Jahrbuch
DES
KAISERLICH DEUTSCHEN
Archäologischen Instituts
HERAUSGEGEBEN
Max Fr änke l.
Band i.
1886.
BERLIN
DRUCK UND VERLAG VON GEORG REIMER
1887.
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Ctud-u-f
Inhalt.
Seite
Zur Einführung (A. Conze) I
A. Conze Der betende Knabe in den königlichen Museen zu Berlin I
E. Fabricius Das platäische Weihgeschenk in Delphi 176
M. Fränkel Geweihter Frosch 48
B. Graef Peleus und Thetis (Tafel 10) 192
W. Heibig Über die Bildnisse des Piaton (Tafel 6. 7) 71
H. Heydemann Die Phlyakendarstellungen auf bemalten Vasen 260
A. Kalkmann Aphrodite auf dem Schwan (Tafel 11) 231
E. Kroker Die Dipylonvasen 95
A. Michaelis Die sogenannten ephesischen Amazonenstatuen (Tafel 1 — 4) ... 14
M. Ohnefalsch-Richter Cyprische Vase aus Athienu (Tafel 8) 79
L. Schwabe Wagenlenker, Bronze in Tübingen (Tafel 9) 163
F. Studniczka Zum Hydragiebel 87
J. Svoronos Scenen aus der Ilias auf einem etruskischen Sarkophage 205
P. Wolters Mitteilungen aus dem British Museum:
I. Praxitelische Köpfe (Tafel 5) 54
II. Zur Gigantomachie von Priene 56
III. Archaische Reliefs aus Xanthos 82
IV. Zum attalischen Weihgeschenk 85
MISCELLEN.
£. Afsmann Zu den Schiffsbildern der Dipylonvasen 315
A. Conze Zum betenden Knaben, Berichtigung 223
R. Engelmann Harpyie 210
M. Fränkel Vase des Hischylos (Tafel 12) 314
A. Furtwängler Zum betenden Knaben 217
W. Malmberg Über zwei Figuren aus dem Weihgeschenke des Attalos. . . . 212
A. Milchhoefer Die mittleren Südmetopen des Parthenon 214
O. Puchstein Zum betenden Knaben 219
BERICHTE.
Erwerbungen des British Museum im Jahre 1885 126
Erwerbungen der königlichen Museen zu Berlin im Jahre 1885:
I. Sammlung der griechisch-römischen Sculpturen und Ab-
güsse (O. Puchstein) 129
II. Antiquarium (A. Furtwängler) 132
Bibliographie 65. 158. 224. 317
Register 324
Inhalt.
ABBILDUNGEN.
Tafel i. 2. Amazone in Petworth.
3. Amazonen 1) in Berlin 2) in London.
4. Amazone in Wörlitz.
5. Marmorköpfe im British Museum.
6. Plato-Hermen in Berlin und Rom.
7. Plato-Herme im Casino di Ligorio.
8. Vase aus Athienu (Cypern).
9. Wagenlenker, Bronze in Tübingen.
10. Peleus und Thetis, Vasen in Paris und Halle.
11. Aphrodite auf dem Schwan.
12. Vase des Hischylos im Berliner Museum.
Seite 9. Der betende Knabe, unergänzt, nach einer älteren Zeichnung.
12. Betender Jüngling, Trinkschale im British Museum.
12. Münze des Pertinax [Providentiae deoruni).
28. 30. 35. Reconstructionen des Typus der Capitolinischen, Lansdowne'-
schen, Mattei'schen Amazone.
36. Köcher des Amazonentorso in Trier.
37. Linker Arm einer Amazonenstatue im capitolinischen Museum.
48. Frosch von Bronze mit Weihinschrift.
83 f. Reliefs aus Xanthos im British Museum.
85 f. Drei zu dem attalischen Weihgeschenk in Beziehung stehende Bronzen
im British Museum.
134 fr. Neu erworbene Vasen und Terracotten des Berliner Museums.
163. Tetradrachmon von Syrakus im Berliner Museum.
173. Wagenlenker, Bronze in Athen.
176 (Beilage). Schlangensäule von Constantinopel.
187. Dreifufs von einer Vase (nach Panofka, Cabinet Pourtales T. 6).
187. 188. Zwei Basen von Dreifüfsen in Athen.
189. Schlangensäule von Constantinopel, Reconstructionsversuch von P. Graef.
206. 207. Etruskischer Sarkophag (nach Monuvienti d. Inst. XI 58).
211. 212. Harpyie, Hydria im Berliner Museum.
217. Betender Knabe, Gemme im Berliner Museum.
231. Aphrodite auf dem Schwan, rf. Vasenbild.
271. Frau von zwei Männern bedroht] T^ 1 \r j c 1 t u.
' q., \ Komiker-Vasen der Sammlung Jatta.
275. Schauspieler mit Krückstock, Vase in Neapel.
278. Dionysos und Flötenbläser, Vase der vaticanischen Bibliothek.
279. Herakles ein Mädchen raubend, Komiker -Vase in Lentini.
285. Tanzender Schauspieler, Vase in Berlin.
287. Schauspieler als Komast, Vase in WTien.
289. Fortschleichender Mann \
293. Liebesverfolgung I Komiker-Vasen im Bri-
295. Heimkehr vom Gelage tish Museum.
296. Palladionraub (nach Collection Castellani p. 24) J
300. Schauspieler, Vase in Sevres.
304. Kentaur und Schauspieler 1 , „ »»
iJI t> ■• 1 } verschollene Vasen.
307. Prugelscene
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Zur Einführung.
Mit dem ersten Hefte des «Jahrbuchs» und mit den etwa gleichzeitig aus-
zugebenden Heften der römischen und der athenischen «Mittheilungen» beginnt
das Institut eine neue Reihe seiner periodischen Schriften; am Ende des Jahres
wird dieselbe durch das Hinzutreten des ersten Jahresheftes der «antiken Denk-
mäler» vollständig eröffnet sein. Unverändert besteht daneben die » Ephemeris
epigraphica « fort; auch die athenischen «Mittheilungen» werden kaum mehr als mit
einer geringfügigen Änderung im Titel von der Neuerung berührt.
Der Übergang der «antiken Denkmäler» von Rom nach Deutschland soll,
wie man erwartet, eine Verwerthung des gesammten, auch aufseritalischen Materials
erleichtern und die verschiedenen technischen Herstellungsweisen in ihrer beständig
fortschreitenden Vervollkommnung für die Tafeln immer besser zur Anwendung
kommen lassen. Das regelmäfsige Hereinziehen der Werke der antiken Baukunst
wird eine wissenschaftliche Forderung erfüllen, welche aus der erst jüngst in vollem
Mafse erfolgten Aufnahme der Architekturforschung in den Gesammtkreis der
archäologischen Disciplin sich ergiebt. Die Loslösung der Denkmälertafeln von
ausführlichen begleitenden Texten wird die gegenseitige Hinderung beseitigen,
welche bei der Herausgabe der mit einander verbundenen Monumenti und Annali
mehr und mehr sich fühlbar gemacht hatte, und wird einerseits der Denkmäler-
publikation und andrerseits der Forschung die Freiheit schaffen jede ihren eigenen
Weg zu gehen.
In dem «Jahrbuche» soll für die archäologische Forschung ein Centralorgan
geschaffen werden, wie es in dieser Gestalt bisher fehlte. Die Einrichtung von
Supplementen verspricht auch umfangreicheren Abhandlungen einen geeigneten Platz
zu bieten, dessen Mangel vielfach einer Zersplitterung der archäologischen Litteratur
Vorschub geleistet hat. Die zunächst wenigstens bibliographischen Übersichten,
mit welchen von Gerhard bereits verfolgte Bestrebungen wieder aufgenommen
werden, sollen es erleichtern der gesammten Bewegung auf unserem Wissenschafts-
gebiete zu folgen. Wenn hierdurch ein Zuwachs gegenüber dem Inhalte sowohl
der » Annali«- als auch der «Archäologischen Zeitung» erwartet werden kann, so
dürfte andrerseits, indem jetzt nur eine Zeitschrift an die Stelle jener beiden tritt,
eine gewisse Überanforderung an die litterarische Produktion gehoben werden.
Der ausschliefsliche Gebrauch fremder Sprachen konnte in den Publikationen
des Instituts, so berechtigt derselbe auch in den Anfängen desselben als einer
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. I
II Zur Einführung.
internationalen Privatanstalt sein mochte, nicht wohl auf die Dauer bestehen, nach-
dem es zur deutschen Reichsanstalt geworden war. Hohen Werth legt aber das
Institut auf die fortdauernde Mitarbeit auswärtiger, zumal italienischer Gelehrten,
mit denen es sich in seinem Wirken von Anbeginn besonders eng verbunden weifs.
Um auch sie nach wie vor zur Mitarbeit einladen zu können, werden die römischen
«Mittheilungen» auch zur Aufnahme gröfserer Aufsätze in Begleitung von Tafeln
eingerichtet und so über den Rahmen des bisherigen » Bulle •ttmo« hinaus erweitert
werden.
Dieses sind in aller Kürze die wesentlichen Veränderungen, durch welche
die Publikationsthätigkeit des Instituts der neueren Entwicklung der Archäologie
und der Umgestaltung der äufseren Verhältnisse, unter denen wir arbeiten, angepafst
werden soll. Wenn die Fachgenossen, welche die Tragweite dieser Umgestaltung
zu ermessen wissen werden, den neuen Schriften erneute Mitwirkung schenken, so
dürfen wir uns der sicheren Erwartung hingeben, dafs es dem Institute gelingen
werde in veränderter Form seine alten Aufgaben nur um so besser zu erfüllen.
Im Auftrage der Centraldirektion
der Vorsitzende
Conze.
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DER BETENDE KNABE
IN DEN KÖNIGLICHEN MUSEEN ZU BERLIN.
Der Generalprokurator und Oberintendant der Finanzen Frankreichs, Nicolas
Foucquet, spielte wie in der politischen, so in der Geschichte des Luxus seiner
Zeit eine hervorragende Rolle, bis er im Jahre 1661 von Ludwig XIV. gestürzt wurde.
In der Charakteristik, welche die Historiker von ihm entwerfen, fehlen seine
Beziehungen zu den Künsten nicht. Wir erfahren von der Begünstigung, welche er
den ersten zeitgenössischen Dichtern, der Beschäftigung, welche er den hervor-
ragendsten der um ihn lebenden Architekten, Bildhauer, Maler zu Theil werden
liefs. Mit den Namen eines Corneille, Moliere und Lafontaine, eines Lenotre
Puget und Lebrun erscheint der seine eng verbunden. Sein glänzender Landsitz zu
Vaux-le-Vicomte war, was Versailles bald werden sollte. Hier bot er nicht nur
den lebenden Künstlern lohnenden Spielraum für ihre Thätigkeit; hier brachte seine
Liebhaberei, von dem ausgedehntesten Einflüsse und fast unbeschränkten Geldmitteln
unterstützt, auch die mannigfachsten Sammlungen von allerhand Merkwürdigkeiten
und von Kunstwerken der Vorzeit zusammen. Foucquet war einer der gröfsten
Amateurs seiner Zeit.
Edmond Bonnaffe hat kürzlich die Sammlerthätigkeit Foucquets zum Gegen-
stande einer besonderen Darstellung gemacht1. Unter den Kunstwerken in Vaux
zählt er auch eine antike Bronzestatue des Antinous auf2 und führt aus Mariettes
Aufzeichnungen den Nachweis, wie sie von dem Sohne Foucquets später an Prinz
Eugen und endlich bis nach Sanssouci gelangte. Es ist, wenn Bonnaffe dieses
letzte Wort auch nicht ausspricht, die Statue des betenden Knaben, welche jetzt
den königlichen Museen zu Berlin angehört3.
Es verlohnt den Bericht Mariettes4, welcher bisher den Archäologen ent-
gangen ist, wörtlich abzudrucken: »M. Fouquet le surintendant avoit fait venir d ' Italie
cette belle statue de bronze, qui liest que de moycnne nature, puisqiielle ne porte gnire
que quatre pieds de haut, et c'etoit, ä ce que fai oui dire, M. Le Brun qui la lui
avoit indiquee. Elle etoit a Vaux-le- Vicomte dans le temps de sa disgräce. Un vieux
dorne stique s'i?nagina que non-seulement o?i avoit resolu la perte de son maitre , mais
qu'on avoit aussi dessein de s'emparer de tout ce que lui appartenoit. Et, comrne il
avoit entendu beaucoup priser cette statue , eile lui parut perdtie pöur les enfants de
M. Foucquet, s'il ne la cachoit, et lä-dessus il l'enterra dans une cave, d'oü eile ne
') Les amateurs de l'ancienne France. Le surinten- 2) a. a. O. S. 52.
dant Foucquet. Paris 1882. 3) Verzeichnifs der antiken Skulpturen. 1885. n. 2.
*) Abecedario II, S. 259 fr.
Conze, Der betende Knabe.
sortit que lorsque l'orage fut tout a fait appaise. M. le marquis de Belle Isle , fils
du surintendant, en connoissoit le prix; mais , commc il n'etoit pas riche, et que la
fortune de son fils, que nous avons vu marechal de France, commencoit et l'engageoit
a des depenses au-dessus de ses forces, il chercha les moyens de s'en defaire utilement,
d'autant plus quil manquoit de place pour la mettre. II scut que mon pere etoit en
correspondance avec M. le prince Eugene et que ce prince etoit curieux des belies choses.
II engagea donc mon pere d'enproposer au prince l'acquisition, qui n'eut pas Heu pour
lors, parce que cela ne s'arrangeoit pas avec les finances du prince destinees a des
depenses plus urgentes. La figure demeura donc a Paris jusqu'en rjij que le mar che
se renoua. Mon pere fit alors passer la figure ä Vienne, ou je l'ai vue et ou eile
est demeuree dans le palais du prince jusqu'a sa mort. Zanetti, qui vint a peu pres
dans ce temps la a Vienne, la fit entrer dans un mar che de tableaiix et de pierres
gravees que lui vendit le prince Eugene, et dont il fit le partage avec M. le prince de
Lichtenstein, ainsi qu'ils en etoient convenu. II comptoit que la statue lui demeureroit,
et la tete lui en tournoit. Mais il ne put resister aux prieres que lui fit le prince de
Lichtenstein pour Vengag er a la lui ceder. II lui en fit le sacrifice; c' etoit le sort de
cette figure, de ne pouvoir demeurer entre les mains de ceux qui la prisoient le plus,
et bientöt celui qui en etoit possesseur se vit lui-meme oblige de s'en priver pour en
faire present au roi de Prusse et se captiver sans doute la bienveillance de ce prince,
qui, dans la guerre qu'il faisoit a la reyne d' ' Hongrie , au sujet de la Silesie, s 'etoit
rendu maitre des etats que le prince de Lichtenstein y possede. Ils lui furejit en effet
restilues, et la statue de bronze fut mise dans le palais de Sans-Souci, oü eile est
gardee avec le soin qu'il merite. Le prince de Lichtenstein eut cependant, avant que
de la laisser partir, la precaution de la faire monier, et d'en faire ensuite jetter en
bronze une semblable dans le cretix que ce moule lui conservoit. J'ignore si cette copie
a ete regravee par un habile homme; ce que je scais, c'est quelle fait aijourd' hui
l'ornement d'une des chambres du palais de Lichtenstein a Vienne , et qu'il y en a une
estampe qu'a fait graver ce prince et dont il m'a fait la grace de ine faire present.«.
Mariette, in seinen Aufzeichnungen überhaupt, wie ich höre, ein zuverlässiger
Mann, war offenbar über die Schicksale der Statue bis zum Übergange der-
selben auf Prinz Eugen sehr gut unterrichtet, nicht mehr ganz so von da an,
wo er seine Weitererzählung mit »sans doute« einleitet, einer ja nicht selten das
Gegentheil von dem, was sie sagt, bezeichnenden Wendung. Bis zum Übergange
auf Prinz Eugen spielten die Dinge wie unter den Augen Mariettes und seines
Vaters; was weiter in Wien geschah, dafür war Mariette doch mehr auf Hörensagen
von Weitem her angewiesen.
Der Kaufpreis, für welchen Prinz Eugen die Figur vom Vater des Marschall
Belleisle, dem Sohne Foucquets, erwarb, betrug 18000 Francs5. Als Prinz Wenzel
Liechtenstein später mit dem Gesandten Friedrichs des Grofsen über den Verkauf
5) Rob. Schneider macht mich darauf aufmerksam, FUrstens und Herren Eugenii. 1740. Auch unter
dafs in dem Werke Salomon Kleiners (Wun- französischem Titel Augsburg 1731), wo z. B.
derwürdiges Kriegs- und Siegs -Lager des etc. die Herkulanenserinnen mehrmals abgebildet
Conze, Der betende Knabe.
unterhandelte, gab er an, das eigenhändige Billet Prinz Eugens darüber noch zu
besitzen.
Bestätigt wird auch sonst, was Mariette angiebt, dafs nach dem Tode Prinz
Eugens, wo mit dessen Kunstbesitz in wenig pietätvoller Weise verfahren wurde,
die Bronze an einen Händler aus Venedig gelangte. Dessen Name Zanetti läfst
ihn wohl als Mitglied einer mehrfach mit Kunst und Kunstgelehrsamkeit beschäf-
tigten Familie erscheinen. Zanetti hatte, wie wir aus den späteren Verhandlungen
mit Friedrich dem Grofsen erfahren, bereits eine Kiste zum Fortschaffen der Figur
machen lassen, als letztere dann an Prinz Wenzel Liechtenstein, wie dieser angab,
für 500 Dukaten baar et quelques antiques de prix überging.
Prinz Liechtenstein hat die Figur aber nicht an Friedrich den Grofsen ver-
schenkt um occupirte Besitzungen in Schlesien zu retten, wie Mariette sich berichten
liefs. Von einer Occupation Liechtensteinscher Besitzungen in Schlesien ist nach
gütig von v. Sybel vermittelter Auskunft des königlichen geheimen Staatsarchivs weder
in Akten des letzteren noch in Falkes Geschichte des fürstlichen Hauses Liechtenstein
Etwas zu ersehen. Das Märchen von der Verschenkung der Statue kehrt in ganz
anderer Fassung bei Pezzl in seiner Geschichte des Fürsten Wenzel Liechtenstein
wieder und Falke6 hat ihm widersprochen. Liechtenstein hat verkauft um Geld zu
haben; dafs dies nicht auffallend sei, hat Falke erläutert'.
Den wirklichen Hergang ersehen wir bis in die Einzelheiten aus der im
königlichen Staatsarchive befindlichen Korrespondenz zwischen Friedrich und seinem
Gesandten in Wien, Grafen Podewils. Ranke und eingehender Julius Friedlaender 8
haben daraus das Wesentliche mitgetheilt. Ich habe sie ebenfalls eingesehen und
thue hoffentlich nicht zu Viel , wenn ich hier noch ein Mal aus den Akten 9
darüber berichte.
Am 16. Mai 1747 schreibt Friedrich an Podewils, dafs bereits vor drei
Jahren Prinz Liechtenstein ihm eine Bronzestatue des Antinous zu Kauf angeboten
habe, Podewils möge sie prüfen und in Erfahrung bringen, ob sie noch zu haben sei.
Hierauf übersendet Podewils d. d. Wien 27. Mai den Kupferstich10, den der
Prinz von der Statue habe machen lassen, giebt an, er habe gehört die Figur sei
noch immer zu verkaufen und man rühme sie als eine der schönsten antiken
Statuen. Er würde sogleich hingehen sie anzusehen und den Prinzen nach dem
Preise fragen.
Am 7. Juni berichtet Podewils über den Erfolg dieser Anfrage. Der Prinz
wolle in der That auch jetzt noch verkaufen. Derselbe habe beabsichtigt es auf dem
Wege einer Lotterie in England, wo damals ja die Privatliebhaberei für Antiken
sind, der betende Knabe nirgends erscheint. 8) Arch. Anz. 1865, S. I2iff. Zur Geschichte der
Dafs die Figur im Besitze Prinz Eugens sich königl. Museen in Berlin. 1880. S. iof.
befand, steht darum nicht weniger fest. 9) R. 81 Wien.
6) Geschichte des fürstl. Hauses Liechtenstein III, 10) Dieses Blatt, nach Daniel Grans Zeichnung von Jo-
S. 156 f. seph Camerata gestochen, fehlt auf dem hiesigen
. *) a. a, O. Kabinet und ist mir nicht zu Gesichte gekommen.
Conze, Der betende Knabe.
im besten Zuge war, zu bewerkstelligen. Er habe dazu den Stich herstellen lassen
und man habe dort Aussicht auf einen hohen Erlös gemacht, aber er wolle die
Figur lieber in den Händen Seiner Majestät sehen. Einen bestimmten Preis hätte
er noch nicht nennen wollen, sondern nur vorläufig angegeben, was seiner Zeit
Prinz Eugen, wie bereits oben erwähnt ist, und was später er selbst gezahlt habe.
Auch habe Prinz Liechtenstein ihn darauf aufmerksam gemacht, dafs die rechte
Hand im Stiche zu grofs gerathen sei. Das habe sich bei Besichtigung der Statue
wirklich so gezeigt; die Figur sei auch sehr gut erhalten, nur am linken Fufse
sei sie gebrochen gewesen und am rechten Bein sei ein kleiner Sprung, aber der
Fufs scheine von demselben Meister und nur wieder angesetzt. Er selbst sei zwar
nicht Kenner, höre aber den Kunstwerth von mehreren Seiten sehr rühmen und
Comte d'Algarotti solle sie gesehen haben; der würde also am besten Auskunft
geben können. Er würde erstertags wieder zum Prinzen gehen, um die Preisforderung
zu erfahren.
Hierbei verfehlte er den Prinzen und dieser ihn wieder bei einem Gegen-
besuch, worauf Podewils ein Billet vom Prinzen erhielt, das er in Abschrift einsendet.
Darin heifst es, dafs es allerdings Absicht gewesen sei die Figur für iooo
Guineen auszuspielen, aber dafs Seine Majestät sie für 2000 Dukaten haben solle,
«et je vous assure, que si je n'etais derange dans mon economie eile ne sortirait de
la g allerlei).
Inzwischen hatte Friedrich am 6. Juni an Podewils geschrieben, dafs der
Stich angekommen sei und dafs er sehr zufrieden sein würde, wenn die Figur so gut
erhalten wäre wie demnach scheine. Vor drei Jahren habe Prinz Liechtenstein
1000 Thal er gefordert und zu diesem Preis könne Podewils ohne Weiteres ab-
schliefsen.
Am 15. Juni fragt Friedrich noch ein Mal nach dem jetzt geforderten Preise,
und Podewils schreibt am 17., dafs der Prinz schwerlich von dem Preise von 2000
Dukaten viel herab gehen würde, es sei denn, dafs der Versuch einer Lotterie
fehlschlüge.
Friedrich findet in einem Schreiben vom 20. Juni den Preis sehr hoch und
ist begierig zu hören, ob die Verwerthung in England für 1000 Guineen gelingen
werde. Podewils möge den Handel hinziehen. Am 24. Juni folgt dann aber der
Auftrag zum Preise von 2000 Dukaten abzuschliefsen.
Hierauf schreibt Podewils ausführlich vom 5. Juli, dafs er erst 4000 Thaler,
dann IOOO Louisd'ors geboten habe, der Prinz habe sich hierauf nicht gleich fest
erklärt, aber, als sie sich bei Hofe wiedergesehen hätten, die Statue für 5000 Thaler
(nach Friedlaenders Berechnung 583373 heutige preufsische Thaler) Seiner Majestät
zur Verfügung gestellt. Darunter steht Friedrichs eigenhändiges: «J'accepte le marche
de la statue» mit den Bestimmungen über den Zahlungsmodus, die Verpackung und
den Transport.
Am 22. Juli spricht der König seine Erwartung aus, dafs der Kauf abgeschlos-
sen sein werde und äufsert seine Freude, bald ein so schönes antikes Werk zu sehen.
Conze, Der betende Knabe.
5
Er werde eigens einen Mann, der sich auf das Verpacken verstehe, nach Wien
schicken; dessen Ankunft solle Podevvils abwarten. Und noch ein Mal am 24. Juli
kündigt Friedrich die Ankunft dieses Packers an und schärft wiederholt die aller-
gröfste Sorgfalt beim Transport ein.
Podewils verwendet denn auch alle Aufmerksamkeit darauf und berichtet
eingehend über die Einzelheiten am 26. Juli, am 2. 5. und endlich am 9. August.
Prinz Liechtenstein habe, damit die Figur nicht von den Stöfsen eines Wagens leide,
Maulthiere angeboten, welche die Kiste in einer Tragbahre bis Ratibor bringen sollten,
von wo aus sie weiter zu Wasser bis Berlin gehen könne. Der hergeschickte
Domestik des Königs würde die Tragbahre zu Pferde begleiten. Zur Verpackung
habe sich die Kiste noch vorgefunden, welche früher der Antiquar von Ve-
nedig, der die Figur aus Prinz Eugens Nachlasse erworben hätte, habe machen
lassen. Podewils beschreibt die Einrichtung dieser Kiste und wie die Figur in ihr
gesichert sei, ganz genau, und dafs sie noch in eine zweite Kiste gesetzt und
diese wieder aufsen mit Wachstuch und Strohmatten verkleidet sei. Staatsminister
von Münchow sei ersucht, für den Weitertransport zu Wasser die Anordnungen
zu treffen. Übrigens habe er erst jetzt bemerkt, dafs die Arme der Statue
angesetzt seien, was man früher auf dem hohen Piedestal, auch wenn man auf einen
Stuhl gestiegen sei, nicht habe erkennen können; aber die Arme seien offenbar von
demselben Künstler wie die übrige Figur, und besonders die Hände von besonderer
Schönheit, Alles von so guter Erhaltung, dafs die Kenner kaum je ein schöneres
und besser erhaltenes Stück der Antike gesehen haben wollten.
Am 12. August 1747 meldet Podewils schliefslich, dafs der Transport gestern
von Wien abgegangen sei, und schickt die Quittungen ein. Eine Relation vom
16. September theilt noch mit, dafs der Gesandte die Empfehlungen und den Aus-
druck der Befriedigung des Königs dem Prinzen Liechtenstein überbracht und was
dieser Verbindliches darauf erwidert habe.
Hiermit schliefsen die Aktenstücke über diesen Vorgang. Man sieht, es
fand ein Handel statt, wie sonst ein Handel auch.
Dafs die Statue in Sanssouci aufgestellt wurde, dafs sie von da unter Friedrich
Wilhelm II. in das königliche Schlofs nach Berlin, von da unter Napoleon vorüber-
gehend nach Paris und endlich in die königlichen Museen kam, ist hinreichend
bekannt.
Ein Wort erübrigt noch über Mariettes Bericht. Was daselbst am Ende der
Aufzeichnung erzählt wird, dafs Prinz Liechtenstein die Bronze noch vor ihrem
Abgange habe formen und danach einen neuen Bronzegufs, der noch im Palais
Liechtenstein stände und in Kupfer gestochen sei, habe machen lassen, ist abermals
unrichtig. Der Stich war, wie wir sahen, schon früher gemacht, der Nachgufs aber,
von dem auch Levezow irrthümlicher Weise spricht, war nur ein Gipsabgufs, der
aufserdem erst später hergestellt wurde. Joseph Bauer, Inspektor der Liechtenstein-
schen Gallerie, schrieb für den Numismatiker Neumann eine Notiz über die «bekannte
und berühmte Statue des jungen Antinous, so dermahlen in Sanssouci aufgestellt
6 Conze, Der betende Knabe.
worden». Es heifst darin: «Ao. [i]7Ö4 den 14. Nov. aber ist er heimlich von einem
Mayländer abgeformt und gegossen worden, und mit diesem hier durch Wien
gereiset, welche ich ihm mit Erlaubnifs Ihro Durchlaucht abgekauffet habe.»" Der
Abgufs, welcher noch heute im Rubenssaale der Gallerie Liechtenstein steht, ist
bronzirter Gips; eine Wiederholung in Bronze existirt nach eingeholter Erkundigung
im fürstlichen Besitze nicht.
Nach diesen ziemlich unwesentlichen Berichtigungen schliefst Alles, was
über die Schicksale der Statue nach Eugens Tode urkundlich bezeugt ist, so scharf
an den Marietteschen Bericht an , dafs für die gänzlich haltlosen Geschichten vom
Funde in Herculaneum (am bestimmtesten bei Böttiger in der Amalthea I, S. VII,
Anm.) oder in Rom etwa im Tiberbette, und von einem Geschenke, in dem einen
Falle seitens des Prinzen Elbeuf oder im anderen seitens des Papstes Clemens XI.
an Prinz Eugen, keinerlei Platz bleibt. Für diese erst in Berlin gangbar gewordene,
aber in verschiedenen Formen hin und her schwankende Vulgata über die Herkunft
des betenden Knaben ist auch durchaus kein wirklicher Gewährsmann aufzufinden.
Sie ist auf Anlafs der übrigen Bronzefunde von Herculaneum und der Geschichte
von in den Tiber geworfenen Statuen ganz grundlos erfunden und hat nur durch
häufige Wiederholung eine gewisse Geltung gewonnen.
Ist die Herkunft der Figur nunmehr um etwa ein Jahrhundert über Friedrich
den Grofsen zurück sicher beglaubigt festgestellt, so bietet sich weiter ein Anhalt
um den Versuch zu machen sie, wenn auch nur vermutungsweise, noch bis in die
zweite Hälfte des 16. Jahrhunderts zu verfolgen.
Wie schon von Verschiedenen früher erwähnt wurde, befindet sich eine
Bronzewiederholung der Berliner Bronze, aber ohne Arme, in der Marciana zu
Venedig. Über diese hat in einer eigenen Abhandlung Valentinelli " sich geäufsert
und gegenüber, wie er meint neidischen, Anzweiflungen ihren antiken Ursprung
lebhaft vertheidigt; er führt als die Vertreter der Annahme neueren Ursprungs der
Venetianischen Figur namentlich Thiersch, Wolff und Gerhard an, während Hirt
sich für antiken Ursprung erklärt habe, was aus dessen Worten", man habe das
Berliner Exemplar als das Original anzusehen , nicht grade unzweideutig hervorgeht.
Auf Valentinellis Seite ist nachher Friederichs getreten, während um so eifriger
Heydemann, der sich auch noch' auf Friedlaender und mich berufen konnte, für
modernen Ursprung sich erklärt hat14. Ich habe das Venetianer Exemplar seit
dem Jahre 1866 nicht wieder sehen können, aber der Eindruck des modernen
Charakters des Werkes, den ich damals erhielt, war ein sehr entschiedener. Seit-
") Nach freundlicher Mittheilung Rob. Schneiders, Vol. XIII, Ser. III: Di un bronzo antico del museo
der für Bauer auf Wurzbachs biograph. Lexikon Marciano.
II, S. 184 verweist, aus dem Apparat des Kais. 13) Berliner Jahrb. f. wiss. Kritik 1827, S. 244.
Münz- und Antikenkabinets in Wien (Varia ") Antikensammlungen in Ober- und Mittelitalien
A — Z, I. Band, S. 75). Der Abgufs ist auch 1879, S. 15 f. Die Vermuthung, dafs der Venetia-
verzeichnet in der Beschreibung der Liechten- nische Abgufs erst nach dem Tode Prinz Eugens
steinschen Gallerie von 1780, S. 262, n. 75. entstanden sei, ist allem hier Dargelegten
") Afli dell' istituto Veneto di scienze, lettere ed arti gegenüber nicht haltbar.
Conze, Der betende Knabe.
dem hat auf meine Bitte Robert Schneider noch ein Mal eine Prüfung vorgenommen;
v. Duhn und Dümmler begleiteten ihn und, wie Schneider mir mittheilt, überzeugten
auch sie sich von dem modernen Ursprünge; es sei ein unciselirter Gufs und schon
die Metallmischung, ich füge hinzu die Patina, spräche für neuen Ursprung. Mit
frischer Erinnerung an das Berliner Exemplar hat sodann kürzlich Fränkel die Ver-
gleichung in Venedig angestellt und ist zu demselben Endurtheile gekommen: bei
völliger Übereinstimmung in der Gröfse und den Formeinzelheiten erschienen diese
doch überall abgestumpft und ihre feinen Übergänge verwischt; die Patina sei
augenfällig nicht die der Antike, sondern gleiche derjenigen an den Armen der
Berliner Figur.
Man soll aus dieser Differenz nicht etwa gar, wie Valentinelli den Ton an-
geschlagen hat, einen Streit von Museumsbeamten machen, welche für die Objekte
ihrer Sammlung besonders parteiisch eingenommen sind. Wenn Jemand Ernstliches
dafür ins Feld zu führen wüfste, so würde ich beispielsweise nicht anstehen, selbst
für eine Perle der Berliner Sammlung wie den meisterhaften Cäsarkopf (Kat. n. 342)
modernen , etwa französischen, Ursprung zuzugeben.
Aber einen sehr beachtenswerthen Nachweis hat Valentinelli aus dem
Venetianischen Archive geführt, dafs nämlich im Jahre 1586 mit der Sammlung des
Patriarchen von Aquileja, Giovanni Grimani, una figura de Mercurio molto antiqua,
senza braze , de bronzo als Schenkung an die Republik kam, die später 1736 von
Antonmaria Zanetti in seinem handschriftlichen Verzeichnisse der Skulpturen der
Marciana als Statna del giovane igmido, senza le braccia, di bronzo aufgeführt werde.
Ich möchte nicht mit Heydemann bezweifeln, dafs diese beiden Notizen auf dasselbe
Objekt und zwar auf die noch heute vorhandene Bronze ohne Arme sich beziehen,
mit einem Vorbehalte allerdings; denn das wird Jeder sehr unwahrscheinlich finden,
dafs schon im Jahre 1586 nach Venedig ein moderner Nachgufs einer Figur gekom-
men sein sollte, deren Original dann im 17. Jahrhundert, ohne dafs von einer
früheren Existenz wenigstens bis jetzt irgend welche Spur einer Kunde nachgewiesen
wäre, bei Foucquet als aus Italien stammend aufgetaucht wäre.
Hier bietet sich vielmehr eine sehr einfache Erklärung, wenn wir vermuthen,
dafs das echte Exemplar im Jahre 1586 mit der Sammlung Grimani nach Venedig
kam, von da vielleicht nicht ganz mit rechten Dingen entfernt und, nach häufig
befolgter Praxis durch einen neuen Nachgufs ersetzt, an einen Rothschild seiner
Zeit, wie Foucquet, verhandelt wurde. Die Tradition bei Mariette sagt wenigstens,
dafs der Antinous zu Foucquet durch Le Brun aus Italien kam. Das Original,
jetzt in den königlichen Museen zu Berlin, würde dann an drei Stellen, wo es
früher einmal stand, ein Nachbild hinterlassen haben, in Venedig in der Bronze, im
Liechtensteinschen Palais in dem bronzirten Gipsabgufs und auf der Terrasse in
Sanssouci wiederum in einem Bronzenachgusse. Hierbei würde freilich angenommen
werden müssen, dafs die in Venedig noch armlose Figur, deshalb durch den arm-
losen Nachgufs dort ersetzt, ihre Arme erst für Foucquet, wenn nicht für Prinz
Eugen, erhalten hätte.
8 Conze, Der betende Knabe.
In der That sind beide Arme der Berliner Bronze modern.
Schon Levezow in seinem Aufsatze im «Freimüthigen» '5 hat sich dahin
ausgesprochen, dafs man fast mit Gewifsheit annehmen könne, beide Arme der
Statue, so wie sie jetzt erschienen, seien neueren Ursprungs. Zwar verhindere die
hohe Aufstellung der Figur die Prüfung, aber die Vermuthung werde in hohem
Grade wahrscheinlich durch das Schwankende des Ausdrucks und des Charakters,
den die Vorstellung bei der jetzigen Haltung der Arme bekommen habe und
dann noch insbesondere durch die, selbst in guten Gipsabgüssen schon auffallende
Verschiedenheit der Arbeit an diesen Theilen und dem übrigen Körper.
Diese seine Ansicht hat dann Levezow in seiner späteren Abhandlung
de juvenis adorantis signo (1808) beschränkt, und nur an dem rechten Arme wenig-
stens starke moderne Überarbeitung erkennen wollen, was von E. Q. Visconti16
und entschiedener von Friederichs" mit der Versicherung, dafs der rechte Arm
restaurirt sei, aufgenommen wurde.
Bestimmt trat dann Furtwängler in seinen Vorarbeiten für das Verzeichnifs
der antiken Skulpturen vom Jahre 1885 für den modernen Ursprung beider Arme
ein, ein Urtheil, dem ich nach sorgfältigster Prüfung, bei welcher ein erfahrener
Bronzeciseleur, Herr Mertens , seinen Beistand gewährte, mit voller Überzeugung
mich anschliefsen mufste. Ich habe seitdem auch die Erfahrung gemacht, dafs
Künstler und Kenner, wenn sie einmal auf den von der übrigen Figur ganz abwei-
chenden Charakter der Arbeit und den verschiedenen Bronzeton der Arme aufmerksam
gemacht wurden, sich der Ablehnung antiken Ursprungs beider Arme rückhaltlos
anschlössen. Mein Kollege Bode will geradezu in dem schwärzlichen Bronzeton der
Arme die Färbung der Bronzen aus der Zeit Ludwigs XIV. wiedererkennen. Und
damals war man allerdings ganz besonders im Stande eine trotz aller nicht zu
verkennenden Mängel so vorzügliche Ergänzung auszuführen, für einen Foucquet,
dem die allerbesten Kräfte französischer Künstler zu Gebote standen. Die Augustus-
statue des Berliner Museums (Verz. n. 343), welche aus dem Besitze Richelieus
stammt, ist mit ihren modernen Armen und Beinen, die der Figur eine so gefällige
Gesammtwirkung geben und, ebenso wie die Arme des betenden Knaben, noch bis
in die neueste Zeit gegen bereits erhobene Zweifel als antike Arbeit vertheidigt
wurden, ein weiterer Beweis, wie glücklich man damals in Frankreich die Antike
zu ergänzen verstand.
Ein älterer Gipsabgufs ohne Arme, ich weifs nicht, ob nach dem
Venetianischen Nachgusse oder nach dem Originale, befindet sich, wie ich mir
notirt habe, in der Sammlung der kaiserl. Akademie zu Petersburg'8. Eine
Rötheizeichnung aus den Papieren meines Urgrofsvaters Joh. Dan. Ramberg,
unter welche dieser, wohl nach Levezows Deutung im Freimüthigen, die Erklärung
") 1803, S. 67 ff. le) In dem Verzeichnisse von Treu sind unter n. 39
16) Opere varie IV, S. 159. und 120 zwei Abgüsse ohne Angabe über die
17) Berlins antike Bildw. II, S. 377 ff. Arme aufgeführt.
Conze, Der betende Knabe.
schrieb ", mag die Zeichnung nach einem Gipsabgüsse
oder durch Vermittelung anderer Abbildungen entstanden
sein, zeigt die Figur in demselben Zustande. Diese
anspruchslose Zeichnung ist hier verkleinert wiedergege-
ben; nicht als ob sie einen irgendwie beweisenden
Werth hätte, sondern nur um diesen allein echten Zu-
stand der Figur einmal vor Augen zu führen. Eine Ab-
bildung des venetianischen Exemplars konnte ich nicht
beschaffen.
Bei genauer Betrachtung der Oberfläche der Ber-
liner Bronze kann auch das nicht verkannt werden, dafs
sie sich nur an einzelnen Stellen, wie im Haar, zwischen
den Schenkeln, hier und da an den Zehen, noch im
ursprünglichen Zustande mit unberührter Patina befindet,
dafs sonst aber in sehr verschiedenen Graden daran geputzt
ist, bis zur wirklichen Überarbeitung an Stellen, wo, wie
am rechten Schenkel und sonst noch, bei Ausbesserung
von kleinen Beschädigungen das moderne Instrument
augenfällig seine Spuren hinterlassen hat. Alles das ist
aber mit grofsem Geschick, auch meist selbst mit
Schonung der tieferen Schichten der Patina vorgenommen. T* '««^f»i«wsw* ätiu
Grade auch der Unterschied von den Armen zeigt, dafs 1a.ru nie c ■
wir an der übrigen Figur im Wesentlichen doch noch die antike Form auch im
Detail gewahrt sehen.
Von Interesse wäre es einmal eine wirklich eingehende Vergleichung der
Oberfläche des venetianischen Exemplars mit der des Berliner Originals vorzunehmen,
um zu sehen, ob an jenem etwa noch ein Zustand vor der, wie ich also annehme,
für Foucquet ausgeführten Ergänzung und sonstigen Herrichtung zu erkennen ist.
Sind wir einmal bis zur Scheidung des Antiken und Modernen an der
Bronze vorgedrungen20, so können wir uns auch die Frage nicht ersparen, ob die
l9) Vermuthlich in Hannover, wo Ramberg lebte,
entstanden; das Papier hat das Wasserzeichen
C. & J. Honig.
-°) Neu sind beide Arme, die Augäpfel, die zweite
Zehe des rechten und vielleicht die zweite und
dritte des linken Fufses, endlich die Plinthe.
Am rechten Arme ist auch in dem antiken Stumpf
ein Stück eingesetzt; auch am linken Arme sind
der Art kleine Ausbesserungen, auf der Aufsen-
seite desselben reicht ein langes schmales Stück
des modernen Ansatzes in den antiken Theil
hinein. Die Ansatzflächen beider Arme sind mit
der Feile übergangen. Neben den Stiften, mit
welchen die neuen Arme befestigt sind, scheinen
von den antiken Armen, die ebenfalls gewifs
gesondert gegossen und angesetzt waren, Stifte
erhalten zu sein. Ein Sprung geht um den
Hals , nur vorn mit einem kleinen Stücke aus-
gebessert; ein anderer Sprung geht durch den
rechten Oberschenkel, hinten durch die rechte
Wade , über den rechten und über den linken
Fufs. Hier haben überall moderne Ausbesse-
rungen stattgefunden , mehrfach mit Zwischen-
satzstucken und Überfeilung der Ansatzflächen ;
am stärksten hat dadurch die Aufsenseite des
rechten Oberschenkels gelitten, bei vielleicht
sogar zweimaliger Herstellung.
IO Conze, Der betende Knabe.
Ergänzung das Richtige getroffen hat, und damit geht wieder die Frage Hand in
Hand, ob die heute geltende Erklärung der Figur das Richtige trifft.
Man würde sich, um eine Antwort zu finden, auch nach etwa vorhandenen
antiken Wiederholungen der Figur umzusehen haben. Es ist mehrfach von solchen
die Rede gewesen.
Schon Winckelmann (Kunstgeschichte VII, 2, 26) sprach von einer wenigstens
in gleicher Stellung dargestellten, ebenfalls unbekleideten Marmorfigur im Palast
Pamfili auf der Piazza Navona. Ich bin ohne weitere Kunde über diese Figur.
Ohne Kunde bin ich ferner über eine bei Clarac JJJ , 1941 abgebildete
Marmorreplik der Giustinianischen Sammlung.
Nicht besser steht es in Bezug auf eine Notiz, die Welcker nach einem
Gipsabgüsse in der Zeichenakademie in Bologna gab21: «eine kleine schöne Statue,
die im Original in Palazzo Pazzi zu Florenz sein soll, ganz nackt, von zartem Körper,
die Hände erhoben, wie betend; sie nennen sie Ganymed; gegen 4 Fufs hoch».
Bei Dütschke finde ich sie nicht.
Dafs eine ähnliche Figur in der Darstellung einer Erzgiefserei auf einer
Trinkschale der Berliner Museen vorkomme, wie mehrfach wiederholt wurde, hat
Furtwängler mit Recht abgewiesen22.
Endlich hörte man mündlich von einem Gipsabgüsse in der Ecole des
beaux arts zu Paris, welcher den Berliner Adoranten in anderer Ergänzung, als
Faustkämpfer, darstellen sollte. Eugen Müntz hat sich freundlich einer Prüfung unter-
zogen, theilt mir aber als Ergebnifs derselben mit, dafs eine wesentliche Verschieden-
heit vorhanden sei; einmal sei der Gips um etwa 40 Centimeter gröfser, er unter-
scheide sich ferner in den Details der Ausführung und besonders sei die Bewegung
des Kopfes verschieden, viel weniger erhoben als in der Berliner Bronze, so dafs
nur gewisse Analogien in der ganzen Stellung übrig blieben.
Aus Wiederholungen ist also einstweilen keine Förderung zu gewinnen. Der
Anchises in den Virgilminiaturen, welchen E. Q. Visconti als Wiederholung anführt33,
kann von vornherein nicht als solche gelten.
So viel ich nun aus den antiken Theilen der Figur, namentlich den Arman-
sätzen und aus der Richtung des Kopfes einen Anhalt zu gewinnen vermag, erscheint
mir die Ergänzung der Arme durchaus wahrscheinlich; höchstens dafs die Biegung
der Hände im Gelenk in der Antike etwas gelinder gewesen sein möchte. Immer
bleibt dann mit der Ergänzung die Auffassung der Figur als einer mit zum Himmel
erhobenen Händen betenden einzig ansprechend.
Von den sonst vorgeschlagenen Namen leidet keine auch nur den ersten
Anlauf ernstlicher Prüfung. Wenn die Bronze im alten venetianischen Inventar
Mercur hiefs, wenn dann lange, erst von Levezow beseitigt, der Name Antinous
'-') Heidelberger Jahrb. der Litt. III, 5. Abth., -2) Beschreibung der Berliner Vasensammlung n.
I. Band, S. 119. 2294-
23) O/i/. varie IV, S. 159.
Conze , Der betende Knabe. j j
gangbar war und Levezow vorübergehend dafür an Ganymed denken wollte, so
hatte man damit Benennungen, die für eine schöne Jünglingsfigur sich allenfalls
eigneten, sonst aber des Treffenden durchaus entbehrten. Um möglichst nichts zu
übergehen, mufs ich aufser einem seltsamen Einfalle Thierschs24 noch den von
Stephani25 für unsere Statue wenn auch nur als möglich vorgeschlagenen Namen
Phrixos erwähnen. Im Heiligthum des Zeus Urios am Bosporos stand nach Dionysios
von Byzanz bei Gillius de Bosporo thracio (Frgm. 59 Müller)26, wozu von den Aus-
legern die von Stephani mit Recht abgewiesene Combination mit Philostr. imag. I, 12
nicht weiter berücksichtigt werden sollte,, statua aenea antiquae artis, aetatem
puerilem prae se ferens, tendens mamis. Die Erwägungen, aus denen Stephani
die Wahrscheinlichkeit ableiten will, dafs dieses Anathem ursprünglich den Phrixos
hätte darstellen sollen, sind nichts weniger als zwingend oder auch nur diesen
Vorschlag besonders empfehlend27. Aber auch abgesehen von einer Benennung,
die am Bosporos einst aufgestellte Bronze mit der in Berlin befindlichen identifi-
ciren zu wollen, wie Stephani weiter versucht, heifst allzusehr die von Welcker28
ausgesprochene Warnung aufser Augen lassen: «Wie unermefslich reich an Kunst
und trefflichen Künstlern Griechenland gewesen, wird bei solchen Vermuthungen
nicht genug erwogen». Welcker machte diese Bemerkung in Bezug auf die wie-
derholt gebilligte Identificirung der Berliner Bronze mit dem Adorans des Boedas
bei Plinius.
Friederichs29 suchte, wie O. Müller30, die durch Levezow aufgestellte Deu-
tung, welche der Statue den gangbaren Namen des «betenden Knaben» verschafft
hat, dahin zu präcisiren, dafs er einen nicht im Dankgebet dargestellten Knaben
erkannte, sondern einen um den Sieg im Wettkampfe betenden und dafs gerade
hierfür der Gestus der Arme passend sei, glaubte Kekule stützen zu können31
durch den Hinweis auf Pseudo-Plutarch Ttspl äaxrjastu? im Rhein. Mus. N. F. XXVII,
1872, S. 532, wo es in der Übersetzung heifst: «Ein anderer Athlet aber erhob, als
er in den Kampf gehen sollte, seine Hände zum Himmel und sprach: Herr Gott,
wenn ich auch nur eines von den Dingen, die den Sieg bewirken, unterlassen habe,
möge ich besiegt hinausgehen; wenn ich aber auch nicht eine von den Mühen
versäumt habe, werde mir der Kranz zugewendet». Friederichs legte bei seiner
Auffassung Gewicht darauf, dafs die Hände, wie um zu empfangen, nach oben
geöffnet seien; ich habe aber vorher die Meinung ausgesprochen, dafs grade mit
dieser Stellung der Hände der Ergänzer nicht das Ursprüngliche getroffen haben
möchte.
24) Epochen Anm. 71. '-'») Kunstmuseum S. 43.
25) Parerga archaeologica, 21. März 1851, II. *•) Die Ausführung im Erlanger Programm von 1857
M) Geogr. gr. min. ed. C. Müller II, S. 78 f. Frick modificirt Berlins ant. Bildw. II, S. 377 ff. Vergl.
Gymnasialprogramm. Wesel 1860. S. 7. 33. Dio- Benndorf Museum der Gipsabgüsse zu Pforte.
nysii Byz. de Bospori navig. ed. Wescher. Paris 1864. n. 4.
1874. S. 29. 30) Archäologie § 423, 4.
27) Panofka sprach das schon aus, s. Arch. Anz. 31) Kunstmuseum n. 268.
1852, S. 153.
12
Conze, Der betende Knabe.
Bei Gelegenheit einer der vielen Erkundigungen, die ich um des betenden
Knaben willen eingezogen habe, machte Benndorf auf das Innenbild einer Trink-
schale im britischen Museum32 aufmerksam,
welches einen Jüngling im Gebet vor einem
Altare darstellt. Es ist beistehend im Mafs-
stabe von 2/3 abgebildet. Der Jüngling trägt
weder Kranz noch Binde und widerlegt so,
wenn es noch nöthig sein sollte, Böttichers
Meinung33, dafs der Mangel dieser Abzeichen
bei einem Betenden überhaupt auffallend sei.
Er betet aber mit vorgestreckter Fläche der
rechten Hand allein. Es ist bei den Be-
sprechungen des Gestus des betenden Knaben,
wie auch sonst bei antiquarischen Auseinan-
dersetzungen über die Gebetsbewegungen bei
den Griechen nicht immer scharf genug
betont, dafs diese Handbewegung die namentlich aus Hunderten von Votivreliefs
bezeugte gewöhnliche rituelle Betbewegung bei den Griechen war, veranlafst wohl
durch ein Götterbild, dem man gegenübertrat, das Erheben der Hände zum
Himmel aber, für welches Schriftstellerzeugnisse nicht mangeln34, in den Kunst-
werken selten erscheint.
Es würde sich vielleicht lohnen den Gestus der erhobenen beiden Hände
mit vollständiger Sammlung der überlieferten Beispiele, ähnlich wie namentlich
Stephani dergleichen Zusammenstellungen geliefert hat, nach seinen verschiedenen
Bedeutungen zu erläutern. Hier kann das nicht unternommen werden.
Auf eine besonders unzweideutige Darstellung des betenden Erhebens bei-
der Hände zum Himmel machen unsere Kollegen am Münz-
kabinet aufmerksam. Sie findet sich, mit der Umschrift bald Provi-
dentia Deornm bald Providentia? Deornm, auf dem Revers von
Kupfermünzen des Pertinax; eine weibliche Gestalt streckt die
Hände zur Sonne, die oben dargestellt ist, empor, wie nebenstehend
nach einem Exemplare des königlichen Kabinets35 abgebildet ist.
Zum Schlüsse treten wir noch an die Frage der Entstehungszeit der Berliner
Statue heran. • Ich lasse dabei die Versuche sie in die Zeit vor Alexander zurück
zu versetzen bei Seite; überwiegend hat sich das Urtheil dahin gewendet den Ein-
flufs lysippischer Kunstweise in ihr zu erkennen; dieser Einflufs reicht aber sehr
weit. Durch den Plinianischen Ausspruch cessavit deinde ars, den ich am liebsten
Vl) Catahgue I, n. 984.
33) Arch. Anz. 1858, S. 173*.
3t) Lasaulx Studien des klass. Alterthums S. 153 f.
Dafs beide Bewegungen neben einander her-
gingen, hat Chr. Scherer in einer kürzlich er-
schienenen Dissertation {De Olympionharum Sta-
tuts. Gottingae 1885. p. 33) gestreift.
35) Cohen III2, S. 395, n. 51 (doch ohne die
Buchstaben S.C.) = Eckhel D. N. VII, S. 144.
Conze, Der betende Knabe.
13
in Brunns Weise auffassen möchte, darf man sich nicht mehr zu Gunsten der
Entstehung vor Ol. 121 bestimmen lassen, seit zumal die pergamenischen Funde es
augenfällig gemacht haben, wie ansehnlich die Thätigkeit grade auch der Erzgiefse-
reien um diese Zeit noch war. Aus den Ausgrabungen bei Myrina stammt der
Bronzehenkel eines Gefäfses mit der Figur eines einschenkenden Eros30: beispiels-
weise diese scheint mir stilistisch dem betenden Knaben nahezu entsprechend.
Fundort und stilistische Eigenthümlichkeit machen es am wahrscheinlichsten, wie
auch die Herausgeber es ausgesprochen haben ", dafs dieser Bronzehenkel derselben
Epoche angehört wie die zahlreichen Terrakotten von Myrina, das heifst der helle-
nistischen Zeit, und ich gebe der Prüfung anheim, ob wir nicht dieser selben Zeit
den betenden Knaben zuschreiben sollen.
Eine Arbeit grade dieser spätgriechischen Zeit wäre dem Geschmacke
des Ergänzers, welcher für Foucquet dem betenden Knaben die Arme hinzufügte
und die Figur im Übrigen sorgfältig herrichtete, besonders congenial gewesen.
Auf eine für die Selbsterkenntnifs über unser Kunsturtheil belehrende Weise wäre
so das französisch interpretirte Werk entstanden, welches bisher vielfach als eine
besonders reine Schöpfung hellenischer Kunst angesprochen wurde und als solche
in weiten Kreisen befriedigte. Immer bleibt es von höchstem Werthe.
Conze.
36) Bull, de corr. hell. VII, 1883, Taf. IV. 3I) Pottier und Reinach a. a. O. S. 442.
\vOJUJU, ^^U^IaA^
DIE SOGENANNTEN
EPHESISCHEN AMAZONENSTATUEN.
(Tafel 1—4.)
Die drei in dieser Untersuchung behandelten Amazonentypen sind seit einem
Menschenalter so viel besprochen worden', dafs nur die Beibringung neuen Materials
die Wiederaufnahme dieses Themas zu rechtfertigen vermag. Mir kam es haupt-
sächlich darauf an, so zu sagen die Überlieferung festzustellen und durch kritische
Behandlung derselben die ursprüngliche Gestalt der drei Typen wiederzugewinnen.
Ich schicke daher eine Zusammenstellung der mir bekannten Exemplare nebst
Litteraturangabe und möglichst zuverlässigen Mittheilungen über ihre Ergänzung
voraus. Zu Grunde liegt das von Otto Jahn 1850 gegebene Verzeichnis, jedoch mit
mannigfachen Berichtigungen und mit Benutzung der seither erschienenen Litteratur.
Die meisten Originale habe ich selbst theils in früheren Jahren (vgl. arch. Anz.
1862, 3 3 5 * f. 1863, 120*) theils bei einem späteren Besuche Roms im Jahre 1878
und auf mehrfachen Reisen in England untersucht. Aufserdem erfreute ich mich
gütiger Mittheilungen von verschiedenen Seiten, worüber das Nähere an den ein-
zelnen Stellen bemerkt worden ist; hier wiederhole ich nur im Allgemeinen den
Dank für die Bereitwilligkeit auf meine Anfragen einzugehen. Endlich konnte ich
eine 1879 von Klügmann auf meine Bitte zusammengestellte kurze Liste benutzen,
die zwar einige kleine Ungenauigkeiten enthält, dafür aber mich auf ein paar von mir
übersehene Köpfe {in o p\ o und p waren auch von Jahn in seinem Handexemplar
nachgetragen) aufmerksam gemacht hat. Die Anordnung innerhalb der einzelnen
Gruppen ist möglichst so getroffen, dafs die besterhaltenen Exemplare voranstehen,
die stärker beschädigten Stücke folgen, endlich leichte Variationen des Typus
den Beschlufs bilden.
ÜBERSICHT DES MATERIALS.
I. Lansdownescher Typus. (Beide Brüste entblöfst.)
A. Statuen und Torsi.
A (Jahn: y) London, Lansdownehouse 83. Wahrscheinlich 1771 von G.Hamilton bei Tor Colom-
baro gefunden, s. jedoch Michaelis Anc. Marbles in Gr. Britain S. 463 f. — Abg. Spec. of ant. sculpt.
II, 10. Clarac V, 833 B, 2032 C. Michaelis a. O. zu S. 462. Vgl. Meyer zu Winckelmann IV, 358
Anm. 376. Dallaway Anecd. S. 342. 373. K. O. MUller Amalthea III, 243 f. (kunstarch. Werke
') O.Jahn Berichte der sächs. Ges. d. Wiss. 1850, XXI (1866), 321 ff. Friederichs Bausteine S,i 13 fr.
32fr. Ad. Scholl Philo!. XX (1863), 414fr. Overbeck Gesch. d. griech. Plastik I», 345fr.
Göttlingges. Abh. II, 204fr. M. Hoffmann Philol. Klügmann Ann. 1869,272 fr. Lübke allg. Zeit.,
XXIII (1865), 397fr. Klugmann n. rhein. Mus. Beil. 10. Dec. 1869. Gesch. d. Plastik I», 155fr.
Michaelis , Amazonenstatuen. j c
II 76). Waagen Kunstw. und Künstler II, 74 (Treas. II, 149). Michaelis arch. Anz. 1862, 335* f.
Kltigmann Zeitschr. f. bild. Kunst V, 75. 191. Michaelis arch. Zeit. 1874, 38. Anc. Marbks S. 462fr. —
Neu: Nase (Gesichtsmaske abgebrochen aber alt), die dem Beschauer zugewandte Hälfte des r.
Arms vom Deltoides bis zum Handgelenk (der Arm an der Schulter ungebrochen, am Handgelenk
gebrochen), vier Finger und Daumenspitze der r. Hand, der halbe 1. Vorderarm mit der Hand, der
Pfeiler von etwas unterhalb der Stütze an , die ihn mit der 1. Hüfte verbindet, beide Beine von
unterhalb der Kniee an, Basis. — Pentel. M.
B (Jahn: i) Rom, Pal. Sciarra, früher im Pal. Barberini, s. das Inventar von 1738, Docum. ined.
per serv. alla storia dei musei IV, 19 (Amazzone con carcasso a lato, con la destra sopra la testet, e
nella sinistra un pezzo dasta appoggiato ad un troneo) und Winckelmann IV, 129 (KG. 5, 2, 22).
Man. ined. S. 184. Meyer zu Winckelmann IV, 358 Anm. 374. — Nicht abgebildet. Vgl. Michaelis
arch. Anz. 1863, 120*. Heibig Zeitschr. f. bild. Kunst V, 74f. Bull. 1870, 4. Matz-Duhn No. 942. —
Neu: der 1. Arm mit Schulter, der angeklebte Köcher an der 1. Hüfte, die Stütze mit Pelta und
Axt neben dem r. Bein; der Kopf war nie gebrochen. Der r. Arm erschien mir neu, nach Matz
und Heibig a. a. O. soll er mehrfach gebrochen, aber mit Ausnahme der Hand alt sein , während
Heibig neuerdings (brieflich) den ganzen Arm für modern erklärt. Ebenso erschienen mir die
Unterbeine (mit Spornhalter am rechten Fufs) neu, nach Matz ist das r. in Knie und Knöchel,
das 1. über der Wade und im Knöchel gebrochen , aber alt (nach Heibig der r. Unterschenkel
modern), desgleichen beide Füfse mit Spornhaltern sicher antik, mit einem Stück der antiken Basis
geschickt in die moderne Basis eingelassen (s. unten S. 34).
C Berlin 7. Im J. 1869 in Rom im Vicolo di S. Nicola di Tolentino entdeckt, von Steinhäuser ergänzt. —
Abg. Mon. dell' Inst. IX, 12. Zeitschr. f. bild. Kunst V, 33. Conze Heroengest. Taf. 32. Overbeck
gr. Plastik I3, 393 Fig. 86, a. Lübke Plastik I3, 181 Fig. 119. Murray Gr. sculpt. I, 277. L. Mitchell
Anc. sculpt. S. 391. Röscher Lex. d. Myth. I, 268. Seemann-Menge kunsthistor. Bilderb. Taf. 16, 9.
Der Oberkörper allein auf unserer Tafel 3, n. I. Vgl. arch. Zeit. 1869, 26. 68. Klügmann Ann. 1869,
272fr. Heibig Bull. 1870, 3fr. Zeitschr. f. bild. Kunst V, 74fr. 190fr". Engelmann ebenda V, 33 fr. 192.
Kekule akad. Kunstmus. zu Bonn No. 84. Schlie Berliner Amazonenstatue, Schwerin 1877. Conze
Verz. d. ant. Sculpt., Berlin 1885, No. 7. Friederichs -Wolters Bausteine No. 513. — Neu: Nase,
r. Arm, 1. Unterarm mit Hand und Pfeiler, beide Füfse, Theile der Lider und der Gewandfalten.
An der linken Hüfte ist ein Ansatz von der Verbindungsstutze für den Pfeiler, unter dem linken
Knöchel ein Theil des Spornriemens erhalten. — Pentel. M.
D (Jahn: ß) Rom, Vatican, Braccio Nuovo 71, früher in der Villa Aldobrandini (di Belvedere)
in Frascati, s. das Inventar von 1709, Docum. ined. III, 184 (Teatro No. 26: Un' Amazzone con
la mano dritta sopra il capo con un pezzo di arco, e nelt altra il resto de! detto arco, con morione, et
una targa al troneo, e carcasso, alta palmi otto e mezzo) ; so in einer Zeichnung der Sammlung Cass.
dal Pozzos in Windsor IX, 27 No. 5 (Michaelis arch. Zeit. 1874, 67, vgl. Schreiber sächs. Ber. 1885,
35 No. 50). Von dort an Vinc. Camuccini verkauft (s. Marmi Torlonia zu I, 21. Welcker zu
Müllers Handb. 417, 2), von diesem 1823 zugleich mit der ebenfalls aus Villa Aldobrandini
stammenden Demosthenesstatue (Br. N. 62) für den Vatican erworben («1823. C. C. 44» an der
Plinthe; vgl. Mem. rom. II, 2, 295. Nibby Mus. Chiar. II, 43, der das Exemplar fälschlich für das
barberinische B hält). Claracs Angabe »Coli. Pacetti« wird im Text V, 46 als irrthümlich wider-
rufen ; sollte der Irrthum daher entstanden sein , dafs etwa Pacetti die neue Restauration vor-
zunehmen hatte? Diese hat nach der Zeichnung bei dal Pozzo beide Arme und anscheinend auch
den ganzen unteren Theil der Statue betroffen; früher waren die Schild -Enden mit Greifenköpfen ver-
ziert, beide FUfse mit Spornriemen versehen, ein Helm lag neben dem 1. Fufs. — Abg. Mus. Chiaram.
II, 18. Pistolesi Vaticano IV, 20. Clarac V, 813, 2034. Vgl. Gerhard Beschr. d. St. Rom II, 2, 94.
Braun Ruinen und Mus. S. 241 f. Michaelis arch. Anz. 1862, 335* Anm. Klügmann Ann. 1869,
276 f. Heibig Zeitschr. für bild. Kunst V, 191. Overbeck gr. Plastik I3, 479 Anm. 140. — Neu:
(I3, 182 ff.) Klügmann Ann. 1872, 103 f. Die 479 f Murray Hist. of Greek sculpt. I, 276 ff.
Amazonen S. 63 fr. Kekule in den comment. L. Mitchell Hist. of anc. sculpt. S. 390. Klüg-
Mommsen. S. 481fr. Schlie die Berliner Ama- mann in Roschers Lex. der Mythol. I, 277.
zonenstatue S. 8ff. Overbeck Plastik I3, 391fr. Friederichs- Wolters Bausteine No. 513—517.
Jahrbuch des archäologischen Institut« I. 2
l6 Michaelis, Amazonenstatuen.
beide Arme mit Bogenansätzen, der Köcher an der linken Hüfte (ein Ansatz an dieser Stelle der
Hüfte ist alt), beide Beine, das r. vom Gewand an nebst Baum Pelta und Axt, das linke von
unter dem Knie an. Der Kopf gebrochen aber zugehörig. — Parischer M.
E (Jahn: 8) Oxford, University Galleries 24, aus der Sammlung Arundel, später Pomfret. —
Abg. Chandler Marm. Oxon. Taf. 17. Clarac V, 808, 2038A, beidemal mit den abscheulichen
Restaurationen Guelfis, die neuerdings abgenommen sind. Vgl. Dallaway Anecd. S. 252 No. 17.
Conze arch. Anz. 1864, 168*. Michaelis Anc. Marbles S. 547. — Es fehlen Kopf und Hals, beide
Arme, beide Beine, das r. vom Gewand an, das 1. etwas tiefer. Über der 1. Hüfte befindet
sich nach einer Untersuchung W. M. Ramsay's die deutliche Spur eines weggemeifselten Gegen-
standes.
/'"Rom, Caracallathermen. — Nicht abgebildet. Vgl. Matz-Duhn No. 943. — Torso bis unter den
Gürtel erhalten, mit dem 1. Oberarm bis gegen den Ellbogen; Kopf und Hals fehlen, desgleichen
der in Schulterhöhe gebrochene r. Arm.
G (Jahn: o) Florenz, Bronzestatuette. — Abg. Wicar Gal. de Florence II, 35. Clarac V, 809, 2030 (beide
im Gegensinne). Leipz. Ber. 1850 Taf. 5. Overbeck gr. Plastik I3, 393 Fig. 86, b. Perry Greek and
Rom. sculpt. S. 351. Vgl. Michaelis arch. Anz. 1862, 335*. Heibig Ztschr. f. bild. Kunst V, 191.
Overbeck Plastik I3, 479 Anm. 140. Heydemann Antikens. in Oberitalien S. 77 No. 3. — Neu
nach erneuten Prüfungen durch M. von Oettingen und A. Milani: beide Arme (auch der linke nach
Arbeit und Firnis, trotz Overbecks Zweifel) und die Bronzeplatte auf die die Figur aufgelöthet ist.
Der r. Fufs, obschon gebrochen und roh bis zur Formlosigkeit, scheint dennoch alt zu sein, aber
bei der Zusammensetzung der Statuette arg gelitten zu haben, so dafs die beiden kleinen Zehen
ganz fehlen. Das 1. Bein ist am Gewandrande und über dem Knie gebrochen , aber ganz antik
(nicht der Schenkel modern, wie Heydemann meinte). Auf dem Scheitel eine bedeutende Erhöhung,
die auf eine einstmalige Befestung der r. Hand hinweist (Milani). — Ungefähr o, 30 m. hoch.
//Rom, Villa Pamfili, im Inventar von 1709 aufgeführt als una Diana, che tiene il braccio destro sopra
la testa, e con la mano manca tiene un pezzo d'arco, con un cane sotto, alta palmi dieci incirca (Docum.
ined. III, 156). — Abg. Villa Pamphilia Taf. 42 (44). Clarac IV, 567, 1208B. Vgl. Winckelmann
Werke IV, 130 (KG. 5, 2, 22). Meyer ebenda IV, 359 Anm. 380. Beschr. d. Stadt Rom III, 3, 630.
Welcker zu Müllers Handb. 417, 2. Jahn sächs. Ber. 1850, 46 Anm. Matz-Duhn No. 946. — Neu:
die rechte Hälfte des Gesichtes und der Haarschopf hinten, der r. Arm ganz, der 1. von der Mitte
des Oberarms, die Beine von den Knieen an, Basis, Hund. An dem 1. Schenkel Rest einer Ver-
bindungsstütze.
B. Köpfe.
/ Neapel, Hermenkopf aus Herculaneum, 1753 als Gegenstück zum Hermenkopf eines polykletischen
Doryphoros in einem Peristyl der Villa de' papiri gefunden. — Abg. Ant di Ercol. V, 47 f. Piroli
Antiq. d' Hercul. IV, 29. Roux und Barre Hercul. et Pomp. VII, 15. Comparetti und de Petra Villa
ercolan. Taf. 8, I. Vgl. Winckelmann Werke II, 54. V, 261 (KG. 8,' 3, 4). De Petra a. a. O. S. 261.
Friederichs -Wolters Bausteine S. 233. — Bronze.
K London, brit. Museum, Graeco-Rom. Sculpt. 150, Kopf aus der Sammlung Lyde Browne, s.
Catalogus monum. cimel. L. Br. 1768 No. 49 (Amazonis vulneratae captit egrcgium), bald darauf von
Cipriani vortrefflich gezeichnet (Brit. Mus. MS. Add. 21118 Bl. 12, vgl. Michaelis- Anc. Marbl.
S. 88 Anm. 228). — Abg. Anc. Marbl. Brit. Mus. X, 5. Murray Greek sculpt. I, 280; in zwei An-
sichten auf unserer Tafel 3, n. 2. Vgl. Waagen Kunstw. und Künstler I, 106 (Treas. I, 78). Vaux
Handbook S. 198. Guide to the Gr.-R. sculpt. No. 150. Murray a. a. O. S. 279f. ; überall falsch zum
Typus II gerechnet. — Neu: Nasenspitze, Hals und Bruststück. Oben auf dem Scheitel Spuren
von Überarbeitung. — Griech. M.
L Vatican, Museo Chiaramonti 28, Kopf. — Abg. Pistolesi Vaticano IV, 59? Vgl. KlUgmann Ann.
1869, 273 Anm. Heibig Bull. 1870, 4. Zeitschr. f. bild. Kunst V, 191. — Neu: die halbe Nase.
^/Berlin 8, Kopf aus der Sammlung Polignac, vormals in Charlottenburg. — Nicht abgebildet- Vgl.
Gerhard Berlins ant. Bildw. No. 139. Heydemann bei KlUgmann Ann. 1869, 273 Anm. Engelmann
Zeitschr. f. bild. Kunst V, 192. Conze Verz. d. antik. Sculpt. No. 8. — Neu: Nase, Lippen, Hälfte
des Halses mit dem Bruststück, Stück des 1. Ohres. Ganz überarbeitet. (Mittheilung Puchsteins.)
Michaelis, Amazonenstatuen. 17
II. CAPITOLINISCHER TYPUS. (Mit Mantel, die rechte Brust entblöfst.)
a Paris, cabinet des medailles, Achatonyx neuerer Erwerbung, hinter No. 1904 eingereiht. — Abg.
KlUgmann Amazonen S. I. Overbeck Plastik I3, 393 Fig. 86, e. Röscher Lex. d. Myth. I, 277.
Vgl. KlUgmann n. rhein. Mus. XXI, 322 Anm. Amazonen S. 64.
A. Statuen und Torsi.
b (Jahn: A) Capitol, Haupts aal No. 10. — Abg. Bottari Mus. Capitol III, 46. Mori-Nibby Mus.
Capitol. 11, sala grande Taf. 21. Montagnani-Mirabili Campidoglio I, 15. Righetti Campid. I, 179.
Meyer Gesch. d. bild. KUnste Taf. 7, A. Müller- Wieseler Denkm. I, 31, 137. Clarac V, 812 B,
2032. Steiner Amazonenmythus Taf. 2. Overbeck Plastik I3, 393 Fig. 83,/. LUbke Plastik I3,
161 Fig. 97. Vgl. Winckelmann Werke IV, I29f. (KG. V, 2, 22.) Meyer ebenda S. 355 f.
Platner Beschr. d. St. Rom III, I, 233 No. II. Michaelis arch. Anz. 1862, 336*. Klügmann
n. rhein. Mus. 1866, 325 Anm. 4. Kekule akad. Kunstmus. zu Bonn No. 147. Murray Greek
satlpt. I, 280 f.J Friederichs- Wolters Bausteine No. 514. — Neu: Nasenspitze und kleiner
Theil der Unterlippe (Kopf nie gebrochen, wie eine Untersuchung v. Rohdens und Kopps
bestätigt), r. Arm, 1. Vorderarm vom Ellbogen an, das von der Wunde weggezogene Gewand-
stück , ein paar Zehen des 1. Fufses , die Profilirung rings um die antike Plinthe. Beine
gebrochen aber alt, an den Knöcheln überarbeitet; Rückseite wenig ausgeführt. Zur Inschrift am
Baumstamm (CtOCIKAH in späten derben Zügen und darunter (n)) vS'- Löwy Inschr. griech.
Bildhauer S. 290 No. 434 und die dort angeführte Litteratur. — Italischer Marmor.
c (Jahn: B) Capitol, Hauptsaal No. 25, 1753 aus der Villa d'Este erworben (s. das Diario des
Chracas vom 7. Juli 1753, nach einer Mittheilung Justis, vgl. dess. Winckelmann II, I, 25. Im
neuen Reich 1871, II, 133), also nicht auf dem Esquilin bei der sog. Minerva Medica gefunden
(Montagnani-Mirabili und Platner). — Abg. Mori Mus. Capitol. I, atrio Taf. 18. Montagnani-Mira-
bili Campid. II, 78. Winckelmann Werke VI Taf. 4, A. Clarac V, 812 B, 2032 A. Vgl. Winckel-
mann Werke IV, I29f. (KG. 5, 2, 22). Meyer ebenda S. 358 Anm. 377f. Platner Beschr. d. St. Rom
III, I, 232 No. 9. Michaelis arch. Anz. 1862, 336*. Murray Greek sculpt. I, 28of. ? — Der Kopf,
vom zugehörigen Typus, befand sich früher als Einzelkopf im Museum, ward dann aber an Stelle
eines modernen Kopfes zur Ergänzung benutzt und sehr schlecht aufgesetzt (s. Winckelmann und
Meyer a. a. O. Klügmann n. rhein. Mus. XXI, 322 Anm. 2). Neu: Hals, r. Arm, 1. Unterarm,
Stücke an beiden Knieen, 1. Fufs, Theil der r. grofsen Zehe, Spitzen der Pelta (Baumstamm mit
Axt und Pelta alt). Starke Überarbeitung am Gewandrande vor der Brust; die Ergänzungen
durchweg sehr schlecht. — Italischer M.
d (Jahn: F) Louvre 281, aus Richelieus Palast, dessen Antiken meistens aus Rom stammten; St.
Victor bei Bouillon nennt fälschlich die Villa Borghese als Ursprungsort. — Abg. Muse'e Napoleon
II, 54. Winckelmann Werke VI Taf. 4, B. Bouillon Mus. des ant. II, 11. Clarac III, 265, 2033.
Vgl. Meyer zu Winckelmann IV, 359 Anm. 377. Visconti Opere varie IV, 503. Clarac Catal.
No. 281. Waagen Kunstwerke und Kunstler III, 106. Michaelis arch. Anz. 1862, 336*. — Neu:
Nase und Einzelnes am Kopf, der halbe r. Vorderarm, (der Rest des Armes ist aus vier Stücken
zusammengesetzt, die nach einer Untersuchung A. H. de Villefosse's alle antik, aber stark über-
arbeitet und nicht gut zusammengefügt sind), 1. Vorderarm einschliefslich der Schulter, Alles von
oberhalb der Mitte der Schenkel abwärts. Gewand vor dem Leibe stark überarbeitet.
e (Jahn: C) Vatican, Braccio Nuovo 44, wahrscheinlich aus Palast Verospi (so Nibby Mus. Chiaram.
II, 46), wo schon H. Meyer die von Winckelmann dort erwähnte Amazone nicht mehr vorfand
(Winckelmann Werke IV, 129. 358 Anm. 376. Mon. ined. S. 184), daher sie schwerlich beim Verkauf
des Palastes an den Herzog Giov. Torlonia dort noch vorhanden war (s. Matz-Duhn No. 941,
vgl. unten h). — Abg. Mus. Chiaram. II, 19. Pistolesi Vatic. IV, 15. Clarac V, 81 r, 2036.
Vgl. Gerhard Beschr. d. St. Rom II, 2, 95 No. 90. Michaelis arch. Anz. 1862, 336*. Friederichs-
Wolters Bausteine No. 516 Anm. — Kopf gebrochen, aber zugehörig, jedoch stark überarbeitet:
eine breite Binde, die sich durch das Haar zieht, ist erst nachträglich hineingearbeitet, ein Haar-
schopf im Nacken neu hinzugesetzt. Aufserdem neu: die halbe Nase, ein grofser Theil der Haare
an der r. Seite des Kopfes , r. Arm , r. Brust und ein Stück der linken , 1. Unterarm und das
l8 Michaelis, Amazonenstatuen.
weggezogene Gewandstück, Theile des Chitons und des Mantels, r. Bein von unter dem Knie ab,
1. Bein und Baumstamm, Plinthe. — Pentel. M.
f Rom, Pal. Colonna, Hauptsaal, im Inventar von 1714 aufgeführt als una statua di marmo antka
resiaurata , rappresentante una Kaohaia essendo scritto cos) nel zoccolo di marmo che vi e sotto, con
irarci, gambc e testa moderna, in atto di prcdicare, alta pal. 9 {Docttm. ined. IV, 390 f.). — Nicht
abgebildet. Vgl. Michaelis arch. Anz. 1862, 336*. Matz-Duhn No. 940. — Neu: Kopf und Hals,
r. Arm mit einem grofsen Theil der Schulter , 1. Arm von oberhalb des Ellbogens , Beine von
unter den Knieen an, Stamm, Plinthe mit der Inschrift KAOHAIA; am Gewände viel geflickt,
überdies ist es hart überarbeitet.
^Rom, Villa Borghese, an einem Thor der westlichen Mauer des Parks welcher hinter dem Casino
liegt. — Nicht publicirt. Vgl. Meyer zu Winckelmann IV, 358 Anm. 376. Ohne Zweifel identisch
mit der donna in habito succinto rappresentante Clelia bei Montelatici Villa Borghese, 1700, S. 94.
Das Exemplar gehört nach einer Skizze und Beschreibung Kopps in diese Reihe. — Alt: der
Torso bis etwas unter den Rand des Chitons, sowie der 1. Oberarm. Nicht vorzügliche Arbeit.
h (Jahn: D) Rom, Palast Torlonia, schwerlich aus Pal. Verospi stammend (s. zu c); in Guattanis
Verzeichnis (um 1820) als No. 19 aufgeführt (Docum. ined. II, 335). — Abg. (Vitali) Marmi scolp.
esist. nel Pal. Torlonia I, 20. Clarac V, 812 B, 2032 B. Vgl. Michaelis arch. Anz. 1862, 336*.
Matz-Duhn No. 941. — Neu: Nase und Lippe, Hals, r. Arm nebst Schulter und r. Brust, ein
grofser Theil der 1. Brust, drei Viertel des 1. Arms, die Beine nebst dem (in den Abbildungen
fehlenden) Stamm mit Pelta und Axt, Theile der Gewandfalten; das Gewand vor dem Leibe und
am Rande vor der Brust überarbeitet. — Italischer M.
i (Jahn: G) Wörlitz II, vom Herzog Franz von Anhalt- Dessau 1766 in Rom erworben. — Abg.
sächs. Ber. 1850, Taf. 3. Gerlach Choix d' ant. de Woerlitz Taf. I; in drei Ansichten auf unserer
Tafel 4. Vgl. Hirt Gesch. d. bild. KUnste S. 160. 177. Hosäus Wörlitzer Antiken S. 24 No. II.
Friederichs -Wolters Bausteine No. 515. — Nur der obere Theil des Torso mit dem Kopf und
einem Stück des 1. Oberarmes ist erhalten, bis unter die 1. Brust und an den Rand des Gewandes
unterhalb der rechten; von Cavaceppi ergänzt: Nasenspitze, 1. Backe, r. Brust (die Wunde ist alt).
h (Jahn: E) früher in Rom, Pal. Giustiniani, im Inventar von 1793 {Docum. ined. IN, 4l8ff.) nicht
nachweisbar, auch bei Matz-Duhn nicht aufgezahlt2. — Abg. Gal. Giustin. I, 144 (146). Clarac
V, 813, 2037. — Anscheinend ist nur der Oberkörper etwa bis zum Gürtel antik; ergänzt ist
sicher der Kopf von abweichendem Typus, mit langem Haarschopf, vermuthlich auch beide Arme.
B. Köpfe3.
/ Vatican, Kopf der «matteischen Amazone» (y). — Vgl. Klügmann n. rhein. Mus. XXI, 322
Anm. 2. Friederichs Zweifel (Baust.1 S. 116) an der Richtigkeit von Klügmanns Behauptung, dafs
der Kopf nicht zur Statue gehöre, ist unberechtigt. — Neu: Nase, Theil der Unterlippe, Kinn.
Die Lippen sind von einer Linie fein umsäumt.
m Capitol, Kopf der Amazone ß von matteischem Typus (s. unten), früher ein Einzelkopf (Descrh.
d. Mus. Cap., 1750 S. 66), erst nach Winckelmanns Zeit dieser Statue aufgesetzt (Winckelmann
Werke IV, 129L Meyer ebenda S. 359 Anm. 378. Klügmann n. rhein. Mus. XXI, 322 Anm. 2;
vgl. oben bei c). — Neu: Nase.
n Capitol, neues Museum, 1874 auf dem Esquilin bei dem sog. Auditorium des Mäcenas gefunden.
Vgl. Bull, munic. 1874 S. 249 No. 10. Heydemann sächs. Ber. 1878 S. 131 No. 6. — Neu:
Nasenspitze und Nasenlöcher.
o Rom, Pal. Sciarra. — Vgl. Matz-Duhn No. 1735. — Neu: Nase, Unterlippe und Kinn, Bruststück.
«An der 1. Seite des Kopfes oben bemerkt man den unverständlichen Rest einer Stütze». So
Klügmann; nach Heibig befindet sich auf der rechten Seite des Kopfes eine Bruchstelle von der
Gestalt eines spitzwinkligen Dreiecks (s. unten S. 33).
2) Eine andere giustinianische Statue, Matz- der kyrenäische Torso im britischen Mu-
Duhn No. 944 {Gal. Giustin. I, 145 (147). Cla- seum (Smith und Porcher discov. at .Cyrene
rac V, 809, 2029), gehört, wenn sie überhaupt Taf. 67).
eine Amazone darstellt, jedenfalls in keine der 3) Der Kopf in St. Petersburg, Ermit. No. 356,
drei hier besprochenen Gruppen. Ebensowenig der nach Guedeonow in diese Reihe gehören
Michaelis, Amazonenstatuen.
19
/ früher in Paris, Sammlung Pourtales, 1865 für 2420 Fr. an Herrn Berger verkauft (Mittheilung
Fröhners); aus Ostia. — Vgl. Dubois Descr. des ant. Pourtales -Gor gier , 1841, S. 18 No. 74.
Wieseler arch. Anz. 1859, 116*. Catal. Pourtales, 1865, S. 20 No. 75. — Der Kopf wird von
Dubois mit d l m verglichen, von Wieseler bestimmt diesem zweiten Typus zugeschrieben.
q London, brit. Museum, Bronzekopf, 0.13 M. hoch. — Abg. Grivaud de la Vincelle Rec. de mon.
ant., Paris 1817, Taf. 4, 8. Vgl. Guide to Bronze Room S. 53. Klügmann Bull. 1878, 39.
r Syrakus, Schatz der heil. Lucia, Sardonyx-Cammeo, in der Neapolis von Syrakus nahe dem
Amphitheater gefunden, 1842 vom Canonicus Gius. Costa geschenkt. — Abg. Comment. in hon.
Th. Mommseni scr. S. 479. Vgl. Kekule ebenda S. 479 f. Klügmann Bull. 1878, 38 k
III. Matteischer Typus. (Die linke Brust entblöfst.)
a Intaglio, verschollen. — Abg. Natter traite de la meih. ant. de graver en pierres fines Taf. 31. Müller
comment. qua Myrinae Amaz. signum explic, Tafel. Müller -Wieseler Denkm. I, 31, 138 B. Sachs.
Berichte 1850 Taf. 4, b. Overbeck Plastik 1 3, 393 Fig. 86, c. Vgl. Müller a.a.O. S. 63 fr.
(Kunstarch. Werke III, 26ff.). Jahn sächs. Ber. 1850, 48 ff. Klügmann n. rhein. Mus. XXI, 325
Anm. 4. Friederichs Bausteine S. 114 (2S. 237).
A. Statuen und Torsi4.
ß (Jahn: <-) Capitol, Zimmer des sterbenden Galliers No. 5, zusammen mit c im J. 1753 aus der
Villa d'Este erworben (s. zu c). — Abg. Mori-Nibby Mus. Capil. II, sala grande Taf. 22.
Montagnani-Mirabili Campid. I, 79. Righetti Campid. I, 10 und 195. Vgl. Winckelmann Werke
IV, 129 f. (RG. 5, 2, 22). Meyer ebenda S. 354f. Gerhard Bull. 1830, 30. Beschr. d. St. Rom III,
1, 232f. Braun Ruinen u. Mus. S. 2l3f. Klügmann n. rhein. Mus. XXI, 325 Anm. 4. — Über
den aufgesetzten Kopf vom Typus II s. oben m. Die Statue war vielfach zerbrochen, doch sind,
würde , hat nach einer gütigen Mittheilung
Kieseritzkys mit keinem der drei Typen etwas
zu thun und stellt wahrscheinlich gar keine
Amazone dar.
4) Eine Statue dieses Typus im Pal. Torlonia
ist eine moderne Copie. — Ein Fufs in der
Wagnerschen Sammlung zu Würzburg (Urlichs
Verz. d. Antikens. d. Univ. Würzburg I, 3 No. 16,
vgl. Wagner Bull. 1842, 176), dessen Unter-
suchung mir durch Urlichs' Güte ermöglicht wor-
den ist, ist allerdings allem Anschein nach
weiblich (wenn er nicht etwa von einem Jüngling
herrührt), gehört aber sicherlich weder zu einer
Amazone des dritten noch etwa des ersten
Typus , sondern vermuthlich zu einer Reiterin
oder einem jugendlichen Reiter. Der Fufs, ein
linker, war im Gelenk sehr gestreckt, an der
äufseren Seite mehr gesenkt als an der inneren ;
unter dem Fufs ist keine Spur dafs er einst den
Boden berührte, so dafs er nur frei in der Luft
geschwebt haben kann. Anstatt des Sporn-
halters zieht sich ein schmaler anscheinend
metallener Riemen von der Ferse aus schlingen-
artig beiderseits unter den Knöcheln hin nach
vorn , wo die beiden Enden sich vereinigen um
demnächst zwischen der grofsen und der zweiten
Zehe durchgezogen zu werden. Das vordere
Ende ist mit dem gröfsten Theile der Zehen ab-
gebrochen; ohne Zweifel war es an einem eigen-
tümlichen Stück Sohle befestigt, das, nach
hinten gerade abgeschnitten, nur unterhalb des
Ballens und der Zehen angebracht ist, während
die Fufssohle im Übrigen unbedeckt ist; ein
schwacher Rest eines zweiten kleineren , an der
Sohle befestigten Riemens oder emporstehenden
Metallstückes wird aufsen unterhalb der kleinen
Zehe sichtbar. Unter dem äufseren Knöchel
bemerkt man einen ebenfalls metallenen Zierrat ,
der oben in Gestalt einer heraldischen Lilie
endigt und an dem längeren Riemen festsitzt, nach
unten aber in einen freistehenden Stiel ausläuft,
dessen Fortsetzung abgebrochen ist ohne unter
der Sohle des Fufses weitere Spuren hinterlassen
zu haben. Auch auf der inneren, viel stärker
verletzten Seite des Fufses scheint einst an der
entsprechenden Stelle eine besondere Vorrichtung
gewesen zu sein, anscheinend ebenfalls in engem
Zusammenhange mit dem Hauptriemen. Die
genauere Gestalt, der Zusammenhang und der
Zweck der ganzen Vorrichtung sind mir völlig
dunkel; zu einem Steigbügel, an den M. Wagner
dachte , kann sie schon deshalb nicht gehört
haben, weil sie unmittelbar mit dem die Sohle
befestigenden Riemen zusammenhängt.
20 Michaelis , Amazonenstatuen.
wie eine neue Untersuchung durch v. Rohden und Kopp bestätigt, die meisten Stücke alt und
zugehörig. Neu: Hals, r. Arm, r. Fufs und das oberste Stück der Stütze mit den Spitzen der
Pelta, das 1. Bein von der Mitte des Oberschenkels bis unter das Knie, Zehen des 1. Fufses
nebst der dreieckigen Stütze unter diesem, die Plinthe mit dem Helm, Stücke unten am Chiton
auf der Rückseite. Der (von Gerhard für modern erklärte) 1. Arm ist mehrfach gebrochen , aber
zweifellos alt, ebenso die Hand, bis auf die Spitzen des Daumens, des zweiten, dritten und fünften
Fingers (die drei ersten Finger gestreckt , die beiden kleinen eingeschlagen) ; alt sind auch die
Stütze, die Hand und Körper verbindet, und der Rest eines geraden von der Hand gehaltenen
Stabes (nach Heibig eines Bogens, s. unten S. 37 f.). An der linken Schulter eine abgearbeitete
viereckige Ansatzstelle; zwei weitere runde Ansatzspuren sind am linken Oberarm ziemlich weit
nach hinten und am 1. Schenkel wenige Centimeter unter dem Gewandsaume sichtbar. (So v. Roh-
den und Kopp.) — Griech. M.
•j (Jahn: d) Vatican, Galeria delle Statue 265, von Clemens XIV aus Villa Mattei erworben
(vgl. Rossini Merctirio errante, 6. Aufl., S. 19g. Keyfsler Forts, neuester Reisen S. 139). — Abg.
Petitus de Amazonibus, 1687, S. 135. Maffei Raccolla Taf. 109. Montfaucon Ant. expl. IV, 14, 2.
Preifsler stat. insign. Taf. 6. Magnan eleg. stat. Taf. 26. Mon. Alatth. I, 60. Visconti Mus. Bio
Clem. II, 38. Mus. Napoleon II, 53. Mus. Francois III, 14. Winckelmann Werke VI Taf. 2, B.
Bouillon II, 10. Müller Myrinae Amaz. sign. Tafel. Müller-Wieseler I, 31, 138 A. Clarac V, 811,
2031. Sachs. Ber. 1850 Taf. 4. Steiner Amazonenmythus Taf. 1. Overbeck Plastik P, 393
Fig. 83, d. Vgl. Meyer zu Winckelmann IV, 354. Visconti Op. var. IV, 117fr. 337 f. Müller a.
a. O., Göttingen 1829 {Comm. soc. Gott. VII = kunstarch. Werke III, 22ff.). Gerhard Bull. 1830,
30fr. 273. Beschr. d. St. Rom II, 2, l68f. Hirt Gesch. d. bild. K. S. 177. Braun Kunstbl. 1838,
358. Welcker Kunstmus. in Bonn3 S. 63 ff". Preller Pheidias S. 194 f. (Allg. Enc. III, 22). Gött-
ling comm. de Amazonibus, Jena 1848, S. 7 ff. (ges. Abh. II, 206 ff.). Jahn sächs. Ber. 1850, 48 Üf.
Braun Ruinen u. Mus. S. 334 f. Friederichs -Wolters Bausteine No. 516 (93). Kekule akad.
Kunstmus. zu Bonn No. 300. Zur Inschrift auf der Plinthe translata de schola medicorum vgl. Jahn
S. 44 Anm. Arch. Zeit. 1852, 4i5f. De Rossi Bull. arch. crist. 1865, 7 ff. — Über den Kopf vom
Typus II s. oben /. Neu: Hals, beide Arme, die untere Hälfte des Köchers, r. Bein zwischen
Knie und Knöchel, obere Hälfte von Stamm, Pelta und Axt, oberer Theil des Helmes mit Busch,
Kleinigkeiten am Gewände. L. Bein gebrochen aber alt. Über die Ergänzungen vgl. St. Victors
Urtheil bei Bouillon. — Parischer M.
5 (Jahn: d) Petworth 18, nach der Mitte des vorigen Jahrhunderts in Rom erworben. — Abg. Clarac
V, 808, 2031 A und auf unseren Tafeln 1 und 2. Vgl. Dallaway Anecd. S. 285 No. 20. Müller
Amalthea III, 2 50 f. (kunstarch. Werke II, 82). Michaelis Anc. Marbles S. 606 f. Klügmann Brief vom
15. Aug. 1880. Heydemann Wochenschr. für klass. Philol. 1885, II, 1514. — Kopf gebrochen aber
zugehörig. Neu: Nasenspitze, r. Arm, 1. Arm von der Schulter an, Beine von den Knieen an,
Stamm mit Pelta und Axt neben dem r. Bein, Helm, Plinthe. Köcher hinten abgebrochen, unten
abgearbeitet. An der 1. Hüfte eine Verbindungsstutze für das Handgelenk.
z Turin, Museo di Antichitä 80. — Vgl. Schorn Amalthea 111,464 No. II (Amazone). Brief von
C. Wachsmuth an Gerhard I. Dec. 1860, vgl. arch. Anz. 1860, 107* (Typus III). Wieseler Gott.
Nachr. 1877, 661 No. 8 (Artemis). DUtschke ant. Bildw. in Oberitalien IV, 52 (falsch zu Typus
II gerechnet). — Torso von dunkelgrünem Basalt, mit schwarzem piemontesischen Marmor schlecht
zur Artemis ergänzt. Neu nach Wachsmuth: Kopf und Theil des Halses, Arme, Beine von ober-
halb des Knies an mit dem Stamm; Köcher nicht mehr sichtbar, wohl aber das Köcherband.
C (Jahn: e) Trier 41, im Winter 1845/46 in den alten Thermen in der westlichen Vorstadt St. Barbara
bei Trier gefunden. — Abg. Rheinl. Jahrb. IX, Taf. 5, I (ganz ungenügend). Vgl. Florencourt
ebenda S. 92 ff. XI, 173. Reisacker bei Klügmann Bull. 1864, 65. Arch. Anz. 1864, 196*. Friede-
richs-Wolters Bausteine No. 517 (94). (Hettner) Führer durch das Prov. -Mus. zu Trier S. 20
No. 41. — Torso vom Hals bis zur Mitte des Leibes; es fehlen Kopf, r. Arm, 1. Arm Von der
Hälfte des Oberarms an (unter der Schulter gebrochen). Unter dem Köcher, dessen hinteres
Stück fehlt, ist ein Rest des Bogens sichtbar, das Köcherband ist mit Buckeln verziert; im Rücken
ein grofser Zapfen. Auf dem Schulterblatt 61 roh eingekratzt. Die zugleich gefundenen Bruch-
stücke eines (Diadumenos-) Kopfes (Taf. 5, 2, vgl. Michaelis Anc. Marbles S. 609 zu No. 24) und
'<-
Michaelis, Amazonenstatuen. 21
eines r. Armes mit Gewandrest (Taf. 5, 3. Sachs. Ber. 1850 Taf. 4, ä) gehören nach der Unter-
suchung Reisackers, deren Resultate ich aus eigener Prüfung bestätigen kann, sicher nicht zur
Amazone ; ebenso nach einer Mittheilung Fei. Hettners wahrscheinlich eine von Reisacker wie von
mir vergeblich gesuchte linke Hand, die zu grofs für den Torso zu sein scheint; alle Finger
waren schon in alter Zeit gebrochen und, wie Bohrlöcher in den Bruchflächen zeigen, restaurirt.
Thasischer Marmor (ebenso der r. Arm und die Hand).
Der Zufall schaltet oft seltsam mit unserer Kenntnis antiker Bildwerke.
Während heutzutage die Amazonenstatuen, namentlich die drei eben aufgeführten
Typen stehender Amazonen, zu den bekanntesten Figuren alter Kunst gehören, fand
Aldrovandi 1550 bei seiner Aufnahme des stadtrömischen Antikenbestandes nur eine
einzige Amazone zu verzeichnen, die noch überdies keine war, die bekannte matro-
nale Göttergestalt der Sammlung Cesi, die heute im capitolinischen Museum steht 5.
Noch länger als ein Jahrhundert finden die Amazonenstatuen keine Beachtung, die
ganze Reihe der Kupferwerke von Vaccaria, Cavalieri, Francini bis Perrier und
Bisschop enthält nur ein paar untergeordnete Statuen6, keine der drei Haupttypen,
in Abbildung. Und doch waren mittlerweile zahlreiche Exemplare aufgetaucht und
hatten in den römischen Sammlungen ihren Platz gefunden. Die phantasievolle
Schöpfung Ippolitos von Este in Tivoli , die ihren Antikenbedarf vorzugsweise aus
der benachbarten Villa Hadrians bezog, besafs zwei Exemplare von verschiedenem
Typus (c ß). In der Vigna Ronconi auf dem Palatin fanden sich bei Lebzeiten
Cosimos de' Medici (f 1574) achtzehn bis zwanzig Torsi, nach Flaminio Vaccas
Bericht7 lauter Amazonen, von denen wohl manche demnächst in den grofsen
Sammlungen ihren Platz gefunden haben mögen. Ein sehr elegant gearbeitetes Exem-
plar (7) schmückte den ersten Saal im Palast der von Ciriaco Mattei angelegten Villa
auf dem Cäiius und diente anscheinend als Vorbild bei der Ergänzung einiger an-
derer Exemplare, z. B. einer Statue, die etwa um dieselbe Zeit, um die Wende des
sechzehnten und des siebzehnten Jahrhunderts, vom Cardinal Pietro Aldobrandini zum
Schmuck des «Theaters» seiner Villa in Frascati verwandt wurde (D). Im folgenden
Jahrhundert, der Blütezeit der Nepotensammlungen, begegnen wir Amazonen, zum
Theil seltsam entstellt, in den Sammlungen Barberini (B), Borghese (g), Colonna
(/}, Giustiniani (k), Pamfili (H), Verospi (1?); Lord Arundel erwarb einen Torso für
seine Sammlung in London (E), der Cardinal Richelieu eine ganz schlecht restau-
rirte Statue für sein Pariser Palais Cardinal (d), und auch nach Piemont mag um
jene Zeit ein Torso gelangt sein (e). Dieser ward dort zu einer Artemis umgeformt,
und ebenso erging es der pamfilischen Statue; die Exemplare Giustiniani und
Richelieu mufsten es sich gefallen lassen in lange Kleider gesteckt und so unkennt-
5) Aldrovandi statue S. 123. Kenntnis von der künstlerischen Darstellung die-
*) Cavalieri antiq. stat. III. IV, 43. 44. ser Jungfrauen. Der «Orto Roncionh nimmt
7) No. 78 der notizie dantichiia bei Schreiber sächs. auf Nollis Stadtplan (Bl. 14) genau die Stelle
Ber. 1881, 77 = Fea Miscell. I, LXXXVII, No. 77. des neuerdings aufgedeckten Stadium, neben der
Allerdings erweckt das tutti erano d' Amazzoni Villa Mills, ein; jene Statuen werden also zur
Bedenken angesichts der damaligen geringen Ausschmückung dieser Anlage gedient haben.
22 Michaelis, Amazonenstatuen.
lieh gemacht zu werden; die Statuen Borghese und Colonna galten als Darstellungen
der altrömischen Amazone Cloelia, und die gelehrte Inschrift KAOHAIA auf der
Basis der letzteren führte im Inventar der Sammlung von 17 14 zu der heiteren
Bezeichnung der Figur als »«»« Kaohaia in atto di predicareo.; die arundelsche
Statue ward als Camilla oder Atalante gedeutet. Bei so geringem Verständnis für
die griechischen Heldenjungfrauen ist es nicht verwunderlich, dafs keine jener Statuen
einen Künstler oder Antiquar zur Herausgabe reizte; nur der überallhin dringende
Sammeleifer Cassiano dal Pozzos veranlafste eine Aufnahme der aldobrandinischen
Statue für seine grofsartige Sammlung von Zeichnungen antiker Bildwerke. Erst
der Abgufs, den Ludwig XIV von der matteischen Amazone hatte anfertigen lassen,
rief die erste Publication dieser Statue hervor (1687), die bald darauf auch in Maffeis
grofsem Statuenwerk als hervorragendste Vertreterin der ganzen Gattung Aufnahme
fand (1704). Der Typus der verwundeten Amazone ward nicht lange darauf durch
ein besonders gutes Exemplar (b) im neugegründeten capitolinischen Museum ver-
treten, wo sich 1753 aus der Villa d'Este ein zweites Exemplar der gleichen
Gattung (c) und eines des matteischen Typus (ß) hinzugesellten. Und doch übersah
Winckelmann den Unterschied der verschiedenen Klassen und glaubte, alle sechs8
Amazonen, die er in Rom kannte (B b c e ß 7), seien verwundet, vielleicht Nach-
bildungen derjenigen des Kresilas. Drei bald darauf zum Vorschein gekommene
Exemplare, zum Theil sehr charakteristische Vertreter der drei Typen, gingen ins
Ausland, nach Petworth (8), Wörlitz (i) und Lansdownehouse (A), und entschwanden
damit den Blicken der Gelehrten; eine Bronzeherme aus Herculaneum versteckte
sich unter dem Namen der Kaiserin Livia, obgleich schon Winckelmann ihren
idealen Charakter richtig hervorgehoben hatte (/). Nichtsdestoweniger erkannten
Visconti und Heinrich Meyer wenigstens zwei Klassen, die der verwundeten und
der matteischen, als verschieden; die dritte fügte erst 1850 Otto Jahn hinzu, indem
er die zweite Klasse wiederum in zwei Gruppen schied. Von diesen nahm die eine,
neu ausgesonderte bald vorzugsweise das Interesse der Archäologen in Anspruch,
besonders seit dem Funde eines schönen Exemplars [C, 1869), dessen Restauration
für das Berliner Museum die Verhandlungen über diesen Typus von neuem in Flufs
brachte. Aufser diesem sind in unserem Jahrhundert noch drei weitere Torsi zum
Vorschein gekommen, zwei in Rom (F k) und einer in der alten Kaiserstadt Trier
(C), das erste aufserhalb Italiens gefundene Exemplar. Um die schärfere Würdigung
der drei Typen hat sich neuerdings besonders Klügmann verdient gemacht. Es ist
mir eine Freude durch die genauere Ermittelung des Thatbestandes die Untersuchun-
gen des leider so früh verstorbenen feinsinnigen Forschers in allen wesentlichen
Punkten bestätigen, hie und da ergänzen zu können.
8) So in der KG. 5, 2, 22 (Werke IV, 129), während Statue Pamfili (Jf) vorliegt, so kann wohl nur
er in den Mon. ant. S. 184 ein siebentes Exemplar die aus Pal. Farnese nach Neapel versetzte.be-
Farnese hinzufügt. Wenn nicht etwa, wie ich rittene Amazone (Mus. Borb. IV, 21. Clarac V,
annehmen möchte, eine Verwechselung mit der 810B, 2028B. Gerhard Neap. ant. Bildw. S. 14
an der ersteren Stelle sogleich nachfolgenden No. 28. Finati S. 181 No. 37) gemeint sein.
Michaelis, Amazonenstatuen. 23
Winckelmann war die Gleichartigkeit aller erhaltenen Amazonenköpfe
besonders auffällig. Von den ihm bekannten Statuen waren nur die capitolinische
Sosiklesamazone (ö) und die Amazone Verospi [e), beide vom zweiten Typus, noch
im Besitz ihrer ursprünglichen Köpfe; die Fragmente in Paris (d) und in Wörlitz
(«'), von denen das Gleiche gilt, kannte Winckelmann nicht. Die beiden anderen
capitolinischen Exemplare (c ß) waren aus der Villa d'Este mit ganz unpassenden
Köpfen gekommen, dafür besafs aber das capitolinische Museum zwei einzelne Köpfe,
wiederum des gleichen Typus, die demnächst auf Winckelmanns Anregung hin zur
neuen Ergänzung jener beiden Statuen verwandt wurden. Endlich war auch die
matteische Amazone (*y) durch einen Kopf desselben Typus ergänzt. Es war somit
ganz begreiflich, wenn Winckelmann über der Gleichheit der Köpfe in diesen fünf
Exemplaren den abweichenden Kopf der barberinischen Statue (B) übersah. Auch
Saint Victor9 wufste sich die Gleichheit der Köpfe bei Statuen von verschiedenem
Typus {d ^) nur durch die Annahme zu erklären, dafs die beiden Künstler bereits
einen ganz feststehenden Amazonentypus vorgefunden hätten. Erst später, nament-
lich wiederum durch Klügmann, ist klar erkannt worden, dafs jene Köpfe sämmtlich
Statuen von dem Typus der Mantelamazone angehören, während der abweichende
Kopf der barberinischen Statue (B), eines hervorragenden Exemplares des ersten
Typus, in den gleichfalls nie gebrochenen oder wenigstens sicher zugehörigen Köpfen
der aldobrandinischen (Z>), lansdowneschen (A), Berliner (C) Statuen und der Bronze
in Florenz (G) seines Gleichen fand, so dafs die Zugehörigkeit des Kopfes zu diesem
Typus nicht minder sicher steht. Beide Kopftypen werden auch noch durch eine
Anzahl einzeln erhaltener Köpfe vertreten. Übler dagegen steht es mit dem mattei-
schen Typus. Die beiden Hauptexemplare, im Vatican (f) und im Capitol (ß), sind
wie gesagt durch Köpfe des zweiten Typus ergänzt; der Turiner Torso (e) wird
durch einen ganz fremden modernen Kopf verunziert, der Trierer (C) ist ohne Kopf
gefunden. Demnach schien die Gemme bei Natter (1) den einzigen, ungenügenden
Anhalt für die Kenntnis des Kopfes zu bieten, und Klügmann schien 1866 nichts
übrig zu bleiben als die Hoffnung, dafs ein glücklicher neuer Fund diesem Mangel
einmal abhelfen würde. Denn die Amazone in Petworth (S) zählte K. O. Müller,
der ihr nur sehr flüchtige Beachtung geschenkt haben kann zum zweiten Typus, wo-
mit die angebliche Neigung des Kopfes gegen die Rechte übereinzustimmen schien,
während Clarac den Kopf für modern, Klügmann ihn für nicht zugehörig hielt.
Allein eine 1877 mit Hilfe einer Leiter vorgenommene genaue Untersuchung
des Originals liess mir keinen Zweifel darüber, dafs der Kopf nicht nur ur-
sprünglich zur Statue gehört (dieser Ansicht war auch Müller), sondern auch
von den beiden anderen Typen abweicht. Diesem Ergebnis stimmte Klügmann,
der im Sommer 1880 die Sammlung von neuem besuchte, vollkommen bei, nur dafs
er es für schwierig hielt, den Kopf von dem des ersten Typus sicher zu unter-
scheiden. Es liegt auf der Hand, dafs das sonst nicht eben sonderliche und etwas
9) Bei Bouillon II, 11.
24 Michaelis, Amazonenstatuen.
überarbeitete Exemplar durch die Erhaltung seines Kopfes sehr wichtig wird.
Leider mislang der Versuch eine Abbildung des Kopfes für meine Ancient Marbles
in Great Britain zu erhalten, da die auf Veranlassung Sidney Colvins angefertigte
Zeichnung ungenügend ausfiel. Als nun kürzlich Overbeck im Interesse seiner
Kunstmythologie einen Photographen nach Petworth entsandte, benutzte er auf
meine Bitte die Gelegenheit um auch den Kopf der Amazone von zwei Seiten auf-
nehmen zu lassen, und war so freundlich mir die Aufnahmen zur Publication zu
übergeben. Von diesen hat sich allerdings nur die Seitenansicht als zu unmittelbarer
Reproduction geeignet erwiesen und ist auf Tafel I so vollkommen, wie es die
Vorlage nur irgend gestattete, wiedergegeben worden. Für die Vorderansicht hat
dagegen das volle, sehr steil einfallende Oberlicht so üble Folgen gehabt, dafs an
eine mechanische Wiedergabe der Aufnahme nicht zu denken war. Es blieb also
nur übrig, auf Grundlage der Photographie eine Nachbildung (Tafel 2) herzustellen,
die dank der Geschicklichkeit C. L. Beckers den allgemeinen Charakter des Kopfes
sehr glücklich zum Ausdruck bringt und so lange ausreichen mag, bis einmal ent-
weder ein Abgufs oder die Auffindung einer anderen — hoffentlich besseren —
Replik eine noch bessere Wiedergabe ermöglicht. Auch so wird eine Analyse der
vorliegenden Abbildungen, wie ich meine, nicht ohne Ergebnis für das Verhältnis
dieses dritten Typus zu den beiden anderen ausfallen.
DIE DREI KÖPFE.
Zur Vergleichung mit dem Kopf der Petworther Amazone (5) sind auf Tafel
3 und 4 Köpfe der anderen beiden Typen, und zwar der Londoner Kopf K und
derjenige des Wörlitzer Torso i, je in Vorderansicht und im Profil, abgebildet.
Die Aufnahmen sind ohne Rücksicht auf die richtige Haltung der Köpfe gemacht
worden, um die Vergleichung mit dem Petworther Kopf zu erleichtern; leider ist
auf Tafel 3 dem Kopfe in der Vorderansicht aus Versehen eine etwas geneigte
Stellung anstatt der senkrechten gegeben und dadurch der Ausdruck verändert
worden. Die wirkliche Haltung, und damit die vom Künstler beabsichtigte Wirkung
machen die mittleren Abbildungen, die von der Berliner Statue C und dem Wörlitzer
Torso i entnommen sind, anschaulich.
Einige Unterschiede der drei Köpfe treten sofort hervor. Am greifbarsten
ist die Verschiedenheit der Haartracht, die geradezu als das leichteste Erkennungs-
zeichen der einzelnen Typen gelten kann. Die gröfste Schlichtheit der Anordnung
herrscht im Typus II (Tafel 4). Welliges Haar bedeckt in gleichmäfsig dichter Masse
den ganzen Kopf, durch den Scheitel in zwei grofse Hälften geschieden. Alle ein-
zelnen Stränge gehen vom Scheitel aus, laufen zuerst diesem parallel, senken sich
dann und verlaufen in ziemlich gleichmäfsiger Wellenbewegung nach hinten. Die
Stränge verschlingen sich nur wenig in einander. Vorn ist das Haar durch eine im
Einzelnen bewegte Linie begrenzt, deren Hauptrichtung ziemlich gerade von der
Mitte der Stirn gegen das Ohr verläuft, ohne dafs das Haar von den Schläfen
zurückgestrichen wäre. Am Hinterkopf wird das Haar nicht etwa, wie man es bei
Michaelis, Amazonenstatuen. 25
seiner dichten Masse erwarten sollte, zu einem Schöpfe zusammengefafst , sondern
nur durch zwei kleine Schleifen, einer auf jeder Seite, gehalten; die Seitenansicht
lässt die eine erkennen. Der Umrifs des Hinterkopfes wird auf diese Weise garnicht
unterbrochen, wie man denn überhaupt mit Recht in der ganzen einfachen Anordnung
des Haares eine Annäherung an männliche Haartracht erkannt hat. Die einzige
scheinbare Abweichung bietet der Kopf der vaticanischen Amazone e, indem hier ein
breites Band das Haar durchzieht und ein kleiner Knauf im Nacken erscheint; aber
letzterer ist sicher ein moderner Zusatz, und auch die Binde erweist sich bei näherer
Prüfung als nachträglich in die Masse des Haares hineingearbeitet, die einzelnen
gewundenen Strähnen rücksichtslos zerschneidend. Sonst- zeigt dieser Kopf, ebenso
wie diejenigen der beiden matteischen Exemplare / m, der des Fragments im Louvre d
und der capitolinische Kopf n im Haare den etwas harten drahtartigen Charakter
des Bronzematerials — q ist ja selbst von Erz — weit schärfer, als das auf unserer
Tafel abgebildete Wörlitzer Exemplar z, bei dem die Durchführung mehr dem
Marmorstil angepafst ist. Von einer Besonderheit des sciarraschen Kopfes o, der
Spur einer darauf liegenden Hand, wird später (S. 33) die Rede sein.
Die Haartracht des Typus I (Taf. 3) ist deutlich verschieden. Während die
viel weniger dichten Haare in mehr rillenartiger Behandlung, ohne starkes Relief
den Schädel bedecken und über der Stirn in sehr regelmäfsiger Weise sich scheiden,
sind sie von den Schläfen und den Wangen aus in reicher Fülle zurückgestrichen
und bilden somit gegenüber dem flacheren Schädel eine vollere Umrahmung des
Gesichtes. Ebenso tritt in der Seitenansicht unmittelbar über dem Nacken eine
gröfsere Masse aus dem Umrifs des Kopfes hervor, indem die Haare aus dem
Nacken emporgenommen und mit jenen von den Schläfen zurückgestrichenen Haar-
partien zu einem einfachen Knaufe vereinigt sind. Die Art der Befestigung dieses
Knaufes ist gar nicht angedeutet, ebensowenig sonst eine Binde irgendwo sichtbar.
Dafs auch dieser Kopf auf ein Bronzeoriginal zurückgeht, wird nicht blofs durch die
beiden ehernen Exemplare G I bewiesen, sondern tritt namentlich an den Statuen
B D und dem unserer Tafel zu Grunde liegenden Kopfe K sehr deutlich hervor,
während auch hier die Statuen A C mehr in den Marmorstil übersetzt sind.
Der Typus III (Taf. I und 2) schliefst sich in der Gesammtanordnung des
Haares dem Typus I an. Auch hier ist das Haar von den Schläfen zurückgestrichen
und hinten zu einem kleinen Knauf zusammengefafst. Aber auf dem Schädel liegt
es in etwas dichterer, weicherer Masse, und ein schmales Band zieht sich, das Haar
oben auf dem Kopfe von den seitlichen Partien scheidend, vom Scheitel bis
zum Hinterkopf. Dafs dies Band ein stehendes Merkmal dieses Typus ist,
läfst sich daraus entnehmen, dafs es auch in der Vorderansicht auf der
Gemme <x sichtbar wird. Von Bronzecharakter ist in dem Petworther Kopf nichts
mehr zu entdecken, doch führt die ganze Composition auch dieser Statue auf ein
Original von Erz.
Vom Haare abgesehen stehen die Köpfe I und II einander viel näher, als
der Kopf III einem von ihnen. Die Form des Kopfes ist bei jenen länglicher und
r
26 Michaelis , Amazonenstatuen.
breiter, bei III mehr gerundet. Die Nase ist dort kräftiger, weiter vorspringend und
an der Spitze mehr gesenkt; in III, wo freilich die Nasenspitze ergänzt ist, mehr in
die Länge gezogen und von minder ausgeprägter Bildung. Das Untergesicht ist in
I und II anscheinend ein wenig höher; namentlich in der Vorderansicht macht es
in III einen im Verhältnis zu Nase und Stirn gedrückteren Eindruck; aber
auch im Profil erscheint das Kinn nicht so kräftig wie in I und IL Im Übrigen
sind die Hauptformen des Gesichtes in allen drei Typen nahe verwandt. Die Nase
springt bei I wohl noch etwas mehr vor und das Oval des Untergesichts mag ein
wenig breiter sein, aber die von Stirn und Nase gebildete Profillinie ist doch ebenso
wenig wesentlich verschieden, wie die Linie des Kinnbackens oder der Umrifs des
ganzen Gesichtes in der Vorderansicht. Auch die scharfe Bezeichnung des unteren
Stirnrandes und der Augenlider ist allen drei Typen gemeinsam. Gröfsere Ver-
schiedenheit zeigt sich in der Bildung des Mundes. In I sind die Lippen wulstig
und die Unterlippe schiebt sich kräftig vor. Ganz anders II mit der feinen und
feingeschwungenen Oberlippe, unter der sich die kräftige aber nicht dicke Unter-
lippe leise zurückzieht; damit stehen die etwas herabgezogenen Mundwinkel im
Zusammenhang, deren Ausdruck wiederum in der stärkeren Betonung der Nasen-
flügel seine Ergänzung findet. In III endlich springen beide Lippen ungefähr gleich
weit vor und erscheinen fast auf einander geprefst; Nasenflügel und Mundwinkel
sind etwa gleich stark gesenkt und verleihen dadurch dem Kopfe seinen charakte-
ristischen Ausdruck. Überhaupt treten die Unterschiede der drei Typen weit mehr
im Ausdruck als in der Form hervor, jener aber hängt eng mit der Stellung
zusammen , die dem Kopf durch die Gesammtcomposition der Statue zugewiesen ist.
So geben die Köpfe einen neuen schlagenden Beleg ab für die Richtigkeit von
Kekules Beobachtung, dafs in den Sculpturen der besten griechischen Zeit die Züge
des Gesichtes erst im Zusammenhang mit der Bewegung der ganzen Gestalt ihr
inneres Leben und ihren eigentlichen Ausdruck gewinnen10.
Im Typus I ist der Kopf nicht unerheblich zurückgelegt, im Einklang mit
dem Hauptmotiv der ganzen Figur, dem Aufstützen des ermatteten Körpers. Der
Kopf weicht nur wenig von der Vorderansicht ab, aber diese geringe seitliche
Wendung in Verbindung mit der Unteransicht genügt um die Formen, wiederum in
voller Harmonie mit dem breiten kräftigen Charakter des Körpers, breit und eckig
erscheinen zu lassen. Der Mund mit seinen volleren Lippen, dem man in der
reinen Vorderansicht höchstens etwas Strenge ansah, scheint jetzt Schmerz und Un-
muth zu athmen und macht den Eindruck als ob er sich ein wenig öffne; die oberen
Lider bedecken leicht die ermatteten Augen. Mit den geringsten, unscheinbaren
Mitteln hat der Künstler es verstanden, dem kräftigen Weibe einen Hauch von
schmerzlicher Ermüdung zu verleihen, die durch den über das Haupt gelegten Arm
l0) Akad. Kunstmus. in Bonn S. 39. Diese Beob- wirkt, als hierher gehörig erkannt hat. Ebenso
achtung macht es auch erklärlich , dafs erst hat die falsche Aufstellung die englischen Ge-
Wolters den Neapler Bronzekopf/, der in der lehrten bewogen, den Kopf A'dem capitolinischen
That in seiner graden Haltung sehr fremdartig Typus zuzuzählen.
Michaelis , Amazonenstatuen.
27
vollends sprechend wird. Je stärker das Oberlicht auf diese Züge fällt, desto mehr
steigert sich der Ausdruck bis zu jener Todesmattigkeit, die bei der lansdowneschen
Statue den Beschauer so mächtig ergreift.
Ganz anders ist eine ähnliche Wirkung im Typus II erzielt. Hier beruht
Alles auf der starken Neigung des Kopfes nach vorn und gegen die Seite hin.
Dadurch erhält der Gesichtsumrifs jenes langgezogene Oval, das etwas an den
albanischen Athenakopf in München erinnert. Das Kinn erscheint höher als es
wirklich ist; die lange gerade Nase verstärkt den länglichen Eindruck des Gesichtes.
Der traurige Zug des Mundes tritt stärker hervor, noch gehoben durch den Schatten
an den etwas emporgezogenen Nasenflügeln. Ein tiefer Schatten lagert unter der
Stirn, und die oberen Lider, die schon in der reinen Vorderansicht stärker erscheinen,
legen sich schwerer auf die gesenkten Augen. Jetzt kommt auch erst die dichte
gleichmäfsige Masse des Haares zu voller Geltung; wie eine schwere Kappe ruht
sie auf dem Haupte, und die breite Masse, die noch gröfser erscheint, weil man sie
bis hoch auf den Scheitel überschaut, drückt gewissermafsen den feineren Bau
des Gesichtes nieder. Es ist nicht bloss äufserer Schmerz was aus diesen Zügen
spricht: er ist mit einer tief aus der Seele kommenden Empfindung von Trauer
gemischt. Gerade hierin beruht der fesselnde, zum Mitleid zwingende Reiz, den
dieser Kopf von jeher auf alle Beschauer ausgeübt hat. Er spricht sich auch im
Profil deutlich aus und ergreift uns noch mächtig in den feinen Zügen des syraku-
sischen Cammeo ;-.
Der Eindruck des Kopfes vom Typus III ist völlig verschieden. Der Hals
ist so weit gegen die 1. Schulter hinübergedrängt, wie es die starke Erhebung des
rechten Armes mit sich bringt, auf dem Halse aber erhebt sich der Kopf fast senk-
recht, nur mit einer ganz leichten Neigung gegen seine rechte Seite. Dieser geraden,
kraftvollen Haltung, die mit der ganzen Bewegung des gestreckten Körpers im
Einklang steht, entspricht der energische Ausdruck des Gesichtes, dem auch nicht
der leiseste Zug von Müdigkeit oder gar von Schmerz beigemischt ist. Um den
Mund herrscht ein strenger Ernst, etwas Herbes, fast zum Verdriefslichen gewandt;
die herabgezogenen Nasenflügel verstärken den letzteren Eindruck, und auch das
kurze Untergesicht gibt dem Munde etwas Geschlossenes, dem ganzen Ausdruck
eine feste, zielbewufste Bestimmtheit. Ebenso sieht das Auge gerade vor sich hin,
als ob es sein Ziel fest fasse; nichts von Trauer, nichts von Ermattung. Bei der
jetzigen Aufstellung der Petworther Statue wirken freilich die Schatten des Stirn-
randes und der Lider zu stark, und dieser Übelstand ist auch in die Radirung
übergegangen; bei genauerer Betrachtung des Originals schien es mir unverkennbar,
dafs Blick und Ausdruck mit demjenigen der beiden andern Typen nichts gemein
haben. Der Grund liegt auf der Hand: dort haben wir es mit verwundeten Ama-
zonen zu thun, hier mit einem Weibe im Augenblick angespannter Kraftäufserung.
Das wird freilich meistens bestritten. Eine Musterung des Gesammtmotivs in den
drei Typen auf Grund der obigen kritischen Darlegung des einzelnen Thatbestandes
soll meine Behauptung erhärten. Die Darlegung anschaulicher und eindringlicher
28
Michaelis , Amazonenstatuen.
zu machen mögen die restaurirten Skizzen der drei Typen dienen, die nach
meinen Angaben unter Dr. Fränkels Leitung von Herrn Max Lübke angefertigt
worden sind.
RECONSTRUCTION DER DREI STATUENTYPEN.
Der capitolinische Typus. — Am klarsten liegt die Sache bei dem
Typus II, der Amazone mit dem Mantel, seit Klügmann die vollständige Darstellung
dieser Figur auf der Pariser Gemme a nachgewiesen hat". Danach stützt die
Amazone sich auf die Lanze, die sie mit der Rechten
ziemlich hoch gepackt hält, so dafs die Last des
Körpers sich auf die Lanze und das linke Bein ver-
theilt, während der rechte Fufs leicht zurückgestellt
ist. Die Beine sind in den Exemplaren b c, Theile
derselben auch in e f erhalten. Dagegen fehlt der
rechte Arm fast überall. Im Wörlitzer Torso i ist
die ganze Schulter mit dem Armansatz, in b ein Stück
des letzteren, in c c Ansätze der Schulter erhalten.
Nur der Pariser Torso d ist noch im Besitz von drei
Vierteln seines Armes, obschon diese in vier Stücke
zerbrochen waren. Der erhaltene Arm bestätigt, was
auch i lehrt, dafs der Oberarm nicht, wie man nach
der Gemme a annehmen sollte, wagerecht gehalten,
sondern etwas mehr gehoben war; der Raum der
Gemme, der in seiner ganzen Höhe von der Gestalt
eingenommen wird, zwang den Künstler die rechte
Hand nicht über den Kopf hinausreichen zu lassen,
und dem mufste sich der ganze Arm fügen. Auch
die Richtung des Vorderarms ist im Allgemeinen
durch d gegeben, so weit nicht etwa bei der nicht
sehr sorgfältigen Zusammensetzung der vier Frag-
mente kleine Veränderungen der Lage stattgefunden
haben. Nur die Handhaltung ist aus den erhaltenen
Copien nicht zu ersehen. Da aber die ziemlich
flache und wenig ausgearbeitete Rückseite des Man-
tels keinen Zweifel darüber läfst, dafs die Haupt-
ansicht der Statue diejenige ist, bei der die Hals-
grube senkrecht über dem linken Fufs steht und der Oberkörper sich dem Beschauer
gerade von vorn darstellt, so scheint es im Interesse einer geschlossenen Composition
erforderlich, dafs der Speer so nahe wie möglich an den Körper heranrücke. Dies
ist nur dadurch erreichbar, dafs man das Handgelenk sich so stark biegen läfst,
u) Auf einige verwandte Gemmen weist Klligmann
Amaz. S. 64 hin: Sandrart deutsche Akad., 1679,
II, 2, Taf. iii. Gori Mus. Florentinum , gemmat,
II, 63.
Michaelis, Amazonenstatuen.
29
wie es mit dem festen, sichern Anfassen des Speeres irgend vereinbar ist. Dem-
gemäfs ergibt sich die oben skizzirte Haltung.
Das Motiv des linken Arms ist durch die Gemme gesichert: die Hand zieht
den Rand des auf der Schulter gelösten Chitons von der Wunde weg. Die erhal-
tenen Stücke des Arms — bei b c der ganze Oberarm einschliefslich eines Stückes
des Unterarms, bei efghik nur Theile des Oberarms, der bei d ganz modern ist
— stimmen damit überein. Das weggezogene Gewandstück fehlt überall, ist aber
in b e nach den Andeutungen des Faltenzuges richtig ergänzt; in den meisten
Exemplaren, so namentlich in c, ist das Motiv vom Ergänzer misverstanden und
demgemäfs der Rand des Chitons schlecht überarbeitet. Die Verwundung selbst ist,
wenn wir von der verschollenen und nicht genau bekannten giustinianischen Figur k
absehen, nur in fundg ganz übergangen. In b c i sind zwei Wunden dargestellt,
eine gröfsere mit reichlicheren Blutstropfen aufsen an der rechten Brust selbst, eine
zweite, ebenfalls blutende, unter ihr. Vermuthlich galt das Gleiche ursprünglich
auch von h , wo die Brust ergänzt und darunter eine Wunde mit Blutstropfen
angegeben ist; eine abgestofsene Stelle am gleichen Ort in e, dessen rechte
Brust ebenfalls ergänzt ist, scheint dagegen mit einer Wunde nichts zu thun
zu haben; in d endlich fehlt die Wunde an der Brust, und nur die untere wird
in Gestalt eines scharfen Schnittes ohne Angabe von Blutstropfen (vgl. B D)
sichtbar. Diese kleinen Verschiedenheiten in Angabe der Wunden sind ohne Be-
deutung, da für die Statue die Verwundung ganz unentbehrlich ist, geradezu das
Grundmotiv abgibt.
Von den erhaltenen Exemplaren dieses Typus ist keines von ausgezeichneter
Ausführung, auch nicht das berühmteste capitolinische b. Mir erschien die Gewan-
dung an dem andern capitolinischen Exemplar c, ja auch an dem colonnaschen
Torso /, ursprünglich besser, aber freilich sind beide Statuen von den Ergänzern
sehr übel mishandelt worden. Das Wörlitzer Fragment i, obschon auch nicht
gerade hervorragend, dürfte doch zu den besseren Exemplaren gehören. Viel vor-
züglicher, zum Theil vortrefflich im Ausdruck mafsvoller Seelentrauer, sind, wie
oben (S. 25) bemerkt ward, einige der Köpfe gearbeitet; in ihnen tritt auch der
Bronzecharakter des Originals viel deutlicher als im Körper und in der Gewandung
zu Tage. Die Übertragung in den Marmor hat eine Stütze neben dem Standbein
nöthig gemacht, die in b c noch erhalten ist. In b ist sie ganz kahl gelassen (ebenso
in den Ergänzungen von efh) und nur mit der noch immer nicht ganz aufgeklärten
Inschrift versehen; in c ist die Stütze durch die geläufigsten Amazonenwaffen, Pelta
und Doppelaxt, verdeckt worden. Das Original begnügte sich, wie a zeigt, mit
der einzigen Lanze, die bekanntlich auf älteren Amazonendarstellungen die belieb-
teste Waffe der streitbaren Jungfrauen ist.
Der lansdownesche Typus. — Während Klügmann für den eben be-
sprochenen Typus schon 1866 im Wesentlichen das Richtige erkennen konnte,
ist für den Typus I, für den keine Gemme oder sonst eine vollständige Wiedergabe
30
Michaelis , Amazonenstatuen.
zur Verfügung steht, erst durch den Fund der Berliner
Amazone C und die daran sich anknüpfenden Erörte-
rungen, an denen aufser Klügmann besonders Heibig
sich erfolgreich betheiligt hat, fester Grund gewonnen.
Jedoch ist noch nicht völlige Einigkeit erzielt worden.
Overbeck z. B. glaubt in der neuesten Auflage seiner
Geschichte der griechischen Plastik, im Wesentlichen
mit Hoffmann und Schlie übereinstimmend, zwei Va-
riationen unterscheiden zu müssen: die ursprüngliche
Composition, durch DG vertreten, zeige die Amazone
unverwundet, nur ermattet, vermuthlich mit der Rechten
auf dem Haupte und die gesenkte Linke etwa auf eine
Streitaxt gestützt; durch Hinzufügung der Wunde an
unpassender Stelle sei das Motiv verändert, die festere
Stütze eines Pfeilers unter dem linken Arm und in
Folge dessen die Abänderung der ganzen Ponderirung
nothwendig geworden (so in ABCE). Mit Recht be-
merkt dagegen Wolters, die Wunde gehöre zu eng zum
Gedanken des Werkes, als dafs wir sie entbehren könn-
ten; eine Heldin wie diese Amazone könne nicht ohne
gewichtigen Grund in matter Erschlaffung erscheinen.
Nur den Pfeiler ist Wolters geneigt dem Bronzeoriginal
abzusprechen und ebenfalls anzunehmen, «dafs dort die
Amazone etwa die Hand auf ihre Streitaxt gelehnt habe».
Letztere Vermuthung ward schon von Jahn, Klügmann,
Engelmann, Schlie ausgesprochen12. So natürlich ich diese Annahme finde, wenn die
Amazone, wie dies bei den eben genannten Gelehrten der Fall ist, für unverwundet
und nur ermattet gilt, aber so, dafs sie doch noch fest auf den Beinen steht, so
unmöglich dünkt es mich, dafs eine dünne und schwanke Streitaxt die geeignete
Stütze für einen so kräftigen, durch schwere Verwundung zu schlaffer Ermattung
gebrachten Körper, der sich ganz nach dieser Seite hinüberneigt, abgeben sollte.
Offenbar spielt bei der Verwerfung des Pfeilers eine andere Erwägung mit. Es ist
ja bekannt, wie oft Stützen erst in Marmorcopien von Bronzestatuen hinzugefügt
worden sind, wo das gebrechlichere Material eine solche Verstärkung erheischte.
Ist aber damit die Anbringung eines Pfeilers in einer Bronzestatue ausgeschlossen,
12) Overbeck I, 392 f. 479 f. Wolters S. 232. Jahn
S. 53. Klugmann n. rhein. Mus. 1866, 323.
Engelmann Zeitschr. f. bild. K. V, 36 f. Schlie
S. 14. Nicht klar ist mir Kekules Ansicht. Im
akad. Kunstmus. No. 84 erwähnt er die Wunde
von C und wendet nichts gegen den Pfeiler ein;
in den commentationes Momms. dagegen spricht
er weder von der Wunde noch von dem Pfeiler,
fuhrt als Hauptbeispiel des Typus die — ge-
wöhnlich für unverwundet geltende — vaticani-
sche Statue D, die sich nicht aufstützt , an , und
bezeichnet die ebenfalls frei dastehende mattei-
sche Amazone (Typus III) als eine Umbildung
des Typus I. Demnach scheint er ähnlicher
Ansicht wie Overbeck zu sein und Verwundung
und Pfeiler für nicht ursprünglich zu halten.
Michaelis , Amazonenstatuen.
31
wenn das ganze Motiv auf Verwendung einer kräftigen Stütze beruht? Wie liefse
sich z. B. die bekannte anmuthige Bronzestatue eines Apollon mit der Kithar"
ohne den Pfeiler denken? Ebenso ist die Artemis in der schönen Gemme des
Apollonios1* oder diejenige einer Terracottastatuette aus Tanagra15 ganz mit
Rücksicht auf den Pfeiler componirt, der daher nicht als störendes Beiwerk sondern
als nothwendiger Theil der Composition erscheint. So gehört der Pfeiler auch bei
unserer Amazone sicherlich zur ursprünglichen Composition; die bescheidene archi-
tektonische Ausbildung des oberen Endes in A, die Steinhäuser bei der Ergänzung
von C füglich hätte beibehalten sollen, steht ganz im Einklang mit der Weise der
älteren Zeit bei solchem Nebenwerk. Ein späterer Copist würde vermuthlich einen
Stamm vorgezogen haben, um daran Pelta und Axt anzubringen, wie das ja die
Ergänzer von BD gethan haben.
Auch die Prüfung der einzelnen erhaltenen Exemplare ist der Annahme
des Pfeilers als nothwendigen Bestandtheils der Composition günstig. Von dem
Pfeiler selbst ist allerdings nur in der lansdowneschen Statue A ein Rest erhalten,
aber in BCDE ist an der gleichen Stelle noch der Rest oder die Spur der
viereckigen Marmorstütze sichtbar, der den Pfeiler mit der Hüfte der Amazone verband.
In C hat dieser Rest nach Helbigs sachkundiger Anweisung zur richtigen Ergänzung
durch den Pfeiler geführt; in BD hat er den Anlafs gegeben den aus dem dritten
Typus bekannten Köcher hier anzubringen, der schon deshalb nicht hierher gehört
weil kein Köcherband vorhanden ist; in E ist nur noch die überarbeitete Stelle zu er-
kennen; F ist nur bis zum Gürtel erhalten. Sehr bedeutsam ist aber, dafs selbst die
pamfilische Statue //noch einen Rest jener Stütze bewahrt hat. Denn da hier, bei sonst
vollständiger Übereinstimmung mit unserem Typus, der Chiton den ganzen Oberkörper
verhüllt16, also von einer Verwundung nicht füglich die Rede sein kann, so ist es
doppelt beachtenswerth, dafs selbst bei der Umwandelung zu einer blofs ermatteten
Amazone dennoch der Pfeiler als nothwendig beibehalten worden ist. So glaube
ich denn, dafs auch die Bronzestatuette G ursprünglich einen Pfeiler neben sich
hatte. Durch Milanis genaue Nachprüfung steht fest, dafs der linke Arm der Figur,
und ebenso dafs die ganze Basis modern ist. Von dieser Seite steht also der
Annahme einer Stütze, die bei der Bronze natürlich nicht mit der Hüfte verbun-
den zu sein brauchte, nichts entgegen, und die Ponderirung' der Figur kann leicht
bei der rohen Anlöthung des gebrochenen rechten Fufses eine Veränderung erlitten
haben. Sollte aber auch diese Vermuthung nicht richtig sein, so würde das nicht
viel beweisen, denn verkleinerte Copien werden nicht selten in ähnlicher Weise
verkürzt. So ist z. B. das Standmotiv einer Hermesstatuette aus Herculaneum" ohne
13) Mus. Borb. II, 23. Overbeck Pompeji 4S. 545 16) Dass dies kein Beweis gegen die Bedeutung
Fig. 283 a. auch dieser Statue als einer Amazone ist, kön-
,4) Müller- Wieseler Denkm. II, 15, 161 a, vgl. 16, nen der Wiener Torso, der Fries von Bassae
17217. und eine ganze Reihe namentlich älterer Monu-
") Kekule Terracotten von Tanagra Taf. 17. Furt- mente zeigen.
wängler, Sammlung Saburoff Taf. 125. ir) Antich. di Ercolano VI, 35.
Jahrbuch des archäologischen Instituts I.
3
32
Michaelis, Amazonenstatuen.
Stütze unter dem linken Arm nicht verständlich, obschon die runde Basis dafür
keinen Platz bietet. Nicht anders ist es meines Erachtens mit dem sogenannten
Narcissus aus Pompeji18, keinem Lauscher, sondern nach Brunns treffender Erklärung
einem Dionysos der mit der Rechten einem Panther ein Zeichen macht; für den
Panther ist aber wiederum auf der Basis kein Platz. — Mit dem Pfeiler neben der
Amazone hängt aufs engste die Haltung des linken Armes zusammen. Von diesem
sind in A drei Viertel, in CF der Oberarm, in den übrigen Exemplaren nichts oder
nur der Ansatz erhalten. Somit kann nur über die Haltung der Hand ein Zweifel
herrschen, doch scheinen mir Helbigs Darlegungen für die Richtigkeit der Ergänzung
in C zu sprechen, wenn auch die Ausführung nicht ganz nach Wunsch ausgefallen
ist". Jedenfalls gehört keine Waffe oder sonstiges Attribut in die Hand; dies
würde ein Widerspruch gegen den Grundcharakter der Statue sein.
Auch hinsichtlich der Verwundung herrscht in den erhaltenen Marmorcopien
die wünschenswerthe Übereinstimmung, ja in noch höherem Grade als bei dem
zweiten Typus. Denn abgesehen von der pamfilischen Statue H mit ganz bedeckter
Brust zeigen alle Marmorexemplare (AB CD FF, also auch D von dem das Fehlen
der Wunde angegeben zu werden pflegt) genau an der gleichen Stelle, neben der
rechten Brust, einen scharfen Querschnitt. Nur darin tritt eine Verschiedenheit
hervor, dafs in den Exemplaren strengeren Stils BD blofs der Schnitt, in den übri-
gen dagegen auch Blutstropfen angegeben werden, sparsamer in CF, reichlicher in
A F. Der sonstigen Übereinstimmung gegenüber ist es von geringem Belang, dafs
die Bronzestatuette G keine Wunde aufweist, sondern deren Ergänzung dem Be-
schauer überläfst. Auf die auffällige Erscheinung, dafs der Arm an der verwundeten
Seite gehoben und dadurch die Pein der Wunde vermehrt ist, werde ich unten
(S. 40) zurückkommen.
Ebenso wenig kann über die Haltung des Kopfes und des rechten Armes
ein Zweifel bestehen. Der Kopf mit seiner charakteristischen Neigung ist in A B
CG H ungebrochen erhalten, der Arm mit Ausnahme weniger Finger in A, vielleicht
auch, jedoch 'ohne die Hand, in B. Aufserdem haben sich auf den Köpfen von
1S) Overbeck Pompeji4 Titelk. Niccolini le case ,
Descr. gen. Taf. 15. Vgl. Brunn bull. 1863, 92.
Heydemann Ant. in Oberit. S. 73 f. Die Deutung
auf einen Lauscher, die den verbreiteten, nach
einer Copie angefertigten Abgüssen gegenüber
begreiflich ist, hält nicht Stand angesichts des
Originals, oder einer danach genommenen Pho-
tographie, da die Haltung des Kopfes in jenen
nicht unerheblich, und zwar in einer für das Motiv
sehr bedeutsamen Weise verändert worden ist.
19) Klügmann berief sich {bull. 1870, 6 f.) für die
Restauration der Hand auf eine Lekythos der
Sammlung Campana (Catal. Campana Ser. IX,
Saal G No. 68), wo eine verwundete Amazone
sich mit gleicher Handhaltung auf eine Stele
stütze. Auf eine Anfrage in Paris hatte der
Conservator derVasenabtheilung, Herr L. Heuzey,
die Güte mir zu antworten : » Ce monument n'est
plus expose dam nos galeries. En effet je considere
le dessin comme plus que snspect. Le vase et le
fond blanc de la peinture sont authentiques ; an
peut croire aussi qu'il existait quelques traces tris
effacees de figures ; mais ees traces ont ete repassees
par une main moderne et largement completees,
surtout dans les armes, dans les coiffures, en un
mot dans tont ce qui en fait des Amazones. Le
trait, quoique remarquablement fin et treue par un
/labile hotnme, est tremble presque partout et n'a
pas la decision du trait antique.i Hiernach schien
eine Abbildung unnöthig.
Michaelis , Amazonenstatuen. «
BCD noch Ansatzspuren erhalten, bald nur von dem Daumen {BD), bald auch
von zwei weiteren Fingern [C); auf dem vereinzelten Kopfe L ist sogar noch ein
Stück des Daumens auf dem Scheitel übriggeblieben, auf M eine Ansatzspur, auf K
eine deutlich überarbeitete Stelle mit etwas abweichender Behandlung des Haares.
Ja auch auf dem Scheitel der Bronzestatuette G hat Milani eine bedeutende Er-
höhung als Rest der einst aufliegenden Hand aufgefunden. Nur der eherne Hermen-
kopf / zeigt keine solche Spur, ganz natürlich, da er von vornherein als Einzelkopf
gearbeitet war. Auch die Haltung der Hand ist durch A und die Reste in C L
völlig sichergestellt; dafs nicht die flache Hand sondern nur der Daumen und ein
paar Fingerspitzen auf dem Scheitel liegen, hat, wie längst bemerkt worden ist,
seinen Grund in dem Wunsche, die ganze Hand für den Beschauer sichtbar zu
machen.
Ein besonderes Problem bietet der Kopf o. Obschon dem zweiten Typus
angehörig, weist er doch nach Klügmanns und Helbigs Zeugnis (Matz war dieser
Umstand entgangen) eine deutliche Spur auf, dafs etwas an dem Kopfe befestigt
war. Klügmann verlegt den «Rest einer Stütze» auf die linke, Heibig die «Bruch-
stelle» auf die rechte Seite. Er beschreibt sie als «eine keilförmige Bruchstelle,
ähnlich einem spitzwinkeligen Dreieck, dessen Basis etwa 0,03, dessen Schenkel
0,053 lang sind. Es kann keinem Zweifel unterliegen, dafs diese Bruchstelle von
Fingern der rechten Hand herrührt, die den Schädel daselbst berührten. Also
wurde die sog. Amazone des Phidias [Typus II] nicht nur die Rechte auf den Speer
stützend dargestellt, sondern auch die Rechte auf den Kopf legend, ähnlich dem
polykletischen Typus [I], aus dem sie abgeleitet ist.» So weit Heibig. Diese An-
nahme setzt allerdings eine sehr starke Entstellung des Grundmotivs vom Typus II
voraus, da sie den Fehler des auf der verwundeten Seite erhobenen Arms (s. u.)
aus dem Typus I in den Typus II übertragen und die weitere Unzuträglichkeit hin-
zufügen würde, dafs das Spielbein auf die verwundete Seite käme, ohne durch einen
Speer oder eine sonstige Stütze verstärkt zu werden. Man könnte ja auch denken,
dafs der Copist einer Statue vom Typus I einen Kopf des anderen Typus aufgesetzt
hätte, wo sich dann die aufgelegte Hand einfacher erklären würde. In beiden
Fällen bleibt jedoch die Schwierigkeit bestehen, dafs die Lage der rechten Hand
auf der rechten, der Hand zugewandten und stark geneigten Seite des Kopfes
schwer erklärlich sein würde, während Klügmanns Angabe der linken Seite aller-
dings mit einer solchen Annahme leichter zu vereinigen wäre. Da jedoch Heibig
im Gegensatz zu Klügmann ausdrücklich die rechte Seite des Kopfes angibt, so
bleibt mir ein Zweifel, ob die fragliche Spur wirklich von einer aufliegenden Hand
herrührt, ohne dafs ich freilich eine bessere Vermuthung — denn die Annahme
einer blofs zufälligen Verletzung scheint ausgeschlossen zu sein — an die Stelle zu
setzen wüfste.
Der einzige Punkt, der sich hinsichtlich dieses Typus nicht mit voller
Sicherheit entscheiden läfst, betrifft die Füfse. Sie fehlen vollständig in ADEFH.
In G sind beide Füfse erhalten, der rechte freilich in arg entstelltem Zustande; sie
3*
?A Michaelis , Amazonenstatuen.
sind beide nackt. Aufserdem hat nur noch B seine Füfse bewahrt. Der rechte
Fufs ist mit binem Spornhalter versehen, den Heibig als sicher antik bezeichnet.
«Über den linken», fügt er hinzu, «läfst sich kaum ein sicheres Urtheil fällen. Das
Stück Marmor, auf dem er sich befindet, ist eingesetzt, aber derartig überschmiert,
dafs sich der Charakter der Ausführung, vollends bei dem dürftigen Licht des
Raumes in dem sich die Statue befindet, der Betrachtung entzieht. Immerhin
möchte ich, soweit unter so ungünstigen Umständen ein Urtheil möglich ist, das
Einsatzstück und somit auch den linken Spornhalter für antik halten« w. Dieses
Urtheil scheint durch C bestätigt zu werden, wo unter dem Knöchel des abgebrochenen
linken Fufses sich eine Erhöhung erhalten hat, die richtig als Spornhalter ergänzt
worden ist; der rechte Fufs ist über dem Knöchel gebrochen. Es scheint dem-
nach, dafs für die Marmorexemplare dieses Typus der doppelte Spornhalter
als zugehörig gelten mufs, zweifelhaft bleibt es dagegen ob das Fehlen der-
selben in der Bronzestatuette G wiederum nur auf Rechnung der verkleinerten Copie
kommt oder auf die Originalstatue zurückzuführen ist. So viel steht ja fest, dafs
die Amazonen in der Kunst des fünften Jahrhunderts gern zu Pferde erscheinen
und dafs unser Typus auf jedes andere eine Amazone bezeichnende Attribut ver-
zichtet. Aber nichts deutet in dem sonstigen Motiv unserer Figur gerade auf eine
berittene Amazone hin, und die Attribute entbehrt man leicht: wer sollte denn die
Heldenjungfrau sonst sein? Ich möchte daher die Spornhalter lieber für eine vom
Typus III entlehnte Zuthat halten.
Die erhaltenen Exemplare dieses Typus sind im Material — in den Haupt-
exemplaren wenigstens ist es schöner griechischer Marmor — und in der Ausführung
denen des capitolinischen Typus weit überlegen. Dem entsprechend ist auch der
Bronzecharakter des Originals (vgl. S. 25) viel treuer bewahrt, namentlich in BD.
Schon aus diesem Grunde wäre es hocherwünscht, wenn die sciarrasche Statue B
aus ihrer menschenscheuen Verborgenheit einmal hervorgezogen und durch Abgüsse
verbreitet würde, denn die in den echten Theilen kaum minder vortreffliche vatica-
nische Statue D ist leider zu stark ergänzt und überdies von Überarbeitung nicht
frei geblieben. Andererseits hat das zugänglichste Exemplar in Berlin C unter den
Händen des Marmorarbeiters zu viel von seinem Erzcharakter eingebüfst, und das
Gleiche gilt in vielleicht noch höherem Grade von der lansdowneschen Statue A,
so vortrefflich diese auch in ihrer Art ist.
Der MATTEISCHE TYPUS. — Dieser Typus, der lange Zeit bei allen
Freunden antiker Kunst so sehr im Vordergrund des Interesses stand, dafs man bei
der Erwähnung von Amazonenstatuen immer zuerst an ihn dachte, neuerlich aber
eine sehr abweichende Beurtheilung zu erfahren pflegt, ist am vollständigsten
durch zwei römische Statuen (ß 7) von schönem griechischen Marmor und von
sehr eleganter (so besonders -() , obschon etwas trockener Arbeit vertreten,
m) Der doppelte Spornhalter dieser Statue hat ver- der Amazone D in ihrer älteren, durch dal
muthlich den Anlafs zu der gleichen Ausstattung Pozzos Zeichnung bezeugten Ergänzung gegeben.
Michaelis, Amazonenstatuen.
35
beide durch den gesenkten Kopf des zweiten Typus ergänzt.
In jeder Beziehung überlegen, weit lebendiger und fliefsen-
der, ohne alle Kleinlichkeit und Trockenheit in der Durch-
führung des Gewandes und von grofsartiger Naturwahrheit
in der Behandlung des Nackten, ist der Trierer Torso £,
von prächtigem grobkörnigem Marmor, der überdies durch
Erhaltung eines Stückes vom Bogen unter dem Köcher
für die Reconstruction der ursprünglichen Composition von
besonderer Wichtigkeit ist. Die Petworther Statue 8 steht
hinsichtlich der Arbeit hinter diesen Exemplaren weit zu-
rück, ist aber um des erhaltenen Kopfes willen werthvoll.
Der Turiner Torso s ist besonders durch sein Material
interessant; der dunkelgrüne Basalt scheint gewählt zu sein
um Bronze zu ersetzen. In der That gewinnt die schlanke,
gestreckte Gestalt erst wenn man sie von der Marmor-
stütze löst, völlig ihren eigentlichen Charakter. Pelta und
Axt am Stamm (ß y, in 8 modern) und der Helm neben
dem linken Fufs (•(, in ß 3 modern) sind hier um so weniger
angebracht, als Bogen und Köcher die sichere Bewaffnung
dieser Amazone ausmachen; wie erwünschte Zuthaten sie
aber für Marmorcopisten waren, zeigt die Verwendung
der ersteren Waffen seitens der Ergänzer der den an-
deren Typen angehörigen Statuen B D c. Desto be-
merkenswerther ist das Fehlen aller dieser Ausschmückun-
gen in der natterschen Gemme a, die nur die Figur selbst
wiedergibt; wäre sie, wie man früher annahm, das Werk Nat-
ters selbst oder eines andern modernen Steinschneiders, nach
der matteischen Amazone gearbeitet, so würden nach der Analogie zahlloser anderer
Gemmen jene Zuthaten sicherlich mitcopirt worden sein. Statt dessen hat noch
jeder neue Fund die Echtheit jenes Steines und dessen treue Wiedergabe des
Bronzeoriginals von neuem erhärtet. Der Trierer Torso bestätigte, gegenüber der
üblichen Ergänzung von ßi'6, die Befestigung des Bogens unter dem Köcher; die
Petworther Statue 8 erweist, gegenüber den gesenkten Köpfen in ß ■', die gerade
Haltung des Kopfes als richtig, desgleichen die Haartracht und die Haarbinde; für
die lange Stange hat schon Klügmann auf die unten näher zu besprechenden Über-
reste in ß hingewiesen. Alle diese Dinge waren für einen modernen Steinschneider
schlechterdings unerrathbar; es entspricht daher einer gesunden Methode, den Stein
als durchweg zuverlässig anzuerkennen und bei Ermittelung des ursprünglichen
Motivs von dessen bewährter Auctorität nur im dringendsten Nothfall abzuweichen.
Der Stand der Statue ist im Einklang mit der Gemme a durch die beiden
römischen Exemplare ß y gesichert, indem in y beide Füfse, in ß der linke erhalten
ist. Dadurch steht die leichte Erhebung des linken Fufses und das eigenthümliche
36
Michaelis, Amazonenstatuen.
Anziehen des Beines als ein charakteristischer Zug des Originals fest. In ß 7 ist
überdies am linken Fufs ein Spornriemen befestigt, der auf a fehlt. Letzteres kann
sehr wohl nur eine Folge der Kleinheit des Steines sein, doch ist von vornherein
auch die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, dafs der Spornriemen ein Zusatz der
Marmorcopien sei. Es wird sich darum handeln, ob er für das Motiv der Statue
von Bedeutung ist.
Alle Exemplare, mit Ausnahme des übel zur Artemis ergänzten Turiner
Torso e, zeigen den grofsen Köcher oder Gorytos nach Barbaren- und Amazonen-
weise an der linken Hüfte; dass er aber auch in e ursprünglich nicht fehlte, beweist
das von der rechten Schulter gegen die linke Hüfte herablaufende, unter dem um-
geschlagenen Rande des Chitons verschwindende Köcherband , das auch in ß -f 8 C
sichtbar wird, in C mit Buckeln verziert. Der Köcher selbst pflegt mehr oder
weniger verziert zu sein, am reichsten in ß C, in letzterem mit Epheuranken aufser
den einfacheren Ornamentstreifen. Ganz seltsam ist aber in ß 7 eine schmale vier-
eckige Leiste unterhalb des mittleren Drittels des Köchers, an beiden Enden mittelst
eines Bandes oder Riemens um den Köcher festgebunden. Einen Zweck dieser nie in
ganz gleicher Weise vorkommenden Vorrichtung anzugeben ist bisher nicht gelungen
und dürfte auch schwerlich gelingen. Dagegen bietet ein Blick auf den trefflichen
Trierer Torso C ein klares Bild: der gekrümmte Bogen ist mit zwei Riemen, von
denen der eine nur noch wenig sichtbar ist, unter
den Köcher gebunden; der Ansatz für den vorderen
Theil des Bogens ist unter der Vorderseite des
Köchers erhalten. Diese Anordnung kehrt auf der
Gemme a wieder, nur dafs der Gemmenschneider
oder der Kupferstecher das Motiv entweder nicht
ganz verstanden oder die Kreuzung des Bogens mit
dem Stabe nicht ganz richtig zum Ausdruck gebracht
hat. Dieselben beiden Bänder zur Befestigung des Bogens finden sich auch auf Vasen
des fünften Jahrhunderts nicht selten angegeben21. Friederichs hat daher gewifs mit
Recht angenommen, dafs jene angebundene Leiste in ß y nur das Überbleibsel eines
Bogens ist. Die Geradheit des Stabes spricht nicht dagegen, denn eine Vergleichung
des Trierer Torso mit ß oder f zeigt, dass aus dem in £ erhaltenen Reste sich
unschwer eine vierkantige gerade Leiste herausschneiden läfst und an den beiden
'-'') Z. B. Gerhard AVB. 222 (Wiener Vorlegebl. D,
3). 229 (Winter jung. att. Vasen S. 35 Fig. 14).
Mon. ined. d. Inst. I, 46. 55. Auf Vasen des
Brygos (M I. d. I. IX, 47. Wiener Vorlegebl.
VIII, 6) und des Duris (Wiener Vorl. VI, 5) sind
die beiden Bänder locker dargestellt, da der
Bogen herausgenommen ist. Auf der Amazonen-
schale des Duris (Mem. d. Inst. II, 11. Wiener
Vorl. VII, 4) sind die beiden Bänder nur dünn,
und längs dem ganzen Köcher läuft ein der
Leiste wenigstens ähnlicher . ^ijfen, wie anderer-
seits auf der Sosiasschale (Gerhard Trinksch. 6.
Müller-Wieseler Denkm. I, 45, 210) ein ähnlicher
Streifen unter der Mitte des Köchers auftritt, aber
ohne Bänder. — In den Vasen mit schwarzen
Figuren ist der Bogen häufig an den Köcher
gebunden, aber die Bänder sind nicht dargestellt;
ebenso öfter auf rothfigurigen Vasen, z. B. M. I.
d. I. VIII, 44. In späterer Zeit scheint diese Art
den Bogen am Köcher zu befestigen ganz ab-
gekommen zu sein; die Barbaren stecken ihn in
den Gorytos.
Michaelis , Amazonenstatuen.
37
Enden, wo der Bogen sich weiter vom Köcher entfernt, Stoff genug übrig bleibt
um jenen Vorsprung oder Knoten zu bilden, der dort in ß f sichtbar wird. Freilich
bezeugt Kopp nach erneuter Untersuchung der römischen Exemplare, dafs in der
allein antiken oberen Hälfte des Köchers in f nichts vom Bogen sichtbar sei und
dafs der Köcher in ß unten keine Spur von Überarbeitung aufweise; die auf der
inneren und der unteren Seite glatte Leiste sei hier auf ihrer äufseren Seite mit
dem gleichen Wellenlinienornament versehen wie die Querbänder, und dies Orna-
ment sei an beiden Stellen zweifellos antik, wie auch eine kleine Verletzung beweise.
Wenn dies sich so verhält, so scheint es fast als hätte dem Verfertiger dieser
Copien ein beschädigtes Exemplar zum Muster gedient; doch mag bei der Singula-
rität der Vorrichtung immerhin die Frage gestattet sein, ob nicht eine moderne
Überarbeitung des Köchers in einem solchen Umfange stattgefunden hat, dafs sie
nunmehr als ursprünglich durchgeführte Ornamentation erscheint. An der Petworther
Statue 8 ist die ganze Unterfläche des Köchers vollständig abgeraspelt. Auf alle
Fälle genügen die Gemme und der treffliche Trierer Torso um das ursprüngliche
Motiv festzustellen, mag dies nun in den Copien überall beibehalten oder aus Mis-
verständnis der Copisten gelegentlich abgeändert worden sein.
Mit dieser Frage hängt aufs engste diejenige nach dem
linken Arm und dessen Thätigkeit zusammen. Der Arm ist
lediglich in ß erhalten, wesentlich übereinstimmend mit a. Da-
nach ist der Arm von der stark gesenkten Schulter ab in
leiser Biegung gestreckt. In ß o ist noch die marmorne Stütze
erhalten, die zur Befestigung der Hand diente22, in ß sogar
noch die letztere: Daumen, Zeige- und Mittelfinger sind aus-
gestreckt, die beiden letzten Finger etwas eingeschlagen. Genau
die gleiche Haltung der Finger kehrt in der Hand in Trier
wieder, die freilich Hettner für nicht zugehörig hält (s. o. S. 21).
Die Haltung der Finger ist ganz geeignet einen längeren in der
Hand ruhenden Stab in seiner Richtung zu bewahren, schliefst
dagegen die Annahme aus, dafs die Hand einen Gegenstand
an seinem Ende fest gepackt habe. Von dem fraglichen Gegen-
stande ist in ß noch ein antikes, mit der Stütze zusammenhängen-
des Stück erhalten, das etwa vom Handgelenk bis zum Ansatz
der Finger reicht. Der Ergänzer hat dieses Stück durch eine
kleine Verlängerung nach unten und ein langes Stück nach
oben zu einem Bogen gemacht, entsprechend der Ergänzung im
matteischen Exemplar f. Auch Klügmann hatte den Rest
anfangs für das Stück eines Bogens gehalten, hat diese Annahme aber später
s-) Von Rohden schreibt über ß: «Alt ist auch die
derbe viereckige Stütze, die Hand und Körper
verbindet, doch zeigt auch sie mehrere Brüche ;
vielleicht ist ein kleines Stück in der Mitte
zwischengesetzt». Auf der Photographie ist die
Stütze, die in den Abbildungen fehlt, deutlich
erkennbar; nur durch ein Versehen gibt unsere
Skizze sie in punktirten Linien.
3»
Michaelis, Amazonenstatuen.
zurückgenommen und das Bruchstück eines Stabes darin erkannt23. Hiermit stim-
men von Rohden und Kopp überein, die auf meine Bitte dies Fragment von
neuem untersucht haben. Rohden berichtet darüber: «Das alte Stück, das die
Amazone mit der Linken hält, kann unseres Erachtens nur ein Stab (bezw. Lanze)
sein. Es ist rund (cylindrisch) und ganz gerade; man sieht, dafs der ergänzte
Bogen nicht recht daran pafst. Die Richtung dieses alten Stückes weist genau auf
die Schulter hin. An der linken Schulter ist vorn, gerade da wo der Stab sie
berühren müfste, ein kleiner rechteckiger dunkler Fleck; es scheint dort ein kleiner
Ansatz abgearbeitet zu sein. Der Köcher trägt keinerlei Spuren eines alten An-
satzes. Auffällig sind zwei kreisrunde zweifellose Ansatzreste (von der Gröfse eines
Zweimarkstückes), einer am linken Oberschenkel wenige Centimeter unter dem
Gewandsaum, der andere am linken Oberarm auf der rechten Seite ziemlich weit
nach hinten.» Gegen die Annahme eines Stabes erklärt sich freilich Heibig, da der
Durchschnitt des Überrestes eine elliptische Form habe. Kopp bestätigt, dafs
der Durchschnitt in der That nicht ganz rund sondern etwas mehr breit als tief sei;
der Unterschied beider Dimensionen sei aber verschwindend gering, wenn man in
Betracht ziehe, dafs der Druck des Ballens die Ausdehnung von vorn nach hinten
geringer erscheinen lasse, als man sie sich in der That zu denken habe. Heibig
meint, die Hand habe einen Bogen am oberen Ende gehalten und ihn gegen die
Basis herabhängen lassen. Hiergegen scheinen mir die gerade Richtung des Fragments,
die Haltung der Finger die nicht zupacken, die Ansatzspur an der linken Schulter,
und die scharfe Streckung des rechten Arms nach oben zu sprechen. Letztere liefse
sich freilich wohl in Einklang bringen mit Helbigs Auffassung des Gesammtmotivs :
«Die Bewegung des rechten Beines kann ich mir nicht anders erklären als dahin,
dafs die Amazone von einem langen Ritte steif geworden ist und durch die Be-
wegung des Beines den normalen Blutumlauf herzustellen sucht»24. Sollte das
wirklich ein charakteristischer Zug für eine Amazone, eine aus solchem Anlafs sich
reckende und streckende Amazone ein würdiger Vorwurf für eine überlebensgrofse
Statue sein, deren Entstehung wir, wie sich noch zeigen wird, schwerlich weit über
das Ende des fünften Jahrhunderts hinab datiren dürfen? Mir scheint der Befund
der Untersuchung, die Bildung des Stabrestes und die Ansatzspur an der linken
Schulter, in Verbindung mit der Existenz des Bogens in a C und von dessen ent-
stellten Spuren in ß y, mit Nothwendigkeit auf das Motiv zu führen das die Gemme t
darbietet: einen langen Stab, der, auf dem Boden aufgesetzt, durch die linke Hand
23) N. rhein. Mus. XXI, 325 Anm. 4.
'ir) So Heibig in einem Briefe vom 4. Februar d. J.
Unmittelbar darauf hat er in der Sitzung des
römischen Instituts vom 5- Februar das Thema
besprochen. Mir ist darüber bisher nur der
offenbar sehr ungenaue Bericht in der Wochen-
schrift für klass. Philol. 1886, I, 252 f. zugänglich.
Danach soll der Bogen auf die Erde gestemmt
sein (unmöglich bei dieser Handhaltung) und
die rechte Hand den Kopf stützen (auf dem
Kopfe liegen! 8 zeigt keine Spur davon); die
Amazone sei nach langem Ritte eben vom
Pferde gesprungen und stampfe mit dem Bein
auf die Erde (?). Der Trierer Torso mit frei
herabhängender linker Hand (?) gilt für eine
leichte Variation jenes Motivs. Die Darlegung
im Text zeigt, weshalb ich diese Auffassung für
verfehlt halten mufs.
Michaelis , Amazonenstatuen. ßQ
gleitet und am oberen Ende fest gepackt wird. Vermuthlich hat auch der Ansatz
am linken Oberschenkel in ß zur Befestigung des in diesem Exemplar ja aus Marmor
hergestellten Stabes gedient; dessen unteres Ende wird mit der Basis verloren
gegangen sein. Da in der Trierer Hand, falls sie doch zur Statue gehören sollte,
keinerlei Rest sichtbar ist, sie aber nach der Haltung der Finger nicht lose herab-
gehangen haben kann, würde man hier an einen ehernen Stab zu denken haben.
