnan 683.
Gampos, M. 91.
Ganellis 283.
Cannon 197, 203.
Cantrell 552.
Capart 415.
Gardamatis, Jean 77, 286.
Gardarelli 281.
Garette 497.
Carle 213.
Carnot, P. 27, 680.
Garo 270.
Carrara 696.
Carriöre, G. 306.
Garter 242, 756.
Gaspary 574.
Gasper, L. 235, 254, 260, 264, 382.
Cassel, J. 607.
Castel, Du 547.
Gattaneo, G. 602.
Gensier, E. 196.
Centanni 296.
Gesaris-Demel 273.
Cestan, E. 167.
Chairman 255.
Chantemesse 275.
Chapmann 187.
Gharmeil 558.
Charvin 159.
Ghauffard 336.
Chavannaz, G. 43.
Cheatham, William 498.
Cherchowsky 193.
Cheury 410.
Gheyne, W. Watson 585.
Ghiari, 0. 274, 535.
Chipault, A. 99.
Ghitt^nden, R. H. 658.
Ghlumskij, V. 358.
Chotzen 574.
Christomanos, A. 39.
Giechanowski, St. 19, 287, 690.
Gima 238.
Gipriani, G. 658.
Glado, S. 453.
Glark 571.
Glarke 274.
Glassen, J. 715.
Glaude, H. 158.
Glausland 279.
Glemenz 405.
Glessin, 0. 582.
Gleveland 445.
Gobbet, L. 8.
Gobbett, Louis 600.
Cohn, H. 488.
Gohn, Ludwig 452.
Gohn, T. 115.
Goleman 467.
Coles, A. G. 316.
Gollan, W. 574.
Gollier, J. 546.
GoUins 49.
GoUins, Joseph 114.
Gombemale, F. 105.
Gomby 258, 609.
Gompagnolle, R. v. 240.
Gomte, L. 36.
Goncetti, Luigi 583, 597, 604.
Conitzer 417.
Gonrath, V. 222, 862.
Gook, H. 234.
Gordes, H. 42.
Gomil, V. 27.
Gorradi 279.
Costinin 537.
Councilman 16.
Courmont 161.
Gourmont, J. 9, 110.
Courtade 495.
Coville, M. 513.
Gramer 225, 411, 703.
Grespin 270.
Crocker 551.
Groly 279.
Groner, W. 152, 167, 211, 764.
Gross, Foster 585.
Cruz, Gon9. 717.
Csokor, J. 168.
Autorenregiater.
805
Cuhoret, F. 381.
CuUingworth 448.
Curnow 279.
Gurschmann, H. 85, 298.
Cushing, H. W. 354.
Cyon, E. v. 62, 170, 670.
Czaplewski 13, 16, 555, 587, 741.
Czermak, W. 489.
Czeray 220, 362.
Czerwenka 413.
D.
Däubler 283.
Däubler, C. 744.
Daiber, A. 167.
DaUn 459, 463.
Dalgliesh 275.
Dambacher, E. 78.
Darnach 225.
Daniel, Mc 754.
Dankwarth 737.
Dannemann 139.
Dan zig, A. 89.
Darier 466.
Darksche witsch, L. 0. 49.
Dauth, Moritz 601.
Davies 269.
Dazenberger 561.
Deelemann 758.
Dehio 189, 557.
Dehler, A. 336.
Deiters 58.
Delag^niere 453.
Delbet, P. 383.
Del^pine, Sheridan 722, 747.
Delio 296.
Deneke 732.
Denham 279.
Dentaigne 279.
Denys 158.
Dercam 49.
Den, H. 677.
Desnos 264.
Desvaux 480.
Detennann 809.
Deucher 227.
Deutach 544.
Deutsch, Ernst 578.
Devell 291.
Dieballa, 6. 243.
Dienst, A.- 35.
Dietrich 452. 698, 760, 765, 766.
Dietrich, E. 706.
Dieudonn^ 293, 760.
Dieulafoy 210.
Dimmock 293.
Dingle, Charles 757.
Dinkler 104.
Dittrich 692.
Dixey, F. A. 754.
Dobczynski 731.
Dodge, R. 115.
DoebbeHn 337, 375.
Doederlein, A. 386.
Doesseker 391.
Dogiel. A. S. 174.
Dohi 552.
Dohm 452.
Dojmi, L. V. 617.
Dominicis 267.
Donald, A. 447.
Donath, Julius 99.
Domblüth, 0. 680.
Dort, Broes van 556.
Doyen 110, 442, 449.
Dragendorff, G. 680.
Drago 266.
Dräsche, A. 37, 183, 185.
Dreising 682.
Dreschfeld 277.
Dreser, H. 650.
Drews, 0. 414.
Drews, R. 281, 655, 674.
Dreyer 450, 564.
Drobisch, M. W. 139.
Druault, A. 516.
Ducrey 543.
Dührssen, A. 387, 409, 423, 424, 445,
453.
Dürck 2.
Düring, v. 77, 557.
Duffan 9.
Dunbar 712, 727.
Dünn 487.
Duplay 81.
Duplay, S. 453.
Durkheim 139.
Dnrham 274.
Durant 161.
E.
Easles 178.
Eberson 467.
Eberth, C. J. 32, 33.
Ebner 569.
Ebstein, L. 228.
Ebstein, Wilhelm 89, 97, 167, 301,
303, 304, 307, 316.
806
Autorenregister.
Eckert 272.
Eckhard, C. 64.
Eckstein, H. 560, 661.
Edebohls 258.
Edel, A. 734.
Edgren, J. G. 196.
Edinger 656.
Edinger, L. 63.
Edmunds, Walter 36.
Egger, F. 115.
Ehrenfest 417.
Ehret 204.
Ehrich, E. 368.
Ehrlich, F. 202.
Ehrlich, H. 316.
Ehrmann, S. 569.
Eichhoff 560.
Eichhorst, Hermann 80, 81, 179.
Ejikmann 418.
Einhorn, A. 656.
Einhorn, M. 198, 201, 228, 258.
Eiseisberg, A. v. 37, 363.
Eitelberg, A. 518.
Ekehom, G. 354.
Ellis, W. Gilmore 89.
Elmassian, M. 13.
Eisholz, A. 126, 433.
Eisner 708, 709, 740.
Eltz, Victor 248.
Emmert 464.
Enderlen 28, 326.
Endlich, K. 375.
Engel, C. S. 808, 816.
Engel, S. 21.
Engelhardt, G. 8.
Englisch, J. 263.
Engström 391.
Epifanow 273.
Epstein 198.
Erb, W. 51.
Erben, Sigmund 83, 101, 115.
Erdheim 279.
Erdmann, B. 115.
Ernst, P. 23, 25.
Escat 526.
Escherisch, Th. 6, 590, 602.
Eschweiler, R. 498.
Eshner 273.
Esmarch, E. v. 765.
Essen-Moeller 428.
Etienne, G. 4L
Ettlinger 48.
Eulenberg, H. 765.
Eulenburg, A. 52, 87, 88, 167, 733.
Everke 406.
Ewald, C. A. 247, 249, 680.
Ewald, R. 699.
Ewart, W. 247.
Exner 226.
Eykmann 418.
Eyre, J. W. 15.
F.
Fabre-Domergne 46.
Facklam, F. C. 114.
Fairbanks, A. W. 739.
Falk 393.
Falk, E. 441.
Faltin, R. 253.
Fantino 213.
Farad 530.
Farrar 400.
Faure, J. L. 91.
