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Full text of "Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts"

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Jahrbuch 


DES 


KAISERLICH  DEUTSCHEN 

Archäologischen  Instituts 


HERAUSGEGEBEN 


Max  Fr änke l. 


Band  i. 

1886. 


BERLIN 

DRUCK  UND  VERLAG  VON  GEORG  REIMER 

1887. 


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Inhalt. 


Seite 

Zur  Einführung  (A.  Conze) I 

A.  Conze    Der  betende  Knabe  in  den  königlichen  Museen  zu  Berlin I 

E.   Fabricius    Das  platäische  Weihgeschenk  in  Delphi 176 

M.  Fränkel    Geweihter  Frosch 48 

B.  Graef   Peleus  und  Thetis  (Tafel  10) 192 

W.  Heibig    Über  die  Bildnisse  des  Piaton  (Tafel  6.  7) 71 

H.  Heydemann    Die  Phlyakendarstellungen  auf  bemalten  Vasen 260 

A.  Kalkmann    Aphrodite  auf  dem  Schwan  (Tafel  11) 231 

E.  Kroker    Die  Dipylonvasen     95 

A.  Michaelis    Die  sogenannten  ephesischen  Amazonenstatuen  (Tafel  1 — 4) ...  14 

M.  Ohnefalsch-Richter    Cyprische  Vase  aus  Athienu  (Tafel  8) 79 

L.   Schwabe    Wagenlenker,  Bronze  in  Tübingen  (Tafel  9) 163 

F.  Studniczka    Zum  Hydragiebel 87 

J.    Svoronos    Scenen  aus  der  Ilias  auf  einem  etruskischen  Sarkophage 205 

P.   Wolters    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum: 

I.    Praxitelische  Köpfe  (Tafel  5) 54 

II.    Zur  Gigantomachie  von  Priene 56 

III.  Archaische  Reliefs  aus  Xanthos 82 

IV.  Zum  attalischen  Weihgeschenk 85 

MISCELLEN. 

£.   Afsmann    Zu  den  Schiffsbildern  der  Dipylonvasen 315 

A.  Conze    Zum  betenden  Knaben,  Berichtigung 223 

R.   Engelmann  Harpyie 210 

M.  Fränkel    Vase  des  Hischylos  (Tafel  12) 314 

A.  Furtwängler    Zum  betenden  Knaben 217 

W.  Malmberg    Über  zwei  Figuren  aus  dem  Weihgeschenke  des  Attalos.  .  .  .  212 

A.  Milchhoefer    Die  mittleren  Südmetopen  des  Parthenon 214 

O.  Puchstein    Zum  betenden  Knaben 219 

BERICHTE. 

Erwerbungen  des  British  Museum  im  Jahre   1885 126 

Erwerbungen  der  königlichen  Museen  zu  Berlin  im  Jahre   1885: 

I.    Sammlung  der  griechisch-römischen  Sculpturen  und  Ab- 
güsse (O.  Puchstein) 129 

II.    Antiquarium  (A.  Furtwängler) 132 

Bibliographie 65.   158.  224.  317 

Register 324 


Inhalt. 


ABBILDUNGEN. 


Tafel    i.  2.    Amazone  in  Petworth. 

3.  Amazonen    1)  in  Berlin  2)  in  London. 

4.  Amazone  in  Wörlitz. 

5.  Marmorköpfe  im  British  Museum. 

6.  Plato-Hermen  in  Berlin  und  Rom. 

7.  Plato-Herme  im  Casino  di  Ligorio. 

8.  Vase  aus  Athienu  (Cypern). 

9.  Wagenlenker,  Bronze  in  Tübingen. 

10.  Peleus  und  Thetis,  Vasen  in  Paris  und  Halle. 

11.  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 

12.  Vase  des  Hischylos  im  Berliner  Museum. 

Seite      9.  Der  betende  Knabe,  unergänzt,  nach  einer  älteren  Zeichnung. 

12.  Betender  Jüngling,  Trinkschale  im  British  Museum. 

12.  Münze  des  Pertinax  [Providentiae  deoruni). 

28.  30.  35.    Reconstructionen  des  Typus  der  Capitolinischen,  Lansdowne'- 
schen,  Mattei'schen  Amazone. 

36.  Köcher  des  Amazonentorso  in  Trier. 

37.  Linker  Arm  einer  Amazonenstatue  im  capitolinischen  Museum. 
48.  Frosch  von  Bronze  mit  Weihinschrift. 

83  f.    Reliefs  aus  Xanthos  im  British  Museum. 

85  f.    Drei  zu  dem  attalischen  Weihgeschenk  in  Beziehung  stehende  Bronzen 

im  British  Museum. 

134  fr.  Neu  erworbene  Vasen  und   Terracotten  des  Berliner  Museums. 

163.    Tetradrachmon  von  Syrakus  im  Berliner  Museum. 

173.    Wagenlenker,  Bronze  in  Athen. 

176  (Beilage).    Schlangensäule  von  Constantinopel. 

187.    Dreifufs  von  einer  Vase  (nach  Panofka,  Cabinet  Pourtales  T.  6). 

187.   188.    Zwei  Basen  von  Dreifüfsen  in  Athen. 

189.    Schlangensäule  von  Constantinopel,  Reconstructionsversuch  von  P.  Graef. 

206.  207.    Etruskischer  Sarkophag  (nach  Monuvienti  d.  Inst.  XI  58). 

211.  212.    Harpyie,  Hydria  im  Berliner  Museum. 

217.    Betender  Knabe,  Gemme  im  Berliner  Museum. 

231.    Aphrodite  auf  dem  Schwan,  rf.  Vasenbild. 

271.    Frau  von  zwei  Männern  bedroht]  T^        1       \r  j       c  1  t  u. 

'        q.,  \  Komiker-Vasen  der  Sammlung  Jatta. 

275.  Schauspieler  mit  Krückstock,  Vase  in  Neapel. 

278.  Dionysos  und  Flötenbläser,  Vase  der  vaticanischen  Bibliothek. 

279.  Herakles  ein  Mädchen  raubend,  Komiker -Vase  in  Lentini. 
285.  Tanzender  Schauspieler,  Vase  in  Berlin. 

287.  Schauspieler  als  Komast,  Vase  in  WTien. 

289.  Fortschleichender  Mann  \ 

293.  Liebesverfolgung  I  Komiker-Vasen   im   Bri- 

295.  Heimkehr  vom  Gelage  tish  Museum. 

296.  Palladionraub  (nach  Collection  Castellani  p.  24)  J 

300.  Schauspieler,  Vase  in  Sevres. 

304.    Kentaur  und  Schauspieler  1  ,    „         »» 

iJI     t>  ■•     1  }  verschollene  Vasen. 

307.    Prugelscene 


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Zur  Einführung. 


Mit  dem  ersten  Hefte  des  «Jahrbuchs»  und  mit  den  etwa  gleichzeitig  aus- 
zugebenden Heften  der  römischen  und  der  athenischen  «Mittheilungen»  beginnt 
das  Institut  eine  neue  Reihe  seiner  periodischen  Schriften;  am  Ende  des  Jahres 
wird  dieselbe  durch  das  Hinzutreten  des  ersten  Jahresheftes  der  «antiken  Denk- 
mäler» vollständig  eröffnet  sein.  Unverändert  besteht  daneben  die  » Ephemeris 
epigraphica «  fort;  auch  die  athenischen  «Mittheilungen»  werden  kaum  mehr  als  mit 
einer  geringfügigen  Änderung  im  Titel  von  der  Neuerung  berührt. 

Der  Übergang  der  «antiken  Denkmäler»  von  Rom  nach  Deutschland  soll, 
wie  man  erwartet,  eine  Verwerthung  des  gesammten,  auch  aufseritalischen  Materials 
erleichtern  und  die  verschiedenen  technischen  Herstellungsweisen  in  ihrer  beständig 
fortschreitenden  Vervollkommnung  für  die  Tafeln  immer  besser  zur  Anwendung 
kommen  lassen.  Das  regelmäfsige  Hereinziehen  der  Werke  der  antiken  Baukunst 
wird  eine  wissenschaftliche  Forderung  erfüllen,  welche  aus  der  erst  jüngst  in  vollem 
Mafse  erfolgten  Aufnahme  der  Architekturforschung  in  den  Gesammtkreis  der 
archäologischen  Disciplin  sich  ergiebt.  Die  Loslösung  der  Denkmälertafeln  von 
ausführlichen  begleitenden  Texten  wird  die  gegenseitige  Hinderung  beseitigen, 
welche  bei  der  Herausgabe  der  mit  einander  verbundenen  Monumenti  und  Annali 
mehr  und  mehr  sich  fühlbar  gemacht  hatte,  und  wird  einerseits  der  Denkmäler- 
publikation und  andrerseits  der  Forschung  die  Freiheit  schaffen  jede  ihren  eigenen 
Weg  zu  gehen. 

In  dem  «Jahrbuche»  soll  für  die  archäologische  Forschung  ein  Centralorgan 
geschaffen  werden,  wie  es  in  dieser  Gestalt  bisher  fehlte.  Die  Einrichtung  von 
Supplementen  verspricht  auch  umfangreicheren  Abhandlungen  einen  geeigneten  Platz 
zu  bieten,  dessen  Mangel  vielfach  einer  Zersplitterung  der  archäologischen  Litteratur 
Vorschub  geleistet  hat.  Die  zunächst  wenigstens  bibliographischen  Übersichten, 
mit  welchen  von  Gerhard  bereits  verfolgte  Bestrebungen  wieder  aufgenommen 
werden,  sollen  es  erleichtern  der  gesammten  Bewegung  auf  unserem  Wissenschafts- 
gebiete zu  folgen.  Wenn  hierdurch  ein  Zuwachs  gegenüber  dem  Inhalte  sowohl 
der  » Annali«-  als  auch  der  «Archäologischen  Zeitung»  erwartet  werden  kann,  so 
dürfte  andrerseits,  indem  jetzt  nur  eine  Zeitschrift  an  die  Stelle  jener  beiden  tritt, 
eine  gewisse  Überanforderung  an  die  litterarische  Produktion  gehoben  werden. 

Der  ausschliefsliche  Gebrauch  fremder  Sprachen  konnte  in  den  Publikationen 
des   Instituts,    so    berechtigt    derselbe    auch    in    den  Anfängen    desselben    als   einer 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts    I.  I 


II  Zur  Einführung. 


internationalen  Privatanstalt  sein  mochte,  nicht  wohl  auf  die  Dauer  bestehen,  nach- 
dem es  zur  deutschen  Reichsanstalt  geworden  war.  Hohen  Werth  legt  aber  das 
Institut  auf  die  fortdauernde  Mitarbeit  auswärtiger,  zumal  italienischer  Gelehrten, 
mit  denen  es  sich  in  seinem  Wirken  von  Anbeginn  besonders  eng  verbunden  weifs. 
Um  auch  sie  nach  wie  vor  zur  Mitarbeit  einladen  zu  können,  werden  die  römischen 
«Mittheilungen»  auch  zur  Aufnahme  gröfserer  Aufsätze  in  Begleitung  von  Tafeln 
eingerichtet  und  so  über  den  Rahmen  des  bisherigen  » Bulle •ttmo«  hinaus  erweitert 
werden. 

Dieses  sind  in  aller  Kürze  die  wesentlichen  Veränderungen,  durch  welche 
die  Publikationsthätigkeit  des  Instituts  der  neueren  Entwicklung  der  Archäologie 
und  der  Umgestaltung  der  äufseren  Verhältnisse,  unter  denen  wir  arbeiten,  angepafst 
werden  soll.  Wenn  die  Fachgenossen,  welche  die  Tragweite  dieser  Umgestaltung 
zu  ermessen  wissen  werden,  den  neuen  Schriften  erneute  Mitwirkung  schenken,  so 
dürfen  wir  uns  der  sicheren  Erwartung  hingeben,  dafs  es  dem  Institute  gelingen 
werde  in  veränderter  Form  seine  alten  Aufgaben  nur  um  so  besser  zu  erfüllen. 


Im  Auftrage   der   Centraldirektion 

der  Vorsitzende 

Conze. 


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DER  BETENDE  KNABE 

IN  DEN  KÖNIGLICHEN  MUSEEN  ZU  BERLIN. 

Der  Generalprokurator  und  Oberintendant  der  Finanzen  Frankreichs,  Nicolas 
Foucquet,  spielte  wie  in  der  politischen,  so  in  der  Geschichte  des  Luxus  seiner 
Zeit  eine  hervorragende  Rolle,  bis  er  im  Jahre  1661  von  Ludwig  XIV.  gestürzt  wurde. 

In  der  Charakteristik,  welche  die  Historiker  von  ihm  entwerfen,  fehlen  seine 
Beziehungen  zu  den  Künsten  nicht.  Wir  erfahren  von  der  Begünstigung,  welche  er 
den  ersten  zeitgenössischen  Dichtern,  der  Beschäftigung,  welche  er  den  hervor- 
ragendsten der  um  ihn  lebenden  Architekten,  Bildhauer,  Maler  zu  Theil  werden 
liefs.  Mit  den  Namen  eines  Corneille,  Moliere  und  Lafontaine,  eines  Lenotre 
Puget  und  Lebrun  erscheint  der  seine  eng  verbunden.  Sein  glänzender  Landsitz  zu 
Vaux-le-Vicomte  war,  was  Versailles  bald  werden  sollte.  Hier  bot  er  nicht  nur 
den  lebenden  Künstlern  lohnenden  Spielraum  für  ihre  Thätigkeit;  hier  brachte  seine 
Liebhaberei,  von  dem  ausgedehntesten  Einflüsse  und  fast  unbeschränkten  Geldmitteln 
unterstützt,  auch  die  mannigfachsten  Sammlungen  von  allerhand  Merkwürdigkeiten 
und  von  Kunstwerken  der  Vorzeit  zusammen.  Foucquet  war  einer  der  gröfsten 
Amateurs  seiner  Zeit. 

Edmond  Bonnaffe  hat  kürzlich  die  Sammlerthätigkeit  Foucquets  zum  Gegen- 
stande einer  besonderen  Darstellung  gemacht1.  Unter  den  Kunstwerken  in  Vaux 
zählt  er  auch  eine  antike  Bronzestatue  des  Antinous  auf2  und  führt  aus  Mariettes 
Aufzeichnungen  den  Nachweis,  wie  sie  von  dem  Sohne  Foucquets  später  an  Prinz 
Eugen  und  endlich  bis  nach  Sanssouci  gelangte.  Es  ist,  wenn  Bonnaffe  dieses 
letzte  Wort  auch  nicht  ausspricht,  die  Statue  des  betenden  Knaben,  welche  jetzt 
den  königlichen  Museen  zu  Berlin  angehört3. 

Es  verlohnt  den  Bericht  Mariettes4,  welcher  bisher  den  Archäologen  ent- 
gangen ist,  wörtlich  abzudrucken:  »M.  Fouquet  le  surintendant  avoit  fait  venir  d ' Italie 
cette  belle  statue  de  bronze,  qui  liest  que  de  moycnne  nature,  puisqiielle  ne  porte  gnire 
que  quatre  pieds  de  haut,  et  c'etoit,  ä  ce  que  fai  oui  dire,  M.  Le  Brun  qui  la  lui 
avoit  indiquee.  Elle  etoit  a  Vaux-le-  Vicomte  dans  le  temps  de  sa  disgräce.  Un  vieux 
dorne stique  s'i?nagina  que  non-seulement  o?i  avoit  resolu  la  perte  de  son  maitre ,  mais 
qu'on  avoit  aussi  dessein  de  s'emparer  de  tout  ce  que  lui  appartenoit.  Et,  comrne  il 
avoit  entendu  beaucoup  priser  cette  statue ,  eile  lui  parut  perdtie  pöur  les  enfants  de 
M.  Foucquet,  s'il  ne  la  cachoit,  et  lä-dessus  il  l'enterra   dans  une  cave,  d'oü  eile  ne 

')  Les  amateurs  de  l'ancienne  France.     Le  surinten-        2)  a.   a.   O.   S.  52. 

dant  Foucquet.     Paris   1882.  3)  Verzeichnifs  der  antiken  Skulpturen.    1885.  n.  2. 

*)  Abecedario  II,  S.  259  fr. 


Conze,   Der  betende  Knabe. 


sortit  que  lorsque  l'orage  fut  tout  a  fait  appaise.  M.  le  marquis  de  Belle  Isle ,  fils 
du  surintendant,  en  connoissoit  le  prix;  mais ,  commc  il  n'etoit  pas  riche,  et  que  la 
fortune  de  son  fils,  que  nous  avons  vu  marechal  de  France,  commencoit  et  l'engageoit 
a  des  depenses  au-dessus  de  ses  forces,  il  chercha  les  moyens  de  s'en  defaire  utilement, 
d'autant  plus  quil  manquoit  de  place  pour  la  mettre.  II  scut  que  mon  pere  etoit  en 
correspondance  avec  M.  le  prince  Eugene  et  que  ce  prince  etoit  curieux  des  belies  choses. 
II  engagea  donc  mon  pere  d'enproposer  au  prince  l'acquisition,  qui  n'eut  pas  Heu  pour 
lors,  parce  que  cela  ne  s'arrangeoit  pas  avec  les  finances  du  prince  destinees  a  des 
depenses  plus  urgentes.  La  figure  demeura  donc  a  Paris  jusqu'en  rjij  que  le  mar  che 
se  renoua.  Mon  pere  fit  alors  passer  la  figure  ä  Vienne,  ou  je  l'ai  vue  et  ou  eile 
est  demeuree  dans  le  palais  du  prince  jusqu'a  sa  mort.  Zanetti,  qui  vint  a  peu  pres 
dans  ce  temps  la  a  Vienne,  la  fit  entrer  dans  un  mar  che  de  tableaiix  et  de  pierres 
gravees  que  lui  vendit  le  prince  Eugene,  et  dont  il  fit  le  partage  avec  M.  le  prince  de 
Lichtenstein,  ainsi  qu'ils  en  etoient  convenu.  II  comptoit  que  la  statue  lui  demeureroit, 
et  la  tete  lui  en  tournoit.  Mais  il  ne  put  resister  aux  prieres  que  lui  fit  le  prince  de 
Lichtenstein  pour  Vengag  er  a  la  lui  ceder.  II  lui  en  fit  le  sacrifice;  c' etoit  le  sort  de 
cette  figure,  de  ne  pouvoir  demeurer  entre  les  mains  de  ceux  qui  la  prisoient  le  plus, 
et  bientöt  celui  qui  en  etoit  possesseur  se  vit  lui-meme  oblige  de  s'en  priver  pour  en 
faire  present  au  roi  de  Prusse  et  se  captiver  sans  doute  la  bienveillance  de  ce  prince, 
qui,  dans  la  guerre  qu'il  faisoit  a  la  reyne  d' ' Hongrie ,  au  sujet  de  la  Silesie,  s 'etoit 
rendu  maitre  des  etats  que  le  prince  de  Lichtenstein  y  possede.  Ils  lui  furejit  en  effet 
restilues,  et  la  statue  de  bronze  fut  mise  dans  le  palais  de  Sans-Souci,  oü  eile  est 
gardee  avec  le  soin  qu'il  merite.  Le  prince  de  Lichtenstein  eut  cependant,  avant  que 
de  la  laisser  partir,  la  precaution  de  la  faire  monier,  et  d'en  faire  ensuite  jetter  en 
bronze  une  semblable  dans  le  cretix  que  ce  moule  lui  conservoit.  J'ignore  si  cette  copie 
a  ete  regravee  par  un  habile  homme;  ce  que  je  scais,  c'est  quelle  fait  aijourd'  hui 
l'ornement  d'une  des  chambres  du  palais  de  Lichtenstein  a  Vienne ,  et  qu'il  y  en  a  une 
estampe  qu'a  fait  graver  ce  prince  et  dont  il  m'a  fait  la  grace  de  ine  faire  present.«. 

Mariette,  in  seinen  Aufzeichnungen  überhaupt,  wie  ich  höre,  ein  zuverlässiger 
Mann,  war  offenbar  über  die  Schicksale  der  Statue  bis  zum  Übergange  der- 
selben auf  Prinz  Eugen  sehr  gut  unterrichtet,  nicht  mehr  ganz  so  von  da  an, 
wo  er  seine  Weitererzählung  mit  »sans  doute«  einleitet,  einer  ja  nicht  selten  das 
Gegentheil  von  dem,  was  sie  sagt,  bezeichnenden  Wendung.  Bis  zum  Übergange 
auf  Prinz  Eugen  spielten  die  Dinge  wie  unter  den  Augen  Mariettes  und  seines 
Vaters;  was  weiter  in  Wien  geschah,  dafür  war  Mariette  doch  mehr  auf  Hörensagen 
von  Weitem  her  angewiesen. 

Der  Kaufpreis,  für  welchen  Prinz  Eugen  die  Figur  vom  Vater  des  Marschall 
Belleisle,  dem  Sohne  Foucquets,  erwarb,  betrug  18000  Francs5.  Als  Prinz  Wenzel 
Liechtenstein  später  mit  dem  Gesandten   Friedrichs   des  Grofsen    über  den  Verkauf 


5)  Rob.  Schneider  macht  mich  darauf  aufmerksam,  FUrstens  und  Herren  Eugenii.    1740.    Auch  unter 

dafs    in   dem    Werke    Salomon    Kleiners    (Wun-  französischem    Titel  Augsburg    1731),    wo   z.  B. 

derwürdiges   Kriegs-    und    Siegs -Lager    des   etc.  die     Herkulanenserinnen      mehrmals     abgebildet 


Conze,    Der  betende  Knabe. 


unterhandelte,  gab  er  an,  das  eigenhändige  Billet  Prinz  Eugens  darüber  noch  zu 
besitzen. 

Bestätigt  wird  auch  sonst,  was  Mariette  angiebt,  dafs  nach  dem  Tode  Prinz 
Eugens,  wo  mit  dessen  Kunstbesitz  in  wenig  pietätvoller  Weise  verfahren  wurde, 
die  Bronze  an  einen  Händler  aus  Venedig  gelangte.  Dessen  Name  Zanetti  läfst 
ihn  wohl  als  Mitglied  einer  mehrfach  mit  Kunst  und  Kunstgelehrsamkeit  beschäf- 
tigten Familie  erscheinen.  Zanetti  hatte,  wie  wir  aus  den  späteren  Verhandlungen 
mit  Friedrich  dem  Grofsen  erfahren,  bereits  eine  Kiste  zum  Fortschaffen  der  Figur 
machen  lassen,  als  letztere  dann  an  Prinz  Wenzel  Liechtenstein,  wie  dieser  angab, 
für  500  Dukaten  baar  et  quelques  antiques  de  prix  überging. 

Prinz  Liechtenstein  hat  die  Figur  aber  nicht  an  Friedrich  den  Grofsen  ver- 
schenkt um  occupirte  Besitzungen  in  Schlesien  zu  retten,  wie  Mariette  sich  berichten 
liefs.  Von  einer  Occupation  Liechtensteinscher  Besitzungen  in  Schlesien  ist  nach 
gütig  von  v.  Sybel  vermittelter  Auskunft  des  königlichen  geheimen  Staatsarchivs  weder 
in  Akten  des  letzteren  noch  in  Falkes  Geschichte  des  fürstlichen  Hauses  Liechtenstein 
Etwas  zu  ersehen.  Das  Märchen  von  der  Verschenkung  der  Statue  kehrt  in  ganz 
anderer  Fassung  bei  Pezzl  in  seiner  Geschichte  des  Fürsten  Wenzel  Liechtenstein 
wieder  und  Falke6  hat  ihm  widersprochen.  Liechtenstein  hat  verkauft  um  Geld  zu 
haben;  dafs  dies  nicht  auffallend  sei,  hat  Falke  erläutert'. 

Den  wirklichen  Hergang  ersehen  wir  bis  in  die  Einzelheiten  aus  der  im 
königlichen  Staatsarchive  befindlichen  Korrespondenz  zwischen  Friedrich  und  seinem 
Gesandten  in  Wien,  Grafen  Podewils.  Ranke  und  eingehender  Julius  Friedlaender 8 
haben  daraus  das  Wesentliche  mitgetheilt.  Ich  habe  sie  ebenfalls  eingesehen  und 
thue  hoffentlich  nicht  zu  Viel ,  wenn  ich  hier  noch  ein  Mal  aus  den  Akten 9 
darüber  berichte. 

Am  16.  Mai  1747  schreibt  Friedrich  an  Podewils,  dafs  bereits  vor  drei 
Jahren  Prinz  Liechtenstein  ihm  eine  Bronzestatue  des  Antinous  zu  Kauf  angeboten 
habe,  Podewils  möge  sie  prüfen  und  in  Erfahrung  bringen,  ob  sie  noch  zu  haben  sei. 

Hierauf  übersendet  Podewils  d.  d.  Wien  27.  Mai  den  Kupferstich10,  den  der 
Prinz  von  der  Statue  habe  machen  lassen,  giebt  an,  er  habe  gehört  die  Figur  sei 
noch  immer  zu  verkaufen  und  man  rühme  sie  als  eine  der  schönsten  antiken 
Statuen.  Er  würde  sogleich  hingehen  sie  anzusehen  und  den  Prinzen  nach  dem 
Preise  fragen. 

Am  7.  Juni  berichtet  Podewils  über  den  Erfolg  dieser  Anfrage.  Der  Prinz 
wolle  in  der  That  auch  jetzt  noch  verkaufen.  Derselbe  habe  beabsichtigt  es  auf  dem 
Wege   einer    Lotterie   in   England,   wo    damals   ja  die  Privatliebhaberei  für  Antiken 

sind,    der    betende    Knabe    nirgends    erscheint.  8)  Arch.  Anz.   1865,  S.   I2iff.     Zur  Geschichte   der 

Dafs    die    Figur    im   Besitze   Prinz   Eugens    sich  königl.  Museen  in  Berlin.    1880.   S.    iof. 

befand,  steht  darum  nicht  weniger  fest.  9)  R.  81   Wien. 

6)  Geschichte   des   fürstl.  Hauses  Liechtenstein  III,  10)  Dieses  Blatt,  nach  Daniel  Grans  Zeichnung  von  Jo- 

S.   156 f.  seph  Camerata  gestochen,  fehlt  auf  dem  hiesigen 

.  *)  a.  a,  O.  Kabinet  und  ist  mir  nicht  zu  Gesichte  gekommen. 


Conze,    Der  betende  Knabe. 


im  besten  Zuge  war,  zu  bewerkstelligen.  Er  habe  dazu  den  Stich  herstellen  lassen 
und  man  habe  dort  Aussicht  auf  einen  hohen  Erlös  gemacht,  aber  er  wolle  die 
Figur  lieber  in  den  Händen  Seiner  Majestät  sehen.  Einen  bestimmten  Preis  hätte 
er  noch  nicht  nennen  wollen,  sondern  nur  vorläufig  angegeben,  was  seiner  Zeit 
Prinz  Eugen,  wie  bereits  oben  erwähnt  ist,  und  was  später  er  selbst  gezahlt  habe. 
Auch  habe  Prinz  Liechtenstein  ihn  darauf  aufmerksam  gemacht,  dafs  die  rechte 
Hand  im  Stiche  zu  grofs  gerathen  sei.  Das  habe  sich  bei  Besichtigung  der  Statue 
wirklich  so  gezeigt;  die  Figur  sei  auch  sehr  gut  erhalten,  nur  am  linken  Fufse 
sei  sie  gebrochen  gewesen  und  am  rechten  Bein  sei  ein  kleiner  Sprung,  aber  der 
Fufs  scheine  von  demselben  Meister  und  nur  wieder  angesetzt.  Er  selbst  sei  zwar 
nicht  Kenner,  höre  aber  den  Kunstwerth  von  mehreren  Seiten  sehr  rühmen  und 
Comte  d'Algarotti  solle  sie  gesehen  haben;  der  würde  also  am  besten  Auskunft 
geben  können.  Er  würde  erstertags  wieder  zum  Prinzen  gehen,  um  die  Preisforderung 
zu  erfahren. 

Hierbei  verfehlte  er  den  Prinzen  und  dieser  ihn  wieder  bei  einem  Gegen- 
besuch, worauf  Podewils  ein  Billet  vom  Prinzen  erhielt,  das  er  in  Abschrift  einsendet. 

Darin  heifst  es,  dafs  es  allerdings  Absicht  gewesen  sei  die  Figur  für  iooo 
Guineen  auszuspielen,  aber  dafs  Seine  Majestät  sie  für  2000  Dukaten  haben  solle, 
«et  je  vous  assure,  que  si  je  n'etais  derange  dans  mon  economie  eile  ne  sortirait  de 
la  g allerlei). 

Inzwischen  hatte  Friedrich  am  6.  Juni  an  Podewils  geschrieben,  dafs  der 
Stich  angekommen  sei  und  dafs  er  sehr  zufrieden  sein  würde,  wenn  die  Figur  so  gut 
erhalten  wäre  wie  demnach  scheine.  Vor  drei  Jahren  habe  Prinz  Liechtenstein 
1000  Thal  er  gefordert  und  zu  diesem  Preis  könne  Podewils  ohne  Weiteres  ab- 
schliefsen. 

Am  15.  Juni  fragt  Friedrich  noch  ein  Mal  nach  dem  jetzt  geforderten  Preise, 
und  Podewils  schreibt  am  17.,  dafs  der  Prinz  schwerlich  von  dem  Preise  von  2000 
Dukaten  viel  herab  gehen  würde,  es  sei  denn,  dafs  der  Versuch  einer  Lotterie 
fehlschlüge. 

Friedrich  findet  in  einem  Schreiben  vom  20.  Juni  den  Preis  sehr  hoch  und 
ist  begierig  zu  hören,  ob  die  Verwerthung  in  England  für  1000  Guineen  gelingen 
werde.  Podewils  möge  den  Handel  hinziehen.  Am  24.  Juni  folgt  dann  aber  der 
Auftrag  zum  Preise  von  2000  Dukaten  abzuschliefsen. 

Hierauf  schreibt  Podewils  ausführlich  vom  5.  Juli,  dafs  er  erst  4000  Thaler, 
dann  IOOO  Louisd'ors  geboten  habe,  der  Prinz  habe  sich  hierauf  nicht  gleich  fest 
erklärt,  aber,  als  sie  sich  bei  Hofe  wiedergesehen  hätten,  die  Statue  für  5000  Thaler 
(nach  Friedlaenders  Berechnung  583373  heutige  preufsische  Thaler)  Seiner  Majestät 
zur  Verfügung  gestellt.  Darunter  steht  Friedrichs  eigenhändiges:  «J'accepte  le  marche 
de  la  statue»  mit  den  Bestimmungen  über  den  Zahlungsmodus,  die  Verpackung  und 
den  Transport. 

Am  22.  Juli  spricht  der  König  seine  Erwartung  aus,  dafs  der  Kauf  abgeschlos- 
sen sein  werde  und  äufsert  seine  Freude,  bald  ein  so  schönes  antikes  Werk  zu  sehen. 


Conze,    Der  betende  Knabe. 


5 


Er  werde  eigens  einen  Mann,  der  sich  auf  das  Verpacken  verstehe,  nach  Wien 
schicken;  dessen  Ankunft  solle  Podevvils  abwarten.  Und  noch  ein  Mal  am  24.  Juli 
kündigt  Friedrich  die  Ankunft  dieses  Packers  an  und  schärft  wiederholt  die  aller- 
gröfste  Sorgfalt  beim  Transport  ein. 

Podewils  verwendet  denn  auch  alle  Aufmerksamkeit  darauf  und  berichtet 
eingehend  über  die  Einzelheiten  am  26.  Juli,  am  2.  5.  und  endlich  am  9.  August. 
Prinz  Liechtenstein  habe,  damit  die  Figur  nicht  von  den  Stöfsen  eines  Wagens  leide, 
Maulthiere  angeboten,  welche  die  Kiste  in  einer  Tragbahre  bis  Ratibor  bringen  sollten, 
von  wo  aus  sie  weiter  zu  Wasser  bis  Berlin  gehen  könne.  Der  hergeschickte 
Domestik  des  Königs  würde  die  Tragbahre  zu  Pferde  begleiten.  Zur  Verpackung 
habe  sich  die  Kiste  noch  vorgefunden,  welche  früher  der  Antiquar  von  Ve- 
nedig, der  die  Figur  aus  Prinz  Eugens  Nachlasse  erworben  hätte,  habe  machen 
lassen.  Podewils  beschreibt  die  Einrichtung  dieser  Kiste  und  wie  die  Figur  in  ihr 
gesichert  sei,  ganz  genau,  und  dafs  sie  noch  in  eine  zweite  Kiste  gesetzt  und 
diese  wieder  aufsen  mit  Wachstuch  und  Strohmatten  verkleidet  sei.  Staatsminister 
von  Münchow  sei  ersucht,  für  den  Weitertransport  zu  Wasser  die  Anordnungen 
zu  treffen.  Übrigens  habe  er  erst  jetzt  bemerkt,  dafs  die  Arme  der  Statue 
angesetzt  seien,  was  man  früher  auf  dem  hohen  Piedestal,  auch  wenn  man  auf  einen 
Stuhl  gestiegen  sei,  nicht  habe  erkennen  können;  aber  die  Arme  seien  offenbar  von 
demselben  Künstler  wie  die  übrige  Figur,  und  besonders  die  Hände  von  besonderer 
Schönheit,  Alles  von  so  guter  Erhaltung,  dafs  die  Kenner  kaum  je  ein  schöneres 
und  besser  erhaltenes  Stück  der  Antike  gesehen  haben  wollten. 

Am  12.  August  1747  meldet  Podewils  schliefslich,  dafs  der  Transport  gestern 
von  Wien  abgegangen  sei,  und  schickt  die  Quittungen  ein.  Eine  Relation  vom 
16.  September  theilt  noch  mit,  dafs  der  Gesandte  die  Empfehlungen  und  den  Aus- 
druck der  Befriedigung  des  Königs  dem  Prinzen  Liechtenstein  überbracht  und  was 
dieser  Verbindliches  darauf  erwidert  habe. 

Hiermit  schliefsen  die  Aktenstücke  über  diesen  Vorgang.  Man  sieht,  es 
fand  ein  Handel  statt,  wie  sonst  ein  Handel  auch. 

Dafs  die  Statue  in  Sanssouci  aufgestellt  wurde,  dafs  sie  von  da  unter  Friedrich 
Wilhelm  II.  in  das  königliche  Schlofs  nach  Berlin,  von  da  unter  Napoleon  vorüber- 
gehend nach  Paris  und  endlich  in  die  königlichen  Museen  kam,  ist  hinreichend 
bekannt. 

Ein  Wort  erübrigt  noch  über  Mariettes  Bericht.  Was  daselbst  am  Ende  der 
Aufzeichnung  erzählt  wird,  dafs  Prinz  Liechtenstein  die  Bronze  noch  vor  ihrem 
Abgange  habe  formen  und  danach  einen  neuen  Bronzegufs,  der  noch  im  Palais 
Liechtenstein  stände  und  in  Kupfer  gestochen  sei,  habe  machen  lassen,  ist  abermals 
unrichtig.  Der  Stich  war,  wie  wir  sahen,  schon  früher  gemacht,  der  Nachgufs  aber, 
von  dem  auch  Levezow  irrthümlicher  Weise  spricht,  war  nur  ein  Gipsabgufs,  der 
aufserdem  erst  später  hergestellt  wurde.  Joseph  Bauer,  Inspektor  der  Liechtenstein- 
schen  Gallerie,  schrieb  für  den  Numismatiker  Neumann  eine  Notiz  über  die  «bekannte 
und  berühmte  Statue  des  jungen  Antinous,   so  dermahlen  in  Sanssouci    aufgestellt 


6  Conze,   Der  betende  Knabe. 


worden».  Es  heifst  darin:  «Ao.  [i]7Ö4  den  14.  Nov.  aber  ist  er  heimlich  von  einem 
Mayländer  abgeformt  und  gegossen  worden,  und  mit  diesem  hier  durch  Wien 
gereiset,  welche  ich  ihm  mit  Erlaubnifs  Ihro  Durchlaucht  abgekauffet  habe.»"  Der 
Abgufs,  welcher  noch  heute  im  Rubenssaale  der  Gallerie  Liechtenstein  steht,  ist 
bronzirter  Gips;  eine  Wiederholung  in  Bronze  existirt  nach  eingeholter  Erkundigung 
im  fürstlichen  Besitze  nicht. 

Nach  diesen  ziemlich  unwesentlichen  Berichtigungen  schliefst  Alles,  was 
über  die  Schicksale  der  Statue  nach  Eugens  Tode  urkundlich  bezeugt  ist,  so  scharf 
an  den  Marietteschen  Bericht  an ,  dafs  für  die  gänzlich  haltlosen  Geschichten  vom 
Funde  in  Herculaneum  (am  bestimmtesten  bei  Böttiger  in  der  Amalthea  I,  S.  VII, 
Anm.)  oder  in  Rom  etwa  im  Tiberbette,  und  von  einem  Geschenke,  in  dem  einen 
Falle  seitens  des  Prinzen  Elbeuf  oder  im  anderen  seitens  des  Papstes  Clemens  XI. 
an  Prinz  Eugen,  keinerlei  Platz  bleibt.  Für  diese  erst  in  Berlin  gangbar  gewordene, 
aber  in  verschiedenen  Formen  hin  und  her  schwankende  Vulgata  über  die  Herkunft 
des  betenden  Knaben  ist  auch  durchaus  kein  wirklicher  Gewährsmann  aufzufinden. 
Sie  ist  auf  Anlafs  der  übrigen  Bronzefunde  von  Herculaneum  und  der  Geschichte 
von  in  den  Tiber  geworfenen  Statuen  ganz  grundlos  erfunden  und  hat  nur  durch 
häufige  Wiederholung  eine  gewisse  Geltung  gewonnen. 

Ist  die  Herkunft  der  Figur  nunmehr  um  etwa  ein  Jahrhundert  über  Friedrich 
den  Grofsen  zurück  sicher  beglaubigt  festgestellt,  so  bietet  sich  weiter  ein  Anhalt 
um  den  Versuch  zu  machen  sie,  wenn  auch  nur  vermutungsweise,  noch  bis  in  die 
zweite  Hälfte  des   16.  Jahrhunderts  zu  verfolgen. 

Wie  schon  von  Verschiedenen  früher  erwähnt  wurde,  befindet  sich  eine 
Bronzewiederholung  der  Berliner  Bronze,  aber  ohne  Arme,  in  der  Marciana  zu 
Venedig.  Über  diese  hat  in  einer  eigenen  Abhandlung  Valentinelli "  sich  geäufsert 
und  gegenüber,  wie  er  meint  neidischen,  Anzweiflungen  ihren  antiken  Ursprung 
lebhaft  vertheidigt;  er  führt  als  die  Vertreter  der  Annahme  neueren  Ursprungs  der 
Venetianischen  Figur  namentlich  Thiersch,  Wolff  und  Gerhard  an,  während  Hirt 
sich  für  antiken  Ursprung  erklärt  habe,  was  aus  dessen  Worten",  man  habe  das 
Berliner  Exemplar  als  das  Original  anzusehen ,  nicht  grade  unzweideutig  hervorgeht. 
Auf  Valentinellis  Seite  ist  nachher  Friederichs  getreten,  während  um  so  eifriger 
Heydemann,  der  sich  auch  noch'  auf  Friedlaender  und  mich  berufen  konnte,  für 
modernen  Ursprung  sich  erklärt  hat14.  Ich  habe  das  Venetianer  Exemplar  seit 
dem  Jahre  1866  nicht  wieder  sehen  können,  aber  der  Eindruck  des  modernen 
Charakters  des  Werkes,  den  ich  damals  erhielt,    war  ein  sehr  entschiedener.     Seit- 


")  Nach  freundlicher  Mittheilung   Rob.   Schneiders,  Vol.  XIII,  Ser.  III:  Di  un  bronzo  antico  del  museo 

der  für  Bauer  auf  Wurzbachs  biograph.  Lexikon  Marciano. 

II,  S.  184  verweist,  aus  dem  Apparat  des  Kais.  13)  Berliner  Jahrb.   f.  wiss.   Kritik   1827,  S.  244. 

Münz-    und    Antikenkabinets     in    Wien     (Varia  ")  Antikensammlungen   in    Ober-    und    Mittelitalien 

A  —  Z,   I.  Band,   S.  75).      Der  Abgufs   ist   auch  1879,  S.  15 f.     Die  Vermuthung,  dafs  der  Venetia- 

verzeichnet   in   der   Beschreibung   der   Liechten-  nische  Abgufs  erst  nach  dem  Tode  Prinz  Eugens 

steinschen   Gallerie  von   1780,  S.  262,  n.  75.  entstanden     sei,      ist     allem     hier     Dargelegten 

")  Afli  dell'  istituto    Veneto  di  scienze,   lettere  ed  arti  gegenüber  nicht  haltbar. 


Conze,    Der  betende   Knabe. 


dem  hat  auf  meine  Bitte  Robert  Schneider  noch  ein  Mal  eine  Prüfung  vorgenommen; 
v.  Duhn  und  Dümmler  begleiteten  ihn  und,  wie  Schneider  mir  mittheilt,  überzeugten 
auch  sie  sich  von  dem  modernen  Ursprünge;  es  sei  ein  unciselirter  Gufs  und  schon 
die  Metallmischung,  ich  füge  hinzu  die  Patina,  spräche  für  neuen  Ursprung.  Mit 
frischer  Erinnerung  an  das  Berliner  Exemplar  hat  sodann  kürzlich  Fränkel  die  Ver- 
gleichung  in  Venedig  angestellt  und  ist  zu  demselben  Endurtheile  gekommen:  bei 
völliger  Übereinstimmung  in  der  Gröfse  und  den  Formeinzelheiten  erschienen  diese 
doch  überall  abgestumpft  und  ihre  feinen  Übergänge  verwischt;  die  Patina  sei 
augenfällig  nicht  die  der  Antike,  sondern  gleiche  derjenigen  an  den  Armen  der 
Berliner  Figur. 

Man  soll  aus  dieser  Differenz  nicht  etwa  gar,  wie  Valentinelli  den  Ton  an- 
geschlagen hat,  einen  Streit  von  Museumsbeamten  machen,  welche  für  die  Objekte 
ihrer  Sammlung  besonders  parteiisch  eingenommen  sind.  Wenn  Jemand  Ernstliches 
dafür  ins  Feld  zu  führen  wüfste,  so  würde  ich  beispielsweise  nicht  anstehen,  selbst 
für  eine  Perle  der  Berliner  Sammlung  wie  den  meisterhaften  Cäsarkopf  (Kat.  n.  342) 
modernen ,  etwa  französischen,  Ursprung  zuzugeben. 

Aber  einen  sehr  beachtenswerthen  Nachweis  hat  Valentinelli  aus  dem 
Venetianischen  Archive  geführt,  dafs  nämlich  im  Jahre  1586  mit  der  Sammlung  des 
Patriarchen  von  Aquileja,  Giovanni  Grimani,  una  figura  de  Mercurio  molto  antiqua, 
senza  braze ,  de  bronzo  als  Schenkung  an  die  Republik  kam,  die  später  1736  von 
Antonmaria  Zanetti  in  seinem  handschriftlichen  Verzeichnisse  der  Skulpturen  der 
Marciana  als  Statna  del  giovane  igmido,  senza  le  braccia,  di  bronzo  aufgeführt  werde. 
Ich  möchte  nicht  mit  Heydemann  bezweifeln,  dafs  diese  beiden  Notizen  auf  dasselbe 
Objekt  und  zwar  auf  die  noch  heute  vorhandene  Bronze  ohne  Arme  sich  beziehen, 
mit  einem  Vorbehalte  allerdings;  denn  das  wird  Jeder  sehr  unwahrscheinlich  finden, 
dafs  schon  im  Jahre  1586  nach  Venedig  ein  moderner  Nachgufs  einer  Figur  gekom- 
men sein  sollte,  deren  Original  dann  im  17.  Jahrhundert,  ohne  dafs  von  einer 
früheren  Existenz  wenigstens  bis  jetzt  irgend  welche  Spur  einer  Kunde  nachgewiesen 
wäre,  bei  Foucquet  als  aus  Italien  stammend  aufgetaucht  wäre. 

Hier  bietet  sich  vielmehr  eine  sehr  einfache  Erklärung,  wenn  wir  vermuthen, 
dafs  das  echte  Exemplar  im  Jahre  1586  mit  der  Sammlung  Grimani  nach  Venedig 
kam,  von  da  vielleicht  nicht  ganz  mit  rechten  Dingen  entfernt  und,  nach  häufig 
befolgter  Praxis  durch  einen  neuen  Nachgufs  ersetzt,  an  einen  Rothschild  seiner 
Zeit,  wie  Foucquet,  verhandelt  wurde.  Die  Tradition  bei  Mariette  sagt  wenigstens, 
dafs  der  Antinous  zu  Foucquet  durch  Le  Brun  aus  Italien  kam.  Das  Original, 
jetzt  in  den  königlichen  Museen  zu  Berlin,  würde  dann  an  drei  Stellen,  wo  es 
früher  einmal  stand,  ein  Nachbild  hinterlassen  haben,  in  Venedig  in  der  Bronze,  im 
Liechtensteinschen  Palais  in  dem  bronzirten  Gipsabgufs  und  auf  der  Terrasse  in 
Sanssouci  wiederum  in  einem  Bronzenachgusse.  Hierbei  würde  freilich  angenommen 
werden  müssen,  dafs  die  in  Venedig  noch  armlose  Figur,  deshalb  durch  den  arm- 
losen Nachgufs  dort  ersetzt,  ihre  Arme  erst  für  Foucquet,  wenn  nicht  für  Prinz 
Eugen,  erhalten  hätte. 


8  Conze,    Der  betende  Knabe. 


In  der  That  sind  beide  Arme  der  Berliner  Bronze  modern. 

Schon  Levezow  in  seinem  Aufsatze  im  «Freimüthigen» '5  hat  sich  dahin 
ausgesprochen,  dafs  man  fast  mit  Gewifsheit  annehmen  könne,  beide  Arme  der 
Statue,  so  wie  sie  jetzt  erschienen,  seien  neueren  Ursprungs.  Zwar  verhindere  die 
hohe  Aufstellung  der  Figur  die  Prüfung,  aber  die  Vermuthung  werde  in  hohem 
Grade  wahrscheinlich  durch  das  Schwankende  des  Ausdrucks  und  des  Charakters, 
den  die  Vorstellung  bei  der  jetzigen  Haltung  der  Arme  bekommen  habe  und 
dann  noch  insbesondere  durch  die,  selbst  in  guten  Gipsabgüssen  schon  auffallende 
Verschiedenheit  der  Arbeit  an  diesen  Theilen  und  dem  übrigen  Körper. 

Diese  seine  Ansicht  hat  dann  Levezow  in  seiner  späteren  Abhandlung 
de  juvenis  adorantis  signo  (1808)  beschränkt,  und  nur  an  dem  rechten  Arme  wenig- 
stens starke  moderne  Überarbeitung  erkennen  wollen,  was  von  E.  Q.  Visconti16 
und  entschiedener  von  Friederichs"  mit  der  Versicherung,  dafs  der  rechte  Arm 
restaurirt  sei,  aufgenommen  wurde. 

Bestimmt  trat  dann  Furtwängler  in  seinen  Vorarbeiten  für  das  Verzeichnifs 
der  antiken  Skulpturen  vom  Jahre  1885  für  den  modernen  Ursprung  beider  Arme 
ein,  ein  Urtheil,  dem  ich  nach  sorgfältigster  Prüfung,  bei  welcher  ein  erfahrener 
Bronzeciseleur,  Herr  Mertens ,  seinen  Beistand  gewährte,  mit  voller  Überzeugung 
mich  anschliefsen  mufste.  Ich  habe  seitdem  auch  die  Erfahrung  gemacht,  dafs 
Künstler  und  Kenner,  wenn  sie  einmal  auf  den  von  der  übrigen  Figur  ganz  abwei- 
chenden Charakter  der  Arbeit  und  den  verschiedenen  Bronzeton  der  Arme  aufmerksam 
gemacht  wurden,  sich  der  Ablehnung  antiken  Ursprungs  beider  Arme  rückhaltlos 
anschlössen.  Mein  Kollege  Bode  will  geradezu  in  dem  schwärzlichen  Bronzeton  der 
Arme  die  Färbung  der  Bronzen  aus  der  Zeit  Ludwigs  XIV.  wiedererkennen.  Und 
damals  war  man  allerdings  ganz  besonders  im  Stande  eine  trotz  aller  nicht  zu 
verkennenden  Mängel  so  vorzügliche  Ergänzung  auszuführen,  für  einen  Foucquet, 
dem  die  allerbesten  Kräfte  französischer  Künstler  zu  Gebote  standen.  Die  Augustus- 
statue  des  Berliner  Museums  (Verz.  n.  343),  welche  aus  dem  Besitze  Richelieus 
stammt,  ist  mit  ihren  modernen  Armen  und  Beinen,  die  der  Figur  eine  so  gefällige 
Gesammtwirkung  geben  und,  ebenso  wie  die  Arme  des  betenden  Knaben,  noch  bis 
in  die  neueste  Zeit  gegen  bereits  erhobene  Zweifel  als  antike  Arbeit  vertheidigt 
wurden,  ein  weiterer  Beweis,  wie  glücklich  man  damals  in  Frankreich  die  Antike 
zu  ergänzen  verstand. 

Ein  älterer  Gipsabgufs  ohne  Arme,  ich  weifs  nicht,  ob  nach  dem 
Venetianischen  Nachgusse  oder  nach  dem  Originale,  befindet  sich,  wie  ich  mir 
notirt  habe,  in  der  Sammlung  der  kaiserl.  Akademie  zu  Petersburg'8.  Eine 
Rötheizeichnung  aus  den  Papieren  meines  Urgrofsvaters  Joh.  Dan.  Ramberg, 
unter  welche  dieser,  wohl  nach  Levezows  Deutung  im  Freimüthigen,  die  Erklärung 


")   1803,   S.  67  ff.  le)  In  dem  Verzeichnisse  von  Treu  sind  unter  n.  39 

16)  Opere  varie  IV,   S.  159.  und   120    zwei  Abgüsse    ohne  Angabe   über    die 

17)  Berlins  antike  Bildw.  II,  S.  377  ff.  Arme  aufgeführt. 


Conze,    Der  betende  Knabe. 


schrieb ",  mag  die  Zeichnung  nach  einem  Gipsabgüsse 
oder  durch  Vermittelung  anderer  Abbildungen  entstanden 
sein,  zeigt  die  Figur  in  demselben  Zustande.  Diese 
anspruchslose  Zeichnung  ist  hier  verkleinert  wiedergege- 
ben; nicht  als  ob  sie  einen  irgendwie  beweisenden 
Werth  hätte,  sondern  nur  um  diesen  allein  echten  Zu- 
stand der  Figur  einmal  vor  Augen  zu  führen.  Eine  Ab- 
bildung des  venetianischen  Exemplars  konnte  ich  nicht 
beschaffen. 

Bei  genauer  Betrachtung  der  Oberfläche  der  Ber- 
liner Bronze  kann  auch  das  nicht  verkannt  werden,  dafs 
sie  sich  nur  an  einzelnen  Stellen,  wie  im  Haar,  zwischen 
den  Schenkeln,  hier  und  da  an  den  Zehen,  noch  im 
ursprünglichen  Zustande  mit  unberührter  Patina  befindet, 
dafs  sonst  aber  in  sehr  verschiedenen  Graden  daran  geputzt 
ist,  bis  zur  wirklichen  Überarbeitung  an  Stellen,  wo,  wie 
am  rechten  Schenkel  und  sonst  noch,  bei  Ausbesserung 
von  kleinen  Beschädigungen  das  moderne  Instrument 
augenfällig  seine  Spuren  hinterlassen  hat.  Alles  das  ist 
aber  mit  grofsem  Geschick,  auch  meist  selbst  mit 
Schonung  der  tieferen  Schichten  der  Patina  vorgenommen.  T* '««^f»i«wsw*  ätiu 
Grade  auch  der  Unterschied  von  den  Armen  zeigt,  dafs  1a.ru nie  c  ■ 

wir   an   der   übrigen   Figur  im  Wesentlichen   doch   noch  die   antike  Form   auch   im 
Detail  gewahrt  sehen. 

Von  Interesse  wäre  es  einmal  eine  wirklich  eingehende  Vergleichung  der 
Oberfläche  des  venetianischen  Exemplars  mit  der  des  Berliner  Originals  vorzunehmen, 
um  zu  sehen,  ob  an  jenem  etwa  noch  ein  Zustand  vor  der,  wie  ich  also  annehme, 
für  Foucquet  ausgeführten  Ergänzung  und  sonstigen  Herrichtung  zu  erkennen  ist. 

Sind   wir    einmal    bis    zur  Scheidung    des    Antiken    und   Modernen    an    der 
Bronze   vorgedrungen20,   so   können  wir  uns  auch  die  Frage  nicht  ersparen,    ob  die 


l9)  Vermuthlich  in  Hannover,  wo  Ramberg  lebte, 
entstanden;  das  Papier  hat  das  Wasserzeichen 
C.  &  J.  Honig. 

-°)  Neu  sind  beide  Arme,  die  Augäpfel,  die  zweite 
Zehe  des  rechten  und  vielleicht  die  zweite  und 
dritte  des  linken  Fufses,  endlich  die  Plinthe. 
Am  rechten  Arme  ist  auch  in  dem  antiken  Stumpf 
ein  Stück  eingesetzt;  auch  am  linken  Arme  sind 
der  Art  kleine  Ausbesserungen,  auf  der  Aufsen- 
seite  desselben  reicht  ein  langes  schmales  Stück 
des  modernen  Ansatzes  in  den  antiken  Theil 
hinein.  Die  Ansatzflächen  beider  Arme  sind  mit 
der  Feile  übergangen.  Neben  den  Stiften,  mit 
welchen  die  neuen  Arme  befestigt  sind,  scheinen 


von  den  antiken  Armen,  die  ebenfalls  gewifs 
gesondert  gegossen  und  angesetzt  waren,  Stifte 
erhalten  zu  sein.  Ein  Sprung  geht  um  den 
Hals ,  nur  vorn  mit  einem  kleinen  Stücke  aus- 
gebessert; ein  anderer  Sprung  geht  durch  den 
rechten  Oberschenkel,  hinten  durch  die  rechte 
Wade ,  über  den  rechten  und  über  den  linken 
Fufs.  Hier  haben  überall  moderne  Ausbesse- 
rungen stattgefunden ,  mehrfach  mit  Zwischen- 
satzstucken und  Überfeilung  der  Ansatzflächen ; 
am  stärksten  hat  dadurch  die  Aufsenseite  des 
rechten  Oberschenkels  gelitten,  bei  vielleicht 
sogar  zweimaliger  Herstellung. 


IO  Conze,    Der  betende  Knabe. 


Ergänzung  das  Richtige  getroffen  hat,  und  damit  geht  wieder  die  Frage  Hand  in 
Hand,  ob  die  heute  geltende  Erklärung  der  Figur  das  Richtige  trifft. 

Man  würde  sich,  um  eine  Antwort  zu  finden,  auch  nach  etwa  vorhandenen 
antiken  Wiederholungen  der  Figur  umzusehen  haben.  Es  ist  mehrfach  von  solchen 
die  Rede  gewesen. 

Schon  Winckelmann  (Kunstgeschichte  VII,  2,  26)  sprach  von  einer  wenigstens 
in  gleicher  Stellung  dargestellten,  ebenfalls  unbekleideten  Marmorfigur  im  Palast 
Pamfili  auf  der  Piazza  Navona.     Ich  bin  ohne  weitere  Kunde  über  diese  Figur. 

Ohne  Kunde  bin  ich  ferner  über  eine  bei  Clarac  JJJ ,  1941  abgebildete 
Marmorreplik  der  Giustinianischen  Sammlung. 

Nicht  besser  steht  es  in  Bezug  auf  eine  Notiz,  die  Welcker  nach  einem 
Gipsabgüsse  in  der  Zeichenakademie  in  Bologna  gab21:  «eine  kleine  schöne  Statue, 
die  im  Original  in  Palazzo  Pazzi  zu  Florenz  sein  soll,  ganz  nackt,  von  zartem  Körper, 
die  Hände  erhoben,  wie  betend;  sie  nennen  sie  Ganymed;  gegen  4  Fufs  hoch». 
Bei  Dütschke  finde  ich  sie  nicht. 

Dafs  eine  ähnliche  Figur  in  der  Darstellung  einer  Erzgiefserei  auf  einer 
Trinkschale  der  Berliner  Museen  vorkomme,  wie  mehrfach  wiederholt  wurde,  hat 
Furtwängler  mit  Recht  abgewiesen22. 

Endlich  hörte  man  mündlich  von  einem  Gipsabgüsse  in  der  Ecole  des 
beaux  arts  zu  Paris,  welcher  den  Berliner  Adoranten  in  anderer  Ergänzung,  als 
Faustkämpfer,  darstellen  sollte.  Eugen  Müntz  hat  sich  freundlich  einer  Prüfung  unter- 
zogen, theilt  mir  aber  als  Ergebnifs  derselben  mit,  dafs  eine  wesentliche  Verschieden- 
heit vorhanden  sei;  einmal  sei  der  Gips  um  etwa  40  Centimeter  gröfser,  er  unter- 
scheide sich  ferner  in  den  Details  der  Ausführung  und  besonders  sei  die  Bewegung 
des  Kopfes  verschieden,  viel  weniger  erhoben  als  in  der  Berliner  Bronze,  so  dafs 
nur  gewisse  Analogien  in  der  ganzen  Stellung  übrig  blieben. 

Aus  Wiederholungen  ist  also  einstweilen  keine  Förderung  zu  gewinnen.  Der 
Anchises  in  den  Virgilminiaturen,  welchen  E.  Q.  Visconti  als  Wiederholung  anführt33, 
kann  von  vornherein  nicht  als  solche  gelten. 

So  viel  ich  nun  aus  den  antiken  Theilen  der  Figur,  namentlich  den  Arman- 
sätzen und  aus  der  Richtung  des  Kopfes  einen  Anhalt  zu  gewinnen  vermag,  erscheint 
mir  die  Ergänzung  der  Arme  durchaus  wahrscheinlich;  höchstens  dafs  die  Biegung 
der  Hände  im  Gelenk  in  der  Antike  etwas  gelinder  gewesen  sein  möchte.  Immer 
bleibt  dann  mit  der  Ergänzung  die  Auffassung  der  Figur  als  einer  mit  zum  Himmel 
erhobenen  Händen  betenden  einzig  ansprechend. 

Von  den  sonst  vorgeschlagenen  Namen  leidet  keine  auch  nur  den  ersten 
Anlauf  ernstlicher  Prüfung.  Wenn  die  Bronze  im  alten  venetianischen  Inventar 
Mercur  hiefs,    wenn   dann  lange,    erst  von  Levezow  beseitigt,    der  Name   Antinous 


'-')  Heidelberger    Jahrb.     der    Litt.     III,     5.    Abth.,      -2)  Beschreibung    der    Berliner    Vasensammlung    n. 
I.  Band,  S.  119.  2294- 

23)  O/i/.  varie  IV,  S.  159. 


Conze ,    Der  betende  Knabe.  j  j 


gangbar  war  und  Levezow  vorübergehend  dafür  an  Ganymed  denken  wollte,  so 
hatte  man  damit  Benennungen,  die  für  eine  schöne  Jünglingsfigur  sich  allenfalls 
eigneten,  sonst  aber  des  Treffenden  durchaus  entbehrten.  Um  möglichst  nichts  zu 
übergehen,  mufs  ich  aufser  einem  seltsamen  Einfalle  Thierschs24  noch  den  von 
Stephani25  für  unsere  Statue  wenn  auch  nur  als  möglich  vorgeschlagenen  Namen 
Phrixos  erwähnen.  Im  Heiligthum  des  Zeus  Urios  am  Bosporos  stand  nach  Dionysios 
von  Byzanz  bei  Gillius  de  Bosporo  thracio  (Frgm.  59  Müller)26,  wozu  von  den  Aus- 
legern die  von  Stephani  mit  Recht  abgewiesene  Combination  mit  Philostr.  imag.  I,  12 
nicht  weiter  berücksichtigt  werden  sollte,,  statua  aenea  antiquae  artis,  aetatem 
puerilem  prae  se  ferens,  tendens  mamis.  Die  Erwägungen,  aus  denen  Stephani 
die  Wahrscheinlichkeit  ableiten  will,  dafs  dieses  Anathem  ursprünglich  den  Phrixos 
hätte  darstellen  sollen,  sind  nichts  weniger  als  zwingend  oder  auch  nur  diesen 
Vorschlag  besonders  empfehlend27.  Aber  auch  abgesehen  von  einer  Benennung, 
die  am  Bosporos  einst  aufgestellte  Bronze  mit  der  in  Berlin  befindlichen  identifi- 
ciren  zu  wollen,  wie  Stephani  weiter  versucht,  heifst  allzusehr  die  von  Welcker28 
ausgesprochene  Warnung  aufser  Augen  lassen:  «Wie  unermefslich  reich  an  Kunst 
und  trefflichen  Künstlern  Griechenland  gewesen,  wird  bei  solchen  Vermuthungen 
nicht  genug  erwogen».  Welcker  machte  diese  Bemerkung  in  Bezug  auf  die  wie- 
derholt gebilligte  Identificirung  der  Berliner  Bronze  mit  dem  Adorans  des  Boedas 
bei  Plinius. 

Friederichs29  suchte,  wie  O.  Müller30,  die  durch  Levezow  aufgestellte  Deu- 
tung, welche  der  Statue  den  gangbaren  Namen  des  «betenden  Knaben»  verschafft 
hat,  dahin  zu  präcisiren,  dafs  er  einen  nicht  im  Dankgebet  dargestellten  Knaben 
erkannte,  sondern  einen  um  den  Sieg  im  Wettkampfe  betenden  und  dafs  gerade 
hierfür  der  Gestus  der  Arme  passend  sei,  glaubte  Kekule  stützen  zu  können31 
durch  den  Hinweis  auf  Pseudo-Plutarch  Ttspl  äaxrjastu?  im  Rhein.  Mus.  N.  F.  XXVII, 
1872,  S.  532,  wo  es  in  der  Übersetzung  heifst:  «Ein  anderer  Athlet  aber  erhob,  als 
er  in  den  Kampf  gehen  sollte,  seine  Hände  zum  Himmel  und  sprach:  Herr  Gott, 
wenn  ich  auch  nur  eines  von  den  Dingen,  die  den  Sieg  bewirken,  unterlassen  habe, 
möge  ich  besiegt  hinausgehen;  wenn  ich  aber  auch  nicht  eine  von  den  Mühen 
versäumt  habe,  werde  mir  der  Kranz  zugewendet».  Friederichs  legte  bei  seiner 
Auffassung  Gewicht  darauf,  dafs  die  Hände,  wie  um  zu  empfangen,  nach  oben 
geöffnet  seien;  ich  habe  aber  vorher  die  Meinung  ausgesprochen,  dafs  grade  mit 
dieser  Stellung  der  Hände  der  Ergänzer  nicht  das  Ursprüngliche  getroffen  haben 
möchte. 

24)  Epochen  Anm.  71.  '-'»)  Kunstmuseum  S.  43. 

25)  Parerga  archaeologica,  21.  März   1851,  II.  *•)   Die  Ausführung  im  Erlanger  Programm  von  1857 
M)  Geogr.  gr.  min.  ed.  C.  Müller  II,   S.  78  f.     Frick  modificirt  Berlins  ant.  Bildw.  II,  S.  377  ff.     Vergl. 

Gymnasialprogramm.  Wesel  1860.   S.  7.  33.   Dio-  Benndorf   Museum    der   Gipsabgüsse    zu   Pforte. 

nysii  Byz.  de  Bospori  navig.   ed.    Wescher.     Paris  1864.     n.  4. 

1874.     S.  29.  30)  Archäologie  §  423,  4. 

27)  Panofka    sprach    das    schon    aus,    s.  Arch.  Anz.  31)  Kunstmuseum   n.  268. 
1852,   S.  153. 


12 


Conze,    Der  betende  Knabe. 


Bei  Gelegenheit  einer  der  vielen  Erkundigungen,  die  ich  um  des  betenden 
Knaben  willen  eingezogen  habe,  machte  Benndorf  auf  das  Innenbild  einer  Trink- 
schale im  britischen  Museum32  aufmerksam, 
welches  einen  Jüngling  im  Gebet  vor  einem 
Altare  darstellt.  Es  ist  beistehend  im  Mafs- 
stabe  von  2/3  abgebildet.  Der  Jüngling  trägt 
weder  Kranz  noch  Binde  und  widerlegt  so, 
wenn  es  noch  nöthig  sein  sollte,  Böttichers 
Meinung33,  dafs  der  Mangel  dieser  Abzeichen 
bei  einem  Betenden  überhaupt  auffallend  sei. 
Er  betet  aber  mit  vorgestreckter  Fläche  der 
rechten  Hand  allein.  Es  ist  bei  den  Be- 
sprechungen des  Gestus  des  betenden  Knaben, 
wie  auch  sonst  bei  antiquarischen  Auseinan- 
dersetzungen über  die  Gebetsbewegungen  bei 
den  Griechen  nicht  immer  scharf  genug 
betont,  dafs  diese  Handbewegung  die  namentlich  aus  Hunderten  von  Votivreliefs 
bezeugte  gewöhnliche  rituelle  Betbewegung  bei  den  Griechen  war,  veranlafst  wohl 
durch  ein  Götterbild,  dem  man  gegenübertrat,  das  Erheben  der  Hände  zum 
Himmel  aber,  für  welches  Schriftstellerzeugnisse  nicht  mangeln34,  in  den  Kunst- 
werken selten  erscheint. 

Es  würde  sich  vielleicht  lohnen  den  Gestus  der  erhobenen  beiden  Hände 
mit  vollständiger  Sammlung  der  überlieferten  Beispiele,  ähnlich  wie  namentlich 
Stephani  dergleichen  Zusammenstellungen  geliefert  hat,  nach  seinen  verschiedenen 
Bedeutungen  zu  erläutern.     Hier  kann  das  nicht  unternommen  werden. 

Auf  eine  besonders  unzweideutige  Darstellung  des  betenden  Erhebens  bei- 
der Hände  zum  Himmel  machen  unsere  Kollegen  am  Münz- 
kabinet  aufmerksam.  Sie  findet  sich,  mit  der  Umschrift  bald  Provi- 
dentia Deornm  bald  Providentia?  Deornm,  auf  dem  Revers  von 
Kupfermünzen  des  Pertinax;  eine  weibliche  Gestalt  streckt  die 
Hände  zur  Sonne,  die  oben  dargestellt  ist,  empor,  wie  nebenstehend 
nach  einem  Exemplare  des  königlichen  Kabinets35  abgebildet  ist. 
Zum  Schlüsse  treten  wir  noch  an  die  Frage  der  Entstehungszeit  der  Berliner 
Statue  heran.  •  Ich  lasse  dabei  die  Versuche  sie  in  die  Zeit  vor  Alexander  zurück 
zu  versetzen  bei  Seite;  überwiegend  hat  sich  das  Urtheil  dahin  gewendet  den  Ein- 
flufs  lysippischer  Kunstweise  in  ihr  zu  erkennen;  dieser  Einflufs  reicht  aber  sehr 
weit.     Durch  den  Plinianischen  Ausspruch  cessavit  deinde  ars,    den  ich  am  liebsten 


Vl)  Catahgue  I,   n.  984. 

33)  Arch.  Anz.   1858,    S.  173*. 

3t)  Lasaulx  Studien  des  klass.  Alterthums  S.  153  f. 
Dafs  beide  Bewegungen  neben  einander  her- 
gingen,   hat   Chr.   Scherer   in    einer   kürzlich  er- 


schienenen Dissertation  {De  Olympionharum  Sta- 
tuts. Gottingae   1885.   p.  33)  gestreift. 
35)  Cohen    III2,     S.   395,     n.    51     (doch    ohne    die 
Buchstaben  S.C.)   =   Eckhel  D.  N.   VII,  S.  144. 


Conze,   Der  betende  Knabe. 


13 


in  Brunns  Weise  auffassen  möchte,  darf  man  sich  nicht  mehr  zu  Gunsten  der 
Entstehung  vor  Ol.  121  bestimmen  lassen,  seit  zumal  die  pergamenischen  Funde  es 
augenfällig  gemacht  haben,  wie  ansehnlich  die  Thätigkeit  grade  auch  der  Erzgiefse- 
reien  um  diese  Zeit  noch  war.  Aus  den  Ausgrabungen  bei  Myrina  stammt  der 
Bronzehenkel  eines  Gefäfses  mit  der  Figur  eines  einschenkenden  Eros30:  beispiels- 
weise diese  scheint  mir  stilistisch  dem  betenden  Knaben  nahezu  entsprechend. 
Fundort  und  stilistische  Eigenthümlichkeit  machen  es  am  wahrscheinlichsten,  wie 
auch  die  Herausgeber  es  ausgesprochen  haben  ",  dafs  dieser  Bronzehenkel  derselben 
Epoche  angehört  wie  die  zahlreichen  Terrakotten  von  Myrina,  das  heifst  der  helle- 
nistischen Zeit,  und  ich  gebe  der  Prüfung  anheim,  ob  wir  nicht  dieser  selben  Zeit 
den  betenden  Knaben  zuschreiben  sollen. 

Eine  Arbeit  grade  dieser  spätgriechischen  Zeit  wäre  dem  Geschmacke 
des  Ergänzers,  welcher  für  Foucquet  dem  betenden  Knaben  die  Arme  hinzufügte 
und  die  Figur  im  Übrigen  sorgfältig  herrichtete,  besonders  congenial  gewesen. 
Auf  eine  für  die  Selbsterkenntnifs  über  unser  Kunsturtheil  belehrende  Weise  wäre 
so  das  französisch  interpretirte  Werk  entstanden,  welches  bisher  vielfach  als  eine 
besonders  reine  Schöpfung  hellenischer  Kunst  angesprochen  wurde  und  als  solche 
in  weiten  Kreisen  befriedigte.     Immer  bleibt  es  von  höchstem  Werthe. 


Conze. 


36)  Bull,  de  corr.  hell.  VII,   1883,  Taf.  IV.  3I)  Pottier  und  Reinach  a.  a.  O.   S.  442. 


\vOJUJU,  ^^U^IaA^ 


DIE  SOGENANNTEN 

EPHESISCHEN  AMAZONENSTATUEN. 

(Tafel    1—4.) 

Die  drei  in  dieser  Untersuchung  behandelten  Amazonentypen  sind  seit  einem 
Menschenalter  so  viel  besprochen  worden',  dafs  nur  die  Beibringung  neuen  Materials 
die  Wiederaufnahme  dieses  Themas  zu  rechtfertigen  vermag.  Mir  kam  es  haupt- 
sächlich darauf  an,  so  zu  sagen  die  Überlieferung  festzustellen  und  durch  kritische 
Behandlung  derselben  die  ursprüngliche  Gestalt  der  drei  Typen  wiederzugewinnen. 
Ich  schicke  daher  eine  Zusammenstellung  der  mir  bekannten  Exemplare  nebst 
Litteraturangabe  und  möglichst  zuverlässigen  Mittheilungen  über  ihre  Ergänzung 
voraus.  Zu  Grunde  liegt  das  von  Otto  Jahn  1850  gegebene  Verzeichnis,  jedoch  mit 
mannigfachen  Berichtigungen  und  mit  Benutzung  der  seither  erschienenen  Litteratur. 
Die  meisten  Originale  habe  ich  selbst  theils  in  früheren  Jahren  (vgl.  arch.  Anz. 
1862,  3 3 5  *  f.  1863,  120*)  theils  bei  einem  späteren  Besuche  Roms  im  Jahre  1878 
und  auf  mehrfachen  Reisen  in  England  untersucht.  Aufserdem  erfreute  ich  mich 
gütiger  Mittheilungen  von  verschiedenen  Seiten,  worüber  das  Nähere  an  den  ein- 
zelnen Stellen  bemerkt  worden  ist;  hier  wiederhole  ich  nur  im  Allgemeinen  den 
Dank  für  die  Bereitwilligkeit  auf  meine  Anfragen  einzugehen.  Endlich  konnte  ich 
eine  1879  von  Klügmann  auf  meine  Bitte  zusammengestellte  kurze  Liste  benutzen, 
die  zwar  einige  kleine  Ungenauigkeiten  enthält,  dafür  aber  mich  auf  ein  paar  von  mir 
übersehene  Köpfe  {in  o  p\  o  und  p  waren  auch  von  Jahn  in  seinem  Handexemplar 
nachgetragen)  aufmerksam  gemacht  hat.  Die  Anordnung  innerhalb  der  einzelnen 
Gruppen  ist  möglichst  so  getroffen,  dafs  die  besterhaltenen  Exemplare  voranstehen, 
die  stärker  beschädigten  Stücke  folgen,  endlich  leichte  Variationen  des  Typus 
den  Beschlufs  bilden. 

ÜBERSICHT  DES  MATERIALS. 

I.     Lansdownescher  Typus.     (Beide  Brüste  entblöfst.) 

A.     Statuen  und  Torsi. 

A  (Jahn:  y)  London,  Lansdownehouse  83.  Wahrscheinlich  1771  von  G.Hamilton  bei  Tor  Colom- 
baro  gefunden,  s.  jedoch  Michaelis  Anc.  Marbles  in  Gr.  Britain  S.  463  f.  —  Abg.  Spec.  of  ant.  sculpt. 
II,  10.  Clarac  V,  833  B,  2032  C.  Michaelis  a.  O.  zu  S.  462.  Vgl.  Meyer  zu  Winckelmann  IV,  358 
Anm.   376.   Dallaway   Anecd.    S.   342.    373.    K.   O.  MUller    Amalthea    III,   243  f.    (kunstarch.    Werke 

')  O.Jahn   Berichte  der  sächs.  Ges.  d.  Wiss.    1850,  XXI  (1866),  321  ff.    Friederichs  Bausteine  S,i  13  fr. 

32fr.       Ad.    Scholl    Philo!.    XX    (1863),    414fr.  Overbeck    Gesch.    d.    griech.    Plastik    I»,  345fr. 

Göttlingges.  Abh.  II,  204fr.    M.  Hoffmann  Philol.  Klügmann  Ann.    1869,272  fr.     Lübke  allg.  Zeit., 

XXIII  (1865),  397fr.     Klugmann  n.   rhein.  Mus.  Beil.  10.  Dec.  1869.     Gesch.   d.  Plastik  I»,  155fr. 


Michaelis ,    Amazonenstatuen.  j  c 


II  76).  Waagen  Kunstw.  und  Künstler  II,  74  (Treas.  II,  149).  Michaelis  arch.  Anz.  1862,  335*  f. 
Kltigmann  Zeitschr.  f.  bild.  Kunst  V,  75.  191.  Michaelis  arch.  Zeit.  1874,  38.  Anc.  Marbks  S.  462fr. — 
Neu:  Nase  (Gesichtsmaske  abgebrochen  aber  alt),  die  dem  Beschauer  zugewandte  Hälfte  des  r. 
Arms  vom  Deltoides  bis  zum  Handgelenk  (der  Arm  an  der  Schulter  ungebrochen,  am  Handgelenk 
gebrochen),  vier  Finger  und  Daumenspitze  der  r.  Hand,  der  halbe  1.  Vorderarm  mit  der  Hand,  der 
Pfeiler  von  etwas  unterhalb  der  Stütze  an ,  die  ihn  mit  der  1.  Hüfte  verbindet,  beide  Beine  von 
unterhalb  der  Kniee  an,  Basis.   —  Pentel.  M. 

B  (Jahn:  i)  Rom,  Pal.  Sciarra,  früher  im  Pal.  Barberini,  s.  das  Inventar  von  1738,  Docum.  ined. 
per  serv.  alla  storia  dei  musei  IV,  19  (Amazzone  con  carcasso  a  lato,  con  la  destra  sopra  la  testet,  e 
nella  sinistra  un  pezzo  dasta  appoggiato  ad  un  troneo)  und  Winckelmann  IV,  129  (KG.  5,  2,  22). 
Man.  ined.  S.  184.  Meyer  zu  Winckelmann  IV,  358  Anm.  374.  —  Nicht  abgebildet.  Vgl.  Michaelis 
arch.  Anz.  1863,  120*.  Heibig  Zeitschr.  f.  bild.  Kunst  V,  74f.  Bull.  1870,  4.  Matz-Duhn  No.  942.  — 
Neu:  der  1.  Arm  mit  Schulter,  der  angeklebte  Köcher  an  der  1.  Hüfte,  die  Stütze  mit  Pelta  und 
Axt  neben  dem  r.  Bein;  der  Kopf  war  nie  gebrochen.  Der  r.  Arm  erschien  mir  neu,  nach  Matz 
und  Heibig  a.  a.  O.  soll  er  mehrfach  gebrochen,  aber  mit  Ausnahme  der  Hand  alt  sein ,  während 
Heibig  neuerdings  (brieflich)  den  ganzen  Arm  für  modern  erklärt.  Ebenso  erschienen  mir  die 
Unterbeine  (mit  Spornhalter  am  rechten  Fufs)  neu,  nach  Matz  ist  das  r.  in  Knie  und  Knöchel, 
das  1.  über  der  Wade  und  im  Knöchel  gebrochen ,  aber  alt  (nach  Heibig  der  r.  Unterschenkel 
modern),  desgleichen  beide  Füfse  mit  Spornhaltern  sicher  antik,  mit  einem  Stück  der  antiken  Basis 
geschickt  in  die  moderne  Basis  eingelassen  (s.  unten  S.  34). 

C  Berlin  7.  Im  J.  1869  in  Rom  im  Vicolo  di  S.  Nicola  di  Tolentino  entdeckt,  von  Steinhäuser  ergänzt.  — 
Abg.  Mon.  dell'  Inst.  IX,  12.  Zeitschr.  f.  bild.  Kunst  V,  33.  Conze  Heroengest.  Taf.  32.  Overbeck 
gr.  Plastik  I3,  393  Fig.  86, a.  Lübke  Plastik  I3,  181  Fig.  119.  Murray  Gr.  sculpt.  I,  277.  L.  Mitchell 
Anc.  sculpt.  S.  391.  Röscher  Lex.  d.  Myth.  I,  268.  Seemann-Menge  kunsthistor.  Bilderb.  Taf.  16,  9. 
Der  Oberkörper  allein  auf  unserer  Tafel  3,  n.  I.  Vgl.  arch.  Zeit.  1869,  26.  68.  Klügmann  Ann.  1869, 
272fr.  Heibig  Bull.  1870,  3fr.  Zeitschr.  f.  bild.  Kunst  V,  74fr.  190fr".  Engelmann  ebenda  V,  33  fr.  192. 
Kekule  akad.  Kunstmus.  zu  Bonn  No.  84.  Schlie  Berliner  Amazonenstatue,  Schwerin  1877.  Conze 
Verz.  d.  ant.  Sculpt.,  Berlin  1885,  No.  7.  Friederichs -Wolters  Bausteine  No.  513.  —  Neu:  Nase, 
r.  Arm,  1.  Unterarm  mit  Hand  und  Pfeiler,  beide  Füfse,  Theile  der  Lider  und  der  Gewandfalten. 
An  der  linken  Hüfte  ist  ein  Ansatz  von  der  Verbindungsstutze  für  den  Pfeiler,  unter  dem  linken 
Knöchel  ein  Theil  des  Spornriemens  erhalten.   —  Pentel.  M. 

D  (Jahn:  ß)  Rom,  Vatican,  Braccio  Nuovo  71,  früher  in  der  Villa  Aldobrandini  (di  Belvedere) 
in  Frascati,  s.  das  Inventar  von  1709,  Docum.  ined.  III,  184  (Teatro  No.  26:  Un'  Amazzone  con 
la  mano  dritta  sopra  il  capo  con  un  pezzo  di  arco,  e  nelt  altra  il  resto  de!  detto  arco,  con  morione,  et 
una  targa  al  troneo,  e  carcasso,  alta  palmi  otto  e  mezzo) ;  so  in  einer  Zeichnung  der  Sammlung  Cass. 
dal  Pozzos  in  Windsor  IX,  27  No.  5  (Michaelis  arch.  Zeit.  1874,  67,  vgl.  Schreiber  sächs.  Ber.  1885, 
35  No.  50).  Von  dort  an  Vinc.  Camuccini  verkauft  (s.  Marmi  Torlonia  zu  I,  21.  Welcker  zu 
Müllers  Handb.  417,  2),  von  diesem  1823  zugleich  mit  der  ebenfalls  aus  Villa  Aldobrandini 
stammenden  Demosthenesstatue  (Br.  N.  62)  für  den  Vatican  erworben  («1823.  C.  C.  44»  an  der 
Plinthe;  vgl.  Mem.  rom.  II,  2,  295.  Nibby  Mus.  Chiar.  II,  43,  der  das  Exemplar  fälschlich  für  das 
barberinische  B  hält).  Claracs  Angabe  »Coli.  Pacetti«  wird  im  Text  V,  46  als  irrthümlich  wider- 
rufen ;  sollte  der  Irrthum  daher  entstanden  sein ,  dafs  etwa  Pacetti  die  neue  Restauration  vor- 
zunehmen hatte?  Diese  hat  nach  der  Zeichnung  bei  dal  Pozzo  beide  Arme  und  anscheinend  auch 
den  ganzen  unteren  Theil  der  Statue  betroffen;  früher  waren  die  Schild -Enden  mit  Greifenköpfen  ver- 
ziert, beide  FUfse  mit  Spornriemen  versehen,  ein  Helm  lag  neben  dem  1.  Fufs.  —  Abg.  Mus.  Chiaram. 
II,  18.  Pistolesi  Vaticano  IV,  20.  Clarac  V,  813,  2034.  Vgl.  Gerhard  Beschr.  d.  St.  Rom  II,  2,  94. 
Braun  Ruinen  und  Mus.  S.  241  f.  Michaelis  arch.  Anz.  1862,  335*  Anm.  Klügmann  Ann.  1869, 
276 f.     Heibig  Zeitschr.   für  bild.   Kunst  V,  191.     Overbeck  gr.  Plastik  I3,  479  Anm.  140.  —    Neu: 

(I3,    182  ff.)    Klügmann    Ann.    1872,    103  f.     Die  479  f      Murray    Hist.    of  Greek   sculpt.   I,    276  ff. 

Amazonen    S.   63  fr.       Kekule     in    den    comment.  L.  Mitchell    Hist.   of  anc.  sculpt.  S.  390.     Klüg- 

Mommsen.  S.  481fr.      Schlie    die    Berliner    Ama-  mann     in    Roschers    Lex.    der    Mythol.    I,   277. 

zonenstatue  S.  8ff.      Overbeck   Plastik   I3,  391fr.  Friederichs- Wolters  Bausteine  No.  513—517. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Institut«   I.  2 


l6  Michaelis,    Amazonenstatuen. 


beide  Arme  mit  Bogenansätzen,  der  Köcher  an  der  linken  Hüfte  (ein  Ansatz  an  dieser  Stelle  der 
Hüfte  ist  alt),  beide  Beine,  das  r.  vom  Gewand  an  nebst  Baum  Pelta  und  Axt,  das  linke  von 
unter  dem  Knie  an.     Der  Kopf  gebrochen  aber  zugehörig.  —  Parischer  M. 

E  (Jahn:  8)  Oxford,  University  Galleries  24,  aus  der  Sammlung  Arundel,  später  Pomfret.  — 
Abg.  Chandler  Marm.  Oxon.  Taf.  17.  Clarac  V,  808,  2038A,  beidemal  mit  den  abscheulichen 
Restaurationen  Guelfis,  die  neuerdings  abgenommen  sind.  Vgl.  Dallaway  Anecd.  S.  252  No.  17. 
Conze  arch.  Anz.  1864,  168*.  Michaelis  Anc.  Marbles  S.  547.  —  Es  fehlen  Kopf  und  Hals,  beide 
Arme,  beide  Beine,  das  r.  vom  Gewand  an,  das  1.  etwas  tiefer.  Über  der  1.  Hüfte  befindet 
sich  nach  einer  Untersuchung  W.  M.  Ramsay's  die  deutliche  Spur  eines  weggemeifselten  Gegen- 
standes. 

/'"Rom,  Caracallathermen.  —  Nicht  abgebildet.  Vgl.  Matz-Duhn  No.  943.  —  Torso  bis  unter  den 
Gürtel  erhalten,  mit  dem  1.  Oberarm  bis  gegen  den  Ellbogen;  Kopf  und  Hals  fehlen,  desgleichen 
der  in  Schulterhöhe  gebrochene  r.  Arm. 

G  (Jahn:  o)  Florenz,  Bronzestatuette.  —  Abg.  Wicar  Gal.  de  Florence  II,  35.  Clarac  V,  809,  2030  (beide 
im  Gegensinne).  Leipz.  Ber.  1850  Taf.  5.  Overbeck  gr.  Plastik  I3,  393  Fig.  86, b.  Perry  Greek  and 
Rom.  sculpt.  S.  351.  Vgl.  Michaelis  arch.  Anz.  1862,  335*.  Heibig  Ztschr.  f.  bild.  Kunst  V,  191. 
Overbeck  Plastik  I3,  479  Anm.  140.  Heydemann  Antikens.  in  Oberitalien  S.  77  No.  3.  —  Neu 
nach  erneuten  Prüfungen  durch  M.  von  Oettingen  und  A.  Milani:  beide  Arme  (auch  der  linke  nach 
Arbeit  und  Firnis,  trotz  Overbecks  Zweifel)  und  die  Bronzeplatte  auf  die  die  Figur  aufgelöthet  ist. 
Der  r.  Fufs,  obschon  gebrochen  und  roh  bis  zur  Formlosigkeit,  scheint  dennoch  alt  zu  sein,  aber 
bei  der  Zusammensetzung  der  Statuette  arg  gelitten  zu  haben,  so  dafs  die  beiden  kleinen  Zehen 
ganz  fehlen.  Das  1.  Bein  ist  am  Gewandrande  und  über  dem  Knie  gebrochen ,  aber  ganz  antik 
(nicht  der  Schenkel  modern,  wie  Heydemann  meinte).  Auf  dem  Scheitel  eine  bedeutende  Erhöhung, 
die   auf   eine  einstmalige  Befestung  der  r.  Hand  hinweist  (Milani).  —  Ungefähr  o,  30  m.  hoch. 

//Rom,  Villa  Pamfili,  im  Inventar  von  1709  aufgeführt  als  una  Diana,  che  tiene  il  braccio  destro  sopra 
la  testa,  e  con  la  mano  manca  tiene  un  pezzo  d'arco,  con  un  cane  sotto,  alta  palmi  dieci  incirca  (Docum. 
ined.  III,  156).  —  Abg.  Villa  Pamphilia  Taf.  42  (44).  Clarac  IV,  567,  1208B.  Vgl.  Winckelmann 
Werke  IV,  130  (KG.  5,  2,  22).  Meyer  ebenda  IV,  359  Anm.  380.  Beschr.  d.  Stadt  Rom  III,  3,  630. 
Welcker  zu  Müllers  Handb.  417,  2.  Jahn  sächs.  Ber.  1850,  46  Anm.  Matz-Duhn  No.  946.  —  Neu: 
die  rechte  Hälfte  des  Gesichtes  und  der  Haarschopf  hinten,  der  r.  Arm  ganz,  der  1.  von  der  Mitte 
des  Oberarms,  die  Beine  von  den  Knieen  an,  Basis,  Hund.  An  dem  1.  Schenkel  Rest  einer  Ver- 
bindungsstütze. 

B.     Köpfe. 

/  Neapel,  Hermenkopf  aus  Herculaneum,  1753  als  Gegenstück  zum  Hermenkopf  eines  polykletischen 
Doryphoros  in  einem  Peristyl  der  Villa  de'  papiri  gefunden.  —  Abg.  Ant  di  Ercol.  V,  47  f.  Piroli 
Antiq.  d' Hercul.  IV,  29.  Roux  und  Barre  Hercul.  et  Pomp.  VII,  15.  Comparetti  und  de  Petra  Villa 
ercolan.  Taf.  8,  I.  Vgl.  Winckelmann  Werke  II,  54.  V,  261  (KG.  8,' 3,  4).  De  Petra  a.  a.  O.  S.  261. 
Friederichs -Wolters  Bausteine  S.  233.  —  Bronze. 

K  London,  brit.  Museum,  Graeco-Rom.  Sculpt.  150,  Kopf  aus  der  Sammlung  Lyde  Browne,  s. 
Catalogus  monum.  cimel.  L.  Br.  1768  No.  49  (Amazonis  vulneratae  captit  egrcgium),  bald  darauf  von 
Cipriani  vortrefflich  gezeichnet  (Brit.  Mus.  MS.  Add.  21118  Bl.  12,  vgl.  Michaelis-  Anc.  Marbl. 
S.  88  Anm.  228).  —  Abg.  Anc.  Marbl.  Brit.  Mus.  X,  5.  Murray  Greek  sculpt.  I,  280;  in  zwei  An- 
sichten auf  unserer  Tafel  3,  n.  2.  Vgl.  Waagen  Kunstw.  und  Künstler  I,  106  (Treas.  I,  78).  Vaux 
Handbook  S.  198.  Guide  to  the  Gr.-R.  sculpt.  No.  150.  Murray  a.  a.  O.  S.  279f. ;  überall  falsch  zum 
Typus  II  gerechnet.  —  Neu:  Nasenspitze,  Hals  und  Bruststück.  Oben  auf  dem  Scheitel  Spuren 
von  Überarbeitung.   —  Griech.  M. 

L  Vatican,  Museo  Chiaramonti  28,  Kopf.  —  Abg.  Pistolesi  Vaticano  IV,  59?  Vgl.  KlUgmann  Ann. 
1869,  273  Anm.    Heibig  Bull.  1870,  4.  Zeitschr.   f.  bild.  Kunst  V,  191.   —  Neu:  die  halbe  Nase. 

^/Berlin  8,  Kopf  aus  der  Sammlung  Polignac,  vormals  in  Charlottenburg. —  Nicht  abgebildet-  Vgl. 
Gerhard  Berlins  ant.  Bildw.  No.  139.  Heydemann  bei  KlUgmann  Ann.  1869,  273  Anm.  Engelmann 
Zeitschr.  f.  bild.  Kunst  V,  192.  Conze  Verz.  d.  antik.  Sculpt.  No.  8.  —  Neu:  Nase,  Lippen,  Hälfte 
des  Halses  mit  dem  Bruststück,  Stück  des  1.  Ohres.     Ganz  überarbeitet.    (Mittheilung  Puchsteins.) 


Michaelis,   Amazonenstatuen.  17 


II.  CAPITOLINISCHER  TYPUS.     (Mit  Mantel,  die  rechte  Brust  entblöfst.) 

a  Paris,  cabinet  des  medailles,  Achatonyx  neuerer  Erwerbung,  hinter  No.  1904  eingereiht.  —  Abg. 
KlUgmann  Amazonen  S.  I.  Overbeck  Plastik  I3,  393  Fig.  86,  e.  Röscher  Lex.  d.  Myth.  I,  277. 
Vgl.   KlUgmann  n.   rhein.  Mus.  XXI,  322  Anm.     Amazonen  S.  64. 

A.     Statuen  und  Torsi. 

b  (Jahn:  A)  Capitol,  Haupts  aal  No.  10.  —  Abg.  Bottari  Mus.  Capitol  III,  46.  Mori-Nibby  Mus. 
Capitol.  11,  sala  grande  Taf.  21.  Montagnani-Mirabili  Campidoglio  I,  15.  Righetti  Campid.  I,  179. 
Meyer  Gesch.  d.  bild.  KUnste  Taf.  7,  A.  Müller- Wieseler  Denkm.  I,  31,  137.  Clarac  V,  812  B, 
2032.  Steiner  Amazonenmythus  Taf.  2.  Overbeck  Plastik  I3,  393  Fig.  83,/.  LUbke  Plastik  I3, 
161  Fig.  97.  Vgl.  Winckelmann  Werke  IV,  I29f.  (KG.  V,  2,  22.)  Meyer  ebenda  S.  355 f. 
Platner  Beschr.  d.  St.  Rom  III,  I,  233  No.  II.  Michaelis  arch.  Anz.  1862,  336*.  Klügmann 
n.  rhein.  Mus.  1866,  325  Anm.  4.  Kekule  akad.  Kunstmus.  zu  Bonn  No.  147.  Murray  Greek 
satlpt.  I,  280 f.J  Friederichs- Wolters  Bausteine  No.  514.  —  Neu:  Nasenspitze  und  kleiner 
Theil  der  Unterlippe  (Kopf  nie  gebrochen,  wie  eine  Untersuchung  v.  Rohdens  und  Kopps 
bestätigt),  r.  Arm,  1.  Vorderarm  vom  Ellbogen  an,  das  von  der  Wunde  weggezogene  Gewand- 
stück ,  ein  paar  Zehen  des  1.  Fufses ,  die  Profilirung  rings  um  die  antike  Plinthe.  Beine 
gebrochen  aber  alt,  an  den  Knöcheln  überarbeitet;  Rückseite  wenig  ausgeführt.  Zur  Inschrift  am 
Baumstamm  (CtOCIKAH  in  späten  derben  Zügen  und  darunter  (n))  vS'-  Löwy  Inschr.  griech. 
Bildhauer  S.  290  No.  434   und  die  dort  angeführte  Litteratur.   —  Italischer  Marmor. 

c  (Jahn:  B)  Capitol,  Hauptsaal  No.  25,  1753  aus  der  Villa  d'Este  erworben  (s.  das  Diario  des 
Chracas  vom  7.  Juli  1753,  nach  einer  Mittheilung  Justis,  vgl.  dess.  Winckelmann  II,  I,  25.  Im 
neuen  Reich  1871,  II,  133),  also  nicht  auf  dem  Esquilin  bei  der  sog.  Minerva  Medica  gefunden 
(Montagnani-Mirabili  und  Platner).  —  Abg.  Mori  Mus.  Capitol.  I,  atrio  Taf.  18.  Montagnani-Mira- 
bili Campid.  II,  78.  Winckelmann  Werke  VI  Taf.  4,  A.  Clarac  V,  812  B,  2032  A.  Vgl.  Winckel- 
mann Werke  IV,  I29f.  (KG.  5,  2,  22).     Meyer  ebenda  S.  358  Anm.  377f.     Platner  Beschr.  d.  St.  Rom 

III,  I,  232  No.  9.  Michaelis  arch.  Anz.  1862,  336*.  Murray  Greek  sculpt.  I,  28of. ?  —  Der  Kopf, 
vom  zugehörigen  Typus,  befand  sich  früher  als  Einzelkopf  im  Museum,  ward  dann  aber  an  Stelle 
eines  modernen  Kopfes  zur  Ergänzung  benutzt  und  sehr  schlecht  aufgesetzt  (s.  Winckelmann  und 
Meyer  a.  a.  O.  Klügmann  n.  rhein.  Mus.  XXI,  322  Anm.  2).  Neu:  Hals,  r.  Arm,  1.  Unterarm, 
Stücke  an  beiden  Knieen,  1.  Fufs,  Theil  der  r.  grofsen  Zehe,  Spitzen  der  Pelta  (Baumstamm  mit 
Axt  und  Pelta  alt).  Starke  Überarbeitung  am  Gewandrande  vor  der  Brust;  die  Ergänzungen 
durchweg  sehr  schlecht.   —  Italischer  M. 

d  (Jahn:  F)  Louvre  281,  aus  Richelieus  Palast,  dessen  Antiken  meistens  aus  Rom  stammten;  St. 
Victor  bei  Bouillon  nennt  fälschlich  die  Villa  Borghese  als  Ursprungsort.  —  Abg.  Muse'e  Napoleon 
II,  54.  Winckelmann  Werke  VI  Taf.  4,  B.  Bouillon  Mus.  des  ant.  II,  11.  Clarac  III,  265,  2033. 
Vgl.  Meyer  zu  Winckelmann  IV,  359  Anm.  377.  Visconti  Opere  varie  IV,  503.  Clarac  Catal. 
No.  281.  Waagen  Kunstwerke  und  Kunstler  III,  106.  Michaelis  arch.  Anz.  1862,  336*.  —  Neu: 
Nase  und  Einzelnes  am  Kopf,  der  halbe  r.  Vorderarm,  (der  Rest  des  Armes  ist  aus  vier  Stücken 
zusammengesetzt,  die  nach  einer  Untersuchung  A.  H.  de  Villefosse's  alle  antik,  aber  stark  über- 
arbeitet und  nicht  gut  zusammengefügt  sind),  1.  Vorderarm  einschliefslich  der  Schulter,  Alles  von 
oberhalb  der  Mitte  der  Schenkel  abwärts.     Gewand  vor  dem  Leibe  stark  überarbeitet. 

e  (Jahn:  C)  Vatican,  Braccio  Nuovo  44,  wahrscheinlich  aus  Palast  Verospi  (so  Nibby  Mus.  Chiaram. 
II,  46),  wo  schon  H.  Meyer  die  von  Winckelmann  dort  erwähnte  Amazone  nicht  mehr  vorfand 
(Winckelmann  Werke  IV,  129.  358  Anm.  376.  Mon.  ined.  S.  184),  daher  sie  schwerlich  beim  Verkauf 
des  Palastes  an  den  Herzog  Giov.  Torlonia  dort  noch  vorhanden  war  (s.  Matz-Duhn  No.  941, 
vgl.  unten  h).  —  Abg.  Mus.  Chiaram.  II,  19.  Pistolesi  Vatic.  IV,  15.  Clarac  V,  81  r,  2036. 
Vgl.  Gerhard  Beschr.  d.  St.  Rom  II,  2,  95  No.  90.  Michaelis  arch.  Anz.  1862,  336*.  Friederichs- 
Wolters  Bausteine  No.  516  Anm.  —  Kopf  gebrochen,  aber  zugehörig,  jedoch  stark  überarbeitet: 
eine  breite  Binde,  die  sich  durch  das  Haar  zieht,  ist  erst  nachträglich  hineingearbeitet,  ein  Haar- 
schopf im  Nacken  neu  hinzugesetzt.  Aufserdem  neu:  die  halbe  Nase,  ein  grofser  Theil  der  Haare 
an    der    r.    Seite    des    Kopfes ,    r.  Arm ,    r.  Brust  und  ein  Stück  der  linken ,    1.  Unterarm  und  das 


l8  Michaelis,    Amazonenstatuen. 


weggezogene  Gewandstück,  Theile  des  Chitons  und  des  Mantels,  r.  Bein  von  unter  dem  Knie  ab, 
1.  Bein  und  Baumstamm,   Plinthe.  —     Pentel.  M. 

f  Rom,  Pal.  Colonna,  Hauptsaal,  im  Inventar  von  1714  aufgeführt  als  una  statua  di  marmo  antka 
resiaurata ,  rappresentante  una  Kaohaia  essendo  scritto  cos)  nel  zoccolo  di  marmo  che  vi  e  sotto,  con 
irarci,  gambc  e  testa  moderna,  in  atto  di  prcdicare,  alta  pal.  9  {Docttm.  ined.  IV,  390  f.).  —  Nicht 
abgebildet.  Vgl.  Michaelis  arch.  Anz.  1862,  336*.  Matz-Duhn  No.  940.  —  Neu:  Kopf  und  Hals, 
r.  Arm  mit  einem  grofsen  Theil  der  Schulter ,  1.  Arm  von  oberhalb  des  Ellbogens ,  Beine  von 
unter  den  Knieen  an,  Stamm,  Plinthe  mit  der  Inschrift  KAOHAIA;  am  Gewände  viel  geflickt, 
überdies  ist  es  hart  überarbeitet. 

^Rom,  Villa  Borghese,  an  einem  Thor  der  westlichen  Mauer  des  Parks  welcher  hinter  dem  Casino 
liegt.  —  Nicht  publicirt.  Vgl.  Meyer  zu  Winckelmann  IV,  358  Anm.  376.  Ohne  Zweifel  identisch 
mit  der  donna  in  habito  succinto  rappresentante  Clelia  bei  Montelatici  Villa  Borghese,  1700,  S.  94. 
Das  Exemplar  gehört  nach  einer  Skizze  und  Beschreibung  Kopps  in  diese  Reihe.  —  Alt:  der 
Torso  bis  etwas  unter  den  Rand  des  Chitons,  sowie  der  1.  Oberarm.     Nicht  vorzügliche  Arbeit. 

h  (Jahn:  D)  Rom,  Palast  Torlonia,  schwerlich  aus  Pal.  Verospi  stammend  (s.  zu  c);  in  Guattanis 
Verzeichnis  (um  1820)  als  No.  19  aufgeführt  (Docum.  ined.  II,  335).  —  Abg.  (Vitali)  Marmi  scolp. 
esist.  nel  Pal.  Torlonia  I,  20.  Clarac  V,  812  B,  2032  B.  Vgl.  Michaelis  arch.  Anz.  1862,  336*. 
Matz-Duhn  No.  941.  —  Neu:  Nase  und  Lippe,  Hals,  r.  Arm  nebst  Schulter  und  r.  Brust,  ein 
grofser  Theil  der  1.  Brust,  drei  Viertel  des  1.  Arms,  die  Beine  nebst  dem  (in  den  Abbildungen 
fehlenden)  Stamm  mit  Pelta  und  Axt,  Theile  der  Gewandfalten;  das  Gewand  vor  dem  Leibe  und 
am  Rande  vor  der  Brust  überarbeitet.   —  Italischer  M. 

i  (Jahn:  G)  Wörlitz  II,  vom  Herzog  Franz  von  Anhalt- Dessau  1766  in  Rom  erworben.  —  Abg. 
sächs.  Ber.  1850,  Taf.  3.  Gerlach  Choix  d'  ant.  de  Woerlitz  Taf.  I;  in  drei  Ansichten  auf  unserer 
Tafel  4.  Vgl.  Hirt  Gesch.  d.  bild.  KUnste  S.  160.  177.  Hosäus  Wörlitzer  Antiken  S.  24  No.  II. 
Friederichs -Wolters  Bausteine  No.  515.  —  Nur  der  obere  Theil  des  Torso  mit  dem  Kopf  und 
einem  Stück  des  1.  Oberarmes  ist  erhalten,  bis  unter  die  1.  Brust  und  an  den  Rand  des  Gewandes 
unterhalb  der  rechten;  von  Cavaceppi  ergänzt:   Nasenspitze,  1.   Backe,  r.   Brust  (die  Wunde  ist  alt). 

h  (Jahn:  E)  früher  in  Rom,  Pal.  Giustiniani,  im  Inventar  von  1793  {Docum.  ined.  IN,  4l8ff.)  nicht 
nachweisbar,  auch  bei  Matz-Duhn  nicht  aufgezahlt2.  —  Abg.  Gal.  Giustin.  I,  144  (146).  Clarac 
V,  813,  2037.  —  Anscheinend  ist  nur  der  Oberkörper  etwa  bis  zum  Gürtel  antik;  ergänzt  ist 
sicher  der  Kopf  von  abweichendem  Typus,  mit  langem  Haarschopf,  vermuthlich  auch  beide  Arme. 

B.     Köpfe3. 

/  Vatican,  Kopf  der  «matteischen  Amazone»  (y).  —  Vgl.  Klügmann  n.  rhein.  Mus.  XXI,  322 
Anm.  2.  Friederichs  Zweifel  (Baust.1  S.  116)  an  der  Richtigkeit  von  Klügmanns  Behauptung,  dafs 
der  Kopf  nicht  zur  Statue  gehöre,  ist  unberechtigt.  —  Neu:  Nase,  Theil  der  Unterlippe,  Kinn. 
Die  Lippen  sind  von  einer  Linie  fein  umsäumt. 

m  Capitol,  Kopf  der  Amazone  ß  von  matteischem  Typus  (s.  unten),  früher  ein  Einzelkopf  (Descrh. 
d.  Mus.  Cap.,  1750  S.  66),  erst  nach  Winckelmanns  Zeit  dieser  Statue  aufgesetzt  (Winckelmann 
Werke  IV,  129L  Meyer  ebenda  S.  359  Anm.  378.  Klügmann  n.  rhein.  Mus.  XXI,  322  Anm.  2; 
vgl.  oben  bei  c).  —  Neu:   Nase. 

n  Capitol,  neues  Museum,  1874  auf  dem  Esquilin  bei  dem  sog.  Auditorium  des  Mäcenas  gefunden. 
Vgl.  Bull,  munic.  1874  S.  249  No.  10.  Heydemann  sächs.  Ber.  1878  S.  131  No.  6.  —  Neu: 
Nasenspitze  und  Nasenlöcher. 

o  Rom,  Pal.  Sciarra.  —  Vgl.  Matz-Duhn  No.  1735.  —  Neu:  Nase,  Unterlippe  und  Kinn,  Bruststück. 
«An  der  1.  Seite  des  Kopfes  oben  bemerkt  man  den  unverständlichen  Rest  einer  Stütze».  So 
Klügmann;  nach  Heibig  befindet  sich  auf  der  rechten  Seite  des  Kopfes  eine  Bruchstelle  von  der 
Gestalt  eines  spitzwinkligen  Dreiecks  (s.   unten  S.  33). 

2)  Eine    andere    giustinianische    Statue,    Matz-  der    kyrenäische    Torso    im    britischen    Mu- 

Duhn  No.  944  {Gal.  Giustin.  I,  145  (147).     Cla-  seum    (Smith    und    Porcher    discov.    at  .Cyrene 

rac  V,   809,  2029),    gehört,  wenn  sie  überhaupt  Taf.  67). 

eine   Amazone   darstellt,  jedenfalls   in   keine   der  3)  Der  Kopf  in  St.  Petersburg,  Ermit.   No.  356, 

drei  hier  besprochenen  Gruppen.     Ebensowenig  der   nach   Guedeonow  in    diese   Reihe    gehören 


Michaelis,    Amazonenstatuen. 


19 


/  früher  in  Paris,  Sammlung  Pourtales,  1865  für  2420  Fr.  an  Herrn  Berger  verkauft  (Mittheilung 
Fröhners);  aus  Ostia.  —  Vgl.  Dubois  Descr.  des  ant.  Pourtales  -Gor gier ,  1841,  S.  18  No.  74. 
Wieseler  arch.  Anz.  1859,  116*.  Catal.  Pourtales,  1865,  S.  20  No.  75.  —  Der  Kopf  wird  von 
Dubois  mit  d  l  m  verglichen,   von  Wieseler  bestimmt  diesem  zweiten  Typus  zugeschrieben. 

q  London,  brit.  Museum,  Bronzekopf,  0.13  M.  hoch.  —  Abg.  Grivaud  de  la  Vincelle  Rec.  de  mon. 
ant.,  Paris    1817,  Taf.  4,  8.     Vgl.  Guide  to  Bronze  Room  S.  53.     Klügmann  Bull.    1878,  39. 

r  Syrakus,  Schatz  der  heil.  Lucia,  Sardonyx-Cammeo,  in  der  Neapolis  von  Syrakus  nahe  dem 
Amphitheater  gefunden,  1842  vom  Canonicus  Gius.  Costa  geschenkt.  —  Abg.  Comment.  in  hon. 
Th.  Mommseni  scr.  S.  479.     Vgl.   Kekule  ebenda  S.  479  f.     Klügmann  Bull.    1878,  38  k 

III.     Matteischer  Typus.     (Die  linke  Brust  entblöfst.) 

a  Intaglio,  verschollen.  —  Abg.  Natter  traite  de  la  meih.  ant.  de graver  en pierres fines  Taf.  31.  Müller 
comment.  qua  Myrinae  Amaz.  signum  explic,  Tafel.  Müller -Wieseler  Denkm.  I,  31,  138  B.  Sachs. 
Berichte  1850  Taf.  4,  b.  Overbeck  Plastik  1 3,  393  Fig.  86,  c.  Vgl.  Müller  a.a.O.  S.  63  fr. 
(Kunstarch.  Werke  III,  26ff.).  Jahn  sächs.  Ber.  1850,  48 ff.  Klügmann  n.  rhein.  Mus.  XXI,  325 
Anm.  4.     Friederichs  Bausteine  S.  114  (2S.  237). 

A.     Statuen  und  Torsi4. 

ß  (Jahn:  <-)  Capitol,  Zimmer  des  sterbenden  Galliers  No.  5,  zusammen  mit  c  im  J.  1753  aus  der 
Villa  d'Este  erworben  (s.  zu  c).  —  Abg.  Mori-Nibby  Mus.  Capil.  II,  sala  grande  Taf.  22. 
Montagnani-Mirabili  Campid.  I,  79.  Righetti  Campid.  I,  10  und  195.  Vgl.  Winckelmann  Werke 
IV,  129  f.  (RG.  5,  2,  22).  Meyer  ebenda  S.  354f.  Gerhard  Bull.  1830,  30.  Beschr.  d.  St.  Rom  III, 
1,  232f.  Braun  Ruinen  u.  Mus.  S.  2l3f.  Klügmann  n.  rhein.  Mus.  XXI,  325  Anm.  4.  —  Über 
den  aufgesetzten  Kopf  vom  Typus  II  s.  oben  m.     Die  Statue  war  vielfach  zerbrochen,    doch    sind, 


würde ,  hat  nach  einer  gütigen  Mittheilung 
Kieseritzkys  mit  keinem  der  drei  Typen  etwas 
zu  thun  und  stellt  wahrscheinlich  gar  keine 
Amazone  dar. 
4)  Eine  Statue  dieses  Typus  im  Pal.  Torlonia 
ist  eine  moderne  Copie.  —  Ein  Fufs  in  der 
Wagnerschen  Sammlung  zu  Würzburg  (Urlichs 
Verz.  d.  Antikens.  d.  Univ.  Würzburg  I,  3  No.  16, 
vgl.  Wagner  Bull.  1842,  176),  dessen  Unter- 
suchung mir  durch  Urlichs'  Güte  ermöglicht  wor- 
den ist,  ist  allerdings  allem  Anschein  nach 
weiblich  (wenn  er  nicht  etwa  von  einem  Jüngling 
herrührt),  gehört  aber  sicherlich  weder  zu  einer 
Amazone  des  dritten  noch  etwa  des  ersten 
Typus ,  sondern  vermuthlich  zu  einer  Reiterin 
oder  einem  jugendlichen  Reiter.  Der  Fufs,  ein 
linker,  war  im  Gelenk  sehr  gestreckt,  an  der 
äufseren  Seite  mehr  gesenkt  als  an  der  inneren ; 
unter  dem  Fufs  ist  keine  Spur  dafs  er  einst  den 
Boden  berührte,  so  dafs  er  nur  frei  in  der  Luft 
geschwebt  haben  kann.  Anstatt  des  Sporn- 
halters zieht  sich  ein  schmaler  anscheinend 
metallener  Riemen  von  der  Ferse  aus  schlingen- 
artig  beiderseits  unter  den  Knöcheln  hin  nach 
vorn ,  wo  die  beiden  Enden  sich  vereinigen  um 
demnächst  zwischen  der  grofsen  und  der  zweiten 
Zehe    durchgezogen    zu    werden.      Das    vordere 


Ende  ist  mit  dem  gröfsten  Theile  der  Zehen  ab- 
gebrochen; ohne  Zweifel  war  es  an  einem  eigen- 
tümlichen Stück  Sohle  befestigt,  das,  nach 
hinten  gerade  abgeschnitten,  nur  unterhalb  des 
Ballens  und  der  Zehen  angebracht  ist,  während 
die  Fufssohle  im  Übrigen  unbedeckt  ist;  ein 
schwacher  Rest  eines  zweiten  kleineren ,  an  der 
Sohle  befestigten  Riemens  oder  emporstehenden 
Metallstückes  wird  aufsen  unterhalb  der  kleinen 
Zehe  sichtbar.  Unter  dem  äufseren  Knöchel 
bemerkt  man  einen  ebenfalls  metallenen  Zierrat , 
der  oben  in  Gestalt  einer  heraldischen  Lilie 
endigt  und  an  dem  längeren  Riemen  festsitzt,  nach 
unten  aber  in  einen  freistehenden  Stiel  ausläuft, 
dessen  Fortsetzung  abgebrochen  ist  ohne  unter 
der  Sohle  des  Fufses  weitere  Spuren  hinterlassen 
zu  haben.  Auch  auf  der  inneren,  viel  stärker 
verletzten  Seite  des  Fufses  scheint  einst  an  der 
entsprechenden  Stelle  eine  besondere  Vorrichtung 
gewesen  zu  sein,  anscheinend  ebenfalls  in  engem 
Zusammenhange  mit  dem  Hauptriemen.  Die 
genauere  Gestalt,  der  Zusammenhang  und  der 
Zweck  der  ganzen  Vorrichtung  sind  mir  völlig 
dunkel;  zu  einem  Steigbügel,  an  den  M.  Wagner 
dachte ,  kann  sie  schon  deshalb  nicht  gehört 
haben,  weil  sie  unmittelbar  mit  dem  die  Sohle 
befestigenden  Riemen  zusammenhängt. 


20  Michaelis ,   Amazonenstatuen. 


wie  eine  neue  Untersuchung  durch  v.  Rohden  und  Kopp  bestätigt,  die  meisten  Stücke  alt  und 
zugehörig.  Neu:  Hals,  r.  Arm,  r.  Fufs  und  das  oberste  Stück  der  Stütze  mit  den  Spitzen  der 
Pelta,  das  1.  Bein  von  der  Mitte  des  Oberschenkels  bis  unter  das  Knie,  Zehen  des  1.  Fufses 
nebst  der  dreieckigen  Stütze  unter  diesem,  die  Plinthe  mit  dem  Helm,  Stücke  unten  am  Chiton 
auf  der  Rückseite.  Der  (von  Gerhard  für  modern  erklärte)  1.  Arm  ist  mehrfach  gebrochen ,  aber 
zweifellos  alt,  ebenso  die  Hand,  bis  auf  die  Spitzen  des  Daumens,  des  zweiten,  dritten  und  fünften 
Fingers  (die  drei  ersten  Finger  gestreckt ,  die  beiden  kleinen  eingeschlagen) ;  alt  sind  auch  die 
Stütze,  die  Hand  und  Körper  verbindet,  und  der  Rest  eines  geraden  von  der  Hand  gehaltenen 
Stabes  (nach  Heibig  eines  Bogens,  s.  unten  S.  37  f.).  An  der  linken  Schulter  eine  abgearbeitete 
viereckige  Ansatzstelle;  zwei  weitere  runde  Ansatzspuren  sind  am  linken  Oberarm  ziemlich  weit 
nach  hinten  und  am  1.  Schenkel  wenige  Centimeter  unter  dem  Gewandsaume  sichtbar.  (So  v.  Roh- 
den und  Kopp.)  —  Griech.   M. 

•j  (Jahn:  d)  Vatican,  Galeria  delle  Statue  265,  von  Clemens  XIV  aus  Villa  Mattei  erworben 
(vgl.  Rossini  Merctirio  errante,  6.  Aufl.,  S.  19g.  Keyfsler  Forts,  neuester  Reisen  S.  139).  —  Abg. 
Petitus  de  Amazonibus,  1687,  S.  135.  Maffei  Raccolla  Taf.  109.  Montfaucon  Ant.  expl.  IV,  14,  2. 
Preifsler  stat.  insign.  Taf.  6.  Magnan  eleg.  stat.  Taf.  26.  Mon.  Alatth.  I,  60.  Visconti  Mus.  Bio 
Clem.  II,  38.  Mus.  Napoleon  II,  53.  Mus.  Francois  III,  14.  Winckelmann  Werke  VI  Taf.  2,  B. 
Bouillon  II,  10.  Müller  Myrinae  Amaz.  sign.  Tafel.  Müller-Wieseler  I,  31,  138  A.  Clarac  V,  811, 
2031.  Sachs.  Ber.  1850  Taf.  4.  Steiner  Amazonenmythus  Taf.  1.  Overbeck  Plastik  P,  393 
Fig.  83,  d.  Vgl.  Meyer  zu  Winckelmann  IV,  354.  Visconti  Op.  var.  IV,  117fr.  337  f.  Müller  a. 
a.  O.,  Göttingen  1829  {Comm.  soc.  Gott.  VII  =  kunstarch.  Werke  III,  22ff.).  Gerhard  Bull.  1830, 
30fr.  273.  Beschr.  d.  St.  Rom  II,  2,  l68f.  Hirt  Gesch.  d.  bild.  K.  S.  177.  Braun  Kunstbl.  1838, 
358.  Welcker  Kunstmus.  in  Bonn3  S.  63 ff".  Preller  Pheidias  S.  194 f.  (Allg.  Enc.  III,  22).  Gött- 
ling  comm.  de  Amazonibus,  Jena  1848,  S.  7  ff.  (ges.  Abh.  II,  206  ff.).  Jahn  sächs.  Ber.  1850,  48  Üf. 
Braun  Ruinen  u.  Mus.  S.  334  f.  Friederichs -Wolters  Bausteine  No.  516  (93).  Kekule  akad. 
Kunstmus.  zu  Bonn  No.  300.  Zur  Inschrift  auf  der  Plinthe  translata  de  schola  medicorum  vgl.  Jahn 
S.  44  Anm.  Arch.  Zeit.  1852,  4i5f.  De  Rossi  Bull.  arch.  crist.  1865,  7 ff.  —  Über  den  Kopf  vom 
Typus  II  s.  oben  /.  Neu:  Hals,  beide  Arme,  die  untere  Hälfte  des  Köchers,  r.  Bein  zwischen 
Knie  und  Knöchel,  obere  Hälfte  von  Stamm,  Pelta  und  Axt,  oberer  Theil  des  Helmes  mit  Busch, 
Kleinigkeiten  am  Gewände.  L.  Bein  gebrochen  aber  alt.  Über  die  Ergänzungen  vgl.  St.  Victors 
Urtheil  bei  Bouillon.  —  Parischer  M. 

5  (Jahn:  d)  Petworth  18,  nach  der  Mitte  des  vorigen  Jahrhunderts  in  Rom  erworben.  —  Abg.  Clarac 
V,  808,  2031  A  und  auf  unseren  Tafeln  1  und  2.  Vgl.  Dallaway  Anecd.  S.  285  No.  20.  Müller 
Amalthea  III,  2  50  f.  (kunstarch.  Werke  II,  82).  Michaelis  Anc.  Marbles  S.  606  f.  Klügmann  Brief  vom 
15.  Aug.  1880.  Heydemann  Wochenschr.  für  klass.  Philol.  1885,  II,  1514.  —  Kopf  gebrochen  aber 
zugehörig.  Neu:  Nasenspitze,  r.  Arm,  1.  Arm  von  der  Schulter  an,  Beine  von  den  Knieen  an, 
Stamm  mit  Pelta  und  Axt  neben  dem  r.  Bein,  Helm,  Plinthe.  Köcher  hinten  abgebrochen,  unten 
abgearbeitet.     An  der  1.   Hüfte  eine  Verbindungsstutze  für  das  Handgelenk. 

z  Turin,  Museo  di  Antichitä  80.  —  Vgl.  Schorn  Amalthea  111,464  No.  II  (Amazone).  Brief  von 
C.  Wachsmuth  an  Gerhard  I.  Dec.  1860,  vgl.  arch.  Anz.  1860,  107*  (Typus  III).  Wieseler  Gott. 
Nachr.  1877,  661  No.  8  (Artemis).  DUtschke  ant.  Bildw.  in  Oberitalien  IV,  52  (falsch  zu  Typus 
II  gerechnet).  —  Torso  von  dunkelgrünem  Basalt,  mit  schwarzem  piemontesischen  Marmor  schlecht 
zur  Artemis  ergänzt.  Neu  nach  Wachsmuth:  Kopf  und  Theil  des  Halses,  Arme,  Beine  von  ober- 
halb des  Knies  an  mit  dem  Stamm;   Köcher  nicht  mehr  sichtbar,  wohl  aber  das  Köcherband. 

C  (Jahn:  e)  Trier  41,  im  Winter  1845/46  in  den  alten  Thermen  in  der  westlichen  Vorstadt  St.  Barbara 
bei  Trier  gefunden.  —  Abg.  Rheinl.  Jahrb.  IX,  Taf.  5,  I  (ganz  ungenügend).  Vgl.  Florencourt 
ebenda  S.  92 ff.  XI,  173.  Reisacker  bei  Klügmann  Bull.  1864,  65.  Arch.  Anz.  1864,  196*.  Friede- 
richs-Wolters  Bausteine  No.  517  (94).  (Hettner)  Führer  durch  das  Prov. -Mus.  zu  Trier  S.  20 
No.  41.  —  Torso  vom  Hals  bis  zur  Mitte  des  Leibes;  es  fehlen  Kopf,  r.  Arm,  1.  Arm  Von  der 
Hälfte  des  Oberarms  an  (unter  der  Schulter  gebrochen).  Unter  dem  Köcher,  dessen  hinteres 
Stück  fehlt,  ist  ein  Rest  des  Bogens  sichtbar,  das  Köcherband  ist  mit  Buckeln  verziert;  im  Rücken 
ein  grofser  Zapfen.  Auf  dem  Schulterblatt  61  roh  eingekratzt.  Die  zugleich  gefundenen  Bruch- 
stücke  eines  (Diadumenos-)  Kopfes    (Taf.  5,  2,  vgl.    Michaelis  Anc.  Marbles  S.  609    zu  No.  24)  und 


'<- 


Michaelis,    Amazonenstatuen.  21 


eines  r.  Armes  mit  Gewandrest  (Taf.  5,  3.  Sachs.  Ber.  1850  Taf.  4,  ä)  gehören  nach  der  Unter- 
suchung Reisackers,  deren  Resultate  ich  aus  eigener  Prüfung  bestätigen  kann,  sicher  nicht  zur 
Amazone ;  ebenso  nach  einer  Mittheilung  Fei.  Hettners  wahrscheinlich  eine  von  Reisacker  wie  von 
mir  vergeblich  gesuchte  linke  Hand,  die  zu  grofs  für  den  Torso  zu  sein  scheint;  alle  Finger 
waren  schon  in  alter  Zeit  gebrochen  und,  wie  Bohrlöcher  in  den  Bruchflächen  zeigen,  restaurirt. 
Thasischer  Marmor  (ebenso   der  r.  Arm  und  die  Hand). 

Der  Zufall  schaltet  oft  seltsam  mit  unserer  Kenntnis  antiker  Bildwerke. 
Während  heutzutage  die  Amazonenstatuen,  namentlich  die  drei  eben  aufgeführten 
Typen  stehender  Amazonen,  zu  den  bekanntesten  Figuren  alter  Kunst  gehören,  fand 
Aldrovandi  1550  bei  seiner  Aufnahme  des  stadtrömischen  Antikenbestandes  nur  eine 
einzige  Amazone  zu  verzeichnen,  die  noch  überdies  keine  war,  die  bekannte  matro- 
nale  Göttergestalt  der  Sammlung  Cesi,  die  heute  im  capitolinischen  Museum  steht 5. 
Noch  länger  als  ein  Jahrhundert  finden  die  Amazonenstatuen  keine  Beachtung,  die 
ganze  Reihe  der  Kupferwerke  von  Vaccaria,  Cavalieri,  Francini  bis  Perrier  und 
Bisschop  enthält  nur  ein  paar  untergeordnete  Statuen6,  keine  der  drei  Haupttypen, 
in  Abbildung.  Und  doch  waren  mittlerweile  zahlreiche  Exemplare  aufgetaucht  und 
hatten  in  den  römischen  Sammlungen  ihren  Platz  gefunden.  Die  phantasievolle 
Schöpfung  Ippolitos  von  Este  in  Tivoli ,  die  ihren  Antikenbedarf  vorzugsweise  aus 
der  benachbarten  Villa  Hadrians  bezog,  besafs  zwei  Exemplare  von  verschiedenem 
Typus  (c  ß).  In  der  Vigna  Ronconi  auf  dem  Palatin  fanden  sich  bei  Lebzeiten 
Cosimos  de'  Medici  (f  1574)  achtzehn  bis  zwanzig  Torsi,  nach  Flaminio  Vaccas 
Bericht7  lauter  Amazonen,  von  denen  wohl  manche  demnächst  in  den  grofsen 
Sammlungen  ihren  Platz  gefunden  haben  mögen.  Ein  sehr  elegant  gearbeitetes  Exem- 
plar (7)  schmückte  den  ersten  Saal  im  Palast  der  von  Ciriaco  Mattei  angelegten  Villa 
auf  dem  Cäiius  und  diente  anscheinend  als  Vorbild  bei  der  Ergänzung  einiger  an- 
derer Exemplare,  z.  B.  einer  Statue,  die  etwa  um  dieselbe  Zeit,  um  die  Wende  des 
sechzehnten  und  des  siebzehnten  Jahrhunderts,  vom  Cardinal  Pietro  Aldobrandini  zum 
Schmuck  des  «Theaters»  seiner  Villa  in  Frascati  verwandt  wurde  (D).  Im  folgenden 
Jahrhundert,  der  Blütezeit  der  Nepotensammlungen,  begegnen  wir  Amazonen,  zum 
Theil  seltsam  entstellt,  in  den  Sammlungen  Barberini  (B),  Borghese  (g),  Colonna 
(/},  Giustiniani  (k),  Pamfili  (H),  Verospi  (1?);  Lord  Arundel  erwarb  einen  Torso  für 
seine  Sammlung  in  London  (E),  der  Cardinal  Richelieu  eine  ganz  schlecht  restau- 
rirte  Statue  für  sein  Pariser  Palais  Cardinal  (d),  und  auch  nach  Piemont  mag  um 
jene  Zeit  ein  Torso  gelangt  sein  (e).  Dieser  ward  dort  zu  einer  Artemis  umgeformt, 
und  ebenso  erging  es  der  pamfilischen  Statue;  die  Exemplare  Giustiniani  und 
Richelieu  mufsten  es  sich  gefallen  lassen  in  lange  Kleider  gesteckt  und  so  unkennt- 

5)  Aldrovandi  statue  S.  123.  Kenntnis  von  der  künstlerischen  Darstellung  die- 

*)  Cavalieri  antiq.  stat.  III.  IV,  43.  44.  ser    Jungfrauen.       Der    «Orto    Roncionh    nimmt 

7)  No.  78  der  notizie  dantichiia  bei  Schreiber  sächs.  auf  Nollis    Stadtplan    (Bl.   14)    genau    die    Stelle 

Ber.  1881,  77  =  Fea Miscell.  I,  LXXXVII,  No.  77.  des  neuerdings  aufgedeckten  Stadium,  neben   der 

Allerdings    erweckt    das    tutti    erano  d' Amazzoni  Villa  Mills,    ein;    jene   Statuen  werden   also    zur 

Bedenken    angesichts     der    damaligen    geringen  Ausschmückung  dieser  Anlage  gedient  haben. 


22  Michaelis,    Amazonenstatuen. 


lieh  gemacht  zu  werden;  die  Statuen  Borghese  und  Colonna  galten  als  Darstellungen 
der  altrömischen  Amazone  Cloelia,  und  die  gelehrte  Inschrift  KAOHAIA  auf  der 
Basis  der  letzteren  führte  im  Inventar  der  Sammlung  von  17 14  zu  der  heiteren 
Bezeichnung  der  Figur  als  »«»«  Kaohaia  in  atto  di  predicareo.;  die  arundelsche 
Statue  ward  als  Camilla  oder  Atalante  gedeutet.  Bei  so  geringem  Verständnis  für 
die  griechischen  Heldenjungfrauen  ist  es  nicht  verwunderlich,  dafs  keine  jener  Statuen 
einen  Künstler  oder  Antiquar  zur  Herausgabe  reizte;  nur  der  überallhin  dringende 
Sammeleifer  Cassiano  dal  Pozzos  veranlafste  eine  Aufnahme  der  aldobrandinischen 
Statue  für  seine  grofsartige  Sammlung  von  Zeichnungen  antiker  Bildwerke.  Erst 
der  Abgufs,  den  Ludwig  XIV  von  der  matteischen  Amazone  hatte  anfertigen  lassen, 
rief  die  erste  Publication  dieser  Statue  hervor  (1687),  die  bald  darauf  auch  in  Maffeis 
grofsem  Statuenwerk  als  hervorragendste  Vertreterin  der  ganzen  Gattung  Aufnahme 
fand  (1704).  Der  Typus  der  verwundeten  Amazone  ward  nicht  lange  darauf  durch 
ein  besonders  gutes  Exemplar  (b)  im  neugegründeten  capitolinischen  Museum  ver- 
treten, wo  sich  1753  aus  der  Villa  d'Este  ein  zweites  Exemplar  der  gleichen 
Gattung  (c)  und  eines  des  matteischen  Typus  (ß)  hinzugesellten.  Und  doch  übersah 
Winckelmann  den  Unterschied  der  verschiedenen  Klassen  und  glaubte,  alle  sechs8 
Amazonen,  die  er  in  Rom  kannte  (B  b  c  e  ß  7),  seien  verwundet,  vielleicht  Nach- 
bildungen derjenigen  des  Kresilas.  Drei  bald  darauf  zum  Vorschein  gekommene 
Exemplare,  zum  Theil  sehr  charakteristische  Vertreter  der  drei  Typen,  gingen  ins 
Ausland,  nach  Petworth  (8),  Wörlitz  (i)  und  Lansdownehouse  (A),  und  entschwanden 
damit  den  Blicken  der  Gelehrten;  eine  Bronzeherme  aus  Herculaneum  versteckte 
sich  unter  dem  Namen  der  Kaiserin  Livia,  obgleich  schon  Winckelmann  ihren 
idealen  Charakter  richtig  hervorgehoben  hatte  (/).  Nichtsdestoweniger  erkannten 
Visconti  und  Heinrich  Meyer  wenigstens  zwei  Klassen,  die  der  verwundeten  und 
der  matteischen,  als  verschieden;  die  dritte  fügte  erst  1850  Otto  Jahn  hinzu,  indem 
er  die  zweite  Klasse  wiederum  in  zwei  Gruppen  schied.  Von  diesen  nahm  die  eine, 
neu  ausgesonderte  bald  vorzugsweise  das  Interesse  der  Archäologen  in  Anspruch, 
besonders  seit  dem  Funde  eines  schönen  Exemplars  [C,  1869),  dessen  Restauration 
für  das  Berliner  Museum  die  Verhandlungen  über  diesen  Typus  von  neuem  in  Flufs 
brachte.  Aufser  diesem  sind  in  unserem  Jahrhundert  noch  drei  weitere  Torsi  zum 
Vorschein  gekommen,  zwei  in  Rom  (F k)  und  einer  in  der  alten  Kaiserstadt  Trier 
(C),  das  erste  aufserhalb  Italiens  gefundene  Exemplar.  Um  die  schärfere  Würdigung 
der  drei  Typen  hat  sich  neuerdings  besonders  Klügmann  verdient  gemacht.  Es  ist 
mir  eine  Freude  durch  die  genauere  Ermittelung  des  Thatbestandes  die  Untersuchun- 
gen des  leider  so  früh  verstorbenen  feinsinnigen  Forschers  in  allen  wesentlichen 
Punkten  bestätigen,  hie  und  da  ergänzen  zu  können. 

8)  So  in  der  KG.  5,  2,  22  (Werke  IV,  129),  während  Statue  Pamfili    (Jf)  vorliegt,    so   kann    wohl  nur 

er  in  den  Mon.  ant.  S.  184  ein  siebentes  Exemplar  die  aus  Pal.  Farnese   nach  Neapel   versetzte.be- 

Farnese  hinzufügt.     Wenn  nicht  etwa,  wie  ich  rittene   Amazone   (Mus.    Borb.  IV,  21.    Clarac  V, 

annehmen  möchte,   eine  Verwechselung   mit  der  810B,  2028B.    Gerhard  Neap.  ant.  Bildw.  S.   14 

an    der    ersteren    Stelle    sogleich    nachfolgenden  No.  28.     Finati  S.  181   No.  37)  gemeint  sein. 


Michaelis,   Amazonenstatuen.  23 


Winckelmann  war  die  Gleichartigkeit  aller  erhaltenen  Amazonenköpfe 
besonders  auffällig.  Von  den  ihm  bekannten  Statuen  waren  nur  die  capitolinische 
Sosiklesamazone  (ö)  und  die  Amazone  Verospi  [e),  beide  vom  zweiten  Typus,  noch 
im  Besitz  ihrer  ursprünglichen  Köpfe;  die  Fragmente  in  Paris  (d)  und  in  Wörlitz 
(«'),  von  denen  das  Gleiche  gilt,  kannte  Winckelmann  nicht.  Die  beiden  anderen 
capitolinischen  Exemplare  (c  ß)  waren  aus  der  Villa  d'Este  mit  ganz  unpassenden 
Köpfen  gekommen,  dafür  besafs  aber  das  capitolinische  Museum  zwei  einzelne  Köpfe, 
wiederum  des  gleichen  Typus,  die  demnächst  auf  Winckelmanns  Anregung  hin  zur 
neuen  Ergänzung  jener  beiden  Statuen  verwandt  wurden.  Endlich  war  auch  die 
matteische  Amazone  (*y)  durch  einen  Kopf  desselben  Typus  ergänzt.  Es  war  somit 
ganz  begreiflich,  wenn  Winckelmann  über  der  Gleichheit  der  Köpfe  in  diesen  fünf 
Exemplaren  den  abweichenden  Kopf  der  barberinischen  Statue  (B)  übersah.  Auch 
Saint  Victor9  wufste  sich  die  Gleichheit  der  Köpfe  bei  Statuen  von  verschiedenem 
Typus  {d  ^)  nur  durch  die  Annahme  zu  erklären,  dafs  die  beiden  Künstler  bereits 
einen  ganz  feststehenden  Amazonentypus  vorgefunden  hätten.  Erst  später,  nament- 
lich wiederum  durch  Klügmann,  ist  klar  erkannt  worden,  dafs  jene  Köpfe  sämmtlich 
Statuen  von  dem  Typus  der  Mantelamazone  angehören,  während  der  abweichende 
Kopf  der  barberinischen  Statue  (B),  eines  hervorragenden  Exemplares  des  ersten 
Typus,  in  den  gleichfalls  nie  gebrochenen  oder  wenigstens  sicher  zugehörigen  Köpfen 
der  aldobrandinischen  (Z>),  lansdowneschen  (A),  Berliner  (C)  Statuen  und  der  Bronze 
in  Florenz  (G)  seines  Gleichen  fand,  so  dafs  die  Zugehörigkeit  des  Kopfes  zu  diesem 
Typus  nicht  minder  sicher  steht.  Beide  Kopftypen  werden  auch  noch  durch  eine 
Anzahl  einzeln  erhaltener  Köpfe  vertreten.  Übler  dagegen  steht  es  mit  dem  mattei- 
schen  Typus.  Die  beiden  Hauptexemplare,  im  Vatican  (f)  und  im  Capitol  (ß),  sind 
wie  gesagt  durch  Köpfe  des  zweiten  Typus  ergänzt;  der  Turiner  Torso  (e)  wird 
durch  einen  ganz  fremden  modernen  Kopf  verunziert,  der  Trierer  (C)  ist  ohne  Kopf 
gefunden.  Demnach  schien  die  Gemme  bei  Natter  (1)  den  einzigen,  ungenügenden 
Anhalt  für  die  Kenntnis  des  Kopfes  zu  bieten,  und  Klügmann  schien  1866  nichts 
übrig  zu  bleiben  als  die  Hoffnung,  dafs  ein  glücklicher  neuer  Fund  diesem  Mangel 
einmal  abhelfen  würde.  Denn  die  Amazone  in  Petworth  (S)  zählte  K.  O.  Müller, 
der  ihr  nur  sehr  flüchtige  Beachtung  geschenkt  haben  kann  zum  zweiten  Typus,  wo- 
mit die  angebliche  Neigung  des  Kopfes  gegen  die  Rechte  übereinzustimmen  schien, 
während  Clarac  den  Kopf  für  modern,  Klügmann  ihn  für  nicht  zugehörig  hielt. 
Allein  eine  1877  mit  Hilfe  einer  Leiter  vorgenommene  genaue  Untersuchung 
des  Originals  liess  mir  keinen  Zweifel  darüber,  dafs  der  Kopf  nicht  nur  ur- 
sprünglich zur  Statue  gehört  (dieser  Ansicht  war  auch  Müller),  sondern  auch 
von  den  beiden  anderen  Typen  abweicht.  Diesem  Ergebnis  stimmte  Klügmann, 
der  im  Sommer  1880  die  Sammlung  von  neuem  besuchte,  vollkommen  bei,  nur  dafs 
er  es  für  schwierig  hielt,  den  Kopf  von  dem  des  ersten  Typus  sicher  zu  unter- 
scheiden.    Es  liegt  auf  der  Hand,  dafs  das  sonst  nicht  eben  sonderliche  und  etwas 


9)  Bei  Bouillon  II,  11. 


24  Michaelis,    Amazonenstatuen. 


überarbeitete  Exemplar  durch  die  Erhaltung  seines  Kopfes  sehr  wichtig  wird. 
Leider  mislang  der  Versuch  eine  Abbildung  des  Kopfes  für  meine  Ancient  Marbles 
in  Great  Britain  zu  erhalten,  da  die  auf  Veranlassung  Sidney  Colvins  angefertigte 
Zeichnung  ungenügend  ausfiel.  Als  nun  kürzlich  Overbeck  im  Interesse  seiner 
Kunstmythologie  einen  Photographen  nach  Petworth  entsandte,  benutzte  er  auf 
meine  Bitte  die  Gelegenheit  um  auch  den  Kopf  der  Amazone  von  zwei  Seiten  auf- 
nehmen zu  lassen,  und  war  so  freundlich  mir  die  Aufnahmen  zur  Publication  zu 
übergeben.  Von  diesen  hat  sich  allerdings  nur  die  Seitenansicht  als  zu  unmittelbarer 
Reproduction  geeignet  erwiesen  und  ist  auf  Tafel  I  so  vollkommen,  wie  es  die 
Vorlage  nur  irgend  gestattete,  wiedergegeben  worden.  Für  die  Vorderansicht  hat 
dagegen  das  volle,  sehr  steil  einfallende  Oberlicht  so  üble  Folgen  gehabt,  dafs  an 
eine  mechanische  Wiedergabe  der  Aufnahme  nicht  zu  denken  war.  Es  blieb  also 
nur  übrig,  auf  Grundlage  der  Photographie  eine  Nachbildung  (Tafel  2)  herzustellen, 
die  dank  der  Geschicklichkeit  C.  L.  Beckers  den  allgemeinen  Charakter  des  Kopfes 
sehr  glücklich  zum  Ausdruck  bringt  und  so  lange  ausreichen  mag,  bis  einmal  ent- 
weder ein  Abgufs  oder  die  Auffindung  einer  anderen  —  hoffentlich  besseren  — 
Replik  eine  noch  bessere  Wiedergabe  ermöglicht.  Auch  so  wird  eine  Analyse  der 
vorliegenden  Abbildungen,  wie  ich  meine,  nicht  ohne  Ergebnis  für  das  Verhältnis 
dieses  dritten  Typus  zu  den  beiden  anderen  ausfallen. 

DIE  DREI  KÖPFE. 

Zur  Vergleichung  mit  dem  Kopf  der  Petworther  Amazone  (5)  sind  auf  Tafel 
3  und  4  Köpfe  der  anderen  beiden  Typen,  und  zwar  der  Londoner  Kopf  K  und 
derjenige  des  Wörlitzer  Torso  i,  je  in  Vorderansicht  und  im  Profil,  abgebildet. 
Die  Aufnahmen  sind  ohne  Rücksicht  auf  die  richtige  Haltung  der  Köpfe  gemacht 
worden,  um  die  Vergleichung  mit  dem  Petworther  Kopf  zu  erleichtern;  leider  ist 
auf  Tafel  3  dem  Kopfe  in  der  Vorderansicht  aus  Versehen  eine  etwas  geneigte 
Stellung  anstatt  der  senkrechten  gegeben  und  dadurch  der  Ausdruck  verändert 
worden.  Die  wirkliche  Haltung,  und  damit  die  vom  Künstler  beabsichtigte  Wirkung 
machen  die  mittleren  Abbildungen,  die  von  der  Berliner  Statue  C  und  dem  Wörlitzer 
Torso  i  entnommen  sind,  anschaulich. 

Einige  Unterschiede  der  drei  Köpfe  treten  sofort  hervor.  Am  greifbarsten 
ist  die  Verschiedenheit  der  Haartracht,  die  geradezu  als  das  leichteste  Erkennungs- 
zeichen der  einzelnen  Typen  gelten  kann.  Die  gröfste  Schlichtheit  der  Anordnung 
herrscht  im  Typus  II  (Tafel  4).  Welliges  Haar  bedeckt  in  gleichmäfsig  dichter  Masse 
den  ganzen  Kopf,  durch  den  Scheitel  in  zwei  grofse  Hälften  geschieden.  Alle  ein- 
zelnen Stränge  gehen  vom  Scheitel  aus,  laufen  zuerst  diesem  parallel,  senken  sich 
dann  und  verlaufen  in  ziemlich  gleichmäfsiger  Wellenbewegung  nach  hinten.  Die 
Stränge  verschlingen  sich  nur  wenig  in  einander.  Vorn  ist  das  Haar  durch  eine  im 
Einzelnen  bewegte  Linie  begrenzt,  deren  Hauptrichtung  ziemlich  gerade  von  der 
Mitte  der  Stirn  gegen  das  Ohr  verläuft,  ohne  dafs  das  Haar  von  den  Schläfen 
zurückgestrichen  wäre.     Am  Hinterkopf  wird  das  Haar  nicht  etwa,  wie  man  es  bei 


Michaelis,   Amazonenstatuen.  25 


seiner  dichten  Masse  erwarten  sollte,  zu  einem  Schöpfe  zusammengefafst ,  sondern 
nur  durch  zwei  kleine  Schleifen,  einer  auf  jeder  Seite,  gehalten;  die  Seitenansicht 
lässt  die  eine  erkennen.  Der  Umrifs  des  Hinterkopfes  wird  auf  diese  Weise  garnicht 
unterbrochen,  wie  man  denn  überhaupt  mit  Recht  in  der  ganzen  einfachen  Anordnung 
des  Haares  eine  Annäherung  an  männliche  Haartracht  erkannt  hat.  Die  einzige 
scheinbare  Abweichung  bietet  der  Kopf  der  vaticanischen  Amazone  e,  indem  hier  ein 
breites  Band  das  Haar  durchzieht  und  ein  kleiner  Knauf  im  Nacken  erscheint;  aber 
letzterer  ist  sicher  ein  moderner  Zusatz,  und  auch  die  Binde  erweist  sich  bei  näherer 
Prüfung  als  nachträglich  in  die  Masse  des  Haares  hineingearbeitet,  die  einzelnen 
gewundenen  Strähnen  rücksichtslos  zerschneidend.  Sonst-  zeigt  dieser  Kopf,  ebenso 
wie  diejenigen  der  beiden  matteischen  Exemplare  /  m,  der  des  Fragments  im  Louvre  d 
und  der  capitolinische  Kopf  n  im  Haare  den  etwas  harten  drahtartigen  Charakter 
des  Bronzematerials  —  q  ist  ja  selbst  von  Erz  —  weit  schärfer,  als  das  auf  unserer 
Tafel  abgebildete  Wörlitzer  Exemplar  z,  bei  dem  die  Durchführung  mehr  dem 
Marmorstil  angepafst  ist.  Von  einer  Besonderheit  des  sciarraschen  Kopfes  o,  der 
Spur  einer  darauf  liegenden  Hand,  wird  später  (S.  33)  die  Rede  sein. 

Die  Haartracht  des  Typus  I  (Taf.  3)  ist  deutlich  verschieden.  Während  die 
viel  weniger  dichten  Haare  in  mehr  rillenartiger  Behandlung,  ohne  starkes  Relief 
den  Schädel  bedecken  und  über  der  Stirn  in  sehr  regelmäfsiger  Weise  sich  scheiden, 
sind  sie  von  den  Schläfen  und  den  Wangen  aus  in  reicher  Fülle  zurückgestrichen 
und  bilden  somit  gegenüber  dem  flacheren  Schädel  eine  vollere  Umrahmung  des 
Gesichtes.  Ebenso  tritt  in  der  Seitenansicht  unmittelbar  über  dem  Nacken  eine 
gröfsere  Masse  aus  dem  Umrifs  des  Kopfes  hervor,  indem  die  Haare  aus  dem 
Nacken  emporgenommen  und  mit  jenen  von  den  Schläfen  zurückgestrichenen  Haar- 
partien zu  einem  einfachen  Knaufe  vereinigt  sind.  Die  Art  der  Befestigung  dieses 
Knaufes  ist  gar  nicht  angedeutet,  ebensowenig  sonst  eine  Binde  irgendwo  sichtbar. 
Dafs  auch  dieser  Kopf  auf  ein  Bronzeoriginal  zurückgeht,  wird  nicht  blofs  durch  die 
beiden  ehernen  Exemplare  G  I  bewiesen,  sondern  tritt  namentlich  an  den  Statuen 
B  D  und  dem  unserer  Tafel  zu  Grunde  liegenden  Kopfe  K  sehr  deutlich  hervor, 
während  auch  hier  die  Statuen  A  C  mehr  in  den  Marmorstil  übersetzt  sind. 

Der  Typus  III  (Taf.  I  und  2)  schliefst  sich  in  der  Gesammtanordnung  des 
Haares  dem  Typus  I  an.  Auch  hier  ist  das  Haar  von  den  Schläfen  zurückgestrichen 
und  hinten  zu  einem  kleinen  Knauf  zusammengefafst.  Aber  auf  dem  Schädel  liegt 
es  in  etwas  dichterer,  weicherer  Masse,  und  ein  schmales  Band  zieht  sich,  das  Haar 
oben  auf  dem  Kopfe  von  den  seitlichen  Partien  scheidend,  vom  Scheitel  bis 
zum  Hinterkopf.  Dafs  dies  Band  ein  stehendes  Merkmal  dieses  Typus  ist, 
läfst  sich  daraus  entnehmen,  dafs  es  auch  in  der  Vorderansicht  auf  der 
Gemme  <x  sichtbar  wird.  Von  Bronzecharakter  ist  in  dem  Petworther  Kopf  nichts 
mehr  zu  entdecken,  doch  führt  die  ganze  Composition  auch  dieser  Statue  auf  ein 
Original  von  Erz. 

Vom  Haare  abgesehen  stehen  die  Köpfe  I  und  II  einander  viel  näher,  als 
der  Kopf  III  einem  von  ihnen.    Die  Form  des  Kopfes  ist  bei  jenen  länglicher  und 


r 


26  Michaelis ,   Amazonenstatuen. 


breiter,  bei  III  mehr  gerundet.  Die  Nase  ist  dort  kräftiger,  weiter  vorspringend  und 
an  der  Spitze  mehr  gesenkt;  in  III,  wo  freilich  die  Nasenspitze  ergänzt  ist,  mehr  in 
die  Länge  gezogen  und  von  minder  ausgeprägter  Bildung.  Das  Untergesicht  ist  in 
I  und  II  anscheinend  ein  wenig  höher;  namentlich  in  der  Vorderansicht  macht  es 
in  III  einen  im  Verhältnis  zu  Nase  und  Stirn  gedrückteren  Eindruck;  aber 
auch  im  Profil  erscheint  das  Kinn  nicht  so  kräftig  wie  in  I  und  IL  Im  Übrigen 
sind  die  Hauptformen  des  Gesichtes  in  allen  drei  Typen  nahe  verwandt.  Die  Nase 
springt  bei  I  wohl  noch  etwas  mehr  vor  und  das  Oval  des  Untergesichts  mag  ein 
wenig  breiter  sein,  aber  die  von  Stirn  und  Nase  gebildete  Profillinie  ist  doch  ebenso 
wenig  wesentlich  verschieden,  wie  die  Linie  des  Kinnbackens  oder  der  Umrifs  des 
ganzen  Gesichtes  in  der  Vorderansicht.  Auch  die  scharfe  Bezeichnung  des  unteren 
Stirnrandes  und  der  Augenlider  ist  allen  drei  Typen  gemeinsam.  Gröfsere  Ver- 
schiedenheit zeigt  sich  in  der  Bildung  des  Mundes.  In  I  sind  die  Lippen  wulstig 
und  die  Unterlippe  schiebt  sich  kräftig  vor.  Ganz  anders  II  mit  der  feinen  und 
feingeschwungenen  Oberlippe,  unter  der  sich  die  kräftige  aber  nicht  dicke  Unter- 
lippe leise  zurückzieht;  damit  stehen  die  etwas  herabgezogenen  Mundwinkel  im 
Zusammenhang,  deren  Ausdruck  wiederum  in  der  stärkeren  Betonung  der  Nasen- 
flügel seine  Ergänzung  findet.  In  III  endlich  springen  beide  Lippen  ungefähr  gleich 
weit  vor  und  erscheinen  fast  auf  einander  geprefst;  Nasenflügel  und  Mundwinkel 
sind  etwa  gleich  stark  gesenkt  und  verleihen  dadurch  dem  Kopfe  seinen  charakte- 
ristischen Ausdruck.  Überhaupt  treten  die  Unterschiede  der  drei  Typen  weit  mehr 
im  Ausdruck  als  in  der  Form  hervor,  jener  aber  hängt  eng  mit  der  Stellung 
zusammen ,  die  dem  Kopf  durch  die  Gesammtcomposition  der  Statue  zugewiesen  ist. 
So  geben  die  Köpfe  einen  neuen  schlagenden  Beleg  ab  für  die  Richtigkeit  von 
Kekules  Beobachtung,  dafs  in  den  Sculpturen  der  besten  griechischen  Zeit  die  Züge 
des  Gesichtes  erst  im  Zusammenhang  mit  der  Bewegung  der  ganzen  Gestalt  ihr 
inneres  Leben  und  ihren  eigentlichen  Ausdruck  gewinnen10. 

Im  Typus  I  ist  der  Kopf  nicht  unerheblich  zurückgelegt,  im  Einklang  mit 
dem  Hauptmotiv  der  ganzen  Figur,  dem  Aufstützen  des  ermatteten  Körpers.  Der 
Kopf  weicht  nur  wenig  von  der  Vorderansicht  ab,  aber  diese  geringe  seitliche 
Wendung  in  Verbindung  mit  der  Unteransicht  genügt  um  die  Formen,  wiederum  in 
voller  Harmonie  mit  dem  breiten  kräftigen  Charakter  des  Körpers,  breit  und  eckig 
erscheinen  zu  lassen.  Der  Mund  mit  seinen  volleren  Lippen,  dem  man  in  der 
reinen  Vorderansicht  höchstens  etwas  Strenge  ansah,  scheint  jetzt  Schmerz  und  Un- 
muth  zu  athmen  und  macht  den  Eindruck  als  ob  er  sich  ein  wenig  öffne;  die  oberen 
Lider  bedecken  leicht  die  ermatteten  Augen.  Mit  den  geringsten,  unscheinbaren 
Mitteln  hat  der  Künstler  es  verstanden,  dem  kräftigen  Weibe  einen  Hauch  von 
schmerzlicher  Ermüdung  zu  verleihen,  die  durch  den  über  das  Haupt  gelegten  Arm 

l0)  Akad.  Kunstmus.  in  Bonn  S.  39.  Diese  Beob-  wirkt,  als  hierher  gehörig  erkannt  hat.  Ebenso 
achtung  macht  es  auch  erklärlich ,  dafs  erst  hat  die  falsche  Aufstellung  die  englischen  Ge- 
Wolters den  Neapler  Bronzekopf/,  der  in  der  lehrten  bewogen,  den  Kopf  A'dem  capitolinischen 
That  in  seiner   graden  Haltung   sehr    fremdartig  Typus  zuzuzählen. 


Michaelis ,    Amazonenstatuen. 


27 


vollends  sprechend  wird.  Je  stärker  das  Oberlicht  auf  diese  Züge  fällt,  desto  mehr 
steigert  sich  der  Ausdruck  bis  zu  jener  Todesmattigkeit,  die  bei  der  lansdowneschen 
Statue  den  Beschauer  so  mächtig  ergreift. 

Ganz  anders  ist  eine  ähnliche  Wirkung  im  Typus  II  erzielt.  Hier  beruht 
Alles  auf  der  starken  Neigung  des  Kopfes  nach  vorn  und  gegen  die  Seite  hin. 
Dadurch  erhält  der  Gesichtsumrifs  jenes  langgezogene  Oval,  das  etwas  an  den 
albanischen  Athenakopf  in  München  erinnert.  Das  Kinn  erscheint  höher  als  es 
wirklich  ist;  die  lange  gerade  Nase  verstärkt  den  länglichen  Eindruck  des  Gesichtes. 
Der  traurige  Zug  des  Mundes  tritt  stärker  hervor,  noch  gehoben  durch  den  Schatten 
an  den  etwas  emporgezogenen  Nasenflügeln.  Ein  tiefer  Schatten  lagert  unter  der 
Stirn,  und  die  oberen  Lider,  die  schon  in  der  reinen  Vorderansicht  stärker  erscheinen, 
legen  sich  schwerer  auf  die  gesenkten  Augen.  Jetzt  kommt  auch  erst  die  dichte 
gleichmäfsige  Masse  des  Haares  zu  voller  Geltung;  wie  eine  schwere  Kappe  ruht 
sie  auf  dem  Haupte,  und  die  breite  Masse,  die  noch  gröfser  erscheint,  weil  man  sie 
bis  hoch  auf  den  Scheitel  überschaut,  drückt  gewissermafsen  den  feineren  Bau 
des  Gesichtes  nieder.  Es  ist  nicht  bloss  äufserer  Schmerz  was  aus  diesen  Zügen 
spricht:  er  ist  mit  einer  tief  aus  der  Seele  kommenden  Empfindung  von  Trauer 
gemischt.  Gerade  hierin  beruht  der  fesselnde,  zum  Mitleid  zwingende  Reiz,  den 
dieser  Kopf  von  jeher  auf  alle  Beschauer  ausgeübt  hat.  Er  spricht  sich  auch  im 
Profil  deutlich  aus  und  ergreift  uns  noch  mächtig  in  den  feinen  Zügen  des  syraku- 
sischen   Cammeo  ;-. 

Der  Eindruck  des  Kopfes  vom  Typus  III  ist  völlig  verschieden.  Der  Hals 
ist  so  weit  gegen  die  1.  Schulter  hinübergedrängt,  wie  es  die  starke  Erhebung  des 
rechten  Armes  mit  sich  bringt,  auf  dem  Halse  aber  erhebt  sich  der  Kopf  fast  senk- 
recht, nur  mit  einer  ganz  leichten  Neigung  gegen  seine  rechte  Seite.  Dieser  geraden, 
kraftvollen  Haltung,  die  mit  der  ganzen  Bewegung  des  gestreckten  Körpers  im 
Einklang  steht,  entspricht  der  energische  Ausdruck  des  Gesichtes,  dem  auch  nicht 
der  leiseste  Zug  von  Müdigkeit  oder  gar  von  Schmerz  beigemischt  ist.  Um  den 
Mund  herrscht  ein  strenger  Ernst,  etwas  Herbes,  fast  zum  Verdriefslichen  gewandt; 
die  herabgezogenen  Nasenflügel  verstärken  den  letzteren  Eindruck,  und  auch  das 
kurze  Untergesicht  gibt  dem  Munde  etwas  Geschlossenes,  dem  ganzen  Ausdruck 
eine  feste,  zielbewufste  Bestimmtheit.  Ebenso  sieht  das  Auge  gerade  vor  sich  hin, 
als  ob  es  sein  Ziel  fest  fasse;  nichts  von  Trauer,  nichts  von  Ermattung.  Bei  der 
jetzigen  Aufstellung  der  Petworther  Statue  wirken  freilich  die  Schatten  des  Stirn- 
randes und  der  Lider  zu  stark,  und  dieser  Übelstand  ist  auch  in  die  Radirung 
übergegangen;  bei  genauerer  Betrachtung  des  Originals  schien  es  mir  unverkennbar, 
dafs  Blick  und  Ausdruck  mit  demjenigen  der  beiden  andern  Typen  nichts  gemein 
haben.  Der  Grund  liegt  auf  der  Hand:  dort  haben  wir  es  mit  verwundeten  Ama- 
zonen zu  thun,  hier  mit  einem  Weibe  im  Augenblick  angespannter  Kraftäufserung. 
Das  wird  freilich  meistens  bestritten.  Eine  Musterung  des  Gesammtmotivs  in  den 
drei  Typen  auf  Grund  der  obigen  kritischen  Darlegung  des  einzelnen  Thatbestandes 
soll  meine  Behauptung  erhärten.     Die  Darlegung  anschaulicher  und   eindringlicher 


28 


Michaelis ,    Amazonenstatuen. 


zu  machen  mögen  die  restaurirten  Skizzen  der  drei  Typen  dienen,  die  nach 
meinen  Angaben  unter  Dr.  Fränkels  Leitung  von  Herrn  Max  Lübke  angefertigt 
worden  sind. 


RECONSTRUCTION  DER  DREI  STATUENTYPEN. 

Der  capitolinische  Typus.  —  Am  klarsten  liegt  die  Sache  bei  dem 
Typus  II,  der  Amazone  mit  dem  Mantel,  seit  Klügmann  die  vollständige  Darstellung 
dieser  Figur    auf   der  Pariser  Gemme    a    nachgewiesen    hat".      Danach   stützt  die 

Amazone  sich  auf  die  Lanze,  die  sie  mit  der  Rechten 
ziemlich  hoch  gepackt  hält,  so  dafs  die  Last  des 
Körpers  sich  auf  die  Lanze  und  das  linke  Bein  ver- 
theilt,  während  der  rechte  Fufs  leicht  zurückgestellt 
ist.  Die  Beine  sind  in  den  Exemplaren  b  c,  Theile 
derselben  auch  in  e  f  erhalten.  Dagegen  fehlt  der 
rechte  Arm  fast  überall.  Im  Wörlitzer  Torso  i  ist 
die  ganze  Schulter  mit  dem  Armansatz,  in  b  ein  Stück 
des  letzteren,  in  c  c  Ansätze  der  Schulter  erhalten. 
Nur  der  Pariser  Torso  d  ist  noch  im  Besitz  von  drei 
Vierteln  seines  Armes,  obschon  diese  in  vier  Stücke 
zerbrochen  waren.  Der  erhaltene  Arm  bestätigt,  was 
auch  i  lehrt,  dafs  der  Oberarm  nicht,  wie  man  nach 
der  Gemme  a  annehmen  sollte,  wagerecht  gehalten, 
sondern  etwas  mehr  gehoben  war;  der  Raum  der 
Gemme,  der  in  seiner  ganzen  Höhe  von  der  Gestalt 
eingenommen  wird,  zwang  den  Künstler  die  rechte 
Hand  nicht  über  den  Kopf  hinausreichen  zu  lassen, 
und  dem  mufste  sich  der  ganze  Arm  fügen.  Auch 
die  Richtung  des  Vorderarms  ist  im  Allgemeinen 
durch  d  gegeben,  so  weit  nicht  etwa  bei  der  nicht 
sehr  sorgfältigen  Zusammensetzung  der  vier  Frag- 
mente kleine  Veränderungen  der  Lage  stattgefunden 
haben.  Nur  die  Handhaltung  ist  aus  den  erhaltenen 
Copien  nicht  zu  ersehen.  Da  aber  die  ziemlich 
flache  und  wenig  ausgearbeitete  Rückseite  des  Man- 
tels keinen  Zweifel  darüber  läfst,  dafs  die  Haupt- 
ansicht der  Statue  diejenige  ist,  bei  der  die  Hals- 
grube senkrecht  über  dem  linken  Fufs  steht  und  der  Oberkörper  sich  dem  Beschauer 
gerade  von  vorn  darstellt,  so  scheint  es  im  Interesse  einer  geschlossenen  Composition 
erforderlich,  dafs  der  Speer  so  nahe  wie  möglich  an  den  Körper  heranrücke.  Dies 
ist  nur  dadurch  erreichbar,    dafs   man   das  Handgelenk    sich   so   stark   biegen   läfst, 


u)  Auf  einige  verwandte  Gemmen   weist   Klligmann 
Amaz.  S.  64  hin:  Sandrart  deutsche  Akad.,  1679, 


II,  2,  Taf.  iii.    Gori  Mus.  Florentinum ,   gemmat, 
II,  63. 


Michaelis,   Amazonenstatuen. 


29 


wie  es  mit  dem  festen,  sichern  Anfassen  des  Speeres  irgend  vereinbar  ist.  Dem- 
gemäfs  ergibt  sich   die  oben  skizzirte  Haltung. 

Das  Motiv  des  linken  Arms  ist  durch  die  Gemme  gesichert:  die  Hand  zieht 
den  Rand  des  auf  der  Schulter  gelösten  Chitons  von  der  Wunde  weg.  Die  erhal- 
tenen Stücke  des  Arms  —  bei  b  c  der  ganze  Oberarm  einschliefslich  eines  Stückes 
des  Unterarms,  bei  efghik  nur  Theile  des  Oberarms,  der  bei  d  ganz  modern  ist 
—  stimmen  damit  überein.  Das  weggezogene  Gewandstück  fehlt  überall,  ist  aber 
in  b  e  nach  den  Andeutungen  des  Faltenzuges  richtig  ergänzt;  in  den  meisten 
Exemplaren,  so  namentlich  in  c,  ist  das  Motiv  vom  Ergänzer  misverstanden  und 
demgemäfs  der  Rand  des  Chitons  schlecht  überarbeitet.  Die  Verwundung  selbst  ist, 
wenn  wir  von  der  verschollenen  und  nicht  genau  bekannten  giustinianischen  Figur  k 
absehen,  nur  in  fundg  ganz  übergangen.  In  b  c  i  sind  zwei  Wunden  dargestellt, 
eine  gröfsere  mit  reichlicheren  Blutstropfen  aufsen  an  der  rechten  Brust  selbst,  eine 
zweite,  ebenfalls  blutende,  unter  ihr.  Vermuthlich  galt  das  Gleiche  ursprünglich 
auch  von  h ,  wo  die  Brust  ergänzt  und  darunter  eine  Wunde  mit  Blutstropfen 
angegeben  ist;  eine  abgestofsene  Stelle  am  gleichen  Ort  in  e,  dessen  rechte 
Brust  ebenfalls  ergänzt  ist,  scheint  dagegen  mit  einer  Wunde  nichts  zu  thun 
zu  haben;  in  d  endlich  fehlt  die  Wunde  an  der  Brust,  und  nur  die  untere  wird 
in  Gestalt  eines  scharfen  Schnittes  ohne  Angabe  von  Blutstropfen  (vgl.  B  D) 
sichtbar.  Diese  kleinen  Verschiedenheiten  in  Angabe  der  Wunden  sind  ohne  Be- 
deutung, da  für  die  Statue  die  Verwundung  ganz  unentbehrlich  ist,  geradezu  das 
Grundmotiv  abgibt. 

Von  den  erhaltenen  Exemplaren  dieses  Typus  ist  keines  von  ausgezeichneter 
Ausführung,  auch  nicht  das  berühmteste  capitolinische  b.  Mir  erschien  die  Gewan- 
dung an  dem  andern  capitolinischen  Exemplar  c,  ja  auch  an  dem  colonnaschen 
Torso  /,  ursprünglich  besser,  aber  freilich  sind  beide  Statuen  von  den  Ergänzern 
sehr  übel  mishandelt  worden.  Das  Wörlitzer  Fragment  i,  obschon  auch  nicht 
gerade  hervorragend,  dürfte  doch  zu  den  besseren  Exemplaren  gehören.  Viel  vor- 
züglicher, zum  Theil  vortrefflich  im  Ausdruck  mafsvoller  Seelentrauer,  sind,  wie 
oben  (S.  25)  bemerkt  ward,  einige  der  Köpfe  gearbeitet;  in  ihnen  tritt  auch  der 
Bronzecharakter  des  Originals  viel  deutlicher  als  im  Körper  und  in  der  Gewandung 
zu  Tage.  Die  Übertragung  in  den  Marmor  hat  eine  Stütze  neben  dem  Standbein 
nöthig  gemacht,  die  in  b  c  noch  erhalten  ist.  In  b  ist  sie  ganz  kahl  gelassen  (ebenso 
in  den  Ergänzungen  von  efh)  und  nur  mit  der  noch  immer  nicht  ganz  aufgeklärten 
Inschrift  versehen;  in  c  ist  die  Stütze  durch  die  geläufigsten  Amazonenwaffen,  Pelta 
und  Doppelaxt,  verdeckt  worden.  Das  Original  begnügte  sich,  wie  a  zeigt,  mit 
der  einzigen  Lanze,  die  bekanntlich  auf  älteren  Amazonendarstellungen  die  belieb- 
teste Waffe  der  streitbaren  Jungfrauen  ist. 

Der  lansdownesche  Typus.  —  Während  Klügmann  für  den  eben  be- 
sprochenen Typus  schon  1866  im  Wesentlichen  das  Richtige  erkennen  konnte, 
ist  für  den  Typus  I,  für  den  keine  Gemme  oder  sonst  eine  vollständige  Wiedergabe 


30 


Michaelis ,    Amazonenstatuen. 


zur  Verfügung  steht,  erst  durch  den  Fund  der  Berliner 
Amazone  C  und  die  daran  sich  anknüpfenden  Erörte- 
rungen, an  denen  aufser  Klügmann  besonders  Heibig 
sich  erfolgreich  betheiligt  hat,  fester  Grund  gewonnen. 
Jedoch  ist  noch  nicht  völlige  Einigkeit  erzielt  worden. 
Overbeck  z.  B.  glaubt  in  der  neuesten  Auflage  seiner 
Geschichte  der  griechischen  Plastik,  im  Wesentlichen 
mit  Hoffmann  und  Schlie  übereinstimmend,  zwei  Va- 
riationen unterscheiden  zu  müssen:  die  ursprüngliche 
Composition,  durch  DG  vertreten,  zeige  die  Amazone 
unverwundet,  nur  ermattet,  vermuthlich  mit  der  Rechten 
auf  dem  Haupte  und  die  gesenkte  Linke  etwa  auf  eine 
Streitaxt  gestützt;  durch  Hinzufügung  der  Wunde  an 
unpassender  Stelle  sei  das  Motiv  verändert,  die  festere 
Stütze  eines  Pfeilers  unter  dem  linken  Arm  und  in 
Folge  dessen  die  Abänderung  der  ganzen  Ponderirung 
nothwendig  geworden  (so  in  ABCE).  Mit  Recht  be- 
merkt dagegen  Wolters,  die  Wunde  gehöre  zu  eng  zum 
Gedanken  des  Werkes,  als  dafs  wir  sie  entbehren  könn- 
ten; eine  Heldin  wie  diese  Amazone  könne  nicht  ohne 
gewichtigen  Grund  in  matter  Erschlaffung  erscheinen. 
Nur  den  Pfeiler  ist  Wolters  geneigt  dem  Bronzeoriginal 
abzusprechen  und  ebenfalls  anzunehmen,  «dafs  dort  die 
Amazone  etwa  die  Hand  auf  ihre  Streitaxt  gelehnt  habe». 
Letztere  Vermuthung  ward  schon  von  Jahn,  Klügmann, 
Engelmann,  Schlie  ausgesprochen12.  So  natürlich  ich  diese  Annahme  finde,  wenn  die 
Amazone,  wie  dies  bei  den  eben  genannten  Gelehrten  der  Fall  ist,  für  unverwundet 
und  nur  ermattet  gilt,  aber  so,  dafs  sie  doch  noch  fest  auf  den  Beinen  steht,  so 
unmöglich  dünkt  es  mich,  dafs  eine  dünne  und  schwanke  Streitaxt  die  geeignete 
Stütze  für  einen  so  kräftigen,  durch  schwere  Verwundung  zu  schlaffer  Ermattung 
gebrachten  Körper,  der  sich  ganz  nach  dieser  Seite  hinüberneigt,  abgeben  sollte. 
Offenbar  spielt  bei  der  Verwerfung  des  Pfeilers  eine  andere  Erwägung  mit.  Es  ist 
ja  bekannt,  wie  oft  Stützen  erst  in  Marmorcopien  von  Bronzestatuen  hinzugefügt 
worden  sind,  wo  das  gebrechlichere  Material  eine  solche  Verstärkung  erheischte. 
Ist  aber  damit  die  Anbringung  eines  Pfeilers   in   einer  Bronzestatue   ausgeschlossen, 


12)  Overbeck  I,  392  f.  479  f.  Wolters  S.  232.  Jahn 
S.  53.  Klugmann  n.  rhein.  Mus.  1866,  323. 
Engelmann  Zeitschr.  f.  bild.  K.  V,  36  f.  Schlie 
S.  14.  Nicht  klar  ist  mir  Kekules  Ansicht.  Im 
akad.  Kunstmus.  No.  84  erwähnt  er  die  Wunde 
von  C  und  wendet  nichts  gegen  den  Pfeiler  ein; 
in  den  commentationes  Momms.  dagegen  spricht 
er  weder  von  der  Wunde  noch  von  dem  Pfeiler, 


fuhrt  als  Hauptbeispiel  des  Typus  die  —  ge- 
wöhnlich für  unverwundet  geltende  —  vaticani- 
sche  Statue  D,  die  sich  nicht  aufstützt ,  an ,  und 
bezeichnet  die  ebenfalls  frei  dastehende  mattei- 
sche  Amazone  (Typus  III)  als  eine  Umbildung 
des  Typus  I.  Demnach  scheint  er  ähnlicher 
Ansicht  wie  Overbeck  zu  sein  und  Verwundung 
und  Pfeiler  für  nicht  ursprünglich  zu  halten. 


Michaelis ,   Amazonenstatuen. 


31 


wenn  das  ganze  Motiv  auf  Verwendung  einer  kräftigen  Stütze  beruht?  Wie  liefse 
sich  z.  B.  die  bekannte  anmuthige  Bronzestatue  eines  Apollon  mit  der  Kithar" 
ohne  den  Pfeiler  denken?  Ebenso  ist  die  Artemis  in  der  schönen  Gemme  des 
Apollonios1*  oder  diejenige  einer  Terracottastatuette  aus  Tanagra15  ganz  mit 
Rücksicht  auf  den  Pfeiler  componirt,  der  daher  nicht  als  störendes  Beiwerk  sondern 
als  nothwendiger  Theil  der  Composition  erscheint.  So  gehört  der  Pfeiler  auch  bei 
unserer  Amazone  sicherlich  zur  ursprünglichen  Composition;  die  bescheidene  archi- 
tektonische Ausbildung  des  oberen  Endes  in  A,  die  Steinhäuser  bei  der  Ergänzung 
von  C  füglich  hätte  beibehalten  sollen,  steht  ganz  im  Einklang  mit  der  Weise  der 
älteren  Zeit  bei  solchem  Nebenwerk.  Ein  späterer  Copist  würde  vermuthlich  einen 
Stamm  vorgezogen  haben,  um  daran  Pelta  und  Axt  anzubringen,  wie  das  ja  die 
Ergänzer  von  BD  gethan  haben. 

Auch  die  Prüfung  der  einzelnen  erhaltenen  Exemplare  ist  der  Annahme 
des  Pfeilers  als  nothwendigen  Bestandtheils  der  Composition  günstig.  Von  dem 
Pfeiler  selbst  ist  allerdings  nur  in  der  lansdowneschen  Statue  A  ein  Rest  erhalten, 
aber  in  BCDE  ist  an  der  gleichen  Stelle  noch  der  Rest  oder  die  Spur  der 
viereckigen  Marmorstütze  sichtbar,  der  den  Pfeiler  mit  der  Hüfte  der  Amazone  verband. 
In  C  hat  dieser  Rest  nach  Helbigs  sachkundiger  Anweisung  zur  richtigen  Ergänzung 
durch  den  Pfeiler  geführt;  in  BD  hat  er  den  Anlafs  gegeben  den  aus  dem  dritten 
Typus  bekannten  Köcher  hier  anzubringen,  der  schon  deshalb  nicht  hierher  gehört 
weil  kein  Köcherband  vorhanden  ist;  in  E  ist  nur  noch  die  überarbeitete  Stelle  zu  er- 
kennen; F  ist  nur  bis  zum  Gürtel  erhalten.  Sehr  bedeutsam  ist  aber,  dafs  selbst  die 
pamfilische  Statue  //noch  einen  Rest  jener  Stütze  bewahrt  hat.  Denn  da  hier,  bei  sonst 
vollständiger  Übereinstimmung  mit  unserem  Typus,  der  Chiton  den  ganzen  Oberkörper 
verhüllt16,  also  von  einer  Verwundung  nicht  füglich  die  Rede  sein  kann,  so  ist  es 
doppelt  beachtenswerth,  dafs  selbst  bei  der  Umwandelung  zu  einer  blofs  ermatteten 
Amazone  dennoch  der  Pfeiler  als  nothwendig  beibehalten  worden  ist.  So  glaube 
ich  denn,  dafs  auch  die  Bronzestatuette  G  ursprünglich  einen  Pfeiler  neben  sich 
hatte.  Durch  Milanis  genaue  Nachprüfung  steht  fest,  dafs  der  linke  Arm  der  Figur, 
und  ebenso  dafs  die  ganze  Basis  modern  ist.  Von  dieser  Seite  steht  also  der 
Annahme  einer  Stütze,  die  bei  der  Bronze  natürlich  nicht  mit  der  Hüfte  verbun- 
den zu  sein  brauchte,  nichts  entgegen,  und  die  Ponderirung'  der  Figur  kann  leicht 
bei  der  rohen  Anlöthung  des  gebrochenen  rechten  Fufses  eine  Veränderung  erlitten 
haben.  Sollte  aber  auch  diese  Vermuthung  nicht  richtig  sein,  so  würde  das  nicht 
viel  beweisen,  denn  verkleinerte  Copien  werden  nicht  selten  in  ähnlicher  Weise 
verkürzt.     So  ist  z.  B.  das  Standmotiv  einer  Hermesstatuette  aus  Herculaneum"  ohne 

13)  Mus.    Borb.  II,  23.      Overbeck  Pompeji  4S.  545  16)  Dass    dies    kein    Beweis    gegen    die    Bedeutung 

Fig.  283  a.  auch    dieser  Statue  als    einer  Amazone  ist,   kön- 

,4)  Müller- Wieseler  Denkm.  II,   15,    161  a,  vgl.    16,  nen    der   Wiener   Torso,    der   Fries    von  Bassae 

17217.  und  eine  ganze  Reihe   namentlich  älterer  Monu- 

")  Kekule  Terracotten  von  Tanagra  Taf.  17.     Furt-  mente  zeigen. 

wängler,  Sammlung  Saburoff  Taf.   125.  ir)  Antich.  di  Ercolano  VI,  35. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts    I. 


3 


32 


Michaelis,    Amazonenstatuen. 


Stütze  unter  dem  linken  Arm  nicht  verständlich,  obschon  die  runde  Basis  dafür 
keinen  Platz  bietet.  Nicht  anders  ist  es  meines  Erachtens  mit  dem  sogenannten 
Narcissus  aus  Pompeji18,  keinem  Lauscher,  sondern  nach  Brunns  treffender  Erklärung 
einem  Dionysos  der  mit  der  Rechten  einem  Panther  ein  Zeichen  macht;  für  den 
Panther  ist  aber  wiederum  auf  der  Basis  kein  Platz.  —  Mit  dem  Pfeiler  neben  der 
Amazone  hängt  aufs  engste  die  Haltung  des  linken  Armes  zusammen.  Von  diesem 
sind  in  A  drei  Viertel,  in  CF  der  Oberarm,  in  den  übrigen  Exemplaren  nichts  oder 
nur  der  Ansatz  erhalten.  Somit  kann  nur  über  die  Haltung  der  Hand  ein  Zweifel 
herrschen,  doch  scheinen  mir  Helbigs  Darlegungen  für  die  Richtigkeit  der  Ergänzung 
in  C  zu  sprechen,  wenn  auch  die  Ausführung  nicht  ganz  nach  Wunsch  ausgefallen 
ist".  Jedenfalls  gehört  keine  Waffe  oder  sonstiges  Attribut  in  die  Hand;  dies 
würde  ein  Widerspruch  gegen  den  Grundcharakter  der  Statue  sein. 

Auch  hinsichtlich  der  Verwundung  herrscht  in  den  erhaltenen  Marmorcopien 
die  wünschenswerthe  Übereinstimmung,  ja  in  noch  höherem  Grade  als  bei  dem 
zweiten  Typus.  Denn  abgesehen  von  der  pamfilischen  Statue  H  mit  ganz  bedeckter 
Brust  zeigen  alle  Marmorexemplare  (AB  CD  FF,  also  auch  D  von  dem  das  Fehlen 
der  Wunde  angegeben  zu  werden  pflegt)  genau  an  der  gleichen  Stelle,  neben  der 
rechten  Brust,  einen  scharfen  Querschnitt.  Nur  darin  tritt  eine  Verschiedenheit 
hervor,  dafs  in  den  Exemplaren  strengeren  Stils  BD  blofs  der  Schnitt,  in  den  übri- 
gen dagegen  auch  Blutstropfen  angegeben  werden,  sparsamer  in  CF,  reichlicher  in 
A  F.  Der  sonstigen  Übereinstimmung  gegenüber  ist  es  von  geringem  Belang,  dafs 
die  Bronzestatuette  G  keine  Wunde  aufweist,  sondern  deren  Ergänzung  dem  Be- 
schauer überläfst.  Auf  die  auffällige  Erscheinung,  dafs  der  Arm  an  der  verwundeten 
Seite  gehoben  und  dadurch  die  Pein  der  Wunde  vermehrt  ist,  werde  ich  unten 
(S.  40)  zurückkommen. 

Ebenso  wenig  kann  über  die  Haltung  des  Kopfes  und  des  rechten  Armes 
ein  Zweifel  bestehen.  Der  Kopf  mit  seiner  charakteristischen  Neigung  ist  in  A  B 
CG  H  ungebrochen  erhalten,  der  Arm  mit  Ausnahme  weniger  Finger  in  A,  vielleicht 
auch,  jedoch  'ohne   die   Hand,   in   B.     Aufserdem   haben   sich   auf  den  Köpfen  von 


1S)  Overbeck  Pompeji4  Titelk.  Niccolini  le  case , 
Descr.  gen.  Taf.  15.  Vgl.  Brunn  bull.  1863,  92. 
Heydemann  Ant.  in  Oberit.  S.  73  f.  Die  Deutung 
auf  einen  Lauscher,  die  den  verbreiteten,  nach 
einer  Copie  angefertigten  Abgüssen  gegenüber 
begreiflich  ist,  hält  nicht  Stand  angesichts  des 
Originals,  oder  einer  danach  genommenen  Pho- 
tographie, da  die  Haltung  des  Kopfes  in  jenen 
nicht  unerheblich,  und  zwar  in  einer  für  das  Motiv 
sehr  bedeutsamen  Weise  verändert  worden  ist. 

19)  Klügmann  berief  sich  {bull.  1870,  6  f.)  für  die 
Restauration  der  Hand  auf  eine  Lekythos  der 
Sammlung  Campana  (Catal.  Campana  Ser.  IX, 
Saal  G  No.  68),  wo  eine  verwundete  Amazone 
sich    mit    gleicher    Handhaltung    auf  eine   Stele 


stütze.  Auf  eine  Anfrage  in  Paris  hatte  der 
Conservator  derVasenabtheilung,  Herr  L.  Heuzey, 
die  Güte  mir  zu  antworten  :  »  Ce  monument  n'est 
plus  expose  dam  nos  galeries.  En  effet  je  considere 
le  dessin  comme  plus  que  snspect.  Le  vase  et  le 
fond  blanc  de  la  peinture  sont  authentiques ;  an 
peut  croire  aussi  qu'il  existait  quelques  traces  tris 
effacees  de  figures  ;  mais  ees  traces  ont  ete  repassees 
par  une  main  moderne  et  largement  completees, 
surtout  dans  les  armes,  dans  les  coiffures,  en  un 
mot  dans  tont  ce  qui  en  fait  des  Amazones.  Le 
trait,  quoique  remarquablement  fin  et  treue  par  un 
/labile  hotnme,  est  tremble  presque  partout  et  n'a 
pas  la  decision  du  trait  antique.i  Hiernach  schien 
eine  Abbildung  unnöthig. 


Michaelis ,    Amazonenstatuen.  « 


BCD  noch  Ansatzspuren  erhalten,  bald  nur  von  dem  Daumen  {BD),  bald  auch 
von  zwei  weiteren  Fingern  [C);  auf  dem  vereinzelten  Kopfe  L  ist  sogar  noch  ein 
Stück  des  Daumens  auf  dem  Scheitel  übriggeblieben,  auf  M  eine  Ansatzspur,  auf  K 
eine  deutlich  überarbeitete  Stelle  mit  etwas  abweichender  Behandlung  des  Haares. 
Ja  auch  auf  dem  Scheitel  der  Bronzestatuette  G  hat  Milani  eine  bedeutende  Er- 
höhung als  Rest  der  einst  aufliegenden  Hand  aufgefunden.  Nur  der  eherne  Hermen- 
kopf /  zeigt  keine  solche  Spur,  ganz  natürlich,  da  er  von  vornherein  als  Einzelkopf 
gearbeitet  war.  Auch  die  Haltung  der  Hand  ist  durch  A  und  die  Reste  in  C L 
völlig  sichergestellt;  dafs  nicht  die  flache  Hand  sondern  nur  der  Daumen  und  ein 
paar  Fingerspitzen  auf  dem  Scheitel  liegen,  hat,  wie  längst  bemerkt  worden  ist, 
seinen  Grund  in  dem  Wunsche,  die  ganze  Hand  für  den  Beschauer  sichtbar  zu 
machen. 

Ein  besonderes  Problem  bietet  der  Kopf  o.  Obschon  dem  zweiten  Typus 
angehörig,  weist  er  doch  nach  Klügmanns  und  Helbigs  Zeugnis  (Matz  war  dieser 
Umstand  entgangen)  eine  deutliche  Spur  auf,  dafs  etwas  an  dem  Kopfe  befestigt 
war.  Klügmann  verlegt  den  «Rest  einer  Stütze»  auf  die  linke,  Heibig  die  «Bruch- 
stelle» auf  die  rechte  Seite.  Er  beschreibt  sie  als  «eine  keilförmige  Bruchstelle, 
ähnlich  einem  spitzwinkeligen  Dreieck,  dessen  Basis  etwa  0,03,  dessen  Schenkel 
0,053  lang  sind.  Es  kann  keinem  Zweifel  unterliegen,  dafs  diese  Bruchstelle  von 
Fingern  der  rechten  Hand  herrührt,  die  den  Schädel  daselbst  berührten.  Also 
wurde  die  sog.  Amazone  des  Phidias  [Typus  II]  nicht  nur  die  Rechte  auf  den  Speer 
stützend  dargestellt,  sondern  auch  die  Rechte  auf  den  Kopf  legend,  ähnlich  dem 
polykletischen  Typus  [I],  aus  dem  sie  abgeleitet  ist.»  So  weit  Heibig.  Diese  An- 
nahme setzt  allerdings  eine  sehr  starke  Entstellung  des  Grundmotivs  vom  Typus  II 
voraus,  da  sie  den  Fehler  des  auf  der  verwundeten  Seite  erhobenen  Arms  (s.  u.) 
aus  dem  Typus  I  in  den  Typus  II  übertragen  und  die  weitere  Unzuträglichkeit  hin- 
zufügen würde,  dafs  das  Spielbein  auf  die  verwundete  Seite  käme,  ohne  durch  einen 
Speer  oder  eine  sonstige  Stütze  verstärkt  zu  werden.  Man  könnte  ja  auch  denken, 
dafs  der  Copist  einer  Statue  vom  Typus  I  einen  Kopf  des  anderen  Typus  aufgesetzt 
hätte,  wo  sich  dann  die  aufgelegte  Hand  einfacher  erklären  würde.  In  beiden 
Fällen  bleibt  jedoch  die  Schwierigkeit  bestehen,  dafs  die  Lage  der  rechten  Hand 
auf  der  rechten,  der  Hand  zugewandten  und  stark  geneigten  Seite  des  Kopfes 
schwer  erklärlich  sein  würde,  während  Klügmanns  Angabe  der  linken  Seite  aller- 
dings mit  einer  solchen  Annahme  leichter  zu  vereinigen  wäre.  Da  jedoch  Heibig 
im  Gegensatz  zu  Klügmann  ausdrücklich  die  rechte  Seite  des  Kopfes  angibt,  so 
bleibt  mir  ein  Zweifel,  ob  die  fragliche  Spur  wirklich  von  einer  aufliegenden  Hand 
herrührt,  ohne  dafs  ich  freilich  eine  bessere  Vermuthung  —  denn  die  Annahme 
einer  blofs  zufälligen  Verletzung  scheint  ausgeschlossen  zu  sein  —  an  die  Stelle  zu 
setzen  wüfste. 

Der  einzige  Punkt,  der  sich  hinsichtlich  dieses  Typus  nicht  mit  voller 
Sicherheit  entscheiden  läfst,  betrifft  die  Füfse.  Sie  fehlen  vollständig  in  ADEFH. 
In  G  sind  beide  Füfse  erhalten,  der  rechte  freilich  in  arg  entstelltem  Zustande;  sie 

3* 


?A  Michaelis  ,    Amazonenstatuen. 


sind  beide  nackt.  Aufserdem  hat  nur  noch  B  seine  Füfse  bewahrt.  Der  rechte 
Fufs  ist  mit  binem  Spornhalter  versehen,  den  Heibig  als  sicher  antik  bezeichnet. 
«Über  den  linken»,  fügt  er  hinzu,  «läfst  sich  kaum  ein  sicheres  Urtheil  fällen.  Das 
Stück  Marmor,  auf  dem  er  sich  befindet,  ist  eingesetzt,  aber  derartig  überschmiert, 
dafs  sich  der  Charakter  der  Ausführung,  vollends  bei  dem  dürftigen  Licht  des 
Raumes  in  dem  sich  die  Statue  befindet,  der  Betrachtung  entzieht.  Immerhin 
möchte  ich,  soweit  unter  so  ungünstigen  Umständen  ein  Urtheil  möglich  ist,  das 
Einsatzstück  und  somit  auch  den  linken  Spornhalter  für  antik  halten« w.  Dieses 
Urtheil  scheint  durch  C  bestätigt  zu  werden,  wo  unter  dem  Knöchel  des  abgebrochenen 
linken  Fufses  sich  eine  Erhöhung  erhalten  hat,  die  richtig  als  Spornhalter  ergänzt 
worden  ist;  der  rechte  Fufs  ist  über  dem  Knöchel  gebrochen.  Es  scheint  dem- 
nach, dafs  für  die  Marmorexemplare  dieses  Typus  der  doppelte  Spornhalter 
als  zugehörig  gelten  mufs,  zweifelhaft  bleibt  es  dagegen  ob  das  Fehlen  der- 
selben in  der  Bronzestatuette  G  wiederum  nur  auf  Rechnung  der  verkleinerten  Copie 
kommt  oder  auf  die  Originalstatue  zurückzuführen  ist.  So  viel  steht  ja  fest,  dafs 
die  Amazonen  in  der  Kunst  des  fünften  Jahrhunderts  gern  zu  Pferde  erscheinen 
und  dafs  unser  Typus  auf  jedes  andere  eine  Amazone  bezeichnende  Attribut  ver- 
zichtet. Aber  nichts  deutet  in  dem  sonstigen  Motiv  unserer  Figur  gerade  auf  eine 
berittene  Amazone  hin,  und  die  Attribute  entbehrt  man  leicht:  wer  sollte  denn  die 
Heldenjungfrau  sonst  sein?  Ich  möchte  daher  die  Spornhalter  lieber  für  eine  vom 
Typus  III  entlehnte  Zuthat  halten. 

Die  erhaltenen  Exemplare  dieses  Typus  sind  im  Material  —  in  den  Haupt- 
exemplaren wenigstens  ist  es  schöner  griechischer  Marmor  —  und  in  der  Ausführung 
denen  des  capitolinischen  Typus  weit  überlegen.  Dem  entsprechend  ist  auch  der 
Bronzecharakter  des  Originals  (vgl.  S.  25)  viel  treuer  bewahrt,  namentlich  in  BD. 
Schon  aus  diesem  Grunde  wäre  es  hocherwünscht,  wenn  die  sciarrasche  Statue  B 
aus  ihrer  menschenscheuen  Verborgenheit  einmal  hervorgezogen  und  durch  Abgüsse 
verbreitet  würde,  denn  die  in  den  echten  Theilen  kaum  minder  vortreffliche  vatica- 
nische  Statue  D  ist  leider  zu  stark  ergänzt  und  überdies  von  Überarbeitung  nicht 
frei  geblieben.  Andererseits  hat  das  zugänglichste  Exemplar  in  Berlin  C  unter  den 
Händen  des  Marmorarbeiters  zu  viel  von  seinem  Erzcharakter  eingebüfst,  und  das 
Gleiche  gilt  in  vielleicht  noch  höherem  Grade  von  der  lansdowneschen  Statue  A, 
so  vortrefflich  diese  auch  in  ihrer  Art  ist. 

Der  MATTEISCHE  TYPUS.  —  Dieser  Typus,  der  lange  Zeit  bei  allen 
Freunden  antiker  Kunst  so  sehr  im  Vordergrund  des  Interesses  stand,  dafs  man  bei 
der  Erwähnung  von  Amazonenstatuen  immer  zuerst  an  ihn  dachte,  neuerlich  aber 
eine  sehr  abweichende  Beurtheilung  zu  erfahren  pflegt,  ist  am  vollständigsten 
durch  zwei  römische  Statuen  (ß  7)  von  schönem  griechischen  Marmor  und  von 
sehr    eleganter    (so    besonders    -() ,     obschon     etwas    trockener    Arbeit     vertreten, 

m)  Der  doppelte  Spornhalter  dieser  Statue  hat  ver-  der    Amazone    D    in    ihrer    älteren,     durch    dal 

muthlich  den  Anlafs  zu  der  gleichen  Ausstattung  Pozzos  Zeichnung  bezeugten  Ergänzung  gegeben. 


Michaelis,    Amazonenstatuen. 


35 


beide  durch  den  gesenkten  Kopf  des  zweiten  Typus  ergänzt. 
In  jeder  Beziehung  überlegen,  weit  lebendiger  und  fliefsen- 
der,  ohne  alle  Kleinlichkeit  und  Trockenheit  in  der  Durch- 
führung des  Gewandes  und  von  grofsartiger  Naturwahrheit 
in  der  Behandlung  des  Nackten,  ist  der  Trierer  Torso  £, 
von  prächtigem  grobkörnigem  Marmor,  der  überdies  durch 
Erhaltung  eines  Stückes  vom  Bogen  unter  dem  Köcher 
für  die  Reconstruction  der  ursprünglichen  Composition  von 
besonderer  Wichtigkeit  ist.  Die  Petworther  Statue  8  steht 
hinsichtlich  der  Arbeit  hinter  diesen  Exemplaren  weit  zu- 
rück, ist  aber  um  des  erhaltenen  Kopfes  willen  werthvoll. 
Der  Turiner  Torso  s  ist  besonders  durch  sein  Material 
interessant;  der  dunkelgrüne  Basalt  scheint  gewählt  zu  sein 
um  Bronze  zu  ersetzen.  In  der  That  gewinnt  die  schlanke, 
gestreckte  Gestalt  erst  wenn  man  sie  von  der  Marmor- 
stütze löst,  völlig  ihren  eigentlichen  Charakter.  Pelta  und 
Axt  am  Stamm  (ß  y,  in  8  modern)  und  der  Helm  neben 
dem  linken  Fufs  (•(,  in  ß  3  modern)  sind  hier  um  so  weniger 
angebracht,  als  Bogen  und  Köcher  die  sichere  Bewaffnung 
dieser  Amazone  ausmachen;  wie  erwünschte  Zuthaten  sie 
aber  für  Marmorcopisten  waren,  zeigt  die  Verwendung 
der  ersteren  Waffen  seitens  der  Ergänzer  der  den  an- 
deren Typen  angehörigen  Statuen  B  D  c.  Desto  be- 
merkenswerther  ist  das  Fehlen  aller  dieser  Ausschmückun- 
gen in  der  natterschen  Gemme  a,  die  nur  die  Figur  selbst 
wiedergibt;  wäre  sie,  wie  man  früher  annahm,  das  Werk  Nat- 
ters  selbst  oder  eines  andern  modernen  Steinschneiders,  nach 
der  matteischen  Amazone  gearbeitet,  so  würden  nach  der  Analogie  zahlloser  anderer 
Gemmen  jene  Zuthaten  sicherlich  mitcopirt  worden  sein.  Statt  dessen  hat  noch 
jeder  neue  Fund  die  Echtheit  jenes  Steines  und  dessen  treue  Wiedergabe  des 
Bronzeoriginals  von  neuem  erhärtet.  Der  Trierer  Torso  bestätigte,  gegenüber  der 
üblichen  Ergänzung  von  ßi'6,  die  Befestigung  des  Bogens  unter  dem  Köcher;  die 
Petworther  Statue  8  erweist,  gegenüber  den  gesenkten  Köpfen  in  ß  ■',  die  gerade 
Haltung  des  Kopfes  als  richtig,  desgleichen  die  Haartracht  und  die  Haarbinde;  für 
die  lange  Stange  hat  schon  Klügmann  auf  die  unten  näher  zu  besprechenden  Über- 
reste in  ß  hingewiesen.  Alle  diese  Dinge  waren  für  einen  modernen  Steinschneider 
schlechterdings  unerrathbar;  es  entspricht  daher  einer  gesunden  Methode,  den  Stein 
als  durchweg  zuverlässig  anzuerkennen  und  bei  Ermittelung  des  ursprünglichen 
Motivs  von  dessen  bewährter  Auctorität  nur  im  dringendsten  Nothfall  abzuweichen. 
Der  Stand  der  Statue  ist  im  Einklang  mit  der  Gemme  a  durch  die  beiden 
römischen  Exemplare  ß  y  gesichert,  indem  in  y  beide  Füfse,  in  ß  der  linke  erhalten 
ist.     Dadurch  steht  die  leichte  Erhebung  des  linken  Fufses  und  das  eigenthümliche 


36 


Michaelis,    Amazonenstatuen. 


Anziehen  des  Beines  als  ein  charakteristischer  Zug  des  Originals  fest.  In  ß  7  ist 
überdies  am  linken  Fufs  ein  Spornriemen  befestigt,  der  auf  a  fehlt.  Letzteres  kann 
sehr  wohl  nur  eine  Folge  der  Kleinheit  des  Steines  sein,  doch  ist  von  vornherein 
auch  die  Möglichkeit  nicht  ausgeschlossen,  dafs  der  Spornriemen  ein  Zusatz  der 
Marmorcopien  sei.  Es  wird  sich  darum  handeln,  ob  er  für  das  Motiv  der  Statue 
von  Bedeutung  ist. 

Alle  Exemplare,  mit  Ausnahme  des  übel  zur  Artemis  ergänzten  Turiner 
Torso  e,  zeigen  den  grofsen  Köcher  oder  Gorytos  nach  Barbaren-  und  Amazonen- 
weise an  der  linken  Hüfte;  dass  er  aber  auch  in  e  ursprünglich  nicht  fehlte,  beweist 
das  von  der  rechten  Schulter  gegen  die  linke  Hüfte  herablaufende,  unter  dem  um- 
geschlagenen Rande  des  Chitons  verschwindende  Köcherband ,  das  auch  in  ß  -f  8  C 
sichtbar  wird,  in  C  mit  Buckeln  verziert.  Der  Köcher  selbst  pflegt  mehr  oder 
weniger  verziert  zu  sein,  am  reichsten  in  ß  C,  in  letzterem  mit  Epheuranken  aufser 
den  einfacheren  Ornamentstreifen.  Ganz  seltsam  ist  aber  in  ß  7  eine  schmale  vier- 
eckige Leiste  unterhalb  des  mittleren  Drittels  des  Köchers,  an  beiden  Enden  mittelst 
eines  Bandes  oder  Riemens  um  den  Köcher  festgebunden.  Einen  Zweck  dieser  nie  in 
ganz  gleicher  Weise  vorkommenden  Vorrichtung  anzugeben  ist  bisher  nicht  gelungen 
und  dürfte  auch  schwerlich  gelingen.  Dagegen  bietet  ein  Blick  auf  den  trefflichen 
Trierer  Torso  C   ein   klares   Bild:    der  gekrümmte  Bogen   ist  mit  zwei  Riemen,  von 

denen  der  eine  nur  noch  wenig  sichtbar  ist,  unter 
den  Köcher  gebunden;  der  Ansatz  für  den  vorderen 
Theil  des  Bogens  ist  unter  der  Vorderseite  des 
Köchers  erhalten.  Diese  Anordnung  kehrt  auf  der 
Gemme  a  wieder,  nur  dafs  der  Gemmenschneider 
oder  der  Kupferstecher  das  Motiv  entweder  nicht 
ganz  verstanden  oder  die  Kreuzung  des  Bogens  mit 
dem  Stabe  nicht  ganz  richtig  zum  Ausdruck  gebracht 
hat.  Dieselben  beiden  Bänder  zur  Befestigung  des  Bogens  finden  sich  auch  auf  Vasen 
des  fünften  Jahrhunderts  nicht  selten  angegeben21.  Friederichs  hat  daher  gewifs  mit 
Recht  angenommen,  dafs  jene  angebundene  Leiste  in  ß  y  nur  das  Überbleibsel  eines 
Bogens  ist.  Die  Geradheit  des  Stabes  spricht  nicht  dagegen,  denn  eine  Vergleichung 
des  Trierer  Torso  mit  ß  oder  f  zeigt,  dass  aus  dem  in  £  erhaltenen  Reste  sich 
unschwer   eine  vierkantige   gerade   Leiste   herausschneiden   läfst   und   an   den  beiden 

'-'')  Z.  B.  Gerhard  AVB.  222  (Wiener  Vorlegebl.  D, 
3).  229  (Winter  jung.  att.  Vasen  S.  35  Fig.  14). 
Mon.  ined.  d.  Inst.  I,  46.  55.  Auf  Vasen  des 
Brygos  (M  I.  d.  I.  IX,  47.  Wiener  Vorlegebl. 
VIII,  6)  und  des  Duris  (Wiener  Vorl.  VI,  5)  sind 
die  beiden  Bänder  locker  dargestellt,  da  der 
Bogen  herausgenommen  ist.  Auf  der  Amazonen- 
schale des  Duris  (Mem.  d.  Inst.  II,  11.  Wiener 
Vorl.  VII,  4)  sind  die  beiden  Bänder  nur  dünn, 
und  längs  dem  ganzen  Köcher  läuft  ein  der 
Leiste  wenigstens  ähnlicher  .  ^ijfen,  wie  anderer- 


seits auf  der  Sosiasschale  (Gerhard  Trinksch.  6. 
Müller-Wieseler  Denkm.  I,  45,  210)  ein  ähnlicher 
Streifen  unter  der  Mitte  des  Köchers  auftritt,  aber 
ohne  Bänder.  —  In  den  Vasen  mit  schwarzen 
Figuren  ist  der  Bogen  häufig  an  den  Köcher 
gebunden,  aber  die  Bänder  sind  nicht  dargestellt; 
ebenso  öfter  auf  rothfigurigen  Vasen,  z.  B.  M.  I. 
d.  I.  VIII,  44.  In  späterer  Zeit  scheint  diese  Art 
den  Bogen  am  Köcher  zu  befestigen  ganz  ab- 
gekommen zu  sein;  die  Barbaren  stecken  ihn  in 
den  Gorytos. 


Michaelis ,    Amazonenstatuen. 


37 


Enden,   wo   der  Bogen  sich  weiter  vom  Köcher  entfernt,   Stoff  genug   übrig  bleibt 
um  jenen  Vorsprung  oder  Knoten  zu  bilden,  der  dort  in  ß  f  sichtbar  wird.     Freilich 
bezeugt  Kopp   nach   erneuter  Untersuchung  der  römischen   Exemplare,   dafs   in  der 
allein   antiken   oberen  Hälfte   des   Köchers    in  f  nichts  vom  Bogen   sichtbar  sei  und 
dafs  der  Köcher  in  ß  unten   keine  Spur  von  Überarbeitung    aufweise;    die    auf   der 
inneren    und   der  unteren  Seite   glatte  Leiste    sei    hier    auf  ihrer  äufseren  Seite  mit 
dem   gleichen   Wellenlinienornament  versehen   wie   die   Querbänder,  und  dies  Orna- 
ment sei  an  beiden  Stellen  zweifellos  antik,  wie  auch  eine  kleine  Verletzung  beweise. 
Wenn    dies    sich    so    verhält,    so   scheint  es   fast    als   hätte   dem   Verfertiger    dieser 
Copien  ein  beschädigtes  Exemplar  zum  Muster  gedient;   doch  mag  bei  der  Singula- 
rität  der  Vorrichtung    immerhin    die   Frage    gestattet  sein,    ob   nicht  eine   moderne 
Überarbeitung   des   Köchers   in   einem   solchen  Umfange   stattgefunden  hat,  dafs   sie 
nunmehr  als  ursprünglich  durchgeführte  Ornamentation  erscheint.    An  der  Petworther 
Statue  8  ist  die   ganze  Unterfläche   des   Köchers    vollständig    abgeraspelt.     Auf  alle 
Fälle    genügen   die   Gemme   und   der  treffliche    Trierer  Torso  um  das  ursprüngliche 
Motiv  festzustellen,   mag   dies  nun  in  den  Copien  überall  beibehalten  oder  aus  Mis- 
verständnis   der  Copisten  gelegentlich  abgeändert  worden  sein. 
Mit  dieser  Frage  hängt  aufs  engste  diejenige  nach  dem 
linken   Arm    und  dessen  Thätigkeit  zusammen.     Der    Arm    ist 
lediglich  in  ß  erhalten,  wesentlich  übereinstimmend  mit  a.    Da- 
nach   ist    der    Arm    von    der    stark    gesenkten    Schulter    ab    in 
leiser  Biegung  gestreckt.     In  ß  o  ist  noch  die  marmorne  Stütze 
erhalten,    die  zur  Befestigung   der  Hand    diente22,    in   ß   sogar 
noch   die   letztere:   Daumen,    Zeige-   und  Mittelfinger  sind   aus- 
gestreckt, die  beiden  letzten  Finger  etwas  eingeschlagen.    Genau 
die   gleiche   Haltung    der   Finger    kehrt    in    der  Hand    in  Trier 
wieder,  die  freilich  Hettner  für  nicht  zugehörig  hält  (s.  o.  S.  21). 
Die  Haltung  der  Finger  ist  ganz  geeignet  einen  längeren  in  der 
Hand  ruhenden  Stab   in   seiner  Richtung  zu  bewahren,  schliefst 
dagegen   die   Annahme   aus,   dafs   die  Hand   einen  Gegenstand 
an  seinem  Ende  fest  gepackt  habe.     Von  dem  fraglichen  Gegen- 
stande ist  in  ß  noch  ein  antikes,  mit  der  Stütze  zusammenhängen- 
des Stück  erhalten,  das  etwa  vom  Handgelenk  bis  zum  Ansatz 
der  Finger  reicht.     Der  Ergänzer  hat  dieses  Stück  durch  eine 
kleine   Verlängerung    nach    unten    und   ein    langes    Stück    nach 
oben  zu  einem  Bogen  gemacht,  entsprechend  der  Ergänzung  im 
matteischen    Exemplar  f.      Auch    Klügmann    hatte    den    Rest 
anfangs    für    das    Stück    eines    Bogens    gehalten,    hat    diese    Annahme    aber    später 


s-)  Von  Rohden  schreibt  über  ß:  «Alt  ist  auch  die 
derbe  viereckige  Stütze,  die  Hand  und  Körper 
verbindet,  doch  zeigt  auch  sie  mehrere  Brüche ; 
vielleicht    ist    ein    kleines    Stück    in     der    Mitte 


zwischengesetzt».  Auf  der  Photographie  ist  die 
Stütze,  die  in  den  Abbildungen  fehlt,  deutlich 
erkennbar;  nur  durch  ein  Versehen  gibt  unsere 
Skizze  sie  in  punktirten  Linien. 


3» 


Michaelis,    Amazonenstatuen. 


zurückgenommen  und  das  Bruchstück  eines  Stabes  darin  erkannt23.  Hiermit  stim- 
men von  Rohden  und  Kopp  überein,  die  auf  meine  Bitte  dies  Fragment  von 
neuem  untersucht  haben.  Rohden  berichtet  darüber:  «Das  alte  Stück,  das  die 
Amazone  mit  der  Linken  hält,  kann  unseres  Erachtens  nur  ein  Stab  (bezw.  Lanze) 
sein.  Es  ist  rund  (cylindrisch)  und  ganz  gerade;  man  sieht,  dafs  der  ergänzte 
Bogen  nicht  recht  daran  pafst.  Die  Richtung  dieses  alten  Stückes  weist  genau  auf 
die  Schulter  hin.  An  der  linken  Schulter  ist  vorn,  gerade  da  wo  der  Stab  sie 
berühren  müfste,  ein  kleiner  rechteckiger  dunkler  Fleck;  es  scheint  dort  ein  kleiner 
Ansatz  abgearbeitet  zu  sein.  Der  Köcher  trägt  keinerlei  Spuren  eines  alten  An- 
satzes. Auffällig  sind  zwei  kreisrunde  zweifellose  Ansatzreste  (von  der  Gröfse  eines 
Zweimarkstückes),  einer  am  linken  Oberschenkel  wenige  Centimeter  unter  dem 
Gewandsaum,  der  andere  am  linken  Oberarm  auf  der  rechten  Seite  ziemlich  weit 
nach  hinten.»  Gegen  die  Annahme  eines  Stabes  erklärt  sich  freilich  Heibig,  da  der 
Durchschnitt  des  Überrestes  eine  elliptische  Form  habe.  Kopp  bestätigt,  dafs 
der  Durchschnitt  in  der  That  nicht  ganz  rund  sondern  etwas  mehr  breit  als  tief  sei; 
der  Unterschied  beider  Dimensionen  sei  aber  verschwindend  gering,  wenn  man  in 
Betracht  ziehe,  dafs  der  Druck  des  Ballens  die  Ausdehnung  von  vorn  nach  hinten 
geringer  erscheinen  lasse,  als  man  sie  sich  in  der  That  zu  denken  habe.  Heibig 
meint,  die  Hand  habe  einen  Bogen  am  oberen  Ende  gehalten  und  ihn  gegen  die 
Basis  herabhängen  lassen.  Hiergegen  scheinen  mir  die  gerade  Richtung  des  Fragments, 
die  Haltung  der  Finger  die  nicht  zupacken,  die  Ansatzspur  an  der  linken  Schulter, 
und  die  scharfe  Streckung  des  rechten  Arms  nach  oben  zu  sprechen.  Letztere  liefse 
sich  freilich  wohl  in  Einklang  bringen  mit  Helbigs  Auffassung  des  Gesammtmotivs : 
«Die  Bewegung  des  rechten  Beines  kann  ich  mir  nicht  anders  erklären  als  dahin, 
dafs  die  Amazone  von  einem  langen  Ritte  steif  geworden  ist  und  durch  die  Be- 
wegung des  Beines  den  normalen  Blutumlauf  herzustellen  sucht»24.  Sollte  das 
wirklich  ein  charakteristischer  Zug  für  eine  Amazone,  eine  aus  solchem  Anlafs  sich 
reckende  und  streckende  Amazone  ein  würdiger  Vorwurf  für  eine  überlebensgrofse 
Statue  sein,  deren  Entstehung  wir,  wie  sich  noch  zeigen  wird,  schwerlich  weit  über 
das  Ende  des  fünften  Jahrhunderts  hinab  datiren  dürfen?  Mir  scheint  der  Befund 
der  Untersuchung,  die  Bildung  des  Stabrestes  und  die  Ansatzspur  an  der  linken 
Schulter,  in  Verbindung  mit  der  Existenz  des  Bogens  in  a  C  und  von  dessen  ent- 
stellten Spuren  in  ß  y,  mit  Nothwendigkeit  auf  das  Motiv  zu  führen  das  die  Gemme  t 
darbietet:  einen  langen  Stab,  der,  auf  dem  Boden  aufgesetzt,  durch  die  linke  Hand 


23)  N.  rhein.  Mus.  XXI,  325  Anm.  4. 

'ir)  So  Heibig  in  einem  Briefe  vom  4.  Februar  d.  J. 
Unmittelbar  darauf  hat  er  in  der  Sitzung  des 
römischen  Instituts  vom  5-  Februar  das  Thema 
besprochen.  Mir  ist  darüber  bisher  nur  der 
offenbar  sehr  ungenaue  Bericht  in  der  Wochen- 
schrift für  klass.  Philol.  1886,  I,  252  f.  zugänglich. 
Danach  soll  der  Bogen  auf  die  Erde  gestemmt 
sein    (unmöglich    bei    dieser    Handhaltung)    und 


die  rechte  Hand  den  Kopf  stützen  (auf  dem 
Kopfe  liegen!  8  zeigt  keine  Spur  davon);  die 
Amazone  sei  nach  langem  Ritte  eben  vom 
Pferde  gesprungen  und  stampfe  mit  dem  Bein 
auf  die  Erde  (?).  Der  Trierer  Torso  mit  frei 
herabhängender  linker  Hand  (?)  gilt  für  eine 
leichte  Variation  jenes  Motivs.  Die  Darlegung 
im  Text  zeigt,  weshalb  ich  diese  Auffassung  für 
verfehlt  halten  mufs. 


Michaelis ,    Amazonenstatuen.  ßQ 


gleitet  und  am  oberen  Ende  fest  gepackt  wird.  Vermuthlich  hat  auch  der  Ansatz 
am  linken  Oberschenkel  in  ß  zur  Befestigung  des  in  diesem  Exemplar  ja  aus  Marmor 
hergestellten  Stabes  gedient;  dessen  unteres  Ende  wird  mit  der  Basis  verloren 
gegangen  sein.  Da  in  der  Trierer  Hand,  falls  sie  doch  zur  Statue  gehören  sollte, 
keinerlei  Rest  sichtbar  ist,  sie  aber  nach  der  Haltung  der  Finger  nicht  lose  herab- 
gehangen haben  kann,  würde  man  hier  an  einen  ehernen  Stab  zu  denken  haben. 
Für  die  übrigen  Exemplare  fehlt  es  an  Anhalt  zur  Entscheidung  dieser  Frage;  nur 
scheint  der  Mangel  einer  Spur  auf  der  Basis  bei  ß  auf  einen  ehernen  Stab  zu  führen. 

Auch  die  Haltung  des  rechten  Armes  stimmt  mit  dieser  Annahme  überein. 
Der  Arm  selbst  ist  in  keiner  Copie  erhalten,  aber  die  Reste  der  Schulter  in  ß  f 
führen  auf  eine  sehr  straff  emporgestreckte  Haltung  des  Armes,  auch  hier  im  Ein- 
klang mit  der  Gemme  a.  Sicherlich  war  aber  der  Unterarm  nicht  so  häfslich  im 
rechten  Winkel  gebogen,  wie  dies  in  der  matteischen  Statue  y  und  schlimmer  noch 
in  der  capitolinischen  ß  der  Fall  ist.  Diese  Armhaltung  wird  vollends  unerträglich, 
wenn  der  Kopf  nicht  mehr  gesenkt  sondern  nach  Mafsgabe  der  Petworther  Statue 
fast  geradeaus  gerichtet  war,  nur  so  weit  geneigt  um  bei  der  überlebensgrofsen  Statue 
einen  günstigen  Anblick  des  Gesichtes  darzubieten.  So  bewährt  sich  denn  auch 
hierin  die  Gemme  als  zuverlässig:  der  Unterarm  ist  so  weit  gehoben,  um  dem  Kopf 
darunter  gehörigen  Spielraum  zu  lassen,  und  so  weit  nach  der  linken  Seite  hinüber- 
gebogen, um  den  Stab  an  seinem  oberen  Ende  fest  anpacken  zu  können. 

Die  Amazone  hat  ihren  Chiton  auf  der  linken  Schulter  gelöst.  Der  vordere 
Theil  hängt,  die  Brust  entblöfsend,  zwischen  Hüfte  und  Köcher  herab;  da  aber  die 
Öffnung  für  den  Arm,  wie  auf  der  rechten  Seite  ersichtlich  ist,  nur  verhältnismäfsig 
eng  war,  so  fällt  der  hintere  Theil  des  Chitons  nicht  blofs  im  Rücken  herab,  sondern 
bedeckt  noch  zum  Theil  den  Köcher,  wie  die  Tafel  i  und  die  Skizze  auf  S.  36 
anschaulich  machen.  Dieser  Lockerung  des  oberen  Chitontheils  auf  der  linken 
Seite  entspricht  das  Aufnehmen  des  unteren  Theiles  vom  linken  Schenkel,  indem 
das  Gewand  hier  ein  wenig  unter  den  Gürtel  geschoben  ist.  Von  der  Bedeutung 
dieser  Anordnung  des  Gewandes  wird  unten  (S.  44)  die  Rede  sein. 

WÜRDIGUNG  DER  DREI  TYPEN. 

Die  von  Klügmann  in  seinen  beiden  Aufsätzen,  im  rheinischen  Museum  und 
in  den  Annalen,  gegebene  Charakteristik  der  drei  Typen  ist  so  treffend,  dafs 
nur  Weniges  hinzuzufügen  bleibt,  zum  Theil  auf  Grund  der  soeben  gewonnenen 
Ergebnisse. 

Jeder  kunstsinnige  Beschauer  wird  dem  ersten  Typus  den  Vorrang  zuge- 
stehen müssen,  wo  es  sich  darum  handelt  das  kräftige  Mannweib  zu  schildern,  als 
welches  die  Amazone  in  der  griechischen  Sage  erscheint.  Die  robusten  Formen 
und  Verhältnisse  dieses  Körpers  entfernen  jeden  Gedanken  an  ein  gewöhnliches 
Weib.  Die  durch  die  Wunde  veranlafste  Mattigkeit,  in  einfachster  Weise  durch 
das  herkömmliche  Motiv  der  auf  dem  zurückgelegten  Haupte  ruhenden  Hand  ver- 
anschaulicht,   erscheint    nur    als    eine   accessorische,    durch   den   Contrast  wirkende 


aq  Michaelis,    Amazonenstatuen. 