Für die übrigen Exemplare fehlt es an Anhalt zur Entscheidung dieser Frage; nur
scheint der Mangel einer Spur auf der Basis bei ß auf einen ehernen Stab zu führen.
Auch die Haltung des rechten Armes stimmt mit dieser Annahme überein.
Der Arm selbst ist in keiner Copie erhalten, aber die Reste der Schulter in ß f
führen auf eine sehr straff emporgestreckte Haltung des Armes, auch hier im Ein-
klang mit der Gemme a. Sicherlich war aber der Unterarm nicht so häfslich im
rechten Winkel gebogen, wie dies in der matteischen Statue y und schlimmer noch
in der capitolinischen ß der Fall ist. Diese Armhaltung wird vollends unerträglich,
wenn der Kopf nicht mehr gesenkt sondern nach Mafsgabe der Petworther Statue
fast geradeaus gerichtet war, nur so weit geneigt um bei der überlebensgrofsen Statue
einen günstigen Anblick des Gesichtes darzubieten. So bewährt sich denn auch
hierin die Gemme als zuverlässig: der Unterarm ist so weit gehoben, um dem Kopf
darunter gehörigen Spielraum zu lassen, und so weit nach der linken Seite hinüber-
gebogen, um den Stab an seinem oberen Ende fest anpacken zu können.
Die Amazone hat ihren Chiton auf der linken Schulter gelöst. Der vordere
Theil hängt, die Brust entblöfsend, zwischen Hüfte und Köcher herab; da aber die
Öffnung für den Arm, wie auf der rechten Seite ersichtlich ist, nur verhältnismäfsig
eng war, so fällt der hintere Theil des Chitons nicht blofs im Rücken herab, sondern
bedeckt noch zum Theil den Köcher, wie die Tafel i und die Skizze auf S. 36
anschaulich machen. Dieser Lockerung des oberen Chitontheils auf der linken
Seite entspricht das Aufnehmen des unteren Theiles vom linken Schenkel, indem
das Gewand hier ein wenig unter den Gürtel geschoben ist. Von der Bedeutung
dieser Anordnung des Gewandes wird unten (S. 44) die Rede sein.
WÜRDIGUNG DER DREI TYPEN.
Die von Klügmann in seinen beiden Aufsätzen, im rheinischen Museum und
in den Annalen, gegebene Charakteristik der drei Typen ist so treffend, dafs
nur Weniges hinzuzufügen bleibt, zum Theil auf Grund der soeben gewonnenen
Ergebnisse.
Jeder kunstsinnige Beschauer wird dem ersten Typus den Vorrang zuge-
stehen müssen, wo es sich darum handelt das kräftige Mannweib zu schildern, als
welches die Amazone in der griechischen Sage erscheint. Die robusten Formen
und Verhältnisse dieses Körpers entfernen jeden Gedanken an ein gewöhnliches
Weib. Die durch die Wunde veranlafste Mattigkeit, in einfachster Weise durch
das herkömmliche Motiv der auf dem zurückgelegten Haupte ruhenden Hand ver-
anschaulicht, erscheint nur als eine accessorische, durch den Contrast wirkende
aq Michaelis, Amazonenstatuen.
Zuthat; der urwüchsige Ausdruck des Schmerzes in dem vollen breiten Gesichte
und in dem anscheinend geöffneten Munde verräth noch deutlich den Kampf, der
der Verwundung vorhergegangen ist und die Heldin gezwungen hat sich auf den
Pfeiler zu stützen. Es ist dem Künstler gelungen hierfür den einfachsten, treffendsten
Ausdruck zu finden. Und nur auf das künstlerische Motiv kam es ihm an, denn er
hat völlig darauf verzichtet durch äufsere Attribute die Amazone zu bezeichnen und
auf deren Stellung im Mythos hinzuweisen; höchstens machen vielleicht die Sporn-
halter eine Ausnahme, aber auch diese würden nur die Reiterin bezeichnen, jedoch
zur Charakterisirung gerade dieser Amazone und ihrer Situation nichts beitragen.
Über der formalen Vollendung hat der Künstler aber Anderes übersehen. Am
schwersten wiegt der oft hervorgehobene Fehler, dafs durch das Emporheben des
rechten Armes die an derselben Seite befindliche Wunde gezerrt und dadurch die Pein
vermehrt wird. Den versuchten Ausweg, die Wunde der ursprünglichen Composition
abzusprechen, haben wir bereits als unrichtig erkannt. Nicht einmal das nahe
liegende Auskunftsmittel sehen wir benutzt, der Wunde eine senkrechte Richtung zu
geben, wo dann das Heben des Armes eine Schliefsung der Wunde herbeiführen würde.
Der Künstler, der das Motiv schmerzvoller Ermüdung so mächtig zum Ausdruck zu
bringen vermochte, hat sich begnügt den Grund dieser Ermüdung, die Wunde, nur
überhaupt anzudeuten, unbekümmert darum, dafs die von ihm dafür gewählte Stelle
im Widerspruch mit seiner Composition steht. Dieselbe Gleichmütigkeit gegen innere
Motivirung zeigt sich in der Anordnung des Gewandes. Es wäre viel natürlicher
gewesen den Chiton auf der rechten Schulter zu lösen und so die verwundete Seite
vom Gewand frei zu machen. Statt dessen ist die linke Schulter und Brust entblöfst,
offenbar aus dem formalen Grunde den umgeschlagenen Gewandrand gegen die
entlastete, gesenkte Hüfte herabhängen zu lassen; auch die durch das Aufstützen
leise gehobene Schulter kommt so zu schönerer Geltung und die freie Brust erhöht
den Eindruck des breiten Körpers. Weiter ist der untere Theil des Chiton mit dem
Standmotiv der Figur nicht in Einklang gesetzt. Die regelmäfsige Symmetrie des
Faltenwurfes, Steilfalten in der Mitte, beiderseits gleichmäfsig geschwungene Falten
nach Art eines Vorhanges und an den Hüften wiederum senkrechte Partien, ist
einfach von einer ruhig stehenden Gestalt auf diese bewegtere Stellung übertragen.
Infolge dessen liegen die Mittelfalten etwas schräge, statt dafs sie senkrecht fallen
müfsten, und das Standbein findet keinen Ausdruck in der Gewandung.
Irre ich mich nicht, so sind diese Mängel consequenter Motivirung neben
hoher formaler Vollendung und einem Grundmotiv von grofser Einfachheit und
mächtiger Gesammtwirkung, weitere Gründe unseren Typus auf Polyklet zurückzu-
führen, dem er zuerst von Klügmann zugeschrieben ward. Die anderen, am ausführ-
lichsten wiederum von demselben entwickelten Gründe sind zuletzt von Wolters
knapp zusammengefafst worden, vor allem die unverkennbare geschwisterliche Ver-
wandtschaft mit dem polykletischen Doryphoros in Körperbau und Kopftypus,' dazu
die Verwendung eines Hermenkopfes unserer Amazone als eines Gegenstücks zu
einer Doryphorosherme. Auch der Doryphoros beschränkt sich darauf ein einfaches
Michaelis , Amazonenstatuen.
41
künstlerisches Motiv in seiner abstractesten Form darzustellen; beim nahe verwandten
Diadumenos, der sich im Schreiten seine Siegerbinde anlegt, begegnet uns eine
ähnliche Nichtachtung inneren Zusammenhangs gegenüber äufseren Vorzügen, wie in
unserer Amazone. Ja man möchte fast versucht sein in dem zurückgestellten linken
Fufs der letzteren noch einen Anklang an das durch die genannten Statuen und ihre
Genossen uns so anschaulich gemachte Lieblingsmotiv Polyklets zu finden, uno
crure 11t insistant signa. Auch die geringe Ausladung der rechten Hüfte im Ver-
hältnis zur Biegung des Körpers findet ihre Analogien in den andern polykletischen
Statuen. Endlich mag auch die kunstvolle Sorgfalt, mit der auch Nebendinge wie
die Schnalle des Gürtels behandelt sind, für Polyklet charakteristisch sein. Alles
in Allem, besitzen wir in seiner Amazone ein Werk, das neben den Grenzen seiner
Befähigung auch die Höhe seines Könnens uns glänzend vor Augen stellt, vielleicht
in noch höherem Grade als der lediglich formal bewunderungswürdige, geistig aber
unbedeutende Speerträger. Wir begreifen vollkommen das Urtheil des Alterthums,
das der Statue Polyklets den Preis unter den Amazonenstatuen zuerkannte, ein
Urtheil, dessen Giltigkeit auch noch für die spätere Zeit des Alterthums durch die
grofse Anzahl vorzüglicher Nachbildungen bezeugt wird.
Diese Anerkennung darf uns aber nicht blind machen gegen die eigentüm-
lichen, gewissermafsen entgegengesetzten Vorzüge des zweiten Typus. Freilich
hat die Amazone etwas von ihrer quadraten Mächtigkeit verloren; neben dem
gewaltigen Knochenbau und den harten straffen Muskeln ist auch das blühende
Fleisch zu seinem Rechte gekommen; es ist nicht mehr blofs die kriegsgewohnte
Männin, die dvcta'vstpa, sondern ihr ist so viel Weibliches beigemischt wie eine
Amazone vertragen kann, etwa wie die dorische Architektur unter attischen Händen
so viel ionischen Zusatz erfahren hat, dafs sie an Feinheit gewann was sie an
Mächtigkeit einbüfste. Dies steht in enger Verbindung mit zwei Hauptvorzügen
dieser Statue, dem ergreifenden Ausdruck nicht blofs physischen Schmerzes, sondern
zugleich gemüthlichen Leidens, und, wie schon Klügmann richtig betont hat, der
consequenten Durchbildung des einen Grundmotivs der Verwundung. Der Wunde gilt
die Entlastung des rechten Beins und das Aufstützen auf die Lanze mit der rechten
Hand; die Wunde veranlafst die Handlung der linken Hand und die Entblöfsung
der ganzen rechten Seite des Oberkörpers; die Wunde bewirkt die Neigung des
Hauptes und gibt dem Blick seine Richtung, sie rechtfertigt den Ausdruck der
Trauer in dem seelenvollen Gesicht; die Wunde ist auch äufserlich dem Centrum
der Darstellung möglichst genähert, indem sie durch die starke Ausbiegung der
linken Hüfte, und andererseits infolge der Erweiterung der Composition durch die
Lanze, der Mittellinie des Ganzen näher rückt. Alle Anstände des vorigen Typus
sind hier vermieden. Der gehobene Arm ist gut motivirt, die Wunden sind mehr
nach vorn, diejenige an der Brust an eine minder gefährliche Stelle verlegt, die
verwundete Körperseite ist entblöfst, die unverwundete trägt den Körper, und um
das Standbein fallen die Falten des Chitons steil herab im Gegensatz zum loseren
Schwung um das entlastete Bein. Der Zusammenschlufs der Gestalt in allen ihren
±2 Michaelis, Amazonenstatuen.
Theilen ist vortrefflich gelungen; auch der Mantel hinter dem Rücken, der am Halse
und neben beiden Hüften erscheint, dient dem gleichen Zweck, und Alles gipfelt in
dem herrlichen Schmerzensausdruck des gesenkten Hauptes. In dem polykletischen
Typus konnte die Verwundung lange übersehen oder nicht gehörig beachtet bleiben :
hier geht Alles in dem einen Motiv auf.
Kein Wunder, dafs man schon früh geneigt war, in dieser Gestalt die von
Plinius 34., 76 bezeugte Amazonem volneratam des Kresilas zu erkennen, ohne
freilich zu bedenken, wie lückenhaft unsere Überlieferung und wie zufällig meistens
die Erhaltung oder der Mangel derartiger Einzelzeugnisse in den spärlichen Trüm-
mern antiker Kunstlitteratur ist. Neuerdings hat denn auch Klügmanns Zurückführung
unseres Typus auf Phidias viel Anklang gefunden, dessen Amazone sich nach
Lucians Zeugnis ebenfalls auf eine kurze Lanze stützte (£ir£p£i3o[i.EV?i xtü Sopaxttp
imag. 4) und aufserdem um der Fügung des Mundes und um des Nackens willen
(aTopaTos dpjAO-pjv xctt tov ixuyivx ebenda 6) bewundert ward. Über die Schönheit des
Nackens im Einzelnen zu urtheilen erlaubt die mäfsige Ausführung der erhaltenen
Copien kaum, wir müssen uns begnügen die ganze Neigung des Halses als höchst
anmuthig anzuerkennen und mit Kekule darauf hinzuweisen, dafs der Nacken trotz
des Mantels völlig sichtbar ist. Ebenso ist die Bildung des Mundes, namentlich mit
dem der polykletischen Amazone verglichen, von grofser Feinheit; das Zurücktreten
der Unterlippe, die gröfsere Zartheit der Lippen, der feinere Schwung der Mund-
winkel sind ebenso viele Vorzüge, die vollends bei der richtigen Haltung des Kopfes
sprechend hervortreten. Nur scheint mir der Ausdruck stillen Leidens im Munde
so klar ausgesprochen, dafs die Verwendung eben dieses Mundes für das von Lucian
entworfene weibliche Idealbild, dem ein solcher Zug nicht zukommt, Schwierigkeit
bereitet. Weiter macht Kekule, und ihm folgend Wolters, gegen die Zurückführung
auf Phidias die offenbare Abhängigkeit der gesammten Composition und namentlich
des Kopftypus von der polykletischen Amazone geltend. Ich gestehe dafs ich dies
Urtheil, so weit es sich auf die Gesammtcomposition bezieht, allenfalls verstehe, wenn
man die polykletische Amazone als ursprünglich fest auf den Füfsen stehend, nicht
auf den Pfeiler gestützt annimmt; gegenüber dem was wir, wie ich meine mit streng
methodischer Kritik, für dieselbe ermittelt haben, finde ich jene Annahme nicht
mehr gerechtfertigt, ja kaum verständlich, da eben Alles verschieden ist, im Haupt-
motiv, im Charakter der Figur, in jeglichem Einzelmotiv. Nur die von Wolters
besonders betonte Ähnlichkeit in den Hauptformen des Kopfes bleibt bestehen, aber
auch nur in den Formen, während der Geist der die Züge belebt wiederum ganz
verschieden ist. Und zwar scheint er mir in dem zweiten Typus specifisch attisch
zu sein, ebenso attisch wie die consequente Entwickelung der ganzen Composition
aus einem innerlichen Grundmotiv; wie denn auch Kekule geneigt ist die Erfindung
dieser Figur der attischen Schule zuzuschreiben. Besteht überhaupt ein directes
Abhängigkeitsverhältnis zwischen den beiden Typen, so scheint es mir nur so
denkbar zu sein, dafs der Erfinder des zweiten eine Kritik des ersten ausüben und
zeigen wollte, wie eine verwundete Amazone aus einem Gusse gebildet sein müsse.
Michaelis, Amazonenstatuen. a?
Ich halte diese Auffassung nicht gerade für nothwendig, nimmt man sie aber an,
so gestehe ich nicht abzusehen, warum nicht Phidias eine solche Kritik an seinem
grofsen Nebenbuhler hätte üben können; so gut wie in der attischen Schule der
Diadumenos des argivischen Meisters dem nicht durchweg geglückten Versuch einer
Correctur unterzogen worden ist. Leider erlauben die erhaltenen gerade besonders
mangelhaften Copien des zweiten Typus kein Urtheil, wieweit die stilistischen Eigen-
thümlichkeiten der phidiasischen Kunst sich in jener Statue wiederfinden, und anderer-
seits wissen wir zu wenig über das Verhältnis in dem der Kydoniate Kresilas,
dessen bezeugte Thätigkeit in Argolis zur Erklärung der Ähnlichkeit mit dem
polykletischen Kopfe geltend gemacht werden könnte, zur attischen Kunst stand. Es
wäre ja wohl möglich, dafs die charakteristischen Eigenthümlichkeiten des Atticismus ,
wie sie im zweiten Typus hervortreten, auch für Kresilas pafsten. Immerhin wird,
wenn wir für unsere Statue die Wahl zwischen Phidias und Kresilas stellen, die
offenbare Beliebtheit dieser Figur in römischer Zeit eher für den berühmteren
Meister in die Wagschale fallen als für den minder bekannten Künstler, dessen
Doryphoros über dem des Polyklet in Vergessenheit gerathen ist, und der am
ehesten durch sein Periklesbildnis bei der Nachwelt fortlebte2'.
Für noch weniger begründet halte ich Kekules Meinung, dafs auch der
dritte Typus von der polykletischen Statue abzuleiten sei. Rein äufserlich betrachtet
läfst sich ja Manches dafür anführen: das rechte Standbein und das gebogene linke
Bein, der stark gehobene rechte Arm, die Entblöfsung der linken Brust und der
schräge Zug des gelösten Chitonrandes sind beiden Typen gemeinsam, und so
wurden sie denn ja auch bis auf Jahns Unterscheidung immer zusammengeworfen.
Die Ähnlichkeit ist aber doch nur dann mehr als äufserlich, wenn man einerseits
der polykletischen Statue ihren Pfeiler entzieht und andererseits unsere Amazone für
eine Ermattete hält. Dies ist allerdings meistens der Fall, nicht blofs bei älteren
Gelehrten, die den Bogen in den Händen für sicher bezeugt hielten, sondern auch
beispielsweise bei Friederichs, der die nattersche Gemme a mit dem Stabe seiner
Auffassung zu Grunde legte, aber allerdings an der Zugehörigkeit der gesenkten
trauernden Köpfe in ß 7 festhielt; so entstand ihm der Eindruck einer Ermatteten
und dem schien ihm die Stellung, die einer Stütze bedürfe, zu entsprechen. Noch
einen Schritt weiter ist Wolters gegangen, indem er den Grund der Ermattung in
einer Wunde am linken Bein vermuthet26. Von einer solchen wird freilich nirgend
eine Spur sichtbar, ja es erscheint fraglich ob eine Verwundung blofs am Bein,
2ä) Ähnlich urtheilt Overbeck Plastik I2, 395 f., der Ich kann der Vermuthung Oertels keine Beweis-
gegen Kresilas auch noch geltend macht, dafs kraft zugestehen; können Plinius Worte in der
nach der Vermuthung Oertels (Leipz. Stud. II, That nicht auf Dieitrephes oder sonst eine Por-
26) bei Plinius 34, 74 die Worte Cresilas volne- trätstatue bezogen werden , warum denn nicht
ratum deficientem, in quo possit intelkgi quantum auf einen verwundeten Heros, wie der claudi-
restet animae von dem Schriftsteller misverständ- cans auf Philoktetes u. s. w. ?
lieh auf einen Verwundeten statt auf die Ama- 26) Friederichs-Wolters S. 237. Ihm stimmt Heyde-
zone bezogen worden seien, diese Charakteristik mann zu in der Wochenschr. für klass. Philol.
passe aber nicht auf den capitolinischen Typus. 1885, II, 15 14.
44
Michaelis, Amazonenstatuen.
wenn sie nicht wie bei Adonis und Ankäos durch den Mythos gegeben ist, für ein
glückliches Motiv gelten kann. Aber auch davon abgesehen hatKekule27 sicherlich
Recht, wenn er es unglaublich findet, dafs die Amazone «sich in dieser Haltung,
zugleich tableaumäfsig und unbequem, auf einem Speer ruhend aufstütze». Eine so
gesuchte Stellung für eine Ermattete oder gar Verwundete ist schlechterdings un-
denkbar.« Da war Göttlings Auffassung, dafs die besiegte Amazone im Begriff sei
den Bogen abzunehmen (eine Auffassung deren Unhaltbarkeit Friederichs gut dar-
gethan hat) immerhin noch besser berechtigt, insofern sie wenigstens den bewegten
Charakter der Statue anerkannte und die Senkung der linken Schulter mit in Betracht
zog. In der That bildet unsere Amazone, so wie ihr Motiv sich uns aus der obigen
Erörterung ergeben hat, den stärksten Gegensatz gegen die leidenden Genossinnen
der anderen beiden Typen. Hier ist Alles Energie, Alles Anspannung für eine
bevorstehende Kraftäufserung. Welcher Art aber diese Thätigkeit sei, haben K. O.
Müller und nach ihm Steiner und Klügmann, obschon sie nur die Gemme heran-
ziehen konnten und den Petworther Kopf noch nicht kannten, richtig gesehen: die
Amazone bereitet sich zum Sprunge mit dem Springstabe vor, swnit posita conamen
ab hasta, wie es bei Ovid (Met. 8, 366) heifst. Was sich im Einzelnen gegen diese
Ansicht vorbringen läfst, haben Göttling und Jahn zusammengestellt; ihre Bedenken
erledigen sich aber alle durch die genaue Analyse der einzelnen Exemplare. Wenn
ferner Kekule (a. a. O.) meint, der Augenschein lehre auf das Unzweideutigste, dafs
die Amazone nicht in der Haltung vor einem Sprunge sei, so kann ich dem nicht
beipflichten. Der Sprung selbst ist natürlich statuarisch nicht darstellbar, die Vor-
bereitung aber läfst sich in zweierlei Weise anschaulich machen. Entweder gilt es
dem unmittelbar vorhergehenden Moment. Dann müfste der linke Fufs zurück-
gestellt, der rechte und der Stab vorgesetzt sein, so dafs im nächsten Augenblick
die Vorwärtsbewegung des Körpers Alles in Schwung setzen würde. Unser Künstler
hat die Vorbereitung etwas weiter zurückverlegt28. Der rechte Fufs tritt bereits
fest auf, es gilt nunmehr auch für den Stab einen festen Stand zu gewinnen. Die
ganze rechte Seite streckt sich straff empor, um den langen Stab, wie es für den
Sprung erforderlich ist, möglichst hoch zu packen. Unwillkürlich senkt sich bei
dieser Bewegung die linke Schulter. Die linke Hand hat zunächst keine andere
Aufgabe als die Stellung des Stabes zu regeln und zu sichern; darum ist der Arm
nicht straff gestreckt, und die Hand packt nicht den Stab, sondern läfst ihn durch
die Finger gleiten. Ebenso steht das linke Bein gelockert da, weil es gilt den
Punkt zu finden, wo ohne Mitwirkung dieses Beines der Schwung ausgeführt und
die gerade Richtung desselben gesichert werden kann. Hat der Stab erst den
geeigneten Platz gefunden, so wird der linke Fufs zurücktreten in die oben geschil-
derte Stellung; damit aber weder hierbei noch beim Sprunge selbst der Chiton
(wie so oft beim Fries von Bassae) sich stramme und das freie Auseinandertreten
der Beine hindere, ist er am linken Schenkel gelüpft und unter den Gürtel geschoben,
27) Akad. Kunstmus. in Bonn S. 80. Buch mir nicht zugänglich ist, ausgeführt zu
28) Eine ähnliche Ansicht scheint Steiner, dessen haben.
Michaelis, Amazonenstatuen. At
ebenso wie die Lösung des Chitons auf der gesenkten linken Schulter aus dem
Bedürfnis hervorgegangen ist dem Arm völlig freie Bewegung zu verstatten. Der
Kopf aber, von der starken Hebung des rechten Armes ein wenig bei Seite gedrängt,
ist aufgerichtet und schaut mit gesammeltem Ausdruck und geschlossenen Lippen
vorwärts, ein deutlicher Beweis, dafs es sich nicht um ein Ausruhen sondern um
eine alle Kräfte anspannende Thätigkeit handelt. Der ganze gewählte Moment ist
dem des sog. ruhenden Diskobolen nahe verwandt. Auch dort gilt es nur erst
Stellung zu nehmen, dort mit dem rechten Fufs, wie hier mit dem Stabe; auch
dort ist die beim Wurf minder wichtige linke Hand nur mit dem vorläufigen Halten
der Scheibe beschäftigt; auch dort wird noch ein weiterer Moment, der der begin-
nenden Ausführung, folgen, ehe der Höhepunkt der ganzen Handlung erreicht ist;
ja man könnte die von Kekule (a. a. O.) auf jene Statue bezogenen Worte aus der
Charakteristik des euftujj.0? in der aristotelischen Physiognomik (S. 808 a Bk.): xd irapt
-». ojj.(xa-a Taweivotspa, xal uTrvtuosarapov to npostoirov cpocivatai auch auf unseren Kopf mit
den etwas bedeckten Augen anwenden. Ich will damit durchaus nicht behaupten,
dafs die Durchbildung des verwandten Motivs unserem Künstler gleich gut gelungen
wäre, wie dem Erfinder jener meisterhaften Statue, aber er erstrebte wenigstens für
die — an sich wohl schwierigere — Darstellung des bevorstehenden Sprunges das
Gleiche, was jener für den Diskoswurf so glücklich geleistet hat. Auch hat er
sich nicht ohne Erfolg bemüht alle Einzelheiten aus dem einen Grundmotiv abzu-
leiten, und dem antiken Beschauer ist ohne Zweifel Manches ohne Weiteres klar
gewesen, dessen Verständnis wir uns erst umständlich vermitteln müssen. Endlich
hat der Künstler auch nicht versäumt darauf hinzuweisen, weshalb eine Springübung
für die Amazone angezeigt sei. Der Spornhalter ist kein epitheton ornans der
Amazonen, sondern gebührt der Reiterin. Auf das Pferd aber schwang man sich,
wie Xenophon (uspt itctt. 7, 1) beweist, entweder blofs mit den Händen oder mit
Hilfe der langen Lanze (ano Sopotxo? ävairyjSäv). Da nun dies sich nicht ohne ein
Pferd hätte darstellen lassen, weil die nicht mit der Lanze beschäftigte Hand Zügel
und Mähne am Widerrist zu packen hat, so blieb nichts übrig als der sprungbereiten
Jungfrau als Andeutung wenigstens den Spornriemen zu geben. Auch der Köcher,
bei einer blofsen Springübung auffällig, pafst zur Reiterin; berittene Amazonen
führen besonders gern den Köcher an der Seite und den Speer in der Rechten.
So kann man denn endlich auch zweifeln ob nicht unserer Figur statt des Spring-
stabes lieber die lange Lanze, das oopu Xenophons, in die Hände zu geben sei; die
Gemme würde dagegen schwerlich als vollgiltiges Zeugnis gelten können.
Während man früher den Typus III stets als gleichzeitig mit dem anderen
ansah, ja Scholl ihn sogar als Seitenstück zum Typus I erfunden sein liefs, verwies
Klügmann ihn zuerst wegen der gröfseren Schlankheit und der künstlicheren An-
ordnung des Gewandes in eine «etwas spätere» Zeit und kam auf Winckelmanns
Vermuthung zurück, dafs es sich um Strongylions söxv^p-oc (Plin. 34, 82), also ein
Werk etwa aus der Zeit des peloponnesischen Krieges, handle. Viel weiter geht
Kekule, der das Original schwerlich früher als Lysipp, vielleicht erst in der Zeit
Aß Michaelis, Amazonenstatuen.
der neuattischen Schule entstanden glaubt; ihm folgen Hettner, der es etwa dem
Apollon vom Belvedere gleichzeitig ansetzt, sowie Overbeck und Wolters, die es
nur als beträchtlich jünger als Typus I und II bezeichnen. Ich habe schon in meinem
englischen Katalog ausgesprochen, dafs der Petworther Kopf mit einem so späten
Ansatz unvereinbar ist29. Mögen Formen und Ausdrucksweise auch immerhin
etwas jünger sein als die der beiden anderen Köpfe, so weichen sie doch noch viel
mehr von dem Charakter jener späteren Zeiten ab. Ich bin geneigt den Kopf noch
dem fünften Jahrhundert zuzuweisen, auf keinen Fall darf man über den Anfang
des vierten Jahrhunderts hinabgehen. Man kann auch nicht zu der Annahme, der
Kopf sei von den früheren Typen entlehnt, seine Zuflucht nehmen; dazu sind die
formalen Abweichungen zu grofs, und vollends ist der Ausdruck ganz verschieden.
Ebenso sprechen die Proportionen gegen nachlysippische Entstehung, denn der
Kopf von 6 ist im Verhältnis zur Statue, wie auch Klügmann bemerkte, eher etwas
grofs und schwer. Die gröfsere Schlankheit der gesammten Gestalt aber hängt
wesentlich damit zusammen, dafs eine möglichst grofse Streckung des Körpers hier
durch das Motiv geboten ist, während die capitolinische Amazone etwas zusammen-
gesunken, die lansdownesche in anderer Weise gewunden ist und überdies durch
die ungewöhnlich mächtige Breite polykletischer Proportionen eine besondere Stel-
lung einnimmt. Überhaupt besteht aufserhalb der polykletischen Schule kein so
fester Kanon, dafs wir um etwas schlankerer Verhältnisse willen eine Statue um ein
Jahrhundert jünger ansetzen müfsten. Was aber die Gewandung anlangt, so
beschränkt sich deren künstlichere Anordnung doch wesentlich auf das Aufnehmen
des Chitons am linken Schenkel. Wenn nun Wolters am Friese von Giölbaschi
ein, wenn auch nicht ganz identisches, so doch sehr ähnliches Motiv nachweist30,
so ergibt sich, dafs das Motiv an sich keinen Beweis gegen die frühere Entstehungs-
zeit abgibt; es kommt nur darauf an, dafs seine Anwendung innerlich begründet sei,
und das ist bei der sprungbereiten Reiterin der Fall, für die gerade die Hervorhebung
der kräftigen Schenkel bezeichnend ist. Als ganz einfach wird man doch auch
schwerlich das Motiv der capitolinischen Amazone gelten lassen können, dafs sie
mit dem linken Arm den hinter dem Rücken herabhängenden Mantel gegen die
Hüfte klemmt. Aufser der Anordnung kommt aber auch die Durchführung des
Gewandes in Betracht. Hier dürfen wir nur nicht die in dem trocken eleganten Stil
der Kaiserzeit ausgeführten römischen Statuen ß •( oder die geringe Petworther Statue S
dem Urtheil zu Grunde legen, sondern müssen uns an den Trierer Torso halten.
Mit Recht bemerkt Hettner: «während an dem Gewand des vaticanischen [und
noch weit mehr des capitolinischen] Exemplares die Falten kleinlich, knitterig
und eintönig gelegt sind, sind sie am Trierer Torso abwechslungsvoll zu gröfseren
Partien zusammengenommen und naturgetreu gestaltet». Das allgemeine System
2a) Ebenso Heydemann an der in Anm. 26 bezeich- lichkeit wohl zugeben können, ohne deshalb so
neten Stelle. Wenn er unseren Kopf in Stil weit zu gehen wie Heydemann.
und Ausdruck genau dem Kopf der Hera Farnese 30) Oesterr. Mittheil. 1882 Taf. 7, Streifen 2 ganz
gleichen läfst, so wird man eine gewisse Ahn- links (in der Abbildung nicht ganz genau).
Michaelis , Amazonenstatuen. aj
der Durchbildung aber, neben den grofsen durch die Lage des Gewandes gebildeten
Falten auch die kleineren Kräuselungen des Stoffes selbst zum Ausdruck zu bringen,
ist schon den Giebelfiguren des Parthenon, namentlich der liegenden Frauengestalt
des Ostgiebels, nicht fremd, wenn auch nicht so weit durchgeführt wie in der
Bronzestatue unserer Amazone. — Endlich darf bei der Zeitbestimmung nicht über-
sehen werden, dafs der Köcher mit untergebundenem Bogen nur der älteren Kunst
angehört und sich, so weit ich sehe, kaum über das fünfte Jahrhundert hinaus wird
nachweisen lassen.
Somit glaube ich, dafs auch in diesem Punkte Klügmann richtiger geurtheilt
hat als seine Nachfolger und dafs er wohl that die Entstehung unseres Typus nur
etwas später als die der verwundeten Amazonen anzusetzen. Die Frage nach dem
Urheber läfst sich meines Erachtens nicht entscheiden. Müllers früher mehrfach
befolgte Zurückführung auf Phidias ist, auch von dem jüngeren Stilcharakter abge-
sehen, unhaltbar; die lange Stange oder Lanze ist kein SopaTtov, das Ansetzen der-
selben zum Sprunge ist kein iTCpst'ösaäai, und die ap[J.ofrj des Mundes an dem Pet-
worther Kopf konnte Lucians Lykinos schwerlich geneigt sein in sein Idealbild zu
versetzen, da die etwas unfreundliche Energie dieser geschlossenen Lippen zum
Obergesicht der Knidierin gar zu übel gepafst haben würde. Aber auch Stron-
gylions £uxvr)tiO? kann es nicht wohl sein; nicht sowohl weil man eher den Namen
eüjATjpoi erwarten würde, sondern weil nach Urlichs' und Hoffmanns, auch von Klüg-
mann später als richtig anerkannter Bemerkung Plinius Worte in comitatu Neronis
principis circumlatam mit Nothwendigkeit auf eine Statuette führen31. Auf Phrad-
mon zu rathen liegt natürlich gar kein Anhalt vor. Damit fällt denn auch jeder
Grund fort das Original unserer Figur unter den Bildwerken des ephesischen Arte-
mision zu suchen, was mir für die Originale der vier von Plinius genannten Meister
allerdings als einziger fester Kern der von ihm erzählten Anekdote festgehalten
werden zu müssen scheint.
Ad. Michaelis.
31) Urlichs in der Chrestom. Plin. zur Stelle. Hoff- 104 Anm. 2. Overbeck Plastik I3, 476 Anm.
mann Philol. XXIII, 402. Klugmann ann. 1872, 114.
Jahrbuch des archäologischen Instituts
^a^JUJ- >V
GEWEIHTER FROSCH.
Vor kurzem ist in das Berliner Museum ein Frosch von Bronze gelangt, von
dem wir eine Abbildung in der wirklichen Gröfse hier vorlegen. Die Herkunft des
kleinen Denkmals ist nicht näher bezeichnet worden als dafs es aus dem Peloponnes
stamme, doch wird die Betrachtung der Aufschrift die wünschenswerte Ergänzung
dieser Angabe gewinnen lassen. Da die Lesung zum Teil besondere Schwierigkeiten
bietet, möchten wir den Tatbestand, wie er nach einer oft und unter verschiedener
Beleuchtung angestellten Untersuchung sich ergeben hat, genau darlegen: wer in
der Entzifferung stark verwitterter Bronzeinschriften Erfahrung hat, weifs, dafs die
zufällig entstandenen Risse und Punkte, welche die ganze Oberfläche zu bedecken
pflegen, den täuschenden Schein von Buchstaben hervorbringen können, während
die wahren Schriftzüge zuweilen bis auf eine zunächst ganz unkenntliche Spur unter
den Oxydwucherungen verschwinden, so dafs nur die eingehendste wiederholte
Untersuchung vor Irrtümern schützen kann.
Von den beiden Zeilen der Inschrift ist die längere verhältnifsmäfsig leicht
festzustellen; sie lautet "Afiwv Stuvoou. Die erste Frage ist, ob dem Alpha nicht ein
Buchstabe vorhergegangen sei: es befindet sich vor derselben eine bogenförmige
Vertiefung, die den Resten der Schrift nicht unähnlich ist. Sie ist aber unzweifelhaft
zufällig, da jede Spur von weiteren Elementen, mit denen sie einen Buchstaben
ausmachen könnte, fehlt; es war auch durchaus passend, dafs der Graveur die Schrift
nach dem durch das Ende des Kopfes gebildeten Abschnitt beginnen liefs. An
der Namenbildung "A[a«uv ist auch, obwol sie neu ist, nicht das mindeste auszusetzen:
sie verhält sich zu ctjxot'tu ebenso wie 6/]pa>v zu ürjpocu), 'Hßoiv zu Tjßa'u), Ntxcuv zu vuauj.
Am Ende dieser Zeile erscheint links unten vor V eine kleine Einritzung, welche
erwägen läfst, ob sie nicht der Rest einer Hasta ist, die den Buchstaben zu einem
Ny machen würde, aber es ist nach oben hin keine Spur einer Fortsetzung dieses
Fränkel, Geweihter Frosch.
49
Strichelchens vorhanden, vielmehr erscheint hier die Oberfläche intact: die scharfe
Deutlichkeit jener Vertiefung wird durch späteres Kratzen in eine kleine Verletzung
hervorgebracht sein, wie es, um die Inschrift lesbarer zu machen nach gerade an
dieser Stelle unverkennbarer Spur sicher stattgefunden hat.
Wir können demgemäfs die Lesung dieser Zeile mit "A(i(uv Siovoou, offenbar
Name und Vatername eines Weihenden, als ganz zuverlässig bezeichnen. Auf
Grund dieses Ergebnisses sind wir in der Lage die Heimat des kleinen Denkmals
mit vollkommener Sicherheit zu bestimmen. Dafs die Formen und der Ductus der
Buchstaben in recht alte Zeit verweisen, ist ohne weiteres einleuchtend; die Inschrift
kann nicht später angesetzt werden als in die erste Hälfte des fünften Jahrhunderts.
Finden wir dabei im Genitiv des Vaternamens das nichtdiphthongische ou schon OV
geschrieben, so werden wir für die Herkunft unseres Denkmals dahin gewiesen, wo
diese Schreibung in alter Zeit allein üblich war: nach Korinth und seinen Colonien.
Dieser Bestimmung entspricht auch das zweite durch die Schrift gebotene Kenn-
zeichen: die Anwendung der aufrechten Form des vierstrichigen Sigma in so früher
Zeit. OV findet sich in notorisch sehr alten Inschriften von Korinth und den korinthi-
schen Colonien, so in der Peraea Inscriptiones antiquissimae 18, in Korkyra in der
Bustrophedon-Inschrift 340 und der linksläufigen 342, auf der in Olympia gefundenen
Lanzenspitze 24; vierstrichiges Sigma wurde nach der Helmaufschrift des Hieron (510)
schon Ol. 76, 3 in Syrakus geschrieben, es steht in Inschriften sehr alten Charakters
von Korkyra (345 — 347), Selinunt (515 — 517) und Anaktorion (330); in Akrae haben
wir OY und i. neben einander in der Bustrophedon-Inschrift 507 '. Da die Colonien
durch die Angabe des Verkäufers ausgeschlossen sind, so werden wir nicht zweifeln
können, dafs unser kleines Denkmal aus Korinth selbst stammt.
Die Sicherheit, die wir über die Herkunft der Inschrift aus der einen Zeile
gewonnen haben, wird uns für die Lesung der zweiten zu gute kommen. Kein
Zweifel kann über die letzten 5 Zeichen obwalten; das schliefsende Iota ist in einem
kleinen aber sicheren Rest erhalten. Auch dafs der zweite Buchstabe ein Omikron
war, ist kaum fraglich, obwol es nicht regelmäfsig geraten und das Innere des
Rundes zerfressen ist. Viel schwieriger ist der erste Buchstabe zu bestimmen:
sicher ist die erste von links unten nach rechts oben gehende Hasta, der oben an
dieselbe anschliefsende kleine Bogen und der von diesem aus nach unten gehende
kurze Strich; von der bogenförmigen Spur, die unten links an die zuerst genannte
fünften Jahrhunderts abschliefst. Auf die Chro-
nologie der für die Oeffentlichkeit bestimmten
Inschriften wird übrigens aus solchen Einritzun-
gen nur mit der äufsersten Vorsicht geschlossen
werden dürfen , wie jetzt Köhler gezeigt hat
(Mittheilungen X S. 359 ff.), dafs für Athen selbst
die Gleichstellung der Grabinschriften mit den
übrigen ein grofser Irrtum war. Bei Röhl
Inscr. antiq. 22 ist aus Kirchhoffs auf Schätzung
beruhendem Ansatz des Exekias ein constat ge-
worden.
') In der zuerst Biillett'mo d. Inst. 1865 p. 241 ver-
öffentlichten korinthischen Inschrift, welche auf
einer Vase des Exekias von ihrem Besitzer ein-
geritzt, also frühestens diesem Maler gleichzeitig
ist, wird Sigma noch /V\ geschrieben. Kirchhoff
(Alphabet S. 91) setzte den Exekias in die erste
Hälfte des fünften Jahrhunderts; nach den seit-
dem gemachten epigraphischen Entdeckungen
wird aber die Bestimmung von Klein {Annali
1877 p. 255f.) richtiger sein, nach welcher die
Tätigkeit des Exekias mit dem Beginn des
cq Fränkel , Geweihter Frosch.
Hasta ansetzt, ist es vollkommen möglich, aber nicht sicher, dafs sie von einem
Buchstabenelement herrührt. Die punktirt gezeichnete schräge Hasta zur Rechten
tritt in gewissem Lichte als eine allerdings sehr schwache Linie so deutlich hervor,
dafs man ihrer ganz sicher zu sein glaubt, dann aber wird man daran wieder
völlig irre; die Wahrscheinlichkeit, dafs diese feine Linie zufällig entstanden ist,
überwiegt bei Weitem. Obwol man also die Form dieses Buchstabens nicht völlig
ausmachen kann, so steht doch soviel fest, dafs er nur ein Beta oder ein Ny gewe-
sen ist, und da sich mit Ny kein möglicher Name ergiebt, auch bei einem Ny der
Bogen in der zweiten Hasta ein seltsamer Mifsgriff des Graveurs wäre, so können
wir das Zeichen mit Zuversicht als Beta deuten. Diese Deutung kann sogar auch
dann bestehen bleiben, wenn der unwahrscheinliche Fall zutreffen sollte, dafs die
Form des Buchstabens eine Ny-artige war: auf der Monumenti d. Inst. 1855 Taf. XX
veröffentlichten korinthischen Vase sieht das Beta im Namen Acttcpoßo? einem Ny
ganz gleich, während es in Fsxdßa und Ksßpwva? nur umgekehrt und durch breite
Abrundung der Ecken variirt ist; auch in den korinthischen Colonien Anaktorion und
Selinunt hat es die Form eines umgekehrten Ny [Inscr. antiq. 329. 515). Für die
Kenntnifs der Entwickelung des Buchstabens in Korinth selbst fehlt es noch durchaus an
Material: er hat sich bisher dort nur in Toninschriften spätestens des sechsten
Jahrhunderts, nämlich auf den Weihetäfelchen des Berliner Museums und der in den
Mittheilungen des athen. Instituts 1879 Taf. 18 bekannt gemachten Vase gefunden.
Die ganze Inschrift ist demnach "Ajaidv 2(uvoou Boasovt zu lesen. Der Name
Bodatov ist von ßoa<u untadelhaft gebildet und hat viele Analogien, wie Ae$u>v, 'la'aeuv,
Kzrfiwv, Audu)V, üauatov, 2irsü<jtov u. s. w. Um auszumachen, welcher Gott in Korinth
den Beinamen Boaaiuv geführt hat, erinnern wir uns der im Altertum sehr berühmten
Brüder unseres Frosches, welche am Fufse einer Palme mit Wasserschlangen vereint
aus dieser Stadt von Kypselos dem delphischen Apollo geweiht worden sind.
Schon den Besuchern Delphis, von denen uns Plutarch erzählt2, war es auffallend,
dafs diese Sumpfgeschöpfe am Fufse des gerade in sumpfiger Erde nicht ge-
deihenden Baumes gebildet waren; da ihnen eine symbolische Beziehung der
Frösche zu Korinth unbekannt war, suchten sie nach einer Beziehung derselben
zu Apollo, wobei sie aber in ihren auf seine Identität mit der Sonne gegrün-
deten Conjecturen nur ihre gänzliche Ratlosigkeit dartaten. Viel weiser, wie
nicht anders zu erwarten ist, behandelten die sieben Weisen die Frage nach der
Bedeutung dieser Frösche, bei deren von Plutarch so anmutig geschildertem Gast-
mal3 sie durch Pittakos von Mytilene aufgeworfen wurde: Periander Kypselos'
Sohn schiebt die Antwort dem Chersias zu, der bei der Weihung zugegen gewesen
sei; Chersias erweist sich seinerseits durch die Kunst, mit welcher er dem Bekennt-
■nifs seiner Unwissenheit aus dem Wege zu gehen versteht, der Ehre an diesem
Weisheitsmale teilzunehmen vollkommen würdig. Man sieht, dafs die Symbolik des
Frosches schon im späteren Altertum dunkel geworden war, aber den von den
2) Cur Pythia nunc non reddat oracula carmine 3) p. 164A.
P- 399 F.
Fränkel, Geweihter Frosch.
Si
erstgenannten Personen des Plutarch aus der Weihung des Kypselos gezogenen
Schlufs, dafs der Frosch dem Apollo heilig sei, müssen wir für durchaus begründet
halten; vielleicht wird es uns besser wie ihnen gelingen den Sinn dieser Beziehung
zu ermitteln. Zwar darauf, dafs die aristophanischen Frösche (V. 231) sich der Gunst
des Apollo rühmen, da sie ihm das Rohr zum Steg der Leier hegen, ist kein Ge-
wicht zu legen, denn diese Dankbarkeitsempfindung des musischen Gottes hat der
gefällige Dichter gewifs nur ad hoc, zur möglichsten Verherrlichung der kleinen
Sumpfgeschöpfe gesetzt. Was den Gott in Wahrheit mit dem Frosche verbindet,
ist die seherische Kraft, mit welcher sie beide begabt sind; der Frosch hatte näm-
lich auch schon im Altertum die Fähigkeit das Wetter zu prophezeien und er
äufserte sie genau auf die gleiche Weise wie heute: wenn er Regen ansagen wollte,
quakte er lauter als er gewohnt ist. Von den griechischen Fröschen berichtet dies
Theophrast in dem Fragment über die Vorzeichen der Witterung4; dasselbe erzählt
uns Aelian (Tiergeschichte 9, 13) in einer Notiz, als deren Quelle Rose mit Recht
Theophrast's Lehrer Aristoteles ansieht (Fragment 241, 19); bei den Römern finden
wir die gleiche Vorstellung5. Nach den angeblich aristotelischen Problemen (A 22,
p. 862a 10) bestand auch der Glaube, dafs die kleinen krötenartigen Frösche das
Jahr, in welchem sie sich zeigen, als ein ungesundes vorhersagen: auch diese Vor-
stellung wird dort auf die Meinung zurückgeführt, dafs die Frösche Feuchtigkeit
anzeigen, die ja den Menschen Krankheiten errege. Nun ist schon bemerkt worden6,
dafs die wetterverkündende Kraft der Tiere ein Grund war sie dem Apollo zu
heiligen; wie der angeführte Abschnitt des Theophrast zeigt, fehlt diese Gabe kaum
einem der Tiere die dem seherischen Gotte zugeeignet sind: Krähe, Rabe, Habicht,
Delphin, Wolf werden dort als Wetterpropheten aufgeführt, auch die Eidechse, in-
sofern der Salamander ausdrücklich als Art derselben bezeichnet wird. Ein Ausflufs
der mantischen Kraft des Frosches ist es auch, dafs, wie Demokrit berichtete, seine
ausgerissene Zunge, einer schlafenden Frau auf das Herz gelegt, dieselbe zwang auf
jede Frage die Wahrheit zu antworten7. Die Beziehung unseres Weihgeschenkes
auf Apollon wird also auch von dieser Seite her wohl gestützt, und wir werden
den Beinamen Boaawv von der Orakelspendung erklären dürfen: ßorjv oqaDo? zu sein
ist auch für einen Gott nicht unrühmlich, und wir werden mit den korinthischen
Ohren nicht rechten können, dafs die prophetische Stimme Apollons, die anderen
als ein aösiv vorkam, ihnen nur wie ein ßoav klang; ist es doch nach unserem
Gefühl für die Orakeltöne des Apollo um kein Haar schmeichelhafter, wenn dem
griechischen Sprachgebrauch das Quaken des Frosches nicht weniger ein aoeiv war. 9
*) Theophrast Fragm. VI, 15 Wimmer: xai eppivr) 6) Röscher, Hermes S. 102.
).0'jo|j.evtj xcti {ktTptryot piäAXov $8ovtt( 3r,p.a(vo'.>3iv ') Plinius 32, 49.
uO(up xai Tj aot'Spa '^anojxivTj rjv xaXoOsiv aata- 8) An der ersten von den beiden angeführten Stellen
(iovSpctv, i-n 6e xii yXiopöi ßÖTpayoi iiA SivSpoo des Plutarch, der an dem Weihgeschenk des
a?<uv üSiop 3Tj|ia(vtt. Kypselos ein besonderes Interesse genommen
5) Cicero ad Attic. XV, 16B: equidem etiam pluvias haben mufs — er erwähnt es ein drittes Mal
metuo, si prognostica nostra vera sunt, ranae enim Conviv. disput. IV 4, p. 724B — tritt die Frage
fiTjTOpe'jouaiv. nach den Wasserschlangen wesentlich zurück;
52
Fränkel , Geweihter Frosch.
Als für sich bestehendes Weihgeschenk hat unser Frosch einen bronzenen
Genossen wenigstens in der Literatur: dieser war nach einem dem Piaton zuge-
schriebenen Gedichte (Anthol. Pal. VI 43) von einem durstigen Wanderer den
Nymphen dargebracht worden, da Froschgequak ihn zu einem Wasser geführt hatte.
Von einem nur als Ornament auf dem Boden eines silbernen Mischgefässes gebil-
deten Frosche, der also beim Gebrauche des Gefäfses in dem ihm zukommenden
Elemente der Feuchtigkeit erschien, wissen wir durch ein Epigramm des Antigonos
von Karystos9. Ist dies schon ein groteskes Motiv, so mufs sich das arme Tier in
der etruskischen Kunst eine vollends bizarre Rolle gefallen lassen: hier ruhen öfters
die Löwenfüfse von Geräten, so der ficoronischen Ciste und mehrerer Dreifüfse, auf
seinem Leibe aus, den sie doch nur platt drücken könnten ,0. Die Menge der uns
aufbewahrten plastischen Darstellungen des Frosches verdanken wir jedoch der
apotropäischen Kraft, die ihm beigemessen wurde". Der Frosch und die Eidechse,
welche in den von der Portikus der Octavia in Rom eingeschlossenen Tempeln
an Säulenbasen angebracht waren, sind offenbar ebenfalls übelabwehrende Symbole
gewesen; sie etwa als Symbole des Apollo aufzufassen geht deshalb nicht an,
weil diese Tempel dem Iupiter Stator und der Iuno gehörten1"; Plinius (36, 42)
weifs für die beiden Tiere keine bessere Erklärung anzuführen als dafs sie die
redenden Signaturen zweier Baumeister Sauras und Batrachos gewesen sein
sollen. Die apotropäische Natur auch der Eidechse steht fest13; mit dem
Frosche vereint findet sie sich in diesem Sinne auf den Gemmen bei Pas-
sen, Thesaurus gemmarum astriferarum I tav. 156 und Jahn, Berichte der sächs.
Gesellschaft 1855 Taf. III, 5 und 6. Um so gewisser wird unsere Deutung
erscheinen, als es aufser jenem literarisch überlieferten auch erhaltene Beispiele
für die Zusammenstellung der beiden Tiere gerade an Architekturteilen giebt:
das Kapitell in San Lorenzo fuori le mura, das bei Winckelmann, Monumenti
inediti Taf. 206 abgebildet ist14 und die Rosette aus Tivoli bei Visconti, Museo Pio
Clementino I tav. A. VI, 10, wo die gleichfalls als apotropäisches Symbol bekannte
Biene hinzutritt.
Es darf nicht verschwiegen werden, dafs unser Frosch, obwol er jetzt,
wo ihm die Zeit annähernd zu seiner natürlichen Färbung verholfen hat, eine
ganz gute Figur macht, doch wenig correkt gebildet ist: seine hinteren Extre-
mitäten sind nämlich um ein ganzes Glied zu kurz geraten, da bei dem wirk-
an der zweiten werden sie gar nicht genannt: 9) Anthol. Pal. IX 406; vgl. Wilamowitz, Antigonos
der Philosoph war wol der Meinung, dafs durch S. 169 f.
die Erklärung des einen Wassergeschöpfes das 10) S. Otto Jahn, die ficoronische Ciste S. 36 f.
andere miterklärt sein würde. Nach Aelian 12,9 ") Otto Jahn, Berichte der sächsischen Gesellsch.
hafst und fürchtet der Frosch die Wasserschlange d. Wissensch. 1855 S. 99fr. A. Michaelis, Ar-
in hohem Grade, daher er sie durch vieles Quaken chäolog. Zeitung XXI S. 43.
seinerseits zu erschrecken suche. Demnach hat 12) Vitruv III 5. Plinius 36, 43.
die Wasserschlange die Beziehung zur Propheten- 13) S. Jahn a. a. O.
gäbe des Frosches , dafs sie für die Vermehrung '*) Vgl. Winckelmann Monumenti inediti p. 269 und
seines Geschreies, durch welche sich dieselbe Anmerkungen über die Baukunst des Alten
äufsert, die Ursache sein kann. (Werke von Fernow I) S. 379 ff.
Fränkel, Geweihter Frosch.
53
liehen Frosch der Fufs als ein besonderes, sehr langes Glied an den Unterschenkel
ansetzt. Durch die Annahme, dafs der Künstler nicht einen Frosch sondern eine
Kröte bilden wollte, würde seine Ehre nicht gerettet werden; denn mit einer Kröte
hat sein Werk keine wesentlich gröfsere Ähnlichkeit: die Beine wären ebenso falsch,
und dafs die Proportionen minder mifslungen erschienen, beruht nur darauf, dafs
die Kröte von Natur plump ist, das Ungeschick des Bildners aber in jedem Falle
nur plumpe Verhältnisse hervorbringen konnte; offenbar liegt der schematischen Arbeit
nur eine ungefähre Erinnerung an die Natur, keine Beobachtung zu Grunde. Wir
werden daher die Frage, ob der Künstler einen Frosch oder eine Kröte gemeint hat,
aus inneren Gründen entscheiden dürfen: die Kröte, die übrigens auch das Wetter
vorhersagen konnte (s. oben Anm. 4), hatte im Altertum einen so schlechten Ruf,
dafs man mit ihrer Darbringung unmöglich einem Gotte eine Freude zu machen
glauben konnte. Plinius sagt ihr nach, dafs sie im höchsten Grade giftig sei —
plena veneficionmi — , da sie aus ihrer Nahrung stets alles Gift zurückbehalte; sie
bringe daher schnelleres Verderben als die Natter16; Aelian weifs, dafs ihre
blofse Berührung oder ihr Geifer tötet und dafs ihr Atem und Blick blafs macht,
ihr Blut aber, in Wein oder eine andere geeignete Flüssigkeit gemischt, augen-
blicklichen Tod herbeiführt16, wie denn die Lunge der Kröte nach der Anschul-
digung Iuvenals bei den verderbten römischen Damen als Mittel des Gattenmordes
beliebt ist1.7; allerlei übernatürliche Kräfte eignender Kröte18, und so dient sie der
Zunft der Canidien zur Bereitung schändlicher Liebestränke "; dem Bösen förder-
lich ist sie der Feldfrucht verderblich20. Kein Wunder, dafs ein mit so vielen bösen
Eigenschaften ausgestattetes Tier zum Gegenstand des Abscheus wurde, und dafs
der Storch sich Dank verdiente, da er auf einen so schlimmen, der Schlange
gleich zu stellenden Feind der Menschen Jagd macht21.
M. Fränkel.
15) Naturgesch. 32, 50. 8, 1 10. 25, 123. lehnt diese Deutung mit der sonderbaren Be-
16) Tiergesch. 9, 11. 17, 12. gründung ab, dafs der Ausdruck viscera inspuere
") Iuvenal 1, 69. 6, 659. Aus diesen Stellen ist solenn sei; als ob der Satyriker einen solennen
Iuvenal 3, 44 zu erklären : ranarum viscera nun- Ausdruck nicht in parodirendem Sinne anwenden
quam inspexi; richtig umschreibt schon der dürfe. Dafs aus den Eingeweiden der rana
Scholiast non sunt venenarius. Kurzweg rana geweissagt worden wäre, ist ganz unbekannt.
für rana rubeta heifst die Kröte auch in der ,8) Plinius 32, 51 f.
in Anmerkung 19 angeführten Stelle des Ho- 19) Horaz Epoden 5, 19. Properz 4, 6, 27.
raz; der Begriff des Giftmischens ist in Be- 20) Vergil Georg, i, 184.
ziehung auf den Beruf des Sprechers Umbricius 2I) Plutarch De invidia et odio p. 537 A. Conviv.
als Haruspex witzig umschrieben. Heinrich disput. 8, 7, 3 (p. 727 F).
w
££^ InJ-S^^k O^Jr
MITTEILUNGEN AUS DEM BRITISH MUSEUM.
i.
PRAXITELISCHE KÖPFE.
(Tafel 5.)
Auf Tafel 5 sind zwei Köpfe des Brittischen Museum abgebildet, die eine
gröfsere Beachtung verdienen, als ihnen bis jetzt zu Teil geworden ist. Der erste
derselben ist aus der Sammlung des Earl of Aberdeen 1862 erworben; vgl. Guide
to the Graeco-roman sculptures II (1876) S. 44, 97. Eine Angabe über den Fundort
fehlt, doch ist es bei dem Charakter der Aberdeen'schen Sammlung (Michaelis,
Ancient tnarbles S. 118) sehr möglich, ja wahrscheinlich, dafs der Kopf aus Griechen-
land stammt. Er besteht aus feinem gelblichem parischem Marmor. Ergänzt ist an
ihm nichts, aber manche Teile sind abgebrochen, vor allem die Nase. Aufserdem
fehlt jetzt der metallene Kranz, dessen Spur sich in einer starken Furche rings um
den Kopf und einer Reihe von Bohrlöchern in dieser erhalten hat; einige kleinere
Bohrlöcher näher an der Stirn führen zu der Vermutung, dafs der Kopf einen Kranz
von grofsen, nach vorn überfallenden Blättern getragen habe, ähnlich etwa wie der
an zweiter Stelle zu besprechende. Die Länge des Gesichtes beträgt o, 18 m., die
des Erhaltenen etwa O, 30. Es ist kein Grund, zu bezweifeln, dass wir das Bruch-
stück einer Statue vor uns haben.
Die kunstgeschichtliche Stellung des Kopfes ist durch seine ohne Weiteres
einleuchtende Ähnlichkeit mit dem Praxitelischen Hermes bestimmt. Ein Vergleich
beider Werke läfst dieselbe in jeder Einzelheit aufs neue erkennen, aber er zeigt
auch, wie unendlich hoch der Hermes in der feinen Durchbildung aller Teile über
den andern Werken derselben Zeit steht. Allein genommen ist allerdings unser
Kopf, den für eine Copie zu halten ich keinen Grund sehe, von hoher Schönheit.
Die Stirn ist reich modellirt, die Nasenwurzel sehr breit und ihr Übergang zu den
Augenhöhlen steil und tief. Die Augen sind verhältnifsmäfsig klein und etwas
schwimmend. Die Nase war, wie ihre Reste deutlich zeigen, der des Praxitelischen
Hermes ähnlich, die Nasenflügel besonders zart und etwas zusammengekniffen. Der
geöffnete Mund ist der am wenigsten gut geratene Teil des Gesichtes; er hat im
Original, wenigstens in einigen Ansichten, etwas plumpes. Die Unterlippe ist voll
und kurz, das Kinn ein wenig abgeplattet, so dafs ein Grübchen auf ihm entsteht.
Die Ohren sind wohlgebildet. Die Arbeit des Haares ist nicht sorgfältig, oben
auf dem Kopf sogar nachlässig; auch die des Fleisches ist nicht vollendet,* aber
ungewöhnlich sicher und gewandt und in der Gesammtwirkung trefflich. Es ist
eins jener Werke, das in einer glücklichen Zeit der Kunst, unter dem allmächtigen
Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum. er
Einflufs eines genialen Künstlers entstanden, weniger durch eigenes Verdienst zu
solcher Schönheit gelangt ist als durch das unbefangene frische Aufnehmen und
Wiedergeben des bereits Erreichten. —
Die an zweiter Stelle abgebildete Hermenbüste ist 1777 bei Genzano auf dem
Besitztum der Familie Cesarini gefunden und dann von Townley erworben worden.
Die bisherigen Abbildungen geben den Charakter des Kopfes nicht treu wieder;
vgl. Specimens of ancient sculpture I Taf. 60. Ancient Marbles II Taf. 46. Ellis,
Townley gallery I S. 326. Guide to the Graeco-roman sculptures I (1879) S. 199, 105.
Die Büste besteht aus feinem parischen Marmor und ist von ungewöhnlich guter
Erhaltung; ergänzt ist nur auf beiden Seiten des Kopfes das Stück Binde vom
Nacken bis zur Schulter. Aufserdem fehlen Teile des Kranzes. Die ganze Höhe
der Büste beträgt o, 40 m., die Länge des Gesichtes O, 19.
Auch diesen Kopf dürfen wir als ein Werk Praxitelischer Kunst bezeichnen.
Wenn die Verwandtschaft vielleicht nicht ebenso in die Augen springt wie bei dem
besprochenen, so hat das in zwei Umständen seinen Grund. Zunächst ist der
Charakter des ganzen Kopfes, wie wir annehmen dürfen entsprechend dem Charakter
des Dargestellten, weniger zart als beim Hermes, Wangen und Kinn sind voller, die
Formen dadurch weniger reich modellirt, der Hals kräftiger, die ganze Erscheinung
weniger geistig. Verstärkt wird dieser Eindruck dann zweitens noch durch die
Haltung, welche gerade das Untergesicht so stark hervortreten läfst. Dennoch ist
der Typus des Kopfes, wie besonders ein Blick ganz gerade ins Gesicht sofort lehrt,
sehr fein. Die Stirn ist halbrund begrenzt, schön eingeteilt wie beim Praxiteli-
schen Hermes, und die Nase in ihrer kräftigen aber schönen Zeichnung erinnert
lebhaft an diesen. Sehr zart ist die Linie der Augenbrauen und ihr Übergang
zur Augenhöhle hin. Die Nase ist unten, unmittelbar über den Nasenflügeln,
besonders schmal, weiter oben geht sie weniger steil in die Wangen über und
erscheint dadurch breiter. Der Mund ist etwas geöffnet, die Oberlippe schmal, die
Unterlippe kürzer aber breiter. Das Kinn ist vorn etwas abgeplattet.
Die lebhafte Haltung des Kopfes macht es unwahrscheinlich, dafs er gleich
anfangs als Herme componirt worden sei; er wird wol von einer berühmten und
beliebten Statue ebenso entnommen sein wie beispielsweise die Hermenbüsten des
Doryphoros und der Polykletischen Amazone aus der Herculanischen Villa. Die
Beliebtheit unserer Herme beweisen mehrere Repliken. Schon von Combe {Ancient
marbles II zu Taf. 46) ist die für Dionysos erklärte Hermenbüste des Capitolinischen
Museums (Bottari und Foggini, Mnseo Capitolino I Taf. 87) herangezogen worden.
Kaum davon zu trennen ist die dort Taf. 84 abgebildete Hermenbüste, wenn ihr
auch die breiten Bänder fehlen. Eine genaue Wiederholung scheint die Herme
Museo Pio Clementino VI Taf. 1 2 (Beschreibung der Stadt Rom II, 2 S. 282, 64) zu
sein, welche der Ergänzer ebenfalls zu einem Dionysos umgestaltet hat; nach der
Abbildung und den Worten der Beschreiber zu urteilen gehört auch eine Büste des
Braccio nuovo (Pistolesi, // Vaticano descritto IV Taf. 55, 3. Braun, Ruinen und
Museen Roms S. 284, 41) hierher. Vgl. auch noch Michaelis Ancient marbles S. 232,
e6 Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum.
33. Diitschke, Antike Bildwerke in Oberitalien III 9. V 334. Sicher werden sich
noch weitere Repliken erhalten haben; besonders zu wünschen wäre die Auffindung
einer Copifc der ganzen Statue, die ich augenblicklich nicht nachzuweisen vermag.
Ein genaueres Eingehen auf die erhaltenen Repliken ist bei den durchaus ungenügen-
den Abbildungen nicht möglich.
Die Deutung dieser Büste ist sicher, es ist der jugendliche Herakles. In
dem Kranz, mit welchem sein Haupt geschmückt ist, läfst sich das Laub der Weifs-
pappel nicht verkennen, und damit ist die Benennung gesichert, obwol uns vielleicht
der Charakter des Kopfes etwas zu jugendlich, zu schwärmerisch und weichlich
erscheinen mag. Sicher sind die oben berührten Abweichungen von dem Praxi-
telischen Jünglingsideal aus dem Streben hervorgegangen, dem jugendlichen Herakles
wenigstens etwas mehr von jener körperlichen Wucht zu geben, die ihn sonst kenn-
zeichnet. Bei dem erstbesprochenen, dem Aberdeen'schen Kopf, ist die Deutung
leider nicht so sicher. Liefse sich beweisen, dafs auch er den Pappelkranz getragen,
so wäre die Frage entschieden; so lange aber dies nur Möglichkeit bleibt, wird man
den so zarten, feinen Charakter des Kopfes als Bedenken gegen die Deutung auf
Herakles festhalten müssen. Ich ziehe es deshalb vor, in ihm das Bild eines sieg-
reichen Jünglings zu erkennen.
II.
ZUR GIGANTOMACHIE VON PRIENE.
Unter den erhaltenen Darstellungen der Gigantenschlacht ladet keine so zu
einem Vergleich mit dem Pergamenischen Friese ein, steht keine ihm in der ver-
hältnifsmäfsig grofsen Ausdehnung und dem monumentalen Charakter so nahe, wie
die Reliefreste, welche 1869 durch Pullan in den Trümmern des Athenatempels zu
Priene entdeckt und bald darauf ins Britische Museum versetzt wurden, mag auch
die Kluft zwischen dem Pergamenischen Weltwunder und dem in bescheidenen
Verhältnissen angelegten, das übliche Mafs durchaus nicht überschreitenden Werke
von Priene eine sehr grofse bleiben. Die auffällige Übereinstimmung einzelner
Gestalten in den Reliefs beweist einen Zusammenhang zwischen beiden, den man
sich als mittelbare oder unmittelbare Abhängigkeit vorstellen wird , und die Frage,
auf welcher Seite nun die Priorität der Erfindung sei, drängt sich um so mehr auf,
als wir anscheinend in der glücklichen Lage sind diese Frage auf rein geschicht-
liche Gründe gestützt zu entscheiden. Der Tempel zu Priene ist noch von Alexan-
der geweiht worden (vgl. Dittenberger Sylloge Wj. Antiquities of Ionia IV S. 23);
gehörten die Reliefs zu diesem Bau, so wäre ihre Entstehung vor 323 gesichert und
damit ihre Priorität vor dem Pergamenischen Friese, und wir müfsten, so hart es
uns vielleicht ankäme, die Pergamenischen Künstler von dem verhältnifsmäfsig unter-
geordneten Werke in Priene abhängig denken. Overbeck hat (Plastik3 II S. 103)
diesen Schlufs gezogen, und die Prienische Gigantomachie als eine der Hauptquellen
für die Pergamenische in Anspruch genommen; Bedenken dagegen hat Furtwängler
(Arch. Ztg. 1881 S. 307) geäufsert; namentlich erklärte er den Stil der Prienischen
Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum. 57
Reliefs für zu jung, als dafs sie dem Tempel gleichzeitig sein könnten, und ihm hat
Murray, History of greek sculpture II S. 306, wenn auch mit Vorbehalt, zugestimmt1.
Die technische Beschaffenheit der Reste scheint mir durchaus für die Richtigkeit
dieser Ansicht zu sprechen.
Die anfänglich geäufserte Meinung, dafs wir in den Reliefs Reste des Tempel-
frieses besäfsen3, ist jetzt wol allgemein aufgegeben3. Dafs der ursprüngliche Platz
der Reliefs innerhalb der Tempelzelle gewesen sei, hat Thomas aus dem Fundort
derselben mit Wahrscheinlichkeit geschlossen; dafs sie aber einen inneren Fries
gebildet hätten, ist eine Annahme, welche durch dieselben technischen Gründe
widerlegt wird, die gegen den Fries über den Säulen oder gegen irgend einen Fries
am Gebäude selbst sprechen. Diese technischen Eigenheiten der Reliefs sind schon
in den Antiquities of Ionia S. 34 kurz hervorgehoben. Die Platten des Reliefs haben
danach eine zwischen 21/, und 6 englischen Zoll (0,063 ur,d O, 152 m.) wechselnde
Dicke. Bei den ausgestellten Stücken, welche in gleichartige und gleich dicke
Stuckplatten eingelassen sind, kann man die Plattenstärke jetzt nicht mehr messen;
unter den im Magazin aufbewahrten Resten mafs ich Platten von 0,07 bis 0,135 m-
Dicke. Bei zweien {Inv. 153 und 172 4) war das erhaltene Stück der Platte nur 0,02
und 0,03 m. dick; natürlich konnte nicht eine ganze Platte, sondern nur irgend ein
kleineres Stück derselben eine so auffällig geringe Stärke haben. Die Rückseite
aller Platten ist mit einzelnen groben Hammerschlägen nur rauh bearbeitet, und
sogar die seitlichen Ansatzfugen, wie sie ein Bruchstück ohne jede Figur {Inv. 177)
und die Göttin mit dem Rest eines Flügels vor sich (P 21) zeigen, sind nicht feiner
geglättet. Wo der untere Rand der Darstellung erhalten ist, wird er von einer
vorspringenden Leiste gebildet, unterhalb deren sich die Platte noch in etwas
geringerer Stärke weiter nach unten fortsetzt. Ein Stück dieses Fortsatzes ist in
den Abbildungen Overbecks a und f zu erkennen. Die Arbeit dieses Teiles ist
sorgfältiger als die der Rückseite: die Fläche ist durch viele kleine Meifselhiebe
hergestellt aber nicht weiter geglättet. Dafs dieser Teil der Platten ursprünglich
nicht gesehen wurde, ist ohne weiteres klar, zumal seine Höhe von 5 bis 9 Zoll
(0,127 bis 0,229m.; ich mafs 0,125. 0,14. 0,20. 0,225 m.) wechselt. Er kann nur
eine ähnliche Bestimmung gehabt haben wie die Zapfen an der unteren Kante
einzeln aufgestellter Reliefplatten; bei dem in eine Mauer eingelassenen Fries wäre
er nicht nur überflüssig, sondern geradezu zweckwidrig: die den Fries tragenden
Blöcke müfsten eine von oben her in sie hineingearbeitete, schwierig herzustellende
Rinne von verhältnifsmäfsig grofser Enge und dabei grofser Tiefe erhalten, in welche
') Neuerdings hat sich auch Klein (Archäologisch- 3) Vgl. Antiquities of Ionia IV S. 30. 34. Rayet
epigraphische Mitteilungen aus Österreich IX und Thomas Milet et le golfe Latmique II S. 21.
S. 180, 24) gegen einen Zusammenhang der Prieni- Overbeck S. 102.
sehen Reliefs mit den Resten des Maussolleums *) Die im Magazin befindlichen Stucke bezeichne
ausgesprochen und die Stütze, welche diese Annah- ich mit der Nummer des Inventars; die Nummern
me scheinbar in der Überlieferung hatte, beseitigt. mit vorgesetztem P sind die der ausgestellten
2) Lutzows Zeitschrift für bildende Kunst VII, Fragmente.
Beiblatt S. 209.
58 Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum.
die Reliefplatten eingelassen werden könnten, und durch diese ziemlich dicht an
ihrer vorderen Fläche liegende Einarbeitung müfste ihre Haltbarkeit in hohem Grade
gefährdet sein. Auch liefs sich der einzige Zweck, den eine solche Zurichtung haben
könnte, nämlich die Reliefplatten vor einem Ausweichen nach vorn zu sichern,
ebenso gut durch einen Zapfen von geringer Höhe, besser durch Vcrklammerung
erreichen. Überhaupt ist zu bemerken, dafs die wechselnden Mafse der Reliefplatten,
die ungenaue Arbeit, die sich an den Originalen überall zeigen aber schwer in
Worte fassen läfst, gegen die Einordnung der Reliefs in einen gröfseren Bau spricht,
wenigstens in einen solchen, der noch mit der ganzen Sorgfalt und Genauigkeit
hergestellt ist, welche die älteren griechischen Bauten auszeichnet; vgl. Thomas
S. 15. An den Reliefs ist nirgends eine Spur jener genauen Zurichtung der Fugen
mit dem äufseren glatten Rande und dem gegen diesen etwas vertieften, rauhen
Mittelfelde zu finden; alles ist nur grob zugerichtet, und nicht einmal die rechten
Winkel bei dem unteren zapfenartigen Ansatz sind überall scharf hergestellt. Ein
sicheres Kennzeichen, dafs diese Reliefs nicht Teile des Tempels bildeten, bieten
diese Thatsachen; mir scheinen sie sogar zugleich gegen eine Entstehung in der
Zeit Alexanders zu zeugen.
Der zapfenartige untere Teil der Reliefplatten findet, soviel ich sehe, seine
Erklärung nur in der Annahme, dafs wir in ihnen die Reste einer Balustrade
besitzen. Nur bei Platten, welche gewissermafsen frei stehen, kann es Sinn haben
einen unteren Teil zapfenartig in den Unterbau einzulassen, und so einen Halt zu
geben, der sonst fehlen würde. Thomas hat S. 21 nebenbei auch den Gedanken
hingeworfen, die Reliefs hätten die Schranke vor dem Götterbilde geschmückt. Das
ist unmöglich, da die Antiqiäties Taf. 6 angedeuteten Spuren ein Metallgitter zu
beweisen scheinen; andere Gründe dagegen werden sich noch ergeben.
Die Reliefs zeigen auf ihrer vorderen Seite Ansatzspuren, die von Anfügun-
gen verschiedener Natur herzurühren scheinen. Die erste Art ist am deutlichsten
bei dem Rayet Taf. 15, 12 abgebildeten Bruchstück P '23, i. Es ist ein am rechten
Rande der Platte herablaufender, etwa 0,01 m. über den Reliefgrund erhobener,
0, 14 breiter rauher Streifen, den man zunächst als Zeichen davon annehmen könnte,
dafs diese Platte in einer Ecke am rechten Ende einer Seite sich befunden habe
und dafs die Reliefs nach dem Innern des von ihnen eingefafsten Vierecks gewendet
waren. Derselbe erhobene Streifen findet sich an der linken Seite des Bruchstückes
[Inv. 174), welche die Hände eines Giganten zeigt, der einen Felsblock über sein
Haupt erhoben hatte; hier ist er jetzt noch 0,10 breit. Die Spur eines entsprechen-
den Streifens findet sich noch bei einem kleinen Bruchstück, welches aufserdem nur
glatten Reliefgrund zeigt, und vielleicht an der rechten Seite der noch zu erwähnen-
den Gruppe Pit,,/.
Eine andere Art von Ansatzspuren findet sich häufiger; es sind dies rauh
gelassene Stellen des Reliefgrundes, die sich von dem sonst verhältnifsmäfsig' glatten
Grunde deutlich abheben und in der Arbeit dem unteren zapfenartigen Fortsatz
gleich stehen. Furtwängler, dessen Aufmerksamkeit diese Spuren nicht entgangen
Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum. CO
sind, war geneigt (S. 308) daraus auf unfertigen Zustand des ganzen Werkes zu
schliefsen; dafs diese Stellen aber in der That Ansatzspuren sind, ergiebt sich
zunächst aus dem bei Rayet Taf. 15, 17 abgebildeten Bruchstück ^23, h. Links ist
bei diesem eine kleine aber sichere Spur des Plattenrandes erhalten, damit ziemlich
parallel läuft etwa O, 15 breit eine der beschriebenen rauh gelassenen Stellen, und
in dieser findet sich eine bisher nicht beachtete Versatzmarke, ein V. Wir müssen
also diese wie die ähnlichen Stellen für Ansatzspuren halten. Deren giebt es
zunächst überraschend viele. Das wichtigste Stück ist P21, die Göttin vor welcher
der Rest eines Flügels sichtbar wird; nur hier ist der obere Rand der Platte erhalten,
und wir finden nun, dafs nicht nur längs des linken Seitenrandes ein etwa o, 19
breiter rauher Streifen die Platte umsäumt, sondern auch längs des oberen ein 0, 14
breiter. Die ganze Höhe der Platte bis zu der Fufsleiste beträgt 0,80 m.; eine
gleiche Höhe haben wir bei den andern Platten vorauszusetzen, und wir erhalten
dann über den Köpfen aller Figuren einen entsprechend breiten leeren Streifen, den
wir uns doch nur zur Aufnahme eines die Darstellung nach oben begrenzenden
architektonischen Gliedes bestimmt denken können5. Für die erwähnten und die
noch zu nennenden senkrechten, streifenförmigen Ansätze weifs ich keine bessere
Erklärung zu geben, als dafs sie für kleine Pfeiler bestimmt waren, die zu gleicher
Zeit die Darstellung in Abschnitte zerlegten und das obere architektonische Glied
trugen. Die ganze auffällige Herrichtung würde zu der Annahme stimmen, dafs
diese architektonischen einfassenden Glieder aus einem besondern Material bestanden
hätten. Als nächste Analogie drängt sich der Münchener Nereidenfries auf; einen
Unterschied würde allerdings sofort neben der gröfseren Breite die gröfsere Anzahl
der Pfeiler in Priene bedingen; noch von fünf weiteren Ansätzen dieser Art lassen
sich die Spuren auffinden. Sehr klar ist es bei Inv. 173, dem Bruchstück eines
Schildes, da hier die rauhe, noch o, 065 breite Ansatzfläche einen Teil des Schildes
in scharfem, rechtwinkeligem, etwa 0,03 tiefen Einschnitt weggenommen hat. Auch
bei Inv. 183, dem Rest einer rechten, auf den Grund aufgestützten Hand, welche
wol eine Waffe hielt, liegt der rauhe Teil am linken Ende der Platte tiefer als der
Felsgrund und schneidet scharf in ihn ein. Die Ansatzspur vorn am Felsen selbst
kann wol hier wie bei Inv. 176 nur von angestückten Teilen der Sculptur herrühren.
Bei dem vornüber stürzenden Giganten mit Schild P 2$, d ist rechts, wenn wir das
ehemals vom Schilde bedeckte Stück in Abzug bringen, noch ein etwa O, 135 breiter
glatter Rand ohne Fufsleiste vorhanden, und man kann vor dem Original sogar
glauben, die sichere Spur eines ehemals angesetzten, senkrechten und geradlinigen
Gegenstandes zu bemerken. Bei dem Bruchstück P 22, welches uns die Reste einer
Gottheit und einen zu Boden gestürzten Giganten zeigt, läfst sich erkennen, dafs
5) Bei der besprochenen Platte P 21 findet sich im weiter unten erhaltenen, die Lanze der Göttin zu
oberen rauhen Streifen, 0,12 vom Rand entfernt halten. Dafs das obere Bohrloch, wie es scheint,
ein kleines Bohrloch. Dasselbe würde zu klein bereits in das architektonische Glied hinein-
sein, um die Befestigung eines architektonischen gearbeitet wurde, kann nicht gegen diese Auf-
Gliedes zu bilden: es diente mit einem zweiten, fassung sprechen.
6o Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum.
der Schild dieses letzteren nicht ganz dargestellt war, natürlich um Raum für einen
der Pfeiler zu schaffen. Endlich ist P 23, f zu nennen, ein zu Boden gesunkener
Gigant mit Resten seines Gegners. Bei diesem Stücke fehlt links die Fufsleiste in
einer Breite von o, 08 m., nicht etwa in Folge der Zerstörung. Rechts ist eine
andere Ansatzspur zu bemerken, indem der am Boden liegende Helm geradlinig
abgeschnitten ist, und an der entsprechenden Stelle darüber beginnt der Reliefgrund
rauh zu werden, wie es scheint sich auch etwas zu erheben, so dafs dieser Ansatz
vielleicht zu der an erster Stelle beschriebenen Art zu rechnen ist. Leider ist die
rechte Seite der Platte zu stark zerstört, um die Art des Ansatzes mit völliger
Sicherheit erkennen zu lassen. Die Länge des Bildfeldes zwischen beiden Ansatz-
spuren beträgt etwa 0,74 m. Keine Schlüsse gestattet das oben erwähnte Bruchstück
ohne alle Figuren {Inv. 177), das bei einer Höhe von 0,265 e'ne Breite von 0,38 hat
und wol die unterste rechte Ecke einer Platte darstellt, wozu die rauhe Bear-
beitung stimmt.
Dafs die sieben besprochenen Ansatzspuren nicht von dem Zusammenstofsen
der Eckplatten herrühren können, ist klar; es bleibt wol kaum eine andere Erklärung
als unsere Annahme kleiner Pfeiler, welche, nach dem Mafse von P 23, /und der
verhältnifsmäfsig grofsen Zahl der Spuren zu urteilen, in sehr geringen Abständen
angebracht waren. Die an erster Stelle besprochenen Ansatzspuren würden sich
zur Not ebenso erklären lassen, ihr abweichender Charakter und ihre geringere Zahl
erlauben wenigstens an der Vermutung festzuhalten, dafs es die Eckplatten seien,
welche so zusammengefügt waren und dafs also die Sculpturen von der inneren
Seite des von ihnen eingeschlossenen Vierecks her gesehen wurden.
Zu der Auffassung der Reliefs als Schmuck einer Balustrade pasft ein weiterer
Umstand: sie sind nicht bestimmt in gröfserer Höhe gesehen zu werden. Schon die
verhältnifsmäfsig grofse Relieferhebung zeigt das, und diese vor den Originalen ohne
weiteres einleuchtende Thatsache läfst sich selbst ohne diese in einzelnen Fällen an-
schaulich machen. Bei P '13, einem Gefallenen den sein Gegner mit dem rechten Knie
niederdrückte, ist es besonders klar. Sobald dieses Relief über die Augenhöhe des
Beschauers gehoben wird, beginnt das linke Bein des Gefallenen das linke Bein des
Gegners zu verdecken und die ganze Composition unklar zu machen, und dies um
so mehr, als der Schenkel des Gefallenen nicht natürlich gebildet, sondern nach dem
Reliefgrunde zu noch durch einen ziemlich flüchtig gearbeiteten Teil in der Weise
verstärkt ist, dafs sein Durchmesser senkrecht zum Reliefgrund gemessen etwa
0,11 m., senkrecht zur unteren Kante 0,06 m. beträgt. Je mehr man das Relief hebt,
desto störender tritt dies hervor; nur in der Augenhöhe ist dieser Fehler nicht zu
bemerken. Ähnlich verhält es sich mit dem Helios (Overbeck d). Je mehr man
ihn in die Höhe rückt, desto mehr wird er von den etwa 0,17 vorspringenden Leibern
seiner Rosse verdeckt, während er doch ganz ausgearbeitet und doch wol auch
sichtbar war. Überhaupt müfsten die vier so frei ausgearbeiteten Pferde 6 von einem
6) Overbeck irrt, wenn er S. 103 nur drei Rosse bildung läfst sich das noch verfolgen. Zwei
vor dem Wagen annimmt; sogar in der Ab- Rosse, die beiden zur Linken vom Lenker aus,
Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum. 6l
tiefern Standpunkt gesehen einen äufserst unschönen Anblick gewährt haben. Ein
Vergleich mit dem Wettrennerfries vom Maussolleum oder der Heliosmetope aus
Ilion macht besonders anschaulich, wie wenig das Prienische Relief geeignet ist von
unten betrachtet zu werden.
Sind wir aber so zu der Annahme gedrängt, dafs sich die Reliefs ursprüng-
lich wol im Tempel, aber nicht als Teil des Gebäudes selbst, und an verhältnifs-
mäfsig niedrigem Platze aufgestellt befanden, so wird ihr Zusammenhang mit dem
ersten Bau um so mehr fraglich als wir von späteren Umgestaltungen des Tempels
wissen. Das kolossale Bild der Athene hatte erst Orophernes von Kappadokien
um 158 v. Chr. geweiht [Antiquities S. 25) und seine Aufstellung mufs, wie auch
Furtwängler S. 308 hervorhebt, das ganze Innere des Tempels umgestaltet haben.
Von einer zweiten Änderung gab eine Inschrift Kunde [Antiquities zu S. 29), in der
ein Marcus Antonius Rusticus sich rühmt, den xptßadjxo? des Tempels der Athena
und dem Augustus geweiht zu haben. Wir haben also zunächst kein Recht, das
Datum des Tempels auf die Sculpturen zu übertragen, zumal, wie schon oben
bemerkt wurde, die technische Ausführung derselben weit von der am Tempel
selbst sichtbaren Sorgfalt entfernt ist. Fassen wir aber unbefangen den Stil der
Reliefs ins Auge, so werden "wir Furtwänglers Urteil zustimmen, der sie nach dem
Pergamenischen Altar entstanden denkt und ihre vom Maussolleumfries verschiedene
Art betont. Eine stilistische Vergleichung so trümmerhaft erhaltener Werke ist
nicht ohne Schwierigkeit, aber in manchen Einzelheiten tritt immer noch der
stilistische Charakter hervor. Der einzige Kopf, der sich unter den Reliefs von
Priene gefunden hat [Inv. 188), ist zwar jämmerlich schlecht erhalten, aber er zeigt
uns die in Pergamon typische pathetische Bewegung so klar, dafs wir ihn nicht
von jenen Werken trennen können, ihn aber seiner weichlicheren Arbeit wegen für
jünger halten möchten. Eine Einzelheit, die sich auch vergleichen läfst, ist der
Adler [Inv. 169), der sowol an sich betrachtet als auch mit den Pergamenischen
Werken verglichen einen eigentümlich schwächlichen, steifen Eindruck macht. Er
scheint mehr einem ausgestopften Vogel nachgebildet als einem lebenden. Wichtiger
als diese und ähnliche einzelne Beobachtungen scheint mir der charakteristische
Unterschied, der sich in der Reliefbehandlung der Prienischen Reliefs und etwa des
Mausolleums zeigt. Auch wenn man die « ideale Oberfläche » des griechischen Reliefs
zunächst aus der thatsächlich gegebenen Oberfläche der Marmorplatte herleitet,
auf welche der Künstler seine Figuren im Umrifs zeichnete, indem er ihnen je nach
Bedarf mehr oder weniger hohe Relieferhebung dadurch gab dafs er verschieden
tief in den Grund hinein arbeitete, wird man dieser Oberfläche für die Entwickelung
des Reliefs eine Bedeutung zusprechen dürfen. Die archaische Kunst nimmt sie als
sind durch die erhaltenen Hinterbeine gesichert; kann aber der vor Helios' Ftifsen erscheinende
von einem dritten, einem bäumenden, rühren die Rest nicht gehört haben, wie schon die Linie
Reste des Vorderbugs und der Vorderbeine her, des Rückens beweist, welche einem weniger leb-
weiche sich von dem Leibe des zweiten Pferdes haft bewegten Tier angehört,
von links her abheben. Zu diesem dritten Pferde
62 Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum.
notwendiges Übel hin, bildet die Figuren zunächst als übriggelassene Stücke dieser
Oberfläche und rückt die Gestalten so zurecht, dafs für sie möglichst viel von dieser
Fläche ohne viel Arbeit verwendet werden kann, aber im einzelnen Fall versucht
sie auch sich über die gegebene Schranke hinwegzusetzen. Das in Vorderansicht
gebildete Viergespann von Selinus ist ein Beispiel dieser Art. In jedem Fall spürt
man den Zwang, den das Material dem Kunstwerk wirklich auferlegt. Die weitere
Entwickelung führt naturgemäfs, da diese Beschränkung nicht aufzuheben ist, dazu,
sie als eine selbstgewollte erscheinen und so für das Gefühl verschwinden zu lassen,
die Freiheit durch freiwillige Unterordnung unter das Gesetz zu bewahren: das
Bestreben der Künstler ist darauf gerichtet, ihre Figuren in einer lebendigen und
natürlichen Haltung und doch so zu bilden, dafs ihre Glieder möglichst in einer
Ebene liegen, dafs möglichst wenige und möglichst kleine Teile der Gestalten eine
mit der Richtung der Reliefplatte gewissermafsen streitende Lage einnehmen. Leb-
haft bewegte Darstellungen liefsen eine strenge Durchführung nicht immer zu,
besonders mufste zuweilen bei knieenden Gestalten der Unterschenkel des gekrümmten
Beines stark von der Richtung der Reliefebene abweichen; die in Folge geringer
Relieferhebung dann notwendige Verkürzung suchten die Künstler meist zu ver-
stecken, indem sie die störenden Linien möglichst hinter dem in der Hauptebene
gehaltenen Oberschenkel verschwinden liefsen (so z. B. am Maussolleum, Newton
Discoveries I Taf. 9, 2), ähnlich wie beim Phigalischen Fries der Oberkörper des
toten Kentauren wenigstens mit dem Fell verhüllt ist. Je weniger aber diese strenge
Stilisirung auf die Dauer gefiel, desto mehr Freiheiten nahmen sich die Künstler,
desto mehr traten sie in bewufsten Gegensatz zu den in dieser Kunstart ausgebil-
deten Gesetzen. Die zunehmende Häufigkeit der reinen Vorderansicht hängt sicher
damit zusammen; wenn sie auf den Grabreliefs zu einer fast ausschliefslichen Herr-
schaft kommt (Conze, Berliner Sitzungsberichte 1884 S. 623), ist dabei die Nach-
ahmung der auf Grabmälern aufgestellten Statuen, daneben aber gewifs diese in
allen Reliefwerken zu spürende Geschmacksrichtung wirksam.
Wer sich diese Entwickelung ins Gedächtnifs zurückruft, kann nicht zweifeln,
die Reliefs von Priene der letzten Stufe zuzuschreiben und sie also für beträchtlich
jünger zu halten als das Maussolleum, welches von dieser letzten Manier noch keine
Spur zeigt. Die Sculpturen von Priene lassen eine durch die grofse Erhebung
besonders auffallende Neigung erkennen, die Gestalten, bei denen die Vorderansicht
vorherrscht, in einen Gegensatz zur Reliefebene zu bringen und so davon zu lösen.
Ein besonders deutliches Beispiel ist der knieende Krieger Rayet Taf. 15. 16; eine
solche Gestalt würde man im vierten Jahrhundert niemals von vorn dargestellt
haben. Es ist bei dem Mangel genügender Abbildungen nicht möglich, aber auch
nicht nötig dies bei allen Figuren zu verfolgen, nur ein besonders drastischer Fall
sei noch erwähnt. Es ist das schon genannte Fragment P 1 3. Hier befindet sich
der eine Unterschenkel des Siegers geradezu in senkrechter Lage zu dem Relief-
grund, aber er ist nicht etwa verkürzt, sondern in voller Länge ausgearbeitet; leider
sind von dieser Gestalt nur geringe Reste erhalten, so dafs sich nur dieser ver-
Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum. 63
einzelte Umstand mit Sicherheit hervorheben läfst. Doch genügt er und die nicht
seltenen ähnlichen Besonderheiten, wie z. B. ein in reiner Seitenansicht dargestellter
Schild (P 23, f), die Reliefs aus dem vierten Jahrhundert in eine weit jüngere Zeit
hinabzurücken.
Die aus diesen Betrachtungen gewonnene Anschauung wird durch den Ver-
gleich der Reliefs von Priene mit den entsprechenden Gruppen vom Pergamenischen
Friese bestätigt. Keine Unterschiede von Belang ergeben sich allerdings bei der
aus dem Boden auftauchenden Gaia, den beiden, einen Felsblock erhebenden Händen
{Inv. 174) und dem Unterteil einer lebhaft bewegten weiblichen Gestalt [Inv. 143),
Bruchstücke von denen das erstere mit dem Gegner der Hekate, letzteres mit dieser
selbst sich vergleichen läfst. Auch bei dem Giganten, welcher vom Löwen der
Kybele zerfleischt wird (Antiqnities Taf. 19, 3. Overbeck d), ist die Abweichung
nicht streng beweisend, obwol wir zugestehen müssen, dafs die Haltung des Perga-
menischen Giganten, der sich zu seinem Gegner umzuwenden versucht und deutlich
erkennen läfst wie er eben erst zu Boden gestürzt ist, weit ausdrucksvoller und
künstlerisch wirksamer ist als die des Prienischen, der mehr von seiner linken Seite
sichtbar in einer Haltung am Boden kniet die er schon eingenommen haben müfste,
ehe ihn der Löwe ergriff. Am klarsten ist das Verhältnifs bei der Kybele selbst
(Rayet Taf. 15, 13. Overbeck/]. Die Bewegung ihrer Arme ist im Pergamenischen
Fries ganz durch die Handlung des Bogenschiefsens motivirt, und angemessen
motivirt; das Relief von Priene zeigt sie uns unthätig auf ihrem Löwen, in der
Rechten statt des Bogens das Tamburin, mit der Linken vermutlich statt des Pfeiles
ihr Gewand fassend. Das ist doch offenbar das gedankenlose Abschwächen eines
anderweitig frisch erfundenen und lebendig empfundenen Motivs. Der Eindruck,
dafs die Prienische Kybele das jüngere Werk sei, wird durch die Art wie die
Göttin reitet noch verstärkt. In Pergamon erscheint sie in jenem vornehmen, lang-
gestreckten Sitz, der den griechischen Frauengestalten eine solche Würde verleiht;
der Künstler folgte bei seiner Composition nicht allein dem Behagen an diesen
schönen Linien, sondern zugleich dem oben bereits angedeuteten Streben, seine
Gestalt möglichst in der Ebene zu zeichnen, sie für die Reliefcomposition zu stili-
siren. Der Künstler von Priene hat seiner Göttin zwar eine etwas natürlichere
Haltung gegeben, aber indem er den Körper deshalb ganz in Vorderansicht bildete,
für den Schwung des Pergamenischen Vorbildes eine störende Unklarheit der Linien
und Schwerfälligkeit der ganzen Gestalt eingetauscht.
Wenn wir aus alledem den Schlufs ziehen müssen, dafs die Gigantomachie
von Priene jünger ist als die von Pergamon, so bleiben andererseits so viele
Berührungspunkte, dafs wir den zeitlichen Abstand beider nicht zu grofs annehmen
werden. Offenbar spricht eine grofse Wahrscheinlichkeit dafür, dafs die Prienischen
Reliefs im Zusammenhange mit den Umgestaltungen des Orophernes, also um 158
v. Ch., entstanden sind; vgl. Furtwängler S. 308.
Eine kurze Bemerkung verlangt noch der Gegenstand der Skulpturen von
Priene. Dafs sich weitaus der gröfste Teil der Bruchstücke sicher auf die Giganto-
Juhrbuch des archäologischen Instituts I. C
(yA Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum.
machie bezieht, ist klar, aber man hat Spuren davon finden wollen, dafs mit dieser
die Schlacht gegen die Amazonen, ja vielleicht gegen die Kentauren verbunden
gewesen sei; vgl. Overbeck S. 104. Dem gegenüber müssen wir daran festhalten,
dafs sich kein Bruchstück sicher auf diese beiden Mythen bezieht. Vier Fragmente
sind für Amazonen erklärt worden. Von diesen zeigt Inv. 1 1 (P 23, e) eine am
Boden knieende Gestalt in kurzem faltigem Chiton mit einem Überschlag, eine für
Amazonen doch auch nicht übliche und für eine Gottheit ebenso gut mögliche
Tracht. Inv. 152 (/* 23, d) ist in Wahrheit die Brust einer von vorn gesehenen
mit Exomis bekleideten männlichen Gestalt, die niedersinkend von einem Genossen
gestützt wird. Ebensowenig ist Inv. 148 (P 23, h. Rayet Taf. 15, 17) eine Amazone,
da unterhalb des vermeintlichen kurzen Chitons noch weitere Falten erscheinen,
dieser also ein langer Überschlag über dem gewöhnlichen Gewände ist. Inv. 147
{P 21, b) endlich trägt ein hoch, dicht unter der Brust gegürtetes Gewand, das den
Falten wie dieser Gürtung nach zu schliefsen kein kurzer Chiton gewesen sein kann.
Für die Kentauromachie7, die doch irgend welche Spuren zurückgelassen haben
müfste, läfst sich nur die Gestalt Inv. 157 (P 19) anführen, die man für Kaineus hält.
Allerdings steckt dieselbe bis zu den Schenkeln in der Erde, aber ein Kaineus
müfste sich doch mit dem erhobenen Schilde decken, während hier der linke Arm
gesenkt ist. Gegenüber dem völligen Mangel an Resten von Kentauren ist diese
Figur eine zu schwache Stütze jener Vermutung, und wir werden den Versuch
machen müssen sie in der Gigantomachie unterzubringen. Aus dem Namen Kaineus,
den einer der Giganten bei Tzetzes (Abhandlungen der Berliner Akademie 1840
S. 150, 94. Matranga, Anecdota S. 580, 95) führt, läfst sich nichts schliefsen, aber
wenn wir sie auch nicht nachweisen können, so ist doch die Sagenform nicht un-
denkbar, dafs einer der Giganten in die Erde hinein geblitzt worden sei, zumal das
Begraben der Giganten unter Inseln oder Bergen und ihre Verwandelung in
Steine eine so grofse Rolle spielt; vgl. Wieseler in Ersch und Grubers Encyclo-
pädie, Erste Section LXVII S. 151. 166.
Bonn, im Oktober 1885.
Paul Wolters.
r) Das Bruchstück Rayet Taf. 15, 15, das man am hört gar nicht zu den Funden von Priene, wie
ersten aus der Kentauromachie erklären könnte, schon Murray, A history 0/ Greek sculpture II
ist nur durch Irrtum dort abgebildet. Es ge- S. 305, 2 andeutet.
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^j^vUJ*Hr"»
ÜBER DIE BILDNISSE DES PLATON.
(Tafel 6. 7.)
Die auf Tafel 6, i wiedergegebene Porträtherme befand sich vormals in der
Sammlung des Herrn Alessandro Castellani und wurde bei der Versteigerung der-
selben von dem Grafen Michael Tyskiewicz erworben und später dem Berliner
Museum zum Geschenk gemacht'. Sie scheint nach der Ausführung wie nach den
Buchstabenformen der auf dem Schafte angebrachten Inschrift TTAATouN zur Zeit der
Antonine gearbeitet. Die Behandlung des Fleisches ist, obwohl sie noch den
Reflex eines guten Originals erkennen läfst, trocken und gefühllos", die Augensterne
sind in harter Weise mit dem Meifsel eingearbeitet. Künstlerisch ohne Bedeutung, hat
diese Herme einen hervorragenden wissenschaftlichen Werth wegen ihrer Inschrift,
deren Authenticität keinen Zweifel zuläfst. Sie bietet uns das erste sicher beglau-
bigte Bildnis des Plato2 und setzt uns in den Stand eine Reihe von entsprechenden
Porträts, die sich in verschiedenen Sammlungen befinden, auf dieselbe Persönlichkeit
zu beziehen. Es gilt dies für folgende Exemplare:
i) Kopf im Büstenzimmer des capitolinischen Museums n. 58, sehr schlecht
publicirt bei Bottari Museum capitolimim I 67, Ergänzt: der gröfste Theil der
Nase, der Hermenschaft und die darauf liegende Spitze des Bartes. Die Aus-
führung ist etwas besser als an dem Berliner Exemplare; doch sind auch hier die
Augensterne hart mit dem Meifsel eingearbeitet.
2) Kopf in dem unter der Villa Borghese befindlichen Magazine (in der
»s/anza dei busti«. unmittelbar unter dem Fenster). Die Ausführung erscheint dem
des Berliner Exemplares nahe verwandt. Bull. deW Inst. 1884 p. 176.
3) Kopf im Erdgeschosse des Casino di Pirro Ligorio, publicirt auf unserer
Tafel 7. Er bildete mit einem Porträt des Sokrates eine Doppelherme, deren Köpfe aus-
einander gesägt worden sind. Der Kopf des Sokrates ist gegenwärtig als Gegenstück
zu dem des Plato an der gegenüberliegenden Wand aufgestellt (Beschreibung Roms II, 1
p. 391). Da die antike Oberfläche in Folge der Reinigung durch eine scharfe Säure
stark angegriffen ist, so läfst sich der Charakter der Ausführung schwer beurtheilen;
doch weisen auch hier die hart eingearbeiteten Augensterne frühestens auf die
Epoche der Antonine hin. Das Gleiche gilt für n. 4 und 5.
') Catalogue AI. Castellani (Paris 1884) p. 132 n. Die im Jahre 1846 in der sogenannten Villa des
1086; Verzeichnis der antiken Skulpturen des Cassius bei Tivoli gefundene Herme, auf deren
Berliner Museums (Berlin 1885) p. 61 n. 300. Schaft der Name des Plato und zwei platonische
2) Die bisherigen Versuche, Porträts des Plato nach- Sentenzen angebracht sind (C. I. G. 6103;
zuweisen, sind von Heydemann in der Jenaer Jenaer Literaturzeitung III p. 479), habe ich in
Literaturzeitung III (1876^.477 — 479 widerlegt. den Magazinen des Vatikans vergeblich gesucht.
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. ^
72 Heibig, Bildnisse des Piaton.
4) Kopf im Museo Torlonia alla Lungara n. 160, gefunden bei Casalrotondo
an der Via Appia: P. E. Visconti Catalogo del Museo Torlonia (Roma 1883) n. 160.
/ Monumenti del Museo Torlonia riprodotti con la fototipia (Roma 1884) T. XL
Ergänzt: die Nase, die Ohren, die Herme. Die Oberfläche erscheint allenthalben
von Wasser zersetzt.
5) Kopf in der Galleria geografica des Vatikan n. 140. Ergänzt: der
Nacken, der Hals und der untere Theil des Bartes. Da neuerdings in dieser Galerie
Umstellungen statt gefunden haben, läfst sich der Kopf in der Beschreibung Roms
II 2 p. 278 — 283 nicht mehr identificiren.
6) Herme im vatikanischen Museum: Visconti Museo Pio-Clem. VI 33;
Schuster Über die erhaltenen Porträts der griechischen Philosophen T. IV 7 p. 24
n. 17; auf unserer Tafel 6 n. 2. Ergänzt: die Nasenspitze. Die auf der Brust
nicht so sehr eingemeifselte wie eingeritzte Inschrift ZHNßN ist durch die unsicheren
Züge der Buchstaben deutlich als eine moderne Fälschung erkennbar. Diese Herme
ist unter den mir bekannten Porträts des Plato das älteste Exemplar. Sie scheint
nach der zwar etwas trockenen, dabei aber sorgfältigen Ausführung bis in das
1. Jahrhundert n. Chr. hinaufzureichen.
Dies sind die mir bekannten Porträts, die wegen ihrer Übereinstimmung mit
der Berliner Herme dem Plato zugesprochen werden müssen. Doch sehe ich voraus,
dafs sich das von mir gegebene Verzeichnis keineswegs als vollständig erweisen,
sondern vermöge einer systematischen Durchmusterung der Sammlungen beträchtlich
vermehren lassen wird. Abgesehen von ganz geringfügigen Abweichungen, die sich
aus der verschiedenen Individualität der ausführenden Bildhauer erklären, stimmen
alle jene Exemplare derartig überein, dafs wir sie mit Sicherheit auf ein gemein-
sames Original zurückführen dürfen.
Aufserdem scheint hierher noch eine kleine, im Polytechnikon zu Athen
befindliche Doppelherme zu gehören. Sie stellt zwei bärtige Porträtköpfe zusammen,
von denen der eine den gleichen Schädelbau, ein ähnliches breites Gesicht und einen
ähnlichen finsteren Ausdruck zeigt wie die in dem obigen Verzeichnisse angeführten
Exemplare und sich von diesen im Wesentlichen nur durch die geringere Länge
des Bartes unterscheidet. Ich halte es demnach zwar nicht für sicher aber doch
in hohem Grade wahrscheinlich, dafs auch dieser Kopf Plato darstellt. Wenn
er bei flüchtiger Betrachtung einen verschiedenen Eindruck macht, so erklärt sich
dies hinlänglich aus der Rohheit, mit der die attische Herme ausgeführt ist, und die
uns dazu nöthigt dieses Denkmal nicht vor der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts
anzusetzen. Über das andere zu derselben Herme gehörige Porträt wird am Ende
dieses Aufsatzes die Rede sein.
Mancher moderne Betrachter wird sich schwer dazu entschliefsen, in der
Berliner Herme und den ihr entsprechenden Köpfen Plato zu erkennen. Er wird
erwarten, dafs die olympische Heiterkeit, welche in den Schriften des grofsen
Philosophen herrscht, auch in dessen Antlitze zum Ausdruck komme. Statt
dessen zeigen alle diese Porträts, namentlich in den Augenbrauen, die in der
Heibig, Bildnisse des Piaton. 73
Mitte hoch emporreichen und nach der Nase zu herabgezogen sind, und in der
etwas vorgeschobenen Unterlippe, einen verdriefslichen oder gar finsteren Zug. Doch
wird sich jeder unbefangene Beurtheiler vor einem Zeugnisse beugen, dessen Glaub-
würdigkeit über allem Zweifel erhaben ist. Aus einer Komödie des Amphis, eines
Zeitgenössen des Plato, sind folgende Verse erhalten:
TQ nX(XTU»V,
ü>; ouo^v ola&ot itXyjv axu&pioTca'Cstv [xovov,
a>37rsp xo/Xtaj asjivük Imjpxcus ta; o'fpü?3.
Sie beweisen auf das Schlagendste, dafs der Ausdruck des Plato keineswegs
heiter war, sondern finster wie derjenige der Berliner Herme und der anderen
Exemplare, die ich wegen ihrer Übereinstimmung mit derselben auf die gleiche
Persönlichkeit gedeutet. Auch findet dieser Ausdruck in den Schicksalen und in
der geistigen Entwickelung des Plato eine ganz naturgemäfse Erklärung. Das
tragische Ende des geliebten Lehrers mufste in dem Geiste des Jünglings einen
nachhaltigen schmerzlichen Eindruck hinterlassen. Wenn sich ferner Plato nach
dem Tode des Sokrates genöthigt sah, Athen zu verlassen, so wird ihn die Entfernung
von dem Kulturmittelpunkte Griechenlands gewifs auf das Peinlichste berührt haben.
Dazu standen seine philosophischen Theorien in dem entschiedensten Gegensatze
zu der Wirklichkeit. Die Versuche, seine politischen Ideen durch den älteren und
jüngeren Dionysios zu realisiren, scheiterten in der kläglichsten Weise. Auch in
seiner Thätigkeit als Haupt der Akademie blieben ihm unangenehme Erfahrungen
nicht erspart. Wir wissen, wie heftig Plato zürnte, als Aristoteles, nachdem er im
Schatten der Akademie reif geworden, ein eigenes Auditorium gründete und seinem
bisherigen Lehrer Opposition zu machen anfing4. Es leuchtet ein, dafs ein Mann,
der solche Erfahrungen gemacht hatte, nicht mit heiterer Ruhe, sondern mit düsterem
Ernste in die Welt blickte.
Ist aber einmal das Befremden beseitigt, welches der finstere Ausdruck
dieser Porträts bei oberflächlicher Betrachtung erregen könnte, so lassen sich die-
selben mit dem Bilde, welches wir uns von Plato zu machen gewohnt sind, auf das
Beste in Einklang bringen. Die hohe und breite Stirn bezeichnet deutlich den
grofsen Denker. Besonders charakteristisch ist der abstrakte Blick, der deutlich
eine Individualität bekundet, die sich mit theoretischen Speculationen beschäftigt
und von der Aufsenwelt Abstand nimmt5. Endlich stimmen diese Porträts auch
mit dem einzigen gleichzeitigen Zeugnis, welches uns aufser dem bereits angeführten
des Amphis über das Aussehen des Plato und seiner Schüler erhalten ist, nämlich
3) Diog. Laert. III 28 (Fragm. comicor. ed. Meineke junge Plato habe es stets vermieden überlaut zu
III p. 305). Das Wort xoyXfeij ist offenbar ver- lachen, Aelian var. hist. III 35, das Lachen sei
dorben, da die Schnecke keine Augenbrauen hat in der Akademie verboten gewesen. Vgl. auch
und somit aufser Stande ist dieselben emporzu- Seneca de ira II 21, 10.
ziehen. Uebrigens stimmen mit der Charakte- 4) Diog. Laert. V I, 2.
ristik des Amphis auch einige spätere Zeugnisse. '■'') Man vergleiche die berühmte Stelle im Theaetet
Herakleides bei Diog. Laert. III 26 erzählt, der XXIV p. 173 c.
6*
74 Heibig, Bildnisse des Piaton.
mit einem Fragmente des Komödiendichters Ephippos6. Es wird daselbst den
Akademikern eine allzu gesuchte Eleganz in ihrer Toilette vorgeworfen und einer
von ihnen geschildert:
su ja&v jia/aipa $uax' lytuv Tpi^oujiaxa,
s3 8' uTTO-xa&isl? a-0[xa züj-ftovo? ßoftb;.
Die Porträts des Plato zeigen eine entsprechende Haar- und Barttracht — eine
Tracht, welche, wie sich aus attischen Grabreliefs7 ergiebt, gegen die Mitte des
4. Jahrhunderts, also gerade zur Zeit des Plato, in Athen Mode war. In derselben
Zeit scheint auch das Original entstanden zu sein, auf welches die erhaltenen
Repliken dieses Typus zurückgehen. Allerdings läfst die Ausführung aller Exem-
plare zu wünschen übrig und an einzelnen ist sogar ein Ausdrucksmittel spätesten
Ursprunges, nämlich die mechanische Einarbeitung der Pupillen, zur Anwendung
gekommen. Man hat demnach keine vollständig stilgetreue Wiedergabe des
Originals zu gewärtigen. Nichts desto weniger aber lassen die besser ausgeführten
Wiederholungen und namentlich die vatikanische Herme (Taf. 6, 2. S. 72 n. 6)
eine schlichte Behandlung der Haut erkennen, welche an diejenige der zweiten
attischen Schule erinnert 8 und keine Spur aufweist von der naturalistischen Richtung,
die seit der Zeit Alexanders des Grofsen in der ikonischen Porträtkunst mafsgebend
wurde. Ebenso findet die fadenartige Behandlung der Haare in Bronzetypen aus
der zweiten attischen Schule Analogien 9. Nach alledem dürfen wir annehmen, dafs
das Original aller jener Exemplare ein bronzenes Porträt des Plato war, welches zu
Athen und bei Lebzeiten des grofsen Philosophen gearbeitet wurde 10.
Bevor die inschriftlich bezeichnete Herme zu Tage kam, diente der Ikono-
graphie des Plato als Grundlage eine kleine im Florentiner Museum befindliche
Büste, auf deren Titulus der Name PAATftN angebracht ist11. Wenn mehrere
6) Bei Athen. XI 509 c (Fragm. com. ed. Meineke seum befindlichen Sophoklesköpfen vergleichen,
III p. 332). nämlich mit n. 33 (Bottari Mus. cap. I 38) und
') Z. B. Furtwängler Die Sammlung Sabouroff T. n. 34.
XVIII (Berliner Skulpturen n. 738), T. XX (Berl. 9) Man vergleiche z. B. die erhaltenen Repliken des
Skulpt. n. 756). Apollon Sauroktonos.
8) Die vatikanische Platoherme erinnert in der 10) Hiernach scheint es keineswegs unmöglich, dafs
Behandlung des Fleisches an die Porträts des dieses Original die von Silanion gearbeitete Statue
Sophokles, welche den am Besten durch die des Plato war (Diog. Laert. III 25. Vgl. ^4«».
lateranische Statue vertretenen Typus darstellen detl' Inst. 1839 p. 213); denn Michaelis hat in
(Benndorf und Schöne Die antiken Bildwerke den Historischen und philol. Aufsätzen Ernst
des lateranischen Museums n. 237). Alle Curtius gewidmet p. 107 — 114 den Beweis ge-
Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dafs dieser liefert, dafs die Thätigkeit des Silanion in die
Typus auf die Statue zurückgeht, die auf Vor- erste Hälfte des 4. Jahrhunderts hinaufreicht,
schlag des Lykurgos zwischen Ol. 107, 3 (350) n) Visconti Iconografia greca I T. XVIIIa 3, 4 p.
und Ol. 112, 3 (330) im athenischen Diony- 219 — 221. Schuster Über die erhaltenen Porträts
sostheater aufgestellt wurde und jedenfalls griechischer Philosophen T. II 1 p.' 12 — 13.
von einem Künstler der zweiten attischen Dütschke Die antiken Marmorbildwerke der Uffi-
Schule herrührte. Jene Verwandtschaft springt cien p. 190 n. 393. Vgl. Heydemann in der
besonders in die Augen, wenn wir die vatika- Jenaer Literaturzeitung III (1876) p. 477. Er-
nische Herme mit zwei im capitolinischen Mit- gänzt: die Nase, das benachbarte Stück der lin-
Heibig, Bildnisse des Piaton. jt
Archäologen12 die Ansicht geäufsert haben, der Titulus sei aus einem anderen Stück
Marmor gearbeitet als die Büste und an die letztere angefügt, so datirt diese
Beurtheilung aus einer Zeit, wo der Marmor noch mit einer künstlicheu Kruste
überzogen war, wie sie den mediceischen Sculpturen gegeben zu werden pflegte,
um die Restaurationen unkenntlich zu machen. Diese Kruste ist neuerdings
entfernt worden, und ich konnte mich demnach bei wiederholter Untersuchung
davon überzeugen, dafs die Büste und der Titulus aus einem Stück Marmor
bestehen13. Doch reicht diese Thatsache nicht aus, um die Büste für ein
authentisches Porträt des Plato zu erklären, da die auf dem Titulus angebrachte
Inschrift verdächtig scheint. Während nämlich die Ausführung der Büste deutlich
auf das erste Jahrhundert der Kaiserzeit hinweist, findet das P der Inschrift mit
der kurzen rechten Hasta in dem damals gebräuchlichen Alphabete keine Ana-
logie. Aufserdem ist die Florentiner Büste sowohl hinsichtlich der Formen wie
hinsichtlich des Ausdruckes vollständig verschieden von den sicher beglaubigten
Porträts des Plato. Hiernach scheint es geboten, dieselbe aus der Ikonographie
des grofsen Philosophen auszuschliefsen.
Hingegen dürfen wir einen Kopf, den eine kleine, bei Chiusi gefundene
Doppelherme mit dem des Sokrates vereinigt'4, in den Kreis unserer Unter-
suchung ziehen. Nach Allem, was wir von den Grundsätzen wissen, welche bei
der Zusammenstellung solcher Doppelhermcn befolgt zu werden pflegten, spricht
von Haus aus alle Wahrscheinlichkeit dafür, dafs die mit Sokrates vereinigte
Persönlichkeit Plato ist. Aufserdem stimmt jener Kopf in den Hauptformen
mit dem Typus überein, der uns bisher beschäftigt hat. Hier wie dort begegnen
wir derselben hohen und breiten Stirn und einer ähnlichen starken Entwickelung
der oberen Kinnlade. Beide Typen zeigen in der Bewegung der Augenbrauen wie
in der etwas vorgeschobenen Unterlippe den gleichen finsteren Ausdruck. Der
Unterschied zwischen ihnen beruht im Wesentlichen auf zweierlei: erstens bekundet
der Kopf der chiusiner Herme mit der kahlen Stirn und dem welken Fleische ein
vorgerückteres Alter als das bisher besprochene Bildnis; zweitens erscheint der
Stil verschieden. Wiewohl die Herme nur mittelmäfsig ausgeführt und ihre Ober-
fläche durch die Feuchtigkeit stark angegriffen ist, zeigt sie doch namentlich in der
weichen Behandlung der Haut eine entschieden naturalistische Richtung, wie sie in
der griechischen Kunst erst seit dem Ende des 4. Jahrhunderts v. Chr. mafsgebend
wurde. Während die besseren Exemplare des bisher besprochenen Typus auf die
zweite attische Schule zurückweisen, erinnert die Herme an Porträts aus der Periode
ken Wange, die Oberlippe — abgesehen von Bull, dell' Inst. 1879 p. 232 — 233 not. 2 richtig
dem rechten Ende — , Stücke an den Superciliar- erkannt worden.
knochen und an der Stirn. Hals und Brust 14) Bull, dell' Inst. 1879 p. 232 — 233. Wenn ich
sind von moderner Hand leicht überarbeitet. damals schrieb, dafs dieser Kopf eine gewisse
12) Vgl. Schuster a. a. O. p. 12 — 13; Heydemann Ähnlichkeit mit der Florentiner Büste darböte,
a. a. O. p. 477; Dütschke a. a. O. p. 190 so gründete sich dieses Urtheil auf die un-
n. 393. genügende Publication der letzteren in der Icono-
13) Übrigens ist diese Thatsache auch von Bernoulli grafia greca und ich ziehe es hiermit zurück.
y(5 Heibig, Bildnisse des Piaton.
nach Alexander dem Grofsen IS. Hiernach scheint es, dafs das Original des Hermen-
kopfes aus einer späteren Zeit stammt als dasjenige, auf welches die Exemplare
der anderen Serie zurückgehen, und erst gegen Ende des 4. oder während des
3. Jahrhunderts v. Chr. geschaffen ist. Wird diese Auffassung als richtig anerkannt,
so erklärt es sich leicht, warum der Künstler, der jenes Original erfand, von dem
überlieferten ikonischen Typus abwich und Plato als Greis darstellte. Einerseits
war es ganz natürlich, dafs Plato in dem Andenken der unmittelbar folgenden
Generationen unter der Gestalt fortlebte, welche er in den letzten Jahren seines Lebens
gezeigt hatte. Andererseits scheint aber auch die damalige Kunst eine besondere
Vorliebe für eine derartige Darstellungsweise gehabt zu haben. Soweit das gegen-
wärtig bekannte Material ein Urtheil gestattet, pflegten die Künstler in der Zeit vor
Alexander dem Grofsen, wenn ihnen die Wahl der Altersstufe freistand, berühmte
Männer in reifem Alter aufzufassen, in welchem die Individualität derselben zur voll-
sten Entwickelung gediehen war. Hingegen kennen wir aus der folgenden Periode
eine ansehnliche Reihe von Bildnissen, welche in höchst charaktervoller Weise ver-
fallene Organismen veranschaulichen16. Ein bezeichnendes Beispiel für diese
Richtung ist ein Porträt des greisen Sophokles, von dem sich mehrere Wiederholungen
erhalten haben 17. Die griechischen Gelehrten beschäftigten sich während der
Diadochenperiode eifrig mit Litteraturgeschichte und das damalige gebildete Publi-
cum interessirte sich lebhaft für Anekdoten, welche aus dem Leben berühmter
Dichter berichtet wurden. Besonders beliebt war eine auf Sophokles bezügliche
Anekdote18: sein Sohn Iophon habe ihn, nachdem er das achtzigste Jahr über-
schritten, als unzurechnungsfähig belangt; da habe der greise Dichter den Richtern
den von ihm soeben vollendeten Ödipus auf Kolonos vorgelesen und sei frei-
gesprochen worden, weil die Richter in dieser poetischen Leistung eine schlagende
Widerlegung der Anklage erkannt hätten. Unter dem Eindruck dieser Geschichte
unternahm es ein Künstler des 3. Jahrhunderts, Sophokles als Greis darzustellen.
Er arbeitete in diesem Sinne den am Besten durch die lateranische Statue ver-
") Sie steht z. B. den Porträts des Demosthenes, 17) Ein Bronzekopf im British Museum: A description
welche auf eine von Polyeuktos gearbeitete und of the coli, of anc. marbles in the British Museum
i. J. 280 v. Chr. auf der athenischen Agora auf- II pl. 29; Mon. dell' Inst. III T. 32, Ann. 1841
gestellte Statue des grofsen Redners zurückgehen p. 309 — 310. Ein Marmorkopf im vatikanischen
(Michaelis Ancient marbks in Great Britain p. 417 Museum: Pistolesi il Vaticano illustrato V T.
— 419), und demjenigen, welches die helle- LXXXIV 1 ; Braun Ruinen und Museen p. 392
nistische Kunst von Homer erfand (Michaelis Die n. 120. Eine Marmorherme in den vatikanischen
Bildnisse des Thukydides, Strafsburg 1877, P' 9- Gärten mit der Inschrift CO^OKAHC auf dem
p. 18 Anm. 43), näher als dem durch die late- Schafte: Bull, dell' Inst. 1867 p. 144 — 145. Ver-
ranische Statue vertretenen Porträt des Sophokles muthlich gehört hierher auch ein zu Paris im
(oben Seite 74 Anm. 8). Cabinet des medailles befindliches Relief, welches
16) An der Spitze dieser Reihe steht der auf Münzen einen Greis, dessen Gesicht einen verwandten Ty-
wiedergegebene charaktervolle Kopf des Seleu- pus zeigt, lesend oder recitirend darstellt: Ann.
kos I. Nikator: Imhoof- Blumer Porträtköpfe auf dell' Inst. 1841 Tav. d'agg. L p. 310 — 311. Vgl.
antiken Münzen hellenischer Völker T. I 3, T. Welcker Alte Denkmäler I p. 480 — 482.
111 3 p. 28. - 18) Die Litteratur darüber bei Bernhardy Grundrifs
der griech. Litteratur II3 2 p. 316 — 317.
Heibig, Bildnisse des Piaton. 77
tretenen Typus um, der den Dichter als Mann in den fünfziger Jahren wiedergiebt.
Der Hauptreiz seiner Schöpfung beruhte auf dem Gegensatze zwischen dem greisen-
haften Antlitz und dem geistvollen Ausdrucke der Augen, die an den erhaltenen
Repliken dieses Typus, um ihr Feuer hervorzuheben, aus buntem Email gearbeitet
waren. Auch von Plato berichtet die Überlieferung, dafs er bis zu seinem Tode,
der im 81. Lebensjahre erfolgte, seine geistige und körperliche Frische bewahrte".
Unter solchen Umständen konnte ein späterer Künstler recht wohl darauf verfallen,
den grofsen Philosophen in vorgerückterem Alter darzustellen, als es in dem über-
lieferten ikonischen Porträt der Fall war.
Endlich kann ich nicht umhin, noch auf ein Relief hinzuweisen, das in der
Galleria delle statue (n. 263) in das Postament der Matteischen Amazone eingelassen
ist'0. Die Ausführung ist sorgfältig und fein; leider hat jedoch der Marmor,
namentlich an dem oberen Theile des Reliefs, eine starke Corrosion erlitten.
Dargestellt ist ein auf einem Schemel sitzender, ältlicher Mann, welcher abwärts
blickt und den rechten Arm etwas nach vorn zu bewegt. Nur der Oberarm
ist antik. Doch scheint der Ergänzer nach der Weise, in der die Figur den
Kopf abwärts hält, das Richtige getroffen zu haben, indem er ihr eine geöffnete
Schriftrolle in die Linke gab. Hiernach würde das Relief einen Gelehrten dar-
stellen, der im Begriff ist zu lesen, zu schreiben oder über den Inhalt eines Manu-
scriptes nachzudenken. Jedermann wird zugeben, dafs der Kopf der Relieffigur mit
den im Bisherigen nachgewiesenen Porträts des Plato in dem Schädelbau, den Zügen
und dem Ausdrucke eine nahe Verwandtschaft verräth. Dazu kommt noch die
krumme Haltung des Oberkörpers, welche von der Überlieferung ausdrücklich als dem
Plato eigenthümlich hervorgehoben wird21. Hiernach scheint mir die Frage berech-
tigt, ob nicht auch die Figur des vatikanischen Reliefs auf die gleiche Person zu
deuten ist. Allerdings erscheint der Bart in etwas anderer Weise behandelt; die
von den Backen und dem Kinne herabreichenden Haarmassen zeigen eine geringere
Fülle als an den sicher beglaubigten Porträts des Plato; der Schnurrbart fällt nicht wie
an den letzteren schlicht herab, sondern ist an den Enden etwas nach oben gedreht.
Aber diese Abweichungen sind doch von sehr nebensächlicher Bedeutung und der
Kopf der chiusiner Doppelherme, würde, wenn ich ihn richtig auf Plato gedeutet,
einen schlagenden Beweis liefern, wie frei die späteren Künstler mit den über-
lieferten Formen verfuhren.
Es bleibt nur noch übrig, einige Bemerkungen über die attische, im Obigen
erwähnte Doppelherme beizufügen. Wenn der eine der beiden Köpfe, aus denen
diese Herme zusammengesetzt ist, wie es den Anschein hat, Plato darstellt, so liegt es
am Nächsten den anderen Kopf auf Sokrates zu deuten. Jedoch wird diese Deutung
durch den erhaltenen Ansatz der Nase ausgeschlossen, der nicht auf eine aufgeworfene,
sondern auf eine Adlernase schliefsen läfst. Fragen wir nunmehr, welcher andere Phi-
losoph in solcher Weise mit Plato zusammengestellt werden konnte, so bleibt nur die
19) Zeller die Philosophie der Griechen II3 p. 312. 21) Plutarch de audiendis poetis 8; de adulatoris et
J0) Breite o, 35, Höhe o, 63. . amici discrimine 9.
78 Heibig, Bildnisse des Piaton.
Möglichkeit, an Pythagoras zu denken. Die athenische Herme ist, wie bereits bemerkt
wurde, im 3. Jahrhundert n. Chr. gearbeitet. Die geistige Richtung der damaligen
Generationen wurde aber vorwiegend durch zwei philosophische Systeme bestimmt,
die beide auf einem eigenthümlichen Synkretismus platonischer und pythagoreischer
Elemente beruhten, durch den Neuplatonismus, der verschiedene pythagoreische
Theorien und im Besonderen diejenige des Dualismus angenommen hatte23, und
den Neupythagoreismus, der in seinem dogmatischen Theile von der platonischen
Philosophie beeinflufst war25. Unter solchen Umständen scheint es ganz natürlich,
dafs damals die Porträts des Plato und des Pythagoras zu einer Doppelherme
vereinigt wurden. Pythagoras ist in ganzer Figur auf einer unter Kaiser Decius zu
Samos geschlagenen Münze'4 und auf einem Contorniaten 2S abgebildet. Doch geben
beide Stempel den Kopf in zu kleinen Verhältnissen wieder, als dafs er sich zu einer
ikonographischen Bestimmung verwenden liefse. Allerdings scheinen sie in einer
Hinsicht von dem Kopfe der attischen Herme abzuweichen, nämlich darin, dafs sie
die Stirn nicht kahl, sondern von herabfallendem Haare bedeckt darstellen. In-
defs schliefst dieser Unterschied die von mir vorgeschlagene Deutung keineswegs
aus. Alle Wahrscheinlichkeit spricht dafür, dafs von Pythagoras kein ikonisches
Porträt vorhanden war. Wenn demnach die Künstler dasselbe in späterer Zeit aus
ihrer Phantasie heraus gestalten durften, so kann es nicht befremden, dafs sich
mehrere Künstler an dieser Aufgabe versuchten und die von ihnen erfundenen
Typen verschieden ausfielen. Die beiden angeführten Münzstempel beweisen, dafs
Pythagoras im Alterthum zum Mindesten unter zwei verschiedenen Typen dargestellt
wurde. Auf der Münze von Samos zeigt er einen runden Kopf und kurzen Bart,
während der Kopf auf dem Contorniaten auffällig lang erscheint, und ein spitzer
Vollbart von dem Kinne auf die Brust herabhängt26.
W. Heibig.
aa) Zeller die Philosophie der Griechen III 2 p. **) Visconti a. a. O. I T. XVII 3 p. 197—198; Sa-
685IT. batier description des medaillons contorniates pl.
2a) Zeller a. a. O. III 2 p. 511fr. XV I p. 96.
24) Visconti Iconografia greca I T. XVII 1 p. 160; 36) Mit einem ähnlichen langen Barte dachte sich
Schuster Die erhaltenen Porträts der griech. Martial ep. IX 48 den Pythagoras:
Philosophen T. I 1 p 4. . Sie quasi Pytliagorae loqueris successor et heres,
Propendet mento nee tibi barba minor.
^^JUA - ^^^ , ^* yW~~, * , v*s*
CYPRISCHE VASE AUS ATHIENU.
(Tafel 8.)
Die auf Taf. 8 im Mafsstabe von etwas unter 2/3 wiedergegebene Vase ist
im Besitze des kunstsinnigen Directors der Schulen zu Levkosia Evstathios Kon-
stantinidis. Derselbe kaufte die Vase von dem Finder, einem Bauern in Athienu
und es darf als gesichert betrachtet werden, dafs sie in einer dortigen Nekropole
gefunden ist, aus welcher auch sonst noch zahlreiche Gefäfse stammen, welche
zum Theil mit Streifen und concentrischen Ringen, zum Theil mit vegetabilischen
Motiven wie Lotos und Palme bemalt sind; öfters sind diese Pflanzenornamente
mit dem an die rhodischen Vasen erinnernden Flechtband verbunden. Ich gebe
im Folgenden eine Besprechung, deren Redaktion sich mein Freund Herr Dr. F.
Dümmler unterzogen hat.
Nach den Analogien aus anderen Nekropolen bei Centralpunkten des phöni-
kischen Lebens auf der Insel haben wir ein Recht diese Vasen als phönikisch zu
bezeichnen, wenn wir uns bewufst bleiben, dafs bei der empfänglichen und mehr
technisch wie künstlerisch beanlagten Natur der Phöniker dies kein einheitlicher
Begriff ist, sondern sich mannigfaltig local modificirt und fremde Einflüsse keines-
wegs ausschliefst. Es ist aber sicher, dafs auf Cypern hauptsächlich Phöniker die
Träger dieser bestimmten Kunstübung sind, während sie z. B. in Rhodos auf ganz
anderen Bahnen zu wandeln scheinen.
Die vorliegende Vase ist 0,296 Meter hoch; sie ist aus dem diese Vasen-
classe charakterisirenden feingeschlämmten grauweifsen matten Thon gefertigt und
sorgfältig auf der Scheibe gedreht. Die gleiche Form — ovaler Bauch mit
kurzem, zum Ausgufs etwas zusammengedrückten und mit dem Bauch durch einen
kurzen Henkel verbundenen Halse — findet sich noch mehrfach bei cyprischen
Vasen, welche auch sonst Berührungspunkte darbieten. Zu vergleichen sind die
Vasen bei Cesnola Cyprus S. 55 (— Perrot et Chipiez III No. 518 S. 706), S. 333
pl. XLVI No. 38. 39 (38 = Perrot a. a. O. S. 701 No. 510), Perrot S. 709 No. 521;
verwandt ist auch No. 511.
Zur Bemalung der Vase sind aufser Schwarz zwei verschiedene Arten von
Roth angewendet: am Oberkörper des Mannes und an der gröfseren Lotosblume
ein mehr ins Gelbliche spielendes, am Unterkörper und der kleineren Blüthe ein
saftigeres, mehr ins Violette übergehendes. Am Halse der Vase befindet sich ein
rostrother Horizontalstreifen zwischen zwei schwarzen, am Fufsende ein einzelner
violettrother Streifen; am Henkel sind zwischen zwei schwarzen Vertikalstreifen
zahlreiche kleinere Horizontalstreifen derselben Farbe, ein spitz zulaufender schwarzer
Vertikalstreifen setzt unter dem Henkel an.
8o Ohnefalsch -Richter, Cyprische Vase aus Athienu.
Über die Füllornamente ist Folgendes zu bemerken.
Das Hakenkreuz findet sich auf unserer Vase vier Mal und ist überhaupt
auf dieser Klasse cyprischer Vasen nicht selten. Zu vergleichen ist beispielshalber
Perrot III S. 702 No. 513. S. 704 No. 515, Cesnola Cyprus S. 55. und pl. XLII No. 3.
pl. XLIV No. 34. pl. XLVI No. 38. pl. XLVII No. 40. S. 404 No. 15. Bei der weiten
Verbreitung dieses Füllmotivs, das zuerst in Vorderasien aufzutreten scheint und der
ägyptischen wie der assyrischen Kunst fremd ist', hält es schwer seinen Ursprung
für die cyprische Keramik zu ermitteln. Es tritt in Cypern zuerst in derjenigen
Topfwaare auf, welche ich als phönikisch bezeichnen zu können glaube. In einer
vorphönikischen Keramik, welche bis jetzt hauptsächlich durch die Funde von
Alambra (Cesnola Cyprus pl. VII. VIII. IX. Perrot III No. 485— 494, 498 — 503)
bekannt, aber viel weiter verbreitet ist, fehlt dies Ornament gänzlich'. Da
jedoch schon in sehr früher Epoche Gefäfse mykenischer Technik in Cypern
importirt wurden, so könnten diese das Ornament vermittelt haben, obwohl es in
diesem Stile nicht gerade häufig ist. Man könnte auch an Vermittelung durch
Dipylonvasen denken, von welchen allerdings erst ein Exemplar aus Cypern
bekannt ist (Cesnola Cyprus pl. XXIX = Perrot III S. 703 No. 514).
Auch das zweite sehr einfache Ornamentmotiv über den beiden Blumen,
welches einer Reihe paralleler A beziehungsweise Z oder M gleicht, hat die
cyprische Vasenclasse sowohl mit den mykenischen wie den Dipylon-Vasen gemein.
Es findet sich aufser auf unserer Vase noch Perrot III PI. III (S. 684). S. 701 No. 511,
Cesnola Cyprus S. 55 und pl.XLVI Fig. 38, und sonst. Dagegen findet die unter dem
rechten Arm des Mannes befindliche, aus Kreisen und parallelen Punktreihen be-
stehende Rosette ausschliefslich in der mykenischen Keramik ihre Analogien.
Zu vergleichen ist Schliemann Tiryns S. 152 No. 52, 53 und namentlich S. 404
No. 144. Dieselbe Rosette findet sich auf den verwandten Vasen Cyprus S. 333
und pl. XLV No. 35, eine etwas andere Form der Rosette in Fröhners catalogue
Barre pl. I (= Perrot III S. 700 No. 509). Mit den gewöhnlich concentrischen
Kreisen der cyprischen Kunst, welche auch bei unsrer Gefäfsklasse beiläufig meist
ganz oben am Rande auftreten, haben diese Rosetten nichts zu thun.
Es verdient erwähnt zu werden, dafs ein anderes Motiv, welches sich auf
einer der unseren nah verwandten Vase findet [Cyprus PI. XLIV No. 34 = Perrot
III S. 702 No. 513), sicher auf mykenischen Einflufs zurückzuführen ist, da es sich
aufserdem nur noch auf den melischen Vasen findet, welche hierin wol nicht original
sind. Es ist dies das Ansetzen paralleler Halbkreise an beide Seiten eines einem
vertikalen Bande ähnlichen Ornaments, welches sich z. B. in Schliemanns Tiryns
S. 144 No. 42 findet. Verwandt sind Tiryns No. 43 und 45. Danach ist denn auch
für die andern Füllmotive der mykenische Ursprung das Wahrscheinlichste.
J) S. Schliemann Ilios S. 389 — 392. dings benachbarten, aber vollständig verschie-
2) Diese Epoche ist streng abgeschlossen , eine denen Nekropolen von Dali und Alambra will-
Thatsache, welche nur deshalb nicht zur Geltung kUrlich untereinandermengt.
kommt, weil Cesnola die Fundstücke der aller-
Ohnefalsch- Richter, Cyprische Vase aus Athienu.
Die Hauptdarstellung ist stilistisch ebenso interessant wie in ihrer Bedeutung
unklar. Vor zwei sehr grofsen Blumen steht ein Mann, welcher mit der linken Hand
eine Blume erhebt, als ob er daran riechen wolle; der rechte Arm ist hinter dem
Rücken erhoben; die rechte Hand durch einen Strich, welcher ein Seil oder eine
Gerte vorstellen kann, mit einem über dem Kopfe schwebenden V.ogel verbunden.
Die Deutung dieser merkwürdigen Darstellung wird man wohl in den dem Vasen-
maler zugänglichen Vorbildern zu suchen haben. Salomon Reinach, welcher
Revue archeologique 1885, II S. 360 in seinem Aufsatze fouilles et decouvertes a Oiypre
depuis r occupation anglaise eine Skizze unserer Vase gibt, verweist auf die in der
assyrisch -babylonischen Kunst so häufigen Scenen, welche die Anbetung des so-
genannten heiligen Baumes darstellen. Der Gestus der Adoration sei von dem
cyprischen Vasenmaler mifsverstanden und durch das Motiv des Riechens ersetzt
worden, ähnlich wie auf der Vase von Ormidia bei Perrot III S. 711 No. 523.
Solche Darstellungen hat der Vasenmaler ohne Frage gekannt. Sie würden
jedoch weder den Vogel erklären noch die Blumen, welche wie Reinach selbst
sieht vielmehr auf ägyptische Vorbilder weisen. Nachbildungen des sogenannten
heiligen Baumes sind in der cyprischen Kunst zahlreich erhalten, doch weichen
sie von der vorliegenden Darstellung bedeutend ab. Dümmler macht mich darauf
aufmerksam, dafs ein Mifsverständnis der in Aegypten in Gräbern des alten
Reiches so häufig dargestellten Vogeljagd vorliegen könne (vgl. Lepsius Denk-
mäler II 12, 60, 106, 130. III 113), welche wahrscheinlich phönikischen Teppichen
nachgebildet sich auch in der Cornetaner tomba del cacciatore finde. Die erbeu-
teten Vögel in der linken Hand würden sich dann in eine Blume verwandelt
haben, die Papyrusstauden nach dem geläufigeren Lotos stilisirt sein, der Strich
an der rechten Hand das Wurfholz vertreten. Auch die nicht ganz klare
Tracht hat mehr ägyptische wie assyrische Elemente. Es scheint, als habe der
Mann Schnabelschuhe an, welche in cyprischen Denkmälern sonst nur für Frauen
vorkommen; die scheinbare Ausnahme erklärt sich auf das einfachste aus den
überaus spitzen Füfsen der ägyptischen Vorbilder. Ebenso dürfte die Frisur
eine Nachbildung der ägyptischen Perrücke sein und auch das Halsband findet sich
bei den ägyptischen Vorbildern. Die Blumen haben ihre nächste Analogie auf
einer verwandten Vase in New-York (Perrot III S. 709 No. 521), wie auch Reinach
bemerkt hat.
Sind sonach die nächsten gegenständlichen Vorbilder unsrer Vase mit über-
wiegender Wahrscheinlichkeit in Aegypten zu suchen, so ist andrerseits der Stil von
ägyptischer Eleganz himmelweit entfernt. Die Proportionen des Mannes sind
gedrungen, das Gesicht von charakteristischer Häfslichkeit. Man kann daher die
Vase unmöglich für jünger halten als diejenigen phönikischen Erzeugnisse, in welchen
die Nachahmung des ägyptischen Stiles mit vollkommener Freiheit gelungen
erscheint; hauptsächlich sind dies die Silberschalen von Cypern, Praeneste und
Caere. Eine gewisse Verwandtschaft in der Formgebung zeigt die Kupferschale von
Dali (Ceccaldi monuments antiques de Chypre pl. VII, danach Perrot III S. 673 No. 428.
82 Wolters, Mitteilungen aus dem Britrish Museum.
Cesnola Cyprus S. Jj), welche gleichfalls für älter zu halten ist als die Silberschalen.
Der Hauptwerth unserer Vase besteht darin, dafs sie neben dieser Schale eines
der wenigen Beispiele für eine früh-phönikische Kunstübung bietet, welche wenigstens
stilistisch noch verhältnismäfsig selbständig ist. Je geringer die technische Fertigkeit
ist, desto mehr, verräth sich der Charakter des Volkes in den Kunsterzeugnissen.
Eine Richtung auf das Derbe, Charakteristische tritt bei den wenigen Erzeugnissen
früh-phönikischer Kunst auf Cypern in ähnlicher Weise hervor wie bei den etruski-
schen Kunstwerken, soweit sie im Stil selbständig sind.
Levkosia, Februar 1886.
Max Ohnefalsch-Richter.
MITTEILUNGEN AUS DEM BRITISH MUSEUM.
in.
ARCHAISCHE RELIEFS AUS XANTHOS.
Unter den durch Fellows in's Brittische Museum gelangten altertümlichen
Skulpturen aus Lykien sind nächst dem Harpyienmonument vielleicht die bedeutend-
sten sieben Kalksteinplatten, welche auf der Akropolis von Xanthos zugleich mit
anderen Reliefs in eine Mauer späterer Zeit verbaut gefunden wurden; vgl. Fellows,
A Journal written during an excursion in Asia Minor S. 233. Eine vollständige und
genügende Abbildung giebt nur Prachov, Antiquissima momimenta Xa?ithiaca Taf. I,
2. 3. 6b, h; eine Skizze findet sich bei Cesnola, Cyprus Taf. 16 (in der deutschen
Bearbeitung Taf. 46) und danach bei Murray, A history 0/ greek sculpture I Taf. 6
S. 122, der auch (Taf. 4. 5) zwei Proben gröfser und besser abbildet. Vgl. sonst
noch aufser der zu N. 131 — 135 der Berliner Gipsabgüsse angeführten Litteratur
Benndorf, Reisen in Lykien und Karien S. 86.
So viel ich weifs, hat man allgemein diese Reliefs als zusammengehörig
und von einem Bauwerke stammend angesehen. Von dieser Annahme, welche
durch die Fundumstände nicht genügend gesichert wird, ist nur Prachov abgewichen,
wie sich schon aus der Anordnung seiner Abbildungen schliefsen läfst, und eine
kurze Bemerkung zu Taf. 1, 2 {»in Museo Britannico hoc fragmentum falso conjunetum
est cum alio zophoro, gut delineatus est Fol. III, a, b, c, d«) beweist. Eine Darlegung der
Gründe, welche in der That zwingen, hier die Reste dreier verschiedener Werke
anzunehmen, wird trotzdem wol nicht ganz überflüssig sein, da die genauere Erör-
terung, die Prachov in seinem russisch abgefafsten Text gegeben haben wird,
wie mir so den Meisten unbekannt bleiben mufs. Die beistehenden Skizzen, die
nach Prachov's Abbildungen, unter Benutzung meiner Notizen, absichtlich schematisch
gezeichnet sind, werden die technischen Eigentümlichkeiten veranschaulichen.
Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum.
83
den Rändern hin in sanfter
ist auf seiner rechten Seite
Betrachten wir zunächst die
bei Prachov Taf. 1, 2 abgebildete
Platte, die vom linken Ende eines
Frieses stammt, so finden wir neben
dem eigentlichen Relieffeld eine
einfach glatt gearbeitete Fläche
A B G F von etwa 0,38 m Breite,
welche links noch durch eine 0,07
breite und 0,02 tiefe Furche durch-
setzt wird. Die untere linke Ecke
ABC\s\.o,\$7 hoch und 0,375 Dreit
ausgeschnitten, und ebenso ist oben
links ein an der Vorderkante 0,355,
an der Hinterkante 0,38 langes, 0,05
hohes Stück F G H ausgespart,
an welches sich eine kleine, nicht
über die ganze Dicke der Platte
ausgedehnte Eintiefung HJ K anschliefst. Das Figurenfeld ist unten durch eine
ganz kleine, 0,02 m hohe Leiste, oben durch einen 0,18 breiten Streifen ab-
geschlossen und, wie die Profillinie zeigt, zu
Krümmung übergeleitet. Der Ausschnitt ABC
mit einer schmalen Leiste eingefafst, oben aber
nicht besonders begrenzt. Die Dicke der ganzen
Platte beträgt 0,172 m, die Höhe 0,848. Von oben
gesehen zeigt dieselbe aufser der grofsen, schon
erwähnten, über die ganze Dicke erstreckten Ver-
tiefung FG(H) L M noch eine kürzere und zwei längere Eintiefungen an der Hinter-
kante. In die zur Rechten führt von der Vorderseite eine kleine, ganz an der Ober-
fläche laufende Rinne NO. Eine klare Vorstellung über den ehemaligen architek-
tonischen Zusammenhang kann man
aus diesen mannigfaltigen und dabei
doch auf dies eine Stück beschränkten
Thatsachen kaum gewinnen.
Wir wenden uns zu der zwei-
ten, von Prachov Taf. 6B, h abgebil-
deten Platte, die ebenfalls das linke
Ende eines Frieses bildete. Hier haben
wir sofort neben dem Figurenfeld eine
vertiefte Rinne von 0,115 Breite und
0,04 Tiefe, die nnten noch von einer
quer laufenden, 0,525 langen, 0,07 tie-
fen Vertiefung A B E F gekreuzt wird,
TJC
l KJ
G J
84
Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum.
während eine nur 0,03 lange, 0,02 tiefe BCD E rechts anschliefst. Das Figurenfeld
zeigt keine besondere Begrenzung; oben ist zwar ein etwa 0,13 breiter Streifen frei
gelassen, aber der Reliefgrund ist nicht vertieft, sondern die Figur selbst und ihre
Umrisse liegen tiefer als dieser. Von oben gesehen zeigt die Platte nur links eine
Eintiefung von der Hinterkante her. Die Höhe der Platte ist 0,84, die Dicke 0,30.
Gehen wir nun zu der dritten, dies Mal einer rechten Eckplatte (Prachov
Taf. 3, d) über, so finden wir wieder eine durchaus abweichende Bearbeitung. Rechts
ist die Platte durch einen 0,205 breiten glatten Streifen begrenzt, der nur in seinem
mittleren Teile nach rechts hin eine glatte Schnittfläche zeigt, während unten wie
auch oben ein kleines Stück rauh
weggemeifselt ist. Die rechte un-
tere Ecke C D E in einer Höhe
von 0,137 und einer Breite von
0,35 ist ähnlich wie bei der erst-
besprochenen Platte weggeschnit-
ten. Dieser Ausschnitt ist oben von
einer schmalen Leiste eingefafst;
dafs sich diese auch an der Seite
fand , ist bei der Zerstörung dieser
Stelle nicht absolut sicher. Auch
die obere rechte Ecke zeigt einen
A » c niedrigen, 0,38 langen Ausschnitt
F G H. Links unten , 0,90 von der ergänzt gedachten rechten Ecke der Platte
entfernt, findet sich wieder ein von einer Leiste rundum eingefafster Ausschnitt
A B, 0,10 hoch und 0,175 breit. Das Figurenfeld ist oben durch einen 0,08,
unten durch einen 0,04 breiten, 0,04 über dem Reliefgrund erhobenen und in
scharfem Winkel auf denselben stofsenden Rand eingefafst. Von oben zeigt die
Platte nur etwa in der Mitte die Spur einer Klammer, durch welche sie mit hinter
ihr liegendem Gemäuer verbunden sein konnte. Die Höhe dieser Platte beträgt
0,85 m, die Dicke 0,185.
Die übrigen vier Platten (Prachov Taf. 3, a — c) gehören offenbar zu dem-
selben Bauwerk wie diese letztbesprochene: sie stimmen mit ihr in Höhe, Dicke,
Plattenrand, Einfassung der Ausschnitte wie Klammerspuren völlig überein. Dafs
die beiden zuerst genannten Platten dagegen nicht zu diesem selben Werke gehört
haben, ergiebt sich aus den angeführten Thatsachen von selbst.
Die Reihenfolge der an letzter Stelle besprochenen Friesplatten ist nicht
ganz sicher. Der Zusammenhang der beiden von Prachov mit b bezeichneten
Platten steht ganz fest, dagegen könnte man an dem Anschlufs von b an c und von
c ■a.w d zweifeln. Bei Besprechung des Berliner Abgusses habe ich (S. "j6) die Zu-
sammengehörigkeit von rund d in Abrede gestellt; wenn wir aber nun finden, dafs
die Entfernung von dem linken Rande des Ausschnittes A B auf d bis zum rechten
Rande des folgenden, auf b rechts befindlichen genau eben so viel, nämlich
Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum. 85
1,265 m, mifst wie von dem linken Rande dieses zweiten Ausschnittes bis zum
rechten Rande des dritten, auf b links befindlichen, so werden wir unter der Vor-
aussetzung, dafs bei dem ursprünglichen Bau diese Ausschnitte in gleichen Abständen
wiederkehrten, in dieser Übereinstimmung eine Gewähr für die Richtigkeit der
jetzigen Anordnung erblicken müssen, obschon diese so genaue Übereinstimmung
wol Zufall ist. Denn der linke Rand der Platte d wie der rechte von c ist zerstört,
und wenn auch die auf beiden Platten befindlichen Reste des Rades die ehemalige
Entfernung einigermafsen bestimmen, so ist doch eine Genauigkeit auf Millimeter
dabei nicht zu verbürgen. Dafs a und b an einander angeschlossen hätten, erscheint
nicht ganz sicher; wenigstens gehen bei der jetzigen Aufstellung die Linien des
auf beide Platten verteilten Pferdeschenkels nicht so in einander über wie man es
bei ursprünglichem Zusammenhang erwarten möchte.
IV.
ZUM ATTALISCHEN WEIHGESCHENK.
Die oben abgebildete Broncestatuette ist mit der Sammlung Blacas in's
Brittische Museum gelangt; über die Herkunft ist nichts bekannt. Ihre Länge beträgt
0,085 m> ihre Höhe 0,05. Die Arbeit ist sehr flüchtig aber sicher, die Erhaltung
gut. Dafs wir in der Figur einen sterbenden Gallier zu erkennen haben, ist nicht
zweifelhaft; ich glaube sogar, dafs wir sie für die, allerdings freie Kopie einer der
Attalischen Statuen zu halten haben, derjenigen die in den MonnmentiYK Taf. 20, 4
abgebildet ist. Dafs der behelmte Kopf, welcher der Figur jetzt aufgesetzt ist,
nicht ursprünglich zugehört, ist durch die Untersuchung Klügmann's (Arch. Ztg.
1876 S. 35) festgestellt; aufserdem sind ergänzt nur der linke Arm, einige Finger
der rechten Hand, der rechte Fufs und die Zehen des linken Fufses {Annali 1870
S. 304). Das Motiv der Neapeler Statue ist also im Wesentlichen gesichert und
die Abweichungen der Bronce müssen als bewufste Änderungen ihres Verfertigers
gelten. Er hat den Verwundeten nicht im kraftlosen Hinsinken dargestellt, sondern
ihm noch ein gewisses Mafs von Lebenskraft verliehen, indem er zunächst der ganzen
Gestalt eine etwas aufrechtere Haltung gab. Damit ist die dargestellte Handlung
in Übereinstimmung: denn offenbar ist der Gallier bemüht, mit der geballten Rechten
86
Wolters, Mitteilungen aus dem British Museum.
den Pfeil aus seiner Wunde zu ziehen. Bei der Neapeler Figur hängt der rechte
Arm schlaff herab und malt besonders ausdrucksvoll die völlige Ermattung des
Sterbenden. Dafs die Haltung des linken Beines verändert ist, erscheint minder
bedeutungsvoll. Der Kopf wird beim Original weniger nach der Seite geneigt
gewesen sein; doch darin scheint sich nur ein gewisses Ungeschick des Kopisten
zu verraten. Dafs trotz dieser Abweichungen die Bronce auf die Attalische Statue
zurückgeht, ist wol nicht zu bezweifeln. Es scheint kein Zufall, dafs bei dieser eben
an der Stelle sich der tötliche Pfeilschufs angedeutet findet, an welcher wir uns bei
jener die Verwundung denken müssen. So lehrt uns die Statuette mit Gewifsheit,
dafs wir in der Neapeler Figur einen sterbenden Gallier besitzen und dafs wir uns
den Kopf derselben unbehelmt, jugendlich und langhaarig zu denken haben.
Die Frage ist berechtigt, ob wir nicht im Stande sind, unter den erhaltenen
Statuetten Kopien anderer, verlorener, Figuren des Attalischen Weihgeschenkes auf-
aufzufinden. Schon Murray (Arch. Ztg. 1873 S. 60) hat in diesem Sinne auf zwei
Broncefigürchen des Brittischen Museums hingewiesen. Das erste zeigt uns einen
Gallier, der tot oder sterbend am Boden liegt; er ist mit einer Hose bekleidet, am
Arm trägt er den Schild. Die Arbeit ist sehr roh. Das zweite Figürchen, eine
Amazone, ist besser gearbeitet. In ausdrucksvoller Haltung dargestellt, bringt sie
uns etwas von dem Pathos zur Anschauung, das wir in den Pergamenischen Werken
finden, und man wird die Möglichkeit, dafs sie nach einem solchen gearbeitet sei,
zugestehen, obwol die einzige erhaltene Amazone eine durchaus abweichende Tracht
zeigt. Bei der Figur des Galliers ist mir ein Zusammenhang mit der grofsen Kunst
wenig wahrscheinlich. — Auch das Handwerk hat den dankbaren Stoff der Gallier-
Studniczka, Hydragiebel. . 87
kämpfe früh aufgegriffen. Ein interessantes Beispiel ist die im Bulletin de corre-
spondance hellenique IX Taf. II S. 485 veröffentlichte Terrakottagruppe aus Myrina:
ein Kriegselefant, der einen Gallier niedergeworfen hat. Angeregt ist dieses Werk
offenbar durch die Galaterkämpfe der Diadochen, und wird denselben wol auch
zeitlich nicht fern stehen. Von einem Vorbild der grofsen Kunst kann es natürlich
nicht abhängen; eher könnte man zu dieser Annahme für die zweite im Bulletin
S. 490 abgebildete Figur geneigt sein.
Paul Wolters.
ZUM HYDRAGIEBEL.
In den beiden Besprechungen des hochaltertümlichen Giebelreliefs1, welches
Herakles im Kampfe mit der Hydra darstellt, scheint mir ein wichtiger Punkt nicht
richtig beurteilt, ich meine sein Verhältnifs zu dem bekannten Vasenbilde, welches
im Wesentlichen die gleiche Composition zeigt'.
Purgold 3 hält den Giebel für eine selbständig für diesen tektonischen Zweck
erfundene Composition, das Vasenbild aber für eine mittelbar oder unmittelbar
davon abhängige Weiterbildung, vermehrt um die an unpassender Stelle einge-
schobene Athena. Mir scheint das Gegenteil unzweifelhaft: das Gefäfs wiederholt
getreu den alten Typus, welchen der Meister des Giebels zu seinen Zwecken modi-
ficierte und kürzte. In allem Wesentlichen übereinstimmend und abweichend von
den korinthischen Vasen, auf denen Iolaos, der Sage gemäfs, tätig mithilft4, war
der Vorgang am linken Ende . des untersten Streifens auf der Kypscloslade dar-
gestellt5, welche doch ohne Zweifel vor unserem Giebel entstand: Herakles be-
kämpfte im Beisein Athenas die Hydra und — was Purgold zu übersehen scheint
— Iolaos hielt mit dem abgekehrten Gespann daneben, was den bekannten Irrtum
der alten Erklärer veranlafste, den Wagen noch zu den anstofsenden Eeichenspielen
des Pelias zu ziehen. In der axsu^, an welcher Herakles ohne Beischrift kenntlich
') Etprjfi. äpy. 1884 T. 7, Mitth. d. arch. Inst. Athen Amphora in Berlin, Furtwängler Nr. 1854, Mon.
1885 zu S. 237. a. a. O. I. — Der Typus des Napfes aus Argos
'-) Gerhard, Auserl. Vasenb. II T. 95 — 96; 'F.tpirjfi. dürfte mit Purgold S. 235 auch für den amykläi-
a. a. O. sehen Thron vorauszusetzen sein, worauf auch
3) 'KtfTjfji. 1885 S. 236f. die beiden Denkmälern gemeinsame Verbindung
4) Monum. dell' Inst. III T. 46, 2 aus Aigina; dieses mit dem Kerberosabenteuer hinweist. Die
Archäol. Zeitg. 1859 T. 125 (Monum. a. a. O. 5) Kürze der nach Pausanias' ausdrücklicher Angabe
Napf aus Argos. Die Hauptgruppe wiederholt summarischen Beschreibung 3, 18,3 gestattet nicht,
im Wesentlichen die spätschwarzfigurige attische auf gleiche Kürze der Darstellung zu schliefsen.
5) Pausan. 15, 17, 11.
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. 7
88 Studniczka, Hydragiebel.
war, darf man das Lövvenfell erkennen, das er auch auf dem Vasenbilde trägt0.
Verschieden von dem Bilde der Lade ist es nur in der Richtung, von links nach
rechts7, und in der Waffe des Heros; dort war es die älteste, der Bogen, hier ist
es das Schwert, wie zum Teil auf den Vertretern des anderen Typus 8. Das attische
Relief unterscheidet sich bei wesentlicher Gleichheit des Kampfschemas durch die
Tracht der Hauptperson, welche noch die allgemein heroische Kriegsrüstung trägt
und die Keule schwingt, was in diesem Abenteuer erst in jüngeren Darstellungen
wiederkehrt9. Wesentlichere Änderungen aber sind die Weglassung Athenas, die
der Künstler nicht unterzubringen wufste, ohne Herakles von der Mitte wegzurücken
und gegen die Tradition die Hauptsache, das Schlangenungeheuer, einzuschränken;
ferner die Änderung in der Haltung des Ioalos, welcher auf der Kypsele und dem
Vasenbilde ganz auf dem Wagen steht, hier dagegen im Schema des ausziehenden
Amphiaraos ihn besteigt, sachlich sinnlos, aber in der lobenswerten Absicht, ihn
wegen der Neigung des Giebels bei möglichst grofsen Verhältnissen möglichst tief
herabzurücken. Der Krebs, welcher die linke Giebelecke füllt, scheint, da er auf
dem Vasenbilde und, nach diesem und dem Schweigen der Beschreibung zu urteilen,
auch auf der Lade fehlte, aus dem anderen Typus entlehnt, wo sich auch schon
die Senkung der Pferdeköpfe, sehr natürlich durch das Grasen motiviert, vorfand10,
welche unser Künstler so glücklich der Giebelform angepafst und mit dem Krebse
in Verbindung gebracht hat.
Unser Vasenbild hat Klein der chalkidischen Gruppe zugerechnet und,
so viel mir bekannt, keinen Widerspruch erfahren. Meier knüpft sogar die
Vermutung daran, es sei auch der Giebel ein Werk chalkidischcr Kunst". Mit
Unrecht auch dann, wenn Kleins Behauptung stichhaltig wäre, denn mit eben-
soviel Grund könnte man im Hinblick auf die Kypsele an korinthischen Einflufs
denken, welchem ja z. B. Löschcke im attischen Archaismus weiten Spielraum bei-
c) Wenn wie es scheint auch sonst auf korinthi- der Beschreibung mit der Hauptsache, dem
sehen Denkmälern die Löwenhaut früher üblich Ungeheuer, liefsen sich Analogien beibringen,
wird als anderwärts, so erklärt sich das, glaube 8) Das Schwert auf der Anm. 4 erwähnten Vase
ich, aus der Nähe von Nemea. Dafs im Nord- aus Aigina und Monum. a. a. O. 6. Häufiger
osten des Peloponnes mit der Sage vom Löwen- erscheint die ziemlich gleichbedeutende Ilarpe:
kämpfe auch die Felltracht des Herakles zu auf dem ebenda angeführten Napfe aus Argos,
Hause war, kann die bekannte Nachricht bestäti- auf beiden Seiten der Schale des Nikosthenes
gen, Peisandros von Kamiros habe sie zuerst und Anakies in Berlin, Furtwängler Nr. 1801,
in die Poesie eingeführt. Der Bürger einer ar- der erwähnten attischen Amphora; nach Euripides
givischen Kolonie verwertete damit nur einen Ion 194 auch auf der delphischen Metope.
Zug der heimatlichen Sage. Dieser könnte 9) Am frühesten in dem jung-schwarzfigurigen
darum doch ursprünglich orientalisch gewesen Vasenbild Heydemann T. 4, Collignon Nr. 211,
sein. dem rotfigurigen Gerhard Auserl. Vasenb. II 148,
r) Wenn Löschcke Archäol. Zeitg. 1876 S. 113 auf der Saburoff'schen Reliefvase aus Tenea
Anm. 17 aus Pausanias' Ausdrucksweise das (Berlin Nr. 2882) und auf jüngeren Reliefs; auch
Gegenteil entnimmt, so übersieht er, dafs dann auf der Münze von Phaistos, Frtedlaender-
das Gespann sehr unpassend von seinem Herrn Sallet, Berl. Münzkabinet T. 3. Nr. 161.
durch das Ungeheuer getrennt wäre, statt in 10) Auf dem Napf aus Argos, s. Anm. 4.
seinem Rücken zu warten. Für das Anheben ") Mittheilungen 1885 S. 326.
Studniczka, Hydragiebel. 8g
mifst. Methodisch richtiger ist es bis auf Weiteres jedesfalls, das immerhin ziemlich
selbständige Werk mit Purgold der einheimischen, der Verbreitung nesiotischer
Marmorbildnerei unter Peisistratos vorausliegenden Kunst zuzuweisen, von deren
Kraft die Frangoisvase so achtbares Zeugnis ablegt.
Aber ist der chalkidische Ursprung jenes Denkmals denn wirklich gesichert?
Da Inschriften fehlen, ist es nur Form und Decoration des Gefäfses sowie Geist
und Stil der Bildwerke, worauf Klein seine Bestimmung gründet (Euphronios S. 32).
Aber so weit mir das Material, über welches ich verfüge12, ein Urteil ermöglicht,
sind die von ihm geltend gemachten Analogien nichts weniger als zwingend und
scheinen mir sogar mehr als den blofsen Zweifel an dem chalkidischen Ursprung
des Gefäfses, oder genauer gesagt an seiner Zugehörigkeit zu der uns sicher be-
kannten Gruppe chalkidischer Vasen zu gestatten.
Die Amphoren Klein 1, 2, 4, 7 stimmen in Form, decorativer Gliederung
und Ornamentation völlig überein. Der von echinusartiger Mündung bekrönte Hals
setzt in scharfem, durch das kymationähnliche Stäbchenornament markiertem Winkel
gegen den Bauch ab; er ist völlig bedeckt von dem bekannten schönen »alternieren-
den Palmetten-Lotosbande«. Den vom Fufse ausgehenden Strahlenkorb schliefst
nach oben, etwas unterhalb der Mitte, eine doppelte breite Borte ab, die obere
eine Reihe von Lotosknospen und -Blüten, die untere durch parallele schräge
Treppenlinien einem geflochtenen Gurte ähnlich. Die von Ornamenten frei gelassene
Fläche gliedert eine Linie in der Höhe des unteren Henkelansatzes in einen schmalen
Schulter- und einen breiten Bauchstreifen, wodurch sich auch das Bruchstück 10 als
hierhergehörig erweist. Der erstere pflegt Tiere oder sonstige Nebendarstellungen,
letzterer das ringsumlaufende mythologische Hauptbild zu enthalten13. Eine jüngere
,2) Ich kenne aus Abbildungen oder Beschreibungen er wandte, vielleicht wagenbesteigend, der Scene
folgende Nummern des Verzeichnisses bei Klein, den Rücken. S steht allein in dem rechtsliiufigen
nach dem ich oben citire : 1) Mon. dell' Inst. Eos, sonst immer 5. In Thetis steht Q , d. h.