Fedoroff, J. v. 342.
Fehling 393, 401, 418, 431, 449.
Fehr 473.
Feilchenfeld, L. 188.
Fein, J. 520.
Feinberg, 390.
Feis, 0. 389, 453.
Fenomenow 442.
Fenwick, Harry 235.
F^r^, C. 115.
Fessler, Th. 238.
Fetz, 239.
Fichera 298.
Ficker, M. 2.
Filatoff 596.
Filehne, W. 647.
Finger. E. 453, 574.
Fink, E. 523, 539.
Finkelstein, Heinr. 591.
Finkler, D. 672, 673, 725.
Finlayson, James 518.
Firgan 333, 703.
Fischer, Ernst, 127, 587.
Fischl, R. 609.
Fisher 79.
Fitzpatrick 290.
Flade, E. 726.
Flatau, E. 115, 118, 119.
Flesch, Max 453.
Flockmann 195.
Floeckinger 440.
Floret 651.
Flügge, C. 489, 741.
Foederl, 0. 364.
Förster, F. 603.
Folet 427.
Forchheimer, L. 561, 660.
Autorenr^^ter.
807
Forssmann, J. 27.
Forte, T. 572.
Fortünati 468.
Fo8s 642.
Fournier, E. 571.
Fowler 464.
Fowler, J. R. 167.
Fränkel, A. 148, 153.
Fränkel, B. 539, 616.
Fraenkel, C. 598.
Fraenkel, E. 219, 269^ 430, 753.
Fränkel, Joseph 76.
Fränkel, L. 393, 437.
Fragstein, v. 70.
Francke, C. 380.
Frank 406, 440.
Frank, E. 235.
Frank, Ernst R. W. 238, 450.
Frank, K. 452.
Franke, F. 331, 368.
Frankl-Hochwart, L. v. 115, 264.
Franqu^, v. 421, 438.
Frantzius 296.
Franz 380.
Franz, K. 388.
Frenkel 91.
Freund 436.
Freund, E. 168.
Freund, G. 187.
Freund, H. W. 453.
Freund, L. 544.
Freund, M. B. 453.
Freund, W. A. 412, 448.
Frey 411.
Frey, A. 173, 624.
Freyhan 355.
Freymuth 598.
Friedjunff 578.
Friedländer, A. 138, 660.
Friedländer, E. 499.
Friedländer, F. v. 346.
Friedländer, R. 640.
Friedmann, M. 57.
Friedrich, P. L. 323, 324.
Frieser, J. W. 10j9.
Fripp 250.
Frisch, A. V. 19, 259, 373.
Fritsch 408.
Fröhlich 595.
Pröhüch, A. 233.
Frohse, Fritz 48.
Fromaget 469.
Frommel 430.
Fronz, E. 147.
Froriep, L. .354.
Frosch 297.
Fuchs, £. 489.
Fürbringer, P. 73, 264. 286, 619.
Fürst, E. 24.
Fürst, L. 450.
Fürstner 83, 139.
Fürth, 0. V. 669.
Fujinami 28. .
Funke, A. 486, 458.
Füret, Fr. 91.
Futcher. Th. B, 240.
GabrielidÖB 516.
Gabriszewsky, A. 874.
Gärtner. A. 707, 766.
Gärtner, G. 234.
Gajrer, G. 642.
Gairdner 176.
Galliard 281, 298.
Ganser 701.
Gambrin, G. 95.
Garnier 311.
Garr6 353.
Gattel, F. 115.
Gaudier, H. 105, 525.
Gavello 527.
Gebhard, A. 166.
Gebhardt, W. 642.
Geelvink 241.
Gellhom, G. 435, 454.
Geodel 160.
Georgiewsky, C. 22.
Gerhard, Paul 763.
Gerhardt, D. 196.
Gerock, .J. 233.
Gerson, K. 563.
Gerulanos, M. 336, 382.
Geyer .541.
Geyer, v. 538.
Ghon 564.
Gigli, L. .340.
Gübert 311.
Gilbert, A. 167, 680.
Gillet, H. 609.
Gintl 210.
Gioflfredi. Ch. ^;.>4.
Giovanni 545.
Gladni 292.
Gläser, E. 43. 43^.
Glaser, F. :;T.
Giatz, P. 22?^.
Giai. J. 02:^..
Gmeiner 40>:.
Gochu H. '-;<2, 5"»9.
808
Autorenregister.
Godlee, R. J. 167.
Göbel, C. 339.
Goebel, Wilhelm 85, 111.
Goenner 385.
Goldberg, B. 255.
Goldmann, H. 156, 671.
Goldscheider 52, 115, 118, 119, 139,
705.
Goldschmidt 713.
Goldschmidt, S. 167, 560.
Golebiewsky 333.
Goliner 277.
Goncales-Cruz 682, 686.
Gonfrein 297.
Gordon 403.
Gottheimer, A. 245.
Gottschalk , S. 391 , 393 , 431 , 439,
452.
Gottstein, A. 610.
Gottstein, G. 319.
Graefe, A. 489.
Gräfe, Max 422, 454.
Gräupner, S. Gh. 196, 642.
Graf 341.
Graff, H. 343.
Graham, £. 260.
Grasset 60, 193.
Graucher 609.
Graupner, R. 32.
Grawitz, E. 311.
Grawitz, P. 25, 245.
Grav 286.
GreeflP, R. 489.
Greene. Holmes 243, 570.
Greenfield 165.
GreenwooJ 279.
Gregor, Conr. 594.
Grehant, N. 744.
Grekoff, J. 343.
Griffin 279.
Griffith 104.
Grillo 294.
Grosglik, S. 237, 264.
Gross 139.
Gross, H. 376.
Grosse, Johannes 452.
Grossmann, R. 711.
Grossvenor 43.
Grote 481.
Grousset, A. 264.
Grube, K. 237, 303, 316.
Grube, W. 317.
Gruber, Max 714.
Grünfeld, A. 557.
Grützner, P. 39, 214.
Grunert 455.
Guamieri 285.
Günsberg 461.
Günther, M. ü. C. 44.
Günther, C. 46.
Guerard, A. v. 394.
Güterbock, P. 382.
Guizetti 271.
Gumpert 672.
Gumpertz, E. 78, 94.
Gumprecht 196, 248, 682.
Gurlt, B. 382.
GuBsenbauer, C. 168.
Gusserow 389.
Guth, H. 665.
Gutsmuths 690.
Guttmann, A. 79.
Gutzmann, H. 66, 116, 531, 5S2.
Guyon, Felix 264.
H.
Haab, 0. 485, 489.
Haake 406.
Haan, Bierens de 225.
Habel 224.
Habel, A. 556, 676.
Haberda 693.
Habermann 31, 502, 517.
Hackenbruch 319.
Hacker, v. 200, 331.
Haebler 697.
Haedike 470.
Haedke 149.
Haffkine 293.
Haffner, S. 194.
Hag, R. 166.
Haga 38.
Hagedom, M. 589, 609.
Hagenbach-Burkhardt 755.
Hagenbach, E. 596.
Hahn 390.
Hahn, J. S. 642.
Hahn, L. 676.
Hahn, 0. 330.
Haig, A. 284, 316.
Hain 405.
Halban 407.
Haie 279.
Hallopeau 159.
Halsted, W. S. 361.
Hamburger, H. J. 8, 267, 295.
Hamm 88.
Hammer 295.
Hammer, Carl 89.
Hammerl, H. 659.
Hammerschlag, Victor 491.
Autorenregiflter.