Zuthat;  der  urwüchsige  Ausdruck  des  Schmerzes  in  dem  vollen  breiten  Gesichte 
und  in  dem  anscheinend  geöffneten  Munde  verräth  noch  deutlich  den  Kampf,  der 
der  Verwundung  vorhergegangen  ist  und  die  Heldin  gezwungen  hat  sich  auf  den 
Pfeiler  zu  stützen.  Es  ist  dem  Künstler  gelungen  hierfür  den  einfachsten,  treffendsten 
Ausdruck  zu  finden.  Und  nur  auf  das  künstlerische  Motiv  kam  es  ihm  an,  denn  er 
hat  völlig  darauf  verzichtet  durch  äufsere  Attribute  die  Amazone  zu  bezeichnen  und 
auf  deren  Stellung  im  Mythos  hinzuweisen;  höchstens  machen  vielleicht  die  Sporn- 
halter eine  Ausnahme,  aber  auch  diese  würden  nur  die  Reiterin  bezeichnen,  jedoch 
zur  Charakterisirung  gerade  dieser  Amazone  und  ihrer  Situation  nichts  beitragen. 
Über  der  formalen  Vollendung  hat  der  Künstler  aber  Anderes  übersehen.  Am 
schwersten  wiegt  der  oft  hervorgehobene  Fehler,  dafs  durch  das  Emporheben  des 
rechten  Armes  die  an  derselben  Seite  befindliche  Wunde  gezerrt  und  dadurch  die  Pein 
vermehrt  wird.  Den  versuchten  Ausweg,  die  Wunde  der  ursprünglichen  Composition 
abzusprechen,  haben  wir  bereits  als  unrichtig  erkannt.  Nicht  einmal  das  nahe 
liegende  Auskunftsmittel  sehen  wir  benutzt,  der  Wunde  eine  senkrechte  Richtung  zu 
geben,  wo  dann  das  Heben  des  Armes  eine  Schliefsung  der  Wunde  herbeiführen  würde. 
Der  Künstler,  der  das  Motiv  schmerzvoller  Ermüdung  so  mächtig  zum  Ausdruck  zu 
bringen  vermochte,  hat  sich  begnügt  den  Grund  dieser  Ermüdung,  die  Wunde,  nur 
überhaupt  anzudeuten,  unbekümmert  darum,  dafs  die  von  ihm  dafür  gewählte  Stelle 
im  Widerspruch  mit  seiner  Composition  steht.  Dieselbe  Gleichmütigkeit  gegen  innere 
Motivirung  zeigt  sich  in  der  Anordnung  des  Gewandes.  Es  wäre  viel  natürlicher 
gewesen  den  Chiton  auf  der  rechten  Schulter  zu  lösen  und  so  die  verwundete  Seite 
vom  Gewand  frei  zu  machen.  Statt  dessen  ist  die  linke  Schulter  und  Brust  entblöfst, 
offenbar  aus  dem  formalen  Grunde  den  umgeschlagenen  Gewandrand  gegen  die 
entlastete,  gesenkte  Hüfte  herabhängen  zu  lassen;  auch  die  durch  das  Aufstützen 
leise  gehobene  Schulter  kommt  so  zu  schönerer  Geltung  und  die  freie  Brust  erhöht 
den  Eindruck  des  breiten  Körpers.  Weiter  ist  der  untere  Theil  des  Chiton  mit  dem 
Standmotiv  der  Figur  nicht  in  Einklang  gesetzt.  Die  regelmäfsige  Symmetrie  des 
Faltenwurfes,  Steilfalten  in  der  Mitte,  beiderseits  gleichmäfsig  geschwungene  Falten 
nach  Art  eines  Vorhanges  und  an  den  Hüften  wiederum  senkrechte  Partien,  ist 
einfach  von  einer  ruhig  stehenden  Gestalt  auf  diese  bewegtere  Stellung  übertragen. 
Infolge  dessen  liegen  die  Mittelfalten  etwas  schräge,  statt  dafs  sie  senkrecht  fallen 
müfsten,  und  das  Standbein  findet  keinen  Ausdruck  in  der  Gewandung. 

Irre  ich  mich  nicht,  so  sind  diese  Mängel  consequenter  Motivirung  neben 
hoher  formaler  Vollendung  und  einem  Grundmotiv  von  grofser  Einfachheit  und 
mächtiger  Gesammtwirkung,  weitere  Gründe  unseren  Typus  auf  Polyklet  zurückzu- 
führen, dem  er  zuerst  von  Klügmann  zugeschrieben  ward.  Die  anderen,  am  ausführ- 
lichsten wiederum  von  demselben  entwickelten  Gründe  sind  zuletzt  von  Wolters 
knapp  zusammengefafst  worden,  vor  allem  die  unverkennbare  geschwisterliche  Ver- 
wandtschaft mit  dem  polykletischen  Doryphoros  in  Körperbau  und  Kopftypus,'  dazu 
die  Verwendung  eines  Hermenkopfes  unserer  Amazone  als  eines  Gegenstücks  zu 
einer  Doryphorosherme.    Auch  der  Doryphoros  beschränkt  sich  darauf  ein  einfaches 


Michaelis ,    Amazonenstatuen. 


41 


künstlerisches  Motiv  in  seiner  abstractesten  Form  darzustellen;  beim  nahe  verwandten 
Diadumenos,  der  sich  im  Schreiten  seine  Siegerbinde  anlegt,  begegnet  uns  eine 
ähnliche  Nichtachtung  inneren  Zusammenhangs  gegenüber  äufseren  Vorzügen,  wie  in 
unserer  Amazone.  Ja  man  möchte  fast  versucht  sein  in  dem  zurückgestellten  linken 
Fufs  der  letzteren  noch  einen  Anklang  an  das  durch  die  genannten  Statuen  und  ihre 
Genossen  uns  so  anschaulich  gemachte  Lieblingsmotiv  Polyklets  zu  finden,  uno 
crure  11t  insistant  signa.  Auch  die  geringe  Ausladung  der  rechten  Hüfte  im  Ver- 
hältnis zur  Biegung  des  Körpers  findet  ihre  Analogien  in  den  andern  polykletischen 
Statuen.  Endlich  mag  auch  die  kunstvolle  Sorgfalt,  mit  der  auch  Nebendinge  wie 
die  Schnalle  des  Gürtels  behandelt  sind,  für  Polyklet  charakteristisch  sein.  Alles 
in  Allem,  besitzen  wir  in  seiner  Amazone  ein  Werk,  das  neben  den  Grenzen  seiner 
Befähigung  auch  die  Höhe  seines  Könnens  uns  glänzend  vor  Augen  stellt,  vielleicht 
in  noch  höherem  Grade  als  der  lediglich  formal  bewunderungswürdige,  geistig  aber 
unbedeutende  Speerträger.  Wir  begreifen  vollkommen  das  Urtheil  des  Alterthums, 
das  der  Statue  Polyklets  den  Preis  unter  den  Amazonenstatuen  zuerkannte,  ein 
Urtheil,  dessen  Giltigkeit  auch  noch  für  die  spätere  Zeit  des  Alterthums  durch  die 
grofse  Anzahl  vorzüglicher  Nachbildungen  bezeugt  wird. 

Diese  Anerkennung  darf  uns  aber  nicht  blind  machen  gegen  die  eigentüm- 
lichen, gewissermafsen  entgegengesetzten  Vorzüge  des  zweiten  Typus.  Freilich 
hat  die  Amazone  etwas  von  ihrer  quadraten  Mächtigkeit  verloren;  neben  dem 
gewaltigen  Knochenbau  und  den  harten  straffen  Muskeln  ist  auch  das  blühende 
Fleisch  zu  seinem  Rechte  gekommen;  es  ist  nicht  mehr  blofs  die  kriegsgewohnte 
Männin,  die  dvcta'vstpa,  sondern  ihr  ist  so  viel  Weibliches  beigemischt  wie  eine 
Amazone  vertragen  kann,  etwa  wie  die  dorische  Architektur  unter  attischen  Händen 
so  viel  ionischen  Zusatz  erfahren  hat,  dafs  sie  an  Feinheit  gewann  was  sie  an 
Mächtigkeit  einbüfste.  Dies  steht  in  enger  Verbindung  mit  zwei  Hauptvorzügen 
dieser  Statue,  dem  ergreifenden  Ausdruck  nicht  blofs  physischen  Schmerzes,  sondern 
zugleich  gemüthlichen  Leidens,  und,  wie  schon  Klügmann  richtig  betont  hat,  der 
consequenten  Durchbildung  des  einen  Grundmotivs  der  Verwundung.  Der  Wunde  gilt 
die  Entlastung  des  rechten  Beins  und  das  Aufstützen  auf  die  Lanze  mit  der  rechten 
Hand;  die  Wunde  veranlafst  die  Handlung  der  linken  Hand  und  die  Entblöfsung 
der  ganzen  rechten  Seite  des  Oberkörpers;  die  Wunde  bewirkt  die  Neigung  des 
Hauptes  und  gibt  dem  Blick  seine  Richtung,  sie  rechtfertigt  den  Ausdruck  der 
Trauer  in  dem  seelenvollen  Gesicht;  die  Wunde  ist  auch  äufserlich  dem  Centrum 
der  Darstellung  möglichst  genähert,  indem  sie  durch  die  starke  Ausbiegung  der 
linken  Hüfte,  und  andererseits  infolge  der  Erweiterung  der  Composition  durch  die 
Lanze,  der  Mittellinie  des  Ganzen  näher  rückt.  Alle  Anstände  des  vorigen  Typus 
sind  hier  vermieden.  Der  gehobene  Arm  ist  gut  motivirt,  die  Wunden  sind  mehr 
nach  vorn,  diejenige  an  der  Brust  an  eine  minder  gefährliche  Stelle  verlegt,  die 
verwundete  Körperseite  ist  entblöfst,  die  unverwundete  trägt  den  Körper,  und  um 
das  Standbein  fallen  die  Falten  des  Chitons  steil  herab  im  Gegensatz  zum  loseren 
Schwung  um  das  entlastete  Bein.     Der  Zusammenschlufs  der  Gestalt  in  allen  ihren 


±2  Michaelis,    Amazonenstatuen. 


Theilen  ist  vortrefflich  gelungen;  auch  der  Mantel  hinter  dem  Rücken,  der  am  Halse 
und  neben  beiden  Hüften  erscheint,  dient  dem  gleichen  Zweck,  und  Alles  gipfelt  in 
dem  herrlichen  Schmerzensausdruck  des  gesenkten  Hauptes.  In  dem  polykletischen 
Typus  konnte  die  Verwundung  lange  übersehen  oder  nicht  gehörig  beachtet  bleiben : 
hier  geht  Alles  in  dem  einen  Motiv  auf. 

Kein  Wunder,  dafs  man  schon  früh  geneigt  war,  in  dieser  Gestalt  die  von 
Plinius  34.,  76  bezeugte  Amazonem  volneratam  des  Kresilas  zu  erkennen,  ohne 
freilich  zu  bedenken,  wie  lückenhaft  unsere  Überlieferung  und  wie  zufällig  meistens 
die  Erhaltung  oder  der  Mangel  derartiger  Einzelzeugnisse  in  den  spärlichen  Trüm- 
mern antiker  Kunstlitteratur  ist.  Neuerdings  hat  denn  auch  Klügmanns  Zurückführung 
unseres  Typus  auf  Phidias  viel  Anklang  gefunden,  dessen  Amazone  sich  nach 
Lucians  Zeugnis  ebenfalls  auf  eine  kurze  Lanze  stützte  (£ir£p£i3o[i.EV?i  xtü  Sopaxttp 
imag.  4)  und  aufserdem  um  der  Fügung  des  Mundes  und  um  des  Nackens  willen 
(aTopaTos  dpjAO-pjv  xctt  tov  ixuyivx  ebenda  6)  bewundert  ward.  Über  die  Schönheit  des 
Nackens  im  Einzelnen  zu  urtheilen  erlaubt  die  mäfsige  Ausführung  der  erhaltenen 
Copien  kaum,  wir  müssen  uns  begnügen  die  ganze  Neigung  des  Halses  als  höchst 
anmuthig  anzuerkennen  und  mit  Kekule  darauf  hinzuweisen,  dafs  der  Nacken  trotz 
des  Mantels  völlig  sichtbar  ist.  Ebenso  ist  die  Bildung  des  Mundes,  namentlich  mit 
dem  der  polykletischen  Amazone  verglichen,  von  grofser  Feinheit;  das  Zurücktreten 
der  Unterlippe,  die  gröfsere  Zartheit  der  Lippen,  der  feinere  Schwung  der  Mund- 
winkel sind  ebenso  viele  Vorzüge,  die  vollends  bei  der  richtigen  Haltung  des  Kopfes 
sprechend  hervortreten.  Nur  scheint  mir  der  Ausdruck  stillen  Leidens  im  Munde 
so  klar  ausgesprochen,  dafs  die  Verwendung  eben  dieses  Mundes  für  das  von  Lucian 
entworfene  weibliche  Idealbild,  dem  ein  solcher  Zug  nicht  zukommt,  Schwierigkeit 
bereitet.  Weiter  macht  Kekule,  und  ihm  folgend  Wolters,  gegen  die  Zurückführung 
auf  Phidias  die  offenbare  Abhängigkeit  der  gesammten  Composition  und  namentlich 
des  Kopftypus  von  der  polykletischen  Amazone  geltend.  Ich  gestehe  dafs  ich  dies 
Urtheil,  so  weit  es  sich  auf  die  Gesammtcomposition  bezieht,  allenfalls  verstehe,  wenn 
man  die  polykletische  Amazone  als  ursprünglich  fest  auf  den  Füfsen  stehend,  nicht 
auf  den  Pfeiler  gestützt  annimmt;  gegenüber  dem  was  wir,  wie  ich  meine  mit  streng 
methodischer  Kritik,  für  dieselbe  ermittelt  haben,  finde  ich  jene  Annahme  nicht 
mehr  gerechtfertigt,  ja  kaum  verständlich,  da  eben  Alles  verschieden  ist,  im  Haupt- 
motiv, im  Charakter  der  Figur,  in  jeglichem  Einzelmotiv.  Nur  die  von  Wolters 
besonders  betonte  Ähnlichkeit  in  den  Hauptformen  des  Kopfes  bleibt  bestehen,  aber 
auch  nur  in  den  Formen,  während  der  Geist  der  die  Züge  belebt  wiederum  ganz 
verschieden  ist.  Und  zwar  scheint  er  mir  in  dem  zweiten  Typus  specifisch  attisch 
zu  sein,  ebenso  attisch  wie  die  consequente  Entwickelung  der  ganzen  Composition 
aus  einem  innerlichen  Grundmotiv;  wie  denn  auch  Kekule  geneigt  ist  die  Erfindung 
dieser  Figur  der  attischen  Schule  zuzuschreiben.  Besteht  überhaupt  ein  directes 
Abhängigkeitsverhältnis  zwischen  den  beiden  Typen,  so  scheint  es  mir  nur  so 
denkbar  zu  sein,  dafs  der  Erfinder  des  zweiten  eine  Kritik  des  ersten  ausüben  und 
zeigen  wollte,  wie  eine  verwundete  Amazone  aus  einem  Gusse  gebildet  sein  müsse. 


Michaelis,    Amazonenstatuen.  a? 


Ich  halte  diese  Auffassung  nicht  gerade  für  nothwendig,  nimmt  man  sie  aber  an, 
so  gestehe  ich  nicht  abzusehen,  warum  nicht  Phidias  eine  solche  Kritik  an  seinem 
grofsen  Nebenbuhler  hätte  üben  können;  so  gut  wie  in  der  attischen  Schule  der 
Diadumenos  des  argivischen  Meisters  dem  nicht  durchweg  geglückten  Versuch  einer 
Correctur  unterzogen  worden  ist.  Leider  erlauben  die  erhaltenen  gerade  besonders 
mangelhaften  Copien  des  zweiten  Typus  kein  Urtheil,  wieweit  die  stilistischen  Eigen- 
thümlichkeiten  der  phidiasischen  Kunst  sich  in  jener  Statue  wiederfinden,  und  anderer- 
seits wissen  wir  zu  wenig  über  das  Verhältnis  in  dem  der  Kydoniate  Kresilas, 
dessen  bezeugte  Thätigkeit  in  Argolis  zur  Erklärung  der  Ähnlichkeit  mit  dem 
polykletischen  Kopfe  geltend  gemacht  werden  könnte,  zur  attischen  Kunst  stand.  Es 
wäre  ja  wohl  möglich,  dafs  die  charakteristischen  Eigenthümlichkeiten  des  Atticismus , 
wie  sie  im  zweiten  Typus  hervortreten,  auch  für  Kresilas  pafsten.  Immerhin  wird, 
wenn  wir  für  unsere  Statue  die  Wahl  zwischen  Phidias  und  Kresilas  stellen,  die 
offenbare  Beliebtheit  dieser  Figur  in  römischer  Zeit  eher  für  den  berühmteren 
Meister  in  die  Wagschale  fallen  als  für  den  minder  bekannten  Künstler,  dessen 
Doryphoros  über  dem  des  Polyklet  in  Vergessenheit  gerathen  ist,  und  der  am 
ehesten  durch  sein  Periklesbildnis  bei  der  Nachwelt  fortlebte2'. 

Für  noch  weniger  begründet  halte  ich  Kekules  Meinung,  dafs  auch  der 
dritte  Typus  von  der  polykletischen  Statue  abzuleiten  sei.  Rein  äufserlich  betrachtet 
läfst  sich  ja  Manches  dafür  anführen:  das  rechte  Standbein  und  das  gebogene  linke 
Bein,  der  stark  gehobene  rechte  Arm,  die  Entblöfsung  der  linken  Brust  und  der 
schräge  Zug  des  gelösten  Chitonrandes  sind  beiden  Typen  gemeinsam,  und  so 
wurden  sie  denn  ja  auch  bis  auf  Jahns  Unterscheidung  immer  zusammengeworfen. 
Die  Ähnlichkeit  ist  aber  doch  nur  dann  mehr  als  äufserlich,  wenn  man  einerseits 
der  polykletischen  Statue  ihren  Pfeiler  entzieht  und  andererseits  unsere  Amazone  für 
eine  Ermattete  hält.  Dies  ist  allerdings  meistens  der  Fall,  nicht  blofs  bei  älteren 
Gelehrten,  die  den  Bogen  in  den  Händen  für  sicher  bezeugt  hielten,  sondern  auch 
beispielsweise  bei  Friederichs,  der  die  nattersche  Gemme  a  mit  dem  Stabe  seiner 
Auffassung  zu  Grunde  legte,  aber  allerdings  an  der  Zugehörigkeit  der  gesenkten 
trauernden  Köpfe  in  ß  7  festhielt;  so  entstand  ihm  der  Eindruck  einer  Ermatteten 
und  dem  schien  ihm  die  Stellung,  die  einer  Stütze  bedürfe,  zu  entsprechen.  Noch 
einen  Schritt  weiter  ist  Wolters  gegangen,  indem  er  den  Grund  der  Ermattung  in 
einer  Wunde  am  linken  Bein  vermuthet26.  Von  einer  solchen  wird  freilich  nirgend 
eine   Spur    sichtbar,    ja   es   erscheint   fraglich   ob   eine   Verwundung   blofs   am  Bein, 

2ä)  Ähnlich  urtheilt  Overbeck  Plastik  I2,  395  f.,  der  Ich  kann  der  Vermuthung  Oertels  keine  Beweis- 

gegen  Kresilas    auch    noch   geltend   macht,  dafs  kraft   zugestehen;    können    Plinius  Worte    in  der 

nach  der  Vermuthung  Oertels    (Leipz.   Stud.    II,  That  nicht  auf  Dieitrephes  oder  sonst  eine  Por- 

26)  bei  Plinius  34,  74  die  Worte  Cresilas  volne-  trätstatue   bezogen    werden ,    warum    denn    nicht 

ratum  deficientem,  in  quo  possit  intelkgi  quantum  auf    einen   verwundeten   Heros,    wie   der  claudi- 

restet  animae  von  dem  Schriftsteller  misverständ-  cans  auf  Philoktetes   u.  s.  w.  ? 
lieh    auf   einen  Verwundeten  statt  auf  die  Ama-      26)  Friederichs-Wolters  S.  237.     Ihm  stimmt  Heyde- 

zone  bezogen  worden  seien,  diese  Charakteristik  mann  zu   in  der   Wochenschr.    für    klass.    Philol. 

passe  aber  nicht  auf  den  capitolinischen  Typus.  1885,  II,  15 14. 


44 


Michaelis,    Amazonenstatuen. 


wenn  sie  nicht  wie  bei  Adonis  und  Ankäos  durch  den  Mythos  gegeben  ist,  für  ein 
glückliches  Motiv  gelten  kann.  Aber  auch  davon  abgesehen  hatKekule27  sicherlich 
Recht,  wenn  er  es  unglaublich  findet,  dafs  die  Amazone  «sich  in  dieser  Haltung, 
zugleich  tableaumäfsig  und  unbequem,  auf  einem  Speer  ruhend  aufstütze».  Eine  so 
gesuchte  Stellung  für  eine  Ermattete  oder  gar  Verwundete  ist  schlechterdings  un- 
denkbar.« Da  war  Göttlings  Auffassung,  dafs  die  besiegte  Amazone  im  Begriff  sei 
den  Bogen  abzunehmen  (eine  Auffassung  deren  Unhaltbarkeit  Friederichs  gut  dar- 
gethan  hat)  immerhin  noch  besser  berechtigt,  insofern  sie  wenigstens  den  bewegten 
Charakter  der  Statue  anerkannte  und  die  Senkung  der  linken  Schulter  mit  in  Betracht 
zog.  In  der  That  bildet  unsere  Amazone,  so  wie  ihr  Motiv  sich  uns  aus  der  obigen 
Erörterung  ergeben  hat,  den  stärksten  Gegensatz  gegen  die  leidenden  Genossinnen 
der  anderen  beiden  Typen.  Hier  ist  Alles  Energie,  Alles  Anspannung  für  eine 
bevorstehende  Kraftäufserung.  Welcher  Art  aber  diese  Thätigkeit  sei,  haben  K.  O. 
Müller  und  nach  ihm  Steiner  und  Klügmann,  obschon  sie  nur  die  Gemme  heran- 
ziehen konnten  und  den  Petworther  Kopf  noch  nicht  kannten,  richtig  gesehen:  die 
Amazone  bereitet  sich  zum  Sprunge  mit  dem  Springstabe  vor,  swnit posita  conamen 
ab  hasta,  wie  es  bei  Ovid  (Met.  8,  366)  heifst.  Was  sich  im  Einzelnen  gegen  diese 
Ansicht  vorbringen  läfst,  haben  Göttling  und  Jahn  zusammengestellt;  ihre  Bedenken 
erledigen  sich  aber  alle  durch  die  genaue  Analyse  der  einzelnen  Exemplare.  Wenn 
ferner  Kekule  (a.  a.  O.)  meint,  der  Augenschein  lehre  auf  das  Unzweideutigste,  dafs 
die  Amazone  nicht  in  der  Haltung  vor  einem  Sprunge  sei,  so  kann  ich  dem  nicht 
beipflichten.  Der  Sprung  selbst  ist  natürlich  statuarisch  nicht  darstellbar,  die  Vor- 
bereitung aber  läfst  sich  in  zweierlei  Weise  anschaulich  machen.  Entweder  gilt  es 
dem  unmittelbar  vorhergehenden  Moment.  Dann  müfste  der  linke  Fufs  zurück- 
gestellt, der  rechte  und  der  Stab  vorgesetzt  sein,  so  dafs  im  nächsten  Augenblick 
die  Vorwärtsbewegung  des  Körpers  Alles  in  Schwung  setzen  würde.  Unser  Künstler 
hat  die  Vorbereitung  etwas  weiter  zurückverlegt28.  Der  rechte  Fufs  tritt  bereits 
fest  auf,  es  gilt  nunmehr  auch  für  den  Stab  einen  festen  Stand  zu  gewinnen.  Die 
ganze  rechte  Seite  streckt  sich  straff  empor,  um  den  langen  Stab,  wie  es  für  den 
Sprung  erforderlich  ist,  möglichst  hoch  zu  packen.  Unwillkürlich  senkt  sich  bei 
dieser  Bewegung  die  linke  Schulter.  Die  linke  Hand  hat  zunächst  keine  andere 
Aufgabe  als  die  Stellung  des  Stabes  zu  regeln  und  zu  sichern;  darum  ist  der  Arm 
nicht  straff  gestreckt,  und  die  Hand  packt  nicht  den  Stab,  sondern  läfst  ihn  durch 
die  Finger  gleiten.  Ebenso  steht  das  linke  Bein  gelockert  da,  weil  es  gilt  den 
Punkt  zu  finden,  wo  ohne  Mitwirkung  dieses  Beines  der  Schwung  ausgeführt  und 
die  gerade  Richtung  desselben  gesichert  werden  kann.  Hat  der  Stab  erst  den 
geeigneten  Platz  gefunden,  so  wird  der  linke  Fufs  zurücktreten  in  die  oben  geschil- 
derte Stellung;  damit  aber  weder  hierbei  noch  beim  Sprunge  selbst  der  Chiton 
(wie  so  oft  beim  Fries  von  Bassae)  sich  stramme  und  das  freie  Auseinandertreten 
der  Beine  hindere,  ist  er  am  linken  Schenkel  gelüpft  und  unter  den  Gürtel  geschoben, 

27)  Akad.   Kunstmus.   in  Bonn  S.  80.  Buch    mir    nicht    zugänglich    ist,    ausgeführt    zu 

28)  Eine    ähnliche    Ansicht    scheint    Steiner,    dessen  haben. 


Michaelis,    Amazonenstatuen.  At 


ebenso  wie  die  Lösung  des  Chitons  auf  der  gesenkten  linken  Schulter  aus  dem 
Bedürfnis  hervorgegangen  ist  dem  Arm  völlig  freie  Bewegung  zu  verstatten.  Der 
Kopf  aber,  von  der  starken  Hebung  des  rechten  Armes  ein  wenig  bei  Seite  gedrängt, 
ist  aufgerichtet  und  schaut  mit  gesammeltem  Ausdruck  und  geschlossenen  Lippen 
vorwärts,  ein  deutlicher  Beweis,  dafs  es  sich  nicht  um  ein  Ausruhen  sondern  um 
eine  alle  Kräfte  anspannende  Thätigkeit  handelt.  Der  ganze  gewählte  Moment  ist 
dem  des  sog.  ruhenden  Diskobolen  nahe  verwandt.  Auch  dort  gilt  es  nur  erst 
Stellung  zu  nehmen,  dort  mit  dem  rechten  Fufs,  wie  hier  mit  dem  Stabe;  auch 
dort  ist  die  beim  Wurf  minder  wichtige  linke  Hand  nur  mit  dem  vorläufigen  Halten 
der  Scheibe  beschäftigt;  auch  dort  wird  noch  ein  weiterer  Moment,  der  der  begin- 
nenden Ausführung,  folgen,  ehe  der  Höhepunkt  der  ganzen  Handlung  erreicht  ist; 
ja  man  könnte  die  von  Kekule  (a.  a.  O.)  auf  jene  Statue  bezogenen  Worte  aus  der 
Charakteristik  des  euftujj.0?  in  der  aristotelischen  Physiognomik  (S.  808 a  Bk.):  xd  irapt 
-».  ojj.(xa-a  Taweivotspa,  xal  uTrvtuosarapov  to  npostoirov  cpocivatai  auch  auf  unseren  Kopf  mit 
den  etwas  bedeckten  Augen  anwenden.  Ich  will  damit  durchaus  nicht  behaupten, 
dafs  die  Durchbildung  des  verwandten  Motivs  unserem  Künstler  gleich  gut  gelungen 
wäre,  wie  dem  Erfinder  jener  meisterhaften  Statue,  aber  er  erstrebte  wenigstens  für 
die  —  an  sich  wohl  schwierigere  —  Darstellung  des  bevorstehenden  Sprunges  das 
Gleiche,  was  jener  für  den  Diskoswurf  so  glücklich  geleistet  hat.  Auch  hat  er 
sich  nicht  ohne  Erfolg  bemüht  alle  Einzelheiten  aus  dem  einen  Grundmotiv  abzu- 
leiten, und  dem  antiken  Beschauer  ist  ohne  Zweifel  Manches  ohne  Weiteres  klar 
gewesen,  dessen  Verständnis  wir  uns  erst  umständlich  vermitteln  müssen.  Endlich 
hat  der  Künstler  auch  nicht  versäumt  darauf  hinzuweisen,  weshalb  eine  Springübung 
für  die  Amazone  angezeigt  sei.  Der  Spornhalter  ist  kein  epitheton  ornans  der 
Amazonen,  sondern  gebührt  der  Reiterin.  Auf  das  Pferd  aber  schwang  man  sich, 
wie  Xenophon  (uspt  itctt.  7,  1)  beweist,  entweder  blofs  mit  den  Händen  oder  mit 
Hilfe  der  langen  Lanze  (ano  Sopotxo?  ävairyjSäv).  Da  nun  dies  sich  nicht  ohne  ein 
Pferd  hätte  darstellen  lassen,  weil  die  nicht  mit  der  Lanze  beschäftigte  Hand  Zügel 
und  Mähne  am  Widerrist  zu  packen  hat,  so  blieb  nichts  übrig  als  der  sprungbereiten 
Jungfrau  als  Andeutung  wenigstens  den  Spornriemen  zu  geben.  Auch  der  Köcher, 
bei  einer  blofsen  Springübung  auffällig,  pafst  zur  Reiterin;  berittene  Amazonen 
führen  besonders  gern  den  Köcher  an  der  Seite  und  den  Speer  in  der  Rechten. 
So  kann  man  denn  endlich  auch  zweifeln  ob  nicht  unserer  Figur  statt  des  Spring- 
stabes lieber  die  lange  Lanze,  das  oopu  Xenophons,  in  die  Hände  zu  geben  sei;  die 
Gemme  würde  dagegen  schwerlich  als  vollgiltiges  Zeugnis  gelten  können. 

Während  man  früher  den  Typus  III  stets  als  gleichzeitig  mit  dem  anderen 
ansah,  ja  Scholl  ihn  sogar  als  Seitenstück  zum  Typus  I  erfunden  sein  liefs,  verwies 
Klügmann  ihn  zuerst  wegen  der  gröfseren  Schlankheit  und  der  künstlicheren  An- 
ordnung des  Gewandes  in  eine  «etwas  spätere»  Zeit  und  kam  auf  Winckelmanns 
Vermuthung  zurück,  dafs  es  sich  um  Strongylions  söxv^p-oc  (Plin.  34,  82),  also  ein 
Werk  etwa  aus  der  Zeit  des  peloponnesischen  Krieges,  handle.  Viel  weiter  geht 
Kekule,   der   das  Original   schwerlich    früher  als  Lysipp,   vielleicht   erst   in  der  Zeit 


Aß  Michaelis,    Amazonenstatuen. 


der  neuattischen  Schule  entstanden  glaubt;  ihm  folgen  Hettner,  der  es  etwa  dem 
Apollon  vom  Belvedere  gleichzeitig  ansetzt,  sowie  Overbeck  und  Wolters,  die  es 
nur  als  beträchtlich  jünger  als  Typus  I  und  II  bezeichnen.  Ich  habe  schon  in  meinem 
englischen  Katalog  ausgesprochen,  dafs  der  Petworther  Kopf  mit  einem  so  späten 
Ansatz  unvereinbar  ist29.  Mögen  Formen  und  Ausdrucksweise  auch  immerhin 
etwas  jünger  sein  als  die  der  beiden  anderen  Köpfe,  so  weichen  sie  doch  noch  viel 
mehr  von  dem  Charakter  jener  späteren  Zeiten  ab.  Ich  bin  geneigt  den  Kopf  noch 
dem  fünften  Jahrhundert  zuzuweisen,  auf  keinen  Fall  darf  man  über  den  Anfang 
des  vierten  Jahrhunderts  hinabgehen.  Man  kann  auch  nicht  zu  der  Annahme,  der 
Kopf  sei  von  den  früheren  Typen  entlehnt,  seine  Zuflucht  nehmen;  dazu  sind  die 
formalen  Abweichungen  zu  grofs,  und  vollends  ist  der  Ausdruck  ganz  verschieden. 
Ebenso  sprechen  die  Proportionen  gegen  nachlysippische  Entstehung,  denn  der 
Kopf  von  6  ist  im  Verhältnis  zur  Statue,  wie  auch  Klügmann  bemerkte,  eher  etwas 
grofs  und  schwer.  Die  gröfsere  Schlankheit  der  gesammten  Gestalt  aber  hängt 
wesentlich  damit  zusammen,  dafs  eine  möglichst  grofse  Streckung  des  Körpers  hier 
durch  das  Motiv  geboten  ist,  während  die  capitolinische  Amazone  etwas  zusammen- 
gesunken, die  lansdownesche  in  anderer  Weise  gewunden  ist  und  überdies  durch 
die  ungewöhnlich  mächtige  Breite  polykletischer  Proportionen  eine  besondere  Stel- 
lung einnimmt.  Überhaupt  besteht  aufserhalb  der  polykletischen  Schule  kein  so 
fester  Kanon,  dafs  wir  um  etwas  schlankerer  Verhältnisse  willen  eine  Statue  um  ein 
Jahrhundert  jünger  ansetzen  müfsten.  Was  aber  die  Gewandung  anlangt,  so 
beschränkt  sich  deren  künstlichere  Anordnung  doch  wesentlich  auf  das  Aufnehmen 
des  Chitons  am  linken  Schenkel.  Wenn  nun  Wolters  am  Friese  von  Giölbaschi 
ein,  wenn  auch  nicht  ganz  identisches,  so  doch  sehr  ähnliches  Motiv  nachweist30, 
so  ergibt  sich,  dafs  das  Motiv  an  sich  keinen  Beweis  gegen  die  frühere  Entstehungs- 
zeit abgibt;  es  kommt  nur  darauf  an,  dafs  seine  Anwendung  innerlich  begründet  sei, 
und  das  ist  bei  der  sprungbereiten  Reiterin  der  Fall,  für  die  gerade  die  Hervorhebung 
der  kräftigen  Schenkel  bezeichnend  ist.  Als  ganz  einfach  wird  man  doch  auch 
schwerlich  das  Motiv  der  capitolinischen  Amazone  gelten  lassen  können,  dafs  sie 
mit  dem  linken  Arm  den  hinter  dem  Rücken  herabhängenden  Mantel  gegen  die 
Hüfte  klemmt.  Aufser  der  Anordnung  kommt  aber  auch  die  Durchführung  des 
Gewandes  in  Betracht.  Hier  dürfen  wir  nur  nicht  die  in  dem  trocken  eleganten  Stil 
der  Kaiserzeit  ausgeführten  römischen  Statuen  ß  •(  oder  die  geringe  Petworther  Statue  S 
dem  Urtheil  zu  Grunde  legen,  sondern  müssen  uns  an  den  Trierer  Torso  halten. 
Mit  Recht  bemerkt  Hettner:  «während  an  dem  Gewand  des  vaticanischen  [und 
noch  weit  mehr  des  capitolinischen]  Exemplares  die  Falten  kleinlich,  knitterig 
und  eintönig  gelegt  sind,  sind  sie  am  Trierer  Torso  abwechslungsvoll  zu  gröfseren 
Partien    zusammengenommen    und    naturgetreu   gestaltet».      Das  allgemeine  System 

2a)   Ebenso  Heydemann  an  der  in  Anm.  26  bezeich-  lichkeit  wohl  zugeben  können,  ohne  deshalb  so 

neten    Stelle.      Wenn    er    unseren    Kopf   in    Stil  weit  zu  gehen  wie  Heydemann. 

und  Ausdruck  genau  dem  Kopf  der  Hera  Farnese  30)  Oesterr.    Mittheil.    1882    Taf.   7,    Streifen  2  ganz 

gleichen  läfst,   so    wird   man  eine  gewisse  Ahn-  links  (in  der  Abbildung  nicht  ganz  genau). 


Michaelis ,    Amazonenstatuen.  aj 


der  Durchbildung  aber,  neben  den  grofsen  durch  die  Lage  des  Gewandes  gebildeten 
Falten  auch  die  kleineren  Kräuselungen  des  Stoffes  selbst  zum  Ausdruck  zu  bringen, 
ist  schon  den  Giebelfiguren  des  Parthenon,  namentlich  der  liegenden  Frauengestalt 
des  Ostgiebels,  nicht  fremd,  wenn  auch  nicht  so  weit  durchgeführt  wie  in  der 
Bronzestatue  unserer  Amazone.  —  Endlich  darf  bei  der  Zeitbestimmung  nicht  über- 
sehen werden,  dafs  der  Köcher  mit  untergebundenem  Bogen  nur  der  älteren  Kunst 
angehört  und  sich,  so  weit  ich  sehe,  kaum  über  das  fünfte  Jahrhundert  hinaus  wird 
nachweisen  lassen. 

Somit  glaube  ich,  dafs  auch  in  diesem  Punkte  Klügmann  richtiger  geurtheilt 
hat  als  seine  Nachfolger  und  dafs  er  wohl  that  die  Entstehung  unseres  Typus  nur 
etwas  später  als  die  der  verwundeten  Amazonen  anzusetzen.  Die  Frage  nach  dem 
Urheber  läfst  sich  meines  Erachtens  nicht  entscheiden.  Müllers  früher  mehrfach 
befolgte  Zurückführung  auf  Phidias  ist,  auch  von  dem  jüngeren  Stilcharakter  abge- 
sehen, unhaltbar;  die  lange  Stange  oder  Lanze  ist  kein  SopaTtov,  das  Ansetzen  der- 
selben zum  Sprunge  ist  kein  iTCpst'ösaäai,  und  die  ap[J.ofrj  des  Mundes  an  dem  Pet- 
worther  Kopf  konnte  Lucians  Lykinos  schwerlich  geneigt  sein  in  sein  Idealbild  zu 
versetzen,  da  die  etwas  unfreundliche  Energie  dieser  geschlossenen  Lippen  zum 
Obergesicht  der  Knidierin  gar  zu  übel  gepafst  haben  würde.  Aber  auch  Stron- 
gylions  £uxvr)tiO?  kann  es  nicht  wohl  sein;  nicht  sowohl  weil  man  eher  den  Namen 
eüjATjpoi  erwarten  würde,  sondern  weil  nach  Urlichs'  und  Hoffmanns,  auch  von  Klüg- 
mann später  als  richtig  anerkannter  Bemerkung  Plinius  Worte  in  comitatu  Neronis 
principis  circumlatam  mit  Nothwendigkeit  auf  eine  Statuette  führen31.  Auf  Phrad- 
mon  zu  rathen  liegt  natürlich  gar  kein  Anhalt  vor.  Damit  fällt  denn  auch  jeder 
Grund  fort  das  Original  unserer  Figur  unter  den  Bildwerken  des  ephesischen  Arte- 
mision zu  suchen,  was  mir  für  die  Originale  der  vier  von  Plinius  genannten  Meister 
allerdings  als  einziger  fester  Kern  der  von  ihm  erzählten  Anekdote  festgehalten 
werden  zu  müssen  scheint. 


Ad.  Michaelis. 


31)  Urlichs  in  der  Chrestom.  Plin.  zur  Stelle.     Hoff-  104  Anm.   2.     Overbeck   Plastik   I3,  476     Anm. 

mann  Philol.  XXIII,  402.     Klugmann  ann.   1872,  114. 


Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts 


^a^JUJ-  >V 


GEWEIHTER  FROSCH. 


Vor  kurzem  ist  in  das  Berliner  Museum  ein  Frosch  von  Bronze  gelangt,  von 
dem  wir  eine  Abbildung  in  der  wirklichen  Gröfse  hier  vorlegen.  Die  Herkunft  des 
kleinen  Denkmals  ist  nicht  näher  bezeichnet  worden  als  dafs  es  aus  dem  Peloponnes 
stamme,  doch  wird  die  Betrachtung  der  Aufschrift  die  wünschenswerte  Ergänzung 
dieser  Angabe  gewinnen  lassen.  Da  die  Lesung  zum  Teil  besondere  Schwierigkeiten 
bietet,  möchten  wir  den  Tatbestand,  wie  er  nach  einer  oft  und  unter  verschiedener 
Beleuchtung  angestellten  Untersuchung  sich  ergeben  hat,  genau  darlegen:  wer  in 
der  Entzifferung  stark  verwitterter  Bronzeinschriften  Erfahrung  hat,  weifs,  dafs  die 
zufällig  entstandenen  Risse  und  Punkte,  welche  die  ganze  Oberfläche  zu  bedecken 
pflegen,  den  täuschenden  Schein  von  Buchstaben  hervorbringen  können,  während 
die  wahren  Schriftzüge  zuweilen  bis  auf  eine  zunächst  ganz  unkenntliche  Spur  unter 
den  Oxydwucherungen  verschwinden,  so  dafs  nur  die  eingehendste  wiederholte 
Untersuchung  vor  Irrtümern  schützen  kann. 

Von  den  beiden  Zeilen  der  Inschrift  ist  die  längere  verhältnifsmäfsig  leicht 
festzustellen;  sie  lautet  "Afiwv  Stuvoou.  Die  erste  Frage  ist,  ob  dem  Alpha  nicht  ein 
Buchstabe  vorhergegangen  sei:  es  befindet  sich  vor  derselben  eine  bogenförmige 
Vertiefung,  die  den  Resten  der  Schrift  nicht  unähnlich  ist.  Sie  ist  aber  unzweifelhaft 
zufällig,  da  jede  Spur  von  weiteren  Elementen,  mit  denen  sie  einen  Buchstaben 
ausmachen  könnte,  fehlt;  es  war  auch  durchaus  passend,  dafs  der  Graveur  die  Schrift 
nach  dem  durch  das  Ende  des  Kopfes  gebildeten  Abschnitt  beginnen  liefs.  An 
der  Namenbildung  "A[a«uv  ist  auch,  obwol  sie  neu  ist,  nicht  das  mindeste  auszusetzen: 
sie  verhält  sich  zu  ctjxot'tu  ebenso  wie  6/]pa>v  zu  ürjpocu),  'Hßoiv  zu  Tjßa'u),  Ntxcuv  zu  vuauj. 
Am  Ende  dieser  Zeile  erscheint  links  unten  vor  V  eine  kleine  Einritzung,  welche 
erwägen  läfst,  ob  sie  nicht  der  Rest  einer  Hasta  ist,  die  den  Buchstaben  zu  einem 
Ny  machen  würde,   aber  es   ist   nach  oben  hin  keine  Spur  einer  Fortsetzung  dieses 


Fränkel,    Geweihter  Frosch. 


49 


Strichelchens  vorhanden,  vielmehr  erscheint  hier  die  Oberfläche  intact:  die  scharfe 
Deutlichkeit  jener  Vertiefung  wird  durch  späteres  Kratzen  in  eine  kleine  Verletzung 
hervorgebracht  sein,  wie  es,  um  die  Inschrift  lesbarer  zu  machen  nach  gerade  an 
dieser  Stelle  unverkennbarer  Spur  sicher  stattgefunden  hat. 

Wir  können  demgemäfs  die  Lesung  dieser  Zeile  mit  "A(i(uv  Siovoou,  offenbar 
Name  und  Vatername  eines  Weihenden,  als  ganz  zuverlässig  bezeichnen.  Auf 
Grund  dieses  Ergebnisses  sind  wir  in  der  Lage  die  Heimat  des  kleinen  Denkmals 
mit  vollkommener  Sicherheit  zu  bestimmen.  Dafs  die  Formen  und  der  Ductus  der 
Buchstaben  in  recht  alte  Zeit  verweisen,  ist  ohne  weiteres  einleuchtend;  die  Inschrift 
kann  nicht  später  angesetzt  werden  als  in  die  erste  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts. 
Finden  wir  dabei  im  Genitiv  des  Vaternamens  das  nichtdiphthongische  ou  schon  OV 
geschrieben,  so  werden  wir  für  die  Herkunft  unseres  Denkmals  dahin  gewiesen,  wo 
diese  Schreibung  in  alter  Zeit  allein  üblich  war:  nach  Korinth  und  seinen  Colonien. 
Dieser  Bestimmung  entspricht  auch  das  zweite  durch  die  Schrift  gebotene  Kenn- 
zeichen: die  Anwendung  der  aufrechten  Form  des  vierstrichigen  Sigma  in  so  früher 
Zeit.  OV  findet  sich  in  notorisch  sehr  alten  Inschriften  von  Korinth  und  den  korinthi- 
schen Colonien,  so  in  der  Peraea  Inscriptiones  antiquissimae  18,  in  Korkyra  in  der 
Bustrophedon-Inschrift  340  und  der  linksläufigen  342,  auf  der  in  Olympia  gefundenen 
Lanzenspitze  24;  vierstrichiges  Sigma  wurde  nach  der  Helmaufschrift  des  Hieron  (510) 
schon  Ol.  76,  3  in  Syrakus  geschrieben,  es  steht  in  Inschriften  sehr  alten  Charakters 
von  Korkyra  (345 — 347),  Selinunt  (515  —  517)  und  Anaktorion  (330);  in  Akrae  haben 
wir  OY  und  i.  neben  einander  in  der  Bustrophedon-Inschrift  507 '.  Da  die  Colonien 
durch  die  Angabe  des  Verkäufers  ausgeschlossen  sind,  so  werden  wir  nicht  zweifeln 
können,  dafs  unser  kleines  Denkmal  aus  Korinth  selbst  stammt. 

Die  Sicherheit,  die  wir  über  die  Herkunft  der  Inschrift  aus  der  einen  Zeile 
gewonnen  haben,  wird  uns  für  die  Lesung  der  zweiten  zu  gute  kommen.  Kein 
Zweifel  kann  über  die  letzten  5  Zeichen  obwalten;  das  schliefsende  Iota  ist  in  einem 
kleinen  aber  sicheren  Rest  erhalten.  Auch  dafs  der  zweite  Buchstabe  ein  Omikron 
war,  ist  kaum  fraglich,  obwol  es  nicht  regelmäfsig  geraten  und  das  Innere  des 
Rundes  zerfressen  ist.  Viel  schwieriger  ist  der  erste  Buchstabe  zu  bestimmen: 
sicher  ist  die  erste  von  links  unten  nach  rechts  oben  gehende  Hasta,  der  oben  an 
dieselbe  anschliefsende  kleine  Bogen  und  der  von  diesem  aus  nach  unten  gehende 
kurze  Strich;  von  der  bogenförmigen  Spur,   die  unten  links   an   die  zuerst  genannte 

fünften  Jahrhunderts  abschliefst.  Auf  die  Chro- 
nologie der  für  die  Oeffentlichkeit  bestimmten 
Inschriften  wird  übrigens  aus  solchen  Einritzun- 
gen nur  mit  der  äufsersten  Vorsicht  geschlossen 
werden  dürfen ,  wie  jetzt  Köhler  gezeigt  hat 
(Mittheilungen  X  S.  359  ff.),  dafs  für  Athen  selbst 
die  Gleichstellung  der  Grabinschriften  mit  den 
übrigen  ein  grofser  Irrtum  war.  Bei  Röhl 
Inscr.  antiq.  22  ist  aus  Kirchhoffs  auf  Schätzung 
beruhendem  Ansatz  des  Exekias  ein  constat  ge- 
worden. 


')  In  der  zuerst  Biillett'mo  d.  Inst.  1865  p.  241  ver- 
öffentlichten korinthischen  Inschrift,  welche  auf 
einer  Vase  des  Exekias  von  ihrem  Besitzer  ein- 
geritzt, also  frühestens  diesem  Maler  gleichzeitig 
ist,  wird  Sigma  noch  /V\  geschrieben.  Kirchhoff 
(Alphabet  S.  91)  setzte  den  Exekias  in  die  erste 
Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts;  nach  den  seit- 
dem gemachten  epigraphischen  Entdeckungen 
wird  aber  die  Bestimmung  von  Klein  {Annali 
1877  p.  255f.)  richtiger  sein,  nach  welcher  die 
Tätigkeit    des     Exekias     mit     dem    Beginn    des 


cq  Fränkel ,   Geweihter  Frosch. 


Hasta  ansetzt,  ist  es  vollkommen  möglich,  aber  nicht  sicher,  dafs  sie  von  einem 
Buchstabenelement  herrührt.  Die  punktirt  gezeichnete  schräge  Hasta  zur  Rechten 
tritt  in  gewissem  Lichte  als  eine  allerdings  sehr  schwache  Linie  so  deutlich  hervor, 
dafs  man  ihrer  ganz  sicher  zu  sein  glaubt,  dann  aber  wird  man  daran  wieder 
völlig  irre;  die  Wahrscheinlichkeit,  dafs  diese  feine  Linie  zufällig  entstanden  ist, 
überwiegt  bei  Weitem.  Obwol  man  also  die  Form  dieses  Buchstabens  nicht  völlig 
ausmachen  kann,  so  steht  doch  soviel  fest,  dafs  er  nur  ein  Beta  oder  ein  Ny  gewe- 
sen ist,  und  da  sich  mit  Ny  kein  möglicher  Name  ergiebt,  auch  bei  einem  Ny  der 
Bogen  in  der  zweiten  Hasta  ein  seltsamer  Mifsgriff  des  Graveurs  wäre,  so  können 
wir  das  Zeichen  mit  Zuversicht  als  Beta  deuten.  Diese  Deutung  kann  sogar  auch 
dann  bestehen  bleiben,  wenn  der  unwahrscheinliche  Fall  zutreffen  sollte,  dafs  die 
Form  des  Buchstabens  eine  Ny-artige  war:  auf  der  Monumenti  d.  Inst.  1855  Taf.  XX 
veröffentlichten  korinthischen  Vase  sieht  das  Beta  im  Namen  Acttcpoßo?  einem  Ny 
ganz  gleich,  während  es  in  Fsxdßa  und  Ksßpwva?  nur  umgekehrt  und  durch  breite 
Abrundung  der  Ecken  variirt  ist;  auch  in  den  korinthischen  Colonien  Anaktorion  und 
Selinunt  hat  es  die  Form  eines  umgekehrten  Ny  [Inscr.  antiq.  329.  515).  Für  die 
Kenntnifs  der  Entwickelung  des  Buchstabens  in  Korinth  selbst  fehlt  es  noch  durchaus  an 
Material:  er  hat  sich  bisher  dort  nur  in  Toninschriften  spätestens  des  sechsten 
Jahrhunderts,  nämlich  auf  den  Weihetäfelchen  des  Berliner  Museums  und  der  in  den 
Mittheilungen  des  athen.  Instituts  1879  Taf.  18  bekannt  gemachten  Vase  gefunden. 
Die  ganze  Inschrift  ist  demnach  "Ajaidv  2(uvoou  Boasovt  zu  lesen.  Der  Name 
Bodatov  ist  von  ßoa<u  untadelhaft  gebildet  und  hat  viele  Analogien,  wie  Ae$u>v,  'la'aeuv, 
Kzrfiwv,  Audu)V,  üauatov,  2irsü<jtov  u.  s.  w.  Um  auszumachen,  welcher  Gott  in  Korinth 
den  Beinamen  Boaaiuv  geführt  hat,  erinnern  wir  uns  der  im  Altertum  sehr  berühmten 
Brüder  unseres  Frosches,  welche  am  Fufse  einer  Palme  mit  Wasserschlangen  vereint 
aus  dieser  Stadt  von  Kypselos  dem  delphischen  Apollo  geweiht  worden  sind. 
Schon  den  Besuchern  Delphis,  von  denen  uns  Plutarch  erzählt2,  war  es  auffallend, 
dafs  diese  Sumpfgeschöpfe  am  Fufse  des  gerade  in  sumpfiger  Erde  nicht  ge- 
deihenden Baumes  gebildet  waren;  da  ihnen  eine  symbolische  Beziehung  der 
Frösche  zu  Korinth  unbekannt  war,  suchten  sie  nach  einer  Beziehung  derselben 
zu  Apollo,  wobei  sie  aber  in  ihren  auf  seine  Identität  mit  der  Sonne  gegrün- 
deten Conjecturen  nur  ihre  gänzliche  Ratlosigkeit  dartaten.  Viel  weiser,  wie 
nicht  anders  zu  erwarten  ist,  behandelten  die  sieben  Weisen  die  Frage  nach  der 
Bedeutung  dieser  Frösche,  bei  deren  von  Plutarch  so  anmutig  geschildertem  Gast- 
mal3 sie  durch  Pittakos  von  Mytilene  aufgeworfen  wurde:  Periander  Kypselos' 
Sohn  schiebt  die  Antwort  dem  Chersias  zu,  der  bei  der  Weihung  zugegen  gewesen 
sei;  Chersias  erweist  sich  seinerseits  durch  die  Kunst,  mit  welcher  er  dem  Bekennt- 
■nifs  seiner  Unwissenheit  aus  dem  Wege  zu  gehen  versteht,  der  Ehre  an  diesem 
Weisheitsmale  teilzunehmen  vollkommen  würdig.  Man  sieht,  dafs  die  Symbolik  des 
Frosches    schon    im    späteren  Altertum    dunkel    geworden  war,   aber  den   von   den 


2)  Cur  Pythia    nunc    non    reddat    oracula   carmine        3)  p.  164A. 
P-  399  F. 


Fränkel,   Geweihter  Frosch. 


Si 


erstgenannten  Personen  des  Plutarch  aus  der  Weihung  des  Kypselos  gezogenen 
Schlufs,  dafs  der  Frosch  dem  Apollo  heilig  sei,  müssen  wir  für  durchaus  begründet 
halten;  vielleicht  wird  es  uns  besser  wie  ihnen  gelingen  den  Sinn  dieser  Beziehung 
zu  ermitteln.  Zwar  darauf,  dafs  die  aristophanischen  Frösche  (V.  231)  sich  der  Gunst 
des  Apollo  rühmen,  da  sie  ihm  das  Rohr  zum  Steg  der  Leier  hegen,  ist  kein  Ge- 
wicht zu  legen,  denn  diese  Dankbarkeitsempfindung  des  musischen  Gottes  hat  der 
gefällige  Dichter  gewifs  nur  ad  hoc,  zur  möglichsten  Verherrlichung  der  kleinen 
Sumpfgeschöpfe  gesetzt.  Was  den  Gott  in  Wahrheit  mit  dem  Frosche  verbindet, 
ist  die  seherische  Kraft,  mit  welcher  sie  beide  begabt  sind;  der  Frosch  hatte  näm- 
lich auch  schon  im  Altertum  die  Fähigkeit  das  Wetter  zu  prophezeien  und  er 
äufserte  sie  genau  auf  die  gleiche  Weise  wie  heute:  wenn  er  Regen  ansagen  wollte, 
quakte  er  lauter  als  er  gewohnt  ist.  Von  den  griechischen  Fröschen  berichtet  dies 
Theophrast  in  dem  Fragment  über  die  Vorzeichen  der  Witterung4;  dasselbe  erzählt 
uns  Aelian  (Tiergeschichte  9,  13)  in  einer  Notiz,  als  deren  Quelle  Rose  mit  Recht 
Theophrast's  Lehrer  Aristoteles  ansieht  (Fragment  241,  19);  bei  den  Römern  finden 
wir  die  gleiche  Vorstellung5.  Nach  den  angeblich  aristotelischen  Problemen  (A  22, 
p.  862a  10)  bestand  auch  der  Glaube,  dafs  die  kleinen  krötenartigen  Frösche  das 
Jahr,  in  welchem  sie  sich  zeigen,  als  ein  ungesundes  vorhersagen:  auch  diese  Vor- 
stellung wird  dort  auf  die  Meinung  zurückgeführt,  dafs  die  Frösche  Feuchtigkeit 
anzeigen,  die  ja  den  Menschen  Krankheiten  errege.  Nun  ist  schon  bemerkt  worden6, 
dafs  die  wetterverkündende  Kraft  der  Tiere  ein  Grund  war  sie  dem  Apollo  zu 
heiligen;  wie  der  angeführte  Abschnitt  des  Theophrast  zeigt,  fehlt  diese  Gabe  kaum 
einem  der  Tiere  die  dem  seherischen  Gotte  zugeeignet  sind:  Krähe,  Rabe,  Habicht, 
Delphin,  Wolf  werden  dort  als  Wetterpropheten  aufgeführt,  auch  die  Eidechse,  in- 
sofern der  Salamander  ausdrücklich  als  Art  derselben  bezeichnet  wird.  Ein  Ausflufs 
der  mantischen  Kraft  des  Frosches  ist  es  auch,  dafs,  wie  Demokrit  berichtete,  seine 
ausgerissene  Zunge,  einer  schlafenden  Frau  auf  das  Herz  gelegt,  dieselbe  zwang  auf 
jede  Frage  die  Wahrheit  zu  antworten7.  Die  Beziehung  unseres  Weihgeschenkes 
auf  Apollon  wird  also  auch  von  dieser  Seite  her  wohl  gestützt,  und  wir  werden 
den  Beinamen  Boaawv  von  der  Orakelspendung  erklären  dürfen:  ßorjv  oqaDo?  zu  sein 
ist  auch  für  einen  Gott  nicht  unrühmlich,  und  wir  werden  mit  den  korinthischen 
Ohren  nicht  rechten  können,  dafs  die  prophetische  Stimme  Apollons,  die  anderen 
als  ein  aösiv  vorkam,  ihnen  nur  wie  ein  ßoav  klang;  ist  es  doch  nach  unserem 
Gefühl  für  die  Orakeltöne  des  Apollo  um  kein  Haar  schmeichelhafter,  wenn  dem 
griechischen  Sprachgebrauch  das  Quaken  des  Frosches  nicht  weniger  ein  aoeiv  war. 9 

*)  Theophrast  Fragm.  VI,  15  Wimmer:    xai   eppivr)  6)  Röscher,   Hermes   S.  102. 

).0'jo|j.evtj  xcti  {ktTptryot  piäAXov  $8ovtt(  3r,p.a(vo'.>3iv  ')  Plinius  32,  49. 

uO(up    xai   Tj    aot'Spa   '^anojxivTj    rjv    xaXoOsiv  aata-  8)  An  der  ersten  von  den  beiden  angeführten  Stellen 

(iovSpctv,    i-n  6e  xii  yXiopöi  ßÖTpayoi  iiA  SivSpoo  des  Plutarch,    der    an    dem    Weihgeschenk    des 

a?<uv  üSiop  3Tj|ia(vtt.  Kypselos    ein    besonderes    Interesse    genommen 

5)  Cicero  ad  Attic.  XV,  16B:  equidem  etiam pluvias  haben  mufs  —    er    erwähnt    es    ein    drittes    Mal 

metuo,  si  prognostica  nostra  vera  sunt,  ranae  enim  Conviv.   disput.  IV  4,  p.  724B  —  tritt  die  Frage 

fiTjTOpe'jouaiv.  nach    den    Wasserschlangen    wesentlich    zurück; 


52 


Fränkel ,   Geweihter  Frosch. 


Als  für  sich  bestehendes  Weihgeschenk  hat  unser  Frosch  einen  bronzenen 
Genossen  wenigstens  in  der  Literatur:  dieser  war  nach  einem  dem  Piaton  zuge- 
schriebenen Gedichte  (Anthol.  Pal.  VI  43)  von  einem  durstigen  Wanderer  den 
Nymphen  dargebracht  worden,  da  Froschgequak  ihn  zu  einem  Wasser  geführt  hatte. 
Von  einem  nur  als  Ornament  auf  dem  Boden  eines  silbernen  Mischgefässes  gebil- 
deten Frosche,  der  also  beim  Gebrauche  des  Gefäfses  in  dem  ihm  zukommenden 
Elemente  der  Feuchtigkeit  erschien,  wissen  wir  durch  ein  Epigramm  des  Antigonos 
von  Karystos9.  Ist  dies  schon  ein  groteskes  Motiv,  so  mufs  sich  das  arme  Tier  in 
der  etruskischen  Kunst  eine  vollends  bizarre  Rolle  gefallen  lassen:  hier  ruhen  öfters 
die  Löwenfüfse  von  Geräten,  so  der  ficoronischen  Ciste  und  mehrerer  Dreifüfse,  auf 
seinem  Leibe  aus,  den  sie  doch  nur  platt  drücken  könnten ,0.  Die  Menge  der  uns 
aufbewahrten  plastischen  Darstellungen  des  Frosches  verdanken  wir  jedoch  der 
apotropäischen  Kraft,  die  ihm  beigemessen  wurde".  Der  Frosch  und  die  Eidechse, 
welche  in  den  von  der  Portikus  der  Octavia  in  Rom  eingeschlossenen  Tempeln 
an  Säulenbasen  angebracht  waren,  sind  offenbar  ebenfalls  übelabwehrende  Symbole 
gewesen;  sie  etwa  als  Symbole  des  Apollo  aufzufassen  geht  deshalb  nicht  an, 
weil  diese  Tempel  dem  Iupiter  Stator  und  der  Iuno  gehörten1";  Plinius  (36,  42) 
weifs  für  die  beiden  Tiere  keine  bessere  Erklärung  anzuführen  als  dafs  sie  die 
redenden  Signaturen  zweier  Baumeister  Sauras  und  Batrachos  gewesen  sein 
sollen.  Die  apotropäische  Natur  auch  der  Eidechse  steht  fest13;  mit  dem 
Frosche  vereint  findet  sie  sich  in  diesem  Sinne  auf  den  Gemmen  bei  Pas- 
sen, Thesaurus  gemmarum  astriferarum  I  tav.  156  und  Jahn,  Berichte  der  sächs. 
Gesellschaft  1855  Taf.  III,  5  und  6.  Um  so  gewisser  wird  unsere  Deutung 
erscheinen,  als  es  aufser  jenem  literarisch  überlieferten  auch  erhaltene  Beispiele 
für  die  Zusammenstellung  der  beiden  Tiere  gerade  an  Architekturteilen  giebt: 
das  Kapitell  in  San  Lorenzo  fuori  le  mura,  das  bei  Winckelmann,  Monumenti 
inediti  Taf.  206  abgebildet  ist14  und  die  Rosette  aus  Tivoli  bei  Visconti,  Museo  Pio 
Clementino  I  tav.  A.  VI,  10,  wo  die  gleichfalls  als  apotropäisches  Symbol  bekannte 
Biene  hinzutritt. 

Es  darf  nicht  verschwiegen  werden,  dafs  unser  Frosch,  obwol  er  jetzt, 
wo  ihm  die  Zeit  annähernd  zu  seiner  natürlichen  Färbung  verholfen  hat,  eine 
ganz  gute  Figur  macht,  doch  wenig  correkt  gebildet  ist:  seine  hinteren  Extre- 
mitäten   sind    nämlich    um    ein    ganzes   Glied    zu    kurz    geraten,   da  bei   dem  wirk- 

an   der   zweiten    werden    sie    gar  nicht  genannt:  9)  Anthol.  Pal.  IX  406;  vgl.  Wilamowitz,  Antigonos 

der  Philosoph  war  wol  der  Meinung,  dafs  durch  S.  169  f. 

die   Erklärung    des    einen  Wassergeschöpfes   das  10)   S.  Otto  Jahn,   die  ficoronische  Ciste   S.  36  f. 

andere  miterklärt  sein  würde.     Nach  Aelian  12,9  ")   Otto  Jahn,    Berichte    der  sächsischen  Gesellsch. 

hafst  und  fürchtet  der  Frosch  die  Wasserschlange  d.  Wissensch.   1855   S.  99fr.      A.  Michaelis,  Ar- 

in  hohem  Grade,  daher  er  sie  durch  vieles  Quaken  chäolog.  Zeitung  XXI  S.  43. 

seinerseits  zu  erschrecken  suche.      Demnach  hat  12)  Vitruv  III  5.    Plinius  36,  43. 

die  Wasserschlange  die  Beziehung  zur  Propheten-  13)  S.  Jahn  a.  a.  O. 

gäbe  des  Frosches ,  dafs  sie  für  die  Vermehrung  '*)  Vgl.   Winckelmann  Monumenti  inediti  p.  269  und 

seines    Geschreies,    durch   welche    sich    dieselbe  Anmerkungen      über     die    Baukunst     des    Alten 

äufsert,  die  Ursache  sein  kann.  (Werke  von  Fernow  I)  S.  379  ff. 


Fränkel,   Geweihter  Frosch. 


53 


liehen  Frosch  der  Fufs  als  ein  besonderes,  sehr  langes  Glied  an  den  Unterschenkel 
ansetzt.  Durch  die  Annahme,  dafs  der  Künstler  nicht  einen  Frosch  sondern  eine 
Kröte  bilden  wollte,  würde  seine  Ehre  nicht  gerettet  werden;  denn  mit  einer  Kröte 
hat  sein  Werk  keine  wesentlich  gröfsere  Ähnlichkeit:  die  Beine  wären  ebenso  falsch, 
und  dafs  die  Proportionen  minder  mifslungen  erschienen,  beruht  nur  darauf,  dafs 
die  Kröte  von  Natur  plump  ist,  das  Ungeschick  des  Bildners  aber  in  jedem  Falle 
nur  plumpe  Verhältnisse  hervorbringen  konnte;  offenbar  liegt  der  schematischen  Arbeit 
nur  eine  ungefähre  Erinnerung  an  die  Natur,  keine  Beobachtung  zu  Grunde.  Wir 
werden  daher  die  Frage,  ob  der  Künstler  einen  Frosch  oder  eine  Kröte  gemeint  hat, 
aus  inneren  Gründen  entscheiden  dürfen:  die  Kröte,  die  übrigens  auch  das  Wetter 
vorhersagen  konnte  (s.  oben  Anm.  4),  hatte  im  Altertum  einen  so  schlechten  Ruf, 
dafs  man  mit  ihrer  Darbringung  unmöglich  einem  Gotte  eine  Freude  zu  machen 
glauben  konnte.  Plinius  sagt  ihr  nach,  dafs  sie  im  höchsten  Grade  giftig  sei  — 
plena  veneficionmi  — ,  da  sie  aus  ihrer  Nahrung  stets  alles  Gift  zurückbehalte;  sie 
bringe  daher  schnelleres  Verderben  als  die  Natter16;  Aelian  weifs,  dafs  ihre 
blofse  Berührung  oder  ihr  Geifer  tötet  und  dafs  ihr  Atem  und  Blick  blafs  macht, 
ihr  Blut  aber,  in  Wein  oder  eine  andere  geeignete  Flüssigkeit  gemischt,  augen- 
blicklichen Tod  herbeiführt16,  wie  denn  die  Lunge  der  Kröte  nach  der  Anschul- 
digung Iuvenals  bei  den  verderbten  römischen  Damen  als  Mittel  des  Gattenmordes 
beliebt  ist1.7;  allerlei  übernatürliche  Kräfte  eignender  Kröte18,  und  so  dient  sie  der 
Zunft  der  Canidien  zur  Bereitung  schändlicher  Liebestränke ";  dem  Bösen  förder- 
lich ist  sie  der  Feldfrucht  verderblich20.  Kein  Wunder,  dafs  ein  mit  so  vielen  bösen 
Eigenschaften  ausgestattetes  Tier  zum  Gegenstand  des  Abscheus  wurde,  und  dafs 
der  Storch  sich  Dank  verdiente,  da  er  auf  einen  so  schlimmen,  der  Schlange 
gleich  zu  stellenden  Feind  der  Menschen  Jagd  macht21. 


M.    Fränkel. 


15)  Naturgesch.   32,   50.     8,    1 10.     25,    123.  lehnt    diese   Deutung    mit    der    sonderbaren    Be- 

16)  Tiergesch.  9,   11.      17,  12.  gründung  ab,  dafs  der  Ausdruck  viscera  inspuere 
")  Iuvenal   1,  69.      6,  659.     Aus   diesen  Stellen  ist  solenn  sei;  als  ob  der  Satyriker   einen  solennen 

Iuvenal  3,  44  zu  erklären :  ranarum  viscera  nun-  Ausdruck  nicht  in  parodirendem  Sinne  anwenden 

quam    inspexi;    richtig     umschreibt     schon     der  dürfe.       Dafs     aus    den    Eingeweiden    der    rana 

Scholiast    non   sunt  venenarius.      Kurzweg    rana  geweissagt  worden  wäre,  ist  ganz  unbekannt. 

für  rana  rubeta    heifst   die   Kröte    auch     in    der  ,8)  Plinius  32,   51  f. 

in   Anmerkung    19    angeführten   Stelle    des    Ho-  19)   Horaz  Epoden   5,  19.     Properz  4,  6,  27. 

raz;    der    Begriff    des  Giftmischens    ist     in    Be-  20)  Vergil  Georg,    i,  184. 

ziehung  auf  den  Beruf  des  Sprechers  Umbricius  2I)  Plutarch  De  invidia   et   odio  p.  537  A.     Conviv. 

als    Haruspex     witzig     umschrieben.       Heinrich  disput.  8,   7,   3  (p.  727  F). 


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££^  InJ-S^^k  O^Jr 


MITTEILUNGEN  AUS  DEM  BRITISH  MUSEUM. 

i. 

PRAXITELISCHE  KÖPFE. 

(Tafel  5.) 

Auf  Tafel  5  sind  zwei  Köpfe  des  Brittischen  Museum  abgebildet,  die  eine 
gröfsere  Beachtung  verdienen,  als  ihnen  bis  jetzt  zu  Teil  geworden  ist.  Der  erste 
derselben  ist  aus  der  Sammlung  des  Earl  of  Aberdeen  1862  erworben;  vgl.  Guide 
to  the  Graeco-roman  sculptures  II  (1876)  S.  44,  97.  Eine  Angabe  über  den  Fundort 
fehlt,  doch  ist  es  bei  dem  Charakter  der  Aberdeen'schen  Sammlung  (Michaelis, 
Ancient  tnarbles  S.  118)  sehr  möglich,  ja  wahrscheinlich,  dafs  der  Kopf  aus  Griechen- 
land stammt.  Er  besteht  aus  feinem  gelblichem  parischem  Marmor.  Ergänzt  ist  an 
ihm  nichts,  aber  manche  Teile  sind  abgebrochen,  vor  allem  die  Nase.  Aufserdem 
fehlt  jetzt  der  metallene  Kranz,  dessen  Spur  sich  in  einer  starken  Furche  rings  um 
den  Kopf  und  einer  Reihe  von  Bohrlöchern  in  dieser  erhalten  hat;  einige  kleinere 
Bohrlöcher  näher  an  der  Stirn  führen  zu  der  Vermutung,  dafs  der  Kopf  einen  Kranz 
von  grofsen,  nach  vorn  überfallenden  Blättern  getragen  habe,  ähnlich  etwa  wie  der 
an  zweiter  Stelle  zu  besprechende.  Die  Länge  des  Gesichtes  beträgt  o,  18  m.,  die 
des  Erhaltenen  etwa  O,  30.  Es  ist  kein  Grund,  zu  bezweifeln,  dass  wir  das  Bruch- 
stück einer  Statue  vor  uns  haben. 

Die  kunstgeschichtliche  Stellung  des  Kopfes  ist  durch  seine  ohne  Weiteres 
einleuchtende  Ähnlichkeit  mit  dem  Praxitelischen  Hermes  bestimmt.  Ein  Vergleich 
beider  Werke  läfst  dieselbe  in  jeder  Einzelheit  aufs  neue  erkennen,  aber  er  zeigt 
auch,  wie  unendlich  hoch  der  Hermes  in  der  feinen  Durchbildung  aller  Teile  über 
den  andern  Werken  derselben  Zeit  steht.  Allein  genommen  ist  allerdings  unser 
Kopf,  den  für  eine  Copie  zu  halten  ich  keinen  Grund  sehe,  von  hoher  Schönheit. 
Die  Stirn  ist  reich  modellirt,  die  Nasenwurzel  sehr  breit  und  ihr  Übergang  zu  den 
Augenhöhlen  steil  und  tief.  Die  Augen  sind  verhältnifsmäfsig  klein  und  etwas 
schwimmend.  Die  Nase  war,  wie  ihre  Reste  deutlich  zeigen,  der  des  Praxitelischen 
Hermes  ähnlich,  die  Nasenflügel  besonders  zart  und  etwas  zusammengekniffen.  Der 
geöffnete  Mund  ist  der  am  wenigsten  gut  geratene  Teil  des  Gesichtes;  er  hat  im 
Original,  wenigstens  in  einigen  Ansichten,  etwas  plumpes.  Die  Unterlippe  ist  voll 
und  kurz,  das  Kinn  ein  wenig  abgeplattet,  so  dafs  ein  Grübchen  auf  ihm  entsteht. 
Die  Ohren  sind  wohlgebildet.  Die  Arbeit  des  Haares  ist  nicht  sorgfältig,  oben 
auf  dem  Kopf  sogar  nachlässig;  auch  die  des  Fleisches  ist  nicht  vollendet,*  aber 
ungewöhnlich  sicher  und  gewandt  und  in  der  Gesammtwirkung  trefflich.  Es  ist 
eins  jener  Werke,  das  in  einer  glücklichen  Zeit  der  Kunst,  unter  dem  allmächtigen 


Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum.  er 

Einflufs  eines  genialen  Künstlers  entstanden,  weniger  durch  eigenes  Verdienst  zu 
solcher  Schönheit  gelangt  ist  als  durch  das  unbefangene  frische  Aufnehmen  und 
Wiedergeben  des  bereits  Erreichten.  — 

Die  an  zweiter  Stelle  abgebildete  Hermenbüste  ist  1777  bei  Genzano  auf  dem 
Besitztum  der  Familie  Cesarini  gefunden  und  dann  von  Townley  erworben  worden. 
Die  bisherigen  Abbildungen  geben  den  Charakter  des  Kopfes  nicht  treu  wieder; 
vgl.  Specimens  of  ancient  sculpture  I  Taf.  60.  Ancient  Marbles  II  Taf.  46.  Ellis, 
Townley  gallery  I  S.  326.  Guide  to  the  Graeco-roman  sculptures  I  (1879)  S.  199,  105. 
Die  Büste  besteht  aus  feinem  parischen  Marmor  und  ist  von  ungewöhnlich  guter 
Erhaltung;  ergänzt  ist  nur  auf  beiden  Seiten  des  Kopfes  das  Stück  Binde  vom 
Nacken  bis  zur  Schulter.  Aufserdem  fehlen  Teile  des  Kranzes.  Die  ganze  Höhe 
der  Büste  beträgt  o,  40  m.,  die  Länge  des  Gesichtes  O,  19. 

Auch  diesen  Kopf  dürfen  wir  als  ein  Werk  Praxitelischer  Kunst  bezeichnen. 
Wenn  die  Verwandtschaft  vielleicht  nicht  ebenso  in  die  Augen  springt  wie  bei  dem 
besprochenen,  so  hat  das  in  zwei  Umständen  seinen  Grund.  Zunächst  ist  der 
Charakter  des  ganzen  Kopfes,  wie  wir  annehmen  dürfen  entsprechend  dem  Charakter 
des  Dargestellten,  weniger  zart  als  beim  Hermes,  Wangen  und  Kinn  sind  voller,  die 
Formen  dadurch  weniger  reich  modellirt,  der  Hals  kräftiger,  die  ganze  Erscheinung 
weniger  geistig.  Verstärkt  wird  dieser  Eindruck  dann  zweitens  noch  durch  die 
Haltung,  welche  gerade  das  Untergesicht  so  stark  hervortreten  läfst.  Dennoch  ist 
der  Typus  des  Kopfes,  wie  besonders  ein  Blick  ganz  gerade  ins  Gesicht  sofort  lehrt, 
sehr  fein.  Die  Stirn  ist  halbrund  begrenzt,  schön  eingeteilt  wie  beim  Praxiteli- 
schen  Hermes,  und  die  Nase  in  ihrer  kräftigen  aber  schönen  Zeichnung  erinnert 
lebhaft  an  diesen.  Sehr  zart  ist  die  Linie  der  Augenbrauen  und  ihr  Übergang 
zur  Augenhöhle  hin.  Die  Nase  ist  unten,  unmittelbar  über  den  Nasenflügeln, 
besonders  schmal,  weiter  oben  geht  sie  weniger  steil  in  die  Wangen  über  und 
erscheint  dadurch  breiter.  Der  Mund  ist  etwas  geöffnet,  die  Oberlippe  schmal,  die 
Unterlippe  kürzer  aber  breiter.     Das  Kinn  ist  vorn  etwas  abgeplattet. 

Die  lebhafte  Haltung  des  Kopfes  macht  es  unwahrscheinlich,  dafs  er  gleich 
anfangs  als  Herme  componirt  worden  sei;  er  wird  wol  von  einer  berühmten  und 
beliebten  Statue  ebenso  entnommen  sein  wie  beispielsweise  die  Hermenbüsten  des 
Doryphoros  und  der  Polykletischen  Amazone  aus  der  Herculanischen  Villa.  Die 
Beliebtheit  unserer  Herme  beweisen  mehrere  Repliken.  Schon  von  Combe  {Ancient 
marbles  II  zu  Taf.  46)  ist  die  für  Dionysos  erklärte  Hermenbüste  des  Capitolinischen 
Museums  (Bottari  und  Foggini,  Mnseo  Capitolino  I  Taf.  87)  herangezogen  worden. 
Kaum  davon  zu  trennen  ist  die  dort  Taf.  84  abgebildete  Hermenbüste,  wenn  ihr 
auch  die  breiten  Bänder  fehlen.  Eine  genaue  Wiederholung  scheint  die  Herme 
Museo  Pio  Clementino  VI  Taf.  1 2  (Beschreibung  der  Stadt  Rom  II,  2  S.  282,  64)  zu 
sein,  welche  der  Ergänzer  ebenfalls  zu  einem  Dionysos  umgestaltet  hat;  nach  der 
Abbildung  und  den  Worten  der  Beschreiber  zu  urteilen  gehört  auch  eine  Büste  des 
Braccio  nuovo  (Pistolesi,  //  Vaticano  descritto  IV  Taf.  55,  3.  Braun,  Ruinen  und 
Museen  Roms  S.  284,  41)  hierher.    Vgl.  auch  noch  Michaelis  Ancient  marbles  S.  232, 


e6  Wolters,  Mitteilungen  aus  dem  British  Museum. 

33.  Diitschke,  Antike  Bildwerke  in  Oberitalien  III  9.  V  334.  Sicher  werden  sich 
noch  weitere  Repliken  erhalten  haben;  besonders  zu  wünschen  wäre  die  Auffindung 
einer  Copifc  der  ganzen  Statue,  die  ich  augenblicklich  nicht  nachzuweisen  vermag. 
Ein  genaueres  Eingehen  auf  die  erhaltenen  Repliken  ist  bei  den  durchaus  ungenügen- 
den Abbildungen  nicht  möglich. 

Die  Deutung  dieser  Büste  ist  sicher,  es  ist  der  jugendliche  Herakles.  In 
dem  Kranz,  mit  welchem  sein  Haupt  geschmückt  ist,  läfst  sich  das  Laub  der  Weifs- 
pappel nicht  verkennen,  und  damit  ist  die  Benennung  gesichert,  obwol  uns  vielleicht 
der  Charakter  des  Kopfes  etwas  zu  jugendlich,  zu  schwärmerisch  und  weichlich 
erscheinen  mag.  Sicher  sind  die  oben  berührten  Abweichungen  von  dem  Praxi- 
telischen  Jünglingsideal  aus  dem  Streben  hervorgegangen,  dem  jugendlichen  Herakles 
wenigstens  etwas  mehr  von  jener  körperlichen  Wucht  zu  geben,  die  ihn  sonst  kenn- 
zeichnet. Bei  dem  erstbesprochenen,  dem  Aberdeen'schen  Kopf,  ist  die  Deutung 
leider  nicht  so  sicher.  Liefse  sich  beweisen,  dafs  auch  er  den  Pappelkranz  getragen, 
so  wäre  die  Frage  entschieden;  so  lange  aber  dies  nur  Möglichkeit  bleibt,  wird  man 
den  so  zarten,  feinen  Charakter  des  Kopfes  als  Bedenken  gegen  die  Deutung  auf 
Herakles  festhalten  müssen.  Ich  ziehe  es  deshalb  vor,  in  ihm  das  Bild  eines  sieg- 
reichen Jünglings  zu  erkennen. 

II. 
ZUR  GIGANTOMACHIE  VON  PRIENE. 

Unter  den  erhaltenen  Darstellungen  der  Gigantenschlacht  ladet  keine  so  zu 
einem  Vergleich  mit  dem  Pergamenischen  Friese  ein,  steht  keine  ihm  in  der  ver- 
hältnifsmäfsig  grofsen  Ausdehnung  und  dem  monumentalen  Charakter  so  nahe,  wie 
die  Reliefreste,  welche  1869  durch  Pullan  in  den  Trümmern  des  Athenatempels  zu 
Priene  entdeckt  und  bald  darauf  ins  Britische  Museum  versetzt  wurden,  mag  auch 
die  Kluft  zwischen  dem  Pergamenischen  Weltwunder  und  dem  in  bescheidenen 
Verhältnissen  angelegten,  das  übliche  Mafs  durchaus  nicht  überschreitenden  Werke 
von  Priene  eine  sehr  grofse  bleiben.  Die  auffällige  Übereinstimmung  einzelner 
Gestalten  in  den  Reliefs  beweist  einen  Zusammenhang  zwischen  beiden,  den  man 
sich  als  mittelbare  oder  unmittelbare  Abhängigkeit  vorstellen  wird ,  und  die  Frage, 
auf  welcher  Seite  nun  die  Priorität  der  Erfindung  sei,  drängt  sich  um  so  mehr  auf, 
als  wir  anscheinend  in  der  glücklichen  Lage  sind  diese  Frage  auf  rein  geschicht- 
liche Gründe  gestützt  zu  entscheiden.  Der  Tempel  zu  Priene  ist  noch  von  Alexan- 
der geweiht  worden  (vgl.  Dittenberger  Sylloge  Wj.  Antiquities  of  Ionia  IV  S.  23); 
gehörten  die  Reliefs  zu  diesem  Bau,  so  wäre  ihre  Entstehung  vor  323  gesichert  und 
damit  ihre  Priorität  vor  dem  Pergamenischen  Friese,  und  wir  müfsten,  so  hart  es 
uns  vielleicht  ankäme,  die  Pergamenischen  Künstler  von  dem  verhältnifsmäfsig  unter- 
geordneten Werke  in  Priene  abhängig  denken.  Overbeck  hat  (Plastik3  II  S.  103) 
diesen  Schlufs  gezogen,  und  die  Prienische  Gigantomachie  als  eine  der  Hauptquellen 
für  die  Pergamenische  in  Anspruch  genommen;  Bedenken  dagegen  hat  Furtwängler 
(Arch.  Ztg.  1881    S.  307)  geäufsert;  namentlich  erklärte  er  den  Stil  der  Prienischen 


Wolters,    Mitteilungen   aus  dem  British  Museum.  57 


Reliefs  für  zu  jung,  als  dafs  sie  dem  Tempel  gleichzeitig  sein  könnten,  und  ihm  hat 
Murray,  History  of  greek  sculpture  II  S.  306,  wenn  auch  mit  Vorbehalt,  zugestimmt1. 
Die  technische  Beschaffenheit  der  Reste  scheint  mir  durchaus  für  die  Richtigkeit 
dieser  Ansicht  zu  sprechen. 

Die  anfänglich  geäufserte  Meinung,  dafs  wir  in  den  Reliefs  Reste  des  Tempel- 
frieses besäfsen3,  ist  jetzt  wol  allgemein  aufgegeben3.  Dafs  der  ursprüngliche  Platz 
der  Reliefs  innerhalb  der  Tempelzelle  gewesen  sei,  hat  Thomas  aus  dem  Fundort 
derselben  mit  Wahrscheinlichkeit  geschlossen;  dafs  sie  aber  einen  inneren  Fries 
gebildet  hätten,  ist  eine  Annahme,  welche  durch  dieselben  technischen  Gründe 
widerlegt  wird,  die  gegen  den  Fries  über  den  Säulen  oder  gegen  irgend  einen  Fries 
am  Gebäude  selbst  sprechen.  Diese  technischen  Eigenheiten  der  Reliefs  sind  schon 
in  den  Antiquities  of  Ionia  S.  34  kurz  hervorgehoben.  Die  Platten  des  Reliefs  haben 
danach  eine  zwischen  21/,  und  6  englischen  Zoll  (0,063  ur,d  O,  152  m.)  wechselnde 
Dicke.  Bei  den  ausgestellten  Stücken,  welche  in  gleichartige  und  gleich  dicke 
Stuckplatten  eingelassen  sind,  kann  man  die  Plattenstärke  jetzt  nicht  mehr  messen; 
unter  den  im  Magazin  aufbewahrten  Resten  mafs  ich  Platten  von  0,07  bis  0,135  m- 
Dicke.  Bei  zweien  {Inv.  153  und  172 4)  war  das  erhaltene  Stück  der  Platte  nur  0,02 
und  0,03  m.  dick;  natürlich  konnte  nicht  eine  ganze  Platte,  sondern  nur  irgend  ein 
kleineres  Stück  derselben  eine  so  auffällig  geringe  Stärke  haben.  Die  Rückseite 
aller  Platten  ist  mit  einzelnen  groben  Hammerschlägen  nur  rauh  bearbeitet,  und 
sogar  die  seitlichen  Ansatzfugen,  wie  sie  ein  Bruchstück  ohne  jede  Figur  {Inv.  177) 
und  die  Göttin  mit  dem  Rest  eines  Flügels  vor  sich  (P 21)  zeigen,  sind  nicht  feiner 
geglättet.  Wo  der  untere  Rand  der  Darstellung  erhalten  ist,  wird  er  von  einer 
vorspringenden  Leiste  gebildet,  unterhalb  deren  sich  die  Platte  noch  in  etwas 
geringerer  Stärke  weiter  nach  unten  fortsetzt.  Ein  Stück  dieses  Fortsatzes  ist  in 
den  Abbildungen  Overbecks  a  und  f  zu  erkennen.  Die  Arbeit  dieses  Teiles  ist 
sorgfältiger  als  die  der  Rückseite:  die  Fläche  ist  durch  viele  kleine  Meifselhiebe 
hergestellt  aber  nicht  weiter  geglättet.  Dafs  dieser  Teil  der  Platten  ursprünglich 
nicht  gesehen  wurde,  ist  ohne  weiteres  klar,  zumal  seine  Höhe  von  5  bis  9  Zoll 
(0,127  bis  0,229m.;  ich  mafs  0,125.  0,14.  0,20.  0,225  m.)  wechselt.  Er  kann  nur 
eine  ähnliche  Bestimmung  gehabt  haben  wie  die  Zapfen  an  der  unteren  Kante 
einzeln  aufgestellter  Reliefplatten;  bei  dem  in  eine  Mauer  eingelassenen  Fries  wäre 
er  nicht  nur  überflüssig,  sondern  geradezu  zweckwidrig:  die  den  Fries  tragenden 
Blöcke  müfsten  eine  von  oben  her  in  sie  hineingearbeitete,  schwierig  herzustellende 
Rinne  von  verhältnifsmäfsig  grofser  Enge  und  dabei  grofser  Tiefe  erhalten,  in  welche 

')   Neuerdings  hat  sich  auch  Klein  (Archäologisch-  3)  Vgl.    Antiquities   of  Ionia   IV   S.  30.    34.     Rayet 

epigraphische    Mitteilungen     aus    Österreich    IX  und   Thomas    Milet  et  le  golfe  Latmique  II  S.  21. 

S.  180,  24)  gegen  einen  Zusammenhang  der  Prieni-  Overbeck  S.  102. 

sehen  Reliefs  mit  den  Resten  des    Maussolleums  *)  Die    im   Magazin   befindlichen  Stucke    bezeichne 

ausgesprochen  und  die  Stütze,  welche  diese  Annah-  ich  mit  der  Nummer  des  Inventars;  die  Nummern 

me  scheinbar  in  der  Überlieferung  hatte,  beseitigt.  mit    vorgesetztem   P  sind    die    der   ausgestellten 

2)  Lutzows     Zeitschrift     für    bildende     Kunst    VII,  Fragmente. 
Beiblatt  S.  209. 


58  Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum. 

die  Reliefplatten  eingelassen  werden  könnten,  und  durch  diese  ziemlich  dicht  an 
ihrer  vorderen  Fläche  liegende  Einarbeitung  müfste  ihre  Haltbarkeit  in  hohem  Grade 
gefährdet  sein.  Auch  liefs  sich  der  einzige  Zweck,  den  eine  solche  Zurichtung  haben 
könnte,  nämlich  die  Reliefplatten  vor  einem  Ausweichen  nach  vorn  zu  sichern, 
ebenso  gut  durch  einen  Zapfen  von  geringer  Höhe,  besser  durch  Vcrklammerung 
erreichen.  Überhaupt  ist  zu  bemerken,  dafs  die  wechselnden  Mafse  der  Reliefplatten, 
die  ungenaue  Arbeit,  die  sich  an  den  Originalen  überall  zeigen  aber  schwer  in 
Worte  fassen  läfst,  gegen  die  Einordnung  der  Reliefs  in  einen  gröfseren  Bau  spricht, 
wenigstens  in  einen  solchen,  der  noch  mit  der  ganzen  Sorgfalt  und  Genauigkeit 
hergestellt  ist,  welche  die  älteren  griechischen  Bauten  auszeichnet;  vgl.  Thomas 
S.  15.  An  den  Reliefs  ist  nirgends  eine  Spur  jener  genauen  Zurichtung  der  Fugen 
mit  dem  äufseren  glatten  Rande  und  dem  gegen  diesen  etwas  vertieften,  rauhen 
Mittelfelde  zu  finden;  alles  ist  nur  grob  zugerichtet,  und  nicht  einmal  die  rechten 
Winkel  bei  dem  unteren  zapfenartigen  Ansatz  sind  überall  scharf  hergestellt.  Ein 
sicheres  Kennzeichen,  dafs  diese  Reliefs  nicht  Teile  des  Tempels  bildeten,  bieten 
diese  Thatsachen;  mir  scheinen  sie  sogar  zugleich  gegen  eine  Entstehung  in  der 
Zeit  Alexanders  zu  zeugen. 

Der  zapfenartige  untere  Teil  der  Reliefplatten  findet,  soviel  ich  sehe,  seine 
Erklärung  nur  in  der  Annahme,  dafs  wir  in  ihnen  die  Reste  einer  Balustrade 
besitzen.  Nur  bei  Platten,  welche  gewissermafsen  frei  stehen,  kann  es  Sinn  haben 
einen  unteren  Teil  zapfenartig  in  den  Unterbau  einzulassen,  und  so  einen  Halt  zu 
geben,  der  sonst  fehlen  würde.  Thomas  hat  S.  21  nebenbei  auch  den  Gedanken 
hingeworfen,  die  Reliefs  hätten  die  Schranke  vor  dem  Götterbilde  geschmückt.  Das 
ist  unmöglich,  da  die  Antiqiäties  Taf.  6  angedeuteten  Spuren  ein  Metallgitter  zu 
beweisen  scheinen;  andere  Gründe  dagegen  werden  sich  noch  ergeben. 

Die  Reliefs  zeigen  auf  ihrer  vorderen  Seite  Ansatzspuren,  die  von  Anfügun- 
gen verschiedener  Natur  herzurühren  scheinen.  Die  erste  Art  ist  am  deutlichsten 
bei  dem  Rayet  Taf.  15,  12  abgebildeten  Bruchstück  P '23,  i.  Es  ist  ein  am  rechten 
Rande  der  Platte  herablaufender,  etwa  0,01  m.  über  den  Reliefgrund  erhobener, 
0, 14  breiter  rauher  Streifen,  den  man  zunächst  als  Zeichen  davon  annehmen  könnte, 
dafs  diese  Platte  in  einer  Ecke  am  rechten  Ende  einer  Seite  sich  befunden  habe 
und  dafs  die  Reliefs  nach  dem  Innern  des  von  ihnen  eingefafsten  Vierecks  gewendet 
waren.  Derselbe  erhobene  Streifen  findet  sich  an  der  linken  Seite  des  Bruchstückes 
[Inv.  174),  welche  die  Hände  eines  Giganten  zeigt,  der  einen  Felsblock  über  sein 
Haupt  erhoben  hatte;  hier  ist  er  jetzt  noch  0,10  breit.  Die  Spur  eines  entsprechen- 
den Streifens  findet  sich  noch  bei  einem  kleinen  Bruchstück,  welches  aufserdem  nur 
glatten  Reliefgrund  zeigt,  und  vielleicht  an  der  rechten  Seite  der  noch  zu  erwähnen- 
den Gruppe  Pit,,/. 

Eine  andere  Art  von  Ansatzspuren  findet  sich  häufiger;  es  sind  dies  rauh 
gelassene  Stellen  des  Reliefgrundes,  die  sich  von  dem  sonst  verhältnifsmäfsig'  glatten 
Grunde  deutlich  abheben  und  in  der  Arbeit  dem  unteren  zapfenartigen  Fortsatz 
gleich  stehen.     Furtwängler,  dessen  Aufmerksamkeit  diese  Spuren  nicht  entgangen 


Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum.  CO 

sind,  war  geneigt  (S.  308)  daraus  auf  unfertigen  Zustand  des  ganzen  Werkes  zu 
schliefsen;  dafs  diese  Stellen  aber  in  der  That  Ansatzspuren  sind,  ergiebt  sich 
zunächst  aus  dem  bei  Rayet  Taf.  15,  17  abgebildeten  Bruchstück  ^23,  h.  Links  ist 
bei  diesem  eine  kleine  aber  sichere  Spur  des  Plattenrandes  erhalten,  damit  ziemlich 
parallel  läuft  etwa  O,  15  breit  eine  der  beschriebenen  rauh  gelassenen  Stellen,  und 
in  dieser  findet  sich  eine  bisher  nicht  beachtete  Versatzmarke,  ein  V.  Wir  müssen 
also  diese  wie  die  ähnlichen  Stellen  für  Ansatzspuren  halten.  Deren  giebt  es 
zunächst  überraschend  viele.  Das  wichtigste  Stück  ist  P21,  die  Göttin  vor  welcher 
der  Rest  eines  Flügels  sichtbar  wird;  nur  hier  ist  der  obere  Rand  der  Platte  erhalten, 
und  wir  finden  nun,  dafs  nicht  nur  längs  des  linken  Seitenrandes  ein  etwa  o,  19 
breiter  rauher  Streifen  die  Platte  umsäumt,  sondern  auch  längs  des  oberen  ein  0, 14 
breiter.  Die  ganze  Höhe  der  Platte  bis  zu  der  Fufsleiste  beträgt  0,80  m.;  eine 
gleiche  Höhe  haben  wir  bei  den  andern  Platten  vorauszusetzen,  und  wir  erhalten 
dann  über  den  Köpfen  aller  Figuren  einen  entsprechend  breiten  leeren  Streifen,  den 
wir  uns  doch  nur  zur  Aufnahme  eines  die  Darstellung  nach  oben  begrenzenden 
architektonischen  Gliedes  bestimmt  denken  können5.  Für  die  erwähnten  und  die 
noch  zu  nennenden  senkrechten,  streifenförmigen  Ansätze  weifs  ich  keine  bessere 
Erklärung  zu  geben,  als  dafs  sie  für  kleine  Pfeiler  bestimmt  waren,  die  zu  gleicher 
Zeit  die  Darstellung  in  Abschnitte  zerlegten  und  das  obere  architektonische  Glied 
trugen.  Die  ganze  auffällige  Herrichtung  würde  zu  der  Annahme  stimmen,  dafs 
diese  architektonischen  einfassenden  Glieder  aus  einem  besondern  Material  bestanden 
hätten.  Als  nächste  Analogie  drängt  sich  der  Münchener  Nereidenfries  auf;  einen 
Unterschied  würde  allerdings  sofort  neben  der  gröfseren  Breite  die  gröfsere  Anzahl 
der  Pfeiler  in  Priene  bedingen;  noch  von  fünf  weiteren  Ansätzen  dieser  Art  lassen 
sich  die  Spuren  auffinden.  Sehr  klar  ist  es  bei  Inv.  173,  dem  Bruchstück  eines 
Schildes,  da  hier  die  rauhe,  noch  o,  065  breite  Ansatzfläche  einen  Teil  des  Schildes 
in  scharfem,  rechtwinkeligem,  etwa  0,03  tiefen  Einschnitt  weggenommen  hat.  Auch 
bei  Inv.  183,  dem  Rest  einer  rechten,  auf  den  Grund  aufgestützten  Hand,  welche 
wol  eine  Waffe  hielt,  liegt  der  rauhe  Teil  am  linken  Ende  der  Platte  tiefer  als  der 
Felsgrund  und  schneidet  scharf  in  ihn  ein.  Die  Ansatzspur  vorn  am  Felsen  selbst 
kann  wol  hier  wie  bei  Inv.  176  nur  von  angestückten  Teilen  der  Sculptur  herrühren. 
Bei  dem  vornüber  stürzenden  Giganten  mit  Schild  P  2$,  d  ist  rechts,  wenn  wir  das 
ehemals  vom  Schilde  bedeckte  Stück  in  Abzug  bringen,  noch  ein  etwa  O,  135  breiter 
glatter  Rand  ohne  Fufsleiste  vorhanden,  und  man  kann  vor  dem  Original  sogar 
glauben,  die  sichere  Spur  eines  ehemals  angesetzten,  senkrechten  und  geradlinigen 
Gegenstandes  zu  bemerken.  Bei  dem  Bruchstück  P  22,  welches  uns  die  Reste  einer 
Gottheit  und   einen   zu   Boden   gestürzten   Giganten   zeigt,   läfst   sich  erkennen,   dafs 

5)  Bei  der  besprochenen  Platte  P  21  findet  sich  im  weiter  unten  erhaltenen,  die  Lanze  der  Göttin  zu 
oberen  rauhen  Streifen,  0,12  vom  Rand  entfernt  halten.  Dafs  das  obere  Bohrloch,  wie  es  scheint, 
ein  kleines  Bohrloch.  Dasselbe  würde  zu  klein  bereits  in  das  architektonische  Glied  hinein- 
sein, um  die  Befestigung  eines  architektonischen  gearbeitet  wurde,  kann  nicht  gegen  diese  Auf- 
Gliedes zu  bilden:    es  diente  mit  einem  zweiten,  fassung  sprechen. 


6o  Wolters,   Mitteilungen  aus  dem  British  Museum. 

der  Schild  dieses  letzteren  nicht  ganz  dargestellt  war,  natürlich  um  Raum  für  einen 
der  Pfeiler  zu  schaffen.  Endlich  ist  P  23,  f  zu  nennen,  ein  zu  Boden  gesunkener 
Gigant  mit  Resten  seines  Gegners.  Bei  diesem  Stücke  fehlt  links  die  Fufsleiste  in 
einer  Breite  von  o,  08  m.,  nicht  etwa  in  Folge  der  Zerstörung.  Rechts  ist  eine 
andere  Ansatzspur  zu  bemerken,  indem  der  am  Boden  liegende  Helm  geradlinig 
abgeschnitten  ist,  und  an  der  entsprechenden  Stelle  darüber  beginnt  der  Reliefgrund 
rauh  zu  werden,  wie  es  scheint  sich  auch  etwas  zu  erheben,  so  dafs  dieser  Ansatz 
vielleicht  zu  der  an  erster  Stelle  beschriebenen  Art  zu  rechnen  ist.  Leider  ist  die 
rechte  Seite  der  Platte  zu  stark  zerstört,  um  die  Art  des  Ansatzes  mit  völliger 
Sicherheit  erkennen  zu  lassen.  Die  Länge  des  Bildfeldes  zwischen  beiden  Ansatz- 
spuren beträgt  etwa  0,74  m.  Keine  Schlüsse  gestattet  das  oben  erwähnte  Bruchstück 
ohne  alle  Figuren  {Inv.  177),  das  bei  einer  Höhe  von  0,265  e'ne  Breite  von  0,38  hat 
und  wol  die  unterste  rechte  Ecke  einer  Platte  darstellt,  wozu  die  rauhe  Bear- 
beitung stimmt. 

Dafs  die  sieben  besprochenen  Ansatzspuren  nicht  von  dem  Zusammenstofsen 
der  Eckplatten  herrühren  können,  ist  klar;  es  bleibt  wol  kaum  eine  andere  Erklärung 
als  unsere  Annahme  kleiner  Pfeiler,  welche,  nach  dem  Mafse  von  P 23, /und  der 
verhältnifsmäfsig  grofsen  Zahl  der  Spuren  zu  urteilen,  in  sehr  geringen  Abständen 
angebracht  waren.  Die  an  erster  Stelle  besprochenen  Ansatzspuren  würden  sich 
zur  Not  ebenso  erklären  lassen,  ihr  abweichender  Charakter  und  ihre  geringere  Zahl 
erlauben  wenigstens  an  der  Vermutung  festzuhalten,  dafs  es  die  Eckplatten  seien, 
welche  so  zusammengefügt  waren  und  dafs  also  die  Sculpturen  von  der  inneren 
Seite  des  von  ihnen  eingeschlossenen  Vierecks  her  gesehen  wurden. 

Zu  der  Auffassung  der  Reliefs  als  Schmuck  einer  Balustrade  pasft  ein  weiterer 
Umstand:  sie  sind  nicht  bestimmt  in  gröfserer  Höhe  gesehen  zu  werden.  Schon  die 
verhältnifsmäfsig  grofse  Relieferhebung  zeigt  das,  und  diese  vor  den  Originalen  ohne 
weiteres  einleuchtende  Thatsache  läfst  sich  selbst  ohne  diese  in  einzelnen  Fällen  an- 
schaulich machen.  Bei  P '13,  einem  Gefallenen  den  sein  Gegner  mit  dem  rechten  Knie 
niederdrückte,  ist  es  besonders  klar.  Sobald  dieses  Relief  über  die  Augenhöhe  des 
Beschauers  gehoben  wird,  beginnt  das  linke  Bein  des  Gefallenen  das  linke  Bein  des 
Gegners  zu  verdecken  und  die  ganze  Composition  unklar  zu  machen,  und  dies  um 
so  mehr,  als  der  Schenkel  des  Gefallenen  nicht  natürlich  gebildet,  sondern  nach  dem 
Reliefgrunde  zu  noch  durch  einen  ziemlich  flüchtig  gearbeiteten  Teil  in  der  Weise 
verstärkt  ist,  dafs  sein  Durchmesser  senkrecht  zum  Reliefgrund  gemessen  etwa 
0,11  m.,  senkrecht  zur  unteren  Kante  0,06  m.  beträgt.  Je  mehr  man  das  Relief  hebt, 
desto  störender  tritt  dies  hervor;  nur  in  der  Augenhöhe  ist  dieser  Fehler  nicht  zu 
bemerken.  Ähnlich  verhält  es  sich  mit  dem  Helios  (Overbeck  d).  Je  mehr  man 
ihn  in  die  Höhe  rückt,  desto  mehr  wird  er  von  den  etwa  0,17  vorspringenden  Leibern 
seiner  Rosse  verdeckt,  während  er  doch  ganz  ausgearbeitet  und  doch  wol  auch 
sichtbar  war.     Überhaupt  müfsten  die  vier  so  frei  ausgearbeiteten  Pferde 6  von  einem 

6)  Overbeck    irrt,    wenn   er   S.   103  nur  drei  Rosse  bildung    läfst    sich    das    noch    verfolgen.      Zwei 

vor    dem   Wagen    annimmt;    sogar    in    der    Ab-  Rosse,    die  beiden  zur  Linken  vom  Lenker  aus, 


Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum.  6l 


tiefern  Standpunkt  gesehen  einen  äufserst  unschönen  Anblick  gewährt  haben.  Ein 
Vergleich  mit  dem  Wettrennerfries  vom  Maussolleum  oder  der  Heliosmetope  aus 
Ilion  macht  besonders  anschaulich,  wie  wenig  das  Prienische  Relief  geeignet  ist  von 
unten  betrachtet  zu  werden. 

Sind  wir  aber  so  zu  der  Annahme  gedrängt,  dafs  sich  die  Reliefs  ursprüng- 
lich wol  im  Tempel,  aber  nicht  als  Teil  des  Gebäudes  selbst,  und  an  verhältnifs- 
mäfsig  niedrigem  Platze  aufgestellt  befanden,  so  wird  ihr  Zusammenhang  mit  dem 
ersten  Bau  um  so  mehr  fraglich  als  wir  von  späteren  Umgestaltungen  des  Tempels 
wissen.  Das  kolossale  Bild  der  Athene  hatte  erst  Orophernes  von  Kappadokien 
um  158  v.  Chr.  geweiht  [Antiquities  S.  25)  und  seine  Aufstellung  mufs,  wie  auch 
Furtwängler  S.  308  hervorhebt,  das  ganze  Innere  des  Tempels  umgestaltet  haben. 
Von  einer  zweiten  Änderung  gab  eine  Inschrift  Kunde  [Antiquities  zu  S.  29),  in  der 
ein  Marcus  Antonius  Rusticus  sich  rühmt,  den  xptßadjxo?  des  Tempels  der  Athena 
und  dem  Augustus  geweiht  zu  haben.  Wir  haben  also  zunächst  kein  Recht,  das 
Datum  des  Tempels  auf  die  Sculpturen  zu  übertragen,  zumal,  wie  schon  oben 
bemerkt  wurde,  die  technische  Ausführung  derselben  weit  von  der  am  Tempel 
selbst  sichtbaren  Sorgfalt  entfernt  ist.  Fassen  wir  aber  unbefangen  den  Stil  der 
Reliefs  ins  Auge,  so  werden  "wir  Furtwänglers  Urteil  zustimmen,  der  sie  nach  dem 
Pergamenischen  Altar  entstanden  denkt  und  ihre  vom  Maussolleumfries  verschiedene 
Art  betont.  Eine  stilistische  Vergleichung  so  trümmerhaft  erhaltener  Werke  ist 
nicht  ohne  Schwierigkeit,  aber  in  manchen  Einzelheiten  tritt  immer  noch  der 
stilistische  Charakter  hervor.  Der  einzige  Kopf,  der  sich  unter  den  Reliefs  von 
Priene  gefunden  hat  [Inv.  188),  ist  zwar  jämmerlich  schlecht  erhalten,  aber  er  zeigt 
uns  die  in  Pergamon  typische  pathetische  Bewegung  so  klar,  dafs  wir  ihn  nicht 
von  jenen  Werken  trennen  können,  ihn  aber  seiner  weichlicheren  Arbeit  wegen  für 
jünger  halten  möchten.  Eine  Einzelheit,  die  sich  auch  vergleichen  läfst,  ist  der 
Adler  [Inv.  169),  der  sowol  an  sich  betrachtet  als  auch  mit  den  Pergamenischen 
Werken  verglichen  einen  eigentümlich  schwächlichen,  steifen  Eindruck  macht.  Er 
scheint  mehr  einem  ausgestopften  Vogel  nachgebildet  als  einem  lebenden.  Wichtiger 
als  diese  und  ähnliche  einzelne  Beobachtungen  scheint  mir  der  charakteristische 
Unterschied,  der  sich  in  der  Reliefbehandlung  der  Prienischen  Reliefs  und  etwa  des 
Mausolleums  zeigt.  Auch  wenn  man  die  « ideale  Oberfläche  »  des  griechischen  Reliefs 
zunächst  aus  der  thatsächlich  gegebenen  Oberfläche  der  Marmorplatte  herleitet, 
auf  welche  der  Künstler  seine  Figuren  im  Umrifs  zeichnete,  indem  er  ihnen  je  nach 
Bedarf  mehr  oder  weniger  hohe  Relieferhebung  dadurch  gab  dafs  er  verschieden 
tief  in  den  Grund  hinein  arbeitete,  wird  man  dieser  Oberfläche  für  die  Entwickelung 
des  Reliefs  eine  Bedeutung  zusprechen  dürfen.     Die  archaische  Kunst  nimmt  sie  als 

sind  durch  die  erhaltenen  Hinterbeine  gesichert;  kann    aber   der  vor  Helios'  Ftifsen   erscheinende 
von  einem  dritten,  einem  bäumenden,  rühren  die  Rest    nicht    gehört   haben,    wie  schon   die  Linie 
Reste  des  Vorderbugs  und  der  Vorderbeine  her,  des  Rückens  beweist,  welche  einem   weniger  leb- 
weiche sich  von  dem  Leibe  des  zweiten  Pferdes  haft  bewegten  Tier  angehört, 
von  links  her  abheben.     Zu  diesem  dritten  Pferde 


62  Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum. 

notwendiges  Übel  hin,  bildet  die  Figuren  zunächst  als  übriggelassene  Stücke  dieser 
Oberfläche  und  rückt  die  Gestalten  so  zurecht,  dafs  für  sie  möglichst  viel  von  dieser 
Fläche  ohne  viel  Arbeit  verwendet  werden  kann,  aber  im  einzelnen  Fall  versucht 
sie  auch  sich  über  die  gegebene  Schranke  hinwegzusetzen.  Das  in  Vorderansicht 
gebildete  Viergespann  von  Selinus  ist  ein  Beispiel  dieser  Art.  In  jedem  Fall  spürt 
man  den  Zwang,  den  das  Material  dem  Kunstwerk  wirklich  auferlegt.  Die  weitere 
Entwickelung  führt  naturgemäfs,  da  diese  Beschränkung  nicht  aufzuheben  ist,  dazu, 
sie  als  eine  selbstgewollte  erscheinen  und  so  für  das  Gefühl  verschwinden  zu  lassen, 
die  Freiheit  durch  freiwillige  Unterordnung  unter  das  Gesetz  zu  bewahren:  das 
Bestreben  der  Künstler  ist  darauf  gerichtet,  ihre  Figuren  in  einer  lebendigen  und 
natürlichen  Haltung  und  doch  so  zu  bilden,  dafs  ihre  Glieder  möglichst  in  einer 
Ebene  liegen,  dafs  möglichst  wenige  und  möglichst  kleine  Teile  der  Gestalten  eine 
mit  der  Richtung  der  Reliefplatte  gewissermafsen  streitende  Lage  einnehmen.  Leb- 
haft bewegte  Darstellungen  liefsen  eine  strenge  Durchführung  nicht  immer  zu, 
besonders  mufste  zuweilen  bei  knieenden  Gestalten  der  Unterschenkel  des  gekrümmten 
Beines  stark  von  der  Richtung  der  Reliefebene  abweichen;  die  in  Folge  geringer 
Relieferhebung  dann  notwendige  Verkürzung  suchten  die  Künstler  meist  zu  ver- 
stecken, indem  sie  die  störenden  Linien  möglichst  hinter  dem  in  der  Hauptebene 
gehaltenen  Oberschenkel  verschwinden  liefsen  (so  z.  B.  am  Maussolleum,  Newton 
Discoveries  I  Taf.  9,  2),  ähnlich  wie  beim  Phigalischen  Fries  der  Oberkörper  des 
toten  Kentauren  wenigstens  mit  dem  Fell  verhüllt  ist.  Je  weniger  aber  diese  strenge 
Stilisirung  auf  die  Dauer  gefiel,  desto  mehr  Freiheiten  nahmen  sich  die  Künstler, 
desto  mehr  traten  sie  in  bewufsten  Gegensatz  zu  den  in  dieser  Kunstart  ausgebil- 
deten Gesetzen.  Die  zunehmende  Häufigkeit  der  reinen  Vorderansicht  hängt  sicher 
damit  zusammen;  wenn  sie  auf  den  Grabreliefs  zu  einer  fast  ausschliefslichen  Herr- 
schaft kommt  (Conze,  Berliner  Sitzungsberichte  1884  S.  623),  ist  dabei  die  Nach- 
ahmung der  auf  Grabmälern  aufgestellten  Statuen,  daneben  aber  gewifs  diese  in 
allen  Reliefwerken  zu  spürende  Geschmacksrichtung  wirksam. 

Wer  sich  diese  Entwickelung  ins  Gedächtnifs  zurückruft,  kann  nicht  zweifeln, 
die  Reliefs  von  Priene  der  letzten  Stufe  zuzuschreiben  und  sie  also  für  beträchtlich 
jünger  zu  halten  als  das  Maussolleum,  welches  von  dieser  letzten  Manier  noch  keine 
Spur  zeigt.  Die  Sculpturen  von  Priene  lassen  eine  durch  die  grofse  Erhebung 
besonders  auffallende  Neigung  erkennen,  die  Gestalten,  bei  denen  die  Vorderansicht 
vorherrscht,  in  einen  Gegensatz  zur  Reliefebene  zu  bringen  und  so  davon  zu  lösen. 
Ein  besonders  deutliches  Beispiel  ist  der  knieende  Krieger  Rayet  Taf.  15.  16;  eine 
solche  Gestalt  würde  man  im  vierten  Jahrhundert  niemals  von  vorn  dargestellt 
haben.  Es  ist  bei  dem  Mangel  genügender  Abbildungen  nicht  möglich,  aber  auch 
nicht  nötig  dies  bei  allen  Figuren  zu  verfolgen,  nur  ein  besonders  drastischer  Fall 
sei  noch  erwähnt.  Es  ist  das  schon  genannte  Fragment  P  1 3.  Hier  befindet  sich 
der  eine  Unterschenkel  des  Siegers  geradezu  in  senkrechter  Lage  zu  dem  Relief- 
grund, aber  er  ist  nicht  etwa  verkürzt,  sondern  in  voller  Länge  ausgearbeitet;  leider 
sind    von    dieser  Gestalt    nur  geringe  Reste   erhalten,    so   dafs  sich  nur  dieser  ver- 


Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum.  63 

einzelte  Umstand  mit  Sicherheit  hervorheben  läfst.  Doch  genügt  er  und  die  nicht 
seltenen  ähnlichen  Besonderheiten,  wie  z.  B.  ein  in  reiner  Seitenansicht  dargestellter 
Schild  (P  23,  f),  die  Reliefs  aus  dem  vierten  Jahrhundert  in  eine  weit  jüngere  Zeit 
hinabzurücken. 

Die  aus  diesen  Betrachtungen  gewonnene  Anschauung  wird  durch  den  Ver- 
gleich der  Reliefs  von  Priene  mit  den  entsprechenden  Gruppen  vom  Pergamenischen 
Friese  bestätigt.  Keine  Unterschiede  von  Belang  ergeben  sich  allerdings  bei  der 
aus  dem  Boden  auftauchenden  Gaia,  den  beiden,  einen  Felsblock  erhebenden  Händen 
{Inv.  174)  und  dem  Unterteil  einer  lebhaft  bewegten  weiblichen  Gestalt  [Inv.  143), 
Bruchstücke  von  denen  das  erstere  mit  dem  Gegner  der  Hekate,  letzteres  mit  dieser 
selbst  sich  vergleichen  läfst.  Auch  bei  dem  Giganten,  welcher  vom  Löwen  der 
Kybele  zerfleischt  wird  (Antiqnities  Taf.  19,  3.  Overbeck  d),  ist  die  Abweichung 
nicht  streng  beweisend,  obwol  wir  zugestehen  müssen,  dafs  die  Haltung  des  Perga- 
menischen Giganten,  der  sich  zu  seinem  Gegner  umzuwenden  versucht  und  deutlich 
erkennen  läfst  wie  er  eben  erst  zu  Boden  gestürzt  ist,  weit  ausdrucksvoller  und 
künstlerisch  wirksamer  ist  als  die  des  Prienischen,  der  mehr  von  seiner  linken  Seite 
sichtbar  in  einer  Haltung  am  Boden  kniet  die  er  schon  eingenommen  haben  müfste, 
ehe  ihn  der  Löwe  ergriff.  Am  klarsten  ist  das  Verhältnifs  bei  der  Kybele  selbst 
(Rayet  Taf.  15,  13.  Overbeck/].  Die  Bewegung  ihrer  Arme  ist  im  Pergamenischen 
Fries  ganz  durch  die  Handlung  des  Bogenschiefsens  motivirt,  und  angemessen 
motivirt;  das  Relief  von  Priene  zeigt  sie  uns  unthätig  auf  ihrem  Löwen,  in  der 
Rechten  statt  des  Bogens  das  Tamburin,  mit  der  Linken  vermutlich  statt  des  Pfeiles 
ihr  Gewand  fassend.  Das  ist  doch  offenbar  das  gedankenlose  Abschwächen  eines 
anderweitig  frisch  erfundenen  und  lebendig  empfundenen  Motivs.  Der  Eindruck, 
dafs  die  Prienische  Kybele  das  jüngere  Werk  sei,  wird  durch  die  Art  wie  die 
Göttin  reitet  noch  verstärkt.  In  Pergamon  erscheint  sie  in  jenem  vornehmen,  lang- 
gestreckten Sitz,  der  den  griechischen  Frauengestalten  eine  solche  Würde  verleiht; 
der  Künstler  folgte  bei  seiner  Composition  nicht  allein  dem  Behagen  an  diesen 
schönen  Linien,  sondern  zugleich  dem  oben  bereits  angedeuteten  Streben,  seine 
Gestalt  möglichst  in  der  Ebene  zu  zeichnen,  sie  für  die  Reliefcomposition  zu  stili- 
siren.  Der  Künstler  von  Priene  hat  seiner  Göttin  zwar  eine  etwas  natürlichere 
Haltung  gegeben,  aber  indem  er  den  Körper  deshalb  ganz  in  Vorderansicht  bildete, 
für  den  Schwung  des  Pergamenischen  Vorbildes  eine  störende  Unklarheit  der  Linien 
und  Schwerfälligkeit  der  ganzen  Gestalt  eingetauscht. 

Wenn  wir  aus  alledem  den  Schlufs  ziehen  müssen,  dafs  die  Gigantomachie 
von  Priene  jünger  ist  als  die  von  Pergamon,  so  bleiben  andererseits  so  viele 
Berührungspunkte,  dafs  wir  den  zeitlichen  Abstand  beider  nicht  zu  grofs  annehmen 
werden.  Offenbar  spricht  eine  grofse  Wahrscheinlichkeit  dafür,  dafs  die  Prienischen 
Reliefs  im  Zusammenhange  mit  den  Umgestaltungen  des  Orophernes,  also  um  158 
v.  Ch.,  entstanden  sind;  vgl.  Furtwängler  S.  308. 

Eine  kurze  Bemerkung  verlangt  noch  der  Gegenstand  der  Skulpturen  von 
Priene.    Dafs  sich  weitaus  der  gröfste  Teil  der  Bruchstücke  sicher  auf  die   Giganto- 

Juhrbuch  des  archäologischen  Instituts   I.  C 


(yA  Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum. 

machie  bezieht,  ist  klar,  aber  man  hat  Spuren  davon  finden  wollen,  dafs  mit  dieser 
die  Schlacht  gegen  die  Amazonen,  ja  vielleicht  gegen  die  Kentauren  verbunden 
gewesen  sei;  vgl.  Overbeck  S.  104.  Dem  gegenüber  müssen  wir  daran  festhalten, 
dafs  sich  kein  Bruchstück  sicher  auf  diese  beiden  Mythen  bezieht.  Vier  Fragmente 
sind  für  Amazonen  erklärt  worden.  Von  diesen  zeigt  Inv.  1 1  (P  23,  e)  eine  am 
Boden  knieende  Gestalt  in  kurzem  faltigem  Chiton  mit  einem  Überschlag,  eine  für 
Amazonen  doch  auch  nicht  übliche  und  für  eine  Gottheit  ebenso  gut  mögliche 
Tracht.  Inv.  152  (/*  23,  d)  ist  in  Wahrheit  die  Brust  einer  von  vorn  gesehenen 
mit  Exomis  bekleideten  männlichen  Gestalt,  die  niedersinkend  von  einem  Genossen 
gestützt  wird.  Ebensowenig  ist  Inv.  148  (P  23,  h.  Rayet  Taf.  15,  17)  eine  Amazone, 
da  unterhalb  des  vermeintlichen  kurzen  Chitons  noch  weitere  Falten  erscheinen, 
dieser  also  ein  langer  Überschlag  über  dem  gewöhnlichen  Gewände  ist.  Inv.  147 
{P 21,  b)  endlich  trägt  ein  hoch,  dicht  unter  der  Brust  gegürtetes  Gewand,  das  den 
Falten  wie  dieser  Gürtung  nach  zu  schliefsen  kein  kurzer  Chiton  gewesen  sein  kann. 
Für  die  Kentauromachie7,  die  doch  irgend  welche  Spuren  zurückgelassen  haben 
müfste,  läfst  sich  nur  die  Gestalt  Inv.  157  (P  19)  anführen,  die  man  für  Kaineus  hält. 
Allerdings  steckt  dieselbe  bis  zu  den  Schenkeln  in  der  Erde,  aber  ein  Kaineus 
müfste  sich  doch  mit  dem  erhobenen  Schilde  decken,  während  hier  der  linke  Arm 
gesenkt  ist.  Gegenüber  dem  völligen  Mangel  an  Resten  von  Kentauren  ist  diese 
Figur  eine  zu  schwache  Stütze  jener  Vermutung,  und  wir  werden  den  Versuch 
machen  müssen  sie  in  der  Gigantomachie  unterzubringen.  Aus  dem  Namen  Kaineus, 
den  einer  der  Giganten  bei  Tzetzes  (Abhandlungen  der  Berliner  Akademie  1840 
S.  150,  94.  Matranga,  Anecdota  S.  580,  95)  führt,  läfst  sich  nichts  schliefsen,  aber 
wenn  wir  sie  auch  nicht  nachweisen  können,  so  ist  doch  die  Sagenform  nicht  un- 
denkbar, dafs  einer  der  Giganten  in  die  Erde  hinein  geblitzt  worden  sei,  zumal  das 
Begraben  der  Giganten  unter  Inseln  oder  Bergen  und  ihre  Verwandelung  in 
Steine  eine  so  grofse  Rolle  spielt;  vgl.  Wieseler  in  Ersch  und  Grubers  Encyclo- 
pädie,    Erste  Section  LXVII  S.  151.  166. 

Bonn,  im  Oktober   1885. 

Paul  Wolters. 


r)  Das  Bruchstück  Rayet  Taf.  15,  15,  das  man  am  hört   gar  nicht  zu  den  Funden  von  Priene,   wie 

ersten   aus  der  Kentauromachie  erklären  könnte,  schon    Murray,    A  history    0/  Greek  sculpture  II 

ist   nur    durch   Irrtum   dort   abgebildet.     Es   ge-  S.  305,  2  andeutet. 


\ 


BIBLIOGRAPHIE. 


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A.  Baumeister    Denkmäler  des  klassischen  Altertums.     Lief.   26 —  27.     München.     8°. 

J.  J.  Bernoulli     Römische  Ikonographie.  II.      Bildnisse  der  römischen  Kaiser.     I.    Das  Julisch-Claudi- 

sche  Kaiserhaus.     Berlin  und  Stuttgart.     438  S.     35  Taff.     8°. 
L.  Bolle     Das  Knöchelspiel  der  Alten.     Sonderabdruck  aus  einer  Festschrift  der  Stadtschule  zu  Wismar. 

42  S.     2  Taff.     8°. 
A.   Brückner     Ornament  und  Form  der  attischen  Grabstelen.     Strafsburg.     V  und  93  S.     2  Taff.     8°. 
H.  von  Brunn    Archäologie  und  Anschauung.     Rede  beim  Antritt    des  Rectorats.     München.     22  S.    40. 
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(H.  H.  Cole)    Illustrations  of  Greco-Buddhist  sculptures  from  the  Yusufzai  district.     Published  by  order 

of  the  Governor  General  in  Council  for  the  office  of  curator  of  ancient  monuments  in  India.     Cal- 

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M.  Collignon     Phidias.     Paris.      124  S.     45  Abb.     8". 
Ch.    Daremberg    et    E.    Saglio     Dictionnaire    des    antiquites    Grecques    et    Romaines,     fasc.     ioieme 

(Con-Cup).     Paris.     S.  1441  — 1600.     40. 
W.  Dittenberger    De  sacris  Rhodiorum.     Index  scholarum  aest.   Malens.      13  S.     40. 
H.   Dressel    Untersuchungen  über  die  Ziegelstempel  der  gens  Domitia.      Berlin.     VII  und  67  S.     8°. 

A.  Dumont    et    J.   Chaplain      Les    ceramiques    de    la    Grece    propre,    fasc.   3:    vases    peints.      Paris. 

S.  161  —  244.      10  Taff.     40.     [Der   von    Dumont  hinterlassene  Text   ist  von  E.  Pottier  mit  kennt- 
lich gemachten  Hinzufügungen  herausgegeben.] 
L.  Fenger    Dorische  Polychromie.     Untersuchungen  über  die  Anwendung  der  Farbe    auf  dem  dorischen 
Tempel.     (Mit  Atlas  von  8  Tafeln.)     Berlin.     46  S.     fol. 

B.  Foerster     Olympia.     Ein   Blick    auf  den    allgemeinen    kunst-    und  kulturhistorischen  Werth  der  Gra- 

bungen am  Alpheios.     Halle.     VI  und  25  S.     4  Textabb.     8°. 
P.  W.  Forchhammer     Kunstbestrebungen.      Rückgang    der    höheren    Geistesbildung.      Rede  zur  Feier 

des  Winckelmannsfestes  in  der  Aula  der  Christian -Albrechts -Universität.     Kiel.      17  S.     8°. 
W.    Fröhner     Collection    H.   Hoffmann:    Terres   cuites  antiques,    verrerie   et   bijoux  d'or.     Paris.     73  S. 

Vignetten  und  20  Taff.    40. 

B.  Graef    De  Bacchi  expeditione  Indica  monumentis  expressa.     Inest  tabula.     Berolini.      56  S.     8°. 

H.  Heydemann    Dionysos'  Geburt  und  Kindheit.     X.  Hallisches  Winckelmannsprogramm.      58  S.     Dop- 
peltafel und  Textabb.     40. 

F.  Hiller  de  Gaertringen     De  Graecorum  fabulis  ad  Thraces  pertinentibus  quaestiones  criticae.    Diss. 

inaug.   Berol.      34  S.     8  °. 
H.  Jordan   Topographie  der  Stadt  Rom  im  Altertum.      I.  Bd.,  2.  Abteilung.      Berlin.      VIII   und  487  S. 
5  Taff.     I  Plan.    8°. 

G.  Knaack     Quaestiones  Phaethonteae.     (Philologische  Untersuchungen  Heft  8.)     Berlin.     81  S.     8°. 

G.  Loeschcke     Die  östliche  Giebelgruppe  am  Zeustempel  zu  Olympia.     Dorpater  Universitätsprogramm. 
15S.     4°. 

C.  Marchesetti    La  necropoli  di  S.  Lucia  presso  Tolmino.  Scavi  del  1884.  Trieste.  73  S.   ioTaff.  8°. 
H.  Marquardt     Zum   Pentathlon    der    Hellenen.      Programm    des    Domgymnasiums   zu    Güstrow.      22  S. 

2  Taff.     40. 
J.  Marquardt      Das    Privatleben    der    Römer.     2  Thle.      2.  Auflage,    besorgt    von   A.   Mau.      Leipzig. 

XIV,  XII  und  887  S.     2  Taff.     35  Textabb.     8°. 
J.  Morgenthau    Über  den  Zusammenhang  der  Bilder  auf  griechischen   Vasen.      I.   Die  schwarzfigurigen 

Vasen.     Leipzig.     88  S.     8°. 


66  Bibliographie. 


M.  Ruggiero  Storia  degli  scavi  di  Ercolano  ricomposta  su  documenti  superstiti.  Napoli.  LI  und 
696  S.      12  Taff.     40.  ' 

A.   Schneider   Der  troische  Sagenkreis  in  der  ältesten  griechischen  Kunst.      Leipzig.    V  und  191  S.    8°. 

F.  Studniczka  Beiträge  zur  Geschichte  der  altgriechischen  Tracht.  Abhandlungen  des  archäologisch- 
epigraphischen  Seminars  der  Universität  Wien.     VI,   I.     Wien.      143  S.     47  Textabb.     8°. 

C.  von  Veith  Das  römische  Köln,  nebst  einem  Plane  .der  römischen  Stadt  mit  Einzeichnung  der 
bemerkenswerthesten  Funde.  Festprogramm  des  Vereins  von  Alterthumsfreunden  im  Rheinlande. 
Bonn.     63  S.     40. 


Academie  des  inscriprions  et  belles  lettres.      1885. 

Lettre  de  M.  Edm.  Le  Blant.     [Über  die  Ausgrabungen  Marainis  in  Rom.]     S.  108— 112. 

A.  Castan,  Le  capitole  de  Carthage.     S.  112 — 132. 
Sitzungsberichte  der  k.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  München.      1885.     Heft  IV. 

von  Christ,    Chemische  Analysen  aus  dem  Antiquarium.     S.  397  —  405. 
Anzeiger  der  philosophisch r historischen  Klasse  der  k.  k.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Wien. 

1885.  N.  26.    O.  Benndorf,  Mittheilung  in  Betreff  des  Sullanischen  Senatsconsultes  von  Lagina. 

1886.  N.  3.     von    Hartel,    Mittheilungen    über   die   Ergebnisse    der  Expeditionen    des  Grafen 

Dr.  Karl  Lanckoronski   nach  Pamphylien  und  die  hierüber  in  Vorbereitung   be- 
griffenen Publicationen. 
«      N.  4.     Erwiderung   von    P.  Foucart   auf  die   Mittheilung   von  O.  Benndorf,   mit  ange- 
fügter Duplik  von  dem  letzteren. 
The  Academy.      1886. 

N.  713.     W.  M.  Flinders  Petrie  &  F.  LI.  Griffith,  Latest  discoveries  at  Naukratis.     S.  15  f. 
N.  716.     A.  Michaelis,  Rec.  von:  Waldstein,  Essays  on  the  art  of  Pheidias.     S.  64 ff. 
N.  717.   718.   725.     Ernest  A.  Gardner,  The  excavations  at  Naukratis.     S.  82.    100.   226f. 
Anzeiger  für  schweizerische  Alterthumskunde.      1886. 

N.  I.     C.  Brun,  römische  Funde  im  Thurgau.     S.  252. 
N.  2.     A.   Schneider,  Neue  Funde  in  Aventicum.     S.  258 — 261. 
Arte  e  Storia.     V.  Jahrgang. 

E.   Consiglio,  Scoperta  di  alcuni  mosaici  antichi  in   Taranto.     No.  8,  S.  60  f. 
M.   Camera,  L'antica  Posidonia.     No.  10,  S.  73  —  75.     No.  11,  S.  85  —  87. 
The  Athenaeum.     1886. 

N.  3038.     Nekrolog  auf  Mr.  James  Fergusson.     S.  109  f. 
N.  3039.     R.  Lanciani,  Notes  from  Rome.     S.  144. 
N.  3044.     The  discoveries   on  the  Acropolis  of  Athens.     S.  303  t. 
N.  3046.     R.  Lanciani,  Notes  from  Rome.     S.  365  f. 
N.  3047.     F.  M.  Nichols,  Roman  topography.     S.  398  f. 
N.  3048.     Spyr.  P.  Lambros,  Notes  from  Athens.     S.  429. 
Das  Ausland.     1886. 

N.  8.  9.     E.  Bötticher,  Einiges  zur  Hissarlik-Frage.     S.  141 — «144.   167  — 170. 
N.  13.   14.     E.  Bötticher,  Tiryns.     S.  241 — 244.   266  —  270. 
Bulletin  des  commissions  royales  d'art  et  d'archeologie  ä  Bruxelles.      1885. 

H.   Schuermans,  Anciens  chemins  et  monuments  dans  les  Hautes  Fagnes.     S.  315  —  323. 
Bulletin  de  Correspondance  Hellenique.     Annee  X. 

Fase.  1.     G.  Cousin  et  F.  Durrbach,  Basrelief  de  Lemnos  avec  inscriptions.     S.  I  —  6. 

M.  Holleaux,  Fouilles   au  temple  d'Apollon  Ptoos.     (Planche.)     S.  66  —  80. 
Fase.  2.     E.  Pottier,  Fouilles  dans  la  necropole  de  Myrina  faites  par  M.  A.  Veyries.-  S.  81  — 94. 

M.  Holleaux,  Fouilles  au  temple  d'Apollon  Ptoos.     S.  98 — 101. 
Fase.  3.     M.  Holleaux,  Fouilles  au  temple  d'Apollon  Ptoos.     S.  190 — 199. 

E.  Pottier,  Fouilles  dans  la  necropole  de  Myrina:   osselets  aux  marques  et  inscrip- 
tions.    S.  210  —  215. 


Bibliographie.  67 


Bullettino  della  commissione  archeologica  comunale  di  Roma.     Serie  terza.      1886. 
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(Tav.  IV.)      S.  17  —  26. 
R.  Lanciani,  Notizie    del  movimento  edilizio  della  cittä  in  relazione   con  l'archeologia 

e  l'arte.     S.  27  —  41. 
R.  Lanciani,  Trovamenti  risguardanti  la  topografia  e  la  epigrafia  urbana.     S.  42 — 48. 
C.  L.  Visconti,  Trovamenti  di  oggetti  d'arte  e  di  antichitä  figurata.     S.  49 — 53- 
O.  Benndorf,    Sopra  una  statua  di  giovane    nel  palazzo  dei  Conservatori.      (Tav.  I. — 
III.  e  6  zincotipie.)     S.  54 —  76. 
Fase.  2  (Avrile). 

R.  Lanciani,    Notizie  del  movimento  edilizio  della  cittä  in  relazione  con  l'archeologia 

e  l'arte  II.     S.  79  f. 
R.  Lanciani  e   G.   Gatti,  Trovamenti    risguardanti   la  topografia   e  la  epigrafia  urbana. 

II.  S.  81  — 101. 
R.  Lanciani,    Fistole  acquarie  letterate,    aggiunte  di  recente   alla    collezione  capitolina. 

.  S.  102  — 105. 
C.  L.  Visconti,   Trovamenti  di  oggetti  d'arte  e  di  antichitä  figurata.     S.  106 — in. 
R.  Lanciani,  Scoperte  recentissime.     S.  112 — 114. 
Bulle tino  di  Archeologica  e  Storia  Dalmata.     Anno  IX.     Spalato.      1886. 

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N.  1,  S.  21—24.     N.  3,  S.  S6f.     N.  4,  S.  67  —  69. 
'E<pTj|xeplj  dpxaioXoyixr).     1886. 
1  z'r/Oi  TCfriiTov. 

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II.  KaßßaSi'ac,    KecpaXai  ix  tiüv  ev  xotj  äenufxaai  toö  vac/S  ttjc  'AX^ac  Aihjväs  ayaXu.a'-tu)v. 

(Taf.  2.)     S.  17  —  20. 
A.  O1X10;,  'EXeuaivtaxa  avayXucpa.  (Taf.  3.)     S.  19  —  32. 
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S.  Reinach,    Courrier    de   l'art   antique.     (n  Abb.,    darunter  zwei  der  neugefundenen  archai- 
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Die  Grenzboten.      1886. 

H.  Blumner,  Archäologie  und  Anschauung.     S.  173  —  178. 
Ad.  Rosenberg,  Die  Färbung  der  Marmorsculpturen.     S.  274 — 280. 
Neue  Jahrbücher  für  Philologie  und  Pädagogik.     Bd.  133.    134.      1886. 

Heft  I.     P.  Weizsäcker,  Pausanias  und  die  Bildwerke  in  den  Propylaien.     S.  I  —  28. 
Preufsische  Jahrbücher.      1886. 

Heft  2.     J.  B(runs),  Wandlungen  innerhalb   der  klassischen  Archäologie.     S.  167 — 179. 
Jahrbücher  des  Vereins  von  Alterthumsfreunden  im  Rheinlande.     Heft  80.      1885. 

von  Veith,  Die  Römerstrafse  von  Trier  nach  Köln.     3.    Die    römischen  Wasserleitungen  aus 

der  Eifel  zum  Rhein.     S.  I  —  22. 
E.  Hübner,    Neue    Studien    über    den    römischen    Grenzwall    in    Deutschland.      S.  23— 142. 

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J.  Klein,  Kleinere  Mittheilungen  aus  dem  ProvinzialmuseunTzu  Bonn.     S.  150 — 160. 
Reuleaux,  Remagen  im  Mittelalter  und  zur  Römerzeit.     S.  161  — 183. 
von  Veith,  Römische  Mauerreste  am  Schänzchen  bei  Bonn.     S.  230  —  232. 
Seh.,  Römische  Funde  in  Bassenheim.     S.  232. 

Römische  Niederlassung  in  Ettlingen.     [Aus  der  Karlsruher  Zeitung.]     S.  232  f. 
C.  Konen,  Römerwarte  in  Liedberg.     S.  233  f. 


{58  Bibliographie. 


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J.   Klein,  Römischer  Begräbnisplatz  in  Sattig.     S.  237  f. 
The  American  Journal  of  archaeology  and  of  the  history  of  fine  arts.     Vol.  I.  4. 

S.  Reinach,     Marble    Statue    of   Artemis    in    the    museum    at    Constantinople.    (Taf.)    S.  319 

—  323- 

S.  Reinach,     Inscribed    base    of    an  archaic   bronze    statue  from  mount  Ptous.    (Taf.)  S.  358 

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J.  Hirst,  On  the  mining  Operations  of  the  ancient  Romans.     S.  20  —  41. 
Bunnell  Lewis,  The  Roman  antiquities  of  Switzerland.     S.  171  —  247. 

J.  Hirst,     On    the    present    prospects    of   archaeology    at    Athens.     I.    Athens.     II.    Eleusis. 
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August  Boltz,  Die  Nereide  Mutter.     Eine  kretische  Volkssage.     S.  57  f. 

K.   Blind,  Die  vorgeschichtliche  Burg  im  Peloponnes.     S.  219  —  221.    233  —  235.    244 — 246. 
Archäologisch -epigraphische  Mittheilungen  aus  Oesterreich- Ungarn.     Jahrgang  IX,    Heft  2. 

W.   Klein,  Bathykles.     S.  145  —  191. 

G.  Hirschfeld,  Das  Gebiet  von  Aperlai.     Mit  Karte.     S.  192  —  201. 

C.   Schuchhardt,    Wälle    und    Chausseen    im    südlichen    und    östlichen    Dacien.      Mit   Karte. 

S.  202  —  232. 
Torma,     Das   Amphitheater    zu    Aquincum.       [Auszug   aus    einer   in  ungarischer  Sprache  ge- 
schriebenen Monographie  desselben  Verfassers.]     S.  233  —  237. 
Mittheilungen    der   k.    k.    Centralcommission    zur   Erforschung   und  Erhaltung    der  Kunst-  und  histori- 
schen Denkmale.     Wien.      1886. 

Heft  I.     K.  Deschmann,    Die    neuesten    römischen    Funde    von    Dernovo   (Neviodunum)    in 
Unterkrain.     (6  Textabb.)     S.  17  —  32. 
Monatsblätter  des  wissenschaftlichen  Clubs.     Wien.      1886.  , 

No.  5.    A.    Hauser,    Der    Palast    des   Diocletian   und   die  Restaurirung    des   Domes   yon   Spa- 
lato.     8  S. 
Westermanns  Monatshefte.     1886. 

Paul  Meier,   Von  Athen  nach  Olympia.  I.     S.  220  —  241. 


Bibliographie.  (50 


Rheinisches  Museum  für  Philologie.      1886. 

Heft  I.     J.  Overbeck,  Nochmals  Dipoinos  und  Skyllis  und  die  Anfange  der  Marmorsculptur. 

S.  67  —  72. 
Heft  2.     K.   Schumacher,  Der  Bildhauer  Phyles  von  Halikarnass.      S.  223  —  227. 

K.   Schumacher,  Amphorenstempel  aus  Knidos  und  Rhodos.     S.  238  —  241. 
E.  Müllenbach,  Römischer  Töpferstempel   mit  Bild   [Tötung  des  Nessus]    aus  Köln. 
S    319  —  320. 
Nachrichten  von  der  kgl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Göttingen. 

1885.  Fr.  Wieseler,  Über  Eris.     S.  87 — 123. 

Fr.   Wieseler,   Kritische  Bemerkungen    zu  Pausanias'  Beschreibung   der  Akropolis   von 
Athen,  nebst  zwei  Excursen  archäologischen  Inhalts.     S.  319  —  335. 

1886.  Fr.  Wieseler,  Archäologische  Excurse  zu  Pausanias  I  24,   3  und  I  27,   8.     S.  29fr. 
Die  Nation.     1886. 

N.     8.     A.  Furtwängler,  Zur  Ausstellung  farbiger  Plastik.     S.  11 1  ff. 

N.  11.     W.   Dietrich,   Bemalte  Statuen.     S.  159  f. 

N.  15.     J.  Lippert,   Das  Haus  der  Heroenzeit.     S.  218  —  222. 

N.  27.     H.  Hornberger,  Das  neue  Rom.     S.  397  fr. 

N.  30.     C.  Aldenhoven,  Der  Barockstil  in  der  Archäologie.     S.  442  —  445. 
Nord  und  Süd.      1886. 

April.     W.  Lübke,  Heinrich  Schliemann  und  seine  Entdeckungen.     S.  35  —  69. 
Notiz ie  degli  scavi  di   antichita.     Roma.      1886. 

Heft  I   (Gennaio).     Heft  2    (Febbraio).     Heft  3  (Marzo). 
Repertorium  für  Kunstwissenschaft.      1886.     IX.  Bd. 

Heft  1.     Ad.  Michaelis,    Rec.    von:    Henry   Cros    et    Charles   Henry,     L'encaustique    et    les 
autres  procedes  de  peinture  chez  les  anciens.     S.  78  —  80. 

Heft  2.     M.  Ohnefalsch-Richter,  Das  Museum  und  die  Ausgrabungen    auf  Cypern  seit   1878. 
S.  193  —  206. 
Revue  archeologique.     Troisieme  Serie.     Tome  VII.      1886. 

Janvier.     Nouvelles  archeologiques.     S.  59 — 62. 

Fevrier.     Mars.     E.  Müntz ,  Les  monuments  antiques  de  Rome.     S.  124 — 138. 
Nouvelles  archeologiques.      S.  178 — 182. 
Revue  de  l'histoire  des  religions.      1885. 

G.  Lafaye,  L'introduction  du  culte  de  Serapis  ä  Rome.     S.  327  —  329. 
Ungarische  Revue.      1886. 

Heft  2.   3.     Joh.  H.   Schwicker,  Budapest  im  Alterthum.  I.   S.  127  —  145. 
Rivista  archeologica  della  provincia  di  Como.     Milano.     Fase.    27 °. 

J.  Regazzoni,    Degli  Scavi  nell'  Isola  Virginia.     S.  4  —  9. 

C.  V.  Barelli,  Tomba  romana  nel  comune  di  Rebbio.     S.  16. 

A.   Garovaglio,   Ära  votiva  di  Vighizzolo  di  Cantü.     S.  17  —  19. 

A.  Garovaglio,     Necropoli    romana    a   Villa  Soave    presso    Capiago,    mandamento   di  Cantü- 
S.  20 — 26. 

J.  Regazzoni,  II  civico  museo  archeologico  di  Como.     S.  29  —  32. 
Zeitschrift  für  bildende  Kunst,  herausg.  von  C.  von  LUtzow.     Jahrg.  XXI. 

G.   Schaefer,  Die  Römerbrücke  zwischen  Klein-  und  Grofs  -  Krotzenburg  bei  Seligenstadt  am 
Main.     S.  92  f. 

H.  A.,  Die  Bronzefunde  an  der  Via  Nazionale  in  Rom.     (Abb.)     S.  99. 

H.  Heydemann,   Schliemanns  Ausgrabungen  in  Tiryns.     (4  Abb.    und   2  Taff.)     S.  125 — 132. 

L.  H.  Fischer,  Aus  der  Heimat  des  Odysseus.     (6  Abb.)     S.  157 — 163. 

H.  Heydemann,  Zur  antiken  Gemmenkunde.     S.  175 — 177. 

A.  R(osenberg),  Die  Nike  des  Paionios,  ergänzt   von  Richard  Grüttner.     (Abb.)     S.  179  f. 
Zeitschrift  für  Numismatik.     Bd.  XIII. 

R.  Weil,    Der    Dionysos    des    Praxiteles    in    Elis.     (Mit    Abb.    einer    elischen    Münze    unter 
Hadrian.)     S.   384—388. 


•jq  Bibliographie. 


Zeitschrift  fUr  die  österreichischen  Gymnasien.      1886. 

Heft  3.     F.   Studniczka,    Rec.    von :     Heibig,    das   homerische  Epos    aus  den  Denkmälern  er- 
läutert.    S.  192  —  208. 
Westdeutsehe  Zeitschrift  für  Geschichte  und  Kunst.     Trier. 

Jahrg.  IV.  Heft  IV.     G.  von  Rössler,  Das  Römerbad  in  Rückingen  bei  Hanau.    S.  353 — 357. 
F.  Hettner,  Juppitersäulen.     S.  365  —  388. 
C.  Robert,  Nachtrag  zu  S.  274   [Sarkophag  in  Aachen]. 
Jahrg.   V.     Heft   I.     Dahm,  Die  römische  Mainbrücke  bei  Grofs  -  Krotzenburg.     S.  65 — 71. 


^j^vUJ*Hr"» 


ÜBER  DIE  BILDNISSE  DES  PLATON. 

(Tafel  6.   7.) 

Die  auf  Tafel  6,  i  wiedergegebene  Porträtherme  befand  sich  vormals  in  der 
Sammlung  des  Herrn  Alessandro  Castellani  und  wurde  bei  der  Versteigerung  der- 
selben von  dem  Grafen  Michael  Tyskiewicz  erworben  und  später  dem  Berliner 
Museum  zum  Geschenk  gemacht'.  Sie  scheint  nach  der  Ausführung  wie  nach  den 
Buchstabenformen  der  auf  dem  Schafte  angebrachten  Inschrift  TTAATouN  zur  Zeit  der 
Antonine  gearbeitet.  Die  Behandlung  des  Fleisches  ist,  obwohl  sie  noch  den 
Reflex  eines  guten  Originals  erkennen  läfst,  trocken  und  gefühllos",  die  Augensterne 
sind  in  harter  Weise  mit  dem  Meifsel  eingearbeitet.  Künstlerisch  ohne  Bedeutung,  hat 
diese  Herme  einen  hervorragenden  wissenschaftlichen  Werth  wegen  ihrer  Inschrift, 
deren  Authenticität  keinen  Zweifel  zuläfst.  Sie  bietet  uns  das  erste  sicher  beglau- 
bigte Bildnis  des  Plato2  und  setzt  uns  in  den  Stand  eine  Reihe  von  entsprechenden 
Porträts,  die  sich  in  verschiedenen  Sammlungen  befinden,  auf  dieselbe  Persönlichkeit 
zu  beziehen.     Es  gilt  dies  für  folgende  Exemplare: 

i)  Kopf  im  Büstenzimmer  des  capitolinischen  Museums  n.  58,  sehr  schlecht 
publicirt  bei  Bottari  Museum  capitolimim  I  67,  Ergänzt:  der  gröfste  Theil  der 
Nase,  der  Hermenschaft  und  die  darauf  liegende  Spitze  des  Bartes.  Die  Aus- 
führung ist  etwas  besser  als  an  dem  Berliner  Exemplare;  doch  sind  auch  hier  die 
Augensterne  hart  mit  dem  Meifsel  eingearbeitet. 

2)  Kopf  in  dem  unter  der  Villa  Borghese  befindlichen  Magazine  (in  der 
»s/anza  dei  busti«.  unmittelbar  unter  dem  Fenster).  Die  Ausführung  erscheint  dem 
des   Berliner  Exemplares  nahe  verwandt.     Bull.  deW  Inst.   1884  p.   176. 

3)  Kopf  im  Erdgeschosse  des  Casino  di  Pirro  Ligorio,  publicirt  auf  unserer 
Tafel  7.  Er  bildete  mit  einem  Porträt  des  Sokrates  eine  Doppelherme,  deren  Köpfe  aus- 
einander gesägt  worden  sind.  Der  Kopf  des  Sokrates  ist  gegenwärtig  als  Gegenstück 
zu  dem  des  Plato  an  der  gegenüberliegenden  Wand  aufgestellt  (Beschreibung  Roms  II,  1 
p.  391).  Da  die  antike  Oberfläche  in  Folge  der  Reinigung  durch  eine  scharfe  Säure 
stark  angegriffen  ist,  so  läfst  sich  der  Charakter  der  Ausführung  schwer  beurtheilen; 
doch  weisen  auch  hier  die  hart  eingearbeiteten  Augensterne  frühestens  auf  die 
Epoche  der  Antonine  hin.     Das  Gleiche  gilt  für  n.  4  und  5. 

')  Catalogue   AI.    Castellani   (Paris    1884)    p.   132    n.  Die  im  Jahre  1846  in  der  sogenannten  Villa  des 

1086;    Verzeichnis    der   antiken    Skulpturen   des  Cassius  bei  Tivoli  gefundene  Herme,    auf   deren 

Berliner  Museums  (Berlin   1885)  p.  61   n.   300.  Schaft  der  Name  des  Plato  und  zwei  platonische 

2)  Die  bisherigen  Versuche,  Porträts  des  Plato  nach-  Sentenzen     angebracht     sind    (C.    I.    G.    6103; 

zuweisen,    sind   von   Heydemann   in    der   Jenaer  Jenaer  Literaturzeitung   III  p.  479),  habe  ich  in 

Literaturzeitung  III  (1876^.477 — 479  widerlegt.  den  Magazinen  des  Vatikans  vergeblich  gesucht. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts    I.  ^ 


72  Heibig,    Bildnisse  des  Piaton. 


4)  Kopf  im  Museo  Torlonia  alla  Lungara  n.  160,  gefunden  bei  Casalrotondo 
an  der  Via  Appia:  P.  E.  Visconti  Catalogo  del  Museo  Torlonia  (Roma  1883)  n.  160. 
/  Monumenti  del  Museo  Torlonia  riprodotti  con  la  fototipia  (Roma  1884)  T.  XL 
Ergänzt:  die  Nase,  die  Ohren,  die  Herme.  Die  Oberfläche  erscheint  allenthalben 
von  Wasser  zersetzt. 

5)  Kopf  in  der  Galleria  geografica  des  Vatikan  n.  140.  Ergänzt:  der 
Nacken,  der  Hals  und  der  untere  Theil  des  Bartes.  Da  neuerdings  in  dieser  Galerie 
Umstellungen  statt  gefunden  haben,  läfst  sich  der  Kopf  in  der  Beschreibung  Roms 
II  2  p.  278 — 283   nicht  mehr  identificiren. 

6)  Herme  im  vatikanischen  Museum:  Visconti  Museo  Pio-Clem.  VI  33; 
Schuster  Über  die  erhaltenen  Porträts  der  griechischen  Philosophen  T.  IV  7  p.  24 
n.  17;  auf  unserer  Tafel  6  n.  2.  Ergänzt:  die  Nasenspitze.  Die  auf  der  Brust 
nicht  so  sehr  eingemeifselte  wie  eingeritzte  Inschrift  ZHNßN  ist  durch  die  unsicheren 
Züge  der  Buchstaben  deutlich  als  eine  moderne  Fälschung  erkennbar.  Diese  Herme 
ist  unter  den  mir  bekannten  Porträts  des  Plato  das  älteste  Exemplar.  Sie  scheint 
nach  der  zwar  etwas  trockenen,  dabei  aber  sorgfältigen  Ausführung  bis  in  das 
1.  Jahrhundert  n.  Chr.  hinaufzureichen. 

Dies  sind  die  mir  bekannten  Porträts,  die  wegen  ihrer  Übereinstimmung  mit 
der  Berliner  Herme  dem  Plato  zugesprochen  werden  müssen.  Doch  sehe  ich  voraus, 
dafs  sich  das  von  mir  gegebene  Verzeichnis  keineswegs  als  vollständig  erweisen, 
sondern  vermöge  einer  systematischen  Durchmusterung  der  Sammlungen  beträchtlich 
vermehren  lassen  wird.  Abgesehen  von  ganz  geringfügigen  Abweichungen,  die  sich 
aus  der  verschiedenen  Individualität  der  ausführenden  Bildhauer  erklären,  stimmen 
alle  jene  Exemplare  derartig  überein,  dafs  wir  sie  mit  Sicherheit  auf  ein  gemein- 
sames Original  zurückführen  dürfen. 

Aufserdem  scheint  hierher  noch  eine  kleine,  im  Polytechnikon  zu  Athen 
befindliche  Doppelherme  zu  gehören.  Sie  stellt  zwei  bärtige  Porträtköpfe  zusammen, 
von  denen  der  eine  den  gleichen  Schädelbau,  ein  ähnliches  breites  Gesicht  und  einen 
ähnlichen  finsteren  Ausdruck  zeigt  wie  die  in  dem  obigen  Verzeichnisse  angeführten 
Exemplare  und  sich  von  diesen  im  Wesentlichen  nur  durch  die  geringere  Länge 
des  Bartes  unterscheidet.  Ich  halte  es  demnach  zwar  nicht  für  sicher  aber  doch 
in  hohem  Grade  wahrscheinlich,  dafs  auch  dieser  Kopf  Plato  darstellt.  Wenn 
er  bei  flüchtiger  Betrachtung  einen  verschiedenen  Eindruck  macht,  so  erklärt  sich 
dies  hinlänglich  aus  der  Rohheit,  mit  der  die  attische  Herme  ausgeführt  ist,  und  die 
uns  dazu  nöthigt  dieses  Denkmal  nicht  vor  der  zweiten  Hälfte  des  3.  Jahrhunderts 
anzusetzen.  Über  das  andere  zu  derselben  Herme  gehörige  Porträt  wird  am  Ende 
dieses  Aufsatzes  die  Rede  sein. 

Mancher  moderne  Betrachter  wird  sich  schwer  dazu  entschliefsen,  in  der 
Berliner  Herme  und  den  ihr  entsprechenden  Köpfen  Plato  zu  erkennen.  Er  wird 
erwarten,  dafs  die  olympische  Heiterkeit,  welche  in  den  Schriften  des  grofsen 
Philosophen  herrscht,  auch  in  dessen  Antlitze  zum  Ausdruck  komme.  Statt 
dessen    zeigen    alle    diese    Porträts,    namentlich    in    den  Augenbrauen,    die    in    der 


Heibig,   Bildnisse  des  Piaton.  73 


Mitte  hoch  emporreichen  und  nach  der  Nase  zu  herabgezogen  sind,  und  in  der 
etwas  vorgeschobenen  Unterlippe,  einen  verdriefslichen  oder  gar  finsteren  Zug.  Doch 
wird  sich  jeder  unbefangene  Beurtheiler  vor  einem  Zeugnisse  beugen,  dessen  Glaub- 
würdigkeit über  allem  Zweifel  erhaben  ist.  Aus  einer  Komödie  des  Amphis,  eines 
Zeitgenössen  des  Plato,   sind  folgende  Verse  erhalten: 

TQ    nX(XTU»V, 

ü>;  ouo^v  ola&ot  itXyjv  axu&pioTca'Cstv  [xovov, 
a>37rsp  xo/Xtaj  asjivük  Imjpxcus  ta;  o'fpü?3. 

Sie  beweisen  auf  das  Schlagendste,  dafs  der  Ausdruck  des  Plato  keineswegs 
heiter  war,  sondern  finster  wie  derjenige  der  Berliner  Herme  und  der  anderen 
Exemplare,  die  ich  wegen  ihrer  Übereinstimmung  mit  derselben  auf  die  gleiche 
Persönlichkeit  gedeutet.  Auch  findet  dieser  Ausdruck  in  den  Schicksalen  und  in 
der  geistigen  Entwickelung  des  Plato  eine  ganz  naturgemäfse  Erklärung.  Das 
tragische  Ende  des  geliebten  Lehrers  mufste  in  dem  Geiste  des  Jünglings  einen 
nachhaltigen  schmerzlichen  Eindruck  hinterlassen.  Wenn  sich  ferner  Plato  nach 
dem  Tode  des  Sokrates  genöthigt  sah,  Athen  zu  verlassen,  so  wird  ihn  die  Entfernung 
von  dem  Kulturmittelpunkte  Griechenlands  gewifs  auf  das  Peinlichste  berührt  haben. 
Dazu  standen  seine  philosophischen  Theorien  in  dem  entschiedensten  Gegensatze 
zu  der  Wirklichkeit.  Die  Versuche,  seine  politischen  Ideen  durch  den  älteren  und 
jüngeren  Dionysios  zu  realisiren,  scheiterten  in  der  kläglichsten  Weise.  Auch  in 
seiner  Thätigkeit  als  Haupt  der  Akademie  blieben  ihm  unangenehme  Erfahrungen 
nicht  erspart.  Wir  wissen,  wie  heftig  Plato  zürnte,  als  Aristoteles,  nachdem  er  im 
Schatten  der  Akademie  reif  geworden,  ein  eigenes  Auditorium  gründete  und  seinem 
bisherigen  Lehrer  Opposition  zu  machen  anfing4.  Es  leuchtet  ein,  dafs  ein  Mann, 
der  solche  Erfahrungen  gemacht  hatte,  nicht  mit  heiterer  Ruhe,  sondern  mit  düsterem 
Ernste  in  die  Welt  blickte. 

Ist  aber  einmal  das  Befremden  beseitigt,  welches  der  finstere  Ausdruck 
dieser  Porträts  bei  oberflächlicher  Betrachtung  erregen  könnte,  so  lassen  sich  die- 
selben mit  dem  Bilde,  welches  wir  uns  von  Plato  zu  machen  gewohnt  sind,  auf  das 
Beste  in  Einklang  bringen.  Die  hohe  und  breite  Stirn  bezeichnet  deutlich  den 
grofsen  Denker.  Besonders  charakteristisch  ist  der  abstrakte  Blick,  der  deutlich 
eine  Individualität  bekundet,  die  sich  mit  theoretischen  Speculationen  beschäftigt 
und  von  der  Aufsenwelt  Abstand  nimmt5.  Endlich  stimmen  diese  Porträts  auch 
mit  dem  einzigen  gleichzeitigen  Zeugnis,  welches  uns  aufser  dem  bereits  angeführten 
des  Amphis  über  das  Aussehen  des  Plato  und  seiner  Schüler  erhalten  ist,   nämlich 

3)  Diog.  Laert.  III  28  (Fragm.  comicor.  ed.  Meineke  junge  Plato  habe  es  stets  vermieden  überlaut  zu 

III  p.  305).    Das  Wort  xoyXfeij  ist  offenbar  ver-  lachen,   Aelian  var.  hist.  III  35,    das  Lachen  sei 

dorben,  da  die  Schnecke  keine  Augenbrauen  hat  in   der  Akademie   verboten  gewesen.     Vgl.  auch 

und    somit   aufser  Stande  ist  dieselben  emporzu-  Seneca  de  ira  II  21,  10. 

ziehen.      Uebrigens    stimmen    mit   der   Charakte-  4)  Diog.  Laert.  V   I,  2. 

ristik  des  Amphis  auch  einige  spätere  Zeugnisse.  '■'')  Man  vergleiche  die  berühmte  Stelle  im  Theaetet 

Herakleides    bei   Diog.  Laert.  III  26  erzählt,  der  XXIV  p.  173  c. 

6* 


74  Heibig,    Bildnisse  des  Piaton. 


mit  einem  Fragmente  des  Komödiendichters  Ephippos6.  Es  wird  daselbst  den 
Akademikern  eine  allzu  gesuchte  Eleganz  in  ihrer  Toilette  vorgeworfen  und  einer 
von  ihnen  geschildert: 

su  ja&v  jia/aipa  $uax'  lytuv  Tpi^oujiaxa, 
s3  8'  uTTO-xa&isl?  a-0[xa  züj-ftovo?  ßoftb;. 
Die  Porträts  des  Plato  zeigen  eine  entsprechende  Haar-  und  Barttracht  —  eine 
Tracht,  welche,  wie  sich  aus  attischen  Grabreliefs7  ergiebt,  gegen  die  Mitte  des 
4.  Jahrhunderts,  also  gerade  zur  Zeit  des  Plato,  in  Athen  Mode  war.  In  derselben 
Zeit  scheint  auch  das  Original  entstanden  zu  sein,  auf  welches  die  erhaltenen 
Repliken  dieses  Typus  zurückgehen.  Allerdings  läfst  die  Ausführung  aller  Exem- 
plare zu  wünschen  übrig  und  an  einzelnen  ist  sogar  ein  Ausdrucksmittel  spätesten 
Ursprunges,  nämlich  die  mechanische  Einarbeitung  der  Pupillen,  zur  Anwendung 
gekommen.  Man  hat  demnach  keine  vollständig  stilgetreue  Wiedergabe  des 
Originals  zu  gewärtigen.  Nichts  desto  weniger  aber  lassen  die  besser  ausgeführten 
Wiederholungen  und  namentlich  die  vatikanische  Herme  (Taf.  6,  2.  S.  72  n.  6) 
eine  schlichte  Behandlung  der  Haut  erkennen,  welche  an  diejenige  der  zweiten 
attischen  Schule  erinnert 8  und  keine  Spur  aufweist  von  der  naturalistischen  Richtung, 
die  seit  der  Zeit  Alexanders  des  Grofsen  in  der  ikonischen  Porträtkunst  mafsgebend 
wurde.  Ebenso  findet  die  fadenartige  Behandlung  der  Haare  in  Bronzetypen  aus 
der  zweiten  attischen  Schule  Analogien 9.  Nach  alledem  dürfen  wir  annehmen,  dafs 
das  Original  aller  jener  Exemplare  ein  bronzenes  Porträt  des  Plato  war,  welches  zu 
Athen  und  bei  Lebzeiten  des  grofsen  Philosophen  gearbeitet  wurde  10. 

Bevor  die  inschriftlich  bezeichnete  Herme  zu  Tage  kam,  diente  der  Ikono- 
graphie des  Plato  als  Grundlage  eine  kleine  im  Florentiner  Museum  befindliche 
Büste,    auf   deren    Titulus    der    Name    PAATftN    angebracht    ist11.      Wenn    mehrere 

6)  Bei  Athen.  XI   509  c    (Fragm.  com.  ed.  Meineke  seum   befindlichen  Sophoklesköpfen   vergleichen, 

III  p.  332).  nämlich   mit   n.   33    (Bottari  Mus.  cap.  I  38)  und 

')  Z.  B.    Furtwängler  Die   Sammlung   Sabouroff  T.  n.  34. 

XVIII  (Berliner  Skulpturen  n.  738),  T.  XX  (Berl.        9)  Man  vergleiche  z.  B.  die  erhaltenen  Repliken  des 

Skulpt.  n.   756).  Apollon  Sauroktonos. 

8)  Die  vatikanische  Platoherme  erinnert  in  der  10)  Hiernach  scheint  es  keineswegs  unmöglich,  dafs 
Behandlung  des  Fleisches  an  die  Porträts  des  dieses  Original  die  von  Silanion  gearbeitete  Statue 
Sophokles,  welche  den  am  Besten  durch  die  des  Plato  war  (Diog.  Laert.  III  25.  Vgl.  ^4«». 
lateranische  Statue  vertretenen  Typus  darstellen  detl'  Inst.  1839  p.  213);  denn  Michaelis  hat  in 
(Benndorf  und  Schöne  Die  antiken  Bildwerke  den  Historischen  und  philol.  Aufsätzen  Ernst 
des  lateranischen  Museums  n.  237).  Alle  Curtius  gewidmet  p.  107 — 114  den  Beweis  ge- 
Wahrscheinlichkeit spricht  dafür,  dafs  dieser  liefert,  dafs  die  Thätigkeit  des  Silanion  in  die 
Typus  auf  die  Statue  zurückgeht,  die  auf  Vor-  erste  Hälfte  des  4.  Jahrhunderts  hinaufreicht, 
schlag  des  Lykurgos  zwischen  Ol.  107,  3  (350)  n)  Visconti  Iconografia  greca  I  T.  XVIIIa  3,  4  p. 
und  Ol.  112,  3  (330)  im  athenischen  Diony-  219 — 221.  Schuster  Über  die  erhaltenen  Porträts 
sostheater  aufgestellt  wurde  und  jedenfalls  griechischer  Philosophen  T.  II  1  p.'  12 — 13. 
von  einem  Künstler  der  zweiten  attischen  Dütschke  Die  antiken  Marmorbildwerke  der  Uffi- 
Schule  herrührte.  Jene  Verwandtschaft  springt  cien  p.  190  n.  393.  Vgl.  Heydemann  in  der 
besonders  in  die  Augen,  wenn  wir  die  vatika-  Jenaer  Literaturzeitung  III  (1876)  p.  477.  Er- 
nische   Herme    mit   zwei   im   capitolinischen  Mit-  gänzt:  die  Nase,  das  benachbarte  Stück  der  lin- 


Heibig,    Bildnisse  des  Piaton.  jt 


Archäologen12  die  Ansicht  geäufsert  haben,  der  Titulus  sei  aus  einem  anderen  Stück 
Marmor  gearbeitet  als  die  Büste  und  an  die  letztere  angefügt,  so  datirt  diese 
Beurtheilung  aus  einer  Zeit,  wo  der  Marmor  noch  mit  einer  künstlicheu  Kruste 
überzogen  war,  wie  sie  den  mediceischen  Sculpturen  gegeben  zu  werden  pflegte, 
um  die  Restaurationen  unkenntlich  zu  machen.  Diese  Kruste  ist  neuerdings 
entfernt  worden,  und  ich  konnte  mich  demnach  bei  wiederholter  Untersuchung 
davon  überzeugen,  dafs  die  Büste  und  der  Titulus  aus  einem  Stück  Marmor 
bestehen13.  Doch  reicht  diese  Thatsache  nicht  aus,  um  die  Büste  für  ein 
authentisches  Porträt  des  Plato  zu  erklären,  da  die  auf  dem  Titulus  angebrachte 
Inschrift  verdächtig  scheint.  Während  nämlich  die  Ausführung  der  Büste  deutlich 
auf  das  erste  Jahrhundert  der  Kaiserzeit  hinweist,  findet  das  P  der  Inschrift  mit 
der  kurzen  rechten  Hasta  in  dem  damals  gebräuchlichen  Alphabete  keine  Ana- 
logie. Aufserdem  ist  die  Florentiner  Büste  sowohl  hinsichtlich  der  Formen  wie 
hinsichtlich  des  Ausdruckes  vollständig  verschieden  von  den  sicher  beglaubigten 
Porträts  des  Plato.  Hiernach  scheint  es  geboten,  dieselbe  aus  der  Ikonographie 
des  grofsen  Philosophen  auszuschliefsen. 

Hingegen  dürfen  wir  einen  Kopf,  den  eine  kleine,  bei  Chiusi  gefundene 
Doppelherme  mit  dem  des  Sokrates  vereinigt'4,  in  den  Kreis  unserer  Unter- 
suchung ziehen.  Nach  Allem,  was  wir  von  den  Grundsätzen  wissen,  welche  bei 
der  Zusammenstellung  solcher  Doppelhermcn  befolgt  zu  werden  pflegten,  spricht 
von  Haus  aus  alle  Wahrscheinlichkeit  dafür,  dafs  die  mit  Sokrates  vereinigte 
Persönlichkeit  Plato  ist.  Aufserdem  stimmt  jener  Kopf  in  den  Hauptformen 
mit  dem  Typus  überein,  der  uns  bisher  beschäftigt  hat.  Hier  wie  dort  begegnen 
wir  derselben  hohen  und  breiten  Stirn  und  einer  ähnlichen  starken  Entwickelung 
der  oberen  Kinnlade.  Beide  Typen  zeigen  in  der  Bewegung  der  Augenbrauen  wie 
in  der  etwas  vorgeschobenen  Unterlippe  den  gleichen  finsteren  Ausdruck.  Der 
Unterschied  zwischen  ihnen  beruht  im  Wesentlichen  auf  zweierlei:  erstens  bekundet 
der  Kopf  der  chiusiner  Herme  mit  der  kahlen  Stirn  und  dem  welken  Fleische  ein 
vorgerückteres  Alter  als  das  bisher  besprochene  Bildnis;  zweitens  erscheint  der 
Stil  verschieden.  Wiewohl  die  Herme  nur  mittelmäfsig  ausgeführt  und  ihre  Ober- 
fläche durch  die  Feuchtigkeit  stark  angegriffen  ist,  zeigt  sie  doch  namentlich  in  der 
weichen  Behandlung  der  Haut  eine  entschieden  naturalistische  Richtung,  wie  sie  in 
der  griechischen  Kunst  erst  seit  dem  Ende  des  4.  Jahrhunderts  v.  Chr.  mafsgebend 
wurde.  Während  die  besseren  Exemplare  des  bisher  besprochenen  Typus  auf  die 
zweite  attische  Schule  zurückweisen,  erinnert  die  Herme  an  Porträts  aus  der  Periode 

ken   Wange,    die   Oberlippe    —    abgesehen    von  Bull,  dell'  Inst.  1879  p.  232  —  233  not.  2    richtig 

dem  rechten  Ende  — ,  Stücke  an  den  Superciliar-  erkannt  worden. 

knochen    und    an    der   Stirn.       Hals    und    Brust      14)  Bull,  dell'  Inst.    1879   p.  232 — 233.      Wenn    ich 

sind  von  moderner  Hand  leicht  überarbeitet.  damals    schrieb,   dafs   dieser   Kopf  eine   gewisse 

12)  Vgl.  Schuster  a.  a.  O.  p.  12  —  13;  Heydemann  Ähnlichkeit  mit  der  Florentiner  Büste  darböte, 
a.  a.  O.  p.  477;  Dütschke  a.  a.  O.  p.  190  so  gründete  sich  dieses  Urtheil  auf  die  un- 
n.  393.  genügende  Publication  der  letzteren  in  der  Icono- 

13)  Übrigens  ist  diese  Thatsache  auch  von  Bernoulli  grafia  greca  und  ich  ziehe  es  hiermit  zurück. 


y(5  Heibig,    Bildnisse  des  Piaton. 


nach  Alexander  dem  Grofsen  IS.  Hiernach  scheint  es,  dafs  das  Original  des  Hermen- 
kopfes aus  einer  späteren  Zeit  stammt  als  dasjenige,  auf  welches  die  Exemplare 
der  anderen  Serie  zurückgehen,  und  erst  gegen  Ende  des  4.  oder  während  des 
3.  Jahrhunderts  v.  Chr.  geschaffen  ist.  Wird  diese  Auffassung  als  richtig  anerkannt, 
so  erklärt  es  sich  leicht,  warum  der  Künstler,  der  jenes  Original  erfand,  von  dem 
überlieferten  ikonischen  Typus  abwich  und  Plato  als  Greis  darstellte.  Einerseits 
war  es  ganz  natürlich,  dafs  Plato  in  dem  Andenken  der  unmittelbar  folgenden 
Generationen  unter  der  Gestalt  fortlebte,  welche  er  in  den  letzten  Jahren  seines  Lebens 
gezeigt  hatte.  Andererseits  scheint  aber  auch  die  damalige  Kunst  eine  besondere 
Vorliebe  für  eine  derartige  Darstellungsweise  gehabt  zu  haben.  Soweit  das  gegen- 
wärtig bekannte  Material  ein  Urtheil  gestattet,  pflegten  die  Künstler  in  der  Zeit  vor 
Alexander  dem  Grofsen,  wenn  ihnen  die  Wahl  der  Altersstufe  freistand,  berühmte 
Männer  in  reifem  Alter  aufzufassen,  in  welchem  die  Individualität  derselben  zur  voll- 
sten Entwickelung  gediehen  war.  Hingegen  kennen  wir  aus  der  folgenden  Periode 
eine  ansehnliche  Reihe  von  Bildnissen,  welche  in  höchst  charaktervoller  Weise  ver- 
fallene Organismen  veranschaulichen16.  Ein  bezeichnendes  Beispiel  für  diese 
Richtung  ist  ein  Porträt  des  greisen  Sophokles,  von  dem  sich  mehrere  Wiederholungen 
erhalten  haben 17.  Die  griechischen  Gelehrten  beschäftigten  sich  während  der 
Diadochenperiode  eifrig  mit  Litteraturgeschichte  und  das  damalige  gebildete  Publi- 
cum interessirte  sich  lebhaft  für  Anekdoten,  welche  aus  dem  Leben  berühmter 
Dichter  berichtet  wurden.  Besonders  beliebt  war  eine  auf  Sophokles  bezügliche 
Anekdote18:  sein  Sohn  Iophon  habe  ihn,  nachdem  er  das  achtzigste  Jahr  über- 
schritten, als  unzurechnungsfähig  belangt;  da  habe  der  greise  Dichter  den  Richtern 
den  von  ihm  soeben  vollendeten  Ödipus  auf  Kolonos  vorgelesen  und  sei  frei- 
gesprochen worden,  weil  die  Richter  in  dieser  poetischen  Leistung  eine  schlagende 
Widerlegung  der  Anklage  erkannt  hätten.  Unter  dem  Eindruck  dieser  Geschichte 
unternahm  es  ein  Künstler  des  3.  Jahrhunderts,  Sophokles  als  Greis  darzustellen. 
Er  arbeitete    in    diesem  Sinne    den    am  Besten  durch    die    lateranische  Statue    ver- 

")  Sie    steht   z.  B.    den   Porträts    des  Demosthenes,  17)  Ein  Bronzekopf  im  British  Museum:   A  description 

welche  auf  eine  von   Polyeuktos   gearbeitete  und  of  the  coli,  of  anc.  marbles  in  the  British  Museum 

i.  J.  280  v.  Chr.  auf  der  athenischen  Agora  auf-  II  pl.  29;  Mon.   dell'  Inst.  III  T.  32,  Ann.   1841 

gestellte  Statue  des  grofsen  Redners  zurückgehen  p.  309  —  310.    Ein  Marmorkopf  im  vatikanischen 

(Michaelis  Ancient  marbks  in  Great  Britain  p.  417  Museum:      Pistolesi   il   Vaticano    illustrato    V  T. 

—  419),    und    demjenigen,    welches    die    helle-  LXXXIV  1 ;    Braun   Ruinen    und  Museen    p.   392 

nistische  Kunst  von  Homer  erfand  (Michaelis  Die  n.  120.     Eine  Marmorherme  in  den  vatikanischen 

Bildnisse  des  Thukydides,  Strafsburg  1877,  P'  9-  Gärten  mit  der   Inschrift  CO^OKAHC    auf  dem 

p.   18  Anm.  43),    näher  als  dem  durch  die  late-  Schafte:  Bull,  dell'  Inst.   1867  p.  144 — 145.     Ver- 

ranische  Statue  vertretenen  Porträt  des  Sophokles  muthlich    gehört    hierher    auch    ein   zu  Paris  im 

(oben  Seite  74  Anm.  8).  Cabinet  des  medailles  befindliches  Relief,  welches 

16)  An  der  Spitze  dieser  Reihe  steht  der  auf  Münzen  einen  Greis,  dessen  Gesicht  einen  verwandten  Ty- 

wiedergegebene    charaktervolle   Kopf  des   Seleu-  pus  zeigt,  lesend  oder  recitirend  darstellt:   Ann. 

kos  I.  Nikator:  Imhoof- Blumer  Porträtköpfe  auf  dell'  Inst.  1841    Tav.  d'agg.  L  p.  310 — 311.     Vgl. 

antiken   Münzen   hellenischer   Völker   T.  I  3,  T.  Welcker  Alte  Denkmäler  I  p.  480 — 482. 

111  3  p.  28.                                             -  18)  Die   Litteratur  darüber  bei  Bernhardy  Grundrifs 

der  griech.  Litteratur  II3  2  p.  316 — 317. 


Heibig,    Bildnisse  des  Piaton.  77 


tretenen  Typus  um,  der  den  Dichter  als  Mann  in  den  fünfziger  Jahren  wiedergiebt. 
Der  Hauptreiz  seiner  Schöpfung  beruhte  auf  dem  Gegensatze  zwischen  dem  greisen- 
haften Antlitz  und  dem  geistvollen  Ausdrucke  der  Augen,  die  an  den  erhaltenen 
Repliken  dieses  Typus,  um  ihr  Feuer  hervorzuheben,  aus  buntem  Email  gearbeitet 
waren.  Auch  von  Plato  berichtet  die  Überlieferung,  dafs  er  bis  zu  seinem  Tode, 
der  im  81.  Lebensjahre  erfolgte,  seine  geistige  und  körperliche  Frische  bewahrte". 
Unter  solchen  Umständen  konnte  ein  späterer  Künstler  recht  wohl  darauf  verfallen, 
den  grofsen  Philosophen  in  vorgerückterem  Alter  darzustellen,  als  es  in  dem  über- 
lieferten ikonischen  Porträt  der  Fall  war. 

Endlich  kann  ich  nicht  umhin,  noch  auf  ein  Relief  hinzuweisen,  das  in  der 
Galleria  delle  statue  (n.  263)  in  das  Postament  der  Matteischen  Amazone  eingelassen 
ist'0.  Die  Ausführung  ist  sorgfältig  und  fein;  leider  hat  jedoch  der  Marmor, 
namentlich  an  dem  oberen  Theile  des  Reliefs,  eine  starke  Corrosion  erlitten. 
Dargestellt  ist  ein  auf  einem  Schemel  sitzender,  ältlicher  Mann,  welcher  abwärts 
blickt  und  den  rechten  Arm  etwas  nach  vorn  zu  bewegt.  Nur  der  Oberarm 
ist  antik.  Doch  scheint  der  Ergänzer  nach  der  Weise,  in  der  die  Figur  den 
Kopf  abwärts  hält,  das  Richtige  getroffen  zu  haben,  indem  er  ihr  eine  geöffnete 
Schriftrolle  in  die  Linke  gab.  Hiernach  würde  das  Relief  einen  Gelehrten  dar- 
stellen, der  im  Begriff  ist  zu  lesen,  zu  schreiben  oder  über  den  Inhalt  eines  Manu- 
scriptes  nachzudenken.  Jedermann  wird  zugeben,  dafs  der  Kopf  der  Relieffigur  mit 
den  im  Bisherigen  nachgewiesenen  Porträts  des  Plato  in  dem  Schädelbau,  den  Zügen 
und  dem  Ausdrucke  eine  nahe  Verwandtschaft  verräth.  Dazu  kommt  noch  die 
krumme  Haltung  des  Oberkörpers,  welche  von  der  Überlieferung  ausdrücklich  als  dem 
Plato  eigenthümlich  hervorgehoben  wird21.  Hiernach  scheint  mir  die  Frage  berech- 
tigt, ob  nicht  auch  die  Figur  des  vatikanischen  Reliefs  auf  die  gleiche  Person  zu 
deuten  ist.  Allerdings  erscheint  der  Bart  in  etwas  anderer  Weise  behandelt;  die 
von  den  Backen  und  dem  Kinne  herabreichenden  Haarmassen  zeigen  eine  geringere 
Fülle  als  an  den  sicher  beglaubigten  Porträts  des  Plato;  der  Schnurrbart  fällt  nicht  wie 
an  den  letzteren  schlicht  herab,  sondern  ist  an  den  Enden  etwas  nach  oben  gedreht. 
Aber  diese  Abweichungen  sind  doch  von  sehr  nebensächlicher  Bedeutung  und  der 
Kopf  der  chiusiner  Doppelherme,  würde,  wenn  ich  ihn  richtig  auf  Plato  gedeutet, 
einen  schlagenden  Beweis  liefern,  wie  frei  die  späteren  Künstler  mit  den  über- 
lieferten Formen  verfuhren. 

Es  bleibt  nur  noch  übrig,  einige  Bemerkungen  über  die  attische,  im  Obigen 
erwähnte  Doppelherme  beizufügen.  Wenn  der  eine  der  beiden  Köpfe,  aus  denen 
diese  Herme  zusammengesetzt  ist,  wie  es  den  Anschein  hat,  Plato  darstellt,  so  liegt  es 
am  Nächsten  den  anderen  Kopf  auf  Sokrates  zu  deuten.  Jedoch  wird  diese  Deutung 
durch  den  erhaltenen  Ansatz  der  Nase  ausgeschlossen,  der  nicht  auf  eine  aufgeworfene, 
sondern  auf  eine  Adlernase  schliefsen  läfst.  Fragen  wir  nunmehr,  welcher  andere  Phi- 
losoph in  solcher  Weise  mit  Plato  zusammengestellt  werden  konnte,  so  bleibt  nur  die 

19)  Zeller   die  Philosophie   der  Griechen  II3  p.  312.      21)  Plutarch   de  audiendis  poetis   8;   de   adulatoris  et 
J0)  Breite  o,  35,  Höhe  o,  63.  .  amici  discrimine  9. 


78  Heibig,    Bildnisse  des  Piaton. 


Möglichkeit,  an  Pythagoras  zu  denken.  Die  athenische  Herme  ist,  wie  bereits  bemerkt 
wurde,  im  3.  Jahrhundert  n.  Chr.  gearbeitet.  Die  geistige  Richtung  der  damaligen 
Generationen  wurde  aber  vorwiegend  durch  zwei  philosophische  Systeme  bestimmt, 
die  beide  auf  einem  eigenthümlichen  Synkretismus  platonischer  und  pythagoreischer 
Elemente  beruhten,  durch  den  Neuplatonismus,  der  verschiedene  pythagoreische 
Theorien  und  im  Besonderen  diejenige  des  Dualismus  angenommen  hatte23,  und 
den  Neupythagoreismus,  der  in  seinem  dogmatischen  Theile  von  der  platonischen 
Philosophie  beeinflufst  war25.  Unter  solchen  Umständen  scheint  es  ganz  natürlich, 
dafs  damals  die  Porträts  des  Plato  und  des  Pythagoras  zu  einer  Doppelherme 
vereinigt  wurden.  Pythagoras  ist  in  ganzer  Figur  auf  einer  unter  Kaiser  Decius  zu 
Samos  geschlagenen  Münze'4  und  auf  einem  Contorniaten 2S  abgebildet.  Doch  geben 
beide  Stempel  den  Kopf  in  zu  kleinen  Verhältnissen  wieder,  als  dafs  er  sich  zu  einer 
ikonographischen  Bestimmung  verwenden  liefse.  Allerdings  scheinen  sie  in  einer 
Hinsicht  von  dem  Kopfe  der  attischen  Herme  abzuweichen,  nämlich  darin,  dafs  sie 
die  Stirn  nicht  kahl,  sondern  von  herabfallendem  Haare  bedeckt  darstellen.  In- 
defs  schliefst  dieser  Unterschied  die  von  mir  vorgeschlagene  Deutung  keineswegs 
aus.  Alle  Wahrscheinlichkeit  spricht  dafür,  dafs  von  Pythagoras  kein  ikonisches 
Porträt  vorhanden  war.  Wenn  demnach  die  Künstler  dasselbe  in  späterer  Zeit  aus 
ihrer  Phantasie  heraus  gestalten  durften,  so  kann  es  nicht  befremden,  dafs  sich 
mehrere  Künstler  an  dieser  Aufgabe  versuchten  und  die  von  ihnen  erfundenen 
Typen  verschieden  ausfielen.  Die  beiden  angeführten  Münzstempel  beweisen,  dafs 
Pythagoras  im  Alterthum  zum  Mindesten  unter  zwei  verschiedenen  Typen  dargestellt 
wurde.  Auf  der  Münze  von  Samos  zeigt  er  einen  runden  Kopf  und  kurzen  Bart, 
während  der  Kopf  auf  dem  Contorniaten  auffällig  lang  erscheint,  und  ein  spitzer 
Vollbart  von  dem  Kinne   auf  die  Brust  herabhängt26. 


W.  Heibig. 


aa)  Zeller    die    Philosophie    der   Griechen    III   2    p.  **)  Visconti  a.  a.  O.  I  T.  XVII  3  p.  197—198;  Sa- 

685IT.  batier    description   des   medaillons  contorniates   pl. 

2a)  Zeller  a.  a.  O.  III  2  p.  511fr.  XV  I    p.  96. 

24)  Visconti   Iconografia  greca  I   T.  XVII   1    p.  160;  36)  Mit  einem   ähnlichen    langen   Barte   dachte    sich 

Schuster    Die     erhaltenen    Porträts     der    griech.  Martial  ep.  IX  48  den  Pythagoras: 

Philosophen  T.  I  1  p   4.                      .  Sie  quasi  Pytliagorae  loqueris  successor  et  heres, 

Propendet  mento  nee  tibi  barba  minor. 


^^JUA  -  ^^^  ,  ^*  yW~~, *  ,  v*s* 


CYPRISCHE  VASE  AUS  ATHIENU. 

(Tafel  8.) 

Die  auf  Taf.  8  im  Mafsstabe  von  etwas  unter  2/3  wiedergegebene  Vase  ist 
im  Besitze  des  kunstsinnigen  Directors  der  Schulen  zu  Levkosia  Evstathios  Kon- 
stantinidis.  Derselbe  kaufte  die  Vase  von  dem  Finder,  einem  Bauern  in  Athienu 
und  es  darf  als  gesichert  betrachtet  werden,  dafs  sie  in  einer  dortigen  Nekropole 
gefunden  ist,  aus  welcher  auch  sonst  noch  zahlreiche  Gefäfse  stammen,  welche 
zum  Theil  mit  Streifen  und  concentrischen  Ringen,  zum  Theil  mit  vegetabilischen 
Motiven  wie  Lotos  und  Palme  bemalt  sind;  öfters  sind  diese  Pflanzenornamente 
mit  dem  an  die  rhodischen  Vasen  erinnernden  Flechtband  verbunden.  Ich  gebe 
im  Folgenden  eine  Besprechung,  deren  Redaktion  sich  mein  Freund  Herr  Dr.  F. 
Dümmler  unterzogen  hat. 

Nach  den  Analogien  aus  anderen  Nekropolen  bei  Centralpunkten  des  phöni- 
kischen  Lebens  auf  der  Insel  haben  wir  ein  Recht  diese  Vasen  als  phönikisch  zu 
bezeichnen,  wenn  wir  uns  bewufst  bleiben,  dafs  bei  der  empfänglichen  und  mehr 
technisch  wie  künstlerisch  beanlagten  Natur  der  Phöniker  dies  kein  einheitlicher 
Begriff  ist,  sondern  sich  mannigfaltig  local  modificirt  und  fremde  Einflüsse  keines- 
wegs ausschliefst.  Es  ist  aber  sicher,  dafs  auf  Cypern  hauptsächlich  Phöniker  die 
Träger  dieser  bestimmten  Kunstübung  sind,  während  sie  z.  B.  in  Rhodos  auf  ganz 
anderen  Bahnen  zu  wandeln  scheinen. 

Die  vorliegende  Vase  ist  0,296  Meter  hoch;  sie  ist  aus  dem  diese  Vasen- 
classe  charakterisirenden  feingeschlämmten  grauweifsen  matten  Thon  gefertigt  und 
sorgfältig  auf  der  Scheibe  gedreht.  Die  gleiche  Form  —  ovaler  Bauch  mit 
kurzem,  zum  Ausgufs  etwas  zusammengedrückten  und  mit  dem  Bauch  durch  einen 
kurzen  Henkel  verbundenen  Halse  —  findet  sich  noch  mehrfach  bei  cyprischen 
Vasen,  welche  auch  sonst  Berührungspunkte  darbieten.  Zu  vergleichen  sind  die 
Vasen  bei  Cesnola  Cyprus  S.  55  (—  Perrot  et  Chipiez  III  No.  518  S.  706),  S.  333 
pl.  XLVI  No.  38.  39  (38  =  Perrot  a.  a.  O.  S.  701  No.  510),  Perrot  S.  709  No.  521; 
verwandt  ist  auch  No.  511. 

Zur  Bemalung  der  Vase  sind  aufser  Schwarz  zwei  verschiedene  Arten  von 
Roth  angewendet:  am  Oberkörper  des  Mannes  und  an  der  gröfseren  Lotosblume 
ein  mehr  ins  Gelbliche  spielendes,  am  Unterkörper  und  der  kleineren  Blüthe  ein 
saftigeres,  mehr  ins  Violette  übergehendes.  Am  Halse  der  Vase  befindet  sich  ein 
rostrother  Horizontalstreifen  zwischen  zwei  schwarzen,  am  Fufsende  ein  einzelner 
violettrother  Streifen;  am  Henkel  sind  zwischen  zwei  schwarzen  Vertikalstreifen 
zahlreiche  kleinere  Horizontalstreifen  derselben  Farbe,  ein  spitz  zulaufender  schwarzer 
Vertikalstreifen  setzt  unter  dem  Henkel  an. 


8o  Ohnefalsch -Richter,  Cyprische  Vase  aus  Athienu. 

Über  die  Füllornamente  ist  Folgendes  zu  bemerken. 

Das  Hakenkreuz  findet  sich  auf  unserer  Vase  vier  Mal  und  ist  überhaupt 
auf  dieser  Klasse  cyprischer  Vasen  nicht  selten.  Zu  vergleichen  ist  beispielshalber 
Perrot  III  S.  702  No.  513.  S.  704  No.  515,  Cesnola  Cyprus  S.  55.  und  pl.  XLII  No.  3. 
pl.  XLIV  No.  34.  pl.  XLVI  No.  38.  pl.  XLVII  No.  40.  S.  404  No.  15.  Bei  der  weiten 
Verbreitung  dieses  Füllmotivs,  das  zuerst  in  Vorderasien  aufzutreten  scheint  und  der 
ägyptischen  wie  der  assyrischen  Kunst  fremd  ist',  hält  es  schwer  seinen  Ursprung 
für  die  cyprische  Keramik  zu  ermitteln.  Es  tritt  in  Cypern  zuerst  in  derjenigen 
Topfwaare  auf,  welche  ich  als  phönikisch  bezeichnen  zu  können  glaube.  In  einer 
vorphönikischen  Keramik,  welche  bis  jetzt  hauptsächlich  durch  die  Funde  von 
Alambra  (Cesnola  Cyprus  pl.  VII.  VIII.  IX.  Perrot  III  No.  485— 494,  498  —  503) 
bekannt,  aber  viel  weiter  verbreitet  ist,  fehlt  dies  Ornament  gänzlich'.  Da 
jedoch  schon  in  sehr  früher  Epoche  Gefäfse  mykenischer  Technik  in  Cypern 
importirt  wurden,  so  könnten  diese  das  Ornament  vermittelt  haben,  obwohl  es  in 
diesem  Stile  nicht  gerade  häufig  ist.  Man  könnte  auch  an  Vermittelung  durch 
Dipylonvasen  denken,  von  welchen  allerdings  erst  ein  Exemplar  aus  Cypern 
bekannt  ist  (Cesnola  Cyprus  pl.  XXIX  =  Perrot  III  S.  703  No.  514). 

Auch  das  zweite  sehr  einfache  Ornamentmotiv  über  den  beiden  Blumen, 
welches  einer  Reihe  paralleler  A  beziehungsweise  Z  oder  M  gleicht,  hat  die 
cyprische  Vasenclasse  sowohl  mit  den  mykenischen  wie  den  Dipylon-Vasen  gemein. 
Es  findet  sich  aufser  auf  unserer  Vase  noch  Perrot  III  PI.  III  (S.  684).  S.  701  No.  511, 
Cesnola  Cyprus  S.  55  und  pl.XLVI  Fig.  38,  und  sonst.  Dagegen  findet  die  unter  dem 
rechten  Arm  des  Mannes  befindliche,  aus  Kreisen  und  parallelen  Punktreihen  be- 
stehende Rosette  ausschliefslich  in  der  mykenischen  Keramik  ihre  Analogien. 
Zu  vergleichen  ist  Schliemann  Tiryns  S.  152  No.  52,  53  und  namentlich  S.  404 
No.  144.  Dieselbe  Rosette  findet  sich  auf  den  verwandten  Vasen  Cyprus  S.  333 
und  pl.  XLV  No.  35,  eine  etwas  andere  Form  der  Rosette  in  Fröhners  catalogue 
Barre  pl.  I  (=  Perrot  III  S.  700  No.  509).  Mit  den  gewöhnlich  concentrischen 
Kreisen  der  cyprischen  Kunst,  welche  auch  bei  unsrer  Gefäfsklasse  beiläufig  meist 
ganz  oben  am  Rande  auftreten,  haben  diese  Rosetten  nichts  zu  thun. 

Es  verdient  erwähnt  zu  werden,  dafs  ein  anderes  Motiv,  welches  sich  auf 
einer  der  unseren  nah  verwandten  Vase  findet  [Cyprus  PI.  XLIV  No.  34  =  Perrot 
III  S.  702  No.  513),  sicher  auf  mykenischen  Einflufs  zurückzuführen  ist,  da  es  sich 
aufserdem  nur  noch  auf  den  melischen  Vasen  findet,  welche  hierin  wol  nicht  original 
sind.  Es  ist  dies  das  Ansetzen  paralleler  Halbkreise  an  beide  Seiten  eines  einem 
vertikalen  Bande  ähnlichen  Ornaments,  welches  sich  z.  B.  in  Schliemanns  Tiryns 
S.  144  No.  42  findet.  Verwandt  sind  Tiryns  No.  43  und  45.  Danach  ist  denn  auch 
für  die  andern  Füllmotive  der  mykenische  Ursprung  das  Wahrscheinlichste. 


J)  S.  Schliemann  Ilios  S.  389 — 392.  dings  benachbarten,    aber    vollständig    verschie- 

2)  Diese    Epoche    ist    streng    abgeschlossen ,     eine  denen  Nekropolen    von    Dali   und  Alambra  will- 

Thatsache,  welche  nur  deshalb  nicht  zur  Geltung  kUrlich  untereinandermengt. 

kommt,    weil  Cesnola   die  Fundstücke  der  aller- 


Ohnefalsch- Richter,  Cyprische  Vase  aus  Athienu. 


Die  Hauptdarstellung  ist  stilistisch  ebenso  interessant  wie  in  ihrer  Bedeutung 
unklar.  Vor  zwei  sehr  grofsen  Blumen  steht  ein  Mann,  welcher  mit  der  linken  Hand 
eine  Blume  erhebt,  als  ob  er  daran  riechen  wolle;  der  rechte  Arm  ist  hinter  dem 
Rücken  erhoben;  die  rechte  Hand  durch  einen  Strich,  welcher  ein  Seil  oder  eine 
Gerte  vorstellen  kann,  mit  einem  über  dem  Kopfe  schwebenden  V.ogel  verbunden. 
Die  Deutung  dieser  merkwürdigen  Darstellung  wird  man  wohl  in  den  dem  Vasen- 
maler zugänglichen  Vorbildern  zu  suchen  haben.  Salomon  Reinach,  welcher 
Revue  archeologique  1885,  II  S.  360  in  seinem  Aufsatze  fouilles  et  decouvertes  a  Oiypre 
depuis  r occupation  anglaise  eine  Skizze  unserer  Vase  gibt,  verweist  auf  die  in  der 
assyrisch -babylonischen  Kunst  so  häufigen  Scenen,  welche  die  Anbetung  des  so- 
genannten heiligen  Baumes  darstellen.  Der  Gestus  der  Adoration  sei  von  dem 
cyprischen  Vasenmaler  mifsverstanden  und  durch  das  Motiv  des  Riechens  ersetzt 
worden,  ähnlich  wie  auf  der  Vase  von  Ormidia  bei  Perrot  III  S.  711  No.  523. 
Solche  Darstellungen  hat  der  Vasenmaler  ohne  Frage  gekannt.  Sie  würden 
jedoch  weder  den  Vogel  erklären  noch  die  Blumen,  welche  wie  Reinach  selbst 
sieht  vielmehr  auf  ägyptische  Vorbilder  weisen.  Nachbildungen  des  sogenannten 
heiligen  Baumes  sind  in  der  cyprischen  Kunst  zahlreich  erhalten,  doch  weichen 
sie  von  der  vorliegenden  Darstellung  bedeutend  ab.  Dümmler  macht  mich  darauf 
aufmerksam,  dafs  ein  Mifsverständnis  der  in  Aegypten  in  Gräbern  des  alten 
Reiches  so  häufig  dargestellten  Vogeljagd  vorliegen  könne  (vgl.  Lepsius  Denk- 
mäler II  12,  60,  106,  130.  III  113),  welche  wahrscheinlich  phönikischen  Teppichen 
nachgebildet  sich  auch  in  der  Cornetaner  tomba  del  cacciatore  finde.  Die  erbeu- 
teten Vögel  in  der  linken  Hand  würden  sich  dann  in  eine  Blume  verwandelt 
haben,  die  Papyrusstauden  nach  dem  geläufigeren  Lotos  stilisirt  sein,  der  Strich 
an  der  rechten  Hand  das  Wurfholz  vertreten.  Auch  die  nicht  ganz  klare 
Tracht  hat  mehr  ägyptische  wie  assyrische  Elemente.  Es  scheint,  als  habe  der 
Mann  Schnabelschuhe  an,  welche  in  cyprischen  Denkmälern  sonst  nur  für  Frauen 
vorkommen;  die  scheinbare  Ausnahme  erklärt  sich  auf  das  einfachste  aus  den 
überaus  spitzen  Füfsen  der  ägyptischen  Vorbilder.  Ebenso  dürfte  die  Frisur 
eine  Nachbildung  der  ägyptischen  Perrücke  sein  und  auch  das  Halsband  findet  sich 
bei  den  ägyptischen  Vorbildern.  Die  Blumen  haben  ihre  nächste  Analogie  auf 
einer  verwandten  Vase  in  New-York  (Perrot  III  S.  709  No.  521),  wie  auch  Reinach 
bemerkt  hat. 

Sind  sonach  die  nächsten  gegenständlichen  Vorbilder  unsrer  Vase  mit  über- 
wiegender Wahrscheinlichkeit  in  Aegypten  zu  suchen,  so  ist  andrerseits  der  Stil  von 
ägyptischer  Eleganz  himmelweit  entfernt.  Die  Proportionen  des  Mannes  sind 
gedrungen,  das  Gesicht  von  charakteristischer  Häfslichkeit.  Man  kann  daher  die 
Vase  unmöglich  für  jünger  halten  als  diejenigen  phönikischen  Erzeugnisse,  in  welchen 
die  Nachahmung  des  ägyptischen  Stiles  mit  vollkommener  Freiheit  gelungen 
erscheint;  hauptsächlich  sind  dies  die  Silberschalen  von  Cypern,  Praeneste  und 
Caere.  Eine  gewisse  Verwandtschaft  in  der  Formgebung  zeigt  die  Kupferschale  von 
Dali  (Ceccaldi  monuments  antiques  de  Chypre  pl.  VII,  danach  Perrot  III  S.  673  No.  428. 


82  Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  Britrish  Museum. 

Cesnola  Cyprus  S.  Jj),  welche  gleichfalls  für  älter  zu  halten  ist  als  die  Silberschalen. 
Der  Hauptwerth  unserer  Vase  besteht  darin,  dafs  sie  neben  dieser  Schale  eines 
der  wenigen  Beispiele  für  eine  früh-phönikische  Kunstübung  bietet,  welche  wenigstens 
stilistisch  noch  verhältnismäfsig  selbständig  ist.  Je  geringer  die  technische  Fertigkeit 
ist,  desto  mehr,  verräth  sich  der  Charakter  des  Volkes  in  den  Kunsterzeugnissen. 
Eine  Richtung  auf  das  Derbe,  Charakteristische  tritt  bei  den  wenigen  Erzeugnissen 
früh-phönikischer  Kunst  auf  Cypern  in  ähnlicher  Weise  hervor  wie  bei  den  etruski- 
schen  Kunstwerken,  soweit  sie  im  Stil  selbständig  sind. 
Levkosia,  Februar  1886. 

Max  Ohnefalsch-Richter. 


MITTEILUNGEN  AUS  DEM  BRITISH  MUSEUM. 

in. 

ARCHAISCHE  RELIEFS  AUS  XANTHOS. 

Unter  den  durch  Fellows  in's  Brittische  Museum  gelangten  altertümlichen 
Skulpturen  aus  Lykien  sind  nächst  dem  Harpyienmonument  vielleicht  die  bedeutend- 
sten sieben  Kalksteinplatten,  welche  auf  der  Akropolis  von  Xanthos  zugleich  mit 
anderen  Reliefs  in  eine  Mauer  späterer  Zeit  verbaut  gefunden  wurden;  vgl.  Fellows, 
A  Journal  written  during  an  excursion  in  Asia  Minor  S.  233.  Eine  vollständige  und 
genügende  Abbildung  giebt  nur  Prachov,  Antiquissima  momimenta  Xa?ithiaca  Taf.  I, 
2.  3.  6b,  h;  eine  Skizze  findet  sich  bei  Cesnola,  Cyprus  Taf.  16  (in  der  deutschen 
Bearbeitung  Taf.  46)  und  danach  bei  Murray,  A  history  0/ greek  sculpture  I  Taf.  6 
S.  122,  der  auch  (Taf.  4.  5)  zwei  Proben  gröfser  und  besser  abbildet.  Vgl.  sonst 
noch  aufser  der  zu  N.  131  — 135  der  Berliner  Gipsabgüsse  angeführten  Litteratur 
Benndorf,  Reisen  in  Lykien  und  Karien  S.  86. 

So  viel  ich  weifs,  hat  man  allgemein  diese  Reliefs  als  zusammengehörig 
und  von  einem  Bauwerke  stammend  angesehen.  Von  dieser  Annahme,  welche 
durch  die  Fundumstände  nicht  genügend  gesichert  wird,  ist  nur  Prachov  abgewichen, 
wie  sich  schon  aus  der  Anordnung  seiner  Abbildungen  schliefsen  läfst,  und  eine 
kurze  Bemerkung  zu  Taf.  1,  2  {»in  Museo  Britannico  hoc  fragmentum  falso  conjunetum 
est  cum  alio  zophoro,  gut  delineatus  est  Fol.  III,  a,  b,  c,  d«)  beweist.  Eine  Darlegung  der 
Gründe,  welche  in  der  That  zwingen,  hier  die  Reste  dreier  verschiedener  Werke 
anzunehmen,  wird  trotzdem  wol  nicht  ganz  überflüssig  sein,  da  die  genauere  Erör- 
terung, die  Prachov  in  seinem  russisch  abgefafsten  Text  gegeben  haben  wird, 
wie  mir  so  den  Meisten  unbekannt  bleiben  mufs.  Die  beistehenden  Skizzen,  die 
nach  Prachov's  Abbildungen,  unter  Benutzung  meiner  Notizen,  absichtlich  schematisch 
gezeichnet  sind,  werden  die  technischen   Eigentümlichkeiten  veranschaulichen. 


Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum. 


83 


den    Rändern     hin     in     sanfter 
ist    auf    seiner    rechten    Seite 


Betrachten  wir  zunächst  die 
bei  Prachov  Taf.  1,  2  abgebildete 
Platte,  die  vom  linken  Ende  eines 
Frieses  stammt,  so  finden  wir  neben 
dem  eigentlichen  Relieffeld  eine 
einfach  glatt  gearbeitete  Fläche 
A  B  G  F  von  etwa  0,38  m  Breite, 
welche  links  noch  durch  eine  0,07 
breite  und  0,02  tiefe  Furche  durch- 
setzt wird.  Die  untere  linke  Ecke 
ABC\s\.o,\$7  hoch  und  0,375  Dreit 
ausgeschnitten,  und  ebenso  ist  oben 
links  ein  an  der  Vorderkante  0,355, 
an  der  Hinterkante  0,38  langes,  0,05 
hohes  Stück  F  G  H  ausgespart, 
an  welches  sich  eine  kleine,  nicht 
über  die  ganze  Dicke  der  Platte 
ausgedehnte  Eintiefung  HJ K  anschliefst.  Das  Figurenfeld  ist  unten  durch  eine 
ganz  kleine,  0,02  m  hohe  Leiste,  oben  durch  einen  0,18  breiten  Streifen  ab- 
geschlossen und,  wie  die  Profillinie  zeigt,  zu 
Krümmung  übergeleitet.  Der  Ausschnitt  ABC 
mit  einer  schmalen  Leiste  eingefafst,  oben  aber 
nicht  besonders  begrenzt.  Die  Dicke  der  ganzen 
Platte  beträgt  0,172  m,  die  Höhe  0,848.  Von  oben 
gesehen  zeigt  dieselbe  aufser  der  grofsen,  schon 
erwähnten,  über  die  ganze  Dicke  erstreckten  Ver- 
tiefung FG(H)  L  M  noch  eine  kürzere  und  zwei  längere  Eintiefungen  an  der  Hinter- 
kante. In  die  zur  Rechten  führt  von  der  Vorderseite  eine  kleine,  ganz  an  der  Ober- 
fläche laufende  Rinne  NO.  Eine  klare  Vorstellung  über  den  ehemaligen  architek- 
tonischen Zusammenhang  kann  man 
aus  diesen  mannigfaltigen  und  dabei 
doch  auf  dies  eine  Stück  beschränkten 
Thatsachen  kaum  gewinnen. 

Wir  wenden  uns  zu  der  zwei- 
ten, von  Prachov  Taf.  6B,  h  abgebil- 
deten Platte,  die  ebenfalls  das  linke 
Ende  eines  Frieses  bildete.  Hier  haben 
wir  sofort  neben  dem  Figurenfeld  eine 
vertiefte  Rinne  von  0,115  Breite  und 
0,04  Tiefe,  die  nnten  noch  von  einer 
quer  laufenden,  0,525  langen,  0,07  tie- 
fen Vertiefung  A  B  E  F  gekreuzt  wird, 


TJC 


l         KJ 


G  J 


84 


Wolters,   Mitteilungen  aus  dem  British  Museum. 


während  eine  nur  0,03  lange,  0,02  tiefe  BCD  E  rechts  anschliefst.  Das  Figurenfeld 
zeigt  keine  besondere  Begrenzung;  oben  ist  zwar  ein  etwa  0,13  breiter  Streifen  frei 
gelassen,  aber  der  Reliefgrund  ist  nicht  vertieft,  sondern  die  Figur  selbst  und  ihre 
Umrisse  liegen  tiefer  als  dieser.  Von  oben  gesehen  zeigt  die  Platte  nur  links  eine 
Eintiefung  von  der  Hinterkante  her.  Die  Höhe  der  Platte  ist  0,84,  die  Dicke  0,30. 
Gehen  wir  nun  zu  der  dritten,  dies  Mal  einer  rechten  Eckplatte  (Prachov 
Taf.  3,  d)  über,  so  finden  wir  wieder  eine  durchaus  abweichende  Bearbeitung.  Rechts 
ist  die  Platte  durch  einen  0,205  breiten  glatten  Streifen  begrenzt,  der  nur  in  seinem 
mittleren  Teile  nach  rechts   hin   eine   glatte   Schnittfläche  zeigt,   während  unten  wie 

auch  oben  ein  kleines  Stück  rauh 
weggemeifselt  ist.  Die  rechte  un- 
tere Ecke  C  D  E  in  einer  Höhe 
von  0,137  und  einer  Breite  von 
0,35  ist  ähnlich  wie  bei  der  erst- 
besprochenen Platte  weggeschnit- 
ten. Dieser  Ausschnitt  ist  oben  von 
einer  schmalen  Leiste  eingefafst; 
dafs  sich  diese  auch  an  der  Seite 
fand ,  ist  bei  der  Zerstörung  dieser 
Stelle  nicht  absolut  sicher.  Auch 
die  obere  rechte  Ecke  zeigt  einen 
A  »  c  niedrigen,   0,38   langen  Ausschnitt 

F  G  H.  Links  unten ,  0,90  von  der  ergänzt  gedachten  rechten  Ecke  der  Platte 
entfernt,  findet  sich  wieder  ein  von  einer  Leiste  rundum  eingefafster  Ausschnitt 
A  B,  0,10  hoch  und  0,175  breit.  Das  Figurenfeld  ist  oben  durch  einen  0,08, 
unten  durch  einen  0,04  breiten,  0,04  über  dem  Reliefgrund  erhobenen  und  in 
scharfem  Winkel  auf  denselben  stofsenden  Rand  eingefafst.  Von  oben  zeigt  die 
Platte  nur  etwa  in  der  Mitte  die  Spur  einer  Klammer,  durch  welche  sie  mit  hinter 
ihr  liegendem  Gemäuer  verbunden  sein  konnte.  Die  Höhe  dieser  Platte  beträgt 
0,85  m,  die  Dicke  0,185. 

Die  übrigen  vier  Platten  (Prachov  Taf.  3,  a — c)  gehören  offenbar  zu  dem- 
selben Bauwerk  wie  diese  letztbesprochene:  sie  stimmen  mit  ihr  in  Höhe,  Dicke, 
Plattenrand,  Einfassung  der  Ausschnitte  wie  Klammerspuren  völlig  überein.  Dafs 
die  beiden  zuerst  genannten  Platten  dagegen  nicht  zu  diesem  selben  Werke  gehört 
haben,  ergiebt  sich  aus  den  angeführten  Thatsachen  von  selbst. 

Die  Reihenfolge  der  an  letzter  Stelle  besprochenen  Friesplatten  ist  nicht 
ganz  sicher.  Der  Zusammenhang  der  beiden  von  Prachov  mit  b  bezeichneten 
Platten  steht  ganz  fest,  dagegen  könnte  man  an  dem  Anschlufs  von  b  an  c  und  von 
c  ■a.w  d  zweifeln.  Bei  Besprechung  des  Berliner  Abgusses  habe  ich  (S.  "j6)  die  Zu- 
sammengehörigkeit von  rund  d  in  Abrede  gestellt;  wenn  wir  aber  nun  finden,  dafs 
die  Entfernung  von  dem  linken  Rande  des  Ausschnittes  A  B  auf  d  bis  zum  rechten 
Rande    des    folgenden,    auf    b    rechts    befindlichen    genau    eben    so   viel,    nämlich 


Wolters,  Mitteilungen  aus  dem  British  Museum.  85 

1,265  m,  mifst  wie  von  dem  linken  Rande  dieses  zweiten  Ausschnittes  bis  zum 
rechten  Rande  des  dritten,  auf  b  links  befindlichen,  so  werden  wir  unter  der  Vor- 
aussetzung, dafs  bei  dem  ursprünglichen  Bau  diese  Ausschnitte  in  gleichen  Abständen 
wiederkehrten,  in  dieser  Übereinstimmung  eine  Gewähr  für  die  Richtigkeit  der 
jetzigen  Anordnung  erblicken  müssen,  obschon  diese  so  genaue  Übereinstimmung 
wol  Zufall  ist.  Denn  der  linke  Rand  der  Platte  d  wie  der  rechte  von  c  ist  zerstört, 
und  wenn  auch  die  auf  beiden  Platten  befindlichen  Reste  des  Rades  die  ehemalige 
Entfernung  einigermafsen  bestimmen,  so  ist  doch  eine  Genauigkeit  auf  Millimeter 
dabei  nicht  zu  verbürgen.  Dafs  a  und  b  an  einander  angeschlossen  hätten,  erscheint 
nicht  ganz  sicher;  wenigstens  gehen  bei  der  jetzigen  Aufstellung  die  Linien  des 
auf  beide  Platten  verteilten  Pferdeschenkels  nicht  so  in  einander  über  wie  man  es 
bei  ursprünglichem  Zusammenhang  erwarten  möchte. 

IV. 
ZUM   ATTALISCHEN   WEIHGESCHENK. 


Die  oben  abgebildete  Broncestatuette  ist  mit  der  Sammlung  Blacas  in's 
Brittische  Museum  gelangt;  über  die  Herkunft  ist  nichts  bekannt.  Ihre  Länge  beträgt 
0,085  m>  ihre  Höhe  0,05.  Die  Arbeit  ist  sehr  flüchtig  aber  sicher,  die  Erhaltung 
gut.  Dafs  wir  in  der  Figur  einen  sterbenden  Gallier  zu  erkennen  haben,  ist  nicht 
zweifelhaft;  ich  glaube  sogar,  dafs  wir  sie  für  die,  allerdings  freie  Kopie  einer  der 
Attalischen  Statuen  zu  halten  haben,  derjenigen  die  in  den  MonnmentiYK  Taf.  20, 4 
abgebildet  ist.  Dafs  der  behelmte  Kopf,  welcher  der  Figur  jetzt  aufgesetzt  ist, 
nicht  ursprünglich  zugehört,  ist  durch  die  Untersuchung  Klügmann's  (Arch.  Ztg. 
1876  S.  35)  festgestellt;  aufserdem  sind  ergänzt  nur  der  linke  Arm,  einige  Finger 
der  rechten  Hand,  der  rechte  Fufs  und  die  Zehen  des  linken  Fufses  {Annali  1870 
S.  304).  Das  Motiv  der  Neapeler  Statue  ist  also  im  Wesentlichen  gesichert  und 
die  Abweichungen  der  Bronce  müssen  als  bewufste  Änderungen  ihres  Verfertigers 
gelten.  Er  hat  den  Verwundeten  nicht  im  kraftlosen  Hinsinken  dargestellt,  sondern 
ihm  noch  ein  gewisses  Mafs  von  Lebenskraft  verliehen,  indem  er  zunächst  der  ganzen 
Gestalt  eine  etwas  aufrechtere  Haltung  gab.  Damit  ist  die  dargestellte  Handlung 
in  Übereinstimmung:  denn  offenbar  ist  der  Gallier  bemüht,  mit  der  geballten  Rechten 


86 


Wolters,    Mitteilungen  aus  dem  British  Museum. 


den  Pfeil  aus  seiner  Wunde  zu  ziehen.  Bei  der  Neapeler  Figur  hängt  der  rechte 
Arm  schlaff  herab  und  malt  besonders  ausdrucksvoll  die  völlige  Ermattung  des 
Sterbenden.  Dafs  die  Haltung  des  linken  Beines  verändert  ist,  erscheint  minder 
bedeutungsvoll.  Der  Kopf  wird  beim  Original  weniger  nach  der  Seite  geneigt 
gewesen  sein;  doch  darin  scheint  sich  nur  ein  gewisses  Ungeschick  des  Kopisten 
zu  verraten.  Dafs  trotz  dieser  Abweichungen  die  Bronce  auf  die  Attalische  Statue 
zurückgeht,  ist  wol  nicht  zu  bezweifeln.  Es  scheint  kein  Zufall,  dafs  bei  dieser  eben 
an  der  Stelle  sich  der  tötliche  Pfeilschufs  angedeutet  findet,  an  welcher  wir  uns  bei 
jener  die  Verwundung  denken  müssen.  So  lehrt  uns  die  Statuette  mit  Gewifsheit, 
dafs  wir  in  der  Neapeler  Figur  einen  sterbenden  Gallier  besitzen  und  dafs  wir  uns 
den  Kopf  derselben  unbehelmt,  jugendlich  und  langhaarig  zu  denken  haben. 

Die  Frage  ist  berechtigt,  ob  wir  nicht  im  Stande  sind,  unter  den  erhaltenen 
Statuetten  Kopien  anderer,  verlorener,  Figuren  des  Attalischen  Weihgeschenkes  auf- 
aufzufinden. Schon  Murray  (Arch.  Ztg.  1873  S.  60)  hat  in  diesem  Sinne  auf  zwei 
Broncefigürchen  des  Brittischen   Museums   hingewiesen.     Das   erste   zeigt   uns  einen 


Gallier,  der  tot  oder  sterbend  am  Boden  liegt;  er  ist  mit  einer  Hose  bekleidet,  am 
Arm   trägt   er  den   Schild.     Die  Arbeit  ist  sehr  roh.     Das   zweite  Figürchen,   eine 


Amazone,  ist  besser  gearbeitet.  In  ausdrucksvoller  Haltung  dargestellt,  bringt  sie 
uns  etwas  von  dem  Pathos  zur  Anschauung,  das  wir  in  den  Pergamenischen  Werken 
finden,  und  man  wird  die  Möglichkeit,  dafs  sie  nach  einem  solchen  gearbeitet  sei, 
zugestehen,  obwol  die  einzige  erhaltene  Amazone  eine  durchaus  abweichende  Tracht 
zeigt.  Bei  der  Figur  des  Galliers  ist  mir  ein  Zusammenhang  mit  der  grofsen  Kunst 
wenig  wahrscheinlich.  —  Auch  das  Handwerk  hat  den  dankbaren  Stoff  der  Gallier- 


Studniczka,  Hydragiebel.        .  87 


kämpfe  früh  aufgegriffen.  Ein  interessantes  Beispiel  ist  die  im  Bulletin  de  corre- 
spondance  hellenique  IX  Taf.  II  S.  485  veröffentlichte  Terrakottagruppe  aus  Myrina: 
ein  Kriegselefant,  der  einen  Gallier  niedergeworfen  hat.  Angeregt  ist  dieses  Werk 
offenbar  durch  die  Galaterkämpfe  der  Diadochen,  und  wird  denselben  wol  auch 
zeitlich  nicht  fern  stehen.  Von  einem  Vorbild  der  grofsen  Kunst  kann  es  natürlich 
nicht  abhängen;  eher  könnte  man  zu  dieser  Annahme  für  die  zweite  im  Bulletin 
S.  490  abgebildete  Figur  geneigt  sein. 

Paul  Wolters. 


ZUM  HYDRAGIEBEL. 

In  den  beiden  Besprechungen  des  hochaltertümlichen  Giebelreliefs1,  welches 
Herakles  im  Kampfe  mit  der  Hydra  darstellt,  scheint  mir  ein  wichtiger  Punkt  nicht 
richtig  beurteilt,  ich  meine  sein  Verhältnifs  zu  dem  bekannten  Vasenbilde,  welches 
im  Wesentlichen  die  gleiche  Composition  zeigt'. 

Purgold 3  hält  den  Giebel  für  eine  selbständig  für  diesen  tektonischen  Zweck 
erfundene  Composition,  das  Vasenbild  aber  für  eine  mittelbar  oder  unmittelbar 
davon  abhängige  Weiterbildung,  vermehrt  um  die  an  unpassender  Stelle  einge- 
schobene Athena.  Mir  scheint  das  Gegenteil  unzweifelhaft:  das  Gefäfs  wiederholt 
getreu  den  alten  Typus,  welchen  der  Meister  des  Giebels  zu  seinen  Zwecken  modi- 
ficierte  und  kürzte.  In  allem  Wesentlichen  übereinstimmend  und  abweichend  von 
den  korinthischen  Vasen,  auf  denen  Iolaos,  der  Sage  gemäfs,  tätig  mithilft4,  war 
der  Vorgang  am  linken  Ende  .  des  untersten  Streifens  auf  der  Kypscloslade  dar- 
gestellt5, welche  doch  ohne  Zweifel  vor  unserem  Giebel  entstand:  Herakles  be- 
kämpfte im  Beisein  Athenas  die  Hydra  und  —  was  Purgold  zu  übersehen  scheint 
—  Iolaos  hielt  mit  dem  abgekehrten  Gespann  daneben,  was  den  bekannten  Irrtum 
der  alten  Erklärer  veranlafste,  den  Wagen  noch  zu  den  anstofsenden  Eeichenspielen 
des  Pelias  zu  ziehen.     In  der  axsu^,   an  welcher  Herakles   ohne  Beischrift  kenntlich 

')  Etprjfi.  äpy.  1884  T.  7,  Mitth.  d.  arch.  Inst.  Athen  Amphora   in  Berlin,   Furtwängler  Nr.  1854,    Mon. 