I T. 51; 2) Luynes Vases PI. 8, Gerhard Auserl. der senkrechte Strich nur in der unteren Hälfte.
Vasenb. II T. 105 — 6; 3) British Museum — Die Amphora München Nr. 1 108, welche nach
Nr. 584, Gerhard IV T. 323; 4) Gerhard II Brunn, Probleme S. 30, 5 und Kirchhoff Alpha-
T. 190 — I, sämmtlich Amphoren; 5) Krater bet S. 112, 6 auch Meier Mitt. 1885 S. 332 für
(Löschcke; Gerh. und Kl. irrig Amphora) Gerhard chalkidisch erklärt, Klein wegläfst, kenne ich
IV T. 322; 6) Psykter (Skyphos) Annali 1839 leider nicht. Mit besonderer Freundlichkeit hat
t. P, Archäol. Zeitung 1866 T. 206; 7) Amphora mich Löschcke, der das Material für eine dem
Roulez Choix de vases T. 5 (mir hier unzugänglich, Institute zugesagte umfassende Publication der
auch die Beschreibungen von 8, nach Löschcke chalkidischen Gefäfse in Händen hat, über die
nicht Amph. sondern Krater); 9) Hydria (nicht Hauptzüge seiner Einteilung und wichtige Ein-
Amph.) München, JahnNr. 125, GerhardIIIT.237; zelheiten belehrt. Gleich hier erwähne ich
10) Fragm. Amph. Florenz Nr. 1784 (Körte die epigraphe Hydria des British Museum,
Annali 1881 p. 170 Anm.) Heydemann Bull. d. die Löschcke Archäol. Zeitung 1881 S. 36 A. 23
Inst. 1870 p. 187, über die mir Milani Näheres kurz beschrieben hat.
mitzuteilen die Güte hatte. Danach sind von 13) Zug um Zug kehrt diese Anordnung und Ver-
Antilochos nicht nur Schild und FUfse, auch zierung wieder auf der Vulcenter Vase Monum.
Beine mit Schienen erhalten. Thetis ruhig, Eos dell' Inst. I T. 26, 11, die man als sicher chal-
leidenschaftlich bewegt. Hinter ersterer von kidisch in Anspruch nehmen kann. Das Haupt-
Automedon nebst r. Schulter ein Stück Brust; bild ist nur decorativ, zwei Hähne um ein
QO Studniczka, Hydragiebel.
Form und Anordnung zeigt 3: Hals und Schulter ineinander übergehend. Die Vase
ist gefirnifst und nur auf jeder Seite eine Bildfläche ausgespart, von der ein Strich
einen schmalen oberen Streifen abtrennt, der auf 3 mit Ornament gefüllt ist; unten
befinden sich Strahlen14.
Die Hydravase unterscheidet sich wesentlich von diesen beiden Formen.
Der Hals geht ähnlich wie bei der zweiten in geschwungener Linie in den Bauch
über, der jedoch bedeutend schwerer ist. Grundverschieden aber ist die Gliederung
der ringsumlaufenden Verzierung, durch welche sich das Gefäfs im Allgemeinen
der ersten Classe nähert. Der Strahlenkorb des Fufses nimmt weniger Raum ein
und trägt nur einen, den Lotosstreifen, nicht das charakteristische, an dieser Stelle,
so viel ich sehe, ausschliefslich chalkidische Treppenlinienband 15. Statt des schmalen
Reifens der älteren chalkidischen Amphoren sehen wir hier in der Höhe des unteren
Henkelansatzes ein doppeltes breites Band mit Ornamenten, die dort nicht vor-
kommen: dem Punktnetz und dem gegenständigen Palmettenstreif. Das hierdurch
nach oben abgegrenzte Hauptfeld ist in drei schmale Streifen gegliedert; die beiden
unteren sind mit Tierfriesen, welche bei den chalkidischen Amphoren nur in dem
Schulterstreifen ein beschränktes Dasein fristen16, der wenig breitere oberste mit dem
formell ganz ähnlichen affenartigen Satyrgetümmel ausgefüllt. Der nicht umlaufende,
sondern in zwei Bilder, Herakles im Kampfe mit der Hydra und mit den Amazonen,
gesonderte mythologische Hauptstreif aber erscheint, wie auf keiner chalkidischen
Vase, auf der Schulter und ihrem Übergang zum Halse, wo er das Palmetten-Lotos-
ornament, von dem Klein's Bestimmung ausgeht, nur einengt. Dafs aber dieses
allein mit nichten chalkidische Herkunft erweist, zeigen so sicher attische Gefäfse,
wie das bekannte mit der Athenageburt in Berlin" und ähnliche, welche in Form und
prächtiges Palmetten-Lotos-Geflecht; hinten zwei er die unveröffentlichte inschriftlose Petersburger
verschlungene Schlangen. Man vergleiche das Vase Nr. 54, auf der, wie bei anderen, der
Schulterbild von I. Durch Löschcke erfahre ich, obere Streifen mit besonderer Darstellung aus-
dafs diese Vase sich in Würzburg befindet. gefüllt ist.
Nach der Beschreibung kann sie aber mit Ur- 15) An der Mündung hat sie z. B. die korinthi-
lichs, Verzeichnifs der Antikensammlung der sehe Amphora a colonette Berlin Furtwängler
Univ. Würzburg, 3. Heft Nr. 146 kaum identisch Nr. 1655, Monum. dell' Inst. X T. 4, 5, die Schale
sein, welche mir nebst Nr. 147 Böhlau als ebenso aus Korinth, Athen Collignon Nr. 193, sowie der
sicher chalkidisch bezeichnete. — Ganz die gleiche Anm. 13 als chalkidisch erwähnte Krater. Häufi-
Bemalung zeigt der Krater Monum. dell' Inst. ger sind die gereihten senkrechten Zickzacklinien
IT. 27, 27, für welchen Puchstein Archäol. Zei- an ähnlicher Stelle, wie bei unseren Amphoren
tung 1881 S. 220 mit vollem Recht chalkidischen schon auf der grofsen Dipylonvase Monum.
Ursprung vermutet. Von unwesentlichen Ab- dell' Inst. IX T. 40, auf der kyrenischen
weichungen abgesehen gehört endlich auch das Hydria Archäol. Zeitg. 1881 T. 10, 2; auf der
amphorenartige Kühlgefäfs in Kopenhagen hier- attischen Schüssel aus Aigina, ebenda 1882
her, welches Schreiber Kulturgesch. Bilderatlas T. T. 10; dann z.B. am Halse der Timonidasvase.
77, 7 nach Ussings mir unzugänglichem Buche IC) Das Fehlen eines solchen ist auch für 5 bezeugt;
de nominibus vnsorum Graecorum p. 81 ab- einen unter dem Bilde hat die Hydria 9.
gebildet ist. lr) Furtwängler Nr. 1704, Mon. de 11 Inst. IX T. 55;
") So Löschcke, indem er für die Form auf die auch hier das mythologische Bild über drei
attische Vase Monum. dell' Inst. I T. 26, I Tierstreifen auf der Schulter, nur wenig tiefer
verweist. Als Hauptvertreter dieser Klasse nennt und gegen den Hals durch jenes Stäbchenorna-
Studniczka, Hydragiebel.
91
Gliederung, wohl auch in bezeichnenden Einzelheiten des Bildwerks, mit der Hydra-
vase wesentlich, obwohl nicht ganz genau übereinstimmen. Wir haben also, glaube
ich, bisher allen Grund, sie zu den attischen zu zählen.
Nicht minder bestimmt streitet eine stilistische und antiquarische Ver-
gleichung der mythologischen Bildwerke unseres Gefäfses mit den chalkidischen
gegen Klein's Annahme. Die naive »epische« Art der Schilderung haben sie nicht
blofs mit dieser Classe gemein. Die urkräftige Energie, welche die besten chalki-
dischen Bilder charakterisiert, fehlt, wie hier, freilich auch auf den geringeren und
jüngeren. Bedenklicher ist es schon, dafs man in dem bewegten Bilde der Amazonen-
schlacht den typischen Gefallenen vermifst, an dessen schwieriger Wiedergabe sich auch
die Chalkidier immer wieder versuchen (Klein 1, 3, 10). Noch bedeutsamer scheint
mir die Verschiedenheit der Athena hier von dem schönen ausgeprägten Typus,
in dem sie ganz ähnlich streitenden Helden, den Achaiern und dem Herakles, bei-
stehend, auf 1 und 2 erscheint: helmlos, in dem knapp anliegenden, einförmig
dunkclroten Rock, den auch Hippolyte auf 4, die Nymphen auf 7 und, soweit er-
halten, die Göttinnen auf 10 tragen 18, die Aegis wie es scheint als kleinen Schild
am linken Arm, von ihren gewaltigen, weitzüngelndcn Schlangen wie von zuckenden
Blitzen umgeben". Hier dagegen steht sie eingeengt zwischen Herakles und Iolaos,
ment abgegrenzt. Vergl. z. B. noch Furtwängler
Nr. 1672. 1685; Museo Gregor. II T. 32, 2;
Gerhard Etrusk. Camp. Vasenb. T. 10, Brunn-
Lau T. 8, 1. Loschcke teilt meine Ansicht und
verweist noch auf Inghirami Vasi fittili IV T. 301.
18) Kür diese und die verwandte korinthische Tracht
verweise ich auf Böhlau Quaestiones de re vestiaria
p. 68, ohne jedoch alles dort Gesagte zu billigen.
in) Am nächsten steht ihr wohl die mit Perseus
davoneilende Athena auf der rhodischen Schale
Journal of hellen, sind. 1884 T. 42, welche der
Herausgeber nur im weiteren Sinn chalkidisch
nennt. Doch trägt die Göttin hier noch einen
Schild am Arme, so dafs die Schlangen unmittel-
bar am Gewände haften, wie ich glaube ein
Mifsverständnifs der chalkidischen Schildägis. —
Grundverschieden hiervon ist die Athena Gerhard
Auserl. Vasenb. II T. 119, welches Gefäfs Furt-
wängler im Katalog Nr. 1670 zu den chalkidi-
schen zählt. Die Göttin ist ohne Aegis und
trägt geschuppten dorischen Peplos mit Ueber-
schlag, wie er auf altattischen Vasen Regel ist
(Böhlau Quaestiones p. 68 n. 1), für mich vorläufig
Grund genug, die Berechtigung dieser auch von
Loschcke gebilligten Zuweisung, welche sich bis-
her auf keine Inschriftvase stutzt, zu bezweifeln.
Die Form stimmt mit den älteren chalkidischen
Amphoren, aber statt des Palmetten-Lotos-Bandes
trägt der Hals grofse Lotosknospen und -bluten,
die Ornamentstreifen über dem Strahlenkorb
fehlen, der schmalere Streifen ist nicht über,
sondern unter dem Hauptstreifen. Puchstein (Ar-
chäol. Zeitg. 1881 S. 242) stellt das Gefäfs zu
der von Loschcke ebenda 1876 S. H4ff. behan-
delten « korinthisch - attischen » Klasse ; wenn
Loschcke für ganz übereinstimmende Beispiele wie
Mon. dell' Inst. I T. 26, 12 (Würzburg) die Möglich-
keit attischer Nachahmung chalkidischer Vorlagen
offen, für ähnliche, wie ebenda XII T. 9 für
sicher hält, so möchte ich das bis auf Weiteres
für die ganze Gruppe annehmen. — Auch die
Zuteilungen Meiers a. a. O. S. 332 können nur sehr
bedingte Geltung beanspruchen , insofern man
alles Nichtattische und Nichtkorinthische im all-
gemeinsten Sinn chalkidisch nennen mag, ein Ver-
fahren, dessen Vorteil ich nicht einsehe. Das
gilt besonders von dem hiesigen Pinaxbruchstück
aus Eleusis 'Rcprju. öpjf. 1885 T. 9, 12 S. I78f.,
dem übrigens Meier die Verwendung von Weifs
mit Unrecht abgesprochen hat. Auf der ihm
allein bekannten Vorderseite ist der Nägel-
beschlag der Beinschienen damit bezeichnet; auf
der Rückseite der von Philios p. 178 nicht sicher
erkannte geschuppte Körper, ohne Zweifel der in
einen Schuppenrock gehüllte Leib eines rechtshin
Gefallenen (vergl. den Poseidon Moment, delt
Inst. VI, VII T. 78), von dem rechts am Bruch
auch noch der Helmrand (wie an Zeus ebenda)
und die unter ihm vorkommenden Haarlocken
erhalten sind. Uebersehen hat Meier auch das
Q2 Studniczka, Hydragiebel.
den Helm auf dem Haupte, aber ohne Aegis, gekleidet in gestirnten Chiton und
weitläufig und unklar umgenommenen, von runden Plättchen besäten Mantel. Schon
durch diese den chalkidischen Gemälden vollkommen fremde Musterung der Kleidung
unterscheidet sie sich auch von dem durch 3, 4, 5, 6 und 9 vertretenen Typus der
Mantelfiguren, welcher auf dem ersten, auch nach sonstigen Kennzeichen zu den
jüngsten und ärmlichsten Exemplaren gehörigen Gefäfse zwei Mal für Athena ver-
wendet wird. Für diese Mantelfiguren ist meist schärferes Heraustreten der Körper-
formen und eine breite, gewöhnlich als einfachster Mäander gebildete Borte, der
einzige Schmuck ihrer Gewänder, charakteristisch.
Die Figur des Herakles wäre im Ganzen auch in einem chalkidischen Bilde
möglich. Aber eine Kleinigkeit ist auch hier anders. Der verschlossene Köcher
wird von einem hohen giebelartigen Dreieck bekrönt, während er bei sämmtlichen
chalkidischen Schützen, Herakles auf 2, 3, Paris auf 1, 4 (Klytotoxos) und 5, halb-
kugelförmigen, zurückgeschlagenen Deckel hat20. Bedeutsamer aber ist die viel-
fältige Verschiedenheit der sonstigen Kriegertracht auf unserem Gefäfse von der
durchaus typischen chalkidischen. Wo dort Panzer dargestellt sind, auf 1, 10 und
noch auf dem jüngeren 3, haben sie die älteste Form mit dem schroff vorspringen-
den unteren Rande31, welcher hier gänzlich fehlt. Besonders charakteristisch ist
der kurze chalkidische Chiton, immer einfarbig, meist dunkelrot, fast ausnahmslos
vorn und hinten abgerundet und so nach den Hüften zu ausgeschnitten, am deut-
lichsten bei Aias und Sthenelos 1, bei Eurytion 2, Herakles 3, Klytotoxos 4, Ata-
lante 9, Memnon und Achill auf io22. Dem steht auf der Hydravase der gerade
abgeschnittene Rock mit breiter Saumborte oder durchgehender Musterung gegen-
über. Ebenso wenig ist auf der Innenseite eines chalkidischen Schildes das breite
vierstrichige ^ in Ares, welches Kirchhoff, AI- Doppelbinde im Haar und das unten mit Wim-
phabet3 S. 134 nur in Tanagra (für et) kennt. pern versehene Auge rot aufgesetzt. Zwischen
Böotischer Import in Eleusis scheint auch sonst den Beinen des Giganten dieselbe Palmette, wie
nachweisbar. — An unser Bruchstück haben sich zwischen denen des Ares. Diese und die In-
inzwischen zwei weitere, von Benndorf in Eleusis Schriften scheinen die Vorderseite ausgezeichnet
zusammengefügte Fragmente anpassen lassen. zu haben. Auf der Rückseite der neuen Bruch-
Sie geben auf der einen Seite die Fortsetzung stücke erscheint unten ein Rest des Gefallenen,
des vortretenden Beines von Ares, ein Stuck- mit Chitonrand, und der gröfsere Teil eines
chen vom Rande seines Schildes, und seinen zweiten nach rechts schreitenden Kriegers; wir
Gegner fast vollständig. Mit dem 1. Fufse vor- haben also den Typus zweier um einen Toten
tretend schwingt er mit erhobener Rechter die oder Verwundeten kämpfender Parteien vor uns.
Lanze gegen den Gott. Sein korinthischer Visier- Die Scherben werden wol demnächst veröffent-
helm hat sehr grofsen, vom oberen Rand des licht.
Pinax abgeschnittenen, teilweise tongrundigen 20) Die einzige ungefähre Analogie, welche ich
Busch. Der mäfsig grofse Rundschild, welcher augenblicklich zu nennen weifs, ist der auf-
den Leib verdeckt, hat am Rande eine dichte geklappte spitze Köcherdeckel der Artemis auf
Doppelreihe weifser Buckel und als Schildzeichen der attischen Reliefschale Mitt. V T. 3.
auf rotem Grunde einen weifs gemalten im Profil 2!) Vergl. Heibig, Homer. Epos S. 197. 203.
nach links gewandten bärtigen Kopf mit grofser as) Vergl. meine Beiträge zur Geschichte der altgr.
gebogener Nase (Geras?); seine Innenzeichnung Tracht S. 69 Anm., wo auch einige von den
ist schwarz, ausgekratzt; Strähne des Bartes, eine wenigen nichtchalkidischen Beispielen.
Studniczka, Hydragiebel. g?
geometrisch verzierte Band zu finden, welches der letzte Krieger rechts im Ama-
zonenkampfe zeigt. Dagegen fehlt der dort immer, auch auf 10, vorhandene Buckel-
beschlag des Schildes, und, was mir des Erwärmens nicht unwert scheint, das chalkidi-
sche Schildzeichen. Auf allen abgebildeten Gefäfsen, die solche aufweisen (Klein I — 5),
wiederholt sich nämlich derselbe schön stilisierte, das Rund völlig ausfüllende, adler-
ähnliche Vogel mit ausgebreiteten Flügeln, das Wappen — vielleicht ein redendes,
wenn der Vogel die ^ottaci« oder -/ujuvotj bei Homer 2 291 war23 — , genau so, wie auf
den ältesten Münzen von Chalkis", nur der Richtung der Träger gemäfs nach links
fliegend. Auf den vier letzteren Gefäfsen ist es das einzige, auf 1 das einzige auf der
achäischen Partei (Diomedes), während Aineas das »laufende Rad«, den aus ver-
schiedenfarbigen Kreisbogen zusammengesetzten Stern, Echippos den Vorderteil eines
Ebers führt. 10, wo das Zeichen des Antilochos unkenntlich, das des Achill ein
»laufendes Rad« mit Gorgoneion (?) scheint, bedeutet als kleines Bruchstück keine
sichere Ausnahme, da man öfter als ein Mal dasselbe Zeichen nicht angewandt haben
dürfte. Die von Löschcke beschriebene epigraphe Hydria (vgl. Anm. 12, am Ende)
hat freilich nur böotischen Schild und concentrische Kreise als Zeichen, aber sie
dürfte wie 9 zu den jüngeren, minder charakteristischen gehören. Selbst wenn sich
unter den Amphoren Ausnahmen herausstellen sollten, dürfte das Zusammentreffen
nicht seine ganze Bedeutung verlieren. So unverhältnifsmäfsig selten ist jenes
Schildzeichen auf den Vasenbildern25, von denen ich hier nur die der chalkidischen
nächststehende Gruppe der korinthischen hervorhebe. Auf 20 mir bekannten Ge-
fäfsen, die dafür in Betracht kommen, findet sich unter 53 Schildzeichen der fliegende
**) Vergl. Buchholz, Homer. Realien I2 2, S. 130 f. in den Klauen. Einiges auch bei Sittl in Fleck-
■*) Anc. coins of British Museum, Central Greece eisens Jahrbüchern Suppl. XIV S. 10.
pl. 20, 7, p. 109 Nr. 26, im Allgemeinen zwischen 2ä) Folgende statistische Notizen dürften ausreichen,
480 — 445 (zu jung?) datirt; v. Sallet in seiner um das zu beweisen. Einen sicheren Adler ver-
Zeitschr. für Numism. III S. 134; P. Lambros zeichnet Jahn's Münchener Vasenkatalog im In-
ebenda S. 2i6fT. , besonders 217 Nr. 2, ins- dex unter etwa 150 Schildzeichen, Heydemanns
gesammt , wie auf den Vasen, ohne Schlange, Museo Nazionale unter etwa 230, der Petersburger
welche er später in den Klauen hält. Nur diese Katalog von Stephani unter etwa 140 keinen;
jüngere Form erwähnt Furtwängler in seiner der des British Museum unter 7 einen, welcher
reichhaltigen Zusammenstellung »Goldfund von zu klein ist um in Betracht zu kommen. Unter
Vettersfelde« S. 24 f., ohne sie ausdrücklich mit den den mehr als 150 Zeichen auf schwarzfigurigen
ebenfalls angeführten chalkidischen Schildzeichen Gefäfsen in Berlin notiert der Index von Furt-
in Verbindung zu setzen. Ich darf nicht un- wänglers Katalog vier sichere Adler, zu denen
erwähnt lassen, dafs Löschcke, obwohl er die der nur mit der hinteren Hälfte sichtbare auf
Übereinstimmung bemerkt hatte, der Ausnahme der Kanne des Kolchos Nr. 1732 nachzutragen
wegen verschmäht, ihr die oben beanspruchte ist. Auf 16 schwarzfigurigen Vasen der Elite
Bedeutung beizumessen. — Andere Münzen mit ceramograph. mit Schildzeichen ist unter 25 kein
dem Adler s. bei Furtwängler; ich hebe nur die Adler. In den Auserl. Vasenb. auf etwa 80
von Lyttos Num. Chron. Ser. III, IV pl. I, 3 Vasen gegen 160 Zeichen, nur 4 grofse Adler;
hervor, welche Adler und Ebervorderteil, die als einziges Schildzeichen nur III T. 192 im
beide auf der Amph. I begegnen, vereinigt. Zweikampf; je einer unter 3 IV T. 256, 4; unter
Nachzutragen ist u. A. das Bronzemedaillon Cara- 9 T. 258, I, beide Male im Waffenlauf, wo es
panos Dodone PI. 21, 3, »epervier« mit Schlange Abwechslung gilt.
<J4 . Studniczka, Hydragiebel.
Vogel 6 Mal, darunter 2 Mal nur zur Hälfte sichtbar, dagegen z. B. das »laufende
Rad« etwa 20 Mal'6.
Ich glaube, dafs das Vorgetragene ebenso bestimmt, als es die Einheitlich-
keit und Herkunft der chalkidischen Gruppe, auch ihrer jüngeren Exemplare, wie
3 und 9, bestätigt, die Zugehörigkeit der Hydravase ausschliefst. Nach dem oben
Gesagten halte ich ihren attischen Ursprung für sehr wahrscheinlich. Bestätigt sich
das, so lehrt sie uns für den Typus jenes Abenteuers, dafs er in einer alten, auf
der Kypsele dargestellten, also wohl korinthischen Form in Athen weiterbestand,
ohne durch ein Werk von der Bedeutung des Giebels beeinflufst zu werden. —
Aus dem Amazonenbilde der anderen Seite liefsen sich vielleicht auch noch sach-
liche Gründe für attischen Ursprung beibringen.
Und wie steht es mit dem bacchischen Fries, der sich in erschütternder
Lächerlichkeit unter den ernsthaften Historien entfaltet? Klein findet ihn in Gegen-
stand und Manier den chalkidischen auf 7 und 8 verwandt. Aber trügt meine Er-
innerung nicht ganz, so erscheinen die Satyrn und Bakchen auf 7 harmlos, trocken
und einförmig neben den genial ersonnenen Obscönitäten jenes tollen Getümmels.
Ähnliche affenartige Stellungen und Bewegungen zeigen die Satyrn auch auf der
doch wohl sicher attischen Vase, welche sie mit der Weinlese beschäftigt darstellt"7.
Ich gestehe, dafs ich mir auch jenes wundervolle Bild nirgends lieber entstanden
denke denn in der Heimat des Satyrdramas, als das Werk eines würdigen Vor-
gängers der Duris und Brygos. Wie frühzeitig sich auch die attische Kunst dieses
Gebietes bemächtigt hatte, das zeigt der Thiasos auf der Frangoisvase und anderen
Gefäfsen. Aber wir besitzen noch ein viel wichtigeres Denkmal, welches den über-
raschenden Beweis erbringt, dafs in der ersten Hälfte des sechsten Jahrhunderts
bereits die obscönen Satyrreigen sogar in Tempelsculpturen dargestellt wurden:
den Rest eines Porosgiebelreliefs, welcher auf Tafel II dieses Jahrganges der
Athenischen Mittheilungen veröffentlicht wird.
Athen, April 1886.
Franz Studniczka.
-6) Es sind Monum. dell' Inst. II T. 38, 8 Zeichen: Gerhard Auserl. Vasenb. III T. 220 (Heydemann
I Adler; VI T. 33, 5:0; X T. 4 — 5,7:0; Monum. Museo Nazionale Nr. 683), 2:0. In vier von
Annali Bullet. 1855 T. 20, 3:1 (Vorderteil allein diesen Fällen {Annali 1862, Berlin Nr. 967, 1055,
sichtbar); Annali 1862 t. B, 2:1; 1864 t. OP, Athen Nr. 192) erscheint der Adler in dem
1:0; 1866 t. Q, 1:0; Timonidasvase (Klein, traditionellen Zweikampfschema, ebenso wie auf
Meistersignaturen S. 15,2), j:o; Urlichs, Bei- dem Teller von Kamiros und der rhodischen
träge T. 8, 3:0; Furtwängler, Berliner Vasen, Schale Journal of hellen, stud. 1884 pl. 43. Es
Pinax Nr. 840, 1:0; Nr. 848, 2:0; Napf Nr. 967, scheint mir nicht ausgeschlossen, dafs diese und
1:1 («fliegender Vogel»); Aryballos Nr. 1055, andere Einzelheiten auf korinthischen und son-
1:1 (ebenso); 1057,3:0; 1066,3:0; 1074, 1:0; stigen Bildwerken auf chalkidische Kunsttradition
EtpTjp.. dp-/. 1885 T. 7, 1:0; Athen, Collignon zurückgehen, welche ohne Zweifel in hohes AI-
Nr. 193, 6:0 (zahlreiche fliegende Vögel als Füll- tertum hinaufreichte.
figuren); 192, 1:1 (nur die rückwärtige Hälfte 27) Gerhard, Auserl. Vasenb. IT. 17. Toll genug
sichtbar). Für sicher korinthisch halte ich auch geberden sich auch die Satyrn ebenda III T. 185.
YoTnJW\ ^H**^
DIE DIPYLONVASEN.
Die sogenannten Dipylonvasen lassen sich hinsichtlich ihrer Dekoration in
drei grofse Klassen scheiden '.
Die Vasen der ersten Klasse sind nur mit Ornamenten bemalt, welche einer
bestimmten Richtung der geometrischen Dekorationsart angehören. Es sind am
häufigsten Bänder und Streifen; Striche, Zickzacks und Zickzacklinien; Kreise und
konzentrische Kreise, dieselben durch Tangenten verbunden, dieselben durch ein
Innenornament (wieder konzentrische Kreise in Sternanordnung; Vierblatt, Sechsblatt)
verziert; Vierblatt, Hakenkreuz, Schachbrettmuster; Punkte zu einer Schnur anein-
andergereiht oder in Sternform gruppiert; Mäander. — Tier- und Menschengestalten
fehlen noch ganz.
Die Vasen der zweiten Klasse zeigen neben den Elementen der «geometri-
schen» Dekorationsart einige Tiergestalten, besonders Vögel, Pferde, Hirsche; auch
die menschliche Gestalt kommt einige Male vor, auch in Gruppierung mit Pferden';
zuweilen erscheinen Reihen von Tieren, welche einen um den Bauch des Gefäfses
oder um dessen Deckel laufenden Streifen füllen.
Die Vasen der dritten Klasse sind mit Genrescenen geschmückt, welche
das Gefäfs in einem oder in mehreren Streifen umziehen.
Unsere Untersuchung wird sich zunächst nur den Gefäfsen der dritten
Gattung zuwenden. Von den bisher bekannt gemachten Beispielen dieser Dipylon-
vasen im engeren Sinne seien als die wichtigsten folgende angeführt3.
A. Die grofse Bestattungsvase: Leichenklage (der Tote auf einem Karren)
und Wagenzug von Zweigespannen. G. Hirschfeld A.d.I. 1872, n. 41 , p. 142 fr.;
M. d. I. IX tav. XXXIX, 1; XL, 1; darnach häufig, z. B. Woermann »Malerei des
') Diese Einteilung ist eine lediglich inhaltliche. Für 2) Bei Gefäfsen dieser Art könnte man zuweilen
die Chronologie der Vasen hat sie nur eine ganz zweifelhaft sein, ob man sie noch dieser Klasse
allgemeine Geltung, nämlich in so fern, als man oder schon der nächsten zuweisen soll. Vgl.
anzunehmen hat, dafs das Verzieren der Gefäfse z. B. Collignon » Catalogue des vases peints du
mit den rein dekorativen Ornamenten das Früheste musie de la socicte archeol. d'Athenes« p. 17
gewesen ist, und dafs erst einige Gefäfse mit ein- n. 118 (1478). Ich habe schliefslich nur jene
zelnen Tier- und Menschengestalten bemalt ge- Vasen der III. Klasse zugeteilt , welche eine
wesen sein müssen, ehe ein Maler diese situations- Genrescene in Streifenanordnung enthalten,
losen Gestalten zu den grofsen Genrescenen der 3) Die Vasen A — G, I — 0 stammen sämtlich aus
dritten Klasse vereinigte. Aber natürlich sind Va- Attika, vom Dipylon; P kommt aus einem
sen der ersten Klasse auch noch gleichzeitig, ja Grabe am Westabhange des Hymettos, //aus
vielleicht in noch viel späteren Zeiten gemalt wor- Bari,
den als die Vasen der zweiten und dritten Klasse.
n(5 Kroker, Die Dipylonvasen.
Alterthums« S. 71, Fig. 10; Bliimncr, »Kunstgewerbe im Altertum« (Wissen der
Gegenwart) I S. 49, Fig. 31.
B. Bestattungsvase: Fragment der Leichenklage (der Tote verhüllt, auf
einer mit Zweigen geschmückten Bahre). A.d.I. 1872, n. 42, p. 144; M.d.I. IX tav.
XXXIX, 3. Wagenzug von Viergespannen, Fragment, veröffentlicht von Furtwängler
A.Z. 1885, Sp. 139. Kriegerzug (Schildzeichen: Vierblatt), vgl. Furtwängler a.a.O.
Sp. 131.
C. Bestattungsvase: drei Fragmente der Leichenklage und des Wagenzuges
von Zweigespannen. A.d.I. 1872, 11.43, P- '44 ff-> tav- d'agg. 7, 3; AI. d. I. IX tav.
XL, 4.
D. Wagenzug von Einspännern, zwei Fragmente. A.d.I. 1872, n. 44,
p. 146 fT.; tav. d'agg. I, 2.
(E). Wagenzug von Einspännern, » imitazione « A.d.I. 1872, n. 3, p. 138;
für acht gehalten (?) von Collignon » Catalogue des vases peints du musee de la
societe archeol. d'At/ienes« p. 16, n. 117 (1044).
F. Wagenzug, darüber eine Schlange in Relief, darunter ein Kriegerzug;
auf dem Deckel rennende Pferde, dazwischen Vögel. A.d.I. 1872, n. 15, p. 139 ff.
Für die Darstellung der Schlange vgl. Collignon a. a. O. p. 9, n. 42 und Heibig
»Das homerische Epos aus den Denkmälern erläutert« S. 282 Anm. (Vase der
II. Klasse.) Auch der Schmuck des Deckels findet sich auf Gefäfsen der II. Gattung,
z. B. A. d. I. 1872, n. 16, p. 140.
G. Kriegerzug (Schildzeichen: Ornament); in Wien. Vgl. Furtwängler A.Z.
1885, Sp. 139L
H. Kriegerzug (Schildzeichen: Doppelhammcr); Einzelheiten mit brauner,
roter und weifser Deckfarbe; aus Bari, in Berlin. Furtwängler »Beschreibung der
Vasensammlung in Berlin« n. 275, S. 32f.
/ Hauptstreifen: Kampfspiel (?), Faustkämpfer (?), Waffentanz; Mann und
nackte Frau, Zweikampf, Mann von zwei Löwen angefallen, Citherspieler mit
zwei nackten Hydrophoren. Oberer Streifen: umblickende Rehe und Hirsche,
Vögelpaare, Ornamente. In Kopenhagen. Furtwängler A. Z. 1885, Taf. 8, 2.
Sp. 134 f.
K. Reigentanz (Innenseite); Dreifüfse (Aufsenseite der Schale). M. d. I. IX
tav. XXXIX, 2; A.d.I. 1872, n. 39, p. 142.
L. Grofse Seeschlachtvase, sechs Fragmente. M. d. I. IX tav. XL, 3; A.d.I.
1872, n. JJ, p. 152; ein zweites Fragment herausg. von Hirschfeld in den »Histori-
schen und philologischen Aufsätzen zu E. Curtius' LXX. Geburtstage« S. 335.
M. Seeschlachtvase, zwei Fragmente. M.d.I. IX tav. XL, 4; A. d.i. 1872,
n. 78, p. 152 seg.
(N). Vielleicht zu dem Gefäfse 0, vielleicht zu einer dritten Seeschlacht-
vase gehört das Fragment A. d. I. 1872, n. 79, p. 153; tav. d'agg. I, 4.
0. Kampf gegen ein landendes Schiff. In Kopenhagen. Furtwängler
A.Z. 1885, Taf. 8, 1, Sp. 131 f. Die Hauptdarstellung umschliefst den Bauch des
Kroker, Die Dipylonvasen. o,7
Gefäfses; am Halse ein Mann zwischen zwei Pferden, darunter Verfolgung eines
Hasen durch laufende Hunde.
P. Hauptdarstellung: fünf Paare von Zweikämpfern; am Halse des Ge-
fäfses zwei Paare von Zweikämpfern; auf der Schulter beiderseits ein Zweigespann
und ein Reiter. Einzelheiten mit gelbrötlicher Deckfarbe. In Berlin. Furtwängler
»Berl. Vasenkat.« n. 56, S. iof.
Verzierungen ähnlichen Inhalts und ähnlichen Stils zeigen einige goldene
Schmucksachen (Bänder und Streifen), welche in Attika selbst und in den Nachbar-
landschaften gefunden worden sind. Ihre Darstellungen sind offenbar den bei den
Vasenmalern gebräuchlichen entlehnt. —
Die Dipylonvasen nehmen auch jetzt noch unter den Resten der älteren
griechischen Kunst eine eigentümliche Stellung ein; eine interessante Stellung nicht
am wenigsten dadurch, dafs ihre kunstgeschichtliche Einordnung so lange Zeit
geschwankt hat. Anfangs für sehr alt gehalten4, werden diese Gefäfse jetzt unter
die Erzeugnisse einer verhältnismäfsig späten Entwicklung gerechnet5; früher als
Produkte attischer Kunst angesehen, werden sie neuerdings dem kleinasiatischen
Festlande oder einer Insel des südlichen ägäischen Meeres zugewiesen6. Neben
den acht und eigentümlich hellenischen Zügen zeigen sie einerseits Zusammenhang
mit den sogenannten geometrischen Vasen, andererseits in Einzelheiten orientalischen
Einflufs. Aus den Gräbern, in denen sie gefunden wurden, kamen orientalische Smalt-
gegenstände zu Tage, aber im allgemeinen war das national Griechische (die
bemalten Vasen) das vorherrschende7. Doch auch in den acht griechischen Dar-
stellungen zeigen sich auffällige Verschiedenheiten: einerseits homerische Elemente,
wie es scheint, so die Verhüllung des Toten (B), der Reigentanz (K), die Wagen-
züge aus Anlafs . einer Beerdigung (A — E) 8; andererseits nachhomerische Sitten
und Gebräuche, so die Viergespanne9, die Pyrrhiche und das Hyporchem (/); das
eigentümlichste aber sind ■ — wenn der Ausdruck gestattet ist — aira£ e?pi}|iiva der
Kunst, Darstellungen, welche weder vorher zu finden sind noch nachher in dieser
Art wiederkehren: so der Schiffskampf mit den niederbordigen, schlanken, stachel-
bewehrten Schlachtschiffen (L — (V)) und vor allem die nackten klagenden Weiber
bei einer Totenbestattung (A — C).
DIE NACKTEN WEIBER AUF DEN DIPYLONVASEN.
Von den nackten klagenden Weibern auf den Bestattungsvasen mufs jede
geschichtliche Untersuchung über den Ursprung und die Stellung der Dipylongefäfse
ausgehen. Nackte Frauen finden sich in anderen Scenen auf den Dipylonvasen
4) Vgl. z. B. Overbeck »Gesch. d. gr. Plastik« I3 5) Heibig »Das homerische Epos aus den Denk-
S. 47. Schwankend ist bereits das Urteil von malern erläutert« S. 56 ff.
Woermann »Die Malerei des Alterthums« S. 70; 6) Heibig a. a. O. S. 55.
Blümner »Das Kunstgewerbe im Altertum« I ;) Helbig a. a. O.
S. 48 (Wissen der Gegenwart). 8) Helbig a. a. O. S. 55.
9) Furtwängler A. Z. 1885 Sp. 139 und Helbig a. a. O. S. 91 f. Anm. 4.
g8 Kroker, Die Dipylonvasen.
kaum; das Kopenhagener Gefäfs (/), auf dem wir zwei nackte Hydrophoren vor
einem Citherspieler und eine dritte nackte Frau in Gruppierung mit einem Manne
sehen, gehört zu den jüngsten Erzeugnissen dieser Gattung10.
Unter den Darstellungen unserer Vasen lassen sich ältere und jüngere von
einander scheiden, wenn auch nicht mit völliger, so doch mit einiger Sicherheit.
Zu den älteren Gefäfsen zählen wir hauptsächlich, abgesehen von kleineren Frag-
menten, die Vasen A — D, K — M\ unter die jüngeren Erzeugnisse des Dipylon-
stiles rechnen wir vor allem die beiden Kopenhagencr Gefäfse / und 0, ferner die
Vase aus Bari H; das späteste Beispiel unserer Gattung ist das Berliner Gefäfs P;
auch die in Attika und in Korinth gefundenen goldenen Schmucksachen gehören
hierher. Für die älteren Vasen im Gegensatze zu den jüngeren sind folgende Punkte
bezeichnend, wenn sie sich auch nicht auf jedem Gefäfse vereinigt finden.
I) Der dekorative Charakter der Malereien wird in den älteren Gefäfsen
streng festgehalten. Dies ist besonders deutlich bei den Bestattungsvasen der Fall,
und von diesen bietet wiederum das am besten erhaltene Gefäfs A das am meisten
charakteristische Beispiel des älteren Dipylonstiles. Die Darstellung zieht sich wie
ein Band um das Gefäfs; sie zerfällt nicht in mehrere unabhängige Scenen, welche
das Interesse spalten und das Auge auf besondere Teile lenken, sondern sie ist
eine einheitliche, indem die Figuren sich gleich den einzelnen Bestandteilen eines
Ornamentes aneinanderreihen. Und wie ein Band in einem Knoten oder in einem
Schlofs seinen Mittelpunkt findet, so wird die Mitte der Darstellung durch die
Bahre mit dem Toten hervorgehoben, um welche sich die Reihen der Klagenden
und Trauernden gruppieren. In dieser Hinsicht lassen sich eigentlich nur wenige
ältere Vasen, besonders die attische Francoisvase , mit den älteren Dipylongefäfsen
vergleichen.
II) Die Darstellung der Vasen wird genauer und ausführlicher. Schon in
der Bildung des nackten weiblichen Körpers zeigt sich ein charakteristischer Unterschied
zwischen Älterem und Jüngerem. Die Maler des Dipylonvasen zeichnen Kopf und
Beine in der Seitenansicht, den Leib in der Vorderansicht; ganz folgerichtig zeichnet
nun der Maler des Gefäfses A die Brüste beiderseits rechts und links unter die
Arme, und nur ein einziges Mal weicht er hiervon ab, indem er bei einer nach
links schreitenden Frau beide Brüste unter einander auf die rechte Seite des Kör-
pers setzt. Diese letztere Darstellung nun, welche aus einer mehr realistischen
Nachahmung des Wirklichen hervorgeht, ist auf dem jüngeren Kopenhagener Gefäfse
/ die vorherrschende. Einen ähnlichen Fortschritt zeigt dieses Gefäfs auch darin,
dafs das Profil der Köpfe mehr Einzelheiten erkennen läfst" und dafs am männ-
,0) Nicht ganz sicher scheint es mir, ob auf dem ") Der Typus der Vogelgesichter verschwindet;
Korinther Diadem (in Berlin; A.Z. 1884 Taf. 8, die Köpfe werden rundlicher; Nase. und Kinn
1) die durch Weglassen des Helmbusches cha- werden, wenn auch roh, so doch deutlich
rakterisierten Gestalten weibliche sein sollen. getrennt.
Vgl. Furtwängler a. a. O. Sp. 108.
Kroker, Die Dipylonvasen.
99
liehen Körper das Glied angedeutet wird12. Ein gleicher Fortschritt macht sich
dann auch in der Zeichnung der Waffen bemerkbar; die Schilde erhalten Schild-
zeichen, die Helme werden sorgfältiger gemalt; die Vasenmaler lernen allmählich
und verändern die alten Typen.
III) Die älteren Gefäfse zeigen wenige Tiere, nur die in die Darstellung
selbst hineingezogenen Pferde und die ornamental eingestreuten Vögel, ein Mal
auch am Henkel (F) die umblickenden Hirsche, welche so häufig die Gefäfse der
zweiten Gattung schmücken; ausländische Tiere finden wir nicht, ebensowenig
Fabelwesen. Dagegen sehen wir auf den jüngeren Erzeugnissen des Dipylonstiles
häufiger die umblickenden Rehe und Hirsche, ein Opfertier (Diadem aus Korinth,
in Berlin A. Z. 1884 Taf. 8, 1.), Hunde und Hasen (0), reifsende Tiere (/);
es erscheinen Reiter (P; Goldstreifen vom Dipylon in Kopenhagen: Furtwängler
A. Z. 1884 Taf. 9, 1.), auch Kentauren mit menschlichen Vorderbeinen (Goldstreifen
in Kopenhagen)13.
IV) Die eingestreuten Ornamente der älteren Gefäfse sind von einfachen,
strengeren Formen. Wir finden konzentrische Kreise, mit einem Blattstern-Ornament,
durch Tangenten verbunden, das einfache Hakenkreuz nach links, eine zwei- oder
dreifache, fast nie eine mehr als dreifache Zickzacklinie. Unter den jüngeren Or-
namenten dagegen ist gerade die vielfache Zickzacklinie häufig (vgl. besonders /
und 0); das Hakenkreuz erhält acht Balken. Die jüngsten Vasen der Gattung
zeigen dann aufser den »geometrischen« Ornamenten auch phönikisierende '*. Auch
hier ist unsere Bestattungsvase A hervorragend in ihrem Betonen des Dekorativen
und Symmetrischen.
V) Vielleicht kommt endlich auch die Form der Vasen in Betracht. Die
älteren Gefäfse erscheinen in einer Gestalt, welche in der historischen Zeit unbekannt
ist; die Form der jüngeren weicht von den später gebräuchlichen nur wenig ab.
In allen diesen Punkten zeichnet sich gerade die Bestattungsvase A durch
ihre grofse Altertümlichkeit und Strenge aus; wir sind somit gerechtfertigt, wenn
wir in den nackten klagenden Frauen dieses Gefäfses das prius, in den nackten
Hydrophoren des Kopenhagener Gefäfses das posterius erkennen und wenn wir
darum von jenem, nicht von diesem ausgehen.
Aber hat der Vasenmaler, als er diese Weiber nackt malte, sie sich wirklich
auch als nackt vorgestellt? Sollte der Beschauer dieser Vasen wirklich glauben,
n~) Nur einmal ist dies der Fall auf einem der
ältesten Gefäfse. Von dem Fragmente C sagt
Hirschfeld a. a. O. »il morto sembra itifallo«.
Wollte der Vasenmaler vielleicht ganz ausdrück-
lich das Geschlecht des Verstorbenen hervor-
heben? Wir sehen also auch hier in den älte-
ren Gefäfsen das Jüngere ebenso vorbereitet wie
bei der Bildung der Brüste.
13) Es ist daher sehr leicht möglich, dafs wir auf
einer jüngeren Dipylonvase auch einmal orien-
talische Flügelgestalten zu sehen bekommen wer-
den. Bis jetzt aber ist, meines Wissens, eine
solche Darstellung im Kreise der Dipylongefäfse
noch nicht vertreten. Die Vase Collignon »Ca-
talogue des vases peints du tnttsee de la societe
archiol. d'Athenes« p. 16 n. 116 (11) erklärt
Hirschfeld Ann. dell' Inst. 1872 p. 137 n. 2
für gefälscht.
4) Z. B. das Gefäfs P, vgl. Furtwängler a. a. O.
IOO
Kroker, Die Dipylonvasen.
dafs der Tote von nackten Weibern beweint wird? Furtwängler l5 verneint diese
Fragen. Er meint, die Figuren gäben uns nur »ein gleichsam abstraktes Bild
der menschlichen Gestalt«, »ohne Rücksicht auf Bekleidung«; der Maler habe
wohl nur »weibliche Figuren überhaupt, nicht aber nackte Frauen« malen wollen.
Aber ■ — »ein anderer Maler desselben Kreises (AT) malt deutlich bekleidete Frauen«,
wie Furtwängler selbst anführt; und ein und derselbe Maler zeichnet auf einer
und derselben Vase nackte und gerüstete Männer: ein deutlicher Beweis, dafs
wir die Männer, denen der Vasenmaler Schilde und Helmbüschc16 gegeben hat,
eben als voll gerüstet und nicht als nackt ansehen sollen, und jene, welche er
wirklich nackt dargestellt hat, eben wirklich als nackt, oder wenigstens nicht als
ganz gerüstet, keineswegs aber als gleichsam abstrakte Bilder der menschlichen
Gestalt. Zudem gehen unsere Vasenmaler hier keineswegs planlos zu Werke: auf
dem grofsen Gefäfse A mit der Leichenklage haben die feierlich auf ihren Gespannen
Dahinziehenden sämtlich die Rüstung, dagegen sind die vor dem Wagen Stehenden,
von denen der erste eben den Threnos zu beginnen scheint, sämtlich ungerüstet und
unbehelmt, nur mit dem Dolche gegürtet, welcher wiederum jenen Gerüsteten fehlt.
Was von den Männern gilt, das mufs auch für die Frauen Geltung haben.
Es wäre dem Maler dieser Gefäfse so leicht gewesen, den Beschauern seines Werkes
klar zu machen, dafs diese Frauen nicht etwa nackt sind: zwei Züge mit dem Pinsel
rechts und links und ein Schachbrettmuster, wie er es so schön auf den Teppich
über dem Leichenwagen zeichnet — und es war geschehen. Und wie hätten diese
Schachbrettmuster seine Vase geschmückt! Aber er wollte seine Frauen nun eben
nackt malen.
Überhaupt sind ja die Maler der Dipylongefäfse keineswegs unbeholfen.
So roh, so flüchtig und ungeschickt sie auch zeichnen, so wagen sie doch alles
darzustellen, was ihnen in den Sinn kommt; und was sie darstellen wollen, das
können sie auch recht und schlecht darstellen, und zwar in gewisser Weise flott,
ohne jede Mühe, ohne dafs man sie mifsverstehen könnte. Im Gegenteil, alles bei
ihnen ist klar und deutlich. Sie malen Viergespanne, Zweigespanne und einspännige
Wagen, und niemand wird glauben, dafs dies gleichsam nur abstrakte Bilder eines
Wagens seien, der eben so gut von vier oder drei oder zwei Pferden gezogen
werden könnte. Sie zeichnen ihre Schiffe mit dem sjißoXov, Segel und Verdeck,
15) A. Z. 1884 Sp. 136.
1C) Dafs der » Schopf«, welcher von den Hin-
terköpfen der Geriisteten in die Höhe ragt,
einen Helmbusch bedeuten soll, hat schon Furt-
wängler richtig gesehen, A. Z. 1884 Sp. 100
(vgl. Sp. 108 und s. oben Anra. 10). Ich
glaube, es kann darüber kein Zweifel sein,
besonders auch darüber nicht, dafs mit diesem
»Schöpfe« nicht etwa eine Eigentümlichkeit der
Haartracht angedeutet werden soll. Einen be-
sonderen Beweis liefert eine Figur auf dem gol-
denen Diadem von Korinth (A. Z. 1884 Taf. 8,
1): bei derselben ist der Schopf ausgezackt. —
Etwas ganz anderes als dieser » Schopf« auf
den Dipylonvasen sind spiralförmige »Locken«
über der Stirn und im Nacken, vgl. Heibig »D.
hom. Epos« S. 166; vielleicht auch auf einem
Goldschmuck aus Eleusis, vgl. Philios 'Ecp. äpy.
1885 aeX. 182 (1), abgeb. ebenda rfv. IV. 9, 1;
sicher auf einem Goldschmuck aus Athen in Kopen-
hagen, vgl. Furtwängler A. Z. 1884 Sp. 102 ff.,
abgeb. ebenda Taf. 10, 1.
Kroker, Die Dipylonvasen.
IOI
und zwar so realistisch, dafs man hierauf historische Untersuchungen bauen kann.
Sie malen Cithern und Amphoren, Dreifiifse im Schmucke der Tänien; ja, sie ver-
irren sich sogar auf das Gebiet der Gefühlsperspektive, um nur alles recht klar zu
zeichnen. Dieses Streben nach Deutlichkeit und Klarheit zeigt sich ebenso in der
Darstellung der Gegenstände wie in der Schilderung der Affekte: kein Beschauer
kann zweifeln an dem Schmerze der klagenden Frauen oder an der Verzweiflung
der unter der Bahre Sitzenden oder an den sei es lobenden sei es trauernden
Worten des die Hand Erhebenden.
Wir stehen nun vor einer Frage, welche zuerst von Heibig angeregt worden
ist. Entweder gingen die griechischen Frauen wirklich nackt: dann folgte der
Vasenmaler, der sich in allen anderen Darstellungen als vollkommenen Realisten
zeigt, auch hierin der Wirklichkeit. Oder die griechischen Frauen gingen nicht
nackt: dann konnte der Vasenmaler nie und nimmer von selbst auf den eigen-
tümlichen Gedanken kommen, nackte Frauen um einen Toten klagen zu lassen;
vielmehr müssen wir annehmen, dafs er in diesem Punkte unter dem Einflüsse einer
fremden, höher entwickelten Kunst stand, welche »Frauengestalten unter Umständen
nackt bildete«. Das erstere ist vollkommen ausgeschlossen. Wir müssen also
mit Heibig hier eine Einwirkung fremder Kunsterzeugnisse voraussetzen'7: eine
tiefgreifende Einwirkung.
DIE DARSTELLUNG DES NACKTEN WEIBLICHEN KÖRPERS
BEI DEN MITTELMEERVÖLKERN.
Es wird unsere Untersuchung fördern, wenn wir in einer kurzen Abschwei-
fung die Frage aufwerfen, welche älteren Völker in Statuen, Statuetten und Reliefs
weibliche Gestalten nackt dargestellt haben.
Aus der tiefsten Kulturschicht Griechenlands im weiteren Sinne stammen
jene rohen Idole einer nackten Göttin, welche man gewöhnlich als Astartebilder
7) Einen anderen Ausweg giebt es meiner Ansicht
nach nicht. Hätten wir auf den Dipylonvasen
ein Mal nackte weibliche Gestalten in einer situa-
tionslosen Darstellung — etwa so, wie wir ge-
schlechtslose Gestalten auf einem Gefäfse von
Villanova {Ann. dell' Inst. 1872 p. 177, tav. dagg.
K, 17) und auf mesopotamischen Sarkophagen
dargestellt sehen — , dann könnten wir vielleicht
derartige Gefäfse auch ohne fremde Beeinflussung
entstanden denken. Wir könnten den Versuch
wagen, die Nacktheit des weiblichen Körpers zu
erklären, sei es aus persönlichen Motiven des
Vasenmalers, sei es aus dem Kultus. So weit
meine Kenntnis reicht, haben sich solche Vasen
nicht gefunden. Und wenn sie sich ein Mal
fänden, könnten sie doch unserer Frage keine
andere Wendung geben. Denn es ist zwar denk-
bar, dafs ein Vasenmaler aus eigenem Antriebe
heraus versucht, auch ein Mal den weiblichen
Körper nackt zu malen; es ist aber nur denk-
bar bei isolierten weiblichen Gestalten, welche
abgetrennt sind von den Bedingungen der
Kultur und des täglichen Lebens , oder bei
obseönen Darstellungen. Undenkbar dagegen
ist es, dafs ein Vasenmaler, und noch dazu ein
solcher, welcher noch in den allerersten Anfän-
gen künstlerischer Entwicklung steht, von selbst,
ohne Beeinflussung, auf den Gedanken kommen
sollte, eine Genredarstellung mit nackten mensch-
lichen Frauen zu malen, so wie wir sie auf
unseren Dipylonvasen sehen, und noch dazu eine
Genredarstellung, welche uns in den tiefsten
Ernst und Schmerz des Menschenlebens ein-
fuhrt.
I02 Kroker, Die Dipylonvasen.
bezeichnet. Man hat sie gefunden in den ältesten Gräbern von Troia, Mykenai und
Athen, in Ephesos, auf zahlreichen Inseln des ägäischen Meeres, auf Rhodos und
Kypros. Das Material, aus welchem diese Figuren gearbeitet sind, ist Gold, Elfen-
bein, Marmor, Terracotta und glasierter Thon. Die Darstellung ist im wesentlichen
immer die gleiche: die nackte Göttin, zuweilen mit Schmuck behangen, steht mit
geschlossenen Beinen da; die Arme fassen entweder beide an die Brüste, oder der
eine ruht auf dem Busen, der andere auf dem Leib, oder endlich es hängen beide
Arme gerade herab. Die Natur des Weibes in den Brüsten, Hüften und Genitalien
ist häufig hervorgehoben navec une maladroite insistance« 18: es ist eben das Idol
einer Göttin der Zeugung und der Fruchtbarkeit, und zwar einer orientalischen
Göttin. Dies geht hervor aus der weiten Verbreitung dieser Figuren auch im Oriente
und aus den Tauben, welche nach phönikischem und kyprischem Ritus der Göttin
geweiht sind und welche auf dem Kopfe oder den Schultern einiger der ältesten
dieser Idole ruhen. Man findet diese Figuren, aufser an den schon angeführten
Orten, noch in Sardinien und Phönikien, besonders häufig in Mesopotamien.
Die Phöniker und die Kyprier haben diese Idole verbreitet; aber sie waren
es nicht, welche die Göttin zuerst nackt darstellten. Vielmehr haben wir die
Heimat dieser Darstellung in Babylon zu suchen. Hier finden sich jene zahlreichen,
teilweise sehr alten Cylinder, welche den Typus der Göttin nicht selten wieder-
geben 19. Dieselbe Göttin ist im Euphrat- und Tigrislande auch in Statuetten dar-
gestellt worden, in Elfenbein, in Bronze (?), in Terracotta20, ja in einem Unicum
sogar lebensgrofs in Stein2'; auch die nicht übel gearbeitete Statuette einer nackten
Frau mit einem Kinde an der Brust82 gehört gewifs in diesen Kreis.
Die Babylonier haben unzweifelhaft diese in Asien älteste Darstellung des
nackten weiblichen Körpers geschaffen; von den Babyloniern ist dieselbe zu den
Vorderasiaten und Europäern, ja sogar zu den Ägyptern übergegangen. Aber nicht
aus künstlerischen Motiven ist dies geschehen, weil etwa die nackten, rohen Idole
den Völkern besonders gefallen hätten. Sondern wie in Mesopotamien selbst ledig-
lich der Kultus der »Astarte« den Anlafs gab zu der Bildung ihrer nackten Idole,
so wanderten dieselben mit den Verehrern der Göttin weiter. Die Kunst und der
Schönheitssinn sind unbeteiligt an diesen nackten Bildungen: sie haben sie weder
angeregt noch ihre Verbreitung begünstigt. Und die Babylonier selbst haben aus
dieser ältesten Darstellung ihrer nackten Liebesgöttin so wenig Anregung erhalten,
dafs ihre künstlerische Schöpfungskraft auf diesem Gebiete mit dieser einen Gestalt
völlig versiegt erscheint: wir finden aufser Istar kaum eine völlig nackte weibliche
Gestalt in der mesopotamischen Kunst; dieselbe weicht vielmehr der Darstellung
des weiblichen Körpers, auch des bekleideten, vor allem aber des nackten, möglichst
18) Perrot-Chipiez II p. 508. eines Sohnes des Tiglatpilesar [74$'—T27 Mas-
19) Vgl. z. B. Perrot-Chipiez II Fig. 228 etc. pero]). — Kopf einer Istarstatue vgl. Duncker
M) Perrot-Chipiez II p. 507, 604, 606 f. II5 S. 411.
21) Perrot-Chipiez II p. 515 (trägt die Inschrift 22) Perrot-Chipiez II Fig. 297.
Kroker, Die Dipylonvasen. 103
aus23, und eine ähnliche Richtung der Kunst können wir vielleicht auch bei den
von den Babyloniern und Assyrern zeitweilig beeinflufsten Völkern wahrnehmen,
besonders bei den Kypriern.
Trotzdem wäre es im allgemeinen denkbar, dafs diese misogyne babyloni-
sche Kunst mit ihren Astarteidolen schliefslich doch durch die Vermittlung der
Phöniker oder Kyprier hindurch anderen, empfänglicheren Völkern den ersten An-
stofs zur Darstellung des nackten weiblichen Körpers auch in profanen Denkmälern
gegeben hätte, im besonderen den Griechen den Anstofs zu der Bildung der nackten
klagenden Weiber der Dipylonvasen. Heibig hat in der That auf die phönikischen,
in Mykenai und an anderen Orten gefundenen goldenen Idole hingewiesen. Ja, er
meint sogar, »die Übereinstimmung« zwischen diesen Astartebildern und den Dipy-
lonweibern beschränke sich »keineswegs auf die Nacktheit, sondern erstrecke sich
auch auf wesentliche Eigentümlichkeiten in der Wiedergabe des menschlichen
Körpers«24. Ich mufs gestehen, dafs ich hierin nur einen Zufall zu erkennen ver-
mag. Jene Übereinstimmung ist doch nur eine geringe. Dafs in beiden Darstellungen
Kopf und Beine in der Seitenansicht gebildet werden, während der Leib in der
Vorderansicht erscheint, dafs beide Fiifse auch im Ausschritt gleichmäfsig aufgesetzt
sind, dies ist für ägyptische und mesopotamische Werke gleicher Weise charak-
teristisch wie für jene Gegenstände phönikischer und altgriechischer Kunst; der
»auffällig spitze Gesichtswinkel« findet viel nähere Parallelen in einer anderen
Denkmälergattung, welche vielleicht stilistisch, aber nicht inhaltlich die Dipylon-
vasen beeinflufst haben kann25. Mindestens ebenso, grofs wie die Ähnlichkeiten
sind — wenn man derartige Einzelheiten überhaupt betonen darf — die Abweichun-
gen: die eckige Bildung der Schultern und Ellenbogen bei den Frauen der Dipy-
lonvasen erscheint bei den Astartebildchen mit ihren fleischigen Formen keineswegs
als charakteristisch; von der nachdrücklichen Hervorhebung der Brustwarzen bei
jenen ist bei diesen nichts zu sehen; bei diesen sind die Genitalien angedeutet, bei
jenen nicht; die Hüfteneinziehung ist bei diesen gering, bei jenen übertrieben.
Vor allem aber kann der Behauptung Helbig's nicht beigestimmt werden,
dafs den Astarteidolen »eine ähnliche Kunstrichtung« zu Grunde liege wie den
Darstellungen auf den Thongefäfsen ; vielmehr ist die Kunstrichtung, aus welcher
die nackten Frauen der Dipylonvasen hervorgingen, durchaus verschieden, ja der-
jenigen entgegengesetzt, welcher die Astarteidole entstammen. Astartc bleibt immer
eine Göttin, die Göttin der Liebe und Fruchtbarkeit: als solche ist sie von den
Babyloniern und Phönikern nackt dargestellt worden; als solche wurde sie in ihren
nackten Idolen von den Stämmen des ägäischen Meeres und fernerer Küsten
gekauft, lediglich, weil diese Bilder dem religiösen Glauben dienten, nicht aber,
weil sie einem künstlerischen oder gar sinnlichen Gefallen huldigten. Die Astarte-
statuetten werden als Idole den Verstorbenen mit in das Grab gegeben. Da-
23) Vgl. Perrot-Chipiez II p. 108, 700 etc. 24) Heibig »D. hom. Epos« S. 27.
2i) Vgl. Furtwängler A. Z. 1885 Sp. 140.
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. g
IOA Kroker, Die Dipylonvasen.
gegen sind die Dipylonvasen lediglich ein Schmuck des Grabes, eine Ehre für
den Bestatteten; wir sehen auf ihnen menschliche Weiber, nackt, in Reihen auftre-
tend und mit teils ebenfalls nackten, teils gerüsteten Männern zusammengestellt,
um einen Toten klagen. Ich wüfste wirklich nicht, wie jene Vasenmaler durch
die Idole einer Göttin, durch Idole, welche Einzelfiguren sind und der Verehrung
geweiht waren, hätten angeregt werden sollen, menschliche Weiber in einer genre-
haften Darstellung in langen Reihen nackt zu malen.
Und endlich ist vielleicht auch noch das folgende zu erwägen: die goldenen
Astartebildchen, welche Heibig zum Vergleiche herbeizieht, weil sie noch in der
archaischen Schrittstellung dargestellt sind, während die späteren Idole stehend
gegeben sind, diese goldenen Figuren sind wohl nur in den ältesten griechischen
Gräbern in Mykenai und anderen Orten gefunden worden, in Gräbern also, die wir
gewifs der vorhomerischen, vorhistorischen Periode zuzuweisen haben; die Dipylon-
vasen dagegen gehören dem Beginne der historischen Zeit, wie später zu begründen
sein wird, der Mitte des 7. vorchristlichen Jahrhunderts an. Zwischen beiden
Kunstwerken liegen mindestens drei Jahrhunderte: sollten dem griechischen Vasen-
maler des 7. Jahrhunderts wirklich noch Astartebildchen als Vorbilder vorgelegen
haben, die man um 1000 v. Chr. vereinzelt vornehmen Toten mit in's Grab gab?
Die Babylonier können also das Volk nicht gewesen sein, welches die
Griechen dazu anregte, ein Weib nackt darzustellen, nnd zwar in einer in gewissem
Sinne rein künstlerischen Absicht, nicht mehr nur zu ritualen Zwecken. Es bleiben
somit nur die Phöniker und die Ägypter übrig. Denn bei den kleinasiatischen
Völkern kennen wir keine einzige Darstellung des nackten weiblichen Körpers,
welche älter wäre als unsere Vasen vom Dipylon.
Die Phöniker haben die Erzeugnisse ihres Kunsthandwerks unter anderem
auch mit Darstellungen nackter Frauen geschmückt. Dies beweist z. B. jene silberne
Schale20, welche in Golgoi auf Kypros gefunden worden ist. Wir sehen da eine
genrehafte Scene, eine Belustigung auf dem Wasser, und in den Kähnen stehen
völlig nackte Musikantinnen. Doch dürfen wir auch bei diesen Denkmälern noch
nicht Halt machen. Denn diese Schale ist auf Kypros, nicht in Griechenland
gefunden worden; im eigentlichen Griechenland sind solche Schalen bisher noch
nicht, oder nur in einem Falle, in Olympia, ausgegraben worden"; man müfste
erwarten, dafs eines dieser Kunstwerke, wenn sie die Vorbilder unserer Vasen
gewesen wären, auch ein Mal in einem der Dipylongräber gefunden worden wäre.
26) Abgeb. Cesnola »Cyprtis« pl. XI. Olympia stammen, vgl. Milchhoefer a. a. O.,
27) Über diese verhältnismäfsig häufigen Schalen s. indessen Perrot -Chipiez III p. 782 note;
vgl. Perrot-Chipiez III p. 753. — Über ihre abgeb. bei Euting »Me'm. de V Acad. de St. Pe-
Herkunft (Assyrien-Nimrud; Kypros; Salerno, tersbourg« XVII. (1872) PI. 40, besser bei Perrot-
Praeneste, Caere, Chiusi) vgl. Milchhoefer »An- Chipiez III Fig. 550 p. 782. Diese Schale zeigt
fange der Kunst« S. 147 und Anm. 1 ; Heibig »D. künstlerisch und inhaltlich grofse Verschieden-
I111111. Epos« S. 173 Anm. I. — Die eine Schale heiten von den übrigen.
des Varvakeion in Athen soll angeblich aus
Kroker, Die Dipylonvasen. 105
Wie aber überhaupt in den Gräbern dieses Stiles die Metallgegenstände selten sind,
ganz im Gegensatz zu den nichtgriechischen Gräbern, aus welchen solche Schalen
zum Vorscheine kamen, so sind es vor allem importierte metallene Kunstgegen-
stände, welche unter den Funden nicht erscheinen. Die Dipylongräber sind ver-
hältnismäfsig arm an Metall; schon dieser eine Umstand steht der Annahme einer
Entlehnung aus phönikischen Metallgegenständen entgegen. Und wenn wir auch
annehmen wollten, die Phöniker hätten ihre Kunsterzeugnisse häufiger mit derartigen
nackten Musikantinnen geschmückt und in der Zeit der Dipylonvasen häufiger auch
nach Griechenland importiert, so hätten diese doch höchstens den Maler des Kopen-
hagener Gefäfses / anregen können; es ist aber schon bemerkt worden, dafs
dieses zu den spätesten Erzeugnissen des Dipylonstiles zu rechnen ist. Die ältere
Vase mit einem Reigentanze (K) zeigt uns gerade bekleidete Tänzerinnen. Wir
müssen von den nackten Weibern in den Bestattungsvasen ausgehen, und für diese
bietet uns auch die phönikische Kunst keine Parallele. Dagegen weist uns schon
der Stil jener phönikischen Schale deutlich auf die ägyptische Kunst hin.
Die ägyptische Kunst huldigt wie keine andere dem Grundsatze, die Formen
des Körpers, auch wenn er bekleidet ist, so viel wie möglich hervortreten zu lassen.
Es gilt dies sowohl für männliche wie für weibliche Gestalten, wofür Beispiele
anzuführen überflüssig ist; doch möchte ich für Darstellungen von Frauen wenigstens
auf Bilder wie bei Perrot -Chipiez I (Deutsche Ausgabe) Taf. XII und Fig. 524 hin-
weisen, und besonders auf die ganz sonderbare Wiedergabe von Frauen in der
Rückenansicht bei Lepsius III 5, Taf. 42 (XVII./XVIII. Dynastie = ca. 1500 v.Chr.).
Hier, in der ägyptischen Kunst, haben wir die Vorbilder der Gefäfse vom
Dipylon zu suchen. Und hier finden wir sie auch in jenen überaus häufig wieder-
holten Darstellungen, welche in den Gräbern die Landgüter des Verstorbenen in
der Gestalt von Frauen auf den Toten zuschreiten lassen. Die Frauen sind zuweilen
ganz nackt, wie in den Reliefs bei Perrot- Chipiez I Fig. 99 und 485 f., meist so gut
wie nackt (zahlreiche Beispiele vgl. bei Lepsius II 3, Taf. 1 — 81).
In diesen Reliefs stimmt das Dahinschreiten der Frauen mit gleichmäfsig
aufgesetzten Füfsen, die eckigen Schultern und Ellenbogen der erhobenen Arme,
die Nacktheit, ja sogar die nachdrückliche Angabe der Brustwarzen mit den Dipy-
lonvasen überein. Wir finden also nicht nur Ähnlichkeit in der Bildung von Einzel-
heiten — was zufällig sein könnte — , sondern vor allem auch Übereinstimmung im
Gegenstande der Darstellungen, nämlich in den reihenweise auf den Toten zu-
schreitenden Klagenden: dies geht über den Zufall hinaus.
Fast alle Bilder unserer Gefäfse sind reines Genre; ebenso spielt das Genre
in der ägyptischen Kunst eine grofse Rolle. Die Kunst der Ägypter wie die der
Dipylonvasenmaler knüpft an den Totenkult an, oder vielmehr sie hängt unlösbar
mit dem Totenkult zusammen und entnimmt demselben einen Teil ihrer Genrebilder.
Diese ägyptischen Reliefs stehen sowohl formell wie ideell in der engsten Ver-
bindung mit den Dipylonvasen. Bei den Ägyptern können wir es uns erklären, wie
der Künstler dazu kam, seine weiblichen Gestalten so gut wie nackt und ganz
jq6 Kroker, Die Dipylonvasen.
nackt zu bilden: die ganze Richtung der ägyptischen Kunst drängte darauf hin.
Bei den griechischen Vasenmalern dagegen können wir dieselbe Erscheinung nicht
anders als aus fremdem Einflufs erklären. Die Dipylongefäfse stehen in dieser
Beziehung vollkommen einsam unter den Resten der alten griechischen Kunst, und
doch haben wir deren zu viel, als dafs wir diese Erscheinung einer Lücke unserer
Ueberlieferung zuschreiben dürfen. Nur im Stil und in der Dekoration knüpfen die
Dipylonvasen an älteres an; inhaltlich wird diese Darstellung des nackten weiblichen
Körpers in einer Genrescene durch nichts älteres vorbereitet, durch nichts jüngeres
fortgesetzt. Weder die bei Homer geschilderte Kunst kennt völlig nackte Frauen,
noch die Zeit, welche uns durch die Inselsteine oder die orientalisierenden Cylinder,
die melischen Gefäfse, die schwarzfigurigen 38 und die älteren rotfigurigen Vasen
vertreten wird. Und unter den Dipylonvasen selbst wieder nehmen die ältesten,
eben unsere Bestattungsvasen, nicht nur inhaltlich, sondern, wie oben gezeigt wurde,
auch formell eine besondere Stellung ein. Jener Horror vacui, welcher jeden
Zwischenraum zwischen den einzelnen Figuren mit den regelmäfsig wiederkehrenden
liegenden i ausfüllt — nicht das Ausfüllen der Zwischenräume überhaupt, sondern
das symmetrische Ausfüllen zeichnet diese Vasen vor anderen aus — ist weder
phönikisch noch assyrisch noch altgriechisch, sondern speziell ägyptisch. Die
Ägypter schrieben zwischen die Figuren ebenso zum Schmuck wie zur Erklärung
ihre Hieroglyphen; die Griechen, welche damals kaum lesen und schreiben konnten
und doch solche ägyptische Vorbilder so gut oder so schlecht sie vermochten,
nachahmten , malten dafür ihre Zickzacks, Kreise und ähnliche Ornamente. Wir
hätten in unseren Vasen gewissermafsen die dritte Stufe von Nachahmung
ägyptischer Hieroglyphen: die Phöniker setzten auf ihre ägyptisierenden Fa-
brikate entweder wirkliche Hieroglypheninschriften oder Hieroglyphenzeichen ohne
Sinn; die Griechen setzten an Stelle der Hieroglyphenzeichen lediglich dekorative
Ornamente.
ZEIT UND HEIMAT DER DIPYLONVASEN.
Um unsere Hypothese einer Entlehnung aus Ägypten völlig zu begründen,
ist es nötig auf drei Fragen eine Antwort zu suchen. Nämlich erstens: haben
wir einen unmittelbaren Einflufs der ägyptischen Kunst auf die Maler der Dipylon-
gefäfse anzunehmen oder dürfen wir uns bei einer Vermittlung der Phöniker zu-
frieden geben? Zweitens: ist in der Zeit, in welcher die Dipylonvasen anzusetzen
sind, ein direkter Einflufs Ägyptens auf die Griechen überhaupt möglich oder
wahrscheinlich? Und drittens: ist die Erscheinung eines Zusammenhanges zwischen
Ägypten und Griechenland eine vereinzelte, oder finden sich Analoga in der Periode,
28) Die obscönen natürlich ausgenommen. Wie sehr Vasenbilder mit dem Ringkampf des Peleus und
die ältere griechische Kunst die Darstellung eines der Atalante bezeichnende Beispiele,
ganz nackten Weibes scheute, dafür bieten die
Kroker, Die Dipylonvasen. IQ7
welche durch die Dipylongräber charakterisiert wird, in der vorhergehenden und
in der nachfolgenden Periode29?
Besonders ein Umstand steht der Annahme einer phönikischen Vermittlung
entgegen. Abgesehen nämlich davon, dafs wir auf phönikischen Kunstwerken eine
Bestattung überhaupt nicht, geschweige denn eine solche mit nackten Frauen
vorfinden, so erscheinen jene ägyptischen Reliefs, von welchen die Darstellung
unserer Bestattungsvasen beeinflufst worden sein mufs, nur auf Denkmälern des
alten und dann wieder, nach Jahrhunderte langer Unterbrechung, auf solchen
des neuen Reiches; die ägyptischen Künstler des mittleren Reiches kennen diese
Darstellung — meines Wissens — überhaupt nicht. Also gerade in den Jahr-
hunderten, in welchen die Phöniker auf die Griechen hätten einwirken hönnen,
fehlen in Ägypten die Vorlagen, von welchen unsere Bestattungsvasen abhängen.
Man könnte nun zwar annehmen, dafs im Laufe der Jahrhunderte eines oder mehrere
jener Gräber des alten Reiches erbrochen worden wären und offen gestanden hätten,
so dafs ein Phöniker jene Reliefs hätte sehen und nachahmen können; man könnte
ferner annehmen, dafs uns zufällig gerade die phönikischen Kunstwerke, welche die
Vorbilder der Dipylonvasen gebildet hätten, verloren gegangen wären. Indes diese
Annahmen wären rein willkürliche, und wir werden uns um so weniger zu ihnen
verstehen, wenn wir finden, dafs die Griechen zu der Zeit, in welcher die Dipylon-
gefäfse entstanden sind, bereits in Ägypten heimisch waren, und zwar in eben jener
Zeit, in welcher die ägyptische Kunst eine Periode der Renaissance erlebte, in
welcher die ägyptischen Künstler auf die Vorlagen der Künstler des alten Reiches
und unter anderem auch auf jene Grabreliefs zurückgriffen.
Man war früher geneigt, die Frage nach dem Alter der Vasen vom Dipylon
— es handelt sich hier immer nur um die mit Genrescenen bemalten, die Vasen
unserer dritten Gattung — dahin zu beantworten, sie möchten wohl noch vor oder
kurz nach der homerischen Zeit anzusetzen sein30. Dann fand man aber doch
gegenüber der homerischen Kultur zu viele Abweichungen und Fortschritte, als dafs
man diesen Ansatz hätte für wahrscheinlich halten können. Auch diese Frage ist
durch Heibig31 bedeutend gefördert worden. Die auf zweien oder dreien unserer
Vasen (L — N) dargestellten langgestreckten Schiffe mit Schnäbeln geben uns
einen ziemlich sicheren chronologischen Anhalt. Homer kennt noch nicht Schiffe,
welche derartig zu einem Seekampfe ausgerüstet sind; dagegen sind solche auf
einem assyrischen Relief aus Kujundschik dargestellt, in dem Palaste des Königs
Sanherib32. Also um die Wende des VIII. und VII. vorchristlichen Jahrhunderts
29) Die Beantwortung dieser dritten Frage mufs ich Die Veranlassung zu diesem Relief fällt wol in
mir auf eine andere Gelegenheit aufsparen. die Jahre 703 — 701 ; denn nach der Niederlage
30) Vgl. S. 97 Anm. 4. von Eltekeh kam Sanherib nicht wieder nach
31) »D. hom. Epos« S. 56 f. Syrien. »Sanherib blieb in Ninive« berichten
3!) Sanherib 704 — 681 (Maspcro); das Relief abgeb. lakonisch Kon. II 19, 36. — Die dargestellten
bei Layard » monuments of Nineveh « I PI. 71. Schiffe sind entweder kyprische oder phönikische;
Daraus zwei Schiffe bei Heibig a. a. O. Fig. 6. ein drittes ist vollkommen ausgeschlossen. Ich
I08 Kroker, Die Dipylonvasen.
waren an der syrischen Küste Schiffe mit dem Schnabel zum Seekampfe bewehrt.
»Ob diese Erfindung,« fährt Heibig fort «die in der weiteren Entwicklung des See-
wesens eine hervorragende Bedeutung gewann, von den Phönikiern, den Griechen
oder etwa den Karern gemacht wurde, läfst sich nicht mit Bestimmtheit entscheiden.»
Ich meine, es handelt sich hier weniger um die Frage, welches Volk den Schiffs-
schnabel erfunden hat, als vielmehr darum, welches Volk zuerst die wirklichen
Kriegsschiffe, die irXoia [xaxpa', welche wir zum ersten Male auf den Dipylonvasen
sehen, erbaut hat, und zu welcher Zeit dies geschehen ist. Und diese Frage läfst
sich dahin beantworten, dafs die Korinther kurz vor 704 die ersten Pentekontoren
gebaut haben.
Unter den Nicht-Hellenen haben die Phöniker, unter den Hellenen die
Korinther für die Ausbildung des Seewesens das beste gethan. 7rp<öxoi Ss KopivDtoi
— schreibt Thukydides I 13, 2 — Xsfoviai sypxaxa xoö vüv xpoTrou jxsxa^sipiaai
xa usp! xa? vaü?, xal xpt^pst? rcpükov sv Kopivvhp xtjs 'EXXaoo? vauizrflrfirpoa. cpaivsxai
8k xal 2a;xtots 'AiaeivoxXtjs Koptvöio? vauTcrj-fo; vaüc Trot^aas xsaaapa?, Ixt) o° iaxl
;j.dXtata xpiaxoaia es xtjv xeXsüxtjv xouos toü tzoK£\i.ou, oxs 'AjxeivoxXtjs ^ajxiVjts TjXfts (d. i.
704 v. Chr.) vau[j.a}(ia xs TraXaixäx7) (uv i'cjjisv yYVcxat KoptviKtov Ttpo? K^pxupalous• ein)
os jxaXtaxa xal xauxio eS^xovxa xal oiaxoaia saxt P'S/pi xw aüxou }(p6vou (d. i. 664 v. Chr.) 33.
Im Jahre 704 ging also der Schiffsbaumeister Ameinokles von Korinth nach der
Insel Samos, um den Samiern für den lelantischen Krieg vier Schlachtschiffe zu
bauen. Es ist äufserst auffällig, dafs die Bewohner einer reichen und zwar nicht
am wenigsten durch Handel reichen Insel sich von Korinth einen Schiffsbaumeister
holen müssen. Es läfst sich dies nur dadurch erklären, dafs zu dieser Zeit in
Korinth auf dem Gebiete der Schiffsbaukunst eine Neuerung eingetreten ist, welche
sich noch nicht weiterhin über die Küsten und Inseln des ägäischen Meeres ver-
breitet hatte. In der That denken denn auch fast alle, welche über dieses Ereignis
geschrieben haben, an die Erfindung der Trieren. Thukydides überliefert uns ja,
dafs Trieren in Hellas zuerst in Korinth gebaut worden sind, und die jüngeren
Schriftsteller, welche von Ameinokles berichten, nennen ihn geradezu einen xpujpownoc.
Und doch darf man, wie ich mit Classen annehme, in dieser Zeit — um
704 v. Chr. — an Trieren noch gar nicht denken. Unser bester Gewährsmann,
Thukydides, nennt den Ameinokles nur einen vauKr^o?, und er bezeugt ausdrücklich,
dafs es in Griechenland lange Zeit, bis kurz vor den Perserkriegen, sehr wenige
Trieren gab34. Die im 6. Jahrhundert seemächtigen Ägineten bedienten sich noch
der Pentekontoren35; die reichen Korkyräer und die Tyrannen von Sicilien erbauten
Trieren in gröfserer Anzahl erst am Ende des 6. und Anfang des 5. Jahrhunderts36;
bezeichne sie als phönikische; für diese Unter- 35) Thuk. I 14, 3.
suchung ist es gleichgiltig, welcher von den 36) Thuk. I 14, 2. — Ich billige hier vollkommen
beiden Nationen sie angehören. die Ansicht von Classen zu Thuk. I 13, 2:
33) Von Cap. 14 an geht dann Thukydides auf die »Kriegsschiffe, das sind hier vaüs, doch nicht
Entwicklung des Trierenbaues ein. Trieren, die auch in Korinth erst später an-
34) Thuk. I 14, 1. zunehmen sind.«
Kroker, Die Dipylonvasen.
iog
jene berühmte Seeschlacht zwischen den Korinthern und Korkyräern wurde dem-
nach gewifs noch ganz mit den alten Pentekontoren ausgefochten.
Wir dürfen die Erbauung der ersten Trieren auf keinen Fall in das 8. Jahr-
hundert hinaufdatieren. Dies beweisen noch sicherer die Stachelschiffe auf dem
Relief von Kujundschik. Vergleichen wir nämlich die auf dem Relief mit dem
Stachel und ohne denselben dargestellten Fahrzeuge, so sehen wir mit einiger
Überraschung, dafs dieselben eine wesentlich gleiche Gestalt haben: sie sind über-
aus hochbordig, ja, die Schlachtschiffe haben ein noch höheres Verdeck als die
unbewehrten Schiffe. Hochbordig waren sicher auch die homerischen Schiffe, wie
ihre Beiworte xoptuvße? und (isfÄXi^Tse? beweisen. Sie hatten im wesentlichen eine
gleiche Gestalt wie die phönikischen -fauW. Derartige Fahrzeuge mit hohen Wan-
dungen eignen sich nun gewifs dazu, als Transportschiffe zu dienen; dagegen dürfen
wir ihnen eine gröfsere Beweglichkeit und Manövrierfähigkeit absprechen. Diese
aber besitzen gerade die niederbordigen schlanken Schlachtschiffe, welche auf
den Dipylonvasen uns zum ersten Male entgegentreten. Die Erbauung solcher
Schiffe ist eine durchgreifende Umbildung, eine bewufste Umwälzung auf dem
Gebiete des Schiffsbaues und der bis dahin herrschenden Taktik. Der vauTCT)-^? hat
vollkommen mit den alten Überlieferungen gebrochen und eine neue Gestalt des
Schiffsrumpfes ersonnen, dessen ganze Stärke sich in dem Stachel sammelt. Diese
Schiffe sind wahre Schlachtschiffe; jene phönikischen dagegen sind eigentlich nur
die alten vv)s? aixcpisMccjoit \i.zyA/.rl-z.zi , denen man das Vorderteil abgeschnitten und
einen Stachel angesetzt hat.
Die Denkmäler berichten hier eine Thatsache, über welche die Berichte
der alten Schriftsteller uns nicht genügend Auskunft geben: die ältesten Kriegs-
schiffe waren nicht die irXota }j.axpa, sondern schon ehe diese konstruiert wurden,
segelten auf dem Mittelmeere Stachelschiffe , deren Gestalt unmittelbar aus der
Gestalt der alten Kauffahrer hervorgegangen war37.
Wir haben drei grofse Neuerungen auf dem Gebiete des Schiffsbauwesens
auseinanderzuhalten. Die erste besteht in dem Anfügen des Stachels an die alten
Transportschiffe, ohne wesentliche Veränderungen des Schiffsrumpfes. Die zweite
und wichtigste tritt uns entgegen in der Umbildung der Gestalt dieser primitiven
Kampfschiffe: in der Erbauung der TdoTa \ioly.[m. Die dritte endlich beruht in der
allmählichen Vermehrung der Agressivkraft dieser Schlachtschiffe: sie gipfelt in den
dreifachen Ruderbänken und dem Ganzverdeck der Trieren38.
37) Wenn die griechischen Schriftsteller von fxaxpä
■z\oiot vor 700 sprechen, so verwechseln sie diese
mit jenen primitiven Stachelschiffen, für welche
ich keinen Terminus technicus finde.
38) Ich wage nicht zu bestimmen , von welchem
Volke die erste Neuerung ausging. Dagegen
liegt der Schlufs nahe, dafs die dritte von den
Phönikern herrührt. Bereits auf jenem assyrischen
Relief sind die vtjej dfJitfteXiaaai und die unförm-
lichen Stachelschiffe mit doppelten Ruderbänken
versehen. Die Phöniker hatten also bereits mit
ihren focSkrA eine gröfsere Geschwindigkeit zu
erreichen gesucht, indem sie denselben eine
zweite Ruderreihe anfügten. Sie übertrugen diese
Neuerung auch auf jene primitiven Schlacht-
schiffe, deren sie sich noch 701 bedienten. Nicht
allzu lange darnach werden sie genötigt worden
sein, gegenüber den griechischen |j.axpa TtXoia
I io Kroker, Die Dipylonvasen.
An den Schiffen der Phöniker auf dem assyrischen Relief sehen wir die
erste Neuerung, an den Schiffen der Griechen auf den Dipylonvasen die zweite.
Sollten wir nun in jenem Ameinokles einen xpnjpowiio; erkennen, so würden wir zu
der Annahme gezwungen werden, dafs die Griechen zu einer Zeit, in welcher die
seetüchtigen Phöniker, noch innerhalb der Schranken der ersten Erfindung, jene
plumpen Schlachtschiffe bauten, nicht allein die zweite Stufe schon überwunden,
sondern auch bereits die dritte Neuerung gemacht und Trieren gebaut hätten.
Dies ist undenkbar. Die Phöniker und die Griechen, die sich jährlich auf den
Meeren begegneten, haben sich gewifs jede Neuerung bald abgesehen, ja sie mufsten
dies thun auf einem Gebiete, auf welchem sie um ihre Existenz rangen. Jede
Neuerung, welche dem einen Volke ein Übergewicht gab, zwang das andere, wie
heutzutage, binnen kurzer Zeit nachzufolgen; ganz besonders mufste dies der Fall
sein, wenn die Neuerung zu einer förmlichen Umwälzung der bis dahin herrschen-
den Taktik führte. Welche Gestalt die phönikischen Kriegsschiffe im Jahre 701
hatten, darüber klären uns jene assyrischen Denkmäler auf, welche sicher datiert
sind. Ob die Griechen zu derselben Zeit noch auf ganz derselben Stufe gestanden
haben oder ob sie vielleicht schon seit kurzem auf die nächste gelangt waren,
darüber schweigen die Denkmäler; denn die Dipylonvasen können wir nicht sicher
datieren, vielmehr suchen wir das Datum derselben erst aus der Entwicklung des
Schiffsbauwesens zu bestimmen. Dagegen treten nun hier die schriftlichen Zeugnisse
ein und erzählen uns für das Jahr 704 von einer in Korinth vollzogenen Umwälzung
auf dem Gebiete der Schiffsbaukunst. Diese Umwälzung, von deren Ergebnis laut
Zeugnis des Thukydides noch nicht einmal die Samier genauere Kenntnis hatten,
während laut Zeugnis des assyrischen Reliefs die Phöniker überhaupt noch gar nicht
von ihr berührt worden waren, — diese Umwälzung darf nicht in der Erfindung
der Trieren, sie mufs vielmehr in der Erbauung der ersten Pentekontoren erkannt
(welche kurz vor 704 zuerst in Korinth erbaut ren. In der Schlacht bei Lade kämpften
worden sind und welche wir zum ersten Male etwa 600 phönikisch-ägyptische Trieren, 350 io-
auf den Dipylonvasen sehen) die Konstruktion nische; zu derselben Zeit gab es in Griechenland
auch ihrer Kriegsschiffe umzuändern. Da sie noch gar nicht viele Trieren : diese Zahlen deuten
aber schon vorher an Doppelruderer gewöhnt vielleicht auch darauf hin, dafs die Trieren von
waren, so kann bei ihnen die dritte Neuerung Osten kamen; sonach ist des Thukydides Zeug-
(zuerst Zwei-, dann Dreiruderer) bald im Laufe nis rcpüvrov £v Kopivikp ttjc EXXäoo; wohl wörtlich
des VII. Jahrh. erfolgt sein. — Früher als die von dem eigentlichen Griechenland zu verstehen.
Hellenen des eigentlichen Griechenlands und 3") Dasselbe Resultat erhalten wir aus den S. 108
Italiens scheinen die Ionier eine bedeutende angeführten Worten des Thukydides I 13, 2.
Trierenflotte besessen zu haben. Polykratcs Es soll dort doch wohl nicht mit verschiedenen
(f 521) war zu seiner Zeit im ägäischen Meere Worten dasselbe gesagt werden (vgl. auch Cias-
unbestritten der mächtigste; seine Flotte zählte sen); vielmehr bezeichnet das Trpcüxoi os K. xtL
etwa 80 Trieren (vgl. Duncker VI5 S. 513), eine Neuerung, welche nicht mit dem in Hellas
aufser diesen — es ist dies recht bezeichnend ebenfalls in Korinth zuerst geübten Tr-ierenbau
— noch 100 Pentekontoren : Ilerodot III 39. identisch, sondern nur eine Vorstufe, aber eine
Also noch in der berühmten Flotte des Poly- für den ganzen späteren Seekampf charakte-
krates gab es mehr Pentekontoren als Trie- ristische gewesen ist: was kann dies aber sein,
Kroker, Die Dipylonvasen. m
Kujundschik und den Pentekontoren der Dipylonvasen in der Mitte: diese Vasen
müssen nach 704 v. Chr. gemalt worden sein, und zwar nicht allzu bald nach
diesem Jahre. Denn das ist sicher, dafs wir in Körinth, der Heimat der Pente-
kontoren, nicht die Heimat unserer Dipylonvasen vermuten dürfen.
Vielleicht gestattet nun ein anderer Umstand, in Verbindung mit der Frage
nach der Herkunft unserer Gefäfse, eine genauere Datierung derselben. Einzig und
allein in den riesigen Dipylonvasen ist eine wirkliche Seeschlacht dargestellt, nicht
nur ein Kampf zwischen zwei einzelnen Seeräubern: es kämpfen mehrere Schiffe
gegen einander, die Toten liegen auf dem Verdeck, die Verwundeten stürzen in's
Meer herab. Diese Darstellung ist so aufserordentlich, dafs man nicht umhin kann,
auch eine ausserordentliche Veranlassung anzunehmen. Es mufs eine wirkliche
Seeschlacht vorausgegangen sein, ehe einfache Vasenmaler auf den Gedanken
kommen konnten, eine solche darzustellen, und sie mufs grofses Aufsehen erregt
haben, wenn ihre Darstellung auf Käufer bei einem Volke rechnen konnte, welches
sich damals noch kaum auf die See wagte, geschweige denn eine Seeschlacht
liefern konnte, wie die Athener. Denn ich glaube, wir haben in den Dipylonvasen
der dritten Gattung einheimisches attisches Fabrikat zu erkennen.
In weitesten Kreisen um Attika sind Gegenstände zum Vorscheine gekommen,
welche mit Elementen der »geometrischen« Dekorationsart im umfassendsten Sinne
verziert sind: in Italien, in Tirol, in Deutschland, in Vorderasien, in Afrika, auf den
Inseln des Ostbeckens des Mittelmeeres und in Griechenland selbst. Da wir dieses
Ornamentationssystem auch in Melanesien und in Amerika vertreten finden, so
müssen wir annehmen, »dafs es unter den verschiedensten Himmelsstrichen spontan
entstanden ist« 40.
Ein engerer Kreis umzieht die Orte, an welchen Gegenstände zum Vor-
scheine kamen, welche die charakteristischen Elemente des »Dipylon«-Systemes41
aufweisen und welche bereits teilweise mit einzelnen Tier- und Menschenfiguren im
wenn nicht der langgestreckte Rumpf und das der Ansicht von Schneege »de relatione hlstorka
Halbverdeck der alten |jL07.pö 7:XoTa? — Aller- quae intercedat inter Thucydidem et Htrodotum*
dings nennt Herodot I 163 die rührigen Be- p. 27 beistimmen, welcher meint, die Berichte
wohner von Phokaia in Ionien als die ersten, des Herodot und Thukydides ergänzten sich:
welche nicht mehr auf den vis; a-rpOYpXat, son- vielmehr steht hier Zeugnis gegen Zeugnis, ja
dem auf den Pentekontoren das Meer durch- es scheint fast, als polemisiere Thukydides in-
segelten. Es tritt uns hier die eigentümliche direkt gegen Herodot, indem er die Thätigkeit
Vorliebe Herodots entgegen für die einst so der Phokaienser auf dem Gebiete des Seewesens
mächtige, zu seiner Zeit so kleine ionische Stadt. jünger ansetzt. Warum ich der Ansicht des
Von den zahlreichen grofsen Erfindungen Ko- ersteren den Vorzug gebe, geht wol aus obigen
rinth's rühmt der »Vater der Geschichte« Ubri- Anführungen hervor: es sprechen hier die Denk-
gens keine einzige. Ich kann hier nur darauf mäler mit.
hinweisen, dafs die Schilderung, welche Duncker 40) Vgl. Pietschmann bei Perrot-Chipiez (Deutsche
V. -S. 517 ff. von dem Seewesen Phokaia's und Ausgabe) I S. 797.
den weiten Fahrten der Phokaienser schon in 4I) Vgl. oben S. 95; und Furtwängler »Bronzefunde
der Mitte des VIII. Jahrh. entwirft, nicht in von Olympia« S. 9.
allen Punkten richtig ist; noch weniger kann ich
I 12
Kroker, Die Dipylonvasen.
Dipylonstile dekoriert sind, also die Dipylonvasen der ersten und zweiten Klasse:
sie sind gefunden worden vielleicht in Klein-Asien und Nord -Afrika, sicher, wenn
auch nur in wenigen Exemplaren, auf den Inseln des ägäischen Meeres (Thera und
Melos)42; vereinzelt treten ähnliche Gefäfse in Italien auf43, überaus häufig sind sie
in Attika. Nun finden wir zwar eines der am meisten charakteristischen Elemente
des Dipylonsystemes — die konzentrischen Kreise — in den »ältesten« Beispielen
in zwei Elfenbeinbändern attischen Fundortes44. Aber trotzdem wäre es gewagt,
aus diesem Grunde in Attika die Heimat des ganzen Systems zu suchen. Dieser
Annahme ist die weitere Verbreitung der Dipylon-Dekoration nicht günstig; auch
weist schon das Material jenes Schmuckes, Elfenbein, auf Import hin. Man wird
sich daher lieber der Ansicht anschliefsen, welche als Heimat des Dipylonstiles
Kleinasien oder eine Insel des ägäischen Meeres annimmt45. Sicher dagegen ist,
dafs der Dipylonstil, wenn er auch in Attika zunächst importiert, nicht heimisch
ist, doch in Attika seine höchste und eigentümlichste Ausbildung erhalten hat: die
zahlreichsten, gröfsten und vollendetsten Beispiele dieses Systems sind aus den
Dipylongräbern von Athen gehoben worden46.
Und fast ganz allein in diesen Dipylongräbern haben sich die Vasen der
dritten Klasse gefunden, deren Darstellungen das ganze Gefäfs umziehen, dem
täglichen Leben entnommen sind und das Hauptgewicht auf die Situation legen,
in welcher sie uns die menschlichen Gestalten, welche auf den Gefäfsen der zweiten
Gattung nur vereinzelt auftraten, vorführen. Als vereinzelte und versprengte Exem-
plare dieses Stiles sind die wenigen goldenen Schmucksachen von Böotien und
Korinth und die eine in Bari gefundene (?) Vase H anzusehen. Dieselben gehören
übrigens auch unter die jüngsten Erzeugnisse des Dipylonstiles, während uns nur
in Attika die ältesten und strengsten Beispiele desselben entgegentreten. Und
42) Vgl. Furtwängler »Bronzefunde von Olympia«
S. 19; Heibig »D. hom. Epos« S. 55 und Anm. 1.
— Hirschfeld in den Ann. dell' Inst. \%>T2. p. 140
(n. 21—28), 151 ff. (n. 76, tav. d'agg. K 12
= Furtwängler »Berl. Vasen-Katalog« n. 52), p. 74.
43) Z. B. in Villanova bei Bologna; s. oben Anm. 17.
44) Furtwängler »Bronzefunde v. O.« S. 9; Milch-
hoefer »Anfänge d. Kunst« S. 49 f. Anm. 2. Diese
konzentrischen Kreise mit Tangenten finden sich
auch auf mykenischen Topfscherben. Semper
»Stil« I S. 411.
45) Vgl. z. B. Heibig »D. hom. Epos« S. 58; Furt-
wängler, Mitth. d. ath. Inst. VI (1881) S. m.
46) Eine so prächtige Vase wie Ann. dell' Inst.
1872 n. 8, p. 139, tav. d'agg. K. 1 (unter die
erste Klasse der Dipylonvasen gehörig), findet
sich wohl kaum aufserhalb von Attika. Merk-
würdiger Weise läfst sich höchstens ein auf Ky-
pros (Kurion) gefundenes Gefäfs (der zweiten
Klasse) damit vergleichen (Cesnola » Cyprus «
pl. XXIX.; Perrot-Chipiez III fig. 514). Die
Verf. weisen darauf hin (p. 752), dafs dieses
Gefäfs unter den kyprischen Funden vereinzelt
dasteht und mit den Dipylonvasen von Attika die
engste Verwandtschaft zeigt (das eine Pferd
scheint sogar jenen sonderbaren Zügel zu haben,
der wie eine Schlange vom Gebifs herabhängt).
Die Darstellung sowohl von Menschen, wie von
Tieren auf kyprischen Gefäfsen ist sonst eine
ganz andere; Kypros kommt überhaupt bei der
Frage nach der Heimat des Dipylonstiles nicht
in Betracht, vgl. Furtwängler »Bronzefunde von
Olympia« p. 19. Über die Verbreitung, das
Alter und über das Vorkommen der Elemente
des Dipylonstiles bis in die spätesten historischen
Zeiten sind noch manche Rätsel zu lösen , auf
welche wir hier nicht eingehen können; da wir uns
nur mit den Figurendarstellungen der Dipylon-
vasen beschäftigen.
Kroker, Die Dipylonvasen.
113
selbst wenn in Zukunft noch an anderen Orten andere »Dipylonvasen« gefunden
würden, so könnten uns dieselben, gegenüber der grofsen Masse der in Athen aus-
gegrabenen, doch nur die Stellen bezeichnen, bis zu welchen diese letzte und
höchste Entwicklung des Dipylonstiles in ihren Produkten vordrang, nicht den Ort,
an welchem sie ihre Heimat hat. Die Heimat dieser Dipylongefäfse der dritten
Klasse ist vielmehr in Athen zu suchen47. Ein attischer Vasenmaler war es, welcher,
an älteres anknüpfend, die situationslosen Tier- und Menschengestalten der Dipylon-
vasen zweiter Gattung zu lebensvollen Darstellungen gruppierte, welcher die gegen-
über gestellten Pferde neben einander vor den Wagen schirrte und den die Pferde
haltenden Mann zum Wagenlenker machte, welcher die Männer in langen Reihen
auftreten liefs und ihnen die Frauen gesellte, welcher in das volle Menschenleben
hineingriff und darzustellen versuchte, was seines Volkes Leid und Freude war: die
feierliche Bestattung und den Reigentanz, die langen Züge der Krieger zu Fufs und
zu Rofs und die Kämpfe zu Wasser und zu Lande.
Dafs wir die Darstellung einer Seeschlacht auf so alten attischen Vasen
vorfinden, und zwar nicht vereinzelt, sondern auf zweien (vielleicht auf dreien)
unserer Gefäfse, dafs ferner diese Darstellung in der älteren griechischen Kunst
ohne Analogie dasteht, das eben ist es, was uns dazu veranlafst, ein besonderes
Ereignis als die Anregung zu dieser Darstellung anzunehmen. Die vornehmen
Athener gingen damals noch ganz in der Bebauung ihrer Äcker und Olivenpflan-
zungen auf und nicht viele von ihnen mochten auf den salzigen Pfaden des Meeres
in weitere Fernen gezogen sein. Um so gewaltiger mufste der Anstofs sein, welcher
einen Angehörigen dieses Stammes zu dieser Zeit dazu anregte, für seine reicheren
Mitbürger eine Seeschlacht zu malen. Nun giebt es aber nur ein Ereignis in der
älteren griechischen Geschichte, dem wir eine solche Bedeutung zuschreiben können:
es ist die schon erwähnte, in das Jahr 664 v. Chr. fallende Seeschlacht zwischen
den Korkyräern und den Korinthern, zwischen einer reichen Colonie und ihrer auf
dem Gipfel ihrer Macht stehenden Metropolis, welche letztere zugleich Athen
benachbart war48. Bald nach dieser Seeschlacht, welche Thukydides geradezu als
die älteste bezeichnet, mögen die Dipylongefäfse der dritten Klasse in Athen gemalt
worden sein, etwa um die Mitte des 7. Jahrhunderts.
47) Wir werden noch eine Reihe von Zügen hervor-
zuheben haben, welche eben so deutlich wie die
Herkunft der Dipylonvasen auf Attika hinweisen.
Die Kanne des Dipylonstiles (II. Klasse) mit In-
schrift, nach Kumanudis ('Ad^vaiov VIII Heft I,
Anhang) herausgegeben von Furtwängler in den
Mitth. d. ath. Inst. VI (1881) Taf. III, darf
hierbei nicht herangezogen werden, da die In-
schrift eingeritzt, nicht aufgeschrieben ist; vgl.
Furtwängler a. a. O. S. 107.
48) Ich habe lange Zeit an die erste überseeische
Expedition der Athener gedacht, im Kriege mit
Lesbos, Ende des VII. Jahrhunderts. Aber wir
drücken unsere Vasen zeitlich damit doch viel-
leicht etwas zu weit herab — obgleich man dar-
über verschiedener Ansicht sein kann. Die in
der vorigen Anmerkung erwähnte Kanne mit In-
schrift, obgleich dieselbe eingeritzt ist, beweist
doch wenigstens das eine, dafs in Athen um die
Wende des VII. und VI. Jahrhunderts derartige
mit primitiven Malereien des Dipylonstiles ge-
schmückte Vasen noch im täglichen Gebrauche
waren.
ii4
Kroker, Die Dipylonvasen.
DIE ÄLTESTE GRIECHISCHE KUNST UND ÄGYPTEN.
Konnte in der Zeit, in welcher die Dipylonvasen anzusetzen sind, eine
genauere Kunde von ägyptischen Kunstwerken nach Attika gelangen?
Bereits die Dichter der Odyssee besitzen eine gewisse Kenntnis von Ägypten.
Der Name des Landes ist bekannt. Theben, schon in der Ilias" als mächtige
Stadt erwähnt, erscheint in der Odyssee als der Herrschersitz 50. Die Insel »Pharos«
liegt vor dem Gestade des Landes; allerdings ist der Bericht über die Insel noch
ziemlich fabelhaft51. Ägypten ist berühmt durch seine Heilmittel und seine Ärzte52,
bereits in der Odyssee wie im ganzen späteren Altertume. Menelaos weilt daselbst
7f>Xuv ßi'oxov xod ypu3ov dysipiuv *', Noch besser unterrichtet über Ägypten zeigt sich
der Dichter des XIV. Buches. Odysseus erzählt dem Eumaios von seinen angeb-
lichen Abenteuern 54. Er sei von seiner Heimat Kreta aus mit neun wohlgcrüsteten
Schiffen nach Ägypten gefahren. Bei günstigem Nordwinde dauert die Fahrt fünf
Tage — dies entspricht der wirklichen Entfernung der Insel Kreta von Ägypten
und der bei längeren Seefahrten durchschnittlichen Geschwindigkeit antiker Fahr-
zeuge55. Der Raubzug mifsglückt. Der Erzähler bleibt sieben Jahre in Ägypten,
verkehrt daselbst auch mit einem Phöniker und wird reich, ähnlich wie Menelaos in
Ägypten: StSoaav -,'äp ctTravTe;56. Mit dem Phöniker verläfst er das Nilland.
Wie lange griechische Abenteurer nur des Seeraubes und der Plünderung
wegen an den Nilmündungen landeten, wissen wir nicht. Doch scheint es, als ob
schon vor der Mitte des VIII. Jahrhunderts auch griechische Kaufleute dahin
gekommen wären und als ob dem friedlichen Verkehre der Mittelmeervölker mit
den Ägyptern bereits seit 753 ein Stapelplatz an der kanobischen Nilmündung
offen gestanden hätte. Die nationale Kraft Ägyptens war schon lange gebrochen.
Seit 730 etwa herrschten äthiopische Fürsten über Ägypten bis nach Syrien hin57;
seit 670 etwa stand das Land unter der assyrischen Fremdherrschaft. In diesen
Jahren führte der friedliche Verkehr zwischen griechischen Stämmen und einem
Deltafürsten zu politischen Verwickelungen. Ägypten warf das Joch der Assyrer
ab und erhob sich aus dem tiefsten Verfall, in welchen eine Nation zu geraten
«) II. IX 361 ff.
M) Od. IV 127 f.
5') Od. IV 354fr. Auch die Pygmäen II. III. 6 f.
erwähnt.
52) Od. IV 227 ff.
6') Od. III 301.
5«) Od. XIV 245—292.
55) In historischer Zeit fuhr man von dem Nordost-
cap Kretas, dem Samonion, nach Ägypten in
vier Tagen und vier Nächten (Strabo X 4, 5;
vgl. Friedländer »Sittengeschichte Roms« II'
S. 27). Wir dürfen nun zwar nicht annehmen,
dafs bereits die homerischen Schiffe ganz die-
selbe Schnelligkeit besessen hätten ; aber viel
länger kann die Fahrt auch in jenen Zeiten nicht
gedauert haben. Denn einerseits legten auch
Lastschiffe den ungefähr gleichen Weg von Rho-
dos nach Ägypten in der gleichen Zeit von vier
Tagen und Nächten zurück (Diodor III 34; vgl.
Friedländer a. a. O. S. 25), und andererseits hebt
der Erzähler ja ganz besonders hervor, dafs seine
Fahrt von Wind und Wetter begünstigt war.
Diese Zeitangabe in der Odyssee verrät also eine
genauere Kenntnis des Seeweges nach Ägypten.
56) Od. XIV 286.
57) In dieser Zeit wendeten sich zahlreiche Syrer
nach Ägypten, um dem Vordringen der Assyrer
auszuweichen.
Kroker, Die Dipylonvasen. j j e
vermag — gegen 660 — , aber nicht allein, sondern mit Hilfe griechischer und
karischer Hopliten.
Seit der Schlacht von Momcmphis stand Ägypten den Fremden und im
besonderen den Griechen völlig offen; und wenn ihnen auch Naukratis zur bleiben-
den Niederlassung angewiesen wurde, so kamen doch gewifs auf ihren Handels-
fahrten die Kaufleute, im Gefolge der Pharaonen die Söldner auch nach Memphis,
zu den Pyramiden und Gräberstätten. Und in den ersten Jahren mufs das Wunder-
land um so mächtiger auf ihre Phantasie eingewirkt haben, je fremder es ihnen
bisher war, je überlegener die ägyptische Kultur ihnen fast in jeder Beziehung
gegenübertrat. Und so mag auch mancher Grieche die langen Reliefstreifen der
ägyptischen Tempel und Gräber eingehend betrachtet haben.
Ähnliche Erwägungen waren es, welche in Verbindung mit gelegentlichen
Äufserungen der griechischen Schriftsteller bei einem Teile der älteren Archäologen
eine wahre Ägyptomanie erzeugten58. Indes die Phantasien von einem innigen
Zusammenhange der griechischen und ägyptischen Kunst oder wohl gar von einem
ägyptischen Ursprünge der griechischen Kunst konnten bei den immer zahlreicheren
Funden altertümlicher griechischer Werke nicht bestehen. Die hervorragendsten
stilistischen Eigentümlichkeiten der älteren griechischen Plastik sind nicht aus
Ägypten herzuleiten, wenigstens nicht in ihrer Gesamtheit.
Zwei Bedingungen müssen vorhanden sein, um die Abhängigkeit eines
Kunstkreises von einem anderen auch in stilistischer Beziehung überhaupt zu ermög-
lichen. Der nachahmende Künstler mufs bereits eine gewisse Kunstfertigkeit
besitzen und er mufs importierte Vorbilder unter den Augen haben. Beide Be-
dingungen waren in Phönikien erfüllt. Wir finden daher in der phönikischen Kunst
jene Werke, welche, je nach dem Vorbilde, in einem fast ganz ägyptischen oder
assyrischen Stile gearbeitet sind.
Nur die eine Bedingung war, wie es scheint, in der ältesten griechischen
Kunst vorhanden. Der Künstler hatte fremde Vorbilder vor Augen, aber er mufste
erst lernen, dieselben nachzuahmen. Die in Mykenai gefundenen Steinskulpturen
und die Gemmen von Mykenai und Menidi verdeutlichen uns die andauernde Nach-
ahmung fremder Goldgravierungen und das fortschreitende Nachahmungsvermögen
dieser ältesten griechischen Künstler. Die Steinskulpturen zeigen nur Nachahmung
des Inhaltes; von stilistischen Eigentümlichkeiten kann bei ihnen nicht die Rede
sein59. Mit der Nachahmung aber lernten die Künstler, und die späteren Gemmen
zeigen auch in stilistischen Eigentümlichkeiten die Abhängigkeit von jenen Gold-
gravierungen 60.
Unter den mykenischen Funden nun, den ältesten Kunstwerken auf grie-
chischem Boden, finden wir auch die ersten Anklänge an ägyptische Denkmäler.
58) Vgl. Overbeck »G. d. gr. PI.« I», S. I2ff.; 59) Vgl. Overbeck »G. d. gr. PI.« I'. S. 32t
S. 50 f. Anm. 2. 60) Vgl. Milclihoefer »Anfänge« S. 33 ff.
l6 Kroker, Die Dipylonvasen.
Die Künstler, welche die Dolchklingen61 gearbeitet haben, sind ägyptischen Vor-
bildern gefolgt. Ob wir nun aber in diesen Dolchklingen wirklich ägyptische
Werke oder die Erzeugnisse von Phönikern oder eines den Griechen noch näher
benachbarten Volkes zu erkennen haben, ist vorläufig nicht zu entscheiden; und ob
diese ägyptisierenden Werke wiederum auf griechische Künstler eingewirkt haben,
läfst sich vollends nicht nachweisen02.
Einer gleich alten Kulturschicht gehören die Bauten von Orchomenos an,
und hier haben wir in der Deckplatte des Thalamos in dem grofsen Kuppelgrabe63
zum ersten Male eine direkte Nachahmung ägyptischer Vorbilder auf griechischem
Boden. Mag der Steinmetz nun einen gestickten Teppich oder ein Sphyrelaton
vor sich gehabt haben64, die Motive seiner Platte kehren »fast identisch in den
gemalten Decken ägyptischer Grabkammern wieder« ".
Aus den Kuppelgräbern von Menidi und Spata sind smaltene Plättchen66,
Glasplättchen mit dem Bilde der Sphinx67 und eine flügellose Terracottasphinx68
zum Vorscheine gekommen. Diese ägyptisierenden Gegenstände mögen ebenso
wie die »Glasware von Daulis«69 und wie die ähnlichen Funde Italiens70 durch
die Phöniker importiert worden sein.
Die homerischen Gedichte erwähnen »ägyptische« Kunstwerke71; einen
speziell ägyptischen Charakter tragen dieselben nicht, eher weisen sie uns nach
Phönikien72. Es entspricht dies ja auch vollkommen dem Kulturkreise, in welchen
uns die epischen Gedichte einführen; nicht die ägyptische, sondern die vorder-
asiatische Kunst beherrschte Kleinasien73.
In attischen Gräbern endlich, in welchen auch »geometrisch« dekorierte
61) Darstellung einer Löwenjagd 'A&rjvatov X Taf. 6S) Milchhoefer a.a.O. und »Museen Athens« S. 5 b.
zu S. 309 fr". A. 1; Heibig »D. hom. Epos« S. 232 6'J) Milchhoefer a.a.O. S. 47 und »Museen Athens«
Fig. 85; Milchhoefer a. a. O. S. 145 Fig. 64. S. 86, 8.
Panther auf Enten jagend »Mitth. des Inst, in 7Ü) Heibig »D. hom. Epos« S. 16.
Athen« VII (1882) Taf. VIII. Darnach z. B. 71) Odyssee IV 125 fr.
bei Blumner »Das Kunstgewerbe im Altertum« 72) Räder unter Gefiifsen, vgl. Heibig »D. hom.
(Wissen der Gegenwart) I. S. 201 Fig. 125 und Epos« S. 85 Anm. 9.
126. 73) Höchstens ein Mal in der Ilias (XVIII. 519)
62) Pietschmann bei Perrot- Chipiez I S. 798 hellt könnte man eine Reminiszenz an ägyptische oder
gegenüber dem »unstreitig ursprünglich ägypti- ägyptisierende Darstellungen erkennen : in einer
sehen« Motiv der Darstellungen das unägypti- Scene des achillcischen Schildes schreiten Athena
sehe in manchen Einzelheiten hervor. und Ares dem Heere voraus, höher an Gestalt
63) Abgeb. Schliemann »Orchomenos« Taf. 1. Ein als die Mannen. Heibig »D. hom. Epos« S. 308
Muster des gleichen Charakters, auf den Stuck erinnert zwar daran, dafs die Vorstellung von
gemalt, ist von Schliemann in Tiryns gefunden der übermenschlichen Gröfse der Götter eine
worden. Vgl. Lützow's Ztschr. f. bild. K. XXI den Dichtern ganz geläufige ist; aber es ist doch
(1886) S. 132 Taf. I, I (nach Schliemann's etwas anderes, ob der Dichter schildert, wie Eris
»Tiryns«).' den Himmel berührt und Ares im Falle sieben
64) Vgl. Heibig »D. hom. Epos« S. 330. Plethren bedeckt, oder ob der Dichter derartige
65) Milchhoefer a. a. O. S. 47. Gröfsenverschiedenheiten auf einem Kunstwerke
6e) Heibig »D. hom. Epos« S. 82 f. und Anm. 1. auftreten läfst.
67) Milchhoefer S. 31.
Kroker, Die Dipylonvasen. 117
Thongefäfse gefunden wurden, fanden sich mit diesen zusammen zahlreiche smaltene
Skarabäen '*.
Wir stehen damit schon an der Grenze der Periode, in welcher die Dipylon-
gräber anzusetzen sind.
DIE DIPYLONVASEN UND ÄGYPTEN.
Wir vermögen in der älteren griechischen Kunst weder einen starken, noch
einen ununterbrochenen Strom ägyptischer und ägyptisierender Importartikel nach-
zuweisen. Wir sind nicht einmal immer im Stande festzustellen, welche von den
in Frage kommenden Gegenständen wirklich ägyptische sind oder nur ägyptisieren,
welche von den letzteren in Griechenland selbst oder in Phönikien oder etwa auf
Kypros gearbeitet worden sind. Nur das eine läfst sich vorläufig als sicher hin-
stellen, dafs bis zu der Zeit der völligen Erschlicfsung Ägyptens durch Psammetich
das aus Ägypten Stammende in Griechenland selbst nur ganz vereinzelt zu einem
Vorbilde für die einheimische Kunst geworden ist. Eine weiter gehende Nach-
ahmung ägyptischer Denkmäler zeigt sich auf dem Gebiete der bildenden Kunst
zum ersten Male in den Dipylongefäfsen.
Und zwar ist diese Nachahmung, wie wir jetzt weiter ausführen dürfen,
vielleicht nicht auf die nackten Weiber beschränkt geblieben. Tritt uns ägyptischer
Einflufs etwa auch in den Seeschlachtvasen entgegen? Es ist hier ein Gemetzel
dargestellt, wie wir es kaum jemals wieder in den Werken griechischer Künstler
zu sehen bekommen. Wenn die Verwundeten und Toten zu Haufen in's Meer
herabstürzen und in den sonderbarsten Stellungen auf den Verdecken liegen, so
erinnert dies unwillkürlich an die ägyptischen Reliefs, die einen ähnlichen Realismus,
eine gleiche naive Lust an der Darstellung eines Gemetzels zeigen. Wenn der
Pharao über die Ebene stürmt, so sinken seine Gegner in Scharen hin, sie liegen
getroffen am Boden, sie stürzen zusammen, sie fallen kopfüber aus ihren Streit-
wagen herab. Und wenn eine Festung angegriffen wird, so stürzen die Verteidiger
in jähem Sturze von den Mauern hernieder und hängen zu Tode wund über den
Zinnen. Aber die Übereinstimmung geht noch weiter, ja wir haben in Ägypten
Tempelreliefs, welche ebenso die Vorbilder unserer Seeschlachtvasen gewesen zu
sein scheinen wie es die ägyptischen Grabreliefs für die Bestattungsvasen gewesen
sind. An seinem Tempel zu Medinet-Habu hat Ramses III. den grofsen Sieg ver-
herrlicht, welchen er über die Flotte der Seevölker davongetragen hat. Auch die
ägyptische Flotte ist ausgesegelt, und die Seeschlacht endet mit der Vernichtung
der rätselhaften Angreifer75. Die Übereinstimmung zwischen diesen ägyptischen
Reliefs und den Dipylonvasen ist überraschend.
Auch in den Bestattungsvasen tritt uns eine Darstellung entgegen, welche
in Griechenland durch die ältere Kunst nicht vorbereitet und durch die unmittelbar
'*) Müchhoefer a. a. O. S. 45; Heibig »D. hom, man. dell' Egitto I, Tay. CXXXI; ein charak-
Epos« S. 54 Anra. 8. teristisches Schiff daraus giebt Heibig «D. hom.
75) Die Kampfscenen sind abgeb. z. B. bei Rosellini Epos» S. III Fig. 22.
Il8 Kroker, Die Dipylonvasen.
folgende Vasenmalerei nicht fortgesetzt wird, ausgenommen ältere attische schwarz-
figurige Vasenbilder und Pinakes. Sämtliche Frauen raufen sich klagend das Haar;
dagegen schreiten die Männer ruhig daher, und nur der der Bahre zunächst
stehende erhebt die rechte Hand. Es ist auf den hohen Grad von Ausdruck hin-
gewiesen worden, welcher sich bei aller Rohheit der Zeichnung in diesen Gestalten
zeigt. Etwas ähnliches tritt uns nun in den ägyptischen Leichenklagen76 entgegen:
die links vor der Mumie stehenden und knieenden Frauen greifen sich in heftiger
Klage in's Haar; der hinter der Mumie stehende Mann erhebt die Rechte mit der
Geberde des Anbetens und Darbringens.
Ferner ist den Dipylonvasen die Darstellung von Kindern eigentümlich.
Wir sehen dieselben an der Hand der Mutter und zwischen den Klagenden einher-
schreiten und auf dem Schofse der Mutter sitzen. Besonders der letztere Typus
kehrt auf ägyptischen Darstellungen77 wieder; die Art des Sitzens ist in beiden
Kunstwerken eine ähnlich ungeschickte: seine Behutsamkeit ist gerade das Gegenteil
von der Entschiedenheit, mit welcher spätere Vasenmaler den Reiter in den Rücken
des Pferdes hineinsetzen. Überhaupt zieht die ägyptische Kunst die Kinder im
Kreise der Familie mit Vorliebe in den Bereich ihrer Darstellungen, während sowohl
die orientalische wie die ältere griechische Kunst, mit Ausnahme unserer Dipylon-
vasen und wiederum mit Ausnahme jener attischen schwarzfigurigen Vasen und
Thontafeln, dieselben meidet, zum mindesten nicht bevorzugt.
Von den Tieren sind auf den Dipylonvasen am häufigsten die Pferde dar-
gestellt. Dieselben werden nicht nur auf die Gefäfse gemalt, sondern sie schmücken
auch zu dreien und zu zweien in plastischer Ausführung den Deckel kleinerer Dipylon-
vasen78 und werden ebenfalls in plastischer Ausführung als Henkel angefügt79.
Homer kennt nun zwar Vögel am Rande eines goldenen Bechers80, die etruskische
Kunst setzt plastische menschliche Gestalten als Griff auf die Cistcn: aber beides
läfst sich doch mit unseren Dipylonpferden nicht recht vergleichen. Den besten
Vergleich bietet uns auch hier Ägypten, und zwar in Werken der Kleinkunst,
wie in einem Ringe, welcher auf der Platte mehrere rundgearbeitete Pferd-
chen zeigt81.
Auf dem einen Gefäfse (F) ist schließlich eine Schlange in Relief gebildet,
welche den oberen Teil des Bauches umringelt. Die griechisch- italische Kunst
kennt die aufgebäumte s'\ aber nicht die sich in den Schwanz beifsende Schlange.
Auch für diese Darstellung weifs ich nur ägyptische und von Ägypten abhängige
Kunstwerke83 zum Vergleiche heranzuziehen.
7C) Vgl. z. B. Perrot-Chipiez I S. 240 Fig. 159. r9) Ann. dell' Inst. 1872 p. 151 n. 72.
77) Vgl. z. B. Perrot-Chipiez I S. 264 Fig. 175; aus M) II. XI 634; vgl. den Becher von Mykenai bei
ägyptischen Darstellungen ist dieser Typus dann Schliemann »Mykenai« n. 346, darnach z. B. bei
auch auf phönikische Schalen übergegangen, Ilelbig »D. hom. Epos« S. 272 FigT 116.
vgl. z. B. Perrot-Chipiez III p. 783 Fig. 550 8I) Perrot-Chipiez I S. 770 Fig. 574.
(Varvakeion). 82) Heibig »D. hom. Epos« S. 283.
r8) Ann. dell' Inst. 1872 p. 150 f. n. 71 und 73. 83) Perrot-Chipiez III p. 759, Fig. 543.
Kroker, Die Dipylonvasen. iig
Ich weifs nicht, ob ich zu weit gegangen bin; aber mir scheint es, als ob
alle diese Punkte mit mehr oder weniger Deutlichkeit darauf hinweisen, dafs Ägyp-
ten auf die Maler der Dipylonvasen einen nicht geringen unmittelbaren Einflufs aus-
geübt hat, welcher sich in der Wahl der Stoffe und in Einzelheiten, nicht nur in
den nackten Frauen bemerkbar macht84.
DIE DIPYLONVASEN UND DIE KUNST BEI HOMER.
Man hat bisher immer die Ähnlichkeiten zwischen der älteren homerischen
Kunst und der jüngeren Kunst unserer Dipylonvasen hervorgehoben. Es ist an der
Zeit, auch ein Mal die Verschiedenheiten zu betonen.
Wir finden zwar sowohl in der von Homer geschilderten Kunst wie auf den
Dipylonvasen figurenreiche Genrescenen, welche in Streifen oder Bändern den zu
schmückenden Gegenstand umziehen. Aber die homerische Kunst, entsprechend
ihrer Abhängigkeit von orientalischen Vorbildern im Inhalte und im Stil ihrer
Darstellungen, hängt fast untrennbar mit den edlen Metallen zusammen, ihre
Wirkung beruht zum Teil auf dem Contraste der Metalle; sie beschränkt sich fast
ganz auf die Verzierung von silbernen und goldenen Schmucksachen, Geräten,
Waffen. Dagegen erscheinen die Darstellungen des Dipylonstils, entsprechend ihrer
primitiven Kunstweise und ihrer stilistischen Selbständigkeit, fast nur auf den
unscheinbaren Thongefäfsen; dieselben, wenigstens die älteren, sind monochrom
bemalt; Gefäfse mit Deckfarben und die verhältnismäfsig seltenen goldenen Schmuck-
sachen gehören unter die jüngsten Erzeugnisse des Dipylonstiles.
Ferner dient die homerische Kunst dem täglichen Leben; ihre Erzeugnisse
sind für den Gebrauch oder den Schmuck bestimmt und ihre Darstellungen ent-
sprechen diesem ihrem Zwecke. Dagegen dienen die riesigen Gefäfse, welche sich
in Attika gefunden haben, dem Totenkult, und ein Teil ihrer Darstellungen knüpft
an denselben an. Erst später wird, wie schon erwähnt, der Dipylonstil von den
Thongefäfsen auf Schmucksachen übertragen.
Endlich gehören zwar die Darstellungen beider Kunstkreise dem Genre
an; aber wie verschieden sind auch in dieser Hinsicht die Dipylonvasen von den
Bildwerken des achilleischen oder herakleischen Schildes! In liebevollster Aus-
führung, entsprechend ihren orientalischen Vorbildern, haben wir uns die von Homer
geschilderten figurenreichen Scenen und die Gestalten im Schmucke der Gewandung
und der Waffen gezeichnet zu denken. In rohen Silhouetten sind dagegen die
Menschen- und Tiergestalten der Dipylongefäfse hingeworfen. Und doch tritt uns
in diesen ungeschickten Darstellungen ein Realismus der Bewegungen und ein
Ausdruck der Gemütsstimmung entgegen, wie wir ihn bei Homer vergebens suchen.
M) Wie aber kommt ein attischer Vasenmaler unter hier, wie bei anderen Erscheinungen, nur das
den Einflufs der ägyptischen Kunst? Ich ver- Gewordene sehen, ohne dafs man den Vorgang
mag es nicht zu erklären, ohne mich in Hypo- des Werdens zu ahnen vermag.
thesen zu verirren. Vielleicht kann man auch
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. q
120
Kroker, Die Dipylonvasen.
Man erkennt dies noch durch die poetisch doch auf's höchste gesteigerte Schilde-
rung hindurch, welche der Dichter in Anlehnung an orientalische Kunstwerke von
dem Schilde des Achilleus entwirft.
In welchen Punkten sich diese Abhängigkeit der homerischen Kunst von
der orientalischen, im besonderen von der assyrisch-phönikischen Kunst äufsert,
haben Brunn, Murray, Heibig85 u. a. nachgewiesen. In diesen Punkten nun lassen
sich die Dipylongcfäfse mit den homerischen Kunstwerken eigentlich gar nicht
vergleichen. Im Vordergrunde der epischen Schilderung steht das Landleben
und das Stadtleben, in den Segnungen des Friedens und in den Stürmen des
Krieges. Der Dichter führt uns auf die Felder, die Acker werden bestellt, die
Ernte wird gesammelt 86; er versetzt uns in eine Weinpflanzung, die Trauben werden
geschnitten, Jünglinge und Jungfrauen tragen die Frucht hinweg und in der Freude
der Weinlese gesellen sich die Landleute zum Tanze87; er führt uns auf die Weide,
friedlich schwärmen die Schafe88, Löwen stürzen sich auf die Stiere89, Feinde
überfallen die Herden und umlagern die aus dem Genüsse des Friedens aufgestörte
Stadt, vor deren Thoren blutig gekämpft wird90; kleinere Schmucksachen schildert
der Dichter ebenfalls mit Tierkämpfen und mit Streifen reifsender Tiere verziert91.
Von allen diesen Scenen tritt uns nun auf den Gefäfsen vom Dipylon keine einzige
entgegen. Vielmehr sehen wir auf diesen mit Vorliebe feierliche Bestattungen,
mörderische Seeschlachten, situationslose Wagen- und Kriegerzüge dargestellt Und
diese Scenen wiederum sind den epischen Kunstwerken unbekannt.
Die einzige beiden Kunstkreisen gemeinsame Darstellung ist die eines
Reigentanzes auf der Schale K und auf dem achilleischen Schilde92. Und aller-
dings kann man zweifelhaft sein, ob hier nicht eine Abhängigkeit von der epi-
schen Poesie oder vielmehr von. Kunstwerken , wie sie auch den epischen Dichtern
vorlagen 93, anzunehmen ist. Die Schale stimmt zwar hinsichtlich ihres Fundortes,
ihrer Technik und ihres Stils mit den älteren Dipylongefäfsen überein, aber sie
steht in einem Gegensatze zu diesen in ihren bekleideten Frauen. Es wäre denkbar,
dafs in dieser Eigentümlichkeit eine andere Kunst als die ägyptische ihren Einflufs
verrät. Überhaupt bewahren sich ja die Maler der Dipylonvasen ihre Selbständigkeit
nicht lange. Ebenso wie ihr Stil sich entwickelt, nehmen sie auch neue Darstellungen
auf, teils aus orientalisierenden, teils aus episch-mythologischen Vorbildern. Wir finden
auf einem der jüngsten Gefäfse (/) Löwen; ebenso erscheinen auf den jüngeren
Schmucksachen (A.Z. 1884 Taf.IX, i) die Kentauren, und vielleicht ist der Typus
8L) Ilelbig »D. hom. Epos« S.
86) IL' XVIII 541—560.
8') II. XVIII 561—572.
8!>) II. XVIII 587—589.
8>J) II. XVIII 573—586.
90) II. XVIII 490—560.
91) Od. XI 611 f.; XIX 228 ff.
92) U. XVIII 590 ff.
306.
I3) Heibig »D. hom. Epos« S. 298 verweist auf eine
Schale von Idalion, abgeb. Revue arch. XXIV
(1872) pl. XXIV; Cesnola-Stern »Cypern« T. IX;
vgl. Perrot-Chipiez III. Fig. 482. — Auf dieser
Schale sehen wir einen Reigentanz dargestellt,
doch soll nicht verschwiegen werden, dafs der-
selbe religiösen Charakters ist und nur von
Frauen getanzt wird.
Kroker, Die Dipylonvasen. 121
des im Tanze Springenden dem achilleischen Schilde94 ebenso bekannt wie der
jüngeren Dipylonvase / und wie phönikischen Schalen, z. B. jener schon mehrfach
erwähnten im Varvakeion. Aber es handelt sich ja bei dieser Untersuchung um
die ältesten Erzeugnisse des Dipylonstiles; und unter diesen ist der Reigentanz die
einzige Darstellung, welche sich auch auf homerischen Kunstwerken nachweisen
läfst. Leider können wir nicht feststellen, wie viel die dichterische Phantasie
bei dieser Schilderung zu einem etwa wirklich vorhandenen Kunstwerk hinzuge-
schaffen hat95.
Anders als mit dieser inhaltlichen Übereinstimmung eines homerischen
Kunstwerkes und einer Dipylonvase verhält es sich mit der Übereinstimmung in
Einzelheiten zwischen der in den epischen Gedichten geschilderten Kultur und den
Darstellungen auf den Gefäfsen vom Dipylon. Da diese Gefäfse dem Ende der
geschichtlichen Entwicklung angehören, welche durch das Epos bezeichnet wird,
und da die Vasenmaler zum Teil die gleichen Kulturverhältnisse schildern, in
welche die homerischen Gedichte uns einführen, so müssen sich derartige Über-
einstimmungen natürlich auch bei völliger Unabhängigkeit der Gefäfse vorfinden.
Hierher gehört es also, wenn die Männer auch im täglichen Leben bewaffnet
sind und, entsprechend der epischen und historischen Zeit, Beinschienen tragen,
oder wenn eines unserer Gefäfse einen ähnlichen Verschlufs zeigt wie eine von
Homer geschilderte Truhe96. Andererseits finden sich ja auch Darstellungen,
welche gegenüber den homerischen Gedichten einen Fortschritt bezeichnen, wie die
Viergespanne97, die Reiter98, die Schiffe mit dem eu.ßoXov.
Diese Übereinstimmungen sind indessen keineswegs häufig. Allerdings führt
Heibig an, dafs der auf dem Paradebette liegende Tote der Vase B vom Kopf bis
zum Fufse mit einem Tuche . verhüllt ist: dasselbe erzähle der Dichter von den
Leichen des Patroklos und des Hektor. Es ist ja möglich, dafs die epischen
Dichter diese Sitte bereits kannten; aber es mufs doch betont werden, dafs weder
bei der Leichenbestattung des Patroklos noch bei der des Hektor von dieser
Sitte in der Ilias irgendwie die Rede ist, dafs der Dichter hiervon überhaupt nichts
berichtet99. Und ebenso wenig ist es wohl zu billigen, wenn Heibig darauf hin-
«) II. XVIII 571 ff. Heibig »D. hom. Epos« S. 91fr. Anm. 4; Furt-
96) Was die Phantasie des Dichters aus etwa vor- wängler A.Z. 1884 Sp. 140.
handenen Kunstwerken zu gestalten vermochte, 98) Vgl. Welcker »Ep. Cyclus« II S. 2l6ff.
zeigt vielleicht am besten jene Schale aus ") Das erste Citat, welches Heibig S. 55 Anm. 5
Amathus, welche zuerst Murray zur Erklärung anführt, II. XIII 352, ist wohl ein Druckfehler;
der zwiefach umlagerten Stadt auf dem achillei- aber was sollte dafür stehen ? Das zweite Citat,
sehen Schilde herbeigezogen hat (abgeb. z. B. II. XXIII 253 f., bezeugt nur, dafs die goldene
Heibig »D. hom. Epos« T. I, vgl. S. 305). Auf Urne, welche die Asche des Patroklos umschlofs,
dieser Schale sind über den Zinnen der Stadt- verhüllt wurde; dasselbe erzählen II. XXIV 795 f.
mauer zwei Frauen gerade mit den Köpfen von der Urne, in welche die Asche des Hektor
sichtbar; vgl. damit II. XVIII Si4f. gesammelt wurde. Von den Leichen der Hel-
96) Hirschfeld Ann. dell' Inst. 1872 n. 71, p. 150 den ist an beiden Stellen nicht die Rede.
(Od. VIII 438fr.). Vgl. Welcker »Ep. Cyclus« II S. 397.
97) Vgl. Bergk »Griech. Lijtg.« I. S. 793 Anm. 23;
9*
122 Kroker, Die Dipylonvasen.
weist, dafs wir wie bei den Leichenspiclen des Patroklos auf den Vasen vom
Dipylon einem Wagenrennen zu Ehren eines Toten begegneten und Dreifüfsen, die
als Kampfpreise ausgesetzt seien. Denn diese Dreifüfse schmücken die Aufsenseite
der Schale (K), deren Innenseite der Reigentanz umschlingt; dieselben können
also keinenfalls als Kampfpreise aufgefafst werden. Und auf den grofsen Bestat-
tungsvasen dürfen wir den Wagenzug doch nicht ohne weiteres als ein Wagen-
rennen deuten. Der Maler hat nur ruhig dahinziehende Wagen dargestellt: möglich,
dafs dieselben sich schliefslich zu einem Rennen vereinigen, wenn der Tote, welcher
noch auf der Bahre liegt, verbrannt und bestattet sein wird; aber dies ist eben auf
unseren Vasen noch gar nicht dargestellt.
Vielmehr zeigen gerade diese Bestattungsvasen recht deutlich, wie voll-
kommen unabhängig die Dipylonvasenmaler von den Schilderungen der epischen
Poesie sind. Auf dreien unserer Vasen sehen wir eine Bestattung dargestellt. Jedes
Mal tritt uns eine andere Scene entgegen: der Tote liegt noch unverhüllt auf einer
Bahre [C), der Tote liegt verhüllt auf der mit Zweigen geschmückten Bahre (ß),
die Bahre mit dem nackten Toten wird auf einem Wagen hinausgeführt (A). Kein
einziges Mal aber tritt uns die Scene entgegen, welche in den homerischen Gedichten
am glänzendsten geschildert wird und welche die nachweislich von dem Gedanken-
kreise der epischen Poesie beeinflufste Vasenmalerei, der Schild des Herakles100
und die Lade des Kypselos 101 darstellen: nämlich die Leichenspiele und die bei
diesen zu Ehren des Toten stattfindenden Wagenrennen. Die Vorbereitungen zur
Bestattung schildert Homer kurz und einfach. Die Auffahrt wird mit wenigen
Versen abgethan, der Tote wird nicht auf einem Wagen hinausgefahren, sondern
von der Freunde Schaar getragen102. Den vollen Glanz seiner Sprache und den
ganzen Reichtum seiner Phantasie enthüllt der Dichter erst bei der Schilderung
der Leichenspiele, des Wagenrennens, des Faustkampfes, des Ringens und des
Wettlaufes. Müfste man nicht erwarten, dafs ein Vasenmaler, wenn er Homer
gekannt hätte und von ihm zu seiner Darstellung angeregt worden wäre, gerade
hieran angeknüpft hätte? Statt dessen finden wir dies auf den Dipylonvasen über-
haupt nicht dargestellt. Und selbst wenn ein Mal eine Dipylonvase mit dem Bilde
eines wirklichen Wagenrennens um den Preis von Dreifüfsen zum Vorscheine kommen
sollte, so dürften wir doch in ihr nicht einen Einflufs des Epos annehmen, sondern
wir hätten in dieser Darstellung nur den vierten Akt eines Schauspiels anzu-
erkennen, von welchem uns auf den erhaltenen Vasen bereits drei frühere vorliegen.
Aus drei Quellen entnehmen die griechischen Vasenbilder den Inhalt ihrer
Darstellungen; sie fliefsen bereits in der epischen Poesie. Es sind erstens das
Genre, zweitens die orientalischen Tier- und Fabelgestalten, drittens die mythologisch-
epischen Sagen. Die letzteren sind für die Entwicklung der griechischen Kunst
in dieser Periode das wichtigste. Mit überraschender Schnelligkeit erringt die
100)Vs. 305—313. 101) Paus. V 17, 9.
K>2) II. XXIII 127 fr.
Kroker, Die Dipylonvasen. 122
Denk- und Anschauungsweise der epischen Poesie die Herrschaft über das Volk
und die Künstler auch des eigentlichen Griechenlands. In den homerischen Kunstwerken
erscheinen noch wenige Göttergcstalten: es sind Athena und Ares vor den Scharen
der zum Kampfe Ausrückenden l03 und einige Fabelwesen, welche Homer Eris, Ky-
doimos und Ker benennt, im Getümmel der Schlachtscene des achilleischen Schildes ,04;
Gorgo, Deimos und Phobos auf Agamemnons Schilde105. Von epischen Scenen
kennt der Dichter, wie es scheint, eine: Helena webt in eine Diplax Darstellungen
von Kämpfen zwischen Troern und Achäern'06. In der öoitU 'Hpor/Xiouc dagegen
tritt uns bereits der Kampf der Lapithen und Kentauren107 und der von den Gor-
gonen verfolgte Perseus entgegen108, und Apollon singt mit dem Chore der Musen
vor den olympischen Göttern "". Apollon erscheint auch auf einer alten melischen
Vase110. Und vollends auf der Lade des Kypselos111 und am Throne des amy-
kläischen Apollon112 herrscht die Darstellung mythologisch- epischer Scenen unbe-
dingt und unbeschränkt, und es haben sich bereits eine ganze Reihe von typischen
Scenen ausgebildet, welche ebenso jenen beiden Kunstwerken gemeinsam sind, wie
sie auch auf den schwarzfigurigen Vasen wiederkehren.
Zu diesen mythologisch -epischen Darstellungen gesellen sich auf den vom
Epos bccinflufstcn Kunstwerken die orientalischen Tier- und Fabelgestalten. Auf
dem Schilde des Achilleus würgen Löwen einen Stier113, auf der dcntlc 'HpaxXsoo?
ziehen Eber und Löwen dahin114, auf der Kypseloslade war die »orientalische« Ar-
temis dargestellt115, den Thron des amykläischen Apollon schmückten cKpiflfss und
il/jpta116. Auf den schwarzfigurigen und orientalisierenden Vasen treten derartige Dar-
stellungen immer und immer wieder auf, bald als einziger Schmuck des Gefäfses
bald mit anderen Scenen vereinigt.
Leider sind wir nicht im Stande, nachzuweisen, aus welcher Zeit diese
Kunstwerke stammen. Das Werk des Bathykles ist erst in den fünfziger Olympia-
den geschaffen worden1'7. Von der Entstehungszeit der Kypseloslade wissen wir
103) II. XVIII 5 16 ff. und Achäern keine gleichzeitige Scene, sondern
104) Il.XVIII 535fr., vgl. Helbig»D.hom. Epos« S.307f. eine epische.
i°6) II. XI 36 f. in') Vs. 178 ff.
'06) Man darf aus dieser Stelle (II. III 125 ff.) i°6) Vs. 2l6ff.
schwerlich mit Heibig (»D. hom. Epos« S. 59) i°9) Vs. 201 ff. Dafür dafs auch andere Epiker viel-
die Folgerung ziehen , dafs die Ionerinnen der leicht Schilderungen von Kunstwerken in ihre
epischen Zeit auf den Prachtgewändern, welche Gedichte einflochten, vgl. Welcker »Ep. Cyclus«
sie webten, bisweilen Schilderungen aus dem II S. 99, 173, 304, 390, 409; vgl. S. 556.
gleichzeitigen Leben anbrachten. Für Helena H0) Conze »Melische Thongef.ifse« Taf. IV.
allerdings sind die Kämpfe zwischen Troern und ln) Paus. V 17, 5 ff. SQ. 256.
Achäern Scenen aus der sie umgebenden Wirk- n2) Paus. III 18, 9 ff. SQ. 360.
lichkeit, aber nicht für den Dichter, welcher die n») II. XVIII 579fr. ; vgl. Od. XI. 611 f.
Helena diese Scenen weben läfst. Für den n4) Vs. 168.
Dichter folgt nur, dafs er Gewebe kannte, in m) Paus. V 19, 5.
deren Darstellungen er Kämpfe zwischen Troern 1IS) Paus. VII 18, 14
und Achäern zu sehen glaubte; für ihn und u7) Vgl. Brunn K. G. II S. 52 f.; Overbeck »G. d.
seine Zuhörer waren Kämpfe zwischen Troern gr. PI.« 1 3 S. 74.
124 Kroker, Die Dipylonvasen.
eigentlich nur, dafs das Kunstwerk vor 582 nach Olympia geweiht worden sein
mufs118. Die äaizi; 'HpaxXsou? dagegen ist sicher schon einige Zeit vor Stesichoros
gedichtet worden"9. Und diesem ihrem höheren Alter dürfte es denn auch ent-
sprechen, dafs sie noch eine Reihe jener Genresccnen schildert, wie die bekriegte
Stadt, die friedliche Stadt120, den Hafen, von welchen Scenen auf der gewifs nicht
unbeträchtlich jüngeren Lade des Kypselos vielleicht noch eine1", an dem viel
jüngeren Throne des amykläischen Apollon keine einzige mehr dargestellt war.
Die Vorliebe also für Genrescenen nimmt mehr und mehr ab in den Kunstwerken,
welche unter dem Einflüsse der epischen Poesie enstanden sind; die Vorliebe für
mythologisch-epische Scenen nimmt schnell zu. Wenn nun die Maler der Dipylonvasen
auch nur einigermafsen von dem Gedankenkreise der epischen Gedichte beherrscht
worden wären, so müfsten wir doch erwarten, dafs sich dieser Einflufs wenigstens
hier und da ein Mal in der Gestalt eines Gottes oder eines Heros, eines wilden
Tieres oder eines Fabelwesens geltend machte. Jenes aber zeigt sich überhaupt
nicht und dieses erst auf den jüngeren Gefäfsen des Dipylonstiles, in den Kentauren
und Löwen: die älteren Vasen stehen auch hierin unabhängig von dem Epos da.
In allen den Punkten also, in welchen eine Vergleichung der beiden
Kunstkreise gestattet ist, findet sich nicht nur keine Abhängigkeit des jüngeren von
dem älteren, sondern, wie wir jetzt hinzufügen dürfen, es scheint sogar, als wäre
den epischen Dichtern die Sitte unbekannt gewesen, welche die Dipylongefäfse ge-
schaffen hat. Nach dem Leichenbrande wird die Asche des Patroklos in eine goldene
Phiale, die des Hektar in eine goldene Larnax gesammelt. Dann wird der Leichen-
hügel aufgeschüttet. Von Schmucksachen, Gefäfsen, Waffen und anderen Gegen-
ständen, welche man den Helden mit ins Grab gegeben hätte, erfahren wir nichts.
Die argumenta ex silentio haben nun zwar wenig Beweiskraft; aber hier drängt sich
unwillkürlich die Folgerung auf: die epischen Dichter können solche riesige, mit
figurenreichen Scenen geschmückte Prachtgefäfse, wie sie den am Dipylon beerdigten
vornehmen Athenern in's Grab gelegt wurden, überhaupt nicht gekannt haben.
Von unseren Ergebnissen scheint das wichtigste, dafs die Dipylonvasen am
Beginne der attischen Kunstentwicklung stehen. Es sei erlaubt, hier noch einen
Schritt vorwärts zu thun.
Wir wissen so gut wie nichts sicheres über das Attika der Zeit, in welcher
die Dipylonvasen gemalt worden sind, der Mitte des 7. Jahrhunderts, und ganz be-
sonders wenig über die attische Kunstthätigkeit dieser Zeit. Ich hoffe aber, den
attischen Vasenmalern kein Unrecht zu thun, wenn ich ihnen zutraue, dafs sie um
650 so malten, wie es uns die Dipylongefäfse zeigen. Jene Dipylon- Kanne mit
einer attischen Inschrift beweist, dafs die Athener sogar noch im 6. Jahrhundert an
"*) Vgl. Overbeck a. a. O. I3 S. 56. wie ich glaube, »historisch« gedeutet haben;
"9) Vgl. Bergk »Griech. Littg.« I S. 997 f. hätte diese Darstellung einen historischen Bezug
12°) Vs. 238ff., 272fr., 207fr. gehabt, so hätte doch wohl eine Inschrift dar-
m) Nämlich die Darstellung des III. Streifens, wel- auf hingewiesen. Vgl. Paus. V 18, 6 ff.
che die Exegeten und Pausanias mit Unrecht»
Kroker, Die Dipylonvasen. 125
derartigen Bildern Geschmack fanden. Es ist bekannt, dafs Solon es für nöthig
hielt, den Begräbnisprunk in Athen einzuschränken122. Es ist ferner bekannt, dafs
wir auf schwarzfigurigen Gefäfsen nur selten die Leichenbestattung selbst dargestellt
finden. Eine Ausnahme hiervon machen attische schwarzfigurige Vasen1*3 und in
Athen gefundene Thontafeln, welche mit Malereien derselben Technik ge-
schmückt sind1'4.
Ich halte dies für kein zufälliges Zusammentreffen. Vielmehr erkenne ich
in den Bestattungsscenen der Dipylonvasen, in dem Verbote des Solon und in den
Protheseis der schwarzfigurigen attischen Gefäfse aufeinanderfolgende Akte der
attischen Kulturgeschichte, welche uns zugleich eine vortreffliche Probe dafür
bieten, dafs wir die Heimat der Dipylonvasen dritter Klasse mit Recht in Attika
gesucht haben. Die riesigen Gefäfse verdeutlichen uns recht gut die übertriebene
Pracht eines Leichenbegängnisses in dem Athen des 7. Jahrhunderts: zahlreiche
Scharen von Klageweibern umgeben die Bahre des Toten; in ihren Gespannen sind
die vornehmen Verwandten und Freunde herzugekommen, wie sie noch später in
den Festzügen der Landesgöttin erschienen; und vielleicht stimmen jene Männer vor
den Rossen des Leichenwagens eben den Threnos an, den Solon verbot. Auch
das Schmücken der Bahre mit Zweigen ist eine attische Sitte.
Die attischen schwarzfigurigen Vasen sind nicht nur zeitlich die Nachfolger
der Dipylonvasen; sie sind es in dieser Hinsicht auch inhaltlich. Es ist vielleicht
nicht unwichtig gewesen für die weitere Entwicklung und es ist sicher bezeichnend
für die »frömmsten« unter allen Hellenen, dafs sie bereits in ihren ältesten Kunst-
werken die ernstesten Begebenheiten des Menschenlebens in genrehaften Scenen
darzustellen wagen.
E. Kroker.
I22) Vgl. z. B. Duncker »Gesch. des Altertums« VI5 p. 31 5 ff. — In korinthischen Vasen desselben
S. 207 ff. Gegenstandes dürfen wir einen Einflufs Attika's
m) Hirschfeld Ann. dell' Inst. 1872 p. 167. annehmen.
124) Furtwangler »Berliner Vasenkatalog« I. n. 181 1 ff.,
BERICHTE.
ERWERBUNGEN DES BRITISH MUSEUM IM JAHRE 1885.
Auszug aus A. S. Murray's Bericht an das Parlament.
Ausgrabungen A. Biliotti's in Rhodos.
Archaischer Pithos mit geometrischen Mustern und einem Friese von Wagen
und Kriegern, von einer Walze in den Thon eingedrückt.
Archaische s. f. Amphora: Zwei Satyrn tanzen neben einer grofsen Amphora
{Helle nie Journal VI p. 181 Fig. i. 2).
Archaische s. f. Kylix. Innenbild: Aias Kassandra beim Palladion er-
greifend. Aufsenbilder: Herakles, von Gottheiten geleitet, im Beisein von Zeus
und Hera; Kampf zweier Krieger {Hellenic Journal V T. 40 — 42).
Ähnliche Kylix. Innenbild: Krieger in der Haltung eines Angreifenden.
Aufsenbilder: Perseus, Hermes und Athene vor drei Gorgonen fliehend; Krieger,
Pferde führend {Hellenic Journal V T. 43).
S. f. Kylix, mit Inschrift: <I>dxo? IffX xa? xaXä? d x6Xtj(? d xotxtXct {Hellenic
Journal VI p. 372 f.).
Archaische Kylix mit Ornament und der eingeritzten Inschrift 'löau-sv?/? tjjju;
Aryballos mit Inschrift 'Aaxuo)riSa 7)1x1 {Hellenic Journal VI p. 374 f.).
Hydria, r. f.: Eros bekränzt eine Kitharspielerin in Gegenwart dreier weib-
lichen Figuren, von den denen die eine auf Flöten spielt, während eine andre eine
Leier und eine Pyxis hält.
Askos, r. f.: Eros und Nike. Von schönstem Stil.
Porcelan-Schale mit Reliefs auf der Aufsenseite.
Porcelan-Scarabäus mit dem Namen des Königs Takeloth II, um 800 v. Chr.
Streifen von vergoldetem Silber, mit Federmuster.
Bronzefibula mit vertiefter archaischer Zeichnung eines Wildes und geome-
trischer Muster.
Bronzene Strigilis mit der Zeichnung eines galoppirenden Pferdes.
Drei kurze griechische Inschriften auf Marmor {Hellenic Journal IV p. 136
No. 1. 138 No. 2. 140 No. 8).
Marmor und andere Steine.
Marmorstatuette: Weibliche Figur auf einem Felsen sitzend. Angeblich 1870
im Piräus gefunden.
Marmormorfigur eines Stiers, vermutlich die Bekrönung eines Grabdenkmals.
Einst von Cockerell aus Athen gebracht {Hellenic Journal V p. 32 Taf. C).
Drei kleine sehr rohe Marmorfiguren. Aus Kyme.
Gipsabgufs einer Marmorschale, einst dem Earl of Elgin gehörig: eine weib-
liche Figur im Relief, einen Gegenstand mit beiden Händen haltend {Hellenic
Journal VI p. 42).
Sechs architektonische Marmor - Fragmente, ehemals im Besitze des Earl
von Elgin (s. Hellenic Journal VI p. 42 ff. No. 2. 6. 7): Säulenbasis; zwei korin-
thische Pfeilerkapitelle; korinth. Säulenkapitell; Oberteil einer Stele mit Blüten-
ornament und Fragment eines solchen.
Erwerbungen des British Museum 1885. 127
Alabasterfigur eines Stiers in Relief. Aus Tarsos.
Steinform, auf der einen Seite römischer Soldat eine Trompete blasend;
auf der andern Hund einen Eber angreifend. Aus Beyrut.
Marmorplatte mit bilinguer, lateinisch- griechischer Inschrift, enthaltend eine
Weihung des L. Casperius Aelianus an Apollo. Gefunden in Isamoorli Keui bei
Cavak, im Bezirk von Sammsoon, Klein-Asien.
Bronze.
" Kleines Modell eines Altars mit Inschrift JI02
Täfelchen aus Smyrna mit Inschrift E KATQN
QES2NOZ
2}AMI02
Statuette der Aphrodite, aus der Sammlung Greau.
Beflügelte Sphinx. Aus Sidon.
Zwei chirurgische Werkzeuge. Aus Pergamon.
Spiegelkapsel mit Relief: Nike eine Kuh opfernd. Ausgezeichnet durch
die Schönheit der Erfindung und die Vollendung und Zartheit der Ausführung. Aus
Megara.
Blei.
Täfelchen mit Inschrift COEPER.
Vasen und andere Geräte aus Thon.
R. f. Krater. Vorderseite: Hades Persephone in einem Wagen entführend;
Hekate. Rückseite: Kampf der Kentauren und Lapithen. Vgl. Philologus Suppl.
IV (1884) S. 643 No. 2.
Archaische Lekythos aus Cumae mit der rückläufigen Inschrift: Tcraisc i\x\
Xsxoi)o?- o? S' av (xs xXs<pas'., öu'fXö? satat (Röhl Inscr. antiq. 524. Hellenic Journal Vi
p. 373 Anm. 1).
Rhyton in der Form eines verbundenen Satyrn- und Mänadenkopfes; auf
dem aufgesetzten Becher Dionysos, drei Satyrn und zwei zurücklehnende Gestalten.
Von vorzüglicher Erhaltung.
Fragment einer archaischen Vase mit Zeichnung in Schwarz und Braun auf
rotem Grunde. Eingeritzt der Name 'AXe^(v)opo?. Aus Naukratis.
Lampe von grün glasirtem Thon, in Form eines Gladiatorenhelms. Ge-
funden in einem römischen Sarkophage zu Alteburg bei Cöln.
Vase von grün glasirtem Thon, in Form eines Kaninchens. Gefunden im
Rhein, vermutlich bei Cöln.
Vase von schwarz glasirtem Thon, mit eingedrückten und mit Silber ein-
gelegten Mustern. Aus Cöln,
Terracotta.
Frau auf einem Esel sitzend, ein Kind in den Armen haltend. Aus Salamis
(Cypern).
Tänzerin, bekleidet und verschleiert. Ebendaher.
Zwei weibliche Figuren, auf einem Ruhebette sitzend, von aufserordent-
licher Schönheit der Erfindung und Erhaltung. Aus Klein-Asien.
Geschnittene Steine.
Sarder, Intaglio: Eros kniet auf einem Altar und blickt empor zu einem
Schmetterling auf einer Säule. Inschrift OlylElME.
Chalcedon, Intaglio, verstümmelt: Teil eines Kentauren, den Rücken von
einem Pfeil durchbohrt. Inschrift Xi[pu>v?].
Roter Jasper, Intaglio: Bildnifs der Kaiserin Lucilla(?).
128 Erwerbungen des British Museum 1885.
Plasma, Intaglio: die drei Moiren.
Granat-Cameo: Büste des Sarapis. Aus Rom.
Glasflufs-Intaglio: Ikaros über dem Meere fliegend.
Onyx-Cameen von rohem Stil: 1) Europa auf dem Stier. 2) Männliche
und weibliche Figuren. Aus Kalymna, angeblich mit archaischer Topfvvaare zusammen
in einem Grabe gefunden.
Kleine Onyxbüste der Kaiserin Matidia(r). Aus Alexandrien.
Gold.
Ring mit eingravirter Figur einer ein Tropaion errichtenden Nike und der
Inschrift FAPWIENQN
BA2IAEI.
Ring mit eingravirter weiblicher Figur, die einem Eros einen Vogel hinhält.
Silber.
Barren mit Inschriften, auf der einen Seite TPVrON, auf der andern AIOSAVKA
(Röhl Inscr. antiq. 523).
Elfenbein.
Messergriff in Form eines menschlichen Beins.
Theatermarken. 1) Aus Smyrna. Vorderseite: Bärtiger Mann in Relief
nach r. Rückseite: //
APOOXPA
B C
2) Aus Athen. Vorders.: Zwei Fackeln in Relief. Rucks.: XIII
ir
3) Aus Ephesos. Vorders.: Eingravirter Vogel. Rucks.: XIII
IA
Eine Reihe von Elfenbeintafeln mit Reliefdarstellungen. Aus Beyrut.
Täfelchen mit Medusenkopf in Relief.
ERWERBUNGEN DER KÖNIGE. MUSEEN ZU BERLIN
IM JAHRE 1885.
I. SAMMLUNG
DER GRIECHISCH-RÖMISCHEN SCULPTUREN UND ABGÜSSE.
A. ORIGINALE.
i. Der Sarkophag aus dem Giardino Cafifarelli in Rom, im Verzeichnifs
der antiken Skulpturen (Berlin W. Spemann 1885) unter n. 843 a beschrieben.
2. Ein ionisches Säulencapitell aus Athen ebenda unter n. 997a
beschrieben.
3. (1372.)' Barbar, Statuette. W. ital. M. h. 0,40. Kopf und r. Arm, die
einmal modern ergänzt waren, fehlen. Gefunden zu Perugia im Tiber bei Ponte
S.Giovanni. Geschenk des Herrn Heibig. BuU.aeWInsi.lSS4 S. 178. 1885 S. 77. —
Die Figur mit Hosen, kurzem Ärmelchiton und Mantel bekleidet hat das r. Knie auf
den Boden gesetzt; die L. ruht auf dem 1. Oberschenkel, während der r. Arm wohl
zum Stützen eines Gegenstandes erhoben war. Römisch.
4- (J 373-) Relief. Kalkstein, h. 0,13. br. 0,115. Bestofscn; der obere
Rand fehlt. Aus Tarent. — Auf vertieftem Grunde sind zwei Jünglinge (?) in kurzem
Chiton dargestellt, von denen der eine r. halb niedersinkt, der andere hinter ihm
n. 1. eilend Kopf und beide Arme n. r. zurückwandte. Vergl. Verzeichnifs n. 885 a — o.
Spätgriechisch.
5. (1374.) Einige kleine Bruchstücke zu der Bronzestatue aus Kyzikos
Verzeichnifs n. 3.
6- (r377-) Bruchstück der Tiara des Zeus Oromasdes von einem Relief
auf dem Nemruddagh (s. O. Hamdy Bey et Osgan Effendi Le tumulus du Nemroud-
Dagh, Constantinople 1883 Taf. 27). Sandstein, h. 0,21. br. 0,21. Geschenk des
Herrn Dr. F. von Luschan.
7. (Pergamen. Inv. 884.) Platte der Gigantomachie vom pergamenischen
Altare (s. Beschreibung der pergamenischen Bildwerke, 7. Auflage, S. 13, E). Ge-
schenk Sr. M. des Sultans.
8. 9. (Pergamen. Inv. 885. 886.) Eine Platte des kleinen Frieses vom
pergamenischen Altare und zwei Relieffragmente ähnlicher Art. Geschenk Sr. M.
des Sultans.
B. GIPSABGÜSSE.
1. (1730.) Unbärtiges zurückgebeugtes Köpfchen in der Art des sog.
sterbenden Alexander. Am Nacken links ein Gefäfsrest? Aus Trapezunt. — London.
Geschenk des Herrn Lewis R. Farnell.
2. (1734.) Kopf der Sitzstatue des leierspielenden Dichters in Villa
Borghese (Friederichs-Wolters Die Gipsabgüsse antiker Bildwerke in historischer
Folge erklärt n. 1306).
3- (I735-) Militärdiplom aus Ungarn. Jos. Hampel Adalek Pannonia
Tortenetehes Antonius Pius koraban (Budapest 1884) S. ioff. ■ — Budapest, Privat-
besitz. Geschenk des Herrn Th. Mommsen.
4. (1736.) Epheubekränzter Porträtkopf, Wiederholung von n. 2.
1 Die eingeklammerten Nummern beziehen sich auf die Inventare der Sammlung.
j -3Q Puchstein, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
Aus Rom. Synopsis of greek and vornan antiquities (London 1874) S. 18 n. 50. —
London.
5. (1738.) Ein neuer Abgufs der Laokoongruppe (Fr.-W. 1422).
6- (' 739-) Gigant, Gegner der Athena in der pergamenischen Giganto-
machie. Ergebnisse der Ausgrabungen zu Pergamon (Berlin 1880) Taf. IV. — Berlin.
7. (1740.) Kopf des Gegners der Hekate in der pergamenischen Giganto-
machie. A. a. O. S. 57 Anm. — Berlin.
8. (1741.) Ante (r), auf der Vorderseite mit Ranken verziert, zwischen denen
I. Kybele auf einem Löwen, r. Dionysos auf einem Panther reitend dargestellt ist;
auf den Schmalseiten je eine Fackel, auf der Rückseite 1. ein Kerykeion, während
die r. gröfsere Hälfte als Anstofsfläche bearbeitet ist. Aus Pergamon. Arch. Zeitg.
1880 S. 10, Za (Conze). — Constantinopel.
9. (1742.) Doppelherme zweier bärtiger Porträtköpfe. Sybel 3148 (vgl.
Heibig oben S. 77 f.). — Athen, Centralmuseum.
10. (1743.) Poseidonios, Porträtbüste. Visconti icon. gr. 24, 1. 2. Ger-
hard Neapels antike Bildwerke n. 360. — Neapel.
11. (1744.) Lysias, Porträtbüste. Visconti 28, 1. 2. Gerhard n. 353. —
Neapel.
12. (1745.) Zenon, Porträtbüste. Visconti 17, 5. 6. Gerhard n. 350. —
Neapel.
13. (1746.) Zenon, Bronzebüste aus Herculaneum. Comparetti e de Petra
Villa ercolanese XII, 9. — Neapel.
14. (1747.) Epikuros, Bronzebüste aus Herculaneum. A. a. O. XII, 7. —
Neapel.
15. (1748.) Hermarchos, Bronzebüste aus Herculaneum. A. a. O. XII, 8. —
Neapel.
16. (1749.) Demosthenes, Bronzebüste aus Herculaneum. A. a. O. XII, 4. —
Neapel.
17. (1750.) Oberkörper einer Ephebenstatue, nach Brunn und Furt-
wängler Wiederholung einer Figur in London, s. Arch. Zeitg. 1864 S. 132. Ver-
zeichnifs der Gipsabgüsse in München 1880 n. 148. Bull. deW Inst. 1885 S. 76. —
Rom, Sammlung Baracco.
18. (1751.) Piaton, Herme mit der modernen Aufschrift ZHNJ2N. Visconti
mus. Pio-Clem. VI, 33. Jahrbuch des Inst. 1886 Taf. 6 n. 2. — Rom, Vatikan.
19. (1752.) Sog. Peisistratos, altertümliche Porträtherme. Bull. deW inst.
1851 S. 88. — Villa Albani.
2°- (x753-) Bärtiges Porträtköpfchen mit der Inschrift AlOrENHZ. Aus
Herculaneum. — Neapel.
21. (1754.) Ämmon, Statue aus Pergamon. Ergebnisse (1880) S. 71. Das
Original, bisher in den königl. Museen, wurde als Geschenk Sr. M. des Kaisers
Sr. M. dem Sultan übersandt. — Constantinopel.
22 — 24. (1755 — 1757-) Drei Dolche des Antiochos, von den Relief-
darstellungen desselben auf dem Nemruddagh (s. O. Hamdy Bey a. a. O. Taf. 23.
25. 27).
25. (1758.) Hera von Cheramyes geweiht. Aus Samos. Bull, de corr.
hell. IV Taf. XIII. XIV. — Paris.
