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Full text of "Jahrbuch des Kaiserlich Deutschen Archäologischen Instituts"

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Jahrbuch 


DES 


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'     o>*! 


KAISERLICH  DEUTSCHEN 

Archäologischen  Instituts 


Band  xxx 
191S 


MIT    DEM   BEIBLATT  ARCHÄOLOGISCHER  ANZEIGER 


^ 


BERLIN 

DRUCK  UND  VERLAG  VON  GEORG  REIMER 

1915. 


■4 


/7V,  ^^"^ 


Inhalt. 


Seite 

B  u  s  c  h  o  r  E.,  Skythes  und  Epilykos.     Mit  2  Abbildungen 36 

Drexel  F.,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.     Mit  l  Beilage  und  16  Ab- 
bildungen    I 

—  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung. 
Mit  8  Abbildungen 192 

Frickenhaus  A,,  Der  Eros  von  Myndos 127 

van  Hoorn  G.,   Eine   minoische  Bronze   in  Leiden.      Mit  Tafel  i,    i  Beilage 

und  3  Abbildungen 65 

Müller  K.,  Frühmykenische  Reliefs  aus  Kreta  und  vom  griechischen  Festland. 

Mit  Tafel  9 — 12  und  34  Abbildungen 242 

Noack  F.,  Amazonenstudien.     Mit  Tafel  6 — 8,  2  Beilagen  und  9  Abbildungen  131 

Robert  C,  Der  Kephisos  im  Farthenongiebel.     Mit  3  Abbildungen 237 

—  Ein  Vergessener 24I 

Schröder  B.,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.     Mit  Tafel 

2  —  5,   I  Beilage  und   13  Abbildungen 95 

Six  J.,   Kaiamis.     Mit   14  Abbildungen 74 

Sundwall  J.,  Die  kretische  Linearschrift ',  .  .  .  41 

Thiersch  H.,  Eros  von  Motye.     Mit   i  Beilage  und  15  Abbildungen 179 

—              Griechische  Leuchtfeuer.     Mit  5  Abbildungen 213 


IV 


Inhalt. 


ARCHÄOLOGISCHER  ANZEIGER 


Spalte 
Jahresbericht      des      Kaiserlich      Deut- 
schen  Archäologischen    Instituts   für 

das  Jahr   1914    I 

Verzeichnis  der  Mitglieder  des  Kaiser- 
lich Deutschen  Archäologischen  In- 
stituts         V 

Institutsnachrichten 106 


Nachruf  für  C.  Klügmann i 

F.  Adickes i 

W.  Barthel 107 

W.  Heibig 145 

G.  Loeschcke 147 

Todesanzeige  für  H.  Schultz 3 

S.    Wenz,     E.     Brenner,     R. 
Wünsch 59 


Brueckner  A.,  Bericht  über  die  Kera- 
meikos-Grabung  1914 — 1915.  Mit  8  Ab- 
bildungen     109 

Duregger  L.,  Abguß  eines  römischen 
Hochzeitsreliefs.     Mit  i  Abbildung  ....     89 

Holwerda  J.  H.,  Hyginus  und  die  An- 
lage   der    Kastelle.     Mit  7  Abbildungen     59 

Kazarow  G.,  Eine  neue  Inschrift  zum 
griechischen  Vereinswesen.  Mit  i  Ab- 
bildung       87 

Kazarow    G.,   Ein  neues     Denkmal    aus 

Thrakien.     Mit  7  Abbildungen 166 

Mötefindt  H.,  Zu  den  Dornauszieher- 
Mädchen 142 

Sundwall  J.,  Liste  athenischer  Marine- 
besatzungen.    Mit  I  Abbildung 124 

Unger  E.  und  Weißbach  F.  H.,  Die  Darius- 
stele   am   Tearos.     Mit  4  Abbildungen..       3 


Spalte 
Viedebantt  O.,   Das    Hohlmaß    von    Per- 

gamon.     Mit  i  Abbildung   138 

Weißbach   F.   H.,   Die    mäßige    Elle    und 

die    königliche    Elle    Herodots 149 


Archäologische    Funde    im    Jahre    1914: 
Griechenland  (G.  Karo).  Mit  10  Abbildungen  177 
Bulgarien  (B.  Filow).     Mit  13  Abbildungen  218 
Rumänien  (V.  Pärvan).     Mit  2  Plänen  und 
19  Abbildungen 236 


Erwerbungsberichte: 

Bericht  vom  Jahre  1913  über  die  Erwer- 
bungen des  Ungarischen  Nationalmuseums 
(G.  Supka).     Mit  22  Abbildungen 17 


Archäologische    Gesellschaft    zu    Berlin 

1915: 

Januar-Sitzung 50,    93 

Februar-Sitzung   52 

März-Sitzung 54 

Mai-Sitzung '. .  105 

Juni-Sitzung   106 

November- Sitzung   270 

Dezember-Sitzung 278 


Gymnasialunterricht     und     Archäologie     57 


Knust-Stiftung   144 


Register 283 


Bibliographie    für    das    Jahr    1914 I 


JAHRBUCH  DES  INSTITUTS  XXX  .9^5 


b.     I. 


ÜBER  DEN  SILBERKESSEL  VON  GUNDESTRUP. 

(Mit  einer  Beilage.) 

Das  Denkmal,  dessen  Heimat  und  Entstehungszeit  nebst  einigen  anderen 
Fragen,  die  sich  daran  knüpfen,  hier  erörtert  werden  sollen,  ist  bisher  von  den  Archäo- 
logen wenig  und  mehr  im  Vorübergehen  beachtet  worden.  Der  Fundort  schien  es 
von   vornherein    der    Kompetenz    der   Vorgeschichtsforscher   zuzuweisen,    die    Stil- 


Abb.  I.     Der  Kessel  von  Gundestrap. 

gebung  nicht  minder;  ihre  Eigenart  mag  manchen  noch  besonders  von  einem  näheren 
Eingehen  abgeschreckt  haben.  Die  Prähistoriker  ihrerseits  haben  sich  dem  Kessel 
auch  nur  mit  großer  Vorsicht  genähert;  zu  groß  schienen  die  Rätsel,  die  er  aufgab. 
So  setzt  sich  denn  die  Literatur  über  ihn  aus  lauter  Splittern  zusammen,  die  1892 
erschienene  Erstveröffentlichung  Sophus  Müllers  ^)  ist  zugleich  der  letzte  Versuch 
einer  allseitigen   Beleuchtung  geblieben.     Man  griff  Einzelheiten  aus  dem  Bilder- 


>)  Nordiske  Fortidsminder  I  [Heft  2,   1892]   S.  35- 
Jahrbuch  des  archäolog-ischen  Instituts  XXX. 


mit  Taf.  VI— XIV. 
I 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


schmuck  heraus,  um  sie  in  Parallele  zu  datierbaren  Denkmälern  zu  setzen  und  da- 
durch einen  Anhalt  für  die  Zeitstellung,  seltener  für  die  Heimat  des  Kessels  zu  ge- 
winnen, man  verfocht  oder  bekämpfte  andererseits  mit  allgemeinen  und  zum  Teil 
sehr  subjektiven  Gründen  seine  Zugehörigkeit  zu  dieser  oder  jener  Periode.  Die 
meisten  Anhänger  hat  wohl  heute  seine  Datierung  in  die  mittlere  Kaiserzeit,  in  das 
2.  oder  3.  Jahrhundert,  eine  Meinung,  die  z.  B.  Schumacher  i)  und  Kossinna  2) 
vertreten.  Daneben  stehen  aber  unvermittelt  Ansätze  wie  die  von  Loeschcke  3), 
der  an  das  4.  oder  3.  Jahrh.  v.  Chr.  denkt,  und  Marx  4),  der  aus  ähnlichen  Gründen 
sich  für  das  2.  Jahrh.  v.  Chr.  entscheiden  möchte,  auf  der  Gegenseite  der  von  S.  Rei- 
nach 5),  der  seit  der  Auffindung  des  Kessels  mit  Entschiedenheit  die  Anschauung 
verficht,  er  sei  ein  Erzeugnis  der  Völkerwanderungszeit,  etwa  des  5.  oder  6.  Jahrh. 
n.  Chr.  Eine  vermittelnde  Stellung  nahm  von  Anfang  an  Sophus  Müller  6)  ein,  der 
den  Kessel  um  die  Wende  unserer  Zeitrechnung  entstanden  denkt.  Rund  ein  Jahr- 
tausend umspannen  also  die  verschiedenen  Datierungsversuche.  Man  wird  zi^eben, 
daß  diese  Unsicherheit  für  ein  unbezweifelt  antikes,  reich  mit  Bilderschmuck  ver- 
sehenes  Werk  eine   ganz   ungewöhnliche   Erscheinung  ist. 

Fast  noch  schlimmer  steht  es  um  die  Frage  nach  der  Heimat  des  Kessels.  Im 
allgemeinen  gilt  er  allerdings  für  eine  nordische,  etwa  jütländische  Arbeit.  Daneben 
steht  die  Meinung  gallischer  Herkunft,  der  der  entschieden  keltische  Grundcharakter 
der  Bilderwelt  günstig  sein  mußte.  Wenn  sie  dennoch  nur  zaghaft  verfochten  worden 
ist,  so  trägt  die  Schuld  daran  das  fast  völlige  Fehlen  sachlicher  und  stilistischer 
Analogien  unter  dem  reichen  gallischen  Fundmaterial,  während  der  Norden  hier 
allerhand  Parallelen  aufzuweisen  hatte.  Auch  der  Fundort  hat  natürlich  bei  der 
Annahme  nordischer  Herkunft  eine  gewisse  Rolle  gespielt.  Überraschen  wird  zu- 
nächst eine  dritte  Vermutung.  S.  Reinach  hat  zuerst  auf  gewisse  Beziehungen  zur 
pontischen  Kunst  hingewiesen  und  den  Kessel  an  seinen  »kelto-skythischcn«  Stil 


')  Verzeichnis   der Germanendarstellungen  im  figures  de  la  Gaule  romaine  S.  264.   Bull,  archeol. 

Römisch-German.  Zentralmuseum  3  1912  S.  95  f.;  1895  S.  41  iT.    Revue  celtique  XXV  1904  S.  211 

Verz.  der Gallierdarstellungen  ebenda  1911  (=    Cultes,    mythes    et   religions    I    S.    282  f.). 

S.  18  f.  (in  beiden  auch  sonst  viel  Material  zum  Repertoire  de    Reliefs    I  S.   147  ff.     Abgesehen 

Kessel).        Immerhin    nimmt    Schumacher    ein  von  der  verfehlten  Datierung  hat  Reinach  den 

älteres   Vorbild   an,    ebenso   F.    Behn,    Mainzer  Kessel    richtig    beurteilt    und     die     treffenden 

Zeitschrift  VII   1912   S.   39,  der  damit  die  an-  Parallelen  beigebracht. 

geblich  verkehrte  Haltung  der  Drachentrompeten        '^)  Nordiske  Fortidsminder  a.  0.    In  seiner  »Nordi- 

erklären  will.  sehen   Altertumskunde«    II    1898    S.    160 — 174 

*)  Mannus  II  1910  S.  203 — 205.    Ebenso  H.  Hahne,  setzte  Müller  dann  den  Kessel  ins  2.  Jahrh.  n.  Chr., 

Das   vorgeschichtliche   Europa    (1910)    S.    71.  ging  aber  in  der  »Urgeschichte  Europas«  (1905) 

3)  Zuerst  ausgesprochen  bei  Koenen,  Bonner  Jahrb.  S.  167  f.  wieder  auf  das  erste  zurück.  —  In  allem 
102,  1898  S.  160 — 162,  dann  in  einem  Vortrag  Wesentlichen  schloß  sich  an  Müller  auch  Bertrand 
(Römisch-Germ.  Korrbl.  III  1910  S.  45  und  an,  Revue  archeol.  1893  I  S.  S.  283 — 291;  1894 
Korrbl.   des  Gesamtvereins   1910   S.   461).  I  S.  152 — 169  und  La  Religion  des  Gaulois  (1897) 

4)  Sitzungsber.  der  Sachs.  Ges.  der  Wiss.,  Philol.-  S.  363 — 380.  Ich  gehe  auf  seine  Theorie  von  dem 
Hist.   Klasse   58,    1906   S.    116  ff.  Kessel  als  einem  Denkmal  kimbrischer  Kultur, 

5)  L' Anthropologie  V  1894  S.  456 — ^458.     Bronzes  die  Jullian  (s.  S.  4  Anm.  i)  wiederaufgenommen 

hat,  nicht  näher  ein. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


angeknüpft.  Entschiedener  hat  ihn  A.  Voß  ')  in  einer  langen  Untersuchung  für  eine 
pontische  Arbeit  erklärt  und  versucht,  seine  Bilderwelt  in  mithrischem  Sinne  zu 
deuten;  diese  Fäden  hat  dann  Wulffs)  wieder  aufgenommen  und  scharfsinnig  weiter- 
verfolgt, wobei  er  ähnlich  wie  Reinach  Stilelemente  des  frühen  Mittelalters  in  den 
Bildern  des  Kessels  nachzuweisen  suchte.  Weitere  wichtige  Einzelbeobachtungen 
anderer  Forscher  werden  an  ihrem  Ort  zur  Sprache  kommen. 

Bei  diesem  Stand  der  Dinge  scheint  es  angezeigt,  das  Rätsel  des  Kessels  neu 
vorzunehmen  und  unter  Verwertung  alles  bisher  beigebrachten  tauglichen  Vergleichs- 
materials erneut  nach  seiner  Lösung  zu  suchen.  Die  Lösung  ist  möglich,  sie  wird 
zugleich  zeigen,  wie  die  bisherigen,  so  verschiedenartigen  Anschauungen  sich  bilden 
konnten.  Einer  jeden  von  ihnen  ist  etwas  Richtiges  zu  entnehmen,  und  das  Problem 
wäre  längst  geklärt,  wenn  nicht  alle  bisher  geäußerten  Meinungen  sich  einseitig  auf 
jeweils  bestimmte  Punkte  versteift  hätten,  anstatt  von  allen  Seiten  an  es  heran- 
zugehen. 

Der  Kessel  befindet  sich  jetzt  im  Nationalmuseum  zu  Kopenhagen.  Gefunden 
wurde  er  im  Mai  des  Jahres  1891  bei  Gundestrup  nicht  weit  von  Aars  im  Amt  Aalborg 
(Jütland)  in  2 — 3  Fuß  Tiefe  eines  Torfmoores  ganz  allein  ohne  alle  Beigaben.  Er 
war  in  seine  einzelnen  Bestandteile  aufgelöst.  In  der  den  Boden  bildenden  Kugel- 
kalotte lagen  die  runde  Mittelplatte  und  die  zwölf  rechteckigen  Seitenplatten,  dazu 
zwei  Stücke  der  Randeinfassung,  aus  Silberblech  zusammengebogene  Röhren  mit 
Resten  eines  Eisenkerns  je  in  der  Länge  einer  Außenplatte.  Bei  der  Zusammen- 
setzung zeigte  sich,  daß  außer  sechs  weiteren  Rohrstücken  vom  Rande  eine  Außen - 
platte  wie  die  Platten  mit  den  großen  Götterbildern  und  sämtliche  Blechstreifen 
fehlten,  welche  einst  nach  den  Lötspuren  die  Fugen  deckten  und  den  Kessel  zusammen- 
hielten. Da  nach  Sophus  Müller  bei  und  seit  der  Auffindung  nichts  abhanden  ge- 
kommen ist,  müssen  sie  schon  gefehlt  haben,  als  der  Kessel  in  die  Erde  kam.  Das 
ist   im   Auge  zu   behalten. 

Seine  ursprüngliche  Form  hat  der  Kessel  also  erst  wieder  im  Kopenhagener 
Museum  erhalten.  Die  gedachten  Lötspuren  und  zwei  rohe  Nagellöcher  gaben  einen 
Anhalt  für  die  richtige  Reihung  der  Platten,  deren  Aufteilung  auf  die  Innen-  und 
Außenwand  bereits  durch  ihre  konkave  oder  konvexe  Krümmung  gegeben  war. 
Mit  Sicherheit  ergab  sich  die  Anordnung  des  inneren,  aus  fünf  größeren  Platten 
bestehenden  Zyklus,  während  die  sieben,  nach  den  Maßverhältnissen  ursprünglich 
acht  äußeren  Platten  nicht  alle  mehr  in  die  richtige  Reihenfolge  gebracht  werden 
konnten.    Die  beiden  Plattenreihen  wurden  oben  durch  die  schon  erwähnten  Röhren 


')  Festschrift    für    Adolf    Bastian    (Berlin     1896)  1895  gab  (mir  nicht  zugänglich;  darüber  Müller, 

S.  367 — ^413.     Voß'  Deutung  der  Bilder  braucht  Nordische   Altertumskunde   a.    a.    0.). 
heute  nicht  mehr  widerlegt  zu  werden,  s.  auch        ^)  Ein  langobardischer  Helm  im  Kgl.  Zeughaus  zu 

Cumont,    Textes   et   monuments   figures   relatifs  Berlin,    Jahrbuch   d.    Kgl.    Preuß.    Kunstsamm- 

aux  mysteres  de  Mithra  II  S.  528.   Noch  weniger  lungen  XXIV  1903  S.  223  ff.     Wulff  nennt   als 

freilich  ihre  Erklärung  im  buddhistischen  Sinne,  seinen  Vorgänger  v.   Lenz,   Zeitschrift  für  hist. 

die    Steenstrup,    Kgl.    Danske    Vidensk.    Selsk.  Waffenkunde    II    1900 — 1902     S.    103  ff.;     der 

Skrifter,  6.  R.,  historisk  og  filosofisk  Afd.  III  4,  Aufsatz  ist  mir  nicht  zugänglich. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


zusammengeklemmt,  die  ihrerseits  einen  ringsumlaufenden  eisernen  Reifen  bargen, 
der  dem  ganzen  Gefüge  des  Kessels  Halt  gab.  Nach  noch  anzuführenden  Analogien 
dürfen  wir  uns  an  diesem  Reifen  zwei  bewegliche  Eisenringe,  vielleicht  auch  mit 
Silberblech  bekleidet,  zum  Halten  und  Tragen  des  schweren  Kessels  befestigt  denken. 
Er  wiegt  jetzt  noch  8,885,  also  beinahe  9  kg.  Sein  Durchmesser  beträgt  69,  die  Höhe 
42  cm;  die  einzelnen  Platten  sind  21 — 22  cm  hoch,  die  äußeren  24 — 26,  die  inneren 
40 — 43  cm  lang.  Das  Material  ist  nahezu  reines  Silber,  die  äußeren  Platten  und  die 
Mittelplatte  sind  vergoldet,  und  zwar  mit  Blattgold;  die  Vergoldung  ist  stark  ab- 
gerieben, wie  überhaupt  der  ganze  Kessel  Spuren  eines  längeren  Gebrauches  zeigt. 
Die  figürlichen  Darstellungen  sind  getrieben  und  ziseliert,  die  Reliefs  sind  zum  Teil 
noch  mit  einer  Harzmasse  hinterfüllt.  Die  Pupillen  der  sieben  äußeren  Götterbilder 
waren  aus  blauem  Glasfluß  eingesetzt,  sie  sind  nur  noch  teilweise  vorhanden. 

Genauere  Angaben  über  alle  diese  Punkte  findet  man  in  der  schon  genannten 
sorgfältigen  Erstveröffentlichung  Sophus  Müllers,  von  der  heute  noch  jede  Be- 
schäftigung mit  dem  Gegenstand  auszugehen  hat.  Dieselbe  Publikation  bot  auch 
Jahre  hindurch  auf  ihren  ausgezeichneten  Lichtdrucktafeln  die  zuverlässigste  Wieder- 
gabe sämtlicher  Kesselbilder.  Seit  einigen  Jahren  besitzen  wir  eine  zugänglichere 
Veröffentlichung  von  gleicher  Güte,  allerdings  nicht  nach  dem  Original,  sondern 
nach  der  galvanoplastischen  Nachbildung  des  Kessels  im  Museum  von  Saint -Germain, 
in  den  Tafeln  Jullians  in  der  Revue  des  Etudes  anciennes  X  1908  ^).  Nach  Zeich- 
nung, und  zwar  sehr  getreu,  wiedergegeben  sind  sämtliche  Kesselbilder  in  den  gleich- 
falls oben  genannten  Arbeiten  von  Steenstrup  und  Voß;  der  Freundlichkeit  der 
Prähistorischen  Abteilung  des  Völkerkundemuseums  in  Berlin,  in  deren  Besitz  die 
Zinke  aus  Voß'  Nachlaß  gelangt  sind,  verdanken  wir  die  Möglichkeit,  die  Druck - 
Stöcke  des  letzteren  Aufsatzes  hier  in  der  Beilage  verwenden  zu  können.  Sie  geben 
die  Einzelheiten  besser  wieder  als  Autotypien.  Umrißzeichnungen  sämtlicher  Reliefs 
findet  man  in  Reinachs  Guide  illustre  du  Musee  de  Saint-Germain  S.  121 — 127  und 
in  desselben  Repertoire  de  Reliefs  I  S.  147 — 150.  Sonst  sind  nur  gelegentlich 
Proben  abgebildet  worden. 

Die  Bilder  des  Kessels  zerfallen  in  zwei  räumlich  getrennte  Gruppen.  Die  Außen- 
seite trägt  auf  ihren  jetzt  noch  sieben  Platten  die  Brustbilder  von  ebensoviel  Gott- 
heiten, vier  bärtigen  männlichen,  zwei  weibhchen  und  einer  Dreiheit,  deren  Haupt- 
gestalt eine  von  einem  bärtigen  und  einem  unbärtigen  Gott  flankierte  Göttin  ist. 
Die  Götter  halten  die  Arme  emporgestreckt  und  die  Hände,  mit  denen  sie  zweimal 
ein  Tierpaar,  einmal  ein  Paar  Menschen  fassen,  geschlossen.  Die  Göttinnen  hin- 
gegen, kenntlich  durch  die  Angabe  der  Brüste  und  das  lang  herabfallende  Haar, 
pflegen  die  Hände  mit  dem  bekannten,  die  weibliche  Natur  kennzeichnenden  Gestus 
vor  die  Brust  zu  legen.  Sämtliche  Gottheiten  tragen  den  Halsring  mit  Pufferenden, 
den  keltischen  Torques;  wo  er  zu  fehlen  scheint,  soll  ihn  wohl  der  Bart  verdecken. 


')  Taf.  I — X  mit  knappstem  Text  S.  71 — 75.     S.  Anm.      Unsere  nach  Taf.  I  gefertigte  Abb.  i  ist 

auch  desselben  Histoire   de  la  Gaule  II  S.   114  mit  Erlaubnis  des  Paetelschen  Verlags  dem  Buche 

von  Sadce,  Römer  und  Germanen  entnommen. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


Neben  den  Gottheiten  erscheint  allerlei  figürliches  Beiwerk,  teils  in  Zusammenhang 
mit  ihnen,    teils   als  sinnloses   Füllwerk  verdächtig. 

Von  den  fünf  Innenbildern  entsprechen  zwei  inhaltlich  völlig  den  Außenbildern; 
daß  auf  ihnen  das  Beiwerk  überwiegt,  braucht  an  sich  keinen  anderen  Grund  zu 
haben  als  den  des  größeren  Raumes,  der  hier  zur  Verfügung  stand.  Auch  die  Platte 
mit  dem  Hirschgott  wird  nicht  von  ihnen  zu  trennen  sein,  da  das  für  ihn  bezeichnende 
Sitzen  mit  untergeschlagenen  Beinen  nur  zur  Darstellung  gebracht  werden  konnte, 
wenn  er  in  ganzer  Figur  erschien.  Dagegen  geben  die  beiden  noch  übrigen  Seiten - 
platten  und  die  Mittelplatte  Szenen  des  Lebens  wieder,  die  im  Zusammenhange  wohl 
als  kultlich  zu  gelten  haben,  einen  Kriegerzug  mit  einem  Menschenopfer  und  eine 
Stierhetze,  diese  auf  zwei  Platten  verteilt,  und  zwar  auf  der  Mittelplatte  im  Kessel- 
innern  entsprechend  dem  Standpunkt  des  Beschauers  als  von  oben  gesehen  gedacht. 

Bevor  wir  nach  dieser  kurzen  Orientierung  an  unsere  eigentliche  Aufgabe 
gehen,  wird  es  sich  empfehlen,  einige  Vorfragen  zu  erledigen.  Zunächst  die  Fund- 
umstände  des  Kessels.  Er  wurde,  wie  schon  bemerkt,  in  einem  Torfmoor  in  2 — 3  Fuß 
Tiefe  gefunden,  als  ein  Bauer  dort  Torf  stach.  Das  Nationalmuscum  hat  an  der  Stelle 
sachverständige  Untersuchungen  anstellen  lassen,  deren  Ergebnis  war,  daß  der  Kessel 
nicht  vergraben,  nicht  ins  Wasser  versenkt,  sondern  frei  auf  der  Oberfläche  eines 
fest  verwachsenen,  mit  Wacholder-  und  Birkengebüsch  bestandenen  Moores  nieder- 
gestellt worden  sei,  das  um  ihn  langsam  zu  seiner  heutigen  Höhe  wuchs.  Er  gilt 
darnach  allgemein  als  ein  Weihgeschenk,  wobei  man  sich  teils  auf  zahlreiche  ähnliche 
Funde,  die  keine  andere  Deutung  zulassen  sollen,  teils  auf  Zeugnisse  wie  die  Cäsars 
(de  b.  G.  VI  17),  Diodors  (V  27)  und  Strabos  (IV  p.  188)  beruft,  die  von  der  heiligen 
Scheu  der  Gallier,  solche  schutzlos  den  Göttern  geweihten  Gaben  zu  berauben,  reden. 
Aber  diese  Zeugnisse  beziehen  sich  auf  eigentliche  Heiligtümer,  nicht  auf  an  beliebigem 
Platze  wie  hier  deponierte  Gaben;  übrigens  mußte  nach  Cäsar  die  heilige  Scheu 
durch  die  Androhung  grausamer  Todesstrafe  unterstützt  werden.  Und  meint  man 
wirklich,  ein  Gegenstand  von  dem  für  seine  Zeit  außerordentlichen  Materialwert  des 
Gundestruper  Kessels  habe  unangetastet  Jahrhunderte  lang  am  Wege  liegen  können, 
bis  das  Moor  sich  seiner  erbarmte?  Ich  glaube  seinen  Landsleuten  und  Nachbarn 
nicht  zu  nahe  zu  treten,  wenn  ich  bezweifle,  daß  er  dann  jemals  das  Kopenhagener 
Museum  erbhckt  hätte.  Doch  viel  substantieller  scheint  mir  ein  anderes  Moment. 
Der  Kessel  ist  ja  gar  nicht  intakt  gefunden  worden,  sondern  zerlegt,  und  zwar  mit 
Gewalt,  wie  allerhand  Spuren  erkennen  lassen,  und  so  zerlegt,  daß  seine  Bestandteile 
möglichst  wenig  Raum  einnahmen.  Das  ist  nicht  die  Art,  wie  man  eine  Opfergabe 
niedersetzt  ^).  Er  ist  vielmehr  verpackt  und  dann  auch  verborgen  gewesen,  mag 
er  nun  oberflächlich  im  Moor  vergraben  gewesen  sein  —  ich  weiß  nicht,  ob  die  Unter- 
suchung der  Fundstelle  das  mit  solcher  Sicherheit  hat  ausschließen  können  — ,  oder 
in  dem  Buschwerk  versteckt,  dessen  Reste  man  noch  festgestellt  hat.  Der  Kessel 
ist  weiter  bei  seiner  Auffindung  nicht  vollständig  gewesen,  es  fehlten  ihm  vielmehr 


»)  S.    Müller    erinnert    an    die    Sitte,    Weihegaben,  vor  der  Weihung  dazu  unverwendbar  zu  machen, 

die  dem  praktischen  Gebrauche  dienen  könnten,  Das  ist  aber  etwas  ganz  anderes,  als  was  hier  vorliegt. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


fast  alle  den  Aufbau  bewirkenden  und  sichernden  Teile.  Diese  charakteristischen 
Verluste  hat  er  offenbar  bei  der  tumultuarisch  erfolgten  Zerlegung  erlitten.  All  das 
zusammen  ergibt,  daß  der  Kessel  irgendwo  geraubt  und  in  größter  Eile  zerrissen 
und  eingepackt  worden  ist,  daß  sein  neuer  Besitzer  ihn  aber  in  bedrängten  Umständen 
in  dem  Zustand,  in  dem  er  ihn  erbeutet  hatte,  einem  Versteck  hat  anvertrauen  müssen, 
ohne  daß  er  Gelegenheit  hatte,  ihn  abzuholen. 

Ähnlich  nüchtern  stellt  sich  wohl  auch  der  Zweck  des  Kessels  dar.  Man  pflegt 
ihn  als  Opferkessel  zu  bezeichnen  und  sich  wohl  gar  vorzustellen,  daß  er  bestimmt 
war,  das  Blut  der  Menschenopfer  aufzufangen,  in  der  Art,  wie  man  das  Opferbild 
der  einen  Innenplatte  deutete.  Selbst  Schuchhardt,  der  sich  sonst  gerade  gegen  die 
überall  Opfer  und  Kult  witternde  Strömung  wendet,  möchte  es  für  unsern  Kessel 
doch  bei  der  geltenden  Meinung  belassen  (Der  Goldfund  vom  Messingwerk  S.  12). 
Demgegenüber  sehe  ich  keinen  Anlaß,  hier  eine  Ausnahme  zu  machen,  und  erblicke 
in  dem  Gerät  einen  Mischkessel,  dessen  Inhalt  allerdings  allen  Respekt  abnötigt. 
Sein  religiöser  Schmuck  stört  dabei  gar  nicht,  im  Gegenteil.  Auf  der  Kulturstufe, 
die  wir  für  die  Herren  des  Kessels  vorauszusetzen  haben,  hat  jedes  Fest  und  jedes 
Gelage  seinen  religiösen  Hintergrund.  Das  Festmahl  ist  im  Grunde  ein  Opfermahl, 
und  insofern  mag  man  allerdings  von  einem  Opferkessel  reden.  Die  Götter  selber 
sind  beim  Feste  zugegen  und  kosten  von  der  Opfergabe. 

Beginnen  wir  jetzt  die  Momente  zusammenzustellen,  die  die  Zeitstellung  des 
Kessels  klären  sollen,  so  verdient  die  erste  Stelle  eine  Beobachtung  schon  Sophus 
Müllers,  die  man  ohne  Not  beiseite  geschoben  hat.  Der  Kessel  steht  nach  Form 
und  Aufbau  nicht  allein,  sondern  reiht  sich  einer  größeren  Gruppe  gleichartiger 
Behälter  ein,  die  der  flachgewölbte  Boden,  der  scharfe  Absatz  zwischen  Boden  und 
Wandung  (der  allerdings  auch  fehlen  kann),  besonders  aber  die  Zusammensetzung 
aus  mehreren  Teilen,  die  hier  durch  Nietung  verbunden  sind,  und  der  Eisenring  um 
den    oberen  Rand  charakterisiert  ^).     Zum  Halten  und  Tragen   dienen  ein  großer 


0  S.  Müller  a.  a.  O.  S.  40  f.  Ders.,  Nord.  Alter- 
tumskunde II  S.  23.  27.  174.  Undset,  Das  erste 
Auftreten  des  Eisens  in  Nordeuropa  S.  138.  228. 
236.  264.  280.  316.  406.  420  f.  425  ff.  Willers, 
Bronzeeimer  von  Hemmoor  S.  112  f.  Ders., 
Neue  Untersuchungen  über  die  römische  Bronze- 
industrie S.  13.  Hoops,  Reallex.  d.  Germ.  Alter- 
tumskunde I  S.  322  a.  Beltz,  Die  vorgesch. 
Altertümer  von  Mecklenburg- Schwerin  S.  326,  i. 
Knorr,  Friedhöfe  der  älteren  Eisenzeit  in  Schles- 
wig-Holstein S.  24.  Montelius,  Kulturgesch. 
Schwedens  S.  155.  British  Museum,  A  Guide 
to  the  Antiquities  of  the  early  Iron  age  S.  125. 
Pic,  Die  Urnengräber  Böhmens  S.  126  Taf.  68,  7. 
69,  I.  Mitt.  d.  Prähist.  Komm.  d.  K.  Akad.  d. 
Wiss.  Wien  I  S.  326  (Idria).  Ulrich,  Die  Gräber- 
felder von  Bellinzona  S.  77  Taf.  IX  6.  Musce 
Neuchatelois  N.  S.  I   1914   S.  59   mit  Taf.  III  3 


(La  Tene).  Wagner,  Fundstätten  und  Funde  im 
Großherz.  Baden  I  S.  198  f.  (Emmendingen).  — ■ 
Die  Form  erscheint  auch  noch  in  der  Kaiser- 
zeit und  weiter  im  frühen  Mittelalter,  dann 
aber  aus  einem  Stück  getrieben:  Willers,  Hem- 
moor S.  27  Taf.  I  9.  Westd.  Zeitschr.  I  Taf.  8, 
34  (Rheinzabern).  Beltz  a.  a.  0.  S.  365.  Altert, 
uns.  heidn.  Vorzeit  V  Taf.  6,  106.  Mainzer 
Zeitschr.   III  1908   S.  139  mit  Taf.  V  14. 

Genau  die  Form  des  Gundestruper  Kessels  zeigt 
der  von  einem  Gräberfeld  des  6.  Jahrh.  n.  Chr. 
stammende,  aus  einem  Stück  Bronzeblech  ge- 
triebene Kessel  von  Bölcske  (Kom.  Tolna, 
Ungarn)  bei  Hampel,  Altertümer  des  frühen 
Mittelalters  in  Ungarn  I  S.  131,  III  Taf.  242,  i. 
Der  umgeschlagene  Rand  weist  darauf  hin,  daß 
hier  einst  ein  eiserner  Reif  umlief,  an  dem  auch 
der  Henkel  oder  die  Tragringe  befestigt  waren. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


Bügelhcnkel  oder  zwei  ebenfalls  bewegliche  Tragringe.  Mehrfach  haben  sich  zu- 
sammen mit  den  Kesseln  starke  eiserne  Ketten  gefunden,  an  denen  sie  über  dem 
Herdfeuer  aufgehängt  wurden;  den  Gundestruper  Kessel,  für  den  eine  solche  Ver- 
wendung ausgeschlossen  ist,  wird  man  sich  etwa  an  einem  Dreifuß  in  der  Art  des 
Dührener  Stückes  Altert,  uns.  heidn.  Vorz.  V  Taf.  15,  284  hängend  vorstellen 
dürfen.  Die  Kessel  bestehen  aus  Bronze,  merkwürdig  ist  bei  vielen  von  ihnen 
die  Verwendung  von  Bronze  für  den  Bodenteil,  von  Eisen  für  die  obere  Wandung 
(so  auch  Abb.  2).  Sie  gehören  in  die  Spätlateneperiode;  ihre  Verwendung, 
wohl  auch  ihre  Anfertigung,  zieht  sich  in  Gebieten  fortdauernder  Unabhängigkeit 
noch  in  die  frühe  Kaiserzeit  hinein.  Ihr  Hauptfundgebiet  scheint  der  germani- 
sche Norden  zu  sein,  im  gallischen  Gebiet  sind  sie    mir  nur  aus  La  Tene  bekannt. 


Abb.  2  u.  3.     Kessel  aus  Körchow. 

Sie  kommen  auch  in  den  böhmischen  Gräberfeldern  und  noch  weiter  südlich  vor. 
In  römischen  Siedelungen  scheinen  sie  entsprechend  ihrer  Zeitstellung  noch  nicht 
nachgewiesen  zu  sein.  Gern  erscheinen  sie  vergesellschaftet  mit  den  gleichfalls 
der  Spätlateneperiode  angehörigen  Bronzeeimern  mit  Delphinhenkelattachen  ^). 
Zwei  gute  Beispiele  zweier  verschiedener  Spielarten  aus  dem  Friedhof  von  Körchow 
in  Mecklenburg  seien  hier  wiedergegeben  (Abb.  2.  3)  2).  Einige  Stücke  aus  däni- 
schen Funden  weisen  auch  Reliefschmuck  auf,  der  das  Band  mit  dem  Kessel  von 
Gundestrup  noch  enger  knüpft.    Wir  kommen  darauf  zurück. 

Unser  Kessel  wäre  darnach  ein  Denkmal  der  Spätlateneperiode  oder  etwa 
noch  der  frühesten  Kaiserzeit,  rund  also  der  Spanne  von  100  v.  bis  50  n.  Chr.  Der 
Anfangstermin  wenigstens  wird  bestätigt  durch  einen  Umstand,  den  namentlich 
Kossinna  nachdrücklich  betont  hat:  die  Reiter  des  Kriegerzugs  und  der  Stierkämpfer 


Der  Fundort  ist  in  Hinsicht  auf  die  unten  ver- 
fochtene  donauländische  Herkunft  des  Gundes- 
truper Kessels  nicht  unwichtig,  wenn  ihm  auch 
der  Zeitabstand  einiges  von  seinem  Werte  nimmt. 
')  Willers,    Bronzeeimer  von   Hemmoor   S.    108  ff. 


Ders.,  Neue  Untersuchungen  S.  i  ff.     Reinecke, 
Festschrift    des    Mainzer    Zentralmuseums    1903 
S.  92. 
2)  Beltz,  Die  vorgesch.  Altertum,  des  Großherzogt. 
Mecklenb. -Schwerin  Taf.  58.    Die  Zinke  sind  uns 


von  Prof.  Bcltz  freundlichst  überlassen  worden. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


der  runden  Mittelplatte  tragen  Sporen.  Über  das  Aufkommen  der  Sporen  in  unserem 
Kreise  sind  wir  durch  Funde  hinlänglich  unterrichtet  ^)-  Sie  setzen  in  der  Spät- 
lateneperiode  ein,  und  zwar  gleich  in  ziemlicher  Häufigkeit,  sowohl  in  Siedelungen 
wie  La  Tene  selber  und  dem  Hradischt  bei  Stradonitz  2)  als  auf  Gräberfeldern  des 
gallisch -germanischen  Gebietes.  Vorher  fehlen  sie  ganz  und  gar.  Ein  Sporn  stammt 
vom  Schlachtfeld  von  Alesia  52  v.  Chr.  3);  in  das  folgende  Jahr  fällt  ihre  erste  glaub- 
würdige Erwähnung  in  einem  geschichtlichen  Bericht,  und  zwar  bei  Hirtius  b.  G. 
VIII 48,  wo  Commius  »incensum  calcaribus  equum  coniungit  equo  Quadrati«,  übrigens 
zugleich  die  einzige  Nennung  der  Sporen  in  den  gesamten  cäsarischen  Kommentarien. 
Nach  diesem  kleinen,  aber  wichtigen  Indizium  kann  also  der  Kessel  nicht  vor  rund 
dem  Jahre  100  v.  Chr.  entstanden  sein. 

Weitere  Hilfe  kommt  von  einem  Denkmal,  das  sicher  mit  dem  Kessel  ungefähr 
gleichzeitig  entstanden  und  zum  Glück  datierbar  ist.  Es  ist  auch  schon  längst  mit 
ihm  in  Verbindung  gebracht  worden,  doch, ist  der  betreffende  Hinweis  Egil  Petersens 
fast  unbeachtet  geblieben  4).  Abb.  4  gibt  es  nach  einer  dem  Wiener  Hofmuseum 
verdankten  Photographie  wieder.  Es  ist  ein  jetzt  in  mehrere  Teile  zerbrochenes  und 
stark  verbogenes,  auch  rechts  unvollständiges  Silberblech  mit  roh  getriebenen  mensch- 
lichen Figuren  aus  einem  Fund  von  Csora  im  Komitat  Unterweißenburg  in  Sieben- 
bürgen. Man  denke  sich  die  beiden  Gestalten  unterhalb  der  Brust  wagerecht  ab- 
geschnitten und  man  hat  die  Götterbilder  des  Kessels,  nur  in  minder  sorgfältiger 
Ausführung,  vor  sich.  Namentlich  die  höchst  charakteristische  Bildung  des  Ober- 
körpers bei  der  Figur  rechts  läßt  die  Verwandtschaft  hervortreten.  Das  Blatt-  und 
Punktfüllsel  hat  Rankenwerk  wie  auf  dem  Kessel  zum  unverstandenen  Vorbild. 
Wir  haben  es  hier  mit  einer  rohen,  lokalen  Arbeit  des  gleichen  Kunstkreises  zu  tun, 
dem  auch  der  Kessel  entstammt. 

Der  Fundzusammenhang  ergibt  für  das  Blech  die  gleiche  Datierung,  die  wir 
schon  für  den  Kessel  ermittelten,  nämlich  »die  Zeit  um  den  Beginn  unserer  Zeit- 
rechnung« (Reinecke).  Es  gehört  zu  einem  der  dakischen  Silberschätze,  welche, 
aus  silbernen  Fibeln,  Hals-  und  Armringen,  Schmuckketten  und  zuweilen  auch 
datierenden  Münzen  bestehend,  die  beiden  unruhigen  Jahrhunderte  vor  der  trajani- 
schen  Eroberung  füllen  5).  Reichen  Schmuck  dieser  Art  tragen  auch  die  beiden 
Figuren  des  Blechs.  Als  Bekleidung  sind  aus  dem  Gürtel  einerseits,  den  Schnür- 
schuhen,  die  übrigens  wieder  an  die  des  Kessels  erinnern,  andererseits  lange,  eng 


I)  Literatur  bei  J.  Schlemm,  Wörterbuch  zur  Vor-  billigt  von  Reinecke,  Festschrift  des  Mainzer 
geschichte  S.  568  f.,  dazu  Blume,  German.  Zentralmuseums  1903  S.  106  Anm.  130.  Ältere 
Kulturen  zwischen  Oder  und  Passarge  (=  Mannus-  Veröffentlichungen:  Arneth,  Gold-  und  Silber- 
bibliothek 8)  S.  118  ff.,  Kaufmann,  Deutsche  monumente  G.  S.  XII  95.  Gooß,  Archiv  des 
Altertumskunde  I  S.  496  f.,  Dechelette,  Les  Vereins  für  siebenbürg.  Landeskunde  1876  S.  5o8ff. 
fouilles  du  Mont  Beuvray  de  1897  ä  1901  S.  155  f.  Taf.  XIII. 

^)  Pic-Dechelette,  Le  Hradischt  de  Stradonitz  S.  78  f.         5)  Eine    ältere    Zusammenstellung   von    Römer   im 

Taf.  XXXI.  Archaeologiai  ifertesitö  1886  S.204 — 207,  385 — 392 

3)  Revue  archeol.  Nouv.  Serie  X  (1864)  Taf.  XXII.  (S.  387  f.  Csora).    Doch  ist  seitdem  viel  Material 

4)  Archaeologiai   firtesito    1893    S.    199 — 202,    ge-  hinzugekommen. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


9 


anliegende  Hosen  zu  erschließen.  Der  Oberkörper  ist  nach  der  Angabe  der  Rippen 
und  des  Nabels  nackt  gedacht.  Vermutlich  haben  wir  darnach  hier  die  ältesten  Dar- 
stellungen von  Dakern  zu  erkennen.  Die  Gestalt  links  scheint  trotz  der  Brüste  nach 
dem  Schwert  an  ihrer  Seite  und  vielleicht  der  Lanze  —  denn  als  solche  hat  der  Künstler 
möglicherweise  das  langgestielte  Blatt  neben  der  linken  Hand  verstanden  wissen 
wollen  —  männlich  zu  sein,  die  Figur  rechts  macht  trotz  der  Tracht  eher  weiblichen 


Abb.  4.     Silberblech  aus  Csöra. 


Eindruck.      Über  die  Verwendung  des  Blechs,  an  dessen  linkem  Rand  Nietlöcher 
und  verzierte  Niete  erhalten  sind,  läßt  sich  nichts  Sicheres  sagen. 

Das  Silberblech  von  Csora,  das  man  in  nicht  zu  weiten  zeithchen  Abstand  von 
dem  Gundestruper  Kessel  setzen  und  eher  für  etwas  jünger  als  älter  halten  wird, 
führt  uns  also  wieder  in  die  Spätlatenezeit  als  seine  Entstehungsperiode.  Weshalb 
ist  man  von  ihr,  die  doch  schon  Sophus  Müller  verfochten  hatte,  wieder  abgegangen.^ 
Der  Hauptgrund  ist  wohl  der,  daß  der  Kessel  unter  dem  reichen  gallischen  und  ger- 
manischen Fundmaterial  wie  ein  völliger  Fremdling  stand.  Seine  reichen,  fast  ein 
Bilderbuch  darstellenden  Reliefs  fanden  unter  den  bescheidenen  Arbeiten  der  figür- 


10  Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 

liehen  Spätlatenekunst  auch  nieht  entfernt,  weder  saehlich  noch  stilistisch,  ihres- 
gleichen, während  Anklänge  an  Werke  der  Kaiserzeit  oder  des  frühen  Mittelalters, 
wenn  auch  nur  Anklänge,  so  doch  unverkennbar  waren.  Daneben  gibt  es  aber  einen 
sehr  realen  Einwand,  den  zuletzt  wieder  Kossinna  a.  a.  O.  formuliert  hat.  Der  Kessel 
besteht  nicht  nur  aus  Silber,  sondern  er  ist  mit  seinen  neun  Kilogramm  eines  der 
gewichtigsten,  wenn  nicht  das  gewichtigste  Silbergerät,  das  wir  aus  dem  Altertum 
besitzen.  Demgegenüber  fehlt  »bei  den  Germanen  das  Silber  vor  der  Zeit  des  Augustus 
so  gut  wie  vollständig,  und  bei  den  Kelten  findet  es  nur  wenig  früher  eine  seltene 
und  äußerst  sparsame  Verwendung  im  Kleinschmuck«.  Kossinna  hat  vollständig 
recht,  wenn  er  es  deshalb  ablehnt,  den  Kessel  einer  vor  dem  2.  Jahrh.  n.  Chr. 
arbeitenden  gallischen  oder  germanischen  Werkstatt  zuzuweisen ;  wenn  er 
aber  meint,  damit  einen  Terminus  post  quem  aufgestellt  zu  haben,  so  gilt  das 
doch  nur  für  den  Fall,  daß  der  Kessel  auch  wirklich  gallischen  oder  germa- 
nischen Ursprungs  ist.  Dies  steht  aber,  wie  eingangs  bemerkt  ist,  nach  keiner 
Richtung  hin  fest,  alles  ist  hier  noch  im  Ungewissen,  und  es  bedarf  einer  neuen 
Untersuchung. 

Es  wird  also  nötig  sein,  bevor  wir  die  Frage  nach  der  Zeitstellung  des  Kessels 
wieder  aufnehmen,  seiner  Heimat  nachzuforschen.  Orientieren  wir  uns  an  der  Hand 
seiner  Bilderwelt  über  den  Boden,  dem  er  entstammt.  Da  ist  die  charakteristischste 
Gestalt  der  mit  untergeschlagenen  Beinen  sitzende  Gott  mit  dem  Hirschgeweih,  der  in 
der  rechten  Hand  einen  Torques  hält  und  mit  der  linken  eine  Schlange  packt,  deren 
ohrenartige  Kopf  anhängsei  aus  ihrer  Wiederholung  auf  der  anschließenden  Innen - 
platte  als  Widderhörner  kenntlich  sind.  Es  ist  der  keltische  Hirschgott  Cernunnos, 
wie  ihn  einer  der  Altäre  der  Nautae  Parisiaci  zu  nennen  erlaubt  und  wie  ihn  in  gleicher 
Haltung  und  Umgebung  eine  ganze  Reihe  Denkmäler  zeigen  ^).  Ebenso  ist  die 
Schlange  mit  den  Widderhörnern  ein  Requisit  der  keltischen  Mythologie.  In  dem 
Gott  mit  dem  vielspeichigen  Rad  hat  man  längst  den  keltischen  Radgott,  der  einmal 
als  Juppiter  bezeichnet  und  in  Verfolg  dieser  Gleichung  von  manchen  Taranis  genannt 
wird  ^),  erkannt,  die  Götterdreiheit  ließ  sich  als  eine  etwas  abweichende  Darstellungs- 
form  des  auf  gallischen  Monumenten  vorkommenden  dreiköpfigen  Gottes  deuten, 
und  schließlich  verwies  der  charakteristische  Halsschmuck  des  Torques  auch  alle 
übrigen  Gottheiten  ins  keltische  Pantheon.  Man  konnte  aber  über  diese  Einzel- 
heiten hinaus  auch  Analogien  zu  der  Gesamtheit  des  Außenschmuckes  unseres  Kessels 
auf  keltischem  Gebiete  nachweisen.  Wir  kennen  aus  dem  belgischen  Gebiet  mehrere 
sehr  gleichartige  Tongefäße  mit  je  sechs  oder  sieben  außen  ringsum  plastisch  auf- 
gesetzten Götterbüsten,  unter  denen  wieder  der  dreiköpfige  Gott  erscheint,  die  also 

')  Der  Pariser  Altar  bei  Esperandieu,  Recueil  IV  richtet  man  sich  immer  noch  am  bequemsten  bei 

Nr.  3133.    Die  Schlange  hält  Cernunnos  öfter  in  Reinach,   Bronzes  figures  de  la  Gaule  romaine 

der  Hand.    Mit  dem  Hirsch  neben  sich  erscheint  mit  seinen  reichen  Zusammenstellungen, 
er  auf  dem  Altar  von   Reims   (Esperandieu  V        *)  Vgl.  außer  Reinach  a.  a.  0.   S.  31  ff. :   Lehner, 

Nr.    3653)    und   einem   luxemburgischen    Relief  Westd.   Korrbl.    1896    S.  44,17.    170  f.      Maaß, 

(Welter,    Revue   archeol.    191 1    I    S.    63  ff.).   —  Die  Tagesgötter  S.  197  ff.   Hertlein,  Die  Juppiter- 

Über  die  oben  genannten  Göttergestalten  unter-  gigantensäulen  S.  33.  148  f. 


Fr,  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestnip.  j  j 

keltische  Gottheiten  darstellen  i).  Ich  bilde  das  besterhaltene  Beispiel  dieser  »Wochen- 
göttervasen«,  die  von  Bavay,  hier  ab  (Abb.  5).  Die  übrigen  stammen  aus  Jupille 
bei  Lüttich,  Troisdorf  im  Siegkreis  und  Mons,  von  welch  letzterer  übrigens  nur  ein 
Wandfragment  mit  dem  Dreikopf  erhalten  ist.  Man  sieht,  daß  diese  Gefäße  im  Grunde 
Geschwister  des  Kessels  sind;  allerdings  hat  man  aus  der  Verwandtschaft  zu  weit- 
gehende Schlüsse  ziehen  wollen. 

Weitere  keltische  Züge  bietet  besonders  der  Aufzug  der  Krieger  auf  der  einen 
Innenplatte.    Wie  ein  Totem  zieht  ihm  die  Schlange  mit  den  Widderhörnern  vorauf. 


Abb.  5.     Wochengöttervase  von  Bavay. 

Drei  Männer  blasen  den  Karnyx,  die  keltische  Drachentrompete,  keltisch  sind  die 
Hörnerhelme,  deren  einen  auch  der  das  Rad  drehende  Mann  neben  dem  Radgott 
trägt,  und  keltisch  die  Helme,  auf  denen  als  Bekrönung  ein  Vierfüßler  oder  ein  Vogel 
sitzt  2).  Diodor  beschreibt  in  seiner  Aufzählung  der  gallischen  Waffenstücke  V  30 
Helmschmuck  eben  dieser  Art:  xpa'vvj  os  yaXxoi  TTsptxi'ösvTai,  iis^dkaz  £$'5X°^^  ^^  lautaiv 
eyovxa  xal  -afAfisYsOrj  '^avxaaiav  i-iccepovta  toi?  ^(pwfjisvots"  toi?  jisv  ^^p  TrpoSxsiTai  aiu[i.cpu^ 
xspaxa,  TOI?  Ss  öpvswv  r^  TSTpaTToStuv  Ctp">v  ixT£TU7ra>[X£vai  7rpoTO}i.ai.  Unsere  Vierfüßler 
sollen  wohl  Eber  vorstellen;  Eber  bekrönen  ja  auch  die  gallischen  Feldzeichen. 
Ein  charakteristisches  Waffenstück  ist  weiter  der  Langschild  mit  rundem, 
durch  zahlreiche  Nägel  befestigtem  Schildbuckel,  wie  er  in  der  keltischen  Bewaffnung 

»)  Bequeme  Zusammenstellung  bei  Rademacher  und  Taf.  XII.  XIII.      Die  Vorlage   zu   Abb.   5  ver- 

Kossinna,  Mannus  II  1910  Taf.  I.  II  (Troisdorf),  danke  ich  Herrn  Direktor  Krüger  in  Trier. 

III  (Bavay),   IV  (Jupille)  und   S.   206  Abb.   i  ')  Über    die    gallische    Bewaffnung    Schumacher, 

(Mons).      Gute   Lichtdrucktafeln   der   Vase   von  Gallierkatalog  (s.  S.  2  Anm.  i)  S.  5  ff.,  über  die 

Bavay:   Revue   des  Etudes   anciennes   X    1908  Drachentrompete   Behn,   Mainzer   Zeitschr.   VII 

1912  S.  39. 


12 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup, 


Abb.  6.     Silbermedaillon  im  Rijksmuseum  zu  Leiden. 


analog  den  Sporen  erst  in  der  Spätlatenezeit,  den  bandförmigen  Buckel  allmählich 
ablösend,  auftritt  ^).  Hinter  dem  Zug  wird  ein  Menschenopfer  vollzogen,  dessen 
gutkeltische  Form  uns  die  Berner  Lucanscholien  bezeugen  2).  Ihre  Worte  »Teutatcs 
Mercurius  sie  apud  Gallos  placatur:  in  plenum  semicupium  homo  in  caput  demittitur, 
ut  ibi  suffocetur«  klingen  bis  auf  das  »Halbfaß«  hinab  wie  ein  Kommentar  zu  der 
Szene  auf  dem   Kessel  3). 


I)  Beide  Schildbuckelformen  nebeneinander  auf  dem 
Nauheimer  Spätlatenegräberfeld  (Quilling,  Die 
Nauheimer  Funde)  und  dem  Schlachtfeld  von 
Alesia  (s.  S.  8  Anm.  3  und  Schumacher,  Gallier- 
katalog S.  15).  Über  Aufkommen  und  Entwick- 
lung des  runden  Schildbuckels  Kossinna,  Zeitschr. 
f.  Ethnol.  1905  S.  380  f.  Salin,  Altgermanische 
Tierornamentik  S.  92  ff.  Beltz,  Vorgesch.  Alter- 
tümer von  Mecklenburg-Schwerin  S.  314  f.    Pic, 

vorstellen,  den  Fuß  auch  dann  bekleidet, 


Die  Urnengräber  Böhmens  S.  164.  Jahn, 
Mannus  VI  1914  S.  143. 

^)  Lucani  Commenta  Bernensia  ed.  Usener  S.  32 
zu  I  445. 

3)  Die  Tracht  ist  zu  stilisiert,  um  nähere  Fest- 
stellungen zu  erlauben.  Die  Frauen  tragen  ein 
langes  gegürtetes  Gewand,  die  Männer  die  all- 
gemein nordische  Hose,  die  Unterschenkel  darf 
man  sich  bestrumpft  oder  mit  Binden  umwunden 
wenn  nichts  dergleichen  angegeben  ist. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.  j  o 


Abb.  7.     Silbermedaillon  im  Cabinet  des  Medailles  zu  Paris. 