1885  zu  S.  237.  a.  a.  O.  I.  —  Der  Typus  des  Napfes  aus  Argos 

'-)  Gerhard,   Auserl.  Vasenb.  II    T.  95 — 96;   'F.tpirjfi.  dürfte  mit  Purgold  S.  235  auch  für  den  amykläi- 

a.  a.  O.  sehen  Thron    vorauszusetzen    sein,    worauf  auch 

3)  'KtfTjfji.  1885  S.  236f.  die  beiden  Denkmälern   gemeinsame  Verbindung 

4)  Monum.  dell'  Inst.  III  T.  46,  2  aus  Aigina;  dieses  mit  dem  Kerberosabenteuer  hinweist.  Die 
Archäol.  Zeitg.  1859  T.  125  (Monum.  a.  a.  O.  5)  Kürze  der  nach  Pausanias'  ausdrücklicher  Angabe 
Napf  aus  Argos.  Die  Hauptgruppe  wiederholt  summarischen  Beschreibung  3, 18,3  gestattet  nicht, 
im  Wesentlichen  die  spätschwarzfigurige  attische  auf  gleiche  Kürze   der  Darstellung  zu  schliefsen. 

5)  Pausan.  15,  17,  11. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts   I.  7 


88  Studniczka,  Hydragiebel. 


war,  darf  man  das  Lövvenfell  erkennen,  das  er  auch  auf  dem  Vasenbilde  trägt0. 
Verschieden  von  dem  Bilde  der  Lade  ist  es  nur  in  der  Richtung,  von  links  nach 
rechts7,  und  in  der  Waffe  des  Heros;  dort  war  es  die  älteste,  der  Bogen,  hier  ist 
es  das  Schwert,  wie  zum  Teil  auf  den  Vertretern  des  anderen  Typus 8.  Das  attische 
Relief  unterscheidet  sich  bei  wesentlicher  Gleichheit  des  Kampfschemas  durch  die 
Tracht  der  Hauptperson,  welche  noch  die  allgemein  heroische  Kriegsrüstung  trägt 
und  die  Keule  schwingt,  was  in  diesem  Abenteuer  erst  in  jüngeren  Darstellungen 
wiederkehrt9.  Wesentlichere  Änderungen  aber  sind  die  Weglassung  Athenas,  die 
der  Künstler  nicht  unterzubringen  wufste,  ohne  Herakles  von  der  Mitte  wegzurücken 
und  gegen  die  Tradition  die  Hauptsache,  das  Schlangenungeheuer,  einzuschränken; 
ferner  die  Änderung  in  der  Haltung  des  Ioalos,  welcher  auf  der  Kypsele  und  dem 
Vasenbilde  ganz  auf  dem  Wagen  steht,  hier  dagegen  im  Schema  des  ausziehenden 
Amphiaraos  ihn  besteigt,  sachlich  sinnlos,  aber  in  der  lobenswerten  Absicht,  ihn 
wegen  der  Neigung  des  Giebels  bei  möglichst  grofsen  Verhältnissen  möglichst  tief 
herabzurücken.  Der  Krebs,  welcher  die  linke  Giebelecke  füllt,  scheint,  da  er  auf 
dem  Vasenbilde  und,  nach  diesem  und  dem  Schweigen  der  Beschreibung  zu  urteilen, 
auch  auf  der  Lade  fehlte,  aus  dem  anderen  Typus  entlehnt,  wo  sich  auch  schon 
die  Senkung  der  Pferdeköpfe,  sehr  natürlich  durch  das  Grasen  motiviert,  vorfand10, 
welche  unser  Künstler  so  glücklich  der  Giebelform  angepafst  und  mit  dem  Krebse 
in  Verbindung  gebracht  hat. 

Unser  Vasenbild  hat  Klein  der  chalkidischen  Gruppe  zugerechnet  und, 
so  viel  mir  bekannt,  keinen  Widerspruch  erfahren.  Meier  knüpft  sogar  die 
Vermutung  daran,  es  sei  auch  der  Giebel  ein  Werk  chalkidischcr  Kunst".  Mit 
Unrecht  auch  dann,  wenn  Kleins  Behauptung  stichhaltig  wäre,  denn  mit  eben- 
soviel Grund  könnte  man  im  Hinblick  auf  die  Kypsele  an  korinthischen  Einflufs 
denken,  welchem  ja  z.  B.  Löschcke  im  attischen  Archaismus  weiten  Spielraum  bei- 

c)  Wenn   wie   es   scheint    auch  sonst   auf  korinthi-  der    Beschreibung    mit     der    Hauptsache,     dem 

sehen  Denkmälern  die  Löwenhaut  früher  üblich  Ungeheuer,  liefsen    sich    Analogien  beibringen, 

wird  als  anderwärts,  so  erklärt  sich  das,  glaube  8)  Das    Schwert    auf  der   Anm.  4    erwähnten   Vase 

ich,  aus  der  Nähe  von  Nemea.      Dafs  im  Nord-  aus    Aigina    und   Monum.    a.  a.  O.  6.       Häufiger 

osten  des  Peloponnes  mit  der  Sage  vom  Löwen-  erscheint    die  ziemlich  gleichbedeutende    Ilarpe: 

kämpfe    auch    die    Felltracht    des    Herakles    zu  auf  dem   ebenda   angeführten  Napfe   aus  Argos, 

Hause  war,  kann  die  bekannte  Nachricht  bestäti-  auf   beiden   Seiten    der   Schale    des    Nikosthenes 

gen,    Peisandros   von   Kamiros    habe    sie    zuerst  und   Anakies    in   Berlin,   Furtwängler   Nr.   1801, 

in    die  Poesie  eingeführt.     Der  Bürger   einer  ar-  der  erwähnten  attischen  Amphora;  nach  Euripides 

givischen   Kolonie    verwertete    damit   nur    einen  Ion   194  auch  auf  der  delphischen  Metope. 

Zug     der     heimatlichen    Sage.       Dieser    könnte  9)  Am     frühesten     in     dem    jung-schwarzfigurigen 

darum    doch    ursprünglich   orientalisch   gewesen  Vasenbild  Heydemann  T.  4,  Collignon  Nr.  211, 

sein.  dem  rotfigurigen  Gerhard  Auserl.  Vasenb.  II  148, 

r)  Wenn     Löschcke    Archäol.    Zeitg.    1876    S.   113  auf    der    Saburoff'schen    Reliefvase     aus    Tenea 

Anm.   17     aus     Pausanias'     Ausdrucksweise     das  (Berlin  Nr.  2882)  und  auf  jüngeren  Reliefs;  auch 

Gegenteil   entnimmt,    so   übersieht  er,  dafs  dann  auf    der    Münze     von     Phaistos,     Frtedlaender- 

das  Gespann  sehr  unpassend  von  seinem  Herrn  Sallet,  Berl.  Münzkabinet  T.  3.  Nr.  161. 

durch    das    Ungeheuer    getrennt    wäre,    statt   in  10)  Auf  dem  Napf  aus  Argos,  s.  Anm.  4. 

seinem   Rücken   zu   warten.      Für    das   Anheben  ")  Mittheilungen   1885  S.  326. 


Studniczka,  Hydragiebel.  8g 


mifst.  Methodisch  richtiger  ist  es  bis  auf  Weiteres  jedesfalls,  das  immerhin  ziemlich 
selbständige  Werk  mit  Purgold  der  einheimischen,  der  Verbreitung  nesiotischer 
Marmorbildnerei  unter  Peisistratos  vorausliegenden  Kunst  zuzuweisen,  von  deren 
Kraft  die  Frangoisvase  so  achtbares  Zeugnis  ablegt. 

Aber  ist  der  chalkidische  Ursprung  jenes  Denkmals  denn  wirklich  gesichert? 
Da  Inschriften  fehlen,  ist  es  nur  Form  und  Decoration  des  Gefäfses  sowie  Geist 
und  Stil  der  Bildwerke,  worauf  Klein  seine  Bestimmung  gründet  (Euphronios  S.  32). 
Aber  so  weit  mir  das  Material,  über  welches  ich  verfüge12,  ein  Urteil  ermöglicht, 
sind  die  von  ihm  geltend  gemachten  Analogien  nichts  weniger  als  zwingend  und 
scheinen  mir  sogar  mehr  als  den  blofsen  Zweifel  an  dem  chalkidischen  Ursprung 
des  Gefäfses,  oder  genauer  gesagt  an  seiner  Zugehörigkeit  zu  der  uns  sicher  be- 
kannten Gruppe  chalkidischer  Vasen  zu  gestatten. 

Die  Amphoren  Klein  1,  2,  4,  7  stimmen  in  Form,  decorativer  Gliederung 
und  Ornamentation  völlig  überein.  Der  von  echinusartiger  Mündung  bekrönte  Hals 
setzt  in  scharfem,  durch  das  kymationähnliche  Stäbchenornament  markiertem  Winkel 
gegen  den  Bauch  ab;  er  ist  völlig  bedeckt  von  dem  bekannten  schönen  »alternieren- 
den Palmetten-Lotosbande«.  Den  vom  Fufse  ausgehenden  Strahlenkorb  schliefst 
nach  oben,  etwas  unterhalb  der  Mitte,  eine  doppelte  breite  Borte  ab,  die  obere 
eine  Reihe  von  Lotosknospen  und  -Blüten,  die  untere  durch  parallele  schräge 
Treppenlinien  einem  geflochtenen  Gurte  ähnlich.  Die  von  Ornamenten  frei  gelassene 
Fläche  gliedert  eine  Linie  in  der  Höhe  des  unteren  Henkelansatzes  in  einen  schmalen 
Schulter-  und  einen  breiten  Bauchstreifen,  wodurch  sich  auch  das  Bruchstück  10  als 
hierhergehörig  erweist.  Der  erstere  pflegt  Tiere  oder  sonstige  Nebendarstellungen, 
letzterer  das  ringsumlaufende  mythologische  Hauptbild  zu  enthalten13.    Eine  jüngere 

,2)  Ich  kenne  aus  Abbildungen  oder  Beschreibungen  er  wandte,  vielleicht  wagenbesteigend,   der  Scene 

folgende  Nummern  des  Verzeichnisses  bei  Klein,  den  Rücken.    S  steht  allein  in  dem  rechtsliiufigen 

nach  dem   ich  oben    citire :     1)   Mon.   dell'    Inst.  Eos,  sonst  immer  5.     In  Thetis  steht  Q  ,  d.   h. 

I  T.  51;    2)  Luynes   Vases  PI.  8,  Gerhard  Auserl.  der  senkrechte  Strich  nur  in  der  unteren  Hälfte. 

Vasenb.     II    T.    105  —  6;      3)    British    Museum  — Die  Amphora  München  Nr.  1 108,  welche  nach 

Nr.    584,    Gerhard    IV  T.    323;    4)    Gerhard   II  Brunn,  Probleme  S.  30,  5  und  Kirchhoff  Alpha- 

T.     190 — I,     sämmtlich    Amphoren;     5)    Krater  bet  S.  112,  6  auch  Meier  Mitt.   1885   S.  332   für 

(Löschcke;  Gerh.  und  Kl.  irrig  Amphora)  Gerhard  chalkidisch    erklärt,    Klein   wegläfst,    kenne   ich 

IV   T.  322;    6)  Psykter  (Skyphos)  Annali  1839  leider  nicht.     Mit  besonderer  Freundlichkeit  hat 

t.  P,  Archäol.  Zeitung  1866  T.  206;   7)  Amphora  mich   Löschcke,    der  das  Material   für   eine  dem 

Roulez  Choix  de  vases  T.  5  (mir  hier  unzugänglich,  Institute    zugesagte    umfassende    Publication   der 

auch  die  Beschreibungen  von  8,   nach  Löschcke  chalkidischen  Gefäfse  in  Händen    hat,  über    die 

nicht   Amph.   sondern  Krater);   9)  Hydria  (nicht  Hauptzüge   seiner   Einteilung  und   wichtige   Ein- 

Amph.) München,  JahnNr.  125,  GerhardIIIT.237;  zelheiten     belehrt.       Gleich     hier     erwähne     ich 

10)    Fragm.    Amph.    Florenz    Nr.    1784    (Körte  die     epigraphe     Hydria      des     British    Museum, 

Annali   1881    p.  170  Anm.)    Heydemann   Bull.  d.  die  Löschcke  Archäol.  Zeitung  1881   S.  36  A.  23 

Inst.    1870   p.  187,   über  die  mir  Milani  Näheres  kurz  beschrieben  hat. 

mitzuteilen    die    Güte    hatte.      Danach   sind    von      13)  Zug   um  Zug   kehrt   diese   Anordnung   und  Ver- 

Antilochos    nicht    nur   Schild    und   FUfse,    auch  zierung   wieder  auf  der   Vulcenter  Vase  Monum. 

Beine  mit  Schienen  erhalten.     Thetis  ruhig,  Eos  dell'  Inst.   I   T.  26,    11,  die  man  als  sicher  chal- 

leidenschaftlich     bewegt.      Hinter    ersterer    von  kidisch  in  Anspruch  nehmen  kann.    Das  Haupt- 

Automedon   nebst   r.  Schulter   ein    Stück    Brust;  bild    ist    nur    decorativ,     zwei    Hähne    um    ein 


QO  Studniczka,  Hydragiebel. 


Form  und  Anordnung  zeigt  3:  Hals  und  Schulter  ineinander  übergehend.  Die  Vase 
ist  gefirnifst  und  nur  auf  jeder  Seite  eine  Bildfläche  ausgespart,  von  der  ein  Strich 
einen  schmalen  oberen  Streifen  abtrennt,  der  auf  3  mit  Ornament  gefüllt  ist;  unten 
befinden  sich  Strahlen14. 

Die  Hydravase  unterscheidet  sich  wesentlich  von  diesen  beiden  Formen. 
Der  Hals  geht  ähnlich  wie  bei  der  zweiten  in  geschwungener  Linie  in  den  Bauch 
über,  der  jedoch  bedeutend  schwerer  ist.  Grundverschieden  aber  ist  die  Gliederung 
der  ringsumlaufenden  Verzierung,  durch  welche  sich  das  Gefäfs  im  Allgemeinen 
der  ersten  Classe  nähert.  Der  Strahlenkorb  des  Fufses  nimmt  weniger  Raum  ein 
und  trägt  nur  einen,  den  Lotosstreifen,  nicht  das  charakteristische,  an  dieser  Stelle, 
so  viel  ich  sehe,  ausschliefslich  chalkidische  Treppenlinienband  15.  Statt  des  schmalen 
Reifens  der  älteren  chalkidischen  Amphoren  sehen  wir  hier  in  der  Höhe  des  unteren 
Henkelansatzes  ein  doppeltes  breites  Band  mit  Ornamenten,  die  dort  nicht  vor- 
kommen: dem  Punktnetz  und  dem  gegenständigen  Palmettenstreif.  Das  hierdurch 
nach  oben  abgegrenzte  Hauptfeld  ist  in  drei  schmale  Streifen  gegliedert;  die  beiden 
unteren  sind  mit  Tierfriesen,  welche  bei  den  chalkidischen  Amphoren  nur  in  dem 
Schulterstreifen  ein  beschränktes  Dasein  fristen16,  der  wenig  breitere  oberste  mit  dem 
formell  ganz  ähnlichen  affenartigen  Satyrgetümmel  ausgefüllt.  Der  nicht  umlaufende, 
sondern  in  zwei  Bilder,  Herakles  im  Kampfe  mit  der  Hydra  und  mit  den  Amazonen, 
gesonderte  mythologische  Hauptstreif  aber  erscheint,  wie  auf  keiner  chalkidischen 
Vase,  auf  der  Schulter  und  ihrem  Übergang  zum  Halse,  wo  er  das  Palmetten-Lotos- 
ornament,  von  dem  Klein's  Bestimmung  ausgeht,  nur  einengt.  Dafs  aber  dieses 
allein  mit  nichten  chalkidische  Herkunft  erweist,  zeigen  so  sicher  attische  Gefäfse, 
wie  das  bekannte  mit  der  Athenageburt  in  Berlin"  und  ähnliche,  welche  in  Form  und 

prächtiges  Palmetten-Lotos-Geflecht;  hinten  zwei  er  die  unveröffentlichte  inschriftlose  Petersburger 

verschlungene   Schlangen.     Man    vergleiche    das  Vase    Nr.    54,    auf    der,    wie    bei  anderen,    der 

Schulterbild  von  I.    Durch  Löschcke  erfahre  ich,  obere  Streifen  mit   besonderer   Darstellung    aus- 

dafs    diese    Vase    sich    in    Würzburg    befindet.  gefüllt  ist. 

Nach    der  Beschreibung   kann   sie    aber  mit  Ur-      15)  An    der    Mündung    hat    sie   z.  B.    die   korinthi- 

lichs,    Verzeichnifs     der    Antikensammlung    der  sehe    Amphora    a    colonette    Berlin   Furtwängler 

Univ.  Würzburg,  3.  Heft  Nr.  146  kaum  identisch  Nr.  1655,  Monum.  dell'  Inst.  X  T.  4,  5,  die  Schale 

sein,  welche  mir  nebst  Nr.  147  Böhlau  als  ebenso  aus  Korinth,  Athen  Collignon  Nr.  193,  sowie  der 

sicher  chalkidisch  bezeichnete. —  Ganz  die  gleiche  Anm.  13  als  chalkidisch  erwähnte  Krater.     Häufi- 

Bemalung   zeigt    der    Krater   Monum.    dell'    Inst.  ger  sind  die  gereihten  senkrechten  Zickzacklinien 

IT.  27,  27,  für  welchen  Puchstein  Archäol.  Zei-  an    ähnlicher  Stelle,  wie  bei  unseren  Amphoren 

tung   1881  S.  220  mit  vollem  Recht  chalkidischen  schon     auf    der    grofsen    Dipylonvase     Monum. 

Ursprung    vermutet.      Von    unwesentlichen    Ab-  dell'    Inst.     IX     T.    40,      auf     der    kyrenischen 

weichungen   abgesehen  gehört  endlich  auch  das  Hydria   Archäol.    Zeitg.   1881    T.    10,  2;  auf  der 

amphorenartige  Kühlgefäfs  in  Kopenhagen  hier-  attischen     Schüssel    aus     Aigina,     ebenda    1882 

her,  welches  Schreiber  Kulturgesch.  Bilderatlas  T.  T.  10;  dann  z.B.   am  Halse  der  Timonidasvase. 
77,  7    nach   Ussings    mir  unzugänglichem  Buche      IC)  Das  Fehlen  eines  solchen  ist  auch  für  5  bezeugt; 

de    nominibus    vnsorum    Graecorum    p.    81    ab-  einen  unter  dem  Bilde  hat  die  Hydria  9. 
gebildet  ist.                                                                          lr)  Furtwängler  Nr.  1704,  Mon.  de 11  Inst.  IX  T.  55; 

")  So   Löschcke,    indem   er   für   die   Form   auf  die  auch     hier     das    mythologische    Bild    über  drei 

attische     Vase    Monum.    dell'    Inst.    I    T.   26,    I  Tierstreifen    auf  der   Schulter,   nur    wenig  tiefer 

verweist.    Als  Hauptvertreter  dieser  Klasse  nennt  und  gegen  den  Hals  durch  jenes  Stäbchenorna- 


Studniczka,  Hydragiebel. 


91 


Gliederung,  wohl  auch  in  bezeichnenden  Einzelheiten  des  Bildwerks,  mit  der  Hydra- 
vase wesentlich,  obwohl  nicht  ganz  genau  übereinstimmen.  Wir  haben  also,  glaube 
ich,  bisher  allen  Grund,  sie  zu  den  attischen  zu  zählen. 

Nicht  minder  bestimmt  streitet  eine  stilistische  und  antiquarische  Ver- 
gleichung  der  mythologischen  Bildwerke  unseres  Gefäfses  mit  den  chalkidischen 
gegen  Klein's  Annahme.  Die  naive  »epische«  Art  der  Schilderung  haben  sie  nicht 
blofs  mit  dieser  Classe  gemein.  Die  urkräftige  Energie,  welche  die  besten  chalki- 
dischen Bilder  charakterisiert,  fehlt,  wie  hier,  freilich  auch  auf  den  geringeren  und 
jüngeren.  Bedenklicher  ist  es  schon,  dafs  man  in  dem  bewegten  Bilde  der  Amazonen- 
schlacht den  typischen  Gefallenen  vermifst,  an  dessen  schwieriger  Wiedergabe  sich  auch 
die  Chalkidier  immer  wieder  versuchen  (Klein  1,  3,  10).  Noch  bedeutsamer  scheint 
mir  die  Verschiedenheit  der  Athena  hier  von  dem  schönen  ausgeprägten  Typus, 
in  dem  sie  ganz  ähnlich  streitenden  Helden,  den  Achaiern  und  dem  Herakles,  bei- 
stehend, auf  1  und  2  erscheint:  helmlos,  in  dem  knapp  anliegenden,  einförmig 
dunkclroten  Rock,  den  auch  Hippolyte  auf  4,  die  Nymphen  auf  7  und,  soweit  er- 
halten, die  Göttinnen  auf  10  tragen 18,  die  Aegis  wie  es  scheint  als  kleinen  Schild 
am  linken  Arm,  von  ihren  gewaltigen,  weitzüngelndcn  Schlangen  wie  von  zuckenden 
Blitzen  umgeben".    Hier  dagegen  steht  sie  eingeengt  zwischen  Herakles  und  Iolaos, 


ment  abgegrenzt.  Vergl.  z.  B.  noch  Furtwängler 
Nr.  1672.  1685;  Museo  Gregor.  II  T.  32,  2; 
Gerhard  Etrusk.  Camp.  Vasenb.  T.  10,  Brunn- 
Lau  T.  8,  1.  Loschcke  teilt  meine  Ansicht  und 
verweist  noch  auf  Inghirami  Vasi  fittili  IV  T.  301. 

18)  Kür  diese  und  die  verwandte  korinthische  Tracht 
verweise  ich  auf  Böhlau  Quaestiones  de  re  vestiaria 
p.  68,  ohne  jedoch  alles  dort  Gesagte  zu  billigen. 

in)  Am  nächsten  steht  ihr  wohl  die  mit  Perseus 
davoneilende  Athena  auf  der  rhodischen  Schale 
Journal  of  hellen,  sind.  1884  T.  42,  welche  der 
Herausgeber  nur  im  weiteren  Sinn  chalkidisch 
nennt.  Doch  trägt  die  Göttin  hier  noch  einen 
Schild  am  Arme,  so  dafs  die  Schlangen  unmittel- 
bar am  Gewände  haften,  wie  ich  glaube  ein 
Mifsverständnifs  der  chalkidischen  Schildägis.  — 
Grundverschieden  hiervon  ist  die  Athena  Gerhard 
Auserl.  Vasenb.  II  T.  119,  welches  Gefäfs  Furt- 
wängler im  Katalog  Nr.  1670  zu  den  chalkidi- 
schen zählt.  Die  Göttin  ist  ohne  Aegis  und 
trägt  geschuppten  dorischen  Peplos  mit  Ueber- 
schlag,  wie  er  auf  altattischen  Vasen  Regel  ist 
(Böhlau  Quaestiones  p.  68  n.  1),  für  mich  vorläufig 
Grund  genug,  die  Berechtigung  dieser  auch  von 
Loschcke  gebilligten  Zuweisung,  welche  sich  bis- 
her auf  keine  Inschriftvase  stutzt,  zu  bezweifeln. 
Die  Form  stimmt  mit  den  älteren  chalkidischen 
Amphoren,  aber  statt  des  Palmetten-Lotos-Bandes 
trägt  der  Hals  grofse  Lotosknospen  und  -bluten, 
die    Ornamentstreifen    über     dem     Strahlenkorb 


fehlen,  der  schmalere  Streifen  ist  nicht  über, 
sondern  unter  dem  Hauptstreifen.  Puchstein  (Ar- 
chäol.  Zeitg.  1881  S.  242)  stellt  das  Gefäfs  zu 
der  von  Loschcke  ebenda  1876  S.  H4ff.  behan- 
delten «  korinthisch  -  attischen  »  Klasse ;  wenn 
Loschcke  für  ganz  übereinstimmende  Beispiele  wie 
Mon.  dell'  Inst.  I  T.  26, 12  (Würzburg)  die  Möglich- 
keit attischer  Nachahmung  chalkidischer  Vorlagen 
offen,  für  ähnliche,  wie  ebenda  XII  T.  9  für 
sicher  hält,  so  möchte  ich  das  bis  auf  Weiteres 
für  die  ganze  Gruppe  annehmen.  —  Auch  die 
Zuteilungen  Meiers  a.  a.  O.  S.  332  können  nur  sehr 
bedingte  Geltung  beanspruchen ,  insofern  man 
alles  Nichtattische  und  Nichtkorinthische  im  all- 
gemeinsten Sinn  chalkidisch  nennen  mag,  ein  Ver- 
fahren, dessen  Vorteil  ich  nicht  einsehe.  Das 
gilt  besonders  von  dem  hiesigen  Pinaxbruchstück 
aus  Eleusis  'Rcprju.  öpjf.  1885  T.  9,  12  S.  I78f., 
dem  übrigens  Meier  die  Verwendung  von  Weifs 
mit  Unrecht  abgesprochen  hat.  Auf  der  ihm 
allein  bekannten  Vorderseite  ist  der  Nägel- 
beschlag der  Beinschienen  damit  bezeichnet;  auf 
der  Rückseite  der  von  Philios  p.  178  nicht  sicher 
erkannte  geschuppte  Körper,  ohne  Zweifel  der  in 
einen  Schuppenrock  gehüllte  Leib  eines  rechtshin 
Gefallenen  (vergl.  den  Poseidon  Moment,  delt 
Inst.  VI,  VII  T.  78),  von  dem  rechts  am  Bruch 
auch  noch  der  Helmrand  (wie  an  Zeus  ebenda) 
und  die  unter  ihm  vorkommenden  Haarlocken 
erhalten   sind.     Uebersehen    hat  Meier  auch  das 


Q2  Studniczka,  Hydragiebel. 


den  Helm  auf  dem  Haupte,  aber  ohne  Aegis,  gekleidet  in  gestirnten  Chiton  und 
weitläufig  und  unklar  umgenommenen,  von  runden  Plättchen  besäten  Mantel.  Schon 
durch  diese  den  chalkidischen  Gemälden  vollkommen  fremde  Musterung  der  Kleidung 
unterscheidet  sie  sich  auch  von  dem  durch  3,  4,  5,  6  und  9  vertretenen  Typus  der 
Mantelfiguren,  welcher  auf  dem  ersten,  auch  nach  sonstigen  Kennzeichen  zu  den 
jüngsten  und  ärmlichsten  Exemplaren  gehörigen  Gefäfse  zwei  Mal  für  Athena  ver- 
wendet wird.  Für  diese  Mantelfiguren  ist  meist  schärferes  Heraustreten  der  Körper- 
formen und  eine  breite,  gewöhnlich  als  einfachster  Mäander  gebildete  Borte,  der 
einzige  Schmuck  ihrer  Gewänder,  charakteristisch. 

Die  Figur  des  Herakles  wäre  im  Ganzen  auch  in  einem  chalkidischen  Bilde 
möglich.  Aber  eine  Kleinigkeit  ist  auch  hier  anders.  Der  verschlossene  Köcher 
wird  von  einem  hohen  giebelartigen  Dreieck  bekrönt,  während  er  bei  sämmtlichen 
chalkidischen  Schützen,  Herakles  auf  2,  3,  Paris  auf  1,  4  (Klytotoxos)  und  5,  halb- 
kugelförmigen, zurückgeschlagenen  Deckel  hat20.  Bedeutsamer  aber  ist  die  viel- 
fältige Verschiedenheit  der  sonstigen  Kriegertracht  auf  unserem  Gefäfse  von  der 
durchaus  typischen  chalkidischen.  Wo  dort  Panzer  dargestellt  sind,  auf  1,  10  und 
noch  auf  dem  jüngeren  3,  haben  sie  die  älteste  Form  mit  dem  schroff  vorspringen- 
den unteren  Rande31,  welcher  hier  gänzlich  fehlt.  Besonders  charakteristisch  ist 
der  kurze  chalkidische  Chiton,  immer  einfarbig,  meist  dunkelrot,  fast  ausnahmslos 
vorn  und  hinten  abgerundet  und  so  nach  den  Hüften  zu  ausgeschnitten,  am  deut- 
lichsten bei  Aias  und  Sthenelos  1,  bei  Eurytion  2,  Herakles  3,  Klytotoxos  4,  Ata- 
lante  9,  Memnon  und  Achill  auf  io22.  Dem  steht  auf  der  Hydravase  der  gerade 
abgeschnittene  Rock  mit  breiter  Saumborte  oder  durchgehender  Musterung  gegen- 
über.    Ebenso  wenig  ist  auf  der  Innenseite  eines  chalkidischen  Schildes   das  breite 

vierstrichige  ^  in  Ares,  welches  Kirchhoff,  AI-  Doppelbinde  im  Haar  und  das  unten  mit  Wim- 
phabet3  S.  134  nur  in  Tanagra  (für  et)  kennt.  pern  versehene  Auge  rot  aufgesetzt.  Zwischen 
Böotischer  Import  in  Eleusis  scheint  auch  sonst  den  Beinen  des  Giganten  dieselbe  Palmette,  wie 
nachweisbar.  —  An  unser  Bruchstück  haben  sich  zwischen  denen  des  Ares.  Diese  und  die  In- 
inzwischen  zwei  weitere,  von  Benndorf  in  Eleusis  Schriften  scheinen  die  Vorderseite  ausgezeichnet 
zusammengefügte  Fragmente  anpassen  lassen.  zu  haben.  Auf  der  Rückseite  der  neuen  Bruch- 
Sie  geben  auf  der  einen  Seite  die  Fortsetzung  stücke  erscheint  unten  ein  Rest  des  Gefallenen, 
des  vortretenden  Beines  von  Ares,  ein  Stuck-  mit  Chitonrand,  und  der  gröfsere  Teil  eines 
chen  vom  Rande  seines  Schildes,  und  seinen  zweiten  nach  rechts  schreitenden  Kriegers;  wir 
Gegner  fast  vollständig.  Mit  dem  1.  Fufse  vor-  haben  also  den  Typus  zweier  um  einen  Toten 
tretend  schwingt  er  mit  erhobener  Rechter  die  oder  Verwundeten  kämpfender  Parteien  vor  uns. 
Lanze  gegen  den  Gott.  Sein  korinthischer  Visier-  Die  Scherben  werden  wol  demnächst  veröffent- 
helm   hat   sehr   grofsen,    vom   oberen  Rand    des  licht. 

Pinax    abgeschnittenen,     teilweise    tongrundigen      20)  Die     einzige     ungefähre    Analogie,     welche    ich 

Busch.     Der  mäfsig  grofse  Rundschild,    welcher  augenblicklich    zu    nennen    weifs,     ist    der    auf- 

den  Leib   verdeckt,    hat   am  Rande    eine    dichte  geklappte    spitze   Köcherdeckel   der  Artemis   auf 

Doppelreihe  weifser  Buckel  und  als  Schildzeichen  der  attischen  Reliefschale  Mitt.  V  T.  3. 
auf  rotem  Grunde  einen  weifs  gemalten  im  Profil      2!)  Vergl.  Heibig,  Homer.  Epos  S.  197.    203. 
nach  links  gewandten  bärtigen  Kopf  mit  grofser      as)  Vergl.  meine  Beiträge  zur  Geschichte  der  altgr. 

gebogener  Nase  (Geras?);    seine  Innenzeichnung  Tracht    S.  69   Anm.,    wo    auch   einige   von    den 

ist  schwarz,  ausgekratzt;  Strähne  des  Bartes,  eine  wenigen  nichtchalkidischen  Beispielen. 


Studniczka,   Hydragiebel.  g? 


geometrisch  verzierte  Band  zu  finden,  welches  der  letzte  Krieger  rechts  im  Ama- 
zonenkampfe zeigt.  Dagegen  fehlt  der  dort  immer,  auch  auf  10,  vorhandene  Buckel- 
beschlag des  Schildes,  und,  was  mir  des  Erwärmens  nicht  unwert  scheint,  das  chalkidi- 
sche  Schildzeichen.  Auf  allen  abgebildeten  Gefäfsen,  die  solche  aufweisen  (Klein  I — 5), 
wiederholt  sich  nämlich  derselbe  schön  stilisierte,  das  Rund  völlig  ausfüllende,  adler- 
ähnliche Vogel  mit  ausgebreiteten  Flügeln,  das  Wappen  —  vielleicht  ein  redendes, 
wenn  der  Vogel  die  ^ottaci«  oder  -/ujuvotj  bei  Homer  2  291  war23  — ,  genau  so,  wie  auf 
den  ältesten  Münzen  von  Chalkis",  nur  der  Richtung  der  Träger  gemäfs  nach  links 
fliegend.  Auf  den  vier  letzteren  Gefäfsen  ist  es  das  einzige,  auf  1  das  einzige  auf  der 
achäischen  Partei  (Diomedes),  während  Aineas  das  »laufende  Rad«,  den  aus  ver- 
schiedenfarbigen Kreisbogen  zusammengesetzten  Stern,  Echippos  den  Vorderteil  eines 
Ebers  führt.  10,  wo  das  Zeichen  des  Antilochos  unkenntlich,  das  des  Achill  ein 
»laufendes  Rad«  mit  Gorgoneion  (?)  scheint,  bedeutet  als  kleines  Bruchstück  keine 
sichere  Ausnahme,  da  man  öfter  als  ein  Mal  dasselbe  Zeichen  nicht  angewandt  haben 
dürfte.  Die  von  Löschcke  beschriebene  epigraphe  Hydria  (vgl.  Anm.  12,  am  Ende) 
hat  freilich  nur  böotischen  Schild  und  concentrische  Kreise  als  Zeichen,  aber  sie 
dürfte  wie  9  zu  den  jüngeren,  minder  charakteristischen  gehören.  Selbst  wenn  sich 
unter  den  Amphoren  Ausnahmen  herausstellen  sollten,  dürfte  das  Zusammentreffen 
nicht  seine  ganze  Bedeutung  verlieren.  So  unverhältnifsmäfsig  selten  ist  jenes 
Schildzeichen  auf  den  Vasenbildern25,  von  denen  ich  hier  nur  die  der  chalkidischen 
nächststehende  Gruppe  der  korinthischen  hervorhebe.  Auf  20  mir  bekannten  Ge- 
fäfsen, die  dafür  in  Betracht  kommen,  findet  sich  unter  53  Schildzeichen  der  fliegende 


**)  Vergl.   Buchholz,  Homer.  Realien  I2  2,  S.  130 f.  in  den  Klauen.    Einiges  auch  bei  Sittl  in  Fleck- 

■*)  Anc.    coins    of  British    Museum,    Central   Greece  eisens  Jahrbüchern  Suppl.  XIV  S.  10. 

pl.  20,  7,  p.  109  Nr.  26,  im  Allgemeinen  zwischen  2ä)  Folgende  statistische  Notizen  dürften  ausreichen, 
480  —  445  (zu  jung?)  datirt;  v.  Sallet  in  seiner  um  das  zu  beweisen.  Einen  sicheren  Adler  ver- 
Zeitschr.  für  Numism.  III  S.  134;  P.  Lambros  zeichnet  Jahn's  Münchener  Vasenkatalog  im  In- 
ebenda  S.  2i6fT. ,  besonders  217  Nr.  2,  ins-  dex  unter  etwa  150  Schildzeichen,  Heydemanns 
gesammt ,  wie  auf  den  Vasen,  ohne  Schlange,  Museo  Nazionale  unter  etwa  230,  der  Petersburger 
welche  er  später  in  den  Klauen  hält.  Nur  diese  Katalog  von  Stephani  unter  etwa  140  keinen; 
jüngere  Form  erwähnt  Furtwängler  in  seiner  der  des  British  Museum  unter  7  einen,  welcher 
reichhaltigen  Zusammenstellung  »Goldfund  von  zu  klein  ist  um  in  Betracht  zu  kommen.  Unter 
Vettersfelde« S.  24 f.,  ohne  sie  ausdrücklich  mit  den  den  mehr  als  150  Zeichen  auf  schwarzfigurigen 
ebenfalls  angeführten  chalkidischen  Schildzeichen  Gefäfsen  in  Berlin  notiert  der  Index  von  Furt- 
in Verbindung  zu  setzen.  Ich  darf  nicht  un-  wänglers  Katalog  vier  sichere  Adler,  zu  denen 
erwähnt  lassen,  dafs  Löschcke,  obwohl  er  die  der  nur  mit  der  hinteren  Hälfte  sichtbare  auf 
Übereinstimmung  bemerkt  hatte,  der  Ausnahme  der  Kanne  des  Kolchos  Nr.  1732  nachzutragen 
wegen  verschmäht,  ihr  die  oben  beanspruchte  ist.  Auf  16  schwarzfigurigen  Vasen  der  Elite 
Bedeutung  beizumessen.  —  Andere  Münzen  mit  ceramograph.  mit  Schildzeichen  ist  unter  25  kein 
dem  Adler  s.  bei  Furtwängler;  ich  hebe  nur  die  Adler.  In  den  Auserl.  Vasenb.  auf  etwa  80 
von  Lyttos  Num.  Chron.  Ser.  III,  IV  pl.  I,  3  Vasen  gegen  160  Zeichen,  nur  4  grofse  Adler; 
hervor,  welche  Adler  und  Ebervorderteil,  die  als  einziges  Schildzeichen  nur  III  T.  192  im 
beide  auf  der  Amph.  I  begegnen,  vereinigt.  Zweikampf;  je  einer  unter  3  IV  T.  256,  4;  unter 
Nachzutragen  ist  u.  A.  das  Bronzemedaillon  Cara-  9  T.  258,  I,   beide   Male    im   Waffenlauf,    wo    es 


panos  Dodone  PI.  21,  3,  »epervier«  mit  Schlange  Abwechslung  gilt. 


<J4  .  Studniczka,  Hydragiebel. 


Vogel  6  Mal,  darunter  2  Mal  nur  zur  Hälfte  sichtbar,  dagegen  z.  B.  das  »laufende 
Rad«  etwa  20  Mal'6. 

Ich  glaube,  dafs  das  Vorgetragene  ebenso  bestimmt,  als  es  die  Einheitlich- 
keit und  Herkunft  der  chalkidischen  Gruppe,  auch  ihrer  jüngeren  Exemplare,  wie 
3  und  9,  bestätigt,  die  Zugehörigkeit  der  Hydravase  ausschliefst.  Nach  dem  oben 
Gesagten  halte  ich  ihren  attischen  Ursprung  für  sehr  wahrscheinlich.  Bestätigt  sich 
das,  so  lehrt  sie  uns  für  den  Typus  jenes  Abenteuers,  dafs  er  in  einer  alten,  auf 
der  Kypsele  dargestellten,  also  wohl  korinthischen  Form  in  Athen  weiterbestand, 
ohne  durch  ein  Werk  von  der  Bedeutung  des  Giebels  beeinflufst  zu  werden.  — 
Aus  dem  Amazonenbilde  der  anderen  Seite  liefsen  sich  vielleicht  auch  noch  sach- 
liche Gründe  für  attischen  Ursprung  beibringen. 

Und  wie  steht  es  mit  dem  bacchischen  Fries,  der  sich  in  erschütternder 
Lächerlichkeit  unter  den  ernsthaften  Historien  entfaltet?  Klein  findet  ihn  in  Gegen- 
stand und  Manier  den  chalkidischen  auf  7  und  8  verwandt.  Aber  trügt  meine  Er- 
innerung nicht  ganz,  so  erscheinen  die  Satyrn  und  Bakchen  auf  7  harmlos,  trocken 
und  einförmig  neben  den  genial  ersonnenen  Obscönitäten  jenes  tollen  Getümmels. 
Ähnliche  affenartige  Stellungen  und  Bewegungen  zeigen  die  Satyrn  auch  auf  der 
doch  wohl  sicher  attischen  Vase,  welche  sie  mit  der  Weinlese  beschäftigt  darstellt"7. 
Ich  gestehe,  dafs  ich  mir  auch  jenes  wundervolle  Bild  nirgends  lieber  entstanden 
denke  denn  in  der  Heimat  des  Satyrdramas,  als  das  Werk  eines  würdigen  Vor- 
gängers der  Duris  und  Brygos.  Wie  frühzeitig  sich  auch  die  attische  Kunst  dieses 
Gebietes  bemächtigt  hatte,  das  zeigt  der  Thiasos  auf  der  Frangoisvase  und  anderen 
Gefäfsen.  Aber  wir  besitzen  noch  ein  viel  wichtigeres  Denkmal,  welches  den  über- 
raschenden Beweis  erbringt,  dafs  in  der  ersten  Hälfte  des  sechsten  Jahrhunderts 
bereits  die  obscönen  Satyrreigen  sogar  in  Tempelsculpturen  dargestellt  wurden: 
den  Rest  eines  Porosgiebelreliefs,  welcher  auf  Tafel  II  dieses  Jahrganges  der 
Athenischen  Mittheilungen  veröffentlicht  wird. 

Athen,  April   1886. 


Franz  Studniczka. 


-6)  Es  sind  Monum.  dell'  Inst.  II  T.  38,  8  Zeichen:  Gerhard  Auserl.  Vasenb.  III  T.  220  (Heydemann 
I  Adler;  VI  T.  33,  5:0;  X  T.  4 — 5,7:0;  Monum.  Museo  Nazionale  Nr.  683),  2:0.  In  vier  von 
Annali  Bullet.  1855  T.  20,  3:1  (Vorderteil  allein  diesen  Fällen  {Annali  1862,  Berlin  Nr.  967,  1055, 
sichtbar);  Annali  1862  t.  B,  2:1;  1864  t.  OP,  Athen  Nr.  192)  erscheint  der  Adler  in  dem 
1:0;  1866  t.  Q,  1:0;  Timonidasvase  (Klein,  traditionellen  Zweikampfschema,  ebenso  wie  auf 
Meistersignaturen  S.  15,2),  j:o;  Urlichs,  Bei-  dem  Teller  von  Kamiros  und  der  rhodischen 
träge  T.  8,  3:0;  Furtwängler,  Berliner  Vasen,  Schale  Journal  of  hellen,  stud.  1884  pl.  43.  Es 
Pinax  Nr.  840,  1:0;  Nr.  848,  2:0;  Napf  Nr.  967,  scheint  mir  nicht  ausgeschlossen,  dafs  diese  und 
1:1  («fliegender  Vogel»);  Aryballos  Nr.  1055,  andere  Einzelheiten  auf  korinthischen  und  son- 
1:1  (ebenso);  1057,3:0;  1066,3:0;  1074,  1:0;  stigen  Bildwerken  auf  chalkidische  Kunsttradition 
EtpTjp..  dp-/.  1885  T.  7,  1:0;  Athen,  Collignon  zurückgehen,  welche  ohne  Zweifel  in  hohes  AI- 
Nr.  193,  6:0  (zahlreiche  fliegende  Vögel  als  Füll-  tertum  hinaufreichte. 

figuren);    192,   1:1    (nur   die    rückwärtige  Hälfte      27)  Gerhard,    Auserl.    Vasenb.  IT.  17.     Toll   genug 

sichtbar).     Für  sicher  korinthisch  halte  ich  auch  geberden  sich  auch  die  Satyrn  ebenda  III  T.  185. 


YoTnJW\  ^H**^ 


DIE  DIPYLONVASEN. 

Die  sogenannten  Dipylonvasen  lassen  sich  hinsichtlich  ihrer  Dekoration  in 
drei  grofse  Klassen  scheiden '. 

Die  Vasen  der  ersten  Klasse  sind  nur  mit  Ornamenten  bemalt,  welche  einer 
bestimmten  Richtung  der  geometrischen  Dekorationsart  angehören.  Es  sind  am 
häufigsten  Bänder  und  Streifen;  Striche,  Zickzacks  und  Zickzacklinien;  Kreise  und 
konzentrische  Kreise,  dieselben  durch  Tangenten  verbunden,  dieselben  durch  ein 
Innenornament  (wieder  konzentrische  Kreise  in  Sternanordnung;  Vierblatt,  Sechsblatt) 
verziert;  Vierblatt,  Hakenkreuz,  Schachbrettmuster;  Punkte  zu  einer  Schnur  anein- 
andergereiht oder  in  Sternform  gruppiert;  Mäander. —  Tier-  und  Menschengestalten 
fehlen  noch  ganz. 

Die  Vasen  der  zweiten  Klasse  zeigen  neben  den  Elementen  der  «geometri- 
schen» Dekorationsart  einige  Tiergestalten,  besonders  Vögel,  Pferde,  Hirsche;  auch 
die  menschliche  Gestalt  kommt  einige  Male  vor,  auch  in  Gruppierung  mit  Pferden'; 
zuweilen  erscheinen  Reihen  von  Tieren,  welche  einen  um  den  Bauch  des  Gefäfses 
oder  um  dessen  Deckel  laufenden  Streifen  füllen. 

Die  Vasen  der  dritten  Klasse  sind  mit  Genrescenen  geschmückt,  welche 
das  Gefäfs  in  einem  oder  in  mehreren  Streifen  umziehen. 

Unsere  Untersuchung  wird  sich  zunächst  nur  den  Gefäfsen  der  dritten 
Gattung  zuwenden.  Von  den  bisher  bekannt  gemachten  Beispielen  dieser  Dipylon- 
vasen im  engeren  Sinne  seien  als  die  wichtigsten  folgende  angeführt3. 

A.  Die  grofse  Bestattungsvase:  Leichenklage  (der  Tote  auf  einem  Karren) 
und  Wagenzug  von  Zweigespannen.  G.  Hirschfeld  A.d.I.  1872,  n.  41 ,  p.  142  fr.; 
M.  d.  I.  IX   tav.  XXXIX,  1;  XL,  1;  darnach  häufig,   z.  B.  Woermann  »Malerei  des 

')  Diese  Einteilung  ist  eine  lediglich  inhaltliche.   Für       2)  Bei   Gefäfsen    dieser  Art    könnte    man    zuweilen 

die  Chronologie  der  Vasen  hat  sie  nur  eine  ganz  zweifelhaft  sein,  ob  man  sie  noch  dieser  Klasse 

allgemeine  Geltung,  nämlich  in  so  fern,  als  man  oder    schon    der    nächsten   zuweisen    soll.     Vgl. 

anzunehmen  hat,  dafs  das  Verzieren  der  Gefäfse  z.  B.  Collignon   »  Catalogue    des    vases  peints    du 

mit  den  rein  dekorativen  Ornamenten  das  Früheste  musie    de    la    socicte    archeol.    d'Athenes«    p.   17 

gewesen  ist,  und  dafs  erst  einige  Gefäfse  mit  ein-  n.   118   (1478).     Ich   habe    schliefslich    nur   jene 

zelnen  Tier-  und  Menschengestalten  bemalt   ge-  Vasen    der    III.    Klasse    zugeteilt ,     welche    eine 

wesen  sein  müssen,  ehe  ein  Maler  diese  situations-  Genrescene  in  Streifenanordnung  enthalten, 
losen  Gestalten  zu  den  grofsen  Genrescenen  der        3)  Die  Vasen  A — G,    I — 0    stammen    sämtlich    aus 

dritten  Klasse  vereinigte.    Aber  natürlich  sind  Va-  Attika,    vom    Dipylon;     P    kommt    aus    einem 

sen  der  ersten  Klasse  auch  noch  gleichzeitig,  ja  Grabe    am   Westabhange    des    Hymettos,    //aus 

vielleicht  in  noch  viel  späteren  Zeiten  gemalt  wor-  Bari, 
den  als  die  Vasen  der  zweiten  und  dritten  Klasse. 


n(5  Kroker,   Die  Dipylonvasen. 


Alterthums«   S.  71,   Fig.  10;    Bliimncr,    »Kunstgewerbe    im    Altertum«    (Wissen   der 
Gegenwart)   I  S.  49,  Fig.  31. 

B.  Bestattungsvase:  Fragment  der  Leichenklage  (der  Tote  verhüllt,  auf 
einer  mit  Zweigen  geschmückten  Bahre).  A.d.I.  1872,  n.  42,  p.  144;  M.d.I.  IX  tav. 
XXXIX,  3.  Wagenzug  von  Viergespannen,  Fragment,  veröffentlicht  von  Furtwängler 
A.Z.  1885,  Sp.  139.  Kriegerzug  (Schildzeichen:  Vierblatt),  vgl.  Furtwängler  a.a.O. 
Sp.   131. 

C.  Bestattungsvase:  drei  Fragmente  der  Leichenklage  und  des  Wagenzuges 
von  Zweigespannen.  A.d.I.  1872,  11.43,  P-  '44  ff->  tav-  d'agg.  7,  3;  AI.  d.  I.  IX  tav. 
XL,  4. 

D.  Wagenzug  von  Einspännern,  zwei  Fragmente.  A.d.I.  1872,  n.  44, 
p.  146  fT.;  tav.  d'agg.  I,  2. 

(E).  Wagenzug  von  Einspännern,  » imitazione «  A.d.I.  1872,  n.  3,  p.  138; 
für  acht  gehalten  (?)  von  Collignon  » Catalogue  des  vases  peints  du  musee  de  la 
societe  archeol.  d'At/ienes«  p.  16,  n.  117  (1044). 

F.  Wagenzug,  darüber  eine  Schlange  in  Relief,  darunter  ein  Kriegerzug; 
auf  dem  Deckel  rennende  Pferde,  dazwischen  Vögel.  A.d.I.  1872,  n.  15,  p.  139  ff. 
Für  die  Darstellung  der  Schlange  vgl.  Collignon  a.  a.  O.  p.  9,  n.  42  und  Heibig 
»Das  homerische  Epos  aus  den  Denkmälern  erläutert«  S.  282  Anm.  (Vase  der 
II.  Klasse.)  Auch  der  Schmuck  des  Deckels  findet  sich  auf  Gefäfsen  der  II.  Gattung, 
z.  B.  A.  d.  I.  1872,  n.  16,  p.  140. 

G.  Kriegerzug  (Schildzeichen:  Ornament);  in  Wien.  Vgl.  Furtwängler  A.Z. 
1885,  Sp.  139L 

H.  Kriegerzug  (Schildzeichen:  Doppelhammcr);  Einzelheiten  mit  brauner, 
roter  und  weifser  Deckfarbe;  aus  Bari,  in  Berlin.  Furtwängler  »Beschreibung  der 
Vasensammlung  in  Berlin«  n.  275,  S.  32f. 

/  Hauptstreifen:  Kampfspiel  (?),  Faustkämpfer  (?),  Waffentanz;  Mann  und 
nackte  Frau,  Zweikampf,  Mann  von  zwei  Löwen  angefallen,  Citherspieler  mit 
zwei  nackten  Hydrophoren.  Oberer  Streifen:  umblickende  Rehe  und  Hirsche, 
Vögelpaare,  Ornamente.  In  Kopenhagen.  Furtwängler  A.  Z.  1885,  Taf.  8,  2. 
Sp.   134  f. 

K.  Reigentanz  (Innenseite);  Dreifüfse  (Aufsenseite  der  Schale).  M.  d.  I.  IX 
tav.  XXXIX,  2;  A.d.I.   1872,  n.  39,  p.  142. 

L.  Grofse  Seeschlachtvase,  sechs  Fragmente.  M.  d.  I.  IX  tav.  XL,  3;  A.d.I. 
1872,  n.  JJ,  p.  152;  ein  zweites  Fragment  herausg.  von  Hirschfeld  in  den  »Histori- 
schen und  philologischen  Aufsätzen  zu  E.  Curtius'  LXX.  Geburtstage«  S.  335. 

M.  Seeschlachtvase,  zwei  Fragmente.  M.d.I.  IX  tav.  XL,  4;  A.  d.i.  1872, 
n.  78,  p.  152  seg. 

(N).  Vielleicht  zu  dem  Gefäfse  0,  vielleicht  zu  einer  dritten  Seeschlacht- 
vase gehört  das  Fragment  A.  d.  I.   1872,  n.  79,  p.  153;  tav.  d'agg.  I,  4. 

0.  Kampf  gegen  ein  landendes  Schiff.  In  Kopenhagen.  Furtwängler 
A.Z.   1885,  Taf.  8,   1,  Sp.  131  f.     Die  Hauptdarstellung   umschliefst  den  Bauch   des 


Kroker,   Die  Dipylonvasen.  o,7 


Gefäfses;  am  Halse  ein  Mann  zwischen  zwei  Pferden,  darunter  Verfolgung  eines 
Hasen  durch  laufende  Hunde. 

P.  Hauptdarstellung:  fünf  Paare  von  Zweikämpfern;  am  Halse  des  Ge- 
fäfses zwei  Paare  von  Zweikämpfern;  auf  der  Schulter  beiderseits  ein  Zweigespann 
und  ein  Reiter.  Einzelheiten  mit  gelbrötlicher  Deckfarbe.  In  Berlin.  Furtwängler 
»Berl.  Vasenkat.«  n.  56,  S.  iof. 

Verzierungen  ähnlichen  Inhalts  und  ähnlichen  Stils  zeigen  einige  goldene 
Schmucksachen  (Bänder  und  Streifen),  welche  in  Attika  selbst  und  in  den  Nachbar- 
landschaften gefunden  worden  sind.  Ihre  Darstellungen  sind  offenbar  den  bei  den 
Vasenmalern  gebräuchlichen  entlehnt.  — 

Die  Dipylonvasen  nehmen  auch  jetzt  noch  unter  den  Resten  der  älteren 
griechischen  Kunst  eine  eigentümliche  Stellung  ein;  eine  interessante  Stellung  nicht 
am  wenigsten  dadurch,  dafs  ihre  kunstgeschichtliche  Einordnung  so  lange  Zeit 
geschwankt  hat.  Anfangs  für  sehr  alt  gehalten4,  werden  diese  Gefäfse  jetzt  unter 
die  Erzeugnisse  einer  verhältnismäfsig  späten  Entwicklung  gerechnet5;  früher  als 
Produkte  attischer  Kunst  angesehen,  werden  sie  neuerdings  dem  kleinasiatischen 
Festlande  oder  einer  Insel  des  südlichen  ägäischen  Meeres  zugewiesen6.  Neben 
den  acht  und  eigentümlich  hellenischen  Zügen  zeigen  sie  einerseits  Zusammenhang 
mit  den  sogenannten  geometrischen  Vasen,  andererseits  in  Einzelheiten  orientalischen 
Einflufs.  Aus  den  Gräbern,  in  denen  sie  gefunden  wurden,  kamen  orientalische  Smalt- 
gegenstände  zu  Tage,  aber  im  allgemeinen  war  das  national  Griechische  (die 
bemalten  Vasen)  das  vorherrschende7.  Doch  auch  in  den  acht  griechischen  Dar- 
stellungen zeigen  sich  auffällige  Verschiedenheiten:  einerseits  homerische  Elemente, 
wie  es  scheint,  so  die  Verhüllung  des  Toten  (B),  der  Reigentanz  (K),  die  Wagen- 
züge aus  Anlafs  .  einer  Beerdigung  (A  —  E) 8;  andererseits  nachhomerische  Sitten 
und  Gebräuche,  so  die  Viergespanne9,  die  Pyrrhiche  und  das  Hyporchem  (/);  das 
eigentümlichste  aber  sind  ■ —  wenn  der  Ausdruck  gestattet  ist  —  aira£  e?pi}|iiva  der 
Kunst,  Darstellungen,  welche  weder  vorher  zu  finden  sind  noch  nachher  in  dieser 
Art  wiederkehren:  so  der  Schiffskampf  mit  den  niederbordigen,  schlanken,  stachel- 
bewehrten Schlachtschiffen  (L  —  (V))  und  vor  allem  die  nackten  klagenden  Weiber 
bei  einer  Totenbestattung  (A  —  C). 

DIE  NACKTEN  WEIBER  AUF  DEN  DIPYLONVASEN. 
Von   den   nackten   klagenden   Weibern   auf  den  Bestattungsvasen  mufs  jede 
geschichtliche  Untersuchung  über  den  Ursprung  und  die  Stellung  der  Dipylongefäfse 
ausgehen.     Nackte  Frauen    finden    sich    in    anderen   Scenen    auf   den  Dipylonvasen 

4)  Vgl.  z.  B.  Overbeck    »Gesch.  d.  gr.  Plastik«   I3        5)  Heibig    »Das   homerische   Epos    aus    den  Denk- 
S.  47.     Schwankend    ist   bereits    das   Urteil   von  malern  erläutert«  S.   56  ff. 

Woermann  »Die  Malerei  des  Alterthums«   S.  70;        6)  Heibig  a.   a.   O.   S.   55. 
Blümner    »Das    Kunstgewerbe    im    Altertum«    I        ;)  Helbig  a.   a.   O. 
S.  48  (Wissen  der  Gegenwart).  8)  Helbig   a.   a.   O.   S.   55. 

9)  Furtwängler    A.   Z.     1885    Sp.   139  und    Helbig  a.  a.  O.   S.   91  f.  Anm.  4. 


g8  Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


kaum;  das  Kopenhagener  Gefäfs  (/),  auf  dem  wir  zwei  nackte  Hydrophoren  vor 
einem  Citherspieler  und  eine  dritte  nackte  Frau  in  Gruppierung  mit  einem  Manne 
sehen,  gehört  zu  den  jüngsten  Erzeugnissen  dieser  Gattung10. 

Unter  den  Darstellungen  unserer  Vasen  lassen  sich  ältere  und  jüngere  von 
einander  scheiden,  wenn  auch  nicht  mit  völliger,  so  doch  mit  einiger  Sicherheit. 
Zu  den  älteren  Gefäfsen  zählen  wir  hauptsächlich,  abgesehen  von  kleineren  Frag- 
menten, die  Vasen  A  —  D,  K — M\  unter  die  jüngeren  Erzeugnisse  des  Dipylon- 
stiles  rechnen  wir  vor  allem  die  beiden  Kopenhagencr  Gefäfse  /  und  0,  ferner  die 
Vase  aus  Bari  H;  das  späteste  Beispiel  unserer  Gattung  ist  das  Berliner  Gefäfs  P; 
auch  die  in  Attika  und  in  Korinth  gefundenen  goldenen  Schmucksachen  gehören 
hierher.  Für  die  älteren  Vasen  im  Gegensatze  zu  den  jüngeren  sind  folgende  Punkte 
bezeichnend,  wenn  sie  sich  auch  nicht  auf  jedem  Gefäfse  vereinigt  finden. 

I)  Der  dekorative  Charakter  der  Malereien  wird  in  den  älteren  Gefäfsen 
streng  festgehalten.  Dies  ist  besonders  deutlich  bei  den  Bestattungsvasen  der  Fall, 
und  von  diesen  bietet  wiederum  das  am  besten  erhaltene  Gefäfs  A  das  am  meisten 
charakteristische  Beispiel  des  älteren  Dipylonstiles.  Die  Darstellung  zieht  sich  wie 
ein  Band  um  das  Gefäfs;  sie  zerfällt  nicht  in  mehrere  unabhängige  Scenen,  welche 
das  Interesse  spalten  und  das  Auge  auf  besondere  Teile  lenken,  sondern  sie  ist 
eine  einheitliche,  indem  die  Figuren  sich  gleich  den  einzelnen  Bestandteilen  eines 
Ornamentes  aneinanderreihen.  Und  wie  ein  Band  in  einem  Knoten  oder  in  einem 
Schlofs  seinen  Mittelpunkt  findet,  so  wird  die  Mitte  der  Darstellung  durch  die 
Bahre  mit  dem  Toten  hervorgehoben,  um  welche  sich  die  Reihen  der  Klagenden 
und  Trauernden  gruppieren.  In  dieser  Hinsicht  lassen  sich  eigentlich  nur  wenige 
ältere  Vasen,  besonders  die  attische  Francoisvase ,  mit  den  älteren  Dipylongefäfsen 
vergleichen. 

II)  Die  Darstellung  der  Vasen  wird  genauer  und  ausführlicher.  Schon  in 
der  Bildung  des  nackten  weiblichen  Körpers  zeigt  sich  ein  charakteristischer  Unterschied 
zwischen  Älterem  und  Jüngerem.  Die  Maler  des  Dipylonvasen  zeichnen  Kopf  und 
Beine  in  der  Seitenansicht,  den  Leib  in  der  Vorderansicht;  ganz  folgerichtig  zeichnet 
nun  der  Maler  des  Gefäfses  A  die  Brüste  beiderseits  rechts  und  links  unter  die 
Arme,  und  nur  ein  einziges  Mal  weicht  er  hiervon  ab,  indem  er  bei  einer  nach 
links  schreitenden  Frau  beide  Brüste  unter  einander  auf  die  rechte  Seite  des  Kör- 
pers setzt.  Diese  letztere  Darstellung  nun,  welche  aus  einer  mehr  realistischen 
Nachahmung  des  Wirklichen  hervorgeht,  ist  auf  dem  jüngeren  Kopenhagener  Gefäfse 
/  die  vorherrschende.  Einen  ähnlichen  Fortschritt  zeigt  dieses  Gefäfs  auch  darin, 
dafs    das    Profil    der  Köpfe   mehr  Einzelheiten   erkennen  läfst"  und  dafs  am  männ- 

,0)  Nicht  ganz  sicher  scheint    es    mir,    ob    auf  dem  ")  Der     Typus     der    Vogelgesichter    verschwindet; 

Korinther  Diadem  (in  Berlin;   A.Z.  1884  Taf.  8,  die  Köpfe    werden    rundlicher;    Nase. und    Kinn 

1)  die   durch  Weglassen    des  Helmbusches    cha-  werden,     wenn     auch     roh,     so     doch    deutlich 

rakterisierten    Gestalten    weibliche    sein    sollen.  getrennt. 


Vgl.  Furtwängler  a.  a.  O.  Sp.   108. 


Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


99 


liehen  Körper  das  Glied  angedeutet  wird12.  Ein  gleicher  Fortschritt  macht  sich 
dann  auch  in  der  Zeichnung  der  Waffen  bemerkbar;  die  Schilde  erhalten  Schild- 
zeichen, die  Helme  werden  sorgfältiger  gemalt;  die  Vasenmaler  lernen  allmählich 
und  verändern  die  alten  Typen. 

III)  Die  älteren  Gefäfse  zeigen  wenige  Tiere,  nur  die  in  die  Darstellung 
selbst  hineingezogenen  Pferde  und  die  ornamental  eingestreuten  Vögel,  ein  Mal 
auch  am  Henkel  (F)  die  umblickenden  Hirsche,  welche  so  häufig  die  Gefäfse  der 
zweiten  Gattung  schmücken;  ausländische  Tiere  finden  wir  nicht,  ebensowenig 
Fabelwesen.  Dagegen  sehen  wir  auf  den  jüngeren  Erzeugnissen  des  Dipylonstiles 
häufiger  die  umblickenden  Rehe  und  Hirsche,  ein  Opfertier  (Diadem  aus  Korinth, 
in  Berlin  A.  Z.  1884  Taf.  8,  1.),  Hunde  und  Hasen  (0),  reifsende  Tiere  (/); 
es  erscheinen  Reiter  (P;  Goldstreifen  vom  Dipylon  in  Kopenhagen:  Furtwängler 
A.  Z.  1884  Taf.  9,  1.),  auch  Kentauren  mit  menschlichen  Vorderbeinen  (Goldstreifen 
in  Kopenhagen)13. 

IV)  Die  eingestreuten  Ornamente  der  älteren  Gefäfse  sind  von  einfachen, 
strengeren  Formen.  Wir  finden  konzentrische  Kreise,  mit  einem  Blattstern-Ornament, 
durch  Tangenten  verbunden,  das  einfache  Hakenkreuz  nach  links,  eine  zwei-  oder 
dreifache,  fast  nie  eine  mehr  als  dreifache  Zickzacklinie.  Unter  den  jüngeren  Or- 
namenten dagegen  ist  gerade  die  vielfache  Zickzacklinie  häufig  (vgl.  besonders  / 
und  0);  das  Hakenkreuz  erhält  acht  Balken.  Die  jüngsten  Vasen  der  Gattung 
zeigen  dann  aufser  den  »geometrischen«  Ornamenten  auch  phönikisierende  '*.  Auch 
hier  ist  unsere  Bestattungsvase  A  hervorragend  in  ihrem  Betonen  des  Dekorativen 
und  Symmetrischen. 

V)  Vielleicht  kommt  endlich  auch  die  Form  der  Vasen  in  Betracht.  Die 
älteren  Gefäfse  erscheinen  in  einer  Gestalt,  welche  in  der  historischen  Zeit  unbekannt 
ist;  die  Form  der  jüngeren  weicht  von  den  später  gebräuchlichen  nur  wenig  ab. 

In  allen  diesen  Punkten  zeichnet  sich  gerade  die  Bestattungsvase  A  durch 
ihre  grofse  Altertümlichkeit  und  Strenge  aus;  wir  sind  somit  gerechtfertigt,  wenn 
wir  in  den  nackten  klagenden  Frauen  dieses  Gefäfses  das  prius,  in  den  nackten 
Hydrophoren  des  Kopenhagener  Gefäfses  das  posterius  erkennen  und  wenn  wir 
darum  von  jenem,  nicht  von  diesem  ausgehen. 

Aber  hat  der  Vasenmaler,  als  er  diese  Weiber  nackt  malte,  sie  sich  wirklich 
auch   als   nackt  vorgestellt?      Sollte   der  Beschauer  dieser  Vasen  wirklich   glauben, 


n~)  Nur  einmal  ist  dies  der  Fall  auf  einem  der 
ältesten  Gefäfse.  Von  dem  Fragmente  C  sagt 
Hirschfeld  a.  a.  O.  »il  morto  sembra  itifallo«. 
Wollte  der  Vasenmaler  vielleicht  ganz  ausdrück- 
lich das  Geschlecht  des  Verstorbenen  hervor- 
heben? Wir  sehen  also  auch  hier  in  den  älte- 
ren Gefäfsen  das  Jüngere  ebenso  vorbereitet  wie 
bei  der  Bildung  der  Brüste. 

13)  Es  ist  daher  sehr   leicht  möglich,    dafs   wir   auf 


einer  jüngeren  Dipylonvase  auch  einmal  orien- 
talische Flügelgestalten  zu  sehen  bekommen  wer- 
den. Bis  jetzt  aber  ist,  meines  Wissens,  eine 
solche  Darstellung  im  Kreise  der  Dipylongefäfse 
noch  nicht  vertreten.  Die  Vase  Collignon  »Ca- 
talogue  des  vases  peints  du  tnttsee  de  la  societe 
archiol.  d'Athenes«  p.  16  n.  116  (11)  erklärt 
Hirschfeld  Ann.  dell'  Inst.  1872  p.  137  n.  2 
für  gefälscht. 


4)  Z.  B.   das  Gefäfs  P,  vgl.  Furtwängler  a.  a.  O. 


IOO 


Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


dafs  der  Tote  von  nackten  Weibern  beweint  wird?  Furtwängler l5  verneint  diese 
Fragen.  Er  meint,  die  Figuren  gäben  uns  nur  »ein  gleichsam  abstraktes  Bild 
der  menschlichen  Gestalt«,  »ohne  Rücksicht  auf  Bekleidung«;  der  Maler  habe 
wohl  nur  »weibliche  Figuren  überhaupt,  nicht  aber  nackte  Frauen«  malen  wollen. 
Aber  ■ —  »ein  anderer  Maler  desselben  Kreises  (AT)  malt  deutlich  bekleidete  Frauen«, 
wie  Furtwängler  selbst  anführt;  und  ein  und  derselbe  Maler  zeichnet  auf  einer 
und  derselben  Vase  nackte  und  gerüstete  Männer:  ein  deutlicher  Beweis,  dafs 
wir  die  Männer,  denen  der  Vasenmaler  Schilde  und  Helmbüschc16  gegeben  hat, 
eben  als  voll  gerüstet  und  nicht  als  nackt  ansehen  sollen,  und  jene,  welche  er 
wirklich  nackt  dargestellt  hat,  eben  wirklich  als  nackt,  oder  wenigstens  nicht  als 
ganz  gerüstet,  keineswegs  aber  als  gleichsam  abstrakte  Bilder  der  menschlichen 
Gestalt.  Zudem  gehen  unsere  Vasenmaler  hier  keineswegs  planlos  zu  Werke:  auf 
dem  grofsen  Gefäfse  A  mit  der  Leichenklage  haben  die  feierlich  auf  ihren  Gespannen 
Dahinziehenden  sämtlich  die  Rüstung,  dagegen  sind  die  vor  dem  Wagen  Stehenden, 
von  denen  der  erste  eben  den  Threnos  zu  beginnen  scheint,  sämtlich  ungerüstet  und 
unbehelmt,  nur  mit  dem  Dolche  gegürtet,  welcher  wiederum  jenen  Gerüsteten  fehlt. 

Was  von  den  Männern  gilt,  das  mufs  auch  für  die  Frauen  Geltung  haben. 
Es  wäre  dem  Maler  dieser  Gefäfse  so  leicht  gewesen,  den  Beschauern  seines  Werkes 
klar  zu  machen,  dafs  diese  Frauen  nicht  etwa  nackt  sind:  zwei  Züge  mit  dem  Pinsel 
rechts  und  links  und  ein  Schachbrettmuster,  wie  er  es  so  schön  auf  den  Teppich 
über  dem  Leichenwagen  zeichnet  —  und  es  war  geschehen.  Und  wie  hätten  diese 
Schachbrettmuster  seine  Vase  geschmückt!  Aber  er  wollte  seine  Frauen  nun  eben 
nackt  malen. 

Überhaupt  sind  ja  die  Maler  der  Dipylongefäfse  keineswegs  unbeholfen. 
So  roh,  so  flüchtig  und  ungeschickt  sie  auch  zeichnen,  so  wagen  sie  doch  alles 
darzustellen,  was  ihnen  in  den  Sinn  kommt;  und  was  sie  darstellen  wollen,  das 
können  sie  auch  recht  und  schlecht  darstellen,  und  zwar  in  gewisser  Weise  flott, 
ohne  jede  Mühe,  ohne  dafs  man  sie  mifsverstehen  könnte.  Im  Gegenteil,  alles  bei 
ihnen  ist  klar  und  deutlich.  Sie  malen  Viergespanne,  Zweigespanne  und  einspännige 
Wagen,  und  niemand  wird  glauben,  dafs  dies  gleichsam  nur  abstrakte  Bilder  eines 
Wagens  seien,  der  eben  so  gut  von  vier  oder  drei  oder  zwei  Pferden  gezogen 
werden    könnte.      Sie   zeichnen   ihre  Schiffe   mit   dem    sjißoXov,    Segel  und  Verdeck, 


15)  A.  Z.  1884  Sp.  136. 

1C)  Dafs  der  » Schopf«,  welcher  von  den  Hin- 
terköpfen der  Geriisteten  in  die  Höhe  ragt, 
einen  Helmbusch  bedeuten  soll,  hat  schon  Furt- 
wängler richtig  gesehen,  A.  Z.  1884  Sp.  100 
(vgl.  Sp.  108  und  s.  oben  Anra.  10).  Ich 
glaube,  es  kann  darüber  kein  Zweifel  sein, 
besonders  auch  darüber  nicht,  dafs  mit  diesem 
»Schöpfe«  nicht  etwa  eine  Eigentümlichkeit  der 
Haartracht  angedeutet  werden  soll.  Einen  be- 
sonderen Beweis  liefert  eine  Figur  auf  dem  gol- 


denen Diadem  von  Korinth  (A.  Z.  1884  Taf.  8, 
1):  bei  derselben  ist  der  Schopf  ausgezackt.  — 
Etwas  ganz  anderes  als  dieser  » Schopf«  auf 
den  Dipylonvasen  sind  spiralförmige  »Locken« 
über  der  Stirn  und  im  Nacken,  vgl.  Heibig  »D. 
hom.  Epos«  S.  166;  vielleicht  auch  auf  einem 
Goldschmuck  aus  Eleusis,  vgl.  Philios  'Ecp.  äpy. 
1885  aeX.  182  (1),  abgeb.  ebenda  rfv.  IV.  9,  1; 
sicher  auf  einem  Goldschmuck  aus  Athen  in  Kopen- 
hagen, vgl.  Furtwängler  A.  Z.  1884  Sp.  102  ff., 
abgeb.  ebenda  Taf.    10,   1. 


Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


IOI 


und  zwar  so  realistisch,  dafs  man  hierauf  historische  Untersuchungen  bauen  kann. 
Sie  malen  Cithern  und  Amphoren,  Dreifiifse  im  Schmucke  der  Tänien;  ja,  sie  ver- 
irren sich  sogar  auf  das  Gebiet  der  Gefühlsperspektive,  um  nur  alles  recht  klar  zu 
zeichnen.  Dieses  Streben  nach  Deutlichkeit  und  Klarheit  zeigt  sich  ebenso  in  der 
Darstellung  der  Gegenstände  wie  in  der  Schilderung  der  Affekte:  kein  Beschauer 
kann  zweifeln  an  dem  Schmerze  der  klagenden  Frauen  oder  an  der  Verzweiflung 
der  unter  der  Bahre  Sitzenden  oder  an  den  sei  es  lobenden  sei  es  trauernden 
Worten  des  die  Hand  Erhebenden. 

Wir  stehen  nun  vor  einer  Frage,  welche  zuerst  von  Heibig  angeregt  worden 
ist.  Entweder  gingen  die  griechischen  Frauen  wirklich  nackt:  dann  folgte  der 
Vasenmaler,  der  sich  in  allen  anderen  Darstellungen  als  vollkommenen  Realisten 
zeigt,  auch  hierin  der  Wirklichkeit.  Oder  die  griechischen  Frauen  gingen  nicht 
nackt:  dann  konnte  der  Vasenmaler  nie  und  nimmer  von  selbst  auf  den  eigen- 
tümlichen Gedanken  kommen,  nackte  Frauen  um  einen  Toten  klagen  zu  lassen; 
vielmehr  müssen  wir  annehmen,  dafs  er  in  diesem  Punkte  unter  dem  Einflüsse  einer 
fremden,  höher  entwickelten  Kunst  stand,  welche  »Frauengestalten  unter  Umständen 
nackt  bildete«.  Das  erstere  ist  vollkommen  ausgeschlossen.  Wir  müssen  also 
mit  Heibig  hier  eine  Einwirkung  fremder  Kunsterzeugnisse  voraussetzen'7:  eine 
tiefgreifende  Einwirkung. 

DIE  DARSTELLUNG  DES  NACKTEN  WEIBLICHEN  KÖRPERS 
BEI  DEN  MITTELMEERVÖLKERN. 
Es  wird  unsere  Untersuchung  fördern,  wenn  wir  in  einer   kurzen  Abschwei- 
fung die  Frage  aufwerfen,  welche  älteren  Völker  in  Statuen,  Statuetten  und  Reliefs 
weibliche  Gestalten  nackt  dargestellt  haben. 

Aus  der  tiefsten  Kulturschicht  Griechenlands  im  weiteren  Sinne  stammen 
jene  rohen  Idole  einer  nackten  Göttin,    welche    man    gewöhnlich    als  Astartebilder 


7)  Einen  anderen  Ausweg  giebt  es  meiner  Ansicht 
nach  nicht.  Hätten  wir  auf  den  Dipylonvasen 
ein  Mal  nackte  weibliche  Gestalten  in  einer  situa- 
tionslosen Darstellung  —  etwa  so,  wie  wir  ge- 
schlechtslose Gestalten  auf  einem  Gefäfse  von 
Villanova  {Ann.  dell'  Inst.  1872  p.  177,  tav.  dagg. 
K,  17)  und  auf  mesopotamischen  Sarkophagen 
dargestellt  sehen  — ,  dann  könnten  wir  vielleicht 
derartige  Gefäfse  auch  ohne  fremde  Beeinflussung 
entstanden  denken.  Wir  könnten  den  Versuch 
wagen,  die  Nacktheit  des  weiblichen  Körpers  zu 
erklären,  sei  es  aus  persönlichen  Motiven  des 
Vasenmalers,  sei  es  aus  dem  Kultus.  So  weit 
meine  Kenntnis  reicht,  haben  sich  solche  Vasen 
nicht  gefunden.  Und  wenn  sie  sich  ein  Mal 
fänden,  könnten  sie  doch  unserer  Frage  keine 
andere  Wendung  geben.     Denn  es  ist  zwar  denk- 


bar, dafs  ein  Vasenmaler  aus  eigenem  Antriebe 
heraus  versucht,  auch  ein  Mal  den  weiblichen 
Körper  nackt  zu  malen;  es  ist  aber  nur  denk- 
bar bei  isolierten  weiblichen  Gestalten,  welche 
abgetrennt  sind  von  den  Bedingungen  der 
Kultur  und  des  täglichen  Lebens ,  oder  bei 
obseönen  Darstellungen.  Undenkbar  dagegen 
ist  es,  dafs  ein  Vasenmaler,  und  noch  dazu  ein 
solcher,  welcher  noch  in  den  allerersten  Anfän- 
gen künstlerischer  Entwicklung  steht,  von  selbst, 
ohne  Beeinflussung,  auf  den  Gedanken  kommen 
sollte,  eine  Genredarstellung  mit  nackten  mensch- 
lichen Frauen  zu  malen,  so  wie  wir  sie  auf 
unseren  Dipylonvasen  sehen,  und  noch  dazu  eine 
Genredarstellung,  welche  uns  in  den  tiefsten 
Ernst  und  Schmerz  des  Menschenlebens  ein- 
fuhrt. 


I02  Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


bezeichnet.  Man  hat  sie  gefunden  in  den  ältesten  Gräbern  von  Troia,  Mykenai  und 
Athen,  in  Ephesos,  auf  zahlreichen  Inseln  des  ägäischen  Meeres,  auf  Rhodos  und 
Kypros.  Das  Material,  aus  welchem  diese  Figuren  gearbeitet  sind,  ist  Gold,  Elfen- 
bein, Marmor,  Terracotta  und  glasierter  Thon.  Die  Darstellung  ist  im  wesentlichen 
immer  die  gleiche:  die  nackte  Göttin,  zuweilen  mit  Schmuck  behangen,  steht  mit 
geschlossenen  Beinen  da;  die  Arme  fassen  entweder  beide  an  die  Brüste,  oder  der 
eine  ruht  auf  dem  Busen,  der  andere  auf  dem  Leib,  oder  endlich  es  hängen  beide 
Arme  gerade  herab.  Die  Natur  des  Weibes  in  den  Brüsten,  Hüften  und  Genitalien 
ist  häufig  hervorgehoben  navec  une  maladroite  insistance« 18:  es  ist  eben  das  Idol 
einer  Göttin  der  Zeugung  und  der  Fruchtbarkeit,  und  zwar  einer  orientalischen 
Göttin.  Dies  geht  hervor  aus  der  weiten  Verbreitung  dieser  Figuren  auch  im  Oriente 
und  aus  den  Tauben,  welche  nach  phönikischem  und  kyprischem  Ritus  der  Göttin 
geweiht  sind  und  welche  auf  dem  Kopfe  oder  den  Schultern  einiger  der  ältesten 
dieser  Idole  ruhen.  Man  findet  diese  Figuren,  aufser  an  den  schon  angeführten 
Orten,  noch  in  Sardinien  und  Phönikien,  besonders  häufig  in  Mesopotamien. 

Die  Phöniker  und  die  Kyprier  haben  diese  Idole  verbreitet;  aber  sie  waren 
es  nicht,  welche  die  Göttin  zuerst  nackt  darstellten.  Vielmehr  haben  wir  die 
Heimat  dieser  Darstellung  in  Babylon  zu  suchen.  Hier  finden  sich  jene  zahlreichen, 
teilweise  sehr  alten  Cylinder,  welche  den  Typus  der  Göttin  nicht  selten  wieder- 
geben 19.  Dieselbe  Göttin  ist  im  Euphrat-  und  Tigrislande  auch  in  Statuetten  dar- 
gestellt worden,  in  Elfenbein,  in  Bronze  (?),  in  Terracotta20,  ja  in  einem  Unicum 
sogar  lebensgrofs  in  Stein2';  auch  die  nicht  übel  gearbeitete  Statuette  einer  nackten 
Frau  mit  einem  Kinde  an  der  Brust82  gehört  gewifs  in  diesen  Kreis. 

Die  Babylonier  haben  unzweifelhaft  diese  in  Asien  älteste  Darstellung  des 
nackten  weiblichen  Körpers  geschaffen;  von  den  Babyloniern  ist  dieselbe  zu  den 
Vorderasiaten  und  Europäern,  ja  sogar  zu  den  Ägyptern  übergegangen.  Aber  nicht 
aus  künstlerischen  Motiven  ist  dies  geschehen,  weil  etwa  die  nackten,  rohen  Idole 
den  Völkern  besonders  gefallen  hätten.  Sondern  wie  in  Mesopotamien  selbst  ledig- 
lich der  Kultus  der  »Astarte«  den  Anlafs  gab  zu  der  Bildung  ihrer  nackten  Idole, 
so  wanderten  dieselben  mit  den  Verehrern  der  Göttin  weiter.  Die  Kunst  und  der 
Schönheitssinn  sind  unbeteiligt  an  diesen  nackten  Bildungen:  sie  haben  sie  weder 
angeregt  noch  ihre  Verbreitung  begünstigt.  Und  die  Babylonier  selbst  haben  aus 
dieser  ältesten  Darstellung  ihrer  nackten  Liebesgöttin  so  wenig  Anregung  erhalten, 
dafs  ihre  künstlerische  Schöpfungskraft  auf  diesem  Gebiete  mit  dieser  einen  Gestalt 
völlig  versiegt  erscheint:  wir  finden  aufser  Istar  kaum  eine  völlig  nackte  weibliche 
Gestalt  in  der  mesopotamischen  Kunst;  dieselbe  weicht  vielmehr  der  Darstellung 
des  weiblichen  Körpers,  auch  des  bekleideten,  vor  allem  aber  des  nackten,  möglichst 

18)  Perrot-Chipiez  II    p.   508.  eines    Sohnes  des  Tiglatpilesar  [74$'—T27  Mas- 

19)  Vgl.  z.  B.   Perrot-Chipiez  II  Fig.   228  etc.  pero]).   —   Kopf   einer  Istarstatue    vgl.  Duncker 
M)  Perrot-Chipiez  II    p.   507,  604,  606  f.                               II5  S.  411. 

21)  Perrot-Chipiez    II    p.   515     (trägt    die     Inschrift      22)  Perrot-Chipiez  II  Fig.   297. 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  103 


aus23,  und  eine  ähnliche  Richtung  der  Kunst  können  wir  vielleicht  auch  bei  den 
von  den  Babyloniern  und  Assyrern  zeitweilig  beeinflufsten  Völkern  wahrnehmen, 
besonders  bei  den  Kypriern. 

Trotzdem  wäre  es  im  allgemeinen  denkbar,  dafs  diese  misogyne  babyloni- 
sche Kunst  mit  ihren  Astarteidolen  schliefslich  doch  durch  die  Vermittlung  der 
Phöniker  oder  Kyprier  hindurch  anderen,  empfänglicheren  Völkern  den  ersten  An- 
stofs  zur  Darstellung  des  nackten  weiblichen  Körpers  auch  in  profanen  Denkmälern 
gegeben  hätte,  im  besonderen  den  Griechen  den  Anstofs  zu  der  Bildung  der  nackten 
klagenden  Weiber  der  Dipylonvasen.  Heibig  hat  in  der  That  auf  die  phönikischen, 
in  Mykenai  und  an  anderen  Orten  gefundenen  goldenen  Idole  hingewiesen.  Ja,  er 
meint  sogar,  »die  Übereinstimmung«  zwischen  diesen  Astartebildern  und  den  Dipy- 
lonweibern  beschränke  sich  »keineswegs  auf  die  Nacktheit,  sondern  erstrecke  sich 
auch  auf  wesentliche  Eigentümlichkeiten  in  der  Wiedergabe  des  menschlichen 
Körpers«24.  Ich  mufs  gestehen,  dafs  ich  hierin  nur  einen  Zufall  zu  erkennen  ver- 
mag. Jene  Übereinstimmung  ist  doch  nur  eine  geringe.  Dafs  in  beiden  Darstellungen 
Kopf  und  Beine  in  der  Seitenansicht  gebildet  werden,  während  der  Leib  in  der 
Vorderansicht  erscheint,  dafs  beide  Fiifse  auch  im  Ausschritt  gleichmäfsig  aufgesetzt 
sind,  dies  ist  für  ägyptische  und  mesopotamische  Werke  gleicher  Weise  charak- 
teristisch wie  für  jene  Gegenstände  phönikischer  und  altgriechischer  Kunst;  der 
»auffällig  spitze  Gesichtswinkel«  findet  viel  nähere  Parallelen  in  einer  anderen 
Denkmälergattung,  welche  vielleicht  stilistisch,  aber  nicht  inhaltlich  die  Dipylon- 
vasen beeinflufst  haben  kann25.  Mindestens  ebenso,  grofs  wie  die  Ähnlichkeiten 
sind  —  wenn  man  derartige  Einzelheiten  überhaupt  betonen  darf  —  die  Abweichun- 
gen: die  eckige  Bildung  der  Schultern  und  Ellenbogen  bei  den  Frauen  der  Dipy- 
lonvasen erscheint  bei  den  Astartebildchen  mit  ihren  fleischigen  Formen  keineswegs 
als  charakteristisch;  von  der  nachdrücklichen  Hervorhebung  der  Brustwarzen  bei 
jenen  ist  bei  diesen  nichts  zu  sehen;  bei  diesen  sind  die  Genitalien  angedeutet,  bei 
jenen  nicht;  die  Hüfteneinziehung  ist  bei  diesen  gering,  bei  jenen  übertrieben. 

Vor  allem  aber  kann  der  Behauptung  Helbig's  nicht  beigestimmt  werden, 
dafs  den  Astarteidolen  »eine  ähnliche  Kunstrichtung«  zu  Grunde  liege  wie  den 
Darstellungen  auf  den  Thongefäfsen ;  vielmehr  ist  die  Kunstrichtung,  aus  welcher 
die  nackten  Frauen  der  Dipylonvasen  hervorgingen,  durchaus  verschieden,  ja  der- 
jenigen entgegengesetzt,  welcher  die  Astarteidole  entstammen.  Astartc  bleibt  immer 
eine  Göttin,  die  Göttin  der  Liebe  und  Fruchtbarkeit:  als  solche  ist  sie  von  den 
Babyloniern  und  Phönikern  nackt  dargestellt  worden;  als  solche  wurde  sie  in  ihren 
nackten  Idolen  von  den  Stämmen  des  ägäischen  Meeres  und  fernerer  Küsten 
gekauft,  lediglich,  weil  diese  Bilder  dem  religiösen  Glauben  dienten,  nicht  aber, 
weil  sie  einem  künstlerischen  oder  gar  sinnlichen  Gefallen  huldigten.  Die  Astarte- 
statuetten   werden    als    Idole    den   Verstorbenen    mit    in    das    Grab    gegeben.     Da- 

23)  Vgl.  Perrot-Chipiez  II    p.   108,  700  etc.  24)  Heibig  »D.  hom.  Epos«  S.   27. 

2i)  Vgl.  Furtwängler  A.   Z.   1885   Sp.  140. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts    I.  g 


IOA  Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


gegen  sind  die  Dipylonvasen  lediglich  ein  Schmuck  des  Grabes,  eine  Ehre  für 
den  Bestatteten;  wir  sehen  auf  ihnen  menschliche  Weiber,  nackt,  in  Reihen  auftre- 
tend und  mit  teils  ebenfalls  nackten,  teils  gerüsteten  Männern  zusammengestellt, 
um  einen  Toten  klagen.  Ich  wüfste  wirklich  nicht,  wie  jene  Vasenmaler  durch 
die  Idole  einer  Göttin,  durch  Idole,  welche  Einzelfiguren  sind  und  der  Verehrung 
geweiht  waren,  hätten  angeregt  werden  sollen,  menschliche  Weiber  in  einer  genre- 
haften Darstellung  in  langen  Reihen  nackt  zu  malen. 

Und  endlich  ist  vielleicht  auch  noch  das  folgende  zu  erwägen:  die  goldenen 
Astartebildchen,  welche  Heibig  zum  Vergleiche  herbeizieht,  weil  sie  noch  in  der 
archaischen  Schrittstellung  dargestellt  sind,  während  die  späteren  Idole  stehend 
gegeben  sind,  diese  goldenen  Figuren  sind  wohl  nur  in  den  ältesten  griechischen 
Gräbern  in  Mykenai  und  anderen  Orten  gefunden  worden,  in  Gräbern  also,  die  wir 
gewifs  der  vorhomerischen,  vorhistorischen  Periode  zuzuweisen  haben;  die  Dipylon- 
vasen dagegen  gehören  dem  Beginne  der  historischen  Zeit,  wie  später  zu  begründen 
sein  wird,  der  Mitte  des  7.  vorchristlichen  Jahrhunderts  an.  Zwischen  beiden 
Kunstwerken  liegen  mindestens  drei  Jahrhunderte:  sollten  dem  griechischen  Vasen- 
maler des  7.  Jahrhunderts  wirklich  noch  Astartebildchen  als  Vorbilder  vorgelegen 
haben,  die  man  um   1000  v.  Chr.  vereinzelt  vornehmen  Toten  mit  in's  Grab  gab? 

Die  Babylonier  können  also  das  Volk  nicht  gewesen  sein,  welches  die 
Griechen  dazu  anregte,  ein  Weib  nackt  darzustellen,  nnd  zwar  in  einer  in  gewissem 
Sinne  rein  künstlerischen  Absicht,  nicht  mehr  nur  zu  ritualen  Zwecken.  Es  bleiben 
somit  nur  die  Phöniker  und  die  Ägypter  übrig.  Denn  bei  den  kleinasiatischen 
Völkern  kennen  wir  keine  einzige  Darstellung  des  nackten  weiblichen  Körpers, 
welche  älter  wäre  als  unsere  Vasen  vom  Dipylon. 

Die  Phöniker  haben  die  Erzeugnisse  ihres  Kunsthandwerks  unter  anderem 
auch  mit  Darstellungen  nackter  Frauen  geschmückt.  Dies  beweist  z.  B.  jene  silberne 
Schale20,  welche  in  Golgoi  auf  Kypros  gefunden  worden  ist.  Wir  sehen  da  eine 
genrehafte  Scene,  eine  Belustigung  auf  dem  Wasser,  und  in  den  Kähnen  stehen 
völlig  nackte  Musikantinnen.  Doch  dürfen  wir  auch  bei  diesen  Denkmälern  noch 
nicht  Halt  machen.  Denn  diese  Schale  ist  auf  Kypros,  nicht  in  Griechenland 
gefunden  worden;  im  eigentlichen  Griechenland  sind  solche  Schalen  bisher  noch 
nicht,  oder  nur  in  einem  Falle,  in  Olympia,  ausgegraben  worden";  man  müfste 
erwarten,  dafs  eines  dieser  Kunstwerke,  wenn  sie  die  Vorbilder  unserer  Vasen 
gewesen  wären,   auch   ein  Mal   in  einem  der  Dipylongräber  gefunden  worden  wäre. 


26)  Abgeb.  Cesnola  »Cyprtis«  pl.  XI.  Olympia    stammen,    vgl.    Milchhoefer    a.  a.  O., 

27)  Über  diese  verhältnismäfsig  häufigen  Schalen  s.  indessen  Perrot -Chipiez  III  p.  782  note; 
vgl.  Perrot-Chipiez  III  p.  753.  —  Über  ihre  abgeb.  bei  Euting  »Me'm.  de  V Acad.  de  St.  Pe- 
Herkunft  (Assyrien-Nimrud;  Kypros;  Salerno,  tersbourg«  XVII.  (1872)  PI.  40,  besser  bei  Perrot- 
Praeneste,  Caere,  Chiusi)  vgl.  Milchhoefer  »An-  Chipiez  III  Fig.  550  p.  782.  Diese  Schale  zeigt 
fange  der  Kunst«  S.  147  und  Anm.  1 ;  Heibig  »D.  künstlerisch  und  inhaltlich  grofse  Verschieden- 
I111111.  Epos«  S.  173  Anm.  I.   —  Die  eine  Schale  heiten  von  den  übrigen. 

des    Varvakeion    in    Athen    soll    angeblich    aus 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  105 


Wie  aber  überhaupt  in  den  Gräbern  dieses  Stiles  die  Metallgegenstände  selten  sind, 
ganz  im  Gegensatz  zu  den  nichtgriechischen  Gräbern,  aus  welchen  solche  Schalen 
zum  Vorscheine  kamen,  so  sind  es  vor  allem  importierte  metallene  Kunstgegen- 
stände, welche  unter  den  Funden  nicht  erscheinen.  Die  Dipylongräber  sind  ver- 
hältnismäfsig  arm  an  Metall;  schon  dieser  eine  Umstand  steht  der  Annahme  einer 
Entlehnung  aus  phönikischen  Metallgegenständen  entgegen.  Und  wenn  wir  auch 
annehmen  wollten,  die  Phöniker  hätten  ihre  Kunsterzeugnisse  häufiger  mit  derartigen 
nackten  Musikantinnen  geschmückt  und  in  der  Zeit  der  Dipylonvasen  häufiger  auch 
nach  Griechenland  importiert,  so  hätten  diese  doch  höchstens  den  Maler  des  Kopen- 
hagener Gefäfses  /  anregen  können;  es  ist  aber  schon  bemerkt  worden,  dafs 
dieses  zu  den  spätesten  Erzeugnissen  des  Dipylonstiles  zu  rechnen  ist.  Die  ältere 
Vase  mit  einem  Reigentanze  (K)  zeigt  uns  gerade  bekleidete  Tänzerinnen.  Wir 
müssen  von  den  nackten  Weibern  in  den  Bestattungsvasen  ausgehen,  und  für  diese 
bietet  uns  auch  die  phönikische  Kunst  keine  Parallele.  Dagegen  weist  uns  schon 
der  Stil  jener  phönikischen  Schale  deutlich  auf  die  ägyptische  Kunst  hin. 

Die  ägyptische  Kunst  huldigt  wie  keine  andere  dem  Grundsatze,  die  Formen 
des  Körpers,  auch  wenn  er  bekleidet  ist,  so  viel  wie  möglich  hervortreten  zu  lassen. 
Es  gilt  dies  sowohl  für  männliche  wie  für  weibliche  Gestalten,  wofür  Beispiele 
anzuführen  überflüssig  ist;  doch  möchte  ich  für  Darstellungen  von  Frauen  wenigstens 
auf  Bilder  wie  bei  Perrot -Chipiez  I  (Deutsche  Ausgabe)  Taf.  XII  und  Fig.  524  hin- 
weisen, und  besonders  auf  die  ganz  sonderbare  Wiedergabe  von  Frauen  in  der 
Rückenansicht  bei  Lepsius  III  5,  Taf.  42  (XVII./XVIII.  Dynastie  =  ca.  1500 v.Chr.). 

Hier,  in  der  ägyptischen  Kunst,  haben  wir  die  Vorbilder  der  Gefäfse  vom 
Dipylon  zu  suchen.  Und  hier  finden  wir  sie  auch  in  jenen  überaus  häufig  wieder- 
holten Darstellungen,  welche  in  den  Gräbern  die  Landgüter  des  Verstorbenen  in 
der  Gestalt  von  Frauen  auf  den  Toten  zuschreiten  lassen.  Die  Frauen  sind  zuweilen 
ganz  nackt,  wie  in  den  Reliefs  bei  Perrot- Chipiez  I  Fig.  99  und  485  f.,  meist  so  gut 
wie  nackt  (zahlreiche  Beispiele  vgl.  bei  Lepsius  II  3,  Taf.  1 — 81). 

In  diesen  Reliefs  stimmt  das  Dahinschreiten  der  Frauen  mit  gleichmäfsig 
aufgesetzten  Füfsen,  die  eckigen  Schultern  und  Ellenbogen  der  erhobenen  Arme, 
die  Nacktheit,  ja  sogar  die  nachdrückliche  Angabe  der  Brustwarzen  mit  den  Dipy- 
lonvasen überein.  Wir  finden  also  nicht  nur  Ähnlichkeit  in  der  Bildung  von  Einzel- 
heiten —  was  zufällig  sein  könnte  — ,  sondern  vor  allem  auch  Übereinstimmung  im 
Gegenstande  der  Darstellungen,  nämlich  in  den  reihenweise  auf  den  Toten  zu- 
schreitenden Klagenden:  dies  geht  über  den  Zufall  hinaus. 

Fast  alle  Bilder  unserer  Gefäfse  sind  reines  Genre;  ebenso  spielt  das  Genre 
in  der  ägyptischen  Kunst  eine  grofse  Rolle.  Die  Kunst  der  Ägypter  wie  die  der 
Dipylonvasenmaler  knüpft  an  den  Totenkult  an,  oder  vielmehr  sie  hängt  unlösbar 
mit  dem  Totenkult  zusammen  und  entnimmt  demselben  einen  Teil  ihrer  Genrebilder. 
Diese  ägyptischen  Reliefs  stehen  sowohl  formell  wie  ideell  in  der  engsten  Ver- 
bindung mit  den  Dipylonvasen.  Bei  den  Ägyptern  können  wir  es  uns  erklären,  wie 
der  Künstler    dazu    kam,    seine    weiblichen   Gestalten    so    gut    wie   nackt  und  ganz 


jq6  Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


nackt  zu  bilden:  die  ganze  Richtung  der  ägyptischen  Kunst  drängte  darauf  hin. 
Bei  den  griechischen  Vasenmalern  dagegen  können  wir  dieselbe  Erscheinung  nicht 
anders  als  aus  fremdem  Einflufs  erklären.  Die  Dipylongefäfse  stehen  in  dieser 
Beziehung  vollkommen  einsam  unter  den  Resten  der  alten  griechischen  Kunst,  und 
doch  haben  wir  deren  zu  viel,  als  dafs  wir  diese  Erscheinung  einer  Lücke  unserer 
Ueberlieferung  zuschreiben  dürfen.  Nur  im  Stil  und  in  der  Dekoration  knüpfen  die 
Dipylonvasen  an  älteres  an;  inhaltlich  wird  diese  Darstellung  des  nackten  weiblichen 
Körpers  in  einer  Genrescene  durch  nichts  älteres  vorbereitet,  durch  nichts  jüngeres 
fortgesetzt.  Weder  die  bei  Homer  geschilderte  Kunst  kennt  völlig  nackte  Frauen, 
noch  die  Zeit,  welche  uns  durch  die  Inselsteine  oder  die  orientalisierenden  Cylinder, 
die  melischen  Gefäfse,  die  schwarzfigurigen 38  und  die  älteren  rotfigurigen  Vasen 
vertreten  wird.  Und  unter  den  Dipylonvasen  selbst  wieder  nehmen  die  ältesten, 
eben  unsere  Bestattungsvasen,  nicht  nur  inhaltlich,  sondern,  wie  oben  gezeigt  wurde, 
auch  formell  eine  besondere  Stellung  ein.  Jener  Horror  vacui,  welcher  jeden 
Zwischenraum  zwischen  den  einzelnen  Figuren  mit  den  regelmäfsig  wiederkehrenden 
liegenden  i  ausfüllt  —  nicht  das  Ausfüllen  der  Zwischenräume  überhaupt,  sondern 
das  symmetrische  Ausfüllen  zeichnet  diese  Vasen  vor  anderen  aus  —  ist  weder 
phönikisch  noch  assyrisch  noch  altgriechisch,  sondern  speziell  ägyptisch.  Die 
Ägypter  schrieben  zwischen  die  Figuren  ebenso  zum  Schmuck  wie  zur  Erklärung 
ihre  Hieroglyphen;  die  Griechen,  welche  damals  kaum  lesen  und  schreiben  konnten 
und  doch  solche  ägyptische  Vorbilder  so  gut  oder  so  schlecht  sie  vermochten, 
nachahmten ,  malten  dafür  ihre  Zickzacks,  Kreise  und  ähnliche  Ornamente.  Wir 
hätten  in  unseren  Vasen  gewissermafsen  die  dritte  Stufe  von  Nachahmung 
ägyptischer  Hieroglyphen:  die  Phöniker  setzten  auf  ihre  ägyptisierenden  Fa- 
brikate entweder  wirkliche  Hieroglypheninschriften  oder  Hieroglyphenzeichen  ohne 
Sinn;  die  Griechen  setzten  an  Stelle  der  Hieroglyphenzeichen  lediglich  dekorative 
Ornamente. 


ZEIT  UND  HEIMAT  DER  DIPYLONVASEN. 
Um  unsere  Hypothese  einer  Entlehnung  aus  Ägypten  völlig  zu  begründen, 
ist  es  nötig  auf  drei  Fragen  eine  Antwort  zu  suchen.  Nämlich  erstens:  haben 
wir  einen  unmittelbaren  Einflufs  der  ägyptischen  Kunst  auf  die  Maler  der  Dipylon- 
gefäfse anzunehmen  oder  dürfen  wir  uns  bei  einer  Vermittlung  der  Phöniker  zu- 
frieden geben?  Zweitens:  ist  in  der  Zeit,  in  welcher  die  Dipylonvasen  anzusetzen 
sind,  ein  direkter  Einflufs  Ägyptens  auf  die  Griechen  überhaupt  möglich  oder 
wahrscheinlich?  Und  drittens:  ist  die  Erscheinung  eines  Zusammenhanges  zwischen 
Ägypten  und  Griechenland  eine  vereinzelte,  oder  finden  sich  Analoga  in  der  Periode, 


28)  Die  obscönen  natürlich  ausgenommen.    Wie  sehr  Vasenbilder  mit  dem  Ringkampf  des  Peleus  und 

die  ältere  griechische  Kunst  die  Darstellung  eines  der  Atalante  bezeichnende  Beispiele, 

ganz  nackten  Weibes  scheute,    dafür   bieten  die 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  IQ7 


welche  durch  die  Dipylongräber  charakterisiert  wird,    in    der    vorhergehenden    und 
in  der  nachfolgenden  Periode29? 

Besonders  ein  Umstand  steht  der  Annahme  einer  phönikischen  Vermittlung 
entgegen.  Abgesehen  nämlich  davon,  dafs  wir  auf  phönikischen  Kunstwerken  eine 
Bestattung  überhaupt  nicht,  geschweige  denn  eine  solche  mit  nackten  Frauen 
vorfinden,  so  erscheinen  jene  ägyptischen  Reliefs,  von  welchen  die  Darstellung 
unserer  Bestattungsvasen  beeinflufst  worden  sein  mufs,  nur  auf  Denkmälern  des 
alten  und  dann  wieder,  nach  Jahrhunderte  langer  Unterbrechung,  auf  solchen 
des  neuen  Reiches;  die  ägyptischen  Künstler  des  mittleren  Reiches  kennen  diese 
Darstellung  —  meines  Wissens  —  überhaupt  nicht.  Also  gerade  in  den  Jahr- 
hunderten, in  welchen  die  Phöniker  auf  die  Griechen  hätten  einwirken  hönnen, 
fehlen  in  Ägypten  die  Vorlagen,  von  welchen  unsere  Bestattungsvasen  abhängen. 
Man  könnte  nun  zwar  annehmen,  dafs  im  Laufe  der  Jahrhunderte  eines  oder  mehrere 
jener  Gräber  des  alten  Reiches  erbrochen  worden  wären  und  offen  gestanden  hätten, 
so  dafs  ein  Phöniker  jene  Reliefs  hätte  sehen  und  nachahmen  können;  man  könnte 
ferner  annehmen,  dafs  uns  zufällig  gerade  die  phönikischen  Kunstwerke,  welche  die 
Vorbilder  der  Dipylonvasen  gebildet  hätten,  verloren  gegangen  wären.  Indes  diese 
Annahmen  wären  rein  willkürliche,  und  wir  werden  uns  um  so  weniger  zu  ihnen 
verstehen,  wenn  wir  finden,  dafs  die  Griechen  zu  der  Zeit,  in  welcher  die  Dipylon- 
gefäfse  entstanden  sind,  bereits  in  Ägypten  heimisch  waren,  und  zwar  in  eben  jener 
Zeit,  in  welcher  die  ägyptische  Kunst  eine  Periode  der  Renaissance  erlebte,  in 
welcher  die  ägyptischen  Künstler  auf  die  Vorlagen  der  Künstler  des  alten  Reiches 
und  unter  anderem  auch  auf  jene  Grabreliefs  zurückgriffen. 

Man  war  früher  geneigt,  die  Frage  nach  dem  Alter  der  Vasen  vom  Dipylon 
—  es  handelt  sich  hier  immer  nur  um  die  mit  Genrescenen  bemalten,  die  Vasen 
unserer  dritten  Gattung  —  dahin  zu  beantworten,  sie  möchten  wohl  noch  vor  oder 
kurz  nach  der  homerischen  Zeit  anzusetzen  sein30.  Dann  fand  man  aber  doch 
gegenüber  der  homerischen  Kultur  zu  viele  Abweichungen  und  Fortschritte,  als  dafs 
man  diesen  Ansatz  hätte  für  wahrscheinlich  halten  können.  Auch  diese  Frage  ist 
durch  Heibig31  bedeutend  gefördert  worden.  Die  auf  zweien  oder  dreien  unserer 
Vasen  (L — N)  dargestellten  langgestreckten  Schiffe  mit  Schnäbeln  geben  uns 
einen  ziemlich  sicheren  chronologischen  Anhalt.  Homer  kennt  noch  nicht  Schiffe, 
welche  derartig  zu  einem  Seekampfe  ausgerüstet  sind;  dagegen  sind  solche  auf 
einem  assyrischen  Relief  aus  Kujundschik  dargestellt,  in  dem  Palaste  des  Königs 
Sanherib32.     Also    um    die   Wende   des  VIII.  und  VII.   vorchristlichen  Jahrhunderts 


29)  Die  Beantwortung  dieser  dritten  Frage  mufs  ich  Die  Veranlassung   zu   diesem  Relief  fällt  wol  in 
mir  auf  eine  andere  Gelegenheit  aufsparen.  die  Jahre  703 — 701 ;    denn  nach  der  Niederlage 

30)  Vgl.    S.  97  Anm.  4.  von  Eltekeh    kam  Sanherib    nicht    wieder    nach 

31)  »D.  hom.  Epos«  S.   56  f.  Syrien.     »Sanherib    blieb    in    Ninive«    berichten 
3!)  Sanherib  704 — 681  (Maspcro);  das  Relief  abgeb.  lakonisch    Kon.  II   19,   36.  —    Die  dargestellten 

bei    Layard    »  monuments  of  Nineveh «   I    PI.   71.  Schiffe  sind  entweder  kyprische  oder  phönikische; 

Daraus   zwei  Schiffe  bei  Heibig  a.  a.   O.  Fig.  6.  ein  drittes  ist  vollkommen   ausgeschlossen.     Ich 


I08  Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


waren  an  der  syrischen  Küste  Schiffe  mit  dem  Schnabel  zum  Seekampfe  bewehrt. 
»Ob  diese  Erfindung,«  fährt  Heibig  fort  «die  in  der  weiteren  Entwicklung  des  See- 
wesens eine  hervorragende  Bedeutung  gewann,  von  den  Phönikiern,  den  Griechen 
oder  etwa  den  Karern  gemacht  wurde,  läfst  sich  nicht  mit  Bestimmtheit  entscheiden.» 
Ich  meine,  es  handelt  sich  hier  weniger  um  die  Frage,  welches  Volk  den  Schiffs- 
schnabel erfunden  hat,  als  vielmehr  darum,  welches  Volk  zuerst  die  wirklichen 
Kriegsschiffe,  die  irXoia  [xaxpa',  welche  wir  zum  ersten  Male  auf  den  Dipylonvasen 
sehen,  erbaut  hat,  und  zu  welcher  Zeit  dies  geschehen  ist.  Und  diese  Frage  läfst 
sich  dahin  beantworten,  dafs  die  Korinther  kurz  vor  704  die  ersten  Pentekontoren 
gebaut  haben. 

Unter  den  Nicht-Hellenen  haben  die  Phöniker,  unter  den  Hellenen  die 
Korinther  für  die  Ausbildung  des  Seewesens  das  beste  gethan.  7rp<öxoi  Ss  KopivDtoi 
—  schreibt  Thukydides  I  13,  2  —  Xsfoviai  sypxaxa  xoö  vüv  xpoTrou  jxsxa^sipiaai 
xa  usp!  xa?  vaü?,  xal  xpt^pst?  rcpükov  sv  Kopivvhp  xtjs  'EXXaoo?  vauizrflrfirpoa.  cpaivsxai 
8k  xal  2a;xtots  'AiaeivoxXtjs  Koptvöio?  vauTcrj-fo;  vaüc  Trot^aas  xsaaapa?,  Ixt)  o°  iaxl 
;j.dXtata  xpiaxoaia  es  xtjv  xeXsüxtjv  xouos  toü  tzoK£\i.ou,  oxs  'AjxeivoxXtjs  ^ajxiVjts  TjXfts  (d.  i. 
704  v.  Chr.)  vau[j.a}(ia  xs  TraXaixäx7)  (uv  i'cjjisv  yYVcxat  KoptviKtov  Ttpo?  K^pxupalous•  ein) 
os  jxaXtaxa  xal  xauxio  eS^xovxa  xal  oiaxoaia  saxt  P'S/pi  xw  aüxou  }(p6vou  (d.  i.  664  v.  Chr.) 33. 
Im  Jahre  704  ging  also  der  Schiffsbaumeister  Ameinokles  von  Korinth  nach  der 
Insel  Samos,  um  den  Samiern  für  den  lelantischen  Krieg  vier  Schlachtschiffe  zu 
bauen.  Es  ist  äufserst  auffällig,  dafs  die  Bewohner  einer  reichen  und  zwar  nicht 
am  wenigsten  durch  Handel  reichen  Insel  sich  von  Korinth  einen  Schiffsbaumeister 
holen  müssen.  Es  läfst  sich  dies  nur  dadurch  erklären,  dafs  zu  dieser  Zeit  in 
Korinth  auf  dem  Gebiete  der  Schiffsbaukunst  eine  Neuerung  eingetreten  ist,  welche 
sich  noch  nicht  weiterhin  über  die  Küsten  und  Inseln  des  ägäischen  Meeres  ver- 
breitet hatte.  In  der  That  denken  denn  auch  fast  alle,  welche  über  dieses  Ereignis 
geschrieben  haben,  an  die  Erfindung  der  Trieren.  Thukydides  überliefert  uns  ja, 
dafs  Trieren  in  Hellas  zuerst  in  Korinth  gebaut  worden  sind,  und  die  jüngeren 
Schriftsteller,  welche  von  Ameinokles  berichten,  nennen  ihn  geradezu  einen  xpujpownoc. 

Und  doch  darf  man,  wie  ich  mit  Classen  annehme,  in  dieser  Zeit  —  um 
704  v.  Chr.  —  an  Trieren  noch  gar  nicht  denken.  Unser  bester  Gewährsmann, 
Thukydides,  nennt  den  Ameinokles  nur  einen  vauKr^o?,  und  er  bezeugt  ausdrücklich, 
dafs  es  in  Griechenland  lange  Zeit,  bis  kurz  vor  den  Perserkriegen,  sehr  wenige 
Trieren  gab34.  Die  im  6.  Jahrhundert  seemächtigen  Ägineten  bedienten  sich  noch 
der  Pentekontoren35;  die  reichen  Korkyräer  und  die  Tyrannen  von  Sicilien  erbauten 
Trieren  in  gröfserer  Anzahl  erst  am  Ende  des  6.  und  Anfang  des  5.  Jahrhunderts36; 

bezeichne  sie  als  phönikische;    für   diese  Unter-  35)  Thuk.   I   14,   3. 

suchung   ist    es    gleichgiltig,    welcher    von    den  36)  Thuk.  I    14,  2.  —   Ich  billige  hier  vollkommen 

beiden  Nationen  sie  angehören.  die    Ansicht    von    Classen    zu    Thuk.   I    13,   2: 

33)  Von  Cap.  14  an  geht   dann  Thukydides  auf  die  »Kriegsschiffe,    das    sind    hier    vaüs,  doch  nicht 
Entwicklung  des  Trierenbaues  ein.  Trieren,    die    auch    in   Korinth    erst    später   an- 

34)  Thuk.  I   14,   1.  zunehmen  sind.« 


Kroker,   Die  Dipylonvasen. 


iog 


jene   berühmte   Seeschlacht  zwischen   den   Korinthern   und   Korkyräern  wurde   dem- 
nach gewifs  noch  ganz  mit  den  alten  Pentekontoren  ausgefochten. 

Wir  dürfen  die  Erbauung  der  ersten  Trieren  auf  keinen  Fall  in  das  8.  Jahr- 
hundert hinaufdatieren.  Dies  beweisen  noch  sicherer  die  Stachelschiffe  auf  dem 
Relief  von  Kujundschik.  Vergleichen  wir  nämlich  die  auf  dem  Relief  mit  dem 
Stachel  und  ohne  denselben  dargestellten  Fahrzeuge,  so  sehen  wir  mit  einiger 
Überraschung,  dafs  dieselben  eine  wesentlich  gleiche  Gestalt  haben:  sie  sind  über- 
aus hochbordig,  ja,  die  Schlachtschiffe  haben  ein  noch  höheres  Verdeck  als  die 
unbewehrten  Schiffe.  Hochbordig  waren  sicher  auch  die  homerischen  Schiffe,  wie 
ihre  Beiworte  xoptuvße?  und  (isfÄXi^Tse?  beweisen.  Sie  hatten  im  wesentlichen  eine 
gleiche  Gestalt  wie  die  phönikischen  -fauW.  Derartige  Fahrzeuge  mit  hohen  Wan- 
dungen eignen  sich  nun  gewifs  dazu,  als  Transportschiffe  zu  dienen;  dagegen  dürfen 
wir  ihnen  eine  gröfsere  Beweglichkeit  und  Manövrierfähigkeit  absprechen.  Diese 
aber  besitzen  gerade  die  niederbordigen  schlanken  Schlachtschiffe,  welche  auf 
den  Dipylonvasen  uns  zum  ersten  Male  entgegentreten.  Die  Erbauung  solcher 
Schiffe  ist  eine  durchgreifende  Umbildung,  eine  bewufste  Umwälzung  auf  dem 
Gebiete  des  Schiffsbaues  und  der  bis  dahin  herrschenden  Taktik.  Der  vauTCT)-^?  hat 
vollkommen  mit  den  alten  Überlieferungen  gebrochen  und  eine  neue  Gestalt  des 
Schiffsrumpfes  ersonnen,  dessen  ganze  Stärke  sich  in  dem  Stachel  sammelt.  Diese 
Schiffe  sind  wahre  Schlachtschiffe;  jene  phönikischen  dagegen  sind  eigentlich  nur 
die  alten  vv)s?  aixcpisMccjoit  \i.zyA/.rl-z.zi ,  denen  man  das  Vorderteil  abgeschnitten  und 
einen  Stachel  angesetzt  hat. 

Die  Denkmäler  berichten  hier  eine  Thatsache,  über  welche  die  Berichte 
der  alten  Schriftsteller  uns  nicht  genügend  Auskunft  geben:  die  ältesten  Kriegs- 
schiffe waren  nicht  die  irXota  }j.axpa,  sondern  schon  ehe  diese  konstruiert  wurden, 
segelten  auf  dem  Mittelmeere  Stachelschiffe ,  deren  Gestalt  unmittelbar  aus  der 
Gestalt  der  alten  Kauffahrer  hervorgegangen  war37. 

Wir  haben  drei  grofse  Neuerungen  auf  dem  Gebiete  des  Schiffsbauwesens 
auseinanderzuhalten.  Die  erste  besteht  in  dem  Anfügen  des  Stachels  an  die  alten 
Transportschiffe,  ohne  wesentliche  Veränderungen  des  Schiffsrumpfes.  Die  zweite 
und  wichtigste  tritt  uns  entgegen  in  der  Umbildung  der  Gestalt  dieser  primitiven 
Kampfschiffe:  in  der  Erbauung  der  TdoTa  \ioly.[m.  Die  dritte  endlich  beruht  in  der 
allmählichen  Vermehrung  der  Agressivkraft  dieser  Schlachtschiffe:  sie  gipfelt  in  den 
dreifachen  Ruderbänken  und  dem  Ganzverdeck  der  Trieren38. 


37)  Wenn  die  griechischen  Schriftsteller  von  fxaxpä 
■z\oiot  vor  700  sprechen,  so  verwechseln  sie  diese 
mit  jenen  primitiven  Stachelschiffen,  für  welche 
ich  keinen  Terminus  technicus  finde. 

38)  Ich  wage  nicht  zu  bestimmen ,  von  welchem 
Volke  die  erste  Neuerung  ausging.  Dagegen 
liegt  der  Schlufs  nahe,  dafs  die  dritte  von  den 
Phönikern  herrührt.  Bereits  auf  jenem  assyrischen 
Relief  sind  die  vtjej  dfJitfteXiaaai  und  die  unförm- 


lichen Stachelschiffe  mit  doppelten  Ruderbänken 
versehen.  Die  Phöniker  hatten  also  bereits  mit 
ihren  focSkrA  eine  gröfsere  Geschwindigkeit  zu 
erreichen  gesucht,  indem  sie  denselben  eine 
zweite  Ruderreihe  anfügten.  Sie  übertrugen  diese 
Neuerung  auch  auf  jene  primitiven  Schlacht- 
schiffe, deren  sie  sich  noch  701  bedienten.  Nicht 
allzu  lange  darnach  werden  sie  genötigt  worden 
sein,    gegenüber    den    griechischen   |j.axpa  TtXoia 


I  io  Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


An  den  Schiffen  der  Phöniker  auf  dem  assyrischen  Relief  sehen  wir  die 
erste  Neuerung,  an  den  Schiffen  der  Griechen  auf  den  Dipylonvasen  die  zweite. 
Sollten  wir  nun  in  jenem  Ameinokles  einen  xpnjpowiio;  erkennen,  so  würden  wir  zu 
der  Annahme  gezwungen  werden,  dafs  die  Griechen  zu  einer  Zeit,  in  welcher  die 
seetüchtigen  Phöniker,  noch  innerhalb  der  Schranken  der  ersten  Erfindung,  jene 
plumpen  Schlachtschiffe  bauten,  nicht  allein  die  zweite  Stufe  schon  überwunden, 
sondern  auch  bereits  die  dritte  Neuerung  gemacht  und  Trieren  gebaut  hätten. 
Dies  ist  undenkbar.  Die  Phöniker  und  die  Griechen,  die  sich  jährlich  auf  den 
Meeren  begegneten,  haben  sich  gewifs  jede  Neuerung  bald  abgesehen,  ja  sie  mufsten 
dies  thun  auf  einem  Gebiete,  auf  welchem  sie  um  ihre  Existenz  rangen.  Jede 
Neuerung,  welche  dem  einen  Volke  ein  Übergewicht  gab,  zwang  das  andere,  wie 
heutzutage,  binnen  kurzer  Zeit  nachzufolgen;  ganz  besonders  mufste  dies  der  Fall 
sein,  wenn  die  Neuerung  zu  einer  förmlichen  Umwälzung  der  bis  dahin  herrschen- 
den Taktik  führte.  Welche  Gestalt  die  phönikischen  Kriegsschiffe  im  Jahre  701 
hatten,  darüber  klären  uns  jene  assyrischen  Denkmäler  auf,  welche  sicher  datiert 
sind.  Ob  die  Griechen  zu  derselben  Zeit  noch  auf  ganz  derselben  Stufe  gestanden 
haben  oder  ob  sie  vielleicht  schon  seit  kurzem  auf  die  nächste  gelangt  waren, 
darüber  schweigen  die  Denkmäler;  denn  die  Dipylonvasen  können  wir  nicht  sicher 
datieren,  vielmehr  suchen  wir  das  Datum  derselben  erst  aus  der  Entwicklung  des 
Schiffsbauwesens  zu  bestimmen.  Dagegen  treten  nun  hier  die  schriftlichen  Zeugnisse 
ein  und  erzählen  uns  für  das  Jahr  704  von  einer  in  Korinth  vollzogenen  Umwälzung 
auf  dem  Gebiete  der  Schiffsbaukunst.  Diese  Umwälzung,  von  deren  Ergebnis  laut 
Zeugnis  des  Thukydides  noch  nicht  einmal  die  Samier  genauere  Kenntnis  hatten, 
während  laut  Zeugnis  des  assyrischen  Reliefs  die  Phöniker  überhaupt  noch  gar  nicht 
von  ihr  berührt  worden  waren,  —  diese  Umwälzung  darf  nicht  in  der  Erfindung 
der  Trieren,    sie    mufs   vielmehr  in  der  Erbauung   der  ersten  Pentekontoren  erkannt 


(welche  kurz  vor  704  zuerst  in  Korinth  erbaut  ren.  In  der  Schlacht  bei  Lade  kämpften 
worden  sind  und  welche  wir  zum  ersten  Male  etwa  600  phönikisch-ägyptische  Trieren,  350  io- 
auf  den  Dipylonvasen  sehen)  die  Konstruktion  nische;  zu  derselben  Zeit  gab  es  in  Griechenland 
auch  ihrer  Kriegsschiffe  umzuändern.  Da  sie  noch  gar  nicht  viele  Trieren :  diese  Zahlen  deuten 
aber  schon  vorher  an  Doppelruderer  gewöhnt  vielleicht  auch  darauf  hin,  dafs  die  Trieren  von 
waren,  so  kann  bei  ihnen  die  dritte  Neuerung  Osten  kamen;  sonach  ist  des  Thukydides  Zeug- 
(zuerst  Zwei-,  dann  Dreiruderer)  bald  im  Laufe  nis  rcpüvrov  £v  Kopivikp  ttjc  EXXäoo;  wohl  wörtlich 
des  VII.  Jahrh.  erfolgt  sein.  —  Früher  als  die  von  dem  eigentlichen  Griechenland  zu  verstehen. 
Hellenen  des  eigentlichen  Griechenlands  und  3")  Dasselbe  Resultat  erhalten  wir  aus  den  S.  108 
Italiens  scheinen  die  Ionier  eine  bedeutende  angeführten  Worten  des  Thukydides  I  13,  2. 
Trierenflotte  besessen  zu  haben.  Polykratcs  Es  soll  dort  doch  wohl  nicht  mit  verschiedenen 
(f  521)  war  zu  seiner  Zeit  im  ägäischen  Meere  Worten  dasselbe  gesagt  werden  (vgl.  auch  Cias- 
unbestritten der  mächtigste;  seine  Flotte  zählte  sen);  vielmehr  bezeichnet  das  Trpcüxoi  os  K.  xtL 
etwa  80  Trieren  (vgl.  Duncker  VI5  S.  513),  eine  Neuerung,  welche  nicht  mit  dem  in  Hellas 
aufser  diesen  —  es  ist  dies  recht  bezeichnend  ebenfalls  in  Korinth  zuerst  geübten  Tr-ierenbau 
—  noch  100  Pentekontoren :  Ilerodot  III  39.  identisch,  sondern  nur  eine  Vorstufe,  aber  eine 
Also  noch  in  der  berühmten  Flotte  des  Poly-  für  den  ganzen  späteren  Seekampf  charakte- 
krates     gab    es     mehr   Pentekontoren     als    Trie-  ristische  gewesen  ist:    was   kann  dies  aber  sein, 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  m 


Kujundschik  und  den  Pentekontoren  der  Dipylonvasen  in  der  Mitte:  diese  Vasen 
müssen  nach  704  v.  Chr.  gemalt  worden  sein,  und  zwar  nicht  allzu  bald  nach 
diesem  Jahre.  Denn  das  ist  sicher,  dafs  wir  in  Körinth,  der  Heimat  der  Pente- 
kontoren, nicht  die  Heimat  unserer  Dipylonvasen  vermuten  dürfen. 

Vielleicht  gestattet  nun  ein  anderer  Umstand,  in  Verbindung  mit  der  Frage 
nach  der  Herkunft  unserer  Gefäfse,  eine  genauere  Datierung  derselben.  Einzig  und 
allein  in  den  riesigen  Dipylonvasen  ist  eine  wirkliche  Seeschlacht  dargestellt,  nicht 
nur  ein  Kampf  zwischen  zwei  einzelnen  Seeräubern:  es  kämpfen  mehrere  Schiffe 
gegen  einander,  die  Toten  liegen  auf  dem  Verdeck,  die  Verwundeten  stürzen  in's 
Meer  herab.  Diese  Darstellung  ist  so  aufserordentlich,  dafs  man  nicht  umhin  kann, 
auch  eine  ausserordentliche  Veranlassung  anzunehmen.  Es  mufs  eine  wirkliche 
Seeschlacht  vorausgegangen  sein,  ehe  einfache  Vasenmaler  auf  den  Gedanken 
kommen  konnten,  eine  solche  darzustellen,  und  sie  mufs  grofses  Aufsehen  erregt 
haben,  wenn  ihre  Darstellung  auf  Käufer  bei  einem  Volke  rechnen  konnte,  welches 
sich  damals  noch  kaum  auf  die  See  wagte,  geschweige  denn  eine  Seeschlacht 
liefern  konnte,  wie  die  Athener.  Denn  ich  glaube,  wir  haben  in  den  Dipylonvasen 
der  dritten  Gattung   einheimisches  attisches  Fabrikat  zu  erkennen. 

In  weitesten  Kreisen  um  Attika  sind  Gegenstände  zum  Vorscheine  gekommen, 
welche  mit  Elementen  der  »geometrischen«  Dekorationsart  im  umfassendsten  Sinne 
verziert  sind:  in  Italien,  in  Tirol,  in  Deutschland,  in  Vorderasien,  in  Afrika,  auf  den 
Inseln  des  Ostbeckens  des  Mittelmeeres  und  in  Griechenland  selbst.  Da  wir  dieses 
Ornamentationssystem  auch  in  Melanesien  und  in  Amerika  vertreten  finden,  so 
müssen  wir  annehmen,  »dafs  es  unter  den  verschiedensten  Himmelsstrichen  spontan 
entstanden  ist«  40. 

Ein  engerer  Kreis  umzieht  die  Orte,  an  welchen  Gegenstände  zum  Vor- 
scheine kamen,  welche  die  charakteristischen  Elemente  des  »Dipylon«-Systemes41 
aufweisen  und  welche  bereits  teilweise  mit  einzelnen  Tier-  und  Menschenfiguren  im 

wenn  nicht  der  langgestreckte  Rumpf  und  das  der  Ansicht  von  Schneege  »de  relatione  hlstorka 
Halbverdeck  der  alten  |jL07.pö  7:XoTa?  —  Aller-  quae  intercedat  inter  Thucydidem  et  Htrodotum* 
dings  nennt  Herodot  I  163  die  rührigen  Be-  p.  27  beistimmen,  welcher  meint,  die  Berichte 
wohner  von  Phokaia  in  Ionien  als  die  ersten,  des  Herodot  und  Thukydides  ergänzten  sich: 
welche  nicht  mehr  auf  den  vis;  a-rpOYpXat,  son-  vielmehr  steht  hier  Zeugnis  gegen  Zeugnis,  ja 
dem  auf  den  Pentekontoren  das  Meer  durch-  es  scheint  fast,  als  polemisiere  Thukydides  in- 
segelten. Es  tritt  uns  hier  die  eigentümliche  direkt  gegen  Herodot,  indem  er  die  Thätigkeit 
Vorliebe  Herodots  entgegen  für  die  einst  so  der  Phokaienser  auf  dem  Gebiete  des  Seewesens 
mächtige,  zu  seiner  Zeit  so  kleine  ionische  Stadt.  jünger  ansetzt.  Warum  ich  der  Ansicht  des 
Von  den  zahlreichen  grofsen  Erfindungen  Ko-  ersteren  den  Vorzug  gebe,  geht  wol  aus  obigen 
rinth's  rühmt  der  »Vater  der  Geschichte«  Ubri-  Anführungen  hervor:  es  sprechen  hier  die  Denk- 
gens keine  einzige.     Ich    kann    hier   nur   darauf  mäler  mit. 

hinweisen,  dafs  die  Schilderung,  welche  Duncker      40)  Vgl.  Pietschmann    bei  Perrot-Chipiez    (Deutsche 

V.  -S.   517  ff.  von   dem  Seewesen   Phokaia's    und  Ausgabe)  I   S.   797. 

den   weiten  Fahrten   der   Phokaienser    schon    in      4I)  Vgl.  oben  S.  95;  und  Furtwängler  »Bronzefunde 

der    Mitte    des   VIII.  Jahrh.    entwirft,    nicht    in  von  Olympia«  S.   9. 


allen  Punkten  richtig  ist;  noch  weniger  kann  ich 


I  12 


Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


Dipylonstile  dekoriert  sind,  also  die  Dipylonvasen  der  ersten  und  zweiten  Klasse: 
sie  sind  gefunden  worden  vielleicht  in  Klein-Asien  und  Nord -Afrika,  sicher,  wenn 
auch  nur  in  wenigen  Exemplaren,  auf  den  Inseln  des  ägäischen  Meeres  (Thera  und 
Melos)42;  vereinzelt  treten  ähnliche  Gefäfse  in  Italien  auf43,  überaus  häufig  sind  sie 
in  Attika.  Nun  finden  wir  zwar  eines  der  am  meisten  charakteristischen  Elemente 
des  Dipylonsystemes  —  die  konzentrischen  Kreise  —  in  den  »ältesten«  Beispielen 
in  zwei  Elfenbeinbändern  attischen  Fundortes44.  Aber  trotzdem  wäre  es  gewagt, 
aus  diesem  Grunde  in  Attika  die  Heimat  des  ganzen  Systems  zu  suchen.  Dieser 
Annahme  ist  die  weitere  Verbreitung  der  Dipylon-Dekoration  nicht  günstig;  auch 
weist  schon  das  Material  jenes  Schmuckes,  Elfenbein,  auf  Import  hin.  Man  wird 
sich  daher  lieber  der  Ansicht  anschliefsen,  welche  als  Heimat  des  Dipylonstiles 
Kleinasien  oder  eine  Insel  des  ägäischen  Meeres  annimmt45.  Sicher  dagegen  ist, 
dafs  der  Dipylonstil,  wenn  er  auch  in  Attika  zunächst  importiert,  nicht  heimisch 
ist,  doch  in  Attika  seine  höchste  und  eigentümlichste  Ausbildung  erhalten  hat:  die 
zahlreichsten,  gröfsten  und  vollendetsten  Beispiele  dieses  Systems  sind  aus  den 
Dipylongräbern  von  Athen  gehoben  worden46. 

Und  fast  ganz  allein  in  diesen  Dipylongräbern  haben  sich  die  Vasen  der 
dritten  Klasse  gefunden,  deren  Darstellungen  das  ganze  Gefäfs  umziehen,  dem 
täglichen  Leben  entnommen  sind  und  das  Hauptgewicht  auf  die  Situation  legen, 
in  welcher  sie  uns  die  menschlichen  Gestalten,  welche  auf  den  Gefäfsen  der  zweiten 
Gattung  nur  vereinzelt  auftraten,  vorführen.  Als  vereinzelte  und  versprengte  Exem- 
plare dieses  Stiles  sind  die  wenigen  goldenen  Schmucksachen  von  Böotien  und 
Korinth  und  die  eine  in  Bari  gefundene  (?)  Vase  H  anzusehen.  Dieselben  gehören 
übrigens  auch  unter  die  jüngsten  Erzeugnisse  des  Dipylonstiles,  während  uns  nur 
in    Attika    die    ältesten    und    strengsten    Beispiele    desselben    entgegentreten.     Und 


42)  Vgl.  Furtwängler  »Bronzefunde  von  Olympia« 
S.  19;  Heibig  »D.  hom.  Epos«  S.  55  und  Anm.  1. 
—  Hirschfeld  in  den  Ann.  dell'  Inst.  \%>T2.  p.  140 
(n.  21—28),  151  ff.  (n.  76,  tav.  d'agg.  K  12 
=  Furtwängler  »Berl.  Vasen-Katalog«  n.  52),  p.  74. 

43)  Z.  B.  in  Villanova  bei  Bologna;  s.  oben  Anm.  17. 

44)  Furtwängler  »Bronzefunde  v.  O.«  S.  9;  Milch- 
hoefer  »Anfänge  d.  Kunst«  S.  49  f.  Anm.  2.  Diese 
konzentrischen  Kreise  mit  Tangenten  finden  sich 
auch  auf  mykenischen  Topfscherben.  Semper 
»Stil«  I  S.  411. 

45)  Vgl.  z.  B.  Heibig  »D.  hom.  Epos«  S.  58;  Furt- 
wängler, Mitth.  d.  ath.  Inst.  VI  (1881)  S.   m. 

46)  Eine  so  prächtige  Vase  wie  Ann.  dell'  Inst. 
1872  n.  8,  p.  139,  tav.  d'agg.  K.  1  (unter  die 
erste  Klasse  der  Dipylonvasen  gehörig),  findet 
sich  wohl  kaum  aufserhalb  von  Attika.  Merk- 
würdiger Weise  läfst  sich  höchstens  ein  auf  Ky- 
pros  (Kurion)  gefundenes  Gefäfs  (der  zweiten 
Klasse)    damit    vergleichen     (Cesnola    » Cyprus « 


pl.  XXIX.;  Perrot-Chipiez  III  fig.  514).  Die 
Verf.  weisen  darauf  hin  (p.  752),  dafs  dieses 
Gefäfs  unter  den  kyprischen  Funden  vereinzelt 
dasteht  und  mit  den  Dipylonvasen  von  Attika  die 
engste  Verwandtschaft  zeigt  (das  eine  Pferd 
scheint  sogar  jenen  sonderbaren  Zügel  zu  haben, 
der  wie  eine  Schlange  vom  Gebifs  herabhängt). 
Die  Darstellung  sowohl  von  Menschen,  wie  von 
Tieren  auf  kyprischen  Gefäfsen  ist  sonst  eine 
ganz  andere;  Kypros  kommt  überhaupt  bei  der 
Frage  nach  der  Heimat  des  Dipylonstiles  nicht 
in  Betracht,  vgl.  Furtwängler  »Bronzefunde  von 
Olympia«  p.  19.  Über  die  Verbreitung,  das 
Alter  und  über  das  Vorkommen  der  Elemente 
des  Dipylonstiles  bis  in  die  spätesten  historischen 
Zeiten  sind  noch  manche  Rätsel  zu  lösen ,  auf 
welche  wir  hier  nicht  eingehen  können;  da  wir  uns 
nur  mit  den  Figurendarstellungen  der  Dipylon- 
vasen beschäftigen. 


Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


113 


selbst  wenn  in  Zukunft  noch  an  anderen  Orten  andere  »Dipylonvasen«  gefunden 
würden,  so  könnten  uns  dieselben,  gegenüber  der  grofsen  Masse  der  in  Athen  aus- 
gegrabenen, doch  nur  die  Stellen  bezeichnen,  bis  zu  welchen  diese  letzte  und 
höchste  Entwicklung  des  Dipylonstiles  in  ihren  Produkten  vordrang,  nicht  den  Ort, 
an  welchem  sie  ihre  Heimat  hat.  Die  Heimat  dieser  Dipylongefäfse  der  dritten 
Klasse  ist  vielmehr  in  Athen  zu  suchen47.  Ein  attischer  Vasenmaler  war  es,  welcher, 
an  älteres  anknüpfend,  die  situationslosen  Tier-  und  Menschengestalten  der  Dipylon- 
vasen zweiter  Gattung  zu  lebensvollen  Darstellungen  gruppierte,  welcher  die  gegen- 
über gestellten  Pferde  neben  einander  vor  den  Wagen  schirrte  und  den  die  Pferde 
haltenden  Mann  zum  Wagenlenker  machte,  welcher  die  Männer  in  langen  Reihen 
auftreten  liefs  und  ihnen  die  Frauen  gesellte,  welcher  in  das  volle  Menschenleben 
hineingriff  und  darzustellen  versuchte,  was  seines  Volkes  Leid  und  Freude  war:  die 
feierliche  Bestattung  und  den  Reigentanz,  die  langen  Züge  der  Krieger  zu  Fufs  und 
zu  Rofs  und  die  Kämpfe  zu  Wasser  und  zu  Lande. 

Dafs  wir  die  Darstellung  einer  Seeschlacht  auf  so  alten  attischen  Vasen 
vorfinden,  und  zwar  nicht  vereinzelt,  sondern  auf  zweien  (vielleicht  auf  dreien) 
unserer  Gefäfse,  dafs  ferner  diese  Darstellung  in  der  älteren  griechischen  Kunst 
ohne  Analogie  dasteht,  das  eben  ist  es,  was  uns  dazu  veranlafst,  ein  besonderes 
Ereignis  als  die  Anregung  zu  dieser  Darstellung  anzunehmen.  Die  vornehmen 
Athener  gingen  damals  noch  ganz  in  der  Bebauung  ihrer  Äcker  und  Olivenpflan- 
zungen auf  und  nicht  viele  von  ihnen  mochten  auf  den  salzigen  Pfaden  des  Meeres 
in  weitere  Fernen  gezogen  sein.  Um  so  gewaltiger  mufste  der  Anstofs  sein,  welcher 
einen  Angehörigen  dieses  Stammes  zu  dieser  Zeit  dazu  anregte,  für  seine  reicheren 
Mitbürger  eine  Seeschlacht  zu  malen.  Nun  giebt  es  aber  nur  ein  Ereignis  in  der 
älteren  griechischen  Geschichte,  dem  wir  eine  solche  Bedeutung  zuschreiben  können: 
es  ist  die  schon  erwähnte,  in  das  Jahr  664  v.  Chr.  fallende  Seeschlacht  zwischen 
den  Korkyräern  und  den  Korinthern,  zwischen  einer  reichen  Colonie  und  ihrer  auf 
dem  Gipfel  ihrer  Macht  stehenden  Metropolis,  welche  letztere  zugleich  Athen 
benachbart  war48.  Bald  nach  dieser  Seeschlacht,  welche  Thukydides  geradezu  als 
die  älteste  bezeichnet,  mögen  die  Dipylongefäfse  der  dritten  Klasse  in  Athen  gemalt 
worden  sein,  etwa  um  die  Mitte  des  7.  Jahrhunderts. 


47)  Wir  werden  noch  eine  Reihe  von  Zügen  hervor- 
zuheben haben,  welche  eben  so  deutlich  wie  die 
Herkunft  der  Dipylonvasen  auf  Attika  hinweisen. 
Die  Kanne  des  Dipylonstiles  (II.  Klasse)  mit  In- 
schrift, nach  Kumanudis  ('Ad^vaiov  VIII  Heft  I, 
Anhang)  herausgegeben  von  Furtwängler  in  den 
Mitth.  d.  ath.  Inst.  VI  (1881)  Taf.  III,  darf 
hierbei  nicht  herangezogen  werden,  da  die  In- 
schrift eingeritzt,  nicht  aufgeschrieben  ist;  vgl. 
Furtwängler  a.  a.  O.   S.  107. 

48)  Ich  habe  lange  Zeit  an  die  erste  überseeische 
Expedition  der  Athener  gedacht,   im  Kriege  mit 


Lesbos,  Ende  des  VII.  Jahrhunderts.  Aber  wir 
drücken  unsere  Vasen  zeitlich  damit  doch  viel- 
leicht etwas  zu  weit  herab  —  obgleich  man  dar- 
über verschiedener  Ansicht  sein  kann.  Die  in 
der  vorigen  Anmerkung  erwähnte  Kanne  mit  In- 
schrift, obgleich  dieselbe  eingeritzt  ist,  beweist 
doch  wenigstens  das  eine,  dafs  in  Athen  um  die 
Wende  des  VII.  und  VI.  Jahrhunderts  derartige 
mit  primitiven  Malereien  des  Dipylonstiles  ge- 
schmückte Vasen  noch  im  täglichen  Gebrauche 
waren. 


ii4 


Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


DIE  ÄLTESTE  GRIECHISCHE  KUNST  UND  ÄGYPTEN. 

Konnte  in  der  Zeit,  in  welcher  die  Dipylonvasen  anzusetzen  sind,  eine 
genauere  Kunde  von  ägyptischen  Kunstwerken  nach  Attika  gelangen? 

Bereits  die  Dichter  der  Odyssee  besitzen  eine  gewisse  Kenntnis  von  Ägypten. 
Der  Name  des  Landes  ist  bekannt.  Theben,  schon  in  der  Ilias"  als  mächtige 
Stadt  erwähnt,  erscheint  in  der  Odyssee  als  der  Herrschersitz 50.  Die  Insel  »Pharos« 
liegt  vor  dem  Gestade  des  Landes;  allerdings  ist  der  Bericht  über  die  Insel  noch 
ziemlich  fabelhaft51.  Ägypten  ist  berühmt  durch  seine  Heilmittel  und  seine  Ärzte52, 
bereits  in  der  Odyssee  wie  im  ganzen  späteren  Altertume.  Menelaos  weilt  daselbst 
7f>Xuv  ßi'oxov  xod  ypu3ov  dysipiuv  *',  Noch  besser  unterrichtet  über  Ägypten  zeigt  sich 
der  Dichter  des  XIV.  Buches.  Odysseus  erzählt  dem  Eumaios  von  seinen  angeb- 
lichen Abenteuern 54.  Er  sei  von  seiner  Heimat  Kreta  aus  mit  neun  wohlgcrüsteten 
Schiffen  nach  Ägypten  gefahren.  Bei  günstigem  Nordwinde  dauert  die  Fahrt  fünf 
Tage  —  dies  entspricht  der  wirklichen  Entfernung  der  Insel  Kreta  von  Ägypten 
und  der  bei  längeren  Seefahrten  durchschnittlichen  Geschwindigkeit  antiker  Fahr- 
zeuge55. Der  Raubzug  mifsglückt.  Der  Erzähler  bleibt  sieben  Jahre  in  Ägypten, 
verkehrt  daselbst  auch  mit  einem  Phöniker  und  wird  reich,  ähnlich  wie  Menelaos  in 
Ägypten:  StSoaav  -,'äp  ctTravTe;56.     Mit  dem  Phöniker  verläfst  er  das  Nilland. 

Wie  lange  griechische  Abenteurer  nur  des  Seeraubes  und  der  Plünderung 
wegen  an  den  Nilmündungen  landeten,  wissen  wir  nicht.  Doch  scheint  es,  als  ob 
schon  vor  der  Mitte  des  VIII.  Jahrhunderts  auch  griechische  Kaufleute  dahin 
gekommen  wären  und  als  ob  dem  friedlichen  Verkehre  der  Mittelmeervölker  mit 
den  Ägyptern  bereits  seit  753  ein  Stapelplatz  an  der  kanobischen  Nilmündung 
offen  gestanden  hätte.  Die  nationale  Kraft  Ägyptens  war  schon  lange  gebrochen. 
Seit  730  etwa  herrschten  äthiopische  Fürsten  über  Ägypten  bis  nach  Syrien  hin57; 
seit  670  etwa  stand  das  Land  unter  der  assyrischen  Fremdherrschaft.  In  diesen 
Jahren  führte  der  friedliche  Verkehr  zwischen  griechischen  Stämmen  und  einem 
Deltafürsten  zu  politischen  Verwickelungen.  Ägypten  warf  das  Joch  der  Assyrer 
ab    und    erhob    sich    aus    dem  tiefsten  Verfall,    in   welchen   eine  Nation  zu  geraten 


«)  II.  IX  361  ff. 

M)  Od.  IV  127 f. 

5')  Od.  IV  354fr.  Auch  die  Pygmäen  II.  III.  6 f. 
erwähnt. 

52)  Od.  IV  227  ff. 

6')  Od.  III  301. 

5«)  Od.  XIV  245—292. 

55)  In  historischer  Zeit  fuhr  man  von  dem  Nordost- 
cap  Kretas,  dem  Samonion,  nach  Ägypten  in 
vier  Tagen  und  vier  Nächten  (Strabo  X  4,  5; 
vgl.  Friedländer  »Sittengeschichte  Roms«  II' 
S.  27).  Wir  dürfen  nun  zwar  nicht  annehmen, 
dafs  bereits  die  homerischen  Schiffe  ganz  die- 
selbe   Schnelligkeit    besessen    hätten ;    aber   viel 


länger  kann  die  Fahrt  auch  in  jenen  Zeiten  nicht 
gedauert  haben.  Denn  einerseits  legten  auch 
Lastschiffe  den  ungefähr  gleichen  Weg  von  Rho- 
dos nach  Ägypten  in  der  gleichen  Zeit  von  vier 
Tagen  und  Nächten  zurück  (Diodor  III  34;  vgl. 
Friedländer  a.  a.  O.  S.  25),  und  andererseits  hebt 
der  Erzähler  ja  ganz  besonders  hervor,  dafs  seine 
Fahrt  von  Wind  und  Wetter  begünstigt  war. 
Diese  Zeitangabe  in  der  Odyssee  verrät  also  eine 
genauere  Kenntnis  des  Seeweges  nach  Ägypten. 

56)  Od.  XIV  286. 

57)  In  dieser  Zeit  wendeten  sich  zahlreiche  Syrer 
nach  Ägypten,  um  dem  Vordringen  der  Assyrer 
auszuweichen. 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  j  j  e 


vermag  —  gegen  660  — ,  aber  nicht  allein,  sondern  mit  Hilfe  griechischer  und 
karischer  Hopliten. 

Seit  der  Schlacht  von  Momcmphis  stand  Ägypten  den  Fremden  und  im 
besonderen  den  Griechen  völlig  offen;  und  wenn  ihnen  auch  Naukratis  zur  bleiben- 
den Niederlassung  angewiesen  wurde,  so  kamen  doch  gewifs  auf  ihren  Handels- 
fahrten die  Kaufleute,  im  Gefolge  der  Pharaonen  die  Söldner  auch  nach  Memphis, 
zu  den  Pyramiden  und  Gräberstätten.  Und  in  den  ersten  Jahren  mufs  das  Wunder- 
land um  so  mächtiger  auf  ihre  Phantasie  eingewirkt  haben,  je  fremder  es  ihnen 
bisher  war,  je  überlegener  die  ägyptische  Kultur  ihnen  fast  in  jeder  Beziehung 
gegenübertrat.  Und  so  mag  auch  mancher  Grieche  die  langen  Reliefstreifen  der 
ägyptischen  Tempel  und  Gräber  eingehend  betrachtet  haben. 

Ähnliche  Erwägungen  waren  es,  welche  in  Verbindung  mit  gelegentlichen 
Äufserungen  der  griechischen  Schriftsteller  bei  einem  Teile  der  älteren  Archäologen 
eine  wahre  Ägyptomanie  erzeugten58.  Indes  die  Phantasien  von  einem  innigen 
Zusammenhange  der  griechischen  und  ägyptischen  Kunst  oder  wohl  gar  von  einem 
ägyptischen  Ursprünge  der  griechischen  Kunst  konnten  bei  den  immer  zahlreicheren 
Funden  altertümlicher  griechischer  Werke  nicht  bestehen.  Die  hervorragendsten 
stilistischen  Eigentümlichkeiten  der  älteren  griechischen  Plastik  sind  nicht  aus 
Ägypten  herzuleiten,  wenigstens  nicht  in  ihrer  Gesamtheit. 

Zwei  Bedingungen  müssen  vorhanden  sein,  um  die  Abhängigkeit  eines 
Kunstkreises  von  einem  anderen  auch  in  stilistischer  Beziehung  überhaupt  zu  ermög- 
lichen. Der  nachahmende  Künstler  mufs  bereits  eine  gewisse  Kunstfertigkeit 
besitzen  und  er  mufs  importierte  Vorbilder  unter  den  Augen  haben.  Beide  Be- 
dingungen waren  in  Phönikien  erfüllt.  Wir  finden  daher  in  der  phönikischen  Kunst 
jene  Werke,  welche,  je  nach  dem  Vorbilde,  in  einem  fast  ganz  ägyptischen  oder 
assyrischen  Stile  gearbeitet  sind. 

Nur  die  eine  Bedingung  war,  wie  es  scheint,  in  der  ältesten  griechischen 
Kunst  vorhanden.  Der  Künstler  hatte  fremde  Vorbilder  vor  Augen,  aber  er  mufste 
erst  lernen,  dieselben  nachzuahmen.  Die  in  Mykenai  gefundenen  Steinskulpturen 
und  die  Gemmen  von  Mykenai  und  Menidi  verdeutlichen  uns  die  andauernde  Nach- 
ahmung fremder  Goldgravierungen  und  das  fortschreitende  Nachahmungsvermögen 
dieser  ältesten  griechischen  Künstler.  Die  Steinskulpturen  zeigen  nur  Nachahmung 
des  Inhaltes;  von  stilistischen  Eigentümlichkeiten  kann  bei  ihnen  nicht  die  Rede 
sein59.  Mit  der  Nachahmung  aber  lernten  die  Künstler,  und  die  späteren  Gemmen 
zeigen  auch  in  stilistischen  Eigentümlichkeiten  die  Abhängigkeit  von  jenen  Gold- 
gravierungen 60. 

Unter  den  mykenischen  Funden  nun,  den  ältesten  Kunstwerken  auf  grie- 
chischem Boden,    finden    wir  auch  die  ersten  Anklänge  an  ägyptische  Denkmäler. 


58)  Vgl.    Overbeck    »G.    d.    gr.    PI.«    I»,    S.    I2ff.;      59)  Vgl.  Overbeck  »G.  d.  gr.  PI.«  I'.    S.  32t 
S.  50 f.  Anm.  2.  60)  Vgl.  Milclihoefer  »Anfänge«  S.  33  ff. 


l6  Kroker,    Die  Dipylonvasen. 


Die  Künstler,  welche  die  Dolchklingen61  gearbeitet  haben,  sind  ägyptischen  Vor- 
bildern gefolgt.  Ob  wir  nun  aber  in  diesen  Dolchklingen  wirklich  ägyptische 
Werke  oder  die  Erzeugnisse  von  Phönikern  oder  eines  den  Griechen  noch  näher 
benachbarten  Volkes  zu  erkennen  haben,  ist  vorläufig  nicht  zu  entscheiden;  und  ob 
diese  ägyptisierenden  Werke  wiederum  auf  griechische  Künstler  eingewirkt  haben, 
läfst  sich  vollends  nicht  nachweisen02. 

Einer  gleich  alten  Kulturschicht  gehören  die  Bauten  von  Orchomenos  an, 
und  hier  haben  wir  in  der  Deckplatte  des  Thalamos  in  dem  grofsen  Kuppelgrabe63 
zum  ersten  Male  eine  direkte  Nachahmung  ägyptischer  Vorbilder  auf  griechischem 
Boden.  Mag  der  Steinmetz  nun  einen  gestickten  Teppich  oder  ein  Sphyrelaton 
vor  sich  gehabt  haben64,  die  Motive  seiner  Platte  kehren  »fast  identisch  in  den 
gemalten  Decken  ägyptischer  Grabkammern  wieder« ". 

Aus  den  Kuppelgräbern  von  Menidi  und  Spata  sind  smaltene  Plättchen66, 
Glasplättchen  mit  dem  Bilde  der  Sphinx67  und  eine  flügellose  Terracottasphinx68 
zum  Vorscheine  gekommen.  Diese  ägyptisierenden  Gegenstände  mögen  ebenso 
wie  die  »Glasware  von  Daulis«69  und  wie  die  ähnlichen  Funde  Italiens70  durch 
die  Phöniker  importiert  worden  sein. 

Die  homerischen  Gedichte  erwähnen  »ägyptische«  Kunstwerke71;  einen 
speziell  ägyptischen  Charakter  tragen  dieselben  nicht,  eher  weisen  sie  uns  nach 
Phönikien72.  Es  entspricht  dies  ja  auch  vollkommen  dem  Kulturkreise,  in  welchen 
uns  die  epischen  Gedichte  einführen;  nicht  die  ägyptische,  sondern  die  vorder- 
asiatische Kunst  beherrschte  Kleinasien73. 

In    attischen    Gräbern    endlich,    in    welchen    auch   »geometrisch«    dekorierte 

61)  Darstellung  einer  Löwenjagd  'A&rjvatov  X  Taf.  6S)  Milchhoefer  a.a.O.  und  »Museen  Athens«  S.  5  b. 
zu  S.  309  fr".  A.  1;  Heibig  »D.  hom.  Epos«  S.  232  6'J)  Milchhoefer  a.a.O.  S.  47  und  »Museen  Athens« 
Fig.  85;    Milchhoefer    a.  a.  O.    S.  145    Fig.  64.  S.  86,   8. 

Panther   auf  Enten  jagend    »Mitth.    des  Inst,  in  7Ü)  Heibig  »D.  hom.  Epos«  S.  16. 

Athen«  VII    (1882)    Taf.   VIII.      Darnach  z.  B.  71)  Odyssee  IV   125  fr. 

bei    Blumner   »Das    Kunstgewerbe    im  Altertum«  72)  Räder    unter    Gefiifsen,    vgl.    Heibig    »D.    hom. 

(Wissen  der  Gegenwart)  I.    S.  201   Fig.  125  und  Epos«  S.  85  Anm.  9. 

126.  73)  Höchstens    ein    Mal    in    der    Ilias    (XVIII.  519) 

62)  Pietschmann  bei  Perrot- Chipiez  I  S.  798  hellt  könnte  man  eine  Reminiszenz  an  ägyptische  oder 
gegenüber  dem  »unstreitig  ursprünglich  ägypti-  ägyptisierende  Darstellungen  erkennen :  in  einer 
sehen«  Motiv  der  Darstellungen  das  unägypti-  Scene  des  achillcischen  Schildes  schreiten  Athena 
sehe  in  manchen  Einzelheiten  hervor.  und   Ares    dem  Heere   voraus,   höher   an  Gestalt 

63)  Abgeb.  Schliemann  »Orchomenos«  Taf.  1.  Ein  als  die  Mannen.  Heibig  »D.  hom.  Epos«  S.  308 
Muster  des  gleichen  Charakters,  auf  den  Stuck  erinnert  zwar  daran,  dafs  die  Vorstellung  von 
gemalt,  ist  von  Schliemann  in  Tiryns  gefunden  der  übermenschlichen  Gröfse  der  Götter  eine 
worden.  Vgl.  Lützow's  Ztschr.  f.  bild.  K.  XXI  den  Dichtern  ganz  geläufige  ist;  aber  es  ist  doch 
(1886)  S.  132  Taf.  I,  I  (nach  Schliemann's  etwas  anderes,  ob  der  Dichter  schildert,  wie  Eris 
»Tiryns«).'  den  Himmel  berührt   und  Ares   im  Falle   sieben 

64)  Vgl.  Heibig  »D.  hom.  Epos«  S.  330.  Plethren  bedeckt,  oder  ob  der  Dichter  derartige 

65)  Milchhoefer  a.  a.  O.  S.  47.  Gröfsenverschiedenheiten  auf  einem  Kunstwerke 
6e)  Heibig  »D.   hom.  Epos«  S.  82  f.    und  Anm.  1.  auftreten  läfst. 

67)  Milchhoefer  S.  31. 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  117 


Thongefäfse  gefunden  wurden,  fanden  sich  mit  diesen  zusammen  zahlreiche  smaltene 
Skarabäen  '*. 

Wir  stehen  damit  schon  an  der  Grenze  der  Periode,  in  welcher  die  Dipylon- 
gräber  anzusetzen  sind. 

DIE  DIPYLONVASEN  UND  ÄGYPTEN. 

Wir  vermögen  in  der  älteren  griechischen  Kunst  weder  einen  starken,  noch 
einen  ununterbrochenen  Strom  ägyptischer  und  ägyptisierender  Importartikel  nach- 
zuweisen. Wir  sind  nicht  einmal  immer  im  Stande  festzustellen,  welche  von  den 
in  Frage  kommenden  Gegenständen  wirklich  ägyptische  sind  oder  nur  ägyptisieren, 
welche  von  den  letzteren  in  Griechenland  selbst  oder  in  Phönikien  oder  etwa  auf 
Kypros  gearbeitet  worden  sind.  Nur  das  eine  läfst  sich  vorläufig  als  sicher  hin- 
stellen, dafs  bis  zu  der  Zeit  der  völligen  Erschlicfsung  Ägyptens  durch  Psammetich 
das  aus  Ägypten  Stammende  in  Griechenland  selbst  nur  ganz  vereinzelt  zu  einem 
Vorbilde  für  die  einheimische  Kunst  geworden  ist.  Eine  weiter  gehende  Nach- 
ahmung ägyptischer  Denkmäler  zeigt  sich  auf  dem  Gebiete  der  bildenden  Kunst 
zum  ersten  Male  in  den  Dipylongefäfsen. 

Und  zwar  ist  diese  Nachahmung,  wie  wir  jetzt  weiter  ausführen  dürfen, 
vielleicht  nicht  auf  die  nackten  Weiber  beschränkt  geblieben.  Tritt  uns  ägyptischer 
Einflufs  etwa  auch  in  den  Seeschlachtvasen  entgegen?  Es  ist  hier  ein  Gemetzel 
dargestellt,  wie  wir  es  kaum  jemals  wieder  in  den  Werken  griechischer  Künstler 
zu  sehen  bekommen.  Wenn  die  Verwundeten  und  Toten  zu  Haufen  in's  Meer 
herabstürzen  und  in  den  sonderbarsten  Stellungen  auf  den  Verdecken  liegen,  so 
erinnert  dies  unwillkürlich  an  die  ägyptischen  Reliefs,  die  einen  ähnlichen  Realismus, 
eine  gleiche  naive  Lust  an  der  Darstellung  eines  Gemetzels  zeigen.  Wenn  der 
Pharao  über  die  Ebene  stürmt,  so  sinken  seine  Gegner  in  Scharen  hin,  sie  liegen 
getroffen  am  Boden,  sie  stürzen  zusammen,  sie  fallen  kopfüber  aus  ihren  Streit- 
wagen herab.  Und  wenn  eine  Festung  angegriffen  wird,  so  stürzen  die  Verteidiger 
in  jähem  Sturze  von  den  Mauern  hernieder  und  hängen  zu  Tode  wund  über  den 
Zinnen.  Aber  die  Übereinstimmung  geht  noch  weiter,  ja  wir  haben  in  Ägypten 
Tempelreliefs,  welche  ebenso  die  Vorbilder  unserer  Seeschlachtvasen  gewesen  zu 
sein  scheinen  wie  es  die  ägyptischen  Grabreliefs  für  die  Bestattungsvasen  gewesen 
sind.  An  seinem  Tempel  zu  Medinet-Habu  hat  Ramses  III.  den  grofsen  Sieg  ver- 
herrlicht, welchen  er  über  die  Flotte  der  Seevölker  davongetragen  hat.  Auch  die 
ägyptische  Flotte  ist  ausgesegelt,  und  die  Seeschlacht  endet  mit  der  Vernichtung 
der  rätselhaften  Angreifer75.  Die  Übereinstimmung  zwischen  diesen  ägyptischen 
Reliefs  und  den  Dipylonvasen  ist  überraschend. 

Auch  in  den  Bestattungsvasen  tritt  uns  eine  Darstellung  entgegen,  welche 
in  Griechenland  durch  die  ältere  Kunst  nicht  vorbereitet  und  durch  die  unmittelbar 

'*)  Müchhoefer   a.    a.   O.    S.  45;    Heibig    »D.   hom,  man.  dell'   Egitto  I,     Tay.    CXXXI;    ein    charak- 

Epos«  S.  54  Anra.  8.  teristisches  Schiff  daraus  giebt  Heibig  «D.  hom. 

75)  Die  Kampfscenen  sind  abgeb.  z.  B.  bei  Rosellini  Epos»   S.  III   Fig.  22. 


Il8  Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


folgende  Vasenmalerei  nicht  fortgesetzt  wird,  ausgenommen  ältere  attische  schwarz- 
figurige  Vasenbilder  und  Pinakes.  Sämtliche  Frauen  raufen  sich  klagend  das  Haar; 
dagegen  schreiten  die  Männer  ruhig  daher,  und  nur  der  der  Bahre  zunächst 
stehende  erhebt  die  rechte  Hand.  Es  ist  auf  den  hohen  Grad  von  Ausdruck  hin- 
gewiesen worden,  welcher  sich  bei  aller  Rohheit  der  Zeichnung  in  diesen  Gestalten 
zeigt.  Etwas  ähnliches  tritt  uns  nun  in  den  ägyptischen  Leichenklagen76  entgegen: 
die  links  vor  der  Mumie  stehenden  und  knieenden  Frauen  greifen  sich  in  heftiger 
Klage  in's  Haar;  der  hinter  der  Mumie  stehende  Mann  erhebt  die  Rechte  mit  der 
Geberde  des  Anbetens  und  Darbringens. 

Ferner  ist  den  Dipylonvasen  die  Darstellung  von  Kindern  eigentümlich. 
Wir  sehen  dieselben  an  der  Hand  der  Mutter  und  zwischen  den  Klagenden  einher- 
schreiten  und  auf  dem  Schofse  der  Mutter  sitzen.  Besonders  der  letztere  Typus 
kehrt  auf  ägyptischen  Darstellungen77  wieder;  die  Art  des  Sitzens  ist  in  beiden 
Kunstwerken  eine  ähnlich  ungeschickte:  seine  Behutsamkeit  ist  gerade  das  Gegenteil 
von  der  Entschiedenheit,  mit  welcher  spätere  Vasenmaler  den  Reiter  in  den  Rücken 
des  Pferdes  hineinsetzen.  Überhaupt  zieht  die  ägyptische  Kunst  die  Kinder  im 
Kreise  der  Familie  mit  Vorliebe  in  den  Bereich  ihrer  Darstellungen,  während  sowohl 
die  orientalische  wie  die  ältere  griechische  Kunst,  mit  Ausnahme  unserer  Dipylon- 
vasen und  wiederum  mit  Ausnahme  jener  attischen  schwarzfigurigen  Vasen  und 
Thontafeln,  dieselben  meidet,   zum  mindesten  nicht  bevorzugt. 

Von  den  Tieren  sind  auf  den  Dipylonvasen  am  häufigsten  die  Pferde  dar- 
gestellt. Dieselben  werden  nicht  nur  auf  die  Gefäfse  gemalt,  sondern  sie  schmücken 
auch  zu  dreien  und  zu  zweien  in  plastischer  Ausführung  den  Deckel  kleinerer  Dipylon- 
vasen78 und  werden  ebenfalls  in  plastischer  Ausführung  als  Henkel  angefügt79. 
Homer  kennt  nun  zwar  Vögel  am  Rande  eines  goldenen  Bechers80,  die  etruskische 
Kunst  setzt  plastische  menschliche  Gestalten  als  Griff  auf  die  Cistcn:  aber  beides 
läfst  sich  doch  mit  unseren  Dipylonpferden  nicht  recht  vergleichen.  Den  besten 
Vergleich  bietet  uns  auch  hier  Ägypten,  und  zwar  in  Werken  der  Kleinkunst, 
wie  in  einem  Ringe,  welcher  auf  der  Platte  mehrere  rundgearbeitete  Pferd- 
chen  zeigt81. 

Auf  dem  einen  Gefäfse  (F)  ist  schließlich  eine  Schlange  in  Relief  gebildet, 
welche  den  oberen  Teil  des  Bauches  umringelt.  Die  griechisch- italische  Kunst 
kennt  die  aufgebäumte  s'\  aber  nicht  die  sich  in  den  Schwanz  beifsende  Schlange. 
Auch  für  diese  Darstellung  weifs  ich  nur  ägyptische  und  von  Ägypten  abhängige 
Kunstwerke83  zum  Vergleiche  heranzuziehen. 

7C)  Vgl.  z.  B.   Perrot-Chipiez  I  S.  240  Fig.  159.  r9)  Ann.  dell'  Inst.   1872  p.  151    n.  72. 

77)  Vgl.  z.  B.  Perrot-Chipiez  I   S.  264  Fig.  175;  aus  M)  II.  XI  634;     vgl.    den   Becher   von  Mykenai  bei 

ägyptischen  Darstellungen  ist  dieser  Typus  dann  Schliemann  »Mykenai«  n.  346,  darnach  z.  B.  bei 

auch     auf    phönikische    Schalen    übergegangen,  Ilelbig  »D.   hom.  Epos«  S.  272    FigT  116. 

vgl.    z.   B.    Perrot-Chipiez  III    p.  783    Fig.  550  8I)  Perrot-Chipiez  I  S.  770  Fig.  574. 

(Varvakeion).  82)  Heibig  »D.  hom.  Epos«  S.  283. 

r8)  Ann.  dell'  Inst.   1872  p.  150  f.    n.  71  und  73.  83)  Perrot-Chipiez  III  p.  759,    Fig.  543. 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  iig 


Ich  weifs  nicht,  ob  ich  zu  weit  gegangen  bin;  aber  mir  scheint  es,  als  ob 
alle  diese  Punkte  mit  mehr  oder  weniger  Deutlichkeit  darauf  hinweisen,  dafs  Ägyp- 
ten auf  die  Maler  der  Dipylonvasen  einen  nicht  geringen  unmittelbaren  Einflufs  aus- 
geübt hat,  welcher  sich  in  der  Wahl  der  Stoffe  und  in  Einzelheiten,  nicht  nur  in 
den  nackten  Frauen  bemerkbar  macht84. 

DIE  DIPYLONVASEN  UND  DIE  KUNST  BEI  HOMER. 

Man  hat  bisher  immer  die  Ähnlichkeiten  zwischen  der  älteren  homerischen 
Kunst  und  der  jüngeren  Kunst  unserer  Dipylonvasen  hervorgehoben.  Es  ist  an  der 
Zeit,  auch  ein  Mal  die  Verschiedenheiten  zu  betonen. 

Wir  finden  zwar  sowohl  in  der  von  Homer  geschilderten  Kunst  wie  auf  den 
Dipylonvasen  figurenreiche  Genrescenen,  welche  in  Streifen  oder  Bändern  den  zu 
schmückenden  Gegenstand  umziehen.  Aber  die  homerische  Kunst,  entsprechend 
ihrer  Abhängigkeit  von  orientalischen  Vorbildern  im  Inhalte  und  im  Stil  ihrer 
Darstellungen,  hängt  fast  untrennbar  mit  den  edlen  Metallen  zusammen,  ihre 
Wirkung  beruht  zum  Teil  auf  dem  Contraste  der  Metalle;  sie  beschränkt  sich  fast 
ganz  auf  die  Verzierung  von  silbernen  und  goldenen  Schmucksachen,  Geräten, 
Waffen.  Dagegen  erscheinen  die  Darstellungen  des  Dipylonstils,  entsprechend  ihrer 
primitiven  Kunstweise  und  ihrer  stilistischen  Selbständigkeit,  fast  nur  auf  den 
unscheinbaren  Thongefäfsen;  dieselben,  wenigstens  die  älteren,  sind  monochrom 
bemalt;  Gefäfse  mit  Deckfarben  und  die  verhältnismäfsig  seltenen  goldenen  Schmuck- 
sachen gehören  unter  die  jüngsten  Erzeugnisse  des  Dipylonstiles. 

Ferner  dient  die  homerische  Kunst  dem  täglichen  Leben;  ihre  Erzeugnisse 
sind  für  den  Gebrauch  oder  den  Schmuck  bestimmt  und  ihre  Darstellungen  ent- 
sprechen diesem  ihrem  Zwecke.  Dagegen  dienen  die  riesigen  Gefäfse,  welche  sich 
in  Attika  gefunden  haben,  dem  Totenkult,  und  ein  Teil  ihrer  Darstellungen  knüpft 
an  denselben  an.  Erst  später  wird,  wie  schon  erwähnt,  der  Dipylonstil  von  den 
Thongefäfsen  auf  Schmucksachen  übertragen. 

Endlich  gehören  zwar  die  Darstellungen  beider  Kunstkreise  dem  Genre 
an;  aber  wie  verschieden  sind  auch  in  dieser  Hinsicht  die  Dipylonvasen  von  den 
Bildwerken  des  achilleischen  oder  herakleischen  Schildes!  In  liebevollster  Aus- 
führung, entsprechend  ihren  orientalischen  Vorbildern,  haben  wir  uns  die  von  Homer 
geschilderten  figurenreichen  Scenen  und  die  Gestalten  im  Schmucke  der  Gewandung 
und  der  Waffen  gezeichnet  zu  denken.  In  rohen  Silhouetten  sind  dagegen  die 
Menschen-  und  Tiergestalten  der  Dipylongefäfse  hingeworfen.  Und  doch  tritt  uns 
in  diesen  ungeschickten  Darstellungen  ein  Realismus  der  Bewegungen  und  ein 
Ausdruck  der  Gemütsstimmung  entgegen,  wie  wir  ihn  bei  Homer  vergebens  suchen. 

M)  Wie  aber  kommt  ein  attischer  Vasenmaler  unter  hier,    wie    bei    anderen   Erscheinungen,    nur  das 

den  Einflufs    der    ägyptischen    Kunst?     Ich  ver-  Gewordene  sehen,  ohne  dafs   man   den  Vorgang 

mag  es  nicht  zu  erklären,    ohne   mich  in  Hypo-  des   Werdens  zu   ahnen  vermag. 

thesen    zu    verirren.     Vielleicht   kann   man  auch 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I.  q 


120 


Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


Man  erkennt  dies  noch  durch  die  poetisch  doch  auf's  höchste  gesteigerte  Schilde- 
rung hindurch,  welche  der  Dichter  in  Anlehnung  an  orientalische  Kunstwerke  von 
dem  Schilde  des  Achilleus  entwirft. 

In  welchen  Punkten  sich  diese  Abhängigkeit  der  homerischen  Kunst  von 
der  orientalischen,  im  besonderen  von  der  assyrisch-phönikischen  Kunst  äufsert, 
haben  Brunn,  Murray,  Heibig85  u.  a.  nachgewiesen.  In  diesen  Punkten  nun  lassen 
sich  die  Dipylongcfäfse  mit  den  homerischen  Kunstwerken  eigentlich  gar  nicht 
vergleichen.  Im  Vordergrunde  der  epischen  Schilderung  steht  das  Landleben 
und  das  Stadtleben,  in  den  Segnungen  des  Friedens  und  in  den  Stürmen  des 
Krieges.  Der  Dichter  führt  uns  auf  die  Felder,  die  Acker  werden  bestellt,  die 
Ernte  wird  gesammelt 86;  er  versetzt  uns  in  eine  Weinpflanzung,  die  Trauben  werden 
geschnitten,  Jünglinge  und  Jungfrauen  tragen  die  Frucht  hinweg  und  in  der  Freude 
der  Weinlese  gesellen  sich  die  Landleute  zum  Tanze87;  er  führt  uns  auf  die  Weide, 
friedlich  schwärmen  die  Schafe88,  Löwen  stürzen  sich  auf  die  Stiere89,  Feinde 
überfallen  die  Herden  und  umlagern  die  aus  dem  Genüsse  des  Friedens  aufgestörte 
Stadt,  vor  deren  Thoren  blutig  gekämpft  wird90;  kleinere  Schmucksachen  schildert 
der  Dichter  ebenfalls  mit  Tierkämpfen  und  mit  Streifen  reifsender  Tiere  verziert91. 
Von  allen  diesen  Scenen  tritt  uns  nun  auf  den  Gefäfsen  vom  Dipylon  keine  einzige 
entgegen.  Vielmehr  sehen  wir  auf  diesen  mit  Vorliebe  feierliche  Bestattungen, 
mörderische  Seeschlachten,  situationslose  Wagen-  und  Kriegerzüge  dargestellt  Und 
diese  Scenen  wiederum  sind  den  epischen  Kunstwerken  unbekannt. 

Die  einzige  beiden  Kunstkreisen  gemeinsame  Darstellung  ist  die  eines 
Reigentanzes  auf  der  Schale  K  und  auf  dem  achilleischen  Schilde92.  Und  aller- 
dings kann  man  zweifelhaft  sein,  ob  hier  nicht  eine  Abhängigkeit  von  der  epi- 
schen Poesie  oder  vielmehr  von.  Kunstwerken ,  wie  sie  auch  den  epischen  Dichtern 
vorlagen 93,  anzunehmen  ist.  Die  Schale  stimmt  zwar  hinsichtlich  ihres  Fundortes, 
ihrer  Technik  und  ihres  Stils  mit  den  älteren  Dipylongefäfsen  überein,  aber  sie 
steht  in  einem  Gegensatze  zu  diesen  in  ihren  bekleideten  Frauen.  Es  wäre  denkbar, 
dafs  in  dieser  Eigentümlichkeit  eine  andere  Kunst  als  die  ägyptische  ihren  Einflufs 
verrät.  Überhaupt  bewahren  sich  ja  die  Maler  der  Dipylonvasen  ihre  Selbständigkeit 
nicht  lange.  Ebenso  wie  ihr  Stil  sich  entwickelt,  nehmen  sie  auch  neue  Darstellungen 
auf,  teils  aus  orientalisierenden,  teils  aus  episch-mythologischen  Vorbildern.  Wir  finden 
auf  einem  der  jüngsten  Gefäfse  (/)  Löwen;  ebenso  erscheinen  auf  den  jüngeren 
Schmucksachen   (A.Z.  1884  Taf.IX,  i)    die   Kentauren,   und   vielleicht   ist   der   Typus 


8L)  Ilelbig  »D.  hom.  Epos«  S. 
86)  IL' XVIII  541—560. 
8')  II.  XVIII   561—572. 
8!>)  II.  XVIII  587—589. 
8>J)  II.  XVIII  573—586. 

90)  II.  XVIII  490—560. 

91)  Od.  XI  611  f.;  XIX  228 ff. 

92)  U.  XVIII  590  ff. 


306. 


I3)  Heibig  »D.  hom.  Epos«  S.  298  verweist  auf  eine 
Schale  von  Idalion,  abgeb.  Revue  arch.  XXIV 
(1872)  pl.  XXIV;  Cesnola-Stern  »Cypern«  T.  IX; 
vgl.  Perrot-Chipiez  III.  Fig.  482.  —  Auf  dieser 
Schale  sehen  wir  einen  Reigentanz  dargestellt, 
doch  soll  nicht  verschwiegen  werden,  dafs  der- 
selbe religiösen  Charakters  ist  und  nur  von 
Frauen  getanzt  wird. 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  121 


des  im  Tanze  Springenden  dem  achilleischen  Schilde94  ebenso  bekannt  wie  der 
jüngeren  Dipylonvase  /  und  wie  phönikischen  Schalen,  z.  B.  jener  schon  mehrfach 
erwähnten  im  Varvakeion.  Aber  es  handelt  sich  ja  bei  dieser  Untersuchung  um 
die  ältesten  Erzeugnisse  des  Dipylonstiles;  und  unter  diesen  ist  der  Reigentanz  die 
einzige  Darstellung,  welche  sich  auch  auf  homerischen  Kunstwerken  nachweisen 
läfst.  Leider  können  wir  nicht  feststellen,  wie  viel  die  dichterische  Phantasie 
bei  dieser  Schilderung  zu  einem  etwa  wirklich  vorhandenen  Kunstwerk  hinzuge- 
schaffen hat95. 

Anders  als  mit  dieser  inhaltlichen  Übereinstimmung  eines  homerischen 
Kunstwerkes  und  einer  Dipylonvase  verhält  es  sich  mit  der  Übereinstimmung  in 
Einzelheiten  zwischen  der  in  den  epischen  Gedichten  geschilderten  Kultur  und  den 
Darstellungen  auf  den  Gefäfsen  vom  Dipylon.  Da  diese  Gefäfse  dem  Ende  der 
geschichtlichen  Entwicklung  angehören,  welche  durch  das  Epos  bezeichnet  wird, 
und  da  die  Vasenmaler  zum  Teil  die  gleichen  Kulturverhältnisse  schildern,  in 
welche  die  homerischen  Gedichte  uns  einführen,  so  müssen  sich  derartige  Über- 
einstimmungen natürlich  auch  bei  völliger  Unabhängigkeit  der  Gefäfse  vorfinden. 
Hierher  gehört  es  also,  wenn  die  Männer  auch  im  täglichen  Leben  bewaffnet 
sind  und,  entsprechend  der  epischen  und  historischen  Zeit,  Beinschienen  tragen, 
oder  wenn  eines  unserer  Gefäfse  einen  ähnlichen  Verschlufs  zeigt  wie  eine  von 
Homer  geschilderte  Truhe96.  Andererseits  finden  sich  ja  auch  Darstellungen, 
welche  gegenüber  den  homerischen  Gedichten  einen  Fortschritt  bezeichnen,  wie  die 
Viergespanne97,  die  Reiter98,  die  Schiffe  mit  dem  eu.ßoXov. 

Diese  Übereinstimmungen  sind  indessen  keineswegs  häufig.  Allerdings  führt 
Heibig  an,  dafs  der  auf  dem  Paradebette  liegende  Tote  der  Vase  B  vom  Kopf  bis 
zum  Fufse  mit  einem  Tuche .  verhüllt  ist:  dasselbe  erzähle  der  Dichter  von  den 
Leichen  des  Patroklos  und  des  Hektor.  Es  ist  ja  möglich,  dafs  die  epischen 
Dichter  diese  Sitte  bereits  kannten;  aber  es  mufs  doch  betont  werden,  dafs  weder 
bei  der  Leichenbestattung  des  Patroklos  noch  bei  der  des  Hektor  von  dieser 
Sitte  in  der  Ilias  irgendwie  die  Rede  ist,  dafs  der  Dichter  hiervon  überhaupt  nichts 
berichtet99.     Und    ebenso  wenig   ist  es  wohl   zu   billigen,   wenn   Heibig  darauf  hin- 

«)  II.  XVIII    571  ff.  Heibig  »D.  hom.   Epos«  S.  91fr.   Anm.  4;  Furt- 

96)  Was    die  Phantasie    des  Dichters    aus    etwa  vor-  wängler  A.Z.   1884  Sp.  140. 

handenen   Kunstwerken   zu   gestalten    vermochte,  98)  Vgl.   Welcker  »Ep.   Cyclus«  II    S.  2l6ff. 

zeigt     vielleicht     am     besten    jene     Schale     aus  ")  Das   erste    Citat,    welches   Heibig  S.  55  Anm.  5 

Amathus,    welche    zuerst   Murray    zur   Erklärung  anführt,  II.  XIII  352,    ist   wohl  ein  Druckfehler; 

der  zwiefach  umlagerten  Stadt  auf  dem   achillei-  aber  was  sollte  dafür  stehen  ?     Das  zweite  Citat, 

sehen  Schilde    herbeigezogen    hat   (abgeb.    z.  B.  II.  XXIII  253  f.,    bezeugt  nur,    dafs  die  goldene 

Heibig  »D.  hom.  Epos«  T.  I,  vgl.   S.  305).    Auf  Urne,  welche  die  Asche  des  Patroklos  umschlofs, 

dieser  Schale   sind   über  den  Zinnen    der  Stadt-  verhüllt  wurde;   dasselbe  erzählen  II.  XXIV  795 f. 

mauer    zwei    Frauen     gerade     mit     den    Köpfen  von  der  Urne,  in  welche    die  Asche  des  Hektor 

sichtbar;  vgl.  damit  II.  XVIII  Si4f.  gesammelt   wurde.     Von   den   Leichen  der   Hel- 

96)  Hirschfeld    Ann.  dell'  Inst.    1872    n.  71,    p.  150  den     ist     an    beiden     Stellen    nicht     die     Rede. 
(Od.  VIII  438fr.).  Vgl.   Welcker  »Ep.   Cyclus«  II  S.  397. 

97)  Vgl.    Bergk  »Griech.  Lijtg.«  I.   S.  793  Anm.  23; 

9* 


122  Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


weist,  dafs  wir  wie  bei  den  Leichenspiclen  des  Patroklos  auf  den  Vasen  vom 
Dipylon  einem  Wagenrennen  zu  Ehren  eines  Toten  begegneten  und  Dreifüfsen,  die 
als  Kampfpreise  ausgesetzt  seien.  Denn  diese  Dreifüfse  schmücken  die  Aufsenseite 
der  Schale  (K),  deren  Innenseite  der  Reigentanz  umschlingt;  dieselben  können 
also  keinenfalls  als  Kampfpreise  aufgefafst  werden.  Und  auf  den  grofsen  Bestat- 
tungsvasen dürfen  wir  den  Wagenzug  doch  nicht  ohne  weiteres  als  ein  Wagen- 
rennen deuten.  Der  Maler  hat  nur  ruhig  dahinziehende  Wagen  dargestellt:  möglich, 
dafs  dieselben  sich  schliefslich  zu  einem  Rennen  vereinigen,  wenn  der  Tote,  welcher 
noch  auf  der  Bahre  liegt,  verbrannt  und  bestattet  sein  wird;  aber  dies  ist  eben  auf 
unseren  Vasen  noch  gar  nicht  dargestellt. 

Vielmehr  zeigen  gerade  diese  Bestattungsvasen  recht  deutlich,  wie  voll- 
kommen unabhängig  die  Dipylonvasenmaler  von  den  Schilderungen  der  epischen 
Poesie  sind.  Auf  dreien  unserer  Vasen  sehen  wir  eine  Bestattung  dargestellt.  Jedes 
Mal  tritt  uns  eine  andere  Scene  entgegen:  der  Tote  liegt  noch  unverhüllt  auf  einer 
Bahre  [C),  der  Tote  liegt  verhüllt  auf  der  mit  Zweigen  geschmückten  Bahre  (ß), 
die  Bahre  mit  dem  nackten  Toten  wird  auf  einem  Wagen  hinausgeführt  (A).  Kein 
einziges  Mal  aber  tritt  uns  die  Scene  entgegen,  welche  in  den  homerischen  Gedichten 
am  glänzendsten  geschildert  wird  und  welche  die  nachweislich  von  dem  Gedanken- 
kreise der  epischen  Poesie  beeinflufste  Vasenmalerei,  der  Schild  des  Herakles100 
und  die  Lade  des  Kypselos 101  darstellen:  nämlich  die  Leichenspiele  und  die  bei 
diesen  zu  Ehren  des  Toten  stattfindenden  Wagenrennen.  Die  Vorbereitungen  zur 
Bestattung  schildert  Homer  kurz  und  einfach.  Die  Auffahrt  wird  mit  wenigen 
Versen  abgethan,  der  Tote  wird  nicht  auf  einem  Wagen  hinausgefahren,  sondern 
von  der  Freunde  Schaar  getragen102.  Den  vollen  Glanz  seiner  Sprache  und  den 
ganzen  Reichtum  seiner  Phantasie  enthüllt  der  Dichter  erst  bei  der  Schilderung 
der  Leichenspiele,  des  Wagenrennens,  des  Faustkampfes,  des  Ringens  und  des 
Wettlaufes.  Müfste  man  nicht  erwarten,  dafs  ein  Vasenmaler,  wenn  er  Homer 
gekannt  hätte  und  von  ihm  zu  seiner  Darstellung  angeregt  worden  wäre,  gerade 
hieran  angeknüpft  hätte?  Statt  dessen  finden  wir  dies  auf  den  Dipylonvasen  über- 
haupt nicht  dargestellt.  Und  selbst  wenn  ein  Mal  eine  Dipylonvase  mit  dem  Bilde 
eines  wirklichen  Wagenrennens  um  den  Preis  von  Dreifüfsen  zum  Vorscheine  kommen 
sollte,  so  dürften  wir  doch  in  ihr  nicht  einen  Einflufs  des  Epos  annehmen,  sondern 
wir  hätten  in  dieser  Darstellung  nur  den  vierten  Akt  eines  Schauspiels  anzu- 
erkennen, von  welchem  uns  auf  den  erhaltenen  Vasen  bereits  drei  frühere  vorliegen. 

Aus  drei  Quellen  entnehmen  die  griechischen  Vasenbilder  den  Inhalt  ihrer 
Darstellungen;  sie  fliefsen  bereits  in  der  epischen  Poesie.  Es  sind  erstens  das 
Genre,  zweitens  die  orientalischen  Tier-  und  Fabelgestalten,  drittens  die  mythologisch- 
epischen Sagen.  Die  letzteren  sind  für  die  Entwicklung  der  griechischen  Kunst 
in    dieser   Periode    das    wichtigste.      Mit    überraschender    Schnelligkeit    erringt    die 


100)Vs.   305—313.  101)  Paus.  V   17,  9. 

K>2)  II.  XXIII   127  fr. 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  122 


Denk-  und  Anschauungsweise  der  epischen  Poesie  die  Herrschaft  über  das  Volk 
und  die  Künstler  auch  des  eigentlichen  Griechenlands.  In  den  homerischen  Kunstwerken 
erscheinen  noch  wenige  Göttergcstalten:  es  sind  Athena  und  Ares  vor  den  Scharen 
der  zum  Kampfe  Ausrückenden  l03  und  einige  Fabelwesen,  welche  Homer  Eris,  Ky- 
doimos  und  Ker  benennt,  im  Getümmel  der  Schlachtscene  des  achilleischen  Schildes  ,04; 
Gorgo,  Deimos  und  Phobos  auf  Agamemnons  Schilde105.  Von  epischen  Scenen 
kennt  der  Dichter,  wie  es  scheint,  eine:  Helena  webt  in  eine  Diplax  Darstellungen 
von  Kämpfen  zwischen  Troern  und  Achäern'06.  In  der  öoitU  'Hpor/Xiouc  dagegen 
tritt  uns  bereits  der  Kampf  der  Lapithen  und  Kentauren107  und  der  von  den  Gor- 
gonen  verfolgte  Perseus  entgegen108,  und  Apollon  singt  mit  dem  Chore  der  Musen 
vor  den  olympischen  Göttern  "".  Apollon  erscheint  auch  auf  einer  alten  melischen 
Vase110.  Und  vollends  auf  der  Lade  des  Kypselos111  und  am  Throne  des  amy- 
kläischen  Apollon112  herrscht  die  Darstellung  mythologisch- epischer  Scenen  unbe- 
dingt und  unbeschränkt,  und  es  haben  sich  bereits  eine  ganze  Reihe  von  typischen 
Scenen  ausgebildet,  welche  ebenso  jenen  beiden  Kunstwerken  gemeinsam  sind,  wie 
sie  auch  auf  den  schwarzfigurigen  Vasen  wiederkehren. 

Zu  diesen  mythologisch -epischen  Darstellungen  gesellen  sich  auf  den  vom 
Epos  bccinflufstcn  Kunstwerken  die  orientalischen  Tier-  und  Fabelgestalten.  Auf 
dem  Schilde  des  Achilleus  würgen  Löwen  einen  Stier113,  auf  der  dcntlc  'HpaxXsoo? 
ziehen  Eber  und  Löwen  dahin114,  auf  der  Kypseloslade  war  die  »orientalische«  Ar- 
temis dargestellt115,  den  Thron  des  amykläischen  Apollon  schmückten  cKpiflfss  und 
il/jpta116.  Auf  den  schwarzfigurigen  und  orientalisierenden  Vasen  treten  derartige  Dar- 
stellungen immer  und  immer  wieder  auf,  bald  als  einziger  Schmuck  des  Gefäfses 
bald  mit  anderen  Scenen  vereinigt. 

Leider  sind  wir  nicht  im  Stande,  nachzuweisen,  aus  welcher  Zeit  diese 
Kunstwerke  stammen.  Das  Werk  des  Bathykles  ist  erst  in  den  fünfziger  Olympia- 
den  geschaffen  worden1'7.     Von   der  Entstehungszeit   der  Kypseloslade  wissen   wir 

103)  II.  XVIII  5 16  ff.  und  Achäern  keine  gleichzeitige  Scene,  sondern 

104)  Il.XVIII 535fr., vgl. Helbig»D.hom. Epos« S.307f.  eine  epische. 
i°6)  II.  XI  36  f.  in')  Vs.  178  ff. 
'06)  Man     darf    aus     dieser    Stelle    (II.     III     125  ff.)  i°6)  Vs.   2l6ff. 

schwerlich  mit  Heibig  (»D.  hom.  Epos«    S.  59)  i°9)  Vs.   201  ff.    Dafür  dafs  auch  andere  Epiker  viel- 

die  Folgerung  ziehen ,    dafs    die  Ionerinnen    der  leicht   Schilderungen    von   Kunstwerken    in   ihre 

epischen  Zeit  auf  den  Prachtgewändern,   welche  Gedichte  einflochten,  vgl.  Welcker  »Ep.  Cyclus« 

sie    webten,    bisweilen    Schilderungen    aus    dem  II  S.  99,   173,   304,   390,  409;  vgl.   S.  556. 

gleichzeitigen    Leben    anbrachten.      Für  Helena  H0)  Conze  »Melische  Thongef.ifse«  Taf.  IV. 

allerdings  sind  die  Kämpfe  zwischen  Troern  und  ln)  Paus.  V    17,   5 ff.     SQ.   256. 

Achäern  Scenen  aus  der  sie  umgebenden  Wirk-  n2)  Paus.   III   18,  9  ff.     SQ.   360. 

lichkeit,  aber  nicht  für  den  Dichter,  welcher  die  n»)  II.  XVIII  579fr. ;  vgl.  Od.  XI.  611  f. 

Helena    diese    Scenen    weben    läfst.       Für   den  n4)  Vs.   168. 

Dichter    folgt    nur,    dafs    er  Gewebe   kannte,  in  m)  Paus.  V   19,   5. 

deren  Darstellungen  er  Kämpfe  zwischen  Troern  1IS)  Paus.  VII   18,   14 

und    Achäern    zu    sehen    glaubte;    für    ihn   und  u7)  Vgl.  Brunn  K.   G.  II    S.  52  f.;   Overbeck    »G.  d. 

seine  Zuhörer  waren   Kämpfe   zwischen   Troern  gr.  PI.«  1 3  S.  74. 


124  Kroker,  Die  Dipylonvasen. 


eigentlich  nur,  dafs  das  Kunstwerk  vor  582  nach  Olympia  geweiht  worden  sein 
mufs118.  Die  äaizi;  'HpaxXsou?  dagegen  ist  sicher  schon  einige  Zeit  vor  Stesichoros 
gedichtet  worden"9.  Und  diesem  ihrem  höheren  Alter  dürfte  es  denn  auch  ent- 
sprechen, dafs  sie  noch  eine  Reihe  jener  Genresccnen  schildert,  wie  die  bekriegte 
Stadt,  die  friedliche  Stadt120,  den  Hafen,  von  welchen  Scenen  auf  der  gewifs  nicht 
unbeträchtlich  jüngeren  Lade  des  Kypselos  vielleicht  noch  eine1",  an  dem  viel 
jüngeren  Throne  des  amykläischen  Apollon  keine  einzige  mehr  dargestellt  war. 

Die  Vorliebe  also  für  Genrescenen  nimmt  mehr  und  mehr  ab  in  den  Kunstwerken, 
welche  unter  dem  Einflüsse  der  epischen  Poesie  enstanden  sind;  die  Vorliebe  für 
mythologisch-epische  Scenen  nimmt  schnell  zu.  Wenn  nun  die  Maler  der  Dipylonvasen 
auch  nur  einigermafsen  von  dem  Gedankenkreise  der  epischen  Gedichte  beherrscht 
worden  wären,  so  müfsten  wir  doch  erwarten,  dafs  sich  dieser  Einflufs  wenigstens 
hier  und  da  ein  Mal  in  der  Gestalt  eines  Gottes  oder  eines  Heros,  eines  wilden 
Tieres  oder  eines  Fabelwesens  geltend  machte.  Jenes  aber  zeigt  sich  überhaupt 
nicht  und  dieses  erst  auf  den  jüngeren  Gefäfsen  des  Dipylonstiles,  in  den  Kentauren 
und  Löwen:  die  älteren  Vasen  stehen  auch  hierin  unabhängig  von  dem  Epos  da. 

In  allen  den  Punkten  also,  in  welchen  eine  Vergleichung  der  beiden 
Kunstkreise  gestattet  ist,  findet  sich  nicht  nur  keine  Abhängigkeit  des  jüngeren  von 
dem  älteren,  sondern,  wie  wir  jetzt  hinzufügen  dürfen,  es  scheint  sogar,  als  wäre 
den  epischen  Dichtern  die  Sitte  unbekannt  gewesen,  welche  die  Dipylongefäfse  ge- 
schaffen hat.  Nach  dem  Leichenbrande  wird  die  Asche  des  Patroklos  in  eine  goldene 
Phiale,  die  des  Hektar  in  eine  goldene  Larnax  gesammelt.  Dann  wird  der  Leichen- 
hügel aufgeschüttet.  Von  Schmucksachen,  Gefäfsen,  Waffen  und  anderen  Gegen- 
ständen, welche  man  den  Helden  mit  ins  Grab  gegeben  hätte,  erfahren  wir  nichts. 
Die  argumenta  ex  silentio  haben  nun  zwar  wenig  Beweiskraft;  aber  hier  drängt  sich 
unwillkürlich  die  Folgerung  auf:  die  epischen  Dichter  können  solche  riesige,  mit 
figurenreichen  Scenen  geschmückte  Prachtgefäfse,  wie  sie  den  am  Dipylon  beerdigten 
vornehmen  Athenern  in's  Grab  gelegt  wurden,  überhaupt  nicht  gekannt  haben. 

Von  unseren  Ergebnissen  scheint  das  wichtigste,  dafs  die  Dipylonvasen  am 
Beginne  der  attischen  Kunstentwicklung  stehen.  Es  sei  erlaubt,  hier  noch  einen 
Schritt  vorwärts  zu  thun. 

Wir  wissen  so  gut  wie  nichts  sicheres  über  das  Attika  der  Zeit,  in  welcher 
die  Dipylonvasen  gemalt  worden  sind,  der  Mitte  des  7.  Jahrhunderts,  und  ganz  be- 
sonders wenig  über  die  attische  Kunstthätigkeit  dieser  Zeit.  Ich  hoffe  aber,  den 
attischen  Vasenmalern  kein  Unrecht  zu  thun,  wenn  ich  ihnen  zutraue,  dafs  sie  um 
650  so  malten,  wie  es  uns  die  Dipylongefäfse  zeigen.  Jene  Dipylon- Kanne  mit 
einer  attischen  Inschrift  beweist,  dafs  die  Athener  sogar  noch  im  6.  Jahrhundert  an 

"*)  Vgl.   Overbeck  a.  a.  O.  I3  S.  56.  wie    ich    glaube,    »historisch«    gedeutet    haben; 

"9)  Vgl.  Bergk  »Griech.  Littg.«  I  S.  997  f.  hätte  diese  Darstellung  einen  historischen  Bezug 

12°)  Vs.  238ff.,  272fr.,  207fr.  gehabt,    so   hätte  doch  wohl   eine  Inschrift  dar- 

m)  Nämlich  die  Darstellung  des  III.   Streifens,  wel-  auf  hingewiesen.     Vgl.  Paus.   V   18,  6  ff. 
che    die  Exegeten    und  Pausanias    mit  Unrecht» 


Kroker,  Die  Dipylonvasen.  125 


derartigen  Bildern  Geschmack  fanden.  Es  ist  bekannt,  dafs  Solon  es  für  nöthig 
hielt,  den  Begräbnisprunk  in  Athen  einzuschränken122.  Es  ist  ferner  bekannt,  dafs 
wir  auf  schwarzfigurigen  Gefäfsen  nur  selten  die  Leichenbestattung  selbst  dargestellt 
finden.  Eine  Ausnahme  hiervon  machen  attische  schwarzfigurige  Vasen1*3  und  in 
Athen  gefundene  Thontafeln,  welche  mit  Malereien  derselben  Technik  ge- 
schmückt sind1'4. 

Ich  halte  dies  für  kein  zufälliges  Zusammentreffen.  Vielmehr  erkenne  ich 
in  den  Bestattungsscenen  der  Dipylonvasen,  in  dem  Verbote  des  Solon  und  in  den 
Protheseis  der  schwarzfigurigen  attischen  Gefäfse  aufeinanderfolgende  Akte  der 
attischen  Kulturgeschichte,  welche  uns  zugleich  eine  vortreffliche  Probe  dafür 
bieten,  dafs  wir  die  Heimat  der  Dipylonvasen  dritter  Klasse  mit  Recht  in  Attika 
gesucht  haben.  Die  riesigen  Gefäfse  verdeutlichen  uns  recht  gut  die  übertriebene 
Pracht  eines  Leichenbegängnisses  in  dem  Athen  des  7.  Jahrhunderts:  zahlreiche 
Scharen  von  Klageweibern  umgeben  die  Bahre  des  Toten;  in  ihren  Gespannen  sind 
die  vornehmen  Verwandten  und  Freunde  herzugekommen,  wie  sie  noch  später  in 
den  Festzügen  der  Landesgöttin  erschienen;  und  vielleicht  stimmen  jene  Männer  vor 
den  Rossen  des  Leichenwagens  eben  den  Threnos  an,  den  Solon  verbot.  Auch 
das  Schmücken  der  Bahre  mit  Zweigen  ist  eine  attische  Sitte. 

Die  attischen  schwarzfigurigen  Vasen  sind  nicht  nur  zeitlich  die  Nachfolger 
der  Dipylonvasen;  sie  sind  es  in  dieser  Hinsicht  auch  inhaltlich.  Es  ist  vielleicht 
nicht  unwichtig  gewesen  für  die  weitere  Entwicklung  und  es  ist  sicher  bezeichnend 
für  die  »frömmsten«  unter  allen  Hellenen,  dafs  sie  bereits  in  ihren  ältesten  Kunst- 
werken die  ernstesten  Begebenheiten  des  Menschenlebens  in  genrehaften  Scenen 
darzustellen  wagen. 

E.  Kroker. 


I22)  Vgl.  z.  B.   Duncker  »Gesch.  des  Altertums«  VI5  p.  31 5 ff.  —  In    korinthischen    Vasen    desselben 

S.  207  ff.  Gegenstandes  dürfen  wir  einen  Einflufs   Attika's 

m)  Hirschfeld  Ann.  dell'  Inst.   1872     p.  167.  annehmen. 
124)  Furtwangler  »Berliner  Vasenkatalog«  I.  n.  181 1  ff., 


BERICHTE. 


ERWERBUNGEN  DES  BRITISH  MUSEUM  IM  JAHRE   1885. 

Auszug  aus  A.  S.  Murray's  Bericht  an  das  Parlament. 

Ausgrabungen  A.  Biliotti's  in  Rhodos. 

Archaischer  Pithos  mit  geometrischen  Mustern  und  einem  Friese  von  Wagen 
und  Kriegern,  von  einer  Walze  in  den  Thon  eingedrückt. 

Archaische  s.  f.  Amphora:  Zwei  Satyrn  tanzen  neben  einer  grofsen  Amphora 
{Helle nie  Journal  VI  p.  181  Fig.  i.  2). 

Archaische  s.  f.  Kylix.  Innenbild:  Aias  Kassandra  beim  Palladion  er- 
greifend. Aufsenbilder:  Herakles,  von  Gottheiten  geleitet,  im  Beisein  von  Zeus 
und  Hera;  Kampf  zweier  Krieger  {Hellenic  Journal  V  T.  40 — 42). 

Ähnliche  Kylix.  Innenbild:  Krieger  in  der  Haltung  eines  Angreifenden. 
Aufsenbilder:  Perseus,  Hermes  und  Athene  vor  drei  Gorgonen  fliehend;  Krieger, 
Pferde  führend  {Hellenic  Journal  V  T.  43). 

S.  f.  Kylix,  mit  Inschrift:  <I>dxo?  IffX  xa?  xaXä?  d  x6Xtj(?  d  xotxtXct  {Hellenic 
Journal  VI  p.  372  f.). 

Archaische  Kylix  mit  Ornament  und  der  eingeritzten  Inschrift  'löau-sv?/?  tjjju; 
Aryballos  mit  Inschrift  'Aaxuo)riSa  7)1x1  {Hellenic  Journal  VI  p.  374  f.). 

Hydria,  r.  f.:  Eros  bekränzt  eine  Kitharspielerin  in  Gegenwart  dreier  weib- 
lichen Figuren,  von  den  denen  die  eine  auf  Flöten  spielt,  während  eine  andre  eine 
Leier  und  eine  Pyxis  hält. 

Askos,  r.  f.:  Eros  und  Nike.     Von  schönstem  Stil. 

Porcelan-Schale  mit  Reliefs  auf  der  Aufsenseite. 

Porcelan-Scarabäus  mit  dem  Namen  des  Königs  Takeloth  II,  um  800  v.  Chr. 

Streifen  von  vergoldetem  Silber,  mit  Federmuster. 

Bronzefibula  mit  vertiefter  archaischer  Zeichnung  eines  Wildes  und  geome- 
trischer Muster. 

Bronzene  Strigilis  mit  der  Zeichnung  eines  galoppirenden  Pferdes. 

Drei  kurze  griechische  Inschriften  auf  Marmor  {Hellenic  Journal  IV  p.  136 
No.  1.     138  No.  2.     140  No.  8). 

Marmor  und  andere  Steine. 

Marmorstatuette:  Weibliche  Figur  auf  einem  Felsen  sitzend.  Angeblich  1870 
im  Piräus  gefunden. 

Marmormorfigur  eines  Stiers,  vermutlich  die  Bekrönung  eines  Grabdenkmals. 
Einst  von  Cockerell  aus  Athen  gebracht  {Hellenic  Journal  V  p.  32  Taf.   C). 

Drei  kleine  sehr  rohe  Marmorfiguren.     Aus  Kyme. 

Gipsabgufs  einer  Marmorschale,  einst  dem  Earl  of  Elgin  gehörig:  eine  weib- 
liche Figur  im  Relief,  einen  Gegenstand  mit  beiden  Händen  haltend  {Hellenic 
Journal  VI  p.  42). 

Sechs  architektonische  Marmor  -  Fragmente,  ehemals  im  Besitze  des  Earl 
von  Elgin  (s.  Hellenic  Journal  VI  p.  42  ff.  No.  2.  6.  7):  Säulenbasis;  zwei  korin- 
thische Pfeilerkapitelle;  korinth.  Säulenkapitell;  Oberteil  einer  Stele  mit  Blüten- 
ornament und  Fragment  eines  solchen. 


Erwerbungen  des  British  Museum   1885.  127 

Alabasterfigur  eines  Stiers  in  Relief.     Aus  Tarsos. 

Steinform,  auf  der  einen  Seite  römischer  Soldat  eine  Trompete  blasend; 
auf  der  andern  Hund  einen  Eber  angreifend.     Aus  Beyrut. 

Marmorplatte  mit  bilinguer,  lateinisch- griechischer  Inschrift,  enthaltend  eine 
Weihung  des  L.  Casperius  Aelianus  an  Apollo.  Gefunden  in  Isamoorli  Keui  bei 
Cavak,  im  Bezirk  von  Sammsoon,  Klein-Asien. 

Bronze. 

"    Kleines  Modell  eines  Altars  mit  Inschrift  JI02 
Täfelchen  aus  Smyrna  mit  Inschrift  E KATQN 

QES2NOZ 
2}AMI02 
Statuette  der  Aphrodite,  aus  der  Sammlung  Greau. 
Beflügelte  Sphinx.     Aus  Sidon. 
Zwei  chirurgische  Werkzeuge.     Aus  Pergamon. 

Spiegelkapsel  mit  Relief:  Nike  eine  Kuh  opfernd.  Ausgezeichnet  durch 
die  Schönheit  der  Erfindung  und  die  Vollendung  und  Zartheit  der  Ausführung.  Aus 
Megara. 

Blei. 
Täfelchen  mit  Inschrift  COEPER. 

Vasen  und  andere  Geräte  aus  Thon. 

R.  f.  Krater.  Vorderseite:  Hades  Persephone  in  einem  Wagen  entführend; 
Hekate.  Rückseite:  Kampf  der  Kentauren  und  Lapithen.  Vgl.  Philologus  Suppl. 
IV  (1884)  S.  643  No.  2. 

Archaische  Lekythos  aus  Cumae  mit  der  rückläufigen  Inschrift:  Tcraisc  i\x\ 
Xsxoi)o?-  o?  S'  av  (xs  xXs<pas'.,  öu'fXö?  satat  (Röhl  Inscr.  antiq.  524.  Hellenic  Journal  Vi 
p.  373  Anm.  1). 

Rhyton  in  der  Form  eines  verbundenen  Satyrn-  und  Mänadenkopfes;  auf 
dem  aufgesetzten  Becher  Dionysos,  drei  Satyrn  und  zwei  zurücklehnende  Gestalten. 
Von  vorzüglicher  Erhaltung. 

Fragment  einer  archaischen  Vase  mit  Zeichnung  in  Schwarz  und  Braun  auf 
rotem  Grunde.     Eingeritzt  der  Name  'AXe^(v)opo?.     Aus  Naukratis. 

Lampe  von  grün  glasirtem  Thon,  in  Form  eines  Gladiatorenhelms.  Ge- 
funden in  einem  römischen  Sarkophage  zu  Alteburg  bei  Cöln. 

Vase  von  grün  glasirtem  Thon,  in  Form  eines  Kaninchens.  Gefunden  im 
Rhein,  vermutlich  bei  Cöln. 

Vase  von  schwarz  glasirtem  Thon,  mit  eingedrückten  und  mit  Silber  ein- 
gelegten Mustern.     Aus  Cöln, 

Terracotta. 

Frau  auf  einem  Esel  sitzend,  ein  Kind  in  den  Armen  haltend.  Aus  Salamis 
(Cypern). 

Tänzerin,  bekleidet  und  verschleiert.     Ebendaher. 

Zwei  weibliche  Figuren,  auf  einem  Ruhebette  sitzend,  von  aufserordent- 
licher  Schönheit  der  Erfindung  und  Erhaltung.     Aus  Klein-Asien. 

Geschnittene  Steine. 

Sarder,  Intaglio:  Eros  kniet  auf  einem  Altar  und  blickt  empor  zu  einem 
Schmetterling  auf  einer  Säule.     Inschrift  OlylElME. 

Chalcedon,  Intaglio,  verstümmelt:  Teil  eines  Kentauren,  den  Rücken  von 
einem  Pfeil  durchbohrt.     Inschrift  Xi[pu>v?]. 

Roter  Jasper,  Intaglio:     Bildnifs  der  Kaiserin  Lucilla(?). 


128  Erwerbungen  des  British  Museum   1885. 


Plasma,  Intaglio:  die  drei  Moiren. 

Granat-Cameo:     Büste  des  Sarapis.     Aus  Rom. 

Glasflufs-Intaglio:     Ikaros  über  dem  Meere  fliegend. 

Onyx-Cameen  von  rohem  Stil:  1)  Europa  auf  dem  Stier.  2)  Männliche 
und  weibliche  Figuren.  Aus  Kalymna,  angeblich  mit  archaischer  Topfvvaare  zusammen 
in  einem  Grabe  gefunden. 

Kleine  Onyxbüste  der  Kaiserin  Matidia(r).     Aus  Alexandrien. 

Gold. 

Ring  mit  eingravirter  Figur   einer  ein  Tropaion   errichtenden  Nike   und   der 
Inschrift  FAPWIENQN 
BA2IAEI. 
Ring  mit  eingravirter  weiblicher  Figur,  die  einem  Eros  einen  Vogel  hinhält. 

Silber. 

Barren  mit  Inschriften,  auf  der  einen  Seite  TPVrON,  auf  der  andern  AIOSAVKA 
(Röhl  Inscr.  antiq.   523). 

Elfenbein. 

Messergriff  in  Form  eines  menschlichen  Beins. 

Theatermarken.  1)  Aus  Smyrna.  Vorderseite:  Bärtiger  Mann  in  Relief 
nach  r.     Rückseite:  // 

APOOXPA 
B  C 

2)  Aus  Athen.     Vorders.:     Zwei  Fackeln  in  Relief.     Rucks.:     XIII 

ir 

3)  Aus  Ephesos.     Vorders.:     Eingravirter  Vogel.     Rucks.:     XIII 

IA 
Eine  Reihe  von  Elfenbeintafeln  mit  Reliefdarstellungen.     Aus  Beyrut. 
Täfelchen  mit  Medusenkopf  in  Relief. 


ERWERBUNGEN  DER  KÖNIGE.  MUSEEN  ZU  BERLIN 
IM  JAHRE  1885. 

I.    SAMMLUNG 
DER  GRIECHISCH-RÖMISCHEN  SCULPTUREN  UND  ABGÜSSE. 

A.     ORIGINALE. 

i.  Der  Sarkophag  aus  dem  Giardino  Cafifarelli  in  Rom,  im  Verzeichnifs 
der  antiken  Skulpturen  (Berlin  W.  Spemann   1885)  unter  n.  843  a  beschrieben. 

2.  Ein  ionisches  Säulencapitell  aus  Athen  ebenda  unter  n.  997a 
beschrieben. 

3.  (1372.)'  Barbar,  Statuette.  W.  ital.  M.  h.  0,40.  Kopf  und  r.  Arm,  die 
einmal  modern  ergänzt  waren,  fehlen.  Gefunden  zu  Perugia  im  Tiber  bei  Ponte 
S.Giovanni.  Geschenk  des  Herrn  Heibig.  BuU.aeWInsi.lSS4  S.  178.  1885  S.  77. — 
Die  Figur  mit  Hosen,  kurzem  Ärmelchiton  und  Mantel  bekleidet  hat  das  r.  Knie  auf 
den  Boden  gesetzt;  die  L.  ruht  auf  dem  1.  Oberschenkel,  während  der  r.  Arm  wohl 
zum  Stützen  eines  Gegenstandes  erhoben  war.     Römisch. 

4-  (J 373-)  Relief.  Kalkstein,  h.  0,13.  br.  0,115.  Bestofscn;  der  obere 
Rand  fehlt.  Aus  Tarent.  —  Auf  vertieftem  Grunde  sind  zwei  Jünglinge  (?)  in  kurzem 
Chiton  dargestellt,  von  denen  der  eine  r.  halb  niedersinkt,  der  andere  hinter  ihm 
n.  1.  eilend  Kopf  und  beide  Arme  n.  r.  zurückwandte.  Vergl.  Verzeichnifs  n.  885  a — o. 
Spätgriechisch. 

5.  (1374.)  Einige  kleine  Bruchstücke  zu  der  Bronzestatue  aus  Kyzikos 
Verzeichnifs  n.  3. 

6-  (r377-)  Bruchstück  der  Tiara  des  Zeus  Oromasdes  von  einem  Relief 
auf  dem  Nemruddagh  (s.  O.  Hamdy  Bey  et  Osgan  Effendi  Le  tumulus  du  Nemroud- 
Dagh,  Constantinople  1883  Taf.  27).  Sandstein,  h.  0,21.  br.  0,21.  Geschenk  des 
Herrn  Dr.  F.  von  Luschan. 

7.  (Pergamen.  Inv.  884.)  Platte  der  Gigantomachie  vom  pergamenischen 
Altare  (s.  Beschreibung  der  pergamenischen  Bildwerke,  7.  Auflage,  S.  13,  E).  Ge- 
schenk Sr.  M.  des  Sultans. 

8.  9.     (Pergamen.  Inv.  885.  886.)     Eine  Platte  des  kleinen  Frieses  vom 

pergamenischen  Altare  und  zwei  Relieffragmente  ähnlicher  Art.     Geschenk  Sr.  M. 

des  Sultans. 

B.     GIPSABGÜSSE. 

1.  (1730.)  Unbärtiges  zurückgebeugtes  Köpfchen  in  der  Art  des  sog. 
sterbenden  Alexander.  Am  Nacken  links  ein  Gefäfsrest?  Aus  Trapezunt.  —  London. 
Geschenk  des  Herrn  Lewis  R.  Farnell. 

2.  (1734.)  Kopf  der  Sitzstatue  des  leierspielenden  Dichters  in  Villa 
Borghese  (Friederichs-Wolters  Die  Gipsabgüsse  antiker  Bildwerke  in  historischer 
Folge  erklärt  n.  1306). 

3-  (I735-)  Militärdiplom  aus  Ungarn.  Jos.  Hampel  Adalek  Pannonia 
Tortenetehes  Antonius  Pius  koraban  (Budapest  1884)  S.  ioff.  ■ —  Budapest,  Privat- 
besitz.    Geschenk  des  Herrn  Th.  Mommsen. 

4.  (1736.)     Epheubekränzter    Porträtkopf,     Wiederholung    von     n.   2. 

1  Die  eingeklammerten  Nummern  beziehen  sich  auf  die  Inventare  der  Sammlung. 


j -3Q  Puchstein,  Erwerbungen  der  Königl.   Museen  zu  Berlin   1885. 


Aus  Rom.  Synopsis  of greek  and  vornan  antiquities  (London  1874)  S.  18  n.  50.  — 
London. 

5.     (1738.)     Ein  neuer  Abgufs  der  Laokoongruppe   (Fr.-W.   1422). 

6-  (' 739-)  Gigant,  Gegner  der  Athena  in  der  pergamenischen  Giganto- 
machie.    Ergebnisse  der  Ausgrabungen  zu  Pergamon    (Berlin  1880)  Taf.  IV.  —  Berlin. 

7.  (1740.)  Kopf  des  Gegners  der  Hekate  in  der  pergamenischen  Giganto- 
machie.     A.  a.  O.  S.  57  Anm.  —  Berlin. 

8.  (1741.)    Ante  (r),  auf  der  Vorderseite  mit  Ranken  verziert,  zwischen  denen 

I.  Kybele  auf  einem  Löwen,  r.  Dionysos  auf  einem  Panther  reitend  dargestellt  ist; 
auf  den  Schmalseiten  je  eine  Fackel,  auf  der  Rückseite  1.  ein  Kerykeion,  während 
die  r.  gröfsere  Hälfte  als  Anstofsfläche  bearbeitet  ist.  Aus  Pergamon.  Arch.  Zeitg. 
1880  S.  10,  Za  (Conze).  —  Constantinopel. 

9.  (1742.)  Doppelherme  zweier  bärtiger  Porträtköpfe.  Sybel  3148  (vgl. 
Heibig  oben  S.  77  f.).  —  Athen,  Centralmuseum. 

10.  (1743.)  Poseidonios,  Porträtbüste.  Visconti  icon.  gr.  24,  1.  2.  Ger- 
hard Neapels  antike  Bildwerke  n.  360.  —  Neapel. 

11.  (1744.)  Lysias,  Porträtbüste.  Visconti  28,  1.  2.  Gerhard  n.  353.  — 
Neapel. 

12.  (1745.)  Zenon,  Porträtbüste.  Visconti  17,  5.  6.  Gerhard  n.  350.  — 
Neapel. 

13.  (1746.)  Zenon,  Bronzebüste  aus  Herculaneum.  Comparetti  e  de  Petra 
Villa  ercolanese  XII,  9.  —  Neapel. 

14.  (1747.)  Epikuros,  Bronzebüste  aus  Herculaneum.  A.  a.  O.  XII,  7.  — 
Neapel. 

15.  (1748.)  Hermarchos,  Bronzebüste  aus  Herculaneum.  A.  a.  O.  XII,  8. — 
Neapel. 

16.  (1749.)  Demosthenes,  Bronzebüste  aus  Herculaneum.  A.  a.  O.  XII,  4. — 
Neapel. 

17.  (1750.)  Oberkörper  einer  Ephebenstatue,  nach  Brunn  und  Furt- 
wängler  Wiederholung  einer  Figur  in  London,  s.  Arch.  Zeitg.  1864  S.  132.  Ver- 
zeichnifs  der  Gipsabgüsse  in  München  1880  n.  148.  Bull.  deW  Inst.  1885  S.  76. — 
Rom,  Sammlung  Baracco. 

18.  (1751.)  Piaton,  Herme  mit  der  modernen  Aufschrift  ZHNJ2N.  Visconti 
mus.  Pio-Clem.  VI,  33.     Jahrbuch  des  Inst.   1886  Taf.  6  n.  2.  —   Rom,  Vatikan. 