26. (1759.) Kauernde Aphrodite aus Vienne. Rayet mon. de l'art ant.
II, 53. — Paris.
27. (1760.) Ein neuer Abgufs der Aphrodite von Melos (Fr.-W. 1448),
nach den Grundsätzen von Ravaisson La Venus de Milo (Paris 187 1) aufgestellt. — ■
Paris.
28. (1761.) Agrippa aus Gabii. Bernoulli röm. Ikonogr. I S. 255fr. — Paris.
29. (1762.) Apollon, Bronzekopf. Clarac 1073, 2785 C. — Paris.
Puchstein, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885. j?i
30. (1763.) Sog. Apollonius von Tyana. Bronzebüste. Clarac 1078,
2762 A. — Paris.
31. (1764.) Homer, Hermenkopf aus dem Giardino Gaetani. Clarac 1085,
2904 C. — Paris.
32. (1765.) Grabrelief des Sosinos. Aus dem Piräeus. Clarac 198,
297. Fröhner mus. de France Taf. 9. — Paris.
33. (1766.) Greif aus dem Friese eines Pilastercapitells. Vgl. Rayet Milete
Taf. 49. — Paris.
34. (1767.) Fries eines Pilastercapitells. Vgl. Rayet a.a.O. Taf. 47. —
Paris.
35. (1768.) Apollon Musagetes. Visconti mns. Pio-Clem. 1,15. — Rom,
Vatikan.
36. (1769.) Aphrodite. Bronzestatuette. Gädechens n. 78. — Arolsen.
37. (1770.) Trajan, Büste. — Ort unbekannt.
38. (1771.) Obere Hälfte eines Tischfufses. — Ort unbekannt.
39. (1772.) Ephesische Artemis, Bronzestatuette. — Ort unbekannt.
40. (1773.) Knäbchen auf einem Bock, Bronzestatuette. Gädechens
n. 26. — Arolsen.
41. 42. (1774 — I77S-) Dioskuren, Bronzestatuetten. Gädechens n. 173.
174. — Arolsen.
43. (1776.) Herakles den Löwen würgend, Bronzestatuette. Gädechens
n. 228. — Arolsen.
44. (1777.) Sog. Meleager, Bronzestatuette. Moderne Arbeit nach dem
sog. Antinous im Belvedere? Gädechens n. 359. — Arolsen.
45. (1778.) L. Fufs, Bronze. Gädechens n. 716. — Arolsen.
46. (I779-) Stier, Bronzestatuette. Gädechens n. 494. — Arolsen.
47. (1780.) Zwei Panther mit einem Medaillon. Bronzehenkel? Gäde-
chens n. 480. — Arolsen.
48. (1781. 1782.) Vorder- und Rückseite eines Diptychons. Elfenbein.
W. Meyer Zwei antike Elfenbeintafeln (Abh. der bayr. Akad. Cl. I, Bd. XV, Abt. I.
1879) S. 63 n. 4. — Halberstadt.
49- (1783.) Kandelaberfufs. Bronze. — Arolsen.
50. (1784.) Löwenvorderteil als Ausgufs. Bronze. Gädechens n. 477.
— Arolsen.
51. (1785.) Wolfskopf, von einem Bronzegefäfs. Gädechens n. 483. —
Arolsen.
52. (1786.) Haken in einen Fuchskopf endigend, Bronze. Gädechens
n. 711 ? — Arolsen.
53. (1787.) Bronzeschnalle bei Enskirchen gefunden. Jahrb. d. Alter-
thumsfr. in d. Rheinl. XLII, 72. — Cöln, Privatbesitz.
54. (1788.) Knäblein, Bronzestatue. Gädechens n. 451. — Arolsen.
55. (1789.) Die Muse Thalia, Sitzstatue. Visconti mus. Pio-Clem. I, 18. —
Rom, Vatikan.
56. (1790.) Anakreon, Hermenkopf. Aus Rom. Arch. Zeitg. 1884 Taf.
11, 2. — Rom, Capitol.
57. (1791.) Aphrodite von Arles. Clarac 342, 1307. Fröhner ndtice
n. 137. — Paris.
58. (1792.) Herakles und die Hirschkuh, kleines altertümliches Relief.
Matz-Duhn n. 3726. — Dresden.
59- (r793 — 2046.) Die Abgüsse der Olympia-Ausstellung im Campo
Santo, welche den königl. Museen überwiesen wurden2.
2 Vgl. Beschreibung der Gipsabgüsse der in Olympia ausgegrabenen Bildwerke. 6. Abdruck.
Berlin W. Spemann 1885.
1^2 Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
60. (2047.) Römische Porträtbüste eines Knaben. Aus Rom. Antik?
— Genf, Privatbesitz. Geschenk des Herrn E. Sarasin.
61. (2048.) »Peplosübergabe«, Relieffragment. Terracotta. Moderne
Copie nach dem Ostfries des Parthenon. Waldstein essays on the art of Pheidias
pl. XI. vgl. S. 231fr. 258fr — Kopenhagen. Geschenk des Herrn Furtwängler.
62. (2049.) Pompejus, Porträtkopf. Aus Rom. — Paris, Privatbesitz.
Geschenk.
O. Puchstein.
II. ANTIQUARIUM.
A. GESAMMTFUNDE UND SERIEN.
/. Grabfund von Kurion auf Cypern.
Nach den Mitteilungen des Herrn M. Ohnefalsch-Richter war das Grab
eine in den Fels gehauene Kammer mit einem aus grofsen oblongen Quadern auf-
geschichteten Vorraum. In der Mitte der hinteren Hälfte der Kammer war ein
Thonsarkophag in die Erde gesenkt; an drei Seiten ringsum lag je ein Skelett auf
dem Boden ausgestreckt und in den Ecken stand je eine Vase; links vom Eingang
in der vorderen Hälfte der Kammer standen drei gröfsere amphorenförmige Gefäfse.
In dem Sarkophag fand sich:
a) Eine Platte von 0,09 Höhe und 0,065 Breite aus sehr dünnem Goldblech.
Der Rand ist um einen ringsumlaufenden Bronzedraht aufgebogen. Die Dar-
stellung ist flach eingeprefst. Auf einem Wagen steht das Idol einer weib-
lichen Gottheit, von vorne, in langem Gewände, beide Hände an den Brüsten;
daneben eine etwas gröfsere lang bekleidete Gestalt nach r., welche die
Zügel hält; das Gespann ist fragmentiert; die Tiere (es scheinen zwei) haben
kurze Ohren und eine etwas nach unten gebogene Schnauze, so dafs man
an einen Schnabel, also an Greife denken kann, doch ist von Flügeln nichts
zu bemerken, obwol so viel erhalten ist, dafs sie sichtbar sein müfsten; die
Körper der Thiere fehlen fast ganz. Im Räume über denselben rechteckiges
Ornament oder Symbol. Priesterin das Idol in Procession umherfahrend?
Alter cyprisch-phönikischer Stil. — Eine schlechter erhaltene Replik dieser
Goldplatte, ebenfalls aus Cypern, befand sich in der im Mai 1886 versteiger-
ten Sammlung Hoffmann in Paris '.
b) Ein primitiver Reiter aus Terracotta mit spitzer Mütze; rot und schwarz
bemalt.
c) Terracottafigur : Frau welche die rechte Hand an die Brust legt, wo sie
etwas hielt das abgebrochen ist; hinten lange Haare; Unterkörper cylindrisch
hohl. Roher unbemalter Thon. Höhe 0,19.
d) Zwei Unterbeine aus Terracotta in derselben rohen Technik, mit einem Loche
oben, um nach Art der Gliederpuppen an einen Körper befestigt zu werden.
Bei dem einen Skelette fand sich:
a) Ein goldner Ring von 0,03 Dm. mit zwei Ösen, durch welche eine goldne
Nadel gesteckt ist; eine Art Fibel? Ring wie Nadel sind aus Goldblech
zusammengebogen.
b) Zwei längliche blattförmige dünne Goldplättchen mit je einem Loch.
c) Ein flacher fragmentirter Bronzekessel mit einfachen, durch je drei Nieten
befestigten Henkeln. — In demselben stand eine mit concentrischen Kreisen
verzierte Vase.
') (Fröhner) Collection Hoffmann, 1886, No. 194.
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885. . 133
Bei dem zweiten Skelette lagen:
a) Zwei dünne kreisrunde Goldplättchen von 0,045 Dm. und umgebogenem
Rande.
b) Zwei sog. Wirtel, Teile eines Halsbandes, aus grauschwarzem Thone; der
eine ist mit eingedrückten concentrischen Kreisen verziert.
Bei dem dritten Skelett lag:
eine Lanzenspitze von Bronze; im unteren cylindrischen Theile ein Loch für
den Nagel, welcher die Spitze an den Holzschaft befestigte.
Nicht genauer angegeben ist der Fundort von einem natürlichen Knöchel
(Astragalos) und einer kleinen durchbohrten Bronzescheibe.
Von den in dem Grabe gefundenen Vasen sind keine in das Museum
gekommen, doch sind zwei aus der Nähe des Grabes stammende Stücke beigegeben,
die nach Herrn Richter's Versicherung genau denen des Grabes entsprechen sollen.
Es sind:
eine kleine fäfschenförmige Vase mit linearen schwarzen Ornamenten auf
dem feinen hochroten Thon (Gattung wie die im Berl. Vasencat. No. 122 ff.)
und eine 0,30 hohe Amphora mit concentrischen Kreisen von der gewöhn-
lichen Art (wie Berl. Cat. 6off.).
2. Funde aus Gräbern i>on Rhodos.
Die nachstehend verzeichneten Stücke wurden auf einer Auction in London
im December 1885 erworben'. Sie stammen alle aus Rhodos und zwar aus den
Grabungen des Herrn Biliotti. Durch die freundliche Vermittelung des Herrn Cecil
Smith in London habe ich das Tagebuch einsehen dürfen, in welchem Herr Biliotti
die Funde von über 500 Gräbern kurz notiert. Herr Cecil Smith hat versprochen
einen Auszug aus diesem Tagebuche zu geben3. Ich beschränke mich hier auf die
Beschreibung der für Berlin erworbenen Stücke, indem ich die aus jenem Tagebuche
gewonnenen Fundangaben dabei verwerte. Das Tagebuch ist freilich recht dürftig
und namentlich in seiner zweiten Hälfte flüchtig; doch darf es in dem wenigen was
es giebt wol als zuverlässig gelten. Ich bedaurc sehr, dafs ich dasselbe nicht in
London angesichts der ganzen noch nicht zerstreuten Sammlung, sondern erst hier
in Berlin, also nur für den an unser Museum gelangten Teil derselben benutzen
konnte. Die kurzen Angaben Biliotti's liefsen mich nur zu häufig in Zweifel, wel-
cher Art die mit den mir vorliegenden Stücken zusammen gefundenen Objecte waren.
Dennoch haben sich mir, wie man sehen wird, durch Benutzung dieses Tagebuches
manche wertvolle Resultate ergeben.
Die folgenden Beschreibungen können zugleich als Nachtrag zu meinem
Cataloge der Berliner Vasensammlung betrachtet werden, dem aber die Redaction
dieser Zeitschrift einen grofsen Vorzug vor letzterem verliehen hat, den einer reich-
lichen Ausstattung mit Abbildungen. Da die blofsen Beschreibungen gerade von den
ältesten Vasengattungen am wenigsten eine anschauliche Vorstellung zu geben im
Stande sind, werden die Fachgenossen gewifs mit mir für diese Beigabe dankbar sein.
Es wurden erworben:
I. VASEN.
Mykenische Gattimg.
Die bei Furtwängler und Löschcke, Mykenische Vasen, 1886, S. 80 f. kurz
beschriebenen Gefäfse. Sie stammen wahrscheinlich alle (bei einigen hervorragen-
deren Stücken ist es sicher) aus der Gegend von Kamiros, von dem Orte Tzitzo
bei Kalavarda.
2) Vgl. (C. Smith) Catal. of a coli, of greek and vornan 3) Journal of hell. stud. VI p. 371.
antiquities excavated in Rhodes, London 1885.
134
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
2948. 1/4
3006. y4
Locale sehr altertümliche Gattung.
Inv. 2948. H. 0,20. Beistehend abgebildet. Nicht
auf der Scheibe, sondern mit der Hand gearbeitetes Giefs-
gefäfs. Der Bauch ist unten zum Aufstellen abgeplattet, ein
Fufs ist nicht vorhanden. Heller gelblicher, aufsen geglätteter
Thon. Vorn ist ein Ornament in der Form eines Ordens-
kreuzes mit matter brauner Firnifsfarbe aufgemalt. Die
Technik ist der jener ebenfalls handgemachten halbkugel-
förmigen Schalen verwandt, die in Cypern und Thera vor-
kommen (z. B. Berl. 118 bis 120; Furtwängler- Löschcke,
Myk. Vasen Taf. XII, 80), und in Cypern mit mykenischen
Vasen in demselben Grabe beobachtet wurden (vgl. a. a. O.
S. 25).
Gefunden in einer kleinen Grabkammer an der
Nordseite der Akropolis von Kamiros, darin aufserdem
vier Bronzeringe, eine grofse Bronzenadel und mehrere
sog. Wirtel aus Stein sich fanden.
Inv. 2988. H. 0,08; gr. Dm. 0,18. Kernos, drei
verbundene kleine Näpfe. Ob ein Henkel in der Mitte war,
läfst sich nicht sagen, da hier ein Stück fehlt; doch ist
es nicht wahrscheinlich. Gelblicher Thon. Mit der Hand
gearbeitet. Mit matter brauner Firnifsfarbe sind unten
herum horizontale Streifen, auf den eingezogenen oberen
Theil verticale Zickzacklinien gemalt. — Gefunden in
Tzitzo, da wo die mykenischen Vasen herstammen und
diesen gewifs gleichzeitig.
Inv. 3006. H. 0,25. Beistehend abgebildet. Drei-
füfsiges Gefäfs mit Bügelhenkel; in der Form fast genau
übereinstimmend mit einer Vase mykenischer Fabrikation
aus Ialysos (Furtwängler und Löschcke, Myken. Vasen
Taf. VII, 38). Die Technik ist aber eine andere; die-
selbe erinnert zumeist an die mykenische Gattung der
Mattmalerei auf rotem Thon, gehört jedoch nicht direct
zu ihr. Der Thon ist dunkelrot und nicht fein. Die
Malerei ist' mit matter violettschwarzer Farbe aufgetragen.
Mit Anwendung der Scheibe gearbeitet.
Inv. 3007. H. 0,23. Dreifufs derselben Form
wie der vorige; nur fehlen die Rillen auf den Füfsen, die
glatt sind. Unbemalt. Der ziemlich grobe rote Thon ist
mit einer feineren geglätteten Schicht von gleicher Farbe
überzogen. Arbeit auf der Scheibe.
Griechisch-geometrische Vasen.
Die Gefäfse dieser Gattung stammen, soweit ihr Fundort bekannt, alle aus
der Gegend von Kamiros. Sie fanden sich, soviel ich weifs, niemals mit Vasen der
mykenischen oder etwa der altrhodischen oder korinthischen Gattung zusammen.
In einer Grabkammer an der Südseite des Akropolis von Kamiros
fanden sich:
a) Inv. 2940. H. 0,48. Auf S. 135 abgebildet. Grofse Kanne der Gattung
der Dipylon- Vasen. Eine besondere Merkwürdigkeit bildet der Henkel von
durchbrochener Arbeit, der eine zwischen zwei Rundstäben sich empor-
Kurtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
135
ringelnde Schlange darstellt4. Der Kopf
derselben liegt oben auf dem Rande
der Kanne; ihr Rücken ist gefleckt.
Unter der Mündung der Kanne drei
flache Rillen. Die reiche Bemalung, die
aufser linearen Ornamenten aus einem
Friese von Wasservögeln besteht, ist
sehr verblafst.
b) Inv. 3049. H. 0,07. Vorstehend abge-
bildet. Kleines Kännchen ohne Abplat-
tung unten. Auf der Scheibe gearbeitet;
feiner gelblicher schön geglätteter
Thon. Ohne Bemalung. Um die Schul-
ter ein eingeritzter Ornamentstreif:
Dreiecke, mit Punkten gefüllt.
c) In derselben Grabkammer lagen Glas-
perlen von einem Halsband und Frag-
mente von Bronzeschmuck.
Nicht genauer bekannt ist der Fundort von
Inv. 2941. H. 0,345. Beistehend ab-
gebildet. Grofser Krater mit Henkeln, die
je aus 'einem verticalen flachen und einem
horizontalen runden Henkel zusammengesetzt
sind. Die Form der ganzen Vase und na-
mentlich der Henkel ist eine Vorstufe zu
den sog. Colonnettenvasen. Das Gefäfs ist
innen und aufsen mit braunschwarzem Firnifs
bedeckt, mit Ausnahme von einigen ausgespar-
ten Streifen im unteren und einem breiten
Felde auf dem oberen Teile des Bauches
aufsen. Die Bemalung des letzterem ist auf
beiden Seiten dieselbe. Dreimal ist ein Kreuz
gebildet ganz von der Form wie das von 2948;
es wird von concentrischen Kreisen umgeben.
Dazwischen erscheinen zwei Ornamente, denen
offenbar das Bild des Palmbaums zu Grunde
liegt. Es ist interessant dieses bedeutsame
vegetabilische Motiv in der sonst »geometri-
schen« Decoration zu finden. Ich kenne nur
2941.
'/•
4) Eine andere Kanne mit gleichem Henkel ward bei Siana gefunden und kam in's British Museum.
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. jq
136
Furtwängler , Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
noch ein Gefäfs mit demselben Ornament; es stammt aus Kamiros und befindet sich
im Louvre. Es ist ein Napf mit hohen Henkeln (ähnlich Berl. Cat. Fig. 93, nur ohne
den Fufs) von ganz demselben Stil wie unser Krater.
In einem kleinen Grabe zu Vizikia bei Kamiros wurden folgende Vasen
zusammen gefunden:
a) Inv. 2964. H. 0,165. Nachstehend abg. Schlanke Büchse mit zwei empor-
stehenden Henkeln. Der Deckel fehlt. Mit mattem braunschwarzem Firnifs
bedeckt, bis auf einige Ringe um den Bauch und einen breiteren Streif auf
der Schulter, auf dem gegitterte Quadrate zwischen verticalen Strichen.
b) Inv. 2982. H. 0,17. Etwas plumpe Kanne mit kleeblattförmigem Ausgufs.
Gefirnifst bis auf einen Streif um die Schulter, auf dem eine dreifache Zick-
zacklinie gemalt ist.
2964. 1/4
2990.
2996. Yj
c) Inv. 2990. H. 0,17. Etwas elegantere Kanne mit engem Hals und kleeblatt-
förmigem Ausgufs, vorstehend abgebildet. Gefirnifst bis auf mehrere Streifen
um den Bauch und drei mit Zickzack gefüllte Streifen auf der Schulter.
d) Inv. 2995. H. 0,07. Kleines Kännchen mit einfach runder Mündung. Auf
der Schulter Zickzackmotive; sonst gefirnifst.
e) Inv. 3050. H. 0,105. Bauchige kleine Kanne mit einfach runder Mündung.
Auf der Schulter Dreiecke, mit Parallellinien gefüllt; sonst gefirnifst.
Aufserdem fand sich in diesem Grabe noch ein zur Vase gestalteter Vogel
mit linearer Verzierung (im Cataloge bei lot 559; das Stück soll für das Museum
von Carlsruhe erworben sein).
In einem Grabe an der Nordseite der Akropolis von Kamiros, dessen oberer
Teil weggeschwemmt war, fand sich nichts als
Inv. 3001. H. 0,09. Kleines Kännchen mit enger cylindrischer Mündung.
Ohne besonderen Fufs, nur unten abgeplattete Streifen und einfaches lineares Orna-
ment um den oberen Teil; sonst gefirnifst.
In einem Grabe an der Südwestseite der Akropolis von Kamiros be-
fanden sich
a) zwei einhenklige Schalen, »red, common«-,
b) ein kleiner Frosch aus sog. ägyptischem Porzellane,
(a. und b. sind nicht im Berl. Museum)
c) Inv. 2996. H. 0,095. Vorstehend abgeb. Einhenkliges Kännchen mit runder
Mündung und einer spitzen 2 Cm. langen Dülle an einer Seite des Bauches.
Gefirnifst bis auf die Schulter, auf der concentrische Halbkreise.
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
137
Aus einem Grabe an der Südwestseite von Kamiros stammt:
Inv. 3035. H. 0,04. Dm. 0,08. Kleine Schale, flach; war ganz gefirnifst.
Nach Technik und Form hierher gehörig.
Nicht genauer bekannt ist der Fundort folgender zu ganz derselben Gattung
wie die vorigen gehöriger Vasen:
Inv. 2980. H. 0,31. Nachstehend abgeb. Amphora; die Mündung abge-
brochen. Breite Henkel. Hoher Hals. Gefirnifst. Ausgespart sind einige Ringe
um den Bauch und je ein Feld auf der Schulter mit Decoration von Dreiecken.
Inv. 3009. H. 0,17. Bauchiges zweihenkliges Gefäfs mit weiter Mündung.
Mehrfach ergänzt. Um den Bauch ein Streif mit gegitterten Dreiecken. Sonst
gefirnifst.
Inv. 2992. H. 0,185. Gefäfs wie das vorige. Nachstehend abgebildet. Der
eine Henkel fehlt und ist in der Zeichnung ergänzt.
Inv. 2989. H. 0,18. Kanne mit engem Hals und kleeblattförmiger Mündung.
Auf dem Henkel Querstriche; um den Bauch einige ausgesparte Ringe; sonst ge-
firnifst. Der Firnifs hat metallischen Glanz.
2980. V6
2949. >/4
Einer anderen Fabrik geometrisch verzierter Gefäfse gehört folgende Vase an:
Inv. 2949. H. 0,21. Vorstehend abgebildet. Kanne von eleganter Form;
sehr dünn und leicht gearbeitet. Hellgelblicher Thon. Die Firnifsfarbe ist sehr
matt, von fast violet-braunem Tone. Nur die Gegend um Fufs und Mündung
ist ganz gefirnifst. Decoration von concentrischen Kreisen.
Gattung der sog. altrhodischen Vasen.
Kanne.
Inv. 2930. H. 0,39. Nur ein unbedeutendes Stück der Mündung ist ergänzt;
sonst vollkommen erhalten und sogar ungebrochen.
Prachtstück. Form wie Berl. Cat. Form 15, doch sind Hals und Bauch etwas
schlanker. Der Henkel ist viertheilig. Hellrötlicher Thon mit mattem grünlich-
gelbem Überzug. Die Firnifsfarbe ist matt braunschwarz und vielfach etwas ver-
blafst. An einigen Stellen dunkelrotes Detail aufgesetzt; Gravierung nirgends ange-
wandt. Von der überreichen Decoration wird bei anderer Gelegenheit eine Abbildung
gegeben werden. Das Wesentliche ist folgendes: um den Hals Flechtband. Um die
10*
j -iß Kurtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen iu Berlin 1885.
Schulter ein breiter Bildstreif; in der Mitte ein grofses Kreuz aus vier verbundenen
Palmetten; links davon ein Löwe, rechts ein Stier, beide einander zugewandt und
ruhig schreitend. Um die Stelle des gröfsten Umfangs des Bauches: umlaufender
Friesstreif, Hunde die Hasen jagen. Darunter ein Streif mit Lotosblüten und Knospen.
Besonders ergiebige Ausgrabungen hatte Hr. Biliotti bei dem Dorfe Siana,
namentlich an dem Kimissala genannten Hügel veranstaltet. Man hat vermutet,
dafs hier die Nekropole der Stadt Kretenia lag5. F. von Luschan, der selbst bei
Siana einige Gräber geöffnet hat, teilt mir gütigst mit, dafs dieselben in Gestalt
unregelmäfsiger kleiner Höhlen direct in die ansteigende Hügelwand gehauen zu
sein pflegen; die Öffnung war durch einen Stein verschlossen und Erde darüber
geworfen, so dafs man von aufsen das Grab nicht sah.
In einer kleinen Grabkammer bei Siana ward mit einer schwarzen Schale
zusammen (die nicht zu identificiren ist) die folgende Kanne gefunden :
Inv. 2973. H. 0,39. Beistehend abge-
bildet. Gelber Überzug über dem rötlichen
Thon. Einzelnes ist mit Rot aufgesetzt: diese
Teile sind auf der Abbildung durch kreuzweise
Schraffierung bezeichnet. In der Mitte der
Schulter eine grofse Lotosblüte mit reicher
linearer Füllung; zu beiden Seiten um den Raum
passend zu füllen, ein Hirsch der in die Vor-
derbeine gefallen ist. Um den Bauch um-
laufender Streif von drei Steinböcken die mit
gesenktem Kopfe weiden und einem gleichen
Tiere das ruhig schreitet; seine Hörner greifen
über den oberen Rand des Frieses über, doch
an der Stelle neben dem Henkel, wo die Schulter
leer und einfach gefirnifst ist. Unten Lotos-
knospen und Blüten.
In der Nekropole an der Westseite der
Akropolis von Kamiros wurde gefunden »in
removing the earth« :
Inv. 2945. H. 0,33. Kanne derselben
Form wie die vorige, nur bauchiger. Gelblich-
weifser Überzug über dem rötlichen Thon.
Flüchtige Arbeit. — Um den Hals Flechtband.
Auf der Schulter ein mit den Vorderbeinen
schreitend, mit den Hinterbeinen sitzend gebil-
deter Löwe nach r.; dann ein laufender Stein-
2973. */, bock nach r. und endlich ein nach 1. laufender
grofser Hund. Füllung durch die in dieser
Gattung üblichen Ornamente. Die Zusammenstellung der drei Tiere ist recht
willkürlich und sinnlos; der Hund stammt natürlich aus dem Schema der Hasenjagd.
— Unten grofse Lotosblüten und Knospen wie bei dem vorigen Stück.
In einem Grabe bei Siana ward gefunden (1882):
a) Inv. 2935. H. 0,37. Kanne wie die beiden vorigen. Hellgelblicher Überzug
über dem rötlichen Thon. Ziemlich sorgfältige Arbeit. — Am Halse Mä-
ander. Auf der Schulter in der Mitte ein Greif nach 1., auf den Vorder-
beinen liegend während die Hinterbeine schreiten; diese Figur ist abgebildet
in meinem Artikel »Gryps« in Roscher's Lexicon der Mythologie. Links ein
5) Cecil Torr, Rhodes in ancient times, 1885, p. 4.
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
139
nach r. schreitender Hirsch mit gesenktem Kopf; die hellen Flecken seines
Felles sind ausgespart. Rechts ein Steinbock nach r., im Begriffe mit den
Vorderbeinen in die Kniee zu sinken.' — Unten grofse Strahlen.
Mit dieser Kanne fanden sich nach Biliotti's Angabe
b) einige korinthische Aryballen und einige gewöhnliche, nicht näher bezeichnete
Vasen, wahrscheinlich der localen Fabrik von der unten (S. 149, 7) die Rede ist.
c) ein sog. Spinnwirtel.
Genauere Fundangabe fehlt über
Inv. 2947. H. 0,21. Kleinere bauchige Kanne von geringer flüchtiger Arbeit.
Graugelblicher Thon ohne Überzug; sehr matte braune Firnifsfarbe, die an grofsen
Teilen der Vase ganz abgerieben ist. Einfacher Henkel. — Um den Hals Mäander.
Auf der Schulter in der Mitte eine grofse Lotosblüte mit fünf Blattspitzen; die
Zwischenräume derselben sind durch Punkte gefüllt. Rechts ein laufender Hund
nach 1., das entsprechende Tier der anderen Seite ist bis auf einen Rest des Hinter-
beins zerstört. Raumfüllung durch enggereihte kurze parallele Striche. Der Bauch
gefirnifst bis auf den unteren Teil, den nur einige Streifen zieren.
Ebenfalls nicht genauer bekannt ist der Fundort einer Kanne welche in
Technik und Stil Neuerungen zeigt und ans Ende dieser Gruppe gehört:
Inv. 2939. H. 0,39. Nachstehend abgebildet (auch im Journ. of hell. stud. VI
p. 186). Die Form ist viel schlanker und eleganter als bei den vorigen. Gelblich-
weifser Überzug über dem rötlichen Thon. Auf der Schulter Löwe und Steinbock
gegenüber. Das in der Abbildung Schraffierte ist rot aufgesetzt. An beiden Tieren
ist, was bei den vorigen Kannen nicht der Fall war, Gravierung angewandt und sind
die Köpfe entgegen dem älteren Brauch vollgemalt. Vom Henkel geht nach beiden
Seiten ein Volutenornament mit Palmettenblättern aus, das bei den älteren Gefäfsen
2939- 7s
140
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
niemals vorkommt. Der Mäanderstreif um den Bauch ist umgeben von zwei roten
Streifen, von denen jeder wieder von zwei weifsen Linien umsäumt wird. Darunter
Fries von vier laufenden Steinböcken mit umgedrehten Köpfen. Hier fehlt die Gra-
vierung und die Köpfe sind in der alten Weise gebildet.
Eine wesentlich verschiedene Form der Kanne zeigt
Inv. 2931. H. 0,26. Abgebildet Seite 139. Von dem Henkel ist nichts
erhalten; auch die Ansatzstellen fehlen. Ich habe ihn ergänzen lassen nach Mafs-
gabe ähnlicher Gefäfse. Gelblicher Überzug; die glänzende Firnifsfarbe ist teil-
weise rot verbrannt; an vielen Stellen ist sie ganz abgerieben. Der Bildstreif zeigt
ein grofses laufendes Thier nach r., nach dem Geschlechtsteil zu urteilen kein
Löwe, wol ein Hund. Rechts von ihm ein ruhig weidender Steinbock. Nach häu-
figem Gebrauche in dieser Vasengattung ist von den Tieren immer nur ein Vorder-
und Hinterbein dargestellt; bei Tieren, die im Galopp laufend gebildet wurden, war
dies nicht unberechtigt, da sich dabei die Beine im Profil gesehen decken, aber
sehr unpassender Weise ist diese Manier hier auch auf die ruhige Gestalt des Stein-
bocks übertragen.
Amphora.
Erste Gruppe.
Technik, Stil, Ornamentierung wie bei den eben auf-
geführten Kannen.
Aus einer Grabkammer bei Siana, in wel-
cher sich nachBiliotti's kurzer Angabe ein zerbroche-
ner Terracottasarcophag, an dessen einer Ecke ein
Hundskopf (? war es ein Löwenkopf? wol plastisch
vorspringend) erhalten war und ferner eine Schale
und zwei gestreifte Aryballen fanden, stammt
Inv. 2944. H. 0,25. Beistehend abgeb.
Gelblicher Überzug über dem rötlichen Thon. Gut
erhalten. Die Henkel zweiteilig; an ihrem unteren
Ansätze je drei Strahlen. Auf der Schulter jeder-
seits ein Steinbock, der, um den Raum zu füllen,
mit dem Vorderkörper zur Erde herabgebogen ist
und den Kopf umdreht; er ist gleichwol im Laufe
gedacht und nur je ein Fufs angegeben. Die
beiden Seiten entsprechen sich vollkommen. Die
auf unserer Abbildung mit dicker Schraffierung
gegebenen Linien um den Bauch sind rot, die
sie umgebenden schmaleren sind weifs.
Aus einem Grabe bei Siana stammt ferner:
Inv. 2956. H. 0,09. Beistehend abgeb.
Graugelblicher Überzug. Auf der Schulter einer-
seits ein nach r. laufender Hund, andererseits ein
Hase in eiliger Flucht.
In demselben Grabe befand sich: eine
Kanne »red common«, also wol von der localen
Fabrik, die unten S. 149,7 besprochen ist, und
ein »saucer«.
Zweite Gruppe.
Entwickeltere Form, die in allem wesentlichen den
attischen Amphoren entspricht, die in meinem Berliner Cata-
loge No. i84lff. aufgezählt sind. Einführung neuer Ornamente
wie Blattzweig, Voluten mit Palmettenblattfüllung, Knospenband
2956. '/2 u. a. Henkel dreiteilig.
Furtwänglcr, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
141
In einem Grabe bei Siana fand sich mit zwei Schalen und einer »Olpe mit
roter Linie in der Mitte«:
Inv. 2943. H. 0,29. Beistehend abgeb.
Gelblicher Überzug; die braune Firnifsfarbe teilweise
rot verbrannt. Die Decoration beider Seiten ist
ganz gleich. Auf der Schulter jederseits ein Fries
von Gänsen im Gänsemarsch nach rechts (einmal
sind es 7, das andere Mal 8), ein Motiv, das an
die gebmetrischen Vasen erinnert; doch die Form
der Vase und ihre übrige Decoration weisen sie
vollständig zu dieser Gruppe.
2943- Vs
Ein anderes Grab bei Siana ist schon da-
durch merkwürdig, dafs es aus einem zerbrochenen
grofsen Pithos bestand ; es enthielt: einen »Kothon«,
eine schwarze Schale, ein Terracotta-»Spinnwirtel«
und eine weibliche Maske von Terracotta (wie die
bei Salzmann Cam. pl. 12. 13 und unten S. 154);
endlich
Inv. 2975. H. 0,27. Amphora, Form wie
2943. Einiges ergänzt. Der blafsrötliche Thon
entbehrt des Überzugs, ist jedoch geglättet. Die
braune Firnifsfarbe mehrfach rot verbrannt. Flüch-
tige Arbeit. — Auf der Mündung dieselben Striche
wie an der vorigen Amphora. Auf dem Halse
einerseits Flechtornament, andererseits Lotos-
blüten und Knospen des rhodischen Stiles, ohne
Verbindung untereinander. Am Schulteransatz
verschlungener Fries von flüchtig gemalten Granat-
äpfeln (?) nach unten, wie an der völlig gleich-
artigen Vase aus Kamiros bei Longperier, Mus.
Napol. 59, 1. Unter den Henkeln das beistehende
Ornament. Im Übrigen ist der Bauch der Vase
völlig unbemalt und thongrundig. Nur in der
Mitte ist jederseits ein Tier aufgemalt: A. ein
Steinbock nach r., der, obwol hier keinerlei räum-
liche Nötigung vorlag, die Vorderbeine in die
Kniee beugt. B. ein grofser Vogel mit gehobenem
Flügel. — Die Figuren sind ohne alle Gravierung
voll aufgemalt und keine andere Farbe aufgesetzt;
nur um das Auge ein thongrundiger Rand; auch
am oberen Teile des Flügels ein thongrundiger Streif,
setzen zu können.
"icht genauer bekannt ist der Fundort von
Inv. 301 1. H. 0,29. Amphora wie die beiden vorigen. Stark ergänzt und
das Erhaltene sehr abgerieben. Hatte gelblichen Überzug. — Mündung mit verti-
calen Strichen. Auf dem Halse Mäander. An der Schulter grofses Lotosknospen-
band nach unten, ganz wie an den attischen schwarzfigurigen Vasen. Um den
Bauch Voluten mit Palmettenblattfüllung, sowie an der durchaus gleichartigen Am-
phora bei Salzmann Cam. pl. 46. 47; das Ornament ist hier nur etwas gedrängter
und reicher. Unten war ein jetzt fast ganz zerstörter Streif von Lotosblüten und
Knospen des »rhodischen« Stils. — Hie und da ist Rot aufgesetzt.
2975- Vs
um hier einige Punkte auf-
142
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
Dritte Gruppe.
Sehr schlanke kleine Amphoren, deren Bauch mit einfachen Ornamenten, welche anscheinend
die Muster von Gewandstoffen nachahmen, überzogen ist. Die übrige Decoration und die Technik stimmt
mit der vorigen Gruppe überein.
Ein Exemplar dieser Gruppe im Berl. Cat. 3979. Gefäfse dieser Art wurden bei den früheren
Grabungen Biliotti's besonders in der Nekropole von Fikellura bei Kamiros gefunden.
Ohne nähere Fundangabe sind:
Inv. 3005. H. 0,24. Nachstehend abgeb. Ein weniger schlankes schwereres,
vielleicht älteres Exemplar. Gelblicher Überzug. Beide Seiten ganz gleich.
3005.
Ve 3000. i/6 298 t. >/4
Inv. 3000. H. 0,295. Viel schlanker. Zweiteiliger Henkel. Vorstehend
abgeb. Auf dem Halse Mäander, an der Schulter je drei Rosetten. Der Bauch
ist mit kleinen, in schrägen Linien angeordneten Punktrosetten bedeckt. Unten das
Ornament wie an dem vorigen Exemplar; statt der Strahlen aber nur Striche.
Lekythos.
Inv. 2981. H. 0,16. Fundort nicht näher bekannt. Vorstehend abgeb.
Hellrötlicher Thon, geglättet, ohne Überzug. Die Decoration ist aus der Abbildung
ersichtlich. Neben dem Henkel jederseits ein Stengel mit spitzem (Epheu-) Blatt
derart, wie auf attischen schwarzfigurigen Vasen; die übrigen Ornamente gehören
dagegen dem strengen altrhodischen Stil an.
Schüssel und Teller.
Inv. 3010. H. 0,135. Dm. 0,28. Fundumstände unbekannt. Einiges ergänzt.
Flache Schüssel auf hohem Fufse der Art wie Berl. Cat. 297 — 299 (Form 96). Hatte
gelblichen Überzug (sehr abgerieben). In der Mitte Rosette, ringsum Mäander, dann
ein breiter Streif Lotosknospen und -Blüten des rhodischen Stiles, ohne Verbindung
unter einander.
Inv. .2957. H. 0,105. Dm- °>22. Gleiche Form. Der hellrötliche Thon
entbehrt des Überzuges, die Oberfläche matt ohne feinere Glättung, die matte Firnifs-
farbe ist durchweg rot gebrannt. — Um den Mittelpunkt sind Lotosblüten und
-Knospen des rhodischen Stiles angeordnet. Am Rande einfacher Mäander. Auf
den diesen von den Lotosblüten trennenden Firnifsstreif ist eine von zwei weifsen
gesäumte rote Linie aufgesetzt.
Inv. 2958. H. 0,045. Dm. °>23- Von Siana. Flach vertiefter Teller mit
horizontalem Rande. Auf der Oberseite dünner gelblicher Überzug, der auf der
Unterseite fehlt. In der Mitte ein Stern, ringsum verbundene Lotosknospen und
-Blüten. Auf dem Rande, in dem sich zwei Löcher zum Aufhängen befinden, Mäander.
Furtwängler, Erworbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
H3
Aus einem Grabe bei Siana stammt auch
Inv. 2959. H. 0,025. Dm. 0,24. Ganz flacher Teller. Roter Thon; ohne
Überzug; nicht fein. Nur flüchtig gemalte radiale Striche und Mäandermotive.
Zwei Löcher im Rande.
In demselben Grabe fand sich eine Amphora der unten S. 149, 7 bezeichneten
localen Art, von rotem Thon, mit schwarzen Streifen.
Gattung schiuarzgefirnifster Gcfäfse mit eingeritzter und rot aufgemalter Decoration.
Inv. 2977. H. 0,25. Amphora, Berl. Cat. Form 20. Aus Siana. Heller
gelbrötlicher Thon. Mit braunschwarzem Firnifs bedeckt bis auf je zwei schmale
Streifen unten beim Fufs und an der Stelle des gröfsten Umfangs. Auf der Schulter
ist jederseits eine nach unten gewandte Palmette eingeritzt, deren Blätter je
eines um das andere dunkelrot bemalt sind. Weiter unten auf dem Bauche sind
in gleicher Weise jederseits eine Palmette und unter den Henkeln je eine Lotos-
blüte (mit Palmettenblattfüllung), beides nach unten gerichtet, angebracht. — Eine
Amphora gleicher Art ist im Berl. Cat. 1648 beschrieben.
Inv. 2960.
H. 0,09. Dm. 0,155.
Schale, in Form
und Technik wie die
bei Salzmann Cam.
pl.33. Überaus dünn
und leicht. Bis auf
ein schmales Streif-
chen an der Innen-
seite des Randes der
Schale ist innen- und
Aufsenseite dersel-
ben ganz gefirnifst,
und zwar mit braun-
schwarzem, teilweis
rot verbrannten Fir-
nifs von schwachem
Glanz. Die Orna-
mente sind alle ein-
geritzt und teilweise
mit dunkelroter Farbe ge
füllt, was auf der beiste
henden Aufsenansicht
durch Schraffierung ange-
deutet ist. Auf dem Rande
Zickzack wie an der Schale
bei Salzmann; auf dem
Streif zwischen beiden Hen-
keln Flechtband , während
bei der Salzmann'schen an
diesem Stück der Thon-
grund ausgespart und mit
einem aus dem geometri-
schen Stil entlehnten Orna-
mente bemalt ist. Unten
wechseln Lotosblüten und
-Knospen des »rhodischen«
Stiles ab. Über dem Fufse 2960^. '/^
144 Furtwängler , Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
Stabornament. Die Innenansicht vorstehend unter b; schraffiert ist hier wiederum das
rot Aufgemalte, während die nur gefirnifsten Teile in dieser Zeichnung weifs gelassen
sind. Um eine strenge Rosette, welche die Mitte einnimmt, sind in Kreuzesform
vier Palmetten angeordnet, zwischen welche je ein anderes kleineres Ornament ein-
geschoben ist.
Altkorinthische Gattung.
Die meisten Gefäfse dieser Art stammen aus den Ausgrabungen bei Siana.
Besonders reich war ein im Tagebuch von 1880 mit K 10 bezeichnetes Grab, das
nicht weniger als 79 korinthische Aryballen enthielt; eine Anzahl derselben ist in
unser Museum gekommen. Dasselbe Grab enthielt aufserdem, dem Tagebuch zufolge,
einen »Kothon«, eine kleine korinthische Amphora, zwei kleine Glasnaschen, schwarz
und weifs gestreift, eine aus Fayence mit Glasurfarben bemalte, in der Art wie
die bei Longperier mus. Napol. pl. 50. 51; ferner eine Kanne der altrhodischen
Gattung mit zwei Rehen, mehrere figürliche Salbgefäfse (eine Sphinx ohne Flügel,
Widderkopf, weibliche Büste, in der Art wie Berl. Cat. 1301 ff.), einen grofsen alt-
rhodischen Teller, Objecte aus sog. ägyptischem Porzellan, wie Vögel, 12 Scara-
bäen u. a.
Schlauchförmiges Alabastron (Berl. Cat. Form. 109).
Zur Gruppe 2, b i?n Berl. Cat. S. IIJ No. wog ff.
Iny. 3081. L. 0,09. Aus dem grofsen Grabe K 10. Löwe und Schwan.
Inv. 3055. L. 0,085. Ohne Fundangabe. Greifenkopf auf Adlerkörper;
aufgebogene Flügel.
Kugelförmiger Aryballos (Berl. Cat. Form. 108).
Zur 1. Gruppe im Berl. Cat. S. uj No. lOjfff Mit dem Vierblattornament.
Inv. 3065. H. 0,065. Gewöhnliches Exemplar. Aus einer grofsen Grab-
kammer bei Siana (K 38, Ausgrabung von 1880), die 22 Aryballen enthielt, und
aufserdem einen Teller mit Chimära (gewifs altrhodisch), figürliche Salbgefäfse in
Form von Stierkopf, Widderkopf, Schaf und Affe (vgl. Berl. Cat. 1313 fr.), die
unten S. 149 genannte Kanne localer Gattung No. 2976, und endlich ein Glas-
fläschchen.
Inv. 3046. H. 0,08. Gutes Exemplar.
Inv. 3061. H. 0,09. Aus dem grofsen Grab K 10. Die Füllung ist oben
und unten als flüchtige Lotosblüte, zu den Seiten als Palmettenblätter gestaltet.
Radförmige Ornamente dienen zur Füllung.
Inv. 3045. H. 0,08. Das Vierblatt ist verschwunden und statt dessen sieht
man ein Kreuz von zwei strengen Palmetten auf Voluten (oben und unten) und zwei
Lotosblüten mit Palmettenblattfüllung (r. und 1.). Streifchen mit weifsen Punkten
sind am Ornament verwendet, um verschiedene Teile zu trennen. Sorgfältige Aus-
führung. Vgl. Berl. Cat. 1049.
Zur 2. Gruppe im Berl. Cat. S. irj No. 1050 ff.
Inv. 3060. H. 0,08. Aus dem grofsen Grab K 10.
Zur 3. Gruppe im Berl. Cat. S. 117 No. ioß^ff.
Inv. 3070. H. 0,06. Aus dem grofsen Grab K 10. — Wie Berl. Cat. 1054.
Sechs Krieger marschieren nach r. ; Schilde halb rot, halb schwarz.
Inv. 3047. H. 0,065. Aus demselben Grabe. — Sechs Krieger nach r.,
sehr roh; ohne alle Gravierung; die Schilde nur umrändert und thongrundig gelassen,
in der Mitte derselben ein flüchtiges Kreuz.
Inv. 3073. H. 0,075. Aus demselben Grabe. — Sechs Krieger nach r.;
die Schilde rot mit weifsgetupftem Rand.
tanzenc
Inv. 307 1. H. 0,07.
len Männern, in der
tonen.
Rosettenfüllung.
füllung
Inv. 3069. H. 0,05.
Inv. 3062. H. 0,06.
Adler.
Inv. 3064. H. 0,06.
Inv. 3066. H. 0,051
Kurtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885. 14c
Ein Stück fehlt. Zwei Paare von sich gegenüber
bekannten kauernden Stellung, mit kurzen roten Chi-
Drei tanzende Männer. Rosettenfüllung.
Die Mündung fehlt. Vier tanzende Männer. Rosetten-
Aus dem grofsen Grabe K 10. Zwei Panther und ein
;. Aus demselben Grabe. Vogel mit weiblichem Kopf
und weit ausgebreiteten Flügeln.
Zu Gruppe 4,0 im Berl. Cat. S. 120 No. iojyff.
Inv. 3072. H. 0,06. Aus dem grofsen Grabe K 38. — Sehr flüchtige rohe
Malerei: ein Mann auf einem Thron nach r. und ein Krieger nach 1.; hinten eine
Rosette.
Inv. 3078. H. 0,055. Gefunden in einer Grabkammer an der Westseite
der Burg von Kamiros. — Vogel mit ausgebreiteten Flügeln und bärtigem mensch-
lichen Kopf. Sehr flüchtig.
Zur 5. Gruppe im Berl. Cat. S. 125 No. 1086 ff.
Inv. 3044. H. 0,08. Gefunden in einer Grabkammer an der Westseite der
Akropolis von Kamiros, zusammen mit einem anderen Aryballos und mit 184 Bronze-
münzen aus der Zeit um 300 v. Chr.0, eine Baarschaft, die also erst lange nach
Anlegung des Grabes in demselben geborgen wurde. — Die ganze Vase gefirnifst,
darauf sind verticale Streifen geritzt, von denen einige mit Rot gefüllt sind.
Inv. 3079. H. 0,055. An der Westseite von Kamiros in einem Grabe mit
einem grofsen Aryballos gefunden, der einen Adler zeigte; in demselben Grabe war
ferner eine Terracottastatuette, eine sitzende Göttin. — Wie die vorige Vase, doch
wechseln mit den roten und schwarzen auch weifse Streifen.
Sechste Gruppe. Ganz schwarz gefirnifst; nur um die Mitte des Bauches
ein roter Streif, von schmalen weifsen Linien oder Punktreihen umgeben. Die hori-
zontale Mündungsfläche dunkelrot.
Inv. 3074. H. 0,06. Aus dem grofsen Grabe von Siana K 10.
Inv. 3075. H. 0,07. Aus dem grofsen Grabe von Siana K 38.
Inv. 3076. H. 0,05.
Siebente Gruppe. Mündung und obere Hälfte des Bauches sind schwarz
gefirnifst, die untere Hälfte zeigt einen weifsen Überzug über den rötlichen Thon.
Inv. 3056 und 3057. H. 0,065. Beide aus dem grofsen Grabe K 10 bei
Siana.
Aryballos mit niederem Fufs.
Inv. 2955. H. 0,135. Aus einer Grabkammer bei Siana. Umstehend
abgebildet. Vorn in der Mitte zwischen zwei Panthern, deren langgestreckte Leiber
zusammen mit den Rosetten den ganzen übrigen Raum füllen, eine nach r. schrei-
tende Figur in langem Gewand, die eben einen Pfeil auf den Bogen zu legen im
Begriffe ist; die Sehne des Bogens ist braunrot (in der Abbildung zu schraffieren
vergessen); die sonstigen rot gemalten Teile sind in der Abbildung schraffiert. Die
Tracht zeigt, dafs es eine Frau ist; im korinthischen Stil ist die rote Bemalung des
Fleisches bei weiblichen Wesen nicht auffallend. Es ist offenbar Artemis. Eine
neue Erwerbung des Antiquariums aus diesem Jahre (1886), eine Bronzefigur
archaischen Stiles aus Thesprotien zeigt Artemis ebenso in langem Gewände
schreitend, indem sie ebenso den Bogen in der halbgesenkt vorgestreckten Hand hält.
6) Lot 617 in dem Auctions-Catalog.
146
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
Vgl. zur Art wie der Bogen ge-
halten wird auch die protokorinthi-
sche Lekythos Arch. Ztg. 1883
Taf. 10, 2 und das alte Bronzerelief
Annali deW Inst. 1880 tav. H.
Inv. 3041. H. 0,13. Aus
der grofsen Grabkammer K 38
bei Siana. — Vorn grofses Orna-
ment aus Palmette (oben) und
Lotosblüte (unten); zu beiden
Seiten je ein Panther. Rosetten-
füllung.
Inv. 3043. H. 0,13. Aus
demselben Grabe. Gleiche Dar-
stellung wie auf der vorigen Vase.
Mehrfach beschädigt.
Inv.3040. H.0,12. Sphinx
nach r. zwischen zwei Panthern.
Inv. 3042. H.0,12. Aus
einem Grabe bei Siana mit einer
»verzierten« Kanne und einer
Schale gefunden. — Schwan in
der Mitte, rechts Greifenkopf auf
Adlerkörper; aufgebogene Flügel;
links weiblicher Kopf auf Vogel-
körper (aufgebogene Flügel).
Ringförmiger Aryballos
(Berl. Cat. Form. no).
Inv. 3054. Dm. 0,065. Aus einem Grabe bei Siana, das auch Vasen der
unten S. 149, 7 besprochenen localen Gattung von rotem Thon mit schwarzen Streifen
enthielt. — Zwei Reiter nach 1.; die langgestreckten Pferdekörper füllen den ganzen
Raum. Vgl. Berl. Cat. 1095 ff-
Locale Gattungen alter Zeit.
1. Nachahmungen von protokorinthischen Lekythen
(Berl. Cat. Form 102).
Inv. 3052. H. 0,10. Beistehend abgeb. Matter, gelbröt-
licher Thon, braunschwarze Firnifsfarbe. Viel geringere Technik
als die der ächten protokorinthischen. Das Ornament an der
Schulter, die Zacke mit umgebogener Spitze ist in der proto-
korinthischen Gattung nicht selten (vgl. Arch. Ztg. 1882
Sp. 206 und das Akroterion vom Heraion, Ausgr. v. Olymp. V,
Taf. 34).
Inv. 3051. H.0,12. In einem Grabe bei Siana mit
anderen einfachen Vasen, einer Bronzestriegel und einem Spinn-
wirtel gefunden. — Auf S. 147 abgebildet. Reihe von Schwä-
nen mit gehobenen Flügeln wie schwimmend , die Füfse nicht
sichtbar. In der Technik mit dem vorigen Stück überein-
stimmend.
3052- i/j
Furtwängler , Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
H7
3053- 7s
Inv. 3053. H. 0,105. Aus einem Grabe bei Siana. Vorstehend abgeb.
Rötlicher Thon, sehr matte braune Firnifsfarbe. Roh gemalter Schwan mit Gra-
vierung. Hinten 2 Rosetten. Überaus ungeschickte Zeichnung. Die flüchtigen
Rosetten in der korinthischen Art. Eigentümliche Probe schlechter localer Nach-
ahmung, die etwa auf einer Stufe steht mit den geringeren etruskischen Producten.
2. Nachahmungen von korinthischen kugelförmigen Aryballen.
Dieselben sind alle nicht ganz kugelig, sondern unten abgeflacht, so dafs
sie fest stehen ; im Centrum unten eine kleine Vertiefung. Der Thon ist gelbrötlich,
vom korinthischen durchaus verschieden.
Inv. 3068. H. 0,075. Von Siana. — Dem
Ornamente liegt das auf den korinthischen Ary-
ballen so gewöhnliche Vierblattmuster zu Grunde;
doch sind die vier »Blätter« an das obere und
untere Ende geschoben und nur klein gebildet, wäh-
rend das sonst nur zur Füllung eingeschobene ge-
gitterte Dreieck rechts und links hier die Haupt-
sache ist; je an dem Ende desselben sitzt eine
grofse sorgfältige Rosette (auf den Thongrund mit
Conturen, nicht in korinthischer Weise voll auf-
gemalt). Rot gebrannte matte Firnifsfarbe.
Inv. 3048. H. 0,065. Aus dem grofsen Grabe
K 38 bei Siana, aus dem auch zahlreiche acht ko-
rinthische Aryballen stammen. Beistehend abgebildet.
Blafsrötlicher Thon, fast ganz matte, schlechte, dünn
aufgetragene braune Firnifsfarbe. Vogel mit unbär-
tigem menschlichem Kopf und ausgebreiteten Flügeln.
148
Kurtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
Inv. 3067. H. 0,065. Aus einem Grabe bei Siana. Nachstehend abgeb.
Concentrischc Kreise, dreimal nebeneinander.
3067. 7a
2998. 73
Inv. 3059. H. 0,075. Von Siana. Vorn sind zwei grofse Rechtecke mit
gegitterten Linien ausgefüllt.
Hier sind wol anzuschliefsen:
Inv. 3058. H. 0,065. Aus einem Grabe an der Westseite der Akropolis
von Kamiros. — Aryballos mit einem kleinen Fufse unten. Roter, nicht korin-
thischer Thon, der an der Schulter und am Fufse sichtbar; das Übrige von braun-
schwarzem Firnifs bedeckt. Saubere Arbeit.
Inv. 3063. Dm. 0,065. Desgl.
3. Nachahmung korinthischer ringförmiger Aryballen.
Inv. 3039. Dm. 0,085. Aus dem grofsen Grabe K 10 bei Siana, wo die
vielen acht korinthischen Aryballen sich fanden. — Vorstehend abgeb. Blafsröt-
licher Thon, matter brauner Firnifs. Ringsum stilisierte Schwäne nach r.
Inv. 3038. Dm. 0,085. Aus demselben Grabe. — Genaue Replik der
vorigen Vase; nur ist die Firnisfarbe hier rot verbrannt.
4. Schlauchförmiges Alabastron (Berl. Cat. Form 109).
Inv. 3080. Gelblicher, nicht korinthischer Thon. Nur von horizontalen
Ringen umgeben.
5. Kannen mit Stabornament auf der Schulter.
Inv. 2997. H. 0,16. Von Siana. Kanne mit dreigeteilter Mündung, von
gedrückter Form, ähnlich Berl. Cat. Form 16. Zweiteiliger Henkel. Das Stab-
ornament der Schulter ist auf den Thongrund aufgemalt, dafs Übrige ganz gefirnifst.
Inv. 2998. H. 0,15. Von Siana. Vorstehend abgeb. Gelbrötlicher Thon,
schlechter matter brauner Firnifs.
Inv. 3002. H. 0,13. Gleich dem vorigen Stück.
Inv. 2994. H. 0,11. Aus einem Grabe von Siana, zusammen mit einer
Amphora »common«, Schalen u. a. unbedeutenden Vasen. — Desgl.; doch ist der
Firnifs fast völlig abgerieben.
Hier ist auch anzuschliefsen:
Inv. 3024. H. 0,20. Von Siana. Bauchige Kanne mit engem, niederem
Hals und kleinem dreigeteilten Ausgufs. Zweiteiliger Henkel. Ganz gefirnifst.
Furtwängler, Erwerbungen der König]. Museen zu Berlin 1885.
149
Inv. 2984. Dm. 0,10. Aus dem grofsen Grabe K 10 bei Siana. Kleiner
bauchiger Krater ohne Henkel. Berl. Cat. Form 21. Ganz gefirnifst. Auf der
Schulter graviertes Stabornament. Unten ein grofser Stern, ebenfalls nur graviert.
Saubere Arbeit.
6. Amphora.
Inv. 3003. H. 0,26. Nachstehend abgeb. Heller gelblicher Thon, den oben
genannten Kannen verwandt. Merkwürdiges Ornament auf der Schulter, auf beiden
Seiten gleich. Lotosknospen, die von einer doch schwerlich vegetabilisch, sondern
tektonisch gedachten Mitte ausgehen.
3003. '/„ 2938. %
7. Locale Gattung von gröfseren Gefäfsen aus hellrötlichem Thon,
die nur durch einzelne Streifen wellenförmiger oder S-förmiger Linien geziert, im
übrigen ungefirnifst sind. Die Firnifsfarbe ist dunkelbraun. Gefäfse dieser Gattung
kommen schon zusammen mit Vasen der altkorinthischen und altrhodischen Art
vor; doch überdauerte ihre Fabrication gewifs diese; häufig erscheinen sie auch
allein in ärmeren, geringeren Gräbern. Die Ausgrabungen haben grofse Mengen
dieser Gefäfse ergeben.
Inv. 2938. H. 0,32. Vorstehend abgebildet. — Auf dem Halse einge-
ritzt die Inschrift
\^\P'^H^t
Ähnlich sind die folgenden Amphoren:
Inv. 3019 — 3022. Nähere Fundangaben liegen mir vor für 3021: aus
einem Grabe bei Siana (1882, No. 74), zusammen mit zwei einhenkligen Schalen,
die als i>red common« bezeichnet werden, mit drei Schalen mit Figuren (wol attisch
schwarzfigurige), drei Bronzearmbändern, einer Bronzenadel, einem Bronzespiegel
und einer Terrakottamaske. — Ferner:
Inv. 3015 wurde in einem »gewölbten« Grabe mit einer schwarzen Kylix
gefunden.
Derselben Art gehören folgende Gefäfse an:
Inv. 2976. H. 0,28. Kanne aus dem grofsen Grabe 38 bei Siana, das zahl-
reiche acht korinthische Vasen enthielt (s. S. 144). — Henkel ergänzt. Form etwa
wie Berl. Cat. 18, doch war der Henkel wahrscheinlich niedrig. Wellenlinie um
den Hals.
ICO Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
Inv. 3023. H. 0,28. Gefäfs, etwa in der Form eines Stamnos. Nur breiter
Firnifstreif um den Bauch.
Inv. 3016. H. 0,22. Dm. 0,34. Grofse Schüssel mit zwei Henkeln. Von
Siana. Wellenlinie von Henkel zu Henkel.
Inv. 3012. H. 0,27. Bauchiges schüsselartiges Gefäfs mit vier Henkeln,
zwei grofsen horizontalen und zwei kleinen verticalen.
Gefäfse aus schwarzem Tlion (vgl. Berl. Cat. 1342 ff.).
Inv. 2991. H. 0,12. Kleines Kännchen, anscheinend nicht auf der Scheibe
gemacht. Ohne Fufs, nur eine Abplattung unten. Oberfläche glänzend schwarz,
im Bruch dunkelgrau.
Inv. 3037. Dm. 0,08. Ringförmiger Aryballos, Berl. Cat. Form 110; der
korinthischen Form nachgebildet. Oberfläche ohne Glanz, grauschwarz.
Inv. 2987. H. 0,30. Amphora, Form wie die oben S. 149 n. 2938 abgebil-
dete. Oberfläche vielfach abgerieben, war glänzend schwarz.
Auf andern Gefäfsen dieser Art aus Rhodos sind Reste roter und blauer
Malerei erhalten.
Schwarzfigur ige Vasen.
1. Unbekannte ionische Fabrik.
Inv. 2932. H. 0,25. Sehr fragmentirt. Abg. im Journal of hell. stud.
VI p. 181.
Blasser, leicht rötlicher Thon; der schwarze Firnifs teilweis rot gebrannt. —
A. Zwei Silene, von denen der linke fast ganz zerstört ist, fassen mit je einer Hand
an die Henkel einer grofsen, zwischen ihnen stehenden Amphora, auf welcher ein
weifses Volutenornament angebracht ist. Die Silene sind pferdehufig; der eine er-
haltene Kopf zeigt einen iibermäfsig langen und breiten Bart; das Haar am Hinter-
kopf ist rot, der Bauch ist behaart. Die sämmtlichen Conturen, auch die des Ge-
sichtes, sind graviert. Der Typus ist, wie Cecil Smith hervorgehoben hat, dem auf
einem Thonfragment von Klazomenae auffallend verwandt. Derselbe findet sich
indes auch auf einigen nicht attischen schwarzfigurigen Vasen aus Italien. Charak-
teristisch ist ferner die Vorliebe für zierliche Reihen von kleinen weifsen Punkten
(mehrere auf der dargestellten Vase); auch der Kranz des Silens ist nur durch
solche Pünktchen angedeutet. — Von der Rückseite B ist nur ein kleiner Rest
erhalten (von einem aufgebogenen Flügel? unten 1. kleiner Vogel?). — Die Vase
entbehrt jeder Verzierung aufserhalb der jederseits ausgesparten Bildfelder.
Inv. 2979. H. 0,295. Amphora, wie Berl. Cat. Form 20. Die Henkel zwei-
teilig. Fufs ergänzt. Auf beiden Seiten ist am Bauche ein grofses Feld ausgespart,
das nur mit Schuppenornament bemalt ist; in der Mitte jeder Schuppe ist ein
weifser oder (seltener) dunkelroter Punkt angebracht. Im Übrigen ist die Vase
gefirnifst bis auf ein Stück über dem Fufs, das wie an der vorigen Amphora jedes
Ornaments entbehrt.
Zu dieser wie der vorigen Vase finden sich manche unmittelbar verwandte
Stücke unter den in Italien gefundenen Amphoren; dahin gehört z. B. die Berliner
Amphora 1674, die in Technik und Stil sehr ähnlich ist.
2. - Attische schwarzfigurige Schalen des späteren Stils.
Inv. 2985. H. 0,08. Dm. 0,21. Schale wie die im Berl. Catal. S. 448
No. 2056 fr. — Innen: Laufender nackter Mann nach r. • — Aufsen: Zwischen den
Augen jederseits der sitzende Dionysos nach r. mit Trinkhorn; neben den Henkeln
je ein tanzender Silen.
Inv. 2961. H. 0,075. Dm. 0,20. Schale wie Berl. Cat. S. 450 No. 2061 ff.
Innen: der bärtige Dionysos mit Trinkhorn in einem Schiff, dessen Vorderteil die
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885. 151
Form eines Maultierkopfes hat. Rings Epheuranken. — Aufsen jederseits der
sitzende Dionysos mit Trinkhorn, umgeben von je zwei auf Maultieren reitenden
Nymphen in kurzen Röcken (Fleisch weifs). Weinranken füllen den Raum. Über-
aus flüchtig.
Inv. 2986. H. 0,085. Dm. 0,205. Schale wie die vorige. — Innen: Diony-
sos mit Trinkhorn und ein Reh. — Aufsen beiderseits: Frau, ein Viergespann be-
steigend nach r.; links Apollon, sitzend, die Leier spielend; rechts eilt Hermes
voran. Überaus flüchtig.
Attisch rotfigurig.
1. Der schöne Stil des 5. Jahrhunderts.
Inv. 2928. H. 0,40. Wahrscheinlich in Noti-Lei bei Monolitho (bei Siana)
gefunden, in einem Grabe, das sonst nur unbedeutende schwarze Vasen und eine
»Lampe« enthielt.
Prachtvoller Colonnetten-Krater. Berl. Cat. Form 48. Der grofartige frei-
schöne Stil der Zeit des Phidias. Am Halse das übliche Ornament des schwarz
aufgemalten, kaum mehr kenntlichen Lotosknospenbandes nach unten. — Auf dem
Bauche jederseits nur eine grofse Figur (von 0,20 Höhe). Gar keine Ornamente.
A. Athena schreitet weit aus nach links, mit nach r. umgewandtem Kopfe; dorischer
Peplos, der an ihrer 1. Seite offen ist; die Linke hält die Lanze horizontal, die
Rechte ist gerade vorgestreckt. Die des Gorgoneions entbehrende Ägis ist wie ein
Kragen umgelegt und vorn von einem grofsen runden Knopf zusammengehalten.
B. Ein Greis schreitet nach rechts Athena entgegen; er ist auf einen Stock gestützt
und in den Mantel gehüllt. Haar (kurz) und Bart waren weifs; doch ist die Farbe
jetzt verschwunden. Zwei Stirnfalten; Schuhe.
2. Der schöne Stil des 4. Jahrhunderts.
Inv. 2929. H. 0,39. Von Siana. Pelike, wie Berl. Cat. S. 738 No. 2625 f.
Henkel mit erhöhter Mittelrippe; auf dem Mündungsrande und über den
Bildern Eierstab; unten umlaufender Mäander; an den Seiten Palmetten. Fufsrand
durch zwei Rillen geteilt.
A. Auf einem gemeinsamen weifs gemalten Sitze, der nicht deutlich charak-
terisiert, vermutlich jedoch als Kline zu fassen ist, sitzen der jugendliche Diony-
sos (1.) und Ariadne (r.), die Beine ab-, die Köpfe sich zugewandt. Dionysos
stützt mit der Rechten den Thyrsos auf, der dick mit Thon aufgehöht ist und ver-
goldet war; im Haar hat er ein Diadem aus aufgehöhten und vergoldeten Punkten.
Ein solches und ein in gleicher Weise gebildetes Halsband trägt auch Ariadne. Das
Fleisch der letzteren ist weifs gemalt; ihr Chiton zeigt wohl erhaltene blafsrötliche Farbe
(auf dem weifsen Grund); der Mantel, welcher den Unterkörper bedeckt und am
Rücken herabfällt, war blau bemalt, doch ist diese Farbe bis auf wenige Reste
verschwunden. Zwischen beiden schwebt ein weifsgemalter Eros, dessen Flügel
vergoldet waren; er scheint Ariadne bekränzen zu wollen. Unten steht ein Krater.
R. entfernt sich hüpfend und umblickend der jugendliche Pan, der ganz mensch-
lich gebildet ist bis auf ein Bockschwänzchen, Spitzohren und kurze Hörner; ver-
goldeter Kranz im Haar; Fell (oder Gewand?) auf dem 1. Arm. L. schreitet eine
Nymphe in langem Chiton heran, welche die Doppelnöte spielt; vergoldeter Hais-
und Haarschmuck; ihr Fleisch ist weifs, die Farbe des Chitons ist jetzt auch fast
weifs, war aber ursprünglich anders.
B. Drei Jünglinge im Mantel; roh.
Inv. 2933. H. 0,33. Glockenkrater wie Berl. Cat. S. 756 No. 26461. —
A. Der jugendliche Dionysos mit Thyrsos sitzt nach 1., umgeben von zwei sitzen-
den Nymphen mit Fruchtschüsseln; dieselben haben enge verzierte und ungegürtete
Chitone mit langen engen Ärmeln an; ihr Fleisch ist weifs gemalt. Vor dem Gotte
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. j j
152
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
steht der weifs gemalte Eros, der mit der 1. Hand sich auf das nicht angedeutete
hügelig gedachte Terrain stützt. Hinter jeder Nymphe ein Silen. — B. Drei
Jünglinge im Mantel; roh.
Locale Gattungen der späteren Zeit.
1. Deckelgefäfse mit emporstehenden Henkeln. Aus blafs rötlichem,
gut geglätteten Thone. Gute Technik, dünne Wandungen. Die Gefäfse sind unge-
firnifst; nur auf der Schulter sind Ornamente mit brauner Firnifsfarbe aufgemalt.
Nach den Fundthatsachen mufs man diese Gruppe in das spätere 5. und das 4.
Jahrhundert setzen.
Inv. 2967. H. 0,11. Der Deckel fehlt wie
meistens. Beistehend abgeb. — Aus einem Grabe
bei Siana, das aufserdem andere unbedeutende auch
schwarz gefirnifste Vasen enthielt und einige Arybal-
len, die der Beschreibung nach dem späteren atti-
schen rotfigurigen Stile angehören.
Auf der Schulter einerseits zwei sehr roh
gemalte Vögel, in der Mitte ein Stern, andrerseits
ein Lorberzweig.
Inv. 2973. H. 0,09. Aus demselben Grabe
wie das vorige Stück. — Auf der Schulter beider-
seits nur gegitterte Dreiecke.
Inv. 2962. H. 0,18. Mit Deckel. — Gefunden
1880 in einem grofsen Grabe bei Cazviri bei Kamiros;
dasselbe hatte ein sog. falsches Gewölbe (mit vorkra-
genden Steinen) und enthielt eine schöne rotfigurige Hydria, rotfigurige Gutti und
gewöhnliche rote und schwarze Vasen. — Gefäfs wie das vorige.
Inv. 2971. H. 0,11. Aus einem Grabe bei Siana, worin sich aufserdem
rotfigurige Aryballoi, eine mandelförmige Vase (eine in der späteren attischen Fa-
brikation nicht seltene Form), kleine schwarz gefirnifste Gefäfse und zwei Terracotta-
büsten fanden. — Wie die vorige Vase, nur dafs die Dreiecke mit ungekreuzten
Linien gefüllt sind.
2963- Vi
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
153
Inv. 3004. H. 0,23. Aus einer grofsen Grabkammer bei Noti Lei bei Mo-
nolithe» (bei Siana), aus der sonst nichts erwähnt wird. — Gedoppelte Henkel.
Wirre kreuz- und sonnenartige Ornamente auf der Schulter.
Inv. 2963. H. 0,22. S. 152 abgebildet. Decoration auf beiden Seiten
fast gleich.
Inv. 2946. H. 0,15. S. 152 abgebildet. Auf der anderen Seite sehr ähn-
liche Ornamente, darunter zwei wie Leitern gebildete.
Inv. 2965. H. 0,13. Zwei sehr roh gemalte
Vögel auf der einen, Lorberzweig auf der andern
Seite.
Inv. 2966. H. 0,12. Desgleichen.
Inv. 2969. 2970. 2972 sind den vorigen sehr
ähnliche Gefäfse. Etwas anders 2968, wo flüchtige
Blüten auf der Schulter erscheinen.
3008. %
2. Andere Formen. Dieselbe Technik.
Inv. 3008. H. 0,195. Beistehend abgeb. Ei-
mer mit drei niederen blattförmigen Füfsen. Flüchtig
bemalt.
Inv. 2983. L. 0,17. Beistehend abgeb. First-
ziegel eines Grabes der Art wie die bekannten atti-
schen (vgl. Sammlung Sabouroff, zu Taf. 52). Auch
Berl. Cat. No. 309 gehört hieher; dies Stück hätte
von mir übrigens nicht zu den archaischen Vasen
gestellt werden sollen; dasselbe ist vielmehr in der
Technik und dem Stil der Bemalung der hier be-
sprochenen Fabrikation sehr verwandt und wol gleich-
zeitig.
Ganz ungefirnifste und unbemalte Gefäße.
Inv. 3033. Dm. 0,155. Aus dem grofsen
Grabe K 10 bei Siana, das viele korinthische Vasen
enthielt. — Kleiner flacher Teller, mit 2 Löchern im Rande zum Aufhängen.
Lebhaft roter Thon. Schöne Technik; auf der Unterseite sauber gedrehte Rillen.
Inv. 3063. Dm. 0,15. Teller auf Fufs, gering.
Inv. 3025. 3026. 3027. Drei grofse flache »Askoi«, wol älterer Zeit.
Schwarz gefirnifste Vasen mit eingeritzten Inschriften.
Inv. 2950. H. 0,20. Plumpe Kanne, wahrscheinlich altattischer Fabrik,
Form ungefähr wie Berl. Cat. Form 134. Am
Halse graviert:
Inv. 2952. H. 0,10. Dm. 0,21. Teller
auf Fufs, Berl. Cat. Form. 227; attische Fabrik
des 5. Jahrhunderts. Auf der Unterseite des
Fufses eingeritzt (vgl. Journ. of hell. stud. VI,
P- 377):
C^^X
<
o
iS4
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
geprefste
P- 376)
nv. 2954. H. 0,05. Dm. o,n. Zierliche Schale attischer Fabrik; innen
Palmetten. Auf der Unterseite des Fufses graviert (vgl. Journal a. a. O.
v*>T
O
V
Inv. 295 1.
attischer Technik.
P
Inv. 2953. H. 0,04. Dm. 0,14. Schale
attischer Fabrik. Unten eingeritzt; am Ende ein
Gewirr von Buchstaben durch- und übereinander;
die schraffierte Stelle ist zerstört. Vgl. Journal
a. a. O. p. 376:
my
H. 0,14. Von Siana. Schöne Kanne
Unter dem Fufse geritzt (vgl. Journal a.
II. TERRACOTTEN.
bester
a. O.):
4>i*ff
Auf der Akropolis von Kamiros, zwischen den zwei Mauern des Tempels7
wurden in der Erde die zwei überaus primitiven Idole Inv. 8000 und 8001 gefunden,
von denen das eine (von 0,145 Länge) nachstehend abgebildet ist; die Arme des
letzteren sind abgebrochen, sie waren in die Seite gestützt.
Ebenfalls vom Plateau der Akropolis von Kamiros
stammt das vorstehend abgebildete Oberteil eines weiblichen
8000. '/, Idols Inv. 7994, H. 0,10; es ward den 30. März 1880 mit Gegen-
ständen aus sog. ägyptischem Porzellan gefunden: Der Kopf
ist vorne abgescheuert; im Haar liegt eine Binde.
Inv. 7987. Vorstehend abgeb. Fragmentierter Kopf; war nicht massiv wie
die vorigen Stücke, sondern hohl. Merkwürdig wegen des das ganze Ohr bedecken-
den doldenförmigen Schmuckes, unterhalb dessen eine Schleife herabfällt; die
') Zu den Funden auf dem Plateau der Akropolis vgl. Löschcke in den Mitth. d. Inst, in Athen VI S. 4 ff.
Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
155
breite Masse, die daneben herabgeht, ist das Haar. Genau dieser Ohrschmuck
ist typisch bei einer gewissen Gattung von cyprischen Werken , namentlich grofsen
Terracotten.
Inv. 7997. Oberteil eines Idols, im Stile etwa wie Salzmann, Camirus
pl. 14, Heuzey, terres cuites du Louvre pl. 13, 1. Massiv.
Die übrigen Terracotten gehören späterer Zeit an und zeigen rein griechi-
schen Stil. Hervorzuheben sind:
sieben kleinere und gröfsere weibliche Masken archaischen Stiles in ver-
schiedenen Stufen vom mageren spitzen zum vollen runden Typus wie
Salzmann pl. 12. 13.
Inv. 7982. Bekleidete Frau, später archaisch, mit grofsem Tympanon in der
L., die Rechte vor der Brust (mit Blüte?). Vgl. Salzmann pl. 22, wo sie das Tym-
panon schlägt.
Inv. 7991. Primitiv gearbeiteter Affe auf einem Maultier.
Inv. 7993- Gelagerte Frau mit Doppelflöten (?) in der L.; Mantel um
Unterkörper; Übergangsstil. Gefunden bei Cazviri (bei Kamiros) zugleich mit
einer sitzenden Terracotte und einer Lekythos neben einem
Grabe, darin eine attische Kanne des schönen rotfigurigen Stiles
mit Boreas und Oreithyia.
Inv. 7981. Thronende Göttin, Übergangsstil; ohne Attri-
bute, Arme gesenkt. Gefunden in einem Grab bei Siana mit
einem »kotyliscos, common, red.«.
Inv. 7989. Bärtige ithyphallische Herme (H. 0,11).
Inv. 7990. Grofser Hahn (H. 0,12).
Inv. 8003. H. 0,10. Beistehend abgebildet. Merkwürdige
Figur. Pan (?) ithyphallisch, mit Füllhorn resp. Trinkhorn in der
Linken, Füfse mit gespaltenen Klauen, mit einem freilich mehr
einem Ochsen- als einem Bockskopfe gleichenden Kopfe. Reste
roter Farbe auf weifsem Überzug am Kopf und zwischen den
Beinen. — Gefunden in einem Grabe bei Siana 1882, das
aufserdem Folgendes enthielt:
eine kleine Amphora, »common«, eine kleine Glasvase;
sonst nur Terracotten : zwei weibliche Statuetten ohne
Kopf, eine weibliche Maske und Göttin mit zwei Kin-
dern im Arm und auf der Schulter. Das Grab scheint
dem 5. Jahrhundert anzugehören. »
III. MISCELLANEEN.
Inv. 7954. Halsschmuck aus sog. ägyptischem Porzellan. Zahlreiche
Wiederholungen eines durchbrochen, aber sehr flüchtig gearbeiteten viereckigen
Plättchens mit dem ägyptischen Auge als Amulet. Dazu eine gröfsere Rosette, eine
grofse Menge kleiner Perlen, sog. Wirtel u. a. Wahrscheinlich vom Plateau der Burg
von Kamiros, wo am 9. und 10. April 1880 ein Fund solchen Schmuckes erwähnt
wird; doch fand sich Ähnliches auch am 21. April an der SW.- Seite von Kamiros
in einem Steine mit viereckigem Loch (ebenda waren zwei andere ähnliche Steine
ohne Inhalt).
Inv. 7959. Kopf von Kalkstein, völlig übereinstimmend nach Stil wie Ma-
terial mit den bekannten kyprischen Statuetten ägyptisierenden Stiles. Gefunden
mit dem zugehörigen Unterteil (Füfse) und mit Schmuck aus sog. ägyptischem
Porzellan auf dem Plateau der Burg von Kamiros.
I cQ Furtwängler, Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885.
Inv. 7960. Vorderteil eines kleinen Löwen von Kalkstein. Archaisch.
Material wie das obige, mit dem der cyprischen Figuren übereinstimmend. Gefun-
den an der SW.-Seite von Kamiros in der Erde bei Gräbern, zusammen mit
andern Fragmenten von Tieren. Gewifs vom äufseren Schmuck eines Grabes.
Inv. 7963. Sehr roh gearbeiteter Vogel aus Kalkstein; aufserhalb eines
grofsen Grabes bei Cazviri gefunden. — Eine merkwürdige Grabstele aus Kalkstein,
die F. von Luschan bei Siana notierte, zeigt sieben ähnliche primitive Vögel ohne
Ordnung durcheinander in Relief.
Ferner sind zu erwähnen:
Mehrere sog. Wirtel aus dunklem Stein, wie sie in den ältesten Gräbern
vorkommen. Ein Carneol, dessen Oberseite in Gestalt eines Panterkopfes erhaben
geschnitten ist und dessen Unterseite einen vertieft geschnittenen Fisch zeigt; Stil
der »Inselsteine«; unbekannter Fundort. Mehrere altertümliche Bronzefibeln der
Form wie Mitth. d. Inst, in Athen XI Beil. 2 zu S. 16 N0.3. Alabastron aus Alabaster,
dessen Oberteil die Gestalt eines weiblichen Brustbildes hat, das aber sehr verwittert
ist; phönikisch. Ovales Glasplättchen (Amulet?) von 0,024 Länge und c. 9 Mill.
Dicke, fast undurchsichtig, dunkelbraun. Auf beiden Seiten Relief: a) Hocken-
der Knabe von vorn, die 1. Hand an der Brust, die etwas Undeutliches (ein Vögel-
chen?) fafst; langes Haar. b) Hockender Silen (?) von vorn, beide Hände auf
dem Bauch. Freier Stil.
B. EINZELERWERBUNGEN.
I. Terracotten.
1. Aus Tarent. Eine neue Sammlung von 42 Stück. Darunter sind
bemerkenswerth :
Inv. 7903. Oberteil eines nach r. schreitenden Jünglings von archaischem
Stil in gegürtetem Chiton, der einen Widder auf den Schultern trägt. Vgl. was
ich dazu im Texte zu Taf. 146 der Sammlung Sabouroff bemerkt habe.
Mehrere vollständig erhaltene gröfsere Statuetten von Frauen in archaischem
und strengem Stil, meist mit Kalathos, eine Granate oder eine Blüte oder Kanne
nebst Schale haltend.
Ein vollständiges weibliches Brustbild mit Kalathos, archaisch, mit Löchern
zum Aufhängen.
Ein trefflicher archaischer Silenskopf (7906).
Ein schöner weiblicher Kopf strengen Stiles (7922), der etwas an die
»Elektra« der bekannten sog. pasitelischen Gruppe in Neapel erinnert.
Ein Stirnziegel freien Stiles mit einem unbärtigen Kopfe von erregtem
Ausdruck, der einen Helm trägt dessen Spitze einer phrygischen Mütze gleicht (7914).
Mehrere Formen, alle von freiem Stile:
Inv. 7913. Form zu einem Stirnziegel; treffliche erregte jugendliche Satyr-
maske.
Inv. 7907. Form für eine kleine Satyrmaske von hohem Relief. Auf der
Rückseite sind in den weichen Thon mit schönen breiten Zügen die folgenden
Buchstaben eingedrückt, die wol auf das 4. Jahrhundert weisen: I E
K A
Inv. 791 1. Fragmentierte Form für eine runde Relieftafel mit Götterattri-
buten. Leier und Kerykeion sind erhalten.
Inv. 7912. Fragmentierte Form für eine Relieftafel mit todten Fischen.
Inv. 7910. Form für das Oberteil eines sitzenden Mädchens mit Kopf; für
eine Statuette.
2. Aus Myrina. Eine Sammlung von 26 Stück. An denselben sind
Farben und teilweise Vergoldung mehrfach sehr gut erhalten. Hervorzuheben sind:
Furtwängler , Erwerbungen der Königl. Museen zu Berlin 1885. K7
Zwei vorzügliche Schauspieler, stehend und declamierend. Ähnlich Froehner,
terres c. d'Asie de la coli. Greau pl. 27.
Eine Frau mit einem Kinde, welches sie liebkost. Diese Gruppe, sowie eine
Mädchenstatuette (Inv. 7946 und 7963) sind gute Beispiele für die Nachahmung des
tanagräischen Stiles in Myrina.
Mehrere schwebende geflügelte Jünglinge, z. T. mit bacchischen Attributen.
Eros auf einer Kline sitzend, die Leier spielend.
Eros im Kampf mit einem Löwen.
Eros auf einem von Böcken im Galopp gezogenen Wagen.
Ein Sklave (?) in zottigem Gewand mit kahlem Kopf, doch hinten lang
herabfallendem Schopf.
Endlich auch Vertreter der in Myrina so sehr häufigen klagenden Sirenen
und verhüllten Flügelfiguren.
II. Bronzen.
Die in Sparta gefundene Aphrodite mit der Blüte aus der Sammlung
Gr6au; s. Fröhner, bronzes de la coli. Greati No. 336, p. 71. Ein Prachtstück der
archaischen Kunst. Es stammt von einem Gerät, vielleicht einem Thymiaterion.
Der aus derselben Sammlung stammende und ebenda pl. XX No. 913 abgebil-
dete Apollo; eine sehr schön ausgeführte Figur; besonders ist der Rücken bewunderns-
wert. Die zwiefache Durchbohrung der linken Hand kann nur zur Einfügung von Bogen
und Pfeil gedient haben; dann kann man in der Rechten wol nur ein Lorberbüschel
ergänzen. Die Figur geht sichtlich auf dasselbe Original zurück wie die schöne Bronze
der Sammlung Sabouroff (Taf. VIII — XI) und bestätigt meine Deutung derselben.
Ein Paar archaischer Acheloosköpfe und ein Paar sehr altertümlicher weibli-
cher K ö p f e, beide von Eimern stammend, italisch-griechisch. Aus der Sammlung Greau.
Ebendaher stammt ein merkwürdiges Stück, der Griff-Ansatz eines grofsen
Geräts (Länge 0,18), das etwa die Form einer tiefen Pfanne mit langem Griff hatte.
Das Ende des letzteren, eine geriefelte Röhre, in welche der wol hölzerne Griff
gesteckt wurde, ist mit dem Ansätze an das Gefäfs verbunden, auf dessen oberem
Rande ein nach dem Innern blickender Kopf eines jugendlichen P a n mit kurzen
Hörnern und erregtem Ausdruck zwischen zwei stilisierten Blüten angebracht ist.
Das Motiv erinnert an altertümliche Gerätverzierung; doch gehört der Stil der
späteren Zeit an.
Ferner konnten erst in diesem Jahre noch zwei zu der Sammlung Sabouroff
gehörige Stücke erworben werden, nämlich der wundervolle Ganymedspiegel
(Sammlung Sabouroff Taf. 148) und das durchbrochene Bronzerelief des Herakles
mit dem Löwen (ebenda Taf. 147).
Als in Lokris gefunden wurde eine kleine Kanne erworben (Inv. 7931) mit
einem zierlich gearbeiteten altertümlichen Silenskopf am Henkel. Vgl. indefs über
diese Kanne, deren Körper und Henkel nicht zusammengehören, meine Bemerkung
in »Sammlung Sabouroff«, zu Taf. 149.
Aus Beirut stammt ein halbmondförmiger Stempel mit einem Griffe und
der in erhabenen Buchstaben ausgeführten Inschrift: •KAPriOl
III. Gemmen.
Ein vorzüglicher etruskischer Scarabäus aus Orvieto von sehr altem Stile.
Knieender Mann, der sich einen Pfeil aus dem Schenkel zieht (Tityos?).
Ein halbiertes Octogon aus durchsichtigem hellgrünlichem Glas, der Länge
nach durchbohrt (0,028 lang). Auf der geraden, nicht kantigen Fläche ist ein weib-
licher Kopf von schönem Typus vertieft eingearbeitet; Ohrringe; Haare empor-
genommen. Aus Vulci. Wol aus dem 4. — 3. Jahrhundert v. Chr.
A. Furtwängler.
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Exemplar der Münze von Akrasus mit der Gruppe des farnesischen Stiers abgebildet
aus demselben Stempel wie das bisher einzige Wiener Exemplar, aber von weit
besserer Erhaltung, so dafs die Vorstellung von dem Münzbilde wesentlich berich-
tigt wird; vgl. A. von Sallet's Bemerkungen S. 9 ff.]
^X^M, ^^^»^
WAGENLENKER
BRONZE IN TÜBINGEN.
(Tafel 9.)
Das auf Tafel 9 abgebildete kleine Werk ist den Freunden
der alten Kunst zwar seit lange wohlbekannt1, doch schien der
Umstand, dafs die bisherigen Abbildungen heutigen Ansprüchen
nicht genügen können3, ferner seine Wichtigkeit in kunstgeschicht-
licher Hinsicht und die Eigenart der Darstellung eine neue Ver-
öffentlichung zu rechtfertigen.
Die Bronze gelangte durch die letztwillige Schenkung eines Herrn Tux3 mit
dessen Münzsammlung, anderen alten Kunstsachen und darauf bezüglichen Papieren
im Jahre 1798 in den Besitz der Universität Tübingen und wurde der Universitäts-
') Vgl. besonders die vortreffliche Abhandlung von
Karl Grüneisen, die altgriechische Bronze des
Tux'schen Kabinet's in Tübingen, in Schorn's
Kunstblatt 1835, S. 21 (auch als besondere Schrift
erschienen, Stuttgart und Tübingen 1835, 80 S.
kl. 8°. Nach dieser Sonderausgabe citiere ich);
dazu deren Beurteilung von (Adolf) S(chöll) in
F. Kugler's Museum 3 (1835), 268. Gegen Scholl
wendet sich die Antikritik F. Kugler's in seinem
Museum 3, 315 (= dessen Kleine Schriften 1, 405).
— Chr. Walz (das Münz- und Antikenkabinet
der Universität Tübingen) in den Jahrbb. des Ver-
eins von Altertumsfreunden im Rheinlande 10
(1847), 71- F. G. Welcker, Alte Denkm. 2, 181.
!) Die beste Abbildung war bisher immer noch die
erste, eine Lithographie nach einer Zeichnung
Karl Müller's, welche der Abhandlung Grüneisen's
im Kunstblatt beigegeben ist. Für deren Son-
derausgabe (s. Anm. 1) wurde die Zeichnung vom
ersten Stein auf einen zweiten übertragen, wo-
durch sie nicht unerheblich gelitten hat. Danach
andere Abbildungen in Guhl-Caspar's Denkm. der
Kurist 1, B Taf. V, 15 und in Overbeck's Gesch.
d. gr. Plastik I3, 188 (Fig. 34, 7); Abbildung nach
dem Gips in Baumeister's Denkmälern des klassi-
schen Altertums I, 338. Fig. 355. — Die Bronze
ist vielfach in Abgüssen verbreitet: die vorletzte
Form nahm 1876 der seitdem verstorbene Modelleur
Sigwart in Stuttgart (s. Verhandlungen der Tübinger
Jahrbuch des archäologischen Instituts I.
Philologen-Versammlung, Lpz. 1877, S. 153). Seit
kurzem sind in der Gipsgiefserei der K. Museen in
Berlin neue wohlgelungene Abgüsse zu haben.
"') Karl Sigmund Tux war in Oels in Schlesien um das
J. 1714 geboren: in einem Briefe vom 28. Dez.
1791 sagt er 'da ich bei meinem 77sten Lebens-
jahre kein schicklicheres Vergnügen finde als mit
Antiquitäten umzugehn'. Er starb als Herzoglich
WUrttembergischer Regierungsrat und Lehen- und
Wechsel - Gerichts - Secretarius am 29. Jan. 1798
in Stuttgart. Von seinem Vater Friedrich Tux,
Wttltt Oelsischem Regierungsrat, der ein eifriger
Mtinzsammler war, hatte er diese Neigung zu-
gleich mit der väterlichen Sammlung geerbt. Die
Münzen standen für ihn in erster Linie : erst in
zweiter Reihe andere »Antiquitäten«. Im J. 1791
veröffentlichte Tux ohne seinen Namen als Probe
seiner Münzstudien : Tentamen catalogi universalis
numorum Dyrrachiiwrum et Apolloniatum , Tu-
biiigae opera Schrammii. Die Tux'sche Münz-
sammlung war eine Stuttgarter Merkwürdigkeit:
am 25. Mai 1761 besuchte sie z. B. Martin Gerbert
(später gefürsteter Abt zu St. Blasien im Schwarz-
wald) auf einer wissenschaftlichen Reise durch
Süddeutschland und lobt sie höchlich in seiner
darüber erschienenen Beschreibung; vgl. dessen
iter alamannicum, St. Blasii 1765, p. 319 (2i 773,
P- 330-
13
164
Schwabe, Wagenlenker.
Bibliothek überwiesen4. Später bildete diese Tux'sche Hinterlassenschaft den Grund-
stock des Münz- und Antikenkabinets, der heutigen archäologischen Sammlung der
Universität.
Es wäre von Bedeutung zu wissen, wo die Bronze gefunden wurde und wie
Tux in den Besitz derselben gelangte. Leider läfst sich darüber nichts feststellen.
Ausdrücklich erwähnt war die Bronze nur in einem handschriftlichen Verzeichnis
der Tux'schen Kunstsachen (mit Ausschlufs der Münzen) von der eigenen Hand des
Besitzers, welches leider jetzt nicht mehr aufzufinden ist, das aber von Grüneisen
und von Walz (s. Anm. i) noch benutzt werden konnte5. Darin war unsere Bronze
mit folgenden Worten beschrieben: »Ein stehender, mit einer Gattung Sturmhaube be-
deckter, sich vorwärts beugender, nackender Soldat, der den rechten Arm ganz vor
sich ausstreckt, an dessen Hand die vordersten Glieder der Finger fehlen. Der linke
Arm ist mit der zusammengebogenen Hand in der Stellung, als wenn er einen Spiefs
gegen seinen Feind ausstofsen wollte. Ist durch das Alter metallbraun angelaufen.«
Hier fehlt jede Angabe über die Herkunft und Erwerbung, wie denn eine solche bei
den übrigen neun Bronzen 6, welche Tux nach Tübingen schenkte, in jenem Verzeich-
4) Vgl. Tübingische gelehrte Anzeigen 1798 S. 369;
ferner die Promotions-Rede des Kanzlers der
Universität J. F. Lebret de museo numario ab
amkisshno viro Tuxio acadaniae nostrae in usus
publicos legato, gedruckt Tübingen im Sept. 1800.
4°. H. F. Eisenbach, Beschreibung und Ge-
schichte der Stadt und Universität Tübingen
(Tüb. 1822) S. 480.
°) Vgl. Grüneisen a. O. S. 78 und Walz S. 75. Frei-
lich sagt ausdrücklich der von der Universität
mit der Übernahme der Tux'schen Schenkung
beauftragte Professor Lebret in einem Schreiben
vom 21. Apr. 1798, nachdem er wiederholt der
sehr sorgfältigen Tux'schen Münz-Kataloge ge-
dacht hat, 'von den übrigen Sachen, als metallnen
Bildern u. s. w., fand sich nirgend kein Katalog
vor'. Doch konnten die wenigen Blätter, die
derselbe umfassen mochte, leicht dem Suchenden
entgangen sein. Schon als A. Preuner im J. 1858
die Münzen und sonstigen Altertümer der hiesi-
gen Sammlung katalogisierte, scheint dieses Tux'-
sche Verzeichnis nicht mehr vorhanden gewesen
zu sein, da Preuner nur die von Walz a. a. O.
angeführten Stellen daraus citiert. ■ — Auch liegen
jetzt noch unter den Tux'schen Papieren zwei
Zeichnungen des Wagenlenkers (eine Bleistift-
zeichnung und eine in Tusche), welche durch
äufsere Merkmale sich als einst Tux'schen Be-
sitz erweisen.
6) Diese neun Bronzen mögen hier kurz aufge-
zählt sein :
a) Juppiter, sitzend, vorn oberwärts nackt,
nur Gewandzipfel von hinten über die linke
Schulter, r. Unterarm abgebrochen (er ging nach
unten und vorn), 1. Arm fehlt fast ganz (ging nach
oben und hielt wohl das Scepter), desgleichen
fehlen beide Füfse. Auch der Sitz des Gottes
ist nicht erhalten. Höhe : 0,062 m. Ähnlich
z. B. die Wiener Statuette in Overbeck's Kunst-
mythologie 1,122 Fig. 11 oder die Neapler in
den Antichita di Ercolano 6,87.
b) Sog. »Antinous«, stehender nackter
Jüngling, r. Standbein, 1. Spielbein, Kopf mit
ernstem Gesichtsausdruck nach r. gedreht und
gesenkt, beide Arme gesenkt, der r. im Ellen-
bogen nach vorn gehend, die r. Hand nach oben
geöffnet, der Daumen nach einwärts gebogen
(wie wenn er eine Schale am Rand damit ge-
halten hätte), der r. Zeigefinger fehlt. Der 1.
Arm ist auch im Ellenbogen gebeugt, aber der
Unterarm viel mehr gesenkt als der r., die Hand
so als wenn sie etwas gehalten hätte (z. B. den
Henkel eines Kruges). Höhe: 0,209 m. Ganz
ähnlich ist unserer Bronze in der ganzen Stellung
und Haltung der sog. Idolino in Florenz (abgeb.
z. B. Mus. Flor. tab. 45. 46. Vgl. Winckelmann's
Werke 3, 189. 393), nur ist das hiesige Werk-
chen kräftiger und derber in den Verhältnissen.
Mit der r. Hand unserer Bronze, namentlich hin-
sichtlich des einwärts gekehrten Daumens, ist zu
vergleichen die Pariser Bronze in Mon. dell Inst.
I, 58 oder Overbeck's Plastik i\ 179 Fig. 39.
Danach stellte unser Bildwerk ebenso wie der
Idolino und die Pariser Bronze einen Opfern-
Schwabe, Wagenlenker.
165
nisse gleichfalls vermifst wurde (vgl. Walz a. O. S. 76) 7. Auch in den noch bei der
Universität über die Schenkung vorhandenen Akten und in den Tux'schen Papieren
den mit Schale und Krug dal ; s. Friederichs,
kleinere Kunst und Industrie im Altertum S. 453.
c) »Tänzer«: eine nackte lang gestreckte,
ganz hagere männliche Gestalt, fast nur Haut,
Muskeln und Knochen, auch im ganz eingefalle-
nen Gesicht. Höhe: 0,172 m. Sie steht auf dem
1. Bein , das r. ist vom Boden gehoben und im
Knie nach hinten gekrümmt , der Oberkörper
biegt sich rückwärts und dreht sich zugleich nach
rechts. Der 1. Arm geht nach oben und vorn
in die Höhe (die Fingerspitzen der 1. Hand
fehlen), der r. nach unten und hinten abwärts,
der Daumen und Zeigefinger hatte etwas (nicht
mehr bestimmbares) gefasst, wovon noch eine
kleine Spur vorhanden ist. Sehr beachtenswert,
wenn wirklich antik. Abgebildet zu dem ange-
führten Aufsatz von Walz in den Jahrbb. d. Ver.
d. Altertumsfr. im Rheinl. 10 (1847), Taf. 1. S. da-
zu Welcker ebenda S. 76, der die tanzenden
Skelette vergleicht. Darüber s. Olfers, Abh. der
Berl. Akad. d. Wiss. 1830, und G. Treu, de
ossium humanorum larvarumque apud antiquos
imaginibus (Gott. 1874) p. 37.
d) Nackter bärtiger ifhyphallischer Mann, be-
kränzt, aus einem Gufsstück durch grobe Nach-
hilfe mit der Feile und durch Umbiegen z. B.
der Arme hergestellt, deren rechter sich in die
Lende stemmt, deren linker im Ellenbogen stark
gekrümmt sich dem Kopfe nähert. Ganz rohe,
stillose Arbeit. Höhe: 0,139 m- Erinnert z. B.
an Bildwerke des Judenburger Wagens, s. Mitteil,
des histor. Vereins v. Steiermark 3, 67 T. 3 — 6.
[e) Landmann, vorgebeugt rasch gehend, in der
R. einen unter der Hand abgebrochenen Stab, in
der L. einen Korb mit Früchten tragend. Höhe :
0,135 m' Modern. — f — i) vier gleichfalls moderne
weibliche Statuetten: f) hoch 0,145 m> stehend,
nackt bis unter die Brüste, in der gesenkten R.
eine kleine flache Schale, in der gehobenen L.
ein Tuch (?); g) hoch 0,132 m, stehend, ganz
bekleidet, die R. vorgestreckt, die L. auf
die Brust gestemmt, Kopf fehlt; h) und i)
sind die von Tux so geliebten und gelobten
»Dianen« oder »Nymphen« (s. S. 166 und Walz
a. a. O. S. 71): der Künstler, denn beide scheinen
von einer Hand zu sein, hat wohl Venus-Bilder
liefern wollen. Beide sitzen ganz nackt auf einem
Baumstumpf, worüber das Gewand gelegt ist: h
(hoch 0,175 m) wäscht sich aus einer Schale den
linken über das r. Knie gelegten Fufs ; i (hoch
0,137 m) kämmt sich.]
7) Bei anderen Gegenständen waren in jenem jetzt
vermifsten Kataloge die Fundorte angegeben :
z. B. hiefs es öfter »aus Rom«, einmal »aus der
aufgegrabenen Stadt Pompeji nicht weit von
Neapel, selbst abgelangt 1771«. Dann waren
auch württembergische Fundstätten Cannstatt,
Zatzenhausen, Darmsheim, und endlich eine
schweizerische, Äugst bei Basel (Augusta Raura-
corum) genannt; vgl. Grüneisen a.O. S. 79. Diese
Angaben Grüneisen's werden fast sämtlich be-
stätigt durch den Entwurf eines Verzeichnisses
der »Antiquitäten aus Hafner- und Glas-Arbeit«,
welcher sich noch unter den Tuxischen Papieren
findet. Bei fünf Nummern wird als Fundort dort
angegeben »zu Zatzenhausen bei Cannstatt in
Württemberg auf dem Felde gefunden 1760«.
Ausdrücklich mag, obwohl schon Walz a. O. S. 76
darüber ganz richtig geurteilt hat, auch hier an-
geführt sein, dafs A. Pauly in den neuen Jahrbb.
f. Philol. u. Pädag. Suppl.-Bd. 2 (1833), 214 mit
den Worten: »ein merkwürdiges Bronzebild des
Jupiter, im hieratischen Stil, kam nach Tübingen,
wo es lange unbeachtet blieb« zwar offenbar un-
seren Wagenlenker meint, aber für seine dortige
Angabe, dafs derselbe bei Köngen am Neckar 1783
gefunden worden sei, durchaus keinen Grund an-
zuführen weifs. Ich füge hinzu, dafs in dem aus-
führlichen und sehr in's einzelne gehenden Be-
richt vom 30. Dez. 1784, den der Leiter der in
Köngen 1783 und 1784 unternommenen Ausgra-
bungen, Oberamtmann Roser, dem Herzog er-
stattet hat (in Abschrift auf der hiesigen Univ.-
Bibliothek vorhanden), sich keine Statuette ver-
zeichnet findet, welche sich auch nur von fern auf
unseren Wagenlenker deuten liefse. Auch kann
nicht etwa der im Roser'schen Bericht Bl. 25a
genannte bronzene »Jupiter, 6 '/4 Zoll hoch, in
der einen Hand hält er fulmen, in der andern
seeptrum, auch trägt er pallium , der 1. Vorfufs
samt dem Piedestal aber fehlen daran« (vgl.
auch noch das Inventarium von 1794, ab-
gedr. in d. Württemb. Jahrbüchern 1837 S. 405)
in den Besitz von Tux gelangt und mit dem oben
Anm. 6, a erwähnten Juppiter identisch sein, und
etwa so die falsche Angabe Pauly's ihre Erklä-
rung finden.
13
i66
Schwabe, Wagenlenker.
findet sich nirgends die Bronze besonders erwähnt8. Überhaupt spricht von seinen
Bronzen Tux in den allerdings nicht zahlreichen hier erhaltenen. Briefentwürfen nur
einmal ausdrücklich. Er schreibt von Stuttgart am 26. Nov. 1757 an einen Feld-
prediger Bardili zu Susa in Piemont und bittet ihn um Unterstützung seiner Kunst-
liebhabereien. Dabei macht er einige Mitteilungen über seine Sammlungen. Er
spricht zuerst von seinen Münzen, dann fährt er fort: II fant que je m'y dorne man-
quaut de fonds pour en faire plus grande depense. Ncanmoins je mechappe quclque
fois, et surtout quand je puis avoir a un prix raiso7inable des pieces antiqucs. II est
vrai que /es tentations sont tres rares, et depuis que j'ai pris du gout pour Vantique,
je n'ai attrape que deux petites statues de bronze antique tres bien conservces. Elles
presentent des Dianes ou, si vous voulez, des Nymphes mies dont Vune se lave le pied
gauche et lautre se peigne (s. Anm. 6, h und i). Elles etoient autrefois dans le cabinet
de Mad. la Duckesse mere (der Witwe des Herzogs Karl Alexander, Marie Auguste,
geb. Fürstin von Thurn und Taxis, f 1. Febr. 1756) et tomboient en partage au prince
Louis (dem späteren Herzog Ludwig Eugen, geb. 1731, reg. 1793 — 95), qui les fit
vendre au plus offrant avec une quantite dautres omemens (Tun riche cabinet
Suffit qu'a present huit petites statues antiques, dont il y a un Antinous (s. Anm. 6, b),
bien conserve, fassent l'ornenient de mon pctit cabinet. Hier sind doch gcwifs von
denselben zehn Bronzen, die Tux später nach Tübingen schenkte, acht bereits er-
wähnt, drei davon, die beiden »Dianen« oder »Nymphen« und der »Antinous«, mit
ausdrücklicher Bezeichnung. Zugleich scheint der Wortlaut der Stelle nahe zu legen,
dafs Tux selbst nur die »Dianen« kaufte, dafs er die übrigen sechs Statuetten zwar
besafs, wohl ererbt von seinem Vater, aber nicht erst selbst erwarb. Dafs unter den
fünf nicht näher bezeichneten der Wagenlenker gewesen sei, läfst sich nicht bewei-
sen, da Tux eben nur acht, nicht zehn Statuetten im Ganzen erwähnt: eben so
wenig freilich, dafs er nicht darunter gewesen sein könne, etwa weil Tux das
hervorragendste Stück seiner Sammlung gewifs hier genannt hätte, wenn er es
schon besessen. Denn Tux war zwar ein eifriger Sammler, aber keineswegs ein
Kenner; vielmehr nur ein Kunstfreund, dessen geringste Sorge Kritik war. Jene
schreiend modernen »Dianen« behagen ihm, wie seine Worte in dem Katalog (s.
Walz a. O. S. 71 ; vgl. auch die eben angeführte Briefstelle) bezeugen, viel besser als
der Wagenlenker, für dessen richtige Beurteilung selbst die Kunstwissenschaft zu
s) In dem Tux'schen Testament vom 12. Jan. 1795
heifst es nur ». . . so will ich hiermit diesen
ganzen Vorrat (von antiken und modernen Mün-
zen) nebst allen dazu gehörigen Antiquitäten,
metallenen Bildern, Münzbüchern, Catalogis und
sonstigen Literalien der Universität vermacht
haben«. Vgl. auch Eisenbach a. O. S. 481. In
dem Bericht des akademischen Senats an den
Herzog vom 9. Juni 1799 werden im Verzeichnis
der geschenkten Sachen unter Punkt 5 aufgeführt:
»einige alte bronzene und wenige andere kleine
Statuen« : die erklärende Beilage dieses Berichts
fügt nur Folgendes dazu: »Endlich und 5tens
gehören noch hinzu verschiedene Antiquitäten,
an der Zahl 15 Stück.« Bei Eisenbach a. O.
S. 485, der nach einer Revision vom J. 182 1 eine
Übersicht vom Bestände der Tux'schen ■ Samm-
lung giebt, werden aufgeführt »10 antike Statuen
von Bronze, 4 neuere von Alabaster und ein
Brustbild von Holz, unter dem Namen des
Cicero«.
Schwabe, Wagenlenker.
167
Tux' Lebzeiten noch keinen Mafsstab gefunden hatte. — Am nächstliegenden ist ja
die Vermutung, dafs Tux auf seinen Reisen in Italien oder sonstwo im Kunsthandel
die Bronze erworben9 habe: aber ein Beweis dafür läfst sich nicht erbringen.
Die Bronze'0 ist (die Platte worauf sie steht eingerechnet) hoch 0,164m, sie
ist, wie es bei den altertümlichen Kleinbronzen Regel ist, massiv gegossen und wiegt
jetzt 646,92 Gramm. Eine im hiesigen chemischen Laboratorium der Universität,
von dessen Vorstande Lothar Meyer mit dankenswertester Bereitwilligkeit angestellte
chemische Analyse ergab folgende Zusammensetzung", welche schon für sich allein
die griechische Herkunft der Bronze sehr wahrscheinlich macht:
Kupfer
Zinn
Eisen .
Verlust
. 88,o
7
/o
• 10,7
-
• 0,4
-
99.1
7
/o
• 0,9
-
100%
s) Aus seinen Briefschaften erhellt, dafs Tux schon
i737inParis imVerkehrmitNumismatikern, Münz-
und Antiquitätenhändlern war. Einmal spricht er von
seinen »seit 1764 vorgenommenen verschiedenen
Reisen nach Welschland, in die Schweiz und gar
viele Teile von Deutschland«. Lebret sagt in der
Anm. 4 angeführten Promotionsrede S. 5, dafs
Tux vom Herzog Karl in gravissimis causis ver-
wendet worden sei, et cum nostram aulam inviserel
Russorum tarn Autocrator (im Sept. des J. 1782,
der damalige Grofsfiirst, spätere Kaiser Paul I.)
et tum cum rex cum regina neapolitana (im Nov.
des J. 1790 der König Ferdinand IV. mit seiner
Gemahlin, Marie Karoline von Österreich) Ducem
adiret et ab eo magno officioruni apparatu colcretur.
quot ithiera in hoc Studium impenderit e schedis
ipsius manu scriptis dilucidabimus. Dieses Ver-
sprechen ist von Lebret nicht eingelöst worden.
Diese schedae kannte der Kanzler Lebret durch
seinen Sohn , den späteren Oberbibliothekar in
Stuttgart (vgl. Anm. 5), welchen Tux (abgesehen
von dem Legat an die Universität) als Universal-
Erben in seinem Testament eingesetzt hatte.
Diese Papiere sind , wie Grüneisen a. O. S. 79
mitteilt, um 1830 in Stuttgart verbrannt worden.
In Stuttgart von mir eingezogene Erkundigungen
nach etwa doch noch erhaltenen Tux'schen Pa-
pieren sind erfolglos gewesen.
1<]) Die unmittelbar vom Original genommenen Ab-
bildungen auf T. 9 geben das Werk etwas ver-
kleinert von drei Seiten gut wieder, doch macht
dasselbe schon als Bronze, dann aber weil Leib
und Glieder stark vorwärts oder rückwärts gehen,
einer mechanischen Wiedergabe besondere Schwie-
rigkeiten, welche nicht sämtlich überwunden
werden konnten. Auch vermochte die Helio-
graphie der Feinheit der Umrisse nicht ganz
nachzukommen. Die beste Abbildung ist die
rechts stehende, die am wenigsten gelungene die
links stehende Vorderansicht, auf welcher der
besonders schöne Oberkörper der Bronze nur
ungenügend zu sehen ist. Die mittlere Ansicht
fällt dadurch auf, dafs die Figur stark nach
ihrer r. Seite überzuhängen scheint. Eine Nei-
gung nach rechts ist freilich vorhanden und er-
klärt sich aus der Situation: der Lenker die Pferde
mit der L. zurückreifsend und an den scharf ange-
zogenen Zügeln einen Halt findend neigt sich,
mit der r. Seite dem r. Arm folgend, zugleich
etwas nach rechts und vorn, weshalb auch das
r. Bein etwas mehr belastet erscheint als das
linke. Aber in der Photographie erscheint dieses
Überhängen in Folge der Projection des Rund-
bildes in die Ebene viel stärker als man es bei
Betrachtung der Bronze selbst gewahrt.
') »Aus drei in die Bodenplatte von unten eingebohrten
nicht durchgehenden Löchern wurden 0,3588 Gr.
Bohrspähne zur Analyse gewonnen. Nach der Ent-
nahme derselben wog die Figur noch 646,92 Gramm
und verlor, im Wasser von 170 C. gewogen,
75,8 Gramm, wonach sich das spezifische Ge-
wicht zu 8,533 berechnet. Das Gewicht vor der
Anbohrung hatte nach obigen Zahlen 647,28 Gr.
betragen. Bei der Kleinheit der aufzuwendenden
Mengen liefsen sich nur die hauptsächlichen Be-
standteile mit hinreichender Genauigkeit be-
l68 Schwabe, Wagenlenker.
Die Statuette ist mit einer sehr schönen Patina überzogen: der Grundton ist grün-
lich-braun, viele über den Körper zerstreute Stellen sind rotbraun (leberfarbig),
einzelne grün. Die Patina ist fein, glatt und zeigt nur hier und da (geringe) Rauheit,
so dafs die Formen nicht gelitten haben, vielmehr dadurch sehr gehoben werden13.
Auf einer kleinen Platte (lang 0,046 m, breit 0,033 m, hoch 0,003 m)13, deren
eine hintere Ecke abgebrochen ist, steht mit beiden nahe zusammen und mäfsig
auswärts gesetzten Füfsen voll auftretend ein nackter Mann, das 1. Bein ein wenig
vor dem rechten, die Kniee etwas eingeknickt. Der Oberkörper beugt sich stark nach
vorn. Ohne die Bodenplatte mifst der Mann 0,161 m: denkt man ihn sich aufge-
richtet, würde er über 0,190 m messen. Der r. Arm geht von der Schulter ziemlich
gerade, nur wenig gesenkt, vorwärts: die r. Hand ist mit der inneren Fläche nach
unten gerichtet, sie stand an den Fingerspitzen höher als an der Handwurzel: das
obere Glied des Daumens und die vorderen Glieder der übrigen Finger fehlen: sie
waren einst nicht gekrümmt: die Hand hatte nichts gehalten. Der 1. Oberarm mit
besonders stark entwickelter Muskulatur geht rückwärts, der Unterarm wieder nach
vorn. Die Finger der linken Hand krümmen sich, doch nicht ganz zur Faust:
zwischen Daumen und Zeigefinger ist ein Loch durchgebohrt, wie wenn die Hand
etwas gehalten hätte oder wenigstens dafür vorgerichtet wäre. Der Hals ist steil
vorgereckt, der Kopf der Richtung des Halses entsprechend gehoben: der Mann hat
einen vollen mäfsig keilförmigen Backen- und Kinnbart, der wie eine ungegliederte
Masse erscheint und nur durch oberflächliche Andeutung parallel von oben nach unten
gehender Wellenlinien der natürlichen Erscheinung genähert ist14. Von dem Kinn-
stimmen, während solche, die etwa nur in Bruch- welche auf meine Bitte die Bronze prüften, da-
teilen von Procenten vorkommen sollten , mög- von etwas gewahren können. Auch die Ansicht
licherweise der Bestimmung entgehen konnten. Grüneisen's erscheint ganz unbegründet, dafs die
Mit Sicherheit wurden als Bestandteile nachge- meisten Schäden der Bronze (er meint damit
wiesen (s. die Angabe im Text). Blei und Zink kleine Unebenheiten, Löcher, Kerben u. dgl.,
konnten in irgend nennenswerter Menge nicht welche diese Bronze so gut wie fast alle andern
aufgefunden werden. Sollten Spuren derselben hat) von dem Bemühen herkämen , den Gold-
vorhanden sein, die sich nur bei Anwendung Überzug abzunehmen.
gröfserer Mengen des Metalls würden nachweisen 13) Die kleine Platte, worauf der Wagenlenker mit-
lassen, so könnten doch die Quantitäten dieser tels zweier von den Füfsen ausgehender ange-
Metalle im höchsten Falle nur wenige Zehntel gossener Zapfen aufgenietet ist, hat bezüglich des
oder nur Hundertstel von Procenten betragen.« Materials ganz dasselbe Ansehen wie das Bild-
LOTHAR MEYER. Die durch diese Analyse werk selbst, ist ohne Zweifel so alt wie dieses
festgestellte Zusammensetzung erhärtet in über- und von Anfang an für dasselbe gemacht und mit
raschender Weise den griechischen Ursprung un- ihm verbunden gewesen. Die eine hintere Ecke
serer Bronze: über ganz ähnliche Zusammen- ist hart am r. Fufs, wo sie durch das Niet-
setzung anderer altgriechischer Bronzen vgl. E. v. loch geschwächt war, abgebrochen: s. die mitt-
Bibra, die Bronzen und Kupferlegierungen der lere Abbildung. Ähnliche Platten, um Bronzen
alten Völker (Erlangen 1869) S. 82. 84. 88. 98. standfähig zu machen, sind ganz gewöhnlich,
Besonders bezeichnend dafür ist das Verhältnis z. B. Arch. Ztg. 1879 T. 7; 1882, T. 1. Athen,
von Kupfer und Zinn sowie das Fehlen von Zink. Mitteil. 3, T. 1.
12) Wenn Grüneisen S. 14 versichert, dafs »sich unter M) Die Schamhaare sind (ähnlich wie die Äugen-
der Pubes eine Spur von Vergoldung zeige«, so brauen) im Umrifs durch eine kleine Erhöhung
habe weder ich selbst noch auch Techniker, ohne Angabe des einzelnen bezeichnet: dabei
Schwabe, Wagenlenker.
169
bart ist der dünne schmale Schnurrbart geschieden: der Mund erscheint ein wenig
geöffnet, die Nase ist an der- Spitze, namentlich auf der r. Seite etwas verletzt. Die
Augen weit geöffnet blicken aufmerksam und gespannt. Die Augenbrauen sind mit
einer feinen, scharfen, erhabenen Linie bestimmt angegeben15. Drei übereinander-
liegende Löckchcn-Reihen umgeben die Stirn. Auf dem Kopf trägt der Mann einen
anliegenden Helm aus Metall, der vorn einen steil aufgebogenen Rand, an den Ohren
je einen Ausschnitt und hinten einen eingezogenen Nackenschild hat. Er war von
einem stattlichen Aufsatz bekrönt, von dem nur Reste vorhanden sind: eine Ansatz-
stelle vorn gerade hinter dem aufgebogenen Helmrand, eine zweite mitten auf der
Höhe des Helms, dann eine dritte hinten und unten, aufserdem hat sich das oben
abgebrochene, sich verjüngende untere Ende des Helmaufsatzes mitten auf dem
Rücken des Mannes erhalten10.
Die Erklärung der Stellung ist längst richtig gegeben. A. Hirt und die Künstler
Chr. Rauch und J. H. Dannecker erkannten zuerst, dafs ein Wagenlenker dargestellt
fehlt nicht eine Andeutung der aufwärts nach
dem Nabel hin wachsenden Haarzeile.
15) Grüneisen a. O. S. 8 nennt »die Augen grofs,
aufgerissen, mit eingegrabenen Pupillen«.
Die letzten Worte bedürfen einer Bemerkung.
Im r. Auge, das ein klein wenig schräge steht,
sieht man mitten eine etwas vertiefte Rundung,
die für eine Andeutung der Pupille gelten könnte,
aber im 1. Auge, das vollkommen gerade steht,
fehlt eine solche durchaus. Dieses 1. Auge quillt
zugleich etwas mehr aus den Lidern hervor als
das rechte. An beiden Augen bemerkt man Ein-
schnitte von einem scharfen Werkzeuge, welche
dieselben beschädigt haben. Ob eine spätere
Hand an ihnen herumgebessert hat? Dies Vorlie-
gen und Schrägliegen der Augen findet sich z. B.
auch bei den Aegineten. Die Bezeichnung der
Pupillen wäre an sich nicht zu beanstanden: sie
findet sich auch an anderen altertümlichen Klein-
bronzen , z. B. der peloponnesischen Kriegersta-
tuette in den Athen. Mitteil. 3, Tf. I und der
kleinen Athene aus Athen in der Arch. Ztg. 1873,
Tf. 10.
16) Der Helm war ohne Zweifel ganz ähnlich denen,
die wir so sehr häufig auf Vasenbildern (schon
auf den ältesten) und sonst abgebildet finden.
Auf der Helmkappe erhebt sich ein hoher,
schmaler, oben gerundeter Aufsatz, welcher hinten
abwärts schwingend in eine lange sich verjün-
gende Spitze ausläuft, die dem Träger des Helms
bis mitten in den Rücken herab reicht. Sonst
sitzt dieser Aufsatz (von der hinteren Spitze
abgesehen) auf der Helmkappe mit seiner gan-
zen Unterkante auf. Bei unserer Bronze war
derselbe nur an den drei im Text bezeich-
neten Stellen mit der Helmkappe im Gufs ver-
bunden. Die beiden ausgesparten Stellen wurden
später wohl noch, um dem Gufs nachzuhelfen,
mit der Feile übergangen, wovon man oben auf
der Helmkappe noch Spuren zu erkennen glaubt.
Diese künstlichere Befestigung des Helmbusches
fand wohl statt um ihn leichter erscheinen zu
lassen. Auf den Vasenbildern findet man oft ge-
rade an der Fuge zwischen Helmkappe und -kämm
mancherlei Verzierungen, z. B. Mon. d. Inst. I, 24.
51. 10, 4. 5. 11, 24. 33. Gerhard's auserles.
Vasenbilder 3, 200. 204. Trinkschalen T. 12. 13.
Welcker's alte Denkm. 3, 24, I. Mein. d. Inst.
2, II. Ann. 1875, FG. Arch. Z. 1883, T. 3
u. s. w. An anderen Kleinbronzen haben sich
Helmbüsche ähnlich dem, welchen wir an der
unsrigen voraussetzen müssen, noch unversehrt
erhalten: so an der Kriegerstatuette aus Dodona
in Berlin (Arch. Z. 1882, T. 1) und an denen in
Florenz und Bologna bei Micali, Mon. ant. T. 38,
2. 3 u. T. 39. Von Backenschilden und einem
Nasenschild, wie sie oft an derartigen Helmen
sich finden, hat unsere Bronze nichts. — Die
untere Spitze des Helmkamms (lang 0,017 nl> breit
0,003 m, hoch obea 0,003 m, unten 0,002 m),
welche sonst vor dem Rücken frei zu schwingen
pflegt, berührt hier den Rücken des Mannes (s.
die mittlere Abbildung), was sich nicht nur aus
der Bequemlichkeit beim Gufs, sondern auch aus
der Stellung des Mannes gut erklärt. Jene Spitze
geht nr.turgemäfs einwärts und berührt den
Rücken, da der Mann den Hals vorstreckt und
den Kopf zurückbeugt.
170
Schwabe, Wagenlenker.
sei17. Dafür spricht in der That Alles, zunächst der feste Stand der beiden nahe
zusammengestellten Füfse mit ganzer Sohle auf der Bodenplatte, welche das Wagen-
brett vorstellt. Eine entschiedene Entlastung des einen Beines wäre bei dem Stofsen
des Wagens, da sich der Lenker für unvorhergesehene Zufälle bereit halten mufs,
nicht am Platze. Ferner ist das Einknicken der Kniee18 sehr bezeichnend für den
Wagenlenker, der bei dem Stofsen und Springen des Wagens, um nicht aus dem
Gleichgewicht zu kommen und vom Wagen geschleudert zu werden, sich etwas in
die Kniee läfst, damit er gleichsam mit der federnden Bewegung des Körpers die
stofsende des Wagens auffangen könne. Besonders aber ist die Haltung des 1.
Armes bezeichnend. Die 1. Hand ist gebildet, wie wenn sich ihre Finger um einen
von ihnen festgehaltenen Gegenstand herumlegten, welcher so dick ist, dafs zwar
Zeige- und Mittelfinger mit dem Daumen zusammenkommen, dafs dagegen die bei-
17) Auf eine Widerlegung der abweichenden Erklä-
rungen darf billig verzichtet werden. F. Thiersch
glaubte den aus Homer (B 827 Ä 88 E 245) be-
kannten Bogenschützen Pandaros zu erkennen,
Walz a. O. den zum Raube des Palladions her-
beischleichenden Odysseus.
ls) Die vorgebückte Haltung und die eingebogenen
Kniee sind auf griechischen Werken bei Wagen-
lenkern häufig: gewöhnlich halten die beiden
gleichmäfsig vorgestreckten Hände die Zügel,
aufserdem oft noch die rechte (selten die linke)
Hand den Stachelstab. Vgl. z. B. die Vasenbil-
der bei Panofka, Bild, antiken Lebens 3, 10.
Mon. d. Inst. 10, 4. 5. 54a. 11, 24.41. Wiener
Vorlegeblätter 5, 7, 2. ^4»». 1874, T. HI. Arch.
Zeit. 1852, T. 41; 1883, T. 1 oder die sicilischen
Münzen bei R. Weil in Baumeister's Denkmälern
des klassischen Altertums 2, S. 957 fr*. Nr. 1130
(Syrakus, s. auch Mon. d. Inst. 1, 19, 1). II 34
(Akragas). 1 138 (Katana). Seltener findet es sich,
dafs die Linke allein die Zügel hat und die
Rechte den Stachelstab: so auf syrakusischen Mün-
zen, z. B. auf der schönen oben S. 163 nach einem
Berliner Exemplar abgebildeten Tetradrachme,
deren Nachweisung ich der Güte M. Fränkel's
verdanke, und auf den dieser sehr ähnlichen bei
Weil a. O. unter Nr. 1140. 1141. 1144. 1145.
In diesen Münzen ist (wie bei unserer Bronze)
der 1. Arm zurückgenommen und im Ellenbogen
stark gebeugt; der r. ist entweder (wie bei un-
serer Bronze) gerade vorgestreckt, hält aber hier
nach den Pferden hin den Stachelstab oder er ist
gleich dem linken im Ellenbogen gekrümmt und
hält den Stab: so in der oben abgebildeten
Münze und bei Weil a. O. Nr. 1140. Über das
unserer Bronze in der Armhaltung recht ähnliche
Monochrom aus Herculaneum s. Anm. 22. Auf
einem etruskischen Elfenbeinrelief {Mon. d. Inst. 6,
46), das in der Haltung des Lenkers unserem
Werkchen sehr nahe kommt, fafst die L. die
Zügel, die R. hält die Peitsche. Ebenso halten
die vorgebeugten Wagenlenker auf dem Wand-
gemälde aus einem Grabe bei Chiusi (Micali,
monum. ant. t. 70) in der 1. vorgestreckten Hand
die Zügel, in der r. Hand einen biegsamen Stab.
— Über einen Torso in Athen (beiSybel Nr. 6852),
der hierher zu ziehen ist, verdanke ich A. Milch-
höfer folgende Mitteilung: »Es befindet sich im
nördlichen Propyläenfiügel ein abbozzierter Torso
aus pentelischem Marmor, der unzweifelhaft einem
Wagenlenker gehört . . . Erhalten vom Ansatz
etwa der Schamhaare (ohne diese) bis über die
Halsgrube; Höhe 0,53, Schulterbreite 0,45. Die
Figur ist ziemlich stark nach vorn gebogen, der
Bauch eingezogen. Der Kopf war nach seiner
rechten Seite gedreht, ebendahin beide Arme fast
parallel ausgestreckt (nur die Stümpfe vorhanden).
Linke Schulter ein wenig höher als rechte. Im
Nacken ein Ansatz, doch wohl Haarschopf. Be-
wundernswert ist die Art wie der Künstler den
Marmor angelegt hat: keine Spur von Punktie-
rung, sondern der Verlauf der Rippen, Muskeln,
die durch die sehnigen Einschnürungen in den
Weichteilen hervorgebrachten Formen sind durch
tiefe Meifselrinnen, welche bis auf die zu erreichende
Epidermis herabgehen, vorgezeichnet. Der Kühn-
heit dieses Verfahrens, welche nur durch das
Auge empfunden , nicht beschrieben werden
kann, entspricht auch die Meisterschaft in der
anatomischen Anlage, welche vollkommen deut-
lich herausleuchtet. Einig mit mir in der Be-
wunderung dieses Stückes war der Bildhauer
Kopf aus Rom, der es im J. 1877 in meiner Be-
gleitung zuerst sah und sogleich abformen liefs.«
Schwabe, Wagenlenker. 1 7 1
den letzten Finger nicht die innere Fläche der Hand berühren. Zugleich ist die
Haltung der Finger, bezw. die Richtung des zwischen Daumen und Zeigefinger noch
nachgebohrten Lochs der Art, dafs nicht sowohl etwas Festes, Stabartiges (z. B. Lanze,
Kentron), als vielmehr etwas Weicheres, Nachgiebigeres gefafst gewesen sein mufs:
dies waren eben die ledernen Zügel. Die stark hervortretenden Muskeln des rück-
wärts gezogenen 1. Oberarms bezeugen die Anstrengung, mit der die Zügel zurück-
gerissen werden. Zu dieser Bewegung stimmt auch vortrefflich der im Ganzen vor-
wärts gebeugte Oberkörper, ferner das durch die Anstrengung des 1. Arms mitbe-
wirkte Zurückgehen der 1. Hälfte des Oberleibes, das gespannte Einwärtsbiegen des
linken Unterarms19, sodann der vorwärtsgereckte Hals, der erhobene Kopf, die Auf-
merksamkeit im Antlitz, die Spannung im Blick", endlich scheint auf den Lippen
des Mundes, der sich eben weiter öffnen will, ein Zuruf an die Rosse zu liegen20.
Auch der vorgestreckte r. Arm fügt sich gut zu dieser Erklärung. Da die Form
der freilich verstümmelten Hand sicher stellt, dafs die Hand nichts gehalten hat21,
so darf man nicht annehmen, dafs sie gleichfalls mit den Zügeln beschäftigt gewesen
sei, oder dafs sie Stachelstab oder Peitsche gehalten habe; auch die Ansicht (s. Walz
a. O. S. 72), dafs der Lenker mit der r. Hand vorgreife, um die von der 1. Hand
zurückgezogenen Zügel noch kürzer zu fassen, hat keine Wahrscheinlichkeit, da sich
in diesem Fall die Finger der Hand gewifs schon zum Zugreifen krümmen würden.
Vielmehr ist die ausgestreckte, nach vorn steil aufsteigende flache Hand eine sehr
bezeichnende Bewegung zur Beruhigung der zu feurig anziehenden Pferde22. Der
erfahrene Lenker nimmt die Pferde fest in die Zügel, spricht ihnen zu und be-
schwichtigt sie, damit kein Tapa'ct— oc (Paus. 6, 20, 15) über sie Herr werde23.
Diese Auffassung unserer Bronze als eines Wagenlenkers bestätigt sich voll-
'■') Der 1. Unterarm ist etwns nach innen gekrümmt 22) Daran ist natürlich nicht zu denken, dafs, wie
(man sehe die mittlere u. die linksseitige Abb.), Welcker bei Walz a. O. S. 74 (= Alte Denkm.
was in der Natur bei normaler Bildung so nicht 2, 182) meint, der Lenker mit der r. Hand ein
vorkommen kann. Doch stört dies kaum. Mit Pferd durch Streicheln an der Mähne besänftigen
Wolters zu Friederichs' Bausteinen S. 51 die »ge- wolle. Weder das von Welcker dafür angeführte
zwungene Haltung« durch die Annahme zu er- Relief von Oropos {Man. d. Inst. 4,5. Welcker's A.
klären , der Lenker habe in der 1. Hand aufser D. 2, T. 9) beweist dies — dort hielt der Lenker
den Zügeln den Stab gehalten, geht nicht an. in beiden Händen die (wahrscheinlich einst durch
Vgl. auch Anm. 18. Farbe angegebenen) Zügel — , noch das ebenfalls
20) Vgl. z. B. 'F 368 m: apij.onro: 8' i'XXoxe [jiv yjlovl von Welcker beigezogene Monochrom auf Marmor
m'XvctTO ltouXußoxt(pTj, äXXoxe 6' dci'Saaxe ]xz-rfipx. aus Herculaneum (W. Zahn, Ornamente und Ge-
T<al 5' dXcerfjpE; üttmocv h ofeppowi, -ocTctase os mälde 2, T. 1. Welcker A. D. 2, T. 10, 16) — dort
)k>[iÖ4 Ixisrou vixrj; Upivtuv . xixXovrO 8£ ofsiv hält der Lenker mit der L. die Zügel und macht
ex«3to? '(v.r.oii, ol 8' eVs'tovto xovfovTE« izMoio. mit der R., wie in unserer Bronze, eine beschwich-
'■") Damit erledigt sich z. B. auch die Ansicht von tigende Bewegung nach den Pferden.
Scholl a. O. S. 283 , der die Stelle der llias lY 23) Wiederholt findet man z. B. bei Griineisen S. 45
326 fr. vergleichend nieint, unser Lenker sei im oder bei Kugler a. O. S. 317. 318 die Ansicht
Augenblick des ' Umfahrens um das Ziel darge- ausgesprochen, dafs man sich die Basis als ur-
steilt, ziehe mit der Linken das 1. Pferd an und sprünglich schräge Wagenplatte vorn erhöht
lasse mit der R. dem r. Pferd den Zügel locker. denken müsse , wodurch die Figur das Überge-
Denn zu diesem Zweck war der Gebrauch beider wicht nach vorn verliere und eine kräftigere
Arme unerläfslich. Stellung bekomme : ebenso gesucht wie unrichtig.
172 Schwabe, Wagenlenker.
kommen auch durch den Vergleich anderer Kunstwerke (s. Anm. 18), wenn ich auch
ein zweites, das bis in alle Einzelheiten stimmt, nicht nachzuweisen vermag. Es
wäre sehr erwünscht, wenn in Folge der neuen Veröffentlichung des Tübinger Wagen-
lenkers Kunde gegeben würde von ähnlichen Statuetten, die sich etwa in öffentlichen
oder privaten Sammlungen versteckt halten.
Man pflegt nun aber gewöhnlich unserem Wagenlenker einen Namen aus der
Sage zu schöpfen, hält ihn, nachdem Grüneisen ihn als Amphiaraos selbst ange-
sprochen hatte, jetzt meistens mit Welcker für dessen Wagenlenker Baton und glaubt
den Augenblick dargestellt, unmittelbar ehe Amphiaraos und Baton mit dem Ge-
spann vom Abgrund verschlungen werden. Der Ausgangspunkt dieser Erklärung
ist die vorgefafste Meinung, dafs dies schöne Werk nur in der Götter- oder Helden-
sage wurzeln könne. »Die Tübinger Bronze« sagt Grüneisen (S. 58) die Benennung
Baton zurückweisend »stellt nun einmal unzweifelhaft einen königlichen Helden, nicht
einen blofsen Wagenlenker dar«. Aber der Augenschein zeigt nichts als einen
»blofsen Wagenlenker«: diejenigen, welche hier Amphiaraos oder Baton sehen, tragen
von aufsen her Gründe für ihre specielle Erklärung zusammen und vermögen sie
nicht aus dem Werkchen selbst zu gewinnen. Denn dafs etwa der Helm genüge
um hier den Amphiaraos zu sichern, oder dafs die in dem Antlitz und der Haltung
des Mannes ausgeprägte Spannung sich nur durch Annahme der Situation des Am-
phiaraos oder Baton erkläre, davon wird Grüneisen niemand überzeugen.
Viel richtiger wird man das Werkchen als das Weihgeschenk eines Wagen-
lenkers auffassen, wofür ja auch schon der kleine Mafsstab der Ausführung spricht:
so reiht es sich einer grofsen Gattung bequem ein und wir bedürfen keiner künst-
lichen Stützen der Erklärung. Wir besitzen Reliefs, welche für einen Wagensieg
geweiht sind (vgl. z. B. Le Bas, voyage, inon. fig. pl. 92, 2 und athen. Mitteil. 3, 414.
R. Schöne, Reliefs Nr. 73), wir besitzen auch andere Wagenlenker- Statuetten, die
gewifs gleichfalls als Votive aufzufassen sind: namentlich hat Olympia solche gelie-
fert. In den tiefsten Schichten um die Altäre fanden sich neben Tier-, Reiter- und
Krieger-Figuren namentlich auch solche von Wagenlenkern aus Bronze und Terracotta
in rohster Arbeit: zwei aus Bronze sind abgebildet in den »Ausgrabungen« 4, T. 21,
5. 6. Beide stehen auf dem nur aus Stabwerk ohne feste Wandung gebildeten
Wagen (die Pferde fehlen), beide nackt, nur den Kopf deckt eine spitze Mütze oder
ein breitrandiger Hut. Der eine (Nr. 5) hält noch in den beiden vorgestreckten
Armen die Enden der Zügel. Dann fanden sich auch einzelne Statuetten von Wagen-
lenkern ohne Wagen, kenntlich an der spitzen Mütze und der Armhaltung: davon
ist eine abgebildet »Ausgrabungen« 3, 24B, 1. Endlich auch nur ein Wagen als
Votiv (wie sonst ein Helm, ein Schild, ein Diskos geweiht wird): »Ausgrab.« 2, 31.
Vgl. darüber A. Furtwängler, die Bronzefunde aus Olympia, Abh. d. Berl. Akad.
d. Wissensch. 1879, S. 29 ff. So erklären wir auch unseren Wagenlenker als ein
Votivbild an einen Gott für einen Wagensieg gleich jenen olympischen24.
24) So weihte z. B. der Krieger Kcipjjio; (oder Kä- Sieg: s. die lakonische Bronze in den athen.
ptXo?) sich selbst im Bilde dem Apollon für einen Mitteil. 3, T. 1.
Schwabe, Wagenlenkcr.
173
Näher als diese ungeschlachten olympischen
Bronzen vergleicht sich unserem Werk eine Bronze,
welche am 12. März 1883 auf der Akropolis zu Athen
bei Gelegenheit der zwischen der S.-O. Ecke des
Parthenon und dem Museum damals veranstalteten
Ausgrabungen gefunden wurde und jetzt in eben
diesem Akropolis-Museum aufbewahrt ist. Ich habe
sie kurz nach der Auffindung selbst dort gesehen. Die
beistehende Gillieron'sche Skizze davon wird der Ver-
mittlung des Herrn P. Wolters verdankt, der dazu be-
merkt: »Hoch 0,090 m. Ob die Linke die Rückseite
nach oben oder unten kehrt, ist nicht mit Sicherheit zu
sehn. Löcher in beiden Händen. Die Figur ist durch
sehr starken Rost entstellt«. Dafs ein Wagenlenker
dargestellt ist, lehrt der Augenschein: die beiden
Hände sind für das Fassen der Zügel vorgerichtet. Der Lenker läfst nicht den Pferden
die Zügel, sondern er zieht an, hierin dem Tübinger ähnlich. Dies zeigt die Haltung
namentlich der rechten Hand und das tiefe Einsinken der Oberschenkel in die Kniee:
letzteres findet sich öfters bei Wagenlenkern: s. z. B. Arch. Ztg. 1853, T. 55. Mon.
d. Inst. 8, 3. Wiener Vorlegebl. 5, 7, 2. Overbeck Gall. her. Bildw. T. 8, 1. Ob der
Mann Hut oder anliegenden Helm trägt, bleibt bei der schlechten Erhaltung der
Bronze unsicher, ebenso läfst sich auch über den Stil kaum etwas sagen. Nur
empfehlen der Fundort und die gleichzeitig bei jenen Ausgrabungen gefundenen
Gegenstände die Annahme, dafs die Bronze der altertümlichen Kunst — ebenso wie
die Tübinger — angehöre: wofür auch die Schmalheit der Hüften spricht. Auch
diese athenische Bronze ist gewifs als Weihgeschenk aufzufassen und stützt somit
unsere Erklärung. Diese kleinen Gaben vertraten für kleine Leute die Stelle der
prächtigen Zwei- und Viergespanne, welche Vornehme und Reiche nach erlangtem
Wagensieg von berühmten Künstlern als Weihgeschenke herstellen liefsen, wie z.B.
in Olympia ein Wagen mit Wagenlenker (aptxa yotXxouv xal äv7)p ävaßcßriy.wc eir' oiöto
Paus. 6, 12, 1) stand, der für dortige Siege des Hieron geweiht und von Onatas ver-
fertigt war. Ohne Zweifel dienten auch die anderen Zwei- oder Viergespanne, von
deren Verfertigung durch namhafte Künstler, wie Kaiamis, Euphranor, Lysippos
u. A., wir hören, wenigstens zum gröfseren Teil, demselben Zweck, und wir ver-
stehen leicht, dafs die häufige Behandlung dieses künstlerischen Vorwurfs auch der
Darstellung der Wagenlenker zu gute kam, dafs man mehr und mehr auf beson-
ders sprechende, der Handlung angepafste Haltung derselben hingeführt wurde:
ein Gesichtspunkt der auch beachtet sein will bei der von Plinius 34, 71 gegebenen Nach-
richt, dafs einen (offenbar durch schematische Haltung später auffällig gewordenen)
Wagenlenkcr des Kaiamis Praxiteles durch einen Lenker von seiner Hand ersetzte25.
'") Scholl a. O. S. 278 hat Griineisen's mythologi-
sche Erklärung der Tübinger Figur mit guten
Gründen angefochten, aber ohne Nachfolger zu
finden. Freilich seine eigene Erklärung, wonach
174
Schwabe, Wagenlenker.
Dafs unsere Bronze etwa nur den Teil eines einst vollständigen Gespannes
darstelle, dafs demnach der Wagen (bis auf das Bodenbrett) und die Pferde verloren
seien, ist ganz unwahrscheinlich. Dagegen spricht schon die Form der gewifs gleich
alten (s. Anm. 13) Unterplatte. Vielmehr konnte und mufste hier, wie bei jenen
einzelnen Wagenlenkern aus Olympia und wie wohl auch bei der athenischen Bronze,
allein der Lenker, der das Gelübde vollzog, in der charakteristischen Stellung seines
Berufs genügen (vgl. Friederichs-Wolters, Bausteine S. 101).
Die Nacktheit des Lenkers darf nicht auffallen: die griechischen Wagenlenker
trugen freilich nach Ausweis der Kunstwerke gewöhnlich einen langen schlichten
Chiton; doch finden sich viele Ausnahmen von dieser Regel. Unser Künstler stellte
den Lenker nackt dar, weil dadurch die Gestalt um vieles ausdrucksvoller wurde:
solche Abweichung von der Wirklichkeit gestattete sich je nach künstlerischem Be-
dürfnis die griechische Kunst unbedenklich. Sehr nahe liegt auch hier der Vergleich
mit den Aegineten (s. gleich unten), welche nackten Leibes gebildet sind und nur
Helm, Schild und Lanze tragen. Übrigens sind ja auch jene oben erwähnten Lenker
aus Olympia von der Kopfbedeckung abgesehen nackt, ebenso der genannte in Athen.
Den Helm hat der Künstler dem Lenker gegeben, um die Stattlichkeit der Erschei-
nung zu erhöhen26.
Das Hauptinteresse erregt aber die Bronze durch ihren Stil und die meister-
liche Ausführung. Schon F. Thiersch, welcher den hier verborgenen Schatz 1827
für die Wissenschaft entdeckte, wies auf die allerdings für jemand, dem die Aegineten
täglich vor Augen waren, unverkennbare Ähnlichkeit mit diesen hin. Dann ist
namentlich Grüneisen (a. O. S. 16 ff.) diesem Gesichtspunkt in sorgfältiger Ausführung
nachgegangen. Von Äufserlichkeiten abgesehen, wie z. B. der Nacktheit des Kör-
pers, der Haar- und Barttracht oder der Form des Helmes, erinnert vor allem an
sie die gleichmäfsige Genauigkeit und Schärfe der Arbeit im Körperlichen, die
Sicherheit bis in's einzelne. Der hagere, in den Hüften schmale, etwas hochbeinige
Körper (von 7'/, Kopflängen, der in dieser Schmalheit und Länge die Aegineten
die Figur das Siegesbild eines wagenlenkenden
Fürsten darstellt, der eben um die Meta fahrt, ist
auch nicht zu billigen. Der Helm reicht für die
Annahme des fürstlichen Wagenlenkers nicht aus,
die Haltung der Hände erlaubt nicht die An-
nahme des Umfahrens der Meta (s. Anm. 21);
das kleine Werk endlich will uns als Weihge-
schenk eines Fürsten etwas zu dürftig vorkom-
men. Aber Scholl hat sich doch von dem Bann
der mythologischen Erklärung befreit.
26) Über den langen Chiton als regelmäfsige Tracht
der griechischen Wagenlenker vgl. die oben
Anm. 18 angeführten Kunstwerke und z. B. W.
Heibig, d. homer. Epos aus den Denkm. er-
läutert S. 118. 119. A. Michaelis, d. Parthenon
S. 245. Vollgerüstete Wagcnlenker z. B. Mon.
d. I. 10, 54 a. 11, 24. Nackt (auch ohne Kopf-
bedeckung) bis auf einen über die Schulter oder
Arme zusammengefalteten Mantel sind die Lenker
z. B. in den Wiener Vorlegeblätt. 5, 7, 2 und in
Baumeister's Denkmälern 2, S. 959 Nr. 11 34.
Der Lenker (Baton) auf der korinthischen Vase
Mon. 10, 4. 5 trägt den langen Chiton und dazu
den Helm. Auf der Vase des sog. Dipylonstils
in den ^4««. 1872, T. 1 hat der Lenker den
Helm und einen gegürteten bis zu den Knieen
reichenden Chiton. Auf den Anm. 18 erwähnten
Grabgemälden aus Chiusi trägt von den beiden
langgewandeten Wagenlenkern der eine den Helm,
der andere eine anliegende Kappe, auf einer ar-
chaischen Terracotta in Paris (Gazelle ar.cheol.
1883, t. 49) hat der Wagenlenker den Helm und
über dem langen Gewand noch den Panzer.
Schwabe, Wagenlenker. 175
noch etwas überbietet) steht dem sehnigen, gestählten Lenker gut an. Besonders be-
zeichnend sind die vorn und seitwärts flachen Oberschenkel (s. die Abbildung rechts),
das hohlleibige des vorgebeugten Oberkörpers, der bestimmte Ansatz der Weichen,
und namentlich der deutlichst herausgearbeitete Brustkorb. Die Hände und Vorder-
arme haben gelitten und stehen überhaupt dem übrigen etwas nach: um so schöner
sind die Füfse. Die Vorzüge der Aegineten sind in unserer Bronze bewahrt ohne
jene der Natur widersprechenden Eigentümlichkeiten derselben, z. B. in der Bildung
des Brustknorpels, des geraden Bauchmuskels, der Füfse (s. M. Wagner's Bericht
über die aeginet. Bildwerke S. 97 ff.), der schrägen und vorliegenden Augen (doch
s. Anm. 15).
Aufser der lebensvollen Ausführung des Körperlichen verdient auch die auf's
glücklichste der Handlung angepasste und künstlerisch abgewogene Stellung unsere
Bewunderung. Man beachte z. B. den Gegensatz im Vor- und Zurückgehen der Arme
und Beine, der rechten und linken Körperhälfte, dann die leise Wendung des Kopfes
nach rechts, welche zu der beschwichtigenden Bewegung der Hand stimmt u. s. w.,
und man wird in dem kleinen Werk einen unerwarteten Reichtum künstlerischer
Motive entdecken27.
Wie im rein Körperlichen unsere Bronze einen Fortschritt über die Aegineten
zeigt, so auch im Geistigen. Der Zwiespalt, der uns bei den Aegineten stört, wenn
wir die Köpfe mit den Leibern vergleichen, ferner jenes aktmäfsig Schematische
in den Stellungen der Aegineten ist hier überwunden. Der Archaismus, der in den
Aeginetenköpfen wie eine Fessel empfunden wird, ist hier so weit gemildert, dafs
Antlitz und Körper vollkommen harmonisch zusammengehen, ohne dafs der eigen-
artige Reiz, welchen die archaische Kunst ihren Schöpfungen zu verleihen weifs,
irgendwie in seiner Unmittelbarkeit und Frische litte. Der gehaltene Ausdruck des
feinen aufmerksamen Gesichts stimmt zur Handlung vortrefflich. Bei dieser wohlthuen-
den Harmonie zwischen Erfindung und Ausführung ist die Frage müfsig, ob dem
Künstler des kleinen Werkes etwa nur das Verdienst der letzteren, nicht aber auch,
sofern er vielleicht von einem Vorgänger den Typus entlehnte, das Verdienst der
ersteren zukomme: denn es fehlen uns alle Mittel sie genügend zu beantworten.
Die Ähnlichkeit mit den Aegineten beweist natürlich nichts für Herkunft aus
Aegina: wenigstens an peloponnesische könnten wir denken, wenn damit etwas ge-
wonnen wäre. Später als in die Mitte des fünften Jahrhunderts wird man die Her-
stellung der Bronze nicht ansetzen dürfen: wahrscheinlich wurde das Werk noch etwa
ein Jahrzehnt früher verfertigt.
Tübingen.
L. Schwabe.
2") Overbeck, Gesch. d. gr. Plastik I3, 189 nennt chaischen Bronzen«: ich habe dagegen nichts
unsere Bronze »die Krone . . . vielleicht aller ar- einzuwenden. .
-J ^Xn^cKj^jü , ^+^"
DAS PLATÄISCHE WEIHGESCHENK
IN DELPHI.
Das interessanteste Denkmal altgriechischer Zeit in Constantinopel ist die
bronzene aus drei in einander gewundenen Schlangenleibern gebildete Säule auf dem
Atmeidan, dem früheren Hippodrom der byzantinischen Kaiser. Das über fünf
Meter hohe Denkmal, das seit der Erhöhung des Atmeidan im Jahre 1630 bis fast
zu seiner Mitte verschüttet war, ist 1855 durch Newton völlig blofsgelegt und die
auf den untersten Schlangenwindungen befindliche Inschrift von Dethier und Frick
im Januar 1856 entdeckt und veröffentlicht worden1. Seitdem gilt es fast allgemein
für gesichert, dafs die Schlangensäule ein Überrest des Weihgeschenkes ist, welches
die Hellenen nach dem Siege bei Platää dem Delphischen Apollon errichtet haben3.
Nach dem Berichte des Herodot bestand das Weihgeschenk aus einem gol-
denen Dreifufse über einer dreiköpfigen ehernen Schlange, und Thukydides überliefert,
der Spartanerkönig Pausanias, der Oberbefehlshaber in der Schlacht bei Platää,
habe auf dem Anathem ein Elegeion anbringen lassen, in dem er sich selbst Sieger
über die Meder und Stifter des Weihgeschenkes nannte. »Dieses Elegeion liefsen
die Lakedämonier gleich damals von dem Dreifufs wieder abmcifseln und schrieben die
Namen der Städte darauf, die zusammen die Barbaren besiegt und das Weihgeschenk
aufgestellt hatten« (Herodot IX 81, Thukydides I 132; s. unten S. 180. 184). Von den
späteren Schicksalen des Denkmales wissen wir, dafs es im zweiten heiligen Kriege
durch die Phokier seines Goldschmuckes beraubt worden, aber in verstümmeltem
Zustande bis in das vierte Jahrhundert n. Chr. in Delphi verblieben ist. Constantin
liefs dann den platäischen Dreifufs wie so viele altberühmte Denkmäler nach Byzanz
bringen und im Hippodrom der neuen Hauptstadt aufstellen3.
Die Namenliste von einunddreifsig als Mitkämpfer in den Schlachten von
Salamis und Platää aus Herodot bekannten griechischen Staaten, dazu Theile einer
Überschrift sind auf dem Schlangengewinde in Constantinopel erhalten. Die In-
schrift ist also eine historische Urkunde ersten Ranges, und das bronzene Schlangen-
*) Newton, Travels and discoverics in the Levant, Ursprung der Schinngensäule zu bezweifeln (Vgl.
II S. 25; Frick, Jahrbücher für Philologie 1862 Göttinger Nachrichten 1861 S. 361 ff., Archäo-
S. 441 ff., Supplementband III S. 487 fr.; Dethier logische Zeitung 1867 (Bd. 25) S. 137»), erledigen
und Mordtmann, Epigraphik von Byzantion sich wie ich glaube durch die im folgenden nach-
(Denkschriften der Philos. -histor. Classe der gewiesene thatsächliche Unrichtigkeit def früheren
Wiener Akademie Bd. XIII 1862). Vgl. Röhl, Angaben, auf denen sie beruhen.
Inscriptiones Graecat antiquissimac 70; Friederichs- 3) Vgl. die genauen Darstellungen der Geschichte
Wolters 227. des Weihgeschenkes bei Frick (in der Abhand-
2) Die Bedenken, welche Ernst Curtius und Andere lung in den Supplementbänden) und bei Dethier
seiner Zeit veranlafst haben, den Delphischen und Mordtmann.
Jahrbuch des Instituts 1886.
Zu Seite 176
Fabricius, Das platäische Weihgeschenk. \JJ
gewinde selbst gehört zu den werthvollsten Überresten, die wir von antiken Ana-
themen besitzen.
Der Wichtigkeit des Monumentes sind die bis jetzt vorliegenden Publikationen
der Inschrift und der Säule durchaus nicht entsprechend; nicht einmal über den
Thatbestand geben sie genügende Auskunft. Bei der letzten Aufnahme der Inschrift
durch Dethier und Mordtmann ist zwar (S. 3 ff.) verzeichnet, welche Buchstaben
, sicher und welche »sehr undeutlich sind und bestritten werden können«; dagegen
sucht man vergeblich nach einer genaueren Angabe dessen, was von den als un-
sicher bezeichneten Buchstaben erhalten ist, und welche sonstigen Lesungen die
erkennbaren Reste gestatten würden. Auch sind in allen Publikationen die Schrift-
formen nur ganz im Allgemeinen nachgeahmt, nicht mit der Treue wiedergegeben,
die man bei einem so hervorragenden und fest datirbaren epigraphischen Denkmale
verlangen mufs. Die Abgüsse der Schlangensäule können, ganz abgesehen davon
dafs sie nicht Jedermann zugänglich sind, diesen Mangel nur zum Theil ersetzen,
weil auf dem Gips nur die am besten erhaltenen Namen — etwa die Hälfte —
sichtbar sind.
Von der Säule selbst ist niemals eine genaue Aufnahme angefertigt worden; in
den veröffentlichten Zeichnungen beruht nur die Wiedergabe des unteren Theiles auf
Messungen, das Übrige auf Schätzung. Endlich stehen sich hinsichtlich der Rekon-
struktion des Weihgeschenkes noch immer zwei Ansichten gegenüber. Dethier und
Mordtmann sahen in der Schlangensäule den Untersatz für den goldenen Dreifufs,
dessen Beine sie sich durch die nach drei verschiedenen Seiten gewandten Schlan-
genköpfe getragen dachten4. Dagegen ist betont worden, dafs die Oberfläche des
1848 bei der Sophienkirche in Constantinopel gefundenen Oberkiefers eines der drei
Schlangenköpfe keine Befestigungsspuren zeige, und ferner, dafs keinerlei Analogien
eines solchen Dcnkmales, wie Dethier und Mordtmann das Weihgeschenk rekon-
struiren, sich aus dem Alterthume nachweisen lassen, dafs Schlangenleiber vielmehr
niemals bei altgriechischen Geräthen als statische Stützen und säulenartige Träger
verwendet worden sind 5. Mehr Beifall hat die von H. Strack vorgeschlagene
Wiederherstellung des Denkmales gefunden. Nach ihm hat man sich das Schlangen-
gewinde in der Mitte zwischen den Beinen des Dreifufses unterhalb des Kessels an-
gebracht zu denken, derart, dafs zwischen je zwei Beinen immer einer der drei
Köpfe sichtbar wird. Das so rekonstruirte Denkmal ist nur in einer sehr flüchtigen,
nicht einmal von Strack selbst herrührenden Skizze veröffentlicht worden, die natür-
lich nicht befriedigen konnte6.
Ein Aufenthalt in Constantinopel im September 1885 bot mir Gelegenheit,
das Schlangengewinde auf dem Atmeidan genauer untersuchen und eine neue Copie
der Inschrift anfertigen zu können. Nach dieser in halber Originalgröfse ausge-
führten Zeichnung ist die Inschrift, mechanisch auf ein Achtel des Originals ver-
kleinert, auf der Beilage wiedergegeben worden.
*) Vgl. die Abbildungen a. a. O. Tafel II und IV. 5) Curtius, Gott. Nachrichten 1861 S. 385.
6) Bei Dethier und Mordtmann Tafel III Fig. 24 c.
178 Fabricius, Das platäische Weihgeschenk.
Dank dem freundlichen Entgegenkommen des Herrn Regierungsbaumeister
Paul Graef können wir auf derselben Beilage jetzt auch eine mit Hülfe des Berliner
Abgusses ausgeführte genaue Aufnahme des Schlangengewindes in geometrischer
Zeichnung mittheilen. Ferner hat Graef es unternommen, mit Benutzung der Idee
Stracks, für die Gestaltung des Einzelnen aber auf Grundlage seiner in Olympia
ausgeführten speciellen Studien über die Formen der anathematischen Dreifüfse, wie
sie sich aus den bei den Ausgrabungen gefundenen Theilen von solchen ergeben,
eine neue Rekonstruktion des delphischen Denkmals zu entwerfen. Seine mit grofscr
Sorgfalt ausgeführte Originalzeichnung konnte technischer Schwierigkeiten wegen
leider nicht unmittelbar reproducirt werden, und wir mufsten uns daher auf die
unten S. 190 mitgetheilte Wiedergabe einer kleineren Skizze beschränken.
I. DIE INSCHRIFT.
Das Schlangengcwinde steht gegenwärtig in einer fast drei Meter tiefen,
brunnenartig ausgemauerten und mit einem Eisengitter umgebenen Grube, in die man,
um zur Inschrift zu gelangen, hinabsteigen mufs. Die Inschrift ist in einem senk-
rechten, schmalen Streifen über die dritte bis dreizehnte Windung von unten
eingegraben. Während die untersten Theile gut erhalten sind, werden weiter nach
oben die Schriftzeichen immer undeutlicher, so dafs man anfangs von der Über-
schrift auf der dreizehnten und den drei ersten Namen auf der zwölften Windung
kaum eine Spur zu erkennen vermag. Die Oberfläche der betreffenden Schlangen-
windungen ist nämlich nicht nur stark abgeschliffen und stellenweise durch Oxydation
zerstört, sondern über und über mit tiefen Scharten bedeckt, die augenscheinlich
von Säbelhieben herrühren. Erst nachdem sich das Auge an den eigenthümlichen
Charakter der Schriftzüge gewöhnt hat, deren Linien nicht durch einzelne kräftige
Hiebe eines grofsen Meifsels hergestellt, sondern mit einem feinen Instrument all-
mählich eingearbeitet sind, ist es möglich, die Buchstabenreste von Säbelhieben
und zufälligen Verletzungen mit Sicherheit zu unterscheiden.
An zwei Stellen ergab meine Copie Abweichungen von den älteren Abschrif-
ten. Auf der elften Windung lasen Frick wie Dethier und Mordtmann SEKVONIOI.
Ich vermochte dagegen nur SIKVONIOI zu erkennen und halte die Möglichkeit einer
Ergänzung des Iota zu Epsilon für ausgeschlossen. Vor dem Originale habe ich
darüber notirt: »die Stellung von I (genau in der Mitte zwischen X und K) spricht
für Iota, von Querhasten sehe ich keine Spur. Oben an I sind zwei Abschürfungen,
eine gerad und eine schief, kein Rest einer scharfen Buchstabcnlinie. Die senkrechte
Hasta ist vollkommen deutlich, scharf und tief, die horizontalen Hasten müfsten
also viel weniger tief gewesen sein«. Der Fehler der früheren Abschriften ist offen-
bar aus der falschen Voraussetzung entstanden, dafs Sexooviot, die epichorische Form,
die sich auf der Mehrzahl der vielverbreiteten Sikyonischen Münzen findet, die allein
zulässige sei7.
*) Auch Frick hat ursprünglich richtig SwutfvtOl Stxudvtot konnte nach der zweiten Lesung nicht
gelesen; er sagt darüber S. 496: »Die Form mehr bezweifelt werden. Sie wird durch Münzen
Fabricius, Das platäische Weihgeschenk.
179
Wichtiger ist die zweite Abweichung; sie betrifft die Überschrift. Frick,
Mordtmann und Dethier haben auf der dreizehnten Windung gelesen:
APOAONIOO
N MATON
Gleich bei der ersten Nachprüfung ergab sich mir, dafs diese Lesung unmöglich
richtig sein könne. Von einem A am Anfang von Z. 1 vermochte ich auch nicht
die geringste Spur zu erkennen. Die Stellung des n genau in der Senkrechten über
den übrigen Zeilenanfängen schliefst geradezu die Möglichkeit aus, davor einen Buch-
staben zu ergänzen. An Stelle des zweiten O in derselben Zeile war ganz deutlich
ein E zu lesen, statt Nl ein M etc.
Rein mechanisch, ohne zunächst auf den eventuellen Sinn Rücksicht zu
nehmen, gelangte ich selbst zu der auf der Zeichnung genau wiedergegebenen
Lesung:
I O
POAFMON
POA MFON
Zeile 1 ist das O zweifellos8, davor ist eine senkrechte Hasta sicher; sie sieht
ganz wie die übrigen Buchstabenreste aus, kein glatter Schnitt, sondern eine Reihe
kleiner Schlitzchen. Links davon parallel eine zweite Linie, die von einem Buchstaben
stammen aber auch zufällig sein kann. Hinter O könnte ein Buchstabe durch Oxy-
dation verloren sein; weiterhin ist die Oberfläche wieder intakt, Buchstabenspuren
sind hier nicht wahrzunehmen. Sie miifsten also vollständig weggeschliffen sein,
was unbedenklich angenommen werden kann, da die obere Hälfte der einzelnen
Windungen immer besonders stark abgerieben ist, während die nach unten ge-
wendeten Theile mehr geschützt waren.
Zeile 2 ist POAEMON ganz sicher. Von dem E fehlt nur der unterste Quer-
strich (durch Oxyd weggefressen); das M ist sehr breit, aber bis auf das untere
Ende der dritten Hasta ganz erhalten; nur von dem N ist die dritte Hasta nicht
sicher zu erkennen. Hinter N könnte noch etwas gestanden haben, doch ist auf
dem kleinen rostfreien Stück dahinter keine sichere Spur.
Zeile 3 sind die Buchstaben POA MEON sicher, der vierte Buchstabe ist
durch Oxydation zerstört, ebenso wie der unterste Querstrich des E. Vor P hat
sicher nichts gestanden, hinter N ist die Oberfläche zerstört, aber es scheint nichts
mehr gefolgt zu sein. Höchstens 2 Buchstaben liefsen sich ergänzen, da weiterhin
die Oberfläche wieder intakt ist und keine Schriftspuren zeigt9.
bestätigt«. In der späteren Abschrift von Mordt-
mann und Dethier ist das E als zur Kategorie 4
gehörig bezeichnet, zu »den kaum erkennbaren
und deswegen nicht sicheren Buchstaben«.
8) Auch die ersten Herausgeber hatten dieses Omi-
kron bemerkt; Frick S. 496: »Bei der ersten
Auffindung der Widmungsworte meinten wir an-
fangs über dem P von APOAONI ein O lesen
Jahrbuch des archäologischen Instituts I.
zu müssen. Spätere Revisionen überzeugten uns
von einem Irrthum«.
9) Die obenstehenden angesichts des Originales auf-
gezeichneten, nur neu redigirten Bemerkungen
hat Fr. Kopp, der gleichzeitig mit mir in Con-
stantinopel war und mich bei der Untersuchung
der Schlangensäule wiederholt freundschaftlich
unterstützt hat, vor dem Original genau kon-
14
l8o Fabricius, Das platäische Weihgeschenk.
Über den Erhaltungszustand einzelner Buchstaben der Namen hier genau
Rechenschaft zu geben, scheint, da die Lesung und Ergänzung nirgends zweifel-
haft ist, überflüssig. Nur das mufs ich bemerken, dafs von den Buchstabenresten,
die Dethier und Mordtmann auf den Windungen 8, 9 und 10 (von unten) unter den
jedesmal wohlerhaltenen drei Namen verzeichnet haben, ich auch nicht die geringste
Spur zu erkennen vermochte. Da es sich um die am meisten geschützten Plätze han-
delt, ist es nicht zu begreifen, wie die betreffenden Schriftzeichen so abgeschliffen
sein sollten, dafs sie nur unter besonders günstigen Umständen sichtbar wären.