Ich  wiederhole  mit  alledem  nur  Altbekanntes,  denn  der  keltische  Grundcharakter 
der  Bilderwelt  ist  ernsthaft  so  gut  wie  nie  bezweifelt  worden.  Aber  neben  den  keltischen 
Elementen  stehen  eine  Reihe  anderer  von  ebenso  unbezweifelt  südlicher  Herkunft, 
fast  alles  Tiere  oder  Gruppen  mit  Tieren:  Löwen,  Greifen,  Elefanten,  Seedrachen, 
ein  Flügelpferd,  der  Kampf  eines  Mannes  mit  einem  Löwen  im  gutgriechischen  Schema 
des  Herakleskampfes  und  ein  Delphinreiter.  Man  pflegt  sie  meist  aus  der  römischen 
Kunst  herzuleiten,  bei  den  Löwen  und  Elefanten  wohl  auch  an  Eindrücke  zu  denken, 
die  der  Künstler  in  einem  römischen  Zirkus  empfangen  haben  soll.  Die  Möglichkeit 
einer  solchen  Erklärung  ist  natürlich  nicht  abzustreiten,  man  wird  jedes  der  genannten 
Motive  aus  der  Fülle  der  römischen  Bildwerke  belegen  können.  Aber  wäre  es  nicht, 
näher  betrachtet,  eine  recht  eigentümliche  Auswahl,  die  da  der  Künstler  des  Kessels 
getroffen  hätte  ?  Wer  den  Typenschatz  der  römischen  Provinzialkleinkunst  kennt, 
die  doch  die  Vermittlerin  hätte  abgeben  müssen,  wird  es  ablehnen,  hier  mit  römischen 
Einflüssen  zu  rechnen. 


14  Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 

Es  ist  denn  auch  schon  längst  bemerkt  worden  —  und  die  eingangs  genannten 
Versuche,  den  Kessel  ins  4.  bis  2.  Jahrh.  v.  Chr.  zu  datieren,  hängen  wesentHch  damit 
zusammen  — ,  daß  es  sich  bei  den  aufgezählten  Bildern  durchweg  um  Motive  oder 
Typen  bereits  einer  viel  älteren  Periode  als  es  die  römische  Kaiserzeit  ist,  handelt, 
daß  hier  altgriechische,  im  besonderen  altionische  Kunst  eine  sonderbare  Auferstehung 
feiert.  Das  wird  schnell  klar  werden  bei  der  Betrachtung  der  beiden  hier  Abb.  6  und 
7  wiedergegebenen  Denkmäler,  deren  Beziehungen  zum  Gundestruper  Kessel 
S.  Reinach  erkannt  hat  (s.  S.  2  Anm.  5).  Es  sind  zwei  Medaillons  aus  Silberblech,  ge- 
trieben, ziseliert  und  vergoldet  wie  die  Reliefs  des  Kessels;  je  vier  Niete  befestigten 
sie  auf  einer  Unterlage  unbekannten  Charakters,  wie  man  überhaupt  über  ihre  einstige 
Verwendung  verschieden  denken  kann.  Das  Medaillon  Abb.  6  mißt  23,  das  zweite 
15,5  cm,  etwa  zwei  Drittel  des  ersten,  im  Durchmesser.  Beide  tragen  im  gleichen 
Schema  die  Bilder  von  Tierkämpfen:  um  das  mit  einer  Zweifigurengruppe  gefüllte 
Mittelrund  schließt  sich  oben  die  Gruppe  zweier  Raubtiere  im  Ansprung  auf  ihr 
Opfer,  unten  eine  gleichartige  Gruppe  im  Streit  um  die  Beute,  die  beidemal  ein 
Stierkopf  ist.  Von  den  Tieren  sind  mit  Sicherheit  nur  Löwen,  Greifen,  ein  Widder 
und  eine  Gazelle  kenntlich,  die  vielleicht  von  einer  Hyäne  angefallen  wird.  Im  ganzen 
gleichartig  dekoriert,  stärker  nur  in  der  Füllung  des  Mittelrunds  abweichend,  ist 
ein  drittes,  sehr  zerstörtes  Medaillon,  das  aus  dem  gleichen  Fund  wie  Abb.  7  stammt 
und  dessen  Beschreibung  ich  Herrn  Jean  Babelon  vom  Pariser  Cabinet  des  Medailles 
verdanke:  »Les  fragments  du  second  disque,  tres  endommage,  presentent  d'autres 
figures:  au  milieu,  une  tete  d'elephant  de  face,  la  trompe  repliee;  au-dessous,  une 
hyene  devorant  un  cerf,  dont  la  tete  seule  subsiste;  au-dessus  et  ä  droite,  le  corps 
d'une  autre  hyene  ou  d'un  chien.« 

Das  Medaillon  Abb.  6  befindet  sich  im  Rijksmuseum  zu  Leiden,  gefunden 
ist  es  bei  Roermond  im  holländischen  Limburg,  ohne  daß  über  die  Fundumstände 
oder  etwa  mitgefundene  Gegenstände  etwas  bekannt  geworden  wäre  ^).  Wichtiger 
für  die  Frage  nach  der  Heimat  unserer  Denkmäler  ist  die  Herkunft  der  beiden  anderen, 
jetzt  im  Pariser  Cabinet  des  Medailles  aufbewahrten  Medaillons  2).  Sie  befanden 
sich  früher  in  der  Sammlung  des  Dr.  Fenerly  in  Pera.  Über  ihren  Fundort  spricht 
sich  der  Besitzer  in  einer  Mitteilung  an  Odobesco  nur  indirekt  aus:  »D' apres  mes 
recherches,  ces  plaques,  ainsi  que  quelques  autres  objets  en  argent,  en  tres  mauvais 
etat,  doivent  avoir  appartenu  ä  un  temple  d' Artemis,  situe  dans  le  Pont  et  tres  connu 
dans  l'Antiquite.  II  y  a  vingt-cinq  ans,  on  y  voyait  encore  quelques  ruines,  telles  que 
colonnes  et  autres  marbres;  il  parait  qu'aujourd'hui  il  n'en  reste  plus  rien,  les  marbres 
et  les  pierres  ayant  servi  ä  faire  de  la  chaux  pour  l'usage  des  habitants  d'une  localite 

^)  Zuerst    veröffentlicht    von    B.     Stark,    Bonner  Besitzer  erhalten  hatte.  Die  Vorlage  zu  Abb.  7  hat 

Jahrb.   58,   1876   S.   7  ff.  Taf.   IV.     Die  Photo-  Giraudon  neu  angefertigt;   mehrfache  Auskunft 

graphie  verdanke  ich  Herrn  Dr.  J.  H.  Holwerda  verdanke  ich  Herrn  Jean  Babelon,  den  Nachweis 

in  Leiden.  des    gegenwärtigen    Aufbewahrungsortes    Herrn 

*)  Zuerst  veröffentlicht  bei   Odobesco,   Le   Tresor  S.  Reinach,  der  eine  Umrißzeichnung  des  Medail- 

de  Petrossa  I  1889  S.  513  Abb.  214,  der  Photo-  Ions  in   sein  Repertoire  de  Reliefs  H  S.  239,  4 

graphie  und  Beschreibung  von  dem  damaligen  aufgenommen  hat. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


15 


voisine.«  Es  gibt  indessen  nur  einen  Tempel,  auf  den  Fenerlys  Worte  passen,  nämlich 
den  der  Ma  oder  Artemis  Tauropolos  in  Comana  Pontica,  dessen  Hohepriester  an 
Würde  gleich  hinter  den  Königen  von  Pontus  kamen  ^).  Auch  was  Fenerly  über  den 
damaligen  Zustand  der  Ruinen  sagt,  stimmt  zu  dem  Befund  in  Comana,  Ich  ent- 
nehme Cumont,  Voyage  d'exploration  archeologique  dans  le  Pont  (Studia  Pontica 
II  1906)  S.  251,  daß  Reisende  der  ersten  Hälfte  des  vorigen  Jahrhunderts  an  der 
Stelle  des  Tempels  noch  Säulenreste,  Gebälk-  und  Friesstücke  sahen,  die  aber  jetzt 
bis  auf  dürftige  Marmorbrocken  verschwunden  sind.  Alles  brauchbare  Material  ist 
den  Bewohnern  des  benachbarten  Tokat  zum  Opfer  gefallen.  Fenerly  hat  also  min- 
destens angenommen,  daß  der  kleine  Schatz,  den  er  erworben  hatte,  aus  Comana 
stamme.  Sein  Glaube  kann  allerdings  durch  einen  Umstand  beeinflußt  worden  sein, 
dessen  Erörterung  wir  hier  anschließen. 

Beide  Pariser  Medaillons  tragen  nämlich  auf  dem  profilierten,  sonst  schmuck- 
losen Randstreifen    Inschriften,  von  denen  aber  nur  die  des  abgebildeten  Stückes 


Abb.  8.     Inschrift  des  Silbermedaillons  Abb.  7.     Nat,  Gr. 

ganz  erhalten  ist.  Abb.  8  gibt  sie  nach  einer  sorgfältigen  Zeichnung  in  natürlicher 
Größe  wieder  2).  Sie  lautet  NAOS  APTEMIA  EK  TßN  TOY  BA  MIGPAT  mit 
merkwürdig  weiten  (in  der  Abbildung  weggelassenen)  Zwischenräumen  zwischen 
dem  ersten  und  zweiten  und  namentlich  dem  zweiten  und  dritten  Wort.  Von  der 
Inschrift  des  zweiten  Medaillons  ist  nach  Herrn  Babelons  Auskunft  nur  noch  NAOZ 
kenntlich.  Es  ist  leicht  zu  ersehen,  daß  es  sich  um  Eigentum  eines  Artemistempels 
handelt,  das  er  auf  irgendeine  Weise  aus  dem  Besitz  eines  Königs  Mithradates  er- 
halten hatte. 

Die  Inschrift  ist  verdächtigt  worden,  Reinach  erklärt  sie  für  »suspecte«,  auch 
im  Cabinet  des  Medailles  zweifelt  man  an  ihrer  Echtheit.  Ich  habe  mich  mangels 
eigener  Zuständigkeit  an  die  Freundlichkeit  der  Herren  Hiller  v.  Gaertringen  und 
Dressel  gewandt  und  darf  das  Urteil  des  letzteren  anführen:  »Trotz  des  guten  Licht- 
bilds ist  es  schwer,  ein  Urteil  über  die  Inschrift  abzugeben.  Das  Bild  gibt  nur  die 
Form  der  Buchstaben,  läßt  aber  nicht  erkennen,  ob  diese  in  die  Scheibe  eingegraben 
oder  eingeschlagen  sind,  und  darauf  kommt  viel  an.  Sind  sie  eingeschlagen,  dann 
ist  die  Inschrift  alt,  denn  das  Einschlagen  konnte  nur  erfolgen,  als  das  Metall  noch 


')  Strabo  XII  p.  557.  558.  559.     Vgl.  Drexler  bei 

Röscher  II  Sp.  2217  f. 
^)  Ich  verdanke  die  Zeichnung  ebenso  wie  die  unten 


mitgeteilten  technischen  Beobachtungen,  die  die 
Echtheit  der  Inschrift  sicherstellen,  der  Güte 
Herrn   Professor  F.   Lconhards   in  Freiburg. 


l6  Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 

gesund  (dehnbar  und  nachgiebig)  war;  das  Einschlagen  in  das  jetzt  dem  Anschein 
nach  stark  oxydierte  und  infolgedessen  sehr  spröde  Metall  hätte  die  Scheibe  zer- 
trümmert. Das  Eingraben  hingegen  kann  auch  bei  ganz  durchoxydiertem  Metall 
vorgenommen  werden.  Die  Buchstabenform  ist  nicht  schön,  aber  auch  nicht  derart, 
daß  man  die  Schrift  für  modern  halten  müßte.  Die  Fassung  der  Inschrift  ist  tadellos 
und  die  Abkürzungen  BA  sowohl  wie  MI0PAT  sind  so  gut,  daß  sie  einem  Fälscher 
nicht  zuzutrauen  sind.  NAOZ  ist  allerdings  unangenehm,  aber  trotzdem  möchte  ich 
die  Inschrift  nicht  verdammen.  Soweit  meine  Ansicht  auf  Grund  der  Abbildung; 
vor  dem  Original  könnte  das  Urteil  vielleicht  anders  ausfallen.«  Herr  von  Hiller 
äußert  sich  etwa  im  gleichen  Sinne,  neigt  allerdings  mehr  zur  Annahme  der  Un- 
echtheit. 

Auf  dieser  Grundlage  kann  man  weiterbauen.  Einmal  läßt  sich  selbst  auf  der 
Photographie  erkennen,  daß  die  Inschrift  eingeschlagen  ist.  Sie  steht  auf  einer  profi- 
lierten Fläche.  Wäre  sie  eingegraben,  so  würden  die  Furchen  den  Erhebungen  und  Ver- 
tiefungen folgen,  sie  liegen  aber  im  Gegenteil  tiefer  in  den  Erhöhungen,  flacher  in  den 
Tälern,  weil  sich  beim  Einschlagen  das  Instrument  stärker  in  die  ersteren,  schwächer 
in  die  letzteren  eingrub.  Weiter  erkennt  man  aber  fast  bei  jedem  Buchstaben  deutlich 
die  Wulste,  die  durch  das  Einschlagen  in  das  weiche  Metall  am  Rande  der  Furchen 
aufgeworfen  wurden  und  die  beim  Eingraben  weder  entstehen  noch  nachgeahmt 
werden  konnten.  Also  schon  aus  technischen  Gründen  ist  die  Inschrift  als  antik 
zu  betrachten.  Daneben  liegen  die  allgemeinen  auf  der  Hand.  Wäre  die  Inschrift 
eine  Fälschung,  so  müßte  sie  spätestens  in  den  achtziger  Jahren  des  vorigen  Jahr- 
hunderts, und  zwar  vermutlich  in  der  Levante,  entstanden  sein.  Wer  wird  aber  einem 
dortigen  und  damaligen  Fälscher  eine  Inschrift  wie  die  unsere  zutrauen,  mit  der  man 
etwa  die  akademische  Inschrift  der  Saitapharnestiara  vergleichen  mag,  um  den  Ab- 
stand zu  ermessen  ?  Ganz  abgesehen  von  den  epigraphischen  Voraussetzungen  hätte 
er  zu  einer  Zeit,  da  Furtwänglcrs  Goldfund  von  Vettcrsfelde  das  Verständnis  dieser 
Dinge  erst  anbahnte,  bereits  eine  so  eindringende  Kenntnis  des  pontischen  Kunst - 
handwerks  besessen,  daß  er  die  Medaillons  vollkommen  richtig  einzureihen  verstand. 
Ich  glaube,  man  braucht  diese  Konsequenzen  nur  zu  erwägen,  um  zur  Annahme 
der  unbedingten  Echtheit  der  Inschriften  zu  gelangen.  Sie  wäre  vielleicht  nie  ver- 
dächtigt worden,  wenn  man  nicht  die  durch  den  Namen  des  Mithradates  gegebene 
Datierung  angezweifelt  hätte,   die  aber  vollkommen  zu  Recht  besteht. 

Allerdings  schwindet  mit  der  Annahme  der  Echtheit  der  Inschrift  die  Sicherheit, 
daß  unter  Mithradates  der  mit  dem  Beinamen  Eupator  zu  verstehen  ist.  Ein  Fälscher 
hätte  natürlich  ihn  gemeint,  nunmehr  melden  sich  allein  im  Bereiche  des  Pontus, 
in  dem  wir  zu  bleiben  haben,  allerhand  andere  königliche  Anwärter,  so  außer  Mithra- 
dates Eupators  Vorgängern  Mithradates  von  Pergamon,  der  Parteigänger  Cäsars  ^), 
oder  Mithradates  der  Bosporaner  oder  Mithradates  der  Iberer,  beides  Zeitgenossen 
Neros.  Aber  diese  kurzlebigen  und  bescheidenen  Träger  eines  harmlosen  Königstitels 
verschwinden  doch  ganz  vor  den  pontischen  Königen  und  namentlich  vor  der  Riesen - 

0  über  ihn  Hepding,  Athen.  Mitt.  XXXIV  1909  S.  329  ff. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.  I7 

gestalt  Mithradates  Eupators,  der  ein  halbes  Jahrhundert  hindurch  ein  zuzeiten 
gewaltiges  Reich  regierte.  Die  Inschrift  auf  ihn  zu  beziehen,  darf  uns  weiter  die  Ver- 
wandtschaft der  Medaillons  mit  dem  Kessel  von  Gundestrup  veranlassen.  Gehört 
dieser,  indem  wir  das  Ergebnis  des  ersten  Teiles  dieser  Untersuchung  als  richtig 
unterstellen,  in  das  erste  Jahrh.  v.  Chr.,  etwa  in  dessen  Mitte,  so  entspricht  die 
Datierung  der  Medaillons  rund  in  den  Anfang  des  Jahrhunderts  vorzüglich  diesem 
Ansatz.  Wir  nehmen  also  an,  daß  sie  als  Geschenk  Mithradates  Eupators  einem 
Artemistempel  zugekommen  sind,  wie  er  einem  Verein  von  Eupatoristen  den  be- 
kannten  Krater  des    Konservatorenpalasts  gestiftet  hat  ^). 

Es  wäre  sehr  schön,  wenn  wir  nun  auch  diesen  Artemistempel  benennen  könnten. 
Aber  leider  lassen  Fenerlys  Worte  es  im  Dunklen,  ob  er  wirklich  Comana  Pontica 
auf  Grund  von  Nachforschungen  als  Fundort  festgestellt  oder  ob  ihn  bloß  die  Inschrift 
und  die  Lektüre  Strabos  auf  diesen  Ort  gebracht  hat.  Das  »doivent  avoir  appartenu« 
spricht  für  letztere  Erklärung,  während  man  sich  allerdings  wundert,  daß  er  sich 
dann  doch  gedrungen  fühlte,  Erkundigungen  über  die  Ruinen  des  Tempels  von 
Comana  einzuziehen.  Möglich  bleibt  es  also,  daß  ihm  wirklich  Kunde  über  den  Fund- 
ort zugegangen  ist;  und  warum  soll  die  Königsgabe  nicht,  von  den  Plünderern  des 
Tempels  übersehen,  zwei  Jahrtausende  an  der  Stelle  geruht  haben,  an  der  sie  einst 
niedergelegt  wurde.'' 

Die  Medaillons  sind  nun  sichere  Erzeugnisse  des  pontischen  Kunsthandwerks, 
das  das  Erbe  der  altionischen  Tierbildnerei  angetreten  hat  und  mit  erstaunlicher 
Zähigkeit  noch  zu  einer  Zeit  pflegt,  da  sie  im  Mutterlande  und  seinen  übrigen  Kolonien 
längst  bis  auf  allerhand  dekorativ  verwendete  Reste  abgestorben  ist.  Von  solcher 
ornamentalen  Verwendung  ist  auf  den  Medaillons  nichts  zu  spüren;  hier  ist  noch  die 
volle  Freude  am  Tierleben  als  solchem  lebendig.  Überraschend  rein  ist  der  Stil  bewahrt, 
man  darf  die  Medaillons  unmittelbar  an  die  Jahrhunderte  ältere  zweite  Goldscheibe 
von  Vettersfelde  2)  anknüpfen,  deren  Kunstweise  hier  in  provinzialer  Erstarrung  er- 
halten geblieben  ist.  Eben  diese  Erstarrung  trennt  sie  von  den  Funden  vom  Nordufer 
des  Pontus,  die  teils  den  freieren  griechischen  Stil  zeigen,  zum  größeren  Teil  aber  stär- 
kerer oder  schwächerer  Barbarisierung,  Skythisierung  anheimgefallen  sind  3).  Es 
srnd  offenbar  Goldschmiedearbeiten  aus  seinem  eigenen  Stammkönigreich,  die  Mithra- 
dates der  Artemis  geweiht  hat.  Die  Darstellungen  sind  weiter  gewiß  nicht  ohne 
Beziehung  auf  die  Empfängerin  gewählt  worden.  Die  Artemis,  welche  Mithradates 
verehrte,  ist  die  kleinasiatische  Naturgöttin,  die  wir  unter  den  verschiedensten  Namen 
kennen.  Im  pontischen  Reiche  heißt  sie,  wie  wir  schon  sahen,  Ma.  Ihr  als  der  Herrin 
der  Tiere  sind  die  Tierbilder  dargebracht  worden,  den  alten  Typen  hat  man  das 
gewaltigste  Landtier,   den  Elefanten,  neu  beigesellt.     Vielleicht  darf  man  hier  an 

^)  Th.    Reinach,    Mithradate    Eupator    Taf.     III.  Scliriften  I  S.  469  ff.    Icli  setze  die  Kenntnis  der 

Heibig,  Fülirer  3  Nr.  961.    Die  Inschrift  IG  XIV  Abhandlung  im  folgenden  voraus. 

S.  236.  3)  Das  Buch  von  E.  H.  Minns,  Scythians  and  Greeks 

*)  Furtwängler,    Der    Goldfund    von    Vettersfelde  (Cambridge  1913)  mit  reichem  Material  ist  mir 

(Berliner  Winckelmannsprogramm  1883)  =  Kleine  wie  so  viele  andere  Literatur,  deren  Nichtberück- 
sichtigung entschuldigt  werden  muß,  hier  nicht  zugänglich. 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX.  2 


l8  Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  voö  Gundestrup. 

einige,  um  sechs  bis  sieben  Jahrhunderte  ältere  Denkmäler  erinnern,  die  in  Form, 
Inhalt  und  wohl  auch  Bestimmung  Vorläufer  unserer  Medaillons  sind,  nämlich  an 
einzelne  der  kretischen  Votivschilde,  so  besonders  einen  aus  der  idäischen  Zeushöhle 
und  einen  aus  dem  diktäischen  Zeustempel  von   Elaia  ^). 

Die  Verwandtschaft  der  Medaillons  mit  dem  Kessel  von  Gundestrup,  auf  den 
wir  nun  zurückkommen  wollen,  springt  in  die  Augen.  Die  Übereinstimmung  reicht 
bis  in  solche  Einzelheiten  wie  die  grätenartige  Wiedergabe  des  Felles,  die  ähren- 
förmigen  Schwänze,  die  Rauhung  des  Grundes  oder  seine  Füllung  mit  verkommenem 
Rankenwerk.  Der  Elefant  erscheint  wieder,  es  wiederholt  sich  der  singulare  Greifen - 
typus  2)  rnit  dem  nackten  Adlerkopf  und  den  archaisch  aufgebogenen  Flügeln,  der 
Löwenkampf,  die  antithetische  Tiergruppe.  Daneben  braucht  man  den  starken 
künstlerischen  Abstand  zwischen  Medaillons  und  Kessel  nicht  zu  verkennen.  Sie 
verhalten  sich  wie  Vorlage  und  Nachahmung,  wobei  das  Leidener  Medaillon  eine 
gewisse  Mittelstellung  einnimmt:  es  ist  erheblich  unbeholfener  ausgeführt  als  das 
Pariser  Stück,  steht  aber  doch  höher  als  die  Kesselbilder.  Wie  sehr  letztere  den 
Medaillons  unterlegen  sind,  lehrt  besonders  ein  Vergleich  der  Dreifigurengruppen 
der  Medaillons  mit  der  gleichen  Gruppe  im  unteren  Streifen  der  Elefantenplatte 
des  Kessels.  Die  Reliefs  des  Kessels  sind  von  barbarischen  Händen  im  Anschluß 
an  Vorlagen  im  Stile  der  Medaillons  ausgeführt  worden. 

Ein  Bild  des  Kessels  liefert  nun  noch  einen  direkten  Beweis  für  seine  Abhängig- 
keit von  pontischer  Kunst.  Eine  der  Außenplatten  trägt  das  Bild  eines  Gottes,  der 
mit  beiden  Händen  je  ein  merkwürdiges  Seeungeheuer  packt.  Ich  gebe  Furtwänglers 
Worte  über  dieses  Wesen  wieder  3):  »In  seiner  einfacheren  Gestalt  hat  es  einen' ge- 
wundenen Fischleib,  einen  Tierkopf  mit  langer  Schnauze  und  eine  Stachelmähne; 
eine  dekorativ  günstigere  Gestalt  erhielt  es  dann  durch  die  Beflügelung.«  Es  ist  eine 
aus  dem  Seepferdchen  (Syngnathus  Hippocampus  L.)  entwickelte  phantastische 
Bildung,  die  am  Pontus  entstanden  und  seiner  Kunst  eigentümlich  geblieben  ist; 
außerhalb  kommt  sie  nicht  vor. 

Der  Gott,  der  die  beiden  Tiere  gepackt  hält,  tut  das  auf  eine  Weise,  die  ent- 
schieden an  die  altgriechischen  tierhaltenden  Gottheiten  erinnert.  Offenbar  sind  nicht 
nur  seine  Tiere,  sondern  er  ist  mit  ihnen  pontischer  Kunst  entlehnt,  ebenso  dann 
aber  der  die  beiden  Hirsche  haltende  Gott.  Auch  bei  diesem  läßt  sich  das  durch 
eine  Beobachtung  stützen.  Man  vergleiche  seine  beiden  Hirsche  mit  dem  hölzernen 
Hirsch  zur  Seite  des  Hirschgottes,  sie  sind  unendlich  viel  besser  und  naturwahrer 

I)  Der  idäische  Schild:  Amer.  Journal  of  Archaeol.  *)  Er    scheint    auf   ganz    alte    Bildungen    zurück- 

IV  1888  Taf.  XVIII.  Revue  des  Etudes  anciennes  zugehen,  vgl.  außer  den  Artikeln  Gryps  von  Furt- 

X  1908  S.  144  Abb.  48;  der  diktäische:  Poulsen,  wängler    in    Roschers    Lexikon    und    Prinz    bei 

Der  Orient  und  die  frühgriechische  Kunst  S.  78  Pauly-Wissowa    Furtwängler,    Die    Bronzefunde 

Abb.  76.    Das  Dekorationsschema  stimmt  völlig  aus    Olympia   (Abh.    Berl.   Akad.    1879)    S.    50 

mit    dem    der    Medaillons    überein,    den    Tier-  Typus  C  (=    Kleine  Schriften  I  S.  377). 

protomen    des    Mittelfelds    vergleicht    sich    der  3)  Der  Goldfund  von  Vettersfelde  S.  28  (=   Kleine 

Elefantenkopf.      Vielleicht  wären  also   die   Me-  Schriften  I  S.  493). 
daillons  richtiger  als  Votivschilde  zu  bezeichnen. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.  ig 

ausgeführt.  Jenen  Hirsch  mußte  sich  der  Künstler  des  Kessels  selber  zeichnen,  hier 
arbeitete  er  nach  einer  griechischen  Vorlage,  die  eine  Gottheit  darstellte,  welche  in 
streng  antithetischer  Gruppierung  zwei  Hirsche  an  den  Hinterbeinen  gepackt  hielt; 
seine  Hirsche  sind  viel  zu  gut  in  ihrer  Haltung,  als  daß  wir  ihm  irgendeine  Änderung 
an  dem  Schema  zuschreiben  werden. 

In  den  gleichen  Kreis  gehört  weiter  die  mütterliche  Gottheit  der  einen  Innen- 
platte, der  von  rechts  und  links  zwei  Elefanten  dienend  nahen  ^).  Man  möchte  hier 
fast  eine  Vorlage,  die  auch  äußerlich  den  Medaillons  glich,  voraussetzen:  in  der  Mitte 
die  Göttin,  um  sie  oben  eine  antithetische  Gruppe  von  zwei  Elefanten,  unten  zwei 
Greifen  im  Ansprung  auf  ihre  Beute;  das  Schema  wiederholt  sich  ungeschickter 
auf  der  Platte  mit  dem  Radgott,  ein  Rest  davon,  eine  antithetische  Löwengruppe, 
erscheint  auch  auf  der  Cernunnosplatte.  Jedenfalls  dürfen  wir  in  der  Elefanten- 
göttin wieder  die  kleinasiatische  Tierherrin,  die  Ma  von  Comana,  erkennen,  gleichviel 
wie  sie  von  den  Kelten  des  Kessels  gedeutet  worden  ist.  Vielleicht  kommt  sie  noch 
ein  zweites  Mal  vor,  in  der  weiblichen  Gottheit  der  Außenseite,  neben  der  ein  Mann 
mit  einem  Löwen  ringt;  wir  sahen  dieselbe  Szene  auf  dem  Medaillon  von  Roermond. 
Schließlich  mag  auch  der  bärtige  Gott,  der  zwei  Männer  gepackt  hält,  hierher  zu  ziehen 
sein,  obwohl  die  Eberfiguren  in  den  Händen  dieser  Mariner  eher  auf  keltische  Vor- 
stellungen weisen. 

Wir  blicken  hier  in  ein  Pantheon  von  sonst  nicht  eben  geläufigen  Göttergestalten 
hinein.  Zwar  die  Tierherrin,  die  iro-cvia  dr^poiv,  ist  bekannt  genug  ^),  aber  ihre  männ- 
lichen Korrelate  sind  für  uns  fast  verschollen.  Es  ist  ihnen  ähnlich  ergangen  wie  der 
ionischen  Tierbildnerei:  wie  diese  auf  unteritalischen  Vasen  und  pränestinischen 
eisten  ein  dekoratives  Dasein  an  untergeordneter  Stelle  weiterführt,  so  erscheinen 
jene  tierbändigenden  Dämonen  im  gleichen  Kreise  als  Henkelschmuck  an  Bronze- 
gefäßen 3),  Doch  fehlt  es  nicht  ganz  an  Denkmälern  einer  älteren  Stufe,  in  der 
sie  um  ihrer  selbst  willen  dargestellt  wurden  und  von  der  sie  erst  allmählich  zum 
Ornament  herabsanken:  ich  nenne  den  zwei  Enten  packenden  Dämon  des  Gold- 
schmuckes  von  Aegina  und  ähnliche  Gestalten,  wieder  mit  Vögeln,  auf  einer  Bronze - 
platte  von  der  Akropolis  und  auf  einem  spartanischen  Elfenbeinrelief  4).  Drachen- 
bändigende Dämonen  sind  mir  sonst  nicht  bekannt,  dagegen  solche,  und  zwar  See- 

')  Es  sei  angemerkt,  daß  in  der  persisch-indischen  S.    9  ff.      Radet,    Revue    des   Etudes    anciennes 

Kunst   der   Nachfolger  Agokas   die   Darstellung  X  1908   S.   109  ff.     Ders.,  Cybebe,  Paris   1909. 

der  Göttin  ^ri  als  einer  von  zwei  Elefanten,  die  Thompson,   Journal  of  Hellenic  Studies  XXIX 

Wasser    auf   sie    gießen,    flankierten    Hindufrau  1909  S.  286  ff.    Frothingham,  Amer.  Journal  of 

außerordentlich  beliebt  ist  (Grünwedel,  Buddhist.  Archaeol.    191 1    S.   349  ff.      Vgl.   auch  Cumont, 

Kunst  in  Indien  '  S.  40  f.).   Die  Elefanten  nähern  Die    oriental.    Religionen    im    röm.    Heidentum, 

sich  ihr  ganz  in  der  Weise  wie  auf  dem  Kessel.  Abschnitt  III:  Kleinasien. 

Ein  Zusammenhang  des  Motivs  erscheint  nicht        3)  Annali  1880  Taf.  W.   Archäol.  Anz.  V  1890  S.  5. 

ausgeschlossen.  Übrigens  stellen  die  Gundestruper  Österr.    Jahresh.   VII   S.    162  f.    VIII    S.   70  ff. 

Elefanten  nach  der  Kleinheit  ihrer  Ohren  den  Reinach,  Repertoire  de  la  Statuaire  II  S.  88  ff. 

indischen  Elefanten  dar.  III   S.   25.     IV  S.  48  f.  321.  326. 

*)  Studniczka,  Kyrene  S.  153  ff.    Ders.  bei  Röscher        4)  Poulsen,    Der    Orient    und    die    frühgriechischc 

II  Sp.  1750  ff.    G.  Körte,  Athen.  Mitt.  XX  1895  Kunst  S.  60. 


20  Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


dämonen  in  der  Art  der  Tritonen,  die  Fische  halten,  so  der  bekannte,  noch  sinnvoll 
verwendete  »Halios  Geron«  auf  dem  goldenen  Fisch  von  Vettersfelde  ^).  In  seiner 
symmetrischen  Bildung  ist  der  Gottheit  des  Kessels  besonders  vergleichbar  ein 
bärtiger  Schlangenfüßler,  der  in  den  erhobenen  Händen  je  einen  Fisch  hält;  er  bildet 
die  Henkelattachc  eines  untcritalischen  Bronzeeimers  2).  Die  Anwohner  des  Fontus 
haben  wie  so  vieles  andere  Altvätergut  zu  dem  Glauben  an  männliche  tierbezwingende 
Gottheiten  auch  ihre  alte  Darstellungsform  festgehalten. 

Unter  griechischem  Einfluß  steht  noch  eine  weitere  Gottheit  des  Kessels.  Eine 
Außenplatte  zeigt  eine  Göttin,  die  auf  der  rechten  Hand  einen  Vogel  trägt,  während 
die  Bewegung  der  linken  dahin  zu  gehen  scheint,  daß  sie  mit  ihr  das  kleine  Menschen- 
bild an  die  Brust  drückt;  allerdings  wäre  das  Motiv  denkbar  ungeschickt  wieder- 
gegeben. Eine  Dienerin  strählt  ihr  das  Haar,  ein  weiteres  weibliches  Wesen,  das 
nach  dem  Torques,  den  es  trägt,  göttlicher  Natur  sein  könnte,  sitzt  auf  einer  Art 
Verlängerung  der  rechten  Schulter.  Zwei  Vierfüßler,  von  denen  einer  an  der  Brust 
der  Göttin  zu  ruhen  scheint,  und  zwei  Vögel  beleben  weiter  das  Bild.  Die  keltische 
Gottheit,  die  hier  gemeint  ist,  hat  Züge  der  eine  Taube  haltenden  und  von  Tauben 
umflatterten  Aphrodite  angenommen. 

Ganz  griechischen  Ursprungs  ist  natürlich  auch  der  kleine  Delphinreiter.  Man 
hat  ihn  auf  den  Taras  der  Tarentiner  Silberstücke  zurückführen  wollen.  Aber  ein 
Vergleich  mit  den  verschiedenen  Tarastypen  zeigt  doch  starke  Abweichungen,  die 
man  um  deswillen  nicht  für  selbständige  Änderungen  des  Künstlers  des  Kessels  halten 
darf,  weil  sie  bereits  in  der  griechisch-römischen  Kunst  auftreten;  man  vergleicht 
das  bequem  auf  der  Münztafel  zu  Useners  Sintflutsagen,  wo  etwa  die  kaiserzeitlichen 
Münzen  von  Nicomedia,  Perinth  und  Korinth  Abb.  2 — 4.  12.  13  dem  Typus  des 
Kessels  entsprechen.  Dagegen  könnten  der  Pegasus  und  der  kleine  Reiter  des  Kessels 
Münzbildern  entnommen  worden  sein;  dadurch  würde  ihre  Kleinheit  mit  verständlich. 

Die  Beziehungen,  welche  die  Bilderwelt  des  Kessels  mit  den  Ländern  des  Pontus 
verbinden,  sind,  wie  schon  eingangs  bemerkt,  bereits  mehrfach  erkannt  und  betont 
worden.  Allerdings  das  Material,  das  A.  Voß  zur  Begründung  seiner  These  beigebracht 
hat,  ist  fast  durchweg  untauglich.  Dagegen  hat  Wulff,  vom  frühmittelalterlichen 
Kunsthandwerk  und  im  besonderen  von  den  Spangenhelmen  ausgehend,  eine  Reihe 
sehr  förderlich'cr,  zumeist  stilistischer  Beobachtungen  3)  an  den  Kesselbildern  ge- 
macht; verfehlt  ist  nur  wieder  seine  Datierung  in  die  ausgehende  Antike.  Beide  weisen 
den  Kessel  einer  pontischen  Werkstatt  zu,  wobei  Wulff  wegen  der  keltischen  Elemente 
an    Beeinflussung  durch   die  kleinasiatischen   Galater  denkt. 

Diese  Anschauung,  die  die  keltischen  Elemente  des  Kessels  nur  als  unter- 
geordnetes Moment  gelten  läßt,  schießt  nun  über  das  Ziel  hinaus.  Sie  bilden  im 
Gegenteil  die  Grundlage,  neben  welcher  sich  die  fremden  Motive  wie  aufgepfropft 


')  Furtwänglera.  a.  0.  S.  25  f.  (=  Kl.  Sehr.  S.  490f.)  demente  zu  erkennen  geglaubt.     Das  ist  wohl 

^)  Archäol.  Anz.  V  1890  S.  6.    Schumacher,  Karls-  nicht   unrichtig,    erklärt   sich   aber   daraus,    daß 

ruher  Bronzen  Nr.  632.  auch  die  sassanidische  Toreutik  ein  Abkömmling 

3)  Voß  und  Wulff  haben  auch  sassanidische   Stil-  der    pontischen    ist,    in    der    manche    ihrer    Er- 

scheinungen vorgebildet  sind. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.  21 

ausnehmen.  Zu  erwägen  wäre  indes  Wulffs  Hinweis  auf  die  Galater.  Könnte  nicht: 
ihnen  die  Entstehung  des  Kessels  zugeschrieben  werden }  Die  Vermischung  keltischer 
mit  griechischen  und  kleinasiatisch -barbarischen  Göttergestalten  wäre  gerade  für 
sie  charakteristisch.  Sie  verehren  in  der  großen  Göttermutter  von  Pessinus  und  der 
Artemis,  t^v  [xotXiaxa  FaXa-ai  aißouai,  eben  die  Tierherrin  des  Kessels;  zur  Zeit 
Strabos  ist  der  Galater  Dyteutos  Hohepriester  gerade  des  Ma-Heiligtums  von  Comana 
Pontica.  Wir  wissen,  daß  sie  die  Sitte  des  Menschenopfers  wenigstens  im  Anfang 
des  2.  Jahrh.  v.  Chr.  noch  pflegten,  und  kennen  ihre  Vorliebe  für  Stierhetzen  aus 
dem  der  Zeit  des  Tiberius  angehörenden  Verzeichnis  der  Augustuspriester  vom  Tempel 
von  Ancyra  ^).  Aber  die  Beziehungen  des  Kessels  zum  europäischen  Keltentum 
sind  doch  zu  eng,  um  diesem  Gedanken  Folge  zu  geben;  man  erwäge,  was  über  die 
Kesselform  gesagt  ist,  bedenke  die  Verwandtschaft  der  gallischen  Wochengöttervasen 
und  die  des  gewiß  bodenständigen  Silberblechs  von  Csöra,  auch  das  Gewicht  des 
Fundorts:  von  Kleinasien  bis  Jütland  ist  für  ein  so  umfangreiches  Denkmal  eine 
etwas  weite  Reise.  Auch  ist  sehr  fraglich,  ob  bei  den  Galatern  des  i.  Jahrh.  v.  Chr. 
die  keltischen  Göttcrgestalten  noch  eine  irgend  erhebliche  Rolle  gespielt  haben, 
unsere   Quellen  weisen  eher  auf  das  Gegenteil. 

Die  Heimat  des  Kessels  muß  vielmehr  in  einer  Gegend  gesucht  werden,  in  der 
sich  Einflüsse  von  Ost  und  West,  vom  Pontus  und  vom  keltischen  Stammland  her 
kreuzen  konnten,  also  etwa  an  der  mittleren  oder  unteren  Donau,  und  wieder  nicht 
allzuweit  von  dem  dakischen  Fundgebiet  des  Silberblechs  von  Csora.  Dabei  werden 
die  keltischen  Stämme  im  Gebiet  des  heutigen  Österreich -Ungarn,  deren  Hinter- 
lassenschaft wir  zudem  einigermaßen  überblicken,  mit  ziemlicher  Sicherheit  aus- 
zuschließen sein;  soweit  sind  die  pontischen  Elemente  in  dieser  Stärke  und  relativen 
Reinheit  unmöglich  stromauf  gelangt.  Immerhin  möchte  ich  auf  eine  Gruppe  von 
Silbermünzen  hinweisen,  die  mir  noch  unter  dem  entfernten  Einfluß  unserer  Kunst- 
richtung zu  stehen  scheint.  Man  pflegt  sie  wohl  als  bojisch  zu  bezeichnen,  da  in  dem 
Gebiet,  wo  sie  geschlagen  wurden,  etwa  zwischen  Donau  und  Neusiedler  See,  damals 
Bojer  gesessen  haben  ^).  Ihre  Zeit  hat  Kubitschek  mit  Recht  auf  rund  die  Jahre 
40 — 15  V.  Chr.  bestimmt;  den  Endpunkt  bildet  die  römische  Eroberung  des  Landes. 
Die  Ausführung  der  Bilder  —  die  Vorderseiten  tragen  Köpfe  mit  keltischen  Häupt- 
lingsnamen, die  Rückseiten  mit  Vorliebe  sprengende  Reiter,  Löwen,  einen  Vogel  mit 
Menschenkopf  —  entbehrt  zwar  nicht  ganz  der  Anklänge  an  den  bekannten  Stil  der 
keltischen  Prägungen,  hält  sich  aber  gänzlich  von  dessen  Ausschweifungen  fern  und 
ist  eher  trocken  und  hart.  Mit  unseren  Denkmälern,  dem  Kessel  und  den  Medaillons, 
vergleichbar  erscheinen  mir  besonders  die  Köpfe  mit  dem  vorgebauten  Obergesicht, 
der  gerade  verlaufenden  Profillinie  von  Stirn  und  Nase,  den  Falten  um  den  Mund 
und  dem  spitzen  Kinn.     Man  vergleiche  besonders  den  Löwenbezwinger  des  Roer- 

')  Die   Zeugnisse   bei   F.    Stähclin,   Geschichte  der         »)  De  la  Tour,  Atlas  de  monnaies  gauloises  Taf.  LIV 
kleinasiatischen  Galater  ^  S.  46,  9  (Kulte);  45,  4  Nr.  10141  ff.     Kenner,  Wiener  Num.  Zeitschrift 

(Menschenopfer);  102  f.  (Stierhetzen).   Dyteutos:  XXVII  1895  S.  57  ff-    Luschin,   Jahrb.  d.   k.    k. 

Strabo  XII  p.  558.  Zentralkommission  N.  F.  II  1904  S.  73  ff.     Ku- 

bitschek, Östcrr.   Jahresh.    IX    1906    S.   70  ff. 


22  Fr-  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


monder  Medaillons,  dessen  Kopf  sorgfältiger  ausgeführt  ist  als  die  Profilköpfe  des 
Kessels;  auch  seine  Haarbildung  kehrt  völlig  übereinstimmend  bei  den  Köpfen  der 
Münzen  wieder.  Ich  nenne  an  Einzelzügen  weiter  namentlich  die  raumfüllenden 
Efeuranken  De  la  Tour  10160.  66.  70.  80.  84,  den  Zackenkamm  und  das  schrauben- 
förmige Schwanzende  des  Löwen  ebenda  10162  (s.  auch  10160),  die  Angabe  der 
Behaarung  durch  eine  Art  Grätenwerk  bei  dem  Raubtier  lOi 63,  die  vogelartigen 
Krallen  der  Tiere,  alles  zugleich  bezeichnende  Erscheinungen  unseres  Stilkreises, 
als  dessen  verwaschene  Ausläufer  darnach  die  fraglichen  Münzbildcr  wohl  betrachtet 
werden  dürfen. 

Zwischen  den  Bojern  und  dem  Schwarzen  Meere,  dessen  keltische  Anwohner 
früh  den  Thrakern  erlegen  sind  ^),  gibt  es  im  i.  Jahrh.  v.  Chr.  nur  noch  einen  großen 
Keltenstamm,  die  Skordisker,  die  um  die  Savemündung  und  im  Gebiet  der  Morava 
wohnen  ^).  Wenn  ihr  Name  vom  Skordosgebirge,  dem  heutigen  Schar  Dagh  westlich 
von  Üsküb,  abzuleiten  ist,  müssen  ihre  Sitze  sich  weit  nach  Süden  gezogen  haben; 
er  wird  dann  auch  ursprünglich  nicht  einen  besonderen  Stamm,  sondern  die  Gesamt- 
heit der  Kelten  bezeichnet  haben,  die  dort  zur  Zeit  ihrer  Balkanzüge  in  der  ersten 
Hälfte  des  3.  Jahrh.  v.  Chr.  seßhaft  wurden.  Bis  gegen  die  Wende  unserer  Zeit- 
rechnung sind  die  Skordisker  einer  der  mächtigsten,  wildesten  und  gefürchtetsten 
Balkanstämme.  Seit  der  Mitte  des  2.  Jahrh.  v.  Chr.  liegen  sie  in  beständigen  heftigen 
Kämpfen  mit  den  Römern.  Wir  kennen  fast  ein  Dutzend  gegen  sie  gerichteter  Feld- 
züge,  größtenteils  wohl  Versuche,  der  ständigen  Beunruhigung  des  Balkans  ein  Ende 
zu  machen.  Um  das  Jahr  iio  bedrohen  die  Skordisker  gemeinsam  mit  thrakischen 
Scharen  selbst  den  delphischen  Tempel,  wie  die  delphische  Ehrung  ihres  Besiegers 
Minucius  erschließen  läßt;  wenn  zwanzig  Jahre  später  den  Thrakern  die  Plünderung 
des  Tempels  wirklich  gelingt,  werden  die  Skordisker  dabei  kaum  gefehlt  haben. 
Nach  einer  etwas  verworrenen  Stelle  bei  Appian  Illyr.  5  sind  sie  allerdings  von  einem 
L.  Scipio,  den  man  mit  dem  Konsul  des  Jahres  83  identifiziert,  vernichtet  und  ihre 
Reste  s?  xov  "latpov  xal  tk?  vr^aou?  tou  Troxaixou  verpflanzt  worden.  Dort,  d.  h. 
um  Belgrad  und  in  Syrmien,  wohnen  sie  allerdings  in  der  Kaiserzeit;  aber  wenn 
sie  im  Jahre  16  v.  Chr.  gemeinsam  mit  den  am  Oberlauf  des  Strymon  sitzenden 
Dentheleten  einen  Raubzug  nach  Mazedonien  haben  unternehmen  können,  müssen 
sie  damals  doch  wenigstens  teilweise  noch  in  ihren  alten  Sitzen  wohnhaft  gewesen 
sein.  Auch  nach  anderen  Nachrichten  kann  ihre  Niederlage  so  vernichtend  nicht 
gewesen  sein.  Sie  erscheinen  unter  den  Gegnern  des  in  Mazedonien  kämpfenden 
Appius  Claudius  78/76  v.  Chr.,  als  Verbündete  der  Daker  unter  Burebistas,  als  Ver- 
bündete des  Tiberius  im  pannonischen  Krieg  und  schließlich  in  der  Aufzählung  der 
von  Tiberius  eroberten  Provinzen  bei  Velleius  2,  39,  3 :  Raetiam  et  Vindelicos  ac 

')  So  das  Reich  des  Komontorios  und  Kavaros  um  II    S.    261  ff.      Niese,    Zeitschrift   für   deutsches 

200  V.  Chr.  (Polybios  IV  45,  10  ff.    52,  i.    VIII  Altertum  42,  1898  S.  129  ff.     Die  Zeugnisse  bei 

22  (24)  I — 3).    Über  seine  Münzprägung  Forrer,  Holder,  Alt-Celtischcr  Sprachschatz  s.  v.     Über 

Keltische  Numismatik  S.   175.   177  f.  die  Kämpfe  mit  den  Römern  besonders  Zippel, 

*)  Zeuß,  Die  Deutschen  und  ihre  Nachbarstämme  Die    römische    Herrschaft    in    Illyrien    S.    31  ff. 

S.  172  ff.    Müllenhoff,  Deutsche  Altertumskunde  passim. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.  2  "^ 


Noricos  Pannoniamque  et  Scordiscos  novas  imperio  nostro  subiunxit  provincias, 
eine  Zusammenstellung,  die  die  Skordisker  als  einen  nicht  unverächtlichen 
Faktor  noch  jener  letzten  Zeit  der  Unabhängigkeit  der  Donaustämme  erscheinen 
läßt.  Auch  Strabo,  der  mehrfach  von  ihrer  einstigen  Macht  und  Ausbreitung 
mit  Achtung  redet,  tut  durchaus  nicht,  als  ob  er  etwas  lange  Vergangenes  be- 
schriebe. 

Mir  will  scheinen,  daß  sich  alle  Rätsel  lösen,  wenn  wir  den  Kessel  von  Gundestrup 
bei  den  Kelten  der  unteren  Donau,  also,  um  einen  Namen  zu  nennen,  bei  den  Skor- 
diskern  entstanden  sein  lassen,  wobei  dieser  Name  im  weitesten  Sinne  gefaßt  sein 
soll.  Das  allgemeine  Bild,  das  uns  die  Quellen  von  den  Skordiskern  geben,  deckt 
sich  mit  dem  Eindruck,  den  der  Kessel  von  seiner  Umgebung  vermittelt.  Beidemal 
haben  wir  es  mit  einem  kriegerischen  und  wilden  und  vor  allem  völlig  unabhängigen 
Keltenstamme  zu  tun;  nur  ein  solcher  sendet  Krieger  unter  dem  Klange  von  Drachen- 
trompeten und  nach  Vollziehung  eines  Menschenopfers  ins  Feld,  man  weiß,  wie  eifrig 
sich  die  Römer  bemühten,  diese  letztere  Sitte  in  Gallien  auszurotten  ^).  Zu  speziellen 
Vergleichen  fehlt  allerdings  die  Möglichkeit,  da  wir  von  der  Kultur  der  Skordisker 
und  ihrem  religiösen  Leben  so  gut  wie  nichts  erfahren.  Nur  ein  Punkt  kehrt,  wohl 
nach  Livius,  noch  in  der  Ethnographie  der  späten  Kaiserzeit  immer  wieder,  nämlich 
ihre  grausamen  Menschenopfer  und  daß  sie  die  Schädel  der  Gefangenen  als  Trink - 
gefäße  benutzten;  Orosius  5,  23,  18  berichtet  dies  bei  Gelegenheit  des  Feldzugs  des 
Appius  Claudius  78/76  v.  Chr.  Wichtiger  sind  also  die  aufgedeckten  stilistischen 
Verwandtschaftsverhältnisse.  Zunächst  ist  negativ  hervorzuheben,  daß  jegliche, 
auch  die  mindeste  Spur  römischen  oder  durch  Rom  vermittelten  griechischen  Ein- 
flusses auf  die  Kunstübung  unseres  Keltenstammes  fehlt.  Dagegen  bestehen  Be- 
ziehungen einmal  zum  dakischen  Kunsthandwerk,  zweitens  und  hauptsächlich  solche 
zum  pontischen,  und  zwar  zum  Reiche  des  Mithradates;  alle  griechischen  Elemente 
der  Kesselbilder  gehen  auf  Vorlagen  dieses  letzteren  Kreises  zurück,  die  uns  in  Bei- 
spielen noch  erhalten  sind.  Alle  diese  Momente  wiederholen  sich  nun  in  der  politi- 
schen Stellung  der  Skordisker  gegen  die  Mitte  des  i.  Jahrh.  v.  Chr.  Mit  den  Römern 
leben  sie  in  erbitterter  Feindschaft.  Mit  den  nur  durch  die  Donau  von  ihnen  getrennten 
Dakern  stehen  sie  in  guten  Beziehungen,  Ixei'vou?  \t.h  (die  Bojer  und  Taurisker) 
ot  Aaxol  xatsXuaav,  toutoi?  8s  (die  Skordisker)  xat  au\i\ia.-/ot.?  sj^pVjCfavxo  koXXocxi?, 
sagt  Strabo  VI  p.  313;  wenn  sich  diese  Worte  auf  die  Zeit  des  Burebistas  beziehen 
werden,  so  erfahren  wir  aus  Frontin.  strateg.  2,  4,  3,  daß  schon  Minucius  Rufus  (s.  o.) 
gegen  Skordisker  und  Daker  gemeinsam  zu  kämpfen  hatte.  Die  pontischen  Einflüsse 
erfahren  ihre  volle  Beleuchtung  durch  den  freundschaftlichen  Verkehr,  den  Mithra- 
dates Eupator  mit  den  Donaukelten  pflegte.  Er  hatte  keltische  Söldner  in  seinen 
Diensten,  wir  kennen  den  Namen  eines  ihrer  Führer,  Bituitus,  der  dem  alten  König 
auf  seine  Bitte  den  Tod  gab  (Appian  Mithrad.  iii).  Bedeutungsvoller  indes  ist, 
was  diesem  Ereignis  vorausging.  'Ex  ttoXXou  cpt'Xou?  £-1  x<oo£  01  Ye^ovoia;  nennt 
Appian  Mithrad.  109  die  Donaukelten;  Mithradates  hatte  sich  seit  langem  mit  ihnen 

0  Ihm  bei  Pauly-Wissowa  V  Sp.  1731.   S.  Reinacli,  Revue  archcol.   1913  II  S.  94  f. 


24  Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup, 

verständigt,  gemeinsam  in  Italien  einzufallen  ^).  Der  Plan  scheiterte  zwar  an  der 
Weigerung  seines  entmutigten  Heeres;  aber  er  zeigt,  wie  eng  die  Beziehungen  zwischen 
Mithradates  und  den  Kelten  waren,  übrigens  auch,  wie  groß  ihre  Macht  und  Kampf- 
kraft damals  noch  gewesen  sein  muß;  wenn  jemand,  so  verstand  Mithradates  seine 
Leute  einzuschätzen.  Ein  solcher  Verkehr  war  aber  sehr  geeignet,  den  Kelten,  sei 
es  in  Form  von  Sold,  Subsidien  oder  auch  Beute  pontisches  Silbergerät,  wie  es  dem 
Künstler  des  Kessels  vorlag,  zuzuführen.  Ich  weiß  wohl,  daß  politische  oder  Handels- 
beziehungen zwischen  Kulturvölkern,  wenn  überhaupt,  so  nicht  ohne  weiteres  auf 
das  künstlerische  Gebiet  zu  übertragen  sind;  bei  einem  Barbarenstamm  sind  sie 
hingegen  der  einzige  Träger  solcher  Einflüsse.  Wir  dürfen  also  die  politische  Stellung 
der  Skordisker  unbedenklich  als    Beweismittel  für   ihre   Kunstübung  verwenden. 