19.  (1752.)  Sog.  Peisistratos,  altertümliche  Porträtherme.  Bull.  deW  inst. 
1851  S.  88.  —  Villa  Albani. 

2°-  (x753-)  Bärtiges  Porträtköpfchen  mit  der  Inschrift  AlOrENHZ.  Aus 
Herculaneum.  —  Neapel. 

21.  (1754.)  Ämmon,  Statue  aus  Pergamon.  Ergebnisse  (1880)  S.  71.  Das 
Original,  bisher  in  den  königl.  Museen,  wurde  als  Geschenk  Sr.  M.  des  Kaisers 
Sr.  M.  dem  Sultan  übersandt.  —  Constantinopel. 

22 — 24.  (1755 — 1757-)  Drei  Dolche  des  Antiochos,  von  den  Relief- 
darstellungen desselben  auf  dem  Nemruddagh  (s.  O.  Hamdy  Bey  a.  a.  O.  Taf.  23. 
25.  27). 

25.  (1758.)  Hera  von  Cheramyes  geweiht.  Aus  Samos.  Bull,  de  corr. 
hell.  IV  Taf.  XIII.  XIV.  —  Paris. 

26.  (1759.)     Kauernde  Aphrodite  aus  Vienne.     Rayet    mon.   de  l'art  ant. 

II,  53.  —  Paris. 

27.  (1760.)  Ein  neuer  Abgufs  der  Aphrodite  von  Melos  (Fr.-W.  1448), 
nach  den  Grundsätzen  von  Ravaisson  La  Venus  de  Milo  (Paris  187 1)  aufgestellt. — ■ 
Paris. 

28.  (1761.)     Agrippa  aus  Gabii.    Bernoulli  röm.  Ikonogr.  I  S.  255fr. —  Paris. 

29.  (1762.)     Apollon,  Bronzekopf.     Clarac  1073,  2785  C.  —  Paris. 


Puchstein,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885.  j?i 


30.  (1763.)  Sog.  Apollonius  von  Tyana.  Bronzebüste.  Clarac  1078, 
2762  A.  —  Paris. 

31.  (1764.)  Homer,  Hermenkopf  aus  dem  Giardino  Gaetani.  Clarac  1085, 
2904  C.  —   Paris. 

32.  (1765.)  Grabrelief  des  Sosinos.  Aus  dem  Piräeus.  Clarac  198, 
297.     Fröhner  mus.  de  France  Taf.  9.  —  Paris. 

33.  (1766.)  Greif  aus  dem  Friese  eines  Pilastercapitells.  Vgl.  Rayet  Milete 
Taf.  49.  —  Paris. 

34.  (1767.)  Fries  eines  Pilastercapitells.  Vgl.  Rayet  a.a.O.  Taf.  47. — 
Paris. 

35.  (1768.)  Apollon  Musagetes.  Visconti  mns.  Pio-Clem.  1,15. —  Rom, 
Vatikan. 

36.  (1769.)     Aphrodite.     Bronzestatuette.     Gädechens  n.  78.  —   Arolsen. 

37.  (1770.)     Trajan,  Büste.  —  Ort  unbekannt. 

38.  (1771.)     Obere  Hälfte  eines  Tischfufses.  —  Ort  unbekannt. 

39.  (1772.)     Ephesische  Artemis,  Bronzestatuette.  —  Ort  unbekannt. 

40.  (1773.)  Knäbchen  auf  einem  Bock,  Bronzestatuette.  Gädechens 
n.  26.  —  Arolsen. 

41.  42.  (1774 — I77S-)  Dioskuren,  Bronzestatuetten.  Gädechens  n.  173. 
174.  —  Arolsen. 

43.  (1776.)  Herakles  den  Löwen  würgend,  Bronzestatuette.  Gädechens 
n.  228.  —  Arolsen. 

44.  (1777.)  Sog.  Meleager,  Bronzestatuette.  Moderne  Arbeit  nach  dem 
sog.  Antinous  im  Belvedere?     Gädechens  n.  359.  —  Arolsen. 

45.  (1778.)     L.  Fufs,  Bronze.     Gädechens  n.  716.  —  Arolsen. 

46.  (I779-)     Stier,  Bronzestatuette.     Gädechens  n.  494.  —  Arolsen. 

47.  (1780.)  Zwei  Panther  mit  einem  Medaillon.  Bronzehenkel?  Gäde- 
chens n.  480.  —  Arolsen. 

48.  (1781.  1782.)  Vorder-  und  Rückseite  eines  Diptychons.  Elfenbein. 
W.  Meyer  Zwei  antike  Elfenbeintafeln  (Abh.  der  bayr.  Akad.  Cl.  I,  Bd.  XV,  Abt.  I. 
1879)  S.  63  n.  4.  —  Halberstadt. 

49-     (1783.)     Kandelaberfufs.     Bronze.  —  Arolsen. 

50.  (1784.)  Löwenvorderteil  als  Ausgufs.  Bronze.  Gädechens  n.  477. 
—  Arolsen. 

51.  (1785.)  Wolfskopf,  von  einem  Bronzegefäfs.  Gädechens  n.  483.  — 
Arolsen. 

52.  (1786.)  Haken  in  einen  Fuchskopf  endigend,  Bronze.  Gädechens 
n.  711  ?  —  Arolsen. 

53.  (1787.)  Bronzeschnalle  bei  Enskirchen  gefunden.  Jahrb.  d.  Alter- 
thumsfr.  in  d.  Rheinl.  XLII,  72.  —  Cöln,  Privatbesitz. 

54.  (1788.)     Knäblein,  Bronzestatue.     Gädechens  n.  451.  —   Arolsen. 

55.  (1789.)  Die  Muse  Thalia,  Sitzstatue.  Visconti  mus.  Pio-Clem.  I,  18. — 
Rom,  Vatikan. 

56.  (1790.)  Anakreon,  Hermenkopf.  Aus  Rom.  Arch.  Zeitg.  1884  Taf. 
11,  2.  —  Rom,  Capitol. 

57.  (1791.)  Aphrodite  von  Arles.  Clarac  342,  1307.  Fröhner  ndtice 
n.  137.  —  Paris. 

58.  (1792.)  Herakles  und  die  Hirschkuh,  kleines  altertümliches  Relief. 
Matz-Duhn  n.  3726.  —  Dresden. 

59-  (r793 — 2046.)  Die  Abgüsse  der  Olympia-Ausstellung  im  Campo 
Santo,  welche  den  königl.  Museen  überwiesen  wurden2. 

2  Vgl.  Beschreibung  der  Gipsabgüsse  der  in  Olympia  ausgegrabenen  Bildwerke.     6.  Abdruck. 

Berlin    W.   Spemann   1885. 


1^2  Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


60.  (2047.)  Römische  Porträtbüste  eines  Knaben.  Aus  Rom.  Antik? 
—  Genf,  Privatbesitz.     Geschenk  des  Herrn  E.  Sarasin. 

61.  (2048.)  »Peplosübergabe«,  Relieffragment.  Terracotta.  Moderne 
Copie  nach  dem  Ostfries  des  Parthenon.  Waldstein  essays  on  the  art  of  Pheidias 
pl.  XI.   vgl.  S.  231fr.  258fr  —  Kopenhagen.     Geschenk  des  Herrn  Furtwängler. 

62.  (2049.)  Pompejus,  Porträtkopf.  Aus  Rom.  —  Paris,  Privatbesitz. 
Geschenk. 

O.  Puchstein. 


II.     ANTIQUARIUM. 
A.     GESAMMTFUNDE  UND  SERIEN. 
/.    Grabfund  von  Kurion  auf  Cypern. 
Nach    den    Mitteilungen    des    Herrn    M.   Ohnefalsch-Richter    war    das   Grab 
eine  in  den  Fels  gehauene  Kammer  mit  einem  aus  grofsen   oblongen  Quadern  auf- 
geschichteten Vorraum.     In    der  Mitte    der    hinteren   Hälfte    der  Kammer  war  ein 
Thonsarkophag  in  die  Erde  gesenkt;  an  drei  Seiten  ringsum   lag  je   ein  Skelett  auf 
dem   Boden  ausgestreckt  und  in  den  Ecken  stand  je  eine  Vase;  links  vom  Eingang 
in  der  vorderen  Hälfte  der  Kammer  standen  drei  gröfsere  amphorenförmige  Gefäfse. 

In  dem  Sarkophag  fand  sich: 

a)  Eine  Platte  von  0,09  Höhe  und  0,065  Breite  aus  sehr  dünnem  Goldblech. 
Der  Rand  ist  um  einen  ringsumlaufenden  Bronzedraht  aufgebogen.  Die  Dar- 
stellung ist  flach  eingeprefst.  Auf  einem  Wagen  steht  das  Idol  einer  weib- 
lichen Gottheit,  von  vorne,  in  langem  Gewände,  beide  Hände  an  den  Brüsten; 
daneben  eine  etwas  gröfsere  lang  bekleidete  Gestalt  nach  r.,  welche  die 
Zügel  hält;  das  Gespann  ist  fragmentiert;  die  Tiere  (es  scheinen  zwei)  haben 
kurze  Ohren  und  eine  etwas  nach  unten  gebogene  Schnauze,  so  dafs  man 
an  einen  Schnabel,  also  an  Greife  denken  kann,  doch  ist  von  Flügeln  nichts 
zu  bemerken,  obwol  so  viel  erhalten  ist,  dafs  sie  sichtbar  sein  müfsten;  die 
Körper  der  Thiere  fehlen  fast  ganz.  Im  Räume  über  denselben  rechteckiges 
Ornament  oder  Symbol.  Priesterin  das  Idol  in  Procession  umherfahrend? 
Alter  cyprisch-phönikischer  Stil.  —  Eine  schlechter  erhaltene  Replik  dieser 
Goldplatte,  ebenfalls  aus  Cypern,  befand  sich  in  der  im  Mai  1886  versteiger- 
ten Sammlung  Hoffmann  in  Paris '. 

b)  Ein  primitiver  Reiter  aus  Terracotta  mit  spitzer  Mütze;  rot  und  schwarz 
bemalt. 

c)  Terracottafigur :  Frau  welche  die  rechte  Hand  an  die  Brust  legt,  wo  sie 
etwas  hielt  das  abgebrochen  ist;  hinten  lange  Haare;  Unterkörper  cylindrisch 
hohl.     Roher  unbemalter  Thon.     Höhe  0,19. 

d)  Zwei  Unterbeine  aus  Terracotta  in  derselben  rohen  Technik,  mit  einem  Loche 
oben,  um  nach  Art  der  Gliederpuppen  an  einen  Körper  befestigt  zu  werden. 

Bei  dem  einen  Skelette  fand  sich: 

a)  Ein  goldner  Ring  von  0,03  Dm.  mit  zwei  Ösen,  durch  welche  eine  goldne 
Nadel  gesteckt  ist;  eine  Art  Fibel?  Ring  wie  Nadel  sind  aus  Goldblech 
zusammengebogen. 

b)  Zwei  längliche  blattförmige  dünne  Goldplättchen  mit  je  einem  Loch. 

c)  Ein  flacher  fragmentirter  Bronzekessel  mit  einfachen,  durch  je  drei  Nieten 
befestigten  Henkeln. —  In  demselben  stand  eine  mit  concentrischen  Kreisen 
verzierte  Vase. 

')  (Fröhner)  Collection  Hoffmann,   1886,  No.  194. 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885.  .  133 


Bei  dem  zweiten  Skelette  lagen: 

a)  Zwei    dünne    kreisrunde    Goldplättchen    von    0,045  Dm.    und    umgebogenem 
Rande. 

b)  Zwei    sog.   Wirtel,    Teile  eines  Halsbandes,   aus   grauschwarzem  Thone;    der 
eine  ist  mit  eingedrückten  concentrischen  Kreisen  verziert. 

Bei  dem  dritten  Skelett  lag: 
eine  Lanzenspitze  von  Bronze;  im  unteren  cylindrischen  Theile  ein  Loch  für 
den  Nagel,  welcher  die  Spitze  an  den  Holzschaft  befestigte. 

Nicht   genauer  angegeben  ist   der  Fundort  von    einem    natürlichen   Knöchel 
(Astragalos)  und  einer  kleinen  durchbohrten  Bronzescheibe. 

Von  den  in  dem  Grabe  gefundenen  Vasen  sind  keine  in  das  Museum 
gekommen,  doch  sind  zwei  aus  der  Nähe  des  Grabes  stammende  Stücke  beigegeben, 
die  nach  Herrn  Richter's  Versicherung  genau  denen  des  Grabes  entsprechen  sollen. 
Es  sind: 

eine  kleine  fäfschenförmige  Vase  mit  linearen  schwarzen  Ornamenten  auf 
dem  feinen  hochroten  Thon  (Gattung  wie  die  im  Berl.  Vasencat.  No.  122  ff.) 
und  eine  0,30  hohe  Amphora  mit  concentrischen  Kreisen  von  der  gewöhn- 
lichen Art  (wie  Berl.  Cat.  6off.). 

2.     Funde  aus  Gräbern  i>on  Rhodos. 

Die  nachstehend  verzeichneten  Stücke  wurden  auf  einer  Auction  in  London 
im  December  1885  erworben'.  Sie  stammen  alle  aus  Rhodos  und  zwar  aus  den 
Grabungen  des  Herrn  Biliotti.  Durch  die  freundliche  Vermittelung  des  Herrn  Cecil 
Smith  in  London  habe  ich  das  Tagebuch  einsehen  dürfen,  in  welchem  Herr  Biliotti 
die  Funde  von  über  500  Gräbern  kurz  notiert.  Herr  Cecil  Smith  hat  versprochen 
einen  Auszug  aus  diesem  Tagebuche  zu  geben3.  Ich  beschränke  mich  hier  auf  die 
Beschreibung  der  für  Berlin  erworbenen  Stücke,  indem  ich  die  aus  jenem  Tagebuche 
gewonnenen  Fundangaben  dabei  verwerte.  Das  Tagebuch  ist  freilich  recht  dürftig 
und  namentlich  in  seiner  zweiten  Hälfte  flüchtig;  doch  darf  es  in  dem  wenigen  was 
es  giebt  wol  als  zuverlässig  gelten.  Ich  bedaurc  sehr,  dafs  ich  dasselbe  nicht  in 
London  angesichts  der  ganzen  noch  nicht  zerstreuten  Sammlung,  sondern  erst  hier 
in  Berlin,  also  nur  für  den  an  unser  Museum  gelangten  Teil  derselben  benutzen 
konnte.  Die  kurzen  Angaben  Biliotti's  liefsen  mich  nur  zu  häufig  in  Zweifel,  wel- 
cher Art  die  mit  den  mir  vorliegenden  Stücken  zusammen  gefundenen  Objecte  waren. 
Dennoch  haben  sich  mir,  wie  man  sehen  wird,  durch  Benutzung  dieses  Tagebuches 
manche  wertvolle  Resultate  ergeben. 

Die  folgenden  Beschreibungen  können  zugleich  als  Nachtrag  zu  meinem 
Cataloge  der  Berliner  Vasensammlung  betrachtet  werden,  dem  aber  die  Redaction 
dieser  Zeitschrift  einen  grofsen  Vorzug  vor  letzterem  verliehen  hat,  den  einer  reich- 
lichen Ausstattung  mit  Abbildungen.  Da  die  blofsen  Beschreibungen  gerade  von  den 
ältesten  Vasengattungen  am  wenigsten  eine  anschauliche  Vorstellung  zu  geben  im 
Stande  sind,  werden  die  Fachgenossen  gewifs  mit  mir  für  diese  Beigabe  dankbar  sein. 

Es  wurden  erworben: 

I.    VASEN. 
Mykenische  Gattimg. 
Die  bei  Furtwängler  und  Löschcke,    Mykenische  Vasen,    1886,  S.  80 f.    kurz 
beschriebenen  Gefäfse.     Sie  stammen  wahrscheinlich  alle   (bei   einigen   hervorragen- 
deren Stücken  ist  es  sicher)   aus  der  Gegend  von  Kamiros,   von   dem  Orte  Tzitzo 
bei  Kalavarda. 

2)  Vgl.  (C.  Smith)  Catal.  of  a  coli,  of  greek  and  vornan       3)  Journal  of  hell.  stud.  VI  p.   371. 
antiquities  excavated  in  Rhodes,  London   1885. 


134 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


2948.     1/4 


3006.    y4 


Locale  sehr  altertümliche  Gattung. 

Inv.  2948.  H.  0,20.  Beistehend  abgebildet.  Nicht 
auf  der  Scheibe,  sondern  mit  der  Hand  gearbeitetes  Giefs- 
gefäfs.  Der  Bauch  ist  unten  zum  Aufstellen  abgeplattet,  ein 
Fufs  ist  nicht  vorhanden.  Heller  gelblicher,  aufsen  geglätteter 
Thon.  Vorn  ist  ein  Ornament  in  der  Form  eines  Ordens- 
kreuzes mit  matter  brauner  Firnifsfarbe  aufgemalt.  Die 
Technik  ist  der  jener  ebenfalls  handgemachten  halbkugel- 
förmigen Schalen  verwandt,  die  in  Cypern  und  Thera  vor- 
kommen (z.  B.  Berl.  118  bis  120;  Furtwängler- Löschcke, 
Myk.  Vasen  Taf.  XII,  80),  und  in  Cypern  mit  mykenischen 
Vasen  in  demselben  Grabe  beobachtet  wurden  (vgl.  a.  a.  O. 
S.  25). 

Gefunden  in  einer  kleinen  Grabkammer  an  der 
Nordseite  der  Akropolis  von  Kamiros,  darin  aufserdem 
vier  Bronzeringe,  eine  grofse  Bronzenadel  und  mehrere 
sog.  Wirtel  aus  Stein  sich  fanden. 

Inv.  2988.  H.  0,08;  gr.  Dm.  0,18.  Kernos,  drei 
verbundene  kleine  Näpfe.  Ob  ein  Henkel  in  der  Mitte  war, 
läfst  sich  nicht  sagen,  da  hier  ein  Stück  fehlt;  doch  ist 
es  nicht  wahrscheinlich.  Gelblicher  Thon.  Mit  der  Hand 
gearbeitet.  Mit  matter  brauner  Firnifsfarbe  sind  unten 
herum  horizontale  Streifen,  auf  den  eingezogenen  oberen 
Theil  verticale  Zickzacklinien  gemalt.  —  Gefunden  in 
Tzitzo,  da  wo  die  mykenischen  Vasen  herstammen  und 
diesen  gewifs  gleichzeitig. 

Inv.  3006.  H.  0,25.  Beistehend  abgebildet.  Drei- 
füfsiges  Gefäfs  mit  Bügelhenkel;  in  der  Form  fast  genau 
übereinstimmend  mit  einer  Vase  mykenischer  Fabrikation 
aus  Ialysos  (Furtwängler  und  Löschcke,  Myken.  Vasen 
Taf.  VII,  38).  Die  Technik  ist  aber  eine  andere;  die- 
selbe erinnert  zumeist  an  die  mykenische  Gattung  der 
Mattmalerei  auf  rotem  Thon,  gehört  jedoch  nicht  direct 
zu  ihr.  Der  Thon  ist  dunkelrot  und  nicht  fein.  Die 
Malerei  ist'  mit  matter  violettschwarzer  Farbe  aufgetragen. 
Mit  Anwendung  der  Scheibe  gearbeitet. 

Inv.  3007.  H.  0,23.  Dreifufs  derselben  Form 
wie  der  vorige;  nur  fehlen  die  Rillen  auf  den  Füfsen,  die 
glatt  sind.  Unbemalt.  Der  ziemlich  grobe  rote  Thon  ist 
mit  einer  feineren  geglätteten  Schicht  von  gleicher  Farbe 
überzogen.     Arbeit  auf  der  Scheibe. 


Griechisch-geometrische    Vasen. 

Die  Gefäfse  dieser  Gattung  stammen,  soweit  ihr  Fundort  bekannt,  alle  aus 
der  Gegend  von  Kamiros.  Sie  fanden  sich,  soviel  ich  weifs,  niemals  mit  Vasen  der 
mykenischen  oder  etwa  der  altrhodischen  oder  korinthischen  Gattung  zusammen. 

In  einer  Grabkammer  an  der  Südseite  des  Akropolis  von  Kamiros 
fanden  sich: 

a)  Inv.  2940.  H.  0,48.  Auf  S.  135  abgebildet.  Grofse  Kanne  der  Gattung 
der  Dipylon- Vasen.  Eine  besondere  Merkwürdigkeit  bildet  der  Henkel  von 
durchbrochener    Arbeit,    der    eine    zwischen    zwei    Rundstäben    sich    empor- 


Kurtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


135 


ringelnde  Schlange  darstellt4.  Der  Kopf 
derselben  liegt  oben  auf  dem  Rande 
der  Kanne;  ihr  Rücken  ist  gefleckt. 
Unter  der  Mündung  der  Kanne  drei 
flache  Rillen.  Die  reiche  Bemalung,  die 
aufser  linearen  Ornamenten  aus  einem 
Friese  von  Wasservögeln  besteht,  ist 
sehr  verblafst. 


b)  Inv.  3049.  H.  0,07.  Vorstehend  abge- 
bildet. Kleines  Kännchen  ohne  Abplat- 
tung unten.  Auf  der  Scheibe  gearbeitet; 
feiner  gelblicher  schön  geglätteter 
Thon.  Ohne  Bemalung.  Um  die  Schul- 
ter ein  eingeritzter  Ornamentstreif: 
Dreiecke,  mit  Punkten  gefüllt. 

c)  In  derselben  Grabkammer  lagen  Glas- 
perlen von  einem  Halsband  und  Frag- 
mente von  Bronzeschmuck. 

Nicht  genauer  bekannt  ist  der  Fundort  von 

Inv.  2941.  H.  0,345.  Beistehend  ab- 
gebildet. Grofser  Krater  mit  Henkeln,  die 
je  aus  'einem  verticalen  flachen  und  einem 
horizontalen  runden  Henkel  zusammengesetzt 
sind.  Die  Form  der  ganzen  Vase  und  na- 
mentlich der  Henkel  ist  eine  Vorstufe  zu 
den  sog.  Colonnettenvasen.  Das  Gefäfs  ist 
innen  und  aufsen  mit  braunschwarzem  Firnifs 
bedeckt,  mit  Ausnahme  von  einigen  ausgespar- 
ten Streifen  im  unteren  und  einem  breiten 
Felde  auf  dem  oberen  Teile  des  Bauches 
aufsen.  Die  Bemalung  des  letzterem  ist  auf 
beiden  Seiten  dieselbe.  Dreimal  ist  ein  Kreuz 
gebildet  ganz  von  der  Form  wie  das  von  2948; 
es  wird  von  concentrischen  Kreisen  umgeben. 
Dazwischen  erscheinen  zwei  Ornamente,  denen 
offenbar  das  Bild  des  Palmbaums  zu  Grunde 
liegt.  Es  ist  interessant  dieses  bedeutsame 
vegetabilische  Motiv  in  der  sonst  »geometri- 
schen« Decoration  zu  finden.     Ich  kenne  nur 


2941. 


'/• 


4)  Eine  andere  Kanne   mit   gleichem    Henkel    ward  bei    Siana   gefunden    und   kam    in's   British   Museum. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I.  jq 


136 


Furtwängler ,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


noch  ein  Gefäfs  mit  demselben  Ornament;  es  stammt  aus  Kamiros  und  befindet  sich 
im  Louvre.  Es  ist  ein  Napf  mit  hohen  Henkeln  (ähnlich  Berl.  Cat.  Fig.  93,  nur  ohne 
den  Fufs)  von  ganz  demselben  Stil  wie  unser  Krater. 

In  einem  kleinen   Grabe  zu  Vizikia  bei  Kamiros  wurden  folgende  Vasen 
zusammen  gefunden: 

a)  Inv.  2964.  H.  0,165.  Nachstehend  abg.  Schlanke  Büchse  mit  zwei  empor- 
stehenden Henkeln.  Der  Deckel  fehlt.  Mit  mattem  braunschwarzem  Firnifs 
bedeckt,  bis  auf  einige  Ringe  um  den  Bauch  und  einen  breiteren  Streif  auf 
der  Schulter,  auf  dem  gegitterte  Quadrate  zwischen  verticalen  Strichen. 

b)  Inv.  2982.  H.  0,17.  Etwas  plumpe  Kanne  mit  kleeblattförmigem  Ausgufs. 
Gefirnifst  bis  auf  einen  Streif  um  die  Schulter,  auf  dem  eine  dreifache  Zick- 
zacklinie gemalt  ist. 


2964.    1/4 


2990. 


2996.    Yj 


c)  Inv.  2990.  H.  0,17.  Etwas  elegantere  Kanne  mit  engem  Hals  und  kleeblatt- 
förmigem Ausgufs,  vorstehend  abgebildet.  Gefirnifst  bis  auf  mehrere  Streifen 
um  den  Bauch  und  drei  mit  Zickzack  gefüllte  Streifen  auf  der  Schulter. 

d)  Inv.  2995.  H.  0,07.  Kleines  Kännchen  mit  einfach  runder  Mündung.  Auf 
der  Schulter  Zickzackmotive;  sonst  gefirnifst. 

e)  Inv.  3050.  H.  0,105.  Bauchige  kleine  Kanne  mit  einfach  runder  Mündung. 
Auf  der  Schulter  Dreiecke,  mit  Parallellinien  gefüllt;  sonst  gefirnifst. 

Aufserdem  fand  sich  in  diesem  Grabe  noch  ein  zur  Vase  gestalteter  Vogel 
mit  linearer  Verzierung  (im  Cataloge  bei  lot  559;  das  Stück  soll  für  das  Museum 
von  Carlsruhe  erworben  sein). 

In  einem  Grabe  an  der  Nordseite  der  Akropolis  von  Kamiros,  dessen  oberer 
Teil  weggeschwemmt  war,  fand  sich  nichts  als 

Inv.  3001.  H.  0,09.  Kleines  Kännchen  mit  enger  cylindrischer  Mündung. 
Ohne  besonderen  Fufs,  nur  unten  abgeplattete  Streifen  und  einfaches  lineares  Orna- 
ment um  den  oberen  Teil;  sonst  gefirnifst. 

In  einem  Grabe  an  der  Südwestseite  der  Akropolis  von  Kamiros  be- 
fanden sich 

a)  zwei  einhenklige  Schalen,  »red,  common«-, 

b)  ein  kleiner  Frosch  aus  sog.  ägyptischem  Porzellane, 

(a.  und  b.  sind  nicht  im  Berl.  Museum) 

c)  Inv.  2996.  H.  0,095.  Vorstehend  abgeb.  Einhenkliges  Kännchen  mit  runder 
Mündung  und  einer  spitzen  2  Cm.  langen  Dülle  an  einer  Seite  des  Bauches. 
Gefirnifst  bis  auf  die  Schulter,  auf  der  concentrische  Halbkreise. 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


137 


Aus  einem  Grabe  an  der  Südwestseite  von  Kamiros  stammt: 
Inv.  3035.    H.  0,04.    Dm.  0,08.     Kleine  Schale,  flach;    war   ganz   gefirnifst. 
Nach  Technik  und  Form  hierher  gehörig. 

Nicht  genauer  bekannt  ist  der  Fundort  folgender  zu  ganz  derselben  Gattung 
wie  die  vorigen  gehöriger  Vasen: 

Inv.  2980.  H.  0,31.  Nachstehend  abgeb.  Amphora;  die  Mündung  abge- 
brochen. Breite  Henkel.  Hoher  Hals.  Gefirnifst.  Ausgespart  sind  einige  Ringe 
um  den  Bauch  und  je  ein  Feld  auf  der  Schulter  mit  Decoration  von  Dreiecken. 

Inv.  3009.  H.  0,17.  Bauchiges  zweihenkliges  Gefäfs  mit  weiter  Mündung. 
Mehrfach  ergänzt.  Um  den  Bauch  ein  Streif  mit  gegitterten  Dreiecken.  Sonst 
gefirnifst. 

Inv.  2992.  H.  0,185.  Gefäfs  wie  das  vorige.  Nachstehend  abgebildet.  Der 
eine  Henkel  fehlt  und  ist  in  der  Zeichnung  ergänzt. 

Inv.  2989.  H.  0,18.  Kanne  mit  engem  Hals  und  kleeblattförmiger  Mündung. 
Auf  dem  Henkel  Querstriche;  um  den  Bauch  einige  ausgesparte  Ringe;  sonst  ge- 
firnifst.    Der  Firnifs  hat  metallischen  Glanz. 


2980.    V6 


2949.    >/4 


Einer  anderen  Fabrik  geometrisch  verzierter  Gefäfse  gehört  folgende  Vase  an: 

Inv.  2949.    H.  0,21.    Vorstehend   abgebildet.      Kanne  von   eleganter  Form; 

sehr  dünn   und   leicht   gearbeitet.     Hellgelblicher  Thon.     Die    Firnifsfarbe    ist    sehr 

matt,    von    fast   violet-braunem    Tone.      Nur    die  Gegend    um   Fufs  und  Mündung 

ist  ganz  gefirnifst.     Decoration  von  concentrischen  Kreisen. 


Gattung  der  sog.  altrhodischen    Vasen. 

Kanne. 

Inv.  2930.  H.  0,39.  Nur  ein  unbedeutendes  Stück  der  Mündung  ist  ergänzt; 
sonst  vollkommen  erhalten  und  sogar  ungebrochen. 

Prachtstück.  Form  wie  Berl.  Cat.  Form  15,  doch  sind  Hals  und  Bauch  etwas 
schlanker.  Der  Henkel  ist  viertheilig.  Hellrötlicher  Thon  mit  mattem  grünlich- 
gelbem Überzug.  Die  Firnifsfarbe  ist  matt  braunschwarz  und  vielfach  etwas  ver- 
blafst.  An  einigen  Stellen  dunkelrotes  Detail  aufgesetzt;  Gravierung  nirgends  ange- 
wandt. Von  der  überreichen  Decoration  wird  bei  anderer  Gelegenheit  eine  Abbildung 
gegeben  werden.    Das  Wesentliche  ist  folgendes:  um  den  Hals  Flechtband.    Um  die 

10* 


j  -iß  Kurtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.   Museen  iu  Berlin   1885. 


Schulter  ein  breiter  Bildstreif;  in  der  Mitte  ein  grofses  Kreuz  aus  vier  verbundenen 
Palmetten;  links  davon  ein  Löwe,  rechts  ein  Stier,  beide  einander  zugewandt  und 
ruhig  schreitend.  Um  die  Stelle  des  gröfsten  Umfangs  des  Bauches:  umlaufender 
Friesstreif,  Hunde  die  Hasen  jagen.     Darunter  ein  Streif  mit  Lotosblüten  und  Knospen. 

Besonders  ergiebige  Ausgrabungen  hatte  Hr.  Biliotti  bei  dem  Dorfe  Siana, 
namentlich  an  dem  Kimissala  genannten  Hügel  veranstaltet.  Man  hat  vermutet, 
dafs  hier  die  Nekropole  der  Stadt  Kretenia  lag5.  F.  von  Luschan,  der  selbst  bei 
Siana  einige  Gräber  geöffnet  hat,  teilt  mir  gütigst  mit,  dafs  dieselben  in  Gestalt 
unregelmäfsiger  kleiner  Höhlen  direct  in  die  ansteigende  Hügelwand  gehauen  zu 
sein  pflegen;  die  Öffnung  war  durch  einen  Stein  verschlossen  und  Erde  darüber 
geworfen,  so  dafs  man  von  aufsen  das  Grab  nicht  sah. 

In  einer  kleinen  Grabkammer  bei  Siana  ward  mit  einer  schwarzen  Schale 
zusammen  (die  nicht  zu  identificiren  ist)  die  folgende  Kanne  gefunden : 

Inv.  2973.  H.  0,39.  Beistehend  abge- 
bildet. Gelber  Überzug  über  dem  rötlichen 
Thon.  Einzelnes  ist  mit  Rot  aufgesetzt:  diese 
Teile  sind  auf  der  Abbildung  durch  kreuzweise 
Schraffierung  bezeichnet.  In  der  Mitte  der 
Schulter  eine  grofse  Lotosblüte  mit  reicher 
linearer  Füllung;  zu  beiden  Seiten  um  den  Raum 
passend  zu  füllen,  ein  Hirsch  der  in  die  Vor- 
derbeine gefallen  ist.  Um  den  Bauch  um- 
laufender Streif  von  drei  Steinböcken  die  mit 
gesenktem  Kopfe  weiden  und  einem  gleichen 
Tiere  das  ruhig  schreitet;  seine  Hörner  greifen 
über  den  oberen  Rand  des  Frieses  über,  doch 
an  der  Stelle  neben  dem  Henkel,  wo  die  Schulter 
leer  und  einfach  gefirnifst  ist.  Unten  Lotos- 
knospen  und  Blüten. 

In  der  Nekropole  an  der  Westseite  der 
Akropolis  von  Kamiros  wurde  gefunden  »in 
removing  the  earth« : 

Inv.  2945.  H.  0,33.  Kanne  derselben 
Form  wie  die  vorige,  nur  bauchiger.  Gelblich- 
weifser  Überzug  über  dem  rötlichen  Thon. 
Flüchtige  Arbeit.  —  Um  den  Hals  Flechtband. 
Auf  der  Schulter  ein  mit  den  Vorderbeinen 
schreitend,  mit  den  Hinterbeinen  sitzend  gebil- 
deter Löwe  nach  r.;  dann  ein  laufender  Stein- 
2973.    */,  bock  nach  r.  und  endlich  ein  nach  1.  laufender 

grofser    Hund.      Füllung    durch    die    in    dieser 
Gattung    üblichen    Ornamente.      Die    Zusammenstellung    der    drei    Tiere    ist    recht 
willkürlich  und  sinnlos;  der  Hund  stammt  natürlich  aus  dem  Schema  der  Hasenjagd. 
—  Unten  grofse  Lotosblüten  und  Knospen  wie  bei  dem  vorigen  Stück. 
In  einem  Grabe  bei  Siana  ward  gefunden  (1882): 
a)  Inv.  2935.    H.  0,37.    Kanne  wie  die  beiden  vorigen.     Hellgelblicher  Überzug 
über    dem    rötlichen  Thon.     Ziemlich    sorgfältige   Arbeit.  —  Am  Halse  Mä- 
ander.    Auf   der  Schulter    in    der  Mitte   ein  Greif  nach   1.,    auf   den  Vorder- 
beinen liegend  während  die  Hinterbeine  schreiten;  diese  Figur  ist  abgebildet 
in  meinem  Artikel   »Gryps«   in  Roscher's  Lexicon  der  Mythologie.    Links  ein 


5)  Cecil  Torr,  Rhodes  in  ancient  times,  1885,  p.  4. 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


139 


nach  r.  schreitender  Hirsch  mit   gesenktem  Kopf;    die   hellen  Flecken   seines 
Felles   sind   ausgespart.     Rechts    ein  Steinbock    nach  r.,  im  Begriffe  mit  den 
Vorderbeinen  in  die  Kniee  zu  sinken.' —  Unten  grofse  Strahlen. 
Mit  dieser  Kanne  fanden  sich  nach  Biliotti's  Angabe 

b)  einige  korinthische  Aryballen  und  einige  gewöhnliche,  nicht  näher  bezeichnete 
Vasen,  wahrscheinlich  der  localen  Fabrik  von  der  unten  (S.  149,  7)  die  Rede  ist. 

c)  ein  sog.  Spinnwirtel. 

Genauere  Fundangabe  fehlt  über 

Inv.  2947.  H.  0,21.  Kleinere  bauchige  Kanne  von  geringer  flüchtiger  Arbeit. 
Graugelblicher  Thon  ohne  Überzug;  sehr  matte  braune  Firnifsfarbe,  die  an  grofsen 
Teilen  der  Vase  ganz  abgerieben  ist.  Einfacher  Henkel.  —  Um  den  Hals  Mäander. 
Auf  der  Schulter  in  der  Mitte  eine  grofse  Lotosblüte  mit  fünf  Blattspitzen;  die 
Zwischenräume  derselben  sind  durch  Punkte  gefüllt.  Rechts  ein  laufender  Hund 
nach  1.,  das  entsprechende  Tier  der  anderen  Seite  ist  bis  auf  einen  Rest  des  Hinter- 
beins zerstört.  Raumfüllung  durch  enggereihte  kurze  parallele  Striche.  Der  Bauch 
gefirnifst  bis  auf  den  unteren  Teil,  den  nur  einige  Streifen  zieren. 

Ebenfalls  nicht  genauer  bekannt  ist  der  Fundort  einer  Kanne  welche  in 
Technik  und  Stil  Neuerungen  zeigt  und  ans  Ende  dieser  Gruppe  gehört: 

Inv.  2939.  H.  0,39.  Nachstehend  abgebildet  (auch  im  Journ.  of  hell.  stud.  VI 
p.  186).  Die  Form  ist  viel  schlanker  und  eleganter  als  bei  den  vorigen.  Gelblich- 
weifser  Überzug  über  dem  rötlichen  Thon.  Auf  der  Schulter  Löwe  und  Steinbock 
gegenüber.  Das  in  der  Abbildung  Schraffierte  ist  rot  aufgesetzt.  An  beiden  Tieren 
ist,  was  bei  den  vorigen  Kannen  nicht  der  Fall  war,  Gravierung  angewandt  und  sind 
die  Köpfe  entgegen  dem  älteren  Brauch  vollgemalt.  Vom  Henkel  geht  nach  beiden 
Seiten  ein  Volutenornament  mit  Palmettenblättern  aus,  das  bei  den  älteren  Gefäfsen 


2939-     7s 


140 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


niemals  vorkommt.  Der  Mäanderstreif  um  den  Bauch  ist  umgeben  von  zwei  roten 
Streifen,  von  denen  jeder  wieder  von  zwei  weifsen  Linien  umsäumt  wird.  Darunter 
Fries  von  vier  laufenden  Steinböcken  mit  umgedrehten  Köpfen.  Hier  fehlt  die  Gra- 
vierung und  die  Köpfe  sind  in  der  alten  Weise  gebildet. 

Eine  wesentlich  verschiedene  Form  der  Kanne  zeigt 

Inv.  2931.  H.  0,26.  Abgebildet  Seite  139.  Von  dem  Henkel  ist  nichts 
erhalten;  auch  die  Ansatzstellen  fehlen.  Ich  habe  ihn  ergänzen  lassen  nach  Mafs- 
gabe  ähnlicher  Gefäfse.  Gelblicher  Überzug;  die  glänzende  Firnifsfarbe  ist  teil- 
weise rot  verbrannt;  an  vielen  Stellen  ist  sie  ganz  abgerieben.  Der  Bildstreif  zeigt 
ein  grofses  laufendes  Thier  nach  r.,  nach  dem  Geschlechtsteil  zu  urteilen  kein 
Löwe,  wol  ein  Hund.  Rechts  von  ihm  ein  ruhig  weidender  Steinbock.  Nach  häu- 
figem Gebrauche  in  dieser  Vasengattung  ist  von  den  Tieren  immer  nur  ein  Vorder- 
und  Hinterbein  dargestellt;  bei  Tieren,  die  im  Galopp  laufend  gebildet  wurden,  war 
dies  nicht  unberechtigt,  da  sich  dabei  die  Beine  im  Profil  gesehen  decken,  aber 
sehr  unpassender  Weise  ist  diese  Manier  hier  auch  auf  die  ruhige  Gestalt  des  Stein- 
bocks übertragen. 

Amphora. 

Erste  Gruppe. 

Technik,  Stil,  Ornamentierung  wie  bei  den  eben  auf- 
geführten Kannen. 

Aus  einer  Grabkammer  bei  Siana,  in  wel- 
cher sich  nachBiliotti's  kurzer  Angabe  ein  zerbroche- 
ner Terracottasarcophag,  an  dessen  einer  Ecke  ein 
Hundskopf  (?  war  es  ein  Löwenkopf?  wol  plastisch 
vorspringend)  erhalten  war  und  ferner  eine  Schale 
und  zwei  gestreifte  Aryballen  fanden,  stammt 

Inv.  2944.  H.  0,25.  Beistehend  abgeb. 
Gelblicher  Überzug  über  dem  rötlichen  Thon.  Gut 
erhalten.  Die  Henkel  zweiteilig;  an  ihrem  unteren 
Ansätze  je  drei  Strahlen.  Auf  der  Schulter  jeder- 
seits  ein  Steinbock,  der,  um  den  Raum  zu  füllen, 
mit  dem  Vorderkörper  zur  Erde  herabgebogen  ist 
und  den  Kopf  umdreht;  er  ist  gleichwol  im  Laufe 
gedacht  und  nur  je  ein  Fufs  angegeben.  Die 
beiden  Seiten  entsprechen  sich  vollkommen.  Die 
auf  unserer  Abbildung  mit  dicker  Schraffierung 
gegebenen  Linien  um  den  Bauch  sind  rot,  die 
sie  umgebenden  schmaleren  sind  weifs. 

Aus  einem  Grabe  bei  Siana  stammt  ferner: 

Inv.  2956.  H.  0,09.  Beistehend  abgeb. 
Graugelblicher  Überzug.  Auf  der  Schulter  einer- 
seits ein  nach  r.  laufender  Hund,  andererseits  ein 
Hase  in  eiliger  Flucht. 

In  demselben  Grabe  befand  sich:  eine 
Kanne  »red  common«,  also  wol  von  der  localen 
Fabrik,  die  unten  S.  149,7  besprochen  ist,  und 
ein  »saucer«. 

Zweite  Gruppe. 

Entwickeltere   Form,    die   in   allem   wesentlichen    den 

attischen   Amphoren   entspricht,   die  in   meinem  Berliner  Cata- 

loge  No.  i84lff.  aufgezählt  sind.    Einführung  neuer  Ornamente 

wie  Blattzweig,  Voluten  mit  Palmettenblattfüllung,  Knospenband 

2956.      '/2  u.  a.     Henkel  dreiteilig. 


Furtwänglcr,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


141 


In  einem  Grabe  bei  Siana  fand  sich  mit  zwei  Schalen  und  einer  »Olpe  mit 
roter  Linie  in  der  Mitte«: 

Inv.  2943.  H.  0,29.  Beistehend  abgeb. 
Gelblicher  Überzug;  die  braune  Firnifsfarbe  teilweise 
rot  verbrannt.  Die  Decoration  beider  Seiten  ist 
ganz  gleich.  Auf  der  Schulter  jederseits  ein  Fries 
von  Gänsen  im  Gänsemarsch  nach  rechts  (einmal 
sind  es  7,  das  andere  Mal  8),  ein  Motiv,  das  an 
die  gebmetrischen  Vasen  erinnert;  doch  die  Form 
der  Vase  und  ihre  übrige  Decoration  weisen  sie 
vollständig  zu  dieser  Gruppe. 


2943-     Vs 


Ein  anderes  Grab  bei  Siana  ist  schon  da- 
durch merkwürdig,  dafs  es  aus  einem  zerbrochenen 
grofsen  Pithos  bestand ;  es  enthielt:  einen  »Kothon«, 
eine  schwarze  Schale,  ein  Terracotta-»Spinnwirtel« 
und  eine  weibliche  Maske  von  Terracotta  (wie  die 
bei  Salzmann  Cam.  pl.  12.  13  und  unten  S.  154); 
endlich 

Inv.  2975.  H.  0,27.  Amphora,  Form  wie 
2943.  Einiges  ergänzt.  Der  blafsrötliche  Thon 
entbehrt  des  Überzugs,  ist  jedoch  geglättet.  Die 
braune  Firnifsfarbe  mehrfach  rot  verbrannt.  Flüch- 
tige Arbeit.  —  Auf  der  Mündung  dieselben  Striche 
wie  an  der  vorigen  Amphora.  Auf  dem  Halse 
einerseits  Flechtornament,  andererseits  Lotos- 
blüten und  Knospen  des  rhodischen  Stiles,  ohne 
Verbindung  untereinander.  Am  Schulteransatz 
verschlungener  Fries  von  flüchtig  gemalten  Granat- 
äpfeln (?)  nach  unten,  wie  an  der  völlig  gleich- 
artigen Vase  aus  Kamiros  bei  Longperier,  Mus. 
Napol.  59,  1.  Unter  den  Henkeln  das  beistehende 
Ornament.  Im  Übrigen  ist  der  Bauch  der  Vase 
völlig  unbemalt  und  thongrundig.  Nur  in  der 
Mitte  ist  jederseits  ein  Tier  aufgemalt:  A.  ein 
Steinbock  nach  r.,  der,  obwol  hier  keinerlei  räum- 
liche Nötigung  vorlag,  die  Vorderbeine  in  die 
Kniee  beugt.  B.  ein  grofser  Vogel  mit  gehobenem 
Flügel.  —  Die  Figuren  sind  ohne  alle  Gravierung 
voll  aufgemalt  und  keine  andere  Farbe  aufgesetzt; 
nur  um  das  Auge  ein  thongrundiger  Rand;  auch 
am  oberen  Teile  des  Flügels  ein  thongrundiger  Streif, 
setzen  zu  können. 

"icht  genauer  bekannt  ist  der  Fundort  von 

Inv.  301  1.  H.  0,29.  Amphora  wie  die  beiden  vorigen.  Stark  ergänzt  und 
das  Erhaltene  sehr  abgerieben.  Hatte  gelblichen  Überzug.  —  Mündung  mit  verti- 
calen  Strichen.  Auf  dem  Halse  Mäander.  An  der  Schulter  grofses  Lotosknospen- 
band  nach  unten,  ganz  wie  an  den  attischen  schwarzfigurigen  Vasen.  Um  den 
Bauch  Voluten  mit  Palmettenblattfüllung,  sowie  an  der  durchaus  gleichartigen  Am- 
phora bei  Salzmann  Cam.  pl.  46.  47;  das  Ornament  ist  hier  nur  etwas  gedrängter 
und  reicher.  Unten  war  ein  jetzt  fast  ganz  zerstörter  Streif  von  Lotosblüten  und 
Knospen  des   »rhodischen«  Stils.  —  Hie  und  da  ist  Rot  aufgesetzt. 


2975-     Vs 


um  hier  einige  Punkte   auf- 


142 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.   Museen  zu  Berlin   1885. 


Dritte  Gruppe. 

Sehr  schlanke  kleine  Amphoren,  deren  Bauch  mit  einfachen  Ornamenten,  welche  anscheinend 
die  Muster  von  Gewandstoffen  nachahmen,  überzogen  ist.  Die  übrige  Decoration  und  die  Technik  stimmt 
mit  der  vorigen  Gruppe  überein. 

Ein  Exemplar  dieser  Gruppe  im  Berl.  Cat.  3979.  Gefäfse  dieser  Art  wurden  bei  den  früheren 
Grabungen  Biliotti's  besonders  in  der  Nekropole  von  Fikellura  bei  Kamiros  gefunden. 

Ohne  nähere  Fundangabe  sind: 

Inv.  3005.  H.  0,24.  Nachstehend  abgeb.  Ein  weniger  schlankes  schwereres, 
vielleicht  älteres  Exemplar.     Gelblicher  Überzug.     Beide  Seiten  ganz  gleich. 


3005. 


Ve  3000.     i/6  298  t.     >/4 

Inv.  3000.  H.  0,295.  Viel  schlanker.  Zweiteiliger  Henkel.  Vorstehend 
abgeb.  Auf  dem  Halse  Mäander,  an  der  Schulter  je  drei  Rosetten.  Der  Bauch 
ist  mit  kleinen,  in  schrägen  Linien  angeordneten  Punktrosetten  bedeckt.  Unten  das 
Ornament  wie  an  dem  vorigen  Exemplar;  statt  der  Strahlen  aber  nur  Striche. 

Lekythos. 

Inv.  2981.  H.  0,16.  Fundort  nicht  näher  bekannt.  Vorstehend  abgeb. 
Hellrötlicher  Thon,  geglättet,  ohne  Überzug.  Die  Decoration  ist  aus  der  Abbildung 
ersichtlich.  Neben  dem  Henkel  jederseits  ein  Stengel  mit  spitzem  (Epheu-)  Blatt 
derart,  wie  auf  attischen  schwarzfigurigen  Vasen;  die  übrigen  Ornamente  gehören 
dagegen  dem  strengen  altrhodischen  Stil  an. 

Schüssel  und  Teller. 

Inv.  3010.  H.  0,135.  Dm.  0,28.  Fundumstände  unbekannt.  Einiges  ergänzt. 
Flache  Schüssel  auf  hohem  Fufse  der  Art  wie  Berl.  Cat.  297 — 299  (Form  96).  Hatte 
gelblichen  Überzug  (sehr  abgerieben).  In  der  Mitte  Rosette,  ringsum  Mäander,  dann 
ein  breiter  Streif  Lotosknospen  und  -Blüten  des  rhodischen  Stiles,  ohne  Verbindung 
unter  einander. 

Inv.  .2957.  H.  0,105.  Dm-  °>22.  Gleiche  Form.  Der  hellrötliche  Thon 
entbehrt  des  Überzuges,  die  Oberfläche  matt  ohne  feinere  Glättung,  die  matte  Firnifs- 
farbe  ist  durchweg  rot  gebrannt.  —  Um  den  Mittelpunkt  sind  Lotosblüten  und 
-Knospen  des  rhodischen  Stiles  angeordnet.  Am  Rande  einfacher  Mäander.  Auf 
den  diesen  von  den  Lotosblüten  trennenden  Firnifsstreif  ist  eine  von  zwei  weifsen 
gesäumte  rote  Linie  aufgesetzt. 

Inv.  2958.  H.  0,045.  Dm.  °>23-  Von  Siana.  Flach  vertiefter  Teller  mit 
horizontalem  Rande.  Auf  der  Oberseite  dünner  gelblicher  Überzug,  der  auf  der 
Unterseite  fehlt.  In  der  Mitte  ein  Stern,  ringsum  verbundene  Lotosknospen  und 
-Blüten.     Auf  dem  Rande,  in  dem  sich  zwei  Löcher  zum  Aufhängen  befinden,  Mäander. 


Furtwängler,  Erworbungen   der  Königl.  Museen  zu   Berlin   1885. 


H3 


Aus  einem  Grabe  bei  Siana  stammt  auch 

Inv.  2959.  H.  0,025.  Dm.  0,24.  Ganz  flacher  Teller.  Roter  Thon;  ohne 
Überzug;  nicht  fein.  Nur  flüchtig  gemalte  radiale  Striche  und  Mäandermotive. 
Zwei  Löcher  im  Rande. 

In  demselben  Grabe  fand  sich  eine  Amphora  der  unten  S.  149,  7  bezeichneten 
localen  Art,  von  rotem  Thon,  mit  schwarzen  Streifen. 

Gattung  schiuarzgefirnifster  Gcfäfse  mit  eingeritzter  und  rot  aufgemalter  Decoration. 

Inv.  2977.  H.  0,25.  Amphora,  Berl.  Cat.  Form  20.  Aus  Siana.  Heller 
gelbrötlicher  Thon.  Mit  braunschwarzem  Firnifs  bedeckt  bis  auf  je  zwei  schmale 
Streifen  unten  beim  Fufs  und  an  der  Stelle  des  gröfsten  Umfangs.  Auf  der  Schulter 
ist  jederseits  eine  nach  unten  gewandte  Palmette  eingeritzt,  deren  Blätter  je 
eines  um  das  andere  dunkelrot  bemalt  sind.  Weiter  unten  auf  dem  Bauche  sind 
in  gleicher  Weise  jederseits  eine  Palmette  und  unter  den  Henkeln  je  eine  Lotos- 
blüte (mit  Palmettenblattfüllung),  beides  nach  unten  gerichtet,  angebracht.  —  Eine 
Amphora  gleicher  Art  ist  im  Berl.  Cat.   1648  beschrieben. 

Inv.    2960. 
H.  0,09.    Dm.  0,155. 
Schale,    in   Form 
und  Technik  wie  die 
bei  Salzmann  Cam. 
pl.33.  Überaus  dünn 
und  leicht.     Bis  auf 
ein  schmales  Streif- 
chen an  der  Innen- 
seite des  Randes  der 
Schale  ist  innen-  und 
Aufsenseite    dersel- 
ben  ganz  gefirnifst, 
und  zwar  mit  braun- 
schwarzem, teilweis 
rot  verbrannten  Fir- 
nifs von  schwachem 
Glanz.      Die    Orna- 
mente sind  alle  ein- 
geritzt und  teilweise 
mit   dunkelroter  Farbe   ge 
füllt,    was    auf  der   beiste 
henden    Aufsenansicht 
durch   Schraffierung    ange- 
deutet ist.    Auf  dem  Rande 
Zickzack  wie  an  der  Schale 
bei     Salzmann;     auf    dem 
Streif  zwischen  beiden  Hen- 
keln Flechtband ,   während 
bei  der  Salzmann'schen  an 
diesem    Stück    der    Thon- 
grund   ausgespart   und    mit 
einem    aus   dem   geometri- 
schen Stil  entlehnten  Orna- 
mente  bemalt   ist.      Unten 
wechseln   Lotosblüten   und 
-Knospen  des  »rhodischen« 
Stiles  ab.    Über  dem  Fufse  2960^.     '/^ 


144  Furtwängler ,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 

Stabornament.  Die  Innenansicht  vorstehend  unter  b;  schraffiert  ist  hier  wiederum  das 
rot  Aufgemalte,  während  die  nur  gefirnifsten  Teile  in  dieser  Zeichnung  weifs  gelassen 
sind.  Um  eine  strenge  Rosette,  welche  die  Mitte  einnimmt,  sind  in  Kreuzesform 
vier  Palmetten  angeordnet,  zwischen  welche  je  ein  anderes  kleineres  Ornament  ein- 
geschoben ist. 

Altkorinthische  Gattung. 

Die  meisten  Gefäfse  dieser  Art  stammen  aus  den  Ausgrabungen  bei  Siana. 
Besonders  reich  war  ein  im  Tagebuch  von  1880  mit  K  10  bezeichnetes  Grab,  das 
nicht  weniger  als  79  korinthische  Aryballen  enthielt;  eine  Anzahl  derselben  ist  in 
unser  Museum  gekommen.  Dasselbe  Grab  enthielt  aufserdem,  dem  Tagebuch  zufolge, 
einen  »Kothon«,  eine  kleine  korinthische  Amphora,  zwei  kleine  Glasnaschen,  schwarz 
und  weifs  gestreift,  eine  aus  Fayence  mit  Glasurfarben  bemalte,  in  der  Art  wie 
die  bei  Longperier  mus.  Napol.  pl.  50.  51;  ferner  eine  Kanne  der  altrhodischen 
Gattung  mit  zwei  Rehen,  mehrere  figürliche  Salbgefäfse  (eine  Sphinx  ohne  Flügel, 
Widderkopf,  weibliche  Büste,  in  der  Art  wie  Berl.  Cat.  1301  ff.),  einen  grofsen  alt- 
rhodischen Teller,  Objecte  aus  sog.  ägyptischem  Porzellan,  wie  Vögel,  12  Scara- 
bäen  u.  a. 

Schlauchförmiges  Alabastron  (Berl.  Cat.   Form.  109). 

Zur  Gruppe  2,  b  i?n  Berl.  Cat.  S.  IIJ  No.  wog  ff. 
Iny.  3081.    L.  0,09.    Aus  dem  grofsen  Grabe  K   10.     Löwe  und  Schwan. 
Inv.  3055.    L.  0,085.     Ohne    Fundangabe.      Greifenkopf    auf   Adlerkörper; 
aufgebogene  Flügel. 

Kugelförmiger  Aryballos    (Berl.   Cat.  Form.  108). 

Zur  1.  Gruppe  im  Berl.   Cat.  S.  uj  No.  lOjfff     Mit  dem    Vierblattornament. 

Inv.  3065.  H.  0,065.  Gewöhnliches  Exemplar.  Aus  einer  grofsen  Grab- 
kammer bei  Siana  (K  38,  Ausgrabung  von  1880),  die  22  Aryballen  enthielt,  und 
aufserdem  einen  Teller  mit  Chimära  (gewifs  altrhodisch),  figürliche  Salbgefäfse  in 
Form  von  Stierkopf,  Widderkopf,  Schaf  und  Affe  (vgl.  Berl.  Cat.  1313  fr.),  die 
unten  S.  149  genannte  Kanne  localer  Gattung  No.  2976,  und  endlich  ein  Glas- 
fläschchen. 

Inv.  3046.    H.  0,08.    Gutes  Exemplar. 

Inv.  3061.  H.  0,09.  Aus  dem  grofsen  Grab  K  10.  Die  Füllung  ist  oben 
und  unten  als  flüchtige  Lotosblüte,  zu  den  Seiten  als  Palmettenblätter  gestaltet. 
Radförmige  Ornamente  dienen  zur  Füllung. 

Inv.  3045.  H.  0,08.  Das  Vierblatt  ist  verschwunden  und  statt  dessen  sieht 
man  ein  Kreuz  von  zwei  strengen  Palmetten  auf  Voluten  (oben  und  unten)  und  zwei 
Lotosblüten  mit  Palmettenblattfüllung  (r.  und  1.).  Streifchen  mit  weifsen  Punkten 
sind  am  Ornament  verwendet,  um  verschiedene  Teile  zu  trennen.  Sorgfältige  Aus- 
führung.    Vgl.  Berl.  Cat.   1049. 

Zur  2.  Gruppe  im  Berl.  Cat.  S.  irj  No.  1050 ff. 
Inv.  3060.    H.  0,08.    Aus  dem  grofsen  Grab  K  10. 

Zur  3.  Gruppe  im  Berl.  Cat.  S.  117  No.  ioß^ff. 

Inv.  3070.  H.  0,06.  Aus  dem  grofsen  Grab  K  10.  —  Wie  Berl.  Cat.  1054. 
Sechs  Krieger  marschieren  nach  r. ;  Schilde  halb  rot,  halb  schwarz. 

Inv.  3047.  H.  0,065.  Aus  demselben  Grabe.  —  Sechs  Krieger  nach  r., 
sehr  roh;  ohne  alle  Gravierung;  die  Schilde  nur  umrändert  und  thongrundig  gelassen, 
in  der  Mitte  derselben  ein  flüchtiges  Kreuz. 

Inv.  3073.  H.  0,075.  Aus  demselben  Grabe.  —  Sechs  Krieger  nach  r.; 
die  Schilde  rot  mit  weifsgetupftem  Rand. 


tanzenc 

Inv.  307  1.    H.  0,07. 
len  Männern,    in    der 

tonen. 

Rosettenfüllung. 

füllung 

Inv.  3069.    H.  0,05. 
Inv.  3062.    H.  0,06. 

Adler. 

Inv.  3064.    H.  0,06. 

Inv.  3066.    H.  0,051 

Kurtwängler,  Erwerbungen   der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885.  14c 

Ein    Stück    fehlt.      Zwei    Paare    von    sich    gegenüber 
bekannten    kauernden  Stellung,    mit   kurzen  roten  Chi- 

Drei  tanzende  Männer.     Rosettenfüllung. 
Die  Mündung  fehlt.    Vier  tanzende  Männer.     Rosetten- 
Aus   dem   grofsen  Grabe   K  10.    Zwei   Panther  und  ein 

;.    Aus  demselben  Grabe.     Vogel  mit  weiblichem  Kopf 
und  weit  ausgebreiteten  Flügeln. 

Zu  Gruppe  4,0  im  Berl.  Cat.  S.  120  No.  iojyff. 

Inv.  3072.  H.  0,06.  Aus  dem  grofsen  Grabe  K  38.  —  Sehr  flüchtige  rohe 
Malerei:  ein  Mann  auf  einem  Thron  nach  r.  und  ein  Krieger  nach  1.;  hinten  eine 
Rosette. 

Inv.  3078.  H.  0,055.  Gefunden  in  einer  Grabkammer  an  der  Westseite 
der  Burg  von  Kamiros.  —  Vogel  mit  ausgebreiteten  Flügeln  und  bärtigem  mensch- 
lichen Kopf.     Sehr  flüchtig. 

Zur  5.  Gruppe  im  Berl.  Cat.  S.  125  No.  1086 ff. 

Inv.  3044.  H.  0,08.  Gefunden  in  einer  Grabkammer  an  der  Westseite  der 
Akropolis  von  Kamiros,  zusammen  mit  einem  anderen  Aryballos  und  mit  184  Bronze- 
münzen aus  der  Zeit  um  300  v.  Chr.0,  eine  Baarschaft,  die  also  erst  lange  nach 
Anlegung  des  Grabes  in  demselben  geborgen  wurde.  —  Die  ganze  Vase  gefirnifst, 
darauf  sind  verticale  Streifen  geritzt,  von  denen  einige  mit  Rot  gefüllt  sind. 

Inv.  3079.  H.  0,055.  An  der  Westseite  von  Kamiros  in  einem  Grabe  mit 
einem  grofsen  Aryballos  gefunden,  der  einen  Adler  zeigte;  in  demselben  Grabe  war 
ferner  eine  Terracottastatuette,  eine  sitzende  Göttin.  —  Wie  die  vorige  Vase,  doch 
wechseln  mit  den  roten  und  schwarzen  auch  weifse  Streifen. 

Sechste  Gruppe.  Ganz  schwarz  gefirnifst;  nur  um  die  Mitte  des  Bauches 
ein  roter  Streif,  von  schmalen  weifsen  Linien  oder  Punktreihen  umgeben.  Die  hori- 
zontale Mündungsfläche  dunkelrot. 

Inv.  3074.    H.  0,06.    Aus  dem  grofsen  Grabe  von  Siana  K   10. 

Inv.  3075.    H.  0,07.    Aus  dem  grofsen  Grabe  von  Siana  K  38. 

Inv.  3076.    H.  0,05. 

Siebente  Gruppe.  Mündung  und  obere  Hälfte  des  Bauches  sind  schwarz 
gefirnifst,  die  untere  Hälfte  zeigt  einen  weifsen  Überzug  über  den  rötlichen  Thon. 

Inv.  3056  und  3057.  H.  0,065.  Beide  aus  dem  grofsen  Grabe  K  10  bei 
Siana. 

Aryballos  mit  niederem  Fufs. 

Inv.  2955.  H.  0,135.  Aus  einer  Grabkammer  bei  Siana.  Umstehend 
abgebildet.  Vorn  in  der  Mitte  zwischen  zwei  Panthern,  deren  langgestreckte  Leiber 
zusammen  mit  den  Rosetten  den  ganzen  übrigen  Raum  füllen,  eine  nach  r.  schrei- 
tende Figur  in  langem  Gewand,  die  eben  einen  Pfeil  auf  den  Bogen  zu  legen  im 
Begriffe  ist;  die  Sehne  des  Bogens  ist  braunrot  (in  der  Abbildung  zu  schraffieren 
vergessen);  die  sonstigen  rot  gemalten  Teile  sind  in  der  Abbildung  schraffiert.  Die 
Tracht  zeigt,  dafs  es  eine  Frau  ist;  im  korinthischen  Stil  ist  die  rote  Bemalung  des 
Fleisches  bei  weiblichen  Wesen  nicht  auffallend.  Es  ist  offenbar  Artemis.  Eine 
neue  Erwerbung  des  Antiquariums  aus  diesem  Jahre  (1886),  eine  Bronzefigur 
archaischen  Stiles  aus  Thesprotien  zeigt  Artemis  ebenso  in  langem  Gewände 
schreitend,  indem  sie  ebenso  den  Bogen  in  der  halbgesenkt  vorgestreckten  Hand  hält. 

6)  Lot  617  in  dem  Auctions-Catalog. 


146 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.   Museen  zu  Berlin   1885. 


Vgl.  zur  Art  wie  der  Bogen  ge- 
halten wird  auch  die  protokorinthi- 
sche  Lekythos  Arch.  Ztg.  1883 
Taf.  10,  2  und  das  alte  Bronzerelief 
Annali  deW  Inst.  1880  tav.  H. 

Inv.  3041.  H.  0,13.  Aus 
der  grofsen  Grabkammer  K  38 
bei  Siana.  —  Vorn  grofses  Orna- 
ment aus  Palmette  (oben)  und 
Lotosblüte  (unten);  zu  beiden 
Seiten  je  ein  Panther.  Rosetten- 
füllung. 

Inv.  3043.  H.  0,13.  Aus 
demselben  Grabe.  Gleiche  Dar- 
stellung wie  auf  der  vorigen  Vase. 
Mehrfach  beschädigt. 

Inv.3040.  H.0,12.  Sphinx 
nach  r.  zwischen  zwei  Panthern. 

Inv.  3042.  H.0,12.  Aus 
einem  Grabe  bei  Siana  mit  einer 
»verzierten«  Kanne  und  einer 
Schale  gefunden.  —  Schwan  in 
der  Mitte,  rechts  Greifenkopf  auf 
Adlerkörper;  aufgebogene  Flügel; 
links  weiblicher  Kopf  auf  Vogel- 
körper   (aufgebogene  Flügel). 

Ringförmiger  Aryballos 
(Berl.   Cat.  Form.   no). 

Inv.  3054.  Dm.  0,065.  Aus  einem  Grabe  bei  Siana,  das  auch  Vasen  der 
unten  S.  149,  7  besprochenen  localen  Gattung  von  rotem  Thon  mit  schwarzen  Streifen 
enthielt.  —  Zwei  Reiter  nach  1.;  die  langgestreckten  Pferdekörper  füllen  den  ganzen 
Raum.     Vgl.  Berl.  Cat.   1095  ff- 

Locale  Gattungen  alter  Zeit. 

1.     Nachahmungen   von  protokorinthischen  Lekythen 
(Berl.  Cat.  Form  102). 

Inv.  3052.  H.  0,10.  Beistehend  abgeb.  Matter,  gelbröt- 
licher Thon,  braunschwarze  Firnifsfarbe.  Viel  geringere  Technik 
als  die  der  ächten  protokorinthischen.  Das  Ornament  an  der 
Schulter,  die  Zacke  mit  umgebogener  Spitze  ist  in  der  proto- 
korinthischen Gattung  nicht  selten  (vgl.  Arch.  Ztg.  1882 
Sp.  206  und  das  Akroterion  vom  Heraion,  Ausgr.  v.  Olymp.  V, 
Taf.  34). 

Inv.  3051.  H.0,12.  In  einem  Grabe  bei  Siana  mit 
anderen  einfachen  Vasen,  einer  Bronzestriegel  und  einem  Spinn- 
wirtel  gefunden.  —  Auf  S.  147  abgebildet.  Reihe  von  Schwä- 
nen mit  gehobenen  Flügeln  wie  schwimmend ,  die  Füfse  nicht 
sichtbar.  In  der  Technik  mit  dem  vorigen  Stück  überein- 
stimmend. 


3052-    i/j 


Furtwängler ,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


H7 


3053-    7s 


Inv.  3053.  H.  0,105.  Aus  einem  Grabe  bei  Siana.  Vorstehend  abgeb. 
Rötlicher  Thon,  sehr  matte  braune  Firnifsfarbe.  Roh  gemalter  Schwan  mit  Gra- 
vierung. Hinten  2  Rosetten.  Überaus  ungeschickte  Zeichnung.  Die  flüchtigen 
Rosetten  in  der  korinthischen  Art.  Eigentümliche  Probe  schlechter  localer  Nach- 
ahmung, die  etwa  auf  einer  Stufe  steht  mit  den  geringeren  etruskischen  Producten. 


2.     Nachahmungen  von  korinthischen  kugelförmigen  Aryballen. 

Dieselben  sind  alle  nicht  ganz  kugelig,  sondern  unten  abgeflacht,  so  dafs 
sie  fest  stehen ;  im  Centrum  unten  eine  kleine  Vertiefung.  Der  Thon  ist  gelbrötlich, 
vom  korinthischen  durchaus  verschieden. 

Inv.  3068.  H.  0,075.  Von  Siana.  —  Dem 
Ornamente  liegt  das  auf  den  korinthischen  Ary- 
ballen so  gewöhnliche  Vierblattmuster  zu  Grunde; 
doch  sind  die  vier  »Blätter«  an  das  obere  und 
untere  Ende  geschoben  und  nur  klein  gebildet,  wäh- 
rend das  sonst  nur  zur  Füllung  eingeschobene  ge- 
gitterte Dreieck  rechts  und  links  hier  die  Haupt- 
sache ist;  je  an  dem  Ende  desselben  sitzt  eine 
grofse  sorgfältige  Rosette  (auf  den  Thongrund  mit 
Conturen,  nicht  in  korinthischer  Weise  voll  auf- 
gemalt).    Rot  gebrannte  matte  Firnifsfarbe. 

Inv.  3048.  H.  0,065.  Aus  dem  grofsen  Grabe 
K  38  bei  Siana,  aus  dem  auch  zahlreiche  acht  ko- 
rinthische Aryballen  stammen.  Beistehend  abgebildet. 
Blafsrötlicher  Thon,  fast  ganz  matte,  schlechte,  dünn 
aufgetragene  braune  Firnifsfarbe.  Vogel  mit  unbär- 
tigem menschlichem  Kopf  und  ausgebreiteten  Flügeln. 


148 


Kurtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


Inv.  3067.     H.  0,065.     Aus  einem  Grabe  bei  Siana.     Nachstehend  abgeb. 
Concentrischc  Kreise,  dreimal  nebeneinander. 


3067.     7a 


2998.    73 


Inv.  3059.  H.  0,075.  Von  Siana.  Vorn  sind  zwei  grofse  Rechtecke  mit 
gegitterten  Linien  ausgefüllt. 

Hier  sind  wol  anzuschliefsen: 

Inv.  3058.  H.  0,065.  Aus  einem  Grabe  an  der  Westseite  der  Akropolis 
von  Kamiros.  —  Aryballos  mit  einem  kleinen  Fufse  unten.  Roter,  nicht  korin- 
thischer Thon,  der  an  der  Schulter  und  am  Fufse  sichtbar;  das  Übrige  von  braun- 
schwarzem Firnifs  bedeckt.     Saubere  Arbeit. 

Inv.  3063.    Dm.  0,065.    Desgl. 

3.     Nachahmung  korinthischer  ringförmiger  Aryballen. 

Inv.  3039.  Dm.  0,085.  Aus  dem  grofsen  Grabe  K  10  bei  Siana,  wo  die 
vielen  acht  korinthischen  Aryballen  sich  fanden.  —  Vorstehend  abgeb.  Blafsröt- 
licher  Thon,   matter  brauner  Firnifs.    Ringsum  stilisierte  Schwäne  nach  r. 

Inv.  3038.  Dm.  0,085.  Aus  demselben  Grabe.  —  Genaue  Replik  der 
vorigen  Vase;  nur  ist  die  Firnisfarbe  hier  rot  verbrannt. 

4.     Schlauchförmiges  Alabastron  (Berl.  Cat.  Form  109). 
Inv.  3080.     Gelblicher,    nicht    korinthischer  Thon.     Nur    von    horizontalen 
Ringen  umgeben. 

5.     Kannen  mit  Stabornament  auf  der  Schulter. 

Inv.  2997.  H.  0,16.  Von  Siana.  Kanne  mit  dreigeteilter  Mündung,  von 
gedrückter  Form,  ähnlich  Berl.  Cat.  Form  16.  Zweiteiliger  Henkel.  Das  Stab- 
ornament der  Schulter  ist  auf  den  Thongrund  aufgemalt,  dafs  Übrige  ganz  gefirnifst. 

Inv.  2998.  H.  0,15.  Von  Siana.  Vorstehend  abgeb.  Gelbrötlicher  Thon, 
schlechter  matter  brauner  Firnifs. 

Inv.  3002.    H.  0,13.    Gleich  dem  vorigen  Stück. 

Inv.  2994.  H.  0,11.  Aus  einem  Grabe  von  Siana,  zusammen  mit  einer 
Amphora  »common«,  Schalen  u.  a.  unbedeutenden  Vasen.  —  Desgl.;  doch  ist  der 
Firnifs  fast  völlig  abgerieben. 

Hier  ist  auch  anzuschliefsen: 

Inv.  3024.  H.  0,20.  Von  Siana.  Bauchige  Kanne  mit  engem,  niederem 
Hals  und  kleinem  dreigeteilten  Ausgufs.     Zweiteiliger  Henkel.     Ganz  gefirnifst. 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  König].  Museen  zu  Berlin   1885. 


149 


Inv.  2984.  Dm.  0,10.  Aus  dem  grofsen  Grabe  K  10  bei  Siana.  Kleiner 
bauchiger  Krater  ohne  Henkel.  Berl.  Cat.  Form  21.  Ganz  gefirnifst.  Auf  der 
Schulter  graviertes  Stabornament.  Unten  ein  grofser  Stern,  ebenfalls  nur  graviert. 
Saubere  Arbeit. 

6.     Amphora. 

Inv.  3003.  H.  0,26.  Nachstehend  abgeb.  Heller  gelblicher  Thon,  den  oben 
genannten  Kannen  verwandt.  Merkwürdiges  Ornament  auf  der  Schulter,  auf  beiden 
Seiten  gleich.  Lotosknospen,  die  von  einer  doch  schwerlich  vegetabilisch,  sondern 
tektonisch  gedachten  Mitte  ausgehen. 


3003.    '/„  2938.     % 

7.  Locale  Gattung  von  gröfseren  Gefäfsen  aus  hellrötlichem  Thon, 
die  nur  durch  einzelne  Streifen  wellenförmiger  oder  S-förmiger  Linien  geziert,  im 
übrigen  ungefirnifst  sind.  Die  Firnifsfarbe  ist  dunkelbraun.  Gefäfse  dieser  Gattung 
kommen  schon  zusammen  mit  Vasen  der  altkorinthischen  und  altrhodischen  Art 
vor;  doch  überdauerte  ihre  Fabrication  gewifs  diese;  häufig  erscheinen  sie  auch 
allein  in  ärmeren,  geringeren  Gräbern.  Die  Ausgrabungen  haben  grofse  Mengen 
dieser  Gefäfse  ergeben. 

Inv.  2938.     H.  0,32.     Vorstehend    abgebildet.    —    Auf    dem    Halse    einge- 
ritzt die  Inschrift 


\^\P'^H^t 


Ähnlich  sind  die  folgenden  Amphoren: 

Inv.  3019 — 3022.  Nähere  Fundangaben  liegen  mir  vor  für  3021:  aus 
einem  Grabe  bei  Siana  (1882,  No.  74),  zusammen  mit  zwei  einhenkligen  Schalen, 
die  als  i>red  common«  bezeichnet  werden,  mit  drei  Schalen  mit  Figuren  (wol  attisch 
schwarzfigurige),  drei  Bronzearmbändern,  einer  Bronzenadel,  einem  Bronzespiegel 
und  einer  Terrakottamaske.  —  Ferner: 

Inv.  3015  wurde  in  einem  »gewölbten«  Grabe  mit  einer  schwarzen  Kylix 
gefunden. 

Derselben  Art  gehören  folgende  Gefäfse  an: 

Inv.  2976.  H.  0,28.  Kanne  aus  dem  grofsen  Grabe  38  bei  Siana,  das  zahl- 
reiche acht  korinthische  Vasen  enthielt  (s.  S.  144).  —  Henkel  ergänzt.  Form  etwa 
wie  Berl.  Cat.  18,  doch  war  der  Henkel  wahrscheinlich  niedrig.  Wellenlinie  um 
den  Hals. 


ICO  Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 

Inv.  3023.  H.  0,28.  Gefäfs,  etwa  in  der  Form  eines  Stamnos.  Nur  breiter 
Firnifstreif  um  den  Bauch. 

Inv.  3016.  H.  0,22.  Dm.  0,34.  Grofse  Schüssel  mit  zwei  Henkeln.  Von 
Siana.     Wellenlinie  von  Henkel  zu  Henkel. 

Inv.  3012.  H.  0,27.  Bauchiges  schüsselartiges  Gefäfs  mit  vier  Henkeln, 
zwei  grofsen  horizontalen  und  zwei  kleinen  verticalen. 

Gefäfse  aus  schwarzem   Tlion  (vgl.  Berl.  Cat.  1342 ff.). 

Inv.  2991.  H.  0,12.  Kleines  Kännchen,  anscheinend  nicht  auf  der  Scheibe 
gemacht.  Ohne  Fufs,  nur  eine  Abplattung  unten.  Oberfläche  glänzend  schwarz, 
im  Bruch  dunkelgrau. 

Inv.  3037.  Dm.  0,08.  Ringförmiger  Aryballos,  Berl.  Cat.  Form  110;  der 
korinthischen  Form  nachgebildet.     Oberfläche  ohne  Glanz,  grauschwarz. 

Inv.  2987.  H.  0,30.  Amphora,  Form  wie  die  oben  S.  149  n.  2938  abgebil- 
dete.   Oberfläche  vielfach  abgerieben,  war  glänzend  schwarz. 

Auf  andern  Gefäfsen  dieser  Art  aus  Rhodos  sind  Reste  roter  und  blauer 
Malerei  erhalten. 

Schwarzfigur  ige   Vasen. 
1.     Unbekannte  ionische  Fabrik. 

Inv.  2932.  H.  0,25.  Sehr  fragmentirt.  Abg.  im  Journal  of  hell.  stud. 
VI  p.  181. 

Blasser,  leicht  rötlicher  Thon;  der  schwarze  Firnifs  teilweis  rot  gebrannt.  — 
A.  Zwei  Silene,  von  denen  der  linke  fast  ganz  zerstört  ist,  fassen  mit  je  einer  Hand 
an  die  Henkel  einer  grofsen,  zwischen  ihnen  stehenden  Amphora,  auf  welcher  ein 
weifses  Volutenornament  angebracht  ist.  Die  Silene  sind  pferdehufig;  der  eine  er- 
haltene Kopf  zeigt  einen  iibermäfsig  langen  und  breiten  Bart;  das  Haar  am  Hinter- 
kopf ist  rot,  der  Bauch  ist  behaart.  Die  sämmtlichen  Conturen,  auch  die  des  Ge- 
sichtes, sind  graviert.  Der  Typus  ist,  wie  Cecil  Smith  hervorgehoben  hat,  dem  auf 
einem  Thonfragment  von  Klazomenae  auffallend  verwandt.  Derselbe  findet  sich 
indes  auch  auf  einigen  nicht  attischen  schwarzfigurigen  Vasen  aus  Italien.  Charak- 
teristisch ist  ferner  die  Vorliebe  für  zierliche  Reihen  von  kleinen  weifsen  Punkten 
(mehrere  auf  der  dargestellten  Vase);  auch  der  Kranz  des  Silens  ist  nur  durch 
solche  Pünktchen  angedeutet.  —  Von  der  Rückseite  B  ist  nur  ein  kleiner  Rest 
erhalten  (von  einem  aufgebogenen  Flügel?  unten  1.  kleiner  Vogel?).  —  Die  Vase 
entbehrt  jeder  Verzierung  aufserhalb  der  jederseits  ausgesparten  Bildfelder. 

Inv.  2979.  H.  0,295.  Amphora,  wie  Berl.  Cat.  Form  20.  Die  Henkel  zwei- 
teilig. Fufs  ergänzt.  Auf  beiden  Seiten  ist  am  Bauche  ein  grofses  Feld  ausgespart, 
das  nur  mit  Schuppenornament  bemalt  ist;  in  der  Mitte  jeder  Schuppe  ist  ein 
weifser  oder  (seltener)  dunkelroter  Punkt  angebracht.  Im  Übrigen  ist  die  Vase 
gefirnifst  bis  auf  ein  Stück  über  dem  Fufs,  das  wie  an  der  vorigen  Amphora  jedes 
Ornaments  entbehrt. 

Zu  dieser  wie  der  vorigen  Vase  finden  sich  manche  unmittelbar  verwandte 
Stücke  unter  den  in  Italien  gefundenen  Amphoren;  dahin  gehört  z.  B.  die  Berliner 
Amphora  1674,  die  in  Technik  und  Stil  sehr  ähnlich  ist. 

2.  -  Attische  schwarzfigurige  Schalen  des  späteren  Stils. 

Inv.  2985.  H.  0,08.  Dm.  0,21.  Schale  wie  die  im  Berl.  Catal.  S.  448 
No.  2056  fr.  —  Innen:  Laufender  nackter  Mann  nach  r.  • —  Aufsen:  Zwischen  den 
Augen  jederseits  der  sitzende  Dionysos  nach  r.  mit  Trinkhorn;  neben  den  Henkeln 
je  ein  tanzender  Silen. 

Inv.  2961.  H.  0,075.  Dm.  0,20.  Schale  wie  Berl.  Cat.  S.  450  No.  2061  ff. 
Innen:    der  bärtige  Dionysos  mit  Trinkhorn  in   einem  Schiff,    dessen  Vorderteil  die 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885.  151 

Form  eines  Maultierkopfes  hat.  Rings  Epheuranken.  —  Aufsen  jederseits  der 
sitzende  Dionysos  mit  Trinkhorn,  umgeben  von  je  zwei  auf  Maultieren  reitenden 
Nymphen  in  kurzen  Röcken  (Fleisch  weifs).  Weinranken  füllen  den  Raum.  Über- 
aus flüchtig. 

Inv.  2986.  H.  0,085.  Dm.  0,205.  Schale  wie  die  vorige.  —  Innen:  Diony- 
sos mit  Trinkhorn  und  ein  Reh.  —  Aufsen  beiderseits:  Frau,  ein  Viergespann  be- 
steigend nach  r.;  links  Apollon,  sitzend,  die  Leier  spielend;  rechts  eilt  Hermes 
voran.     Überaus  flüchtig. 

Attisch  rotfigurig. 

1.  Der  schöne  Stil  des  5.  Jahrhunderts. 

Inv.  2928.  H.  0,40.  Wahrscheinlich  in  Noti-Lei  bei  Monolitho  (bei  Siana) 
gefunden,  in  einem  Grabe,  das  sonst  nur  unbedeutende  schwarze  Vasen  und  eine 
»Lampe«  enthielt. 

Prachtvoller  Colonnetten-Krater.  Berl.  Cat.  Form  48.  Der  grofartige  frei- 
schöne Stil  der  Zeit  des  Phidias.  Am  Halse  das  übliche  Ornament  des  schwarz 
aufgemalten,  kaum  mehr  kenntlichen  Lotosknospenbandes  nach  unten.  —  Auf  dem 
Bauche    jederseits  nur   eine   grofse  Figur    (von  0,20  Höhe).     Gar    keine  Ornamente. 

A.  Athena  schreitet  weit  aus  nach  links,  mit  nach  r.  umgewandtem  Kopfe;  dorischer 
Peplos,  der  an  ihrer  1.  Seite  offen  ist;  die  Linke  hält  die  Lanze  horizontal,  die 
Rechte  ist  gerade  vorgestreckt.  Die  des  Gorgoneions  entbehrende  Ägis  ist  wie  ein 
Kragen  umgelegt  und   vorn   von   einem    grofsen    runden   Knopf   zusammengehalten. 

B.  Ein  Greis  schreitet  nach  rechts  Athena  entgegen;  er  ist  auf  einen  Stock  gestützt 
und  in  den  Mantel  gehüllt.  Haar  (kurz)  und  Bart  waren  weifs;  doch  ist  die  Farbe 
jetzt  verschwunden.     Zwei  Stirnfalten;  Schuhe. 

2.  Der  schöne  Stil  des  4.  Jahrhunderts. 

Inv.  2929.    H.  0,39.    Von  Siana.    Pelike,  wie  Berl.  Cat.  S.  738  No.  2625  f. 

Henkel  mit  erhöhter  Mittelrippe;  auf  dem  Mündungsrande  und  über  den 
Bildern  Eierstab;  unten  umlaufender  Mäander;  an  den  Seiten  Palmetten.  Fufsrand 
durch  zwei  Rillen  geteilt. 

A.  Auf  einem  gemeinsamen  weifs  gemalten  Sitze,  der  nicht  deutlich  charak- 
terisiert, vermutlich  jedoch  als  Kline  zu  fassen  ist,  sitzen  der  jugendliche  Diony- 
sos (1.)  und  Ariadne  (r.),  die  Beine  ab-,  die  Köpfe  sich  zugewandt.  Dionysos 
stützt  mit  der  Rechten  den  Thyrsos  auf,  der  dick  mit  Thon  aufgehöht  ist  und  ver- 
goldet war;  im  Haar  hat  er  ein  Diadem  aus  aufgehöhten  und  vergoldeten  Punkten. 
Ein  solches  und  ein  in  gleicher  Weise  gebildetes  Halsband  trägt  auch  Ariadne.  Das 
Fleisch  der  letzteren  ist  weifs  gemalt;  ihr  Chiton  zeigt  wohl  erhaltene  blafsrötliche  Farbe 
(auf  dem  weifsen  Grund);  der  Mantel,  welcher  den  Unterkörper  bedeckt  und  am 
Rücken  herabfällt,  war  blau  bemalt,  doch  ist  diese  Farbe  bis  auf  wenige  Reste 
verschwunden.  Zwischen  beiden  schwebt  ein  weifsgemalter  Eros,  dessen  Flügel 
vergoldet  waren;  er  scheint  Ariadne  bekränzen  zu  wollen.  Unten  steht  ein  Krater. 
R.  entfernt  sich  hüpfend  und  umblickend  der  jugendliche  Pan,  der  ganz  mensch- 
lich gebildet  ist  bis  auf  ein  Bockschwänzchen,  Spitzohren  und  kurze  Hörner;  ver- 
goldeter Kranz  im  Haar;  Fell  (oder  Gewand?)  auf  dem  1.  Arm.  L.  schreitet  eine 
Nymphe  in  langem  Chiton  heran,  welche  die  Doppelnöte  spielt;  vergoldeter  Hais- 
und Haarschmuck;  ihr  Fleisch  ist  weifs,  die  Farbe  des  Chitons  ist  jetzt  auch  fast 
weifs,  war  aber  ursprünglich  anders. 

B.  Drei  Jünglinge  im   Mantel;   roh. 

Inv.  2933.  H.  0,33.  Glockenkrater  wie  Berl.  Cat.  S.  756  No.  26461.  — 
A.  Der  jugendliche  Dionysos  mit  Thyrsos  sitzt  nach  1.,  umgeben  von  zwei  sitzen- 
den Nymphen  mit  Fruchtschüsseln;  dieselben  haben  enge  verzierte  und  ungegürtete 
Chitone  mit  langen  engen  Ärmeln  an;  ihr  Fleisch  ist  weifs  gemalt.     Vor  dem  Gotte 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I.  j  j 


152 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


steht  der  weifs  gemalte  Eros,  der  mit  der  1.  Hand  sich  auf  das  nicht  angedeutete 
hügelig  gedachte  Terrain  stützt.  Hinter  jeder  Nymphe  ein  Silen.  —  B.  Drei 
Jünglinge  im  Mantel;  roh. 


Locale  Gattungen  der  späteren  Zeit. 

1.  Deckelgefäfse  mit  emporstehenden  Henkeln.  Aus  blafs  rötlichem, 
gut  geglätteten  Thone.  Gute  Technik,  dünne  Wandungen.  Die  Gefäfse  sind  unge- 
firnifst;  nur  auf  der  Schulter  sind  Ornamente  mit  brauner  Firnifsfarbe  aufgemalt. 
Nach  den  Fundthatsachen  mufs  man  diese  Gruppe  in  das  spätere  5.  und  das  4. 
Jahrhundert  setzen. 

Inv.  2967.  H.  0,11.  Der  Deckel  fehlt  wie 
meistens.  Beistehend  abgeb.  —  Aus  einem  Grabe 
bei  Siana,  das  aufserdem  andere  unbedeutende  auch 
schwarz  gefirnifste  Vasen  enthielt  und  einige  Arybal- 
len,  die  der  Beschreibung  nach  dem  späteren  atti- 
schen rotfigurigen  Stile  angehören. 

Auf  der  Schulter  einerseits  zwei  sehr  roh 
gemalte  Vögel,  in  der  Mitte  ein  Stern,  andrerseits 
ein  Lorberzweig. 

Inv.  2973.  H.  0,09.  Aus  demselben  Grabe 
wie  das  vorige  Stück.  —  Auf  der  Schulter  beider- 
seits nur  gegitterte  Dreiecke. 

Inv.  2962.    H.  0,18.    Mit  Deckel.  —  Gefunden 
1880  in  einem  grofsen  Grabe  bei  Cazviri  bei  Kamiros; 
dasselbe  hatte  ein  sog.  falsches  Gewölbe  (mit  vorkra- 
genden Steinen)    und  enthielt  eine  schöne  rotfigurige  Hydria,    rotfigurige  Gutti   und 
gewöhnliche  rote  und  schwarze  Vasen.  —  Gefäfs  wie  das  vorige. 

Inv.  2971.  H.  0,11.  Aus  einem  Grabe  bei  Siana,  worin  sich  aufserdem 
rotfigurige  Aryballoi,  eine  mandelförmige  Vase  (eine  in  der  späteren  attischen  Fa- 
brikation nicht  seltene  Form),  kleine  schwarz  gefirnifste  Gefäfse  und  zwei  Terracotta- 
büsten  fanden.  —  Wie  die  vorige  Vase,  nur  dafs  die  Dreiecke  mit  ungekreuzten 
Linien  gefüllt  sind. 


2963-    Vi 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


153 


Inv.  3004.  H.  0,23.  Aus  einer  grofsen  Grabkammer  bei  Noti  Lei  bei  Mo- 
nolithe» (bei  Siana),  aus  der  sonst  nichts  erwähnt  wird.  —  Gedoppelte  Henkel. 
Wirre  kreuz-  und  sonnenartige  Ornamente  auf  der  Schulter. 

Inv.  2963.  H.  0,22.  S.  152  abgebildet.  Decoration  auf  beiden  Seiten 
fast  gleich. 

Inv.  2946.  H.  0,15.  S.  152  abgebildet.  Auf  der  anderen  Seite  sehr  ähn- 
liche Ornamente,  darunter  zwei  wie  Leitern  gebildete. 

Inv.  2965.  H.  0,13.  Zwei  sehr  roh  gemalte 
Vögel  auf  der  einen,  Lorberzweig  auf  der  andern 
Seite. 

Inv.  2966.     H.  0,12.     Desgleichen. 

Inv.  2969.  2970.  2972  sind  den  vorigen  sehr 
ähnliche  Gefäfse.  Etwas  anders  2968,  wo  flüchtige 
Blüten  auf  der  Schulter  erscheinen. 


3008.    % 


2.     Andere  Formen.     Dieselbe  Technik. 

Inv.  3008.  H.  0,195.  Beistehend  abgeb.  Ei- 
mer mit  drei  niederen  blattförmigen  Füfsen.  Flüchtig 
bemalt. 

Inv.  2983.  L.  0,17.  Beistehend  abgeb.  First- 
ziegel eines  Grabes  der  Art  wie  die  bekannten  atti- 
schen (vgl.  Sammlung  Sabouroff,  zu  Taf.  52).  Auch 
Berl.  Cat.  No.  309  gehört  hieher;  dies  Stück  hätte 
von  mir  übrigens  nicht  zu  den  archaischen  Vasen 
gestellt  werden  sollen;  dasselbe  ist  vielmehr  in  der 
Technik  und  dem  Stil  der  Bemalung  der  hier  be- 
sprochenen Fabrikation  sehr  verwandt  und  wol  gleich- 
zeitig. 

Ganz  ungefirnifste  und  unbemalte  Gefäße. 

Inv.  3033.  Dm.  0,155.  Aus  dem  grofsen 
Grabe  K  10  bei  Siana,  das  viele  korinthische  Vasen 

enthielt.   —    Kleiner    flacher    Teller,    mit    2   Löchern    im    Rande    zum    Aufhängen. 
Lebhaft  roter  Thon.     Schöne  Technik;  auf  der  Unterseite  sauber  gedrehte  Rillen. 

Inv.  3063.    Dm.  0,15.    Teller  auf  Fufs,  gering. 

Inv.  3025.  3026.  3027.     Drei  grofse  flache  »Askoi«,  wol  älterer  Zeit. 


Schwarz  gefirnifste    Vasen  mit  eingeritzten  Inschriften. 

Inv.  2950.     H.    0,20.     Plumpe    Kanne,    wahrscheinlich    altattischer    Fabrik, 
Form  ungefähr  wie  Berl.  Cat.  Form  134.     Am 
Halse  graviert: 


Inv.  2952.  H.  0,10.  Dm.  0,21.  Teller 
auf  Fufs,  Berl.  Cat.  Form.  227;  attische  Fabrik 
des  5.  Jahrhunderts.  Auf  der  Unterseite  des 
Fufses  eingeritzt  (vgl.  Journ.  of  hell.  stud.  VI, 
P-  377): 


C^^X 


< 

o 


iS4 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin    1885. 


geprefste 
P-  376) 


nv.  2954.    H.  0,05.    Dm.  o,n.     Zierliche    Schale    attischer    Fabrik;    innen 
Palmetten.      Auf  der  Unterseite   des  Fufses   graviert  (vgl.  Journal  a.  a.  O. 


v*>T 


O 
V 

Inv.  295  1. 
attischer  Technik. 


P 


Inv.  2953.  H.  0,04.  Dm.  0,14.  Schale 
attischer  Fabrik.  Unten  eingeritzt;  am  Ende  ein 
Gewirr  von  Buchstaben  durch-  und  übereinander; 
die  schraffierte  Stelle  ist  zerstört.  Vgl.  Journal 
a.  a.  O.  p.  376: 


my 


H.  0,14.    Von  Siana.     Schöne  Kanne 
Unter  dem  Fufse  geritzt  (vgl.  Journal  a. 

II.  TERRACOTTEN. 


bester 
a.  O.): 


4>i*ff 


Auf  der  Akropolis  von  Kamiros,  zwischen  den  zwei  Mauern  des  Tempels7 
wurden  in  der  Erde  die  zwei  überaus  primitiven  Idole  Inv.  8000  und  8001  gefunden, 
von  denen  das  eine  (von  0,145  Länge)  nachstehend  abgebildet  ist;  die  Arme  des 
letzteren  sind  abgebrochen,  sie  waren  in  die  Seite  gestützt. 


Ebenfalls    vom    Plateau    der  Akropolis    von  Kamiros 
stammt  das  vorstehend   abgebildete   Oberteil   eines  weiblichen 
8000.     '/,  Idols  Inv.  7994,  H.  0,10;  es  ward  den  30.  März  1880  mit  Gegen- 

ständen  aus   sog.  ägyptischem  Porzellan  gefunden:     Der  Kopf 
ist  vorne  abgescheuert;  im  Haar  liegt  eine  Binde. 

Inv.  7987.  Vorstehend  abgeb.  Fragmentierter  Kopf;  war  nicht  massiv  wie 
die  vorigen  Stücke,  sondern  hohl.  Merkwürdig  wegen  des  das  ganze  Ohr  bedecken- 
den   doldenförmigen    Schmuckes,    unterhalb    dessen    eine   Schleife    herabfällt;    die 


')  Zu  den  Funden  auf  dem  Plateau  der  Akropolis  vgl.  Löschcke  in  den  Mitth.  d.  Inst,  in  Athen  VI  S.  4  ff. 


Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 


155 


breite  Masse,  die  daneben  herabgeht,  ist  das  Haar.  Genau  dieser  Ohrschmuck 
ist  typisch  bei  einer  gewissen  Gattung  von  cyprischen  Werken ,  namentlich  grofsen 
Terracotten. 

Inv.  7997.  Oberteil  eines  Idols,  im  Stile  etwa  wie  Salzmann,  Camirus 
pl.  14,     Heuzey,  terres  cuites  du  Louvre  pl.  13,   1.     Massiv. 

Die  übrigen  Terracotten  gehören  späterer  Zeit  an  und  zeigen  rein  griechi- 
schen Stil.     Hervorzuheben  sind: 

sieben  kleinere  und  gröfsere  weibliche  Masken  archaischen  Stiles  in  ver- 
schiedenen Stufen  vom  mageren  spitzen  zum  vollen  runden  Typus  wie 
Salzmann  pl.  12.   13. 

Inv.  7982.  Bekleidete  Frau,  später  archaisch,  mit  grofsem  Tympanon  in  der 
L.,  die  Rechte  vor  der  Brust  (mit  Blüte?).  Vgl.  Salzmann  pl.  22,  wo  sie  das  Tym- 
panon schlägt. 

Inv.  7991.     Primitiv   gearbeiteter  Affe  auf  einem  Maultier. 

Inv.  7993-  Gelagerte  Frau  mit  Doppelflöten  (?)  in  der  L.;  Mantel  um 
Unterkörper;  Übergangsstil.  Gefunden  bei  Cazviri  (bei  Kamiros)  zugleich  mit 
einer  sitzenden  Terracotte  und  einer  Lekythos  neben  einem 
Grabe,  darin  eine  attische  Kanne  des  schönen  rotfigurigen  Stiles 
mit  Boreas  und  Oreithyia. 

Inv.  7981.  Thronende  Göttin,  Übergangsstil;  ohne  Attri- 
bute, Arme  gesenkt.  Gefunden  in  einem  Grab  bei  Siana  mit 
einem  »kotyliscos,  common,  red.«. 

Inv.  7989.     Bärtige   ithyphallische  Herme  (H.  0,11). 

Inv.  7990.     Grofser  Hahn  (H.  0,12). 

Inv.  8003.  H.  0,10.  Beistehend  abgebildet.  Merkwürdige 
Figur.  Pan  (?)  ithyphallisch,  mit  Füllhorn  resp.  Trinkhorn  in  der 
Linken,  Füfse  mit  gespaltenen  Klauen,  mit  einem  freilich  mehr 
einem  Ochsen-  als  einem  Bockskopfe  gleichenden  Kopfe.  Reste 
roter  Farbe  auf  weifsem  Überzug  am  Kopf  und  zwischen  den 
Beinen.  —  Gefunden  in  einem  Grabe  bei  Siana  1882,  das 
aufserdem  Folgendes  enthielt: 

eine  kleine  Amphora,  »common«,  eine  kleine  Glasvase; 
sonst  nur  Terracotten :  zwei  weibliche  Statuetten  ohne 
Kopf,  eine  weibliche  Maske  und  Göttin  mit  zwei  Kin- 
dern im  Arm  und  auf  der  Schulter.  Das  Grab  scheint 
dem  5.  Jahrhundert  anzugehören.  » 


III.     MISCELLANEEN. 

Inv.  7954.  Halsschmuck  aus  sog.  ägyptischem  Porzellan.  Zahlreiche 
Wiederholungen  eines  durchbrochen,  aber  sehr  flüchtig  gearbeiteten  viereckigen 
Plättchens  mit  dem  ägyptischen  Auge  als  Amulet.  Dazu  eine  gröfsere  Rosette,  eine 
grofse  Menge  kleiner  Perlen,  sog.  Wirtel  u.  a.  Wahrscheinlich  vom  Plateau  der  Burg 
von  Kamiros,  wo  am  9.  und  10.  April  1880  ein  Fund  solchen  Schmuckes  erwähnt 
wird;  doch  fand  sich  Ähnliches  auch  am  21.  April  an  der  SW.- Seite  von  Kamiros 
in  einem  Steine  mit  viereckigem  Loch  (ebenda  waren  zwei  andere  ähnliche  Steine 
ohne  Inhalt). 

Inv.  7959.  Kopf  von  Kalkstein,  völlig  übereinstimmend  nach  Stil  wie  Ma- 
terial mit  den  bekannten  kyprischen  Statuetten  ägyptisierenden  Stiles.  Gefunden 
mit  dem  zugehörigen  Unterteil  (Füfse)  und  mit  Schmuck  aus  sog.  ägyptischem 
Porzellan  auf  dem  Plateau  der  Burg  von  Kamiros. 


I  cQ  Furtwängler,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885. 

Inv.  7960.  Vorderteil  eines  kleinen  Löwen  von  Kalkstein.  Archaisch. 
Material  wie  das  obige,  mit  dem  der  cyprischen  Figuren  übereinstimmend.  Gefun- 
den an  der  SW.-Seite  von  Kamiros  in  der  Erde  bei  Gräbern,  zusammen  mit 
andern  Fragmenten  von  Tieren.     Gewifs  vom  äufseren  Schmuck  eines  Grabes. 

Inv.  7963.  Sehr  roh  gearbeiteter  Vogel  aus  Kalkstein;  aufserhalb  eines 
grofsen  Grabes  bei  Cazviri  gefunden.  —  Eine  merkwürdige  Grabstele  aus  Kalkstein, 
die  F.  von  Luschan  bei  Siana  notierte,  zeigt  sieben  ähnliche  primitive  Vögel  ohne 
Ordnung  durcheinander  in  Relief. 

Ferner  sind  zu  erwähnen: 

Mehrere  sog.  Wirtel  aus  dunklem  Stein,  wie  sie  in  den  ältesten  Gräbern 
vorkommen.  Ein  Carneol,  dessen  Oberseite  in  Gestalt  eines  Panterkopfes  erhaben 
geschnitten  ist  und  dessen  Unterseite  einen  vertieft  geschnittenen  Fisch  zeigt;  Stil 
der  »Inselsteine«;  unbekannter  Fundort.  Mehrere  altertümliche  Bronzefibeln  der 
Form  wie  Mitth.  d.  Inst,  in  Athen  XI  Beil. 2  zu  S.  16  N0.3.  Alabastron  aus  Alabaster, 
dessen  Oberteil  die  Gestalt  eines  weiblichen  Brustbildes  hat,  das  aber  sehr  verwittert 
ist;  phönikisch.  Ovales  Glasplättchen  (Amulet?)  von  0,024  Länge  und  c.  9  Mill. 
Dicke,  fast  undurchsichtig,  dunkelbraun.  Auf  beiden  Seiten  Relief:  a)  Hocken- 
der Knabe  von  vorn,  die  1.  Hand  an  der  Brust,  die  etwas  Undeutliches  (ein  Vögel- 
chen?)  fafst;  langes  Haar.  b)  Hockender  Silen  (?)  von  vorn,  beide  Hände  auf 
dem  Bauch.     Freier  Stil. 

B.     EINZELERWERBUNGEN. 
I.      Terracotten. 

1.  Aus  Tarent.  Eine  neue  Sammlung  von  42  Stück.  Darunter  sind 
bemerkenswerth : 

Inv.  7903.  Oberteil  eines  nach  r.  schreitenden  Jünglings  von  archaischem 
Stil  in  gegürtetem  Chiton,  der  einen  Widder  auf  den  Schultern  trägt.  Vgl.  was 
ich  dazu  im  Texte  zu  Taf.  146  der  Sammlung  Sabouroff  bemerkt  habe. 

Mehrere  vollständig  erhaltene  gröfsere  Statuetten  von  Frauen  in  archaischem 
und  strengem  Stil,  meist  mit  Kalathos,  eine  Granate  oder  eine  Blüte  oder  Kanne 
nebst  Schale  haltend. 

Ein  vollständiges  weibliches  Brustbild  mit  Kalathos,  archaisch,  mit  Löchern 
zum  Aufhängen. 

Ein  trefflicher  archaischer  Silenskopf  (7906). 

Ein  schöner  weiblicher  Kopf  strengen  Stiles  (7922),  der  etwas  an  die 
»Elektra«  der  bekannten  sog.  pasitelischen  Gruppe  in  Neapel  erinnert. 

Ein  Stirnziegel  freien  Stiles  mit  einem  unbärtigen  Kopfe  von  erregtem 
Ausdruck,  der  einen  Helm  trägt  dessen  Spitze  einer  phrygischen  Mütze  gleicht  (7914). 

Mehrere  Formen,  alle  von  freiem  Stile: 

Inv.  7913.  Form  zu  einem  Stirnziegel;  treffliche  erregte  jugendliche  Satyr- 
maske. 

Inv.  7907.  Form  für  eine  kleine  Satyrmaske  von  hohem  Relief.  Auf  der 
Rückseite  sind  in  den  weichen  Thon  mit  schönen  breiten  Zügen  die  folgenden 
Buchstaben  eingedrückt,  die  wol  auf  das  4.  Jahrhundert  weisen:       I     E 

K     A 

Inv.  791 1.  Fragmentierte  Form  für  eine  runde  Relieftafel  mit  Götterattri- 
buten.    Leier  und  Kerykeion  sind  erhalten. 

Inv.  7912.     Fragmentierte  Form  für  eine  Relieftafel  mit  todten  Fischen. 

Inv.  7910.  Form  für  das  Oberteil  eines  sitzenden  Mädchens  mit  Kopf;  für 
eine  Statuette. 

2.  Aus  Myrina.  Eine  Sammlung  von  26  Stück.  An  denselben  sind 
Farben  und  teilweise  Vergoldung  mehrfach  sehr  gut  erhalten.    Hervorzuheben  sind: 


Furtwängler ,  Erwerbungen  der  Königl.  Museen  zu  Berlin   1885.  K7 

Zwei  vorzügliche  Schauspieler,  stehend  und  declamierend.  Ähnlich  Froehner, 
terres  c.  d'Asie  de  la  coli.  Greau  pl.  27. 

Eine  Frau  mit  einem  Kinde,  welches  sie  liebkost.  Diese  Gruppe,  sowie  eine 
Mädchenstatuette  (Inv.  7946  und  7963)  sind  gute  Beispiele  für  die  Nachahmung  des 
tanagräischen  Stiles  in  Myrina. 

Mehrere  schwebende  geflügelte  Jünglinge,  z.  T.   mit  bacchischen  Attributen. 

Eros  auf  einer  Kline  sitzend,  die  Leier  spielend. 

Eros  im  Kampf  mit  einem  Löwen. 

Eros  auf  einem  von  Böcken  im  Galopp  gezogenen  Wagen. 

Ein  Sklave  (?)  in  zottigem  Gewand  mit  kahlem  Kopf,  doch  hinten  lang 
herabfallendem  Schopf. 

Endlich  auch  Vertreter  der  in  Myrina  so  sehr  häufigen  klagenden  Sirenen 
und  verhüllten  Flügelfiguren. 

II.  Bronzen. 

Die  in  Sparta  gefundene  Aphrodite  mit  der  Blüte  aus  der  Sammlung 
Gr6au;  s.  Fröhner,  bronzes  de  la  coli.  Greati  No.  336,  p.  71.  Ein  Prachtstück  der 
archaischen  Kunst.     Es  stammt  von  einem  Gerät,  vielleicht  einem  Thymiaterion. 

Der  aus  derselben  Sammlung  stammende  und  ebenda  pl.  XX  No.  913  abgebil- 
dete Apollo;  eine  sehr  schön  ausgeführte  Figur;  besonders  ist  der  Rücken  bewunderns- 
wert. Die  zwiefache  Durchbohrung  der  linken  Hand  kann  nur  zur  Einfügung  von  Bogen 
und  Pfeil  gedient  haben;  dann  kann  man  in  der  Rechten  wol  nur  ein  Lorberbüschel 
ergänzen.  Die  Figur  geht  sichtlich  auf  dasselbe  Original  zurück  wie  die  schöne  Bronze 
der  Sammlung  Sabouroff  (Taf.  VIII — XI)  und  bestätigt  meine  Deutung  derselben. 

Ein  Paar  archaischer  Acheloosköpfe  und  ein  Paar  sehr  altertümlicher  weibli- 
cher K  ö  p  f  e,  beide  von  Eimern  stammend,  italisch-griechisch.   Aus  der  Sammlung  Greau. 

Ebendaher  stammt  ein  merkwürdiges  Stück,  der  Griff-Ansatz  eines  grofsen 
Geräts  (Länge  0,18),  das  etwa  die  Form  einer  tiefen  Pfanne  mit  langem  Griff  hatte. 
Das  Ende  des  letzteren,  eine  geriefelte  Röhre,  in  welche  der  wol  hölzerne  Griff 
gesteckt  wurde,  ist  mit  dem  Ansätze  an  das  Gefäfs  verbunden,  auf  dessen  oberem 
Rande  ein  nach  dem  Innern  blickender  Kopf  eines  jugendlichen  P  a  n  mit  kurzen 
Hörnern  und  erregtem  Ausdruck  zwischen  zwei  stilisierten  Blüten  angebracht  ist. 
Das  Motiv  erinnert  an  altertümliche  Gerätverzierung;  doch  gehört  der  Stil  der 
späteren  Zeit  an. 

Ferner  konnten  erst  in  diesem  Jahre  noch  zwei  zu  der  Sammlung  Sabouroff 
gehörige  Stücke  erworben  werden,  nämlich  der  wundervolle  Ganymedspiegel 
(Sammlung  Sabouroff  Taf.  148)  und  das  durchbrochene  Bronzerelief  des  Herakles 
mit  dem  Löwen  (ebenda  Taf.   147). 

Als  in  Lokris  gefunden  wurde  eine  kleine  Kanne  erworben  (Inv.  7931)  mit 
einem  zierlich  gearbeiteten  altertümlichen  Silenskopf  am  Henkel.  Vgl.  indefs  über 
diese  Kanne,  deren  Körper  und  Henkel  nicht  zusammengehören,  meine  Bemerkung 
in  »Sammlung  Sabouroff«,  zu  Taf.  149. 

Aus  Beirut  stammt  ein  halbmondförmiger  Stempel  mit  einem  Griffe  und 
der  in  erhabenen  Buchstaben  ausgeführten  Inschrift:     •KAPriOl 

III.  Gemmen. 

Ein  vorzüglicher  etruskischer  Scarabäus  aus  Orvieto  von  sehr  altem  Stile. 
Knieender  Mann,  der  sich  einen  Pfeil  aus  dem  Schenkel  zieht  (Tityos?). 

Ein  halbiertes  Octogon  aus  durchsichtigem  hellgrünlichem  Glas,  der  Länge 
nach  durchbohrt  (0,028  lang).  Auf  der  geraden,  nicht  kantigen  Fläche  ist  ein  weib- 
licher Kopf  von  schönem  Typus  vertieft  eingearbeitet;  Ohrringe;  Haare  empor- 
genommen.    Aus  Vulci.     Wol  aus  dem  4. — 3.  Jahrhundert  v.  Chr. 

A.  Furtwängler. 


BIBLIOGRAPHIE. 

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A.  Breusing    Die  Nautik  der  Alten.     Bremen.     219  S.  4  Taff.,   I  Karte,   15  Textabb.  8°. 

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Athen.     8  S.  und  8  Taff.  40. 

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lage.    Wien.     323  S.  60  Abbildungen  im  Text.     8°. 

E.  Kuhnert  Daidalos.  Ein  Beitrag  zur  griech.  Künstlergeschichte.  S.  A.  aus  »Jahrbücher  für  classi- 
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B.  Lorentz    Die  Taube  im  Alterthume.     Programm  des  Gymnasiums  zu  Würzen.     43  S.  40. 

B.  Lupus  Die  Stadt  Syrakus  im  Altertum.  Programm  des  protestantischen  Gymnasiums  in  Strafs- 
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A.  Müller  Lehrbuch  der  griechischen  Bühnenalterthümer  (K.  F.  Hermann's  Lehrbuch  der  griech. 
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L.  de  Ronchard  Au  Parthenon:  I.  Les  pretendues  Parques  du  fronton  oriental.  II.  La  decoration 
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R.  Schmidt    De  Hymenaeo  et  Talasio  dis  veterum  nuptialibus.     Dissert.  inaugur.     Kiliae.     95  S.   8°. 

Seeliger  Die  Überlieferung  der  griechischen  Heldensage  bei  Stesichoros.  I.  Programm  der  Fürsten- 
und  Landesschule  St.  Afra.     Meifsen.     41  S.  40. 

M.  Wellmann  De  Istro  Callimachio.  Greifswalder  Inaugural-Dissert.  123  S.  8°.  [Mit  Beiträgen  zur 
Quellenkritik  des  Pausanias.] 


Atti  della  reale  accademia  dei  Lincei.     Anno   CCLXXXIII.      1885 — 86.     Serie  quarta. 

Fase.   11.     R.  Lanciani,  Sulla  conservazione  dei  monumenti  di  Roma.     S.  355  —  369. 
Fase.   12.     Comppretti,  Scoperte  archeologiche  Cretesi.     S.  4l7f. 

Fiorelli,  Notizie  sulle  scoperte  di  antichita  avvenute  nel  mese  di  Aprile.    S.  419fr. 
The  Academy.     1886. 

N.  736.     W.  H.  Ward,  The  American  expedition  to  Mesopotamia.     S.  421  f. 
N.   737-     738-     W.  Thompson  Watkin,  Discoveries  of  Roman  remains  at  Chester.   S.  440.  459. 
N.  738.     J.  Hoskyns-Abrahall,  New-found  inscriptions  at  Eleusis.     S.  459. 
N.   741.     The  Egypt  exploration   fund.     S.  47  f. 
Walford's  Antiquaria n.      1886. 

May.     Ancient  Roman  bronzes.     S.  2 18  f. 
Göttinger  gelehrte  Anzeigen.      1886.  1 

N.  8.     Alterthtimer  von  Pergamon.     Bd.  II.    Das  Heiligthum  der  Athena  Polias  Nikephoros 
von    Richard  Bohn.     Mit   einem   Beitrage    von   Hans    Droysen.     (Anzeige   von 
Conze.)     S.  313  — 319. 
Wagnon,  La  sculpture  antique.     (Anzeige  von  E.  Kuhnert.)     S.  319  —  328. 
Anzeiger  für  schweizerische  Alterthumskunde.      1886. 

N.  3.     A.  Schneider,  Zu  den  neuen  Funden  von  Aventicum.     S.  289  —  290. 
C.  Brun,  Kleinere  Nachrichten.     S.  321 — 325. 


Bibliographie.  j  [q 


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N.   18.      M.  Lacava,  II  sito  di  Metaponto.     S.  129  . 
N.   23.     M.  Lacava,  Memorie  di  Metaponto.     I.   S.  169  t. 
The  Athenaeum.      1886. 

N.   3051.     Rodolfo  Lanciani,  Notes  from  Rome.     S.  527. 

N.   3056.     Mary  C.  Dawes,  Discoveries  in  Athens.     S.  686  f. 

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Palaestina.] 
N.   3059.     J.  Theodore  Bent,  The  aquaeduct  of  Samos.     S.  786  f. 
N.   3061.     Spyr.   P.  Lambros,  Notes  from  Athens.     S.  852  f. 
Atti  e  memorie  della  societä  Istriana  di  archeologia  e  storia  patria.     Anno  secondo,  volume  I. 

Fase.   1.  2.  Giuseppe  Vässilich,  II  mito  degli  Argonauti  e  le  Assirtidi.     S.  3 — 49. 
Atti  e  memorie  della  R.   deputazione  di  storia  patria  per  le  provincie  di  Romagna.     III.  Serie,  vol.  III. 
P'asc.   5.  6.  E.  Brunn,  Intorno  ad  una  testa  di  pietra  trovata  in  Bologna.      16  S.    mit   Taf. 
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Paris,  avec  une  heliographie  et  une  planche.     S.  121  — 142. 
Bullettino    di  archeologia  e  storia  Dalmata.     Anno  IX.     Spalato.      1886. 
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N.  21.   22.   Bassel,    Neu    aufgefundener  Tempel   in  Alatri.     S.  197 — 199   (13  Abb.),    207 

209  (7  Abb.). 
N.   25.  Isphording,    Caesars    Rheinbrüeke.      S.    240  —  243;    dazu     v.   Cohausen     in     N.   27 
S.  267. 
'F(pr]u.ept4  dp/onoXoytxTj.     1886. 
Teö/o;  Se'itEpov. 

II.  KotßßccSia;,    'Avaaxa-foil    ev    xij    'AxpondXet    («fv.    5    xal    6    xsl    2-epo;   Trapiv&e-ro;). 

s.  73  —  82. 

B.  N.  StaTj?,  riy<rn<j[xoiyias  axTjvaf  (ra'vct;   7).     S.  83  —  94. 
Gazette  des  beaux-arts.     1886. 

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Giornale  Ligustico  di  archeologia,  storia  e  letteratura.     Anno  XIII.     Genova.      1886. 

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Athenische  Abtheilung.     Bd.  XL      1886. 

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Fr.  Studniczka,  Thonrelief  aus  Tenos.     S.  87  —  92. 


Bibliographie.  jrji 


Römische  Abtheilung  (Bullettino).     Bd.   I.      1886. 

Heft   1.     G.   Tomassetti,  II  musaico  marmoreo  Colonnese.     S.  3  —  17   (Taf.  I). 
W.  Heibig,  Scavi  di  Capodimonte.     S.  18  —  36. 

W.  Heibig,  Sopra  un  ritratto  di  Gneo  Pompeo  Magno.    S.  37 — 41   (Taf.  II). 
W.  Henzen,  Iscrizione  relativa  alle  Horrea  Galbiana.     S.  42  —  44. 
A.  Mau,  Su  certi  apparecchi   nei  pistrini  di  Pompei.     S.  45  —  48   (Taf.  III). 
N.  Müller,    Le    catacombe     degli    Ebrei     presso    la    via    Appia    Pignatelli. 

S.  49  —  56- 

A.  Mau,   Storia  degli  scavi  di  Ercolano,    ricomposta    sui    documenti    super- 
stiti  da  M.  Ruggiero.     S.  57  —  58. 
Westermann's  Monatshefte.      1886. 

Paul  Meier,  Von  Athen  nach   Olympia.     II.   S.  376  —  394. 
Notizie  degli  scavi  di  antichitä.     Roma.      1886. 

Heft  4.     (Aprile). 
Repertorium  für  Kunstwissenschaft.      1886.     IX.   Band. 

Heft  3.     Max  Ohnefalsch -Richter,    Das    Museum    und    die    Ausgrabungen    auf  Cypern    seit 
1878.     II.   S.  309  —  328. 
Revue  archeologique.     Troisieme  Serie.     Tome  VII.      1886. 

Avril.     Mai.     E.  Muntz,  Les  monuments  antiques  de  Rome  (suite).     S.  224  —  242. 
A.  Lebegue,  Recherches  sur  Delos.     S.  243  —  265. 

H.   Bazin,  La  citadelle  d'Antibes,  etude  d'archeologie  romaine.     S.  277 — 287. 
P.  Decharme,  Note  sur  les  canophores.     S.  288  f. 
Ungarische  Revue.      1886. 

Heft  4.     M.  Wosinsky,  Etruskische  Bronzegefäfse  in  Kurd.     S.  309  —  322  (17  Textabb.). 
Heft  5.     6.     Joh.  H.   Schwicker,  Budapest  im  Altertum.     II.   S.  398  —  421. 

J.  Hampel,    Der   Goldfund    von  Nagy-Szent-Miklos.     III.    S.  433 — 480  (30  Text- 
abbildungen). 
Zeitschrift  des  Aachener  Geschichtsvereins.     Bd.  VII. 

Heft  3.  4.     J.  Schneider,  Römerstrafsen  in  der  Umgegend  von  Aachen,     S.  173 — 178. 
Zeitschrift  für  bildende  Kunst,  herausg.  von  C.  von  Lützow.     Jahrg.  XXI. 

W.  Henke,   Glossen   zur  Venus   von   Melos.     I.  S.  194 — 199.     II.  S.  222  —  227  (Textabb.). 

III  (Schlufs).  S.  257  —  259  (3  Textabb.). 
L.  II.  Fischer,  Aus   der  Heimat  des  Odysseus.  (Schlufs.)     S.  237  —  246    (9  Textabb.). 
Zeitschrift  für  Numismatik.     Bd.  XIV.      1886. 

Heft  I.  A.  von  Sallet,  Erwerbungen  des  Königl.  Münzkabinets.  [Auf  Taf.  2  ist  ein  neues 
Exemplar  der  Münze  von  Akrasus  mit  der  Gruppe  des  farnesischen  Stiers  abgebildet 
aus  demselben  Stempel  wie  das  bisher  einzige  Wiener  Exemplar,  aber  von  weit 
besserer  Erhaltung,  so  dafs  die  Vorstellung  von  dem  Münzbilde  wesentlich  berich- 
tigt wird;  vgl.  A.  von  Sallet's  Bemerkungen   S.  9 ff.] 


^X^M,  ^^^»^ 


WAGENLENKER 

BRONZE  IN  TÜBINGEN. 
(Tafel  9.) 

Das  auf  Tafel  9  abgebildete  kleine  Werk  ist  den  Freunden 
der   alten  Kunst  zwar  seit  lange  wohlbekannt1,    doch   schien    der 
Umstand,   dafs   die   bisherigen  Abbildungen   heutigen  Ansprüchen 
nicht  genügen  können3,  ferner  seine  Wichtigkeit  in  kunstgeschicht- 
licher Hinsicht  und  die  Eigenart   der  Darstellung  eine  neue  Ver- 
öffentlichung zu  rechtfertigen. 
Die  Bronze  gelangte  durch  die  letztwillige  Schenkung  eines  Herrn  Tux3  mit 
dessen  Münzsammlung,  anderen  alten  Kunstsachen  und  darauf  bezüglichen  Papieren 
im  Jahre   1798  in  den  Besitz   der  Universität  Tübingen   und  wurde   der  Universitäts- 


')  Vgl.  besonders  die  vortreffliche  Abhandlung  von 
Karl  Grüneisen,  die  altgriechische  Bronze  des 
Tux'schen  Kabinet's  in  Tübingen,  in  Schorn's 
Kunstblatt  1835,  S.  21  (auch  als  besondere  Schrift 
erschienen,  Stuttgart  und  Tübingen  1835,  80  S. 
kl.  8°.  Nach  dieser  Sonderausgabe  citiere  ich); 
dazu  deren  Beurteilung  von  (Adolf)  S(chöll)  in 
F.  Kugler's  Museum  3  (1835),  268.  Gegen  Scholl 
wendet  sich  die  Antikritik  F.  Kugler's  in  seinem 
Museum  3,  315  (=  dessen  Kleine  Schriften  1,  405). 
—  Chr.  Walz  (das  Münz-  und  Antikenkabinet 
der  Universität  Tübingen)  in  den  Jahrbb.  des  Ver- 
eins von  Altertumsfreunden  im  Rheinlande  10 
(1847),  71-  F.  G.  Welcker,  Alte  Denkm.  2,  181. 
!)  Die  beste  Abbildung  war  bisher  immer  noch  die 
erste,  eine  Lithographie  nach  einer  Zeichnung 
Karl  Müller's,  welche  der  Abhandlung  Grüneisen's 
im  Kunstblatt  beigegeben  ist.  Für  deren  Son- 
derausgabe (s.  Anm.  1)  wurde  die  Zeichnung  vom 
ersten  Stein  auf  einen  zweiten  übertragen,  wo- 
durch sie  nicht  unerheblich  gelitten  hat.  Danach 
andere  Abbildungen  in  Guhl-Caspar's  Denkm.  der 
Kurist  1,  B  Taf.  V,  15  und  in  Overbeck's  Gesch. 
d.  gr.  Plastik  I3,  188  (Fig.  34,  7);  Abbildung  nach 
dem  Gips  in  Baumeister's  Denkmälern  des  klassi- 
schen Altertums  I,  338.  Fig.  355.  —  Die  Bronze 
ist  vielfach  in  Abgüssen  verbreitet:  die  vorletzte 
Form  nahm  1876  der  seitdem  verstorbene  Modelleur 
Sigwart  in  Stuttgart  (s.  Verhandlungen  der  Tübinger 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I. 


Philologen-Versammlung,  Lpz.  1877,  S.  153).  Seit 
kurzem  sind  in  der  Gipsgiefserei  der  K.  Museen  in 
Berlin  neue  wohlgelungene  Abgüsse  zu  haben. 
"')  Karl  Sigmund  Tux  war  in  Oels  in  Schlesien  um  das 
J.  1714  geboren:  in  einem  Briefe  vom  28.  Dez. 
1791  sagt  er  'da  ich  bei  meinem  77sten  Lebens- 
jahre kein  schicklicheres  Vergnügen  finde  als  mit 
Antiquitäten  umzugehn'.  Er  starb  als  Herzoglich 
WUrttembergischer  Regierungsrat  und  Lehen-  und 
Wechsel  -  Gerichts  -  Secretarius  am  29.  Jan.  1798 
in  Stuttgart.  Von  seinem  Vater  Friedrich  Tux, 
Wttltt  Oelsischem  Regierungsrat,  der  ein  eifriger 
Mtinzsammler  war,  hatte  er  diese  Neigung  zu- 
gleich mit  der  väterlichen  Sammlung  geerbt.  Die 
Münzen  standen  für  ihn  in  erster  Linie :  erst  in 
zweiter  Reihe  andere  »Antiquitäten«.  Im  J.  1791 
veröffentlichte  Tux  ohne  seinen  Namen  als  Probe 
seiner  Münzstudien :  Tentamen  catalogi  universalis 
numorum  Dyrrachiiwrum  et  Apolloniatum ,  Tu- 
biiigae  opera  Schrammii.  Die  Tux'sche  Münz- 
sammlung war  eine  Stuttgarter  Merkwürdigkeit: 
am  25.  Mai  1761  besuchte  sie  z.  B.  Martin  Gerbert 
(später  gefürsteter  Abt  zu  St.  Blasien  im  Schwarz- 
wald) auf  einer  wissenschaftlichen  Reise  durch 
Süddeutschland  und  lobt  sie  höchlich  in  seiner 
darüber  erschienenen  Beschreibung;  vgl.  dessen 
iter  alamannicum,  St.  Blasii  1765,  p.  319  (2i  773, 
P-  330- 


13 


164 


Schwabe,  Wagenlenker. 


Bibliothek  überwiesen4.  Später  bildete  diese  Tux'sche  Hinterlassenschaft  den  Grund- 
stock des  Münz-  und  Antikenkabinets,  der  heutigen  archäologischen  Sammlung  der 
Universität. 

Es  wäre  von  Bedeutung  zu  wissen,  wo  die  Bronze  gefunden  wurde  und  wie 
Tux  in  den  Besitz  derselben  gelangte.  Leider  läfst  sich  darüber  nichts  feststellen. 
Ausdrücklich  erwähnt  war  die  Bronze  nur  in  einem  handschriftlichen  Verzeichnis 
der  Tux'schen  Kunstsachen  (mit  Ausschlufs  der  Münzen)  von  der  eigenen  Hand  des 
Besitzers,  welches  leider  jetzt  nicht  mehr  aufzufinden  ist,  das  aber  von  Grüneisen 
und  von  Walz  (s.  Anm.  i)  noch  benutzt  werden  konnte5.  Darin  war  unsere  Bronze 
mit  folgenden  Worten  beschrieben:  »Ein  stehender,  mit  einer  Gattung  Sturmhaube  be- 
deckter, sich  vorwärts  beugender,  nackender  Soldat,  der  den  rechten  Arm  ganz  vor 
sich  ausstreckt,  an  dessen  Hand  die  vordersten  Glieder  der  Finger  fehlen.  Der  linke 
Arm  ist  mit  der  zusammengebogenen  Hand  in  der  Stellung,  als  wenn  er  einen  Spiefs 
gegen  seinen  Feind  ausstofsen  wollte.  Ist  durch  das  Alter  metallbraun  angelaufen.« 
Hier  fehlt  jede  Angabe  über  die  Herkunft  und  Erwerbung,  wie  denn  eine  solche  bei 
den  übrigen  neun  Bronzen 6,  welche  Tux  nach  Tübingen  schenkte,  in  jenem  Verzeich- 


4)  Vgl.  Tübingische  gelehrte  Anzeigen  1798  S.  369; 
ferner  die  Promotions-Rede  des  Kanzlers  der 
Universität  J.  F.  Lebret  de  museo  numario  ab 
amkisshno  viro  Tuxio  acadaniae  nostrae  in  usus 
publicos  legato,  gedruckt  Tübingen  im  Sept.  1800. 
4°.  H.  F.  Eisenbach,  Beschreibung  und  Ge- 
schichte der  Stadt  und  Universität  Tübingen 
(Tüb.   1822)   S.  480. 

°)  Vgl.  Grüneisen  a.  O.  S.  78  und  Walz  S.  75.  Frei- 
lich sagt  ausdrücklich  der  von  der  Universität 
mit  der  Übernahme  der  Tux'schen  Schenkung 
beauftragte  Professor  Lebret  in  einem  Schreiben 
vom  21.  Apr.  1798,  nachdem  er  wiederholt  der 
sehr  sorgfältigen  Tux'schen  Münz-Kataloge  ge- 
dacht hat,  'von  den  übrigen  Sachen,  als  metallnen 
Bildern  u.  s.  w.,  fand  sich  nirgend  kein  Katalog 
vor'.  Doch  konnten  die  wenigen  Blätter,  die 
derselbe  umfassen  mochte,  leicht  dem  Suchenden 
entgangen  sein.  Schon  als  A.  Preuner  im  J.  1858 
die  Münzen  und  sonstigen  Altertümer  der  hiesi- 
gen Sammlung  katalogisierte,  scheint  dieses  Tux'- 
sche Verzeichnis  nicht  mehr  vorhanden  gewesen 
zu  sein,  da  Preuner  nur  die  von  Walz  a.  a.  O. 
angeführten  Stellen  daraus  citiert.  ■ —  Auch  liegen 
jetzt  noch  unter  den  Tux'schen  Papieren  zwei 
Zeichnungen  des  Wagenlenkers  (eine  Bleistift- 
zeichnung und  eine  in  Tusche),  welche  durch 
äufsere  Merkmale  sich  als  einst  Tux'schen  Be- 
sitz erweisen. 

6)  Diese  neun  Bronzen  mögen  hier  kurz  aufge- 
zählt sein : 

a)  Juppiter,    sitzend,  vorn  oberwärts  nackt, 


nur  Gewandzipfel  von  hinten  über  die  linke 
Schulter,  r.  Unterarm  abgebrochen  (er  ging  nach 
unten  und  vorn),  1.  Arm  fehlt  fast  ganz  (ging  nach 
oben  und  hielt  wohl  das  Scepter),  desgleichen 
fehlen  beide  Füfse.  Auch  der  Sitz  des  Gottes 
ist  nicht  erhalten.  Höhe :  0,062  m.  Ähnlich 
z.  B.  die  Wiener  Statuette  in  Overbeck's  Kunst- 
mythologie 1,122  Fig.  11  oder  die  Neapler  in 
den  Antichita  di  Ercolano  6,87. 

b)  Sog.  »Antinous«,  stehender  nackter 
Jüngling,  r.  Standbein,  1.  Spielbein,  Kopf  mit 
ernstem  Gesichtsausdruck  nach  r.  gedreht  und 
gesenkt,  beide  Arme  gesenkt,  der  r.  im  Ellen- 
bogen nach  vorn  gehend,  die  r.  Hand  nach  oben 
geöffnet,  der  Daumen  nach  einwärts  gebogen 
(wie  wenn  er  eine  Schale  am  Rand  damit  ge- 
halten hätte),  der  r.  Zeigefinger  fehlt.  Der  1. 
Arm  ist  auch  im  Ellenbogen  gebeugt,  aber  der 
Unterarm  viel  mehr  gesenkt  als  der  r.,  die  Hand 
so  als  wenn  sie  etwas  gehalten  hätte  (z.  B.  den 
Henkel  eines  Kruges).  Höhe:  0,209  m.  Ganz 
ähnlich  ist  unserer  Bronze  in  der  ganzen  Stellung 
und  Haltung  der  sog.  Idolino  in  Florenz  (abgeb. 
z.  B.  Mus.  Flor.  tab.  45.  46.  Vgl.  Winckelmann's 
Werke  3,  189.  393),  nur  ist  das  hiesige  Werk- 
chen kräftiger  und  derber  in  den  Verhältnissen. 
Mit  der  r.  Hand  unserer  Bronze,  namentlich  hin- 
sichtlich des  einwärts  gekehrten  Daumens,  ist  zu 
vergleichen  die  Pariser  Bronze  in  Mon.  dell  Inst. 
I,  58  oder  Overbeck's  Plastik  i\  179  Fig.  39. 
Danach  stellte  unser  Bildwerk  ebenso  wie  der 
Idolino   und   die    Pariser    Bronze    einen    Opfern- 


Schwabe,   Wagenlenker. 


165 


nisse  gleichfalls  vermifst  wurde  (vgl.  Walz  a.  O.  S.  76) 7.     Auch  in  den  noch  bei  der 
Universität  über  die  Schenkung  vorhandenen  Akten  und  in  den  Tux'schen  Papieren 


den   mit   Schale    und  Krug    dal ;    s.  Friederichs, 
kleinere  Kunst  und  Industrie  im  Altertum  S.  453. 

c)  »Tänzer«:  eine  nackte  lang  gestreckte, 
ganz  hagere  männliche  Gestalt,  fast  nur  Haut, 
Muskeln  und  Knochen,  auch  im  ganz  eingefalle- 
nen Gesicht.  Höhe:  0,172  m.  Sie  steht  auf  dem 
1.  Bein ,  das  r.  ist  vom  Boden  gehoben  und  im 
Knie  nach  hinten  gekrümmt ,  der  Oberkörper 
biegt  sich  rückwärts  und  dreht  sich  zugleich  nach 
rechts.  Der  1.  Arm  geht  nach  oben  und  vorn 
in  die  Höhe  (die  Fingerspitzen  der  1.  Hand 
fehlen),  der  r.  nach  unten  und  hinten  abwärts, 
der  Daumen  und  Zeigefinger  hatte  etwas  (nicht 
mehr  bestimmbares)  gefasst,  wovon  noch  eine 
kleine  Spur  vorhanden  ist.  Sehr  beachtenswert, 
wenn  wirklich  antik.  Abgebildet  zu  dem  ange- 
führten Aufsatz  von  Walz  in  den  Jahrbb.  d.  Ver. 
d.  Altertumsfr.  im  Rheinl.  10  (1847),  Taf.  1.  S.  da- 
zu Welcker  ebenda  S.  76,  der  die  tanzenden 
Skelette  vergleicht.  Darüber  s.  Olfers,  Abh.  der 
Berl.  Akad.  d.  Wiss.  1830,  und  G.  Treu,  de 
ossium  humanorum  larvarumque  apud  antiquos 
imaginibus  (Gott.    1874)  p.  37. 

d)  Nackter  bärtiger  ifhyphallischer  Mann,  be- 
kränzt, aus  einem  Gufsstück  durch  grobe  Nach- 
hilfe mit  der  Feile  und  durch  Umbiegen  z.  B. 
der  Arme  hergestellt,  deren  rechter  sich  in  die 
Lende  stemmt,  deren  linker  im  Ellenbogen  stark 
gekrümmt  sich  dem  Kopfe  nähert.  Ganz  rohe, 
stillose  Arbeit.  Höhe:  0,139  m-  Erinnert  z.  B. 
an  Bildwerke  des  Judenburger  Wagens,  s.  Mitteil, 
des  histor.  Vereins  v.  Steiermark  3,  67  T.  3 — 6. 

[e)  Landmann,  vorgebeugt  rasch  gehend,  in  der 
R.  einen  unter  der  Hand  abgebrochenen  Stab,  in 
der  L.  einen  Korb  mit  Früchten  tragend.  Höhe : 
0,135  m'  Modern.  —  f — i)  vier  gleichfalls  moderne 
weibliche  Statuetten:  f)  hoch  0,145  m>  stehend, 
nackt  bis  unter  die  Brüste,  in  der  gesenkten  R. 
eine  kleine  flache  Schale,  in  der  gehobenen  L. 
ein  Tuch  (?);  g)  hoch  0,132  m,  stehend,  ganz 
bekleidet,  die  R.  vorgestreckt,  die  L.  auf 
die  Brust  gestemmt,  Kopf  fehlt;  h)  und  i) 
sind  die  von  Tux  so  geliebten  und  gelobten 
»Dianen«  oder  »Nymphen«  (s.  S.  166  und  Walz 
a.  a.  O.  S.  71):  der  Künstler,  denn  beide  scheinen 
von  einer  Hand  zu  sein,  hat  wohl  Venus-Bilder 
liefern  wollen.  Beide  sitzen  ganz  nackt  auf  einem 
Baumstumpf,  worüber  das  Gewand  gelegt  ist:  h 
(hoch  0,175  m)  wäscht  sich  aus  einer  Schale  den 


linken  über  das  r.  Knie  gelegten  Fufs ;  i  (hoch 
0,137  m)  kämmt  sich.] 
7)  Bei  anderen  Gegenständen  waren  in  jenem  jetzt 
vermifsten  Kataloge  die  Fundorte  angegeben : 
z.  B.  hiefs  es  öfter  »aus  Rom«,  einmal  »aus  der 
aufgegrabenen  Stadt  Pompeji  nicht  weit  von 
Neapel,  selbst  abgelangt  1771«.  Dann  waren 
auch  württembergische  Fundstätten  Cannstatt, 
Zatzenhausen,  Darmsheim,  und  endlich  eine 
schweizerische,  Äugst  bei  Basel  (Augusta  Raura- 
corum)  genannt;  vgl.  Grüneisen  a.O.  S.  79.  Diese 
Angaben  Grüneisen's  werden  fast  sämtlich  be- 
stätigt durch  den  Entwurf  eines  Verzeichnisses 
der  »Antiquitäten  aus  Hafner-  und  Glas-Arbeit«, 
welcher  sich  noch  unter  den  Tuxischen  Papieren 
findet.  Bei  fünf  Nummern  wird  als  Fundort  dort 
angegeben  »zu  Zatzenhausen  bei  Cannstatt  in 
Württemberg  auf  dem  Felde  gefunden  1760«. 
Ausdrücklich  mag,  obwohl  schon  Walz  a.  O.  S.  76 
darüber  ganz  richtig  geurteilt  hat,  auch  hier  an- 
geführt sein,  dafs  A.  Pauly  in  den  neuen  Jahrbb. 
f.  Philol.  u.  Pädag.  Suppl.-Bd.  2  (1833),  214  mit 
den  Worten:  »ein  merkwürdiges  Bronzebild  des 
Jupiter,  im  hieratischen  Stil,  kam  nach  Tübingen, 
wo  es  lange  unbeachtet  blieb«  zwar  offenbar  un- 
seren Wagenlenker  meint,  aber  für  seine  dortige 
Angabe,  dafs  derselbe  bei  Köngen  am  Neckar  1783 
gefunden  worden  sei,  durchaus  keinen  Grund  an- 
zuführen weifs.  Ich  füge  hinzu,  dafs  in  dem  aus- 
führlichen und  sehr  in's  einzelne  gehenden  Be- 
richt vom  30.  Dez.  1784,  den  der  Leiter  der  in 
Köngen  1783  und  1784  unternommenen  Ausgra- 
bungen, Oberamtmann  Roser,  dem  Herzog  er- 
stattet hat  (in  Abschrift  auf  der  hiesigen  Univ.- 
Bibliothek  vorhanden),  sich  keine  Statuette  ver- 
zeichnet findet,  welche  sich  auch  nur  von  fern  auf 
unseren  Wagenlenker  deuten  liefse.  Auch  kann 
nicht  etwa  der  im  Roser'schen  Bericht  Bl.  25a 
genannte  bronzene  »Jupiter,  6 '/4  Zoll  hoch,  in 
der  einen  Hand  hält  er  fulmen,  in  der  andern 
seeptrum,  auch  trägt  er  pallium ,  der  1.  Vorfufs 
samt  dem  Piedestal  aber  fehlen  daran«  (vgl. 
auch  noch  das  Inventarium  von  1794,  ab- 
gedr.  in  d.  Württemb.  Jahrbüchern  1837  S.  405) 
in  den  Besitz  von  Tux  gelangt  und  mit  dem  oben 
Anm.  6,  a  erwähnten  Juppiter  identisch  sein,  und 
etwa  so  die  falsche  Angabe  Pauly's  ihre  Erklä- 
rung finden. 


13 


i66 


Schwabe,  Wagenlenker. 


findet  sich  nirgends  die  Bronze  besonders  erwähnt8.  Überhaupt  spricht  von  seinen 
Bronzen  Tux  in  den  allerdings  nicht  zahlreichen  hier  erhaltenen.  Briefentwürfen  nur 
einmal  ausdrücklich.  Er  schreibt  von  Stuttgart  am  26.  Nov.  1757  an  einen  Feld- 
prediger Bardili  zu  Susa  in  Piemont  und  bittet  ihn  um  Unterstützung  seiner  Kunst- 
liebhabereien. Dabei  macht  er  einige  Mitteilungen  über  seine  Sammlungen.  Er 
spricht  zuerst  von  seinen  Münzen,  dann  fährt  er  fort:  II  fant  que  je  m'y  dorne  man- 
quaut  de  fonds  pour  en  faire  plus  grande  depense.  Ncanmoins  je  mechappe  quclque 
fois,  et  surtout  quand  je  puis  avoir  a  un  prix  raiso7inable  des  pieces  antiqucs.  II  est 
vrai  que  /es  tentations  sont  tres  rares,  et  depuis  que  j'ai  pris  du  gout  pour  Vantique, 
je  n'ai  attrape  que  deux  petites  statues  de  bronze  antique  tres  bien  conservces.  Elles 
presentent  des  Dianes  ou,  si  vous  voulez,  des  Nymphes  mies  dont  Vune  se  lave  le  pied 
gauche  et  lautre  se peigne  (s.  Anm.  6,  h  und  i).  Elles  etoient  autrefois  dans  le  cabinet 
de  Mad.  la  Duckesse  mere  (der  Witwe  des  Herzogs  Karl  Alexander,  Marie  Auguste, 
geb.  Fürstin  von  Thurn  und  Taxis,  f  1.  Febr.  1756)  et  tomboient  en  partage  au  prince 
Louis  (dem  späteren  Herzog  Ludwig  Eugen,    geb.   1731,   reg.   1793 — 95),   qui  les  fit 

vendre  au  plus  offrant  avec  une  quantite  dautres  omemens  (Tun  riche  cabinet 

Suffit  qu'a  present  huit  petites  statues  antiques,  dont  il  y  a  un  Antinous  (s.  Anm.  6,  b), 
bien  conserve,  fassent  l'ornenient  de  mon  pctit  cabinet.  Hier  sind  doch  gcwifs  von 
denselben  zehn  Bronzen,  die  Tux  später  nach  Tübingen  schenkte,  acht  bereits  er- 
wähnt, drei  davon,  die  beiden  »Dianen«  oder  »Nymphen«  und  der  »Antinous«,  mit 
ausdrücklicher  Bezeichnung.  Zugleich  scheint  der  Wortlaut  der  Stelle  nahe  zu  legen, 
dafs  Tux  selbst  nur  die  »Dianen«  kaufte,  dafs  er  die  übrigen  sechs  Statuetten  zwar 
besafs,  wohl  ererbt  von  seinem  Vater,  aber  nicht  erst  selbst  erwarb.  Dafs  unter  den 
fünf  nicht  näher  bezeichneten  der  Wagenlenker  gewesen  sei,  läfst  sich  nicht  bewei- 
sen, da  Tux  eben  nur  acht,  nicht  zehn  Statuetten  im  Ganzen  erwähnt:  eben  so 
wenig  freilich,  dafs  er  nicht  darunter  gewesen  sein  könne,  etwa  weil  Tux  das 
hervorragendste  Stück  seiner  Sammlung  gewifs  hier  genannt  hätte,  wenn  er  es 
schon  besessen.  Denn  Tux  war  zwar  ein  eifriger  Sammler,  aber  keineswegs  ein 
Kenner;  vielmehr  nur  ein  Kunstfreund,  dessen  geringste  Sorge  Kritik  war.  Jene 
schreiend  modernen  »Dianen«  behagen  ihm,  wie  seine  Worte  in  dem  Katalog  (s. 
Walz  a.  O.  S.  71 ;  vgl.  auch  die  eben  angeführte  Briefstelle)  bezeugen,  viel  besser  als 
der  Wagenlenker,    für  dessen  richtige   Beurteilung  selbst  die  Kunstwissenschaft  zu 


s)  In  dem  Tux'schen  Testament  vom  12.  Jan.  1795 
heifst  es  nur  ». .  .  so  will  ich  hiermit  diesen 
ganzen  Vorrat  (von  antiken  und  modernen  Mün- 
zen) nebst  allen  dazu  gehörigen  Antiquitäten, 
metallenen  Bildern,  Münzbüchern,  Catalogis  und 
sonstigen  Literalien  der  Universität  vermacht 
haben«.  Vgl.  auch  Eisenbach  a.  O.  S.  481.  In 
dem  Bericht  des  akademischen  Senats  an  den 
Herzog  vom  9.  Juni  1799  werden  im  Verzeichnis 
der  geschenkten  Sachen  unter  Punkt  5  aufgeführt: 
»einige  alte  bronzene   und  wenige  andere  kleine 


Statuen« :  die  erklärende  Beilage  dieses  Berichts 
fügt  nur  Folgendes  dazu:  »Endlich  und  5tens 
gehören  noch  hinzu  verschiedene  Antiquitäten, 
an  der  Zahl  15  Stück.«  Bei  Eisenbach  a.  O. 
S.  485,  der  nach  einer  Revision  vom  J.  182 1  eine 
Übersicht  vom  Bestände  der  Tux'schen  ■  Samm- 
lung giebt,  werden  aufgeführt  »10  antike  Statuen 
von  Bronze,  4  neuere  von  Alabaster  und  ein 
Brustbild  von  Holz,  unter  dem  Namen  des 
Cicero«. 


Schwabe,  Wagenlenker. 


167 


Tux'  Lebzeiten  noch  keinen  Mafsstab  gefunden  hatte.  —  Am  nächstliegenden  ist  ja 
die  Vermutung,  dafs  Tux  auf  seinen  Reisen  in  Italien  oder  sonstwo  im  Kunsthandel 
die  Bronze  erworben9  habe:  aber  ein  Beweis  dafür  läfst  sich  nicht  erbringen. 

Die  Bronze'0  ist  (die  Platte  worauf  sie  steht  eingerechnet)  hoch  0,164m,  sie 
ist,  wie  es  bei  den  altertümlichen  Kleinbronzen  Regel  ist,  massiv  gegossen  und  wiegt 
jetzt  646,92  Gramm.  Eine  im  hiesigen  chemischen  Laboratorium  der  Universität, 
von  dessen  Vorstande  Lothar  Meyer  mit  dankenswertester  Bereitwilligkeit  angestellte 
chemische  Analyse  ergab  folgende  Zusammensetzung",  welche  schon  für  sich  allein 
die  griechische  Herkunft  der  Bronze  sehr  wahrscheinlich  macht: 

Kupfer 

Zinn 

Eisen    . 


Verlust 


.     88,o 

7 

/o 

•     10,7 

- 

•      0,4 

- 

99.1 

7 

/o 

•      0,9 

- 

100% 


s)  Aus  seinen  Briefschaften  erhellt,  dafs  Tux  schon 
i737inParis  imVerkehrmitNumismatikern,  Münz- 
und  Antiquitätenhändlern  war.  Einmal  spricht  er  von 
seinen  »seit  1764  vorgenommenen  verschiedenen 
Reisen  nach  Welschland,  in  die  Schweiz  und  gar 
viele  Teile  von  Deutschland«.  Lebret  sagt  in  der 
Anm.  4  angeführten  Promotionsrede  S.  5,  dafs 
Tux  vom  Herzog  Karl  in  gravissimis  causis  ver- 
wendet worden  sei,  et  cum  nostram  aulam  inviserel 
Russorum  tarn  Autocrator  (im  Sept.  des  J.  1782, 
der  damalige  Grofsfiirst,  spätere  Kaiser  Paul  I.) 
et  tum  cum  rex  cum  regina  neapolitana  (im  Nov. 
des  J.  1790  der  König  Ferdinand  IV.  mit  seiner 
Gemahlin,  Marie  Karoline  von  Österreich)  Ducem 
adiret  et  ab  eo  magno  officioruni  apparatu  colcretur. 
quot  ithiera  in  hoc  Studium  impenderit  e  schedis 
ipsius  manu  scriptis  dilucidabimus.  Dieses  Ver- 
sprechen ist  von  Lebret  nicht  eingelöst  worden. 
Diese  schedae  kannte  der  Kanzler  Lebret  durch 
seinen  Sohn ,  den  späteren  Oberbibliothekar  in 
Stuttgart  (vgl.  Anm.  5),  welchen  Tux  (abgesehen 
von  dem  Legat  an  die  Universität)  als  Universal- 
Erben  in  seinem  Testament  eingesetzt  hatte. 
Diese  Papiere  sind ,  wie  Grüneisen  a.  O.  S.  79 
mitteilt,  um  1830  in  Stuttgart  verbrannt  worden. 
In  Stuttgart  von  mir  eingezogene  Erkundigungen 
nach  etwa  doch  noch  erhaltenen  Tux'schen  Pa- 
pieren sind  erfolglos  gewesen. 
1<])  Die  unmittelbar  vom  Original  genommenen  Ab- 
bildungen auf  T.  9  geben  das  Werk  etwas  ver- 
kleinert von  drei  Seiten  gut  wieder,  doch  macht 
dasselbe  schon  als  Bronze,  dann  aber  weil  Leib 
und  Glieder  stark  vorwärts  oder  rückwärts  gehen, 


einer  mechanischen  Wiedergabe  besondere  Schwie- 
rigkeiten, welche  nicht  sämtlich  überwunden 
werden  konnten.  Auch  vermochte  die  Helio- 
graphie der  Feinheit  der  Umrisse  nicht  ganz 
nachzukommen.  Die  beste  Abbildung  ist  die 
rechts  stehende,  die  am  wenigsten  gelungene  die 
links  stehende  Vorderansicht,  auf  welcher  der 
besonders  schöne  Oberkörper  der  Bronze  nur 
ungenügend  zu  sehen  ist.  Die  mittlere  Ansicht 
fällt  dadurch  auf,  dafs  die  Figur  stark  nach 
ihrer  r.  Seite  überzuhängen  scheint.  Eine  Nei- 
gung nach  rechts  ist  freilich  vorhanden  und  er- 
klärt sich  aus  der  Situation:  der  Lenker  die  Pferde 
mit  der  L.  zurückreifsend  und  an  den  scharf  ange- 
zogenen Zügeln  einen  Halt  findend  neigt  sich, 
mit  der  r.  Seite  dem  r.  Arm  folgend,  zugleich 
etwas  nach  rechts  und  vorn,  weshalb  auch  das 
r.  Bein  etwas  mehr  belastet  erscheint  als  das 
linke.  Aber  in  der  Photographie  erscheint  dieses 
Überhängen  in  Folge  der  Projection  des  Rund- 
bildes in  die  Ebene  viel  stärker  als  man  es  bei 
Betrachtung  der  Bronze  selbst  gewahrt. 
')  »Aus  drei  in  die  Bodenplatte  von  unten  eingebohrten 
nicht  durchgehenden  Löchern  wurden  0,3588  Gr. 
Bohrspähne  zur  Analyse  gewonnen.  Nach  der  Ent- 
nahme derselben  wog  die  Figur  noch  646,92  Gramm 
und  verlor,  im  Wasser  von  170  C.  gewogen, 
75,8  Gramm,  wonach  sich  das  spezifische  Ge- 
wicht zu  8,533  berechnet.  Das  Gewicht  vor  der 
Anbohrung  hatte  nach  obigen  Zahlen  647,28  Gr. 
betragen.  Bei  der  Kleinheit  der  aufzuwendenden 
Mengen  liefsen  sich  nur  die  hauptsächlichen  Be- 
standteile    mit     hinreichender    Genauigkeit    be- 


l68  Schwabe,  Wagenlenker. 


Die  Statuette  ist  mit  einer  sehr  schönen  Patina  überzogen:   der  Grundton   ist   grün- 
lich-braun,   viele    über    den    Körper    zerstreute   Stellen    sind    rotbraun    (leberfarbig), 
einzelne  grün.    Die  Patina  ist  fein,  glatt  und  zeigt  nur  hier  und  da  (geringe)  Rauheit, 
so  dafs  die  Formen  nicht  gelitten  haben,  vielmehr  dadurch  sehr  gehoben  werden13. 
Auf  einer  kleinen  Platte  (lang  0,046  m,  breit  0,033  m,  hoch  0,003  m)13,  deren 
eine   hintere  Ecke   abgebrochen   ist,    steht  mit  beiden   nahe    zusammen  und   mäfsig 
auswärts  gesetzten  Füfsen  voll  auftretend  ein  nackter  Mann,   das   1.  Bein  ein  wenig 
vor  dem  rechten,  die  Kniee  etwas  eingeknickt.    Der  Oberkörper  beugt  sich  stark  nach 
vorn.     Ohne   die  Bodenplatte   mifst    der  Mann  0,161  m:   denkt  man    ihn  sich  aufge- 
richtet, würde  er  über  0,190  m  messen.     Der  r.  Arm  geht  von  der  Schulter  ziemlich 
gerade,  nur  wenig  gesenkt,  vorwärts:   die  r.  Hand  ist  mit  der  inneren  Fläche  nach 
unten  gerichtet,  sie  stand  an  den  Fingerspitzen  höher  als    an   der  Handwurzel:   das 
obere  Glied  des  Daumens  und  die  vorderen  Glieder  der  übrigen  Finger  fehlen:  sie 
waren  einst  nicht  gekrümmt:  die  Hand  hatte   nichts  gehalten.     Der  1.  Oberarm  mit 
besonders  stark  entwickelter  Muskulatur  geht  rückwärts,   der  Unterarm   wieder  nach 
vorn.      Die   Finger    der    linken  Hand    krümmen    sich,    doch    nicht  ganz  zur  Faust: 
zwischen  Daumen  und  Zeigefinger  ist  ein  Loch  durchgebohrt,  wie  wenn   die  Hand 
etwas  gehalten   hätte   oder  wenigstens   dafür  vorgerichtet  wäre.     Der  Hals   ist  steil 
vorgereckt,  der  Kopf  der  Richtung  des  Halses  entsprechend  gehoben:  der  Mann  hat 
einen  vollen  mäfsig  keilförmigen  Backen-  und  Kinnbart,  der  wie  eine  ungegliederte 
Masse  erscheint  und  nur  durch  oberflächliche  Andeutung  parallel  von  oben  nach  unten 
gehender  Wellenlinien  der  natürlichen  Erscheinung  genähert  ist14.     Von  dem  Kinn- 
stimmen, während  solche,  die  etwa  nur  in  Bruch-  welche   auf  meine   Bitte  die  Bronze  prüften,  da- 
teilen   von  Procenten  vorkommen    sollten ,   mög-  von  etwas  gewahren  können.      Auch  die  Ansicht 
licherweise    der   Bestimmung   entgehen   konnten.  Grüneisen's  erscheint  ganz  unbegründet,  dafs  die 
Mit  Sicherheit  wurden    als   Bestandteile    nachge-            meisten    Schäden    der    Bronze    (er    meint    damit 
wiesen  (s.  die  Angabe  im  Text).     Blei  und  Zink            kleine    Unebenheiten,    Löcher,    Kerben    u.  dgl., 
konnten   in   irgend    nennenswerter   Menge    nicht  welche  diese  Bronze  so  gut  wie  fast  alle  andern 
aufgefunden   werden.     Sollten    Spuren    derselben            hat)    von   dem   Bemühen   herkämen ,    den    Gold- 
vorhanden   sein,    die    sich    nur   bei   Anwendung  Überzug  abzunehmen. 

gröfserer  Mengen  des  Metalls  würden  nachweisen  13)  Die  kleine  Platte,  worauf  der  Wagenlenker  mit- 
lassen, so  könnten  doch  die  Quantitäten  dieser  tels  zweier  von  den  Füfsen  ausgehender  ange- 
Metalle  im  höchsten  Falle  nur  wenige  Zehntel  gossener  Zapfen  aufgenietet  ist,  hat  bezüglich  des 
oder  nur  Hundertstel  von  Procenten  betragen.«  Materials  ganz  dasselbe  Ansehen  wie  das  Bild- 
LOTHAR  MEYER.  Die  durch  diese  Analyse  werk  selbst,  ist  ohne  Zweifel  so  alt  wie  dieses 
festgestellte  Zusammensetzung  erhärtet  in  über-  und  von  Anfang  an  für  dasselbe  gemacht  und  mit 
raschender  Weise  den  griechischen  Ursprung  un-  ihm  verbunden  gewesen.  Die  eine  hintere  Ecke 
serer  Bronze:  über  ganz  ähnliche  Zusammen-  ist  hart  am  r.  Fufs,  wo  sie  durch  das  Niet- 
setzung anderer  altgriechischer  Bronzen  vgl.  E.  v.  loch  geschwächt  war,  abgebrochen:  s.  die  mitt- 
Bibra,  die  Bronzen  und  Kupferlegierungen  der  lere  Abbildung.  Ähnliche  Platten,  um  Bronzen 
alten  Völker  (Erlangen  1869)  S.  82.  84.  88.  98.  standfähig  zu  machen,  sind  ganz  gewöhnlich, 
Besonders  bezeichnend  dafür  ist  das  Verhältnis  z.  B.  Arch.  Ztg.  1879  T.  7;  1882,  T.  1.  Athen, 
von  Kupfer  und  Zinn  sowie  das  Fehlen  von  Zink.  Mitteil.  3,  T.  1. 
12)  Wenn  Grüneisen  S.  14  versichert,  dafs  »sich  unter  M)  Die  Schamhaare  sind  (ähnlich  wie  die  Äugen- 
der Pubes  eine  Spur  von  Vergoldung  zeige«,  so  brauen)  im  Umrifs  durch  eine  kleine  Erhöhung 
habe    weder    ich    selbst   noch    auch    Techniker,            ohne   Angabe    des    einzelnen    bezeichnet:    dabei 


Schwabe,  Wagenlenker. 


169 


bart  ist  der  dünne  schmale  Schnurrbart  geschieden:  der  Mund  erscheint  ein  wenig 
geöffnet,  die  Nase  ist  an  der- Spitze,  namentlich  auf  der  r.  Seite  etwas  verletzt.  Die 
Augen  weit  geöffnet  blicken  aufmerksam  und  gespannt.  Die  Augenbrauen  sind  mit 
einer  feinen,  scharfen,  erhabenen  Linie  bestimmt  angegeben15.  Drei  übereinander- 
liegende Löckchcn-Reihen  umgeben  die  Stirn.  Auf  dem  Kopf  trägt  der  Mann  einen 
anliegenden  Helm  aus  Metall,  der  vorn  einen  steil  aufgebogenen  Rand,  an  den  Ohren 
je  einen  Ausschnitt  und  hinten  einen  eingezogenen  Nackenschild  hat.  Er  war  von 
einem  stattlichen  Aufsatz  bekrönt,  von  dem  nur  Reste  vorhanden  sind:  eine  Ansatz- 
stelle vorn  gerade  hinter  dem  aufgebogenen  Helmrand,  eine  zweite  mitten  auf  der 
Höhe  des  Helms,  dann  eine  dritte  hinten  und  unten,  aufserdem  hat  sich  das  oben 
abgebrochene,  sich  verjüngende  untere  Ende  des  Helmaufsatzes  mitten  auf  dem 
Rücken  des  Mannes  erhalten10. 

Die  Erklärung  der  Stellung  ist  längst  richtig  gegeben.   A.  Hirt  und  die  Künstler 
Chr.  Rauch  und  J.  H.  Dannecker  erkannten  zuerst,  dafs  ein  Wagenlenker  dargestellt 


fehlt   nicht   eine    Andeutung    der   aufwärts    nach 
dem  Nabel  hin  wachsenden  Haarzeile. 

15)  Grüneisen  a.  O.  S.  8  nennt  »die  Augen  grofs, 
aufgerissen,  mit  eingegrabenen  Pupillen«. 
Die  letzten  Worte  bedürfen  einer  Bemerkung. 
Im  r.  Auge,  das  ein  klein  wenig  schräge  steht, 
sieht  man  mitten  eine  etwas  vertiefte  Rundung, 
die  für  eine  Andeutung  der  Pupille  gelten  könnte, 
aber  im  1.  Auge,  das  vollkommen  gerade  steht, 
fehlt  eine  solche  durchaus.  Dieses  1.  Auge  quillt 
zugleich  etwas  mehr  aus  den  Lidern  hervor  als 
das  rechte.  An  beiden  Augen  bemerkt  man  Ein- 
schnitte von  einem  scharfen  Werkzeuge,  welche 
dieselben  beschädigt  haben.  Ob  eine  spätere 
Hand  an  ihnen  herumgebessert  hat?  Dies  Vorlie- 
gen und  Schrägliegen  der  Augen  findet  sich  z.  B. 
auch  bei  den  Aegineten.  Die  Bezeichnung  der 
Pupillen  wäre  an  sich  nicht  zu  beanstanden:  sie 
findet  sich  auch  an  anderen  altertümlichen  Klein- 
bronzen ,  z.  B.  der  peloponnesischen  Kriegersta- 
tuette in  den  Athen.  Mitteil.  3,  Tf.  I  und  der 
kleinen  Athene  aus  Athen  in  der  Arch.  Ztg.  1873, 
Tf.  10. 

16)  Der  Helm  war  ohne  Zweifel  ganz  ähnlich  denen, 
die  wir  so  sehr  häufig  auf  Vasenbildern  (schon 
auf  den  ältesten)  und  sonst  abgebildet  finden. 
Auf  der  Helmkappe  erhebt  sich  ein  hoher, 
schmaler,  oben  gerundeter  Aufsatz,  welcher  hinten 
abwärts  schwingend  in  eine  lange  sich  verjün- 
gende Spitze  ausläuft,  die  dem  Träger  des  Helms 
bis  mitten  in  den  Rücken  herab  reicht.  Sonst 
sitzt  dieser  Aufsatz  (von  der  hinteren  Spitze 
abgesehen)  auf  der  Helmkappe  mit  seiner  gan- 
zen   Unterkante    auf.      Bei    unserer   Bronze    war 


derselbe     nur     an    den    drei    im    Text    bezeich- 
neten Stellen   mit   der  Helmkappe   im  Gufs  ver- 
bunden.   Die  beiden  ausgesparten  Stellen  wurden 
später   wohl    noch,    um  dem  Gufs  nachzuhelfen, 
mit  der  Feile  übergangen,  wovon  man  oben  auf 
der  Helmkappe  noch  Spuren  zu  erkennen  glaubt. 
Diese   künstlichere  Befestigung  des  Helmbusches 
fand   wohl   statt   um    ihn   leichter   erscheinen   zu 
lassen.    Auf  den  Vasenbildern  findet  man  oft  ge- 
rade an  der  Fuge  zwischen  Helmkappe  und  -kämm 
mancherlei  Verzierungen,  z.  B.  Mon.  d.  Inst.  I,  24. 
51.     10,   4.   5.     11,    24.  33.      Gerhard's    auserles. 
Vasenbilder  3,  200.  204.    Trinkschalen  T.  12.  13. 
Welcker's    alte  Denkm.   3,  24,   I.     Mein.    d.  Inst. 
2,    II.      Ann.    1875,    FG.      Arch.   Z.    1883,    T.  3 
u.  s.  w.     An    anderen    Kleinbronzen    haben    sich 
Helmbüsche    ähnlich   dem,   welchen    wir    an  der 
unsrigen    voraussetzen   müssen,    noch   unversehrt 
erhalten:    so   an  der  Kriegerstatuette  aus  Dodona 
in  Berlin  (Arch.  Z.   1882,  T.  1)  und  an  denen  in 
Florenz  und  Bologna  bei  Micali,  Mon.  ant.  T.  38, 
2.  3  u.   T.  39.     Von   Backenschilden    und  einem 
Nasenschild,    wie   sie    oft  an  derartigen  Helmen 
sich  finden,    hat    unsere  Bronze  nichts.    —    Die 
untere  Spitze  des  Helmkamms  (lang  0,017  nl>  breit 
0,003  m,   hoch   obea   0,003  m,    unten   0,002  m), 
welche  sonst  vor  dem  Rücken  frei  zu  schwingen 
pflegt,  berührt  hier  den  Rücken    des  Mannes  (s. 
die  mittlere  Abbildung),  was  sich  nicht  nur  aus 
der  Bequemlichkeit  beim  Gufs,  sondern  auch  aus 
der  Stellung  des  Mannes  gut  erklärt.    Jene  Spitze 
geht    nr.turgemäfs     einwärts     und     berührt     den 
Rücken,    da   der  Mann  den  Hals  vorstreckt  und 
den  Kopf  zurückbeugt. 


170 


Schwabe,  Wagenlenker. 


sei17.  Dafür  spricht  in  der  That  Alles,  zunächst  der  feste  Stand  der  beiden  nahe 
zusammengestellten  Füfse  mit  ganzer  Sohle  auf  der  Bodenplatte,  welche  das  Wagen- 
brett vorstellt.  Eine  entschiedene  Entlastung  des  einen  Beines  wäre  bei  dem  Stofsen 
des  Wagens,  da  sich  der  Lenker  für  unvorhergesehene  Zufälle  bereit  halten  mufs, 
nicht  am  Platze.  Ferner  ist  das  Einknicken  der  Kniee18  sehr  bezeichnend  für  den 
Wagenlenker,  der  bei  dem  Stofsen  und  Springen  des  Wagens,  um  nicht  aus  dem 
Gleichgewicht  zu  kommen  und  vom  Wagen  geschleudert  zu  werden,  sich  etwas  in 
die  Kniee  läfst,  damit  er  gleichsam  mit  der  federnden  Bewegung  des  Körpers  die 
stofsende  des  Wagens  auffangen  könne.  Besonders  aber  ist  die  Haltung  des  1. 
Armes  bezeichnend.  Die  1.  Hand  ist  gebildet,  wie  wenn  sich  ihre  Finger  um  einen 
von  ihnen  festgehaltenen  Gegenstand  herumlegten,  welcher  so  dick  ist,  dafs  zwar 
Zeige-  und  Mittelfinger  mit  dem  Daumen  zusammenkommen,  dafs   dagegen  die  bei- 


17)  Auf  eine  Widerlegung  der  abweichenden  Erklä- 
rungen darf  billig  verzichtet  werden.  F.  Thiersch 
glaubte  den  aus  Homer  (B  827  Ä  88  E  245)  be- 
kannten Bogenschützen  Pandaros  zu  erkennen, 
Walz  a.  O.  den  zum  Raube  des  Palladions  her- 
beischleichenden Odysseus. 

ls)  Die  vorgebückte  Haltung  und  die  eingebogenen 
Kniee  sind  auf  griechischen  Werken  bei  Wagen- 
lenkern häufig:  gewöhnlich  halten  die  beiden 
gleichmäfsig  vorgestreckten  Hände  die  Zügel, 
aufserdem  oft  noch  die  rechte  (selten  die  linke) 
Hand  den  Stachelstab.  Vgl.  z.  B.  die  Vasenbil- 
der bei  Panofka,  Bild,  antiken  Lebens  3,  10. 
Mon.  d.  Inst.  10,  4.  5.  54a.  11,  24.41.  Wiener 
Vorlegeblätter  5,  7,  2.  ^4»».  1874,  T.  HI.  Arch. 
Zeit.  1852,  T.  41;  1883,  T.  1  oder  die  sicilischen 
Münzen  bei  R.  Weil  in  Baumeister's  Denkmälern 
des  klassischen  Altertums  2,  S.  957  fr*.  Nr.  1130 
(Syrakus,  s.  auch  Mon.  d.  Inst.  1,  19,  1).  II 34 
(Akragas).  1 138  (Katana).  Seltener  findet  es  sich, 
dafs  die  Linke  allein  die  Zügel  hat  und  die 
Rechte  den  Stachelstab:  so  auf  syrakusischen Mün- 
zen, z.  B.  auf  der  schönen  oben  S.  163  nach  einem 
Berliner  Exemplar  abgebildeten  Tetradrachme, 
deren  Nachweisung  ich  der  Güte  M.  Fränkel's 
verdanke,  und  auf  den  dieser  sehr  ähnlichen  bei 
Weil  a.  O.  unter  Nr.  1140.  1141.  1144.  1145. 
In  diesen  Münzen  ist  (wie  bei  unserer  Bronze) 
der  1.  Arm  zurückgenommen  und  im  Ellenbogen 
stark  gebeugt;  der  r.  ist  entweder  (wie  bei  un- 
serer Bronze)  gerade  vorgestreckt,  hält  aber  hier 
nach  den  Pferden  hin  den  Stachelstab  oder  er  ist 
gleich  dem  linken  im  Ellenbogen  gekrümmt  und 
hält  den  Stab:  so  in  der  oben  abgebildeten 
Münze  und  bei  Weil  a.  O.  Nr.  1140.  Über  das 
unserer  Bronze  in  der  Armhaltung  recht  ähnliche 
Monochrom  aus  Herculaneum    s.  Anm.  22.     Auf 


einem  etruskischen  Elfenbeinrelief  {Mon.  d.  Inst.  6, 
46),  das  in  der  Haltung  des  Lenkers  unserem 
Werkchen  sehr  nahe  kommt,  fafst  die  L.  die 
Zügel,  die  R.  hält  die  Peitsche.  Ebenso  halten 
die  vorgebeugten  Wagenlenker  auf  dem  Wand- 
gemälde aus  einem  Grabe  bei  Chiusi  (Micali, 
monum.  ant.  t.  70)  in  der  1.  vorgestreckten  Hand 
die  Zügel,  in  der  r.  Hand  einen  biegsamen  Stab. 
—  Über  einen  Torso  in  Athen  (beiSybel  Nr.  6852), 
der  hierher  zu  ziehen  ist,  verdanke  ich  A.  Milch- 
höfer  folgende  Mitteilung:  »Es  befindet  sich  im 
nördlichen  Propyläenfiügel  ein  abbozzierter  Torso 
aus  pentelischem  Marmor,  der  unzweifelhaft  einem 
Wagenlenker  gehört  .  . .  Erhalten  vom  Ansatz 
etwa  der  Schamhaare  (ohne  diese)  bis  über  die 
Halsgrube;  Höhe  0,53,  Schulterbreite  0,45.  Die 
Figur  ist  ziemlich  stark  nach  vorn  gebogen,  der 
Bauch  eingezogen.  Der  Kopf  war  nach  seiner 
rechten  Seite  gedreht,  ebendahin  beide  Arme  fast 
parallel  ausgestreckt  (nur  die  Stümpfe  vorhanden). 
Linke  Schulter  ein  wenig  höher  als  rechte.  Im 
Nacken  ein  Ansatz,  doch  wohl  Haarschopf.  Be- 
wundernswert ist  die  Art  wie  der  Künstler  den 
Marmor  angelegt  hat:  keine  Spur  von  Punktie- 
rung, sondern  der  Verlauf  der  Rippen,  Muskeln, 
die  durch  die  sehnigen  Einschnürungen  in  den 
Weichteilen  hervorgebrachten  Formen  sind  durch 
tiefe  Meifselrinnen,  welche  bis  auf  die  zu  erreichende 
Epidermis  herabgehen,  vorgezeichnet.  Der  Kühn- 
heit dieses  Verfahrens,  welche  nur  durch  das 
Auge  empfunden ,  nicht  beschrieben  werden 
kann,  entspricht  auch  die  Meisterschaft  in  der 
anatomischen  Anlage,  welche  vollkommen  deut- 
lich herausleuchtet.  Einig  mit  mir  in  der  Be- 
wunderung dieses  Stückes  war  der  Bildhauer 
Kopf  aus  Rom,  der  es  im  J.  1877  in  meiner  Be- 
gleitung zuerst  sah  und  sogleich  abformen  liefs.« 


Schwabe,  Wagenlenker.  1 7 1 


den  letzten  Finger  nicht  die  innere  Fläche  der  Hand  berühren.  Zugleich  ist  die 
Haltung  der  Finger,  bezw.  die  Richtung  des  zwischen  Daumen  und  Zeigefinger  noch 
nachgebohrten  Lochs  der  Art,  dafs  nicht  sowohl  etwas  Festes,  Stabartiges  (z.  B.  Lanze, 
Kentron),  als  vielmehr  etwas  Weicheres,  Nachgiebigeres  gefafst  gewesen  sein  mufs: 
dies  waren  eben  die  ledernen  Zügel.  Die  stark  hervortretenden  Muskeln  des  rück- 
wärts gezogenen  1.  Oberarms  bezeugen  die  Anstrengung,  mit  der  die  Zügel  zurück- 
gerissen werden.  Zu  dieser  Bewegung  stimmt  auch  vortrefflich  der  im  Ganzen  vor- 
wärts gebeugte  Oberkörper,  ferner  das  durch  die  Anstrengung  des  1.  Arms  mitbe- 
wirkte Zurückgehen  der  1.  Hälfte  des  Oberleibes,  das  gespannte  Einwärtsbiegen  des 
linken  Unterarms19,  sodann  der  vorwärtsgereckte  Hals,  der  erhobene  Kopf,  die  Auf- 
merksamkeit im  Antlitz,  die  Spannung  im  Blick",  endlich  scheint  auf  den  Lippen 
des  Mundes,  der  sich  eben  weiter  öffnen  will,  ein  Zuruf  an  die  Rosse  zu  liegen20. 
Auch  der  vorgestreckte  r.  Arm  fügt  sich  gut  zu  dieser  Erklärung.  Da  die  Form 
der  freilich  verstümmelten  Hand  sicher  stellt,  dafs  die  Hand  nichts  gehalten  hat21, 
so  darf  man  nicht  annehmen,  dafs  sie  gleichfalls  mit  den  Zügeln  beschäftigt  gewesen 
sei,  oder  dafs  sie  Stachelstab  oder  Peitsche  gehalten  habe;  auch  die  Ansicht  (s.  Walz 
a.  O.  S.  72),  dafs  der  Lenker  mit  der  r.  Hand  vorgreife,  um  die  von  der  1.  Hand 
zurückgezogenen  Zügel  noch  kürzer  zu  fassen,  hat  keine  Wahrscheinlichkeit,  da  sich 
in  diesem  Fall  die  Finger  der  Hand  gewifs  schon  zum  Zugreifen  krümmen  würden. 
Vielmehr  ist  die  ausgestreckte,  nach  vorn  steil  aufsteigende  flache  Hand  eine  sehr 
bezeichnende  Bewegung  zur  Beruhigung  der  zu  feurig  anziehenden  Pferde22.  Der 
erfahrene  Lenker  nimmt  die  Pferde  fest  in  die  Zügel,  spricht  ihnen  zu  und  be- 
schwichtigt sie,    damit  kein  Tapa'ct— oc  (Paus.  6,  20,    15)  über  sie  Herr  werde23. 

Diese  Auffassung  unserer  Bronze  als  eines  Wagenlenkers  bestätigt  sich  voll- 

'■')  Der  1.  Unterarm  ist  etwns  nach  innen  gekrümmt      22)  Daran  ist  natürlich  nicht  zu  denken,    dafs,    wie 

(man  sehe   die  mittlere  u.  die  linksseitige  Abb.),  Welcker   bei  Walz  a.  O.   S.  74   (=  Alte  Denkm. 

was  in  der  Natur  bei  normaler  Bildung  so  nicht  2,    182)  meint,    der  Lenker  mit  der  r.   Hand  ein 

vorkommen  kann.      Doch  stört  dies  kaum.     Mit  Pferd  durch  Streicheln  an  der  Mähne  besänftigen 

Wolters  zu  Friederichs'  Bausteinen  S.  51   die  »ge-  wolle.    Weder  das  von  Welcker  dafür  angeführte 

zwungene   Haltung«    durch    die  Annahme    zu  er-  Relief  von  Oropos  {Man.  d.  Inst.  4,5.  Welcker's  A. 

klären ,    der  Lenker   habe    in  der  1.   Hand  aufser  D.  2,  T.  9)  beweist  dies  —  dort  hielt  der  Lenker 

den  Zügeln    den   Stab    gehalten,    geht   nicht   an.  in  beiden  Händen  die  (wahrscheinlich  einst  durch 

Vgl.   auch  Anm.  18.  Farbe  angegebenen)  Zügel  — ,  noch  das  ebenfalls 

20)  Vgl.  z.  B.   'F  368  m:    apij.onro:  8'  i'XXoxe  [jiv  yjlovl  von  Welcker  beigezogene  Monochrom  auf  Marmor 

m'XvctTO  ltouXußoxt(pTj,    äXXoxe    6'    dci'Saaxe  ]xz-rfipx.  aus  Herculaneum  (W.  Zahn,  Ornamente  und  Ge- 

T<al   5'    dXcerfjpE;    üttmocv    h   ofeppowi,    -ocTctase   os  mälde  2,  T.  1.  Welcker  A.  D.  2,  T.  10,  16)  —  dort 

)k>[iÖ4    Ixisrou    vixrj;   Upivtuv .    xixXovrO    8£   ofsiv  hält  der  Lenker  mit  der  L.  die  Zügel  und  macht 

ex«3to?  '(v.r.oii,  ol  8'   eVs'tovto   xovfovTE«  izMoio.  mit  der  R.,  wie  in  unserer  Bronze,  eine  beschwich- 

'■")  Damit  erledigt  sich   z.  B.    auch   die  Ansicht  von  tigende  Bewegung  nach  den  Pferden. 

Scholl  a.  O.  S.  283 ,  der  die  Stelle  der  llias  lY  23)  Wiederholt  findet  man  z.  B.  bei  Griineisen  S.  45 
326  fr.  vergleichend  nieint,  unser  Lenker  sei  im  oder  bei  Kugler  a.  O.  S.  317.  318  die  Ansicht 
Augenblick  des '  Umfahrens  um  das  Ziel  darge-  ausgesprochen,  dafs  man  sich  die  Basis  als  ur- 
steilt, ziehe  mit  der  Linken  das  1.  Pferd  an  und  sprünglich  schräge  Wagenplatte  vorn  erhöht 
lasse  mit  der  R.  dem  r.  Pferd  den  Zügel  locker.  denken  müsse ,  wodurch  die  Figur  das  Überge- 
Denn  zu  diesem  Zweck  war  der  Gebrauch  beider  wicht  nach  vorn  verliere  und  eine  kräftigere 
Arme  unerläfslich.  Stellung  bekomme :   ebenso  gesucht  wie  unrichtig. 


172  Schwabe,  Wagenlenker. 


kommen  auch  durch  den  Vergleich  anderer  Kunstwerke  (s.  Anm.  18),  wenn  ich  auch 
ein  zweites,  das  bis  in  alle  Einzelheiten  stimmt,  nicht  nachzuweisen  vermag.  Es 
wäre  sehr  erwünscht,  wenn  in  Folge  der  neuen  Veröffentlichung  des  Tübinger  Wagen- 
lenkers Kunde  gegeben  würde  von  ähnlichen  Statuetten,  die  sich  etwa  in  öffentlichen 
oder  privaten  Sammlungen  versteckt  halten. 

Man  pflegt  nun  aber  gewöhnlich  unserem  Wagenlenker  einen  Namen  aus  der 
Sage  zu  schöpfen,  hält  ihn,  nachdem  Grüneisen  ihn  als  Amphiaraos  selbst  ange- 
sprochen hatte,  jetzt  meistens  mit  Welcker  für  dessen  Wagenlenker  Baton  und  glaubt 
den  Augenblick  dargestellt,  unmittelbar  ehe  Amphiaraos  und  Baton  mit  dem  Ge- 
spann vom  Abgrund  verschlungen  werden.  Der  Ausgangspunkt  dieser  Erklärung 
ist  die  vorgefafste  Meinung,  dafs  dies  schöne  Werk  nur  in  der  Götter-  oder  Helden- 
sage wurzeln  könne.  »Die  Tübinger  Bronze«  sagt  Grüneisen  (S.  58)  die  Benennung 
Baton  zurückweisend  »stellt  nun  einmal  unzweifelhaft  einen  königlichen  Helden,  nicht 
einen  blofsen  Wagenlenker  dar«.  Aber  der  Augenschein  zeigt  nichts  als  einen 
»blofsen  Wagenlenker«:  diejenigen,  welche  hier  Amphiaraos  oder  Baton  sehen,  tragen 
von  aufsen  her  Gründe  für  ihre  specielle  Erklärung  zusammen  und  vermögen  sie 
nicht  aus  dem  Werkchen  selbst  zu  gewinnen.  Denn  dafs  etwa  der  Helm  genüge 
um  hier  den  Amphiaraos  zu  sichern,  oder  dafs  die  in  dem  Antlitz  und  der  Haltung 
des  Mannes  ausgeprägte  Spannung  sich  nur  durch  Annahme  der  Situation  des  Am- 
phiaraos oder  Baton  erkläre,  davon  wird  Grüneisen  niemand  überzeugen. 

Viel  richtiger  wird  man  das  Werkchen  als  das  Weihgeschenk  eines  Wagen- 
lenkers auffassen,  wofür  ja  auch  schon  der  kleine  Mafsstab  der  Ausführung  spricht: 
so  reiht  es  sich  einer  grofsen  Gattung  bequem  ein  und  wir  bedürfen  keiner  künst- 
lichen Stützen  der  Erklärung.  Wir  besitzen  Reliefs,  welche  für  einen  Wagensieg 
geweiht  sind  (vgl.  z.  B.  Le  Bas,  voyage,  inon.  fig.  pl.  92,  2  und  athen.  Mitteil.  3,  414. 
R.  Schöne,  Reliefs  Nr.  73),  wir  besitzen  auch  andere  Wagenlenker- Statuetten,  die 
gewifs  gleichfalls  als  Votive  aufzufassen  sind:  namentlich  hat  Olympia  solche  gelie- 
fert. In  den  tiefsten  Schichten  um  die  Altäre  fanden  sich  neben  Tier-,  Reiter-  und 
Krieger-Figuren  namentlich  auch  solche  von  Wagenlenkern  aus  Bronze  und  Terracotta 
in  rohster  Arbeit:  zwei  aus  Bronze  sind  abgebildet  in  den  »Ausgrabungen«  4,  T.  21, 
5.  6.  Beide  stehen  auf  dem  nur  aus  Stabwerk  ohne  feste  Wandung  gebildeten 
Wagen  (die  Pferde  fehlen),  beide  nackt,  nur  den  Kopf  deckt  eine  spitze  Mütze  oder 
ein  breitrandiger  Hut.  Der  eine  (Nr.  5)  hält  noch  in  den  beiden  vorgestreckten 
Armen  die  Enden  der  Zügel.  Dann  fanden  sich  auch  einzelne  Statuetten  von  Wagen- 
lenkern ohne  Wagen,  kenntlich  an  der  spitzen  Mütze  und  der  Armhaltung:  davon 
ist  eine  abgebildet  »Ausgrabungen«  3,  24B,  1.  Endlich  auch  nur  ein  Wagen  als 
Votiv  (wie  sonst  ein  Helm,  ein  Schild,  ein  Diskos  geweiht  wird):  »Ausgrab.«  2,  31. 
Vgl.  darüber  A.  Furtwängler,  die  Bronzefunde  aus  Olympia,  Abh.  d.  Berl.  Akad. 
d.  Wissensch.  1879,  S.  29  ff.  So  erklären  wir  auch  unseren  Wagenlenker  als  ein 
Votivbild  an  einen  Gott  für  einen  Wagensieg  gleich  jenen  olympischen24. 

24)  So   weihte  z.  B.    der  Krieger   Kcipjjio;   (oder  Kä-  Sieg:    s.    die   lakonische    Bronze    in   den    athen. 

ptXo?)  sich  selbst  im  Bilde  dem  Apollon  für  einen  Mitteil.   3,  T.  1. 


Schwabe,  Wagenlenkcr. 


173 


Näher  als  diese  ungeschlachten  olympischen 
Bronzen  vergleicht  sich  unserem  Werk  eine  Bronze, 
welche  am  12.  März  1883  auf  der  Akropolis  zu  Athen 
bei  Gelegenheit  der  zwischen  der  S.-O.  Ecke  des 
Parthenon  und  dem  Museum  damals  veranstalteten 
Ausgrabungen  gefunden  wurde  und  jetzt  in  eben 
diesem  Akropolis-Museum  aufbewahrt  ist.  Ich  habe 
sie  kurz  nach  der  Auffindung  selbst  dort  gesehen.  Die 
beistehende  Gillieron'sche  Skizze  davon  wird  der  Ver- 
mittlung des  Herrn  P.  Wolters  verdankt,  der  dazu  be- 
merkt: »Hoch  0,090  m.  Ob  die  Linke  die  Rückseite 
nach  oben  oder  unten  kehrt,  ist  nicht  mit  Sicherheit  zu 
sehn.  Löcher  in  beiden  Händen.  Die  Figur  ist  durch 
sehr  starken  Rost  entstellt«.  Dafs  ein  Wagenlenker 
dargestellt  ist,  lehrt  der  Augenschein:  die  beiden 
Hände  sind  für  das  Fassen  der  Zügel  vorgerichtet.  Der  Lenker  läfst  nicht  den  Pferden 
die  Zügel,  sondern  er  zieht  an,  hierin  dem  Tübinger  ähnlich.  Dies  zeigt  die  Haltung 
namentlich  der  rechten  Hand  und  das  tiefe  Einsinken  der  Oberschenkel  in  die  Kniee: 
letzteres  findet  sich  öfters  bei  Wagenlenkern:  s.  z.  B.  Arch.  Ztg.  1853,  T.  55.  Mon. 
d.  Inst.  8,  3.  Wiener  Vorlegebl.  5,  7,  2.  Overbeck  Gall.  her.  Bildw.  T.  8,  1.  Ob  der 
Mann  Hut  oder  anliegenden  Helm  trägt,  bleibt  bei  der  schlechten  Erhaltung  der 
Bronze  unsicher,  ebenso  läfst  sich  auch  über  den  Stil  kaum  etwas  sagen.  Nur 
empfehlen  der  Fundort  und  die  gleichzeitig  bei  jenen  Ausgrabungen  gefundenen 
Gegenstände  die  Annahme,  dafs  die  Bronze  der  altertümlichen  Kunst  —  ebenso  wie 
die  Tübinger  —  angehöre:  wofür  auch  die  Schmalheit  der  Hüften  spricht.  Auch 
diese  athenische  Bronze  ist  gewifs  als  Weihgeschenk  aufzufassen  und  stützt  somit 
unsere  Erklärung.  Diese  kleinen  Gaben  vertraten  für  kleine  Leute  die  Stelle  der 
prächtigen  Zwei-  und  Viergespanne,  welche  Vornehme  und  Reiche  nach  erlangtem 
Wagensieg  von  berühmten  Künstlern  als  Weihgeschenke  herstellen  liefsen,  wie  z.B. 
in  Olympia  ein  Wagen  mit  Wagenlenker  (aptxa  yotXxouv  xal  äv7)p  ävaßcßriy.wc  eir'  oiöto 
Paus.  6,  12,  1)  stand,  der  für  dortige  Siege  des  Hieron  geweiht  und  von  Onatas  ver- 
fertigt war.  Ohne  Zweifel  dienten  auch  die  anderen  Zwei-  oder  Viergespanne,  von 
deren  Verfertigung  durch  namhafte  Künstler,  wie  Kaiamis,  Euphranor,  Lysippos 
u.  A.,  wir  hören,  wenigstens  zum  gröfseren  Teil,  demselben  Zweck,  und  wir  ver- 
stehen leicht,  dafs  die  häufige  Behandlung  dieses  künstlerischen  Vorwurfs  auch  der 
Darstellung  der  Wagenlenker  zu  gute  kam,  dafs  man  mehr  und  mehr  auf  beson- 
ders sprechende,  der  Handlung  angepafste  Haltung  derselben  hingeführt  wurde: 
ein  Gesichtspunkt  der  auch  beachtet  sein  will  bei  der  von  Plinius  34,  71  gegebenen  Nach- 
richt, dafs  einen  (offenbar  durch  schematische  Haltung  später  auffällig  gewordenen) 
Wagenlenkcr  des  Kaiamis  Praxiteles  durch  einen  Lenker  von  seiner  Hand  ersetzte25. 


'")  Scholl  a.  O.  S.  278   hat   Griineisen's    mythologi- 
sche   Erklärung    der   Tübinger  Figur    mit   guten 


Gründen  angefochten,    aber  ohne  Nachfolger  zu 
finden.    Freilich  seine  eigene  Erklärung,  wonach 


174 


Schwabe,  Wagenlenker. 


Dafs  unsere  Bronze  etwa  nur  den  Teil  eines  einst  vollständigen  Gespannes 
darstelle,  dafs  demnach  der  Wagen  (bis  auf  das  Bodenbrett)  und  die  Pferde  verloren 
seien,  ist  ganz  unwahrscheinlich.  Dagegen  spricht  schon  die  Form  der  gewifs  gleich 
alten  (s.  Anm.  13)  Unterplatte.  Vielmehr  konnte  und  mufste  hier,  wie  bei  jenen 
einzelnen  Wagenlenkern  aus  Olympia  und  wie  wohl  auch  bei  der  athenischen  Bronze, 
allein  der  Lenker,  der  das  Gelübde  vollzog,  in  der  charakteristischen  Stellung  seines 
Berufs  genügen  (vgl.  Friederichs-Wolters,  Bausteine  S.  101). 

Die  Nacktheit  des  Lenkers  darf  nicht  auffallen:  die  griechischen  Wagenlenker 
trugen  freilich  nach  Ausweis  der  Kunstwerke  gewöhnlich  einen  langen  schlichten 
Chiton;  doch  finden  sich  viele  Ausnahmen  von  dieser  Regel.  Unser  Künstler  stellte 
den  Lenker  nackt  dar,  weil  dadurch  die  Gestalt  um  vieles  ausdrucksvoller  wurde: 
solche  Abweichung  von  der  Wirklichkeit  gestattete  sich  je  nach  künstlerischem  Be- 
dürfnis die  griechische  Kunst  unbedenklich.  Sehr  nahe  liegt  auch  hier  der  Vergleich 
mit  den  Aegineten  (s.  gleich  unten),  welche  nackten  Leibes  gebildet  sind  und  nur 
Helm,  Schild  und  Lanze  tragen.  Übrigens  sind  ja  auch  jene  oben  erwähnten  Lenker 
aus  Olympia  von  der  Kopfbedeckung  abgesehen  nackt,  ebenso  der  genannte  in  Athen. 
Den  Helm  hat  der  Künstler  dem  Lenker  gegeben,  um  die  Stattlichkeit  der  Erschei- 
nung zu  erhöhen26. 

Das  Hauptinteresse  erregt  aber  die  Bronze  durch  ihren  Stil  und  die  meister- 
liche Ausführung.  Schon  F.  Thiersch,  welcher  den  hier  verborgenen  Schatz  1827 
für  die  Wissenschaft  entdeckte,  wies  auf  die  allerdings  für  jemand,  dem  die  Aegineten 
täglich  vor  Augen  waren,  unverkennbare  Ähnlichkeit  mit  diesen  hin.  Dann  ist 
namentlich  Grüneisen  (a.  O.  S.  16  ff.)  diesem  Gesichtspunkt  in  sorgfältiger  Ausführung 
nachgegangen.  Von  Äufserlichkeiten  abgesehen,  wie  z.  B.  der  Nacktheit  des  Kör- 
pers, der  Haar-  und  Barttracht  oder  der  Form  des  Helmes,  erinnert  vor  allem  an 
sie  die  gleichmäfsige  Genauigkeit  und  Schärfe  der  Arbeit  im  Körperlichen,  die 
Sicherheit  bis  in's  einzelne.  Der  hagere,  in  den  Hüften  schmale,  etwas  hochbeinige 
Körper   (von   7'/,  Kopflängen,   der   in  dieser  Schmalheit   und   Länge    die  Aegineten 


die  Figur  das  Siegesbild  eines  wagenlenkenden 
Fürsten  darstellt,  der  eben  um  die  Meta  fahrt,  ist 
auch  nicht  zu  billigen.  Der  Helm  reicht  für  die 
Annahme  des  fürstlichen  Wagenlenkers  nicht  aus, 
die  Haltung  der  Hände  erlaubt  nicht  die  An- 
nahme des  Umfahrens  der  Meta  (s.  Anm.  21); 
das  kleine  Werk  endlich  will  uns  als  Weihge- 
schenk eines  Fürsten  etwas  zu  dürftig  vorkom- 
men. Aber  Scholl  hat  sich  doch  von  dem  Bann 
der  mythologischen  Erklärung  befreit. 
26)  Über  den  langen  Chiton  als  regelmäfsige  Tracht 
der  griechischen  Wagenlenker  vgl.  die  oben 
Anm.  18  angeführten  Kunstwerke  und  z.  B.  W. 
Heibig,  d.  homer.  Epos  aus  den  Denkm.  er- 
läutert S.  118.  119.  A.  Michaelis,  d.  Parthenon 
S.  245.  Vollgerüstete  Wagcnlenker  z.  B.  Mon. 
d.  I.   10,  54  a.   11,  24.     Nackt  (auch  ohne  Kopf- 


bedeckung) bis  auf  einen  über  die  Schulter  oder 
Arme  zusammengefalteten  Mantel  sind  die  Lenker 
z.  B.  in  den  Wiener  Vorlegeblätt.  5,  7,  2  und  in 
Baumeister's  Denkmälern  2,  S.  959  Nr.  11 34. 
Der  Lenker  (Baton)  auf  der  korinthischen  Vase 
Mon.  10,  4.  5  trägt  den  langen  Chiton  und  dazu 
den  Helm.  Auf  der  Vase  des  sog.  Dipylonstils 
in  den  ^4««.  1872,  T.  1  hat  der  Lenker  den 
Helm  und  einen  gegürteten  bis  zu  den  Knieen 
reichenden  Chiton.  Auf  den  Anm.  18  erwähnten 
Grabgemälden  aus  Chiusi  trägt  von  den  beiden 
langgewandeten  Wagenlenkern  der  eine  den  Helm, 
der  andere  eine  anliegende  Kappe,  auf  einer  ar- 
chaischen Terracotta  in  Paris  (Gazelle  ar.cheol. 
1883,  t.  49)  hat  der  Wagenlenker  den  Helm  und 
über  dem  langen  Gewand  noch  den  Panzer. 


Schwabe,  Wagenlenker.  175 


noch  etwas  überbietet)  steht  dem  sehnigen,  gestählten  Lenker  gut  an.  Besonders  be- 
zeichnend sind  die  vorn  und  seitwärts  flachen  Oberschenkel  (s.  die  Abbildung  rechts), 
das  hohlleibige  des  vorgebeugten  Oberkörpers,  der  bestimmte  Ansatz  der  Weichen, 
und  namentlich  der  deutlichst  herausgearbeitete  Brustkorb.  Die  Hände  und  Vorder- 
arme haben  gelitten  und  stehen  überhaupt  dem  übrigen  etwas  nach:  um  so  schöner 
sind  die  Füfse.  Die  Vorzüge  der  Aegineten  sind  in  unserer  Bronze  bewahrt  ohne 
jene  der  Natur  widersprechenden  Eigentümlichkeiten  derselben,  z.  B.  in  der  Bildung 
des  Brustknorpels,  des  geraden  Bauchmuskels,  der  Füfse  (s.  M.  Wagner's  Bericht 
über  die  aeginet.  Bildwerke  S.  97  ff.),  der  schrägen  und  vorliegenden  Augen  (doch 
s.  Anm.  15). 

Aufser  der  lebensvollen  Ausführung  des  Körperlichen  verdient  auch  die  auf's 
glücklichste  der  Handlung  angepasste  und  künstlerisch  abgewogene  Stellung  unsere 
Bewunderung.  Man  beachte  z.  B.  den  Gegensatz  im  Vor-  und  Zurückgehen  der  Arme 
und  Beine,  der  rechten  und  linken  Körperhälfte,  dann  die  leise  Wendung  des  Kopfes 
nach  rechts,  welche  zu  der  beschwichtigenden  Bewegung  der  Hand  stimmt  u.  s.  w., 
und  man  wird  in  dem  kleinen  Werk  einen  unerwarteten  Reichtum  künstlerischer 
Motive  entdecken27. 

Wie  im  rein  Körperlichen  unsere  Bronze  einen  Fortschritt  über  die  Aegineten 
zeigt,  so  auch  im  Geistigen.  Der  Zwiespalt,  der  uns  bei  den  Aegineten  stört,  wenn 
wir  die  Köpfe  mit  den  Leibern  vergleichen,  ferner  jenes  aktmäfsig  Schematische 
in  den  Stellungen  der  Aegineten  ist  hier  überwunden.  Der  Archaismus,  der  in  den 
Aeginetenköpfen  wie  eine  Fessel  empfunden  wird,  ist  hier  so  weit  gemildert,  dafs 
Antlitz  und  Körper  vollkommen  harmonisch  zusammengehen,  ohne  dafs  der  eigen- 
artige Reiz,  welchen  die  archaische  Kunst  ihren  Schöpfungen  zu  verleihen  weifs, 
irgendwie  in  seiner  Unmittelbarkeit  und  Frische  litte.  Der  gehaltene  Ausdruck  des 
feinen  aufmerksamen  Gesichts  stimmt  zur  Handlung  vortrefflich.  Bei  dieser  wohlthuen- 
den  Harmonie  zwischen  Erfindung  und  Ausführung  ist  die  Frage  müfsig,  ob  dem 
Künstler  des  kleinen  Werkes  etwa  nur  das  Verdienst  der  letzteren,  nicht  aber  auch, 
sofern  er  vielleicht  von  einem  Vorgänger  den  Typus  entlehnte,  das  Verdienst  der 
ersteren  zukomme:  denn  es  fehlen  uns  alle  Mittel  sie  genügend  zu  beantworten. 

Die  Ähnlichkeit  mit  den  Aegineten  beweist  natürlich  nichts  für  Herkunft  aus 
Aegina:  wenigstens  an  peloponnesische  könnten  wir  denken,  wenn  damit  etwas  ge- 
wonnen wäre.  Später  als  in  die  Mitte  des  fünften  Jahrhunderts  wird  man  die  Her- 
stellung der  Bronze  nicht  ansetzen  dürfen:  wahrscheinlich  wurde  das  Werk  noch  etwa 
ein  Jahrzehnt  früher  verfertigt. 

Tübingen. 

L.  Schwabe. 


2")  Overbeck,    Gesch.    d.    gr.  Plastik   I3,   189   nennt  chaischen    Bronzen«:    ich   habe    dagegen    nichts 

unsere  Bronze  »die  Krone  .  .  .  vielleicht  aller  ar-  einzuwenden.  . 


-J  ^Xn^cKj^jü  ,  ^+^" 


DAS  PLATÄISCHE  WEIHGESCHENK 

IN  DELPHI. 

Das  interessanteste  Denkmal  altgriechischer  Zeit  in  Constantinopel  ist  die 
bronzene  aus  drei  in  einander  gewundenen  Schlangenleibern  gebildete  Säule  auf  dem 
Atmeidan,  dem  früheren  Hippodrom  der  byzantinischen  Kaiser.  Das  über  fünf 
Meter  hohe  Denkmal,  das  seit  der  Erhöhung  des  Atmeidan  im  Jahre  1630  bis  fast 
zu  seiner  Mitte  verschüttet  war,  ist  1855  durch  Newton  völlig  blofsgelegt  und  die 
auf  den  untersten  Schlangenwindungen  befindliche  Inschrift  von  Dethier  und  Frick 
im  Januar  1856  entdeckt  und  veröffentlicht  worden1.  Seitdem  gilt  es  fast  allgemein 
für  gesichert,  dafs  die  Schlangensäule  ein  Überrest  des  Weihgeschenkes  ist,  welches 
die  Hellenen  nach  dem  Siege  bei  Platää  dem  Delphischen  Apollon  errichtet  haben3. 

Nach  dem  Berichte  des  Herodot  bestand  das  Weihgeschenk  aus  einem  gol- 
denen Dreifufse  über  einer  dreiköpfigen  ehernen  Schlange,  und  Thukydides  überliefert, 
der  Spartanerkönig  Pausanias,  der  Oberbefehlshaber  in  der  Schlacht  bei  Platää, 
habe  auf  dem  Anathem  ein  Elegeion  anbringen  lassen,  in  dem  er  sich  selbst  Sieger 
über  die  Meder  und  Stifter  des  Weihgeschenkes  nannte.  »Dieses  Elegeion  liefsen 
die  Lakedämonier  gleich  damals  von  dem  Dreifufs  wieder  abmcifseln  und  schrieben  die 
Namen  der  Städte  darauf,  die  zusammen  die  Barbaren  besiegt  und  das  Weihgeschenk 
aufgestellt  hatten«  (Herodot  IX  81,  Thukydides  I  132;  s.  unten  S.  180.  184).  Von  den 
späteren  Schicksalen  des  Denkmales  wissen  wir,  dafs  es  im  zweiten  heiligen  Kriege 
durch  die  Phokier  seines  Goldschmuckes  beraubt  worden,  aber  in  verstümmeltem 
Zustande  bis  in  das  vierte  Jahrhundert  n.  Chr.  in  Delphi  verblieben  ist.  Constantin 
liefs  dann  den  platäischen  Dreifufs  wie  so  viele  altberühmte  Denkmäler  nach  Byzanz 
bringen  und  im  Hippodrom  der  neuen  Hauptstadt  aufstellen3. 

Die  Namenliste  von  einunddreifsig  als  Mitkämpfer  in  den  Schlachten  von 
Salamis  und  Platää  aus  Herodot  bekannten  griechischen  Staaten,  dazu  Theile  einer 
Überschrift  sind  auf  dem  Schlangengewinde  in  Constantinopel  erhalten.  Die  In- 
schrift ist  also  eine  historische  Urkunde  ersten  Ranges,  und  das  bronzene  Schlangen- 

*)  Newton,    Travels   and    discoverics    in   the  Levant,  Ursprung  der  Schinngensäule  zu  bezweifeln  (Vgl. 

II  S.  25;    Frick,  Jahrbücher  für  Philologie   1862  Göttinger   Nachrichten   1861    S.  361  ff.,    Archäo- 

S.  441  ff.,  Supplementband  III  S.  487  fr.;    Dethier  logische  Zeitung  1867  (Bd.  25)  S.  137»),   erledigen 

und     Mordtmann,     Epigraphik     von     Byzantion  sich  wie  ich  glaube  durch  die  im  folgenden  nach- 

(Denkschriften     der    Philos. -histor.    Classe    der  gewiesene  thatsächliche  Unrichtigkeit  def  früheren 

Wiener   Akademie    Bd.  XIII    1862).      Vgl.    Röhl,  Angaben,  auf  denen  sie  beruhen. 
Inscriptiones  Graecat  antiquissimac  70;  Friederichs-        3)  Vgl.   die    genauen  Darstellungen    der  Geschichte 

Wolters  227.  des  Weihgeschenkes    bei  Frick  (in  der  Abhand- 

2)  Die  Bedenken,  welche  Ernst  Curtius  und  Andere  lung  in  den  Supplementbänden)  und  bei  Dethier 

seiner  Zeit    veranlafst    haben,    den    Delphischen  und  Mordtmann. 


Jahrbuch  des  Instituts   1886. 


Zu  Seite   176 


Fabricius,  Das   platäische  Weihgeschenk.  \JJ 

gewinde  selbst  gehört  zu  den  werthvollsten  Überresten,  die  wir  von  antiken  Ana- 
themen besitzen. 

Der  Wichtigkeit  des  Monumentes  sind  die  bis  jetzt  vorliegenden  Publikationen 
der  Inschrift  und  der  Säule  durchaus  nicht  entsprechend;  nicht  einmal  über  den 
Thatbestand  geben  sie  genügende  Auskunft.  Bei  der  letzten  Aufnahme  der  Inschrift 
durch  Dethier  und  Mordtmann  ist  zwar  (S.  3  ff.)  verzeichnet,  welche  Buchstaben 
,  sicher  und  welche  »sehr  undeutlich  sind  und  bestritten  werden  können«;  dagegen 
sucht  man  vergeblich  nach  einer  genaueren  Angabe  dessen,  was  von  den  als  un- 
sicher bezeichneten  Buchstaben  erhalten  ist,  und  welche  sonstigen  Lesungen  die 
erkennbaren  Reste  gestatten  würden.  Auch  sind  in  allen  Publikationen  die  Schrift- 
formen nur  ganz  im  Allgemeinen  nachgeahmt,  nicht  mit  der  Treue  wiedergegeben, 
die  man  bei  einem  so  hervorragenden  und  fest  datirbaren  epigraphischen  Denkmale 
verlangen  mufs.  Die  Abgüsse  der  Schlangensäule  können,  ganz  abgesehen  davon 
dafs  sie  nicht  Jedermann  zugänglich  sind,  diesen  Mangel  nur  zum  Theil  ersetzen, 
weil  auf  dem  Gips  nur  die  am  besten  erhaltenen  Namen  —  etwa  die  Hälfte  — 
sichtbar  sind. 

Von  der  Säule  selbst  ist  niemals  eine  genaue  Aufnahme  angefertigt  worden;  in 
den  veröffentlichten  Zeichnungen  beruht  nur  die  Wiedergabe  des  unteren  Theiles  auf 
Messungen,  das  Übrige  auf  Schätzung.  Endlich  stehen  sich  hinsichtlich  der  Rekon- 
struktion des  Weihgeschenkes  noch  immer  zwei  Ansichten  gegenüber.  Dethier  und 
Mordtmann  sahen  in  der  Schlangensäule  den  Untersatz  für  den  goldenen  Dreifufs, 
dessen  Beine  sie  sich  durch  die  nach  drei  verschiedenen  Seiten  gewandten  Schlan- 
genköpfe getragen  dachten4.  Dagegen  ist  betont  worden,  dafs  die  Oberfläche  des 
1848  bei  der  Sophienkirche  in  Constantinopel  gefundenen  Oberkiefers  eines  der  drei 
Schlangenköpfe  keine  Befestigungsspuren  zeige,  und  ferner,  dafs  keinerlei  Analogien 
eines  solchen  Dcnkmales,  wie  Dethier  und  Mordtmann  das  Weihgeschenk  rekon- 
struiren,  sich  aus  dem  Alterthume  nachweisen  lassen,  dafs  Schlangenleiber  vielmehr 
niemals  bei  altgriechischen  Geräthen  als  statische  Stützen  und  säulenartige  Träger 
verwendet  worden  sind  5.  Mehr  Beifall  hat  die  von  H.  Strack  vorgeschlagene 
Wiederherstellung  des  Denkmales  gefunden.  Nach  ihm  hat  man  sich  das  Schlangen- 
gewinde in  der  Mitte  zwischen  den  Beinen  des  Dreifufses  unterhalb  des  Kessels  an- 
gebracht zu  denken,  derart,  dafs  zwischen  je  zwei  Beinen  immer  einer  der  drei 
Köpfe  sichtbar  wird.  Das  so  rekonstruirte  Denkmal  ist  nur  in  einer  sehr  flüchtigen, 
nicht  einmal  von  Strack  selbst  herrührenden  Skizze  veröffentlicht  worden,  die  natür- 
lich nicht  befriedigen  konnte6. 

Ein  Aufenthalt  in  Constantinopel  im  September  1885  bot  mir  Gelegenheit, 
das  Schlangengewinde  auf  dem  Atmeidan  genauer  untersuchen  und  eine  neue  Copie 
der  Inschrift  anfertigen  zu  können.  Nach  dieser  in  halber  Originalgröfse  ausge- 
führten Zeichnung  ist  die  Inschrift,  mechanisch  auf  ein  Achtel  des  Originals  ver- 
kleinert, auf  der  Beilage  wiedergegeben  worden. 

*)  Vgl.   die  Abbildungen  a.  a.  O.    Tafel  II  und  IV.        5)  Curtius,  Gott.  Nachrichten  1861   S.  385. 
6)  Bei  Dethier  und  Mordtmann  Tafel  III  Fig.  24  c. 


178  Fabricius,  Das  platäische  Weihgeschenk. 

Dank  dem  freundlichen  Entgegenkommen  des  Herrn  Regierungsbaumeister 
Paul  Graef  können  wir  auf  derselben  Beilage  jetzt  auch  eine  mit  Hülfe  des  Berliner 
Abgusses  ausgeführte  genaue  Aufnahme  des  Schlangengewindes  in  geometrischer 
Zeichnung  mittheilen.  Ferner  hat  Graef  es  unternommen,  mit  Benutzung  der  Idee 
Stracks,  für  die  Gestaltung  des  Einzelnen  aber  auf  Grundlage  seiner  in  Olympia 
ausgeführten  speciellen  Studien  über  die  Formen  der  anathematischen  Dreifüfse,  wie 
sie  sich  aus  den  bei  den  Ausgrabungen  gefundenen  Theilen  von  solchen  ergeben, 
eine  neue  Rekonstruktion  des  delphischen  Denkmals  zu  entwerfen.  Seine  mit  grofscr 
Sorgfalt  ausgeführte  Originalzeichnung  konnte  technischer  Schwierigkeiten  wegen 
leider  nicht  unmittelbar  reproducirt  werden,  und  wir  mufsten  uns  daher  auf  die 
unten  S.  190  mitgetheilte  Wiedergabe  einer  kleineren  Skizze  beschränken. 

I.     DIE  INSCHRIFT. 

Das  Schlangengcwinde  steht  gegenwärtig  in  einer  fast  drei  Meter  tiefen, 
brunnenartig  ausgemauerten  und  mit  einem  Eisengitter  umgebenen  Grube,  in  die  man, 
um  zur  Inschrift  zu  gelangen,  hinabsteigen  mufs.  Die  Inschrift  ist  in  einem  senk- 
rechten, schmalen  Streifen  über  die  dritte  bis  dreizehnte  Windung  von  unten 
eingegraben.  Während  die  untersten  Theile  gut  erhalten  sind,  werden  weiter  nach 
oben  die  Schriftzeichen  immer  undeutlicher,  so  dafs  man  anfangs  von  der  Über- 
schrift auf  der  dreizehnten  und  den  drei  ersten  Namen  auf  der  zwölften  Windung 
kaum  eine  Spur  zu  erkennen  vermag.  Die  Oberfläche  der  betreffenden  Schlangen- 
windungen ist  nämlich  nicht  nur  stark  abgeschliffen  und  stellenweise  durch  Oxydation 
zerstört,  sondern  über  und  über  mit  tiefen  Scharten  bedeckt,  die  augenscheinlich 
von  Säbelhieben  herrühren.  Erst  nachdem  sich  das  Auge  an  den  eigenthümlichen 
Charakter  der  Schriftzüge  gewöhnt  hat,  deren  Linien  nicht  durch  einzelne  kräftige 
Hiebe  eines  grofsen  Meifsels  hergestellt,  sondern  mit  einem  feinen  Instrument  all- 
mählich eingearbeitet  sind,  ist  es  möglich,  die  Buchstabenreste  von  Säbelhieben 
und  zufälligen  Verletzungen  mit  Sicherheit  zu  unterscheiden. 

An  zwei  Stellen  ergab  meine  Copie  Abweichungen  von  den  älteren  Abschrif- 
ten. Auf  der  elften  Windung  lasen  Frick  wie  Dethier  und  Mordtmann  SEKVONIOI. 
Ich  vermochte  dagegen  nur  SIKVONIOI  zu  erkennen  und  halte  die  Möglichkeit  einer 
Ergänzung  des  Iota  zu  Epsilon  für  ausgeschlossen.  Vor  dem  Originale  habe  ich 
darüber  notirt:  »die  Stellung  von  I  (genau  in  der  Mitte  zwischen  X  und  K)  spricht 
für  Iota,  von  Querhasten  sehe  ich  keine  Spur.  Oben  an  I  sind  zwei  Abschürfungen, 
eine  gerad  und  eine  schief,  kein  Rest  einer  scharfen  Buchstabcnlinie.  Die  senkrechte 
Hasta  ist  vollkommen  deutlich,  scharf  und  tief,  die  horizontalen  Hasten  müfsten 
also  viel  weniger  tief  gewesen  sein«.  Der  Fehler  der  früheren  Abschriften  ist  offen- 
bar aus  der  falschen  Voraussetzung  entstanden,  dafs  Sexooviot,  die  epichorische  Form, 
die  sich  auf  der  Mehrzahl  der  vielverbreiteten  Sikyonischen  Münzen  findet,  die  allein 
zulässige  sei7. 

*)  Auch    Frick    hat   ursprünglich    richtig    SwutfvtOl  Stxudvtot  konnte  nach  der  zweiten  Lesung  nicht 

gelesen;    er    sagt    darüber    S.  496:    »Die    Form  mehr  bezweifelt  werden.     Sie  wird  durch  Münzen 


Fabricius,  Das  platäische  Weihgeschenk. 


179 


Wichtiger  ist  die  zweite  Abweichung;  sie  betrifft  die  Überschrift.  Frick, 
Mordtmann  und  Dethier  haben  auf  der  dreizehnten  Windung  gelesen: 

APOAONIOO 
N  MATON 

Gleich  bei  der  ersten  Nachprüfung  ergab  sich  mir,  dafs  diese  Lesung  unmöglich 
richtig  sein  könne.  Von  einem  A  am  Anfang  von  Z.  1  vermochte  ich  auch  nicht 
die  geringste  Spur  zu  erkennen.  Die  Stellung  des  n  genau  in  der  Senkrechten  über 
den  übrigen  Zeilenanfängen  schliefst  geradezu  die  Möglichkeit  aus,  davor  einen  Buch- 
staben zu  ergänzen.  An  Stelle  des  zweiten  O  in  derselben  Zeile  war  ganz  deutlich 
ein  E  zu  lesen,  statt  Nl  ein  M  etc. 

Rein  mechanisch,  ohne  zunächst  auf  den  eventuellen  Sinn  Rücksicht  zu 
nehmen,  gelangte  ich  selbst  zu  der  auf  der  Zeichnung  genau  wiedergegebenen 
Lesung: 

I  O 

POAFMON 
POA    MFON 

Zeile  1  ist  das  O  zweifellos8,  davor  ist  eine  senkrechte  Hasta  sicher;  sie  sieht 
ganz  wie  die  übrigen  Buchstabenreste  aus,  kein  glatter  Schnitt,  sondern  eine  Reihe 
kleiner  Schlitzchen.  Links  davon  parallel  eine  zweite  Linie,  die  von  einem  Buchstaben 
stammen  aber  auch  zufällig  sein  kann.  Hinter  O  könnte  ein  Buchstabe  durch  Oxy- 
dation verloren  sein;  weiterhin  ist  die  Oberfläche  wieder  intakt,  Buchstabenspuren 
sind  hier  nicht  wahrzunehmen.  Sie  miifsten  also  vollständig  weggeschliffen  sein, 
was  unbedenklich  angenommen  werden  kann,  da  die  obere  Hälfte  der  einzelnen 
Windungen  immer  besonders  stark  abgerieben  ist,  während  die  nach  unten  ge- 
wendeten Theile  mehr  geschützt  waren. 

Zeile  2  ist  POAEMON  ganz  sicher.  Von  dem  E  fehlt  nur  der  unterste  Quer- 
strich (durch  Oxyd  weggefressen);  das  M  ist  sehr  breit,  aber  bis  auf  das  untere 
Ende  der  dritten  Hasta  ganz  erhalten;  nur  von  dem  N  ist  die  dritte  Hasta  nicht 
sicher  zu  erkennen.  Hinter  N  könnte  noch  etwas  gestanden  haben,  doch  ist  auf 
dem  kleinen  rostfreien  Stück  dahinter  keine  sichere  Spur. 

Zeile  3  sind  die  Buchstaben  POA  MEON  sicher,  der  vierte  Buchstabe  ist 
durch  Oxydation  zerstört,  ebenso  wie  der  unterste  Querstrich  des  E.  Vor  P  hat 
sicher  nichts  gestanden,  hinter  N  ist  die  Oberfläche  zerstört,  aber  es  scheint  nichts 
mehr  gefolgt  zu  sein.  Höchstens  2  Buchstaben  liefsen  sich  ergänzen,  da  weiterhin 
die  Oberfläche  wieder  intakt  ist  und  keine  Schriftspuren  zeigt9. 


bestätigt«.  In  der  späteren  Abschrift  von  Mordt- 
mann und  Dethier  ist  das  E  als  zur  Kategorie  4 
gehörig  bezeichnet,  zu  »den  kaum  erkennbaren 
und  deswegen   nicht  sicheren  Buchstaben«. 

8)  Auch  die  ersten  Herausgeber  hatten  dieses  Omi- 
kron  bemerkt;  Frick  S.  496:  »Bei  der  ersten 
Auffindung  der  Widmungsworte  meinten  wir  an- 
fangs  über  dem  P  von  APOAONI  ein  O  lesen 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I. 


zu  müssen.  Spätere  Revisionen  überzeugten  uns 
von  einem  Irrthum«. 
9)  Die  obenstehenden  angesichts  des  Originales  auf- 
gezeichneten, nur  neu  redigirten  Bemerkungen 
hat  Fr.  Kopp,  der  gleichzeitig  mit  mir  in  Con- 
stantinopel  war  und  mich  bei  der  Untersuchung 
der  Schlangensäule  wiederholt  freundschaftlich 
unterstützt   hat,    vor   dem  Original    genau    kon- 

14 


l8o  Fabricius,  Das  platäische  Weihgeschenk. 