809
Hammond, E. W. 143.
Handfort 272.
Hanke, Victor 90.
Hankel, E. 51.
Hankin, E. H. 16, 268.
Hansel! 461.
Hansemann, P. 12, 40, 152, 418.
Harbitz 269, 294.
Hari 208.
Harmer, L. 537.
Hamack, E. 676.
Harrifl, D. F. 239.
Harris, F. 20, 220, 287.
Hartmann, A. 501.
Hartzeil 549.
Hascovec, Lad. 103.
Haselhoff, E. 711.
Haslund 558.
Hattemer, W. 851.
Haag, R. 496, 497, 518.
Hauser, G. 3, 24, 150.
Hausy, F. 382.
Hauszel, F. 536.
Hawkins 270.
Haya 256.
Hazlett 251.
Head, Henry 116.
Hecht, Hugo 495, 524.
Hecker 410.
Hecker, Rudolf 571, 609.
Hedbom, E. 649.
Heddaeus, A. 112, 220, 836, 362.
Heermann, 6. 518, 521.
Heickel 298.
Heidenbain 58, 407.
Heilbronner, Carl 88.
Heiligenthal 195.
Heim, L. 46.
Heine 512, 557.
Heinricius, G. 405.
Heintze 379.
Heinz, R. 656.
Heitzmann, L. 241.
Helbing, C. 30.
Helferich, H. 383.
Heller 543, 571.
Hellin, D. 383.
Hemmeter, J. C. 211, 228.
Henie, C. 735.
Henke, F. 14.
Henle, A. 335, 359.
Henocque, A. 264.
Henry, E. P. 210.
Henschen, S. E. 62, 85, 321, 684.
Hensen 396, 653.
Henssen, 0. 166.
Herff, Otto v. 452.
Hermann, L. 168.
Herringham 272.
Hermheiser, J. 489.
Herz, Hans 228.
Herzberg, A. 707.
Herzfeld 398.
Herzog L. 212.
Herzog, M. 36.
Herzog, S. W. 319.
Hess 84.
Hess, 0. 739.
Hess, W. 488.
Hesse 660.
Hessler, R. 99.
Heubner, 0. 580.
Heydenreich 68.
Heymann, P. 539.
Hidde, Justine 228.
Hubert, P. 14.
Hüdebrand, H. 39, 197, 256.
Hillebrand 155.
Hiller, Th. 365.
Hüpert, Rieh. 108.
Hinsberg, V. 24.
Hinschelwood, James 66.
Hints, 147.
Hinz, G. 740.
Hjort 461.
Hippel, E. V. 488.
Hirschberg 689.
Hirschberg, E. 765.
Hirschfeld 139.
Hirschfeld, F. 301.
Hirschfeld, H. 44.
Hirschfelder 158.
Hirschkron 139, 543.
His jun., W. 650.
Hitzig, Eduard 116, 137, 139, 702.
Hladik 309.
Hoche, A. 72.
Hochenegg, J. 359.
Hochhaus, H. 24.
Hochsinger, Carl 607, 610.
Hochstetter 116.
Hoeber, R. 39.
Hödlmoser, C. 677.
Hölscher, R. 318.
Hofbauer 441, 451.
Hoffa, A. 350, 383.
Hoffmann, A. 116.
Hoffmann, Egon 512. *^
Hoffmann, J. 87.
Hoffmann, Rieh. 508.
Hofmann, A. 40, 213, 244, 6e
Hofmann, E. v. 714.
810
Autorenregifiter.
Hofmeier 386, 432.
Hofmeister, F. 348, 374.
Hofmeyer-Schröder 454.
Holmes, 103.
Holtzmann. A. 379.
Holwede, v. 582.
Homans 279.
Homburger, Th. 581.
Honigmann, G. 666.
Hoor 465.
Hoom, van 559.
Hopf 544, 574.
Hopmann 344, 521.
Hoppe, Jul. 479, 489, 759.
Hoppe-Seyler 229.
Hermann 721.
Horstmann 485.
Hotchkis 239.
Housel, G. 256.
Huber 154, 155.
Hünermann 16.
Hueppe, Ferd. 765.
Hügel, K. 537.
Huhn, N. 351.
Huldschiner, Richard 262.
Hunt 269.
Huppert 401.
Hurrwitz 246.
Hurwitz, Max 602.
I.
Ikawitz, C. E. 325.
Ilberg 140.
Imbert, L. 264.
Imerwol 597.
Immerwahr, R. 676.
Ingeirans 104.
Ipsen 694.
Israel, James 19, 254.
Israel, 0. 46.
Jacob 415.
Jacob, Paul 5, 59, 82, 280.
Jacobi, A. 610.
Jacobs 449.
Jacobsohn, L. 104, 108.
Jacobsohn, P. 761.
Jacoby 221.
Jacoby, Geo W. 113.
Jacqueau 556.
Jäger, H. 713.
Jaff^, M. 383.
Jager, L. de 594, 660.
Jakobs, G. 436.
Jakoby, M. 21, 46.
Jaksch, R. v. 305.
Jancken 269.
Jankau, L. 518.
Janke, 0. 765.
Jansen, A. 507, 514.
Jaquet, A. 614.
Jardine 400.
Jasinski, A. 47, 72.
Jeannel, M. 383.
Jefifery 287.
Jellinck, S. 309.
Jemma 271.
Jendrässik, £. 107.
Jenner, Fr. 763.
Jess 185.
Jessen 529.
Jey 275.
Jez 298.
Joachim, G. 414.
Joachimsthal, G. 383.
Joal 627.
Jodlbauer 286.
Johannessen, Axel 577.
Johne, A. 765.
Jokote, Z. 17.
Jolles, Ad. 232, 240, 309, 656.
Jolly, J. 22.
Jones, Clayton 108.
Jordan 355, 509.
Jordan, M. 344.
Jores, L. 38.
Joseph, Jacques 82.
Joseph, Max 548, 555, 568.
Josionek 622.
Jourdan 520.
Jovitschitsch, M. 233.
Juliusburger, 0. 49, 118, 119.
Jurasz 536.
Juvara, E. 371.
Kabierske 316.
Kaczanowski, P. 559.
Eadner 205.
Kafka 562.
Kahlden, C. v. 43, 46.
Kahn, M. 518. .
Kaienscher 422.
Kalischer, S. 79, 736.
Kalle, Fr. 734.
Autorenregister.
811
Kallenberger 327, 561, 656.
EallinowBky 402.
Kalmus 410.
Kamen, L. 16.
Kamm, M. 674.
Kanthack 603.
Kaposi, M. 553, 562.
Kappeier, 0. 358.
Kapsammer, G. 45, 48.
Karewski 163, 294.
Karplus, J. P. 100.
Kartulis, St. 20.
Karvonen, J. J. 264.
Kassowitz 669.
Kattwinkel 59.
Katz 228.
Kaufmann, C. 332.
Kaufmann, £. 434.
Kaufmann, R. 573.
Eayser, R. 518.
Kedrowsky, N. J. 11.
Keen, W. W. 298, 383.
Keersmaecker 574.
Kehr, H. 226, 367, 883.
Kehrer 428.
Kehrer, F. A. 343.
Keller 593.
Kelling 206.
Kellner 98.
Kelly, A. 32.
Kelly, A. Howard 433, 454.
Kelynack, T. N. 264.
Kempner 70.
Kemsies, F. 735, 765.
Kermauer, F. 659.
Kernig 141.
K6tly, L. 243.
Keyt 186.
Kibbe 460.