Es  ist  noch  auf  einen  Punkt  hinzuweisen,  dessen  Verfolgung  vielleicht  hand- 
greifliche Beweise  für  die  Herkunft  des  Kessels  bringen  kann.  Sein  Verfertiger  ist, 
so  unselbständig  und  hilflos  er  seinem  Auftrag  als  Künstler  gegenübersteht,  technisch 
sehr  geschickt  2).  Wie  sauber  ist  alles  getrieben  und  ziseliert,  wie  sorgfältig  ist  die 
Zeichnung  des  Felles  bei  den  Tieren,  des  Gewands  bei  den  Menschen  ausgeführt,  wie 
liebevoll  sind  Haar  und  Bart  der  Götterfiguren  durchgebildet.  Wir  dürfen  also 
bei  dem  Volke,  dem  er  angehört,  eine  ziemlich  entwickelte  Goldschmiedekunst  voraus- 
setzen, die  nur  nie  das  figürliche  Gebiet  betrat.  Aus  dem  Skordiskergebiet  sind  mir 
keine  Funde  aus  der  Zeitstufc  des  Kessels  bekannt,  dagegen  weist  das  benachbarte 
Dakien  ihrer  eine  ganze  Menge  in  den  oben  (S.  8)  schon  berührten  Silberfunden 
auf.  Ihre  Schmucksachen,  Ringe,  Ketten,  Fibeln  vertreten  eben  die  vorausgesetzte 
Stufe.  Arbeiten  gleicher  Natur  werden  dann  auch  die  skordiskischen  Goldschmiede 
gefertigt  haben.  Ein  Vergleich  jener  dakischen  Silbersachen  mit  dem  Kessel  könnte 
die  Übereinstimmung  der  Technik  und  damit  auch  die  gleiche  oder  vielmehr  nach- 
barliche Herkunft  erweisen;  ich  muß  mangels  genügender  Abbildungen  auf  einen 
Versuch  verzichten  und  bemerke  nur,  daß  bei  den  Tierkopfenden  der  dakischen 
Spiralarmbänder  das  Fell  durch  parallele  Halbkreisreihen  angegeben  wird,  wie  sie 
den  Körper  des  großen  Stieres  auf  der  runden  Mittelplatte  des  Kessels  überziehen. 

Unsere  der  Heimat  des  Kessels  geltende  Untersuchung  ist  von  dem  Anstoß 
ausgegangen,  den  sein  materieller  Wert  erregt  hatte.  Ich  brauche  kaum  zu  sagen, 
daß  er  jetzt  entfällt.  Den  Skordiskern  hat  es  schon  infolge  ihrer  Raubzüge  niemals 
an  Silber  gefehlt.  Das  Gold,  sagt  Poseidonios  bei  Athen.  VI  p.  234  a — c,  verschmähen 
sie,  und  zwar  in  Erinnerung  an  die  schwere,  von  Apoll  wegen  der  Plünderung  des 
delphischen  Tempels    unter  Brennus  über  sie  verhängte  Strafe;    apYupoi    ok   yn^Sivzrti 

^)   »An  die  Skordisker  ist  nicht  zu  denken;  sie  waren  hatten.      Schon  hundert  Jahre  vor  Mithradates 

schwer  zu  erreichen  und  grenzten  auch  nicht  an  hat  Philipp  V.  von  Mazedonien  Bastarner  und 

Italien  wie  die  Taurisker,«  sagt  Niese  a.  a.   0.  Skordisker    gegen    Italien    in    Bewegung    setzen 

S.    158  Anm.   4.      Im  Gegenteil,   sie  waren  für  wollen  (Livius  40,  57,7). 

Mithradates    viel   leichter    zu    erreichen   als    die         2)  Es  spielt  für  unseren  Zweck  keine  Rolle,  daß  an 

Taurisker    (und    Bojer),     und    den    Weg    nach  den  Reliefs  des  Kessels  verschiedene  Hände  tätig 

Italien  hatten  ihnen  die  Kämpfe  mit  den  Römern  gewesen  zu  sein  scheinen;  er  bleibt  ein  einheitlich 

gewiesen,  mit  denen  die  Taurisker  wenig  zu  tun  erfundenes  und  ausgeführtes  Werk. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


25 


xotl  TouTou  yd^tiv  TioXXa  xal  osiva  -oioöatv.  Dazu  lagen  die  reichen  Silberbergwerke 
an  der  Drina,  die  später  den  Mittelpunkt  der  römischen  Silbergewinnung  in  Illyrien 
bildeten  I),  in  oder  mindestens  nahe  ihrem  Gebiete.  Das  Material  für  den  Kessel 
muß  ihnen  also  zur  Zeit  ihrer  Macht  so  reichlich  zur  Verfügung  gestanden  haben 
wie  keinem  anderen   Keltenstamm. 

Wir  beschließen  hiermit  den  Versuch  des  Nachweises,  daß  der  Kessel  von 
Gundestrup  bei  den  Kelten  der  unteren  Donau  etwa  zur  Zeit  Mithradates  Eupators 
entstanden  ist.  Indessen  haben  uns  Stil  und  Inhalt  seiner  Bilder  und  ihre  Quellen 
sowie  einige  andere  Erscheinungen  des  gleichen  Kunstkreises  noch  etwas  zu  be- 
schäftigen.'" Zunächst  der  Kessel  als  Ganzes.  Er  steht  (oben  S.  10)  in  unverkennbarem 


Abb.  9.     Bronzebüsten  aus  Gallien. 

Zusammenhang  mit  den  belgischen  »Wochengöttervasen«.  Datiert  ist  von  diesen 
die  Vase  vom  Fliegenberg  bei  Troisdorf  durch  andere  Beigaben  desselben  Grabes 
etwa  in  das  Ende  des  2.  oder  den  Anfang  des  3.  Jahrh.  n.  Chr.,  ein  Ansatz,  der  bei 
der  Gleichmäßigkeit  der  ganzen  Reihe  unbedenklich  auf  alle  anderen  ausgedehnt 
werden  darf  2).  Sie  stammen  aus  einer  Zeit,  in  der  die  einheimischen  Kulte  auch 
nach  anderen  Zeugnissen  wieder  einen  starken  Aufschwung  nahmen,  stellen  aber, 
wenn  die  Siebenzahl  mit  Recht  auf  die  Wochengötterreihe  gedeutet  wird,  ein  Kom- 
promiß mit  griechisch-römischen  Vorstellungen  dar.  Hier  hat  man  die  äußere  Götter- 
reihe des  Kessels  anknüpfen  wollen,  auch  sie  sollte  die  sieben  Wochengötter  dar- 
stellen.   Man  hat  weiter  gesehen,  daß  die  Götter  des  Kessels  stilistisch  eng  verwandt 


')  Hirschfeld,  Die  kaiserlichen  Verwaltungsbeamten* 

S.   153  f- 
*)  Vgl.   Rademacher  und   Kossimia  a.   a.   O.     Der 
Versuch  von  E.    Krüger,   Deux  monuments   du 


dieu  tricephale  gaulois,  Compte  rendu  du  Congres 
de  la  Föderation  archeologique  et  historique  de 
Belgique,  XXIe  Session,  Liege  1909,  S.  2 — 9 
des  S.-A.,  die  Gruppe  etwa  in  augusteische  Zeit 


zu  setzen,   ist   nicht   haltbar. 


26  Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 

sind  mit  einer  Reihe  von  Köpfen  oder  Masken  aus  Silber-  oder  Bronzeblech  unzweifel- 
haft gallischen  Ursprungs,  die  auch  meist  in  gallischen  Funden,  daneben  als  Import 
auf  germanischem  Boden  auftreten  ^).  Die  Ähnlichkeit  erstreckt  sich  selbst  auf 
eine  so  charakteristische  Einzelheit  wie  die  aus  blauem  Glasfluß  eingesetzten  Augen. 
Mehrere  jener  Köpfe  tragen  den  im  gewöhnlichen  Leben  ganz  verschwundenen 
Torques,  was  sie  wie  die  Gundestruper  als  Gottheiten  kennzeichnet;  vermutlich  ist 
die  ganze  Reihe  göttlicher  Natur.  Soviel  die  Fundumstände  erkennen  lassen,  gehören 
sie  in  die  Kaiserzeit,  einer  der  Köpfe  (Reinach  Nr.  223)  trägt  eine  lateinische  Weih- 
inschrift. 

Wer  den  Kessel  nur  von  diesen  Voraussetzungen  aus  betrachtete,  wurde  aller- 
dings zu  der  Annahme  gedrängt,  eine  gallische  oder  Gallien  nahestehende  Arbeit 
der  Kaiserzeit  vor  sich  zu  haben.  Wir  haben  demgegenüber  ein  wichtiges  Moment 
zu  betonen.  Jene  Masken  und  Köpfe  und  die  Götterbüsten  der  »Wochengöttervasen« 
stehen  stilistisch  als  völlige  Fremdkörper  in  der  figuralen  gallo -römischen  Kunst  da. 
S.  Reinach  selbst,  der  doch  die  Spätdatierung  des  Kessels  verficht,  ist  hier  unser 
Eideshelfer:  »II  y  a  lä  commc  une  resistance  du  genie  national  ä  l'influence  des  modeles 
helleniques,  comme  un  retour  involontaire  aux  traditions  d'une  epoque  oü  la  represen- 
tation  de  la  vie  organique  etait  reprouvee«  (a.  a.  O.  S.  3).  Diese  Köpfe  sind  hieratisch 
erstarrte  Überlebsel  einer  älteren  Kunstepoche,  eine  Erscheinung,  die  die  religiöse 
Kunst  auf  Schritt  und  Tritt  bietet;  der  Kessel  aber  ist  eben  ein  Originalwerk  jener 
Periode,  die  vor  dem  Eindringen  des  griechisch-römischen  Stiles  liegt.  Ähnlich 
stellt  sich  sein  Verhältnis  zu  den  »Wochengöttervasen«  dar.  Man  wäre  wohl  nicht 
darauf  verfallen,  zu  ihrem  Schmuck  die  alten  Göttertypen  hervorzuholen,  wenn  es 
nicht  zur  Zeit,  da  diese  Typen  in  voller  Kraft  standen,  schon  Vasen  mit  Götterbildern 
gegeben  hätte,  deren  eine  eben  unser  Kessel  ist,  und  die  man  schlecht  und  recht 
nachgeahmt  und  durch  den  neu  eingeführten  Begriff  der  Wochengötterreihe  auf- 
geputzt hat.  Nebenbei  bemerkt,  hatte  unser  Kessel  ursprünglich  acht  Platten;  und 
wir  haben  keinen  Grund,  anzunehmen,  daß  die  achte  anders  dekoriert  gewesen  sei 
als  die  übrigen  sieben. 

Klärt  sich  so  das  zeitliche  Verhältnis  der  gallischen  Denkmäler  zu  dem  Kessel, 
so  bedarf  es  noch  eines  Wortes  über  die  ja  unbestreitbaren  stilistischen  Beziehungen 
zwischen  ihnen.  Sie  lassen  sich  wohl  am  besten  verstehen,  wenn  man  annimmt, 
daß  die  religiöse  Kunst  der  Kelten  eine  bildliche  Tradition  größerer  Verbreitung 
besaß,  die,  aus  der  Zeit  der  Unabhängigkeit  stammend,  sich  atavistisch  bis  in 
die  Kaiserzeit  erhielt.  Eine  ihr  eigentümliche  Erscheinung  sind  auch  die  empor- 
gestreckten Arme  und  Hände  der  Gundestruper  Götterbilder,  die  primitiven  Idolen 
nachgebildet  scheinen  2).     Marx  meint    gleichartige    Götterbilder  auf  Münzen  von 

I)  Reinach,    Bronzes    figures    S.    2  f.    und    224  ff.  *)  Man  fühlt  sich  an  die  böotischen  Glockenfiguren 

Unsere  Abb.   9    nach    Nordiske    Fortidsminder  erinnert,  als  Beispiel  ist  mir  eben  nur  Archäol. 

I  S.  58  Abb.  8 — 10,  die  drei  Köpfe  zeigen  bei  Jahrbuch  XXI  1906  S.   187  Abb.  2  zur  Hand, 

gleichem    Stilcharakter   (von  rechts  nach  links)  Natürlich  soll   kein   Zusammenhang  konstruiert 

die  Wandlung  von  primitiver  Gebundenheit  bis  werden,  aber  die  Kelten  könnten  ähnlich  primitive 

zum  Ausgleich  mit  der  römischen  Provinzialkunst.  tönerne  Götterbilder  gehabt  haben,  die  auf  dem 
,  Kessel  halbwegs  modern  umstilisiert  wären. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.  27 

Baeterrae  in  Südgallien  zu  erkennen,  erinnern  kann  man  auch  an  die  gallischen 
Münzen  De  la  Tour  8145  und  8472  und  namentlich  mit  Loeschcke  an  die  schon  dem 
4.  Jahrh.  v.  Chr.  angehörenden  Schmuckplattcn  des  Waldalgesheimer  Grabes  ^). 
Die  Fragen,  die  sich  hier  auftun,  hat  jüngst  Heron  de  Villefosse  gelegentlich  der 
Publikation  einer  Bronzestatuette  des  gleichen  Typus  aus  Bouray  (Seine -et -Oise) 
erörtert  ^)  All  diesen  Ansätzen  zu  einer  nationalen  Typik  der  Götterdarstellung 
hat  die  griechisch-römische  Kunst  ein  entschiedenes  Ende  bereitet.  Als  Träger  der 
gedachten  bildlichen  Tradition,  die  gallische  wie  donauländische  Kelten  umspannt, 
möchte  man  am  liebsten  die  Druiden  betrachten,  denen  man  ohne  rechten  Grund 
eine  Abneigung  gegen  die  anthropomorphe  Götterdarstellung  zuschreibt. 

Von  den  einzelnen  Figuren  des  Kessels  sind  diejenigen,  welche  pontischen 
Ursprungs  sind,  schon  hinlänglich  beleuchtet  worden.  Bemerkt  sei  nur  noch,  daß 
die  Kelten  des  Kessels  natürlich  mit  der  bildlichen  Darstellung  dieser  fremden  Gott- 
heiten und  ihrer  Umgebung  nicht  auch  den  ihnen  innewohnenden  Begriff  über- 
nommen haben.  Der  Goldschmied  hätte  ebensowohl  orientalische  oder  römische 
Typen  in  sein  Pantheon  eingefügt,  wenn  sie  ihm  zur  Hand  gewesen  wären;  es  war 
ihm  nur  um  die  Form,  nicht  um  den  Inhalt  zu  tun.  So  ist  es  z,  B.  sehr  wahrscheinlich, 
daß  die  keltischen  Beschauer  des  Kessels  in  dem  Hirschgott  der  Außenseite  ihren 
Cernunnos  erkannten. 

Neben  diesen  pontischen  und  oberflächlich  oder  gar  nicht  keltisierten  Typen 
stehen  nun  als  echt  keltische  Gottheiten  der  Cernunnos,  der  Gott  mit  dem  Rad  und 
die  hier  in  drei  Köpfe  aufgelöste  Götterdreiheit,  alles  wieder  keine  Erfindungen  des 
Goldschmieds,  sondern  Zeugen  jener  oben  besprochenen  gemeinkeltischen  bild- 
lichen Tradition.  Der  Cernunnos  ist  ziemlich  getreu  wiedergegeben;  dem  Radgott 
scheint  der  Typus  zugrunde  zu  liegen,  in  dem  der  Gott  das  Rad  gewissermaßen 
schultert,  obwohl  das  Motiv  hier  mit  dem  einer  Kulthandlung  vermischt  ist  (s.  u.). 
Auch  für  die  Götterdreiheit  wird  der  Goldschmied  über  eine  Vorlage  verfügt  haben, 
die  die  drei  Köpfe  in  der  geläufigen  Art  miteinander  verwachsen  zeigte,  und  erst  sein 
künstlerisches   Unvermögen  ließ   sie  ihn  trennen. 

Neben  dem  Radgott  ist  ein  kniender  Mann  mit  Hörnerhelm  beschäftigt,  das 
vielspeichige  Rad  zu  drehen,  das  an  der  Schulter  des  Gottes  zu  lehnen  scheint.  Wir 
treffen  eine  solche  Szene  wieder  auf  zwei  Frühlatenedenkmälern  der  Ostalpen.  Auf 
der  bekannten  Schwertscheide  von  Hallstatt  (Abb.  10)  3)  sieht  man  zu  beiden  Seiten 
eines  Kriegerzugs  eine  Gruppe  von  je  zwei  Männern  in  trikotartigen  Hosen  und 
merkwürdigen  frackähnlichen  Jacken,  die  eifrig  ein  achtspeichiges  Rad  drehen. 
Die  Darstellung  wiederholt  sich,  nur  abgekürzt  und  allein  mit  Angabe  des  Rades 
und   der  drehenden   Arme,    auf   einer  früher  in  Naues  Besitz  befindlichen  eisernen 

')  Bonner   Jahrbücher   102,    1898  Taf.    II.  Taf.   32.      Hoernes,   Österr.    Jahresh.    III    1900 

^)  Mein,   de   ia   Soc.   des   Antiqu.   de   France   1912  S.  37  f.  und  sonst  häufig  besprochen.  Rationalisten 

S.  2.;4  ff.  deuten  allerdings  dieseSzene  wie  die  entsprechende 

3)  Kunsthistor.  Atlas  der  k.  k.  Zentralkommission,  des  Kessels  als  »Bergleute  am  Haspel«,  so  Voß 

I.  Abteilung  von  M.  Much  Taf.  70,  3.  71,  3  (dar-  S.  381  und  v.  Heyden,  Zeitschr.  für  Ethnol.  1890 

nach  Abb.   10).     Altert,  uns.  heidn.  Vorzeit  IV  S.  (50). 


28 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


Hiebmesserscheide  aus  dem  Gardasee  ^).  Beide  Male  also  dient  die  Szene  zur  Ver- 
zierung von  Waffen,  einmal  in  ausdrücklicher  Verbindung  mit  einem  Kriegerzug, 
und  auf  unserem  Kessel  schmückt  sie  die  links  an  den  Kriegerzug  anschließende 
Platte:  man  wird  gern  schließen,  daß  die  Kulthandlung  des  Raddrehens,  einmal 
zudem  von  einem  Behelmten  ausgeführt,  in  irgendwelcher  Beziehung  zu  kriegerischen 
Aktionen  steht.     Zwischen   dem  Radgott  und  dem  Kriegerzug  wird  das  Menschen- 


Abb.  lo.     Schwertscheide  von  Hallstatt. 


Opfer  dargebracht,  das  die  Berner  Lucanscholien  dem  Teutatcs-Mercurius  zuweisen. 
Michaelis  2)  hat  schon  bemerkt,    daß  diese  Gleichung  unrichtig  und  Teutates  viel- 


I)  Naue,  Bonner  Jahrbücher  85,  1888  S.  i  ff.  Taf.  I. 
Hoernes,  Urgeschichte  der  Kunst  S.  662  Abb.  199. 
Montclius,  Civil,  prim.   en  Italic   I  Taf.  64,   13. 

*)  Lothring.  Jahrb.  VII  1895  S.  160  f.  Die  von 
Michaelis  vertretene  und  durch  die  Denkmäler 
gestützte  Annahme  einer  Verwechslung  ist  jeden- 
falls erheblich  plausibler  als  die  künstliche  Auf- 


rechterhaltung beider  Versionen,  wonach  denn 
sowohl  Esus  als  Teutates  je  mit  Merkur  und 
Mars  geglichen  worden  wären.  Im  übrigen  ent- 
halte ich  mich  bei  der  absoluten  Unsicherheit  auf 
diesem  Gebiete  jedes  Ausflugs  in  die  keltische 
Mythologie,  zu  dem  die  Kesselbilder  etwa  ein- 
laden könnten. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.  2Q 

mehr  mit  der  anderen  Version  der  Scholien  Mars  zu  nennen  ist,  d.  h.  der  keltische 
Kriegsgott  ist.  Unsere  Szene  führt  ihm  einen  weiteren  Beweis  zu,  nur  um  ein  Opfer 
an  den  Kriegsgott  kann  es  sich  hier  handeln.  Sollte  er  nicht  der  auf  der  anstoßenden 
Platte  dargestellte  Radgott  sein,  dem  dann  zugleich  das  Drehen  des  Rades  und  das 
Menschenopfer  gälte  .-*  Bei  dem  Schwanken,  das  stets  eintritt,  wenn  Gottheiten 
miteinander  ausgeglichen  werden,  wäre  es  nicht  verwunderlich,  daß  der  Radgott 
später  in  Gallien  zum  Juppiter  geworden  ist,  übrigens  zu  einem  kriegerischen  Juppiter, 
wie  die  Panzerstatue  von  Seguret  (Vaucluse)  und  der  Altar  von  Vaison  erweist  ^). 

Die  Schwertscheide  von  Hallstatt  zeigt  zwischen  den  beiden  Gruppen  der 
Raddreher  einen  Kriegerzug  aus  behelmten  und  mit  einer  Art  Koller  bekleideten, 
die  Lanze  führenden  Reitern  und  barhäuptigen,  Ovalschild  und  Lanze  führenden 
Fußgängern;  er  ist  keltisch  stilisiert,  geht  aber  auf  Anregungen  aus  dem  Kreise  der 
Situlenkunst  Oberitaliens,  die  ähnliche  Kriegerzüge  öfters  darstellt  *),  zurück. 
Wenn  hier  auch  kein  Beweis  zu  führen  ist,  so  ist  doch  wohl  denkbar,  daß  derartige 
ältere  Arbeiten  ostkeltischer  Werkstätten  ihrerseits  unserem  Künstler  einen  Anhalt 
für  seinen  Kriegerzug  boten,  der  wie  eine  steife  Übersetzung  des  Hallstätter  Frieses 
in  einen  anderen  Dialekt  anmutet.  Der  Begriff,  den  schon  die  Art  der  Benutzung 
der  pontischen  Vorbilder  von  seiner  künstlerischen  Unselbständigkeit  vermittelte, 
ist  einer  solchen  Annahme  nur  günstig,  und  daß  sich  in  unserem  Kreise  auch  andere 
Spuren  des  Nachlebens  der  Situlenkunst  bemerkbar  machen,  werden  wir  noch  sehen. 

Eine  ganz  selbständige  Erfindung  unseres  Meisters  ist  offenbar  das  Menschen- 
opfer und  die  Stierhetze  der  rechteckigen  Innenplatte,  die  ihn  mit  ihrer  dreimaligen 
Wiederholung  derselben  hölzernen,  aus  Stier,  Hund  und  schwertbewaffnetem  Kämpfer 
bestehenden  Gruppe  in  völligster  Hilflosigkeit  zeigt.  Das  ist  nicht  unwichtig  für  die 
Frage  nach  der  Entstehung  des  Kessels.  Dem  Meister  war  sichtlich  ein  Programm 
vorgeschrieben;  andernfalls  hätte  er  sich  nicht  mit  Bildern  abgequält,  für  die  ihm 
jede  Vorlage  fehlte.  Auf  diesem  Programm  stand  die  Darstellung  des  Pantheons 
seiner  Auftraggeber  und  gewisser  Kultszenen,  eines  Kriegerzugs  oder,  anschaulicher 
gesprochen,  einer  Parade  mit  Menschenopfer  und  einer  Stierhetze,  welch  letztere 
nach  dem  Ehrenplatz,  den  sie  auf  dem  großen  Mittelbild  einnimmt,  wohl  einen  Höhe- 
punkt des  Festes  bezeichnete.  Stierhetzen  kennen  wir  als  eine  besondere  Liebhaberei 
der  kleinasiatischen  Galater  (s.  oben  S.  21);  wenn  dabei  auch  barbarisch -kleinasiatische 
Einflüsse  mitspielen  mögen,  so  wird  dieses  Vergnügen  doch  ebenso  wie  die  großen 
Schmausereien  der  Galater  seine  Wurzel  in  der  eigenen  Vorzeit  haben. 

Jenes  große  Mittelbild  auf  dem  Boden  des  Kessels  bildet  ein  Kuriosum.  Sach- 
lich gehört  es  zu  der  Seitenplatte  mit  der  Stierhetze,  formal  ist  es  eine  völlige  Un- 
geheuerlichkeit. Mit  den  verzweifeltsten  Mitteln  hat  der  Künstler  den  Eindruck 
hervorzurufen  gesucht,  man  sehe  die  Szene  von  oben.  Die  Hartnäckigkeit,  mit  der 
er  diesem  Ziele  nachgegangen  ist,  zeigt,  welchen  Wert  er  auf  diese  Fiktion  gelegt 
hat.      Es  ist  keine  bloße  Spielerei.    ^ 

')  Die   Statue  von  Seguret:   Esp^randieu,   Recueil  XXXV  3.    Bertrand-Reinach,  Les  Celtes  dans  les 

I  Nr.  303;  der  Altar  von  Vaison  ebenda  Nr.  299.  vallees  du  Po  et  du  Danube  S.  109  ff.    Montelius, 

«)  Hoernes,  Urgeschichte  der  Kunst  Taf.  XXXII.  Civil,  primit.   en   Italic  I  Taf.   105. 


30 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


Jolles  hat  in  einem  lehrreichen  Aufsatz  dieses  Jahrbuches  XXIII  1908  S.  209  ff. 
die  Entwicklung  dieser  Art  von  Gefäßschmuck  dargelegt.  Er  hat  seinen  Ursprung 
in  den  altägyptischen,  im  Innern  mit  allerhand  plastischen  Genreszenen  geschmückten 
Prunkgefäßen.  Durch  die  Wucherung  dieses  Innenschmucks  geht  allmählich  der 
Gebrauchswert  der  Gefäße  völlig  verloren.  Ägyptische  Originale  sind  nicht  erhalten, 
wir  gewinnen  aber  eine  Vorstellung  von  ihnen,  abgesehen  von  ihrer  Wiedergabe  auf 
Gemälden,  aus  gewissen  viel  jüngeren  Denkmälern  Italiens,  im  besonderen  Campaniens, 
die   in   Zusammenhang  mit  jener  ägyptischen   Entwicklung  stehen,    nämlich    den 


Abb.  II,     Der  Bronzewagen  von  Strettweg. 

»Platten werken«,  Scheiben  verschiedener  Verwendung,  die  mit  allerhand  figürlichem 
Bildwerk  meist  ländlichen  Charakters  besetzt  sind  ^).  Ihr  Einfluß  reicht  bis  in  die 
Ostalpen,  aus  deren  Gebiet  wir  hier  den  bekannten  Bronzewagen  von  Strettweg 
abbilden  (Abb.  II).  Die  Vereitelung  des  Gebrauchszwecks  der  Gefäße  führt  zu  Rück- 
schlägen, der  Schmuck  wird  soweit  verkleinert  oder  beiseite  gedrängt,  daß  er  nicht 
mehr  hinderhch  ist,  oder  er  wird  überhaupt,  etwa  als  Griff  oder  Henkel,  praktisch 
verwendet.  Auch  diese  Entwicklungsstadien  greifen  auf  Italien  und  weiter  die  Hall- 
stattkultur  der  Ostalpen  über,  ohne  daß  ganz  klar  wird,  wieviel  Anteil  hier  der  fort- 
dauernde  Einfluß  Ägyptens  hat,   wieviel  auf  die  griechischen   Vermittler  kommt 


')  Dazu  auch  Petersen,  Rom.  Mitt.  XII  1897  S.  i  ff.,  ein  Aufsatz,  der  übersehen  zu  werden  pflegt. 


Fr,  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrap.  2 1 

oder  wieweit  der  Wandel  spontan  vor  sich  geht.     In  den  Ländern  des  Mittelmeers 
mündet  die  Entwicklung  schließlich  in  das  reine  Relief  der  kalenischen  Dekoration  aus. 

Es  ist  klar,  daß  auch  der  Innenschmuck  des  Gundestruper  Kessels  auf  eine 
solche  Reihe  zurückschaut.  Nicht  nur  das  Bodenbild,  auch  die  Seitenbilder  sind  einmal 
vollplastisch  gewesen  und  erst  allmählich  auf  Boden  und  Wände  zurückgewichen. 
Ja,  die  Zähigkeit  des  Künstlers  in  der  Wiedergabe  des  Bodenbilds  wie  einer  von  oben 
gesehenen  plastischen  Gruppe  läßt  schließen,  daß  er  hier  wirklich  eine  solche  nach- 
zubilden hatte.  Es  hätte  also  ältere  Geräte  in  der  Art  unseres  Kessels  gegeben,  die 
im  Innern  mit  rundplastischen  figürlichen  Szenen  besetzt  waren.  Vergleichen  wir 
damit  den  Bronzewagen  von  Strettweg,  Bei  ihm  ist  allerdings  das  Gefäß  ^),  der 
ursprüngliche  Träger  des  Ganzen,  an  sekundäre  Stelle  gerückt,  und  sein  Inhalt,  die 
Figuren,  ist  herausgeschlüpft  und  zur  Hauptsache  geworden;  insofern  gehört  er  zu 
einer  anderen  Entwicklungsreihe  als  der  Kessel.  Aber  der  Inhalt  ihrer  Figurenwelt 
deckt  sich :  beide  Male  ein  Aufzug  von  Kriegern  zu  Fuß  und  zu  Pferd  und,  der  Gundes- 
truper Stierhetze  vergleichbar,  in  Strettweg  je  zwei  Männer,  die  einen  gefangenen 
Hirsch  an  den  Hörnern  führen.  So  verschmelzen  in  der  Dekoration  des  Kessels  zwei 
Kunstkreise:  altkeltische  Tradition  erheischte  die  Reihe  der  Götterbilder  als  Außen - 
schmuck,   das  Kesselinnere  knüpft  an  hallstättische  Prunkgeräte  an. 

Es  ist  erfreulich,  daß  ein  dem  Kessel  von  Gundestrup  nahverwandtes  Werk 
in  den  gleichen  Zusammenhang  gehört,  nämlich  der  Bronzekessel  von  Rynkeby 
auf  Fünen  (Abb.  12.  13)  2).  Man  hat  die  beiden  schon  immer  zusammengestellt,  auch 
der  Kessel  von  Rynkeby  rechnet  zu  der  oben  S.  6  besprochenen  Kesselgruppe.  Es 
ist  von  ihm  nur  ein  größeres  Fragment  erhalten,  das  auf  der  Außenwand  unter  dem 
bronzenen  Tragring  die  Protome  eines  gehörnten  Tieres,  trotz  den  merkwürdigen 
Proportionen  sicher  eines  Stieres  oder  Rindes,  weiter  die  Maske  einer  Frau  mit  Torques 
und  noch  einmal  die  Tierprotome  zeigt,  während  an  der  Innenseite  eine  Platte  mit 
zwei  einander  anfletschenden  Vierfüßlern  befestigt  war,  von  denen  der  eine  als  Eber 
kenntlich  ist.  Man  erkennt  leicht,  daß  es  sich  um  die  Nachahmung  eines  Kessels 
in  der  Art  des  Gundestruper  handelt.  Die  Stiere  sind  in  Form  und  Funktion  völlig 
mißverstanden  und  ähneln  eher  Rehen,  die  Bedeutung  des  Torques  ist  dem  Künstler, 
der  ihn  ähnlich  dem  Tragring  behandelt  hat,  überhaupt  nicht  aufgegangen,  und  die 
Tiergruppe  im  Innern  ist  eine  lateneartig  umstilisierte  Reminiszenz  an  antithetische 
Gruppen  in  der  Art  der  Löwen  der  Cernunnosplatte  oder  der  entsprechenden  Szenen 
der  Silbermedaillons.  Zudem  fehlt  jeder  organische  Zusammenhang  zwischen  Kessel 
und  Schmuck.  Es  ist  nicht  unmöglich,  daß  der  Kessel  ein  nordisches  Produkt  ist, 
jedenfalls  ist  er  nicht  gallischer  Herkunft,  wie  man  auch  gemeint  hat. 


')  Die  flache  Schale  sollte  übrigens  erst  den  eigent-  eines  zweiten  gefunden,  die  zu  ihm  gehört  haben 

liehen    Kessel    aufnehmen,    deshalb    auch    die  können. 

kräftigen  Stützen  für  die  schwere  Last  des  ge-  *)  Undset,  Erstes  Auftreten  des  Eisens  in  Nord- 
füllten Gefäßes.  Im  gleichen  Grab  wieder  Bronze-  europa  S.  425  ff.,  wonach  unsere  Abbildungen, 
wagen  wurden  nach  Much  (s.  S.  27  Anm.  3)  zu  Von  ganz  ähnlich  dekorierten  Kesseln  sind  im 
Taf.  XLI  ein  bauchiges  Bronzegefäß  und  Reste  Kopenhagener    Museum    noch    geringere    Reste 

vorhanden. 


32 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 


Schon  die  Verwendung  der  Protome  an  Stelle  des  bloßen  Kopfes  zeigt,  daß 
dieser  Schmuck  in  letzter  Linie  auf  ein  südliches  Vorbild  zurückgeht.  Als  solche^ 
bietet  sich  ungezwungen  ein  Gefäß  nach  Art  der  bekannten  altgriechischen  Greifen - 
kessel  dar,  die  ihrerseits  eine  Stufe  der  von  Jolles  klargelegten  Entwicklung  bilden. 
Ein  kleines  Detail  zeigt,  daß  der  Weg  vom  Mittelmeer  bis  zum  Kessel  von  Rynkeby 
wie  bei  Gundestrup  über  Italien  und  die  Hallstattkultur  der  Ostalpen  führt.     Um 


- TrnnMmi , 


mm 


Abb.  12.     Kessel   von  Rynkeby. 


Abb.  13,     Innenplatte  des  Kessels  von  Rynkeby, 

die  beiden  Tiere  der  Inncnplatte  sprießt  allerhand  Gewächs  auf,  das,  wenn  auch 
verroht,  doch  als  Abkömmling  des  charakteristischen  Pflanzenwerks  der  oberitalischen 
Situlenkunst  und  ihrer  hallstättischen  Ableger  kenntlich  ist  ^).  Dieselbe  Hallstatt - 
kunst  kennt  aber  auch,  wieder  unter  italischem  Einfluß,  Tierkopf  und  -protome, 
und  zwar  gerade  die  des  Rindes,  als  Gefäßschmuck ').  Irgendwo  im  ostkeltischen 
Gebiet  sind  dann  diese  Elemente  mit  den  pontischen  zusammengetroffen,  als  keltisches 
Motiv  kam  die  torquesgeschmückte  weibliche  Maske  hinzu.  Man  sieht,  für  den  Kessel 
von  Rynkeby  gilt  alles,  was  schon  für  den  von  Gundestrup  gesagt  ist. 

Unsere  Untersuchung  ist  bisher  ohne  jedes  Zusammentreffen  mit  der  griechisch - 
römischen  Kunst  und  im  besonderen  der  römischen  Provinzialkunst  verlaufen.     So 


')  Vgl.  Studniczka,  Archäol.  Jahrbuch  XVIII  1903 
S.  19  ff. 


')  Mitt.  Prähist.  Komm.  Wien.  Akademie  I  S.  75  f. 
Hoernes,  Urgesch.  d.   Kunst  S.  498  ff.   518  f. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.  ■s^ 


mag  denn  das  hier  Abb.  14  wiedergegebene  Denkmal  als  Ausnahme  die  Richtigkeit 
der  Regel  bestätigen.  Es  ist  ein  Medaillon  aus  Bronzeblech  mit  getriebenen  Tier- 
figuren vom  Südufer  des  Genfer  Sees,  jetzt  im  Museum  zu  Saint-Germain  aufbewahrt  i). 
Der  Durchmesser,  24  cm,  ist  ziemlich  genau  der  des  Medaillons  von  Roermond. 
Dargestellt  ist  in  der  Mitte  ein  Löwe,  der  einen  Stier  in  den  Nacken  beißt,  darunter 
ein  einsamer  Eber,  oben  Tigerin  und  Esel  im  Ansprung  aufeinander.    Niemand  wird 


Abb.  14.     Bronzerelief  aus  Lyaud  bei  Thonon  (Haute-Savoie). 

hier  den  provinzialrömischen  Stil  verkennen,  niemand  auch,  daß  der  Künstler  Tiere 
der  Arena  hat  wiedergeben  wollen,  wofür  der  Leibgurt  des  Stieres  ohne  weiteres 
beweisend  ist.  Andererseits  wird  man  sich  sofort  an  die  pontischen  Silbermedaillons 
erinnert  fühlen.  Der  Künstler  hat  das  Dekorationsschema  und  wohl  auch  einzelne 
Tiere,  wie  mindestens  Stier,  Löwen  und  Eber  —  man  erinnere  sich  auch  der  Beliebtheit 
des  Pantherweibchens  in  der  altionischen  Kunst,  das  hier  zur  Tigerin  geworden 
ist  —  von  einem  solchen  Medaillon  übernommen,  wobei  die  Beibehaltung  der  alten 
antithetischen  Gruppierung  zu  dem  grotesken  Bild  führte,  daß  Tigerin  und  Esel 
mit  gleicher  Tapferkeit  auf  einander  losspringen.  Bis  auf  gewisse  Kleinigkeiten  des 
Stils   ist  sonst   aber  alles  Archaische  verschwunden. 

In  den  gleichen  Zusammenhang  gehören  zwei  vielbesprochene  Denkmäler, 
nämlich  die  beiden  Hildesheimer  Humpen.  Als  provinziale  Arbeiten  gelten  sie  ja 
seit  langem.    Studniczka  (s.  S.  32)  hat  für  die  Form  auf  Spätlatenegefäße  aus  Ober- 

')  Reinach,  Bronzes  figures  nr.  254.    Ich  verdanke  dem  Verfasser  die  hier  wiedergegebene  Photographie. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX.  ^ 


24  Fr,  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup. 

Italien  verwiesen.  Er  hat  zugleich  auf  das  archaische  Stilelement  in  den  Tierfriesen 
aufmerksam  gemacht  und  die  Abhängigkeit  des  Pflanzenwerks  auf  dem  einen  Fries 
(Abb.  15  und  16)  von  den  schon  angezogenen  Gewächsen  der  Situlenkunst  bemerkt. 
Man  sieht  auf  diesem  Fries  den  gleichen  Stier  wie  auf  der  Bronzescheibe  in  der  be- 
kannten altgriechischen  Haltung  mit  eingeknicktem  Vorderbein  und  streng  von 
vorn  gesehenem  Schädel,  aber  gut  römisch  mit  dem  Zirkusgurt  geschmückt,  und 
denselben  Eber,  diesen  antithetisch  mit  einem  Hund  gruppiert;  der  Löwe  ist  erst 
im  Ansprung  auf  den  Stier  begriffen.  Die  Reihe  geht  auf  einen  Tierfries  in  der  Art 
des  Frieses  auf  dem  goldenen  Goryt  von  Nikopol  ^)  zurück.  Damit  haben  wir  wieder 
die  charakteristische  Mischung  von  pontischen,  hallstättischen,  keltischen  und  diesmal 
auch  provinzialrömischen  Elementen,  die  uns  längst  beschäftigt.  Die  Humpen  werden 
Arbeiten  der  frühen  Kaiserzeit  aus  einer  keltischen  Ecke  der  Donauprovinzen  sein. 


Abb.  15  u.   16,     Von  einem  Hildesheimer  Humpen. 

Wenn  der  Einfluß  der  in  Rede  stehenden  Mischkunst  auf  das  Handwerk  der 
nördlichen  Provinzen  Roms  auch  nie  von  besonderer  Bedeutung  gewesen  sein  kann, 
so  ist  er  doch  auch  nicht  ganz  außer  acht  zu  lassen.  Mit  welcher  Zähigkeit  dabei 
altgriechische  Elemente  lebendig  blieben,  zeigt  ein  Stück  aus  dem  ersten  der  drei 
bei  Sackrau  in  Schlesien  gefundenen,  reich  mit  römischer  Importware  ausgestatteten 
Germanengräber,  die  dem  Ende  des  3,  Jahrh.  n.  Chr.  angehören.  Der  Boden  eines 
flachen  Bronzegefäßes  ')  trägt  rings  um  die  Mitte  in  streng  antithetischer  Anordnung 
eingegraben  die  Gruppen  von  Greif  und  Damhirsch,  Panther  und  Hirschkuh.  Wie 
bei  dem  Bronzemedaillon  von  Saint-Germain  und  dem  Hildesheimer  Humpen  sind 
die  Tiere  durch  den  Leibgurt  als  Zirkustiere  bezeichnet.  Ihre  eigentliche  Quelle 
indes  bilden  Arbeiten  in  der  Art  der  zweiten  Schmuckplatte  von  V^ttersfelde.  Dam- 
hirsch und  Greifentypus  bekräftigen  noch  besonders  die  pontische  Herkunft. 

Weitaus  wichtiger  ist  jedenfalls  die  Rolle,  welche  dem  Kunstkreis  des  Kessels 
bei  der  Ausbildung  des  frühmittelalterlichen  Kunsthandwerks  zugefallen  ist.  Wir 
kommen  damit  auch  zu  den  Versuchen,  den  Kessel  selber  in  diese  Spätzeit  zu  datieren. 
Allenthalben  drängten  sich  inhaltliche  oder  stilistische  Analogien  auf  Denkmälern 
des  frühen  Mittelalters  auf.  Man  wies  auf  figürliche  Bronzebleche  meist  aus  dem 
Schweden  des  6./y.  Jahrh.  n.  Chr.  hin,  welche,  als  Beschlägevon  Helmen  oder  Schwert- 
scheiden dienend,  Krieger  zu  Pferde  und  zu  Fuß  oder  Kämpfe  darstellten  und  trotz 
erhebhch  verstärkter  Unbeholfenheit  der  Wiedergabe  doch  als  rechte  Nachfahren 


')  Reinach,   Rep.   des  Reliefs   III  S.  497,   i.  *)  Grempler,  Der  Fund  von  Sackrau  (1887) Taf.  IV 6. 


Fr.  Drexel,  Über  den  Silberkessel  von  Gundestrup.  oc 

der  Kesselbilder  gelten  durften  ^).  Wulff  a,  a.  0.  legte  ihre  stilistische  Verwandt- 
schaft mit  den  Bildern  der  etwa  derselben  Zeit  angehörigen  Spangenhelmc  dar. 
M.  Much  2)  stellte  die  Gürtelschnallen  und  verwandten  Beschläge  des  frühen  Mittel- 
alters mit  dem  Bilde  eines  von  zwei  Tieren  flankierten  Mannes  zusammen,  das  schließ- 
lich als  »Daniel  in  der  Löwengrube«  ins  Christliche  umgebogen  wird,  und  führte  es 
auf  den  Typus  des  tierbändigenden  Gottes,  wie  er  ganz  rein  nur  auf  dem  Gundestruper 
Kessel  erscheint,  zurück.  Die  Goldhörner  von  Gallehus  wurden  zum  Vergleiche 
herangezogen  3);  man  verwies  auf  den  dreiköpfigen  und  den  gehörnten  Gott  als 
keltische,  auf  den  einen  Fisch  verzehrenden  Vogel,  das  Münzbild  von  Sinope,  und 
den  Kentauren  als  südliche  Motive  neben  den  nordischen  Elementen  und  erkannte 
damit  die  gleiche  Mischung  von  Motiven  verschiedener  Herkunft  wie  auf  dem  Kessel. 
Wulff  hat  in  dem  angeführten  Aufsatz  weiter  auf  die  Verwandtschaft  mit  den  nor- 
dischen Goldbrakteaten  4)  aufmerksam  gemacht  und  die  oben  S.  2i  bereits  charakteri- 
sierte Bildung  des  Gesichts  als  gemeingermanisch  hingestellt.  Wer  die  nordischen 
Funde  überblickt,  wird  hier  noch  viel  Material  beibringen  können.  Die  Tierbildung 
des  Kessels  lebt  z.  B.  fort  in  den  Tieren  eines  der  Kaiserzeit  angehörigen,  aber  einer 
Werkstatt  des  freien  Germaniens  entstammenden  silberblechbelegten  Bronzebügels 
aus  dem  Torsberger  Moor  5).  Wie  sind  alle  diese  Erscheinungen  zu  erklären,  wenn 
der  Kessel  so  viel   älter  ist.f* 

Man  hat  seit  langem  die  Bedeutung  erkannt,  welche  die  meixhellenischen 
Goldschmiedewerkstätten  am  Pontus  für  die  Entstehung  des  frühmittelalterlichen 
Kunsthandwerks  gehabt  haben  ^).  Lange  vor  der  eigentlichen  Völkerwanderungszeit 
sind  eine  ganze  Reihe  ihrer  Erscheinungen  in  Ansätzen  oder  schon  ausgebildet  am 
Pontus  festzustellen,  so  die  wichtige  Technik  der  Almandineinlage  7).  Altgriechische 
und  orientalische  Motive,  deren  Wiederauftreten  im  frühen  Mittelalter  nach  langem 
Verschollensein  überrascht,  haben  dort  an  der  Grenze  von  Orient  und  Okzident 
geschlummert.  Alle  diese  Elemente  wurden  frei,  als  mit  dem  Untergang  der  römischen 
Herrschaft  auch  die  Gewalt  der  griechisch-römischen  Reichskunst  gebrochen  war. 
Im  Gefolge  der  siegreichen  Stämme  ergossen  sie  sich  über  das  nördliche  Europa, 
um  sich  dort  in  mannigfacher  Mischung  mit  den  Kunstäußerungen  der  bisherigen 
Herren  des  Landes  zu  entfalten.  Eines  dieser  Elemente  ist  denn  auch  die  Kunst - 
weise,  der  unsere  Untersuchung  galt,  sie  lebt  in  allen  den  oben  zusammengestellten 
Denkmälern  fort.    Entwicklungsgeschichtlich  steht  also  der  Kessel  von  Gundestrup 

*)  Schumacher,  Germanenkatalog  3  (s.  S.  2  Anm.  i)  die  eigentümliche  Nackenlocke  der  Männer  des 

Nr.  47.  47  a  und  Ph.  31.    Montelius,  Kulturgesch.  Kessels   kehrt  auf   den    Brakteaten   wieder. 

Schwedens  S.  232.  5)  Mestorf,    Vorgesch.    Altertümer    aus    Schleswig- 

a)  Mitt.  der  k.  k.  Zentralkommission  1898  S.  133  ff.  Holstein  Taf.  LIII  Nr.  667. 

Viel  weiteres  Material  bei  Besson,  L'art  barbare  6)  Hampel,  Der  Goldfund  von  Nagy-Szent-Miklos 

dans   l'ancien   diocese   de   Lausanne    (Lausanne  S.  127  ff.   S.  Reinach  indenS.  2  Anm.  5aufgeführ- 

1909)  S.  64  ff.  ten  Schriften.       Giemen,  Bonner  Jahrb.  92,  1892 

3)  S.  Müller,  Nordische  Altertumskunde  II  S.  151  ff.  S.   6  ff.      Salin,   Altgermanische  Tierornamentik 

4)  Salin,  Antikvarisk  Tidskrift  för  Sverige  XIV  2.  S.   12  ff.  41  ff. 

Ders.,  Altgerm.  Tierornamentik  S.  216  ff.    Auch        7)  Ebert,  Prähist.  Zeitschr.  I  1909  S.  65  ff.    Ders., 
Festschrift  für  O.   Montelius   1913   S.   271  ff. 

3* 


^5  E.  Buschor,  Skythes  und  Epilykos. 


allerdings  am  Beginn  des  Mittelalters,  dessen  figürliche  Reliefkunst  nach  Stil  und 
Inhalt  in  seinem  Bilderwerk  vorgebildet  erscheint.  Der  Gang  der  Geschichte  hat 
mit  der  römischen  Eroberung  des  Nordens  den  Lauf  dieser  Strömung  aufgehalten 
und  unterbunden,  bis  die  Ereignisse  der  Völkerwanderung  ihr  wieder  freie  Bahn 
geschaffen  haben. 

Vermutlich  sind  eben  im  Getriebe  dieser  Wanderungen  das  Medaillon  von 
Roermond  wie  der  Kessel  von  Gundestrup  an  ihren  Fundort  gelangt.  Der  Kessel 
ist  dann  die  gleiche  Straße  gezogen  wie  die  Herulerscharen,  die  zu  Anfang  des  6.  Jahrh. 
n.  Chr.  ihre  Sitze  in  Südungarn  wieder  mit  der  alten  Heimat  Skandinavien  ver- 
tauschten (Procop.  de  bello  Goth.   II  15). 

Frankfurt  a.  M.  Fr.  Drexel. 


SKYTHES  UND  EPILYKOS. 

Dem  Vasenmaler  Skythes,  der  den  Namenspatron  des  »epiktetischen  Kreises« 
so  sehr  in  den  Schatten  gestellt  hat,  ist  sein  Recht  erst  geworden,  als  in  Caere  die 
schöne,  von  Rizzo  im  zwanzigsten  Band  der  Monuments  Piot  (S.  lOi  ff.)  veröffent- 
lichte Schale  mit  der  Malersignatur  auftauchte.  Der  Herausgeber  hat  auch  sofort 
erkannt,  daß  der  neugewonnene  Meister  mit  diesem  Werke  nicht  allein  steht,  sondern 
daß  die  Caeretaner  Schale  eine  ganze  Gruppe  von  Gefäßen  nach  sich  zieht,  die  mit 
ihr  durch  den  gemeinsamen  Lieblingsnamen  des  Epilykos  verknüpft  ist  und  deren 
geschlossenen  Charakter  schon  Pottier  im  3.  Band  seines  Louvre -Katalogs  (S.  891  ff.) 
und  mehr  noch  Furtwängler  (Griechische  Vasenmalerei  II  S.  182)  betont  hatte. 
Die  photographischen  Wiedergaben  der  Schalen  Boston  (Mon.  Piot  XX  Tafel  8) 
und  Rayet  (Tafel  7)  sowie  der  Pariser  Schale  G  13  (S.  129)  lassen  an  der  Einheit 
der  Malerhand  keinen  Zweifel;  die  von  Sudhoff  (Aus  dem  antiken  Badewesen  S.  56) 
abgebildete  Schale  mit  dem  Frauenbad  zeigt,  wie  die  unpublizierten  obszönen  Außen- 
bilder der  Schale  G  13,  daß  diese  Pfand  auch  derber  gezeichnete  Gestalten  in  weniger 
penibler  Ausführung  und  völligeren  Proportionen  hinsetzen  konnte,  ohne  ihre  Eigen- 
art zu  verleugnen,  die  Pariser  und  Palermitaner  Schale  mit  den  schwarzfigurigen 
Außenbildern  (Mon.  Piot  IX  S.  157 — 159)  schlagen  die  Brücke  von  den  signierten 
Pinakes  zu  den  rotfigurigen  Vasenbildern,  und  der  Rest  der  Gruppe,  besonders  die 
Bankettschale  des  Louvre  (Mon.  Piot  IX,  Tafel  15),  harmoniert,  soweit  dies  sich 
aus  den  geringen  Abbildungen  entnehmen  läßt,  vortrefflich.  Die  ganz  andersartige 
Schale  in  Philadelphia  ist  keineswegs  sicher  dem  Epilykos  gewidmet  (vgl.  Rizzo 
S.  132).  Daß  die  Epilykosgruppe  durch  eine  Krates-  und  eine  Pedieusschale  (Cam- 
bridge 70,  Mon.  Piot  XX  S.  136)  erweitert  wird,  hatte  schon  Pottier  wahrscheinlich 
gemacht;  vor  der  Zuweisung  der  Cornetaner  Pedieusschale  hat  sich  Rizzo  mit  Recht 


E.  Buschor,  Skythes  und  Epilykos.  •57 

gesträubt,  und  daß  er  dies  auch  angesichts  der  Euergidesschale  der  Sammlung  Barone 
hätte  tun  sollen,  hat  ihm  inzwischen  schon  Beazley  (J.  H.  St.  XXXIII  S.  348)  nach- 
gewiesen. 

Dagegen  hat  Rizzo  drei  Gefäße  aus  diesem  Zusammenhang,  in  den  Potticr 
und  Furtwänglcr  sie  mit  großer  Wahrscheinlichkeit  gestellt  hatten,  wieder  gerissen: 
die  Berliner  Fragmente  Furtw.  4041,  die  Pariser  Fragmente  G  lo'"^  und  die  Pariser 
Schale  G  10.  Allerdings  hat  er  nicht  den  mindesten  Versuch  unternommen,  die 
Eigenart  dieser  Gefäße  zu  charakterisieren  oder  irgendeinen  stilistischen  Unterschied 
zwischen  ihnen  und  den  Skytheswerken  aufzuzeigen;  er  beschränkt  sich  darauf, 
sich  über  die  alte  Einreihung  dieser  Stücke  lustig  zu  machen  (S.  124  Anm.  i)  und 
sie  als  signierte  Werke  des  Malers  Epilykos  auszuscheiden. 

Ich  glaube,  der  neue  Fund  hat  Furtwängler  und  Pottier  nicht  so  Unrecht  ge- 
geben, wie  Rizzo  meint.  Eine  auf  mein  Ersuchen  von  R.  Zahn  Januar  1914  gütigst 
vorgenommene  Untersuchung  hat  ergeben,  daß  das  .  .  cpcfsv  der  Inschrift  auf  dem 
kleineren  Berliner  Fragment  durchaus  nicht  notwendig  mit  dem  E- .  Xu  des  größeren 
Fragments  verbunden  werden  muß.  Da  G.  Roden waldt,  der  unabhängig  zu  dem- 
selben Resultat  gekommen  ist,  den  Sachverhalt  inzwischen  im  Arch.  Anz.  1914 
vSp.  87  ff.  festgestellt  hat,  brauche  ich  nur  darauf  zu  verweisen;  die  angebliche  Maler- 
signatur des  Epilykos  löst  sich  danach  mit  größter  Wahrscheinlichkeit  in  eine  Maler- 
signatur des  Skythes  und  eine  Lieblingsinschrift  des  Epilykos  lauf.  Nun  steht  den 
Berliner  Fragmenten  die  wenig  jüngere  Pariser  Scherbe  G  10^'^  (Furtwängler -Reich - 
hold.  Griechische  Vasenmalerei  II  S.  183  Abb.  63)  außerordentlich  nah,  und  Furt- 
wängler (S.  182  Anm.  2)  und  Pottier  (Catalogue  G  lo*"*)  haben  diese  intime  Ver- 
wandtschaft mit  Recht  besonders  hervorgehoben.  Kann  man  das  Fragment  im 
Louvre  wirklich  als  signiertes  Werk  des  Malers  Epilykos  in  Anspruch  nehmen  ? 
Muß  das  .  .  xo?  wirklich  mit  dem  .  .  pacp  .  .  (vgl.  die  Abbildung  Mon.  Piot  XX  S.  123) 
unmittelbar  verbunden  werden }  Ist  es  wirklich  ungezwungener,  E-iXuxo;  sypacpssv 
und  xaXo?  SxuOe?  zu  verbinden,  als  EmXuxoc  xaXo?  und  Sxuös?  sypocpasv.''  Ist 
nicht  die  Analogie  der  Inschriften  auf  der  neu  gefundenen  Schale  ausschlaggebend? 
Hat  xaXo;  mit  isoliert  geschriebenem  l'xuDsc  überhaupt  einen  Sinn  oder  ist  etwa 
gar  der  Junge,  neben  dem  die  Inschrift  SxuOe?  steht,  der  Pinax-  und  Vasenmaler.? 
Und  hat  das  gegenseitige  Schönheitslob  irgendeine  Analogie  oder  innere  Wahr- 
scheinlichkeit.'* Ich  glaube,  daß  die  Inschriften  der  alten  Zuweisung  an  den  (damals 
noch  nicht  dem  Namen  nach  bekannten)   Skythes  alle  Ehre  machen. 