Über  den  Erhaltungszustand  einzelner  Buchstaben  der  Namen  hier  genau 
Rechenschaft  zu  geben,  scheint,  da  die  Lesung  und  Ergänzung  nirgends  zweifel- 
haft ist,  überflüssig.  Nur  das  mufs  ich  bemerken,  dafs  von  den  Buchstabenresten, 
die  Dethier  und  Mordtmann  auf  den  Windungen  8,  9  und  10  (von  unten)  unter  den 
jedesmal  wohlerhaltenen  drei  Namen  verzeichnet  haben,  ich  auch  nicht  die  geringste 
Spur  zu  erkennen  vermochte.  Da  es  sich  um  die  am  meisten  geschützten  Plätze  han- 
delt, ist  es  nicht  zu  begreifen,  wie  die  betreffenden  Schriftzeichen  so  abgeschliffen 
sein  sollten,  dafs  sie  nur  unter  besonders  günstigen  Umständen  sichtbar  wären. 

Auf  Grund  der  älteren  Lesung  hatte  Göttling  10  die  Überschrift  hergestellt: 
A~6X(X)(uvt  i)[s](ü[t  vxdaavi  |  d]v[ai>irj]ij.'  octtö  M[yj3<dv],  eine  Fassung,  die  allgemein  An- 
klang gefunden  hat.  Nach  der  neuen  Lesung  sind  TroXsp-ov  in  Zeile  2  und  [s]-oX[s]p.£Ov 
in  Zeile  3  ohne  weiteres  klar  und  damit  der  Inhalt  der  Überschrift  im  Wesentlichen 
gegeben.  Das  Augment  von  ciioXsfisov  kann  am  Anfang  von  Z.  3  nicht  ergänzt  wer- 
den, es  mufs  also  am  Ende  von  Z.  2  gestanden  haben.  Das  blofse  töv  7t6Xsp.ov  eto- 
XI[i.sov  entspräche  nicht  dem  alten  Sprachgebrauch:  dieser  verlangt  einen  pronomi- 
nalen Hinweis  auf  die  nachfolgenden  Namen.  Daher  wird  in  Zeile  1  nicht  t]ö[v, 
sondern  t]o[igs  töv  zu  ergänzen  sein,  und  es  ergiebt  sich  nun,  dafs  in  jeder  Zeile 
gleich  viele  Buchstaben  standen: 

TO  I  AETON         xoiOE  tov 
POAEMONE        TroXsfwv  i- 
TOAEMEON        ttoXsiasov. 
Dieses  auch  äufserlich  befriedigende  Resultat  wird   als   ein  Beweis   für  die  Richtig- 
keit der  Ergänzungen  gelten  können. 

Wie  verhält  sich  nun  die  somit  wiedergewonnene  Lesung  zu  den  Nachrichten, 
die  wir  über  die  Fassung  der  Aufschriften  auf  dem  Denkmale  haben?  Die  Stelle  bei 
Thukydides  lautet  wörtlich:  I  132:  (llotuaavia?)  iitl  töv  Tpi'-ood  uoxe  töv  ev  AsX^ot?, 
8v  ävsöscsav  01   "EXXt)vej    diro    twv  Mtjoüjv    dxpofh'viov,    r^uocrsv    STrtYpd^otJÖat    gwtö?  IZi'x  tö 

IXsfeToV    TOOS' 

'EXXrjVtov  äpyrfloi;  iirsl  aTpaxov  (oXsas  M^3<ov 

riausavta?  <I>ot'ß(p  fJ.V7j[j.'  ocve&yjxs  toos. 
tö  fisv  ouv  iXs-yetbv  ot  Aaxs8atfj.ovtot  s£ex6Xoc'Jw  suöu?  tote  d-ö  tou  Tpiirooo;  touto  xal  ira- 
"Cpai|iav  ovofj.a<JTi  toi?  uoXst?  oaat  £u-pcairsXouaai  tov  ßdpßotpov  saTTjaav  tö  dväör^a.  Ergänzt 
wird  die  Thukydideische  Mittheilung  durch  eine  Angabe  bei  Diodor,  die  am  Schlüsse 
des  Berichtes  über  die  Schlacht  bei  Platää  steht,  XI  33,  2:  rA  8'  "EWrpzz  Ix  täv  Xotcpu- 
pouv  Ssxdr/jv  I£eX6[asvoi  xccTsaxcuaaav  ypuaouv  TptTroSoc,  xal  dvEÖTjxav  sl(  AsXcpoö»  e-rYpd^avTS? 
IXs-ysTov  toSe* 

"EXXttSo?  süpuyopou  aioTT(p£?  tov3'   äv£\)rtY.av 
8ooXoauv7j?  <JTU"(£pa?  puadjxsvot  ttoXw,. 
Diodor  knüpft  daran  die  Mittheilung  der  beiden  aus  Herodot  bekannten  Inschriften 
von  den  Gräbern  in  den  Thermopylen. 

trolirt   und   sich  ausdrücklich   mit    allem  einver-      10)  Commentariola    de  inscriptione    monumenti  Platae- 
standen  erklärt.  ensis.    Jenae,  1861  et  62. 


Fabricius,  Das  platäische  Weihgeschenk.  l8l 


Da  sich  das  von  Diodor  für  das  delphische  Weihgeschenk  überlieferte  Epi- 
gramm mit  der  vermeintlichen  Überschrift  der  Namenliste  auf  der  Schlangensäule 
nicht  vertrug,  hat  Frick  einen  von  Nipperdey11  an  der  Echtheit  des  ersteren  ge- 
äufserten  Zweifel  aufgegriffen  und  zu  beweisen  versucht,  dafs  das  Epigramm  bei  Diodor 
gefälscht  sei.  Nipperdey  und  Frick  berufen  sich  in  erster  Linie  darauf,  dafs  Thuky- 
dides  jenes  Epigramm  nicht  mittheile  noch  überhaupt  von  einer  zweiten  metrischen 
Aufschrift  spreche.  Dabei  lassen  die  beiden  Gelehrten  aber  völlig  den  Zusammenhang 
aufser  Acht,  in  welchem  Thukydides  die  Inschriften  auf  dem  delphischen  Dreifufse 
erwähnt.  Bei  ihm  stehen  nicht,  wie  bei  Diodor,  die  Siegesdenkmale  der  Perserkriege 
im  Mittelpunkte  der  Erzählung,  sondern  die  letzten  Schicksale  des  Pausanias.  Die 
Fassung  des  älteren  Epigrammes,  die  eine  der  Hauptanschuldigungen  gegen  den  Spar- 
tanerkönig gebildet  hat,  mufste  Thukydides  natürlich  wörtlich  mittheilen,  während  alle 
ausführlicheren  Angaben  über  die  zweite  Aufschrift  als  nicht  zur  Sache  gehörig  den 
Zusammenhang  nur  störend  unterbrochen  hätten.  Die  übrigen  von  Frick  gegen  die 
Echtheit  des  Epigrammes  bei  Diodor  angeführten  Gründe  —  die  Ungenauigkeiten 
in  der  Schilderung  der  Schlacht  von  Platää  selbst  gegenüber  dem  Herodoteischen 
Bericht  und  dergleichen  —  wären  nur  dann  von  Belang,  wenn  Diodor  sich  mit 
seiner  Überlieferung  im  Widerspruch  mit  anderen  Quellen  befände,  was  durchaus 
nicht  der  Fall  ist. 

Die  neue  Fassung  der  Überschrift  über  der  Namenliste  auf  dem  Schlangen- 
gewinde entspricht  der  Angabe  des  Thukydides  über  den  Inhalt  der  zweiten  Auf- 
schrift auf  dem  Denkmale  nur  halb,  insofern  nämlich  in  den  erhaltenen  Worten  die 
Griechenstädte  zwar  als  Theilnehmer  an  dem  Kriege,  nicht  aber  als  Stifter  des 
Weihgeschenkes  bezeichnet  werden.  Dafs  Letzteres  überhaupt  gefehlt  hätte,  ist 
namentlich  im  Hinblick  auf  das  ausgemeifselte  Pausanias  -  Epigramm  undenkbar. 
Das  blofse  xoios  xiv  ttoXsixov  Itto^sjasov  konnte  nicht  genügen;  daneben  mufs  eine 
förmliche  Weihinschrift  auf  dem  Denkmale  gestanden  haben.  Diese  Forderung  wird 
auf  das  Beste  erfüllt,  wenn  wir  das  Epigramm  Diodors  zu  der  erhaltenen  Inschrift 
hinzunehmen.  Der  Gedanke,  den  jenes  in  poetisch  schöner  Form  zum  Ausdrucke 
bringt,  ist  ebenso  wie  die  wirkungsvolle  Kürze  der  prosaischen  Aufschrift  des  Sieges- 
denkmales  der  hellenischen  Freiheitskämpfe  durchaus  angemessen. 

Eine  weitere  Bestätigung  dieser  Auffassung  der  auf  dem  Schlangengewinde 
erhaltenen  Inschrift  als  blofsen  Ergänzung  zu  dem  Epigramm  Diodors,  der  eigent- 
lichen Weihinschrift  des  Anathems,  ergiebt  der  Vergleich  mit  dem  zweiten  aus  der 
platäischen  Beute  gestifteten  Weihgeschenke,  dem  (nach  Herodot  IX  81)  zehn  Ellen 
hohen  Bronzestandbilde  des  Zeus  in  Olympia.  Pausanias  beschreibt  dieses  Denkmal 
folgendermafsen  V  23 :  IlapsSiov-i  raepa  xyjv  1$  xo  ßouXsuxrjptov  saoSov  Zsu?  xs  far/jxsv  s-t'-,'paixjj.oc 
e^iuv  oüiSsv,  xal  auihj  w?  irpö?  apxxov  s~taips^avxt  cqaXjjia  i«i  Aioc  xouxo  xsxponrxai  piv 
irpö?  dvt'ayovxa  tjXiov,  dvsösaav  os  'EMvVjveuv  5ant  nXaxaiäaiv  sixa^scravxo  svavxioc  Mapoovt'ou  xs 
xal  M/jOcuv.     etat  oh  xal  £-f-f£Ypct|A!Asvai  xaxa  xou  ßdöpou   xa  6s;id   ai  [iixaa^ouaat  uoXsic  xoü 

")  Zu  Nepos,  Pausanias  c.  I. 

14* 


182  Kabricius,  Das  platäische  Weihgeschenk. 

ep-pu,  A«xsoai|xovtot  jjIv  irpiÖTOt,  jxs-a  8s  ctütouj  'Afr^vaiot  xtX.  Die  Basis  dieses  Weih- 
geschenkes trug  also  zwei  Inschriften,  eine  auf  der  nach  Osten  gewandten  Vorder- 
seite, die  Pausanias  mit  den  Worten  dvsikaav  8e  'EXXr(vu)v  u.  s.  w.  nach  dem  von 
ihm  in  der  Mehrzahl  der  Fälle  beobachteten  Verfahren  nur  dem  Inhalte  nach 
wiedergiebt,  und  eine  zweite  auf  der  rechten  Nebenseite  des  Bathron,  welche 
die  Liste  der  griechischen  Stämme  enthielt,  die  am  Perserkriege  theilgenom- 
men  hatten.  Die  erstere  war  die  eigentliche  Weihinschrift,  sie  entsprach  dem  von 
Diodor  überlieferten  Epigramm  auf  dem  Dreifufse  in  Delphi,  ebenso  wie  die 
Städteliste  auf  der  Schmalseite  des  Bathron  der  erhaltenen  Inschrift  auf  der 
Schlangensäule. 

Wie  ist  es  nun  aber  zu  erklären,  dafs  man,  während  in  Olympia  beide  In- 
schriften auf  dem  Bathron  angebracht  waren,  in  Delphi  vorgezogen  hat,  wenigstens 
die  eine  Inschrift  auf  einen  Theil  des  Anathems  selbst  zu  setzen?  Erst  nachdem  das 
delphische  Weihgeschenk  längst  vollendet  war,  haben  die  Lakedämonier  sich  in  Folge 
der  Anmafsung  des  Pausanias  dazu  entschlossen,  die  Namen  der  Mitkämpfer  nachträg- 
lich auf  dem  Denkmale  zu  verzeichnen.  Dafs  sie  dafür  denjenigen  Platz  wählten,  an 
dem  die  Namen  am  bequemsten  zu  lesen  waren,  ist  selbstverständlich.  Die  untersten 
Windungen  der  bronzenen  Schlangen  müssen  dieser  Forderung  am  meisten  ent- 
sprochen haben,  und  dies  konnten  sie  nur,  wenn  die  Säule  so  aufgestellt  war,  dafs 
jene  Windungen  ungefähr  in  Augenhöhe  lagen.  Das  Bathron  des  Weihgeschenkes 
kann  also  nur  ganz  niedrig  gewesen  sein  und  war  eben  deshalb  für  die  Aufnahme 
der  langen  Namenliste  völlig  ungeeignet. 

Ganz  anders  liegt  die  Sache  hinsichtlich  der  eigentlichen  Weihinschrift. 
Während  für  die  Namenliste  ein  schmaler  aber  hoher  Platz  nöthig  war,  bedurfte 
man  für  das  zweizeilige  Epigramm  vielmehr  eines  breiten,  niedrigen  Feldes,  wie 
es  selbst  eine  nur  wenige  Fufs  hohe  Basis  darbot.  Auch  mufs  der  Künstler  des 
Dreifufses  von  Anfang  an  auf  eine  kurze  Weihinschrift  gerechnet  haben,  und  es 
wäre  gegen  alle  Analogie,  wenn  er  dafür  einen  Theil  des  Anathems  selbst  und 
nicht  die  Basis  in  Aussicht  genommen  hätte.  Hier  also,  auf  den  Quadern  des 
Unterbaues,  hat  zuerst  die  Inschrift  des  Königs  Pausanias  gestanden,  und  nachdem 
sie  weggemeifselt  war,  auf  der  von  neuem  geebneten  Fläche  das  Elegeion,  das 
Diodor  uns  erhalten  hat". 

Wiederholt  hat  man  daran  Anstofs  genommen,  dafs  die  Inschrift  auf  dem 
Schlangengewinde  so  wenig  monumentalen  Charakter  habe  und  nur  aus  unmittel- 
barster Nähe  sichtbar  gewesen   sein  könne.     Die  Buchstaben    der  Weihinschrift  auf 

12)  Vgl.  Curtius  a.  a.  O.  S.  380.  —  Dethier  und  zu  bemerken,  dafs  solche  Unregelmäfsigkeiten  in 
Mordtmann  sind  der  Ansicht,  dafs  die  Inschrift  der  Dicke  der  einzelnen  Schlangenleiber,  wie  die 
des  Pausanias  auf  der  dreizehnten  Windung  der  genaue  Aufnahme  des  Berliner  Abgusses  gelehrt 
Säule,  derselben  die  die  jetzige  Überschrift  hat,  an  der  ganzen  Säule  vorkommen,  die  durch- 
sägt, gestanden  habe,  und  führen  als  Beweis  aus  nicht  mathematisch  genau  gearbeitet  ist. 
dafUr  den  Umstand  an ,  dafs  diese  Windung  Das  geringe  Zurücktreten  der  dreizehnten  Win- 
gegen  die  benachbarten  um  5  Millimeter  zurück-  düng  ist  gewifs  rein  zufällig, 
trete,  also  abgearbeitet  sein  müsse.    Dagegen  ist 


Fabricius ,    Das  plataische  Weihgeschenk.  183 

dem  Bathron  möchte  man  sich  allerdings  gröfser,  etwa  so  wie  diejenigen  von  der 
Basis  der  Nike  des  Paionios  denken.  Indessen  war  auch  die  Namenliste  mit  ihren 
12 — 15  Millimeter  hohen,  wie  die  wohl  erhaltenen  Theile  zeigen,  einst  scharf  und 
tief  eingegrabenen  Buchstaben  vollkommen  deutlich  und  noch  auf  zehn  Schritte  Ent- 
fernung leicht  zu  lesen.  Sind  doch  noch  jetzt,  trotz  des  kläglichen  Zustandes  der 
Säule,  einzelne  Namen  (z.  B.  'Epsxptvjc)  von  dem  oberen  Rande  der  Grube,  in  dem 
die  Säule  steht,  durch  die  Gitter  hindurch  sehr  wohl  zu  erkennen.  Und  was  den 
Charakter  anlangt,  so  steht  die  Schrift  allerdings  zurück  hinter  der  Gleichmäfsigkeit 
altattischer  Inschriften  und  der  Gortyner  Gesetze,  theilt  damit  aber  lediglich  eine 
Eigenthümlichkeit,  die  bei  weitem  den  meisten  epigraphischen  Denkmälern  aus  der 
ersten  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts  anhaftet. 

Während  auf  allen  übrigen  Windungen  immer  nur  drei  Namen  in  drei  Zeilen 
(auf  der  untersten  zwei)  eingehauen  sind,  stehen  auf  der  siebenten  und  vierten  Win- 
dung die  Namen  der  Tenier  und  Siphnier  in  vierter  Zeile.  Beide  Namen  sind 
aufserdem  auffallend  schlecht  geschrieben.  Bei  TENIOI  steht  das  T  um  mehrere 
Millimeter  zu  hoch,  die  zweite  Hasta  des  N  geht  über  die  erste  weit  hinaus,  das  O 
gleicht  mehr  einer  Ellipse  als  einem  Kreis.  Der  Name  £l<}>NIOI  ist  in  ungeschickter 
Weise  viel  zu  nahe  an  die  vorhergehende  Zeile  herangerückt.  Diese  Besonderheiten 
haben  Dethier  und  Mordtmann  mit  Recht  daraus  erklärt,  dafs  die  beiden  Namen 
nachträglich  hinzugesetzt  seien13. 

Eine  Triere  der  Tenier  war  es  bekanntlich,  die  in  der  Nacht  vor  der  Schlacht 
bei  Salamis  zu  den  Griechen  überging  und  darüber  Gewifsheit  brachte,  dafs  die  Um- 
zingelung der  Hellenen  thatsächlich  erfolgt  sei.  Da  ihre  Stadt  auf  persischer  Seite 
gestanden  hatte,  läfst  es  sich  sehr  wohl  denken,  dafs  die  Tenier  bei  der  Aufstellung 
der  Siegerliste  ursprünglich  von  den  Lakedämoniern  ausgelassen  waren,  nachträglich 
aber  auf  das  Verdienst  ihrer  Triere  bei  Salamis  sich  berufend  die  Aufnahme  in  das 
Verzeichnifs  erwirkt  haben.  Und  wenn  Herodot  die  Erzählung  von  der  That  jener 
Tenischen  Triere  (VIII  82)  mit  den  Worten  schliefst:  Stoc  6s  xoüxo  xo  ep-pv  £vsYpa'<pr(3av 
Tnvtot  iv  AsXcpoTai  I?  xov  xpiiroSa  £v  xoTai  xöv  ßapßotpov  xaXiXoust,  so  war  er  zu  dieser 
Notiz  gewifs  durch  die  Erinnerung  an  jene  Verhandlungen  über  die  nachträgliche 
Aufnahme  der  Tenier  in  die  Liste  veranlafst. 

Auch  hinsichtlich  der  Siphnier  läfst  sich  die  Folgerung  aus  der  Inschrift,  dafs 
ihr  Name  ursprünglich  gefehlt  und  erst  nachträglich  eingeschoben  worden  sei,  noch 
auf  andere  Weise  bestätigen.  Nach  Herodot  VIII  48  waren  die  Siphnier  und  Seri- 
phier  bei  Salamis  von  allen  Hellenen  am  schwächsten,  nicht  einmal  mit  Trieren, 
sondern  nur  mit  je  einem  kleinen  Fahrzeuge  vertreten.  Der  Name  der  Seriphier 
fehlt  ganz  auf  der  Säule,  und  so  werden  auch  die  Siphnier  ursprünglich  übergangen 
worden  sein.  Welches  besondere  Verdienst  ihnen  die  nachträgliche  Aufnahme  ver- 
schafft hat,  wissen  wir  nicht. 

13)  A.  a.  O.   S.  27.     Auch   den  Namen  der  Kythnier  schoben,    wofür  indessen    gar   kein  Grund    vor- 

betrachten  Dethier   und   Mordtmann    als    einge-  liegt. 


184  Fabricius,    Das  platäische  Weihgeschenk. 

II.     ZUR  REKONSTRUKTION. 

Herodot  berichtet  die  Stiftung  der  Weihgeschenke  aus  der  platäischen 
Beute  mit  folgenden  Worten  (IX  81):  üufA'-popijaavTe;  (sc.  of  "EXXijve?)  os  xi  ypr^ata  xcd 
Ssxdxirjv  scsXovxsc  xq>  ev  AeX<poT<jt  öeüj,  dbc1  rj?  6  tpftroo«  6  ypuaso?  dvsxsi}/)  6  sVi  xou  xpixa- 
pitjvou  ocpioj  xou  yaXxsou  eirsaxscJu?  ä'-^iaxoi  xou  ßiouou,  xal  xuJ  iv  X)Xuj«riTjj  9sü>  i;s>.6vxE?, 
aV  r(?  OExairr^/uv  ydXxsov  Ata  avEdrjxav,  xotl  x<o  ev  ']af}u(5  i)s(5,  aV  tj?  iirtamr^os  )(CÖ.xeo{ 
Iloaeioswv  £?sfsvsxo,  xauxa  sJeXovte?  tot  XotTrä  otatpEOVTo.  In  auffallender  Weise  wird  hier 
ein  Unterschied  gemacht  zwischen  dem  Weihgeschenke  in  Delphi  und  denjenigen 
in  Olympia  und  im  isthmischen  Heiligthume.  Von  den  beiden  Statuen  spricht 
Herodot  wie  von  dem  Leser  möglicherweise  unbekannten  Werken,  den  Dreifufs  da- 
gegen behandelt  er  als  ein  Denkmal,  von  dem  Jedermann  weifs.  Da  ist  es  denn 
allerdings  auffallend,  dafs  Herodot  von  einer  einzigen  dreiköpfigen  Schlange  anstatt 
von  einem  Gewinde  dreier  Schlangen  redet.  Wenn  man  aber  bedenkt,  wie  nahe 
dieser  Irrthum  lag  und  dafs  der  Historiker  das  Denkmal  nicht  eigentlich  genau  be- 
schreiben, sondern  nur  dem  Leser  in  das  Gedächtnifs  zurückrufen  will,  so  wird  man 
die  Ungenauigkeit,  die  ihm  dabei  untergelaufen  ist,  nicht  wunderbar  finden. 

Nächst  Herodot  kommt  die  Stelle  des  Pausanias  X  13,  9  in  Betracht,  der 
in  der  Beschreibung  Delphis  auch  das  platäische  Weihgeschenk  behandelt:  'Ev 
xotvt»  os  dvsösaocv  obrö  ep-pu  xou  IlXorcociöiaiv  01  "EXAtjv«  ypuaouv  xpt'-oSa  Spaxovxi  e-ixsi- 
fj-Evov  yakv.1^'  oaov  p.sv  07]  )(aXxic  rtv  xou  dvaör^jxaxo?,  amov  xal  i?  l\&  sxt  ftv.  oü  jaivxot 
xaxd  xa  auxa  xal  xöv  ypuaöv  of  <I>eoxscuv  uTtsXfcovxo  rfy£[iovs;.  Hier  ist  nun  freilich  auch 
nur  von  einem  einzigen  Spdxtav  die  Rede,  aber  bei  Pausanias  ist  es  nicht  einmal 
nöthig  anzunehmen,  dafs  er  denselben  Irrthum  begangen  habe  wie  Herodot.  Die 
Beschreibung  dessen,  was  Pausanias  oder  sein  Gewährsmann  selbst  gesehen  haben, 
beginnt  erst  mit  oaov  jaev  61^;  der  erste  Theil  ist  augenscheinlich  nichts  anderes  als 
eine  Reminiscenz  aus  Herodot.  Um  so  werthvoller  ist  aber  die  zweite  Hälfte  der 
Notiz  des  Pausanias  über  den  Zustand  des  Weihgeschenkes  nach  seiner  Beraubung 
durch  die  Phokier.  Aus  der  eigentümlichen  Ausdruckweise:  »Alles  was  Erz  an 
dem  Weihgeschenke  war,  ist  bis  jetzt  erhalten;  nicht  aber  haben  die  Phokier  in 
gleicher  Weise  das  Gold  daran  gelassen«  hat  Curtius  mit  Recht  geschlossen, 
dafs  nicht  der  ganze  Dreifufs  bis  auf  die  Schlange  gefehlt  haben  könne,  sondern 
mindestens  das  Untergestell  des  Kessels  noch  vorhanden  gewesen  sein  müsse.  In 
den  übereinstimmenden  Nachrichten  über  die  Überführung  des  Weihgeschenkes 
nach  Constantinopel  beim  Scholiasten  zu  Thukydides  I  132  und  bei  byzantinischen 
Schriftstellern  ist  immer  nur  von  einem  wirklichen  Dreifufse  die  Rede,  niemals  von 
einem  blofsen  Schlangengewinde,  das  doch  gar  keine  Ähnlichkeit  mit  einem  solchen 
hatte.  Auch  dies  bestätigt  also,  dafs  die  Phokier  keineswegs  den  ganzen  Drei- 
fufs geraubt  haben,  und  es  ergiebt  sich  aus  alledem,  dafs  der  Dreifufs  nicht  massiv 
golden  gewesen  sein  kann.  Nur  einzelne  Theile,  wie  der  Kessel,  die  Ringe  und 
einzelne  Ornamente  werden  aus  Gold  bestanden  haben,  das  Übrige,  also  nament- 
lich die  Beine  waren  aus  geringerem  Material  gearbeitet  und  wohl  nur  theilweise 
mit  Goldblechen  belegt. 


Fabricius,  Das  platäische  Weihgeschenk.  185 

Das  ist  alles,  was  wir  den  Angaben  der  Alten  über  die  Form  des  Drei- 
fufses  entnehmen  können.  Bereits  bei  Behandlung  der  Inschrift  haben  wir  bewiesen, 
dafs  das  Bathron  nur  von  geringer  Höhe  gewesen  sein  kann;  seine  Breite  und 
Tiefe  bleibt  zunächst  ungewifs.  Auf  dem  Bathron,  und  zwar  jedenfalls  über  der 
Mitte  erhob  sich  das  Schlangengewinde.  Der  auf  der  Beilage  von  dem  erhaltenen 
Theile  desselben  gegebene  geometrische  Aufrifs  (im  Mafsstab  von  1  :  25)  kann  be- 
sonders deutlich  die  kunstvolle  Komposition  der  drei  ineinander  gewundenen,  all- 
mählich anschwellenden  und  dann  wieder  dünner  werdenden  Schlangenleiber  veran- 
schaulichen. Wenn  man  sich  nach  dem  Aufrifs  für  verschiedene  Stellen  der  Säule 
Horizontalschnitte  konstruirt,  so  zeigt  sich,  dafs  sich  sehr  wohl  annehmen  läfst,  der 
Künstler  habe  sich  die  Schlangen  um  einen  festen  mittleren  Kern  gewunden  vorge- 
stellt, denn  die  Schlangenleiber  sind  da,  wo  sie  am  stärksten  sind,  augenscheinlich 
etwas  plattgedrückt,  also  fest  an  jene  Stütze  geprefst  zu  denken.  Sehr  stark  kann 
der  feste  Kern  allerdings  nicht  gewesen  sein. 

Am  oberen  Ende  gingen  die  Schlangenleiber  nach  drei  verschiedenen  Richtun- 
gen auseinander.  Zeichnungen  aus  dem  sechzehnten  und  siebenzehnten  Jahrhundert, 
die  das  Schlangengewinde  mit  den  bis  zum  Jahre  1694  noch  erhaltenen  Köpfen  dar- 
stellen '*,  geben  für  die  ursprüngliche  Stellung  der  letzteren  einen  ungefähren  Anhalt. 
Wahrscheinlich  lag  die  Stelle,  wo  sich  die  Schlangen  von  einander  lösten,  unmittelbar 
über  dem  erhaltenen  Theile,  denn  nur  die  frei  herausgebogenen  Köpfe  liefsen  sich 
leicht  abbrechen,  während  weitere  Stücke  des  Gewindes  nur  hätten  abgesägt  werden 
können.     Das  Ende  des  erhaltenen  Stumpfes  zeigt  aber  angeblich  Bruchflächen. 

Die  erwähnten  alten  Zeichnungen  und  der  erhaltene  Oberkiefer  lassen  er- 
kennen, dafs  die  Schlangen  mit  weitgeöffnetem  Rachen  gebildet  waren.  Wenn  der 
Künstler  sich  die  Schlangen  wirklich  um  einen  festen  Kern  gewunden  vorgestellt 
hat,  so  mufs  dieses  Mittelglied  oben  zwischen  den  Köpfen  zum  Vorschein  gekom- 
men sein  15. 

Für  die  Rekonstruktion  des  eigentlichen  Dreifufses  sind  wir  allein  auf  die 
Analogien  erhaltener  Theile  und  die  antiken  Darstellungen  von  anathematischen 
Dreifüfsen  angewiesen,  bei  deren  Verwendung  natürlich  vor  allem  die  Zeit  ihrer 
Entstehung  zu  berücksichtigen  sein  wird. 

In  Olympia  sind  Beine  und  Ringe  von  bronzenen  Dreifüfsen,  die  als  Ana- 
theme  einst  in  der  Altis  in  grofser  Zahl  aufgestellt  gewesen  sein  müssen,  massenhaft 
gefunden  worden,  leider  aber  nicht  ein  einziges  vollständig  erhaltenes  Exemplar. 
Theilweise  ersetzt  wird  dieser  Mangel  durch  die  Entdeckung  einer  Reihe  von  kleinen, 


H)  Dethier  und  Mordtmann  Tafel  II  Fig.  14,  15  und  Köpfe  oben   nach   drei  Richtungen   auseinander- 

16.   —  Ebenda  Fig.  17   der  erhaltene  Oberkiefer  gehen.     Der  Schaft  ist  aber   so  dünn,    dafs  hier 

eines  der  drei  Köpfe.  ein  fester  Kern  nicht  angenommen  werden  kann. 

,5)   Bei    einem  Bronze -Candelaber    aus    Pompei    im  Trotzdem  kommt  oben,    wo  die  Schlangen  sich 
Afuseo  Nazionale   zu  Neapel,    von   dem   mir   eine  von  einander  trennen,  ein  runder  Stab  zum  Vor- 
Photographie vorliegt,  ist  der  Schaft  durch  drei  schein,    der   mit    einem   Kapitälchen    abschliefst 
ganz  ähnlich  wie  bei  der  Säule  auf  dem  Atmeidan  und  die  Lampe  trägt, 
in  einander  gewundene  Schlangen  gebildet,  deren 


l86  Fabricius,   Das  platäische  Weihgeschenk. 


nur  wenige  Centimeter  hohen  Nachbildungen  wirklicher  Dreifüfse,  die  zusammen 
mit  den  Bruchstücken  die  Form  des  Dreifufses,  der  in  Olympia  allein  üblich  ge- 
wesen ist,  mit  Sicherheit  zu  rekonstruiren  gestatten.  Jene  kleinen  Nachbildungen 
kommen  nur  in  den  untersten  Fundschichten  vor,  gehören  also  sicher  einer  sehr 
alten  Zeit  an,  und  auch  von  den  Theilen  wirklicher  Dreifüfse  sind  einige  unter  dem 
Bauschutt  des  Zeustempels  gefunden  worden"5.  Nach  Dekoration  und  Technik 
stammt  die  Hauptmasse  aus  der  Zeit  vor  dem  S.Jahrhundert.  Bruchstücke  von 
Dreifüfsen  desselben  Typus  sind  kürzlich  auch  aus  Delos,  von  der  Idäischen  Zeus- 
grotte in  Kreta  und  vom  Heiligthume  des  Apollon  Ptoos  bei  Akraiphia  in  Böotien 
bekannt  geworden1  r.  Diese  Funde  zusammen  mit  den  durchweg  übereinstimmen- 
den Formen  der  Dreifufsdarstellungen  auf  schwarzfigurigen  und  rothfigurigen  Vasen 
strengen  Stils  lehren,  dafs  der  olympische  Typus  bis  in  das  fünfte  Jahrhundert 
überall  in  Griechenland  bekannt  und  für  die  anathematischen  Dreifüfse  der  vor- 
herrschende war.  Wir  sind  also  vollkommen  berechtigt,  für  die  Form  des  delphi- 
schen Weihgeschenkes  den  gleichen  Typus  vorauszusetzen. 

Unter  jenen  kleinen  Nachbildungen  wirklicher  Dreifüfse  aus  Olympia  befin- 
den sich,  wie  K.  Purgold  mir  mitgetheilt  hat,  einige  Exemplare,  bei  denen  unter- 
halb des  Kessels  in  der  Mitte  zwischen  den  Beinen  ein  senkrechter  Stab  aus  inein- 
andergedrehten  Bronzedrähten  angebracht  ist.  Das  Schema  dieser  kleinen  Nach- 
bildungen entspricht  vollkommen  der  Form,  die  wir  für  das  delphische  Weihge- 
schenk annehmen.  Wenn  wir  in  den  olympischen  Nachbildungen  nicht  eine  ver- 
einzelte Spielerei  haben,  sondern  sich  nachweisen  läfst,  dafs  der  gleiche  Typus 
auch  sonst  bei  Werken  des  fünften  Jahrhunderts  vorkommt,  so  kann  die  Richtigkeit 
der  Rekonstruktion  in  ihrer  Grundidee  nicht  zweifelhaft  sein. 

In  der  That  begegnet  die  Form  des  Dreifufses  mit  einem  bis  auf  die  Basis 
herabreichenden  Mittelgliede  wiederholt  unter  den  zahlreichen  Darstellungen  von 
Dreifüfsen  auf  Reliefs  und  Vasen.  So  zeigt  eine  der  Seiten  der  Chigischen  Marmor- 
basis in  Dresden  (Friederichs- Wolters  No.  423)  einen  Dreifufs,  der  von  einem  Mäd- 
chen mit  Binden  geschmückt  wird;  hier  ist  zwischen  den  Beinen  unterhalb  des 
Kessels  eine  dorische  Säule  angeordnet.  Dasselbe  ist  der  Fall  bei  einem  Dreifüfse 
auf  dem  im  Dionysos-Theater  zu  Athen  gefundenen  Relief  (Sybel  No.  3912).  Ein  an- 
deres attisches  Relief,  das  Fr.  Adler,  dem  ich  die  Kenntnifs  desselben  verdanke,  auf 
der  Akropolis  gezeichnet  hat  (bei  Sybel  fehlt  es),  zeigt  einen  Dreifufs  mit  einem 
runden,  unten  sehr  breiten  nach  oben  sich  stark  verjüngenden  Mittelgliede.  Leider 
ist  die  Zeit  der  beiden  Reliefs  nicht  mit  Gewifsheit  festzustellen.  Von  den  hierher 
gehörigen  Darstellungen  auf  Vasenbildern  stammen  hingegen  zwei  sicher  noch  aus 
dem  fünften  oder  dem  Anfang  des  vierten  Jahrhunderts,  der  Stamnos  des  Polygno- 

16)  Vgl.  die  genaue  Beschreibung  der  Olympischen  Archäologische  Zeitung  1882,  S.  333-;  über  die 
Dreifüfse  bei  Furtwängler,  Die  Bronzefunde  aus  Kretischen  Mittheilungen  X  1885  S.  63;  über 
Olympia  (Abhandlungen  der  Akademie  der  Wis-  diejenigen  vom  Ptoos-Heiligthume  Bulletin  de 
senschaften  zu  Berlin   1879)  S.  14—17.  Correspondance  Ikllinique  IX  S.  522  no.  9. 

17)  Ueber     die     Delischen    Dreifufsfragmente     vgl. 


Fabricius,  Das  platäische  Weihgeschenk. 


I87 


tos,  (Gerhard  A.  V.  243),  den  Winter  »Jüngere  Attische 
Vasen«  S.  22  aus  stilistischen  und  paläographischen 
Gründen  in  »die  zwanziger  Jahre  des  fünften  Jahrhun- 
derts« setzt,  und  die  gleichfalls  attische  kaum  viel 
jüngere  Oenochoe  mit  dem  Bilde  einer  auf  einen  Drei- 
fufs  zufliegenden  Nike  bei  Panofka,  Cabinet  Pourtales 
Tafel  VI.  Beide  Vasenmaler  haben  sich  metallene  Drei- 
füfse  zum  Vorbilde  genommen:  die  schienenförmige  Bil- 
dung der  Beine,  die  Art  und  Weise,  wie  der  Anschlufs 
der  Beine  und  (namentlich  auf  der  Vase  der  Samm- 
lung Pourtales,  vgl.  die  nebenstehende  Abbildung)  die 
Befestigung  der  zwischen  den  Beinen  angeordneten 
Henkel  dargestellt  ist,  entspricht  vollkommen  den  aus 
Olympia  bekannten  Formen  wirklicher  Bronzedreifüfse. 
Auf  beiden  Bildern  hat  die  Mittelstütze  wiederum  die 
Form  der  dorischen  Säule,  die  auf  dem  Vasenbilde  der 
Sammlung  Pourtales  mit  einem  gut  gezeichneten  Echinus 
und  sogar  mit  den  Ringen  unter  demselben  und  mit  Kanneluren  dargestellt  ist. 

Für  Athen  läfst 
sich  indessen  das  Vor- 
kommen von  Dreifüfsen 
mit  Mittelstütze  noch  auf 
andere  Weise  belegen, 
und  zwar  gerade  für  die 
Zeit,  in  welcher  das  pla- 
täische Weihgeschenk 
entstanden  ist.  Zwischen 
den  Propyläen  des  Mne- 
sikles  und  der  Terrasse 
der  Artemis  Brauronia, 
in  dem  Winkel,  den  die 
Südwand  des  Mittel- 
baues der  Propyläen  mit 
dem  Südwestflügel  bil- 
det, hat  sich  bekanntlich 
eine  Ante  der  älteren, 
mit  Wahrscheinlichkeit 
der  Bauthätigkeit  Ki- 
mons  zugeschriebenen 
Thoranlage  erhalten.  Un- 
mittelbar   neben    dieser 


liHHiilll, 


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Ante,  mit  der  Rückseite  an  die  in  altem  Polygonalbau  aufgeführte  Burgmauer  ange- 


188 


Fabricius,  Das  platäische  Weihgeschenk. 


lehnt,  befindet  sich  noch  heute  die  Basis  eines  Denkmales,  das  also  spätestens  der 
ersten  Hälfte  des  fünften  Jahrhunderts  angehörte,  an  ihrem  ursprünglichen  Auf- 
stellungsplatz ,8.  Die  vorstehende  Abbildung  zeigt  dieselbe  in  Vorder-  und  Oberan- 
sicht. Die  Basis  besteht  aus  zwei  übereinander  gelegten  Plinthen,  von  denen  die 
untere  aus  Porös,  die  obere  aus  Pentelischem  Marmor  gearbeitet  ist.  Auf  der  Ober- 
fläche der  letzteren  sind  drei  kreisrunde  Einsatzlöcher  von  0,130 — 0,133  m  Durch- 
messer sichtbar,  von  denen  das  südlichste  noch  Reste  von  Bronze  enthält.  Ohne 
Zweifel  waren  in  diesen  Vertiefungen  einst  die  Füfse  eines  auf  der  Basis  aufgestellten 
Dreifufses  befestigt.  Während  die  Flächen  der  Plinthc  im  übrigen  sorgfältig  geglättet 
sind,  hat  man  in  der  Mitte  zwischen  den  Einsatzlöchern  für  die  Füfse  eine  kreis- 
runde Vertiefung  von  0,33  m  Durchmesser  rauh  gelassen.  Offenbar  war  also  auch 
hier  ein  Mittelglied  zwischen  den  Füfsen  des  Dreifufses  angebracht,  das,  nach  der 
Gröfse  jener  runden  Vertiefung  zu  schliefsen,  wie  auf  dem  Relief  von  der  Akropolis 
konische  Form  gehabt  haben  wird. 

Ein  zweites  Beispiel    liefert  die  Marmorplatte  von    der  Überdeckung    eines 
grofsen  Bathron,   das   nach  der  auf  der  Platte   erhaltenen  Inschrift   ein  choragisches 

Denkmal  trug19.  Die  Platte,  von 
der  wir  nebenstehend  den  Aufrifs 
der  Oberfläche  und  einen  Quer- 
schnitt mittheilen,  ist  westlich  von 
dem  Zuschauerräume  des  Diony- 
sos-Theaters gefunden  worden  und 
liegt  gegenwärtig  am  Südabhange 
der  Burg  im  Bezirke  des  Asklepi- 
eions.  Auf  drei  Seiten  ist  sie  pro- 
filirt,  an  die  vierte  Seite  war  eine 
zweite  gleichartige  Platte  angefügt. 
Beide  Stücke  waren  durch  Eisen- 
klammern verbunden.  Die  Ober- 
seite des  erhaltenen  Stückes  zeigt 
die  Standspuren  von  zwei  0,21  m 
breiten  schienenförmig  gebildeten 
Beinen  eines  Dreifufses;  das  dritte 
Bein  stand  auf  dem  angesetzten 
Stück.  In  der  Mitte  zwischen  den 
Standspuren  der  Füfse  ist  hier 
wiederum     eine     diesmal     verhält- 


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I8)  Vgl.  Bohn,  Propyläen  der  Akropolis  zu  Athen 
S.  1 7  und  Tafel  III.  Dörpfeld  Mittheilungen  X 
(1885)  Tafelll. 

'")  Dittenberger,  Sylloge  inscriptionum  graecarum 
Nr.  418:  6  8?j(A05  iyoprflzi,  üojatsxpaxoj  *ip-/£,  dyiu- 
vo8£n){    ÖEOtfdvr,?    Atoaxoypioo'j    F.üiovufiEu;    xxe. 


Da  der  Name  des  Archonten  in  der  bis  292 
v.  Chr.  hinabreichenden  Liste  fehlt,  mufs  das 
Denkmal  nach  jenem  Jahre  entstanden  sein. 
Dem  Schriftcharakter  nach  ist  es  indessen  nur 
wenig  jünger.  Vgl.  auch  Kumanudis  'AÖr'jvaiov  V 
S.  330  f. 


Fabricius,    Das  platäische   Weihgeschenk. 


189 


nifsmäfsig  kleine  kreisförmige  Vertiefung  (Durchmesser  0,41  m)  ausgearbeitet,  in 
welcher  die  Mittelstütze  gestanden  haben  mufs. 

Nach  der  Inschrift  gehört  das  Denkmal  in 
den  Anfang  des  dritten  Jahrhunderts.  Das  Bathron 
würde  also  nur  beweisen,  dafs  sich  der  Typus  des 
Dreifufses  mit  Mittelglied  bis  in  jene  Zeit  erhalten 
hat.  Der  Grund  weshalb  wir  hier  auf  dieses  Beispiel 
hingewiesen  haben,  ist  der,  dafs  es  eine  ungefähre 
Vorstellung  von  der  Gröfse  athenischer  ivabr^a.-ziy.ol 
■tpiuoSs;  geben  kann.  Der  Durchmesser  des  Kreises, 
auf  dessen  Peripherie  die  drei  Beine  standen  und 
dem  der  Durchmesser  des  Kessels  ungefähr  gleich 
gewesen  sein  mufs,  beträgt,  die  Stärke  der  Füfse 
miteingerechnet,  nicht  weniger  wie  1,70  m;  dies  läfst 
auf  eine  Gesammthöhe  des  ganzen  Dreifufses  von 
etwa  4,5  m  schliefsen.  Wenn  auch  das  Denkmal 
einer  späteren  Epoche  angehört,  so  ist  es  doch  wohl 
gestattet,  aus  den  ermittelten  Mafsen  desselben  für 
das  platäische  Weihgeschenk  den  Schlufs  zu  ziehen, 
dafs  die  von  uns  angenommene  Gröfse  des  Delphi- 
schen Dreifufses  keineswegs  so  ungeheuerlich  ist,  wie 
es  auf  den  ersten  Blick  wohl  erscheinen  mag. 

Graef  hat  bei  seiner  Rekonstruktion,  die 
durch  die  nebenstehende  Abbildung  veranschaulicht 
wird,  den  Kessel  unmittelbar  über  dem  ergänzten 
Schlangengewinde  angeordnet.  Die  Höhe  des  letz- 
teren war  durch  den,  wie  wir  sahen,  wahrscheinlich 
vollständig  erhaltenen,  5,35  m  hohen  Schaft  ungefähr 
gegeben.  Die  Proportionen  des  Kessels  und  der 
Beine  mufsten  nach  Analogie  der  verschiedenen  Ab- 
bildungen von  Dreifüfsen  bestimmt  werden,  für  die 
Größe  der  Henkel  war  das  Verhältnifs  mafsgebend, 

in  welchem  olympische  Dreifufshenkel  mit  erhaltenem  Ansatz  zu  der  daraus  berech- 
neten Weite  des  Kessels  stehen.  Auf  diese  Weise  ergab  sich  für  das  platäische 
Weihgeschenk  eine  Gesammthöhe  von  ungefähr  8  Metern  (6,80  m  bis  zum  Rande 
des  Kessels)  und  ein  Kesseldurchmesser  von  nicht  ganz  drei  Metern.  Die  Basis  mufs 
folglich  ungefähr  3,5  m  breit  und  tief  gewesen  sein. 

Hinsichtlich  der  Einzelformen  hat  Graef  sich  an  Olympische  Vorbilder  ange- 
schlossen, nur  an  Stelle  von  zwei  Henkeln,  die  in  Olympia  vorherrschend  gewesen  zu 
sein  scheinen,  mit  Rücksicht  auf  den  monumentalen  Charakter  des  Weihgeschenkes 
deren  drei  angenommen20.     Wie  die  verschiedenen  Glieder  ornamentirt  waren,   ent- 

20)  Vgl.  Furtwängler,    Bronzefunde    S.  17.      Nach   dem   hier    angeführten   Materiale    scheint    es   mir   übri- 


190  Fabricius,    Das  platäische  Weihgeschenk. 

zieht  sich  natürlich  unserer  Kenntnifs.  Bei  der  ausserordentlichen  Gröfse  der  ein- 
zelnen Theile  wird  der  Künstler  gewifs  reichen  figürlichen  Schmuck  angebracht  und 
in  dieser  Hinsicht  sich  ebenso  wenig  wie  bei  der  Gestaltung  des  Mittelgliedes  streng 
an  traditionelle  Vorbilder  gebunden  haben.  Der  Umstand,  dafs  Herodot  die  Schlange 
unter  dem  Dreifufse  zur  Unterscheidung  des  platäischen  Weihgeschenkes  von  ande- 
ren Dreifüfsen  des  Delphischen  Heiligthumes  hervorhebt,  beweist,  dafs  diese  Gestalt 
des  Mittelgliedes  zum  Mindesten  etwas  Ungewöhnliches  war. 

In  den  meisten  der  angeführten  Dreifufsdarstellungen  auf  Vasenbildern  und 
Reliefs  hat  die  Mittelstütze  die  Form  einer  Säule,  die  bei  dem  am  sorgfältigsten 
gezeichneten  Beispiele  sogar  mit  allem  charakteristischen  Detail  des  dorischen  Bau- 
stiles versehen  ist.  Dies  ist  in  mehrfacher  Hinsicht  auffällig.  Zweifellos  sind  es 
bronzene  Dreifufse,  die  die  Künstler  darstellen  wollten.  Eine  so  sklavische  Über- 
tragung aber  von  Kunstformen  der  Steinarchitektur  in  die  Metalltechnik  ist  nicht  nur 
sonst  ohne  Analogie,  sondern  auch  schwerlich  vom  ästhetischen  Standpunkte  aus 
vollkommen  zu  rechtfertigen.  Und  zweitens:  durch  die  Bildung  als  Säule  ist  das 
Mittelglied  als  Träger  charakterisirt.  Dadurch  wird  aber  das  Geräth  seines  eigent- 
lichen Charakters  beraubt:  denn  ein  Kessel,  der  auf  vier  Stützen  ruht,  ist  streng  ge- 
nommen kein  Dreifufs  mehr. 

Diese  Mängel  der  uns  bildlich  erhaltenen  Dreifufse  dieses  Typus  sind  bei  dem 
delphischen  Denkmale  glücklich  vermieden.  Die  Darstellung  von  Schlangenleibcrn 
ist  ihrer  langgestreckten  Gestalt  und  ihrer  schmiegsamen  Natur  wegen  für  Metall- 
technik besonders  geeignet,  und  mit  entschiedener  Vorliebe  haben  daher  die  alten 
Künstler  bei  Erzgeräthen  nichttragende  Theile,  wie  Handhaben  und  dergleichen,  als 
Schlangen  gebildet21.  Wenn  also  der  Künstler  des  platäischen  Weihgeschenkes  für 
die  dekorative  Behandlung  des  Mittelgliedes  unter  dem  Kessel  nichts  Säulenartiges, 
sondern  sich  durcheinander  windende  Schlangen  verwendet  hat,  so  hat  er  damit 
diesen  Theil  seines  Werkes  im  Gegensatz  zu  den  Beinen  doch  wohl  als  einen  nicht- 
tragenden charakterisiren  wollen. 

Auch    vom     technischen    Standpunkte     aus    kann     man     mit    Bestimmtheit 
behaupten,    dafs    selbst    bei    sehr    grossen    Dreifüfsen    die    Beine,    wenn    sie    nur 
die    ihrer    Höhe    entsprechende    Stärke    hatten,    genügend    waren    den    Kessel    zu 
tragen.      Die    Absicht,    dem    Geräthe    eine    noch     gröfsere    Festigkeit    zu    geben, 
kann  deshalb    nicht  die  Einfügung    jenes  Mittelgliedes    veranlafst  haben.     Dafs  der 
Grund  ein  technischer  war,   darf  man  wohl   voraussetzen;    vielleicht  trifft  daher  die 
folgende  Vermuthung   das  Richtige.     Auf  den  ältesten  Darstellungen   (auf  schwarz- 
figurigen  Vasen)  sind  die  Dreifufse    stets  ohne  Deckel   abgebildet.     Da   die  meisten 
als  Anatheme    im  Freien  aufgestellt  waren,    mufste  sich  in  dem  Kessel   das  Regen- 
gens   keineswegs    ausgeschlossen    zu    sein ,    dafs  Darstellungen    zu   schliefsen   anderwärts    überaus 
auch  Dreifufse  mit  drei  zwischen  den  Ansätzen            häufig  gewesen  sein  müssen, 
der  Beine   am  Kessel   angebrachten    Henkeln    in      21)  Furtwängler,    Bronzen    von   Olympia    S.  65,   73. 
Olympia  vorkamen,  wie  sie  nach  den  zahlreichen  Karapanos,  Dodone  et  ses  ruines,  Tafel  21  u.  48. 

Vgk  Mittheilungen  X  (1885)  S.  65. 


Fabricius,  Das  platäische  Weihgeschenk.  10,1 

wasser  sammeln.  Ausschütten  konnte  man  das  Wasser  nicht,  denn  die  Dreifüfse 
waren  sicherlich  fest  mit  ihrem  Bathron  verbunden;  das  Wasser  blieb  also  wohl 
stehen,  bis  es  verdunstet  war.  Es  begreift  sich,  dafs  dabei  der  Kessel  in  kurzer 
Zeit  zu  Grunde  gehen  mufste.  Nichts  lag  näher,  wenn  man  aus  irgend  welcher 
Rücksicht  keinen  übergreifenden  Deckel  auf  den  Kessel  setzen  wollte,  als  an  der 
tiefsten  Stelle  des  letzteren  ein  Abflufsrohr  anzubringen,  das  auf  der  Basis  in  eine 
Rinne  mündete. 

Wir  haben  diese  Möglichkeit  nur  angeführt,  um  zu  zeigen,  dafs  sich  sehr 
wohl  ein  technischer  Grund  denken  läfst,  der  zur  Einfügung  des  Mittelgliedes  ge- 
führt haben  könnte.  Seine  Anwendung  als  Kunstform  mufs  sich  aber  noch  aus  einem 
anderen  Grunde  den  Verfertigern  von  Dreifüfsen  sehr  empfohlen  haben.  Die  antiken 
Vasenmaler,  Stempelschneidcr  für  Münzen  und  Bildhauer  haben  Dreifüfse  stets  so 
gezeichnet,  dafs  man  das  eine  der  drei  Beine  genau  in  der  Mitte  sah  zwischen  den 
beiden  andern.  Und  zwar  aus  gutem  Grunde:  denkt  man  sich  nämlich  das  Geräth 
so  gedreht,  dafs  zwei  Beine  sich  in  der  Ansicht  decken  oder  auch  nur  nähern,  so 
erscheint  der  Kessel  in  ungleicher  Weise  unterstützt.  Während  das  eine  Bein  senk- 
recht unter  den  äufsersten  Rand  des  Kessels  tritt,  stehen  die  beiden  andern  fast 
unter  der  Mitte,  so  dafs  der  Kessel  auf  der  einen  Seite  in  unschöner  Weise  frei 
heraussteht  und  das  Ganze  höchst  unharmonisch  aussieht.  Als  Anatheme  im 
Freien  aufgestellte  Dreifüfse  konnten  daher,  namentlich  wenn  sie  etwas  gröfsere 
Mafse  hatten,  nur  von  solchen  Punkten  aus  einen  künstlerisch  befriedigenden  An- 
blick gewähren,  die  in  der  Verlängerung  der  mathematischen  Höhenlinien  des  durch 
die  Standpunkte  der  drei  Füfse  gebildeten  gleichseitigen  Dreieckes  liegen.  Je  mehr 
der  Beschauer  zur  Seite  tritt,  um  so  schiefer  sah  das  Ganze  aus.  Dieser  unver- 
meidliche ungünstige  Eindruck  eines  im  Freien  aufgestellten,  von  allen  Seiten  sicht- 
baren Dreifufses  liefs  sich  nur  dadurch  wesentlich  zurückdrängen,  dafs  der  Künstler 
die  Mittelaxe  des  Denkmals  äufserlich  in  augenfälliger  Weise  hervorhob.  Und  da- 
für war  nichts  so  sehr  geeiget,  wie  ein  starkes,  bis  auf  das  Bathron  hcrabreichen- 
des  Glied  genau  unter  der  Mitte  des  Kessels.  Selbst  wenn  sich  auch  für  den  Ur- 
sprung der  Mittelstütze  ein  praktischer  Grund  mit  Sicherheit  angeben  liefse,  würde 
man  doch  annehmen  dürfen,  dafs  auch  da,  wo  dieser  Grund  in  Wegfall  kam,  der 
Künstler  schwerlich  auf  einen  Theil  verzichtet  habe,  durch  den  die  ästhetische 
Wirkung  seines  Werkes   so  wesentlich  gehoben  wurde. 

Ernst   Fabricius. 


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PELEUS  UND  THETIS. 

(Tafel   10.) 

I.  Auf  Tafel  10  No.  I  wird  in  etwas  unter  2/3  der  Originalgröfse  zum 
ersten  Mal  eine  sf.  korinthische  sog.  Amphora  a  co/onette  veröffentlicht,  welche  aus 
der  Sammlung  Campana  stammt  (Sa/a  A  No.  6)  und  sich  jetzt  im  Louvre  befindet. 
Sie  ist  38  cm  hoch,  der  Umfang  beträgt  121 '/2  cm.  Die  Erhaltung  der  Vase  ist  bis 
auf  einige  Brüche  gut.     Die  Technik   ist    ganz   die    übliche1. 

Die  Zeichnung,  welche  unserer  Abbildung  zu  Grunde  liegt,  ist  dieselbe 
welche  Bolte  in  seiner  Dissertation  »de  monumentis  ad  Odysseam  pertinentibus«  S.  36 
erwähnt;  seitdem  zählt  die  Vorderseite  zu  den  Odysseus-  und  Nausikaa-Darstellungen. 
Eine  Prüfung  der  Vase  ergab  mir  aber,  dafs  die  Inschrift  bei  der  männlichen  Figur 
nicht  Odysseus  gelautet  hat,  sondern  dafs  der  Name  des  Peleus  in  korinthischem 
Alphabet  dasteht,  wie  auch  bereits  Herr  Penelli,  der  Verfasser  des  Campana-Kata- 
logs, in  seinem  Handexemplar,  dessen  Benutzung  er  mir  freundlichst  gestattete,  be- 
merkt hatte.    Die  Tafel  giebt  die  Inschrift  möglichst  treu  wieder. 

Ich  beginne  die  Beschreibung  v.  1.  Ein  bärtiger  Mann,  bekleidet  mit  kurzem 
gegürtetem  Chiton,  Diadem,  Beinschienen,  hockt  n.  r.  hinter  einem  weifsen  Altar2,  und 
zwar  so,  dafs  er  den  1.  Fufs  aufgesetzt  hat  und  sich  auf  das  r.  Knie  niederläfst, 
ohne  doch  auf  demselben  zu  knieen,  vielmehr  hält  er  es  schwebend  über  dem 
Boden  und  ruht  auf  der  Spitze  des  r.  Fufses.  Er  hat  den  r.  Arm  etwas  zurück- 
genommen und  spitzwinklig  angebogen,  während  er  den  1.  erhebt.  Der  Sinn  seiner 
Stellung  und  Geberde,  welche  man  zunächst  geneigt  sein  könnte  für  die  eines 
Schutzflehenden  zu  halten,  wird  sich  später  herausstellen.  Durch  die  Brust  des  Mannes 
und  den  oberen  Teil  seines  Kopfes  gehen  Brüche.  Von  dem  Altar,  hinter  welchem 
ein  (Lorber-?)  Baum  steht,  entfernen  sich  n.  r.  7  Mädchen  sämmtlich  mit  ärmellosem 
kurzem  gegürteten  Chiton,  der  das  1.  Bein  freiläfst;  aufser  den  beiden  ersten,  bei 
denen  die  Stelle  übermalt  ist,  tragen  sie  alle  ein  Diadem.  Sie  bewegen  alle  mehr 
oder  weniger  lebhaft  ihre  Arme  wie  in  Schreck  und  Verwunderung;  die  erste, 
zweite,  dritte  und  letzte  blicken  n.  1.  zurück.  Ergänzt  schien  mir  auch  die  Brust 
der    vierten    und    vielleicht    der    sechsten,    doch    sind    bei    den   meisten  Vasen    der 


])  In  der  Publication  sind  die  schwarzen  und  weifsen  sehe    Vasenbilder    Taf.  2 ;     "Journal    of  f/ellemc 

Teile    gleichmäfsig    weifs    geblieben,    die    roten  Studies  I  Taf.  7;   Archäol.  Ztg.   1856   Taf.  91,  3; 

Teile    schraffirt,    die    eingeritzten  Linien    durch  Overbeck  H.  G.  Taf.  XV  1 1   (wahrscheinlich  mit 

schwarze   wiedergegeben.  dem  Arch.  Ztg.   1868   S.  86  beschriebenen  iden- 

s)  Altäre  von  gleicher  oder  ähnlicher  Form  finden  tisch).    Diese  Nachweisungen  verdanke  ich  Herrn 

sich   z.  B.   Gerhard,    Etruskische    und    Campani-  Dr.  Bolte. 


Graef,  Pelcus  und  Thetis.  193 


Campanasammlung  die  Übermalungen  derartig   angebracht,   dafs   ohne  Experimente 
ein  Urteil  nicht  möglich  ist. 

II.  Die  unter  Nr.  2  (ebenfalls  im  Mafsstabe  von  fast  3/3)  abgebildeten  vor- 
trefflichen Fragmente  eines  grofsen  Gefäfses  aus  Ruvo  befinden  sich  im  Besitze  des 
Herrn  Professor  H.  Heydemann  in  Halle  (vgl.  Arch.  Zeit.  1870  S.  82 — 83),  welcher 
sie  mir  nicht  nur  mit  der  gröfsten  Liebenswürdigkeit  zur  Publication  überlassen,  son- 
dern sie  auch  nach  Berlin  gesandt  hat,  wo  sie  von  Herrn  G.  van  Geldern  eine  ihrem 
Werte  entsprechende  Wiedergabe  erfahren -haben.  Die  Anordnung  der  Fragmente  auf 
unserer  Tafel  hat  nur  die  Raumökonomie  zur  Richtschnur  nehmen  können,  da  eine 
Reconstruction  nicht  möglich  ist.  Aufser  den  beiden  zusammengehörigen  Stücken 
a  ist  in  dieser  Hinsicht  nur  weniges  sicher:  da  an  diesem  Stück  sich  der  An- 
satz des  einen  Henkels  befindet,  gehört  d,  an  welchem  sich  ein  gleicher  An- 
satz befindet,  auf  die  entgegengesetzte  Seite;  das  Fragment  c  wird  man  unbe- 
denklich mit  den  Vorderfüfsen  der  Pferde  des  Hauptstückes  vereinen  und  damit  die 
Darstellung  nach  1.  hin  schliefsen.  Es  ergicbt  sich  somit  ein  Zwei-  oder  Vierge- 
spann n.  r.  mit  Wagenlenker,  der  in  der  L.  die  Zügel,  in  der  R.  das  Kentron  hält;  da- 
neben ging  gleichfalls  n.  r.  eine  Frau,  von  deren  Gewand  und  r.  Arm  Reste  vorhanden 
sind.  Es  folgt  nun  auf  dem  Hauptstück  (a)  neben  einer  Palme  n.  r.  hockend 
ein  Jüngling  in  kurzem  gegürteten  Chiton  und  Petasos;  die  Chlamys,  um  die  Schul- 
tern befestigt,  fällt  über  den  1.  Arm  bis  zum  Boden.  Der  Jüngling  hat  beide  Arme 
gebogen,  den  r.  ausholend  etwas  zurückgezogen,  beide  Hände  wie  zum  Fange  offen, 
die  1.  etwas  vorgeschoben.  Der  Haltung  der  Arme  entspricht  die  des  übrigen 
Körpers:  der  Kopf  und  mit  ihm  der  ganze  Oberkörper  ist  vorgeschoben,  der  Blick 
des  weitgeöffheten  Auges  aufwärts  gerichtet,  endlich  ruht,  was  nicht  am  wenigsten 
charakteristisch  ist,  der  ganze  Körper  nicht  etwa  auf  dem  r.  zur  Erde  gesenkten 
Knie,  sondern  dieses  schwebt  über  dem  Boden  und  die  Last  des  Körpers  balancirt 
auf  der  r.  Fufsspitze  und  dem  Kniegelenk  des  1.  Beines,  dessen  Fufs  voll  aufge- 
setzt ist,  also  ganz  wie  auf  der  vorigen  Vase:  diese  Stellung  vollendet  den  Ein- 
druck des  trefflich  wiedergegebenen  Auflauerns  zum  Fang,  an  dem  man  kaum 
etwas  vermifst,  es  sei  denn,  dafs  man  die  innere  Handfläche  der  r.  Hand  mehr  nach 
oben  gewendet  wünschte,  was  aber  eine  besonders  schwierige  Verkürzung  ergeben 
hätte.  Es  folgt  eine  Frau  n.  1.  eilend,  Körper  von  vorn,  in  reich  verziertem  Chiton 
mit  eigentümlich  bauschigen  Ärmeln,  Überschlag  und  Gürtung;  mit  ihrer  R.  scheint 
sie  einen  Zipfel  des  Ärmels  gehalten  zu  haben  —  wenigstens  ist  er  sehr  energisch 
in  die  Höhe  gezogen  — ;  mit  der  L.  hat  sie  die  Hand  einer  zweiten  Frau  gefafsb 
auf  welche  auch  der  Blick  ihres  in  scharfer  Wendung  nach  r.  gedrehten  Kopfes  ge- 
richtet scheint.  Sie  trägt  ein  Band  dreimal  um  den  Kopf  geschlungen;  das  Haar 
ist  mit  verdünnter  Farbe  angelegt  und  dann  die  einzelnen  Strähnen  und  Stirnlöck- 
chen  mit  dickerer  hineingezeichnet.  Sie  trägt  Ohrringe.  Auf  die  zweite  Frau  scheint 
auch  der  Blick  des  lauernden  Jünglings  gerichtet  zu  sein;  dieselbe  ist  mit  Ärmelchiton 
und  Mantel  bekleidet,  nur  das  r.  Bein,  der  r.  Arm,  mit  dem  sie  die  Hand  der 
Ersten  fafst,  und  ein  Teil  des  Oberkörpers  sind  erhalten;  dafs  sie  mit  der  Vorigen 


194  Graef,  Peleus  und  Thctis. 


einen  Reigentanz  ausführte,  ist  ohne  Weiteres  klar.  In  dieselbe  Scene  gehört  wohl 
sicher  Fragment  b,  in  welchem  man  den  Rest  eines  bekleideten  Götterbildes  und 
zwei  im  Tanze  auftretende  linke  Füfse  sieht;  es  ist  wohl  möglich,  dafs  der  eine 
von  ihnen  dem  zweiten  Mädchen  von  Fragment  a  gehört,  ebenso  gut  freilich  können 
andere  Mädchengestalten  dazwischen  gewesen  sein.  Nimmt  man  nur  wenige  Mäd- 
chen an,  so  könnte  die  Scene  auf  der  andern  Seite  durch  das  Viergespann  n.  r. 
geschlossen  sein,  welches  von  einer  weiblichen  Figur  begleitet  war  und  dessen  doch 
wohl  zusammengehörige  Reste  die  Fragmente  e.  f  enthalten.  Dann  ergäbe  sich  für 
die  Rückseite  eine  völlig  abgeschlossene  Scene,  von  der  auf  Fragment  d  ein  Dreifufs 
auf  einer  Säule,  eine  Frau  im  Chiton,  die  mit  beiden  Händen  ein  loses  Gewand  hält, 
und  die  r.  Hand  einer  zweiten  Figur,  nach  der  die  erstere  sich  umwendet,  erhalten 
ist.  Wir  können  uns  aber  auch  den  Reigentanz  über  die  ganze  eine  Hälfte  des 
Gefäfses  bis  zu  der  Säule  mit  dem  Dreifufs  fortgesetzt  denken,  die  andere  Hälfte 
durch  beide  mit  dem  Rücken  gegen  einander  gestellte  Gespanne  ausgefüllt;  Symmetrie 
wäre  nur  bei  dieser  letzeren  Anordnung  möglich. 

Sicher  dargestellt  ist  also  ein  Jüngling,  den  sich  der  Vasenmaler  wohl  (trotz 
ihrer  Kleinheit)  hinter  einer  Palme  versteckt  dachte,  wie  er  einem  Mädchen,  das 
mit  anderen  einen  Reigen  tanzt,  auflauert,  um  es  zu  fangen,  und  wahrscheinlich  auf 
seinem  Gespann  zu  entführen.  Ob  und  in  welcher  Beziehung  dazu  das  andere  Ge- 
spann und  vor  Allem  das  Gegenstück  stand,  auf  welchem  die  erhobene  Hand  viel 
leicht  einer  meldungbringenden  Figur  gehört,  läfst  sich  nicht  sagen. 

III.  Im  ersten  Band  der  Monnmenti  deW  Institute  ist  auf  Tafel  6  (vgl.  In- 
ghirami  Gall.  Om.  III  25.  Overbeck  H.  G.  XXXI  2)  eine  rf.  Hydria  aus  Nola  abge- 
bildet, auf  welcher  —  ich  beginne  v.  1.  —  ein  Greis  n.  r.  auf  einem  behauenen 
Steine  sitzt;  er  ist  in  Chiton  und  Mantel  gehüllt,  trägt  ein  Diadem  und  hält  in  dei 
L.  ein  Scepter,  während  er  die  R.  ausstreckt,  einem  Mädchen  entgegen,  das  auf  ihn 
zukommt  mit  Früchten  —  so  scheint  es  —  im  Bausche  ihres  ärmellosen  Gewandes. 
Auf  dem  Kopf  hat  sie  eine  Haube.  Ein  zweites  Mädchen  in  Vorderansicht  eilt  eben- 
falls n.  1.,  auch  sie  hat  einen  ärmellosen  Chiton  mit  Überschlag  an,  im  Haar  ein  Band; 
sie  erhebt  beide  Arme,  wie  es  scheint,  vor  Schreck.  Ein  drittes  Mädchen,  bekleidet 
mit  Haube,  Himation  und  einem  Chiton,  der  sich  durch  Ärmel  von  allen  andern 
auszeichnet,  eilt  n.  1.,  während  sie  n.  r.  gewendet  beide  Arme  sehr  ausdrucksvoll 
im  Schreck  erhebt  und  auf  einen  Jüngling  blickt,  der  n.  1.  am  Boden  vor  ihr  unter 
einem  Baume  hockt.  Er  hat  in  seinen  langen  Locken  ein  Diadem  und  ist  bis  auf 
einen  Schurz  um  die  Lenden,  wie  ihn  Ringer  zu  tragen  pflegen,  nackt.  Er  stützt 
den  r.  Fufs  auf,  während  das  1.  Knie  über  dem  Boden  schwebt;  dafs  auch  hier, 
obgleich  das  Balanciren  nicht  so  gut  wiedergegeben  ist  wie  auf  der  vorigen  Vase, 
an  ein  Knieen  nicht  zu  denken  ist,  zeigen  die  umgebogenen  Zehen  des  1.  Fufses, 
auf  denen  er  ruhen  mufs  um  das  Knie  in  der  Schwebe  zu  halten:  wenn  man  kniet, 
streckt  man  die  Zehen  aus.  Er  hat  die  r.  Hand  haschend  erhoben,  die  Handfläche 
dem  Mädchen  zugekehrt,  die  1.  ist  abwärts  nach  hinten  ausholend  offen  zum  Greifen 
bereit;  sein  Kopf  ist  lauernd  vorgebeugt. 


Graef,  Peleus  und  Thetis.  195 


Hinter  dem  Baum  eilen  2  Mädchen  n.  r.  (um  das  Gefäfs  herum  zu  dem 
Greis);  sie  haben  beide  einen  Chiton,  der  zwar  oben  bis  auf  die  Arme  fällt,  aber 
keine  eigentlichen  Ärmel  hat.  Die  erste  trägt  ein  Band  im  Haar;  sie  blickt  n.  1., 
erschreckt  die  rechte  Hand  erhebend,  während  die  1.  das  Gewand  fafst;  die  andere, 
welche  eine  Haube  trägt,  läfst  beide  Arme  hängen,  der  1.  fafst  das  Gewand. 

Diese  Darstellung  hatte  Heydemann  a.  a.  O.  auf  Peleus  bezogen,  welcher 
der  Thetis  auflauert  und  im  Begriff  ist  sie  zu  ergreifen;  ebenso  deutete  er  das 
Fragment,  das  ich  an  zweiter  Stelle  besprochen  habe.  Niemand,  soviel  ich  sehe,  hat 
dieser  Deutung  zugestimmt;  jetzt  wird  ihre  Richtigkeit  durch  die  Inschrift  der 
zuerst  besprochenen  Vasen  unwiderleglich  erwiesen.  Die  Vasen  I  und  II  stimmen 
sogar  in  der  Orientirung  der  Darstellung  völlig  überein.  Doch  werden  wir  auf 
Nr.  I  die  erste  der  7  Mädchen  für  Thetis  ansprechen,  während  ich  mit  Heydemann 
in  Nr.  II  die  zweite  dafür  halte;  ob  sie,  wie  dies  in  III  geschehen  ist,  irgendwie 
durch  ihre  Kleidung  hervorgehoben  war,  können  wir  nicht  wissen.  Dafs  aber  die 
Haltung  des  Peleus  auf  der  Vase  des  Louvre  für  einen  unvollkommenen  Ausdruck 
desselben  Lauerns  im  Hinterhalt  zu  erklären  sei,  welches  die  beiden  rf.  Vasen  so 
vortrefflich  dargestellt  haben,   werden  wir  nicht  bezweifeln. 

IV.  Nachdem  wir  nun  so  mit  einem  Schlage  in  den  Besitz  eines  neuen 
Typus  der  Peleus-Thetis-Darstellungen  gleich  in  drei  Vertretern  gekommen  sind, 
verlohnt  es  sich,  nach  anderen  verwandten  Darstellungen  auszuschauen.  Nur  zwei- 
felnd wage  ich  das  Bild  einer  sf.  Vase  aus  Kamiros  (Salzmann  Taf.  54,  3)  hierher 
zu  ziehen:  auf  einem  Stuhle  sitzt  n.  r.  ein  bekleideter  Mann;  er  erhebt  die  L.  bis 
an  den  Kopf  und  macht  auch  mit  der  R.  eine  einigermafsen  ausdrucksvolle  Geberde. 
Rechts  davon  eilt  ein  nackter  Jüngling  lebhaft  anspringend  n.  r.;  die  r.  Hand  hält 
er  ausholend  offen  hinten  abwärts;  mit  der  1.  greift  er  ein  Mädchen  am  r.  Arm. 
Diese  n.  r.  eilend  blickt  zu  ihm  zurück;  sie  ist  mit  vier  andern  durch  Anfassen  der 
Hände  verbunden;  sie  alle  bewegen  sich  und  blicken  n.  r.,  nur  die  letzte  blickt 
zurück  auf  ihre  Gefährtinnen  und  weist  mit  der  r.  Hand  n.  r. ,  wohl  um  sie  zu  er- 
muntern, oder  auf  einen  Altar  mit  Feuer,  der  r.  davon  steht.  Auf  diesen  kommt  von 
rechts  eine,  wie  es  scheint,  auch  weibliche  Person  zu,  sie  hält  in  der  R.  einen  Gegen- 
stand, den  ich  für  einen  Vogel  zum  Opfer  halte. 

Einen  directen  Anschlufs  aber  an  unsern  Typus  bietet  das  bekannte  und 
bisher  vereinzelte  Bild  eines  Aryballos  der  Sammlung  Blacas  (Panofka  Musee  Blacas 
XI  2.  Overb.  H.  G.  VII  1).  Der  Peleus  des  Fragments  aus  Ruvo  mufs  in  dem  Augen- 
blick, da  er  sich  erhebt,  die  Thetis  zu  greifen,  genau  die  ihm  auf  dieser  Vase  ge- 
gebene Stellung  einnehmen. 

Im  Begriff  die  Thetis  anzupacken,  während  deren  Verwandlungen  ihn  schon 
bedrohen,  ist  Peleus  dargestellt  auf  einer  rf.  Kalpis  der  Sammlung  Lipona,  jetzt  in 
München  (807.  Overbeck  Nr.  3,  Taf.  VIII  5,  Millingen  peint.  de  vases  pl.  4). 

Ein  noch  etwas  späterer  Moment  wird  durch  den  bei  Benndorf,  Griech.  und 
Sicil.  Vasenb.  XXXII  4,  abgebildeten  Thondiskos  dargestellt.  Hier  hat  Peleus  die 
Thetis  bereits  ergriffen    und   sie   sucht   sich   durch  Verwandlung  vor  ihm   zu  retten. 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I.  j  C 


IC/6  Graef,  Peleus  und  Thetis. 


Dieser  Typus  welcher  sich  bereits  dem  des  Ringkampfes  beträchtlich  nähert,  steht 
der  Handlung  nach  zwischen  diesem  und  dem  vorigen  und  bildet  den  Übergang 
zwischen  beiden. 


Es  ist  ein  interessanter  Beweis  für  die  Beliebtheit  der  Sage  von  Peleus  und 
Thetis,  dafs  die  Kunstwerke  uns  hier  gleichsam  eine  fortlaufende  Reihe  von  Dar- 
stellungen verschiedener  Momente  desselben  Ereignisses  bieten  —  beinahe  wie  die 
einzelnen  Bilder  eines  Stroboskops  —  und  es  wirft  zugleich  ein  belehrendes  Licht 
auf  die  Art  und  Weise,  wie  ein  vorhandener  Mythus  sich  in  der  bildnerischen 
Phantasie  des  Volkes  spiegelte.  Werfen  wir  einen  Blick  auf  diesen  Mythus.  Antike 
und  moderne  Handbücher  pflegen  die  Geschichte  etwa  so  zu  erzählen,  dafs  Zeus, 
der  sich  um  die  Liebe  der  Thetis  bewarb,  durch  das  bekannte  Orakel  geschreckt 
auf  dieselbe  verzichtet,  um  sie  dem  Peleus  zur  Frau  zu  geben;  sie  aber  ergiebt  sich 
dem  sterblichen  Manne  nicht  ohne  heftigen  wiewohl  fruchtlosen  Widerstand,  den 
Peleus,  unterstützt  durch  Chirons  Rat,  bezwingt.  Hierauf  folgt  die  Hochzeit,  ge- 
feiert und  verherrlicht  durch  die  Anwesenheit  der  Götter.  Da  nun  die  letztere  für 
die  Kyprien  bezeugt  ist,  entstand  die  Frage,  wie  weit  das  Vorangehende  in  dem- 
selben Epos  behandelt  war,  vor  allem  also  ob  der  Ringkampf  zwischen  Peleus  und 
Thetis  in  denselben  vorkam;  ja,  da  das  Motiv  des  Auflauerns  vor  dem  Ringkampf, 
wie  wir  jetzt  wissen,  schon  in  der  ältesten  Kunst  dargestellt  wurde,  müfste  folge- 
richtiger Weise  wenigstens  die  Frage  aufgeworfen  werden,  inwieweit  auch  dieses 
im  Epos  vorgebildet  gewesen  sei. 

Wenn  nun  jemand  sagt,  der  Ringkampf  zwischen  Peleus  und  Thetis  und 
die  Schilderung  der  Verwandlungen,  durch  welche  diese  sich  ihm  zu  entziehen 
suchte,  bilde  ein  treffliches  Gegenstück  zu  der  Liebesverfolgung  der  Nemesis  durch 
Zeus  in  den  Kyprien,  so  ist  das  allerdings  ebensowenig  beweisend  als  wenn  man 
darin  eine  müfsige  Wiederholung  sieht;  noch  weniger  richtet  man  mit  der  Erwägung 
aus,  was  »ein  Dichter  wie  Stasinos«  konnte,  durfte  oder  mufste.  Eine  andere  Be- 
trachtung führt  vielleicht  etwas  weiter:  schon  die  einfache  Analyse  der  oben  skizzir- 
ten  Erzählung  mufs  es  sonderbar  erscheinen  lassen,  dafs  Zeus  die  Thetis  dem 
Peleus  zur  Gattin  giebt,  andererseits  dieser  sie  sich  durch  des  Kentauren  Rat  und 
seine  Kraft  erringt.  Wollte  man  auch  daran  keinen  Anstofs  nehmen,  dafs  Thetis 
sich  dem  Willen  des  Zeus  widersetzen  würde  —  für  das  Epos  immerhin  ein  be- 
fremdender Zug  —  so  mufs  doch  die  nutzlose  Häufung  zweier  Motive  Bedenken 
gegen  die  Urspriinglichkeit  einer  solchen  Erzählung  erregen.  Sehen  wir  nun  ein- 
mal von  späteren  Berichten  ab  und  prüfen  vorurteilsfrei  die  vorhandenen  alten 
Zeugnisse. 

Spielte  wirklich  in  der  ursprünglichen  oder  auch  nur  der  populären  Sageriform 
Zeus  eine  Rolle,  so  könnten  wir  nach  dem  Gebrauch  der  alten  Kunst  wohl  erwarten, 
dafs  er  auch  auf  den  Monumenten  erschiene.  Er  kommt  aber  trotz  der  erdrückenden 
Masse    der  auf  den  Liebeskampf  bezüglichen  Denkmäler  (vgl.  den  Anhang)  nicht 


Graef,  Peleus  und  Thetis.  197 


ein  einziges  Mal  auf  denselben  vor,  wie  Luckenbach  (Fleckeisen's  Jahrb.  XI  Suppl. 
S.  583)  gezeigt  hat.  Derselbe  hat  den  Gedanken,  in  Hermes  den  Träger  eines  gött- 
lichen Willens  zu  sehen,  an  dem  für  eine  Darstellung  auch  Robert  (Bild  und  Lied 
S.  87)  festhält,  mit  Recht  zurückgewiesen  (a.  a.  O.  S.  584).  Man  würde  ohne  eine 
vorgefafste  Meinung  von  der  Gestalt  der  Sage  nie  darauf  kommen,  dergleichen 
aus  den  Denkmälern  herauszulesen,  schon  das  ganz  vereinzelte  Vorkommen  des  Her- 
mes (im  ganzen  zweimal  und  in  ganz  verschiedener  Weise:  vgl.  Nr.  59  und  61  meiner 
Liste)  verbietet  ihm  irgend  mehr  Bedeutung  beizulegen  als  sonstigen  von  den  Vasen- 
malern gern  hin  und  wieder  beigefügten  Personen,  wie  Aphrodite,  Peitho,  Pan, 
Poseidon  u.  s.  w.  Vor  allem  aber  darf  man  derartige  vereinzelte  Einfälle  eines  Va- 
senmalers nicht  zur  Wiederherstellung  der  Sage  verwenden. 

Betrachten  wir  nun  das  Epos.  Die  Ilias  weifs  nichts  vom  Liebeskampf  oder 
den  Verwandlungen  der  Thetis:  die  Götter  haben  die  Ehe  gestiftet.  Ich  setze  die 
Stellen  her.    ß  59  ist  es  Hera: 

ocurap  'AyjXkzüi  £<jti  9sd?  -(ovo?  r(v  i^w  autYj 

öps^a  xs  xal  cmTTjXot  xal  dvopl  uopov  irapa'xotTiv, 

ürjXst,  8?  irspi  xijpt  cpi'Xo?  ■j&st'   döavdroiaiv. 

ttoEvts;  8'   dvxtaaads  öeol  -fdjl.Gu•  kv  8k  au  xoTatv 

8aiW   iyjwv  cpopfu-ffa,  xaxtöv  srap',  aikv  aittaTS. 
Die  Götter  im  allgemeinen  sind  es  Q  537: 

xat'  ol  (Urfäi)  Ov/jtu)  eovti  Osav  izoirß/xv  dxotxiv 
und  2  84  fr.: 

tä  fisv  n^X^t  &8ol  oöaav  d-jXaa  8äipa 

TjfAaxi  T(3   ots  as.  ßpOTou   dvlpo?  EfxßaXov  EUVfl. 
In  den  Versen  2  432: 

Ix  piv  p.'   dXXdtuv  dXtdcuv  dvopl  Säjxaassv, 

Afaxioig  ITvjXxji,  xal  sxX7jv  dvspoj  euv/jv 

uaXXa  piäX'  oux  ddsXooaa 
eine  Andeutung  des  Sträubens  der  Thetis  dem  Peleus  gegenüber  zu  finden 
ist  vollkommen  gegen  den  Sinn  der  Stelle:  Thetis  beklagt  sich  darüber,  dafs  Zeus 
sie  schlecht  behandelt  habe,  indem  er  sie  wider  ihren  Willen  dem  Peleus  gegeben; 
dafs  sie  diesen  ohnmächtigen  Widerwillen  durch  den  Versuch,  sich  dem  Peleus  zu 
entziehen,  betätigt  habe,  davon  kann  man  nur  unter  dem  Bann  der  contaminirten 
Sagenform  eine  Andeutung  finden.  Die  Ilias  also  kennt  Liebeskampf  und  Verwand- 
lungen nicht. 

Wir  werden  in  diesem  Unterschied  zwischen  der  Version  der  Denkmäler 
und  der  Ilias  keinen  Zufall  mehr  sehen  wollen,  nachdem  uns  eine  Prüfung  der  Ge- 
dichte Pindars  gezeigt  hat,  dafs  dieser  zwar  beide  Versionen  kennt,  beide  öfter  zum 
Teil  ausführlich  behandelt,  nie  aber  vereinigt. 

Ausführlich  berichtet  er  die  Sage  Isthm.  VIII  30fr.  (Bergk.)  Zeus  und  Po- 
seidon streiten  um  den  Besitz  der  Thetis;  Themis  aber  giebt  das  Orakel,  dafs  der 
Sohn   der  Thetis  den  Vater  übertreffen  werde,   und   rät  sie  dem  Peleus   zu   geben, 

15* 


198 


Graef,  Peleus  und  Thetis. 


tovxtuv  8'  ls  acp&txov  avxpov  sufru  Xstptovoc  aüxt'x'  df|f*X&tt.  Die  Götter  sind  einverstan- 
den: cpavxi  ^ap  £6v'  dXs-fsiv  xal  fotfiov  0sxtoj  ä'vaxxac.  Von  Liebeskampf  und  Verwand- 
lungen ist  hier  keine  Spur,  ebensowenig  Nem.  V  35,  wo  Zeus,  nachdem  er  den 
Poseidon  überredet  hat,  die  Thetis  dem  Peleus  giebt. 

Andererseits    läfst  Pindar    den  Peleus    sich    die  Thetis    erringen  Nem.  III  35 f.: 
xal  itovTtav  Osxiv  xaxejxap^sv  frptovqxf* 
und  Nem.  IV  62  ff.: 

xcup  8e  ixorpcpaxs;  öpaaujxa^dvcov  xs  X.e6vxu>v 

ovo/«?  8£oxdxou»  äxjidvx' 

■rj  Ssivoxdxiov  <j)(d<Jat;  8oövxu>v 

e^atjLEV  u^t&pövtov  p-tav  Nirjpstofuv, 

etSsv  8'   suxux^ov  SSpav, 

xa?  oupavotji  ßaadvje?  itovxou  x'   icpsCofxsvot 

Swpa  xal  xpdxo?  ££scpavav  iffsve?  auxtiü. 
Hier    steht    nichts    von    dem    Willen    der    Götter;    dafs    der    Scholiast    zu    V.   101 
sich    auf    die    Iliasstelle    bezieht,    darf    uns    nicht    irre    machen.      Wichtiger    aber 
ist,    dafs    er    zu  Nem.  III  60    für    die  Verwandlungen    der    Thetis    nicht    eine    alte 
epische  Quelle  citirt,  sondern  einfach  sagt:    Sr^uJorj?  &  X.oyo?,   &ztzz[j  xoct  Ilpwxsu?  xtjv 

<pU3tV    TjjJ.StßsV. 

Ein  directes  Zeugnifs  aber  endlich,  dafs  sich  hier  zwei  verschiedene  Ver- 
sionen gegenüberstehen,  giebt  Euripides,  wenn  er  in  der  Aulischen  Iphigenie  in  der 
Stichomythie  zwischen  Agamemnon  und  Klytaimnestra  gewifs  nicht  ohne  beson- 
dere Absicht  die  Herkunft  des  Achill  sehr  ausführlich  erörternd  ausdrücklich  zu 
Gunsten  der  epischen  Version  die  andere  bekämpft,  V.  700fr.: 

KL:     xa  6'   Ataxou  jtaTs  xt?  xaxsa/s  8a»;xaxa; 

A. :      riYjXEu;-  6  n?jXstK  8'   sa^s  NijpsuK  xopirjv. 

KL:     Osou  8i86vxo;,  7j  ßi'a  ösü>v  Xaßouv; 

A.:      Zsu?  ^yurjas  xal  SiScud'   6  xupto?. 
Derselbe  Euripides  hatte  früher  in  der  Andromache   durchaus  die  populäre 
Sagenform  befolgt  welche  die  Einmischung  des  Zeus  nicht  kennt.     Vgl.  vor  allem 
V.  1231  und  V.  1277. 


a)  In  demselben  Gedicht  folgt  nun  V.  52  durch  die 
Worte  Xey^cVov  ak  toüto  zpox^ptuv  ?Tto{  2)(u>  einge- 
leitet eine  Aufzählung  der  Wohlthaten,  die  Chiron 
an  verschiedenen  Helden  gethan.  Auch  hier  sind 
wie  im  Obigen  Peleus  und  Achill  die  Hauptperso- 
nen. Man  könnte  geneigt  sein  diese  Darstellung,  die 
durch  die  einleitenden  Worte  und  ihre  Parallelität 
zur  vorigen  sich  deutlich  als  die  absichtlich 
gegenübergestellte  Version  einer  anderen  Quelle 
hinstellt,  wenn  man  das  viu.cpe'joe  8'  giutic  dyXoto'- 
xoXtcov  Nr(p^o;  ö'iyotTpa  V.  57  bedenkt,  direct  auf 
die  in  den  Isthm.  VIII  gegebene  Darstellung  zu 


beziehen,  wo  in  dem  oben  angeführten  Verse 
Chiron  im  Auftrag  der  Götter  die  Ehe  stiftet; 
doch  die  Art  und  Weise  wie  hier  die  Person 
Chirons  in  den  Vordergrund  tritt  führt  vielmehr 
wenn  nicht  auf  eine  dritte,  so  doch  eine  von  der 
vorigen  abgeleitete  Version,  in  der  die  Hilfe,  die 
Chiron  dem  Peleus  durch  seinen  Rat  gab  und 
die  auch  in  den  Monumenten  (siehe  unten)  ihren 
Ausdruck  findet,  mehr  in  den  Vordergrund  trat; 
die  Einmischung  der  Götter  würde  hierher  nicht 
gut  passen.  Über  Chiron  vgl.  Mannhardt,  An- 
tike Wald-  und  Feldculte  S.  46. 


Graef,  Peleus  und  Thetis.  199 


Das  Gefühl  dafs  hier  zwei  einander  ausschliefsende  Sagen  sich  gegenüber- 
stehen, scheint  noch  lange  geherrscht  zu  haben,  wenigstens  lassen  sich  beider  Spuren 
noch  lange  getrennt  verfolgen.  Es  kann  hier  nicht  ausführlich  auf  die  Geschichte 
der  poetischen  Behandlung  dieser  Sage  eingegangen  werden,  ich  gebe  nur  ein 
paar  Hauptpunkte  an.  Herodot  VII  191  und  wahrscheinlich  Pherekydes  (vgl.  Schol. 
Find.  Nem.  IV  81  und  Schol.  Eurip.  Androm.  18)  berichten  die  populäre  Sage.  Von 
den  Tragikern  befolgte  sie  Sophokles  (Schol.  Pind.  Nem.  III  60,  Fr.  155  und  556  N.). 
und  wie  wir  sahen  Euripides  in  der  Andromachc;  während  Äschylos  im  Prome- 
theus sich  der  anderen  anschliefst;  so  auch  Xenophon  de  venatione  am  Anfang,  so 
Apollonius  Rhod.  IV  783  fr.,  so  endlich  Catull;  sie  liegt  der  rationalistischen  Deu- 
tung bei  Staphylos  (Schol.  Ap.  Rhod.  IV  816)  zu  Grunde.  Beide  vereint  finde  ich 
zuerst  bei  Ovid. 

Es  ist  nun  leicht  ersichtlich,  dafs  diejenige  Form  der  Sage  die  ältere  ist, 
welche  sie  noch  nicht  in  den  gröfseren  Zusammenhang  einer  epischen  Entwicklung 
setzt,  sondern  sie  nur  wie  eine  thessalische  Stamm-  und  Localsage  behandelt4. 
Diese  erzählte,  dafs  der  —  doch  wohl  ursprünglich  autochthone  —  Mann  vom  Pelion 5 
unterstützt  von  dem  Gotte  dieses  Berges,  dem  Kentauren  Chiron,  um  ein  Meer- 
mädchen freit",  diese,  wie  alle  Meergötter  im  Besitze  der  Gabe  sich  zu  verwandeln, 
sucht  sich  ihm  zu  entziehen,  doch  gelingt  es  ihm  sie  zu  bezwingen,  da  Chiron 
ihm  gesagt,  er  solle  sie  so  lange  trotz  aller  Verwandlungen  festhalten  bis  sie  deren 
Kreis  durchlaufen  und  wieder  ihre  ursprüngliche  Gestalt  angenommen  habe.  Es 
folgt,  wie  es  scheint,  in  beiden  Versionen  die  götterbesuchte  Hochzeit  und  zwar  in 
Chirons  Höhle  auf  dem  Pelion.  Das  Thetideion  als  Local  der  Hochzeit,  bezüglich 
des  ersten  Beilagers,  ist  nirgends  bezeugt;  man  kann  es  nur  durch  Willkür  aus  dem 
Berichte  des  Pherekydes  herauslesen  und  durch  Cobets  Conjectur  in  das  oben  er- 
wähnte Euripidesscholion  hinein.  Wohl  aber  ist  das  Thetideion  Local  des  späte- 
ren ehelichen  Lebens. 

In  der  Form  der  Sage,  welche  ich  die  epische  genannt  habe,  ist  die  locale 
Färbung  verschwunden,  dafür  ist  sie  aber  in  einen  bedeutungsvollen  Zusammenhang 
gebracht:  Zeus  und  Poseidon  streiten  um  den  Besitz  der  schönen  Meergöttin;  durch 
das  Orakel  der  Themis  geschreckt  lassen  sie  von  ihr  ab  und  geben  sie  dem  Peleus 
zur  Frau,  der  zum  Enkel  des  Zeus  geworden  ist.  Die  Göttin  heiratet  natürlich 
widerwillig  den  Sterblichen;  aber  ein  solcher  mufs  es  eben  sein,  wenn  für  die  Götter 
die  Gefahr  des  ihnen  überlegenen  Sohnes  abgelenkt  werden  soll.  Selbstverständ- 
lich ist  dies  keine  willkürliche  Umbildung;  im  Gegenteil,  der  Zug,  dafs  hier  Peleus 
zum  glücklichen  Nebenbuhler  des  Zeus  geworden  ist,  hat  gewifs  seine  mythologische 
Bedeutung. 


4)  So   hatte    sie    auch  Suidas    in   seinen  Thessalika  Vater  der  Thetis.     Zu  der  Auffassung  der  Sage 

berichtet,    wovon    durch  Lysimachus   eine  Notiz  vgl.   Mannhardt,    Antike    Wald-    und    Feldculte 

in  Schol.  Apollon.  Rhod.  I   558  und  doch  wohl  S.  68. 

aueh    in    Schol.  Eurip.  Androm.   18    gekommen  5)  Vgl.  v.  Wilamowitz,  Phil.   Unters.   VII   p.  414. 
ist.      Er    ist   der    Gewährsmann    für    Chiron    als 


200  Graef,  Peleus  und  Thetis. 


Für  unsern  Zweck  kam  es  nur  darauf  an,  die  Untersuchung  so  weit  zu 
führen,  dafs  wir  nicht  mehr  zweifeln  können,  welche  Sagenform  wir  für  die  Kyprien 
vorauszusetzen  haben.  An  die  Kyprien  schlofs  sich  Aschylos  im  Prometheus,  schlofs 
sich  Euripides  in  seinen  alten  Tagen,  nachdem  er  früher  die  populäre  Version  mit 
engerm  Anschlufs  an  das  Local  befolgt  hatte.  Jetzt  auch  ist  es  nicht  uninteressant 
aus  der  Reihe  derer,  die  die  Frage  nach  dem  Vorkommen  des  Liebeskampfes  in 
den  Kyprien  erörtert  haben,  Welcker  hervorzuheben,  der  sich  (Ep.  Cycl.  II  132) 
dagegen  geäufsert  hat,  und  Robert,  der  (Bild  und  Lied  S.  125)  es  doch  wenig- 
stens als  zweifelhaft  hinstellt,  wenn  er  sagt,  der  Dichter  der  Kyprien  »konnte  den 
Ringkampf  gerade  so  gut  ignoriren,  wie  es  der  Dichter  von  ß  60  that,  einer  Stelle 
die  vielleicht  jünger  ist  als  die  Kyprien  und  mit  directer  Beziehung  auf  dieselben 
gedichtet  ist«. 

Wenn  aber  der  Liebeskampf  in  den  Kyprien  nicht  vorkam,  woher  stammte 
die  Sage?  Darauf  ist  zu  antworten:  woher  alle  Sagen  stammen,  die  in  gleicher 
Selbständigkeit  Dichter  und  Bildner  verarbeiteten:  aus  der  mythischen  Tra- 
dition, wie  sie  im  Volke  lebte.  Diese  Auffassung,  für  welche  ich  aufserdem  auf 
Robert  in  Prellers  Griechischer  Mythologie  S.  19  verweise,  würde  sich  nicht  ändern, 
wenn  sich  für  diesen  Fall  eine  Behandlung  der  Sage  in  der  Hesiodeischen  Poesie 
nachweisen  liefse6.  Es  ist  falsch,  einseitig  den  Mafsstab  des  Epos  anzulegen  und 
danach  einen  Rückschlufs  auf  das  Verhältnis  der  Kunstwerke  zur  Sage  zu  ziehen. 
Epos  und  Kunstwerke  sind  Geschwister,  die  ihrer  gemeinsamen  Mutter,  der  Sage, 
gleich  nah  und  gleich  fern  stehen. 


ANHANG. 


Die  Zahl  der  Peleus-  und  Thetis-Darstellungen  hat  sich  seit  Overbeck  be- 
deutend vermehrt,  ich  veröffentliche  daher  hier,  da  anderwärts  der  Versuch  seitdem 
noch  nicht  wieder  gemacht  ist,  eine  Liste,  die  ich  gröfstentheils  der  Freundlichkeit 
des  Herrn  Professor  Robert  verdanke.  Grundlage  bleibt  selbstverständlich  Over- 
becks  Heroische  Gallerie  (mit  Ov.  bezeichnet),  manches  geben  die  bekannten 
Arbeiten  von  Schlie  und  Luckenbach  und  neuerdings  das  Buch  von  Schneider 
(der  Troische  Sagenkreis  in  der  ältesten  griechischen  Kunst);  wieviel  der  aus 
gebreiteten  Monumentenkenntnis  Stephanis  für  derartige  Arbeiten  verdankt  wird, 
weifs  jeder  Kundige.  —  Ich  halte  es  für  methodisch  alle  Darstellungen  des  Ring- 
kampfes in  dem  bekannten  Typus,  auch  ohne  Verwandlungen,  so  weit  sie  nicht 
ausdrücklich  in  einen  anderen  Zusammenhang  eingefügt  sind,  hierher  zu  ziehen: 
äufsere  und  innere  Gründe  machen  es  wahrscheinlich,  dafs  dieser  Typus  für  diese 
Sage  erfunden  ist;  dabei  ist  es  natürlich  vollständig  gleichgiltig  aber  auch  gar  nicht 
auszumachen,  ob  jedesmal  der  Zeichner  sich  der  Bedeutung  seines  Werkes  be- 
wufst  war. 

f)  Spuren  einer  solchen  finden  sich  bei  Mannhardt  a.  a.  O.  S.  52fT.  richtig  erkannt,  aber  falsch  verwertet. 


Graef,  Peleus  und  Thetis.  201 


Anders  steht  es  mit  dem  Typus  der  Liebesverfolgung:  hier  haben  wir 
nur  das  Recht  ausdrücklich  als  »Peleus  und  Thetis«  charakterisirte  Darstellungen 
dafür  in  Anspruch  zu  nehmen.  Der  Typus  mufs  für  sich  untersucht  werden.  Ich 
gebe  nur  einige  Beispiele  hierhergehöriger  Monumente  und  mache  nicht  einmal 
den  Anspruch  auch  nur  das  Bekannte  zu  kennen. 

Im  übrigen  habe  ich  in  der  Liste  nur  zusammenstellen  und  ordnen  wollen, 
und  enthalte  mich  jeglichen  Commentars.  In  der  Bezeichnung  der  Vasen  ist  nicht 
nach  Gleichmäfsigkeit  gestrebt,  sondern  meist  herübergenommen,  was  die  Be- 
schreibungen und  Publicationen  gaben;  ebensowenig  ist  der  Versuch  gemacht,  die 
Litteratur  vollständig  aufzuführen,  nur  die  besten,  oder  mafsgebenden,  oder  sonst 
irgendwie  wichtigen  Veröffentlichungen  sind  genannt.  Hinter  der  Bezeichnung  des 
Monuments  folgen,  so  weit  sie  bekannt  waren,  Fund-  und  Aufbewahrungsorte;  bei 
Stücken  derjenigen  Sammlungen,  von  denen  gröfsere  wissenschaftliche  Kataloge  vor- 
handen sind,   habe  ich  mich  natürlich  begnügt,   einfach  deren  Nummer  beizusetzen. 

I. 

Peleus  der  Thetis  auflauernd,  sie  verfolgend,  sie  ergreifend. 
1)  Nr.  I  unserer  Tafel  |  2)   Nr.  z  unserer  Tafel  |  3)   rf.  Hydria  (Nola),  Paris.  M.  d.  1. 1  6.     Heyde- 
mann  Arch.  Ztg.  1870  S.  82  |  4)  sf.  Schale  (Kamiros),  Salzmann  54,2.  3  |  8)  Ov.  1,  T.  VII  1  |  6)  Ov.  3,  VIII  5  = 
München  807  ]  7)  Ov.  28  =  Athen,  Barbakeion  51.    Collignon  406.    Benndorf  Gr.  u.  sicil.  Vasenb.  XXXII  4a, 
S.  61—63. 

II. 

Ringkampf. 

1.  SF.  VASEN. 

A.  Die  Gruppe  allein. 
a.     Ohne   Verwandlungen. 

8)  Berlin  4000  |  9)  Ermitage  42. 

ß.     Mit  Verwandlungen. 

Schlange  (also  wie  auf  dem  Kypseloskasten  nach  Paus.  V  18,5):  10)   Nasiterno,  Campana  IV  563. 

Löwe:   11)  Ov.  6  |  12)  Ov.  8  =  Brit.  Mus.  667. 

Verschiedene  Verwandlungen:  13)  Amphora  (Caere),  Castellani.  Bull.  d.  I.  XXXVII  (1865)  145. 
Zwei  Löwen.  Rev. :  Nereus  u.  Chiron  |  14)  Ov.  7  =  Brit.  Mus.  509.  Micali  storia  d.  pop.  ant.  LXXXIV  4. 
Löwenkopf  und  Panter,  dieser  nur  durch  offenbares  Versehen  im  Katalog  des  Brit.  Mus.  ausgelassen, 
wie  die  Worte  »tioo  of  her  transformations «  zeigen.  Wahrscheinlich  mit  Ov.  22  (Gerhard  rapporto 
Volcente  A.  d.  /.  III  165  Nr.  607)  identisch.  |  18)  Neapel  ÄC207.  Fiorelli  vasi  del  conte  di  Siracusa  IX  I. 
Panter,  Schlange,  Feuer.  Rev.:  Nereus  u.  weibl.  Figur  1  16)  Schale  Bull.  d.i.  185 1  p.  171;  von  Stephan! 
CR  1867   S.  75  Anm.  3  herangezogen, 

B.  Mit   Nebenfiguren, 
a.     Alleinstehender    Typus. 

17)  Neapel  R  C  205.  Fiorelli  vasi  del  conte  di  Siracusa  Taf.  IV.  Ohne  Verwandlungen ,  vordere 
Hälfte  eines  Viergespanns.  Von  Fiorelli  unter  Heydemann's  Zustimmung  herangezogen;  vielleicht  gehört 
auch   der  Revers  in  unscrn  Zusammenhang. 

b.     Mit   einer  Nereide, 
a.     Ohne   Verwandlungen. 

18)  Neapel  2449  |  19)  Pelike  Castellani.  Gerhard,  Arch.  Anz.  1866  S.  273*  Nr.  35.  Rev.  Dio- 
nysos und  Ariadne  |  20)  Ov.  21  =  München  II 12  j  21)  Oinochoe,  Brit.  Mus.  Schneider,  der  Troische  Sagenkr. 
S.  79  Anm.  I.  1  22)  Dresden  15  (Hettner). 

ß.     Mit  Verwandlung. 
23)  Ov.   14.    München?     (Nicht  zu  identificiren.)    Löwe. 


202  Graef,  Peleus  und  Thetis. 


c.      Mit  2  Nereiden, 
a.     Ohne   Verwandlung. 

24)  Ov.  16  =  München  767;  |  25)  Ov.  17  =  München  501  |  28)  Ov.  18  =  München  1 1 55. 
Stephani  Theseus  u.  Minotauros  Taf.  V  S.  82  |  27)  Ov.  20  =  München  450  |  28)  Lekythos  (aus  Gela), 
Palermo,  erwähnt  Arch.  Zeit.  1870  S.  14  Nr.  17.  Schneider  a.  a.  O.  S.  76  Anm.  1  spricht  wohl  irrtümlich 
hier  von  einer  Schlange  |  29)  Berlin  1988  |  30)  Berlin  1954  ]  31)  Neapel  2738  |  32)  Ermitage  115  ;  33)  Le- 
kythos (Veji),  Jena  202  (Göttling)  |  34)  Amphora  (Girgenti)  Bull.  d.  I.  1871.  p.  273  (Förster).  Rev. : 
Hephaistos  u.  Satyrn  |  35)  Amphora  (Tarquinii)  Bull.  d.  I.  1866  (XXXVIII)  p.  234  Nr.  6.  Ungewifs,  ob 
ohne  Verwandlungen;  Inschriften.     Rev.  Reiter  und  2  Krieger. 

ß.     Mit  Verwandlungen. 

Schlange:  36)  Ov.  9;  Schlange  bärtig  |  37)  Ov.  10.  Raoul-Rochette  M.  I.  I  2  |  38)  Tazza  pro- 
fonda  (aus  Etrurien)  in  Viterbo  bei  Bazzichelli.  Bull.  d.  I.  1859  p.  133.  Revers  ebenso  |  39)  Ov.  19  = 
München  486  ! 

Löwe  oder  Panter:  40)  Ov.  12.  Raoul-Rochette  Man.  ined.  I  I.  Inghirami  G.  O.  II.  124  [  41)  Vaso 
a  Colonette,   Campana  IV  326.     Rev.:    Herakles,  Deianira,  Nessus  u.  s.  w.  |  42)  München  133. 

Zwei  und  mehr  Tiere:  43)  Heydemann  Gr.  Vasenb.  VI  1.  Collignon  329.  Schlange,  Löwe 
mit  sehr  zugespitzter  Schnauze,  aus  dessen  Kopf  ein  Hörn  hervorspringt.  Luckenbach  Fleckeisens  Jahrb. 
Suppl.  IX  S.  586  giebt  irrtümlich  4  Nereiden  an  |  44)  Vase  (Athen)  Barbakeion  vgl.  Collignon  p.  80  Nr.  329 
bis  2  |  45)  Ov.  11,  VII  3.  München,  nicht  identificirbar.  Dubois-Maisonneuve  Introd.  pl.  70,  3.  Löwe, 
Schlange  |  46)  Ov.  13  in  Parma,  vgl.  Heydemann  Hall.  W. -progr.  1879  (Mitteil,  aus  O.-Ital.)  S.  49 
Nr.  48.  Schlange,  Löwe  |  47)  Neapel  2535.  Tiger,  Drache  (Löwenkopf,  Fischschwanz)  |  48)  Ilydria  Canino. 
De  Witte  Vases  p.  de  t ' Etrurie  133.  Löwe,  Panter.  Inschrift  0i-i{  xaXrj  |  49)  Berlin  1997.  Heydemann  Gr. 
Vasenb.  VI  2.  Löwe,  2  Schlangen  [  50)  Bauchiges  Balsamar,  Athen;  erwähnt  von  Stark,  Nach  dem  griech. 
Orient  S.  405  nur  mit  den  Worten:  »Peleus  Thetis  umwerbend  und  fliehende  Frauen«.  Ist  vielleicht  mit 
einer  der    vorigen  identisch. 

d.     Mehr  als  2  Nebenfiguren  (bis  jetzt  nur  mit  Verwandlungen). 

51)  Ov.  23.  Roulez  Vases  de  Leide  pl.  12.  Löwe,  Feuer.  1  Nereide,  Chiron  |  52)  Berlin  2003. 
Löwe,  Feuer.  1  Nereide,  Chiron  I  53)  Ov.  15,  VII  5  =  München  380.  Gerhard  AVB  III  227.  2  Panter, 
Feuer.  I  Nereide;  Chiron,  welcher  hier  dem  Peleus  ganz  handgreiflich  hilft,  indem  er  mit  seinen  Händen 
dessen  Rücken  fassend  ihn  gewissermafsen  im  ausdauernden  Festhalten  unterstützt.  Luckenbach  a.  a.  O. 
S.  579  leugnet  die  tätige  Beihilfe  |  54)  Lekythos  Athen,  Collignon  328;  erwähnt  Arch.  Anz.  1861  S.  200  * 
Nr.  14  (Michaelis).  Schlange  (Drache  nach  Coli.);  Chiron  und  Nereus  |  55)  Vase  Athen,  vgl.  Collignon 
p.  80  Nr.  329  bis  I.  3  Nereiden  |  56)  Lekythos  (Tanagra).  Heydemann  Gr.  Vasenb.  VI.  3.  Schlange. 
3  weibl.  Figuren  (2  Nereiden  und  Doris r),  vielleicht  mit  der  vorigen  identisch?  |  57)  München  653. 
Löwe,  2  Nereiden,  Nereus  |  58)  Berlin  4008.  Schlange,  4  Nereiden  |  59)  Ov.  24  =  München  1538.  4  Ne- 
reiden, Hermes,   Chiron. 

2.     RF.  VASEN. 

A.     Ohne  Verwandlungen. 

a.     Schalen  (sämmtlich  Aufsenbilder  strengen  Stils). 

60)    (Corneto)  Musee  Blacas.    erwähnt  Panofka  Recherches  sur  les  veritables  noms  des  vases   p.  40 

Not.  2.     Wahrscheinlich  ohne  Verwandlung.     4  Nereiden.     Rev.:  Geburt  der  Athene  |  61)  Ov.  45,  VII  4  = 

Brit.  Mus.   828*.      Gerhard  AVB  III   178/9.      Rev.:    3  Nereiden,    Nereus,  Hermes  |  62)  Ov.   41.      Gerhard 

AVB  III   180/81.     Rev.:    Altar    mit  Palme,   4  Nereiden   |  63)  Miiseum  Gregorianum  II  84.   I.     2  Nereiden. 

Rev.:   3  Nereiden,   Nereus. 

b.     Deinos. 
64)  Ov.  44,  VIII  7   --  M.  d.  I.  I  38.     Ohne  Verwandlungen ;  7  Nereiden  und  Nereus. 
B.     Mit  Verwandlungen, 
a.     Schalen  strengen  Stils. 
Aufsenbilder :    65)  Ov.   31   =  München   331.     Löwe,    5  Nereiden.  |  66)     Ov.    33  =  München  369. 
Wiener  Vorlegebl.  A.  1;    Löwe;    früher  dem  Hieron    zugeschrieben,    vgl.  aber  Klein  Vasen    mit  Meister- 
signaturen S.  71   Nr.  17.    Rev.:   5  Nereiden,  Nerens  |  67)  Schale  des  Duris   im  Louvre.    Campanal  4.   702. 
abgeb.  Wiener   Vorlegebl.  VII  2.    erwähnt    Arch.  Zeit.  XXXI    (1873)    7    Anm.  76, 4.    (Michaelis).     Löwe, 


Graef,  Pcleus  und  Thetis.  203 


Schlange.     Rev.:    4  Nereiden,    Doris,    Nereus    )    68)  Campana  IV  710,    erwähnt   Arch.  Anz.    1865    S.  54*. 
Löwe,  4  Nereiden,   Nereus.     Rev. :    6  Nereiden.     Innenb. :   Theseus  und  Skiron. 

Innenbilder:  69)  Ov.  25,  VII  6.  Schale  des  Peithinos.  Berlin  2279.  Gerhard  Trinkschalen  IX  1. 
Löwe,  3  Schlangen  |  70)  Ov.  26  =  Ov.  27.  Duc  de  Luynes,  descr.  pl.  34.  De  Witte  Cab.  Durand. 
379.  Löwe,  Altar  mit  Feuer.  Die  Identität  ist  aufser  Zweifel,  sobald  man  den  Irrtum  Overbeck's  hin- 
sichtlich des  Löwen,  welcher  dem  Peleus  in  den  Ellenbogen  beifst,  erkennt  |  71)  (Kamiros.)  Abgeb. 
Journal  of  Philology  1877  (VII)  p.  215,  Taf.  A.  Erwähnt  Arch.  Anz.  1866  S.  203*,  Comment.  Mommsen. 
p.  171.  30  (Heydemann).  Nach  Euklid;  defect.  Schlange,  Drache,  Altar;  Peleus  selbst  ist  ganz  fortge- 
brochen. Um  das  Innenbild  herum  Nereiden  mit  Nereus  und  Triton  (es  ergiebt  sich,  dafs  7  Nereiden 
da  waren). 

b.     Andere  Formen. 

72)  Ermitage  1527.  Panter,  Nereus  |  73)  Amphora.  Ov.  34.  a)  (Bomarzo).  Coli.  Magnoncourt. 
Dubois  Descripfwn  des  antiques  Pourtales-Gorgier  Nr.  205  p.  41  (Gallerie  Pourtales,  Auklionskatalog.  Nr.  217 
S.  54);  danach  =  Catalogue  de  la  coli.  Magnoncourt  Nr.  58  (diesen  selbst  habe  ich  nicht  einsehen  können), 
b)  De  Witte  A.  d.  I.  IV  p.  109  Nr.  X.  Bullet,  d.  I.  1831  p.  6.  Gerhard  Rapporto  Volc.  (A.  d.  I.  III) 
p.  189  Nr.  795  und  p.  153  Nr.  406c.  Die  Identität  scheint  mir  aufser  Zweifel,  sie  ist  angenommen  von 
Gerhard  AVB  III  S.  68  Anm.  lod,  bestritten  von  Overb.  H.  G.  S.  186  Anm.  65.  Panter,  Schlange,  2  Ne- 
reiden, Chiron,  ionische  Säule,  Höhle  mit  Schlange;  Fortsetzung  auf  dem  Rev.:  2  Nereiden,  Doris, 
Nereus ,  Altar  mit  Feuer  |  74)  Ov.  30  |  75)  Ov.  36,  VIII  4  =  Neapel  2638.  M.  d.  I.  I.  37.  Schlange. 
2  kleine  Flügel  zieren  das  Stirnband  der  Thetis,  sie  hielt  eine  Blume;  so  Luckenbach  a.  a.  O.  S.  581, 
anders  Overbeck.  Vgl.  auch  Bolte  De  mon.  ad.  Odyss.  pert.  p.  46.  10  Nereiden,  Nereus,  Triton,  Chiron  | 
76)  Ov.  35  =  Neapel  2421.  Schulz  Die  Amazonenvase  aus  Ruvo,  Taf.  1.  Schlange,  4  Nereiden,  Chiron, 
Nereus  und  Doris  (?)  |  77)  Ov.  29.  De  Witte  Cab.  etr.  132.  Thetis  hält  einen  Delphin  wohl  nur  als 
Attribut;  Löwe,   Schlange,  Drache,  Nereide. 

C.  Ohne  Angabe,  ob  mit  oder  ohne  Verwandlungen. 
78)  Hydria  (Canino)  Mus.  etrusque  1194.  Keine  näheren  Angaben,  1  Nereide.  Ob  diese  mit  der  vorigen 
vielleicht  identisch  ist,  auszumachen,  fehlt  jeder  Anhalt  |  79)  Volutenamphora  (Ruvo)  Samml.  Dzialynsky  23, 
erwähnt  Revue  archeologique  XVII  (1868)  354.  Ohne  nähere  Angaben.  Nebenpersonen  |  80)  Vase  (Caere) 
Samml.  Alibrandi,  beschr.  Annali  d.  I.  1839  (XI)  p.  222  (Braun).  Ohne  nähere  Angaben.  Nereiden. 
Rev.:   Nereus. 

3.     TERRACOTTEN. 
81)    (Kamiros)    Brit.    Mus.      Salzmann    Cam.  23.      Löwe    |    82)     (Aegina.)      Schöne    Gr.   Reliefs. 
Taf.  33—34  Nr.  133;    vgl.  Matz  Bull.  d.  I.   1870,    11.     Reste  des  Löwen. 

4.     BRONCE,  SPIEGEL,  SCHMUCK. 

A.     Ungefähr  der  alte  Typus. 

83)   Broncefufs    einer  Cista.     Gori  Museo  etrusc.  I   144.     2  Löwen,    Schlange  |   84)  Broncegruppe 

Richmond  37    (Michaelis),    vgl.  Arch.   Ztg.    1874    S.  59.      Panter,    Schlange  j   85)    Spiegel.      Gerhard   Etr. 

Sp.  387,  2.     Ohne  Verwandlungen  |  86)  Goldenes  Armband.     Ermitage.     Arch.  Ztg.  1857  (XV)  Taf.  107,  3- 

Löwe.     Peleus  ist  nur  halb. 

B.     Peleus    hält  die  n.  r.   forteilende  geflügelte  Thetis    am  1.  Arm  fest, 
der  Typus  vielleicht  mit  I  zusammenhängend. 
87)    Spiegel.      Gerhard    Etr.   Sp.  386,   I.      Vgl.  Arch.   Ztg.  IV  260.     Inschriften     I    88)    Spiegel. 
Gerhard.     Etr.  Sp.  387,   1.     Inschriften.     Grofses  Glied    des  Peleus  |  89)  Etruskische  Bleitafel,    darauf   ein 
Spiegel.     Annali  e  Monumenti  d.  I.   1855   Taf.  XIII  S.  57.     Inschrift. 

C.  Freie  Gestaltung  als  Entführung. 
90)  Ov.  51  =  Gerhard  Etr.  Sp.  225.  Schlange,  Vogel  |  91)  Ov.  50,  VII  2  =  Gerhard  Etr. 
Sp.  226.  Üb.  d.  Inschriften  vgl.  Arch.  Ztg.  VII  35*  und  neuerdings  Bugge  in  den  Etruskischen  For- 
schungen herausg.  v.  Deecke,  wie  ich  aus  Bursians  Jahresb.  1885  Bd.  44  S.  250  ersehe  |  92)  Ov.  52.  Gold- 
schmuck. Chabouillet,  Catal.  de  la  Bibl.  2545.  Nouvelles  Annales  I  pl.  A  23.  Typus  etwas  verändert 
und  den  Spiegeln  symmetrisch  |  93)  Broncecista  (Praeneste)  Bull.  d.  I.  1886  p.  40.  Drache,  Löwe, 
Vogel.     Nereide,   Nereus,  Jüngling. 


204  Graef,  Peleus  und  Thetis. 


III. 

Freiere  Gestaltung. 

A.     Auf  r f.  Vasen  fr eien  Stils. 

94)    Ov.  37.  VII  8.     Millingen  Anc.  uned.  mon.  I   10.    Peleus  die  Thetis  entführend,-  der  Typus 

steht   in    der  Mitte   zw.  dem   Ringkampf   und   der  Entführung    auf  d.  Spiegeln   (II 4  C).     Verwandlungen: 

2  Schlangen    (ein    früher    für    einen  Regenbogen    gehaltener  Gegenstand    wird    von  Luckenbach  a.   a.  O. 

S.  579    für   einen    Gewandbogen    der  Thetis    erklärt).     Nereiden,    Chiron,  Jungling   |    95)  Ov.  38,  VIII   1. 

Millingen  Uned.  Mon.  I.  A.  I.    Dubois-Maisonneuve  Introd.  70.  I.    Vgl.  Robert  Bild  und  Lied  S.  23  Anm.  20. 

Entführung.     Schlange,  Drache,   Nereiden,  Athena,  Poseidon,  Pan,  Eros,  Aphrodite,  Peitho  |  96)  Fragment 

aus  Kertsch.     C.  R.   1869  Taf.  IV  3.     Entführung:  Löwe,  Schlange. 

B.     Ganz    einzeln  stehende  Darstellungen. 

97)  Pelike  mit  Gold  (Kamiros).  Brit.  Mus.  Salzmann  Cam.  58.  Jahn  Vasen  mit  Goldschmuck 
S.  17.  Wiener  Vorlegebl.  II  6,  2.  vgl.  Robert  Bild  und  Lied  S.  23  Anm.  20.  Peleus  die  Thetis  beim 
Bade  überraschend;  Schlange  |  98)  Ov.  49,  VIII  9.  Portlandvase.  Millingen  Anc.  uned.  mon.  A  1.  Höchst 
zweifelhaft,  ob  überhaupt  hierhergehörig;  von  Klein  Euphronios2  S.  186  Anm.  I  auf  Theseus  im  Meeres- 
grunde gedeutet. 

IV. 
Liebesverfolgung  oder  Entführung  im  rf.  Stil  auf  Peleus  und  Thetis  übertragen. 

99)  Thondiskos  Athen  'E<pT)|Aepi{  dpyettoX.  1885,  II  5.  Herr  Prof.  Ileydemann  theilt  mir  mit, 
dafs  er  diese  Darstellung  auf  Peleus  und  Thetis  beziehe.  Rev. :  Leukippidenraub  |  100)  Ov.  2.  Gerhard 
AVB  III  182.  Liebesverfolgung;  durch  den  Revers:  Nereus,  Doris,  Nereide  als  hierhergehörig  erwiesen  | 
101)  Stamnos  des  Hermonax  in  Orvieto  beim  Grafen  Faina.  Arch.  Ztg.  1878  Taf.  12,  vgl.  Robert  B. 
u.  L.  S.  44,  der  es  durch  den  Vergleich  mit  dem  vorigen  hierherzieht.  Nereus,  12  Nereiden.  Derselbe 
Typus  für  Zeus  und  Aegina  bei  Braun  Antike  Marmorwerke  I  Taf.  6  [  102)  Kalpis  in  Florenz.  Arch.  Ztg. 
1850  Taf.  XXI.  Dempster  Etruria  regalis  Taf.  LXII  — LXIII.  Passeri  pict.  Etrusc.  I  58,  59.  Vgl.  R. 
Rochette  Mon.  ined.  p,  II.  Liebesverfolgung:  Nereus,  Doris,  Nereide  |  103)  Lekanedeckel  (Mithridatesberg) 
Ermitage.  Schöner  Stil.  C.  R.  1877  T.  V,  6.  Liebesverfolgung.  Inschriften  0H£EY£  und  0ETIS 
von  Stephani  unter  Beibehaltung  dieser  Namen  in  wenig  wahrscheinlicher  Weise  erklärt;  näher  liegt  die 
Annahme,  dafs  Theseus  für  Peleus  verschrieben  oder  verhört  ist. 

V. 

Hochzeit. 
(Lauter  unter  sich  nicht  verwandte  Darstellungen.) 
104)  Ov.  46,  VIII  6.  sf.  Inghirami  Mus.  Chilis.  I  46—47;  Call.  Om.  II  235;  Vasi  fittil.  I  77 
bis  78.  Peleus  die  Thetis  dem  Chiron  zuführend.  Rev.:  Nereus  und  Nereiden.  Vgl.  Luckenbach  a.  a.  O. 
S.  598  |  105)  Kypseloskasten.  Paus.  V  19,  7.  Vgl.  I.oeschcke  observat.  archaeol.  Progr.  Dorpat  1880  S.  5  ff. 
Klein  Kypsele  der  Kypseliden  (Bcr.  d.  Wiener  Akademie  1884)  S.  64  fr.  Schneider  Troischer  Sagenkr. 
S.  65  f.  und  S.  88  f.  |  106)  Frangoisvase.  Luckenbach  S.  589.  Schneider  a.  a.  O.  S.  85  ff.  |  107)  Hydria, 
sf.  (Orvieto).  Florenz.  Attische  Inschriften.  Körte  A.  d.  I.  1877  p.  179.  Ileydemann  Mittheilungen 
aus  Oberitalien  S.  88  Nr.  26.  Peleus  und  Thetis  auf  Wagen  stehend;  Götterpaare  |  108)  Ov.  48.  Sar- 
kophag.    Zoega  LH.     Peleus   und    Thetis   auf  Thron  sitzend. 


Botho  Graef. 


^Wöv^  XWvvio  ^ 


SCENEN  AUS  DER  ILIAS 
AUF  EINEM  ETRUSKISCHEN  SARKOPHAGE. 

Ein  in  Corneto  im  Jahre  1875  gefundener  Sarkophag,  den  Herr  G.  Körte 
Monumenti  deW  Istituto  XI  Tav.  58  und  Annali  1883  Tav.  T.  V  (p.  243)  veröffent- 
licht hat,  ist  auf  seinen  vier  Seiten  mit  Reliefs  geschmückt.  Die  eine  der  Lang- 
seiten —  ihre  Abbildung  ist  umstehend  verkleinert  wiederholt  —  stellt  einen  Ama- 
zonenkampf dar,  die  beiden  Schmalseiten  je  einen  Krieger,  der  ein  Viergespann 
lenkt;  die  zweite  Langseite  endlich  einen  lebhaften  Kampf,  dessen  Erklärung  die 
Aufgabe  der  folgenden  Zeilen  sein  soll,  nachdem  der  erste  Herausgeber  hierfür  ein 
auch  nur  ihn   selbst  befriedigendes  Resultat  nicht  gefunden  hat. 

Man  sieht  auf  den  ersten  Blick,  dafs  es  sich  um  einen  sehr  lebhaften  Kampf 
zwischen  zwei  verschiedenartigen  Völkerschaften  handelt.  Die  Vertreter  der  einen 
Partei,  drei  an  der  Zahl  (No.  1,  3,  7),  ohne  Zweifel  die  Angreifer,  sind  durch  phry- 
gische  Mützen  gekennzeichnet;  alle  drei  sind  bartlos,  ohne  Panzer,  aber  mit  Schwert- 
gurt versehen.  Der  erste  und  letzte  ist  mit  einem  kurzen  Chiton  bekleidet,  der 
bis  zur  Schamgegend  reicht  und  von  einem  breiten  Gürtel  zusammengehalten  wird. 
Der  erste  und  zweite  sind  beschildet;  der  zweite  gebraucht  als  Waffe  einen  Stein, 
die  andarn  beiden  führen  kurze  Schwerter. 

Die  von  den  eben  Beschriebenen  Angegriffenen  (No.  2,  4,  6)  sind  bärtig,  mit 
Schwert  und  Schild  bewaffnet  und  durch  die  xovtj  (No.  6),  den  Erzhelm  (No.  4)  und 
die  sog.  Schiffer-Mütze  (bei  No.  2),  wie  auch  durch  den  Panzer  mit  Nackenschirm ', 
den  zwei  von  ihnen  tragen  (No.  2  und  6),  als  Hellenen  gekennzeichnet. 

Aufser  diesen  sechs  Personen  sind  noch  drei  vorhanden,  die  nicht  am 
Kampfe  teilnehmen  und  deren  Rolle  im  ersten  Augenblick  nicht  klar  ist;  der  eine 
(No.  5)  befindet  sich  in  der  Mitte  der  Darstellung,  die  anderen  beiden  (No.  8.  9)  an 
der  rechten  Seite  derselben;  sie  sind  durch  Panzer  und  Helmkappe  als  Griechen  ge- 
kennzeichnet. 

Ganz  allgemein  können  wir  hiernach  sagen,  dals  es  sich  um  einen  Kampf 
zwischen  einem  asiatischen  und  einem  griechischen  Volke  handelt.  Herr  Körte 
meint,  die  phrygische  Mütze  genüge  nicht,  um  die  eine  Partei  als  Asiaten  zu  kenn- 

')  Diese     Eigentümlichkeit    des     Panzers     ist     sehr  S.  105,  Taf.  43;  44,2)  und  auf  einigen  syraku- 

selten,  doch  findet  sie  sich  auf  Vasen  {Monumenti  sanischen    Dekadrachmen    des    Euainetos, 

del  Institute)  Bd.  IX,  Tafel  44  (Vase  des  Brygos).  Kimon   u.   A.      Bei    Head,    Coinage    0/  Syracuse 

Gerhard,     Auserl.   Vasenbilder,    Bd.  IV,    268  I;  N.  6,  7  und  im  Catalogue  of  the  Greek  coins  in  the 

269 — 70,    2,    3);    auf    Pergamenischen    Re-  British   Museum,    Sicily    S.   171,    175,    176    sind 

liefs  (Bohn,    Altertümer   von   Pergamon    Bd.  II  einige  derselben  abgebildet. 


206 


Svoronos,   Sccnen  aus  der  Ilias. 


zeichnen,  indem  er  sich  auf  die  Darstellung  der  Rückseite  des  Sarkophags  be- 
ruft, wo  zwei  der  gegen  die  Amazonen  Kämpfenden,  die  nach  seiner  Annahme 
Griechen  sind,  ähnliche  Mützen  tragen.  Allein  von  der  abscheulichen  etruskischen 
Darstellung  der  Rückseite  darf  man  auf  die  unsere,  welcher  ohne  Zweifel  ein  Werk 
griechischer  Kunst  aus  guter  Zeit  zu  Grunde  liegt,  nicht  schliefsen;  überdies  kann 
man  nicht  einmal  sagen,  dafs  die  Gegner  der  Amazonen  auf  diesem  Sarkophage 
Griechen  sein  müfsten,  da  wir  auch  von  Kämpfen  derselben  mit  Asiaten  wissen2. 

Herr  Körte  deutet  die  Darstellung  auf  den  Einfall  der  Griechen,  die  also 
die  Männer  mit  den  phrygischen  Mützen  wären,  in  Mysien,  das  Land  des  Telephos, 
der  hier  an  der  Spitze  seiner  Genossen  den  Angreifern  entgegenträte  (No.  4).  Aber 
er  kann  nicht  erklären,  warum  hier  eine  Person  (No.  6)  als  verwundet  erscheint, 
die  nicht  Telephos  sein  kann,  während  die  Verwundung  dieses  Helden  ein  wesent- 
licher Zug  der  Sage  ist;  auch  bleiben  die  beiden  Personen  auf  der  rechten  Seite 
des  Bildwerkes  unerklärt. 

Anstatt  von  der  Verwundung  eines  der  Kämpfer  auszugehen,  einem  Vorfall, 
der  sich  bei  jedem  Kampf  zu  ereignen  pflegt,  ziehen  wir  zunächst  die  zweite  Gestalt 
von  links  in  Betracht,  die  durch  ihre  Mütze  mit  Sicherheit  als  Odysseus  gekenn- 
zeichnet wird3;  seine  mit  phrygischen  Mützen  bekleideten  Gegner  sind  selbstver- 
ständlich Trojaner.  Da  nun  die  Griechen  im  Zurückweichen  begriffen  und  die 
Trojaner  die  Sieger  sind,  so  ergiebt  sich  von  selbst  der  Gedanke  an  Buch  A  der 
Ilias,  und  es  gilt  den  Versuch,  ob  es  nicht  möglich  ist,  an  der  Hand  der  homeri- 
schen Schilderung  eine  Erklärung  unseres  Bildwerkes  zu  finden. 

Bekanntlich  erzählt  der  Dichter  am  Anfang  von  A,  wie  Eris  von  Zeus  ge- 
sandt einen  gewaltigen  Kampf  zwischen  Griechen  und  Troern  erregt,  bei  welchem 
Agamemnon  zuerst  Wunder  der  Tapferkeit  verrichtet  und  die  Feinde  bis  an  die 
Mauern   der    Stadt    verfolgt,   bis   er   endlich    sich    gezwungen    sieht,    verwundet  das 


2)   Homerll.  II  814.   III   189.    VI  186;    Schol.  I.y- 
coph.  17.     Diodor  III,   55. 


3)  Vgl.    Brunn,    /  rilievi  delle  urne  Etrusche   Bd.  I 
Taf.  XXXIII,  XXXVII,  LXX. 


Svoronos,  Scenen  aus  der  Ilias. 


207 


]Le-»M> 


Schlachtfeld  zu  verlassen.  Der  Sieg  neigt  sich  daher  auf  die  Seite  der  Troer 
Hektar  richtet  ein  wahres  Blutbad  an,  und  die  Niederlage  der  Achäer  wäre  voll- 
ständig gewesen,  wenn  nicht  Diomedes  und  Odysseus  sich  ihm  entgegengestellt  hätten, 
um  den  Rückzug  zu  decken.  Aber  bald  sieht  sich  auch  Diomedes,  von  Paris  am  Fufse 
verwundet,  gezwungen,  wie  Agamemnon  in  das  Lager  zurückzukehren.  So  bleibt 
nun  Odysseus  allein  um  gegen  die  Troer  zu  kämpfen: 

oftoörj  0'  'Oouasü?  SoopotXorä;,  ouös  ri?  auttu 

'Ap'fstcov  -apsp.stvev,  iusl  cpoßo?  sXXotßs  ~aV;a?  (V.  401.  402). 

Aber  auch  ihn  umzingeln  die  Troer,  und  der  Held  sieht  sich  gezwungen, 
kämpfend  zurückzuweichen:  aüxap  0  7'  s?oiucj<d  dvs^a'Csxo  (V.  460).  Dies  ist  der 
Vorgang,  den  die  linke  Ecke  unseres  Bildwerkes  darstellt.  Odysseus  weicht  einen 
Schritt  zurück,  indem  er  sich  mit  seinem  Schild  gegen  einen  auf  ihn  eindringenden 
Troer  verteidigt. 

Nach  Homers  Schilderung  ruft  in  dieser  Lage  der  Held   seine  Genossen  zu 

Hilfe.      Menelaos  erscheint,   begleitet  von  dem  Telamonier  Aias  und   führt  ihn  aus 

dem  Getümmel  (Vers  461 — 488);  Aias  bleibt  auf  dem  Schlachtfelde  zum  Schirme  der 

Achäer  zurück: 

TtdvxoLZ  6s  Tcposspfs  Ooä?  iiA  vTJa.;  oosusiv 

aiko?  os  Tpcowv  xat  'A/atöiv  ftuvs  [isar^u? 

Eatapevoc.  (V.  569—571.) 

Diesen  Vorgang  erkennen  wir  in  unserer  zweiten  Scene:  ein  nackter  Troer 
(No.  3)  mit  Schwert  und  Schild  bewaffnet,  ist  im  Begriff  gegen  Aias  (No.  4)  einen 
Stein  zu  schleudern,  wie  denn  auch  das  Epos  in  derselben  Schlacht  den  Hektar 
-/spjictoioKjtv  kämpfen  läfst  (V.  541).  Aias,  von  vorn  gesehen,  hoch  aufgerichtet,  einen 
gewaltigen  doppelbuschigen  Helm  auf  dem  Haupte,  das  Wehrgehenk  und  eine 
Chlamys  an  der  Schulter,  erhebt  —  Tptusaaiv  STraXasvo?  (V.  489)  —  das  Schwert,  um 
einen  gewaltigen  Schlag  gegen  den  andringenden  Troer  zu  führen.  Der  Telamonier 
ist  an  seiner  Reckengestalt  zu  erkennen,  welche  Herrn  Körte  (S.  246)  veranlafst  hat, 


208  Svoronos,   Scenen  aus  der  Ilias. 


ihn  für  den  König  einer  der  streitenden  Parteien  anzusehen,  auch  daran,  dafs  der 
Durchmesser  seines  Schildes  merklich  gröfser  ist  als  der  der  übrigen  Schilde:  ich 
möchte  mit  Kebriones  sagen  (V.  526 — 527): 

su  8e  (jliv  Eqv<ov 
siipu  "(ap  <xp/.p'  (uiioiaiv  iy&i   aa'xo?. 
Zeus,  der  den  Trojanern  den  Sieg  verleihen  will,  entmutigt  Aias,  dafs  er  zu- 
rückweicht.    Eurypylos  kommt  ihn  zu  Hilfe;  er  tötet  einen  der  Troer  (V.  575 — 580), 
aber  Paris  richtet  seinen  Bogen  auf  ihn 

xat  }«v  ßäXs  p.Tjpoy  8taT(j> 

SeStov  E-ydaa&zj  6s  86va£,  sßa'puvs  8k  fMjpov, 

at}/  8'  £-a'p(uv  sfc  sövo?  lyä^zzo  XTjp'  dXsst'vwv.  (V.  583 — 585-) 
Sehen  wir  nun  den  Krieger  No.  6,  am  Schenkel  verwundet  und  daher 
mühselig  mit  beiden  Händen  auf  seine  Lanze  gestützt,  sich  aus  dem  Getümmel 
schleppen,  indem  er  so  gut  als  möglich  sich  mit  seinem  Schild  gegen  einen  Gegner 
(No.  7)  verteidigt,  der  ihn  mit  gezücktem  Schwerte  angreift,  so  möchten  wir  in 
diesem  Verwundeten  Eurypylos  erkennen.  Dafs  sein  linker,  nicht  wie  bei  Homer 
sein  rechter  Schenkel  verwundet  ist,  erklärt  sich  leicht  aus  technischen  Gründen; 
wesentlich  ist  die  Abweichung,  dafs  nicht  ein  Pfeil,  sondern  ein  Speer  die  Ver- 
wundung hervorgebracht  hat;  doch  stimmt  wieder  zu  dem  sxX«3&7j  Homers  der  Um- 
stand, dafs  der  Speer  zweimal  gebrochen  im  Beine  haftet.  Ich  möchte  glauben, 
dafs  wir  hier  eine  Abweichung  unseres  Reliefs  von  seiner  griechischen  Vorlage  zu 
erkennen  haben:  möglicherweise  hat  der  Sarkophagarbeiter  den  in  dieser  dargestellten 
Paris  der  Raumersparnifs  wegen  fortgelassen,  und  als  der  Bogenschütze  fortfiel,  auch 
den  Pfeil  in  die  gewöhnlichere  Waffe  ändern  zu  müssen  geglaubt. 

Zwischen  dem  mutmafslichen  Eurypylos  und  Aias,  die  beide  bärtig  darge- 
stellt sind,  sieht  man  einen  jungen  Mann  (No.  5),  der  von  vorn  gesehen,  das  Haupt 
von  einem  totohjo?  bedeckt,  mit  einem  Fell  bekleidet  ist,  während  das  Wehrgehenk 
ihm  vom  Rücken  herabhängt.  Er  hält  in  der  Linken  einen  Bogen  und  zwei  Pfeile, 
in  der  Rechten  eine  Muschel,  in  welche  er  mit  aller  Kraft  hineinbläst4.  Wir  haben 
also  einen  Bogenschützen  vor  uns:  Paris,  nach  der  Verwundung  des  Eurypylos  ein 
iirtvmrj-^piov  blasend,  kann  es  nicht  sein,  da  der  Petasos  ihn  als  Griechen  kennzeichnet. 
Sein  Platz  hinter  dem  Schilde  des  Aias  (ü-'  Aiocvto?  aoexsi'  TsXctfjuuvioao  6  267)  läfst 
uns  an  Teukros  denken,  den  berühmten  Bogenschützen,  den  xocaqvr,-o;  xai  oratTpo? 
des  Aias  (M  371),  der  stets  an  seiner  Seite  kämpft.  Aber  warum  bläst  er  auf  der 
Muschel?  Als  Eurypylos,  so  sagt  uns  der  Dichter,  verwundet  und  gezwungen  war, 
Aias  in  einer  so  gefahrvollen  Lage  zu  verlassen 

■Jjuasv  6k  otaupuaiov  Aavaoiat  'ysYU)v6;• 

u>  cpt'Xoi  'Apfeiouv  f^Topej  rfik  jisSovis», 

STTjt'   eXsXi^ösvts;  xai  djxuvsxs  V7)Xsks  Tjtxap 

A*av&',  8;  ßsXssat  ßiäCsrat  xtL    (V.  586  fr.) 

4)  Die  Muschel  als  Blasinstrument  ist  ein  Anachronismus,  da  sie  sich  bei  Homer  nicht  findet. 


Svoronos,   Scenen  aus  der  Ilias.  209 


Ist  das  nicht  die  Rolle,  die  der  Künstler  hier  dem  Teukros  übertragen  hat?  Er 
brauchte,  um  die  Symmetrie,  die  er  erstrebt,  augenfällig  zu  machen,  eine  Einzel- 
figur, und  er  hat  mit  vielem  Geschick  daher  neben  Aias  den  von  ihm  unzertrenn- 
lichen Bruder  gestellt.  Seine  Gestalt  teilt  nämlich  die  ganze  Composition  in  zwei 
sich  entsprechende  Teile  von  je  vier  Figuren.  Die  Neigung  des  Künstlers  zur 
symmetrischen  Darstellung  erstreckt  sich  bis  auf  solche  Einzelheiten,  dafs  nur  diese 
Mittelfigur  und  die  an  beiden  Ecken  Schuhe  tragen  und  dafs  immer  ein  Bärtiger 
und   ein  Bartloser  mit  einander  abwechseln. 

Wir  haben  gesehen,  wie  nach  der  Verwundung  Agamemnons  Odysseus 
und  Aias  vergeblich  gegen  den  Sieg  der  Troer  ankämpften.  Der  Feind  vertritt 
ihnen  selbst  den  Rückzug  und  setzt  seinen  Fufs  bis  auf  die  Grenze  des  Lagerwalles, 
wie  vielleicht  durch  den  Stein  angedeutet  werden  soll,  auf  den  der  letzte  der  Feinde 
seinen  Fufs  setzt.  Nun  kann  Achill  zufrieden  sein,  er  hat  glänzende  Genugtuung: 
(fyo?  ßsßmjxsv  'A/octouc,  nun  kann  er  auch  seinem  Freunde  Patroklos  gestatten,  sich 
zu  waffnen  und  am  Kampf  teilzunehmen,  um  die  Griechen  vor  der  äufsersten  Not  zu 
bewahren.  Dies  sehen  wir  in  der  letzten  Scene  dargestellt.  Patroklos  (No.  8),  blickt, 
das  Gesicht  seitwärts  nach  links  gewandt,  sorgenvoll  auf  das  Schlachtfeld  und  nach 
seinem  Freunde  Eurypylos  hin: 

ßsßXrjjxsvo?  dvTsßö>.7j<Jsv 
oio*(ev7jC  Eüaijj.ovt'Sij?,  xatä  [xrjpbv  oi'3~<«>, 
axd£<uv  ix  ttoXsjxou.     (V.  807 — 8 II.) 
Einer  der  Myrmidonen  (No.  9),  vielleicht  Automedon,    mit  Panzer  und  Schwert  ge- 
rüstet,  bringt  ihm,   der  schon  den  Panzer  des  Achilleus  angelegt,  hat,   das  Schwert 
und    die    Beinschienen    des    nun    nicht    mehr    grollenden    Freundes:     die   [xtjvi?   des 
Achilleus  hat  geendet. 

Auf  den  Schmalseiten  des  Sarkophages  ist  der  weitere  Fortgang  der  Hand- 
lung dargestellt.  Auf  der  einen  Seite  (A)  sehen  wir  Patroklos  auf  einem  Vierge- 
spanne ältesten  Stils,  das  er  selbst  lenkt,  in  die  Schlacht  fahren.  Hier  wie  auf  der 
Vorderseite  ist  er  bärtig  und  ohne  Helm  dargestellt.  Auf  der  andern  Seite  (B)  lenkt 
ein  zweiter,  bartloser  Krieger  ein  ähnliches  Viergespann  nach  rechts  und  trägt  auf 
seinem  über  die  Schulter  gelegten  Speere  die  Waffen  eines  besiegten  Kriegers,  von 
denen  jedoch  nur  der  Schild  sichtbar  ist.  Es  fragt  sich,  ob  man  diese  Darstellung 
zur  Vorderseite,  oder  zur  Amazonomachie  der  Rückseite  zu  ziehen  hat;  häufig  ge- 
hört ja  bei  den  Sarkophagen  jede  der  beiden  Schmalseiten  inhaltlich  je  zu  einer 
Langseite.  Indessen  möchten  wir  in  unserem  Falle  bei  der  genauen  Ueberein- 
stimmung  der  Gespanne  beide  Schmalseiten  auf  ein  und  dieselbe,  und  zwar  die  von 
uns  behandelte  Darstellung  beziehen. 

Ich  möchte  bei  dem  Bartlosen  nicht  an  Hektor  denken,  von  dem  der  Dichter 
sagt,  dafs  er  nach  der  Ueberwindung  des  Patroklos,  iital  xXutä  -z^yz'   aKrfiprx  (P  125) 

oty  ic  ojjAov  iiuv  dvs^dCsft'   ixatpcov 

i?  Si'cppov  8'   dcvopoüds  (P  128.  129), 

sondern   an  Achilleus,    der  nach   dem  Falle  Hektors  seine  Waffen   zurückholt:    obr' 


2IO  Engelmann,   Harpyie. 


<u[itov  zt's/z  s3'j),a  und  dann  zu  Wagen  steigt  ij  ot'cppov  dvaßocc,  äva  xs  xXura  tsü^s 
dsfpac  (X  367  und  399).  Der  Umstand,  dafs  Achill  unbärtig,  Patroklos  bärtig  dar- 
gestellt ist,  erklärt  sich,  abgesehen  von  dem  in  der  ganzen  Darstellung  streng  durch- 
geführten Wechsel  zwischen  Bartlosigkeit  und  Bärtigkeit,  aus  den  Worten  des  Dichters, 
der  den  Nestor  zu  Patroklos  sagen  läfst: 

]f8vs$  (J.sv  uuspiEpo?  Icmv  'A/tXXsu?, 

irpsaßuTspo;  Sa  au  iaaL     (A  786.  787.) 
Wir  glauben  damit  für   die  Darstellungen  unseres   Sarkophags  eine   einheit- 
liche   Erklärung    begründet    zu    haben:    der    Künstler   wollte    die    Beendigung    von 
Achilleus'  Grolle  so  erzählen,   dafs  er  ausgewählte  Scenen  aneinanderreiht;  er  erinnert 
darin  gewissermafsen  an  die  Verfertiger  der  Tabulae  Iliacae. 

Berlin,  Juni   1886.  Johannes  N.  A.  Svoronos. 


MISCELLEN. 


HARPYIE. 

Dafs  die  Harpyien,  so  wie  sie  Homer  kennt,  etwas  Rofsähnliches  an  sich 
gehabt  haben  müssen,  da  eine  von  ihnen:  llo&opp]  [5o5/.o;xsv7j  Xsijiüm  itapä  poov  'ßxsotvoTo 
von  Zephyros  Mutter  der  beiden  Rosse  des  Achilleus  wird,  kann  man  Milchhöfer 
(Anfänge  der  Kunst  S.  57.  244)  zugeben;  auf  uns  sind  jedoch  derartige  Bildungen 
nicht  gelangt  oder  wenigstens  nicht  mit  Sicherheit  zu  erkennen.  Wo  uns  bestimmt 
Harpyien  entgegentreten,  im  Abenteuer  des  Phineus,  da  sind  es  regelmäfsig  Frauen- 
gestalten, die  mit  zwei  oder  vier  Schulterflügeln  und  Flügeln  an  den  Füfsen  ver- 
sehen sind  (vergl.  Furtwängler,  Arch.  Zeitg.  1882  S.  203);  als  solche  sind  sie  auch 
sicher  bei  Aeschylus  Eum.  50  gedacht.  Doch  dürfte  Furtwängler  wohl  zu  weit 
gehen,  wenn  er  bei  jeder  von  der  menschlichen  Gestalt  abweichenden  Bildung,  so 
namentlich  bei  den  bekannten  Figuren  am  Grabmal  aus  Xanthos  von  der/Benennung 
Harpyien  absehen  zu  müssen  glaubt.  Zunächst  sind  sichere  Stellen  vorhanden,  wo 
von  einer  Mischbildung  aus  Frau  und  Vogel  die  Rede  ist  (vielleicht  schon  bei  Pei- 
sandros  Sc/u?/.  Apoll.  R/iod.  2,108p,  der  sie  opvtDss  nennt;  sicher  bei  Hygin.  f.  14, 
Lykophr.  Alex.  653  Sc/iol.);  auch  in  der  vatikanischen  Handschrift  des  Vergil  (Bartoli 
Pict.  ant.  Verg.,  1782,  Taf.  63)  werden  sie  als  Vögel  mit  Frauenkopf  und  menschlichen 
Armen  abgebildet,  so  dafs  man  die  Möglichkeit,  dafs  mit  solchen  Mischbildungen 
von  den  Künstlern  Harpyien  gemeint  wurden,  nicht  ablehnen  kann,  um  so  weniger, 
wenn,  wie  in  Xanthos,  der  Charakter  der  Todesgottheit  deutlich  ist.  Zu  den  mit 
einiger  Wahrscheinlichkeit  als  Harpyien  zu  bezeichnenden  Figuren  tritt  ein  zwar 
nicht    neues,    aber    doch    erst  neuerdings  ans  Licht   gezogenes   höchst  interessantes 


Engelmann,    Harpyie. 


211 


Denkmal:  eine  in  Vulci  1834  gefundene,  aus  Gerhards  Besitz  in  das  Berliner  Museum 
übergegangene  Vase  (vergl.  Furtwängler  Katal.  d.  Vasen  2157),  deren  Zeichnungen 
hier  in  halber  Gröfse  (das  Gefäfs  in  '/g)  abgebildet  sind.  Das  Gesicht  des  Misch- 
wesens ist  wie  eine  Medusenmaske  gestaltet  d.  h.  mit  Hauern  und  herausgestreckter 
Zunge;  Rumpf  und  Arme  sind  menschlich  gebildet,  der  Rest  vom  Vogel  entnommen: 
vier  Flügel  sitzen  auf  dem  Rücken,  zwei  nach  oben,  zwei  nach  abwärts  gerichtet; 
mit  jeder  der  ausgestreckten  Hände  hat  sie  einen  zappelnden  und  sich  umblicken- 
den nackten  Knaben  am  Handgelenk  gefafst.  Die  Bedeutung  liegt  klar  zu  Tage: 
es  ist  ein  Todesdämon,  wie  es  dem  Charakter  der  Harpyien  entspricht1.  Die  Ver- 
mischung mit  dem  Gorgonentypus  kann  nicht  auffallen,  wenn  man  bedenkt,  wie 
nahe  diese  Gestalten  unter  einander  verwandt  sind,  ja  wie  sie  geradezu  in  einander 
übergehen  (vgl.  Röscher  Myth.  Lex.,  Harpyien). 

Sehr  grofse  Übereinstimmung  mit  der  hier  abgebildeten  Darstellung  bietet 
das  Relief  einer  in  Picenum  gefundenen  bronzenen  Situla  [Notizie  d.  scavi  1877 
S.  114.  Arch.  Zeitg.  XXXV  S.  179);  nur  dafs  die  Harpyie  die  zwei  nackten  Knaben 
nicht  blofs  mit  je  einer  Hand  am  Handgelenk,  sondern  auch  mit  je  einem  Fufse  an 
der  Hüfte  gepackt  hat. 


')  Hom.  0241,    \  371,    u.  77.     Kaibel   epigr.gr.  1046,  13:    ouvsx«    oi   notiSoc;  —  "Apftuiai    KA(o!}<Bve{   &.t7{- 

petitavTO  jjiXaivat. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts'!.  l(3 


212 


Malmberg,  Attalisches  Weihgeschenk. 


Auf  der  Schulter  unserer  Vase  ist  ein  nach  r.  laufender  Jüngling  dargestellt, 
der  einen  grofsen  Vogel  mit  der  L.  beim  Halse  gefafst  hat,  während  er  in  der  R. 
einen  kurzen  Stock  schwingt. 


R.  Engelmann. 


"Nry^^X 


ArrX^^s 


\Jju^i^  \to^~3x~^£Jk 


ÜBER  ZWEI  FIGUREN  AUS  DEM  WEIHGESCHENKE 
DES  ATTALOS. 

Zwei  Figuren  des  attalischen  Weihgeschenkes,  der  todte  Jüngling  in  Venedig 
{Monumenti  IX  Tav.  20,  3)  und  der  sterbende  Krieger  in  Neapel  ( Tav.  20, 4),  zeichnen 
sich  durch  die  Eigentümlichkeit  ihrer  Verwundung  aus:  beide  erscheinen  nämlich 
von  einem  mächtigen  Lanzenstofse  durchbohrt. 

Bei  der  zweiten  Figur  scheint  die  Art  der  Verwundung  kaum  erörtert  worden 
zu  sein;  bei  der  ersten  sprechen  Brunn1  und  Overbeck2  von  einer  Durchbohrung, 
Dütschke3  scheint  anderer  Ansicht;  sehr  bestimmt  widersprechen  Friederichs-Wolters4. 
Es  wird  daher  nicht  überflüssig  sein,  die  Gründe  für  unsere  Meinung  darzulegen. 

Bei  dem  jugendlichen  Gallier  befinden  sich  im  Bauche  dicht  an  den  Rippen 
in  gleicher  Höhe  vom  Gürtel  zwei  tiefe  runde  Löcher,  die  sich  genau  gegenüberliegen; 
an  zwei  Stellen  derselben  zeigt  sich  je  ein  Einschnitt  so,  dafs  der  eine  die  Verlän- 
gerung des  anderen  bildet.    Diese  Einschnitte  —  sie  laufen  vertical,  wenn  man  sich 


1)  Ann.  d.  I.  1870  p.  302. 

2)  Plastik3  II  S.  208. 

3)  Antike  Bildwerke  in  Oberitalien  V  S.  77:  »Unter 
der  r.  Brust  eine  tiefe  runde  Wunde,  eine  eben- 
solche an  der  1.,  aus  welcher  auf  die  Basis  Blut 
herausströmt.« 

4)  Friederichs  -  Wolters  Gipsabgüsse  ant.  Bildw. 
S.  519:    »Der   Jüngling  ist   durch    drei  Wunden 


gefallen,  eine  Schnittwunde  und  zwei  Schufs- 
wunden,  die  von  einer  Schleuderkugel,  oder  da 
man  diese  Waffe  hier  schwerlich  wird  .voraus- 
setzen können,  von  Pfeilschüssen  herzurühren 
scheinen,  denn  man  sieht  nicht  ein,  wie 
Schwert  oder  Lanze  solche  Wunden  ver- 
ursacht haben  könnten«. 


Malmberg,  Attalisches  Weihgeschenk.  2 1 3 

die  Figur  aufrecht  denkt  —  sind  am  Rande  der  Öffnung  breiter  und  gehen  dann 
spitz  zu,  als  wenn  in  die  runden  Wunden  nach  zwei  Seiten  hin  noch  Einschnitte  mit 
einem  Messer  gemacht  seien.  Dafs  weder  Schwert  noch  Schleuderkugel  eine  solche 
Wunde  hervorbringen  kann,  ist  klar.  Gegen  die  Annahme  von  Pfeilen  spricht  aber 
nicht  nur  das  genaue  Gegenüberliegen  der  Wunden,  da  ja  nicht  zu  glauben  ist,  dafs 
ein  Pfeil  zu  einer  Seite  hinein-  und  zur  anderen  hinausgegangen  sein  könnte,  son- 
dern auch  ihre  Gröfse:  bei  halber  natürlicher  Gröfse  der  Statuen  beträgt  nämlich 
die  runde  Öffnung  beim  Jünglinge  0,016  m,  die  ganze  Wunde  von  einem  Ende  des 
Einschnittes  bis  zum  anderen  0,038  m5.  Unzweifelhaft  kann  die  Waffe,  welche  diese 
Wunden  verursacht  hat,  nur  eine  Lanze  gewesen  sein.  In  der  Wirklichkeit  freilich 
würde  sich  nach  dem  Herausziehen  der  Lanze  die  Wunde  mehr  oder  weniger  zu- 
sammenziehen; der  Künstler  hat  also  entweder  eine  kleine  Ungenauigkeit  begangen 
oder  sich  die  Lanze  noch  in  der  Wunde  steckend  gedacht.  Den  Vorgang  haben 
wir  uns  ungefähr  so  vorzustellen,  dafs  den  Augenblick,  wo  der  Jüngling  seinen 
rechten  Arm  gegen  einen  Feind  hob,  ein  anderer  benutzte,  um  ihm  von  der  rechten 
unbeschützten  Seite  die  Lanze  durch  den  Leib  zu  rennen.  Dafs  derjenige,  welcher 
ihn  durchbohrte,  zu  Fufs  war,  folgt  daraus,  dafs  beide  Öffnungen  in  gleicher  Höhe 
sich  befinden,  und  zwar  entspricht  ihre  Höhe  derjenigen  der  eingelegten  Lanze 
eines  Fufskämpfers.  Dafs  der  Stofs  von  rechts  nach  links  ging,  ergiebt  sich  daraus, 
dafs  die  Figur,  obwohl  sie  auf  dem  Rücken  liegt,  doch  eine  entschiedene  Wendung 
nach  links  nimmt. 

Wenden  wir  uns  jetzt  zu  unserer  zweiten  Figur.  Hier  sind  die  beiden 
Öffnungen  nicht  in  gleicher  Höhe:  die  eine  befindet  sich  auf  der  linken  Seite, 
ziemlich  nach  vorn,  dicht  an  den  Rippen,  ähnlich  wie  beim  Jüngling;  die  andere 
in  der  Gegend  des  rechten  Schulterblattes.  Die  Abbildung  bei  Overbeck  (Plastik  II3 
Fig.  124,9)  ist  ganz  unrichtig,  da  hier  die  Wunde  wie  von  einem  Schwertstiche  her- 
rührend gegeben  ist;  aber  auch  die  beste  Abbildung,  die  der  Monumenti,  ist  hierin 
ungenau,  da  auch  sie  die  Einschnitte  an  der  runden  Öffnung  fortläfst.  Freilich  sind 
auch  am  Abgufs  die  Einschnitte  an  dieser  Figur  weniger  deutlich  als  an  der  an- 
deren; das  erklärt  sich  aber  sehr  leicht  aus  der  fast  sitzenden  Stellung,  in 
welcher,  da  die  Einschnitte  wie  beim  Jüngling  senkrecht  laufen,  der  untere  von  dem 
plastisch  angegebenen  Blute  zum  Theil  verdeckt  wird.  Die  oberen  Einschnitte  sind 
aber  auch  an  dieser  Figur  gar  nicht  zu  verkennen6.  Merkwürdig  bleibt  es,  dafs  nur 
Finati7  bei  dieser  Figur  an  einen  Lanzenstich  gedacht  hat,  während  andere  nur  von 
einer  »runden«  oder  »grofsen  und  stark  blutenden«  Wunde  sprechen;  nur  Bellieure 8 
sagt:   i>Alius,  qui  in  actn  cadendi  est,  confossum  habet  corpus  a  mamilla  sinistra  trans 

5)  Das    Mafs   von  0,038    bezieht    sich   nur   auf  die  schnitte  =  0,03,    auf  der   gereckten   r.   Seite  = 
Wunde  an  der  r.  Seite,  die  1.  mifst  0,016:  0,032;            0,018  und  0,032m. 

doch  ist  die  r.  Seite  gestreckt,  die  1.  zusammen-        7)  Mus.  Borb.  IX   tav.  24:    »no   sapremmo   determi- 
gedrückt.     .  nare  se  da  lancia  0  da  quäle  altra  arma  sia  stata 

6)  Die  Öffnung   an  der  1.  gedrückten  Seite   ist  bei  prodotta«. 

dieser  Figur  0,016 — 19  m,  mit  dem  oberen  Ein-        8)  Bei  Klügmann,  Arch.  Ztg.  1876   S.  34. 

16* 


214  Milchhoefer,   Südmetopen  des  Parthenon. 

humer osi.  Doch  ist  auch  der  neapolitanische  Krieger  von  rechts  nach  links  oder 
wenn  man  will  von  hinten  nach  vorn  durchbohrt  worden,  denn  sonst  müfste  man 
annehmen,  dafs  der  Stofs  von  unten  nach  oben  —  hinten  ist  die  Wunde  höher  — 
geführt  worden  sei,  was  doch  schwer  möglich  ist;  auch  ist  der  Mann  auf  seine  linke 
Seite  gestürzt.  Da  die  Richtung  des  Stofses  von  oben  nach  unten  geht,  die  Wunde 
am  Rücken  auch  etwas  hoch  ist,  einer  geschwungenen  oder  geworfenen  Lanze  aber 
die  Kraft  gemangelt  hätte,  an  dieser  Stelle  den  Körper  zu  durchdringen,  so  müssen 
wir  voraussetzen,  dafs  der  Stofs  von  einem  Reiter  herrührt.  Unter  den  Gegnern 
der  Gallier  —  und  dies  waren  bekanntlich  die  Pergamener  —  waren  also  Krieger 
sowohl  zu  Pferde  als  zu  Fufs,  wie  z.  B.  auch  die  kämpfenden  Amazonen  auf  den 
Kunstwerken  nur  zum  Theil  beritten  erscheinen. 

Zuletzt  möchte  ich  noch  auf  eine  Figur  hinweisen,  die,  wie  ich  glaube,  in 
ihrer  Anordnung  mit  dem  sterbenden  Krieger  in  Neapel  mehr  übereinstimmt  als 
der  sogenannte  capitolinische  Fechter,  der  bis  jetzt  immer  zum  Vergleich  hinzuge- 
zogen worden  ist:  ich  meine  den  zu  Füfsen  Apollo's  hingestreckten  jungen  Giganten 
aus  Pergamon9.  Der  Gigant  ist  nach  derselben  Seite,  wie  der  sterbende  Krieger 
gewendet,  während  die  capitolinische  Statue  die  entgegengesetzte  Richtung  einhält; 
die  rechte  Hand  der  pergamenischen  Figur,  wie  man  es  noch  deutlich  an  den 
Spuren  des  Armes  sieht,  berührte  den  Boden,  wie  die  neapolitanische;  die  capito- 
linische stützte  dagegen  ihre  linke  Hand  auf  den  rechten  Oberschenkel.  Die  unwe- 
sentlichen Abweichungen  in  der  Anordnung  des  pergamenischen  Giganten  und  des  nea- 
politanischen Galliers  werden  wohl  zumeist  auf  die  Verschiedenheit  der  Anforderung, 
welche  ein  Relief  und  ein  Rundwerk  an  den  Künstler  stellt,  zurückzuführen  sein. 

Petersburg.  W.  Malmberg. 

DIE  MITTLEREN  SÜDMETOPEN  DES  PARTHENON. 

Dafs  die  acht  mittleren  Südmetopen  am  Parthenon  (Michaelis,  Parthenon 
Taf.  3  no.  XIII — XX)  nicht  in  den  Zusammenhang  des  Kentaurenkampfes  gehören 
welcher  die  24  (je  12)  rechts  und  links  anschliefsenden  Relieftafeln  einnimmt,  be- 
darf heute  keines  Beweises  mehr  (vgl.  Petersen,  die  Kunst  des  Pheidias,  S.  227  fg.)1. 

Auf  eine  Erklärung  der  uns  fast  nur  in  Carrey's  Zeichnungen  erhaltenen 
Mittelbilder  hat  man  heute  so  ziemlich  verzichtet.  Eine  Kritik  der  älteren  Versuche 
(von  O.  Müller,  Bröndsted  u.  s.  w.)  erscheint  überflüssig8. 

9)  Beschr.  d.  perg.  Bildwerke  S.  9.  2)  Petersen,    a.  a.  O.  S.  228  sagt,    »  dafs   nur   dann 

"■)  Die    Zugehörigkeit    von   Met.  XXI   zu   letzterem  eine  gewisse  Sicherheit  der  Erklärung  zu  hoffen 

haben   Michaelis    a.  a.  O.    S.   135    und   Petersen  wäre,  wenn  alle  oder  doch  mehrere  Metopen  als 

a.  a.  O.    219  fg.    erwiesen.     O.    Rofsbach's    Ver-  zusammengehörig  erwiesen   würden.   —  —  Aber 

such ,    die  Symmetrie  wieder  aufzuheben ,    indem  eine   Erklärung   habe   ich    nicht «.      Nach    Over- 

er  Met.  XIII  gleichfalls  zur  Kentauromachie  zieht  beck,    Gesch.  d.  Plastik  I3  S.  316  hat   für   diese 

(Archäol.  Zeitung   1884  S.  57 fg.),  wird  hinfällig,  Reliefs    »keine    auch     nur    einigermafsen    wahr- 

wenn  sich  die  nachstehende  Deutung  bewährt.  scheinliche  Erklärung  gefunden  werden  können«. 


Milchhoefer,  Südmetopen   des  Parthenon.  215 

Es  darf  als  natürlichste  Voraussetzung,  ja  fast  als  Forderung  gelten,  dafs 
unsere  8  Metopen  demselben  mythischen  Stoffe  angehören3.  Dies  wird  noch  wahr- 
scheinlicher durch  die  fühlbare  Unselbständigkeit  einzelner  Metopenbilder,  die  sich 
theils  in  dem  Mangel  an  Handlung,  theils  in  der  Einseitigkeit  der  Motive  ausspricht. 
Während  in  den  meisten  Kentaurenreliefs  Abrundung  und  ein  gewisses  Gleichge- 
wicht der  gegen  einander  wirkenden  Bewegungen  zu  beobachten  ist,  wird  hier  der 
Blick  offenbar  mit  künstlerischer  Absicht  hinausgelenkt4. 

Daneben  und  im  Zusammenhange  damit  nehmen  wir,  —  um  zunächst  noch 
beim  rein  Formalen  zu  bleiben,  —  unverkennbare  Züge  von  Responsion  wahr.  Das 
nachfolgende  Schema,  welches  ich  ohne  Begründung  hersetzen  darf,  kann  indefs 
ebensowohl  dem  künstlerischen  Tact  wie  bewufster  Absicht  entsprungen  sein: 


XIII.     XIV.     XV.     XVI 


I.  2.  3.  4. 


XVII.    XVIII.     XIX.    XX. 
5.  6.  7.         8. 


Aufserdem  correspondirt  aber  die  5.  Metope  (XVII.)  auch  auffallend  mit  der  8.  (XX.) 
und  verkettet  damit  die  beiden  Gruppen. 

Den  Mittelpunkt  der  ersten  Gruppe  bildet  ein  Gespann  (Met.  XV),  umgeben 
von  je  einer  Metope  mit  bewegteren  (XIV,  XVI)  und  mit  ruhigeren  Figuren  (XIII, 
XVII).  Auf  den  drei  übrigen  Metopen  zur  Rechten  (XVIII.  XIX.  XX)  ragt  in  der  mitt- 
leren eine  Frauengestalt  hervor,  deren  heroinenhafte  Gröfse  und  Haltung  (es  ist  der 
Gestus  trüben  Sinnens,  in  der  Kunst  bekannt  an  Penelope,  Sterope,  Medea,  »Thus- 
nelda«, Kanake  u.  s.  w.)  sie  bestimmt  genug  vor  den  Anderen  auszeichnet. 

Ehe  eine  Deutung  der  Situation  gegeben  wird,  mufs  ich  noch  der  Attribute 
und  einiger  Motive  Erwähnung  thun,  welche  aus  sich  selbst,  auch  ohne  Unterlegung 
eines  bestimmten  Mythos,  richtiger  zu  erklären  sind  als  bisher  geschehen  ist. 

Auf  Metope  XIV,  XVII,  XX  bemerken  wir  verschiedene  von  den  weib- 
lichen Figuren  getragene  Gegenstände.  Es  liegt  durchaus  keine  Veranlassung  vor, 
darin  etwas  Anderes  zu  erkennen,  als  wir  sonst  in  den  Händen  von  Mädchen  zu 
sehen  gewohnt  sind:  Körbchen  und  Kranz  (oder  Pyxis  und  Deckel?)  auf  Met.  XIV; 
eine  kleine  Lade  am  Rande  links  auf  XX  und  Gewandstücke  oder  Ähnliches  bei 
der  Figur  zur  Rechten  Met.  XVII  und  zur  Linken  Met.  XX.  Das  Object  in  der 
Rechten  des  zweiten  Mädchens  auf  derselben  Metope  (Plektron?)  ist  gewifs  vom 
Zeichner  verkannt  worden. 

Die  bisherigen  Erklärungsversuche  haben  der  »Kampfscene«  auf  Metope  XVI 
besondere  Aufmerksamkeit  geschenkt.  Aber  ist  sie  das  wirklich?  Sehr  ungewöhn- 
lich wäre  doch  schon  die  Lage  des  Gefallenen,  welcher  mit  starker  Drehung  des 
Hauptes  nicht  zum  Gegner,  sondern  nach  der  anderen  Seite  emporblickt5.  Eben 
dahin,    nicht  auf  sein  Opfer,    schaut  auch  der  »Sieger«,    welcher  obendrein  wie  er- 

3)  Vgl.  Petersen's  in  der  vorigen  Anm.  ausgeschrie-  auf  Taf.  4  bei  Michaelis,   mit  dessen  schlagender 

bene   Worte.  Deutung  aus  der  Iliupersis. 

*)  Vgl.   die  Nordmetopen,    namentlich  XXIV.  XXV        5)  Man  vergleiche  im  Gegensatz  dazu  die  Haltung 
Unterliegender  auf  den   anderen  Parthenonmetopen. 


2l6  Milchhoefer,   SUdmetopen  des  Parthenon. 

schreckt  zurückprallt.  In  Wirklichkeit  bildet  er  das  unverkennbare  Gegenstück  zu 
dem  Jüngling  der  XIV.  Metope,  dessen  heftige  Bewegung  auch  das  Mädchen  theilt6. 
Die  ersten  Spuren  von  starrem  Schreck  und  von  Verwirrung  lassen  sich  sehr  wohl 
auch  auf  Metope  XIII  erkennen7.  Offenbar  lag  dem  Künstler  daran,  Bewegung 
und  Ruhe  möglichst  zu  vertheilen.  Deshalb  zeigt  auch  Metope  XVII  in  der  weib- 
lichen Figur  noch  vollkommene  Unbefangenheit,  bei  dem  Jünglinge  erst  eine  unwill- 
kürliche Wendung8.  Auf  Met.  XVIII  wieder  eilige  Flucht  zu  dem  zweiten,  ruhigen 
Mittelpunkt;  nur  eine  kleine  weibliche  Figur,  ein  Kind,  ist  sich  der  Gefahr  noch 
nicht  bewufst.  Diese  Gefahr  kommt  somit  entweder  von  unsichtbarer  Stelle  oder 
von  dem  Gespanne  (Met.  XV)  her,  um  welches  sich  in  der  That  die  Bewegung  nach 
rechts  und  links  wellenartig  fortpflanzt. 

Ich  erkenne  in  unseren  Metopen  die  Darstellung  eines  göttlichen  Gerichtes, 
mit  welcher  Phidias  auch  den  Zeusthron  zu  Olympia  schmückte,  die  Tödtung  der 
Niobiden.  Bestrafung  der  ußpt?  ist  der  Gedanke,  welche  sie  zu  dieser  Stelle,  in- 
mitten der  Kentaurenmetopen,  berechtigte9. 

Die  Gottheiten  erschienen,  wie  ich  jetzt  annehme,  selber  auf  ihrem  Ge- 
spanne (Met.  XV),  inmitten  der  blühenden  Jugend10.  Die  Mutter  darf  nicht  fehlen; 
wir  erblicken  sie  in  der  Heroine  auf  Metope  XIX  (s.  oben).  Noch  herrscht  hier, 
gegen  den  Endpunkt  der  Handlung,  Ruhe.  Aber  die  Entdeckung  des  Unheils, 
welches  Niobe  zu  ahnen  scheint,  steht  unmittelbar  bevor. 

Ich  halte  es  für  unnöthig,  zum  Belege  jüngere  Niobidendarstellungen  her- 
anzuziehen, wiewohl  sich  mehrere  Vergleiche  im  Einzelnen  anstellen  liefsen. 

Als  nächststehende  Denkmäler  für  diesen  Mythos  bieten  sich  uns  einige  (zu- 
letzt von  Heydemann,  Berichte  d.  sächs.  Ges.  1875  S.  205  fg.)  behandelte  Vasenbilder. 
Indefs  genügt  es  auch  hier11  auf  dasjenige  Gefäfs  zu  verweisen,  welches  unter  den 
Niobidenvasen  in  jeder  Beziehung  die  erste  Stelle  einnimmt,  auf  die  Vulcenter 
Schale  des  Britischen  Museums". 

6)  Als  Analogien    für   dieses  Motiv  bieten  sich  na-  9)  Vgl.  Petersen  S.  356.    Overbeck,  Gesch.  d.  Plast, 

mentlich  die  vor  den  Gespannen  zurückweichen-  1 3  S.  260.    Die  Reliefs  an  den  Lehnen  des  Zeus- 

den   Junglinge    des    Parthenonfrieses    (Michaelis  thrones   » predigen   den   Satz,    dafs    der   Mensch 

Taf.  9,27;   12,47  und  58);  aber  auch  der  unter-  sich  gegen  die  Gottheit  nicht  überheben  solle«, 

liegende  Poseidon  im  Westgiebel.  10)  Vgl.   den  Fries  von  Phigalia   und  die  Niobiden- 

*)  Dies  hat  schon  Rofsbach  a.  a.  O.  ausgeführt,  vase  in  Ruvo  (Stark,  Niobe  Taf.  II).  Der  Zeich- 
welcher  insofern  mit  Recht  Metope  XXI ,  die  ner  wird  die  zweite  Figur  auf  dem  Reliefgrunde 
Frauen  vor  dem  Götterbilde  aus  der  Kentauro-  nicht  mehr  erkannt  haben.  Von  dem  Gedanken 
machie,  verglich.  Gerade  die  letztere  erweist  an  einen  Niobiden,  der  seine  Rosse  tummelt, 
eine  starke,  offenbar  auf  tektonischen  und  stili-  bin  ich  zurückgekehrt,  nachdem  mich  auch  Furt- 
stischen Rücksichten  beruhende  Mäfsigung  des  wängler  in  der  ersten  Voraussetzung  bestärkt  hat. 
Pathos.  n)  Doch   vgl.    auch   den   Jüngling    vor   Apolls   Ge- 

8)  Es  mufs  indefs  dahin   gestellt  bleiben,   wie  weit  spann  auf  der  Amphora  zu  Ruvo  (Stark   a.  a.  O. 

etwa  die  Motive  durch   die  Hand  des  Zeichners  Taf.  II)    mit    demjenigen    unserer    Metope  XVI, 

abgeschwächt  sind.  —  Übrigens  entscheidet  der  rechts. 

letzterwähnte  Jüngling   meines   Erachtens   gegen  '-')  Heydemann    a.  a.  O.    Taf.  III   a  —  c.      Die   nach 

Rofsbach  für  die  Männlichkeit   der  F'igur  rechts  einer  Pause  gegebene  Abbildung  ist  wohl  etwas 

auf  der  correspondirenden  Metope  XIII.  zu  flau.     Gewifs  der  Erfindung  nach,  wahrschein- 


Furtwängler,  Zum  betenden  Knaben.  2 1  7 

Auch  hier  sehen  wir  erst  den  Anfang  des  tragischen  Geschicks.  Die  Kinder, 
drei  Knaben  und  drei  Mädchen,  sind  in  eiliger  Flucht  zu  den  Seiten  der  Götter 
dargestellt.  Einem  der  Söhne  ist  die  Lyra  entfallen.  Diese  Figur  (Taf.  III,  a,  links) 
wiederholt  abermals,  nur  von  der  Rückseite  gesehen,  das  Motiv  des  Jünglings  r. 
auf  Metope  XVI.  Der  Knabe  auf  Taf.  III,  b,  zur  Linken,  ist  demjenigen  auf  Met.  XIV 
nahe  verwandt.     Für  die  Mädchen  des  Vasenbildes  vgl.  namentlich  Met.  XVIII. 

Was  schliefslich  die  Zahl  der  Niobiden  anlangt,  so  wird  man  auf  Überein- 
stimmung derselben  mit  literarischen  Angaben  schwerlich  mehr  dringen  wollen.  Es 
mag  Zufall  sein,  dafs  die  bei  den  attischen  Dichtern  des  fünften  Jahrhunderts  be- 
zeugte Anzahl  von  vierzehn  Kindern  (Stark,  Niobe  S.  95)  hier  thatsächlich  vertreten 
ist;  allerdings  9  Töchter  und  5  Söhne.  Ich  bezweifle  kaum,  dafs  der  Künstler  die 
weiblichen  Gestalten  aus  Gründen  der  Raumfüllung  bevorzugt  hat. 

A.  Milchhoefer. 

ZUM  BETENDEN  KNABEN. 

Die  nebenstehend  etwas  vergröfsert  abgebildete  Gemme  gehörte 
zur  Sammlung  des  Barons  von  Stosch  und  ist  von  Winckelmann  in  seiner 
description  des  pierres  gravees  du  feu  Baron  de  Stosch,  Florence  1760, 
p.  316,  no.  9  mit  folgenden  Worten  beschrieben:  » Cornaline \  Promethee 
deboiit  attache  au  rocher«..  Tölken  hat  in  seinem  Verzeichnifs  der  an- 
tiken vertieft  geschnittenen  Steine  der  kgl.  Gemmensammlung,  1835, 
Vorrede  p.  XX  gezeigt,  dafs  Winckelmann  seine  Beschreibung  der  Stoschischen 
Sammlung  nur  nach  den  Abdrücken,  nicht  nach  den  Originalen  angefertigt  hat. 
Dies  giebt  die  Erklärung  für  jene  seltsame  Deutung  Winckelmann's.  Was  man  am 
Originale  sofort  sieht,  dafs  der  Stein  um  den  unteren  Theil  der  Figur  herum 
ebenso  wie  an  zwei  kleinen  Stellen  des  Randes  gewaltsam  verletzt  ist,  so  dafs  hier 
Stückchen  ausgesprungen  sind,  das  ist  im  Abdruck  weniger  deutlich,  ja  man  kann 
hier  leicht  jene  zerstörte  Partie  an  den  Beinen  als  die  Andeutung  eines  Felsens  mifs- 
verstehen.  Tölken,  der  sich  sonst  gerne  seiner  Verdienste  gegenüber  Winckel- 
mann rühmt  (vgl.  Vorrede  p.  XIV),  fällt  doch  hier  eine  gröfsere  Schuld  zu  als 
letzterem;  denn  obwohl  er  das  Original  des  Steines  vor  Augen  hatte  und  es  seiner 
Schönheit  wegen  mit  Recht  unter  die  Auswahl  der  öffentlich  aufgestellten  Stücke 
aufgenommen  hat,  so  beschreibt  er  dasselbe  doch  folgendermafsen:  »Karneol.  Pro- 
metheus angeschmiedet  am  Kaukasus«   (Cl.  III  No.  42,  S.  91). 

lieh    aber   auch   zeitlich    wird    diese   Darstellung  (Man.  XI,  Taf.  40).    Robert  (Annal.  LH,   S.  287) 

nun  wohl   auch    für  älter   gelten    dürfen  als    die  nennt  die  Kylix  freilich  » certtmunte  un  poco  piit 

abgekürzte  und  meinem  Gefühl   nach  rohe  Nio-  recente  1 ;   Heydemann   (S.  214)   setzt  sie,    sicher- 

bidentödtung     auf     dem     Krater     von    Orvieto  lieh  viel  zu  spät,  in  die  Zeit  kurz  vor  Alexander. 


2 1 8  Furtwängler,  Zum  betenden  Knaben. 

Es  ist  wol  Schuld  dieser  Beschreibung,  dafs  ein  so  schönes  und  gerade  für 
Berlin  bedeutendes  Denkmal  bisher  nicht  weiter  bekannt  geworden  ist. 

Der  Stein  ist  ein  Carneol  der  schönsten  Art,  ganz  durchsichtig  und  von 
tiefer,  glühend  rother  Farbe.  Die  Arbeit  ist  von  gröfster  Sorgfalt  und  Feinheit,  so 
dafs  trotz  der  Kleinheit  der  Figur  —  der  gröfste  Durchmesser  des  Steines  beträgt 
nur  II  Millim.  —  alles  Einzelne,  namentlich  aber  der  eigentliche  Torso  auf's 
schönste  ausgebildet  ist.  Natürlich  kann  ein  einfacher  Holzschnitt,  wie  wir  ihn  hier 
bieten,  dies  nicht  alles  wiedergeben;  doch  sind  Abdrücke  der  Stoschischen  Samm- 
lung ja  sehr  verbreitet.  An  dem  antiken  Ursprünge  des  Steines  zu  zweifeln  dürfte 
nach  unserer  Ansicht  ganz  unerlaubt  sein. 

Dargestellt  ist  ein  Jüngling  mit  erhobenen  Armen.  Die  Ähnlichkeit  mit 
dem  betenden  Knaben  ist  in  die  Augen  springend  und  bestätigt  sich  bei  genauerem 
Vergleiche.  Beide  Figuren  stehen  mit  erhobenen  Armen  ruhig  aufrecht  auf  dem 
linken  Beine '  und  haben  das  rechte  entlastet  daneben  gesetzt. 

Haben  wir  Grund  zu  sagen,  dafs  unsere  Gemme  nach  der  erhaltenen  in 
Berlin  befindlichen  Statue  des  betenden  Knaben  gearbeitet  ist?  Um  diese  Frage 
zu  entscheiden,  gehen  wir  auf  die  Unterschiede  näher  ein,  die  doch  zwischen  bei- 
den obwalten. 

Diese  sind  dreierlei  Art.  Die  einen  lassen  sich  aus  den  Beschränkungen 
erklären,  welche  die  Technik  dem  Gemmenschneider  auferlegte,  so  vor  allem  die 
Haltung  der  Arme.  Auf  der  Gemme  mufsten  dieselben  höher  gehoben  werden, 
weil  sie  sonst  bei  der  gewählten  Vorderansicht  in  starker  Verkürzung  hätten  gege- 
ben werden  müssen,  was  schwierig  und  überdies  häfslich  gewesen  wäre;  auch 
durften  die  Arme  nichts  vom  Körper  verdecken.  Wenn  ferner  der  Kopf  auf  der 
Gemme  fast  geradeaus  zu  blicken  scheint  und  kaum  gehoben  ist,  so  mag  auch  das 
ein  aus  der  Technik  zu  erklärender  Verzicht  sein,  welche  gebot,  alle  Verkürzungen, 
namentlich  in  dieser  Kleinheit,  zu  meiden2. 

Ein  anderer  Unterschied  ist  dagegen  wol  darauf  zurückzuführen,  dafs  die 
Arme  des  betenden  Knaben  nicht  die  antiken  sind,  und  wenn  letztere  uns  erhalten 
wären,  würde  der  Unterschied  vermuthlich  gar  nicht  bestehen.  Es  betrifft  dieser  die 
Haltung  der  Hände.  Auf  der  Gemme  sind  die  beiden  inneren  Handflächen  nach 
aufsen  gewandt.  Dies  ist  die  durch  zahlreiche  Denkmäler  zweifellos  erwiesene  Hal- 
tung beim  Gebete  im  Alterthum;  mag  der  oder  mögen  die  Arme  mehr  oder  we- 
niger hoch  erhoben  sein,  immer  wird  doch  die  innere  Handfläche  nach  aufsen  ge- 
wendet. Die  Restauration  der  Bronzestatue,  die  wir  in  diesem  Punkte  also  als 
fehlerhaft  erklären,  läfst  die  inneren  Handflächen  nach  innen,  nach  der  Figur  selbst 
gewandt  sein. 


')  Bei   Vergleichung   der  Gemme    ist   natürlich    der  rechten    Kopfseite    des    Jünglings    ein    Versehen 

Abdruck  zu  Grunde  gelegt.    Auch  unsere  Zeich-  des  Graveurs  findet,  dessen  Instrument  hier  aus- 

nung  ist  nach  dem  Abdruck  gemacht.  geglitten  scheint,  so  dafs  der  Hals    hier  viel  zu 

2)  Ich  bemerke,  dafs  sich  neben  der  (im  Abdruck)  dick  geworden  ist. 


Puchstein,  Zum  betenden  Knaben.  2IO,   . 


Danach  könnte  also  unser  Gemmenbild  sehr  wohl  auf  die  Statue  zurück- 
gehen. Hiergegen  spricht  nun  aber  der  dritte  wesentlichere,  tiefer  greifende  Unter- 
schied zwischen  beiden.  Das  gesammte  stilistische  Gepräge  ist  ein  anderes  auf  der 
Gemme,  ein  anderes  in  der  Statue.  Die  Sorgfalt,  mit  welcher  erstere  ausgeführt 
ist,  die  scharfe  bewufste  Art,  mit  welcher  gerade  die  charakteristischen  Züge  be- 
handelt sind,  läfst  es  nicht  zu,  bei  dem  Gemmenschneider  nur  ein  unwillkürliches 
Einmengen  seiner  eigenen  stilistischen  Gewohnheiten  in  sein  Vorbild  zu  erkennen; 
wir  müssen  vielmehr  zugeben,  die  Gemme  will  eine  von  der  Statue  stilistisch 
durchaus  verschiedene  Figur  wiedergeben. 

Und  zwar  eine,  die  im  Motive  zwar  mit  dem  betenden  Knaben  übereinstimmt, 
im  Stile  aber  wesentlich  ältere  Züge  trägt.  Die  Statue  stellt  in  meisterhafter  Voll- 
endung die  weichen  vollen  Formen  eines  Knaben  dar,  die  alle  durch  sich  rundende 
Übergänge  ineinander  verschmolzen  sind,  etwa  so  wie  wir  dies  auch  an  den  besten 
Repliken  des  Apollon  Sauroktonos  finden.  Die  Gemme  zeigt  uns  die  klar  umschrie- 
bene und  scharf  sich  absetzende  Muskulatur  eines  gereifteren  jugendlichen  Körpers, 
die  jener  Rundung  und  Weichheit  entbehrt  und  vielmehr  dem  polykletischen  Ideale 
sich  nähert3.  Hieran  reiht  sich  die  Verschiedenheit  des  Kopfes,  der  an  der  Statue 
verhältnifsmäfsig  viel  kleiner  ist  als  auf  der  Gemme.  Und  auch  ein  Unterschied  in 
der  Stellung  des  entlasteten  rechten  Beines  gehört  in  diesen  Zusammenhang.  Das- 
selbe schliefst  sich  bei  der  Statue  näher  an  das  Standbein  an,  während  es  hier, 
weniger  elegant  aber  der  Weise  älterer  Statuen  entsprechender,  etwas  mehr  zur 
Seite  gesetzt  ist. 

So  gewinnen  wir  also  durch  unsere  Gemme,  wie  es  scheint,  die  Vorstellung 
von  einer  älteren  Stufe  derselben  Composition,  die  uns  in  der  schönen  Statue  des 
Berliner  Museums  erhalten  ist.  Das  dürfte  uns  nicht  wundern;  denn  das  Thema, 
die  Statue  eines  jugendlichen  betenden  Siegers,  war  ganz  gewifs  schon  früheren 
Künstlern  gestellt  worden,  als  dem  wir  jene  verdanken. 

A.  Furtwängler. 


^^,^ 


ZUM   BETENDEN  KNABEN. 

Durch  die  Untersuchung  über  die  Herkunft  des  Betenden  Knaben  (oben 
S.  I  ff.)  ist  endlich  erwiesen,  dafs  die  früheren  Angaben  von  einem  Funde  in  Hercu- 
laneum  oder  in  Rom  etwa  im  Tiberbette  ganz  grundlos  erfunden  sein  müssen.  Mag 
es  nunmehr,  nachdem  das  Richtige  spät  wieder  entdeckt  ist,  für  die  Würdigung 
unserer  schönen  Bronze  keinerlei  Vortheil  gewähren,  sich  noch  weiter  um  jene  fal- 
schen Traditionen  zu  kümmern,    so  mufs  doch  ordnungsmäfsig  versucht  werden  im 

3)  Man  vergleiche  namentlich   die  Brust   mit   ihren  über    der   Hüfte.      Unsere   Abbildung    reicht   zu 

kräftigen  Muskeln  und    dem    scharf  absetzenden  diesen  Vergleichen  freilich  nicht  ganz  aus. 

unteren  Rande,   ferner  den  schrägen  Bauchmuskel 


220  Puchstein,  Zum  betenden  Knaben. 


Anschlufs  an  das  oben  S.  6  Gesagte  Zeit,  Ort  und  Urheber  derartiger  Legenden 
nach  Möglichkeit  ausfindig  zu  machen. 

Levezow  in  der  Amalthea  II,  1822  S.  356  bezeichnet  die  Geschichte  vom 
Funde  in  Herculaneum  als  Nachricht  der  französischen  Antiquare,  und  indem  er 
gesteht  nicht  zu  wissen,  woher  dieselbe  stammt,  fährt  er  fort:  »die  mit  der  Statue 
von  Rom  und  Wien  nach  Berlin  gewanderte  Tradition  schrieb  ihr  als  Fundort  Rom 
selbst  und  zwar  die  Gegend  an  der  Tiber  oder  wohl  gar  das  Bette  des  Flusses  zu«. 
In  diesen  Worten  macht  die  Unterscheidung  zwischen  der  Gegend  am  Tiber  und 
dem  Bett  desselben  ganz  den  Eindruck,  als  berichtete  Levezow  getreu  von  einer 
detaillirten  mündlich  überlieferten  Angabe.  Aber  es  ist  sehr  auffällig,  einmal,  dafs 
er  1808  in  der  Schrift  de  iuvenis  adorantis  signo  von  dieser  zwiespältigen  Fundnotiz 
nichts  hatte  verlauten  lassen,  indem  er  einfach  das  Tiberbett  als  Fundstelle  nannte ', 
und  zweitens,  dafs  er  fünf  Jahre  früher2  weiter  nichts  wufste,  als  dafs  Prinz  Eugen 
die  Bronze  vom  Papste  Clemens  XI.  zum  Geschenk  bekommen  hatte.  In  dem  Auf- 
satze von  1808  beruft  sich  Levezow  zwar  für  seine  Behauptung  auf  M.  Oesterreich, 
den  »Inspector  der  grofsen  königlichen  Bildergalerie  zu  Sanssouci«,  aber  weder  in 
der  französischen  Ausgabe  von  dessen  »Beschreibung  und  Erklärung  der  Gruppen  etc. 
Sr.  Majestät  des  Königs  von  Preufsen  vom  Jahre  1774«  (S.  15  Anm.)  noch  in  der 
deutschen  von  1775  (S.  21  Anm.)  steht  irgend  etwas  über  den  angeblichen  Fund- 
ort: Oesterreich  berichtet  nur  »die  Statue  gehörte  dem  Prinz  Eugen  von  Savoyen, 
welcher  sie  vom  Pabst  Clemens  XL  geschenkt  erhalten«  3. 

Andere  Quellen  für  diese  in  Sanssouci  beziehungsweise  Berlin  heimischen 
Traditionen  sind  mir  nicht  bekannt  geworden,  und  existiren  gewifs  auch  nicht. 
Wiewohl  ja  Friedrich  der  Grofse  von  Wien  her  durch  die  Ankaufsverhandlungen 
ausdrücklich  erfahren  hatte,  dafs  der  »Antinous«  einst  vom  Marquis  de  Belleisle, 
dem  Sohne  Foucquet's,  erworben  war,  ist  diese  Kenntnifs  weder  in  Wien  noch  in 
Sanssouci  aus  dem  fürstlichen  Kreise  der  Besitzer  und  Verehrer  unserer  Statue  zu 
den  Galerieinspectoren  und  Touristen  hinabgedrungen;  dieselben  waren  auf  Gerüchte 
oder  eigene  Erfindungen  angewiesen:  aus  was  für  einer  Combination  M.  Oesterreich 
auf  Clemens  XI.  (1700 — 1721)  als  ersten  überlieferten  Eigenthümer  verfallen  ist,  wird 
nicht  mehr  zu  errathen  sein. 

Wenn  man  nun  berücksichtigt,  dafs  dieser  Irrthum  bei  der  Versetzung  der 
Statue  (bald  nach  dem  Tode  Friedrichs  des  Grofsen)  von  Sanssouci  nach  Berlin  mit- 
wanderte und  sich  hier  mindestens  bis  zum  Jahre  1803  ohne  weiteren  Zusatz  erhielt, 
so  ist  es  kaum  möglich,  die  zuerst  1808  von  Levezow  hinzugefügte  Fundnotiz  für 
echte  Tradition  zu  halten  und  ihr  Beachtung  zu  schenken.  Da  Levezow  späterhin 
ohne  Zweifel  selbständig  seine  Angabe  weiter  ausgeführt  hat,  darf  man  vermuthen, 
dafs  er  auch  bei  der  ersten  Bildung  der  Sage  vom  Funde  im  Tiber  irgendwie  be- 
theiligt war,    wenn  auch  unbewufst  nur  dadurch,    dafs  er  1803  an  die  alte  Deutung 


')  S.  3:  sunt  qui  tradunt  statuam  repcrtam  esse  Ro-        3)  Dasselbe  wiederholt  F.  Nicolai,  Beschreibung  der 
mae  in   Tiberis  alveo,  quo  anno,  incerlum  cet.  königl.  Residenzstädte  Berlin    und  Potsdam   III, 

2)  Im  »Freimüthigen«   1803   S.  67.  Berlin   1786,  S.  1205. 


Puchstein,  Zum  betenden   Knaben.  221 


der  Figur  angeknüpft  hatte:  es  sei  Antinous  dargestellt  »im  Augenblicke,  wo  er 
das  Gelübde  ablegt  und  sich  in  den  Nil  stürzen  will«.  Wie  sehr  aber  die  dunkle 
Vorgeschichte  der  schönen  Statue  bis  in  neueste  Zeit  zur  Sagenbildung  reizte, 
mögen  J.  Friedlaender's  Worte  lehren  (Zur  Geschichte  der  königlichen  Museen  in 
Berlin,  1880,  S.  10):  »diese  Bildsäule  soll  im  Tiber  unter  der  Engelsburg  gefun- 
den worden  sein  ....  Zuerst  im  Besitze  des  Papstes  Clemens  XL,  dann  des 
Vaters  des  Marschalls  Belleisle  u.  s.  w.« 

Nicht  minder  bedenklich  steht  es  um  die  »französische«  Nachricht,  dafs  der 
Adorant  in  Herculaneum  gefunden  sei.  Die  französischen  Antiquare  hatten  zuerst 
im  Jahre  1807,  als  die  nach  der  Schlacht  bei  Jena  aus  Berlin,  Cassel  und  anderen 
deutschen  Städten  geraubten  Kunstwerke  in  Paris  ausgestellt  wurden,  Veranlassung 
sich  mit  dem  Betenden  Knaben  zu  beschäftigen.  Und  in  der  That  ist  in  dem 
denkwürdigen  Kataloge  Statues,  bustes,  basreliefs,  bronzes  et  autres  antiquites,  pein- 
tures,  dessins  et  objets  curieux  conquis  par  la  Grande  Armee  dans  /es  annees  1806  et 
180J;  dont  Vexposition  a  eu  Heu  le  14  Octobre  180J,  premier  anniversaire  de  la  ba- 
taille  d'Jena.  Paris,  Dubray,  imprimeur  du  Musee  Napoleon,  1807  S.  7  n.  36  zu  dem 
jeune  athlete  en  bronze  zum  ersten  Male  und  zwar  ohne  Anführung  irgend  einer 
Quelle  behauptet  worden:  le  hazard  avait  fait  decouvrir  ce  morceau  a  Heradanum 
avant  que  les  fouilles  de  cette  ancienne  ville  fussent  mises  en  activite.  Der  Katalog 
verschweigt  den  Namen  des  Verfassers;  aber  da  er  in  der  Officin  des  Musee  Napo- 
leon gedruckt  worden  ist,  kann  man  leicht  den  1799  berufenen  conservateur  des 
antiques  du  Musee  Napoleon,  E.  Q.  Visconti  errathen,  zumal  da  der  Text  dieses 
Ausstellungskataloges  mit  den  betreffenden  Abschnitten  der  von  Visconti  verfafsten 
Notice  des  statues,  bustes  et  basreliefs  de  la  Galerie  des  antiques  dti  Musee  Napoleon 
Paris  1811*  wörtlich  übereinstimmt.  Wenn  nun  Visconti  bei  der  Besprechung  des 
Adoranten  im  Musee  Francais  IV  (Paris  1809)5  Levezow's  Fundangaben  von  1808 
citirt  und  hinzufügt:  suivant  une  atitre  tradition  ce  bronce  avait  ete  decouvert  a 
Herculanum  a  wie  epoque  bien  anterieure  aux  fouilles  ouvertes  dans  le  meme  endroit 
par  ordre  du  roi  de  Naples,  hat  er  sicherlich  diese  Tradition  seinem  eigenen  Aus- 
stellungskataloge entlehnt. 

Bevor  man  aber  Vermuthungen  wagt,  woher  Visconti  1807  in  Paris  seine 
so  bestimmte  Nachricht  bezogen,  mufs  eine  zweite  viel  später  und  breiter  vorge- 
tragene Version  derselben  verglichen  werden.  K.  A.  Böttiger  erzählt  in  der  Amal- 
thea  I,  1820  S.  VII  Anmerkung:  ȟbrigens  erinnere  ich  mich  sehr  wohl,  aus  dem 
Munde  des  unvergefslichen  Rath  Neumann's  [gest.  7.  April  1816]  in  Wien,  als  er 
mit  mir  in  seinem  Museum  vor  der  Salzburger  Bronze  stand,  gehört  zu  haben,  er 
habe  in  einem  alten  hs.  Verzeichnisse  der  in  Belvedere  vom  Prinzen  Eugen  aufgestellten 
Statuen   gelesen,   die  Berliner  Bronze   sei  zu  gleicher  Zeit  mit  den  Dresdener  soge- 

*)  Der  Adorant  ist  S.  173  n.  237  verzeichnet.     Die        5)  An   12.  Stelle   der  Antiken    dieses  Bandes.     Vgl. 
Notice  wieder  abgedruckt  in  den  Opere  varie  IV  Opere  varie  IV  S.  159. 

S.  267  ff.     Vgl.   S.  403  n.  235. 


222  Puchstein,  Zum  betenden  Knaben. 


nannten  Vestalinnen  (17 13)  unter  den  Lavadecken  von  Herculaneum  aus  einer  Ro- 
tunde emporgehoben  und  von  dem  damaligen  Vicekönig  von  Neapel,  dem  Prinzen 
Elbeuf,  dem  kaiserlichen  Feldmarschall  Eugen  in  Wien  geschenkt  worden.« 

Soviel  ich  ermitteln  konnte,  war  Böttiger  nur  einmal  in  Wien,  im  Jahre 
181 16,  aber  erst  ein  Decennium  später  hat  er  nach  der  Erinnerung  die  ihm  angeb- 
lich zu  Theil  gewordene  Aufklärung  veröffentlicht.  Neumann  hatte  sich  allerdings 
um  specielle  Einzelheiten  der  Geschichte  des  Betenden  Knaben,  wie  das  Jahr  der 
Erwerbung  und  des  Verkaufs  durch  Liechtenstein,  bemüht,  ohne  dafs  es  ihm  ge- 
lungen wäre  durch  die  Inspectoren  der  Galerie  Liechtenstein  nähere  Daten  zu  er- 
fahren7; aber  dafs  er  jemals  ein  so  unzuverlässiges  Verzeichnifs  der  Antiken  im 
Belvedere  eingesehen  hätte,  ist  im  höchsten  Mafse  zweifelhaft.  Denn  man  könnte 
aus  der  unten  mitgetheilten  Correspondenz  leicht  herauslesen  wollen,  dafs  er,  eben 
nur  mit  dem  einstigen  Vorhandensein  der  Bronze  in  der  Galerie  Liechtenstein  be- 
kannt, erst  von  Bauer  im  Mai  181 2  Prinz  Eugen  als  früheren  Besitzer  nennen  hörte. 
Aufserdem  war  noch  lange  nach  dem  Tode  Eugens  (1736)  sowohl  die  wirkliche 
Herkunft  durch  Liechtenstein  richtig  bewahrt  als  auch  bei  Kleiners  (s.  oben  S.  2 
Anm.  5)  der  Adorant  und  die  Herculanerinnen  auseinander  gehalten  worden.  Sollte 
sich  trotzdem  in  ein  zu  Lebzeiten  Eugens  angefertigtes  Verzeichnifs  eine  solche 
Verwirrung  haben  einschleichen  können?  Auch  müfste  es  stutzig  machen,  dafs  sich 
Neumann  (und  mit  ihm  Böttiger)  in  keiner  Weise  durch  das  Schweigen  von  Gori 
und  de  Venuti 8,  die  neben  den  »Vestalinnen«  vom  Funde  einer  solchen  Statue  nicht 

6)  Vgl.  K.  W.  Böttiger,   K.  A.  Böttiger ,    eine  bio-  sagte    Statue    nach   dem  Todt  Prinz.  Eugen  Er- 
graphische Skizze.     Leipzig   1837.    S.  26.  kaufft   und   sodann   wieder    verkaufet  worden  ist. 

7)  Vgl.  die  folgende  von  R.  Schneider  mitgetheilte  Cop. :  »Diese  Statue  den  Antinuo  vorstellen!, 
eigenhändige  Notiz  Neumann's :  '  Die  bronzene  welche  Ihro  Durchlt  Fürst  -  Venzl  v.  Liechten- 
Statue  des  nackten  Jünglings  mit  aufgehobenen  stein,  von  dem  Durchlauchtigsten  Prinzen  Euge- 
Händen,  vormals  zu  Berlin,  itzt  in  Paris,  4  Fufs  nius,  den  A°  überkommen,  ist  in  die  Gal- 
4  Zoll  hoch,  soll  Friedrich  der  Grofse  um  7000  lerie  gesetzet  worden.  A°  den 
Ducaten  aus  der  Erbschaft  des  Fürsten  Joseph  ist  es  von  Ihro  Durchlcht  Ihro  Mayesttt  dem 
Wenzel  von  Lichtenstein  zu  Wien  erkaufet  haben.  König  v.  Preufsen  verkaufft  worden ,  so  der- 
Suche  hierüber  genaue  Nachricht  zu  erhalten  im  mahlen  in  Sanssoucis  aufgestellet  worden.  A° 
fürstlich  Lichtensteinischen  Hause,  wo  ich  mich  764  den  14  Nov.  aber  ist  es  heimlich  von 
erinnere  eine  Copie  davon  gesehen  zu  haben.  einem  Mayländer  abgeformt  und  gegossen  wor- 
Ist  auch  eine  bei  der  Academier'  Damit  hängt  den,  und  mit  diesem  hier  durch  Wienn  gereiset, 
dann  offenbar  der  folgende  Brief  Jos.  Bauer's  welche  ich  ihm  mit  Erlaubnifs  Ihro  Durchlt  ab- 
(vergl.   oben    S.  6   Anm.  11)    an    Neumann   d.   d.  gekauffet  habe.« 

26.  Mai   1812  zusammen:    'Aufser  hier  beygefüg-  Wahrscheinlich    müssen    die   datta   der   Zeit 

ter   Abschrift,    der   Anmärkung    des    Vinz.  Fanti  des  Verkaufes   wenig   bekant   gewesen   seyn,    da 

(damahligen  Verzeichnisses  sämmtlicher  Gemälde  sie   eben    H.  Fanti   nicht   in   erfahrung    brachte, 

und   Statuen    von   a°  1764)    fündet    sich    jrgent  welcher    doch    a°  753    schon    bey    der   Gallerie 

bey  der  Hochfürstl.  Galerie    eine  Stelle   wo    be-  wäre.' 

stimmt    nachricht   über   dafs    Erhalten    und  Ver-        8)  Gori    symbolae    litterariae    vol.   I,    Florenz    1748, 

liehren    der    bekannten    und    berühmten    Statue  p.  105.   109.    —    Marcello    de  Venuti    descrizione 

des   jungen  Antinous    zu    fünden   wäre.     Nur  ist  delle  prime  scoperte  dell'    antica  citta  d'Ereolano, 

mir   von  mündlichen    sagen    des  Sei.  Hr.   Secre-  Rom   1748,  p.  55. 


tair    Ofspenrieter   so   viell    erinnerlich,    dafs    be- 


Conze,  Zum  betenden  Knaben.  223 


berichten,  beirren  liefs.  Und  endlich  hat  R.  Schneider  nach  irgend  einem  Verzeich- 
nifs  der  Kunstschätze  Eugens  in  den  diesbezüglichen  Archiven  Wiens  vergebens 
recherchirt  und  C.  Promis  gütigst  festgestellt,  dafs  sich  auch  in  Turin  unter  den  Pa- 
pieren der  Erbin  Eugens,  der  Princessin  Anna  Victoria  von  Savoyen-Carignan,  nichts 
findet  was  auf  den  Adoranten  Bezug  hätte. 

Nach  alledem  kann  ich  mich  nicht  des  Verdachtes  erwehren,  dafs  Böttiger, 
als  Vorsteher  der  Dresdener  Antikensammlungen  mit  der  Geschichte  der  »Vesta- 
linnen«  vertraut,  andererseits  Oesterreich's  und  Visconti's  Angaben  kennend,  den 
Betenden  Knaben  mit  den  Herculanerinnen  vermengt  und  sich  über  den  Inhalt  seiner 
einstmaligen  Unterredung  mit  Neumann  gänzlich  getäuscht  hat. 

Was  endlich  Visconti  betrifft,  so  mufs  er  gleichfalls  allein  für  seine  Be- 
hauptung eines  Fundes  in  Herculaneum  verantwortlich  bleiben:  er  hat  denselben 
allem  Anscheine  nach,  bevor  er  durch  Levezow  Oesterreich's  theils  richtige  theils 
falsche  Traditionen  kennen  lernte,  aus  dem  Erhaltungszustande  der  Bronze  er- 
schlossen. Auch  heute  noch  wird  bisweilen  dieser  Grund  allen  Ernstes  für  jenen 
Fundort  geltend  gemacht.  O.  Puchstein. 

ZUM  BETENDEN  KNABEN. 

Berichtigung. 

Oben  auf  S.  8  habe  ich  als  den  ersten,  der  den  modernen  Ursprung  beider 
Arme  der  Berliner  Bronze  mit  Bestimmtheit  ausgesprochen  hat,  Furtwängler  ge- 
nannt. Dies  ist  aber  unrichtig;  die  Priorität  gebührt  vielmehr  Valentinelli,  der 
sich  in  der  S.  6  Anm.  12  angeführten  Abhandlung  (S.  9  des  Sonderdrucks)  auf  Grund 
einer  eingehenden  Prüfung  des  Originals  zu  dieser  Ansicht  bekannt  hat.  Da  die 
Arbeit  Valentinelli's  nicht  überall  zugänglich  sein  wird,  möchte  ich  darauf  hinweisen, 
dafs  Schlie  in  Bullettino  d.  Inst.   1868  S.  173  ff.  einen  Auszug  daraus  gegeben  hat. 

Bei  dieser  Gelegenheit  werde  auch  zu  Seite  11  nachgetragen,  dafs  in  der 
Mnemosyne  1878  S.  424fr.  von  J.  J.  Cornelissen  eine  haltlose  Erklärung  der  Berliner 
Statue  als  Ballspieler  aufgestellt  ist.  Conze. 


BIBLIOGRAPHIE. 

F.  Albracht    Kampf  und  Kampfschilderung  bei  Homer.     Programm  der  Landesschule  Pforta. 

B.  Arnold    de  Iride  dea  quaestionum  specimen.    Pars  I.     Programm  des  Gymnasiums  zu  Nordhausen. 
A.   Baumeister    Denkmäler  des  klassischen  Altertums.     München.     28.  und  29.  Lieferung. 

H.  Blumner    Technologie    und    Terminologie    der    Gewerbe    und    Künste    bei    Griechen    und    Römern. 

Vierter  Band,  erste  Abteilung.     Mit  zahlreichen  Abbildungen.     Leipzig.     378  S.     8°. 
Carbonaro    Le  metope  di  Selinunte  e  l'ordine  dorico  in  Sicilia.    Messina.    11  S.  und  2  Taf.    8°. 
Casagrandi    Storia  e  archeologia   romana;    studi   critici   e  polemici.     Genova.     XXIV  und  458  S.     8°- 
Cerillo    Dipinti  murali  di  Pompei.     Napoli,   1886.     20  S.  und  XX  Taf.     Fol. 
\V.  M.  Flinders   Petrie    Naukratis.     Part  I.      1884— 1885.     With    chapters    by   C.  Smith,    E.  Gardner 

and    B.  V.  Head.      (ßd   memoir    of   the   Egypt    exploration    fund.)      London.      VIII    und    100   S. 

44  Taff.     40. 
E.  Gerhard    Etruskische  Spiegel  Band  V,  bearbeitet  von  A.  Klügmann  und  G.  Körte.     Heft  4  und   5. 

Berlin.     40. 

G.  Gozzadini    Scavi  governativi  in  un  lembo   della  necropoli  Felsinea   1885 — 1886.     Bologna.     23  S., 

3  Abb.     8°. 
H.  Jordan    Der  Tempel  der  Vesta  und    das  Haus    der  Vestalinnen.     Mit  Aufnahmen   und  Zeichnungen 

von  F.  O.  Schulze  und  E.  Eichler.     Berlin.     XI  und  85  S.,    13  Taff.     gr.  8°. 
A.  Kalkmann    Pausanias  der  Perieget.     Berlin.     VI  und  295   S.     gr.  8°. 
A.  Kuhn    Mythologische  Studien.     Herausgegeben  von  Ernst  Kuhn.     I.  Bd:    Die  Herabkunft  des  Feuers 

und  des  Göttertranks.     Gütersloh.     IV  und  240  S.     8°. 
E.  Maafs    Commentatio  mythographica.     Greifswalder  Lectionskatalog,  Winter   1886/7.     22  S.     4°. 

C.  Machnig    De  oraculo  Dodonaeo  capita  V.     Breslauer  Inauguraldissertation.     39  S.     8°. 
Merimee    De  antiquis  aquarum  religionibus  in  Gallia   meridionali   ac    praesertim  in  Pyrenaeis  montibus. 

Paris.     118  S.     8°. 

Morgan  Romano-british  mosaic  pavements;  history  of  their  discovery,  and  a  record  and  interpretation 
of  their  designs.  With  plates,  piain  and  coloured,  of  the  most  important  mosaics.  London.  X  und 
323  S.     Roy. -8». 

Register  zur  archäologischen  Zeitung  Jahrgang  I — XLIII,  herausgegeben  vom  kaiserlich  deutschen  archäo- 
logischen Institut.     Berlin.    VI  und  380  S.     8°. 

Röscher    Mythologisches  Lexikon.     9.  und   10.  Lieferung.     Leipzig.     8°. 


Academie  d'archeologie  de  Belgique.     Anvers,    1886. 
Bulletin  (4e  serie  des  Annales). 

No.  VI.      L.  Delgeur,  Les  monuments  archeologiques  apocryphes.     S.  120 — 124. 
No.  VII.     L.  Delgeur,  Les  monuments  archeologiques  apocryphes.    Suite.    S.  125 — 137. 
No.  VIII.   L.  Delgeur,  Les  dernieres  decouvertes  en  Egypte.    S.  161 — 172,  2  Abb. 
Academie  des  inscriptions  et  belies  lettres.     Paris,   1886. 

Tome  XIV.     M.  Holleaux,  Sur  la  seconde  campagne  de  fouilles  sur  l'emplacement  du  temple 
dApollon  Ptoos.     S.  26—28. 
E.    Le    Blant,     Sur    les     fouilles     qui     sont    pratiquees    actuellement    ä    Rome. 

S.  31—48.    SO—54.    63—66. 
M.   Schlumberger,    Note   sur   un    plomb    du   cabinet   des   medailles    de  Munich. 
S.  49. 


Bibliographie.  225 


The  Academy.      1886. 

No.  748.     The  Egypt  exploration  fund.     S.  158  f. 

No.  752.     H.  F.  Tozer,  Notes  of  a  tour  in  the  Asiatic  Greek  islands.     S.  223 f. 
No.  754.     W.  Mercer,  The  tomb  of  an  Etruscan  lady.     S.  265  f. 
Archaeologia  Aeliana.     Newcastle,    1886.     Part  31.     Vol.  XI. 

No.  2.     John  Philipson,  Roman  horse  trappings  compared  with  modern  examples,  with  special 
references  to  the  Roman  bronzes  discovered  at  Cilurnum  and  South  Shields. 
S.  204— 215.     Plate  XVIII— XXI. 
Arte  e  Storia.     Firenze,   1886.     V.Jahrgang.      1886. 

No.  24.     M.  Lacava,  Memorie  di  Metaponto  II.     S.  169  f. 

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The  Athenaeum.      1886. 

No.  3066.     Spyr.   P.  Lambros,  Notes  from  Athens.     S.  154  f. 
No.  3068.     Mary  C.  Dawes,  The  Hieron  of  Epidaurus.     S.  216. 
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Bulletin  des  commissions  royales  d'art  et  d'archeologie  ä  Bruxelles.      1886. 

Fase.  3.  4.     H.   Schuermans,  Anciens  chemins  et  monuments  dans  les  Hautes  Fagnes   (Suite 
et  fin).     S.  121 — 224. 
A.   Cels  et  L.  de  Pauw,    Notice  archeologique   et    historique    relative  ä  Thy-le- 
Baud'huin,  ä  Castilion,  a  Vodelee  et  ä  Jamiolle.     S.  225 — 257. 
Bulletin  de  Correspondance  Hellenique.     Annee  X.      1886. 
Fase.  V  (Mai-Novembre). 

G.  Perrot,  Note  sur  quelques  poignards  de  Mycenes.     S.  341 — 356.    pl.  I — III. 
S.  Reinach,  Six  statuettes  de  Myrina.     S.  385 — 398. 

Ch.  Diehl  et  G.  Cousin,  Villes  inconnues  du  golfe  Ceramique.     S.  423 — 430. 
Bulletin  epigraphique.      1886. 

Mai-Juin.     R.  Mowat,    Inscription  dedicatoire  d'une  lampe  comprise  dans  le  tresor  de  vais- 
selle  de  bronze  decouvert  ä  Apt.     S.  138 — 141. 
Bulle ttino  della  commissione  archeologica  comunale  di  Roma.      1886. 

Maggio.     O.  Marucchi,    II   eulto    delle    divinitä    peregrine    nelle   nuove  iscriziont  degli  equiti 
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R.  Lanciani  e  G.  Gatti,  Trovamenti  risguardanti  la  topografia  e  la  epigrafia  urbana. 

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C.  L.  Visconti,  Trovamenti  di  oggetti  d'arte  e  di  antichita  figurata.     S.  163 — 169. 

Tav.  VI. 
R.  Lanciani  e  G.  Gatti,   Scoperte  recentissime.     S.  I70 — 172. 
Giugno.     R.  Lanciani,  Delle  scoperte  avvenute  nei  disterri  pel  palazzo  della  Banca  Nazionale. 
S.  184 — 190. 
G.  Gatti,  Trovamenti  risguardanti  la  topografia  e  la  epigrafia  urbana.    S.  192 — 207. 
C.  L.  Visconti,  Trovamenti  dj  oggetti  d'arte  e  di  antichita  figurata.     S.  208 — 214. 
Tav.  VII. 
Luglio.     G.  Gatti,  Trovamenti  risguardanti  la  topografia  e  la  epigrafia  urbana.    S.  219 — 231. 
C.  L.  Visconti,    Trovamenti  di  oggetti  d'arte  e  di  antichita  figurata.     S.  232 — 239. 

Tav.  VIII. 
G.  B.   de  Rossi  e  G.  Gatti ,    Miscellanea   di   notizie    bibliografiche    e  critiche  per  la 

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Agosto.    A.  Capannari ,    Dei    vigili    sebaciari   e    delle   sebaciaria   da   essi   compiute    (con  una 
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Settembre.     L.  Borsari,  Di  alcune  scoperte  archeologiche  alla  Salita  del  Grillo.    S.  305 — 307. 
G.  Gatti,  Trovamenti  risguardanti  la  topografia  e  la  epigrafia  urbana.   S.  308 — 313. 
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S.  97—99  (mit  Tafel). 
F.  Bulic,  Le  gemme  del  museo  di  Spalato.     S.  101 — 103. 
F.  Bulic,  Ritrovamenti  risguardanti  il  palazzo  di  Diocleziano.     S.  103  f. 
No.  7.      Luglio.      F.  Bulic,  Le  gemme  del  museo  di  Spalato.     S.  115  f. 

A.  C.  A.,  Recente  scoperte  a  Lombarda  sull'  isola  di  Curzola.    S.  121  — 123. 
No.  8.     Agosto.     F.  Bulic,  Le  gemme  del  museo  di  Spalato.     S.  130 — 132. 
Gazette  archeologique.      I2e  annee.     1885/6. 

No.  I.  2.     A.   Sorlin-Dorigny ,    La   mort    d'Egisthe,    basrelief  en   marbre  du  musee  de  Con- 
stantinople.     S.  I — 4.     PI.  I. 
A.  Chabouillet,    Etüde    sur   quelques    camees    du  Cabinet    des  Medailles    (Suite). 
S.  16—24.     PI-  EL  HI. 
No.  3.  4.     A.  Heron   de  Villefosse,    Le   repos    d'Hercule,    disque    en    bronze    du   musee   de 
Constantinople.     S.  57—59.     PI.  VI. 
P.  Monceaux,  Statue  de  Cherchel,    provenant  du  musee  grec  des  rois  maures,    ä 

Caesarea.     S.  60—63.     PI.  VII. 
E.  Babelon,  Silene  et  Bacchant,    bronze  de  la  collection  Janze.     S.  68 f.     PI.  IX. 
No.  5.  6.     L.  Heuzey,  La  plus  ancienne  sculpture  chaldeenne.     S.  113 — 122.     PI.  XVII. 