Auf Grund der älteren Lesung hatte Göttling 10 die Überschrift hergestellt:
A~6X(X)(uvt i)[s](ü[t vxdaavi | d]v[ai>irj]ij.' octtö M[yj3<dv], eine Fassung, die allgemein An-
klang gefunden hat. Nach der neuen Lesung sind TroXsp-ov in Zeile 2 und [s]-oX[s]p.£Ov
in Zeile 3 ohne weiteres klar und damit der Inhalt der Überschrift im Wesentlichen
gegeben. Das Augment von ciioXsfisov kann am Anfang von Z. 3 nicht ergänzt wer-
den, es mufs also am Ende von Z. 2 gestanden haben. Das blofse töv 7t6Xsp.ov eto-
XI[i.sov entspräche nicht dem alten Sprachgebrauch: dieser verlangt einen pronomi-
nalen Hinweis auf die nachfolgenden Namen. Daher wird in Zeile 1 nicht t]ö[v,
sondern t]o[igs töv zu ergänzen sein, und es ergiebt sich nun, dafs in jeder Zeile
gleich viele Buchstaben standen:
TO I AETON xoiOE tov
POAEMONE TroXsfwv i-
TOAEMEON ttoXsiasov.
Dieses auch äufserlich befriedigende Resultat wird als ein Beweis für die Richtig-
keit der Ergänzungen gelten können.
Wie verhält sich nun die somit wiedergewonnene Lesung zu den Nachrichten,
die wir über die Fassung der Aufschriften auf dem Denkmale haben? Die Stelle bei
Thukydides lautet wörtlich: I 132: (llotuaavia?) iitl töv Tpi'-ood uoxe töv ev AsX^ot?,
8v ävsöscsav 01 "EXXt)vej diro twv Mtjoüjv dxpofh'viov, r^uocrsv STrtYpd^otJÖat gwtö? IZi'x tö
IXsfeToV TOOS'
'EXXrjVtov äpyrfloi; iirsl aTpaxov (oXsas M^3<ov
riausavta? <I>ot'ß(p fJ.V7j[j.' ocve&yjxs toos.
tö fisv ouv iXs-yetbv ot Aaxs8atfj.ovtot s£ex6Xoc'Jw suöu? tote d-ö tou Tpiirooo; touto xal ira-
"Cpai|iav ovofj.a<JTi toi? uoXst? oaat £u-pcairsXouaai tov ßdpßotpov saTTjaav tö dväör^a. Ergänzt
wird die Thukydideische Mittheilung durch eine Angabe bei Diodor, die am Schlüsse
des Berichtes über die Schlacht bei Platää steht, XI 33, 2: rA 8' "EWrpzz Ix täv Xotcpu-
pouv Ssxdr/jv I£eX6[asvoi xccTsaxcuaaav ypuaouv TptTroSoc, xal dvEÖTjxav sl( AsXcpoö» e-rYpd^avTS?
IXs-ysTov toSe*
"EXXttSo? süpuyopou aioTT(p£? tov3' äv£\)rtY.av
8ooXoauv7j? <JTU"(£pa? puadjxsvot ttoXw,.
Diodor knüpft daran die Mittheilung der beiden aus Herodot bekannten Inschriften
von den Gräbern in den Thermopylen.
trolirt und sich ausdrücklich mit allem einver- 10) Commentariola de inscriptione monumenti Platae-
standen erklärt. ensis. Jenae, 1861 et 62.
Fabricius, Das platäische Weihgeschenk. l8l
Da sich das von Diodor für das delphische Weihgeschenk überlieferte Epi-
gramm mit der vermeintlichen Überschrift der Namenliste auf der Schlangensäule
nicht vertrug, hat Frick einen von Nipperdey11 an der Echtheit des ersteren ge-
äufserten Zweifel aufgegriffen und zu beweisen versucht, dafs das Epigramm bei Diodor
gefälscht sei. Nipperdey und Frick berufen sich in erster Linie darauf, dafs Thuky-
dides jenes Epigramm nicht mittheile noch überhaupt von einer zweiten metrischen
Aufschrift spreche. Dabei lassen die beiden Gelehrten aber völlig den Zusammenhang
aufser Acht, in welchem Thukydides die Inschriften auf dem delphischen Dreifufse
erwähnt. Bei ihm stehen nicht, wie bei Diodor, die Siegesdenkmale der Perserkriege
im Mittelpunkte der Erzählung, sondern die letzten Schicksale des Pausanias. Die
Fassung des älteren Epigrammes, die eine der Hauptanschuldigungen gegen den Spar-
tanerkönig gebildet hat, mufste Thukydides natürlich wörtlich mittheilen, während alle
ausführlicheren Angaben über die zweite Aufschrift als nicht zur Sache gehörig den
Zusammenhang nur störend unterbrochen hätten. Die übrigen von Frick gegen die
Echtheit des Epigrammes bei Diodor angeführten Gründe — die Ungenauigkeiten
in der Schilderung der Schlacht von Platää selbst gegenüber dem Herodoteischen
Bericht und dergleichen — wären nur dann von Belang, wenn Diodor sich mit
seiner Überlieferung im Widerspruch mit anderen Quellen befände, was durchaus
nicht der Fall ist.
Die neue Fassung der Überschrift über der Namenliste auf dem Schlangen-
gewinde entspricht der Angabe des Thukydides über den Inhalt der zweiten Auf-
schrift auf dem Denkmale nur halb, insofern nämlich in den erhaltenen Worten die
Griechenstädte zwar als Theilnehmer an dem Kriege, nicht aber als Stifter des
Weihgeschenkes bezeichnet werden. Dafs Letzteres überhaupt gefehlt hätte, ist
namentlich im Hinblick auf das ausgemeifselte Pausanias - Epigramm undenkbar.
Das blofse xoios xiv ttoXsixov Itto^sjasov konnte nicht genügen; daneben mufs eine
förmliche Weihinschrift auf dem Denkmale gestanden haben. Diese Forderung wird
auf das Beste erfüllt, wenn wir das Epigramm Diodors zu der erhaltenen Inschrift
hinzunehmen. Der Gedanke, den jenes in poetisch schöner Form zum Ausdrucke
bringt, ist ebenso wie die wirkungsvolle Kürze der prosaischen Aufschrift des Sieges-
denkmales der hellenischen Freiheitskämpfe durchaus angemessen.
Eine weitere Bestätigung dieser Auffassung der auf dem Schlangengewinde
erhaltenen Inschrift als blofsen Ergänzung zu dem Epigramm Diodors, der eigent-
lichen Weihinschrift des Anathems, ergiebt der Vergleich mit dem zweiten aus der
platäischen Beute gestifteten Weihgeschenke, dem (nach Herodot IX 81) zehn Ellen
hohen Bronzestandbilde des Zeus in Olympia. Pausanias beschreibt dieses Denkmal
folgendermafsen V 23 : IlapsSiov-i raepa xyjv 1$ xo ßouXsuxrjptov saoSov Zsu? xs far/jxsv s-t'-,'paixjj.oc
e^iuv oüiSsv, xal auihj w? irpö? apxxov s~taips^avxt cqaXjjia i«i Aioc xouxo xsxponrxai piv
irpö? dvt'ayovxa tjXiov, dvsösaav os 'EMvVjveuv 5ant nXaxaiäaiv sixa^scravxo svavxioc Mapoovt'ou xs
xal M/jOcuv. etat oh xal £-f-f£Ypct|A!Asvai xaxa xou ßdöpou xa 6s;id ai [iixaa^ouaat uoXsic xoü
") Zu Nepos, Pausanias c. I.
14*
182 Kabricius, Das platäische Weihgeschenk.
ep-pu, A«xsoai|xovtot jjIv irpiÖTOt, jxs-a 8s ctütouj 'Afr^vaiot xtX. Die Basis dieses Weih-
geschenkes trug also zwei Inschriften, eine auf der nach Osten gewandten Vorder-
seite, die Pausanias mit den Worten dvsikaav 8e 'EXXr(vu)v u. s. w. nach dem von
ihm in der Mehrzahl der Fälle beobachteten Verfahren nur dem Inhalte nach
wiedergiebt, und eine zweite auf der rechten Nebenseite des Bathron, welche
die Liste der griechischen Stämme enthielt, die am Perserkriege theilgenom-
men hatten. Die erstere war die eigentliche Weihinschrift, sie entsprach dem von
Diodor überlieferten Epigramm auf dem Dreifufse in Delphi, ebenso wie die
Städteliste auf der Schmalseite des Bathron der erhaltenen Inschrift auf der
Schlangensäule.
Wie ist es nun aber zu erklären, dafs man, während in Olympia beide In-
schriften auf dem Bathron angebracht waren, in Delphi vorgezogen hat, wenigstens
die eine Inschrift auf einen Theil des Anathems selbst zu setzen? Erst nachdem das
delphische Weihgeschenk längst vollendet war, haben die Lakedämonier sich in Folge
der Anmafsung des Pausanias dazu entschlossen, die Namen der Mitkämpfer nachträg-
lich auf dem Denkmale zu verzeichnen. Dafs sie dafür denjenigen Platz wählten, an
dem die Namen am bequemsten zu lesen waren, ist selbstverständlich. Die untersten
Windungen der bronzenen Schlangen müssen dieser Forderung am meisten ent-
sprochen haben, und dies konnten sie nur, wenn die Säule so aufgestellt war, dafs
jene Windungen ungefähr in Augenhöhe lagen. Das Bathron des Weihgeschenkes
kann also nur ganz niedrig gewesen sein und war eben deshalb für die Aufnahme
der langen Namenliste völlig ungeeignet.
Ganz anders liegt die Sache hinsichtlich der eigentlichen Weihinschrift.
Während für die Namenliste ein schmaler aber hoher Platz nöthig war, bedurfte
man für das zweizeilige Epigramm vielmehr eines breiten, niedrigen Feldes, wie
es selbst eine nur wenige Fufs hohe Basis darbot. Auch mufs der Künstler des
Dreifufses von Anfang an auf eine kurze Weihinschrift gerechnet haben, und es
wäre gegen alle Analogie, wenn er dafür einen Theil des Anathems selbst und
nicht die Basis in Aussicht genommen hätte. Hier also, auf den Quadern des
Unterbaues, hat zuerst die Inschrift des Königs Pausanias gestanden, und nachdem
sie weggemeifselt war, auf der von neuem geebneten Fläche das Elegeion, das
Diodor uns erhalten hat".
Wiederholt hat man daran Anstofs genommen, dafs die Inschrift auf dem
Schlangengewinde so wenig monumentalen Charakter habe und nur aus unmittel-
barster Nähe sichtbar gewesen sein könne. Die Buchstaben der Weihinschrift auf
12) Vgl. Curtius a. a. O. S. 380. — Dethier und zu bemerken, dafs solche Unregelmäfsigkeiten in
Mordtmann sind der Ansicht, dafs die Inschrift der Dicke der einzelnen Schlangenleiber, wie die
des Pausanias auf der dreizehnten Windung der genaue Aufnahme des Berliner Abgusses gelehrt
Säule, derselben die die jetzige Überschrift hat, an der ganzen Säule vorkommen, die durch-
sägt, gestanden habe, und führen als Beweis aus nicht mathematisch genau gearbeitet ist.
dafUr den Umstand an , dafs diese Windung Das geringe Zurücktreten der dreizehnten Win-
gegen die benachbarten um 5 Millimeter zurück- düng ist gewifs rein zufällig,
trete, also abgearbeitet sein müsse. Dagegen ist
Fabricius , Das plataische Weihgeschenk. 183
dem Bathron möchte man sich allerdings gröfser, etwa so wie diejenigen von der
Basis der Nike des Paionios denken. Indessen war auch die Namenliste mit ihren
12 — 15 Millimeter hohen, wie die wohl erhaltenen Theile zeigen, einst scharf und
tief eingegrabenen Buchstaben vollkommen deutlich und noch auf zehn Schritte Ent-
fernung leicht zu lesen. Sind doch noch jetzt, trotz des kläglichen Zustandes der
Säule, einzelne Namen (z. B. 'Epsxptvjc) von dem oberen Rande der Grube, in dem
die Säule steht, durch die Gitter hindurch sehr wohl zu erkennen. Und was den
Charakter anlangt, so steht die Schrift allerdings zurück hinter der Gleichmäfsigkeit
altattischer Inschriften und der Gortyner Gesetze, theilt damit aber lediglich eine
Eigenthümlichkeit, die bei weitem den meisten epigraphischen Denkmälern aus der
ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts anhaftet.
Während auf allen übrigen Windungen immer nur drei Namen in drei Zeilen
(auf der untersten zwei) eingehauen sind, stehen auf der siebenten und vierten Win-
dung die Namen der Tenier und Siphnier in vierter Zeile. Beide Namen sind
aufserdem auffallend schlecht geschrieben. Bei TENIOI steht das T um mehrere
Millimeter zu hoch, die zweite Hasta des N geht über die erste weit hinaus, das O
gleicht mehr einer Ellipse als einem Kreis. Der Name £l<}>NIOI ist in ungeschickter
Weise viel zu nahe an die vorhergehende Zeile herangerückt. Diese Besonderheiten
haben Dethier und Mordtmann mit Recht daraus erklärt, dafs die beiden Namen
nachträglich hinzugesetzt seien13.
Eine Triere der Tenier war es bekanntlich, die in der Nacht vor der Schlacht
bei Salamis zu den Griechen überging und darüber Gewifsheit brachte, dafs die Um-
zingelung der Hellenen thatsächlich erfolgt sei. Da ihre Stadt auf persischer Seite
gestanden hatte, läfst es sich sehr wohl denken, dafs die Tenier bei der Aufstellung
der Siegerliste ursprünglich von den Lakedämoniern ausgelassen waren, nachträglich
aber auf das Verdienst ihrer Triere bei Salamis sich berufend die Aufnahme in das
Verzeichnifs erwirkt haben. Und wenn Herodot die Erzählung von der That jener
Tenischen Triere (VIII 82) mit den Worten schliefst: Stoc 6s xoüxo xo ep-pv £vsYpa'<pr(3av
Tnvtot iv AsXcpoTai I? xov xpiiroSa £v xoTai xöv ßapßotpov xaXiXoust, so war er zu dieser
Notiz gewifs durch die Erinnerung an jene Verhandlungen über die nachträgliche
Aufnahme der Tenier in die Liste veranlafst.
Auch hinsichtlich der Siphnier läfst sich die Folgerung aus der Inschrift, dafs
ihr Name ursprünglich gefehlt und erst nachträglich eingeschoben worden sei, noch
auf andere Weise bestätigen. Nach Herodot VIII 48 waren die Siphnier und Seri-
phier bei Salamis von allen Hellenen am schwächsten, nicht einmal mit Trieren,
sondern nur mit je einem kleinen Fahrzeuge vertreten. Der Name der Seriphier
fehlt ganz auf der Säule, und so werden auch die Siphnier ursprünglich übergangen
worden sein. Welches besondere Verdienst ihnen die nachträgliche Aufnahme ver-
schafft hat, wissen wir nicht.
13) A. a. O. S. 27. Auch den Namen der Kythnier schoben, wofür indessen gar kein Grund vor-
betrachten Dethier und Mordtmann als einge- liegt.
184 Fabricius, Das platäische Weihgeschenk.
II. ZUR REKONSTRUKTION.
Herodot berichtet die Stiftung der Weihgeschenke aus der platäischen
Beute mit folgenden Worten (IX 81): üufA'-popijaavTe; (sc. of "EXXijve?) os xi ypr^ata xcd
Ssxdxirjv scsXovxsc xq> ev AeX<poT<jt öeüj, dbc1 rj? 6 tpftroo« 6 ypuaso? dvsxsi}/) 6 sVi xou xpixa-
pitjvou ocpioj xou yaXxsou eirsaxscJu? ä'-^iaxoi xou ßiouou, xal xuJ iv X)Xuj«riTjj 9sü> i;s>.6vxE?,
aV r(? OExairr^/uv ydXxsov Ata avEdrjxav, xotl x<o ev ']af}u(5 i)s(5, aV tj? iirtamr^os )(CÖ.xeo{
Iloaeioswv £?sfsvsxo, xauxa sJeXovte? tot XotTrä otatpEOVTo. In auffallender Weise wird hier
ein Unterschied gemacht zwischen dem Weihgeschenke in Delphi und denjenigen
in Olympia und im isthmischen Heiligthume. Von den beiden Statuen spricht
Herodot wie von dem Leser möglicherweise unbekannten Werken, den Dreifufs da-
gegen behandelt er als ein Denkmal, von dem Jedermann weifs. Da ist es denn
allerdings auffallend, dafs Herodot von einer einzigen dreiköpfigen Schlange anstatt
von einem Gewinde dreier Schlangen redet. Wenn man aber bedenkt, wie nahe
dieser Irrthum lag und dafs der Historiker das Denkmal nicht eigentlich genau be-
schreiben, sondern nur dem Leser in das Gedächtnifs zurückrufen will, so wird man
die Ungenauigkeit, die ihm dabei untergelaufen ist, nicht wunderbar finden.
Nächst Herodot kommt die Stelle des Pausanias X 13, 9 in Betracht, der
in der Beschreibung Delphis auch das platäische Weihgeschenk behandelt: 'Ev
xotvt» os dvsösaocv obrö ep-pu xou IlXorcociöiaiv 01 "EXAtjv« ypuaouv xpt'-oSa Spaxovxi e-ixsi-
fj-Evov yakv.1^' oaov p.sv 07] )(aXxic rtv xou dvaör^jxaxo?, amov xal i? l\& sxt ftv. oü jaivxot
xaxd xa auxa xal xöv ypuaöv of <I>eoxscuv uTtsXfcovxo rfy£[iovs;. Hier ist nun freilich auch
nur von einem einzigen Spdxtav die Rede, aber bei Pausanias ist es nicht einmal
nöthig anzunehmen, dafs er denselben Irrthum begangen habe wie Herodot. Die
Beschreibung dessen, was Pausanias oder sein Gewährsmann selbst gesehen haben,
beginnt erst mit oaov jaev 61^; der erste Theil ist augenscheinlich nichts anderes als
eine Reminiscenz aus Herodot. Um so werthvoller ist aber die zweite Hälfte der
Notiz des Pausanias über den Zustand des Weihgeschenkes nach seiner Beraubung
durch die Phokier. Aus der eigentümlichen Ausdruckweise: »Alles was Erz an
dem Weihgeschenke war, ist bis jetzt erhalten; nicht aber haben die Phokier in
gleicher Weise das Gold daran gelassen« hat Curtius mit Recht geschlossen,
dafs nicht der ganze Dreifufs bis auf die Schlange gefehlt haben könne, sondern
mindestens das Untergestell des Kessels noch vorhanden gewesen sein müsse. In
den übereinstimmenden Nachrichten über die Überführung des Weihgeschenkes
nach Constantinopel beim Scholiasten zu Thukydides I 132 und bei byzantinischen
Schriftstellern ist immer nur von einem wirklichen Dreifufse die Rede, niemals von
einem blofsen Schlangengewinde, das doch gar keine Ähnlichkeit mit einem solchen
hatte. Auch dies bestätigt also, dafs die Phokier keineswegs den ganzen Drei-
fufs geraubt haben, und es ergiebt sich aus alledem, dafs der Dreifufs nicht massiv
golden gewesen sein kann. Nur einzelne Theile, wie der Kessel, die Ringe und
einzelne Ornamente werden aus Gold bestanden haben, das Übrige, also nament-
lich die Beine waren aus geringerem Material gearbeitet und wohl nur theilweise
mit Goldblechen belegt.
Fabricius, Das platäische Weihgeschenk. 185
Das ist alles, was wir den Angaben der Alten über die Form des Drei-
fufses entnehmen können. Bereits bei Behandlung der Inschrift haben wir bewiesen,
dafs das Bathron nur von geringer Höhe gewesen sein kann; seine Breite und
Tiefe bleibt zunächst ungewifs. Auf dem Bathron, und zwar jedenfalls über der
Mitte erhob sich das Schlangengewinde. Der auf der Beilage von dem erhaltenen
Theile desselben gegebene geometrische Aufrifs (im Mafsstab von 1 : 25) kann be-
sonders deutlich die kunstvolle Komposition der drei ineinander gewundenen, all-
mählich anschwellenden und dann wieder dünner werdenden Schlangenleiber veran-
schaulichen. Wenn man sich nach dem Aufrifs für verschiedene Stellen der Säule
Horizontalschnitte konstruirt, so zeigt sich, dafs sich sehr wohl annehmen läfst, der
Künstler habe sich die Schlangen um einen festen mittleren Kern gewunden vorge-
stellt, denn die Schlangenleiber sind da, wo sie am stärksten sind, augenscheinlich
etwas plattgedrückt, also fest an jene Stütze geprefst zu denken. Sehr stark kann
der feste Kern allerdings nicht gewesen sein.
Am oberen Ende gingen die Schlangenleiber nach drei verschiedenen Richtun-
gen auseinander. Zeichnungen aus dem sechzehnten und siebenzehnten Jahrhundert,
die das Schlangengewinde mit den bis zum Jahre 1694 noch erhaltenen Köpfen dar-
stellen '*, geben für die ursprüngliche Stellung der letzteren einen ungefähren Anhalt.
Wahrscheinlich lag die Stelle, wo sich die Schlangen von einander lösten, unmittelbar
über dem erhaltenen Theile, denn nur die frei herausgebogenen Köpfe liefsen sich
leicht abbrechen, während weitere Stücke des Gewindes nur hätten abgesägt werden
können. Das Ende des erhaltenen Stumpfes zeigt aber angeblich Bruchflächen.
Die erwähnten alten Zeichnungen und der erhaltene Oberkiefer lassen er-
kennen, dafs die Schlangen mit weitgeöffnetem Rachen gebildet waren. Wenn der
Künstler sich die Schlangen wirklich um einen festen Kern gewunden vorgestellt
hat, so mufs dieses Mittelglied oben zwischen den Köpfen zum Vorschein gekom-
men sein 15.
Für die Rekonstruktion des eigentlichen Dreifufses sind wir allein auf die
Analogien erhaltener Theile und die antiken Darstellungen von anathematischen
Dreifüfsen angewiesen, bei deren Verwendung natürlich vor allem die Zeit ihrer
Entstehung zu berücksichtigen sein wird.
In Olympia sind Beine und Ringe von bronzenen Dreifüfsen, die als Ana-
theme einst in der Altis in grofser Zahl aufgestellt gewesen sein müssen, massenhaft
gefunden worden, leider aber nicht ein einziges vollständig erhaltenes Exemplar.
Theilweise ersetzt wird dieser Mangel durch die Entdeckung einer Reihe von kleinen,
H) Dethier und Mordtmann Tafel II Fig. 14, 15 und Köpfe oben nach drei Richtungen auseinander-
16. — Ebenda Fig. 17 der erhaltene Oberkiefer gehen. Der Schaft ist aber so dünn, dafs hier
eines der drei Köpfe. ein fester Kern nicht angenommen werden kann.
,5) Bei einem Bronze -Candelaber aus Pompei im Trotzdem kommt oben, wo die Schlangen sich
Afuseo Nazionale zu Neapel, von dem mir eine von einander trennen, ein runder Stab zum Vor-
Photographie vorliegt, ist der Schaft durch drei schein, der mit einem Kapitälchen abschliefst
ganz ähnlich wie bei der Säule auf dem Atmeidan und die Lampe trägt,
in einander gewundene Schlangen gebildet, deren
l86 Fabricius, Das platäische Weihgeschenk.
nur wenige Centimeter hohen Nachbildungen wirklicher Dreifüfse, die zusammen
mit den Bruchstücken die Form des Dreifufses, der in Olympia allein üblich ge-
wesen ist, mit Sicherheit zu rekonstruiren gestatten. Jene kleinen Nachbildungen
kommen nur in den untersten Fundschichten vor, gehören also sicher einer sehr
alten Zeit an, und auch von den Theilen wirklicher Dreifüfse sind einige unter dem
Bauschutt des Zeustempels gefunden worden"5. Nach Dekoration und Technik
stammt die Hauptmasse aus der Zeit vor dem S.Jahrhundert. Bruchstücke von
Dreifüfsen desselben Typus sind kürzlich auch aus Delos, von der Idäischen Zeus-
grotte in Kreta und vom Heiligthume des Apollon Ptoos bei Akraiphia in Böotien
bekannt geworden1 r. Diese Funde zusammen mit den durchweg übereinstimmen-
den Formen der Dreifufsdarstellungen auf schwarzfigurigen und rothfigurigen Vasen
strengen Stils lehren, dafs der olympische Typus bis in das fünfte Jahrhundert
überall in Griechenland bekannt und für die anathematischen Dreifüfse der vor-
herrschende war. Wir sind also vollkommen berechtigt, für die Form des delphi-
schen Weihgeschenkes den gleichen Typus vorauszusetzen.
Unter jenen kleinen Nachbildungen wirklicher Dreifüfse aus Olympia befin-
den sich, wie K. Purgold mir mitgetheilt hat, einige Exemplare, bei denen unter-
halb des Kessels in der Mitte zwischen den Beinen ein senkrechter Stab aus inein-
andergedrehten Bronzedrähten angebracht ist. Das Schema dieser kleinen Nach-
bildungen entspricht vollkommen der Form, die wir für das delphische Weihge-
schenk annehmen. Wenn wir in den olympischen Nachbildungen nicht eine ver-
einzelte Spielerei haben, sondern sich nachweisen läfst, dafs der gleiche Typus
auch sonst bei Werken des fünften Jahrhunderts vorkommt, so kann die Richtigkeit
der Rekonstruktion in ihrer Grundidee nicht zweifelhaft sein.
In der That begegnet die Form des Dreifufses mit einem bis auf die Basis
herabreichenden Mittelgliede wiederholt unter den zahlreichen Darstellungen von
Dreifüfsen auf Reliefs und Vasen. So zeigt eine der Seiten der Chigischen Marmor-
basis in Dresden (Friederichs- Wolters No. 423) einen Dreifufs, der von einem Mäd-
chen mit Binden geschmückt wird; hier ist zwischen den Beinen unterhalb des
Kessels eine dorische Säule angeordnet. Dasselbe ist der Fall bei einem Dreifüfse
auf dem im Dionysos-Theater zu Athen gefundenen Relief (Sybel No. 3912). Ein an-
deres attisches Relief, das Fr. Adler, dem ich die Kenntnifs desselben verdanke, auf
der Akropolis gezeichnet hat (bei Sybel fehlt es), zeigt einen Dreifufs mit einem
runden, unten sehr breiten nach oben sich stark verjüngenden Mittelgliede. Leider
ist die Zeit der beiden Reliefs nicht mit Gewifsheit festzustellen. Von den hierher
gehörigen Darstellungen auf Vasenbildern stammen hingegen zwei sicher noch aus
dem fünften oder dem Anfang des vierten Jahrhunderts, der Stamnos des Polygno-
16) Vgl. die genaue Beschreibung der Olympischen Archäologische Zeitung 1882, S. 333-; über die
Dreifüfse bei Furtwängler, Die Bronzefunde aus Kretischen Mittheilungen X 1885 S. 63; über
Olympia (Abhandlungen der Akademie der Wis- diejenigen vom Ptoos-Heiligthume Bulletin de
senschaften zu Berlin 1879) S. 14—17. Correspondance Ikllinique IX S. 522 no. 9.
17) Ueber die Delischen Dreifufsfragmente vgl.
Fabricius, Das platäische Weihgeschenk.
I87
tos, (Gerhard A. V. 243), den Winter »Jüngere Attische
Vasen« S. 22 aus stilistischen und paläographischen
Gründen in »die zwanziger Jahre des fünften Jahrhun-
derts« setzt, und die gleichfalls attische kaum viel
jüngere Oenochoe mit dem Bilde einer auf einen Drei-
fufs zufliegenden Nike bei Panofka, Cabinet Pourtales
Tafel VI. Beide Vasenmaler haben sich metallene Drei-
füfse zum Vorbilde genommen: die schienenförmige Bil-
dung der Beine, die Art und Weise, wie der Anschlufs
der Beine und (namentlich auf der Vase der Samm-
lung Pourtales, vgl. die nebenstehende Abbildung) die
Befestigung der zwischen den Beinen angeordneten
Henkel dargestellt ist, entspricht vollkommen den aus
Olympia bekannten Formen wirklicher Bronzedreifüfse.
Auf beiden Bildern hat die Mittelstütze wiederum die
Form der dorischen Säule, die auf dem Vasenbilde der
Sammlung Pourtales mit einem gut gezeichneten Echinus
und sogar mit den Ringen unter demselben und mit Kanneluren dargestellt ist.
Für Athen läfst
sich indessen das Vor-
kommen von Dreifüfsen
mit Mittelstütze noch auf
andere Weise belegen,
und zwar gerade für die
Zeit, in welcher das pla-
täische Weihgeschenk
entstanden ist. Zwischen
den Propyläen des Mne-
sikles und der Terrasse
der Artemis Brauronia,
in dem Winkel, den die
Südwand des Mittel-
baues der Propyläen mit
dem Südwestflügel bil-
det, hat sich bekanntlich
eine Ante der älteren,
mit Wahrscheinlichkeit
der Bauthätigkeit Ki-
mons zugeschriebenen
Thoranlage erhalten. Un-
mittelbar neben dieser
liHHiilll,
-\ (-
•V^*-r^'
Ante, mit der Rückseite an die in altem Polygonalbau aufgeführte Burgmauer ange-
188
Fabricius, Das platäische Weihgeschenk.
lehnt, befindet sich noch heute die Basis eines Denkmales, das also spätestens der
ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts angehörte, an ihrem ursprünglichen Auf-
stellungsplatz ,8. Die vorstehende Abbildung zeigt dieselbe in Vorder- und Oberan-
sicht. Die Basis besteht aus zwei übereinander gelegten Plinthen, von denen die
untere aus Porös, die obere aus Pentelischem Marmor gearbeitet ist. Auf der Ober-
fläche der letzteren sind drei kreisrunde Einsatzlöcher von 0,130 — 0,133 m Durch-
messer sichtbar, von denen das südlichste noch Reste von Bronze enthält. Ohne
Zweifel waren in diesen Vertiefungen einst die Füfse eines auf der Basis aufgestellten
Dreifufses befestigt. Während die Flächen der Plinthc im übrigen sorgfältig geglättet
sind, hat man in der Mitte zwischen den Einsatzlöchern für die Füfse eine kreis-
runde Vertiefung von 0,33 m Durchmesser rauh gelassen. Offenbar war also auch
hier ein Mittelglied zwischen den Füfsen des Dreifufses angebracht, das, nach der
Gröfse jener runden Vertiefung zu schliefsen, wie auf dem Relief von der Akropolis
konische Form gehabt haben wird.
Ein zweites Beispiel liefert die Marmorplatte von der Überdeckung eines
grofsen Bathron, das nach der auf der Platte erhaltenen Inschrift ein choragisches
Denkmal trug19. Die Platte, von
der wir nebenstehend den Aufrifs
der Oberfläche und einen Quer-
schnitt mittheilen, ist westlich von
dem Zuschauerräume des Diony-
sos-Theaters gefunden worden und
liegt gegenwärtig am Südabhange
der Burg im Bezirke des Asklepi-
eions. Auf drei Seiten ist sie pro-
filirt, an die vierte Seite war eine
zweite gleichartige Platte angefügt.
Beide Stücke waren durch Eisen-
klammern verbunden. Die Ober-
seite des erhaltenen Stückes zeigt
die Standspuren von zwei 0,21 m
breiten schienenförmig gebildeten
Beinen eines Dreifufses; das dritte
Bein stand auf dem angesetzten
Stück. In der Mitte zwischen den
Standspuren der Füfse ist hier
wiederum eine diesmal verhält-
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I8) Vgl. Bohn, Propyläen der Akropolis zu Athen
S. 1 7 und Tafel III. Dörpfeld Mittheilungen X
(1885) Tafelll.
'") Dittenberger, Sylloge inscriptionum graecarum
Nr. 418: 6 8?j(A05 iyoprflzi, üojatsxpaxoj *ip-/£, dyiu-
vo8£n){ ÖEOtfdvr,? Atoaxoypioo'j F.üiovufiEu; xxe.
Da der Name des Archonten in der bis 292
v. Chr. hinabreichenden Liste fehlt, mufs das
Denkmal nach jenem Jahre entstanden sein.
Dem Schriftcharakter nach ist es indessen nur
wenig jünger. Vgl. auch Kumanudis 'AÖr'jvaiov V
S. 330 f.
Fabricius, Das platäische Weihgeschenk.
189
nifsmäfsig kleine kreisförmige Vertiefung (Durchmesser 0,41 m) ausgearbeitet, in
welcher die Mittelstütze gestanden haben mufs.
Nach der Inschrift gehört das Denkmal in
den Anfang des dritten Jahrhunderts. Das Bathron
würde also nur beweisen, dafs sich der Typus des
Dreifufses mit Mittelglied bis in jene Zeit erhalten
hat. Der Grund weshalb wir hier auf dieses Beispiel
hingewiesen haben, ist der, dafs es eine ungefähre
Vorstellung von der Gröfse athenischer ivabr^a.-ziy.ol
■tpiuoSs; geben kann. Der Durchmesser des Kreises,
auf dessen Peripherie die drei Beine standen und
dem der Durchmesser des Kessels ungefähr gleich
gewesen sein mufs, beträgt, die Stärke der Füfse
miteingerechnet, nicht weniger wie 1,70 m; dies läfst
auf eine Gesammthöhe des ganzen Dreifufses von
etwa 4,5 m schliefsen. Wenn auch das Denkmal
einer späteren Epoche angehört, so ist es doch wohl
gestattet, aus den ermittelten Mafsen desselben für
das platäische Weihgeschenk den Schlufs zu ziehen,
dafs die von uns angenommene Gröfse des Delphi-
schen Dreifufses keineswegs so ungeheuerlich ist, wie
es auf den ersten Blick wohl erscheinen mag.
Graef hat bei seiner Rekonstruktion, die
durch die nebenstehende Abbildung veranschaulicht
wird, den Kessel unmittelbar über dem ergänzten
Schlangengewinde angeordnet. Die Höhe des letz-
teren war durch den, wie wir sahen, wahrscheinlich
vollständig erhaltenen, 5,35 m hohen Schaft ungefähr
gegeben. Die Proportionen des Kessels und der
Beine mufsten nach Analogie der verschiedenen Ab-
bildungen von Dreifüfsen bestimmt werden, für die
Größe der Henkel war das Verhältnifs mafsgebend,
in welchem olympische Dreifufshenkel mit erhaltenem Ansatz zu der daraus berech-
neten Weite des Kessels stehen. Auf diese Weise ergab sich für das platäische
Weihgeschenk eine Gesammthöhe von ungefähr 8 Metern (6,80 m bis zum Rande
des Kessels) und ein Kesseldurchmesser von nicht ganz drei Metern. Die Basis mufs
folglich ungefähr 3,5 m breit und tief gewesen sein.
Hinsichtlich der Einzelformen hat Graef sich an Olympische Vorbilder ange-
schlossen, nur an Stelle von zwei Henkeln, die in Olympia vorherrschend gewesen zu
sein scheinen, mit Rücksicht auf den monumentalen Charakter des Weihgeschenkes
deren drei angenommen20. Wie die verschiedenen Glieder ornamentirt waren, ent-
20) Vgl. Furtwängler, Bronzefunde S. 17. Nach dem hier angeführten Materiale scheint es mir übri-
190 Fabricius, Das platäische Weihgeschenk.
zieht sich natürlich unserer Kenntnifs. Bei der ausserordentlichen Gröfse der ein-
zelnen Theile wird der Künstler gewifs reichen figürlichen Schmuck angebracht und
in dieser Hinsicht sich ebenso wenig wie bei der Gestaltung des Mittelgliedes streng
an traditionelle Vorbilder gebunden haben. Der Umstand, dafs Herodot die Schlange
unter dem Dreifufse zur Unterscheidung des platäischen Weihgeschenkes von ande-
ren Dreifüfsen des Delphischen Heiligthumes hervorhebt, beweist, dafs diese Gestalt
des Mittelgliedes zum Mindesten etwas Ungewöhnliches war.
In den meisten der angeführten Dreifufsdarstellungen auf Vasenbildern und
Reliefs hat die Mittelstütze die Form einer Säule, die bei dem am sorgfältigsten
gezeichneten Beispiele sogar mit allem charakteristischen Detail des dorischen Bau-
stiles versehen ist. Dies ist in mehrfacher Hinsicht auffällig. Zweifellos sind es
bronzene Dreifufse, die die Künstler darstellen wollten. Eine so sklavische Über-
tragung aber von Kunstformen der Steinarchitektur in die Metalltechnik ist nicht nur
sonst ohne Analogie, sondern auch schwerlich vom ästhetischen Standpunkte aus
vollkommen zu rechtfertigen. Und zweitens: durch die Bildung als Säule ist das
Mittelglied als Träger charakterisirt. Dadurch wird aber das Geräth seines eigent-
lichen Charakters beraubt: denn ein Kessel, der auf vier Stützen ruht, ist streng ge-
nommen kein Dreifufs mehr.
Diese Mängel der uns bildlich erhaltenen Dreifufse dieses Typus sind bei dem
delphischen Denkmale glücklich vermieden. Die Darstellung von Schlangenleibcrn
ist ihrer langgestreckten Gestalt und ihrer schmiegsamen Natur wegen für Metall-
technik besonders geeignet, und mit entschiedener Vorliebe haben daher die alten
Künstler bei Erzgeräthen nichttragende Theile, wie Handhaben und dergleichen, als
Schlangen gebildet21. Wenn also der Künstler des platäischen Weihgeschenkes für
die dekorative Behandlung des Mittelgliedes unter dem Kessel nichts Säulenartiges,
sondern sich durcheinander windende Schlangen verwendet hat, so hat er damit
diesen Theil seines Werkes im Gegensatz zu den Beinen doch wohl als einen nicht-
tragenden charakterisiren wollen.
Auch vom technischen Standpunkte aus kann man mit Bestimmtheit
behaupten, dafs selbst bei sehr grossen Dreifüfsen die Beine, wenn sie nur
die ihrer Höhe entsprechende Stärke hatten, genügend waren den Kessel zu
tragen. Die Absicht, dem Geräthe eine noch gröfsere Festigkeit zu geben,
kann deshalb nicht die Einfügung jenes Mittelgliedes veranlafst haben. Dafs der
Grund ein technischer war, darf man wohl voraussetzen; vielleicht trifft daher die
folgende Vermuthung das Richtige. Auf den ältesten Darstellungen (auf schwarz-
figurigen Vasen) sind die Dreifufse stets ohne Deckel abgebildet. Da die meisten
als Anatheme im Freien aufgestellt waren, mufste sich in dem Kessel das Regen-
gens keineswegs ausgeschlossen zu sein , dafs Darstellungen zu schliefsen anderwärts überaus
auch Dreifufse mit drei zwischen den Ansätzen häufig gewesen sein müssen,
der Beine am Kessel angebrachten Henkeln in 21) Furtwängler, Bronzen von Olympia S. 65, 73.
Olympia vorkamen, wie sie nach den zahlreichen Karapanos, Dodone et ses ruines, Tafel 21 u. 48.
Vgk Mittheilungen X (1885) S. 65.
Fabricius, Das platäische Weihgeschenk. 10,1
wasser sammeln. Ausschütten konnte man das Wasser nicht, denn die Dreifüfse
waren sicherlich fest mit ihrem Bathron verbunden; das Wasser blieb also wohl
stehen, bis es verdunstet war. Es begreift sich, dafs dabei der Kessel in kurzer
Zeit zu Grunde gehen mufste. Nichts lag näher, wenn man aus irgend welcher
Rücksicht keinen übergreifenden Deckel auf den Kessel setzen wollte, als an der
tiefsten Stelle des letzteren ein Abflufsrohr anzubringen, das auf der Basis in eine
Rinne mündete.
Wir haben diese Möglichkeit nur angeführt, um zu zeigen, dafs sich sehr
wohl ein technischer Grund denken läfst, der zur Einfügung des Mittelgliedes ge-
führt haben könnte. Seine Anwendung als Kunstform mufs sich aber noch aus einem
anderen Grunde den Verfertigern von Dreifüfsen sehr empfohlen haben. Die antiken
Vasenmaler, Stempelschneidcr für Münzen und Bildhauer haben Dreifüfse stets so
gezeichnet, dafs man das eine der drei Beine genau in der Mitte sah zwischen den
beiden andern. Und zwar aus gutem Grunde: denkt man sich nämlich das Geräth
so gedreht, dafs zwei Beine sich in der Ansicht decken oder auch nur nähern, so
erscheint der Kessel in ungleicher Weise unterstützt. Während das eine Bein senk-
recht unter den äufsersten Rand des Kessels tritt, stehen die beiden andern fast
unter der Mitte, so dafs der Kessel auf der einen Seite in unschöner Weise frei
heraussteht und das Ganze höchst unharmonisch aussieht. Als Anatheme im
Freien aufgestellte Dreifüfse konnten daher, namentlich wenn sie etwas gröfsere
Mafse hatten, nur von solchen Punkten aus einen künstlerisch befriedigenden An-
blick gewähren, die in der Verlängerung der mathematischen Höhenlinien des durch
die Standpunkte der drei Füfse gebildeten gleichseitigen Dreieckes liegen. Je mehr
der Beschauer zur Seite tritt, um so schiefer sah das Ganze aus. Dieser unver-
meidliche ungünstige Eindruck eines im Freien aufgestellten, von allen Seiten sicht-
baren Dreifufses liefs sich nur dadurch wesentlich zurückdrängen, dafs der Künstler
die Mittelaxe des Denkmals äufserlich in augenfälliger Weise hervorhob. Und da-
für war nichts so sehr geeiget, wie ein starkes, bis auf das Bathron hcrabreichen-
des Glied genau unter der Mitte des Kessels. Selbst wenn sich auch für den Ur-
sprung der Mittelstütze ein praktischer Grund mit Sicherheit angeben liefse, würde
man doch annehmen dürfen, dafs auch da, wo dieser Grund in Wegfall kam, der
Künstler schwerlich auf einen Theil verzichtet habe, durch den die ästhetische
Wirkung seines Werkes so wesentlich gehoben wurde.
Ernst Fabricius.
G^H*
"^u
PELEUS UND THETIS.
(Tafel 10.)
I. Auf Tafel 10 No. I wird in etwas unter 2/3 der Originalgröfse zum
ersten Mal eine sf. korinthische sog. Amphora a co/onette veröffentlicht, welche aus
der Sammlung Campana stammt (Sa/a A No. 6) und sich jetzt im Louvre befindet.
Sie ist 38 cm hoch, der Umfang beträgt 121 '/2 cm. Die Erhaltung der Vase ist bis
auf einige Brüche gut. Die Technik ist ganz die übliche1.
Die Zeichnung, welche unserer Abbildung zu Grunde liegt, ist dieselbe
welche Bolte in seiner Dissertation »de monumentis ad Odysseam pertinentibus« S. 36
erwähnt; seitdem zählt die Vorderseite zu den Odysseus- und Nausikaa-Darstellungen.
Eine Prüfung der Vase ergab mir aber, dafs die Inschrift bei der männlichen Figur
nicht Odysseus gelautet hat, sondern dafs der Name des Peleus in korinthischem
Alphabet dasteht, wie auch bereits Herr Penelli, der Verfasser des Campana-Kata-
logs, in seinem Handexemplar, dessen Benutzung er mir freundlichst gestattete, be-
merkt hatte. Die Tafel giebt die Inschrift möglichst treu wieder.
Ich beginne die Beschreibung v. 1. Ein bärtiger Mann, bekleidet mit kurzem
gegürtetem Chiton, Diadem, Beinschienen, hockt n. r. hinter einem weifsen Altar2, und
zwar so, dafs er den 1. Fufs aufgesetzt hat und sich auf das r. Knie niederläfst,
ohne doch auf demselben zu knieen, vielmehr hält er es schwebend über dem
Boden und ruht auf der Spitze des r. Fufses. Er hat den r. Arm etwas zurück-
genommen und spitzwinklig angebogen, während er den 1. erhebt. Der Sinn seiner
Stellung und Geberde, welche man zunächst geneigt sein könnte für die eines
Schutzflehenden zu halten, wird sich später herausstellen. Durch die Brust des Mannes
und den oberen Teil seines Kopfes gehen Brüche. Von dem Altar, hinter welchem
ein (Lorber-?) Baum steht, entfernen sich n. r. 7 Mädchen sämmtlich mit ärmellosem
kurzem gegürteten Chiton, der das 1. Bein freiläfst; aufser den beiden ersten, bei
denen die Stelle übermalt ist, tragen sie alle ein Diadem. Sie bewegen alle mehr
oder weniger lebhaft ihre Arme wie in Schreck und Verwunderung; die erste,
zweite, dritte und letzte blicken n. 1. zurück. Ergänzt schien mir auch die Brust
der vierten und vielleicht der sechsten, doch sind bei den meisten Vasen der
]) In der Publication sind die schwarzen und weifsen sehe Vasenbilder Taf. 2 ; "Journal of f/ellemc
Teile gleichmäfsig weifs geblieben, die roten Studies I Taf. 7; Archäol. Ztg. 1856 Taf. 91, 3;
Teile schraffirt, die eingeritzten Linien durch Overbeck H. G. Taf. XV 1 1 (wahrscheinlich mit
schwarze wiedergegeben. dem Arch. Ztg. 1868 S. 86 beschriebenen iden-
s) Altäre von gleicher oder ähnlicher Form finden tisch). Diese Nachweisungen verdanke ich Herrn
sich z. B. Gerhard, Etruskische und Campani- Dr. Bolte.
Graef, Pelcus und Thetis. 193
Campanasammlung die Übermalungen derartig angebracht, dafs ohne Experimente
ein Urteil nicht möglich ist.
II. Die unter Nr. 2 (ebenfalls im Mafsstabe von fast 3/3) abgebildeten vor-
trefflichen Fragmente eines grofsen Gefäfses aus Ruvo befinden sich im Besitze des
Herrn Professor H. Heydemann in Halle (vgl. Arch. Zeit. 1870 S. 82 — 83), welcher
sie mir nicht nur mit der gröfsten Liebenswürdigkeit zur Publication überlassen, son-
dern sie auch nach Berlin gesandt hat, wo sie von Herrn G. van Geldern eine ihrem
Werte entsprechende Wiedergabe erfahren -haben. Die Anordnung der Fragmente auf
unserer Tafel hat nur die Raumökonomie zur Richtschnur nehmen können, da eine
Reconstruction nicht möglich ist. Aufser den beiden zusammengehörigen Stücken
a ist in dieser Hinsicht nur weniges sicher: da an diesem Stück sich der An-
satz des einen Henkels befindet, gehört d, an welchem sich ein gleicher An-
satz befindet, auf die entgegengesetzte Seite; das Fragment c wird man unbe-
denklich mit den Vorderfüfsen der Pferde des Hauptstückes vereinen und damit die
Darstellung nach 1. hin schliefsen. Es ergicbt sich somit ein Zwei- oder Vierge-
spann n. r. mit Wagenlenker, der in der L. die Zügel, in der R. das Kentron hält; da-
neben ging gleichfalls n. r. eine Frau, von deren Gewand und r. Arm Reste vorhanden
sind. Es folgt nun auf dem Hauptstück (a) neben einer Palme n. r. hockend
ein Jüngling in kurzem gegürteten Chiton und Petasos; die Chlamys, um die Schul-
tern befestigt, fällt über den 1. Arm bis zum Boden. Der Jüngling hat beide Arme
gebogen, den r. ausholend etwas zurückgezogen, beide Hände wie zum Fange offen,
die 1. etwas vorgeschoben. Der Haltung der Arme entspricht die des übrigen
Körpers: der Kopf und mit ihm der ganze Oberkörper ist vorgeschoben, der Blick
des weitgeöffheten Auges aufwärts gerichtet, endlich ruht, was nicht am wenigsten
charakteristisch ist, der ganze Körper nicht etwa auf dem r. zur Erde gesenkten
Knie, sondern dieses schwebt über dem Boden und die Last des Körpers balancirt
auf der r. Fufsspitze und dem Kniegelenk des 1. Beines, dessen Fufs voll aufge-
setzt ist, also ganz wie auf der vorigen Vase: diese Stellung vollendet den Ein-
druck des trefflich wiedergegebenen Auflauerns zum Fang, an dem man kaum
etwas vermifst, es sei denn, dafs man die innere Handfläche der r. Hand mehr nach
oben gewendet wünschte, was aber eine besonders schwierige Verkürzung ergeben
hätte. Es folgt eine Frau n. 1. eilend, Körper von vorn, in reich verziertem Chiton
mit eigentümlich bauschigen Ärmeln, Überschlag und Gürtung; mit ihrer R. scheint
sie einen Zipfel des Ärmels gehalten zu haben — wenigstens ist er sehr energisch
in die Höhe gezogen — ; mit der L. hat sie die Hand einer zweiten Frau gefafsb
auf welche auch der Blick ihres in scharfer Wendung nach r. gedrehten Kopfes ge-
richtet scheint. Sie trägt ein Band dreimal um den Kopf geschlungen; das Haar
ist mit verdünnter Farbe angelegt und dann die einzelnen Strähnen und Stirnlöck-
chen mit dickerer hineingezeichnet. Sie trägt Ohrringe. Auf die zweite Frau scheint
auch der Blick des lauernden Jünglings gerichtet zu sein; dieselbe ist mit Ärmelchiton
und Mantel bekleidet, nur das r. Bein, der r. Arm, mit dem sie die Hand der
Ersten fafst, und ein Teil des Oberkörpers sind erhalten; dafs sie mit der Vorigen
194 Graef, Peleus und Thctis.
einen Reigentanz ausführte, ist ohne Weiteres klar. In dieselbe Scene gehört wohl
sicher Fragment b, in welchem man den Rest eines bekleideten Götterbildes und
zwei im Tanze auftretende linke Füfse sieht; es ist wohl möglich, dafs der eine
von ihnen dem zweiten Mädchen von Fragment a gehört, ebenso gut freilich können
andere Mädchengestalten dazwischen gewesen sein. Nimmt man nur wenige Mäd-
chen an, so könnte die Scene auf der andern Seite durch das Viergespann n. r.
geschlossen sein, welches von einer weiblichen Figur begleitet war und dessen doch
wohl zusammengehörige Reste die Fragmente e. f enthalten. Dann ergäbe sich für
die Rückseite eine völlig abgeschlossene Scene, von der auf Fragment d ein Dreifufs
auf einer Säule, eine Frau im Chiton, die mit beiden Händen ein loses Gewand hält,
und die r. Hand einer zweiten Figur, nach der die erstere sich umwendet, erhalten
ist. Wir können uns aber auch den Reigentanz über die ganze eine Hälfte des
Gefäfses bis zu der Säule mit dem Dreifufs fortgesetzt denken, die andere Hälfte
durch beide mit dem Rücken gegen einander gestellte Gespanne ausgefüllt; Symmetrie
wäre nur bei dieser letzeren Anordnung möglich.
Sicher dargestellt ist also ein Jüngling, den sich der Vasenmaler wohl (trotz
ihrer Kleinheit) hinter einer Palme versteckt dachte, wie er einem Mädchen, das
mit anderen einen Reigen tanzt, auflauert, um es zu fangen, und wahrscheinlich auf
seinem Gespann zu entführen. Ob und in welcher Beziehung dazu das andere Ge-
spann und vor Allem das Gegenstück stand, auf welchem die erhobene Hand viel
leicht einer meldungbringenden Figur gehört, läfst sich nicht sagen.
III. Im ersten Band der Monnmenti deW Institute ist auf Tafel 6 (vgl. In-
ghirami Gall. Om. III 25. Overbeck H. G. XXXI 2) eine rf. Hydria aus Nola abge-
bildet, auf welcher — ich beginne v. 1. — ein Greis n. r. auf einem behauenen
Steine sitzt; er ist in Chiton und Mantel gehüllt, trägt ein Diadem und hält in dei
L. ein Scepter, während er die R. ausstreckt, einem Mädchen entgegen, das auf ihn
zukommt mit Früchten — so scheint es — im Bausche ihres ärmellosen Gewandes.
Auf dem Kopf hat sie eine Haube. Ein zweites Mädchen in Vorderansicht eilt eben-
falls n. 1., auch sie hat einen ärmellosen Chiton mit Überschlag an, im Haar ein Band;
sie erhebt beide Arme, wie es scheint, vor Schreck. Ein drittes Mädchen, bekleidet
mit Haube, Himation und einem Chiton, der sich durch Ärmel von allen andern
auszeichnet, eilt n. 1., während sie n. r. gewendet beide Arme sehr ausdrucksvoll
im Schreck erhebt und auf einen Jüngling blickt, der n. 1. am Boden vor ihr unter
einem Baume hockt. Er hat in seinen langen Locken ein Diadem und ist bis auf
einen Schurz um die Lenden, wie ihn Ringer zu tragen pflegen, nackt. Er stützt
den r. Fufs auf, während das 1. Knie über dem Boden schwebt; dafs auch hier,
obgleich das Balanciren nicht so gut wiedergegeben ist wie auf der vorigen Vase,
an ein Knieen nicht zu denken ist, zeigen die umgebogenen Zehen des 1. Fufses,
auf denen er ruhen mufs um das Knie in der Schwebe zu halten: wenn man kniet,
streckt man die Zehen aus. Er hat die r. Hand haschend erhoben, die Handfläche
dem Mädchen zugekehrt, die 1. ist abwärts nach hinten ausholend offen zum Greifen
bereit; sein Kopf ist lauernd vorgebeugt.
Graef, Peleus und Thetis. 195
Hinter dem Baum eilen 2 Mädchen n. r. (um das Gefäfs herum zu dem
Greis); sie haben beide einen Chiton, der zwar oben bis auf die Arme fällt, aber
keine eigentlichen Ärmel hat. Die erste trägt ein Band im Haar; sie blickt n. 1.,
erschreckt die rechte Hand erhebend, während die 1. das Gewand fafst; die andere,
welche eine Haube trägt, läfst beide Arme hängen, der 1. fafst das Gewand.
Diese Darstellung hatte Heydemann a. a. O. auf Peleus bezogen, welcher
der Thetis auflauert und im Begriff ist sie zu ergreifen; ebenso deutete er das
Fragment, das ich an zweiter Stelle besprochen habe. Niemand, soviel ich sehe, hat
dieser Deutung zugestimmt; jetzt wird ihre Richtigkeit durch die Inschrift der
zuerst besprochenen Vasen unwiderleglich erwiesen. Die Vasen I und II stimmen
sogar in der Orientirung der Darstellung völlig überein. Doch werden wir auf
Nr. I die erste der 7 Mädchen für Thetis ansprechen, während ich mit Heydemann
in Nr. II die zweite dafür halte; ob sie, wie dies in III geschehen ist, irgendwie
durch ihre Kleidung hervorgehoben war, können wir nicht wissen. Dafs aber die
Haltung des Peleus auf der Vase des Louvre für einen unvollkommenen Ausdruck
desselben Lauerns im Hinterhalt zu erklären sei, welches die beiden rf. Vasen so
vortrefflich dargestellt haben, werden wir nicht bezweifeln.
IV. Nachdem wir nun so mit einem Schlage in den Besitz eines neuen
Typus der Peleus-Thetis-Darstellungen gleich in drei Vertretern gekommen sind,
verlohnt es sich, nach anderen verwandten Darstellungen auszuschauen. Nur zwei-
felnd wage ich das Bild einer sf. Vase aus Kamiros (Salzmann Taf. 54, 3) hierher
zu ziehen: auf einem Stuhle sitzt n. r. ein bekleideter Mann; er erhebt die L. bis
an den Kopf und macht auch mit der R. eine einigermafsen ausdrucksvolle Geberde.
Rechts davon eilt ein nackter Jüngling lebhaft anspringend n. r.; die r. Hand hält
er ausholend offen hinten abwärts; mit der 1. greift er ein Mädchen am r. Arm.
Diese n. r. eilend blickt zu ihm zurück; sie ist mit vier andern durch Anfassen der
Hände verbunden; sie alle bewegen sich und blicken n. r., nur die letzte blickt
zurück auf ihre Gefährtinnen und weist mit der r. Hand n. r. , wohl um sie zu er-
muntern, oder auf einen Altar mit Feuer, der r. davon steht. Auf diesen kommt von
rechts eine, wie es scheint, auch weibliche Person zu, sie hält in der R. einen Gegen-
stand, den ich für einen Vogel zum Opfer halte.
Einen directen Anschlufs aber an unsern Typus bietet das bekannte und
bisher vereinzelte Bild eines Aryballos der Sammlung Blacas (Panofka Musee Blacas
XI 2. Overb. H. G. VII 1). Der Peleus des Fragments aus Ruvo mufs in dem Augen-
blick, da er sich erhebt, die Thetis zu greifen, genau die ihm auf dieser Vase ge-
gebene Stellung einnehmen.
Im Begriff die Thetis anzupacken, während deren Verwandlungen ihn schon
bedrohen, ist Peleus dargestellt auf einer rf. Kalpis der Sammlung Lipona, jetzt in
München (807. Overbeck Nr. 3, Taf. VIII 5, Millingen peint. de vases pl. 4).
Ein noch etwas späterer Moment wird durch den bei Benndorf, Griech. und
Sicil. Vasenb. XXXII 4, abgebildeten Thondiskos dargestellt. Hier hat Peleus die
Thetis bereits ergriffen und sie sucht sich durch Verwandlung vor ihm zu retten.
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. j C
IC/6 Graef, Peleus und Thetis.
Dieser Typus welcher sich bereits dem des Ringkampfes beträchtlich nähert, steht
der Handlung nach zwischen diesem und dem vorigen und bildet den Übergang
zwischen beiden.
Es ist ein interessanter Beweis für die Beliebtheit der Sage von Peleus und
Thetis, dafs die Kunstwerke uns hier gleichsam eine fortlaufende Reihe von Dar-
stellungen verschiedener Momente desselben Ereignisses bieten — beinahe wie die
einzelnen Bilder eines Stroboskops — und es wirft zugleich ein belehrendes Licht
auf die Art und Weise, wie ein vorhandener Mythus sich in der bildnerischen
Phantasie des Volkes spiegelte. Werfen wir einen Blick auf diesen Mythus. Antike
und moderne Handbücher pflegen die Geschichte etwa so zu erzählen, dafs Zeus,
der sich um die Liebe der Thetis bewarb, durch das bekannte Orakel geschreckt
auf dieselbe verzichtet, um sie dem Peleus zur Frau zu geben; sie aber ergiebt sich
dem sterblichen Manne nicht ohne heftigen wiewohl fruchtlosen Widerstand, den
Peleus, unterstützt durch Chirons Rat, bezwingt. Hierauf folgt die Hochzeit, ge-
feiert und verherrlicht durch die Anwesenheit der Götter. Da nun die letztere für
die Kyprien bezeugt ist, entstand die Frage, wie weit das Vorangehende in dem-
selben Epos behandelt war, vor allem also ob der Ringkampf zwischen Peleus und
Thetis in denselben vorkam; ja, da das Motiv des Auflauerns vor dem Ringkampf,
wie wir jetzt wissen, schon in der ältesten Kunst dargestellt wurde, müfste folge-
richtiger Weise wenigstens die Frage aufgeworfen werden, inwieweit auch dieses
im Epos vorgebildet gewesen sei.
Wenn nun jemand sagt, der Ringkampf zwischen Peleus und Thetis und
die Schilderung der Verwandlungen, durch welche diese sich ihm zu entziehen
suchte, bilde ein treffliches Gegenstück zu der Liebesverfolgung der Nemesis durch
Zeus in den Kyprien, so ist das allerdings ebensowenig beweisend als wenn man
darin eine müfsige Wiederholung sieht; noch weniger richtet man mit der Erwägung
aus, was »ein Dichter wie Stasinos« konnte, durfte oder mufste. Eine andere Be-
trachtung führt vielleicht etwas weiter: schon die einfache Analyse der oben skizzir-
ten Erzählung mufs es sonderbar erscheinen lassen, dafs Zeus die Thetis dem
Peleus zur Gattin giebt, andererseits dieser sie sich durch des Kentauren Rat und
seine Kraft erringt. Wollte man auch daran keinen Anstofs nehmen, dafs Thetis
sich dem Willen des Zeus widersetzen würde — für das Epos immerhin ein be-
fremdender Zug — so mufs doch die nutzlose Häufung zweier Motive Bedenken
gegen die Urspriinglichkeit einer solchen Erzählung erregen. Sehen wir nun ein-
mal von späteren Berichten ab und prüfen vorurteilsfrei die vorhandenen alten
Zeugnisse.
Spielte wirklich in der ursprünglichen oder auch nur der populären Sageriform
Zeus eine Rolle, so könnten wir nach dem Gebrauch der alten Kunst wohl erwarten,
dafs er auch auf den Monumenten erschiene. Er kommt aber trotz der erdrückenden
Masse der auf den Liebeskampf bezüglichen Denkmäler (vgl. den Anhang) nicht
Graef, Peleus und Thetis. 197
ein einziges Mal auf denselben vor, wie Luckenbach (Fleckeisen's Jahrb. XI Suppl.
S. 583) gezeigt hat. Derselbe hat den Gedanken, in Hermes den Träger eines gött-
lichen Willens zu sehen, an dem für eine Darstellung auch Robert (Bild und Lied
S. 87) festhält, mit Recht zurückgewiesen (a. a. O. S. 584). Man würde ohne eine
vorgefafste Meinung von der Gestalt der Sage nie darauf kommen, dergleichen
aus den Denkmälern herauszulesen, schon das ganz vereinzelte Vorkommen des Her-
mes (im ganzen zweimal und in ganz verschiedener Weise: vgl. Nr. 59 und 61 meiner
Liste) verbietet ihm irgend mehr Bedeutung beizulegen als sonstigen von den Vasen-
malern gern hin und wieder beigefügten Personen, wie Aphrodite, Peitho, Pan,
Poseidon u. s. w. Vor allem aber darf man derartige vereinzelte Einfälle eines Va-
senmalers nicht zur Wiederherstellung der Sage verwenden.
Betrachten wir nun das Epos. Die Ilias weifs nichts vom Liebeskampf oder
den Verwandlungen der Thetis: die Götter haben die Ehe gestiftet. Ich setze die
Stellen her. ß 59 ist es Hera:
ocurap 'AyjXkzüi £<jti 9sd? -(ovo? r(v i^w autYj
öps^a xs xal cmTTjXot xal dvopl uopov irapa'xotTiv,
ürjXst, 8? irspi xijpt cpi'Xo? ■j&st' döavdroiaiv.
ttoEvts; 8' dvxtaaads öeol -fdjl.Gu• kv 8k au xoTatv
8aiW iyjwv cpopfu-ffa, xaxtöv srap', aikv aittaTS.
Die Götter im allgemeinen sind es Q 537:
xat' ol (Urfäi) Ov/jtu) eovti Osav izoirß/xv dxotxiv
und 2 84 fr.:
tä fisv n^X^t &8ol oöaav d-jXaa 8äipa
TjfAaxi T(3 ots as. ßpOTou dvlpo? EfxßaXov EUVfl.
In den Versen 2 432:
Ix piv p.' dXXdtuv dXtdcuv dvopl Säjxaassv,
Afaxioig ITvjXxji, xal sxX7jv dvspoj euv/jv
uaXXa piäX' oux ddsXooaa
eine Andeutung des Sträubens der Thetis dem Peleus gegenüber zu finden
ist vollkommen gegen den Sinn der Stelle: Thetis beklagt sich darüber, dafs Zeus
sie schlecht behandelt habe, indem er sie wider ihren Willen dem Peleus gegeben;
dafs sie diesen ohnmächtigen Widerwillen durch den Versuch, sich dem Peleus zu
entziehen, betätigt habe, davon kann man nur unter dem Bann der contaminirten
Sagenform eine Andeutung finden. Die Ilias also kennt Liebeskampf und Verwand-
lungen nicht.
Wir werden in diesem Unterschied zwischen der Version der Denkmäler
und der Ilias keinen Zufall mehr sehen wollen, nachdem uns eine Prüfung der Ge-
dichte Pindars gezeigt hat, dafs dieser zwar beide Versionen kennt, beide öfter zum
Teil ausführlich behandelt, nie aber vereinigt.
Ausführlich berichtet er die Sage Isthm. VIII 30fr. (Bergk.) Zeus und Po-
seidon streiten um den Besitz der Thetis; Themis aber giebt das Orakel, dafs der
Sohn der Thetis den Vater übertreffen werde, und rät sie dem Peleus zu geben,
15*
198
Graef, Peleus und Thetis.
tovxtuv 8' ls acp&txov avxpov sufru Xstptovoc aüxt'x' df|f*X&tt. Die Götter sind einverstan-
den: cpavxi ^ap £6v' dXs-fsiv xal fotfiov 0sxtoj ä'vaxxac. Von Liebeskampf und Verwand-
lungen ist hier keine Spur, ebensowenig Nem. V 35, wo Zeus, nachdem er den
Poseidon überredet hat, die Thetis dem Peleus giebt.
Andererseits läfst Pindar den Peleus sich die Thetis erringen Nem. III 35 f.:
xal itovTtav Osxiv xaxejxap^sv frptovqxf*
und Nem. IV 62 ff.:
xcup 8e ixorpcpaxs; öpaaujxa^dvcov xs X.e6vxu>v
ovo/«? 8£oxdxou» äxjidvx'
■rj Ssivoxdxiov <j)(d<Jat; 8oövxu>v
e^atjLEV u^t&pövtov p-tav Nirjpstofuv,
etSsv 8' suxux^ov SSpav,
xa? oupavotji ßaadvje? itovxou x' icpsCofxsvot
Swpa xal xpdxo? ££scpavav iffsve? auxtiü.
Hier steht nichts von dem Willen der Götter; dafs der Scholiast zu V. 101
sich auf die Iliasstelle bezieht, darf uns nicht irre machen. Wichtiger aber
ist, dafs er zu Nem. III 60 für die Verwandlungen der Thetis nicht eine alte
epische Quelle citirt, sondern einfach sagt: Sr^uJorj? & X.oyo?, &ztzz[j xoct Ilpwxsu? xtjv
<pU3tV TjjJ.StßsV.
Ein directes Zeugnifs aber endlich, dafs sich hier zwei verschiedene Ver-
sionen gegenüberstehen, giebt Euripides, wenn er in der Aulischen Iphigenie in der
Stichomythie zwischen Agamemnon und Klytaimnestra gewifs nicht ohne beson-
dere Absicht die Herkunft des Achill sehr ausführlich erörternd ausdrücklich zu
Gunsten der epischen Version die andere bekämpft, V. 700fr.:
KL: xa 6' Ataxou jtaTs xt? xaxsa/s 8a»;xaxa;
A. : riYjXEu;- 6 n?jXstK 8' sa^s NijpsuK xopirjv.
KL: Osou 8i86vxo;, 7j ßi'a ösü>v Xaßouv;
A.: Zsu? ^yurjas xal SiScud' 6 xupto?.
Derselbe Euripides hatte früher in der Andromache durchaus die populäre
Sagenform befolgt welche die Einmischung des Zeus nicht kennt. Vgl. vor allem
V. 1231 und V. 1277.
a) In demselben Gedicht folgt nun V. 52 durch die
Worte Xey^cVov ak toüto zpox^ptuv ?Tto{ 2)(u> einge-
leitet eine Aufzählung der Wohlthaten, die Chiron
an verschiedenen Helden gethan. Auch hier sind
wie im Obigen Peleus und Achill die Hauptperso-
nen. Man könnte geneigt sein diese Darstellung, die
durch die einleitenden Worte und ihre Parallelität
zur vorigen sich deutlich als die absichtlich
gegenübergestellte Version einer anderen Quelle
hinstellt, wenn man das viu.cpe'joe 8' giutic dyXoto'-
xoXtcov Nr(p^o; ö'iyotTpa V. 57 bedenkt, direct auf
die in den Isthm. VIII gegebene Darstellung zu
beziehen, wo in dem oben angeführten Verse
Chiron im Auftrag der Götter die Ehe stiftet;
doch die Art und Weise wie hier die Person
Chirons in den Vordergrund tritt führt vielmehr
wenn nicht auf eine dritte, so doch eine von der
vorigen abgeleitete Version, in der die Hilfe, die
Chiron dem Peleus durch seinen Rat gab und
die auch in den Monumenten (siehe unten) ihren
Ausdruck findet, mehr in den Vordergrund trat;
die Einmischung der Götter würde hierher nicht
gut passen. Über Chiron vgl. Mannhardt, An-
tike Wald- und Feldculte S. 46.
Graef, Peleus und Thetis. 199
Das Gefühl dafs hier zwei einander ausschliefsende Sagen sich gegenüber-
stehen, scheint noch lange geherrscht zu haben, wenigstens lassen sich beider Spuren
noch lange getrennt verfolgen. Es kann hier nicht ausführlich auf die Geschichte
der poetischen Behandlung dieser Sage eingegangen werden, ich gebe nur ein
paar Hauptpunkte an. Herodot VII 191 und wahrscheinlich Pherekydes (vgl. Schol.
Find. Nem. IV 81 und Schol. Eurip. Androm. 18) berichten die populäre Sage. Von
den Tragikern befolgte sie Sophokles (Schol. Pind. Nem. III 60, Fr. 155 und 556 N.).
und wie wir sahen Euripides in der Andromachc; während Äschylos im Prome-
theus sich der anderen anschliefst; so auch Xenophon de venatione am Anfang, so
Apollonius Rhod. IV 783 fr., so endlich Catull; sie liegt der rationalistischen Deu-
tung bei Staphylos (Schol. Ap. Rhod. IV 816) zu Grunde. Beide vereint finde ich
zuerst bei Ovid.
Es ist nun leicht ersichtlich, dafs diejenige Form der Sage die ältere ist,
welche sie noch nicht in den gröfseren Zusammenhang einer epischen Entwicklung
setzt, sondern sie nur wie eine thessalische Stamm- und Localsage behandelt4.
Diese erzählte, dafs der — doch wohl ursprünglich autochthone — Mann vom Pelion 5
unterstützt von dem Gotte dieses Berges, dem Kentauren Chiron, um ein Meer-
mädchen freit", diese, wie alle Meergötter im Besitze der Gabe sich zu verwandeln,
sucht sich ihm zu entziehen, doch gelingt es ihm sie zu bezwingen, da Chiron
ihm gesagt, er solle sie so lange trotz aller Verwandlungen festhalten bis sie deren
Kreis durchlaufen und wieder ihre ursprüngliche Gestalt angenommen habe. Es
folgt, wie es scheint, in beiden Versionen die götterbesuchte Hochzeit und zwar in
Chirons Höhle auf dem Pelion. Das Thetideion als Local der Hochzeit, bezüglich
des ersten Beilagers, ist nirgends bezeugt; man kann es nur durch Willkür aus dem
Berichte des Pherekydes herauslesen und durch Cobets Conjectur in das oben er-
wähnte Euripidesscholion hinein. Wohl aber ist das Thetideion Local des späte-
ren ehelichen Lebens.
In der Form der Sage, welche ich die epische genannt habe, ist die locale
Färbung verschwunden, dafür ist sie aber in einen bedeutungsvollen Zusammenhang
gebracht: Zeus und Poseidon streiten um den Besitz der schönen Meergöttin; durch
das Orakel der Themis geschreckt lassen sie von ihr ab und geben sie dem Peleus
zur Frau, der zum Enkel des Zeus geworden ist. Die Göttin heiratet natürlich
widerwillig den Sterblichen; aber ein solcher mufs es eben sein, wenn für die Götter
die Gefahr des ihnen überlegenen Sohnes abgelenkt werden soll. Selbstverständ-
lich ist dies keine willkürliche Umbildung; im Gegenteil, der Zug, dafs hier Peleus
zum glücklichen Nebenbuhler des Zeus geworden ist, hat gewifs seine mythologische
Bedeutung.
4) So hatte sie auch Suidas in seinen Thessalika Vater der Thetis. Zu der Auffassung der Sage
berichtet, wovon durch Lysimachus eine Notiz vgl. Mannhardt, Antike Wald- und Feldculte
in Schol. Apollon. Rhod. I 558 und doch wohl S. 68.
aueh in Schol. Eurip. Androm. 18 gekommen 5) Vgl. v. Wilamowitz, Phil. Unters. VII p. 414.
ist. Er ist der Gewährsmann für Chiron als
200 Graef, Peleus und Thetis.
Für unsern Zweck kam es nur darauf an, die Untersuchung so weit zu
führen, dafs wir nicht mehr zweifeln können, welche Sagenform wir für die Kyprien
vorauszusetzen haben. An die Kyprien schlofs sich Aschylos im Prometheus, schlofs
sich Euripides in seinen alten Tagen, nachdem er früher die populäre Version mit
engerm Anschlufs an das Local befolgt hatte. Jetzt auch ist es nicht uninteressant
aus der Reihe derer, die die Frage nach dem Vorkommen des Liebeskampfes in
den Kyprien erörtert haben, Welcker hervorzuheben, der sich (Ep. Cycl. II 132)
dagegen geäufsert hat, und Robert, der (Bild und Lied S. 125) es doch wenig-
stens als zweifelhaft hinstellt, wenn er sagt, der Dichter der Kyprien »konnte den
Ringkampf gerade so gut ignoriren, wie es der Dichter von ß 60 that, einer Stelle
die vielleicht jünger ist als die Kyprien und mit directer Beziehung auf dieselben
gedichtet ist«.
Wenn aber der Liebeskampf in den Kyprien nicht vorkam, woher stammte
die Sage? Darauf ist zu antworten: woher alle Sagen stammen, die in gleicher
Selbständigkeit Dichter und Bildner verarbeiteten: aus der mythischen Tra-
dition, wie sie im Volke lebte. Diese Auffassung, für welche ich aufserdem auf
Robert in Prellers Griechischer Mythologie S. 19 verweise, würde sich nicht ändern,
wenn sich für diesen Fall eine Behandlung der Sage in der Hesiodeischen Poesie
nachweisen liefse6. Es ist falsch, einseitig den Mafsstab des Epos anzulegen und
danach einen Rückschlufs auf das Verhältnis der Kunstwerke zur Sage zu ziehen.
Epos und Kunstwerke sind Geschwister, die ihrer gemeinsamen Mutter, der Sage,
gleich nah und gleich fern stehen.
ANHANG.
Die Zahl der Peleus- und Thetis-Darstellungen hat sich seit Overbeck be-
deutend vermehrt, ich veröffentliche daher hier, da anderwärts der Versuch seitdem
noch nicht wieder gemacht ist, eine Liste, die ich gröfstentheils der Freundlichkeit
des Herrn Professor Robert verdanke. Grundlage bleibt selbstverständlich Over-
becks Heroische Gallerie (mit Ov. bezeichnet), manches geben die bekannten
Arbeiten von Schlie und Luckenbach und neuerdings das Buch von Schneider
(der Troische Sagenkreis in der ältesten griechischen Kunst); wieviel der aus
gebreiteten Monumentenkenntnis Stephanis für derartige Arbeiten verdankt wird,
weifs jeder Kundige. — Ich halte es für methodisch alle Darstellungen des Ring-
kampfes in dem bekannten Typus, auch ohne Verwandlungen, so weit sie nicht
ausdrücklich in einen anderen Zusammenhang eingefügt sind, hierher zu ziehen:
äufsere und innere Gründe machen es wahrscheinlich, dafs dieser Typus für diese
Sage erfunden ist; dabei ist es natürlich vollständig gleichgiltig aber auch gar nicht
auszumachen, ob jedesmal der Zeichner sich der Bedeutung seines Werkes be-
wufst war.
f) Spuren einer solchen finden sich bei Mannhardt a. a. O. S. 52fT. richtig erkannt, aber falsch verwertet.
Graef, Peleus und Thetis. 201
Anders steht es mit dem Typus der Liebesverfolgung: hier haben wir
nur das Recht ausdrücklich als »Peleus und Thetis« charakterisirte Darstellungen
dafür in Anspruch zu nehmen. Der Typus mufs für sich untersucht werden. Ich
gebe nur einige Beispiele hierhergehöriger Monumente und mache nicht einmal
den Anspruch auch nur das Bekannte zu kennen.
Im übrigen habe ich in der Liste nur zusammenstellen und ordnen wollen,
und enthalte mich jeglichen Commentars. In der Bezeichnung der Vasen ist nicht
nach Gleichmäfsigkeit gestrebt, sondern meist herübergenommen, was die Be-
schreibungen und Publicationen gaben; ebensowenig ist der Versuch gemacht, die
Litteratur vollständig aufzuführen, nur die besten, oder mafsgebenden, oder sonst
irgendwie wichtigen Veröffentlichungen sind genannt. Hinter der Bezeichnung des
Monuments folgen, so weit sie bekannt waren, Fund- und Aufbewahrungsorte; bei
Stücken derjenigen Sammlungen, von denen gröfsere wissenschaftliche Kataloge vor-
handen sind, habe ich mich natürlich begnügt, einfach deren Nummer beizusetzen.
I.
Peleus der Thetis auflauernd, sie verfolgend, sie ergreifend.
1) Nr. I unserer Tafel | 2) Nr. z unserer Tafel | 3) rf. Hydria (Nola), Paris. M. d. 1. 1 6. Heyde-
mann Arch. Ztg. 1870 S. 82 | 4) sf. Schale (Kamiros), Salzmann 54,2. 3 | 8) Ov. 1, T. VII 1 | 6) Ov. 3, VIII 5 =
München 807 ] 7) Ov. 28 = Athen, Barbakeion 51. Collignon 406. Benndorf Gr. u. sicil. Vasenb. XXXII 4a,
S. 61—63.
II.
Ringkampf.
1. SF. VASEN.
A. Die Gruppe allein.
a. Ohne Verwandlungen.
8) Berlin 4000 | 9) Ermitage 42.
ß. Mit Verwandlungen.
Schlange (also wie auf dem Kypseloskasten nach Paus. V 18,5): 10) Nasiterno, Campana IV 563.
Löwe: 11) Ov. 6 | 12) Ov. 8 = Brit. Mus. 667.
Verschiedene Verwandlungen: 13) Amphora (Caere), Castellani. Bull. d. I. XXXVII (1865) 145.
Zwei Löwen. Rev. : Nereus u. Chiron | 14) Ov. 7 = Brit. Mus. 509. Micali storia d. pop. ant. LXXXIV 4.
Löwenkopf und Panter, dieser nur durch offenbares Versehen im Katalog des Brit. Mus. ausgelassen,
wie die Worte »tioo of her transformations « zeigen. Wahrscheinlich mit Ov. 22 (Gerhard rapporto
Volcente A. d. /. III 165 Nr. 607) identisch. | 18) Neapel ÄC207. Fiorelli vasi del conte di Siracusa IX I.
Panter, Schlange, Feuer. Rev.: Nereus u. weibl. Figur 1 16) Schale Bull. d.i. 185 1 p. 171; von Stephan!
CR 1867 S. 75 Anm. 3 herangezogen,
B. Mit Nebenfiguren,
a. Alleinstehender Typus.
17) Neapel R C 205. Fiorelli vasi del conte di Siracusa Taf. IV. Ohne Verwandlungen , vordere
Hälfte eines Viergespanns. Von Fiorelli unter Heydemann's Zustimmung herangezogen; vielleicht gehört
auch der Revers in unscrn Zusammenhang.
b. Mit einer Nereide,
a. Ohne Verwandlungen.
18) Neapel 2449 | 19) Pelike Castellani. Gerhard, Arch. Anz. 1866 S. 273* Nr. 35. Rev. Dio-
nysos und Ariadne | 20) Ov. 21 = München II 12 j 21) Oinochoe, Brit. Mus. Schneider, der Troische Sagenkr.
S. 79 Anm. I. 1 22) Dresden 15 (Hettner).
ß. Mit Verwandlung.
23) Ov. 14. München? (Nicht zu identificiren.) Löwe.
202 Graef, Peleus und Thetis.
c. Mit 2 Nereiden,
a. Ohne Verwandlung.
24) Ov. 16 = München 767; | 25) Ov. 17 = München 501 | 28) Ov. 18 = München 1 1 55.
Stephani Theseus u. Minotauros Taf. V S. 82 | 27) Ov. 20 = München 450 | 28) Lekythos (aus Gela),
Palermo, erwähnt Arch. Zeit. 1870 S. 14 Nr. 17. Schneider a. a. O. S. 76 Anm. 1 spricht wohl irrtümlich
hier von einer Schlange | 29) Berlin 1988 | 30) Berlin 1954 ] 31) Neapel 2738 | 32) Ermitage 115 ; 33) Le-
kythos (Veji), Jena 202 (Göttling) | 34) Amphora (Girgenti) Bull. d. I. 1871. p. 273 (Förster). Rev. :
Hephaistos u. Satyrn | 35) Amphora (Tarquinii) Bull. d. I. 1866 (XXXVIII) p. 234 Nr. 6. Ungewifs, ob
ohne Verwandlungen; Inschriften. Rev. Reiter und 2 Krieger.
ß. Mit Verwandlungen.
Schlange: 36) Ov. 9; Schlange bärtig | 37) Ov. 10. Raoul-Rochette M. I. I 2 | 38) Tazza pro-
fonda (aus Etrurien) in Viterbo bei Bazzichelli. Bull. d. I. 1859 p. 133. Revers ebenso | 39) Ov. 19 =
München 486 !
Löwe oder Panter: 40) Ov. 12. Raoul-Rochette Man. ined. I I. Inghirami G. O. II. 124 [ 41) Vaso
a Colonette, Campana IV 326. Rev.: Herakles, Deianira, Nessus u. s. w. | 42) München 133.
Zwei und mehr Tiere: 43) Heydemann Gr. Vasenb. VI 1. Collignon 329. Schlange, Löwe
mit sehr zugespitzter Schnauze, aus dessen Kopf ein Hörn hervorspringt. Luckenbach Fleckeisens Jahrb.
Suppl. IX S. 586 giebt irrtümlich 4 Nereiden an | 44) Vase (Athen) Barbakeion vgl. Collignon p. 80 Nr. 329
bis 2 | 45) Ov. 11, VII 3. München, nicht identificirbar. Dubois-Maisonneuve Introd. pl. 70, 3. Löwe,
Schlange | 46) Ov. 13 in Parma, vgl. Heydemann Hall. W. -progr. 1879 (Mitteil, aus O.-Ital.) S. 49
Nr. 48. Schlange, Löwe | 47) Neapel 2535. Tiger, Drache (Löwenkopf, Fischschwanz) | 48) Ilydria Canino.
De Witte Vases p. de t ' Etrurie 133. Löwe, Panter. Inschrift 0i-i{ xaXrj | 49) Berlin 1997. Heydemann Gr.
Vasenb. VI 2. Löwe, 2 Schlangen [ 50) Bauchiges Balsamar, Athen; erwähnt von Stark, Nach dem griech.
Orient S. 405 nur mit den Worten: »Peleus Thetis umwerbend und fliehende Frauen«. Ist vielleicht mit
einer der vorigen identisch.
d. Mehr als 2 Nebenfiguren (bis jetzt nur mit Verwandlungen).
51) Ov. 23. Roulez Vases de Leide pl. 12. Löwe, Feuer. 1 Nereide, Chiron | 52) Berlin 2003.
Löwe, Feuer. 1 Nereide, Chiron I 53) Ov. 15, VII 5 = München 380. Gerhard AVB III 227. 2 Panter,
Feuer. I Nereide; Chiron, welcher hier dem Peleus ganz handgreiflich hilft, indem er mit seinen Händen
dessen Rücken fassend ihn gewissermafsen im ausdauernden Festhalten unterstützt. Luckenbach a. a. O.
S. 579 leugnet die tätige Beihilfe | 54) Lekythos Athen, Collignon 328; erwähnt Arch. Anz. 1861 S. 200 *
Nr. 14 (Michaelis). Schlange (Drache nach Coli.); Chiron und Nereus | 55) Vase Athen, vgl. Collignon
p. 80 Nr. 329 bis I. 3 Nereiden | 56) Lekythos (Tanagra). Heydemann Gr. Vasenb. VI. 3. Schlange.
3 weibl. Figuren (2 Nereiden und Doris r), vielleicht mit der vorigen identisch? | 57) München 653.
Löwe, 2 Nereiden, Nereus | 58) Berlin 4008. Schlange, 4 Nereiden | 59) Ov. 24 = München 1538. 4 Ne-
reiden, Hermes, Chiron.
2. RF. VASEN.
A. Ohne Verwandlungen.
a. Schalen (sämmtlich Aufsenbilder strengen Stils).
60) (Corneto) Musee Blacas. erwähnt Panofka Recherches sur les veritables noms des vases p. 40
Not. 2. Wahrscheinlich ohne Verwandlung. 4 Nereiden. Rev.: Geburt der Athene | 61) Ov. 45, VII 4 =
Brit. Mus. 828*. Gerhard AVB III 178/9. Rev.: 3 Nereiden, Nereus, Hermes | 62) Ov. 41. Gerhard
AVB III 180/81. Rev.: Altar mit Palme, 4 Nereiden | 63) Miiseum Gregorianum II 84. I. 2 Nereiden.
Rev.: 3 Nereiden, Nereus.
b. Deinos.
64) Ov. 44, VIII 7 -- M. d. I. I 38. Ohne Verwandlungen ; 7 Nereiden und Nereus.
B. Mit Verwandlungen,
a. Schalen strengen Stils.
Aufsenbilder : 65) Ov. 31 = München 331. Löwe, 5 Nereiden. | 66) Ov. 33 = München 369.
Wiener Vorlegebl. A. 1; Löwe; früher dem Hieron zugeschrieben, vgl. aber Klein Vasen mit Meister-
signaturen S. 71 Nr. 17. Rev.: 5 Nereiden, Nerens | 67) Schale des Duris im Louvre. Campanal 4. 702.
abgeb. Wiener Vorlegebl. VII 2. erwähnt Arch. Zeit. XXXI (1873) 7 Anm. 76, 4. (Michaelis). Löwe,
Graef, Pcleus und Thetis. 203
Schlange. Rev.: 4 Nereiden, Doris, Nereus ) 68) Campana IV 710, erwähnt Arch. Anz. 1865 S. 54*.
Löwe, 4 Nereiden, Nereus. Rev. : 6 Nereiden. Innenb. : Theseus und Skiron.
Innenbilder: 69) Ov. 25, VII 6. Schale des Peithinos. Berlin 2279. Gerhard Trinkschalen IX 1.
Löwe, 3 Schlangen | 70) Ov. 26 = Ov. 27. Duc de Luynes, descr. pl. 34. De Witte Cab. Durand.
379. Löwe, Altar mit Feuer. Die Identität ist aufser Zweifel, sobald man den Irrtum Overbeck's hin-
sichtlich des Löwen, welcher dem Peleus in den Ellenbogen beifst, erkennt | 71) (Kamiros.) Abgeb.
Journal of Philology 1877 (VII) p. 215, Taf. A. Erwähnt Arch. Anz. 1866 S. 203*, Comment. Mommsen.
p. 171. 30 (Heydemann). Nach Euklid; defect. Schlange, Drache, Altar; Peleus selbst ist ganz fortge-
brochen. Um das Innenbild herum Nereiden mit Nereus und Triton (es ergiebt sich, dafs 7 Nereiden
da waren).
b. Andere Formen.
72) Ermitage 1527. Panter, Nereus | 73) Amphora. Ov. 34. a) (Bomarzo). Coli. Magnoncourt.
Dubois Descripfwn des antiques Pourtales-Gorgier Nr. 205 p. 41 (Gallerie Pourtales, Auklionskatalog. Nr. 217
S. 54); danach = Catalogue de la coli. Magnoncourt Nr. 58 (diesen selbst habe ich nicht einsehen können),
b) De Witte A. d. I. IV p. 109 Nr. X. Bullet, d. I. 1831 p. 6. Gerhard Rapporto Volc. (A. d. I. III)
p. 189 Nr. 795 und p. 153 Nr. 406c. Die Identität scheint mir aufser Zweifel, sie ist angenommen von
Gerhard AVB III S. 68 Anm. lod, bestritten von Overb. H. G. S. 186 Anm. 65. Panter, Schlange, 2 Ne-
reiden, Chiron, ionische Säule, Höhle mit Schlange; Fortsetzung auf dem Rev.: 2 Nereiden, Doris,
Nereus , Altar mit Feuer | 74) Ov. 30 | 75) Ov. 36, VIII 4 = Neapel 2638. M. d. I. I. 37. Schlange.
2 kleine Flügel zieren das Stirnband der Thetis, sie hielt eine Blume; so Luckenbach a. a. O. S. 581,
anders Overbeck. Vgl. auch Bolte De mon. ad. Odyss. pert. p. 46. 10 Nereiden, Nereus, Triton, Chiron |
76) Ov. 35 = Neapel 2421. Schulz Die Amazonenvase aus Ruvo, Taf. 1. Schlange, 4 Nereiden, Chiron,
Nereus und Doris (?) | 77) Ov. 29. De Witte Cab. etr. 132. Thetis hält einen Delphin wohl nur als
Attribut; Löwe, Schlange, Drache, Nereide.
C. Ohne Angabe, ob mit oder ohne Verwandlungen.
78) Hydria (Canino) Mus. etrusque 1194. Keine näheren Angaben, 1 Nereide. Ob diese mit der vorigen
vielleicht identisch ist, auszumachen, fehlt jeder Anhalt | 79) Volutenamphora (Ruvo) Samml. Dzialynsky 23,
erwähnt Revue archeologique XVII (1868) 354. Ohne nähere Angaben. Nebenpersonen | 80) Vase (Caere)
Samml. Alibrandi, beschr. Annali d. I. 1839 (XI) p. 222 (Braun). Ohne nähere Angaben. Nereiden.
Rev.: Nereus.
3. TERRACOTTEN.
81) (Kamiros) Brit. Mus. Salzmann Cam. 23. Löwe | 82) (Aegina.) Schöne Gr. Reliefs.
Taf. 33—34 Nr. 133; vgl. Matz Bull. d. I. 1870, 11. Reste des Löwen.
4. BRONCE, SPIEGEL, SCHMUCK.
A. Ungefähr der alte Typus.
83) Broncefufs einer Cista. Gori Museo etrusc. I 144. 2 Löwen, Schlange | 84) Broncegruppe
Richmond 37 (Michaelis), vgl. Arch. Ztg. 1874 S. 59. Panter, Schlange j 85) Spiegel. Gerhard Etr.
Sp. 387, 2. Ohne Verwandlungen | 86) Goldenes Armband. Ermitage. Arch. Ztg. 1857 (XV) Taf. 107, 3-
Löwe. Peleus ist nur halb.
B. Peleus hält die n. r. forteilende geflügelte Thetis am 1. Arm fest,
der Typus vielleicht mit I zusammenhängend.
87) Spiegel. Gerhard Etr. Sp. 386, I. Vgl. Arch. Ztg. IV 260. Inschriften I 88) Spiegel.
Gerhard. Etr. Sp. 387, 1. Inschriften. Grofses Glied des Peleus | 89) Etruskische Bleitafel, darauf ein
Spiegel. Annali e Monumenti d. I. 1855 Taf. XIII S. 57. Inschrift.
C. Freie Gestaltung als Entführung.
90) Ov. 51 = Gerhard Etr. Sp. 225. Schlange, Vogel | 91) Ov. 50, VII 2 = Gerhard Etr.
Sp. 226. Üb. d. Inschriften vgl. Arch. Ztg. VII 35* und neuerdings Bugge in den Etruskischen For-
schungen herausg. v. Deecke, wie ich aus Bursians Jahresb. 1885 Bd. 44 S. 250 ersehe | 92) Ov. 52. Gold-
schmuck. Chabouillet, Catal. de la Bibl. 2545. Nouvelles Annales I pl. A 23. Typus etwas verändert
und den Spiegeln symmetrisch | 93) Broncecista (Praeneste) Bull. d. I. 1886 p. 40. Drache, Löwe,
Vogel. Nereide, Nereus, Jüngling.
204 Graef, Peleus und Thetis.
III.
Freiere Gestaltung.
A. Auf r f. Vasen fr eien Stils.
94) Ov. 37. VII 8. Millingen Anc. uned. mon. I 10. Peleus die Thetis entführend,- der Typus
steht in der Mitte zw. dem Ringkampf und der Entführung auf d. Spiegeln (II 4 C). Verwandlungen:
2 Schlangen (ein früher für einen Regenbogen gehaltener Gegenstand wird von Luckenbach a. a. O.
S. 579 für einen Gewandbogen der Thetis erklärt). Nereiden, Chiron, Jungling | 95) Ov. 38, VIII 1.
Millingen Uned. Mon. I. A. I. Dubois-Maisonneuve Introd. 70. I. Vgl. Robert Bild und Lied S. 23 Anm. 20.
Entführung. Schlange, Drache, Nereiden, Athena, Poseidon, Pan, Eros, Aphrodite, Peitho | 96) Fragment
aus Kertsch. C. R. 1869 Taf. IV 3. Entführung: Löwe, Schlange.
B. Ganz einzeln stehende Darstellungen.
97) Pelike mit Gold (Kamiros). Brit. Mus. Salzmann Cam. 58. Jahn Vasen mit Goldschmuck
S. 17. Wiener Vorlegebl. II 6, 2. vgl. Robert Bild und Lied S. 23 Anm. 20. Peleus die Thetis beim
Bade überraschend; Schlange | 98) Ov. 49, VIII 9. Portlandvase. Millingen Anc. uned. mon. A 1. Höchst
zweifelhaft, ob überhaupt hierhergehörig; von Klein Euphronios2 S. 186 Anm. I auf Theseus im Meeres-
grunde gedeutet.
IV.
Liebesverfolgung oder Entführung im rf. Stil auf Peleus und Thetis übertragen.
99) Thondiskos Athen 'E<pT)|Aepi{ dpyettoX. 1885, II 5. Herr Prof. Ileydemann theilt mir mit,
dafs er diese Darstellung auf Peleus und Thetis beziehe. Rev. : Leukippidenraub | 100) Ov. 2. Gerhard
AVB III 182. Liebesverfolgung; durch den Revers: Nereus, Doris, Nereide als hierhergehörig erwiesen |
101) Stamnos des Hermonax in Orvieto beim Grafen Faina. Arch. Ztg. 1878 Taf. 12, vgl. Robert B.
u. L. S. 44, der es durch den Vergleich mit dem vorigen hierherzieht. Nereus, 12 Nereiden. Derselbe
Typus für Zeus und Aegina bei Braun Antike Marmorwerke I Taf. 6 [ 102) Kalpis in Florenz. Arch. Ztg.
1850 Taf. XXI. Dempster Etruria regalis Taf. LXII — LXIII. Passeri pict. Etrusc. I 58, 59. Vgl. R.
Rochette Mon. ined. p, II. Liebesverfolgung: Nereus, Doris, Nereide | 103) Lekanedeckel (Mithridatesberg)
Ermitage. Schöner Stil. C. R. 1877 T. V, 6. Liebesverfolgung. Inschriften 0H£EY£ und 0ETIS
von Stephani unter Beibehaltung dieser Namen in wenig wahrscheinlicher Weise erklärt; näher liegt die
Annahme, dafs Theseus für Peleus verschrieben oder verhört ist.
V.
Hochzeit.
(Lauter unter sich nicht verwandte Darstellungen.)
104) Ov. 46, VIII 6. sf. Inghirami Mus. Chilis. I 46—47; Call. Om. II 235; Vasi fittil. I 77
bis 78. Peleus die Thetis dem Chiron zuführend. Rev.: Nereus und Nereiden. Vgl. Luckenbach a. a. O.
S. 598 | 105) Kypseloskasten. Paus. V 19, 7. Vgl. I.oeschcke observat. archaeol. Progr. Dorpat 1880 S. 5 ff.
Klein Kypsele der Kypseliden (Bcr. d. Wiener Akademie 1884) S. 64 fr. Schneider Troischer Sagenkr.
S. 65 f. und S. 88 f. | 106) Frangoisvase. Luckenbach S. 589. Schneider a. a. O. S. 85 ff. | 107) Hydria,
sf. (Orvieto). Florenz. Attische Inschriften. Körte A. d. I. 1877 p. 179. Ileydemann Mittheilungen
aus Oberitalien S. 88 Nr. 26. Peleus und Thetis auf Wagen stehend; Götterpaare | 108) Ov. 48. Sar-
kophag. Zoega LH. Peleus und Thetis auf Thron sitzend.
Botho Graef.
^Wöv^ XWvvio ^
SCENEN AUS DER ILIAS
AUF EINEM ETRUSKISCHEN SARKOPHAGE.
Ein in Corneto im Jahre 1875 gefundener Sarkophag, den Herr G. Körte
Monumenti deW Istituto XI Tav. 58 und Annali 1883 Tav. T. V (p. 243) veröffent-
licht hat, ist auf seinen vier Seiten mit Reliefs geschmückt. Die eine der Lang-
seiten — ihre Abbildung ist umstehend verkleinert wiederholt — stellt einen Ama-
zonenkampf dar, die beiden Schmalseiten je einen Krieger, der ein Viergespann
lenkt; die zweite Langseite endlich einen lebhaften Kampf, dessen Erklärung die
Aufgabe der folgenden Zeilen sein soll, nachdem der erste Herausgeber hierfür ein
auch nur ihn selbst befriedigendes Resultat nicht gefunden hat.
Man sieht auf den ersten Blick, dafs es sich um einen sehr lebhaften Kampf
zwischen zwei verschiedenartigen Völkerschaften handelt. Die Vertreter der einen
Partei, drei an der Zahl (No. 1, 3, 7), ohne Zweifel die Angreifer, sind durch phry-
gische Mützen gekennzeichnet; alle drei sind bartlos, ohne Panzer, aber mit Schwert-
gurt versehen. Der erste und letzte ist mit einem kurzen Chiton bekleidet, der
bis zur Schamgegend reicht und von einem breiten Gürtel zusammengehalten wird.
Der erste und zweite sind beschildet; der zweite gebraucht als Waffe einen Stein,
die andarn beiden führen kurze Schwerter.
Die von den eben Beschriebenen Angegriffenen (No. 2, 4, 6) sind bärtig, mit
Schwert und Schild bewaffnet und durch die xovtj (No. 6), den Erzhelm (No. 4) und
die sog. Schiffer-Mütze (bei No. 2), wie auch durch den Panzer mit Nackenschirm ',
den zwei von ihnen tragen (No. 2 und 6), als Hellenen gekennzeichnet.
Aufser diesen sechs Personen sind noch drei vorhanden, die nicht am
Kampfe teilnehmen und deren Rolle im ersten Augenblick nicht klar ist; der eine
(No. 5) befindet sich in der Mitte der Darstellung, die anderen beiden (No. 8. 9) an
der rechten Seite derselben; sie sind durch Panzer und Helmkappe als Griechen ge-
kennzeichnet.
Ganz allgemein können wir hiernach sagen, dals es sich um einen Kampf
zwischen einem asiatischen und einem griechischen Volke handelt. Herr Körte
meint, die phrygische Mütze genüge nicht, um die eine Partei als Asiaten zu kenn-
') Diese Eigentümlichkeit des Panzers ist sehr S. 105, Taf. 43; 44,2) und auf einigen syraku-
selten, doch findet sie sich auf Vasen {Monumenti sanischen Dekadrachmen des Euainetos,
del Institute) Bd. IX, Tafel 44 (Vase des Brygos). Kimon u. A. Bei Head, Coinage 0/ Syracuse
Gerhard, Auserl. Vasenbilder, Bd. IV, 268 I; N. 6, 7 und im Catalogue of the Greek coins in the
269 — 70, 2, 3); auf Pergamenischen Re- British Museum, Sicily S. 171, 175, 176 sind
liefs (Bohn, Altertümer von Pergamon Bd. II einige derselben abgebildet.
206
Svoronos, Sccnen aus der Ilias.
zeichnen, indem er sich auf die Darstellung der Rückseite des Sarkophags be-
ruft, wo zwei der gegen die Amazonen Kämpfenden, die nach seiner Annahme
Griechen sind, ähnliche Mützen tragen. Allein von der abscheulichen etruskischen
Darstellung der Rückseite darf man auf die unsere, welcher ohne Zweifel ein Werk
griechischer Kunst aus guter Zeit zu Grunde liegt, nicht schliefsen; überdies kann
man nicht einmal sagen, dafs die Gegner der Amazonen auf diesem Sarkophage
Griechen sein müfsten, da wir auch von Kämpfen derselben mit Asiaten wissen2.
Herr Körte deutet die Darstellung auf den Einfall der Griechen, die also
die Männer mit den phrygischen Mützen wären, in Mysien, das Land des Telephos,
der hier an der Spitze seiner Genossen den Angreifern entgegenträte (No. 4). Aber
er kann nicht erklären, warum hier eine Person (No. 6) als verwundet erscheint,
die nicht Telephos sein kann, während die Verwundung dieses Helden ein wesent-
licher Zug der Sage ist; auch bleiben die beiden Personen auf der rechten Seite
des Bildwerkes unerklärt.
Anstatt von der Verwundung eines der Kämpfer auszugehen, einem Vorfall,
der sich bei jedem Kampf zu ereignen pflegt, ziehen wir zunächst die zweite Gestalt
von links in Betracht, die durch ihre Mütze mit Sicherheit als Odysseus gekenn-
zeichnet wird3; seine mit phrygischen Mützen bekleideten Gegner sind selbstver-
ständlich Trojaner. Da nun die Griechen im Zurückweichen begriffen und die
Trojaner die Sieger sind, so ergiebt sich von selbst der Gedanke an Buch A der
Ilias, und es gilt den Versuch, ob es nicht möglich ist, an der Hand der homeri-
schen Schilderung eine Erklärung unseres Bildwerkes zu finden.
Bekanntlich erzählt der Dichter am Anfang von A, wie Eris von Zeus ge-
sandt einen gewaltigen Kampf zwischen Griechen und Troern erregt, bei welchem
Agamemnon zuerst Wunder der Tapferkeit verrichtet und die Feinde bis an die
Mauern der Stadt verfolgt, bis er endlich sich gezwungen sieht, verwundet das
2) Homerll. II 814. III 189. VI 186; Schol. I.y-
coph. 17. Diodor III, 55.
3) Vgl. Brunn, / rilievi delle urne Etrusche Bd. I
Taf. XXXIII, XXXVII, LXX.
Svoronos, Scenen aus der Ilias.
207
]Le-»M>
Schlachtfeld zu verlassen. Der Sieg neigt sich daher auf die Seite der Troer
Hektar richtet ein wahres Blutbad an, und die Niederlage der Achäer wäre voll-
ständig gewesen, wenn nicht Diomedes und Odysseus sich ihm entgegengestellt hätten,
um den Rückzug zu decken. Aber bald sieht sich auch Diomedes, von Paris am Fufse
verwundet, gezwungen, wie Agamemnon in das Lager zurückzukehren. So bleibt
nun Odysseus allein um gegen die Troer zu kämpfen:
oftoörj 0' 'Oouasü? SoopotXorä;, ouös ri? auttu
'Ap'fstcov -apsp.stvev, iusl cpoßo? sXXotßs ~aV;a? (V. 401. 402).
Aber auch ihn umzingeln die Troer, und der Held sieht sich gezwungen,
kämpfend zurückzuweichen: aüxap 0 7' s?oiucj<d dvs^a'Csxo (V. 460). Dies ist der
Vorgang, den die linke Ecke unseres Bildwerkes darstellt. Odysseus weicht einen
Schritt zurück, indem er sich mit seinem Schild gegen einen auf ihn eindringenden
Troer verteidigt.
Nach Homers Schilderung ruft in dieser Lage der Held seine Genossen zu
Hilfe. Menelaos erscheint, begleitet von dem Telamonier Aias und führt ihn aus
dem Getümmel (Vers 461 — 488); Aias bleibt auf dem Schlachtfelde zum Schirme der
Achäer zurück:
TtdvxoLZ 6s Tcposspfs Ooä? iiA vTJa.; oosusiv
aiko? os Tpcowv xat 'A/atöiv ftuvs [isar^u?
Eatapevoc. (V. 569—571.)
Diesen Vorgang erkennen wir in unserer zweiten Scene: ein nackter Troer
(No. 3) mit Schwert und Schild bewaffnet, ist im Begriff gegen Aias (No. 4) einen
Stein zu schleudern, wie denn auch das Epos in derselben Schlacht den Hektar
-/spjictoioKjtv kämpfen läfst (V. 541). Aias, von vorn gesehen, hoch aufgerichtet, einen
gewaltigen doppelbuschigen Helm auf dem Haupte, das Wehrgehenk und eine
Chlamys an der Schulter, erhebt — Tptusaaiv STraXasvo? (V. 489) — das Schwert, um
einen gewaltigen Schlag gegen den andringenden Troer zu führen. Der Telamonier
ist an seiner Reckengestalt zu erkennen, welche Herrn Körte (S. 246) veranlafst hat,
208 Svoronos, Scenen aus der Ilias.
ihn für den König einer der streitenden Parteien anzusehen, auch daran, dafs der
Durchmesser seines Schildes merklich gröfser ist als der der übrigen Schilde: ich
möchte mit Kebriones sagen (V. 526 — 527):
su 8e (jliv Eqv<ov
siipu "(ap <xp/.p' (uiioiaiv iy&i aa'xo?.
Zeus, der den Trojanern den Sieg verleihen will, entmutigt Aias, dafs er zu-
rückweicht. Eurypylos kommt ihn zu Hilfe; er tötet einen der Troer (V. 575 — 580),
aber Paris richtet seinen Bogen auf ihn
xat }«v ßäXs p.Tjpoy 8taT(j>
SeStov E-ydaa&zj 6s 86va£, sßa'puvs 8k fMjpov,
at}/ 8' £-a'p(uv sfc sövo? lyä^zzo XTjp' dXsst'vwv. (V. 583 — 585-)
Sehen wir nun den Krieger No. 6, am Schenkel verwundet und daher
mühselig mit beiden Händen auf seine Lanze gestützt, sich aus dem Getümmel
schleppen, indem er so gut als möglich sich mit seinem Schild gegen einen Gegner
(No. 7) verteidigt, der ihn mit gezücktem Schwerte angreift, so möchten wir in
diesem Verwundeten Eurypylos erkennen. Dafs sein linker, nicht wie bei Homer
sein rechter Schenkel verwundet ist, erklärt sich leicht aus technischen Gründen;
wesentlich ist die Abweichung, dafs nicht ein Pfeil, sondern ein Speer die Ver-
wundung hervorgebracht hat; doch stimmt wieder zu dem sxX«3&7j Homers der Um-
stand, dafs der Speer zweimal gebrochen im Beine haftet. Ich möchte glauben,
dafs wir hier eine Abweichung unseres Reliefs von seiner griechischen Vorlage zu
erkennen haben: möglicherweise hat der Sarkophagarbeiter den in dieser dargestellten
Paris der Raumersparnifs wegen fortgelassen, und als der Bogenschütze fortfiel, auch
den Pfeil in die gewöhnlichere Waffe ändern zu müssen geglaubt.
Zwischen dem mutmafslichen Eurypylos und Aias, die beide bärtig darge-
stellt sind, sieht man einen jungen Mann (No. 5), der von vorn gesehen, das Haupt
von einem totohjo? bedeckt, mit einem Fell bekleidet ist, während das Wehrgehenk
ihm vom Rücken herabhängt. Er hält in der Linken einen Bogen und zwei Pfeile,
in der Rechten eine Muschel, in welche er mit aller Kraft hineinbläst4. Wir haben
also einen Bogenschützen vor uns: Paris, nach der Verwundung des Eurypylos ein
iirtvmrj-^piov blasend, kann es nicht sein, da der Petasos ihn als Griechen kennzeichnet.
Sein Platz hinter dem Schilde des Aias (ü-' Aiocvto? aoexsi' TsXctfjuuvioao 6 267) läfst
uns an Teukros denken, den berühmten Bogenschützen, den xocaqvr,-o; xai oratTpo?
des Aias (M 371), der stets an seiner Seite kämpft. Aber warum bläst er auf der
Muschel? Als Eurypylos, so sagt uns der Dichter, verwundet und gezwungen war,
Aias in einer so gefahrvollen Lage zu verlassen
■Jjuasv 6k otaupuaiov Aavaoiat 'ysYU)v6;•
u> cpt'Xoi 'Apfeiouv f^Topej rfik jisSovis»,
STTjt' eXsXi^ösvts; xai djxuvsxs V7)Xsks Tjtxap
A*av&', 8; ßsXssat ßiäCsrat xtL (V. 586 fr.)
4) Die Muschel als Blasinstrument ist ein Anachronismus, da sie sich bei Homer nicht findet.
Svoronos, Scenen aus der Ilias. 209
Ist das nicht die Rolle, die der Künstler hier dem Teukros übertragen hat? Er
brauchte, um die Symmetrie, die er erstrebt, augenfällig zu machen, eine Einzel-
figur, und er hat mit vielem Geschick daher neben Aias den von ihm unzertrenn-
lichen Bruder gestellt. Seine Gestalt teilt nämlich die ganze Composition in zwei
sich entsprechende Teile von je vier Figuren. Die Neigung des Künstlers zur
symmetrischen Darstellung erstreckt sich bis auf solche Einzelheiten, dafs nur diese
Mittelfigur und die an beiden Ecken Schuhe tragen und dafs immer ein Bärtiger
und ein Bartloser mit einander abwechseln.
Wir haben gesehen, wie nach der Verwundung Agamemnons Odysseus
und Aias vergeblich gegen den Sieg der Troer ankämpften. Der Feind vertritt
ihnen selbst den Rückzug und setzt seinen Fufs bis auf die Grenze des Lagerwalles,
wie vielleicht durch den Stein angedeutet werden soll, auf den der letzte der Feinde
seinen Fufs setzt. Nun kann Achill zufrieden sein, er hat glänzende Genugtuung:
(fyo? ßsßmjxsv 'A/octouc, nun kann er auch seinem Freunde Patroklos gestatten, sich
zu waffnen und am Kampf teilzunehmen, um die Griechen vor der äufsersten Not zu
bewahren. Dies sehen wir in der letzten Scene dargestellt. Patroklos (No. 8), blickt,
das Gesicht seitwärts nach links gewandt, sorgenvoll auf das Schlachtfeld und nach
seinem Freunde Eurypylos hin:
ßsßXrjjxsvo? dvTsßö>.7j<Jsv
oio*(ev7jC Eüaijj.ovt'Sij?, xatä [xrjpbv oi'3~<«>,
axd£<uv ix ttoXsjxou. (V. 807 — 8 II.)
Einer der Myrmidonen (No. 9), vielleicht Automedon, mit Panzer und Schwert ge-
rüstet, bringt ihm, der schon den Panzer des Achilleus angelegt, hat, das Schwert
und die Beinschienen des nun nicht mehr grollenden Freundes: die [xtjvi? des
Achilleus hat geendet.
Auf den Schmalseiten des Sarkophages ist der weitere Fortgang der Hand-
lung dargestellt. Auf der einen Seite (A) sehen wir Patroklos auf einem Vierge-
spanne ältesten Stils, das er selbst lenkt, in die Schlacht fahren. Hier wie auf der
Vorderseite ist er bärtig und ohne Helm dargestellt. Auf der andern Seite (B) lenkt
ein zweiter, bartloser Krieger ein ähnliches Viergespann nach rechts und trägt auf
seinem über die Schulter gelegten Speere die Waffen eines besiegten Kriegers, von
denen jedoch nur der Schild sichtbar ist. Es fragt sich, ob man diese Darstellung
zur Vorderseite, oder zur Amazonomachie der Rückseite zu ziehen hat; häufig ge-
hört ja bei den Sarkophagen jede der beiden Schmalseiten inhaltlich je zu einer
Langseite. Indessen möchten wir in unserem Falle bei der genauen Ueberein-
stimmung der Gespanne beide Schmalseiten auf ein und dieselbe, und zwar die von
uns behandelte Darstellung beziehen.
Ich möchte bei dem Bartlosen nicht an Hektor denken, von dem der Dichter
sagt, dafs er nach der Ueberwindung des Patroklos, iital xXutä -z^yz' aKrfiprx (P 125)
oty ic ojjAov iiuv dvs^dCsft' ixatpcov
i? Si'cppov 8' dcvopoüds (P 128. 129),
sondern an Achilleus, der nach dem Falle Hektors seine Waffen zurückholt: obr'
2IO Engelmann, Harpyie.
<u[itov zt's/z s3'j),a und dann zu Wagen steigt ij ot'cppov dvaßocc, äva xs xXura tsü^s
dsfpac (X 367 und 399). Der Umstand, dafs Achill unbärtig, Patroklos bärtig dar-
gestellt ist, erklärt sich, abgesehen von dem in der ganzen Darstellung streng durch-
geführten Wechsel zwischen Bartlosigkeit und Bärtigkeit, aus den Worten des Dichters,
der den Nestor zu Patroklos sagen läfst:
]f8vs$ (J.sv uuspiEpo? Icmv 'A/tXXsu?,
irpsaßuTspo; Sa au iaaL (A 786. 787.)
Wir glauben damit für die Darstellungen unseres Sarkophags eine einheit-
liche Erklärung begründet zu haben: der Künstler wollte die Beendigung von
Achilleus' Grolle so erzählen, dafs er ausgewählte Scenen aneinanderreiht; er erinnert
darin gewissermafsen an die Verfertiger der Tabulae Iliacae.
Berlin, Juni 1886. Johannes N. A. Svoronos.
MISCELLEN.
HARPYIE.
Dafs die Harpyien, so wie sie Homer kennt, etwas Rofsähnliches an sich
gehabt haben müssen, da eine von ihnen: llo&opp] [5o5/.o;xsv7j Xsijiüm itapä poov 'ßxsotvoTo
von Zephyros Mutter der beiden Rosse des Achilleus wird, kann man Milchhöfer
(Anfänge der Kunst S. 57. 244) zugeben; auf uns sind jedoch derartige Bildungen
nicht gelangt oder wenigstens nicht mit Sicherheit zu erkennen. Wo uns bestimmt
Harpyien entgegentreten, im Abenteuer des Phineus, da sind es regelmäfsig Frauen-
gestalten, die mit zwei oder vier Schulterflügeln und Flügeln an den Füfsen ver-
sehen sind (vergl. Furtwängler, Arch. Zeitg. 1882 S. 203); als solche sind sie auch
sicher bei Aeschylus Eum. 50 gedacht. Doch dürfte Furtwängler wohl zu weit
gehen, wenn er bei jeder von der menschlichen Gestalt abweichenden Bildung, so
namentlich bei den bekannten Figuren am Grabmal aus Xanthos von der/Benennung
Harpyien absehen zu müssen glaubt. Zunächst sind sichere Stellen vorhanden, wo
von einer Mischbildung aus Frau und Vogel die Rede ist (vielleicht schon bei Pei-
sandros Sc/u?/. Apoll. R/iod. 2,108p, der sie opvtDss nennt; sicher bei Hygin. f. 14,
Lykophr. Alex. 653 Sc/iol.); auch in der vatikanischen Handschrift des Vergil (Bartoli
Pict. ant. Verg., 1782, Taf. 63) werden sie als Vögel mit Frauenkopf und menschlichen
Armen abgebildet, so dafs man die Möglichkeit, dafs mit solchen Mischbildungen
von den Künstlern Harpyien gemeint wurden, nicht ablehnen kann, um so weniger,
wenn, wie in Xanthos, der Charakter der Todesgottheit deutlich ist. Zu den mit
einiger Wahrscheinlichkeit als Harpyien zu bezeichnenden Figuren tritt ein zwar
nicht neues, aber doch erst neuerdings ans Licht gezogenes höchst interessantes
Engelmann, Harpyie.
211
Denkmal: eine in Vulci 1834 gefundene, aus Gerhards Besitz in das Berliner Museum
übergegangene Vase (vergl. Furtwängler Katal. d. Vasen 2157), deren Zeichnungen
hier in halber Gröfse (das Gefäfs in '/g) abgebildet sind. Das Gesicht des Misch-
wesens ist wie eine Medusenmaske gestaltet d. h. mit Hauern und herausgestreckter
Zunge; Rumpf und Arme sind menschlich gebildet, der Rest vom Vogel entnommen:
vier Flügel sitzen auf dem Rücken, zwei nach oben, zwei nach abwärts gerichtet;
mit jeder der ausgestreckten Hände hat sie einen zappelnden und sich umblicken-
den nackten Knaben am Handgelenk gefafst. Die Bedeutung liegt klar zu Tage:
es ist ein Todesdämon, wie es dem Charakter der Harpyien entspricht1. Die Ver-
mischung mit dem Gorgonentypus kann nicht auffallen, wenn man bedenkt, wie
nahe diese Gestalten unter einander verwandt sind, ja wie sie geradezu in einander
übergehen (vgl. Röscher Myth. Lex., Harpyien).
Sehr grofse Übereinstimmung mit der hier abgebildeten Darstellung bietet
das Relief einer in Picenum gefundenen bronzenen Situla [Notizie d. scavi 1877
S. 114. Arch. Zeitg. XXXV S. 179); nur dafs die Harpyie die zwei nackten Knaben
nicht blofs mit je einer Hand am Handgelenk, sondern auch mit je einem Fufse an
der Hüfte gepackt hat.
') Hom. 0241, \ 371, u. 77. Kaibel epigr.gr. 1046, 13: ouvsx« oi notiSoc; — "Apftuiai KA(o!}<Bve{ &.t7{-
petitavTO jjiXaivat.
Jahrbuch des archäologischen Instituts'!. l(3
212
Malmberg, Attalisches Weihgeschenk.
Auf der Schulter unserer Vase ist ein nach r. laufender Jüngling dargestellt,
der einen grofsen Vogel mit der L. beim Halse gefafst hat, während er in der R.
einen kurzen Stock schwingt.
R. Engelmann.
"Nry^^X
ArrX^^s
\Jju^i^ \to^~3x~^£Jk
ÜBER ZWEI FIGUREN AUS DEM WEIHGESCHENKE
DES ATTALOS.
Zwei Figuren des attalischen Weihgeschenkes, der todte Jüngling in Venedig
{Monumenti IX Tav. 20, 3) und der sterbende Krieger in Neapel ( Tav. 20, 4), zeichnen
sich durch die Eigentümlichkeit ihrer Verwundung aus: beide erscheinen nämlich
von einem mächtigen Lanzenstofse durchbohrt.
Bei der zweiten Figur scheint die Art der Verwundung kaum erörtert worden
zu sein; bei der ersten sprechen Brunn1 und Overbeck2 von einer Durchbohrung,
Dütschke3 scheint anderer Ansicht; sehr bestimmt widersprechen Friederichs-Wolters4.
Es wird daher nicht überflüssig sein, die Gründe für unsere Meinung darzulegen.
Bei dem jugendlichen Gallier befinden sich im Bauche dicht an den Rippen
in gleicher Höhe vom Gürtel zwei tiefe runde Löcher, die sich genau gegenüberliegen;
an zwei Stellen derselben zeigt sich je ein Einschnitt so, dafs der eine die Verlän-
gerung des anderen bildet. Diese Einschnitte — sie laufen vertical, wenn man sich
1) Ann. d. I. 1870 p. 302.
2) Plastik3 II S. 208.
3) Antike Bildwerke in Oberitalien V S. 77: »Unter
der r. Brust eine tiefe runde Wunde, eine eben-
solche an der 1., aus welcher auf die Basis Blut
herausströmt.«
4) Friederichs - Wolters Gipsabgüsse ant. Bildw.
S. 519: »Der Jüngling ist durch drei Wunden
gefallen, eine Schnittwunde und zwei Schufs-
wunden, die von einer Schleuderkugel, oder da
man diese Waffe hier schwerlich wird .voraus-
setzen können, von Pfeilschüssen herzurühren
scheinen, denn man sieht nicht ein, wie
Schwert oder Lanze solche Wunden ver-
ursacht haben könnten«.
Malmberg, Attalisches Weihgeschenk. 2 1 3
die Figur aufrecht denkt — sind am Rande der Öffnung breiter und gehen dann
spitz zu, als wenn in die runden Wunden nach zwei Seiten hin noch Einschnitte mit
einem Messer gemacht seien. Dafs weder Schwert noch Schleuderkugel eine solche
Wunde hervorbringen kann, ist klar. Gegen die Annahme von Pfeilen spricht aber
nicht nur das genaue Gegenüberliegen der Wunden, da ja nicht zu glauben ist, dafs
ein Pfeil zu einer Seite hinein- und zur anderen hinausgegangen sein könnte, son-
dern auch ihre Gröfse: bei halber natürlicher Gröfse der Statuen beträgt nämlich
die runde Öffnung beim Jünglinge 0,016 m, die ganze Wunde von einem Ende des
Einschnittes bis zum anderen 0,038 m5. Unzweifelhaft kann die Waffe, welche diese
Wunden verursacht hat, nur eine Lanze gewesen sein. In der Wirklichkeit freilich
würde sich nach dem Herausziehen der Lanze die Wunde mehr oder weniger zu-
sammenziehen; der Künstler hat also entweder eine kleine Ungenauigkeit begangen
oder sich die Lanze noch in der Wunde steckend gedacht. Den Vorgang haben
wir uns ungefähr so vorzustellen, dafs den Augenblick, wo der Jüngling seinen
rechten Arm gegen einen Feind hob, ein anderer benutzte, um ihm von der rechten
unbeschützten Seite die Lanze durch den Leib zu rennen. Dafs derjenige, welcher
ihn durchbohrte, zu Fufs war, folgt daraus, dafs beide Öffnungen in gleicher Höhe
sich befinden, und zwar entspricht ihre Höhe derjenigen der eingelegten Lanze
eines Fufskämpfers. Dafs der Stofs von rechts nach links ging, ergiebt sich daraus,
dafs die Figur, obwohl sie auf dem Rücken liegt, doch eine entschiedene Wendung
nach links nimmt.
Wenden wir uns jetzt zu unserer zweiten Figur. Hier sind die beiden
Öffnungen nicht in gleicher Höhe: die eine befindet sich auf der linken Seite,
ziemlich nach vorn, dicht an den Rippen, ähnlich wie beim Jüngling; die andere
in der Gegend des rechten Schulterblattes. Die Abbildung bei Overbeck (Plastik II3
Fig. 124,9) ist ganz unrichtig, da hier die Wunde wie von einem Schwertstiche her-
rührend gegeben ist; aber auch die beste Abbildung, die der Monumenti, ist hierin
ungenau, da auch sie die Einschnitte an der runden Öffnung fortläfst. Freilich sind
auch am Abgufs die Einschnitte an dieser Figur weniger deutlich als an der an-
deren; das erklärt sich aber sehr leicht aus der fast sitzenden Stellung, in
welcher, da die Einschnitte wie beim Jüngling senkrecht laufen, der untere von dem
plastisch angegebenen Blute zum Theil verdeckt wird. Die oberen Einschnitte sind
aber auch an dieser Figur gar nicht zu verkennen6. Merkwürdig bleibt es, dafs nur
Finati7 bei dieser Figur an einen Lanzenstich gedacht hat, während andere nur von
einer »runden« oder »grofsen und stark blutenden« Wunde sprechen; nur Bellieure 8
sagt: i>Alius, qui in actn cadendi est, confossum habet corpus a mamilla sinistra trans
5) Das Mafs von 0,038 bezieht sich nur auf die schnitte = 0,03, auf der gereckten r. Seite =
Wunde an der r. Seite, die 1. mifst 0,016: 0,032; 0,018 und 0,032m.
doch ist die r. Seite gestreckt, die 1. zusammen- 7) Mus. Borb. IX tav. 24: »no sapremmo determi-
gedrückt. . nare se da lancia 0 da quäle altra arma sia stata
6) Die Öffnung an der 1. gedrückten Seite ist bei prodotta«.
dieser Figur 0,016 — 19 m, mit dem oberen Ein- 8) Bei Klügmann, Arch. Ztg. 1876 S. 34.
16*
214 Milchhoefer, Südmetopen des Parthenon.
humer osi. Doch ist auch der neapolitanische Krieger von rechts nach links oder
wenn man will von hinten nach vorn durchbohrt worden, denn sonst müfste man
annehmen, dafs der Stofs von unten nach oben — hinten ist die Wunde höher —
geführt worden sei, was doch schwer möglich ist; auch ist der Mann auf seine linke
Seite gestürzt. Da die Richtung des Stofses von oben nach unten geht, die Wunde
am Rücken auch etwas hoch ist, einer geschwungenen oder geworfenen Lanze aber
die Kraft gemangelt hätte, an dieser Stelle den Körper zu durchdringen, so müssen
wir voraussetzen, dafs der Stofs von einem Reiter herrührt. Unter den Gegnern
der Gallier — und dies waren bekanntlich die Pergamener — waren also Krieger
sowohl zu Pferde als zu Fufs, wie z. B. auch die kämpfenden Amazonen auf den
Kunstwerken nur zum Theil beritten erscheinen.
Zuletzt möchte ich noch auf eine Figur hinweisen, die, wie ich glaube, in
ihrer Anordnung mit dem sterbenden Krieger in Neapel mehr übereinstimmt als
der sogenannte capitolinische Fechter, der bis jetzt immer zum Vergleich hinzuge-
zogen worden ist: ich meine den zu Füfsen Apollo's hingestreckten jungen Giganten
aus Pergamon9. Der Gigant ist nach derselben Seite, wie der sterbende Krieger
gewendet, während die capitolinische Statue die entgegengesetzte Richtung einhält;
die rechte Hand der pergamenischen Figur, wie man es noch deutlich an den
Spuren des Armes sieht, berührte den Boden, wie die neapolitanische; die capito-
linische stützte dagegen ihre linke Hand auf den rechten Oberschenkel. Die unwe-
sentlichen Abweichungen in der Anordnung des pergamenischen Giganten und des nea-
politanischen Galliers werden wohl zumeist auf die Verschiedenheit der Anforderung,
welche ein Relief und ein Rundwerk an den Künstler stellt, zurückzuführen sein.
Petersburg. W. Malmberg.
DIE MITTLEREN SÜDMETOPEN DES PARTHENON.
Dafs die acht mittleren Südmetopen am Parthenon (Michaelis, Parthenon
Taf. 3 no. XIII — XX) nicht in den Zusammenhang des Kentaurenkampfes gehören
welcher die 24 (je 12) rechts und links anschliefsenden Relieftafeln einnimmt, be-
darf heute keines Beweises mehr (vgl. Petersen, die Kunst des Pheidias, S. 227 fg.)1.
Auf eine Erklärung der uns fast nur in Carrey's Zeichnungen erhaltenen
Mittelbilder hat man heute so ziemlich verzichtet. Eine Kritik der älteren Versuche
(von O. Müller, Bröndsted u. s. w.) erscheint überflüssig8.
9) Beschr. d. perg. Bildwerke S. 9. 2) Petersen, a. a. O. S. 228 sagt, » dafs nur dann
"■) Die Zugehörigkeit von Met. XXI zu letzterem eine gewisse Sicherheit der Erklärung zu hoffen
haben Michaelis a. a. O. S. 135 und Petersen wäre, wenn alle oder doch mehrere Metopen als
a. a. O. 219 fg. erwiesen. O. Rofsbach's Ver- zusammengehörig erwiesen würden. — — Aber
such , die Symmetrie wieder aufzuheben , indem eine Erklärung habe ich nicht «. Nach Over-
er Met. XIII gleichfalls zur Kentauromachie zieht beck, Gesch. d. Plastik I3 S. 316 hat für diese
(Archäol. Zeitung 1884 S. 57 fg.), wird hinfällig, Reliefs »keine auch nur einigermafsen wahr-
wenn sich die nachstehende Deutung bewährt. scheinliche Erklärung gefunden werden können«.
Milchhoefer, Südmetopen des Parthenon. 215
Es darf als natürlichste Voraussetzung, ja fast als Forderung gelten, dafs
unsere 8 Metopen demselben mythischen Stoffe angehören3. Dies wird noch wahr-
scheinlicher durch die fühlbare Unselbständigkeit einzelner Metopenbilder, die sich
theils in dem Mangel an Handlung, theils in der Einseitigkeit der Motive ausspricht.
Während in den meisten Kentaurenreliefs Abrundung und ein gewisses Gleichge-
wicht der gegen einander wirkenden Bewegungen zu beobachten ist, wird hier der
Blick offenbar mit künstlerischer Absicht hinausgelenkt4.
Daneben und im Zusammenhange damit nehmen wir, — um zunächst noch
beim rein Formalen zu bleiben, — unverkennbare Züge von Responsion wahr. Das
nachfolgende Schema, welches ich ohne Begründung hersetzen darf, kann indefs
ebensowohl dem künstlerischen Tact wie bewufster Absicht entsprungen sein:
XIII. XIV. XV. XVI
I. 2. 3. 4.
XVII. XVIII. XIX. XX.
5. 6. 7. 8.
Aufserdem correspondirt aber die 5. Metope (XVII.) auch auffallend mit der 8. (XX.)
und verkettet damit die beiden Gruppen.
Den Mittelpunkt der ersten Gruppe bildet ein Gespann (Met. XV), umgeben
von je einer Metope mit bewegteren (XIV, XVI) und mit ruhigeren Figuren (XIII,
XVII). Auf den drei übrigen Metopen zur Rechten (XVIII. XIX. XX) ragt in der mitt-
leren eine Frauengestalt hervor, deren heroinenhafte Gröfse und Haltung (es ist der
Gestus trüben Sinnens, in der Kunst bekannt an Penelope, Sterope, Medea, »Thus-
nelda«, Kanake u. s. w.) sie bestimmt genug vor den Anderen auszeichnet.
Ehe eine Deutung der Situation gegeben wird, mufs ich noch der Attribute
und einiger Motive Erwähnung thun, welche aus sich selbst, auch ohne Unterlegung
eines bestimmten Mythos, richtiger zu erklären sind als bisher geschehen ist.
Auf Metope XIV, XVII, XX bemerken wir verschiedene von den weib-
lichen Figuren getragene Gegenstände. Es liegt durchaus keine Veranlassung vor,
darin etwas Anderes zu erkennen, als wir sonst in den Händen von Mädchen zu
sehen gewohnt sind: Körbchen und Kranz (oder Pyxis und Deckel?) auf Met. XIV;
eine kleine Lade am Rande links auf XX und Gewandstücke oder Ähnliches bei
der Figur zur Rechten Met. XVII und zur Linken Met. XX. Das Object in der
Rechten des zweiten Mädchens auf derselben Metope (Plektron?) ist gewifs vom
Zeichner verkannt worden.
Die bisherigen Erklärungsversuche haben der »Kampfscene« auf Metope XVI
besondere Aufmerksamkeit geschenkt. Aber ist sie das wirklich? Sehr ungewöhn-
lich wäre doch schon die Lage des Gefallenen, welcher mit starker Drehung des
Hauptes nicht zum Gegner, sondern nach der anderen Seite emporblickt5. Eben
dahin, nicht auf sein Opfer, schaut auch der »Sieger«, welcher obendrein wie er-
3) Vgl. Petersen's in der vorigen Anm. ausgeschrie- auf Taf. 4 bei Michaelis, mit dessen schlagender
bene Worte. Deutung aus der Iliupersis.
*) Vgl. die Nordmetopen, namentlich XXIV. XXV 5) Man vergleiche im Gegensatz dazu die Haltung
Unterliegender auf den anderen Parthenonmetopen.
2l6 Milchhoefer, SUdmetopen des Parthenon.
schreckt zurückprallt. In Wirklichkeit bildet er das unverkennbare Gegenstück zu
dem Jüngling der XIV. Metope, dessen heftige Bewegung auch das Mädchen theilt6.
Die ersten Spuren von starrem Schreck und von Verwirrung lassen sich sehr wohl
auch auf Metope XIII erkennen7. Offenbar lag dem Künstler daran, Bewegung
und Ruhe möglichst zu vertheilen. Deshalb zeigt auch Metope XVII in der weib-
lichen Figur noch vollkommene Unbefangenheit, bei dem Jünglinge erst eine unwill-
kürliche Wendung8. Auf Met. XVIII wieder eilige Flucht zu dem zweiten, ruhigen
Mittelpunkt; nur eine kleine weibliche Figur, ein Kind, ist sich der Gefahr noch
nicht bewufst. Diese Gefahr kommt somit entweder von unsichtbarer Stelle oder
von dem Gespanne (Met. XV) her, um welches sich in der That die Bewegung nach
rechts und links wellenartig fortpflanzt.
Ich erkenne in unseren Metopen die Darstellung eines göttlichen Gerichtes,
mit welcher Phidias auch den Zeusthron zu Olympia schmückte, die Tödtung der
Niobiden. Bestrafung der ußpt? ist der Gedanke, welche sie zu dieser Stelle, in-
mitten der Kentaurenmetopen, berechtigte9.
Die Gottheiten erschienen, wie ich jetzt annehme, selber auf ihrem Ge-
spanne (Met. XV), inmitten der blühenden Jugend10. Die Mutter darf nicht fehlen;
wir erblicken sie in der Heroine auf Metope XIX (s. oben). Noch herrscht hier,
gegen den Endpunkt der Handlung, Ruhe. Aber die Entdeckung des Unheils,
welches Niobe zu ahnen scheint, steht unmittelbar bevor.
Ich halte es für unnöthig, zum Belege jüngere Niobidendarstellungen her-
anzuziehen, wiewohl sich mehrere Vergleiche im Einzelnen anstellen liefsen.
Als nächststehende Denkmäler für diesen Mythos bieten sich uns einige (zu-
letzt von Heydemann, Berichte d. sächs. Ges. 1875 S. 205 fg.) behandelte Vasenbilder.
Indefs genügt es auch hier11 auf dasjenige Gefäfs zu verweisen, welches unter den
Niobidenvasen in jeder Beziehung die erste Stelle einnimmt, auf die Vulcenter
Schale des Britischen Museums".
6) Als Analogien für dieses Motiv bieten sich na- 9) Vgl. Petersen S. 356. Overbeck, Gesch. d. Plast,
mentlich die vor den Gespannen zurückweichen- 1 3 S. 260. Die Reliefs an den Lehnen des Zeus-
den Junglinge des Parthenonfrieses (Michaelis thrones » predigen den Satz, dafs der Mensch
Taf. 9,27; 12,47 und 58); aber auch der unter- sich gegen die Gottheit nicht überheben solle«,
liegende Poseidon im Westgiebel. 10) Vgl. den Fries von Phigalia und die Niobiden-
*) Dies hat schon Rofsbach a. a. O. ausgeführt, vase in Ruvo (Stark, Niobe Taf. II). Der Zeich-
welcher insofern mit Recht Metope XXI , die ner wird die zweite Figur auf dem Reliefgrunde
Frauen vor dem Götterbilde aus der Kentauro- nicht mehr erkannt haben. Von dem Gedanken
machie, verglich. Gerade die letztere erweist an einen Niobiden, der seine Rosse tummelt,
eine starke, offenbar auf tektonischen und stili- bin ich zurückgekehrt, nachdem mich auch Furt-
stischen Rücksichten beruhende Mäfsigung des wängler in der ersten Voraussetzung bestärkt hat.
Pathos. n) Doch vgl. auch den Jüngling vor Apolls Ge-
8) Es mufs indefs dahin gestellt bleiben, wie weit spann auf der Amphora zu Ruvo (Stark a. a. O.
etwa die Motive durch die Hand des Zeichners Taf. II) mit demjenigen unserer Metope XVI,
abgeschwächt sind. — Übrigens entscheidet der rechts.
letzterwähnte Jüngling meines Erachtens gegen '-') Heydemann a. a. O. Taf. III a — c. Die nach
Rofsbach für die Männlichkeit der F'igur rechts einer Pause gegebene Abbildung ist wohl etwas
auf der correspondirenden Metope XIII. zu flau. Gewifs der Erfindung nach, wahrschein-
Furtwängler, Zum betenden Knaben. 2 1 7
Auch hier sehen wir erst den Anfang des tragischen Geschicks. Die Kinder,
drei Knaben und drei Mädchen, sind in eiliger Flucht zu den Seiten der Götter
dargestellt. Einem der Söhne ist die Lyra entfallen. Diese Figur (Taf. III, a, links)
wiederholt abermals, nur von der Rückseite gesehen, das Motiv des Jünglings r.
auf Metope XVI. Der Knabe auf Taf. III, b, zur Linken, ist demjenigen auf Met. XIV
nahe verwandt. Für die Mädchen des Vasenbildes vgl. namentlich Met. XVIII.
Was schliefslich die Zahl der Niobiden anlangt, so wird man auf Überein-
stimmung derselben mit literarischen Angaben schwerlich mehr dringen wollen. Es
mag Zufall sein, dafs die bei den attischen Dichtern des fünften Jahrhunderts be-
zeugte Anzahl von vierzehn Kindern (Stark, Niobe S. 95) hier thatsächlich vertreten
ist; allerdings 9 Töchter und 5 Söhne. Ich bezweifle kaum, dafs der Künstler die
weiblichen Gestalten aus Gründen der Raumfüllung bevorzugt hat.
A. Milchhoefer.
ZUM BETENDEN KNABEN.
Die nebenstehend etwas vergröfsert abgebildete Gemme gehörte
zur Sammlung des Barons von Stosch und ist von Winckelmann in seiner
description des pierres gravees du feu Baron de Stosch, Florence 1760,
p. 316, no. 9 mit folgenden Worten beschrieben: » Cornaline \ Promethee
deboiit attache au rocher«.. Tölken hat in seinem Verzeichnifs der an-
tiken vertieft geschnittenen Steine der kgl. Gemmensammlung, 1835,
Vorrede p. XX gezeigt, dafs Winckelmann seine Beschreibung der Stoschischen
Sammlung nur nach den Abdrücken, nicht nach den Originalen angefertigt hat.
Dies giebt die Erklärung für jene seltsame Deutung Winckelmann's. Was man am
Originale sofort sieht, dafs der Stein um den unteren Theil der Figur herum
ebenso wie an zwei kleinen Stellen des Randes gewaltsam verletzt ist, so dafs hier
Stückchen ausgesprungen sind, das ist im Abdruck weniger deutlich, ja man kann
hier leicht jene zerstörte Partie an den Beinen als die Andeutung eines Felsens mifs-
verstehen. Tölken, der sich sonst gerne seiner Verdienste gegenüber Winckel-
mann rühmt (vgl. Vorrede p. XIV), fällt doch hier eine gröfsere Schuld zu als
letzterem; denn obwohl er das Original des Steines vor Augen hatte und es seiner
Schönheit wegen mit Recht unter die Auswahl der öffentlich aufgestellten Stücke
aufgenommen hat, so beschreibt er dasselbe doch folgendermafsen: »Karneol. Pro-
metheus angeschmiedet am Kaukasus« (Cl. III No. 42, S. 91).
lieh aber auch zeitlich wird diese Darstellung (Man. XI, Taf. 40). Robert (Annal. LH, S. 287)
nun wohl auch für älter gelten dürfen als die nennt die Kylix freilich » certtmunte un poco piit
abgekürzte und meinem Gefühl nach rohe Nio- recente 1 ; Heydemann (S. 214) setzt sie, sicher-
bidentödtung auf dem Krater von Orvieto lieh viel zu spät, in die Zeit kurz vor Alexander.
2 1 8 Furtwängler, Zum betenden Knaben.
Es ist wol Schuld dieser Beschreibung, dafs ein so schönes und gerade für
Berlin bedeutendes Denkmal bisher nicht weiter bekannt geworden ist.
Der Stein ist ein Carneol der schönsten Art, ganz durchsichtig und von
tiefer, glühend rother Farbe. Die Arbeit ist von gröfster Sorgfalt und Feinheit, so
dafs trotz der Kleinheit der Figur — der gröfste Durchmesser des Steines beträgt
nur II Millim. — alles Einzelne, namentlich aber der eigentliche Torso auf's
schönste ausgebildet ist. Natürlich kann ein einfacher Holzschnitt, wie wir ihn hier
bieten, dies nicht alles wiedergeben; doch sind Abdrücke der Stoschischen Samm-
lung ja sehr verbreitet. An dem antiken Ursprünge des Steines zu zweifeln dürfte
nach unserer Ansicht ganz unerlaubt sein.
Dargestellt ist ein Jüngling mit erhobenen Armen. Die Ähnlichkeit mit
dem betenden Knaben ist in die Augen springend und bestätigt sich bei genauerem
Vergleiche. Beide Figuren stehen mit erhobenen Armen ruhig aufrecht auf dem
linken Beine ' und haben das rechte entlastet daneben gesetzt.
Haben wir Grund zu sagen, dafs unsere Gemme nach der erhaltenen in
Berlin befindlichen Statue des betenden Knaben gearbeitet ist? Um diese Frage
zu entscheiden, gehen wir auf die Unterschiede näher ein, die doch zwischen bei-
den obwalten.
Diese sind dreierlei Art. Die einen lassen sich aus den Beschränkungen
erklären, welche die Technik dem Gemmenschneider auferlegte, so vor allem die
Haltung der Arme. Auf der Gemme mufsten dieselben höher gehoben werden,
weil sie sonst bei der gewählten Vorderansicht in starker Verkürzung hätten gege-
ben werden müssen, was schwierig und überdies häfslich gewesen wäre; auch
durften die Arme nichts vom Körper verdecken. Wenn ferner der Kopf auf der
Gemme fast geradeaus zu blicken scheint und kaum gehoben ist, so mag auch das
ein aus der Technik zu erklärender Verzicht sein, welche gebot, alle Verkürzungen,
namentlich in dieser Kleinheit, zu meiden2.
Ein anderer Unterschied ist dagegen wol darauf zurückzuführen, dafs die
Arme des betenden Knaben nicht die antiken sind, und wenn letztere uns erhalten
wären, würde der Unterschied vermuthlich gar nicht bestehen. Es betrifft dieser die
Haltung der Hände. Auf der Gemme sind die beiden inneren Handflächen nach
aufsen gewandt. Dies ist die durch zahlreiche Denkmäler zweifellos erwiesene Hal-
tung beim Gebete im Alterthum; mag der oder mögen die Arme mehr oder we-
niger hoch erhoben sein, immer wird doch die innere Handfläche nach aufsen ge-
wendet. Die Restauration der Bronzestatue, die wir in diesem Punkte also als
fehlerhaft erklären, läfst die inneren Handflächen nach innen, nach der Figur selbst
gewandt sein.
') Bei Vergleichung der Gemme ist natürlich der rechten Kopfseite des Jünglings ein Versehen
Abdruck zu Grunde gelegt. Auch unsere Zeich- des Graveurs findet, dessen Instrument hier aus-
nung ist nach dem Abdruck gemacht. geglitten scheint, so dafs der Hals hier viel zu
2) Ich bemerke, dafs sich neben der (im Abdruck) dick geworden ist.
Puchstein, Zum betenden Knaben. 2IO, .
Danach könnte also unser Gemmenbild sehr wohl auf die Statue zurück-
gehen. Hiergegen spricht nun aber der dritte wesentlichere, tiefer greifende Unter-
schied zwischen beiden. Das gesammte stilistische Gepräge ist ein anderes auf der
Gemme, ein anderes in der Statue. Die Sorgfalt, mit welcher erstere ausgeführt
ist, die scharfe bewufste Art, mit welcher gerade die charakteristischen Züge be-
handelt sind, läfst es nicht zu, bei dem Gemmenschneider nur ein unwillkürliches
Einmengen seiner eigenen stilistischen Gewohnheiten in sein Vorbild zu erkennen;
wir müssen vielmehr zugeben, die Gemme will eine von der Statue stilistisch
durchaus verschiedene Figur wiedergeben.
Und zwar eine, die im Motive zwar mit dem betenden Knaben übereinstimmt,
im Stile aber wesentlich ältere Züge trägt. Die Statue stellt in meisterhafter Voll-
endung die weichen vollen Formen eines Knaben dar, die alle durch sich rundende
Übergänge ineinander verschmolzen sind, etwa so wie wir dies auch an den besten
Repliken des Apollon Sauroktonos finden. Die Gemme zeigt uns die klar umschrie-
bene und scharf sich absetzende Muskulatur eines gereifteren jugendlichen Körpers,
die jener Rundung und Weichheit entbehrt und vielmehr dem polykletischen Ideale
sich nähert3. Hieran reiht sich die Verschiedenheit des Kopfes, der an der Statue
verhältnifsmäfsig viel kleiner ist als auf der Gemme. Und auch ein Unterschied in
der Stellung des entlasteten rechten Beines gehört in diesen Zusammenhang. Das-
selbe schliefst sich bei der Statue näher an das Standbein an, während es hier,
weniger elegant aber der Weise älterer Statuen entsprechender, etwas mehr zur
Seite gesetzt ist.
So gewinnen wir also durch unsere Gemme, wie es scheint, die Vorstellung
von einer älteren Stufe derselben Composition, die uns in der schönen Statue des
Berliner Museums erhalten ist. Das dürfte uns nicht wundern; denn das Thema,
die Statue eines jugendlichen betenden Siegers, war ganz gewifs schon früheren
Künstlern gestellt worden, als dem wir jene verdanken.
A. Furtwängler.
^^,^
ZUM BETENDEN KNABEN.
Durch die Untersuchung über die Herkunft des Betenden Knaben (oben
S. I ff.) ist endlich erwiesen, dafs die früheren Angaben von einem Funde in Hercu-
laneum oder in Rom etwa im Tiberbette ganz grundlos erfunden sein müssen. Mag
es nunmehr, nachdem das Richtige spät wieder entdeckt ist, für die Würdigung
unserer schönen Bronze keinerlei Vortheil gewähren, sich noch weiter um jene fal-
schen Traditionen zu kümmern, so mufs doch ordnungsmäfsig versucht werden im
3) Man vergleiche namentlich die Brust mit ihren über der Hüfte. Unsere Abbildung reicht zu
kräftigen Muskeln und dem scharf absetzenden diesen Vergleichen freilich nicht ganz aus.
unteren Rande, ferner den schrägen Bauchmuskel
220 Puchstein, Zum betenden Knaben.
Anschlufs an das oben S. 6 Gesagte Zeit, Ort und Urheber derartiger Legenden
nach Möglichkeit ausfindig zu machen.
Levezow in der Amalthea II, 1822 S. 356 bezeichnet die Geschichte vom
Funde in Herculaneum als Nachricht der französischen Antiquare, und indem er
gesteht nicht zu wissen, woher dieselbe stammt, fährt er fort: »die mit der Statue
von Rom und Wien nach Berlin gewanderte Tradition schrieb ihr als Fundort Rom
selbst und zwar die Gegend an der Tiber oder wohl gar das Bette des Flusses zu«.
In diesen Worten macht die Unterscheidung zwischen der Gegend am Tiber und
dem Bett desselben ganz den Eindruck, als berichtete Levezow getreu von einer
detaillirten mündlich überlieferten Angabe. Aber es ist sehr auffällig, einmal, dafs
er 1808 in der Schrift de iuvenis adorantis signo von dieser zwiespältigen Fundnotiz
nichts hatte verlauten lassen, indem er einfach das Tiberbett als Fundstelle nannte ',
und zweitens, dafs er fünf Jahre früher2 weiter nichts wufste, als dafs Prinz Eugen
die Bronze vom Papste Clemens XI. zum Geschenk bekommen hatte. In dem Auf-
satze von 1808 beruft sich Levezow zwar für seine Behauptung auf M. Oesterreich,
den »Inspector der grofsen königlichen Bildergalerie zu Sanssouci«, aber weder in
der französischen Ausgabe von dessen »Beschreibung und Erklärung der Gruppen etc.
Sr. Majestät des Königs von Preufsen vom Jahre 1774« (S. 15 Anm.) noch in der
deutschen von 1775 (S. 21 Anm.) steht irgend etwas über den angeblichen Fund-
ort: Oesterreich berichtet nur »die Statue gehörte dem Prinz Eugen von Savoyen,
welcher sie vom Pabst Clemens XL geschenkt erhalten« 3.
Andere Quellen für diese in Sanssouci beziehungsweise Berlin heimischen
Traditionen sind mir nicht bekannt geworden, und existiren gewifs auch nicht.
Wiewohl ja Friedrich der Grofse von Wien her durch die Ankaufsverhandlungen
ausdrücklich erfahren hatte, dafs der »Antinous« einst vom Marquis de Belleisle,
dem Sohne Foucquet's, erworben war, ist diese Kenntnifs weder in Wien noch in
Sanssouci aus dem fürstlichen Kreise der Besitzer und Verehrer unserer Statue zu
den Galerieinspectoren und Touristen hinabgedrungen; dieselben waren auf Gerüchte
oder eigene Erfindungen angewiesen: aus was für einer Combination M. Oesterreich
auf Clemens XI. (1700 — 1721) als ersten überlieferten Eigenthümer verfallen ist, wird
nicht mehr zu errathen sein.
Wenn man nun berücksichtigt, dafs dieser Irrthum bei der Versetzung der
Statue (bald nach dem Tode Friedrichs des Grofsen) von Sanssouci nach Berlin mit-
wanderte und sich hier mindestens bis zum Jahre 1803 ohne weiteren Zusatz erhielt,
so ist es kaum möglich, die zuerst 1808 von Levezow hinzugefügte Fundnotiz für
echte Tradition zu halten und ihr Beachtung zu schenken. Da Levezow späterhin
ohne Zweifel selbständig seine Angabe weiter ausgeführt hat, darf man vermuthen,
dafs er auch bei der ersten Bildung der Sage vom Funde im Tiber irgendwie be-
theiligt war, wenn auch unbewufst nur dadurch, dafs er 1803 an die alte Deutung
') S. 3: sunt qui tradunt statuam repcrtam esse Ro- 3) Dasselbe wiederholt F. Nicolai, Beschreibung der
mae in Tiberis alveo, quo anno, incerlum cet. königl. Residenzstädte Berlin und Potsdam III,
2) Im »Freimüthigen« 1803 S. 67. Berlin 1786, S. 1205.
Puchstein, Zum betenden Knaben. 221
der Figur angeknüpft hatte: es sei Antinous dargestellt »im Augenblicke, wo er
das Gelübde ablegt und sich in den Nil stürzen will«. Wie sehr aber die dunkle
Vorgeschichte der schönen Statue bis in neueste Zeit zur Sagenbildung reizte,
mögen J. Friedlaender's Worte lehren (Zur Geschichte der königlichen Museen in
Berlin, 1880, S. 10): »diese Bildsäule soll im Tiber unter der Engelsburg gefun-
den worden sein .... Zuerst im Besitze des Papstes Clemens XL, dann des
Vaters des Marschalls Belleisle u. s. w.«
Nicht minder bedenklich steht es um die »französische« Nachricht, dafs der
Adorant in Herculaneum gefunden sei. Die französischen Antiquare hatten zuerst
im Jahre 1807, als die nach der Schlacht bei Jena aus Berlin, Cassel und anderen
deutschen Städten geraubten Kunstwerke in Paris ausgestellt wurden, Veranlassung
sich mit dem Betenden Knaben zu beschäftigen. Und in der That ist in dem
denkwürdigen Kataloge Statues, bustes, basreliefs, bronzes et autres antiquites, pein-
tures, dessins et objets curieux conquis par la Grande Armee dans /es annees 1806 et
180J; dont Vexposition a eu Heu le 14 Octobre 180J, premier anniversaire de la ba-
taille d'Jena. Paris, Dubray, imprimeur du Musee Napoleon, 1807 S. 7 n. 36 zu dem
jeune athlete en bronze zum ersten Male und zwar ohne Anführung irgend einer
Quelle behauptet worden: le hazard avait fait decouvrir ce morceau a Heradanum
avant que les fouilles de cette ancienne ville fussent mises en activite. Der Katalog
verschweigt den Namen des Verfassers; aber da er in der Officin des Musee Napo-
leon gedruckt worden ist, kann man leicht den 1799 berufenen conservateur des
antiques du Musee Napoleon, E. Q. Visconti errathen, zumal da der Text dieses
Ausstellungskataloges mit den betreffenden Abschnitten der von Visconti verfafsten
Notice des statues, bustes et basreliefs de la Galerie des antiques dti Musee Napoleon
Paris 1811* wörtlich übereinstimmt. Wenn nun Visconti bei der Besprechung des
Adoranten im Musee Francais IV (Paris 1809)5 Levezow's Fundangaben von 1808
citirt und hinzufügt: suivant une atitre tradition ce bronce avait ete decouvert a
Herculanum a wie epoque bien anterieure aux fouilles ouvertes dans le meme endroit
par ordre du roi de Naples, hat er sicherlich diese Tradition seinem eigenen Aus-
stellungskataloge entlehnt.
Bevor man aber Vermuthungen wagt, woher Visconti 1807 in Paris seine
so bestimmte Nachricht bezogen, mufs eine zweite viel später und breiter vorge-
tragene Version derselben verglichen werden. K. A. Böttiger erzählt in der Amal-
thea I, 1820 S. VII Anmerkung: ȟbrigens erinnere ich mich sehr wohl, aus dem
Munde des unvergefslichen Rath Neumann's [gest. 7. April 1816] in Wien, als er
mit mir in seinem Museum vor der Salzburger Bronze stand, gehört zu haben, er
habe in einem alten hs. Verzeichnisse der in Belvedere vom Prinzen Eugen aufgestellten
Statuen gelesen, die Berliner Bronze sei zu gleicher Zeit mit den Dresdener soge-
*) Der Adorant ist S. 173 n. 237 verzeichnet. Die 5) An 12. Stelle der Antiken dieses Bandes. Vgl.
Notice wieder abgedruckt in den Opere varie IV Opere varie IV S. 159.
S. 267 ff. Vgl. S. 403 n. 235.
222 Puchstein, Zum betenden Knaben.
nannten Vestalinnen (17 13) unter den Lavadecken von Herculaneum aus einer Ro-
tunde emporgehoben und von dem damaligen Vicekönig von Neapel, dem Prinzen
Elbeuf, dem kaiserlichen Feldmarschall Eugen in Wien geschenkt worden.«
Soviel ich ermitteln konnte, war Böttiger nur einmal in Wien, im Jahre
181 16, aber erst ein Decennium später hat er nach der Erinnerung die ihm angeb-
lich zu Theil gewordene Aufklärung veröffentlicht. Neumann hatte sich allerdings
um specielle Einzelheiten der Geschichte des Betenden Knaben, wie das Jahr der
Erwerbung und des Verkaufs durch Liechtenstein, bemüht, ohne dafs es ihm ge-
lungen wäre durch die Inspectoren der Galerie Liechtenstein nähere Daten zu er-
fahren7; aber dafs er jemals ein so unzuverlässiges Verzeichnifs der Antiken im
Belvedere eingesehen hätte, ist im höchsten Mafse zweifelhaft. Denn man könnte
aus der unten mitgetheilten Correspondenz leicht herauslesen wollen, dafs er, eben
nur mit dem einstigen Vorhandensein der Bronze in der Galerie Liechtenstein be-
kannt, erst von Bauer im Mai 181 2 Prinz Eugen als früheren Besitzer nennen hörte.
Aufserdem war noch lange nach dem Tode Eugens (1736) sowohl die wirkliche
Herkunft durch Liechtenstein richtig bewahrt als auch bei Kleiners (s. oben S. 2
Anm. 5) der Adorant und die Herculanerinnen auseinander gehalten worden. Sollte
sich trotzdem in ein zu Lebzeiten Eugens angefertigtes Verzeichnifs eine solche
Verwirrung haben einschleichen können? Auch müfste es stutzig machen, dafs sich
Neumann (und mit ihm Böttiger) in keiner Weise durch das Schweigen von Gori
und de Venuti 8, die neben den »Vestalinnen« vom Funde einer solchen Statue nicht
6) Vgl. K. W. Böttiger, K. A. Böttiger , eine bio- sagte Statue nach dem Todt Prinz. Eugen Er-
graphische Skizze. Leipzig 1837. S. 26. kaufft und sodann wieder verkaufet worden ist.
7) Vgl. die folgende von R. Schneider mitgetheilte Cop. : »Diese Statue den Antinuo vorstellen!,
eigenhändige Notiz Neumann's : ' Die bronzene welche Ihro Durchlt Fürst - Venzl v. Liechten-
Statue des nackten Jünglings mit aufgehobenen stein, von dem Durchlauchtigsten Prinzen Euge-
Händen, vormals zu Berlin, itzt in Paris, 4 Fufs nius, den A° überkommen, ist in die Gal-
4 Zoll hoch, soll Friedrich der Grofse um 7000 lerie gesetzet worden. A° den
Ducaten aus der Erbschaft des Fürsten Joseph ist es von Ihro Durchlcht Ihro Mayesttt dem
Wenzel von Lichtenstein zu Wien erkaufet haben. König v. Preufsen verkaufft worden , so der-
Suche hierüber genaue Nachricht zu erhalten im mahlen in Sanssoucis aufgestellet worden. A°
fürstlich Lichtensteinischen Hause, wo ich mich 764 den 14 Nov. aber ist es heimlich von
erinnere eine Copie davon gesehen zu haben. einem Mayländer abgeformt und gegossen wor-
Ist auch eine bei der Academier' Damit hängt den, und mit diesem hier durch Wienn gereiset,
dann offenbar der folgende Brief Jos. Bauer's welche ich ihm mit Erlaubnifs Ihro Durchlt ab-
(vergl. oben S. 6 Anm. 11) an Neumann d. d. gekauffet habe.«
26. Mai 1812 zusammen: 'Aufser hier beygefüg- Wahrscheinlich müssen die datta der Zeit
ter Abschrift, der Anmärkung des Vinz. Fanti des Verkaufes wenig bekant gewesen seyn, da
(damahligen Verzeichnisses sämmtlicher Gemälde sie eben H. Fanti nicht in erfahrung brachte,
und Statuen von a° 1764) fündet sich jrgent welcher doch a° 753 schon bey der Gallerie
bey der Hochfürstl. Galerie eine Stelle wo be- wäre.'
stimmt nachricht über dafs Erhalten und Ver- 8) Gori symbolae litterariae vol. I, Florenz 1748,
liehren der bekannten und berühmten Statue p. 105. 109. — Marcello de Venuti descrizione
des jungen Antinous zu fünden wäre. Nur ist delle prime scoperte dell' antica citta d'Ereolano,
mir von mündlichen sagen des Sei. Hr. Secre- Rom 1748, p. 55.
tair Ofspenrieter so viell erinnerlich, dafs be-
Conze, Zum betenden Knaben. 223
berichten, beirren liefs. Und endlich hat R. Schneider nach irgend einem Verzeich-
nifs der Kunstschätze Eugens in den diesbezüglichen Archiven Wiens vergebens
recherchirt und C. Promis gütigst festgestellt, dafs sich auch in Turin unter den Pa-
pieren der Erbin Eugens, der Princessin Anna Victoria von Savoyen-Carignan, nichts
findet was auf den Adoranten Bezug hätte.
Nach alledem kann ich mich nicht des Verdachtes erwehren, dafs Böttiger,
als Vorsteher der Dresdener Antikensammlungen mit der Geschichte der »Vesta-
linnen« vertraut, andererseits Oesterreich's und Visconti's Angaben kennend, den
Betenden Knaben mit den Herculanerinnen vermengt und sich über den Inhalt seiner
einstmaligen Unterredung mit Neumann gänzlich getäuscht hat.
Was endlich Visconti betrifft, so mufs er gleichfalls allein für seine Be-
hauptung eines Fundes in Herculaneum verantwortlich bleiben: er hat denselben
allem Anscheine nach, bevor er durch Levezow Oesterreich's theils richtige theils
falsche Traditionen kennen lernte, aus dem Erhaltungszustande der Bronze er-
schlossen. Auch heute noch wird bisweilen dieser Grund allen Ernstes für jenen
Fundort geltend gemacht. O. Puchstein.
ZUM BETENDEN KNABEN.
Berichtigung.
Oben auf S. 8 habe ich als den ersten, der den modernen Ursprung beider
Arme der Berliner Bronze mit Bestimmtheit ausgesprochen hat, Furtwängler ge-
nannt. Dies ist aber unrichtig; die Priorität gebührt vielmehr Valentinelli, der
sich in der S. 6 Anm. 12 angeführten Abhandlung (S. 9 des Sonderdrucks) auf Grund
einer eingehenden Prüfung des Originals zu dieser Ansicht bekannt hat. Da die
Arbeit Valentinelli's nicht überall zugänglich sein wird, möchte ich darauf hinweisen,
dafs Schlie in Bullettino d. Inst. 1868 S. 173 ff. einen Auszug daraus gegeben hat.
Bei dieser Gelegenheit werde auch zu Seite 11 nachgetragen, dafs in der
Mnemosyne 1878 S. 424fr. von J. J. Cornelissen eine haltlose Erklärung der Berliner
Statue als Ballspieler aufgestellt ist. Conze.
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Notizie degli scavi di antichitä. 1886.
Aprile. S. 107 — 140.
Maggio. S. 141 — 174.
Giugno. S. 175— 211. Tav. II. III.
Luglio. S. 213 — 245.
Agosto. S. 247 — 283.
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Schricker, Die Ausgrabungen in Argentovaria-Horburg. S. 155 — 166.
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E. Hübner, Die römische Rheinbrücke von Köln. S. 238 — 244.
F. Hettner, Nochmals Castell Deutz und die Brücke. S. 244 — 248.
H. Haupt, Der angebliche römische Grenzwall im Spessart. S. 248 — 258. Taf. 12.
\^JL&U*s^~\ . o^y^
APHRODITE AUF DEM SCHWAN.
(Tafel n.)
Die Vorstellung der von einem Schwan getragenen Frau wurzelt tief in der
künstlerischen Anschauung des Alterthums: man begegnet ihr in früher und später
Zeit, auf Monumenten ganz verschiedener Art, wie Reliefs, Münzen, geschnittenen
Steinen, Vasen, Spiegeln und Statuen. Eine eingehende und zusammenfassende Be-
urtheilung der betreffenden Denkmäler hat indefs lange auf sich warten lassen, und
die Deutung der scheinbar so durchsichtigen Darstellung befremdliche Wandlungen
erfahren. Ehedem war der Name Leda für die Schwanenjungfrau in Vorschlag ge-
bracht. Jahn glaubte in der von einem Schwan übers Meer getragenen Frau auf
Münzen von Kamarina die Nymphe Kamarina erkennen zu dürfen1. Bezüglich ähn-
') Berichte der Sachs. Ges. der Wissensch. 1852
S. 58fr. Arch. Ztg. 1858 S. 235: »Ich habe
nachzuweisen gesucht, dafs die Nymphe des
Sees, an welchem Kamarina lag, dessen Wasser
stets rein und klar erhalten werden mufste, wenn
die Gesundheit der Menschen und die Frucht-
Jahrbuch des archäologischen Instituts I.
barkeit des Landes nicht gefährdet werden sollte,
auf solche Weise dargestellt werden konnte, weil
der Schwan zur Bezeichnung der erfrischenden
klaren Frühlingsluft ebenso wie des hellen, ge-
sunden Wassers auch sonst angewandt wird.«
18
2?2 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
licher Darstellungen anderer Monumente äufserte er später, dafs die allgemeine Vor-
stellung, welche dort unter eigenthümlichen lokalen Verhältnissen zur Geltung ge-
kommen sei, diesen ebenfalls zu Grunde liegen würde; suche man nach einer all-
gemeinen Bezeichnung, so böte sich am ehesten die der Aphrodite dar2. Eine
Übersicht über alle Darstellungen der vom Schwan getragenen Frau gab dann
Stephani3; er betonte mit Recht, dafs die Verfertiger der meisten Vasengemälde
durch Beifügung von Eroten die von einem Schwan getragene Göttin als Aphrodite
bezeichnet hätten, und er konnte sich für diese Deutung der Schwanenjungfrau nament-
lich auf eine etruskische Spiegelzeichnung mit der Inschrift Turan berufen4. Brunn,
der schon früher auf den Spiegel aufmerksam gemacht hatte, führte weiter das in
strenger schöner Zeichnung auf weifsem Grunde ausgeführte Innenbild einer aus
Kamiros stammenden Trinkschale im Britischen Museum an, auf welchem die von
einem Schwan emporgetragene Göttin ebenfalls inschriftlich bezeichnet ist5. End-
lich hat Benndorf die Frage eingehend behandelt und dargethan, dafs die allge-
meine Deutung des Typus der Münzen von Kamarina auf Aphrodite vor jener von
Jahn vorgeschlagenen den Vorzug verdient, da die inschriftlich sicheren Bilder
aller ferneren Interpretation als Richtschnur dienen müfsten6. Einen wichtigen
Nachtrag lieferte seitdem noch Stephani durch Veröffentlichung neuer Monumente 7.