Schwieriger,  aber  nicht  hoffnungslos  liegt  der  Fall  bei  dem  dritten  »signierten 
Epilykos«,  der  fragmentierten  Schale  im  Louvre  G  10.  Pottiers  Liebenswürdigkeit 
verdanke  ich  die  Photographie  des  Innenbildes  im  neu  gereinigten  Zustand  (Abb.  i), 
auf  der  die  frappante  Übereinstimmung  mit  den  Skytheswerken  sofort  in  die  Augen 
springt.  Die  Inschrift  zieht  sich  nach  gütiger  Mitteilung  Pottiers  von  links  Mitte 
bis  rechts  Mitte  dem  tongrundigen  Rändchen  entlang  und  lautet  vor  der  Lücke 
EtciXuxo,  dahinter  .  asv  xaXo?.  Das  .  .  asv  kann  natürlich  nicht  anders  ergänzt 
werden  al?  zu  e^pacpssv  oder  erotsacv.  Da  kein  Anhaltspunkt  zu  einer  Ent- 
scheidung vorliegt,  so  sei  zunächst  festgestellt,  daß  eine  sichere   Malersignatur 


38 


E.  Buschor,  Skythes  und  Epilykos. 


des  Epilykos  überhaupt  nicht  existiert.  Man  würde  angesichts  der  stiHsti- 
schen  Übereinstimmung  der  Schale  mit  den  Skytheswerken  eher  die  Töpfersignatur 
ergänzen  wollen,  wenn  man  nicht  überhaupt  der  Inschrift  Sinn  und  Korrektheit 
absprechen  müßte.  Das  doppelte  Prädikat  .  .  asv  xotXo?  kann  nur  durch  ein  Ver- 
sehen erklärt  werden,   und  die  Tatsache,   daß  sich  Eit[iXux')c]  xoiXo?  auf  der  Außen- 


Abb.  I.     Louvre  G  lo. 


Seite  wiederholt,  spricht  entschieden  dafür,  daß  dasselbe  im  Innenbild  gemeint  war. 
xaXo?  als  Adverb  zu  fassen,  geht  nicht  an.  Pottier  hat  Mon.  Piot  IX  S.  171  mit 
Recht  erklärt,  daß  das  xaXo?  auf  den  Epilykosschalen  nicht  auf  einmal  etwas  ganz 
anderes  bedeuten  kann  als  auf  tausend  anderen  Vasen,  und  nachdem  sich  das  EiriXuxo? 
xaXo?  auf  allen  anderen  Gefäßen  als  eine  von  Skythes  beliebte  einfache  Lieblings - 
inschrift  erklärt  hat,  wird  man  das  .  .  aev  der  Hermesschale  als  eine  durch  Ver- 
schreibung  eingeschlichene  und  durch  das  nachfolgende  xaXo?"  korrigierte  Irrung 
der  Malerhand  ungezwungener  erklären  als  durch  die  Annahme,  Skythes  habe  — 
nicht  ohne  Verstoß    gegen    die  Grammatik  —   seinen  Chef   als  irat?  xaXo?   gefeiert. 


E,  Buschor,  Skythes  und  Epilykos. 


39 


Nun  hat  Rizzo,  der  die  Verehrung  schöner  Knaben  im  Altertum  nicht  recht 
wahr  haben  will,  diese  Lobschriften  anders  gedeutet;  als  ob  die  allgemeine 
Formel  6  izaig  xaXo?  in  unzähligen  Fällen  nicht  deutlich  verriete,  welche  Eigen- 
schaft an  dem  mit  Namen  Genannten  gefeiert  wird.  Er  versteht  'EttiXu/o?  v.tXoz 
als:  »Epilykos  ist  ein  wackerer  Maler«  und  scheut  sich  nicht  vor  der  Vorstellung, 
Skythes  sei  20  Jahre  (denn  über  soviel  Zeit  verteilt  er  etwa  die  Epilykosgefäße)  nicht 
müde  geworden,  auf  seinen  Schalen  die  künstlerischen  Fähigkeiten  seines  Kollegen 


Abb.  2.     Wien,  Hofmuseum  318. 


zu  preisen.  Es  braucht  aber  kaum  erst  bewiesen  zu  werden,  daß  sich  die  Epilykos- 
gefäße nicht  über  ein  Jahrzehnt  hinaus  erstrecken,  ein  Jahrzehnt,  das  zum  aller- 
größten Teil  dem  der  Leagrosgefäße  vorausliegt,  also  etwa  mit  dem  vorletzten  des 
6.  Jahrhunderts  zusammenfällt.  Zudem  halten  wir  die  künstlerische  Betätigung 
des  Epilykos  überhaupt  nicht  für  erwiesen  und  haben  auch  gesehen,  daß  das  Gegen- 
lob, das  angeblich  Epilykos  auf  der  Schale  Louvre  G  lO*"''  dem  Skythes  zollt,  auf 
sehr  schwachen  Füßen  steht.  Nicht  viel  besser  steht  es  mit  den  von  Rizzo  heran- 
gezogenen Analogien.  Ein  Lob  des  alten  Euphiletos  (der  vielleicht  gar  nicht  der 
Maler,  sondern  nur  der  Stifter  des  Finax  'Ecp.  1888  Tafel  12  gewesen  ist)  auf  schwarz - 
figurigen  Gefäßen  mit  voll  entwickelter  Faltengebung  stößt  doch  ebenso  auf  chrono- 
logische Bedenken  wie  der  Preis  des  Kleinmeisters  Tleson  auf  einer  rotfigurigen  Schale. 


AO  E.  Buschor,  Skythes  und  Epilykos. 


Daß  Duris  auf  der  schönen  Eosschale,  also  gegen  480,  die  Kleinmeisterschalen  des 
Hermogenes  preise,  ist  vollends  ausgeschlossen,  und  den  Glaukytesnamen  auf  dem 
Pinax'Ecp.  1887  Tafel  6  hat  Wolters  (S.  ii8  ff.)  doch  mit  großer  Wahrscheinlichkeit 
als  Ersatz  des  486  ostrakisierten  Megakles  erwiesen;  auch  die  .Entstehungszeit  des 
Werkes  fiele  ein  gutes  Stück  über  die  Kleinmeisterzeit  hinaus.  Das  einzige  Beispiel, 
das  einlädt,  den  Liebling  mit  einem  Vasenmeister  zu  identifizieren,  schließt  gleiche 
Schaffenszeit  so  gut  wie  aus.  Denn  daß  Andokides  sein  Geschäft  schon  im  Betrieb 
hatte,  als  Timagora  auf  einer  Hydria  ihm  huldigte,  ist  fast  undenkbar;  er  kann 
damals  kaum  mehr  als  ein  Knabe  gewesen  sein.  So  bleibt  die  eine  Inschrift  Xa[;(pu]X[i]ov 
xotXo?  der  Palermitaner  Sehale  Hartwig,  Meisterschalen,  Tafel  i,  die  man  (falls 
das  ETroeasv  wirklich  gefehlt  hat  und  der  Name  richtig  ergänzt  ist)  lieber  mit  Klein 
durch  ein  Versehen  erklären  wird,  statt  sie  als  Preis  der  Töpferkunst  Kachrylions 
zu  deuten.  Jedenfalls  genügt  dieses  eine  Beispiel  nicht,  um  Rizzos  »Bravo«-Theorie 
darauf  aufzubauen. 

Auf  diesen  Stein  des  Anstoßes  hätte  Rizzo  übrigens  mit  demselben  Recht 
einen  anderen  legen  können.  Ich  meine  den  henkellosen  Deckelbecher  Nr.  318  aus 
der  Sammlung  des  Kaiserhauses  in  Wien,  der  die  Inschrift  Ntxoar&evs?  xctXo?  trägt 
und  noch  zu  Lebzeiten  des  fruchtbaren  Töpfers  entstanden  sein  kann  (Phot.  Wlha 
9067;  Abb.  2  nach  einer  für  die  Bayr.  Akademie  gemachten  Aufnahme).  Er  ist 
etwas  jünger  als  das  signierte  Florentiner  Gefäß  gleicher  Form  (Milani,  Monumenti 
scelti  Taf.  I,  2 — 4)  und  muß  aus  der  Zeit  stammen,  in  der  der  rotfigurige  Stil  schon 
mit  dem  alten  konkurrierte;  aus  einer  Zeit,  in  der  der  Bildtypus  der  panathenäischen 
Amphora  Bonner  Studien  S.  247  schon  gangbare  Münze  geworden  war  und  die  Indi- 
vidualisierungsversuche aus  den  Werkstätten  des  Andokides  (Furtw.  -Reichh.  Taf.  1 1 1 ) 
und  Kachrylion  (Hartwig,  Meisterschalen  S.  27)  schon  zu  Lösungen  wie  der  des 
Euphronios  (Furtw. -Reichh.  Taf.  93)  hindrängten.  Das  letztgenannte  Bild  gibt  uns, 
glaube  ich,  den  Schlüssel  zum  richtigen  Verständnis  der  Wiener  Inschrift.  Das  Zu- 
sammentreffen von  vier  Knabennamen  und  vier  Knabenbildern  läßt  keinen  Zweifel, 
daß  die  Lieblingsinschrift  am  Bema  dem  reizenden  Flötenspieler  gilt,  und  man  wird 
nicht  umhin  können,  einen  der  beiden  jugendlichen  Vortragskünstler  auf  dem  Bema 
des  Wiener  Bechers  Nikosthenes  zu  benennen.  Daß  dieser  Bursche  nicht  zur  frühen 
Amasis-  und  Exekiaszeit  schon  Amphoren  wie  die  des  Britischen  Museums  B  295 
auf   den   Markt   gebracht   hat,    leuchtet   ein. 

Sind  damit  die  »schönen  Maler«  und  die  »schönen  Töpfer«  wieder  in  der  Ver- 
senkung verschwunden,  so  bleibt  auch  für  Epilykos  die  einfachste  Lösung  die,  daß 
er  weiter  nichts  als  ein  schöner  Knabe  war,  der  in  den  letzten  Jahren  des  pisistra- 
tischen  Regiments  zusammen  mit  Memnon,  Miltiades,  Hipparchos  in  der  Palästra 
Aufsehen  erregte.  Was  weiter  aus  ihm  geworden  ist,  wissen  wir  nicht;  vielleicht 
der  Großvater  jener  kostspieligen  jungen  Schwiegertochter  des  Perikles,  die  nach 
Plutarch  Perikles  36  ihren  Gatten  zu  etwas  anrüchigen  Finanzmanipulationen  ver- 
anlaßt hat. 

München.  Ernst    Buschor. 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  ^j 


DIE  KRETISCHE  LINEARSCHRIFT. 

§  I.     VORWORT. 

Vorbereitende  Studien  über  die  kretische  Linearschrift,  die  trotz  ihrer  ein- 
schneidenden Bedeutung  für  unsere  Kenntnis  der  ägäischen  Kultur  noch  zu  wenig 
beachtet  und  untersucht  und  auch  leider  noch  zu  wenig  bekanntgegeben  ist,  habe 
ich  vor  zwei  Jahren  in  einer  kurzen  Untersuchung  niedergelegt  ^).  Die  dort  ge- 
machten Beobachtungen  konnte  ich  während  eines  Besuches  im  April  1914  in  Hera- 
klion  auf  Kreta  weiter  verfolgen  und  berichtigen,  dank  der  Liberalität  der  Herren 
Hatzidakis  und  Xanthudidis,  die  die  Arbeit  in  zuvorkommender  Weise  unter- 
stützt haben,  wofür  ihnen  hier  mein  bester  Dank  ausgesprochen  sei.  Ich  habe  dabei 
die  Täf eichen  aus  Hagia  Triada,  die  die  Hauptsumme  des  A- Systems  ausmachen, 
in  ihrer  Gesamtheit  einer  Musterung  unterzogen,  um  ein  möglichst  richtiges  Bild 
dieser  Schrift  zu  gewinnen,  und  dürfte  somit  das  Material  dieser  Schriftgattung 
beinahe  vollständig  übersehen,  während  dagegen  die  Knossos -Täf eichen  in  ihrer 
unzähligen  Masse  fast  unübersehbar  sind.  Hier  habe  ich  jedoch  den  Befund  der 
männlichen  Namen  erheblich  erweitern  können.  Es  erscheint  mir  nicht  unangebracht, 
eine  zusammenfassende  Darstellung  meiner  Beobachtungen  zu  geben,  um  einem  weite- 
ren Kreise  Kenntnis  von  diesen  Dingen  und  die  Möglichkeit  einer  Beschäftigung  mit 
ihnen  zu  schaffen,  soweit  dies  ohne  Veröffentlichung  des  gesamten  Materials  möglich 
ist;  nur  vielseitiges  Zusammenwirken  kann  in  diese  so  schwierige  Frage  mehr  Licht 
bringen.  Zunächst  gebe  ich  noch  einmal  das  Verzeichnis  der  publizierten  Schrift- 
denkmäler der  linearen  Gattungen  zur  allgemeinen  Orientierung. 

Von  den  Schriftdenkmälern,  die  zu  dem  linearen  System  A  gehören,  sind 
folgende  bekannt  gegeben: 

1 — 4.  Vier  Tontäfelchen  aus  einem  Privathause  in  Hagia  Triada,  Rendic.  Ac. 
Lincei  XIV  (1905),  390;  5 — 9.  Täfelchen  aus  Hagia  Triada,  Monum.  antichi  XIII 
23 — 6;  10 — 11.  Täfelchen  aus  dem  Privathause  in  Hagia  Triada,  Mem.  Inst.  Lomb. 
XXI  247  u.  Taf.  VI;  12 — 16.  »Clay  disks«  aus  Hagia  Triada,  Mon.  ant.  XIII  27; 
17 — ^19.  Tontäfelchen  aus  Tylissos, 'Ecp.  dpx-  1912,  213  f.;  20.  Mtvtuixöv  OpTjOxeuxixov 
oxsuoc  aus  Archanai  südl.  von  Knossos,  'E(p.  dp^.  1909,  182;  21 — 22.  »Tables  of  offering« 
aus  der  Diktäischen  Höhle,  Evans,  Scripta  Minoa  I  15  u.  An.  Brit.  Seh.  VI  114;  23. 
Beschriebenes  Stückeines  Steatitbechers  aus Palaikastro, 'E(p.  apj(.  1909,  192;  24.  Ton- 
täfelchen aus  Phaistos,  Ausonia  III  267;  25 — 26.  Inschriften  auf  2  Pithoi  aus 
Phaistos,  Mon.  ant.  XII  97  f.;  27.  »disk«  aus  Zakro,  J.  of  Hell.  Stud.  XXII  89; 
28.  Täfelchen  aus  Gurnia,  Boyd-Hawes,  Gourniä  S.  55;  29 — 30.  Vaseninschriften 
ausKnossos,  An.  Brit.  Seh.  VII 10.  VIII 108;  31.  Täfelchen  aus  Knossos,  An.  Brit.  Seh. 
1X52;  32 — 33.  Vaseninschriften  aus Melos Excav.  at  Phylakopi  S.  I77f.;  34.  Vasen- 
zeichen aus  Mochlos,  Seager,  Explor.  in  Mochlos  S.  39;  35.  Vaseninschrift  aus  Orcho- 
menos,   Evans,    Scripta  Min.    I  34;  36 — 37.   Lineare  Zeichen  und  Zeichengruppen 

')  Über    die    vorgriechische    lineare  Schrift   auf  Kreta,    Öfversigt    af  Finska  Vet.-Soc.  Förh.    1913. 


A2  J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 

zusammengestellt  von  Evans,  Cret.  Pictogr.  S.  346  f.;  38.  »contromarche  dei  sigilli« 
aus  Hagia  Triada,  Monum.  ant.  XIII  46!.;  39.  Zeichen  auf  Bronzetalenten  aus 
Hagia  Triada,  Rev.  Et.  Gr.  1905,  83;  40.  »cretula  con  segni«  aus  Hagia  Triada,  Rend. 
Acc.  Line.  XIV  (1905)  ^y6]  41.  Steinzeichen  aus  Phaistos,  Mon.  antichi  XII  87  f. 
XIV  333  f.  431  f.;  42.  Steinzeichen  im  Palast  von  Knossos,  Evans,  Cret.  Pict.  282. 
J.  ofH.  Stud.  XXI273.  An.  Brit.  Seh.  VIII 64  f.  und  mehrfach  Beschreibung  derselben 
in  den  Ausgrabungsberichten  im  An.  Brit.  Seh.  VI — XI,  vgl.  Indices  dazu;  43.  Stein - 
zeichen  in  den  Gräbern  von  Knossos,  Evans,  The  prehist.  tombs  of  Knossos,  Ar- 
chaeologia  LIX  (1905)  391  f.  526f. ;  44.  Steinzeichen  auf  einem  Block  in  Gurnia, 
Boyd-Hawes,  Gourniä  S.  25;  45.  Beschreibung  von  Zeichen  auf  den  Quadern  in 
Hagia  Triada,  Mem.   Inst.  Lomb.  XXI  238  f. 

Als  Inschriften  des  linearen  Systems  B  (alle  aus  Knossos)  sind  publiziert: 
46.  Tafel  mit  Frauennamen,  Evans,  Scripta  Minoa  I  48;  47.  Tafel  mit  Wagen- 
rädern, Evans,  Scripta  Minoa  I  47;  48.  Tafel  mit  drei  Paragraphen,  Scripta  Minoa 
I  49;  49.  Täf eichen  aus  dem  »Deposit  of  the  Chariot  Tablets«,  An.  Brit.  Seh.  VI  58; 
50.  Täfelchen  mit  Rhyta  und  Becher,  Corolla  Numismatica  352  f.;  51.  Täfelchen 
mit  Schwertzeichen,  Evans,  Scripta  Minoa  I  55;  52.  Täfelchen  mit  »Frame  of  Chariot«, 
An.  Brit.  Seh.  X  58;  53 — 54.  Täf  eichen  mit  Ziegenhörnern,  An.  Brit.  Seh.  X  58;  55. 
Täf  eichen  »docketed  with  summary  of  Contents«,  Evans,  Scripta  Min.  I  46;  56.  Teil 
eines  Täfelchens  aus  dem  »Room  of  the  Chariot  Tablets«,  An.  Brit.  Seh.  IX  128;  57. 
Beispiel  von  Schwertideogrammen,  An.  Brit.  Seh.  VIII  94;  58.  Beispiele  von  Täfelchen 
in  B-Schrift,  Mosso,  Escurs.  nel  Medit.^  S.  305;  59 — 60.  »Clay  sealings«,  An.  Brit. 
Seh.  X  60;  61 — 62.  Siegel,  Evans,  Scripta  Minoa  I  43;  63.  Vasenfragment  mit  be- 
malter Inschrift,  An.  Brit.  Seh.  VIII  67;  64.   Graffiti,  Evans,  Scripta  Minoa  I  51. 


§  2.    VERZEICHNIS  DER  ZEICHEN. 

A.     Die    Zeichen    im    A-System, 

Die  Zeichen,  die  in  diesem  System  belegt  sind,  glaube  ich  in  folgende  Gruppen 
einteilen  zu  können: 

I.    Schriftzeichen. 

+  1.  Allgemeines  Zeichen  in  Hagia  Triada;  auch  in  Knossos,  Melos,  Gulas, 
Prodromos  Bozano  bezeugt,  auf  Siegeln  aus  Hagia  Triada  und  Steinblöcken 
in  Phaistos,  Knossos  und  Isopata,  dort  bisweilen  schräg  gerichtet  oder  mit  Quer  - 
hasten oder  zusammengesetzt  (vgl.  unten  Nr.  35.  7.  6y).  Es  ist  schon  unter  den 
hieroglyphisch -pictographischen  Zeichen  sehr  bekannt  (Evans,  Scr.  Min.  1 222  Nr.  112). 
Es  erscheint  auch  auf  den  Hagia  Triada -Täf  eichen  mit  anderen  Zeichen  zusammen- 
gesetzt (vgl.  unten  Nr.  3) ;  in  den  Hagia  Triada -Täf  eichen  kommt  es  zuweilen  zwischen 
aufgezählten  Gegenständen  vor.     Meist  steht  es  am  Ende  eines  Wortes. 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  A'i 

l  2.    Allgemeines  Zeichen,  in  Hagia  Triada,  Knossos,  Tylissos,   Gurnia,  Gulas, 

[       Ida,  Menidi,  Phaistos,  auch  auf  Quadern  belegt;   in  den  Hagia  Triada-Täfel- 

I      chen  auch  als  Aufzählungsgegenstand  sich  findend,  zuweilen  als  Zeichen  zwischen 

solchen  Gegenständen,    zuweilen   zusammengesetzt    (vgl.  Nr.  i6).      Dieses   Zeichen 

findet  sich  schon  unter  den  hieroglyphisch -pictographischen   Zeichen   (Scr.  Min.  I 

227  Nr.  128). 

I  j  j        3.    Allgemeines    Zeichen    von    verschiedenen    Formen 

-4—    —T—    yt\  in   Hagia  Triada,    dort   auch   auf  Siegeln;    auf  Blöcken 


■  *""       ^    in  Phaistos,   Knossos,   Isopata.     Häufig  steht  es  in  den 

Hagia  Triada -Täf eichen  als  zweites  Wort  vom  Anfang  allein  zwischen  Punkten, 
einmal  kommt  es  als  Gegenstandszeichen  mit  Zahlangabe  vor.  Auch  zusammen- 
gesetzt kommt  es  vor,  einmal  mit  Nr.  i,  wie  es  scheint.  Unter  den  hieroglyphisch- 
pictographischen  Zeichen  findet  man  dieses  »Baumzeichen«  ebenfalls  (Scr.  Min.  I 
217  Nr.  97). 


1- 


4.    Allgemeines  Zeichen,  bekannt  in  Hagia  Triada,   Knossos,  Tylissos. 

5.    Häufiges  Zeichen,  belegt  in  Hagia  Triada,   Knossos  und  in  Phaistos  als 
Blockzeichen.     Es  ist  von  dem  folgenden  Zeichen  zu  unterscheiden. 


6.  Häufiges  Zeichen,  belegt  in  Hagia  Triada  und  in  Phaistos  als  Block- 
zeichen; vom  vorhergehenden  und  nachfolgenden  zu  unterscheiden. 
Es  begegnet  auch  unter  den  pictographischen  Zeichen   (Scr.  Min.  I  199 

Nr.  45)- 

Sy.  Allgemein,  in  Hagia  Triada,  Phaistos,  Knossos,  der  Diktäischen  Höhle, 
Praisos  belegt,  ebenso  auf  den  Steinblöcken  der  knossischen  und  phaistischen 
Paläste  (in  Knossos  auch  vereint  mit  anderen  Zeichen,  wie  mit  Nr.  i  und  mit 
dem  Stern).  Es  findet  sich  unter  den  hieroglyphischen  und  pictographischen  Zeichen 
in  mehreren  Formen  belegt  (Scr.  Min.  I  198  f.  Nr.  44);  von  den  beiden  vorher- 
gehenden ist  es  zu  unterscheiden.  Als  zusammengesetzt  in  Hagia  Triada,  vgl. 
bei  Nr.   14. 


T 


T 


8.    Allgemein,  in  Hagia  Triada,  Phaistos,  Archanai  gefunden. 


r-T-.       9.    Allgemein,  in  Hagia  Triada,  Knossos,  Phaistos  belegt,  auch  als  pictogra- 

Iphisches  Zeichen  gefunden    (Scr.  Min.  I  223  Nr.  113).     Es  wird  auch  allein- 
stehend als  Gegenstandszeichen  mit   Zahlangaben   bei  Aufzählungen   verwen- 
det, auch  zusammengesetzt  (vgl.  unten  bei  Nr.  72). 

10.  Allgemein  in  Hagia  Triada;  die  letzte  Form,  die  ich  für 
identisch  halte,  ist  aus  Knossos  bekannt.  Es  kommt  in  den 
Hagia  Triada -Täf  eichen  häufig  als  Gegenstandszeichen  mit  Zahl  - 
angaben vor.  Pictographisch  sind  beide  Formen  überliefert  (Scr.  Min.  I  220  Nr. 
103.   104). 


^^Y 


44  J'  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 


+  + 


II.  Allgemein,  in  Hagia  Triada,  auch  auf  Siegeln,  Tylissos,  Phaistos, 
Archanai  gefunden.  Es  kommt  auch  als  Gegenstandszeichen  mit  Zahlan- 
gaben vor.   Zusammengeschrieben  wird  es  mehrfach  mit   einem  anderen 

Zeichen      cß      in  einer  bestimmten  Bedeutung. 

I  .  t  V  ly  12.  Allgemein,  die  erstere  Form  belegt  in  Hagia  Triada,  Archanai,  die 
M^  f  letztere  in  Melos,  Siphnos,  Siteia  und  als  Steinzeichen  in  Phaistos.  Die 
'  •  zweite  findet  sich  auch  unter  den  hieroglyphisch -pictographischen  Zeichen 
(Scr.  Min.  I  215  Nr.  92)  als  eins  der  am  häufigsten  auftretenden  Zeichen.  Es 
kommt  auch  zuweilen  in  Hagia  Triada  als  Gegenstandszeichen  mit  Zahlangabe  vor, 
unter  den  phaistischen  Steinzeichen  auch  doppelt  gezeichnet  und  in  Knossos  zu- 
sammengesetzt als  -71  K  ,  in  Phaistos  als  ^ 1    (vgl.  unten  bei  Nr.  69,  70). 

Y13.  Allgemein,  belegt  in  Hagia  Triada,  auch  auf  Siegeln,  in  der  Diktäischen 
Höhle,  Palaikastro,  Archanai,  Phaistos  als  Steinzeichen,  auch  zusammen- 
gesetzt (vgl.  unten  Nr.  35).  Dieses  Zeichen  findet  sich  bisweilen  zweimal 
hintereinander.  Es  ist  unter  den  hieroglyphisch -pictographischen  Zeichen  sehr 
gewöhnlich    (Scr.  Min.   I  205  Nr.  60). 

V14.    Allgemein,  in  Hagia  Triada  und  Melos  gefunden,  in  Phaistos  als  Stein- 
zeichen doppelt  gezeichnet  und  eckig.    Es  erscheint  auch  unter  den  hierogly- 
phisch-pictographischen  Zeichen  (Scr.  Min.  I  192  Nr.  30).    Einigemal  kommt 
es  in  Hagia  Triada   mit   einem   anderen   Zeichen  zusammengesetzt  vor,    so  finden 

wir    ^     ft]i     ,    die  auch,    statt  zusammengesetzt,    nebeneinander   stehen  können. 


I  **  j       L  I  j     I      1      (    j       15.    Allgemein,  belegt  in  Hagia  Triada,  auch  auf  Siegeln, 

Tylissos,  Palaikastro,  Archanai,  Melos,  Zakro,  Knossos,  wo 
auch  auf  Blöcken,  wie  in  Phaistos.  Die  Formen  variieren 
sehr,  sind  aber  meines  Erachtens  alle  auf  dasselbe  Zeichen  zurückzuführen.  Es 
begegnet  auch  schon  unter  den  pictographischen  Zeichen  (Scr.  Min.  I  228  Nr.  133). 
Die  letzte  Form  ist  die  in  Knossos  verwendete;  sie  kommt  auf  Blöcken  in  der  jün- 
geren Periode  des  jüngeren  Palastes  vor  (vgl.  Scr.  Min.  I  191  Nr,  28  und  An.  Brit.  Seh. 
Vni  64).  Das  Zeichen  kann  in  den  Hagia  Triada- Täfelchen  auch  als  Gegenstands- 
zeichen mit  Zahlen  stehen.  Vorwiegend  ist  sein  Platz  am  Anfang  eines  Wortes. 
Auch  Zusammensetzungen  kommen  vor  (vgl.  Nr.   16). 

ei6.    Allgemein,   belegt  in  Hagia  Triada,   auch  auf  Siegeln,  Archanai,  Melos 
und  Isopata,  wo  achträdrig.     Es  kommt  in  Hagia  Triada  als  Gegenstands - 
zeichen  vor,    auch  in   Zusammensetzungen,    indem    es    mit  einem    anderen 
Schriftzeichen  zusammengeschrieben   wird,    anstatt  daß  die  beiden  hintereinander 

folgen  würden.     So  haben  wir     2r\     HT^     J    >  ^^n  denen  die  Zeichen  des  ersten 

und  dritten  Paares  auch  nebeneinander  geschrieben  vorkommen. 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  ^e 

Jl    \  17.    Allgemein,  mit  einigen  Variationen,  meistens  die  zwei  ersten, 

j\     j       also  nach  links  orientiert;  belegt  in  Hagia  Triada,  der  Diktäischen 
^-»    ^-^  Höhle,  Palaikastro,  Archanai,  Phaistos,     Zusammensetzungen  kom- 
men vor  (vgl.   unten  bei  Nr.  72). 

Cp7     T — \        18.    Allgemein,    in  Hagia  Triada,    auch    auf   Siegeln,   Archanai, 
1  1         Melos,   Tylissos,  Phaistos,    Praisos  gefunden.     Das  Zeichen  kommt 

*— ^    i^     zuweilen  als   Gegenstandsbezeichnung   in  Hagia  Triada  vor,    auch 
zusammengesetzt   (vgl.  unten  Nr.  72). 

p— 1  19.  Nach  den  in  B  gefundenen  Formen  zu  urteilen,  ist  dieses  Zeichen  von 
I  dem  vorhergehenden  verschieden.  Es  kommt  mehrfach  in  Hagia  Triada  vor, 
*—  auch  in  Knossos  und  Archanai. 

tii      »II       in;      ijii         20.    Allgemein,    in  Hagia  Triada,    wo    auch    auf   Siegeln, 
cL     y^      S—     *n"-    Phaistos,  Archanai,  Gurnia,  Knossos  belegt;  es  ist  wahrschein - 
'  '  '  '       lieh  das  »Hand«-zeichen,  das  schon  unter  den  hieroglyphisch - 

pictographischen  Zeichen  begegnet  (Scr.  Min.  I  183  f.  Nr.  9),  mit  einer  gewissen 
Modifikation,  indem  die  Finger  deutlich  gezeichnet  werden,  deren  Zahl  allerdings 
schwankt. 

21.    Allgemein,    in  Hagia  Triada,    Knossos,  Tylissos,   Melos  be- 
legt; kann  auch  als  Gegenstandszeichen  mit  Zahlen  vorkommen, 
auch   zusammengesetzt    (vgl.  bei  Nr.  72).     Ich  habe  es  am  Ende 
eines  Wortes  nicht  gefunden,  dagegen  häufig  am  Anfang,  auch  doppelt. 

v.,^^^  22.    Allgemein,    in    Hagia    Triada,    auch    auf    Siegeln,    Knossos, 

* — 4-»  — -^  Tylissos,  und  wohl  auch  als  Steinzeichen  in  Phaistos  (Mon.  ant. 
^  Xn  89  Tab.  Nr.  14).     Es  stellt  einen  fliegenden  Vogel  dar,  wie  auf 

dem  Phaistosdiskos.  Es  kann  auch  zusammengesetzt  vorkommen  (auf  Siegein  mit 
Nr.   i),  auch  zweimal  hintereinander. 

\        /'  23.    Allgemein,  in  Hagia  Triada  und  wohl  auf  einem  Steatit  aus  Siphnos 

iy       (Evans,  Cret.  Pict.  353  Tab.  H  Nr.  12).    Es  ist  in  Hagia  Triada  als  Gegen- 
^  Standszeichen  belegt,  auch  zusammengesetzt    (vgl.   bei   Nr.  72).     Vielleicht 

ist  hier  eine  kursive  Schreibung  des  Ziegenkopfes  zu  erkennen,  der  unter  den 
hieroglyphisch  -  pictographischen  Zeichen  häufig  vorkommt  (Scr.  Min.  I  207 
Nr.  65). 

\         24.    Mehrfach  in  Hagia  Triada  belegt.    Ich  möchte  hier  eine  kursive  Schrei - 
y/l      bung  eines  Vogels  erkennen,  und  zwar  einer  hieroglyphisch   (Scr.  Min.  I  210 
^     Nr.  80)  überlieferten  Figur. 

25.    Allgemein,  in  Hagia  Triada,   Phaistos,  Gurnia  belegt,  wohl  ein  Tier- 
kopf.    Kommt  auch  zusammengesetzt  vor  (vgl.  bei  Nr.   14). 


"3^^ 


26.    Allgemein,    in    Hagia   Triada    auch   auf  Siegeln,    Knossos, 
Tylissos  belegt.     Die  letzte  Form  in   Knossos  ähnlich  der  in  Ty- 
lissos gefundenen  Form.    Es  stellt  ein  Laubzeichen  dar;  kann  auch 
zusammengesetzt  vorkommen   (vgl.  bei  Nr.  72). 


*5  J-  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 


?/2y 


27.  Allgemein,  in  Hagia  Triada,  Knossos,  Tylissos,  wo  die  drei 
ersten  Formen  vorkommen,  die  eckige  vierte  auf  Steinblöcken  in 
Phaistos,  Knossos,  Isopata.  Dieses  ist  das  Schlangenzeichen,  das 
auch  unter  den  pictographischen  Zeichen  vorkommt  (Scr.  Min.  I  211  Nr.  84)  und 
dessen  Entwicklungstypen  dort  zu  erkennen  sind.  Es  ist  auch  als  Blockzeichen 
zusammengesetzt  bezeugt. 

V »  .         28.    Allgemein,  in  Hagia  Triada,  auch  auf  Siegeln,  Phaistos,  Knossos 

})        J I      belegt.     Unter  den  pictographischen  Zeichen  bekannt  (Scr.  Min.   I  224 
\\     ^J       Nr.   115). 

r\jt        29.    Mehrfach  in  Hagia  Triada  belegt,   auch  in  Zusammensetzungen, 
y        über  die  Zusammenschreibung  mit   einem   anderen   Zeichen  vgl.  oben 
bei  Nr.   il. 

30.    Allgemein,    in  Hagia   Triada,    Tylissos,    Mykene    (die 

»measure 
of  grain«  darstellend,  ist  auch  unter  den  pictographischen 
Zeichen  bekannt  (Scr.  Min.  I  202  Nr.  52).  Es  steht  auch  als  Beizeichen  bei 
mehreren  Gegenstandsbezeichnungen,  vielleicht  um  ein  Maß  zu  bezeichnen  (vgl. 
unten  bei  Nr.  72  und  73). 

VTj     I  31.    Einige  Male  in  Hagia  Triada  und  in  Phaistos    als    Blockzeichen 

I  j^    belegt;  vielleicht  auch  einmal  in  Archanai   (das  5.  Zeichen). 


©^-^        ^^.^        30.    Allgemein,    in  Hagia   Triada,    Tylissos,    Myl 
(  •  «J      l  ^  ^J   letzte  Form)  gefunden.   Dieses  Zeichen,  nach  Evans 

^*^*^  ^^^         r\T       rrt-o  in//       i\n  fcHoll  ot^H  10+-      onr»n      nnt-<:at"     ^Ci.x\      T-\ir»<-r\nr*-' 


i 

n 


32.    Mehrfach  aus  Hagia  Triada  bekannt. 


33.    Mehrfach  in  Hagia  Triada  belegt. 


/v        A        A  34.    Allgemein;  die  erste  Form  ist  in  Hagia  Triada  (ich  habe  dort 

/  I  /  1  /  l  ^^^^  Beispiel  für  die  Form  H  gefunden),  in  Phaistos  auch  als  Block- 
'  '  '  '  zeichen,  in  Mykene,  in  Isopata  als  Blockzeichen  belegt;  die  zweite 
Form  ist  in  Knossos  auch  als  Steinzeichen,  ferner  in  Orchomenos  und  Melos  gesehen; 
die  dritte  Variation  in  Zakro  und  wohl  etwas  verändert  in  der  Diktäischen  Opfer - 
tischinschrift  (das  2.  Zeichen).  In  den  Hagia  Triada -Täf eichen  ist  es  auch  als 
Gegenstandszeichen  mit  Zahlenangaben  gefunden. 

^  i-/\->  r^  35-  Mehrfach  belegt  in  Hagia  Triada,  Archanai,  die  dritte 
"V/  ^^^         y      Form  als  Blockzeichen  in  Phaistos.      Es  kommt  auch  doppelt 

l  '  '       vor,  ebenso  als  Blockzeichen,  als  solches  auch  in  Zusammenset- 

Zungen  wie  ^        \[_^  ^    . 

\J         36.    Einigemal  in   Hagia  Triada  belegt.     Begegnet  schon  unter  den  picto- 
I       graphischen  Zeichen  (Scr.  Min.   I  197  Nr.  39),  das  sogenannte  »ankh«. 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  a>i 


Q 


■^y.    Einigemal  in  Hagia  Triada  belegt. 


38,  Einigemal  in  Hagia  Triada  belegt,  vielleicht  auch  als  Gegenstands - 
-7)  j-  oder  Sinnzeichen.  Es  ist  das  »Augen«-Zeichen,  das  schon  unter  den  hierogly- 
^^^     phisch-pictographischen  Zeichen  bekannt  ist  (Scr.  Min.   I  182  f.  Nr.  5). 

(39.    Nur  einigemal  in  Hagia  Triada,  auch  auf  Siegeln,   in  Knossos  und  in 
Phaistos  als  Blockzeichen  belegt.    Es  soll  die  Mondsichel  vorstellen   und  wird 
schon  unter  den  hieroglyphisch -pictographischen  Zeichen  gefunden  (Scr.  Min. 
I  222  Nr.  in). 

940.    Kommt  einigemal  in  Hagia  Triada  und  auch  in  Tylissos  vor.    Es  exi- 
stiert schon  unter  den  hieroglyphisch -pictographischen  Zeichen   (Scr.  Min.  I 
190  Nr.  26). 
""T —      -   I  41.    Ziemlich  häufig  in  Hagia  Triada  belegt,  in  Knossos  und  Isopata 

Ci^  ■-  4  ■  als  Blockzeichen.  Es  kommt  vielleicht  einmal  als  Sinnzeichen  vor, 
— -^ —  "^—  auch  zusammengesetzt  (vgl.  bei  Nr.  72).  Wohl  schon  als  pictogra- 
phisches  Zeichen  bekannt.   (Scr.  Min.  I  170  P.   lOO  b). 

/^;3L         42.    Einigemal  in  den  Hagia  Triada -Täf eichen  belegt,  auch  als  Sinnzeichen 
/^     mit  Zahlen;  daneben  zusammengesetzt  (vgl.  Nr.   16). 

43.  Einigemal  in  Hagia  Triada,  Knossos,  Tylissos  belegt.  Es 
scheint  schon  unter  den  pictographischen  Zeichen  sich  zu  finden  (Scr. 
Min.  I  189  Nr.  20). 


44^ 


w 


ffl  ffl 


44.  Ziemlich    häufig   in    Hagia   Triada,    auch  in  Tylissos,    wohl   auch   in 
Phaistos  und  Archanai  belegt. 

45.  Erinnert  an  das  vorhergehende  Zeichen.     Einigemal  in  Hagia  Triada 
gefunden. 

46.    Einigemal  in  Hagia  Triada  belegt,  vielleicht   einmal  als  Sinn- 
zeichen.   Die  Form  ist  ziemlich  variierend. 


47.  Einigemal  in  Hagia  Triada  in  variierender  Form  belegt. 

48.  Die  erstere  Form  einigemal  in  Hagia  Triada,  Tylissos,  Mykene 
und  in  Knossos  als  Blockzeichen  bekannt;  die  zweite  Form  einmal  in 
Hagia  Triada  belegt  und   ohne   Punkte   in   einer  Pithosinschrift  aus 


Phaistos.    Es  kommt  mehrfach  zusammengesetzt  vor,  wie    Ö      ra      ,     vgl.   auch 

unten  Nr,  55.    Vielleicht  geht  es  auf  ein  pictographisches  Zeichen    »a   storehouse« 
zurück  (Scr.  Min.   I  198  Nr.  43),     Vgl,  unten  Nr,  71. 


^8  J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 


49.    Einigemal  in  Hagia  Triada  belegt.     Es  dürfte  vielleicht  schon  pictogra- 
phisch  vorkommen   (vgl,   Scr.  Min.   I  198  Nr.  42). 


50.    Einigemal  in  Hagia  Triada  belegt. 


t      w       fs^        51.    Einigemal  in  Hagia  Triada,  auch  auf  Siegeln,  in  Knossos  und 
y\        X     I  (    Phaistos  belegt.    Hier  ist  das  »adze«-Zeichen  zu  erkennen,  das  schon 
»      '         '       unter    den   hieroglyphischen   Zeichen   bekannt   ist    (Scr.  Min.   I    189 
Nr.  21). 

y^    /\^  /\  52.    Zuweilen    in    Hagia  Triada  und    in    einer   Vaseninschrift    aus 

Orchomenos  belegt.     Es  ist  wohl  das  Zeichen  »der  gekreuzten  Arme«, 
das  unter   den   hieroglyphisch -pictographischen  Zeichen   bekannt    ist 
(Scr.  Min.   I  183  Nr.  7). 

53.    Einigemal  in  Hagia  Triada  belegt;    es  scheint  vorwiegend   Sinnzeichen 
zu  sein,  kommt  auch  zusammengesetzt  vor. 


Ed 


54.  In  der  Gestalt  der  zwei  ersten  Beispiele  kommt  es  in  Hagia 
Triada  in  den  Täf eichen  vor  sowie  in  Phaistos  als  Blockzeichen; 
die  dritte  ausführlichere  Form,  die  auf  Siegeln  in  Hagia  Triada  be- 
gegnet, weist  deutlich  das  »Palast«-Zeichen  auf,  das  unter  den  hieroglyphisch - 
pictographischen  Zeichen  bekannt  ist  (Scr.  Min.  I  197  Nr.  41). 

ß55.    Mehrfach  in  Hagia  Triada  belegt,  meistens  als  Sinnzeichen  mit  Zahlen, 
einigemal  auch  als  Schriftzeichen  mit  anderen  kombiniert;  auch  zusammen- 


gesetzt als     L_,h^ 


A  \A  5^'  Ersteres  einigemal  in  Hagia  Triada,  letzteres  in  Mykene  belegt. 
(  \\  Es  ist  das  »mountain«-Zeichen,  unter  den  hieroglyphisch -pictographischen 
^  '   Zeichen  wohl    bekannt    (Scr.    Min.   I    223  f.    Nr.   114).      In    den    Hagia 

Triada-Täfelchen  wohl  auch  zuweilen  als  Sinnzeichen  verwendet. 

A57.    Kommt  in    den    Hagia   Triada-Täfelchen    einigemal    vor,    entweder 
doppelt  oder  einfach;  als  zweites  Wort   im  Anfang  einer  Phrase   und  einer 
Tafel.    Es  könnte  möglicherweise  zusammengesetzt  sein. 
/v  58.    Einigemal    in    Hagia   Triada    und    Knossos,     überwiegend  als   Sinn- 

~r  jL      zeichen  vorkommend,    auch  zusammengesetzt.      Das  Zeichen    erinnert    an 
ein  Zeichen  des  Phaistosdiskos,  das  als  lykischer    Bau   gedeutet    ist  (Scr. 
Min.  I  276  Fig.  126  Nr.  24). 


zrz\ 


59.  Einigemal  in  Hagia  Triada  belegt,  meistenteils  als  Sinnzeichen  mit 
Zahlenangabe. 

60.  Bisweilen  in  Hagia  Triada  belegt.    Vielleicht  der  Hasenkopf,  der  schon 
pictographisch  überliefert  ist  (vgl.   Scr.  Min.   I  208  Nr.  68). 


J,  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  aq 

6i.    Einigemal  in  Hagia  Triada  und  einmal  in  Archanai  in  der  letzteren 
Form  sich  findend;  zusammengesetzt  in  Tylissos  (vgl.  bei  Nr.  72). 


62.  Einmal   in   Hagia  Triada    und   in    Knossos    belegt,    als    Blockzeichen 
in   Phaistos. 

63.  Einmal  in  Knossos  belegt.     Dasselbe  Pfeilzeichen  erscheint  auch  hiero- 
glyphisch-pictographisch  belegt  (Scr.  Min.   I  185  Nr.   13). 


V^         64.    Einmal  in  Knossos  belegt   (An.    Brit.   Seh,  VIII  108,    innerste  Reihe, 
I        3.  Zeichen),  unsicher. 


^ 

a 


65.    Etwa  zweimal  in  Hagia  Triada  gefunden. 


66.    Einmal  in  Archanai  gefunden. 


hv^       6^.    Die    Doppelaxt,     ein   gewöhnliches    Blockzeichen    (Phaistos,    Knossos, 
^j^  Hagia  Triada,   Gurnia,  Isopata,  in  Knossos    oft    mit    einem   anderen  Block- 

'  zeichen  gepaart),  auch  unter  den  hieroglyphisch -pictographischen  Zeichen 
häufig  (Scr,  Min.  I  195  Nr.  36),  ist  auf  den  Hagia  Triada-Täfelchen  nur  einmal 
als  Beizeichen  überliefert,  kommt  aber  noch  in  Inschriften  aus  Melos  und  Gulas 
einigemal  vor  (in  Archanai  ziemlich  unsicher). 

^^  ^  68.    Die    mittlere    Form   kommt  auf  einer  Vaseninschrift 

y) — I  \J      p^     aus    Orchomenos    vor;     die    erste    auf  Blöcken   in  Phaistos 

-i-  ^  (auch  zusammengesetzt  mit  Nr.  i),  dreieckig  in  Inschriften 

aus  Mykene  und  Messarä   (vgl,  Cretan  pictogr.  349  Tab.   I   23).     Hiermit  ist  das 
pictographische  Zeichen,   Scr.  Min.  I  230  Nr.   138,  zu  vergleichen. 
III         69.    Der   Dreizack,    ein    gewöhnliches    Blockzeichen   in    Phaistos,    Knossos, 
LLi     Isopata,   auch   zusammengesetzt  (vgl.  oben  Nr.  35.   12),    und  auf  Siegeln  aus 
'       Hagia  Triada  belegt,  kommt  auch  einmal  auf  einem  Täfelchen  in  Knossos  vor. 

170.  Gefunden  auf  Quadern  in  Phaistos  und  Isopata,  auch  zusammen- 
gesetzt (wie  mit  Nr.  12),  auch  einigemal  in  Inschriften  aus  Knossos  und 
Phaistos. 

71.    In  einer  Inschrift  aus  Gulas  und  in  Knossos  als  Blockzeichen,  auch 
mit  der  Doppelaxt  vereint,  belegt.     Vgl.  oben  Nr.  48. 

II.     Sinnzei'chen. 

72.  Dieses  Zeichen  findet  sich  einigemal  in  den  Hagia  Triada-Täfelchen 
unzusammengesetzt  in  obiger  Form  als  Sinnzeichen  mit  nachfolgenden  Zahlen. 
Ungleich  häufiger   ist  der  Gebrauch  von  Zusammensetzungen  dieses  Zeichens 

Jahrbuch   des  archäologischen  Instituts  XXX.  4 


— 

' 

f 


CQ  J.  Sund  wall,  Die  kretische  Linearschrift, 

mit  Schriftzeichen,  welche  Zusammensetzungen  dann  immer  (auf  Täf eichen  aus  Hagia 
Triada   und  Tylissos)    den   Charakter  von    Sinnzeichen   mit  Zahlenangaben  haben. 

Dieses  Zeichen  ist  vielleicht  die  lineare  Form  des  hieroglyphischen  Zeichens  »die 
Hand  in  Profil«  (Scr.  Min.  I  184  Nr.  10),  das  auch  als  Blockzeichen  in  Phaistos 
belegt  ist  und  einigemal,  nach  rechts  gewendet,  nur  mit  zwei  Haken  versehen,  in 
Inschriften  aus  Siphnos  und  Mykene  (vgl.  Cret.  Pict.  349  f.  Tab.  II  10.  12)  vor- 
kommt.   Man  könnte  aber  auch  an  das  hicroglyphisch-pictographische  Zeichen  Scr. 


^r 


Min.  I  Nr.  100  denken.     Ein  ähnliches  Zeichen     /^■^'^      (  kommt    mehrfach    in 

Hagia  Triada  vor,  stets  mit  nachfolgenden  Zahlen.     Die  zweite  Form,  in  Phaistos 
als  Gegenstandszeichen  gefunden,  dürfte  wohl  eine  Variation  sein.  Das  obige  Zeichen 
ist  eine  Gesamtbezeichnung,  also  von  Maß,  Material  oder  dergleichen. 
-?*«r         73.    Ein   sehr   häufig   vorkommendes   Zeichen   in  den  Hagia  Triada -Tafel - 
\1/     chen,  wo  es  mit  nachfolgenden  Zahlen  steht  wie  auch  in  einigen  Zusammen- 

Setzungen   f    ^   f  ^   1     • 

y^         74.    Häufig  in  Hagia  Triada,  auch  in  Phaistos  gefunden  in  abgeleiteter  Form. 

'       Als  solche  findet  man     j-  :r  /    .    Es  steht  in  einfacher  oder  abgeleiteter  Form 

entweder  nach  Zahlen  —  es  können  auch  mehrere  Formen  zusammen  stehen  —  oder 
selbständig  ohne  Zahlangabe,  hinter  einem  Sinnzeichen  oder  einer  Zeichengruppe. 
Kann  mit  vorhergehendem  Zeichen  zusammengesetzt  werden.  Es  ist  mit  Variationen 
schon  hieroglyphisch -pictographisch  überliefert  (vgl.  Scr.  Min.  I  193  f.  Nr.  32 — 5), 
wohl  als  ein  Maß  (vgl.  Scr.  Min.  I  249);  dieselbe  Bedeutung  hat  das  Zeichen  auch 
im  A-System. 


(} 


75.    Einigemal  in  Hagia  Triada  gefunden,  als  Beizeichen  zu  einem  anderen 
Sinnzeichen,  wie  Nr.  J^,,  mit  nachfolgenden  Zahlen. 


T76.  Findet  sich  einigemal  in  Hagia  Triada,  Phaistos  und  Knossos,  wohl 
hinter  einem  anderen  Sinnzeichen  oder  einer  Zeichengruppe,  mit  oder  ohne 
Zahlen. 

yy.  Dieses  Zeichen  ist  in  Tylissos,  Orchomenos  und  auf  Blöcken  in 
Isopata  gefunden.  Es  steht  auf  den  Täf  eichen  aus  Tylissos  nach  einem  Sinn- 
zeichen  mit  Zahlenangabe  als  Bestimmungszeichen,  in  Orchomenos  vor 
Zahlen.  In  einer  erweiterten  Form  kommt  es  auf  einem  Amethyst  aus  Knossos 
(Cret.  Pict.  349  Tab.  I  Nr.  20)  und  als  pictographisches  Zeichen  vor  (Scr.  Min.  I 
227  f.  Nr.  130— i),  wohl  auch  hier  als  Zahl-  oder  Bestimmungszeichen  (vgl.  Evans 
a.  a.  O.   S.  249). 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  cj 

Außer  diesen  Sinnzeichen  kommen  nun  in  den  Täfelchen  eine  große  Zahl  von 
Gegenstandszeichen  vor  —  abgesehen  von  den  im  ersten  Abschnitt  als  solche  be- 
zeichneten — ,  die  in  den  Inventarverzeichnissen,  was  die  Täfelchen  ohne  Zweifel 
größtenteils  sind,  einfach  den  aufgezählten  Gegenstand  abbilden  und  wiedergeben, 
anstatt  daß  man  das  Wort  dafür  ausschrieb.  Diese  zähle  ich  hier  zusammen  auf, 
ohne  Vollständigkeit  anzustreben;  was  sie  darstellen,  ist  in  vielen  Fällen  nicht  recht 
auszufinden.  Evans  erwähnt:  »saffron  flower,  various  vessels  including  tripods, 
balances«,  in  Tylissos  finden  wir  ferner  a[xa;a,  aziaxpov.  Gewöhnlich  stehen  Zahl- 
angaben    oder    Bestimmungszeichen    wie    Nr.    74    hinter    ihnen.      So    haben    wir 


ct.y 


;  das  erste  auch  auf  Siegeln  bekannt;   das  zweite  auch  als  Block- 
zeichen in  Phaistos. 

Zu  der  A-Klasse  sind  noch  einige  Zeichen  zu  rechnen,  die  als  Steinmetzzeichen 

gefunden  sind,  ohne  sonst  in  Inschriften  belegt  zu  sein,  wie     ^      ^    IX        r^ 

r\     C    (^     M/    1    [    )  ^^^  beiden  ersten  der  sechs-  und  achtstrahlige  Stern  oder 

Sonne,  unter  den  hieroglyphisch -pictographischen  Zeichen  (Scr.  Min.  I  221  Nr.  107) 
schon  belegt,  in  Phaistos  und  Knossos  als  Blockzeichen  vorkommend,  auch  in  Zu- 
sammensetzungen (vgl.  Nr.  7,  27);  ferner  das  dritte  Blockzeichen  in  Phaistos  (vgl. 
das  hieroglyphisch  -  pictographische  Zeichen  Scr.  Min.  I  200  Nr.  46) ;  über  das 
sechste  Zeichen  vgl.  das  hieroglyphische  Zeichen  Scr.  Min.  I  228  Nr.  132;  das  vor- 
letzte Zeichen  Blockzeichen  in  Phaistos  und  wohl  auch  in  Hagia  Triada;  das  letzte 
Zeichen  Blockzeichen  in  Phaistos  und  auf  einer  Vase  aus  Menidi  (vgl.  Cret.  Pict. 
274,  3). 

B.    Die    Zeichen    im    B-System, 


t 


I.    Schriftzeichen. 

I.    Allgemein;   dasselbe  A  i.     Es    findet    sich    wie    in    A    überwiegend    am 
Ende  eines  Wortes. 


2.  Häufig;  dasselbe  A  2. 

3.  Allgemein;  dasselbe  A  3. 

4.  Allgemein;  dasselbe  A  4,     Es  kann  auch  als  Sinnzeichen  vorkommen. 


C2  J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 


5.  Öfters  belegt;  dasselbe  A  5. 

6.  Allgemein;  dasselbe  A  7.     Es  findet  sich  häufig  am  Ende  eines  Wortes 
oder  Namens. 

7.  Allgemein;  dasselbe  A  8.     Es  findet   sich    oft   am   Ende   eines  Wortes 
oder  eines  Namens. 


T 


'  '  '  8.    Einigemal  gefunden;  dasselbe  A9.    Soll  auch  als  Sinnzeichen  vorkommen 

I  können   (vgl.   Scr.  Min.   I  223  Nr.   113). 

Y^  9.    Ziemlich  oft  gefunden;  dasselbe  A  10. 

^+^  10,  Häufiges  Zeichen;  dasselbe  A  12. 


V 

VL;   Wagt 


II.    Häufig;  dasselbe  A  14. 


12.  Diese  beiden  Formen  halte  ich  jetzt  für  dasselbe  Zeichen  (sie  sind 
auch  in  denselben  Zeichenkombinationen  gefunden),  das  allgemein  ist. 
Dasselbe  A  15.     Es  kommt  vorwiegend  am  Anfang  eines  Wortes  vor. 

Allgemein;    dasselbe  A  16.      Es  erscheint  auch    als   Ideogramm   (für 
enrad)  in  etwas  anschaulicherer  Ausführung. 


14.    Allgemein;  dasselbe  A  17. 


15.    Allgemein;    dasselbe  A  18.     Es  wird   vielleicht   auch   als  Ideogramm 
verwendet. 


16,    Einigemal  belegt;  dasselbe  A  19, 


17,    Allgemein;  dasselbe  A  20. 


^     '        18.    Allgemein;    dasselbe  A  21.     Es  kommt  als  Ideogramm  in  der  Form 


\J     eines  Vaphiobechers  vor. 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  e-y 

*  =^ 

*— -^        19.    Einigemal  belegt;  dasselbe  A  22, 

l(/  20.    Mehrfach  belegt;  dasselbe  A  23. 

*/  21.     Mehrfach    belegt;    dasselbe    A   24,     Eine    ähnliche   Figur    in    einem 

n\        Viereck  kommt  als  Ideogramm  vor. 

j\    /  22.    Mehrfach    belegt;    ich    halte    es    gegen    meine   frühere  Annahme  für 

\m^      identisch  mit  A  25.     Es  kann  auch  als  Ideogramm  vorkommen. 