A.  Cartault,  Femmes  groupees  avec  de  petits  Eros.     Terres    cuites   de  l'Asie  Mi- 

neure.     S.  123— 127.     PI.  XVIII.  XIX. 
A.  Chabouillet,    Etüde    sur  quelques  camees  du  Cabinet  des  Medailles  (troisieme 
article).     S.  139 — 160. 
No.  7.  8.     A.  Chabouillet,   Etüde  sur  quelques   camees  etc.  (fin.)  S.  169 — 179. 

E.  Piot,    Sur    un    missorium    de    la    collection    de   M.  Eug.  Piot.     S.  180 — 185. 
PI.  XXI.     [Spätrömische  Silberschale  mit  Darstellung  des  löwenwürgenden 
Hercules.] 
S.    Reinach,     Le    pretendu    »Inopos«,      marbre    grec    du     musee     du    Louvre. 
S.  186— 191. 
Gazette  des  beaux-arts.      1886. 

No.  9.    Septembre.    S.  Reinach,  Courrier  de  l'art  antique.    S.  239 — 254.    11  Textabbildungen. 
L.  Courajod,    Limitation  et  la  contrefagon   des    objets    d'art  antiques  au 
XVe  et  au  XVIe  siecle.    I.    S.  188—201. 
No.  10.     Octobre.     L.  Courajod,   Limitation   et   la  contrefagon  des  objets  d'art  antiques  au 
XVe  et  au  XVIe  siecle.    II.    S.  312 — 330. 
Die  Grenzboten.      1886. 

No.  29.     J.  V.,  Die  neuen  Publikationen  des  deutschen  archäologischen  Instituts.    S.  117 — 125 
Archaeological  Institute  of  America. 

Seventh  Annual  Report  1885— 1886.     Cambridge  1886.     8°.     48  S.  . 

The  archaeological  Journal.     Vol.  XLIII.      1886. 

No.  170.     Bunnel  Lewis,  The  antiquities  of  Langres  and  Besancon.     S.  89  — 115. 

Th.  Bent,  The  survival  of  mythology  in  the  Greek  islands.     S.  124 — 136. 
Journal  des  beaux-arts.      1886. 

No.  3.     Le  musee  archeologique  de  Gand.     S.  21  f. 


Bibliographie.  227 


The  Journal  of  the  British  Archaeological  association.     Vol.  XLII.      1886. 

Part  2.     Gordon  M.  Hills,  Chichester :   the  city  walls  and  their  Roman  form  and  foundation. 
S.  119 — 136. 
T.  Morgan,  Roman  monuments  at  Piers  Bridge,  Durham.     S.  220  —  227. 
George  R.  Wright,  Recently  discovered  Roman  building  in  the  promenade  at  Rheims. 
S.  244  —  246. 
The  Journal  of  Hellenic  Studies.     Vol.  VII.     London,    1886. 

No.  1.     A.  J.  Evans,  Recent  discoveries  of  Tarentine  terra-cottas.     S.  1 — 50.     Plates  LXIII. 
LXIV. 
A.  S.  Murray,  Antiquities  from  the  island  of  Lipara.     S.  51 — 56.     Plate  LXII. 
F.  Imhoof-  Blumer  and  P.  Gardner,   Numismatic  commentary  on  Pausanias.     Part  II. 

Book  III— VIII.     S.  57—113.     Plates  LXV— LXVIII. 
L.  R.  Farneil,  On  some  works  of  the  school  of  Scopas.    S.  114 — 125.    Plate  LXIX. 
W.  Wroth,    Imperial   cuirass    ornamentation    and    a   torso    of  Hadrian  in  the  British 

Museum.     S.  126 — 142. 
J.  T.  Bent,  An  archaeological  visit  to   Samos.     S.  143 — 147. 
J.  H.  Middleton,  A  suggested  restoration  of  the  great  hall  in  the  palace  of  Tiryns. 

S.  161—169. 
R.  C.  Jebb,  The  Homeric  house  in  relation  to  the  remains  at  Tiryns.     S.  170 — 188. 
Allgemeine  österreichische  Literaturzeitung.     II.  Jahrgang.      1886. 

No.  9.     A.   Graf  Dzieduszycki,  Zur  Geschichte  der  archäologischen  Forschungen  in  Galizien. 
VI.    S.  14  f. 
Melanges  d'archeologie  et  d'histoire.     VIe  annee.      1886. 

Fase.  III.  IV.     E.  Le  Blant,    De    quelques    sujets  representes  sur  des  lampes  en  terre  cuite 
de  l'epoque  chretienne.     S.  229  —  238.     PI.  II — IV. 
E.  Le  Blant,  Note  sur  une  mosaique  decouverte  au  palais  Farnese.    S.  326 f. 
PI.  IX. 
Mittheilungen  der  K.  K.   Centralcommission  für  die  Erhaltung  der  Kunstdenkmäler.     Wien,   1886. 

Heft  2.     K.  Deschmann,    Die    neuesten    römischen   Funde    von   Dernovo    (Neviodunum)    in 
Unterkrain.     S.  33 — 36.     Taf.  1. 
Mittheilungen  des  kaiserlich  deutschen  archäologischen  Instituts. 
Athenische  Abtheilung.     Bd.  XI.      1886. 

Heft  2.     H.  G.  Lolling,  Mittheilungen  aus  Thessalien  (Fortsetzung).     S.  120  — 134. 

E.  Fabricius,  Alterthümer  auf  Kreta.  IV.  Funde  der  mykenäischen  Epoche 
in  Knossos.  V.  Fragment  eines  Pithos  aus  Lyttos.  S.  135  — 149. 
Taff.  III.  IV. 

E.  Löwy,   Grabrelief  aus  Korinth.     S.  150 — 161.     Taf.  V. 

W.  Dörpfeld,  Über  die  Ausgrabungen  auf  der  Akropolis.     S.  162 — 169. 

F.  Dümmler,  Archaische  Gemmen  von   Melos.     S.  170 — 179.     Taf.  VI. 

Fr.  Studniczka ,  Zu  dem  archaischen  Athenakopf  im  Akropolismuseum. 
S.  185—199. 

E.  Löwy,  Nachtrag  zu  S.  152  Anm.  2.     S.  204 f. 

Th.  Schreiber,  Zu  Mitth.  X.   S.  392fr.    [Alexandrinische  Skulpturen.]    S.  205  f. 
Literatur  und  Funde.     S.  206 — 209. 
Römische  Abtheilung.     Bd.  I.      1886. 

Heft  2.     G.  Gatti,  Alcune  osservazioni  sugli  orrei  Galbani.     S.  65 — 78. 

F.  Koepp,  Archaische  Sculpturen  in  Rom.     S.  79  —  83.     Taf.  IV. 
W.  Heibig,   Scavi  di  Corneto.     S.  84 — 90. 

A.  Barbini,  Tomba  scoperta  presso  Grosseto.     S.  91 — 93. 
F.  M.   Nichols,  La  regia.     S.  94 — 98. 

H.  Jordan,    Gli   edifizi    antichi    fra   il   tempio  di  Faustina  e  l'atrio  di  Vesta. 
S.  99  —  in.     Taf.  V— VII. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I.  j  7 


228  Bibliographie. 


O.  Benndorf,  Osservazioni  sul  Museo  Torlonia.     S.  112 — 120. 
W.  Henzen,  Iscrizione  laurcntina.      S.  121  f. 
A.  S.  Murray,  Testa  eti  Giunone  di  Girgenti.     S.  123  f. 
Heft  3.     W.  Heibig,   Scavi  di  Vetulonia.     S.  129 — 140.    Textabb. 

A.  Mau,  Scavi  di  Pompei   1884— 1885.     S.  141  — 157.     Taf.  VII. 

A.  Krische   de   la  Grange,    Di    alcuni   ritrovamenti   archeologici    nei   territori 

di  Tolfa  e  di  Allumiere.     S.  158 — 160. 
G.  Wissowa,  Silvano  e  compagni,  rilievo  in  Firenze.     S.  161 — 166.    Taf.  VIII. 

F.  von     Duhn,     Due     bassirilievi     del    palazzo    Rondinini.       S.  167  —  172. 

Textabb.     Taf.  IX.  X. 
H.  von  Rohden,  Terrecotte  di  Nemi.     S.  172 — 178. 
P.   Stettiner,  Nuovi  aes  grave.     Textabb.     S.  179 — 182. 

G.  F.    Gamurrini,    Combattimento    delle    Lemnie    in    una    stela    Bolognese. 

S.  183—187. 
Archäologisch -epigraphische  Mittheilungen  aus  Österreich-Ungarn.     X.  Jahrgang.      1886. 

Heft  1.     v.  Domaszewski ,    Hauser,   v.   Schneider,    Ausgrabungen  zu  Carnuntum.     S.  12 — 41. 
Taf.  I— V  und  8  Textabbildungen. 
Jirecek,  Archäologische  Fragmente  aus  Bulgarien.     S.  43 — 104.     Taf.  VI. 
Schön  und  Weifshäupl,  Denkmäler  aus  Brigetio.     S.  105 — 119. 

v.  Premerstein,  Römischer  Votivstein  aus  Unter-Haidin  nächst  Pettau.    S.  120 — 123. 
Rollet,  Die  antiken  Schriftgemmen  meiner  Sammlung.     S.  123 — 128. 
Museo  italiano  di  antichitä  classica,  diretto  da  Domenico  Comparetti.     Vol.  II.     Firenze,   1886. 

Puntata  I.     E.   Brizio,  Vasi  greci  dipinti  del  Museo  civico  di  Bologna   (Raccolta  De-Luca). 
S.  1—40.     3  Taff. 
D.  Comparetti,    Saffo  nelle  antiche  rappresentanze  vascolari.     S.  41 — 80.    4  Taff. 
P.  Orsi,  Di  uno  scudo  paleoetrusco.     S.  97 — 124. 

L.  A.  Milani ,    A   proposito    di   un   vaso  imitante  un  bucchero  Etrusco.     Lettera 
al  dott.  Orsi.     S.  125—128. 
Nachrichten  von  der  kgl.  Gesellschaft  der  Wissenschaften  zu  Göttingen.      1886. 
No.  II.     F.  Bechtel,  Inschrift  aus  Eresos.     S.  373 — 381. 

No.  15.     F.  Wieseler,  Nachtrag  zu  der  Abhandlung  über  die  Einlegung  und  Verzierung  von 
Werken  aus  Bronze  mit  Silber  und  anderen  Materialen   in    der  griechischen 
und  römischen  Kunst.     S.  481 — 496. 
Notizie  degli  scavi  di  antichitä.      1886. 
Aprile.    S.  107 — 140. 
Maggio.    S.  141 — 174. 
Giugno.    S.  175— 211.  Tav.  II.  III. 
Luglio.    S.  213 — 245. 
Agosto.    S.  247 — 283. 
Philologus.     Bd.  XLV.      1886. 

Heft  3.     O.  Gilbert,  Der  Tempel  der  Magna  Mater  in  Rom.     S.  449  —  468. 
Repertorium  für  Kunstwissenschaft.     IX.   Bd.      1886. 

Heft  4.     M.  Ohnefalsch -Richter,  Das  Museum  und  die  Ausgrabungen  auf  Cypern  seit  1878. 
III  (Schlufs).     S  456  —  465. 
Revue  archeologique.     Troisieme  serie.     Tome  VII.      1886. 

Juin.     E.  Muntz,  Les  monuments  antiques  de  Rome  (Suite).     S.  336 — 340. 

Correspondance  [über  die  Terracotten  der  Sammlung  Lecuyer].     S.  368 — 371. 
L.  de  Vaux,  Decouvertes  recentes  ä  Jerusalem.     S.  371 — 374. 
E.  Toulouze,  Fouilles  dans  le  vieux  Paris.     S.  374 — 376. 
Juillet  -  Aoüt.     S.  Reinach,  Les  derniers  conseils,  groupe  en  terre  cuite  du  musee  britannique. 
S.  8—13.     PI.  XV. 
Clermont-Ganneau,  Antiquites  et  inscriptions  inedites  de  Palmyre.    S.  14 — 32. 
PI.  XVI.  XVII  und  20  Textabbildungen. 


Bibliographie.  229 


Revue  des  deux  Mondes.  ,  LVIe  annee.     Troisieme  periode.     Tome  LXXVII.     Paris,    1886. 

3e  Livr.     V.  Duruy,  Le  theätre  d'Athenes  au  Ve  siecle.     S.  593  —  625. 
La  Nouvelle  Revue.     Huitieme  annee.     Tome  XLII.     Paris,   1886. 

2e  Livr.     Ch.  de  Mouy,  Lettres  atheniennes:    Autour  de  l'Acropole.     S.  226  —  254. 
Österreichisch -Ungarische  Revue.     Wien,   1886. 

Heft   1.     A.   v.  Domaszcwski,  Die  Ausgrabungen   in  Carnuntum.     S.  64. 
Deutsche  Rundschau.      1886. 

Heft   II.     E.  Hübner,  Römisches  in  Deutschland.     S.  206  —  228. 
Zeitschrift  für  bildende  Kunst.     Jahrg.  XXI.      1886. 

Heft   II.     H.    Holtzinger,     Kunstgeschichtliches    und    Archäologisches    aus    den    Abbruzzen. 
S.  292  —  294. 
Zeitschrift  für  Numismatik.     Bd.  XIV.     Berlin,   1886. 

Heft  2.     J.  P.  Six,   Eine  Gruppe    des  Myroni     S.  142 — 147.     2  Textabbildungen.      [Löwen- 
würgender Herakles  auf  einem  Stater  von  Mallos.] 
Westdeutsche  Zeitschrift  für  Geschichte  und  Kunst.     Jahrgang  V.     Trier,   1886. 

Heft  2.     E.  Paulus,  Die  römische  Grenzwehr  in  Württemberg.     S.  147 — 155. 

Schricker,  Die  Ausgrabungen  in  Argentovaria-Horburg.     S.  155 — 166. 

Heft  3.     J.  Undset,  Zum  Dürkheimer  Dreifufsfunde.     S.  233 — 238.     Taf.  1 1. 

E.  Hübner,  Die  römische  Rheinbrücke  von  Köln.     S.  238 — 244. 

F.  Hettner,  Nochmals  Castell  Deutz  und  die  Brücke.     S.  244 — 248. 

H.  Haupt,  Der  angebliche  römische  Grenzwall  im  Spessart.    S.  248 — 258.     Taf.  12. 


\^JL&U*s^~\  .  o^y^ 


APHRODITE  AUF  DEM  SCHWAN. 

(Tafel   n.) 


Die  Vorstellung  der  von  einem  Schwan  getragenen  Frau  wurzelt  tief  in  der 
künstlerischen  Anschauung  des  Alterthums:  man  begegnet  ihr  in  früher  und  später 
Zeit,  auf  Monumenten  ganz  verschiedener  Art,  wie  Reliefs,  Münzen,  geschnittenen 
Steinen,  Vasen,  Spiegeln  und  Statuen.  Eine  eingehende  und  zusammenfassende  Be- 
urtheilung  der  betreffenden  Denkmäler  hat  indefs  lange  auf  sich  warten  lassen,  und 
die  Deutung  der  scheinbar  so  durchsichtigen  Darstellung  befremdliche  Wandlungen 
erfahren.  Ehedem  war  der  Name  Leda  für  die  Schwanenjungfrau  in  Vorschlag  ge- 
bracht. Jahn  glaubte  in  der  von  einem  Schwan  übers  Meer  getragenen  Frau  auf 
Münzen  von  Kamarina  die  Nymphe  Kamarina  erkennen  zu  dürfen1.     Bezüglich  ähn- 


')  Berichte  der  Sachs.  Ges.  der  Wissensch.  1852 
S.  58fr.  Arch.  Ztg.  1858  S.  235:  »Ich  habe 
nachzuweisen  gesucht,  dafs  die  Nymphe  des 
Sees,  an  welchem  Kamarina  lag,  dessen  Wasser 
stets  rein  und  klar  erhalten  werden  mufste,  wenn 
die  Gesundheit  der  Menschen  und  die  Frucht- 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I. 


barkeit  des  Landes  nicht  gefährdet  werden  sollte, 
auf  solche  Weise  dargestellt  werden  konnte,  weil 
der  Schwan  zur  Bezeichnung  der  erfrischenden 
klaren  Frühlingsluft  ebenso  wie  des  hellen,  ge- 
sunden Wassers  auch  sonst  angewandt  wird.« 


18 


2?2  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 

licher  Darstellungen  anderer  Monumente  äufserte  er  später,  dafs  die  allgemeine  Vor- 
stellung, welche  dort  unter  eigenthümlichen  lokalen  Verhältnissen  zur  Geltung  ge- 
kommen sei,  diesen  ebenfalls  zu  Grunde  liegen  würde;  suche  man  nach  einer  all- 
gemeinen Bezeichnung,  so  böte  sich  am  ehesten  die  der  Aphrodite  dar2.  Eine 
Übersicht  über  alle  Darstellungen  der  vom  Schwan  getragenen  Frau  gab  dann 
Stephani3;  er  betonte  mit  Recht,  dafs  die  Verfertiger  der  meisten  Vasengemälde 
durch  Beifügung  von  Eroten  die  von  einem  Schwan  getragene  Göttin  als  Aphrodite 
bezeichnet  hätten,  und  er  konnte  sich  für  diese  Deutung  der  Schwanenjungfrau  nament- 
lich auf  eine  etruskische  Spiegelzeichnung  mit  der  Inschrift  Turan  berufen4.  Brunn, 
der  schon  früher  auf  den  Spiegel  aufmerksam  gemacht  hatte,  führte  weiter  das  in 
strenger  schöner  Zeichnung  auf  weifsem  Grunde  ausgeführte  Innenbild  einer  aus 
Kamiros  stammenden  Trinkschale  im  Britischen  Museum  an,  auf  welchem  die  von 
einem  Schwan  emporgetragene  Göttin  ebenfalls  inschriftlich  bezeichnet  ist5.  End- 
lich hat  Benndorf  die  Frage  eingehend  behandelt  und  dargethan,  dafs  die  allge- 
meine Deutung  des  Typus  der  Münzen  von  Kamarina  auf  Aphrodite  vor  jener  von 
Jahn  vorgeschlagenen  den  Vorzug  verdient,  da  die  inschriftlich  sicheren  Bilder 
aller  ferneren  Interpretation  als  Richtschnur  dienen  müfsten6.  Einen  wichtigen 
Nachtrag  lieferte  seitdem  noch  Stephani  durch  Veröffentlichung  neuer  Monumente 7. 

Jahn  hatte  von  den  inschriftlich  bezeichneten  Denkmälern  keine  Kennt- 
nifs.  Nichtsdestoweniger  würde  er  schwerlich  wiederholt  auf  die  Nymphe  Kamarina 
hingewiesen  haben  angesichts  von  Denkmälern,  über  deren  Bedeutung  er  nicht  in 
Zweifel  sein  konnte,  wenn  literarische  Zeugnisse  die  Deutung  auf  Aphrodite  nahe 
gelegt  hätten.  Diese  begründet  Jahn  so:  »dafs  der  Schwan  ein  ihr  (der  Aphrodite) 
geweihtes  Thier  war,  ist  hinlänglich  bezeugt;  die  aus  dem  Meer  geborene  Göttin, 
die  wo  sie  das  Land  betritt,  Blumen  unter  ihren  Füfsen  spriefsen  läfst,  und  die 
treibende  Kraft  des  Frühlings  in  der  ganzen  Natur  hervorruft,  konnte  sehr  passend 
dargestellt  werden,  wie  sie  vom  Schwan,  dem  Vogel  des  Frühlings,  über  die  Fluthen 
getragen  wird«8.  Der  dieser  Deutung  zu  Grunde  liegende  Gedanke  ist  mehr  poetisch 
empfunden  als  folgerichtig  entwickelt;  täuschen  wir  uns  nicht  darüber:  nicht  einmal 
die  Voraussetzung,  dafs  der  Schwan  ein  der  Aphrodite  geweihtes  Thier  war,  ist 
durch  literarische  Überlieferung  »hinlänglich«   gesichert. 

Die  Vorstellung,  dafs  Aphrodite  auf  einem  Wagen,  den  ihre  geflügelten 
Lieblinge  ziehen,  durch  die  Lüfte  dahingetragen  werde,  ist  alt:  Sappho  giebt  der 
Göttin  in  der  bekannten  Ode  ein  Gespann  von  Sperlingen,  und  für  solche  Luftfahrt 
erachtete  man  auch  Tauben  als  geeignet9.  Das  Schwanengespann  kommt  indefs 
zuerst    bei    römischen  Dichtern  vor10,    wie  es  auch    erst  spät    in  Darstellungen    der 

*)  Arch.  Ztg.  a.  a.  O.  ')  Compte-Rendu  1877  S.  246fr. 

'")  Compte-Rendu    1863    S.  64fr.;    vgl.    1864  S.  203.  <•)  Arch.  Ztg.   1858  S.  236. 

4)  Gerhard  Etrusk.  Spiegel  T.  321.  9)  Der  Komiker  Pherekrates  bei  Athenaeos  IX  395  h. 

l)  Salzmann  Nicropole  de   Camiros     PI.  60;    Brunn  Vgl.   Vofs  Mytholog.  Briefe  II  48  S.  104. 

Bullet,    deir  Inst.    1859    S.  100.     Supplement   zu  lu)  Nachweise  bei  Vofs  S.  106  ff.      Stephani   Campte- 

Strubes  Bilderkreis  von  Eleusis  S.  14.  Rendu    1863    S.  38  fr.     Purgold   Archäol.  Berner- 

ü)  Griech.  und  Sicil.   Vasenbilder  S.  75 ff.  kungen  zu  Claudian  und  Sidoniu-.  80. 


Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  233 

bildenden  Kunst  erscheint;  die  ältere  Kunst  gesellt  der  Göttin  den  Schwan  als 
Träger.  Jenes  Zusammentreffen  wird  um  so  weniger  Zufall  sein,  als  sich  in  der 
That  nicht  erweisen  läfst,  dafs  die  augusteischen  Dichter  die  Vorstellung  des 
Schwanenwagens  aus  früherer  Zeit  übernommen  haben.  Am  Schlufs  seiner  Ars 
sagt  Ovid  III  809: 

lusus  habet  filtern.     Cygnis  descendere  tcmpus, 

duxerunt  collo  qui  iuga  nostra  suo. 
Wenn  der  Dichter,  wie  man  gemeint  hat,  sich  hier  mit  einem  besonders  kühnen 
Sprunge  seiner  Phantasie  »als  Sänger  und  Verkünder  der  Venus11«  selbst  auf  ihren 
Schwanenwagen  versetzt,  so  dürfte  allerdings  das  Bild  vom  Schwanenwagen  nicht 
erst  römischen  Dichtern  geläufig  gewesen  sein.  Aber  der  dircäische  Schwan  des 
Horaz'2  oder  der  teische  des  Antipater ' *  und  Anderes  lehrt,  dafs  die  römischen 
Dichter  im  Anschlufs  an  ihre  griechischen  Vorbilder  vielmehr  die  Apollinische  Be- 
deutung des  Schwanes  im  Auge  haben,  wenn  sie  ihren  Gesang  zum  Schwanenfluge 
in  Beziehung  setzen.  Apollo  fährt  auf  einem  Schwanengeschirr  (xuxvot;  Itto/o?)  zum 
Helikon,  um  mit  den  Musen  und  Chariten  Reihentanz  aufzuführen,  so  dichteten 
schon  Sappho  und  Pindar,  und  diese  Vorstellung  des  von  Schwänen  geleiteten 
Apollo  haben  spätere  Dichter  in  mannigfacher  Weise  ausgebeutet  und  als  irpotp^tou, 
die  »des  Gottes  voll«  sind,  auf  sich  selbst  angewendet14.  Properz  läfst  sich  von 
Kalliope  rathen:  contentus  niveis  semper  vectabere  cygnis  (IV  3,  39  H.),  Worte,  in 
denen  man  wieder  mit  Unrecht  eine  Anspielung  auf  das  Gespann  der  Venus  gesucht 
hat.  Dafs  nach  des  Dichters  Anschauung  vielmehr  Tauben  der  Göttin  Lieblinge 
und  seine  eigenen  sind,  welche  das  erotische  Element  seiner  Dichtungen  versinn- 
bildlichen, erkennt  man  aus  einer  Stelle  der  vorhergehenden  Beschreibung  des 
Musenhaines,  auf  den  ihn  Phöbus  hingewiesen  v.  31: 

et   Veneris  dominae  volucres,  mea  turba,  columbae 

tingunt  Gorgonio  punica  rostra  lacu. 
Mit  um  so  gröfserem  Rechte  darf  man  das  Bild  der  auf  einem  Schwanen- 
wagen fahrenden  Göttin  bei  römischen  Dichtern  aus  Anregungen  der  bildenden 
Kunst  erklären,  als  selbst  bei  Schriftstellern,  die  bewufst  über  das  Verhältnifs  von 
Göttern  zu  den  ihnen  vorzugsweise  ergebenen  Thieren  räsonniren,  sich  der  Schwan 
im  Dienste  der  Aphrodite  nicht  nachweisen  läfst.  Es  fällt  schon  auf,  dafs  Aelian 
in  seinen  Thiergeschichten  nichts  über  das  Verhältnifs  des  Schwans  zur  Liebesgöttin 
vorbringt,  da  er  über  reiche  Materialsammlungen  verfügt  und  seine  Schrift  auf 
mannigfache  Weise  auszuschmücken  bemüht  ist.  Der  Schwan  beschäftigt  ihn  wie- 
derholt, aber  als  Vogel  des  Apollo15,  wogegen  der  Aphrodite  heiliger  Vogel  viel- 
mehr die  Taube  ist,  was  er  anmuthig  zu  belegen  weifs16.  Für  die  über  Schwan 
und  Taube  von  Aelian  beiläufig  vorgetragenen  Ansichten   giebt  es  noch  zahlreiche 

»)  Purgold  81.  14)  Nachweise    bei    Vofs  II  49    S.  lo8ff.      Stephani 

'*)  Od.  IV  2,  25.  31  ff.  Hertzberg  zu  Properz  II  34,  83. 

13)  Anfti.   Pal.  VII  30.  »)  II   32.  XI   I.  XIV   13. 

'G)  IV  2.    X  33;    vgl.    Athen.    IX   394    K  ff.      Auch  die  Schwalbe  nennt  Aelian  X  34. 

18* 


234  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 

literarische  Belege17;  der  Taube  speciell  als  Liebling  der  Liebesgöttin  hat  sich 
ätiologische  Sagenforschung  bemächtigt".  Auch  in  eigentlich  mythologischen  Er- 
örterungen erscheint  der  Schwan  als  Vogel  der  Aphrodite  nicht.  Als  solchen  be- 
handelte Apollodor  in  seinem  Buch  rcepl  Steäiv  wiederum  die  Taube",  und  in  diesem 
Sinne  erscheint  auch  in  späteren  Ablagerungen  mythologischer  Gelehrsamkeit  die 
Taube  wiederholt  als  Gegenstand  allegorischer  Deutelei,  während  der  Schwan  als 
dem  Apollo  geheiligt  betrachtet  wird,  so  namentlich  bei  Cornutus20,  was  demnach 
auch  die  Ansicht  Apollodors  gewesen  sein  dürfte.  Statt  der  Taube  nennt  Eustath 
einmal,  wo  er  sich  über  Vögel  ausläfst,  die  einzelnen 'Göttern  geheiligt  waren,  das 
Wasserhuhn,  aber  gegensätzlich  dazu  wieder  den  Schwan  als  Vogel  des  Apollo"1, 
während  Plutarch  in  einer  Erörterung  über  Lieblingsthiere  der  Götter  vielmehr  den 
Raben  als  dem  Apollo,  die  Taube  indefs  als  der  Aphrodite  geheiligt  betrachtet22. 
Gerade  der  Umstand,  dafs  die  Ansichten  älterer  Mythologen  vielfach  gebrochen  und 
in  mannigfachen  Verästelungen  auf  uns  gekommen  sind,  verbietet  das  Stillschweigen 
über  den  Schwan  im  Dienste  der  Aphrodite  für  zufällig  zu  halten. 

Dafs  sich  in  der  bildenden  Kunst  eine  Vorstellung  erhalten  hat,  welche  in 
der  Literatur  verblafste,  kann  bei  der  Zähigkeit,  mit  der  jene  auch  sonst  am  über- 
lieferten Typenschatz  festhält,  nicht  Wunder  nehmen;  aber  die  Thatsache  ihres  Ver- 
schwindens  in  der  literarischen  Überlieferung  ist  beachtenswerth.  Wenn  der  Schwan 
auf  Grund  einer  durchsichtigen  Symbolik  der  Liebesgöttin  zugeeignet  worden  wäre, 
wie  z.  B.  die  Taube,  würde  er  sich  neben  dieser  behauptet  haben.  Eigenschaften, 
wie  auffallende  Fruchtbarkeit  und  Begattungstrieb,  welche  Tauben  ein  Anrecht  dar- 
auf geben,  im  Gefolge  der  Liebesgöttin  zu  erscheinen,  besitzt  der  Schwan  thatsäch- 
lich  nicht  nur  nicht23,  sondern  es  fabelt  auch  kein  antiker  Schriftsteller  darüber34. 
Das  Thier  der  Hetären  ist  die  Taube25,  und  nicht  der  Schwan.  Mit  Unrecht  würde 
man  also  aus  dem  Leda-Mythus  folgern ,  dafs  der  Schwan  für  besonders  lüstern 
galt;  auch  ist  gerade  die  aphrodisische  Seite  dieser  Sage  in  der  Literatur  niemals 
wie  bei  verwandten  Liebesabenteuern  besonders  hervorgehoben  und  ausgemalt  wor- 
den, während  sie  in  den  Darstellungen  der  bildenden  Kunst  erst  spät  hervortritt Sfi, 
und  es  fragt  sich,  ob  der  Schwan  überhaupt  das  Ursprüngliche  war.  Ebenso  würde 
sicher  fehl  gehen,  wer  die  Beziehung  des  Schwanes  zur  Göttin  aus  ihrer  Anwalt- 
schaft über  das  Meer  erklären  wollte;  lag  ein  so  durchsichtiger  und  greifbarer  Ge- 
danke zu  Grunde,    wie  konnte  das  Verständnifs    dafür  verloren  gehen,    bis  zu  dem 

1T)  Zum  Schwan  vgl.  Stephani  28,  zur  Taube  Engel  21)  II.  87,  10  ff. 

Kypros  182  fr.  u.  A.  '-)  Is.    Os.  71.       Über    andere    der    Aphrodite    ge- 

18)  Schol.  Stat.  Theb.  IV  226.  Mythogr.  Vatic.  I  175.  heiligte  Thiere  vgl.  auch  Engel  Kypros  II   185fr. 
II  33-  ")  Brehm  Thierleben  II  3  S.  442. 

19)  Schol.  Apoll.  Rhod.  III   549.     F.  H.  G.  I  431,  19.  24)  Vgl.    Aristot.    anim.    hist.    IX   13.      Aelian  X  36 

20)  c.   24  S.  46  L.;  c.  32  S.  68  L.     Zur  Taube  vgl.  XVII  24.     Oppian  Ixieut.  II   19. 
Tzetzes  Lyk.  87.     Etym.  Magn.  664,   53.     Myth.  ir)  Welcker  Gr.  Götterl.  II  716. 
Vatic.  III.   1 1 ,   zum   Schwan    Schol.  und  Tzetzes  26)  Jahn  Archäol.  Beiträge  1  ff. 
Lyk.  426.    Eustath  II.  87,   13.     449,  2. 


Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  235 

Grade,  dafs  Mythologen    als  der  [laXa-fia  geheiligte  Thiere  vielmehr  Gänse  betrach- 
teten, weil  diese  nämlich  das  Wasser  liebten27? 

Man  darf  vielleicht  annehmen,  dafs  ursprünglich  auf  Grund  verwandter  Ideen 
der  Schwan  sich  sowohl  zu  Apollo  wie  zur  Aphrodite  gesellte,  und  dafs  die  Sym- 
bolik, aus  welcher  sich  die  Beziehung  des  Thieres  zu  diesen  Göttern  herleitet,  eine 
gemeinsame  Seite  ihres  Wesens  berührt,  die  bei  Apollo  später  noch  mehr  oder 
minder  deutlich  durchschimmerte,  während  sie  bei  Aphrodite  zurücktrat.  Mytho- 
logen haben  angenommen,  dafs  der  Schwan,  der  schöne  blendend  weifse  Vogel, 
dem  Apollo  als  Lichtgott  geheiligt  worden  sei2*.  Sagen  wie  diejenige  von  Phaethon 
und  manche  ihrer  Beinamen  scheinen  der  Aphrodite  eine  ursprüngliche  Beziehung 
zu  sichern  zum  Lichte  der  nächtlichen  Himmelsräume  und  zum  gestirnten  Himmel29; 
unter  die  Sterne  wird  als  Schwanenbild  Kyknos  versetzt,  der  Liebhaber  des  anderen 
Phaethon30.  Es  liegt  nahe,  auch  den  Schwan  der  Aphrodite  aus  ihrer  Beziehung 
zum  Lichte  herzuleiten.  Der  Werthlosigkeit  solcher  Argumentationen  soll  man  sich 
indefs  bewufst  bleiben.  So  lange  nicht  der  Ursprung  der  geläufigsten  mythologi- 
schen Vorstellungen  festgestellt  ist,  kann  die  angeregte  Frage  nicht  beantwortet 
werden;  sie  aufzuwerfen  zwang  der  dargelegte  Thatbestand  der  Überlieferung,  und 
die  Erörterung  der  Monumente  wird  sie  wiederholt  ins  Gedächtnifs  zurückrufen. 

II. 

Unter  den  Darstellungen  der  vom  Schwan  getragenen  Aphrodite  gebührt 
der  erste  Platz  einer  bei  Kertsch  gefundenen  und  von  Stephani  veröffentlichten  Kalk- 
steinplatte mit  einer  Weihinschrift,  über  der  eine  figürliche  Darstellung  angebracht 
ist3'.  Diese  beschreibt  Stephani  folgendermafsen:  »In  einem  mit  Akroterien  ver- 
zierten Giebel  sieht  man  auf  einem  fliegenden  Schwan  eine  Frauengestalt,  augen- 
scheinlich Aphrodite,  gelagert,  welche  in  der  Linken  ein  Skeptron  hält  und  mit  der 
Rechten  das  Gewand  über  die  Schulter  zieht,  während  an  ihrer  Linken  der  tragende 
Vogel  von  dem  Oberkörper  des  Knaben  Eros  überragt  wird,  an  welchem  jedoch 
nur  ein  Flügel  noch  einigermafsen  sichtbar  ist.  An  jeder  der  beiden  Aufsenseiten 
des  Giebels  ist  der  nach  aufsen  gewendete  Vordertheil    eines  Schiffes   sichtbar  und 

2r)  Lydus    de    mens.    IV  44,   2:    kpo'ipYO'jv  os  otÜTirj  lebenden  und  heilenden  Wärme,  kommt  im  Früh- 

-/Tjvoi;  xert  irip&txcrc,  8rt  oci  piv  toi;  58a«  -/aipo'jat,  jähr  von  Schwänen   gezogen    oder    geleitet    von 

(zeXayta  o£  rt  AtppooiTr;),  ol  6s  -xtX.  den  Hyperboreern;  auch  Aphrodite,   die  mit  der 

28)  Eustath.   II.  449,   2:    6  x6xvo(  iepoÜTGH  ÄftdXXum  Feuchte    geborene  Göttin    der  belebenden  Kraft 

d>«  -hiim  oiä  xr/v  Xeux<5n)ta;  vgl.  II.  87,  13.    Cor-  der  Natur,  wie  sie  im  Frühjahr  erwacht,  hat  als 

nutus  c.  32   S.  68  L.  —  Preller   Gr.  Mytholog.  I'-  Symbol    den    Schwan«    (Ber.    d.   Sachs.   Ges.  d. 

196:    »Immer   gehören    zu    diesem  (dem  Hyper-  Wiss.   1852   S.  62). 

boreerland)  ferner  die  Schwäne  als  schimmernde  29)   llaaitpiessa     llaaicpdrj?    'Astepfa     l's.    Arist.    Mir. 

und    singende  Vögel    des  Lichts,    die    man  auf  133  (145).    Lyd.  de  mens.  IV  44,  2.   de    dieb.  II 

dem  Okeanos    heimisch    dachte.«      Jahn    äufsert  10,8   (Cramer  Anced.    Par.  I  319);    vgl.    Preller 

sich  dagegen  so:    »Der  Schwan,    der    mit   dem  I2  278fr". 

Frühjahr  erschien,    war  ein  Symbol   der  Leben,  30)  Vergil  Aen.  X   l89ff.    und  Servius;    vgl.    Knaack 

Fruchtbarkeit  und  Gesundheit  bringenden  Jahres-  Quaestiones  r/iaetJionteiu  62  ff. 

zeit,  und  Apollo,  der  Gott   der  reinigenden,  be-  ")  Comple-Rendu   1877  als  Vignette  im  Text  S.  246. 


236  Kaikniann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 

auf  jedem  derselben  steht  je  eine  mit  reichen  Gewändern  versehene  Flügelfrau, 
offenbar  Nike,  in  ruhiger  Haltung.  Die  Eine  trägt  in  der  Rechten  ein  Thymiaterion, 
die  Andere  hält  in  der  gesenkten  Rechten  eine  Prochus,  während  sie  offenbar  mit 
der  vorgestreckten  Linken  eine  gegenwärtig  verwischte  Schale  zur  cnzwZrt,  dem  ge- 
wöhnlichen Geschäft  der  Nike,  erfafst  hatte.  Beide  also  sind  hier  offenbar  als 
Opferdienerinnen  der  Aphrodite  gedacht.«  —  Das  Weihgeschenk  ist  zu  Ehren  fürst- 
licher Personen  dargebracht'2;  nachdem  diese  zunächst  in  der  Inschrift  aufgeführt 
sind,  nennen  sich  die  Weihenden,  worauf  folgt: 

dvi&ijxo([v  ttjV  arf^Xrp  'A'-ppoosir/j  Oufpavfy  r(j  Bo<j-o]pou  jasösoos/j33. 
Wie  Stephani  hervorhebt,  haben  zahlreiche  Inschriften  und  Kunstwerke  gelehrt, 
dafs  in  Pantikapaion  und  dessen  Umgebung  schon  seit  alter  Zeit  Aphrodite  als 
oüpaviot  und  [isooujrj  oder  jasosooi/j  verehrt  wurde,  und  da  in  den  beiden  auf 
Schiffsvordertheilen  stehenden  Niken  der  am  oberen  Theil  der  Platte  angebrachten 
Darstellung  unzweifelhaft  eine  Beziehung  auf  Schifffahrt  gegeben  ist,  so  dürfte  auch 
die  Ergänzung,  durch  welche  die  Göttin  als  Herrscherin  über  den  Bosporos  be- 
zeichnet wird,  kaum  einem  Zweifel  unterliegen.  Jedenfalls  giebt  sich  uns  die  vom 
Schwan  getragene  Göttin  in  der  Inschrift  als  Urania  zu  erkennen,  und  nach  der  Dar- 
stellung hat  sie  eine  Anwaltschaft  über  Meer  und  Schifffahrt:  irre  ich  nicht,  so  wird 
diese  Ideenverbindung  auf  eigenthümliche  Weise  erläutert  und  vervollständigt  durch 
eine  bisher  nicht  richtig  interpretirte  Stelle  eines  römischen  Dichters. 

Catull  dichtet  im  sechsundsechzigsten  Gedicht  nach  dem  Vorgang  des  Kalli- 
machos  von  der  Locke  der  Berenike,  die  der  Mathematiker  Konon  unter  den  Ster- 
nen wollte  wahrgenommen  haben.  Der  Dichter  führt  die  Locke  selbst  redend  ein; 
sie  erzählt,  dafs  Berenike  gelobte  ihr  Haar  den  Göttern  zu  weihen,  wenn  ihr  Ge- 
mahl glücklich  den  Gefahren  des  bevorstehenden  Krieges  entrönne.  Als  dieser  sieg- 
reich heimgekehrt,  sei  das  Gelübde  gelöst,  sie,  die  Locke  aber,  plötzlich  zu  den 
Sternen  emporgetragen  v.  5 1 : 

abiunctae  paulo  ante  comae  mea  /ata  sorores 
lugebant,  cum  se  Memnonis  Aethiopis 

unigena  impellens  mäantibus  aera  pennis 

obtulit  Arsinoes  Cypridos3i  ales  equus, 

isque  per  aetherias  me  tollens  avolat  umbras 
et   Veneris  casto  collocat  in  gremio. 

ipsa  staun  Zephyritis  eo  famulum  legarat, 
Grata  Canopiis  incola  litoribus. 

3i)  Nämlich    des    Königs    Pairisades,    der    Königin  dieses  Namens  geherrscht  haben,  derjenige,  wel- 

Kamasarye  und  eines  Argotos.     Die  Formen  der  eher    am   Ende    des   zweiten    oder    am  Anfange 

Buchstaben,    die  Orthographie    und    der    Inhalt  des    ersten   Jahrhunderts  v.  Chr.    die  Herrschaft 

der  Inschrift  lehrt,    wie  Stephani  bemerkt,  dafs  über    den   Bosporos    an    den   Pontischen    König 

hier   weder  an  den  ersten    noch  an  den  zweiten  Mithridates  abtritt. 

Bosporanischen  König  Namens  Pairisades  gedacht  33)  Vom  Folgenden  sind  nur  noch  wenige  Worte  am 

werden    könne.     Vielmehr    müfsten    nach    Pairi-  Anfang  der  Zeilen  erhalten. 

sades  II.  wenigstens    noch    zwei,    nicht   wie  ge-  34)  Cypridos   zuerst  Bergk;    vgl.  Posidipp    bei  Athe- 

wöhnlich  angenommen  wird,  nur  noch  ein  König  naeos  VIII  3iSd. 


Kaikniann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  237 

Also  das    geflügelte  Pferd   der  Arsinoe,    die  am  Vorgebirge  Zephyrion   unweit    der 

kanopischen  Nilmiindung  als  Aphrodite  Zephyritis  verehrt  wurde35,  stellte  sich  ein, 

trug  die  Locke  zum  Himmel  empor  und  legte  sie  der  Venus   in  den  Schoofs,   eine 

Sendung,  zu  der  es  Arsinoe  selbst  ausersehen.     Damit  aber  auch  ich,  so  erzählt  die 

Locke  weiter,   des  blonden  Scheitels  Raub,    im  Himmelsgewölb  erglänzte,  wie  von 

Ariadnes    Stirn    der    goldene  Kranz,    gesellte    mich    als    neues   Gestirn   Venus    den 

alten  v.  63: 

uvidulam  a  fluctu  cedentem  ad  templa  deum  nie 

sidus  in  antiquis  diva  novum  posuit. 

Das  geflügelte  Pferd  der  Arsinoe,  das  schon  Gegenstand  einer  besonderen 
Schrift  geworden  ist36,  hält  die  Interpreten  noch  immer  in  Athem.  Nachdem  die 
älteren  unhaltbaren  Deutungen  auf  den  Pegasos  oder  den  Vogel  Phönix  beseitigt 
sind,  wird  jetzt  unter  jenem  Pferd  bald  der  Windgott  Zephyr,  bald  der  Vogel  Straufs 
verstanden.  Indefs  wie  der  Windgott  als  ales  equus  bezeichnet  werden  könne,  ist 
noch  von  niemandem  dargethan;  auch  hat  Zephyr  zwar  nach  Hesiod  zusammen  mit 
anderen  Windgöttern  Eos  zur  Mutter37,  aber  nicht  wie  Memnon  Tithonos  zum  Vater; 
unigena  in  diesem  Sinne  passte  nur  auf  Emathion,  der  sich  in  den  Zusammenhang 
des  Gedichtes  unmöglich  einreihen  läfst38.  Diejenigen,  welche  unter  dem  geflügel- 
ten Pferd  den  Straufs  verstehen,  fassen  unigena,  das  vermuthlich  ein  griechisches 
Wort  nicht  sehr  geschickt  wiedergiebt,  richtiger  in  weiterer  Bedeutung,  indem  sie 
darin  eine  Anspielung  auf  die  gemeinsame  Herkunft  von  Memnon  und  dem  Straufs 
aus  dem  Aethioperland  finden.  Doch  auch  die  Deutung  auf  den  Straufs  ist  unhalt- 
bar; sie  hat  das  Schicksal,  durch  dieselbe  Stelle,  auf  welche  sie  sich  stützt,  wider- 
legt zu  werden:  Pausanias  nämlich  erwähnt  zwar  eine  Statue  der  auf  einem  Straufs 
sitzenden  Arsinoe 39,  fügt  aber  gleich  hinzu,  dafs  der  Straufs  gar  nicht  fliegen  könne, 
was  andere  noch  schärfer  dahin  präcisiren,  dafs  der  Straufs  nicht  im  Stande  sei, 
sich  auch  nur  von  der  Erde  zu  erheben40.  Kallimachos  ist  nur  Interpret  des  von 
Konon  herrührenden  Einfalles,  den  er  auf  seine  Weise  auszuschmücken  sucht;  sollte 
er  so  abgeschmackt  gewesen  sein,  den  häfslichen,  ungelenken  und  des  Fliegens  un- 
kundigen Vogel  als  geflügelten  Boten  zum  Sternenmeer  sich  aufschwingen  und  der 
himmlischen  Göttin  die  Locke  in  den  Schoofs  legen  zu  lassen? 

Dem  Dichter  hat  es  gefallen,  in  dem  Bilde  des  geflügelten  Trägers  der 
Locke  anzuspielen  auf  das  Erscheinen  des  Gestirnes,  das  diese  alsbald  darstellt41: 
wie  der  Stern  aus  dem  Meere  emportaucht,  so  wird  noch  nafs  von  der  Fluth  die 
Locke  zum  Himmel  emporgetragen  und  von  der  Göttin  an  den  Sternenhimmel  ver- 

35)  Athen.  VIII  31 8  d.    Steph.  Byz.    Zetpupiov.    Anth.  thion  cum  struthione  cohaesit,  adludit  aperte  Calli- 
Pal.  VI  290.      Schol.    Ven.  II.    N    703.      Schol.             machus. 

Theokr.  XVII   123.  39)  IX  31,   I:  ttjv  öz  'AßücvdljV  axpouSi;  tpepei  X^xr) 

36)  Vinc.    Monti,   Del  cavallo   alato   d Arsinoe.     Mai-  tüw  är;T^v(uv. 

land  1804.  4C)  Aelian  II  27.     Plin.  X   1. 

37)  Theog.  378.  41)  Aeschylos  nennt  die  Sonne  den  Vogel  des  Zeus. 

38)  Man   müfste    sich   schon    mit   Baehrens    trösten:  Suppl.  212  und  Schol. 
ad  incognitas  hodie  fabellas  Aethiopkas  qua  Erna- 


238  Kalkmann,   Aphrodite  auf  dem  Schwan. 

setzt45.  Der  Stern  wird  dem  Okeanos  zurückgegeben  (v.  70),  sobald  an  seinen  Strö- 
mungen Eos  sich  erhebt  aus  den  Armen  des  Tithonos;  hier,  wo  Memnon  gezeugt 
ward43  und  wo  die  Athiopen  wohnen44,  soll  auch  der  geflügelte  Bote  heimisch  ge- 
wesen sein.  Unter  diesem  wird  also  der  Schwan  zu  verstehen  sein,  dem  die  Sage 
gleichsam  als  Stammsitz  den  Okeanos  gab;  im  Dienste  der  Aphrodite  schwingt  er 
sich  aus  den  Fluthen  zum  Sternenhimmel  empor.  Als  Urania  bezeichnet  die  Aphro- 
dite Arsinoe  in  einem  Epigramm  Dioskorides45,  und  ihrer  Fürsorge  für  Schifffahrt 
gedenkt  ausdrücklich  Posidipp46.  Das  stimmt  so  auffallend  zu  dem,  was  uns  das 
bei  Pantikapaeon  gefundene  Monument  gelehrt  hat,  dafs  die  Annahme,  in  dem  ge- 
flügelten Pferd  sei  der  Schwan  zu  erkennen,  auch  von  dieser  Seite  gesichert  er- 
scheint. Wahrscheinlich  war  die  Aphrodite  Arsinoe  auf  einem  Schwan  sitzend  dar- 
gestellt, obschon  es  zum  Verständnifs  des  ales  equus  nicht  einmal  nöthig  ist,  dies 
vorauszusetzen4'. 

Man  wird  unwillkürlich  an  die  Dichtung  des  Kallimachos  erinnert,  wenn 
Papinius  Statius  in  einem  Gedicht  auf  das  nach  Pergamon  geweihte  Haar  des  Flavius 
Earinus,  eines  schönen  von  Domitian  geliebten  Knaben48,  Venus  selbst  das  von 
Eroten  abgeschnittene  und  in  goldener  Kapsel  bewahrte  Haar  über  die  Meeresfluth 
dahintragen  läfst4J.  Der  Dichter  stellt  sich  die  Göttin  auf  einem  Schwanengespann 
vor50;  er  spielt  auf  ihren  Glanz  als  Sternenkönigin  oder  strahlende  Himmelsgöttin 
an,  wenn  er  sagt,  dafs  sie  einst  dem  Knaben  ihre  Strahlen  und  ihr  Feuer  verliehen 
habe51,  denn  jene  Vorstellung  ist  ihm  nachweislich  geläufig.  In  dem  Epithalamium 
auf  Stella  und  Violentilla  verlegt  er  die  Wohnung  der  Göttin  geradezu  an  die  Milch- 
strasse Silv.  I  2,  51: 

forte  serenati  qua  stat  plaga  lactea  caeli, 
alma    Venus  thalamo  pulsa  modo  nocte  iacebat, 
amplexu  duro  Getici  resoluta  mariti  — 
Verse,    welche  von   der  Vorstellung    der   einander    nahe  gelegenen  Planeten  Venus 
und  Mars52  eingegeben  scheinen53.     Von  der  Violentilla  sagt  Venus  v.  117: 


42)  V.  63  uvidulam  a  flucht  c.  q.  s.,  wo  man  flucht  in  auffliegenden  Schwäne  begleitet  und  mit  Wohl- 
das  häfsliche  fleht  ändern  wollte,  als  sei  die  klang  erfüllt  (Vofs  II  51  S.  126 ff.  Boissonade 
Locke  noch  nafs  von  den  Thränen  der  Schwester-  zu  Chorikios  S.  173). 

liehen  Haare,   weil   man   dem  Dichter   nicht  zu-  48)  Vgl.  Martial  EpigT.  IX   12,   13,   14,   17,   18. 

traute,     dafs    er     den    Straufs     auch    noch    zum  4a)  Silv.  III  4,  91:    rapit  ipsa  cadentem  mater,  et  ar- 
Wasservogel  gemacht  haben  sollte.  canos  iterat  Cytherea  Uqttores.     Vgl.  v.  3  fr. 

43)  Homer.  Hymn.  IV  2l8flf.  ;o)  V.  22,  46;    sie  geleitet  hier  selbst   den  schönen 

44)  Od.  a  22ff.    und  Schol.;    Aeschylos  frg.   186  N.  Knaben  auf  dem  Schwanengespann  nach  Rom. 

45)  Anth.  Pal.  VI   290;  zweifellos  richtig  ist  das  Epi-  51)  V.   56  dat  radios  ignemque  suum. 
gramm   auf  Arsinoe  Zephyritis   bezogen  worden.  5ä)  Vgl.  z.  B.   Hygin  astr.  IV   15,   16. 

46)  Athen.  VIII  318  d.  '*%)  Die  Planeten  Venus  und  Mars   geben   öfter  An- 
4r)  Der  Zephyritis  war  als  Meergöttin  auch  Zephyr  lafs,  von  dem  Liebesverhältnifs  der  beiden  Götter 

unterthan  (Anth.   Pal.  VI  290,   vgl.  IX  791.    Lu-  zu     fabeln;     Hygin     astr.    II  42.     Robert    Era- 

crez  V  737);  doch  wäre  es  gewagt  an  die  Vor-  tostlienes  195. 

Stellung    zu  erinnern,    dafs    Zephyrs  Hauch    die 


Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  239 


liaec  et  caeruleis  mecum  consurgere '  digna 
fluetibus  et  nostra  potuit  considere  concha, 
et  si  flammig  er  as  fas  esset  scandere  sedes 
hasque  intrare  domos,  ipsi  erraretis,  Amores. 

Weiter  beachte  man  v.  140: 

sie  fata  levavit 

sidereos  artus  thalamique  egressa  superbum 

Ihnen  Amyclaeos  ad  frena  citavit  olores. 
Also  auch  hier  ruft  die  Sternengleiche  zu  ihrem  Dienste  Schwäne  herbei,  trotzdem 
der  Dichter  öfter  als  den  der  Venus  heiligen  Vogel  die  Taube  bezeichnet54.  Es  ist 
daher  möglich,  dafs  Statius,  der  recht  viel  und  mehr  als  andere  römische  Dichter 
von  griechischer  Mythologie  weifs,  in  bewufster  Absicht  seiner  Aphrodite  den  Schwan 
gab.  Jedenfalls  kann  der  Schwan  angesichts  der  Thatsache,  dafs  er  sonst  im  Dienste 
der  Aphrodite  in  der  griechischen  Literatur  nicht  nachweisbar  ist,  bei  Kallimachos 
nicht  als  gleichgültiges  Ornament  gefafst  werden;  der  Ausnahmefall  bestätigt  die 
früher  aufgestellte  Regel.  Nachklängen  einer  sonst  verschollenen  Vorstellung  ge- 
rade bei  Kallimachos  und  Statius  zu  begegnen,  befremdet  nicht;  auf  den  berührten 
Ideenkreis  wird  aber  auch  von  Seiten  der  bildenden  Kunst  Licht  fallen. 

III. 

Auf  Tafel  1 1 ,  I  ist  in  '/,  der  Originalgröfse  (die  Gefäfsform  in  2/3)  eme 
schöne  im  Berliner  Museum  befindliche  attische  Lekythos  abgebildet,  auf  der  eine 
vom  Schwan  getragene  Frau  dargestellt  ist.  Sie  ist  schon  von  Benndorf,  aber  in 
unzureichender  Weise,  veröffentlicht  worden  und  gab  ihm  den  Anlafs,  Umschau  zu 
halten  über  verwandte  Darstellungen ".  »Über  wogender  Wasserfläche  schwebt  ein 
Schwan,  zwischen  dessen  weit  auseinander  gebreiteten  Flügeln  eine  reich  geschmückte 
weibliche  Figur  in  anmuthiger  Haltung  ruht.  Sie  führt  die  rechte  Hand  gegen  den 
Kopf  des  Thieres,  wie  es  scheint,  um  den  gewaltigen  Flug  zu  mäfsigen,  und  erfafst 
mit  der  Linken  über  dem  Haupte  einen  Zipfel  ihres  golddurchwirkten  Gewandes, 
welches  den  untern  Theil  der  Gestalt  bedeckt  und  sich  hinter  ihrem  Rücken  wie 
ein  Segel  in  weitem  Bogen  aufbauscht.  Dienend,  vorsorglich  umblickend  flattert 
Eros  voraus56;  während  am  Ufer,  von  welchem  die  Luftfahrt  anhob,  ein  abgewandt 
sitzender  Jüngling,  die  rechte  Hand  auf  einen  Stab  gestützt,  theilnehmend  dem 
Wunder  nachschaut.«     So  Benndorfs  sinnige  Beschreibung. 

Die  Deutung  auf  Aphrodite  hat  Benndorf  durch  den  Vergleich  mit  anderen 
Monumenten  gesichert.  Es  sei,  meint  er,  eine  Abfahrt  der  Göttin  dargestellt,  und 
der  mythologische  Sinn  dieser  Vorstellung  könne  nicht  wohl  zweifelhaft  sein.  »Wie 
alle  Naturreligion    läfst    auch   die   griechische  den  wechselnden  Kreislauf  der  Natur 

54)  Silv.  I  2,102.  III  5,  80.   Theb.  IV  226.  V  63.  S.  75  fr".     Kurtwängler    Beschreibung    der   Vasen- 

55)  Griech.    und    Sicil.    Vasenbilder    T.  XXXVII   3 ;  Sammlung  im  Antiquarium  N.  2688. 

56)  In  der  ausgestreckten  Rechten  hält  er  ein  kleines  Thymiaterion. 


24O  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dum  Schwan. 

in  der  Geschichte  ihrer  Götter  sich  spiegeln.  Was  sie  in  so  vielen  Fällen  hart  und 
scharf  ausdrückt,  wenn  die  Götter  sterben  und  auferstehen,  leiden  und  genesen,  ge- 
tödtet  und  neugeboren,  verjagt  und  zurückgeführt  werden,  weifs  sie  auch  in  sanfterer 
Form  als  einfaches  Gehen  und  Kommen,  Abschied  und  Wiedersehen  auszusprechen.« 
Auch  von  Aphrodite,  die  man  sich  mit  dem  Jahr  gehend  und  kommend  dachte, 
seien  Apodemien  und  Epidemien  bezeugt,  und  unter  die  vielen  Ausdrucksweisen, 
welche  solchen  religiösen  Anschauungen  ihre  Entstehung  verdankten,  hätte  man 
auch  die  von  ihrem  Schwan  entführte  und  zurückgebrachte  Aphrodite  einzureihen. 
Ein  Name  für  die  nicht  individualisirte  Figur  des  Jünglings  sei  zwar  keineswegs 
ausgeschlossen,  aber  ohne  eine  rechtfertigende  Analogie  nicht  räthlich.  Ihrer  künst- 
lerischen Bedeutung  nach  markire  sie  den  Ausgang  der  Fahrt. 

Es  ist  mifslich,  einzelne  Gedanken  aus  einem  Ganzen  loszulösen;  jeder,  der 
Benndorfs  Erörterungen  im  Zusammenhang  liest,  wird  von  seiner  Argumentation  ge- 
fangen genommen  werden.  Findet  aber  die  angedeutete  Gedankenreihe  gerade  auf 
unser  Bild  Anwendung?  Schwierigkeiten  macht  die  Erklärung  des  zuschauenden 
Jünglings,  und  gerade  die  Bedeutung  dieser  Figur  hat  Benndorf  nicht  völlig  aufge- 
hellt, wenn  er  auch  nur  die  Möglichkeit  einer  Benennung  zuliefs,  wodurch  das  Bild 
der  Sphäre  allgemeiner  Vorstellungen,  der  es  als  Darstellung  einer  Apodemie  ge- 
hörte, wieder  entrückt  würde.  Epidemien  oder  Apodemien  einer  Gottheit  aber 
scheinen  im  religiösen  Bewufstsein  nicht  mit  solcher  Anschaulichkeit  vorgestellt 
worden  zu  sein,  dafs  der  Künstler  bei  der  Darstellung  eines  ausziehenden  oder 
heimkehrenden  Gottes  einen  Sterblichen  zum  stillen  Zeugen  hätte  machen  können, 
ohne  den  Beschauer  zu  verwirren.  Belege  für  solche  Darstellungsweise  finde  ich 
nicht.  Die  an  die  Schwanenjungfrau  erinnernden  Darstellungen  der  von  einem 
Widder  übers  Meer  getragenen  Göttin57  bieten  durchaus  keine,  und  es  fragt  sich 
daher,  ob  nicht  doch  in  dem  Vasenbild  eine  Situation  prägnanter  zum  Ausdruck 
gebracht  sei,  als  die  Voraussetzung  einer  Apodemie  ahnen  läfst. 

Irre  ich  nicht,  so  erhält  die  Deutung  eine  andere  Richtung,  wenn  ein  schein- 
bar nebensächliches  Detail  ins  rechte  Licht  gerückt  wird.  »Vergoldet  waren  die 
Kopf  binden,  die  Flügel  des  Schwans  und  des  Eroten  theilweis58,  Armband  Hals- 
kette Ohrring  und  Gewand  der  weiblichen  Figur,  desgleichen  die  Punkte  im 
Wasser  im  Ornament  und  im  Felde  des  Bildes  dem  oberen  Rande  ent- 
lang«, giebt  Benndorf  an 59.  Über  die  Anwendung  des  Goldes  auf  Vasen  mit  Gold- 
schmuck bemerkt  Jahn:  »Vergoldung  ist  durchgehends  nur  bei  einzelnen  kleineren 
Gegenständen  angewendet,  die  man  sich  als  goldene  vorstellen  konnte,  vor  allem 
bei  jeglichem  Schmuck,  Waffen,   mancherlei  Geräth,  und  bei  den  Flügeln,   entspre- 

")  Literatur  bei  Benndorf  S.  81,  412.  Gewänder,    der  Schwan    und  Eros'   Flügel    sind 

58)  Nämlich  an  den  Rändern.  thongrundig  ohne  Innenzeichnung  und  waren  ge- 

59)  Vergoldet  war  auch,  wie  Furtwängler  bemerkt,  wifs  einst  mit  bunter  Farbe  bedeckt;  auf  der 
der  Stab,  welchen  der  Jüngling  hält.  Weifs  sind  Chlamys  des  Jünglings  noch  Rosa-Farbreste.« 
die  Fleischtheile  von  Eros  und  Aphrodite.     »Alle  Furtwängler. 


Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  241 

chend  dem  geläufigen  xpuaoirrspoc  der  Dichter00.«  Namentlich  bei  den  verhältnifs- 
mäfsig  frühen  und  sorgfältig  ausgeführten  Bildern  der  Vasen  mit  Goldschmuck  wie 
das  vorliegende  findet  sich  Gold  niemals  angewendet,  ohne  dafs  man  eine  anschau- 
liche Vorstellung  mit  dem  vergoldeten  Gegenstand  verbinden  könnte.  Die  goldenen 
Punkte  im  Blattornament,  wie  es  sich  auf  unserer  und  ähnlichen  Vasen  findet,  sind 
als  Früchte  gedacht,  wie  denn  einmal  Dionysos  einen  Thyrsos  mit  goldenen  Beeren 
trägt6',  wogegen  eben  solche  Punkte  an  dem  von  einer  Frau  gehaltenen  Scepter 
auf  einem  anderen  Vasenbilde  goldene  Buckeln  bedeuten"2. 

Was  also  mag  der  Sinn  der  goldenen  Punkte  sein,  welche  über  der  Dar- 
stellung der  Schwanenjungfrau  angebracht  sind?  Als  plastisch  gedachte  Verzierung, 
als  Perlenstab,  finden  sie  sich  sonst  wohl  auf  Vasen  mit  Goldschmuck,  zahllos  und 
nahe  an  einander  gerückt,  unmittelbar  unter  dem  als  Ornamentstreifen  verwandten 
sogenannten  Eierstab'3;  allein  auf  unserer  Lekythos  ist  der  Ornamentstreifen  ein 
Rankenornament,  mit  dem  die  vereinzelten  Pünktchen  in  keinem  Zusammenhang  stehen; 
auch  sind  sie  nur  über  der  Darstellung  selbst  angebracht,  ohne  nach  rechts  und 
links  fortgeführt  zu  sein,  bis  dahin  nämlich,  wo  das  Palmettenornament  der  Rück- 
seite einsetzt.  Dafs  sie  in  der  That  eine  tiefere  Bedeutung  haben,  setzt  der  Ver- 
gleich mit  einigen  in  Bezug  auf  Form  und  Technik  völlig  analogen  Vasen  aufser 
Zweifel:  hier  sieht  man  oben  am  Halse  über  der  Darstellung  dasselbe  Blattornament 
mit  den  vergoldeten  Früchten  darin,  aber  von  weiteren  Punkten  im  Felde  ist  nirgends 
eine  Spur64.  Dieselben  Punkte  finden  sich  jedoch  auch,  wie  bemerkt,  hie  und  da 
zerstreut  im  Meer,  so  weit  es  der  Maler  durch  welligen  Kontur  angedeutet  hat. 
Endlich  sind  viele  derselben  rings  über  das  Gewand  der  Aphrodite  vertheilt.  Ge- 
wöhnlich giebt  dunkle  Innenzeichnung  bei  Frauengewändern  mancherlei  eingewirkte 
Muster  zu  erkennen,  und  golddurchwirkt  ist  sonst  wohl  auch  der  Gewandsaum  von 
Frauen65;  aber  für  einen  so  reichen  über  das  ganze  Gewand  vertheilten  goldenen 
Schmuck  ist  mir  kein  weiteres  Beispiel  bekannt.  Würde  man  dennoch  an  sich  ge- 
neigt sein,  in  dem  Aufsetzen  goldener  Sternchen  auf  das  Gewand  der  Göttin  eine 
harmlose  Spielerei  des  Malers  zu  erblicken,  so  ist  das  angesichts  der  sonstigen  Aus- 
schmückung des  Bildes  nicht  mehr  möglich.  Die  Erklärung  nämlich  liegt  auf  der 
Hand:  am  Himmel  stehen  Sterne,  die  sich  im  Meere  spiegeln  und  mit  Sternen 
übersät  ist  auch  das  Gewand  der  Göttin;  es  bauscht  sich  in  weitem  Bogen  und  ist 
anzuschauen  wie  das  gestirnte  Himmelsrund  selbst. 

Die  Darstellung  wird  nach  den  früheren  Bemerkungen  über  Aphrodites  Be- 
ziehung zum  Sternenhimmel  nicht  sonderlich  mehr  befremden;  gleichwohl  kann  sich 

60)  Bemalte  Vasen  mit  Goldschmuck  S.  26.  du     Bosphore     Cimmerien     T.    53,     2;      54,      1; 

61)  Berlin  Nr.  2691.     Zwischen    den  beiden  Figuren  57,    1. 

einer    andern-  Berliner  Vase    (Nr.  2689)    hängen  ei)  Berlin  Nr.  2689  (Heydemann  Gr.  Vasenb.  T.  I.  3. 

oben      zwei      Lorbeerzweige      mit     vergoldeten  Arch.  Ztg.   1878  T.  21,  3)  und  Nr.  2691;  Benn- 

Früchten.  dorf  Gr.  und  Sic.  Vasenb.  T.  38;  Ber.  der  Sachs. 

62)  Jahn  T.  I,   1    S.  3.  Ges.   d.  Wiss.    1854   T.  II;    Bulletino   Napoletano 

63)  Vgl.  z.  B.  Jahn    T.  II  3,  4.     Stephani  Anliquites  III   1,   3,  4. 

65)  Vgl.  z.  B.  Stephani  Antiq.  T.  52,  3. 


242  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 


die  Deutung  der  bestimmt  charakterisirten  Scene  nicht  mit  dem  Hinweis  auf  eine 
allgemeine  Vorstellung  begnügen.  Wenn  Aphrodite  unterm  gestirnten  Himmel  mit 
einem  von  Sternen  bedeckten  Gewände  übers  Meer  fährt,  so  tritt  sie  damit  nach 
antiker  Anschauung  selbst  als  Gestirn  in  die  Erscheinung,  oder  vielmehr  unter  dem 
Bilde  der  Göttin  erscheint  ihr  Stern,  der  gröfste,  schönste  und  glänzendste  von  allen, 
die  am  Himmel  stehen66.  So  finden  sich  Sterne  in  der  Höhe  oder  im  Felde  öfter 
angebracht  bei  Darstellungen  des  Aufgangs  von  Gestirnen  ",  und  mit  Sternen  ist  z.  B. 
auch  das  Gewand  der  Eos  geschmückt68.  —  In  der  bildenden  Kunst  erscheint  sonst 
der  Venusstern  gewöhnlich  in  der  morgenlichen  Phase  dargestellt,  als  Phosphoros; 
Dichter  haben  bekanntlich  daneben  ebenso  häufig  den  Hesperos,  aber  die  Beziehung 
zur  Aphrodite  verläugnen  sie  nie 69.  Den  Dichtern  ist  nun  einmal  die  Phase  vom  Abend- 
und  Morgenstern  geläufig  in  alter  und  neuer  Zeit;  nur  wer  gelehrt  sein  will  macht 
nebenbei  auf  die  Identität  der  Beiden  aufmerksam70.  Die  Pompe  des  Ptolemaeos 
Philadelphos  führt  Phosphoros  an,  beschliefst  Hesperos,  und  das  in  dem  gelehrten 
Alexandria71.  Die  Identität  sollte  schon  im  sechsten  Jahrhundert  entdeckt  worden 
sein72,  was  besagt,  dafs  sie  damals  zuerst  ausgesprochen  wurde,  während  sie  schon 
längst  bekannt  gewesen  sein  mochte73.  Jedenfalls  hat  das  Gestirn  der  Aphrodite 
nicht  nur  in  den  Gestalten  von  Phosphoros  und  Hesperos  die  Phantasie  beschäftigt: 
das  zeigt  unser  Vasenbild,  und  Anderes  bestärkt  darin.  Bei  Porphyrios  steht,  dafs 
der  Anblick  des  schönen  Sternes  der  Aphrodite,  welcher  als  Erzeugung  bewirkend 
galt,  zur  Erfindung  eines  schönen  Weibes,  nämlich  der  Aphrodite,  geführt  habe74; 
wenn  es  verbreitete  Anschauung  war,  dafs  in  ihrem  Sterne  sich  die  Göttin  selbst 
darstelle,  versteht  man  jenen  Einfall.  Dieselbe  treibende  und  befruchtende  Kraft 
im  ganzen  Reiche  der  vegetabilischen  und  animalischen  Natur,  welche  Dichter  in 
begeisterten  Strophen  der  Aphrodite  beilegen75,  wird  auch  dem  Sterne  zugeschrieben76, 
und  Mythologen    setzen  für  das  Morgengestirn,  das  den  Tag  heraufführt,    geradezu 


66)  II.  X  318.  Od.  v  93.  Anth.  Pal.  VI  148.  Era-  evang.  III  11,  40  (114b):  töv  8e  tt,s  ÄqppoMnjS 
tosth.  196  Robert.  Philipp  v.  Opus  987  b.  Hygin  äj-ifpa  ftsiupi^aavTES  ysveiio'jpyö'',  emi)'.iu.(as  tt  xal 
Astr.  II  42.   IV  15  und  öfter.  Y'jvf^  outiov,  yuvalxa  uiv  av^-).aaav  oiä  t^v  y^vesiv, 

67)  vg''  Gerhard  Akadem.  Abhandlungen  I  T.   6  ff.  tijpoti'ctv  U,  6'ti  xoci 

68)  So  namentlich  auf  der  Vase  Annali  delt  Inst.  "Esrtepo«,  8s  x&XtffTOC  bi  oüpaviö  Testaten  dc3tr(p. 
1864  tav.  d'agg.  S.  T.  Der    Venusstern     als    guter    Geburtsstern    auch 

69)  Bion  IX  1.  Vergil  Aen.  IX  589.  Valerius  Klaccus  bei  Macrobius  Comment.  Somn.  Scip.  I  19,  20. 
Arg.  VI  527.  Statius  Silv.  V  4,  8.  Claudian  XIV  7S)  Vgl.  namentlich  Aeschylos  Frag.  43  und  die  Ein- 
I  ff.     Sil.  Ital.  XII  247  ff.  und  öfter.  gangsworte  bei  Lucrez. 

70)  Kallimachos  Frg.  52.  Catull  LXII35.  SenecaAga-  ,s)  Plin.  II  38:  huius  natura  euneta  generantur  in 
memnon  819  fr.  Nach  Statius  (Theb.  VI  240)  terris.  namque  in  alterutro  exortu  genital!  rore 
hat  Lucifer  nur  sein  Pferd  gewechselt,  wenn  er  (onspergens  non  terrae  modo  coneeptuus  implet, 
Abends  wieder  erscheint.  verum  animantium  quoque  omnium  stimujat.    Vgl. 

")  Athen.  V   197  d.  Lucan  I    661     Veneris    salubre    sidus.     Aphrodite 

72)  Schaubach  Astronomie  d.  Griech.  181.  Wila-  als  Thauspenderin  in  den  paphischen  Sagen 
mowitz  Hermes  XVIII  417,   1.  (Aelian  nat.  anim.  X  50    Tacit.  hist.  II3);    vgl. 

73)  ^°  gewifs  richtig  Wilamowitz.  Pervigilium  Veneris  15. 

74)  Porphyrios  Tispl  iya).u.c(t(ov    bei   Eusebios  Praep. 


Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  243 

die  Göttin  ein77.  Es  wird  ausdrücklich  hervorgehoben,  dafs  der  Stern  von  weifser 
Farbe  sei78;  wie  gut  dazu  der  Schwan  pafst,  liegt  auf  der  Hand;  auch  an  Catull  mag 
erinnert  werden,  der  unter  dem  Bilde  des  aus  den  Fluthen  auftauchenden  Schwanes 
auf  das  Gestirn  anspielt.  Endlich  verdient  Beachtung,  was  Manilius  über  das  Stern- 
bild vorbringt  Astr.  I  337: 

proxima  sors  Cygni,  quem  caelo  Juppiter  ipse 

imposuit,  fortnae  pretium,  qua  cepit  amantem, 

cum  deus  in  niveum  descendit  versus  olorem 

tergaque  fidenti1*  subiecit  plumea  Ledae. 

nunc  quoque  diductas  volitat  stcllatus  in  alas. 
Die  merkwürdige  Stelle  ist  schon  Andern  bei  den  Darstellungen  der  vom  Schwan 
getragenen  Aphrodite  eingefallen80.  Von  einer  Entführung  der  Leda  durch  den 
in  einen  Schwan  verwandelten  Zeus  weifs  nur  Manilius,  und  Manilius  ist  kein 
Dichter,  der  über  entlegene  Mythen  verfügt.  Die  Auffassung  jener  Darstellung  ist 
zu  fest  begründet,  als  dafs  Manilius  uns  darin  irre  machen  könnte;  vielmehr  hat 
sich  derselbe  durch  irrthümliche  oder  willkürliche  Auslegung  von  der  bildenden 
Kunst  einen  Gedanken  erborgt.  Das  Sternbild  erklärte  man  schon  vor  ihm  aus  dem 
Leda-Mythus;  wie  er  aber  dazu  kommen  konnte,  mit  dem  Sternbilde  des  Leda- 
Schwanes  die  Schwanenjungfrau  in  Zusammenhang  zu  bringen,  begreift  man,  wenn 
ihm  diese  als  Darstellung  eines  Gestirns  vorschwebte 81. 

Die  Sage  erzählt,  die  Arkader  gewahrten  bestürzt  des  Lichts  und  des 
Dunkels  Wechsel,  und  jagten  der  untergehenden  Sonne  nach,  an  des  Tages  Rück- 
kehr verzweifelnd S2.  Der  Mensch  hat  im  Naturzustand  eine  lebhafte  Empfindung 
für  die  Lichterscheinungen  des  Himmels  und  für  den  Wechsel  von  Licht  und  Fin- 
sternifs.  Ähnliche  Gedanken  wie  in  jener  Sage  kommen  in  der  bildenden  Kunst 
zum  Ausdruck.  Auf  einem  im  Sabinerland  gefundenen  Krater83  gewahrt  man  in- 
mitten einer  grofsen  Strahlenscheibe  das  Brustbild  eines  Mädchens  oder  eines  Jüng- 


7r)  Schol.  Hes.  Theog.  990:  ö  rjcjio:  aaxrjp  ö  dvoiytuv  angeregt  zu  haben  (Heibig  Das  Homerische 
tt)v  -fjuipav  xa\  töv  tPcfeijovr«*,  ^  'Acppcohrj  iorfv.  Epos  S.  307).  Für  Schilderungen  ähnlicher 
Auch  Astarte  wurde  mit  dem  Planeten  Venus  Darstellungen  bei  jüngeren  Dichtern  (Euripides 
identificirt;  Zeugnisse  bei  Movers  Phönikier  I  Ion.  1146fr. ,  Elektra  465  ff.  Anakreontea  3  B) 
606.  Ein  oder  zwei  Sterne  sind  auf  kyprischen  dürfte  Homer  mafsgebend  gewesen  sein.  Bei 
Münzen  bei  dem  Sinnbild  der  Aphrodite  darge-  dem  Rofsdenkmal  in  der  Nähe  von  Sparta  er- 
stellt; s.  Engel  Kypros  I  537,  16.  538,  20.  540,  wähnt  Pausanias  sieben  Säulen,  die  als  Bilder 
37.     541,  44.  der  Planeten  galten   (III  20,  9:   <Ac  de<JT^p(uv  Töiv 

78)  Xcuxo;  Tii)  -/pi!)|j.aTt  Eratosthenes  S.  196  Robert;  jtXavJ)TÜ>v  cpaslv  iyciXpiaTa).  Über  Darstellungen 
vgl.  Hygin  Astr.  IV  15.    Plinius  II  79.  von    Planeten     auf    späteren    Kunstwerken    vgl. 

79)  Bentley  vermuthete  sidenti.  K.  O.  Müller  Handb.   d.  Archäol.  S.  650,   5. 

80)  Stephani  71.     Benndorf75-  82)  Statius  Theb.  IV  282fr.    Die  Sage  ist  alt,  Lucrez 

81)  Ob    die  ältere  Kunst   verschwenderischer  war  in  polemisirt  dagegen  (V  971  ff.). 

Bezug  auf  Darstellung  von  Gestirnen,  bleibt  da-      83)  Abgebildet  Mon.  ddt  Inst.  II  53.    Welcker  Alte 

hingestellt.     Das   kosmische  Mittelbild    des  Ho-  Denkm.  III  T.  2.    Gerhard    Akadem.  Abhandig.  I 

merischen  Schildes     scheint    orientalische  Kunst  T,  V   1.     Vgl.  Jahn  Arch.  Beitr.  118. 


244  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 


lings84;  zu  beiden  Seiten  und  unterhalb  tauchen  aus  dem  durch  einzelne  Zweige 
angedeuteten  Gebüsch  Satyrn  hervor,  die  lebhafte  Geberden  des  höchsten  Erstau- 
nens und  Schreckens  machen.  Sie  staunen  das  aufgehende  Gestirn  an,  «als  wäre 
es  am  Morgen  ihrer  ersten  Schöpfung85.«  Dichter  werden  nicht  müde,  das  Er- 
wachen des  Tages  zu  schildern,  der  die  Schatten  der  Nacht  verscheucht,  und  die 
bildende  Kunst  macht  in  tiefinniger  Würdigung  dessen,  was  das  nahende  Licht  für 
die  Menschheit  bedeutet,  Menschen  zuweilen  zu  theilnehmenden  Zeugen  jenes  Vor- 
ganges. So  sehen  wir  auf  einem  Vasengemälde  Helios  mit  einem  Viergespann  übers 
Meer  fahren,  während  daneben  zwei  ihm  nachschauende  Frauen  dargestellt  sind, 
von  denen  die  eine  mit  erhobener  Hand  nachdrücklich  auf  den  Gott  hinzeigt86;  im 
Reiche  des  Mythus  sucht  man  die  beiden  Frauen  vergebens87.  Auf  einer  von 
Lasimos  gefertigten  Vase  steht  ein  Jüngling  auf  seinen  Speer  gestützt  ruhig  da,  und 
zeigt  mit  der  Rechten  auf  die  herannahende  Eos,  deren  Viergespann  von  Hermes 
geleitet  wird 88.  In  der  Veranschaulichung  des  Gedankens,  dafs  den  Sterblichen  das 
Licht  gebracht  wird,  äufsert  sich  Empfänglichkeit  selbst  für  das  tagtäglich  wieder- 
kehrende Wunder,  das  für  uns  nur  starres  Naturgesetz  ist.  Aber  während  die  im 
Urzustände  des  Empfindungslebens  vorgestellten  Satyrn  ihr  Erstaunen  ausgelassen 
zu  erkennen  geben,  findet  das  aufgehende  Licht  den  gereiften  Menschen  als  stillen 
Zeugen.  So  erklärt  sich  auch  die  Figur  des  Jünglings  auf  der  attischen  Lekythos; 
er  sitzt  abgewandt  da,  weil  eine  tiefere  Beziehung  zwischen  ihm  und  der  Göttin 
nicht  obwaltet;  die  Haltung  verräth  Theilnahme,  ohne  dafs  etwas  Unerwartetes 
seine  Aufmerksamkeit  fesselte;  vor  seinen  Augen  spielt  sich  ein  alltäglicher  Vor- 
gang ab89. 

Benndorf  hat  mit  der  besprochenen  Lekythos  einen  in  Athen  gefundenen 
und  in  Bezug  auf  Technik  und  Zeichnung  nahe  verwandten  Aryballos  verglichen, 
auf  welchem  sich  eine  ganz  ähnliche  Darstellung  findet90.  Aphrodite  ist  in  kauern- 
der Haltung  gebildet  und  scheint  mit  beiden  Händen  ein  sich  segelartig  aufbau- 
schendes   Gewand    zu   fassen.     Das   Bild    ist    zerstört;    Benndorf   meint,    Aphrodite 


M)  Nach    der  Publication    in    den  Monumenti    trägt  im     Anbeginn     seines     ätherischen    Weges     be- 

die    Figur  Brustbänder    und    danach    wäre   eher  schaut.« 

Selene  als  Helios  zu  erkennen.  88)  Auch  diese  Darstellung  hat  mit  der  darunter  an- 

8i)  Welcker  Alte  Denkmäler  III   80.  gebrachten    keinen    Zusammenhang;    vgl.    Over- 

80)  Das  Bild  befindet  sich  am  Hals  einer  aus  Ruvo  beck  Gallerie   S.  670.     Abgebildet  Winckelmann 

stammenden   Vase,    Mon.   delt   Inst.   IV    16,   17.  Mon.  ined.    143.     Miliin    Vases  peints  II  37,   38, 

Gerhard  Akadem.  Abhandig.  I  T.  VI  4.  Galler.  myth.  169,  611.  Overbeck  Gallerie  T.  28, 1. 

s;)  Gerhard    S.   152:     »Zwei     aneinander     gelehnte  Gerhard  I    T.   VII   4.      Vgl.    Klein    Vasen     mit 

Frauen,    welche    nebenher    stehen,    können    für  Meistersignaturen  85. 

seine  (Helios)  Mutter  die  Nacht  und  seine  Ge-  89)  »Es  ist  fromme  Gewohnheit  abends  beim  Schlafen- 
mahlin  Klymene  gelten,  sind  jedoch,  da  sie  dies-  gehen  die  leuchtenden  Gestirne  zu  grüfcen,  oder 
seits  des  Wagens  stehen,  wahrscheinlicher  für  wenn  der  Abendstern  aufgeht,  ein  Gebet  zu  ver- 
eine Personification  des  Götterglückes,  der  auf  richten  (neugriechische  Sitte)«.  Grimm  Deutsche 
einem   Gefäfs    von    gleicher  Abkunft    gerade    so  Mythologie  414. 

bezeichneten     Eutychia     zu    nehmen    — ,    jenes  *>)  Stackeiberg  Gräber  d.  Hellen.  T.  XXXVI.     Da- 

Ülympier  -  Glückes ,      dessen      Seligkeit     Helios  nach   wiederholt  bei  Benndorf  S.  82. 


Kalkmann ,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  245 


habe  in  einer  Muschel  gestanden,  in  der  sie  so  oft  über  das  Meer  fährt.  Die 
Göttin  begleiten  zwei  Tauben;  voran  schwebt  Eros  mit  einem  Kranz,  während  auf 
der  andern  Seite,  gerade  wie  auf  dem  Bilde  der  Lekythos,  abgewandt  ein  Jüngling 
sitzt,  der  in  der  Rechten  einen  Stab  aufgestützt  hält  und  der  Göttin  nachschaut.  — 
Auf  eine  Lichterscheinung  deutet  hier  nichts.  Das  allein  wäre  freilich  noch  kein 
Grund,  eine  andere  Deutung  aufzustellen,  denn  dafs  die  Maler  es  zuweilen  an  Hin- 
weisen auf  die  elementare  Lichterscheinung  ganz  fehlen  liefsen,  sieht  man  aus  dem 
Bilde  einer  Lekythos  strengen  Stiles,  auf  welcher  Eos  mit  zwei  Hydrien  heran- 
schwebend dargestellt  ist,  ohne  dafs  irgend  welche  auf  die  Göttin  des  aufgehenden 
Lichts  als  solche  bezüglichen  Andeutungen  gegeben  wären91.  Zudem  ist  das  Ge- 
fäfs  schadhaft.  Allein  der  Umstand,  dafs  der  Schwan  durch  die  volksthümlichen 
Tauben  ersetzt  ist,  scheint  darauf  zu  deuten,  dafs  der  Maler  seine  Vorlage  nicht 
verstanden  hat;  Aphrodite,  etwa  eine  Euploia,  scheint  übers  Meer  zu  fahren,  ge- 
folgt von  Tauben.  Das  Verständnifs  für  die  Darstellung  der  Lekythos  konnte  bei 
der  sichtlichen  Bevorzugung  anderer  Darstellungsformen  des  Aphrodite-Gestirnes 
leicht  verloren  gehen.  In  der  Vasenmalerei  ist  eine  irrthümliche  Auffassung  der 
seltenen  Darstellungsform  um  so  weniger  befremdlich,  als  der  gewöhnliche  Typus 
der  vom  Schwan  getragenen  Göttin  eine  andere  Bedeutung  hat,  wie  ich  gleich 
zeigen  werde.  - —  Hinsichtlich  der  Tauben  glaubt  Benndorf  an  die  für  Eryx  bezeugte 
Legende  von  der  Apodemie  der  Göttin  erinnern  zu  können.  Doch  selbst  unter  der 
Voraussetzung,  dafs  die  Benndorf'sche  Deutung  der  beiden  Vasen  richtig  wäre, 
würde  das  Ursprüngliche  auf  Seiten  des  Lekythos-Bildes  zu  suchen  sein,  weil  es 
Thatsache  ist,  dafs  auch  innerhalb  jener  Vorstellungen,  von  denen  Benndorfs  Deu- 
tung ausgeht,  die  bildende  Kunst  vorzugsweise  den  Schwan  mit  der  Aphrodite  in 
Verbindung  bringt,  wenigstens  sobald  diese   als  Frühlingsgöttin  dargestellt  wird. 

IV. 
Auf  einer  rothfigurigen  Vase  späteren  Stiles  sehen  wir  die  reich  bekleidete 
und  geschmückte  Göttin,  welche  ein  mit  Binden  verziertes  Tympanon  in  der  aus- 
gestreckten Linken  hält,  von  einem  Schwan  durch  die  Lüfte  dahingetragen.  »Über 
derselben  schwebt  in  völlig  horizontaler  Lage  Eros  und  hält  mit  beiden  Händen 
einen  langen  blätterreichen  Zweig,  mit  welchem  er  sie  zu  umschlingen  im  Begriff 
ist92.«  Mit  diesen  Worten  weist  Jahn  auf  den  von  Eros  gehaltenen  Blätterzweig 
hin,  ohne  ihm  doch  besondere  Aufmerksamkeit  zu  schenken93.  Der  Zweig  findet 
sich  aber  auch  auf  zwei  seitdem  bekannt  gewordenen  Darstellungen  der  vom  Schwan 
getragenen  Göttin.  Diese  selbst  hält  einen  solchen  auf  einer  schönen  aus  Kamiros 
stammenden  Vase94;  streng  und  züchtig  sitzt  sie  auf  ihrem  Schwan,  welcher  die 
Herrin  über  die  Fluthen  dahinträgt,  ein  Bild,    das  uns  in  seiner  Zartheit    anmuthet 

«')  Millingen     Unedit.  Mon.    pL   VI.      Gerhard  I  T.      93)  Arch.  Ztg.   1858  S.  236fr. 

VIII  9.  94)  Salzmann  Nccrofole  de  Camiros  PL  60;   vgl.  oben 

92)  Millingen  VastsCoghiü  21.     Elite  ceramogr.W  3.  S.  232. 


246  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 

wie  ein  anderer  Frühling,  wie  Lenzeswehen  der  erblühenden  Kunst.  Damit  seine 
Göttin  nicht  verkannt  werde,  hat  der  Maler  ihr  den  Namen  beigeschrieben.  Eben- 
falls durch  Beischrift  ausgezeichnet  ist  die  auf  einem  Schwan  sitzende  Aphrodite 
(Turan)  einer  etruskischen  Spiegelzeichnung95,  und  zwar  hält  hier  der  Schwan  eine 
grofse  Ranke  im  Schnabel.  —  Da  sich  der  Blätter-  oder  Blüthenzweig  auf  Monu- 
menten verschiedener  Art  findet,  von  Eros,  von  der  Göttin  und  sogar  vom  Schwan 
gehalten,  so  kann  er  nicht  bedeutungslos  sein;  vielmehr  sollte  er  Aphrodite  als 
Frühlingsgöttin  kennzeichnen,  bei  deren  Nahen  Blätter  und  Blüthen  spriefsen, 
und  die  mit  bescheidenem  Ausdruck  zufriedene  Kunst  hat  so  auf  sinnige  Weise 
den  leitenden  Gedanken  der  Darstellung  zu  erkennen  gegeben.  Angesichts  des 
Bildes  jener  Kamiros-Vase,  in  dem  sich  speciell  attisches  Empfindungsleben  in 
ursprünglicher  Frische  spiegelt,  mag  es  erlaubt  sein,  auf  die  zu  Athen  in  den  Gärten 
verehrte  Aphrodite  zu  erinnern.  Nach  Euripides  »haucht  Aphrodite  aus  des  Ke- 
phisos  Wellen  schöpfend  die  Flur  an  mit  lieblicher  Lüfte  sanft  gemischtem  Wehen, 
mit  Rosen  im  Haar  geschmückt,  zugleich  aussendend  die  der  Weisheit  gesellten, 
zu  allerlei  Tugend  wirkenden  Eroten«  9fi.  Jene  in  den  Gärten  heimische  Göttin  war 
eine  Urania97,  der  wir  schon  früher  den  Schwan  unterthan  sahen*8. 

Auch  aus  der  Literatur  läfst  sich  beweisen,  dafs  der  Schwan  mit  der  Vor- 
stellung vom  nahenden  Frühling  die  Phantasie  der  Alten  beschäftigt  hat,  oder  besser, 
zugleich  mit  den  an  das  erstehende  Licht  anknüpfenden  Vorstellungen,  wie  auch 
Aphrodite  selbst  als  Spenderin  des  ersten  Tageslichts  erscheint,  das  die  erwachende 
Natur  erquickt99,  während  andere  Sagen  sie  als  Bringerin  des  Frühlings  feiern,  der 
sich  Blumen  und  Blüthen  erschliefsen  100.  Euripides  schilderte  in  einem  Chorgesang 
des  Phaethon  die  Morgenfrühe:  Hirten,  Jäger  und  Fischer  beginnen  ihr  Tagewerk, 
die  Nachtigall  singt  ihr  gewohntes  klagendes  Lied  und  auch  der  Schwan  singt  lieb- 
lich. Nach  andern  aber  singt  er  im  Frühling.  In  Wahrheit  hat  der  Schwan  im 
Alterthum  so  wenig  wie  heutzutage  des  Morgens  oder  im  Frühling  ein  Lied  er- 
schallen lassen;    der  Schwanengesang    gehört   in   dieser  Ausschmückung    allemal  in 


9ä)  Gerhard  Etrusk.  Spieg.  T.  321;  vgl.  oben  S.  232.  wie  der  vegetabilischen  Natur  neues  Leben  ein- 

96)  Medea  835fr*.     Welcker  Gr.  Götterl.  II   700.  haucht.«      Bei  dieser  Gelegenheit    mag    erinnert 

97)  Paus.  I   19,  2.     Lukian  dial.  meretr.  7,    1.  werden     an     die    Darstellung     einer     römischen 
9S)  Stephani    {Compte-rendu    1877    S.  248)    erwähnt  Kupferplatte  Arch.  Ztg.   1862  T.  166,  3:  Aphro- 

»einen  an  der  alten  Metropolitan -Kirche  zu  dite  sitzt  auf  einem  Widder  und  halt  einen  Spiegel; 
Athen  eingemauerten  Marmorblock,  der  uns  hinter  ihr  bemerkt  man,  ebenfalls  auf  dem  Widder 
zwischen  reichem  Blätterschmuck  auf  der  einen  sitzend,  eine  Taube;  in  der  Höhe  sind  sieben 
Seite  eine  Ziege,  auf  der  andern  zwei  Schwäne  Sterne  angebracht.  Gerhard  (S.  304fr.)  billigt 
sehen  läfst,  von  denen  der  eine  eine  Frau  mit  gewifs  mit  Recht  die  Deutung  auf  Venus  als 
fliegendem  Gewand  auf  seinem  Rücken  trägt.«  Frühlingsgöttin;  »in  den  sieben  Sternen  sei  ohne 
Stephani  bemerkt  dazu:  »Die  bekanntlich  mit  Zweifel  das  Gestirn  der  Pleiaden  gemeint,  deren 
Aphrodite  eng  verbundene  Ziege,  sowie  der  Frühaufgang  bekanntlich  der  Zeit  des  beginnen- 
reiche Blätterschmuck  können  keinen  Zweifel  daran  den  Frühlings  entspricht.« 

übrig  lassen ,  dafs  der  Verfertiger  Aphrodite  als       9a)  Vgl.    namentlich  Ausonius  Id.  XIV.     Anth.    Lat. 

("e(8(upot,  als  die  Göttin  darstellen  wollte,  welche  Nr.  646  R. 
durch  ihr  Nahen  im  Frühling   der    animalischen      10tl)  Engel  Kypros  II   160  ff. 


Kalkmann ,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  247 

das  Reich  des  Mythus.  Euripides  deutet  das  selbst  an,  wenn  er  dort  sagt,  der 
Schwan  singe  lieblich  an  den  Quellen  des  Okeanos101,  und  dies  dem  Mythus  ent- 
lehnte Bild  vom  singenden  Schwan  hat  sich  fortgeerbt  auf  spätere  Dichter,  die  es 
harmlos  in  ihre  Schilderungen  des  Frühlings  verweben,  als  handle  es  sich  um  einen 
der  sie  umgebenden  Natur  abgelauschten  Zug 102.  In  der  angeführten  Stelle  des 
Pervigilium  Veneris,  auf  die  sich  schon  Jahn  berief,  heifst  es  geradezu,  die  Göttin 
selbst  habe  die  Vögel  zum  Gesang  gestimmt,  und  da  seien  auch  die  geschwätzigen 
Schwäne  mit  rauschendem  Flug  herbeigeflogen. 

V. 
Auf  Tafel  II,  2  ist  in  beinahe  3/4  der  Originalgröfse  (die  Gefäfsform  in  */,) 
das  Bild  einer  kleinen  aus  Athen  stammenden  Kanne  veröffentlicht,  die  sich  jetzt  im 
Berliner  Museum  befindet 103.  Das  anmuthige  Bild  verdient  schon  deshalb  beson- 
dere Beachtung,  weil  hier  Aphrodite  mit  dem  Schwan  in  einer  gröfseren  figuren- 
reichen Composition  erscheint.  —  Die  Darstellung  läuft  rings  um  den  Bauch  des 
Gefäfses.  Aphrodite,  zwei  Eroten  und  der  Schwan  nehmen  die  Mitte  ein;  zu 
beiden  Seiten  sind  in  gefälliger  Gruppirung  je  zwei  sitzende  Frauen  und  zwischen 
diesen  je  eine  stehende  männliche  Figur  gebildet,  welche  sich  in  Stellung  und 
Haltung  fast  völlig  entsprechen.  Die  mit  Brust-  und  Haarband  geschmückte  Göttin 
steht  in  Vorderansicht;  mit  erhobener  Rechten  zieht  sie  ein  um  ihren  Unter- 
körper und  den  linken  Arm  geschlungenes  Gewand  hinter  dem  Rücken  empor, 
während  in  ihrer  Linken  ein  Scepter  ruht.  Unterwärts  wird  sie  von  einem  mit  aus- 
gebreiteten Flügeln  sich  emporrichtenden  Schwan  verdeckt.  Die  Göttin  blickt  nach 
rechts,  von  wo  Eros  herbeifliegt,  der  in  seiner  Linken  einen  Kranz,  mit  der  an- 
deren Hand  eine  Tänie  hält;  ein  zweiter  Eros  flattert  zu  ihrer  Linken,  einen  Kranz 
mit  der  rechten  Hand,  eine  Schale  auf  der  anderen  haltend.    Dieser  Gruppe  zunächst 

'oi)  Frg.  77g  v.  31   N:   KTflcüsi  t"  lii  'Qxeavoü  |  fieXi-  des  Earinus  witzelt  Martial  so  Epigr.  IX   12,  4: 

ßöott  -/.'ix'.o;  ävst.     Vgl.  Welcker  Gr.  Trag.  597.  quod  nidos  ölet  alitis  superbae. 

Wi)  So  Meleager    in    seiner    Schilderung   des   Früh-      103)  N.  2660.     Von  Körte  bereits  erwähnt  unter  den 

lings    Anth.    Pal.  IX   363,   18 ,    wo    der    Schwan  noch  nicht  publicirten  Vasen  mit  Goldschmuck 

in'   oySocisiv  irotai-ioü    singt;     ähnlich    Chorikios  Arch.  Ztg.    1879  S.  93,   1.    —    Das    Gefäfs    ist 

T.zpX  eotpos  S.  173  B.,    der  als  Flüsse,    an    deren  aus  Stücken  zusammengesetzt,    doch    fehlt    fast 

Ufern  der  Schwan  im  Frühling  singt,  den  Xan-  nichts.     Der  Firnifs    ist  gröfstentheils    vollstän- 

thos,  Kaystros  und  Paktolos  nennt,  während  er  dig    abgerieben.       Weifs    mit    feiner    gelblicher 

in  einer  anderen  Ekphrasis  sagt  S.  137  B. :    vüv  Innenzeichnung  sind  die  Fleischtheile  der  Aphro- 

xixvoi    -Acd    ycÄeoöve;    oräp    xHpaXrjc   a'otmi   tov  dite  und  der  Schwan,  vergoldet  die  Punkte  am 

cciüipoc    7r£praXav(lj|j.evoi.       Am    Paktolos     singen  Brust-  und  Haarband  der  Aphrodite;    auch  die 

die  Schwäne  zur  Frühlingszeit    nach  Dionysios  Haarbinden    der  Eroten   waren  vergoldet.     Am 

Periegetes  833  ff. ;  von  dorther  kommen  sie  auch  Halse  ein  Epheuzweig  (weifse  Blätter  an  einem 

zur    Geburt    des    Apollo    (Kallimachos    in  Del.  röthlich    aufgemalten  Zweige),    unter   der   Dar- 

249).     Römische  Dichter   suchen   die    poetische  Stellung    der   sogenannte  Eierstab.      Die  Zeich- 

Floskel  mehr  mit  der  Wirklichkeit  in  Einklang  nung  ist  sorgfältig;  »schöner  Stil,  spätere  Hälfte« 

zu  bringen;  Pervigil.  Vener.  85  iam  loquaces  ore  nach  Furtwängler. 
muco  stagna  cygni  perstrepunt.     Mit  dem  Namen 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instittlfs  I.  IQ 


248  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 

und  ihr  zugewandt  ist  zu  beiden  Seiten  je  eine  auf  einem  Delphin  sitzende,  mit 
dorischem  Chiton  bekleidete  weibliche  Figur  dargestellt,  von  denen  die  zur  Linken 
mit  erhobenen  Armen  die  Zipfel  ihres  Gewandes  hinter  dem  Rücken  fafst,  während 
die  andere  mit  erhobener  Linken  ebenfalls  ihr  Gewand  über  der  Schulter  empor- 
zieht; unterwärts  sind  Wellen  angedeutet.  Es  folgt  links  der  jugendliche  Dionysos, 
in  hohen  Stiefeln,  reich  gesticktem  kurzen  Ärmelchiton  und  Mantel,  den  er  mit  der 
Linken  fafst;  lange  Locken  fallen  auf  seine  Schultern  herab;  er  steht  der  Mitte  zu- 
gewandt und  stützt  mit  erhobener  Rechten  einen  Thyrsos  auf.  Ihm  entspricht  auf 
der  anderen  Seite  Hermes,  mit  Chlamys  und  Petasos  im  Rücken,  in  erhobener 
Rechten  ein  Kerykeion  haltend  und  die  andere  Hand  in  die  Seite  stemmend.  Den 
Schlufs  bildet  je  eine  abgewandt  sitzende  weibliche  Figur  in  dorischem  Chiton, 
welche  sich  nach  der  Mitte  umwendet,  diejenige  zur  Linken  lehnt  sich  mit  dem 
linken  Arm  auf  ein  Tympanon. 

Die  Deutung  der  einzelnen  Figuren  bereitet  keine  erheblichen  Schwierig- 
keiten. Auch  bei  denjenigen,  welche  nicht  wie  Aphrodite,  Hermes  und  Dionysos 
als  bestimmte  Götter  charakterisirt  sind,  kann  man  gleichwohl  kaum  in  Zweifel  sein, 
welchem  Kreise  göttlicher  Wesen  sie  angehören.  Die  auf  Delphinen  sitzenden  Frauen 
sind  durch  jene  als  Nereiden  gekennzeichnet;  in  der  durch  ein  Tympanon  ausgezeich- 
neten, aber  sonst  nicht  näher  charakterisirten  weiblichen  Figur  wird  man  eine  Nymphe, 
und  in  dem  Gegenbild  eine  ihrer  Genossinnen  erblicken  dürfen.  Überraschend  aber 
ist  die  Darstellung  der  Aphrodite:  während  die  Göttin  gewöhnlich  auf  dem  Rücken 
des  Schwanes  sitzt,  ist  sie  hier  stehend  gebildet,  und  der  Schwan  scheint  sich  vor  ihr 
zu  erheben.  Indefs  auch  diese  uns  zunächst  befremdliche  Auffafsung  hat  Analogien, 
und  mufs  als  durchsichtige  Veranschaulichung  eines  Vorganges  aus  dem  Leben  der 
Göttin  gegolten  haben:  wir  können  genaue  Wiederholungen  der  Mittelgruppe  ein- 
schliefslich  der  beiden  Eroten  nachweisen.  So  auf  einer  von  Stephani  publicirten 
Vase104:  Aphrodite  steht  aufgerichtet  in  Vorderansicht  und  zieht  mit  erhobener  Rech- 
ten das  Gewand  über  ihre  Schulter  empor,  während  sie  die  verhüllte  Linke  in  die  Seite 
stemmt;  vor  ihr  bemerkt  man  über  Meereswellen  einen  Schwan  mit  ausgebreiteten 
Flügeln  und  aufgerichtetem  Körper,  und  zur  Linken  einen  Delphin.  Zu  beiden 
Seiten  der  Göttin  flattert  je  ein  Eros  mit  Tympanon  und  ein  kleiner  Vogel'"5. 
Weiter  kommt  in  Betracht  eine  von  Montfaucon  bekannt  gemachte  Amphora ,06,  auf 
der  ebenfalls  Aphrodite  mit  dem  Schwan  ganz  in  derselben  Weise  dargestellt  ist, 
was  man  trotz  der  mangelhaften  Wiedergabe  sogleich  erkennt.  Wie  auf  der  Ber- 
liner Vase  ist  hier  nur  der  Unterkörper  der  Göttin  vom  Gewand  verhüllt,  das  sie 
mit  erhobener  Rechten    hinter  der  Schulter    emporzieht,    wogegen    sie    die   andere 

104)  Compte-rendu  1877  T.  V.  S.  246  fr.  '  (Danach  oben  Wj)  »An  jeder  Seite  der  Frau  scheint  zunächst  eine 

S.  232.)    Es  ist  eine  im  Kunsthandel  in  Kertsch  er-  von  dem  Kupferstecher   allerdings    etwas   deut- 

worbene  zweihenkelige  Kanne  später  rothfiguriger  licher    als    im    Original    gezeichnete   Taube    zu 

Technik..  Weifs  sind  die  Fleischtheile  der  Aphro-  flattern«,  bemerkt  Stephani.     Bei  der  Kleinheit 

dite  sowie  der  Schwan  mit  Ausnahme  der  Flügel.  der  Vögel  kann  man  auch  an  Sperlinge  denken. 

Auf  der  Rückseite    drei  Mantelfiguren.  ""')  Antiq.  expl.  Suppl.  III  PI.  38. 


Kalkmann ,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  24Q 

Hand  wie  staunend  zu  erheben  scheint.  Zu  beiden  Seiten  schwebt  wieder  je 
ein  Eros. 

Dafs  Aphrodite  nicht  auf  dem  Rücken  des  Schwans  steht,  ist  ersichtlich,  und 
wer  würde  wohl  die  Göttin  in  einer  so  ungeheuerlichen  Situation  vorgestellt  haben? 
Unstatthaft  ist  aber  auch  die  Voraussetzung,  sie  stehe  auf  einem  nicht  sichtbaren 
Wagen ,nr.  Es  fällt  schon  auf,  dafs  in  allen  drei  Darstellungen  von  einem  Wagen 
keine  Spur  erscheint;  namentlich  auf  der  Kertscher  Vase  müfste  er  neben  der  durch 
nichts  verdeckten  rechten  Seite  der  Göttin  über  den  Wellen  zum  Vorschein  kommen; 
auch  pflegen  Zügel  dem  Gespann  gegeben  zu  werden.  Endlich  aber  gehören  zu 
einem  solchen  zwei  Schwäne,  und  es  ist  überhaupt  aus  so  früher  Zeit  nicht  nach- 
weisbar. —  Wir  lassen  uns  durch  die  gewöhnlichen  Darstellungen  der  vom  Schwan 
getragenen  Göttin  zunächst  verführen,  auch  hier  den  Schwan  in  erster  Reihe  mit 
ihrer  Fahrt  in  Verbindung  zu  bringen108;  in  Wahrheit  aber  ist  der  zu  Grunde  lie- 
gende Gedanke  ein  ganz  anderer.  Der  Schwan  schwimmt  weder,  noch  fliegt  er, 
und  eines  von  beiden  müfste  er  thun,  wenn  er,  sei  es  als  die  Göttin  tragend,  sei  es 
als  ihren  Wagen  ziehend  erschiene.  Sein  Schwanz  und  die  Füfse  sind  in  allen 
drei  Darstellungen  nicht  sichtbar,  sondern  vom  Meere  verdeckt.  Aber  der  schlanke 
Körper  des  Thieres  ist  bereits  hoch  aufgerichtet  und  die  mächtigen  Flügel  sind  zum 
Fluge  gespannt;  es  ist  der  Moment  dargestellt,  wo  der  Schwan  und  mit  ihm  die  Göttin 
aus  den  Fluthen   emporsteigt:   wir  haben   also   eine   Anadyomene  zu  erkennen109. 

Das  schwierige  Problem,  das  Aufsteigen  oder  überhaupt  das  Geborenwerden 
der  Göttin  aus  dem  Meere  darzustellen,  ist  hier  auf  einfache  Art  mit  Hülfe  einer 
gleichsam  umschreibenden,  symbolischen  Ausdrucksweise  gelöst110.  An  dem  mit 
dem  feuchten  Elemente  vertrauten  und  der  Aphrodite  ergebenen  Schwan  hat  der 
Künstler  das  Emporsteigen  mit  einer  Deutlichkeit  zur  Anschauung  gebracht,  wie  es 
mit  den  ihm  zu  Gebote  stehenden  Mitteln  bei  der  Gestalt  der  Göttin  selbst  kaum 
möglich  gewesen  wäre.  Der  auf  dem  Bilde  gewählte  Moment  ruft  uns  zugleich  die 
Herkunft  und  die  einstige  Bestimmung  der  Göttin  ins  Gedächtnifs,  denn  der  Schwan 
wird  sie  zum  Lande  geleiten,  wie  sonst  die  Neugeborene  eine  Muschel,  ein  Delphin 
oder  ein  Tritonengespann  ihren  Cultstätten  zuträgt "'.  —  In  einem  Homerischen  Hym- 

,07)  Furtwängler  im  Katalog:   »Aphrodite  von  vorne      ,10)  Es  mag  nochmals    erinnert  werden,    dafs  auch 

auf  einem  (nicht  sichtbaren)  von  einem  Schwan  das  Auftauchen    des  Schwans    bei  Catull    sym- 

gezogenen  Wagen  (nicht  etwa  auf  dem  Rücken  bolische  Bedeutung  hat. 
des  Schwans).«                                                                  nl)  Festus  Cytherea  Venus  S.  52  M.     Nonnos  Dionys. 

108)  Furtwängler:     »Aphrodite     über     das     Wasser  XIII  443.     Chorikios  S.  130  B,    wo   es  von  der 

fahrend.«    Körte:  »Aphrodite  von  einem  Schwan  Malerei  heifst:    itoieT  fdp  Jyj/jpwtxa  HaXaaarj;,  xal 

über  das  Meer  getragen.«  eixot;  eta  xyj  YpacpTj   -/.iveTaftai   ib.  xifxaxa,   it.  pl- 

,oil)  Montfaucon    erklärte    die   Darstellung    der   von  tsou   8£   xaixr);   dvdyei    ttjv   'AcppoSi'xrjv    d|i^av<$v 

ihm   publicirten  Vase   »  Venus  sortant  de  la  nur  xe  xoXXo;   xal   o!bv    eripsTcev  Ä(ppo5tT7]  xexxtjs&cu. 

suruncygne«.     Auch  Vofs  gedachte  dieses  Ge-  i'ysxai    ht    Tpixuiviov    <5yrj|.i.axi    xxX.     Vgl.    auch 

fäfses    bei    Gelegenheit    einer    Übersicht    über  Pervigil.  Ven.  10.    In  dem  Homerischen  Hymnus 

Darstellungen    der    Anadyomene    (Myth.  Er.  II  (V  3)    trägt  Zephyr   die  Neugeborene   über   die 

66  S.  268).  —  Auf  der  Kertscher  Vase  scheinen  Wogen  dahin, 
die  Füfse  der  Göttin    noch  im  Wasser  zu  sein. 


250  Kalkmann,   Aphrodite  auf  dem  Schwan. 

nus  (V  5  ff.)  wird  Aphrodite  nach  ihrer  Geburt  von  den  Hören  reich  geschmückt 
und  mit  köstlichen  Gewändern  bekleidet.  So  sucht  verstandesmäfsiges  Denken  zu 
motiviren  und  zerlegt  in  ein  Nacheinander,  was  im  Bilde  zusammenfiiefst.  Der 
Mythus  brauchte  sich  überhaupt  keine  Rechenschaft  darüber  zu  geben,  ob  die  aus 
dem  Meere  Geborene  mit  Gewändern  erscheinen  konnte;  Athena  kommt  gar  gerüstet 
zur  Welt,  was  ursprünglich  gewifs  nicht  als  Absonderlichkeit  empfunden  wurde"2. 
Apelles  scheint  die  Anadyomene  von  jeder  mythischen  Umgebung  isolirt  zu  haben, 
indem  er  sie  zum  Vorwurf  einer  mehr  genrehaften  oder  idyllischen  Scene  machte; 
es  wird  hervorgehoben,  dafs  er  die  Göttin  nackt  anschaute"3.  Die  Frage,  ob  es 
überhaupt  einer  noch  strengeren  Geschmacksrichtung  angemessen  erscheinen  konnte, 
Aphrodite  inmitten  der  Götterversammlung  völlig  unbekleidet  darzustellen,  braucht 
nicht  berührt  zu  werden;  dafs  die  Phantasie  der  Alten  thatsächlich  die  Anadyomene 
auch  unter  dem  Bilde  der  reich  geschmückten  und  mit  Gewändern  versehenen  Göttin 
anschaute,  zeigen  Darstellungen  ihrer  Geburt  aus  der  Muschel"4.  Nicht  unwesent- 
liche Berührungspunkte  mit  unserem  Bilde  bietet  namentlich  die  plastische  Dar- 
stellung des  bekannten  Jenenser  Gefäfses,  das  Aphrodite  in  einer  aufgeklappten 
Muschel  zeigt"5.  Die  Göttin  hat  sich  auf  das  rechte  Knie  niedergelassen  und  breitet 
mit  erhobener  Rechten  ein  Gewand  aus,  das  sie  schleierartig  umwallt.  An  ihren 
Schoofs  schmiegt  sich  ein  Schwan;  von  oben  links  fliegt  eine  Taube  herbei,  während 
auf  der  anderen  Seite  neben  ihr  Eros  sichtbar  wird"6.  —  Auf  den  Vasenbildern  um- 
schweben zwei  Eroten  die  Anadyomene,  was  an  Hesiods  Schilderung  erinnert,  wo 
Eros  und  Himeros  die  Schaumgeborene  begleiten"7. 

Doch  vorsichtig  abwägende  Betrachtung  wird  bei  der  figurenreichen  Darstel- 
lung der  attischen  Vase  auf  Schwierigkeiten  stofsen:  die  Mittelgruppe  scheint  sich 
ihrer  inhaltlichen  Bedeutung  nach  nicht  in  den  Zusammenhang  des  Ganzen  zu  fügen. 
Der  Kreis  göttlicher  Wesen,  vor  dem  der  Maler  ein  so  bedeutungsvolles  Ereignifs 
sich  abspielen  läfst  wie  die  Geburt  der  Göttin,  deren  Macht  die  ganze  Natur,  Götter 
und  Menschen  sich  beugen  werden,  erregt  Befremden.  Gewifs  sind  die  vornehmen 
Olympier  verstanden  unter  den  Unsterblichen,  in  deren  Versammlung  nach  einem 
Homerischen   Hymnus  (VI   15)   die    von    den    Hören    geschmückte   Schaumgeborene 

lla)  Auch  mit  Pferden  soll  sie  aus  dem  Haupte  des  und    malerische    Darstellungen     des    bekannten 

Zeus    entsprungen    sein:    Etym.    Magn.  474,31.  Typus  der  Anadyomene    zeigen    die  Göttin  un- 

Bekker  Anekd.  Gr.  350, 25.  terwärts    bekleidet;    Stephani    S.   H3ff.     Merk- 

"3)  Anth.  Pal.  XVI  179  auräv  iy.  Trdvroto  TtSrjvr^TTJpot  würdig,    dafs    der    moderne    Restaurator    eines 

'AtteXXyj;  I  tocv  Kutrptv  yjfivav  eTos  Xoyeuojjivav.  Louvre-Sarkophags  (Clarac  Basrcl.  PI.  224,  443) 

n4)  Stephani  Comptc-Rcndu  1870/71   S.  17  ff.   T.  I  3.  die  aus  dem  Meere  aufsteigende  und  von  Trito- 

Treu  Arch.  Ztg.   1875   S.  39fr.   T.  6  und  7.  nen  gehaltene  Aphrodite  ähnlich  dargestellt  hat 

uij  Ber.  d.  Sachs.  Ges.  d.  Wiss.  1853  T.  1.  2.    S.  14;  wie  unser  Vasenmaler:   die  Göttin  ist  unterwärts 

zur  Deutung    vgl.    Stephani    S.  55  ff.  63.      Treu  mit  einem  Mantel  bekleidet,  dessen  Zipfel  über 

S.  44.  die  linke  Schulter  geworfen  ist ;   ihre  FUfse  sind 

1IC)  Einen    wallenden    Schleier    hält    die    aus    den  durch  Wellen  verdeckt. 

Wellen  auftauchende  Aphrodite  in  der  Darstel-      "")  Theog.  201:  ttj  8'   "Fpo;    wp.'ip-zrfiz    xat  "Ijxepos 

hing    einer   Silberplatte,    von    der    später   noch  ?3tteT0    xaXo;  |  fwtultri    tä   zpwTot   Seiöv    t'    h 

die   Rede    sein    wird.     Auch   einige  statuarische  tpüXov  fo'Saj). 


Kalkmann,   Aphrodite  auf  dem  Schwan.  25  I 

geführt  wird,  und  sie  sind  es  ebenfalls,  deren  Geschlecht  die  Göttin  nach  ihrer  Ge- 
burt bei  Hesiod  zueilt  (Theogonie  202).  Denn  auch  in  der  Darstellung  des  Phidias 
an  der  Basis  des  olympischen  Zeus-Thrones  waren  die  angesehensten  Götter  ver- 
sammelt um  die  aus  dem  Meere  geborene  Aphrodite  "".  Gerade  Dionysos  begegnet 
man  unter  ihnen  nicht;  es  wäre  unserem  mit  Sorgfalt  entworfenen  Bilde  wenig  an- 
gemessen, wenn  man  annehmen  wollte,  lediglich  Willkür  habe  Dionysos  und  Hermes 
mit  Nymphen  und  Nereiden  zusammengewürfelt.  Hat  sich  überhaupt  die  bescheidene 
Kleinkunst  an  einen  solchen  Vorwurf  wie  die  Geburt  der  Göttin  gewagt? 

Mit  dem  Begriff  der  Anadyomene  pflegen  wir  die  Vorstellung  von  Aphrodites 
Geburt  zu  verbinden;  indefs  wurde  das  Auftauchen  aus  dem  Meere  auch  als  blofse 
Erscheinungsform  gefafst,  und  vielleicht  vorzugsweise  als  solche,  keinesfalls  nur  als 
einmaliges  Geborenwerden.  Wenn  Artemidor  von  einer  Traumerscheinung  der 
Aphrodite  Anadyomene  fabelt,  welche  den  Schiffern  Sturm  verkünde"9,  so  denkt 
er  dabei  nicht  an  die  Geburt  der  Aphrodite,  sondern  ihm  schwebt  als  Vorstellung 
ein  bestimmter  »Erscheinungsfall  der  Meergöttin«  vor,  ihr  »Emporkommen  im  hohen 
Meere«120.  Die  Göttin  wurde  namentlich  in  späterer  Zeit  oft  in  dem  feuchten  Ele- 
mente, aus  dem  sie  geboren,  heimisch  gedacht,  und  das  bedingte  auch  ein  Empor- 
steigen121. Doch  die  Vorstellung  der  Anadyomene  im  weiteren  Sinne  hat  sich  noch 
nach  einer  anderen  Seite  hin  vertieft.  Himerius  schildert  in  dem  letzten  Theile 
seiner  Rede  auf  die  Vermählung  des  Severus  die  Braut;  nachdem  er  zunächst  mit. 
entlehnten  Citaten  seinen  Lobgesang  gewürzt  hat,  nimmt  dieser  höheren  Aufschwung 
(Or.  I  20):  dXX'  et  fap  sytu  Tuotirjxixoc  xtc  fy  xtjv  cpucftv  oiaxs  ä'-Sitvat  xaxä  xrje  vujicpr^  -(Xdüxxav 
aüx'jvfjjiov,  xal  aüxo;  xb  xaXXo?  xtj(  xopirjc  sTtov  xa&tncusp  'Ofj.r(poc.  ?crr»jaa  yäp  av  aüxvjv 
oö  ixapa  ßtufi&v  'AtcoXXwvoc,  aXX'  sv  'AtppoSirijs  ä'Xasat  jywsoic  xatotattxtov  l[f«YOv  o  av  £x 
ixev  'AibjvSv  xäc  Mousat  —  xae  Nrjpijt'äaj  os  Ix  xoü  [Atyatou  xou122]  yefcovoc,  Nü,a«pÄv  xs  yopouc 
xal  ApoaScov  rf/w  xal  ^axupvj?  axtpxöivxac  xal  Ilava  aopfCovxa  xal  roc'vxa  xov  Atovuooo  (Kasov 
ivteuöev  gttou  xä  Spcäpeva.  xr(v  ys  f^V  '  A«ppo8£t»jv  aux7jv  ix  p.saou  xou  irsXa'-fous  aVwöoav, 
sxt  xöv  deppov  jxsxa  xtjv  OaXassav  sc  axptbv  irXoxafiurt  axa'!/ju3av,  u~sp  xoS  Xe^ouc  av  a3x/(aa 
(j.£t?t(I>37!v  xs  t(ou  xal  toi;  ractal  ßaXXctv  xyjv  auvwptoa  xeXeuooaav.  Die  Gestalten,  welche  hier 
an  uns  vorüberziehen,  erinnern  lebhaft  an  die  Darstellung  der  Vasenbilder:  Nereiden 
gesellen  sich  zum  bacchischen  Thiasos,  und  schliesslich  erscheint  die  Anadyomene 
selbst;  in  diesen  Bildern  sah  der  Rhetor  den  glücklichsten  Ausdruck  für  die  Ereuden 
der  Jugend  und  erwachendes  Liebesverlangen.  Ein  ähnlicher  Ideenzusammenhang 
ist  erkennbar,  wenn  Quintus  Smyrnaeus  auf  dem  Schilde  des  Achilleus  zwischen 
einem  Chorreigen  von  Jünglingen  und  Mädchen  und  der  von  Nereiden  zur  Hochzeit 


m)  Paus.  V  11,  8;     vgl.   Petersen    Die    Kunst    des  12°)  So  Benndorf  Athen.  Mittheilg.  I  60. 

Phidias  372 ff.  12')  Apuleius  Met.  V  29:    haec  quiriUvis   (sc.  Venus) 

"9)  Oneir.  II  37:    'A'fpooifr(v    (5er;    dvao\>opLc'vTlv    toi;  emergit  e  muri  suumque  protinus  auraim  thala- 

itXJOUtt    mXüv    )jEiaiöva     xal    vauctyiov     e3o';j.evov  mum  petif.     Vgl.   auch    das   Pontikon    Baehrens 

-poayopeiet.  Poet.  Lat.  min.  III  172  und  Statius  Silv.  I  2,  117. 

m)  Inser.  Dübner. 


!52 


Kalkmann ,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 


mit  Peleus  geleiteten  Thetis  die  Anadyomene  sich  dargestellt  denkt123.  Wie  aber 
hier  die  aus  dem  Meere  erstehende  Göttin  in  einem  Kreise  von  Vorstellungen  er- 
scheint, der  auf  die  Jugend  menschlichen  Lebens  Bezug  hat,  so  tritt  sie  andererseits 
in  deutlichen  Zusammenhang  mit  dem  erwachenden  Naturleben  überhaupt.  Der 
Jubel  der  wiedererwachten  Natur  ermuntert  Menschen  und  Thiere  zum  Genufs  der 
Liebe:  Frühling  und  Liebe,  das  klingt  durcheinander  im  Pervigilium  Veneris;  Venus 
selbst,  die  aus  dem  Meere  geboren  wird,  überzieht  die  Fluren  mit  frischem  Grün 
(v.  9  ff.),  wie  bei  Hesiod  der  Rasen  unter  ihren  zarten  Füfsen  spriefst,  nachdem  sie 
zuerst  das  Land  betreten  (Theog.  194).  Die  Anadyomene  wird  zum  Sinnbild  des 
alljährlich  sich  erneuernden  Naturlebens.  Wenn  also  Chorikios  im  Eingang  einer 
Ekphrasis  auf  den  Frühling,  deren  Hauptthema  die  breite  Darlegung  der  Fabel  von 
Adonis  und  der  Entstehung  der  Rose  bildet1",  gerade  das  Beispiel  von  der  Geburt 
der  Aphrodite  wählt,  um  beiläufig  die  verschiedene  Ausdrucksweise  von  Poesie  und 
Malerei  zu  illustriren,  so  ist  diese  Wahl  nicht  gleichgültig.  Der  Ekphrast  hat  Ge- 
danken, die  er  in  anderem  Zusammenhang  überkommen,  auf  seine  Weise  zurecht- 
gestutzt und  spielend  aneinandergereiht'15.  Vermuthlich  war  auch  das  berühmte 
zu  Paphos  gefeierte  Frühlingsfest  eine  Feier  der  Geburt  der  Göttin  aus  dem  Meere  '".  — 
Die  Frühlingsfeste  hatten  einen  bacchischen  Charakter'27;  so  singt  Horaz  in  seinem 

Frühlingslied: 

iam  Cytherea  clioros  dticit   Venus  imminente  Luna, 

iunetaeque  Nymphis  Gratiae  decentes 

alterno  terram  quatiunt  pede™ , 
und  nach  Meleager    tanzt  Dionysos    selbst    im  Frühling '".     Der  Dichter    eines  Or- 
phischen  Hymnus  auf  Aphrodite  redet  die  Göttin  an:  asu-vr,  Boc'x/mo  irdpeSps ' 30. 


123)  Posthorn.   V  69: 

$iyi  0'  if  öp/Tjüao'J  te  %a\  i6cppoo6vr,{  epctTetvfj; 

Kürpt;    bjtti-f ctvo; .    ttjv    8'     Ijjxpic    dij.cptJTOTäTO 

Ij.u'a'aos    SpatEtvi  oüv  T|üxrf(iOt<  XaprttOOlv. 

>24)  S.  129  B;  vgl.  den  Schlufs:  aü.i  ydp  eüiaevyj; 
Tjjaiv  ö  9so;  iaupafverto,  xoti  ooi'tj  tA'i.vi  /.od  iip 
toeiv  xcti  fjooov  uavfpctl. 

lss)  In  einer  Anspielung  auf  den  Adonis-Mythus 
gipfeln  auch  die  übrigen  Ekphraseis  auf  den 
Frühling  (S.  134.  140.  173  B).  Alexandrinische 
Vorbilder  sind  bei  der  Ausschmückung  dieser 
Deklamationen  unverkennbar;  vgl.  das  Früh- 
lingsgedicht des  Meleager  (Anth.  Pa!.  IX  363). 
—  Der  Rhetor  hebt  an  malerischen  Darstellun- 
gen der  Anadyomene  hervor,  dafs  ein  Chor 
von  Nereiden  um  die  Göttin  versammelt  sei, 
während  Delphine  in  fröhlichem  Getümmel  auf- 
und  niedertauchen.  Vgl.  auch  die  Darstellung 
an  der  Basis  der  von  Herodes  am  Isthmos  ge- 
weihten   Poseidon -Gruppe    Paus.   II   1,  8:    tij) 


fMDpii)  oe",  sV  O'j  tö  äptia,  |J-e3Tj  jj.ev  i-Ei'pywrat 
BoJXocua  dvivouoa  'A'-fpoofc^v  jratoot,  fotatipenfttv 
ZI  ihn  a\  NTjpr(ße;  xaXo6ßtvat. 

126)  preiler  Gr.  Mytholog.  I-  284;  vgl.  Engel  Kypros 
II  160  ff.  Unverkennbar  ist  der  Bezug  auf  die 
Anadyomene  bei  Ovid  Fast.  IV  133  ff. 

127)  Engel  Kypros   163  ff.    174. 

128)  Od.  I  4,  5 ;  vgl.  Pervig.  Vener.  28 :  ipsa  Nymphas 
diva  luco  iussit  ire  myrteo  etc.  Merkwürdig  ist 
ein  Artikel  bei  Hesych:  ye\c3i;  KOltpou  (Kunpia; 
oder  Kirrpi?o;  vermuthete  Meineke)-  tj  sttovöjj 
-api  Kurrp{oi;;    vgl.  Engel  Kypros   167. 

12<J)  Anth.  Pal.  IX  363  v.  21:  Aküvjso;  hz  yopeki; 
vgl.   v.  11:  rfirt  5'  sud^OUSI  cpepeSTS'i'JXip  Aiovjstp. 

no)  LV  7.  Über  die  Verbindung  von  Aphrodite 
und  Dionysos  vgl.  Engel  Kypros  II  654  fr.  206. 
In  Megara  standen  neben  einander  Tempel  des 
Dionysos  Nyktelios  und  der  Aphrodite  Epi- 
strophia  (Paus.  I  40,  6).  Einen  Tempel  der 
Aphrodite  und  des  Dionysos  gab  es  in  dem 
achäischen  Bura    (Paus.  VII  25,9). 


Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  253 

Die  Anwesenheit  von  Dionysos  und  den  Nymphen  auf  dem  Vasenbilde  er- 
klärt sich  also  auf  das  glücklichste,  wenn  wir  die  Anadyomene  als  erscheinende 
Frühlingsgöttin  fassen.  Das  Tympanon,  auf  welches  sich  die  eine  der  Nymphen 
stützt,  ist  nicht  sinnlos,  sondern  deutet  auf  dionysische  Festfreude;  Tympana  halten 
auch  die  beiden  Eroten,  welche  auf  der  Kertscher  Vase  die  Anadyomene  umflattern, 
ja,  die  vom  Schwan  getragene  Frühlingsgöttin  selbst  ist  mit  einem  Tympanon  aus- 
gestattet auf  einer  der  früher  besprochenen  Vasen'31.  Doch  noch  herrscht  nicht 
ausgelassener  Jubel,  sondern  friedliche  Stille  und  Erwartung  athmet  unser  Bild, 
als  bereite  sich  das  Grofse  erst  vor.  Meeresstille  soll  auch  bei  der  Geburt  der 
Göttin  geherrscht  haben132,  und  ihr  Erscheinen  im  Frühling  besingt  Lucrez  I,  6: 
»Dich  Göttin,  Dich  fliehen  die  Winde,  Dich  und  Deine  Ankunft  die  Wolken  des 
Himmels;  liebliche  Blumen  sendet  Dir  die  Erde  empor,  Dir  lachen  des  Meeres 
Wogen  und  heiter  erglänzt  der  Himmel.« 

Selten  freilich  gestattet  eine  auf  sonnigen  Pfaden  wandelnde  Kunst  die  ihren 
glücklichsten  Schöpfungen  zu  Grunde  liegenden  Gedanken  ganz  auszudenken,  und 
auf  viele  Fragen  giebt  sie  nur  andeutende  Antworten.  Wird  Hermes  die  Göttin 
geleiten,  wie  er  auf  einem  Vasenbilde  der  aufgehenden  Eos  voraneilt'33,  und  er- 
klärt sich  seine  Anwesenheit  in  diesem  Sinne?  Dies  zu  bejahen,  ist  vielleicht  er- 
laubt angesichts  der  Darstellung  einer  Hydria,  die  sich  vielfach  mit  derjenigen 
unserer  Vase  berührt'34.  In  der  Mitte  des  Bildes  sieht  man  Aphrodite  auf  dem 
Rücken  eines  fliegenden  Schwanes  sitzen;  mit  erhobener  Rechten  zieht  sie  einen 
um  ihren  Unterkörper  geschlungenen  Mantel  hinter  dem  Rücken  empor135.  Die 
Göttin  wird  übers  Meer  getragen,  das  durch  Wellen  und  zwei  Delphine  angedeutet 
ist,  begleitet  von  dem  über  ihr  schwebenden  Eros;  ihr  voran  schreitet  eiligen 
Schrittes  ein  Jüngling,  dem  ein  Mantel  über  den  linken  Arm  herabfällt,  während 
auf  der  anderen  Seite  nach  links  eine  Nymphe  eilt,  sich  nach  der  Göttin  umblickend. 
Im  Hintergrunde  bemerkt  man  links  oben  den  an  zwei  vergoldeten  Hörnern  kennt- 
lichen Pan,  der  sich  auf  die  Zehenspitzen  erhoben  hat  und  dem  Vorgange  in  der 
Mitte  des  Bildes  zuschaut,  lebhaft  mit  beiden  erhobenen  Armen  gesticulirend.  Ihm 
entspricht  auf  der  andern  Seite  der  Darstellung  eine  ebenfalls  der  Mitte  zugewandte 
Nymphe,  welche  mit  erhobener  Linken  ihren  Mantel  über  die  Schulter  emporzieht. 
Hier  also  tritt  die  Göttin  in  einen  Kreis  von  Naturdämonen,  die  freudiges  Er- 
staunen über  ihre  Ankunft  zu  erkennen  geben,  wie  dort  Nereiden  und  Nymphen 
ihres  Erscheinens  harren;  es  sind  sichtlich  verwandte,  nur  auf  verschiedene  Weise 
variirte  Themen,    denn    die  Darstellung    der  Cumaner  Hydria    hat  Benndorf  gewifs 

13 ')  Vg'-   oben  S.  245.  fäfs    ist    leider    vielfach    ergänzt    und    übermalt. 

132)  Philostratos  Imag.  II I.  Himerios  Eclog.  XVIII  2.  Abgebildet  Gerhard  Antike  Bildw.  T.  44.    Elite 

,33)  Es   ist  die    oben  (S.  244)    angeführte   Lasimos-  ceramogr.  IV  5. 

Vase.  135)  Der   Schwan    ist    ganz    weifs.     »Flügel    jedoch 

134)  Sie    stammt    aus    Cumae    und  befindet    sich    im  thongrundig    mit     theilweis    aufgehöhten     einst 

Berliner    Museum     (N.  2636).       »Schöner    Stil,  vergoldeten    Federn.«       Weifs     sind     auch     an 

spätere    Hälfte«,    nach    Furtwängler.      Das    Ge-  Aphrodites  Figur  die  Fleischtheile. 


254  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 


mit  Recht  ebenfalls  als  Erscheinen  der  Frühlingsgöttin  gefafst136.  In  dem  der  Göttin 
vorancilenden  Jüngling  aber  wird  man  nach  seiner  Haltung  Hermes  erkennen  dürfen, 
der  fälschlich  als  Pan  ergänzt  ist137. 

Die  Vorstellungen  von  der  Geburt  der  Aphrodite  im  eigentlichen  Sinne  und 
der  Anadyomene,  wie  sie  sich  uns  soeben  dargestellt  hat,  sind  auf  gemeinsamem 
Boden  erwachsen,  und  Züge,  welche  der  einen  anzuhaften  scheinen,  helfen  zum  Ver- 
ständnifs  der  andern;  dafs  sie  auch  in  der  bildenden  Kunst  unter  gemeinsamen  oder 
wenigstens  verwandten  Formen  in  die  Erscheinung  getreten  sind,  ist  nicht  zu  be- 
zweifeln. Phidias  hat  zwar  mit  seiner  Anadyomene  einen  anderen  Sinn  verbunden 
als  der  Maler  der  kleinen  attischen  Vase,  aber  man  ist  berechtigt  zu  fragen,  ob  der 
von  ihm  geschaffene  Typus  nicht  auch  unter  veränderter  Auffassung  und  in  anderer 
Umgebung  fortgelebt  hat,  denn  an  den  Gedanken  ihrer  gröfsten  Meister  hat  die 
griechische  Kunst  mit  Pietät  festgehalten  und  ein  grofses  monumentales  Werk  hat 
namentlich  in  der  geringeren  Kunst  wie  der  Vasenmalerei  nach  mehr  als  hundert 
Jahren  noch  gleichartige  Schilderungen  hervorgerufen'38.  An  dem  Räthsel  der 
Anadyomene  des  Phidias  sich  immer  von  neuem  zu  versuchen,  wird  man  nicht 
müde;  die  Achtung  vor  seinem  Meifsel  verbietet,  das  Problem  zu  begraben.  Unter 
den  Monumenten,  nach  welchen  man  bisher  eine  Vorstellung  der  Anadyomene  zu 
gewinnen  suchte13',  verdient  namentlich  Beachtung  eine  kleine  Silberplatte,  welche 
de  Witte  veröffentlicht  und  auf  die  Darstellung  des  Phidias  bezogen  hat14".  Die 
inschriftlich  bezeichnete  Aphrodite  ist  hier  mit  halbem  Körper  aus  den  deutlich  an- 
gegebenen Wellen  hervorragend  dargestellt,  und  zwar  im  Profil  nach  rechts;  mit 
beiden  Armen  hält  sie  einen  wallenden  Schleier,  während  ihr  Kopf  wie  matt  und 
kraftlos  zurücksinkt.  Unmittelbar  hinter  ihr  steht  Eros;  er  hat  sich  zu  der  Göttin 
niedergebeugt  und  fafst  sie  unter  den  Armen,  als  wolle  er  sie  emporheben.  —  Es 
läfst  sich  nicht  leugnen,  dafs  gerade  auf  die  Darstellung  von  Eros  sehr  wohl  die 
Worte  passen  würden,   mit  denen  Pausanias   die  Mittelgruppe  des  Reliefs  am  Zeus- 

136)  Griech.  und  Sicil.  Vasenb.  S.  80.  —  Die  von  13!))  Stephanis  haltlose  Vermuthung,  dafs  Phidias 
Eros  gehaltene  Staude  ist  ganz  modern.  »Antik  die  Aphrodite  in  der  Entwicklung  aus  dem 
ist  nur  ein  ehemals  röthlich  aufgesetzter  und  Muschelembryo  dargestellt  habe  {Compte-rendu 
wohl  vergoldeter  buschartiger  Rest  unklarer  Be-  187071  S.  50  ff.),  ist  zurückgewiesen  von  Furt- 
stimmung.« Furtwängler.  Vielleicht  war  es  ein  wängler  (Fleckeis.  Jahrb.  1875  S.  587)  und 
Blätter-  oder  Blüthenzweig.  —  Von  Pan  sagt  Treu  (Arch.  Ztg.  1875  S.  44).  —  Nicht  sehr 
Chorikios  in  einer  Deklamation  auf  den  Früh-  glücklich  sind  die  Restaurationsversuche  des 
ling  S.  174  B:  r.apz-Xifim  3£  ti  r:äHo;  tov  lläva  Phidiasischen  Reliefs  bei  Gerhard  Akadem.  Ab- 
xaT(4XT,CMv  (vorher  ging  die  Fabel  von  Apollo  handlungen  I  T.  17,  2  S.  199,  26  und  Quatremere 
und  Hyakinthos).  5Hev,  oluat,  xai  etsittfCrtat  xö  de  Quincy  Jupiter  Olympien  PI.  XV  S.  303 ;  vgl. 
iap  xr,v  tti'tuv  x'/[MÜ<jav  öpiv,  und  nach  der  Er-  auch  Panofka  Annali  dell'  Inst.  1830  S.  320  ff. 
Zählung  der  betreffenden  Fabel  von  Pans  Liebe  u")  Gazette  archeologique  1879  PI.  19,2  S.  1 7 ff.  »0» 
fährt  er  fort:  o'jtiu  ;jev  et;  Üc',ü;  rt  rfjj  &pa{  voit  sur  cette  plaque  excessivement  mutet  et  dilicate 
r^oovrj  oitxvsltat.  une  composition   estampe  et  soigneusement  reparee 

137)  So    Furtwängler    im    Katalog.      »Ergänzt   Kopt,  au    ciselet.«     Die    Platte   wurde    zu    Galaxidi    in 
Brust  und  !.   Körperhälfte  gröfstentheils.«  Lokris,    dem  alten  Euanthia,  gefunden  und   be- 

138)  Winter    Die   jüngeren  Attischen   Vasen  und  ihr  findet  sich  jetzt   im  Louvre. 
Verhältnifs  zur  grofsen  Kunst  S.  34. 


Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  255 

thron  beschreibt  VII  3:  |*std  6s  ~r(v  'Ecraotv  "Ef>(o?  äotlv  äx  üaXoiairp  'A'fpootxrjv  dvtoöaav 
u-003/ofj.övoc,  obschon  uitoS^stdat  nicht  eine  so  prägnante  Bedeutung  zu  haben 
braucht.  Aber  das  zarte,  eher  malerisch  als  plastisch  gedachte  Bildchen  athmet 
eine  Empfindung,  die  mit  der  gemessenen  Würde  der  Kunst  eines  Phidias  nicht 
recht  vereinbar  scheint,  und  kann  man  sich  vorstellen,  dafs  die  im  Profil  gebildete 
und  nur  mit  halbem  Körper  sichtbare  Göttin  ein  passender  Vorwurf  gewesen  sei 
für  den  vornehmen  Platz  in  der  Mitte  des  Reliefs? 

Kehren  wir  dagegen  zu  unserer  Vase  zurück:  wie  bei  Phidias  erscheint  hier 
die  Anadyomcne  in  einer  Versammlung  göttlicher  Wesen,  die  in  strenger  ge- 
schlossener Composition  um  die  Göttin  gruppirt  sind.  Damit  das  Mittelbild  in  der 
figurenreichen  Composition  zur  Wirkung  kam  und  sich  von  den  Seiten  abhob,  mufste 
die  Göttin  von  vorn  und  in  ganzer  Figur  dargestellt  werden.  Den  Eindruck  der 
Mittelgruppe  erhöht  die  Gestalt  des  Schwans  mit  seinen  mächtigen,  ausgebreiteten 
Schwingen.  Alles  dies  scheint  sich  auch  für  das  Relief  von  selbst  zu  empfehlen, 
und  man  darf  weiter  Gewicht  darauf  legen,  dafs  der  Typus  der  mit  dem  Schwan 
aufsteigenden  Göttin  in  drei  Wiederholungen  auf  uns  gekommen  ist,  also  berühmt 
gewesen  sein  mufs.  Dafs  Pausanias  den  Schwan  nicht  erwähnt,  ist  nicht  von  Be- 
lang, da  der  Perieget  in  seinen  Beschreibungen  auch  sonst  Details  verschweigt,  die 
ihm  oder  seinem  Quellenschriftsteller  nebensächlich  erschienen,  während  von  ihrem 
Vorhandensein  zu  wissen  gerade  für  modernes  Verständnifs  wichtig  gewesen  wäre. 
In  dem  Relief  des  Phidias  bekränzte  Peitho  die  Göttin;  auf  dem  Vasenbild 
schwebt  Eros  mit  einem  Kranz  herbei,  denn  Peitho  konnte  der  Vasenmaler  nicht 
brauchen.  Doch  es  ist  vielleicht  nicht  einmal  richtig,  dies  so  zu  formuHren,  so 
wenig  man  angesichts  der  Composition  des  Vasenbildes  die  Frage  aufwerfen  soll, 
wie  bei  Phidias  Eros  und  Peitho  dargestellt  waren.  Nicht  sowohl  als  Nachahmung, 
denn  als  Erinnerung  an  das  Bild  des  Phidias  mag  uns  die  Gruppe  der  Vase  er- 
scheinen, als  Nachhall,  in  dem  sich  einzelne  Töne  einer  längst  verklungenen  Har- 
monie zu  uns  herüber  gerettet  haben.  In  diesem  Sinne  mögen  wir  das  kleine  zer- 
brechliche Gefäfs  noch  besonders  in  Ehren  halten. 

VI. 

Im  Folgenden  sollen  zwei  einander  verwandte  und  zusammen  auf  T.  189 
der  archäologischen  Zeitung  von  1864  abgebildete  Reliefs  kurz  besprochen  werden. 
Das  erste  derselben  befindet  sich  in  den  Uffizien,  das  zweite  im  Louvre141.  Jenes 
zeigt  eine  reich  bekleidete  und  bekränzte  matronale  Frauengestalt  auf  einem 
Felsen  sitzend;  ihr  Schoofs  ist  mit  Früchten  gefüllt  und  neben  ihr  spriefsen  Blumen 
empor.  Um  sie  sind  zwei  Knaben  beschäftigt,  von  denen  der  eine,  auf  ihrem  linken 
Bein  sitzend,  ihr  eine  Frucht  hinhält,  der  andere  nach  ihrer  Brust  zu  greifen  scheint; 

'")  Literatur  bei  Jahn  Arch.  Ztg.  1858  S.  243,   1864  det  Arch.  Ztg.  1858  T.  119,  2,  auch  bei  Fröhner 

S.  177,  Benndorf  Gr.  und  Sic.  Vasenbilder  S.  77,  notice  de   la   sculpture   antiq.    du  Louvre  S.  381; 

394.   S.  78,  398.     Das   Relief    der    Uffizien    war  vgl.    Dütschke    Ant.    Bildw.    in    Oberitalien  III 

ohne  Angabe   der  Ergänzungen    schon  abgebil-  n.   353. 


256  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 

zu  ihren  Fiifsen  ist  ein  Rind  dargestellt.  Zur  Rechten  dieses  Mittelbildes  sieht  man 
über  hohen  Wasserwellen  eine  weibliche  Figur  mit  bogenförmig  wallendem  Ge- 
wände auf  einem  Seedrachen  sitzen,  auf  der  linken  Seite  des  Reliefs  eine  ähnliche 
Figur  von  einem  Schwan  über  eine  feuchte  Niederung  dahingetragen,  die  durch 
Schilf,  eine  umgestürzte  Amphora  mit  herausfliefsendem  Wasser  und  einen  Wasser- 
vogel angedeutet  ist.  —  Das  Relief  im  Louvre  wiederholt  die  Mittelgruppe  ohne 
bemerkenswerthe  Abweichungen;  aber  die  Seitendarstellungen  sind  verändert.  Rechts 
erhebt  sich  aus  dem  durch  Seethiere  charakterisirten  Wasser  mit  halbem  Körper 
eine  männliche  Figur,  wogegen  links  über  dem  feuchten  Grunde  eine  Wolke  dar- 
gestellt ist,  hinter  der  bis  zur  Brust  eine  weibliche  Figur  hervorragt'42. 

Trotz  der  hervorgehobenen  Unterschiede  ist  klar,  dafs  beide  Reliefs  den- 
selben Gedanken  aussprechen;  nur  die  symbolische  Ausdrucksweise  ist  verschieden, 
insofern  in  den  seitlichen  Darstellungen  die  Sinnbilder  wechseln.  Die  weibliche 
Figur  mit  den  Kindern  thront  beide  Male  in  voller  Höhe  in  der  Mitte  des  Bildes 
und  giebt  sich  dadurch  als  Hauptfigur  zu  erkennen.  Dieser  Umstand  begünstigt 
nicht  die  Auffassung  Jahns,  es  seien  gleichwerthig  die  drei  Elemente  Erde,  Wasser, 
Luft  dargestellt,  wenn  nicht  schon  an  sich  die  rein  allegorische  Erklärung  Bedenken 
erregte;  überzeugend  ist  sie  keinesfalls,  da  das  wichtige  Element  des  Feuers  fehlt.  — 
Benndorf  erinnert  bei  dem  Relief  der  Uffizien  daran,  dafs  Aphrodite  »als  die  in 
Himmel,  Erde  und  Meer  waltende  Königin  verehrt  wurde«,  und  erkennt  demgemäfs 
»drei  nach  jenem  der  Literatur  geläufigen  Parallelismus  vereinigte  Typen«  der 
Göttin.  Jedoch  ist  die  in  diesem  Sinne  dreitheilige  Aphrodite  wohl  ein  den  philo- 
sophirenden  Mythologen  geläufiger  Begriff,  aber  die  Voraussetzung,  dafs  er  auch  im 
Volksbewufstsein  Geltung  gehabt  habe,  erscheint  unzulässig143.  Dem  hervorge- 
hobenen Verhältnifs  der  Figuren  unter  einander  trägt  auch  diese  Deutung  keine 
Rechnung. 

Sowohl  Jahn  als  Benndorf  gehen  von  der  Voraussetzung  aus,  dafs  die  Fi- 
guren Bezug  haben  auf  die  drei  Reiche  Erde,  Luft  und  Wasser.  Aber  wie  erklärt 
sich  die  Darstellung  der  Luft  auf  der  linken  Seite?  Jahn  meint,  es  solle  eine  be- 
fruchtende Luft  vorgestellt  werden,  und  defshalb  sei  auf  das  feuchte  Element  hin- 
gewiesen. Indefs  leuchtet  ein,  dafs  es  ein  wunderlicher  Gedanke  des  Bildhauers  ge- 
wesen wäre,  durch  den  aus  feuchten  Niederungen  eines  Sumpflandes  aufsteigenden 
Nebel  —  als  solchen  fafst  Jahn  die  auf  dem  Pariser  Relief  dargestellte  Wolke  — 
die  Luft  überhaupt  zu  versinnbildlichen.  Wenn  neben  einer  umgestürzten  Urne, 
aus  der  Wasser  fliefst,  ein  Wasservogel  und  aufspriefsende  Pflanzen  dargestellt 
sind,  darüber  aber  eine  dichte  Wolke  sich  wölbt,  so  wird  man  vielmehr  an  be- 
fruchtenden Regen  erinnert,  und  thatsächlich  empfiehlt  diese  Auffassung  der  Zu- 
sammenhang   des  Ganzen,    wie  wir    gleich  sehen  werden.     Nämlich   auch   die   Dar- 


l42)  Der   obere  Theil    des   Reliefs    mit    ihrem    Kopf  (Paus.  I  1,3),  worauf  sich  Benndorf  beruft,  der 

ist  abgebrochen.  dreifachen  Aphrodite  in  dem  angedeuteten  Sinne 

"*)  Dafs  die  übrigens   nach    einander   entstandenen  gegolten  haben,   ist  blofse  Vermuthung. 
Culte  der  Doritis,  Akraia  und  Euploia  in  Knidos 


Kalkmann,  Aphrodite   auf  dem  Schwan.  257 

Stellung  auf  der  anderen  Seite  des  Felsens  ist  nicht  einfach  als  Symbolik  des  Meeres 
zu  fassen;  auf  dem  Pariser  Relief  quillt  das  Wasser  deutlich  unter  oder  aus  dem 
Felsen  hervor144,  und  unmittelbar  neben  diesem  ragt  eine  männliche  Figur  aus  den 
Wellen  heraus,  wie  der  Flufsgott  Orontes  in  der  bekannten  Darstellung  des  Euty- 
chides  unterhalb  des  Felsens,  auf  welchem  Antiochia  sitzt.  Während  also  dort  der 
befruchtende  Regen  dargestellt  ist,  hätten  wir  hier  aus  dem  Felsen  hervorsprudeln- 
des Quellwasser  zu  erkennen,  das  sich  zum  Flusse  erweitert  und  schliefslich  ins 
Meer  fliefst,  woran  die  Seethiere  erinnern.  —  Das  Pariser  Relief  wurde  in  den 
Ruinen  von  Karthago  gefunden'45,  das  ist  entscheidend.  Die  Burggöttin  von  Kar- 
thago war  die  Virgo  Caelestis  oder  Venus  Caelestis,  die  »weibliche  Macht  des 
Himmels,  welche  über  Mond  und  Sterne,  über  Blitz  und  Regen  gebietet;  ihr  Bild 
sehen  wir  auf  karthagischen  Kaisermünzen  z.  B.  denen  des  Septimius  Severus  und 
Caracalla:  eine  Göttin,  welche  auf  einem  laufenden  Löwen  thront  und  in  der  Rechten 
den  Blitz,  in  der  Linken  eine  Lanze  führt;  neben  ihr  erinnert  ein  Fels,  aus  welchem 
Wasser  hervorquillt,  an  den  Segen  der  Höhe,  um  den  sie  in  Karthago  und  ganz 
Afrika  angegangen  wurde146.«  Der  Segen  des  Wassers  wird  auf  den  Reliefs  in 
doppelter  Weise  zur  Anschauung  gebracht:  einmal  wie  auf  den  Münzen147,  und 
weiter  entsprechend  der  Eigenschaft  der  Virgo  Caelestis  als  pheviarum  polUcitatrixlAs. 
Die  Göttin  selbst  ist  hier  als  Natur-  und  Culturgöttin  dargestellt,  was  sich  aus  ihrer 
Wesensgleichheit  mit  Rhea  Kybele  erklärt 149;  die  Bezeichnung  als  Virgo  Caelestis 
berührt  nur  eine  Seite  ihres  vielgestaltigen  Wesens.  Sie  wird  geradezu  Berecynthia 
mater  genannt150,  und  der  Felsensitz  mag  sich  daraus  erklären,  dafs  auch  sie  wie 
Rhea  als  Bergmutter  ((*^tijp  opsi'a)  verehrt  wurde.  Endlich  verdient  Beachtung,  dafs 
die  Göttin  ein  weites  Gewand  trägt,  das  schleierartig  über  den  Kopf  gezogen  ist. 
Reiche  Gewandung  mufs  ihre  Bilder  ausgezeichnet  haben,  denn  es  wird  hervorge- 
hoben, dafs  der  in  Afrika  erwählte  siebentägige  Kaiser  Celsus  sich  mit  einem  Peplos 
der  Dea  Caelestis   geschmückt  habe151. 

Während  auf  dem  aus  Karthago  stammenden  Relief  das  Elementare  deut- 
lich hervortritt,  hat  der  Verfertiger  des  anderen  Reliefs  einer  mehr  äufserlichen 
Symbolik  gehuldigt.    Die  landschaftliche  Staffage  ist  auch  hier  so  weit  beibehalten, 

144)  Die  betreffende  Stelle  des  Florentiner  Reliefs  ist  ein  solcher  z.  B.  auf  Vasen  (Mon.  ined.  publ. 
ist  restaurirt.                                                                              par  la  sect.fr.  pl.  X.  Annali  dell'  Inst.  1872  T.  A). 

145)  Vgl.  Fröhner.    Die  Herkunft  des  anderen  Reliefs       143)  Vgl.   Preller  Gr.  Mytholog.  I3  530. 

ist   nicht   bekannt;     vgl.  Jahn   Arch.   Ztg.   1864  1S0)  Über   die  zahlreichen  Beinamen  der  Göttin  na- 

S.  177.  mentlich  auf  Inschriften  vgl.  Preller- Jordan  und 

146)  Preller-Jordan  Rom.  Mytholog.  II  407.  Munter  Religion  der  Karthager2  S.  74. 

147)  Dafs  dabei  nachdrücklich  ans  Meer  erinnert  läl)  Trebellius  Pollio  Tyranni  triginta  c.  29.  Peter 
wird,  erscheint  natürlich,  da  Karthago  dem  script.  hist.  Aug.  II  116;  vgl.  Munter  73.  Dio- 
gröfsten  Theile  nach  vom  Meere  eingeschlossen  nysios  I  von  Syrakus  verkaufte  ein  kostbares 
war.  Gewand  der  Lacinischen  Iuno  an  die  Karthager 

,48)  Tertullian  Apologetic.  23.     Was    die    über  den  (Athen.  XII  541a.  Preller  Polemon  S.  132);  mög- 

Wolken   hervorragende  Frau  auf  dem  Karthagi-  lieh,  dafs  die  Karthager  ihre  Iuno  Caelestis  da- 

schen  Relief  in  der  Linken  hält,  ist  nicht  klar.  mit  beschenken  wollten,   wie  Munter  vermuthet 

Man    denkt   an    einen   Regenbogen;     dargestellt  (S.  69). 


25H  Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan. 


dafs  man  denselben  Grundgedanken  deutlich  genug  herausfühlt,  aber  in  den  beiden 
symbolischen  Figuren  kommen  feinere  Bezüge  nicht  zum  Ausdruck,  wie  denn  alle 
Symbolik  dieser  Art  sich  innerhalb  weiter  Grenzen  bewegt.  Auch  sind  die  beiden 
Frauen  einander  völlig  entsprechend  dargestellt  in  Bezug  auf  Körper-  und  Arm- 
haltung, sowie  auf  Anordnung  der  Gewänder,  ein  Schematismus,  welcher  präciser 
Ausdrucksweise  zuwider  ist.  Der  Seedrache  erinnert  allgemein  an  das  Element  des 
Wassers,  und  der  Schwan  wohl  insofern  an  die  befruchtende  Feuchtigkeit  der  Luft 
und  an  Regen,  als  dieser  vornehmlich  für  eine  Gabe  der  Göttin  in  ihrer  Eigen- 
schaft als  Urania  gehalten  werden  mochte,  der  wir  wiederholt  den  Schwan  unter- 
stellt fanden.  Dafs  aber  in  den  vom  Schwan  und  dem  Seedrachen  getragenen 
Figuren  nicht  die  Göttin  selbst,  sondern  nur  Sinnbilder  ihrer  göttlichen  Macht  vor- 
gestellt seien,  erhellt  aus  früheren  Andeutungen,  und  auch  der  Vergleich  mit  dem 
Pariser  Relief  läfst  darüber  nicht  in  Zweifel. 

Die  Darstellung  der  Schwanenjungfrau  auf  dem  Florentiner  Relief  ist  keine 
originale  Erfindung:  fast  völlig  entsprechend  kehrt  sie  wieder  auf  einem  Terracotta- 
Relief  des  Britischen152  und  einem  Terracotta-Fries  des  Berliner  Museums153.  Auf 
Letzterem  sieht  man  auf  eine  zwischen  Ranken  schwebende  Nike  von  beiden  Seiten 
je  einen  Schwan  zufliegen,  der  eine  Frau  trägt,  während  zuäufserst  je  ein  geflügelter 
nackter  Knabe  mit  Rhyton  und  Schale  steht.  Jahn  glaubt  hier  Luftgottheiten  er- 
kennen zu  dürfen,  wozu  nach  seiner  Ansicht  auch  die  geflügelten  Knaben  mit  Rhyton 
und  Schale  sehr  gut  pafsten,  welche  auf  Thau  und  Feuchtigkeit  hinwiesen;  betreffs 
der  Nike  bringt  er  eine  Sonnenaufgangsvase  in  Erinnerung,  auf  der  Eos  von  Nike 
geleitet  wird.  Ich  fürchte,  der  schematischen  Composition  geschieht  zu  viel  Ehre, 
wenn  man  sie  so  fein  ausdeutet.  Es  dürfte  anerkannt  sein,  dafs  auf  solchen  Terra- 
cotta-Friesen,  die  lediglich  ornamentalen  Zwecken  dienten,  sehr  oft  bekannte  Typen 
gedankenlos  wiederholt  und  aneinander  gereiht  wurden.  Dafs  der  Gedanke  Jahn's 
von  anderer  Seite  Bestätigung  erhält,  steht  daher  kaum  zu  erwarten;  vielmehr  möchte 
man  glauben,  dem  Bildner  habe  die  geläufige  Bedeutung  der  Schwanenjungfrau 
vorgeschwebt,  da  er  Eroten  hinzufügte1*4. 

VIL     --* 
Ein   kurzes  Schlufswort    mufs    einem    in  Wien   aufbewahrten  und  wiederholt 

veröffentlichten  Krater155  gelten,   damit  dessen  merkwürdige  Darstellung  wenigstens 

l52)  Jahn  Arch.  Ztg.  1858  T.  120,2  S.  236,   wo  wei-  Deutung  der  vom  Schwan  getragenen  Frau;  bei 

tere  Literatur  angegeben  ist.  der  Erklärung  der  Mittelfigur  dieses  Reliefs  als 

lä3)  Panofka   Terrae,    d.  königl.  Mus.    zu  Berlin    T.  Virgo  Caelestis  wird  die  Parallele  mit  dem  Ge- 

15,  16.  Jahn  Arch.  Ztg.  1858  T.  120,3  S.  241.  mälde  noch  auffallender,    ohne    dafs    indefs  aus 

154)  Vielleicht    haben    auch    die    beiden    Schwanen-  dem  Vergleich  für  die  Deutung  der  beiden  frag- 

jungfrauen,  welche  in  einem  Gemälde  des  Pa-  liehen  Figuren  desselben  etwas  gewonnen  würde, 
lazzo  Barberini  auf  dem  Sessel  der  Roma  dar-  15:)  Laborde  vases  de  Lamberg  I  27.  Inghrrami  vasi 
gestellt  sind,  nur    dekorative  Bedeutung   (Arch.             fittili  III  235.    Jahn  Arch.  Ztg.   1858  T.  120,   1 

Ztg.  1885  T.  4,  Körte  S.  28  ff.).     Körte  erinnert  S.  238  und  zuletzt  nach  treuer  Bause  Benndorf 

an  das  Florentinische  Rel'ef  und    die  Jahn'sche  Gr.  u.   Sicil.   Vasenb.     S.  78. 


Kalkmann,  Aphrodite  auf  dem  Schwan.  259 


in  Erinnerung  gebracht  werde.  In  der  Mitte  sitzt  neben  einem  mit  Binden  ge- 
schmückten Omphalos  Apollo,  einen  Lorbeerzweig  in  der  Rechten  haltend;  er 
scheint  einem  ihm  gegenüber  stehenden,  durch  Scepter  ausgezeichneten  bärtigen 
Mann  zuzuhören,  vermuthlich  Zeus,  der  das  linke  Bein  aufstützt  und  die  Rechte  im 
Gespräch  erhebt.  Zwischen  diesen  beiden  Figuren  bemerkt  man  in  der  Höhe  eine 
auf  einem  fliegenden  Schwan  sitzende  reich  bekleidete  Frau  mit  einem  Scepter,  und 
weiter  rechts  Hermes,  ihren  Geleiter.  Zu  beiden  Seiten  des  Bildes  endlich  ist  noch 
je  eine  nach  der  Mitte  umschauende  Frau  dargestellt,  die  ebenfalls  Scepter  zu  führen 
scheinen.  —  Benndorf  erkennt  eine  Vorbereitung  zum  Paris -Urtheil:  Zeus  berath- 
schlagt  mit  Apollo;  den  Rathschlufs  offenbaren  die  übrigen  Figuren,  indem  sie  ihn 
ausführen,  Hermes  mit  den  drei  Göttinnen,  die  sich  zum  Zug  nach  dem  Ida  rüsten; 
rechts  sei  Athena,  auf  dem  Schwan  Aphrodite,  und  neben  Zeus  Hera  vorgestellt. 
Dieser  Auffassung  stehen  die  gewichtigsten  Bedenken  entgegen,  weil  sie  weder 
durch  literarische  Zeugnisse  noch  durch  Analogien  aus  der  bildenden  Kunst  gestützt 
wird.  Ein  entscheidender,  Grund  liegt  nicht  vor,  der  erlaubte,  mit  Benndorf  an  den 
Eingang  der  Kyprien  zu  erinnern,  wo  Zeus  mit  Themis  über  den  troischen  Krieg 
berathschlagt,  da  im  Bilde  nicht  Themis  sondern  Apollo  erscheint;  andrerseits 
sehen  wir  auf  Darstellungen  des  Paris -Urtheils  Aphrodite  nie  von  einem  Schwan 
herbeigetragen,  nie  die  beiden  andern  Göttinnen  so  wenig  charakterisirt,  dafs  die 
aller  Waffen  ledige  Athena  nicht  von  Hera  zu  unterscheiden  ist.  Endlich  ist  aber 
Hermes  speciell  der  Aphrodite  zugetheilt,  wie  man  aus  seiner  Stellung  und  seinen 
Geberden  sieht.  Dies  hatte  Jahn  beachtet,  der  das  Bild  auf  die  Ankunft  der  von 
Hermes  geleiteten  Kyrene  in  Libyen  bezog.  Apollo  ist  nach  seiner  Meinung  als 
der  in  Kyrene  waltende  Gott  zu  fassen,  »welchem  Zeus  —  der  als  Orakelgott  Am- 
nion in  Kyrene  verehrt  wurde  —  die  Erscheinung  der  Kyrene  verkündet«.  Nach 
Pherekydes  und  Ariaithos  kam  Kyrene  auf  Beschlufs  des  Apollo  von  Schwänen 
getragen  nach  Libyen;  diese  Notiz  ist  zusammen  mit  einer  Reihe  anderer  auf  den 
Kyrene-Mythus  bezüglichen  Nachrichten  überliefert156,  was  so  viel  zeigt,  dafs  die 
Sage  von  Kyrene  oft  behandelt  war157.  Die  Beziehung  des  Bildes  auf  Kyrene  zu- 
gegeben, schiene  es  jedoch  näher  zu  liegen,  eine  Abfahrt  der  Nymphe  zu  verstehen, 
in  dem  Sinne,  dafs  Zeus  dem  Apollo  befiehlt,  die  Kyrene  nach  Libyen  zu  senden, 
und  Hermes  sich  anschickt,  diesen  Auftrag  auszuführen,  während  die  schwester- 
lichen Nymphen  nicht  ohne  Theilnahme  nach  ihrer  zur  Abfahrt  gerüsteten  Gespielin 
sich  umschauen158;  die  Andeutung  des  Delphischen  Lokals  würde  die  einstige 
Orakelstätte  zu  Kyrene  in  Erinnerung  bringen.  Keine  Frage,  die  von  Jahn  ge- 
forderte »mythische  Begebenheit  in  scharf  ausgeprägter  Situation«  liefse  diese  Deu- 
tung nicht  vermissen,    aber  Jahn  selbst    hat  bemerkt,    es  werde  vielleicht    dem   zu- 

15C)  Schol.  Apoll.  Rhod.  II  498:    (tspsxiorjs   8s  <pT)<Jtv      15S)  Das  Vasenbild  ist  zu  spät,  als   dafs  auf  Details 
•/.«!  'Apfatfto;  iz\   x'ixvwv    aÜTTjv    iyrfiHatxt  xottä  wie  die   seepterähnlichen   Gegenstände  Gewicht 

'AraAXiov>{  TTpoatpeaiv  dt  trjv  KupVjvTjV  itfixiabat,  gelegt  werden  konnte. 

157)  Vgl.  Schol.  Apoll.  Rhod.  II  500:  -oMoi  iTropr,- 
xaatv. 


2ÖO  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


fälligen  Umstände,  dafs  wir  von  der  Entführung  der  Kyrene  auf  einem  Schwan 
wissen,  ein  unverhältnifsmäfsiges  Gewicht  beigelegt;  auch  ruft  namentlich  Hermes 
neben  der  Schwanenjungfrau  zu  vornehmlich  früher  besprochene  Darstellungen  der 
Aphrodite  ins  Gedächtnifs  zurück,  in  deren  Umgebung  wir  ebenfalls  wiederholt 
Nymphen  fanden,  als  dafs  die  Deutung  auf  Kyrene  aufrecht  erhalten  werden  könnte. 
Erinnert  man  sich  weiter,  dafs  dem  Apollo  gleichfalls  der  Schwan  geweiht  ist,  und 
dafs  Schwäne  den  Gott  im  Frühling  nach  Delphi  geleiten,  so  scheint  um  so  weniger 
Grund  vorhanden,  den  Gedanken  an  Aphrodite  zu  verwerfen,  mag  auch  der  inhalt- 
liche Zusammenhang  der  Darstellung  aufklärender  Deutung  harren ' 59. 

A.  Kalk  mann. 


^J 


X^^yv^sJutXs 


DIE    PHLYAKENDARSTELLUNGEN 
AUF  BEMALTEN  VASEN. 

Je  spärlicher  und  geringer  die  Nachrichten  sind,  welche  wir  über  den  Inhalt 
und  das  Wesen  jener  Dramata  haben,  die  in  Grofsgriechenland  bei  dionysischen 
Festen  von  den  sog.  Phlyakes  —  so  hicfsen  die  komischen  Deikelisten  bekanntlich 
in  Grofsgriechenland  —  aufgeführt  wurden1,  um  so  wichtiger  ist  die  Erhaltung  einer 
gröfseren  Anzahl  von  Vasenbildern,  deren  Darstellungen  jene  litterarische  Lücke 
einigermafsen  auszufüllen  vermögen.  Daher  scheint  es  mir  angebracht,  einmal  sämmt- 
liche  noch  vorhandene  Vascndarstellungen,  soweit  sie  Phlyaken  einzeln  oder  mehrere 
aufweisen,  zu  sammeln  und  genau  zu  erklären  —  eine  Sammlung,  auf  die  heute, 
wo  sie  veröffentlicht  wird ,  das  Horatianische  'nomnn prematur  in  mumm'  Anwendung 
findet.  Sie  wurde  nämlich  schon  in  Berlin  begonnen,  blieb  dann  aber  liegen,  bis 
die  Herausgabe  der  Vase  Caputi  (D)  den  abgerissenen  Faden  wieder  aufzunehmen 
und  weiterzuspinnen  veranlafste.  Zum  Vortheil  der  Sammlung;  denn  nun  bin  ich 
im  Stande,  nicht  nur  die  italienischen  Inedita  zu  geben,  sondern  auch  noch  eine 
Reihe  anderer  hergehöriger  Darstellungen  zu  veröffentlichen,  so  dafs  von  dreiund- 
fünfzig uns  erhaltenen  Monumenten  jetzt  mit  Ausnahme  von  nur  zweien  {u  7>)  alle 
in  Abbildungen  vorliegen,   was   grade   für  diese  Art  von   bildlichen   Vorstellungen, 

159)  Gegenüber  einer  sitzenden  Frau,  die  sich  einen  ')  Vgl.  dazu    jetzt   Sommerbrodt    de  phlyacographis 

Spiegel    vorhält   und    den   einen  Fufs    auf  eine  graecis    Vratislaviae    1875.       Auch      <f),u£o7p»'.fot 

Wolke  (?)  setzt,  vermuthlich  Aphrodite,  ist  der  werden   sie    geheifsen:    Schol.    Nicand.    Alexiph. 

von  einem  Schwan  getragene  Apollo  dargestellt  214. 
auf  einer  Vase   etruskischer   Technik    (Gerhard 
Auserl.  Vasenb.  T.  320,  1). 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  26 1 

denen   gegenüber    die   Beschreibung  (und    sei   sie  noch   so   ausführlich    und   genau) 
gröfstentheils  unzureichend   bleibt,  als  doppelt  willkommen  empfunden  wird. 


Alle  im  Folgenden  nach  den  jetzigen  Aufbewahrungsorten2  zusammen- 
gestellten Vasen,  deren  Zusammengehörigkeit  sich  schon  äufserlich  durch  das  Kostüm 
ergibt,  stammen  mit  Ausnahme  zweier  Gefäfse,  die  in  Sicilien  gefunden  wurden 
[M  und  *;  vgl.  dazu  Anm.  27),  aus  Unteritalien  oder  Grofsgriechenland  in 
jenem  weiteren  geographischen  Sinne  des  Wortes  nach  Seneca  (Dial.  XII  7,  2):  totiim 
Italiae  latus  qnod  infero  mari  adhätur  maior  Graecia  fuit.  Dies  können  wir  mit  aller 
Bestimmtheit  behaupten,  obgleich  nur  von  wenigen  Vasen  ganz  sichere  Fundnotizen 
vorliegen.  Am  zahlreichsten  ist  Apulien  vertreten,  nämlich  mit  zwölf  Vasen,  von 
denen  sieben  bestimmt  in  Ruvo  {ABCDSpr),  je  eine  in  Bari  (a)  und  in  Fasano 
(e)  gefunden  sind;  von  den  übrigen  ist  einfach  nur  Apulien  als  Fundstätte  bezeichnet 
(0  R  X).  Aus  Nola  haben  wir  eine  oder  zwei  dieser  Vasen  (c;  vgl.  P),  aus  Paestum 
zwei  [E F);  ein  oder  vielleicht  drei  Gefäfse  sind  in  S.  Agata  ausgegraben  (/;  vgl. 
HP),  eines  wol  in  Capua  («),  ein  anderes  in  der  Basilicata  (z>);  von  vier  Gefäfsen 
endlich  wird  direct  noch  Unteritalien  oder  Grofsgriechenland  als  Fundort  angegeben 
(  Wh  m  s).  Dieselbe  Herkunft  haben  ja  alle  von  Hamilton  gesammelten  Vasenbilder 
{Zx),  also  auch  die  jetzt  verschollenen  oder  verlorenen  Originale  mit  Phlyaken- 
darstellungen {yza$"{);  ebenso  sind  die  Lamberg'schen  Vasen  fast  ausschliefslich 
unteritalisch  (  U  V).  Auf  Grofsgriechenland  weisen  ferner  das  unteritalische 3  Spiritus- 
zeichen H  (a),  die  oskische  einer  Figur  beigekritzelte  Inschrift  (c),  endlich  der 
Maler  Assteas  (P),  dessen  Heimath  Unteritalien  war4.  Da  die  übrigen  Vasen, 
deren  Herkunft  unbekannt  ist,  nach  Styl  und  Zeit  nicht  von  den  anderen  sicher  in 
Unteritalien  gefundenen  getrennt  werden  dürfen,  so  ist  auch  für  sie  Unteritalien  als 
Stätte  des  Findens  wie  der  Fabrication  bestimmt  anzunehmen  und  mit  Recht  auch 
immer  angenommen  worden. 

Zu  beachten  ist  ferner,  dafs  —  mit  nur  wenigen  Ausnahmen  —  auch  die 
Form  der  Gefäfse5  ein  und  dieselbe  ist,  nämlich  der  weite  glockenförmige  Krater, 
meistens  mit  zwei  kleinen  Henkeln  ziemlich  dicht  unter  dem  Lippenrand  (sog.  vaso 
a  campana),  zum  kleineren  Theile  mit  unten  am  Bauche  hoch  emporstehenden 
Henkeln  (sog.  vaso  a  calice):  jene  Vasenform  findet  sich  27,  diese  9  Mal  {FMPWa 
eilvi).  Demnächst  ist  am  zahlreichsten  die  Önochoe  vertreten  [Kcfh 0) ;  vereinzelt 
kommen  vor  die  Form  der  Schale  (7"),  des  Skyphos  (d),  der  Amphora  (N;  vgl. 
auch  x),  der  Lekythos  («;  vgl.  auch  C),  endlich  des  sog.  Askos  (B). 

2)  Und  zwar  stehen  voran  die  italienischen  Museen  3)  Vgl.  dazu  Schulz  Aniazonenvase  S.  1 1 ;  Mommsen 
(13  Nummern);    dann    folgen    Deutschland    und  Unterital.  Dial.   S.  2l6f. 

Österreich   (9),    England    (12),    Frankreich    (5)  4)  Klein  Vasen  mit  Meistersign.  S.  84C 

und   Rufsland  (4);    den   Schlufs   bilden   die    Ge-  s)  Von    fünf  Gefäfsen  {y  z  a  ß  y)   kennen  wir  die 
fäfse,     die    verloren    sind    oder    deren    Aufent-  Form  nicht, 

haltsort    mir    unbekannt    ist  (10). 


2Ö2  Heydemann,   l'hlyakcndarstellungen. 

In  Betreff  der  Zeichnung  und  des  Styls  herrscht  wie  in  Fundort  und  Vasen- 
form dieselbe  Gleichheit  und  Übereinstimmung,  so  weit  sich  das  nach  Autopsie 
einer  Anzahl  von  Originalen  und  nach  den  Abbildungen  beurtheilen  läfst.  Die 
Zeichnung  ist  ungemein  flott  und  sicher,  oft  flüchtig  und  grob  bis  zur  Schmiererei, 
immer  ausdrucksvoll  und  treffend;  überladener  Zierrath  und  verschiedentliche  bunte 
Färbung  —  weifs  braun  gelb;  auch  roth  und  violett  —  sind  beliebt  und  erhöhen 
die  malerische  Tendenz  des  Styls,  der  um  die  Mitte  des  dritten  vorchristlichen 
Jahrhunderts  in  der  höchsten  Blüthe  war.  Dem  dritten  Jahrhundert  gehören  denn 
auch  alle  diese  Vasen  an,  und  zwar  wol  meistens  seiner  ersten  Hälfte,  bez.  seiner 
Mitte;  das  eine  oder  das  andere  Gefäfs,  wie  z.  B.  die  Vase  Caputi  (D)  welche  sich 
durch  Schönheit  und  Feinheit  vortheilhaft  hervorhebt,  wird  schon  um  den  Anfang 
des  Jahrhunderts  entstanden  sein. 

Kleidung  und  Tracht  der  dargestellten  Figuren  weisen  auf  das  Theater 
und  charakterisieren  sie  als  Schauspieler  und  zwar  als  komische  Schauspieler. 
Zunächst  die  Masken,  welche  weitaus  die  meisten  tragen.  Wenn  hier  und  da 
einzelne  keine  Masken  tragen  oder  zu  tragen  scheinen,  so  sind  sie  in  Wirk- 
lichkeit nicht  etwa  so  zu  denken,  sondern  die  Maler  haben  nur  aus  künstle- 
rischen Rücksichten  die  Masken  fortgelassen  bez.  die  Gesichtszüge  ohne  jede 
maskenhafte  Verzerrung  wiedergegeben.  So  werden  z.  B.  die  Frauen  zum  Theil 
ohne  Masken  gemalt,  um  sie  wie  es  Göttinnen  und  Hetären  geziemt  in  unver- 
gänglicher oder  verführerischer  Schöne  darzustellen  (Ia  b  dfi s  u)\  ebenso  wurde 
der  Jüngling  auf  X  maskenlos  gemalt,  um  seine  Jugendlichkeit  unentstellt  wieder- 
zugeben. Nur  Willkür  und  Laune  werden  es  sein,  wenn  z.  B.  des  Herakles 
Diener  (R)  und  der  eine  behelmte  Krieger  (G)  ohne  Masken  gezeichnet  sind, 
während  Herakles  ebenso  wie  die  anderen  Krieger  auf  diesen  Vasen  maskiert  sind, 
allerdings  nur  mäfsig  verzerrte  Masken  tragen.  Selbstverständlich  dagegen  ist  es, 
dafs  der  Chorodidaskalos  auf  R  ohne  Maske  erscheint:  so  sitzt  ja  auch  der  Chor- 
lehrer Demetrios  auf  der  Satyrspiel-Vase  zu  Neapel  (No.  3240)  ohne  eine  Maske 
zwischen  den  maskierten  Choreuten;  selbstverständlich  tragen  auch  die  Götter  Dio- 
nysos und  Ariadne  nebst  den  Genossen  ihres  Thiasos  (Satyrn,  Bacchantinnen,  Ken- 
tauren), denen  sich  nicht  selten  Phlyaken  zugesellen,  nie  eine  Maske  (vgl.  BELZ 
Iwxyi).  Die  Masken  selbst  sind  gewöhnlich  übermäfsig  grofs  gestaltet  und  arg 
verzerrt,  sowol  in  den  äufseren  Formen,  namentlich  der  Nase,  des  Mundes,  des 
Kinnes,  als  in  dem  Ausdruck  der  Affecte  die  geschildert  werden;  aber  keine  von 
ihnen  ist  eine  sog.  Charaktermaske,  welche  in  der  neuen  Komödie  die  allein  übliche 
war  und  die  wir  durch  Pollux  zur  Genüge  kennen,  sondern  jede  ist  nur  eine  ins 
Lächerliche  und  Häfsliche  übertriebene  Verzerrung  menschlicher  Gesichter  und 
Gesichtsformen,  grade  wie  sie  die  alte  Komödie  vorgeführt  hat:  töl  xcojxixä  TtpocjuiTra 
ih.  [xkv  T7(?  TOxXottac  xuijxiuot'a;  u>;  to  iroXb  toi?  irpoaioTTOi?  <ov  IxcoiupSauv  aTTcixci's-o  rt  z~\ 
■ah  "fstatotspov  ia/jrjiictTia-o  xtX.  (Poll.  IV  143).  Wenn  ich  dennoch  im  Folgenden  zu 
den  Maskencarricaturen  der  Phlyakendarstellungen  hier  und  da  aus  Pollux'  Auf- 
zählung Beschreibungen    von   Masken    der    neuen   Komödie    anführe,    so   ist  es  nur 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  263 

geschehen,  um  etwaige  Ähnlichkeiten  und  Übereinstimmungen  zwischen  den  Masken 
der  alten  und  der  neuen  Komödie  zu  verzeichnen  und  auf  den  einen  oder  den 
anderen  Zusammenhang  zwischen  diesen  beiden  zeitlich  wie  inhaltlich  weit  ausein- 
anderliegenden Erzeugnissen  der  komischen  Muse  hinzuweisen.  Die  Masken  auf  den 
Vasendarstellungen  im  Einzelnen  durchzugehen  und  zu  beschreiben,  unterlasse  ich 
aus  zwei  Gründen:  mit  Worten,  auch  noch  so  vielen  und  noch  so  bezeichnenden, 
will  es  doch  nicht  gelingen,  die  lächerliche  Kühnheit  der  Verzerrungen  und  die 
organische  Denkbarkeit  der  Mifsbildungen,  die  unglaublichen  Grade  der  Häfslich- 
keit  und  die  unfehlbare  Sicherheit  der  komischen  Wirkungen  darzulegen;  ferner 
ermüden  nothwendigerweise  derartige  Beschreibungen  bei  der  Einförmigkeit  des 
Wortschatzes  gegenüber  der  Mannigfaltigkeit  der  vorhandenen  Darstellungen:  die 
Masken0  wollen  und  müssen  gesehen  und  belächelt  werden.  Auf  Einzelheiten  ist 
im  folgenden  Verzeichnifs  aufmerksam  gemacht;  hier  nur  die  allgemeine  Bemerkung, 
dafs  ein  durchgehendes  Leitmotiv  neben  mafsloser  Häfslichkeit  »unverschämte  Be- 
gehrlichkeit« ist:  daher  überwiegen  grofse  dicke  Stumpfnasen  und  aufgeworfene 
Lippen,  das  eine  wie  das  andere  ein  sichtbares  Zeichen  der  Xcqvst'a7,  während 
gebogene  Nasen  nur  selten  zu  bemerken  sind  (G />);  dazu  kommen  die  übergrofsen 
runden  Maskenaugen,  deren  frechglotzender  Blick  das  Begehrliche  der  Physiognomie 
stark  erhöht.  Auffällig  ist,  dafs  die  Masken  auf  den  Vasen  hin  und  wieder 
gewöhnlich  gebildete  kleine  Augen  zeigen  (G  0  S  Yde),  wie  denn  auch  zuweilen  der 
Mund,  entgegen  der  üblichen  gähnenden  Öffnung8,  grade  wie  bei  der  Maske  der 
tanzenden  Pantomimen9,  geschlossen  ist  (G  0  RS  Zhop~{):  beides  findet  in  der 
Vasenmalerei  doch  wol  nur  aus  künstlerischen  Rücksichten  statt,  um  mehr  zu  wirken 
und  den  Gesichtsausdruck  durch  die  Gegensätze  klarer  zu  gestalten. 

Mit  den  Schauspielern  der  alten  Komödie  theilen  die  Phlyaken  aufser  den 
gleichgestalteten  Masken  auch  den  grofsen  Phallos10,  welcher,  aus  Leder  gemacht 
und  roth  bemalt  (I PQ  Zb  q),  vorgebunden  wurde  zu  Ehren  des  mächtigen  zeugungs- 
frohen Dionysos:  hiefsen  doch  die  Schauspieler  davon  in  Sikyon  »Phallophoroi«  ". 
Und  zwar  sind  zwei  Arten  des  Phallos-Tragens  zu  unterscheiden.  Die  Mehrzahl 
läfst  das  Glied,  das  unförmlich  lang  und  grofs  ist,  herabhängen,  so  dafs  es  lächer- 
lichst sich  hin  und  her  sowie  auf  und  ab  bewegt,  grade  wie  Aristophanes  es  in 
der  Parabase  seiner  Wolken  beschreibt  (v.  538):  'aximov  xaOstfisvov  Iputirjov  i£  axpou 
w/ö' ;  dadurch  wird,  wie  man  sich  leicht  vorstellen  kann,  das  Komische  der  Phly- 
akenerscheinung  nicht  unwesentlich  erhöht.  Dies  letztere  wird  aufgehoben  durch 
die  zweite  Art,  wie  die  Phlyaken  nicht  ganz  selten  den  Phallos  tragen  (A/M  W 

6)  Keine  Maske,  sondern  nur  einen  nach  Pygmäen-  8)  Vgl.   z.  B.  Luc.    Tox.  9    und  Anach.   23  :    XtyiJ- 

art  vergrößerten  Kopf  trägt,    wie   ich   nebenbei  vfca  r.a\x\>.i^%<i\  u.  ö. 

bemerke ,      der    » Äsopos «     auf     der     vuleenter  9)  Vgl.    Luc.  de  salt.  29 :   xö   öi    r;p<fou>raiv  ...    o'!> 

Schale  Mus.  Gregoriano  II  80,  2a  =  Panof  ka  Par.  "/.e"/tjvcis    ii    <ö?    ix«tva    (  t<5v    -/.u>ij.<o?iüv  ) ,    dXXd 

Karik.  I  10.  SO|*|MfU>xrfc;  u.  a. 

')  Vgl.     dazu    (Aristot.)    Physiogn.  6     p.  811  A  37  ,0)  Vgl.    zum  Phallos    in    der    alten    Komödie    vor 

und  B2.  Allem  Aristoph.  Wölk.  734  mit  Schol.  Wolken  538. 

")  Vgl.  Athen,   p.  621   F.;  anderswo  hiefsen  sie  iiK>cpaX).or.   ebenda  622  B. 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I.  20 


264 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


g  l nf))'2:  der  Phallos  wird  durch  ein  Band  vorn'3  nach  oben  aufgebunden  und  auf- 
gerollt —  eine  Sitte,  welche  bei  Schauspielern  und  Sängern  von  Profession  im  Leben 
aus  gesundheitlichen  Rücksichten  üblich  war  '*  und  nun  zur  Charakteristik  der 
Phlyaken  auf  der  Bühne  übertragen  wird.  Diesen  Phallenträgern  gegenüber  ver- 
schwindet die  Zahl  der  Fälle,  in  denen  entweder  gar  kein  Phallos  vorgebunden  ist 
(C F R  Vch){i  oder  das  Glied  so  klein  wiedergegeben  ist,  dafs  es  kaum  als  ujfyij 
öpDt'a  (um  mit  Pindar  zu  reden)  zu  bezeichnen  ist  {b  x);  eine  andere  Begründung 
als  Laune  und  Willkür  der  betreffenden  Maler  scheint  mir  ausgeschlossen. 

Was  die  Tracht  der  Phlyaken  betrifft,  so  entspricht  sie  allen  Nachrichten 
die  wir  vom  Kostüm  des  Theaters  besitzen.  Die  Schauspieler  sind  stets  durch 
Polsterungen  dicker  und  stärker  gestaltet  —  ävdp»*ot  7tf.oai>£TY;v  xal  sirtTsyvrjTYjv 
raxyuT7jTa  Ttpocrjroto'ju.svoi  (Luc.  de  salt.  27)  —  und  es  ist  dadurch  ein  erträgliches  Ver- 
hältnifs  zwischen  den  grofsen  Kopfmasken  und  den  Körpern  der  Schauspieler  her- 
gestellt; natürlich  sind  bei  den  Komikern  diese  Aufpolsterungen  (allgemein :  a<o;ia-iot; 
speciell:  irpo-facrrpioi«  und  Kpoatepvßta)  gewöhnlich  in  lächerlicher  Weise  sichtbar  und 
übertrieben  in  den  Umrissen.  Wie  auf  der  Bühne  männliche  und  weibliche  Schau- 
spieler diese  Polster  am  Rumpf  sowol  als  an  den  Extremitäten  (Beinen  und  Armen) 
trugen,  so  sind  auch  auf  den  Vasenbildern  deutlich  beide  Geschlechter  unterschieds- 
los ausgepolstert  (vgl.  die  Frauen  auf  A  M  UXm  a),  nur  dafs  aus  künstlerischen 
Rücksichten  diese  Polster  öfter  weggelassen  sind :  so  z.  B.  wenn  der  Schauspieler 
als  besonders  mager  und  dürr  dargestellt  werden  sollte  (G  S  h)  oder  aber  die 
Frauen  bez.  einmal  ein  Mellephebe  (X)  als  besonders  schlank  und  zierlich  in  auf- 
fälligem Gegensatz  zu  den  unförmlich  dicken  Männern  auftreten  sollten  —  dann 
auch  immer  zugleich  maskenlos  (afhiu);  vereinzelt  kommt  auch  wol  die  Polsterung 
allein  ohne  Maskierung  vor  (vgl.  den  behelmten  Krieger  auf  G).  Um  diese  Polster 
an  Armen  und  Beinen  zugleich  festzuhalten  und  äufserlich  auszugleichen,  trugen 
die  Schauspieler  einen  wol  immer  von  den  Fufsknöcheln  bis  zur  Halsgrube  und 
den  Handgelenken  reichenden  tricotartigen  Überzug,  ähnlich  den  sog.  Anaxyrides 
der  Orientalen  '*.     Dies  Tricot  ist  für  gewöhnlich  wol   fleischfarben  zu  denken  (£/); 


1J)  Wahrscheinlich  kommt  hier  hinzu  der  flöten- 
blasende Schauspieler  auf  a:  vgl.  Anm.  277. 

13)  Auf  a  sieht  man  bei  zwei  Schauspielern  dies 
Band  (xuvo8iafl7))  bei  hängendem  Glied  deutlich. 

u)  Vgl.  die  Stellensammlung  bei  Stephani  CR.  1869 
S.  150  f. 

15)  Auch  der  Jüngling -Schauspieler  auf  X  ist  ohne 
Phallos,  wie  er  auch  ohne  Maske  und  ohne  Aus- 
polsterung ist. 

16)  In  den  Beschreibungen  bezeichne  ich  diesen 
Tricotüberzug  mit  »Ärmelanaxyrides«,  um  anzu- 
deuten ,  dafs  Arme  und  Beine  gleichmäfsig  mit 
einem  einzigen  Kleidungsstück  bekleidet  sind 
(vgl.  dazu  die  sehr  deutlichen  Tricots  auf 
den    Vasenbildern     bei    I'oliti    Esfosiz.     di    selte 


vasi  1832  Tav.  II  und  Due  Parole  su  trc  vasi  1833 
Tav.  I ;  u.  a.  m.),  nicht  wie  das  öfter  vorkommt  mit 
verschiedenen  Mustern  sich  darbieten,  also  das 
Tricot  aus  zwei  getrennten  Kleidungsstücken  be- 
steht (Beinkleid  und  Jacke):  vgl.  z.  B.  Compte- 
Rendu  1861  V3;  1863 1  1;  1866 IV  (Seisames) 
und  VI  (Melosa);  u.  ö.  Häufig  werden  einer- 
seits nur  Beinkleider  getragen  (z.  B.  Gerhard  Apul. 
Vasenb.  Tat  IV;  V;  u.  a.),  andererseits  nur 
Jacken  mit  Ärmeln  (z.  B.  Gerhard-  a.  a.  O. 
Taf.  III;  V;  XI;  XII;  XIV;  u.  ö.).  —  Gh  Dierks 
die  Anaxyrides  der  Phlyaken  richtig  mit  den 
umgeworfenen  {sie)  xauvdxat  (sie)  der  Phallo- 
phoren  (Athen,  p.  622  C)  identificiert,  ist  mir 
mehr  als  zweifelhaft. 


Heydemann,   Phlyakendarstellungen.  265 

oft  aber  sind  die  Anaxyrides  auch  weifs,  roth,  oder  gelb  (G/We),  mit  Lang- 
streifen besetzt  (Lgl)  und  quer  gemustert  {EP);  meistens  erkennt  man  sie  leicht 
an  den  Querfalten,  manchmal  jedoch  nur  an  Säumen,  die  an  den  Knöcheln 
der  Füfse  bez.  der  Arme  angedeutet  sind  (Rino'fj;  ja  zuweilen  sind  diese  Tricots 
auf  den  Vasenbildern  gar  nicht  weiter  berücksichtigt,  weil  selbstverständlich  und 
unumgänglich  nöthig  (S  Vc  h).  Bei  dem  Silen-Schauspieler  auf  C  ist  das  Anaxyriden- 
Tricot  naturgemäfs  mit  Zotteln  bedeckt.  Sollte  der  Schauspieler  nackt  erscheinen, 
so  wurde  über  de"n  Aufpolsterungen  des  Rumpfes  (Brust,  Bauch,  Gesäfs)  häufig  ein 
zweiter  tricotartiger  Überzug  gezogen,  an  dem  öfter  Nabel  und  Brustwarzen  (G  I P 
Q  R  T  Vp s)  sowie  die  Schamhaare  (BQRnsi)  angegeben  sind;  dieses  enganlie- 
gende Tricotstück,  das  wir  uns  dann  fleischfarben  zu  denken  haben  und  das 
bei  der  Tracht  der  Exomis  öfter  zum  Vorschein  kommt,  ist  hin  und  wieder  auch  braun 
{blqz)  oder  gestreift  (0)  und  vertritt  dann  zugleich  die  Stelle  des  Chitons. 

Damit  sind  wir  zur  eigentlichen  Bekleidung17  der  Phlyaken  gelangt,  die  im 
Grofsen  und  Ganzen  genau  derjenigen  des  alltäglichen  Lebens  entspricht,  nur  dafs 
■yeWou  yäptv  Alles  übertrieben  und  ins  Komische  verzerrt  wird.  Die  Frauen  tragen 
wie  im  Alltagsleben  langen18  gegürteten  Chiton  und  Mantel,  Schuhe,  Kopfputz  und 
Geschmeide  aller  Art;  die  Männer  den  kurzen  gegürteten19  Chiton  oder  meistens 
die  Exomis,  aber  so  steifleinen  und  ungefügig  als  möglich  und  so  kurz,  dafs  das 
Glied,  aufgebunden  oder  herabhängend,  stets  ganz  sichtbar  wird  —  ist  es  Zufall, 
dafs  uns  auf  unteritalischen  Vasen  und  Wandgemälden  Männer  des  Alltagslebens 
entgegentreten  mit  oft  dickstoffigen  fast  faltenlosen  und  vor  Allem  so  kurzen  Chi- 
tonen, dafs  das  Glied  öfter  davon  kaum  verdeckt  und  zuweilen  deutlich  zum  Vor- 
schein kommt20?  Zur  Vervollständigung  der  Tracht  dienen  —  ohne  bestimmte 
Regel  —  Mantel  und  Schuhzeug,  Stock  und  Hut21  oder  Haarband,  das  öfter  durch 
ein  oder  zwei  hohe,  an  den  Spitzen  mit  Bändern  geschmückte  Hörner  komisch 
verziert  ist  (F  W n)\  häufig  ist  die  Bekränzung,  die  im  Allgemeinen  durch  die  Fest- 
freude begründet  ist  (HLRelxyzafy),  zuweilen  aber  auch  durch  den  Inhalt 
der  Darstellung  veranlafst  wurde  (vgl.  Xbgq);  einmal  trägt  ein  Schauspieler, 
etwa  als  Zeichen  des  Alters,  eine  enganliegende  gestreifte  Kappe  ( V).  Den  Krieger, 
der  mit  der  Chlamys  seine  Linke  »beschildet«  (Q  h),  kennzeichnen  Waffen  (G;  vgl. 
Q  h),  den  Reisenden  Nachtsack  und  Tragholz  (R  X >),  den  lustigen  Komasten  Fackel 
und  Weingeräth  (7 b g),  den  frommen  Tempelbesucher  Wollfäden  {M)\  der  König 
trägt   Scepter  und   Diadem    (N  t\  vgl.  vi  ■(),   der   Scharwächter   Speere   und   Schilde 

")  Vgl.   auch   Dierks  Arch.  Ztg.    1885    S.  39  ff".,    mit  dei    vasi    12   =   Bull.     Nap.    Arch.    NS.     V.  10, 

dem    ich    in    allem  Wesentlichen   Übereinstimme.  16;  Tischbein    Vases  I  60;    III  42;   Miliin  Feint. 

")  Einmal  ist  der  Chiton  der  Frau  kurz,  auf  S.  de    vas.  I     13     und    41;      u.   a.   mehr    im    Neap. 

19)  Einmal  ungegürtet,  auf  S.  Vasenkatalog  S.  912:    »Männertracht«;  Wand- 

'"*)  Sog.     unteritalische     oder    messapische     Tracht  gemälde:     Man.  dell"  Inst.  VIII     21   =  Schrei- 

vgl.     z.    B.     die     Vasenbilder:     .Uns.     Borb.  ber     Kulturhistor.     Bilderatlas    38,     8;     Nicolas 

VI     39  =  Inghirami     V   E.    112;      Annali    delf  Memorie  sui  mon.  ant.  VI  (sie);    Bull.  Nap.  Arch. 

Inst.    1865     Tav.  O    I    und  2;     Fiorelli    Notizia  NS.  IV  7;    u.a.m. 

-')  Die  Piloi  sind  zuweilen  oben  abgestumpft  (A'a). 

20* 


266 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


(s  t)  sowie  einmal  als  Doryphoros  des  Königs  ein  Thierfell  statt  des  Mantels  (/). 
Sonst  sind  Freie  und  Unfreie  (vgl.  die  inschriftlich  bezeichneten  Sklaven  D  X  c), 
hochgestellte  Beamten  und  einfache  Bürger  (;-),  ehrbare  Frauen  und  lüderlichc 
Dirnen  (vgl.  dazu  f  i  m)  äufserlich  nicht  von  einander  zu  unterscheiden  —  auch 
dies  der  alltäglichen  Wirklichkeit  des  Hellencnthums  entsprechend.  Von  den 
Göttern  kommen  vor  Zeus  (//)  und  Hera  (a),  Apollon  (q)  und  Hermes  (/),  He- 
phaistos  (a)  und  Ares  («),  Eros  (s)  und  Silen  (C),  durch  ihre  wolbekannten  Attri- 
bute leicht  erkenntlich:  das  olympische  Herrscherpaar  trägt  Diademe  (I a p)  und 
Scepterstäbe  («),  von  denen  derjenige  des  Zeus  mit  dem  Adler  verziert  ist 
auf  einem  Bilde,  auf  dem  Zeus  auch  noch  mit  dem  Blitzstrahl  ausgerüstet  ist  (p); 
den  Apollon  zeichnen  Lorbeerkranz  und  Leier  aus  (q),  den  Hermes  Petasos  und 
Kerykeion  (/),  den  Ares  glänzender  Helmschmuck  (a),  den  Hephaistos  die  Arbeiter- 
kappe (a);  Silen  ist  icpv^ivtmp  und  behaart  (C),  Eros  beflügelt  (z).  Dagegen 
sind  Cheiron  (X)  und  die  Nymphen  (X)  ohne  jegliche  äufsere  Charakteristik 
und  als  solche  hier  durch  die  Inschriften  bezeichnet  —  grade  wie  auch  die 
»Nephelai«  im  aristophanischen  Stück  auf  der  Bühne  '  irvyj-aT;  s^aai  -,-uvaiStv '  (341). 
Unter  den  Heroen  ist  am  zahlreichsten  vertreten  Herakles  (M N R/p  q)",  aus- 
gestattet mit  Keule  und  Löwenfell ,  das  meistens  nur  mützenartig  den  Kopf 
{N/pq)  bedeckt.  Der  Schifferhut  charakterisiert  den  Odysseus  (Ahm),  während 
der  greise  bartlose  Priamos  durch  die  phrygische  Mütze  deutlich  gemacht  wird  (Q). 
Wie  Zeus,  so  sind  auch  seine  Stellvertreter  auf  Erden,  die  Könige  Eurystheus  und 
Kreon  mit  Krone  und  Scepter  ausgestattet  (Nt),  während  Alkinoos  ebenso  wie 
seine  Gemahlin  Arete  (/«)  nur  Strahlenschmuck  tragen.  Dagegen  zeigen  die  Helden 
Diomedes  (//)  Neoptolemos  (Q)  Iolaos  (R p)  u.  A.  keine  specielle  Charakteristik 
und  sind  nur  durch  die  Situationen,  in  denen  sie  erscheinen,  zu  erkennen.  Was 
die  Gestaltung  der  einzelnen  Attribute  und  Requisiten  anlangt,  so  bemerke  ich, 
dafs  sie  öfter  ins  Komische  verbildet  sind :  das  Plektron  wird  zu  einem  Keul- 
chen (Jtv),  der  Krückstock  (F)  ebenso  wie  das  Diptychon  (r)  ist  riesenlang,  das 
Wickelkind  ein  ausgewachsenes  Geschöpf  («),  der  Thron  des  Zeus  ein  ungefügiger 
hoher  Lehnstuhl  (p)\  andererseits  schrumpft  Zeus'  Krone  arg  zusammen  (/)  und  der 
Adler  auf  seinem  Scepter  sitzt  zahm  wie  ein  Täubchen  da  (p)  u.  s.  w. 

Dem  Inhalte  der  Darstellungen  nach  theilen  sich  die  Phlyakenvasen  in   zwei 
Theile,    die    sich    scharf    voneinander    trennen.       Auf    einer    nicht    kleinen    Zahl 


2a)  Ob  hierher  —  und  dann  zu  den  Phlyakenvasen 
—  auch  der  Herakles  gehört,  den  Panofka  aut 
einer  » rothfigurigen  Vase  a  campana  aus  der 
Basilicata«  folgendermafsen  beschreibt,  wage 
ich  nicht  zu  entscheiden:  »Herkules  in  Karikatur. 
Eine  bartige  komische  Maske  vor  dem  Gesicht, 
Rücken  und  Kopf  vom  Löwen  feil  bedeckt,  den 
Chiton  lächerlich  als  Bauchbinde  aufgeschtirzt, 
halt  die  kleine  dicke  Figur  in  der  Rechten  die 
Keule    am    Boden,    in   der   Linken    den    Bogen: 


dicht  dabei  befindet  sich  eine  Stele  und  ein 
Zweig.  Der  Stierkopf  an  der  oberen  Ecke  der 
Darstellung  deutet  wie  gewöhnlich  die  drama- 
tische Scene  an.  Revers:  Iris  geflügelt  in  langem 
Chiton,  die  Linke  in  die  Seite  gestützt,  in  der 
Rechten  den  Caduceus  und  auf  dem  Kopf  viel- 
leicht eine  nicht  mehr  deutlich  erkennbare  Lotos- 
blume (Gerhard  Hyperb.  röm.  Stud.  I  S  175 
no.  II)«. 


Heydemann,  I'hlyakendarstellungen.  267 


findet  sich  ein  Phlyake  gleichsam  als  Vertreter  des  komischen  Schauspiels  bei  sei- 
nem Herrn  Dionysos  und  in  dessen  Thiasos  (B  E  L  Z l  w  x y  2).  Der  Gott  unterhält 
sich  dann  wohl  mit  ihm,  wie  auf  der  Darstellung  E,  wo  auch  Ariadne  zugegen  ist; 
oder  er  scherzt  mit  dem  übermüthigen  Gesellen,  der  ihn  ergötzt  {Z  t).  Auf  anderen 
Darstellungen  eilt  der  Phlyake  seinem  Herrn  und  Meister  voran  (Ly),  hinter  dem 
wir  uns  den  übrigen  Thiasos  folgend  vorstellen  müssen.  Öfter  ist  dieser  bac- 
chische  Schwärm  allein,  ohne  Dionysos  dargestellt,  und  da  finden  wir  alsdann 
unter  Satyrn  und  Bacchantinnen  auch  den  Schauspieler,  der  zu  Ehren  des  Gottes 
mitschwärmt  und  mitlärmt:  so  auf  dem  schönen  Jatta'schen  Schlauchgefäfse  (B); 
abgekürzt  bieten  derartige  Thiasosscenen  die  Vasen  zu  und  x,  auf  denen  ein  Phlyake 
dort  zusammen  mit  einem  Kentauren,  hier  mit  einer  Bacchantin  vorwärtseilt.  Eigen- 
artig ist  die  Darstellung  auf  z:  Dionysos  im  Gespräch  mit  einem  Schauspieler,  der 
als  Eros  maskiert  ist;  haben  wir  uns  vielleicht  in  dem  Weingott  hier  auch  einen 
Schauspieler  zu  denken,  vom  Maler  »in  idealer  Schönheit«  dargestellt  (vgl.  dazu 
z.  B.  die  Hera  auf  «)?  In  diesem  Falle  würde  das  Bild  die  Darstellung  irgend 
einer  Phlyakenscene  und  der  folgenden  zweiten  Kategorie  zuzutheilen  sein. 

Dieser  zweiten  Klasse  gehören  alle  übrigen  Vasenbilder  zu,  welche  bald  in 
Einzelfiguren  {C  F  T  V  W  Y  c  e  orf),  bald  in  umfangreicher  Gruppierung  komische 
Scenen  des  verschiedensten  Inhaltes  im  Himmel  wie  auf  Erden  zur  Darstellung 
bringen.  Und  zwar  kommen  hier  zuerst  die  göttlichen  und  heroischen  Schwanke 
in  Betracht  d.  h.  diejenigen  Darstellungen,  deren  Inhalt  das  Thun  und  Lassen  der 
Olympier  wie  der  Heroen  grofs  und  klein  in  komischer  Weise  schildern,  indem  sie 
die  Tragik  ins  Lächerliche  umsetzen,  grade  so  wie  es  von  des  Dichters  und  Schau- 
spielers Rhinthon  dramatischer  Thätigkeit  heifst:  -b.  Tpaytxd  [j.sTafjpuftfj.i'Cmv  s;  xu  feXoiov  "\ 

Ab  Iove  principium !  Auf  einer  Vase  (/)  sehen  wir  den  Vater  der  Götter 
und  der  Menschen  vor  Liebchens  Thür  im  Begriff  die  Leiter  anzusetzen  und  ihr  ins 
Fenster  zu  steigen;  sein  gehorsamer  Sohn  Hermes  leuchtet  ihm  dazu24.  In  nicht 
minder  komischer  Lage  erscheint  die  hohe  Himmelskönigin  Hera  (a):  fest  gebannt 
sitzt  sie  auf  dem  Stuhl,  den  Hephaistos  heimtückisch  ihr  zugesandt  hat,  während 
vor  ihr  Ares  den  Künstlergott  vergebens  bekämpft,  um  denselben  zur  Lösung  des 
Bannes  zu  zwingen.  Unter  den  Heroen  nimmt  die  erste  Stelle  ein  der  immer 
thätige,  immer  hungrige,  immer  durstige  und  immer  verliebte  Herakles'"  —  nicht 
weniger  als  sechs  Vasendarstellungen  führen  uns  den  ungestümen  Helden  vor  {M 
N  R/p  (f).  Einmal  bringt  er  dem  Eurystheus  in  grofsen  Käfigen  statt  der  Ker- 
kopen  Affen  heim  (V);  ein  andermal  ist  er  auf  irgend  einem  Abenteuer  unterwegs 
und  begehrt  mit  grobem  Ungestüm  in  einen  Tempel  Einlafs  (R).  Der  Nimmer- 
satt26 wird   mehrfach   auf  das  Köstlichste   geschildert:    er   ifst   dem  Zeus  die  Opfer- 


23)  Vgl.    über    Rhinthon    u.  s.  \v.     Sommerbrodt   Je  n)  Vgl.   auch    den    Herakles    in    Phlyakentracht   auf 
Phlyacogr.  graec.  p.  431  ss.  einem  schwarzgefirnifsten,   in   mehrfachen  Exem- 

24)  Vgl.  auch  noch   die   Vase  y,  die  möglicherweise  plaren    vorkommenden    Reliefgefäfse,    abgebildet 
auch  Zeus  darstellen   könnte.  un,d     besprochen   im     7.  Hall.    Winckelmannspr. 

35)  Vgl.   dazu  9.  Hall.   Winckelmannsprogr.   S.  1 1 IV.  I IT  3   S.  21  f. 


2Ö8  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 

speise  vor  der  Nase  fort  (/>)  und  stibitzt  dem  delphischen  Apollon  die  Opfergabe, 
die  ein  frommer  Pilger  dem  Gott  eben  dargebracht  hat  (q);  wie  grimmig  verfolgt 
er  eine  Hetäre,  welche  ihm  den  Weinkrug  vorenthält  (/)!  Seine  übergrofse  Vor- 
liebe für  das  »Ewig- Weibliche«  ist  auf  der  Vase  aus  Lentini  (M),  einem  der  beiden 
Gefäfse,  welche  nicht  in  Unteritalien  gefunden  und  vielleicht  nur  nach  Sicilien 
verschleppt  sind27,  auf  das  Tragikomischste  dargestellt:  vom  Götterbilde  selbst  im 
Innern  des  Tempels  zerrt  er  —  wie  Aias  die  Kassandra  —  die  spröde  fromme 
Geliebte  fort,  während  das  kupplerische  Alternpaar  grinsend  dabeisteht  und  den 
Helden  ruhig  gewähren  läfst.  Nächst  Herakles  ist  am  häufigsten  der  listige  Dulder 
Odysseus  vertreten  (A  h  ni).  Ein  Vasenbild  zeigt  den  Raub  des  troischen  Palladions, 
um  dessen  Ehre  und  Besitz  Odysseus  den  Theilnehmer  Diomedes  zu  betrügen  sich 
anschickt  (ti);  zwei  andere  beziehen  sich  auf  des  Helden  Rückkehr  von  Ilion:  auf 
dem  einen  bedroht  er  in  Gemeinschaft  mit  einem  Gefährten  die  Zauberin  Kirke  (A) ; 
auf  dem  zweiten  kehrt  er  bei  dem  Königspaar  der  Phäaken  ein,  dessen  weibliche 
Hälfte  dem  göttlichen  Homer  gemäfs  den  Pantoffel  schwingt  (;«).  Aus  dem  troi- 
schen Sagenkreise'8  finden  wir  sonst  noch  den  Tod  des  greisen  Priamos  auf  dem 
Altar  des  Zeus  dargestellt  (Q).  Aufserdem  sehen  wir  von  Heroen  noch  den  ehr- 
würdigen Chiron  (X)  und  die  fromme  Antigone  (/)  im  Zerrspiegel  des  Schwanks  vor 
uns:  jener  langt  krank  und  schwach  mit  Dienertrofs  vor  dem  Tempel  heilender 
Nymphen  an,  um  zu  gesunden;  diese  wird  ertappt,  als  sie  dem  todten  Polyneikes 
die  letzten  Ehren  erweist  —  und  siehe  da!  es  stellt  sich  heraus,  dafs  sie  wolweis- 
lich  daheimgeblieben,  aber  ihren  treuen  Diener  zur  Todtenspende  auf  das  Feld  ge- 
sendet hat.  Endlich  gehören  hierher  noch  zwei  Darstellungen  in  Einzelfiguren:  Taras, 
der  Heros  eponymos  von  Tarent,  welcher  auf  einem  grofsen  Fisch  statt  auf  dem 
rettenden  Delphin  dahinschwimmt  (ß),  und  ein  Phlyaken-Silen  der  lustig  springt 
und  Flöten  bläst  (C);  Letzterer  ist  vielleicht  aus  einer  ursprünglich  umfangreicheren 
Darstellung  entlehnt  worden. 

Zahlreicher  als  diese  Scenen  von  Götter-  und  Heroenschwänken  sind  die 
Darstellungen  von  Genrescenen  und  Alltagssituationen,  die  auf  den  Phlyakenvasen 
uns  entgegentreten.  Der  Grundton  derselben  ist  rfiu:  ßtoj  -o  £r,v;  den  zu  variieren 
werden  die  Maler  nicht  müde.  Lieblingsschemata  sind  der  Komos,  ferner  Essen  und 
Trinken,  Hetärenliebe  und  Musik.  Hier  steigt  ein  Liebhaber  zu  Feinsliebchen 
durchs  Fenster  [b)\  dort  zerrt  ein  gestrenger  Vater  den  überlustigen  Sohn  davon 
{g)\  oder  der  Komos  zieht  schwärmend  und  lärmend  an  uns  vorbei  [KWi).  Um 
die  Freuden  des  Gaumens  und  des  Magens  handelt  es  sich  auf  D  S  u.  Auf  der 
Vase  Caputi  (Z>)   suchen  sich  Mann   und  Frau  gegenseitig  die  besten  Bissen  wegzu- 

27)  Während   die    Vase    von    Lipara    (i)    wol   sicher  wie  in  Unteritalien  waren:   vgl.  dazu  Crysar  Der. 

dorthin    verschleppt    ward,    kann    dagegen    die  com.\  p.  18  ss. ;  u.   a.   m. 

Vase     von    Lentini    (M)    ebenso     gut     an    Ort  2fc)  Vgl.  auch  noch  den  »Alexandras«  oder  »Orestes« 
und  Stelle  gemacht  und  von  der  dortigen  Buhne  in  Phlyakentracht   auf  einem  schwarzgefirnifsten 

beeinflufst  worden  sein,  da  die  Bedingungen  und  Reliefgefäfse ,    der  im   7.  Hall.  Winckelmannspr. 

Verhältnisse     des    dortigen    Theaters     dieselben  111  4    S.  22  ff.  abgebildet    und  besprochen  ist. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  269 


nehmen  und  bemerken  dabei  nicht,  dafs  ihr  Sklave  sie  um  einen  leckeren  Kuchen 
betrügt;  auf  der  Berliner  Vase  (S)  eilt  die  Vettel  dem  Manne  nach,  der  sich  an 
Wein  und  Gebäck  übergütlich  gethan  und  dem  sie  das  letzte  Stück  Kuchen  abjagen 
will;  beide  sind  bis  auf  die  Knochen  abgemagert  und  dürr,  so  dafs  man  ihre  Gier 
nach  Speise  und  Trank  leicht  begreift.  Die  leider  verschollene  Vase  u  zeigte  sogar, 
wie  ein  Schauspieler  einen  Delphin  zu  verspeisen  sich  anschickt.  Musik  wird  mehr- 
fach gemacht  [Huvv):  einmal  scheint  sie  in  Streit  auszuarten  zwischen  dem  aus- 
übenden Musiker  und  dem  nörgelnden  Kritiker  [H)\  getanzt  wird,  wie  es  scheint 
auf  7;  vgl.  Td".  In  den  verschiedensten  Strahlenbrechungen  offenbart  sich  das  Feuer 
der  sinnlich  gemeinen  Liebe.  Hier  verfolgt  ein  Mann  lüstern  die  Schöne  t  die  vor 
ihm  (ob  neckisch  ob  ernsthaft  bleibt  unentschieden)  sich  flüchtet  und  versteckt  {d)\ 
dort  läfst  eine  Hetäre  das  Zauberrädchen  schnurren  um  die  Liebesgluth  noch 
stärker  zu  entfachen  (oc)  oder  sucht  durch  Weinkredenzen  zu  verführen  (i).  Auf  n 
findet  der  Schauspieler  ein  ausgesetztes  Wickelkind,  die  Frucht  unerlaubten  Umgangs 
—  vielleicht  ist  er  ein  Hagestolz,  was  die  Komik  der  Situation  erhöhen  würde.  Eine 
Hetäre  ist  möglicherweise  auch  die  von  Häschern  aufgegriffene  Frau,  wenn  in  ihr 
nicht  vielmehr  irgend  eine  Heroine  zu  erkennen  ist  (s).  Eheliches  Leben  wird  nur 
selten  zum  Vorwurf  genommen  und  dann  nicht  grade  in  den  rosigsten  Farben  ge- 
schildert: wie  abschreckend  häfslich  ist  das  Weib  auf  S,  wie  herrscht  es  auf  U 
den  erschreckten  Ehegatten  an!  Beliebt  sind  auch  Schilderungen  vom  Thun  und 
Treiben  der  Sklaven,  die  ja  im  Alltagsleben  des  Alterthumes  eine  grofse  Rolle 
gespielt  haben.  Ihre  List  und  Verschlagenheit  {D  Y  c  o),  ihre  beflissene  Geschäftig- 
keit {e;  vgl.  X b),  ihre  Schadenfreude  (D  P)  wird  dargestellt;  aber  auch  die  Kehrseite 
des  Sklavenlebens,  wie  die  Prügelstrafe  {q),  kommt  zur  Geltung.  Und  wie  heftig 
geberdete  sich  der  Herr  dem  Sklaven  gegenüber  auf  k\  Auch  die  Einzel -Schau- 
spieler auf  F  V  sind  zornige,  polternde  Herren,  die  wir  uns  wie  auf  k  gegenüber 
unterwürfig  stummen  Sklaven  zu  denken  haben  werden.  Assteas  (/*)  malt  die  Angst 
und  Strafe  eines  Geizhalses,  der  auf  seinen  Geldkasten  liegend  von  Dieben  gemifs- 
handelt  und  von  seinem  Sklaven  Karion  gehöhnt  wird.  Ein  anderer  Maler  (r)  führt 
eine  Pafsrevrsion  vor  und  schildert  auf  das  Ergetzlichste  die  Grobheit  der  Unter- 
beamten, die  Wichtigthuerei  der  Behörden,  die  Unverfrorenheit  des  Bürgers;  eine 
Polizeiscene  scheint  auch  auf  s  dargestellt  zu  sein.  Auf  der  Vase  G  endlich  bilden 
Krieger  im  Frieden,  jedenfalls  in  harmloser  Unterhaltung  begriffen,  den  Vorwurf  der 
komischen  Darstellung:  sie  mögen  von  ihren  Heldenthaten  aufschneidend  berichten. 

Alle  diese  Scenen  und  Schwanke  von  Göttern,  Heroen  und  Menschen,  die 
soeben  aufgezählt  worden,  könnten  ja  allenfalls  direct  auf  Situationen  und  Vor- 
gänge in  Bühnenstücken  zurückgehen;  doch  sind  wir  nicht  im  Stande,  irgend 
eine  der  erhaltenen  Phlyaken  -  Darstellungen  auf  irgend  ein  bestimmtes  Drama 
auch    nur   mit    einiger    Sicherheit    zu    beziehen.      Viel    wahrscheinlicher    und    rich- 

M)  Vergl.   auch  den  Phlyaken   der  Relief- Önochoe  im  Wiener  Antikenkabinet  IV   No.  196  (abg.    Arch.  Ztg. 