Killian, ö. 522.
Killian, J. 527.
Kionka 676.
Kippenberger, C. 705.
Kirchgässer, Gisbert 72, 75.
Kirchner 513.
Kirchner, A. 383.
Kim 700.
Kirstein 198, 201, 522.
Kisch, E. Heinrich 196, 389, 454, 642.
Kissel, A. A. 583, 590.
Kister 269, 753.
Kitt, Th. 1.
Klaas, W. 116.
Klaussner, F. 523, 656.
Klebs, E. 11.
Kleemann 707.
Klein 289.
Klein, G. 34.
Klein, Th. 618.
Kleine, G. 674.
KleinhauB 398.
Kleinknecht, A. 379.
Kleinmann 242.
Kleinwächter 416.
Klemm 575.
Klemm, P. 323.
Klemperer, F. 46.
Klett, A. 353.
Klien 421.
Klingelhöfer 699.
Klippel, M. 120.
Klipstein 14^.
Kluge, G. 674, 685.
Knapp, Ludwig 409, 452, 706.
Knauer 405.
Knauss, K. 765.
Knoepfelmacher, W. 579, 610.
Knöspel, Ludw. 603.
KnoU 169, 736.
Knorr, A. 5.
Kober 551.
Köhler, G. 243.
Koch, M. 209.
Koch, R, 16, 18, 285, 291, 298, 744,
746, 766.
Koch, W. 377.
Kocher, Th. 213, 348.
Kockel 681, 684, 691. •
Köhler 680.
Köhler, A. 379.
Köhler, F. 111, 336.
K^lbl, F. 308, 316.
Kölliker, Th. 375.
Köhler 271.
Koelzer W. 282, 642, 595.
König, F. 322, 338, 383.
König, J. 711.
König, R. 373.
Koppe, H. 576, 642, 728.
Koppen 58, 108.
Körmöczi 314.
Kömer, 0. 62, 509, 519.
Körte, W. 383, 582.
Köster, Georg 50, 91.
Köster, H. 86.
Köstlin 413.
Kövesi 213.
Kövesy, G. 299.
Kofend, Alfred 77.
Kofraann, S. 320.
Kohl 479.
Kohlenberger 202.
812
Autorenregisier.
Kohn, P. 8.
Kolischer, Gustav 264, 388, 454.
KoUe, W. 8, 150.
KoUer, H. F. 334.
Kollerits, Eugen 108.
Koranyi, v. 285.
Korczyüski, Ludomil v. 106.
Korn, 0. 711.
Komalewski 689.
Koslik, V. 729.
Kossei, A. 680.
Kossei, H. 6.
Kossmann 437, 441.
Kovalewsky, P. J. 66.
Kowalk 883.
Kowalski, E. 638, 639.
Krämer, C. 325, 880.
Kraflft-Ebing, R. v. 116, 140, 706.
Krahnstöver 481.
Kramer 246.
Kraus, F. 274, 308, 309, 316.
Kraus, 0. 262.
Kraus, R. 2.
Krause, F. 680.
Ejrause, Herm. 589.
Krauss, K. 31.
Krehl, L. 168.
Kreissl 564.
Kretz, Richard 253, 600.
Kreutzmann 445.
Krieg 584.
Kroei&er 440.
Krönig 415.
Krönig, G. 810.
Krönlein 357.
Krokiewicz, Anton 232, 241, 280.
Kromayer, E. 561, 574, 660, 662.
Krompecher, £. 25, 32, 541.
Krüss 468.
Krug 386.
Krumm, F. 357.
Kruse, W. 747.
Kryck, Ph. 727.
Kubassow, v. 298.
Kubier 756.
Kühnau 278.
Kümmel, W. 539.
Kümmell, H. 219, 559.
Ktirsteiner, W. 36.
Küstner, 0. 454, 692.
Küttner, H. 322, 347, 364.
Kugel. L. 493.
Kuhlmey 686.
Kuhn 216.
Kuhnt, H. 476, 489.
Kukein 208.
Kummer, £. 378.
Kundrat, y. 210.
Kuthy, Desider 642, 766.
Kutner, R. 263, 264, 383, 597.
Kuttner, L. 229.
Kuttner, R. 383.
Kyle 468.
Kynoch, Campbell 597.
L.
Laache 248.
Laar, C. 678.
Labb6, Henri 578.
Labb^, M. 9.
Labin, Heinrich 74.
Laccetti 287.
Lachner-Sandoval, Y. 46.
Lacoarret 528.
Lagrange 480.
Laitiner, F. 11.
Lambotte 274.
Landau, L. 435.
Landau, Th. 449.
Landerer, A. 168, 824, 325, 383.
Landolt 472.
Landouzy 160, 161, 298.
Lange, Jdröme 582.
Lange, M. 35.
LangendorflF, 0. 71, 169.
Langerhans 147.
Lannois 66, 281.
Lanz, 0. 11, 562.
Lapasset 298.
Lapin, J. 314.
Laquer, Leopold 87, 116.
Larsen, G. S. 502.
Lassar-Gohn 264.
Lastschenko, F. 730.
Latham 607.
Laub, M. 678.
Laudenheimer, Rudolph 54, 127.
Lauenstein, C. 822, 340.
Lavialle 422.
Lawrence 549.
Lawrence-Mason 270.
Lazarus, A. 316.
Lazarus, J. 168.
Lazarus-Barlow, W. S. 46.
Lebensohn, S. 366.
Leber, Th. 481, 488.
Ledderhose, G. 383, 706.
Le Dentu 383.
Ledermann 562.
Lees, D. B. 588.
Autorenregister.
Lehmann 429.
Lindner. H. L>ÄK HSH,
Lehmann, F. 450.
Lindt W. 526.
Lehmann, K. B. 304, 665, 677, 725.
Lingelsheim 154.
Leichtenstern 20, 221, 259.
linke 99.
Leick 227, 289.
Linkenhe]d, L. 538.
Leistikow 562.
Linossier 281.
LeitenRdorfer 724.
Lipowski, *T. 533.
Lengard, G. 262.
Littauer, Arthur 452.
Lenhoff, R. 230.
Litten, M. 316.
LenhÖRflek, v. 118.
Lockst&dt, y. 30.
Lennander, E. G. 360, 444.
Loeb 574.
Lenn6, A. 316.
Loeb, M. 62.
Lennhoff, 570.
Löbel, A. 622. 634.
Lentz, 0. 655.
Löffler, F. 297, 661.
Leo, H. 162, 305.
Löhlein, H. 397, 425, 446. <tA,
Leopold 406.
Lönberg 499.
Le Page, J. 400.
Lörcher, G. 208.
Lepoutre 539.
Löwenfeld 102.
Leppmann, Arthur 131.
Loewenthal 276.
Leredde 662.
Loewit, M. 9.
Lermoyez, Marcel 91.
Loewy, A. 9.
Lesser 683.
Löwy, E. 306.
LetuUe 159.
Lohnstein, H. 261.
Leuhe, W. v. 168.
Lohnstein, Th. 234; mh.
Leuch 743.
Loimann, G. 643.
Lentert 495.
Lombard, A. 507, 513.
Leva, J. 642.
Lombroso, C. 562.
Levai, J. 327.
Longard 317.
Levy-Dom 205.
Lop, P. A. 92, 27'^.
Levy, E. 46.
. Lorentz 687.
Levy, Leo 587.
' Lorenz, A. 383.
Lewascbew, v. 730.
, Lor^mz, Heinrich 116,
Lewin 293, 586.