23.  Einigemal  belegt;  dasselbe  A  26. 

24.  Mehrfach  belegt;  dasselbe  A  27. 
U^         25.    Mehrfach  belegt;  dasselbe  A  29. 

\'  /  26.  Einigemal  bekannt;  dasselbe  A  31. 

C-\  27.  Mehrfach  belegt;  dasselbe  A  33, 

/n  28.  Allgemein;  dasselbe  A  34. 

\F  29.  Häufig  belegt,  meist  im  Anfang  eines  Wortes;  dasselbe  A  35. 

\jy  30.    Allgemein;  dasselbe  A  40. 

rX  31.    Einigemal  belegt;   dasselbe  A  42.     Kommt  auch  als  Ideogramm  vor, 

y  nach  rechts  gewendet  wie  in  A. 

77T  32.    Allgemein;  dasselbe  A  43. 


CA  J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 


/7I 


7^ 


^T,.  Einigemal  belegt;  dasselbe  A  44. 

34.  Einigemal  belegt;  dasselbe  A  46. 

35.  Einigemal  belegt;  dasselbe  A  47. 
rTj          36.  Häufig;  dasselbe  A  48. 

37.  Ziemlich  häufig;  dasselbe  A  51. 

A  /]         38.    Mehrfach  belegt;  dasselbe  A  52. 

39.  Mehrfach  belegt;  dasselbe  A  58. 

"^  40.  Ziemlich  häufig;  dasselbe  A  62. 

l        _L  41.    Einigemal  gefunden;  dasselbe  A  63. 

T  42.  Einigemal  gefunden;  dasselbe  A  64. 


Y 


A 


=1 


43.    Mehrfach  belegt;  dasselbe  A  65. 


s.  44.    Häufig;  dieses  »throne  and  sceptre«-Zeichen    (vgl.   Evans,    An.    Brit, 

lU  Seh.  X  58)  dürfte  A  66  entsprechen.    Möglicherweise  kann  es  ideographisch 

1— '  vorkommen,  jedenfalls  ist  als  deutliches  Ideogramm  ein  Thronzeichen  bekannt. 

v..^  45.    Einigemal  belegt;  ähnliche  Zeichen  sind  unter  A  72  aufgeführt,  ohne 

'^1  daß    ich    entscheiden   kann,    ob    eins   von    diesen    Sinnzeichen    mit    diesem 


A  ^' 


Zeichen  identisch  wäre. 
Ziemlich  häufig. 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  r  e 


47.    Einigemal  belegt. 


77 

^      49-    Hä 

vJ  51.    Einigemal  belegt. 

M-^         v-L/        52.    Einigemal  belegt 


---—  48.  Allgemein;  beinahe  durchgängig  am  Ende  eines  Wortes, 
kann  mit  Nr.  6  wechseln.  Die  beiden  obigen  Formen  halte  ich  jetzt 
für  identisch. 

läufig. 
50.    Häufig. 


53.  Einigemal  belegt. 

54.  Einigemal  belegt. 

55.  Einigemal  belegt,  einmal  mit  drei  Punkten  auf  beiden  Seiten. 


'^-  56.    Einigemal  belegt. 


0  57.  Einmal  belegt. 
("\  58.  Einmal  belegt. 

Sa  59.  Einigemal  belegt. 

1  \-\  60.  Einmal  belegt. 


e5  J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 

II.    Sinnzeichen. 

Außer  den  Zeichen  Nr.  4,  8,  13,  15,  18,  21,  22,  31,  44,  die  auch  als  Sinnzeichen 
gefunden  sind,  leben  von  den  Schriftzeichen  in  ANr.  30  (in  etwas  deutlicherer  Form), 
41,  55  in  B  als  Sinnzeichen  weiter,  und  ebenfalls  die  Sinnzeichen  in  A  Nr.  73,  76. 
Sonst  verzeichnet  Evans  von  Ideogrammen  in  B  u.  a.  folgende:  saffron  flower,  spades, 
houses,  bows,  arrows,  bronze  ingots,  2-handled  vases,  single-edged  axes,  human 
figures,  ears  of  corns,  tree,  vases  of  metallic  forms,  vessels  of  clay,  granary,  swords, 
balance,  ewer,  swine,  four-toothed  comb,  shepherd's  crook,  spearsor  javelins,  throne- 
sign,  measure  of  grain,  horns  of  wild  goats,  horses  head,  frame  of  chariot,  chariot, 
chariot  wheals,  cuirass,  oxheads  (rhyta),  cups  of  Vaphiotype;  dazu  noch  das  männ- 
liche und  weibliche  postpositive  Determinativ. 

§  3.    VERHÄLTNIS  DER  LINEAREN  SCHRIFTSYSTEME  ZU  EINANDER. 

Aus  dem  obigen  Verzeichnis  geht  hervor,  daß  einerseits  im  A-System  etwa 
71,  im  B-System  etwa  60  Schriftzeichen  gefunden  sind,  und  daß  andererseits  die 
beiden  Systeme  wenigstens  etwa  45  Zeichen  gemeinsam  haben.  Ein  Vergleich  mit 
den  etwa  139  hieroglyphisch -pictographischen  Zeichen  lehrt  ferner,  daß  unter  den 
45  A  und  B  gemeinsamen  Zeichen  etwa  20  in  dieser  Gattung  wiederzuerkennen 
sind;  daß  ferner  unter  den  etwa  26  für  A  spezifischen  Zeichen  ebenfalls  etwa  14 
schon  hieroglyphisch -pictographisch  überliefert  sind,  dagegen  unter  den  15  B-Zeichen 
keines.  Ebenfalls  leben  unter  den  Sinnzeichen  und  Ideogrammen  in  A  deutlich 
etwa  10  hieroglyphisch -pictographische  Zeichen  weiter,  unter  den  B-Ideogrammen 
erkenne  ich  etwa  4  solche,  während  von  den  Schriftzeichen  in  A  etwa  3  als  Sinnzeichen 
in  B  vorkommen.  Was  die  Ideogramme  sonst  betrifft,  sind  sie  in  A  wenigstens  ebenso 
zahlreich  wie  in  B  (was  entgegen  einer  Annahme  von  Evans  in  den  Scr.  Min.  I  36,  die 
auch  ich  früher  teilte,  geltend  gemacht  werden  muß),  nur  fallen  sie  in  A  nicht  so  auf, 
weil  sie  dort  nicht  mit  der  in  B  gewöhnlichen  sorgfältigeren  Zeichnung  und  Größe 
hervorgehoben  sind;  auch  stehen  die  Schriftzeichen  in  A  viel  häufiger  auch  als  Sinn- 
zeichen;  ich  habe  ungefähr  20  gegen  9  in  B  gefunden.  Zu  bemerken  ist  noch  die  häufige 
Zusammenschreibung  zweier  Zeichen  in  A,  die  in  B  vollständig  fehlt.  Wir  können 
überhaupt  sagen,  daß  die  Zeichnung  in  A  durchgängig  ungelenker  ist  und  weniger 
einheitlich  als  in  B,  das  kalligraphisch  viel  entwickeltere  und  geübtere  Schrift  auf- 
weist, lediglich  kalligraphische  Spielereien  sogar,  wie  z.  B.  die  Wiedergabe  des  Hand- 
zeichens, obwohl  auch  die  A- Schrift,  in  der  auch  schon  die  rechtsläufige  Schreibweise 
vorherrscht,  eigentlich  schon  etwas  sehr  Europäisches  in  ihrem  Äußeren  hat.  Die 
Dokumente  in  B  sind  außerdem  weit  vollständiger  und  die  Täfelchen  größer,  wie 
auch  Evans  (a.  a.  O.  S.  38)  hervorhebt.  Wir  müssen  ferner  an  der  Tatsache  festhalten, 
daß  überall  im  zentralen  und  östlichen  Kreta,  sowohl  in  Knossos  wie  in  Phaistos, 
Hagia  Triada,  Gurnia,  Palaikastro,  Papura,  Zakro  u.  a.,  ja  sogar  in  Melos  (vgl.  Scr. 
Min.  I  28 — 37)  während  MM  III  und  der  Übergangszeit  zu  LM  I  ein  im  großen 
und  ganzen  einheitliches  lineares  Schriftsystem  A  belegt  ist,  welches  dann  in 
Knossos  mit  dem  Umbau  des  jüngeren  Palastes  durch  einen  neuen  Schrifttypus  B 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  cy 

ersetzt  wird,  der  sich  dort  während  LM  II  weiter  entwickelt,  während  der  A-Typus 
anderswo  noch  eine  Zeitlang  fortlebt  (vgl.  Scr.  Min.  I  S.  38).  So  sind  auch  die 
Inschriften  auf  den  in  Tiryns  gefundenen  Gefäßen,  die  ich  unten  (S.  63  f.)  besprechen 
will,  als  lokale  Ableger  des  A- Systems  zu  erklären.  In  Anbetracht  dessen  ist  die 
Ansicht  von  Evans,  daß  diese  beiden  Schriftgattungen  eigentlich  als  parallele  zu 
betrachten  seien,  unrichtig,  um  so  mehr,  als  von  einem  Parallelsystem  von  A,  aus 
dem  B  hervorgegangen  wäre,  keine  Spuren  zu  finden  sind.  Die  B- Schrift  kann 
also  nur  eine  knossische  Ummodelung  des  allgemeinen  A-Typus  sein;  dafür  spricht 
auch  der  Zeichenbefund.  In  B  ist  nämlich  ein  ganz  bewußtes  Bestreben  nach 
Klarheit  und  Methode  zu  erkennen,  dieses  System  zeigt  sich  als  eine  Reform  der 
älteren,  allgemein  gebrauchten  A- Schrift;  wahrscheinlich  ist  es  durch  dynastischen 
Einfluß  entstanden,  jedenfalls  außerhalb  von  Knossos  nicht  angenommen  und 
anerkannt  worden. 


§  4.    DIE  BEZIEHUNGEN  ZU  DEM  KYPRISCHEN  SYLLABARALPHABET. 

Evans  hat  in  den  Scripta  Minoa  l70f.  den  entscheidenden  Nachweis  erbracht, 
daß  das  kyprische  Syllabaralphabet  Verwandtschaft  mit  Zeichen  der  kretischen 
Linearschrift  aufweist.  Daß  ferner  die  55  bekannten  kyprischen  Syllabarzcichen 
nur  die  spätere  Auswahl  eines  größeren  Systems  waren,  hat  er  ebenda  durch  Heran- 
ziehung der  Schriftzeichen  aus  Enkomi  aus  der  Wende  des  14.  Jahrhunderts  und 
der  Folgezeit  nachgewiesen.  Die  Übereinstimmung  zwischen  der  kyprischen  Syllabar- 
und  der  kretischen  Linearschrift  läßt  sich  jedoch  viel  weiter  ausdehnen,  wie  aus 
der  folgenden  Tabelle  S.  58  hervorgeht. 

Von  den  33  übereinstimmenden  Zeichen  fallen  auf  der  minoischen  Seite  19 
unter  diejenigen,  die  der  A-  und  B- Schrift  gemeinsam  sind,  14  unter  die  der  A- 
Schrift.  Es  kommt  ferner  hinzu,  daß  die  den  ersteren  entsprechenden  kyprischen 
Zeichen  durchweg  die  für  A  spezifischen  Formen  aufweisen.  Ich  kann  deswegen 
die  Ansicht  von  Evans  nicht  teilen,  daß  nicht  ein  konformes  Schriftsystem  von 
Kreta  aus  nach  Kypern  übergebracht  sei,  sondern  daß  sich  auf  Kypern  durch  mino- 
ische  Kolonisten  eine  provinziale  oder  koloniale  Schriftform  entwickelt  habe,  auf 
alter  Grundlage  fußend,  aber  dennoch  gewissermaßen  eine  parallele  Erscheinung 
zu  den  kretischen  linearen  Systemen  (vgl.  Scripta  Minoa  I  S.  93).  Im  Gegenteil 
können  wir  die  Behauptung  aufstellen,  daß  als  Prototyp  für  die  kyprische  Schrift 
die  kretische  lineare  A-Klasse  gedient  hat.  Wenn  noch  etwa  22  kyprische  Zeichen 
schwieriger  wiederzufinden  sind  (ich  habe  die  obige  Tabelle  gegen  früher  etwas 
modifiziert),  beruht  dies  lediglich  auf  ihrer  entstellten  und  kursiven  Form.  Es  fehlt 
ja  vor  allem  noch  eine  paläographische  Untersuchung  über  die  Entwicklung  der 
kyprischen  Syllabarschrift  sowie  genügende  Funde  von  minoischen  Schriftdenk- 
mälern aus  Kypern.  Es  muß  aber  noch  betreffs  der  kyprischen  Prototypen  hervor- 
gehoben werden,  daß  sie  ein  ziemlich  altertümliches  Gepräge  aufweisen  und  daß 
unter  ihnen  Zeichen  und  Formen  vorkommen,  die  der  pictographischen  Klasse  nahe- 
stehen, so  z.  B.  XI,  XIII,  XV,  XVI,  XXXII.    Das  nämliche  bezeugt  der  Umstand, 


58 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 


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daß  unter  den  kyprischen  Zeichen  sich  viele  befinden,  deren  Prototypen  in  den 
Hagia  Triada-Täf  eichen  nur  mehr  noch  Sinnzeichen  sind,  und  auch  viele  Stein - 
zeichen;  darauf  deuten  auch  die  auf  Kypern  gefundenen  minoischen  Zeichen. 
Ich  will  an  dieser  Stelle  auf  die  Frage  nach  der  Zeit  der  Schriftübertragung  nicht 
eingehen,  die  ich  in  meiner  früheren  Schrift  zu  erörtern  versucht  habe,  und  deren 
Lösung  ich  nicht  behaupten  will  gefunden  zu  haben  (vgl.  Goessler,  Wochenschr.  f. 
klass.  Phil.  1914,  1387),  für  die  ich  aber  eine  bessere  Erklärung  zurzeit  nicht 
beibringen  kann. 

§  5.     BEMERKUNGEN. 

Ohne  mich  auf  Deutungsversuche  einzulassen,  will  ich  hier  einige  Beobach- 
tungen mitteilen,  die  sich  mir  über  den  Inhalt  der  Täfelchen  und  verschiedenes 
andere  ergeben  haben.  Die  Täfelchen  in  Hagia  Triada  enthalten  Verzeichnisse 
von  Gegenständen,  sind  also  reine  Inventarurkunden,  während  die  B-Urkunden, 
obwohl  auch  größtenteils  gleicher  Art,  doch  auch  anderen  Inhalt  aufweisen.  Die 
allgemeine  Struktur  des  Inhaltes  der  Hagia  Triada-Täf  eichen  ist  dadurch  ge- 
kennzeichnet, daß  entweder  Gegenstände  ideographisch  verzeichnet  sind  mit  Zahlen- 
angaben nach  jedem  Gegenstand  und  daß  vor  einer  Gruppe  oder  einem  solchen 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  cg 


Ideogramme  mit  Zahlen  eine  Gruppe  von  Zeichen  steht,  auf  die  sich  diese  Ideo- 
gramme beziehen,  oder  aber  daß  keine  Ideogramme  auf  dem  Täfelchen  stehen,' 
sondern  immer  auf  eine  Gruppe  von  Zeichen  Zahlen  folgen.  Am  Anfang  eines 
Täfelchens  stehen  oft  eine  oder  ein  paar  Zeichengruppen,  hinter  oder  zwischen  ihnen 

das  durch  Punkte  bestimmt  gesonderte  Zeichen    :^    ;  am  Ende  des  Täfelchens  steht 

die  Zeichengruppe     ^~P^  ~"      mit  Zahl,  deren  Bedeutung  aus  vielen  Fällen  ersichtlich 

als.  Schlußsumme  ermittelt  werden  kann.  Diese  oben  erwähnten  Zeichengruppen 
müssen  nun  entweder  Personennamen  sein  (etwa  von  Häuptlingen,  die  die  auf- 
geführten Gegenstände  abgeliefert  haben)  oder  Namen  von  Ortschaften,  die  tribut- 
pflichtig waren;  in  dem  Falle,  daß  keine  Ideogramme,  sondern  nur  Zahlen  auf  eine 
Gruppe  folgen,  könnte  man  auch  an  Sachen  denken,  die  verzeichnet  und  aufge- 
schrieben sind.  Ich  will  hier  einige  öfter  auftretende  Zeichengruppen  wiedergeben. 
Die  verschiedenen  Kategorien  von  Zeichengruppen  sind  allerdings  schwierig  bestimmt 
zu  sondern,  da  wir  oft  nicht  bestimmen  können,  ob  ein  Zeichen  als  Lautzeichen 
oder  als  Sinnzeichen  dasteht,  auch  kommt  dieselbe  Gruppe  in  den  verschiedenen 
Kategorien  vor.  Ich  stelle  mir  also  den  normalen  Inhalt  eines  Täfelchens  etwa 
folgendermaßen  vor:  »N^  hat  (oder  liefert)  Gegenstand  so  und  so;  N^  hat  (oder 
liefert)  usw.«  oder  »D^  liefert  Gegenstand  so  und  so;  D^  liefert  so  und  so  usw.«, 
Summa:  Gegenstand^  so  und  so  viel,  Gegenstand^  usw.«  (mit  diesen  Täf eichen 
kann  man  auch  die  Tributlisten  der  assyrischen  Könige  vergleichen,  siehe  Keil- 
inschr.     Bibl.).       Häufiger    wiederkehrende    Zeichengruppen    derart    sind    u.    a. : 

'^l   4^B    Y+   CT   T©V    *^  II 
JQA    ^4^   YO    '^ra 

(man  könnte  die  erste  Gruppe  in  sazo,  die  zweite  in  paxe,  vgl.  Fa;oc,  die 
dritte  in  salo  auflösen,  wenn  man  die  entsprechenden  kyprischen  Werte  einsetzt;  die 
zwei  vorletzten  Gruppen  treten  in  der  letzten  zusammengesetzt  auf).  Da  ich  über- 
zeugt bin,  daß  die  kretische  Linearschrift  syllabarische  Schrift  war,  so  weit  wenigstens 
die  Zeichen  als  Schriftzeichen,  nicht  als  Ideogramme  stehen,  und  zwar  wegen  der 
geringen  Zahl  der  Zeichen,  so  würde  sich  wohl  aus  den  Zeichengruppen  eine  MögHch- 
keit  zur  Bestimmung  des  Lautwertes  verschiedener  Zeichen  ergeben,  unter  Einsetzung 
der  Werte  der  entsprechenden  kyprischen  Zeichen.  Es  handelt  sich  doch  sicher  in 
vielen  Fällen  um  Ortsnamen,  die  sich  in  Kreta  in  großer  Zahl  aus  der  vordorischen 
Zeit  erhalten  haben  (vgl.  zuletzt  die  Sammlung  von  Majuri,  Studi  suU'  onomastica 
cretese  Rend.  Ac.  Line.  1910 — il).  Ebensowenig  wie  diese  einen  griechischen 
Charakter  aufweisen,  ebensowenig  deuten  diese  Zeichengruppen  darauf  hin;  viel- 
mehr würden  die  vielen  Zeichen,  auf  die  sie  ausgehen,   eher  für  eine  nicht -indoger- 


6o 

J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 

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62  J-  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 

manische  Struktur  sprechen,  wie  im  Lykischen  und  anderen  Ortsnamen  der  klein- 
asiatischen Gruppen,  Nur  fehlen  hier  die  in  kleinasiatischen  Ortsnamen  so  üblichen 
suffixalen  Endungen,  ebenso  wie  in  den  griechisch  überlieferten  Namen  Kretas. 

Wenden  wir  uns  noch  zu  den  B-Täf eichen,  so  sehen  wir  auch  hier  dasselbe 
Prinzip  der  Aufstellung  in  den  Inventarurkunden  herrschen,  nur  viel  klarer  und 
umständlicher.  Obwohl  ich  eigentlich  nicht  dieselben  Zeichenkombinationen  in  den 
beiden  Systemen  gefunden  habe,  deutet  meiner  Ansicht  nach  vieles  darauf,  daß  hier 
dennoch  dieselbe  Sprache  vertreten  ist,  so  z.  B.  die  Stellung  gewisser  Zeichen,  wie 

~4"     ö        I      ^^°'  "^^'  "^^  überwiegend  am  Ende  eines  Wortes. 

Besonderes  Interesse  und  Studium  verdienen  die  in  diesen  Tafeln  durch  männ- 
liche und  weibliche  Determinativen  als  Namen  erkennbaren  Zeichengruppen.  Ich 
gebe  hier  S.  60 f.  folgende  Namen  bekannt  (die  62  ersten  sind  Mannsnamen,  dann 
folgen  41  Frauennamen). 

Die  Namen  bestehen  aus  2 — 5  Zeichen,  sie  enden  auf  folgende  Zeichen 
(m  =  männliche  Namen,  w  =  weibliche  Namen;  die  Zahl  bezeichnet  die  Häufig- 
keit des  Vorkommens) : 


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\     1ur  ß\     fw  n     Zur  W     Zl^        7^      Zur 

Für  62  Männernamen  finden  wir  also    18  verschiedene  Endzeichen,   für  41   weib- 
liche  17   Endzeichen,   gemeinsame   Endzeichen  für  beide  Geschlechter  sind  7;    bei 

den  männlichen  Namen  dominieren    1       -f-       j     ((?),  lo,  na);  bei  den  weibHchen 


J.  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift.  5"? 

n    (xe).     Diese  Tatsache  spricht   entschieden   gegen    einen   griechischen    Charakter 

dieser  Namen,  denn  wir  würden,  natürhch  immer  bei  der  Annahme,  daß  die  minoi- 
schen  Zeichen  syllabischen  Wert  haben,  für  die  männhchen  Namen  nur  etwa  vier 
verschiedene  Zeichen  am  Ende  erwarten  können.  Die  Namen  sind  deutHch  einfach, 
zusammengesetzt,  oder  zeigen  zuweilen  einen  abgeleiteten  Stamm.  Gemeinsame 
Namen  für  Männer  und  Frauen  sind  nicht  bekannt,  ebensowenig  Lallstämme  be- 
legt. Irgendwelche  nähere  Deutung  der  Namen  halte  ich  jedoch  noch  für  verfrüht, 
bevor  das  ganze  knossische  Material  vorliegt. 


NACHTRAG. 
Zu  den  Inschriftenfunden  aus  Tiryns. 
Durch  freundliche  Vermittlung  der  Herren  Dr.  Kurt  Müller,  Prof  Dragen- 
dorff  und  Prof  Karo  habe  ich  Gelegenheit  gehabt,  die  bei  den  Ausgrabun- 
gen des  Deutschen  archäologischen  Instituts  in  Tiryns  gemachten  Inschriftenfunde 
in  photographischer  Reproduktion  einsehen  zu  können  und  darf  mit  Erlaubnis 
der  genannten  Herren  hier  über  diese  Funde  kurz  berichten.  Es  sind  kurze, 
gemalte  Inschriften  auf  den  Scherben  großer  Gefäße,  hauptsächlich  von  großen 
groben  Bügelkannen,  welche  technisch  von  der  tirynthischen  Tonware  abweichen. 
Zu  datieren  sind  diese  Funde  in  die  spätmykenische  Zeit,  doch  nicht  die  allerletzte 
(vgl.  auch  Müller,  Ath.  Mitt.  19 13,  90).  Nach  der  Ansicht  von  Evans,  dem  Proben 
vorgelegt  wurden,  wäre  die  Schrift  verschieden  von  der  gleichzeitigen  kretischen, 
aber  abgeleitet  aus  älteren  kretischen  Systemen  (Ath.  Mitt.  a.  O.).  Das  ist  wieder 
ein  undeutlicher  Orakelspruch  dieses  Forschers,  denn  ich  konnte  in  diesen  In- 
schriften folgende  kretische  Zeichen  feststellen:  A  6,  A  40  (=  B  30),  A  27  (==  B  24), 
A33(=B27),  A2(=B  2),  A  i  (  =  B  i),  A  18  (=  B  15),  A  16  (=  B  1-3),  A  15  (=  B  12), 
A  9   (=  B  8),   A  63    (=B  41),   A  48  (=  B  36).     Außerdem  waren  noch  folgende 

Zeichen  zu  sehen :    CJI+t^         /\  ^    f    N  -^  V  -U^  .  Von  diesen  ist 

das  erste  mir  bisher  gänzlich  unbekannt,  es  ist  aber  auf  den  tirynthischen  Scherben 
vielfach  belegt;  das  zweite,  gewöhnlich  unter  dem  ersten  geschrieben,  erinnert 
etwas  an  B  60,  obwohl  von  einfacherer  Form ;  das  dritte,  über  dessen  Form  ich  jedoch 
nicht  sicher  bin,  da  die  Bemalung  sehr  verwischt  ist,  wäre  eine  früher  nicht 
bekannte  lineare  Schreibung  des  hieroglyphischen  Zeichens  Scr.  Min.  I  207  Nr.  (i^  \ 
von  den  beiden  letzten  schließlich,  die  auf  zwei  zueinander  gehörigen  Henkeln 
eines  Gefäßes  stehen,  wäre  vielleicht  das  erste,  das  weiß  aufgemalt  ist,  eine  Variation 
von  A  61,  das  zweite,  das  eingeritzt  steht,  ist  A  29  (=  B  25).  Auf  jeden  Fall 
liegt  hier  in  diesen  Funden  direkt  kretische  Linearschrift  vor,  und  zwar  würde  ich 
sagen  A-Schrift.  Denn  obwohl  die  allermeisten  Zeichen  auch  in  B  vertreten  sind, 
scheinen  mir  die  Formen  dennoch  für  A  zu  zeugen,  aber  allerdings  eine  sehr  ge- 
wandte  und   entwickelte,   späte   und  lokale  Art    der  A-Schrift,    wie  ja  auch  B  im 


04  J-  Sundwall,  Die  kretische  Linearschrift. 

Grunde  genommen  nichts  anderes  als  eine  knossische  Lokalform  der  A-Schrift  ist. 
Woher  auf  Kreta  die  Gefäße  mit  ihren  Inschriften  stammen, 
ist  ungewiß,  jedenfalls  dürften  sie  also  nicht  knossisch  sein.  Die 
kurzen  Inschriften  geben  dann  Fabrikantenmarken  oder  den  Inhalt 
der  Gefäße  wieder.  Nebenstehend  Proben  der  drei  besterhaltenen 
Inschriften.  Die  zweite  ist  öfters  belegt;  eigentümlich  für  die 
kretischen  Namen  ist  gerade  die  Endung  (lo) ;  das  erste  Zeichen 
in  der  dritten  Inschrift  steht  wie  in  den  kretischen  am  Anfang. 
Dieselben  Wörter  oder  Namen  habe  ich  in  den  kretischen  In- 
schriften nicht  belegt  gefunden. 


Berlin,  J.    Sundwall, 


EINE  MINOISCHE  BRONZE  IN  LEIDEN. 

Hierzu  Tafel   i   und  eine  Beilage. 

Das  Typische  einer  Handlung  im  lebensvollen  Bilde  festzuhalten,  ist  eine  Auf- 
gabe der  Kunst,  welche  die  ägäischen  Künstler  auf  eine  Weise  gelöst  haben,  die 
immer  von  neuem  unser  Erstaunen  weckt.  Auch  die  hier  veröffentlichte  unscheinbare 
Bronzestatuette  (Taf.  I;  Abb.  i — 3)^)  ist  von  einer  so  prägnanten  Formgebung,  daß 
wir  trotz  des  fragmentarischen  Zustandes  das  Aktionsmotiv  erkennen  und  es  wagen 
dürfen,  eine  Ergänzung  zu  versuchen. 

Die  Statuette,  massiv  aus  Bronze  gegossen,  im  unvollständigen  Zustande  14  cm 
hoch,  jetzt  im  »Rijksmuseum  van  Oudheden«  in  Leiden,  ist  im  Kunsthandel  erworben 
und  in  der  Nähe  von  Phaistos  auf  Kreta  gefunden.  Sie  ist  sehr  verwaschen  und 
schlecht  erhalten;  Hände  und  Unterschenkel  fehlen.  Dargestellt  ist  ein  stehender 
Mann;  der  Oberkörper  ist  stark  zurückgebeugt  (so  fordert  es  die  kretische  Etikette), 
das  hnke  Bein  etwas  vorgesetzt;  die  Unterarme  sind  vor  der  Brust  aneinandergepreßt, 
so  daß  die  Handgelenke  sich  unweit  des  Mundes  befinden.  Immerhin  muß  die  Möglich- 
keit in  Betracht  gezogen  werden,  daß  die  Krümmung  der  Oberarme  durch  eine 
nachträgliche  Verbiegung  entstanden  ist  und  daß  folglich  auch  die  Unterarme  etwas 
nach  innen  versetzt  und  einander  näher  gekommen  sind.  Auf  dem  Kopfe  hat  der 
Mann  einen  kleinen  runden,  sehr  flachen  Hut,  um  die  Taille  den  konkaven  Gürtel, 
der  mit  der  Schurztracht  zusammenhängt.  Das  Haar,  leider  sehr  verwaschen,  fällt 
ziemlich  breit  über  den  Nacken  und  einen  Teil  des  Rückens  herab.  Gerade  unter 
dem  Hut,  dem  Rande  parallel,  sind  zwei  Linien  eingeritzt,  um  das  Haar  zu 
charakterisieren,  jedoch,  dem  Anschein  nach,  nicht  zur  Bezeichnung  von  Zöpfen, 
die  um  den  Kopf  gelegt  sind.  Ob  der  Mann  einen  Kinnbart  hat,  läßt  sich  hier 
ebensowenig  entscheiden  wie  bei  einer  kretischen  Bronze  in  Wien  '),  Außer  diesen 
zwei  recht  zweifelhaften  Fällen  ist  der  Bart  bei  minoischen  Monumenten  fast  noch 
nicht  nachgewiesen  3),  Die  Gesichtsbildung  ist  ziemlich  flach,  mit  breiten  Backen, 
zum  Teil  sehr  verwittert,  so  daß  das  Adlerprofil  der  Nase  (Abb.  i )  nur  Schein  ist. 
Der  Brustkasten  ist  breit;  die  kräftigen  Muskeln,  zumal  der  Biceps,    und  die  feinen 

')  Die  Photographien  sind  mir  von  Herrn  Museums-  3)  Der    Bogenschütze    auf    einem    Steatitfragment 

direkter   Prof.   Dr.   A.   E.    J.   Holwerda  gütigst  aus    Knosos    dürfte    ein    Fremdling    sein,    vgl. 

zur  Verfügung  gestellt;  ihm  verdanke  ich  auch  B.  S.A.  VII  S.  44  Abb.  13  =  Lagrange,  La  Crete 

die  Erlaubnis  zur  Veröffentlichung.  ancienne,  Paris  1908,  Abb.  85.     Lagrange  S.  77 

*)  Arch.  Anz.   1892  S.  48  Nr.  63.  (Abb.  49)  erwähnt  sehr  primitive  bärtige  Ton- 
figuren, die  Halbherr  in  H.  Triada  gefunden  hat. 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX.  c 


66 


G.  van  Hoom,  Eine  minoische  Bronze  in  Leiden. 


Abb.   I. 


Abb.  2. 


Minoische  Bronze  in  Leiden. 


Handgelenke  sowie  die  Ellenbogen  sind  gut  und  sorgfältig  gearbeitet;  die  Musku- 
latur des  Rumpfes  und  die  Rippen  sind  angedeutet.  Die  Oberfläche  der  nicht  ver- 
witterten Teile  ist  ziemlich  rauh,  ungefeilt  und  mit  kleinen  Buckeln  besetzt. 

Zur  Deutung  der  Haltung  und  Rekonstruktion  der  Statuette  beachte  man  den 
Stand  der  muskelgespannten  Arme.  Es  erfordert  eine  ziemlich  große  Anstrengung, 
die  Unterarme  so  aneinanderzulegen;  diese  Anstrengung  muß  den  Zweck  haben,  den 
auf  die  Brust  gestützten  Armen  einen  festen  Stand  zu  geben,  so  daß  sie  einen  schweren 
Gegenstand  emporhalten  können.  Daß  ein  Flötenspieler  ^)  sich  freiwillig  so  das 
Atmen  erschweren  sollte,  ist  kaum  glaubhch  (der  Flötenspieler  auf  einem  Fresko 
hält  denn  auch  die  Ellenbogen  fern  vom  Körper  2) ;  wir  müßten  also  annehmen,  daß 
die  Arme  durch  Beschädigung  verbogen  sind.  Ändert  man  den  Stand  der  Arme,  so 
gäbe  es  noch  andere  Deutungsmöglichkeiten,  z,  B.  auf  einen  Betenden  oder  Opfern- 
den; man  vergleiche  die  Tonfigur  mit  einer  Taube  in  den  erhobenen  Händen  aus 


')  Ad.  Abt,  Archiv  für   Religionswiss.   XIII   1910 

s.  159. 

*)  Mon.  dei  Lincei  XIX  S.  73  Abb.  23.    Außerdem 
fehlt  der  Raum  für  die  Hände;  vgl.  den  Flöten- 


spieler auf  dem  Sarkophag  aus  H.  Triada,  Mon. 
d.  Lincei  XIX,  Winter,  Kretisch-mykenische 
Kunst  (Kunstgesch.  in  Bildern,  neue  Bearb.  I  3), 
Taf.  91,  12  mit  Beilage;  Detailskizze:  Mosso,  The 


Palaces  of  Crete,  London  1907,  Abb.  157. 


JAHRBUCH  DES  INSTITUTS  XXX  19 15. 


Beilage  zu  S.  67. 


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G.  van  Hoom,  Eine  minoische  Bronze  in  Leiden.  '  67 

der  knosischen  Hauskapelle  ^).  Eine  Deutung,  die  der  Dynamik  wenig  /gerecht 
wird,  will  hier  einen  Wagenlenker  erkennen;  jedenfalls  wäre  es  ein  sehr  ungeschick- 
ter Lenker;  wenn  die  Pferde  einen  Augenbhck  nachgäben,  würde  er  sich  selbst  mit 
den  Fäusten  die  Zähne  einschlagen.  Die  wahre  Haltung  eines  Wagenlenkers,  eben- 
falls eines  minoischen,  bietet  der  Sarkophag  aus  H.  Triada. 

Wenn  wir  jedoch  wirkhch  einen  Träger  vor  uns  sehen,  so  läßt  sich  zwar  nicht 
beweisen,  aber  doch  kaum  bezweifeln,  daß  der  Gegenstand,  den  er  trägt,  ein  Gefäß 
war.  Dieses  kann  nicht  breit  gewesen  sein,  weil  der  Kopf  mit  dem  Hut  nicht  viel 
Raum  übrig  läßt,  doch  genügt  es,  um  aus  den  vielen  Formen  der  minoischen  Vasen 
manche  Möglichkeit  sich  zu  denken*).  Der  Opfermut  des  Trägers,  der  hier  ganz  hinter 
und  unter  seiner  Vase  verschwindet,  bietet  ein  schönes  Gegenstück  zur  Strammheit 
des  Kriegers  auf  dem  Steatitgefäß  aus  H.  Triada,  der  auf  den  Befehl  seines  Fürsten 
hört  3).  Unsere  Bronzestatuette  vermehrt  also  die  Reihe  der  Gefäßträger  (auf  Fres- 
ken 4),  auf  einem  Steatitgefäß  5)  und  vielleicht  in  Relief^))  um  ein  Exemplar  in 
Rundplastik.  Während  die  Bedeutung  der  ägyptischen  Gefäßträger  als  Gesandte 
feststeht,  dürfte  man  über  die  Deutung  der  kretischen  im  Zweifel  sein.  Evans  7) 
betrachtet  die  JüngHnge  der  Prozessionsfresken  aus  Knosos  ebenfalls  als  Tributträger. 
Es  können  aber  auch  Diener  und  Mundschenken  des  Fürsten  oder  Teilnehmer  an 
einer  Opferprozession  sein  (s.  S.  67,  Anm,  5),  In  letzterem  Falle  wäre  unsere  Statuette 
wahrscheinlich  ein  Weihgeschenk  und  hätte  (dies  gilt  auch,  wenn  es  ein  Flötenspieler 
ist)  das  sakrale  Motiv  gemein  mit  der  Bronzestatuette  aus  Tylisos  (Mann  in  An- 
betung) *),  der  Bleifigur  aus  Kampos  (Flötenspieler  9))  und  der  längst  bekannten 
Bronzefigur  einer  betenden  oder  klagenden  Frau  in  Berlin  (s.  die  Beilage  ^°)). 

Stilistisch  ist  unsere  Statuette  der  letzterwähnten  Frauenfigur  am  nächsten  ver- 
wandt :  beide  zeigen  dieselbe  strotzende  Muskelfülle,  die  Geschmeidigkeit  der  Haltung, 
die  wenig  ausgeprägte  Gesichtsbildung,  die  breiten  Backen;  auch  die  rauhe  und  un- 


')  B.  S.  A.  VIII  S.  100  Abb.  56  (rechts)  =  Lagrange  aus  Knosos  liegt  nur  eine  vorläufige  Skizze  vor, 

Abb.  45,  I.  Lagrange  Abb.  91. 

*)  Man  kann  die  Tragweise  durch  Vergleichung  mit  5)  Winter  91,  2;    B.  S.A.  IX  S.  129;  H.  R.  Hall, 

den  tributbringenden  Fremdvölkern  auf  ägypti-  Aegean  Archaeology,  London  1915,  Abb.  7. 

sehen    Grabmalereien    illustrieren.      Da    werden  *)  Wenn  Evans  recht  hat,  auch  in  Relief  (Gesso 

die  Vasen  öfters,  zwar  nicht  auf  beiden  Händen  duro  oder,  nach  Mosso  S.  221  Stuckrelief),  B.  S.A. 

zusammen,    sondern   auf   einer   sich   gegen   den  VII  S.  89  Abb.  29=  Mosso  Abb.  101;  indessen 

Körper  stützenden  Hand  getragen ;  vgl.  W.  Max  macht  dieKrümmung  des  umklammerten  Gegens- 

MüUer,  Egyptological  Researches  I  Taf.  VI  (vgl.  tandes  diese  Deutung  nicht  sehr  wahrscheinlich. 

B.  S.  A.  XVI  Taf.  14);  II  Taf.  11,  12,  28.  7)  B.  S.  A.  VII  S.  15. 

Auch  beim  längst  berühmten    Cup-bearer  ^)  'EcpT)[x.  dp/.  1912  Taf.  17  =  Hall  Abb.  14  =  Dus- 

von  einem  Fresko  aus  Knosos  ist  der  steif  senk-  saud,  Civilisations  pr^hell^niques  *  Abb.  37. 

rechte  Arm  gegen  den  Körper  gestemmt;  H.  BuUe,  9)  Tsountas-Manatt,  Mycen.  Age  Taf.   17;  Perrot- 

Der  schöne  Mensch  im  Altertum  Taf.  34;  Winter  Chipiez  VI  Abb.  355;  Drerup,  Omero  Abb.  52. 

Taf.  91,  3;  Lagrange,  Frontispiz  (farbig);  und  ")  Archäol.  Anzeig.  1889   S.  94;   Perrot-Chipiez  VI 

passim.  Abb.   349  f.  =  Winter   Taf.  92,  i ;.  Hall   Taf.  19 

3)  Mosso,  Abb.  33  u.  34,  Winter  Taf.  89,  8  u.  9.  (nach  dem  Abguß).     Unsere  Abbildungen  nach 

4)  S.  S.  67  Anm.  2;  von  den  übrigen  Gefäßträgern  neuer  Photographie  des  Berliner  Originals. 

5* 


58  G.  van  Hoorn,  Eine  minoische  Bronze  in  Leiden. 

gefeilte  Oberfläche,  die  nach  dem  Guß  nicht  bearbeitet  worden  ist  ^).  Große  Ähnlich- 
keit zeigen  auch  die  Frauenstatuetten  aus  H.  Triada  *),  das  Bronzefragment  aus 
Smyrna  3)  und  die  Bleifigur  aus  Kampos  4):  die  letztere  mutet  schon  etwas  anders  an, 
der  verschiedenen  Herkunft  entsprechend.  Entfernter  ist  die  Verwandtschaft  mit 
zwei  bronzenen  Männerfiguren  aus  Gournia  5)  und  Tylisos  ^) ;  soweit  man  aus 
den  (nicht-photographischen)  Abbildungen  schheßen  kann,  ist  bei  diesen  die  Model- 
lierung flacher,  nachlässiger  und  weniger  lebendig.  Einer  ganz  andern  Empfin- 
dungswelt gehört  die  Bronze  aus  Phylakopi  an  7) ;  die  zwei  Bronzen,  die  Evans 
(1901)  mykenisch  genannt  hat,  stehen,  auch  in  der  Tracht,  den  wahrscheinlich  syri- 
schen oder  hettitischen  aus  Tiryns  und  Mykene  schon  näher,  ohne  jedoch  ganz  damit 
übereinzustimmen  ^).  Die  ägäischen  Fayencen  und  Terrakotten  stehen  in  künst- 
lerischer Hinsicht  hinter  der  Bronzeplastik  zurück.  Wenn  man  sich  nicht  auf  das 
Gebiet  der  Rundplastik  beschränkt,  findet  man  für  unsere  Statuette  stiHstische 
Analogien  unter  den  Männerfiguren  der  Goldbecher  ausVaphio9)  und  der  Steatitgef  äße 
(und  -fragmente)  aus  H.  Triada  und  Knosos,  namentlich  »Fürst  und  Offizier« ''o). 
Auf  diesem  Wege  gelangt  man  auch  zu  einer  annähernden  Datierung:  I.  Spät- 
minoische  Periode. 

Ein  genaueres  Studium  verdient  die  Tracht  der  Figur,  wäre  es  auch  nur  wegen 
der  Deutlichkeit  der  Formen.  Für  den  Hut  bei  Männern  finde  ich  in  der  ägäischen 
Kunst  keine  Analogie;  wohl  aber  gibt  es  ziemlich  ähnliche  flache  Damenhütchen 
aus  Petsofa  ").  Aber  die  Form  ist  so  natürlich,  daß  es  kaum  einen  Zweck  hat,  auf 
die  parallelen  Erscheinungen  in  der  griechischen  und  der  etruskischen  Kunst  hin- 
zuweisen ^2).  ]3as  Haar  ist  so  schlecht  erhalten,  daß  man  über  seine  Anordnung 
höchstens  eine  Vermutung  aufstellen  kann.  Während  bei  der  Statuette  in 
Berlin  ^3),  dem  Fragment  aus  Smyrna  ^4)  und  auf  vielen  Fresken  das  Haar  in  zum 
Teil  künsthch  verwickelten,  zum  Teil  losen  Windungen  (nicht  in  geflochtenen  Zöpfen) 
herabfällt,  steht  unsere  Statuette,  dem  Anschein  nach,  einer  Fayencefigur  aus 
Knosos  ^5)    näher,    bei  der    das  Haar   in  geraden  Strähnen  herabhängt,  ebenso  wie 

')  Über  die  Technik  vgl.  Hall,  der  sie  »Rodinesque«  9)  'Ecprjfii.  «äpy.  1889  =  Winter  Taf.  88,  i — 4. 

nennt,  S.  67.  10)  S.  S.  C7  Anm.  3;  S.  69  Anm.   2;   Steatitrhyton, 

*)  Maraghiannis,  Antiquites  cretoises  I  Taf.  26,  3,  Mosso    Abb.     93  f.  =  Hall    Taf.     16  =  Drerup, 

Mosso  Abb.  26.  Omero  Abb.  164  f.  =  Winter  Taf.  89,  4;  Ernte- 

3)  A.  Furtwängler,  Sitz.ber.  Ak.  Münch.  phil.  Kl.  prozessionsgefäß,  Mon.  d.  Lincei  XHI  =  H.  Bulle, 
1899  S.  559  ff.  Abb.  I  =  Kl.  Schriften  H  S.  453  ff.  Der  schöne  Mensch  Taf.  36  =    Hall  Taf.   17  = 

4)  S.  S.  67  Anm.  9.  Winter  Taf.  89,  5—7;  Fragment  J.  H.  S.   1901 

5)  H.  Boyd-Hawes,  Gournia  Taf.  11,  21.  S.    103   Abb.    2   =    Hall    Taf.    15,   3  =   Winter 
^)  S.  S.  67  Anm.  8;  vgl.  indessen   die  Würdigung             Taf.  91,  i. 

derselben  von  Karo,  Archäol.  Anz.  1910  S.  150.  ")  B.  S.A.  IX  S.  373:  »plate-hat«  fashion. 

7)  Excavations  at  Phylakopi  in  Melos  Taf.  37.  ")  Daremberg-Saglio  s.  v.  Petasus. 

8)  J.  H.  S.  1901  S.  125  f.  Abb.  15  u.  16;  aus  Tiryns  '3)  S.  S.  67  Anm.   10  und  die  Beilage. 
Perrot-Chipiez     VI     Abb.     353,     aus     Mykene  '<)  S.  S.  68  Anm.  3;    dazu    die    Erläuterung    Furt- 
Abb.  354  =  Winter  Taf.  90,  11  u.  12,  vgl.  Furt-  wänglers  S.  560  f. 

wängler,  Ant.  Gemmen  S.  18  Anm.  7  und  Sitz.ber.       '5)  Schlangengöttin,  -priesterin  oder  -tänzerin,  B.  S. 
a.  a.  0.  S.  565.  A.  IX  S.  75  Abb.  54  u.  55  (=  Winter  Taf.  85,  12); 

vgl.  Abb.  57;  dieselbe  mit  dem  Kopf:  Hall  Taf.  I. 


G.  van  Hoorn,  Eine  minoische  Bronze  in  Leiden. 


69 


beim  Führer  auf  der  Ernteprozessionsvase,  wo  die  (kürzeren)  Strähnen  etwas  freier 
um  den  Kopf  wallen,  bei  dem  oben  erwähnten  Fürsten  und  bei  der  Bleifigur  aus 
Kampos,  wo  es  aussieht,  als  ob  es  frisiert  wäre  ^). 

Die    Schurztracht  (s.  Abb.  3)    läßt  uns  zweifeln,  ob  wir  es  hier  mit  einem 
einzigen,     einheitlichen    Kleidungsstück    zu    tun 
haben  oder  mit  zwei  gesonderten:  dem  wulstigen  ..*h#^,,- 

Schurz  vorn  und  dem  frackschoßartigen  Teil 
hinten.  Die  kretisch-mykenische  Schurztracht 
bietet  drei  oder  vier  Haupttypen  mit  ihren 
Varianten: 

A.  Ein  Schurz,  der  von  einem  Gürtel  aus- 
geht, wird  zwischen  den  Beinen  hindurchge- 
zogen, so  daß  die  Schenkel  bis  zu  den  Hüften 
hinauf  unbedeckt  bleiben:  Subligaculum  2). 

B.  Ein  Schurz,  der  rings  um  die  Hüften 
herumgeht,  wird  entweder  zusammengenäht 
(einem  Röckchen  ähnlich)  oder  jedesmal  beim 
Umlegen  zusammengebunden;  auch  dieser  Typus 
ist  meistens  mit  einem  Gürtel  verbunden  (vgl. 
die  Tracht  der  Bergschottens)).  Dieser  Typus 
ist  zuweilen  so  gestaltet,  daß  die  Seiten  der 
Oberschenkel  zum  Teil  unbedeckt  sind  4),  zu- 
weilen beinahe  bis  zu  dem  Gürtel  hinauf,  so 
daß  man  ihn  kaum  vom  Zweilappenschurz 
(Typus  D)  unterscheiden  kann  5).  Daß  diese 
Variante  nicht  durch  Ausschneiden,  sondern 
durch  Verwendung  eines  ovalen  Gewandstückes 
entstanden  ist,  hat  Lady  Evans  in  einer  Unter- 
suchung über  die  Tracht  der  Fayencefiguren 
nachgewiesen  ^). 


Abb.  3.     Rückansicht  zu  Abb. 


')  S.  S.  68  Anm.  10,  S.  67  Anm.  3,  S.  67  Anm.  9; 
S.  67  Anm.  5  und  im  allgemeinen  Hall  S.  63 
u.  237  fE. 

*)  B.  S.  A.  VII  S.  95  Abb.  31.  Über  den  Namen 
vgL  Daremberg-Saglio  s.  v.  Sublicagulum.  Am 
deutlichsten:  die  Bronze  aus  Gournia ,  S.  68 
Anm.  5,  und  die  schon  mehrmals  erwähnten 
Steatitgefäße,  S.  68  Anm.  10.  Tonstatuetten 
aus  Petsofa:  B.  S.  A.  IX  S.  363  Taf.  10,  9,  Winter 
Taf.  90,  I,  Lagrange  Abb.  52.  Tonfigur:  Mon.  d. 
Lincei  XIII  S.  108  Abb.  8.  Goldring:  J.  H.  S. 
1901  S.  177  Abb.  53  =  Winter  Taf.  91,  11. 
Bronzen:  in  Wien,  Archäol.  Anz.  1892  S.  48 
Nr.  63,  und  aus  H.  Triada,  Maraghiannis,  Antiq. 
cretoises  I  Taf.  26,  i.  Die  Bronzen  aus  der  Grotte 


von  Psychro  (B.  S.  A.  VI  Taf.  10)  sind  wahr- 
scheinlich aus  der  geometrischen  Epoche,  also 
hier  nicht  zugehörig. 

3)  Vgl.  Daremberg-Saglio  s.  v.  Cinctus.  Auf  P'resken 
aus  Knosos,  s.  S.  67  Anm.  4.  Porzellanplättchen 
B.  S.  A.  VIII  S.  21  Abb.  10.  »Fischervase«  aus 
Phylakopi,  Excavations  Taf.  22  =  Winter  Taf. 
83,  18;  Arch.  Jahrb.  1910  S.  9  Abb.  i.  Siegel- 
abdrücke,  s.    S.  72  Anm.  6   und   S.  72  Anm.  7. 

4)  Beim  »Fürsten«  auf  dem  Steatitgefäß,  s.  S.  67 
Anm.  3. 

5)  Gauklerin  auf  dem  Stierfresko  aus  Knosos, 
Winter  Taf.  88,  5. 

6)  B.  S.  A.  IX  S.  80:  der  moderne  Name  ist 
»poncho«  oder  »polonaise«. 


70  Gr.  van  Hoorn,  Eine  minoische  Bronze  in  Leiden. 

Mitunter  werden  die  Typen  A  und  B  zusammen  getragen:  an  Tonfiguren  aus 
Petsofa  erscheint  das  Subligaculum  (A)  in  deutlicher,  plastischer  Wiedergabe  unter 
dem  Schurz  B  J),  umgekehrt  haben  die  Bleifigur  aus  Kampos  und  »Fürst  und  Of- 
fizier« des  Steatitgefäßes  sich  erst  den  Schurz  B  umgelegt  und  dann  darüber  das 
Subligaculum  '^),  das  als  ein  ziemlich  schmaler  Streifen  erscheint.  Beide  zusammen 
entsprechen  einer  kurzen  Badehose  3);  diese  hat  man  auch  nachgewiesen  4). 

C.  Eine  Zwischenform  zwischen  Schurz  und  orientahschen  Hosen,  sackartige 
Beinkleider  mit  schweif  artigem  Anhang,  sieht  man  auf  dem  Sarkophag  aus  H.  Triada 
in  einer  Kultszene  5)  und  auf  Siegelabdrücken  6).  Es  soll  der  Saccus  sein,  eine 
uralte  Kulttracht  aus  Tierfell  7).  Man  könnte  einen  Zusammenhang  annehmen 
zwischen  dem  Anhang  bei  ihnen  und  dem  ausgeprägt  spitzen  Ende  unserer  (Kult-) 
Statuette  ^),  das  dann  ein  rudimentärer  Überrest  der  alten  Kulttracht  in  verfeinerter 
Gestalt  wäre  9). 

D.  Vielleicht  gibt  es  noch  einen  vierten  Typus:  vorn  und  hinten  je  ein  Lappen, 
der  frei  vom  Gürtel  herabhängt  ^°).  Doch  dürfte  dieser  Typus  in  den  meisten  Fällen 
eine  Erweiterung  des  ersten  (A,  Subligaculum)  sein  und  ebenfalls  nur  aus  einem 
einzigen  Stück  Zeug  gebildet.  Wenn  man  das  Subligaculum,  statt  daß  man  es  hinten 
an  den  Gürtel  befestigt,  mit  seinem  freien  Ende  unter  dem  Gürtel  hindurch  herüber- 
zieht und  nach  hinten  herabhängen  läßt,  entsteht  der  Eindruck  eines  besonderen 
Lappens.  Dasselbe  kann  sich  an  der  Vorderseite  wiederholen,  so  daß  die  Zipfel  vorn 
und  hinten  frei  herabhängen,  leicht  aufwehen  und  mit  den  Bewegungen  mittanzen  "). 

')  B.  S.  A.  IX  Taf.  9  =  Mosso  Abb.  io8.  entscheiden.    Daß  solche  rudimentären  Überreste 

^)  S.  S.  67  Anm.  9  und  S.  67  Anm.  3.  manchmal  von  religiösen  Rücksichten  beeinflußt 

3)  B.  S.A.  X  S.  156:  »This  band  passing  between  worden  sind,  läßt  sich  in  der  Kindertracht  des 
the  legs  would  turn  the  kilt  into  something  resem-  klassischen  Zeitalters  beweisen,  vgl.  meine  Dis- 
bling  a  pair  of  boating  »shorts«.«  sertation.  De  vita  atque  cultu  puerorum,  Amster- 

4)  Mykenisch:    auf    den    eingelegten    Dolchen    aus  dam  1909,  S.  51. 

Mykene,   Winter,  Beilage  zu  Taf.  84.    Minoisch  *°)  So  zu  deuten  an  der  Bronze  aus  Tylisos  (s.   S.  67 

(?):  auf  einem  Steatitfragment,  s.  S.  65  Anm.  3,  Anm.  8),  die  unter  den  zwei  getrennten  Lappen 

es  sei  denn,  daß  hier  ein  Fremdling  dargestellt  ist.  einen  sehr  kurzen  Schurz  (Typ.  B)  zeigt;  immer- 

5)  S.  S.  66  Anm.  2.  hin  ist  die  Figur,  solange  kein  Abguß  vorliegt, 
^)  B.  S.  A.  XII  S.  240  Anm.  3  und  Hall  S.  233  ver-  schwer  zu  studieren. 

gleichen  die  ßpotxan  der  heutigen  Kreter.     Mon.       ")  Hinterlappen:    Steatitrhyton   und   Erntepro- 

d.  Lincei  XIII  S.  39  Abb.  33,  S.  41  Abb.  35;  zessionsvase,  s.  S.  68  Anm.  10.     Bronze  in  Wien, 

Winter  Taf.  89,  3  =  B.  S.  A.  XII  S.  241  Abb.  2  =  Archäol.  Anz.   1892   S.  48  Nr.  63.     Stierfresko, 

Mosso  Abb.  31  a;  Abb.  32  a;  Lagrange  Abb.  40;  Schhemann,  Tiryns  Taf.  XIII  =  Winter  Taf .  89,  2 

Hall  Abb.  94.     Dieselbe  Tracht  soll  auch  eine  und  Vasenscherbe  aus  Tirjms,  s.   S.  70  Anm.  8. 

Bronze  im  Ashmolean-Museum  zeigen.  Goldring  s.  S.  69  Anm.  2.     Bronze  aus  der  Grotte 

7)  Mon.  d.  Lincei  XIX  S.  23.  von  Psychro,  wenn  hier  zugehörig,  B.  S.  A.  VI 

^)  Was  die  Form  betrifft,  vgl.  die  spitzen  Enden  der  Taf.  10  Nr.  7,  s.  S.  69  Anm.  2. 