1855  Taf.  78,   1.   2):  unten  zu  d. 


27O  Heydcmann,  Phlyakendarstellungen. 

tiger  ist  es  anzunehmen,  dafs  die  Maler,  denen  wir  diese  Darstellungen  ver- 
danken, von  der  Bühne  nur  beeinflufst  und  angeregt  worden  sind,  Göttersagen  He- 
roengeschichten Genrescenen  aller  Art  in  der  Auffassung  und  in  dem  Geiste  der 
tragikomischen  Phlyakenpoesie  darzustellen.  So  ist  uns  auf  den  vorhandenen  Va- 
senbildern von  der  Art  und  Weise  dieser  dramatischen,  litterarisch  leider  ganz  ver- 
lorenen Poesie,  welche  unter  Rhinthon  ihre  höchste  Ausbildung  erhielt,  wenigsteus 
noch  ein  Wiederschein  erhalten  und  vermögen  wir  uns  dieselbe  in  ihrer  Eigenart, 
Tragisches  ins  Komische  umzusetzen,  einigermafsen  vorzustellen.  Aber  —  so  wird 
man  vielleicht  einwenden  —  wenn  diese  komischen  Vasendarstellungen  mit  der  alten 
Komödie,  deren  Hauptvertreter  Aristophanes  uns  zum  Glück  noch  theilweise  er- 
halten ist,  gleiche  Masken,  gleiches  Kostüm,  gleiche  Lächerlichkeit  des  Phallostragens, 
ja  hier  und  da  gleiche  Auffassung  der  Komik  theilt,  sind  sie  dann  nicht  vielmehr 
unter  dem  Einflufs  der  alten  Komödie  entstanden  und  lassen  uns  ihres  Geistes  einen 
Hauch  verspüren?  Meiner  Überzeugung  nach  ist  das  nicht  der  Fall,  und  ein  Zu- 
sammenhang dieser  Vasenbilder  mit  der  alten  Komödie  nicht  anzunehmen30.  Da- 
gegen spricht  —  vorläufig  ganz  abgesehen  von  dem  Fundorte  der  Vasen  und  dem 
auffälligen  Umstände,  dafs  bisher  kein  derartiges  Vasenbild  im  eigentlichen  Grie- 
chenland zum  Vorschein  gekommen  ist  —  entscheidend  die  Zeit,  in  der  die 
Gefäfse  entstanden  sind.  Zeichnung  und  Stoff  weisen  sie  ins  dritte  Jahrhundert, 
frühestens  in  dessen  erste  Hälfte,  um  dessen  Mitte,  also  in  eine  Zeit,  in  welcher, 
wenn  zu  Athen  überhaupt  noch  Komödien  aufgeführt  wurden31,  Menanders  und 
seiner  Genossen  Stücke  allgemein  herrschten,  die  Komödien  eines  Aristophanes 
und  seiner  Zeitgenossen  aber  nur  noch  litterarisch  ihr  Leben  fristeten,  also 
an  einen  Einflufs  derselben  auf  die  Kleinkünstler  und  an  Darstellungen  aus 
den  alten  Stücken  gar  nicht  zu  denken  ist.  Nun  wissen  wir  aber,  dafs  in  der 
Zeit  um  die  es  sich  hier  handelt  die  Posse  und  der  Schwank  bei  den  Dio- 
nysosfesten in  Unteritalien  besonders  blühte,  und  kennen  eine  ganze  Reihe  von 
Namen  berühmter  Dichterlinge  und  Schauspieler,  welche  für  die  Lachmuskeln  des 
theaterlustigen  Publikums  dichteten  und  spielten33.  Tarent  war  der  Mittelpunkt 
dieser  Theaterpoesie33,  Rhinthons  Phlyakographie  das  bedeutendste  Erzeugnifs 
dieser  komischen  Dichtungen34.  Da  liegt  es  nahe  und  ist  natürlich,  einen  Zusam- 
menhang zwischen  dieser  Poesie  der  Schwanke  und  den  komischen  Darstellungen 
gleichzeitiger  Vasenbilder  anzunehmen  und  die  komischen  Vasenscenen  als  Ausflüsse 
der  Phlyakendramata  in  Grofsgriechenland  zu  betrachten,  wie  dies  Jahn35  schon 
längst  vermuthete. 

ao)  Wie  es  z.  B.   eben  noch  C.  Müller  thut  in  Blüm-  34)  Vgl.    für   seine  Bedeutung    vor  Allem    die    zwar 

ner-Dirtenberger  Griech.  Antiq.   III  2.   8.246,3.  recht  verworrene,    aber    doch  sehr  bezeichnende 

3I)  Vgl.  dazu  Köhler  Arch.  Mitth.  Athen  III  S.  118  ff.  Erwähnung  bei  Laurentius  Lydus    de  magistr.  I 

l2o,f.  40  und  41;  u.  a.  m. 

»2)  Vgl.  Athen,  p.  19  F;  452  F.  '5)  Vasenkatalog,    Einleitung    S.    CCXXVIII;    vgl. 

33)  Vgl.   für  das  dritte  Jahrhundert  Cassius  Dio  fr.  39  auch  Lorenz    Leben    des    Epicharmos    S.  23  fr.; 

Bekker  =  I  p.  55,  5  Dindorf  und  Zonaras  VIII  2  u.  a.  m. 

p.  370  A;    für  frühere  Zeit  Plato  Gesetze   p.  637. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


271 


VERZEICHNISS 
DER  PHLYAKENDARSTELLUNGEN  AUF  BEMALTEN  VASEN. 

A.  Krater  der  Sammlung  Jatta  (No.  901)  zu  Ruvo,  wo  die  Vase  (sog.  vaso  a  campana)  auch 
gefunden  ist:  beschrieben  im  Katalog  p.  374  sq. ;  hier  zum  ersten  Mal  abgebildet.  —  Rev.  Zwei  sog. 
Manteljünglinge  mit  Stlengis  und  Stab. 


%  des  Orig. 

Auf  dem  von  vier  Pfosten  getragenen  Logeion  sind  drei  komische  Schau- 
spieler dargestellt:  zwei  Männer  und  eine  Frau,  jene  durch  Masken  und  Ärmel- 
anaxyrides,  Phallen3"  und  Polster  gekennzeichnet,  diese  nur  durch  die  Maske 
charakterisiert;  alle  drei  sind  barfufs.  Die  Frau,  in  langem  Chiton,  Mantel  und  Haube, 
ist  auf  der  Flucht  zur  Erde  gesunken  und  wird  von  den  beiden  Männern  gepackt 
und  mit  gezückten  Schwertern  bedroht:  der  eine  hält  sie  am  rechten  Unterarm  und 
setzt  seinen  linken  Fufs  gleichsam  festhaltend  und  triumphierend  zugleich "  auf 
ihren  rechten  Fufs;  der  andere  Mann,  den  weifses  Haar  und  Bart  sowie  Pilos  aus- 
zeichnen, hatte  die  Frau  an  der  linken  Schulter  gepackt,  behält  aber  in  seiner 
Linken  nur  ihren  Mantel,  während  er  sich  auf  den  Fufsspitzen  hoch  emporhebt  und 
das  Schwert  in  der  Rechten  zum  Draufhauen  bereit  hält.  Beide  Männer  tragen 
Exomides 38,    der    erstere    auch    eine  Chlamys    um    den    Hals    geknüpft.     Über  der 


36)  Bei  dem  Schauspieler  rechts  ist  der  Phallos  auf- 
gebunden zu  denken. 

,7)  Vgl.  dasselbe  Motiv  z.  B.  auf  den  Selinunter 
Metopen  Benndorf  Taf.  V  und  VII;  u.  a.  Auf 
der  Metope  Benndorf  X    setzt   dagegen    der  Be- 


siegte seinen  Fufs  abwehrend    auf  den  Fufs  des 
siegreichen  Gegners. 
38)  Die  Faltenlage    des    Chiton    auf    der   Brust    des 
weifshaarigen     Mannes     weist      auch      auf     eine 
Exomis. 


272  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 

niedergesunkenen  Frau  füllt  eine  Tänie  den  leeren  Raum.  An  eine  Genrescene  ist 
sicherlich  nicht  zu  denken;  welche  mythologische  Scene  aber  etwa  dargestellt  sei, 
ist  schwer,  wenigstens  vorläufig  meines  Erachtens  nur  mit  Reserve  zu  bestimmen. 
Vielleicht  giebt  der  nhomo pileatusi  einen  Anhalt.  Derselbe  könnte  Hephaistos  sein 
(vgl.  den  Daidalos-Hephaistos  auf  a);  dann  wüfste  ich  die  Darstellung  nicht  zu 
deuten.  Er  kann  aber  auch  und  wird  der  vielgewanderte  Odysseus  sein  (vgl.  dazu 
im)3'':  dann  ist  in  der  hart  bedrängten  Frau  vielleicht  die  Zauberin  Kirke  zu  er- 
kennen. In  der  Odyssee  bedroht  und  bezwingt  Odysseus  allein  die  Unholde  (X  321), 
aber  auf  etruskischen  Spiegeln  z.  B.  wird  sie  von  Odysseus  und  Elpenor  bedroht 
(Gerhard  Taf.  403)40,  und  unmöglich  wäre  es  demnach  nicht,  hier  dieselbe  VorsteK 
hing  anzunehmen.  Oder  sollte  etwa  die  Bestrafung  einer  der  treulosen  Mägde 
Fenelopes  durch  Odysseus  und  etwa  Telemachos  gemeint  sein?  Wir  hätten  dann, 
in  Bezug  auf  diese  treulosen  Dienerinnen,  im  Vasenbild  Jatta  die  im  Gewände  der 
übermüthigen  Komödie  auftretende  Fortsetzung  derjenigen  Scene  vor  uns,  welche 
der  Skyphos  von  Corneto  im  Berliner  Museum  (No.  2588)  und  der  eine  Friesstreifen 
von  Gjölbaschi  uns  vorführen41. 

B.  Gefäfs  in  Form  eines  Schlauches  ",  in  der  Sammlung  Jatta  zu  Ruvo  (ebenda  auch  gefunden) 
no.  1402:  abg.  und  bespr.  von  mir  Arch.  Ztg.  1872  Taf.  70  S.  92ff. ;  vgl.  auch  Jatta  Catalogo  p.  662  sq. 
Flotte  schöne  Zeichnung. 

Ringsum  läuft  die  Darstellung  eines  bacchischen  Thiasos,  bestehend  aus 
acht  Personen,  welche  in  iibermüthiger  Lust  und  lärmender  Freude  dahinschwärmen. 
Es  sind  durcheinander  gewürfelt:  drei  Satyrn  mit  Fackeln  und  Handpauken  oder 
Rebzweig;  drei  Bacchen,  zwei  gleichfalls  mit  Tympana,  die  dritte  den  Manteltanz 
tanzend43;  endlich  eine  nackte  alte  Vettel  von  gröfster  Häfslichkeit  und  denkbarster 
Unanständigkeit14  und  ein  komischer  Schauspieler.  Derselbe  ist  mit  Polstern  und 
Phallos4s,  Armelanaxyriden  und  kurzem  Chiton  ausgestattet;  die  bärtige  stumpfnasige 
Maske,  fast  ganz  in  Vorderansicht,  ist  mit  einer  langen  Tänie  umwunden;  Bart  und 
Haar  sind  schwarz,  während  viele  Runzeln  Stirn  und  Backen  durchfurchen.  An  den 
Füfsen  keine  Bekleidung.  Ein  Hase,  Aphrodites  Thier,  ein  Windhund,  zwei  Kränze 
und  etliche  Sträucher  füllen  den  Raum  zwischen  den  einzelnen  Figuren. 

C.  Gefäfschen  (H.  0,10;  Durchm.  0,09)  der  Sammlung  Jatta  zu  Ruvo  (daselbst  auch  gefunden) 
no.  1528:  vgl.  Catal.  p.  840sq.  Die  Form  der  Vase  —  eine  breitbauchige  Lekythos  ohne  Öffnung 
oben;  an  der  einen  Seite  der  Henkel,  an  der  anderen  eine  trichterförmige  Tülle:  vgl.  die  Skizze  — 
ist  mir  nicht  wieder  begegnet;  ohne  Zweifel  haben  wir  die  für  ein  Grab  bestimmte,  nicht  weiter  ver- 
wendbare Nachbildung 1(i  eines  Gefäfses  vor  uns,  das  im  täglichen  Leben  zur  Aufbewahrung  etwa 
besonders  feinen  Öls  diente:  durch  den  (herauszunehmenden)  Trichter  wurde  die  kostbare  Flüssigkeit 
eingefüllt,  dann  der  Trichter  entfernt  und  die  Öffnung  durch  einen  Stöpsel  geschlossen.  Unterhalb  des 
Trichters  die  Figur,  welche  hier  zum  ersten  Mal  veröffentlicht  wird ;  unter  dem  Henkel  Ornamente. 

Als   Silen"  maskierter   Schauspieler.      Er  ist  dickbäuchig  (gepolstert),  kahl- 


3t>)  Die  Weifshaarigkeit  des  Odysseus    auf  der  Vase  44)  Diese    alte  Vettel   wiederholt   sich    in   Fälschung 

Jatta    ist    allerdings    bis    jetzt    ohne   Analogon;  auf  einer  Vase    im  Museo  civico  zu  Bologna  (no. 

doch  ist  er  auf  m  alt  und  bartlos.  '472:     vgl.  Arch.  Ztg.   1872    S.  95    und    3.  Hall. 

4")  Der  Spiegel  aus  Corneto  ist  auch   abgebildet  bei  Progr.   S.  58)  und  —  zusammen  mit  dem  Schau- 

Fröhner   Alusees   de  Fr.  24    (vgl.    dazu    VVieseler  Spieler  des  Askos  Jatta    und  dem  Pan  der  Vase 

Gott.    gel.  Anz.   1876    S.  1507);    zur    Zeichnung  Gori   Mus.  etr.  I   130  =  Nouv.  Ami.    de   la  sect. 

bei  Pighius  vgl.    auch  Jahn  Ber.    d.   Sachs.    Ge-  franc.   1838  pl.  B  —   auf  einer  Vase  der  Samm- 

selisch.  d.  W.   1868  S.  182,  33.  lung  Leesen  (no.  107:  abg.  Schulze  Beschr.   Taf. 

*')  Abg.    Mon.     dell'    Inst.   X    53    (  =  Arch.    Epigr.  III  2;  vgl.  Arch.  Ztg.    1872  S.  92ff.  und   3.  Hall. 

Mitth.  Öster.  VI  S.  207)  und  Arch.   Epigr.  Mitth.  Progr.  Anm.  142). 

Öster.  VI    7.  8    (  =  Lützow   Ztschr.    fbK.  XVIII  45)  liier  sind  die  Schamhaare  angegeben,  was  nicht 

S.   269;     Baumeister    Denkm.    klass.    Alterth.    II  zu  oft  der  Fall  ist;  vgl.  Arist.  Thesmoph.  238 ff. 

S.    1045).  4Ü)  Vgl.  eine    andere  derartige  Nachbildung  7.  Hall. 

**)  Vgl.  dazu  z.B.   Neap.  Vasensamml.  Taf.  III  166;  Progr.   S.  27. 

Stephani  Vas.  Ermitage  Taf.  II   80;   Furtwängler  4;)  Maskierte  aber  wirkliche  Satyrn  vgl.  dagegen  auf 

Berl.  Vas.  Taf.  V  83;  u.   ö.  der  Wiener   Vase  V   284    (abg.    Arch.   Ztg.  1855, 

**)  Vgl.   dazu  4.  Hall.   Progr.  S.  tff.B.  77,    1   S.  53E 


Heydemann,  Phlyakendarstellungcn. 


273 


köpfig  und  stumpfnasig, 
der  Körper  mit  Aus- 
nahme des  Wanstes  und 
der  Hände  mit  weifsen 
Zotteln  bedeckt  d.  h. 
mit  Zotteltricot  über- 
zogen (ävaSuptfe?  jxaXÄo)- 
tai  oder  auch  i\i's tjj.cd>.oi), 
auf  den  Füfsen  hohe  Stie- 
fel. Die  Maske  zeichnet 
sich  durch  hochgezo- 
gene Brauen  und  drei 
weifse  Haarbüschel  aus, 
jederseits  an  den  Schlä- 
fen einer48  und  der  dritte 
über  der  Stirn;  ob  die 
Ohren  thierisch  oder 
menschlich  gebildet  sind, 
ist  nicht  sicher  zu  er- 
sehen, doch  will  mich 
das  Erstere  wahrscheinlicher  dünken; 


:/3  des  Orig. 


der  Bart  ist  auch  weifs.  Silen  hebt  lustig 
springend  das  rechte  Bein  hoch  und  bläst  mit  vollen  Backet!  in  zwei  Flöten,  die 
er  in  den  Händen  hält.  Neben  dem  erhobenen  Bein  liegt  raumfüllend  ein  Ball 
oder  eine  Diskosscheibe.  Zu  beachten  ist  das  Fehlen  des  '  tjxottov  xxfosttiivov 
sjvuDpc/v   iz  äxpou  r.ayß'   sowie  das   Fehlen  des  Schwanzes49. 

D.  Krater  (sog.  vaso  a  camfand)  der  Sammlung  Caputi  zu  Ruvo ,  wo  das  Gefäfs  auch  April 
1883  gefunden  wurde:  abg.  und  eingehend  bespr.  von  mir  im  9.  Hall.  Frogr.  Tafel  I  S.  4fr.  (worauf  ich 
für  alle  Einzelheiten  verweise).  Vgl.  dazu  Jatta  '  Notizie  degli  scavi  1883  p.  379  sq. ;  Trendelenburg 
Wochenschr.  für  cl.  Phil.  II  no.  38  S.  1189fr.;  Weizsäcker  Phil.  Rundschau  V  no.  37  S.  1 1 69 ff.  —  Rev. 
Dem  Herakles  stehlen,  während  er  das  Himmelsgewölbe  trägt,  zwei  Satyrn  Keule  und  Köcher  mit 
Bogen.       Vortreffliche  feine  Zeichnung. 

Auf  dem  von  Säulen  gestützten  Logeion  sind  drei  Schauspieler  dargestellt: 
zwei  Männer  und  eine  Frau.  Diese,  Charis  (Xotpt?)  mit  Namen  50,  ist  in  Chiton  und 
Mantel,  der  den  Hinterkopf  verhüllt;  um  das  Haar  hat  sie  eine  Tänie;  am  rechten 
Unterarm  und  am  linken  Handgelenk  erkennt  man  die  Anaxyrides,  die  der  Schau- 
spieler der  aufgelegten  Polster  wegen  trägt;  das  Gesicht  ist  runzlig  und  sehr 
stumpfnasig.  Charis  hält  zusammen  mit  dem  ihr  gegenüberstehenden  Philotimides 
(4>iXoTi[M&7ji;)  eine  grofse  Schüssel,  auf  der  Brod  und  Kuchen  verschiedener  Form 
liegen;  Beide  halten  dieselbe  je  mit  der  linken  Hand,  während  sie  in  den  erhobenen 
Rechten  je  eine  Efswaare,  sie  einen  Kuchen,  er  eine  Feigenschnur5'  —  die  ursprüng- 
lich auch  auf  der  Schüssel  gelegen  —  lüstern  betrachten  und  sich  aneignen;  Charis 
reifst  schon  zum  Verzehren  den  zahnlosen  Mund  so  weit  als  möglich  auf.  Philoti- 
mides trägt  Polster  und  Ärmelanaxyriden,  Exomis  und  Phallos;  seine  weifshaarige 
Maske   mit   langem   weifsem  Bart   und    breitgeschlagenen  Ohren  trägt  den  Ausdruck 


48)  Vgl.  dazu  (Aristot.)  Physiogn.  3:  Xi-[wj  ar^Etcr 
.  .  .  y.ai   'A  xp<katpoi   oaaei;   eittetai;  Hpi;(v  xt?>. 

40)  Beides  —  Phallos  und  Schwanz  —  fehlt  auch 
den  Komasten  auf  dem  Vasenbilde  aus  S.  Agata 
d'  Goti  bei  Gerhard  Ant.  Bildw.  72  =.-.  Wieseler 
Theatergeb.  Denkm.  IX  5,  wo  dieselben  wie  der 
Silen  mit  zotteligen  Anaxyriden,  aber  ohne  Mas- 
ken und  Auspolsterungen  ausgestattet  sind. 

■io^Frau'»»  Hulda «  verdeutscht  zierlich  Trendelen- 
burg a.  a.  O. 

51)  Brieflich  theilt  mir  G.  Jatta  mit,    dafs  man  viel- 


leicht auch  an  eine  Wurst  (cM.öc;)  denken  könne 
—  dagegen  scheint  mir  bestimmt  die  deutlich 
erkennbare  Umwickelung  mit  Band  zu  sprechen, 
welche  freilich  auch  bei  den  aufgezogenen  Feigen 
Schwierigkeit  macht.  Daher  nimmt  Trendelen- 
burg (a.  a.  O.)  es  für  einen  »mit  Binden  umwun- 
denen Blumenkranz«  und  sieht  den  Scherz  darin, 
dafs  « Charis  mit  richtigem  Blick  das  Efsbare 
erspäht,  ihr  hungriger  Partner  aber  den  Blumen- 
kranz in  die  Hände  bekommt«.  Sni  iudice 
lis  est! 


274  Heydemann,   Phlyakendärstellungen. 


grofser  Schlauheit  und  Verschmitztheit;  die  Nase  ist  nicht  aufgeworfen.  Zwischen 
Beiden  steht  ein  niedriger  langer  Speisetisch,  auf  dem  wahrscheinlich  die  Kuchen- 
schüssel vorher  gestanden  hat;  oben  hängt  zur  Raumfüllung  eine  Önochoc;  hinter 
Philotimides  begrenzt  eine  halbgeöffnete  Thür  die  Scene.  Hinter  der  Frau  steht 
abgewendet,  aber  sich  halb  zurückdrehend  der  Sklave  Xanthias  (Zavll'.ctc),  mit  Polstern 
und  Phallos,  in  Ärmelanaxyriden  und  Exomis;  er  hat  einen  Kuchen  in  Herzform 
gestohlen  und  steckt  ihn  heimlich  in  die  Brustöffnung  seines  Chitons yi.  Vortrefflich 
ist  seine  stumpfnasige  Maske;  fast  kahlköpfig  hat  er  die  letzten  Strähnen  des 
Haares  jederseits  zusammengekämmt.  Die  Augen  schielen;  der  Ausdruck  verräth 
gröfste  Pfiffigkeit.     Alle   drei  sind   barfufs. 

E.  Krater  (sog.  vaso  a  campand)  im  Museo  Nazionale  zu  Neapel  no.  1778  (gef.  1805  in  Pästum: 
Documenti  inediti  per  serv.  alla  stör,  de'  Musei  II  p.  57):  abg.  und  bespr.  Mus.  Bork  X  30  (==  VI  60  cd. 
rom.  =1  I,  92  ed.  fr.).   —  Rev.  Zwei   sog.  Manteljünglinge.     Leidliche  Arbeit  der  Verfallzeit. 

Ein  Schauspieler  steht  zwischen  Dionysos  und  Ariadne.  Der  Komiker,  einst 
ithyphallisch ,  in  Polster  und  Ärmelanaxyriden  (mit  herunterlaufendem  Mittel- 
und  kleinen  Querstreifen),  Schuhen  und  weifsem  Chiton,  in  der  gesenkten  R.  einen 
knotigen  Stab,  um  die  Maske  einen  Kranz,  drückt  den  Kopf  zwischen  die  hoch- 
gezogenen Schultern  und  legt  die  obere  Fläche  der  leicht  geschlossenen  linken  Hand 
gegen  und  unter  das  bärtige  Kinn:  er  überlegt  pfiffig  zur  Seite  schielend,  was  er 
etwa  sagen  oder  thun  soll  dem  Gott  gegenüber,  der  ihm  in  der  erhobenen  Linken  Kranz 
und  Schale  hinhält.  Dionysos,  nackt  aber  Schuhe  und  über  den  Armen  shawlartig 
den  Mantel  tragend,  ist  weibisch  reichgeschmückt  und  hat  in  der  anderen  Hand 
den  Thyrsos.  Hinter  dem  Schauspieler  steht,  langgewandet  und  ebenfalls  reich- 
geschmückt, Ariadne:  während  sie  mit  der  L.  das  Gewand  über  der  Schulter  lupft, 
legt  sie  die  Rechte  zutraulich  auf  den  Rücken  des  Schauspielers:  sie  will  ihn  zu 
freier  Entscheidung  gegenüber  dem  Gott  und  Gebieter  aufmuntern.  Zur  Raumfüllung 
zwischen  Stock  und  Beinen  des  Schauspielers  ein  hohes  Gewächs,  oben  Tänien 
und  Blätter. 

F.  Krater  (sog.  vaso  a  calice)  aus  Pästum  im  Neapeler  Museum  no.  1782:  beschr.  im  Verzeichn. 
S.  104;  hier  zum  ersten  Mal  abgebildet.  Anwendung  von  weifser  und  rothbrauner  Farbe;  die  Rückseite 
ist  nur  schwarz   gefirnifst  und   ohne  Schmuck  gelassen. 

Dargestellt  ist  ein  Schauspieler,  in  der  vorgestreckten  Rechten  einen  hohen 
krummen  Krückstock'3  ein  wenig  von  der  Erde  hebend;  die  Linke,  welche  das 
eine  Ende  des  Mantels  gefafst  hält,  liegt  an  der  Brust.  Er  wirft  sich  ein  wenig 
hintenüber  und  stöfst  erregt  mit  dem  Stock  auf  den  Boden;  der  Grund  dieser 
Erregung  ist  uns  unbekannt,  da  der  Maler  nur  diese  eine  Figur  aus  einer  ihm  vor- 
liegenden (gröfseren  oder  kleineren)  Gruppe  wiederholt  hat.  Das  Kostüm  ist  so 
vollständig  als  möglich:  dicke  Polster  und  Anaxyrides  mit  Ärmeln  fvsiptos»),  kurzer 
Chiton  und  kurzes  Mäntelchen'',  Schuhe  fsußatai)  an  denen  die  »Strippe«  hinten 
zum  Anziehen  sichtbar  ist,  endlich  die  Maske,  welche  sich  durch  ihren  sonderbaren 
Putz  auszeichnet.  Um  die  Stirn  liegt  nämlich  ein  Band,  an  dem  sich  jederseits  ein 
steifer  hochstehender  Dorn  (vgl.  IV)  findet,  dessen  Spitze  ein  Blätterbüschel  und 
eine  herabhängende  Tänie  zieren.  Die  runden  kleinen  Augen,  die  hochgeschwun- 
genen Brauen,    der    breite    grofse  Mund,    das    strähnige   Haar    des  Kopfes  wie   des 


52)  Nach  Trendelenburg  a.  a.  O.  hätte  er   ein   Stück  Original   zeigt    bei    beiden    Backentaschen    die 

abgebissen  »da  die  Maske    des  Sklaven  deutlich  gleiche  Dicke  und  maskenhafte  Aufgetriebenheit. 

die  eines  kauenden  und   der  1.   Mundwinkel    viel  i3)   Kau.r:iXir)    oder   axfeiov    sxo).i<i;    (Eurip.    Hekabe 

stärker  gerundet  als  der  rechte,  und  die  1.  Backen-  65;  Alkiphr.  III   3;  u.a.) 

tasche  von  dem  grofsen  Bissen  ganz  aufgetrieben  54)  Der  kleine  runde  Punkt  und  die  beiden  Zottel- 
ist«. Aber  da  hat  die  in  dem  Punkt  nicht  ganz  chen,  welche  am  Gesäfs  sichtbar  werden,  sind 
genaue  Publication  des  Programms  irregeführt;  vielleicht  Besatz  des  Mantels.  Vgl.  dazu  den 
die  zu  Grunde  liegende  Durchzeichnung  bez.  das  l'ranzenbesatz  auf  c  >. 


Heydemann,   Phlyakendarstellungen. 


275 


Bartes  vollenden  den  komischen  Ein- 
druck der  Erscheinung,  die  sehr  flüch- 
tig aber  mit  grofser  Sicherheit  gezeich- 
net ist.  Hinter  dem  Komiker  oben  ein 
herbeifliegender  Vogel,  unten  ein  eiför- 
miger Stein  —  beides  nur  zur  Her- 
stellung des  künstlerischen  Gleich- 
gewichts, wie  mir  scheint:  der  vorge- 
schobene Stock  erforderte  auf  der  an- 
deren Seite  der  Figur  eine  einigermafsen 
entsprechende  Raumfüllung.  Beachtens- 
werth  ist  das  sichere  Fehlen  des  Phallos. 

G.  Krater  (sog.  vaso  a  campand)  im 
Neapeler  Museum  no.  3368:  abg.  und  bespr.  Wie- 
seler Annali  dell'  Inst.  187 1  Tav.  G.  p.  99 sq.; 
vgl.  auch  C.  Müller  Philologus  35  S.  354.  —  Rev. 
Drei  sog.  Manteljünglinge.     Fluchtige  Zeichnung. 

Drei  Komiker,  als  Krieger  aus- 
staffiert in  Unterhaltung  begriffen. 
Sie  haben  Chlamydes ,  starke  Bauch- 
polster, Phallen,  Schuhe  und  Anaxyri- 
des,  deren  Ärmel  weifs  gemalt  sind, 
während  sie  an  den  Beinen  zwar  nicht 
angedeutet  aber  natürlich  vorauszusetzen 
sind.  Der  eine,  der  schwarzes  Kopf- 
haar und  rasierten  Bart"  zeigt,  hat 
keine  Maske,  seine  Züge  sind  ohne  jede 
sonstige  Übertreibung;  er  trägt  einen 
hohen  korinthischen  Helm  mit  langem  Pferdeschweif,  stützt  mit  der  Rechten  einen 
Lanzenschaft  auf  und  legt  die  Linke,  welche  in  die  um  den  Hals  geknüpfte  Chlamys 
gewickelt  ist,  auf  den  Rücken.  Er  ist  in  Gespräch  mit  einem  Kameraden,  der  vor 
ihm  auf  seiner  Chlamys  sitzt  und  ihm  in  den  erhobenen  Händen  Schildrund 5G  und 
Tänie  zeigt;  seine  Maske,  mit  starkgebogener  Nase''7  und  Spitzbart,  ist  vorn  kahl, 
während  nach  hinten  die  Haare  in  langen  einzelnen  Strähnen  herabfallen.  Dieselbe 
Maske  —  nur  ist  die  Nase  weniger  gebogen  und  der  Bart  weniger  spitz  —  hat  der 
dritte  Mann,  zwischen  den  anderen  Beiden  stehend,  mit  höher  aufgesetztem  rechten 
Fufs  über  dessen  Oberschenkel  die  Chlamys  liegt:  in  dieser  »lysippischen«  Stellung 
betrachtet  er  einen  Hund,  der  das  eine  Ende  der  emporgehobenen  Tänie  beschnüffelt 
und  auf  den  der  Krieger  mit  dem  linken  Zeigefinger  hinweist.  Der  Ausdruck  dieser 
letzteren  Maske  ist  vergnüglich -beschaulich,  dagegen  die  andere  Maske  bissig  und 
heftig  erscheint. 

H.  Krater  (sog.  vaso  a  campand),  vermuthlich  aus  S.  Agata  de'  Goti,  im  Neapeler  Museum  no.  3370: 
abg.  und  bespr.  Wieseler  Annali  1871  Tav.  I.  p.  I04sq.;  vgl.  auch  H.  W.  Schulz  Annali  dell'  Inst.  1838 
p.  167,  6;  C.  Müller  Philologus  35  S.  355.  —  ßev.  Zwei  sog.  Manteljünglinge.  Flüchtige  Zeichnung; 
zerbrochen  und  beschädigt. 

Auf  dem  von  drei  Pfosten  gestützten  Logeion  zwei  Schauspieler,  sich  gegen- 
über stehend;  zwischen  ihnen  ein  Dreifufs.     Der  eine  Schauspieler,   mit  schwarzem 


(F.)     %  des  Orig. 


)  Poll.  IV  133:     to  y^vsiov   h  -/p(j)    xoupfoe«   teiv  6      57)  Vgl.  (Aristot.)  Physiogn.  6 :  01  ik  (tjjv  j&tv«)  ypurcrj 


l'jpta;;  vgl.  dazu  z.  B.  Overbeck   Sagenkr.  VII  4 
XIII  7;  XX  3  und  4;  u.  a. 
äe)  So    mit  Recht  Panofka   und  Wieseler,    während 
ich  an  ein  Tympanon  dachte. 


£/_ovt£{    zal    toO    |j.eTW7:o'j   Sti)pfrpu>fjtivi)v    piEyaXo- 


276  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 

Haar,  hat  eine  grofse  Kithara  und  ein  gewaltiges  Plektron  (fast  kleine  Keule)  in 
Händen;  der  andere,  weifshaarig,  stützt  einen  Lorbeerbaumstamm  mit  der  Rechten 
auf.  Beide  sind  bärtig r'",  über  der  Stirn  kahl  und  lorbeerbekränzt,  beide  in  Polstern 
und  Ärmelanaxyriden ,  mit  Phallen  und  Exomides  ausgestattet  und  barfüfsig. 
Jeder  hat  den  Mund  weit  geöffnet,  rollt  zornig  die  Augen  und  zieht  die  Schultern 
empor  —  es  scheint  ein  Streit ä!l  zwischen  ihnen  ausgebrochen  oder  auszubrechen; 
der  Kitharspieler  legt  das  Plektron  in  der  gesenkten  Rechten  wie  eine  Lanze  ein, 
als  ob  er  zu  Thätlichkeiten  übergehen  wolle.  Will  ihm  der  Mann  mit  dem  Lorbeer- 
stamm, den  wir  als  Preisrichter  auffassen  können  (ebenso  Wieseler),  das  Athlon  — 
den  Dreifufs  —  etwa  vorenthalten?  Hinter  dem  Preisrichter  oben  zur  Raumfüllung 
ein   Diskos  oder  ein  Ball00. 

I.  Krater  (sog.  vaso  a  campanä)  jetzt  im  Museo  Gregoriano  zu  Rom :  oft  abgebildet  z.  B.  Winckel- 
mann  Mon.  ined.  no.  190  und  Kunstgesch.  Wiener  Ausg.  S.  187;  Hancarville  Antiq.  IV  105  (59);  de 
l'Aulnaye  Salt,  thiatr.  II  (nicht  zugänglich;  vgl.  Böttiger  Archnol.  der  Malerei  S.  201);  Bouchard  Choix 
de  mon.  II  103  (nicht  zugänglich);  Pistolesi  Vat.  descr.  III  69;  Museo  Gregor.  I  31  (der  ersten  Ausgabe); 
Miliin  Gal.  myth.  108  bis,  428*;  Müller-Wieseler  D.  a.  K.  II  3,  49;  Wieseler  Theatergeb.  IX  II;  Flöget 
Gesch.  des  Grotesk-Kom.3  Taf.  11  (farbig  aber  ungenau);  Champfleury  Carte,  ant.'  p.  224;  Schreiber 
Kulturhist.  Bilderatlas  V  8;  Baumeister  Denkmäler  Suppl.  No.  1 ;  u.  s.  w.  Vgl.  die  Besprechungen  bei 
Winckelmann  a.  a.  O.  und  Kunstgesch.  III  4  §  34;  Wieseler  a.  a.  O. ;  Braun  Mus.  u.  Ruin.  Roms  S.  828,  57; 
Overbeck  Kunstmyth.  II  S.  403  f. ;  u.  a.  m.  —  Rev.  Zwei  ManteljUnglinge,  einander  gegenüberstehend, 
bekränzt  und  mit  Stäben  in  den  Händen. 

Aus  dem  Fenster  (Hupt';)  des  Oberstocks61  schaut  eine  Frau  heraus,  edlen 
Profils,  reichgeschmückt  und  in  Haube  sowie  Chiton.  Sie  spricht  mit  Zeus,  der 
eine  lange  Leiter03,  durch  deren  Sprossen  er  seinen  Kopf  gesteckt  hat,  mit  beiden 
Händen  trägt  und  begehrlich  zu  ihr  aufblickt,  während  Hermes  in  der  R.  mit  einer 
Lampe63  zum  Weibe  emporleuchtet:  es  ist  Nacht,  die  ja  nach  Menander  idsitnov 
'AcppoöiVrj?  öswv  fisTE^si  jxjpo;.  Zeus °4  trägt  Polster  und  enganliegendes  weifses  Ge- 
wand, rothbraune  Ärmelanaxyriden  und  auf  dem  spitzschädeligen05  Kopf  einen 
hohen  modiosartigen  Aufsatz00,  als  »diadema«.  seiner  olympischen  Herrschaft;  sein 
Glied  ist  mit  der  xuvoosau/rj  zusammengebunden07.  Hermes,  gleichfalls  mit  Polster 
und  enganliegendem  weifsem  Gewand  sowie  mit  braunen  Ärmelanaxyriden  aus- 
staffiert, hat  einen  rothbraunen  Phallos  und  um  den  Hals  die  Chlamys  geknüpft; 
aufserdem  hat  er  den  Petasos  auf  dem  Kopfe  und  ein  grofses  Kerykeion  in  der 
Linken.  Der  Götterbote  ist  bartlos,  Zeus  dagegen  spitzbärtig;  ihre  Gesichter,  welche 
nicht  maskiert  oder  ins  Maskenhafte  verzerrt  sind  haben  nichts  unförmliches,  sind 
aber  unschön  und  unedel:  Zeus  alt  und  runzelig,  dicklippig  und  starknasig08,  Hermes 
ältlich  und  stumpfnasig  wie  ein  barbarischer  Sklave.  Beide  sind  barfüfsig.  Wer 
ist  nun  die  Frau,  zu  der  Zeus  ins  Fenster  steigen  will?  Nach  Winckelmann,  dem 
die    Erklärer    alle09    folgen,    wäre    es    Alkmene.      Aber    diese    besucht    Zeus    stets 


L8)  Daher  kann  der  Kitharspieler  nicht  Apollon  sein,  (Aristot.)  Physiogn.  3:  xivaßou  STjrjiEta  ....  f Wi- 
me ich  im  Katalog  annahm    (vgl.  jetzt  auch  q).  xporo;  v.tX. 
sy)  Die  Deutung     von   Schulz    auf  »Orestes  schütz-  li5)  Vgl.    dazu    den    irdischen   »Olympier«,    Perikles 

flehend     vor    Apollon«     trägt    den    Thatsachen  ffXtvox {(paXoc :   Plut.  Per.  3  (rcpo^T^/ä);  xetpaXr)    xol 

der  Darstellung    keine    Rechnung    und    schwellt  <äai,u(jieTpot). 

völlig  in  der  Luft.  60)  Nach    Overbeck  a.  a.  O.    soll    der  fragliche  Auf- 

t0)  Die    Verzierung     verbietet    an     eine    Patera     zu  satz  »in  komischer  Weise  einen  Helm  oder  den 

denken,  wie  Wieseler  a.  a.  O.  möchte.  Befestigungsapparat  des  Helmbusches  bedeuten« 

")  Vgl.  dazu  Pollux  IV   130:    iv 8t  xufMatfa  ä~ö  xr,;  —  vgl.   aber   den    ähnlichen  Kopfputz    des  Zeus 

?i3TEY(ct;    TTOpvoßosxsi    ti    y.aT07rreuo'j5iv   •?,  ypot?ta  auf  Vase  /. 

i\  Y'ivaiot   xaTot[i)ir:ei ;    auch   Vitruv  V  8;    p.  119,  i:I)  Vgl.  dazu  Stephani  CR.  1869  S.  152,   5- 

24  Rose.  Gs)  Vgl.  dazu  Eupolis  bei   Pollux  X  63 :  d).Ä'    St  ^O.t 

°2)  Vgl.  dazu  Xenarchos  bei  Athen.  569  a.  Zsü  «atdwtXov  -rjv  &fv'   r/si;. 

•*)  In  den  Ekklesiazusen  978  hat  der  zur  Geliebten  6»)  Auch  schl'iefslich  Otfr.  Müller    im  Text   zu    den 

gehende  Jüngling  eine  Fackel  wie  auf  der  Vase /'.  Denkmälern  der  alten  Kunst,  während  er  früher 

64)  Die  schlottrigen   Kniee    des   greisenhaften   Lieb-  schwankte    (Dor.''  II    S.  349);    vgl.   dazu  Athen. 

habers    erhöhen    die  Komik   der  Situation;    vgl.  p.    1 1 1  C  (Pfvötuv  £v  ÄjJwptTpitBVl). 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  277 

—  ich  verweise  auf  die  »tragicomoedia«  des  Plautus  —  in  Gestalt  ihres  Gatten 
ganz  offenkundig  und  er  bedarf  nicht  des  Weges  durchs  Fenster,  der  ihn  ja  verrathen 
und  seine  Metamorphose  überflüssig  machen  würde.  Meiner  Überzeugung  nach  ist 
daher  an  Alkmene  nicht  zu  denken,  sondern  an  irgend  eine  beliebige  Schöne, 
welche  der  verliebte  Götterkönig  (ZsJ)«  [xot^o?)7"  unter  Beistand  seines  Sohnes  be- 
suchen wird   -utacitae  per  amica  sileniia  noctis«. 

K.  Kleiner  Topf  mit  Kleeblatttülle  (H.  o,2o;  Umf.  0,53)  in  der  Biblioteca  Vaticaua:  abg.  und 
bespr.  Wieseler  Annali  dell'  Inst.  1853  Tav.  A  B,  8  p.  49  s.  Äufserst  flüchtige  und  rohe  Arbeit,  deren 
Inhalt  mehr  nur  zu  errathen  als  zu  erkennen  ist. 

Links  das  vorspringende  Dach  eines  Hauses  (vgl.  ebenso  Xdq);  darunter 
ein  Altar  (sie).-  Demselben  nahen  drei  Schauspieler,  ausgestattet  mit  Polstern 
und  Masken,  Ärmelanaxyrides  und  kurzen  Chitonen:  der  dem  Hause  zunächst 
stehende,  spitzbärtig  und  das  Gesicht  sowie  den  Oberkörper  in  Vorderansicht  gewen- 
det, hebt  erregt  beide  Arme".  Der  zweite72,  der  auf  dem  rechten  Fufs  stehend 
den  linken  hochzieht73  und  beide  Arme  vorstreckt,  scheint  eben  das  vor  ihm  befind- 
liche Polsterkissen74,  nach  dem  er  herabblickt,  abgeworfen  zu  haben;  hinter  ihm 
liegt  ein  Brod.  Endlich  der  dritte  Schauspieler  bläst  zwei  Flöten.  Doch  wol 
Komosscene,  worauf  der  Musiker  weist,  oder  etwa  Heimkehr  von  einer  Reise,  die 
durch  das  Kissen75  angedeutet  wird?  Das  Ganze  zu  roh  und  schnell  gemalt  als 
dafs  Sicheres  zu  behaupten  wäre. 

L.  Krater  (sog.  vaso  a  camfand)  in  der  Biblioteca  Vaticana  (H.  0,39;  Umf.  0,76):  schlecht  abge- 
bildet bei  Pistolesi  Vaticano  descr.  III  105,  I;  hier  nach  einer  neuen  Bause  (die  ich  Winter  1868/69 
nehmen  durfte).  —  Rev.  Zwei  sog.  Mantelfiguren.     Zeichnung  gewandt  aber  flüchtig  und  grob. 

Ein  komischer  bekränzter  Schauspieler,  in  Polster  und  Armelanaxyriden, 
Schuhen  und  weifsbemaltem  Chiton  der  unten  und  am  rechten  Ärmelloch  lilafar- 
benen Besatz  zeigt,  hebt  sich  hoch  auf  den  Fufsspitzen  und  bläst,  den  Kopf  hinten- 
überwerfend, die  Doppelflöte  die  er  mit  beiden  Händen  hochhält.  Seine  Maske, 
bärtig  und  vollhaarig,  zeichnet  sich  durch  arge  Stumpfnäsigkeit  und  gewaltig  grofsen 
Mund  aus:  die  Übertreibung  hat  hier  den  Maler  zur  Verzeichnung  verleitet.  Der 
einst  unzweifelhaft  vorhandene  Phallos  ist  jetzt  beseitigt.  Hinter  dem  Komiker  eilt 
der  jugendliche  schlanke  Dionysos  herbei,  in  der  Rechten  den  Thyrsos,  in  der  über 
den  Kopf  des  Schauspielers  erhobenen  Linken  einen  Kranz;  mich  dünkt,  er  will 
den  Flötenbläser  kränzen.  Der  Gott  trägt  Schuhe,  über  den  Armen  den  Mantel, 
um  den  Kopf  Epheukranz  und  Tänie;  aufserdem  noch  —  dem  überladenen  Styl 
der  Verfallszeit  entsprechend  —  Perlenschmuck  um  Brust  und  rechten  Oberschenkel 
sowie   Periskelides  an  der  rechten  Wade.     Im  freien  Raum  drei  Epheublätter. 


70)  Vgl.  Schol.  Arist.  Frieden  741  (und  dazu  Wilamo-  74)  Vgl.  dazu  z.  B.  die  Kissen  auf  dem  Vasenbilde 
witz  Observ.  crit.  in  com.  gr.  S.  37  Anm.  24).  Arch.    Ztg.    1883    Taf.  18;    u.  a.  m.       An    einen 

71)  Anders  freilich  Wieseler  a.a.O.:  »aha  il  braccio  »Reisesack  (tpäsxtoXo?)  zu  denken,  wie  Wieseler 
sinistro,  mentre  non  apfarisce  cosa  aleuna  de!  anzunehmen  nicht  abgeneigt  wäre  {Annali  187 1 
braccio  deslro«.  p.  103),    verbietet  m.  E.     das   Fehlen     der    zuge- 

Vi)  Wieseler  a.  a.  O.   erkennt  hier  an  der  Maske  statt  schnürten     Öffnung :      vgl.     » Reisesäcke «    z.    B. 

der  Nase  »il  beeco  molto  ineurvato  dtmuccello  da  Overbeck  Sagenkr.  XIII  7;    XXVII   12;   XX VIII 

rapina «  —  was  er  dafür  erklärt,   sollte  Spitze  des  5 ;  Catal.  Captiti  Tav.  1 ;  u.  s.  w. 

Bartes  sein.  75)  » Stromata «    wurden   auf    Reisen    meistens     und 

73)  Wieseler  a.a.O.   denkt  an  den  »Askoliasmos«  —  gern  mitgefühlt:  vgl.  Arist.  Frösche  165;  Aeschi- 

dafür    liegt    der  Sack  m.  E.    zu  hoch;    vgl.    die  nes  II  99;   Xenoph.  Mem.  III   13,  6;  u.  a. 

Darstellungen  des  ccaxu>Ätc<3u'k  Arch.  Ztg.     1847 

Taf.  IX   I    und    die    Gemme     abg.    bei     Krause 

Gymn.  u.  Agon.   24,93  i  u-  °- 


278 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


;/3  des  Orig. 


M.  Krater  (sog.  vaso  a  calice;  H.  0,50)  gefunden  in  Lentini  (Leontinoi)  und  aufbewahrt  im 
Palazso  pubblico  daselbst:  abgeb.  und  bespr.  Stephani  Mon.  dell'  Inst.  IV  12  und  Annali  1844  p.  245  ss. ; 
Wieseler  Theatergeb.  Denkm.  III  18  S.  31  ff.;  Champfleury  Carkat.  ant.2  p.  231;  Baumeister  Denkmäler 
II  no.  902.  Eine  neue  in  Einzelheiten  genauere  Abbildung  findet  sich  in  den  Wiener  Vorlegeblättern 
Serie  B.  Tafel  III  2,  die  hier  nach  der  von  Herrn  Hofrat  Prof.  Dr.  Benndorf  der  Redaction  freundlichst 
zur  Verfügung  gestellten  Durchzeichnung  in  Verkleinerung  wiederholt  ist.  Vgl.  noch  Minervini  Bull.  Nap. 
Arch.W  p.  143  s.;  Brizio  dorn.  d.  sc.  di  Pompei  NS.  I  p.  35  D.  —  Rev.  »In  der  Mitte  sitzt  auf  einem 
Stuhl  mit  weifsen  Kissen  nach  links,  am  Oberleibe  nackt,  mit  Haube  und  Halsband,  eine  weibliche  Figur, 
welche  in  der  Linken  einen  langen  Thyrsosstab,  in  der  Rechten  einen  Kranz  und  eine  Fruchtschtissel 
hält.  Zu  beiden  Seiten  je  eine  stehende  weibliche  Figur;  links  in  Chiton  und  Haube  mit  Fruchtschüssel 
und  Binde,  rechts  in  Chiton,  Himation,  Haube  und  Halsband,  die  rechte  Hand  erhebend«  (Benndorf  im 
Text  zu  den  Vorlegeblättern).  Wol  Ariadne  zwischen  zwei  Bacchen.  Viel  Weifs  ist  aufgetragen  bei 
äufserst  sicherer  flotter  Zeichnung;  später  malerischer  Styl. 

Das  Hyposkenion,  in  dessen  Mitte  eine  weifse  Leiter  angehängt  ist  zur 
Verbindung  zwischen  Orchestra  und  Bühne711,  ist  mit  vier  herabhängenden  Wolltänien 
geschmückt;    jederseits    zwischen    diesen    steht    ein   bronzenes  Thymiaterion77,  zum 


7e)  Zu  dieser  Leiter,  die  wohl  nur  während  der  Auf- 
führungen angelegt  ward,  vgl.  Wieseler  Thymele 
S.  30  Anm.  85.  Ihre  weifse  Farbe  zwingt  nicht, 
sie  aus  Marmor  oder  Bronze  zu  denken;  das 
Weifs    ist    nur    der   Buntheit    wegen    aufgesetzt. 

7r)  Nicht     Candelaber,      wie      man      bisher     ange- 


nommen; vgl.  dazu  die  Weihrauchstäjider  z.  B. 
auf  der  Perservase  {Mon.  delt  Inst.  IX  50) ;  u.  a.  in. 
Die  weifse  Bemalung  könnte  auch  an  Marmor 
denken  lassen  —  aber  das  gewöhnliche  Material 
für  so  geformte  Thymiateria  war  Bronze;  vgl. 
Friederichs  Berl.   ant.  Bildw.  II  S.  164  fr. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


279 


'/,  des  Orig. 


Schmuck  und  zum  Opfergebrauch 7".  Die  Scene  auf  der  Bühne  stellt  das  Temenos 
eines  Tempels  vor,  dessen  Säulengang"  die  Hinterwand  bildet;  zwischen  den  Säulen 
oder  an  der  Wand  hängen  Weihgeschenke,  theils  eckige  (etwa  Pinakes),  theils  runde 
(etwa  Kränze  und  Schalen,  letztere  als  rosettenartige  Ornamente  behandelt).  Vor 
dem  Säulenumgang  ein  Altar80  mit  schrägen  Seitenrändern,  hinter  dem  auf  einer 
von  Lorbeerstauden  umgebenen  Säule  das  weifse  Götterbild  steht:  eine  langbeklei- 
dete Frau  mit  Schale  und  Kranz  in  den  Händen,  doch  wol  Aphrodite81.  Vor  der 
Statue  steht  eine  Frau,  in  Chiton  und  Mantel  der  auch  den  Hinterkopf  bedeckt, 
Schuhen  und  weifsbestickten  Ärmeln  (Anaxyriden) ;  das  Haar,  in  langen  Locken- 
strähnen herabwallend,  ist  über  der  Stirn  mit  einer  Blume  oder  Rosette82  geschmückt, 
von  der  jederseits  ein  Band  mit  kleinerem  Rosettenschmuck83  herabfällt;  ihre  Maske, 
deren  Mund  nicht  geöffnet  ist,  zeigt  leidlich  schöne  Züge,  nur  die  Nase  ist  unförm- 


")  Vgl.  z.B.  Plut.  Kimon  8;  Pollux  VIII   104. 

79)  Die  Säulen  sind  weifs  gemalt  und  ionischer  Ord- 
nung. 

w)  Der  Altar  nebst  Götterbild  steht  zur  Seite,  nicht 
in  der  Mitte  der  Darstellung,  weil  die  Mitte  für 
die  Hauptfigur,  die  jugendliche  Krau,  nöthig  war 
—  diese  nimmt  nun  räumlich  die  Mitte  ein;  dem 
Herakles  entspricht  räumlich  Altar  und  Götter- 
bild; jederseits  dann  noch  eine  Figur. 

81)  Anders  freilich  Stephani  a.  a.  O.   S.  258  ff. 

82)  Nach  Stephani  a.  a.  O.  S.  247  f.  vielmehr  ein  »Haar* 
Jahrbucti  des  archäologischen  Instituts  I. 


knoten«,  was  durch  die  neue  Zeichnung  vollends 
widerlegt  wird. 
sn)  Soll  dies  etwa  geknoteter  Wollfaden  sein  (ctrifX- 
[MtTa,  Tam'oc,  ißubSnft  vittae),  wie  ihn  der  opfernde 
Herakles  sich  umlegen  will  auf  dem  Vasenbild 
Stephani  CR.  1876,  V  1  und  wie  ihn  die  Iuno 
Ludovisi  u.  a.  m.  (vgl.  dazu  Wieseler  DaK. :; 
II  Anm.  55)  tragen!  Es  würde  dies  für  die 
»Betende«  besonders  charakteristisch  sein;  vgl. 
K.  F.  Hermann  Gottesdienst.  Alterth.*  §  24 
Anm.  8. 

21 


280  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


lieh  verzerrt.  Die  Frau  war  wol  im  Begriff  betend  vor  die  Göttin  zu  treten,  als 
Herakles  sie  mit  beiden  Händen  an  linker  Schulter  und  Handgelenk  gepackt  hat 
und  nun  tänzelnd  oder  trippelnd 8*  sie  wegziehen  will 85 :  die  Frau  blickt  bestürzt  auf 
ihn  und  hebt  die  Arme,  er  schaut  grimmig  begehrlich  nach  ihr  um;  seine  Keule  (sie) 
lehnt  an  der  Wand,  d.  h.  ist  wol  von  ihm  auf  die  Erde  geworfen,  um  die  Frau 
fester  zu  packen.  Herakles86  trägt  Anaxyriden ",  Sandalen,  Polster  mit  weifsem 
enganliegendem  Gewand,  über  dem  Kopf  die  lang  herabfallende  Löwenhaut;  der 
Mund  seiner  Maske,  von  einem  kleinen  krausen  Bart  umgeben,  ist  gewaltig  breit 
gezogen  und  thierisch  grofs.  Rechts  und  links  noch  je  eine  Figur.  Links  ein 
Mann88  mit  Bart  und  kurzem  spärlichem  Haar,  welcher  sich  abwendet,  aber  die 
Schultern  hochziehend  und  verschmitzt  grinsend  zu  Herakles  umblickt  und  mit  der 
Rechten  auf  dessen  Thun  hinweist  bez.  ihn  aufmuntert;  er  ist  in  Armelanaxyriden 
und  Sandalen,  Polster  und  enganliegendem  weifsem  Gewände;  um  linken  Arm, 
Rücken  und  Unterleib  hat  er  einen  kleinen  straffgezogenen  Mantel,  unter  dem  er  die 
Linke  in  die  Hüfte  stemmt;  die  Maske  mit  dem  breiten  Munde,  der  kleinen  unten 
weit  vorstehenden  Nase,  den  hohen  Augenbrauen  ist  sehr  häfslich,  aber  sehr  ausdrucks- 
voll. Auf  der  anderen  Seite  eine  weifshaarige  alte  Frau89,  in  Schuhen  und  weifsen 
Ärmeln  (der  Anaxyriden),  Doppelchiton  und  Mantel  unter  dem  die  Linke  in  der  Seite 
liegt;  sie  hält  die  rechte  Hand  auf  die  Brust  und  sieht  pfiffig-vergnügt  auf  den  Vorgang 
zwischen  Herakles  und  der  Frau:  ihr  fettes  runzeliges  Gesicht  ist  ebenfalls  äufserst 
unschön  und  ebenso  ausdrucksvoll;  sie  zieht  kichernd  den  Kopf  zwischen  die 
Schultern  und  scheint  lüstern  schnalzend  die  Zungenspitze  vorzustrecken.  Es  dünkt 
mich  zweifellos,  dafs  die  Beiden,  die  weifshaarige  Alte  und  der  Mann90  mit  den 
spärlichen  kurzen  Haaren,  entweder  die  Altern  des  Mädchens  oder  doch  das 
Kupplerehepaar91  sind,  welche  dem  Helden  Mittel  und  Wege  gewiesen  haben, 
sich  des  Gegenstandes  seiner  Begierde  zu  bemächtigen;  ihre  durchbrechende 
Freude  zeigt,  dafs  ihr  Plan  gelungen  ist:  bei  heiliger  Verrichtung  hat  der  Heros 
das  Mädchen  überrascht.  Wer  freilich  diese  junge  Frau  sein  soll ,  vermag 
ich  nicht  zu  sagen;  man  möchte  bei  der  verhältnifsmäfsigen  Vornehmheit  ihrer 
Erscheinung  an  irgend  eine  Heroine92  denken,  die  hier  nach  Art  der  Komödie  ver- 
kuppelt wird.  Aber  es  kann  auch  irgend  eine  unbekannte  Sterbliche  sein93,  welcher 
Herakles  in  dem  Bezirk  der  Aphrodite  liebebedürftig  folgt  und  vor  dem  Bilde  der 
Göttin  selbst  raubt. 

0.      Amphora  im    Museum    Biscari    zu  Catania,    unbekannten  Fundorts'14:   abg.  Hancarville  Ant. 
III  88  (64);    Saint-Non    Voy.  /iift.llp.  243  (mir  nicht  zur  Hand);  Serra  di  Falco  Ant.  delta  Sicilia  II   p.   1 

"')  vg'-  dieselbe  tänzelnde  Bewegung  auf  der  Dolon-  87)  Die  Arme    sind    dem  Anschein   nach  unbedeckt, 

vase    des    British    Museum    no.  1435    (abg.  z.  B.  8R)  Das  Glied   ist   mit    der   x'jvo5s,3|j.r)  aufgebunden: 

Overbeck    Sagenkr.  XVII  4),    welche    möglicher-  die    neue  Zeichnung   zeigt   noch  die  beiden  En- 

weise    auch    auf    eine   komische  Bühnenbehand-  ,  den  des  Bandes;    vgl.    Stephani  CR.  1869  S.  152 

lung  zurückgehen  könnte.  Anm.  1. 

8i)  Wie  H.  W.  Schulz   (Anna/i  delt  Inst.  1838  p.  167)  li9)  Als  solche  richtig  erkannt  von  Minervini  a.  a.  O. 

hier    an    die  »Wiedererkennung  des  Orestes  und  '"')  Stephani  erklärte  ihn   für  »Iolaos«,   Wieseler  für 

der  Iphigenia«     denken   konnte,     ist   mir   völlig  einen   Sklaven, 

unerfindlich  und  bedarf  keiner  Widerlegung.  :")  Vgl.  dazu  für  die  neue  Komödie  Pollux  IV   145: 

8C)  Zu    seinem    grofsen    Hängebauch    vgl.     (Arist.).  ö  8e  Tiopvoßoaxö?  TaXXct  [aev  eWe  Tip  A'jxopurjSgfrp 

Physiogn.  3:    dycclrol   tpay£'v   °'Z  t4   ottö   toü    <5fi-  (ebenda:   6  oe  A'jxopurjÖEio;  oOXöxo|i.o;  ptaxpoyEvEio; 

-.paXoü  Ttpoc  STTJijo;  liEiJov  Iotiv  jj  tö  eVreülhv  7:pö{  xxX.) ,    xä   öe   /eiXt)   br.oaiartfz   xat   a'jvayExai  xi; 

xöv    aiyifva   und    ferner    6:     0301    oe    tö    ino  xoü  ÄtppO;  xat  ävacpaXavxion  älriv  7]  (paXaxpö;. 

ifiaaXou  ~po;  tö  axpojXTJtttGv  piei.ov  lyoosiv  f)  tö  "2)  Stephani  denkt  an  Auge  (ebenso  Arnold  in  Bau- 

i.r.0  xoü  axposxrjih'ou  irpö;  töv  xp4yr(Xov,  ßopo't  xat  meisters   Denkm.  klass.  Alterth.   S.  821),    was  ja 

övaMjrjTOt,    ßopoi  [JLEV  oxi  tö  teO'/o;  [J-^T"*  e'/G'JIiv  trotz  der  Abweichungen  von  zweifellosen  Auge- 

tu  8i)(0VTai  tt)v  xpocpr)v,    dvaisilr^TOi  oe  o'ti  axEV(i)-  darstellungen    (vgl.    jetzt    Robert    Annali    1884 

xspov  töv  xpö'rcov  lyouotv  st  «isitigcrei;,  S'Jvev«>|jie\ov  p.  75  ss.)  möglich  wäre,  aber  wir  gewinnen  nichts 

te   T(i!   T7)v  xpo'-prjv  Scy3|ju>vtu ,    i'uSxe  Tctj  ateir^sst;  durch    einen   unsicheren  mythologischen   Namen. 

ßEßap'ivüoii   8(4   x4s   xüiv    SrUtoy   -Xii)p<Ü3£i{   \   eV  M)  Vgl.  z.   B.  Aristoph.   Frösche  513  ff. 

OEiaj.  »*)  Wol  sicher  aus  Grofsgriechenland. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  28 1 

(desgleichen);     Wieseler  Theaterg.   Denkm.  IX  9    S.  56 f.     Schreiber    Kulturhist.    Bilderatlas    V  2.   —  Rev. 
Unbekannt. 

Komödiendarstellung  des  Kerkopenabenteuers55.  Auf  einem  Stuhl  sitzt 
König  Eurystheus,  in  Armelanaxyriden  und  Phallos,  in  einen  bestickten  Mantel 
drapiert,  in  der  L.  das  '  ax/^tpov  ypusEioic  ^/.ot;  7iET:api.iivov' ,  auf  dem  bärtigen  Masken- 
kopf, den  hohe  kahle  Stirn  und  dicklippiger  hervorstehender  Mund 96  auszeichnen, 
Tänie  und  hohe  mauerkronenartige  Stephane.  Er  streckt  die  Rechte  eifrig  dem 
Herakles  entgegen,  welcher  mit  grofsen  Schritten,  die  Keule  in  der  R.  gleich  einem 
Spazierstock  gebrauchend,  ihm  naht  und  an  den  Hörnern  seines  Bogens  (den  er 
wie  ein  Tragholz  über  die  Schulter  gelegt  hat ")  zwei  vogelbauerartige 9S  Körbe  herbei- 
bringt, in  denen  zwei  Affen  oder  doch  affenartige  Menschlein  sitzen.  Herakles  trägt 
Armelanaxyriden  und  Phallos,  Polster  und  Exomis,  auf  dem  bärtigen  Kopf  mit 
weit  geöffnetem  Mund "  den  Löwenrachen.  Zwischen  Herakles  und  Eurystheus, 
die  beide  barfüfsig  sind,  Altar  (blutbespritzt:  vgl.  Q)  und  Bukranion  mit  Wolltänie. 
Vielleicht  hatte  der  Eurystheus  der  Komödie  dem  Herakles  die  Einfangung  der 
Kerkopen,  welche  ja  waren  (Kinkel  fr.  epic.  I  p.  70) 

^suuxat  ^TC£p07TT(s?  dii^avoc  t1  epYOt  Saevxej 

i,taT.'XTrixrlp!>i'  itoXMjV  Ö'sVi  •(däav  iövxz; 

dv&ptuTcouc  ditäraaxov  dXiojxsvot  r^\mxa.  tozvt«, 
anbefohlen,  und  gehorsam  bringt  der  sie  seinem  Frohnherrn  —  aber  es  sind  gemäfs 
dem  Übermuth  der  Komödie  Äffen,  die  er  bringtl  Grade  so  ist  das  Töchterlein 
der  Mikka  in  den  Thesmophoriazusen  des  Aristophanes  (733)  ein  »Schlauch  voll 
Wein«.  Herakles  aber  konnte  statt  der  »Schwänzlinge«  um  so  leichter  Affen  brin- 
gen, da  man  unter  dem  Namen  ja  auch  Affen100  verstand,  nach  Einigen  sogar  die 
Kerkopen  in  Affen  verwandelt  worden  waren"".  Doch  brauchte  Eurystheus  den 
Befehl  zur  Einfangung  der  Kerkopen  nicht  einmal  gegeben  zu  haben  —  fing  Hera- 
kles dieselben,  so  brachte  er  sie  selbstverständlich  dem  Eurystheus102  wie  er  ihm 
nach  Philostrats  Bemerkung  (Imag.  II  22)    die   eingefangenen  Pygmäen  bringen  wird. 

N.  Krater  {yaso  a  campana)  aus  Apulien  im  Berliner  Museum  no.  3043  (1951):  abg.  und  bespr. 
Panofka  Arch.  Ztg.   1849  Taf.  V  1   S.  42  f.   —  Rev.  Zwei  sog.   ManteljUnglinge. 

Ein  Komiker,  mit  Polster  und  Phallos,  Armelanaxyriden  und  enganliegendem 
gestreiften  Tricotgewand ,  setzt  den  linken  Fufs  vor  und  hebt  in  der  Rechten  den 
knotigen  Stock,  um  einen  ganz  ebenso  gekleideten  Genossen  zu  schlagen,  den  er 
an  einem  um  den  Hals  gelegten  Strick  vor  sich  festhält:  geduldig  läfst  dieser  die 
Strafe  über  sich  ergehen,  die  zusammengedrückten  Kniee  zur  Erde  biegend  und 
beide  Hände  auf  die  Kniee.  legend.  Ihre  Masken  103  sind  —  mit  der  Ausnahme, 
dafs  naturgemäfs  der  Gestrafte  niedergeschlagen,  der  Schlagende  streng  blickt  — 
die  gleichen:  Stumpfnase,  Spitzbart104,  struppiges  Haar  hier  wie  dort;  über  der 
Stirn  des  Schlagenden  bildet  das  Haar  eine  kleine  Tolle.  Oben  zwischen  Beiden 
ein  dritter  Schauspieler,  von  dem  aber  des  mangelnden  Raumes  wegen  nur  der 
Kopf  d.  h.  die  Maske  und  die  rechte  Hand   gemalt  sind:   er  hat  den  Daumen  der 

95)  Die  auf  Vasen  erhaltenen  Darstellungen  sind  ge-  10°)  Vgl.  z.  B.   Hesych  s.  v.  xs'pxuxl*;  u.  a. 

sammelt  bei  Benndorf  Met.  von  Sei.  S.  46,  2..  101)  Vgl.    Harpokr.    s.   v.    x£pxu>'i;    Ovid    Met.    XIV 

m)  Zu  der  wie  es  scheint  Überhängenden  Oberlippe  91  ff. ;    u.   a.  m. 

vgl.  (Aristot.)  Physiogn.  6:    oi  8ä  tot  -/e(Xt)  S/ov-  102)  Nach  Diod.  IV  31   bringt  Herakles  die  Kerkopen 
ts;   r.iyii   xal   to   ötvu>   toö  xätuj  7rpox£xptup.ev3v  der   Omphale   (vgl.    auch   Apollod.  116,  3 ,  2), 

[MüOof.  was   vielleicht    auch    auf   Komödiendichtung    zu- 

97)  Vgl.    dazu  Poll.  X  17:    FIXotiov  h  All  xaxoupiviu  rückgeht. 

xal   to   xdijov   ev  rcai?tä    TTotpEixc^iov  ?cj>7)    »xspctet-  103)  Beider  Mundöffnungen  sind  geschlossen. 

vov   clyov   axe'jocpopctov    xapmiXov«    (Meineke  fr.  104)  Den    » 3cprjvo7TuYy<ov «    erwähnt    Pollux    bei    den 

com.  II  2  S.  633)  und  unten  Anm.  145.  Masken  der  neuen  Komödie  zweimal:   unter  den 

S8)  Vgl.    die  Vogelbauer   auf  dem  Petersb.  Vasenb.  Y'P0VTE>  xiojAixof  (IV  145:  6  oi  a'fTjvoziü-j'üjv  dvoc- 

no.  1791     (CA'.   1860    Taf.  1);    Schale    in   Gotha  tpoXavT&te,    fcppS«  avaTEtapiivai,    'äS'JyivEioc,    ÜTO- 

(Mon.  dell'  Inst.  X  37  a);  u.   a.  oiatpoTto;)    und    unter    den     ÖEparrovTE;    tpctytxol 

")   Er  redet  den   König  an  und  begrüßt  ihn.  (IV  138). 

21* 


282  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


Rechten  an  die  Nase  gelegt  und  bewegt  und  krümmt  die  anderen  Finger  — 1  er 
höhnt105  den  Geschlagenen,  auf  den  er  herabblickt.  Ob  hier  Sklaven  oder  Freie 
zu  erkennen  sind,  ist  nicht  mit  absoluter  Sicherheit  zu  entscheiden,  doch  ist  das 
Erstere  weitaus  wahrscheinlicher:  vielleicht  ist  der  höhnisch  Zuschauende  der  Herr, 
welcher  den  einen  Sklaven  von  einem  anderen   durchprügeln  läfst. 

P.  Krater  (sog.  z>ase  a  calice)  des  Vasenmalers  Assteas  (Klein  Vas.  m.  Meistersign.  S.  84),  wol  in 
Nola  lu(i  gefunden;  früher  zuerst  im  Besitz  eines  Bischofs  von  Nola,  dann  in  der  Sammlung  Torrusio ; 
jetzt  im  Berliner  Museum  no.  3044  (2481):  abg.  und  bespr.  Millingen  Peint.  de  Vas.  pl.  46  p.  69s;  Homer 
Bild.  ant.  Leb.  67;  Wieseler  Theatergeb.  Denkm.  IX  15  S.  62;  Geppert  Altgr.  Bühne  Taf.  4;  Ohampfleury 
Carte,  ant.'  p.  219;  Schreiber  Bilderati.  des  Altert.  III  3.  Vgl.  noch  Otfr.  Müller  Dor.'  II  S.  350;  Brunn 
Künstlergesch.  II  S.  662,  3.  Die  früher  gelesenen  Inschriften  (C.  I.  Gr.  8482)  sind  theils  von  Weil  Arch. 
Ztg.  1879  S.  184  theils  von  Furtwängler  Berl.  Vasens.  S.  849  (und  nun  hoffentlich  definitiv)  berichtigt 
worden.  —  Rev.  Dionysos  mit  Thyrsos  und  Schale,  gefolgt  von  einem  Satyr  mit  Fackel  und  Frucht, 
schreitet  vorwärts. 

Auf  einem  von  fünf  Säulen  getragenen  Logeion  ist  ein  Zimmer  dargestellt : 
links  eine  nach  aufsen  halbgeöffnete  Doppelthür;  an  der  Wand  zum  Schmuck  und 
zur  Füllung  des  Raumes  ein  Kranz  und  zwei  Masken 107  (weibliche  Masken)  mit 
Tänien  und  Perlenbändern;  in  der  Mitte  eine  grofse  Truhe  (Xäpva?  oder  xtßiuxo?) 108, 
mit  zwei  »Bulla«-artigen  Verzierungen  oben  an  der  Vorderseite.  Auf  derselben 
liegt  zusammengekauert  ein  Greis,  Namens  Charinos  (Xaptvoc),  und  blickt  ängstlich 
auf  einen  Mann  Eumnestos  (Eujxv[r,OTo?]) 109,  der  ihn  mit  beiden  Händen  am 
rechten  Bein  zerrt,  während  ein  anderer  Mann  —  er  heifst  inschriftlich  Kosilos 
(Ktuat[X]oc)"°  und  steht  am  anderen  Ende  der  Truhe  —  ihm  den  um  den  linken  Arm 
gewickelten  Mantel"1,  worauf  der  Greis  auch  zum  Theil  liegt,  wegzuziehen  versucht. 
Charinos  hat  in  der  R.  eine  ßaxTijpia  xajMtäfog,  ist  aber  theils  zu  alt,  theils  zu  er- 
schreckt über  das  Gebahren  der  Beiden,  um  den  Stock  zur  Gegenwehr  zu  benutzen. 
Eumnestos  und  Kosilos  haben  wol  den  Kasten,  den  Geldkasten"2  des  Charinos, 
bestehlen  wollen,  als  der  Alte  —  etwa  ein  Geiziger  ä  la  Euclio?  —  sich  auf  ihn 
geworfen  hat  um  sein  Geld  zu  schirmen,  und  nun  zerren  und  reifsen  die  Bei- 
den ihn  herunter.  Ruhig  daneben  steht  sein  Sklave  Karion  (Kapuov) " 3,  schaden- 
froh lachend,  wobei  er  den  zähnereichen  Mund  weit  öffnet,  und  vergnügt  wol  die 
Hände  zusammenschlagend.  Alle  vier  Männer  tragen  Ärmelanaxyriden  (mit  einem 
Lang-  und  vielen  Querstreifen),  Polster  und  Phallos,  die  beiden  gewaltthätigen  Männer 
nur  enganliegendes  Tricotgewand,  Charinos  dagegen  und  Karion  Chitones  "4;  endlich 
hat  Kosilos  allein  Schuhe.  Verschiedener  sind  ihre  Masken.  Charinos  ist  weifs- 
haarig  und  weifsbärtig;  Eumnestos  ist  bartlos  und  hat  kurzes  wolliges  Haar110; 
Kosilos  ist  gleichfalls  ohne  Bart,  hat  aber  langes  Haar"6;  Karion  endlich  ist  arg 
stumpfnasig  und  hat  struppiges  Haar.  Alle  vier  Komiker  haben  hochgezogene 
Augenbrauen  (am  meisten  Kosilos)  und  viele  Runzeln  auf  Stirn  und  Wangen  (am 
wenigsten  der  Sklave  Karion),    was    sich    wol   aus   der  Bewegtheit   des  Vorgangs"' 


erklärt. 


los)  Vgl.  dazu  Jorio  Mimica  p.  72,  5.  ll3)Vgl.  zum  Namen  Aesch.   II  157  und  z.  B.  Arist. 

106)  Michaelis  Journal   of  lull.    stud.    VI  S.  41    ver-  Plut.    1100;    Diog.    Laert.    V  2    §  14;    u.    a.    m. 

muthet    dagegen    das    benachbarte    S.  Agata  de'  Früher  las  man  »Kanchas«. 

Goti  als  Fundort,  was  nicht  unmöglich  wäre.  ,14)So    kennzeichnet    schon    die    Kleidung    die    Zu- 

,0")  Oben    sind    die    Ösen   sichtbar,    an    denen    sie  sammengehörigkeit   von    diesen   Beiden  und   von 

aufgehängt   bez.  an  der  Hand  getragen  werden;  jenen  Beiden. 

vgl.  auch  die  Satyrspielvase  Neapel  no.  3240.  ll5)  Solches  Haar    hat    auch    der   »oihoi  vcaviaxo;« 

108)  So  richtig  auch  Furtwängler  a.  a.  O.  und  keine  (Poll.  IV  147). 

Kline,  wie  bisher  allgemein  angenommen  wurde.  '"')  Pollux  IV  147  kennt  in  der  neuen  Komödie  die 

10<J)  Früher  las  man  »Gymnasos«.  Maske  eines  »Ssitepoc  l7t(ci£taT0s  ve«vi'5x'){«,    die 

uo)  Früher  las  man  »Diasiros«;  dann  »Dosimos«.  in  Einigem  mit  dieser  Maske  stimmt:  tewcfovtai 

IU)  Das   andere   Ende    des    Mantels    hat   Eumnestos  ou  Tpfye;,  &SStfi  xal  Tiii  Se'jTepio  ärcisefaTco,  i.T.1.- 

mit  dem  Fufs  des  Charinos ,  wie  es  scheint,  er-  Xioriptu    #vti    (als   der   iitfottPCO«   TrpaTHUTr^   üiv 

griffen.  %a\  äXa£<bv  xtX.)  —   aber  mit  blondem  Haar. 

n2)  Vgl.   dazu  z.  B.  die  pompejanischen   Geldkasten  ll7)  Früher  irrthümlich  als  »Parodie  des  Prokrustes- 

Ren,  archeol.  NS.  XVIII  20,  1   und  2;  u.   a.  m.  mythos«  erklärt. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  283 

Q.  Krater  (vaso  a  campanä)  im  Berliner  Museum  no.  3045  (1952):  abg.  und  bespr.  Panofka 
Arch.  Ztg.  1849  Taf.  V  2.  S.  43t".;  Wieseler  Annali  dcll'  Inst.  1853  Tav.  A  B,  4.  p.  33SS.  Vgl.  auch 
Heydemann  Uiup.   S.  14  Anm.   3  E.  —  Rev.  Zwei  Manteljünglinge. 

Auf  den  Altar  des  Zeus  Herkeios,  der  mit  Blutstropfen  besprengt118  und  mit 
einem  Kranz  geschmückt  ist,  ist  Priamos  geflüchtet:  Polster  und  rothbrauner  Phallos, 
Ärmelanaxyriden  und  Chiton,  dazu  die  weifsbärtige  Maske  mit  der  steifen  phrygi- 
schen  Mütze"'1  bilden  sein  Kostüm.  Er  hebt  abwehrend  die  Linke  zur  schwert- 
bewaffneten rechten  Hand  des  vor  ihm  stehenden  Neoptolemos,  welcher  mit  Polster 
und  enganliegendem  Tricotgewand  sowie  Phallos120  und  Armelanaxyrides  ausgestattet 
ist,  mit  der  um  den  Hals  geknüpften  Chlamys  seinen  linken  Arm  »beschildet«  hat 
und  auf  dem  Haupte  einen  pilosförmigen  Helm  trägt;  Achills  bartloser  Sohn  scheint 
einen  Augenblick  zu  zögern  —  etwa  um  die  letzte  Rede  des  greisen  Königs  nicht 
zu  stören.  Neben  dem  Altar  steht  die  »veterrtma  laurusi.  Beide  Komiker  sind 
barfüfsig. 

R.  Krater  (sog.  vaso  a  campana)  aus  Apulien,  im  Berliner  Museum  no.  3046  (1949):  abg.  und 
bespr.  Panofka  Arch.  Ztg.  1849  Taf.  3  S.  l7fT.;  Wieseler  Theatergeb.  Taf.  A,  25  S.  iioff.;  Baumeister 
Denkmäler  II  110.904;  vgl.  noch  Welcker  Arch.  Ztg.  1849  S.  84fr". ;  Kock  Einl.  zur  Ausgabe  der  Frösche 
§  33;   Heydemann  9.  Hall.   Progr.   S.  19;  u.   a.   m. 

Auf  beiden  Seiten  sind  Komikerdarstellungen  angebracht. 

Vorderseite.  Ein  Schauspieler,  bekränzt,  mit  Ärmelanaxyriden  und  (sehr 
mäfsigem)  Phallos11",  Polstern  (auf  Bauch  und  Gesäfs)  und  bärtiger  Maske  aus- 
gestattet, die  sich  von  arger  Verzerrung  fernhält,  hat  in  der  L.  den  Bogen  und 
hebt  in  der  R.  die  Keule  um  gegen  einen  dicken  Pfosten  oder  Pfeiler  loszuschlagen, 
auf  dessen  Basis  er  heraufgesprungen  ist;  bei  der  Heftigkeit  der  Bewegung,  die  in 
dem  aufgeregten  Gesicht  sich  wiederspiegelt,  ist  die  Löwenhaut122  von  der  1.  Schulter 
geflogen  und  wird  zur  Erde  fallen.  Hinter  dem  Schauspieler  ein  Altar  und  dann 
auf  einem  Maulthier  ein  Mann,  der  anf  der  rechten  Schulter  ein  langes  gegabeltes 
Tragholz v'3  mit  Bettsack  (zwischen  den  Gabelenden)  nicht  ohne  Mühsal  trägt;  er 
scheint  nackt  zu  sein,  doch  weist  der  Abschlufs  am  linken  Knöchel  darauf,  dafs 
wir  ihn  in  enganliegenden  Ärmelanaxyriden  zu  denken  haben,  unter  denen  auch  die 
Polster  am  Bauch  angebracht  sind;  die  stumpfnasige  Maske  mit  geschlossenem 
Munde  ist  fast  ganz  frei  von  Übertreibung,  dagegen  sind  die  Körperformen  dürr 
und  häfslich121.     Beide  Komiker  sind  barfüfsig. 

Die  Benennung  der  Figuren,  die  Deutung  der  Situation  ist  unzweifelhaft  — 
wobei  wir  vorläufig  von  der  bisherigen  Erklärung  geflissentlich  absehen.  Der 
Keulenträger  mit  Bogen  und  Fell  ist  Herakles,  der  Mann  mit  dem  Gepäck  auf  dem 
Maulthier  sein  Diener,  vielleicht  namenlos  zu  lassen,  wahrscheinlicher  aber  als  der 
getreue  Iolaos  zu  bezeichnen,  der  seinem  göttlichen  Bruder  überall  folgt.  Und 
Herakles  handelt  ganz  wie  wir's  in  der  Komödie  von  ihm  zu  erwarten  haben.  Ange- 
langt bei  einem  Heiligthum,  findet  er  es  verschlossen  und  begehrt  nun  Einlafs,  auf 
seine  Weise — ' xevraoßtxSc' .  Mit  der  Keule  fährt  und  schlägt  er  drauf  los,  so  dafs 
man  mit  Plautus  (Trucul.  II,  2,  1)  fragen  kann:  quis  illic  est,  qui  tarn  proterve 
nostras  aedes  arietat?  Iolaos  aber  sitzt  geduldig  und  unter  der  Reiselast  seufzend 
auf  dem  Maulthier  und  wartet  der  Dinge  die  da  kommen  werden:  ein  höchst 
wirksamer  künstlerischer  Gegensatz  zu  seinem  thatkräftigen  ungeduldigen  rüpelhaften 
Herrn   und  Bruder.     Dafs   das  Heiligthum  hier  möglicherweise  das  delphische12'  ist 

"*)  Zum  aiflcfsottv  tobt  ßo>p.oA(  vgl.  Conze  Gott,  gel.  'm)  Mit  Schamhaaren;  vgl.  Anm.  45. 

Anz.    1867  S.  597.  1H)  Die  Schamhaare  sind  angedeutet  (s.   Anm.  45). 

"")  Dieselbe,  den  Onkos  verdeckend,   trug  er  sicher-  '-'-')  Nur  Fell;    von    irgend   einem  Gewandstück  ver- 
lieh   auch   in    der  Tragödie,    an  Wangen,    Kinn  mochte  ich  nichts  zu  erkennen, 

und  soweit  überhaupt    die   Mütze  den  Kopf  frei  '**)  Das  «väcpooov  mit  Reisesack  wiederholt  sich  ganz 
zeigte,  geschoren:   vgl.  dazu  das  ixaxtUOV  -pism-  ebenso  z.  B.  auf  /-. 

r.ov    des    Perseus   Arch.  Ztg.    1878    Taf.  3.     An-  '-*)  Ähnlich  z.  B.  auf  h. 

ders  freilich   Wieseler  Annali  1853   S.  36.  liS)  Vgl.   dazu  q. 


284  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 

zu  dem  Herakles  nach  dem  Morde  seiner  Kinder  wallfahrt,  können  wir  wol  noch 
vermuthen  —  Apollon  wollte  ihm  ja  nicht  Auskunft  ertheilen  und  der  Heros  darob 
ergrimmt  raubt  den  Dreifufs;  vielleicht  weist  das  Verschlossensein  des  Tempels  aut 
Apollons  Abgeneigtheit  hin  und  Herakles  beginnt  seinem  Zorn  Luft  zu  machen, 
indem  er  Thiir  und  Wände  einschlägt.  Soviel  aber  auch  nur  und  nichts  weite- 
res ergibt  die  Vorstellung  des  Vasenbildes,  völlig  gemäfs  dem  Geist  der  alten 
Komödie,  welche  den  Herakles  als  echten  Böoter  rüpelhaft  und  sofort  zum  Drauf- 
hauen  bereit  zu  schildern  pflegte;  so  tritt  er  uns  z.  B.  in  den  Vögeln  des 
Aristophanes  entgegen  (Vers  1575fr.).  Und  ebenso  »heraklesmäfsig«  glaubt  sich 
auch  Dionysos  in  den  Fröschen  desselben  Dichters  geberden  zu  müssen,  da 
er  in  des  Herakles  Tracht  zur  Unterwelt  herabgestiegen  ist:  als  er  an  der  unter- 
irdischen Wohnung  des  Herakles  anlangt,  klopft  er  so  stark  an,  dafs  der  wirk- 
liche Herakles  heraustretend  fragen  kann  (V.  38  fr.):  t£«  ttjv  fttSpav  iurftaftv;  u>j 
xsvTaupr/w?  ivr/aS)'  faxt;;  sitts  jxoi,  touti  ti  r,v;  und  wiederum  als  Dionysos -Hera- 
kles vor  dem  Palast  des  Unterweltsgottes  steht,  entspinnt  sich  zwischen  ihm  und 
seinem  Sklaven  ein  Gespräch  welches  gleichfalls  auf  die  tölpelhaften  Manieren  des 
Herakles  anspielt  (V.  462:  ou  jat)  Sicttptye«,  äXXa  --suist  tt(?  t>upa?  xa&'  'HpaxXsa  to  ayrt\Lv. 
xal  to  Ar,  ja'    i~/ja-J). 

Aber  man  hat  bisher  bekanntlich  allgemein12*  statt  einer  uns  im  Übrigen 
unbekannten  herakleischen  Komödienscene  auf  dem  Vasenbilde  vielmehr  die  eben 
berührte  Prologscene  der  Frösche  ■ —  Dionysos-Herakles  vor  der  Thiir  des  Herakles- 
hauses —  erkennen  wollen,  und  die  Figur  des  auf  dem  Maulthier  reitenden  Gepäck- 
sklaven erinnert  ja  auch  auffällig  an  den  Xanthias  der  Komödie,  der  beim  Beginn 
des  Stückes  auf  einem  Esel  sitzt  und  unter  dem  Reisegepäck  am  Tragholz  schwitzt 
und  stöhnt.  Auch  mir  scheint  es  wahrscheinlich,  dafs  der  Maler  der  Berliner  Vase 
oder  aber  seine  Vorlage  bei  dem  »Iolaos«  durch  die  Erinnerung  an  diesen  Aufzug 
des  Xanthias  beeinflufst  worden  ist;  aber  ich  vermag  nicht  anzuerkennen,  dafs  der 
Maler  des  Vasenbildes  den  Prologvorgang  der  Frösche  darstellen  wollte  und  dar- 
gestellt hat.  Der  Herakles  der  Vase  ist  nur  Herakles  und  kein  anderer  als  Herakles 
selbst'".  Hätte  der  Maler  irgend  einen  Anderen  in  Heraklesverkleidung  darstellen 
wollen,  so  hätte  er  dies  irgendwie  andeuten  müssen,  hätte  klar  machen  müssen, 
dafs  er  nicht  den  wirklichen  Herakles  sondern  einen  als  Herakles  verkleideten  Mann 
verstanden  wissen  wollte.  Hätte  er  den  Dionysos  der  Frösche  darzustellen  beabsich- 
tigt, so  würde  er  entweder  durch  Zusatz  des  Namens  —  vgl.  Chiron  auf  Vase  X 
und  Daidalos  auf  Vase  a  — ■  dies  angezeigt  oder  aber  durch  irgend  ein  diony- 
sisches Attribut  den  Gott  im  Herakleskostüm  kenntlich  gemacht  haben,  z.  B. 
durch  einen  Weinlaubkranz  oder  durch  langwallenden  für  den  Weingott  beson- 
ders charakteristischen  Chiton '"  oder  durch  Hinzufügung  eines  Thyrsos  in  der 
Linken.  Besäfsen  wir  unglücklicherweise  die  Frösche  des  Aristophanes  nicht, 
so  würde  Niemand  das  Vasenbild  anders  deuten  können  als  es  oben  geschehen, 
und  der  Künstler  hätte  nichts  gethan,  uns  den  wahren  Inhalt  seines  Bildes, 
dafs  nämlich  in  dem  sichtbaren  Herakles  Dionysos  stecke  und  zu  suchen 
sei,  auch  nur  ahnen  zu  lassen.  Dergleichen  Fehler  begeht  kein  griechischer 
Künstler,  dem  Deutlichkeit  und  Fafslichkeit  stets  über  Alles  geht  ■ —  ganz  abgesehen 
davon,  dafs  eine  so  genaue  »Illustration«  einer  Theaterscene  wie  sie  das  Vasenbild 
nach  der  gewöhnlichen  Deutung  darstellen  würde,  gegen  die  Compositionsfreiheit 
der  griechischen  Kunst  verstöfst  und  ihr  fremd  ist.  Mich  dünkt  die  Deutung  des 
Vasenbildes  auf  die  Scene  aus  den  Fröschen  irrig  —  schon  genug  wenn  wir  in  der 
Art  und  Weise  wie  des  Herakles  Gepäckträger  erscheint  eine  Einwirkung  des 
Aristophanischen  Stücks  annehmen. 

,a6)Auch  noch   Furtwängler  Berl.   Vasen?.   S.  851.  I2»)  Vgl.   dazu  auch   Dierks  a.  a.   (). 

m)  Ebenso     urtheilt    auch     Wieseler;     desgleichen  > 

Dierks  Arch.  Ztg.   1885   S.  38  f. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


285 


Rückseite.  Ein  grofser  Jüngling,  von  vornehmer  Haltung  und  vornehmem 
Auftreten,  den  weiten  Mantel  um  den  Körper,  so  dafs  nur  der  Kopf  und  der  rechte 
Arm  nebst  Schulter  und  Brusttheil  frei  bleiben,  mit  der  R.  einen  grofsen  Stab  auf- 
setzend und  die  linke  Hand  in  die  Seite  stemmend,  steht  vor  einem  kleineren  Schau- 
spieler, zu  dem  er  herabblickt.  Der  Schauspieler  ist  völlig  in  den  Mantel  gewickelt1211, 
nur  sein  Maskenkopf  —  runzlig,  stumpfnasig  und  mit  dünnem  Spitzbart  —  ist  frei. 
Zwischen  Beiden,  die  barfüfsig  sind,  eine  ionische  Säule;  über  und  vor  dem  Schau- 
spieler raumfüllend  eine  Tänie.  Nach  Wieseler  wäre  die  Schlufsscene  der  Frösche 
—  Pluton  und  Äschylos  mit  Stock  vor  dem  Hause,  zum  Abgang  bereit  —  dar- 
gestellt; diesmal  aber  dünkt  mich  Panofka  ausnahmsweise  richtiger  und  nüchterner 
zu  erklären:  es  ist  ein  Schauspieler,  der  sich  dem  Chorlehrer  ()fopo8t8doxaXof)  zur 
Musterung  und  Probe  vorstellt,  wie  wir  ähnliche  Darstellungen  von  »Theaterproben« 
ja  auch  sonst  noch  besitzen1311. 

S.  Krater  (sog.  vaso  a  campana)  aus  Ruvo  im  Berliner  Museum  no.  3047  (1950):  abg.  und 
bespr.  Panofka'"  Arch.  Ztg.  1849  Taf.  4,  I  S.  33fr.;  Wieseler  Annali  1853  Tav.  AB,  5.  p.  38sq.  Vgl. 
noch  Welcker  Arch.  Ztg.  1849  S.  87;  Osann  Ztschr.  f.  Alterth.  1850  S.  216;  Heydemann  9.  Hall.  Progr. 
S.  7  f.  —  Rev.  Zwei  Manteljünglinge. 

Ein  abgemagerter  bartloser  Mann  eilt  mit  einem  Kuchen  IM,  von  dem  er  ein 
Stück  schon  abgebissen,  und  einer  Spitzamphora  davon;  ihn  verfolgt  mit  grofsen 
Schritten  ein  altes  Weib,  beide  dürren  Arme  nach  ihm  ausstreckend  —  er  hält  ihr 
gleichsam  zum  Loskauf  die  wol  leere  Amphora  hin.  Der  Mann  hat  Phallos  und 
kurzen  steifen  ungegürteten  Chiton  mit  kurzen  Ärmeln;  die  Maske,  bartlos  und 
runzlig ,  mit  hoher  kahler  Stirn  zeigt  vergnügten  weinseeligen  Ausdruck.  Die 
Frau  hat  einen  kurzen  gegürteten  Chiton,  Arm- 
bänder und  Ohrringe;  ihre  Maske,  deren  Haar  über 
der  Stirn  in  einen  Büschel  emporgebunden  ist,  zeich- 
net sich  durch  gewaltige  vorgeschobene  Mundpartie 
aus  (ein  Zahn133  sichtbar).  Um  die  knöchernen  Beine 
und  Arme  der  Beiden  zu  zeigen,  hat  der  Maler 
ihnen  keine  Anaxyriden  gegeben.  Die  Steine  unten, 
die  Lichtritze  oben  ergeben  als  Lokal  die  Strafse,  auf 
die  das  Weib  den  Mann  verfolgt  hat;  Tänie  und 
Epheublätter  füllen  den   Raum. 

T.  Kleine  tiefe  Schale  mit  hohen  Henkeln,  früher  in 
der  Sammlung  Pourtales  no.  316  (331),  jetzt  in  der  Berliner  Samm- 
lung no.  4110:  hier  zum  ersten  Male  abgebildet;  vgl.  Furtwängler 
Berl.  Vasensamml.  S.  1037.  —  Späte  sehr  flüchtige  Zeichnung  von 
eigenartiger  Technik134:  die  Figur  ist  mit  rother  Farbe  auf  den 
schwarzgefirnifsten  Grund  aufgemalt  und  die  Innenzeichnung  einge- 
kratzt; theihveise  übermalt. 

Dargestellt  ist  ein  weifshaariger  und  weifs- 
bärtiger  Schauspieler,  ausgelassen  tanzend:    er  steht  (T.)     >/<  des  Orig. 


,2!l)  Von  dem  »Phallos,  der,  wenn  auch  nicht  deut- 
lich, unter  dem  Himation  zum  Vorschein  kommt« 
(Wieseler  Arch.  Ztg.  1855  S.  95),  vermag  ich 
nichts  zu  sehen. 

Ki0)  Aufser  auf  der  bekannten  Satyrspielvase  aus 
Ruvo  (Neap.  Vasens.  no.  3240)  und  auf  dem 
Astragalosgefäfs  aus  Ägina  im  British  Museum 
(abg.  Stackeiberg  Grab.  23  und  Schreiber  kul- 
turhist.  Bilderati.  XX  6.  7 ;  die  Litteratur  vgl.  in 
meinen  Gr.  Vasenb.  S.  7>  5)  l-  B-  al'f  einem 
Mosaik  aus  Pompeji  (abg.  Mus.  Borb.  II  56; 
Wieseler  Theatergeb.-Denkm.  VI  1 ;  Schreiber  V 
1;  u.  ö.). 

1S1)  Dessen   Deutung   auf  die  »Pytine  des   Kratinos« 


nur  noch  der  Vollständigkeit  wegen  angeführt 
wird. 

u-)  Mit  weifser  Farbe  bemalt  d.  h.  mit  Zuckergufs 
versehen;  vgl.  Poll.  VII  79:  (j)vop.2£eTO  o£  -riva 
xol  HTjVi'a,  ci  -coli  rcXa-z/jOstv  ir.trldvtO  rpo3ECitxrfTa 
7tT)v(ot{  •  >.£'jxot  0'   Jfi  ttjv  yfXjav. 

133)  Vgl.  dazu  aus  der  neuen  Komödie  Pollux  IV 
151:  to  ii  oixoupov  yfjiowv  3iu.d  v  iv  ixorr^pa  tt] 
3[«y'jvi  dvot  56o  (yu  fou.<p(ou<. 

1M)  Dieselbe  Technik  z.  B.  auch  Neap.  Vasensamml. 
No.  831;  1541;  2069;  u.  ;i.  m.  Wenn  Petersen 
Arch.  Ztg.  1879  S.  10  Amn.  33  diese  und  andere 
Vasenbilder  gleicher  Technik  für  unecht  erklärt, 
so   mufs   ich  dem  widersprechen  —  viele  derar- 


286  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 

nach  r.  gewendet  auf  seinem  linken  Fufse  und  hebt  den  rechten  im  Knie 
hinterwärts  so  hoch  als  es  nur  geht;  die  linke  Hand  streckt  er  weit  vor  (sie 
durchbricht  die  runde  Umfassungslinie),  während  er  die  Rechte  gegen  den 
Hinterkopf  hebt.  Bekleidet  ist  der  Phlyake  mit  Ärmelanaxyrides  (Falten  an  Armen 
und  Beinen),  an  denen  Nabel  und  Brüste  angedeutet  sind:  er  ist  also  nackt  zu 
denken;  Bauchpolster,  herabhängender  weifsbemalter  Phallos  und  grofse  Maske  ver- 
vollständigen die  Theatertracht.  Die  Maske,  ganz  in  Profil  gestellt,  zeichnet  sich 
durch  iibermäfsig  langen  offenen  Mund,  grofses  rundes  Auge  und  ganz  kleine  fast 
verschwindende  Stumpfnase  aus  und  ist  sehr  unförmlich  gestaltet. 

U.  Krater  in  der  Sammlung  des  K.  K.  Münz-  und  Antikencab.  zu  Wien  (III  no.  176):  abg. 
und  bespr.  Jahn  Arch.   Ztg.   1855  Taf.  78,  3.  S.  54f.;    Wieseler  ebd.  S.  88ff.  —  Rev.  Zwei  Mantelfiguren. 

Ein  alter  Komiker,  in  Anaxyridcn  und  Phallos,  Brust  und  Arme  mit  (fleisch- 
farbenem) Tricot  bedeckt,  den  Mantel  über  1.  Arm  und  um  den  Leib  gewickelt, 
steht  mit  Stock  in  der  R.  ängstlich  135  und  dumm  vor  einer  alten  Frau,  die  drohend 
den  Zeigefinger  der  rechten  Hand  hebt  und  ein  >schweig«  ihm  zuruft136;  sie  ist  in 
Ärmelanaxyriden,  Chiton  und  Mantel  gekleidet,  der  den  Hinterkopf  verhüllt.  Die 
Maske  des  Mannes  zeichnet  sich  durch  fehlende  Schädelwölbung  sowie  durch  spär- 
lichen Wuchs  des  Haupt-  und  des  Barthaares  aus;  die  Maske  der  Frau  ist  arg 
stumpfnasig  und  unschön.  Beide  sind  barfüfsig;  zwischen  ihnen  raumfüllend 137  ein 
Lorbeerstrauch. 

V.  Krater  in  der  Sammlung  des  K.  K.  Münz-  und  Antikenk.  zu  Wien  (V  no.  180):  abg.  (schlecht) 
Laborde  Vas.  Lamberg  I  p.  67  Vign.  =  Wieseler  Theatergeb.  Taf.  A  27;  gut  abg.  und  bespr.  Jahn 
Arch.  Ztg.   1855  Taf.  77,  2   S.  55 f. ;  vgl.  Wieseler  ebd.  S.  9off.     Flüchtig  bunte  Zeichnung. 

Ein  Komiker'38  ist  dargestellt,  in  herausfordernder  Haltung  die  Rechte  in 
die  Seite  stemmend,  den  1.  Arm  auf  den  dicken  knotigen  Stab  stützend  und  den 
Kopf  nach  oben  wendend  —  aus  einer  umfänglicheren  Darstellung  entnommen,  in 
welcher  der  oder  die  Partner  dargestellt  waren,  denen  die  Bewegung  und  Erregung 
des  Komikers  galt.  Er  trägt  einen  kurzen  weifsen  Chiton,  einen  gelben  franzen- 
besetzten  Mantel;  die  Maske  hat  einen  gelblichen  grofsen  Bart  und  eine  gelb-  und 
weifsgestreifte  enganliegende  Kappe.  Kein  Phallos  l39,  kein  Polster,  keine  Anaxyriden 
sind  angedeutet,  doch  die  beiden  letzteren  Stücke  sicher  anzunehmen;  auch  trägt  er 
kein  Schuhzeug.  Pflanzen,  Bälle,  Rosetten  und  Tänie  füllen  den  Raum  des  Gefäfses, 
dessen  polychromer  malerischer  Styl  auf  die  letzten  Zeiten  der  Vasenmalerei  weist. 

W.  Krater  (sog.  vaso  a  calice;  H.  0,32 ;  Durchm.  0,23)  aus  Unteritalien,  früher  im  Besitz  des 
Kreih.  August  von  Koller  M0  in  Baden  bei  Wien  (Katalog  1884  no.  38),  jetzt  in  Besitz  des  <Wrn.  Johann 
Roth  in  Wien.  Durch  Herrn  Ur.  Rob.  Schneiders  Güte  bin  ich  zu  Photographien  des  Gefäfses  gekommen, 
mittelst  deren  die  hier  mitgetheilte  Abbildung  hergestellt  werden  konnte;  aufserdem  verdanke  ich  Hrn. 
Schneider  genaue  Angabe  der  verschiedenen  Farben,  die  sich  in  der  Darstellung  verwendet  finden.  — 
Rev.    Oben  eine  Ranke  weifser  Epheublätter,    von  der  rechts  und  links  je  eine  Ranke  herabfällt. 

Ein  Schauspieler,  in  gelben  Ärmelanaxyriden,  weifsem  Chiton  und  schwar- 
zen Schuhen,  mit  Polster  und  aufgebundenem  Glied,  über  dem  linken  Arm  einen 
langherabwallenden  rothen  Mantel    mit    weifsem  Saum,    in    der  Rechten   eine  weifs 


tige  Vasenbilder  mögen  und  werden  in  der  That  13')  Wieselers    »  scenische    Beziehung«    vermag     ich 

gefälscht    sein,  aber  ebenso  viele,  und  darunter  nicht  anzuerkennen. 

ist    sicher    das    obige    Berliner   Vasenbild,    sind  "*)  Wieseler      will     ihn     zu     einem     »ropvoßosxö;« 

unzweifelhaft  antik.              .  stempeln,    was    ja   nicht   unmöglich    wäre ,    aber 

1M)  Vgl.  zu  der  ausdrucksvollen  Stellung  seines  Kör-  doch  nicht  grade  nöthig  ist. 

pers  (Aristot.)  Physiogn.  3:   osiAoO  ^[uli  ...  tö  13a)  Allerdings    durch    den    Mantel    völlig    verdeckt 

0<üu,C!   soyxExaöud;  ...  ai   oe   TOKJTpoxvrjflfai   ävui  und  daher  immerhin  voraussetzbar. 

aytlTMtxliai  .  . .  our.   (Ta|j.6{   ikX    urrrio;   y.al  ~z-  ' 10)  Sohn  jenes  Freiherrn   von  Koller,  dessen   Samm- 

i)aij.ßrjxtu;.  lung   1828  gröfstentheils  nach  Berlin  gekommen 

136)  vgl.  dazu  Quintil.  XI  3,  94:    is  (digittts)   in  ex-  ist:  Levezow  Vasensamml.  p.XVIIf.;  Friedlaender 

probrando  et  indicando ,  unde  et  ei  nomen  est,  valet  Festschrift    1880    S.  20 f.;    Furtwängler    Vasens. 

und  Macrob.  Sat.  III  9,  4:  quae  digito  ad  os  ad-  S.  XIV  f. 

moto  silentium  denutitiat. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


287 


und    gelb    gefärbte    Fackel    haltend,    eilt  _ 


*PS 


5/6  des  Orig. 


springend  vorwärts,  indem  er  zurückblickt 
(etwa  zu  ihm  nachfolgenden  Gefährten)  und 
mit  der  weitausgestreckten  linken  Hand 
nach   vorwärts   weist.     Die  bärtige  Maske 

—  das  Gesicht  ist  gelb,  die  Haare  schwarz, 
die  Augen  weifs  —  zeigt  häfslich  verzerrte 
Formen:  der  Mund  schiebt  sich  weit  vor, 
die  Nase  läuft  in  eine  lange  aufgestülpte 
Spitze14'  aus,  die  Augenbrauen  wölben 
sich  hoch  empor,  der  Bart  ist  struppig  und 
ungepflegt;  um  das  Haar  ein  doppelt- 
reihiges  Perlenband  mit  zwei  hohen  auf- 
rechtstehenden Spitzen  (vgl.  F)  —  Alles 
weifsgemalt.  Die  Sandalen  bestehen  aus 
Sohlen  und  Fersenleder  und  einer  Spange 
über  dem  Rist.  Oben  eine  weifse  Perlen- 
guirlande;  der  Fufsbodcn  weifs  punktiert; 
jederseits  ein  Strauch  mit  weifsen  Blüthen  an  rothem  Stengel.  Ursprünglich  zu 
einer  umfangreicheren  Komosdarstellung   gehörig. 

X.  Krater  (sog.  vaso  a  campand)  aus  Apulien  früher  Durand  no.  669,  dann  Beugnot  no.  5 
und  Hope  no.  84,  jetzt  im  British  Museum  Cat.  of  vases  II  no.  1297:  abg.  und  bespr.  Lenormant  Quaestio 
cur  Plato  Aristophauem  in  ccmviviitm  induxerit.  De  Witte  Elite  ceramogr.  II  94;  Panofka  B.  a.  L.  VII  5; 
Wieseler  Theaterg.  Denkm.  IX  13  S.  6of.;  Geppert  Altgr.  Bühne  Taf.  5;  Champfleury  Caric.  ant.'1  p.  201; 
Schreiber  Kulturhist.  Bilderati.  V  n;  Baumeister  Denkmäler  II  110.903.  Die  Inschriften  auch  C.  /.  Gr. 
8359.   —  Rev.  Drei  Jünglinge,  zum  Theil  in  Mänteln. 

Die  Scene  stellt  links  ein  Gebäude  dar  —  wir  sehen  das  weitvorspringende 
Dach11",  den  hohen  Unterbau,  die  vierstufige  Treppe  die  dazu  hinaufführt — ,  rechts 
bergiges  Terrain,  auf  dem  zwei  bekleidete  in  Unterhaltung  begriffene  Frauen  gela- 
gert sind,  nur  halb  sichtbar  und  inschriftlich  als  Nymphen  (Nu[a]'fai)  bezeichnet, 
also  die  göttlichen  Inhaberinnen  der  Gegend,  in  welcher  die  Handlung  des  Vasen- 
bildes vor  sich  geht.  Die  Stufen  der  Treppe  steigt  ein  Mann  herauf,  mit  grofser 
unförmlich-übertriebener  weifsbärtiger  und  weifshaariger  Maske,  in  Ärmelanaxyriden 
und  Mantel,  Phallos  und  Polster,  in  der  Rechten  sich  mühsam  auf  einen  Stab 
aufstützend.     Dieser  Mann,  der  uns  inschriftlich  als  Chiron  (Xtpwv)  bezeichnet  wird 

—  die  Kerftauren  der  Komödie  erschienen  also  einfach  als  zweibeinige  Menschen  U3  — , 
ist  altersschwach  und  krank,  denn  während  ihn  von  hinten  ein  Sklave  hinauf- 
stöfst,  hat  ein  anderer  Sklave,  der  den  genugsam  bekannten  Namen  Xanthias  ([Eav]- 
Iriotc) '"  führt  und  oben  auf  der  obersten  Stufe  steht,  ihn  mit  beiden  Händen  an 
und  um  den  Kopf  gefafst  —  nicht  grade  behutsam,  sondern  echt  komisch-tölpelig 
— ■  und  hilft  ihm  heraufsteigen;  um  die  Hände  frei  zu  haben,  hat  Xanthias  sein 
kurzes  gekrümmtes  Tragholz 145,    an   dessen   einem  Ende   der  gestickte  zugeschnürte 


14I)Vgl.   ähnlich    Vrs. 

142)  Vgl.  dazu  Neap.  Vasensamml.  no.  1977  (Gerhard 
Ant.   Bildw.  107)   und   K  d  q. 

143)  Lenormants  Meinung ,  dafs  durch  den  von  hin- 
ten nachstofsenden  Sklaven  die  Vierbeinigkeit 
des  Kentauren  dargestellt  und  diese  für  die 
attische  Bühne  demnach  gesichert  wäre,  wird 
wol  Niemand  mehr  theilen;  vgl.  dazu  treffend 
Wieseler  a.  a.   O. 

144)  Die  Ergänzung  zu  (Py)thias  ist  gewifs  irrig,  und 
ebenso  irrig  die  daraus  folgende  Deutung  der 
Figur  auf  Apollon:  wie  ein  Apollon  der  Komö- 
die aussah,  zeigt  jetzt  sicher  das  Vasenbild  q. 


lä)  Vgl.  z.  B.  das  Vasenbild  Tischbein  II  40  (  —  Hirt 
Bilderb.  21,  1 ;  Müller -Wieseler  DaK.  II  43,  537); 
die  Wiener  Bronzen  (Sacken  I  44,  2  =  Rev. 
archeol.  NS.  XXXII  17,  6);  u.  a.  mehr.  Solch 
ein  bogenartig  gekrümmtes  Tragholz  ist  m.  E. 
auch  auf  der  Petersburger  Schauspielervase  (aus 
der  Krim ;  4.  Jahrh.)  anzunehmen ,  die  von  Ste- 
phani  CR.  1870/187 1  Taf.  VI  1.  S.  I98f.  ver- 
öffentlicht und  in  Einzelheiten  nicht  ganz  zu- 
treffend besprochen  worden  ist:  der  mittlere 
Schauspieler  sitzt  auf  seinem  Reisesack  (sie)  und 
hat  das  Anaphoron  (sie)  zwischen  seine  Beine 
gelegt,   während  er  seine  Maske  in  der  R.  trägt 


288  Heydemann,  Phlyakendarstellungen 


Reisesack  seines  Herrn  angebunden,  zur  Erde  gelegt;  auf  dem  Sack  liegt  auch  sein 
Reisehut,  ein  oben  abgestumpfter  '*'  Pilos,  den  er  abgelegt  hat.  Die  beiden  Sklaven 
tragen  Ärmelanaxyriden,  Polster  und  Phallos;  Xanthias,  dessen  Maske,  oben  kahl- 
köpfig und  schielend'47,  schwarzen  Bart  und  schwarze  Haarreste  zeigt,  hat  eine 
Exomis  an,  der  namenlose  Sklave  dagegen,  dessen  Maske  weifshaarig  und  weifs- 
bärtig  ist,  nur  einen  kurzen  Mantel  welcher,  von  den  Schultern  herabgefallen,  das 
über  dem  Polster  enganliegende  Gewand  zeigt;  die  Gesichter  der  Beiden  verrathen 
in  ihrem  Ausdruck  die  Anstrengung  und  Mühe,  die  ihre  Hilfeleistung  ihnen  veran- 
lafst.  Tragen  alle  bisher  besprochenen  Figuren  Masken  —  auch  die  beiden  Nym- 
phen haben  häfsliche  Maskenköpfe  mit  Haarbändern  l4s  — ,  so  ist  die  sechste  und 
letzte  Figur,  die  zugegen  ist,  maskenlos:  ein  Jüngling,  lorbeerbekränzt  und  in  den 
Mantel  gewickelt,  schaut  aufmerksam  zu,  wie  Chiron  geht  bez.  gegangen  wird. 
Die  Deutung  dieser  Figur  hat  grofse  Schwierigkeit,  doch  scheint  mir  mit  Wieseler 
sicher,  dafs  in  ihr  gleichfalls  ein  Schauspieler14'1  erkannt  werden  mufs,  welcher 
nur  aus  künstlerischer  Rücksicht,  um  einen  wirksamen  Gegensatz  gegen  die  häfs- 
lichen  aufgepolsterten  dickköpfigen  Komiker  zu  bilden,  ohne  Maske  und  Polster  in 
jugendlicher  Schönheit  und  natürlicher  Schlankheit  dargestellt  wird,  aber  maskiert 
und  kostümiert  wie  die  Übrigen  zu  denken  ist;  vgl.  ähnliche  Figuren  auf  Iabdfsu. 
Aber  wen  soll  der  Jüngling  darstellen,  der  den  Schauspielern  gegenüber  vornehm 
wie  ein  Gott'50  erscheint?  Am  nächsten  liegt,  in  ihm  noch  einen  Begleiter  des 
Chiron  zu  sehen,  nur  keinen  untergebenen  Sklaven,  sondern  irgend  einen  derjenigen 
Heroenjünglinge,  welche  dem  weisen  Kentauren  ja  von  Herakles15'  und  Asklepios 
an  bis  herab  auf  Menestheus  und  Antilochos  in  grofser  Zahl  (Xenophon  15a  zählt  sie 
uns  auf)  bald  ganz  zur  Erziehung  bald  zum  Unterricht  in  der  Jagd  oder  in  anderen 
Dingen  übergeben  worden  sind.  Einer  dieser  Zöglinge  —  welchen  die  Laune  der 
Komödie  dazu  ausgewählt,  wissen  wir  nicht  —  folgt  hier  dem  ehrwürdigen  Lehrer 
und  Erzieher,  als  derselbe  erkrankt  und  alt,  in  Begleitung  zweier  Sklaven  (ich 
erinnere  dabei  an  den  Erzsklavcn  Xanthias  als  Begleiter  des  Dionysos  auf  dessen 
Heldenfahrt),  auszieht,  um  Heilung  zu  suchen:  sei  es  nun  dafs  Chiron  auszieht  etwa 
in  ein  Asklepieion  zur  Incubation  und  Heilung153  oder  zum  Apollon  nach  Delphi ,54 
—  das  Haus  könnte  ja  einen  Tempel  darstellen  sollen:  vgl.  dazu  q  —  und  sich 
dort  Rath  erholen  will;  sei  es  dafs  er  in  ein  Bad155  reist,  worauf  sehr  wol  die 
Gegenwart    der    Nymphen156    deuten    kann.      Zufälligerweise    hören    wir  sogar  von 

und  sich  mit  einem  anderen  Schauspieler  unter-  die  Maske  des  Xanthias   theilt,    dafs  der  Sklave 

hält,    der    ihm    seine   Maske    zeigt.     Der   dritte  »ävasaXavrfa;  lr\  xal  SicfcjTjKxpos  t/jv  o'iiv«. 

Schauspieler,  der  hinter  dem  Sitzenden  steht,  ist  14K)  Bei  beiden  Frauen,    die  mit  Chiton  und  Mantel 

durch  Scepter   und  Kopfaufsatz    (sie;    vgl.    dazu  ausgestattet  sind,  ist    auch  Polsterung  vorauszu- 

den  gleichen  Kopfputz  des  Zeus  auf/)  als  »Herr-  setzen;  vgl.   z.  B.  M  U  m. 

scher«  charakterisiert.     Die  letzten  beiden  Schau-  14a)  Gerhard  (Arch.  Intelligenzbl.    1836    S.  62  f.)    er- 

spieler,   die  rechts  und  links  von  dieser  Gruppe  kennt  »den  Zuschauer,  welcher  als  Repräsentant 

stehen,    tragen    langwallende  Chitones  und  sind  des  l'ublicums  der  Scene  beiwohnt«, 

wol   beide   als  Musiker   aufzufassen  —   derjenige  15°)  Daher   einige  Erklärer   an  Apollon    in    Person 

rechts  wenigstens  ist  sicher  ein  »Musiker«,    wie  gedacht  haben,   was  an  und  für  sich  nicht  grade 

die  Flöten  (sie)    in    der  erhobenen  Rechten  und  unmöglich  wäre;  vgl.  jedoch  q. 

der   über   den  Chiton    gezogene    sackartige  Chi-  lw)VgL    dazu    Klügmann   Arch.  Ztg.    1876  S.  199  f. 

toniskos    (Böhlau   Res  vest.  graec.    p.  20  ss.)    be-  1:'-)Xenoph.   Kyneget.  I  2  ff . 

weisen,  der  bei  Flötenbläsern  öfter  als  zur  Fest-  15:1)  Vgl.  dazu  Arist.  Plut.  627  ff.;  Wesp.  124;  Frag- 
tracht gehörig  vorkommt  (vgl.  z.  B.  Man.  dell'  mente  des  Amphiaraos  (Meineke  II  953  ss.);  u. 
Inst.  V  10;  u.  a.).  Wie  auf  der  bekannten  Sa-  a.  m.  [jetzt  auch  die  epidaurischen  Pinakes:  Eph. 
tyrspielvase  zu  Neapel  110.  3240,  haben  wir  auch  archaiol.  1883  S.  197  ff.  und  1885  S.  1  ff.] 
hier  ausstaffierte  und  fertig  angezogene  Schau-  "*)  Dann  wären  die  Nymphen  die  Repräsentantinnen 
Spieler  —  und   zwar   komische  —  »in  der  Gar-  des  »bkeps  Pariiasus «. 

derobe    oder   hinter   den   Coulissen«  dargestellt,  li5)  Vgl.   dazu  Plut.  Quaest.  symp.  IV  4;   u.  a.  m. 

mit    einander  in   Unterhaltung  begriffen.  1M)  Vgl.  die  NöfMpal  1u»(8t«  (Paus.  VI  22,  7;  u.  ö.); 

n«)  Vgl.  ebenso  auf  a.  ferner    die    Weihegaben    an    die   Nymphen    ver- 

147)  Vgl.   dazu    die  Maske   des  oQXoc  fttpiT.vn  in   der  schiedener    Heilquellen,  z.  B.   der  Aquae  Apolli- 

neuen   Komödie  bei  Pollux  IV  149,  mit  welcher  nares;  u.   a.  m. 


Ileydemann,  Phlyakendarstellungcn. 


289 


einer  solchen  im  Volksmund  umgehenden  Reise  des  Chiron  (Paus.  V  5,  8 ff.):  der 
von  den  Pfeilen  des  Herakles  verletzte  Kentaur  badet  im  Anigfos,  und  später  war 
da  eine  Höhle  der  'Avrypiosc  vujj/pai,  in  deren  Nähe  allerlei  Hautkrankheiten 
geheilt  wurden.  Ob  auf  dem  Vasenbilde  dieses  Bad  des  Kentauren  bei  den  Nym- 
phen des  Anigros  dargestellt  wird,  mufs  dahingestellt  bleiben  —  ein  Komödien- 
dichter konnte  sich  irgend  eine  Krankheit  und  irgendwo  eine  Heilung  des  Chiron 
erdenken  und  das  Vasenbild  kann  grade  darauf  zurückgehen.  Genug  dafs  hier  eine 
Badereise  des  erkrankten  alten  Chiron  dargestellt  ist. 

Y.  Krater  (sog.  vaso  a  campand),  früher  im  Besitz  Townley's,  jetzt  im  British  Museum  110.1312: 
hier  zum  ersten  Mal  abgebildet  (nach  einer  durch  Hrn.  A.  S.  Murray  freundlichst  vermittelten  Bause); 
vgl.  Catal.  of  vasesW  p.  41.  —  Rev.  Eine  nackte  Frau,  auf  Fels  sitzend  und  eine  Schale  haltend,  blickt 
um.     Grobe  Zeichnung. 

Die  Darstellung  ist 
auf  die  Figur  eines  Schau- 
spielers beschränkt.  Der- 
selbe ist  mit  Ärmelana- 
xyriden,  Polster,  grofsem 
Phallos  und  kurzem  Chi- 
ton ausgestattet;  seine 
Maske  ist  in  dem  unte- 
ren Theile  sehr  unförm- 
lich -  häfslich  verbildet: 
Mund  und  Kinn  ragen 
weit  hervor,  die  kleine 
Nase  erhebt  sich  schna- 
belartig157, auf  derdicken 
Oberlippe  sprofst  ein 
langer  Schnurrbart;  das 
Auge  ist  sehr  klein158; 
das  Haar  trägt  er  unter 
dem  Ohr  in  einem  Bü- 
schel vorgekämmt,  über 
der  Stirn  aber  in  einer 
hohen  Tolle 15!l  empor- 
stehend. Die  Füfse 
sind  unbeschuht lli0.  Der 
Schauspieler  —  wegen 
des  barbarischen  Bartes 
mufs  man  an  einen  Aus- 
länder oder  vielmehr 
an  einen  Sklaven  denken 
eiligst  davon:  es  ist  als  ob  er  irgend  etwas  Unerlaubtes  oder  Ungewöhnliches  sehe16 
und  nun  aufgeregt  leise  und  ängstlich  fortschleiche.  Oder  hat  er  etwa  die  Tänie, 
welche  er  in  der  Rechten  trägt,  irgendwo  —  z.  B.  von  der  Stele  —  entwendet? 
Hinter  ihm  zur  Raumfüllung  eine  Stele  und  darüber  eine  Phiale  oder  ein  Ball. 
Die  Darstellung  ist  ungemein  ausdrucksvoll  in  der  Wiedergabe  der  vorauszusetzen- 
den Situation. 


des   Orig. 

—  hebt  bewegt  beide  Arme,    blickt    um   und   macht  sich 


157)  Ähnlich  z.  B.   auf  W  r. 

158^  Vielleicht  ist  zu  vergl.  (Aristot.)  Physiogn.  3: 
oeiXoü  OTj(j.Eia  . .  .  Ä|j.jj.aTa  dicsikvr}  xal  axapoocpvit- 
Tovra,  xtX.  und  weiterhin  ebenda:  xa  p\ev  yap 
T«y^u>;  tjxapoapvJTTOvTa  Ttüv  ötip^xtuv  -zu  uiv  011- 
Xm  Tot  hk  i)ep;.i.6v  srjp-.ai'vsi;    ferner  6:    o't  tjxapoot- 


jAixTOtl        OilX'/l  , 
TOijtOVTOU. 


£v     tot;      0|*|MMI      Tcpiixa 


159)  Eine  kleine  Tolle  z.  B.  auch  auf  0. 
I(i0)  Wenigstens  sicher  der  rechte  Fufs. 
M1J  Ist  etwa  die  nackte  Frau  auf  der  Rückseite  der 
Grund  seiner  Aufregung  ? 


290  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


Z.  Krater  (sog.  vaso  a  camfand)  im  British  Museum  Cat.  of  vases  II  no.  1333:  abg.  Hancarville 
Ant.  IV  118(66)"'-'.   — -Rev.  Jüngling  und  Frau  in  Gespräch;  beide  bekränzt  und  bemäntelt. 

Der  jugendliche  Dionysos  (sie),  epheubekränzt  und  mit  einer  Tänie  ge- 
schmückt, beschuht  und  mit  Mantel  versehen,  lehnt  sich  mit  dem  linken  Ellenbogen 
auf  einen  Stab  und  hält  in  der  Linken  zwei  Apfel  einem  Schauspieler  hin,  welcher 
vergnüglichst  vor  ihm  tanzend  das  rechte  Bein  hochhebt  und  beide  Arme  ausstreckt, 
indem  er  zugleich  auf  dem  Kopfe  balancierend  einen  sehr  grofsen  wannenartigen 
Korb"13  trägt;  der  Gott  aber,  bei  der  Bewegung  des  Schauspielers  für  den  Inhalt 
des  Korbes  fürchtend,  hebt  die  rechte  Hand  empor  um  denselben  zu  halten,  falls 
er  aus  dem  Gleichgewicht  kommen  und  wanken  sollte.  Der  Schauspieler,  in  Vor- 
deransicht, hat  Ärmelanaxyriden IM  und  rothbraunen  Phallos,  Polster  und  enganlie- 
gendes rothbraunes  Gewand;  das  Gesicht,  mit  grofser  Nase  und  vielen  Runzeln, 
langem  weifsem  Spitzbart  und  weifsem  Haupthaar,  ist  frei  von  jeder  maskenhaften 
Verzerrung;  der  Ausdruck  höchsten  Vergnügens  weist  auf  übermüthige  Weinlaune 
hin1"5. 

a.  Krater  (sog.  vaso  a  calice)  aus  Bari,  früher  in  der  Sammlung  Mastrilli,  jetzt  im  British  Mu- 
seum tat.  0/  vases  II  no.  1433:  abg.  und  bespr.  Passeri  I'ict.  etr.  III  255  und  256;  Mazochi  Tab.  Heracl. 
p.  138;  Hancarville  Ant.  III  108  (IV4);  Elite ceramogr.  1 36;  Miliin GaL  myth.  13,  48  (=  141,  275  Guigniaut); 
Müller- Wieseler  D.  a.  K.:i  II  18,  195;  Wieseler  Theaterg.  Denkm.  IX  14  S.  61  f.;  Geppert  Altgr.  Bühne  III  2; 
Schreiber  Kunsthist.  Bilderati.  V  13;  u.  a.  m.  Der  Dädalos  allein  ist  abgeb.  bei  Panofka  Ant.  Weih- 
geschenke  II  7  (Berl.  Akad.  Abh.  1839).  Vgl.  noch  Mus.  P.  Cl.  III  p.  13s.  und  IV  p.  85,  1  {ed.  mit.); 
Otfr.  Müller  Dor.2  II  S.  347  f.;  Jahn  Arch.  Ztg.  1853  S.  167,  73;  Welcker  Gr.  Götterl.  II  S.  689;  Lorenz 
Epicharmos  S.  24;   u.  A.  Die  eingeritzten   Inschr.  C.  I.  G    8351  "i,;.   —  Ute,  Grabspende;   viel   übermalt. 

Auf  dem  durch  einfache  Pfosten  getragenen  Logeion,  dessen  Vorderwand 
mit  zwei  Kränzen  geziert  ist  und  zu  dem  eine  Treppe  hinaufführt  (ebenso  M),  sitzt 
in  der  Mitte  auf  stattlich  geschnitztem  Thronsessel  (mit  Rückenlehne  und  Fufs- 
schemel)  Hera,  inschriftlich  bezeichnet  (r-r^pa),  in  Schuhen  Chiton  und  Mantel,  auf 
dem  Haupte  eine  breite  Stephane,  in  der  R.  das  Scepter  mit  Palmette  auf- 
stützend; sie  ist  maskenlos  gezeichnet  um  ihre  ganze  Schönheit  vorführen  zu  können. 
Vor  ihr  kämpfen  ihre  beiden  Söhne,  Ares  und  Hephaistos,  um  ihre  Befreiung 
von  dem  verhängnifsvollen  Thronos,  den  der  fern  vom  Olymp  weilende  Hephaistos 
ihr  als  trügerisches  Geschenk  gesendet  hatte  und  von  dem  sie  sich  nicht  wieder  zu 
erheben  vermochte"17.  Vergebens  war  alles  Bemühen  der  Olympier""';  da  macht 
sich  Ares  bramabarsierend  anheischig,  ihn  mit  Gewalt  zurück  zu  führen  169  und  zur 
Lösung  der  Hera  zu  zwingen.  Diesen  Versuch  des  Ares,  der  bekanntlich  mifs- 
glückte'7",  führt  das  Vasenbild  vor171:    die    beiden  Götter   kämpfen   miteinander  — 


">2)  Mir  ist  hier  nur  die  Abbildung  des  franz.  Nach-  "")  Zum  Mythos  und  dessen  Darstellung  vgl.  Waen- 

drucks  von  David  (Paris   1785)  zugänglich.  tig  de   Vulcano  in  Olympum  redueto   1877. 

"'',)  Concentrisch    mit  Palmctten    und  Zickzacklinien  "'")  Vgl.    Alkaios    fr.    11    Bergk:    lüsts     Seiov   pr,8lv' 

geschmückt.  OX'jp.rr'.cuv   Xyjai  ätEp  Flüv/  (töü  'H<fa(OTOu). 

"')  An  Beinkleidern  und  Ärmeln  läuft  je  ein  Streifen  "•")  Vgl.   Sappho  fr.  66  Bergk:    &  0    Äptu;  epottat  xsv 

entlang;  vgl.  ebenso  z.  B.   auf  s.  ÄcpaHTOM  4fTjV  ßi'a. 

Ifi5)  Der  englische  Katalog   sieht  in  der  Darstellung  17ü)  Vgl.  den  hergehörigen  Streifen  der  Krangoisvase 

operhaps    a  parody  on  the  myth  0/  Atlas«    und  in  (.Von.  dell'  Inst.  IV  56),  den  Waentig  a.  a.  O.  p.  35 

dem  Schauspieler  tSeilenos,  poised  on  his  left  leg,  nicht   völlig    richtig  erklärt  hat:    Ares  sitzt  nie- 

and  supporting  on  his  head  a  large  vase  or  basket  dergeschlagen    wegen    seines    mifsglückten    Ver- 

in   the  form   of  the  Atlantean  hemisphere*.     Sehr  suches    und   getröstet    von  Athene  da,    während 

geistreich,  aber  nicht  richtig!    Der  Schauspieler  Aphrodite    den   vom  Dionysos  zurückgebrachten 

ist   nicht  Silen  (vgl.  dazu  6'),   greift  nicht  nach  Hephaistos  empfängt,    was  für  Ares  neue  Krän- 

den   Äpfeln,    tanzt   und    springt    statt   unter  der  kung  einschliefst. 

Last  zu  schwitzen  u.  s.  w.  irl)  Anders    freilich    Kuhnert     XV.   Supplementband 

"*)  Birch's  Zweifel  an  der  Echtheit  {Bull,  dell'  Inst.  der  Jahrb.   fUr  class.  Philol.   S.  197,  welcher  das 

1850  p.  10)    ist   wol   unbegründet    —    wer   hätte  Vasenbild    auf   des   Aristophanes    verlorene  Ko- 

in    der    Mitte    des    vorigen    Jahrhunderts    diese  mödie    »Daidalos«    (nach   ihm    eine  Parodie  der 

seltenen  mythologischen  Namen  gefälscht  haben  Kreter    des    Euripides)    deutet:    Hera     gekränkt 

können:  durch     Zeus'     Liebschaften     zürnt     dem     dabei 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  29 1 

Hephaistos  hier  leichtverständlich172  AaiöaXo?173  benannt,  die  Lanze  hochhebend  und 
vordringend;  Ares,  hier  'F,v[s]uaXto?m  bezeichnet,  die  Lanze  zur  Gegenwehr  einlegend 
und  zurückweichend,  wodurch  der  Maler  den  Ausgang  des  Kampfes  uns  andeutet. 
Dem  Kriegsgotte  wendet  auch  Hera  das  Antlitz  zu  —  sieht  sie  etwa  das  Vergeb- 
liche seines  Thuns  ein?  Hephaistos,  in  Schuhen  und  Ärmelanaxyrides ,75,  Polster 
und  Chiton,  auf  dem  Haupte  den  Pilos  der  oben  abgestumpft  und  mit  einem 
Zweiglein  verziert  ist,  in  den  Händen  den  Schild  und  die  lange  Lanze,  trägt  eine 
runzelige  unförmliche  Maske  mit  weit  vorspringenden  Lippen,  die  ein  struppiger 
Bart  umhängt;  Ares,  gleichfalls  in  Schuhen  und  Ärmelanaxyrides175,  Polster  und 
Chiton,  in  den  Händen  Schild  (Z.:  Seestern)  und  langen  Speer170,  an  den  Waden 
beschient,  auf  dem  langbelockten  Kopf  den  Helm  mit  wallendem  Busch  und  zwei 
aufrechtstehenden  Federn 177,  zeigt  ein  bartloses  Gesicht  mit  regelmäfsigen  Zügen, 
so  dafs  wir  auch  hier  wie  bei  der  Hera  zwar  eine  Maske  anzunehmen  haben,  aber 
der  Künstler  hat  sie  nicht  gemalt,  um  dem  häfslichen  Hephaistos  den  schönen  Ares 
in  wirksamen  Gegensatz  gegenüber  zu  stellen.  Zu  beachten  ist,  dafs  beide  Götter 
ohne  Phalloi  '78  sind.  Den  leeren  Raum  füllen  oben  eine  Frucht  (in  Form  einer 
Granate),  zwei  Bukranien  mit  Vittae,  ein  Spiegel  und  ein  Phiale,  unten  hinter 
Hephaistos  eine  Blumenstaude:  der  Kampf  findet  also  im  Freien  statt,  vor  der 
Wand  des  olympischen  Palastes  —  wenn  wir  auf  diese  ausfüllenden  Gegenstände 
besonderes  Gewicht  legen  wollen. 

b.  Krater  (sog.  vaso  a  campand),  früher  in  der  Sammlung  Pourtales  no.  313  (328),  jetzt  im  Bri- 
tish Museum  Cat.  ofvases  II  no.  1438:  abg.  und  bespr.  Passeri  Pict.  etr.  III  206;  Panofka  Ant.  Pourtales 
pl.  10  p.  63SS.;  Bilder  ant.  Leb.  XIX  10;  Griechinnen  und  Griech.  II  10;  Champfleury  Coric,  ant?  p.  226; 
Wieseler  Theaterg.  Denkm.  IX  12;  Schreiber  Kulturhist.  Bilderati.  V  6.  Vgl.  noch  Rochette  yournal  des 
San.  1835  p.  225  und  Mein,  de  Numism.  p.  254;  Otfr.  Müller  Gott.  gel.  Anz.  1837  S.  1880;  u.  A.  —  Rev. 
Zwei  Jünglinge,  in  Mänteln,  mit  Zweig  und  Stock  der  Eine,  der  Andere  mit  Binde  und  Früchten.  Bunte 
Zeichnung  (weifs,  rothbraun,  hellgelb)  spater  Zeit. 

Dargestellt  ist  ein  nächtlicher  Besuch  bei  einer  Frau.  Dieselbe,  in  reich- 
besticktem Chiton  und  Kopftuch,  erscheint  am  Fenster,   an  welches  der  Liebhaber 


hilfreichen     Daidalos    und    ruft     gegen     diesen  95  (60)    und  Eur.  Herc.   für.  469  (vgl.  dazu  je- 

ihren    Sohn   Ares   herbei ;    in   Hera's   Gegenwart  doch  Haupt  Opusc.  II  262  ss.). 

findet  zwischen  beiden  das  Turnier  statt.     Über  ir4)  So  heifst   er  inschriftlich  auch  auf  der  Kypseli- 

den  Inhalt    dieser  Komödie    sind    wir   allerdings  denlade  (Paus.  V  18,  5);    vgl.  mehr  bei  Lobeck 

im  Klaren:  es  scheint  sicher  Zeus'  Liebeswerben  Soph.  Aias3  zu  Vers  179. 

um    Leda    den   Hauptinhalt    gebildet    zu    haben  1?5)  Zu  beachten  ist,    dafs  die  Beinkleider  der  Ana- 

(fr.  1;  4  und  5  Meineke);    wefshalb    sie    dagegen  xyriden  in  der  Kniegegend  festgebunden  sind, 

den  Titel  »Daidalos«  führte  und  ob  des  Ikaros'  176)  Wenn  es  im  englischen  Katalog  heifst:     "round 

Vater    persönlich    darin    vorkam ,     ist    durchaus  the  sauroter  or  butt  end  of  Ais  spear  is  the  ankyle 

nicht  sicher.     Die   Erwähnung    der   daidalischen  or   thong  for  hurling  it,    represented  by  a  Spiral 

Statuen  (fr.  2)   zwingt   nicht  zu  dieser  Annahme,  line«,  so  ist  das  ein  Irrthum.    Die   »Ankyle«  fin- 

ebensowenig   wie   der   Titel  —  Zeus,    eis   jtoXXä  det   sich    nie   und    kann    sich    nie    am  äufsersten 

eauxöv    (jiETaßc(X).(ov   xal   ttXoutwv   xal   zavoupyüiv,  Ende    des  Speerschaftes    finden  und  ist  auf  den 

gleicht  mulatis  mutandis  einem  bez.   dem  beweg-  Darstellungen    stets    als    das    was    sie   war,    als 

liehen  vielersinnenden  Künstler  und  könnte  des-  Schleife   oder  Öse   oder   aber  gelöst  dargestellt: 

wegen  wol  den  Beinamen  oder  Spitznamen  »Dai-  vgl,  Merimee  Rev.  Archeol.  NS.  II    p.  210  s.;    u. 

dalos«   führen  und  der  Komödie  des  Aristopha-  a.  m. 

nes  wie  der  gleichnamigen  des  Piaton  (fr.  1.2)  ,rr)  Bei  Kriegern  unteritalischer  Kunstwerke  sind 
zum  Titel  verholfen  haben.  Wie  sich  das  nun  diese  Helmfedern ,  die  auch  Lamachos  Arist. 
aber  auch  verhalten  haben  mag  —  jedenfalls  Acharn.  1113fr.  sich  ansteckt,  nicht  selten:  vgl. 
ist  Kuhnert's  Erklärung  des  Vasenbildes  als  z.  B.  die  Wandgemälde  Bull.  Nap.  Arch.  NS.  IV 
eine  directe  Illustration  eines  Aristophaneischen  4  ss.  oder  Mon.  dell'  Inst.  VIII  21;  die  Vasen- 
Stückes  bei  der  späten  Entstehung  des  Bildes  bilder  Neap.  Vasens.  No.  776;  784;  861;  871; 
nicht  möglich ,  ganz  abgesehen  davon ,  dafs  die  u.  s.  w. 

Verquickung    des    Künstlers    Daidalos    mit    Zeus  m)  Die    Phalloi    sind   aber    doch   wol    erst   bei    der 

und  Leda  sehr  unwahrscheinlich  ist.  Übermalung    verschwunden  l    Der  englische  Ka- 

<72)  So  auch  Jahn  Arch.  Aufs.   S.  129.  talog  thut  ihrer  auch  nicht  Erwähnung. 


173 


*)  So  heifst  er  wahrscheinlich  auch  Pind.  Nem.  IV 


2Q2  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


die  Leiter179  angelegt  hat  und  zu  dem  er  heraufsteigt:  während  er  sich  mit  der  L. 
(in  der  er  eine  Binde  trägt)  an  der  Leiter  festhält,  wendet  er  erfreut  und  begehrlich 
das  Gesicht  zur  Frau  empor  und  reicht  ihr  in  der  R.  Früchte  18°  hin  —  r^ios  toi 
oexot  [AÖtXa  <ssp(o,  sagt  der  Ziegenhirt  bei  Theokrit  (III  10),  als  er  seiner  Amaryllis  ein 
Ständchen  bringt.  Der  Liebhaber,  in  Ärmelanaxyriden  und  Schuhen,  Polster  und 
braunem  eng  anliegendem  Tricotgewand,  ist  bärtig  und  runzlig;  .sein  Phallos  ist 
bemerkenswerth  klein.  Zugegen  ist  ein  Begleiter  oder  Diener,  in  Ärmelanaxyriden 
und  Phallos,  Polster  und  weifsem  eng  anliegendem  Gewand,  mit  langem  Spitzbart 
und  Runzeln;  er  richtet  sich  auf  den  Fufsspitzen  hoch  empor,  um  die  Frau  sehen 
zu  können,  und  hält  in  den  Händen  Fackel181  —  es  ist  Nachtzeit  —  Kranz  und 
eimerartiges  Gefäfs182,  welche  Dinge  zusammen  mit  den  Kränzen,  welche  die  beiden 
Schauspieler  tragen,  darauf  hinweisen,  dafs  sie  beide  vom  Symposion  kommend 
schwärmen,  »Komastai«  sind.  Hinter  dem  Begleiter  raumfüllend  eine  Blattstaude. 
Die  Deutung  der  Scene  unterliegt  m.  E.  keinem  Zweifel:  es  ist  wie  Panofka  zuerst 
behauptet  hat  eine  namenlose  Alltags-  oder  vielmehr  Allnachtsscene,  in  der  ein. 
verliebter  Alter  zur  jugendlich-schönen  Hetäre  ins  Fenster  steigt183.  Die  Hetäre 
erwartet  am  Fenster  ihren  Buhlen,  grade  wie  in  der  bekannten  Scene  der  Ekkle- 
siazusen  (877 ff.)  die  Hetären  bemalt  und  geputzt  auf  die  Nachtschwärmer  warten: 
auf  der  Vase  ist  nicht  nur  die  Frau  geputzt,  sondern  auch  ihr  Haus  festlich  mit 
Kränzen  geschmückt,  welche  zugleich  den  leeren  Raum  jederseits  vom  Fenster 
künstlerisch  füllen.  Eine  mythologische  Deutung  auf  Zeus  und  Alkmene  194  oder 
auf  Dionysos  und  Althäa185  dünkt  mich  durch  Nichts  gerechtfertigt;  dann  hätte  der 
Maler  durch  irgend  Etwas  den  Zeus  —  vgl.  //  - —  oder  den  Dionysos,  dessen 
Komos  vor  Althäa's  Haus  sein  Begleiter  Silen  rühmt 18i;,  als  solchen  kenntlich 
machen  müssen.  Die  Kränze  am  Haus,  obgleich  aus  Weinlaub  bestehend,  können 
doch  für  Dionysos  nichts  beweisen:  die  Hetäre  hat  der  Liebe  Haus  damit  ge- 
schmückt; bei  dem  Gedanken  an  Symposion  und  Komos  ist  der  Maler  dazu 
gekommen,  Weinlaub  zu  malen.  Auch  müfste  bei  Dionysos  der  Begleiter  und 
Diener  Silen  oder  aber  ein  Satyr  sein.  Auf  dem  Vasenbilde  ist  eben  nur  eine 
Genrcscene  dargestellt,  kein  Liebesabenteuer  eines  Olympiers. 

C.  Önochoe  aus  Nola,  früher  in  der  Sammlung  Pourtales  no.  314  (329),  jetzt  im  British  Mu- 
seum Cat.  of  vases  II  no.  1445:  abg.  und  bespr.  Panofka  Cab.  Pourtales  pl.  9  p.  64  ss.  und  Arch.  Ztg. 
1849  Taf.  IV  2  S.  38fr.;  Wieseler  Theatergeb.  Denkm.  IX  10  S.  57t  und  S.  118;  vgl.  aufserdem  Otfr. 
Müller  Gott.  gel.  Anz.    1837   S.  1880;  Welcker  Arch.  Ztg.   1849  S.  85 f.;   u.  a.  m. 

Dargestellt  ist  ein  komischer  Schauspieler,  welcher  durch  die  eingekratzte 
(sie)  oskische  Inschrift  m  (S  A  NTI A  rückläufig)  als  XantJiias  d.  h.  als  Allerwelts-Sklave 188 
bezeichnet  wird.  Er189  steht,  die  Beine  kreuzend  und  auf  den  knotigen  Krückstock 
in    der    Linken    gestützt,    in    Vorderansicht    neben   einer    kleinen    Heraklesstatue19". 


"s)Vgl.  dazu  Anm.  62.  lieh    auf  Dionysos  und  Althäa   bezogene  Vasen- 

18°)  Diese  Früchte    fehlen    auf  einigen  Zeichnungen,  darstellungen  vgl.  Welcker  Nachtr.  S.  299;  Creuzer 

werden    aber    im   Catal.    of  vases   in  the  British  Symbolik 2   III  S.  473  ff. 

Museum  II  p.  1 35  ausdrücklich  erwähnt.  18;)  Fabretti    C.  I.  Ital.    2840  =   Zvetajeff    Sylt.    ose. 

181)  Vgl.  dazu  Aristoph.  Ekkles.  978.  138;     vgl.    dazu    Mommsen    Unterital.    Dialekte 

m)  Etwa    ein    Psykter    (vgl.    dazu    9.    Hall.    Progr.  S.  189  no.  XXXII  a;  Huschke  Osk.   sab.  Sprach- 

Anm.  37)    oder    ein    Weinvorrathsgefäfs.      Doch  denkm.   S.  165  no.  XXXV. 

könnten   in    dem  Gefäfs  auch    noch    mehr  Äpfel  188)  Vgl.    dazu   Äsch.    II   157    (6   TO'J?   Kapi'iuvot;    xod 

liegen.  EavJHoc?    ö:toxpiv<i[ji£vo;    xtX.);     Benseier    Griech. 

183)  Vgl.    Xenarchos    bei    Athen.   569  c:    aÜTai  (hcü-  Eigennamen  s.  v. 

peu)  ßtc^ovxai  yäp  eiaiXxousf  -t  toj;  p.ev  y^povTa;  18'J)  Kein  Phallos. 

6vt34  ^txc<Xo'i,u.svat  TcatpiSia,  xxX.  ,9°)  Da  Herakles    Patron    der   Parasiten   (vgl.   Bergk 

l8t)  So  z.  B.  Rochette  und  Otfr.  Müller  a.  a.   O.  bei    Meineke  fr.    com.    gr.    II  2    p.  1023),     so 

18;,)So  z.  B.  Wieseler  und  Schreiber  a.   a.   (). ;  auch  möchte  Wieseler  a.  a.  O.  S.  118  in  diesem  Xan- 

Overbeck  Kunstmyth.  II  S.  404.  thias   einen  Parasiten  erkennen   —  möglich  aber 

l8ü)Eurip.    Kykl.    37  ff.      Über   einige    ganz    fälsch-  durchaus  nicht  nothwendig. 


Hcydemann,   Phlyakendarstellungen. 


293 


Der  Schauspieler  ist  in  Sandalen""  und  Chiton,  der  mit  Franzen192  besetzt 
ist  und  lange  Ärmel  hat;  über  der  1.  Schulter  und  Arm  liegt  der  kurze  gleich- 
falls bcfranzte  Mantel  mit  grofser  Troddel  an  dem  einen  Zipfel;  die  Beine 
sind  unbekleidet  gedacht.  Seine  Maske 193  ist  kahlköpfig,  mit  weifsen  Haarresten 
die  über  den  Ohren  vorgekämmt  sind;  die  Augenbrauen  sind  hochgezogen,  die 
Nase  dick,  der  weifse  Schnurrbart  lang,  der  weifse  Kinnbart  spitz.  Pfiffigen  und 
schlauen  Ausdrucks,  zieht  er  den  Mund  zum  Lächeln  breit  und  hebt  lebhaft  Zeige- 
und  Mittelfinger  (die  er  aufrecht  zusammengedrückt  hat)  der  Rechten,  um  zu  reden. 
Zur  Raumfüllung  unten  eine  zweihenkelige  Trinkschale. 

d.  Skyphos,  früher  in  der  Sammlung  Blayds,  jetzt  im  British  Museum  no.  1490:  hier  zum 
ersten  Mal  abgebildet  nach  einer  durch  Hrn.  A.  S.  Murray  gütigst  vermittelten  Bause;  vgl.  Catal.  of 
vases  II  p.  150.  —  Rcv.  Ein  bartloser  Satyr,  in  den  vorgestreckten  Händen  eine  Chlamys  haltend,  eilt 
herbei  (vielleicht  um  bei  dem  Vorgang  auf  der  anderen  Seite  zugegen  zu  sein).     Grobe  Zeichnung. 

Ein  Schauspie- 
ler, mit  Armelanaxyri- 
des,  Polsterung,  Phal- 
lus und  Mantel,  unter 
dem  er  die  linke  Hand 
in  die  Seite  gestemmt 
hat ,  setzt  schreitend 
den  rechten  Fufs  auf 
die  Stufen  («fvaßetöfaof) 
einer  Thür  und  streckt 
die  Rechte  nach  einer 
Frau  aus,  die  sich 
hinter  den  Thürflügcl 
versteckt  hat194  und 
nur  wenig  hervor- 
guckt; sie  ist  beschuht 
und  ganz  in  den  Man- 
tel gehüllt195;  der 
linke  Arm  (unter  dem 
Mantel)  liegt  an  ihrem 
lockigen  Hinterkopfe. 
Trefflich  ist  in  der 
Maske  des  Mannes 
die  begehrliche  Lust 
nach  dem  Weibe  wie- 
dergegeben: man  be- 
trachte den  offenen 
Mund,  den  ziegen- 
artigen Bart  am  Kinn, 
die  kleine  Stumpf- 
nase19'. Die  Thür, 
an     der     verzierende  */,  des  Orig. 


ls')  Sie  sind  weifs  bemalt;  an  dem  einen  bemerkt 
man  die  »Strippe«  um  den  Hacken  bequem  her- 
aufzuziehen (vgl.   ebenso  F). 

192)  Vgl.   ebenso  Fi. 

193)  Vgl.  dazu  Pollux  IV  149:  b  ptiv  rAnnm  (in  der 
neuen  Komödie)  fjidvoj  töiv  iripenttfvTtuv  zoXid; 
£3-1,   xal   OTjXot   dTTeXE'ilTEpOV. 

191)  Vgl.  ein  gleiches  Motiv  auf  der  Kentauromachic 
der  Wiener  Vase  V  166  (abg.  Arch.  Ztg.  1883 
Taf.  18;  u.  ö.);  u.   a. 


'**)  Sie  mag  vor  dem  Manne  den  »Manteltanz«  auf- 
geführt haben;  vgl.  dazu  4.  Hall.  Winckelmannspr. 
S.  I3ff. ;  auch  oben  B.  —  Diesen  »Manteltanz« 
parodiert  ohne  Zweifel  der  Phlyake  der  Relief- 
önochoe  im  Wiener  Antikenkabinet  (IV  No.  196: 
abg.  Arch.  Ztg.  1855  Taf.  78,  1.3;  vgl.  S.  57 
und  S.  94  ff.). 

19(i)  (Aristot.)  Physiogn.  6:  oi  5e  3i|xrjv  (rrjv  pTvo) 
lyovTE?  Xs'yvot. 


294  Heydemann,   Phlyakendarstellungen. 


Knöpfe1"  und  der  Klöpfel  (poir-pov)  angebracht  sind,  ist  auf  der  einen  Seite 
durch  eine  ionische  Säule  begrenzt;  darüber  ragt  das  Dach  hervor,  von  einem 
Querbalken  gestützt198,  dessen  Ende  in  einen  Vogelkopf  ausläuft.  Zur  Raumfüllung 
oben  eine  grofse  Weintraube   zwischen  zwei  Blättern. 

e.  Krater  (sog.  vaso  a  calice)  aus  Egnatia  '*•,  früher  im  Besitz  Sir  Wm.  Temple's,  jetzt  im  Bri- 
tish Museum:  abg.  und  bespr.  Wieseler  Annali  1853  Tav.  E  p.  48s.  —  Die  Rückseite  ist  ohne  Schmuck. 

Ein  Schauspieler  eilt  ebenso  vergnüglich  als  geschäftig  vorwärts,  in  beiden 
Händen  einen  vierbeinigen  kleinen  Speisetisch  vorsichtig  herbeitragend  ,  auf 
dem  ein  grofser  Spitzkuchen  (ra>pa(j,i?)  steht.  Der  Komiker,  ausstaffiert  wie  gewöhn- 
lich, hat  rothbraune  Schuhe,  weifsen  Chiton  und  rothbraune  Ärmelanaxyriden  an. 
Die  Maske  ist  kahlköpfig  und  zeigt  nur  über  den  Ohren  noch  je  ein  Büschel 
rother  Haare200;  durch  die  Mundöffnung  der  Maske  scheinen  Zähne  sichtbar  sein 
zu  sollen;  zwei  Perlenreihen  schmücken  die  Stirn.  Mit  Recht  vergleicht  Wieseler 
die  Maske  des  einen  Dieners  in  der  neuen  Komödie  'xoc'tuj  Tpt/fa;  7)  xaT<o  TSTpt^to- 
uivo;'  welche  Pollux  IV  149  so  beschreibt:  ctvocpcdocvTia?  l<s-n  xal  iruppoftpie,  itfQpjisvo; 
-a;  6'fpoc.  Also  ein  Sklave  —  etwa  Pyrrhias  geheifsen  (vgl.  dazu  Arist.  Frösche  730; 
u.  a.  m.)  —  der  aufwartet.  Zwei  Lorbeerstauden  dienen  zur  Einrahmung,  zwei  Ziegen- 
schädel zur  Raumfüllung. 

f.  Dickbauchige  Önochoe,  früher  in  der  Sammlung  Blacas,  jetzt  im  British  Museum:  abg.  und 
bespr.  Panofka  Mus.  Blacas  pl.  26  B.  p.  78  ss.;  Wieseler  Theaterg.  Denkm.  Taf.  A,  26  S.  112;  vgl.  Heyde- 
mann  7.  Hall.   Progr.   S.  22. 

Herakles,  mit  Ärmelanaxyriden  und  Phallos,  Polster  und  enganliegendem 
Tricotgewand,  Exomis  und  Löwenrachen  auf  dem  Maskenkopf  der  sich  durch  weit- 
geöffneten Mund  auszeichnet,  in  der  L.  ein  grofses  Brod,  verfolgt  mit  erhobener 
Keule  in  der  R.  eine  Frau,  welche,  umblickend  und  dem  stets  dürstenden  Heros 
eine  Weinkanne  zeigend,  von  dannen  eilt;  diese  Frau,  in  Chiton  und  Mantel, 
Schuhen  Haube  und  reichem  Schmuck,  ist  ohne  Maske  dargestellt  —  ihre  Schön- 
heit sollte  den  Helden  wol  auch  reizen  und  sie  liefs  der  Künstler  daher  ohne  die 
doch  immer  entstellende  Maske  und  Polsterung.  Im  leeren  Raum  Ball,  Blätter  und 
Fensteröffnung  (?).  Ob  die  Frau,  in  der  auch  ich  nur  eine  Hetäre201  oder  etwa 
eine  Schankwirthin  zu  erkennen  vermag,  neckisch  oder  ernsthaft  den  Krug  ihm  vor- 
enthält, mufs  dahingestellt  bleiben;  Herakles  nimmt  es  jedenfalls  sehr  ernst,  denn 
sonst  würde  er  nicht  die  Keule  heben.  Aristophancs  läfst  die  Herbergsmutter202 
in  den  Fröschen  (549 ff.)  erzählen,  dafs  Herakles,  nachdem  er  Alles  nur  irgend 
Efs-  und  Trinkbare  verzehrt  und  sie  nun  Bezahlung  gefordert,  sie  angestiert  und 
angebrüllt,  dann  das  Schwert  gezogen  habe  wie  ein  Rasender,  so  dafs  sie 
erschreckt  auf  das  Dach  geflüchtet  —  er  aber  mit  den  Resten  unbezahlt  davon- 
gegangen sei.  Ähnlich  mag  vielleicht  die  Scene  des  Vasenbildes  zu  deuten  sein: 
eine  Wirthin  rettet  noch  grade  den  Krug,  Herakles  aber  verjagt  die  Frau,  ärgerlich 
dafs  ihm  zum  Brod  das  Getränk  fehlen  soll. 

g.  Krater  (sog.  vaso  a  campand),  früher  im  Besitz  Alessandro  Castellani's,  jetzt  im  British  Mu- 
seum: zuerst  kurz  beschrieben  im  Guide  to  the  second  Vase  room  I  p.  4  no.  19;  hier  abgebildet  nach 
einer  durch  Hrn.  A.  S.  Murray  gütigst  vermittelten  Durchzeichnung.  —  Rtv.  Zwei  bekleidete  Frauen- 
gestalten.    Bunte  überladene  Zeichnung. 

19')  Vgl.  ebenso  die  Thürcn  au  D  P.  20°)  Vgl.  dazu  Anm.  48. 

,98)Vgl.  dazu   KXq.  201)  So    ähnlich    Wieseler    a.    a.    (').;     nach    Panofka 

19S)  Annali  a.  a.  O.  ist  als  Fundort  »5.  Ignazio«  ange-  wäre  es   »Hebe«. 

geben ;  dafs  dies  in  der  That  wie  verschiedentlich  ■°'i)  Diese    »  Schankwirthin     der     Unterwelt «     selbst 

vermuthet  worden  ein  Druckfehler  für  »Egnazia«  möchte  Otfr.  Muller  Gott.  gel.  Anz.   1838  S.  1753 

sei,  ergibt  sich  aus  dem  Inventar  der  Sammlung  =  Kl.  deutsche  Sehr.  II  S.  499  in  der  Frau  des 

Temple,   wo    bei    der    betreffenden    Vase  »front  Vasenbildes   dargestellt  sehen. 

Egnatia  ora  Fasano*  bemerkt  wird,  wie  mir  Herr 

A.  S.  Murray    auf  meine  Nachfrage  mitzutheilen  4 

die  Freundlichkeit  hatte. 


Heydemann,   Phlyakendarstellungen. 


295 


o 


Die  hohe  Bühne 
wird  von  drei  dori- 
schen Säulen  (mit 
Abakos)  getragen  und 
ist  am  Hyposkenion 
mit  Tänien  und  Reb- 
zweigen reich  ver- 
ziert; jederseits  erhebt 
sich  der  Pfosten  der 
die  Scene  begrenzen- 
den Seitenwand.  In- 
nerhalb dieses  Büh- 
nenraums geht  die 
zweifigurige  Darstel- 
lung vor  sich:  ein 
Mann  in  weifsem  Bart 
sowie  weifsem  kurzge- 
schnittenem und  em- 
porstehendem Haar, 
durch  Krückstab  (xajj.- 
tojXtj)  und  besticktes 
Mäntelchen  ausge- 
zeichnet, hat  mit  der 
Rechten  einen  jünge- 
ren Mann  (mit  schwar- 
zem Haar  und  Bart) 
am  linken  Handgelenk 
gepackt  und  will  den 

zurücktaumelnden , 
der  in  den  Händen 
Schale203  Tänie  und 
Eimerchen  trägt,  vor 
wärts-  oder  fortfüh- 
ren'04: die  Gegen- 
stände in  den  Händen 
sowie  der  Kranz  um 
sein  Haupt  verrathen, 

dafs  der  jüngere  Mann  trunken  von  einem  Symposion  heimkehrt.  Vielleicht 
ist  er  auf  der  Strafse  —  die  Gans  und  die  Rebstaude,  welche  zugleich  raum- 
füllend  angebracht  sind,  weisen  aufs  Freie  —  von  dem  Greis,  seinem  Vater,  an- 
getroffen worden  und  wird  nun  nach  Hause  (etwa  von  den  Hetären  auf  der  Rückseite 
fort?)  geschleppt.  Beide  Schauspieler  tragen  Ärmelanaxyrides,  Polster,  kurzen 
Chiton  und  Masken,  beide  sind  barfüfsig  und  haben  den  Phallos  aufgebunden.  Die 
Masken  sind  ausdrucksvoll  und  mäfsig  verzerrt;  die  Ohren  sind  breit  und  rund 
gezeichnet305  —  nach  Pollux  IV  144  war  die  Maske  des  i~s.po<;  raxirrto?  in  der  neuen 
Komödie  u>ToxaTa?iaj.     Oben  schliefst  eine  Weinrebe  mit  Tänie   die  Darstellung   ab. 

h.     Önochoe    aus   Unteritalien,    früher    bei  Alessandro  Castellani  {Collection  1884  no.   117),   jetzt 
im   British  Museum:  abg.  und  beschr.  Collection  AI.  Castellani  1884  p.  24  No.  117;    danach    hier  wiederholt. 

Dargestellt  ist  der  Raub  des  troischen  Palladions.     Voraneilt  Odysseus,  am 


a03)  Oben  mit  jenen  runden  weifsen  Punkten  besetzt, 
welche  sich  auf  Zeichnungen  dieses  späten  über- 
reichen Styls  überall  zur  Verzierung  einzustellen 
pflegen. 
Jahrbuch  des  arcblologieehen  Instituts  1. 


!04)  Nur  scheinbar  ist  sein  rechter  Fufs  auf  den  lin- 
ken des  sich  sträubenden  Mannes  gesetzt, 
sos)  vgl.  dazu  D  q  und  9.  Hall.  Progr.   S.  5. 


22 


296 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


^  W  V 


'/,  des  Orig. 

Pilos  erkenntlich,  um  den  linken  Arm,  in  dem  er  das  Xoanon  trägt,  den  Mantel,  in 
der  gesenkten  Rechten  das  breite  Schwert.  Vom  komischen  Kostüm  zeigt  er  nur 
das  aufgebundene  Glied,  sein  dickes  Gesicht  mit  langer  Nase,  struppigem  Bart, 
flatterndem  Haar  ist  höchst  unschön  —  es  braucht  keine  Maske  zu  sein,  welche 
der  Schauspieler  trägt,  wird  es  aber  doch  wol  trotz  dem  geschlossenen  Mund  sein 
sollen.  Der  Held  blickt  im  Lauf  um  nach  dem  ihm  folgenden  und  nach  ihm  die 
Linke  ausstreckenden  Diomedes,  welcher  eine  Kopfmaske306  trägt:  stumpfe  Nase, 
starker  Unterkiefer,  dummer  Ausdruck  zeichnen  dieselbe  aus;  um  das  Haar  eine 
Tänie,  auf  den  Backen  spärliche  Bartreste;  Beine  und  Arme  sind  übertrieben  hager 
und  dünn.  Der  Tydide  hat  über  den  linken  Arm  schildartig  den  Mantel  {-»chlamydc 
contorta  astu  clupeat  braccium«.  beschreibt  es  Pacuvius),  im  Nacken  den  Petasos 
dessen  Bindeband  um  den  Hals  liegt,  und  an  der  linken  Wade  eine  breite  weifse 
Periskelis  (etwa  Schlufs  des  Tricotsr);  ob  er  in  der  Rechten  wie  Odysseus  das 
Schwert  hält,  ist  in  Folge  seiner  Stellung  und  des  grofsen  fächerartig  ausgebreiteten 
Mantels  zwar  nicht  ersichtlich,  aber  wol  anzunehmen.  Das  Palladion,  weifs  und 
gelb  bemalt,  ist  bekleidet  und  mit  Schild  sowie  Helm207  ausgerüstet;  die  erhobene 
Rechte  zückte  wol  ursprünglich  den  Speer.  Zur  Raumfüllung  jederseits  eine  Lor- 
beerstaude und  oben  drei  Schalen  sowie  Epheublätter;  unten  punktierte  Fufslinien. 
Auffällig  ist  auf  dem  eben  beschriebenen  Bilde,  dafs  Odysseus  das  Palladion  hat 
und   davonträgt,    während   auf  den  übrigen  Darstellungen5"8  —  abgesehen   von  den 


20G)  Allerdings  ist  ihr  Mund  nicht  geöffnet;  vgl.  aber 

auch  z.  B.  O  R. 
2o;)  Mit  grofsem  Busch,    der   nach  beiden   Seiten  in 

reicher  Fülle  herabfällt. 
20S)  Zuletzt   zusammengestellt   von  Jahn  Annali  dell' 


Inst.  1858  p.  228  ss.  Hinzukommen  z.  B.  Mon. 
dell'  Inst.  VI  51,  D;  Arch.  Mittheil.  Athen.  II 
II ;  Arch.  epigr.  Mitth.  Ost.  III  S.  37;  Siebentes 
Hall.   Progr.   III  5;  u,   a.  m. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  297 

Monumenten,  welche  jedem  der  beiden  Helden  ein  Palladion  zutheilen205'  —  stets 
Diomedes  derjenige  ist,  welcher  das  Götterbild  ergreift,  davonträgt  oder  hält.  Aber 
diese  Abweichung  vom  Landläufigen  ist  grade,  wenn  mich  nicht  Alles  täuscht,  der 
Angelpunkt  der  komischen  Scene:  Odysseus,  gerieben  und  schlau  wie  immer,  hat 
sich  des  Palladions,  das  Diomedes  geraubt,  auf  irgend  eine  Weise  bemächtigt  und 
eilt  nun  mit  seiner  Beute  vergnügt  lächelnd  von  dannen,  während  der  tapfere 
Diomedes  vergebens  nachläuft210  und  die  Statue,  die  er  erbeutet  hat,  zu  ergreifen 
versucht.  Es  ist  dies  eine  komische  Änderung  der  Sage,  von  der  uns  bei  Konon 
(Cap.  34)  noch  eine  andere  gleichfalls  wol  auf  eine  Komödie  zurückgehende  Wen- 
dung211 erhalten  scheint:  Diomedes  —  welcher  von  den  Schultern  des  Odysseus 
aus  über  die  Mauer  gestiegen  war,  den  Gefährten  aber  trotz  aller  Bitten  nicht  nach- 
gezogen und  das  Palladion  allein  erbeutet  hatte  —  bemerkt  im  Mondschein,  dafs 
der  hinter  ihm  folgende  Odysseus  das  Schwert  zückt,  um  ihn  zu  tödten  und  sich 
den  Ruhm  des  Palladionraubes  allein  anzueignen.  Als  er  sich  nun  schnell  umwendet 
und  vertheidigen  will,  macht  Odysseus  schnell  gefafst  gute  Miene  zum  bösen  Spiel 
höhnt  den  Tydiden  wegen  seiner  Furcht  und  treibt  ihn  mit  flacher  Klinge  scherzend 
vorwärts.  Mich  dünkt  hier  wie  dort  der  Witz  eines  Komödiendichters  unverkennbar, 
der  auf  Kosten  des  Diomedes  den  Erzschelm  Odysseus  verherrlicht. 

L  Krater  (vaso  a  calice),  gefunden  1879  auf  der  Insel  Lipara  und  jetzt  in  Besitz  des  Hrn. 
James  Stevenson  in  Glasgow:  abg.  und  bespr.  von  A.  S.  Murray  Journal  of  hell.  stud.  VII  p.  54  s.  PI. 
62,  1 ;  flüchtig  und  ungenau  beschrieben  in  den  Notizie  degli  scai'i  1879  p.  192.  Flotte  Zeichnung;  innere 
Detailmalerei  zum  Theil  verloren.  —     Rev.  »The  itsual ßgttres  of  Ephebi«. 

Dargestellt  ist  eine  schlanke  schöne  Hetäre  zwischen  zwei  greisen  Männern. 
Die  Frau,  in  langem  gegürtetem  Chiton,  mit  Schuhen  und  Halsband,  in  dem  locki- 
gen Haare  ein  breites  Band,  zeigt  vom  Theaterkostüm  nur  die  langen  mit  einem 
Streifen  besetzten  Ärmel  der  Anaxyrides;  zur  Veranschaulichung  ihrer  Schönheit 
und  Zartheit  ist  sie  weifshäutig  gemalt;  in  den  Händen  hält  sie  ein  Trinkhorn  und 
am  Henkel  einen  Eimer  mit  Wein.  Sie  wendet  sich  an  den  Alten  zu  ihrer 
Rechten  und  scheint  ihm  das  Hörn  zu  zeigen  oder  gar  darzureichen  —  entrüstet 
wendet  der  Mann  ihr  den  Rücken,  stemmt  die  linke  Hand  in  die  Seite,  streckt 
abwehrend  die  fünf  Finger  der  Rechten  empor  und  wendet  polternd  das  zornige 
Angesicht  auf  sie;  er  ist  dick  aufgepolstert  und  Reste  vom  Phallos  sowie  den 
Ärmelanaxyriden  sind  noch  deutlich  erkennbar.  Der  Alte  auf  der  anderen  Seite 
der  Frau,  in  langem  weifsem  Spitzbart,  die  weifsen  buschigen  Augenbrauen 
hochgezogen,  das  weifse  Haar  über  der  Stirn  in  zwei  kleinen  Spitzen  aufgestrichen, 
freut  sich  wol  an  der  Aufregung  des  Gefährten  und  an  der  Abweisung  der  Frau: 
er  ist  in  einen  kurzen212  mit  Franzen  (vgl.  dazu  Fe)  besetzten  Mantel  gewickelt  und 
stützt  sich  mit  beiden  Händen  auf  einen  sehr  langen  Krückstock  auf;  Anaxyriden, 
Schuhe  und  Polster  vervollständigen  seine  Erscheinung.  Die  beiden  Masken  sind 
sehr  ausdrucksvoll213. 


2IW)  Die  drei  bisher  bekannten  Monumente  mit  »Dop-      "*)  Wenn  Murray  a.  a.  O.  es  für  möglich  hält,  dafs 

pelpalladion«  vgl.  bei  Jahn  Annali  1858  p.  252  ss.  hier   dargestellt    sei   »17  parody  of  Helena  and  the 

2 10)  Tappt   Diomedes    etwa   im   Dunkel   einer   mond-  old  men    of  Troy  who   admired  her   so    much   as 

scheinlosen    Nacht     nach  \       Die     Haltung     des  not  to   wonder  at  the   long  war   in  such  a  cause. 

Kopfes  wie  die  Bewegung  des  Körpers  liefsen  eine  Or  we  might  identify  the  group  with  some  scene  in 

solche  Annahme  wol  zu.  the  lost  comedy  of  Alexis,  entitled  Helena  and  her 

'-")  Anders  freilich  Klein  Arch.  epigr.  Mitth.  Öster-  Suitors,  of  which  therc  remain  only  a  feto  words 
reich  III  S.  39,  der  darin  eine  gute  alte  Über-  at  the  point  where  she  speaks  of  her  suitors  with 
lieferung  und  die  ursprüngliche  Fassung  des  disdain«  —  so  vermag  ich  diesem  Flug  der  In- 
späteren Sprichwortes  »r,  Aiourjocw;  dveErwn«  er-  terpretation  nicht  zu  folgen.  Was  soll  z.  B.  bei 
kennen  möchte.  jener    Scene    der   Teichoskopie    Trinkhorn    und 

-1-')  Fast  bis  an   die  Kniee  reichend  verdeckt  er  den  Eimer  in  Händen  der  Helena?   u.  s.  w. 


l'hallos,  der  doch  wol  vorauszusetzen   ist. 


22'' 


2()<$  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


k.  Krater  (sog.  vaso  a  campand),  früher  im  Museo  filarmonico  zu  Verona,  seit  Ende  des  vori- 
gen Jahrhunderts  im  Louvre214:  öfter  ungenügend  abg.  Dempster  Etr.  reg.  II  90  (mir  nicht  zugäng- 
lich); Maffei  Mus.  Ver.  p.  IX  I  =  Wieseler  Theaterg.  Denkm.  IX  8;  Passeri  Pict.  Etr.  II  164;  Champfleury 
Carie.  ant.i  p.  234;  gut  und  getreu  ist  dagegen  die  stark  mitgenommene  Zeichnung  wiedergegeben  Arch. 
Ztg.  1885  Taf.  5,  I  und  S.  49.  Vgl.  aufser  Wieseler  (a.  a.  O.  S.  56)  jetzt  Dierks  Arch.  Ztg.  a.  a.  O. 
S.  48 ff.  —  Rev.  Zwei  sog.  Manteljünglinge 2i:i,  im  Gespriich  gegenüberstehend;  der  eine  hat  einen  Stab 
in  der  Rechten. 

Auf  dem  Logeion  stehen  einander  gegenüber  zwei  Schauspieler,  in  Ärmel- 
anaxyrides,  Polstern  und  Phallen,  kurzen  Chitones  [ktapopdoyttkw.)  und  Masken; 
um  den  Kopf  tragen  sie  Tanten.  Der  eine  (zur  Rechten  des  Beschauers),  durch 
das  umgewickelte  Himation  ausgezeichnet  und  durch  den  gekrümmten  Stab,  wel- 
chen er  in  der  in  die  Seite  gesetzten  Linken  nach  hinten  umgekehrt  emporhält, 
steht  ebenso  sicher  als  selbstbewufst  da  und  hebt  heftig  redend  und  befehlend  den 
Zeigefinger  der  rechten  Hand21".  Der  andere  Schauspieler217  dagegen,  welcher 
zuhört  und  schüchtern,  gleichsam  »betreten«  dasteht,  hat  den  rechten  Arm  gesenkt 
und  hält  in  der  vorgestreckten  Linken  einen  grofsen  leeren  Bauer  oder  Käfig  — 
ohne  Zweifel  trägt  jener,  der  sein  Herr  ist,  ihm,  dem  Sklaven,  irgend  etwas  zu  thun 
auf,  wobei  der  Käfig  eine  wichtige  oder  sogar  die  Hauptrolle  zu  spielen  hat.  Denn 
kein  Korb  —  wie  bisher  alle  Erklärer,  auch  zuletzt  Dierks  a.  a.  O.  annehmen  — 
sondern  nach  den  aufrechten  Stäben  und  nach  der  sich  oben  abrundenden  Form 
zu  urtheilen  ein  grofser  Käfig  oder  Bauer218  ist  es,  den  der  Sklave  hält:  vielleicht 
jenes  glockenförmige  Weidengeflecht,  unter  dem  noch  heute  hier  und  da  junge 
Brut  zusammengehalten  und  geschützt  wird  (Küchleinstürze)?  Oben  zwei  Rosetten 
und  Punkte  zur  Raumfüllung. 

1.  Krater  (vaso  a  calicc)  im  Museum  des  Louvre:  abg.  beide  Seiten  in  Originalgröfse  auf  einem 
Kupferstich  der  Cha/cographie  du  Louvre  (Catal.  des  pl.  gr.  eompos.  le  fonds  de  laChalcogr.  no.  1399);  ver- 
kleinert in  der  Archaol.  Zeitung  1885  Taf.  5,  2  =  Blümner- Dittenberger  Griech.  Antiq.  III  2  S.  246 
no.  16;  vgl.  dazu  Dierks  Arch.  Ztg.  a.  a.  O.  S.  46  fr.  —  Rev.  Der  jugendliche  Dionysos,  nach  links  ge- 
wandt, mit  Schuhen  und  Mantel,  Tänie  und  Perlenbrustband,  hat  den  r.  Fufs  auf  eine  Ranke  hochauf- 
gesetzt und  die  1.  Hand  mit  Kranz  und  Thyrsos  auf  das  rechte  Knie  gelegt;  in  der  erhobenen  Rechten 
hält  er  Tänie  und  Henkelkorb  (wol  mit  Äpfeln  gefüllt  zu  denken);  vor  ihm  Altar  mit  Früchten.  Über- 
ladene und  späte  Arbeit. 

Auf  der  einen  Seite  ein  komischer  Schauspieler,  vorwärtseilend  und  zum 
Dionysos  (auf  der  anderen  Seite)  zurückblickend:  der  Gott  spricht  mit  ihm  und  zeigt 
ihm  wol  den  Korb  mit  Früchten.  Der  Komiker  ist  mit  Ärmelanaxyrides219  und 
zusammengebundenem  Phallos,  Polster  und  enganliegendem  braunem  Tricotgewand 
(mit  grofsen  weifsen  Nullen)  sowie  Exomis  ausgestattet;  die  runzlige  stumpfnasige 
Maske  ist  bekränzt.  Während  er  in  der  R.  eine  brennende  Fackel  hält,  trägt 
er  auf  dem  Kopfe  und  mit  der  erhobenen  linken  Hand  einen  sehr  grofsen  tiefen 
Korb,  aus  dem  Brode,  Spitzkuchen,  Früchte  hervorragen;  aufserdem  hat  er  in  der 
Linken  noch  eine  lange  Tänie.  Vor  ihm  ein  Altar  mit  Früchten,  hinter  ihm  eine 
Ente,  die  einen  Wurm  oder  einen  Halm  verschluckt. 


-14)  Gleichzeitig  mit  dieser  Vase  kamen  aus  dem  Ve-  rechten  Hand  den  Gestus  eines  feinen  Kenners, 

roneser  Museum  nach  Paris  z.  B.  auch  die  beiden  der    ein    Gericht   probiert«    —    ich    vermag    der- 

homerischen    Relieftafeln     C    und    D    bei    Jahn  gleichen  nicht  zu  erkennen  und  kann  daher  auch 

Griech.  Bilderchr.   S.  4ff.,  welche  jetzt  im  Caiinet  nicht  an  die  Acharnerscene  (V.  186  ss.)    erinnert 

des  medai/les  aufbewahrt  werden.  werden,      wo      die      Friedensspenden      gekostet 

2li)  Nach  Dierks  a.   a.   O.   S.  52:    »die  Schauspieler,  werden. 

im   Haar    die    Binde,    das  Zeichen    des  Siegers,  21')  Zur  dicken  überhängenden  Oberlippe  vgl.  Anm.  96. 

welche    auf  der   vorderen   Seite   in    ihrer  Glanz-  2IS)  Kleinere  Bauer  auf  Vasen  z.B.  Petersb.no.1791 

und  .Siegesrolle  auftreten«  —  einer  Deutung  der  (CR.    1860  I);      Museum    zu    Gotha    (Mon.  de//' 

ich    nicht    folgen    kann,    da    das   einfache   Haar-  Inst.    X   37a);    U.   a.   m.      Gröfsere    Bauer,    dem 

band    durchaus   nicht    eine    Siegerbinde    zu    sein  obigen  sich  nähernd  vgl.  z.  B.   auf  der  Vase  A*. 

braucht;  vgl.  9.  Hall.  Progr.  S.  19.  219)  Ein  Streifen    oder    eine    Naht    läuft    je    an    den 

-"')  Nach  Dierks  »kostet  er  etwas  und  macht  mit  der  Beinkleidern  und  an  den  Ärmeln  entlang. 


Heydemann,   Phlyakendarstellungen.  299 

m.  Krater  (sog.  vaso  a  calice)  aus  Grofsgriechenland,  früher  in  der  Sammlung  Campana  (Ser.  IV 
no.  874),  jetzt  im  Louvre  zu  Paris:  abg.  und  bespr.  Wieseler  Mon.  dell'  Inst.  VI  35,  2  und  Atmali  1859 
p.  384 ss.   —    Km.  Zwei  Manteljünglinge;  zwischen  ihnen  eine  grofse  Blumenstaude. 

Auf  einen  mit  gekreuzten  Beinen  ruhig  dastehenden  Schauspieler "°,  welcher, 
in  Anaxyriden,  Polster,  Chiton  und  Mantel,  die  Rechte  auf  dem  Rücken  gelegt 
hat321  und  mit  der  L.  sich  auf  einen  Stock  aufstützt,  eilt  eine  Frau  zu,  ihm  beide 
Hände  entgegenstreckend.  Die  Maske  des  alten  Mannes  ist  bartlos  und  trägt  einen 
Pilos222;  der  offne  Mund  erhöht  ihren  dummen  Ausdruck.  Die  Frau,  in  langwallen- 
dem Chiton  und  reichbesticktem  Mantel  der  den  Hinterkopf  verhüllt,  in  Schuhen, 
Armband  und  Zackenstephanc,  hat  eine  grofse  Maske  mit  Runzeln  und  stumpfer 
Nase;  deutlich  erkennt  man  die  Aufpolsterung  des  Leibes  unter  ihrer  Gewandung. 
Hinter  der  Frau  steht  ein  Mann  oder  vielmehr  »ihr«  Mann,  wie  die  gleiche  Zacken- 
stephane die  er  trägt  beweist,  in  Ärmelanaxyriden ,  Chiton,  Schuhen,  Polster  und 
Phallos;  er  hat  die  L.  in  die  Seite  gesetzt  und  hält  in  der  anderen  Hand  einen 
Knotenstab;  seine  Maske  ist  gewaltig  stumpfnasig  und  bärtig.  Eine  Blumen- 
staude und  ein  Tänienende  füllen  den  Raum.  Die  Deutung  des  Vasenbildes  ist, 
den  Motiven  nach,  nicht  zu  verfehlen:  das  Ehepaar  eilt  dem  -»liomo  pileatusi  bewill- 
kommnend entgegen,  und  zwar  ist  die  Frau  die  aufgeregtere  und  zugleich  energi- 
schere. Die  richtige  Namengebung  aber  scheint  mir  von  Wieseler  vorgeschlagen, 
der  in  dem  Mann  mit  dem  Schifferhut  den  Dulder  Odysseus 223  erkennt  und  seinen 
Empfang  durch  Arete221  und  Alkinoos  dargestellt  sieht;  zugleich  weist  er  auf  den 
»Odysseus  vau<qo;«  des  Epicharmos  "5  hin,  in  dem  eine  solche  Scene,  wie  sie  das 
Vasenbild  bietet,  leicht  vorgekommen  sein  könnte  —  richtiger  und  näherliegend 
wäre  es  dann  wol  an  den  'vocjoi^öv  'Oo'jsseoe  uoX.otxtCovTa'  des  Grofsgriechen  Oinonas 
oder  Oinopas226  zu  denken?  Jedenfalls  ersieht  man,  dafs  die  Person  des  heim- 
kehrenden Laertiaden  mehrfach  parodisch  behandelt  wurde. 

n.  Dickbauchige  Lekythos,  wol  aus  Capua '-'-?,  früher  bei  Castellani  (De  Witte  Notice  1865 
110.64  =  Catal.  1866  no.  163),  dann  im  Besitz  Oppermann's  (no.  95),  jetzt  im  Cabinet  des  Medailles  zu 
Paris:  abg.  und  bespr.  Heydemann  30.  Berl.  Winckelmannsprogr.  Taf.  no.  2  S.  9ff. ;  vgl.  auch  Heibig 
Bull,   dell'  Inst.   1864  p.  136. 

Ein  Komiker  —  in  Ärmelanaxyriden  und  Schuhen,  Polster  und  enganliegen- 
dem Gewand,  den  Phallos  aufgebunden228,  den  kurzen  Mantel  um  linken  Arm 
Rücken  und  Unterleib,  in  der  Linken  einen  Stecken,  mit  grofser  Maske,  welche 
langen  Spitzbart  und  starke  Nase  hat  und  mit  einer  Tänie  umbunden  ist,  an  der 
hinten  ein  Dorn  mit  Büschel  am  oberen  Ende  emporragt  "9  —  naht  sich  verwundert 
die  Rechte  hebend  einem  vor  ihm  auf  der  Erde  liegenden  Wickelkinde.  Dies 
Kind  sv  OTrari-j'ciW?  ist  aber  nicht  wie  ich  angenommen  ein  Knabe,  sondern  wegen 
der  ausgesprochenen  Brust  doch  wol  als  Mädchen  aufzufassen;  dafs  es  ziemlich 
grofs  ist,  trägt  zur  Erhöhung   der  Komik    bei.     Hinter   dem  Manne   eine  Stele  oder 

220)  Jetzt  ohne  Phallos.  Fragment  bei  Diog.  Laert.   III  12(16),    das  von 

3Ji)  Dieser   Arm    ist    auch    wie    der    andere    in    den  Einigen  irrig   dem  Odysseus  Nauagos  zugetheilt 

Mantel  eingehüllt  zu  denken.  wird,     vgl.  Lorenz  Epicharmos  S.   186    Anm.  4. 

MS)  üben    ist  die  Öse  sichtbar,   an  der  solche  Hüte  -'-'6)  Athen,  p.  20  a  und  p.  638  b. 

aufgehängt  oder  gefafst  werden.  2i7)  So    nach   Heibig   bei   Stephani  CR.    1869  S.  152 

2-3)  Odysseus     unbärtig    z.    B.    auch     Jahn    Vasenb.  no.  6,  während  er  im  Bull.  a.  a.  O.  von  einem  »»«- 

Taf.  3;  Neap.  Vasens.   3235  (doch  vgl.  dazu  An-  siterno  nolano*  spricht  (dann  fortfahrend  erst  von 

nali  dell'  Inst.   1858  p.  250,   5);    u.  a.     Häufiger  »cose  capuane«);    de  Witte   Cat.    1866    zählt    die 

und   ganz   unzweifelhaft  ist   Odysseus  ohne   Bart  Vase    unter    *>  Vases    de    la   decadence.     Apulie  et 

dargestellt    auf  etruskischen    Aschenkisten:    vgl.  autres  fabriques«  auf,  ebenso  wie  mir  Castellani 

z.  B.  Brunn   Urne  etr.  I  41,  11;  44,  18;  86,  1 ;  2;  nur    noch  »Unteritalien«  als  Fundort  anzugeben 

88,  I   (S.  117);  u.  a.   m.  wufste. 

224)  Vgl.   zu   Aretes    Übergewicht    Odyss.  VII   53  ff. ;  228)  Vgl.  dazu  auch  Stephani  a.a.O. 


w. 


■."."i 


L'25)  Erwähnt  Athen.   619b  und  Poll.  X  134;  zu  dem 


)  Vgl.  das  Gleiche  auf  F  W. 


300 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


vielmehr  ein  Altar230,  zur  Andeutung  und  Raumfüllung  der  Scene;  aufserdem  Blätter 
und  Ornamente  im  freien  Raum. 

0.  Önochoe  mit  Kleeblattmündung  im  Musee  ccramique  de  Sevres  (no.  80):  hier  abgebildet 
nach  einer  Zeichnung,  welche  der  gütigen  Vermittlung  des  Hrn.  Champfleury,  Conservator  des  Musee 
ceramiquc  verdankt  wird.     Zeichnung  flüchtig  und  spät. 

Ein  Schauspieler  —  mit  Dickbauch 
und  Phallos,  Ärmelanaxyriden  und  Schuh- 
zeug; die  Maske  ist  kahlköpfig  und  bärtig, 
mit  starkvorspringender  Stirn  und  grofser 
Stumpfnase  —  steht  vor  einem  hohen 
Stuhl,  auf  dem  ein  Kissen  liegt.  Wäh- 
rend der  Komiker  mit  der  R.  das  Kissen 
berührt,  blickt  er  heuchlerisch  aufwärts 
und  streckt  die  linke  Hand  nach  hinten 
abwärts:  als  wenn  er  sich  fürchte  den 
Stuhl  zu  berühren.  Oder  will  er  etwa  das 
Kissen  fortnehmen  und  herunterwerfen? 
Unterhalb  der  linken  Hand  findet  sich 
ein  (herabfallender)  länglicher  Gegenstand, 
etwa  ein  kleineres  Kissen,  das  der 
Schauspieler  vielleicht  eben  von  dem 
Stuhl   genommen  und  zur  Erde   geworfen 

»/j   des  Orig.  hat? 

p.  Krater  (sog.  vaso  a  campand)  aus  Ruvo  in  der  Vasensammlung  der  Ermitage  zu  Petersburg 
Katal.  Stephani  no.  1775:  abg.  und  bespr.  Stephani  Bull.  hist.  phil.  de  l'acad.  des  scienc.  XIII  p.  I45*s. 
-=  A/e'l.  gr.  rotn.  II  p.  I  ss. ;  Wieseler  Annali  dell'  Inst.   1859  Tav.  N.  p.  379  ss.  —   Rev.  Zwei  Mantelfiguren. 

Auf  einem  hohen  ungefügen  Thronos  sitzt  Zeus,  in  Ärmelanaxyriden  und 
Mantel  der  den  1.  Arm  nebst  Schulter  und  Unterkörper  bedeckt,  in  der  Linken  das 
Adlerscepter231,  auf  dem  Kopf  das  hohe  modiosartige  Diadema;  seine  Maske,  durch 
kühne  Adlernase232  ausgezeichnet,  ist  im  Ganzen  von  Übertreibung  frei.  In  der 
erhobenen  Rechten233  hebt  er  den  Blitzstrahl,  um  ihn  auf  den  dicht  vor  ihm  stehen- 
den Herakles  zu  schleudern,  welcher  mit  der  R.  seinem  Munde  eine  Speise  zuführt 
und  verzehrt,  die  er  aus  der  Schüssel  in  der  anderen  Hand  genommen  hat.  Hera- 
kles trägt  Ärmelanaxyriden,  Polster  und  enganliegendes  Tricotgewand,  sowie  Maske 
mit  Bart  und  Löwenkopf;  sein  Glied  ist  wol  mit  der  xuvoSsajr/)  zusammengebunden 
zu  denken.  Abgewendet  von  dieser  Gruppe  steht  ein  weifshaariger  und  weifsbärtiger 
Mann,  mit  Stumpfnase  und  grofsem  Phallos,  Ärmelanaxyriden,  Polster  und  engan- 
liegendem Gewand,  um  den  Hals  die  Chlamys  geknüpft,  um  den  Kopf  eine  Tänie; 
die  Maske  ist  wie  die  des  Herakles  nur  mäfsig  verzerrt.  Während  er  die  L.  betend 
erhebt,  giefst  er  aus  einer  Kanne  in  der  R.  die  sttovStj  auf  die  Stufe  eines  mit  Blut 
reichlich  bespritzten  Altars  (vgl.  ebenso  N Q).  Die  Situation  ist  unzweifelhaft:  Hera- 
kles und  sein  Begleiter,  doch  wol  Iolaos,  wollen  dem  Zeus  opfern;  der  Letztere 
libiert  und  adoriert,  Herakles  aber,  statt  die  Schüssel  mit  den  Opferfrüchten  oder 
Opferkuchen  auf  den  Altar  zu  stellen,  tritt  gefräfsig  und  übermüthig  dicht  vor 
Vater  Zeus  und  verspeist  in  allerhöchst  dessen  Gegenwart  eine  Frucht,  worüber 
Zeus  ergrimmt  mit  den  Füfsen  strampelt  und  drohend  den  Blitz  hebt.  Ob  er  ihn 
auch  schleudern  wird,  bleibe  unentschieden;    nützen  wirds  nicht.     Ärgern  mag  den 


,3°)  Nach  Heibig  »una  cesta« ,  was  gewifs  ein  Irr- 
thum  ist. 

•M)  Tjer  Adler  läfst  —  zur  Verstärkung  der  Parodie 
—  »kläglich«  die  Flügel  hängen,  wie  Sittl  Jahrb. 
für  class.  Philol.  Suppl.  XIV  S.  20  richtig  be- 
merkt. 


232)  Vgl.   dazu  Anm.  57. 

233)  Wol  absichtlich  verzeichnet,  um  die  Anstrengung 
des  Zeus  noch  lächerlicher  zu  machen. 


Heydemann,   Phlyakendarstellungen.  3OI 

Zeus    auch,    dafs   der  Heros   die  Schüssel  weit  nach   hinten  weghält  —  da  wird  er 
wol  noch  mehr,  vielleicht  Alles  wegessen. 

q.  Krater  (sog.  vaso  a  campana)  früher  Campana  (Ser.  IV  865),  jetzt  in  der  Petersb.  Ermitage 
Katal.  Stephani  110.  1777:  abg.  und  bespr.  Wieseler  Moti.  dell'  Inst.  VI  35,  I  und  Annali  1859  p.  369SS.; 
vgl.  auch  Heydemann  9.  Hall.  Progr.  S.  21.  —  Rev.  Frau  mit  Kasten  gegenüber  einem  Jüngling  mit 
Tympanon. 

Dargestellt  sind  drei  Schauspieler.  Derjenige  in  der  Mitte  stellt  den  locken- 
umwallten Apollon  dar:  er  ist  in  Armelanaxyrides,  Polster,  enganliegendem  braunem 
Tricotgewand  und  braunem  Phallos;  um  die  Locken  hat  er  den  Lorbeerkranz,  um 
den  Hals  den  Mantel  geknüpft,  in  den  Händen  Bogen  und  Lorbeerzweig;  die  Maske 
zeigt  Runzeln,  im  geöffneten  Mund  die  Zahnreihen;  auf  einem  Auge  schielt  der 
Gott.  Er  sitzt  auf  dem  Dachvorbau"4  seines  Tempels,  welcher  durch  ein  hoch- 
füfsiges  Weihwasserbecken  angedeutet  ist,  und  blickt  erschrocken  auf  Herakles 
herab,  der  auf  einem  niedrigen  Opfertischchen  (rund  und  dreifüfsig)  "*  steht  und 
ihm  einen  Korb  voll  Äpfel  zeigt.  Herakles  trägt  Armelanaxyrides,  Polster, 
enganliegendes  braunes  Gewand  und  Exomis,  Phallos  und  Löwenkopfkappe,  in  der 
R.  die  Keule;  die  bärtige  Maske  ist  stumpfnasig  und  zeigt  im  Munde  grofse  Zähne ***. 
Auf  der  anderen  Seite  vom  Gott  steht  sich  hoch  emporrichtend  ein  Mann,  spitz- 
bärtig und  stumpfnasig,  in  Ärmelanaxyriden,  Polster  und  braunem  enganliegendem 
Gewand,  Exomis  und  Schuhen;  er  hebt  Kopf  und  rechte  Hand  zu  Apollon  empor 
und  öffnet  den  zähnereichen  Mund  zu  reden  und  zu  klagen;  seine  rund  und  breit 
geschlagenen  Ohren  weisen  auf  athletische  Beschäftigung1'17  hin.  Der  Vorgang 
dünkt  mich  leicht  zu  deuten:  Herakles  ist  nach  Delphi  gekommen  den  Gott  und 
Bruder  zu  befragen,  den  er  —  nicht  auf  seinem  Dreifufs,  sondern  —  »auf  seines 
Daches  Zinnen«  —  sitzend  findet.  Plötzlich  regt  sich  des  Helden  Appetit,  er  eignet 
sich  einen  Fruchtkorb  an  und  springt  vergnüglich  mit  seiner  Beute  auf  den  Opfer- 
tisch, auf  dem  der  Korb  ursprünglich  gestanden  —  als  Opfergabe  des  anderen 
Mannes  gestanden,  welcher  nun  rathlos  und  bestürzt  zu  Apollon  aufschreit  und 
klagt.  Und  der  Gott?  wie  erschrickt  der  über  des  Herakles'  Gebahren!  er  rückt 
ganz  an  den  Rand  des  Dachvorbaus  und  hält  Bogen  und  Lorbeerzweig  weit  bei 
Seite,  als  fürchte  er,  dafs  Herakles  auch  diese  nehmen  werde,  während  Herakles 
ein  wenig  die  Knie  biegend,  höhnisch  und  vergnüglich  ihm  und  dem  sterblichen 
Opferer  den  gestohlenen  Fruchtkorb  hinhält23".  Oben  ein  Kranz  und  eine  Greisen- 
maske239 zur  Raumfüllung. 

F.  Krater  (sog.  vaso  a  campana)  aus  Kuvo,  früher  Campana  (Ser.  IV  863),  jetzt  in  der  Peters- 
burger Ermitage  Katal.  Stephani  no.  1779:  abg.  und  bespr.  Wieseler  Annali  1853  Tav.  C  D  p.  43  ss.; 
vgl.   auch  Braun  Bull,  dell'  Inst.   1844  p.  132.  —  Rev.  Zwei  Mantelfiguren. 

Auf  dem  von  drei  Pfosten  gestützten  Logeion  befinden  sich  drei  Komiker. 
Der  eine  in  Ärmelanaxyriden  und  Schuhen,  Exomis240  und  Mantel  der  um 
den  Unterkörper  liegt,  sitzt  auf  einen  Lehnstuhl,  in  der  Linken  ein  gewaltiges 
•j-pctix^aTstov    haltend    und    mit    dem    Stylos    in  der  R.  sich  in  (und  hinter)  dem  Ohr 

234)  Vgl.   dazu  z.  B.   K X  d.  1885   S.  39  verkennt  den  Inhalt  der  Scene,  wenn 

-3ä)  Poll.  IV  123:  litt  W  xfj;  «xr)v?(s  . . . .  -/.od  ■zrAzt'li  er   erkennt:    «Zwei   Diener,    die  sich  in  Liebko- 

7:£[ip.aT0t  ggouso,  r;   (retopls  (iivope£t?0   ?,  Shxupü.  sungen  gegen  Apollon,  ihren   Herrn,   überbieten. 

•**)  Die    » yörj.05ioi «    des  Herakles    werden    besonders  Der    eine   sucht   seine   Gunst   durch   einen  Korb 

erwähnt  Arist.  Frösche  572;  vgl.  auch  das  Bruch-  mit  Früchten,  der  andere  durch  declamatorische 

stück  aus  dem  Busiris  des  Epicharmos  bei  Athen.  Schmeicheleien  zu  gewinnen«. 

p.  41 1  b.  -'39)  Auch  diese  zeigt  die  Zahnreihen   —   der  Vasen- 

*")  Vgl.   dazu  D  g  und  9.  Hall.   Progr.   S.  5.  maier    hat    auf    die    Wiedergabe    dieses    Details 

238)  Anders    freilich  Wieseler,    der  Herakles    als   flc-  besonders  geachtet. 

henden     und    opfernden    nimmt;     den     anderen  v4°)  Wieseler     nimmt    irrthümlich    ihren    oben    quer- 

Schauspieler   hält   er    fUr   einen   »9uiuptTr(;«    des  herab  laufenden  Saum   für  ein  Band  zum  Tragen 

apollinischen  Tempels.      Auch  Dierks  Arch.  Ztg.  der  pugillares. 


302  Heydemann,  Phlyakendarstellungcn. 

kratzend2*1;  die  Maske  ist  bartlos  und  runzlig.  Vor  ihm,  den  wir  als  Schreiber"2 
oder  Beamten  zu  fassen  haben,  sind  die  anderen  beiden  Komiker  erschienen,  die 
barfüfsig  sind.  Der  eine  von  ihnen,  dessen  grofsmäulige  Maske  stark  vorstehenden 
Unterkiefer  mit  einzelnen  Zähnen  sowie  weifsen  Bart  und  Haar  hat,  in  Ärmelanaxy- 
rides,  Polster,  Phallos  und  Exomis,  über  dem  1.  Arm  und  auf  dem  Rücken  den 
Mantel,  stützt  sich  auf  einen  Stock  in  der  R.  und  hebt  redend  die  von  dem  Mantel 
bedeckte  linke  Hand;  hinter  ihm  lehnt  sein  langes  gegabeltes  Tragholz  mit  seinem 
Reisesack243.  Er  will  wie  es  scheint  sich  vertheidigen,  als  der  vor  ihm  befindliche 
andere  Komiker  sich  umwendet,  ihm  zu  schweigen  zuruft  und  drohend  den  Zeige- 
finger der  rechten  Hand  hebt;  er  ist  mit  Armelanaxyriden  und  Phallos,  Polster 
und  Exomis  versehen  und  hält  in  der  Linken  eine  noch  gröfsere  Schreibtafel  als 
der  sitzende  Beamte.  Das  Schielen  und  die  Kahlköpfigkeit  seiner  ins  Unmäfsige 
verzerrten  Maske  —  die  Nase  ist  arg  aufgestülpt,  der  Mund  weit  offen,  die  dichte 
Reihe  der  oberen  Zähne  sichtbar,  die  Unterlippe  mit  kleinem  Spitzbart  weit  vor- 
ragend —  weist  ihn  in  den  Stand  der  Sklaven21*:  er  ist  wol  als  Scharwächter 
(irsp''wAoc)  zu  nehmen,  der  den  Reisenden,  dessen  Pafs2*5  nicht  in  Ordnung  zu  sein 
scheint,  aufgegriffen  und  vor  den  Beamten  geführt  hat.  Während  der  Diener  nun 
den  Pafs  (die  Schreibtafel  die  er  trägt)  vorliest  und  der  Beamte  unschlüssig 
zuhört,  wagt  der  Reisende  dazwischen  etwas  zu  bemerken  und  sich  zu  vertheidigen 
—  da  schnauzt  ihn  der  Häscher  barsch  an  und  befiehlt  drohend  zu  schweigen2*6. 

S.  Krater  (sog.  vaso  a  campand)  aus  Unteritalien,  jetzt  im  Museum  zu  Moskau:  abg.  und  bespr. 
Wieseler  Annali  dell'  Inst.  1871  Tav.  H  p.  102  ss.;  vgl.  auch  C.  Müller  Philologus  35  S.  354f.  —  Rev. 
Zwei  sog.  Manteljünglinge. 

Eine  Frau,  schlanken  hohen  Wuchses,  in  Schuhen  und  breitem  Kopf  band, 
Chiton  und  Mantel  in  den  der  linke  Arm  gewickelt  ist,  wird  von  zwei  komischen 
Schauspielern,  die  sie  drohend  anschauen,  fortgeführt:  sie  legt  nachdenklich  ernst 
die  Rechte  an  das  Kinn.  Die  beiden  Wächter  haben  Phallen  24r,  Polster  und  Armel- 
anaxyriden, kurzen  Chiton  und  Schuhe;  der  eine,  der  vorangeht,  blickt  zu  ihr  um 
und  hebt  die  geballte  Rechte;  der  andere,  ein  wenig  hinter  der  Gefangenen  einher- 
gehend, hat  die  Linke  ruhig  gesenkt,  während  er  mit  der  (nicht  sichtbaren)  Rechten 
die  Frau  wol  vorwärtsschiebt.  Aufserdem  hat  der  vordere  Wächter  am  1.  Arm 
einen  Schild,  während  der  hintere  den  Schild  (um  beide  Hände  frei  zu  haben) 
quer  auf  der  Brust  gebunden  trägt848.  Die  Masken  in  ihrer  Übertriebenheit  bilden 
einen  treffenden  Gegensatz  zu  dem  vornehmen  Gesichtsschnitt  der  maskenlosen 
Frau.  Oben  abschliefsend  und  raumfüllend  eine  lange  Tänie.  Wer  die  Gefangene 
ist,  ob  etwa  eine  Heroine249  oder  eine  sterbliche  Frau,  wage  ich  nicht  zu  bestimmen; 
die  Darstellung  bietet,  so  viel  ich  sehe,  nirgends  einen  Fingerzeig,  der  zu  einer 
auch  nur  einigermafsen  wahrscheinlichen  Lösung  führen  könnte. 

'**')  Nach  Braun  a.  a.  O.  stochert  er  in  den  Zähnen  —  ***)  Die  Art  und  Weise,  wie  die  Gegenstände  getra- 

die  obige  Erklärung  dünkt  mich  richtiger  zu  sein.  gen  werden,  spricht  wie  mich  dünkt  auf  das  Be- 

***)  Gleichfalls  Tafel  und  Griffel  hat  z.  B.  der  öffent-  stimmteste  sowol  gegen  Reisesäcke  (gegen  diese 
liehe  Schreiber  bei  der  Dokimasie  der  attischen  spricht  auch  das  Fehlen  der  zugeschnürten  Off- 
Reiterei  auf  der  Berliner  Schale  no.  2296  (Arch.  nung;  vgl.  z.  B.  X\  ferner  Overbeck  Sagenkr. 
Ztg.    1880  Taf.  15  =5  Schreiber  Atlas  40,  7).  XXVIII   5;    Jatta    Vasi  Caputi  Taf.  1;    u.  a.  m.) 

243)  Vgl.  dazu  R.  als   gegen  Kissen    (die  es  der  Form   nach  allen- 

'-**)  Vgl.    dazu    aus    der    neuen   Komödie    Pollux  IV  falls  sein  könnte) ,    an    welches   Beides  Wieseler 

149:     6    8'ouXo;    UepciTtiuv  ....  xai    ävatpaXavTi»  ;  a.  a.  O.  zu  denken  für  möglich  hält;  C.  Müller  im 

£sti  tuA  Staoxp&^o«  TTjv  O'iiv.  Philologus  a.  a.   O.   erkennt  Kissen.   -.  Es  werden 

"ib)  Vgl.   dazu  Becker  Charikles  I  S.  24 f.  aber  wol  sicher  Schilde  sein,  welche,  wie  sonst 

M6)  Anders  Braun  und  wieder  anders  Wieseler;  die  öfter  auf  dem  Rücken,  so  hier  am  Leib  ge- 
obige Erklärung  allein  scheint  mir  dem  Bilde  tragen  werden,  um  die  freie  Bewegung  der 
völlig  gerecht  zu  werden.  Hände    zu    gestatten,     obgleich    mir   nicht    ge- 

3,T)  Zu  den  bei  dem  vorderen  Komiker  angegebenen  lingen  will  ein  analoges  Bild  aufzufinden. 

»Schamhaaren«  vgl.  z.  B.  auch  B  Q  R  u.   a.   m.  219)  z.  B.  Briseis?  ÄthraJ 


Hcydcmann,  Phlyakemlarstellungen.  303 

t.  Gefäfs  (sog.  vaso  a  campanä)  früher  in  der  Sammlung  Rainone  zu  S.  Agata  de'  Goti,  wo  es 
auch  wol  gefunden  ist:  abg.  und  bespr.  Gerhard  Ant.  Bildw.  73  S.  312 f. ;  l'anofka  Annali  dell'  Inst.  1847 
Tav.  K  p.  216  ss.;  Welcker  Arch.  Ztg.  1848  S.  333  =  A.  D.  III  35,  1  S.  504ff.;  Wieseler  Theaterg.  IX  7 
S.  5 5  f • ;  Schreiber  Kunsthist.  Bilderati.  IV  8;  Baumeister  Denkmäler  I  no.  87  ;  vgl.  noch  Overbeck  Sagenkr. 
S.  143,  69;  Hirzel  Arch.  Ztg.  1863  S.  71  f. ;  Heydemann  Nacheurip.  Antigone  S.  16.  —  Revers  und  Ver- 
bleib der  Vase   unbekannt. 

Dargestellt  sind  drei  Schauspieler.  Ein  Häscher,  mit  bärtiger  stumpfnasiger 
Maske,  in  Ärmelanaxyriden  und  Phallos35",  Polstsr  und  enganliegendem  Gewand, 
Exomis  und  auf  Kopf  und  Rücken  ein  Thierfell,  in  der  L.  zwei  Lanzen,  hält  mit 
der  Rechten  (an  der  Schulter)  zum  Abführen  einen  greisen  Mann  fest,  welcher  als 
Frau  in  langwallendem  Doppelchiton  und  Mantel  verkleidet  ist.  Dafs  der  Ergriffene, 
der  zu  entweichen  sucht,  wirklich  einen  Mann  in  Frauenverkleidung  darstellen  soll 
—  nicht  etwa  nur  ein  Schauspieler  als  Frau  ist  —  beweisen  sowol  seine  weifsbärtige 
Maske251  mit  starker  Glatze  und  krummer  Nase,  als  der  sichtbare  Phallos'252;  dieser 
verkleidete  Greis  hat  im  linken  Arm  eine  grofse  Hydria,  in  der  gesenkten  Rechten 
aber  eine  Mädchenmaske253,  welche  er  zu  seiner  völligen  Verkleidung,  vor  der 
Greisenmaske  getragen,  jetzt  aber  abgenommen  hat.  Zugegen  ist  noch  ein  Schau- 
spieler, als  Fürst  erkenntlich  durch  Stephane  und  Scepterstab ;  er  ist  in  Ärmel- 
anaxyriden und  Phallos,  enganliegendem  Gewand254  und  besticktem  Mantel,  der 
linken  Arm,  Rücken  und  Unterleib  bedeckt  und  unter  dem  die  Linke  in  die  Seite 
gesetzt  ist;  die  Maske  hat  über  der  Stirn  Glatze,  ehrwürdig -langen  weifsen  Spitz- 
bart, überhängende  lange  Nase.  Staunend  und  erregt  über  den  Vorgang  hebt  der 
Fürst  die  Rechte  mit  dem  Scepterstab.  Alle  drei  Schauspieler  sind  barfüfsig.  Die 
Deutung  des  Vorgangs  verdanken  wir  Panofka,  der  zuerst  und  wie  auch  mir  scheint 
mit  Recht"55  eine  Parodie  der  Antigone  erkannte:  vor  König  Kreon  ist  vom  auf- 
gestellten Wächter  (Doryphoros)  das  Mädchen  mit  dem  Wassergefäfs  (so  hat  er  sie 
beim  Leichnam  des  Polyneikes  gegen  des  Königs  Befehl  ertappt256)  geschleppt 
worden  —  da  hat  die  Gefangene  die  Maske  abgenommen  und  sich  als  ein  greiser 
Diener  entpuppt.  Antigone  ist  wolweislich  nicht  selbst  gegangen,  sondern  hat  nur 
einen  Getreuen  in  ihrer  Tracht  abgesendet,  die  Spenden  dem  Bruder  zu  verrichten. 
Darob  grofse  Empörung  beim  König  und  Abführung  der  vermeintlichen,  natürlich 
sich  sträubenden  Antigone. 

U.  Vase  (a  campanä),  einst  in  der  Sammlung  des  Museo  Borbonico  zu  Neapel,  jetzt  ver- 
schollen :  beschr.  bei  Gerhard-Panofka  Neap.  Ant.  Bildw.  S.  322,  570. 

Panofka  beschreibt  die  leider  nicht  publicierte  Darstellung  folgendermafsen: 
»Ein  Komiker,  den  Kopf  mit  gelbem  Tuch  umwunden,  mit  bärtiger  Maske,  weifsem 
kurzen  Chiton,  Hosen  und  schwarzem  vorgebundenen  Glied,  die  Flöte  spielend; 
rechts  ihm  gegenüber  eine  langbekleidete  Flötenspielerin;  dazwischen  eine  umbun- 
dene  Stele,  worauf  vier  Äpfel.  Rechts  hinter  der  Frau  ein  gleich  gekleideter 
Komiker,  auf  einem  bekränzten  Altar  sitzend,  worauf  ein  Granatapfel  liegt,  in  den 
weit  aufgesperrten  Mund  seiner  Maske  einen  Delphin  mit  der  Rechten  hineinsteckend ; 
oberhalb  Binde  und  Weinblätter,  unten  Zweige.« 

V.  Krater  (sog.  vaso  a  campanä)  aus  der  Basilicata-1"7,  früher  Durand  no.  670,  dann  vorüber- 
gehend im  Besitz  von  de  Nolivos  und  in  der  Hope'schen  Sammlung  no.  17:  beschr.  De  Witte  Calal. 
Durand  p.  230;  vgl.  auch  Panofka  in  Gerhard's  Hyperb.  röm.  Stud.  I  S.  168  (=  Kunstblatt  1825  S.  285); 
Gerhard  Arch.  Anz.   1849  S.  99  (nach  Mittheilungen  von   Birch).  —  Rev.  Zwei  sog.   Manteljünglinge. 


ib0)  Schamhaare  stark  angegeben.  maske  (racpm-i'c,  TC[>oa(u-t;)  mit  Stirnhaar  zu  sein. 

aM)  Der  offne  Mund,    die  Grofse  des  Umfang«,    die  Vgl.  9.  Hall.   Winckelmannsprogr.   S.  21  f. 

hohen   Augenbrauen  zeigen  deutlichst,    dafs  der  ,M)  Von  Polstern  ist  nichts  zu  sehen,  aber  sie  sind 

Schauspieler  maskiert  ist.  anzunehmen. 

2M)  Vgl.  als  Analogie  dazu  den  Phallos  des  als  Frau  "5)  Vgl.   besonders  Welcker  und  Hirzel  a.   a.  O. 

verkleideten    Mnesilochos    Aristoph.    Thesmoph.  'ibä)  Vgl.  dazu  Soph.  Antig.  426  ff. 

643  ff.  "7)  So  nach  Panofka,  der  das  Gefäfs  noch   in  Nea- 
-' ,:l)  Der   offne    Mund    dient    als   Henkel;    es    scheint  pel    sah;    im    Katalog    Durand    ist    als   Fundort 

kein    Maskenkopf,     sondern    nur    eine    Gesichts-  allgemeiner  »Apulien«  angegeben. 


304 


Heydemann,   Phlyakendarstellungen. 


De  Witte  beschreibt  die  leider  nicht  veröffentlichte  Komikerscene  (deren  jetzi- 
gen Verbleib  ich  nicht  anzugeben  vermag)  wie  folgt:  nun  actenr ,  vetu  d ' anaxyrides , 
danse  les  deux  jambes  jointes,  de  mattiere  ä  ce  qiion  dirait  quon  lui  en  a  coupe 
wie'1'*.  Des  seins  proemiuents'"'',  un  phallus  postiche  et  un  masque  barbu  compVetent 
son  ajustement.  Devant  cet  acteur  est  un  second"'0  personnage  assis  sur  un  siege  ä 
dossier,  et  vetn  d'une  tunique  et  d' anaxyrides;  il  est  bossu'"'1  et  tient  wie  lyre'"'';  ses 
pieds  reposent  sur  un  escabeau.  Un  troisieme  acteur ,  muni  d'nn  masque,  ä  barbe 
et  cheveux  blaues,  est  assis  sur  wie  table  derriere  le  danseur.  II  est  vetu  d anaxyrides, 
et  pince  de  la  lyre.  Au  dessus  wie  tablette.«  Nach  Gerhard  a.  a.  O.  wäre  hier  »ein 
musikalischer  Wettstreit  dargestellt,  doch  scheint  in  der  Mittelfigur  mehr  ein  Gegen- 
stand oder  etwaiger  Preis  als  ein  Richter  des  Streits  gemeint  zu  sein«;  mich  will 
De  Witte's  Erklärung  —  Tanz  zu  Leierspiel  —  richtiger  dünken. 

W.  Krater  (sog.  vaso  a  campana)  früher  im  Besitz  Pacileo's;  jetzt  verschollen:  hier  abgebildet 
nach  einer  im  Archäol.  Apparat  des  Berliner  Museums  befindlichen  Bause.  —  Rev.  Zwei  sog.  Mantel- 
figuren. 


2/3  des  Orig. 


s58)  Panofka  a.  a.  Ü.  »wegen  der  Stellung  im  Profil 
ist  nur  ein  Fufs  sichtbar«. 

***)  \n  beabsichtigter  » Zwitterbildung «  (Gerhard) 
oder  gar  »Weiblichkeit«  (Panofka)  dieser  Figur 
ist  dabei  gewifs  nicht  zu  denken. 

'■">°)  Panofka  hielt  irrigerweise  auch  diese  wie  die 
folgende  Figur  für  Frauen  in  Mannertracht  (sog. 
Lysiodoi:  Athen,  p.  620  E). 

261)  Bucklich  —  d.  h.  doch  wol  nur  hinten  am 
Rücken  gleichfalls  sehr  dick  und  unförmlich 
ausgestopft,  wie  z.  B.  die  Komiker  KQ  c  und 
andere,  welche  man  im  ersten  Augenblick  auch 
für    bucklich    halten    könnte.      Buckliche    Men- 


schen vermag  ich  aufser  dem  bekannten  wun- 
dervollen Äsop  der  Villa  Albani  und  aufser 
einigen  Pygmäengestalten  (z.  B.  Heibig  Camp. 
Wandg.  110.  1539  b;  Bull,  dttt  Inst.  1867  p.  34s.; 
u.  a.)  auf  erhaltenen  Werken  nicht  nachzuweisen ; 
vgl.    auch    Blümner-Dittenberger  Griech.  Antiq. 

IV  S.  31.  4- 
wt\  >jebst  einem  grofsen  Plektron,  das  in  .den  Hyp- 
röm.  Studien  a.  a.  ü.  als  »eine  Art  Keule«  ver- 
kannt wird ;  vgl.  dazu  z.  B.  das  grofse  Plektron 
auf//;  ferner  Stephani  CR.  1861  IV;  1862  VI  2; 
Wiener  Vorlegebl.  Ser.  VI  11,  1;  u.  ö. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  305 

Bruchstück  aus  einem  bacchischen  Thiasos363:  ein  Kentaur,  im  linken  Arm 
eine  grofse  Spitzamphora  in  deren  Mündung  ein  Zweig  steckt,  springt  vergnüglichst 
galoppierend  und  die  Rechte  ballend  vorwärts;  seine  Brust  ist  ganz  behaart;  um 
den  Thierleib  ist  ein  Band  gebunden.  Hinter  dem  Ohr  trägt  er  einen  langen 
schmalen  Halm,  wol  zum  Ausputz.  Voran  eilt  umblickend  ein  komischer  Schau- 
spieler204, in  Ärmelanaxyriden  und  Exomis,  mit  bärtiger  schwarzhaariger  Maske; 
in  der  gesenkten  Rechten  trägt  er  am  Henkel  einen  Eimer  oder  Kalathos 
(etwa  einen  Kühleimer?  vgl.  9.  Hall.  Progr.  Anm.  37),  während  er  die  Linke  im 
Gespräch  mit  dem  Kentauren  hebt;  der  Mund  ist  weit  geöffnet,  der  Ausdruck  des 
runzligen  Gesichts  ängstlich  —  wahrscheinlich  treibt  dieser  in  seiner  Weinlaune  es 
ihm  zu  laut,  allzu  »xsvraufwxä)»«. 

X.  Vasenbild  (sog.  »urna  col  coverchio  a  manichi  alzati<  =  Jahn  Münch.  Vasens.  Taf.  II  83); 
jetzt  verschollen:    abg.  Hancarville  Ant.  I  43  (20)265. 

Ein  Schauspieler,  in  Ärmelanaxyriden  und  Chiton,  Polster  und  Phallos366, 
in  unförmlicher  Maske  mit  Bart  und  Kranz,  eilt  grinsend  und  lustig  mit  zwei  Fackeln 
in  den  Händen  vorwärts.  Er  wendet  den  Kopf  nach  der  ihm  folgenden  Frau  (Bac- 
chantin), welche,  in  Chiton  und  Mantel,  Kopftuch  und  Schmuck,  mit  grofsen  Schritten 
folgt  und  Doppelflöte  bläst;  sie  ist  nicht  maskiert  noch  ausgepolstert.  Im  freien 
Raum  oben  eine  Fensterritze  und  eine  Phiale,  unten  eine  Blume.  Bruchstück  aus 
einem  bacchischen  Thiasos. 

y.     Vasenbild,  jetzt  verschollen:   abg.  Tischbein    Vas.  Hamilton  I  41  (II  7). 