Jahn hatte von den inschriftlich bezeichneten Denkmälern keine Kennt-
nifs. Nichtsdestoweniger würde er schwerlich wiederholt auf die Nymphe Kamarina
hingewiesen haben angesichts von Denkmälern, über deren Bedeutung er nicht in
Zweifel sein konnte, wenn literarische Zeugnisse die Deutung auf Aphrodite nahe
gelegt hätten. Diese begründet Jahn so: »dafs der Schwan ein ihr (der Aphrodite)
geweihtes Thier war, ist hinlänglich bezeugt; die aus dem Meer geborene Göttin,
die wo sie das Land betritt, Blumen unter ihren Füfsen spriefsen läfst, und die
treibende Kraft des Frühlings in der ganzen Natur hervorruft, konnte sehr passend
dargestellt werden, wie sie vom Schwan, dem Vogel des Frühlings, über die Fluthen
getragen wird«8. Der dieser Deutung zu Grunde liegende Gedanke ist mehr poetisch
empfunden als folgerichtig entwickelt; täuschen wir uns nicht darüber: nicht einmal
die Voraussetzung, dafs der Schwan ein der Aphrodite geweihtes Thier war, ist
durch literarische Überlieferung »hinlänglich« gesichert.
Die Vorstellung, dafs Aphrodite auf einem Wagen, den ihre geflügelten
Lieblinge ziehen, durch die Lüfte dahingetragen werde, ist alt: Sappho giebt der
Göttin in der bekannten Ode ein Gespann von Sperlingen, und für solche Luftfahrt
erachtete man auch Tauben als geeignet9. Das Schwanengespann kommt indefs
zuerst bei römischen Dichtern vor10, wie es auch erst spät in Darstellungen der
*) Arch. Ztg. a. a. O. ') Compte-Rendu 1877 S. 246fr.
'") Compte-Rendu 1863 S. 64fr.; vgl. 1864 S. 203. <•) Arch. Ztg. 1858 S. 236.
4) Gerhard Etrusk. Spiegel T. 321. 9) Der Komiker Pherekrates bei Athenaeos IX 395 h.
l) Salzmann Nicropole de Camiros PI. 60; Brunn Vgl. Vofs Mytholog. Briefe II 48 S. 104.
Bullet, deir Inst. 1859 S. 100. Supplement zu lu) Nachweise bei Vofs S. 106 ff. Stephani Campte-
Strubes Bilderkreis von Eleusis S. 14. Rendu 1863 S. 38 fr. Purgold Archäol. Berner-
ü) Griech. und Sicil. Vasenbilder S. 75 ff. kungen zu Claudian und Sidoniu-. 80.
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 233
bildenden Kunst erscheint; die ältere Kunst gesellt der Göttin den Schwan als
Träger. Jenes Zusammentreffen wird um so weniger Zufall sein, als sich in der
That nicht erweisen läfst, dafs die augusteischen Dichter die Vorstellung des
Schwanenwagens aus früherer Zeit übernommen haben. Am Schlufs seiner Ars
sagt Ovid III 809:
lusus habet filtern. Cygnis descendere tcmpus,
duxerunt collo qui iuga nostra suo.
Wenn der Dichter, wie man gemeint hat, sich hier mit einem besonders kühnen
Sprunge seiner Phantasie »als Sänger und Verkünder der Venus11« selbst auf ihren
Schwanenwagen versetzt, so dürfte allerdings das Bild vom Schwanenwagen nicht
erst römischen Dichtern geläufig gewesen sein. Aber der dircäische Schwan des
Horaz'2 oder der teische des Antipater ' * und Anderes lehrt, dafs die römischen
Dichter im Anschlufs an ihre griechischen Vorbilder vielmehr die Apollinische Be-
deutung des Schwanes im Auge haben, wenn sie ihren Gesang zum Schwanenfluge
in Beziehung setzen. Apollo fährt auf einem Schwanengeschirr (xuxvot; Itto/o?) zum
Helikon, um mit den Musen und Chariten Reihentanz aufzuführen, so dichteten
schon Sappho und Pindar, und diese Vorstellung des von Schwänen geleiteten
Apollo haben spätere Dichter in mannigfacher Weise ausgebeutet und als irpotp^tou,
die »des Gottes voll« sind, auf sich selbst angewendet14. Properz läfst sich von
Kalliope rathen: contentus niveis semper vectabere cygnis (IV 3, 39 H.), Worte, in
denen man wieder mit Unrecht eine Anspielung auf das Gespann der Venus gesucht
hat. Dafs nach des Dichters Anschauung vielmehr Tauben der Göttin Lieblinge
und seine eigenen sind, welche das erotische Element seiner Dichtungen versinn-
bildlichen, erkennt man aus einer Stelle der vorhergehenden Beschreibung des
Musenhaines, auf den ihn Phöbus hingewiesen v. 31:
et Veneris dominae volucres, mea turba, columbae
tingunt Gorgonio punica rostra lacu.
Mit um so gröfserem Rechte darf man das Bild der auf einem Schwanen-
wagen fahrenden Göttin bei römischen Dichtern aus Anregungen der bildenden
Kunst erklären, als selbst bei Schriftstellern, die bewufst über das Verhältnifs von
Göttern zu den ihnen vorzugsweise ergebenen Thieren räsonniren, sich der Schwan
im Dienste der Aphrodite nicht nachweisen läfst. Es fällt schon auf, dafs Aelian
in seinen Thiergeschichten nichts über das Verhältnifs des Schwans zur Liebesgöttin
vorbringt, da er über reiche Materialsammlungen verfügt und seine Schrift auf
mannigfache Weise auszuschmücken bemüht ist. Der Schwan beschäftigt ihn wie-
derholt, aber als Vogel des Apollo15, wogegen der Aphrodite heiliger Vogel viel-
mehr die Taube ist, was er anmuthig zu belegen weifs16. Für die über Schwan
und Taube von Aelian beiläufig vorgetragenen Ansichten giebt es noch zahlreiche
») Purgold 81. 14) Nachweise bei Vofs II 49 S. lo8ff. Stephani
'*) Od. IV 2, 25. 31 ff. Hertzberg zu Properz II 34, 83.
13) Anfti. Pal. VII 30. ») II 32. XI I. XIV 13.
'G) IV 2. X 33; vgl. Athen. IX 394 K ff. Auch die Schwalbe nennt Aelian X 34.
18*
234 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
literarische Belege17; der Taube speciell als Liebling der Liebesgöttin hat sich
ätiologische Sagenforschung bemächtigt". Auch in eigentlich mythologischen Er-
örterungen erscheint der Schwan als Vogel der Aphrodite nicht. Als solchen be-
handelte Apollodor in seinem Buch rcepl Steäiv wiederum die Taube", und in diesem
Sinne erscheint auch in späteren Ablagerungen mythologischer Gelehrsamkeit die
Taube wiederholt als Gegenstand allegorischer Deutelei, während der Schwan als
dem Apollo geheiligt betrachtet wird, so namentlich bei Cornutus20, was demnach
auch die Ansicht Apollodors gewesen sein dürfte. Statt der Taube nennt Eustath
einmal, wo er sich über Vögel ausläfst, die einzelnen 'Göttern geheiligt waren, das
Wasserhuhn, aber gegensätzlich dazu wieder den Schwan als Vogel des Apollo"1,
während Plutarch in einer Erörterung über Lieblingsthiere der Götter vielmehr den
Raben als dem Apollo, die Taube indefs als der Aphrodite geheiligt betrachtet22.
Gerade der Umstand, dafs die Ansichten älterer Mythologen vielfach gebrochen und
in mannigfachen Verästelungen auf uns gekommen sind, verbietet das Stillschweigen
über den Schwan im Dienste der Aphrodite für zufällig zu halten.
Dafs sich in der bildenden Kunst eine Vorstellung erhalten hat, welche in
der Literatur verblafste, kann bei der Zähigkeit, mit der jene auch sonst am über-
lieferten Typenschatz festhält, nicht Wunder nehmen; aber die Thatsache ihres Ver-
schwindens in der literarischen Überlieferung ist beachtenswerth. Wenn der Schwan
auf Grund einer durchsichtigen Symbolik der Liebesgöttin zugeeignet worden wäre,
wie z. B. die Taube, würde er sich neben dieser behauptet haben. Eigenschaften,
wie auffallende Fruchtbarkeit und Begattungstrieb, welche Tauben ein Anrecht dar-
auf geben, im Gefolge der Liebesgöttin zu erscheinen, besitzt der Schwan thatsäch-
lich nicht nur nicht23, sondern es fabelt auch kein antiker Schriftsteller darüber34.
Das Thier der Hetären ist die Taube25, und nicht der Schwan. Mit Unrecht würde
man also aus dem Leda-Mythus folgern , dafs der Schwan für besonders lüstern
galt; auch ist gerade die aphrodisische Seite dieser Sage in der Literatur niemals
wie bei verwandten Liebesabenteuern besonders hervorgehoben und ausgemalt wor-
den, während sie in den Darstellungen der bildenden Kunst erst spät hervortritt Sfi,
und es fragt sich, ob der Schwan überhaupt das Ursprüngliche war. Ebenso würde
sicher fehl gehen, wer die Beziehung des Schwanes zur Göttin aus ihrer Anwalt-
schaft über das Meer erklären wollte; lag ein so durchsichtiger und greifbarer Ge-
danke zu Grunde, wie konnte das Verständnifs dafür verloren gehen, bis zu dem
1T) Zum Schwan vgl. Stephani 28, zur Taube Engel 21) II. 87, 10 ff.
Kypros 182 fr. u. A. '-) Is. Os. 71. Über andere der Aphrodite ge-
18) Schol. Stat. Theb. IV 226. Mythogr. Vatic. I 175. heiligte Thiere vgl. auch Engel Kypros II 185fr.
II 33- ") Brehm Thierleben II 3 S. 442.
19) Schol. Apoll. Rhod. III 549. F. H. G. I 431, 19. 24) Vgl. Aristot. anim. hist. IX 13. Aelian X 36
20) c. 24 S. 46 L.; c. 32 S. 68 L. Zur Taube vgl. XVII 24. Oppian Ixieut. II 19.
Tzetzes Lyk. 87. Etym. Magn. 664, 53. Myth. ir) Welcker Gr. Götterl. II 716.
Vatic. III. 1 1 , zum Schwan Schol. und Tzetzes 26) Jahn Archäol. Beiträge 1 ff.
Lyk. 426. Eustath II. 87, 13. 449, 2.
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 235
Grade, dafs Mythologen als der [laXa-fia geheiligte Thiere vielmehr Gänse betrach-
teten, weil diese nämlich das Wasser liebten27?
Man darf vielleicht annehmen, dafs ursprünglich auf Grund verwandter Ideen
der Schwan sich sowohl zu Apollo wie zur Aphrodite gesellte, und dafs die Sym-
bolik, aus welcher sich die Beziehung des Thieres zu diesen Göttern herleitet, eine
gemeinsame Seite ihres Wesens berührt, die bei Apollo später noch mehr oder
minder deutlich durchschimmerte, während sie bei Aphrodite zurücktrat. Mytho-
logen haben angenommen, dafs der Schwan, der schöne blendend weifse Vogel,
dem Apollo als Lichtgott geheiligt worden sei2*. Sagen wie diejenige von Phaethon
und manche ihrer Beinamen scheinen der Aphrodite eine ursprüngliche Beziehung
zu sichern zum Lichte der nächtlichen Himmelsräume und zum gestirnten Himmel29;
unter die Sterne wird als Schwanenbild Kyknos versetzt, der Liebhaber des anderen
Phaethon30. Es liegt nahe, auch den Schwan der Aphrodite aus ihrer Beziehung
zum Lichte herzuleiten. Der Werthlosigkeit solcher Argumentationen soll man sich
indefs bewufst bleiben. So lange nicht der Ursprung der geläufigsten mythologi-
schen Vorstellungen festgestellt ist, kann die angeregte Frage nicht beantwortet
werden; sie aufzuwerfen zwang der dargelegte Thatbestand der Überlieferung, und
die Erörterung der Monumente wird sie wiederholt ins Gedächtnifs zurückrufen.
II.
Unter den Darstellungen der vom Schwan getragenen Aphrodite gebührt
der erste Platz einer bei Kertsch gefundenen und von Stephani veröffentlichten Kalk-
steinplatte mit einer Weihinschrift, über der eine figürliche Darstellung angebracht
ist3'. Diese beschreibt Stephani folgendermafsen: »In einem mit Akroterien ver-
zierten Giebel sieht man auf einem fliegenden Schwan eine Frauengestalt, augen-
scheinlich Aphrodite, gelagert, welche in der Linken ein Skeptron hält und mit der
Rechten das Gewand über die Schulter zieht, während an ihrer Linken der tragende
Vogel von dem Oberkörper des Knaben Eros überragt wird, an welchem jedoch
nur ein Flügel noch einigermafsen sichtbar ist. An jeder der beiden Aufsenseiten
des Giebels ist der nach aufsen gewendete Vordertheil eines Schiffes sichtbar und
2r) Lydus de mens. IV 44, 2: kpo'ipYO'jv os otÜTirj lebenden und heilenden Wärme, kommt im Früh-
-/Tjvoi; xert irip&txcrc, 8rt oci piv toi; 58a« -/aipo'jat, jähr von Schwänen gezogen oder geleitet von
(zeXayta o£ rt AtppooiTr;), ol 6s -xtX. den Hyperboreern; auch Aphrodite, die mit der
28) Eustath. II. 449, 2: 6 x6xvo( iepoÜTGH ÄftdXXum Feuchte geborene Göttin der belebenden Kraft
d>« -hiim oiä xr/v Xeux<5n)ta; vgl. II. 87, 13. Cor- der Natur, wie sie im Frühjahr erwacht, hat als
nutus c. 32 S. 68 L. — Preller Gr. Mytholog. I'- Symbol den Schwan« (Ber. d. Sachs. Ges. d.
196: »Immer gehören zu diesem (dem Hyper- Wiss. 1852 S. 62).
boreerland) ferner die Schwäne als schimmernde 29) llaaitpiessa llaaicpdrj? 'Astepfa l's. Arist. Mir.
und singende Vögel des Lichts, die man auf 133 (145). Lyd. de mens. IV 44, 2. de dieb. II
dem Okeanos heimisch dachte.« Jahn äufsert 10,8 (Cramer Anced. Par. I 319); vgl. Preller
sich dagegen so: »Der Schwan, der mit dem I2 278fr".
Frühjahr erschien, war ein Symbol der Leben, 30) Vergil Aen. X l89ff. und Servius; vgl. Knaack
Fruchtbarkeit und Gesundheit bringenden Jahres- Quaestiones r/iaetJionteiu 62 ff.
zeit, und Apollo, der Gott der reinigenden, be- ") Comple-Rendu 1877 als Vignette im Text S. 246.
236 Kaikniann, Aphrodite auf dem Schwan.
auf jedem derselben steht je eine mit reichen Gewändern versehene Flügelfrau,
offenbar Nike, in ruhiger Haltung. Die Eine trägt in der Rechten ein Thymiaterion,
die Andere hält in der gesenkten Rechten eine Prochus, während sie offenbar mit
der vorgestreckten Linken eine gegenwärtig verwischte Schale zur cnzwZrt, dem ge-
wöhnlichen Geschäft der Nike, erfafst hatte. Beide also sind hier offenbar als
Opferdienerinnen der Aphrodite gedacht.« — Das Weihgeschenk ist zu Ehren fürst-
licher Personen dargebracht'2; nachdem diese zunächst in der Inschrift aufgeführt
sind, nennen sich die Weihenden, worauf folgt:
dvi&ijxo([v ttjV arf^Xrp 'A'-ppoosir/j Oufpavfy r(j Bo<j-o]pou jasösoos/j33.
Wie Stephani hervorhebt, haben zahlreiche Inschriften und Kunstwerke gelehrt,
dafs in Pantikapaion und dessen Umgebung schon seit alter Zeit Aphrodite als
oüpaviot und [isooujrj oder jasosooi/j verehrt wurde, und da in den beiden auf
Schiffsvordertheilen stehenden Niken der am oberen Theil der Platte angebrachten
Darstellung unzweifelhaft eine Beziehung auf Schifffahrt gegeben ist, so dürfte auch
die Ergänzung, durch welche die Göttin als Herrscherin über den Bosporos be-
zeichnet wird, kaum einem Zweifel unterliegen. Jedenfalls giebt sich uns die vom
Schwan getragene Göttin in der Inschrift als Urania zu erkennen, und nach der Dar-
stellung hat sie eine Anwaltschaft über Meer und Schifffahrt: irre ich nicht, so wird
diese Ideenverbindung auf eigenthümliche Weise erläutert und vervollständigt durch
eine bisher nicht richtig interpretirte Stelle eines römischen Dichters.
Catull dichtet im sechsundsechzigsten Gedicht nach dem Vorgang des Kalli-
machos von der Locke der Berenike, die der Mathematiker Konon unter den Ster-
nen wollte wahrgenommen haben. Der Dichter führt die Locke selbst redend ein;
sie erzählt, dafs Berenike gelobte ihr Haar den Göttern zu weihen, wenn ihr Ge-
mahl glücklich den Gefahren des bevorstehenden Krieges entrönne. Als dieser sieg-
reich heimgekehrt, sei das Gelübde gelöst, sie, die Locke aber, plötzlich zu den
Sternen emporgetragen v. 5 1 :
abiunctae paulo ante comae mea /ata sorores
lugebant, cum se Memnonis Aethiopis
unigena impellens mäantibus aera pennis
obtulit Arsinoes Cypridos3i ales equus,
isque per aetherias me tollens avolat umbras
et Veneris casto collocat in gremio.
ipsa staun Zephyritis eo famulum legarat,
Grata Canopiis incola litoribus.
3i) Nämlich des Königs Pairisades, der Königin dieses Namens geherrscht haben, derjenige, wel-
Kamasarye und eines Argotos. Die Formen der eher am Ende des zweiten oder am Anfange
Buchstaben, die Orthographie und der Inhalt des ersten Jahrhunderts v. Chr. die Herrschaft
der Inschrift lehrt, wie Stephani bemerkt, dafs über den Bosporos an den Pontischen König
hier weder an den ersten noch an den zweiten Mithridates abtritt.
Bosporanischen König Namens Pairisades gedacht 33) Vom Folgenden sind nur noch wenige Worte am
werden könne. Vielmehr müfsten nach Pairi- Anfang der Zeilen erhalten.
sades II. wenigstens noch zwei, nicht wie ge- 34) Cypridos zuerst Bergk; vgl. Posidipp bei Athe-
wöhnlich angenommen wird, nur noch ein König naeos VIII 3iSd.
Kaikniann, Aphrodite auf dem Schwan. 237
Also das geflügelte Pferd der Arsinoe, die am Vorgebirge Zephyrion unweit der
kanopischen Nilmiindung als Aphrodite Zephyritis verehrt wurde35, stellte sich ein,
trug die Locke zum Himmel empor und legte sie der Venus in den Schoofs, eine
Sendung, zu der es Arsinoe selbst ausersehen. Damit aber auch ich, so erzählt die
Locke weiter, des blonden Scheitels Raub, im Himmelsgewölb erglänzte, wie von
Ariadnes Stirn der goldene Kranz, gesellte mich als neues Gestirn Venus den
alten v. 63:
uvidulam a fluctu cedentem ad templa deum nie
sidus in antiquis diva novum posuit.
Das geflügelte Pferd der Arsinoe, das schon Gegenstand einer besonderen
Schrift geworden ist36, hält die Interpreten noch immer in Athem. Nachdem die
älteren unhaltbaren Deutungen auf den Pegasos oder den Vogel Phönix beseitigt
sind, wird jetzt unter jenem Pferd bald der Windgott Zephyr, bald der Vogel Straufs
verstanden. Indefs wie der Windgott als ales equus bezeichnet werden könne, ist
noch von niemandem dargethan; auch hat Zephyr zwar nach Hesiod zusammen mit
anderen Windgöttern Eos zur Mutter37, aber nicht wie Memnon Tithonos zum Vater;
unigena in diesem Sinne passte nur auf Emathion, der sich in den Zusammenhang
des Gedichtes unmöglich einreihen läfst38. Diejenigen, welche unter dem geflügel-
ten Pferd den Straufs verstehen, fassen unigena, das vermuthlich ein griechisches
Wort nicht sehr geschickt wiedergiebt, richtiger in weiterer Bedeutung, indem sie
darin eine Anspielung auf die gemeinsame Herkunft von Memnon und dem Straufs
aus dem Aethioperland finden. Doch auch die Deutung auf den Straufs ist unhalt-
bar; sie hat das Schicksal, durch dieselbe Stelle, auf welche sie sich stützt, wider-
legt zu werden: Pausanias nämlich erwähnt zwar eine Statue der auf einem Straufs
sitzenden Arsinoe 39, fügt aber gleich hinzu, dafs der Straufs gar nicht fliegen könne,
was andere noch schärfer dahin präcisiren, dafs der Straufs nicht im Stande sei,
sich auch nur von der Erde zu erheben40. Kallimachos ist nur Interpret des von
Konon herrührenden Einfalles, den er auf seine Weise auszuschmücken sucht; sollte
er so abgeschmackt gewesen sein, den häfslichen, ungelenken und des Fliegens un-
kundigen Vogel als geflügelten Boten zum Sternenmeer sich aufschwingen und der
himmlischen Göttin die Locke in den Schoofs legen zu lassen?
Dem Dichter hat es gefallen, in dem Bilde des geflügelten Trägers der
Locke anzuspielen auf das Erscheinen des Gestirnes, das diese alsbald darstellt41:
wie der Stern aus dem Meere emportaucht, so wird noch nafs von der Fluth die
Locke zum Himmel emporgetragen und von der Göttin an den Sternenhimmel ver-
35) Athen. VIII 31 8 d. Steph. Byz. Zetpupiov. Anth. thion cum struthione cohaesit, adludit aperte Calli-
Pal. VI 290. Schol. Ven. II. N 703. Schol. machus.
Theokr. XVII 123. 39) IX 31, I: ttjv öz 'AßücvdljV axpouSi; tpepei X^xr)
36) Vinc. Monti, Del cavallo alato d Arsinoe. Mai- tüw är;T^v(uv.
land 1804. 4C) Aelian II 27. Plin. X 1.
37) Theog. 378. 41) Aeschylos nennt die Sonne den Vogel des Zeus.
38) Man müfste sich schon mit Baehrens trösten: Suppl. 212 und Schol.
ad incognitas hodie fabellas Aethiopkas qua Erna-
238 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
setzt45. Der Stern wird dem Okeanos zurückgegeben (v. 70), sobald an seinen Strö-
mungen Eos sich erhebt aus den Armen des Tithonos; hier, wo Memnon gezeugt
ward43 und wo die Athiopen wohnen44, soll auch der geflügelte Bote heimisch ge-
wesen sein. Unter diesem wird also der Schwan zu verstehen sein, dem die Sage
gleichsam als Stammsitz den Okeanos gab; im Dienste der Aphrodite schwingt er
sich aus den Fluthen zum Sternenhimmel empor. Als Urania bezeichnet die Aphro-
dite Arsinoe in einem Epigramm Dioskorides45, und ihrer Fürsorge für Schifffahrt
gedenkt ausdrücklich Posidipp46. Das stimmt so auffallend zu dem, was uns das
bei Pantikapaeon gefundene Monument gelehrt hat, dafs die Annahme, in dem ge-
flügelten Pferd sei der Schwan zu erkennen, auch von dieser Seite gesichert er-
scheint. Wahrscheinlich war die Aphrodite Arsinoe auf einem Schwan sitzend dar-
gestellt, obschon es zum Verständnifs des ales equus nicht einmal nöthig ist, dies
vorauszusetzen4'.
Man wird unwillkürlich an die Dichtung des Kallimachos erinnert, wenn
Papinius Statius in einem Gedicht auf das nach Pergamon geweihte Haar des Flavius
Earinus, eines schönen von Domitian geliebten Knaben48, Venus selbst das von
Eroten abgeschnittene und in goldener Kapsel bewahrte Haar über die Meeresfluth
dahintragen läfst4J. Der Dichter stellt sich die Göttin auf einem Schwanengespann
vor50; er spielt auf ihren Glanz als Sternenkönigin oder strahlende Himmelsgöttin
an, wenn er sagt, dafs sie einst dem Knaben ihre Strahlen und ihr Feuer verliehen
habe51, denn jene Vorstellung ist ihm nachweislich geläufig. In dem Epithalamium
auf Stella und Violentilla verlegt er die Wohnung der Göttin geradezu an die Milch-
strasse Silv. I 2, 51:
forte serenati qua stat plaga lactea caeli,
alma Venus thalamo pulsa modo nocte iacebat,
amplexu duro Getici resoluta mariti —
Verse, welche von der Vorstellung der einander nahe gelegenen Planeten Venus
und Mars52 eingegeben scheinen53. Von der Violentilla sagt Venus v. 117:
42) V. 63 uvidulam a flucht c. q. s., wo man flucht in auffliegenden Schwäne begleitet und mit Wohl-
das häfsliche fleht ändern wollte, als sei die klang erfüllt (Vofs II 51 S. 126 ff. Boissonade
Locke noch nafs von den Thränen der Schwester- zu Chorikios S. 173).
liehen Haare, weil man dem Dichter nicht zu- 48) Vgl. Martial EpigT. IX 12, 13, 14, 17, 18.
traute, dafs er den Straufs auch noch zum 4a) Silv. III 4, 91: rapit ipsa cadentem mater, et ar-
Wasservogel gemacht haben sollte. canos iterat Cytherea Uqttores. Vgl. v. 3 fr.
43) Homer. Hymn. IV 2l8flf. ;o) V. 22, 46; sie geleitet hier selbst den schönen
44) Od. a 22ff. und Schol.; Aeschylos frg. 186 N. Knaben auf dem Schwanengespann nach Rom.
45) Anth. Pal. VI 290; zweifellos richtig ist das Epi- 51) V. 56 dat radios ignemque suum.
gramm auf Arsinoe Zephyritis bezogen worden. 5ä) Vgl. z. B. Hygin astr. IV 15, 16.
46) Athen. VIII 318 d. '*%) Die Planeten Venus und Mars geben öfter An-
4r) Der Zephyritis war als Meergöttin auch Zephyr lafs, von dem Liebesverhältnifs der beiden Götter
unterthan (Anth. Pal. VI 290, vgl. IX 791. Lu- zu fabeln; Hygin astr. II 42. Robert Era-
crez V 737); doch wäre es gewagt an die Vor- tostlienes 195.
Stellung zu erinnern, dafs Zephyrs Hauch die
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 239
liaec et caeruleis mecum consurgere ' digna
fluetibus et nostra potuit considere concha,
et si flammig er as fas esset scandere sedes
hasque intrare domos, ipsi erraretis, Amores.
Weiter beachte man v. 140:
sie fata levavit
sidereos artus thalamique egressa superbum
Ihnen Amyclaeos ad frena citavit olores.
Also auch hier ruft die Sternengleiche zu ihrem Dienste Schwäne herbei, trotzdem
der Dichter öfter als den der Venus heiligen Vogel die Taube bezeichnet54. Es ist
daher möglich, dafs Statius, der recht viel und mehr als andere römische Dichter
von griechischer Mythologie weifs, in bewufster Absicht seiner Aphrodite den Schwan
gab. Jedenfalls kann der Schwan angesichts der Thatsache, dafs er sonst im Dienste
der Aphrodite in der griechischen Literatur nicht nachweisbar ist, bei Kallimachos
nicht als gleichgültiges Ornament gefafst werden; der Ausnahmefall bestätigt die
früher aufgestellte Regel. Nachklängen einer sonst verschollenen Vorstellung ge-
rade bei Kallimachos und Statius zu begegnen, befremdet nicht; auf den berührten
Ideenkreis wird aber auch von Seiten der bildenden Kunst Licht fallen.
III.
Auf Tafel 1 1 , I ist in '/, der Originalgröfse (die Gefäfsform in 2/3) eme
schöne im Berliner Museum befindliche attische Lekythos abgebildet, auf der eine
vom Schwan getragene Frau dargestellt ist. Sie ist schon von Benndorf, aber in
unzureichender Weise, veröffentlicht worden und gab ihm den Anlafs, Umschau zu
halten über verwandte Darstellungen ". »Über wogender Wasserfläche schwebt ein
Schwan, zwischen dessen weit auseinander gebreiteten Flügeln eine reich geschmückte
weibliche Figur in anmuthiger Haltung ruht. Sie führt die rechte Hand gegen den
Kopf des Thieres, wie es scheint, um den gewaltigen Flug zu mäfsigen, und erfafst
mit der Linken über dem Haupte einen Zipfel ihres golddurchwirkten Gewandes,
welches den untern Theil der Gestalt bedeckt und sich hinter ihrem Rücken wie
ein Segel in weitem Bogen aufbauscht. Dienend, vorsorglich umblickend flattert
Eros voraus56; während am Ufer, von welchem die Luftfahrt anhob, ein abgewandt
sitzender Jüngling, die rechte Hand auf einen Stab gestützt, theilnehmend dem
Wunder nachschaut.« So Benndorfs sinnige Beschreibung.
Die Deutung auf Aphrodite hat Benndorf durch den Vergleich mit anderen
Monumenten gesichert. Es sei, meint er, eine Abfahrt der Göttin dargestellt, und
der mythologische Sinn dieser Vorstellung könne nicht wohl zweifelhaft sein. »Wie
alle Naturreligion läfst auch die griechische den wechselnden Kreislauf der Natur
54) Silv. I 2,102. III 5, 80. Theb. IV 226. V 63. S. 75 fr". Kurtwängler Beschreibung der Vasen-
55) Griech. und Sicil. Vasenbilder T. XXXVII 3 ; Sammlung im Antiquarium N. 2688.
56) In der ausgestreckten Rechten hält er ein kleines Thymiaterion.
24O Kalkmann, Aphrodite auf dum Schwan.
in der Geschichte ihrer Götter sich spiegeln. Was sie in so vielen Fällen hart und
scharf ausdrückt, wenn die Götter sterben und auferstehen, leiden und genesen, ge-
tödtet und neugeboren, verjagt und zurückgeführt werden, weifs sie auch in sanfterer
Form als einfaches Gehen und Kommen, Abschied und Wiedersehen auszusprechen.«
Auch von Aphrodite, die man sich mit dem Jahr gehend und kommend dachte,
seien Apodemien und Epidemien bezeugt, und unter die vielen Ausdrucksweisen,
welche solchen religiösen Anschauungen ihre Entstehung verdankten, hätte man
auch die von ihrem Schwan entführte und zurückgebrachte Aphrodite einzureihen.
Ein Name für die nicht individualisirte Figur des Jünglings sei zwar keineswegs
ausgeschlossen, aber ohne eine rechtfertigende Analogie nicht räthlich. Ihrer künst-
lerischen Bedeutung nach markire sie den Ausgang der Fahrt.
Es ist mifslich, einzelne Gedanken aus einem Ganzen loszulösen; jeder, der
Benndorfs Erörterungen im Zusammenhang liest, wird von seiner Argumentation ge-
fangen genommen werden. Findet aber die angedeutete Gedankenreihe gerade auf
unser Bild Anwendung? Schwierigkeiten macht die Erklärung des zuschauenden
Jünglings, und gerade die Bedeutung dieser Figur hat Benndorf nicht völlig aufge-
hellt, wenn er auch nur die Möglichkeit einer Benennung zuliefs, wodurch das Bild
der Sphäre allgemeiner Vorstellungen, der es als Darstellung einer Apodemie ge-
hörte, wieder entrückt würde. Epidemien oder Apodemien einer Gottheit aber
scheinen im religiösen Bewufstsein nicht mit solcher Anschaulichkeit vorgestellt
worden zu sein, dafs der Künstler bei der Darstellung eines ausziehenden oder
heimkehrenden Gottes einen Sterblichen zum stillen Zeugen hätte machen können,
ohne den Beschauer zu verwirren. Belege für solche Darstellungsweise finde ich
nicht. Die an die Schwanenjungfrau erinnernden Darstellungen der von einem
Widder übers Meer getragenen Göttin57 bieten durchaus keine, und es fragt sich
daher, ob nicht doch in dem Vasenbild eine Situation prägnanter zum Ausdruck
gebracht sei, als die Voraussetzung einer Apodemie ahnen läfst.
Irre ich nicht, so erhält die Deutung eine andere Richtung, wenn ein schein-
bar nebensächliches Detail ins rechte Licht gerückt wird. »Vergoldet waren die
Kopf binden, die Flügel des Schwans und des Eroten theilweis58, Armband Hals-
kette Ohrring und Gewand der weiblichen Figur, desgleichen die Punkte im
Wasser im Ornament und im Felde des Bildes dem oberen Rande ent-
lang«, giebt Benndorf an 59. Über die Anwendung des Goldes auf Vasen mit Gold-
schmuck bemerkt Jahn: »Vergoldung ist durchgehends nur bei einzelnen kleineren
Gegenständen angewendet, die man sich als goldene vorstellen konnte, vor allem
bei jeglichem Schmuck, Waffen, mancherlei Geräth, und bei den Flügeln, entspre-
") Literatur bei Benndorf S. 81, 412. Gewänder, der Schwan und Eros' Flügel sind
58) Nämlich an den Rändern. thongrundig ohne Innenzeichnung und waren ge-
59) Vergoldet war auch, wie Furtwängler bemerkt, wifs einst mit bunter Farbe bedeckt; auf der
der Stab, welchen der Jüngling hält. Weifs sind Chlamys des Jünglings noch Rosa-Farbreste.«
die Fleischtheile von Eros und Aphrodite. »Alle Furtwängler.
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 241
chend dem geläufigen xpuaoirrspoc der Dichter00.« Namentlich bei den verhältnifs-
mäfsig frühen und sorgfältig ausgeführten Bildern der Vasen mit Goldschmuck wie
das vorliegende findet sich Gold niemals angewendet, ohne dafs man eine anschau-
liche Vorstellung mit dem vergoldeten Gegenstand verbinden könnte. Die goldenen
Punkte im Blattornament, wie es sich auf unserer und ähnlichen Vasen findet, sind
als Früchte gedacht, wie denn einmal Dionysos einen Thyrsos mit goldenen Beeren
trägt6', wogegen eben solche Punkte an dem von einer Frau gehaltenen Scepter
auf einem anderen Vasenbilde goldene Buckeln bedeuten"2.
Was also mag der Sinn der goldenen Punkte sein, welche über der Dar-
stellung der Schwanenjungfrau angebracht sind? Als plastisch gedachte Verzierung,
als Perlenstab, finden sie sich sonst wohl auf Vasen mit Goldschmuck, zahllos und
nahe an einander gerückt, unmittelbar unter dem als Ornamentstreifen verwandten
sogenannten Eierstab'3; allein auf unserer Lekythos ist der Ornamentstreifen ein
Rankenornament, mit dem die vereinzelten Pünktchen in keinem Zusammenhang stehen;
auch sind sie nur über der Darstellung selbst angebracht, ohne nach rechts und
links fortgeführt zu sein, bis dahin nämlich, wo das Palmettenornament der Rück-
seite einsetzt. Dafs sie in der That eine tiefere Bedeutung haben, setzt der Ver-
gleich mit einigen in Bezug auf Form und Technik völlig analogen Vasen aufser
Zweifel: hier sieht man oben am Halse über der Darstellung dasselbe Blattornament
mit den vergoldeten Früchten darin, aber von weiteren Punkten im Felde ist nirgends
eine Spur64. Dieselben Punkte finden sich jedoch auch, wie bemerkt, hie und da
zerstreut im Meer, so weit es der Maler durch welligen Kontur angedeutet hat.
Endlich sind viele derselben rings über das Gewand der Aphrodite vertheilt. Ge-
wöhnlich giebt dunkle Innenzeichnung bei Frauengewändern mancherlei eingewirkte
Muster zu erkennen, und golddurchwirkt ist sonst wohl auch der Gewandsaum von
Frauen65; aber für einen so reichen über das ganze Gewand vertheilten goldenen
Schmuck ist mir kein weiteres Beispiel bekannt. Würde man dennoch an sich ge-
neigt sein, in dem Aufsetzen goldener Sternchen auf das Gewand der Göttin eine
harmlose Spielerei des Malers zu erblicken, so ist das angesichts der sonstigen Aus-
schmückung des Bildes nicht mehr möglich. Die Erklärung nämlich liegt auf der
Hand: am Himmel stehen Sterne, die sich im Meere spiegeln und mit Sternen
übersät ist auch das Gewand der Göttin; es bauscht sich in weitem Bogen und ist
anzuschauen wie das gestirnte Himmelsrund selbst.
Die Darstellung wird nach den früheren Bemerkungen über Aphrodites Be-
ziehung zum Sternenhimmel nicht sonderlich mehr befremden; gleichwohl kann sich
60) Bemalte Vasen mit Goldschmuck S. 26. du Bosphore Cimmerien T. 53, 2; 54, 1;
61) Berlin Nr. 2691. Zwischen den beiden Figuren 57, 1.
einer andern- Berliner Vase (Nr. 2689) hängen ei) Berlin Nr. 2689 (Heydemann Gr. Vasenb. T. I. 3.
oben zwei Lorbeerzweige mit vergoldeten Arch. Ztg. 1878 T. 21, 3) und Nr. 2691; Benn-
Früchten. dorf Gr. und Sic. Vasenb. T. 38; Ber. der Sachs.
62) Jahn T. I, 1 S. 3. Ges. d. Wiss. 1854 T. II; Bulletino Napoletano
63) Vgl. z. B. Jahn T. II 3, 4. Stephani Anliquites III 1, 3, 4.
65) Vgl. z. B. Stephani Antiq. T. 52, 3.
242 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
die Deutung der bestimmt charakterisirten Scene nicht mit dem Hinweis auf eine
allgemeine Vorstellung begnügen. Wenn Aphrodite unterm gestirnten Himmel mit
einem von Sternen bedeckten Gewände übers Meer fährt, so tritt sie damit nach
antiker Anschauung selbst als Gestirn in die Erscheinung, oder vielmehr unter dem
Bilde der Göttin erscheint ihr Stern, der gröfste, schönste und glänzendste von allen,
die am Himmel stehen66. So finden sich Sterne in der Höhe oder im Felde öfter
angebracht bei Darstellungen des Aufgangs von Gestirnen ", und mit Sternen ist z. B.
auch das Gewand der Eos geschmückt68. — In der bildenden Kunst erscheint sonst
der Venusstern gewöhnlich in der morgenlichen Phase dargestellt, als Phosphoros;
Dichter haben bekanntlich daneben ebenso häufig den Hesperos, aber die Beziehung
zur Aphrodite verläugnen sie nie 69. Den Dichtern ist nun einmal die Phase vom Abend-
und Morgenstern geläufig in alter und neuer Zeit; nur wer gelehrt sein will macht
nebenbei auf die Identität der Beiden aufmerksam70. Die Pompe des Ptolemaeos
Philadelphos führt Phosphoros an, beschliefst Hesperos, und das in dem gelehrten
Alexandria71. Die Identität sollte schon im sechsten Jahrhundert entdeckt worden
sein72, was besagt, dafs sie damals zuerst ausgesprochen wurde, während sie schon
längst bekannt gewesen sein mochte73. Jedenfalls hat das Gestirn der Aphrodite
nicht nur in den Gestalten von Phosphoros und Hesperos die Phantasie beschäftigt:
das zeigt unser Vasenbild, und Anderes bestärkt darin. Bei Porphyrios steht, dafs
der Anblick des schönen Sternes der Aphrodite, welcher als Erzeugung bewirkend
galt, zur Erfindung eines schönen Weibes, nämlich der Aphrodite, geführt habe74;
wenn es verbreitete Anschauung war, dafs in ihrem Sterne sich die Göttin selbst
darstelle, versteht man jenen Einfall. Dieselbe treibende und befruchtende Kraft
im ganzen Reiche der vegetabilischen und animalischen Natur, welche Dichter in
begeisterten Strophen der Aphrodite beilegen75, wird auch dem Sterne zugeschrieben76,
und Mythologen setzen für das Morgengestirn, das den Tag heraufführt, geradezu
66) II. X 318. Od. v 93. Anth. Pal. VI 148. Era- evang. III 11, 40 (114b): töv 8e tt,s ÄqppoMnjS
tosth. 196 Robert. Philipp v. Opus 987 b. Hygin äj-ifpa ftsiupi^aavTES ysveiio'jpyö'', emi)'.iu.(as tt xal
Astr. II 42. IV 15 und öfter. Y'jvf^ outiov, yuvalxa uiv av^-).aaav oiä t^v y^vesiv,
67) vg'' Gerhard Akadem. Abhandlungen I T. 6 ff. tijpoti'ctv U, 6'ti xoci
68) So namentlich auf der Vase Annali delt Inst. "Esrtepo«, 8s x&XtffTOC bi oüpaviö Testaten dc3tr(p.
1864 tav. d'agg. S. T. Der Venusstern als guter Geburtsstern auch
69) Bion IX 1. Vergil Aen. IX 589. Valerius Klaccus bei Macrobius Comment. Somn. Scip. I 19, 20.
Arg. VI 527. Statius Silv. V 4, 8. Claudian XIV 7S) Vgl. namentlich Aeschylos Frag. 43 und die Ein-
I ff. Sil. Ital. XII 247 ff. und öfter. gangsworte bei Lucrez.
70) Kallimachos Frg. 52. Catull LXII35. SenecaAga- ,s) Plin. II 38: huius natura euneta generantur in
memnon 819 fr. Nach Statius (Theb. VI 240) terris. namque in alterutro exortu genital! rore
hat Lucifer nur sein Pferd gewechselt, wenn er (onspergens non terrae modo coneeptuus implet,
Abends wieder erscheint. verum animantium quoque omnium stimujat. Vgl.
") Athen. V 197 d. Lucan I 661 Veneris salubre sidus. Aphrodite
72) Schaubach Astronomie d. Griech. 181. Wila- als Thauspenderin in den paphischen Sagen
mowitz Hermes XVIII 417, 1. (Aelian nat. anim. X 50 Tacit. hist. II3); vgl.
73) ^° gewifs richtig Wilamowitz. Pervigilium Veneris 15.
74) Porphyrios Tispl iya).u.c(t(ov bei Eusebios Praep.
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 243
die Göttin ein77. Es wird ausdrücklich hervorgehoben, dafs der Stern von weifser
Farbe sei78; wie gut dazu der Schwan pafst, liegt auf der Hand; auch an Catull mag
erinnert werden, der unter dem Bilde des aus den Fluthen auftauchenden Schwanes
auf das Gestirn anspielt. Endlich verdient Beachtung, was Manilius über das Stern-
bild vorbringt Astr. I 337:
proxima sors Cygni, quem caelo Juppiter ipse
imposuit, fortnae pretium, qua cepit amantem,
cum deus in niveum descendit versus olorem
tergaque fidenti1* subiecit plumea Ledae.
nunc quoque diductas volitat stcllatus in alas.
Die merkwürdige Stelle ist schon Andern bei den Darstellungen der vom Schwan
getragenen Aphrodite eingefallen80. Von einer Entführung der Leda durch den
in einen Schwan verwandelten Zeus weifs nur Manilius, und Manilius ist kein
Dichter, der über entlegene Mythen verfügt. Die Auffassung jener Darstellung ist
zu fest begründet, als dafs Manilius uns darin irre machen könnte; vielmehr hat
sich derselbe durch irrthümliche oder willkürliche Auslegung von der bildenden
Kunst einen Gedanken erborgt. Das Sternbild erklärte man schon vor ihm aus dem
Leda-Mythus; wie er aber dazu kommen konnte, mit dem Sternbilde des Leda-
Schwanes die Schwanenjungfrau in Zusammenhang zu bringen, begreift man, wenn
ihm diese als Darstellung eines Gestirns vorschwebte 81.
Die Sage erzählt, die Arkader gewahrten bestürzt des Lichts und des
Dunkels Wechsel, und jagten der untergehenden Sonne nach, an des Tages Rück-
kehr verzweifelnd S2. Der Mensch hat im Naturzustand eine lebhafte Empfindung
für die Lichterscheinungen des Himmels und für den Wechsel von Licht und Fin-
sternifs. Ähnliche Gedanken wie in jener Sage kommen in der bildenden Kunst
zum Ausdruck. Auf einem im Sabinerland gefundenen Krater83 gewahrt man in-
mitten einer grofsen Strahlenscheibe das Brustbild eines Mädchens oder eines Jüng-
7r) Schol. Hes. Theog. 990: ö rjcjio: aaxrjp ö dvoiytuv angeregt zu haben (Heibig Das Homerische
tt)v -fjuipav xa\ töv tPcfeijovr«*, ^ 'Acppcohrj iorfv. Epos S. 307). Für Schilderungen ähnlicher
Auch Astarte wurde mit dem Planeten Venus Darstellungen bei jüngeren Dichtern (Euripides
identificirt; Zeugnisse bei Movers Phönikier I Ion. 1146fr. , Elektra 465 ff. Anakreontea 3 B)
606. Ein oder zwei Sterne sind auf kyprischen dürfte Homer mafsgebend gewesen sein. Bei
Münzen bei dem Sinnbild der Aphrodite darge- dem Rofsdenkmal in der Nähe von Sparta er-
stellt; s. Engel Kypros I 537, 16. 538, 20. 540, wähnt Pausanias sieben Säulen, die als Bilder
37. 541, 44. der Planeten galten (III 20, 9: <Ac de<JT^p(uv Töiv
78) Xcuxo; Tii) -/pi!)|j.aTt Eratosthenes S. 196 Robert; jtXavJ)TÜ>v cpaslv iyciXpiaTa). Über Darstellungen
vgl. Hygin Astr. IV 15. Plinius II 79. von Planeten auf späteren Kunstwerken vgl.
79) Bentley vermuthete sidenti. K. O. Müller Handb. d. Archäol. S. 650, 5.
80) Stephani 71. Benndorf75- 82) Statius Theb. IV 282fr. Die Sage ist alt, Lucrez
81) Ob die ältere Kunst verschwenderischer war in polemisirt dagegen (V 971 ff.).
Bezug auf Darstellung von Gestirnen, bleibt da- 83) Abgebildet Mon. ddt Inst. II 53. Welcker Alte
hingestellt. Das kosmische Mittelbild des Ho- Denkm. III T. 2. Gerhard Akadem. Abhandig. I
merischen Schildes scheint orientalische Kunst T, V 1. Vgl. Jahn Arch. Beitr. 118.
244 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
lings84; zu beiden Seiten und unterhalb tauchen aus dem durch einzelne Zweige
angedeuteten Gebüsch Satyrn hervor, die lebhafte Geberden des höchsten Erstau-
nens und Schreckens machen. Sie staunen das aufgehende Gestirn an, «als wäre
es am Morgen ihrer ersten Schöpfung85.« Dichter werden nicht müde, das Er-
wachen des Tages zu schildern, der die Schatten der Nacht verscheucht, und die
bildende Kunst macht in tiefinniger Würdigung dessen, was das nahende Licht für
die Menschheit bedeutet, Menschen zuweilen zu theilnehmenden Zeugen jenes Vor-
ganges. So sehen wir auf einem Vasengemälde Helios mit einem Viergespann übers
Meer fahren, während daneben zwei ihm nachschauende Frauen dargestellt sind,
von denen die eine mit erhobener Hand nachdrücklich auf den Gott hinzeigt86; im
Reiche des Mythus sucht man die beiden Frauen vergebens87. Auf einer von
Lasimos gefertigten Vase steht ein Jüngling auf seinen Speer gestützt ruhig da, und
zeigt mit der Rechten auf die herannahende Eos, deren Viergespann von Hermes
geleitet wird 88. In der Veranschaulichung des Gedankens, dafs den Sterblichen das
Licht gebracht wird, äufsert sich Empfänglichkeit selbst für das tagtäglich wieder-
kehrende Wunder, das für uns nur starres Naturgesetz ist. Aber während die im
Urzustände des Empfindungslebens vorgestellten Satyrn ihr Erstaunen ausgelassen
zu erkennen geben, findet das aufgehende Licht den gereiften Menschen als stillen
Zeugen. So erklärt sich auch die Figur des Jünglings auf der attischen Lekythos;
er sitzt abgewandt da, weil eine tiefere Beziehung zwischen ihm und der Göttin
nicht obwaltet; die Haltung verräth Theilnahme, ohne dafs etwas Unerwartetes
seine Aufmerksamkeit fesselte; vor seinen Augen spielt sich ein alltäglicher Vor-
gang ab89.
Benndorf hat mit der besprochenen Lekythos einen in Athen gefundenen
und in Bezug auf Technik und Zeichnung nahe verwandten Aryballos verglichen,
auf welchem sich eine ganz ähnliche Darstellung findet90. Aphrodite ist in kauern-
der Haltung gebildet und scheint mit beiden Händen ein sich segelartig aufbau-
schendes Gewand zu fassen. Das Bild ist zerstört; Benndorf meint, Aphrodite
M) Nach der Publication in den Monumenti trägt im Anbeginn seines ätherischen Weges be-
die Figur Brustbänder und danach wäre eher schaut.«
Selene als Helios zu erkennen. 88) Auch diese Darstellung hat mit der darunter an-
8i) Welcker Alte Denkmäler III 80. gebrachten keinen Zusammenhang; vgl. Over-
80) Das Bild befindet sich am Hals einer aus Ruvo beck Gallerie S. 670. Abgebildet Winckelmann
stammenden Vase, Mon. delt Inst. IV 16, 17. Mon. ined. 143. Miliin Vases peints II 37, 38,
Gerhard Akadem. Abhandig. I T. VI 4. Galler. myth. 169, 611. Overbeck Gallerie T. 28, 1.
s;) Gerhard S. 152: »Zwei aneinander gelehnte Gerhard I T. VII 4. Vgl. Klein Vasen mit
Frauen, welche nebenher stehen, können für Meistersignaturen 85.
seine (Helios) Mutter die Nacht und seine Ge- 89) »Es ist fromme Gewohnheit abends beim Schlafen-
mahlin Klymene gelten, sind jedoch, da sie dies- gehen die leuchtenden Gestirne zu grüfcen, oder
seits des Wagens stehen, wahrscheinlicher für wenn der Abendstern aufgeht, ein Gebet zu ver-
eine Personification des Götterglückes, der auf richten (neugriechische Sitte)«. Grimm Deutsche
einem Gefäfs von gleicher Abkunft gerade so Mythologie 414.
bezeichneten Eutychia zu nehmen — , jenes *>) Stackeiberg Gräber d. Hellen. T. XXXVI. Da-
Ülympier - Glückes , dessen Seligkeit Helios nach wiederholt bei Benndorf S. 82.
Kalkmann , Aphrodite auf dem Schwan. 245
habe in einer Muschel gestanden, in der sie so oft über das Meer fährt. Die
Göttin begleiten zwei Tauben; voran schwebt Eros mit einem Kranz, während auf
der andern Seite, gerade wie auf dem Bilde der Lekythos, abgewandt ein Jüngling
sitzt, der in der Rechten einen Stab aufgestützt hält und der Göttin nachschaut. —
Auf eine Lichterscheinung deutet hier nichts. Das allein wäre freilich noch kein
Grund, eine andere Deutung aufzustellen, denn dafs die Maler es zuweilen an Hin-
weisen auf die elementare Lichterscheinung ganz fehlen liefsen, sieht man aus dem
Bilde einer Lekythos strengen Stiles, auf welcher Eos mit zwei Hydrien heran-
schwebend dargestellt ist, ohne dafs irgend welche auf die Göttin des aufgehenden
Lichts als solche bezüglichen Andeutungen gegeben wären91. Zudem ist das Ge-
fäfs schadhaft. Allein der Umstand, dafs der Schwan durch die volksthümlichen
Tauben ersetzt ist, scheint darauf zu deuten, dafs der Maler seine Vorlage nicht
verstanden hat; Aphrodite, etwa eine Euploia, scheint übers Meer zu fahren, ge-
folgt von Tauben. Das Verständnifs für die Darstellung der Lekythos konnte bei
der sichtlichen Bevorzugung anderer Darstellungsformen des Aphrodite-Gestirnes
leicht verloren gehen. In der Vasenmalerei ist eine irrthümliche Auffassung der
seltenen Darstellungsform um so weniger befremdlich, als der gewöhnliche Typus
der vom Schwan getragenen Göttin eine andere Bedeutung hat, wie ich gleich
zeigen werde. - — Hinsichtlich der Tauben glaubt Benndorf an die für Eryx bezeugte
Legende von der Apodemie der Göttin erinnern zu können. Doch selbst unter der
Voraussetzung, dafs die Benndorf'sche Deutung der beiden Vasen richtig wäre,
würde das Ursprüngliche auf Seiten des Lekythos-Bildes zu suchen sein, weil es
Thatsache ist, dafs auch innerhalb jener Vorstellungen, von denen Benndorfs Deu-
tung ausgeht, die bildende Kunst vorzugsweise den Schwan mit der Aphrodite in
Verbindung bringt, wenigstens sobald diese als Frühlingsgöttin dargestellt wird.
IV.
Auf einer rothfigurigen Vase späteren Stiles sehen wir die reich bekleidete
und geschmückte Göttin, welche ein mit Binden verziertes Tympanon in der aus-
gestreckten Linken hält, von einem Schwan durch die Lüfte dahingetragen. »Über
derselben schwebt in völlig horizontaler Lage Eros und hält mit beiden Händen
einen langen blätterreichen Zweig, mit welchem er sie zu umschlingen im Begriff
ist92.« Mit diesen Worten weist Jahn auf den von Eros gehaltenen Blätterzweig
hin, ohne ihm doch besondere Aufmerksamkeit zu schenken93. Der Zweig findet
sich aber auch auf zwei seitdem bekannt gewordenen Darstellungen der vom Schwan
getragenen Göttin. Diese selbst hält einen solchen auf einer schönen aus Kamiros
stammenden Vase94; streng und züchtig sitzt sie auf ihrem Schwan, welcher die
Herrin über die Fluthen dahinträgt, ein Bild, das uns in seiner Zartheit anmuthet
«') Millingen Unedit. Mon. pL VI. Gerhard I T. 93) Arch. Ztg. 1858 S. 236fr.
VIII 9. 94) Salzmann Nccrofole de Camiros PL 60; vgl. oben
92) Millingen VastsCoghiü 21. Elite ceramogr.W 3. S. 232.
246 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
wie ein anderer Frühling, wie Lenzeswehen der erblühenden Kunst. Damit seine
Göttin nicht verkannt werde, hat der Maler ihr den Namen beigeschrieben. Eben-
falls durch Beischrift ausgezeichnet ist die auf einem Schwan sitzende Aphrodite
(Turan) einer etruskischen Spiegelzeichnung95, und zwar hält hier der Schwan eine
grofse Ranke im Schnabel. — Da sich der Blätter- oder Blüthenzweig auf Monu-
menten verschiedener Art findet, von Eros, von der Göttin und sogar vom Schwan
gehalten, so kann er nicht bedeutungslos sein; vielmehr sollte er Aphrodite als
Frühlingsgöttin kennzeichnen, bei deren Nahen Blätter und Blüthen spriefsen,
und die mit bescheidenem Ausdruck zufriedene Kunst hat so auf sinnige Weise
den leitenden Gedanken der Darstellung zu erkennen gegeben. Angesichts des
Bildes jener Kamiros-Vase, in dem sich speciell attisches Empfindungsleben in
ursprünglicher Frische spiegelt, mag es erlaubt sein, auf die zu Athen in den Gärten
verehrte Aphrodite zu erinnern. Nach Euripides »haucht Aphrodite aus des Ke-
phisos Wellen schöpfend die Flur an mit lieblicher Lüfte sanft gemischtem Wehen,
mit Rosen im Haar geschmückt, zugleich aussendend die der Weisheit gesellten,
zu allerlei Tugend wirkenden Eroten« 9fi. Jene in den Gärten heimische Göttin war
eine Urania97, der wir schon früher den Schwan unterthan sahen*8.
Auch aus der Literatur läfst sich beweisen, dafs der Schwan mit der Vor-
stellung vom nahenden Frühling die Phantasie der Alten beschäftigt hat, oder besser,
zugleich mit den an das erstehende Licht anknüpfenden Vorstellungen, wie auch
Aphrodite selbst als Spenderin des ersten Tageslichts erscheint, das die erwachende
Natur erquickt99, während andere Sagen sie als Bringerin des Frühlings feiern, der
sich Blumen und Blüthen erschliefsen 100. Euripides schilderte in einem Chorgesang
des Phaethon die Morgenfrühe: Hirten, Jäger und Fischer beginnen ihr Tagewerk,
die Nachtigall singt ihr gewohntes klagendes Lied und auch der Schwan singt lieb-
lich. Nach andern aber singt er im Frühling. In Wahrheit hat der Schwan im
Alterthum so wenig wie heutzutage des Morgens oder im Frühling ein Lied er-
schallen lassen; der Schwanengesang gehört in dieser Ausschmückung allemal in
9ä) Gerhard Etrusk. Spieg. T. 321; vgl. oben S. 232. wie der vegetabilischen Natur neues Leben ein-
96) Medea 835fr*. Welcker Gr. Götterl. II 700. haucht.« Bei dieser Gelegenheit mag erinnert
97) Paus. I 19, 2. Lukian dial. meretr. 7, 1. werden an die Darstellung einer römischen
9S) Stephani {Compte-rendu 1877 S. 248) erwähnt Kupferplatte Arch. Ztg. 1862 T. 166, 3: Aphro-
»einen an der alten Metropolitan -Kirche zu dite sitzt auf einem Widder und halt einen Spiegel;
Athen eingemauerten Marmorblock, der uns hinter ihr bemerkt man, ebenfalls auf dem Widder
zwischen reichem Blätterschmuck auf der einen sitzend, eine Taube; in der Höhe sind sieben
Seite eine Ziege, auf der andern zwei Schwäne Sterne angebracht. Gerhard (S. 304fr.) billigt
sehen läfst, von denen der eine eine Frau mit gewifs mit Recht die Deutung auf Venus als
fliegendem Gewand auf seinem Rücken trägt.« Frühlingsgöttin; »in den sieben Sternen sei ohne
Stephani bemerkt dazu: »Die bekanntlich mit Zweifel das Gestirn der Pleiaden gemeint, deren
Aphrodite eng verbundene Ziege, sowie der Frühaufgang bekanntlich der Zeit des beginnen-
reiche Blätterschmuck können keinen Zweifel daran den Frühlings entspricht.«
übrig lassen , dafs der Verfertiger Aphrodite als 9a) Vgl. namentlich Ausonius Id. XIV. Anth. Lat.
("e(8(upot, als die Göttin darstellen wollte, welche Nr. 646 R.
durch ihr Nahen im Frühling der animalischen 10tl) Engel Kypros II 160 ff.
Kalkmann , Aphrodite auf dem Schwan. 247
das Reich des Mythus. Euripides deutet das selbst an, wenn er dort sagt, der
Schwan singe lieblich an den Quellen des Okeanos101, und dies dem Mythus ent-
lehnte Bild vom singenden Schwan hat sich fortgeerbt auf spätere Dichter, die es
harmlos in ihre Schilderungen des Frühlings verweben, als handle es sich um einen
der sie umgebenden Natur abgelauschten Zug 102. In der angeführten Stelle des
Pervigilium Veneris, auf die sich schon Jahn berief, heifst es geradezu, die Göttin
selbst habe die Vögel zum Gesang gestimmt, und da seien auch die geschwätzigen
Schwäne mit rauschendem Flug herbeigeflogen.
V.
Auf Tafel II, 2 ist in beinahe 3/4 der Originalgröfse (die Gefäfsform in */,)
das Bild einer kleinen aus Athen stammenden Kanne veröffentlicht, die sich jetzt im
Berliner Museum befindet 103. Das anmuthige Bild verdient schon deshalb beson-
dere Beachtung, weil hier Aphrodite mit dem Schwan in einer gröfseren figuren-
reichen Composition erscheint. — Die Darstellung läuft rings um den Bauch des
Gefäfses. Aphrodite, zwei Eroten und der Schwan nehmen die Mitte ein; zu
beiden Seiten sind in gefälliger Gruppirung je zwei sitzende Frauen und zwischen
diesen je eine stehende männliche Figur gebildet, welche sich in Stellung und
Haltung fast völlig entsprechen. Die mit Brust- und Haarband geschmückte Göttin
steht in Vorderansicht; mit erhobener Rechten zieht sie ein um ihren Unter-
körper und den linken Arm geschlungenes Gewand hinter dem Rücken empor,
während in ihrer Linken ein Scepter ruht. Unterwärts wird sie von einem mit aus-
gebreiteten Flügeln sich emporrichtenden Schwan verdeckt. Die Göttin blickt nach
rechts, von wo Eros herbeifliegt, der in seiner Linken einen Kranz, mit der an-
deren Hand eine Tänie hält; ein zweiter Eros flattert zu ihrer Linken, einen Kranz
mit der rechten Hand, eine Schale auf der anderen haltend. Dieser Gruppe zunächst
'oi) Frg. 77g v. 31 N: KTflcüsi t" lii 'Qxeavoü | fieXi- des Earinus witzelt Martial so Epigr. IX 12, 4:
ßöott -/.'ix'.o; ävst. Vgl. Welcker Gr. Trag. 597. quod nidos ölet alitis superbae.
Wi) So Meleager in seiner Schilderung des Früh- 103) N. 2660. Von Körte bereits erwähnt unter den
lings Anth. Pal. IX 363, 18 , wo der Schwan noch nicht publicirten Vasen mit Goldschmuck
in' oySocisiv irotai-ioü singt; ähnlich Chorikios Arch. Ztg. 1879 S. 93, 1. — Das Gefäfs ist
T.zpX eotpos S. 173 B., der als Flüsse, an deren aus Stücken zusammengesetzt, doch fehlt fast
Ufern der Schwan im Frühling singt, den Xan- nichts. Der Firnifs ist gröfstentheils vollstän-
thos, Kaystros und Paktolos nennt, während er dig abgerieben. Weifs mit feiner gelblicher
in einer anderen Ekphrasis sagt S. 137 B. : vüv Innenzeichnung sind die Fleischtheile der Aphro-
xixvoi -Acd ycÄeoöve; oräp xHpaXrjc a'otmi tov dite und der Schwan, vergoldet die Punkte am
cciüipoc 7r£praXav(lj|j.evoi. Am Paktolos singen Brust- und Haarband der Aphrodite; auch die
die Schwäne zur Frühlingszeit nach Dionysios Haarbinden der Eroten waren vergoldet. Am
Periegetes 833 ff. ; von dorther kommen sie auch Halse ein Epheuzweig (weifse Blätter an einem
zur Geburt des Apollo (Kallimachos in Del. röthlich aufgemalten Zweige), unter der Dar-
249). Römische Dichter suchen die poetische Stellung der sogenannte Eierstab. Die Zeich-
Floskel mehr mit der Wirklichkeit in Einklang nung ist sorgfältig; »schöner Stil, spätere Hälfte«
zu bringen; Pervigil. Vener. 85 iam loquaces ore nach Furtwängler.
muco stagna cygni perstrepunt. Mit dem Namen
Jahrbuch des archäologischen Instittlfs I. IQ
248 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
und ihr zugewandt ist zu beiden Seiten je eine auf einem Delphin sitzende, mit
dorischem Chiton bekleidete weibliche Figur dargestellt, von denen die zur Linken
mit erhobenen Armen die Zipfel ihres Gewandes hinter dem Rücken fafst, während
die andere mit erhobener Linken ebenfalls ihr Gewand über der Schulter empor-
zieht; unterwärts sind Wellen angedeutet. Es folgt links der jugendliche Dionysos,
in hohen Stiefeln, reich gesticktem kurzen Ärmelchiton und Mantel, den er mit der
Linken fafst; lange Locken fallen auf seine Schultern herab; er steht der Mitte zu-
gewandt und stützt mit erhobener Rechten einen Thyrsos auf. Ihm entspricht auf
der anderen Seite Hermes, mit Chlamys und Petasos im Rücken, in erhobener
Rechten ein Kerykeion haltend und die andere Hand in die Seite stemmend. Den
Schlufs bildet je eine abgewandt sitzende weibliche Figur in dorischem Chiton,
welche sich nach der Mitte umwendet, diejenige zur Linken lehnt sich mit dem
linken Arm auf ein Tympanon.
Die Deutung der einzelnen Figuren bereitet keine erheblichen Schwierig-
keiten. Auch bei denjenigen, welche nicht wie Aphrodite, Hermes und Dionysos
als bestimmte Götter charakterisirt sind, kann man gleichwohl kaum in Zweifel sein,
welchem Kreise göttlicher Wesen sie angehören. Die auf Delphinen sitzenden Frauen
sind durch jene als Nereiden gekennzeichnet; in der durch ein Tympanon ausgezeich-
neten, aber sonst nicht näher charakterisirten weiblichen Figur wird man eine Nymphe,
und in dem Gegenbild eine ihrer Genossinnen erblicken dürfen. Überraschend aber
ist die Darstellung der Aphrodite: während die Göttin gewöhnlich auf dem Rücken
des Schwanes sitzt, ist sie hier stehend gebildet, und der Schwan scheint sich vor ihr
zu erheben. Indefs auch diese uns zunächst befremdliche Auffafsung hat Analogien,
und mufs als durchsichtige Veranschaulichung eines Vorganges aus dem Leben der
Göttin gegolten haben: wir können genaue Wiederholungen der Mittelgruppe ein-
schliefslich der beiden Eroten nachweisen. So auf einer von Stephani publicirten
Vase104: Aphrodite steht aufgerichtet in Vorderansicht und zieht mit erhobener Rech-
ten das Gewand über ihre Schulter empor, während sie die verhüllte Linke in die Seite
stemmt; vor ihr bemerkt man über Meereswellen einen Schwan mit ausgebreiteten
Flügeln und aufgerichtetem Körper, und zur Linken einen Delphin. Zu beiden
Seiten der Göttin flattert je ein Eros mit Tympanon und ein kleiner Vogel'"5.
Weiter kommt in Betracht eine von Montfaucon bekannt gemachte Amphora ,06, auf
der ebenfalls Aphrodite mit dem Schwan ganz in derselben Weise dargestellt ist,
was man trotz der mangelhaften Wiedergabe sogleich erkennt. Wie auf der Ber-
liner Vase ist hier nur der Unterkörper der Göttin vom Gewand verhüllt, das sie
mit erhobener Rechten hinter der Schulter emporzieht, wogegen sie die andere
104) Compte-rendu 1877 T. V. S. 246 fr. ' (Danach oben Wj) »An jeder Seite der Frau scheint zunächst eine
S. 232.) Es ist eine im Kunsthandel in Kertsch er- von dem Kupferstecher allerdings etwas deut-
worbene zweihenkelige Kanne später rothfiguriger licher als im Original gezeichnete Taube zu
Technik.. Weifs sind die Fleischtheile der Aphro- flattern«, bemerkt Stephani. Bei der Kleinheit
dite sowie der Schwan mit Ausnahme der Flügel. der Vögel kann man auch an Sperlinge denken.
Auf der Rückseite drei Mantelfiguren. ""') Antiq. expl. Suppl. III PI. 38.
Kalkmann , Aphrodite auf dem Schwan. 24Q
Hand wie staunend zu erheben scheint. Zu beiden Seiten schwebt wieder je
ein Eros.
Dafs Aphrodite nicht auf dem Rücken des Schwans steht, ist ersichtlich, und
wer würde wohl die Göttin in einer so ungeheuerlichen Situation vorgestellt haben?
Unstatthaft ist aber auch die Voraussetzung, sie stehe auf einem nicht sichtbaren
Wagen ,nr. Es fällt schon auf, dafs in allen drei Darstellungen von einem Wagen
keine Spur erscheint; namentlich auf der Kertscher Vase müfste er neben der durch
nichts verdeckten rechten Seite der Göttin über den Wellen zum Vorschein kommen;
auch pflegen Zügel dem Gespann gegeben zu werden. Endlich aber gehören zu
einem solchen zwei Schwäne, und es ist überhaupt aus so früher Zeit nicht nach-
weisbar. — Wir lassen uns durch die gewöhnlichen Darstellungen der vom Schwan
getragenen Göttin zunächst verführen, auch hier den Schwan in erster Reihe mit
ihrer Fahrt in Verbindung zu bringen108; in Wahrheit aber ist der zu Grunde lie-
gende Gedanke ein ganz anderer. Der Schwan schwimmt weder, noch fliegt er,
und eines von beiden müfste er thun, wenn er, sei es als die Göttin tragend, sei es
als ihren Wagen ziehend erschiene. Sein Schwanz und die Füfse sind in allen
drei Darstellungen nicht sichtbar, sondern vom Meere verdeckt. Aber der schlanke
Körper des Thieres ist bereits hoch aufgerichtet und die mächtigen Flügel sind zum
Fluge gespannt; es ist der Moment dargestellt, wo der Schwan und mit ihm die Göttin
aus den Fluthen emporsteigt: wir haben also eine Anadyomene zu erkennen109.
Das schwierige Problem, das Aufsteigen oder überhaupt das Geborenwerden
der Göttin aus dem Meere darzustellen, ist hier auf einfache Art mit Hülfe einer
gleichsam umschreibenden, symbolischen Ausdrucksweise gelöst110. An dem mit
dem feuchten Elemente vertrauten und der Aphrodite ergebenen Schwan hat der
Künstler das Emporsteigen mit einer Deutlichkeit zur Anschauung gebracht, wie es
mit den ihm zu Gebote stehenden Mitteln bei der Gestalt der Göttin selbst kaum
möglich gewesen wäre. Der auf dem Bilde gewählte Moment ruft uns zugleich die
Herkunft und die einstige Bestimmung der Göttin ins Gedächtnifs, denn der Schwan
wird sie zum Lande geleiten, wie sonst die Neugeborene eine Muschel, ein Delphin
oder ein Tritonengespann ihren Cultstätten zuträgt "'. — In einem Homerischen Hym-
,07) Furtwängler im Katalog: »Aphrodite von vorne ,10) Es mag nochmals erinnert werden, dafs auch
auf einem (nicht sichtbaren) von einem Schwan das Auftauchen des Schwans bei Catull sym-
gezogenen Wagen (nicht etwa auf dem Rücken bolische Bedeutung hat.
des Schwans).« nl) Festus Cytherea Venus S. 52 M. Nonnos Dionys.
108) Furtwängler: »Aphrodite über das Wasser XIII 443. Chorikios S. 130 B, wo es von der
fahrend.« Körte: »Aphrodite von einem Schwan Malerei heifst: itoieT fdp Jyj/jpwtxa HaXaaarj;, xal
über das Meer getragen.« eixot; eta xyj YpacpTj -/.iveTaftai ib. xifxaxa, it. pl-
,oil) Montfaucon erklärte die Darstellung der von tsou 8£ xaixr); dvdyei ttjv 'AcppoSi'xrjv d|i^av<$v
ihm publicirten Vase » Venus sortant de la nur xe xoXXo; xal o!bv eripsTcev Ä(ppo5tT7] xexxtjs&cu.
suruncygne«. Auch Vofs gedachte dieses Ge- i'ysxai ht Tpixuiviov <5yrj|.i.axi xxX. Vgl. auch
fäfses bei Gelegenheit einer Übersicht über Pervigil. Ven. 10. In dem Homerischen Hymnus
Darstellungen der Anadyomene (Myth. Er. II (V 3) trägt Zephyr die Neugeborene über die
66 S. 268). — Auf der Kertscher Vase scheinen Wogen dahin,
die Füfse der Göttin noch im Wasser zu sein.
250 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
nus (V 5 ff.) wird Aphrodite nach ihrer Geburt von den Hören reich geschmückt
und mit köstlichen Gewändern bekleidet. So sucht verstandesmäfsiges Denken zu
motiviren und zerlegt in ein Nacheinander, was im Bilde zusammenfiiefst. Der
Mythus brauchte sich überhaupt keine Rechenschaft darüber zu geben, ob die aus
dem Meere Geborene mit Gewändern erscheinen konnte; Athena kommt gar gerüstet
zur Welt, was ursprünglich gewifs nicht als Absonderlichkeit empfunden wurde"2.
Apelles scheint die Anadyomene von jeder mythischen Umgebung isolirt zu haben,
indem er sie zum Vorwurf einer mehr genrehaften oder idyllischen Scene machte;
es wird hervorgehoben, dafs er die Göttin nackt anschaute"3. Die Frage, ob es
überhaupt einer noch strengeren Geschmacksrichtung angemessen erscheinen konnte,
Aphrodite inmitten der Götterversammlung völlig unbekleidet darzustellen, braucht
nicht berührt zu werden; dafs die Phantasie der Alten thatsächlich die Anadyomene
auch unter dem Bilde der reich geschmückten und mit Gewändern versehenen Göttin
anschaute, zeigen Darstellungen ihrer Geburt aus der Muschel"4. Nicht unwesent-
liche Berührungspunkte mit unserem Bilde bietet namentlich die plastische Dar-
stellung des bekannten Jenenser Gefäfses, das Aphrodite in einer aufgeklappten
Muschel zeigt"5. Die Göttin hat sich auf das rechte Knie niedergelassen und breitet
mit erhobener Rechten ein Gewand aus, das sie schleierartig umwallt. An ihren
Schoofs schmiegt sich ein Schwan; von oben links fliegt eine Taube herbei, während
auf der anderen Seite neben ihr Eros sichtbar wird"6. — Auf den Vasenbildern um-
schweben zwei Eroten die Anadyomene, was an Hesiods Schilderung erinnert, wo
Eros und Himeros die Schaumgeborene begleiten"7.
Doch vorsichtig abwägende Betrachtung wird bei der figurenreichen Darstel-
lung der attischen Vase auf Schwierigkeiten stofsen: die Mittelgruppe scheint sich
ihrer inhaltlichen Bedeutung nach nicht in den Zusammenhang des Ganzen zu fügen.
Der Kreis göttlicher Wesen, vor dem der Maler ein so bedeutungsvolles Ereignifs
sich abspielen läfst wie die Geburt der Göttin, deren Macht die ganze Natur, Götter
und Menschen sich beugen werden, erregt Befremden. Gewifs sind die vornehmen
Olympier verstanden unter den Unsterblichen, in deren Versammlung nach einem
Homerischen Hymnus (VI 15) die von den Hören geschmückte Schaumgeborene
lla) Auch mit Pferden soll sie aus dem Haupte des und malerische Darstellungen des bekannten
Zeus entsprungen sein: Etym. Magn. 474,31. Typus der Anadyomene zeigen die Göttin un-
Bekker Anekd. Gr. 350, 25. terwärts bekleidet; Stephani S. H3ff. Merk-
"3) Anth. Pal. XVI 179 auräv iy. Trdvroto TtSrjvr^TTJpot würdig, dafs der moderne Restaurator eines
'AtteXXyj; I tocv Kutrptv yjfivav eTos Xoyeuojjivav. Louvre-Sarkophags (Clarac Basrcl. PI. 224, 443)
n4) Stephani Comptc-Rcndu 1870/71 S. 17 ff. T. I 3. die aus dem Meere aufsteigende und von Trito-
Treu Arch. Ztg. 1875 S. 39fr. T. 6 und 7. nen gehaltene Aphrodite ähnlich dargestellt hat
uij Ber. d. Sachs. Ges. d. Wiss. 1853 T. 1. 2. S. 14; wie unser Vasenmaler: die Göttin ist unterwärts
zur Deutung vgl. Stephani S. 55 ff. 63. Treu mit einem Mantel bekleidet, dessen Zipfel über
S. 44. die linke Schulter geworfen ist ; ihre FUfse sind
1IC) Einen wallenden Schleier hält die aus den durch Wellen verdeckt.
Wellen auftauchende Aphrodite in der Darstel- "") Theog. 201: ttj 8' "Fpo; wp.'ip-zrfiz xat "Ijxepos
hing einer Silberplatte, von der später noch ?3tteT0 xaXo; | fwtultri tä zpwTot Seiöv t' h
die Rede sein wird. Auch einige statuarische tpüXov fo'Saj).
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 25 I
geführt wird, und sie sind es ebenfalls, deren Geschlecht die Göttin nach ihrer Ge-
burt bei Hesiod zueilt (Theogonie 202). Denn auch in der Darstellung des Phidias
an der Basis des olympischen Zeus-Thrones waren die angesehensten Götter ver-
sammelt um die aus dem Meere geborene Aphrodite "". Gerade Dionysos begegnet
man unter ihnen nicht; es wäre unserem mit Sorgfalt entworfenen Bilde wenig an-
gemessen, wenn man annehmen wollte, lediglich Willkür habe Dionysos und Hermes
mit Nymphen und Nereiden zusammengewürfelt. Hat sich überhaupt die bescheidene
Kleinkunst an einen solchen Vorwurf wie die Geburt der Göttin gewagt?
Mit dem Begriff der Anadyomene pflegen wir die Vorstellung von Aphrodites
Geburt zu verbinden; indefs wurde das Auftauchen aus dem Meere auch als blofse
Erscheinungsform gefafst, und vielleicht vorzugsweise als solche, keinesfalls nur als
einmaliges Geborenwerden. Wenn Artemidor von einer Traumerscheinung der
Aphrodite Anadyomene fabelt, welche den Schiffern Sturm verkünde"9, so denkt
er dabei nicht an die Geburt der Aphrodite, sondern ihm schwebt als Vorstellung
ein bestimmter »Erscheinungsfall der Meergöttin« vor, ihr »Emporkommen im hohen
Meere«120. Die Göttin wurde namentlich in späterer Zeit oft in dem feuchten Ele-
mente, aus dem sie geboren, heimisch gedacht, und das bedingte auch ein Empor-
steigen121. Doch die Vorstellung der Anadyomene im weiteren Sinne hat sich noch
nach einer anderen Seite hin vertieft. Himerius schildert in dem letzten Theile
seiner Rede auf die Vermählung des Severus die Braut; nachdem er zunächst mit.
entlehnten Citaten seinen Lobgesang gewürzt hat, nimmt dieser höheren Aufschwung
(Or. I 20): dXX' et fap sytu Tuotirjxixoc xtc fy xtjv cpucftv oiaxs ä'-Sitvat xaxä xrje vujicpr^ -(Xdüxxav
aüx'jvfjjiov, xal aüxo; xb xaXXo? xtj( xopirjc sTtov xa&tncusp 'Ofj.r(poc. ?crr»jaa yäp av aüxvjv
oö ixapa ßtufi&v 'AtcoXXwvoc, aXX' sv 'AtppoSirijs ä'Xasat jywsoic xatotattxtov l[f«YOv o av £x
ixev 'AibjvSv xäc Mousat — xae Nrjpijt'äaj os Ix xoü [Atyatou xou122] yefcovoc, Nü,a«pÄv xs yopouc
xal ApoaScov rf/w xal ^axupvj? axtpxöivxac xal Ilava aopfCovxa xal roc'vxa xov Atovuooo (Kasov
ivteuöev gttou xä Spcäpeva. xr(v ys f^V ' A«ppo8£t»jv aux7jv ix p.saou xou irsXa'-fous aVwöoav,
sxt xöv deppov jxsxa xtjv OaXassav sc axptbv irXoxafiurt axa'!/ju3av, u~sp xoS Xe^ouc av a3x/(aa
(j.£t?t(I>37!v xs t(ou xal toi; ractal ßaXXctv xyjv auvwptoa xeXeuooaav. Die Gestalten, welche hier
an uns vorüberziehen, erinnern lebhaft an die Darstellung der Vasenbilder: Nereiden
gesellen sich zum bacchischen Thiasos, und schliesslich erscheint die Anadyomene
selbst; in diesen Bildern sah der Rhetor den glücklichsten Ausdruck für die Ereuden
der Jugend und erwachendes Liebesverlangen. Ein ähnlicher Ideenzusammenhang
ist erkennbar, wenn Quintus Smyrnaeus auf dem Schilde des Achilleus zwischen
einem Chorreigen von Jünglingen und Mädchen und der von Nereiden zur Hochzeit
m) Paus. V 11, 8; vgl. Petersen Die Kunst des 12°) So Benndorf Athen. Mittheilg. I 60.
Phidias 372 ff. 12') Apuleius Met. V 29: haec quiriUvis (sc. Venus)
"9) Oneir. II 37: 'A'fpooifr(v (5er; dvao\>opLc'vTlv toi; emergit e muri suumque protinus auraim thala-
itXJOUtt mXüv )jEiaiöva xal vauctyiov e3o';j.evov mum petif. Vgl. auch das Pontikon Baehrens
-poayopeiet. Poet. Lat. min. III 172 und Statius Silv. I 2, 117.
m) Inser. Dübner.
!52
Kalkmann , Aphrodite auf dem Schwan.
mit Peleus geleiteten Thetis die Anadyomene sich dargestellt denkt123. Wie aber
hier die aus dem Meere erstehende Göttin in einem Kreise von Vorstellungen er-
scheint, der auf die Jugend menschlichen Lebens Bezug hat, so tritt sie andererseits
in deutlichen Zusammenhang mit dem erwachenden Naturleben überhaupt. Der
Jubel der wiedererwachten Natur ermuntert Menschen und Thiere zum Genufs der
Liebe: Frühling und Liebe, das klingt durcheinander im Pervigilium Veneris; Venus
selbst, die aus dem Meere geboren wird, überzieht die Fluren mit frischem Grün
(v. 9 ff.), wie bei Hesiod der Rasen unter ihren zarten Füfsen spriefst, nachdem sie
zuerst das Land betreten (Theog. 194). Die Anadyomene wird zum Sinnbild des
alljährlich sich erneuernden Naturlebens. Wenn also Chorikios im Eingang einer
Ekphrasis auf den Frühling, deren Hauptthema die breite Darlegung der Fabel von
Adonis und der Entstehung der Rose bildet1", gerade das Beispiel von der Geburt
der Aphrodite wählt, um beiläufig die verschiedene Ausdrucksweise von Poesie und
Malerei zu illustriren, so ist diese Wahl nicht gleichgültig. Der Ekphrast hat Ge-
danken, die er in anderem Zusammenhang überkommen, auf seine Weise zurecht-
gestutzt und spielend aneinandergereiht'15. Vermuthlich war auch das berühmte
zu Paphos gefeierte Frühlingsfest eine Feier der Geburt der Göttin aus dem Meere '". —
Die Frühlingsfeste hatten einen bacchischen Charakter'27; so singt Horaz in seinem
Frühlingslied:
iam Cytherea clioros dticit Venus imminente Luna,
iunetaeque Nymphis Gratiae decentes
alterno terram quatiunt pede™ ,
und nach Meleager tanzt Dionysos selbst im Frühling '". Der Dichter eines Or-
phischen Hymnus auf Aphrodite redet die Göttin an: asu-vr, Boc'x/mo irdpeSps ' 30.
123) Posthorn. V 69:
$iyi 0' if öp/Tjüao'J te %a\ i6cppoo6vr,{ epctTetvfj;
Kürpt; bjtti-f ctvo; . ttjv 8' Ijjxpic dij.cptJTOTäTO
Ij.u'a'aos SpatEtvi oüv T|üxrf(iOt< XaprttOOlv.
>24) S. 129 B; vgl. den Schlufs: aü.i ydp eüiaevyj;
Tjjaiv ö 9so; iaupafverto, xoti ooi'tj tA'i.vi /.od iip
toeiv xcti fjooov uavfpctl.
lss) In einer Anspielung auf den Adonis-Mythus
gipfeln auch die übrigen Ekphraseis auf den
Frühling (S. 134. 140. 173 B). Alexandrinische
Vorbilder sind bei der Ausschmückung dieser
Deklamationen unverkennbar; vgl. das Früh-
lingsgedicht des Meleager (Anth. Pa!. IX 363).
— Der Rhetor hebt an malerischen Darstellun-
gen der Anadyomene hervor, dafs ein Chor
von Nereiden um die Göttin versammelt sei,
während Delphine in fröhlichem Getümmel auf-
und niedertauchen. Vgl. auch die Darstellung
an der Basis der von Herodes am Isthmos ge-
weihten Poseidon -Gruppe Paus. II 1, 8: tij)
fMDpii) oe", sV O'j tö äptia, |J-e3Tj jj.ev i-Ei'pywrat
BoJXocua dvivouoa 'A'-fpoofc^v jratoot, fotatipenfttv
ZI ihn a\ NTjpr(ße; xaXo6ßtvat.
126) preiler Gr. Mytholog. I- 284; vgl. Engel Kypros
II 160 ff. Unverkennbar ist der Bezug auf die
Anadyomene bei Ovid Fast. IV 133 ff.
127) Engel Kypros 163 ff. 174.
128) Od. I 4, 5 ; vgl. Pervig. Vener. 28 : ipsa Nymphas
diva luco iussit ire myrteo etc. Merkwürdig ist
ein Artikel bei Hesych: ye\c3i; KOltpou (Kunpia;
oder Kirrpi?o; vermuthete Meineke)- tj sttovöjj
-api Kurrp{oi;; vgl. Engel Kypros 167.
12<J) Anth. Pal. IX 363 v. 21: Aküvjso; hz yopeki;
vgl. v. 11: rfirt 5' sud^OUSI cpepeSTS'i'JXip Aiovjstp.
no) LV 7. Über die Verbindung von Aphrodite
und Dionysos vgl. Engel Kypros II 654 fr. 206.
In Megara standen neben einander Tempel des
Dionysos Nyktelios und der Aphrodite Epi-
strophia (Paus. I 40, 6). Einen Tempel der
Aphrodite und des Dionysos gab es in dem
achäischen Bura (Paus. VII 25,9).
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 253
Die Anwesenheit von Dionysos und den Nymphen auf dem Vasenbilde er-
klärt sich also auf das glücklichste, wenn wir die Anadyomene als erscheinende
Frühlingsgöttin fassen. Das Tympanon, auf welches sich die eine der Nymphen
stützt, ist nicht sinnlos, sondern deutet auf dionysische Festfreude; Tympana halten
auch die beiden Eroten, welche auf der Kertscher Vase die Anadyomene umflattern,
ja, die vom Schwan getragene Frühlingsgöttin selbst ist mit einem Tympanon aus-
gestattet auf einer der früher besprochenen Vasen'31. Doch noch herrscht nicht
ausgelassener Jubel, sondern friedliche Stille und Erwartung athmet unser Bild,
als bereite sich das Grofse erst vor. Meeresstille soll auch bei der Geburt der
Göttin geherrscht haben132, und ihr Erscheinen im Frühling besingt Lucrez I, 6:
»Dich Göttin, Dich fliehen die Winde, Dich und Deine Ankunft die Wolken des
Himmels; liebliche Blumen sendet Dir die Erde empor, Dir lachen des Meeres
Wogen und heiter erglänzt der Himmel.«
Selten freilich gestattet eine auf sonnigen Pfaden wandelnde Kunst die ihren
glücklichsten Schöpfungen zu Grunde liegenden Gedanken ganz auszudenken, und
auf viele Fragen giebt sie nur andeutende Antworten. Wird Hermes die Göttin
geleiten, wie er auf einem Vasenbilde der aufgehenden Eos voraneilt'33, und er-
klärt sich seine Anwesenheit in diesem Sinne? Dies zu bejahen, ist vielleicht er-
laubt angesichts der Darstellung einer Hydria, die sich vielfach mit derjenigen
unserer Vase berührt'34. In der Mitte des Bildes sieht man Aphrodite auf dem
Rücken eines fliegenden Schwanes sitzen; mit erhobener Rechten zieht sie einen
um ihren Unterkörper geschlungenen Mantel hinter dem Rücken empor135. Die
Göttin wird übers Meer getragen, das durch Wellen und zwei Delphine angedeutet
ist, begleitet von dem über ihr schwebenden Eros; ihr voran schreitet eiligen
Schrittes ein Jüngling, dem ein Mantel über den linken Arm herabfällt, während
auf der anderen Seite nach links eine Nymphe eilt, sich nach der Göttin umblickend.
Im Hintergrunde bemerkt man links oben den an zwei vergoldeten Hörnern kennt-
lichen Pan, der sich auf die Zehenspitzen erhoben hat und dem Vorgange in der
Mitte des Bildes zuschaut, lebhaft mit beiden erhobenen Armen gesticulirend. Ihm
entspricht auf der andern Seite der Darstellung eine ebenfalls der Mitte zugewandte
Nymphe, welche mit erhobener Linken ihren Mantel über die Schulter emporzieht.
Hier also tritt die Göttin in einen Kreis von Naturdämonen, die freudiges Er-
staunen über ihre Ankunft zu erkennen geben, wie dort Nereiden und Nymphen
ihres Erscheinens harren; es sind sichtlich verwandte, nur auf verschiedene Weise
variirte Themen, denn die Darstellung der Cumaner Hydria hat Benndorf gewifs
13 ') Vg'- oben S. 245. fäfs ist leider vielfach ergänzt und übermalt.
132) Philostratos Imag. II I. Himerios Eclog. XVIII 2. Abgebildet Gerhard Antike Bildw. T. 44. Elite
,33) Es ist die oben (S. 244) angeführte Lasimos- ceramogr. IV 5.
Vase. 135) Der Schwan ist ganz weifs. »Flügel jedoch
134) Sie stammt aus Cumae und befindet sich im thongrundig mit theilweis aufgehöhten einst
Berliner Museum (N. 2636). »Schöner Stil, vergoldeten Federn.« Weifs sind auch an
spätere Hälfte«, nach Furtwängler. Das Ge- Aphrodites Figur die Fleischtheile.
254 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
mit Recht ebenfalls als Erscheinen der Frühlingsgöttin gefafst136. In dem der Göttin
vorancilenden Jüngling aber wird man nach seiner Haltung Hermes erkennen dürfen,
der fälschlich als Pan ergänzt ist137.
Die Vorstellungen von der Geburt der Aphrodite im eigentlichen Sinne und
der Anadyomene, wie sie sich uns soeben dargestellt hat, sind auf gemeinsamem
Boden erwachsen, und Züge, welche der einen anzuhaften scheinen, helfen zum Ver-
ständnifs der andern; dafs sie auch in der bildenden Kunst unter gemeinsamen oder
wenigstens verwandten Formen in die Erscheinung getreten sind, ist nicht zu be-
zweifeln. Phidias hat zwar mit seiner Anadyomene einen anderen Sinn verbunden
als der Maler der kleinen attischen Vase, aber man ist berechtigt zu fragen, ob der
von ihm geschaffene Typus nicht auch unter veränderter Auffassung und in anderer
Umgebung fortgelebt hat, denn an den Gedanken ihrer gröfsten Meister hat die
griechische Kunst mit Pietät festgehalten und ein grofses monumentales Werk hat
namentlich in der geringeren Kunst wie der Vasenmalerei nach mehr als hundert
Jahren noch gleichartige Schilderungen hervorgerufen'38. An dem Räthsel der
Anadyomene des Phidias sich immer von neuem zu versuchen, wird man nicht
müde; die Achtung vor seinem Meifsel verbietet, das Problem zu begraben. Unter
den Monumenten, nach welchen man bisher eine Vorstellung der Anadyomene zu
gewinnen suchte13', verdient namentlich Beachtung eine kleine Silberplatte, welche
de Witte veröffentlicht und auf die Darstellung des Phidias bezogen hat14". Die
inschriftlich bezeichnete Aphrodite ist hier mit halbem Körper aus den deutlich an-
gegebenen Wellen hervorragend dargestellt, und zwar im Profil nach rechts; mit
beiden Armen hält sie einen wallenden Schleier, während ihr Kopf wie matt und
kraftlos zurücksinkt. Unmittelbar hinter ihr steht Eros; er hat sich zu der Göttin
niedergebeugt und fafst sie unter den Armen, als wolle er sie emporheben. — Es
läfst sich nicht leugnen, dafs gerade auf die Darstellung von Eros sehr wohl die
Worte passen würden, mit denen Pausanias die Mittelgruppe des Reliefs am Zeus-
136) Griech. und Sicil. Vasenb. S. 80. — Die von 13!)) Stephanis haltlose Vermuthung, dafs Phidias
Eros gehaltene Staude ist ganz modern. »Antik die Aphrodite in der Entwicklung aus dem
ist nur ein ehemals röthlich aufgesetzter und Muschelembryo dargestellt habe {Compte-rendu
wohl vergoldeter buschartiger Rest unklarer Be- 187071 S. 50 ff.), ist zurückgewiesen von Furt-
stimmung.« Furtwängler. Vielleicht war es ein wängler (Fleckeis. Jahrb. 1875 S. 587) und
Blätter- oder Blüthenzweig. — Von Pan sagt Treu (Arch. Ztg. 1875 S. 44). — Nicht sehr
Chorikios in einer Deklamation auf den Früh- glücklich sind die Restaurationsversuche des
ling S. 174 B: r.apz-Xifim 3£ ti r:äHo; tov lläva Phidiasischen Reliefs bei Gerhard Akadem. Ab-
xaT(4XT,CMv (vorher ging die Fabel von Apollo handlungen I T. 17, 2 S. 199, 26 und Quatremere
und Hyakinthos). 5Hev, oluat, xai etsittfCrtat xö de Quincy Jupiter Olympien PI. XV S. 303 ; vgl.
iap xr,v tti'tuv x'/[MÜ<jav öpiv, und nach der Er- auch Panofka Annali dell' Inst. 1830 S. 320 ff.
Zählung der betreffenden Fabel von Pans Liebe u") Gazette archeologique 1879 PI. 19,2 S. 1 7 ff. »0»
fährt er fort: o'jtiu ;jev et; Üc',ü; rt rfjj &pa{ voit sur cette plaque excessivement mutet et dilicate
r^oovrj oitxvsltat. une composition estampe et soigneusement reparee
137) So Furtwängler im Katalog. »Ergänzt Kopt, au ciselet.« Die Platte wurde zu Galaxidi in
Brust und !. Körperhälfte gröfstentheils.« Lokris, dem alten Euanthia, gefunden und be-
138) Winter Die jüngeren Attischen Vasen und ihr findet sich jetzt im Louvre.
Verhältnifs zur grofsen Kunst S. 34.
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 255
thron beschreibt VII 3: |*std 6s ~r(v 'Ecraotv "Ef>(o? äotlv äx üaXoiairp 'A'fpootxrjv dvtoöaav
u-003/ofj.övoc, obschon uitoS^stdat nicht eine so prägnante Bedeutung zu haben
braucht. Aber das zarte, eher malerisch als plastisch gedachte Bildchen athmet
eine Empfindung, die mit der gemessenen Würde der Kunst eines Phidias nicht
recht vereinbar scheint, und kann man sich vorstellen, dafs die im Profil gebildete
und nur mit halbem Körper sichtbare Göttin ein passender Vorwurf gewesen sei
für den vornehmen Platz in der Mitte des Reliefs?
Kehren wir dagegen zu unserer Vase zurück: wie bei Phidias erscheint hier
die Anadyomcne in einer Versammlung göttlicher Wesen, die in strenger ge-
schlossener Composition um die Göttin gruppirt sind. Damit das Mittelbild in der
figurenreichen Composition zur Wirkung kam und sich von den Seiten abhob, mufste
die Göttin von vorn und in ganzer Figur dargestellt werden. Den Eindruck der
Mittelgruppe erhöht die Gestalt des Schwans mit seinen mächtigen, ausgebreiteten
Schwingen. Alles dies scheint sich auch für das Relief von selbst zu empfehlen,
und man darf weiter Gewicht darauf legen, dafs der Typus der mit dem Schwan
aufsteigenden Göttin in drei Wiederholungen auf uns gekommen ist, also berühmt
gewesen sein mufs. Dafs Pausanias den Schwan nicht erwähnt, ist nicht von Be-
lang, da der Perieget in seinen Beschreibungen auch sonst Details verschweigt, die
ihm oder seinem Quellenschriftsteller nebensächlich erschienen, während von ihrem
Vorhandensein zu wissen gerade für modernes Verständnifs wichtig gewesen wäre.
In dem Relief des Phidias bekränzte Peitho die Göttin; auf dem Vasenbild
schwebt Eros mit einem Kranz herbei, denn Peitho konnte der Vasenmaler nicht
brauchen. Doch es ist vielleicht nicht einmal richtig, dies so zu formuHren, so
wenig man angesichts der Composition des Vasenbildes die Frage aufwerfen soll,
wie bei Phidias Eros und Peitho dargestellt waren. Nicht sowohl als Nachahmung,
denn als Erinnerung an das Bild des Phidias mag uns die Gruppe der Vase er-
scheinen, als Nachhall, in dem sich einzelne Töne einer längst verklungenen Har-
monie zu uns herüber gerettet haben. In diesem Sinne mögen wir das kleine zer-
brechliche Gefäfs noch besonders in Ehren halten.
VI.
Im Folgenden sollen zwei einander verwandte und zusammen auf T. 189
der archäologischen Zeitung von 1864 abgebildete Reliefs kurz besprochen werden.
Das erste derselben befindet sich in den Uffizien, das zweite im Louvre141. Jenes
zeigt eine reich bekleidete und bekränzte matronale Frauengestalt auf einem
Felsen sitzend; ihr Schoofs ist mit Früchten gefüllt und neben ihr spriefsen Blumen
empor. Um sie sind zwei Knaben beschäftigt, von denen der eine, auf ihrem linken
Bein sitzend, ihr eine Frucht hinhält, der andere nach ihrer Brust zu greifen scheint;
'") Literatur bei Jahn Arch. Ztg. 1858 S. 243, 1864 det Arch. Ztg. 1858 T. 119, 2, auch bei Fröhner
S. 177, Benndorf Gr. und Sic. Vasenbilder S. 77, notice de la sculpture antiq. du Louvre S. 381;
394. S. 78, 398. Das Relief der Uffizien war vgl. Dütschke Ant. Bildw. in Oberitalien III
ohne Angabe der Ergänzungen schon abgebil- n. 353.
256 Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
zu ihren Fiifsen ist ein Rind dargestellt. Zur Rechten dieses Mittelbildes sieht man
über hohen Wasserwellen eine weibliche Figur mit bogenförmig wallendem Ge-
wände auf einem Seedrachen sitzen, auf der linken Seite des Reliefs eine ähnliche
Figur von einem Schwan über eine feuchte Niederung dahingetragen, die durch
Schilf, eine umgestürzte Amphora mit herausfliefsendem Wasser und einen Wasser-
vogel angedeutet ist. — Das Relief im Louvre wiederholt die Mittelgruppe ohne
bemerkenswerthe Abweichungen; aber die Seitendarstellungen sind verändert. Rechts
erhebt sich aus dem durch Seethiere charakterisirten Wasser mit halbem Körper
eine männliche Figur, wogegen links über dem feuchten Grunde eine Wolke dar-
gestellt ist, hinter der bis zur Brust eine weibliche Figur hervorragt'42.
Trotz der hervorgehobenen Unterschiede ist klar, dafs beide Reliefs den-
selben Gedanken aussprechen; nur die symbolische Ausdrucksweise ist verschieden,
insofern in den seitlichen Darstellungen die Sinnbilder wechseln. Die weibliche
Figur mit den Kindern thront beide Male in voller Höhe in der Mitte des Bildes
und giebt sich dadurch als Hauptfigur zu erkennen. Dieser Umstand begünstigt
nicht die Auffassung Jahns, es seien gleichwerthig die drei Elemente Erde, Wasser,
Luft dargestellt, wenn nicht schon an sich die rein allegorische Erklärung Bedenken
erregte; überzeugend ist sie keinesfalls, da das wichtige Element des Feuers fehlt. —
Benndorf erinnert bei dem Relief der Uffizien daran, dafs Aphrodite »als die in
Himmel, Erde und Meer waltende Königin verehrt wurde«, und erkennt demgemäfs
»drei nach jenem der Literatur geläufigen Parallelismus vereinigte Typen« der
Göttin. Jedoch ist die in diesem Sinne dreitheilige Aphrodite wohl ein den philo-
sophirenden Mythologen geläufiger Begriff, aber die Voraussetzung, dafs er auch im
Volksbewufstsein Geltung gehabt habe, erscheint unzulässig143. Dem hervorge-
hobenen Verhältnifs der Figuren unter einander trägt auch diese Deutung keine
Rechnung.
Sowohl Jahn als Benndorf gehen von der Voraussetzung aus, dafs die Fi-
guren Bezug haben auf die drei Reiche Erde, Luft und Wasser. Aber wie erklärt
sich die Darstellung der Luft auf der linken Seite? Jahn meint, es solle eine be-
fruchtende Luft vorgestellt werden, und defshalb sei auf das feuchte Element hin-
gewiesen. Indefs leuchtet ein, dafs es ein wunderlicher Gedanke des Bildhauers ge-
wesen wäre, durch den aus feuchten Niederungen eines Sumpflandes aufsteigenden
Nebel — als solchen fafst Jahn die auf dem Pariser Relief dargestellte Wolke —
die Luft überhaupt zu versinnbildlichen. Wenn neben einer umgestürzten Urne,
aus der Wasser fliefst, ein Wasservogel und aufspriefsende Pflanzen dargestellt
sind, darüber aber eine dichte Wolke sich wölbt, so wird man vielmehr an be-
fruchtenden Regen erinnert, und thatsächlich empfiehlt diese Auffassung der Zu-
sammenhang des Ganzen, wie wir gleich sehen werden. Nämlich auch die Dar-
l42) Der obere Theil des Reliefs mit ihrem Kopf (Paus. I 1,3), worauf sich Benndorf beruft, der
ist abgebrochen. dreifachen Aphrodite in dem angedeuteten Sinne
"*) Dafs die übrigens nach einander entstandenen gegolten haben, ist blofse Vermuthung.
Culte der Doritis, Akraia und Euploia in Knidos
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 257
Stellung auf der anderen Seite des Felsens ist nicht einfach als Symbolik des Meeres
zu fassen; auf dem Pariser Relief quillt das Wasser deutlich unter oder aus dem
Felsen hervor144, und unmittelbar neben diesem ragt eine männliche Figur aus den
Wellen heraus, wie der Flufsgott Orontes in der bekannten Darstellung des Euty-
chides unterhalb des Felsens, auf welchem Antiochia sitzt. Während also dort der
befruchtende Regen dargestellt ist, hätten wir hier aus dem Felsen hervorsprudeln-
des Quellwasser zu erkennen, das sich zum Flusse erweitert und schliefslich ins
Meer fliefst, woran die Seethiere erinnern. — Das Pariser Relief wurde in den
Ruinen von Karthago gefunden'45, das ist entscheidend. Die Burggöttin von Kar-
thago war die Virgo Caelestis oder Venus Caelestis, die »weibliche Macht des
Himmels, welche über Mond und Sterne, über Blitz und Regen gebietet; ihr Bild
sehen wir auf karthagischen Kaisermünzen z. B. denen des Septimius Severus und
Caracalla: eine Göttin, welche auf einem laufenden Löwen thront und in der Rechten
den Blitz, in der Linken eine Lanze führt; neben ihr erinnert ein Fels, aus welchem
Wasser hervorquillt, an den Segen der Höhe, um den sie in Karthago und ganz
Afrika angegangen wurde146.« Der Segen des Wassers wird auf den Reliefs in
doppelter Weise zur Anschauung gebracht: einmal wie auf den Münzen147, und
weiter entsprechend der Eigenschaft der Virgo Caelestis als pheviarum polUcitatrixlAs.
Die Göttin selbst ist hier als Natur- und Culturgöttin dargestellt, was sich aus ihrer
Wesensgleichheit mit Rhea Kybele erklärt 149; die Bezeichnung als Virgo Caelestis
berührt nur eine Seite ihres vielgestaltigen Wesens. Sie wird geradezu Berecynthia
mater genannt150, und der Felsensitz mag sich daraus erklären, dafs auch sie wie
Rhea als Bergmutter ((*^tijp opsi'a) verehrt wurde. Endlich verdient Beachtung, dafs
die Göttin ein weites Gewand trägt, das schleierartig über den Kopf gezogen ist.
Reiche Gewandung mufs ihre Bilder ausgezeichnet haben, denn es wird hervorge-
hoben, dafs der in Afrika erwählte siebentägige Kaiser Celsus sich mit einem Peplos
der Dea Caelestis geschmückt habe151.
Während auf dem aus Karthago stammenden Relief das Elementare deut-
lich hervortritt, hat der Verfertiger des anderen Reliefs einer mehr äufserlichen
Symbolik gehuldigt. Die landschaftliche Staffage ist auch hier so weit beibehalten,
144) Die betreffende Stelle des Florentiner Reliefs ist ein solcher z. B. auf Vasen (Mon. ined. publ.
ist restaurirt. par la sect.fr. pl. X. Annali dell' Inst. 1872 T. A).
145) Vgl. Fröhner. Die Herkunft des anderen Reliefs 143) Vgl. Preller Gr. Mytholog. I3 530.
ist nicht bekannt; vgl. Jahn Arch. Ztg. 1864 1S0) Über die zahlreichen Beinamen der Göttin na-
S. 177. mentlich auf Inschriften vgl. Preller- Jordan und
146) Preller-Jordan Rom. Mytholog. II 407. Munter Religion der Karthager2 S. 74.
147) Dafs dabei nachdrücklich ans Meer erinnert läl) Trebellius Pollio Tyranni triginta c. 29. Peter
wird, erscheint natürlich, da Karthago dem script. hist. Aug. II 116; vgl. Munter 73. Dio-
gröfsten Theile nach vom Meere eingeschlossen nysios I von Syrakus verkaufte ein kostbares
war. Gewand der Lacinischen Iuno an die Karthager
,48) Tertullian Apologetic. 23. Was die über den (Athen. XII 541a. Preller Polemon S. 132); mög-
Wolken hervorragende Frau auf dem Karthagi- lieh, dafs die Karthager ihre Iuno Caelestis da-
schen Relief in der Linken hält, ist nicht klar. mit beschenken wollten, wie Munter vermuthet
Man denkt an einen Regenbogen; dargestellt (S. 69).
25H Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan.
dafs man denselben Grundgedanken deutlich genug herausfühlt, aber in den beiden
symbolischen Figuren kommen feinere Bezüge nicht zum Ausdruck, wie denn alle
Symbolik dieser Art sich innerhalb weiter Grenzen bewegt. Auch sind die beiden
Frauen einander völlig entsprechend dargestellt in Bezug auf Körper- und Arm-
haltung, sowie auf Anordnung der Gewänder, ein Schematismus, welcher präciser
Ausdrucksweise zuwider ist. Der Seedrache erinnert allgemein an das Element des
Wassers, und der Schwan wohl insofern an die befruchtende Feuchtigkeit der Luft
und an Regen, als dieser vornehmlich für eine Gabe der Göttin in ihrer Eigen-
schaft als Urania gehalten werden mochte, der wir wiederholt den Schwan unter-
stellt fanden. Dafs aber in den vom Schwan und dem Seedrachen getragenen
Figuren nicht die Göttin selbst, sondern nur Sinnbilder ihrer göttlichen Macht vor-
gestellt seien, erhellt aus früheren Andeutungen, und auch der Vergleich mit dem
Pariser Relief läfst darüber nicht in Zweifel.
Die Darstellung der Schwanenjungfrau auf dem Florentiner Relief ist keine
originale Erfindung: fast völlig entsprechend kehrt sie wieder auf einem Terracotta-
Relief des Britischen152 und einem Terracotta-Fries des Berliner Museums153. Auf
Letzterem sieht man auf eine zwischen Ranken schwebende Nike von beiden Seiten
je einen Schwan zufliegen, der eine Frau trägt, während zuäufserst je ein geflügelter
nackter Knabe mit Rhyton und Schale steht. Jahn glaubt hier Luftgottheiten er-
kennen zu dürfen, wozu nach seiner Ansicht auch die geflügelten Knaben mit Rhyton
und Schale sehr gut pafsten, welche auf Thau und Feuchtigkeit hinwiesen; betreffs
der Nike bringt er eine Sonnenaufgangsvase in Erinnerung, auf der Eos von Nike
geleitet wird. Ich fürchte, der schematischen Composition geschieht zu viel Ehre,
wenn man sie so fein ausdeutet. Es dürfte anerkannt sein, dafs auf solchen Terra-
cotta-Friesen, die lediglich ornamentalen Zwecken dienten, sehr oft bekannte Typen
gedankenlos wiederholt und aneinander gereiht wurden. Dafs der Gedanke Jahn's
von anderer Seite Bestätigung erhält, steht daher kaum zu erwarten; vielmehr möchte
man glauben, dem Bildner habe die geläufige Bedeutung der Schwanenjungfrau
vorgeschwebt, da er Eroten hinzufügte1*4.
VIL --*
Ein kurzes Schlufswort mufs einem in Wien aufbewahrten und wiederholt
veröffentlichten Krater155 gelten, damit dessen merkwürdige Darstellung wenigstens
l52) Jahn Arch. Ztg. 1858 T. 120,2 S. 236, wo wei- Deutung der vom Schwan getragenen Frau; bei
tere Literatur angegeben ist. der Erklärung der Mittelfigur dieses Reliefs als
lä3) Panofka Terrae, d. königl. Mus. zu Berlin T. Virgo Caelestis wird die Parallele mit dem Ge-
15, 16. Jahn Arch. Ztg. 1858 T. 120,3 S. 241. mälde noch auffallender, ohne dafs indefs aus
154) Vielleicht haben auch die beiden Schwanen- dem Vergleich für die Deutung der beiden frag-
jungfrauen, welche in einem Gemälde des Pa- liehen Figuren desselben etwas gewonnen würde,
lazzo Barberini auf dem Sessel der Roma dar- 15:) Laborde vases de Lamberg I 27. Inghrrami vasi
gestellt sind, nur dekorative Bedeutung (Arch. fittili III 235. Jahn Arch. Ztg. 1858 T. 120, 1
Ztg. 1885 T. 4, Körte S. 28 ff.). Körte erinnert S. 238 und zuletzt nach treuer Bause Benndorf
an das Florentinische Rel'ef und die Jahn'sche Gr. u. Sicil. Vasenb. S. 78.
Kalkmann, Aphrodite auf dem Schwan. 259
in Erinnerung gebracht werde. In der Mitte sitzt neben einem mit Binden ge-
schmückten Omphalos Apollo, einen Lorbeerzweig in der Rechten haltend; er
scheint einem ihm gegenüber stehenden, durch Scepter ausgezeichneten bärtigen
Mann zuzuhören, vermuthlich Zeus, der das linke Bein aufstützt und die Rechte im
Gespräch erhebt. Zwischen diesen beiden Figuren bemerkt man in der Höhe eine
auf einem fliegenden Schwan sitzende reich bekleidete Frau mit einem Scepter, und
weiter rechts Hermes, ihren Geleiter. Zu beiden Seiten des Bildes endlich ist noch
je eine nach der Mitte umschauende Frau dargestellt, die ebenfalls Scepter zu führen
scheinen. — Benndorf erkennt eine Vorbereitung zum Paris -Urtheil: Zeus berath-
schlagt mit Apollo; den Rathschlufs offenbaren die übrigen Figuren, indem sie ihn
ausführen, Hermes mit den drei Göttinnen, die sich zum Zug nach dem Ida rüsten;
rechts sei Athena, auf dem Schwan Aphrodite, und neben Zeus Hera vorgestellt.
Dieser Auffassung stehen die gewichtigsten Bedenken entgegen, weil sie weder
durch literarische Zeugnisse noch durch Analogien aus der bildenden Kunst gestützt
wird. Ein entscheidender, Grund liegt nicht vor, der erlaubte, mit Benndorf an den
Eingang der Kyprien zu erinnern, wo Zeus mit Themis über den troischen Krieg
berathschlagt, da im Bilde nicht Themis sondern Apollo erscheint; andrerseits
sehen wir auf Darstellungen des Paris -Urtheils Aphrodite nie von einem Schwan
herbeigetragen, nie die beiden andern Göttinnen so wenig charakterisirt, dafs die
aller Waffen ledige Athena nicht von Hera zu unterscheiden ist. Endlich ist aber
Hermes speciell der Aphrodite zugetheilt, wie man aus seiner Stellung und seinen
Geberden sieht. Dies hatte Jahn beachtet, der das Bild auf die Ankunft der von
Hermes geleiteten Kyrene in Libyen bezog. Apollo ist nach seiner Meinung als
der in Kyrene waltende Gott zu fassen, »welchem Zeus — der als Orakelgott Am-
nion in Kyrene verehrt wurde — die Erscheinung der Kyrene verkündet«. Nach
Pherekydes und Ariaithos kam Kyrene auf Beschlufs des Apollo von Schwänen
getragen nach Libyen; diese Notiz ist zusammen mit einer Reihe anderer auf den
Kyrene-Mythus bezüglichen Nachrichten überliefert156, was so viel zeigt, dafs die
Sage von Kyrene oft behandelt war157. Die Beziehung des Bildes auf Kyrene zu-
gegeben, schiene es jedoch näher zu liegen, eine Abfahrt der Nymphe zu verstehen,
in dem Sinne, dafs Zeus dem Apollo befiehlt, die Kyrene nach Libyen zu senden,
und Hermes sich anschickt, diesen Auftrag auszuführen, während die schwester-
lichen Nymphen nicht ohne Theilnahme nach ihrer zur Abfahrt gerüsteten Gespielin
sich umschauen158; die Andeutung des Delphischen Lokals würde die einstige
Orakelstätte zu Kyrene in Erinnerung bringen. Keine Frage, die von Jahn ge-
forderte »mythische Begebenheit in scharf ausgeprägter Situation« liefse diese Deu-
tung nicht vermissen, aber Jahn selbst hat bemerkt, es werde vielleicht dem zu-
15C) Schol. Apoll. Rhod. II 498: (tspsxiorjs 8s <pT)<Jtv 15S) Das Vasenbild ist zu spät, als dafs auf Details
•/.«! 'Apfatfto; iz\ x'ixvwv aÜTTjv iyrfiHatxt xottä wie die seepterähnlichen Gegenstände Gewicht
'AraAXiov>{ TTpoatpeaiv dt trjv KupVjvTjV itfixiabat, gelegt werden konnte.
157) Vgl. Schol. Apoll. Rhod. II 500: -oMoi iTropr,-
xaatv.
2ÖO Heydemann, Phlyakendarstellungen.
fälligen Umstände, dafs wir von der Entführung der Kyrene auf einem Schwan
wissen, ein unverhältnifsmäfsiges Gewicht beigelegt; auch ruft namentlich Hermes
neben der Schwanenjungfrau zu vornehmlich früher besprochene Darstellungen der
Aphrodite ins Gedächtnifs zurück, in deren Umgebung wir ebenfalls wiederholt
Nymphen fanden, als dafs die Deutung auf Kyrene aufrecht erhalten werden könnte.
Erinnert man sich weiter, dafs dem Apollo gleichfalls der Schwan geweiht ist, und
dafs Schwäne den Gott im Frühling nach Delphi geleiten, so scheint um so weniger
Grund vorhanden, den Gedanken an Aphrodite zu verwerfen, mag auch der inhalt-
liche Zusammenhang der Darstellung aufklärender Deutung harren ' 59.
A. Kalk mann.
^J
X^^yv^sJutXs
DIE PHLYAKENDARSTELLUNGEN
AUF BEMALTEN VASEN.
Je spärlicher und geringer die Nachrichten sind, welche wir über den Inhalt
und das Wesen jener Dramata haben, die in Grofsgriechenland bei dionysischen
Festen von den sog. Phlyakes — so hicfsen die komischen Deikelisten bekanntlich
in Grofsgriechenland — aufgeführt wurden1, um so wichtiger ist die Erhaltung einer
gröfseren Anzahl von Vasenbildern, deren Darstellungen jene litterarische Lücke
einigermafsen auszufüllen vermögen. Daher scheint es mir angebracht, einmal sämmt-
liche noch vorhandene Vascndarstellungen, soweit sie Phlyaken einzeln oder mehrere
aufweisen, zu sammeln und genau zu erklären — eine Sammlung, auf die heute,
wo sie veröffentlicht wird , das Horatianische 'nomnn prematur in mumm' Anwendung
findet. Sie wurde nämlich schon in Berlin begonnen, blieb dann aber liegen, bis
die Herausgabe der Vase Caputi (D) den abgerissenen Faden wieder aufzunehmen
und weiterzuspinnen veranlafste. Zum Vortheil der Sammlung; denn nun bin ich
im Stande, nicht nur die italienischen Inedita zu geben, sondern auch noch eine
Reihe anderer hergehöriger Darstellungen zu veröffentlichen, so dafs von dreiund-
fünfzig uns erhaltenen Monumenten jetzt mit Ausnahme von nur zweien {u 7>) alle
in Abbildungen vorliegen, was grade für diese Art von bildlichen Vorstellungen,
159) Gegenüber einer sitzenden Frau, die sich einen ') Vgl. dazu jetzt Sommerbrodt de phlyacographis
Spiegel vorhält und den einen Fufs auf eine graecis Vratislaviae 1875. Auch <f),u£o7p»'.fot
Wolke (?) setzt, vermuthlich Aphrodite, ist der werden sie geheifsen: Schol. Nicand. Alexiph.
von einem Schwan getragene Apollo dargestellt 214.
auf einer Vase etruskischer Technik (Gerhard
Auserl. Vasenb. T. 320, 1).
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 26 1
denen gegenüber die Beschreibung (und sei sie noch so ausführlich und genau)
gröfstentheils unzureichend bleibt, als doppelt willkommen empfunden wird.
Alle im Folgenden nach den jetzigen Aufbewahrungsorten2 zusammen-
gestellten Vasen, deren Zusammengehörigkeit sich schon äufserlich durch das Kostüm
ergibt, stammen mit Ausnahme zweier Gefäfse, die in Sicilien gefunden wurden
[M und *; vgl. dazu Anm. 27), aus Unteritalien oder Grofsgriechenland in
jenem weiteren geographischen Sinne des Wortes nach Seneca (Dial. XII 7, 2): totiim
Italiae latus qnod infero mari adhätur maior Graecia fuit. Dies können wir mit aller
Bestimmtheit behaupten, obgleich nur von wenigen Vasen ganz sichere Fundnotizen
vorliegen. Am zahlreichsten ist Apulien vertreten, nämlich mit zwölf Vasen, von
denen sieben bestimmt in Ruvo {ABCDSpr), je eine in Bari (a) und in Fasano
(e) gefunden sind; von den übrigen ist einfach nur Apulien als Fundstätte bezeichnet
(0 R X). Aus Nola haben wir eine oder zwei dieser Vasen (c; vgl. P), aus Paestum
zwei [E F); ein oder vielleicht drei Gefäfse sind in S. Agata ausgegraben (/; vgl.
HP), eines wol in Capua («), ein anderes in der Basilicata (z>); von vier Gefäfsen
endlich wird direct noch Unteritalien oder Grofsgriechenland als Fundort angegeben
( Wh m s). Dieselbe Herkunft haben ja alle von Hamilton gesammelten Vasenbilder
{Zx), also auch die jetzt verschollenen oder verlorenen Originale mit Phlyaken-
darstellungen {yza$"{); ebenso sind die Lamberg'schen Vasen fast ausschliefslich
unteritalisch ( U V). Auf Grofsgriechenland weisen ferner das unteritalische 3 Spiritus-
zeichen H (a), die oskische einer Figur beigekritzelte Inschrift (c), endlich der
Maler Assteas (P), dessen Heimath Unteritalien war4. Da die übrigen Vasen,
deren Herkunft unbekannt ist, nach Styl und Zeit nicht von den anderen sicher in
Unteritalien gefundenen getrennt werden dürfen, so ist auch für sie Unteritalien als
Stätte des Findens wie der Fabrication bestimmt anzunehmen und mit Recht auch
immer angenommen worden.
Zu beachten ist ferner, dafs — mit nur wenigen Ausnahmen — auch die
Form der Gefäfse5 ein und dieselbe ist, nämlich der weite glockenförmige Krater,
meistens mit zwei kleinen Henkeln ziemlich dicht unter dem Lippenrand (sog. vaso
a campana), zum kleineren Theile mit unten am Bauche hoch emporstehenden
Henkeln (sog. vaso a calice): jene Vasenform findet sich 27, diese 9 Mal {FMPWa
eilvi). Demnächst ist am zahlreichsten die Önochoe vertreten [Kcfh 0) ; vereinzelt
kommen vor die Form der Schale (7"), des Skyphos (d), der Amphora (N; vgl.
auch x), der Lekythos («; vgl. auch C), endlich des sog. Askos (B).
2) Und zwar stehen voran die italienischen Museen 3) Vgl. dazu Schulz Aniazonenvase S. 1 1 ; Mommsen
(13 Nummern); dann folgen Deutschland und Unterital. Dial. S. 2l6f.
Österreich (9), England (12), Frankreich (5) 4) Klein Vasen mit Meistersign. S. 84C
und Rufsland (4); den Schlufs bilden die Ge- s) Von fünf Gefäfsen {y z a ß y) kennen wir die
fäfse, die verloren sind oder deren Aufent- Form nicht,
haltsort mir unbekannt ist (10).
2Ö2 Heydemann, l'hlyakcndarstellungen.
In Betreff der Zeichnung und des Styls herrscht wie in Fundort und Vasen-
form dieselbe Gleichheit und Übereinstimmung, so weit sich das nach Autopsie
einer Anzahl von Originalen und nach den Abbildungen beurtheilen läfst. Die
Zeichnung ist ungemein flott und sicher, oft flüchtig und grob bis zur Schmiererei,
immer ausdrucksvoll und treffend; überladener Zierrath und verschiedentliche bunte
Färbung — weifs braun gelb; auch roth und violett — sind beliebt und erhöhen
die malerische Tendenz des Styls, der um die Mitte des dritten vorchristlichen
Jahrhunderts in der höchsten Blüthe war. Dem dritten Jahrhundert gehören denn
auch alle diese Vasen an, und zwar wol meistens seiner ersten Hälfte, bez. seiner
Mitte; das eine oder das andere Gefäfs, wie z. B. die Vase Caputi (D) welche sich
durch Schönheit und Feinheit vortheilhaft hervorhebt, wird schon um den Anfang
des Jahrhunderts entstanden sein.
Kleidung und Tracht der dargestellten Figuren weisen auf das Theater
und charakterisieren sie als Schauspieler und zwar als komische Schauspieler.
Zunächst die Masken, welche weitaus die meisten tragen. Wenn hier und da
einzelne keine Masken tragen oder zu tragen scheinen, so sind sie in Wirk-
lichkeit nicht etwa so zu denken, sondern die Maler haben nur aus künstle-
rischen Rücksichten die Masken fortgelassen bez. die Gesichtszüge ohne jede
maskenhafte Verzerrung wiedergegeben. So werden z. B. die Frauen zum Theil
ohne Masken gemalt, um sie wie es Göttinnen und Hetären geziemt in unver-
gänglicher oder verführerischer Schöne darzustellen (Ia b dfi s u)\ ebenso wurde
der Jüngling auf X maskenlos gemalt, um seine Jugendlichkeit unentstellt wieder-
zugeben. Nur Willkür und Laune werden es sein, wenn z. B. des Herakles
Diener (R) und der eine behelmte Krieger (G) ohne Masken gezeichnet sind,
während Herakles ebenso wie die anderen Krieger auf diesen Vasen maskiert sind,
allerdings nur mäfsig verzerrte Masken tragen. Selbstverständlich dagegen ist es,
dafs der Chorodidaskalos auf R ohne Maske erscheint: so sitzt ja auch der Chor-
lehrer Demetrios auf der Satyrspiel-Vase zu Neapel (No. 3240) ohne eine Maske
zwischen den maskierten Choreuten; selbstverständlich tragen auch die Götter Dio-
nysos und Ariadne nebst den Genossen ihres Thiasos (Satyrn, Bacchantinnen, Ken-
tauren), denen sich nicht selten Phlyaken zugesellen, nie eine Maske (vgl. BELZ
Iwxyi). Die Masken selbst sind gewöhnlich übermäfsig grofs gestaltet und arg
verzerrt, sowol in den äufseren Formen, namentlich der Nase, des Mundes, des
Kinnes, als in dem Ausdruck der Affecte die geschildert werden; aber keine von
ihnen ist eine sog. Charaktermaske, welche in der neuen Komödie die allein übliche
war und die wir durch Pollux zur Genüge kennen, sondern jede ist nur eine ins
Lächerliche und Häfsliche übertriebene Verzerrung menschlicher Gesichter und
Gesichtsformen, grade wie sie die alte Komödie vorgeführt hat: töl xcojxixä TtpocjuiTra
ih. [xkv T7(? TOxXottac xuijxiuot'a; u>; to iroXb toi? irpoaioTTOi? <ov IxcoiupSauv aTTcixci's-o rt z~\
■ah "fstatotspov ia/jrjiictTia-o xtX. (Poll. IV 143). Wenn ich dennoch im Folgenden zu
den Maskencarricaturen der Phlyakendarstellungen hier und da aus Pollux' Auf-
zählung Beschreibungen von Masken der neuen Komödie anführe, so ist es nur
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 263
geschehen, um etwaige Ähnlichkeiten und Übereinstimmungen zwischen den Masken
der alten und der neuen Komödie zu verzeichnen und auf den einen oder den
anderen Zusammenhang zwischen diesen beiden zeitlich wie inhaltlich weit ausein-
anderliegenden Erzeugnissen der komischen Muse hinzuweisen. Die Masken auf den
Vasendarstellungen im Einzelnen durchzugehen und zu beschreiben, unterlasse ich
aus zwei Gründen: mit Worten, auch noch so vielen und noch so bezeichnenden,
will es doch nicht gelingen, die lächerliche Kühnheit der Verzerrungen und die
organische Denkbarkeit der Mifsbildungen, die unglaublichen Grade der Häfslich-
keit und die unfehlbare Sicherheit der komischen Wirkungen darzulegen; ferner
ermüden nothwendigerweise derartige Beschreibungen bei der Einförmigkeit des
Wortschatzes gegenüber der Mannigfaltigkeit der vorhandenen Darstellungen: die
Masken0 wollen und müssen gesehen und belächelt werden. Auf Einzelheiten ist
im folgenden Verzeichnifs aufmerksam gemacht; hier nur die allgemeine Bemerkung,
dafs ein durchgehendes Leitmotiv neben mafsloser Häfslichkeit »unverschämte Be-
gehrlichkeit« ist: daher überwiegen grofse dicke Stumpfnasen und aufgeworfene
Lippen, das eine wie das andere ein sichtbares Zeichen der Xcqvst'a7, während
gebogene Nasen nur selten zu bemerken sind (G />); dazu kommen die übergrofsen
runden Maskenaugen, deren frechglotzender Blick das Begehrliche der Physiognomie
stark erhöht. Auffällig ist, dafs die Masken auf den Vasen hin und wieder
gewöhnlich gebildete kleine Augen zeigen (G 0 S Yde), wie denn auch zuweilen der
Mund, entgegen der üblichen gähnenden Öffnung8, grade wie bei der Maske der
tanzenden Pantomimen9, geschlossen ist (G 0 RS Zhop~{): beides findet in der
Vasenmalerei doch wol nur aus künstlerischen Rücksichten statt, um mehr zu wirken
und den Gesichtsausdruck durch die Gegensätze klarer zu gestalten.
Mit den Schauspielern der alten Komödie theilen die Phlyaken aufser den
gleichgestalteten Masken auch den grofsen Phallos10, welcher, aus Leder gemacht
und roth bemalt (I PQ Zb q), vorgebunden wurde zu Ehren des mächtigen zeugungs-
frohen Dionysos: hiefsen doch die Schauspieler davon in Sikyon »Phallophoroi« ".
Und zwar sind zwei Arten des Phallos-Tragens zu unterscheiden. Die Mehrzahl
läfst das Glied, das unförmlich lang und grofs ist, herabhängen, so dafs es lächer-
lichst sich hin und her sowie auf und ab bewegt, grade wie Aristophanes es in
der Parabase seiner Wolken beschreibt (v. 538): 'aximov xaOstfisvov Iputirjov i£ axpou
w/ö' ; dadurch wird, wie man sich leicht vorstellen kann, das Komische der Phly-
akenerscheinung nicht unwesentlich erhöht. Dies letztere wird aufgehoben durch
die zweite Art, wie die Phlyaken nicht ganz selten den Phallos tragen (A/M W
6) Keine Maske, sondern nur einen nach Pygmäen- 8) Vgl. z. B. Luc. Tox. 9 und Anach. 23 : XtyiJ-
art vergrößerten Kopf trägt, wie ich nebenbei vfca r.a\x\>.i^%<i\ u. ö.
bemerke , der » Äsopos « auf der vuleenter 9) Vgl. Luc. de salt. 29 : xö öi r;p<fou>raiv ... o'!>
Schale Mus. Gregoriano II 80, 2a = Panof ka Par. "/.e"/tjvcis ii <ö? ix«tva ( t<5v -/.u>ij.<o?iüv ) , dXXd
Karik. I 10. SO|*|MfU>xrfc; u. a.
') Vgl. dazu (Aristot.) Physiogn. 6 p. 811 A 37 ,0) Vgl. zum Phallos in der alten Komödie vor
und B2. Allem Aristoph. Wölk. 734 mit Schol. Wolken 538.
") Vgl. Athen, p. 621 F.; anderswo hiefsen sie iiK>cpaX).or. ebenda 622 B.
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. 20
264
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
g l nf))'2: der Phallos wird durch ein Band vorn'3 nach oben aufgebunden und auf-
gerollt — eine Sitte, welche bei Schauspielern und Sängern von Profession im Leben
aus gesundheitlichen Rücksichten üblich war '* und nun zur Charakteristik der
Phlyaken auf der Bühne übertragen wird. Diesen Phallenträgern gegenüber ver-
schwindet die Zahl der Fälle, in denen entweder gar kein Phallos vorgebunden ist
(C F R Vch){i oder das Glied so klein wiedergegeben ist, dafs es kaum als ujfyij
öpDt'a (um mit Pindar zu reden) zu bezeichnen ist {b x); eine andere Begründung
als Laune und Willkür der betreffenden Maler scheint mir ausgeschlossen.
Was die Tracht der Phlyaken betrifft, so entspricht sie allen Nachrichten
die wir vom Kostüm des Theaters besitzen. Die Schauspieler sind stets durch
Polsterungen dicker und stärker gestaltet — ävdp»*ot 7tf.oai>£TY;v xal sirtTsyvrjTYjv
raxyuT7jTa Ttpocrjroto'ju.svoi (Luc. de salt. 27) — und es ist dadurch ein erträgliches Ver-
hältnifs zwischen den grofsen Kopfmasken und den Körpern der Schauspieler her-
gestellt; natürlich sind bei den Komikern diese Aufpolsterungen (allgemein : a<o;ia-iot;
speciell: irpo-facrrpioi« und Kpoatepvßta) gewöhnlich in lächerlicher Weise sichtbar und
übertrieben in den Umrissen. Wie auf der Bühne männliche und weibliche Schau-
spieler diese Polster am Rumpf sowol als an den Extremitäten (Beinen und Armen)
trugen, so sind auch auf den Vasenbildern deutlich beide Geschlechter unterschieds-
los ausgepolstert (vgl. die Frauen auf A M UXm a), nur dafs aus künstlerischen
Rücksichten diese Polster öfter weggelassen sind : so z. B. wenn der Schauspieler
als besonders mager und dürr dargestellt werden sollte (G S h) oder aber die
Frauen bez. einmal ein Mellephebe (X) als besonders schlank und zierlich in auf-
fälligem Gegensatz zu den unförmlich dicken Männern auftreten sollten — dann
auch immer zugleich maskenlos (afhiu); vereinzelt kommt auch wol die Polsterung
allein ohne Maskierung vor (vgl. den behelmten Krieger auf G). Um diese Polster
an Armen und Beinen zugleich festzuhalten und äufserlich auszugleichen, trugen
die Schauspieler einen wol immer von den Fufsknöcheln bis zur Halsgrube und
den Handgelenken reichenden tricotartigen Überzug, ähnlich den sog. Anaxyrides
der Orientalen '*. Dies Tricot ist für gewöhnlich wol fleischfarben zu denken (£/);
1J) Wahrscheinlich kommt hier hinzu der flöten-
blasende Schauspieler auf a: vgl. Anm. 277.
13) Auf a sieht man bei zwei Schauspielern dies
Band (xuvo8iafl7)) bei hängendem Glied deutlich.
u) Vgl. die Stellensammlung bei Stephani CR. 1869
S. 150 f.
15) Auch der Jüngling -Schauspieler auf X ist ohne
Phallos, wie er auch ohne Maske und ohne Aus-
polsterung ist.
16) In den Beschreibungen bezeichne ich diesen
Tricotüberzug mit »Ärmelanaxyrides«, um anzu-
deuten , dafs Arme und Beine gleichmäfsig mit
einem einzigen Kleidungsstück bekleidet sind
(vgl. dazu die sehr deutlichen Tricots auf
den Vasenbildern bei I'oliti Esfosiz. di selte
vasi 1832 Tav. II und Due Parole su trc vasi 1833
Tav. I ; u. a. m.), nicht wie das öfter vorkommt mit
verschiedenen Mustern sich darbieten, also das
Tricot aus zwei getrennten Kleidungsstücken be-
steht (Beinkleid und Jacke): vgl. z. B. Compte-
Rendu 1861 V3; 1863 1 1; 1866 IV (Seisames)
und VI (Melosa); u. ö. Häufig werden einer-
seits nur Beinkleider getragen (z. B. Gerhard Apul.
Vasenb. Tat IV; V; u. a.), andererseits nur
Jacken mit Ärmeln (z. B. Gerhard- a. a. O.
Taf. III; V; XI; XII; XIV; u. ö.). — Gh Dierks
die Anaxyrides der Phlyaken richtig mit den
umgeworfenen {sie) xauvdxat (sie) der Phallo-
phoren (Athen, p. 622 C) identificiert, ist mir
mehr als zweifelhaft.
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 265
oft aber sind die Anaxyrides auch weifs, roth, oder gelb (G/We), mit Lang-
streifen besetzt (Lgl) und quer gemustert {EP); meistens erkennt man sie leicht
an den Querfalten, manchmal jedoch nur an Säumen, die an den Knöcheln
der Füfse bez. der Arme angedeutet sind (Rino'fj; ja zuweilen sind diese Tricots
auf den Vasenbildern gar nicht weiter berücksichtigt, weil selbstverständlich und
unumgänglich nöthig (S Vc h). Bei dem Silen-Schauspieler auf C ist das Anaxyriden-
Tricot naturgemäfs mit Zotteln bedeckt. Sollte der Schauspieler nackt erscheinen,
so wurde über de"n Aufpolsterungen des Rumpfes (Brust, Bauch, Gesäfs) häufig ein
zweiter tricotartiger Überzug gezogen, an dem öfter Nabel und Brustwarzen (G I P
Q R T Vp s) sowie die Schamhaare (BQRnsi) angegeben sind; dieses enganlie-
gende Tricotstück, das wir uns dann fleischfarben zu denken haben und das
bei der Tracht der Exomis öfter zum Vorschein kommt, ist hin und wieder auch braun
{blqz) oder gestreift (0) und vertritt dann zugleich die Stelle des Chitons.
Damit sind wir zur eigentlichen Bekleidung17 der Phlyaken gelangt, die im
Grofsen und Ganzen genau derjenigen des alltäglichen Lebens entspricht, nur dafs
■yeWou yäptv Alles übertrieben und ins Komische verzerrt wird. Die Frauen tragen
wie im Alltagsleben langen18 gegürteten Chiton und Mantel, Schuhe, Kopfputz und
Geschmeide aller Art; die Männer den kurzen gegürteten19 Chiton oder meistens
die Exomis, aber so steifleinen und ungefügig als möglich und so kurz, dafs das
Glied, aufgebunden oder herabhängend, stets ganz sichtbar wird — ist es Zufall,
dafs uns auf unteritalischen Vasen und Wandgemälden Männer des Alltagslebens
entgegentreten mit oft dickstoffigen fast faltenlosen und vor Allem so kurzen Chi-
tonen, dafs das Glied öfter davon kaum verdeckt und zuweilen deutlich zum Vor-
schein kommt20? Zur Vervollständigung der Tracht dienen — ohne bestimmte
Regel — Mantel und Schuhzeug, Stock und Hut21 oder Haarband, das öfter durch
ein oder zwei hohe, an den Spitzen mit Bändern geschmückte Hörner komisch
verziert ist (F W n)\ häufig ist die Bekränzung, die im Allgemeinen durch die Fest-
freude begründet ist (HLRelxyzafy), zuweilen aber auch durch den Inhalt
der Darstellung veranlafst wurde (vgl. Xbgq); einmal trägt ein Schauspieler,
etwa als Zeichen des Alters, eine enganliegende gestreifte Kappe ( V). Den Krieger,
der mit der Chlamys seine Linke »beschildet« (Q h), kennzeichnen Waffen (G; vgl.
Q h), den Reisenden Nachtsack und Tragholz (R X >), den lustigen Komasten Fackel
und Weingeräth (7 b g), den frommen Tempelbesucher Wollfäden {M)\ der König
trägt Scepter und Diadem (N t\ vgl. vi ■(), der Scharwächter Speere und Schilde
") Vgl. auch Dierks Arch. Ztg. 1885 S. 39 ff"., mit dei vasi 12 = Bull. Nap. Arch. NS. V. 10,
dem ich in allem Wesentlichen Übereinstimme. 16; Tischbein Vases I 60; III 42; Miliin Feint.
") Einmal ist der Chiton der Frau kurz, auf S. de vas. I 13 und 41; u. a. mehr im Neap.
19) Einmal ungegürtet, auf S. Vasenkatalog S. 912: »Männertracht«; Wand-
'"*) Sog. unteritalische oder messapische Tracht gemälde: Man. dell" Inst. VIII 21 = Schrei-
vgl. z. B. die Vasenbilder: .Uns. Borb. ber Kulturhistor. Bilderatlas 38, 8; Nicolas
VI 39 = Inghirami V E. 112; Annali delf Memorie sui mon. ant. VI (sie); Bull. Nap. Arch.
Inst. 1865 Tav. O I und 2; Fiorelli Notizia NS. IV 7; u.a.m.
-') Die Piloi sind zuweilen oben abgestumpft (A'a).
20*
266
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
(s t) sowie einmal als Doryphoros des Königs ein Thierfell statt des Mantels (/).
Sonst sind Freie und Unfreie (vgl. die inschriftlich bezeichneten Sklaven D X c),
hochgestellte Beamten und einfache Bürger (;-), ehrbare Frauen und lüderlichc
Dirnen (vgl. dazu f i m) äufserlich nicht von einander zu unterscheiden — auch
dies der alltäglichen Wirklichkeit des Hellencnthums entsprechend. Von den
Göttern kommen vor Zeus (//) und Hera (a), Apollon (q) und Hermes (/), He-
phaistos (a) und Ares («), Eros (s) und Silen (C), durch ihre wolbekannten Attri-
bute leicht erkenntlich: das olympische Herrscherpaar trägt Diademe (I a p) und
Scepterstäbe («), von denen derjenige des Zeus mit dem Adler verziert ist
auf einem Bilde, auf dem Zeus auch noch mit dem Blitzstrahl ausgerüstet ist (p);
den Apollon zeichnen Lorbeerkranz und Leier aus (q), den Hermes Petasos und
Kerykeion (/), den Ares glänzender Helmschmuck (a), den Hephaistos die Arbeiter-
kappe (a); Silen ist icpv^ivtmp und behaart (C), Eros beflügelt (z). Dagegen
sind Cheiron (X) und die Nymphen (X) ohne jegliche äufsere Charakteristik
und als solche hier durch die Inschriften bezeichnet — grade wie auch die
»Nephelai« im aristophanischen Stück auf der Bühne ' irvyj-aT; s^aai -,-uvaiStv ' (341).
Unter den Heroen ist am zahlreichsten vertreten Herakles (M N R/p q)", aus-
gestattet mit Keule und Löwenfell , das meistens nur mützenartig den Kopf
{N/pq) bedeckt. Der Schifferhut charakterisiert den Odysseus (Ahm), während
der greise bartlose Priamos durch die phrygische Mütze deutlich gemacht wird (Q).
Wie Zeus, so sind auch seine Stellvertreter auf Erden, die Könige Eurystheus und
Kreon mit Krone und Scepter ausgestattet (Nt), während Alkinoos ebenso wie
seine Gemahlin Arete (/«) nur Strahlenschmuck tragen. Dagegen zeigen die Helden
Diomedes (//) Neoptolemos (Q) Iolaos (R p) u. A. keine specielle Charakteristik
und sind nur durch die Situationen, in denen sie erscheinen, zu erkennen. Was
die Gestaltung der einzelnen Attribute und Requisiten anlangt, so bemerke ich,
dafs sie öfter ins Komische verbildet sind : das Plektron wird zu einem Keul-
chen (Jtv), der Krückstock (F) ebenso wie das Diptychon (r) ist riesenlang, das
Wickelkind ein ausgewachsenes Geschöpf («), der Thron des Zeus ein ungefügiger
hoher Lehnstuhl (p)\ andererseits schrumpft Zeus' Krone arg zusammen (/) und der
Adler auf seinem Scepter sitzt zahm wie ein Täubchen da (p) u. s. w.
Dem Inhalte der Darstellungen nach theilen sich die Phlyakenvasen in zwei
Theile, die sich scharf voneinander trennen. Auf einer nicht kleinen Zahl
2a) Ob hierher — und dann zu den Phlyakenvasen
— auch der Herakles gehört, den Panofka aut
einer » rothfigurigen Vase a campana aus der
Basilicata« folgendermafsen beschreibt, wage
ich nicht zu entscheiden: »Herkules in Karikatur.
Eine bartige komische Maske vor dem Gesicht,
Rücken und Kopf vom Löwen feil bedeckt, den
Chiton lächerlich als Bauchbinde aufgeschtirzt,
halt die kleine dicke Figur in der Rechten die
Keule am Boden, in der Linken den Bogen:
dicht dabei befindet sich eine Stele und ein
Zweig. Der Stierkopf an der oberen Ecke der
Darstellung deutet wie gewöhnlich die drama-
tische Scene an. Revers: Iris geflügelt in langem
Chiton, die Linke in die Seite gestützt, in der
Rechten den Caduceus und auf dem Kopf viel-
leicht eine nicht mehr deutlich erkennbare Lotos-
blume (Gerhard Hyperb. röm. Stud. I S 175
no. II)«.
Heydemann, I'hlyakendarstellungen. 267
findet sich ein Phlyake gleichsam als Vertreter des komischen Schauspiels bei sei-
nem Herrn Dionysos und in dessen Thiasos (B E L Z l w x y 2). Der Gott unterhält
sich dann wohl mit ihm, wie auf der Darstellung E, wo auch Ariadne zugegen ist;
oder er scherzt mit dem übermüthigen Gesellen, der ihn ergötzt {Z t). Auf anderen
Darstellungen eilt der Phlyake seinem Herrn und Meister voran (Ly), hinter dem
wir uns den übrigen Thiasos folgend vorstellen müssen. Öfter ist dieser bac-
chische Schwärm allein, ohne Dionysos dargestellt, und da finden wir alsdann
unter Satyrn und Bacchantinnen auch den Schauspieler, der zu Ehren des Gottes
mitschwärmt und mitlärmt: so auf dem schönen Jatta'schen Schlauchgefäfse (B);
abgekürzt bieten derartige Thiasosscenen die Vasen zu und x, auf denen ein Phlyake
dort zusammen mit einem Kentauren, hier mit einer Bacchantin vorwärtseilt. Eigen-
artig ist die Darstellung auf z: Dionysos im Gespräch mit einem Schauspieler, der
als Eros maskiert ist; haben wir uns vielleicht in dem Weingott hier auch einen
Schauspieler zu denken, vom Maler »in idealer Schönheit« dargestellt (vgl. dazu
z. B. die Hera auf «)? In diesem Falle würde das Bild die Darstellung irgend
einer Phlyakenscene und der folgenden zweiten Kategorie zuzutheilen sein.
Dieser zweiten Klasse gehören alle übrigen Vasenbilder zu, welche bald in
Einzelfiguren {C F T V W Y c e orf), bald in umfangreicher Gruppierung komische
Scenen des verschiedensten Inhaltes im Himmel wie auf Erden zur Darstellung
bringen. Und zwar kommen hier zuerst die göttlichen und heroischen Schwanke
in Betracht d. h. diejenigen Darstellungen, deren Inhalt das Thun und Lassen der
Olympier wie der Heroen grofs und klein in komischer Weise schildern, indem sie
die Tragik ins Lächerliche umsetzen, grade so wie es von des Dichters und Schau-
spielers Rhinthon dramatischer Thätigkeit heifst: -b. Tpaytxd [j.sTafjpuftfj.i'Cmv s; xu feXoiov "\
Ab Iove principium ! Auf einer Vase (/) sehen wir den Vater der Götter
und der Menschen vor Liebchens Thür im Begriff die Leiter anzusetzen und ihr ins
Fenster zu steigen; sein gehorsamer Sohn Hermes leuchtet ihm dazu24. In nicht
minder komischer Lage erscheint die hohe Himmelskönigin Hera (a): fest gebannt
sitzt sie auf dem Stuhl, den Hephaistos heimtückisch ihr zugesandt hat, während
vor ihr Ares den Künstlergott vergebens bekämpft, um denselben zur Lösung des
Bannes zu zwingen. Unter den Heroen nimmt die erste Stelle ein der immer
thätige, immer hungrige, immer durstige und immer verliebte Herakles'" — nicht
weniger als sechs Vasendarstellungen führen uns den ungestümen Helden vor {M
N R/p (f). Einmal bringt er dem Eurystheus in grofsen Käfigen statt der Ker-
kopen Affen heim (V); ein andermal ist er auf irgend einem Abenteuer unterwegs
und begehrt mit grobem Ungestüm in einen Tempel Einlafs (R). Der Nimmer-
satt26 wird mehrfach auf das Köstlichste geschildert: er ifst dem Zeus die Opfer-
23) Vgl. über Rhinthon u. s. \v. Sommerbrodt Je n) Vgl. auch den Herakles in Phlyakentracht auf
Phlyacogr. graec. p. 431 ss. einem schwarzgefirnifsten, in mehrfachen Exem-
24) Vgl. auch noch die Vase y, die möglicherweise plaren vorkommenden Reliefgefäfse, abgebildet
auch Zeus darstellen könnte. un,d besprochen im 7. Hall. Winckelmannspr.
35) Vgl. dazu 9. Hall. Winckelmannsprogr. S. 1 1 IV. I IT 3 S. 21 f.
2Ö8 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
speise vor der Nase fort (/>) und stibitzt dem delphischen Apollon die Opfergabe,
die ein frommer Pilger dem Gott eben dargebracht hat (q); wie grimmig verfolgt
er eine Hetäre, welche ihm den Weinkrug vorenthält (/)! Seine übergrofse Vor-
liebe für das »Ewig- Weibliche« ist auf der Vase aus Lentini (M), einem der beiden
Gefäfse, welche nicht in Unteritalien gefunden und vielleicht nur nach Sicilien
verschleppt sind27, auf das Tragikomischste dargestellt: vom Götterbilde selbst im
Innern des Tempels zerrt er — wie Aias die Kassandra — die spröde fromme
Geliebte fort, während das kupplerische Alternpaar grinsend dabeisteht und den
Helden ruhig gewähren läfst. Nächst Herakles ist am häufigsten der listige Dulder
Odysseus vertreten (A h ni). Ein Vasenbild zeigt den Raub des troischen Palladions,
um dessen Ehre und Besitz Odysseus den Theilnehmer Diomedes zu betrügen sich
anschickt (ti); zwei andere beziehen sich auf des Helden Rückkehr von Ilion: auf
dem einen bedroht er in Gemeinschaft mit einem Gefährten die Zauberin Kirke (A) ;
auf dem zweiten kehrt er bei dem Königspaar der Phäaken ein, dessen weibliche
Hälfte dem göttlichen Homer gemäfs den Pantoffel schwingt (;«). Aus dem troi-
schen Sagenkreise'8 finden wir sonst noch den Tod des greisen Priamos auf dem
Altar des Zeus dargestellt (Q). Aufserdem sehen wir von Heroen noch den ehr-
würdigen Chiron (X) und die fromme Antigone (/) im Zerrspiegel des Schwanks vor
uns: jener langt krank und schwach mit Dienertrofs vor dem Tempel heilender
Nymphen an, um zu gesunden; diese wird ertappt, als sie dem todten Polyneikes
die letzten Ehren erweist — und siehe da! es stellt sich heraus, dafs sie wolweis-
lich daheimgeblieben, aber ihren treuen Diener zur Todtenspende auf das Feld ge-
sendet hat. Endlich gehören hierher noch zwei Darstellungen in Einzelfiguren: Taras,
der Heros eponymos von Tarent, welcher auf einem grofsen Fisch statt auf dem
rettenden Delphin dahinschwimmt (ß), und ein Phlyaken-Silen der lustig springt
und Flöten bläst (C); Letzterer ist vielleicht aus einer ursprünglich umfangreicheren
Darstellung entlehnt worden.
Zahlreicher als diese Scenen von Götter- und Heroenschwänken sind die
Darstellungen von Genrescenen und Alltagssituationen, die auf den Phlyakenvasen
uns entgegentreten. Der Grundton derselben ist rfiu: ßtoj -o £r,v; den zu variieren
werden die Maler nicht müde. Lieblingsschemata sind der Komos, ferner Essen und
Trinken, Hetärenliebe und Musik. Hier steigt ein Liebhaber zu Feinsliebchen
durchs Fenster [b)\ dort zerrt ein gestrenger Vater den überlustigen Sohn davon
{g)\ oder der Komos zieht schwärmend und lärmend an uns vorbei [KWi). Um
die Freuden des Gaumens und des Magens handelt es sich auf D S u. Auf der
Vase Caputi (Z>) suchen sich Mann und Frau gegenseitig die besten Bissen wegzu-
27) Während die Vase von Lipara (i) wol sicher wie in Unteritalien waren: vgl. dazu Crysar Der.
dorthin verschleppt ward, kann dagegen die com.\ p. 18 ss. ; u. a. m.
Vase von Lentini (M) ebenso gut an Ort 2fc) Vgl. auch noch den »Alexandras« oder »Orestes«
und Stelle gemacht und von der dortigen Buhne in Phlyakentracht auf einem schwarzgefirnifsten
beeinflufst worden sein, da die Bedingungen und Reliefgefäfse , der im 7. Hall. Winckelmannspr.
Verhältnisse des dortigen Theaters dieselben 111 4 S. 22 ff. abgebildet und besprochen ist.
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 269
nehmen und bemerken dabei nicht, dafs ihr Sklave sie um einen leckeren Kuchen
betrügt; auf der Berliner Vase (S) eilt die Vettel dem Manne nach, der sich an
Wein und Gebäck übergütlich gethan und dem sie das letzte Stück Kuchen abjagen
will; beide sind bis auf die Knochen abgemagert und dürr, so dafs man ihre Gier
nach Speise und Trank leicht begreift. Die leider verschollene Vase u zeigte sogar,
wie ein Schauspieler einen Delphin zu verspeisen sich anschickt. Musik wird mehr-
fach gemacht [Huvv): einmal scheint sie in Streit auszuarten zwischen dem aus-
übenden Musiker und dem nörgelnden Kritiker [H)\ getanzt wird, wie es scheint
auf 7; vgl. Td". In den verschiedensten Strahlenbrechungen offenbart sich das Feuer
der sinnlich gemeinen Liebe. Hier verfolgt ein Mann lüstern die Schöne t die vor
ihm (ob neckisch ob ernsthaft bleibt unentschieden) sich flüchtet und versteckt {d)\
dort läfst eine Hetäre das Zauberrädchen schnurren um die Liebesgluth noch
stärker zu entfachen (oc) oder sucht durch Weinkredenzen zu verführen (i). Auf n
findet der Schauspieler ein ausgesetztes Wickelkind, die Frucht unerlaubten Umgangs
— vielleicht ist er ein Hagestolz, was die Komik der Situation erhöhen würde. Eine
Hetäre ist möglicherweise auch die von Häschern aufgegriffene Frau, wenn in ihr
nicht vielmehr irgend eine Heroine zu erkennen ist (s). Eheliches Leben wird nur
selten zum Vorwurf genommen und dann nicht grade in den rosigsten Farben ge-
schildert: wie abschreckend häfslich ist das Weib auf S, wie herrscht es auf U
den erschreckten Ehegatten an! Beliebt sind auch Schilderungen vom Thun und
Treiben der Sklaven, die ja im Alltagsleben des Alterthumes eine grofse Rolle
gespielt haben. Ihre List und Verschlagenheit {D Y c o), ihre beflissene Geschäftig-
keit {e; vgl. X b), ihre Schadenfreude (D P) wird dargestellt; aber auch die Kehrseite
des Sklavenlebens, wie die Prügelstrafe {q), kommt zur Geltung. Und wie heftig
geberdete sich der Herr dem Sklaven gegenüber auf k\ Auch die Einzel -Schau-
spieler auf F V sind zornige, polternde Herren, die wir uns wie auf k gegenüber
unterwürfig stummen Sklaven zu denken haben werden. Assteas (/*) malt die Angst
und Strafe eines Geizhalses, der auf seinen Geldkasten liegend von Dieben gemifs-
handelt und von seinem Sklaven Karion gehöhnt wird. Ein anderer Maler (r) führt
eine Pafsrevrsion vor und schildert auf das Ergetzlichste die Grobheit der Unter-
beamten, die Wichtigthuerei der Behörden, die Unverfrorenheit des Bürgers; eine
Polizeiscene scheint auch auf s dargestellt zu sein. Auf der Vase G endlich bilden
Krieger im Frieden, jedenfalls in harmloser Unterhaltung begriffen, den Vorwurf der
komischen Darstellung: sie mögen von ihren Heldenthaten aufschneidend berichten.
Alle diese Scenen und Schwanke von Göttern, Heroen und Menschen, die
soeben aufgezählt worden, könnten ja allenfalls direct auf Situationen und Vor-
gänge in Bühnenstücken zurückgehen; doch sind wir nicht im Stande, irgend
eine der erhaltenen Phlyaken - Darstellungen auf irgend ein bestimmtes Drama
auch nur mit einiger Sicherheit zu beziehen. Viel wahrscheinlicher und rich-
M) Vergl. auch den Phlyaken der Relief- Önochoe im Wiener Antikenkabinet IV No. 196 (abg. Arch. Ztg.
1855 Taf. 78, 1. 2): unten zu d.
27O Heydcmann, Phlyakendarstellungen.
tiger ist es anzunehmen, dafs die Maler, denen wir diese Darstellungen ver-
danken, von der Bühne nur beeinflufst und angeregt worden sind, Göttersagen He-
roengeschichten Genrescenen aller Art in der Auffassung und in dem Geiste der
tragikomischen Phlyakenpoesie darzustellen. So ist uns auf den vorhandenen Va-
senbildern von der Art und Weise dieser dramatischen, litterarisch leider ganz ver-
lorenen Poesie, welche unter Rhinthon ihre höchste Ausbildung erhielt, wenigsteus
noch ein Wiederschein erhalten und vermögen wir uns dieselbe in ihrer Eigenart,
Tragisches ins Komische umzusetzen, einigermafsen vorzustellen. Aber — so wird
man vielleicht einwenden — wenn diese komischen Vasendarstellungen mit der alten
Komödie, deren Hauptvertreter Aristophanes uns zum Glück noch theilweise er-
halten ist, gleiche Masken, gleiches Kostüm, gleiche Lächerlichkeit des Phallostragens,
ja hier und da gleiche Auffassung der Komik theilt, sind sie dann nicht vielmehr
unter dem Einflufs der alten Komödie entstanden und lassen uns ihres Geistes einen
Hauch verspüren? Meiner Überzeugung nach ist das nicht der Fall, und ein Zu-
sammenhang dieser Vasenbilder mit der alten Komödie nicht anzunehmen30. Da-
gegen spricht — vorläufig ganz abgesehen von dem Fundorte der Vasen und dem
auffälligen Umstände, dafs bisher kein derartiges Vasenbild im eigentlichen Grie-
chenland zum Vorschein gekommen ist — entscheidend die Zeit, in der die
Gefäfse entstanden sind. Zeichnung und Stoff weisen sie ins dritte Jahrhundert,
frühestens in dessen erste Hälfte, um dessen Mitte, also in eine Zeit, in welcher,
wenn zu Athen überhaupt noch Komödien aufgeführt wurden31, Menanders und
seiner Genossen Stücke allgemein herrschten, die Komödien eines Aristophanes
und seiner Zeitgenossen aber nur noch litterarisch ihr Leben fristeten, also
an einen Einflufs derselben auf die Kleinkünstler und an Darstellungen aus
den alten Stücken gar nicht zu denken ist. Nun wissen wir aber, dafs in der
Zeit um die es sich hier handelt die Posse und der Schwank bei den Dio-
nysosfesten in Unteritalien besonders blühte, und kennen eine ganze Reihe von
Namen berühmter Dichterlinge und Schauspieler, welche für die Lachmuskeln des
theaterlustigen Publikums dichteten und spielten33. Tarent war der Mittelpunkt
dieser Theaterpoesie33, Rhinthons Phlyakographie das bedeutendste Erzeugnifs
dieser komischen Dichtungen34. Da liegt es nahe und ist natürlich, einen Zusam-
menhang zwischen dieser Poesie der Schwanke und den komischen Darstellungen
gleichzeitiger Vasenbilder anzunehmen und die komischen Vasenscenen als Ausflüsse
der Phlyakendramata in Grofsgriechenland zu betrachten, wie dies Jahn35 schon
längst vermuthete.
ao) Wie es z. B. eben noch C. Müller thut in Blüm- 34) Vgl. für seine Bedeutung vor Allem die zwar
ner-Dirtenberger Griech. Antiq. III 2. 8.246,3. recht verworrene, aber doch sehr bezeichnende
3I) Vgl. dazu Köhler Arch. Mitth. Athen III S. 118 ff. Erwähnung bei Laurentius Lydus de magistr. I
l2o,f. 40 und 41; u. a. m.
»2) Vgl. Athen, p. 19 F; 452 F. '5) Vasenkatalog, Einleitung S. CCXXVIII; vgl.
33) Vgl. für das dritte Jahrhundert Cassius Dio fr. 39 auch Lorenz Leben des Epicharmos S. 23 fr.;
Bekker = I p. 55, 5 Dindorf und Zonaras VIII 2 u. a. m.
p. 370 A; für frühere Zeit Plato Gesetze p. 637.
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
271
VERZEICHNISS
DER PHLYAKENDARSTELLUNGEN AUF BEMALTEN VASEN.
A. Krater der Sammlung Jatta (No. 901) zu Ruvo, wo die Vase (sog. vaso a campana) auch
gefunden ist: beschrieben im Katalog p. 374 sq. ; hier zum ersten Mal abgebildet. — Rev. Zwei sog.
Manteljünglinge mit Stlengis und Stab.
% des Orig.
Auf dem von vier Pfosten getragenen Logeion sind drei komische Schau-
spieler dargestellt: zwei Männer und eine Frau, jene durch Masken und Ärmel-
anaxyrides, Phallen3" und Polster gekennzeichnet, diese nur durch die Maske
charakterisiert; alle drei sind barfufs. Die Frau, in langem Chiton, Mantel und Haube,
ist auf der Flucht zur Erde gesunken und wird von den beiden Männern gepackt
und mit gezückten Schwertern bedroht: der eine hält sie am rechten Unterarm und
setzt seinen linken Fufs gleichsam festhaltend und triumphierend zugleich " auf
ihren rechten Fufs; der andere Mann, den weifses Haar und Bart sowie Pilos aus-
zeichnen, hatte die Frau an der linken Schulter gepackt, behält aber in seiner
Linken nur ihren Mantel, während er sich auf den Fufsspitzen hoch emporhebt und
das Schwert in der Rechten zum Draufhauen bereit hält. Beide Männer tragen
Exomides 38, der erstere auch eine Chlamys um den Hals geknüpft. Über der
36) Bei dem Schauspieler rechts ist der Phallos auf-
gebunden zu denken.
,7) Vgl. dasselbe Motiv z. B. auf den Selinunter
Metopen Benndorf Taf. V und VII; u. a. Auf
der Metope Benndorf X setzt dagegen der Be-
siegte seinen Fufs abwehrend auf den Fufs des
siegreichen Gegners.
38) Die Faltenlage des Chiton auf der Brust des
weifshaarigen Mannes weist auch auf eine
Exomis.
272 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
niedergesunkenen Frau füllt eine Tänie den leeren Raum. An eine Genrescene ist
sicherlich nicht zu denken; welche mythologische Scene aber etwa dargestellt sei,
ist schwer, wenigstens vorläufig meines Erachtens nur mit Reserve zu bestimmen.
Vielleicht giebt der nhomo pileatusi einen Anhalt. Derselbe könnte Hephaistos sein
(vgl. den Daidalos-Hephaistos auf a); dann wüfste ich die Darstellung nicht zu
deuten. Er kann aber auch und wird der vielgewanderte Odysseus sein (vgl. dazu
im)3'': dann ist in der hart bedrängten Frau vielleicht die Zauberin Kirke zu er-
kennen. In der Odyssee bedroht und bezwingt Odysseus allein die Unholde (X 321),
aber auf etruskischen Spiegeln z. B. wird sie von Odysseus und Elpenor bedroht
(Gerhard Taf. 403)40, und unmöglich wäre es demnach nicht, hier dieselbe VorsteK
hing anzunehmen. Oder sollte etwa die Bestrafung einer der treulosen Mägde
Fenelopes durch Odysseus und etwa Telemachos gemeint sein? Wir hätten dann,
in Bezug auf diese treulosen Dienerinnen, im Vasenbild Jatta die im Gewände der
übermüthigen Komödie auftretende Fortsetzung derjenigen Scene vor uns, welche
der Skyphos von Corneto im Berliner Museum (No. 2588) und der eine Friesstreifen
von Gjölbaschi uns vorführen41.