Loth .V;6.
Lewin, L. 265, 558, 685.
. Loth^HJjen, G. 'MH, %1\.
Lewis 546.
Lotü, Fr. T,'/,.
Lewis, H. Edwin 257.
Lowit, M. */M.
LewkowicE, Jae. 655.
Lubar*x'h, 0. 2r>, 29, 4^, V/^.
Lewy, L. 552.
Lucae AV4,
Lexer, E. 370.
Loee, Hatw V>.
Ley, 0. T. .56%.
Lack, W. 3'^.
Lejden, E. t. 173, 229.
Lodtfwift T/f/,
Lichtwifa 523, 527, 52^, 530.
L'.iwi;?,' K. ^;;I, WL
LiebermaDn 2fjZ,
L%'JTr:jf, V. i,.'/l.
Liebermeister, r. 642.
\y^.*/,i.*:r, > , J K
Liebig. G. t. 14^^, 174, M5.
L-f?, A, K >//7. ';:';
Lieblein, K. 329.
WsK>,T.',V, .%, M '^/V
Liebmami, A< Il€. 6:0.
Liebieidi, 0. Uy*. ^/\,
L-'-C'/iÄ.": 4Ti
Liepmaon. H, VA.
Lvr.z y, A TT
Lieren A. o'2->. 'S74.
LiJicnfeid. Lrzjtr. 44.
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Limadaer, F, Ä
Tiindfmar^ E i>j\
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TimdfiMT»r ;. 'A*',
Tmiiftliii 4::
/*A^. > '.
<Mb>. A. 0 .^
it i^j^tn A ' i^i
sun
814
Autorenregister.
Maberly 289.
Macalister, G. J. 247.
Macewen, William 116, 519.
Mackenrodt, A. 435, 454.
Macnaughton, Jones H. 454.
Mac Tadzean 165.
Madlehner 406.
Maeder, J. 45.
Ma£^cci, A. 29.
Magdalene, Schwester 228.
Magül 283.
Magnan 533.
Magnanimi 696.
Magnus, Hugo 489, 706.
Magnus-Levy, A. 106, 306.
Mairet 140.
Malfatti, H. 233.
Malherbe 530.
Malvoz 274.
Manasse 505, 513.
Manasse, L. 255, 263.
Manchot, G. 302.
Mandl, L. 392.
Manicatide 14, 68, 119, 584.
Mankowsky, A. 55.
Mannaberg, A. 286, 361.
Manson 285.
Manteuffel, Zöge y. 348.
Manz, 0. 38, 320.
Maragliano 161.
Marcel 578.
Marchand, L. 10, 437.
Marchoux 284.
Marckwald 41.
Marfan 585, 609.
Marinesco, G. 56, 75.
Marki, G. 17.
Marquie 277.
Martin, A. 418, 419, 446, 449, 454.
MaAin, Gh. 439.
Martini 267.
Martini, J. H. 194.
Martius, F. 46, 298.
Martuscelli, G. 528.
Marty 276.
Marx 5, 268.
Massei, F. 538.
Masseion 462.
Matignon 291.
Matte 500.
Matthes 214.
Matthieu 101.
Maximow, A. 23, 26.
Maydl, K. 361, 383.
Mayer, G. 35.
Mayer, M. 383.
Mayet, F. 0. 196.
Mays 286.
Mc Gardie 417.
Mc Guire, J. 548.
Meidinger, H. 716.
Meikle, J. 307.
Meissen, E. 612.
Melchior, Max 252.
Melnikow, N. 7.
Melsome, W. S. 8.
Meltzer 191, 198, 652.
Meltzing 206, 223.
Mende 403.
Mendel 135, 494.
Mendelsohn, M. 250, 254, 262.
Menge 422.
Menko 248, 314.
Menn 240.
Mennes, Fr. 12, 168.
Mercier 240.
Mering, v. 489.
Merkel, H. 33.
Mertens 227.
M6ry 760.
Mesnil, F. 10.
Metin, M. 14.
Metzger 211, 249, 708.
Meunier 159.
Meyer 464.
Meyer, C. 669.
Meyer, Carl 577.
Meyer, E. 49, 118, 119, 128, 678.
Meyer, George 761.
Meyer, R. 30.
Meyerhoff, M. 13.
Mez, G. 766.
Michaelis, M. 12, 185.
Michaelis, W. 208.
Michelson, Eduard 121.
Mikulicz, J. 323, 357, 589.
Milchner 5.
Mill, Gharles K. 140.
Milligan 527.
Minervini, R. 2.
Minor, L. 94.
Misick, 0. S. 33.
Missmahl, W. 458.
Mittelbach, F. 231.
Mittermaier 408.
Miura 63.
Miwa, M. 45.
Möbius, P. J. 116, 140.
Mohr, A. 152.
MöUer 279.
MöUer, P. 344.
MönkemöUer, 0. 128.
161.
UoQin 569.
Honnier hS.
Monteni, G. 82, 272.
Monti, Aloie 453. 610.
Hooreu, A. 489.
Mooren, R. 4M.
MomciewBki, W. v. 304.
MoTBt, V. 13.
Morai 473, 475.
Mo^^u 279.
Morgan, J. H. 250, 255.
Morgenroth 721.
Moniani 405.
MoriBhima, K. 668.
MoruoD, A. 196.
Moritz, Fr. 212, 644.
Moro, E. .J79.
Morpnrgo, B, 29, 85.
Morpnrgo, E. 493.
Morton, Ch. A. 250.
Hoser 197.
Hoeetig-Moorhof, t. 383.
Moaler 281, 550, 655, 766.
Mosae, M. 657.
MoBHO, Angelo 643.
Most 42. 337.
Motte Coco, A. 9.
Motj 69.
Moacbet Alb. 507.
Moore 526.
MHn«k 562, 574.
Mfituam 1,54.
MfUler 399, 400, 675, 689, 692.
HOUer, A. 136, 334. 388.
Moller, Erich 119, 584, 604.
Maller, F. C. 626.
MflUer, Fr. 22. 704.
Maller, 0. 377, 383.
Moller, H. 399.
Moller, H. F. 173.
Müller (MOnchen) 412.
Möller, 0. 29.
Maller, P. 406, 419.
Haller, R. 140.
MoUer. Richard .505. 512, 516.
Maller. W. 398.
Mollerheitn 397.
MüuBterb«rg. E. 766.
MOnzer, E. 663.
Mondorff, G. 263.
Mnnk, H. 37.
Monk. Jakob 138.
Maratow, W. 64, 106.
Morpfaj, J. B. 384.
MarT&y, Mihie 400.
HuBqueos 170, 171.
Maaser, J. H. 249.
Muzio 296.
Myers, W. 6.
Mjgind, H. 532.
Myle« 279.
Hyrdacz, P. 384.
trecke, P- 65.
Na^eli. 0. 605.-
Nagel, W. Ä. 454, 489.
Nageotte 48.
Nakarai. S. 3.
Nammark, Cb. E. 249.
NaiuTii, B. 88, 316.
Nebelthan. E. 116. 140.
Nehrkom, A. 30, 34.
NeiBset, A. 450, 542, 562, 572.
Neieeer, M. 3,
Nelson 289.
Neseroann 680.
Netleaen 279.
NHter 160, 201, 584, 605.
Neubaner 264.
Neabarger, Tb. 63.
Nengebaner, F. 392, 443, töi.
Nenmann, A. 413. 441, 44a
Nemnann, E. 28.
Neamann, Fr. 617.