Dionysos,  bekränzt  und  reichgeschmückt,  mit  Schuhen  und  Mantel  ausge- 
stattet, in  den  Händen  Tänie,  Schale  und  Thyrsos,  folgt  einem  komischen  Schau- 
spieler, welcher,  vorangehend  und  den  Kopf  zum  schlanken  Gott  umwendend,  ihm 
in  der  erhobenen  Linken  eine  Tänie  zeigt,  auf  die  sein  Auge  gerichtet  ist.  Der 
Schauspieler  trägt  aufserdem  in  der  gesenkten  Rechten  ein  eimerartiges  Henkelgefäfs 
(Kühleimer  oder  Weingefäfs) 2,;7  und  auf  dem  Kopf  einen  sehr  langen  tiefen  Korb,  der 
mit  Broden,  Spitzkuchen,  Früchten,  Zweigen  und  einer  Tänie  gefüllt  ist;  die  erho- 
bene linke  Hand  wird  den  Korb  wol  auch  berühren  und  halten***.  Bekleidet  ist 
der  komische  Begleiter  des  Dionysos  mit  Ärmelanaxyriden,  Polster,  enganliegendem 
Gewand,  Exomis  und  Phallos;  der  Maskenkopf  zeigt  unförmliche  Stumpfnase,  strup- 
pigen Bart  auf  Oberlippe  und  am  Kinn,  breiten  zahnreichen  Mund;  das  kurze  Haar 
ist  bekränzt.  Rechts  und  links  von  den  beiden  Figuren  je  ein  Altar  mit  Früchten; 
im  freien  Raum  Blätter,  Ranken,  Punkte  und  Gräser. 

Z.  Vasenbild,  jetzt  verschollen:  abg.  und  bespr.  Tischbein  Vas.  Hamilton  I  44(11  5);  Müller- 
Wieseler  D.   a.  K.  II   50,  623. 

Dionysos,  in  Kranz  und  Tänie,  Schuhen  und  Armbändern,  über  den  Armen 
den  Mantel,  hält  Thyrsos  und  Trinkschale  in  Händen  und  spricht  mit  einem  klei- 
nen269 komischen  Schauspieler,  welcher  vor  dem  Gott  stehend  und  in  der  linken 
Hand  Kästchen  und  Tänie  haltend,  in  der  Rechten  ihm  Apfel  und  Kranz  zeigt. 
Der   Schauspieler    ist    in    Ärmelanaxyriden,    Polster,    Phallos    und    enganliegendem 


263)  Vgl-  die  verwandten  Darstellungen  a)  einer  Vase,  iu)  Ob  ihm  auf  der  Vase  der  Phallos  wirklich  fehlte, 
die    früher    im    Besitz    des    Herzogs    von    Blacas  mufs  dahingestellt  bleiben. 

war  und  von  Gherardo  de'  Rossi  Katalog  p.  104  2<")  Mir  ist  hier  nur  die  Abbildung  des  franzosischen 
No.  XLII    beschrieben    ist  (Kentaur,    mit   einem  Nachdrucks  von  David  (Paris   1785)  zugänglich, 

grofsen    Baumstamm    [daran    Tänie]    und    einem  -'66)  Nicht  allzugrofs  nach  der  Zeichnung. 

Kranz  in  Händen,  folgt  einer  Bacchantin,  welche  ^^  Vgl.  dazu  Anm.  182. 

»ha  in  mano  uno  di  quei  vasi  a  forma  di  paniere  268)  Sonst  würde  der  Korb,    da  er  nicht  im  Gleich- 
pendenti  da  un  manico  superiore«);  b)  des  Vasen-  gewicht    auf  dem  Kopf   steht,    wol    herabfallen 

bildes    Tischbein    I    42  =  Müller  -  Wieseler    D.  müssen. 

a.  K.   II  46,  589  (Kentaur  mit  Fackel  und   Baum-  -'69)  Die  Figur  reicht  dem  Dionysos  nur  bis    an  die 
stamm,  an  dem  Tänie  Pinax  und  Vogel  hängen;  Brustwarzen, 

vorangeht  ein  Satyr  mit  Thyrsos  und  Frucht  in 
Händen). 


306  Heydemann ,   Phlyakendarstellungen. 

(braunem)  Tricot-Gewand;  ein  kleines  Mäntelchen  liegt  um  den  Unterleib,  Rücken 
und  linken  Arm;  um  den  unbärtigen  dicknasigen  Maskenkopf  hat  er  eine  mit  Perlen 
besetzte  Tänie  und  auf  dem  Rücken  zwei  grofse  Flügel.  Zwischen  beiden  Figuren 
ein  Altärchen  oder  eine  Stele  mit  Äpfeln;  zwischen  den  emporgerichteten  Flügeln 
hängt  raumfüllend  ein  Kranz  mit  Tänie.  Mir  scheint  es  unzweifelhaft,  dafs  der 
Komiker  des  Vasenbildes  den  Sohn  der  Aphrodite,  den  Allsieger  Eros  darstellt: 
die  knabenhafte  Gröfse,  die  jugendlich  unbärtige  Maske,  die  Beflügelung  passen  nur 
auf  ihn270,  der  gewifs  hier  und  da  in  Komödien  —  ich  erinnere  nur  an  die  ver- 
schiedenen alten  Komödien,  welche  olympische  Personen  und  Verhältnisse  zum  di- 
recten  Vorwurf  haben57'  —  auftrat  und  dann  ähnlich  der  Figur  der  Zeichnung  aut 
der  Bühne  erschien.  Vielleicht  war  der  Eros  der  Komödie  meistens  eine  stumme 
Rolle,  die  von  Kindern  dargestellt  wurde,  um  wenigstens  in  der  Kleinheit  der 
Gestalt  den  damals  schon  vorwiegend  als  Kind  gedachten  Gott  wahrheitsgemäfs 
vorzuführen. 

".  Yasenbild,  jetzt  verschollen:  abg.  und  bespr.  Tischbein  Vas.  Hamilton  IV  10  (50);  Wieseler 
Theaterg.  Denkm.  1X6  S.  54L  Vgl.  Böttiger  Kl.  Sehr.  II  S.  279fr".  (der  ungerechtfertigterweise  den 
»Kordaxtanz«   erkennt.) 

Dargestellt  sind  vier  Schauspieler,  deren  einer  als  Frau  gekleidet  ist.  Der 
eine'"'3,  auf  einen  Stock  (aus  Weinrebe)  in  der  Linken  gestützt,  zeigt  mit  dem  Zei- 
gefinger der  vorgestreckten  Rechten  auf  einen  Gefährten  hin.  Derselbe,  ihm  gegen- 
überstehend und  sich  auf  den  Fufsspitzen  hochaufrichtend,  hält  im  linken  Arm 
gleichfalls  einen  Weinrebstock  und  bewegt,  indem  er  auf  seinen  Phallos  herabblickt, 
erregt  beide  Arme  —  er  läfst  das  »axtm'ov  xadstjiivov  epuirpov  i!i  ötxpou  tm-/6«  sich  aut 
und  ab  bewegen'73  und  gibt  dadurch  wol  seinen  Gefühlen  Ausdruck  für  die  zwi- 
schen den  beiden  Schauspielern  stehende  Frau,  welche  —  in  langwallendem  Chiton274 
und  Überwurf,  in  Schuhen  und  Haube,  mit  Maskenkopf  von  ältlichen  unschönen 
Formen  —  den  Kopf  zu  dem  vierten  flötenblasenden  Schauspieler  umwendet  und 
mit  beiden  Händen  ein  Rädchen '"  schnurren  läfst.  Dieser  vierte  Schauspieler,  der 
zwei  Flöten  bläst,  steht  mit  gekreuzten  Beinen  ruhig  da;  er  ist  ohne  Phallos276.  Die 
drei  männlichen  Schauspieler  haben  Ärmelanaxyriden  mit  je  einem  langen  Streifen, 
Polster  und  Chiton;  sie  sind  beschuht  (mit  Ausnahme  des  zweiten);  ihre  Masken- 
köpfe, bärtig  und  bekränzt,  zeigen  verschiedenen  Ausdruck:  der  Flötenspieler  ist 
behäbig  und  vergnüglich;  der  »verliebte«  Mann,  über  der  Stirn  kahlköpfig  und  mit 
Adlernase,  blickt  »optuu« ;  der  erste  Schauspieler  mit  arger  Stumpfnase  weist  lachend 
auf  den  alten  Liebhaber  hin,  vor  dem  unten  eine  Grasstaude  den  Raum  füllt.  Genre- 
scene  erotischen  Inhalts:  die  beiden  Schauspieler  mit  den  Stöcken  mögen  sich  um 
die  Gunst  der  Hetäre  bewerben,  welche  das  Liebesrädchen  spielen  läfst,  während 
ein  Begleiter  Musik  anstimmt. 


37°)  Gerhard   Hyperb.   Studien  II  S.  116    denkt   (was  17i)  Vorn  mit  einem  breiten  jbäßoo;  besetzt. 

ich   des    ehrwürdigen  Autors    wegen    verzeichne)  -7,s)  Über  dies  Spiel,   das  beim  Liebeszauber  bedeu- 

an  »Mysterienbeziehung«.  tungsvolle  Verwendung  fand,    vgl.   Jahn  Ber.  d. 

s")  Vgl.   z.    B.    des  Aristophanes    Daidalos    (Suid.   s.  S.   G.   d.   W.    1854    S.  256  f.      Deutliche   Beispiele 

v.  Eüp'ißotTO;) ;  des  Hermippos  Theoi  (vgl.  Athen.  auch    Stephani  CR.    1865    Taf.  III  25;    Gerhard 

426 f. );  des  Kratinos  Nemesis  (vgl.   dazu  Kekule  Spiegel   326   (vgl.   Stephani    CR.     1865    S.  79,   3 

Griech.    Vasengem.    S.    7  ff.);     des    Epicharmos  und    Arch.    Ztg.     1870    S.   19),'     Neap.    Vasens. 

Heroen-  und  Götterkomödien  (vgl.  dazu  Lorenz  No.  1982;   2924;   3144;  u.  s.  w. 

Epicharmos  S.  1261T.);  u.   a.  m.  17e)  Warum    der   Flötenbläser    auf   der    Bühne,    der 

i72)  Sein    Phallos    ist    wie    derjenige    des    Genossen  doch     auch    Schauspieler    ist    wie    die    anderen, 

vorn    mit   einein    Bande     verbunden;    vgl.    dazu  keinen   Phallos   zeigt,    ist    sehr  auffällig  und  ein 

Stephani    CA'.     1869   S.  152,4     und   jetzt    erläu-  Grund    kaum    anzugeben.     Vielleicht    war  er  auf 

ternd  Arch.  Ztg.   1879  Taf.  4.  dem    Original    zusammengebunden,     was    grade 

273)  Sein    Phallos    ist    wie    gesagt    vorn    verbunden;  bei    Musikern    gebräuchlich    war    (vgl.   Stephani 

die  beiden  Tänienenden   zeigen  je  zwei  Troddel-  CR.  1869  S.  I5°f'   und  z.  B.   S.  153-  no.  10;     II ; 

chen.      Wieseler    a.  a.   O.    verkennt   meines    Er-  u.   a.  m.),   und  ist  nur  von  Tischbein  unverstan- 

achtens    die    letzteren    und    denkt    an    «Samen-  den  fortgelassen  worden, 
verspritzung«. 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 


307 


(j.  Vasenbild,  jetzt  verschollen:  abg.  Tischbein  Vas.  IV  57;  jWieseler  Theatergeb.  Denkm.  IX  4 
S.  54;  Champfleury  Caricat.  ant.'*  p.  244;  Schreiber  Kulturhist.  Bilderati.  V  10.  Vgl.  Otfr.  Müller  Dorer2 
II  S.  349;  Panofka  Arch.  Ztg.   1852  S.  511  f.;  u.  a. 

Auf  einem  Fisch  lagert  ein  Schauspieler,  in  Ärmelanaxyriden  und  Phallos, 
Chiton  und  Maske,  die  offnen  Mund  Stumpfnase  Spitzbart  und  hohe  kahle  Stirn 
zeigt;  um  den  Kopf  Tänie  und  Perlenreihe.  Er  blickt  empor  und  hält  sich  ängst- 
lich mit  der  R.  am  Kopf  des  Fisches,  während  er  die  linke  Hand  nebst  Kopf  hebt 
(als  Zeichen  innerer  Theilnahme  an  irgend  einem  Vorgang  den  er  beobachtet).  Da 
das  Vasenbild  aus  Unteritalien  stammt,  woselbst  es  auch  gemalt  ist,  so  ist  die  Deu- 
tung, welche  darin  eine  Parodie  des  Taras,  des  Heros  eponymos  von  Tarent,  er- 
kennt, unzweifelhaft  richtig277:  zahllose  Münzen  der  reichen  Handelsstadt  zeigen  ihn  im 
mannigfachsten  Wechsel  auf  einem  Delphin  reitend27",  wogegen  andere  Darstellun- 
gen des  Taras  auf  den  Münzen  seiner  Stadt  nur  ganz  vereinzelt279  sind.  Allenfalls 
könnte  noch  an  einer  Parodie  des  Phalanthos  gedacht280  werden,  welcher  von  Sparta 
aus  die  Stadt  Tarent  gegründet  haben  und  schiffbrüchig  von  einem  Delphin  ans 
Land  gebracht  sein  sollte281  —  doch  dünkt  mich  bei  der  allgemeinen  Verbreitung 
der  Tarentiner  Münzen  mit  dem 
Taras  »ozktsivi  Itto^ouiasvoc«  die 
erste  Deutung  wahrscheinlicher. 
Im  Geist  der  Komödie  ist  es, 
wenn  an  Stelle  des  Delphins 
ein  Fisch  und  statt  des  jugend- 
schönen Heros  ein  häfslicher 
Alter  dargestellt  ist,  welcher 
ebenso  ungeschickt  und  ängst- 
lich auf  dem  Thiere  hockt,  als 
Taras  sicher  und  vornehm  durch 
die  Wellen  dahinreitet. 

y.  Innenbild  einer  jetzt  ver- 
schollenen Trinkschale:  hier  abgebildet 
nach  der  Zeichnung,  die  für  einen  fünf- 
ten282 Band  des  Tischbein'schen  Vasen- 
werkes schon  gestochen  war. 

Dargestellt  sind  zwei 
Schauspieler,  je  mit  Polster  und 
Phallos,  kurzem  Chiton  und 
Schuhen  ausgestattet;  auf  dem 
Original  trugen  sie  einst  wahr- 
scheinlich Ärmelanaxyrides,  wo- 
rauf die  Spangen  und  Säume 
an  den  Handgelenken  und  über  (y.)    %  des  Orig. 


2")  Wäre  das  Bild  in  oder  bei  Korinth  gemacht 
worden,  so  müfste  man  an  Melik  ertes  denken: 
cf.  Furtwängler  Berl.  Vasens.  No.  779;  vgl.  780 
und  914. 

278)Vgl.  Pollux  IX  80:  ÄpKTtOTiXr;«  b)  ttj  Topavrf- 
vuiv  TtoXiTsc'a  x«).eTaWa(  tpr^st  VtyJUdua  itap'  cc&toij 
voüppov,  i'S  o5  ävTSToircüaSlat  Tapavxa  tov  Hoiei- 
S(öw;  SeXcpTvi  iitoyo'jp.i'vO'/  (  —  Aristot.  Fragm.  548). 

279)  Vgl.  z.  B.  Friecllaender  in  Sallet's  Ztschr.  für 
Num.   VI  S.  10. 

Mo)  Miliin  (Peint.  de  Vas.  I  p.  116,  3;  mir  nicht  zur 
Hand)  dachte  an  »Arion«,  was  bestimmt  falsch 
ist. 


28 ')  Vgl.  Tansanias  X  10,  6  und  13,  10;  Strabo 
2  78f;  u.  s.  w.  Die  Gründe,  die  Panofka  a.  a.  O. 
sonst  noch  für  Phalanthos  anführt,  sind  ganz 
werthlos. 

282)  vgl.  dazu  Böttiger  Arch.  und  Kunst  S.  XIX  f. ; 
Jahn  Einl.  Anm.  5  und  Ber.  d.  S.  G.  d.  W. 
1854  S.  50,  2.  Mir  wurde  der  Stich  durch 
meinen  hochverehrten  Freund  G.  Jatta  zugäng- 
lich, dessen  Exemplar  des  Tischbein'schen  Wer- 
kes —  aufser  den  ersten  Bänden  mit  Text  und 
dem  vierten  textlosen  Bande  —  noch  vier  Hefte 
(je  zu  10  Tafeln)  vom  fünften  nicht  erschiene- 
nen Bande  enthält  (vgl.  Excurs). 


308  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 

• 

den  Knöcheln  hinweisen.  Der  eine  scheint  maskiert;  der  andere  hat  auf  dem  Haupte 
einen  diademartigen  Aufsatz,  ganz  so  wie  ihn  der  Zeus  der  Vase  p  trägt*83.  Die 
vorgeführte  Handlung  ist  wol  als  Prügelscene  aufzufafsen384:  der  Schauspieler  mit 
dem  Kopfputz  streckt  so  weit  als  möglich  seinen  Hintern  vor,  während  der  Andere 
ihn  umkreist  und  sich  vorneigt,  um  ihm  auf  denselben  mit  den  Händen  Schläge  zu 
versetzen;  ängstlich  dreht  der  Geprügelte  den  Kopf  um  und  hebt  die  Arme.  Mög- 
lich wäre,  dafs  der  »Bediademte«  Zeus  sein  soll,  welcher  Prügel  empfängt:  etwa 
um  durch  standhaftes  Aushalten  derselben  seine  Gottheit  zu  bekunden  —  eine 
Götterprobe,  der  sich  bei  Aristophanes  bekanntlich  die  beiden  Pseudo-Heraklesse 
Xanthias  und  Dionysos  unterwerfen  (Frösche  637  fr). 


E  X  C  U  R  S. 
Tischbein's  fünfter  Band  der  »Col/ection  of  Engravings  front 

ancient  vases.« 

Es  scheint  mir  angebracht  mit  Hilfe  des  Jatta'schen  Exemplarcs,  dessen 
Benutzung  mir  zur  Zeit  zu  Gebote  stand,  und  mit  Hilfe  einer  Sammlung  von  Tisch; 
bein'schen  Inedita,  welche  das  K.  K.  Antikenkabinet  zu  Wien  besitzt  und  über  deren 
Inhalt  mir  Herr  Dr.  R.  Schneider  mit  gewohnter  und  dankenswerthester  Bereitwillig- 
keit Auskunft  gegeben  hat,  den  fünften  Band  des  Tischbein'schen  Vasenwerkes, 
welcher  unvollendet  geblieben  und  nie  erschienen  ist,  aber  in  einzelnen  Abzügen 
oder  Heften  hier  und  da  vorkommt,  so  weit  es  geht  zusammenzustellen,  und  zwar 
vermag  ich  ihn,  wenn  mich  nicht  Alles  täuscht,  fast  vollständig  herzustellen.  Ich 
bemerke,  dafs  die  Tafeln  noch  der  Numerierung  entbehren;  ferner  dafs  sämmtliche 
Vasenbilder  sobald  nicht  das  Gegentheil  angegeben  ist,  rothfigurig  und  meistens 
späteren  Styls  sind.  Ein  gröfserer  Theil  der  abgebildeten  Darstellungen  —  von 
dreifsig  Vasen  —  findet  sich  in  dem  K.  K.  Antikenkabinet485  zu  Wien  und  gehörte 
vordem  den  Sammlungen  Lambcrg  Rainer  und  Tischbein  an,  welche  bekanntlich 
vor  Allem  in  Untcritalien  und  in  Sicilien  zusammengebracht  waren.  Einige  andere 
Vasen  vermag  ich  auch  sonst  noch  vereinzelt  in  Rom,  Neapel,  Petersburg,  Paris  und 
London  nachzuweisen;  die  übrigen  scheinen  zu  Grunde  gegangen  oder  sind  ver- 
schollen. 

(Erstes  Heft.) 

(1)  Halsbild  mit  Phrygerkopf  und  Form  der  berühmten  Vase  Poniatowski :  vgl.  dazu  unter  No.  3. 

(2)  Vorderseite:  Aussendung  des  Triptolemos;  und 

(3)  Rückseite  (Grabscene)  derselben  Vase  Poniatowski,  jetzt  im  Museo  Gregoriano  zu  Rom:  abg. 
und  bespr.  Visconti  Op.  var.  II  1;  Miliin  /'eint,  de  vas.  II  30.  31  und  Gal.  myth.  52,  219;  Inghirami 
V.  F.   II.   12;  und  öfter.     Vgl.  dazu  Stephani  C.  R.   1859  S.  84,  35  und  Gerhard  Akad.  Abk.  II   S.  4640. 

(4)  Verfolgungsscene :  ein  Jüngling  (kurzer  Chiton)  verfolgt  eine  junge  Maid,  die  auf  ihren 
Vater,  im  Mantel  und  mit  Stab,  zueilt;   eine  Genossin  flieht  davon. 

(5)  Theseus  und  Minotauros:  Amphora  in  Wien  Sacken-Kenner  IV  no.  13.  Abg.  und  bespr. 
Laborde  Vas.  Lamberg  I  30;  Miliin  Magaz.  encyclop.   1808  IV  p.  315  und  Peint.  de  vas.  II   78,  6. 

*93)  Ähnlich    ist    auch     der    Kopfputz     des    Königs  S85)Vgl.    Sacken    und  Kenner  Die  Sammlungen    des 

Eurystheus  (N).  K,  k.   Münz-  und  Antikenkabinets.     Wien    1866. 

ss4)  Oder  ist  ein  Tanz  dargestellt  —   etwa  ein  »Pas  „           - 
de  detix«   des  obseönen  Kordax  f 


Heydemann ,  Phlyakcndarstellungen.  309 

(6)  Drei  epheubekränzte  Mänaden:  die  eine  senkt  Kopf  und  zwei  Fackeln,  die  mittlere  spielt 
die  Schildkrötenleier,  die  dritte,  deren  Haare  gelöst  herabfallen,  hält  Kantharos  und  Thyrsos  und  blickt 
begeistert  empor. 

(7)  Apollon  und  Musen:  Krater  in  Wien  Sacken-Kenner  IV  no.  76.  Abg.  und  bespr.  Laborde 
Vas.    Lamberg   I  II;  Elite  cer.  II   79;  Inghirami  V.  F.  370;  vgl.  auch  Jahn  Annali  dell'  Inst.  1852   p.  202  s. 

(8)  Apollon  und  Marsyas:  der  Gott,  welcher  auf  Mantel  sitzt  und  das  Lorbeerbaumscepter  auf- 
stützt, und  eine  hinter  ihm  y  ehende  epheubekränzte  Frau  (Artemis?),  welche  die  R.  traulich  auf  seinen 
Nacken  legt,  hören  auf  das  Flötenspiel  des  vor  ihnen  stehenden  Marsyas;  zugegen  ist  noch  eine  Frau 
(Muse),  welche  in  der  gesenkten  L.  Apollons  Leier  hält  und  gespannt  wie  die  anderen  dem  Flöten- 
spiel zuhört. 

(9)  Grabscene:  auf  den  hohen  Stufen  einer  Grabstele  —  auf  derselben  steht  ein  Kantharos; 
neben  der  unteren  mit  einer  Tänie  geschmückten  Stufe  steht  eine  hohe  Amphora  und  liegt  ein  henkel- 
loser Skyphos  —  sitzt  ein  Jüngling  (mit  Kopfband  Mantel  und  Stab),  der  mit  einem  vor  ihm  stehenden 
Genossen  (Mantel  und  Stab)  spricht;  eine  Frau  (Kopfschleier  wol  modern  hinzugefügt),  die  auf  der  un- 
teren Stufe  hinter  dem  Sitzenden   steht,  bindet  eine  Tänie  um  die  Stele. 

10)  Symposion:  auf  einer  Kline  liegen  zwei  Jünglinge  und  ein  bärtiger  Mann;  zwei  der  Gela- 
gerten heben  nach  Kottabosart  die  Trinkschalen;  vor  ihnen  Tische  mit  Kuchen.  Hinzukommen  drei  Ge- 
fährten :  ein  bärtiger  Mann  mit  Fackel ,  welcher  trunken  den  Kopf  hintenüberwirft  und  die  L.  um  den 
Nacken  eines  ihn  stutzenden  Jünglings  geschlungen  hat;  ein  zweiter  Jüngling  folgt,  den  Kopf  emporhe- 
bend (etwa  um  zu  singen). 

(Zweites  Heft.) 

(11)  Apollon  und  Muse:   Innenbild  einer  Kylix  in   Wien  Sacken-Kenner  II  no.  119. 

(12)  Amazonenkampf:  Amphora  (Vorderseite)  in  Wien  Sacken-Kenner  III  no.  7 1 ;  abg.  Dubois- 
Maisonneuve  Introduct.  a  l'etude  des  Vascs  I  2   (ganz  klein). 

(13)  Fünf  Epheben  in  Unterhaltung  miteinander:  Vorderseite  einer  Amphora  in  Wien  Sacken- 
Kenner  IV  No.  107. 

(14)  Frau  und  zwei  Jünglinge  im  Gespräch:  Vorderseite  eines  Kraters  in  Wien  Sacken-Kenner 
III    no.  171. 

(15)  Abschied  eines  »Peripolos«:  Amphora  in  Wien  Sacken-Kenner  V  no.  268  (Vorder-  und 
Rückseite). 

(16)  Grabspende:  Hydria  in  Wien  Sacken-Kenner  V  no.  255. 

(17)  Frau  und  Jüngling  in  Unterhaltung:   Amphora  in  Wien  Sacken-Kenner  V*  no.  69. 

(18)  Grabspende:   Vorderseite  einer  Amphora  in  Wien  Sacken-Kenner  II  no.  88. 

(19)  Grabspende:  Amphora  (Vorderseite)  in   Wien  Sacken-Kenner  II  no.  4. 

(20)  Komos:  Vorderseite  eines  Kraters  in  Wien  Sacken-Kenner  V  no.  89.  Abg.  und  bespr. 
Miliin  Peint.  de   Vas.  I  27;  Inghirami    V.  F.  375. 

(Drittes  Heft.) 

(21)  Hermenopfer:   abg.  und  bespr.  Gerhard  Akad.  Atlas  Taf.  65,  2  und  Akad.  Abh.  II  S.  569,   2. 

(22)  Bacchische  Scenen  auf  einer  schwarzfigurigen  Vase:  a  der  bärtige  Bacchus  sitzt  mit  Trink- 
horn  zwischen  zwei  ithyphallischen  Satyrn  und  einer  Baccha,  welche  zwei  Fackeln  hebt;  0  der  bärtige 
Bacchus  mit  Trinkhorn  und  Rebzweig  steht  zwischen  zwei  erotischen  Paaren,  die  je  aus  einem  Satyr  und 
einer  Baccha  bestehen. 

(23)  Ein  bartloser  Mann  sitzt  auf  seinem  Mantel  und  stützt  das  Kinn  in  die  Linke,  deren  Ellen- 
bogen auf  dem  1.  Oberschenkel  aufgesetzt  ist;  hinter  ihm  hängt  oder  liegt  ein  Schabeisen.  Der  Mann 
ist  unförmlich  pygmäenhaft  gestaltet :  grofser  Kopf,  grofse  Hände  und  FUfse ,  grofses  Glied ,  magerer 
dürrer  Körper,  häfsliches  Gesicht.  Etwa  ein  Sklave,  der  seinen  Herrn  zum  Gymnasion  begleitet  hat  und 
nun  wartend  dasitzt? 

(24)  Komikerscene:   abg.  und  bespr.   oben  S.  307  unter  y. 

(25)  Kriegerauszug:  Vorderseite  eines  schwarzfigurigen  Kraters  in  Wien  Sacken-Kenner  V  no.  143. 

(26)  Krieger  auf  Viergespann :   Rückseite  des  vorigen  Gefäfses. 

(27)  Dreifufsraub ;  schwarzfigurige  Lekythos  in  Wien  Sacken-Kenner  IV  no.  120:  abg.  Müller- 
Wieseler  DaK.  I   18  no.  95;   vgl.  auch  Welcker  AD.   III  S.  275   no.  21. 


310  Heydemann,   Phlyakendarstellungen. 

(28)  Dreifufsraub ;  schwarzfigurige  Lekythos  in  Wien  Sacken -Kenner  II  no.  102;  vgl.  auch 
Welcker  AD.  III  S.  276  fr. 

(29)  Auf  der  einen  Seite  der  Vase  fand  sich  Nike,  mit  beiden  Händen  eine  Perlenschnur  der 
Frau  hinhaltend,  welche  auf  der  anderen  Seite  des  Gefäfses  mit  Blume  und  Spiegel  vor  der  Göttin  da- 
vongehen will.  Bei  der  Nike  ein  (halber)  Altar  und  Inschrift  x»oe;  bei  der  Frau  ein  (halber)  Schemel, 
ein  Kalathos  und  Inschrift  xoots. 

(30)  Frauenscene:  abg.  Dubois-Maisonneuve  Introd.  XVI  5  (die  stehende  Frau  auch  bei  Stud- 
niczka  Beitr.  zur  altgr.  Tracht.  S.  7,  2  =  Ztschr.  für  österr.  Gymn.  1886  S.  203,  3);  vgl.  Jahn  Annali 
dell'Inst.   1866  p.  328  s.   (der  ohne  Grund  an  das  Morraspiel  denkt). 

(Viertes  Heft.) 

(31)  Talthybios  und  Klytaimnestra:  Vorderseite  einer  Amphora  in  Wien  Sacken- Kenner  V 
no.  240.  Abg.  und  bespr.  Miliin  Peint.  de  vas.  II  24  und  Gal.  myth.  170,  614;  Arch.  Ztg.  1854  Taf.  66,  I; 
vgl.  Jahn  Arch.  Ztg.   1854  S.  230,  10;  Robert  Bild  und  Lied  S.  150,  1   und   158,4. 

(32)  Verfolgungsscene:  Vorderseite  einer  Amphora  in  Wien  Sacken-Kenner  IV  no.  24. 

(33)  Abschiedsscene:  Amphora  (Vorderseite)  in  Wien   Sacken-Kenner  IV  no.  20. 

(34)  Komosscene  (die  Schamglieder  hier  noch  nicht  gezeichnet):  Amphora  in  Wien  Sacken- 
Kenner  IV  no.  63 ;    abg.  Dubois-Maisonneuve  Introd.  VI. 

(35)  Komosscene  (das  Glied  des  nackten  Mannes  noch  nicht  gezeichnet):  Fortsetzung  der  vori- 
gen Darstellung  und  Rückseite  desselben  Gefäfses;  abg.  Dubois-Maisonneuve  a.  a.  O. 

(36)  Amazonenkampf;  Amphora  (Vorderseite)  in  Wien  Sacken-Kenner  IV  no.  104:  abg.  Dubois- 
Maisonneuve  Introd.  XV   1. 

(37)  Zwei  Jünglinge  in  Unterhaltung:  vor  dem  einen,  der  sitzt  (Mantel  und  Pilos  im  Nacken 
Schwert  und  Lanze),  steht  erzählend  der  andere  (Lanze  und  Mantel);  Beide  blicken  empor. 

(38)  Vorderseite  und 

(39)  Rückseite  der  »Antiope«-Vase  in  Wien  Sacken-Kenner  III  no.  125:  abg.  und  bespr.  Jahn 
Arch.  Ztg.    1853  Taf.  57   S.  104  f. 

(40)  Gynaikonitis:  fünf  Frauen  mit  Putz  beschäftigt  und  in  Unterhaltung  darüber  begriffen; 
Hydria  in  Wien  Sacken-Kenner  V  no.  246.  Unvollständig  —  es  fehlt  die  Frau  mit  dem  Spiegel,  die 
mehr  seitlich  von  dem  einen  Henkel  steht,  nebst  den  beiden  Gänsen  —  abgeb.  bei  Dubois-Maisonneuve 
Introd.   V. 

Dazu  kommen  nun  aus  einem  Exemplar  des  fünften  Bandes 2S6,  das  sich  im 
Besitz  des  Kais.  Kgl.  Antikenkabinets  befindet  und  vierundsechzig  Tafeln  enthält, 
laut  freundlicher  von  Bausen  begleiteter  Mittheilung  des  Hrn.  Dr.  R.  Schneider  — ■ 
dem  dafür  hier  mein  bester  Dank  wiederholt  wird  —  noch  die  folgenden  dreiund- 
dreifsig  Tafeln  hinzu: 

(41  [11])  Amazonenkampf:  grofsartige  Darstellung  eines  Kraters  im  Museum  des  Louvre,  die  bei 
Miliin  Peint.  I  61    =    Gal.  myth.   135,  498  abgebildet  ist. 

(42 [12])  Bacchische  Scene:  in  der  Mitte  sitzt  eine  Bacchantin,  den  r.  Arm  auf  ein  grofses 
Tympanon  stützend  und  in  der  1.  einen  Thyrsos  (mit  Ast)  haltend ;  vor  ihr  steht  mit  höhergesetztem  r. 
Fufs  ein  bärtiger  Satyr,  in  lebhafter  Unterhaltung  mit  der  Frau  begriffen,  hinter  welcher  ein  zweiter  Satyr 
sich  entfernt,  umblickend  und  verwundert  die  Arme  hebend. 

(43 [13])  Pflege  des  Bacchuskindes:  Inschriften-Krater  jetzt  im  British  Museum;  oft  abgebildet 
und  besprochen:  vgl.  dazu   5.  Hall.  Progr.   S.  16,  N  und   10.  Hall.   Progr.   S.  23,  d. 

(44 [14])  Symposion  des  Dionysos  der  Ariadne  und  des  Herakles:  abg.  Miliin  Peint.  I  37  = 
Gal.  myth.  66,  246. 

286)Derselbe    ist    dem    4ten  Bande    des  Tischbein'-  Jatta   II — 20),    während    ihm  Jatta  Taf.  21 — 30 

sehen  Werkes  angebunden  und   enthält  von  den  fehlen.     Tafel  47   wiederholt  die  Darstellung  von 

Jatta'schen   Tafeln  dreifsig  (Taf.  I  — 10   =  Jatta  Taf.  15  (=   unserer  No.  45). 
Taf.  1  — 10;  22--31   =  Jatta  31 — 40;   32—41  = 


Heydemann,  Phlyakendarstellungen.  3 1 1 

(45  [15])  Bacchische  Scene:  Frau,  mit  Traube  und  Thyrsos  (Tänie),  folgt  eilig  einem  voran- 
laufenden Jüngling,   welcher  Thyrsos  (Tänie)  und  Schale  (mit  Gebäck)  in  Händen  hält  und  umblickt. 

(46  [16])  Jüngling,  ausgerüstet  mit  Panzer  und  Schwert  sowie  Schild  und  Speer  in  Händen, 
steht  im  Gespräch  vor  einem  Gefährten,  der  mit  gekreuzten  Beinen  vor  einem  Altar  steht  (oder  sitzt  er 
auf  demselben?),  und  in  Händen  Scheide  und  Schwert  (dies  drohend  gehoben)  hält;  über  dem  1.  Arm 
fällt  der  Mantel  herab.  Eine  bekleidete  herbeikommende  Frau  hebt  beide  Hände.  Ob  mythologisch 
zu  deuten? 

(47  [17])  Hetäre  und  Jüngling  beim  Symposion:  er  gelagert  auf  Kline,  sie  zu  seinen  FUfsen 
sitzend;  beide  bekleidet  (sein  Oberkörper  nackt)  und  beide  mit  je  einen  Arm  sich  umfassend.  Vorn  ein 
vierbeiniger  Efstisch.     Verwandte  Darstellungen  z.  B.   Neap.  Vasens.   2202  B;  u.   a.  m. 

(48  [18])  Bacchische  Scene:  rechts  sitzt  der  bärtige  Dionysos,  unterwärts  bemäntelt  und  um  das 
Haupt  eine  breite  an  den  Seiten  untergesteckte  Tänie,  in  der  Rechten  den  Thyrsos;  vor  ihm  ein  bärtiger 
Satyr,   der  forteilend  niedergestürzt  ist  und  erschreckt  zu  seinem  Herren  umblickt. 

(49  [19])  Symposionscene:  Rückseite  eines  Kraters  aus  S.  Agata  de  Goti  in  der  Ermitage  No.  812; 
abg.  Miliin  Feint.  I   59  (hier  der  Friesstreifen  mit  den  Thieren   fälschlich  unten  und  kleiner). 

(50 [20])  Scene  aus  der  Iliupersis  (?);  auf  der  Vorderseite  der  vorigen  Vase:  abg.  Miliin  Peint. 
I   58  (hier  der  Thierfries  fälschlich  unten)  und  Gal.  myth.    170,  615;  Arch.  Ztg.   1854  Taf.  66,   3;  u.   ö. 

(51  [21])  Komos:  abg.  Miliin  Peint.  I  36. 

(52  [42])  Bruchstück  eines  figurenreichen  Amazonenkampfes:  Amazone  zu  Rofs,  mit  Speer; 
Grieche,  gerüstet  und  steinschleudernd;  zwei  Griechen,  zwischen  denen  noch  eine  Pelta  erhalten  ist;  von 
allen  Figuren  nur  die  Köpfe  und  von  den  beiden  erst  beschriebenen  noch  die  Brüste  vorhanden. 

(53 [43])  Sitzender  Satyr,  die  Linke  in  Stirnhöhe  erhebend;  nach  r.  gewendet. 

(54 [44])  Bacchische  Scene:  abgeb.  Miliin  Peint.  I  28. 

(55 [45])  Bacchische  Scene:  abg.  Miliin  Peint.  II   36. 

(56  [46])  Bacchische  Tanzscene:  Baccha  (mit  Tänie),  Satyr  mit  Thierhaut  und  eine  zweite  Baccha, 
welche  ein  Tympanon  schlägt,  tanzen  zur  Musik  die  der  Ephebe  Eros  flötenblasend  macht;  eine  Baccha 
(in  der  R.  einen  Kranz)  und  ein  Satyr  in  Fell  (mit  Tänie  in  der  R.)  schauen  zu. 

(57 [48])  Bacchische  Scene:  ein  Jüngling  mit  Thyrsos  und  Handpauke  eilt  auf  eine  sitzende 
Frau  zu,  welche  ihm  einen  Kasten  hinhält;  er  blick1  um  (dorthin,  woher  er  gelaufen  kommt). 

(58  [49])  Genrescene:  Frau,  mit  Korb  und  Eimer  in  Händen,  im  Gespräch  vor  einem  Jüngling, 
der  in  jeder  Hand  einen  Perlenkranz  hält;  zwischen  Beiden  eine  grofse  Palmette  und  auf  Stele  (eine 
Sonnenuhr?). 

(59  [50])  Wagenlenker:  sog.  Oxybaphon,  das  sich  zuletzt  in  der  Sammlung  Pourtales  No.  184 
(195)  befand;  abg.  Miliin  Peint.  I  35   =  Elite  ceramogr.  II   109  B. 

(60 [51])  Fahnenträger  zu  Rofs:  er  trägt  den  ganz  kurzen  unteritalischen  Chiton;  um  das  Haupt 
ein  Band  mit  vier  Rosetten;  auf  der  Fahne  das  Hakenkreuz.  Vgl.  ähnliche  Darstellungen  Miliin  Peint. 
I   13;  Neap.  Vasens.   No.  784;  u.   a.  m. 

(61  [52])  Kredenzscene :  nur  in  Kleinigkeiten  verschieden  von  der  gleichen  Darstellung  der  Hy- 
dria  Neap.  Vasens.  No.  874  (abg.  Annali  dell 'Inst.  1865  Tav.  O  2).  Die  Frau  hat  statt  Kopftuch  ein  Netz, 
aus  dem  hinten  der  Zopf  hervorsteht;  um  die  Önochoe  liegt  eine  Tänie;  der  Krieger  hat  aufser  den 
zwei  Federn  einen  langwallenden  Busch  auf  dem  Helm;  zwischen  Beiden  hängt  ein  Mantel.  Trotzdem 
vielleicht  identisch  ? 

(62  [53])  Toilettenscene:  in  der  Mitte  steht  eine  grofse  bekleidete  und  reichgeschmückte  Frau 
(oder  Aphrodite?),  in  Händen  Kranz  und  Spiegel;  jederseits  eilt  ein  Eros  (in  Jünglingsgestalt)  eilig  her- 
bei und  fafst  die  Frau  mit  beiden  Händen  in  der  Mitte  der  Oberschenkel  (als  ob  sie  die  Falten  des 
Überwurfs  zurecht  ziehen  wollten);  die  beiden  Eroten  sind  an  Kopf  Hals  und  Armen,  der  eine  auch 
noch  um  den  Leib  mit  Perlenband  geschmückt.  Vgl.  dazu  die  abgekürzten  Darstellungen  Elite  cer.  IV 
1 ;   2 ;  u.   s.   w. 

(63 [54])  Kybistesis  zweier  Frauen:  die  eine  geht  auf  den  Händen  einher,  die  zweite  tanzt  mit 
über  den  Kopf  erhobenen  und  zusammengehaltenen  Händen  (&t),«|jui) ;  Beide  tragen  unterrockartige  Be- 
kleidung;  im  Raum  ausfüllende  Ornamente,  ein  Kranz  mit  Tänie  und  eine  Taube. 

(64 [55])    Badescene:    bekleidete  Frau   mit  Alabastron    und    nackte  Frau   mit  Schabeisen    stehen 
jederseits  von  einem  Luterion,  in  welchem  ein  gröfserer  Knabe  mit  Schabeisen  badet;    ein  bärtiger  Satyr 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  I.  23 


312  Heydemann,  Phlyakendarstellungen. 

stürzt  höchlichst  verwundert  von  dannen  und  zur  Erde.  Vgl.  verwandte  Darstellungen  z.  B.  Elite  cer. 
IV  22;  u.  a. 

(6S  [56])  Komos:  drei  Jünglinge,  je  mit  Fackel  und  Mantel  ausgerüstet,  ziehen  mit  einer  be- 
kleideten Flötenbläserin,  auf  deren  Nacken  der  eine  Jüngling  den  linken  Arm  gelegt,  in  lauter  Wein- 
seligkeit dahin;  alle  sind  bekränzt.     Oben  Inschriftreste  (darunter  xoXr;). 

(66  [57]  Badescene:  ein  Jüngling,  über  dem  linken  Arm  den  Mantel  und  in  der  R.  an  einem 
Ring  Schabeisen  und  Ölkanne ,  kommt  herbei,  während  ein  zweiter  Jüngling  (welcher  seinen  Mantel  um 
eine  ionische  Säule  geschlungen)  nackt  vergnüglich  dahinspringt. 

(67 [58])  Bruchstück:  Frau,  bekleidet  und  geschmückt,  reicht  eine  bemalte  Amphora  (Form 
no.  75  des  Neap.  Katalogs,  jedoch  ohne  die  Knöpfe  an  den  Henkeln;  Bild:  schwarzer  Reiter)  an  einem 
der  Henkel  gefafst  einem  Manne  hin,  der  mit  Doppelspeer  in  der  L.  vor  ihr  steht  und  die  R.  vorstreckt, 
um  das  Gefäfs  zu  nehmen;  nur  Stirn  und  Hände  von  ihm  sind  noch  vorhanden. 

(68  [59])  Bruchstück  einer  apulischen  Vase  mit  einer  Darstellung  aus  der  Gynaikonitis:  abg. 
Miliin  Peint.  I  4. 

(69 [60])  Kampfscene:  links  ein  Trompeter;  dann  ein  von  einem  Pferd  gesprungener  Krieger 
mit  Axt  auf  einen  niedergesunkenen  Krieger  loshauend,  der  durch  einen  Speer  (zerbrochen)  verwundet 
ist;  endlich  ein  Krieger  zu  Pferd  herbeieilend.  Alle  Krieger  sind  unbärtig  und  in  unteritalischer  Beklei- 
dung sowie  Bewaffnung  (vgl.  dazu  Berl.  Vasensamml.   no.  3264;  u.' a.  m.). 

(70 [61])  Kredenzscene:   abg.  Miliin  Peint.  I  41   (r.   und  1.  fehlt  hier  je  ein  Fenster). 

(71  [62])  Amazonenkampf:   abg.  Miliin  Peint.  I  23. 

(72  [63])  Genrescene  einer  önochoe  aus  Ruvo  im  Museo  Nazionale  zu  Neapel  No.  952:  abg. 
Miliin  Peint.  I  47. 

(73  [64])  Kentauromachie :  ein  Kentaur  flieht  vor  einem  unbärtigen  nackten  Griechen  (Theseus), 
der  in  beiden  Händen  eine  Keule  schwingend  ihm  nacheilt. 

Aufserdem  besitzt  das  KK.  Antikenkabinet  noch  ein  Folio -Heft  von  sechs- 
unddreifsig  Tischbein'schen  Tafeln,  zum  Theil  unedirt,  zum  Theil  in  Tischbein's 
Homer  oder  sonst  schon  veröffentlicht.  Darunter  sind  die  folgenden  neunzehn 
Vasentafeln"7: 

(74[Taf.  3])  Komast  mit  Hund:  Amphora  im  British  Museum  No.  880.  Oft  abgebildet:  Hancar- 
ville  III  78[57];  Panofka  BaL.  IV  3;  Jahn  Dichter  auf  Vasenb.  IV  5. 

(75  [4])  Geburt  der  Athene:  Amphora  im  Wiener  Antikenkabinet  Sacken -Kenner  IV  no.  97. 
Abg.  Laborde    Vas.  Lamb.  I   83;  El.  cer.  I   55;  vgl.   Schneider  Geburt  der  Athene  S.  14,  33. 

(76 [5])  Heldenrüstung:  Vorderseite  eines  Kraters  Sacken-Kenner  IV  no.  162. 

(77  [7])  RUstungsscene :   abg.  Miliin  Peint.  I  39. 

(78  [8])  Begegnung  am  Grabe :   abg.  Miliin  Peint.  II  46. 

(79  [9])  Abschied  eines  »Peripolos«:  abg.  Miliin  Peint.  II   15. 

(80[n])  Empfangsscene:  Krater  der  Wiener  Sammlung  Sacken-Kenner  IV  no.  116  (abg.  Tisch- 
bein Homer  II  3;  Laborde    Vas  Lamberg  I  22). 

(81  [12])  Eberjagd  auf  einer  Vase  aus  S.  Agata  de'Goti:  abg.  Tischbein  Homer  II  4;  Miliin 
Gal.  myth.   172,  628;  Panofka  BaL.  V  1. 

(82[i4])  Bruchstück  (einst  im  Besitz  Hamiltons)  mit  einer  Scene  aus  dem  üanaemythus:  in 
einem  offenen  Kasten  (sie)  stehen  nach  links  gewendet  eine  Frau  (Danae),  bekleidet  und  am  Hinterkopf 
verschleiert,  und  vor  ihr  ein  langgelocktes  Kind  (Perseus),  das  gradaus  blickt,  während  sie  den  Kopf 
traurjg  senkt;  vor  dem  Kasten  stand  ein  bekleideter  Mann  (den  Scepterstab  in  der  vorgestreckten  L. 
aufstützend),  von  welchem  jetzt  nur  noch  ganz  wenig  erhalten  ist  —  doch  wol  eher  Akrisios,  welcher 
der  Einsperrung  beiwohnt,  als  etwa  Polydektes  vor  dem  der  Kasten  geöffnet  wird.  Der  Kasten  nebst 
Danae  und  Perseus  (hier  nach  rechts  gewendet)  abgebildet  bei  Dubois-Maisonneuve  Introd.  XVI  3. 

(83 [15])  Heimbringung  eines  gefallenen  Kriegers;  schwarzfiguriges  Vasenbild:  der  Todte  wird 
von   einem  Gefährten  auf  dem  Rücken  getragen;    beide  sind  gerüstet.     Zwei  bekleidete  Frauen,   die  eine 

a,)!)  Eine    zwanzigste    Vasentafel    [6]    ist  gleich  unserer  No.  61. 


Heydemann ,  Phlyakendarstollungen.  3 1 3 

vorangehend ,  begleiten  mit  sehr  lebhafter  Handbewegung  die  Gruppe.  Vgl.  verwandte  Darstellungen 
z.  B.  Berl.  Vasens.  no.  1718  (Arch.  Ztg.   1861,   156);  u.   s.  w. 

(84[i7])  Gynaikonitis:  in  der  Mitte  sitzt  die  Herrin,  umgeben  von  einer  Dienerin  mit  Alabastron 
und  einer  zweiten,  welche  ihr  einen  Spiegel  (sie;  ganz  von  der  Seite  gesehen)  hinhält. 

(85  [18])  Frauenleben:  "drei  stehende  bekleidete  Frauen,  die  eine  links  mit  Kalathos  ,  die  dritte 
rechts  mit  Eimer  in  der  Hand.     Vielleicht  Rückseite  zur  vorigen  Darstellung?! 

(88(24])  Nike  geht  mit  vorgestreckten  Händen  vorwärts;  vor  ihr  ein  Pfosten.   WolBild  einer  Lekythos. 

(87  [25])  Poseidon  und  Ephialtes:  bekannte  und  oft  abgebildete  Amphora  der  Wiener  Samm- 
lung Sacken -Kenner  IV  no.  67  (aufser  den  dort  angegebenen  Abbildungen  vgl.  noch  Maisonneuve  Introd. 
84;  Creuzer  Symbolik  III   1.   Taf.  2;  Guigniaut  RH.   131,   509;  Overbeck  Atlas  XIII   1;  u.  a.  m. 

(88 [27])  Volksversammlung;  schwarzfigurig :  ein  stehender  Mann,  ein  bartloser  Mann,  ein  auf 
Klappstuhl  sitzender  Mann  und  ein  phrygisch  gekleideter  Mann  in  Unterhaltung;  alle  bärtig  und  mit  Speeren. 

(89  [31])  Vasenbruchstück:  zwei  Köpfe  gerüsteter  jugendlicher  Krieger  oder  vielmehr  nach  den 
Inschriften  zu  urtheilen  eines  Kriegers  und  einer  Amazone.  Zwischen  Beiden  liest  man  ANAOXM  .  N 
(etwa  Äv8po[*axV)  und  EYNOM  .  S  (Eüvojxo;) ;  ferner  IHN. 

(90  [32])  Palästrascenen :  abg.  Dubois-Maisonneuve  Introd.  XVI  4 ;  Panof ka  Griech.  nach  Ant. 
I  10 ;  vgl.  ebenso  z.  B.  lnghirami  VF.  I  83;  u.  a.  —  Auf  der  anderen  Seite  des  Gefäfses  gleichfalls  ein  beklei- 
deter Doppelflötenbläser,  vor  dem  ein  nackter  Jungling  springt  (und  tanzt),  in  jeder  Hand  Krotala  schlagend. 

(91  [35])  Helena  von  Menelaos  verfolgt:  bekannte  Amphora  der  Wiener  Sammlung  IV  no.  114. 
Oft  abgebildet  und  besprochen:  vgl.  aufser  den  Citaten  bei  Sacken-Kenner  noch  Tischbein  Homer  V  5; 
Meyer  Gesch.  bild.  Künste  III  B;  Panofka  Arch.  Comment.  1854.  I  7;  Miliin  Mon.  ined.  II  39  und  Gal. 
myth.  151,  612;  Guigniaut  Sei.  223,  825;  Politi  Osservaz.  sulla  lettern  Maggiore  1829;  Hirt  Götter  u.  Heroen 
43>  372;  Overbeck  Sagenkr.  26,  11;  u.  ö.  Vgl.  gegen  den  ungerechtfertigten  Verdacht  einer  Fälschung 
(Rochette  Mon.  ined.  p.  338,   2):  Gaz.  archeol.  VI  p.  64,   I. 

(92(36])  Kassandravase  des  Museums  zu  Weimar:  abg.  z.  B.  Dubois-Maisonneuve  Introd.  15,2; 
Arch.  Ztg.   1848,   13,  4.5;   Overb.   Sag.   27,  2;  u.  ö. 

Endlich  existieren  vereinzelt  noch  und  sind  mir  bekannt  geworden  folgende 
fünf  Tischbein'sche  Vasentafeln  (von  denen  die  drei  ersten  Bilder  sich  auf  Vasen 
im  Wiener  Museum  finden): 

(93)  Bacchische  Scene:  Amphora  Sacken-Kenner  IV  no.  98;  abg.  und  bespr.  Jahn  Philologus 
XXVII  Taf.  IV  3.   S.  22  f. 

(94)  Sog.  Odysseus  und  Iros:  Vorderseite  einer  Amphora  Sacken-Kenner  IV  no.  194  (der  »Iros« 
ist  ein  Satyr);  abg.  und  bespr.  Jahn  Ber.   d.  S.   G.   d.   W.    1854.  Taf.  II  S.  49 ff. 

(95) 288  Odysseus  und  Diomedes  in  der  Doloneia:  Vorderseite  eines  Kraters  Sacken-Kenner  V 
no.  57;    abg.  und  richtig  erklärt  von  Hörnes  Arch.  Ztg.    1877  Taf.  5  S.  21. 

(96)  Hermenverehrung:  abg.  und  bespr.  Gerhard  Akad.  Atlas  Taf.  65, 1  und  Akad.  Abh.  II  S.  569, 1. 

(97)  Hermenverehrung:   abg.  und  bespr.  Gerhard  ebd.  Taf.  66,  2  und  II  S.  57 '>  2- 

Diese  97  Vasentafeln  sollten  ohne  Zweifel  in  einem  fünften  Band  des  Tisch- 
bein'schen  Vasenwerkes  erscheinen.  Nach  Welcker,  in  Müller's  Handbuch  der 
Archäol.  §321,  5.  S.  457,  waren  99  Platten  zu  diesem  Bande  schon  gestochen  — 
demnach  fehlten  in  dem  obigen  Verzeichnifs  nur  zwei  Tafeln,  welche  ich  leider 
nicht  zu  ermitteln  vermochte;  vielleicht  vermag  ein  Anderer  über  dieselben  Aus- 
kunft zu  geben.  Die  Platten  selbst  sind  im  Cotta'schen  Besitz  zu  Stuttgart  (Böttiger 
Arch.    und  Kunst  S.  XlXf.    und  Jahn  Ber.  d.  Sachs.  Gesellsch.  d.  Wissensch.   1854 

S.  50,  2). 

H.  Heydemann. 


286)    Ein  Abdruck  dieser  Tafel  findet  sich  vereinzelt  im  KK.  Antikenkabinet  zu  Wien. 

23* 


MISCELLEN. 
VASE  DES  HISCHYLOS. 

(Tafel  12.) 

Von  den  Gefäfsen  des  Hischylos  (Klein,  Vasen  mit  Meistersignaturen 3  S.  97) 
veröffentlichen  wir  auf  Tafel  12  zum  ersten  Male  eine  Probe  in  dem  Berliner  Unter- 
satz No.  2IOO,  der  sowol  wegen  der,  wie  Furtwängler  sie  zutreffend  nennt,  zierlichen 
Zeichnung  als  auch  wegen  der  bei  einem  Manne  merkwürdigen  haubenartigen  Haar- 
binde des  Dargestellten  bekannter  zu  werden  verdient.  Das  Bild  ist  in  ganzer,  die 
Form  in  halber  Gröfse  abgebildet;  die  verlorenen  oder  unterbrochenen  Linien  sind 
in  der  Zeichnung  hergestellt  worden.  Verletzt  ist  namentlich  der  linke  Arm  mit  dem 
durch  seine  Beugung  entstandenen  dreieckigen  Stück  zwischen  Ober-  und  Unterarm, 
doch  ist  der  äufsere  Armcontur  sicher  zu  erkennen.  An  dem  von  dem  Dargestellten 
getragenen  Napfe  ist  im  rechten  Contur  ein  Stückchen  über  den  Fingern  bis  ein- 
schliefslich  des  vorspringenden  Randes  ergänzt,  aufserdem  ein  Stückchen  vom 
äufseren  Contur  des  linken  Beines  oberhalb  des  Knies.  Die  schwarze  Farbe  der 
Vase  ist  auch  in  der  Zeichnung  schwarz,  das  Rot  durch  Schraffirung  angedeutet, 
die  eingeritzten  Linien  sind  ausgespart. 

Es  kann  kein  Zweifel  sein,  dafs  die  Inschrift  'l](j^u[X]o;  £toi/)[cjsv  lautete. 
Seinen  Namen  hat  der  Maler,  wie  sonst  stets,  gewifs  mit  dem  Asper  geschrieben: 
diese  Orthographie  zeugt  dafür,  dafs  die  attische  Aussprache  damals  noch  die  Er- 
innerung an  den  ehemaligen  consonantischen  (sigmatischen)  Anlaut  des  Stammes 
taj(-  (s.  G.  Meyer,  Griech.  Grammatik  S.  443)  bewahrte;  auch  die  Totenliste  C.  I.  A. 
I  534  schreibt  Hta/sTcto/,; '.  Das  erste  Omikron  hat  eine  eigentümliche  Form, 
die  aber  einen  Zweifel  an  seiner  Deutung  nicht  rechtfertigen  könnte,  ivoir^tv  ist 
nach  der  Analogie  der  übrigen  Inschriften  des  Meisters  anzunehmen,  da  nach  den 
erhaltenen  Buchstaben  ein  Bruch  ist  (anders  Weil,  Arch.   Ztg.   1879  S.  183). 

M.  F. 


')  Wenn    unser    Meister   auf  der    Schale    München  trotzdem    es    vor    einem    anderen    Consonanten 

11 60   seinen    Namen  'l<ja^6Xo{  schreibt,    so   be-  steht,  weich  gesprochen  wurde, 

weist  der  Einschub  des  Vocals,  dafs  das  Sigma, 


Afsmann,   Schiffsbilder  der  Dipylon- Vasen.  315 

ZU  DEN  SCHIFFSBILDERN  DER  DIPYLON- VASEN. 

E.  Kroker  hat  jüngst  in  dieser  Zeitschrift  die  Dipylonvasen  auf  ägyptische 
Vorbilder  zurückgeführt.  Unter  den  Schiffsdarstellungen  dieser  Vasen  finden  sich 
zwei  bisher  unbemerkt  gebliebene  Eigenthümlichkeiten,  welche  als  Beweismittel 
für  jene  Ansicht  dienen  können. 

1)  Das  Monum.  ined.  d.  Inst.  v.  IX  t.  40,  4  abgebildete  Bruchstück 
zeigt  ein  Kriegsschiff,  dessen  spornbewehrter  Bug  im  Allgemeinen  dem  der 
schwarzfigurigen  Vasen  gleicht,  nur  hat  hier  das  gemalte  (nicht,  wie  allgemein 
geschieht,  als  Ankerklüse  d.  h.  als  Loch  zu  denkende)  Auge  nach  Stellung,  Gröfse 
und  sternförmiger  Zeichnung  einen  absonderlichen  Charakter,  und  der  axoXo? 
am  Vorderrand  der  zweistufigen  Back  ist  nicht  ein  senkrechtes,  sondern  ein  rück- 
wärts geschweiftes  Hörn.  Über  dem  niedrigen  Mittelschiff  verläuft  anscheinend  auf 
zahlreichen  Stützen  eine  Art  Sturmdeck.  Der  niedrige  Mast  trägt  an  seiner  Spitze 
(Topp)  ein  xocp^aiov  von  der  seit  dem  13.  Jahrhundert  v.  C.  in  Ägypten,  Assyrien, 
Kleinasien  üblichen  Kelchform  und  dicht  darunter  die  Raa  mit  dem  sehr  breiten, 
aber  niedrigen,  kreuzweis  übernähten  Segel.  Von  dem  erhaltenen  linken  Raa-Ende 
(Nock)  führt  eine  Brasse  zur  Back.  Der  Unterrand  dieses  Segels  ist  nun  nicht,  wie 
auf  allen  anderen  Bildwerken  des  gesammten  griechisch-römischen  Alterthums,  nach 
oben  convex  mit  zwei  Tauen  (Schooten)  an  den  beiden  Eckzipfeln,  sondern  steif 
horizontal,  und  überschreitet  rechts  den  seitlichen  Segelrand  mit  einer  deutlichen 
Spitze.  Die  linke  Schoot  beginnt  zwar  ziemlich  an  der  Ecke,  die  rechte  aber  — 
und  das  allein  wäre  entscheidend  —  ein  gutes  Stück  einwärts  von  der  Segelecke. 
Das  Segel  trägt  also  seinen  Unterrand  nicht  frei,  lose,  sondern  an  eine  zweite  Raa, 
einen  sogenannten  Baum  angeschlagen,  und  dieser  Brauch  ist  ausschliefslich 
ägyptisch.  —  Es  findet  sich  kein  zweites  Segel  auf  den  Dipylonvasen. 

2)  Cartault  {de  quelques  representations  de  navires  empruntees  a  des  vases 
primitifs  provenant  cPAthenes:  Monuments  Grecs  publ.  par  tassoc.  pour  Pencour.  des 
etudes  Grecs  No.  11  — 13)  hat  soeben  einige  Schiffsbilder  veröffentlicht,  welche  er  den 
Dipylonvasen  des  Louvre-Museums  entnehmen  durfte.  Figur  1  (Seite  44)  stellt  ein 
Kriegsschiff  von  der  bekannten  frühgriechischen  Form  dar;  sämmtliche  Ruderer 
(Rojer)  stehen  am  Bord  entlang,  Gesicht  und  Brust  nach  aufsen,  meerwärts  ge- 
wendet und  reichen  sich  rechts  und  links  die  ausgestreckten  Hände  zu  einer  Kette; 
in  den  Händen  ruhen  die  steil  ins  Wasser  hinab  gestellten  Ruder  (Riemen).  Cartault 
findet  dieses  unbekannte  Manöver  räthselhaft  und  denkt  an  einen  Zeichenfehler. 
Mich  erinnert  der  Anblick  an  die  jetzt  übliche  Begrüfsung  der  Fürsten  zur  See, 
wobei  die  Matrosen  reihenweis  mit  ausgestreckten  Armen  auf  den  Raaen  der  Fre- 
gatten stehen,  auch  an  die  frühere  Art  des  Gewehr-Präsentirens  mit  seitwärts  ge- 
strecktem Arm,  aber  noch  weit  bedeutsamer  an  eine  altägyptische  Darstellung  aus 
dem  3.  Jahrtausend  bei  Dümichen  (Flotte  einer  ägyptischen  Königin,  Tafel  25 
Figur  2),   welche,    abgesehen  von  der  ägyptischen   Schiffsform,   geradezu  als  Vor- 


3 1 6  Afsmann,  Schiffsbilder  der  Dipylon- Vasen. 

Zeichnung  für  die  Dipylonvase  hätte  dienen  können.  Wir  haben  hier  wohl  jenes 
otUTra^sa&ai  -/a>rat?  vor  uns,  welches  die  zum  Feind  übergehenden  Schiffe  des  Antonius, 
gleichfalls  auf  dem  Nil,  nach  Plutarch  Ant.  "]6  ausführten.    — 

Noch  ein  Wort  über  einige  technische  Einzelheiten,  welche  ich  mit  der 
üblichen  Annahme  eines  sehr  hohen  Alters  dieser  Vasen  nicht  zu  vereinigen  weifs. 
Man  hat  ein  vollständiges  Oberdeck  auf  diesen  Schiffen  (vgl.  auch  die  Vase  aus 
Caere  Mon.  d.  Inst.  IX,  4)  angenommen,  während  schon  technische  Gründe  dafür 
sprechen,  dafs  es  sich  nur  um  zwei  sturmdeckähnliche  Längs-Brücken  handelt,  zwischen 
denen  der  Mast  steht,  gelegt  und  aufgerichtet  wird,  um  eine  Sta'ßaatj.  Wir  besitzen 
aber  auch  klare  Zeugnisse  darüber,  dafs  selbst  auf  den  Trieren  der  Schlacht  von 
Salamis  kein  durchgehendes  Verdeck  bestand  (Thukyd.  I,  14),  dafs  die  geringe  Zahl 
(18)  der  Epibaten  sich  nur  auf  die  beiden  erhöhten  Halbdecke  der  Schiffsenden 
(Back  und  Schanze)  vertheilte  (Plut.  Themist.  14;  Plin.  h.  nat.  VII,  57),  ja  dafs  auch 
einen  Übergang  zwischen  Back  und  Schanze,  eine  sturmdeckähnliche  Brücke  über 
dem  Mittelschiff,  die  oiaßaat? ,  erst  Kimon  gegen  470  vor  Chr.  erbauen  liefs  fPlut. 
Kimon  12J).  Die  Dipylonvasen  zeigen  ferner  den  Sporn  oder  Rammbug.  Dieser 
fehlt  auf  den  kleinasiatischen  (vielleicht  griechischen)  Schiffen  des  13.  Jahrhunderts 
(Wandgemälde  von  Medinet- Abu)  und  auch  bei  Homer;  er  tritt  zum  ersten  Mal  im 
7.  Jahrhundert  an  phönicischen  Schiffen  (Koyunjik)  in  Erscheinung;  die  griechische 
Literatur  kennt  ihn  erst  seit  dem  Seetreffen  vor  Kyrnos,  also  seit  536  (Herod.  I,  166). 

Keinesfalls  zu  billigen  ist  die  von  Kroker  auf  die  hierfür  ganz  werthlosen 
dichterischen  Beiworte  jis-j-ax^Tr,;  und  xopum;  gestützte  Ansicht,  die  homerischen 
Schiffe  seien  hochbordig  gewesen;  ferner  mufs  ich  bestreiten,  dafs  Thukyd.  I,  13,  2 
auf  die  Erfindung  von  Pentekontoren  zu  beziehen  und  dafs  der  Bau  von  Pentekontoren 
eine  wichtige  Neuerung  der  Schiffsbaukunst,  etwas  Epochemachendes  gewesen  sei. 
Schon  Homer  wird  Pentekontoren  (die  selbstverständlich  »langgestreckt«  sein  mufs- 
ten)  vor  Augen  gehabt  haben,  und  Thukydides  (I,  10,  4)  bestätigt  dies,  da  er 
dem  Homer  folgend,  50 — 120  Rojer  in  den  gröfsten  Schiffen  vor  Troja  an- 
nimmt. Die  ersten  wesentlichen  Constructionsänderungen  gegenüber  der  homeri- 
schen Einfachheit  können  nur  durch  die  Erfindung  des  Rammbugs  und  eines  Dieren- 
systems  bedingt  gewesen  sein.  —  Bemerkenswerth  sind,  wie  ich  hinzufügen  möchte, 
die  Dipylon-Dieren  bei  Cartault  durch  ihr  Rojersystem,  welches  sich  unvortheilhaft 
von  dem  zu  Koyunjik  und  auf  den  Vasenbildern  bei  Micali  (t.  103)  dargestellten 
unterscheidet. 

Dr.  E.  Afsmann. 


BIBLIOGRAPHIE. 

A.   Baumeister    Denkmäler  des  klassischen  Altertums.     München.     30 — 35.  Lieferung. 

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und  749  S.   [mit  Plan  der  antiken  Stadt.]     8°. 

G.  Bilfinger  Die  Zeitmesser  der  antiken  Völker.  Programm  des  Eberhard-Ludwigs-Gymnasiums  zu 
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des  Memoires  de  la  societe  d'emulation  du  Doubs.)     Besangon.     38  S.  und  Tafel.     8". 

Catalogue  du  musee  archeologique  d'Angouleme.     Angouleme.      70  S.  mit  Abb.     8°. 

An  illustrated  catalogue  of  the  Roman  altars  and  inscribed  stones  in  the  Grosvenor  Museum  be- 
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E.  Curtius  und  J.  A.  Kaupert  Karten  von  Attika.  Auf  Veranlassung  des  Kaiserlich  Deutschen  Ar- 
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J.  Dewaele  Grieksche  en  romeinsche  bouwkunst.  Gent.  40  S.  35  TafT.  40.  [Auch  in  französi- 
scher Sprache  unter  dem  Titel:  Architecture  grecque  et  romaine.] 

G.  Eroll  Oggetti  antichi  seavati  in  Terni  dal   1880  al   1885,   descritti.     Roma.     42  S.  und  Tafel.     8n. 

A.  Furtwängler  und  G.  Löschcke  Mykenische  Vasen.  Vorhellenische  Thongefässe  aus  dem  Ge- 
biete des  Mittelmeers.  Im  Auftrage  des  Kaiserlich  Deutschen  Archäologischen  Instituts  in  Athen 
herausgegeben.  Berlin.  XV  und  88  S. ;  5  Hilfstafeln.  40.  Mit  einem  Atlas  von  44  Tafeln 
in  Querfolio. 

M.  Holba    Über  das  Wesen  Poseidons.     Programm  des  Gymnasiums  zu  Budweis.     34  S.     8°. 

Th.  Homolle    De  antiquissimis  Dianae  simulacris  Deliacis.     Paris.      102  S.     II   Taf.     8°. 

—  Les  archives  de  l'intendance  sacree  ä  Delos.    (Bibliotheque  des  ecoles  frangaises  d'Athencs 

et  de  Rome,  49.  fascicule).     Paris,  1887.     148  S.     8°.      [Mit  einem  Plan  des  Apollotempels    nach 
den  Ausgrabungen.] 
Chr.  Hülsen    Das    Septizonium    des    Septimius    Severus.      46.  Programm    zum    Winckelmannsfeste    der 
archäologischen  Gesellschaft  zu  Berlin.     36  S.     4  Taff.  und   II   Abbildungen.     4". 

C.  Jullian    Frejus  romain.     Paris.     45  S.     8". 

D.  Kennerknecht    De  Argonautarum  fabula  quae  veterum   scriptores    tradiderint.      Münchener  Inaugu- 

raldissertation.    61  S.     8°. 
W.  Klein   Die  griechischen  Vasen  mit  Meistersignaturen.     2.  vermehrte  und  verbesserte  Auflage.     Wien. 

XII  und  261   S.     8». 
Legnazzi    Del  catasto  romano  e  di  aleuni  strumenti  antichi  di  geodesia.     Orazione  inaugurale.     Padova. 

312  S.     12  Taff.     8°. 

F.  Lienard    Archeologie  de  la  Meuse.     Description  des  voies  anciennes  et  des  monuments  aux  epoques 

celtique  et  gallo-romaine.     T.   3.     (Publication  de  la  societe  philomathique    de  Verdun.)     Verdun. 
146  S.  und  Atlas  mit  40  Taff.     40. 

G.  Loeschcke  Boreas  und  Oreithyia  am  Kypseloskasten.     Dorpater  Universitätsprogramm.      12  S.     4°. 

Heinrich  Meyer  Kleine  Schriften  zur  Kunst.  (Deutsche  Litteraturdenkmale  des  18.  und  19.  Jahr- 
hunderts herausgegeben  von  Bernhard  Seuffert.  Bd.  25.)  Heilbronn.  CLXVIII  S.  [Einleitung 
von  P.   Weizsäcker]  und  258  S.     8°. 


31 8  Bibliographie. 


H.  Oehmichen  Griechischer  Theaterbau.  Nach  Vitruv  und  den  Überresten.  Berlin.  VIII  und 
220  S.  mit  5  Abbildungen.     8". 

Pausanias's  Description   of  Greece,  translated  by  A.  R.   Shilleto.     London.     2  voll.     8°. 

C.  Pilling  Quomodo  Telephi  fabulam  et  scriptores  et  artifices  veteres  tractaverint.  Halle.  Inaugural- 
dissertation.     104  S.     8*. 

E.  Pottier  et  S.  Reinach    La  necropole  de  Myrina.      Partie   lere.     Paris.     260  S.     25  Tafif.     40. 

MpaxTixä  Trj{  h  'Aöi^vot;  dp^aioXoyiXT)«  exoaptac  xoO  Ktous  1885.  A8^VT;3tv  1886.  71  S.  8°  und  2  Tafeln: 
1)  T6  XEyrf(j.8vov  TETpctyiuvov  toü  'ASpiotvoO.     2)  Neu>soixoi  toü  rietpatü;. 

S.  Reinach    La  colonne  Trajane  au  musee  de  Saint-Germain,  notice  et  explication.      Paris.      59  S.  mit 
Abb.     8°. 
—  Conseils  aux  voyageurs  archeologues  en  Grece  et  dans  l'orient   hellenique.      (Petite    biblio- 

theque  d'art  et  d'archeologie  publiee  sous  la  direction  de  M.  L.  de  Ronchaud.    IV.)     120. 

C.  Robert  Archäologische  Märchen  aus  alter  und  neuer  Zeit.  (Philologische  Untersuchungen  heraus- 
gegeben von  A.  Kiefsling  und  U.  von  Wilamowitz  -  Moellendorff.  10.  Heft.)  Berlin.  VI  und 
205  S.     5  Tafeln  und  7  Abbildungen.     8°. 

II.  Sa  ladin  Description  des  antiquites  de  la  regence  de  Tunis.  Monuments  anterieurs  a  la  conquete 
arabe.  Fascicule  I.  Rapport  sur  la  mission  faite  en  1882 —  1883.  (Extrait  des  Archives  des 
missions  scientifiques  et  litteraires.  Serie  III,  tome  XIII.)  Paris.  233  S.  6  Tafeln  und  366  Ab- 
bildungen.    8°. 

Ed.  Schultze  Ein  geographischer  und  antiquarischer  Streifzug  durch  Capri.  (Sonderabdruck  aus  der 
Festschrift  des  Dorotheenstädtischen  Realgymnasiums  zu  Berlin.)     Berlin.     38  S.  mit  Karte.     8°. 

W.  Thompson  Watkin  Roman  Cheshire;  or  a  description  of  Roman  remains  in  the  county  of 
Cheshire.     Liverpool. 

Warwick  Wroth  Catalogue  of  Greek  coins  of  Crete  and  the  Aegaean  islands  in  the  British  Museum. 
London.    Xu.   152  S.     29  Taf.    8°. 

H.  Winnefeld    Hypnos,  ein  archäologischer  Versuch.     Berlin  und  Stuttgart.     38  S.     3  Taf     8°. 


Sitzungsberichte  der  kgl.  preufsischen  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin.     1886. 

No.   51.     O.   Hirschfeld,  Die  kaiserlichen  Grabstätten  in  Rom.     S.   1149 — 1168. 
Academie  des  inscriptions  et  belies  lettres.     Comptes  rendus  des  seances  de  l'annee   1886.     Paris. 
Fase.  2.  (avril-juin.) 

Castan,    Les    arenes    de    Vesontio   et    le   Square    archeologique    du    canton    nord    de 

Besancon.     S.  232  f. 
Lettre  de  M.  Edmond  Le  Blant..    S.  242  —  247.     [Mit  Abbildung  eines  röm.  Mosaiks 

aus  Palazzo  Farnese.] 
G.   Bapst,  Sur  la  provenance  de  l'etain  dans  le  monde  ancien.     S.   247 — 255. 
A.  Nicaise,    Sur   deux  petits  monuments    de   l'art    antique    decouverts   dans   la  Cham- 
pagne.    S.  262 — 270.     [I.  Apollo,  Marmorbüste.     II.   Iupiter- Serapis,    Bronze- 
büste.] 
V.  Waille,    Note    relative    ä  des  fouilles  executees  ä  Cherchell  au  mois  de  mai   1886. 
S.  301  —  305. 
Anzeiger  der  philosophisch-historischen  Classe  der  k.  k.  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Wien.     1886. 

No.   22.     O.  Benndorf,  Über  einen  Grabstein  aus  Halimus.     5  S.  mit  2  Abbildungen. 
The  Academy.      1886. 

No.  758.   764.     Egypt  exploration  fund.     S.  333  f.     438  fr. 
No.  759.     The  British  school  at  Athens.     S.  353. 
No.  762.     The  recent  excavations  at  Mykenae.     S.  401. 
Annalen    des    Vereins     für    Nassauische    Altertumskunde    und    Geschichtsforschung.      XIX.  Bd.     Wies- 
baden,  1886. 
A.  von  Cohausen,  Der  römische  Grenzwall.     S.  143 — 172. 


Bibliographie.  3  IQ 


Walford's  Antiquaria n.      1886. 

December.     A  Roman  villa  at  Wellow,   Somerset.     S.  260 — 267. 
Anzeiger  für  schweizerische  Alterthumskunde.     XIX.  Jahrgang.     Zürich,   1886. 

No.  4.     Chr.  G.  Keller,    Die    römischen  Ausgrabungen    im  Liblosenthal    bei  Beringen,    Kt. 
Schaffhausen.     S.  331  — 333. 
C.  Brun,  Kleinere  Nachrichten.     S.  353 — 357. 
Archaeologia  or  Miscellaneous  tracts  relating  to  antiquity,  published  by  the  society  of  antiqnaries  of 
London.     Volume  XLIX.     London   1886. 

Part  2.     T.   A.  B.   Spratt,  Remarks  on  a  new  torso  of  the  youthful  Dionysos.      S.  318 — 322 
(Taf.  XIX). 
T.  A.  B.   Spratt,    Remarks    on    the  Dorian    peninsula    and    gulf,    with    notes    on  a 

temple  of  Latona  there.      S.  345  —  366    (Taf.  XXIII    und  2  Abbildungen). 
J.    Saville    Lumley,     Antiquarianj    researches     at     Civita    Lavinia.       S.    367  —  381 

(Taf.  XXIV— XXVII). 
J.  H.  Middleton,    The    temple    and   atrium    of  Vesta  and  the  regia.       S.  391 — 423 

(Taf.  XXXI— XXXVII  und   10  Abbildungen). 
J.  Evans,    On    a    military    decoration    relating    to    the  Roman  conquest  of  Britain. 

S.  439  —  444  (Taf.  XLIV). 
C.  Drury  E.  Fortnum,  On  a  terra-cotta  head  of  Greek  workmanship,  found  on  the 
Esquiline  at  Rome.     S.  453*  — 455*  (Taf.  XLV). 
Archaeologia  Aeliana.     Vol.  XII  No.  I   (Part  22).     Newcastle   1887. 

Catalogue    of   the    inscribed   and    sculptured   stones    of  the  Roman   era  in  possession  ot  the 
society    of  antiquaries    of  Newcastle -upon-Tyne.      S.  1 — 99  (ca.   170  Abbildungen). 
Arche ografo  Triestino,  edito  per  cura  della  societä  del  Gabinetto  di  Minerva.     Nuova  Serie,  Vol.  XII. 
Fase.  III.  IV.     (Luglio  1886.) 

P.    Pervanoglü ,     Acroterio     del    tempio     Capitolino    nel    museo    civico    di    Trieste. 

S-  356-375  (Tafel). 
A.  Puschi,  Relazione  intorno  alle  scoperte  archeologiche  di  San  Sabba  presso  Trieste. 

S.  376  —  400  (mit  Ausgrabungsplan). 
G.   Grablovitz  ,    Frammento    d'orologio    solare    rinvenuto  a  San  Sabba  presso  Trieste. 
S.  401 — 410  (2  Abbildungen). 
Vol.  XIII.     Fase.  I.     (Gennaio   1887.) 

C.  Gregorutti,  Iscrizioni  inedite  Aquilejesi,   Triestine  e  Istriane.     S.  126 — 208  (Mit  Ab- 
bildungen der  zugehörigen  Sculpturen  und  2  Plänen  von  Aquileja). 
G.  Grablovitz,  Süll'  orologio  solare  scolpito  nel  monumento  scoperto  il  20  Novembre 
nel  fondo  Cassis  alle  marignane  d'Aquileja.     S.  209  —  225. 
Archivio  storico  per  le  provincie  Napoletane.     Anno  XI.      1886. 

Fase.   II.     A.  Holm,  Ricerche  sulla  storia  antica  della  Campania.     S.  285  —  329. 
Arte  e  Storia.     V.  Jahrgang.     Firenze,   1886. 

No.   36.     C.  C,  Della  gran  tomba  trovata  a  Vetulonia  nel  Grossetano.     S.  262. 
No.   38.     A.  de  Lorenzo,  Antiche  terme  scoperte  in  Reggio  Calabria.     S.  273  —  275. 
The   Athenaeum.      1886. 

No.   3076.     R.  Lanciani,  Notes  from  Rome.     S.  473. 
No.  3078.   3082.     The  British  school  of  Athens.     S.  539.    667. 
No.   3079/80.     G.   Gatti,  Notes  from  Rome.     S.  573  f.     606  f. 
No.  3082.     J.  Hirst,  Notes  from  Smyrna.     S.  666  f. 
No.  3084.     J.  Hirst,  Notes  from  Laurium.     S.  751. 
No.  3087.     J.  Hirst,  Notes  from  Athens.     S.  868 f. 
Atti  e  Memorie  della  R.  deputazione  di  storia  patria  perle  provincie  di  Romagna.     III. 'Serie.     Vol.  IV. 
Fase.  I  —  III.     (Gennaio -Giugno   1886.) 
E.  Brizio,  Notizie  e  scoperte  archeologiche.     S.  219  —  241. 


320  Bibliographie. 


Boletin  de  la  Real  academia  de  bellas  artes  de  San  Fernando.     Afio  VI.     Madrid,   1886. 

Junio,    Settembrc,    Ottobre.      L.    Serrallach   y    Mas,    Monumentos    Romanos    dl  Tarragona. 
S.  186 — 192.     221 — 224.     245 — 256. 
Bulletin    archeologique   et   historique    de   la   societe    archeologique    de  Tarn-   et  Garonne.     Tome  XIV. 
Montauban,   1886. 
ler  trimestre. 

A.  de  Saint-Jean  de  Belleud,    Monuments    de  Saint-Sernin    de    Thezels.      S.  36  f.    (Taf.  II). 
[Bruchstück  eines  spätröm.   Grabdenkmals.] 
Bulletin  de  la  societe  nationale  des  antiquaires  de  France.     5mc  Serie,  tome  6 nie. 

E.  Beurlier,  Satyre  en  bronze  trouve  ä  Apollonia.     S.  220  ff.     (Abbildung.) 

—  Taureau  en  bronze  trouve  ä  Dodone.     S.  239. 

Collignon,  Stele  sculptee  decouverte  sur  le  territoire  de  Saint-Amand  (Meuse).     S.  241. 

A.  Engel,  Objets  en  bronze  trouves  en  Corse.     S.  135 — 138. 

Fossard,  Stele  votive  provenant  des  Hautes  Pyrenees.     S.  310. 

Ch.  Givelet,   Statue  de  Jupiter  trouvee  ä  Beru.     S.  302. 

J.  Greau,  Roue  en  bronze  et  rouelles  en  bronze  et  en  plomb.     S.  171. 

A.  Hcron  de  Villefosse,    Acquisition   par   le    Louvre    de  la  collection  Davillier.     S.  79  —  87 
(3  Abbildungen). 

Statuette    de    Mercure    decouverte   ä   Coussade    (Tain  et  Garonne). 
S.  189  f. 

Bronzes   acquis   par   le  Musee  du  Louvre  ä  la  vente  de  la  collec- 
tion de  M.  Greau.     S.  205 — 209. 

C.   de  Laigue,  Bronze  antique  provenant  de  Ceresara,  province  de  Milan.     S.  139. 

J.   de  Lauriere,   Sarcophages  antiques  recemment  trouves  ä  Rome.     S.  190  f. 

—  Casques  en  bronze  provenant  de  sepultures  etrusques.     S.  191  f. 

L.  Maxe-Werly,  Instrument  ä  l'usage  des  potiers  de  I'epoque  romaine.     S.  64 — 67   (4  Abbil- 
dungen). 

R.  Mowat,  Mosaique   de  Riez   offrant  l'image  de  Constantin.     S.  69  —  71. 

—  Stele  romaine  trouvee  a  South-Shields,  Angleterre.     S.  89 — 91. 
Patriat,   Sarcophage  antique  conserve  dans  l'eglise  de  Griselles.     S.  188  f. 

C.  Port,  Decouvertes  archeologiques  aux  environs  de  Monceau-Vivy.     S.  63  f. 

Prost,  Entaille  antique.     S.  200. 

O.  Rayet,  Intaille  signee  Aspasios.     S.  101. 

Marquis  de  Ripert-Monclar,  Bas-relief  trouve  ä  Entremont.     S.  94  f.  (Abbildung). 

Roman,  Lettre   de  Crozat  relative  ä  la  collection  de  Polignac.     S.  147 — 149. 

G.   Schlumberger,  Tete  de  bronze  provenant  des  environs  de  Soissons.     S.  91. 

H.  Thedenat,  Amulette  en  bronze  de  la  collection  Bulliot.     S.  112 f.  (Abbildung);   316. 
—  Instrument  en  bronze  trouve  par  l'abbe  Ceres.     S.  142  f.   (Abbildung). 

Voulot,  Stele  trouvee  ä  Gran  (Vosges).     S.  200. 

Baron  J.  de  Witte,  Figurine  en  bronze  de  Venus  genitrix  trouvee  en  Asie-Mineure.     S.  162  f. 
Bulletin  epigraphique.     6e  annee.     Vienne  et  Paris,   1886. 

No.  5  (septembre-octobre). 

R.  Mowat,  Le  tresor  de  Caubiac  au  Musee  Britannique.     S.  246  f. 
Bulletin  trimestriel  des  antiquites  africaines.     4me  annee.     Tome  III.     Paris  &  Oran. 

Fase.  XIV.  A.  Heron  de  Villefosse,  Notes  d'epigraphie  africaine.  XIX.  Büste  de  Pto- 
lemee,  roi  de  Mauretanie,  musee  du  Louvre.  XX.  Mosaique  romaine  d'Ha- 
drumete,  musee  du  Louvre.  XXI.  Troisieme  rapport  sur  les  fouilles  du  lieu- 
tenant  Marius  Boye  ä  Sbcitla,  Sufetula,  Tunisie.  XXII.  Inscription  du 
moissonneur,  musee  du  Louvre.     S.  201  —  213.  240  (Tafel  XXI  —  XXIII). 

J.  Poinssot,  Voyage  archeologique  en  Tunisie.     S.  265  —  278  (Taf.  XXVTI) 


Bibliographie.  32 1 


R.  de  la  Blanchere,  Lettre.     S.  279 f.  (Taf.  XXVIII).     [Über  ein  röm.  oscillum  aus  El  Djem: 
Diomedes  mit  Palladium.] 
Bullettino  della  commissione  archeologica  comunale  di  Roma.      1886. 
Fase,    io  (Ottobre). 

G.  Gatti,  Trovamenti  risguardanti  la  topografia  e  la  epigrafia  urbana.     S.  325  —  338. 
C.  L.  Visconti,    Trovamenti    di    oggetti    d'arte  e  di    antichitä    figurata.      S.  339  —  344 

(Tafel  XIII). 
G.  B.  de  Rossi  e  G.  Gatti,   Miscellanea  di  notizie  bibliografiche  e  critiche  per  la  topo- 
grafia e  la  storia  dei   monumenti    di   Roma.      S.  345  —  35°* 
C.  L.  Visconti,   Scoperte  recentissime.     S.  357  —  360. 
Fase.   1 1   (Novembre). 

G.   Gatti,  Un  nuovo  frammento  degli  atti  de'   fratelli  Arvali.     S.  361 — 365. 

G.  Gatti,  Trovamenti   risguardanti  la  topografia  e  la  epigrafia  urbana.      S.  366  —  389. 

C.  L.   Visconti,    Trovamenti    di    oggetti    d'arte   e   di    antichitä  figurata.     S.  390 — 392 

(Tafel  XIV.  XV). 
G.  Gatti,   Scoperte  recentissime.     S.  393  —  397. 
Bullettino  di  archeologia  e  storia  Dalmata.     IX.  Jahrgang.     Spalato,   1886. 

Heft  9.     A.  Alibranti,    Ruderi    di    un    antico    edifizio    a    Lombarda    sull'    isola   di  Curzola. 

S.  147  f.  (Abbildung.) 
Heft  9,   10,   II.     F.    Bulic,    Le    gemme    del    Museo    di    Spalato    (continuazioni).       S.  150 f. 
166—168.   182  —  185. 
Centralblatt  der  Bauverwaltung.      1886. 

No.  46.     H.  Maier,    Aufdeckung    von  Gräbern    in    Pompeji.      S.  451  f.    (2   Abbildungen). 
No.  48.     A.  Boetticher,    Die   Wanderungen    des     Pausanias    durch    die   Altis    von  Olympia. 
S.  755  f- 
'Ecpr) p-Ept;  dp)ratoXoyiXTj.     Ilepi'ooo;  xpfrrj.      1886. 
Ttöyo;  xp(tov. 

Fr.    Studniczka,     IlapacttäciEH    'AOr^vet;    drcl    xepap.e(u)v    SpauJjJia'Tuiv    Ix    tt);  dxpoTctJXeto; 

Ä»r,v<yv.     S.  117— 134  (Taf.  8). 
II.  KotßßaSict;,  "Ap/Epu.0;  6  Xio;.     S.  133—  136  (Abbildung). 
I.  riavTa£ßii]{,  AiopDiüaei;  et;  xiva  1%  'EmSotipou  dTriypcttp^v  xai  ei;  y_u>p(ov  ti  toö  lloejja- 

vfou.     S.  141  —  144. 
B.  5/rär,;,    'Apyatxov    dvaYX'Jcpov    i%    äxpoTTÖXccuj.      S.   179 — 182    (Taf.  9). 
Taf.   10:  xecp*XTj  11  'KXeusTvoc. 
Die  Grenzboten.     1886. 

No.  43.  45.     Olympia  und  der  olympische  Zeustempel.     S.  175  —  184.     229  —  237. 
Hermes.     Bd.  XXII. 

Heft   1.     O.  Richter,  Der  capitolinische  Iuppitertempel  und  der  italische  Fufs.     S.  17 — 28. 
G.  Wissowa,  Die  Überlieferung  über  die  römischen  Penaten.     S.  29  —  57. 
P.  Stengel,  Zu  den  griechischen  Sacralalterthümern.     S.  83 — 100. 
C.  Robert,  Eine  attische  Künstlerinschrift  aus  kleisthenischer  Zeit.     S.  129 —  135. 
G.  Kaibel,  Zu  den  griechischen  Kunstlerinschriften.     S.  151  —  156. 
The  American  Journal  of  archaeology  and  of  the  history  of  fine  arts.     Vol.  II.     Baltimore,   1886. 

J.  Thacher  Clarke,  A  Doric  shaft  and  basis  found  at  Assos.     S.  267  —  285   (5  Abbildungen). 
E.  Babelon,  Intailles  antiques   de  la  collection  de  Luynes.     S.  286 — 294  (Taf.   VII). 
E.  Müntz,  The  lost  mosaics  of  Rome.     I.     S.  295^ — 313  (Taf.  VIII). 

S.  Reinach,  Two  marble  heads  in  the  museum  at  Constantinople.     S.  314 — 317  (Taf.  IX). 
O.  Marucchi,  Recent  excavations  in  Rome.     S.  334  —  341. 
The  archaeological  Journal.     Vol.  XLIII. 

No.  171.     Bunnell  Lewis,  The  antiquities  of  Langres  and  Besangon  (continued).     S.  265 — 230 
(Tafel). 


322  Bibliographie. 


Journal  des  sayants.     1886. 

Juillet.     G.   Boissier,  Les  rues  du  Forum  et  la  tribune  aux  harangues.     S.  373  —  383. 

The  Wiltshire  archaeological  and  natural  history  Magazine.     Vol.  XXIII. 

No.  LXVII  (July).     J.  J.  D. ,  Ancient  stone-work  on  Langley  Burrell  Common.     S.  68 — 70 
(mit  Plan). 

Me  langes  d'archeologie  et  d'histoire.     VIe  annee.      1886. 

Fase.  V  (juillet).     A.  M.  Desrousseaux,  A  propos  d'une  epitaphe  grecque.     S.  588  —  594. 

Mittheilungen  des  Kaiserlich  Deutschen  archäologischen  Instituts.      1886. 
Athenische  Abtheilung.     Bd.  XI. 

Heft  3.     F.  DUmmler,    Mittheilungen  von    den  griechischen  Inseln.     IV:    Älteste  Ne- 
kropolen  auf  Cypern  (3  Beilagen).     S.  209  —  262. 
W.  Dörpfeld,  Der  Tempel  von  Korinth.     S.  297  —  308  (Tafel  7.   8). 
E.  Petersen,  Athenastatuen  von  Epidauros.     S.  309  —  321   (Abbildung). 
H.  G.  Lolling,  Das  Heroon  des  Aigeus.     S.  322  f. 
H.  Heydemann,  Bemalte  Vase  aus  Böotien.     S.  323  f. 
O.  Rofsbach,  Zum  Thongefäfs  von  Athienu.     S.  325  f. 

E.  Loewy,  Inschriften  von  Mughla.     S.  326 — 328. 
W.  Dörpfeld,  Ausgrabungen.     S.  328 — 332. 

H.  G.  Lolling,  Lesbische  Inschriften,  mit  Anhang  von  E.  Petersen.    S.  263 — 296. 

Römische  Abtheilung  (Bullettino).     Bd.  I. 

Heft  4.     L.  Borsari,  Scavi  di  Ostia.     S.  193 — 199. 

F.  Koepp,  Archaische  Sculpturen  in  Rom.     S.  200  —  202  (Tafel   11). 
A.  Mau,  Scavi  di  Pompei   1884 — 1885.     S.  203  —  213  (Tafel   12). 

W.  Heibig,  Viaggio  nell'  Etruria  e  nell'  Umbria  (Tafel  12  a  u.  b).     Appen- 

dice:   Osservazioni  sopra  il  Kottabos  (Abbildung).     S.  214 — 242. 
J.  Falchi,  Scavi  di  Vetulonia.     S.  243  —  246. 
F.  Marx,  Rilievo  della  villa  Albani.     S.  247  —  252  (Abbildung). 
T»  Mommsen,  Miscellanea  epigrafica.     S.  253  f. 

Monuments    grecs    publies    par    l'association    pour    l'encouragement    des    etudes    grecques    en   France. 
Vol.  II. 

No.   11  — 13.     A.  Heron  de  Villefosse,  Tete  du  Parthenon  appartenant  au  musee  du  Louvre. 
S.  I  — 12  (Taf.  I,  II  und  4  Abbildungen). 
E.  Pottier,    Lecythe   blanc    du    musee   du   Louvre    representant  une  scene  de 

combat.     S.  13—21   (Taf.  III). 
M.  Collignon,    Tablettes    votives    de   terre-euite    peinte    trouvees    ä   Corinthe 

(musee  du  Louvre).     S.  23  —  32  (8  Abbildungen). 
A.   Cartault,   De   quelques  representations    de   na  vires  empruntees  ä  des  vases 
primitifs  provenant  d'Athenes.     S.  33  —  58  (Taf.  IV  und  4  Abbildungen). 
Rheinisches  Museum  für  Philologie. 

XLI.     Heft  4.     A.   Elter,  Die  Gladiatorentesseren.     S.  517  — 548. 
XLII.     Heft   I.     H.  Nissen,  Über  Tempel-Orientirung.     V.     S.  28  —  61. 
P.  J.  Meier,  Die  Gladiatorentesseren.     S.  122 — 137. 
Nord  und   Sud.     Breslau,   1886. 

Heft   12.     G.  Meyer,  Ein  Ausflug  nach  Argolis. 
Notizie  degli  scavi  di  antichitä.     Roma,   1886. 

Settembre.     S.  285  — 338. 
Revue    de    l'Afrique    frangaise    (Ancien    bulletin    des    antiquites    frangaises).       Sieme    anne.      Tome  IV. 
Fase.   18  (juillet-aoüt).     Cl.    Pallu    de    Lessert,    Les    monuments     antiques    de    la    Tunisie. 


S.  237  —  240. 


Bibliographie.  523 


Revue  archeologique.     Troisieme  serie.     Tome  VIII.     Paris,   1886. 

Septembre-octobre.     J.   Gozzadini ,    Les    fouilles    archeologiques    et    les    steles    funeraires  du 
Bolonais.     S.  129—  136  (Taf.  XIX— XXII). 
Clermont- Ganneau ,    Antiquites    et    inscriptions    inedites    de    Palmyre.      S.  144 — 148 

(17  Abbildungen). 
R.  Mowat,  Note  sur  une  pierre  gravee  servant  de  cachet.     S.  149 — 151   (Abbildung). 
Dieulafoy,  Fouilles  de  Suse,  campagne  de   1885 — 1886.     S.  194  —  220. 
P.  du  Chatellier,  Le  tumulus  de  Kerlan-en-Goulien  (Finistere).     S.  221  —  232. 
Novembre-decembre.     H.  Bazin,  L'Artemis  marseillaise  du  musee  d'Avignon.     S.  257 — 264. 
PI.  XXVI. 
M.   Dieulafoy,  Fouilles  de  Suse,  campagne  de   1885 — 1886.     S.  265 — 276. 
E.  Muntz,    Les    monuments    antiques    de  Rome    ä    l'epoque  de  la  renaissance.     Nou- 
velles  recherches.     Les  murs  et  les  portes.      (Suite.)     S.  318. 
Revue  de  l'histoire  des  religions  (Annales  du  Musee  Guimet).     7e  annee.     Tome  XIII.     Paris,   1886. 
No.   I   (Janvier-Fevrier). 

Ch.  Ploix,  Mythologie  et  Folklorisme.     Les  Mythes  de  Kronos  et  de  Psyche.     S.  1 — 46. 
Österreichisch -Ungarische  Revue.     Wien,   1886. 

Heft  9.     A.  Hauser,  Die  Kunst  in  Dalmatien.     I.  Die  Antike.     S.  52  —  60. 
Nordisk  Tidskrift  for  Filologi.     Ny  Raekke.     Kabenhavn,   1886.      Bd.  VII. 

Heft  3.     K.  F.  Kinch,  Adonis  Fedsel,  et  pompejansk  Vaeggemaleri.     S.  181  —  186. 
Unsere  Zeit.     Deutsche  Revue  der  Gegenwart.     Leipzig,   1887. 

No.   I.     F.  Gregorovius,  Segesta,  Selinunt  und  der  Mons  Eryx.     S.  28  —  49. 
Wochenblatt  für  Baukunde.      1886. 

No.   73.     W.  Wagner,  Römisches  aus  Mainz.     S.  366  —  368  (2  Abbildungen). 
No.  75.   77.     K.  Torma,  Die  nördliche  Hälfte  des  Amphitheaters  von  Aquineum.    S.  378 — 380. 
391  f.     (3  Abbildungen.) 
Berliner  philologische  Wochenschrift.     6.  Jahrgang.      1886. 

No.  47.     M.  Ohnefalsch-Richter,  Eine  Unterredung  mit  Sir  Henry  Bulwer,  dem  neuen  Gene- 

ralgouvemeur  auf  Cypern.     S.  1483  f. 
No.  49.     Ad.   Boetticher,   Das  Leonidaion  und  das  Festthor  in  Olympia.     S.  1523  f. 

S.  Reinach,  Ein  unedirter  Brief  C.  O.  Müllers  an  R.  Rochette.     S.  1546 — 1548. 
No.   50.     L.   Gurlitt,    Die  Wiederaufnahme  der  antiken  Marmorbruche  im  Peloponnes  durch 

H.  Siegel.     S.  1554  f. 
No.   52.     Ein  Seitenstück  von  Jerusalem  zur  Wasserleitung  des  Eupalinos.     S.  1618. 
7.  Jahrgang.      1887. 

No.  1.  2.    Ad.  Boetticher,  Die  Ausgrabungen  auf  der  Akropolis  von  Athen.    I.    S.  2  f.   34 — 36. 
V.  Z.,  Römische  Ruinen  in  Lescar  (Basses -Pyrenees).     S.  36. 
Zeitschrift  für  bildende  Kunst.     Jahrgang  XXII.     1886. 

Heft  2.      O.    Benndorf,    Besprechung   von:    R.    Kekule,    Die    antiken    Terrakotten,    Bd.   II. 

S.  61  —  64. 
Heft  3.      J.  Durm,  Zur  Bautechnik  der  Hellenen.     S.  88  —  91   (8  Abbildungen). 
Zeitschrift  der  deutschen  morgenländischen  Gesellschaft.     XL.   Bd.      1886. 

Heft  3.      Kuhnert,  Midas  in  Sage  und  Kunst. 
Westdeutsche  Zeitschrift  für  Geschichte  und  Kunst.     Jahrgang  V.     Trier,   1886. 

Heft  4.      F.  Möller,  Die  Gans  auf  Denkmälern  des   Mars.     S.  321  —  331   (Taf.   13). 


REGISTER. 


Abkürzungen:  Abb.  =  Abbildung  im  Text;  Br.r=  Bronze;  etr.  =  etruskisch;  C  =  Gemme;  L.t=  Lampe; 
Mos.  =  Mosaik;  Mze.  =  Münze;  Rel.  =  Relief;  Sk.  =  Sarkophag;  Sta.  =  Statue;  T.  —  Terracotta ; 
V.  =  Vase;     IVgm.  =  Wandgemälde. 


I. 


Abschied  eines  Kriegers    Vn.    309 f.  312 

Acheloos  Kopf  Br.  (Berlin)   157 

Achilleus  auf  Viergespann  etr.  Sk.  209;  —  und 
Memnon  V.  92  |  Schild  des  —  bei  Homer  116, 
73.   i2of.   123 

Ackerbau  auf  dem  Schild   des  Achilleus    120 

Adler  Reliefs  61;  Vn.  93.  145  |  Greifenkopf  mit 
—  körper   V.   144.   146 

Adoration  s.   Gestus 

Adorant   s.  Betender  Knabe 

Agina  (Nymphe)  V.  204  |  (Insel)  Funde:  Sculpturen 
174;  Peleus  und  Thetis  T.-Rcl.  203;  Vn.:  attische 
Schüssel  90,  15,  Herakles  mit  Hydra  87,  4,  Thea- 
terprobe (Brit.  Mus.)  285,  130 

Ägypten.  Einflufs  auf  die  griechische  Kunst  8 1 . 1  I4ff.  | 
Kunstdarstellungen:  Bestattung,  Kinder,  Pferde 
118;  Schlacht  117;  Schlange  118;  Schiffe  315; 
nackte  Weiber  105  fr.  |  Halsschmuck  (Berlin)  155  : 
Porzellan:  Frosch  (aus  Kamiros)  136;  Vögel 
144  |  Homers  Kenntnis  von  Ägypten   114 

Älian  de  n.  an.  II  27:  237,  40;  32:  233,  15  |  IX 
11:  53.  16;  '3:  51  I  X  34:  233,  16;  36:  234,  24; 
50:   242,  76  |  XI  1:  233,  15  |  XII  9:    52,  8  |  XIV 

I3:  233.  15  I  xvn   12 :   53.  16 
var.  hist.  III  35:   73,  3 

Äneas    V.  93 

Äschines  II  99:  277,  75;  157:  282,  113.     292,188 

Äschylos  Eum.  50:  210;  Hiket.  212:  237,  41;  fr. 
43:   242,  75;  fr.   186:  238,  41 

Äsop  Sta.  (V.  Albani)  304,  261;    V.  (Vatican)  263,  6 

Affe  V.  281;  Vasenform  144;  T.  aus  Myrina  (Ber- 
lin)  155 

Agamemnon  Schild  des  —  bei  Homer  123 

Agrippa  Kopf  (Paris)   130 

Aias  S.  d.  Oileus  V.  (Brit.  Mus.)  126  |  S.  d.  Te- 
lamon    V.  92;  etr.  Sk.  207 

Akraiphia  Heiligtum  des  Apollon  Ptoos   186 

Akrisios    V.  312 


Alabaster  Stier  Rel.  aus  Tarsos  (Brit.  Mus.)  127; 
Salbgefäfs  aus  Rhodos   156 

Alambra  vorphönikische  Funde  80 

Alexandria  Matidia  Onyxbüste  aus  —  (Brit. 
Mus.)   128 

Alkaios   fr.    11:   290,   168 

Alkinoos    V.  (Paris)  299 

Alkiphron  III  3:  274,  so 

Alkmene  Phlyaken-K.   276 

Altar  Ä-.-Modell  (Brit.  Mus.)  127  |  pergamenischer 
6off.  129  |  —  auf  G.  127;  auf  Vn.  12.  192.  199. 
202  f.   279.   281.   283.  298.    300.   303.   306.  310  f. 

Alteburg  Ton-Z.  aus  — ■   (Brit.  Mus.)    127 

Amathus  Belagerte  Stadt  Scliale  aus  —   121,  95 

Amazonen  Statuen  14fr.  Taf.  I — 4  und  Abb.  86f. 
Abb.;  des  Kresilas  22.  42,  des  Phidias  42 f.,  des 
Phradmon  47,  des  Polyklet  40  f.,  des  Sosikles 
17.  23,  des  Strongylion  45.  47;  Typus  Lans- 
downe  14fr.  29fr.  39fr.,  Capitol  17fr.  28f.  4lff., 
Mattei  19  fr.  34  fr.  43  fr.;  Kopftypen  24  fr.;  Re- 
construction  der  Typen  28  ff. ;  Gewandanordnung 
39 ff.  46 f.  ]  —  kämpf  Rel.  64;  etr.  Sk.  205 f.; 
Vn.  32,  19.  90.   309f.  311  f.    313 

Ameinokles  Schiffsbaumeister   108 

Ammon  Sta.  aus  Pergamon  (Constantinopel)    130 

Amykläischer  Tron  87,  4.   123 

Anakies   V.  des  —  88,  8 

Anakreon  Hermenkopf  (Capitol)  131  |  Anakreon- 
tea   3B:  243,  81 

Anbetung   s.  Gestus 

Anchises  in  Vergilminiaturen   10 

Anthologia  Latina  646:   246,99  |  Palatina  VI  43 
52;    148:    242,  66;    290:  237,  35.   238,. 45.  47;  VII 
30:  233,  13;  IX  363:  247,  102.  252,  '25.  129;  406: 
52,  9;  791:  238,  47;  XVI  179:  250,  113 

Antigone  parodirt  auf  Phlyaken-K.   303 

Antilochos    Vn.  89,  12.  93 

Antinoos  sog.  —  Br.  (Tübingen)   164,6.    166 


Register. 


325 


Antiochos  Rel.  vom  Nemrud-dagh   130 

Apelles  Anadyomene  des  —  250 

Aphrodite  Anadyomene  250 ff. ;  Frühlingsgöttin 
252fr.;  Urania  236;  Zephyritis  237  |  Br.:  (Arol- 
sen)  131;  (Brit.  Mus.)  127;  aus  Sparta  (Berlin) 
157  |  Marmor - Sta.:  von  Arles  (Paris)  131; 
von  Melos  und  Vienne  (Paris)  130  |  Vn.:  Idol 
279;  von  Eroten  geschmückt  311;  bei  Peleus 
und  Thetis  197.  204;  auf  Schwan  231  ff.  Taf. 
1 1   und  Abb. ;  s.  Venus 

Apollodor  II  6,  3,  2:  281,  102 

Apollon  Boason  50 f.;  Ptoos  186;  auf  Schwanen- 
gespann 233;  im  Musenchor  (Schild  des  Hera- 
kles) 123  |  Bronzen:  Kopf  (Paris)  130;  Sta.  (Nea- 
pel) 31;  Statuette  (Berlin)  1 57  |  Marmor:  Sta. 
(Rom)  131;  am  pergamen  Altar  214  |  Vn.:  123; 
mit  Herakles  um  den  Dreifufs  streitend  309 f.; 
Kyrene  aussendend  259;  leierspielend  151 ;  und 
Marsyas  309;  und  Musen  309;  auf  Schwan  260, 
159;  auf  dem  Tempeldach  301 

Apollo  ni os  Artemis  G.  des  —  31  |  —  v.  Rhodos 
IV  783  ff.:   199  |  —  v.  Tyana  Br. -Büste  (Paris)  131 

Apuleius  Met.   V  29:  251,  121 

Ares  auf  dem  Schild  des  Achilleus  116,  73.  123; 
V.  aus  Eleusis  (Athen)  92,  19;  mit  Hephaistos 
kämpfend,  Phlyaken-K.  (Brit.  Mus.)  290 f. 

Arete    V.  (Paris)   299 

Argos  Herakles  und  Hydra   V.  aus  —  87,  4 

Argotos  Bosporaner  236,  32 

Ariadne  und  Dionysos  Vn.  151.  274.  310;  — und 
Mänade,  Phlyaken-F.  278  f. 

Aristophanes  Ach.  l86ff.:  298,  21c  |  Daidalos 
290, 17  .  306,271  |  Ekkl.  877  fr.:  292;  978:  276,03. 
292,  181  |  Frösche  38ff:  284;  165:  277,  75;  231: 
51;  462:284;  513  ff.:  280,  93;  549fr. :  294;  572: 
301,236;  637fr.:  308;  730:  294  [  Plut.  627ff: 
288,  153;  IIOO:  282,113  I  Thesm.  238fr.:  272,4-,; 
643fr.:  303,252;  733:  281  |  Vög.  1575fr.:  284  | 
Wesp.  124:288,153  |  Wölk.  341:266;  538:263; 
734:  263,  10 

Aristoteles  Hist.  anim.  IX  13:  234,24  |  Mirab. 
!33:  235,  29  |  Physiogn.  3:  273,  48.  276.  280,80. 
286,  135.  289,  158;  6p.  808A:  45;  p.  811 A: 
263,  7.  275,  57.  28l,9fl.  289,158.  293,196  |  Probl. 
A22   p.  862  Aio:   51  |  Fragm.   241,   19:   51 

Arles  Aphrodite  von  —  (Paris)   131 

Arolsen  Antiken  in  —   131 

Arsinoe  Flügelpferd  der  —  237  f. 

Artemidor  Oneir.  II  37:   251,  119 

Artemis  orientalische  auf  der  Kypseloslade  123; 
ephesische  Br.- Statuette  131  |  Br.  -  Statuette  aus 
Thesprotien  (Berlin)  145  ]  G.  des  Apollonios3l  | 


T.-Sta.  aus  Tanagra  (Berlin)  31  |  Vn.:  bogen- 
schiefsend  (Berlin)  145;  bei  Apoll  und  Marsyas 
309;  att.  Bei.- V.  92,20  ]  Amazonen-5/a.  als  — 
ergänzt  21 

Artemision  in  Ephesos  47 

Arundel  Sammlung  in  Oxford   16 

Asklepieion  in  Athen   188 

Assteas    V.  des  —  282 

Assyrien.  Darstellungen  des  s.  g.  heil.  Baumes 
81  |  Schiffs  -Rel.  aus  Kujundschik  107.  316  | 
phönik.  Silberschalen  aus  —   104,  27 

Ast  arte  archaische  Idole   101  f. 

Astragal  aus  Kurion  (Berlin)   133 

Atalante    Vn.  92.   106,  28 

Athen  Dionysostheater  186.  188;  Asklepieion  188; 
Parthenonmetopen  214fr.,  Parthenonfries  216,  o[ 
Dreifüfse  auf  attischen  Monumenten  186  ff.  Abb. 
Funde:  weibl.  Idole  102  |  Br.- Statuetten: 
Athena  169,  5;  Wagenlenker  173  Abb.  |  Mar- 
/««--Stier  von  einem  Grabmal  (Brit.  Mus.)  126] 
Theatermarke  (Brit.  Mus.)  128  |  Vn.:  Aphrodite 
übers  Meer  fahrend  244  f. ;  dem  Meer  entsteigend 
244fr.  Taf.  II,  2 

Antiken  in  — :  Plato  und  Pythagoras  Herme 
71.  77  f. ;  YoxxxiX- Doppelherme  130;  Aphrodite  auf 
Schwan  Rel.  246,98;  Herakles  und  Hydra,  arch. 
Giebel  -  Rel.  87  fr.;  Wagenlenker  Torso  170,  18  | 
Peleus  und  Thetis  Thondiskos  195  f. ;  Pinax  aus 
Eleusis    91,19;    Vn.  90, 15.  202ff  |  vgl.   Attika 

Athena  Tempel  in  Priene  56;  Kultbild  daselbst 
61;  auf  dem  Schild  des  Achilleus  116,  73.  123  | 
Br.- Statuette  aus  Athen  169,  5  |  Geburt  Vn. 
90 f.,  17.  202.  312;  bei  Herakles'  Hydrakampf 
Vn.  87 ;  bei  Peleus  und  Thetis  V.  204 ;  bei 
Perseus    Vn.  91,  19.   126;  schreitend    V.   151 

Athenäus  p.  19 F:  270,  32  |  20 A:  299,  226  |  11 1  C: 
276,69  |  197D:  242,  71  |  3l8D:  236,  34.  237,  35. 
238,  4«  |  394F:  233,  16  I395 B:  232,  9  |  411  B: 
30I,  236  I  426F:  306,  271  |  452F:  270,  32  |  509  C  : 
74,  6  I  541 A:  257,  151  I  569A:  276,  02  I  569C: 
292,  183  I  619B:  299,  225  |  620E:  304,  200  |  621F. 
622  B:  263,  11  I  638 B:   299,  220 

Athienu    V.  aus  —   79fr.   Taf.   8 

Atmeidan  Schlangensäule  auf  dem  —  176fr.  Abb. 
und  Hilfstafel 

Attalos  Weihgeschenk  des  —  85fr.  2 12 ff. 

Attika  Dipylon-K.  vom  Hymettos  97 

Auflauern  s.  Gestus 

Auge  an  Kriegsschiffen  auf  Dipylon-K».  315 

Äugst  Antikenfunde  in  —   165,  7 

Ausonius  Id.  XIV:   246,99 

Automedon   V.  89,12 


326 


Register. 


Babylon  weibl.  Idole  auf  Cylindern   aus  —   102  ff. 
Bad  Frauen  im  —    V.  311  f.;    Jüngling    im  —     V. 

312;  Thetis  im  —  überrascht    V.  204 
Bakchantin  s.   Mänade 
Ballspieler  223 

Barbar  Statuette  aus   Perugia  (Berlin)   129 
Bari  Funde:  Dipylon-7'.  (Berlin)  96.  112;  Phlyaken- 

V.  (Brit.  Mus.)  290  f. 
Basalt  Amazonen  -  Torso  (Turin)  20 
Bathykles  amykläischer  Tron  des  —  87,  4.   123 
Baton     V.    174,  26;    £>-.  (Tübingen)   172 
Baum    Vn.  192fr.;  heiliger —  in  der  assyr.  Kunst  81 
Beine  menschliche  —    T.  aus  Kurion  (Berlin)    132 
Belagerung    auf    dem    Schild    des  Achilleus   120; 

auf  Schale  aus  Amathus  121,  9"> 
Berlin  Erwerbungen  der  kgl.  Museen  1885:  129fr. 
Abb.  |  Bronzen:  betender  Knabe  Sta.  I  ff.  Abb. 
218  ff. ;  Artemis  Statuette  aus  Thesprotien  145; 
Krieger  Statuette  aus  Dodona  169,  16;  Votiv- 
frosch  aus  Korinth  48  fr.  Abb.  |  Marmor: 
Amazone  Sta.  15  Taf.  3,  I  und  Abb.,  Kopf  16; 
Piaton  Herme  71  ff.  Taf.  6,  i;  Gigantomachie, 
pergamen.  Altar-Ä1/.  60  ff. ;  att.  Grab-j?c/.  74,  1  \ 
Tn.:  Artemis  Sta.  aus  Tanagra  31 ;  Frau  auf 
Schwan  Fries  258  |  Vn. :  im  Dipylonstil  96 f.; 
mit  Goldschmuck  241,61.94;  Amphiaraos  90,  lr, ; 
Aphrodite  auf  Schwan  239 ff.  247 ff.  Taf.  11 ; 
Athenageburt  90,  17 ;  Harpyie  Knaben  raubend 
2ioff.  Abb.;  Herakles  und  Hydra  87,4.  88,8.9; 
Mann  mit  Haube  314  Taf.  12;  Peleus  und  Thetis 
201  ff. ;  Phlyaken  281  ff. ;  korinthische  Pinakes  50  | 
G.  (betender  Knabe)  21 7  ff.  Abb.  |  Golddiadem 
aus  Korinth  99 
Bestattung  auf  Dipylon-f7».  95  ff.  117  f.;  aufägypt. 
Monumenten  118;  Verhüllung  des  Toten  121  ; 
Solon  schränkt  den  Bestattungsprunk  ein  125] 
s.  Grab 
Betender  Knabe  -ffr.  (Berlin)  1  ff.  Abb.  218 ff.;  V. 
(Brit.  Mus.)  12  Abb.;  G.  (Berlin)  217fr.  Abb.  | 
betende  Frau  Ahn.  des  Pertinax  12  Abb. 
Beyrut  Funde:  Br. -Stempel  (Berlin)  157;  Stein- 
form (Brit.  Mus.)  127;  Elfenbein-AV/;#i  (Brit. 
Mus.)  128 
Biene  apotropäisch   52 

Biliotti'sche  Ausgrabungen  auf  Rhodos  (Brit.  Mus.) 

126;  (Berlin)   133  fr.  Abb. 
Bion  IX   1 :  242,  69 

Blacas  Peleus  und  Thetis    V.  der  Smlg.  —   195 
Blei  Täfelchen  (Brit.  Mus.)   127;  Peleus  und  Thetis 

etr.  Tafel  203 
Blume  Mann  an  —  riechend  V.  aus  Athienu  (Lev- 

kosia)  81  f.  Taf.  8 


Bock  Knabe  auf  —  Br.-Statuette  (Arolsen)  131 ; 
Eros  auf  —  gespann  T.  aus  Myrina  (Berlin) 
157;  Pan  mit  —  köpf  T.  (Berlin)   155 

Böotische  V.  aus  Eleusis  (Athen)  92,19;  — Gold- 
schmuck 112 

Bogen  am  Köcher  festgebunden,  Amazonen-5/rt. 
36 f.;  Vn.  36,21  |  Herakles  mit  —  88;  Kybele 
mit  —  63 

Bologna  Krieger  Br.-Statuette  in  —   169,  16 

B omar zo  Peleus  und  Thetis    V.  aus  —  203 

Boreas  und  Oreithyia   V.   155 

Bronzen  Erwerbungen  des  Berl.  Mus.  1885:  129. 
I32f.  157;  des  Brit.  Mus.  1885:  I26f.  |  Arm- 
bänder aus  Siana  149;  Fibeln  aus  Rhodos  156; 
Haken  mit  Fuchskopf  (Arolsen)  131  ;  Henkel: 
Eros  einschenkend,  aus  Myrina  13,  Panther 
(Arolsen)  131 ;  Kandelaber  (Neapel)  185,  (Arol- 
sen) 131  ;  Medaillon  (Adler  mit  Schlange)  93,24 
Mzn.  von  Rhodos  145:  Nadel  aus  Siana  149 
Schnalle  (Cöln)  131 ;  Situla  aus  Picenum  (Har 
pyie  Knaben  raubend)  211;  Sp.  aus  Siana  149 
Strigilis  aus  Siana  146  |  Köpfe:  Amazone  (Nea 
pel)  16,  (Brit.  Mus.)  19;  Apollon  (Paris)  130 
Apollonios  von  Tyana  (Paris)  131 ;  Demosthenes, 
Epikur,  Hermarch  (Neapel)  130 ;  Löwe  (Arolsen) 
131 ;  Sophokles  (Brit.  Mus.)  76,17;  Wolf  (Arol- 
sen) 131 ;  Zenon  (Neapel)  131  |  Statuen:  Apol- 
lon mit  Leier  (Neapel)  31 ;  Fufs  (Arolsen)  131 : 
Knabe  (Arolsen)  131,  betend  (Berlin)  1  ff .  Abb. 
2i8ff.;  Narkissos  aus  Pompeji  32;  Zeus  aus  der 
Platäerbeute  in  Olympia  181  f.  ]  Statuetten:  Ama- 
zonen 16.  86 f.  Abb.;  »Antinous«  (Tübingen) 
164,6;  Aphrodite  (Arolsen)  131 ;  Artemis  Ephe- 
sia  131 ;  Athena  169,15;  Dioskuren  (Arolsen) 
131;  Frauen  (Tübingen)  165,6;  Frosch  (Berlin) 
48 ff.  Abb.;  Gallier  85 f.  Abb.;  Herakles  und  der 
Löwe  (Arolsen)  131 ;  weibl.  Idole  102;  Iuppiter 
(Tübingen)  164,6;  Knabe  auf  Bock  (Arolsen) 
131  ;  Krieger  aus  Lakonien  169,  15.  172,  24,  aus 
Athen  173;  Landmann  (Tübingen)  165,  6;  nack- 
ter Mann  (Tübingen)  165,  6;  »Meleager«  (Arol- 
sen) 131 ;  Peleus  und  Thetis  203;  Stier  (Arolsen) 
131;  Tänzer  (Tübingen)  165,6;  Votive  aus 
Olympia  172;  Wagenlenker  (Tübingen)  163  fr. 
Taf.  9 

Brygos    Vn.  des   —   36,21.   205,  1 

Budapest  Militärdiplom  (Privatbesitz)   129 

Byzanz   s.  Constantinopel 


Caere  Funde:  phönikische  Silberschalen  81 

Peleus  und  Thetis    V.  203 
Cannstatt  Antikenfunde   165,  7 
Capua   V.  aus  —  (Paris)  299 f. 


104,  27 


Register. 


327 


Catania    V.  in  —  280C 

Catull  62,  35:  242,  70;  66,  51:  236;  66,  63:  237. 

238,  42 
Chalkis  Mzn.  von  —  93;   chalkidische    Vn.  89  f. 
Cheramyes  Hera  von  —  geweiht  (Paris)    130 
Chigi'sche  Marmorbasis  (Dresden)   186 
Chiinära    V.  aus  Rhodos   144 
Chiron    hilft    dem    Peleus    196.     198,:!.    199;    Vn. 

201  ff.  |  sucht  bei  den  Nymphen  Heilung,  Phlya- 

ken-K  (Brit.  Mus.)   287  ff. 
Chirurgische  Werkzeuge  Br.  aus  Pergamon  (Brit. 

Mus.)   127 
Chiusi    Funde:    Plato    und    Sokrates    Doppelherme 

75  f.;    phönik.  Silberschale  104, -27;    Wagenlenker 

Wgm.   170,  18.    174,  26 
Chorikios  Ekphr.  p.   129:  252,  124;    130:  249,111; 

137:   247,102;   173:   247,102;   174:   254,1:10 
Cicero  sog.  — ,  Holzbild   166,8  |    ad  Att.  XV   16: 

51,8 
Cisten  mit  menschl.  Figuren  als  Griff  118  |  Peleus 

und  Thetis  203 
Cither  s.   Leier 
Claudian  XIV   1  ff. :   242,00 
Cölri  /?/-.-Schnalle  aus   Fnskirchen  in  —   131;    Vn. 

aus  —  (Brit.   Mus.)   127 
Constantinopel  Ante  und  Ammon-.W.    aus  Per- 
gamon in  —   130;    .Schlangensäule   auf  dem  At- 

meidan   176  m  Hilfstafel 
Corneto  Funde:  Iliasscene  Sk.  205fr.  Abb.;  Odys- 

seus  und  Kirke  Sp.   272,40;    Peleus    und    Thetis 

Vn.  202;  Vogeljagd    IVgm.  81 
Cornutus  c.   24:   234,20;  c.   32:   234,20.  235,2s 
Cumae  Anadyomene    V.  aus  —  253 f. 
Cylinder  babylon.   —  (weibl.  Idole)   102 
Cypern    phönik.    Kunstübung    in    —    79  |  Funde: 

Priesterin    mit    Idol     auf    Wagen     Goldplättchen 

(Paris)   132;  weibl.  Idole   102;   Mzn.  (Aphrodite 

mit  Sternen)    243,7";    Silberschalen    81.    104,27; 

Vn.   134  |  s.  Alambra,    Athienu,    Dali,    Golgoi, 

Kurion,    Salamis 


Daidalos    des    Aristophanes     29of.,  171.     306,271; 

Name   des  Hephaistos,  Phlyaken-K.  (Brit.  Mus.) 

291 
Dali  phönik.  Schalen  aus  —  81.   120,  93 
Danae   V.  312 
Darmsheim  Funde   165,« 
Daulis  Glasware  von  —   116 

Decius  Mzn.  des  —  aus  Samos  (Pythagoras)   78 
Deianeira   V.  202 
De  im os  auf  Agamemnons  Schild   123 
Del os  ,#r.-Dreifüfse  aus  —   186 
Jahrbuch  u>«  archäologischen  Instituts  I. 


Delphin  dem  Apollon  heilig  51  |  Nereiden  auf  — 
V.  248;  Phlyake  einen  —  verschlingend  V.  303; 
Taras  auf  —  Mzn.  von  Tarent  307;  Thetis  mit 
—    V.  203 

Demetrios  Chorlehrer  auf  Satyrspiel- K  (Neapel) 
262 

Demosthenes  Bildnisse  des  —  76,  15;  Br. -Büste 
aus  Herculaneum  (Neapel)   130 

Diadumenos  des  Polyklet  41;  in  attischer  Um- 
bildung 43 

Diana  Br.  (Tübingen)   165,6.   166 

Dichter  leierspielend  Sta.  (Rom,  V.  Borghese)  129 

Cassius  Dio  fr.  39:   270,3;! 

Diodor  III  34:  114,  55;  55:  206,  2  |  IV  31:  281,  103 1 
XI  33,  2:   180 

Diogenes   Kopf  aus  Herculaneum  (Neapel)   130 

Diogenes  Laertius  III  12:  299,225;  25:  74,10; 
26.  28:  73,  3  |  V  1,  2:  73,4;    2,   14:  282,  113 

Diomedes    Vn.  93.  296f.  Abb.   313 

Dionysios  v.  Byzanz  fr.  59:  II  |  —  Perieg.  833(1".: 
247,  102 

Dionysos  Br.-Sta.  aus  Pompeji  32;  Hermenbüste 
(Capitol)  55  |  bei  Aphrodite  Anadyomene  V. 
(Berlin)  248;  und  Ariadne  Vn.  201.  274;  mit 
Ariadne  und  Herakles  V.  310;  auf  Panter  Bei. 
einer  Ante  aus  Pergamon  (Constantinopel)  130; 
Pflege  des  jungen  —  V,  310;  und  Phlyake 
Vn.  277  f.  Abb.  290.  298.  305;  und  Satyrn 
Vn.  127.  282.  311;  im  Thiasos  V.  309;  mit 
Trinkhom  Vn.  (Berlin)  1 50  f. ;  mit  Thyrsos  Vn. 
(Berlin)  151.  241  |  Dionysostheater  zu  Athen 
186.    188 

Dioskuren  Br.- Statuetten  (Arolsen)   131 

Diptychon  von  Elfenbein  (Halberstadt)   131 

Dipylonvasen  80.  90,  15.  95fr.  I34f.  174,26.  315; 
Einteilung  95  fr. ;  die  nackten  Weiber  97  fr. ;  Zeit 
und  Heimat  106  ff. ;  Herleitung  aus  Ägypten 
H4ff.  315;  Vergleichung  mit  der  Kunst  bei 
Homer   1196". 

Diskobol  ruhend  Sta.  (Vatican)  45 

Diskos  aus  Thon  (Peleus  und  Thetis)   195.  204 

Dodona  Krieger  Br. -Statuette  aus  —  (Berlin)  169,  16 

Dolch  des  Antiochos  Bei.  v.  Nemrud-dagh   130 

Doloneia   V.  (Wien)   313 

Doppelhammer  Schildzeichen,  Dipylon-K.  96 

Doris  bei  Peleus'  und  Thetis'  Kampf   Vn.  203 f. 

Doryphoros  des  Polyklet  41;  des  Kresilas  43 

Drache  Verwandlung  der  Thetis    Vn.    202  ff. 

Dreifufs  auf  der  Schlangensäule  177.  184fr.;  Form 
der  Dreifiifse  185  tT. ;  monumentaler  auf  der  Akro- 
polis  i87f. ;  auf  Vn.  96.  122.  194  Taf.  10;  als 
Vasenform   134  |    Dreifufsraub   Vn.  309  f. 

24 


328 


Register. 


Dresden  Antiken  in  — :  Chigi'sche  Marmorbasis 
186;  Herakles  und  die  Hirschkuh  Rel.  131;  Pe- 
leus  und  Thetis    V.  201 

Duris    Vn.  des  —  36,  21.  202 

Dzialynski  Peleus  und  Thetis    V.    der   Smlg.   203 

Eber  auf  Schild  des  Herakles  123;  von  Hund  an- 
gegriffen Steinform  aus  Beyrut  (Brit.  Mus.)  127; 
Ebervorderteil  als  Schildzeichen  93;  Eberjagd 
V.  aus  S.  Agata  de'  Goti  312 

Echippos   F.  93 

Egnatia  Phlyaken-K.   aus  —  294 

Eidechse  dem  Apollo  heilig  51;  apotropäisch  52; 
auf  Gemmen  und  Architekturteilen  52 

Elephant  einen  Gallier  niederwerfend  T. -Gruppe 
aus  Myrina  87 

Eleusis  Funde:  Pinax  (Athen)  91,  19 ;  Goldschmuck 
100,  16 

Elfenbein  Erwerbungen  des  Brit.  Mus.  1885:  128  [ 
weibl.  Idole  102;  Diptychon  (Halberstadt)  131; 
Wagenlenker  etr.  Rel.  170,1»;  Theatermarke  aus 
Ephesos  (Brit.  Mus.)    128 

Elpenor  Phlyaken-K.   272  Abb. 

Empfangsscene   V.  (Wien)  312 

Enskirchen  i?>-.-Schnalle  aus  —  (Cöln)    131 

Ente  V.  298;  von  Panter  gejagt,  myken.  Dolch  116, 61 

Eos    Vn.  89,12.  242.  244f.   258 

Ephebe  s.  Jüngling 

Ephesos  Amazonen  -  Statuen  im  Artemision  47  | 
Funde:  weibl.  Idole  102;  Elfenbein -Theater- 
marke (Brit.  Mus.)   128 

Ephialtes  und  Poseidon   V.  (Wien)  313 

Epikuros  Br.-Büste  aus  Herculaneum  (Neapel)  130 

Eris  bei  Homer   123 

Ernte  auf  dem  Schild  des  Achilleus  120 

Eros  bei  Aphrodite  232.  235.  239.  245.  247  f. 
253f.  258.  311;  bekränzt  eine  Leierspielerin  V. 
(Brit.  Mus.)  126;  bei  Dionysos  Vn.  (Berlin)  151  f.; 
einschenkend  ^.-Henkel  aus  Myrina  13;  fahrend 
auf  Bockgespann  T.  (Berlin)  157;  flöteblasend 
V.  311;  kämpfend  mit  Löwen  T.  (Berlin)  157; 
knieend  auf  Altar  C  (Brit.  Mus.)  127;  leierspielend 
T.  (Berlin)  157;  und  Nike  V.  (Brit.  Mus.) 
126;  bei  Peleus'  Liebeskampf  V.  204;  in  Phlya- 
kentracht  V.  306;  und  weibl.  Figur  mit  Vogel 
Goldring  (Brit.  Mus.)   128 

Esel  Frau  mit  Kind  auf  —  T.  aus  Salamis  (Brit. 
Mus.)   127 

Etruskisch.  Osten  mit  figlirl.  Griffen  118;  Elfen- 
bein-Ä»/.  (Wagenlenker)  170,18;  Sk.  (Scenenaus 
der  Ilias)  205  ff.  Abb.;  Scarabäus  (Tityos)  157; 
Sp.  (Aphrodite  auf  Schwan)  232.  246 ;  V.  (Apol- 
lon  auf  Schwan)   260, 159 


Etymologicum  Magnum  474,  31  :  250,  112;  664, 
53:   234,20 

Euainetos  Mzn.  des  —  205,1 

Eumaios   114 

Euphranor  Gespann  von  —    173 

Euripides  Androm.  1231.  1277:  198  |  Elektra 
465fr.:  243,81  |  Fragm.  775,  31:  247,101  |  He- 
kabe  65:  274,  53  |  Herakles  469:  291,  173  |  Ion 
1 146 ff. :  243,81  |  Iph.  Aul.  70off. :  198  |  Kykl. 
37  ff. :  292,186  |  Medea  835  fr.:   246,96 

Europa  auf  Stier  G.  (Brit.  Mus.)   128 

Eurypylos  etr.  Sk.  208 

Eurystheus  Phlyaken-K.  (Catania)  281 

Eurytion   V.  92 

Eusebios  Praep.  ev.  III  1140:  242,  71 

Eustathios  ad II.  p.  87,  jo:  234,  n-,  87,  13:  234,20; 

449,  2  :    234,  20.    235,  28 

Exekias   V.  des  —  49,1 

Fackel  Elfenbein-ZV/,  aus  Athen  (Brit.  Mus.)  128 
Rel.  einer  Ante  aus  Pergamon  (Constantinopel) 
130 

Fahnenträger  zu  Rofs   V.  311 

Faustkämpfer  Sta.  10;  Dipylon- V.  (Kopenhagen) 
96 

Fenster   Vn.  276.  29lf. 

Festus  p.  52M:  249,111 

Feuer  als  Verwandlung  der  Thetis   Vn.  201  ff. 

Fibel  Br.  aus  Rhodos  156;  Gold  aus  Kurion  (Ber- 
lin)  132 

Firstziegel  aus  Rhodos   153;   aus  Tarent   156 

Fisch  G.  aus  Rhodos  156;  Phlyake  auf—  V.  307; 
tote  Fische   T'.-Form  aus  Tarent  (Berlin)    156 

Flötenspieler  Vn.  2yj{.  Abb.  306.  309.  311. 
313  |  Flötenspielerin  T.  (Berlin)  155;  Vn.  126. 
151.  303.  305 

Florenz  Antiken  in  — :  Idolino  Sta.  164,6;  Ama- 
zone Br.-Statuette  16;  Krieger  Br  .-Statuette  169, 
16;  Aphrodite  auf  Schwan  Rel.  255  fr.;  Plato  Büste 
74 f.;    Vn.  89,12,  (Peleus  und  Thetis)  204 

Flügelpferd  der  Arsinoe  237  f. 

Foucquet  Nicolas  —   1  f. 

Frangoisvase  s.  Vasen 

Frau  s.  Weib 

Frosch  Votiv-2?>-.  aus  Korinth  (Berlin)  48fr.  Abb. ; 
dem  Apollo  heilig  50 f.;  mantische  Bedeutung 
51  f.;  den  Nymphen  heilig  52;  als  Fufs  an  etr. 
Geräten  52 ;  apotropäisch  52 ;  auf  Gemmen  und 
Architektur  teilen  52;   aus  ägypt.  Porzellan   136 

Fuchs  Haken  in  Fuchskopf  endigend  (Arolsen)   131 

Fufs  menschlicher  Br.  (Arolsen)  131 ;  Tischfufs 
131 ;  Kandelaberfufs  Br.  (Arolsen)   131 


Register. 


329 


Gabii  Agrippa  aus  —  (Paris)   130 

Gaia  Gigantomachie-AW/§fr  63 

Galaxidi  Anadyomene  Silberplatte  aus  —  (Paris) 
254  f. 

Gallier  sterbend  Br.- Statuetten  (Brit.  Mus.)  85 f. 
Abb.,  Marmor-.Sfo.  (Neapel)  85,  vom  attalischen 
Weihgeschenk  (Venedig)  212  f.;  —  von  einem 
Elephanten  niedergeworfen  7^-Gruppe  aus  Myrina 
87 

Gans  der  Aphrodite  lle).«|fot  geweiht  235;  Vn.  141 
Abb.  295 

Ganymed  Sp.  (Berlin)   157 

ya'jXo(  phönik.  Kriegsschiffe  109 

Gebet  s.  Gestus 

Geburt  der  Aphrodite  am  Tron  des  olymp.  Zeus 
251.  254f.;  der  Athena    Vn.  90,17.  312 

Gefallener  Vn.  91.  92,19.  III.  117.  3l2f.;  s. 
Gallier 

Gela  Peleus  und  Thetis   V.  aus  —   202 

Gelage   Vn.  295.  3o9f.  311 

Geldkasten  Form  der  antiken  —  282 

Gemälde  Monochrom  auf  Marmor  aus  Hercula- 
neum  (Wagenlenker)  170,1s.  171,22;  aus  Chiusi 
170,18.   174,2«;  aus  Medinet-Abu  316 

Gemmen  Erwerbungen  des  Berl.  Mus.  1885:  157; 
des  Brit.  Mus.  1885:  I27f.  |  aus  Mykenai  und 
Menidi  115;  Smalt  -  Skarabäen  117  |  Amazone 
(Paris,  Cab.  d.  Med.)  17;  Amazonenkopf  (Syra- 
kus)  19;  Artemis,  von  Apollonios  31;  betender 
Knabe  (Berlin)  217fr.  Abb.;  Panterkopf  aus 
Rhodos   156 

Genf  Knabe  Portrat- Büste  in  —   132 

Genrescenen  auf  Vn.  95fr.  105.  119.  122.  124. 
312;  auf  ägypt.  Monumenten  105.  117fr.;  in  der 
Kunst  bei  Homer   119fr. 

Geometrische    Vn.   III.    Il6f.    126.   134fr. 

Geras    V.  aus  Eleusis  (Athen)  92,19 

Gespann  Parthenon-yl/cfo/V  21 5 f.,  Parthenon-/7?-;'« 
216;  von  Euphranor  Kaiamis  Lysippos  Praxi- 
teles 1 73 ;  Zug  von  Gespannen  Vn.  95  f.  |  des 
Achilleus  etr.Sk.  209f.;  des  Apollon  V.  216,  11; 
der  Eos  Vn.  244;  einer  Frau  V.  151;  des  Ha- 
des V.  127;  des  Helios  Vn.  244;  des  Herakles 
Vn.  87;  eines  Kriegers  V.  309;  des  Patroklos 
elf.  SA.  209f. ;  des  Peleus  Vn.  193.  201.  204; 
einer  Priesterin  Goldplättchen  132  |  Eros  auf 
Bocksgespann  T.  157;  Aphrodite  und  Apollon 
auf  Schwanengespann  233 

Gespräch    Vn.  309^  311.   313 

Gestirne  auf  Vn.  241fr. 

Gestus  des  Auflauerns  Vn.  I93f.  196  |  des  Betens 
II  f.  81.  118  |  des  Kostens  298,21c  |  des  Sinnens 
215  |  der  Totenklage   118 


Gewand  s.  Kleidung 

Giganten  Reliefs  aus  Pergamon  (Berlin)  60 ff.  129. 
214;  aus  Priene  (Brit.  Mus.)   56fr. 

G  i  ö  1  b  a  s  c  h  i  Fries  von  —  46 

Girgenti  Peleus  und  Thetis  V.  aus  —  202;  Wa- 
genlenker Mze.  von  Akragas    170,  18 

Gladiatorenhelm  Form  einer  L.  (Brit.  Mus.)  127 

Glas  Flaschen  aus  Siana  144;  Perlen  von  einem 
Halsband  (aus  Rhodos)  135;  Plättchen  aus  Rho- 
dos 156,  aus  Spata  116;  Glaswaare  von  Daulis  116 

Glasgow  Phlyaken-K.  aus  Lipara  in  —  (Privat- 
•    besitz)  297 

Gliederpuppe    7*.  aus  Kurion  (Berlin)    132 

Göttin  Sta.  (Capitol)  21;  mit  zwei  Kindern  ZT  155; 
sitzend  T.  145;  tronend  T.  155;  auf  Widder 
240  |  Idol  101  f.  132.  I54f.  Abb.;  auf  Vn.  194. 
279.   292.   296;  Parthenon-Afetope  216,  7 

Gold  Erwerbungen  des  Berl.  Mus.  1885:  132 f.; 
des  Brit.  Mus.  1885:  128  |  Becher  bei  Homer 
118;  Idole  102;  Schmuck  97.  98,10.  99f.  115. 
203;  am  platäischen  Weihgeschenk   176 

Golgoi  phönik.  Silberschale  aus  —   104 

Gorgonen  auf  Agamemnons  Schild  123;  den  Per- 
seus  verfolgend  auf  Herakles'  Schild  123,  auf 
V.  (Brit.  Mus.)  126  ]  Gorgoneion,  Elfenbein- Ret. 
(Brit.  Mus.)   128  :  als  Schildzeichen    V.  93 

Gorytos  bei  Amazonen-Stoft/e»    36 f.  Abb. 

Gotha    Vn.  in  —   281,9a.   298,218 

Grab  Kuppelgräber  in  Griechenland  116;  Stier, 
Bekrönung  eines  Grabdenkmals  aus  Athen  (Brit. 
Mus.)  126;  Grabfunde  von  Cypern  und  Rhodos 
(Berlin)  132  f.;  Grabspende  Vn.  308  f.  312; 
Grabstele  (Vögel)  von  Kalkstein  aus  Rhodos 
156;  s.  Bestattung 

Granatapfel  Ornament  an  V.  141 ;  Frau  mit  — 
T.  156 

Greif  Pilastercapitell  (Paris)  131,  V.  138;  Wagen 
mit  —  bespannt  Goldplättchen  aus  Kurion  (Ber- 
lin) 132;  Greifenkopf  auf  Adlerkörper  Vn.  144. 
i46 

Greis   V.  (Berlin)   151 

Grimani'sche  Äntikensammlung  7 

Haartracht  der  Amazonenköpfe  24f.;  auf  Dipy- 
lon  -  Vn.  100,16;  Perrücke  in  der  ägypt.  und 
cypr.   Kunst  81 

Habicht  dem  Apollon  heilig  51 

Hades  Persephone  raubend   V.  (Brit.   Mus.)    127 

Häscher  Phlyaken-  Vn.  302  f. 

Hahn    Vn.  89,  13.   155 

Hakenkreuz  Ornament  80.  95.  99.  311 

Harpe  Herakles  mit  —  88,8 

Ilalberstadt  Diptychon  von  Elfenbein  in  —   131 

24* 


33° 


Register. 


Halle  Peleus  und  Thetis  V.  aus  Ruvo  in  —  193  f. 
Taf.   10,  2 

Harpokration  s.  v.  xepxiui  281,  101 

Harpyien  Darstellungen  2 10  ff.  Abb. 

Hase   Vn.  97.  99.   138.   140.  272 

Haus    Vn.  277.   287 

Hekate  V.  (Brit.  Mus.)  127;  Reliefs  von  I'ergamon 
und  Priene  63 

Hektor's  Bestattung  bei  Homer  121 

Helena    von  Menelaos  verfolgt   V.  (Wien)  313 

Helios  Rel.  aus  Priene  60;  Mctope  von  Ilion  61 ; 
V.  244 

Helm  des  Hieron  49;  Helmschmuck  auf  Vn.  und 
Bronzen   169,  IG 

Hephaistos  mit  Ares  kämpfend,  Phlyaken- V.  (Brit. 
Mus.)  290 f.;   und  Satyrn    V.   202 

Hera  Sta.  von  Cheramyes  geweiht  (Paris)  130; 
Vn.   126.  290  f.  |  s.  Iuno 

Herakles  Kopf  (Brit.  Mus.)  5 5 f.  Taf.  5;  Sta.  auf 
V.  292  |  im  Amazonenkampf  V.  90 ;  und  Dio- 
nysos V.  310;  beim  Dreifufsraub  Vn.  309 f.;  von 
Göttern  geleitet  V.  126;  mit  der  Hirschkuh 
Rel.  131 ;  und  die  Hydra  Rel.  und  Vn.  87  fr.; 
und  die  Kerkopen  V.  281 ;  und  der  Löwe 
i?r.-Gruppe  (Arolsen)  131,  Br.-Rel.  (Berlin)  157; 
und  Nessos  V.  202;  opfernd  V.  279,83;  in 
Phlyakentracht  Vn.  266,22.  267,20.  279fr.  283^ 
294.   300  f.  Abb. 

Herculaneum  Funde:  Hermes  Statue tte  3 1  f. ;  Por- 
trät- Büsten  130;  Wagenlenker  Gemälde  auf  Mar- 
mor   170,  18.    171,  22 

Hermarchos  Br. -Büste  aus  Herculaneum  (Neapel) 
130 

Hermenverehrung   Vn.  3 1 3 

Hermes  Statuette  aus  Herculaneum  31  f.  |  bei  Aphro- 
dite Anadyomene  V.  (Berlin)  248.  253;  bei  Ky- 
renes  Aussendung  V.  (Wien)  259;  bei  Peleus 
Vn.  197.  202;  bei  Perseus  V.  (Brit.  Mus.)  126; 
in  Phlyakentracht  V.  276;  ein  Viergespann 
geleitend   Vn.   151.  244 

Heimonas    V.  des  —  204 

Herodot  I  163:  III, 39;  166:  316  |  III  39:  no,38| 
VII  191:  199  |  VIII  48.  82:  183  |  IX  81:  176. 
181 

Hesiod  Scut.  168:  123,114;  178fr.:  123,  107;  201  ff.: 
123,109;  207ff.:  124,120;  2i6ff.:  123,108;  238fr- 
272fr.:  124,120;  305  —  313:  122,100  |  Theog. 
194:  252;  202:  251;  378:  237,37 

Hesy  ch  s.  v.  ^vesij  K'ircpou  252,  1*8;  x^pxiui  281,100 

Hesperos  242 

Hetäre   Vn.  292f.  294.  297.  311 

Hieron  Helm  des  —  49  |  V.  fälschlich  dem  — 
beigelegt  202 


Ilimerius  or.  I  20:   251;  ecl.  XVIII  2:  253,132 
Hippodrom  in  Constantinopel    176 
Hippolyte   V.  91 
Hirsch     Vn.    95  f.    99.    138 f.;     Herakles    und    die 

Hirschkuh  Rel.  (Dresden)    131 
Hischylos   V.  des  —  (Berlin)  314  Taf.  12 
Hochzeit  des  Peleus,  Sage   199;    Vn.  204 
Höhle  der  Thetis    V.  203 
Homer  Bildnisse  des  —   76,15;   Hermettkopf  (Paris) 

131;  Kunst  der  homerischen  Zeit   119fr.;  Scenen 

der    Ilias    auf  etr.  Sk.  205  ff.  Abb. 

B   827:    170,17;    814:206,2!    T  6 f.:  114,  51; 

125fr.:     123,106;     189:    206,2    |    A    88.     E   245: 

170,17 1  z  186:  206,2 1  e  267:  208 1  1  361fr.: 

114,49  I  A  36f.:  123,105;  40if.  460.  489:  207; 
526f.:  208;  541.  569fr.:  207;  575fr.  583fr. 
586fr.:  208:   589:  207;  634:  118,  so  I  E  291:  93  I 

2  84ff.:  432:  1975490 — 589:  I20;  5I4f.:  121,96; 
5l6ff.:  123,103;  519:  Il6,  73;  535ff.:  123,104; 
57lff.:  121,94;  590fr.:  I20,  92  |  V  I27ff.:  122, 
102;  253f.:  121,99;  326fr.:  171,  21;  368fr.:  171, 
20IQ59:  197;  60:200;  537:197;  795f.:  121,99 
Y  301:  114,52  I  8  125fr.:  116,  71;  I27f.: 
114,  50;  354ff.:  114,  51  |  Tj  53fr.:  299,  224  I 
Ü438ff.:  121,96  |  ■/.  321:  272  |  X  6nf.:  120,91. 
123,113  |  %  245  —  292:  114,54;  286:  114,50] 
t    228  fr.:    120,91 

Hymn.  V  5  fr.:  250 

Horaz  Epod.  V  19:  53, 19  |  Od.  I  4,  5:  252;  IV 2, 
25:   233,  12 

Hund  Vn.  138.  140.  312;  einen  Hasen  verfolgend 
V.  (Kopenhagen)  97.  99;  einen  Eber  angreifend 
Steinform  (Brit.  Mus.)   127 

Hut  Reiter  mit  spitzem  —  T.  aus  Kurion  (Berlin)  132 

Hydra  Herakles  und  die  —  Rel.  und   Vn.  87fr. 

Hydrophoren  nackt  auf  Dipylon-K.  (Kopen- 
hagen) 96 

Hygin  Fab.  14:210  |  Astr.  II  42:  238,53.  242,66; 
IV   15:   238,  52.    242,  GG 

Hy mettos  Dipylon-K.    aus   einem  Gral)  am  —  97 


Jagd  Eberjagd   V.  312;    Hasenjagd   Vn.    138.   140; 

Löwenjagd,    myken.    Dolch    116,  61;    Vogeljagd 

auf  ägypt.  Monumenten  81 
Idäische  Zeusgrotte  in  Kreta   186 
Idol  s.  Göttin 

Idolino  Jünglings -Art.  (Florenz)   164,6 
Jena   Vn.  in  — :  Aphrodite  in  Muschel  250 ;  Peleus 

und  Thetis  202 
Ikaros  übers  Meer  fliegend  G.  (Brit.  Mus.)   128 
Ilion  Helios  Metopc  von  —  61 
Iliupersis   V.  (Petersburg)  311 


Register. 


331 


Iolaos  bei  Herakles'  Kampf  mit  der  Hydra  87fr.; 
auf  l'hlyaken-  Vn.  283.   300 

Iris   V.  266,  li 

Iros   V.  (Wien)  313 

Istar  Sta.   102,  -21 

Ithyphallischer  Mann  Br.  (Tübingen)   165,11 

Judenburg  Wagen  aus  ■ —   165,6 

Jüngling  Äbpf  (Brit.  Mus.)  54fr.  Taf.  5;  Sta.  (Rom, 
Smlg.  Baraceo)  130  |  badend  V.  312;  geflügelt 
T.  aus  Myrina  (Berlin)  157;  vor  einem  Gespann, 
Parthenon  -  Fries  216,6,  V.  216,11;  und  He- 
täre V.  31 1;  im  Komos  V.  312;  und  Mäna- 
den  Vn.  31 1;  den  Sonnenaufgang  betrachtend 
Vn.  241  ff.  245;  mit  Vogel  V.  (Berlin)  212  Abb.; 
mit  Widder  auf  den  Schultern  T.  aus  Tarent 
(Berlin)    156 

Iuno  Tempel  der  —   in  Rom   52;   s.  Hera 

luppiter  Br. -Statuetten  164,6.  165,7.  166;  Tempel 
des  —  in  Rom   52;  s.  Zeus 

Iuvenal  I  69.  III  44.  VI  659:   53,17 

Kahn   phönik.  SUberschale  104 
Kaineus  Ret.  von   Priene  64 
Kaiamis  Viergespann  von  —    173 
Kallimachos  hymn.   in  Del.  249:   247,10-';  fr.  52: 

242, 70 
Kalymna  Gemmen  aus  —  (Brit.   Mus.)   128 
Kamarina   Ahn.    von    —    (Aphrodite  auf  Schwan) 

Kamasarye  bosporanische  Königin  236,  :j'i 
Kamiros  Funde:  Vn.  94,26.  133  fr".  Abb.  195.  203f. 
232.   245 f.;    Tn.   154 f.  Abb. ;    Kopf  aus  Kalkstein 
(Berlin)     155;     Löwenvorderteil     aus    Kalkstein 
(Berlin)   156 
Kampf    V.    312;    Seeschlacht   113,    auf  Reliefs  von 
Medinet-Abu   117,  auf  Dipylon- F».  96.  III,  117; 
Zweikampf  Vn.  93,   5.  94,26.  96  f.    126;    Kampf- 
spiel  bei    Homer    122,    auf  Dipylon- K.  (Kopen- 
hagen)    96;     Ringkampf    zwischen    Peleus    und 
Thetis,   Sage   196fr.,    Vn.  201  ff. 
Kandelaber  Fufs  eines  —  Br.  in  Arolsen   131 
Kaninchen    K».-Form  (Brit.  Mus.)   127 
Kappadokien   Orophernes  von  —  61 
Karthago    Aphrodite    auf    Schwan    Rel.     aus     — 

(Paris)  257 
Kassandra   Vn.  (Brit.  Mus.)   126,  (Weimar)  313 
Kasten  der  Danae    V.  312;  s.  Kypselos 
Katana  Mze.  von  —    (Wagenlenker)   170,   18 
Kentaur   mit   menschl.    Vorderbeinen   Goldschmuck 
(Kopenhagen)  99.   120;    von  einem  Pfeil  durch- 
bohrt G.  (Brit.  Mus.)   127;  im  Thiasos  Vn.  305  | 
Kentaurenkämpfe,     Schild     des    Herakles     123; 


Parthenon-iMtfo/V«  2 14 f.;  Reliefs  von  Priene  64; 
Vn.   127.  293,  194.  311  |  s.   Chiron,  Nessos 
Ker  bei  Homer  123 
Kerkopen  Herakles  und  die  —  Phlyaken- F.  (Ca- 

tania)   28 1 
Kertsch  Funde:  Aphrodite  auf  Schwan  Rel.  235fr.; 
Vn.    (Peleus    und  Thetis)    204;    (Aphrodite    auf 
Schwan)   248 
Keryklion    Rel.    aus    Pergamon    (Constantinopel) 

130;    ZI-Form  aus  Tarent  (Berlin)    156 
Kessel  Br.  aus  Kurion  (Berlin)   132 
Kimon  Ahn.  des   —   (Syrakus)  205,   1 
Kind   Dipylon  -  Vn.   118;    Frau    mit    —     Tn.    127. 
157;  Göttin  mit  2  Kindern    T.  aus  Rhodos  155; 
Wickelkind,  Phlyaken- K.  299  f. 
Kirke  und  Odysseus,   Phlyaken-F.   272  Abb. 
Klazomenae  Silene    Thonfragment  aus  —    150 
Kleidung  der  Phlyaken  auf  Vn.  262 ff. ;    Gewand- 
behandlung   der   Amazonentypen    40  ff.    46  f.,     in 
der  ägypt.  Kunst  81 
Kly taimnestra   V.   310 

Knabe  Br.-Sta.  (Arolsen)   131;    Porträt  -  Büste  aus 
Rom    (Genf)    132     |    badend    V.  311  f.;    betend 
Br.-Sta.  (Berlin)  iff.  2i8ff.  Abb.,  G.  217fr.  Abb., 
V.  (Brit.   Mus.)   12  Abb.;    von   Harpyie    geraubt 
V.  und  />.-Situla  211   Abb.;  hockend  Glasplatte 
aus  Rhodos   156;  reitend  auf  Bock  Br.- Statuette 
(Arolsen)   131 
Köcher  Amazonenstatuen  36 f.  Abb.;  chalkid.  Vn.92 
Köngen  Ausgrabungen   165,   7 
Kolchos    V.  des  —  93,  36 

Komödie  Masken  der  alten  —  bei  Phlyaken  262 f. 
Komos   Vn.  277.  286f.  Abb.  309f.  311  f. 
Konon  c.   34:   297 
Kopenhagen  Dipylon-  Vn.  96 f.;  Goldschmuck  99f. ; 

Peplosübergabe,  modernes    T.  -  Rel.   132 
Kopf  ägyptisirender  (Berlin)    155;    der  Amazonen- 
Statuen  24  ff. ;  behelmt    7".-Stirnziegel  aus  Tarent 
(Berlin)  156;  praxitelisch  (Brit.  Mus.)   54fr.   Taf. 
5;    Selene    V.  43 f.;    weiblich  Br.    157,    G.   157, 
T.   156 
Korint h   Apollo    Boason    in    —    50 f.;    Schiffsbau 
in  —   108 ff.    |    Funde:   Votivfrosch   Br.  (Berlin) 
48 ff.    Abb.;     Pinakes    (Berlin)    50;     Golddiadem 
98,   10.    112;    V.  (Athen)  90,   15 
Krähe  dem  Apollon  heilig  51 
Krebs  Giebel-/&/.  (Athen,  Akropolis)  88 
Kredenzscene    Vn.  3 1 1  f. 
Kreon   V.  303 
Kresilas'  Amazone    22.    24;    Doryphoros  43;  Pe- 

rikles  43 
Kreta  Br. -Dreifufse    aus    der  idäischen   Zeusgrotte 
186 


332 


Register. 


Kretenia  Nekropole  von  —   138 

Krieger  Br.-  Statuetten  169,  15 f.  172;  vom  attal. 
Weihgeschenk  (Neapel)  212  ff. ;  Steinform  aus 
Beyrut  (Brit.  Mus.)  127;  Vn.  96.  III.  117.  126. 
I44f.  202.   311  ff.;  s.  Gefallener,  Kampf,  Rüstung 

Kröte   153 

Kujundschik  Schiffs-Ä-/.   aus   —    107.   316 

Kupfer   Platte    24.6,  98;    Schale    aus  Dali  81 

Kuppelgräber  s.  Grab 

Kurion   Grabfunde  (Berlin)   132 f. 

Kybele  Reliefs   von  Priene  und  Pergamon  63.    120 

Kybistesis   V.  311 

Kydoimos  bei  Homer   123 

Kyknos  unter  die  Sterne  versetzt  235 

Kymc  Marmorfiguren  aus  —  (Brit.   Mus.)   126 

Kyprien  Zeus  Nemesis  verfolgend  196;  Peleus 
und  Thetis   196.   200 

Kypselos  weiht  eine  Palme  nach  Delphi  50;  Kasten 
des   —  87.   122  ff.  204 

Kyrene  Aussendung  der  —  V.  259  |  Amazonen- 
Torso  aus  —  (Brit.  Mus.)  18,  2;  kyren.  Vn. 
90,   15 

Kyzikos  weibl.  Gewandfigur  Br.-Sta.  aus  —  (Ber- 
lin)  129 


Lakonien    Krieger   Br  -  Statuette    aus    —     169.   15. 

172,   '24 
Lansdownehouse  Amazone  Sta.    14 f.  Abb. 
Lanzenspitze  Br.  aus  Kurion  (Berlin)   133 
Laokoon  Gruppe   1 30 
Lapithen    auf  dem  Schild  des  Herakles   123;     V. 

(Brit.   Mus.)   127 
Lasimos    V.  des  —  244.   253,   133 
Laurentius   Lydus    de    dieb.  II   10,    8:   235,  29  | 
de  magistr.    I   40f. :    270,   34    |    de  mens.  IV  44, 
2:    235,    27.   29 
Leiden  Peleus  und  Thetis    V.  in  —  202 
Leier   7%Form  (Berlin)   156    |    Apollo  mit  —  Br.- 
Sta.  (Neapel)  31,  V.  (Berlin)  151 ;  Dichter  mit  — 
Sta.  (Rom,    V.  Borghese)   129;    Eros   mit  —    7! 
(Berlin)   157;  Frau  mit  —    V.  (Brit.  Mus.)   126; 
Mänade  mit  —   V.  309;    Mann  mit  —   V.  (Ko- 
penhagen) 96;   Niobide  mit —  V.   217;   Phlyake 
mit  —    Vn.  276.   304 
Leiter  Vn.  276.  278.  287.  290.  292 
Lelantischer  Krieg  108 
Lentini    V.  aus  —  278 
Leukippiden  Raub  der  —    V.   204 
Levkosia  Mann  an  Blume  riechend  V.  aus  Athienu 

in  —  79  ff.  Taf.   8 
Liebeskampfs.  Kampf 
Lipara    Phlyaken  -  I '.    aus     —     (Glasgow)   297 


Lipo  na    Peleus    und  Thetis    V.    der  Sammlung  — 

■95 

Löwe  Schild  des  Herakles  123;  Vn.  120.  138. 
144  |  mit  Eros  kämpfend  7*.  (Berlin)  157;  Ky- 
bele tragend  Reliefs  63.  130;  nemeischer  Br.- 
Statuetle  (Arolsen)  131,  Br.-Rel.  (Berlin)  157; 
einen  Stier  überfallend ,  Schild  des  Achilleus 
120.  123;  Verwandlung  der  Thetis  Vn.  201  ff.  ] 
Löwenfell  des  Herakles  88  |  Löwenjagd,  myken. 
Dolch  Il6,  61  |  Löwenvorderteil  Br.  -  Ausgufs 
(Arolsen)   131;   Kalkstein  (Berlin)   156 

Lokris  Br.-V.  aus  —  (Berlin)   157 

London,  British  Museum.  Erwerbungen  1885: 
126 ff.  |  Statuen:  Amazone  Torso  aus  Kyrene  18, 
2,  Gallier,  Amazone  |  Br.  -  Statuetten  85  ff.  Abb.  | 
Köpfe:  Amazonen  16.  19;  Jüngling  52 ff.  Taf.  5; 
Sophokles  Br.  76,  17;  aus  Trapezunt  129;  Por- 
trät epheubekränzt  (aus  Rom)  129  f.  |  Reliefs  von 
Priene  56fr. ;  von  Xanthos  82 ff.  Abb.;  Frau  auf 
Schwan  T.-Rel.  258  |  Vn. :  chalkidische  89,  12; 
aus  Siana  135,  4;  Aphrodite  auf  Schwan  232. 
245  f. ;  Dionysos'  Kindheit  310:  Knabe  betend 
12  Abb.;  Komast  mit  Hund  312  ;  Niobiden  2 16 f. ; 
Peleus  nnd  Thetis  201.  203;  Phlyaken  287  fr. 
Abb. ;  Theaterprobe  (aus  Ägina)  285,  130 

Lotos  Ornament  Vn.  79.  I38f.  141fr.  144.  146. 
149.    151 

Luca  I   661  :    242,  76 

Lucilla  Kaiserin   auf  G.  (Brit.  Mus.)   127 

Lucretius  I  6:  253  |  V  737:  238,  47;  971fr.: 
243,  82 

Lukian  Anach.  23:  263,8  |  de  salt.  27:  264;  29: 
263,  9  |  dial.  meretr.  7,  1 :  246,  97  |  imag.  4.  6 : 
42  |  Tox.  9:   263,  s 

Lykophron  Alex.  653:   210 

Lysias  Büste  (Neapel)   130 

Lysippos   Viergespann  von  —   173 

Lyttos  Mte.  von  —   93,  21 

Macrobius  in  Somn.  Scip.  I  19,  20:  242,  74  |  Sa- 
turn. III  9,  4:   286,  136 

Mädchen    Tn.  (Berlin)   156  f. 

Mänaden  Vn.  272.  278f.  305,263.  309fr.;  Mäna- 
den-  und  Satyrkopf  verbunden  Vn.  -  Form  (Brit. 
Mus.)   127 

Mann  bärtig,  Elfenbein-Ä/.  aus  Smyrna  (Brit. Mus.) 
128;  an  Blume  riechend  V.  aus  Athienu  (Lev- 
kosia) 81  f.  Taf.  8;  von  einer  Frau  eine  Am- 
phora empfangend  V.  312;  mit  Haube  V.  des 
Hischylos  (Berlin)  314  Taf.  12;  von  Löwen  an- 
gefallen, Dipylon-K.  (Kopenhagen)  96;  nackt 
und  ithyphallisch  Br.  (Tübingen)   165,  6 


Register. 


333 


Marmor  Erwerbungen  des  Berl.  Mus.  1885:  129; 
des  Brit.  Mus.   1885:   126  f. 

Dreirufs-Awü  (Athen)  187  f.  Abb.  |  Pilaster- 
Capitttt  (Paris)  131  |  Köpfe:  Agrippa  aus  Gabii 
(Paris)  130;  Anakreon  Herme  (Rom)  131;  De- 
mosthenes  und  Homer  Herme  76,  16;  Dichter 
(Brit.  Mus.)  129 f.;  Diogenes  (Neapel)  130;  Ho- 
mer Herme  (Paris)  131 ;  Jüngling  (Brit.  Mus.) 
54ff.  Taf.  5.  129;  Knabe  Büste  (Genf)  132; 
Lysias  (Neapel)  130;  Peisistratos  (Rom,  V.  Al- 
bani)  130;  Piaton  71  ff.  Taf.  6.  7.  130;  Pom- 
peius  (Paris)  132;  Porträt,  'Doppel-Herme  (Athen) 
130;  Poseidonios  (Neapel)  130;  Pythagoras  und 
Piaton  Herme  71.  77 f.:  Sokrates  und  Piaton 
Herme  7  5  f. ;.  Traian  Büste  131 ;  Zenon  (Neapel) 
130  |  Wagenlenker  Monochrom  aus  Herculaneum 
170,  18.  171,  22  |  Reliefs:  Chigi'sche  Basis  (Dres- 
den) 186;  vom  Dionysostheater  in  Athen  186; 
von  Giölbaschi  46;  vom  Parthenon  214fr.;  aus 
Phigalia  216,  10;  Grab  -  AW.  vom  Piräus  (Paris) 
131 ;  archaische  Reliefs  aus  Xanthos  (Brit.  Mus.) 
82ff.  Abb.;  Aphrodite  auf  Schwan  246,!)».  255: 
Gigantomachie  von  Priene  (Brit.  Mus.)  56fr., 
von  Pergamon  (Berlin)  130.  214;  Helios  Metope 
von  Ilion  61 ;  Herakles  und  Hirschkuh  (Dres- 
den) 131;  Nereiden  Fries  (München)  59;  Peleus' 
Hochzeit  Sh.  204;  Piaton  (Vatican)  77;  Sopho- 
kles (Paris)  76,  17 ;  Wettrennen  Fries  vom  Maus- 
soleum  61  |  Statuen:  Amazonen  14fr.  Taf.  1 — 4 
und  Abb.;  Aphrodite  von  Arles  131,  kauernd 
130,  von  Melos  130;  Apollon  (Rom)  131  ;  Dich- 
ter (Rom,  V.  Borghese)  129;  Gallier  2i2ff.; 
Göttin  (Capitol)  21  ;  Laokoon  Gruppe  130;  Olym- 
pia-Sculpturen  131;  Sophokles  74,  8.  76 f.;  Tha- 
lia (Rom)  131 ;  Wagenlenker  Torso  (Athen) 
170,  18 

Marsyas  und  Apollon    V.  309 

Martial  IX  12,  4:  247,  102;  IX  12  —  14.  '7>  '8: 
238,  48;  IX  48:   78,  36 

Masken   141.   149.   155  f.   262  f. 

Matidia  Kaiserin  Onyxbüste  (Brit.  Mus.)   128 

Mattei'sche  Amazonen  - Sta.  20  Abb. 

Maultier  V.  283;  Affe  auf  —  T.  (Berlin)  155; 
Nymphe  auf  —  V.  151 ;  Kopf  als  Schiffsvorder- 
teil  V.   151 

Maussoleum  Fries  vom  ■ —   61 

Medinet-Abu  Rel.  aus    —    117;    Wgm.  aus  —  316 

Megara  Nike  opfernd  Rel.  einer  ^».-Kapsel  aus  — 
(Brit.   Mus.)    127 

Meleager  sog.   —   Br.-Statuette  (Arolsen)   131 

Melos  Aphrodite  von  —  (Paris)  130;  Vn.  aus  — 
80.    112.    123 

Memnon  und  Achilleus   V.  92 


Menelaos  in  Ägypten  114;  Helena  verfolgend  V. 
(Wien)  313 

Menidi   Funde:  Gemmen   115 ;  Kuppelgrab  116 

Mesopotamien  Funde:  Astarteidole  102;  Skphge. 
101,  17 

Messapische  Tracht   Vn.  265,20 

Militärdiplom  (Budapest)   129 

Minotauros  und  Thescus    V.  (Wien)   308 

Moiren  G.  (Brit.  Mus.)   128 

Momcmphis  Schlacht  bei  —   1 1 5 

Mosaik  Theaterprobe   (Neapel)  285,  130 

Moskau  Phlyaken-K.  in   —   302 

München  Nereiden-/^/'«  in  —  59;  Vn.  in  —  89, 
12.    195.   201  f. 

Münzen  Tux'sche  Münzsammlung  163  von  Akra- 
gas  (Wagenlenker)  170,  IS;  Chalkis  (Adler)  93; 
Cypern  (Aphrodite  mit  Sternen)  243,  77;  des 
Decius  (Pythagoras)  78 ;  von  Kamarina  (Aphro- 
dite auf  Schwan)  231 ;  Katana  (Wagenlenker) 
170,  18;  Lyttos  (Adler)  93,  24;  des  Pertinax  (be- 
tende Frau)  12  Abb.;  von  Phaistos  (Herakles 
und  Hydra)  88,  9;  Rhodos  145;  des  Seleukos  I 
76,  16:  von  Syrakus  170,  18.  205,  1;  Tarent  (Ta- 
ras   auf  Delphin)  307 

Muschel  Aphrodite  in  —    V.  (Jena)  250 

Musen   Vn.  309 

Musikantinnen  phönik.  Silberschale   I04f. 

Mykenae  Funde:  Dolch  116;  Gemmen  115;  Gold- 
becher 118,  80;  weibl.  Idole  102 ;  Steinsculpturen 
115  !  myken.   Vn.  80.  133 

Myrina    Tn.  aus   —    13.  87.   156 f. 

Mythographus  Vat.  I  175.  II  33:  234,18;  III 
1 1 :  234,  20 

Narkissos  sog.   —  Br.-Sta.  aus  Pompeji   32 

Naukratis  griech.  Niederlassung  in  —  115;  V.  aus 
—  (Brit.  Mus.)   127 

Neapel  Antiken  in  — :  Br.-Cqndelaber  aus  Pompeji 
(drei  Schlangen  als  Schaft)  185,  15  |  Köpfe:  Ama- 
zone Br.  aus  Herculaneum  16;  Demosthenes, 
Diogenes,  Epikur,  Hermarch,  Lysias,  Poseidonios, 
Zenon  130  |  Mos.  (Theaterprobe)  p.us  Pompeji 
285,  130  |  Statuen:  Apollon  Br.  31;  Gallier  85. 
212;  Iuppiter  Br.-Statuette  164,0  |  Vn. :  Genre- 
scene  312;  Peleus  und  Thetis  201  ff.;  Phlyaken- 
scenen  274ff.;  Satyrspiel  262.  285,  130 

Nemesis  von  Zeus  verfolgt   196 

Nemrud-dagh  Rel.  vom  —  (Berlin)   129  f. 

Neoptolemos  den  Priamos  tötend,  Phlyaken- 
V.  283 

Nereiden  Fries  (München)  59;     Vn.   193m   201  ff. 

Nereus    Vn.   194  f.   201  ff. 

Nessos  und  Herakles   V.  202 


334 


Register. 


New-York   V.  in  —  81 

Nike  bei  Aphrodite  Relief  236.  258;  bei  Eos'  Auf- 
gang V.  258;  mit  Eros  V.  (Brit.  Mus.)  126;  ein 
Tropaion  errichtend  Goldring  (Brit.  Mus.)  128; 
auf  einen  Dreifufs  zufliegend  V.  187;  opfernd 
Br.-Rel.  eines  Sp.  aus  Megara  (Brit.  Mus.)  127, 
Rel.  aus  Kertsch  236,    V.  310;  schreitend    V.  313 

Nikosthenes  Herakles  und  Hydra  V.  des  —  (Ber- 
lin) 88,  8 

N  i  o  b  e  Parthenon-Afetope  216 

Niobiden  Parthenon-Afc/o/c»  214fr.;  Thron  des 
Zeus  in  Olympia  216;    Vn.  216  f. 

Nola   Vn.  aus  —   194  f.   282.   292  f. 

Noti-Lei    Vn.  aus  —  (Berlin)   151.   153 

Nymphen  Br.  (Tübingen)  165,  6.  166;  Vn.  151. 
248.  253.   259.   287  f. 

Octavia  Porticus  der  —  in  Rom  52 
Odysseus  in  Ägypten  114;  bei  Alkinoos  V.  (Paris) 
299;  Dolon  fangend  V.  (Wien)  313;  und  Iros 
V.  (Wien)  313;  Kirke  bedrohend,  Phlyaken- 
V.  271  Abb.;  beim  Palladionraub  Br.  170,  17, 
V.  295  ff.  Abb. ;  vor  Troia  etr.  Sk.  206  ff. 
oxXaapio   V.  311 

Olympia  Niobiden  am  Tron  des  Zeus  216;  Zeus 
aus  der  platäischen  Beute  181  f.  |  Funde:  Drei- 
füfse  185  f.:  Lanzenspitze  49;  Sculpturen  131 ; 
phönik.  Silberschale   104,27;  Votiv-Bronzen   172 

Omphale  Herakles  bringt  die  Kerkopen  der  — 
281,  10-2 

Omphalos    V.  259 

Opfer  des  Herakles  Vn.  279,  83.  300  f.;  an  Hermen 
Vn.  309.  313  |  Opferdienerin  Rel.  aus  Kertsch 
236;  Opfernder  Bronzen  164  f.,  6;  Opfertier  Gold- 
diadem aus  Korinth  (Berlin)  99 

Oppian  Ixieut.  II   19:   234,  .'4 

Orchomenos  Funde   116 

Oreithyia  und  Boreas    V.   155 

Orestes  in  Phlyakentracht  Rel.-V.  268,  28 

Ormidia   V.  aus  —  81 

Orophernes  weiht  ein  Athenabild  in  Priene  61 

Oropos  Wagenlenker  Rel.  aus  —   171,22 

Orvieto  Funde:  "Niobiden  V.  217;  Peleus  Hoch- 
zeit  V.  204;  Tityos  etr.  G.  (Berlin)   157 

Ostia  Amazone  Kopf  aus  —   (Paris)   19 

Ovid  Ars  am.  III  839:  233  |  Fasti  IV  133  ff. :  252, 
12«  |  Met.  VIII  366:  44:  XIV  91  ff.:   281,  101 

Oxford  Amazone  Sta.  in  —   16 

Pas  tum  Phlyaken-K.  aus  —  274  f. 
Pairisades  bosporan.  König  236,  32 
Palästra   V.  313 
Palermo  Peleus  und  Thetis    V.  in  —  202 


Palladion    V.   126;   Raub    des  —  Br.   170,17,    V. 

295  ff.  Abb. 
Palme  dem  Apollo  von  Kypselos  geweiht  50 ;  auf 

Vn.  79-  135-   193 
Pan    bei    Anadyomene    V.  253;    mit   Bockskopf   T. 
(Berlin)   155  Abb.;  jugendlich  Br.   157,    V.   151  ; 
bei  Peleus  und  Thetis    Vn.   197.   204 
Pandaros  Br.  (Tübingen)   170,17 
Panter  Br. -Henkel  (Arolsen)   131;    Vn.  aus  Rhodos 
(Berlin)  145  f.  |  Dionysos  auf  —  Rel.  aus  Perga- 
mon    (Constantinopel)     130;    eine    Ente    jagend, 
Dolch  aus  Mykenae   116,  Gl;    Kopf  G.   156;    Ver- 
wandlung der  Thetis    Vn.  201  ff. 
Panzer  mit  Nackenschirm  205 
Papyrus  81 
Paris    Vn.  92.   268,  :8 

Paris  Antiken    in   — :    Pilzstei-Capitelle  131;   Ama- 
zone G.  17;  Priesterin  mit  Idol  auf  Wagen  Gold- 
plättchen  aus  Cypern   132  |  Kopfe:    Agrippa   130; 
Amazone   ig;  Apollon  Br.   130;  sog.  Apollonios 
von   Tyana  Br.  131;    Homer  Herme   131  ;    Pom- 
peius    (aus   Rom)    132    |    Reliefs:    Aphrodite    auf 
Schwan    255  fr.;    Sophokles    76,    17;    Grab  -  Rel. 
des  Sosinos  131  |  Statuen:  Amazone   17;  Aphro- 
dite   von    Arles   131,    kauernd   130,    von    Melos 
130;    Faustkämpfer   10;    Hera    aus  Samos   130  | 
Wagenlenker   T.  174,  26  |   Vn. :  Amazone  32,   19; 
Amazonenkampf  310;    im  Dipylonstil  315;    geo- 
metrische  135  f.  Abb.;   Peleus  und  Thetis  192  ff. 
202  ff.  Taf.   10,   I;  Phlyaken  298  f. 
Parma  Peleus  und  Thetis    V.  in  —  202 
Parthenon  Metopen  2 1 4 ff. ;  Fries  2 1 6,  6 
Patroklos    121  ;  etr.  Sk.   209 
Pausanias  König   176.   i8if. 

Pausanias  I  3:  256,  143;  19,  2:  246,  u7;  40,  6: 
252,  130  I  II  I,  8:  252,  125  I  III  18,  9ff.:  123, 
112;  20,  9:  243,  si  ]  V  5,  8:  289;  11,  8:  251, 
118;  17,  5ff.:  123,  111;  17,  9:  122,  lül ;  18,  5: 
291,171:  18,  6ff.:  124,  121;  19,5:  123,  115;  19, 
7:  204;  23:  181  f.  |  VI  12,  1:  173;  20,  15: 
171  ;  22,  7:  288,  IM  |  VII  3:  255;  18,  14:  123, 
110;  25,  9:  252,  130  |  IX  31,  i:  237,  39  |  X  IO, 
6:  307,  281;  13,  9:  184;  13,  10:  307,  281 
Peisistratos    sog.    — ,    1'oTtrat-  Hernie    (Rom,    V. 

Albani)  130 
Peithinos   V.  des  —  203 
Peitho   V.  197.  204 

Peleus    und    Atalante     Vn.    106,  28;     Und    Thetis 

Vn.   192.   195  ff.  Taf.  10 
Pelias  Leichenspiele    des  —  (Kypseloskasten)  87 
Peplos  Übergabe  des  —  T.-Rel.  (Kopenhagen)  132 
Pergamon    Funde:    Altar   Reliefs  60 ff.    129.    214, 


Register. 


335 


der    kleine    Fries    129;     Waffen  -  Reliefs    206,    1; 

Ante  130;  Amnion  Sta.   130;  chirurgische  Werk- 
zeuge Br.   127 
Per i kies  Bikinis  des  —   von  Kresilas  43 
Perrucke  s.  Haartracht 
Pcrsephone    von  Hades   geraubt    V.    (Brit.    Mus.) 

127 
Perseus  und  Athena    V.  91,  19;  als  Kind    V.  312'' 

von    Gorgonen    verfolgt,     Schild    des    Herakles 

123,    V.  (Brit.  Mus.)   126 
Pertinax  Mze.  des  —  (betende  Krau)   12  Abb. 
Perugia  Barbar  Statuette  aus  —   (Berlin)   129 
Pervigilium  Veneris  9 ff. :   252;   10:   249,   111;   15: 

242,    76;    28:    252,    128;    85:    247,    102 
Petersburg    Antiken    in    — :      Goldschmuck    203; 

Amazone    Kopf   l8f.,    3;     Vn.   201.   203.   281,  98; 

298,  218;   300  fr.   311 
Petworth  Amazone  Sta.  in  —   20  Taf.    1.   2 
Pferd    auf    ägypt.    Monumenten    118;    j5>-.-Strigilis 

(Brit.  Mus.)   126;    Vn.  95fr".  99.    118.   126.   31H.; 

s.   Gespann,  Reiter 
Phaistos  Mze.  von  —  (Herakles  und  Hydra)  88,  a 
Phallos  der  Phlyaken    Vn.  263 f. 
P  haros  Insel   114 

Phidias'  Amazone  42f.;   Zeus  251.   254f. 
Phigalia  Fries  von  —   216,   10 
Philostrat    imag.    I    12:    II ;     II    1 :    253,   132;     II 

22:   281 
Phineus  210 

Phlyaken    Vn.  260 ff.  Abb. 
Phobos  auf  Agamemnons   Schild   123 
Phönikische  Kunst  in  Cypern  und  Rhodos   79f. ; 

Idole    102  ff. ;     Schiffsbau   108  ff. ;     Silberschalen 

104  f.  |  vorphönikische  Funde  in  Alambra  80 
Phokaia  Seemacht  von  —   III,  39 
Phokier  berauben  Delphi   176 
Phosphoros  Darstellungen  242 
Phradmon  Amazone  Sta.  des  —  47 
Phryger  Kopf  V.  (Vatican)  308 
Picenum    Harpyie    Knaben    raubend    Br.  -  Situla 

aus  —  211 
Pinakes    aus    Korinth    (Berlin)    50;    aus    Eleusis 

(Athen)  91,  19 
Pindar  Nem.  III  35 f. :    198;    52.   57:    198,   9;    IV 

62 ff.:    198;    95:    291,  173;    V  35:   198    [    Isthm. 

VIII  30 ff.:   197  f. 
Piräus  Funde:    weibl.  Statuette    (Brit.    Mus.)    126; 

Gxab-Rel.  des  Sosinos  (Paris)   131 
Platäisches  Weihgeschenk  in  Delphi   176 ff.  Abb. 

Hilfstafel 
Piaton    Bildnisse    71  ff.    Taf.    6.    7.    130    |    Gesetze 

p.    637:    270;    Theätet   p.    173c:    73,  5;     Fr.   1. 
2:   291,   171 


Plautus  Trucul.  II  2,   I:   283 

Plinius  2,  38:  242,  70;  79:  243,  78  |  7,  57:  316  [ 
8,  110:  53,  10  |  10,  1:  237,  40  |  25,  123:  53,  15  | 
32,  49:  51,  7;  50:  53,  15;  5 1  f . :  53,  IS  |  34,  7 1 '■ 
173;   74:   43.  «;   76:   42  |  36.  42f.:   52 

Plutarch  Kim.  8:  279,  78;  12:  316;  Perikl.  3: 
276,  65;  Themist.  14:  316  |  Moralia  p.  164A: 
50,  3;  399F:  50,  2;  537A:  53,  21;  724B:  $t, 
8;  727  F:  54,  21;  de  and.  poet.  8:  77,  21;  de 
ad.  et  am.  discr.  9:  77,  21;  Isis  u.  Osiris  71: 
234,  22;   quaest.   conv.   IV  4:   288   155 

Polignac'sche  Sammlung  (Berlin)   16 

Pollux  IV  123:  302,  241;  130:  276,  61;  133:  275, 
55;  138:  281,  97;  143:  262;  144:  295;  145: 
280,  91;  147:  282,  115-116;  I49:  288,  147.  293, 
193.  294.  302,  244;  151:  285,  133  |  VII  79:  285, 
132  |  VIII  IO4:  279,  78  |  IX  80:  307,  278  |  X 
17:    281,    97;   63:    276,   68;    134:    299,    225 

Polyeuktos  Demosthenes  Sta.  des   —   76,   15 

Polygnotos    V.  des  —   i86f. 

Polyklet  Amazone  des  —  40 f. 

Polykrates  Flotte  des  —   HO,  38 

Pompeji  Funde:  165,  7;  sog.  Narkissos  Br.  -  Sta. 
32;  drei  Schlangen  Br,  -  Candelaber  185,  15; 
Theaterprobe  Mos.  285,   130 

Pom peius  Kopf  (Paris,  Privatbesitz)   132 

Portland vase  s.   Vasen 

Porträts  129L  132;  Agrippa  130;  Apollonios  v. 
Tyana  131 ;  Demosthenes  130,  mit  Homer  76, 
15;  Epikur,  Hermarch,  Lysias,  Peisistratos  130 ; 
Piaton  71  ff.  Taf.  6.  7.  130;  Pompeius  132;  Po- 
seidonios  130;  Pythagoras  77 f.;  Seleukos  I. :  76, 
16;  Sokrates  75 f.;  Sophokles  74,  8.  76f. ;  Tra- 
ian   131 ;  Zenon   130 

Porzellan  Erwerbungen  des  Brit.  Mus.  126;  Hals- 
schmuck 155;  Frosch  136;  Vögel   144 

Poseidon  197.  199;  im  Parthenongiebel  216,  6; 
auf   Vn.  91,  19.    197.  204.  313 

Poseidonios  Büste  (Neapel)   130 

Präneste   phönik.  Silberschale   aus  — -  81.   104,  27 

Praxiteles  Wagenlenker  von — 173;  praxitelische 
Köpfe  (Brit.  Mus.)   54  fr.  Abb. 

Preisrichter  Phlyaken-K   276 

Priamos'  Tod,  Phlyaken-K.  283 

Priene  Gigantomachie  Reliefs  aus  —  (Brit.  Mus.) 
56  ff. 

Priesterin  mit  Idol  auf  Wagen  Goldplättchen  aus 
Kurion  (Berlin)   132 

Procession  s.  Bestattung 

Properz  IV  3,   31,   39:   233;  6,  27:   53,  19 

Prügelscene  Phlyaken -V.  308  Abb. 

P  t  o  o  s  s.   Apollon 

Pygmäen  in  der  Ilias   114,  51 


336 


Register. 


Pythagoras  Mz/i.  78;  und  Piaton  Doppelherme 
(Athen)  71.   77  f. 

Quintilian  XI  3,  94:   286,   186 

Quintus  Smyrnäus  Posthorn.  V  69:   252,  123 

Rabe  dem  Apollon  heilig  51.   234 

Rad  Schildzeichen  93 

Reh    Vn.  96.  99.   144.    151 

Reisender   Vn.  283.  288.  302 

Reisesack    Vn.  283.   288.  302 

Reiter  Bronzen  aus  Olympia  172;  '/'.  aus  Kurion 
(Berlin)   132;    Vn.  97.  99.   146.   202.  312 

Reliefstil  62 

Responsion  in  den  Parthenon-Ato/f«  215 

Rhodos  phönik.  Kunstübung  79  |  Funde:  126. 
133fr.  Abb.;    weibl.  Idole   102;    Vn.  91,19.  94,26 

Rind  Rel.  (Florenz)  256 

Ringe  132;  Mädchen  und  Eros  (Brit.  Mus.)  128; 
Nike  (Brit.  Mus.)   128;  Pferde   118 

Ringkampf  s.  Kampf 

Rom  Funde:  165,  7;  Anakreon  Kopf  (Capitol)  131 ; 
Jüngling,  Porträt- Kopf  (Brit.  Mus.)  129 f.;  Knabe 
Büste  (Genf)  132;  Pompeius  Kopf  (Paris,  Pri- 
vatbesitz) 182;  SarapisbUste  G.  (Brit.  Mus.)  128 
Antiken  in  — :  V.  Albani:  Äsop  Büste  304, 
2t>l;  'Peisistratos'  Herme  130  |  Smlg.  Baracco: 
Ephebe  Sta.  130  |  V.  Borghese:  Amazone  Sta. 
18;  Dichter  Sta.  129:  Piaton  .darf;  71  ff.  |  Ca- 
pitol: Amazonen  Statuen  17.  19,  Köpfe  18;  Ana- 
kreon Kopf  131 ;  Dionysos  Büste  55;  Göttin  Sta. 
21;  Piaton  Büste  71  ff.';  Sophokles  Köpfe  74,  8  | 
Caracallathermen :  Amazone  Sta.  16  |  P.  Co- 
lonna:  Amazone  Sta.  18  |  P.  Giustiniani:  Ama- 
zone Sta.  18  |  Lateran:  Sophokles  Sta.  74,  g| 
S.  Lorenzo:  Kapitell  mit  Eidechse  und  Frosch  52 1 
V.  Pamfili:  Amazone  Sta.  16  |  P.  Sciarra:  Ama- 
zone Sta.  I4f.,  Kopf  18  |  P.  Torlonia:  Amazonen 
Statuen  18.  19,  4;  Piaton  Büste  72  m  |  Vatican: 
Amazonen  Statuen  15.  17.  20  Abb.,  Köpfe  16. 
18;  Apollon  Musagetes  Sta.  131 ;  Diskobol  Sta. 
45;  Peleus  und  Thetis  V.  202;  Phlyaken  Vn. 
276 f.;  Piaton  Hermen  71  ff.  130  Taf.  6,  2.  7.  Bei. 
77;    Sophoklesbildnisse  76,   17;    Thalia  Sta.   131 

Rosette  Ornament   auf    Vn.    80.    142.    144m    147. 

155 
Rüstung  zum  Kampf  Vn.  312 
Ruvo    Vn.  aus  —  I93f.  Taf.  10,  2.  203.  216,  10.  11. 

244.  262.  271  ff.  285.  3<x>f.  312 

Säule    G.    (Brit.  Mus.)    127;     Vn.    194.    203.    279. 

294.   312;  als  Stütze  von  Dreifüfsen   187  f. 
S.  Agata  de'  Goti   Vn.  aus  —  275  f.  311  f. 


Salamis  (Cypern)    Tn.  aus  —    (Brit.   Mus.)   127 

Salerno  phonik.  Silberschale  aus  —    104,  27 

Samonion  Cap  in  Kreta   114,  55 

Samos  Hera  Sta.  aus  —  (Paris)  130;  samische 
Kriegsschiffe   108 ;  Mzn.  (Pythagoras)  78 

Sanherib  Schiffs  -  AV/.  aus  dem  Palast  des  —    107 

Sappho  fr.   66:  290,   n>8 

Sarapis  Büste  auf  G.  aus  Rom  (Brit.  Mus.)   128 

Sardinien  weibl.  Idole  aus  —   102 

Satyr  Vn.  90.  272.  293.  311  ;  und  Dionysos 
Vn.  127.  282.  31 1;  und  badende  Frauen  V. 
311  f.;  und  Hephaistos  V.  202;  und  sog.  Iros  V. 
(Wien)  313;  und  Kentaur  V.  305,  MS;  Kopf 
mit  Mänadenkopf  verbunden  Vn.-Form  (Brit. 
Mus.)  127;  und  Mänaden  Vn.  309 f.;  Maske 
TNFormen  aus  Tarent  (Berlin)  156;  Selene  be- 
lauschend V.  243f.;  tanzend  Vn.  126.  311;  im 
Thiasos  Vn.  94,  Rel.  94 ;  bei  der  Weinlese  V. 
94  |  Satyrspiel  V.  aus  Ruvo  (Neapel)  262.  285, 
130 

Scarabäus  mit   dem    Namen  Takeloth  II:    126 

Schachbrettmuster  Ornament  auf  Dipylon  -Vn. 
•        95 

Schaf   Vn. -Form   144 

Schauspieler  declamirend  T.  aus  Myrina  (Ber- 
lin)  157  ;  s.  Phlyaken 

Schiffe  Entwicklung  des  Schiffsbaus  108  ff. ;  Er- 
bauer der  ersten  Pentekontoren  108;  ägyptische 
117,  7t.  3 1 5 f . ;  assyrische  Rel.  107;  griechische 
Rel.    235  f.,    Vn.  97.   107  f.   150.   315  f. 

Schild  des  Achilleus  116,  73.  I20f.  123;  des  Aga- 
memnon  123;  Schildzeichen    Vn.  93.   96.   291 

Schlange  ornamental  in  der  Metalltechnik  190; 
auf  ägyptischen  Monumenten  118;  Br.-Candelaber 
(Neapel)  185,  15;  Rel.-V.  96;  Vn.  90,  13.  93,24. 
201  ff.;  Schlangensäule  (Constantinopel)  176fr. 
Abb.  und   Hilfstafel 

Schmetterling   auf  Säule  G.  (Brit.   Mus.)   127 

Schnabelschuhe  in  ägypt.   und  cypr.   Kunst  81 

Scholion  Äschylos  Suppl.  212:  237,  41  |  Apollon. 
Rhod.  I  558:  199,  4;  II  498.  5°°:  259.  im; 
1089:  210;  III  549:  234,1»;  IV  816:  199,^1 
Aristoph.  Fried.  741:  277,70;  Wölk.  538:  263, 
10  |  Eurip.  Androm.  18:  199  |  Hesiod  Theog. 
990:  243,  77  |  Homer  N  7°3:  237,  35;  o  22  m: 
238,  44  |  Lykoph'.  17:  206,  2;  426:  234,  20; 
653:  210  |  Nicandr.  Alexiph.  214:  260,  1  |  Pind. 
Nem.  III  60:  I98f.;  IV  81:  199;  101:  198  | 
Stat.  Theb.  IV  226:  234,  18  |  Theokr.  XVII  123: 
237,  15  |  Thukyd.   I   132:   184 

Schreiber  Phlyaken  -  V.  302 

Schwan  Vn.  144.  I46ff.;  Aphrodite  auf  —  231  ff. 
Abb.  Taf.  II;  dem  Apollon  geweiht  233;  Apol- 


Register. 


337 


Ion  auf  —  etr.  V.  260,  159;  das  Flögelpferd  der 
Arsinoe  237  f. ;  singende  Schwäne  247 

Seedrache  Frau  auf  —  Bei.  (Florenz)   256 

Seeschlacht  s.  Kampf 

Selene  aufsteigend   V.  243 f. 

Seleukos  I.   Nikator  auf  JA«.   76,  16 

Seneca  de  ira  II  21,  10:  73,  3  |  Agamemnon  819fr.: 
242,  70 

Sevres  Phlyaken -K.   in  —  300  Abb. 

Siana    Funde:    Vn.    135,  4.    138fr.   Abb.;  Sp.   149 

Sidon  Sphinx  Br.    aus    —    (Brit.   Mus.)   127 

Silanion  Plato  Sta.  des  —   74,  10 

Silber  Erwerbungen  des  Brit.  Mus.  1885:  126. 
128  |  Anadyomene  Platte  (Paris)  254 f.;  Schale 
81.    I04f. 

Silen  Vn.  150.  152.  272L  Abi).;  hockend  Glas- 
plättchen  aus  Rhodos  156;  Kopf  Br.-flcnkel  157, 
T.    156 

Silius  Italicus  XII  247fr.:   242,  69 

Sirene   Vn.   145fr.;   T.  157 

Situla  Harpyie  Knaben  raubend  Br.  aus  Picenum 
211 

Skelett  tanzend   165,  c; 

Skiron  und  Theseus    V.  203 

Sklave    T.    157;     Vn.    274.    282.   287fr.    292.    298. 

302  fr.   309 
S m alte  Plättchen  116;  Scarabäcn   117 
Smyrna  Theatermarke  aus  —  (Brit.  Mus.)   128 
Sokrates    und    V\atox\-Doppe/herme  aus    Chiusi  75t 
Soldat  s.  Krieger 
Sonnenuhr   V.  311 
Sophokles   Bildnisse    74,  s.    76 f.    |   Antig.   426fr.: 

303,  25ti;   fr.   155.   556:    199 
Sosias   V.  des  —  36,  21 

Sosikles  Amazone  Sta.  des  —   (Capitol)    17.   23 
Sosin os  Grab-A/.   des    —   aus  Piräus'  (Paris)   131 
Sparta  Aphrodite  Br.  aus   —  (Berlin)   157 
Spata  Kuppelgrab  in  —    116 
Sperling  der  Aphrodite  heilig  232.   248,  105 
Sphinx    am    amykl.    Tron     123;    aus    archaischen 

Kuppelgräbern   116;    Br.    (Brit.  Mus.)   127;    Vn. 

144.   14Ö 
Spiegel    aus    Siana    149;    Aphrodite    auf   Schwan 

232.    246;    Ganymed    157;    Nike    opfernd    127 

Odysseus  und   Kirke  272,40;  Peleus  und   Thetis 

203 
Spornriemen    bei    Amazonen  -  Statuen    15.     19,4. 

34.   36.   40.  45 
Springstab  Amazone  mit  —  44 
Statius    Silv.   I    2,    51:    238;     102:    239,  54;     117: 

238.  251,  121;   140:  239  I  III  4,  3fr.:   238,  19:  4, 

22.  46:   238,50;    4,   56:  238,51;    4,  91:  238,49; 

5,   80  •'  239,  54  |  V  4,  8:  242,  09 


Theb.  IV  226:   239,54;    282  ff. :  243,  «2    ]    V 

63:   239,   54;   VI  240:   242,  70 
Steinbock   Vn.   138fr. 
Stephanus   Byz.  s.  v.   Zllpiipiov  237,  :)ö 
Sthenelos    V.  92 
Stier    Statuetten  (Arolsen)    131,    (Brit.   Mus.)     126; 

Ret.  (Brit.  Mus.)    127;     V.   138    |    Europa  auf  — 

G.    (Brit.    Mus.)     128;      von    Löwen    überfallen, 

Schild    des    Achilleus    120,    123;     Stierkopf    als 

F«.-Form   144 
Stirnzicgel  s.   Firstziegel 
Strabo  X  4,   5:   114,  56;   p.  278f.:  307,  281 
Strongylion  Amazone  Sta.  des   —  45.  47 
Stützen  von  Marmorwerken  und  Bronzen  3of.;   von 

Dreifüfsen   186  ff. 
Suidas  s.  v.  Eüpyßcrro;  306,  271 
Symposion  s.   Gelage 
Syrakus    Amazonenkopf    Camco    in    —     19;    Mzn. 

von  —   170,  18  Abb.  205,   1 


Tacitus   Hist.   II  3:   242,7« 

Talthybios    V.  310 

Tamburin  Kybele  mit  —   Bei.  von  Priene  63 

Tanagra  Funde:  Artemis  T.-Sta.  (Berlin)  31;  Pe- 
leus und  Thetis    V.  202 

Tanz  von:  Frauen  V.  311,  T.  (Brit.  Mus.)  127; 
Mänaden  V.  311  ;  Männern  Br.  (Tübingen) 
165,  8,  Vn.  (Berlin)  145;  Nereiden  V.  (Malle) 
194;  Phlyaken  Vn.  273  Abb.  285  Abb.  290. 
304.  308,  284;  Satyrn  Vn.  126.  311 ;  Skeletten 
165,  0  |  »Manteltanz«  Vn.  293;  Reigentanz 
Schild  des  Achilleus  120,  Schale  aus  Idalion 
120,  93,  Vn.  96.  105.  l2of. ;  Waffentanz  V. 
(Kopenhagen)  96 

Taras  auf  Delphin  Ahn.  von  Tarent  307;  parodirt 
auf  Phlyaken-  V.  307 

Taraxippos  Dämon   171 

Tarent  Funde:  Kalkstein  -  Bei.  (Berlin)  129;  Tn. 
(Berlin)   156;  Mzn.  (Taras  auf  Delphin)  307 

Tarquinii  s.   Corneto 

Tarsos  Stier,  Alabaster-Ä/.  aus  —  (Brit.  Mus.)  127 

Taube  der  Aphrodite  232fr.;  Kupferplatte  246,98; 
Vn.    245.    248,105  |  bei  Astarteidolen   102 

Tele p hos  etr.  Sk.  206 

Tempel   Vn.  279.  301 

Tenea  Herakles  und  Hydra  Bei.-  V.  aus  —  (Berlin) 
88,  9 

Terracotten  Erwerbungen  des  Berl.  Mus.  132 f. 
I54f.  156  f.  Abb.;  des  Brit.  Mus.  127  |  Diskos 
(Peleus  und  Thetis)  195 f.  204  |  Masken  141. 
149  |  Reliefs;  Frau  auf  Schwan  258;  Peleus  und 
Thetis    203;    Peplosübergabe    132  |  Statuen:  Ar- 


338 


Register. 


temis  aus  Tanagra  (Berlin)  31 ;  Elephant  einen 
Gallier  niederwerfend  Gruppe  aus  Myrina  87; 
weibl.  Idole  102.  145;  Sphinx  aus  Spata  116; 
Wagenlenker  172.   174,  26 

Tertullian  Apologet.   23:  257,  148 

Teukeros  etr.  Sk.  208 f. 

Thalia  Sta.  (Vatican)   131 

Theater  Marken  aus  Elfenbein  (Brit.  Mus.)  128; 
—  Probe    Vn.  285 

Themis  Orakel  der  —   196 f.   199 

Theokrit  III   10:  292 

Theophrast  Fragm.  VI  15:  51,  1 

Thera   Vn.  aus    —    112.   134 

Theseus  im  Kentaurenkampf  V.  312;  auf  dem 
Meeresgrund,  l'ortland-  V.  204;  und  Minotauros 
V.  (Wien)  308;    und  Skiron    V.  203 

Thesprotien  Artemis  Br.-  Statuette  aus  —  (Ber- 
lin)  145 

Thetis    Vn.  89,  12.   192.   195 ff.  Taf.  10 

Thiasos    Vn.  94.   272.  305  Abb. 

Thukydides  I  10,  4:  316;  13,  2:  108.  HO,  3'.i. 
176.   180.  316;   14:    108,  »4.  35.  316 

Tiger  Verwandlung  der  Thetis    V.  202 

Timonidas   V.  des  —  90,  15.  94,  2« 

Tiryns  Funde   n6,63 

Tisch    vierbeiniger   V.  311 ;    Tischfufs   131 

Tityos  G.  aus   Orvieto  (Berlin)   157 

Tivoli  Funde:  Rosette  mit  Eidechse  Frosch  Biene 
52;  I'lato  Herme  71,  2 

Tracht  s.   Kleidung 

Tragholz  zum  Reisesaek   Vn.  283.  287.   302 

Traian  Büste  131 

Trapezunt  Kopf  aus  —  (Brit.  Mus.)   129 

Trebellius  Pollio,  Tyr.  trig.  29:   257,  in 

Trier  Amazonen  Sta.  in  —  20 

Trieren  Erfindung  der  —   lo8f. 

Trinkhorn  Dionysos  mit  —    Vn.  (Berlin)   I50f. 

Triptolemos'  Aussendung   V.  (Vatican)  308 

Triton   Vn.  203 

Troia  weibl.  Idole  aus   —    102 

Trompeter  Steinform   127;    V.  312 

Tron  amykläischer  87,  4.  123;  Göttin  auf  —  7'. 
(Berlin)  155;  Mann  auf —  V.  (Berlin)  145;  Pe- 
leus  und  Thetis  auf  —  Sk.  204;  des  Zeus 
in  Olympia  216 

Tropaion  Nike  ein  —  errichtend  Goldring  (Brit. 
Mus.)   128 

Totenklage  s.  Bestattung 

Tubingen    Tux'sche    Bronzen  -  Sammlung   163fr. 
Taf.   9.   164,(1 

Tür   Vn.  274.   282.  293 

Turin  Amazonen-SVa.   von  Basalt  in  —  20 


Tux  s.   Tübingen 

Tyana  Apollonios  von  —  Br. -Büste  (Paris)   131 

Tzetzes  zu  Lyk.  87.  426:   234,  20 

Tzitzo   Vn.  aus  —  (Berlin)   133 ff.  Abi). 

Valerius  Flaccus  Argon.  VI   527:  242,06 

Vasen  Erwerbungen  des  Berl.  Mus.  132fr  Abb.; 
des  Brit.  Mus.  126  f.;  Tischbeins  Engravings 
Band  V  308  ff.  |  attische  150fr".;  attisch  -  chal- 
kidische  91,  18;  böotischc  92,  is>;  chalkidische 
89 f.;  cyprische  79 ff.  Taf.  8;  Dipylonvascn  80. 
90,15.  95m;  Francoisvase  94.  204;  geometri- 
sche III.  1 16  f.  134  ff.  Abb.;  ionische  150; 
korinthische  50.  144  fr. ;  lokale  Fabrikate  142  fr. 
Abb.  146  Abb.  152  Abb.;  melische  80.  123; 
mykenische  80.  133;  Portlandvase  204;  Relief- 
vase 266,  •/:).  267,  26.  268,  28;  rhodische  134 
Abb.  137  ff.  Abb.;  unbemalte  I  53  f. ;  vorphöniki- 
sche  80  |  Ornamentik:  gefüllte  Dreiecke  135 f. 
152;  Flechtband  79.  137.  141.  143;  Granatapfel 
141 ;  Hakenkreuz  80.  95.  99.  31 1;  Halbkreise 
80;  concentr.  Kreise  136  f.  148;  Leiter  153; 
Lotos  80.  1 38 f.  I4lff.  144.  146.  149.  151  ;  Mä- 
ander 151;  Ordenskreuz  134;  Palme  80.  135; 
Palnietten  143  f.  146.  151.  154;  Rad  144;  Ro- 
setten 80.  142.  144  fr.  147.  155;  S  -  Ornament 
149;  Stern  149.  152;  Vergoldung  240  fr.;  Vier- 
blatt 144;  Zickzack  8o.  90,  15.  95.  99.  134.  136  | 
Darstellungen:  Amazone  32,  la;  Aphrodite  Ana- 
dyomene  248  fr.,  auf  Schwan  232.  239  fr.  Abb. 
Taf.  II;  Apollon  auf  Schwan  260,  15»;  betender 
Knabe  12  Abb.;  Dreifüfse  1 86  f. ;  Herakles  und 
Hydra  87  fr.,  opfernd  279,  93,  in  Plilyakentracht 
266,  23.  267,  20;  Lichtgottheiten  Ubers  Meer  fah- 
rend 244^;  Mann  an  Blume  riechend  79fr.  Tar. 
8,  mit  Haube  314  Taf.  12;  Niobiden  2l6f. ; 
Orestes  in  Phlyakentracht  268,  28;  Panzer  mit 
Nackenschirm  205,  1;  Peleus  und  Thetis  192fr. 
Taf.  10 ;  Phlyakenscenen  260fr.  Abb.;  Satyrn 
bei  der  Weinlese  94;  Selene  auTsteigend  243 r. ; 
Silene  150;  Wagenlenker  170,  18;  Zweikampf  94 
Vasenmaler  s.  Anakies  Assteas  Brygos  Duris 
Exekias  Hermonax  Hieron  Kolchos  Lasimos 
Peithinos  Polygnotos  Sosias  Timonidas 

Veii  Peleus  und  Thetis    V.  aus  —  202 

Venedig  Kunstwerke  in  — :  Replik  des  betenden 
Knaben  Br.  6 ff.;  Jungling  vom  attal.  Weih- 
geschenk 212  r. 

Venus  Bronzen  (Tübingen)  165,6.  166;  Caelestis 
in  Karthago  257:   s.  Aphrodite 

Verfolgung  einer  Frau   Vn.  308 r. 

Vergil  Aen.  IX  589:  242,  69;  X  1 89 ff. :  235,  30  | 
Georg.  I   184:   53,  20  |  vatican.  Vergilcodex  210 


Register. 


339 


Verospi  Sammlung   17 

Vienne  kauernde  Aphrodite  aus  —  (Paris)   130 

Viergespann  s.  Gespann 

Villanova   V.  aus   —   IOI,  17.   112,43 

Viterbo  Peleus  und  Thetis    V.  in  —   202 

Vitruv  III  5:  52,  12 

Vizikia   Vn.  aus   —   (Berlin)   136 

Vogel  Glasplättehen  156;  Goldring  128;  Reliefs  128 
156;  Vn.  81  Taf.  8.  93.  95  f.  135.  141.  150. 
152  f.  195.  203.  212.  275.  305,  203  1  mit  Men- 
schenkopf Vn.  145fr.;  Vogelbauer  Vn.  281.  298; 
Vogeljagd  81 

Volksversammlung   V.  313 

Votiv  s.  Weihgeschenk 

Vulci  Funde:  G.   157;    Vn.  89,  13.  2l6f.   263,  e 

Waffenlauf  V.  93,  25 

Wagen  aus  Judenburg   165,  0;  s.   Gespann 

Wagenlenker  Bronzen  163fr.  Taf.  9.  173  Abb.; 
Monochrom  170,  18;  Man.  163  Abb.  170;  Rel. 
170,18;  T.  174,2«;  Torso  170,18;  Vn.  170,18. 
174,26.  193,  311 ;  Votive  172;  Wgm.  170,  18  | 
Tracht   174,  2« 

Wasser  Reliefs  256;  Vn.  239.  244.  248  |  Wasser- 
fahrt, phönik.  Silberschale  104;  Wasserhuhn  der 
Aphrodite  heilig  234;  Wasserschlange  dem  Apollo 
heilig  50,  mit  mantischer  Kraft  begabt  52,  8 

Weib  Br.-Köpfe  (Berlin)  157,  Statuetten  (Tübingen) 
165,6;  G.  (Berlin)  157;  Goldring  (Brit.  Mus.) 
128;  Marmor-Rel.  und  Statuette  (Brit.  Mus.)  126; 
Tn.  (Berlin)  132.  155 f.,  (Brit.  Mus.)  127;  Vn.- 
Form  144  |  badend  V.  311  f.;  gelagert  T.  155; 
mit  Kind  Statuette  102,  Tn.  127.  157;  einem 
Manne  eine  Amphora  reichend  V.  312;  nackt 
auf  Dipylon-F«.  97 ff.,  bei  Ägyptern  105 f.,  Ba- 
byloniern  toi  ff.,  Phönikiern  I04f. ;  mit  Tympanon 
T.  155;  ein  Viergespann  besteigend  V.  151  | 
Frauengemach  Vn.  3 1  o.  3 1 2  f. 

Weihgeschenk     attalisches      21 2 ff. ;      platäisches 


176  fr.    Hilfstafel    |    Aphrodite    auf  Schwan    Rel. 

235fr.;  Frosch  Br.  48fr.  Abb.;    korinth.  Pinakes 

50 ;  Wagenlenker   172 
Weimar  Kassandra   V.  in   —  313 
Weinlese  Schild  des  Achilleus  120;    Satyrn   V.  94 
Werkzeuge    chirurgische  Br.  aus  Pergamon  (Brit. 

Mus.)   127 
Wettrennen  Fries  vom  Maussoleuni  61 
Widder    Aphrodite    auf    —    Kupferplatte    246,  98; 

Göttin  auf  —   240 ;    Jungling   einen    —    tragend 

T   156;  Kopf  K».-Form   144 
Wien  Antiken  in  — :  Iuppiter  Br.- Statuette  164,  0; 

Vn.  96.  258fr.  286 f.  Abb.  293,  im.  195.  308  ff.  312  f. 
Wirtel  steinerne  aus  Rhodos  (Berlin)   156;  tönerne 

aus  Kurion  (Berlin)   133 
Wörlitz  Amazone  Sta.  in  —   18  Taf.  4 
WoK  dem  Apollon  heilig  51  ;  Br.-Aopf  (Arohen)  131 
Wtirzburg  Antiken  in  — :  Marmorfufs  19,4;     Vn. 

90,  13.  91,  19 
Wurfholz  des  Vogelfängers  81 

Xanthos  Funde:  Harpyienmonunient  210;  archai- 
sche Reliefs  (Brit.  Mus.)  82  ff.  Abb. 

Xenophon  itepl  Ittt:.  VII  1 :  45  |  xuvTjy.  I  I:  199; 
2  ff. :   288,  152  |  Mein.  III   13,  6:   277,  75 

Zatzenhausen  Funde   165,  7 

Zenon  Br. -Büste  (Neapel)   130 

Zeus  Br.  -  Sta.  des  —  in  Olympia  geweiht  181  f.; 
Tron  des  —  in  Olympia  216;  —  Oromasdes 
Rel.  vom  Nemrud-dagh  129;  idäische  Zeusgrotte 
in  Kreta  186  |  Ägina  verfolgend  V.  204;  in 
Götterversammlung  V.  126;  Kyrene  aussendend 
259;  Nemesis  verfolgend  196;  in  Phlyakentracht 
Vn.  276.  300 

Ziege  der  Aphrodite  heilig  246,  98 

Zonaras  VIII  2  p.   370  A:   270,  33 

Zweigespann  s.  Gespann 

Zweikampfs.  Kampf 


Aus  Akrae,  Anaktorion  49 f.;  Delphi  (Schlangen- 
säule) 178fr.;  Isamoorli  Keui  127;  Korinth 
48  fr.;  Korkyra  49;  Selinunt  49;  Smyrna  127; 
Syrakus  49;  Ungarn  129  |  assyrische  102,21; 
griechisch -lateinische   127 


dyiovoö^TTj;  188,  19 
A(5o(o  fol   V.   149 
'AA^jctvSpo?  V.   127 
"A  pi  <u  v  Ziuvio'j  Br.  48 f.  Abb. 


IL 
INSCHRIFTEN. 

ävaTiirr)(jLi.  dv^SrrjXiv  Rel.  236 
ANAOXM.N  (=  Av8po|«rxij0   V.  313 

OCiTElIAl     /'.     I53 

'Apcpoy pä[TTj{  Theatermarke   128 
ÄSTuo^fias  V.  126 
'AcppoSetTY)  Rel.  236 

ßccaiAei  Goldring  128 
ßoctaovt  Br.  5of. 
Bosrcdpou  Rel.  236 


34Q 


Register. 


roproMATPO*  v.  154 

Aai'SotXo;  V.   291 
Aai-foßoj   f.  50 

OT)[AO{     l88,  19 

A 1 0  y  ^  v  tj  {  A7?;y"  130 
AiotJxoupfoTj;  188,  i!) 

E   7*.-Form   156;   ^  höotisch   =   ei  92,111 
tiixi  t(l(   F.   127;  y((i(   Vn.   126.   149 
'Exatcov   127 

'Ev[s]üaXio{  V.  291 
E&u.v[t)Uto{]  F.  282 
Eüvo|jl[o?]   V.  313 

EiojV'J(lE'i{    188,  19 

Fexrfßa   F.  50 

Zeuc.  Ai<k  Silberharren  128;  Ä-.-Altar   127 
Z^viuv  gefälscht  auf  Platon-/yir/«c  72.   130 

lr)pa   V.  290 

ÖeoepcivTj?  AlOOXOUpßou   188,  19 

Ö^-rt;  F».  202.  204 

Öe"cov  127 

81)  «e6  c  P«  204 


ir 


Theatermarken   128 


ISaptvt&fr  'l3ctu.Evrjo;  F.   126 

'Is^ET^St)«   314 

'ls/iXos  F.  314;  'IcayiXo?  f.  314,1 

K    7:-Form   156 

xaX^   Vn.  202.  312;  xooie,  xaoE   F.  310 

Kapliov   V.  282 

Kap[ji.o?  (KcfptXo;)   Votiv  \"J1 

•  KAPnOI  Stempel  157 

K  E  ß  p  t 6  v  a  ;    F.    50 

KXetVjos  F.   153 

KXorjXfa  Sta.   18 

xuXi^s  F.   126 

Kci)<Jt[X]oc  F.  282 

A   T'.-Form  156 
XexuSto?  F.   127 
Auxo...  Silberbarren   128 

piEOEO'iarj  ÄW.  236 


N'i[|i](pot  V.  287 

1  r.-Form   156 

Eav#f«s  F».  274.  287;  SANTIA  F  292 

OV   des  Genitiv  in  älterer  Zeit  49 
Oupavir,  Rel.  236 

llapu.E'viov  Goldring  128 
FlXtfTcov  Ä«Ar  71   Taf.   6,  1.   74f. 
TTN   F.  3'3 
üoieTv.  l-oifsvi   V.  314 
zoixi'Xot   V.   126 

Pooto;  F.  153 

2  in  älterer  Zeit  49 
2c!|juo;  127 
Sixuov  [io]t   178 
Sitpvtoi   176.   183 
SocpoxXrjc  Herme  76,  17 
at^Xi)  ä/.  236 

1.  u)  v  ö  0  0  •#/'.  48  ff. 
SioatxXr)?  Site.  17 

SüJOlSTpotTOS    188, 19 

I   «T«(C(     F.     127 

T^viot  176.    183 

T  0  'J  5  E    l8o 

T  p  6  v  (o  v  Silberbarren    128 
T'j-fXrf?.  SbcpXds   F.   127 

»(Xei  [ae  G.  127 
<p(Xrj    F    154 
OtXoTi;jLtSin  s   V.  273 
OiXtüj   F.  126 

Xotptvo;  F.  282 

Xdipi?   F.   273 

Xt'pwv  G.    127;    F.  287 


Aelianus   127 

M.  Antonius  Rusticus  61 

BC  Theatermarke   128 

L.  Casperius  Aelianus   127 

c  o  e  p  e  r  Bleitäf  elchen  127 

Pro videntiae  deorum  Mze.   12  Abb. 

Rusticus  61 

Takeloth  II.  König,  Porzellan-Scarabäus   126 

Turan  etr.  Sp.  232.   246 

XIII 


XIV 


Theatermarken   12S 


JAHRBUCH   DES  INSTITUTS  1886 


TAF1 


AMAZONE 

IN  PETWORTH 


HEUOGR.  n.  REICHSQRUCKtnrj. 


JAHRBUCH  DES   INSTITUTS  1886 


TAF.2. 


AMAZONE 


IN  PETWORTH 


QEST.  v.CAR 


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JAHRBUCH   DES  INSTITUTS  1886 


TAF.6 


1  K- 


PLATO  -  HERMEN 


IN  BERLIN   UND   ROM 


HEUOGR.  D.  REICHSDRuCKEREI. 


JAH.RBUCH  DES  INSTITUTS  1886 


TA  F.  7 


1* 


Gez.  von  L.Otto 


PLATO  -  H  ERME 

IM     CASINO     DI     LIGORIO 


Lithogr.  Anstalt  von  R.Steinbock 


JAHRBUCH   DES  INSTITUTS   1886 


TA  F.    8 


Gez  von  M.Ohnefaisch-Richter, 


VASE  AUS   ATHIENU 
(Cypern) 


Lith.  Anstalt  von  R.Steinbock, 


i*8*4* 


00 
00 


E 


+■■■ 


JAHRBUCH     DES     INSTITUTS     1886. 


TA  F.  12. 


3, 


VASE   DES    HISCHYLOS 

IM  BERLINER  MUSEUM. 


Lichtdruck  v.  A.Friseh,  Berlin . 


*\