Schurzgewänder  auf  einer  Vasenscherbe,  Schlie-  Vorder-  und  Hinterlappen:  Fresken  und 

mann,  Tiryns  Taf.  14  =  Furtwängler-Loeschcke,  Bronze  aus  Tylisos  'EcpTjf*.  dp)(.  1912  Taf.  19  u.  17 

Myk.  Vasen  Text  S.  45  =  Winter  Taf.  90,  14.  (s.  S.  67  Anm.  8).     Bronze  in  Wien:  Archäol.  Anz. 

9)  Ob  die  ägyptische  Festtracht,  ein  um  die  Schul-  a.  a.  0.  Nr.  62.    Fresko  aus  Knosos  (zweifelhaft), 

tern  geworfenes  Pantherfell  (Ad.  Erman,  Ägypten  s.  S.  69  Anm.  5.  Vaphiobecher,  s.  S.  68  Anm.  9, 

S.  287),  hier  nachgewirkt  hat,  wage  ich  nicht  zu  S.  72  Anm.  i;  S.  73  Anm.  i. 


G.  van  Hoorn,  Eine  minoische  Bronze  in  Leiden.  7J 

Dieser  einheitliche  Lappenschurz  erfüllt  seine  Verhüllungspflicht,  auf  welche  dieMinoer 
großen  Wert  legten  ^),  besser  als  die  zwei  besonderen  Lappen  ohne  Verbindung; 
namentlich  bei  den  stark  bewegten  Stierspielen  und  athletischen  Übungen.  Es  ist 
nicht  unmögHch,  daß  man  diesen  auch  hier  in  Anwendung  gebracht  habe;  nur  daß 
vorn  das  Schurzende  zusammengefaltet  ist,  so  daß  die  rund  zugeschnittenen 
Ecken  sich  beide  zur  rechten  Seite  befinden  und  zwei  Schichten  übereinander  ge- 
bildet werden  (Abb.  i)  2);  während  hinten  schon  der  Zuschneider  gearbeitet  hat,  um 
den  eleganten  Schnitt  herzustellen.  Doch  scheint  man  mit  solchem  Einheithchkeits- 
bestreben  nicht  immer  auszukommen,  und  vielleicht  empfiehlt  es  sich  auch  hier, 
den  Hinterlappen  als  ein  besonderes  Gewandstück  zu  betrachten.  Überhaupt  ist  ja 
die  Schneiderkunst  für  die  kretischen  Damen  und  Herren  schon  ziemlich  raffiniert. 

Im  Anschluß  an  die  Vermutung  von  Professor  Six  3),  daß  Leder  in  der  kretisch- 
mykenischen  Tracht  eine  große  Rolle  spiele,  beachte  man  die  Mittelrippe  und  die 
plastisch  erhöhten  Ränder  des  Hinterschurzes  (Abb.  3),  die  sich  sehr  gut  als  in  Leder 
gepreßte  Ornamente  deuten  lassen;  auch  der  Vorderlappen  dürfte  rund  zugeschnitte- 
nes Leder  sein,  dessen  Ränder  etwas  umgestülpt  sind  (s.  Abb.  I  und  Tafel  i). 

Der  hervorragende  Teil  des  Schurzes  an  der  Vorderseite  gerade  unter  der  Mitte 
des  Gürtels  wird  vielleicht  von  einem  Vertreter  der  Gliedfutteraltheorie  mit  besonde- 
rer Aufmerksamkeit  betrachtet  werden,  weil  er  hier  eine  neue  Stütze  für  seine  Theorie 
wittert.  Meiner  Ansicht  nach  ist  dieser  Wulst  durch  das  Falten  des  Schurzes  ent- 
standen, nicht  durch  ein  darunter  befindliches  Gliedfutteral;  um  so  weniger,  weil 
das  Vorkommen  des  Futterals  in  der  ägäischen  Kulturwelt  recht  fraglich  ist.  Man  be- 
hauptet, schon  mehrere  Exemplare  nachweisen  zu  können,  und  stützt  damit  die  Hypo- 
these, daß  die  Ägäer  von  derselben  Rasse  seien  wie  die  Libyer  und  die  prädynasti- 
schen Ägypter,  derjenigen  Mittelmeerrasse  4),  bei  der  man  tatsächlich  das  Futteral 
nachgewiesen  hat  5).  Solche  unzweideutigen  Fälle  gibt  es  in  der  ägäischen  Welt 
nicht.  In  den  meisten  Fällen,  die  angeführt  werden,  handelt  es  sich  augenscheinlich 
um  ein  Subligaculum  6),    Auch  der  Treiber  des  gezähmten  Stieres  auf  dem  Vaphio- 

')  Karo,  Archiv  f.  Religionswiss.  VIII  S.  517  Anm.  1,  üblich  war,  vgl.  H.  Weiß,  Kostümkunde  V,  Re- 
Walter A.  Müller,  Nacktheit  und  Entblößung,  gister  s.  v.  Ein  minoisches  Gegenstück  würde 
Diss.,  Leipzig  1906  S.  72.  die  Tonfigur  Mon.  d.  Lincei  XIII  S.  108  Abb.  8 

*)  Ob  der  Künstler  des  Goldrings  (s.  S.  69  Anm.  2)  bieten,  wenn  es   nicht  einzig  dastünde,  s.  S.  (9 

auch  einen  Vorderschurz  mit  mehreren  Schichten  Anm.  2. 

hat  darstellen  wollen,  läßt  sich  nicht  entscheiden.  6)  Das  von  W.  A.  Müller  a.  a.  O.   S.  64  ff.  beige- 

3)  Jahresh.  d.  österr.  archäol.  Inst.  1912  S.  104  ff.  brachte  Material    ist    schon  S.   69  Anm.   2  als 

4)  Vgl.  B.  S.  A.  XII  S.  233  ff.;  Mosso  S.  3240.;  Subligaculum  erwähnt:  Zweifel  ist  ausgeschlossen 
Lagrange  S.  ii3ff. ;  R.  v.  Lichtenberg,  Ägäische  bei  der  Bronze  aus  Gournia,  der  Bleifigur  aus 
Kultur  S.  137  ff. ;  Beloch,  Gr.  Gesch.  I  i*,  S.  74;  Kampos  und  dem  Steatitfragment  B.  S.A.  VII 
Ed.  Meyer,  Gesch.  d.  Alt.  I  23   §  167.  S.  95  Abb.  31.     Im   Anschluß  an  jene  Steatit- 

5)  »Bantu  sheath«,  B.  S.  A.  IX  S.  387  Anm.;  vasen  erklärt  sich  auch  die  Tracht  auf  dem 
XII  S.  234  Anm.  3.  Die  von  Lagrange  Abb.  95  Ernteprozessionsgefäß  als  Subligaculum,  vgl. 
angeführten  libyschen  Exemplare  (nach  Naville,  auch  Karo  a.  a.  0.  und  unten  S.  72  Anm.  2. 
Rec.  de  trav.  XXII  1900  S.  69)  sind  den  angeb-  Die  von  Lagrange  S.  147  erwähnte  Reliefdar- 
lichen  ägäischen  kaum  vergleichbar.  Stellung  eines    Fürsten    aus    Knosos,    auf   dem 

Eine  Analogie  aus  neuerer  Zeit  ist  die  Scham-  ein  Gliedfutteral  vorkommen  soll,  ist  leider  noch 

kapsei  (Braguette),  die  vom  15. — 17.  Jahrhundert  nicht  veröffentlicht. 


72 


G.  van  Hoorn,  Eine  minoische  Bronze  in  Leiden. 


becher  scheidet  aus,  seitdem  eine  deutliche  Detailskizze  (s.  S.  73  Anm.  i)  beweist,  daß 
die  Vorderpartie  des  Schurzes  ein  herabhängender  Zipfel  ist,  dessen  Rand  oder  Saum 
angedeutet  ist  ^).  Und  wenn  die  Tonfiguren  aus  Petsofa  eine  andere  Sprache  zu 
reden  scheinen,  erklärt  sich  das  aus  der  Technik,  die  nachträglich  einen  kleinen  Ton- 
klumpen angefügt  hat.  Den  einzigen  Fall,  wo  man  einen  besonderen  Gegenstand 
sieht,  der  ein  richtiges  Futteral  sein  kann,  bietet  das  ebenso  berühmte  wie  umstrittene 
Ernteprozessionsgefäß  aus  H.  Triada,  wo  es  vom  Subligaculum  getrennt  erscheint; 
aber  einmal  scheidet  es,  selbst  wenn  »ithyphallisch «  die  richtige  Deutung  wäre,  hier 
aus,  wo  es  gilt,  die  Alltagstracht  zu  ermitteln  (wie  denn  auch  selbstverständlich  die 
libyschen  und  ägyptischen  Exemplare  des  Futterals  herunterhängen),  ferner 
ist  schon  die  Abneigung  der  ägäischen  Kultur  gegen  Ithyphallisches  hervorge- 
hoben worden*);  »Schleifstein«  scheint  hier  also  eine  bessere  Deutung  3).  Ohne 
den  Wert  der  kraniologischen  und  sonstigen  Argumente  für  die  Rassengleichheit 
schmälern  zu  wollen,  ist  hervorzuheben,  daß  man  die  Theorie  nicht  auf  Tracht- 
analogien aufbauen  soll,  so  lange  nicht  neue  Grabungen  Sicheres  gebracht  haben, 
und  auch  dann  nur  mit  größter  Vorsicht. 

Berechtigter  ist  die  Vergleichung  der  kretischen  Tracht  mit  der  ge- 
wisser Fremdvölker  auf  ägyptischen  Grabmalereien.  Es  wäre  voreihg,  hier  die 
ganze  Keftiufrage  aufzurollen.  Nur  eine  vorläufige  Bemerkung  sei  gestattet. 
Wenn  wir  lesen  4):  »Der  vorn  spitz  zugeschnittene  Schurz  der  Männer  des  Pro- 
zessionsfreskos 5),  eine  der  Hauptstützen  der  Keftiutheorie,  scheint  ganz  singulär 
zu  sein  und  auf  kretisch -mykenischen  Monumenten  bisher  keine  Parallele  zu  haben«,  so 
fragen  wir,  ob  es  also  ein  Mißverständnis  ist,  wenn  wir  auf  Siegelabdrücken  aus  Kreta 
den  spitzen  Schurz 6)  (einmal  in  verdoppelter  Form?))  zu  erblicken  wähnen.  Viel- 
leicht ist  er  sogar  in  seinem  Wesen  gleichbedeutend  mit  dem  Frauenrock  der  Berliner 
Statuette,  deren  Spitzen  vorn  zusammenkommen,  ohne  ineinander  überzugehen  8). 
Auch  den  Streifen,  der  sich  auf  Keftiubildern  an  der  Verschlußseite  des  Schurzes 
entlang  erstreckt  9),  findet  man  auf  dem  obersten  Rock  der  Berliner  Bronze  wieder. 
Außerdem  erinnert  der  schräge  Schnitt  des  Petsofa-Schurzes  ^°)  an  die  schrägen 
Linien  des  Keftiu- Schurzes.  Im  allgemeinen  aber  empfiehlt  es  sich  zu  warten,  bis 
die  neue  Materialsammlung  von  Burchardt  und  Eduard  Meyer  zu  einer  Veröffent- 
lichung über  die  Fremdvölker  in  ägyptischen  Gräbern  geführt  hat.  Wir  geben  also 
auch  noch  kein  Urteil  ab  über  die  Hypothese  Wainwrights  "),  der  scharf  trennt 
zwischen   Keftiuvölkern   einerseits   und    Inselvölkern   mit    Inbegriff  der  Völker   im 

')  Vgl.  die  Erläuterung  B.  S.  A.  IX  S.  364  (Myres).  S.    252     Abb.    52  =  Mosso     Abb.  98  ==  Winter 

*)  Karo  a.  a.  O.     Die  Erörterungen  von  Fougeres  Taf.  88,  7. 

(Comptes  rendus  du  Congres  international  d'Ar-  7)  Mon.   d.   Lincei   XIII   S.   44  Abb.   40  =  Mosso 

cheologie  class.,  2e  Session,  le  Caire  1909  S.  232)  Abb.  30  a. 

sind  mir  nicht  zugänglich.  ^)  S.  die  Beilage  zu  S.  C7,  vgl.  den  Abguß. 

3)  W.  A.   Müller  a.  a.  0.    S.   67   nach   Studniczka.  9)  W.  Max  Müller,  Egyptolog.  Researches  II  Taf. 

4)  Tiryns  II  (1912)  S.  120  Anm.  i.  12,  1;  Wainwright  (s.  S.  72  Anm.  11)  Taf.  15,  14. 

5)  Vorläufige  Skizze  Lagrange  Abb.  91.  '")  B.  S.  A.  IX  Taf.  10,  6;  Fimmen,  Zeit  und  Dauer 

6)  Mon.  d.  Lincei  XIII  S.  43  Abb.  38;  B.  S.  A.  VIII  der  kret.-myk.  Kultur  S.  73  ff. 

")  Annais  of  Archaeology  and  Anthropology  (University  of  Liverpool)  VI  i — 2  S.  24  ff. 


G.  van  Hoorn,  Eine  minoische  Bronze  in  Leiden.  7  9 

Senmutgrab  anderseits,  indem  er  letztere  auf  Kreta,  die  Keftiuvölker  in  Kilikien 
ansässig  macht.  Für  unsere  Statuette  ist  die  (auch  nach  Wainwright)  unbe- 
dingt minoische  Tracht  im  Senmutgrab  am  wichtigsten:  der  frei  herabhängende 
Frackschurz  ^)  ist  derselbe  wie  bei  unserer  Statuette,  Diese  Übereinstimmung 
wird  durch  die  Hervorhebung  des  Schurzrandes  an  Statuette  und  Grabge- 
mälde bestätigt:  plastisch  bei  jener,  farbig  bei  diesem.  Die  Vorderpartie  des 
Senmutschurzes  ist  weniger  deutlich.  Man  hat  vermutet,  daß  der  Maler  des  Senmut- 
grabes  oder  seine  Vorlage  die  kretische  Tracht  falsch  interpretiert  habe  und  daß  die 
zwei  Bänder,  die  von  der  Mitte  des  Gürtels  herabhängen,  als  eine  mißlungene 
Wiedergabe  unseres  Schurzes  zu  betrachten  seien.  Offenbar  hat  man  dabei  die  alte 
Zeichnung,  aus  der  Zeit,  als  die  Malerei  noch  besser  erhalten  war,  übersehen 2),  Da 
stellt  sich  heraus,  daß  die  Bänder  sich  weiter  nach  unten  fortsetzten  und  also  als  wirk- 
liche Bänder  aufgefaßt  waren.  Es  ist  nicht  schwer,  in  der  kretisch-mykenischen 
Kunst  zahlreiche  Beispiele  von  Bändern  zu  finden,  die  den  Hinterlappenschurz  oder 
den  Rockschurz  (Typ.  B)  am  Vorderleib  zusammenbinden  und  frei  herabfallen  3). 
Sie  dienen  auch  als  Verschluß  für  Frauenkleider  4),  Daß  im  Senmutgrab  der  Teil 
des  Schurzes,  der  noch  hinter  den  Bändern  sichtbar  sein  sollte  als  Subligaculum, 
vom  Maler  nicht  berücksichtigt  worden  ist,  entspricht  der  schematischen  Dar- 
stellungsweise. 

Über  die  Konstruktion  des  konkaven  kretischen  Gürtels  gibt  unsere  Statuette 
keine  Aufklärung;  zu  der  sinnreichen  Deutung,  er  solle  aus  drei  konzentrischen 
Teilen  zusammengesetzt  sein  (einem  inneren  wulstigen  Teil,  einem  darumgelegten 
Metallreifen,  der  von  einer  Schnur  umschlossen  und  festgezogen  werde)  5),  äußert 
sich  die  Statuette  weder  pro  noch  contra. 

Delft.  G.    van    Hoorn. 

»)  Detailskizze  Athen.  Mitt.  1913  S.  191,  vgl.  W.Max  (=  Mosso  Abb.  108);  Taf.  10,  i  u.  7  (=  Winter 

Müller  a.  a.  0.    I   (1906)  Taf.   7,    B.  S.  A.   XVI  Taf.  90,  i);  Lagrange  Abb.  52.     Gemmen:  Mon. 

Frontispiz;  X  S.  156  mit  Abb.  2.     Wenig  ein-  d.  Lincei  XIV  S.  626  Abb.  97  b;  Tsountas-Manatt, 

leuchtend  ist  die  Deutung  Wainwrights  a.  a.  0.  Mycen.  Age  Abb.  54.     Goldring:  Rev.  archeol. 

S.  44,  der  hier  anstatt  eines  freien  Endes  den  un-  1874  Taf.  4,  44.     »Fischervase«  aus  Phylakopi, 

unterbrochen  durchlaufenden  Rockschurz  (Typus  Excavations  S.  124  Abb.  95  =  Arch.  Jahrb.  1910 

B),  der  vorn  von  einem  Subligaculum  gerafft  und  S.  9  Abb.  i   (Schurztypus  B). 
aufgebunden  sein  soll,  annimmt.    Wenn  das  rieh-       4)  Tonfiguren  aus  Petsofa   B.   S.  A.   IX  Taf.  8  = 

tig  wäre,  würde  er  nicht  so  glatt  und  faltenlos  den  H.  Bulle,  Der  schöne  Mensch  Taf.  35  =  Winter 

Körper  umschließen,  wie  es  auch  auf  dem  Vaphio-  Taf.  85,  11;  und  aus  Sitia  im  Museo  Kircheriano 

becher  der  Fall  ist.  Mon.  d.  Lincei  VI  S.  171  Abb.  3  u.  4  =    Winter, 

0  B.  S.  A.  XVI  Taf.  14.  Typen  I  S.  10,  8,  Heibig,  Führer  II  3  Nr.  1620. 

3)  Tonfiguren  aus  Petsofa:  B.  S.  A.  IX  S.  364  Taf.  9       5)  B.  S.  A.  IX  S.  365  (Myres). 


n  *  J.  Six,  Kaiamis. 


KALAMIS. 

In  seiner  vor  kurzem  im  Jahrbuch  ^)  erschienenen  Behandlung  der  Inschrift 
des  delphischen  Wagenlenkers  hat  A.  Frickenhaus  der  alten  Deutung  auf  Aristobulos 
neue  Stützen  verhehen,  damit  die  Urheberschaft  des  Amphion  von  Knossos  abgelehnt 
und  die  Bahn  für  die  Suche  nach  dem  Meister  der  wunderbaren  Bronze  wieder  frei 
gemacht.  Er  selbst  neigt  der  Meinung  zu,  daß  man  diesen  inAegina  zu  vermuten  habe, 
und  verweist  dafür  auf  Studniczka  2)  und  B.  Curtius  3).  Studniczkas  Zusammen- 
stellung des  Kopfes  des  Wagenlenkers  (Abb.  2)  mit  dem  des  Harmodios,  der  ägineti- 
schen  Athena  und  des  Capranesischen  Anadumenos  hat  mir  nie  so  recht  einleuchten 
wollen.  Es  sind  gewiß  Beziehungen  da,  aber  nicht  stärker,  als  sie  sich  z.  B.  bei  der 
Zusammenstellung  eines  Madonnenkopfes  von  Perugino  mit  solchen  der  Verrocchio 
und  Lionardo  ergeben  würden.  Jene  antiken  Köpfe  haben  allerdings  den  Charakter 
ihrer  Epoche  gemeinsam,  innerhalb  welcher  der  eine  die  obere,  der  andere  die  untere 
Grenze  bezeichnet;  aber  als  Richtung  sind  sie  sehr  verschieden.  Der  herbe  scharfe 
Geist,  die  feste  eckige  Formgebung,  die  man  selbst  in  der  Kopie  des  Tyrannenmörders 
noch  zu  erkennen  meint,  die  knappe  Konstruktion  des  Athenakopfes,  so  schlicht 
und  regungslos,  der  feine,  fast  zarte  und  dennoch  überlegte  Bau  des  Capranesischen 
Kopfes  stehen  dem  glatten  Ovalrund  des  Wagenlenkers  sehr  fern,  der  das  Knochen- 
gerüst, wenn  es  auch  nicht  fehlt,  nur  eben  erkennen  läßt;  hingegen  spricht  hier  das 
Äußere  eines  nicht  besonders  intelligenten  Menschen  von  innerer  Erregung,  als  wäre 
er  von  einem  höheren  Geiste  ergriffen.  Lieber  als  abermals  an  Peruginos  ekstatische 
Figuren  erinnere  ich  hier  an  Memlings  vanNieuwenhoven,  um  zu  veranschaulichen,  was 
mir  an  diesem  Kopfe  so  ganz  unäginetisch  scheint:  der  Künstler  drückt  das  seelische 
Leben  in  seinem  Siegerbilde  aus.  Will  man  bei  greifbareren  Dingen  bleiben,  so  ver- 
weise ich  vor  allem  auf  die  Hauptformen.  Der  Schädel  des  Wagenlenkers  ist  rund  im 
Umriß  von  der  Stirn  bis  zum  Hinterkopf,  selbst  dem  Tyrannenmörder  gegenüber,  ob- 
gleich auch  dieser  keine  Schädeltiefe  hat,  wie  sie  der  Capranesische  Kopf  zeigt 
und  die  Athena  unter  ihrem  Helm  vermuten  läßt.  Und  wenn  auf  Studniczkas  Tafel 
die  Vorderansichten  der  Köpfe  nicht  allzu  abweichende  Umrißlinien  zeigen,  so  wäre 
diese  Übereinstimmung  rasch  zerstört,  wenn  man  sie  bei  der  Aufnahme  mehr  nach 
vorn  geneigt  oder  eine  Dreiviertelansicht  hinzugefügt  hätte.  Das  Kinn  der  beiden 
oberen  Köpfe  (Harmodios  und  Wagenlenker)  ist  nämlich  breit,  die  Backen  sind  voll; 
bei  den  unteren  ist  das  alles  zu  einem  schmaleren  Oval  verfeinert  durch  Abflachung 
der  Wangen  und  schärfere  Begrenzung  des  Kinnes. 

Die  nächsten  Verwandten  des  Wagenlenkers  sehen  anders  aus.  Homolle  hat 
die  »boudeuse«,  das  Weihgeschenk  des  Euthydikos  4),  genannt,  ich  füge  den  ludo- 
visischen  Kolossalkopf  5)  (Abb.  I )  hinzu.     Die  erstere  ist  wohl  sicher  älter,  und  da 

0  XXVIII  1913  S.  52.  3)  Zu  Brunn-Bruckmann  Taf.  601   S.  28. 

*)  Jahrbuch  XXII  1907  S.  137.  4)  Akropolis -Museum  Nr.  686  und  699. 

5)  Heibig,  Führer  II  Nr.  1288. 


J.  Six,  Kaiamis. 


75 


sie,  unter  den  vorpersischen  Werken  der  athenischen  Akropolis,  so  ziemlich  vereinzelt 
dasteht,  gibt  sie  uns  kaum  einen  brauchbaren  Hinweis  auf  die  Herkunft  ihres  Stiles, 
selbst  wenn  ihr  sogenannter  Bruder  ^)  ihr  so  nahe  stehen  sollte,  wie  man  anzunehmen 
pflegt. 

Auch  der  ludovisische  Kopf,  der  dem  Wagenlenker  schon  nähersteht,  gibt  uns 
vorläufig  kaum  einen  Anhalt  zu  weiteren  Schlüssen.  Seine  Herkunft  ist  unbekannt; 
Petersen  ^)  mag  wohl  mit  Recht  vermutet  haben,  daß  er  in  demselben  Gebiet  gefunden 
wurde  wie  der  ludovisische  »Thron«;  daß  es  aber  der  Kopf  der  Göttin  wäre,  die  darauf 


Abb.  I.     Ludo visischer  Kopf  (nach  Gips). 


Abb.  2.    Kopf  des  Wagenlenkers  zu  Delphi  (nach  Gips). 


gesessen  hätte,  ist  unwahrscheinlich  geworden,  seitdem  der  »Thron«  von  Studniczka  3) 
als  die  eine  Seite  eines  Altars  erwiesen  ist.  Trotzdem  meine  ich,  daß  Benndorf  4)  gut 
gesehen  hat  und  daß  Kopf  und  Altar  zusammen  gehören.  Dieses  kolossale  Antlitz, 
noch  ein  wenig  hart  im  Gesamtbau  und  im  jetzigen  Zustande  etwas  abschreckend 
durch  die  Größe  und  die  häßliche  Beschädigung  des  einen  Auges,  hat  gewiß  als  Teil 
eines  akroHthen  Kultbildes  5)  ganz  anders  gewirkt;  der  lange  Hals  war  durch  die 
Höhe  des  ganzen  Bildes  bedingt,  das  man  in  der  kurzen  Cella  nur  aus  geringer  Ent- 
fernung sah,  und  die  steifen  Haarsträhnen  hingen  im  tiefen  Schatten  eines  Schleiers 
herab.  Der  ludovisische  Kopf  hat  mit  dem  Wagenlenker  nicht  nur  die  großen  Formen 
gemein,  sondern  auch  das  Vorwiegen  der  Oberfläche  gegenüber  dem  Gerüst.     Die 


')  Akropolis-Museum  Nr.  689. 
*)  Rom.  Mitt.  VII  1892  S.  62. 


3)  Jahrbuch  XXVI  191 1  92. 

4)  Bei  Petersen  a.  a.  0. 
5)  Heibig,  Führer  II  S.  83. 


1^ 


J.  Six,  Kaiamis. 


Hoheit  ihres  eben  merkbaren  Lächelns  gibt  der  Göttin  eine  Anmut,  die  nicht  minder 
wie  die  Arbeit  zu  dem  Altar  der  Aphrodite  paßt. 

Wegen  seiner  Beschädigungen  leider  schwer  im  Profil  vergleichbar,  gesellt  sich 
in  der  Vorderansicht  zu  dem  ludovisischen  Kopf  noch  die  vergröberte  Kopie  eines 
Hermes  Kriophoros  in  der  Sammlung  Barracco  ^),  dessen  Original  ich  seit  der 
Herausgabe  mit  Studniczka  gern  dem  Kaiamis  zugewiesen  habe. 

Wenn  der  Kopf  des  Wagenlenkers  also,  schwerlich  zu  den  Ägineten  gehört,  so 
tut  es  das  übrige  Werk  noch  weniger.    Der  Arm  und  die  Füße  sind  von  ganz  anderer 

Richtung,  Ein  strenges  Stilgefühl  be- 
herrscht in  Ägina  den  Bau  dieser  Teile 
so  gut  wie  den  der  Köpfe  und  Körper. 
Ein  äginetischer  Fuß  ist  fast  wie  ein 
Ornament,  so  klar  durchdacht,  so  scharf 
gefaßt  in  der  fächerartigen  Spreizung 
der  langen  Zehen,  wie  die  Natur  sie  nur 
ausnahmsweise  beiErwachsenen  kennt  2) . 
Einen  äginetischen  Arm  könnte  man 
für  das  ein  wenig  knappe  Vorbild  einer 
Idealform  halten.  Der  Arm,  die  Füße 
des  Wagenlenkers  hingegen  sehen  fast 
aus  wie  über  einer  unschönen  Natur 
geformt,  mit  zu  schweren  Gelenken 
und  nicht  durch  tägliche  Übung  ver- 
edelten Muskeln. 

Ganz  besonders  charakteristisch 
aber  ist  der  Stand  der  Figur,  so  einfach, 
schlicht  und  wahr.  Es  ist  nicht  mehr 
das  Voreinanderstellen  der  beiden  Füße, 
wie  es  von  undenklichen  Zeiten  her  bei 
nackten  Männerfiguren  übhch  war,  bei 
den  bekleideten  Frauen  aber,  zu  einem 
ganz  kleinen  Schritt  umgedeutet,  sich  noch  an  der  Athena  des  Aphaiatempels 
findet.  Es  ist  auch  noch  keine  Scheidung  von  Stand-  und  Spielbein,  wobei  das 
letztere  wie  in  Attika  seitwärts  oder  wie  bei  Polyklet  rückwärts  gestellt 
wäre.  Vielmehr  ruht  die  Last  des  Körpers  auf  beiden  Füßen  zugleich.  Unge- 
zwungen und  daher  frei  und  natürlich,  ganz  ohne  Pose,  steht  der  eine  Fuß  um  ein 
geringes  mehr  nach  vorn  und  ein  weniges  mehr  nach  außen  gekehrt.  Es  mag  auch 
sonst  Figuren  geben,  die  diesen  Stand  haben;  ich  kenne  in  der  Rundplastik  nur  die 
Bronze  der  Sammlung  Sciarra  3),  wenn  die  Füße,  wie  es  scheint,  richtig  restauriert 

I)  Taf.  XXXI,  XXXI  a. 

*)  Brücke,  Schönheit  und  Fehler  der  menschlichen 

Gestalt  S.  142. 
3)  Rom.    Mitt.    II    1887    Taf.    IV,    IV  a,    V.      Die 


Abb.  3.     Basis,  von  Kallias  geweiht. 


Schädelform  läßt  sich  nicht  mehr  vergleichen,  da 
sie  restauriert  ist.  Das  Gesicht,  besonders  das 
Ohr  und  das  Haar,  zeigen  ohne  weiteres,  daß 
dieses  Werk,  obschon  verwandt,  von  einer  ande- 


ren, viel  geringeren  Hand  ist. 


J.  Six,  Kalamis.  y^ 

sind,  und  die  Fußspuren  i)  der  Basis  des  Kallias,  des  Sohnes  des  Hipponikos,  auf  der 
Akropolis*)  (Abb.  3),  womit  die  der  »Hestia«  vom  Kolosseum,  wie  ich  Studniczka3) 
entnehme,  nahe  verwandt  sind;  ferner  im  Rehef  die  des  Eros  vom  Altar  zu  Boston. 
Die  genannten  Figuren  belehren  uns,  daß  dieser  Stand  eine  geringe  Differenzierung 
von  Stand-  und  Spielbein  zuläßt,  aber  darin  nicht  so  weit  geht  wie  an  der  Stephanos- 
figur.  Bei  der  Wendung  des  Körpers  des  Wagenlenkers  ist  dies  auch  selbstver- 
ständlich. Die  Kalliasbasis  weist  schon  etwas  bestimmter  als  der  Hermes  Kriophoros 
auf  Kalamis. 

Am  fernsten  steht  den  Ägineten  das  Gewand.  Diese  haben  noch  auf  das  strengste 
durchgeführt  die  archaische  Formgebung  ohne  irgendwelche  Modernisierung.  Der 
Rock  des  Wagenlenkers  fällt  ganz  anders.  Aus  kleinen  Fältchen,  die  meist  paarweise 
verbunden  sind,  bilden  sich  immer  größere  und  endlich  die  kanelurenartigen  Steil- 
falten. Dies  neue  Schema,  das  bei  der  Hestia  noch  sehr  einfach  auftritt,  ist  vorbild- 
lich geworden  sowohl  für  die  herkulanensischen  Tänzerinnen  und  verwandte  Werke, 
wie  für  Phidias  und  seine  Schule,  hat  also  eine  weite  Verbreitung.  Mehr  geeignet,  in 
eine  bestimmte  Richtung  zu  weisen,  ist  der  Faltenwurf  oberhalb  des  Gürtels  (Abb. 4). 
Der  beginnende  Naturalismus,  der  dort  in  den  abwechselnd  sich  trennenden  und  sich 
nähernden  Faltenzügen  fühlbar  wird,  ist  demjenigen  der  Olympiagiebel  zu  vergleichen, 
nur  weniger  eingreifend  durchgeführt  und  durch  mehr  Stilgefühl  geläutert.  Eine 
schlagende  Übereinstimmung  bietet,  so  viel  ich  sehe,  hier  nur  die  sogenannte  Pene- 
lope  (Abb.  5).  In  der  besten  Replik,  die  aber  immerhin  an  Güte  der  Marmorarbeit 
weit  hinter  dem  Bronzeoriginal  zurücksteht,  kann  man  fast  Zug  für  Zug  die  Falten 
des  Bausches  mit  denen  am  Wagenlenker  vergleichen,  nur  daß  sie  bei  dem  dünneren 
Frauengewande  etwas  schmaler  und  etwas  dichter  gehäuft  sind.  Und  diese  Wesens- 
gleichheit ist  um  so  schlagender,  als  der  Stoff  nicht  gleichartig  liegt;  bei  dem  Manne 
ist  er  am  Arm  fortlaufend  zusammengenäht,  bei  der  Frau  stellenweise  geheftet  und 
bildet  etwas  verschieden  verlaufende  Rieselfalten,  die  bei  ihm  dann  beiderseits  durch 
eine  Schnur  niedergedrückt,  bei  ihr  durch  die  Brüste  gehoben  werden.  Eine  solche 
Übereinstimmung  genügt,  denke  ich,  wo  sonst  nichts  im  Wege  steht,  um  auch  den 
Wagenlenker  dem  Meister  zuzuschreiben,  der  das  Original  dieses  altberühmten 
Werkes  schuf.  Altberühmt  war  es  wie  kein  anderes,  davon  zeugen  nicht  an  erster 
Stelle  die  römischen  Kopien  4),  sondern  die  Verwendung  als  Penelope  5)  und 
Elektra^)  auf  den  sogenannten  Inselrehefs,  als  Penelope  auf  dem  attischen  Skyphos 
von  Chiusi  7).  Auch  in  dem  Rehef  von  Gjölbaschi  mit  dem  Polygnotischen  Leukip- 
pidenraub  kommt  sie  nur  wenig  anders  vor,  unter  den  heftig  gestikuherenden  Frauen; 

*)  Es  können  diese  Fußspuren  allerdings  auch  ein        5)  Franz  Müller,  Die  antiken  Odyssee-Illustrationen 

Schema   wie   dasjenige   der    Stephanosfigur  zu-             S.  83. 

lassen.  «)  Studniczka,   Arch.    Jahrb.   XXVI   191 1    S.    124 

*)  Hier   wiederholt   nach  Studniczka,    Kalamis    54  Note  2  verzeichnet  drei  Exemplare,  ein  viertes 

Abb.  II.  ist  abgebildet  von   Sittl,    II.   Jahresbericht  des 

3)  Kalamis  S.  59.  Kunstgeschichtlichen    Museums    der    Kgl.    Uni- 

4)  Heibig,  Führer  Nr.  89,  189  und  979.  versität  Würzburg  Taf.   II. 

7)  Monum.  d.  Inst.  IX  Taf.  42. 


78 


J.  Six,  Kaiamis. 


Abb.  4.     Büste  des  delphischen  Wagenlenkers  (nach  Gips). 


68upofASvai?  loixaaiv,  wie  es  bei  Pausanias  ^)  in  der  Beschreibung  von  Polygnots 
Iliupersis  heißt.  Ich  schweige  von  der  Persephone  im  ReHef  zu  Boston,  da  es  nicht 
ausgeschlossen  ist,  daß  dort  der  Meister  selbst  sich  wiederholt  hat;  s.  u.  Ein  so  be- 
rühmtes Stück  muß  unsere  Überlieferung  kennen. 

Kein  Werk  entspricht  nach  meinem  Gefühle  —  und  ich  werde  darin  wohl  nicht 
alleinstehen  —  besser  dem  Bilde,  welches  man  sich  nach  den  Zeugnissen  von  Ka- 
iamis zu  machen  berechtigt  ist  —  wenn  man  daran  festhält,  daß  Plinius ')  dem 
Caelator  mit  so  vielen  Worten  nur  ein  Marmorwerk  zuschreibt  und  wir  ruhig  den 
Bronzearbeiter  als  den  berühmteren  dort  voraussetzen  dürfen,  wo  keine  triftigen 
Gründe  an  seinen  jüngeren  Namensvetter  denken  lassen,  dessen  Existenz  mir  von 
Reisch  erwiesen  zu  sein  scheint 3).    Besonders  die  Stelle,  wo  Dionysios  von  Halikar- 


0  X  25.  9. 

«)  Nat.  Hist.  XXXVI  36. 

3)  Jahreshefte  IX  1906.    Diesem  späteren  Kaiamis 
lasse    ich   auch  gern  mit  Reisch  S.  251  fE.  den 


Sohn  des  Hippasos.  Nur  muß  ich,  da  risXoTrovvT^aio? 
doch  auch  in  mythischer  Zeit  ein  unmögliches 
Ethnikon  bleibt,  dabei  verbleiben,  seinem 
Iphiitos   ein  Porträt    eines   Heer-  oder  Flotten- 


J.  Six,  Kaiamis. 


79 


Abb.  5.     sog.  Penelope  (nach  Studniczkas  Rekonstruktion). 


naß^)  des  Lysias  Xstttoty)?  und  X'^P^'^  ^^  jener  des  Kaiamis  vergleicht,  scheint  mir  durch 
dieses  Werk  erst  recht  lebendig  zu  werden.  Es  sind  vierzig  Jahre  her,  seit  ich  Lysias 
de  caede  Eratosthenis  in  der  Schule  las,  und  doch  stand  mir  das  freudlose  Bild  der  atti- 
schen Hausfrau,  das  dort  geschildert  wird,  noch  so  lebhaft  vor  Augen,  daß  mir  die 
betrübt  dasitzende  Statue  wie  eine  Illustration  dazu  vorkam.  Freilich  nicht  mit 
bewußter  Absicht  erzählt  Euphiletos  in  seiner  Selbstzufriedenheit  von  der  Vernach- 
lässigung seiner  Frau,  die  er  als  Vertrauen  gelten  lassen  will,  aber  Lysias  zeichnet 
mit  so  leichten  und  doch  so  sicheren  Strichen,  daß  das  schhchte  Bild  von  der  Verein- 
samung einer  lebenslustigen  Natur  unwillkürlich  in  versöhnender  Anmut  vor  uns 
steht.  Kann  nicht,  mindestens  unbewußt,  auch  der  Autor  des  Vergleiches  zwischen 
Lysias  und  Kaiamis  die  Statue  als  jener  attischen  Hausfrau  verwandt  empfunden 
haben?     Ich  finde  auch  bei  Lysias  weder  das  Pathos  noch  das  eindringliche  Suchen 

führers   der   verbündeten    Peloponnesier   vorzu-  Gesellschaft,  worin   sich  die   Inschrift  befindet, 

ziehen  (Rom.  Mitt.  XXVII  1912  S.  75).   Zu  der  paßt  auch  der  Mensch  besser  als  der  Heros. 

')  De  Isocrate  c.  3  p.  522. 


gO  J-  Six,  Kaiamis. 

des  4.  Jahrhunderts.    Es  sind  die  einfachen  Linien  des  »Primitiven«,  die  ein  tieferes 
Gefühl  kaum  zu  verdecken  vermögen. 

Man  kann  sich  aber  schwerlich  mit  einem  subjektiven  Eindruck  zufrieden  geben, 
solange  von  einem  so  berühmten  Werk  wie  der  Betrübten  nicht  auch  eine  Erwähnung 
in  der  Überlieferung  gefunden  wird.  Es  werden  drei  oder  vier  Frauengestalten  von 
Kaiamis  erwähnt.  Die  Hermione  zu  Delphi,  gelegentlich  bei  Pausanias  ^)  genannt, 
war  in  Kopie  kaum  zu  erwarten  und  ist,  obschon  Pomtow  die  Basis  nicht  wieder- 
fand ^),  ausgeschlossen.  Der  Basis  wegen  kommt  die  Aphrodite  des  Kallias  nicht  in 
Betracht.  Von  der  Sosandra  wissen  wir,  daß  sie  den  Kopf  bedeckt  hatte,  und  nehmen 
wir  an,  daß  sie  bis  zu  den  Füßen  bekleidet  war.  Das  würde  stimmen,  denn  es  folgt 
aus  Lukian  mit  nichten,  daß  sie  getanzt  hätte.  Ihr  fehlt  aber  das  [i-siSiafxa  ssfivöv 
xal  XsXr^i^o?,  worum  es  dem  Schriftsteller  nicht  minder  wie  um  die  aiSw?  zu  tun  ist  3), 
So  ist  auch  sie  ausgeschlossen.  Das  kann  nicht  etwa  an  unseren  Kopien  liegen,  denn 
zu  der  Figur  paßt  kein  Lächeln,  sei  es  auch  noch  so  heimlich  4).  Es  bleibt  also  nur 
das  berühmteste  Werk  des  Kaiamis,  die  Alkmene.  In  ihrem  Leben  kommen  Gründe 
zur  Betrübnis  genügend  vor.  Sie  aber  über  ihrem  Arbeitskorb  grübelnd  vorzustellen, 
heißt  doch,  sie  sehr  ungenügend  bezeichnen,  solange  sie  keinen  Becher  oder  irgendein 
anderes  Kennzeichen  hat.  Gänzlich  ausgeschlossen  ist  aber  Alkmene  durch  die  über- 
einandergeschlagenen  Beine.  Diese  Gebärde  hat  für  sie  bei  der  Eileithyia  so  ver- 
hängnisvolle hemmende  Bedeutung,  daß  kein  Künstler  sie  selber  in  dieser  Haltung 
geben  könnte. 

Hat  aber  Kaiamis  überhaupt  eine  Alkmene  gemacht?  Bei  einem  böotischen 
Künstler,  wofür  ich  ihn  mit  StudniczkaS)  halte,  wäre  es  allerdings  nicht  auffallend. 
Wunderlich  aber  khngt  die  Mitteilung  des  Phnius  ^),  niemandes  Alkmene  sei  be- 
rühmter: Alcumena  nullius  est  nobilior.  Würde  jemand  von  Rembrandt  sagen: 
niemandes  Lukretia  sei  berühmter }  Doch  kaum,  dazu  haben  zu  wenige  eine  Lukretia 
gemalt.  Vortrefflich  hieße  es  hingegen,  da  es  eine  ganze  Gruppe  solcher  Bilder  gibt: 
niemandes  Anatomiebild  ist  berühmter. 

Steht  denn  aber  wirklich  der  Name  der  thebanischen  Heroine  sicher  in  den 
Handschriften.?  Keinesfalls.  Schon  Blümner  7)  hat  darauf  hingewiesen,  daß  der 
Name  Alkmenes  bei  Plinius  wiederholt  vorkommt  und  richtig  Alcmena  geschrieben 
wird,  der  Bambergensis  aber  Alcamenet  hat,  andere  Alchimena,  und  zwar 
folgen  diese  Formen  der  Schreibung  des  Namens  Alkamenes,  womit  der  folgende 
Satz  anfängt  8),  Kodex  B  hat:  Alcamenet  nullius  est  nobilior.  Alcamenes 
etc.  V  Ra  haben:  Alchimena  nullius  est  nobilior.  Alchimenes  etc.  Es 
wird  etwas  anderes  dagestanden  haben,   als  das   nur  von  Dalecampius  überheferte 

^)  X  16.  4.  ein  XeXT|t}dc,    ein  aefxvov  scheint    mit  dem  Tanz 

*)  Berl.    phil.    Wochenschr.     1909    (Delphica    II)  in  vollem  Widerspruch. 

Sp.  222;    Berl.  phil.    W.     1912    (Delphica    III)  5)  Kaiamis  S.  38  ff. 

Sp.  573.  6)  N.  H.  XXXIV  71. 

3)  Imagg.  6.  Dial.  meretr.  III  2.  7)  Archäologische  Studien  zu  Lukian  S.  11  ff. 

4)  Ähnliches   gilt  von   Studniczkas   tanzender    So-  ^)  Benndorf,  Festschrift  zur  50  jährigen  Gründungs- 
sandra.    Ein  (Aei5ia[Aa   würde   ihr  passen,  sogar  feier  des  Archäologischen  Instituts  S.  47. 


J.  Six,  Kaiamis.  3l 

altertümliche  ALCVMENA,  das  man  früher  allgemein  angenommen  hat.  Plinius 
erwähnt  häufig,  besonders  in  diesem  alphabetischen  Künstlerverzeichnis,  worin  er 
fast  nur  den  Pasiteles  ausgeschrieben  zu  haben  scheint,  die  Werke  der  Künstler  mit 
einem  generellen  Namen,  einem  Spitznamen,  einer  kurzen  Beschreibung  mit  zwei 
Worten,  wie  der  digitis  computans  des  Eubulides,  am  häufigsten  aber  nur  mit  einem 
Participium  praesentis  activi  oder  passivi,  lateinisch  oder  griechisch.  Auch  hier 
haben  wir  in  dem  -mene  einen  Partizipialausgang,  und  es  fiel  mir  auf,  daß  an  ALCV' 
MENA  nur  ein  Haken  hinzuzufügen  war,  um  ALGUMENA  zu  erhalten,  die  Schmerz- 
liche, die  Betrübte,  die  wir  suchen.  Allerdings  schien  zunächst  dk^ooiiivri  eine  nicht 
vorkommende  Form,  da  im  klassischen  Griechisch  dX^eiv  nur  aktivisch  vorkommt, 
in  der  späteren  Gräzität  aber  kann  ich  wenigstens  zwei  Stellen  mit  dem  Parti- 
cipium passivum  beibringen  ^),  von  denen  man  die  eine  schon  hat  hinwegkorri- 
gieren wollen,  was  aber  angesichts  des  in  dieser  Zeit  zunehmenden  Gebrauches  des 
Passivums  mit  reflexiver  Bedeutung  gewiß  verkehrt  ist.  Nicht  unmöglich,  daß  an 
andern  Stellen  unsere  Ausgaben  schon  dieselbe  Schlimmbesserung  der  Handschriften 
stillschweigend  aufgenommen  haben.  Was  weiß  man  denn  eigentlich  von  dem  Griechisch, 
das  im  Atelier  des  Pasiteles  gesprochen  wurde }  Die  Korrektur  ist  nicht  erhebHcher 
als  die,  wodurch  die  Pseliumene  des  Praxiteles  oder  der  Perixyomenos  des  Daippos 
wiedergewonnen  sind,  wo  man  früher  psilumene  und  paralyomenos  zu  lesen  ver- 
sucht hatte.  Und  wenn  man  entgegnen  sollte,  daßAlcmene  eine  geringere  Änderung 
der  handschriftlichen  Überlieferung  wäre,  was  ich  bestreiten  möchte,  so  berufe  ich 
mich  auf  Kleinst)  einleuchtende  Verbesserung  im  nächsten  Satz:  encrinomenos 
zu  encriomenos,  wo  durch  Korrektur  einer  scheinbar  nicht  anstößigen  Lesung  dem 
Alkamenes  sein  Salber  zurückgegeben  wurde.  Die  griechischen  Worte  haben  dem 
Abschreiber  offenbar  Schwierigkeiten  bereitet  und  zu  Schlimmbesserungen  geführt. 
So  zeigt  nicht  viel  weiter  unten  auch  die  Mehrzahl  der  Codices  musica,  wo  der 
Bambergensis  gewiß  in  myetica  den  Rest  des  ursprünghchen  mycetica  auf- 
bewahrt hat  3). 

'AXY0üp.£V7j  drückt  treffend  den  Charakter  des  Werkes  aus,  und  mit  Recht 
konnte  gesagt  werden,  daß  niemandes  Betrübte  berühmter  war.  Hier  handelt  es 
sich  um  eine  ganze  Gattung,  wobei  ich  noch  nicht  so  sehr  an  die  flentes  matronas  des 
Sthennis  oder  die  matrona  flens  des  Praxiteles  denke,  als  an  die  vielen  Grabfiguren, 
die  nicht  die  trauernden  Zurückbleibenden  sind,  sondern  den  Schmerz  des  Scheidens 
in  der  Verstorbenen  selber  verkörpern  4), 

')  Diosc.  Eupor.  1 69  StaxpaTEiv  Iv  Ttjj  aT(5fjiaTi  xaxi  es  nicht  einmal  gewesen,    bei  Plinius  algu[no]- 

Tov   dXyojfjiEvov  öodvxa.     Angeführt   von    E.    A.  mena    zu    lesen.      Daß  der  Sinn  ganz  derselbe 

Sophokles,   Greek   Lexicon   of   the   Roman   and  bliebe,  dafür  verweist  mich  mein  Kollege  Kuiper 

Byzantine  periods  from  B.C.  146  —  A.  D.  iioo,  auf  Soph.  Ant.  468  xet'voi;  av^Xyouv  xotaSe  o'oux 

und  (Pseudo-)  Hippocr.  Coacae  praenotiones  279  <i)q'j-jo[LOii.  Auch  macht  er  mich  aufmerksam  auf 

'  T7:o)(ov8piov  8e   ypi)    [xaX&axov    elvai   xal  azovov  die  analoge  Verwendung  von  Trovela&ai. 

xai    o[i.ctXe;*    cpXeY[j.ottvov   hi   tj  dvcufxctXu)?  ex°'''  ^  *)  ^^^  Enkrinomenos  des  Alkamenes,  Arch.  epigr. 

äXyoüiJiEvov,    STjfAelov    öpptuSTtT);  iaxi  obx  tbT]%zoi.  Mitt.  1891  S.  6. 

Passow-Crönert.    In  klassischem  Griechisch  müßte  3)  Rom.  Mitt.  XXVII  1912  S.  81. 

es  dXyuvopi^vT)  heißen,  und  allzu  verwegen  wäre  4)  Z.  B.  Att.  ^Orabreliefs  T.  CXIV — CXVII. 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX.  6 


g2  J-  Six,  Kaiamis. 

Während  des  Druckes  bin  ich  noch  auf  eine  schlagende  Bestätigung  dieser 
Ansicht  gestoßen.  Macrobius,  Saturn.  I  c.  XXI,  erzählt  von  Venus  und  Adonis  u.  a.: 
Et  cum  est  in  inferioribus  et  ideo  dies  breviores  fecit,  lugere  creditur  dea  usw.,  und 
dann:  Simulacrum  huius  deae  in  monte  Libano  fingitur  capite  obnupto,  specie 
trlsti,  faciem  suam  laevo  intra  amictum  sustinens,  lacrimae  visione 
conspicientium  manere  creduntur:  quae  imago  praeter  quod  lugentis  est  ut  divinus 
deae  usw.  .  .  .  Das  wieder  aufgefundene  Werk,  Jeremias  AT  A.  O.  *  390,  Greßmann, 
Altorientalische  Texte  und  Bilder  II  Abb.  133,  ist  offenbar  aus  später  Zeit  und  für 
die  ursprüngliche  Bedeutung  der  Figur  wertlos. 

Haben  wir  so  das  zu  Plinius'  Zeiten  berühmte  Werk  in  den  von  Studniczka  ^) 
rekonstruierten  Kopien  wiedergewonnen  und  zu  gleicher  Zeit  ein  Bronzeoriginal,  so 
fragt  sich,  was  daraus  weiter  zu  folgern  ist.  Daß  sich  der  Hermes  Kriophoros  der 
Sammlung  Barracco  anschließt,  sahen  wir  schon.  Auch  was  die  Münzen  über  das 
Standmotiv  lehren,  paßt  vortrefflich.  Ferner  verträgt  sich  unsere  Auffassung 
des  Meisters  mit  dem,  wasReisch  2)  über  den  Eindruck  ermittelt  hat,  den  in  Rom  der 
ungeheure  Apollokoloß  von  Apollonia  machte,  wenn  wir  nämlich  an  die  Vereinfachung 
der  Formen  denken,  die  im  Altertum  bei  so  übergroßen  Werken  üblich  war.  Das 
Standmotiv,  wie  es  die  Münzen  geben,  scheint  mit  dem  von  uns  gefundenen  identisch. 
Nach  dem,  was  Studniczka  3)  von  den  Füßen  der  »Hestia«  sagt,  dünkt  es  mich  nicht 
unwahrscheinlich,  daß  eine  andere  Replik  zu  den  Standspuren  der  Aphrodite  des 
Kallias  stimmen  könnte.  Ich  wies  schon  darauf  hin,  daß  wir  in  der  Draperie  eine 
jüngere  Stufe  der  Entwicklung  anzunehmen  hätten;  fällt  der  Wagenlenker  474, 
so  muß  die  Aphrodite  später  sein;  ob  so  spät  wie  der  Kalliasfrieden  450,  wage  ich 
nicht  zu  entscheiden. 

Eng  schHeßt  sich  an  diese  Figur  die  inschriftlich  bezeugte  ungeflügelte 
Nike  3)  der  Münzen  von  Terina  an,  mit  dem  festen  Stand  auf  beiden  Füßen,  in  dem 
Faltenwurf  der  Diplois,  in  dem  auf  die  Hüfte  gestützten  Arme;  nur  der  gesenkte 
rechte  Arm  der  Nike  und  der  unbedeckte  Kopf  weichen  ab.  Auch  ist  es  kein  Zufall, 
daß  der  Kopf  4)  der  Vorderseite  dieser  Münze  so  gut  wie  identisch  ist  mit  dem  des 
Dekadrachmons  von  Syrakus,  den  Heibig  5)  zum  Vergleich  mit  dem  ludovisischen 
Kolossalkopf  herangezogen  hat. 

Ist  etwa  die  Nike  der  Münzen  von  Terina  eine  Nachahmung  der  ungeflügelten 
Nike  von  Mantinea,  von  der  Pausanias  spricht,  oder  ist  sie  eine  ältere  Schöpfung  des 
Kaiamis,  von  der  uns  die  Kunde  verloren  ging.?  Ich  möchte  das  letztere  vermuten, 
auf  Grund  dessen,  was  ich  noch  über  das  Weihgeschenk  der  Mantineer  vorzubringen 
habe. 

Die  Quadrigen  und  Bigen,  die  Plinius  erwähnt,  können  gewiß  nur  dem  älteren 
Kaiamis  gehört  haben,  so  gut  wie  Hierons  Rennpferde  und  der  Wagenlenker,  den  wir 
erkannten.    Auch  das  Geschichtchen  bei  Plinius  von  der  Benignitas  des  Praxiteles 

I)  Studniczka,  Kaiamis  Taf.  6  b,  i.  2.  3.  3)  Regling,  Terina  Taf.  II  a. 

^)  Jahreshefte  IX  1906  S.  220  ff.  4)  Regling  a.  a.  O.  Taf.  I  A. 

5)  Führer  II  S.  85  Fig.  33. 


J.  Six,  Kaiamis. 


83 


weist  auf  den  älteren  Kaiamis  hin.  Ich  will  gern  annehmen,  daß  es  nicht  wahr  ist, 
aber  Plinius  oder  seine  Quelle  hat  sicher  den  alten  Kaiamis  und  den  berühmten 
Praxiteles  gemeint,  sonst  hätte  das  Gerede  von  der  Benignitas  keinen  Sinn. 
(Es  wird  z.  B.  niemandem  einfallen,  es  der  Güte  der  Mlle.  Callot  zuzuscheiben,  daß 
sie  den  Kopf  zu  dem  Reiterkoloß  Peters  des  Großen  von  Falconet  modelliert  hat, 
damit  er  im  Porträt  nicht  geringer  wie  im  Pferde  scheinen  sollte,  oder  Wouwermans 
Wohlwollen  gegen  Hobbema,  daß  er  Figuren  in  seine  Landschaften  malte  —  dafür 
ist  solches  Zusammenarbeiten  zweier  Künstler  nicht  selten  genug.  Plinius  nennt 
selber  Beispiele  die  Menge.     Man  könnte  aber  von  der  Benignitas  des  Velasquez 


Abb.  6.     Relief  zu  Boston. 

reden,  der,  damit  ein  vortrefflicher  Bildnismaler  aus  früherer  Zeit  in  Kleidung  und 
Pferden  nicht  geringer  schiene  wie  in  den  Gesichtern,  die  großen  Reiterbildnisse 
Philipps  III.  und  seiner  Gemahlin  mit  Ausnahme  der  Köpfe  übermalte.)  Unsere 
Quelle  kann  sich  übrigens  leicht  durch  den  Namen  des  Praxiteles  zu  dieser  etwas  un- 
wahrscheinlichen Behauptung  haben  verleiten  lassen.  —  Der  Wagenlenker  des  Kon- 
servatorenpalastes i)  hat  nun  merkwürdig  gute  Empfehlungen  als  Werk  des  Kaiamis 
oder  seiner  Schule,  besonders  wenn  Benndorf  und  Studniczka^)  recht  haben,  daß  es 
sich  bei  diesem  um  eine  Erneuerung  des  Kleisthenischen  Weihgeschenkes  nach  446  ge- 
handelt hätte.  Dann  würde  der  Meister  Kaiamis  über  der  Arbeit  gestorben  sein,  der 
Schüler  Praxiteles  sie  vollendet  haben.  Gerade  bei  diesen  Wagen  paßt  ein  Wagen- 
lenker in  heroischer  Nacktheit,  nicht  in  dem  Gewände,  das  bei  den  Rennen  wirklich  ge- 


*)  Heibig,  Führer  I  u.  973,  Bulletino  comunale  XVI        *)  Kaiamis  S.  60. 
1888  Taf.  XV. 