Neomann, H. 736.
Nenmaon, J. 544.
unann, B. 671.
Nenmajer, F. 713.
Nenmajer, H. 713.
NemDayer, L. 713.
Nemnan, D. 238.
Nicolai, H. F. 764.
Nicolas, J. 160.
Nicolle. Ch. 6.
Niedner 84.
Niehana, P. 627.
Niasl. Franz 47, 118. 119, lÜ-
Noble, Ch. 411, i2S.
Socard. M. 11, 15S.
N511 521.
Noetzel. W. 8, 26, 3r
Nognts 260.
Noltenioa .500, .336
Noorden, C. v. I4S : :
Nothnagel, H. 229.
Notthaft. T. 103-
816
Autorenregister.
Novy 289.
Nowak, J. 19, 26, 287.
Nuttal 3, 291, 749.
0.
Obrastzoff 221.
Odebrecht 417.
Oeller 489.
Oesch, A. 491.
Oestreich, R. 37, 141, 187.
Oetker 421.
Oliver, Th. 305.
Olivetti 207.
Olshausen 404.
Oluszewaki, W. 55
Ombr^danne 386.
Oordt, van 81, 241.
Opitz, E. 324.
Oppenheim, Hermann 98, 116.
Oppenheimer, A. 706.
Orth, E. 727.
Orthmann, £. G. 440, 452.
Ortner, N. 168, 248.
Oser, L. 229, 316.
Osler 550.
Ostertag 46.
Ostmann 492.
Overend, Walker 585.
Owen, £. 581.
P.
Pachard 270.
Pagenstecher 468.
Pal, J. 73,
Pal, F. K. 81.
Palimanti, 0. 26.
Panas 465, 471, 483.
Panegrossi 286.
Panet 76.
Pause, Rudolf 494, 519.
Pantzer 704.
Panzer, Th. 671.
Papillon 161.
Pappenheim, A. 21, 153.
Parques 238.
Partsch 345.
Passow, Adolf 54, 505.
Patterson 279.
Paviot 110.
Pawlow, J. P. 229.
P^choütre 111.
Peham, H. 359.
Peiser 433.
Peissier 159.
Pelon 277.
Pels-Leusden 31.
Peltesohn 571.
Penzoldt 168.
Perez, G. 9.
Pergens 466.
Periis 428.
Perlsee, M. 898.
Perona 287.
Perret, M. 724.
Perrin 546.
Perthes, G. 355.
Perutz, F. 10.
Petermann 168.
Peters, A. 489, 490.
Petersen 522.
Petit 475.
Petri 722.
Petrone, G. A. 26.
Petruschky, J. 13, 268, 272, 298, 598,
740.
Pezzoli 564.
Pfannenstiel 487.
Pfaundler, Meinhard 174, 589.
Pfeiffer, R. 5, 268.
Pfeiffer, Th. 313.
Pfister 438.
Pflanz 419.
Pflüger, E. 26.
Pfoehl, J. 10.
Pförringer 63.
PhüUps 548.
Photiades 516.
Piatkowski 212.
Picard 289.
Pichler 225.
Pick, A. 116.
Pick, L. 421, 571.
Pickardt, Max. 107.
Picot 460.
Pinard, A. 404.
Pincus 448.
Pini, J. 568.
Pinner, F. 369.
Pircher, J. 818.
Pissary, A. 264.
Pistor, M. 766.
Pitres, A. 65, 116.
Placzeck 706.
Plant 678.
Plehn, Fr. 766.
Podres, A. 359.
Podwyssoski 27.
PoelUtz 676.
Antorenregister.
817
Polimanti, 0. 679.
Pollack, B. 116.
Pollitz 687.
Pollmann, L. 606.
PolyakoiF 302.
Ponthiere, de 502.
Popper, Heiion 102.
Poppert 361.
Port, J. 384.
Port, K. 375.
Porter 169.
Porter, Ch. 753.
Porter, W. 236.
Posner 249, 255, 259, 264.
Pospelow 552.
Potarca, J. 384.
Potherat 288.
Pottevin 297.
Poncet, A. 373.
Pou88on 238.
Prätorius, A. 236.
Prausnitz, W. 713, 766.
Preindlsberger, J. 525.
Preiaich 598.
Preiss 426*
Preysing, H. 497, 498, 503, 508.
Preyss, S. 349.
Pringle, K 503.
Pröscher 575.
Proksch, J. K. 196, 574.
Proekauer 708, 709.
Prota 528.
PruB, Johann 66.
Prutz 294.
Prutz, W. 377,
Puppe 681, 693, 694.
Purjesz 545.
Q
Quänu 336.
Quincke 148, 229.
Rabl, J. 168.
Radestock 572.
Radojewski 401.
Raehlmann, E. 478, 489.
Railingh 279
Ramsay, A. M. 489.
Ransom, F. 15, 111.
Jahrbuch der practischen Medicin.
1899
Rapmund, 0. 706, 766.
Rasch, Christian 126.
Rasch, H. 719.
Rasumowsky, W. J. 371.
Rathke, P. 45.
Rau, F. 34, 38, 184.
Räude, A. 155.
Raw, H. 155.
Raw, N. 190.
Raymond 272.
Rayneau, 0. 124.
Reach 205.
Reddingius, R. A. 470, 489.
Rehn 358.
Reichet, Oscar 61, 248.
Reichel, P. 384, 706.
Reichenberg, Alfred A. 64.
Reichmann, N. 209.
Reille, P. 751.
Reimann 701.
Reineboth 143, 144, 174. 704.
Reinecke, K. 675.
Reinhard 279.
Reinhardt 338.
Reinhardt-Natvig 378.
Reinhold 155.
Reitzenstein 201.
Remlinger 288.
Renault, A. 316.
Rendu 219.
Resch 688.
Respighi 543.
Reuter 697.
R^hi, L. 524.
Rewidzoff 224.
Reyinga 405.
Rheiner 415.
Rhode, H. 124.
Ribard 161.
Ribbert, H. 28, 29, 30, 45, 46.
Ricci, Carlo 495.
Richardson 242
Richter, M. 695.
Richter, P. 230.
Richter, P. F. 9, 300, 570, 664.
Richtei-, R. 136, 732.
Riecke 551.
Riedel 226, 314, 356.
Rieder, H. 1, 264.
Riedinger, J. 338, 405.
Riegner 213.
Riehl 277. 566.
Riehm 561.
Riensch, H. 710.
Rifezos. N. «es.
Riggenbnch, U. 834.
^o
818
Autorenregister.
Rimini, E. 504.
Ringel 250, 262, 321.
Rischpler 34.
Ritti 140.
Robertson, J. 753.
Robin, Albert 494.
Robinson 284.
Robson 208.
Robson, Mayo 394.
Roche, F. 256.
Rocher, Boisseau du 235.
Röchet, V. 264.
Rochon-Duvigneaud 483.
Röhmann, F. 672.
Römer, C. 659, 742.
Römer, Fr. 19, 220, 287.
Roemhild, L. 610.
Röpke, Fr. 512.
Rogers 284.
Rohleder 561.
Rolleston 607.
Rollet 556.
Romanov, M. P. 90.
Roncalli, D. B. 29.
Roos 670.
Roschdestwenski 286.
Rose 441.
Rose, E. 368.
Rose, Ulrich 66, 70, 245.
Rosenau, F. 723.
Rosenbaum, F. 660.
Rosenberg 389.
Rosenberg, A. 523, 529, 530.
Rosenberg, S. 227.
Rosenfeld, G. 253.