B. Gefäfs in Form eines Schlauches ", in der Sammlung Jatta zu Ruvo (ebenda auch gefunden)
no. 1402: abg. und bespr. von mir Arch. Ztg. 1872 Taf. 70 S. 92ff. ; vgl. auch Jatta Catalogo p. 662 sq.
Flotte schöne Zeichnung.
Ringsum läuft die Darstellung eines bacchischen Thiasos, bestehend aus
acht Personen, welche in iibermüthiger Lust und lärmender Freude dahinschwärmen.
Es sind durcheinander gewürfelt: drei Satyrn mit Fackeln und Handpauken oder
Rebzweig; drei Bacchen, zwei gleichfalls mit Tympana, die dritte den Manteltanz
tanzend43; endlich eine nackte alte Vettel von gröfster Häfslichkeit und denkbarster
Unanständigkeit14 und ein komischer Schauspieler. Derselbe ist mit Polstern und
Phallos4s, Armelanaxyriden und kurzem Chiton ausgestattet; die bärtige stumpfnasige
Maske, fast ganz in Vorderansicht, ist mit einer langen Tänie umwunden; Bart und
Haar sind schwarz, während viele Runzeln Stirn und Backen durchfurchen. An den
Füfsen keine Bekleidung. Ein Hase, Aphrodites Thier, ein Windhund, zwei Kränze
und etliche Sträucher füllen den Raum zwischen den einzelnen Figuren.
C. Gefäfschen (H. 0,10; Durchm. 0,09) der Sammlung Jatta zu Ruvo (daselbst auch gefunden)
no. 1528: vgl. Catal. p. 840sq. Die Form der Vase — eine breitbauchige Lekythos ohne Öffnung
oben; an der einen Seite der Henkel, an der anderen eine trichterförmige Tülle: vgl. die Skizze —
ist mir nicht wieder begegnet; ohne Zweifel haben wir die für ein Grab bestimmte, nicht weiter ver-
wendbare Nachbildung 1(i eines Gefäfses vor uns, das im täglichen Leben zur Aufbewahrung etwa
besonders feinen Öls diente: durch den (herauszunehmenden) Trichter wurde die kostbare Flüssigkeit
eingefüllt, dann der Trichter entfernt und die Öffnung durch einen Stöpsel geschlossen. Unterhalb des
Trichters die Figur, welche hier zum ersten Mal veröffentlicht wird ; unter dem Henkel Ornamente.
Als Silen" maskierter Schauspieler. Er ist dickbäuchig (gepolstert), kahl-
3t>) Die Weifshaarigkeit des Odysseus auf der Vase 44) Diese alte Vettel wiederholt sich in Fälschung
Jatta ist allerdings bis jetzt ohne Analogon; auf einer Vase im Museo civico zu Bologna (no.
doch ist er auf m alt und bartlos. '472: vgl. Arch. Ztg. 1872 S. 95 und 3. Hall.
4") Der Spiegel aus Corneto ist auch abgebildet bei Progr. S. 58) und — zusammen mit dem Schau-
Fröhner Alusees de Fr. 24 (vgl. dazu VVieseler Spieler des Askos Jatta und dem Pan der Vase
Gott. gel. Anz. 1876 S. 1507); zur Zeichnung Gori Mus. etr. I 130 = Nouv. Ami. de la sect.
bei Pighius vgl. auch Jahn Ber. d. Sachs. Ge- franc. 1838 pl. B — auf einer Vase der Samm-
selisch. d. W. 1868 S. 182, 33. lung Leesen (no. 107: abg. Schulze Beschr. Taf.
*') Abg. Mon. dell' Inst. X 53 ( = Arch. Epigr. III 2; vgl. Arch. Ztg. 1872 S. 92ff. und 3. Hall.
Mitth. Öster. VI S. 207) und Arch. Epigr. Mitth. Progr. Anm. 142).
Öster. VI 7. 8 ( = Lützow Ztschr. fbK. XVIII 45) liier sind die Schamhaare angegeben, was nicht
S. 269; Baumeister Denkm. klass. Alterth. II zu oft der Fall ist; vgl. Arist. Thesmoph. 238 ff.
S. 1045). 4Ü) Vgl. eine andere derartige Nachbildung 7. Hall.
**) Vgl. dazu z.B. Neap. Vasensamml. Taf. III 166; Progr. S. 27.
Stephani Vas. Ermitage Taf. II 80; Furtwängler 4;) Maskierte aber wirkliche Satyrn vgl. dagegen auf
Berl. Vas. Taf. V 83; u. ö. der Wiener Vase V 284 (abg. Arch. Ztg. 1855,
**) Vgl. dazu 4. Hall. Progr. S. tff.B. 77, 1 S. 53E
Heydemann, Phlyakendarstellungcn.
273
köpfig und stumpfnasig,
der Körper mit Aus-
nahme des Wanstes und
der Hände mit weifsen
Zotteln bedeckt d. h.
mit Zotteltricot über-
zogen (ävaSuptfe? jxaXÄo)-
tai oder auch i\i's tjj.cd>.oi),
auf den Füfsen hohe Stie-
fel. Die Maske zeichnet
sich durch hochgezo-
gene Brauen und drei
weifse Haarbüschel aus,
jederseits an den Schlä-
fen einer48 und der dritte
über der Stirn; ob die
Ohren thierisch oder
menschlich gebildet sind,
ist nicht sicher zu er-
sehen, doch will mich
das Erstere wahrscheinlicher dünken;
:/3 des Orig.
der Bart ist auch weifs. Silen hebt lustig
springend das rechte Bein hoch und bläst mit vollen Backet! in zwei Flöten, die
er in den Händen hält. Neben dem erhobenen Bein liegt raumfüllend ein Ball
oder eine Diskosscheibe. Zu beachten ist das Fehlen des ' tjxottov xxfosttiivov
sjvuDpc/v iz äxpou r.ayß' sowie das Fehlen des Schwanzes49.
D. Krater (sog. vaso a camfand) der Sammlung Caputi zu Ruvo , wo das Gefäfs auch April
1883 gefunden wurde: abg. und eingehend bespr. von mir im 9. Hall. Frogr. Tafel I S. 4fr. (worauf ich
für alle Einzelheiten verweise). Vgl. dazu Jatta ' Notizie degli scavi 1883 p. 379 sq. ; Trendelenburg
Wochenschr. für cl. Phil. II no. 38 S. 1189fr.; Weizsäcker Phil. Rundschau V no. 37 S. 1 1 69 ff. — Rev.
Dem Herakles stehlen, während er das Himmelsgewölbe trägt, zwei Satyrn Keule und Köcher mit
Bogen. Vortreffliche feine Zeichnung.
Auf dem von Säulen gestützten Logeion sind drei Schauspieler dargestellt:
zwei Männer und eine Frau. Diese, Charis (Xotpt?) mit Namen 50, ist in Chiton und
Mantel, der den Hinterkopf verhüllt; um das Haar hat sie eine Tänie; am rechten
Unterarm und am linken Handgelenk erkennt man die Anaxyrides, die der Schau-
spieler der aufgelegten Polster wegen trägt; das Gesicht ist runzlig und sehr
stumpfnasig. Charis hält zusammen mit dem ihr gegenüberstehenden Philotimides
(4>iXoTi[M&7ji;) eine grofse Schüssel, auf der Brod und Kuchen verschiedener Form
liegen; Beide halten dieselbe je mit der linken Hand, während sie in den erhobenen
Rechten je eine Efswaare, sie einen Kuchen, er eine Feigenschnur5' — die ursprüng-
lich auch auf der Schüssel gelegen — lüstern betrachten und sich aneignen; Charis
reifst schon zum Verzehren den zahnlosen Mund so weit als möglich auf. Philoti-
mides trägt Polster und Ärmelanaxyriden, Exomis und Phallos; seine weifshaarige
Maske mit langem weifsem Bart und breitgeschlagenen Ohren trägt den Ausdruck
48) Vgl. dazu (Aristot.) Physiogn. 3: Xi-[wj ar^Etcr
. . . y.ai 'A xp<katpoi oaaei; eittetai; Hpi;(v xt?>.
40) Beides — Phallos und Schwanz — fehlt auch
den Komasten auf dem Vasenbilde aus S. Agata
d' Goti bei Gerhard Ant. Bildw. 72 =.-. Wieseler
Theatergeb. Denkm. IX 5, wo dieselben wie der
Silen mit zotteligen Anaxyriden, aber ohne Mas-
ken und Auspolsterungen ausgestattet sind.
■io^Frau'»» Hulda « verdeutscht zierlich Trendelen-
burg a. a. O.
51) Brieflich theilt mir G. Jatta mit, dafs man viel-
leicht auch an eine Wurst (cM.öc;) denken könne
— dagegen scheint mir bestimmt die deutlich
erkennbare Umwickelung mit Band zu sprechen,
welche freilich auch bei den aufgezogenen Feigen
Schwierigkeit macht. Daher nimmt Trendelen-
burg (a. a. O.) es für einen »mit Binden umwun-
denen Blumenkranz« und sieht den Scherz darin,
dafs « Charis mit richtigem Blick das Efsbare
erspäht, ihr hungriger Partner aber den Blumen-
kranz in die Hände bekommt«. Sni iudice
lis est!
274 Heydemann, Phlyakendärstellungen.
grofser Schlauheit und Verschmitztheit; die Nase ist nicht aufgeworfen. Zwischen
Beiden steht ein niedriger langer Speisetisch, auf dem wahrscheinlich die Kuchen-
schüssel vorher gestanden hat; oben hängt zur Raumfüllung eine Önochoc; hinter
Philotimides begrenzt eine halbgeöffnete Thür die Scene. Hinter der Frau steht
abgewendet, aber sich halb zurückdrehend der Sklave Xanthias (Zavll'.ctc), mit Polstern
und Phallos, in Ärmelanaxyriden und Exomis; er hat einen Kuchen in Herzform
gestohlen und steckt ihn heimlich in die Brustöffnung seines Chitons yi. Vortrefflich
ist seine stumpfnasige Maske; fast kahlköpfig hat er die letzten Strähnen des
Haares jederseits zusammengekämmt. Die Augen schielen; der Ausdruck verräth
gröfste Pfiffigkeit. Alle drei sind barfufs.
E. Krater (sog. vaso a campand) im Museo Nazionale zu Neapel no. 1778 (gef. 1805 in Pästum:
Documenti inediti per serv. alla stör, de' Musei II p. 57): abg. und bespr. Mus. Bork X 30 (== VI 60 cd.
rom. =1 I, 92 ed. fr.). — Rev. Zwei sog. Manteljünglinge. Leidliche Arbeit der Verfallzeit.
Ein Schauspieler steht zwischen Dionysos und Ariadne. Der Komiker, einst
ithyphallisch , in Polster und Ärmelanaxyriden (mit herunterlaufendem Mittel-
und kleinen Querstreifen), Schuhen und weifsem Chiton, in der gesenkten R. einen
knotigen Stab, um die Maske einen Kranz, drückt den Kopf zwischen die hoch-
gezogenen Schultern und legt die obere Fläche der leicht geschlossenen linken Hand
gegen und unter das bärtige Kinn: er überlegt pfiffig zur Seite schielend, was er
etwa sagen oder thun soll dem Gott gegenüber, der ihm in der erhobenen Linken Kranz
und Schale hinhält. Dionysos, nackt aber Schuhe und über den Armen shawlartig
den Mantel tragend, ist weibisch reichgeschmückt und hat in der anderen Hand
den Thyrsos. Hinter dem Schauspieler steht, langgewandet und ebenfalls reich-
geschmückt, Ariadne: während sie mit der L. das Gewand über der Schulter lupft,
legt sie die Rechte zutraulich auf den Rücken des Schauspielers: sie will ihn zu
freier Entscheidung gegenüber dem Gott und Gebieter aufmuntern. Zur Raumfüllung
zwischen Stock und Beinen des Schauspielers ein hohes Gewächs, oben Tänien
und Blätter.
F. Krater (sog. vaso a calice) aus Pästum im Neapeler Museum no. 1782: beschr. im Verzeichn.
S. 104; hier zum ersten Mal abgebildet. Anwendung von weifser und rothbrauner Farbe; die Rückseite
ist nur schwarz gefirnifst und ohne Schmuck gelassen.
Dargestellt ist ein Schauspieler, in der vorgestreckten Rechten einen hohen
krummen Krückstock'3 ein wenig von der Erde hebend; die Linke, welche das
eine Ende des Mantels gefafst hält, liegt an der Brust. Er wirft sich ein wenig
hintenüber und stöfst erregt mit dem Stock auf den Boden; der Grund dieser
Erregung ist uns unbekannt, da der Maler nur diese eine Figur aus einer ihm vor-
liegenden (gröfseren oder kleineren) Gruppe wiederholt hat. Das Kostüm ist so
vollständig als möglich: dicke Polster und Anaxyrides mit Ärmeln fvsiptos»), kurzer
Chiton und kurzes Mäntelchen'', Schuhe fsußatai) an denen die »Strippe« hinten
zum Anziehen sichtbar ist, endlich die Maske, welche sich durch ihren sonderbaren
Putz auszeichnet. Um die Stirn liegt nämlich ein Band, an dem sich jederseits ein
steifer hochstehender Dorn (vgl. IV) findet, dessen Spitze ein Blätterbüschel und
eine herabhängende Tänie zieren. Die runden kleinen Augen, die hochgeschwun-
genen Brauen, der breite grofse Mund, das strähnige Haar des Kopfes wie des
52) Nach Trendelenburg a. a. O. hätte er ein Stück Original zeigt bei beiden Backentaschen die
abgebissen »da die Maske des Sklaven deutlich gleiche Dicke und maskenhafte Aufgetriebenheit.
die eines kauenden und der 1. Mundwinkel viel i3) Kau.r:iXir) oder axfeiov sxo).i<i; (Eurip. Hekabe
stärker gerundet als der rechte, und die 1. Backen- 65; Alkiphr. III 3; u.a.)
tasche von dem grofsen Bissen ganz aufgetrieben 54) Der kleine runde Punkt und die beiden Zottel-
ist«. Aber da hat die in dem Punkt nicht ganz chen, welche am Gesäfs sichtbar werden, sind
genaue Publication des Programms irregeführt; vielleicht Besatz des Mantels. Vgl. dazu den
die zu Grunde liegende Durchzeichnung bez. das l'ranzenbesatz auf c >.
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
275
Bartes vollenden den komischen Ein-
druck der Erscheinung, die sehr flüch-
tig aber mit grofser Sicherheit gezeich-
net ist. Hinter dem Komiker oben ein
herbeifliegender Vogel, unten ein eiför-
miger Stein — beides nur zur Her-
stellung des künstlerischen Gleich-
gewichts, wie mir scheint: der vorge-
schobene Stock erforderte auf der an-
deren Seite der Figur eine einigermafsen
entsprechende Raumfüllung. Beachtens-
werth ist das sichere Fehlen des Phallos.
G. Krater (sog. vaso a campand) im
Neapeler Museum no. 3368: abg. und bespr. Wie-
seler Annali dell' Inst. 187 1 Tav. G. p. 99 sq.;
vgl. auch C. Müller Philologus 35 S. 354. — Rev.
Drei sog. Manteljünglinge. Fluchtige Zeichnung.
Drei Komiker, als Krieger aus-
staffiert in Unterhaltung begriffen.
Sie haben Chlamydes , starke Bauch-
polster, Phallen, Schuhe und Anaxyri-
des, deren Ärmel weifs gemalt sind,
während sie an den Beinen zwar nicht
angedeutet aber natürlich vorauszusetzen
sind. Der eine, der schwarzes Kopf-
haar und rasierten Bart" zeigt, hat
keine Maske, seine Züge sind ohne jede
sonstige Übertreibung; er trägt einen
hohen korinthischen Helm mit langem Pferdeschweif, stützt mit der Rechten einen
Lanzenschaft auf und legt die Linke, welche in die um den Hals geknüpfte Chlamys
gewickelt ist, auf den Rücken. Er ist in Gespräch mit einem Kameraden, der vor
ihm auf seiner Chlamys sitzt und ihm in den erhobenen Händen Schildrund 5G und
Tänie zeigt; seine Maske, mit starkgebogener Nase''7 und Spitzbart, ist vorn kahl,
während nach hinten die Haare in langen einzelnen Strähnen herabfallen. Dieselbe
Maske — nur ist die Nase weniger gebogen und der Bart weniger spitz — hat der
dritte Mann, zwischen den anderen Beiden stehend, mit höher aufgesetztem rechten
Fufs über dessen Oberschenkel die Chlamys liegt: in dieser »lysippischen« Stellung
betrachtet er einen Hund, der das eine Ende der emporgehobenen Tänie beschnüffelt
und auf den der Krieger mit dem linken Zeigefinger hinweist. Der Ausdruck dieser
letzteren Maske ist vergnüglich -beschaulich, dagegen die andere Maske bissig und
heftig erscheint.
H. Krater (sog. vaso a campand), vermuthlich aus S. Agata de' Goti, im Neapeler Museum no. 3370:
abg. und bespr. Wieseler Annali 1871 Tav. I. p. I04sq.; vgl. auch H. W. Schulz Annali dell' Inst. 1838
p. 167, 6; C. Müller Philologus 35 S. 355. — ßev. Zwei sog. Manteljünglinge. Flüchtige Zeichnung;
zerbrochen und beschädigt.
Auf dem von drei Pfosten gestützten Logeion zwei Schauspieler, sich gegen-
über stehend; zwischen ihnen ein Dreifufs. Der eine Schauspieler, mit schwarzem
(F.) % des Orig.
) Poll. IV 133: to y^vsiov h -/p(j) xoupfoe« teiv 6 57) Vgl. (Aristot.) Physiogn. 6 : 01 ik (tjjv j&tv«) ypurcrj
l'jpta;; vgl. dazu z. B. Overbeck Sagenkr. VII 4
XIII 7; XX 3 und 4; u. a.
äe) So mit Recht Panofka und Wieseler, während
ich an ein Tympanon dachte.
£/_ovt£{ zal toO |j.eTW7:o'j Sti)pfrpu>fjtivi)v piEyaXo-
276 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
Haar, hat eine grofse Kithara und ein gewaltiges Plektron (fast kleine Keule) in
Händen; der andere, weifshaarig, stützt einen Lorbeerbaumstamm mit der Rechten
auf. Beide sind bärtig r'", über der Stirn kahl und lorbeerbekränzt, beide in Polstern
und Ärmelanaxyriden , mit Phallen und Exomides ausgestattet und barfüfsig.
Jeder hat den Mund weit geöffnet, rollt zornig die Augen und zieht die Schultern
empor — es scheint ein Streit ä!l zwischen ihnen ausgebrochen oder auszubrechen;
der Kitharspieler legt das Plektron in der gesenkten Rechten wie eine Lanze ein,
als ob er zu Thätlichkeiten übergehen wolle. Will ihm der Mann mit dem Lorbeer-
stamm, den wir als Preisrichter auffassen können (ebenso Wieseler), das Athlon —
den Dreifufs — etwa vorenthalten? Hinter dem Preisrichter oben zur Raumfüllung
ein Diskos oder ein Ball00.
I. Krater (sog. vaso a campanä) jetzt im Museo Gregoriano zu Rom : oft abgebildet z. B. Winckel-
mann Mon. ined. no. 190 und Kunstgesch. Wiener Ausg. S. 187; Hancarville Antiq. IV 105 (59); de
l'Aulnaye Salt, thiatr. II (nicht zugänglich; vgl. Böttiger Archnol. der Malerei S. 201); Bouchard Choix
de mon. II 103 (nicht zugänglich); Pistolesi Vat. descr. III 69; Museo Gregor. I 31 (der ersten Ausgabe);
Miliin Gal. myth. 108 bis, 428*; Müller-Wieseler D. a. K. II 3, 49; Wieseler Theatergeb. IX II; Flöget
Gesch. des Grotesk-Kom.3 Taf. 11 (farbig aber ungenau); Champfleury Carte, ant.' p. 224; Schreiber
Kulturhist. Bilderatlas V 8; Baumeister Denkmäler Suppl. No. 1 ; u. s. w. Vgl. die Besprechungen bei
Winckelmann a. a. O. und Kunstgesch. III 4 § 34; Wieseler a. a. O. ; Braun Mus. u. Ruin. Roms S. 828, 57;
Overbeck Kunstmyth. II S. 403 f. ; u. a. m. — Rev. Zwei ManteljUnglinge, einander gegenüberstehend,
bekränzt und mit Stäben in den Händen.
Aus dem Fenster (Hupt';) des Oberstocks61 schaut eine Frau heraus, edlen
Profils, reichgeschmückt und in Haube sowie Chiton. Sie spricht mit Zeus, der
eine lange Leiter03, durch deren Sprossen er seinen Kopf gesteckt hat, mit beiden
Händen trägt und begehrlich zu ihr aufblickt, während Hermes in der R. mit einer
Lampe63 zum Weibe emporleuchtet: es ist Nacht, die ja nach Menander idsitnov
'AcppoöiVrj? öswv fisTE^si jxjpo;. Zeus °4 trägt Polster und enganliegendes weifses Ge-
wand, rothbraune Ärmelanaxyriden und auf dem spitzschädeligen05 Kopf einen
hohen modiosartigen Aufsatz00, als »diadema«. seiner olympischen Herrschaft; sein
Glied ist mit der xuvoosau/rj zusammengebunden07. Hermes, gleichfalls mit Polster
und enganliegendem weifsem Gewand sowie mit braunen Ärmelanaxyriden aus-
staffiert, hat einen rothbraunen Phallos und um den Hals die Chlamys geknüpft;
aufserdem hat er den Petasos auf dem Kopfe und ein grofses Kerykeion in der
Linken. Der Götterbote ist bartlos, Zeus dagegen spitzbärtig; ihre Gesichter, welche
nicht maskiert oder ins Maskenhafte verzerrt sind haben nichts unförmliches, sind
aber unschön und unedel: Zeus alt und runzelig, dicklippig und starknasig08, Hermes
ältlich und stumpfnasig wie ein barbarischer Sklave. Beide sind barfüfsig. Wer
ist nun die Frau, zu der Zeus ins Fenster steigen will? Nach Winckelmann, dem
die Erklärer alle09 folgen, wäre es Alkmene. Aber diese besucht Zeus stets
L8) Daher kann der Kitharspieler nicht Apollon sein, (Aristot.) Physiogn. 3: xivaßou STjrjiEta .... f Wi-
me ich im Katalog annahm (vgl. jetzt auch q). xporo; v.tX.
sy) Die Deutung von Schulz auf »Orestes schütz- li5) Vgl. dazu den irdischen »Olympier«, Perikles
flehend vor Apollon« trägt den Thatsachen ffXtvox {(paXoc : Plut. Per. 3 (rcpo^T^/ä); xetpaXr) xol
der Darstellung keine Rechnung und schwellt <äai,u(jieTpot).
völlig in der Luft. 60) Nach Overbeck a. a. O. soll der fragliche Auf-
t0) Die Verzierung verbietet an eine Patera zu satz »in komischer Weise einen Helm oder den
denken, wie Wieseler a. a. O. möchte. Befestigungsapparat des Helmbusches bedeuten«
") Vgl. dazu Pollux IV 130: iv 8t xufMatfa ä~ö xr,; — vgl. aber den ähnlichen Kopfputz des Zeus
?i3TEY(ct; TTOpvoßosxsi ti y.aT07rreuo'j5iv •?, ypot?ta auf Vase /.
i\ Y'ivaiot xaTot[i)ir:ei ; auch Vitruv V 8; p. 119, i:I) Vgl. dazu Stephani CR. 1869 S. 152, 5-
24 Rose. Gs) Vgl. dazu Eupolis bei Pollux X 63 : d).Ä' St ^O.t
°2) Vgl. dazu Xenarchos bei Athen. 569 a. Zsü «atdwtXov -rjv &fv' r/si;.
•*) In den Ekklesiazusen 978 hat der zur Geliebten 6») Auch schl'iefslich Otfr. Müller im Text zu den
gehende Jüngling eine Fackel wie auf der Vase /'. Denkmälern der alten Kunst, während er früher
64) Die schlottrigen Kniee des greisenhaften Lieb- schwankte (Dor.'' II S. 349); vgl. dazu Athen.
habers erhöhen die Komik der Situation; vgl. p. 1 1 1 C (Pfvötuv £v ÄjJwptTpitBVl).
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 277
— ich verweise auf die »tragicomoedia« des Plautus — in Gestalt ihres Gatten
ganz offenkundig und er bedarf nicht des Weges durchs Fenster, der ihn ja verrathen
und seine Metamorphose überflüssig machen würde. Meiner Überzeugung nach ist
daher an Alkmene nicht zu denken, sondern an irgend eine beliebige Schöne,
welche der verliebte Götterkönig (ZsJ)« [xot^o?)7" unter Beistand seines Sohnes be-
suchen wird -utacitae per amica sileniia noctis«.
K. Kleiner Topf mit Kleeblatttülle (H. o,2o; Umf. 0,53) in der Biblioteca Vaticaua: abg. und
bespr. Wieseler Annali dell' Inst. 1853 Tav. A B, 8 p. 49 s. Äufserst flüchtige und rohe Arbeit, deren
Inhalt mehr nur zu errathen als zu erkennen ist.
Links das vorspringende Dach eines Hauses (vgl. ebenso Xdq); darunter
ein Altar (sie).- Demselben nahen drei Schauspieler, ausgestattet mit Polstern
und Masken, Ärmelanaxyrides und kurzen Chitonen: der dem Hause zunächst
stehende, spitzbärtig und das Gesicht sowie den Oberkörper in Vorderansicht gewen-
det, hebt erregt beide Arme". Der zweite72, der auf dem rechten Fufs stehend
den linken hochzieht73 und beide Arme vorstreckt, scheint eben das vor ihm befind-
liche Polsterkissen74, nach dem er herabblickt, abgeworfen zu haben; hinter ihm
liegt ein Brod. Endlich der dritte Schauspieler bläst zwei Flöten. Doch wol
Komosscene, worauf der Musiker weist, oder etwa Heimkehr von einer Reise, die
durch das Kissen75 angedeutet wird? Das Ganze zu roh und schnell gemalt als
dafs Sicheres zu behaupten wäre.
L. Krater (sog. vaso a camfand) in der Biblioteca Vaticana (H. 0,39; Umf. 0,76): schlecht abge-
bildet bei Pistolesi Vaticano descr. III 105, I; hier nach einer neuen Bause (die ich Winter 1868/69
nehmen durfte). — Rev. Zwei sog. Mantelfiguren. Zeichnung gewandt aber flüchtig und grob.
Ein komischer bekränzter Schauspieler, in Polster und Armelanaxyriden,
Schuhen und weifsbemaltem Chiton der unten und am rechten Ärmelloch lilafar-
benen Besatz zeigt, hebt sich hoch auf den Fufsspitzen und bläst, den Kopf hinten-
überwerfend, die Doppelflöte die er mit beiden Händen hochhält. Seine Maske,
bärtig und vollhaarig, zeichnet sich durch arge Stumpfnäsigkeit und gewaltig grofsen
Mund aus: die Übertreibung hat hier den Maler zur Verzeichnung verleitet. Der
einst unzweifelhaft vorhandene Phallos ist jetzt beseitigt. Hinter dem Komiker eilt
der jugendliche schlanke Dionysos herbei, in der Rechten den Thyrsos, in der über
den Kopf des Schauspielers erhobenen Linken einen Kranz; mich dünkt, er will
den Flötenbläser kränzen. Der Gott trägt Schuhe, über den Armen den Mantel,
um den Kopf Epheukranz und Tänie; aufserdem noch — dem überladenen Styl
der Verfallszeit entsprechend — Perlenschmuck um Brust und rechten Oberschenkel
sowie Periskelides an der rechten Wade. Im freien Raum drei Epheublätter.
70) Vgl. Schol. Arist. Frieden 741 (und dazu Wilamo- 74) Vgl. dazu z. B. die Kissen auf dem Vasenbilde
witz Observ. crit. in com. gr. S. 37 Anm. 24). Arch. Ztg. 1883 Taf. 18; u. a. m. An einen
71) Anders freilich Wieseler a.a.O.: »aha il braccio »Reisesack (tpäsxtoXo?) zu denken, wie Wieseler
sinistro, mentre non apfarisce cosa aleuna de! anzunehmen nicht abgeneigt wäre {Annali 187 1
braccio deslro«. p. 103), verbietet m. E. das Fehlen der zuge-
Vi) Wieseler a. a. O. erkennt hier an der Maske statt schnürten Öffnung : vgl. » Reisesäcke « z. B.
der Nase »il beeco molto ineurvato dtmuccello da Overbeck Sagenkr. XIII 7; XXVII 12; XX VIII
rapina « — was er dafür erklärt, sollte Spitze des 5 ; Catal. Captiti Tav. 1 ; u. s. w.
Bartes sein. 75) » Stromata « wurden auf Reisen meistens und
73) Wieseler a.a.O. denkt an den »Askoliasmos« — gern mitgefühlt: vgl. Arist. Frösche 165; Aeschi-
dafür liegt der Sack m. E. zu hoch; vgl. die nes II 99; Xenoph. Mem. III 13, 6; u. a.
Darstellungen des ccaxu>Ätc<3u'k Arch. Ztg. 1847
Taf. IX I und die Gemme abg. bei Krause
Gymn. u. Agon. 24,93 i u- °-
278
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
;/3 des Orig.
M. Krater (sog. vaso a calice; H. 0,50) gefunden in Lentini (Leontinoi) und aufbewahrt im
Palazso pubblico daselbst: abgeb. und bespr. Stephani Mon. dell' Inst. IV 12 und Annali 1844 p. 245 ss. ;
Wieseler Theatergeb. Denkm. III 18 S. 31 ff.; Champfleury Carkat. ant.2 p. 231; Baumeister Denkmäler
II no. 902. Eine neue in Einzelheiten genauere Abbildung findet sich in den Wiener Vorlegeblättern
Serie B. Tafel III 2, die hier nach der von Herrn Hofrat Prof. Dr. Benndorf der Redaction freundlichst
zur Verfügung gestellten Durchzeichnung in Verkleinerung wiederholt ist. Vgl. noch Minervini Bull. Nap.
Arch.W p. 143 s.; Brizio dorn. d. sc. di Pompei NS. I p. 35 D. — Rev. »In der Mitte sitzt auf einem
Stuhl mit weifsen Kissen nach links, am Oberleibe nackt, mit Haube und Halsband, eine weibliche Figur,
welche in der Linken einen langen Thyrsosstab, in der Rechten einen Kranz und eine Fruchtschtissel
hält. Zu beiden Seiten je eine stehende weibliche Figur; links in Chiton und Haube mit Fruchtschüssel
und Binde, rechts in Chiton, Himation, Haube und Halsband, die rechte Hand erhebend« (Benndorf im
Text zu den Vorlegeblättern). Wol Ariadne zwischen zwei Bacchen. Viel Weifs ist aufgetragen bei
äufserst sicherer flotter Zeichnung; später malerischer Styl.
Das Hyposkenion, in dessen Mitte eine weifse Leiter angehängt ist zur
Verbindung zwischen Orchestra und Bühne711, ist mit vier herabhängenden Wolltänien
geschmückt; jederseits zwischen diesen steht ein bronzenes Thymiaterion77, zum
7e) Zu dieser Leiter, die wohl nur während der Auf-
führungen angelegt ward, vgl. Wieseler Thymele
S. 30 Anm. 85. Ihre weifse Farbe zwingt nicht,
sie aus Marmor oder Bronze zu denken; das
Weifs ist nur der Buntheit wegen aufgesetzt.
7r) Nicht Candelaber, wie man bisher ange-
nommen; vgl. dazu die Weihrauchstäjider z. B.
auf der Perservase {Mon. delt Inst. IX 50) ; u. a. in.
Die weifse Bemalung könnte auch an Marmor
denken lassen — aber das gewöhnliche Material
für so geformte Thymiateria war Bronze; vgl.
Friederichs Berl. ant. Bildw. II S. 164 fr.
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
279
'/, des Orig.
Schmuck und zum Opfergebrauch 7". Die Scene auf der Bühne stellt das Temenos
eines Tempels vor, dessen Säulengang" die Hinterwand bildet; zwischen den Säulen
oder an der Wand hängen Weihgeschenke, theils eckige (etwa Pinakes), theils runde
(etwa Kränze und Schalen, letztere als rosettenartige Ornamente behandelt). Vor
dem Säulenumgang ein Altar80 mit schrägen Seitenrändern, hinter dem auf einer
von Lorbeerstauden umgebenen Säule das weifse Götterbild steht: eine langbeklei-
dete Frau mit Schale und Kranz in den Händen, doch wol Aphrodite81. Vor der
Statue steht eine Frau, in Chiton und Mantel der auch den Hinterkopf bedeckt,
Schuhen und weifsbestickten Ärmeln (Anaxyriden) ; das Haar, in langen Locken-
strähnen herabwallend, ist über der Stirn mit einer Blume oder Rosette82 geschmückt,
von der jederseits ein Band mit kleinerem Rosettenschmuck83 herabfällt; ihre Maske,
deren Mund nicht geöffnet ist, zeigt leidlich schöne Züge, nur die Nase ist unförm-
") Vgl. z.B. Plut. Kimon 8; Pollux VIII 104.
79) Die Säulen sind weifs gemalt und ionischer Ord-
nung.
w) Der Altar nebst Götterbild steht zur Seite, nicht
in der Mitte der Darstellung, weil die Mitte für
die Hauptfigur, die jugendliche Krau, nöthig war
— diese nimmt nun räumlich die Mitte ein; dem
Herakles entspricht räumlich Altar und Götter-
bild; jederseits dann noch eine Figur.
81) Anders freilich Stephani a. a. O. S. 258 ff.
82) Nach Stephani a. a. O. S. 247 f. vielmehr ein »Haar*
Jahrbucti des archäologischen Instituts I.
knoten«, was durch die neue Zeichnung vollends
widerlegt wird.
sn) Soll dies etwa geknoteter Wollfaden sein (ctrifX-
[MtTa, Tam'oc, ißubSnft vittae), wie ihn der opfernde
Herakles sich umlegen will auf dem Vasenbild
Stephani CR. 1876, V 1 und wie ihn die Iuno
Ludovisi u. a. m. (vgl. dazu Wieseler DaK. :;
II Anm. 55) tragen! Es würde dies für die
»Betende« besonders charakteristisch sein; vgl.
K. F. Hermann Gottesdienst. Alterth.* § 24
Anm. 8.
21
280 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
lieh verzerrt. Die Frau war wol im Begriff betend vor die Göttin zu treten, als
Herakles sie mit beiden Händen an linker Schulter und Handgelenk gepackt hat
und nun tänzelnd oder trippelnd 8* sie wegziehen will 85 : die Frau blickt bestürzt auf
ihn und hebt die Arme, er schaut grimmig begehrlich nach ihr um; seine Keule (sie)
lehnt an der Wand, d. h. ist wol von ihm auf die Erde geworfen, um die Frau
fester zu packen. Herakles86 trägt Anaxyriden ", Sandalen, Polster mit weifsem
enganliegendem Gewand, über dem Kopf die lang herabfallende Löwenhaut; der
Mund seiner Maske, von einem kleinen krausen Bart umgeben, ist gewaltig breit
gezogen und thierisch grofs. Rechts und links noch je eine Figur. Links ein
Mann88 mit Bart und kurzem spärlichem Haar, welcher sich abwendet, aber die
Schultern hochziehend und verschmitzt grinsend zu Herakles umblickt und mit der
Rechten auf dessen Thun hinweist bez. ihn aufmuntert; er ist in Armelanaxyriden
und Sandalen, Polster und enganliegendem weifsem Gewände; um linken Arm,
Rücken und Unterleib hat er einen kleinen straffgezogenen Mantel, unter dem er die
Linke in die Hüfte stemmt; die Maske mit dem breiten Munde, der kleinen unten
weit vorstehenden Nase, den hohen Augenbrauen ist sehr häfslich, aber sehr ausdrucks-
voll. Auf der anderen Seite eine weifshaarige alte Frau89, in Schuhen und weifsen
Ärmeln (der Anaxyriden), Doppelchiton und Mantel unter dem die Linke in der Seite
liegt; sie hält die rechte Hand auf die Brust und sieht pfiffig-vergnügt auf den Vorgang
zwischen Herakles und der Frau: ihr fettes runzeliges Gesicht ist ebenfalls äufserst
unschön und ebenso ausdrucksvoll; sie zieht kichernd den Kopf zwischen die
Schultern und scheint lüstern schnalzend die Zungenspitze vorzustrecken. Es dünkt
mich zweifellos, dafs die Beiden, die weifshaarige Alte und der Mann90 mit den
spärlichen kurzen Haaren, entweder die Altern des Mädchens oder doch das
Kupplerehepaar91 sind, welche dem Helden Mittel und Wege gewiesen haben,
sich des Gegenstandes seiner Begierde zu bemächtigen; ihre durchbrechende
Freude zeigt, dafs ihr Plan gelungen ist: bei heiliger Verrichtung hat der Heros
das Mädchen überrascht. Wer freilich diese junge Frau sein soll , vermag
ich nicht zu sagen; man möchte bei der verhältnifsmäfsigen Vornehmheit ihrer
Erscheinung an irgend eine Heroine92 denken, die hier nach Art der Komödie ver-
kuppelt wird. Aber es kann auch irgend eine unbekannte Sterbliche sein93, welcher
Herakles in dem Bezirk der Aphrodite liebebedürftig folgt und vor dem Bilde der
Göttin selbst raubt.
0. Amphora im Museum Biscari zu Catania, unbekannten Fundorts'14: abg. Hancarville Ant.
III 88 (64); Saint-Non Voy. /iift.llp. 243 (mir nicht zur Hand); Serra di Falco Ant. delta Sicilia II p. 1
"') vg'- dieselbe tänzelnde Bewegung auf der Dolon- 87) Die Arme sind dem Anschein nach unbedeckt,
vase des British Museum no. 1435 (abg. z. B. 8R) Das Glied ist mit der x'jvo5s,3|j.r) aufgebunden:
Overbeck Sagenkr. XVII 4), welche möglicher- die neue Zeichnung zeigt noch die beiden En-
weise auch auf eine komische Bühnenbehand- , den des Bandes; vgl. Stephani CR. 1869 S. 152
lung zurückgehen könnte. Anm. 1.
8i) Wie H. W. Schulz (Anna/i delt Inst. 1838 p. 167) li9) Als solche richtig erkannt von Minervini a. a. O.
hier an die »Wiedererkennung des Orestes und '"') Stephani erklärte ihn für »Iolaos«, Wieseler für
der Iphigenia« denken konnte, ist mir völlig einen Sklaven,
unerfindlich und bedarf keiner Widerlegung. :") Vgl. dazu für die neue Komödie Pollux IV 145:
8C) Zu seinem grofsen Hängebauch vgl. (Arist.). ö 8e Tiopvoßoaxö? TaXXct [aev eWe Tip A'jxopurjSgfrp
Physiogn. 3: dycclrol tpay£'v °'Z t4 ottö toü <5fi- (ebenda: 6 oe A'jxopurjÖEio; oOXöxo|i.o; ptaxpoyEvEio;
-.paXoü Ttpoc STTJijo; liEiJov Iotiv jj tö eVreülhv 7:pö{ xxX.) , xä öe /eiXt) br.oaiartfz xat a'jvayExai xi;
xöv aiyifva und ferner 6: 0301 oe tö ino xoü ÄtppO; xat ävacpaXavxion älriv 7] (paXaxpö;.
ifiaaXou ~po; tö axpojXTJtttGv piei.ov lyoosiv f) tö "2) Stephani denkt an Auge (ebenso Arnold in Bau-
i.r.0 xoü axposxrjih'ou irpö; töv xp4yr(Xov, ßopo't xat meisters Denkm. klass. Alterth. S. 821), was ja
övaMjrjTOt, ßopoi [JLEV oxi tö teO'/o; [J-^T"* e'/G'JIiv trotz der Abweichungen von zweifellosen Auge-
tu 8i)(0VTai tt)v xpocpr)v, dvaisilr^TOi oe o'ti axEV(i)- darstellungen (vgl. jetzt Robert Annali 1884
xspov töv xpö'rcov lyouotv st «isitigcrei;, S'Jvev«>|jie\ov p. 75 ss.) möglich wäre, aber wir gewinnen nichts
te T(i! T7)v xpo'-prjv Scy3|ju>vtu , i'uSxe Tctj ateir^sst; durch einen unsicheren mythologischen Namen.
ßEßap'ivüoii 8(4 x4s xüiv SrUtoy -Xii)p<Ü3£i{ \ eV M) Vgl. z. B. Aristoph. Frösche 513 ff.
OEiaj. »*) Wol sicher aus Grofsgriechenland.
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 28 1
(desgleichen); Wieseler Theaterg. Denkm. IX 9 S. 56 f. Schreiber Kulturhist. Bilderatlas V 2. — Rev.
Unbekannt.
Komödiendarstellung des Kerkopenabenteuers55. Auf einem Stuhl sitzt
König Eurystheus, in Armelanaxyriden und Phallos, in einen bestickten Mantel
drapiert, in der L. das ' ax/^tpov ypusEioic ^/.ot; 7iET:api.iivov' , auf dem bärtigen Masken-
kopf, den hohe kahle Stirn und dicklippiger hervorstehender Mund 96 auszeichnen,
Tänie und hohe mauerkronenartige Stephane. Er streckt die Rechte eifrig dem
Herakles entgegen, welcher mit grofsen Schritten, die Keule in der R. gleich einem
Spazierstock gebrauchend, ihm naht und an den Hörnern seines Bogens (den er
wie ein Tragholz über die Schulter gelegt hat ") zwei vogelbauerartige 9S Körbe herbei-
bringt, in denen zwei Affen oder doch affenartige Menschlein sitzen. Herakles trägt
Armelanaxyriden und Phallos, Polster und Exomis, auf dem bärtigen Kopf mit
weit geöffnetem Mund " den Löwenrachen. Zwischen Herakles und Eurystheus,
die beide barfüfsig sind, Altar (blutbespritzt: vgl. Q) und Bukranion mit Wolltänie.
Vielleicht hatte der Eurystheus der Komödie dem Herakles die Einfangung der
Kerkopen, welche ja waren (Kinkel fr. epic. I p. 70)
^suuxat ^TC£p07TT(s? dii^avoc t1 epYOt Saevxej
i,taT.'XTrixrlp!>i' itoXMjV Ö'sVi •(däav iövxz;
dv&ptuTcouc ditäraaxov dXiojxsvot r^\mxa. tozvt«,
anbefohlen, und gehorsam bringt der sie seinem Frohnherrn — aber es sind gemäfs
dem Übermuth der Komödie Äffen, die er bringtl Grade so ist das Töchterlein
der Mikka in den Thesmophoriazusen des Aristophanes (733) ein »Schlauch voll
Wein«. Herakles aber konnte statt der »Schwänzlinge« um so leichter Affen brin-
gen, da man unter dem Namen ja auch Affen100 verstand, nach Einigen sogar die
Kerkopen in Affen verwandelt worden waren"". Doch brauchte Eurystheus den
Befehl zur Einfangung der Kerkopen nicht einmal gegeben zu haben — fing Hera-
kles dieselben, so brachte er sie selbstverständlich dem Eurystheus102 wie er ihm
nach Philostrats Bemerkung (Imag. II 22) die eingefangenen Pygmäen bringen wird.
N. Krater {yaso a campana) aus Apulien im Berliner Museum no. 3043 (1951): abg. und bespr.
Panofka Arch. Ztg. 1849 Taf. V 1 S. 42 f. — Rev. Zwei sog. ManteljUnglinge.
Ein Komiker, mit Polster und Phallos, Armelanaxyriden und enganliegendem
gestreiften Tricotgewand , setzt den linken Fufs vor und hebt in der Rechten den
knotigen Stock, um einen ganz ebenso gekleideten Genossen zu schlagen, den er
an einem um den Hals gelegten Strick vor sich festhält: geduldig läfst dieser die
Strafe über sich ergehen, die zusammengedrückten Kniee zur Erde biegend und
beide Hände auf die Kniee. legend. Ihre Masken 103 sind — mit der Ausnahme,
dafs naturgemäfs der Gestrafte niedergeschlagen, der Schlagende streng blickt —
die gleichen: Stumpfnase, Spitzbart104, struppiges Haar hier wie dort; über der
Stirn des Schlagenden bildet das Haar eine kleine Tolle. Oben zwischen Beiden
ein dritter Schauspieler, von dem aber des mangelnden Raumes wegen nur der
Kopf d. h. die Maske und die rechte Hand gemalt sind: er hat den Daumen der
95) Die auf Vasen erhaltenen Darstellungen sind ge- 10°) Vgl. z. B. Hesych s. v. xs'pxuxl*; u. a.
sammelt bei Benndorf Met. von Sei. S. 46, 2.. 101) Vgl. Harpokr. s. v. x£pxu>'i; Ovid Met. XIV
m) Zu der wie es scheint Überhängenden Oberlippe 91 ff. ; u. a. m.
vgl. (Aristot.) Physiogn. 6: oi 8ä tot -/e(Xt) S/ov- 102) Nach Diod. IV 31 bringt Herakles die Kerkopen
ts; r.iyii xal to ötvu> toö xätuj 7rpox£xptup.ev3v der Omphale (vgl. auch Apollod. 116, 3 , 2),
[MüOof. was vielleicht auch auf Komödiendichtung zu-
97) Vgl. dazu Poll. X 17: FIXotiov h All xaxoupiviu rückgeht.
xal to xdijov ev rcai?tä TTotpEixc^iov ?cj>7) »xspctet- 103) Beider Mundöffnungen sind geschlossen.
vov clyov axe'jocpopctov xapmiXov« (Meineke fr. 104) Den » 3cprjvo7TuYy<ov « erwähnt Pollux bei den
com. II 2 S. 633) und unten Anm. 145. Masken der neuen Komödie zweimal: unter den
S8) Vgl. die Vogelbauer auf dem Petersb. Vasenb. Y'P0VTE> xiojAixof (IV 145: 6 oi a'fTjvoziü-j'üjv dvoc-
no. 1791 (CA'. 1860 Taf. 1); Schale in Gotha tpoXavT&te, fcppS« avaTEtapiivai, 'äS'JyivEioc, ÜTO-
(Mon. dell' Inst. X 37 a); u. a. oiatpoTto;) und unter den ÖEparrovTE; tpctytxol
") Er redet den König an und begrüßt ihn. (IV 138).
21*
282 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
Rechten an die Nase gelegt und bewegt und krümmt die anderen Finger — 1 er
höhnt105 den Geschlagenen, auf den er herabblickt. Ob hier Sklaven oder Freie
zu erkennen sind, ist nicht mit absoluter Sicherheit zu entscheiden, doch ist das
Erstere weitaus wahrscheinlicher: vielleicht ist der höhnisch Zuschauende der Herr,
welcher den einen Sklaven von einem anderen durchprügeln läfst.
P. Krater (sog. z>ase a calice) des Vasenmalers Assteas (Klein Vas. m. Meistersign. S. 84), wol in
Nola lu(i gefunden; früher zuerst im Besitz eines Bischofs von Nola, dann in der Sammlung Torrusio ;
jetzt im Berliner Museum no. 3044 (2481): abg. und bespr. Millingen Peint. de Vas. pl. 46 p. 69s; Homer
Bild. ant. Leb. 67; Wieseler Theatergeb. Denkm. IX 15 S. 62; Geppert Altgr. Bühne Taf. 4; Ohampfleury
Carte, ant.' p. 219; Schreiber Bilderati. des Altert. III 3. Vgl. noch Otfr. Müller Dor.' II S. 350; Brunn
Künstlergesch. II S. 662, 3. Die früher gelesenen Inschriften (C. I. Gr. 8482) sind theils von Weil Arch.
Ztg. 1879 S. 184 theils von Furtwängler Berl. Vasens. S. 849 (und nun hoffentlich definitiv) berichtigt
worden. — Rev. Dionysos mit Thyrsos und Schale, gefolgt von einem Satyr mit Fackel und Frucht,
schreitet vorwärts.
Auf einem von fünf Säulen getragenen Logeion ist ein Zimmer dargestellt :
links eine nach aufsen halbgeöffnete Doppelthür; an der Wand zum Schmuck und
zur Füllung des Raumes ein Kranz und zwei Masken 107 (weibliche Masken) mit
Tänien und Perlenbändern; in der Mitte eine grofse Truhe (Xäpva? oder xtßiuxo?) 108,
mit zwei »Bulla«-artigen Verzierungen oben an der Vorderseite. Auf derselben
liegt zusammengekauert ein Greis, Namens Charinos (Xaptvoc), und blickt ängstlich
auf einen Mann Eumnestos (Eujxv[r,OTo?]) 109, der ihn mit beiden Händen am
rechten Bein zerrt, während ein anderer Mann — er heifst inschriftlich Kosilos
(Ktuat[X]oc)"° und steht am anderen Ende der Truhe — ihm den um den linken Arm
gewickelten Mantel"1, worauf der Greis auch zum Theil liegt, wegzuziehen versucht.
Charinos hat in der R. eine ßaxTijpia xajMtäfog, ist aber theils zu alt, theils zu er-
schreckt über das Gebahren der Beiden, um den Stock zur Gegenwehr zu benutzen.
Eumnestos und Kosilos haben wol den Kasten, den Geldkasten"2 des Charinos,
bestehlen wollen, als der Alte — etwa ein Geiziger ä la Euclio? — sich auf ihn
geworfen hat um sein Geld zu schirmen, und nun zerren und reifsen die Bei-
den ihn herunter. Ruhig daneben steht sein Sklave Karion (Kapuov) " 3, schaden-
froh lachend, wobei er den zähnereichen Mund weit öffnet, und vergnügt wol die
Hände zusammenschlagend. Alle vier Männer tragen Ärmelanaxyriden (mit einem
Lang- und vielen Querstreifen), Polster und Phallos, die beiden gewaltthätigen Männer
nur enganliegendes Tricotgewand, Charinos dagegen und Karion Chitones "4; endlich
hat Kosilos allein Schuhe. Verschiedener sind ihre Masken. Charinos ist weifs-
haarig und weifsbärtig; Eumnestos ist bartlos und hat kurzes wolliges Haar110;
Kosilos ist gleichfalls ohne Bart, hat aber langes Haar"6; Karion endlich ist arg
stumpfnasig und hat struppiges Haar. Alle vier Komiker haben hochgezogene
Augenbrauen (am meisten Kosilos) und viele Runzeln auf Stirn und Wangen (am
wenigsten der Sklave Karion), was sich wol aus der Bewegtheit des Vorgangs"'
erklärt.
los) Vgl. dazu Jorio Mimica p. 72, 5. ll3)Vgl. zum Namen Aesch. II 157 und z. B. Arist.
106) Michaelis Journal of lull. stud. VI S. 41 ver- Plut. 1100; Diog. Laert. V 2 § 14; u. a. m.
muthet dagegen das benachbarte S. Agata de' Früher las man »Kanchas«.
Goti als Fundort, was nicht unmöglich wäre. ,14)So kennzeichnet schon die Kleidung die Zu-
,0") Oben sind die Ösen sichtbar, an denen sie sammengehörigkeit von diesen Beiden und von
aufgehängt bez. an der Hand getragen werden; jenen Beiden.
vgl. auch die Satyrspielvase Neapel no. 3240. ll5) Solches Haar hat auch der »oihoi vcaviaxo;«
108) So richtig auch Furtwängler a. a. O. und keine (Poll. IV 147).
Kline, wie bisher allgemein angenommen wurde. '"') Pollux IV 147 kennt in der neuen Komödie die
10<J) Früher las man »Gymnasos«. Maske eines »Ssitepoc l7t(ci£taT0s ve«vi'5x'){«, die
uo) Früher las man »Diasiros«; dann »Dosimos«. in Einigem mit dieser Maske stimmt: tewcfovtai
IU) Das andere Ende des Mantels hat Eumnestos ou Tpfye;, &SStfi xal Tiii Se'jTepio ärcisefaTco, i.T.1.-
mit dem Fufs des Charinos , wie es scheint, er- Xioriptu #vti (als der iitfottPCO« TrpaTHUTr^ üiv
griffen. %a\ äXa£<bv xtX.) — aber mit blondem Haar.
n2) Vgl. dazu z. B. die pompejanischen Geldkasten ll7) Früher irrthümlich als »Parodie des Prokrustes-
Ren, archeol. NS. XVIII 20, 1 und 2; u. a. m. mythos« erklärt.
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 283
Q. Krater (vaso a campanä) im Berliner Museum no. 3045 (1952): abg. und bespr. Panofka
Arch. Ztg. 1849 Taf. V 2. S. 43t".; Wieseler Annali dcll' Inst. 1853 Tav. A B, 4. p. 33SS. Vgl. auch
Heydemann Uiup. S. 14 Anm. 3 E. — Rev. Zwei Manteljünglinge.
Auf den Altar des Zeus Herkeios, der mit Blutstropfen besprengt118 und mit
einem Kranz geschmückt ist, ist Priamos geflüchtet: Polster und rothbrauner Phallos,
Ärmelanaxyriden und Chiton, dazu die weifsbärtige Maske mit der steifen phrygi-
schen Mütze"'1 bilden sein Kostüm. Er hebt abwehrend die Linke zur schwert-
bewaffneten rechten Hand des vor ihm stehenden Neoptolemos, welcher mit Polster
und enganliegendem Tricotgewand sowie Phallos120 und Armelanaxyrides ausgestattet
ist, mit der um den Hals geknüpften Chlamys seinen linken Arm »beschildet« hat
und auf dem Haupte einen pilosförmigen Helm trägt; Achills bartloser Sohn scheint
einen Augenblick zu zögern — etwa um die letzte Rede des greisen Königs nicht
zu stören. Neben dem Altar steht die »veterrtma laurusi. Beide Komiker sind
barfüfsig.
R. Krater (sog. vaso a campana) aus Apulien, im Berliner Museum no. 3046 (1949): abg. und
bespr. Panofka Arch. Ztg. 1849 Taf. 3 S. l7fT.; Wieseler Theatergeb. Taf. A, 25 S. iioff.; Baumeister
Denkmäler II 110.904; vgl. noch Welcker Arch. Ztg. 1849 S. 84fr". ; Kock Einl. zur Ausgabe der Frösche
§ 33; Heydemann 9. Hall. Progr. S. 19; u. a. m.
Auf beiden Seiten sind Komikerdarstellungen angebracht.
Vorderseite. Ein Schauspieler, bekränzt, mit Ärmelanaxyriden und (sehr
mäfsigem) Phallos11", Polstern (auf Bauch und Gesäfs) und bärtiger Maske aus-
gestattet, die sich von arger Verzerrung fernhält, hat in der L. den Bogen und
hebt in der R. die Keule um gegen einen dicken Pfosten oder Pfeiler loszuschlagen,
auf dessen Basis er heraufgesprungen ist; bei der Heftigkeit der Bewegung, die in
dem aufgeregten Gesicht sich wiederspiegelt, ist die Löwenhaut122 von der 1. Schulter
geflogen und wird zur Erde fallen. Hinter dem Schauspieler ein Altar und dann
auf einem Maulthier ein Mann, der anf der rechten Schulter ein langes gegabeltes
Tragholz v'3 mit Bettsack (zwischen den Gabelenden) nicht ohne Mühsal trägt; er
scheint nackt zu sein, doch weist der Abschlufs am linken Knöchel darauf, dafs
wir ihn in enganliegenden Ärmelanaxyriden zu denken haben, unter denen auch die
Polster am Bauch angebracht sind; die stumpfnasige Maske mit geschlossenem
Munde ist fast ganz frei von Übertreibung, dagegen sind die Körperformen dürr
und häfslich121. Beide Komiker sind barfüfsig.
Die Benennung der Figuren, die Deutung der Situation ist unzweifelhaft —
wobei wir vorläufig von der bisherigen Erklärung geflissentlich absehen. Der
Keulenträger mit Bogen und Fell ist Herakles, der Mann mit dem Gepäck auf dem
Maulthier sein Diener, vielleicht namenlos zu lassen, wahrscheinlicher aber als der
getreue Iolaos zu bezeichnen, der seinem göttlichen Bruder überall folgt. Und
Herakles handelt ganz wie wir's in der Komödie von ihm zu erwarten haben. Ange-
langt bei einem Heiligthum, findet er es verschlossen und begehrt nun Einlafs, auf
seine Weise — ' xevraoßtxSc' . Mit der Keule fährt und schlägt er drauf los, so dafs
man mit Plautus (Trucul. II, 2, 1) fragen kann: quis illic est, qui tarn proterve
nostras aedes arietat? Iolaos aber sitzt geduldig und unter der Reiselast seufzend
auf dem Maulthier und wartet der Dinge die da kommen werden: ein höchst
wirksamer künstlerischer Gegensatz zu seinem thatkräftigen ungeduldigen rüpelhaften
Herrn und Bruder. Dafs das Heiligthum hier möglicherweise das delphische12' ist
"*) Zum aiflcfsottv tobt ßo>p.oA( vgl. Conze Gott, gel. 'm) Mit Schamhaaren; vgl. Anm. 45.
Anz. 1867 S. 597. 1H) Die Schamhaare sind angedeutet (s. Anm. 45).
"") Dieselbe, den Onkos verdeckend, trug er sicher- '-'-') Nur Fell; von irgend einem Gewandstück ver-
lieh auch in der Tragödie, an Wangen, Kinn mochte ich nichts zu erkennen,
und soweit überhaupt die Mütze den Kopf frei '**) Das «väcpooov mit Reisesack wiederholt sich ganz
zeigte, geschoren: vgl. dazu das ixaxtUOV -pism- ebenso z. B. auf /-.
r.ov des Perseus Arch. Ztg. 1878 Taf. 3. An- '-*) Ähnlich z. B. auf h.
ders freilich Wieseler Annali 1853 S. 36. liS) Vgl. dazu q.
284 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
zu dem Herakles nach dem Morde seiner Kinder wallfahrt, können wir wol noch
vermuthen — Apollon wollte ihm ja nicht Auskunft ertheilen und der Heros darob
ergrimmt raubt den Dreifufs; vielleicht weist das Verschlossensein des Tempels aut
Apollons Abgeneigtheit hin und Herakles beginnt seinem Zorn Luft zu machen,
indem er Thiir und Wände einschlägt. Soviel aber auch nur und nichts weite-
res ergibt die Vorstellung des Vasenbildes, völlig gemäfs dem Geist der alten
Komödie, welche den Herakles als echten Böoter rüpelhaft und sofort zum Drauf-
hauen bereit zu schildern pflegte; so tritt er uns z. B. in den Vögeln des
Aristophanes entgegen (Vers 1575fr.). Und ebenso »heraklesmäfsig« glaubt sich
auch Dionysos in den Fröschen desselben Dichters geberden zu müssen, da
er in des Herakles Tracht zur Unterwelt herabgestiegen ist: als er an der unter-
irdischen Wohnung des Herakles anlangt, klopft er so stark an, dafs der wirk-
liche Herakles heraustretend fragen kann (V. 38 fr.): t£« ttjv fttSpav iurftaftv; u>j
xsvTaupr/w? ivr/aS)' faxt;; sitts jxoi, touti ti r,v; und wiederum als Dionysos -Hera-
kles vor dem Palast des Unterweltsgottes steht, entspinnt sich zwischen ihm und
seinem Sklaven ein Gespräch welches gleichfalls auf die tölpelhaften Manieren des
Herakles anspielt (V. 462: ou jat) Sicttptye«, äXXa --suist tt(? t>upa? xa&' 'HpaxXsa to ayrt\Lv.
xal to Ar, ja' i~/ja-J).
Aber man hat bisher bekanntlich allgemein12* statt einer uns im Übrigen
unbekannten herakleischen Komödienscene auf dem Vasenbilde vielmehr die eben
berührte Prologscene der Frösche ■ — Dionysos-Herakles vor der Thiir des Herakles-
hauses — erkennen wollen, und die Figur des auf dem Maulthier reitenden Gepäck-
sklaven erinnert ja auch auffällig an den Xanthias der Komödie, der beim Beginn
des Stückes auf einem Esel sitzt und unter dem Reisegepäck am Tragholz schwitzt
und stöhnt. Auch mir scheint es wahrscheinlich, dafs der Maler der Berliner Vase
oder aber seine Vorlage bei dem »Iolaos« durch die Erinnerung an diesen Aufzug
des Xanthias beeinflufst worden ist; aber ich vermag nicht anzuerkennen, dafs der
Maler des Vasenbildes den Prologvorgang der Frösche darstellen wollte und dar-
gestellt hat. Der Herakles der Vase ist nur Herakles und kein anderer als Herakles
selbst'". Hätte der Maler irgend einen Anderen in Heraklesverkleidung darstellen
wollen, so hätte er dies irgendwie andeuten müssen, hätte klar machen müssen,
dafs er nicht den wirklichen Herakles sondern einen als Herakles verkleideten Mann
verstanden wissen wollte. Hätte er den Dionysos der Frösche darzustellen beabsich-
tigt, so würde er entweder durch Zusatz des Namens — vgl. Chiron auf Vase X
und Daidalos auf Vase a — ■ dies angezeigt oder aber durch irgend ein diony-
sisches Attribut den Gott im Herakleskostüm kenntlich gemacht haben, z. B.
durch einen Weinlaubkranz oder durch langwallenden für den Weingott beson-
ders charakteristischen Chiton '" oder durch Hinzufügung eines Thyrsos in der
Linken. Besäfsen wir unglücklicherweise die Frösche des Aristophanes nicht,
so würde Niemand das Vasenbild anders deuten können als es oben geschehen,
und der Künstler hätte nichts gethan, uns den wahren Inhalt seines Bildes,
dafs nämlich in dem sichtbaren Herakles Dionysos stecke und zu suchen
sei, auch nur ahnen zu lassen. Dergleichen Fehler begeht kein griechischer
Künstler, dem Deutlichkeit und Fafslichkeit stets über Alles geht ■ — ganz abgesehen
davon, dafs eine so genaue »Illustration« einer Theaterscene wie sie das Vasenbild
nach der gewöhnlichen Deutung darstellen würde, gegen die Compositionsfreiheit
der griechischen Kunst verstöfst und ihr fremd ist. Mich dünkt die Deutung des
Vasenbildes auf die Scene aus den Fröschen irrig — schon genug wenn wir in der
Art und Weise wie des Herakles Gepäckträger erscheint eine Einwirkung des
Aristophanischen Stücks annehmen.
,a6)Auch noch Furtwängler Berl. Vasen?. S. 851. I2») Vgl. dazu auch Dierks a. a. ().
m) Ebenso urtheilt auch Wieseler; desgleichen >
Dierks Arch. Ztg. 1885 S. 38 f.
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
285
Rückseite. Ein grofser Jüngling, von vornehmer Haltung und vornehmem
Auftreten, den weiten Mantel um den Körper, so dafs nur der Kopf und der rechte
Arm nebst Schulter und Brusttheil frei bleiben, mit der R. einen grofsen Stab auf-
setzend und die linke Hand in die Seite stemmend, steht vor einem kleineren Schau-
spieler, zu dem er herabblickt. Der Schauspieler ist völlig in den Mantel gewickelt1211,
nur sein Maskenkopf — runzlig, stumpfnasig und mit dünnem Spitzbart — ist frei.
Zwischen Beiden, die barfüfsig sind, eine ionische Säule; über und vor dem Schau-
spieler raumfüllend eine Tänie. Nach Wieseler wäre die Schlufsscene der Frösche
— Pluton und Äschylos mit Stock vor dem Hause, zum Abgang bereit — dar-
gestellt; diesmal aber dünkt mich Panofka ausnahmsweise richtiger und nüchterner
zu erklären: es ist ein Schauspieler, der sich dem Chorlehrer ()fopo8t8doxaXof) zur
Musterung und Probe vorstellt, wie wir ähnliche Darstellungen von »Theaterproben«
ja auch sonst noch besitzen1311.
S. Krater (sog. vaso a campana) aus Ruvo im Berliner Museum no. 3047 (1950): abg. und
bespr. Panofka'" Arch. Ztg. 1849 Taf. 4, I S. 33fr.; Wieseler Annali 1853 Tav. AB, 5. p. 38sq. Vgl.
noch Welcker Arch. Ztg. 1849 S. 87; Osann Ztschr. f. Alterth. 1850 S. 216; Heydemann 9. Hall. Progr.
S. 7 f. — Rev. Zwei Manteljünglinge.
Ein abgemagerter bartloser Mann eilt mit einem Kuchen IM, von dem er ein
Stück schon abgebissen, und einer Spitzamphora davon; ihn verfolgt mit grofsen
Schritten ein altes Weib, beide dürren Arme nach ihm ausstreckend — er hält ihr
gleichsam zum Loskauf die wol leere Amphora hin. Der Mann hat Phallos und
kurzen steifen ungegürteten Chiton mit kurzen Ärmeln; die Maske, bartlos und
runzlig , mit hoher kahler Stirn zeigt vergnügten weinseeligen Ausdruck. Die
Frau hat einen kurzen gegürteten Chiton, Arm-
bänder und Ohrringe; ihre Maske, deren Haar über
der Stirn in einen Büschel emporgebunden ist, zeich-
net sich durch gewaltige vorgeschobene Mundpartie
aus (ein Zahn133 sichtbar). Um die knöchernen Beine
und Arme der Beiden zu zeigen, hat der Maler
ihnen keine Anaxyriden gegeben. Die Steine unten,
die Lichtritze oben ergeben als Lokal die Strafse, auf
die das Weib den Mann verfolgt hat; Tänie und
Epheublätter füllen den Raum.
T. Kleine tiefe Schale mit hohen Henkeln, früher in
der Sammlung Pourtales no. 316 (331), jetzt in der Berliner Samm-
lung no. 4110: hier zum ersten Male abgebildet; vgl. Furtwängler
Berl. Vasensamml. S. 1037. — Späte sehr flüchtige Zeichnung von
eigenartiger Technik134: die Figur ist mit rother Farbe auf den
schwarzgefirnifsten Grund aufgemalt und die Innenzeichnung einge-
kratzt; theihveise übermalt.
Dargestellt ist ein weifshaariger und weifs-
bärtiger Schauspieler, ausgelassen tanzend: er steht (T.) >/< des Orig.
,2!l) Von dem »Phallos, der, wenn auch nicht deut-
lich, unter dem Himation zum Vorschein kommt«
(Wieseler Arch. Ztg. 1855 S. 95), vermag ich
nichts zu sehen.
Ki0) Aufser auf der bekannten Satyrspielvase aus
Ruvo (Neap. Vasens. no. 3240) und auf dem
Astragalosgefäfs aus Ägina im British Museum
(abg. Stackeiberg Grab. 23 und Schreiber kul-
turhist. Bilderati. XX 6. 7 ; die Litteratur vgl. in
meinen Gr. Vasenb. S. 7> 5) l- B- al'f einem
Mosaik aus Pompeji (abg. Mus. Borb. II 56;
Wieseler Theatergeb.-Denkm. VI 1 ; Schreiber V
1; u. ö.).
1S1) Dessen Deutung auf die »Pytine des Kratinos«
nur noch der Vollständigkeit wegen angeführt
wird.
u-) Mit weifser Farbe bemalt d. h. mit Zuckergufs
versehen; vgl. Poll. VII 79: (j)vop.2£eTO o£ -riva
xol HTjVi'a, ci -coli rcXa-z/jOstv ir.trldvtO rpo3ECitxrfTa
7tT)v(ot{ • >.£'jxot 0' Jfi ttjv yfXjav.
133) Vgl. dazu aus der neuen Komödie Pollux IV
151: to ii oixoupov yfjiowv 3iu.d v iv ixorr^pa tt]
3[«y'jvi dvot 56o (yu fou.<p(ou<.
1M) Dieselbe Technik z. B. auch Neap. Vasensamml.
No. 831; 1541; 2069; u. ;i. m. Wenn Petersen
Arch. Ztg. 1879 S. 10 Amn. 33 diese und andere
Vasenbilder gleicher Technik für unecht erklärt,
so mufs ich dem widersprechen — viele derar-
286 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
nach r. gewendet auf seinem linken Fufse und hebt den rechten im Knie
hinterwärts so hoch als es nur geht; die linke Hand streckt er weit vor (sie
durchbricht die runde Umfassungslinie), während er die Rechte gegen den
Hinterkopf hebt. Bekleidet ist der Phlyake mit Ärmelanaxyrides (Falten an Armen
und Beinen), an denen Nabel und Brüste angedeutet sind: er ist also nackt zu
denken; Bauchpolster, herabhängender weifsbemalter Phallos und grofse Maske ver-
vollständigen die Theatertracht. Die Maske, ganz in Profil gestellt, zeichnet sich
durch iibermäfsig langen offenen Mund, grofses rundes Auge und ganz kleine fast
verschwindende Stumpfnase aus und ist sehr unförmlich gestaltet.
U. Krater in der Sammlung des K. K. Münz- und Antikencab. zu Wien (III no. 176): abg.
und bespr. Jahn Arch. Ztg. 1855 Taf. 78, 3. S. 54f.; Wieseler ebd. S. 88ff. — Rev. Zwei Mantelfiguren.
Ein alter Komiker, in Anaxyridcn und Phallos, Brust und Arme mit (fleisch-
farbenem) Tricot bedeckt, den Mantel über 1. Arm und um den Leib gewickelt,
steht mit Stock in der R. ängstlich 135 und dumm vor einer alten Frau, die drohend
den Zeigefinger der rechten Hand hebt und ein >schweig« ihm zuruft136; sie ist in
Ärmelanaxyriden, Chiton und Mantel gekleidet, der den Hinterkopf verhüllt. Die
Maske des Mannes zeichnet sich durch fehlende Schädelwölbung sowie durch spär-
lichen Wuchs des Haupt- und des Barthaares aus; die Maske der Frau ist arg
stumpfnasig und unschön. Beide sind barfüfsig; zwischen ihnen raumfüllend 137 ein
Lorbeerstrauch.
V. Krater in der Sammlung des K. K. Münz- und Antikenk. zu Wien (V no. 180): abg. (schlecht)
Laborde Vas. Lamberg I p. 67 Vign. = Wieseler Theatergeb. Taf. A 27; gut abg. und bespr. Jahn
Arch. Ztg. 1855 Taf. 77, 2 S. 55 f. ; vgl. Wieseler ebd. S. 9off. Flüchtig bunte Zeichnung.
Ein Komiker'38 ist dargestellt, in herausfordernder Haltung die Rechte in
die Seite stemmend, den 1. Arm auf den dicken knotigen Stab stützend und den
Kopf nach oben wendend — aus einer umfänglicheren Darstellung entnommen, in
welcher der oder die Partner dargestellt waren, denen die Bewegung und Erregung
des Komikers galt. Er trägt einen kurzen weifsen Chiton, einen gelben franzen-
besetzten Mantel; die Maske hat einen gelblichen grofsen Bart und eine gelb- und
weifsgestreifte enganliegende Kappe. Kein Phallos l39, kein Polster, keine Anaxyriden
sind angedeutet, doch die beiden letzteren Stücke sicher anzunehmen; auch trägt er
kein Schuhzeug. Pflanzen, Bälle, Rosetten und Tänie füllen den Raum des Gefäfses,
dessen polychromer malerischer Styl auf die letzten Zeiten der Vasenmalerei weist.
W. Krater (sog. vaso a calice; H. 0,32 ; Durchm. 0,23) aus Unteritalien, früher im Besitz des
Kreih. August von Koller M0 in Baden bei Wien (Katalog 1884 no. 38), jetzt in Besitz des <Wrn. Johann
Roth in Wien. Durch Herrn Ur. Rob. Schneiders Güte bin ich zu Photographien des Gefäfses gekommen,
mittelst deren die hier mitgetheilte Abbildung hergestellt werden konnte; aufserdem verdanke ich Hrn.
Schneider genaue Angabe der verschiedenen Farben, die sich in der Darstellung verwendet finden. —
Rev. Oben eine Ranke weifser Epheublätter, von der rechts und links je eine Ranke herabfällt.
Ein Schauspieler, in gelben Ärmelanaxyriden, weifsem Chiton und schwar-
zen Schuhen, mit Polster und aufgebundenem Glied, über dem linken Arm einen
langherabwallenden rothen Mantel mit weifsem Saum, in der Rechten eine weifs
tige Vasenbilder mögen und werden in der That 13') Wieselers » scenische Beziehung« vermag ich
gefälscht sein, aber ebenso viele, und darunter nicht anzuerkennen.
ist sicher das obige Berliner Vasenbild, sind "*) Wieseler will ihn zu einem »ropvoßosxö;«
unzweifelhaft antik. . stempeln, was ja nicht unmöglich wäre , aber
1M) Vgl. zu der ausdrucksvollen Stellung seines Kör- doch nicht grade nöthig ist.
pers (Aristot.) Physiogn. 3: osiAoO ^[uli ... tö 13a) Allerdings durch den Mantel völlig verdeckt
0<üu,C! soyxExaöud; ... ai oe TOKJTpoxvrjflfai ävui und daher immerhin voraussetzbar.
aytlTMtxliai . . . our. (Ta|j.6{ ikX urrrio; y.al ~z- ' 10) Sohn jenes Freiherrn von Koller, dessen Samm-
i)aij.ßrjxtu;. lung 1828 gröfstentheils nach Berlin gekommen
136) vgl. dazu Quintil. XI 3, 94: is (digittts) in ex- ist: Levezow Vasensamml. p.XVIIf.; Friedlaender
probrando et indicando , unde et ei nomen est, valet Festschrift 1880 S. 20 f.; Furtwängler Vasens.
und Macrob. Sat. III 9, 4: quae digito ad os ad- S. XIV f.
moto silentium denutitiat.
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
287
und gelb gefärbte Fackel haltend, eilt _
*PS
5/6 des Orig.
springend vorwärts, indem er zurückblickt
(etwa zu ihm nachfolgenden Gefährten) und
mit der weitausgestreckten linken Hand
nach vorwärts weist. Die bärtige Maske
— das Gesicht ist gelb, die Haare schwarz,
die Augen weifs — zeigt häfslich verzerrte
Formen: der Mund schiebt sich weit vor,
die Nase läuft in eine lange aufgestülpte
Spitze14' aus, die Augenbrauen wölben
sich hoch empor, der Bart ist struppig und
ungepflegt; um das Haar ein doppelt-
reihiges Perlenband mit zwei hohen auf-
rechtstehenden Spitzen (vgl. F) — Alles
weifsgemalt. Die Sandalen bestehen aus
Sohlen und Fersenleder und einer Spange
über dem Rist. Oben eine weifse Perlen-
guirlande; der Fufsbodcn weifs punktiert;
jederseits ein Strauch mit weifsen Blüthen an rothem Stengel. Ursprünglich zu
einer umfangreicheren Komosdarstellung gehörig.
X. Krater (sog. vaso a campand) aus Apulien früher Durand no. 669, dann Beugnot no. 5
und Hope no. 84, jetzt im British Museum Cat. of vases II no. 1297: abg. und bespr. Lenormant Quaestio
cur Plato Aristophauem in ccmviviitm induxerit. De Witte Elite ceramogr. II 94; Panofka B. a. L. VII 5;
Wieseler Theaterg. Denkm. IX 13 S. 6of.; Geppert Altgr. Bühne Taf. 5; Champfleury Caric. ant.'1 p. 201;
Schreiber Kulturhist. Bilderati. V n; Baumeister Denkmäler II 110.903. Die Inschriften auch C. /. Gr.
8359. — Rev. Drei Jünglinge, zum Theil in Mänteln.
Die Scene stellt links ein Gebäude dar — wir sehen das weitvorspringende
Dach11", den hohen Unterbau, die vierstufige Treppe die dazu hinaufführt — , rechts
bergiges Terrain, auf dem zwei bekleidete in Unterhaltung begriffene Frauen gela-
gert sind, nur halb sichtbar und inschriftlich als Nymphen (Nu[a]'fai) bezeichnet,
also die göttlichen Inhaberinnen der Gegend, in welcher die Handlung des Vasen-
bildes vor sich geht. Die Stufen der Treppe steigt ein Mann herauf, mit grofser
unförmlich-übertriebener weifsbärtiger und weifshaariger Maske, in Ärmelanaxyriden
und Mantel, Phallos und Polster, in der Rechten sich mühsam auf einen Stab
aufstützend. Dieser Mann, der uns inschriftlich als Chiron (Xtpwv) bezeichnet wird
— die Kerftauren der Komödie erschienen also einfach als zweibeinige Menschen U3 — ,
ist altersschwach und krank, denn während ihn von hinten ein Sklave hinauf-
stöfst, hat ein anderer Sklave, der den genugsam bekannten Namen Xanthias ([Eav]-
Iriotc) '" führt und oben auf der obersten Stufe steht, ihn mit beiden Händen an
und um den Kopf gefafst — nicht grade behutsam, sondern echt komisch-tölpelig
— ■ und hilft ihm heraufsteigen; um die Hände frei zu haben, hat Xanthias sein
kurzes gekrümmtes Tragholz 145, an dessen einem Ende der gestickte zugeschnürte
14I)Vgl. ähnlich Vrs.
142) Vgl. dazu Neap. Vasensamml. no. 1977 (Gerhard
Ant. Bildw. 107) und K d q.
143) Lenormants Meinung , dafs durch den von hin-
ten nachstofsenden Sklaven die Vierbeinigkeit
des Kentauren dargestellt und diese für die
attische Bühne demnach gesichert wäre, wird
wol Niemand mehr theilen; vgl. dazu treffend
Wieseler a. a. O.
144) Die Ergänzung zu (Py)thias ist gewifs irrig, und
ebenso irrig die daraus folgende Deutung der
Figur auf Apollon: wie ein Apollon der Komö-
die aussah, zeigt jetzt sicher das Vasenbild q.
lä) Vgl. z. B. das Vasenbild Tischbein II 40 ( — Hirt
Bilderb. 21, 1 ; Müller -Wieseler DaK. II 43, 537);
die Wiener Bronzen (Sacken I 44, 2 = Rev.
archeol. NS. XXXII 17, 6); u. a. mehr. Solch
ein bogenartig gekrümmtes Tragholz ist m. E.
auch auf der Petersburger Schauspielervase (aus
der Krim ; 4. Jahrh.) anzunehmen , die von Ste-
phani CR. 1870/187 1 Taf. VI 1. S. I98f. ver-
öffentlicht und in Einzelheiten nicht ganz zu-
treffend besprochen worden ist: der mittlere
Schauspieler sitzt auf seinem Reisesack (sie) und
hat das Anaphoron (sie) zwischen seine Beine
gelegt, während er seine Maske in der R. trägt
288 Heydemann, Phlyakendarstellungen
Reisesack seines Herrn angebunden, zur Erde gelegt; auf dem Sack liegt auch sein
Reisehut, ein oben abgestumpfter '*' Pilos, den er abgelegt hat. Die beiden Sklaven
tragen Ärmelanaxyriden, Polster und Phallos; Xanthias, dessen Maske, oben kahl-
köpfig und schielend'47, schwarzen Bart und schwarze Haarreste zeigt, hat eine
Exomis an, der namenlose Sklave dagegen, dessen Maske weifshaarig und weifs-
bärtig ist, nur einen kurzen Mantel welcher, von den Schultern herabgefallen, das
über dem Polster enganliegende Gewand zeigt; die Gesichter der Beiden verrathen
in ihrem Ausdruck die Anstrengung und Mühe, die ihre Hilfeleistung ihnen veran-
lafst. Tragen alle bisher besprochenen Figuren Masken — auch die beiden Nym-
phen haben häfsliche Maskenköpfe mit Haarbändern l4s — , so ist die sechste und
letzte Figur, die zugegen ist, maskenlos: ein Jüngling, lorbeerbekränzt und in den
Mantel gewickelt, schaut aufmerksam zu, wie Chiron geht bez. gegangen wird.
Die Deutung dieser Figur hat grofse Schwierigkeit, doch scheint mir mit Wieseler
sicher, dafs in ihr gleichfalls ein Schauspieler14'1 erkannt werden mufs, welcher
nur aus künstlerischer Rücksicht, um einen wirksamen Gegensatz gegen die häfs-
lichen aufgepolsterten dickköpfigen Komiker zu bilden, ohne Maske und Polster in
jugendlicher Schönheit und natürlicher Schlankheit dargestellt wird, aber maskiert
und kostümiert wie die Übrigen zu denken ist; vgl. ähnliche Figuren auf Iabdfsu.
Aber wen soll der Jüngling darstellen, der den Schauspielern gegenüber vornehm
wie ein Gott'50 erscheint? Am nächsten liegt, in ihm noch einen Begleiter des
Chiron zu sehen, nur keinen untergebenen Sklaven, sondern irgend einen derjenigen
Heroenjünglinge, welche dem weisen Kentauren ja von Herakles15' und Asklepios
an bis herab auf Menestheus und Antilochos in grofser Zahl (Xenophon 15a zählt sie
uns auf) bald ganz zur Erziehung bald zum Unterricht in der Jagd oder in anderen
Dingen übergeben worden sind. Einer dieser Zöglinge — welchen die Laune der
Komödie dazu ausgewählt, wissen wir nicht — folgt hier dem ehrwürdigen Lehrer
und Erzieher, als derselbe erkrankt und alt, in Begleitung zweier Sklaven (ich
erinnere dabei an den Erzsklavcn Xanthias als Begleiter des Dionysos auf dessen
Heldenfahrt), auszieht, um Heilung zu suchen: sei es nun dafs Chiron auszieht etwa
in ein Asklepieion zur Incubation und Heilung153 oder zum Apollon nach Delphi ,54
— das Haus könnte ja einen Tempel darstellen sollen: vgl. dazu q — und sich
dort Rath erholen will; sei es dafs er in ein Bad155 reist, worauf sehr wol die
Gegenwart der Nymphen156 deuten kann. Zufälligerweise hören wir sogar von
und sich mit einem anderen Schauspieler unter- die Maske des Xanthias theilt, dafs der Sklave
hält, der ihm seine Maske zeigt. Der dritte »ävasaXavrfa; lr\ xal SicfcjTjKxpos t/jv o'iiv«.
Schauspieler, der hinter dem Sitzenden steht, ist 14K) Bei beiden Frauen, die mit Chiton und Mantel
durch Scepter und Kopfaufsatz (sie; vgl. dazu ausgestattet sind, ist auch Polsterung vorauszu-
den gleichen Kopfputz des Zeus auf/) als »Herr- setzen; vgl. z. B. M U m.
scher« charakterisiert. Die letzten beiden Schau- 14a) Gerhard (Arch. Intelligenzbl. 1836 S. 62 f.) er-
spieler, die rechts und links von dieser Gruppe kennt »den Zuschauer, welcher als Repräsentant
stehen, tragen langwallende Chitones und sind des l'ublicums der Scene beiwohnt«,
wol beide als Musiker aufzufassen — derjenige 15°) Daher einige Erklärer an Apollon in Person
rechts wenigstens ist sicher ein »Musiker«, wie gedacht haben, was an und für sich nicht grade
die Flöten (sie) in der erhobenen Rechten und unmöglich wäre; vgl. jedoch q.
der über den Chiton gezogene sackartige Chi- lw)VgL dazu Klügmann Arch. Ztg. 1876 S. 199 f.
toniskos (Böhlau Res vest. graec. p. 20 ss.) be- 1:'-)Xenoph. Kyneget. I 2 ff .
weisen, der bei Flötenbläsern öfter als zur Fest- 15:1) Vgl. dazu Arist. Plut. 627 ff.; Wesp. 124; Frag-
tracht gehörig vorkommt (vgl. z. B. Man. dell' mente des Amphiaraos (Meineke II 953 ss.); u.
Inst. V 10; u. a.). Wie auf der bekannten Sa- a. m. [jetzt auch die epidaurischen Pinakes: Eph.
tyrspielvase zu Neapel 110. 3240, haben wir auch archaiol. 1883 S. 197 ff. und 1885 S. 1 ff.]
hier ausstaffierte und fertig angezogene Schau- "*) Dann wären die Nymphen die Repräsentantinnen
Spieler — und zwar komische — »in der Gar- des »bkeps Pariiasus «.
derobe oder hinter den Coulissen« dargestellt, li5) Vgl. dazu Plut. Quaest. symp. IV 4; u. a. m.
mit einander in Unterhaltung begriffen. 1M) Vgl. die NöfMpal 1u»(8t« (Paus. VI 22, 7; u. ö.);
n«) Vgl. ebenso auf a. ferner die Weihegaben an die Nymphen ver-
147) Vgl. dazu die Maske des oQXoc fttpiT.vn in der schiedener Heilquellen, z. B. der Aquae Apolli-
neuen Komödie bei Pollux IV 149, mit welcher nares; u. a. m.
Ileydemann, Phlyakendarstellungcn.
289
einer solchen im Volksmund umgehenden Reise des Chiron (Paus. V 5, 8 ff.): der
von den Pfeilen des Herakles verletzte Kentaur badet im Anigfos, und später war
da eine Höhle der 'Avrypiosc vujj/pai, in deren Nähe allerlei Hautkrankheiten
geheilt wurden. Ob auf dem Vasenbilde dieses Bad des Kentauren bei den Nym-
phen des Anigros dargestellt wird, mufs dahingestellt bleiben — ein Komödien-
dichter konnte sich irgend eine Krankheit und irgendwo eine Heilung des Chiron
erdenken und das Vasenbild kann grade darauf zurückgehen. Genug dafs hier eine
Badereise des erkrankten alten Chiron dargestellt ist.
Y. Krater (sog. vaso a campand), früher im Besitz Townley's, jetzt im British Museum 110.1312:
hier zum ersten Mal abgebildet (nach einer durch Hrn. A. S. Murray freundlichst vermittelten Bause);
vgl. Catal. of vasesW p. 41. — Rev. Eine nackte Frau, auf Fels sitzend und eine Schale haltend, blickt
um. Grobe Zeichnung.
Die Darstellung ist
auf die Figur eines Schau-
spielers beschränkt. Der-
selbe ist mit Ärmelana-
xyriden, Polster, grofsem
Phallos und kurzem Chi-
ton ausgestattet; seine
Maske ist in dem unte-
ren Theile sehr unförm-
lich - häfslich verbildet:
Mund und Kinn ragen
weit hervor, die kleine
Nase erhebt sich schna-
belartig157, auf derdicken
Oberlippe sprofst ein
langer Schnurrbart; das
Auge ist sehr klein158;
das Haar trägt er unter
dem Ohr in einem Bü-
schel vorgekämmt, über
der Stirn aber in einer
hohen Tolle 15!l empor-
stehend. Die Füfse
sind unbeschuht lli0. Der
Schauspieler — wegen
des barbarischen Bartes
mufs man an einen Aus-
länder oder vielmehr
an einen Sklaven denken
eiligst davon: es ist als ob er irgend etwas Unerlaubtes oder Ungewöhnliches sehe16
und nun aufgeregt leise und ängstlich fortschleiche. Oder hat er etwa die Tänie,
welche er in der Rechten trägt, irgendwo — z. B. von der Stele — entwendet?
Hinter ihm zur Raumfüllung eine Stele und darüber eine Phiale oder ein Ball.
Die Darstellung ist ungemein ausdrucksvoll in der Wiedergabe der vorauszusetzen-
den Situation.
des Orig.
— hebt bewegt beide Arme, blickt um und macht sich
157) Ähnlich z. B. auf W r.
158^ Vielleicht ist zu vergl. (Aristot.) Physiogn. 3:
oeiXoü OTj(j.Eia . . . Ä|j.jj.aTa dicsikvr} xal axapoocpvit-
Tovra, xtX. und weiterhin ebenda: xa p\ev yap
T«y^u>; tjxapoapvJTTOvTa Ttüv ötip^xtuv -zu uiv 011-
Xm Tot hk i)ep;.i.6v srjp-.ai'vsi; ferner 6: o't tjxapoot-
jAixTOtl OilX'/l ,
TOijtOVTOU.
£v tot; 0|*|MMI Tcpiixa
159) Eine kleine Tolle z. B. auch auf 0.
I(i0) Wenigstens sicher der rechte Fufs.
M1J Ist etwa die nackte Frau auf der Rückseite der
Grund seiner Aufregung ?
290 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
Z. Krater (sog. vaso a camfand) im British Museum Cat. of vases II no. 1333: abg. Hancarville
Ant. IV 118(66)"'-'. — -Rev. Jüngling und Frau in Gespräch; beide bekränzt und bemäntelt.
Der jugendliche Dionysos (sie), epheubekränzt und mit einer Tänie ge-
schmückt, beschuht und mit Mantel versehen, lehnt sich mit dem linken Ellenbogen
auf einen Stab und hält in der Linken zwei Apfel einem Schauspieler hin, welcher
vergnüglichst vor ihm tanzend das rechte Bein hochhebt und beide Arme ausstreckt,
indem er zugleich auf dem Kopfe balancierend einen sehr grofsen wannenartigen
Korb"13 trägt; der Gott aber, bei der Bewegung des Schauspielers für den Inhalt
des Korbes fürchtend, hebt die rechte Hand empor um denselben zu halten, falls
er aus dem Gleichgewicht kommen und wanken sollte. Der Schauspieler, in Vor-
deransicht, hat Ärmelanaxyriden IM und rothbraunen Phallos, Polster und enganlie-
gendes rothbraunes Gewand; das Gesicht, mit grofser Nase und vielen Runzeln,
langem weifsem Spitzbart und weifsem Haupthaar, ist frei von jeder maskenhaften
Verzerrung; der Ausdruck höchsten Vergnügens weist auf übermüthige Weinlaune
hin1"5.
a. Krater (sog. vaso a calice) aus Bari, früher in der Sammlung Mastrilli, jetzt im British Mu-
seum tat. 0/ vases II no. 1433: abg. und bespr. Passeri I'ict. etr. III 255 und 256; Mazochi Tab. Heracl.
p. 138; Hancarville Ant. III 108 (IV4); Elite ceramogr. 1 36; Miliin GaL myth. 13, 48 (= 141, 275 Guigniaut);
Müller- Wieseler D. a. K.:i II 18, 195; Wieseler Theaterg. Denkm. IX 14 S. 61 f.; Geppert Altgr. Bühne III 2;
Schreiber Kunsthist. Bilderati. V 13; u. a. m. Der Dädalos allein ist abgeb. bei Panofka Ant. Weih-
geschenke II 7 (Berl. Akad. Abh. 1839). Vgl. noch Mus. P. Cl. III p. 13s. und IV p. 85, 1 {ed. mit.);
Otfr. Müller Dor.2 II S. 347 f.; Jahn Arch. Ztg. 1853 S. 167, 73; Welcker Gr. Götterl. II S. 689; Lorenz
Epicharmos S. 24; u. A. Die eingeritzten Inschr. C. I. G 8351 "i,;. — Ute, Grabspende; viel übermalt.
Auf dem durch einfache Pfosten getragenen Logeion, dessen Vorderwand
mit zwei Kränzen geziert ist und zu dem eine Treppe hinaufführt (ebenso M), sitzt
in der Mitte auf stattlich geschnitztem Thronsessel (mit Rückenlehne und Fufs-
schemel) Hera, inschriftlich bezeichnet (r-r^pa), in Schuhen Chiton und Mantel, auf
dem Haupte eine breite Stephane, in der R. das Scepter mit Palmette auf-
stützend; sie ist maskenlos gezeichnet um ihre ganze Schönheit vorführen zu können.
Vor ihr kämpfen ihre beiden Söhne, Ares und Hephaistos, um ihre Befreiung
von dem verhängnifsvollen Thronos, den der fern vom Olymp weilende Hephaistos
ihr als trügerisches Geschenk gesendet hatte und von dem sie sich nicht wieder zu
erheben vermochte"17. Vergebens war alles Bemühen der Olympier""'; da macht
sich Ares bramabarsierend anheischig, ihn mit Gewalt zurück zu führen 169 und zur
Lösung der Hera zu zwingen. Diesen Versuch des Ares, der bekanntlich mifs-
glückte'7", führt das Vasenbild vor171: die beiden Götter kämpfen miteinander —
">2) Mir ist hier nur die Abbildung des franz. Nach- "") Zum Mythos und dessen Darstellung vgl. Waen-
drucks von David (Paris 1785) zugänglich. tig de Vulcano in Olympum redueto 1877.
"'',) Concentrisch mit Palmctten und Zickzacklinien "'") Vgl. Alkaios fr. 11 Bergk: lüsts Seiov pr,8lv'
geschmückt. OX'jp.rr'.cuv Xyjai ätEp Flüv/ (töü 'H<fa(OTOu).
"') An Beinkleidern und Ärmeln läuft je ein Streifen "•") Vgl. Sappho fr. 66 Bergk: & 0 Äptu; epottat xsv
entlang; vgl. ebenso z. B. auf s. ÄcpaHTOM 4fTjV ßi'a.
Ifi5) Der englische Katalog sieht in der Darstellung 17ü) Vgl. den hergehörigen Streifen der Krangoisvase
operhaps a parody on the myth 0/ Atlas« und in (.Von. dell' Inst. IV 56), den Waentig a. a. O. p. 35
dem Schauspieler tSeilenos, poised on his left leg, nicht völlig richtig erklärt hat: Ares sitzt nie-
and supporting on his head a large vase or basket dergeschlagen wegen seines mifsglückten Ver-
in the form of the Atlantean hemisphere*. Sehr suches und getröstet von Athene da, während
geistreich, aber nicht richtig! Der Schauspieler Aphrodite den vom Dionysos zurückgebrachten
ist nicht Silen (vgl. dazu 6'), greift nicht nach Hephaistos empfängt, was für Ares neue Krän-
den Äpfeln, tanzt und springt statt unter der kung einschliefst.
Last zu schwitzen u. s. w. irl) Anders freilich Kuhnert XV. Supplementband
"*) Birch's Zweifel an der Echtheit {Bull, dell' Inst. der Jahrb. fUr class. Philol. S. 197, welcher das
1850 p. 10) ist wol unbegründet — wer hätte Vasenbild auf des Aristophanes verlorene Ko-
in der Mitte des vorigen Jahrhunderts diese mödie »Daidalos« (nach ihm eine Parodie der
seltenen mythologischen Namen gefälscht haben Kreter des Euripides) deutet: Hera gekränkt
können: durch Zeus' Liebschaften zürnt dem dabei
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 29 1
Hephaistos hier leichtverständlich172 AaiöaXo?173 benannt, die Lanze hochhebend und
vordringend; Ares, hier 'F,v[s]uaXto?m bezeichnet, die Lanze zur Gegenwehr einlegend
und zurückweichend, wodurch der Maler den Ausgang des Kampfes uns andeutet.
Dem Kriegsgotte wendet auch Hera das Antlitz zu — sieht sie etwa das Vergeb-
liche seines Thuns ein? Hephaistos, in Schuhen und Ärmelanaxyrides ,75, Polster
und Chiton, auf dem Haupte den Pilos der oben abgestumpft und mit einem
Zweiglein verziert ist, in den Händen den Schild und die lange Lanze, trägt eine
runzelige unförmliche Maske mit weit vorspringenden Lippen, die ein struppiger
Bart umhängt; Ares, gleichfalls in Schuhen und Ärmelanaxyrides175, Polster und
Chiton, in den Händen Schild (Z.: Seestern) und langen Speer170, an den Waden
beschient, auf dem langbelockten Kopf den Helm mit wallendem Busch und zwei
aufrechtstehenden Federn 177, zeigt ein bartloses Gesicht mit regelmäfsigen Zügen,
so dafs wir auch hier wie bei der Hera zwar eine Maske anzunehmen haben, aber
der Künstler hat sie nicht gemalt, um dem häfslichen Hephaistos den schönen Ares
in wirksamen Gegensatz gegenüber zu stellen. Zu beachten ist, dafs beide Götter
ohne Phalloi '78 sind. Den leeren Raum füllen oben eine Frucht (in Form einer
Granate), zwei Bukranien mit Vittae, ein Spiegel und ein Phiale, unten hinter
Hephaistos eine Blumenstaude: der Kampf findet also im Freien statt, vor der
Wand des olympischen Palastes — wenn wir auf diese ausfüllenden Gegenstände
besonderes Gewicht legen wollen.
b. Krater (sog. vaso a campand), früher in der Sammlung Pourtales no. 313 (328), jetzt im Bri-
tish Museum Cat. ofvases II no. 1438: abg. und bespr. Passeri Pict. etr. III 206; Panofka Ant. Pourtales
pl. 10 p. 63SS.; Bilder ant. Leb. XIX 10; Griechinnen und Griech. II 10; Champfleury Coric, ant? p. 226;
Wieseler Theaterg. Denkm. IX 12; Schreiber Kulturhist. Bilderati. V 6. Vgl. noch Rochette yournal des
San. 1835 p. 225 und Mein, de Numism. p. 254; Otfr. Müller Gott. gel. Anz. 1837 S. 1880; u. A. — Rev.
Zwei Jünglinge, in Mänteln, mit Zweig und Stock der Eine, der Andere mit Binde und Früchten. Bunte
Zeichnung (weifs, rothbraun, hellgelb) spater Zeit.
Dargestellt ist ein nächtlicher Besuch bei einer Frau. Dieselbe, in reich-
besticktem Chiton und Kopftuch, erscheint am Fenster, an welches der Liebhaber
hilfreichen Daidalos und ruft gegen diesen 95 (60) und Eur. Herc. für. 469 (vgl. dazu je-
ihren Sohn Ares herbei ; in Hera's Gegenwart doch Haupt Opusc. II 262 ss.).
findet zwischen beiden das Turnier statt. Über ir4) So heifst er inschriftlich auch auf der Kypseli-
den Inhalt dieser Komödie sind wir allerdings denlade (Paus. V 18, 5); vgl. mehr bei Lobeck
im Klaren: es scheint sicher Zeus' Liebeswerben Soph. Aias3 zu Vers 179.
um Leda den Hauptinhalt gebildet zu haben 1?5) Zu beachten ist, dafs die Beinkleider der Ana-
(fr. 1; 4 und 5 Meineke); wefshalb sie dagegen xyriden in der Kniegegend festgebunden sind,
den Titel »Daidalos« führte und ob des Ikaros' 176) Wenn es im englischen Katalog heifst: "round
Vater persönlich darin vorkam , ist durchaus the sauroter or butt end of Ais spear is the ankyle
nicht sicher. Die Erwähnung der daidalischen or thong for hurling it, represented by a Spiral
Statuen (fr. 2) zwingt nicht zu dieser Annahme, line«, so ist das ein Irrthum. Die »Ankyle« fin-
ebensowenig wie der Titel — Zeus, eis jtoXXä det sich nie und kann sich nie am äufsersten
eauxöv (jiETaßc(X).(ov xal ttXoutwv xal zavoupyüiv, Ende des Speerschaftes finden und ist auf den
gleicht mulatis mutandis einem bez. dem beweg- Darstellungen stets als das was sie war, als
liehen vielersinnenden Künstler und könnte des- Schleife oder Öse oder aber gelöst dargestellt:
wegen wol den Beinamen oder Spitznamen »Dai- vgl, Merimee Rev. Archeol. NS. II p. 210 s.; u.
dalos« führen und der Komödie des Aristopha- a. m.
nes wie der gleichnamigen des Piaton (fr. 1.2) ,rr) Bei Kriegern unteritalischer Kunstwerke sind
zum Titel verholfen haben. Wie sich das nun diese Helmfedern , die auch Lamachos Arist.
aber auch verhalten haben mag — jedenfalls Acharn. 1113fr. sich ansteckt, nicht selten: vgl.
ist Kuhnert's Erklärung des Vasenbildes als z. B. die Wandgemälde Bull. Nap. Arch. NS. IV
eine directe Illustration eines Aristophaneischen 4 ss. oder Mon. dell' Inst. VIII 21; die Vasen-
Stückes bei der späten Entstehung des Bildes bilder Neap. Vasens. No. 776; 784; 861; 871;
nicht möglich , ganz abgesehen davon , dafs die u. s. w.
Verquickung des Künstlers Daidalos mit Zeus m) Die Phalloi sind aber doch wol erst bei der
und Leda sehr unwahrscheinlich ist. Übermalung verschwunden l Der englische Ka-
<72) So auch Jahn Arch. Aufs. S. 129. talog thut ihrer auch nicht Erwähnung.
173
*) So heifst er wahrscheinlich auch Pind. Nem. IV
2Q2 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
die Leiter179 angelegt hat und zu dem er heraufsteigt: während er sich mit der L.
(in der er eine Binde trägt) an der Leiter festhält, wendet er erfreut und begehrlich
das Gesicht zur Frau empor und reicht ihr in der R. Früchte 18° hin — r^ios toi
oexot [AÖtXa <ssp(o, sagt der Ziegenhirt bei Theokrit (III 10), als er seiner Amaryllis ein
Ständchen bringt. Der Liebhaber, in Ärmelanaxyriden und Schuhen, Polster und
braunem eng anliegendem Tricotgewand, ist bärtig und runzlig; .sein Phallos ist
bemerkenswerth klein. Zugegen ist ein Begleiter oder Diener, in Ärmelanaxyriden
und Phallos, Polster und weifsem eng anliegendem Gewand, mit langem Spitzbart
und Runzeln; er richtet sich auf den Fufsspitzen hoch empor, um die Frau sehen
zu können, und hält in den Händen Fackel181 — es ist Nachtzeit — Kranz und
eimerartiges Gefäfs182, welche Dinge zusammen mit den Kränzen, welche die beiden
Schauspieler tragen, darauf hinweisen, dafs sie beide vom Symposion kommend
schwärmen, »Komastai« sind. Hinter dem Begleiter raumfüllend eine Blattstaude.
Die Deutung der Scene unterliegt m. E. keinem Zweifel: es ist wie Panofka zuerst
behauptet hat eine namenlose Alltags- oder vielmehr Allnachtsscene, in der ein.
verliebter Alter zur jugendlich-schönen Hetäre ins Fenster steigt183. Die Hetäre
erwartet am Fenster ihren Buhlen, grade wie in der bekannten Scene der Ekkle-
siazusen (877 ff.) die Hetären bemalt und geputzt auf die Nachtschwärmer warten:
auf der Vase ist nicht nur die Frau geputzt, sondern auch ihr Haus festlich mit
Kränzen geschmückt, welche zugleich den leeren Raum jederseits vom Fenster
künstlerisch füllen. Eine mythologische Deutung auf Zeus und Alkmene 194 oder
auf Dionysos und Althäa185 dünkt mich durch Nichts gerechtfertigt; dann hätte der
Maler durch irgend Etwas den Zeus — vgl. // - — oder den Dionysos, dessen
Komos vor Althäa's Haus sein Begleiter Silen rühmt 18i;, als solchen kenntlich
machen müssen. Die Kränze am Haus, obgleich aus Weinlaub bestehend, können
doch für Dionysos nichts beweisen: die Hetäre hat der Liebe Haus damit ge-
schmückt; bei dem Gedanken an Symposion und Komos ist der Maler dazu
gekommen, Weinlaub zu malen. Auch müfste bei Dionysos der Begleiter und
Diener Silen oder aber ein Satyr sein. Auf dem Vasenbilde ist eben nur eine
Genrcscene dargestellt, kein Liebesabenteuer eines Olympiers.
C. Önochoe aus Nola, früher in der Sammlung Pourtales no. 314 (329), jetzt im British Mu-
seum Cat. of vases II no. 1445: abg. und bespr. Panofka Cab. Pourtales pl. 9 p. 64 ss. und Arch. Ztg.
1849 Taf. IV 2 S. 38fr.; Wieseler Theatergeb. Denkm. IX 10 S. 57t und S. 118; vgl. aufserdem Otfr.
Müller Gott. gel. Anz. 1837 S. 1880; Welcker Arch. Ztg. 1849 S. 85 f.; u. a. m.
Dargestellt ist ein komischer Schauspieler, welcher durch die eingekratzte
(sie) oskische Inschrift m (S A NTI A rückläufig) als XantJiias d. h. als Allerwelts-Sklave 188
bezeichnet wird. Er189 steht, die Beine kreuzend und auf den knotigen Krückstock
in der Linken gestützt, in Vorderansicht neben einer kleinen Heraklesstatue19".
"s)Vgl. dazu Anm. 62. lieh auf Dionysos und Althäa bezogene Vasen-
18°) Diese Früchte fehlen auf einigen Zeichnungen, darstellungen vgl. Welcker Nachtr. S. 299; Creuzer
werden aber im Catal. of vases in the British Symbolik 2 III S. 473 ff.
Museum II p. 1 35 ausdrücklich erwähnt. 18;) Fabretti C. I. Ital. 2840 = Zvetajeff Sylt. ose.
181) Vgl. dazu Aristoph. Ekkles. 978. 138; vgl. dazu Mommsen Unterital. Dialekte
m) Etwa ein Psykter (vgl. dazu 9. Hall. Progr. S. 189 no. XXXII a; Huschke Osk. sab. Sprach-
Anm. 37) oder ein Weinvorrathsgefäfs. Doch denkm. S. 165 no. XXXV.
könnten in dem Gefäfs auch noch mehr Äpfel 188) Vgl. dazu Äsch. II 157 (6 TO'J? Kapi'iuvot; xod
liegen. EavJHoc? ö:toxpiv<i[ji£vo; xtX.); Benseier Griech.
183) Vgl. Xenarchos bei Athen. 569 c: aÜTai (hcü- Eigennamen s. v.
peu) ßtc^ovxai yäp eiaiXxousf -t toj; p.ev y^povTa; 18'J) Kein Phallos.
6vt34 ^txc<Xo'i,u.svat TcatpiSia, xxX. ,9°) Da Herakles Patron der Parasiten (vgl. Bergk
l8t) So z. B. Rochette und Otfr. Müller a. a. O. bei Meineke fr. com. gr. II 2 p. 1023), so
18;,)So z. B. Wieseler und Schreiber a. a. (). ; auch möchte Wieseler a. a. O. S. 118 in diesem Xan-
Overbeck Kunstmyth. II S. 404. thias einen Parasiten erkennen — möglich aber
l8ü)Eurip. Kykl. 37 ff. Über einige ganz fälsch- durchaus nicht nothwendig.
Hcydemann, Phlyakendarstellungen.
293
Der Schauspieler ist in Sandalen"" und Chiton, der mit Franzen192 besetzt
ist und lange Ärmel hat; über der 1. Schulter und Arm liegt der kurze gleich-
falls bcfranzte Mantel mit grofser Troddel an dem einen Zipfel; die Beine
sind unbekleidet gedacht. Seine Maske 193 ist kahlköpfig, mit weifsen Haarresten
die über den Ohren vorgekämmt sind; die Augenbrauen sind hochgezogen, die
Nase dick, der weifse Schnurrbart lang, der weifse Kinnbart spitz. Pfiffigen und
schlauen Ausdrucks, zieht er den Mund zum Lächeln breit und hebt lebhaft Zeige-
und Mittelfinger (die er aufrecht zusammengedrückt hat) der Rechten, um zu reden.
Zur Raumfüllung unten eine zweihenkelige Trinkschale.
d. Skyphos, früher in der Sammlung Blayds, jetzt im British Museum no. 1490: hier zum
ersten Mal abgebildet nach einer durch Hrn. A. S. Murray gütigst vermittelten Bause; vgl. Catal. of
vases II p. 150. — Rcv. Ein bartloser Satyr, in den vorgestreckten Händen eine Chlamys haltend, eilt
herbei (vielleicht um bei dem Vorgang auf der anderen Seite zugegen zu sein). Grobe Zeichnung.
Ein Schauspie-
ler, mit Armelanaxyri-
des, Polsterung, Phal-
lus und Mantel, unter
dem er die linke Hand
in die Seite gestemmt
hat , setzt schreitend
den rechten Fufs auf
die Stufen («fvaßetöfaof)
einer Thür und streckt
die Rechte nach einer
Frau aus, die sich
hinter den Thürflügcl
versteckt hat194 und
nur wenig hervor-
guckt; sie ist beschuht
und ganz in den Man-
tel gehüllt195; der
linke Arm (unter dem
Mantel) liegt an ihrem
lockigen Hinterkopfe.
Trefflich ist in der
Maske des Mannes
die begehrliche Lust
nach dem Weibe wie-
dergegeben: man be-
trachte den offenen
Mund, den ziegen-
artigen Bart am Kinn,
die kleine Stumpf-
nase19'. Die Thür,
an der verzierende */, des Orig.
ls') Sie sind weifs bemalt; an dem einen bemerkt
man die »Strippe« um den Hacken bequem her-
aufzuziehen (vgl. ebenso F).
192) Vgl. ebenso Fi.
193) Vgl. dazu Pollux IV 149: b ptiv rAnnm (in der
neuen Komödie) fjidvoj töiv iripenttfvTtuv zoXid;
£3-1, xal OTjXot dTTeXE'ilTEpOV.
191) Vgl. ein gleiches Motiv auf der Kentauromachic
der Wiener Vase V 166 (abg. Arch. Ztg. 1883
Taf. 18; u. ö.); u. a.
'**) Sie mag vor dem Manne den »Manteltanz« auf-
geführt haben; vgl. dazu 4. Hall. Winckelmannspr.
S. I3ff. ; auch oben B. — Diesen »Manteltanz«
parodiert ohne Zweifel der Phlyake der Relief-
önochoe im Wiener Antikenkabinet (IV No. 196:
abg. Arch. Ztg. 1855 Taf. 78, 1.3; vgl. S. 57
und S. 94 ff.).
19(i) (Aristot.) Physiogn. 6: oi 5e 3i|xrjv (rrjv pTvo)
lyovTE? Xs'yvot.
294 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
Knöpfe1" und der Klöpfel (poir-pov) angebracht sind, ist auf der einen Seite
durch eine ionische Säule begrenzt; darüber ragt das Dach hervor, von einem
Querbalken gestützt198, dessen Ende in einen Vogelkopf ausläuft. Zur Raumfüllung
oben eine grofse Weintraube zwischen zwei Blättern.
e. Krater (sog. vaso a calice) aus Egnatia '*•, früher im Besitz Sir Wm. Temple's, jetzt im Bri-
tish Museum: abg. und bespr. Wieseler Annali 1853 Tav. E p. 48s. — Die Rückseite ist ohne Schmuck.
Ein Schauspieler eilt ebenso vergnüglich als geschäftig vorwärts, in beiden
Händen einen vierbeinigen kleinen Speisetisch vorsichtig herbeitragend , auf
dem ein grofser Spitzkuchen (ra>pa(j,i?) steht. Der Komiker, ausstaffiert wie gewöhn-
lich, hat rothbraune Schuhe, weifsen Chiton und rothbraune Ärmelanaxyriden an.
Die Maske ist kahlköpfig und zeigt nur über den Ohren noch je ein Büschel
rother Haare200; durch die Mundöffnung der Maske scheinen Zähne sichtbar sein
zu sollen; zwei Perlenreihen schmücken die Stirn. Mit Recht vergleicht Wieseler
die Maske des einen Dieners in der neuen Komödie 'xoc'tuj Tpt/fa; 7) xaT<o TSTpt^to-
uivo;' welche Pollux IV 149 so beschreibt: ctvocpcdocvTia? l<s-n xal iruppoftpie, itfQpjisvo;
-a; 6'fpoc. Also ein Sklave — etwa Pyrrhias geheifsen (vgl. dazu Arist. Frösche 730;
u. a. m.) — der aufwartet. Zwei Lorbeerstauden dienen zur Einrahmung, zwei Ziegen-
schädel zur Raumfüllung.
f. Dickbauchige Önochoe, früher in der Sammlung Blacas, jetzt im British Museum: abg. und
bespr. Panofka Mus. Blacas pl. 26 B. p. 78 ss.; Wieseler Theaterg. Denkm. Taf. A, 26 S. 112; vgl. Heyde-
mann 7. Hall. Progr. S. 22.
Herakles, mit Ärmelanaxyriden und Phallos, Polster und enganliegendem
Tricotgewand, Exomis und Löwenrachen auf dem Maskenkopf der sich durch weit-
geöffneten Mund auszeichnet, in der L. ein grofses Brod, verfolgt mit erhobener
Keule in der R. eine Frau, welche, umblickend und dem stets dürstenden Heros
eine Weinkanne zeigend, von dannen eilt; diese Frau, in Chiton und Mantel,
Schuhen Haube und reichem Schmuck, ist ohne Maske dargestellt — ihre Schön-
heit sollte den Helden wol auch reizen und sie liefs der Künstler daher ohne die
doch immer entstellende Maske und Polsterung. Im leeren Raum Ball, Blätter und
Fensteröffnung (?). Ob die Frau, in der auch ich nur eine Hetäre201 oder etwa
eine Schankwirthin zu erkennen vermag, neckisch oder ernsthaft den Krug ihm vor-
enthält, mufs dahingestellt bleiben; Herakles nimmt es jedenfalls sehr ernst, denn
sonst würde er nicht die Keule heben. Aristophancs läfst die Herbergsmutter202
in den Fröschen (549 ff.) erzählen, dafs Herakles, nachdem er Alles nur irgend
Efs- und Trinkbare verzehrt und sie nun Bezahlung gefordert, sie angestiert und
angebrüllt, dann das Schwert gezogen habe wie ein Rasender, so dafs sie
erschreckt auf das Dach geflüchtet — er aber mit den Resten unbezahlt davon-
gegangen sei. Ähnlich mag vielleicht die Scene des Vasenbildes zu deuten sein:
eine Wirthin rettet noch grade den Krug, Herakles aber verjagt die Frau, ärgerlich
dafs ihm zum Brod das Getränk fehlen soll.
g. Krater (sog. vaso a campand), früher im Besitz Alessandro Castellani's, jetzt im British Mu-
seum: zuerst kurz beschrieben im Guide to the second Vase room I p. 4 no. 19; hier abgebildet nach
einer durch Hrn. A. S. Murray gütigst vermittelten Durchzeichnung. — Rtv. Zwei bekleidete Frauen-
gestalten. Bunte überladene Zeichnung.
19') Vgl. ebenso die Thürcn au D P. 20°) Vgl. dazu Anm. 48.
,98)Vgl. dazu KXq. 201) So ähnlich Wieseler a. a. (').; nach Panofka
19S) Annali a. a. O. ist als Fundort »5. Ignazio« ange- wäre es »Hebe«.
geben ; dafs dies in der That wie verschiedentlich ■°'i) Diese » Schankwirthin der Unterwelt « selbst
vermuthet worden ein Druckfehler für »Egnazia« möchte Otfr. Muller Gott. gel. Anz. 1838 S. 1753
sei, ergibt sich aus dem Inventar der Sammlung = Kl. deutsche Sehr. II S. 499 in der Frau des
Temple, wo bei der betreffenden Vase »front Vasenbildes dargestellt sehen.
Egnatia ora Fasano* bemerkt wird, wie mir Herr
A. S. Murray auf meine Nachfrage mitzutheilen 4
die Freundlichkeit hatte.
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
295
o
Die hohe Bühne
wird von drei dori-
schen Säulen (mit
Abakos) getragen und
ist am Hyposkenion
mit Tänien und Reb-
zweigen reich ver-
ziert; jederseits erhebt
sich der Pfosten der
die Scene begrenzen-
den Seitenwand. In-
nerhalb dieses Büh-
nenraums geht die
zweifigurige Darstel-
lung vor sich: ein
Mann in weifsem Bart
sowie weifsem kurzge-
schnittenem und em-
porstehendem Haar,
durch Krückstab (xajj.-
tojXtj) und besticktes
Mäntelchen ausge-
zeichnet, hat mit der
Rechten einen jünge-
ren Mann (mit schwar-
zem Haar und Bart)
am linken Handgelenk
gepackt und will den
zurücktaumelnden ,
der in den Händen
Schale203 Tänie und
Eimerchen trägt, vor
wärts- oder fortfüh-
ren'04: die Gegen-
stände in den Händen
sowie der Kranz um
sein Haupt verrathen,
dafs der jüngere Mann trunken von einem Symposion heimkehrt. Vielleicht
ist er auf der Strafse — die Gans und die Rebstaude, welche zugleich raum-
füllend angebracht sind, weisen aufs Freie — von dem Greis, seinem Vater, an-
getroffen worden und wird nun nach Hause (etwa von den Hetären auf der Rückseite
fort?) geschleppt. Beide Schauspieler tragen Ärmelanaxyrides, Polster, kurzen
Chiton und Masken, beide sind barfüfsig und haben den Phallos aufgebunden. Die
Masken sind ausdrucksvoll und mäfsig verzerrt; die Ohren sind breit und rund
gezeichnet305 — nach Pollux IV 144 war die Maske des i~s.po<; raxirrto? in der neuen
Komödie u>ToxaTa?iaj. Oben schliefst eine Weinrebe mit Tänie die Darstellung ab.
h. Önochoe aus Unteritalien, früher bei Alessandro Castellani {Collection 1884 no. 117), jetzt
im British Museum: abg. und beschr. Collection AI. Castellani 1884 p. 24 No. 117; danach hier wiederholt.
Dargestellt ist der Raub des troischen Palladions. Voraneilt Odysseus, am
a03) Oben mit jenen runden weifsen Punkten besetzt,
welche sich auf Zeichnungen dieses späten über-
reichen Styls überall zur Verzierung einzustellen
pflegen.
Jahrbuch des arcblologieehen Instituts 1.
!04) Nur scheinbar ist sein rechter Fufs auf den lin-
ken des sich sträubenden Mannes gesetzt,
sos) vgl. dazu D q und 9. Hall. Progr. S. 5.
22
296
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
^ W V
'/, des Orig.
Pilos erkenntlich, um den linken Arm, in dem er das Xoanon trägt, den Mantel, in
der gesenkten Rechten das breite Schwert. Vom komischen Kostüm zeigt er nur
das aufgebundene Glied, sein dickes Gesicht mit langer Nase, struppigem Bart,
flatterndem Haar ist höchst unschön — es braucht keine Maske zu sein, welche
der Schauspieler trägt, wird es aber doch wol trotz dem geschlossenen Mund sein
sollen. Der Held blickt im Lauf um nach dem ihm folgenden und nach ihm die
Linke ausstreckenden Diomedes, welcher eine Kopfmaske306 trägt: stumpfe Nase,
starker Unterkiefer, dummer Ausdruck zeichnen dieselbe aus; um das Haar eine
Tänie, auf den Backen spärliche Bartreste; Beine und Arme sind übertrieben hager
und dünn. Der Tydide hat über den linken Arm schildartig den Mantel {-»chlamydc
contorta astu clupeat braccium«. beschreibt es Pacuvius), im Nacken den Petasos
dessen Bindeband um den Hals liegt, und an der linken Wade eine breite weifse
Periskelis (etwa Schlufs des Tricotsr); ob er in der Rechten wie Odysseus das
Schwert hält, ist in Folge seiner Stellung und des grofsen fächerartig ausgebreiteten
Mantels zwar nicht ersichtlich, aber wol anzunehmen. Das Palladion, weifs und
gelb bemalt, ist bekleidet und mit Schild sowie Helm207 ausgerüstet; die erhobene
Rechte zückte wol ursprünglich den Speer. Zur Raumfüllung jederseits eine Lor-
beerstaude und oben drei Schalen sowie Epheublätter; unten punktierte Fufslinien.
Auffällig ist auf dem eben beschriebenen Bilde, dafs Odysseus das Palladion hat
und davonträgt, während auf den übrigen Darstellungen5"8 — abgesehen von den
20G) Allerdings ist ihr Mund nicht geöffnet; vgl. aber
auch z. B. O R.
2o;) Mit grofsem Busch, der nach beiden Seiten in
reicher Fülle herabfällt.
20S) Zuletzt zusammengestellt von Jahn Annali dell'
Inst. 1858 p. 228 ss. Hinzukommen z. B. Mon.
dell' Inst. VI 51, D; Arch. Mittheil. Athen. II
II ; Arch. epigr. Mitth. Ost. III S. 37; Siebentes
Hall. Progr. III 5; u, a. m.
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 297
Monumenten, welche jedem der beiden Helden ein Palladion zutheilen205' — stets
Diomedes derjenige ist, welcher das Götterbild ergreift, davonträgt oder hält. Aber
diese Abweichung vom Landläufigen ist grade, wenn mich nicht Alles täuscht, der
Angelpunkt der komischen Scene: Odysseus, gerieben und schlau wie immer, hat
sich des Palladions, das Diomedes geraubt, auf irgend eine Weise bemächtigt und
eilt nun mit seiner Beute vergnügt lächelnd von dannen, während der tapfere
Diomedes vergebens nachläuft210 und die Statue, die er erbeutet hat, zu ergreifen
versucht. Es ist dies eine komische Änderung der Sage, von der uns bei Konon
(Cap. 34) noch eine andere gleichfalls wol auf eine Komödie zurückgehende Wen-
dung211 erhalten scheint: Diomedes — welcher von den Schultern des Odysseus
aus über die Mauer gestiegen war, den Gefährten aber trotz aller Bitten nicht nach-
gezogen und das Palladion allein erbeutet hatte — bemerkt im Mondschein, dafs
der hinter ihm folgende Odysseus das Schwert zückt, um ihn zu tödten und sich
den Ruhm des Palladionraubes allein anzueignen. Als er sich nun schnell umwendet
und vertheidigen will, macht Odysseus schnell gefafst gute Miene zum bösen Spiel
höhnt den Tydiden wegen seiner Furcht und treibt ihn mit flacher Klinge scherzend
vorwärts. Mich dünkt hier wie dort der Witz eines Komödiendichters unverkennbar,
der auf Kosten des Diomedes den Erzschelm Odysseus verherrlicht.
L Krater (vaso a calice), gefunden 1879 auf der Insel Lipara und jetzt in Besitz des Hrn.
James Stevenson in Glasgow: abg. und bespr. von A. S. Murray Journal of hell. stud. VII p. 54 s. PI.
62, 1 ; flüchtig und ungenau beschrieben in den Notizie degli scai'i 1879 p. 192. Flotte Zeichnung; innere
Detailmalerei zum Theil verloren. — Rev. »The itsual ßgttres of Ephebi«.
Dargestellt ist eine schlanke schöne Hetäre zwischen zwei greisen Männern.
Die Frau, in langem gegürtetem Chiton, mit Schuhen und Halsband, in dem locki-
gen Haare ein breites Band, zeigt vom Theaterkostüm nur die langen mit einem
Streifen besetzten Ärmel der Anaxyrides; zur Veranschaulichung ihrer Schönheit
und Zartheit ist sie weifshäutig gemalt; in den Händen hält sie ein Trinkhorn und
am Henkel einen Eimer mit Wein. Sie wendet sich an den Alten zu ihrer
Rechten und scheint ihm das Hörn zu zeigen oder gar darzureichen — entrüstet
wendet der Mann ihr den Rücken, stemmt die linke Hand in die Seite, streckt
abwehrend die fünf Finger der Rechten empor und wendet polternd das zornige
Angesicht auf sie; er ist dick aufgepolstert und Reste vom Phallos sowie den
Ärmelanaxyriden sind noch deutlich erkennbar. Der Alte auf der anderen Seite
der Frau, in langem weifsem Spitzbart, die weifsen buschigen Augenbrauen
hochgezogen, das weifse Haar über der Stirn in zwei kleinen Spitzen aufgestrichen,
freut sich wol an der Aufregung des Gefährten und an der Abweisung der Frau:
er ist in einen kurzen212 mit Franzen (vgl. dazu Fe) besetzten Mantel gewickelt und
stützt sich mit beiden Händen auf einen sehr langen Krückstock auf; Anaxyriden,
Schuhe und Polster vervollständigen seine Erscheinung. Die beiden Masken sind
sehr ausdrucksvoll213.
2IW) Die drei bisher bekannten Monumente mit »Dop- "*) Wenn Murray a. a. O. es für möglich hält, dafs
pelpalladion« vgl. bei Jahn Annali 1858 p. 252 ss. hier dargestellt sei »17 parody of Helena and the
2 10) Tappt Diomedes etwa im Dunkel einer mond- old men of Troy who admired her so much as
scheinlosen Nacht nach \ Die Haltung des not to wonder at the long war in such a cause.
Kopfes wie die Bewegung des Körpers liefsen eine Or we might identify the group with some scene in
solche Annahme wol zu. the lost comedy of Alexis, entitled Helena and her
'-") Anders freilich Klein Arch. epigr. Mitth. Öster- Suitors, of which therc remain only a feto words
reich III S. 39, der darin eine gute alte Über- at the point where she speaks of her suitors with
lieferung und die ursprüngliche Fassung des disdain« — so vermag ich diesem Flug der In-
späteren Sprichwortes »r, Aiourjocw; dveErwn« er- terpretation nicht zu folgen. Was soll z. B. bei
kennen möchte. jener Scene der Teichoskopie Trinkhorn und
-1-') Fast bis an die Kniee reichend verdeckt er den Eimer in Händen der Helena? u. s. w.
l'hallos, der doch wol vorauszusetzen ist.
22''
2()<$ Heydemann, Phlyakendarstellungen.
k. Krater (sog. vaso a campand), früher im Museo filarmonico zu Verona, seit Ende des vori-
gen Jahrhunderts im Louvre214: öfter ungenügend abg. Dempster Etr. reg. II 90 (mir nicht zugäng-
lich); Maffei Mus. Ver. p. IX I = Wieseler Theaterg. Denkm. IX 8; Passeri Pict. Etr. II 164; Champfleury
Carie. ant.i p. 234; gut und getreu ist dagegen die stark mitgenommene Zeichnung wiedergegeben Arch.
Ztg. 1885 Taf. 5, I und S. 49. Vgl. aufser Wieseler (a. a. O. S. 56) jetzt Dierks Arch. Ztg. a. a. O.
S. 48 ff. — Rev. Zwei sog. Manteljünglinge 2i:i, im Gespriich gegenüberstehend; der eine hat einen Stab
in der Rechten.
Auf dem Logeion stehen einander gegenüber zwei Schauspieler, in Ärmel-
anaxyrides, Polstern und Phallen, kurzen Chitones [ktapopdoyttkw.) und Masken;
um den Kopf tragen sie Tanten. Der eine (zur Rechten des Beschauers), durch
das umgewickelte Himation ausgezeichnet und durch den gekrümmten Stab, wel-
chen er in der in die Seite gesetzten Linken nach hinten umgekehrt emporhält,
steht ebenso sicher als selbstbewufst da und hebt heftig redend und befehlend den
Zeigefinger der rechten Hand21". Der andere Schauspieler217 dagegen, welcher
zuhört und schüchtern, gleichsam »betreten« dasteht, hat den rechten Arm gesenkt
und hält in der vorgestreckten Linken einen grofsen leeren Bauer oder Käfig —
ohne Zweifel trägt jener, der sein Herr ist, ihm, dem Sklaven, irgend etwas zu thun
auf, wobei der Käfig eine wichtige oder sogar die Hauptrolle zu spielen hat. Denn
kein Korb — wie bisher alle Erklärer, auch zuletzt Dierks a. a. O. annehmen —
sondern nach den aufrechten Stäben und nach der sich oben abrundenden Form
zu urtheilen ein grofser Käfig oder Bauer218 ist es, den der Sklave hält: vielleicht
jenes glockenförmige Weidengeflecht, unter dem noch heute hier und da junge
Brut zusammengehalten und geschützt wird (Küchleinstürze)? Oben zwei Rosetten
und Punkte zur Raumfüllung.
1. Krater (vaso a calicc) im Museum des Louvre: abg. beide Seiten in Originalgröfse auf einem
Kupferstich der Cha/cographie du Louvre (Catal. des pl. gr. eompos. le fonds de laChalcogr. no. 1399); ver-
kleinert in der Archaol. Zeitung 1885 Taf. 5, 2 = Blümner- Dittenberger Griech. Antiq. III 2 S. 246
no. 16; vgl. dazu Dierks Arch. Ztg. a. a. O. S. 46 fr. — Rev. Der jugendliche Dionysos, nach links ge-
wandt, mit Schuhen und Mantel, Tänie und Perlenbrustband, hat den r. Fufs auf eine Ranke hochauf-
gesetzt und die 1. Hand mit Kranz und Thyrsos auf das rechte Knie gelegt; in der erhobenen Rechten
hält er Tänie und Henkelkorb (wol mit Äpfeln gefüllt zu denken); vor ihm Altar mit Früchten. Über-
ladene und späte Arbeit.
Auf der einen Seite ein komischer Schauspieler, vorwärtseilend und zum
Dionysos (auf der anderen Seite) zurückblickend: der Gott spricht mit ihm und zeigt
ihm wol den Korb mit Früchten. Der Komiker ist mit Ärmelanaxyrides219 und
zusammengebundenem Phallos, Polster und enganliegendem braunem Tricotgewand
(mit grofsen weifsen Nullen) sowie Exomis ausgestattet; die runzlige stumpfnasige
Maske ist bekränzt. Während er in der R. eine brennende Fackel hält, trägt
er auf dem Kopfe und mit der erhobenen linken Hand einen sehr grofsen tiefen
Korb, aus dem Brode, Spitzkuchen, Früchte hervorragen; aufserdem hat er in der
Linken noch eine lange Tänie. Vor ihm ein Altar mit Früchten, hinter ihm eine
Ente, die einen Wurm oder einen Halm verschluckt.
-14) Gleichzeitig mit dieser Vase kamen aus dem Ve- rechten Hand den Gestus eines feinen Kenners,
roneser Museum nach Paris z. B. auch die beiden der ein Gericht probiert« — ich vermag der-
homerischen Relieftafeln C und D bei Jahn gleichen nicht zu erkennen und kann daher auch
Griech. Bilderchr. S. 4ff., welche jetzt im Caiinet nicht an die Acharnerscene (V. 186 ss.) erinnert
des medai/les aufbewahrt werden. werden, wo die Friedensspenden gekostet
2li) Nach Dierks a. a. O. S. 52: »die Schauspieler, werden.
im Haar die Binde, das Zeichen des Siegers, 21') Zur dicken überhängenden Oberlippe vgl. Anm. 96.
welche auf der vorderen Seite in ihrer Glanz- 2IS) Kleinere Bauer auf Vasen z.B. Petersb.no.1791
und .Siegesrolle auftreten« — einer Deutung der (CR. 1860 I); Museum zu Gotha (Mon. de//'
ich nicht folgen kann, da das einfache Haar- Inst. X 37a); U. a. m. Gröfsere Bauer, dem
band durchaus nicht eine Siegerbinde zu sein obigen sich nähernd vgl. z. B. auf der Vase A*.
braucht; vgl. 9. Hall. Progr. S. 19. 219) Ein Streifen oder eine Naht läuft je an den
-"') Nach Dierks »kostet er etwas und macht mit der Beinkleidern und an den Ärmeln entlang.
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 299
m. Krater (sog. vaso a calice) aus Grofsgriechenland, früher in der Sammlung Campana (Ser. IV
no. 874), jetzt im Louvre zu Paris: abg. und bespr. Wieseler Mon. dell' Inst. VI 35, 2 und Atmali 1859
p. 384 ss. — Km. Zwei Manteljünglinge; zwischen ihnen eine grofse Blumenstaude.
Auf einen mit gekreuzten Beinen ruhig dastehenden Schauspieler "°, welcher,
in Anaxyriden, Polster, Chiton und Mantel, die Rechte auf dem Rücken gelegt
hat321 und mit der L. sich auf einen Stock aufstützt, eilt eine Frau zu, ihm beide
Hände entgegenstreckend. Die Maske des alten Mannes ist bartlos und trägt einen
Pilos222; der offne Mund erhöht ihren dummen Ausdruck. Die Frau, in langwallen-
dem Chiton und reichbesticktem Mantel der den Hinterkopf verhüllt, in Schuhen,
Armband und Zackenstephanc, hat eine grofse Maske mit Runzeln und stumpfer
Nase; deutlich erkennt man die Aufpolsterung des Leibes unter ihrer Gewandung.
Hinter der Frau steht ein Mann oder vielmehr »ihr« Mann, wie die gleiche Zacken-
stephane die er trägt beweist, in Ärmelanaxyriden , Chiton, Schuhen, Polster und
Phallos; er hat die L. in die Seite gesetzt und hält in der anderen Hand einen
Knotenstab; seine Maske ist gewaltig stumpfnasig und bärtig. Eine Blumen-
staude und ein Tänienende füllen den Raum. Die Deutung des Vasenbildes ist,
den Motiven nach, nicht zu verfehlen: das Ehepaar eilt dem -»liomo pileatusi bewill-
kommnend entgegen, und zwar ist die Frau die aufgeregtere und zugleich energi-
schere. Die richtige Namengebung aber scheint mir von Wieseler vorgeschlagen,
der in dem Mann mit dem Schifferhut den Dulder Odysseus 223 erkennt und seinen
Empfang durch Arete221 und Alkinoos dargestellt sieht; zugleich weist er auf den
»Odysseus vau<qo;« des Epicharmos "5 hin, in dem eine solche Scene, wie sie das
Vasenbild bietet, leicht vorgekommen sein könnte — richtiger und näherliegend
wäre es dann wol an den 'vocjoi^öv 'Oo'jsseoe uoX.otxtCovTa' des Grofsgriechen Oinonas
oder Oinopas226 zu denken? Jedenfalls ersieht man, dafs die Person des heim-
kehrenden Laertiaden mehrfach parodisch behandelt wurde.
n. Dickbauchige Lekythos, wol aus Capua '-'-?, früher bei Castellani (De Witte Notice 1865
110.64 = Catal. 1866 no. 163), dann im Besitz Oppermann's (no. 95), jetzt im Cabinet des Medailles zu
Paris: abg. und bespr. Heydemann 30. Berl. Winckelmannsprogr. Taf. no. 2 S. 9ff. ; vgl. auch Heibig
Bull, dell' Inst. 1864 p. 136.
Ein Komiker — in Ärmelanaxyriden und Schuhen, Polster und enganliegen-
dem Gewand, den Phallos aufgebunden228, den kurzen Mantel um linken Arm
Rücken und Unterleib, in der Linken einen Stecken, mit grofser Maske, welche
langen Spitzbart und starke Nase hat und mit einer Tänie umbunden ist, an der
hinten ein Dorn mit Büschel am oberen Ende emporragt "9 — naht sich verwundert
die Rechte hebend einem vor ihm auf der Erde liegenden Wickelkinde. Dies
Kind sv OTrari-j'ciW? ist aber nicht wie ich angenommen ein Knabe, sondern wegen
der ausgesprochenen Brust doch wol als Mädchen aufzufassen; dafs es ziemlich
grofs ist, trägt zur Erhöhung der Komik bei. Hinter dem Manne eine Stele oder
220) Jetzt ohne Phallos. Fragment bei Diog. Laert. III 12(16), das von
3Ji) Dieser Arm ist auch wie der andere in den Einigen irrig dem Odysseus Nauagos zugetheilt
Mantel eingehüllt zu denken. wird, vgl. Lorenz Epicharmos S. 186 Anm. 4.
MS) üben ist die Öse sichtbar, an der solche Hüte -'-'6) Athen, p. 20 a und p. 638 b.
aufgehängt oder gefafst werden. 2i7) So nach Heibig bei Stephani CR. 1869 S. 152
2-3) Odysseus unbärtig z. B. auch Jahn Vasenb. no. 6, während er im Bull. a. a. O. von einem »»«-
Taf. 3; Neap. Vasens. 3235 (doch vgl. dazu An- siterno nolano* spricht (dann fortfahrend erst von
nali dell' Inst. 1858 p. 250, 5); u. a. Häufiger »cose capuane«); de Witte Cat. 1866 zählt die
und ganz unzweifelhaft ist Odysseus ohne Bart Vase unter *> Vases de la decadence. Apulie et
dargestellt auf etruskischen Aschenkisten: vgl. autres fabriques« auf, ebenso wie mir Castellani
z. B. Brunn Urne etr. I 41, 11; 44, 18; 86, 1 ; 2; nur noch »Unteritalien« als Fundort anzugeben
88, I (S. 117); u. a. m. wufste.
224) Vgl. zu Aretes Übergewicht Odyss. VII 53 ff. ; 228) Vgl. dazu auch Stephani a.a.O.
w.
■."."i
L'25) Erwähnt Athen. 619b und Poll. X 134; zu dem
) Vgl. das Gleiche auf F W.
300
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
vielmehr ein Altar230, zur Andeutung und Raumfüllung der Scene; aufserdem Blätter
und Ornamente im freien Raum.
0. Önochoe mit Kleeblattmündung im Musee ccramique de Sevres (no. 80): hier abgebildet
nach einer Zeichnung, welche der gütigen Vermittlung des Hrn. Champfleury, Conservator des Musee
ceramiquc verdankt wird. Zeichnung flüchtig und spät.
Ein Schauspieler — mit Dickbauch
und Phallos, Ärmelanaxyriden und Schuh-
zeug; die Maske ist kahlköpfig und bärtig,
mit starkvorspringender Stirn und grofser
Stumpfnase — steht vor einem hohen
Stuhl, auf dem ein Kissen liegt. Wäh-
rend der Komiker mit der R. das Kissen
berührt, blickt er heuchlerisch aufwärts
und streckt die linke Hand nach hinten
abwärts: als wenn er sich fürchte den
Stuhl zu berühren. Oder will er etwa das
Kissen fortnehmen und herunterwerfen?
Unterhalb der linken Hand findet sich
ein (herabfallender) länglicher Gegenstand,
etwa ein kleineres Kissen, das der
Schauspieler vielleicht eben von dem
Stuhl genommen und zur Erde geworfen
»/j des Orig. hat?
p. Krater (sog. vaso a campand) aus Ruvo in der Vasensammlung der Ermitage zu Petersburg
Katal. Stephani no. 1775: abg. und bespr. Stephani Bull. hist. phil. de l'acad. des scienc. XIII p. I45*s.
-= A/e'l. gr. rotn. II p. I ss. ; Wieseler Annali dell' Inst. 1859 Tav. N. p. 379 ss. — Rev. Zwei Mantelfiguren.
Auf einem hohen ungefügen Thronos sitzt Zeus, in Ärmelanaxyriden und
Mantel der den 1. Arm nebst Schulter und Unterkörper bedeckt, in der Linken das
Adlerscepter231, auf dem Kopf das hohe modiosartige Diadema; seine Maske, durch
kühne Adlernase232 ausgezeichnet, ist im Ganzen von Übertreibung frei. In der
erhobenen Rechten233 hebt er den Blitzstrahl, um ihn auf den dicht vor ihm stehen-
den Herakles zu schleudern, welcher mit der R. seinem Munde eine Speise zuführt
und verzehrt, die er aus der Schüssel in der anderen Hand genommen hat. Hera-
kles trägt Ärmelanaxyriden, Polster und enganliegendes Tricotgewand, sowie Maske
mit Bart und Löwenkopf; sein Glied ist wol mit der xuvoSsajr/) zusammengebunden
zu denken. Abgewendet von dieser Gruppe steht ein weifshaariger und weifsbärtiger
Mann, mit Stumpfnase und grofsem Phallos, Ärmelanaxyriden, Polster und engan-
liegendem Gewand, um den Hals die Chlamys geknüpft, um den Kopf eine Tänie;
die Maske ist wie die des Herakles nur mäfsig verzerrt. Während er die L. betend
erhebt, giefst er aus einer Kanne in der R. die sttovStj auf die Stufe eines mit Blut
reichlich bespritzten Altars (vgl. ebenso N Q). Die Situation ist unzweifelhaft: Hera-
kles und sein Begleiter, doch wol Iolaos, wollen dem Zeus opfern; der Letztere
libiert und adoriert, Herakles aber, statt die Schüssel mit den Opferfrüchten oder
Opferkuchen auf den Altar zu stellen, tritt gefräfsig und übermüthig dicht vor
Vater Zeus und verspeist in allerhöchst dessen Gegenwart eine Frucht, worüber
Zeus ergrimmt mit den Füfsen strampelt und drohend den Blitz hebt. Ob er ihn
auch schleudern wird, bleibe unentschieden; nützen wirds nicht. Ärgern mag den
,3°) Nach Heibig »una cesta« , was gewifs ein Irr-
thum ist.
•M) Tjer Adler läfst — zur Verstärkung der Parodie
— »kläglich« die Flügel hängen, wie Sittl Jahrb.
für class. Philol. Suppl. XIV S. 20 richtig be-
merkt.
232) Vgl. dazu Anm. 57.
233) Wol absichtlich verzeichnet, um die Anstrengung
des Zeus noch lächerlicher zu machen.
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 3OI
Zeus auch, dafs der Heros die Schüssel weit nach hinten weghält — da wird er
wol noch mehr, vielleicht Alles wegessen.
q. Krater (sog. vaso a campana) früher Campana (Ser. IV 865), jetzt in der Petersb. Ermitage
Katal. Stephani 110. 1777: abg. und bespr. Wieseler Moti. dell' Inst. VI 35, I und Annali 1859 p. 369SS.;
vgl. auch Heydemann 9. Hall. Progr. S. 21. — Rev. Frau mit Kasten gegenüber einem Jüngling mit
Tympanon.
Dargestellt sind drei Schauspieler. Derjenige in der Mitte stellt den locken-
umwallten Apollon dar: er ist in Armelanaxyrides, Polster, enganliegendem braunem
Tricotgewand und braunem Phallos; um die Locken hat er den Lorbeerkranz, um
den Hals den Mantel geknüpft, in den Händen Bogen und Lorbeerzweig; die Maske
zeigt Runzeln, im geöffneten Mund die Zahnreihen; auf einem Auge schielt der
Gott. Er sitzt auf dem Dachvorbau"4 seines Tempels, welcher durch ein hoch-
füfsiges Weihwasserbecken angedeutet ist, und blickt erschrocken auf Herakles
herab, der auf einem niedrigen Opfertischchen (rund und dreifüfsig) "* steht und
ihm einen Korb voll Äpfel zeigt. Herakles trägt Armelanaxyrides, Polster,
enganliegendes braunes Gewand und Exomis, Phallos und Löwenkopfkappe, in der
R. die Keule; die bärtige Maske ist stumpfnasig und zeigt im Munde grofse Zähne ***.
Auf der anderen Seite vom Gott steht sich hoch emporrichtend ein Mann, spitz-
bärtig und stumpfnasig, in Ärmelanaxyriden, Polster und braunem enganliegendem
Gewand, Exomis und Schuhen; er hebt Kopf und rechte Hand zu Apollon empor
und öffnet den zähnereichen Mund zu reden und zu klagen; seine rund und breit
geschlagenen Ohren weisen auf athletische Beschäftigung1'17 hin. Der Vorgang
dünkt mich leicht zu deuten: Herakles ist nach Delphi gekommen den Gott und
Bruder zu befragen, den er — nicht auf seinem Dreifufs, sondern — »auf seines
Daches Zinnen« — sitzend findet. Plötzlich regt sich des Helden Appetit, er eignet
sich einen Fruchtkorb an und springt vergnüglich mit seiner Beute auf den Opfer-
tisch, auf dem der Korb ursprünglich gestanden — als Opfergabe des anderen
Mannes gestanden, welcher nun rathlos und bestürzt zu Apollon aufschreit und
klagt. Und der Gott? wie erschrickt der über des Herakles' Gebahren! er rückt
ganz an den Rand des Dachvorbaus und hält Bogen und Lorbeerzweig weit bei
Seite, als fürchte er, dafs Herakles auch diese nehmen werde, während Herakles
ein wenig die Knie biegend, höhnisch und vergnüglich ihm und dem sterblichen
Opferer den gestohlenen Fruchtkorb hinhält23". Oben ein Kranz und eine Greisen-
maske239 zur Raumfüllung.
F. Krater (sog. vaso a campana) aus Kuvo, früher Campana (Ser. IV 863), jetzt in der Peters-
burger Ermitage Katal. Stephani no. 1779: abg. und bespr. Wieseler Annali 1853 Tav. C D p. 43 ss.;
vgl. auch Braun Bull, dell' Inst. 1844 p. 132. — Rev. Zwei Mantelfiguren.
Auf dem von drei Pfosten gestützten Logeion befinden sich drei Komiker.
Der eine in Ärmelanaxyriden und Schuhen, Exomis240 und Mantel der um
den Unterkörper liegt, sitzt auf einen Lehnstuhl, in der Linken ein gewaltiges
•j-pctix^aTstov haltend und mit dem Stylos in der R. sich in (und hinter) dem Ohr
234) Vgl. dazu z. B. K X d. 1885 S. 39 verkennt den Inhalt der Scene, wenn
-3ä) Poll. IV 123: litt W xfj; «xr)v?(s . . . . -/.od ■zrAzt'li er erkennt: «Zwei Diener, die sich in Liebko-
7:£[ip.aT0t ggouso, r; (retopls (iivope£t?0 ?, Shxupü. sungen gegen Apollon, ihren Herrn, überbieten.
•**) Die » yörj.05ioi « des Herakles werden besonders Der eine sucht seine Gunst durch einen Korb
erwähnt Arist. Frösche 572; vgl. auch das Bruch- mit Früchten, der andere durch declamatorische
stück aus dem Busiris des Epicharmos bei Athen. Schmeicheleien zu gewinnen«.
p. 41 1 b. -'39) Auch diese zeigt die Zahnreihen — der Vasen-
*") Vgl. dazu D g und 9. Hall. Progr. S. 5. maier hat auf die Wiedergabe dieses Details
238) Anders freilich Wieseler, der Herakles als flc- besonders geachtet.
henden und opfernden nimmt; den anderen v4°) Wieseler nimmt irrthümlich ihren oben quer-
Schauspieler hält er fUr einen »9uiuptTr(;« des herab laufenden Saum für ein Band zum Tragen
apollinischen Tempels. Auch Dierks Arch. Ztg. der pugillares.
302 Heydemann, Phlyakendarstellungcn.
kratzend2*1; die Maske ist bartlos und runzlig. Vor ihm, den wir als Schreiber"2
oder Beamten zu fassen haben, sind die anderen beiden Komiker erschienen, die
barfüfsig sind. Der eine von ihnen, dessen grofsmäulige Maske stark vorstehenden
Unterkiefer mit einzelnen Zähnen sowie weifsen Bart und Haar hat, in Ärmelanaxy-
rides, Polster, Phallos und Exomis, über dem 1. Arm und auf dem Rücken den
Mantel, stützt sich auf einen Stock in der R. und hebt redend die von dem Mantel
bedeckte linke Hand; hinter ihm lehnt sein langes gegabeltes Tragholz mit seinem
Reisesack243. Er will wie es scheint sich vertheidigen, als der vor ihm befindliche
andere Komiker sich umwendet, ihm zu schweigen zuruft und drohend den Zeige-
finger der rechten Hand hebt; er ist mit Armelanaxyriden und Phallos, Polster
und Exomis versehen und hält in der Linken eine noch gröfsere Schreibtafel als
der sitzende Beamte. Das Schielen und die Kahlköpfigkeit seiner ins Unmäfsige
verzerrten Maske — die Nase ist arg aufgestülpt, der Mund weit offen, die dichte
Reihe der oberen Zähne sichtbar, die Unterlippe mit kleinem Spitzbart weit vor-
ragend — weist ihn in den Stand der Sklaven21*: er ist wol als Scharwächter
(irsp''wAoc) zu nehmen, der den Reisenden, dessen Pafs2*5 nicht in Ordnung zu sein
scheint, aufgegriffen und vor den Beamten geführt hat. Während der Diener nun
den Pafs (die Schreibtafel die er trägt) vorliest und der Beamte unschlüssig
zuhört, wagt der Reisende dazwischen etwas zu bemerken und sich zu vertheidigen
— da schnauzt ihn der Häscher barsch an und befiehlt drohend zu schweigen2*6.
S. Krater (sog. vaso a campand) aus Unteritalien, jetzt im Museum zu Moskau: abg. und bespr.
Wieseler Annali dell' Inst. 1871 Tav. H p. 102 ss.; vgl. auch C. Müller Philologus 35 S. 354f. — Rev.
Zwei sog. Manteljünglinge.
Eine Frau, schlanken hohen Wuchses, in Schuhen und breitem Kopf band,
Chiton und Mantel in den der linke Arm gewickelt ist, wird von zwei komischen
Schauspielern, die sie drohend anschauen, fortgeführt: sie legt nachdenklich ernst
die Rechte an das Kinn. Die beiden Wächter haben Phallen 24r, Polster und Armel-
anaxyriden, kurzen Chiton und Schuhe; der eine, der vorangeht, blickt zu ihr um
und hebt die geballte Rechte; der andere, ein wenig hinter der Gefangenen einher-
gehend, hat die Linke ruhig gesenkt, während er mit der (nicht sichtbaren) Rechten
die Frau wol vorwärtsschiebt. Aufserdem hat der vordere Wächter am 1. Arm
einen Schild, während der hintere den Schild (um beide Hände frei zu haben)
quer auf der Brust gebunden trägt848. Die Masken in ihrer Übertriebenheit bilden
einen treffenden Gegensatz zu dem vornehmen Gesichtsschnitt der maskenlosen
Frau. Oben abschliefsend und raumfüllend eine lange Tänie. Wer die Gefangene
ist, ob etwa eine Heroine249 oder eine sterbliche Frau, wage ich nicht zu bestimmen;
die Darstellung bietet, so viel ich sehe, nirgends einen Fingerzeig, der zu einer
auch nur einigermafsen wahrscheinlichen Lösung führen könnte.
'**') Nach Braun a. a. O. stochert er in den Zähnen — ***) Die Art und Weise, wie die Gegenstände getra-
die obige Erklärung dünkt mich richtiger zu sein. gen werden, spricht wie mich dünkt auf das Be-
***) Gleichfalls Tafel und Griffel hat z. B. der öffent- stimmteste sowol gegen Reisesäcke (gegen diese
liehe Schreiber bei der Dokimasie der attischen spricht auch das Fehlen der zugeschnürten Off-
Reiterei auf der Berliner Schale no. 2296 (Arch. nung; vgl. z. B. X\ ferner Overbeck Sagenkr.
Ztg. 1880 Taf. 15 =5 Schreiber Atlas 40, 7). XXVIII 5; Jatta Vasi Caputi Taf. 1; u. a. m.)
243) Vgl. dazu R. als gegen Kissen (die es der Form nach allen-
'-**) Vgl. dazu aus der neuen Komödie Pollux IV falls sein könnte) , an welches Beides Wieseler
149: 6 8'ouXo; UepciTtiuv .... xai ävatpaXavTi» ; a. a. O. zu denken für möglich hält; C. Müller im
£sti tuA Staoxp&^o« TTjv O'iiv. Philologus a. a. O. erkennt Kissen. -. Es werden
"ib) Vgl. dazu Becker Charikles I S. 24 f. aber wol sicher Schilde sein, welche, wie sonst
M6) Anders Braun und wieder anders Wieseler; die öfter auf dem Rücken, so hier am Leib ge-
obige Erklärung allein scheint mir dem Bilde tragen werden, um die freie Bewegung der
völlig gerecht zu werden. Hände zu gestatten, obgleich mir nicht ge-
3,T) Zu den bei dem vorderen Komiker angegebenen lingen will ein analoges Bild aufzufinden.
»Schamhaaren« vgl. z. B. auch B Q R u. a. m. 219) z. B. Briseis? ÄthraJ
Hcydcmann, Phlyakemlarstellungen. 303
t. Gefäfs (sog. vaso a campanä) früher in der Sammlung Rainone zu S. Agata de' Goti, wo es
auch wol gefunden ist: abg. und bespr. Gerhard Ant. Bildw. 73 S. 312 f. ; l'anofka Annali dell' Inst. 1847
Tav. K p. 216 ss.; Welcker Arch. Ztg. 1848 S. 333 = A. D. III 35, 1 S. 504ff.; Wieseler Theaterg. IX 7
S. 5 5 f • ; Schreiber Kunsthist. Bilderati. IV 8; Baumeister Denkmäler I no. 87 ; vgl. noch Overbeck Sagenkr.
S. 143, 69; Hirzel Arch. Ztg. 1863 S. 71 f. ; Heydemann Nacheurip. Antigone S. 16. — Revers und Ver-
bleib der Vase unbekannt.
Dargestellt sind drei Schauspieler. Ein Häscher, mit bärtiger stumpfnasiger
Maske, in Ärmelanaxyriden und Phallos35", Polstsr und enganliegendem Gewand,
Exomis und auf Kopf und Rücken ein Thierfell, in der L. zwei Lanzen, hält mit
der Rechten (an der Schulter) zum Abführen einen greisen Mann fest, welcher als
Frau in langwallendem Doppelchiton und Mantel verkleidet ist. Dafs der Ergriffene,
der zu entweichen sucht, wirklich einen Mann in Frauenverkleidung darstellen soll
— nicht etwa nur ein Schauspieler als Frau ist — beweisen sowol seine weifsbärtige
Maske251 mit starker Glatze und krummer Nase, als der sichtbare Phallos'252; dieser
verkleidete Greis hat im linken Arm eine grofse Hydria, in der gesenkten Rechten
aber eine Mädchenmaske253, welche er zu seiner völligen Verkleidung, vor der
Greisenmaske getragen, jetzt aber abgenommen hat. Zugegen ist noch ein Schau-
spieler, als Fürst erkenntlich durch Stephane und Scepterstab ; er ist in Ärmel-
anaxyriden und Phallos, enganliegendem Gewand254 und besticktem Mantel, der
linken Arm, Rücken und Unterleib bedeckt und unter dem die Linke in die Seite
gesetzt ist; die Maske hat über der Stirn Glatze, ehrwürdig -langen weifsen Spitz-
bart, überhängende lange Nase. Staunend und erregt über den Vorgang hebt der
Fürst die Rechte mit dem Scepterstab. Alle drei Schauspieler sind barfüfsig. Die
Deutung des Vorgangs verdanken wir Panofka, der zuerst und wie auch mir scheint
mit Recht"55 eine Parodie der Antigone erkannte: vor König Kreon ist vom auf-
gestellten Wächter (Doryphoros) das Mädchen mit dem Wassergefäfs (so hat er sie
beim Leichnam des Polyneikes gegen des Königs Befehl ertappt256) geschleppt
worden — da hat die Gefangene die Maske abgenommen und sich als ein greiser
Diener entpuppt. Antigone ist wolweislich nicht selbst gegangen, sondern hat nur
einen Getreuen in ihrer Tracht abgesendet, die Spenden dem Bruder zu verrichten.
Darob grofse Empörung beim König und Abführung der vermeintlichen, natürlich
sich sträubenden Antigone.
U. Vase (a campanä), einst in der Sammlung des Museo Borbonico zu Neapel, jetzt ver-
schollen : beschr. bei Gerhard-Panofka Neap. Ant. Bildw. S. 322, 570.
Panofka beschreibt die leider nicht publicierte Darstellung folgendermafsen:
»Ein Komiker, den Kopf mit gelbem Tuch umwunden, mit bärtiger Maske, weifsem
kurzen Chiton, Hosen und schwarzem vorgebundenen Glied, die Flöte spielend;
rechts ihm gegenüber eine langbekleidete Flötenspielerin; dazwischen eine umbun-
dene Stele, worauf vier Äpfel. Rechts hinter der Frau ein gleich gekleideter
Komiker, auf einem bekränzten Altar sitzend, worauf ein Granatapfel liegt, in den
weit aufgesperrten Mund seiner Maske einen Delphin mit der Rechten hineinsteckend ;
oberhalb Binde und Weinblätter, unten Zweige.«
V. Krater (sog. vaso a campanä) aus der Basilicata-1"7, früher Durand no. 670, dann vorüber-
gehend im Besitz von de Nolivos und in der Hope'schen Sammlung no. 17: beschr. De Witte Calal.
Durand p. 230; vgl. auch Panofka in Gerhard's Hyperb. röm. Stud. I S. 168 (= Kunstblatt 1825 S. 285);
Gerhard Arch. Anz. 1849 S. 99 (nach Mittheilungen von Birch). — Rev. Zwei sog. Manteljünglinge.
ib0) Schamhaare stark angegeben. maske (racpm-i'c, TC[>oa(u-t;) mit Stirnhaar zu sein.
aM) Der offne Mund, die Grofse des Umfang«, die Vgl. 9. Hall. Winckelmannsprogr. S. 21 f.
hohen Augenbrauen zeigen deutlichst, dafs der ,M) Von Polstern ist nichts zu sehen, aber sie sind
Schauspieler maskiert ist. anzunehmen.
2M) Vgl. als Analogie dazu den Phallos des als Frau "5) Vgl. besonders Welcker und Hirzel a. a. O.
verkleideten Mnesilochos Aristoph. Thesmoph. 'ibä) Vgl. dazu Soph. Antig. 426 ff.
643 ff. "7) So nach Panofka, der das Gefäfs noch in Nea-
-' ,:l) Der offne Mund dient als Henkel; es scheint pel sah; im Katalog Durand ist als Fundort
kein Maskenkopf, sondern nur eine Gesichts- allgemeiner »Apulien« angegeben.
304
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
De Witte beschreibt die leider nicht veröffentlichte Komikerscene (deren jetzi-
gen Verbleib ich nicht anzugeben vermag) wie folgt: nun actenr , vetu d ' anaxyrides ,
danse les deux jambes jointes, de mattiere ä ce qiion dirait quon lui en a coupe
wie'1'*. Des seins proemiuents'"'', un phallus postiche et un masque barbu compVetent
son ajustement. Devant cet acteur est un second"'0 personnage assis sur un siege ä
dossier, et vetn d'une tunique et d' anaxyrides; il est bossu'"'1 et tient wie lyre'"''; ses
pieds reposent sur un escabeau. Un troisieme acteur , muni d'nn masque, ä barbe
et cheveux blaues, est assis sur wie table derriere le danseur. II est vetu d anaxyrides,
et pince de la lyre. Au dessus wie tablette.« Nach Gerhard a. a. O. wäre hier »ein
musikalischer Wettstreit dargestellt, doch scheint in der Mittelfigur mehr ein Gegen-
stand oder etwaiger Preis als ein Richter des Streits gemeint zu sein«; mich will
De Witte's Erklärung — Tanz zu Leierspiel — richtiger dünken.
W. Krater (sog. vaso a campana) früher im Besitz Pacileo's; jetzt verschollen: hier abgebildet
nach einer im Archäol. Apparat des Berliner Museums befindlichen Bause. — Rev. Zwei sog. Mantel-
figuren.
2/3 des Orig.
s58) Panofka a. a. Ü. »wegen der Stellung im Profil
ist nur ein Fufs sichtbar«.
***) \n beabsichtigter » Zwitterbildung « (Gerhard)
oder gar »Weiblichkeit« (Panofka) dieser Figur
ist dabei gewifs nicht zu denken.
'■">°) Panofka hielt irrigerweise auch diese wie die
folgende Figur für Frauen in Mannertracht (sog.
Lysiodoi: Athen, p. 620 E).
261) Bucklich — d. h. doch wol nur hinten am
Rücken gleichfalls sehr dick und unförmlich
ausgestopft, wie z. B. die Komiker KQ c und
andere, welche man im ersten Augenblick auch
für bucklich halten könnte. Buckliche Men-
schen vermag ich aufser dem bekannten wun-
dervollen Äsop der Villa Albani und aufser
einigen Pygmäengestalten (z. B. Heibig Camp.
Wandg. 110. 1539 b; Bull, dttt Inst. 1867 p. 34s.;
u. a.) auf erhaltenen Werken nicht nachzuweisen ;
vgl. auch Blümner-Dittenberger Griech. Antiq.
IV S. 31. 4-
wt\ >jebst einem grofsen Plektron, das in .den Hyp-
röm. Studien a. a. ü. als »eine Art Keule« ver-
kannt wird ; vgl. dazu z. B. das grofse Plektron
auf//; ferner Stephani CR. 1861 IV; 1862 VI 2;
Wiener Vorlegebl. Ser. VI 11, 1; u. ö.
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 305
Bruchstück aus einem bacchischen Thiasos363: ein Kentaur, im linken Arm
eine grofse Spitzamphora in deren Mündung ein Zweig steckt, springt vergnüglichst
galoppierend und die Rechte ballend vorwärts; seine Brust ist ganz behaart; um
den Thierleib ist ein Band gebunden. Hinter dem Ohr trägt er einen langen
schmalen Halm, wol zum Ausputz. Voran eilt umblickend ein komischer Schau-
spieler204, in Ärmelanaxyriden und Exomis, mit bärtiger schwarzhaariger Maske;
in der gesenkten Rechten trägt er am Henkel einen Eimer oder Kalathos
(etwa einen Kühleimer? vgl. 9. Hall. Progr. Anm. 37), während er die Linke im
Gespräch mit dem Kentauren hebt; der Mund ist weit geöffnet, der Ausdruck des
runzligen Gesichts ängstlich — wahrscheinlich treibt dieser in seiner Weinlaune es
ihm zu laut, allzu »xsvraufwxä)»«.
X. Vasenbild (sog. »urna col coverchio a manichi alzati< = Jahn Münch. Vasens. Taf. II 83);
jetzt verschollen: abg. Hancarville Ant. I 43 (20)265.
Ein Schauspieler, in Ärmelanaxyriden und Chiton, Polster und Phallos366,
in unförmlicher Maske mit Bart und Kranz, eilt grinsend und lustig mit zwei Fackeln
in den Händen vorwärts. Er wendet den Kopf nach der ihm folgenden Frau (Bac-
chantin), welche, in Chiton und Mantel, Kopftuch und Schmuck, mit grofsen Schritten
folgt und Doppelflöte bläst; sie ist nicht maskiert noch ausgepolstert. Im freien
Raum oben eine Fensterritze und eine Phiale, unten eine Blume. Bruchstück aus
einem bacchischen Thiasos.
y. Vasenbild, jetzt verschollen: abg. Tischbein Vas. Hamilton I 41 (II 7).
Dionysos, bekränzt und reichgeschmückt, mit Schuhen und Mantel ausge-
stattet, in den Händen Tänie, Schale und Thyrsos, folgt einem komischen Schau-
spieler, welcher, vorangehend und den Kopf zum schlanken Gott umwendend, ihm
in der erhobenen Linken eine Tänie zeigt, auf die sein Auge gerichtet ist. Der
Schauspieler trägt aufserdem in der gesenkten Rechten ein eimerartiges Henkelgefäfs
(Kühleimer oder Weingefäfs) 2,;7 und auf dem Kopf einen sehr langen tiefen Korb, der
mit Broden, Spitzkuchen, Früchten, Zweigen und einer Tänie gefüllt ist; die erho-
bene linke Hand wird den Korb wol auch berühren und halten***. Bekleidet ist
der komische Begleiter des Dionysos mit Ärmelanaxyriden, Polster, enganliegendem
Gewand, Exomis und Phallos; der Maskenkopf zeigt unförmliche Stumpfnase, strup-
pigen Bart auf Oberlippe und am Kinn, breiten zahnreichen Mund; das kurze Haar
ist bekränzt. Rechts und links von den beiden Figuren je ein Altar mit Früchten;
im freien Raum Blätter, Ranken, Punkte und Gräser.