34  J'  Six,  Kaiamis. 

tragen  wurde.  Auch  ist  der  Kopf,  obgleich  kaum  von  derselben  Hand,  doch  verwandt 
mit  der  Gruppe,  die  uns  beschäftigt.  Am  nächsten  steht  er  in  dem  allgemeinen  Bau  und 
besonders  in  der  Umrahmung  der  Stirn  durch  die  Locken  dem  Eros  mit  der  Wage 
auf  dem  Bostoner  Relief.  Dürfte  man  trotz  alledem,  was  immer  wieder  dagegen 
angeführt  wird,  doch  einen  älteren  Praxiteles  anerkennen,  dessen  Werke  sich  unter 
denen  seines  berühmten  Namensgenossen  versteckt  hätten,  so  gäbe  es  eine  unge- 
suchte Erklärung  für  seine  wunderHchen  »duo  signa  diversas  adspectus  exprimentia, 
flentis  matronae  et  meretricis  gaudentis«  ^),  wenngleich  der  Zusatz  »hanc  putant 
Phrynen  fuisse  deprehenduntque  in  ea  amorem  artificis  et  mercedem  in  voltu  mere- 
tricis« einen  starken,  aber  nicht  unerklärlichen  chronologischen  Schnitzer  enthalten 
müßte.  Das  Relief  zu  Boston  (Abb.  6)  zeigt  nämlich  gerade  diesen  Gegensatz  und 
könnte  das  Werk  Praxiteles'  d.  Ä.  sein,  während  nach  römischen  Anschauungen  die 
orientalischen  Kultbräuche  leicht  dazu  veranlassen  könnten,  die  große  Göttin  Asiens 
eine  Meretrix  zu  schelten.  Einen  Altar  mit  Werken  eines  Praxiteles  erwähnt 
übrigens  auch  Strabon  hinter  dem  Artemistempel  zu  Ephesos. 

Das  alles  ist  aber  noch  unsicher,  und  vorläufig  mag  der  marmorne  Altar  einfach 
dem  Kreise  des  Erzbildners  Kaiamis  zugewiesen  bleiben  oder  sogar  seine  eigene 
Arbeit  sein.  —  In  Rom  scheint  wenig  von  dem  Werke  zu  verlauten.  Man  hat,  soviel 
ich  weiß,  nicht  wieder  versucht,  den  römischen  Namen  des  heiligen  Bezirks  zu  er- 
mitteln, seitdem  die  Venus  Erycina  kaum  mehr  in  Betracht  kommt;  und  doch  scheint 
die  Erkenntnis  nahezuliegen.  Cavedoni  2)  hat  in  der  Venus  einer  Münze  des  M.  Cor- 
dius  Rufus  mit  der  Wage  die  Venus  verticordia  erkennen  wollen,  und  obgleich  er 
kaum  in  jeder  Beziehung  richtig  gesehen  hat  3),  meine  ich  doch,  daß  er  in  bezug 
auf  die  Wage  recht  behält.  Hat  seine  Venus  verticordia  doch  auch  Reinach  4) 
vor  kurzem  die  Schlüssel  zur  Erklärung  der  Mainzer  Säule  geliefert. 

An  der  Via  Salaria  soll  diese  Göttin  ihren  Tempel  gehabt  haben,  und  auch  dies 
paßt  vortrefflich.  Nach  Lanciani  5)  ist  der  Teil  der  Sammlung  Buoncompagni 
Ludovisi  gefunden  worden  »nell'  area  limitata  vie  Buoncompagni,  Abbruzzi,  Pie- 
monte  e  Sicilia«,  das  heißt  in  der  äußersten  südöstlichen  Ecke  der  ehemaligen  Villa 
Ludovisi,  also  vor  der  Servianischen  Mauer,  in  den  Horti  Sallustiani,  in  gleicher  Ent- 
fernung von  der  Porta  Salaria  wie  der  Pinciana,  möglicherweise  von  der  Via  Salaria 
aus  am  ehesten  zu  erreichen.  Liest  man  Ovids  Fasti  IV  133 — 162,  so  glaubt  man  fast 
in  jeder  Zeile  an  den  Bostoner  Altar  erinnert  zu  werden.  Die  Matronae  und  Mere- 
trices  (133/4),  das  nasse  Haar  (141),  der  Weihrauchbaum  (145,  150),  die  Nacktheit 
(147 — 150)  scheinen  ebensoviele  Anspielungen.  In  dem  Heiligtum  der  Venus  verti- 
cordia mit  der  Wage,  das  im  Jahre  114,  unter  dem  Konsulat  des  M.  AciHus  Baibus 
und  C.  Porcius  Cato  gegründet  war,  wird  man  später  vielleicht  den  für  diesen  Platz 
so  geeigneten  Altar  aufgestellt  haben. 

Von  der  Algumene  mußten  in  dem  Vorrat  römischer  Statuen  Kopien  auf  zu - 

I)  Plinius,  N.  H.  XXXIV  70.  3)  Wissowa  de  Veneris  simulacris  romanis  S.  39. 

*)  In  Borghesi,  Oeuvres  II  269.  3.  4)  Revue  archeol.  1913  S.  30. 

5)  Bull.  Communale  XXXIV  1906  S.  176. 


J.  Six,  Kaiamis.  g  c 

finden  sein.  Von  der  Sosandra  können  wir  das  nicht  verlangen,  und  doch  wird  es 
vielleicht  gelingen,  von  dem  verlorenen  Werke,  das  Lukian  feinsinnig  pries,  eine 
Vorstellung  zu  gewinnen.  Wie  die  betrübte  Persephone  zu  Boston  zur  Algumene 
steht,  so  muß  die  beglückte  Aphrodite  fisiStaaaa  dbavdxt^  TrpoawTro),  wie  sie  Stud- 
niczka  ^)  schön  mit  Sapphos  Worten  bezeichnet,  zur  Sosandra  gestanden  haben, 
ist  sie,  die  sich  ihren  Gemahl  rettet,  doch  auch  gewissermaßen  eine  Sosandra.  Sie 
entspricht  genau  deren  Beschreibung,  in  der  Bekleidung  bis  zu  dem  Fußgelenk,  in 
dem  Vst8iaa[i.a  cfejxvov  xal  XeXtj&o?,  in  xö  ebazakk^  8s  xal  v.6a\iiov  xrj?  dvaßoXr^?,  mit  dem 
nicht  leicht  ein  Faltenwurf  von  so  keuscher  Schönheit  zu  vergleichen  sein  wird. 
Vergeblich  hat  man  bis  jetzt  gefragt,  welche  Göttin  die  Sosandra  war.  Aischylos' 
Anspielung  auf  Helenas  Namen  zeigt  uns  den  Weg.  Der  Chor  im  Agamemnon  fragt, 
V.  68 1 :  TIS  TCOT  tuvofiaCsv  «SS'  e?  xö  irav  sxyjxutxto;  —  xav  Sopi^aji-ßpov  djicpivstx^  {>'  'EXsvav^)  • 
STTSi  TrpeTTovx«)?  sXiVotu?  sXavSpoc  sXsttcoXi;  x.  x.  X.     Der  Sosandra  parallel  steht   danach 


Abb.  7.     Tetradrachmen  von  Gela,  466  v.  Chr. 

die  Sosipolis,  die  wir  von  den  Münzen  von  Gela  (Abb.  7)  3)  kennen,  als 
eine  Göttin  im  Stil  der  olympischen  Giebel,  die  den  Gelas  bekrönt.  Nur  daß  die 
eine  den  Staat  rettet,  die  andere  die  Männer.  Man  denkt  bei  der  Sosipolis  leicht 
an  Tyche,  aber  der  Kranz  weist  eher  auf  Nike,  und  mit  der  Nike  der  Münzen 
von  Terina  ist  die  Ähnlichkeit  ^roß.  Vor  dem  Streite  ruft  man  mit  Pindar  4) 
das  rettende  Glück  an,  die  Tochter  des  freien  Himmels:  Xiaaoiiai  irai  Zyjvo? 
'EXsu^spt'ou  —  Swxstpa  Tu)(a,  um  den  Staat  zu  beschützen.  Die  Siegesgöttin 
aber  ist  die  rechte  Retterin  der  Stadt,  und  nach  dem  bisherigen  spricht  nichts  da- 
gegen, in  der  inschrifthch  bezeugten  Sosipolis  die  Nike  oder,  wenn  man  will,  die 
Gela-Nike  zu  erkennen.  Ist  nicht  der  Staat,  sondern  sind  nur  die  Männer  in  Gefahr, 
so  muß  der  Name  der  Retterin  Sosandra  lauten. 

Das    Bild    der     Sosandra    sah    man    nach    Lukian  5)    i?  ttjv  dxpoTtoXiv  dveXOtov. 

*)  Arch.  Jahrb.  XXVI  191 1  S.  141.  das  nach  Afos  gebildete  Ata  ersetzt  worden  sind. 

*)  Näv  ist  der  sprachgesetzlich  zu  erwartende  Ak-  Andererseits  hat  Ziiv  Zr^vd;  erzeugt. 

kusativ  zu  vaü?,  wie  ßöiv  (Dorisch  und  IL  7.  237)        3)  Num.  Chron.  1883  PI.  IX  4. 

zu  ßoü?,  Zip  zu  Zeus,  die  durch  vaüv,  ßoüv  und        4)  Olymp.  XII  i. 

S)  Imag.  4. 


g5  J.  Six,  Kaiamis. 

Am  Aufgang  der  Akropolis  aber  gibt  es  außer  der  Aphrodite  des  Kallias,  die  für  uns 
nicht  in  Betracht  kommt,  kein  Bild,  das  von  Kaiamis  sein  könnte,  als  dieAthena- 
Nike,  die  ungeflügelte  Nike,  die  Kaiamis  für  Mantinea  wiederholte,  die  mit  vollem 
Recht  den  Namen  Sosandra  tragen  kann  und  mögHcherweise  in  einem  Epigramm 
getragen  hat.  So  bestätigt  sich  die  glänzende  Kombination  Benndorfs  ^),  der  man 
nur  chronologische  Bedenken  ohne  Gewicht  entgegengestellt  hat.  Auf  ganz  anderem 
Wege  zur  selben  Erkenntnis  gekommen  —  mir  war  seine  Ansicht  nur  aus  Kekules 
Widerlegungsversuch  bekannt  und  fast  entgangen  —  kann  ich  hier  nur  auf  seine  aus- 
führliche Begründung  verweisen,  Kimon  habe  nach  der  Schlacht  amEurymedon,  465, 
die  Stadtgöttin  von  Side,  der  Stadt  der  Granaten,  eine  helmtragende  asiatische  Göttin, 
die  man  offenbar  mit  Athena  gleichsetzt  ^),  als  Athena  Nike  auf  die  Akropolis  über- 
tragen. Und  selbst  wenn  Benndorf  unrecht  haben  sollte  und  die  Granate  neben  dem 
abgelegten  Helm  der  Athena  Nike  keine  andere  Bedeutung  hätte  als  in  späterer 
Zeit  ein  Füllhorn,  so  bliebe  meine  Vermutung  doch  bestehen;  ich  zweifle  aber  nicht, 
daß  er  recht  hat.  Wie  es  kam,  daß  das  Werk  des  Kaiamis  in  Athen  Holzmodell 
blieb,  obwohl  es  für  Gold  und  Elfenbein  gedacht  war,  während  für  die  Mantineer 
ein  Bronzeguß  hergestellt  wurde,  entzieht  sich  unserem  Wissen.  Die  Inschrift  2) 
aber,  die  uns  lehrt,  daß  das  Tempelchen  erst  um  die  Mitte  des  Jahrhunderts  nach 
den  Plänen  des  Kallikrates  gebaut  ist,  bestätigt,  richtig  verstanden,  Benndorfs  Ansicht 
in  der  Hauptsache,  statt,  wie  man  gesagt  hat,  sie  endgültig  zu  widerlegen.  Ist  es 
doch  vollkommen  in  der  Ordnung,  daß  man  nach  Kimons  Tode  (449)  seinen  Nachlaß 
ordnete  und  den  Verpflichtungen,  die  er  dem  Staate  den  Göttern  gegenüber  auferlegt 
hatte,  nachkam,  sei  es  auch  in  bescheidener  Weise.  So  erklärt  sich  der  Gegensatz 
zwischen  dem  Xoanon  und  dem  Tempelchen,  das  ebenfalls  noch  in  jüngeren  Kunst - 
formen  auf  seinen  Friesen  von  dem  Kampf  zwischen  Asien  und  Europa  erzählt. 
Der  Name  Sosandra  wird  einem  Epigramm  entlehnt  sein,  das  von  dem  mannen- 
rettenden Sieg  am  Eurymedon  berichtete. 

Der  Maler  der  weißgrundigen  Lekythos  (Abb.  8)  3),  der  nicht  mehr  als  eine 
Hand  mit  Attribut,  der  Granate,  darstellen  konnte  und  daher  den  Helm  wieder  auf 
den  Kopf  setzte,  während  das  Xoanon  ihn  in  der  Hand  hielt,  kann  nicht  lange 
nach  der  Schlacht  am  Eurymedon  gearbeitet  haben.  Auch  die  Nachahmung  oder 
Wiederholung  des  Typus  am  Altar  zu  Boston  kann  man  wohl  kaum  viel  später  an- 
setzen. Dieses  Werk  aus  dem  Kreise  des  Kaiamis  kann  übrigens  ebensogut  für 
Side  wie  für  Amathus  gearbeitet  sein,  da  auch  in  Pamphylien  Adonis  unter  dem 
Namen  Abobas  verehrt  wurde  4).  Ich  wage  nicht,  auf  die  Mythologie  von  Side 
einzugehen   und  zu   fragen,    ob   die   Göttin,    die   man   dort   als   Athena   darstellte, 

')  Festschrift   zur     50jährigen   Gründungsfeier   des  Plutarch  das  unbekannte  "Yopo)  durch 'lo'jpiiJ  zu 

Archäologischen  Institutes  zu  Rom  S.  17  ff.    Wo  ersetzen  als  den  Ort,  wo  die  phönikischen  Schiffe 

ich  in  untergeordneten  Dingen  von  Benndorf  ab-  genommen  wurden, 

weiche,  ergibt  sich  das  von  selbst.     Ich  möchte  *)  Michaelis,  Arx  S.  44,  23. 

nur    verweisen    auf    eine    Notiz    meines    Vaters,  3)  White  Ath.  Vases  XIV. 

Dr.  J.  P.  Six,   der  aus  Steph.   Byz.,  s.v.,  "loupo;  4)  J.  F.  Six,  Num.  Chron.,  verweist  dafür  auf  Hesych 
TtoXi;  xai  7:oTa|j.6s  nafAcpuXtas     anführte,   um  bei  s.  v.  'Aßwßas. 


J.  Six,  Kaiamis. 


87 


trotzdem  Aphrodite  nahe  verwandt  war  oder  ob  ihre  auf  dem  Altar  durch  die 
Granate  bezeichnete  Rivalin  vielleicht  sogar  Side  statt  Persephone  zu  benennen 
sein  könnte  ^).  —  Kehren  wir  zur  Athena  Nike  zurück.  Daß  sie  den  Helm  ab- 
genommen' hat,  erklärt  sich  ganz  einfach  als  Zeichen  des  Sieges,  der  Entwaffnung 
zuläßt,  und  wenn  wir  für  das  Lächeln  noch  einen  Beleg  verlangen,  so  gibt  ihn  uns 
das  Epigramm*)  auf  die  Niken  der  Balustrade,  das  sie  Nixai  . . .  -(oXStaai  T.ap^ivoi  nennt, 
wie  es  den  siegesfrohen  Göttinnen  paßt.  —  Das  Material  —  Holz  —  hat  Lukian 
nicht  gehindert,  sie  zum  Vorbild  der  atSw?  zu  wählen,  kann  aber  der  Grund 
sein,  warum  Plinius  des  berühmten  Werkes  keine  Erwähnung  tut. 


\it/zssssi3rzmsnjizßmsmi 


Abb.  8.     Weißgrundige  Lekythos  des  British  Museum. 

Dagegen  kann  man  die  Forderung  stellen,  daß  in  den  attischen  Urkundenrehefs 
sich  irgendeine  Spur  auch  von  dieser  Athena  finden  müsse,  und  trügt  nicht  alles,  so  ist 
das  in  der  Tat  der  Fall.  Nehmen  wir  die  siegreiche  Aphrodite  zu  Boston  als  Aus- 
gangspunkt, so  finden  sich  verschiedene,  leider  sehr  unvollständig  erhaltene  Figuren, 
selbstverständHch  in  eine  jüngere  Formensprache  umgesetzt,  aber  doch  genügend 
verwandt,  um  mit  jener  zusammen  eine  Rekonstruktion  des  Vorbildes  zuzulassen. 
Es  ist  eine  seitwärts  auf  einem  quadratischen  Block  sitzende  Athena,  das  eine  Mal 
nach  rechts,  das  andere  nach  hnks  gewandt,  die  zugekehrte  Hand  wie  die  der 
Persephone   gehalten  oder  mehr  herabhängend,   das  letztere  in  den  Fällen,  wo  der 


*)  Der    Skorpion    bei    Ovid    a.  a.  O.    würde    dafür  Orion  einige  Züge  gemein  haben,  scheint  Identi- 

sprechen  können,  aber  wenn  auch  Adonis  und  fizierung  doch  ausgeschlossen. 

*)  Palladas,  Anth.  Planud.  282,  Michaelis,  Arx  a.  a.  O. 


38  J*  Six,  Kalatnis. 

Helm  am  Boden  steht,  und  besonders  da,  wo  er  von  der  Hand  getragen  wird  ^).  Das 
letztere  Beispiel  (Abb.  9),  wo  ganz  in  derselben  Weise  wie  an  dem  Bostoner  Altar  der 
Mantel  die  Beine  bedeckt,  gibt  in  richtiger  Verkürzung  den  Fuß  der  Statue  wieder. 
Leider  fehlt  immer  der  Oberkörper  und  erscheint  der  andere  Arm,  wo  er  erhalten  ist, 
in  anderer  Weise  beschäftigt,  z.  B.  indem  die  Hand  einer  anderen  Figur  gefaßt  wird. 
Hier  aber  tritt  die  weißgrundige  Lekythos  (Abb.  8)  ergänzend  ein,  um  uns  zu  über- 
zeugen, daß  die  Gebärde  der  erhobenen  Hand  am  Bostoner  Relief  nicht  weit  vom  Vor- 
bild entfernt  sein  kann.  Nur  war  das  Xoanon  nach  hnks  gewendet,  wissen  wir  doch  durch 
Heliodoros  den  Periegeten,  daß  es  den  Granatapfel  in  der  Rechten,  den  Helm  in  der 


Abb.  9.     Attisches  Uikundenrelief. 

Linken  hatte.  Ob  an  den  »Thakos«,  auf  dem  sie  saß,  noch  ein  Schild  gelehnt  war, 
wie  es  einige  der  erwähnten  Rehefs  zeigen,  können  wir  nicht  entscheiden.  Daß  der 
Sitz  ornamentale  Formen  gehabt  hätte  wie  auf  einem  der  Rehefs,  möchte  ich  vor- 
läufig kaum  glauben.  Als  später  die  Nikebalustrade  um  den  Pyrgos  errichtet 
wurde,  gab  der  Bildhauer  auch  der  Athena  inmitten  der  Niken  eine  ähnliche  Hal- 
tung ^),  und  wenn  die  Athena  des  Parthenonfrieses  stärker  abweicht  —  die  Um- 
wicklung der  Beine  durch  den  Mantel  zeigt  doch  auch  hier  wieder  den  Einfluß  des 
älteren  Bildes,  und  dieser  läßt  sich  selbst  bei  den  Giebelfiguren  nicht  verkennen. 
Auch   die   Münzen  von  Terina  zeigen  die  Nike  häufig  in   ganz  ähnlicher  Stellung, 

')  Svoronos,    Das   Athener   Nationalmuseum    Taf.  Boden),  CCV  =  Benndorf  VIII  50,  CCVII  2.  I.  65 

CLII  2434,  (CCXXVI6)  2793  (CCXXVII 2),  2792,  =  Benndorf  IX,  52  (Helm  in  der  Hand)  und 

CLXXXXVI  2982,  2984  und  2983  =  Benndorf,  Benndorf  XXI  91   (Helm  im  Schöße). 

Griechische    Reliefs    Taf.    XXI    92    (Helm    am  *)  Kekule  Fig.  E. 


J.  Six,  Kalamis. 


89 


die  Rechte  gehoben,  die  Linke  herunterhängend,  und   nicht  viel   anders  drapiert. 
Nicht  ohne  Grund  hat  Lukian  den  Wurf  des  Kleides  gerühmt. 

Würde  man  nicht  Lysias  vortreffHch  illustrieren  können,  wenn  man  die  Buhle 
des  Eratosthenes  nach  dem  Vorbilde  der  Sosandra  zeichnete,  ihm  gegenübersitzend, 
wie  sie  mit  siegreichem  Lächeln  die  Schlüssel  emporhält,  mit  denen  sie  den  Ehe- 
gatten eingesperrt  hat!  Sie  würde  allerdings  der  Aphrodite  des  Thrones  ähnhcher 
werden  als  der  Athena  Nike;  dieser  geziemt  das  lionardische  Lächeln  des  ludovisi- 
schen  Kopfes. 

Der  »Hestia«  reiht  sich  zunächst  die  »Aspasia  «  an,  wie  man  nach  Amelungs  ^) 
glücklicher  Wiederherstellung  jetzt  allgemein  annimmt.  Aber  es  ist  eine  jüngere  Ent- 
wicklung in  demselben  Geiste,  die  wir  vor  uns 
haben.  Der  Kopfj  ist  noch  sehr  ähnlich,  mit  einem 
ernsten,  traurigen,  doch  nicht  unfreundlichen 
Ausdruck,  der  den  Gedanken  an  ein  Lächeln  (und 
an  Sosandra)  durchaus  verbietet.  Der  Stand 
aber,  mit  dem  seitwärts  gestreckten  Spielbein,  ist 
schon  der  attische  des  Phidias  und  seiner  Um- 
gebung. Der  Faltenwurf,  an  der  »Hestia«  auf 
den  Überschlag  beschränkt,  hat  hier  an  Breite 
gewonnen  und  sich  prachtvoll  entwickelt;  nur 
unten  sehen  die  alten  Steilfalten  noch  schüchtern 
hervor  *).  Trotzdem  ist  es  nicht  allein  die  Ver- 
hüllung des  Kopfes,  die  an  den  Altar  erinnert. 
Bei  Aphrodite  (und  also  wohl  auch  bei  der  So- 
sandra) legt  sich  der  Mantel  ähnlich  um  den  vor- 
gestreckten Arm,  und  nicht  minder  lehrreich  ist 
ein  Vergleich  der  linken  Seitenansicht  3)  —  an 
der  besten  Rephk  —  mit  der  alten  Frau  zu  Bostoir 
(Abb.  10),  mit  ihren  breiten  sicheren  Zügen. 

Haben  wir  in  der  Aspasia  noch  ein  eigenes  Werk  des  Kalamis,  wie  man  gern 
annehmen  möchte,  oder  nur  eine  Weiterbildung  in  seinem  Stile  ?  Amelung  erwähnt 
ganz  richtig  den  Einfluß  solcher  Figuren  auf  die  Stützen  korinthischer  Spiegel.  Leider 
aber  lehrt  uns  das  nichts  über  die  Herkunft  der  Vorbilder.  Die  epochemachenden 
Werke  des  Kalamis  standen  zu  Olympia,  Delphi,  Athen  an  leicht  zugänglichen 
Orten,  und  Kallimachos,  der  von  den  Alten  mit  Kalamis  zusammen  genannt  wird, 
war,  da  er  als  der  Erfinder  des  korinthischen  Kapitells  gilt,  wahrscheinlich  selber 
Korinther. 

Unter  den  bezeugten  Werken  des  Kalamis  sehe  ich  nur  eins,  das  für  die  Aspasia 
in  Betracht  zu  kommen  scheint,  besonders  wenn  man  mit  Recht  der  Figur  eine  Blume 
in  die  Linke  gegeben  hat.     Aber  auch  ohnehin  spricht  für  die  Semne  am  Areopag 


Abb.  10.     Detail  vom  Relief  zu  Boston. 


')  Rom.  Mitt.  XV  1900  S.  181  ff. 


»)  Bulle,  Der  Stil.    I.    2.  Aufl.  Taf.  117. 


3)  A.  a.  0.  Spalte  240  Abb.  52. 


90 


J.  Six,  Kaiamis. 


ZU   Athen,    die   nichts    SchreckHches,    ouSsv  cpoßepov,    hatte  ^),    die  vollständige  Ver- 
hüllung und  der  tief  wehmütige  Ernst. 

In  einiger  Entfernung  schließt  sich  dem  Altar  auch  die  sogenannte  esquilinische 
Venus  an,  deren  Bedeutung  noch  unsicher  bleibt.  Am  meisten  Zustimmung  hat  wohl 
V.  Duhn  mit  dem  Namen  Atalanta  gefunden,    daneben  aber   scheint   mir  Kleins  2) 

Vermutung  beachtenswert,  daß  wir  eine  Kopie 
der  Hydna  hätten,  von  den  Amphiktyonen  zu 
Delphi  aufgestellt  und  von  Nero  nach  Rom  ge- 
bracht 3),  obgleich  mir  die  Begründung  nicht  in 
jeder  Beziehung  glückhch  vorkommt.  Nicht  nur 
die  Sandalen,  auch  das  Zusammenbinden  des 
Haares  paßt  nur  halb  zu  einer  Taucherin,  die 
tauchen  will,  Sandalen  sind  hinderlich  beim 
Schwimmen  und  Tauchen.  Das  Haar  müßte  sie 
vielmehr  lösen.  Die  japanischen  Taucherinnen, 
die  Awabifischerinnen,  tun  ihre  Arbeit  auch  mit 
nicht  oder  wenig  aufgebundenem  Haar  4).  Die 
Nachrichten  von  Skyllos  und  Hydna  sind  aber 
wohl  kaum  geschichtlich  aufzufassen  und  eher  von 
den  delphischen  Statuen  abgeleitet.  Die  Amphi- 
ktyonen hatten  offenbar  Bildsäulen  des  Strudels  5) 
und  seiner  Tochter,  der  Woge,  geweiht,  weil  diese 
die  persischen  Schiffe  bei  Skione  von  ihren  Ariker- 
tauen  geschlagen  und  durch  Treibholz  die  Kunde 
bis  Euboea  getragen  hatten.  Die  göttliche  Hydna 
aber,  als  Taucherin  dargestellt,  kann  nach  der 
Arbeit  ihr  Haar  sofort  aufbinden  und  hat  nicht 
abzuwarten,  bis  es  getrocknet  ist,  wie  ein  Men- 
schenkind. Wie  die  Darstellung  aber  auch  heißen 
mag,  jedenfalls  ist  die  eigenartige  Mischung  von 
altertümlicher  Strenge  mit  unerwartetem  Natura- 
lismus ganz  dieselbe,  die  wir  am  Wagenlenker  be- 
merkten und  am  Altar  wiederfanden.  Auch  die 
Beinstellung  ist  verwandt,  nur  scheint  die  Seit- 
wärtsschiebung des  Körpers  über  das  hinauszugehen,  was  wir  bis  jetzt  bei  Kaiamis 
gefunden  haben.    Unter  seinen  Werken  wird  die  Statue  nicht  genannt,  aber  auch  nicht 

*)  Pausanias   I   28.   6,     Schol.    Aeschin.    c.   Tim.        5)  Skyllos,  Skyllis,   Skyllios  ist  anerkanntermaßen 


Abb.  II.     »Wettläuferin«   des  Vatikan. 


(p.  747,   Zeiske),   Clem.  Alexandr.  Protrept.  47 
(p.  41,    ed.  Pott.),    Schol.   Soph.   Oed.    Col.    39 
(Polemon). 
*)  Österr.  Jahresh.  X  1907  S.  141. 

3)  Pausanias  X  19.  i. 

4)  Stratz,  Die  Körperformen  der  Japaner  S.   192, 
193,  Taf.  IV. 


das  Maskulinum  zu  Skylla,  allein  die  Etymologie 
ist  unsicher.  Ich  möchte  an  den  Stamm  xuX  von 
xuXiv6(ü  denken  mit  verstärkendem  a.  Umge- 
kehrt sagten  die  Eleer  xuXXot;  statt  oxöXa^  und 
Skylla  hat  man  immer  mit  jungen  Hunden  in 
Verbindung  gebracht. 


J.  Six,  Kaiamis. 


91 


unter  denen  anderer.  Sie  erinnert  an  Ingres  Source,  obgleich  der  Maler  sie  nicht  gekannt 
hat.  Und  auch  hier  scheint  mir  ein  Greis  jungfräuliche  Reize  mit  keuschem  Empfinden 
nachgebildet  zu  haben.  Jedenfalls  wäre  das  Werk  nahe  an  das  Ende  seines  Lebens 
zu  stellen,  und  so  erscheint  es  nicht  einmal  ausgeschlossen,  daß  Polyklets  Diadumenos 
schon  dieses  Werk  beeinflußt  hätte.  Kein  Beispiel  wäre  gewiß  geeigneter,  um  den 
Gegensatz  fühlbar  zu  machen  zwischen  der  XeTrco-nfj?  und  x^P^^  ^^^s  einen  mit  dem 
asfivöv  xal  ixsyaXöxsj^vov  ^)  des  andern.  Auch  Fronto  2)  spielt  auf  diesen  Gegensatz 
an,  nur  hat  er  die  Personen  verwechselt,  indem  er  für  Kaiamis  die  Lepturga  unmöglich 
nennt  und  für  Polyklet  eirorga.  Megalurga  scheint  nicht  dazustehen, 
Dionys  ist  aber  auch  mit  [Xiya?  noch  nicht  zufrieden  und  verstärkt  es  weiter  zu  ev  xois 
[Aei'Coai.  Sollte  man  nicht  vielleicht  bei  Fronto 
meizorga  lesen  müssen,  so  ungewöhnlich  das 
Wort  auch  gebildet  sein  mag.?  Freilich  ist 
auch  dann  die  Stelle  noch  nicht  heil.  Es  ist 
doch  nichts  Unwahrscheinliches,  von  Kana- 
chos  Götterbilder  zu  verlangen.  Fronto 
hätte  schreiben  müssen:  quid  si  quis  postu- 
laret  ut  Phidias  ludicra,  autPolycletus  deum 
simulacra  fingeret,  aut  Calamis  meizorga 
aut  Canachus  lepturga.  Der  Gegensatz  von 
Phidias  und  Polyklet  untereinander,  zu- 
sammen mit  Kaiamis,  wäre  dann  zum  Aus- 
druck gekommen,  so  gut  wie  der  zwischen 
letzterem  und  dem  älteren  Meister. 

An  diese  Werke  schließt  sich  aner- 
kanntermaßen auch  die  »Wettläuferin« 
(Abb.  11)  3)  an,  die  im  Begriff,  ihren  Lauf 
anzutreten,  mit  dem  rechten  Fuß  noch  auf 

der  Schwelle  zu  stehen  scheint.  Dieser  erhöhte  Stand  des  zurückgesetzten  Fußes  ist 
ein  Schema,  das  sich  auch  am  ludovisischen  Relief  findet  bei  den  Geburtshelferinnen 
der  Aphrodite.  Auch  hier  also  schon  vor  Polyklet  ein  Standmotiv,  das  diesem  Meister 
besonders  eigen  scheint.  Es  freut  mich  deshalb,  das  Motiv  nicht  nur  auf  einer  attischen 
rotfigurigen  Schale  (Abb.  12)4)  nachweisen  zu  können,  an  einem  nackten  Mädchen, 
das  mit  Polykletischem  Stil  nichts  gemein  hat  und  Kaiamis  nicht  fernsteht,  sondern  auch 
an  einem  mit  der  Kunst,  die  wir  behandeln,  nahe  verknüpften  Denkmal,  der  sogenannten 
trauernden  Athena  der  Akropolis  5).  Die  Stoffbehandlung  der  letzteren  erinnert  an  den 
Wagenlenker,  die  Hand  auf  der  Hüfte  an  die  »Hestia  «,  und  auch  das  Profil  scheint  zu  unse- 
rer Gruppe  zu  gehören,  nur  fehlen  noch  die  feineren  Errungenschaften  in  der  Draperie. 


Abb.  12.       Rotfigurige    Schale;    früher    in    der 
^  Sammlung  van  Branteghem. 


0  Dionys  Halic.   a.  a.  O.  (S.  79,  i). 

2)  Hauler,  Arch.  f.  latein.  Lexikographie  XV  S.  106  f. 

3)  Heibig,  Führer  364,  II  S.  81.      [Die  Abbildung 
wiederholt  nach  Rom.  Mitt.  XXIV  1909,  109  ff., 


wo  B.  Schröder  die  Figur  der  Tänzerin  deutet. 
Anm.  der  Red.] 
4)  Collection  van  Branteghem,   Catalogue   par  W. 
Fröhner  PI.  77. 


5)  Dickens,  Catalogue  no.  695,  Bulle,  Der  Stil  I  273. 


92 


J.  Six,  Kaiamis. 


0  I  A  I  /<  p  A  A  r 


Doch  genügen  diese  Belege  des  Schemas  in  unserem  Kreise,  um  Studniczkas  ^) 
treffendem  Nachweis  einer  Bronze,  die  den  Dionysos  des  Kaiamis  zu  Tanagra  als 
Werk  des  alten  Kaiamis  zu  bestätigen  scheint,  eine  neue  Stütze  zu  verleihen. 

Weiter  kann  ich  nicht  gehen.     Der  Eros  Soranzo  ^),   allerdings  im  Kopf  jener 

eben  erwähnten  Bronze  sehr  ähnlich, 
ist  doch  im  Standmotiv  und  den  Formen 
von  Körper  und  Gesicht  deutlich  von 
unserer  Gruppe  verschieden.  Näher 
schon  steht  der  prachtvolle  Knabenkopf 
des  Herzogs  von  Devonshire  3),  den 
Studniczka  auch  heranzieht;  aber  unse- 
rem Typus  kommt  der  auch  mit  dieser 
Bronze  zu  vergleichende  Kopf  des  Dorn- 
ausziehers  4)  doch  sehr  viel  näher,  so- 
wohl in  der  allgemeinen  Form  wie  in 
den  einzelnen  Zügen.  Er  ist  allerdings 
jünger  als  der  Wagenlenker,  nicht  allein 
an  Jahren,  sondern  auch  der  Zeit  nach, 
aber  der  Körper  steht  im  Bau  und  Auf- 
fassung den  Nacktfiguren  des  Altars 
nicht  fern.  Schon  1874  hat  Brizio  5)  mit 
scharfer  Einsicht  die  Formen  mit  jenen 
der  Algumene  verglichen  und  den  Knaben 
dem  Kreise  des  Kaiamis  zugeschrieben. 
Ja,  so  nahe  stehen  sich  die  Körperbildung 
des  Wagenlenkers  und  des  Spinario,  daß 
ich  nicht  anstehen  würde,  eine  spätere 
Arbeit  desselben  Meisters  in  letzterem 
zu  erkennen.  Wenn  das  kleine  Bronze- 
mädchen aus  Herkulanum,  wie  Flasch 
gesagt  hat,  seine  leibliche  Schwester 
scheint,  so  gilt  das  höchstens  für  die 
Vorderansicht  des  Kopfes,  denn  das 
Profil  zeigt  nicht  die  charakteristischen 
So  stört  es  uns  nicht,  daß  ihre  Gewan- 


\ 


/ 


V=^: 


Abb.  13. 


Rotfigurige  attische  Amphora  mit  Euphorbos 
und  Oidipodes, 


Formen,  besonders  nicht  im  Untergesicht, 
düng  mit  dem  Wagenlenker  nichts  gemein  hat  und  der  »Aspasia«  nur  halb  zu  ver- 
gleichen ist.  —  Unter  den  uns  überlieferten  Werken  des  Kaiamis  ist  der  Dornaus- 
zieher  allerdings  nicht  unterzubringen.  Zu  den  betenden  Knaben  der  Akragantiner 
kann  er  nicht  gehören,  da  er  nicht  betet.  Der  Name,  den  ich  nennen  zu  können  meine, 
scheint  auch  jede  Erwähnung  dieses  Werkes  in  unserer  Überlieferung  auszuschließen. 


0  A.  a.  O.  S.  74  Taf.  7. 
»)  A.  a.  0.  s.  S.  79  Taf.  8. 


3)  Furtwängler,  Intermezzi  Taf.  I — IV. 

4)  Monuraenti  X  tav.  II.  Arch.  Zeit.  1883  Taf.  14.  i. 
S)  Annali  1874  p.  63  fE. 


J.  Six,  Kaiamis. 


93 


^xöiXo?  Ittsi  |xiv  £xu(|^s  TToSo?  Osvap  heißt  es  in  dem  neuen  Aitienfragment;  wie  von 
Wilamowitz-Moellendorff  ^)  treffend  erkannt  hat,  vonHyllos,  und  wirkhch  hatsich 
unser  Knabe  gerade  das  Hohle  des  Fußes  verletzt.  So  wurde  dieser  Name  der  Forderung 
gerecht,  die  Kekule  2)  vor  Jahren  aufstellte,  als  er  »einen  bestimmten  mythischen 
Anlaß«  verlangte.  Man  führe  nicht  dagegen  an,  daß  der  Knabe  zu  alt  sei,  um  noch, 
wie  Hyllos  bei  Kallimachos,  von  Herakles  getragen,  an  den  Zotteln  der  väterlichen 
Brust  zu  zerren.  Der  kleine  Ödipodes  auf  einer  schönen  attischen  Amphora,  der  von 
Euphorbos  in  derselben  Weise  getragen  wird 
(Abb.  13)3),  hat  ganz  dieselben  Proportionen,  und 
der  Stil  dieser  Vase  steht  Kaiamis  merkwürdig 
nahe.  Die  Falten  des  Bausches  sind  identisch  mit 
jenen  des  Wagenlenkers  und  der  Algumene,  und 
wenn  daneben  noch  sonst  im  Chiton  ein  älteres 
System  vorherrscht,  so  sind  die  langen  geraden 
Linien  an  der  Mantelfigur  des  Königs  an  der  Rück- 
seite wie  ein  schwacher  Abglanz  der  »Aspasia«.  — 
Hyllos  war  keine  so  kräftige  Gestalt  wie  sein  Vater, 
und  doch  haben  die  späteren  Umbildungen  des 
Dornausziehers  in  Bronze  wie  in  Marmor  4)  uns 
in  dem  derben,  urwüchsigen  Burschen  ein  anschau- 
liches Bild  des  Heraklessohnes  hinterlassen,  das 
über  die  Richtigkeit  des  Namens  keinen  Zweifel 
läßt.     Die  Bronze  Baron  Edmond  de  Rothschild, 

die  hier  mit  seiner  gütigen  Genehmigung  abgebildet    Abb.  14.    Bronze  der  Sammlung  Baron 
wird    (Abb.   14),    die  durch  ihre    angebhche  Her-  "^°^ 

kunft    aus    Sparta  vortrefflich    zum  vorgeschlage.- 
nen  Namen  paßt,  scheint  noch  dem  4.  Jahrhundert  anzugehören. 

Schade  nur,  daß  das  Kallimachos -Fragment  uns  nichts  weiteres  über  die  Ver- 
wundung lehrt,  woraus  man  ermitteln  könnte,  weshalb  dieser  Vorfall  in  einer  Statue 
verewigt  worden  ist.  Aus  der  schwarzfigurigen  Vase,  Arch.  Zeitung  1867  Taf.  218.  i.  2, 
und  der  schönen  rotfigurigen,  Gerhard,  Auserlesene  Vasenbilder  II  CXVI,  möchte 
man  schließen,  daß  die  Verletzung  schon  vor  dem  Abschied  von  Oineus,  dem  Groß- 
vater, und  dem  Auszug  aus  Kalydon  erfolgte. 

Kann  der  Knabe  mit  dem  verwundeten  Fuß  in  Atollen  etwa  eine  Parallele  bilden 
zu  dem  böotischen  Heros  Ödipus,  den  man  im  Altertum  sich  mit  verwundeten  Füßen 
gedacht  hat?  Bei  sonst  großer  Verschiedenheit  scheinen  doch  beide  Unterwelts- 
dämonen  unter  ihren  nächsten  Vorfahren  zu  haben.  Für  die  Frage,  die  uns  hier  be- 
schäftigt, ist  das  aber  vorläufig  belanglos.  — Interessant  erscheint  mir,  darauf  zu  ver- 


')  Sitzungsber.  d.  K.  Pr.  Akad.  d.  Wiss.  IX  1914 

S.  228. 
>)  Arch.  Ztg.  1883  Sp.  246. 
3)  Mon.  d.  Inst.  1835  PI-  XIV,  vorzüglicher  Stich 


von  Pedretti.    Röscher  s.  v.  Oidipus  Sp.  709/10. 
Siehe  auch  die  Tafel  von  Dittmar  Heubach,  Das 
Kind  in  der  griechischen  Kunst. 
4)  Br.  Mus.  Kat.  III  S.  108  f.  Nr.  1755,  Arch.  Ztg. 


1879  Taf.  2  und  3.     Bruckmann  Nr.  322. 


QA  J.  Six,  Kaiamis. 

weisen,  daß  auch  eine  Erosfigur  wie  die  der  rotfigurigen  Vasen  oder  der  Eros  Soranzo 
nicht  viel  älter  an  Jahren  zu  denken  sind  wie  die  mehr  kindlichen  Figuren  der 
späteren  Kunst. 

Wir  haben  schon  einige  Male  attische  Vasen  herangezogen,  und  ebenso  hat 
Studniczka  damit  die  attische  Herkunft  des  Altars  zu  beweisen  gesucht.  Besonders 
nahe  steht  die  hier  besprochene  Gruppe  den  weißgrundigen  Schalen  aus  der  Spätzeit 
des  Euphronios,  wie  der  Berliner  ^)  oder  der  Londoner  mit  der  Anesidora  2).  Der 
bartlose  Hephaistos  der  letzteren  gibt  mir  den  Mut,  auch  den  bartlosen  Asklepios 
mit  der  Pinie  zu  Sikyon  3)  dem  älteren  Kaiamis  zuzuweisen,  für  den  auch  die  Gold- 
Elfenbeintechnik  besser  geeignet  ist  wie  für  seinen  späteren  Namensgenossen,  in 
dessen  Zeit  sie  kaum  mehr  vorzukommen  scheint. 

Aus  einem  solchen  Vergleich  mit  der  Kleinkunst  geht  m.  E.  nichts  weiter  hervor, 
als  daß  die  Werke  unseres  Meisters  auf  die  attischen  Töpfer  stark  eingewirkt  haben, 
keineswegs,  daß  sie  attischen  Ursprungs  waren.  Ihr  Stil  erscheint  bei  Euphronios 
ebenso  unvorbereitet  und  unerwartet,  wie  unsere  Gruppe  von  Skulpturen  fremd 
neben  den  Frauenfiguren  der  athenischen  Akropolis  und  den  Ägineten  des  Aphaia- 
tempels  steht.  Die  attische  Vasenmalerei  spiegelt  eben  auch  diese  Kunst  ab  so  gut 
wie  die  des  Mikon  4),  die  Hauser  wiederfand,  oder  die  der  Ägineten,  die  zu  belegen, 
soviel  ich  weiß,  niemand  sich  die  Mühe  gab,  wahrscheinlich  weil  die  Beispiele  leicht 
zu  sammeln  und  häufig  sind.  Kaiamis  selber  mag  übrigens  bei  seinem  längeren  Auf- 
enthalt in  Athen  auch  etwas  attischen  Einfluß  empfangen  haben.  Im  Grunde  aber 
steht  er  auf  anderem  Standpunkt.  Er  durchgeistigt  seine  Gestalten  in  höherem  Maße, 
sei  es,  daß  sie  freudig  erregt  sind  wie  sein  Wagenlenker  oder  siegesfroh  wie  seine 
Sosandra,  sei  es,  daß  sie  in  tiefem  Ernst  schweigen  wie  seine  Semne  oder  in  welt- 
vergessener Betrübnis  dasitzen  wie  seine  Algumene.  Dem  inneren  Leben  gegenüber 
vereinfacht  er  die  äußeren  Formen  und  erreicht  dadurch  eine  Anmut,  die  in  zierlicher 
Feinheit,  nicht  in  großartigem  Schwung  zum  Ausdruck  kam,  wie  in  jeder  primitiven 
selbstbeschränkten  Kunst. 

Kaiamis  ist  ein  bahnbrechender  Meister.  Von  der  Perserzeit  an  bis  zur  Mitte 
des  Jahrhunderts  liegt  seine  Tätigkeit,  aber  er  bleibt  ein  Vorläufer.  Neben  ihm  gelangt 
Mikon  durch  eindringlichere  Naturbeobachtung  zu  einem  krassen.  Naturalismus, 
nach  ihm  verarbeiten  Polygnot  und  Phidias  mit  seiner  Schule  ihrer  beider  Streben 
zu  einer  unübertroffenen  Verquickung  von  Natur  und  Stil,  aber  länger  währte  es,  bis 
das  Gemütsleben  seiner  Gestalten  eine  Weiterentwicklung  fand.  Als  es  geschah, 
stand  die  Kunst  dem  Leben  nicht  mehr  so  unbefangen,  so  naiv  gegenüber.  So  konnte 
seine  Schmerzensreiche  größeren  Ruhm  erlangen  als  die  jedes  anderen,  auch  für 
diejenigen,  die  sonst  seine  Pferde  seinen  Menschen  vorzogen  und  denen  seine  Kunst 

')  Hartwig,  Meisterschalen  LI.  den  Nachdruck  darauf  zu  legen,  daß  Bildhauer- 

*)  White  Athenian  Vases  PI.  XIX.  arbeit  Mikons  für  Olympia  sicher  steht,  plötzlich 

3)  Pausanias  II  10.  3.  einer   geistreichen,   aber  verkehrten  Vermutung 

4)  Es    ist    mir    vollkommen    unverständlich,    wie  zuliebe  Pausanias  den  Panaenos,  den  er  sehr  gut 
Hauser   nach   dem   glänzenden   Nachweis,   statt  kennt,  mit  Paionios  verwechseln  läßt. 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.  qc 

noch  ZU  altertümlich  war.  Wer  heute  die  Kunst  des  17.,  18.  oder  19.  Jahrhunderts 
als  seine  Norm  annimmt,  wird  dennoch  anerkennen,  daß  einer  Madonna  der  Re- 
naissance als  Auffassung  der  Vorrang  zukommt  vor  denen  des  Rubens  oder  Murillo 
oder  wen  man  sonst  nennen  will.  Von  Rafaels  Sixtina  konnte  es  heißen:  nullius 
est  nobilior. 

Amsterdam.  J.   Six. 


DIE  POLYGNOTISCHE  MALEREI  UND  DIE  PARTHENON- 
GIEBEL. 

Mit  Tafel  2 — 5  und  einer  Beilage. 

I. 

Die  Frage  nach  dem  Urheber  der  Parthenonskulpturen  hat  vor  kurzem  wieder 
eine  entschiedene  Beantwortung  gefunden.  A.  Frickenhaus  hat  (Arch.  Jahrb.  XXVIIl 
191 3,  341  ff.)  auf  Grund  einer  scharfsinnigen  Untersuchung  von  neuem  Phidias  als 
den  Meister  der  Giebelfiguren  und  zugleich  auch  des  Frieses  erklärt  und  sich  da- 
bei auf  folgende  Hauptargumente  gestützt:  Phidias  ist  zu  der  Zeit  der  Arbeit  an 
den  Parthenongiebeln  in  Athen  gewesen,  kann  also  die  Arbeit  gemacht  haben.  Die 
Athena  Medici  und  ihre  Repliken  sind  nach  der  goldelfenbeinernen  Athena 
des  Phidiasschülers  Kolotes  kopiert  und  den  Parthenongiebelfiguren  im  Stil 
verwandt.  Die  elische  goldelfenbeinerne  Aphrodite  Urania  des  Phidias  ist  das 
Vorbild  zu  der  Berliner  »Gewandfigur  aus  der  Werkstatt  der  Parthenon- 
giebel« gewesen,  denn  diese  ist  nur  eine  Kopie  und  hat  wahrscheinlich  eine 
Schildkröte  unter  dem  linken  Fuß  gehabt,  wie  die  Aphrodite  des  Phidias.  Auch 
sie  ist  den  Parthenongiebelfiguren  nächst  verwandt.  Kolotes  ist  erst  in  Elis  Schüler 
des  Phidias  geworden;  nicht  er,  sondern  Phidias  selbst  ist  der  Schöpfer  des  im  Torso 
Medici  und  der  Berliner  Aphrodite  vertretenen  Stils,  mithin  auch  der  Giebelfiguren 
oder  doch  wenigstens  ihrer  Modelle. 

Ich  gedenke  nicht,  den  philologisch -historischen  Aufbau  und  die  neue  Bestimmung 
der  Lebenszeit  des  Phidias  anzutasten,  möchte  aber  die  Bedenken  nicht  zurück- 
halten, die  sich  gegen  Frickenhaus  erheben,  wenn  man  die  Denkmäler  auf  ihre 
rein    künstlerischen    und    technischen    Eigenschaften    hin    betrachtet. 

Der  Torso  Medici  soll  ein  Goldelfenbeinbild  wiedergeben;  wir  hätten  uns  danach 
das  Original  als  einen  Holzkern  mit  einem  Belag  von  Metall  und  Beinplatten 
zu  denken.  Nun  hat  Amelung  (Österr.  Jahrh.  XI  1908,  183)  bereits  zweifellos 
richtig  dargetan,  daß  die  technische  Behandlung  der  Repliken  in  Rom,  Wien 
und  der  einen  in  Sevilla  auf  den  Stoff  des  Originals  hinweist.  Hierfür  wurde 
entweder   Stuck  mit    Marmorextremitäten   oder   Gold  mit  Efenbein   angenommen, 


96 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel, 


aber  auch  der  Gedanke  an  Bronze  nicht  ganz  von  der  Hand  gewiesen 
(S.  183,  185).  Die  breiten  Falten  des  Peplos  und  Mantels  sind  in  einem  typi- 
schen Stil  der  Zeit  gehalten,  der  für  Bronze,  Marmor  und  goldelfenbeinerne  Statuen 
iangewaödt  wird.  Diese  Falten  weisen  auf  kein  bestimmtes  Material,  können  aber 
in  Holz  mit  Goldbeschlag  gedacht  werden.    Der  Chiton  jedoch  (Abb.  i  auf  der  Beilage), 

der  am  rechten  Bein  der  Göttin  sicht- 
bar wird,  zeigt  bestimmte  technische 
Merkmale.  Die  hier  geübte  Chiton- 
behandlung ist  weit  entfernt  von  der 
älteren,  gleichmäßig  für  verschiede- 
nes Material  verwandten  Gewohn- 
heit, das  Linnengewebe  durch  viele, 
mit  der  Zeit  immer  enger  gezogene, 
gewellte  Linien  anzudeuten  ^).  Noch 
weniger  ist  der  Chiton  »durchmo- 
delliert mit  allen  den  Kunstgriffen, 
die  wir  bei  den  Xanthischen  Nereiden 
zum  ersten  Male  antrafen  und  die 
hier  nur  verfeinerter  und  natürlicher 
zur  Geltung  kamen«  (Bulle,  Schöne 
Mensch  2  267).  Kaum  ist  ein  stärke- 
rer Gegensatz  denkbar  als  die  aus 
linearer  Zeichnung  abgeleitete 'Xan- 
thische  Gewandbehandlung  (Arch. 
Jahrb.  XXIX  1914,  123  ff.).  Mit 
Recht  haben  vielmehr  Furtwängler 
und  andere  Forscher  den  Chiton  des 
Torso  Medici  mit  dem  der  Amazonen- 
statuen  verglichen,  denn  dies  ist 
deuthch  der  Stil,  der  sich  aus 
der  Technik  des  Modellierens 
in  weichem  Stoff,  Wachs,  Ton 
oder  Stuck  ergibt. 
Solche  breiten,  welligen  Linien  wie  am  Unterschenkel  der  Athena 
entstehen  bei  einer  originalen  Schöpfung  nur  durch  den  Strich  mit  der  breiten 
Schneide  des  spachteiförmigen  Modellierholzes  oder  -eisens.  Wir  sehen  dieselben 
Formen  an  der  kapitoHriischen  (Abb.  2)  und  Berliner  Amazonenstatue,  die  ja  sicher 


Abb.  2.     Amazone  in  Berlin  (Teilaufnahme). 


*)  In  Malerei  massenhaft,  z.  B.  Gerhard,  A.  V. 
224/5.  In  Bronze:  z.  B.  Kanephore  in  Berlin. 
A.  Ztg.  1880,  27,  Taf.  VI.  In  Marmor  z.  B. 
Knidierfries,  Harpyienrelief,  Artemis  aus  Pom- 
peji, Wiener  Amazone,  Leukothearelief,  Chariten- 
reliefs, Olympia-Westgiebel,  Ludovisischer  Thron, 


Vatikanische  Tänzerin.  Weiterentwicklung  in 
Verbindung  mit  stärkerer  Stofflichkeit:  Relief, 
Schöne,  Griech.  Reliefs  XIX,  83.  Berliner  Grab- 
figur Inv.  1464;  Arch.  Anz.  1903,  32.  Kurz- 
gewandete  Amazone,  Atalante  oder  Tänzerin, 
E.  V.  2074. 


JAHRBUCH  DES  INSTITUTS  XXX  191  5. 


Beilage  zu  S.  96. 


Abb.  I.     Torso  Medici  (Abguß  in  Dresden). 