Rosenfeld, L. 738.
Rosenfeld, S. 412.
Rosengart 223.
Rosenheim, 0. 234.
Rosenheim, Th. 200, 202, 228, 229.
Rosenmeyer 104.
Rosenqvist, E. 613.
Rosenthal, W. 31.
Roser, K. 328, 346.
Rosin, H. 311.
Rossa, Emil, 32, 454.
Rossolimo, G. J. 72.
Rostoski, Otto 261.
Roth 701.
Roth, H. V. 582.
Roth, W. 330.
Rothschild, H. de 610.
Rousse, J. 310.
Routh, A. 418.
Roux 279.
Rovsing, Thorkild 238, 252, 254, 259.
Rubner, Max 580, 712, 730.
Rudel 50.
Rühl 441.
Rümelin 725.
Rüge 549.
Ruhemann, J. 168.
Rullmann, W. 18, 164.
Rumpf 427.
Rumpf, Th. 298, 304, 766.
Runge 437, 453.
Rüssel, J. S. Risien 313.
Rutherford, William 491.
Ruyssen 422.
Rydygier 323.
S.
Sachs 488.
Saenger, M. 418, 419, 420, 422, 449,
453, 524, 574.
Sänger, A. 490.
Saft, H. 398.
Sahli, H. 168, 216, 645.
Saint Paul 116.
Salimbeni, A. T. 10.
Salkowski, E. 659.
Salomon 562.
Saloschin, S. 132.
Saltykow, S. 39.
Salzer, F. 489.
Salzwedel 327.
Sambon 284, 743.
Samgin 556.
Samuel 167.
Sanarelli 290, 298.
Sander, M. 63.
Sandwith 288.
Santesson, C. G. 718.
Sarason 109.
Sarbö, A. 134, 551.
Saundby, R. 247, 249.
Savor 434.
Scagliosi, B. 49, 57.
Scaglioso, G. 310.
Scanto 394.
Schäffer 554, 704.
SchaflPer, Carl. 71, 78.
Schaffer, J. 39, 197.
Schaffher, G. 36.
Schaller, L. 300, 406.
Schanz, Fr. 13.
Schaper, A. 35.
Schaper, H. 157, 762.
Scharlieb, W. 407.
Autorenregifiter.
819
Schatz, Fr. 34.
Schaumann, 0. 313, 613.
Schauta, Friedrich 453.
Schech 533.
Schede 67, 351.
Schegolow 286.
Scheu)e, A. 515.
Scheier 527.
Scheiger 288.
Schenk 689.
Schenk, F. 417.
Schenk, Leopold 453.
Scherbatscheff 683.
Scherk, G. 643.
Schieck 480.
SchiflF, Arthur 51.
Schiff, £. 541, 684.
Schiller, A. 537.
Schiller, H. 442, 449.
Schüling 292.
SchilUng, Fr. 586.
Schlagenhanfer 564.
Schleich, C. L. 384.
Scheimpflug, M. 168.
Schlesinger, £.41.
Schlesinger, H. 116, 210, 547.
Schlesinger, M. 133, 688.
Schlichting. Hans 92, 492.
SchUfka, M. 372.
Schlöss 140.
Schloffer, H. 326.
Schloth-Bi-ückenau 242.
Schmauss, H. 26.
Schmidt, A. 126, 215, 216, 229.
Schmidt, H. 392.
Schmidt, J. M. 508.
Schmidt, R. 224, 225.
Schmidt-Rimpler, H. 489.
Schmidt, S. 653.
Schmidt, W. 434.
Schmidtmann 708.
Schmilinsky, H. 674.
Schneidemühl 46.
Schneider, H. 367.
Schneider, J. 717.
Schnell 315.
Schönfeld 740.
Schoetz 525.
Scholtz 273.
Schott, Th. 196.
Schottmüller 163, 295.
Schourp 547.
Schrader, T. 413.
Schreiber 469.
Schreiber, S. H. 79.
Schröder 99.
Schröder, E. 405, 408.
Schröder, G. 12. 168, 612.
Schröder, H. 390.
Schrötter, E. 128.
Schrötter, L. v. 168.
Schubert 279.
Schubert, P. 738.
Schuchardt, K. 40, 224, 358.
Schürenberg, G. 597.
Schürmeyer, B. 46.
Schütz 150, 289, 551.
Schultön, M. W. af 328.
Schultess, E. 239.
Schulthess, E. 141.
Schultz, P. 658.
Schnitze, B. 430.
Schnitze, B. S. 439, 454.
Schnitze, Ernst 128.
Schnitze, Fr. 84, 108, 117.
Schnitze- Vellinghausen 418.
Schulz 272.
Schulz, H. 680.
Schulz, J. 363.
Schulze 729.
Schurig 25.
Schuster, P. 114, 117, 140, 706.
Schwabach 519.
Schwalbe, B. 733.
Schwalbe, J. 167, 168, 706, 751, 766.
Schwartz 173, 257.
Schwarz, Emil 76.
Schwarz, H. 68.
Schwarz, L. 655.
Schwarz, Otto 117, 489.
Schwarzenberg 409.
Schweigger 484.
Schweinitz, de 461.
Schwidop, C. 117.
Schwyzer, F. 107.
Sclavo 296.
Seegen, J. 299, 304.
Seelhorst, G. 345.
Seeligmann, S. 489.
Seeligmüller, A. 108.
Sehrwald 321.
Seibold 704.
Seifert 486.
Seiffer 700.
Seitz, Johannes 605.
Selcke, K. 365.
Seligmann, H. 511.
Seil, E. 329.
Semon 537.
Senator, H. 73, 81, 227.
Sendler, P. 835.
Seydel 700.
820
Autorenregister.
Seymour «546.
Shaw 481.
Sheffield 553.
Shiga 287.
Sicot 161.
Sidler-Huguenin 483.
Sieber, F. 765.
Siedentopf 406.
Siefert 696.
Siegel E. 356.
Siegenbeek van Heukelom 35.
Siegenthaler, Ernst 124.
Siegert 40.
Siegfried, M. 233.
Siegheim 184.
Siemerling, E. 54.
Sievers, R. 113, 208.
Silberschmidt, W. 740.
Silberstein 573.
Silex 80.
Simmonds, M. 40, 41, 42.
Simon, A. 212, 625, 637.
Simon, J. 723.
Simon, 0. 373.
Simpson 291.
Singer 280, 410.
Sippel 10, 282.
Sirleo, L. 29.
Skaller 20.
SklifFossowsky 209.
Slawigk 68.
Slawyk 14, 602, 603.
Smith 97, 140, 283, 284, 550.
Smith, L. 418, 426.
Smith, W. 252.
Smyly 432.
Snegirew 462.
Snell, Otto 129.
Snellen, H. 490.
Sobemheim, G. 7.
Sölder, F. v. 125, 126.
Sörensen 14, 211.
Sokolow, Mich. Was. 96.
Sokolowski 167.
Solley 283.
Sollier, Paul 100.
Solmon 298.
Solowieff 399.
Soltmann, 0. 588.
Solly, E. 615.
Sommer 140.
Sommerfeld, Th. 720, 766.
Somogyi 564.
Sonnenberg 565.
Sonnenburg. E. 219, 362.
Sorgo, Jos, 105.
Spanbock, A. 59.
Spiegel 546.
Spiegelberg 690.
Spiess, G. 522.
Spietschka 564.
Spirig 275.
Spior, K. 658, 664.
Spitta, 0. 730.
Spitzer, W. 300.