Z. Vasenbild, jetzt verschollen: abg. und bespr. Tischbein Vas. Hamilton I 44(11 5); Müller-
Wieseler D. a. K. II 50, 623.
Dionysos, in Kranz und Tänie, Schuhen und Armbändern, über den Armen
den Mantel, hält Thyrsos und Trinkschale in Händen und spricht mit einem klei-
nen269 komischen Schauspieler, welcher vor dem Gott stehend und in der linken
Hand Kästchen und Tänie haltend, in der Rechten ihm Apfel und Kranz zeigt.
Der Schauspieler ist in Ärmelanaxyriden, Polster, Phallos und enganliegendem
263) Vgl- die verwandten Darstellungen a) einer Vase, iu) Ob ihm auf der Vase der Phallos wirklich fehlte,
die früher im Besitz des Herzogs von Blacas mufs dahingestellt bleiben.
war und von Gherardo de' Rossi Katalog p. 104 2<") Mir ist hier nur die Abbildung des franzosischen
No. XLII beschrieben ist (Kentaur, mit einem Nachdrucks von David (Paris 1785) zugänglich,
grofsen Baumstamm [daran Tänie] und einem -'66) Nicht allzugrofs nach der Zeichnung.
Kranz in Händen, folgt einer Bacchantin, welche ^^ Vgl. dazu Anm. 182.
»ha in mano uno di quei vasi a forma di paniere 268) Sonst würde der Korb, da er nicht im Gleich-
pendenti da un manico superiore«); b) des Vasen- gewicht auf dem Kopf steht, wol herabfallen
bildes Tischbein I 42 = Müller - Wieseler D. müssen.
a. K. II 46, 589 (Kentaur mit Fackel und Baum- -'69) Die Figur reicht dem Dionysos nur bis an die
stamm, an dem Tänie Pinax und Vogel hängen; Brustwarzen,
vorangeht ein Satyr mit Thyrsos und Frucht in
Händen).
306 Heydemann , Phlyakendarstellungen.
(braunem) Tricot-Gewand; ein kleines Mäntelchen liegt um den Unterleib, Rücken
und linken Arm; um den unbärtigen dicknasigen Maskenkopf hat er eine mit Perlen
besetzte Tänie und auf dem Rücken zwei grofse Flügel. Zwischen beiden Figuren
ein Altärchen oder eine Stele mit Äpfeln; zwischen den emporgerichteten Flügeln
hängt raumfüllend ein Kranz mit Tänie. Mir scheint es unzweifelhaft, dafs der
Komiker des Vasenbildes den Sohn der Aphrodite, den Allsieger Eros darstellt:
die knabenhafte Gröfse, die jugendlich unbärtige Maske, die Beflügelung passen nur
auf ihn270, der gewifs hier und da in Komödien — ich erinnere nur an die ver-
schiedenen alten Komödien, welche olympische Personen und Verhältnisse zum di-
recten Vorwurf haben57' — auftrat und dann ähnlich der Figur der Zeichnung aut
der Bühne erschien. Vielleicht war der Eros der Komödie meistens eine stumme
Rolle, die von Kindern dargestellt wurde, um wenigstens in der Kleinheit der
Gestalt den damals schon vorwiegend als Kind gedachten Gott wahrheitsgemäfs
vorzuführen.
". Yasenbild, jetzt verschollen: abg. und bespr. Tischbein Vas. Hamilton IV 10 (50); Wieseler
Theaterg. Denkm. 1X6 S. 54L Vgl. Böttiger Kl. Sehr. II S. 279fr". (der ungerechtfertigterweise den
»Kordaxtanz« erkennt.)
Dargestellt sind vier Schauspieler, deren einer als Frau gekleidet ist. Der
eine'"'3, auf einen Stock (aus Weinrebe) in der Linken gestützt, zeigt mit dem Zei-
gefinger der vorgestreckten Rechten auf einen Gefährten hin. Derselbe, ihm gegen-
überstehend und sich auf den Fufsspitzen hochaufrichtend, hält im linken Arm
gleichfalls einen Weinrebstock und bewegt, indem er auf seinen Phallos herabblickt,
erregt beide Arme — er läfst das »axtm'ov xadstjiivov epuirpov i!i ötxpou tm-/6« sich aut
und ab bewegen'73 und gibt dadurch wol seinen Gefühlen Ausdruck für die zwi-
schen den beiden Schauspielern stehende Frau, welche — in langwallendem Chiton274
und Überwurf, in Schuhen und Haube, mit Maskenkopf von ältlichen unschönen
Formen — den Kopf zu dem vierten flötenblasenden Schauspieler umwendet und
mit beiden Händen ein Rädchen '" schnurren läfst. Dieser vierte Schauspieler, der
zwei Flöten bläst, steht mit gekreuzten Beinen ruhig da; er ist ohne Phallos276. Die
drei männlichen Schauspieler haben Ärmelanaxyriden mit je einem langen Streifen,
Polster und Chiton; sie sind beschuht (mit Ausnahme des zweiten); ihre Masken-
köpfe, bärtig und bekränzt, zeigen verschiedenen Ausdruck: der Flötenspieler ist
behäbig und vergnüglich; der »verliebte« Mann, über der Stirn kahlköpfig und mit
Adlernase, blickt »optuu« ; der erste Schauspieler mit arger Stumpfnase weist lachend
auf den alten Liebhaber hin, vor dem unten eine Grasstaude den Raum füllt. Genre-
scene erotischen Inhalts: die beiden Schauspieler mit den Stöcken mögen sich um
die Gunst der Hetäre bewerben, welche das Liebesrädchen spielen läfst, während
ein Begleiter Musik anstimmt.
37°) Gerhard Hyperb. Studien II S. 116 denkt (was 17i) Vorn mit einem breiten jbäßoo; besetzt.
ich des ehrwürdigen Autors wegen verzeichne) -7,s) Über dies Spiel, das beim Liebeszauber bedeu-
an »Mysterienbeziehung«. tungsvolle Verwendung fand, vgl. Jahn Ber. d.
s") Vgl. z. B. des Aristophanes Daidalos (Suid. s. S. G. d. W. 1854 S. 256 f. Deutliche Beispiele
v. Eüp'ißotTO;) ; des Hermippos Theoi (vgl. Athen. auch Stephani CR. 1865 Taf. III 25; Gerhard
426 f. ); des Kratinos Nemesis (vgl. dazu Kekule Spiegel 326 (vgl. Stephani CR. 1865 S. 79, 3
Griech. Vasengem. S. 7 ff.); des Epicharmos und Arch. Ztg. 1870 S. 19),' Neap. Vasens.
Heroen- und Götterkomödien (vgl. dazu Lorenz No. 1982; 2924; 3144; u. s. w.
Epicharmos S. 1261T.); u. a. m. 17e) Warum der Flötenbläser auf der Bühne, der
i72) Sein Phallos ist wie derjenige des Genossen doch auch Schauspieler ist wie die anderen,
vorn mit einein Bande verbunden; vgl. dazu keinen Phallos zeigt, ist sehr auffällig und ein
Stephani CA'. 1869 S. 152,4 und jetzt erläu- Grund kaum anzugeben. Vielleicht war er auf
ternd Arch. Ztg. 1879 Taf. 4. dem Original zusammengebunden, was grade
273) Sein Phallos ist wie gesagt vorn verbunden; bei Musikern gebräuchlich war (vgl. Stephani
die beiden Tänienenden zeigen je zwei Troddel- CR. 1869 S. I5°f' und z. B. S. 153- no. 10; II ;
chen. Wieseler a. a. O. verkennt meines Er- u. a. m.), und ist nur von Tischbein unverstan-
achtens die letzteren und denkt an «Samen- den fortgelassen worden,
verspritzung«.
Heydemann, Phlyakendarstellungen.
307
(j. Vasenbild, jetzt verschollen: abg. Tischbein Vas. IV 57; jWieseler Theatergeb. Denkm. IX 4
S. 54; Champfleury Caricat. ant.'* p. 244; Schreiber Kulturhist. Bilderati. V 10. Vgl. Otfr. Müller Dorer2
II S. 349; Panofka Arch. Ztg. 1852 S. 511 f.; u. a.
Auf einem Fisch lagert ein Schauspieler, in Ärmelanaxyriden und Phallos,
Chiton und Maske, die offnen Mund Stumpfnase Spitzbart und hohe kahle Stirn
zeigt; um den Kopf Tänie und Perlenreihe. Er blickt empor und hält sich ängst-
lich mit der R. am Kopf des Fisches, während er die linke Hand nebst Kopf hebt
(als Zeichen innerer Theilnahme an irgend einem Vorgang den er beobachtet). Da
das Vasenbild aus Unteritalien stammt, woselbst es auch gemalt ist, so ist die Deu-
tung, welche darin eine Parodie des Taras, des Heros eponymos von Tarent, er-
kennt, unzweifelhaft richtig277: zahllose Münzen der reichen Handelsstadt zeigen ihn im
mannigfachsten Wechsel auf einem Delphin reitend27", wogegen andere Darstellun-
gen des Taras auf den Münzen seiner Stadt nur ganz vereinzelt279 sind. Allenfalls
könnte noch an einer Parodie des Phalanthos gedacht280 werden, welcher von Sparta
aus die Stadt Tarent gegründet haben und schiffbrüchig von einem Delphin ans
Land gebracht sein sollte281 — doch dünkt mich bei der allgemeinen Verbreitung
der Tarentiner Münzen mit dem
Taras »ozktsivi Itto^ouiasvoc« die
erste Deutung wahrscheinlicher.
Im Geist der Komödie ist es,
wenn an Stelle des Delphins
ein Fisch und statt des jugend-
schönen Heros ein häfslicher
Alter dargestellt ist, welcher
ebenso ungeschickt und ängst-
lich auf dem Thiere hockt, als
Taras sicher und vornehm durch
die Wellen dahinreitet.
y. Innenbild einer jetzt ver-
schollenen Trinkschale: hier abgebildet
nach der Zeichnung, die für einen fünf-
ten282 Band des Tischbein'schen Vasen-
werkes schon gestochen war.
Dargestellt sind zwei
Schauspieler, je mit Polster und
Phallos, kurzem Chiton und
Schuhen ausgestattet; auf dem
Original trugen sie einst wahr-
scheinlich Ärmelanaxyrides, wo-
rauf die Spangen und Säume
an den Handgelenken und über (y.) % des Orig.
2") Wäre das Bild in oder bei Korinth gemacht
worden, so müfste man an Melik ertes denken:
cf. Furtwängler Berl. Vasens. No. 779; vgl. 780
und 914.
278)Vgl. Pollux IX 80: ÄpKTtOTiXr;« b) ttj Topavrf-
vuiv TtoXiTsc'a x«).eTaWa( tpr^st VtyJUdua itap' cc&toij
voüppov, i'S o5 ävTSToircüaSlat Tapavxa tov Hoiei-
S(öw; SeXcpTvi iitoyo'jp.i'vO'/ ( — Aristot. Fragm. 548).
279) Vgl. z. B. Friecllaender in Sallet's Ztschr. für
Num. VI S. 10.
Mo) Miliin (Peint. de Vas. I p. 116, 3; mir nicht zur
Hand) dachte an »Arion«, was bestimmt falsch
ist.
28 ') Vgl. Tansanias X 10, 6 und 13, 10; Strabo
2 78f; u. s. w. Die Gründe, die Panofka a. a. O.
sonst noch für Phalanthos anführt, sind ganz
werthlos.
282) vgl. dazu Böttiger Arch. und Kunst S. XIX f. ;
Jahn Einl. Anm. 5 und Ber. d. S. G. d. W.
1854 S. 50, 2. Mir wurde der Stich durch
meinen hochverehrten Freund G. Jatta zugäng-
lich, dessen Exemplar des Tischbein'schen Wer-
kes — aufser den ersten Bänden mit Text und
dem vierten textlosen Bande — noch vier Hefte
(je zu 10 Tafeln) vom fünften nicht erschiene-
nen Bande enthält (vgl. Excurs).
308 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
•
den Knöcheln hinweisen. Der eine scheint maskiert; der andere hat auf dem Haupte
einen diademartigen Aufsatz, ganz so wie ihn der Zeus der Vase p trägt*83. Die
vorgeführte Handlung ist wol als Prügelscene aufzufafsen384: der Schauspieler mit
dem Kopfputz streckt so weit als möglich seinen Hintern vor, während der Andere
ihn umkreist und sich vorneigt, um ihm auf denselben mit den Händen Schläge zu
versetzen; ängstlich dreht der Geprügelte den Kopf um und hebt die Arme. Mög-
lich wäre, dafs der »Bediademte« Zeus sein soll, welcher Prügel empfängt: etwa
um durch standhaftes Aushalten derselben seine Gottheit zu bekunden — eine
Götterprobe, der sich bei Aristophanes bekanntlich die beiden Pseudo-Heraklesse
Xanthias und Dionysos unterwerfen (Frösche 637 fr).
E X C U R S.
Tischbein's fünfter Band der »Col/ection of Engravings front
ancient vases.«
Es scheint mir angebracht mit Hilfe des Jatta'schen Exemplarcs, dessen
Benutzung mir zur Zeit zu Gebote stand, und mit Hilfe einer Sammlung von Tisch;
bein'schen Inedita, welche das K. K. Antikenkabinet zu Wien besitzt und über deren
Inhalt mir Herr Dr. R. Schneider mit gewohnter und dankenswerthester Bereitwillig-
keit Auskunft gegeben hat, den fünften Band des Tischbein'schen Vasenwerkes,
welcher unvollendet geblieben und nie erschienen ist, aber in einzelnen Abzügen
oder Heften hier und da vorkommt, so weit es geht zusammenzustellen, und zwar
vermag ich ihn, wenn mich nicht Alles täuscht, fast vollständig herzustellen. Ich
bemerke, dafs die Tafeln noch der Numerierung entbehren; ferner dafs sämmtliche
Vasenbilder sobald nicht das Gegentheil angegeben ist, rothfigurig und meistens
späteren Styls sind. Ein gröfserer Theil der abgebildeten Darstellungen — von
dreifsig Vasen — findet sich in dem K. K. Antikenkabinet485 zu Wien und gehörte
vordem den Sammlungen Lambcrg Rainer und Tischbein an, welche bekanntlich
vor Allem in Untcritalien und in Sicilien zusammengebracht waren. Einige andere
Vasen vermag ich auch sonst noch vereinzelt in Rom, Neapel, Petersburg, Paris und
London nachzuweisen; die übrigen scheinen zu Grunde gegangen oder sind ver-
schollen.
(Erstes Heft.)
(1) Halsbild mit Phrygerkopf und Form der berühmten Vase Poniatowski : vgl. dazu unter No. 3.
(2) Vorderseite: Aussendung des Triptolemos; und
(3) Rückseite (Grabscene) derselben Vase Poniatowski, jetzt im Museo Gregoriano zu Rom: abg.
und bespr. Visconti Op. var. II 1; Miliin /'eint, de vas. II 30. 31 und Gal. myth. 52, 219; Inghirami
V. F. II. 12; und öfter. Vgl. dazu Stephani C. R. 1859 S. 84, 35 und Gerhard Akad. Abk. II S. 4640.
(4) Verfolgungsscene : ein Jüngling (kurzer Chiton) verfolgt eine junge Maid, die auf ihren
Vater, im Mantel und mit Stab, zueilt; eine Genossin flieht davon.
(5) Theseus und Minotauros: Amphora in Wien Sacken-Kenner IV no. 13. Abg. und bespr.
Laborde Vas. Lamberg I 30; Miliin Magaz. encyclop. 1808 IV p. 315 und Peint. de vas. II 78, 6.
*93) Ähnlich ist auch der Kopfputz des Königs S85)Vgl. Sacken und Kenner Die Sammlungen des
Eurystheus (N). K, k. Münz- und Antikenkabinets. Wien 1866.
ss4) Oder ist ein Tanz dargestellt — etwa ein »Pas „ -
de detix« des obseönen Kordax f
Heydemann , Phlyakcndarstellungen. 309
(6) Drei epheubekränzte Mänaden: die eine senkt Kopf und zwei Fackeln, die mittlere spielt
die Schildkrötenleier, die dritte, deren Haare gelöst herabfallen, hält Kantharos und Thyrsos und blickt
begeistert empor.
(7) Apollon und Musen: Krater in Wien Sacken-Kenner IV no. 76. Abg. und bespr. Laborde
Vas. Lamberg I II; Elite cer. II 79; Inghirami V. F. 370; vgl. auch Jahn Annali dell' Inst. 1852 p. 202 s.
(8) Apollon und Marsyas: der Gott, welcher auf Mantel sitzt und das Lorbeerbaumscepter auf-
stützt, und eine hinter ihm y ehende epheubekränzte Frau (Artemis?), welche die R. traulich auf seinen
Nacken legt, hören auf das Flötenspiel des vor ihnen stehenden Marsyas; zugegen ist noch eine Frau
(Muse), welche in der gesenkten L. Apollons Leier hält und gespannt wie die anderen dem Flöten-
spiel zuhört.
(9) Grabscene: auf den hohen Stufen einer Grabstele — auf derselben steht ein Kantharos;
neben der unteren mit einer Tänie geschmückten Stufe steht eine hohe Amphora und liegt ein henkel-
loser Skyphos — sitzt ein Jüngling (mit Kopfband Mantel und Stab), der mit einem vor ihm stehenden
Genossen (Mantel und Stab) spricht; eine Frau (Kopfschleier wol modern hinzugefügt), die auf der un-
teren Stufe hinter dem Sitzenden steht, bindet eine Tänie um die Stele.
10) Symposion: auf einer Kline liegen zwei Jünglinge und ein bärtiger Mann; zwei der Gela-
gerten heben nach Kottabosart die Trinkschalen; vor ihnen Tische mit Kuchen. Hinzukommen drei Ge-
fährten : ein bärtiger Mann mit Fackel , welcher trunken den Kopf hintenüberwirft und die L. um den
Nacken eines ihn stutzenden Jünglings geschlungen hat; ein zweiter Jüngling folgt, den Kopf emporhe-
bend (etwa um zu singen).
(Zweites Heft.)
(11) Apollon und Muse: Innenbild einer Kylix in Wien Sacken-Kenner II no. 119.
(12) Amazonenkampf: Amphora (Vorderseite) in Wien Sacken-Kenner III no. 7 1 ; abg. Dubois-
Maisonneuve Introduct. a l'etude des Vascs I 2 (ganz klein).
(13) Fünf Epheben in Unterhaltung miteinander: Vorderseite einer Amphora in Wien Sacken-
Kenner IV No. 107.
(14) Frau und zwei Jünglinge im Gespräch: Vorderseite eines Kraters in Wien Sacken-Kenner
III no. 171.
(15) Abschied eines »Peripolos«: Amphora in Wien Sacken-Kenner V no. 268 (Vorder- und
Rückseite).
(16) Grabspende: Hydria in Wien Sacken-Kenner V no. 255.
(17) Frau und Jüngling in Unterhaltung: Amphora in Wien Sacken-Kenner V* no. 69.
(18) Grabspende: Vorderseite einer Amphora in Wien Sacken-Kenner II no. 88.
(19) Grabspende: Amphora (Vorderseite) in Wien Sacken-Kenner II no. 4.
(20) Komos: Vorderseite eines Kraters in Wien Sacken-Kenner V no. 89. Abg. und bespr.
Miliin Peint. de Vas. I 27; Inghirami V. F. 375.
(Drittes Heft.)
(21) Hermenopfer: abg. und bespr. Gerhard Akad. Atlas Taf. 65, 2 und Akad. Abh. II S. 569, 2.
(22) Bacchische Scenen auf einer schwarzfigurigen Vase: a der bärtige Bacchus sitzt mit Trink-
horn zwischen zwei ithyphallischen Satyrn und einer Baccha, welche zwei Fackeln hebt; 0 der bärtige
Bacchus mit Trinkhorn und Rebzweig steht zwischen zwei erotischen Paaren, die je aus einem Satyr und
einer Baccha bestehen.
(23) Ein bartloser Mann sitzt auf seinem Mantel und stützt das Kinn in die Linke, deren Ellen-
bogen auf dem 1. Oberschenkel aufgesetzt ist; hinter ihm hängt oder liegt ein Schabeisen. Der Mann
ist unförmlich pygmäenhaft gestaltet : grofser Kopf, grofse Hände und FUfse , grofses Glied , magerer
dürrer Körper, häfsliches Gesicht. Etwa ein Sklave, der seinen Herrn zum Gymnasion begleitet hat und
nun wartend dasitzt?
(24) Komikerscene: abg. und bespr. oben S. 307 unter y.
(25) Kriegerauszug: Vorderseite eines schwarzfigurigen Kraters in Wien Sacken-Kenner V no. 143.
(26) Krieger auf Viergespann : Rückseite des vorigen Gefäfses.
(27) Dreifufsraub ; schwarzfigurige Lekythos in Wien Sacken-Kenner IV no. 120: abg. Müller-
Wieseler DaK. I 18 no. 95; vgl. auch Welcker AD. III S. 275 no. 21.
310 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
(28) Dreifufsraub ; schwarzfigurige Lekythos in Wien Sacken -Kenner II no. 102; vgl. auch
Welcker AD. III S. 276 fr.
(29) Auf der einen Seite der Vase fand sich Nike, mit beiden Händen eine Perlenschnur der
Frau hinhaltend, welche auf der anderen Seite des Gefäfses mit Blume und Spiegel vor der Göttin da-
vongehen will. Bei der Nike ein (halber) Altar und Inschrift x»oe; bei der Frau ein (halber) Schemel,
ein Kalathos und Inschrift xoots.
(30) Frauenscene: abg. Dubois-Maisonneuve Introd. XVI 5 (die stehende Frau auch bei Stud-
niczka Beitr. zur altgr. Tracht. S. 7, 2 = Ztschr. für österr. Gymn. 1886 S. 203, 3); vgl. Jahn Annali
dell'Inst. 1866 p. 328 s. (der ohne Grund an das Morraspiel denkt).
(Viertes Heft.)
(31) Talthybios und Klytaimnestra: Vorderseite einer Amphora in Wien Sacken- Kenner V
no. 240. Abg. und bespr. Miliin Peint. de vas. II 24 und Gal. myth. 170, 614; Arch. Ztg. 1854 Taf. 66, I;
vgl. Jahn Arch. Ztg. 1854 S. 230, 10; Robert Bild und Lied S. 150, 1 und 158,4.
(32) Verfolgungsscene: Vorderseite einer Amphora in Wien Sacken-Kenner IV no. 24.
(33) Abschiedsscene: Amphora (Vorderseite) in Wien Sacken-Kenner IV no. 20.
(34) Komosscene (die Schamglieder hier noch nicht gezeichnet): Amphora in Wien Sacken-
Kenner IV no. 63 ; abg. Dubois-Maisonneuve Introd. VI.
(35) Komosscene (das Glied des nackten Mannes noch nicht gezeichnet): Fortsetzung der vori-
gen Darstellung und Rückseite desselben Gefäfses; abg. Dubois-Maisonneuve a. a. O.
(36) Amazonenkampf; Amphora (Vorderseite) in Wien Sacken-Kenner IV no. 104: abg. Dubois-
Maisonneuve Introd. XV 1.
(37) Zwei Jünglinge in Unterhaltung: vor dem einen, der sitzt (Mantel und Pilos im Nacken
Schwert und Lanze), steht erzählend der andere (Lanze und Mantel); Beide blicken empor.
(38) Vorderseite und
(39) Rückseite der »Antiope«-Vase in Wien Sacken-Kenner III no. 125: abg. und bespr. Jahn
Arch. Ztg. 1853 Taf. 57 S. 104 f.
(40) Gynaikonitis: fünf Frauen mit Putz beschäftigt und in Unterhaltung darüber begriffen;
Hydria in Wien Sacken-Kenner V no. 246. Unvollständig — es fehlt die Frau mit dem Spiegel, die
mehr seitlich von dem einen Henkel steht, nebst den beiden Gänsen — abgeb. bei Dubois-Maisonneuve
Introd. V.
Dazu kommen nun aus einem Exemplar des fünften Bandes 2S6, das sich im
Besitz des Kais. Kgl. Antikenkabinets befindet und vierundsechzig Tafeln enthält,
laut freundlicher von Bausen begleiteter Mittheilung des Hrn. Dr. R. Schneider — ■
dem dafür hier mein bester Dank wiederholt wird — noch die folgenden dreiund-
dreifsig Tafeln hinzu:
(41 [11]) Amazonenkampf: grofsartige Darstellung eines Kraters im Museum des Louvre, die bei
Miliin Peint. I 61 = Gal. myth. 135, 498 abgebildet ist.
(42 [12]) Bacchische Scene: in der Mitte sitzt eine Bacchantin, den r. Arm auf ein grofses
Tympanon stützend und in der 1. einen Thyrsos (mit Ast) haltend ; vor ihr steht mit höhergesetztem r.
Fufs ein bärtiger Satyr, in lebhafter Unterhaltung mit der Frau begriffen, hinter welcher ein zweiter Satyr
sich entfernt, umblickend und verwundert die Arme hebend.
(43 [13]) Pflege des Bacchuskindes: Inschriften-Krater jetzt im British Museum; oft abgebildet
und besprochen: vgl. dazu 5. Hall. Progr. S. 16, N und 10. Hall. Progr. S. 23, d.
(44 [14]) Symposion des Dionysos der Ariadne und des Herakles: abg. Miliin Peint. I 37 =
Gal. myth. 66, 246.
286)Derselbe ist dem 4ten Bande des Tischbein'- Jatta II — 20), während ihm Jatta Taf. 21 — 30
sehen Werkes angebunden und enthält von den fehlen. Tafel 47 wiederholt die Darstellung von
Jatta'schen Tafeln dreifsig (Taf. I — 10 = Jatta Taf. 15 (= unserer No. 45).
Taf. 1 — 10; 22--31 = Jatta 31 — 40; 32—41 =
Heydemann, Phlyakendarstellungen. 3 1 1
(45 [15]) Bacchische Scene: Frau, mit Traube und Thyrsos (Tänie), folgt eilig einem voran-
laufenden Jüngling, welcher Thyrsos (Tänie) und Schale (mit Gebäck) in Händen hält und umblickt.
(46 [16]) Jüngling, ausgerüstet mit Panzer und Schwert sowie Schild und Speer in Händen,
steht im Gespräch vor einem Gefährten, der mit gekreuzten Beinen vor einem Altar steht (oder sitzt er
auf demselben?), und in Händen Scheide und Schwert (dies drohend gehoben) hält; über dem 1. Arm
fällt der Mantel herab. Eine bekleidete herbeikommende Frau hebt beide Hände. Ob mythologisch
zu deuten?
(47 [17]) Hetäre und Jüngling beim Symposion: er gelagert auf Kline, sie zu seinen FUfsen
sitzend; beide bekleidet (sein Oberkörper nackt) und beide mit je einen Arm sich umfassend. Vorn ein
vierbeiniger Efstisch. Verwandte Darstellungen z. B. Neap. Vasens. 2202 B; u. a. m.
(48 [18]) Bacchische Scene: rechts sitzt der bärtige Dionysos, unterwärts bemäntelt und um das
Haupt eine breite an den Seiten untergesteckte Tänie, in der Rechten den Thyrsos; vor ihm ein bärtiger
Satyr, der forteilend niedergestürzt ist und erschreckt zu seinem Herren umblickt.
(49 [19]) Symposionscene: Rückseite eines Kraters aus S. Agata de Goti in der Ermitage No. 812;
abg. Miliin Feint. I 59 (hier der Friesstreifen mit den Thieren fälschlich unten und kleiner).
(50 [20]) Scene aus der Iliupersis (?); auf der Vorderseite der vorigen Vase: abg. Miliin Peint.
I 58 (hier der Thierfries fälschlich unten) und Gal. myth. 170, 615; Arch. Ztg. 1854 Taf. 66, 3; u. ö.
(51 [21]) Komos: abg. Miliin Peint. I 36.
(52 [42]) Bruchstück eines figurenreichen Amazonenkampfes: Amazone zu Rofs, mit Speer;
Grieche, gerüstet und steinschleudernd; zwei Griechen, zwischen denen noch eine Pelta erhalten ist; von
allen Figuren nur die Köpfe und von den beiden erst beschriebenen noch die Brüste vorhanden.
(53 [43]) Sitzender Satyr, die Linke in Stirnhöhe erhebend; nach r. gewendet.
(54 [44]) Bacchische Scene: abgeb. Miliin Peint. I 28.
(55 [45]) Bacchische Scene: abg. Miliin Peint. II 36.
(56 [46]) Bacchische Tanzscene: Baccha (mit Tänie), Satyr mit Thierhaut und eine zweite Baccha,
welche ein Tympanon schlägt, tanzen zur Musik die der Ephebe Eros flötenblasend macht; eine Baccha
(in der R. einen Kranz) und ein Satyr in Fell (mit Tänie in der R.) schauen zu.
(57 [48]) Bacchische Scene: ein Jüngling mit Thyrsos und Handpauke eilt auf eine sitzende
Frau zu, welche ihm einen Kasten hinhält; er blick1 um (dorthin, woher er gelaufen kommt).
(58 [49]) Genrescene: Frau, mit Korb und Eimer in Händen, im Gespräch vor einem Jüngling,
der in jeder Hand einen Perlenkranz hält; zwischen Beiden eine grofse Palmette und auf Stele (eine
Sonnenuhr?).
(59 [50]) Wagenlenker: sog. Oxybaphon, das sich zuletzt in der Sammlung Pourtales No. 184
(195) befand; abg. Miliin Peint. I 35 = Elite ceramogr. II 109 B.
(60 [51]) Fahnenträger zu Rofs: er trägt den ganz kurzen unteritalischen Chiton; um das Haupt
ein Band mit vier Rosetten; auf der Fahne das Hakenkreuz. Vgl. ähnliche Darstellungen Miliin Peint.
I 13; Neap. Vasens. No. 784; u. a. m.
(61 [52]) Kredenzscene : nur in Kleinigkeiten verschieden von der gleichen Darstellung der Hy-
dria Neap. Vasens. No. 874 (abg. Annali dell 'Inst. 1865 Tav. O 2). Die Frau hat statt Kopftuch ein Netz,
aus dem hinten der Zopf hervorsteht; um die Önochoe liegt eine Tänie; der Krieger hat aufser den
zwei Federn einen langwallenden Busch auf dem Helm; zwischen Beiden hängt ein Mantel. Trotzdem
vielleicht identisch ?
(62 [53]) Toilettenscene: in der Mitte steht eine grofse bekleidete und reichgeschmückte Frau
(oder Aphrodite?), in Händen Kranz und Spiegel; jederseits eilt ein Eros (in Jünglingsgestalt) eilig her-
bei und fafst die Frau mit beiden Händen in der Mitte der Oberschenkel (als ob sie die Falten des
Überwurfs zurecht ziehen wollten); die beiden Eroten sind an Kopf Hals und Armen, der eine auch
noch um den Leib mit Perlenband geschmückt. Vgl. dazu die abgekürzten Darstellungen Elite cer. IV
1 ; 2 ; u. s. w.
(63 [54]) Kybistesis zweier Frauen: die eine geht auf den Händen einher, die zweite tanzt mit
über den Kopf erhobenen und zusammengehaltenen Händen (&t),«|jui) ; Beide tragen unterrockartige Be-
kleidung; im Raum ausfüllende Ornamente, ein Kranz mit Tänie und eine Taube.
(64 [55]) Badescene: bekleidete Frau mit Alabastron und nackte Frau mit Schabeisen stehen
jederseits von einem Luterion, in welchem ein gröfserer Knabe mit Schabeisen badet; ein bärtiger Satyr
Jahrbuch des archäologischen Instituts I. 23
312 Heydemann, Phlyakendarstellungen.
stürzt höchlichst verwundert von dannen und zur Erde. Vgl. verwandte Darstellungen z. B. Elite cer.
IV 22; u. a.
(6S [56]) Komos: drei Jünglinge, je mit Fackel und Mantel ausgerüstet, ziehen mit einer be-
kleideten Flötenbläserin, auf deren Nacken der eine Jüngling den linken Arm gelegt, in lauter Wein-
seligkeit dahin; alle sind bekränzt. Oben Inschriftreste (darunter xoXr;).
(66 [57] Badescene: ein Jüngling, über dem linken Arm den Mantel und in der R. an einem
Ring Schabeisen und Ölkanne , kommt herbei, während ein zweiter Jüngling (welcher seinen Mantel um
eine ionische Säule geschlungen) nackt vergnüglich dahinspringt.
(67 [58]) Bruchstück: Frau, bekleidet und geschmückt, reicht eine bemalte Amphora (Form
no. 75 des Neap. Katalogs, jedoch ohne die Knöpfe an den Henkeln; Bild: schwarzer Reiter) an einem
der Henkel gefafst einem Manne hin, der mit Doppelspeer in der L. vor ihr steht und die R. vorstreckt,
um das Gefäfs zu nehmen; nur Stirn und Hände von ihm sind noch vorhanden.
(68 [59]) Bruchstück einer apulischen Vase mit einer Darstellung aus der Gynaikonitis: abg.
Miliin Peint. I 4.
(69 [60]) Kampfscene: links ein Trompeter; dann ein von einem Pferd gesprungener Krieger
mit Axt auf einen niedergesunkenen Krieger loshauend, der durch einen Speer (zerbrochen) verwundet
ist; endlich ein Krieger zu Pferd herbeieilend. Alle Krieger sind unbärtig und in unteritalischer Beklei-
dung sowie Bewaffnung (vgl. dazu Berl. Vasensamml. no. 3264; u.' a. m.).
(70 [61]) Kredenzscene: abg. Miliin Peint. I 41 (r. und 1. fehlt hier je ein Fenster).
(71 [62]) Amazonenkampf: abg. Miliin Peint. I 23.
(72 [63]) Genrescene einer önochoe aus Ruvo im Museo Nazionale zu Neapel No. 952: abg.
Miliin Peint. I 47.
(73 [64]) Kentauromachie : ein Kentaur flieht vor einem unbärtigen nackten Griechen (Theseus),
der in beiden Händen eine Keule schwingend ihm nacheilt.
Aufserdem besitzt das KK. Antikenkabinet noch ein Folio -Heft von sechs-
unddreifsig Tischbein'schen Tafeln, zum Theil unedirt, zum Theil in Tischbein's
Homer oder sonst schon veröffentlicht. Darunter sind die folgenden neunzehn
Vasentafeln"7:
(74[Taf. 3]) Komast mit Hund: Amphora im British Museum No. 880. Oft abgebildet: Hancar-
ville III 78[57]; Panofka BaL. IV 3; Jahn Dichter auf Vasenb. IV 5.
(75 [4]) Geburt der Athene: Amphora im Wiener Antikenkabinet Sacken -Kenner IV no. 97.
Abg. Laborde Vas. Lamb. I 83; El. cer. I 55; vgl. Schneider Geburt der Athene S. 14, 33.
(76 [5]) Heldenrüstung: Vorderseite eines Kraters Sacken-Kenner IV no. 162.
(77 [7]) RUstungsscene : abg. Miliin Peint. I 39.
(78 [8]) Begegnung am Grabe : abg. Miliin Peint. II 46.
(79 [9]) Abschied eines »Peripolos«: abg. Miliin Peint. II 15.
(80[n]) Empfangsscene: Krater der Wiener Sammlung Sacken-Kenner IV no. 116 (abg. Tisch-
bein Homer II 3; Laborde Vas Lamberg I 22).
(81 [12]) Eberjagd auf einer Vase aus S. Agata de'Goti: abg. Tischbein Homer II 4; Miliin
Gal. myth. 172, 628; Panofka BaL. V 1.
(82[i4]) Bruchstück (einst im Besitz Hamiltons) mit einer Scene aus dem üanaemythus: in
einem offenen Kasten (sie) stehen nach links gewendet eine Frau (Danae), bekleidet und am Hinterkopf
verschleiert, und vor ihr ein langgelocktes Kind (Perseus), das gradaus blickt, während sie den Kopf
traurjg senkt; vor dem Kasten stand ein bekleideter Mann (den Scepterstab in der vorgestreckten L.
aufstützend), von welchem jetzt nur noch ganz wenig erhalten ist — doch wol eher Akrisios, welcher
der Einsperrung beiwohnt, als etwa Polydektes vor dem der Kasten geöffnet wird. Der Kasten nebst
Danae und Perseus (hier nach rechts gewendet) abgebildet bei Dubois-Maisonneuve Introd. XVI 3.
(83 [15]) Heimbringung eines gefallenen Kriegers; schwarzfiguriges Vasenbild: der Todte wird
von einem Gefährten auf dem Rücken getragen; beide sind gerüstet. Zwei bekleidete Frauen, die eine
a,)!) Eine zwanzigste Vasentafel [6] ist gleich unserer No. 61.
Heydemann , Phlyakendarstollungen. 3 1 3
vorangehend , begleiten mit sehr lebhafter Handbewegung die Gruppe. Vgl. verwandte Darstellungen
z. B. Berl. Vasens. no. 1718 (Arch. Ztg. 1861, 156); u. s. w.
(84[i7]) Gynaikonitis: in der Mitte sitzt die Herrin, umgeben von einer Dienerin mit Alabastron
und einer zweiten, welche ihr einen Spiegel (sie; ganz von der Seite gesehen) hinhält.
(85 [18]) Frauenleben: "drei stehende bekleidete Frauen, die eine links mit Kalathos , die dritte
rechts mit Eimer in der Hand. Vielleicht Rückseite zur vorigen Darstellung?!
(88(24]) Nike geht mit vorgestreckten Händen vorwärts; vor ihr ein Pfosten. WolBild einer Lekythos.
(87 [25]) Poseidon und Ephialtes: bekannte und oft abgebildete Amphora der Wiener Samm-
lung Sacken -Kenner IV no. 67 (aufser den dort angegebenen Abbildungen vgl. noch Maisonneuve Introd.
84; Creuzer Symbolik III 1. Taf. 2; Guigniaut RH. 131, 509; Overbeck Atlas XIII 1; u. a. m.
(88 [27]) Volksversammlung; schwarzfigurig : ein stehender Mann, ein bartloser Mann, ein auf
Klappstuhl sitzender Mann und ein phrygisch gekleideter Mann in Unterhaltung; alle bärtig und mit Speeren.
(89 [31]) Vasenbruchstück: zwei Köpfe gerüsteter jugendlicher Krieger oder vielmehr nach den
Inschriften zu urtheilen eines Kriegers und einer Amazone. Zwischen Beiden liest man ANAOXM . N
(etwa Äv8po[*axV) und EYNOM . S (Eüvojxo;) ; ferner IHN.
(90 [32]) Palästrascenen : abg. Dubois-Maisonneuve Introd. XVI 4 ; Panof ka Griech. nach Ant.
I 10 ; vgl. ebenso z. B. lnghirami VF. I 83; u. a. — Auf der anderen Seite des Gefäfses gleichfalls ein beklei-
deter Doppelflötenbläser, vor dem ein nackter Jungling springt (und tanzt), in jeder Hand Krotala schlagend.
(91 [35]) Helena von Menelaos verfolgt: bekannte Amphora der Wiener Sammlung IV no. 114.
Oft abgebildet und besprochen: vgl. aufser den Citaten bei Sacken-Kenner noch Tischbein Homer V 5;
Meyer Gesch. bild. Künste III B; Panofka Arch. Comment. 1854. I 7; Miliin Mon. ined. II 39 und Gal.
myth. 151, 612; Guigniaut Sei. 223, 825; Politi Osservaz. sulla lettern Maggiore 1829; Hirt Götter u. Heroen
43> 372; Overbeck Sagenkr. 26, 11; u. ö. Vgl. gegen den ungerechtfertigten Verdacht einer Fälschung
(Rochette Mon. ined. p. 338, 2): Gaz. archeol. VI p. 64, I.
(92(36]) Kassandravase des Museums zu Weimar: abg. z. B. Dubois-Maisonneuve Introd. 15,2;
Arch. Ztg. 1848, 13, 4.5; Overb. Sag. 27, 2; u. ö.
Endlich existieren vereinzelt noch und sind mir bekannt geworden folgende
fünf Tischbein'sche Vasentafeln (von denen die drei ersten Bilder sich auf Vasen
im Wiener Museum finden):
(93) Bacchische Scene: Amphora Sacken-Kenner IV no. 98; abg. und bespr. Jahn Philologus
XXVII Taf. IV 3. S. 22 f.
(94) Sog. Odysseus und Iros: Vorderseite einer Amphora Sacken-Kenner IV no. 194 (der »Iros«
ist ein Satyr); abg. und bespr. Jahn Ber. d. S. G. d. W. 1854. Taf. II S. 49 ff.
(95) 288 Odysseus und Diomedes in der Doloneia: Vorderseite eines Kraters Sacken-Kenner V
no. 57; abg. und richtig erklärt von Hörnes Arch. Ztg. 1877 Taf. 5 S. 21.
(96) Hermenverehrung: abg. und bespr. Gerhard Akad. Atlas Taf. 65, 1 und Akad. Abh. II S. 569, 1.
(97) Hermenverehrung: abg. und bespr. Gerhard ebd. Taf. 66, 2 und II S. 57 '> 2-
Diese 97 Vasentafeln sollten ohne Zweifel in einem fünften Band des Tisch-
bein'schen Vasenwerkes erscheinen. Nach Welcker, in Müller's Handbuch der
Archäol. §321, 5. S. 457, waren 99 Platten zu diesem Bande schon gestochen —
demnach fehlten in dem obigen Verzeichnifs nur zwei Tafeln, welche ich leider
nicht zu ermitteln vermochte; vielleicht vermag ein Anderer über dieselben Aus-
kunft zu geben. Die Platten selbst sind im Cotta'schen Besitz zu Stuttgart (Böttiger
Arch. und Kunst S. XlXf. und Jahn Ber. d. Sachs. Gesellsch. d. Wissensch. 1854
S. 50, 2).
H. Heydemann.
286) Ein Abdruck dieser Tafel findet sich vereinzelt im KK. Antikenkabinet zu Wien.
23*
MISCELLEN.
VASE DES HISCHYLOS.
(Tafel 12.)
Von den Gefäfsen des Hischylos (Klein, Vasen mit Meistersignaturen 3 S. 97)
veröffentlichen wir auf Tafel 12 zum ersten Male eine Probe in dem Berliner Unter-
satz No. 2IOO, der sowol wegen der, wie Furtwängler sie zutreffend nennt, zierlichen
Zeichnung als auch wegen der bei einem Manne merkwürdigen haubenartigen Haar-
binde des Dargestellten bekannter zu werden verdient. Das Bild ist in ganzer, die
Form in halber Gröfse abgebildet; die verlorenen oder unterbrochenen Linien sind
in der Zeichnung hergestellt worden. Verletzt ist namentlich der linke Arm mit dem
durch seine Beugung entstandenen dreieckigen Stück zwischen Ober- und Unterarm,
doch ist der äufsere Armcontur sicher zu erkennen. An dem von dem Dargestellten
getragenen Napfe ist im rechten Contur ein Stückchen über den Fingern bis ein-
schliefslich des vorspringenden Randes ergänzt, aufserdem ein Stückchen vom
äufseren Contur des linken Beines oberhalb des Knies. Die schwarze Farbe der
Vase ist auch in der Zeichnung schwarz, das Rot durch Schraffirung angedeutet,
die eingeritzten Linien sind ausgespart.
Es kann kein Zweifel sein, dafs die Inschrift 'l](j^u[X]o; £toi/)[cjsv lautete.
Seinen Namen hat der Maler, wie sonst stets, gewifs mit dem Asper geschrieben:
diese Orthographie zeugt dafür, dafs die attische Aussprache damals noch die Er-
innerung an den ehemaligen consonantischen (sigmatischen) Anlaut des Stammes
taj(- (s. G. Meyer, Griech. Grammatik S. 443) bewahrte; auch die Totenliste C. I. A.
I 534 schreibt Hta/sTcto/,; '. Das erste Omikron hat eine eigentümliche Form,
die aber einen Zweifel an seiner Deutung nicht rechtfertigen könnte, ivoir^tv ist
nach der Analogie der übrigen Inschriften des Meisters anzunehmen, da nach den
erhaltenen Buchstaben ein Bruch ist (anders Weil, Arch. Ztg. 1879 S. 183).
M. F.
') Wenn unser Meister auf der Schale München trotzdem es vor einem anderen Consonanten
11 60 seinen Namen 'l<ja^6Xo{ schreibt, so be- steht, weich gesprochen wurde,
weist der Einschub des Vocals, dafs das Sigma,
Afsmann, Schiffsbilder der Dipylon- Vasen. 315
ZU DEN SCHIFFSBILDERN DER DIPYLON- VASEN.
E. Kroker hat jüngst in dieser Zeitschrift die Dipylonvasen auf ägyptische
Vorbilder zurückgeführt. Unter den Schiffsdarstellungen dieser Vasen finden sich
zwei bisher unbemerkt gebliebene Eigenthümlichkeiten, welche als Beweismittel
für jene Ansicht dienen können.
1) Das Monum. ined. d. Inst. v. IX t. 40, 4 abgebildete Bruchstück
zeigt ein Kriegsschiff, dessen spornbewehrter Bug im Allgemeinen dem der
schwarzfigurigen Vasen gleicht, nur hat hier das gemalte (nicht, wie allgemein
geschieht, als Ankerklüse d. h. als Loch zu denkende) Auge nach Stellung, Gröfse
und sternförmiger Zeichnung einen absonderlichen Charakter, und der axoXo?
am Vorderrand der zweistufigen Back ist nicht ein senkrechtes, sondern ein rück-
wärts geschweiftes Hörn. Über dem niedrigen Mittelschiff verläuft anscheinend auf
zahlreichen Stützen eine Art Sturmdeck. Der niedrige Mast trägt an seiner Spitze
(Topp) ein xocp^aiov von der seit dem 13. Jahrhundert v. C. in Ägypten, Assyrien,
Kleinasien üblichen Kelchform und dicht darunter die Raa mit dem sehr breiten,
aber niedrigen, kreuzweis übernähten Segel. Von dem erhaltenen linken Raa-Ende
(Nock) führt eine Brasse zur Back. Der Unterrand dieses Segels ist nun nicht, wie
auf allen anderen Bildwerken des gesammten griechisch-römischen Alterthums, nach
oben convex mit zwei Tauen (Schooten) an den beiden Eckzipfeln, sondern steif
horizontal, und überschreitet rechts den seitlichen Segelrand mit einer deutlichen
Spitze. Die linke Schoot beginnt zwar ziemlich an der Ecke, die rechte aber —
und das allein wäre entscheidend — ein gutes Stück einwärts von der Segelecke.
Das Segel trägt also seinen Unterrand nicht frei, lose, sondern an eine zweite Raa,
einen sogenannten Baum angeschlagen, und dieser Brauch ist ausschliefslich
ägyptisch. — Es findet sich kein zweites Segel auf den Dipylonvasen.
2) Cartault {de quelques representations de navires empruntees a des vases
primitifs provenant cPAthenes: Monuments Grecs publ. par tassoc. pour Pencour. des
etudes Grecs No. 11 — 13) hat soeben einige Schiffsbilder veröffentlicht, welche er den
Dipylonvasen des Louvre-Museums entnehmen durfte. Figur 1 (Seite 44) stellt ein
Kriegsschiff von der bekannten frühgriechischen Form dar; sämmtliche Ruderer
(Rojer) stehen am Bord entlang, Gesicht und Brust nach aufsen, meerwärts ge-
wendet und reichen sich rechts und links die ausgestreckten Hände zu einer Kette;
in den Händen ruhen die steil ins Wasser hinab gestellten Ruder (Riemen). Cartault
findet dieses unbekannte Manöver räthselhaft und denkt an einen Zeichenfehler.
Mich erinnert der Anblick an die jetzt übliche Begrüfsung der Fürsten zur See,
wobei die Matrosen reihenweis mit ausgestreckten Armen auf den Raaen der Fre-
gatten stehen, auch an die frühere Art des Gewehr-Präsentirens mit seitwärts ge-
strecktem Arm, aber noch weit bedeutsamer an eine altägyptische Darstellung aus
dem 3. Jahrtausend bei Dümichen (Flotte einer ägyptischen Königin, Tafel 25
Figur 2), welche, abgesehen von der ägyptischen Schiffsform, geradezu als Vor-
3 1 6 Afsmann, Schiffsbilder der Dipylon- Vasen.
Zeichnung für die Dipylonvase hätte dienen können. Wir haben hier wohl jenes
otUTra^sa&ai -/a>rat? vor uns, welches die zum Feind übergehenden Schiffe des Antonius,
gleichfalls auf dem Nil, nach Plutarch Ant. "]6 ausführten. —
Noch ein Wort über einige technische Einzelheiten, welche ich mit der
üblichen Annahme eines sehr hohen Alters dieser Vasen nicht zu vereinigen weifs.
Man hat ein vollständiges Oberdeck auf diesen Schiffen (vgl. auch die Vase aus
Caere Mon. d. Inst. IX, 4) angenommen, während schon technische Gründe dafür
sprechen, dafs es sich nur um zwei sturmdeckähnliche Längs-Brücken handelt, zwischen
denen der Mast steht, gelegt und aufgerichtet wird, um eine Sta'ßaatj. Wir besitzen
aber auch klare Zeugnisse darüber, dafs selbst auf den Trieren der Schlacht von
Salamis kein durchgehendes Verdeck bestand (Thukyd. I, 14), dafs die geringe Zahl
(18) der Epibaten sich nur auf die beiden erhöhten Halbdecke der Schiffsenden
(Back und Schanze) vertheilte (Plut. Themist. 14; Plin. h. nat. VII, 57), ja dafs auch
einen Übergang zwischen Back und Schanze, eine sturmdeckähnliche Brücke über
dem Mittelschiff, die oiaßaat? , erst Kimon gegen 470 vor Chr. erbauen liefs fPlut.
Kimon 12J). Die Dipylonvasen zeigen ferner den Sporn oder Rammbug. Dieser
fehlt auf den kleinasiatischen (vielleicht griechischen) Schiffen des 13. Jahrhunderts
(Wandgemälde von Medinet- Abu) und auch bei Homer; er tritt zum ersten Mal im
7. Jahrhundert an phönicischen Schiffen (Koyunjik) in Erscheinung; die griechische
Literatur kennt ihn erst seit dem Seetreffen vor Kyrnos, also seit 536 (Herod. I, 166).
Keinesfalls zu billigen ist die von Kroker auf die hierfür ganz werthlosen
dichterischen Beiworte jis-j-ax^Tr,; und xopum; gestützte Ansicht, die homerischen
Schiffe seien hochbordig gewesen; ferner mufs ich bestreiten, dafs Thukyd. I, 13, 2
auf die Erfindung von Pentekontoren zu beziehen und dafs der Bau von Pentekontoren
eine wichtige Neuerung der Schiffsbaukunst, etwas Epochemachendes gewesen sei.
Schon Homer wird Pentekontoren (die selbstverständlich »langgestreckt« sein mufs-
ten) vor Augen gehabt haben, und Thukydides (I, 10, 4) bestätigt dies, da er
dem Homer folgend, 50 — 120 Rojer in den gröfsten Schiffen vor Troja an-
nimmt. Die ersten wesentlichen Constructionsänderungen gegenüber der homeri-
schen Einfachheit können nur durch die Erfindung des Rammbugs und eines Dieren-
systems bedingt gewesen sein. — Bemerkenswerth sind, wie ich hinzufügen möchte,
die Dipylon-Dieren bei Cartault durch ihr Rojersystem, welches sich unvortheilhaft
von dem zu Koyunjik und auf den Vasenbildern bei Micali (t. 103) dargestellten
unterscheidet.
Dr. E. Afsmann.
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R. Mowat, Mosaique de Riez offrant l'image de Constantin. S. 69 — 71.
— Stele romaine trouvee a South-Shields, Angleterre. S. 89 — 91.
Patriat, Sarcophage antique conserve dans l'eglise de Griselles. S. 188 f.
C. Port, Decouvertes archeologiques aux environs de Monceau-Vivy. S. 63 f.
Prost, Entaille antique. S. 200.
O. Rayet, Intaille signee Aspasios. S. 101.
Marquis de Ripert-Monclar, Bas-relief trouve ä Entremont. S. 94 f. (Abbildung).
Roman, Lettre de Crozat relative ä la collection de Polignac. S. 147 — 149.
G. Schlumberger, Tete de bronze provenant des environs de Soissons. S. 91.
H. Thedenat, Amulette en bronze de la collection Bulliot. S. 112 f. (Abbildung); 316.
— Instrument en bronze trouve par l'abbe Ceres. S. 142 f. (Abbildung).
Voulot, Stele trouvee ä Gran (Vosges). S. 200.
Baron J. de Witte, Figurine en bronze de Venus genitrix trouvee en Asie-Mineure. S. 162 f.
Bulletin epigraphique. 6e annee. Vienne et Paris, 1886.
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R. Mowat, Le tresor de Caubiac au Musee Britannique. S. 246 f.
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Fase. XIV. A. Heron de Villefosse, Notes d'epigraphie africaine. XIX. Büste de Pto-
lemee, roi de Mauretanie, musee du Louvre. XX. Mosaique romaine d'Ha-
drumete, musee du Louvre. XXI. Troisieme rapport sur les fouilles du lieu-
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J. Poinssot, Voyage archeologique en Tunisie. S. 265 — 278 (Taf. XXVTI)
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G. Gatti, Trovamenti risguardanti la topografia e la epigrafia urbana. S. 325 — 338.
C. L. Visconti, Trovamenti di oggetti d'arte e di antichitä figurata. S. 339 — 344
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G. B. de Rossi e G. Gatti, Miscellanea di notizie bibliografiche e critiche per la topo-
grafia e la storia dei monumenti di Roma. S. 345 — 35°*
C. L. Visconti, Scoperte recentissime. S. 357 — 360.
Fase. 1 1 (Novembre).
G. Gatti, Un nuovo frammento degli atti de' fratelli Arvali. S. 361 — 365.
G. Gatti, Trovamenti risguardanti la topografia e la epigrafia urbana. S. 366 — 389.
C. L. Visconti, Trovamenti di oggetti d'arte e di antichitä figurata. S. 390 — 392
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G. Gatti, Scoperte recentissime. S. 393 — 397.
Bullettino di archeologia e storia Dalmata. IX. Jahrgang. Spalato, 1886.
Heft 9. A. Alibranti, Ruderi di un antico edifizio a Lombarda sull' isola di Curzola.
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Heft 9, 10, II. F. Bulic, Le gemme del Museo di Spalato (continuazioni). S. 150 f.
166—168. 182 — 185.
Centralblatt der Bauverwaltung. 1886.
No. 46. H. Maier, Aufdeckung von Gräbern in Pompeji. S. 451 f. (2 Abbildungen).
No. 48. A. Boetticher, Die Wanderungen des Pausanias durch die Altis von Olympia.
S. 755 f-
'Ecpr) p-Ept; dp)ratoXoyiXTj. Ilepi'ooo; xpfrrj. 1886.
Ttöyo; xp(tov.
Fr. Studniczka, IlapacttäciEH 'AOr^vet; drcl xepap.e(u)v SpauJjJia'Tuiv Ix tt); dxpoTctJXeto;
Ä»r,v<yv. S. 117— 134 (Taf. 8).
II. KotßßaSict;, "Ap/Epu.0; 6 Xio;. S. 133— 136 (Abbildung).
I. riavTa£ßii]{, AiopDiüaei; et; xiva 1% 'EmSotipou dTriypcttp^v xai ei; y_u>p(ov ti toö lloejja-
vfou. S. 141 — 144.
B. 5/rär,;, 'Apyatxov dvaYX'Jcpov i% äxpoTTÖXccuj. S. 179 — 182 (Taf. 9).
Taf. 10: xecp*XTj 11 'KXeusTvoc.
Die Grenzboten. 1886.
No. 43. 45. Olympia und der olympische Zeustempel. S. 175 — 184. 229 — 237.
Hermes. Bd. XXII.
Heft 1. O. Richter, Der capitolinische Iuppitertempel und der italische Fufs. S. 17 — 28.
G. Wissowa, Die Überlieferung über die römischen Penaten. S. 29 — 57.
P. Stengel, Zu den griechischen Sacralalterthümern. S. 83 — 100.
C. Robert, Eine attische Künstlerinschrift aus kleisthenischer Zeit. S. 129 — 135.
G. Kaibel, Zu den griechischen Kunstlerinschriften. S. 151 — 156.
The American Journal of archaeology and of the history of fine arts. Vol. II. Baltimore, 1886.
J. Thacher Clarke, A Doric shaft and basis found at Assos. S. 267 — 285 (5 Abbildungen).
E. Babelon, Intailles antiques de la collection de Luynes. S. 286 — 294 (Taf. VII).
E. Müntz, The lost mosaics of Rome. I. S. 295^ — 313 (Taf. VIII).
S. Reinach, Two marble heads in the museum at Constantinople. S. 314 — 317 (Taf. IX).
O. Marucchi, Recent excavations in Rome. S. 334 — 341.
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Mittheilungen des Kaiserlich Deutschen archäologischen Instituts. 1886.
Athenische Abtheilung. Bd. XI.
Heft 3. F. DUmmler, Mittheilungen von den griechischen Inseln. IV: Älteste Ne-
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W. Dörpfeld, Der Tempel von Korinth. S. 297 — 308 (Tafel 7. 8).
E. Petersen, Athenastatuen von Epidauros. S. 309 — 321 (Abbildung).
H. G. Lolling, Das Heroon des Aigeus. S. 322 f.
H. Heydemann, Bemalte Vase aus Böotien. S. 323 f.
O. Rofsbach, Zum Thongefäfs von Athienu. S. 325 f.
E. Loewy, Inschriften von Mughla. S. 326 — 328.
W. Dörpfeld, Ausgrabungen. S. 328 — 332.
H. G. Lolling, Lesbische Inschriften, mit Anhang von E. Petersen. S. 263 — 296.
Römische Abtheilung (Bullettino). Bd. I.
Heft 4. L. Borsari, Scavi di Ostia. S. 193 — 199.
F. Koepp, Archaische Sculpturen in Rom. S. 200 — 202 (Tafel 11).
A. Mau, Scavi di Pompei 1884 — 1885. S. 203 — 213 (Tafel 12).
W. Heibig, Viaggio nell' Etruria e nell' Umbria (Tafel 12 a u. b). Appen-
dice: Osservazioni sopra il Kottabos (Abbildung). S. 214 — 242.
J. Falchi, Scavi di Vetulonia. S. 243 — 246.
F. Marx, Rilievo della villa Albani. S. 247 — 252 (Abbildung).
T» Mommsen, Miscellanea epigrafica. S. 253 f.
Monuments grecs publies par l'association pour l'encouragement des etudes grecques en France.
Vol. II.
No. 11 — 13. A. Heron de Villefosse, Tete du Parthenon appartenant au musee du Louvre.
S. I — 12 (Taf. I, II und 4 Abbildungen).
E. Pottier, Lecythe blanc du musee du Louvre representant une scene de
combat. S. 13—21 (Taf. III).
M. Collignon, Tablettes votives de terre-euite peinte trouvees ä Corinthe
(musee du Louvre). S. 23 — 32 (8 Abbildungen).
A. Cartault, De quelques representations de na vires empruntees ä des vases
primitifs provenant d'Athenes. S. 33 — 58 (Taf. IV und 4 Abbildungen).
Rheinisches Museum für Philologie.
XLI. Heft 4. A. Elter, Die Gladiatorentesseren. S. 517 — 548.
XLII. Heft I. H. Nissen, Über Tempel-Orientirung. V. S. 28 — 61.
P. J. Meier, Die Gladiatorentesseren. S. 122 — 137.
Nord und Sud. Breslau, 1886.
Heft 12. G. Meyer, Ein Ausflug nach Argolis.
Notizie degli scavi di antichitä. Roma, 1886.
Settembre. S. 285 — 338.
Revue de l'Afrique frangaise (Ancien bulletin des antiquites frangaises). Sieme anne. Tome IV.
Fase. 18 (juillet-aoüt). Cl. Pallu de Lessert, Les monuments antiques de la Tunisie.
S. 237 — 240.
Bibliographie. 523
Revue archeologique. Troisieme serie. Tome VIII. Paris, 1886.
Septembre-octobre. J. Gozzadini , Les fouilles archeologiques et les steles funeraires du
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Clermont- Ganneau , Antiquites et inscriptions inedites de Palmyre. S. 144 — 148
(17 Abbildungen).
R. Mowat, Note sur une pierre gravee servant de cachet. S. 149 — 151 (Abbildung).
Dieulafoy, Fouilles de Suse, campagne de 1885 — 1886. S. 194 — 220.
P. du Chatellier, Le tumulus de Kerlan-en-Goulien (Finistere). S. 221 — 232.
Novembre-decembre. H. Bazin, L'Artemis marseillaise du musee d'Avignon. S. 257 — 264.
PI. XXVI.
M. Dieulafoy, Fouilles de Suse, campagne de 1885 — 1886. S. 265 — 276.
E. Muntz, Les monuments antiques de Rome ä l'epoque de la renaissance. Nou-
velles recherches. Les murs et les portes. (Suite.) S. 318.
Revue de l'histoire des religions (Annales du Musee Guimet). 7e annee. Tome XIII. Paris, 1886.
No. I (Janvier-Fevrier).
Ch. Ploix, Mythologie et Folklorisme. Les Mythes de Kronos et de Psyche. S. 1 — 46.
Österreichisch -Ungarische Revue. Wien, 1886.
Heft 9. A. Hauser, Die Kunst in Dalmatien. I. Die Antike. S. 52 — 60.
Nordisk Tidskrift for Filologi. Ny Raekke. Kabenhavn, 1886. Bd. VII.
Heft 3. K. F. Kinch, Adonis Fedsel, et pompejansk Vaeggemaleri. S. 181 — 186.
Unsere Zeit. Deutsche Revue der Gegenwart. Leipzig, 1887.
No. I. F. Gregorovius, Segesta, Selinunt und der Mons Eryx. S. 28 — 49.
Wochenblatt für Baukunde. 1886.
No. 73. W. Wagner, Römisches aus Mainz. S. 366 — 368 (2 Abbildungen).
No. 75. 77. K. Torma, Die nördliche Hälfte des Amphitheaters von Aquineum. S. 378 — 380.
391 f. (3 Abbildungen.)
Berliner philologische Wochenschrift. 6. Jahrgang. 1886.
No. 47. M. Ohnefalsch-Richter, Eine Unterredung mit Sir Henry Bulwer, dem neuen Gene-
ralgouvemeur auf Cypern. S. 1483 f.
No. 49. Ad. Boetticher, Das Leonidaion und das Festthor in Olympia. S. 1523 f.
S. Reinach, Ein unedirter Brief C. O. Müllers an R. Rochette. S. 1546 — 1548.
No. 50. L. Gurlitt, Die Wiederaufnahme der antiken Marmorbruche im Peloponnes durch
H. Siegel. S. 1554 f.
No. 52. Ein Seitenstück von Jerusalem zur Wasserleitung des Eupalinos. S. 1618.
7. Jahrgang. 1887.
No. 1. 2. Ad. Boetticher, Die Ausgrabungen auf der Akropolis von Athen. I. S. 2 f. 34 — 36.
V. Z., Römische Ruinen in Lescar (Basses -Pyrenees). S. 36.
Zeitschrift für bildende Kunst. Jahrgang XXII. 1886.
Heft 2. O. Benndorf, Besprechung von: R. Kekule, Die antiken Terrakotten, Bd. II.
S. 61 — 64.
Heft 3. J. Durm, Zur Bautechnik der Hellenen. S. 88 — 91 (8 Abbildungen).
Zeitschrift der deutschen morgenländischen Gesellschaft. XL. Bd. 1886.
Heft 3. Kuhnert, Midas in Sage und Kunst.
Westdeutsche Zeitschrift für Geschichte und Kunst. Jahrgang V. Trier, 1886.
Heft 4. F. Möller, Die Gans auf Denkmälern des Mars. S. 321 — 331 (Taf. 13).
REGISTER.
Abkürzungen: Abb. = Abbildung im Text; Br.r= Bronze; etr. = etruskisch; C = Gemme; L.t= Lampe;
Mos. = Mosaik; Mze. = Münze; Rel. = Relief; Sk. = Sarkophag; Sta. = Statue; T. — Terracotta ;
V. = Vase; IVgm. = Wandgemälde.
I.
Abschied eines Kriegers Vn. 309 f. 312
Acheloos Kopf Br. (Berlin) 157
Achilleus auf Viergespann etr. Sk. 209; — und
Memnon V. 92 | Schild des — bei Homer 116,
73. i2of. 123
Ackerbau auf dem Schild des Achilleus 120
Adler Reliefs 61; Vn. 93. 145 | Greifenkopf mit
— körper V. 144. 146
Adoration s. Gestus
Adorant s. Betender Knabe
Agina (Nymphe) V. 204 | (Insel) Funde: Sculpturen
174; Peleus und Thetis T.-Rcl. 203; Vn.: attische
Schüssel 90, 15, Herakles mit Hydra 87, 4, Thea-
terprobe (Brit. Mus.) 285, 130
Ägypten. Einflufs auf die griechische Kunst 8 1 . 1 I4ff. |
Kunstdarstellungen: Bestattung, Kinder, Pferde
118; Schlacht 117; Schlange 118; Schiffe 315;
nackte Weiber 105 fr. | Halsschmuck (Berlin) 155 :
Porzellan: Frosch (aus Kamiros) 136; Vögel
144 | Homers Kenntnis von Ägypten 114
Älian de n. an. II 27: 237, 40; 32: 233, 15 | IX
11: 53. 16; '3: 51 I X 34: 233, 16; 36: 234, 24;
50: 242, 76 | XI 1: 233, 15 | XII 9: 52, 8 | XIV
I3: 233. 15 I xvn 12 : 53. 16
var. hist. III 35: 73, 3
Äneas V. 93
Äschines II 99: 277, 75; 157: 282, 113. 292,188
Äschylos Eum. 50: 210; Hiket. 212: 237, 41; fr.
43: 242, 75; fr. 186: 238, 41
Äsop Sta. (V. Albani) 304, 261; V. (Vatican) 263, 6
Affe V. 281; Vasenform 144; T. aus Myrina (Ber-
lin) 155
Agamemnon Schild des — bei Homer 123
Agrippa Kopf (Paris) 130
Aias S. d. Oileus V. (Brit. Mus.) 126 | S. d. Te-
lamon V. 92; etr. Sk. 207
Akraiphia Heiligtum des Apollon Ptoos 186
Akrisios V. 312
Alabaster Stier Rel. aus Tarsos (Brit. Mus.) 127;
Salbgefäfs aus Rhodos 156
Alambra vorphönikische Funde 80
Alexandria Matidia Onyxbüste aus — (Brit.
Mus.) 128
Alkaios fr. 11: 290, 168
Alkinoos V. (Paris) 299
Alkiphron III 3: 274, so
Alkmene Phlyaken-K. 276
Altar Ä-.-Modell (Brit. Mus.) 127 | pergamenischer
6off. 129 | — auf G. 127; auf Vn. 12. 192. 199.
202 f. 279. 281. 283. 298. 300. 303. 306. 310 f.
Alteburg Ton-Z. aus — ■ (Brit. Mus.) 127
Amathus Belagerte Stadt Scliale aus — 121, 95
Amazonen Statuen 14fr. Taf. I — 4 und Abb. 86f.
Abb.; des Kresilas 22. 42, des Phidias 42 f., des
Phradmon 47, des Polyklet 40 f., des Sosikles
17. 23, des Strongylion 45. 47; Typus Lans-
downe 14fr. 29fr. 39fr., Capitol 17fr. 28f. 4lff.,
Mattei 19 fr. 34 fr. 43 fr.; Kopftypen 24 fr.; Re-
construction der Typen 28 ff. ; Gewandanordnung
39 ff. 46 f. ] — kämpf Rel. 64; etr. Sk. 205 f.;
Vn. 32, 19. 90. 309f. 311 f. 313
Ameinokles Schiffsbaumeister 108
Ammon Sta. aus Pergamon (Constantinopel) 130
Amykläischer Tron 87, 4. 123
Anakies V. des — 88, 8
Anakreon Hermenkopf (Capitol) 131 | Anakreon-
tea 3B: 243, 81
Anbetung s. Gestus
Anchises in Vergilminiaturen 10
Anthologia Latina 646: 246,99 | Palatina VI 43
52; 148: 242, 66; 290: 237, 35. 238,. 45. 47; VII
30: 233, 13; IX 363: 247, 102. 252, '25. 129; 406:
52, 9; 791: 238, 47; XVI 179: 250, 113
Antigone parodirt auf Phlyaken-K. 303
Antilochos Vn. 89, 12. 93
Antinoos sog. — Br. (Tübingen) 164,6. 166
Register.
325
Antiochos Rel. vom Nemrud-dagh 130
Apelles Anadyomene des — 250
Aphrodite Anadyomene 250 ff. ; Frühlingsgöttin
252fr.; Urania 236; Zephyritis 237 | Br.: (Arol-
sen) 131; (Brit. Mus.) 127; aus Sparta (Berlin)
157 | Marmor - Sta.: von Arles (Paris) 131;
von Melos und Vienne (Paris) 130 | Vn.: Idol
279; von Eroten geschmückt 311; bei Peleus
und Thetis 197. 204; auf Schwan 231 ff. Taf.
1 1 und Abb. ; s. Venus
Apollodor II 6, 3, 2: 281, 102
Apollon Boason 50 f.; Ptoos 186; auf Schwanen-
gespann 233; im Musenchor (Schild des Hera-
kles) 123 | Bronzen: Kopf (Paris) 130; Sta. (Nea-
pel) 31; Statuette (Berlin) 1 57 | Marmor: Sta.
(Rom) 131; am pergamen Altar 214 | Vn.: 123;
mit Herakles um den Dreifufs streitend 309 f.;
Kyrene aussendend 259; leierspielend 151 ; und
Marsyas 309; und Musen 309; auf Schwan 260,
159; auf dem Tempeldach 301
Apollo ni os Artemis G. des — 31 | — v. Rhodos
IV 783 ff.: 199 | — v. Tyana Br. -Büste (Paris) 131
Apuleius Met. V 29: 251, 121
Ares auf dem Schild des Achilleus 116, 73. 123;
V. aus Eleusis (Athen) 92, 19; mit Hephaistos
kämpfend, Phlyaken-K. (Brit. Mus.) 290 f.
Arete V. (Paris) 299
Argos Herakles und Hydra V. aus — 87, 4
Argotos Bosporaner 236, 32
Ariadne und Dionysos Vn. 151. 274. 310; — und
Mänade, Phlyaken-F. 278 f.
Aristophanes Ach. l86ff.: 298, 21c | Daidalos
290, 17 . 306,271 | Ekkl. 877 fr.: 292; 978: 276,03.
292, 181 | Frösche 38ff: 284; 165: 277, 75; 231:
51; 462:284; 513 ff.: 280, 93; 549fr. : 294; 572:
301,236; 637fr.: 308; 730: 294 [ Plut. 627ff:
288, 153; IIOO: 282,113 I Thesm. 238fr.: 272,4-,;
643fr.: 303,252; 733: 281 | Vög. 1575fr.: 284 |
Wesp. 124:288,153 | Wölk. 341:266; 538:263;
734: 263, 10
Aristoteles Hist. anim. IX 13: 234,24 | Mirab.
!33: 235, 29 | Physiogn. 3: 273, 48. 276. 280,80.
286, 135. 289, 158; 6p. 808A: 45; p. 811 A:
263, 7. 275, 57. 28l,9fl. 289,158. 293,196 | Probl.
A22 p. 862 Aio: 51 | Fragm. 241, 19: 51
Arles Aphrodite von — (Paris) 131
Arolsen Antiken in — 131
Arsinoe Flügelpferd der — 237 f.
Artemidor Oneir. II 37: 251, 119
Artemis orientalische auf der Kypseloslade 123;
ephesische Br.- Statuette 131 | Br. - Statuette aus
Thesprotien (Berlin) 145 ] G. des Apollonios3l |
T.-Sta. aus Tanagra (Berlin) 31 | Vn.: bogen-
schiefsend (Berlin) 145; bei Apoll und Marsyas
309; att. Bei.- V. 92,20 ] Amazonen-5/a. als —
ergänzt 21
Artemision in Ephesos 47
Arundel Sammlung in Oxford 16
Asklepieion in Athen 188
Assteas V. des — 282
Assyrien. Darstellungen des s. g. heil. Baumes
81 | Schiffs -Rel. aus Kujundschik 107. 316 |
phönik. Silberschalen aus — 104, 27
Ast arte archaische Idole 101 f.
Astragal aus Kurion (Berlin) 133
Atalante Vn. 92. 106, 28
Athen Dionysostheater 186. 188; Asklepieion 188;
Parthenonmetopen 214fr., Parthenonfries 216, o[
Dreifüfse auf attischen Monumenten 186 ff. Abb.
Funde: weibl. Idole 102 | Br.- Statuetten:
Athena 169, 5; Wagenlenker 173 Abb. | Mar-
/««--Stier von einem Grabmal (Brit. Mus.) 126]
Theatermarke (Brit. Mus.) 128 | Vn.: Aphrodite
übers Meer fahrend 244 f. ; dem Meer entsteigend
244fr. Taf. II, 2
Antiken in — : Plato und Pythagoras Herme
71. 77 f. ; YoxxxiX- Doppelherme 130; Aphrodite auf
Schwan Rel. 246,98; Herakles und Hydra, arch.
Giebel - Rel. 87 fr.; Wagenlenker Torso 170, 18 |
Peleus und Thetis Thondiskos 195 f. ; Pinax aus
Eleusis 91,19; Vn. 90, 15. 202ff | vgl. Attika
Athena Tempel in Priene 56; Kultbild daselbst
61; auf dem Schild des Achilleus 116, 73. 123 |
Br.- Statuette aus Athen 169, 5 | Geburt Vn.
90 f., 17. 202. 312; bei Herakles' Hydrakampf
Vn. 87 ; bei Peleus und Thetis V. 204 ; bei
Perseus Vn. 91, 19. 126; schreitend V. 151
Athenäus p. 19 F: 270, 32 | 20 A: 299, 226 | 11 1 C:
276,69 | 197D: 242, 71 | 3l8D: 236, 34. 237, 35.
238, 4« | 394F: 233, 16 I395 B: 232, 9 | 411 B:
30I, 236 I 426F: 306, 271 | 452F: 270, 32 | 509 C :
74, 6 I 541 A: 257, 151 I 569A: 276, 02 I 569C:
292, 183 I 619B: 299, 225 | 620E: 304, 200 | 621F.
622 B: 263, 11 I 638 B: 299, 220
Athienu V. aus — 79fr. Taf. 8
Atmeidan Schlangensäule auf dem — 176fr. Abb.
und Hilfstafel
Attalos Weihgeschenk des — 85fr. 2 12 ff.
Attika Dipylon-K. vom Hymettos 97
Auflauern s. Gestus
Auge an Kriegsschiffen auf Dipylon-K». 315
Äugst Antikenfunde in — 165, 7
Ausonius Id. XIV: 246,99
Automedon V. 89,12
326
Register.
Babylon weibl. Idole auf Cylindern aus — 102 ff.
Bad Frauen im — V. 311 f.; Jüngling im — V.
312; Thetis im — überrascht V. 204
Bakchantin s. Mänade
Ballspieler 223
Barbar Statuette aus Perugia (Berlin) 129
Bari Funde: Dipylon-7'. (Berlin) 96. 112; Phlyaken-
V. (Brit. Mus.) 290 f.
Basalt Amazonen - Torso (Turin) 20
Bathykles amykläischer Tron des — 87, 4. 123
Baton V. 174, 26; £>-. (Tübingen) 172
Baum Vn. 192fr.; heiliger — in der assyr. Kunst 81
Beine menschliche — T. aus Kurion (Berlin) 132
Belagerung auf dem Schild des Achilleus 120;
auf Schale aus Amathus 121, 9">
Berlin Erwerbungen der kgl. Museen 1885: 129fr.
Abb. | Bronzen: betender Knabe Sta. I ff. Abb.
218 ff. ; Artemis Statuette aus Thesprotien 145;
Krieger Statuette aus Dodona 169, 16; Votiv-
frosch aus Korinth 48 fr. Abb. | Marmor:
Amazone Sta. 15 Taf. 3, I und Abb., Kopf 16;
Piaton Herme 71 ff. Taf. 6, i; Gigantomachie,
pergamen. Altar-Ä1/. 60 ff. ; att. Grab-j?c/. 74, 1 \
Tn.: Artemis Sta. aus Tanagra 31 ; Frau auf
Schwan Fries 258 | Vn. : im Dipylonstil 96 f.;
mit Goldschmuck 241,61.94; Amphiaraos 90, lr, ;
Aphrodite auf Schwan 239 ff. 247 ff. Taf. 11 ;
Athenageburt 90, 17 ; Harpyie Knaben raubend
2ioff. Abb.; Herakles und Hydra 87,4. 88,8.9;
Mann mit Haube 314 Taf. 12; Peleus und Thetis
201 ff. ; Phlyaken 281 ff. ; korinthische Pinakes 50 |
G. (betender Knabe) 21 7 ff. Abb. | Golddiadem
aus Korinth 99
Bestattung auf Dipylon-f7». 95 ff. 117 f.; aufägypt.
Monumenten 118; Verhüllung des Toten 121 ;
Solon schränkt den Bestattungsprunk ein 125]
s. Grab
Betender Knabe -ffr. (Berlin) 1 ff. Abb. 218 ff.; V.
(Brit. Mus.) 12 Abb.; G. (Berlin) 217fr. Abb. |
betende Frau Ahn. des Pertinax 12 Abb.
Beyrut Funde: Br. -Stempel (Berlin) 157; Stein-
form (Brit. Mus.) 127; Elfenbein-AV/;#i (Brit.
Mus.) 128
Biene apotropäisch 52
Biliotti'sche Ausgrabungen auf Rhodos (Brit. Mus.)
126; (Berlin) 133 fr. Abb.
Bion IX 1 : 242, 69
Blacas Peleus und Thetis V. der Smlg. — 195
Blei Täfelchen (Brit. Mus.) 127; Peleus und Thetis
etr. Tafel 203
Blume Mann an — riechend V. aus Athienu (Lev-
kosia) 81 f. Taf. 8
Bock Knabe auf — Br.-Statuette (Arolsen) 131 ;
Eros auf — gespann T. aus Myrina (Berlin)
157; Pan mit — köpf T. (Berlin) 155
Böotische V. aus Eleusis (Athen) 92,19; — Gold-
schmuck 112
Bogen am Köcher festgebunden, Amazonen-5/rt.
36 f.; Vn. 36,21 | Herakles mit — 88; Kybele
mit — 63
Bologna Krieger Br.-Statuette in — 169, 16
B omar zo Peleus und Thetis V. aus — 203
Boreas und Oreithyia V. 155
Bronzen Erwerbungen des Berl. Mus. 1885: 129.
I32f. 157; des Brit. Mus. 1885: I26f. | Arm-
bänder aus Siana 149; Fibeln aus Rhodos 156;
Haken mit Fuchskopf (Arolsen) 131 ; Henkel:
Eros einschenkend, aus Myrina 13, Panther
(Arolsen) 131 ; Kandelaber (Neapel) 185, (Arol-
sen) 131 ; Medaillon (Adler mit Schlange) 93,24
Mzn. von Rhodos 145: Nadel aus Siana 149
Schnalle (Cöln) 131 ; Situla aus Picenum (Har
pyie Knaben raubend) 211; Sp. aus Siana 149
Strigilis aus Siana 146 | Köpfe: Amazone (Nea
pel) 16, (Brit. Mus.) 19; Apollon (Paris) 130
Apollonios von Tyana (Paris) 131 ; Demosthenes,
Epikur, Hermarch (Neapel) 130 ; Löwe (Arolsen)
131 ; Sophokles (Brit. Mus.) 76,17; Wolf (Arol-
sen) 131 ; Zenon (Neapel) 131 | Statuen: Apol-
lon mit Leier (Neapel) 31 ; Fufs (Arolsen) 131 :
Knabe (Arolsen) 131, betend (Berlin) 1 ff . Abb.
2i8ff.; Narkissos aus Pompeji 32; Zeus aus der
Platäerbeute in Olympia 181 f. ] Statuetten: Ama-
zonen 16. 86 f. Abb.; »Antinous« (Tübingen)
164,6; Aphrodite (Arolsen) 131 ; Artemis Ephe-
sia 131 ; Athena 169,15; Dioskuren (Arolsen)
131; Frauen (Tübingen) 165,6; Frosch (Berlin)
48 ff. Abb.; Gallier 85 f. Abb.; Herakles und der
Löwe (Arolsen) 131 ; weibl. Idole 102; Iuppiter
(Tübingen) 164,6; Knabe auf Bock (Arolsen)
131 ; Krieger aus Lakonien 169, 15. 172, 24, aus
Athen 173; Landmann (Tübingen) 165, 6; nack-
ter Mann (Tübingen) 165, 6; »Meleager« (Arol-
sen) 131 ; Peleus und Thetis 203; Stier (Arolsen)
131; Tänzer (Tübingen) 165,6; Votive aus
Olympia 172; Wagenlenker (Tübingen) 163 fr.
Taf. 9
Brygos Vn. des — 36,21. 205, 1
Budapest Militärdiplom (Privatbesitz) 129
Byzanz s. Constantinopel
Caere Funde: phönikische Silberschalen 81
Peleus und Thetis V. 203
Cannstatt Antikenfunde 165, 7
Capua V. aus — (Paris) 299 f.
104, 27
Register.
327
Catania V. in — 280C
Catull 62, 35: 242, 70; 66, 51: 236; 66, 63: 237.
238, 42
Chalkis Mzn. von — 93; chalkidische Vn. 89 f.
Cheramyes Hera von — geweiht (Paris) 130
Chigi'sche Marmorbasis (Dresden) 186
Chiinära V. aus Rhodos 144
Chiron hilft dem Peleus 196. 198,:!. 199; Vn.
201 ff. | sucht bei den Nymphen Heilung, Phlya-
ken-K (Brit. Mus.) 287 ff.
Chirurgische Werkzeuge Br. aus Pergamon (Brit.
Mus.) 127
Chiusi Funde: Plato und Sokrates Doppelherme
75 f.; phönik. Silberschale 104, -27; Wagenlenker
Wgm. 170, 18. 174, 26
Chorikios Ekphr. p. 129: 252, 124; 130: 249,111;
137: 247,102; 173: 247,102; 174: 254,1:10
Cicero sog. — , Holzbild 166,8 | ad Att. XV 16:
51,8
Cisten mit menschl. Figuren als Griff 118 | Peleus
und Thetis 203
Cither s. Leier
Claudian XIV 1 ff. : 242,00
Cölri /?/-.-Schnalle aus Fnskirchen in — 131; Vn.
aus — (Brit. Mus.) 127
Constantinopel Ante und Ammon-.W. aus Per-
gamon in — 130; .Schlangensäule auf dem At-
meidan 176 m Hilfstafel
Corneto Funde: Iliasscene Sk. 205fr. Abb.; Odys-
seus und Kirke Sp. 272,40; Peleus und Thetis
Vn. 202; Vogeljagd IVgm. 81
Cornutus c. 24: 234,20; c. 32: 234,20. 235,2s
Cumae Anadyomene V. aus — 253 f.
Cylinder babylon. — (weibl. Idole) 102
Cypern phönik. Kunstübung in — 79 | Funde:
Priesterin mit Idol auf Wagen Goldplättchen
(Paris) 132; weibl. Idole 102; Mzn. (Aphrodite
mit Sternen) 243,7"; Silberschalen 81. 104,27;
Vn. 134 | s. Alambra, Athienu, Dali, Golgoi,
Kurion, Salamis
Daidalos des Aristophanes 29of., 171. 306,271;
Name des Hephaistos, Phlyaken-K. (Brit. Mus.)
291
Dali phönik. Schalen aus — 81. 120, 93
Danae V. 312
Darmsheim Funde 165,«
Daulis Glasware von — 116
Decius Mzn. des — aus Samos (Pythagoras) 78
Deianeira V. 202
De im os auf Agamemnons Schild 123
Del os ,#r.-Dreifüfse aus — 186
Jahrbuch u>« archäologischen Instituts I.
Delphin dem Apollon heilig 51 | Nereiden auf —
V. 248; Phlyake einen — verschlingend V. 303;
Taras auf — Mzn. von Tarent 307; Thetis mit
— V. 203
Demetrios Chorlehrer auf Satyrspiel- K (Neapel)
262
Demosthenes Bildnisse des — 76, 15; Br. -Büste
aus Herculaneum (Neapel) 130
Diadumenos des Polyklet 41; in attischer Um-
bildung 43
Diana Br. (Tübingen) 165,6. 166
Dichter leierspielend Sta. (Rom, V. Borghese) 129
Cassius Dio fr. 39: 270,3;!
Diodor III 34: 114, 55; 55: 206, 2 | IV 31: 281, 103 1
XI 33, 2: 180
Diogenes Kopf aus Herculaneum (Neapel) 130
Diogenes Laertius III 12: 299,225; 25: 74,10;
26. 28: 73, 3 | V 1, 2: 73,4; 2, 14: 282, 113
Diomedes Vn. 93. 296f. Abb. 313
Dionysios v. Byzanz fr. 59: II | — Perieg. 833(1".:
247, 102
Dionysos Br.-Sta. aus Pompeji 32; Hermenbüste
(Capitol) 55 | bei Aphrodite Anadyomene V.
(Berlin) 248; und Ariadne Vn. 201. 274; mit
Ariadne und Herakles V. 310; auf Panter Bei.
einer Ante aus Pergamon (Constantinopel) 130;
Pflege des jungen — V, 310; und Phlyake
Vn. 277 f. Abb. 290. 298. 305; und Satyrn
Vn. 127. 282. 311; im Thiasos V. 309; mit
Trinkhom Vn. (Berlin) 1 50 f. ; mit Thyrsos Vn.
(Berlin) 151. 241 | Dionysostheater zu Athen
186. 188
Dioskuren Br.- Statuetten (Arolsen) 131
Diptychon von Elfenbein (Halberstadt) 131
Dipylonvasen 80. 90, 15. 95fr. I34f. 174,26. 315;
Einteilung 95 fr. ; die nackten Weiber 97 fr. ; Zeit
und Heimat 106 ff. ; Herleitung aus Ägypten
H4ff. 315; Vergleichung mit der Kunst bei
Homer 1196".
Diskobol ruhend Sta. (Vatican) 45
Diskos aus Thon (Peleus und Thetis) 195. 204
Dodona Krieger Br. -Statuette aus — (Berlin) 169, 16
Dolch des Antiochos Bei. v. Nemrud-dagh 130
Doloneia V. (Wien) 313
Doppelhammer Schildzeichen, Dipylon-K. 96
Doris bei Peleus' und Thetis' Kampf Vn. 203 f.
Doryphoros des Polyklet 41; des Kresilas 43
Drache Verwandlung der Thetis Vn. 202 ff.
Dreifufs auf der Schlangensäule 177. 184fr.; Form
der Dreifiifse 185 tT. ; monumentaler auf der Akro-
polis i87f. ; auf Vn. 96. 122. 194 Taf. 10; als
Vasenform 134 | Dreifufsraub Vn. 309 f.
24
328
Register.
Dresden Antiken in — : Chigi'sche Marmorbasis
186; Herakles und die Hirschkuh Rel. 131; Pe-
leus und Thetis V. 201
Duris Vn. des — 36, 21. 202
Dzialynski Peleus und Thetis V. der Smlg. 203
Eber auf Schild des Herakles 123; von Hund an-
gegriffen Steinform aus Beyrut (Brit. Mus.) 127;
Ebervorderteil als Schildzeichen 93; Eberjagd
V. aus S. Agata de' Goti 312
Echippos F. 93
Egnatia Phlyaken-K. aus — 294
Eidechse dem Apollo heilig 51; apotropäisch 52;
auf Gemmen und Architekturteilen 52
Elephant einen Gallier niederwerfend T. -Gruppe
aus Myrina 87
Eleusis Funde: Pinax (Athen) 91, 19 ; Goldschmuck
100, 16
Elfenbein Erwerbungen des Brit. Mus. 1885: 128 [
weibl. Idole 102; Diptychon (Halberstadt) 131;
Wagenlenker etr. Rel. 170,1»; Theatermarke aus
Ephesos (Brit. Mus.) 128
Elpenor Phlyaken-K. 272 Abb.
Empfangsscene V. (Wien) 312
Enskirchen i?>-.-Schnalle aus — (Cöln) 131
Ente V. 298; von Panter gejagt, myken. Dolch 116, 61
Eos Vn. 89,12. 242. 244f. 258
Ephebe s. Jüngling
Ephesos Amazonen - Statuen im Artemision 47 |
Funde: weibl. Idole 102; Elfenbein -Theater-
marke (Brit. Mus.) 128
Ephialtes und Poseidon V. (Wien) 313
Epikuros Br.-Büste aus Herculaneum (Neapel) 130
Eris bei Homer 123
Ernte auf dem Schild des Achilleus 120
Eros bei Aphrodite 232. 235. 239. 245. 247 f.
253f. 258. 311; bekränzt eine Leierspielerin V.
(Brit. Mus.) 126; bei Dionysos Vn. (Berlin) 151 f.;
einschenkend ^.-Henkel aus Myrina 13; fahrend
auf Bockgespann T. (Berlin) 157; flöteblasend
V. 311; kämpfend mit Löwen T. (Berlin) 157;
knieend auf Altar C (Brit. Mus.) 127; leierspielend
T. (Berlin) 157; und Nike V. (Brit. Mus.)
126; bei Peleus' Liebeskampf V. 204; in Phlya-
kentracht V. 306; und weibl. Figur mit Vogel
Goldring (Brit. Mus.) 128
Esel Frau mit Kind auf — T. aus Salamis (Brit.
Mus.) 127
Etruskisch. Osten mit figlirl. Griffen 118; Elfen-
bein-Ä»/. (Wagenlenker) 170,18; Sk. (Scenenaus
der Ilias) 205 ff. Abb.; Scarabäus (Tityos) 157;
Sp. (Aphrodite auf Schwan) 232. 246 ; V. (Apol-
lon auf Schwan) 260, 159
Etymologicum Magnum 474, 31 : 250, 112; 664,
53: 234,20
Euainetos Mzn. des — 205,1
Eumaios 114
Euphranor Gespann von — 173
Euripides Androm. 1231. 1277: 198 | Elektra
465fr.: 243,81 | Fragm. 775, 31: 247,101 | He-
kabe 65: 274, 53 | Herakles 469: 291, 173 | Ion
1 146 ff. : 243,81 | Iph. Aul. 70off. : 198 | Kykl.
37 ff. : 292,186 | Medea 835 fr.: 246,96
Europa auf Stier G. (Brit. Mus.) 128
Eurypylos etr. Sk. 208
Eurystheus Phlyaken-K. (Catania) 281
Eurytion V. 92
Eusebios Praep. ev. III 1140: 242, 71
Eustathios ad II. p. 87, jo: 234, n-, 87, 13: 234,20;
449, 2 : 234, 20. 235, 28
Exekias V. des — 49,1
Fackel Elfenbein-ZV/, aus Athen (Brit. Mus.) 128
Rel. einer Ante aus Pergamon (Constantinopel)
130
Fahnenträger zu Rofs V. 311
Faustkämpfer Sta. 10; Dipylon- V. (Kopenhagen)
96
Fenster Vn. 276. 29lf.
Festus p. 52M: 249,111
Feuer als Verwandlung der Thetis Vn. 201 ff.
Fibel Br. aus Rhodos 156; Gold aus Kurion (Ber-
lin) 132
Firstziegel aus Rhodos 153; aus Tarent 156
Fisch G. aus Rhodos 156; Phlyake auf— V. 307;
tote Fische T'.-Form aus Tarent (Berlin) 156
Flötenspieler Vn. 2yj{. Abb. 306. 309. 311.
313 | Flötenspielerin T. (Berlin) 155; Vn. 126.
151. 303. 305
Florenz Antiken in — : Idolino Sta. 164,6; Ama-
zone Br.-Statuette 16; Krieger Br .-Statuette 169,
16; Aphrodite auf Schwan Rel. 255 fr.; Plato Büste
74 f.; Vn. 89,12, (Peleus und Thetis) 204
Flügelpferd der Arsinoe 237 f.
Foucquet Nicolas — 1 f.
Frangoisvase s. Vasen
Frau s. Weib
Frosch Votiv-2?>-. aus Korinth (Berlin) 48fr. Abb. ;
dem Apollo heilig 50 f.; mantische Bedeutung
51 f.; den Nymphen heilig 52; als Fufs an etr.
Geräten 52 ; apotropäisch 52 ; auf Gemmen und
Architektur teilen 52; aus ägypt. Porzellan 136
Fuchs Haken in Fuchskopf endigend (Arolsen) 131
Fufs menschlicher Br. (Arolsen) 131 ; Tischfufs
131 ; Kandelaberfufs Br. (Arolsen) 131
Register.
329
Gabii Agrippa aus — (Paris) 130
Gaia Gigantomachie-AW/§fr 63
Galaxidi Anadyomene Silberplatte aus — (Paris)
254 f.
Gallier sterbend Br.- Statuetten (Brit. Mus.) 85 f.
Abb., Marmor-.Sfo. (Neapel) 85, vom attalischen
Weihgeschenk (Venedig) 212 f.; — von einem
Elephanten niedergeworfen 7^-Gruppe aus Myrina
87
Gans der Aphrodite lle).«|fot geweiht 235; Vn. 141
Abb. 295
Ganymed Sp. (Berlin) 157
ya'jXo( phönik. Kriegsschiffe 109
Gebet s. Gestus
Geburt der Aphrodite am Tron des olymp. Zeus
251. 254f.; der Athena Vn. 90,17. 312
Gefallener Vn. 91. 92,19. III. 117. 3l2f.; s.
Gallier
Gela Peleus und Thetis V. aus — 202
Gelage Vn. 295. 3o9f. 311
Geldkasten Form der antiken — 282
Gemälde Monochrom auf Marmor aus Hercula-
neum (Wagenlenker) 170,1s. 171,22; aus Chiusi
170,18. 174,2«; aus Medinet-Abu 316
Gemmen Erwerbungen des Berl. Mus. 1885: 157;
des Brit. Mus. 1885: I27f. | aus Mykenai und
Menidi 115; Smalt - Skarabäen 117 | Amazone
(Paris, Cab. d. Med.) 17; Amazonenkopf (Syra-
kus) 19; Artemis, von Apollonios 31; betender
Knabe (Berlin) 217fr. Abb.; Panterkopf aus
Rhodos 156
Genf Knabe Portrat- Büste in — 132
Genrescenen auf Vn. 95fr. 105. 119. 122. 124.
312; auf ägypt. Monumenten 105. 117fr.; in der
Kunst bei Homer 119fr.
Geometrische Vn. III. Il6f. 126. 134fr.
Geras V. aus Eleusis (Athen) 92,19
Gespann Parthenon-yl/cfo/V 21 5 f., Parthenon-/7?-;'«
216; von Euphranor Kaiamis Lysippos Praxi-
teles 1 73 ; Zug von Gespannen Vn. 95 f. | des
Achilleus etr.Sk. 209f.; des Apollon V. 216, 11;
der Eos Vn. 244; einer Frau V. 151; des Ha-
des V. 127; des Helios Vn. 244; des Herakles
Vn. 87; eines Kriegers V. 309; des Patroklos
elf. SA. 209f. ; des Peleus Vn. 193. 201. 204;
einer Priesterin Goldplättchen 132 | Eros auf
Bocksgespann T. 157; Aphrodite und Apollon
auf Schwanengespann 233
Gespräch Vn. 309^ 311. 313
Gestirne auf Vn. 241fr.
Gestus des Auflauerns Vn. I93f. 196 | des Betens
II f. 81. 118 | des Kostens 298,21c | des Sinnens
215 | der Totenklage 118
Gewand s. Kleidung
Giganten Reliefs aus Pergamon (Berlin) 60 ff. 129.
214; aus Priene (Brit. Mus.) 56fr.
G i ö 1 b a s c h i Fries von — 46
Girgenti Peleus und Thetis V. aus — 202; Wa-
genlenker Mze. von Akragas 170, 18
Gladiatorenhelm Form einer L. (Brit. Mus.) 127
Glas Flaschen aus Siana 144; Perlen von einem
Halsband (aus Rhodos) 135; Plättchen aus Rho-
dos 156, aus Spata 116; Glaswaare von Daulis 116
Glasgow Phlyaken-K. aus Lipara in — (Privat-
• besitz) 297
Gliederpuppe 7*. aus Kurion (Berlin) 132
Göttin Sta. (Capitol) 21; mit zwei Kindern ZT 155;
sitzend T. 145; tronend T. 155; auf Widder
240 | Idol 101 f. 132. I54f. Abb.; auf Vn. 194.
279. 292. 296; Parthenon-Afetope 216, 7
Gold Erwerbungen des Berl. Mus. 1885: 132 f.;
des Brit. Mus. 1885: 128 | Becher bei Homer
118; Idole 102; Schmuck 97. 98,10. 99f. 115.
203; am platäischen Weihgeschenk 176
Golgoi phönik. Silberschale aus — 104
Gorgonen auf Agamemnons Schild 123; den Per-
seus verfolgend auf Herakles' Schild 123, auf
V. (Brit. Mus.) 126 ] Gorgoneion, Elfenbein- Ret.
(Brit. Mus.) 128 : als Schildzeichen V. 93
Gorytos bei Amazonen-Stoft/e» 36 f. Abb.
Gotha Vn. in — 281,9a. 298,218
Grab Kuppelgräber in Griechenland 116; Stier,
Bekrönung eines Grabdenkmals aus Athen (Brit.
Mus.) 126; Grabfunde von Cypern und Rhodos
(Berlin) 132 f.; Grabspende Vn. 308 f. 312;
Grabstele (Vögel) von Kalkstein aus Rhodos
156; s. Bestattung
Granatapfel Ornament an V. 141 ; Frau mit —
T. 156
Greif Pilastercapitell (Paris) 131, V. 138; Wagen
mit — bespannt Goldplättchen aus Kurion (Ber-
lin) 132; Greifenkopf auf Adlerkörper Vn. 144.
i46
Greis V. (Berlin) 151
Grimani'sche Äntikensammlung 7
Haartracht der Amazonenköpfe 24f.; auf Dipy-
lon - Vn. 100,16; Perrücke in der ägypt. und
cypr. Kunst 81
Habicht dem Apollon heilig 51
Hades Persephone raubend V. (Brit. Mus.) 127
Häscher Phlyaken- Vn. 302 f.
Hahn Vn. 89, 13. 155
Hakenkreuz Ornament 80. 95. 99. 311
Harpe Herakles mit — 88,8
Ilalberstadt Diptychon von Elfenbein in — 131
24*
33°
Register.
Halle Peleus und Thetis V. aus Ruvo in — 193 f.
Taf. 10, 2
Harpokration s. v. xepxiui 281, 101
Harpyien Darstellungen 2 10 ff. Abb.
Hase Vn. 97. 99. 138. 140. 272
Haus Vn. 277. 287
Hekate V. (Brit. Mus.) 127; Reliefs von I'ergamon
und Priene 63
Hektor's Bestattung bei Homer 121
Helena von Menelaos verfolgt V. (Wien) 313
Helios Rel. aus Priene 60; Mctope von Ilion 61 ;
V. 244
Helm des Hieron 49; Helmschmuck auf Vn. und
Bronzen 169, IG
Hephaistos mit Ares kämpfend, Phlyaken- V. (Brit.
Mus.) 290 f.; und Satyrn V. 202
Hera Sta. von Cheramyes geweiht (Paris) 130;
Vn. 126. 290 f. | s. Iuno
Herakles Kopf (Brit. Mus.) 5 5 f. Taf. 5; Sta. auf
V. 292 | im Amazonenkampf V. 90 ; und Dio-
nysos V. 310; beim Dreifufsraub Vn. 309 f.; von
Göttern geleitet V. 126; mit der Hirschkuh
Rel. 131 ; und die Hydra Rel. und Vn. 87 fr.;
und die Kerkopen V. 281 ; und der Löwe
i?r.-Gruppe (Arolsen) 131, Br.-Rel. (Berlin) 157;
und Nessos V. 202; opfernd V. 279,83; in
Phlyakentracht Vn. 266,22. 267,20. 279fr. 283^
294. 300 f. Abb.
Herculaneum Funde: Hermes Statue tte 3 1 f. ; Por-
trät- Büsten 130; Wagenlenker Gemälde auf Mar-
mor 170, 18. 171, 22
Hermarchos Br. -Büste aus Herculaneum (Neapel)
130
Hermenverehrung Vn. 3 1 3
Hermes Statuette aus Herculaneum 31 f. | bei Aphro-
dite Anadyomene V. (Berlin) 248. 253; bei Ky-
renes Aussendung V. (Wien) 259; bei Peleus
Vn. 197. 202; bei Perseus V. (Brit. Mus.) 126;
in Phlyakentracht V. 276; ein Viergespann
geleitend Vn. 151. 244
Heimonas V. des — 204
Herodot I 163: III, 39; 166: 316 | III 39: no,38|
VII 191: 199 | VIII 48. 82: 183 | IX 81: 176.
181
Hesiod Scut. 168: 123,114; 178fr.: 123, 107; 201 ff.:
123,109; 207ff.: 124,120; 2i6ff.: 123,108; 238fr-
272fr.: 124,120; 305 — 313: 122,100 | Theog.
194: 252; 202: 251; 378: 237,37
Hesy ch s. v. ^vesij K'ircpou 252, 1*8; x^pxiui 281,100
Hesperos 242
Hetäre Vn. 292f. 294. 297. 311
Hieron Helm des — 49 | V. fälschlich dem —
beigelegt 202
Ilimerius or. I 20: 251; ecl. XVIII 2: 253,132
Hippodrom in Constantinopel 176
Hippolyte V. 91
Hirsch Vn. 95 f. 99. 138 f.; Herakles und die
Hirschkuh Rel. (Dresden) 131
Hischylos V. des — (Berlin) 314 Taf. 12
Hochzeit des Peleus, Sage 199; Vn. 204
Höhle der Thetis V. 203
Homer Bildnisse des — 76,15; Hermettkopf (Paris)
131; Kunst der homerischen Zeit 119fr.; Scenen
der Ilias auf etr. Sk. 205 ff. Abb.
B 827: 170,17; 814:206,2! T 6 f.: 114, 51;
125fr.: 123,106; 189: 206,2 | A 88. E 245:
170,17 1 z 186: 206,2 1 e 267: 208 1 1 361fr.:
114,49 I A 36f.: 123,105; 40if. 460. 489: 207;
526f.: 208; 541. 569fr.: 207; 575fr. 583fr.
586fr.: 208: 589: 207; 634: 118, so I E 291: 93 I
2 84ff.: 432: 1975490 — 589: I20; 5I4f.: 121,96;
5l6ff.: 123,103; 519: Il6, 73; 535ff.: 123,104;
57lff.: 121,94; 590fr.: I20, 92 | V I27ff.: 122,
102; 253f.: 121,99; 326fr.: 171, 21; 368fr.: 171,
20IQ59: 197; 60:200; 537:197; 795f.: 121,99
Y 301: 114,52 I 8 125fr.: 116, 71; I27f.:
114, 50; 354ff.: 114, 51 | Tj 53fr.: 299, 224 I
Ü438ff.: 121,96 | ■/. 321: 272 | X 6nf.: 120,91.
123,113 | % 245 — 292: 114,54; 286: 114,50]
t 228 fr.: 120,91
Hymn. V 5 fr.: 250
Horaz Epod. V 19: 53, 19 | Od. I 4, 5: 252; IV 2,
25: 233, 12
Hund Vn. 138. 140. 312; einen Hasen verfolgend
V. (Kopenhagen) 97. 99; einen Eber angreifend
Steinform (Brit. Mus.) 127
Hut Reiter mit spitzem — T. aus Kurion (Berlin) 132
Hydra Herakles und die — Rel. und Vn. 87fr.
Hydrophoren nackt auf Dipylon-K. (Kopen-
hagen) 96
Hygin Fab. 14:210 | Astr. II 42: 238,53. 242,66;
IV 15: 238, 52. 242, GG
Hy mettos Dipylon-K. aus einem Gral) am — 97
Jagd Eberjagd V. 312; Hasenjagd Vn. 138. 140;
Löwenjagd, myken. Dolch 116, 61; Vogeljagd
auf ägypt. Monumenten 81
Idäische Zeusgrotte in Kreta 186
Idol s. Göttin
Idolino Jünglings -Art. (Florenz) 164,6
Jena Vn. in — : Aphrodite in Muschel 250 ; Peleus
und Thetis 202
Ikaros übers Meer fliegend G. (Brit. Mus.) 128
Ilion Helios Metopc von — 61
Iliupersis V. (Petersburg) 311
Register.
331
Iolaos bei Herakles' Kampf mit der Hydra 87fr.;
auf l'hlyaken- Vn. 283. 300
Iris V. 266, li
Iros V. (Wien) 313
Istar Sta. 102, -21
Ithyphallischer Mann Br. (Tübingen) 165,11
Judenburg Wagen aus ■ — 165,6
Jüngling Äbpf (Brit. Mus.) 54fr. Taf. 5; Sta. (Rom,
Smlg. Baraceo) 130 | badend V. 312; geflügelt
T. aus Myrina (Berlin) 157; vor einem Gespann,
Parthenon - Fries 216,6, V. 216,11; und He-
täre V. 31 1; im Komos V. 312; und Mäna-
den Vn. 31 1; den Sonnenaufgang betrachtend
Vn. 241 ff. 245; mit Vogel V. (Berlin) 212 Abb.;
mit Widder auf den Schultern T. aus Tarent
(Berlin) 156
Iuno Tempel der — in Rom 52; s. Hera
luppiter Br. -Statuetten 164,6. 165,7. 166; Tempel
des — in Rom 52; s. Zeus
Iuvenal I 69. III 44. VI 659: 53,17
Kahn phönik. SUberschale 104
Kaineus Ret. von Priene 64
Kaiamis Viergespann von — 173
Kallimachos hymn. in Del. 249: 247,10-'; fr. 52:
242, 70
Kalymna Gemmen aus — (Brit. Mus.) 128
Kamarina Ahn. von — (Aphrodite auf Schwan)
Kamasarye bosporanische Königin 236, :j'i
Kamiros Funde: Vn. 94,26. 133 fr". Abb. 195. 203f.
232. 245 f.; Tn. 154 f. Abb. ; Kopf aus Kalkstein
(Berlin) 155; Löwenvorderteil aus Kalkstein
(Berlin) 156
Kampf V. 312; Seeschlacht 113, auf Reliefs von
Medinet-Abu 117, auf Dipylon- F». 96. III, 117;
Zweikampf Vn. 93, 5. 94,26. 96 f. 126; Kampf-
spiel bei Homer 122, auf Dipylon- K. (Kopen-
hagen) 96; Ringkampf zwischen Peleus und
Thetis, Sage 196fr., Vn. 201 ff.
Kandelaber Fufs eines — Br. in Arolsen 131
Kaninchen K».-Form (Brit. Mus.) 127
Kappadokien Orophernes von — 61
Karthago Aphrodite auf Schwan Rel. aus —
(Paris) 257
Kassandra Vn. (Brit. Mus.) 126, (Weimar) 313
Kasten der Danae V. 312; s. Kypselos
Katana Mze. von — (Wagenlenker) 170, 18
Kentaur mit menschl. Vorderbeinen Goldschmuck
(Kopenhagen) 99. 120; von einem Pfeil durch-
bohrt G. (Brit. Mus.) 127; im Thiasos Vn. 305 |
Kentaurenkämpfe, Schild des Herakles 123;
Parthenon-iMtfo/V« 2 14 f.; Reliefs von Priene 64;
Vn. 127. 293, 194. 311 | s. Chiron, Nessos
Ker bei Homer 123
Kerkopen Herakles und die — Phlyaken- F. (Ca-
tania) 28 1
Kertsch Funde: Aphrodite auf Schwan Rel. 235fr.;
Vn. (Peleus und Thetis) 204; (Aphrodite auf
Schwan) 248
Keryklion Rel. aus Pergamon (Constantinopel)
130; ZI-Form aus Tarent (Berlin) 156
Kessel Br. aus Kurion (Berlin) 132
Kimon Ahn. des — (Syrakus) 205, 1
Kind Dipylon - Vn. 118; Frau mit — Tn. 127.
157; Göttin mit 2 Kindern T. aus Rhodos 155;
Wickelkind, Phlyaken- K. 299 f.
Kirke und Odysseus, Phlyaken-F. 272 Abb.
Klazomenae Silene Thonfragment aus — 150
Kleidung der Phlyaken auf Vn. 262 ff. ; Gewand-
behandlung der Amazonentypen 40 ff. 46 f., in
der ägypt. Kunst 81
Kly taimnestra V. 310
Knabe Br.-Sta. (Arolsen) 131; Porträt - Büste aus
Rom (Genf) 132 | badend V. 311 f.; betend
Br.-Sta. (Berlin) iff. 2i8ff. Abb., G. 217fr. Abb.,
V. (Brit. Mus.) 12 Abb.; von Harpyie geraubt
V. und />.-Situla 211 Abb.; hockend Glasplatte
aus Rhodos 156; reitend auf Bock Br.- Statuette
(Arolsen) 131
Köcher Amazonenstatuen 36 f. Abb.; chalkid. Vn.92
Köngen Ausgrabungen 165, 7
Kolchos V. des — 93, 36
Komödie Masken der alten — bei Phlyaken 262 f.
Komos Vn. 277. 286f. Abb. 309f. 311 f.
Konon c. 34: 297
Kopenhagen Dipylon- Vn. 96 f.; Goldschmuck 99f. ;
Peplosübergabe, modernes T. - Rel. 132
Kopf ägyptisirender (Berlin) 155; der Amazonen-
Statuen 24 ff. ; behelmt 7".-Stirnziegel aus Tarent
(Berlin) 156; praxitelisch (Brit. Mus.) 54fr. Taf.
5; Selene V. 43 f.; weiblich Br. 157, G. 157,
T. 156
Korint h Apollo Boason in — 50 f.; Schiffsbau
in — 108 ff. | Funde: Votivfrosch Br. (Berlin)
48 ff. Abb.; Pinakes (Berlin) 50; Golddiadem
98, 10. 112; V. (Athen) 90, 15
Krähe dem Apollon heilig 51
Krebs Giebel-/&/. (Athen, Akropolis) 88
Kredenzscene Vn. 3 1 1 f.
Kreon V. 303
Kresilas' Amazone 22. 24; Doryphoros 43; Pe-
rikles 43
Kreta Br. -Dreifufse aus der idäischen Zeusgrotte
186
332
Register.
Kretenia Nekropole von — 138
Krieger Br.- Statuetten 169, 15 f. 172; vom attal.
Weihgeschenk (Neapel) 212 ff. ; Steinform aus
Beyrut (Brit. Mus.) 127; Vn. 96. III. 117. 126.
I44f. 202. 311 ff.; s. Gefallener, Kampf, Rüstung
Kröte 153
Kujundschik Schiffs-Ä-/. aus — 107. 316
Kupfer Platte 24.6, 98; Schale aus Dali 81
Kuppelgräber s. Grab
Kurion Grabfunde (Berlin) 132 f.
Kybele Reliefs von Priene und Pergamon 63. 120
Kybistesis V. 311
Kydoimos bei Homer 123
Kyknos unter die Sterne versetzt 235
Kymc Marmorfiguren aus — (Brit. Mus.) 126
Kyprien Zeus Nemesis verfolgend 196; Peleus
und Thetis 196. 200
Kypselos weiht eine Palme nach Delphi 50; Kasten
des — 87. 122 ff. 204
Kyrene Aussendung der — V. 259 | Amazonen-
Torso aus — (Brit. Mus.) 18, 2; kyren. Vn.
90, 15
Kyzikos weibl. Gewandfigur Br.-Sta. aus — (Ber-
lin) 129
Lakonien Krieger Br - Statuette aus — 169. 15.
172, '24
Lansdownehouse Amazone Sta. 14 f. Abb.
Lanzenspitze Br. aus Kurion (Berlin) 133
Laokoon Gruppe 1 30
Lapithen auf dem Schild des Herakles 123; V.
(Brit. Mus.) 127
Lasimos V. des — 244. 253, 133
Laurentius Lydus de dieb. II 10, 8: 235, 29 |
de magistr. I 40f. : 270, 34 | de mens. IV 44,
2: 235, 27. 29
Leiden Peleus und Thetis V. in — 202
Leier 7%Form (Berlin) 156 | Apollo mit — Br.-
Sta. (Neapel) 31, V. (Berlin) 151 ; Dichter mit —
Sta. (Rom, V. Borghese) 129; Eros mit — 7!
(Berlin) 157; Frau mit — V. (Brit. Mus.) 126;
Mänade mit — V. 309; Mann mit — V. (Ko-
penhagen) 96; Niobide mit — V. 217; Phlyake
mit — Vn. 276. 304
Leiter Vn. 276. 278. 287. 290. 292
Lelantischer Krieg 108
Lentini V. aus — 278
Leukippiden Raub der — V. 204
Levkosia Mann an Blume riechend V. aus Athienu
in — 79 ff. Taf. 8
Liebeskampfs. Kampf
Lipara Phlyaken - I '. aus — (Glasgow) 297
Lipo na Peleus und Thetis V. der Sammlung —
■95
Löwe Schild des Herakles 123; Vn. 120. 138.
144 | mit Eros kämpfend 7*. (Berlin) 157; Ky-
bele tragend Reliefs 63. 130; nemeischer Br.-
Statuetle (Arolsen) 131, Br.-Rel. (Berlin) 157;
einen Stier überfallend , Schild des Achilleus
120. 123; Verwandlung der Thetis Vn. 201 ff. ]
Löwenfell des Herakles 88 | Löwenjagd, myken.
Dolch Il6, 61 | Löwenvorderteil Br. - Ausgufs
(Arolsen) 131; Kalkstein (Berlin) 156
Lokris Br.-V. aus — (Berlin) 157
London, British Museum. Erwerbungen 1885:
126 ff. | Statuen: Amazone Torso aus Kyrene 18,
2, Gallier, Amazone | Br. - Statuetten 85 ff. Abb. |
Köpfe: Amazonen 16. 19; Jüngling 52 ff. Taf. 5;
Sophokles Br. 76, 17; aus Trapezunt 129; Por-
trät epheubekränzt (aus Rom) 129 f. | Reliefs von
Priene 56fr. ; von Xanthos 82 ff. Abb.; Frau auf
Schwan T.-Rel. 258 | Vn. : chalkidische 89, 12;
aus Siana 135, 4; Aphrodite auf Schwan 232.
245 f. ; Dionysos' Kindheit 310: Knabe betend
12 Abb.; Komast mit Hund 312 ; Niobiden 2 16 f. ;
Peleus nnd Thetis 201. 203; Phlyaken 287 fr.
Abb. ; Theaterprobe (aus Ägina) 285, 130
Lotos Ornament Vn. 79. I38f. 141fr. 144. 146.
149. 151
Luca I 661 : 242, 76
Lucilla Kaiserin auf G. (Brit. Mus.) 127
Lucretius I 6: 253 | V 737: 238, 47; 971fr.:
243, 82
Lukian Anach. 23: 263,8 | de salt. 27: 264; 29:
263, 9 | dial. meretr. 7, 1 : 246, 97 | imag. 4. 6 :
42 | Tox. 9: 263, s
Lykophron Alex. 653: 210
Lysias Büste (Neapel) 130
Lysippos Viergespann von — 173
Lyttos Mte. von — 93, 21
Macrobius in Somn. Scip. I 19, 20: 242, 74 | Sa-
turn. III 9, 4: 286, 136
Mädchen Tn. (Berlin) 156 f.
Mänaden Vn. 272. 278f. 305,263. 309fr.; Mäna-
den- und Satyrkopf verbunden Vn. - Form (Brit.
Mus.) 127
Mann bärtig, Elfenbein-Ä/. aus Smyrna (Brit. Mus.)
128; an Blume riechend V. aus Athienu (Lev-
kosia) 81 f. Taf. 8; von einer Frau eine Am-
phora empfangend V. 312; mit Haube V. des
Hischylos (Berlin) 314 Taf. 12; von Löwen an-
gefallen, Dipylon-K. (Kopenhagen) 96; nackt
und ithyphallisch Br. (Tübingen) 165, 6
Register.
333
Marmor Erwerbungen des Berl. Mus. 1885: 129;
des Brit. Mus. 1885: 126 f.
Dreirufs-Awü (Athen) 187 f. Abb. | Pilaster-
Capitttt (Paris) 131 | Köpfe: Agrippa aus Gabii
(Paris) 130; Anakreon Herme (Rom) 131; De-
mosthenes und Homer Herme 76, 16; Dichter
(Brit. Mus.) 129 f.; Diogenes (Neapel) 130; Ho-
mer Herme (Paris) 131 ; Jüngling (Brit. Mus.)
54ff. Taf. 5. 129; Knabe Büste (Genf) 132;
Lysias (Neapel) 130; Peisistratos (Rom, V. Al-
bani) 130; Piaton 71 ff. Taf. 6. 7. 130; Pom-
peius (Paris) 132; Porträt, 'Doppel-Herme (Athen)
130; Poseidonios (Neapel) 130; Pythagoras und
Piaton Herme 71. 77 f.: Sokrates und Piaton
Herme 7 5 f. ;. Traian Büste 131 ; Zenon (Neapel)
130 | Wagenlenker Monochrom aus Herculaneum
170, 18. 171, 22 | Reliefs: Chigi'sche Basis (Dres-
den) 186; vom Dionysostheater in Athen 186;
von Giölbaschi 46; vom Parthenon 214fr.; aus
Phigalia 216, 10; Grab - AW. vom Piräus (Paris)
131 ; archaische Reliefs aus Xanthos (Brit. Mus.)
82ff. Abb.; Aphrodite auf Schwan 246,!)». 255:
Gigantomachie von Priene (Brit. Mus.) 56fr.,
von Pergamon (Berlin) 130. 214; Helios Metope
von Ilion 61 ; Herakles und Hirschkuh (Dres-
den) 131; Nereiden Fries (München) 59; Peleus'
Hochzeit Sh. 204; Piaton (Vatican) 77; Sopho-
kles (Paris) 76, 17 ; Wettrennen Fries vom Maus-
soleum 61 | Statuen: Amazonen 14fr. Taf. 1 — 4
und Abb.; Aphrodite von Arles 131, kauernd
130, von Melos 130; Apollon (Rom) 131 ; Dich-
ter (Rom, V. Borghese) 129; Gallier 2i2ff.;
Göttin (Capitol) 21 ; Laokoon Gruppe 130; Olym-
pia-Sculpturen 131; Sophokles 74, 8. 76 f.; Tha-
lia (Rom) 131 ; Wagenlenker Torso (Athen)
170, 18
Marsyas und Apollon V. 309
Martial IX 12, 4: 247, 102; IX 12 — 14. '7> '8:
238, 48; IX 48: 78, 36
Masken 141. 149. 155 f. 262 f.
Matidia Kaiserin Onyxbüste (Brit. Mus.) 128
Mattei'sche Amazonen - Sta. 20 Abb.
Maultier V. 283; Affe auf — T. (Berlin) 155;
Nymphe auf — V. 151 ; Kopf als Schiffsvorder-
teil V. 151
Maussoleum Fries vom ■ — 61
Medinet-Abu Rel. aus — 117; Wgm. aus — 316
Megara Nike opfernd Rel. einer ^».-Kapsel aus —
(Brit. Mus.) 127
Meleager sog. — Br.-Statuette (Arolsen) 131
Melos Aphrodite von — (Paris) 130; Vn. aus —
80. 112. 123
Memnon und Achilleus V. 92
Menelaos in Ägypten 114; Helena verfolgend V.
(Wien) 313
Menidi Funde: Gemmen 115 ; Kuppelgrab 116
Mesopotamien Funde: Astarteidole 102; Skphge.
101, 17
Messapische Tracht Vn. 265,20
Militärdiplom (Budapest) 129
Minotauros und Thescus V. (Wien) 308
Moiren G. (Brit. Mus.) 128
Momcmphis Schlacht bei — 1 1 5
Mosaik Theaterprobe (Neapel) 285, 130
Moskau Phlyaken-K. in — 302
München Nereiden-/^/'« in — 59; Vn. in — 89,
12. 195. 201 f.
Münzen Tux'sche Münzsammlung 163 von Akra-
gas (Wagenlenker) 170, IS; Chalkis (Adler) 93;
Cypern (Aphrodite mit Sternen) 243, 77; des
Decius (Pythagoras) 78 ; von Kamarina (Aphro-
dite auf Schwan) 231 ; Katana (Wagenlenker)
170, 18; Lyttos (Adler) 93, 24; des Pertinax (be-
tende Frau) 12 Abb.; von Phaistos (Herakles
und Hydra) 88, 9; Rhodos 145; des Seleukos I
76, 16: von Syrakus 170, 18. 205, 1; Tarent (Ta-
ras auf Delphin) 307
Muschel Aphrodite in — V. (Jena) 250
Musen Vn. 309
Musikantinnen phönik. Silberschale I04f.
Mykenae Funde: Dolch 116; Gemmen 115; Gold-
becher 118, 80; weibl. Idole 102 ; Steinsculpturen
115 ! myken. Vn. 80. 133
Myrina Tn. aus — 13. 87. 156 f.
Mythographus Vat. I 175. II 33: 234,18; III
1 1 : 234, 20
Narkissos sog. — Br.-Sta. aus Pompeji 32
Naukratis griech. Niederlassung in — 115; V. aus
— (Brit. Mus.) 127
Neapel Antiken in — : Br.-Cqndelaber aus Pompeji
(drei Schlangen als Schaft) 185, 15 | Köpfe: Ama-
zone Br. aus Herculaneum 16; Demosthenes,
Diogenes, Epikur, Hermarch, Lysias, Poseidonios,
Zenon 130 | Mos. (Theaterprobe) p.us Pompeji
285, 130 | Statuen: Apollon Br. 31; Gallier 85.
212; Iuppiter Br.-Statuette 164,0 | Vn. : Genre-
scene 312; Peleus und Thetis 201 ff.; Phlyaken-
scenen 274ff.; Satyrspiel 262. 285, 130
Nemesis von Zeus verfolgt 196
Nemrud-dagh Rel. vom — (Berlin) 129 f.
Neoptolemos den Priamos tötend, Phlyaken-
V. 283
Nereiden Fries (München) 59; Vn. 193m 201 ff.
Nereus Vn. 194 f. 201 ff.
Nessos und Herakles V. 202
334
Register.
New-York V. in — 81
Nike bei Aphrodite Relief 236. 258; bei Eos' Auf-
gang V. 258; mit Eros V. (Brit. Mus.) 126; ein
Tropaion errichtend Goldring (Brit. Mus.) 128;
auf einen Dreifufs zufliegend V. 187; opfernd
Br.-Rel. eines Sp. aus Megara (Brit. Mus.) 127,
Rel. aus Kertsch 236, V. 310; schreitend V. 313
Nikosthenes Herakles und Hydra V. des — (Ber-
lin) 88, 8
N i o b e Parthenon-Afetope 216
Niobiden Parthenon-Afc/o/c» 214fr.; Thron des
Zeus in Olympia 216; Vn. 216 f.
Nola Vn. aus — 194 f. 282. 292 f.
Noti-Lei Vn. aus — (Berlin) 151. 153
Nymphen Br. (Tübingen) 165, 6. 166; Vn. 151.
248. 253. 259. 287 f.
Octavia Porticus der — in Rom 52
Odysseus in Ägypten 114; bei Alkinoos V. (Paris)
299; Dolon fangend V. (Wien) 313; und Iros
V. (Wien) 313; Kirke bedrohend, Phlyaken-
V. 271 Abb.; beim Palladionraub Br. 170, 17,
V. 295 ff. Abb. ; vor Troia etr. Sk. 206 ff.
oxXaapio V. 311
Olympia Niobiden am Tron des Zeus 216; Zeus
aus der platäischen Beute 181 f. | Funde: Drei-
füfse 185 f.: Lanzenspitze 49; Sculpturen 131 ;
phönik. Silberschale 104,27; Votiv-Bronzen 172
Omphale Herakles bringt die Kerkopen der —
281, 10-2
Omphalos V. 259
Opfer des Herakles Vn. 279, 83. 300 f.; an Hermen
Vn. 309. 313 | Opferdienerin Rel. aus Kertsch
236; Opfernder Bronzen 164 f., 6; Opfertier Gold-
diadem aus Korinth (Berlin) 99
Oppian Ixieut. II 19: 234, .'4
Orchomenos Funde 116
Oreithyia und Boreas V. 155
Orestes in Phlyakentracht Rel.-V. 268, 28
Ormidia V. aus — 81
Orophernes weiht ein Athenabild in Priene 61
Oropos Wagenlenker Rel. aus — 171,22
Orvieto Funde: "Niobiden V. 217; Peleus Hoch-
zeit V. 204; Tityos etr. G. (Berlin) 157
Ostia Amazone Kopf aus — (Paris) 19
Ovid Ars am. III 839: 233 | Fasti IV 133 ff. : 252,
12« | Met. VIII 366: 44: XIV 91 ff.: 281, 101
Oxford Amazone Sta. in — 16
Pas tum Phlyaken-K. aus — 274 f.
Pairisades bosporan. König 236, 32
Palästra V. 313
Palermo Peleus und Thetis V. in — 202
Palladion V. 126; Raub des — Br. 170,17, V.
295 ff. Abb.
Palme dem Apollo von Kypselos geweiht 50 ; auf
Vn. 79- 135- 193
Pan bei Anadyomene V. 253; mit Bockskopf T.
(Berlin) 155 Abb.; jugendlich Br. 157, V. 151 ;
bei Peleus und Thetis Vn. 197. 204
Pandaros Br. (Tübingen) 170,17
Panter Br. -Henkel (Arolsen) 131; Vn. aus Rhodos
(Berlin) 145 f. | Dionysos auf — Rel. aus Perga-
mon (Constantinopel) 130; eine Ente jagend,
Dolch aus Mykenae 116, Gl; Kopf G. 156; Ver-
wandlung der Thetis Vn. 201 ff.
Panzer mit Nackenschirm 205
Papyrus 81
Paris Vn. 92. 268, :8
Paris Antiken in — : Pilzstei-Capitelle 131; Ama-
zone G. 17; Priesterin mit Idol auf Wagen Gold-
plättchen aus Cypern 132 | Kopfe: Agrippa 130;
Amazone ig; Apollon Br. 130; sog. Apollonios
von Tyana Br. 131; Homer Herme 131 ; Pom-
peius (aus Rom) 132 | Reliefs: Aphrodite auf
Schwan 255 fr.; Sophokles 76, 17; Grab - Rel.
des Sosinos 131 | Statuen: Amazone 17; Aphro-
dite von Arles 131, kauernd 130, von Melos
130; Faustkämpfer 10; Hera aus Samos 130 |
Wagenlenker T. 174, 26 | Vn. : Amazone 32, 19;
Amazonenkampf 310; im Dipylonstil 315; geo-
metrische 135 f. Abb.; Peleus und Thetis 192 ff.
202 ff. Taf. 10, I; Phlyaken 298 f.
Parma Peleus und Thetis V. in — 202
Parthenon Metopen 2 1 4 ff. ; Fries 2 1 6, 6
Patroklos 121 ; etr. Sk. 209
Pausanias König 176. i8if.
Pausanias I 3: 256, 143; 19, 2: 246, u7; 40, 6:
252, 130 I II I, 8: 252, 125 I III 18, 9ff.: 123,
112; 20, 9: 243, si ] V 5, 8: 289; 11, 8: 251,
118; 17, 5ff.: 123, 111; 17, 9: 122, lül ; 18, 5:
291,171: 18, 6ff.: 124, 121; 19,5: 123, 115; 19,
7: 204; 23: 181 f. | VI 12, 1: 173; 20, 15:
171 ; 22, 7: 288, IM | VII 3: 255; 18, 14: 123,
110; 25, 9: 252, 130 | IX 31, i: 237, 39 | X IO,
6: 307, 281; 13, 9: 184; 13, 10: 307, 281
Peisistratos sog. — , 1'oTtrat- Hernie (Rom, V.
Albani) 130
Peithinos V. des — 203
Peitho V. 197. 204
Peleus und Atalante Vn. 106, 28; Und Thetis
Vn. 192. 195 ff. Taf. 10
Pelias Leichenspiele des — (Kypseloskasten) 87
Peplos Übergabe des — T.-Rel. (Kopenhagen) 132
Pergamon Funde: Altar Reliefs 60 ff. 129. 214,
Register.
335
der kleine Fries 129; Waffen - Reliefs 206, 1;
Ante 130; Amnion Sta. 130; chirurgische Werk-
zeuge Br. 127
Per i kies Bikinis des — von Kresilas 43
Perrucke s. Haartracht
Pcrsephone von Hades geraubt V. (Brit. Mus.)
127
Perseus und Athena V. 91, 19; als Kind V. 312''
von Gorgonen verfolgt, Schild des Herakles
123, V. (Brit. Mus.) 126
Pertinax Mze. des — (betende Krau) 12 Abb.
Perugia Barbar Statuette aus — (Berlin) 129
Pervigilium Veneris 9 ff. : 252; 10: 249, 111; 15:
242, 76; 28: 252, 128; 85: 247, 102
Petersburg Antiken in — : Goldschmuck 203;
Amazone Kopf l8f., 3; Vn. 201. 203. 281, 98;
298, 218; 300 fr. 311
Petworth Amazone Sta. in — 20 Taf. 1. 2
Pferd auf ägypt. Monumenten 118; j5>-.-Strigilis
(Brit. Mus.) 126; Vn. 95fr". 99. 118. 126. 31H.;
s. Gespann, Reiter
Phaistos Mze. von — (Herakles und Hydra) 88, a
Phallos der Phlyaken Vn. 263 f.
P haros Insel 114
Phidias' Amazone 42f.; Zeus 251. 254f.
Phigalia Fries von — 216, 10
Philostrat imag. I 12: II ; II 1 : 253, 132; II
22: 281
Phineus 210
Phlyaken Vn. 260 ff. Abb.
Phobos auf Agamemnons Schild 123
Phönikische Kunst in Cypern und Rhodos 79f. ;
Idole 102 ff. ; Schiffsbau 108 ff. ; Silberschalen
104 f. | vorphönikische Funde in Alambra 80
Phokaia Seemacht von — III, 39
Phokier berauben Delphi 176
Phosphoros Darstellungen 242
Phradmon Amazone Sta. des — 47
Phryger Kopf V. (Vatican) 308
Picenum Harpyie Knaben raubend Br. - Situla
aus — 211
Pinakes aus Korinth (Berlin) 50; aus Eleusis
(Athen) 91, 19
Pindar Nem. III 35 f. : 198; 52. 57: 198, 9; IV
62 ff.: 198; 95: 291, 173; V 35: 198 [ Isthm.
VIII 30 ff.: 197 f.
Piräus Funde: weibl. Statuette (Brit. Mus.) 126;
Gxab-Rel. des Sosinos (Paris) 131
Platäisches Weihgeschenk in Delphi 176 ff. Abb.
Hilfstafel
Piaton Bildnisse 71 ff. Taf. 6. 7. 130 | Gesetze
p. 637: 270; Theätet p. 173c: 73, 5; Fr. 1.
2: 291, 171
Plautus Trucul. II 2, I: 283
Plinius 2, 38: 242, 70; 79: 243, 78 | 7, 57: 316 [
8, 110: 53, 10 | 10, 1: 237, 40 | 25, 123: 53, 15 |
32, 49: 51, 7; 50: 53, 15; 5 1 f . : 53, IS | 34, 7 1 '■
173; 74: 43. «; 76: 42 | 36. 42f.: 52
Plutarch Kim. 8: 279, 78; 12: 316; Perikl. 3:
276, 65; Themist. 14: 316 | Moralia p. 164A:
50, 3; 399F: 50, 2; 537A: 53, 21; 724B: $t,
8; 727 F: 54, 21; de and. poet. 8: 77, 21; de
ad. et am. discr. 9: 77, 21; Isis u. Osiris 71:
234, 22; quaest. conv. IV 4: 288 155
Polignac'sche Sammlung (Berlin) 16
Pollux IV 123: 302, 241; 130: 276, 61; 133: 275,
55; 138: 281, 97; 143: 262; 144: 295; 145:
280, 91; 147: 282, 115-116; I49: 288, 147. 293,
193. 294. 302, 244; 151: 285, 133 | VII 79: 285,
132 | VIII IO4: 279, 78 | IX 80: 307, 278 | X
17: 281, 97; 63: 276, 68; 134: 299, 225
Polyeuktos Demosthenes Sta. des — 76, 15
Polygnotos V. des — i86f.
Polyklet Amazone des — 40 f.
Polykrates Flotte des — HO, 38
Pompeji Funde: 165, 7; sog. Narkissos Br. - Sta.
32; drei Schlangen Br, - Candelaber 185, 15;
Theaterprobe Mos. 285, 130
Pom peius Kopf (Paris, Privatbesitz) 132
Portland vase s. Vasen
Porträts 129L 132; Agrippa 130; Apollonios v.
Tyana 131 ; Demosthenes 130, mit Homer 76,
15; Epikur, Hermarch, Lysias, Peisistratos 130 ;
Piaton 71 ff. Taf. 6. 7. 130; Pompeius 132; Po-
seidonios 130; Pythagoras 77 f.; Seleukos I. : 76,
16; Sokrates 75 f.; Sophokles 74, 8. 76f. ; Tra-
ian 131 ; Zenon 130
Porzellan Erwerbungen des Brit. Mus. 126; Hals-
schmuck 155; Frosch 136; Vögel 144
Poseidon 197. 199; im Parthenongiebel 216, 6;
auf Vn. 91, 19. 197. 204. 313
Poseidonios Büste (Neapel) 130
Präneste phönik. Silberschale aus — - 81. 104, 27
Praxiteles Wagenlenker von — 173; praxitelische
Köpfe (Brit. Mus.) 54 fr. Abb.
Preisrichter Phlyaken-K 276
Priamos' Tod, Phlyaken-K. 283
Priene Gigantomachie Reliefs aus — (Brit. Mus.)
56 ff.
Priesterin mit Idol auf Wagen Goldplättchen aus
Kurion (Berlin) 132
Procession s. Bestattung
Properz IV 3, 31, 39: 233; 6, 27: 53, 19
Prügelscene Phlyaken -V. 308 Abb.
P t o o s s. Apollon
Pygmäen in der Ilias 114, 51
336
Register.
Pythagoras Mz/i. 78; und Piaton Doppelherme
(Athen) 71. 77 f.
Quintilian XI 3, 94: 286, 186
Quintus Smyrnäus Posthorn. V 69: 252, 123
Rabe dem Apollon heilig 51. 234
Rad Schildzeichen 93
Reh Vn. 96. 99. 144. 151
Reisender Vn. 283. 288. 302
Reisesack Vn. 283. 288. 302
Reiter Bronzen aus Olympia 172; '/'. aus Kurion
(Berlin) 132; Vn. 97. 99. 146. 202. 312
Reliefstil 62
Responsion in den Parthenon-Ato/f« 215
Rhodos phönik. Kunstübung 79 | Funde: 126.
133fr. Abb.; weibl. Idole 102; Vn. 91,19. 94,26
Rind Rel. (Florenz) 256
Ringe 132; Mädchen und Eros (Brit. Mus.) 128;
Nike (Brit. Mus.) 128; Pferde 118
Ringkampf s. Kampf
Rom Funde: 165, 7; Anakreon Kopf (Capitol) 131 ;
Jüngling, Porträt- Kopf (Brit. Mus.) 129 f.; Knabe
Büste (Genf) 132; Pompeius Kopf (Paris, Pri-
vatbesitz) 182; SarapisbUste G. (Brit. Mus.) 128
Antiken in — : V. Albani: Äsop Büste 304,
2t>l; 'Peisistratos' Herme 130 | Smlg. Baracco:
Ephebe Sta. 130 | V. Borghese: Amazone Sta.
18; Dichter Sta. 129: Piaton .darf; 71 ff. | Ca-
pitol: Amazonen Statuen 17. 19, Köpfe 18; Ana-
kreon Kopf 131 ; Dionysos Büste 55; Göttin Sta.
21; Piaton Büste 71 ff.'; Sophokles Köpfe 74, 8 |
Caracallathermen : Amazone Sta. 16 | P. Co-
lonna: Amazone Sta. 18 | P. Giustiniani: Ama-
zone Sta. 18 | Lateran: Sophokles Sta. 74, g|
S. Lorenzo: Kapitell mit Eidechse und Frosch 52 1
V. Pamfili: Amazone Sta. 16 | P. Sciarra: Ama-
zone Sta. I4f., Kopf 18 | P. Torlonia: Amazonen
Statuen 18. 19, 4; Piaton Büste 72 m | Vatican:
Amazonen Statuen 15. 17. 20 Abb., Köpfe 16.
18; Apollon Musagetes Sta. 131 ; Diskobol Sta.
45; Peleus und Thetis V. 202; Phlyaken Vn.
276 f.; Piaton Hermen 71 ff. 130 Taf. 6, 2. 7. Bei.
77; Sophoklesbildnisse 76, 17; Thalia Sta. 131
Rosette Ornament auf Vn. 80. 142. 144m 147.
155
Rüstung zum Kampf Vn. 312
Ruvo Vn. aus — I93f. Taf. 10, 2. 203. 216, 10. 11.
244. 262. 271 ff. 285. 3<x>f. 312
Säule G. (Brit. Mus.) 127; Vn. 194. 203. 279.
294. 312; als Stütze von Dreifüfsen 187 f.
S. Agata de' Goti Vn. aus — 275 f. 311 f.
Salamis (Cypern) Tn. aus — (Brit. Mus.) 127
Salerno phonik. Silberschale aus — 104, 27
Samonion Cap in Kreta 114, 55
Samos Hera Sta. aus — (Paris) 130; samische
Kriegsschiffe 108 ; Mzn. (Pythagoras) 78
Sanherib Schiffs - AV/. aus dem Palast des — 107
Sappho fr. 66: 290, n>8
Sarapis Büste auf G. aus Rom (Brit. Mus.) 128
Sardinien weibl. Idole aus — 102
Satyr Vn. 90. 272. 293. 311 ; und Dionysos
Vn. 127. 282. 31 1; und badende Frauen V.
311 f.; und Hephaistos V. 202; und sog. Iros V.
(Wien) 313; und Kentaur V. 305, MS; Kopf
mit Mänadenkopf verbunden Vn.-Form (Brit.
Mus.) 127; und Mänaden Vn. 309 f.; Maske
TNFormen aus Tarent (Berlin) 156; Selene be-
lauschend V. 243f.; tanzend Vn. 126. 311; im
Thiasos Vn. 94, Rel. 94 ; bei der Weinlese V.
94 | Satyrspiel V. aus Ruvo (Neapel) 262. 285,
130
Scarabäus mit dem Namen Takeloth II: 126
Schachbrettmuster Ornament auf Dipylon -Vn.
• 95
Schaf Vn. -Form 144
Schauspieler declamirend T. aus Myrina (Ber-
lin) 157 ; s. Phlyaken
Schiffe Entwicklung des Schiffsbaus 108 ff. ; Er-
bauer der ersten Pentekontoren 108; ägyptische
117, 7t. 3 1 5 f . ; assyrische Rel. 107; griechische
Rel. 235 f., Vn. 97. 107 f. 150. 315 f.
Schild des Achilleus 116, 73. I20f. 123; des Aga-
memnon 123; Schildzeichen Vn. 93. 96. 291
Schlange ornamental in der Metalltechnik 190;
auf ägyptischen Monumenten 118; Br.-Candelaber
(Neapel) 185, 15; Rel.-V. 96; Vn. 90, 13. 93,24.
201 ff.; Schlangensäule (Constantinopel) 176fr.
Abb. und Hilfstafel
Schmetterling auf Säule G. (Brit. Mus.) 127
Schnabelschuhe in ägypt. und cypr. Kunst 81
Scholion Äschylos Suppl. 212: 237, 41 | Apollon.
Rhod. I 558: 199, 4; II 498. 5°°: 259. im;
1089: 210; III 549: 234,1»; IV 816: 199,^1
Aristoph. Fried. 741: 277,70; Wölk. 538: 263,
10 | Eurip. Androm. 18: 199 | Hesiod Theog.
990: 243, 77 | Homer N 7°3: 237, 35; o 22 m:
238, 44 | Lykoph'. 17: 206, 2; 426: 234, 20;
653: 210 | Nicandr. Alexiph. 214: 260, 1 | Pind.
Nem. III 60: I98f.; IV 81: 199; 101: 198 |
Stat. Theb. IV 226: 234, 18 | Theokr. XVII 123:
237, 15 | Thukyd. I 132: 184
Schreiber Phlyaken - V. 302
Schwan Vn. 144. I46ff.; Aphrodite auf — 231 ff.
Abb. Taf. II; dem Apollon geweiht 233; Apol-
Register.
337
Ion auf — etr. V. 260, 159; das Flögelpferd der
Arsinoe 237 f. ; singende Schwäne 247
Seedrache Frau auf — Bei. (Florenz) 256
Seeschlacht s. Kampf
Selene aufsteigend V. 243 f.
Seleukos I. Nikator auf JA«. 76, 16
Seneca de ira II 21, 10: 73, 3 | Agamemnon 819fr.:
242, 70
Sevres Phlyaken -K. in — 300 Abb.
Siana Funde: Vn. 135, 4. 138fr. Abb.; Sp. 149
Sidon Sphinx Br. aus — (Brit. Mus.) 127
Silanion Plato Sta. des — 74, 10
Silber Erwerbungen des Brit. Mus. 1885: 126.
128 | Anadyomene Platte (Paris) 254 f.; Schale
81. I04f.
Silen Vn. 150. 152. 272L Abi).; hockend Glas-
plättchen aus Rhodos 156; Kopf Br.-flcnkel 157,
T. 156
Silius Italicus XII 247fr.: 242, 69
Sirene Vn. 145fr.; T. 157
Situla Harpyie Knaben raubend Br. aus Picenum
211
Skelett tanzend 165, c;
Skiron und Theseus V. 203
Sklave T. 157; Vn. 274. 282. 287fr. 292. 298.
302 fr. 309
S m alte Plättchen 116; Scarabäcn 117
Smyrna Theatermarke aus — (Brit. Mus.) 128
Sokrates und V\atox\-Doppe/herme aus Chiusi 75t
Soldat s. Krieger
Sonnenuhr V. 311
Sophokles Bildnisse 74, s. 76 f. | Antig. 426fr.:
303, 25ti; fr. 155. 556: 199
Sosias V. des — 36, 21
Sosikles Amazone Sta. des — (Capitol) 17. 23
Sosin os Grab-A/. des — aus Piräus' (Paris) 131
Sparta Aphrodite Br. aus — (Berlin) 157
Spata Kuppelgrab in — 116
Sperling der Aphrodite heilig 232. 248, 105
Sphinx am amykl. Tron 123; aus archaischen
Kuppelgräbern 116; Br. (Brit. Mus.) 127; Vn.
144. 14Ö
Spiegel aus Siana 149; Aphrodite auf Schwan
232. 246; Ganymed 157; Nike opfernd 127
Odysseus und Kirke 272,40; Peleus und Thetis
203
Spornriemen bei Amazonen - Statuen 15. 19,4.
34. 36. 40. 45
Springstab Amazone mit — 44
Statius Silv. I 2, 51: 238; 102: 239, 54; 117:
238. 251, 121; 140: 239 I III 4, 3fr.: 238, 19: 4,
22. 46: 238,50; 4, 56: 238,51; 4, 91: 238,49;
5, 80 •' 239, 54 | V 4, 8: 242, 09
Theb. IV 226: 239,54; 282 ff. : 243, «2 ] V
63: 239, 54; VI 240: 242, 70
Steinbock Vn. 138fr.
Stephanus Byz. s. v. Zllpiipiov 237, :)ö
Sthenelos V. 92
Stier Statuetten (Arolsen) 131, (Brit. Mus.) 126;
Ret. (Brit. Mus.) 127; V. 138 | Europa auf —
G. (Brit. Mus.) 128; von Löwen überfallen,
Schild des Achilleus 120, 123; Stierkopf als
F«.-Form 144
Stirnzicgel s. Firstziegel
Strabo X 4, 5: 114, 56; p. 278f.: 307, 281
Strongylion Amazone Sta. des — 45. 47
Stützen von Marmorwerken und Bronzen 3of.; von
Dreifüfsen 186 ff.
Suidas s. v. Eüpyßcrro; 306, 271
Symposion s. Gelage
Syrakus Amazonenkopf Camco in — 19; Mzn.
von — 170, 18 Abb. 205, 1
Tacitus Hist. II 3: 242,7«
Talthybios V. 310
Tamburin Kybele mit — Bei. von Priene 63
Tanagra Funde: Artemis T.-Sta. (Berlin) 31; Pe-
leus und Thetis V. 202
Tanz von: Frauen V. 311, T. (Brit. Mus.) 127;
Mänaden V. 311 ; Männern Br. (Tübingen)
165, 8, Vn. (Berlin) 145; Nereiden V. (Malle)
194; Phlyaken Vn. 273 Abb. 285 Abb. 290.
304. 308, 284; Satyrn Vn. 126. 311 ; Skeletten
165, 0 | »Manteltanz« Vn. 293; Reigentanz
Schild des Achilleus 120, Schale aus Idalion
120, 93, Vn. 96. 105. l2of. ; Waffentanz V.
(Kopenhagen) 96
Taras auf Delphin Ahn. von Tarent 307; parodirt
auf Phlyaken- V. 307
Taraxippos Dämon 171
Tarent Funde: Kalkstein - Bei. (Berlin) 129; Tn.
(Berlin) 156; Mzn. (Taras auf Delphin) 307
Tarquinii s. Corneto
Tarsos Stier, Alabaster-Ä/. aus — (Brit. Mus.) 127
Taube der Aphrodite 232fr.; Kupferplatte 246,98;
Vn. 245. 248,105 | bei Astarteidolen 102
Tele p hos etr. Sk. 206
Tempel Vn. 279. 301
Tenea Herakles und Hydra Bei.- V. aus — (Berlin)
88, 9
Terracotten Erwerbungen des Berl. Mus. 132 f.
I54f. 156 f. Abb.; des Brit. Mus. 127 | Diskos
(Peleus und Thetis) 195 f. 204 | Masken 141.
149 | Reliefs; Frau auf Schwan 258; Peleus und
Thetis 203; Peplosübergabe 132 | Statuen: Ar-
338
Register.
temis aus Tanagra (Berlin) 31 ; Elephant einen
Gallier niederwerfend Gruppe aus Myrina 87;
weibl. Idole 102. 145; Sphinx aus Spata 116;
Wagenlenker 172. 174, 26
Tertullian Apologet. 23: 257, 148
Teukeros etr. Sk. 208 f.
Thalia Sta. (Vatican) 131
Theater Marken aus Elfenbein (Brit. Mus.) 128;
— Probe Vn. 285
Themis Orakel der — 196 f. 199
Theokrit III 10: 292
Theophrast Fragm. VI 15: 51, 1
Thera Vn. aus — 112. 134
Theseus im Kentaurenkampf V. 312; auf dem
Meeresgrund, l'ortland- V. 204; und Minotauros
V. (Wien) 308; und Skiron V. 203
Thesprotien Artemis Br.- Statuette aus — (Ber-
lin) 145
Thetis Vn. 89, 12. 192. 195 ff. Taf. 10
Thiasos Vn. 94. 272. 305 Abb.
Thukydides I 10, 4: 316; 13, 2: 108. HO, 3'.i.
176. 180. 316; 14: 108, »4. 35. 316
Tiger Verwandlung der Thetis V. 202
Timonidas V. des — 90, 15. 94, 2«
Tiryns Funde n6,63
Tisch vierbeiniger V. 311 ; Tischfufs 131
Tityos G. aus Orvieto (Berlin) 157
Tivoli Funde: Rosette mit Eidechse Frosch Biene
52; I'lato Herme 71, 2
Tracht s. Kleidung
Tragholz zum Reisesaek Vn. 283. 287. 302
Traian Büste 131
Trapezunt Kopf aus — (Brit. Mus.) 129
Trebellius Pollio, Tyr. trig. 29: 257, in
Trier Amazonen Sta. in — 20
Trieren Erfindung der — lo8f.
Trinkhorn Dionysos mit — Vn. (Berlin) I50f.
Triptolemos' Aussendung V. (Vatican) 308
Triton Vn. 203
Troia weibl. Idole aus — 102
Trompeter Steinform 127; V. 312
Tron amykläischer 87, 4. 123; Göttin auf — 7'.
(Berlin) 155; Mann auf — V. (Berlin) 145; Pe-
leus und Thetis auf — Sk. 204; des Zeus
in Olympia 216
Tropaion Nike ein — errichtend Goldring (Brit.
Mus.) 128
Totenklage s. Bestattung
Tubingen Tux'sche Bronzen - Sammlung 163fr.
Taf. 9. 164,(1
Tür Vn. 274. 282. 293
Turin Amazonen-SVa. von Basalt in — 20
Tux s. Tübingen
Tyana Apollonios von — Br. -Büste (Paris) 131
Tzetzes zu Lyk. 87. 426: 234, 20
Tzitzo Vn. aus — (Berlin) 133 ff. Abi).
Valerius Flaccus Argon. VI 527: 242,06
Vasen Erwerbungen des Berl. Mus. 132fr Abb.;
des Brit. Mus. 126 f.; Tischbeins Engravings
Band V 308 ff. | attische 150fr".; attisch - chal-
kidische 91, 18; böotischc 92, is>; chalkidische
89 f.; cyprische 79 ff. Taf. 8; Dipylonvascn 80.
90,15. 95m; Francoisvase 94. 204; geometri-
sche III. 1 16 f. 134 ff. Abb.; ionische 150;
korinthische 50. 144 fr. ; lokale Fabrikate 142 fr.
Abb. 146 Abb. 152 Abb.; melische 80. 123;
mykenische 80. 133; Portlandvase 204; Relief-
vase 266, •/:). 267, 26. 268, 28; rhodische 134
Abb. 137 ff. Abb.; unbemalte I 53 f. ; vorphöniki-
sche 80 | Ornamentik: gefüllte Dreiecke 135 f.
152; Flechtband 79. 137. 141. 143; Granatapfel
141 ; Hakenkreuz 80. 95. 99. 31 1; Halbkreise
80; concentr. Kreise 136 f. 148; Leiter 153;
Lotos 80. 1 38 f. I4lff. 144. 146. 149. 151 ; Mä-
ander 151; Ordenskreuz 134; Palme 80. 135;
Palnietten 143 f. 146. 151. 154; Rad 144; Ro-
setten 80. 142. 144 fr. 147. 155; S - Ornament
149; Stern 149. 152; Vergoldung 240 fr.; Vier-
blatt 144; Zickzack 8o. 90, 15. 95. 99. 134. 136 |
Darstellungen: Amazone 32, la; Aphrodite Ana-
dyomene 248 fr., auf Schwan 232. 239 fr. Abb.
Taf. II; Apollon auf Schwan 260, 15»; betender
Knabe 12 Abb.; Dreifüfse 1 86 f. ; Herakles und
Hydra 87 fr., opfernd 279, 93, in Plilyakentracht
266, 23. 267, 20; Lichtgottheiten Ubers Meer fah-
rend 244^; Mann an Blume riechend 79fr. Tar.
8, mit Haube 314 Taf. 12; Niobiden 2l6f. ;
Orestes in Phlyakentracht 268, 28; Panzer mit
Nackenschirm 205, 1; Peleus und Thetis 192fr.
Taf. 10 ; Phlyakenscenen 260fr. Abb.; Satyrn
bei der Weinlese 94; Selene auTsteigend 243 r. ;
Silene 150; Wagenlenker 170, 18; Zweikampf 94
Vasenmaler s. Anakies Assteas Brygos Duris
Exekias Hermonax Hieron Kolchos Lasimos
Peithinos Polygnotos Sosias Timonidas
Veii Peleus und Thetis V. aus — 202
Venedig Kunstwerke in — : Replik des betenden
Knaben Br. 6 ff.; Jungling vom attal. Weih-
geschenk 212 r.
Venus Bronzen (Tübingen) 165,6. 166; Caelestis
in Karthago 257: s. Aphrodite
Verfolgung einer Frau Vn. 308 r.
Vergil Aen. IX 589: 242, 69; X 1 89 ff. : 235, 30 |
Georg. I 184: 53, 20 | vatican. Vergilcodex 210
Register.
339
Verospi Sammlung 17
Vienne kauernde Aphrodite aus — (Paris) 130
Viergespann s. Gespann
Villanova V. aus — IOI, 17. 112,43
Viterbo Peleus und Thetis V. in — 202
Vitruv III 5: 52, 12
Vizikia Vn. aus — (Berlin) 136
Vogel Glasplättehen 156; Goldring 128; Reliefs 128
156; Vn. 81 Taf. 8. 93. 95 f. 135. 141. 150.
152 f. 195. 203. 212. 275. 305, 203 1 mit Men-
schenkopf Vn. 145fr.; Vogelbauer Vn. 281. 298;
Vogeljagd 81
Volksversammlung V. 313
Votiv s. Weihgeschenk
Vulci Funde: G. 157; Vn. 89, 13. 2l6f. 263, e
Waffenlauf V. 93, 25
Wagen aus Judenburg 165, 0; s. Gespann
Wagenlenker Bronzen 163fr. Taf. 9. 173 Abb.;
Monochrom 170, 18; Man. 163 Abb. 170; Rel.
170,18; T. 174,2«; Torso 170,18; Vn. 170,18.
174,26. 193, 311 ; Votive 172; Wgm. 170, 18 |
Tracht 174, 2«
Wasser Reliefs 256; Vn. 239. 244. 248 | Wasser-
fahrt, phönik. Silberschale 104; Wasserhuhn der
Aphrodite heilig 234; Wasserschlange dem Apollo
heilig 50, mit mantischer Kraft begabt 52, 8
Weib Br.-Köpfe (Berlin) 157, Statuetten (Tübingen)
165,6; G. (Berlin) 157; Goldring (Brit. Mus.)
128; Marmor-Rel. und Statuette (Brit. Mus.) 126;
Tn. (Berlin) 132. 155 f., (Brit. Mus.) 127; Vn.-
Form 144 | badend V. 311 f.; gelagert T. 155;
mit Kind Statuette 102, Tn. 127. 157; einem
Manne eine Amphora reichend V. 312; nackt
auf Dipylon-F«. 97 ff., bei Ägyptern 105 f., Ba-
byloniern toi ff., Phönikiern I04f. ; mit Tympanon
T. 155; ein Viergespann besteigend V. 151 |
Frauengemach Vn. 3 1 o. 3 1 2 f.
Weihgeschenk attalisches 21 2 ff. ; platäisches
176 fr. Hilfstafel | Aphrodite auf Schwan Rel.
235fr.; Frosch Br. 48fr. Abb.; korinth. Pinakes
50 ; Wagenlenker 172
Weimar Kassandra V. in — 313
Weinlese Schild des Achilleus 120; Satyrn V. 94
Werkzeuge chirurgische Br. aus Pergamon (Brit.
Mus.) 127
Wettrennen Fries vom Maussoleuni 61
Widder Aphrodite auf — Kupferplatte 246, 98;
Göttin auf — 240 ; Jungling einen — tragend
T 156; Kopf K».-Form 144
Wien Antiken in — : Iuppiter Br.- Statuette 164, 0;
Vn. 96. 258fr. 286 f. Abb. 293, im. 195. 308 ff. 312 f.
Wirtel steinerne aus Rhodos (Berlin) 156; tönerne
aus Kurion (Berlin) 133
Wörlitz Amazone Sta. in — 18 Taf. 4
WoK dem Apollon heilig 51 ; Br.-Aopf (Arohen) 131
Wtirzburg Antiken in — : Marmorfufs 19,4; Vn.
90, 13. 91, 19
Wurfholz des Vogelfängers 81
Xanthos Funde: Harpyienmonunient 210; archai-
sche Reliefs (Brit. Mus.) 82 ff. Abb.
Xenophon itepl Ittt:. VII 1 : 45 | xuvTjy. I I: 199;
2 ff. : 288, 152 | Mein. III 13, 6: 277, 75
Zatzenhausen Funde 165, 7
Zenon Br. -Büste (Neapel) 130
Zeus Br. - Sta. des — in Olympia geweiht 181 f.;
Tron des — in Olympia 216; — Oromasdes
Rel. vom Nemrud-dagh 129; idäische Zeusgrotte
in Kreta 186 | Ägina verfolgend V. 204; in
Götterversammlung V. 126; Kyrene aussendend
259; Nemesis verfolgend 196; in Phlyakentracht
Vn. 276. 300
Ziege der Aphrodite heilig 246, 98
Zonaras VIII 2 p. 370 A: 270, 33
Zweigespann s. Gespann
Zweikampfs. Kampf
Aus Akrae, Anaktorion 49 f.; Delphi (Schlangen-
säule) 178fr.; Isamoorli Keui 127; Korinth
48 fr.; Korkyra 49; Selinunt 49; Smyrna 127;
Syrakus 49; Ungarn 129 | assyrische 102,21;
griechisch -lateinische 127
dyiovoö^TTj; 188, 19
A(5o(o fol V. 149
'AA^jctvSpo? V. 127
"A pi <u v Ziuvio'j Br. 48 f. Abb.
IL
INSCHRIFTEN.
ävaTiirr)(jLi. dv^SrrjXiv Rel. 236
ANAOXM.N (= Av8po|«rxij0 V. 313
OCiTElIAl /'. I53
'Apcpoy pä[TTj{ Theatermarke 128
ÄSTuo^fias V. 126
'AcppoSetTY) Rel. 236
ßccaiAei Goldring 128
ßoctaovt Br. 5of.
Bosrcdpou Rel. 236
34Q
Register.
roproMATPO* v. 154
Aai'SotXo; V. 291
Aai-foßoj f. 50
OT)[AO{ l88, 19
A 1 0 y ^ v tj { A7?;y" 130
AiotJxoupfoTj; 188, i!)
E 7*.-Form 156; ^ höotisch = ei 92,111
tiixi t(l( F. 127; y((i( Vn. 126. 149
'Exatcov 127
'Ev[s]üaXio{ V. 291
E&u.v[t)Uto{] F. 282
Eüvo|jl[o?] V. 313
EiojV'J(lE'i{ 188, 19
Fexrfßa F. 50
Zeuc. Ai<k Silberharren 128; Ä-.-Altar 127
Z^viuv gefälscht auf Platon-/yir/«c 72. 130
lr)pa V. 290
ÖeoepcivTj? AlOOXOUpßou 188, 19
Ö^-rt; F». 202. 204
Öe"cov 127
81) «e6 c P« 204
ir
Theatermarken 128
ISaptvt&fr 'l3ctu.Evrjo; F. 126
'Is^ET^St)« 314
'ls/iXos F. 314; 'IcayiXo? f. 314,1
K 7:-Form 156
xaX^ Vn. 202. 312; xooie, xaoE F. 310
Kapliov V. 282
Kap[ji.o? (KcfptXo;) Votiv \"J1
• KAPnOI Stempel 157
K E ß p t 6 v a ; F. 50
KXetVjos F. 153
KXorjXfa Sta. 18
xuXi^s F. 126
Kci)<Jt[X]oc F. 282
A T'.-Form 156
XexuSto? F. 127
Auxo... Silberbarren 128
piEOEO'iarj ÄW. 236
N'i[|i](pot V. 287
1 r.-Form 156
Eav#f«s F». 274. 287; SANTIA F 292
OV des Genitiv in älterer Zeit 49
Oupavir, Rel. 236
llapu.E'viov Goldring 128
FlXtfTcov Ä«Ar 71 Taf. 6, 1. 74f.
TTN F. 3'3
üoieTv. l-oifsvi V. 314
zoixi'Xot V. 126
Pooto; F. 153
2 in älterer Zeit 49
2c!|juo; 127
Sixuov [io]t 178
Sitpvtoi 176. 183
SocpoxXrjc Herme 76, 17
at^Xi) ä/. 236
1. u) v ö 0 0 •#/'. 48 ff.
SioatxXr)? Site. 17
SüJOlSTpotTOS 188, 19
I «T«(C( F. 127
T^viot 176. 183
T 0 'J 5 E l8o
T p 6 v (o v Silberbarren 128
T'j-fXrf?. SbcpXds F. 127
»(Xei [ae G. 127
<p(Xrj F 154
OtXoTi;jLtSin s V. 273
OiXtüj F. 126
Xotptvo; F. 282
Xdipi? F. 273
Xt'pwv G. 127; F. 287
Aelianus 127
M. Antonius Rusticus 61
BC Theatermarke 128
L. Casperius Aelianus 127
c o e p e r Bleitäf elchen 127
Pro videntiae deorum Mze. 12 Abb.
Rusticus 61
Takeloth II. König, Porzellan-Scarabäus 126
Turan etr. Sp. 232. 246
XIII
XIV
Theatermarken 12S
JAHRBUCH DES INSTITUTS 1886
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AMAZONE
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JAHRBUCH DES INSTITUTS 1886
TAF.2.
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JAHRBUCH DES INSTITUTS 1886
TAF.6
1 K-
PLATO - HERMEN
IN BERLIN UND ROM
HEUOGR. D. REICHSDRuCKEREI.
JAH.RBUCH DES INSTITUTS 1886
TA F. 7
1*
Gez. von L.Otto
PLATO - H ERME
IM CASINO DI LIGORIO
Lithogr. Anstalt von R.Steinbock
JAHRBUCH DES INSTITUTS 1886
TA F. 8
Gez von M.Ohnefaisch-Richter,
VASE AUS ATHIENU
(Cypern)
Lith. Anstalt von R.Steinbock,
i*8*4*
00
00
E
+■■■
JAHRBUCH DES INSTITUTS 1886.
TA F. 12.
3,
VASE DES HISCHYLOS
IM BERLINER MUSEUM.
Lichtdruck v. A.Friseh, Berlin .
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