Springfeld 140, 765.
Spronck, C. 7, 15, 556.
Spude 32.
Ssadowen 231.
Ssuchomlin 286.
Stabel 67.
Starck, v. 22, 666.
Starck, H. 155, 205, 229.
Stargardt 211.
Starke, Johannes 48.
Starr 461.
Stas 417.
Stegmann 705.
Stein, Albert Eugen 77.
Stein, Stanisl. v. 504.
Steiner 238.
Steiner, Max 501.
Steiner, R. 224, 360.
Steindler, L. 376.
Steinhaus, J. 59.
Steinmetz 685.
Steinschneider 682.
Steinthal 407.
Stephen, J. 6.
Stern, Carl 589.
Stern, Max 156.
Stern, R. 225, 273.
Stemberg. Maximilian 93, 95, 117.
Stetter 347, 519.
Stewart 193.
Sticker, G. 17, 292.
Still, G. 16.
Stülar, W. C. 247.
Stintzing, R. 109, 168.
Stockmann, R. 247.
Stöckl 461.
Stoelzner, W. 45.
Stoke 279.
Stolper, P. 117, 352, 384.
Stumpfe, Carl 89.
Stone, A. K. 235.
Storoscheff, H. 639.
Storp 330.
Stowers 551.
Strasburger 216.
Strasser, A. 636, 637. 643.
1 Strassmann, Fr. 687, 693, 697, 698
Antorenregister.
821
Strassmann, P. 391, 399, 416, 423,
429, 454.
Stratz 447.
Straub 490.
Strauss, H. 86, 100, 211, 223, 300,
302, 673.
Strehl, H. 325.
Stroebe, H. 12, 38, 46, 418.
Strube, G. 31.
Strubell 296.
Strümpell, Ad. 56, 766.
Strünckmann, K. 453.
Struve, G. 652.
Stubenrath, F. C. 706.
Stubbert 290.
Stubben, J. 715.
Stumpf, L. 758.
Stursberg, H. 652.
Suchannek 539.
Sudeck, P. 320.
Suker 465.
SuUivan, W. C. 132.
Sultan, C. 28.
Sulzer 487.
Suter, F. 614.
Sutherland, G. A. 585.
Sutils 415.
Swinbume 565.
Syklossi, de 462.
SykofT, W. 358.
Symonds 236.
Sympson, E. 543.
Szulislawski 467.
T.
Tacklam 684.
Tailor 250.
Takaki 4, 111.
Talaraon, Ch. 301.
Tallquist, T. W. 313.
Talma, S. 148, 175, 204.
Tambach, R. 670.
Tanner, Siegfried 111.
Tantzen 61.
Tarasse witsch, L. 55.
Tauber 279.
Tauffer 31, 549.
Tauszk 225.
Taylor, J. W. 395.
Taylor, William 88.
Tedeschi, A. 22.
Temoin 433.
Tendlau, B. 655, 665.
Tenholt 685.
Teichmann 736.
Teichmüller 142.
Terrien 455.
Test, Cleveland 257.
Thayer, W. S. 242.
Theobald, Samuel 496.
Thigpen, Charles 511.
Thilo, Otto 50.
Thiry 140.
Thöle, F. 344.
Thomas 412, 654.
Thomas, H. M. 89.
Thompson, H. 543.
Thompson, Symes 177.
Thomsen 137.
Thomson 521.
Thomson, Erwin 109.
Thorel, Ch. 39.
Thom 566, 690.
Thorn, W. 394.
Thudichum, J. L. W. 766.
Thumim 435, 442.
Tilmann 92, 342.
Tiltges, N. 10.
Tirard, Nestor 246.
Tirmann, J. 667.
Tjaden 385.
Todd, C. 602.
Tomaselli 286.
Topolanski 458.
Touvenaint 548.
Trachsler 553.
Trachtenberg, M. A. 88.
Trautmann, G. 498, 519.
Treitel 514, 519, 529.
Trepinski 78.
Treupel, G. 80, 656, 672.
Trevelyan 208.
Tripier 213.
Troller, J. 326.
Trumpp 267.
Truzzi 449.
Tschermak, Armin 64.
Tschistowitsch 27.
Tsujitani, J. 20.
Tuczek 726.
Tuffier 264, 442.
Tunnicliffe, F. W. 234.
Turner, G. 8.
Tumey 276.
Tyson 178, 274.
ü.
Uckermann 281.
UhthoflF, W. 104, 459, 490.
822
Autorenregister.
Ulmann, G. 609.
ünger 140, 212.
Unger, E. 48.
Unna 543, 544, 556, 561.
ünverricht, H. 96.
Urbantschitsch, Victor 493-
T.
Vagedes 11.
Vahlen, E. 625.
Vau, Mc 247.
Variot, G. 610.
Vassmer 451.
Veit, J. 394, 437, 454.
Velde, n. van de 9, 424.
Verhaegen, A. 229.
Verhoogen 574.
V6rte88, Job. 718.
Verworn, M. 117, 122.
Viannay 568.
Vieülard, C. 264.
Vierordt, H. 196.
Vieth, H. 561, 662.
Vignes 472, 566.
Vincent 285.
Vincenzi, L. 15, 110. 587.
Virchow 712.
Vires 140.
Via, G. N. 672.
Vitrac, J. 43, 451.
Völcker, Fr. 349.
Vogl, A. E. 229.
Vogtiierr, M. 680.
Vo^ft, L. 757.
VoUand 168.
Vollbrecht 376.
VoUmer, E. 623.
Voorthuis, J. A. 557.
Voss, P. 510.
Vossius, A. 490.
Vulpius, 0. 325, 331, 350.
W.
Waelsch 553, 567.
Wagenhäuser 498.
Wagenmann, A. 488.
Wagner 317.
Wagner, H. 372.
Wagner, L. 766.
Wagner, P. 257.
Wagner, W. 117, 384.
Waldvogel 504.
Walger 275.
Walsham, W. 529.
Walther, Heinr. 453, 496.
Walton, G. L. 93.
Walz, K. 11.
Wanach, R. 360.
Wang, Eyvin 284, 577.
Warburg, F. 251.
Wamecke 492, 496, 499.
Warszawski 392.
Washbum, J. N. 15.
Waäsermann, A. 4, 5, 7, 111.
Webb 255.
Weber 619.
Weber, Hermann 648.
Weber, L. W. 96, 120.
Wechselmann 545.
Wecker, de 471.
Weichardt 758.
Weichselbaum, A. 46.
Weicker, H. 752.
Weil, E. 301.
Weil, Julius 74.
Weill 431.
Weinberg 405.
Weinberger, S. 628.
Weintraud 207.
Weisbecker 150.
Weiss 461.
Weiss, B. 32.
Weiss, J. 652.
Weiss, L. 490.
Weiss, 0. V. 423.
Weissenfeid, J. 653.
Weissmayr, A. v. 168, 749.
Weisz, E. 623.
Weyl, Th. 766.
Wegele 223.
Welcke 166.
Weide, van der 273.
Welsenburg, G. v. 453.
Wende 548.
Wendel, 0. 378.
Wendel, W. 358.
Wendeler, P. 443.
Wendriner, B. 212, 625.
Wentscher, J. 28, 541.
Werler, 0. 260, 542, 565, 573, 662,
Wertheimer 170.
Westbrook, F. F. 754.
Westermark 484.
Westmoreland 278.
Westphal 278.
Weygandt, W. 128.
Whistler 521.
Whitehead, W. H. 248.
^■^