Abb.  4.     Aphrodite  in  Berlin. 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


97 


Kopien  nach  Bronzewerken  sind.  Trotz  der  Ziselierung,  die  dem  Bronzeguß  die 
Schärfen  und  Zufälligkeiten  der  Modellierarbeit  genommen  hat  und  trotz  der  Ver- 
flachung der  Formen  durch  den  Marmorkopisten  ist  dieser  von  Material  und 
Technik  gebotene  Formencharakter  ganz  unverkennbar  ^).  In  ähnlicher  Weise  ist 
auch  an  dem  Matteischen  Typus  die  ModelHertechnik  noch  zu  bemerken,  nur  sind 
hier  die  Fältchen  durch  den  Druck  von  Daumen 
und  Fingerspitzen  entstanden;  der  Charakter  der 
Oberfläche  ist  daher  anders  als  an  den  beiden 
zuerst  genannten  Typen,  aber  gerade  diese  Art 
ist  der  des  Torso  Medici  nicht  verwandt,  wie 
Furtwängler  an  anderer  Stelle  (Meisterwerke  49) 
behauptete.  Der  Kopist  kann  in  Marmor  mit 
seinen  Werkzeugen  diese  Wachs-  oder  Tonfalten 
^nachahmen,  aber  kein  originaler  Künstler  konnte 
jemals  darauf  verfallen,  sie  mit  Hammer  und 
Meißel  zu  erfinden. 

Die  langen  tiefen  Rillen  am  Chiton  des 
Torso  Medici,  die  am  Oberschenkel,  zu  Seiten  des 
Unterschenkels  und  am  Fuß  eingeschnitten  sind, 
entstehen  am  leichtesten,  wenn  man  mit  der 
engen  Schlinge  oder  dem  spitzen  Modellierholz 
durch  die  weiche  Masse  fährt  und  dabei  infolge 
der  ungleichen  Festigkeit  des  Materials  bisweilen 
zur  Seite  ausweicht,  so  daß  geschlängelte  Linien 
entstehen.  Das  ganze  Gewand  der  Berliner  Tän- 
zerin (Verz.  d.  Sk.  Nr.  229,  hier  Abb.  3)  ist  auf 
diese  Weise  ausgeführt  2).  Der  Kopist  bedient 
sich  natürlich  des  laufenden  Bohrers,  wenn  er 
solche  Falten  wiedergeben  soll;  dies  Instrument 
ist  aber  im  5.  Jahrh.  überhaupt  selten  angewandt 
worden  (Arch.  Anz.  1890,  iio;  1894,  47),  und  wo 
es  der  Fall  ist,  w^e  an  dem  Berliner  Fries  vom 
Ilissostempel,  haben  die  Falten  ein  anderes  Aus- 
sehen (s.  u.  S.  119).  Die  Berhner Tänzerin  ist  sicher  eine  Kopie  nach  Bronze.  Danach 
könnte  auch  der  Chiton  am  Original  der  Athena  Medici  aus  Bronze  gewesen  sein.  Die 
für  sich  gearbeiteten  Extremitäten  der  Kopien  in  Wien,  Rom  und  Sevilla  lassen  nun 
darauf  schließen,  daß  sie  auch  im  Original  gesondert  ausgeführt  und  an  einen  Rumpf 
aus  anderem  Stoff  angesetzt  waren.  Man  könnte  also  annehmen,  daß  der  bekleidete 
Körper  der  Athena  Medici  aus  Bronze  und  die  Ghedmaßen  aus  Elfenbein  oder  Stein 


Abb.  3.     Tänzerin  in  Berlin. 


')  In  raffinierter  Weise,  vielleicht  zur  Wiedergabe 
einer  besonderen  Art  von  Stoff,  ist  diese  Modellier- 
technik bei  der  barberinischen  »Schutzflehenden« 
(Hauser  Ö.  J.  XVI  1913,  42  u.  68)  weitergebildet. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX. 


2)  Andere  Beispiele  für  Bronzechiton:  Pallas  Albani, 
Kora  in  Wien,  Wiener  Jahrb.  XII,  Taf.  VI. 
Sappho  Albani,  Athena  Giustiniani,  Athena  in 
Madrid,  E.  V.   1508/9. 


q8  B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 

gewesen  seien.  Doch  wäre  das  eine  gewagte  Annahme,  denn  es  fehlt  uns  an  Nach- 
richten, daß  man  vor  der  römischen  Zeit  Bildwerke  aus  gegossenem  Metall  und 
Marmor  oder  Elfenbein  zusammengesetzt  habe  (Blümner,  Technologie  III  211).  Der 
Gedanke  an  Bronze  muß  also  aufgegeben  werden.  Es  wurde  ferner  angenommen, 
die  Gliedmaßen  hätten  aus  Elfenbein  und  der  Rumpf  aus  Holzunterlage  mit  Gold 
bestanden.  Solche  Chitonfalten  aber  in  Holz  zu  schneiden,  wäre  überaus  mühselig 
und  der  Natur  des  Materials  nicht  angemessen  gewesen.  Der  Chiton  der  Athena 
Medici  kann  unmöglich  Goldblech  wiedergeben,  das  auf  einen  Holzkern  mit  solchen 
geschnitzten  Falten' aufgehämmert  und  genagelt  war;  und  etwa  anzunehmen,  daß 
am  Original  der  Peplos  aus  Holz  mit  Gold,  der  Chiton  aus  Bronze  oder  Stuck  be- 
standen habe,  verbietet  uns  die  hinreichend  genaue  Überlieferung  über  die  antike  Gold- 
elfenbeintechnik. So  bleibt  nur  die  Möglichkeit,  daß  das  Original  ein  Akrolith  war. 
An  der  Gewandung  hätte  dann  der  Peplos  aus  Holz  und  der  Chiton  aus  Stuck  oder 
auch,  was  mir  bei  der  derben  Ausführung  des  Ganzen  am  wahrscheinlichsten  dünkt, 
das  Ganze  aus  Stuck  bestanden,  auf  dem  die  fragliche  Goldfärbung  nicht  mittels 
Goldblech  (dessen  Auftrag  den  Kern  gefährdet  hätte),  sondern  durch  flüssigen  Auftrag 
oder  durch  aufgeklebtes  Blattgold  hergestellt  war.  Also  mit  der  Vorstellung  von 
einem  Goldelfenbeinbild  ist  die  aus  den  Kopien  erschließbare  Technik  des  Originals 
nicht  zu  vereinigen. 

Und  selbst,  gesetzt  den  Fall,  es  wäre  statthaft,  nach  Frickenhaus  den  Torso 
Medici  mit  der  goldelfenbeinernen  Athena  des  Kolotes  gleichzusetzen,  so  könnte 
zwar  die  so  gewonnene  Einsicht  in  die  Fortentwicklung  des  Phidiasischen  Stils  bei 
einem  freistehenden  Kultbilde  wertvoll  sein;  für  die  Parthenonfrage  bliebe  sie 
ohne  Folgen,  denn  die  behauptete  Übereinstimmung  des  Torsos  mit  dem 
Stil  der  Parthenongiebel  läßt  sich  nicht  erweisen.  Nur  die  hohe  Art  der  poeti- 
schen Auffassung  von  dem  göttlichen  Wesen  der  dargestellten  Personen  läßt  sich 
vergleichen.  Die  Steilfalten  des  Peplos  fehlen  dort  natürlich  ganz,  die  Hängefalten 
des  Mantels  können  ebensogut  mit  denen  der  Demeter  von  .Cherchel  oder  der  Karya- 
tiden verglichen  werden.  Diese  Faltengebung  ist  Gemeingut  der  Phidiasischen  Zeit; 
und  was  die  Chitonfalten  anlangt,  so  gibt  Frickenhaus  (S.  354)  selbst  zu,  der  gleich- 
mäßig gewellte  Stoff  um  das  rechte  Bein  der  mediceischen  Statue  finde  bei  den  Giebeln 
keine  genaue  Parallele:  ja,  die  Chitone  am  Torso  und  an  den  Giebeln 
lassen  sich  überhaupt  nicht  vergleichen;  die  von  Furtwängler  (Meisterw. 
48/49)  und  Frickenhaus  (S.  354)  herangezogenen  Teile  an  den  Giebelfiguren  zeigen 
keine  Spur  von  der  Modelliertechnik  des  Torsos.  Vergleichbar  ist  an  den  Chitonen 
nur,  daß  über  die  Hängefalten  feine  Wellen  herlaufen,  aber  wie  diese  Wellen  gegeben 
sind,  ist  durchaus  von  anderer  Art.  An  den  Parthenongiebeln  sind  sie  rein  oberfläch- 
lich mit  der  Ecke  des  Meißels  oder  mit  spitzen  Werkzeugen  eingeritzt  und  nicht 
mit  der  Breitseite  des  Spachtels  gestrichen.  Also  selbst,  wenn  wir  annehmen,  daß 
die  Identifizierung  der  Athena  Medici  mit  der  des  Kolotes  stimmt  und  der  Stil  des 
Phidias  in  ihr  erkennbar  ist,  so  haben  wir  damit  im  Chiton  den  Modellierstil  des 
Phidias,  nicht  seinen  Marmorstil  und    durchaus  keinen   Gegenstand    des   Vergleichs 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.  qq 

mit  dem  Stil  der  Parthenongiebel  gewonnen,  so  daß  sich  also  aus  dem  Torso  Medici 
kein  Kennzeichen  für  Phidias  als  Urheber  der  Giebel  ergibt. 

Zweitens  soll  die  Berliner  Aphrodite  das  Phidiasische  Goldelfenbeinbild  der 
Aphrodite  in  Elis  wiedergeben.  Frickenhaus  folgert:  Weil  die  Berliner  Aphro- 
dite am  wahrscheinlichsten  mit  einer  Schildkröte  ergänzt  wird,  so  muß  ihr  Original 
identisch  sein  mit  dem  einzigen  und  ersten  Kultbilde  jener  Zeit,  für  das  eine  Schild- 
kröte bezeugt  ist,  mit  der  elischen  Aphrodite  des  Phidias.  Die  Möglichkeit  jener 
Ergänzung  ist  nicht  zu  bestreiten;  aber  es  ist  nicht  erwiesen,  daß  hier  eine  Schild- 
kröte vorhanden  war  und  daß  die  elische  Aphrodite  das  erste  und  einzige  Werk 
mit  diesem  Motiv  war.  Die  Folgerung,  die  Berliner  Statue  müsse  identisch  sein 
mit  der  Urania,  scheint  mir  etwas  gewaltsam. 

Zudem  soll  die  Berliner  Aphrodite  eine  Kopie  nach  einem  Goldelfenbeinbild  sein. 
Dem  muß  entschieden  widersprochen  werden.  Kekule  hat  mit  vollem  Recht  be- 
hauptet, die  Statue  sei  Original;  daran  läßt  die  Technik,  z.  B.  die  stehengebliebenen 
Bohrlöcher,  keinen  Zweifel.  »Die  Ungleichmäßigkeit  der  Durchführung,  das  Vor- 
handensein leerer  Partien  scheint  mir  zu  beweisen,  daß  die  Venezianerin  nicht  von 
dem  Meister  ausgeführt  wurde,  der  sie  entworfen  hatte«,  meint  Frickenhaus  S.  365. 
Aber  gerade  die  Ungleichmäßigkeit  der  Arbeit  und  das  Vorhandensein  leerer  Partien 
zeigt  die  originale  Arbeit,  denn  Kopien  pflegen  gleichmäßig  ausgeführt  und  durch 
und  durch  leer  zu  sein.  Die  Statue  ist  nur  von  Kekule  in  begreiflicher  Weise  etwas 
überschätzt  worden.  Sie  ist,  wie  andere  richtig  erklärt  habein,  das  Werk  eines 
Künstlers  von  zweitem  Range.  Selbst,  wenn  wir  die  Mängel  in  der  Ausführung  und 
Erhaltung  der  Venezianerin  mit  den  Vorzügen  der  Giebelfiguren  ergänzten,  würde 
ein  nicht  ganz  vollkommenes  Werk  entstehen.  Die  elische  Aphrodite  war  aber  eine 
Arbeit  aus  den  späteren  Jahren  des  Phidias.  Wäre  die  vorgeschlagene  Benennung 
richtig,  so  hätten  wir  in  der  Berliner  Statue  ein  Zcjjgnis  für  das  Altern  der  Phidiasi- 
schen  Kunst.  Die  Venezianerin  ist  ein  Schulwerk  von  der  Hand  eines  technisch  noch 
nicht  reifen  Künstlers,  sie  steht  aber  immer  noch  turmhoch  über  der  von  Frickenhaus 
abgebildeten  Petersburger  »Melpomene«.  Diese  späte  und  überaus  schwache 
Variante,  deren  Abbildung  den  Wert  der  Berliner  Statue  und  ihren  hohen  Stil  in 
grelles  Licht  setzt,  beweist  nur,  daß  diese  mit  Recht  bei  den  antiken  Kunstkennern 
nicht  unbeachtet  geblieben  ist.  Selbst  wenn  die  BerHner  Statue  nur  eine  unzuverlässige 
Kopie  wäre,  würde  die  Petersburger  Melpomene  für  das  gemeinsame  Original  nicht  das 
Mindeste  ergeben.  Und  der  Beziehung  auf  die  elische  Aphrodite  widerstreitet  die 
Technik.  Es  ist,  wie  Amelung  Bonn.  Jahrb.  lOi,  157  und  R.  M.  XV  1901,  26 
Anm.  I  richtig  andeutete,  ganz  undenkbar,  die  Berliner  Marmoraphrodite  in  Gold 
und  Elfenbein  zurückzuübersetzen.  Wie  will  man  diese  unregelmäßigen  Falten, 
die  tiefen  Faltentäler  und  scharfen  Grate  in  Holz  schnitzen  und  mit  Goldblech 
beschlagen.?  Die  Parthenos  und  alle  anderen  Bildwerke  derselben  Technik  haben 
sicher  nur  lauter  große  Flächen,  flaches  ReHef  (Schuppen  an  der  Aegis)  oder 
frei  plastische,  gegossene  Ansatzteile  (Verzierungen  am  Helm)  aufgewiesen.  Die 
Aphrodite  und  der  Torso  Medici  müßten  auch  als  Werk  eines  Meisters  und 
einer  Technik    mehr  ÄhnHchkeit    miteinander    haben;    sie  sind  aber  voneinander 

7* 


lOO  B-  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 

SO  verschieden,  daß  ohne  philologische  Zeugnisse  niemand  sie  auf  einen  Ur- 
heber zurückführen  würde.  Beim  Torso  bewundern  wir  die  monumentale  Ruhe, 
die  sich  in  der  hoch  aufgerichteten  Haltung,  den  breiten  Falten  des  Peplos  und  bei 
den  anderen  Kopien  in  den  großen  Formen  des  Hauptes  ausprägt,  bei  der 
Aphrodite  die  bei  aller  Hoheit  gefällige  Anmut  der  aufgelehnten  Haltung.  Das 
Einzige,  was  sich  stilistisch  vergleichen  lassen  müßte,  der  Chiton,  ist  an  beiden  Werken 
ganz  verschieden  aufgefaßt:  Am  Torso  flache  Modellierarbeit  mit  groben  Kanälen,  an 
der  Aphrodite  scharfe,  gemeißelte  Falten  des  feinen,  durchsichtigen  Stoffes  (Abb.  4 
auf  der  Beilage).  Wenn  über  Stil  und  Technik  am  Original  des  Torso  Medici  bis- 
her verschiedene,  einander  widersprechende  Meinungen  geäußert  worden  sind 
(Frickenhaus  S.  366),  so  ist  das  nicht  »scherzhaft«,  sondern  bedauerlich  und  kein 
Anlaß,  dasselbe  Verfahren  auf  die  Aphrodite  anzuwenden,  über  die  von  Anfang 
an  das  Richtige  gesagt  worden  ist. 

Die  Gründe  fallen  also  weg,  die  in  der  Berliner  Statue  eine  Kopie  nach  der  Urania 
des  Phidias  erkennen  ließen.  Bestehen  bleibt  in  diesem  Falle  die  von  Kekule  hin- 
reichend erwiesene  Übereinstimmung  mit  dem  Stil  der  Parthenongiebelfiguren.  So- 
lange aber  die  Aphrodite  nicht  einwandfrei  mit  einem  überlieferten  Namen  zu  belegen 
ist,  gewinnen  wir  auch  von  ihr  aus  keine  Antwort  auf  die  Frage  nach  dem  Urheber 
der  Parthenongiebel. 

Endlich,  wenn  Frickenhaus  darin  recht  hat,  daß  der  berühmteste  Bildhauer 
Athens  während  der  ganzen  Bauzeit  des  Parthenon  in  der  Stadt  weilte,  daß  er  also 
aus  äußeren  Gründen  sehr  wohl  auch  der  Schöpfer  der  Giebel,  die  chronologisch 
gleich  auf  das  Goldelfenbeinbild  folgten,  gewesen  sein  kann,  so  fehlt  nach  wie  vor  der 
Beweis,  daß  er  der  Schöpfer  war.  Kekule  (Weibliche  Gewandstatue,  24)  meint,  es  sei 
undenkbar,  daß  Phidias  den  großen  Auftrag  des  Giebels  ganz  aus  der  Hand  gegeben 
habe,  überträgt  aber  damit  unsere  Wertschätzung  der  Giebel  in  das  Altertum,  dessen 
Auffassung  von  dem  Wert  einer  solchen  Aufgabe  noch  zu  erforschen  ist.  Die  von 
Frickenhaus  geforderte  stilistische  Untersuchung  mußte  die  behauptete  Beziehung 
des  Torso  Medici  zu  einer  Goldelfcnbcinstatue  und  zu  den  Giebeln  und  die  Beziehung 
der  Aphrodite  zur  Urania  des  Phidias  leugnen.  Die  Frage  nach  den  Schöpfern  der 
Parthenongiebelfiguren  oder  dem  Urheber  der  Modelle  dazu  steht  auch  jetzt  noch 
auf  demselben  Fleck. 

In  der  ModeHiertechnik  des  Chitons  und  den  bei  dieser  Technik  notwendig  ge- 
brauchten Instrumenten  stimmen,  wie  gesagt,  der  Torso  Medici  und  die  kapitolinische 
Amazone  überein,  ohne  daß  wir  darum  die  beiden  sonst  so  verschiedenen  Werke  auf 
einen  Meister  zurückführen  müßten.  So  kann  man  weiter  sagen:  selbst  wenn  die 
Berliner  Aphrodite  mit  einem  bestimmten  antiken  Werk  zu  identifizieren  wäre,  würde 
die  Übereinstimmung  in  der  Technik  der  Chitonbildung  noch  nichts  für  den  Meister 
der  Giebel  beweisen.  Denn  diese  Technik  ist  nicht  ausschließlich  Eigentum  eines 
Meisters  gewesen,  sondern  sie  beruht  auf  einer  stilistischen  Gewöhnung,  die  mit  der 
Plastik  und  im  besonderen  mit  attischer  Kunst  von  Hause  aus  nichts  zu  tun  hat. 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.  joi 


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Für  die  Schönheit  und  Größe  der  Parthenongiebel  fehlt  es  in  der  attisehen  Plastik  . '     ^, 

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an   den  unmittelbaren  Vorgängern.     Gewohnt,    in  der  griechischen   Kunst   ein  ßo/ 

.  .  i  y  V  \  < 

sprunghaftes  Auftreten  völlig  neuer  und  vom  ersten  Anbeginn  so  meisterhafter  Er-'-/ 

scheinungen  für  minder  glaubhaft  zu  halten  als  eine,  wenn  auch  rasche,  so  doch  folge«c''J'  , 

richtige  Entwicklung,  haben  wir  für  die  Eigentümlichkeit  dieses  Stils  anderswo  nach    *(/)"'( 

den  Vorbildern  zu  suchen.  """ 

Eine  fortlaufende  Entwicklung  von  den  Metopen  zu  Fries  und  Giebeln  zu  kon- 
struieren (Amelung,  Bonn.  Jahrb.  lOi,  i6off.),  geht  nicht  an;  es  sind  im  Prinzip 
verschiedene  Schulen,  die  sich  in  die  große  Aufgabe  geteilt  haben  (s.  u.).  Amelung 
hat  auch  mit  Rectit  später  (Ilbergs  Jahrb.  1907,  455)  das  »Neue  und  Selbständige« 
betont,  das  in  Fries  und  Giebeln  auftritt,  dabei  freilich  gemeint,  daß  man  dem 
»durch  Nachrechnen  allgemeiner  Strömungen  nicht  nachkommen  könne«.  Gewiß, 
allgemeine  Richtungen  wie  Dorische  und  Ionische  Kunst  oder  die  »Intuition,  das 
geniale  innere  Schauen,  das  hier  der  Materie  seinen  Willen  aufprägt«  (Bulle,  Schöne 
Mensch  zu  Taf.  127)  reichen  für  die  Erklärung  der  Parthenonskulpturen  nicht  aus; 
aber  den  Mitteln,  deren  der  Meister  sich  bediente,  können  wir  nachforschen  und 
versuchen,  dem  Dunkel  einiges  über  seine  Art  zu  entlocken,  auch  wenn  wir  damit 
nur  an  die  »Peripherie  der  Persönlichkeit«  gelangen,  womit  Koepp  einmal  das  Ziel 
der  Phidiasforschung  gesteckt  hat   (Ilbergs   Jahrb.   1909,  476). 

Bei  einer  Giebelkomposition,  wie  die  Parthenonskulpturen  sind,  suchte  man 
das  Verwandte  zunächst  auf  demselben  Gebiete,  und  da  stehen  die  Olympiaskulp- 
turen am  nächsten.  »Noch  bevor  ein  Splitter  der  olympischen  Gruppe  wieder  auf- 
gedeckt war,  konnte  man  mit  Hilfe  von  Pausanias'  Beschreibung  die  Verwandtschaft 
derselben  mit  der  westlichen  Giebelgruppe  des  Parthenon  konstatieren«.  (Petersen, 
Kunst  des  Phidias  342.  Loeschcke,  Die  östliche  Giebelgruppe  7,  15.)  Furt- 
wängler  sah  in  dem  »weichlichen  ionischen  Faltenstil«  der  Olympiaskulpturen  »die 
Basis  der  Phidiasischen  Faltenbehandlung  am  Parthenon«  (Studien  f.  Brunn  85). 
Von  Einzelheiten,  die  bei  den  Giebelgruppen  hier  und  dort  übereinstimmen,  wurde 
z.  B.  die  Art  verglichen,  wie  das  Gewand  am  Ilissos  des  Westgiebels  neben  dem  Körper 
herabfällt,  die  an  eine  in  den  Olympiagiebeln  beliebte  Anordnung  erinnerte  (Ke- 
kule,  Gewandstatue  24).  Auch  Werke  wie  die  Nereiden  vonXanthos  und  die  Nike  des 
Paionios  sind  als  Voraussetzungen  für  die  Giebelkunst  in  Anspruch  genommen  worden 
(Kekule,  Gewandstatue  26,  Gr.  Skulptur  2  84) ;  selbst  die  vorpersische  Marmorkunst 
der  »chiotischen«  und  »chiotisch-attischen«  Frauenstatuen  wurde  als  vorbildlich  oder 
nahverwandt  betrachtet  (Winter,  Arch.  Jahrb.  H  1887,  223,  Schrader,  Archaische 
Marmorskulpturen  26,  Kalkmann,  nachgelassenes  Werk  26).  Indessen  führen  diese 
unbewiesenen  Annahmen  nicht  weiter. 

Alle  Versuche,  die  Vorstufen  in  dem  Bereich  der  Plastik  aufzuweisen,  gehen  von 
der  Überzeugung  von  dem  marmormäßigen  Charakter  der  Skulpturen  aus,  der 
am  stärksten  Kekule  von  Stradonitz  Ausdruck  gegeben  hat  (Gr.  Skulptur  2  91). 
»So    unmittelbar    ist    die    Naturanschauung    in    den    Stein    umgesetzt,     daß    diese 


102  B«  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 

<r,,    Körper  wie  vom  Ursprung  an  für  die  Schöpfung  in  Marmor  bestimmt  erscheinen, 
,,^'    'Vie  die  Gewänder  nur  in  Marmor  möghch  und  von  Anfang  an  für  die  Darstellung 
""■\  in  Marmor  erdacht  sind«. 

Es  ist  aber  unmöglich,  in  den  Gewändern  der  Parthenonfiguren  unmittelbare  Um- 
setzung des  Natureindrucks  zu  erkennen.  »Niemals  ist  die  Natur  selbst  so  reich  und 
y's^o  klar,  niemals  von  so  wunderbarem  Rhythmus,  von  so  fließender  Fülle«  (Bulle, 
iy,-' Schöne  Mensch  zu  Taf.  127  [Iris]).  An  anderen  etwa  gleichzeitigen  Werken,  z.  B. 
der  kleinen  Berliner  Aphrodite  Verz;  Nr.  586  und  Tonfiguren  wie  Winter, 
Typenkatalog  I  80,  7  mag  Annäherung  an  die  natürliche  Erscheinung  angestrebt 
sein.  Hier  sind  die  Falten  dicker  und  legen  sich  in  natürlicherweise  um  und  über  die 
Körperformen,  die  sie  wirklich  bedecken.  Bei  der  kleinen  Aphrodite  ist  auch  die 
körperliche  Natur  des  Marmors  besser  gewahrt,  einer  festen,  ungefügigen  Masse, 
aus  der  man  die  Form  von  außen  her  entstehen  läßt.  An  den  Parthenongiebcln 
aber  ist,  wie  P.  Johansen  in  der  Zeitschr.  f.  bildende  Kunst  XX  1909,  166  ausführt, 
der  Marmorblock  und  sein  Stoffcharakter  gerade  überwunden  und  ein  Illusions- 
effekt  erzielt,  der  der  Natur  des  Steines  eigentlich  widerstrebt.  P.  Johansen  scheint 
mir  indessen  zu  irren,  wenn  er  den  Stil  der  Parthenongiebel  auf  die  Vorarbeit  am 
originalgroßen  Tonmodell  zurückführte,  an  dem  man  hätte  versuchsweise  vorgehen, 
zuerst  den  Akt  modellieren  und  die  Falten  auftragen  können.  Daß  solch  Herstellen, 
Abgießen  und  genaues  Nachbilden  eines  Tonmodells  für  die  klassische  Zeit  bekannt- 
lich nicht  bezeugt  ist,  würde  noch  nichts  gegen  Johansen  beweisen,  da  wir  über  die 
technischen  Verfahren  in  den  antiken  Werkstätten  ja  leider  so  wenig  wissen, 
und  die  Deutung  Johansens  würde,  da  sie  von  einem  Künstler  herrührt,  größte 
Beachtung  verdienen,  wenn  sich  mehr  sichere  Hinweise  auf  die  modellierenden  In- 
strumente und  den  dadurch  gebotenen  Stil  vorfänden.  Zugegeben,  daß  die  langen, 
geraden  Schnitte  und  scharfen  Furchen  der  Falten  mit  dem  Messer  sich  aus  der 
Tonmasse  herausschneiden  lassen  —  ich  fand  die  glatte  Drahtschlinge  noch  ge- 
eigneter — ,  so  weist  doch  an  dem  dünnen  Chiton  nichts  auf  die  Technik  des  Auf  - 
tragens auf  den  Akt  oder  Wegnehmens  mit  den  üblichen  Modelherinstrumenten. 
Daß  auch  ein  Marmorinstrument,  wie  der  laufende  Bohrer,  den  Stil  nicht  erklärt, 
hat  Bulle,  Schöne  Mensch  zu  Taf.  127,  erwiesen.  Hammer  und  Meißel  aber  lassen 
sich  auch  auf  mancherlei  andere  Art  führen,  und  auch  sie  allein  reichen  nicht  zur 
Erklärung  des  Parthenongiebel-Stils  aus. 

Die  oft  betonte  Idealität  der  Parthenongewänder  verlangt  förmlich,  nach 
einer  Vorstufe  zu  suchen,  deren  Kunstmittel  eine  stärkere  Abstraktion  und  einen 
geringeren  Realismus  zulassen,  als  die  plastischen  Verfahren  ihrer  Natur  nach  inne- 
halten. So  wird  man  nach  einer  künstlerischen  Technik  suchen,  die,  in  idealem  Sinne 
arbeitend,  der  Plastik  schon  die  Mühe  der  Umsetzung  von  Natureindrücken  in 
bildnerisches  Material  vorweggenommen  oder  doch  verkürzt  hatte. 

Benndorf  (Untersuchungen  auf  Samothrake  II  72)  deutete  an,  wie  sich  im 
»fruchtbaren  gegenseitigen  Austausch  von  Fertigkeiten  mit  der  Malerei  eine  treibende 
Fülle  von  Versuchen  bewegt  und  ausgebreitet  haben  möge,  denen  Phidias  im  Grunde 
nur  den   Spiegel  ihres  eigentlichen  Wollens  vorhielt,  indem  er  ordnend,  festigend, 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.  10^ 

steigernd  sie  zu  dem  Stile  hinbildete,  der  für  immer  mit  seinem  Namen  verknüpft  ist«. 
Auch  ist  immer  wieder  auf  den  Zusammenhang  hingewiesen  worden,  der  die  »phi- 
diasisch«  genannte  Kunst  der  Parthenongiebel  mit  der  großen  Malerei  verbindet. 
Daß  Phidias  selbst  in  seiner  Jugend  Maler  und  Schüler  des  Polygnotischen  Ateliers 
gewesen,  daß  sein  Bruder  Panainos  Maler  geblieben  und  des  Phidias  suvcpyoXaßo; 
gewesen  sei,  ist  oft  betont  worden  (Michaelis,  Von  griechischer  Malerei,  Deutsche 
Revue  28  II  217;  Lechat,  Sculpt.  attique  503;  Hauser,  Furtw.-Reichh.  Gr.  Vm. 
II,  323  f.).  Man  denkt  sich  Polygnot  als  »etwas  älteren  Maler«  (Michaelis,  Ein 
Jahrhundert  archäolog.  Entdeckungen  ^  319)  oder  als  »nahezu  gleichaltrigen  Zeit- 
genossen« (Klein,  Kunstgeschichte  I  421).  Einfluß  dieser  Malerei  auf  die  Bildhauerei 
der  Zeit  (Furtwängler  und  Reichhold  a.  a.  O.  zu  Taf.  26)  und  die  Tätigkeit  des  Phidias 
wurde  im  allgemeinsten  Sinne  angenommen,  so  von  Welcker  (s.  Michaelis,  Gr.  Malerei 
210),  von  Michaelis  (Jahrhundert  arch.  Entd.  319),  von  Studniczka  (Arch.  Jahrb. 
IV  1889,  168),  der  auf  Anleihen  bei  der  Polygnotischen  Malerei  riet,  »mehr  als  wir 
nachzuweisen  vermögen«,  von  Lechat  (La  sculpture  attique  434),  der  aber  ausdrück- 
lich seine  Vermutung  als  »hypothese  exprimee  seulement  d'une  fagon  tres  generale« 
hinstellt.  Michaelis  (Malerei  217)  meinte,  es  wäre  unbegreiflich,  wenn  Phid'ias  nicht 
unter  dem  Einfluß  jenes  gewaltigen  Genius  gestanden  hätte;  er  findet  in  diesem 
Einzelfalle  die  Annahme  von  der  führenden  Rolle  der  Malerei  in  der  griechischen 
Kunst  bestätigt,  und  er  verweist  darauf,  wie  sich  dieser  Eindruck  in  den  Gestalten 
des  Phidias  verfolgen  läßt,  in  der  feinen  Charakterisierung  der  einzelnen  Gestalten 
in  den  Giebelfeldern,  in  ihrer  sinnvollen  Verknüpfung,  in  dem  Adel  ihrer  Stellungen 
und  der  Vollendung  ihrer  Gewänder,  in  der  Vorliebe  für  ruhige  Motive  und  maßvolle 
Bewegungen,  vor  allem  in  dem  gehaltenen  Ethos,  das  beispielsweise  den  Festzug  des 
Frieses  durchzieht  und  ihn  zu  jenem  Adel  der  Stimnjiing  erhebt,  wie  er  für  eine  Fest- 
feier desPerikleischen  Athen  sich  gebührt.  Schon  Dümmler  (Arch.  Jahrb.  II  1887,  177) 
hatte  dies  Verhältnis  als  Tatsache  angenommen  und  des  Phidias  Verdienst  nicht  in 
neuen  Erfindungen  gesehen,  sondern  in  der  taktvollen  Zurückhaltung  dem  Vor- 
handenen gegenüber  und  darin,  »daß  er  die  Früchte  der  thasischen  Malerei  auf  atti- 
schen Boden  verpflanzte,  ohne  im  geringsten  gegen  die  Forderungen  der  Marmor- 
plastik zu  verstoßen«.  Auch  Brunn  (Kleine  Schriften  II  212,  217)  fand  in 
Phidias  ein  malerisches  Element,  das  der  älteren  attischen  Plastik  so  fremd  sei 
wie  der  peloponnesischen,  und  auf  die  Frage,  woher  es  bei  ihm  stamme,  glaubte 
er  mit  Zuversicht  antworten  zu  können,  daß  es  durch  Vermittlung  der  nord- 
griechischen Kunst  des  Polygnot  nach  Athen  gelangt  sei.  Auf  die  »durch  Dis- 
position und  Beleuchtung  hervorgebrachte  und  noch  weiter  durch  Farben  ge- 
höhte malerische  Wirkung«  hatte  Michaelis  schon  "früher  hingewiesen  (Der  Par- 
thenon 156).  Malerisches  und  im  besonderen  Polygnotisches  wurde  festgestellt  in 
der  Komposition  von  Giebeln  und  Fries^)  und  in  den  Motiven  von  Grup- 
pierungen   und    Einzelfiguren    (MichaeHs,    Parthenon    162,     Robert,    Nekyia    55). 

')  Benndorf,  Jahrb.  d.  Sammlungen  d.  ah.  Kaiser-  Behn,   Ficoronische   Ciste   52.      Klein,   Kunstge- 

hauses  XI  19,  XII  66.      Robert,  Nekyia  55,  71.  schichte  II  97. 


104  ^'  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 

Für  die  stilistische  Verwandtschaft  im  einzelnen  wurde  auch  schon  öfter 
auf  die  Gewandbehandlung  hingewiesen,  die  wir  bei  Polygnot  aus  den  Beschreibun- 
gen kennen.  Danach  sollte  Polygnot  die  Frauengewänder  zuerst  durchsichtig 
gebildet  haben  (Plin.  Nat.  Hist.  35,  58),  indem  die  Gewandung  st;  xö  XsTrioxatov 
£c£tpYaa[X£V73  erschien,   (u?  8ty]V£[i.«)(ji>ai    xa    TioXXa   (Lukian,   Imagg.  7). 

Wie  weit  das  primus  hier  Geltung  hat,  steht  außer  Frage  (Fcihl,  Polygnot  und  die 
Ficoronische  eiste,  10).  Es  war  lange  vorPlygnot  üblich,  den  ganzen  gezeichneten  Akt 
durch  die  Falten  des  Gewandes  hindurch  zu  zeigen  (Arch.  Jahrb.  XXIX  1914,  131  ff.); 
das  »primus«  bedeutet  hier,  wie  in  anderen  Fällen,  mehr  ein  besonders  meisterliches 
Ausbilden  schon  länger  bekannter  Kunstmittel.  »Es  ist  offenbar  hier  an  einen  Stoff 
zu  denken,  welcher  sich  in  viele  kleine  und  zarte  Falten  zerlegt,  für  dessen  Darstellung 
in  der  Malerei  also  nicht  weniger  eine  große  Feinheit  und  Zartheit  in  der  Zeichnung 
erfordert  wird  (Brunn,  Geschichte  der  gr.  Künstler,  die  Maler  20).  Und  eine  solche 
meisterhaft  geübte  Durchsichtigkeit  der  Gewänder  fand  man  in  den  Parthenon- 
skulpturen wieder,  deren  Stil  man  daher  auf  Polygnot  zurückführte  ^).  Es  ist  an  der 
Zeit,  diese  bisher  unbewiesenen  Rückschlüsse  durch  genauere  Betrachtung  der 
Denkmäler  zu  stützen  und  den  Zusammenhang  zwischen  Polygnot  und  »Phidias« 
und  die  Einwirkung  des  malerischen  Stils  auf  die  Plastik  durch  Nebeneinanderstellen 
von  »Phidiasischen«  Skulpturen  und  »Polygnotischen«  Malereien  darzulegen  und  dabei 
das  Augenmerk  auf  den  Chiton  zu  richten,  bei  dessen  Darstellung  die  Plastik  am 
wenigsten  Hilfe  von  der  Natur  und  am  meisten  Anlaß  zu  willkürlicher  Stilisierung 
hatte.  Zu  bemerken  ist,  daß  Polygnot  natürlich  nicht  alle  Gewänder  durchscheinend 
gemalt  hat.  Die  Technik  hat  sich  nach  dem  Gegenstande  gerichtet.  Peplos  und  Mantel 
mußten  als  dicke  Stoffe  charakterisiert  werden,  konnten  aber  gleichwohl  den  An- 
schein leichter  Beweglichkeit  (XeTrxoxyj?)  haben  (Aelian,  Varia  historia  IV  3). 

Es  gilt  also,  die  mit  Chitonen  bekleideten  Gestalten  aus  den  Giebeln  zu  be- 
trachten, den  Torso  der  laufenden  Iris  (I)  ^),  die  Tauschwestern  und  die  kniende 
Frau  (C)  in  der  hnken  Seitengruppe  des  Westgiebels.  Ganz  besonders  tritt  die  Durch- 
sichtigkeit des  Gewandes  bei  der  Iris  hervor,  da  bei  ihr  die  Schwerkraft  und  der  Luft- 
widerstandzugleich mitwirken,  um  den  Stoff  an  den  Körper  zu  pressen  (Abb.  5).  »Das 
mächtige  Ausschreiten,  fast  übermäßig  für  ein  Weib,  läßt  das  Gewand  über  dem  rechten 
Schenkel  sich  ein  paarmal  etwas  in  die  Höhe  schieben,  von  der  Gewalt  desselben 
Luftzuges  hinaufgedrängt,  der  auch  am  linken  Schenkel  die  schönen  Falten  hervor- 
ruft« (Michaelis,  Der  Parthenon  176).  Am  Oberkörper  ziehen  die  Falten  sich  von 
den  Schultern  her  über  und  um  die  Brüste  nach  der  Mitte  des  Gürtels  zusammen, 
um  unter  dem  Gürtel  wieder  nach  außen  und  unten  auszustrahlen.  Die  Falten 
liegen  ganz  schmal  und  flach  und  zumal  am  linken  Bein  dicht  aneinandergereiht  auf 
dem  Körper  auf.     Die  Spuren  des  Meißels  sind  überall  sichtbar,  an  jeder  Falte  läßt 


')  Studniczka,  Arch.  Jahrb.  II  1887,  167;  Robert,  La  peinture  antique  178.    Waldstein,  Essays  on 

Iliupersis  48.     Loeschcke  oft  im  Kolleg;  Girard,  the  Art  of  Pheidias  65.    Klein,  Praxiteles  58. 

2)  zur  Benennung  Sauer,  A.   J.   1908  XXIII  loi. 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


105 


sich  die  kühne  und  doch  sorgsame  Arbeit  verfolgen;  doch  schon  aus  geringer  Ent- 
fernung verschwindet  diese,  und  es  bleibt  der  Anschein  von  dünnen  Strichen,  die  sich 
in  d(?r  Fernsicht  zu  der  Illusion  dünnen  Stoffes  zusammenschließen.  Dasselbe  gilt 
von  den  Tauschwestern.  Die  Auffassung  und  Ausführung  ist  im  Grunde  ganz  die- 
selbe, mag  auch  die  Verschiedenheit  der  Gegenstände  Unterschiede  im  einzelnen 
bewirken.  Eine  jugendliche  eilende  Gestalt  im  kurzen  Chiton  hat  naturgemäß  ein 
anderes  Aussehen  als  ruhig 
sitzende  oder  gelagerte  Frauen- 
gestalten von  reifen  Formen, 
und  von  diesen  ist  auch  nur  der 
Chiton  zu  vergleichen,  nicht  der 
in  schwereren  Falten  brechende 
Mantel.  Das  Gemeinsame  ist 
die  Bedeutsamkeit  des  Aktes, 
die  auch  unter  den  Stofifmassen 
gewahrt  bleibt.  Denn  diese 
wirken  nicht  als  deckende 
Schicht,  sondern  der  Stoff  ist 
aufgelöst  in  viele  einzelne 
Falten,  zwischen  denen  die 
Oberfläche  schier  verschwindet. 
Auch  die  hockende  Frau  im 
Westgiebel  hat  Teil  an  dieser 
Stilisierung;  hier  verbot  die 
Stellung  ein  enges  Ankleben  des 
Stoffes  am  Körper,  aber  die 
Oberfläche  des  Stoffes  ist  auch 
hier  mit  feinen  Strichen  geritzt, 
für  die  der  Künstler  in  der 
Natur  der  Kleidung  kein  Vor- 
bild hatte. 

An  die  Parthenongiebel 
schließt  sich  eine  eng  begrenzte 
Zahl  von  Werken,  an  denen  der  Chiton  auf  dieselbe  Weise  gestaltet  ist. 

Eine  nahe  stehende  Skulptur,  die  Berliner  Aphrodite,  ist  oben  behandelt  und  für 
ihre  Beziehungen  zu  den  Giebeln  auf  Kekule  verwiesen  worden.  Bei  der  Zer- 
störung gerade  der  Brust  gibt  sie  für  unsere  Frage  nicht  viel  aus.  Aber  die  am 
besten  erhaltene  Partie  unter  der  linken  Achsel  und  die  schöne  Rückseite  (Abb.  4) 
zeigen  deutlich  das  Bestreben  des  Künstlers,  den  Akt  unter  den  feinen  Hängefalten 
nach  Möglichkeit  zu  zeigen. 

An  Erhaltungszustand  ihr  leider  ähnhch,  aber  an  Kunstwert  überlegen,  ist  der 
Berliner  Torso  (Beschr.  Nr.  526),  den  wir  mit  der  Abbildung  auf  Taf.  2  und  der 
Besprechung  im  Abschnitt  III  ungebührlicher  Mißachtung  zu  entreißen  hoffen.    Der 


Abb.  5.     Iris  aus  dem  Westgiebel  des  Parthenon. 


io6 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel, 


Torso  ist  der  Iris  des  Parthenonwestgiebels  geschwisterlich  verwandt.  Natürlich  ist 
die  Gestalt  der  Iris,  als  Teil  einer  monumentalen  Komposition,  kräftiger  ausgeführt  und 
auf  stärkere  Wirkung  von  Licht  und  Schatten  berechnet.  Auch  ist  die  Bewegung  des 
Körpers  noch  heftiger,  und  auch  die  Verschiedenheit  im  Bau  des  männlichen  und 
weiblichen  Körpers  bewirkt  einige  Abweichungen.  Und  doch  stimmt  die  Iris  mit 
dem  Berliner  Torso  in  dem  Verhältnis  des  Körpers  zu  den  nur  darüber  hinge- 
hauchten Chitonfalten  überein. 
Auch  muß  die  Zeichnung  der 
Falten  und  ihr  S-förmiger 
Schwung  verglichen  werden. 
Selbst  das  Wenige,  was  vom 
Körper  sichtbar  ist,  das  nackte 
Knie  und  die  Art,  wie  es  aus  dem 
kurzen  Chiton  heraustritt,  ist  in 
beiden  Fällen  auf  dieselbe  Weise 
gegeben. 

Auch  bei  dem  Reiter  auf 
(1cm  albanischen  Relief  (Conze, 
Attische  Grabreliefs  1153  Taf. 
CCXLVII;  Fr.-W.  1004;  Br.-Br. 
437;  Heibig  II  27  Nr.  802;  Rei- 
nach, Rep.  des  Reliefs  III  154,  i ; 
F.  Winter,  Kunstgeschichte  in 
Bild.  II  Taf.  285,  5;  Seb.  Würz, 
Studien  zu  den  attischen  Krieger- 
gräbern ']'j\  hier  Abb.  6)  ist  der 
Chiton  als  dünner  StofT  gezeich- 
net, der  den  Körper  weder  im 
Umriß  noch  in  den  Einzelformen 
beeinträchtigt.  Auch  hier  ist  die 
Körperfiäche  das  Bestimmende, 
und  darüber  fließen  die  eng  zu- 
sammengedrängten, schmalen 
und  in  sich  wieder  aufgelösten 
Faltenzüge,  die  sich  auch  an  der  Brust  und  an  den  Beinen,  wo  sie,  von  der  Luft  und 
der  Bewegung  getrieben,  freier  spielen  könnten,  doch  eng  an  den  Leib  des  Kriegers 
anschmiegen.  Und  gerade  die  Parteien  an  Brust  und  Schenkeln  ähneln  ganz  der 
Stelle  am  linken  Oberschenkel  des  Berliner  Torsos,  wo  ein  Luftzug  die  Falten 
zurückzuwehen  scheint.  Das  Rehef  ist  immer  ins  5.  Jahrhundert  datiert,  schon  von 
Zoega,  Bassi  rilievi  LI  247,  »intorno  ai  tempi  di  Fidia  o  poco  dopo«  und  von 
Friederichs  (Arch.  Zeitung  1863,  12)  und  Wolters  (Bausteine  1004)  als  Werk  eines 
großen  Künstlers  gepriesen  worden,  mit  Recht,  wenn  wir  den  Abstand  von  der 
Qualität  der  Parthenon-Giebel  nicht  übersehen. 


Abb.  6.     Das  Albanische  Reiterrelief  (Teilaufnahme). 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


107 


Diese  Denkmäler,  die  Parthenongiebel,  Aphrodite  und  Torso  in  Berlin  und  das  alba- 
nische ReHef  bilden  eine  Gruppe  gleichzeitiger  Werke  und  sind  nach  ihren  stilistischen 
Eigentümlichkeiten  in  den  geschichtlichen  Werdegang  einzufügen.  Alle  im  einzelnen 
schon  beobachteten  und   verglichenen  Züge, 

wie  das  Gewand  so    dünn   und  bewegt   über  '^  | 

dem  deuthch  sichtbaren  Akt  hegt  und  flat- 
tert, sind  ebenso  verschieden  von  jeder  Nach- 
ahmung eines  Naturvorbildes  wie  von  den 
andern  im  5.  Jahrhundert  gebräuchlichen 
Stilisierungen.  Es  möchte  auch  schwer  fallen, 
vor  den  statuarischen  Werken  sich  nach- 
empfindend Rechenschaft  zu  geben,  wie  der 
Künstler  wohl  zu  dieser  Formengebung  ge- 
langt sei.  Denn  hier  empfinden  wir  doch  zu- 
nächst die  Masse  des  Steines  und  bewundern 
die  Gewandtheit  der  Meißelführung  und  die 
Leichtigkeit  der  Hand,  die  diese  Fältchen 
teils  leicht  erhaben  stehen  ließ,  teils  in  den 
als  Form  gefühlten  Rumpf  eingeritzt  hat. 
Aber  das  Relief  Albani  führt  weiter,  wenn 
wir  uns  vorstellen,  wie  der  plastischen  Aus- 
führung die  Zeichnung  auf  der  Marmorplatte 
vorhergehen  mußte.  Dann  können  wir  uns 
das  Werden  des  Kunstwerkes  so  denken,  daß 
der  Künstler  den  Akt  des  Jünglings  umriß 
und  darauf  mit  leichter  Hand  die  kurzen, 
dünnen,  einander  zum  Teil  überschneidenden 
Striche  warf,  die  nicht  wirkliche  Falten  nach- 
ahmen, sondern  den  Anschein  von  dünnem 
StofT  vortäuschen  sollen.  Zumal  an  Stellen, 
wo  der  Lufthauch  das  Zeug  vom  Körper  weg- 
zublasen oder  es  an  den  Leib  anzupressen 
scheint,  glauben  wir,  noch  die  Bewegung  der 
Hand  zu  spüren,  die  im  Gelenk  leichtbeweg- 
lich mit  dem  langgefaßten  Stift  oder  Pinsel 
diese  schwungvollen  Linien  zog.  Praktische 
Versuche  haben  erwiesen,  daß  solch  ein  Ver- 
fahren nicht  nur  möglich  ist,  sondern  auch  die 

erwartete  Wirkung  hat.  Ein  im  Umriß  gezeichneter  Akt  wurde  mit  feinen,  dichten 
Strichen  nach  der  Art  der  Gewandung  an  den  betrachteten  Werken  bedeckt  und  so 
der  Anschein  von  Stoff  erreicht,  der  an  den  Falten  sich  dichter  zusammenschiebt 
und  hier  mehr  Farbe  zeigt  als  an  den  nicht  bedeckten  Partien,  wo  vielmehr  die  Haut- 
farbe durchzuschimmern  scheint.    Dies  ist  aber  eben  das  Aussehen,  das  nach  den  an- 


--"'"-  \^1 


Abb.  7.     Knöchelspielerinnen  aus  dem  Gemälde 
des  Alexandros   (Teilaufnahme). 


io8 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


tiken  Zeugnissen  die  gemalten  Gewänder  des  Polygnot  gehabt  haben  müssen:  die 
Kleidung  erschien  durchsichtig,  aufs  feinste  ausgeführt  und  vom  Winde  leicht  bewegt. 
Wie  sich  solche  Art  von  der  Malerei  auf  das  Relief  übertragen  hatte,  ist  leicht 
einzusehen,  ebenso,  daß  eine  erprobte  Technik  vom  Relief  auf  die  statuarische  Plastik 
übergehen  konnte,  zumal  wenn  es  sich  um  Giebelfiguren  handelte.  Ist  doch  in  den 
Giebeln  immer  der  Zusammenhang  mit  Malerei  und  ReHef  gewahrt  geblieben. 

So  wie  nun  aus  mehreren,  unter  sich 
verschiedenen  Skulpturen  eine  im  Prinzip 
gleiche  Auffassung  oder  Technik  heraus- 
gelesen wurde,  so  ist  auch  die  zugrunde 
liegende  Art  der  malerischen  Wiedergabe 
aus  verschiedenen  Exemplaren  zu  sam- 
meln. Den  Giebelfiguren  und  der  Berliner 
Aphrodite  stehen  die  Knöchelspielerinneri 
auf  dem  Gemälde  des  Alexandros  am 
nächsten  (Robert,  21.  Hallisches  Winckel- 
mannsprogramm  1897;  hier  Abb.  7). 
Robert  setzte  das  Original  zu  dieser 
Kopie  in  die  Zeit  zwischen  Polygnot  und 
Zeuxis,  etwa  in  die  Jahre  425  bis  420; 
das  Bild  hat  aber  nichts  von  der  starken 
Bewegung  oder  der  zierlichen  Ausführung, 
noch  auch  die  stärkere  Farbigkeit  der 
Vasenbilder  dieser  Zeit.  Auch  die  groß- 
artigen Formen  namentlich  der  Leto  und 
die  Verwandtschaft  mit  Polygnotischen 
Motiven  (Robert  S.  2)  scheinen  eine 
Datierung  höher  hinauf  zu  verlangen. 
Ob  Kopie  oder  Original  —  das  Gemälde 
wird  von  manchem  Vasenbild  an  künst- 
lerischer Kraft  übertroffen.  Wir  haben 
davor,  was  die  Qualität  anlangt,  unge- 
fähr dasselbe  Gefühl  wie  vor  der  Berliner 
Aphrodite,  und  diesem  Werk  gleicht  auch  der  Gewandstil  in  auffälliger  Weise. 
Die  breitschultrige  Gestalt  der  Leto  erinnert  an  die  mächtigen  Formen  jener 
Göttin;  der  Rücken  der  knienden  Aglaie  zeigt  dieselben  leicht  gewellten  dünnen 
Striche  wie  die  Statue,  zumal,  wenn  man  sie  etwas  von  der  Seite  betrachtet;  auch  die 
Ärmel  und  Brustpartien  aller  Mädchen  haben  dieselben  leichtbewegten  Falten  über 
dem  durchschimmernden  Akt  wie  der  Chiton  an  der  Statue.  Auch  das  Himation  zeigt 
denselben  Stil,  mit  den  zu  je  zweien  parallel  laufenden  Faltenstrichen  und  den  breiten, 
»leeren  Partien«  dazwischen.  Dieser  Stil  ins  Plastische  übersetzt  ergibt  den  Chiton  der 
Venezianerin  mit  den  flachen  Strichlagen  im  Rücken  und  den  schmalen  Stegen  und 
tiefen  Rillen  an  den  frei  hängenden  Teilen,  sowie  das  Himation  gemeißelt  dem  Mantel 


mrm\^\^MiMim 


Abb.  8.     Amazone  von  einer  Nolanischen  Amphora. 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


109 


der  Göttin  mit  seinen  Wülsten  und  flachen  Ebenen  dazwischen  vollkommen  gleichen 
würde.  Von  der  Hand  eines  größeren  Künstlers  ausgeführt  würden  aber  diese  Ge- 
wänder das  Aussehen  der  Malereien  haben,  deren  Vorbild  wir  in  den  Parthenon- 
giebelfiguren ahnten. 

Daß  eine  Technik  dieser  Art  in  der  griechischen  Malkunst  jener  Zeit  viel  geübt 
worden  ist,  läßt  sich  noch  an  der  Einwirkung  auf  das  malerische  Kunstgewerbe  er- 
kennen.    Ich  zähle  eine  Auswahl  von  Vasenbildern  auf: 


jg^i^aaftiiaag^gsgsaj^MüsmJgas^ 


Abb.  9.     Amazonenkampf  von  einem  Aryballos  aus  Cumae  (Teilaufnahme). 


I. 

C.  R.  1873  Taf.  V  und  Furtw.-Reichh.,  Gr.  Vm.  Taf.  35   (Kriegers  Abschied). 

Museo  Gregoriano  II  Taf.  XXV   (Kampf). 

Atti   e  memorie   per   le  provincie  di    Romagna  XXI  1903,   Taf.  III  (Abb.  10). 

AnnaH  1867  Taf.  F.  Gerhard,  A.  V.  Taf.  165.  Mon.  Inst.  VIII,  Taf.  44  =  C.  R. 
1866,  Taf,  6.  Nolanische  Amphora,  Zeichnung  in  Gerhards  Sammlung  von  Vasen - 
bildern,  Mappe  XXIII,  22,  hier  Abb.  8.  ^)     (Amazonenkämpfc). 

Museo  Borbonico  X  Taf.   LXIII  (Amazonen,  sich  rüstend). 

Gerhard,  A.  V.  Taf.  58  (Dionysos  und  Hephaistos). 

')  Irrtümlich  unter  den  älteren  Amazonenvasen  erwähnt  A.   J.  XXIX  1914,  127. 


j  lO  B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 

Milani,   II  mito  di  Filottete  (Titelbild). 

Pellegrini,  Catalogo  dei  Vasi  dipinti  delle  Necropoli  Felsinee  Nr.  288b  (Aphro- 
dite, den  Kahn  des  Phaon  besteigend). 

Annah  1866  Taf.  U;  I.  de  Witte,  Description  des  collections  d'Antiquites,  con- 
servees  ä  l'hotel  Lambert  (1886)  Taf.  25.     (Morra  spielende  Mädchen.) 

J.  H.  St.  1905,  PI.  I  (Thamyras,  wehklagend  mit  Frauen). 

II. 

Fiorelh,  Notizie  di  vasi  Cumani  Taf.  VIII  (hier  Abb.  9).  Handbook  of  the 
Museum  of  fine  Arts,  Boston  191 1,  S.  88;  Photographie  CooHdge  9671.  Salzmann, 
Camiros  Taf.  59.  Pharmakowski,  Attische  Vasen  419/20,  Vase  in  Florenz,  Museo 
archeologico  I  B,  51  (Amazonenkämpfe). 

III. 

Panofka,  Musee  Blacas  XVII;  Furtw.-Reichh.  Gr.  Vm.  Taf.  126  (Sonnenaufgang). 

Furtw.-Reichh.  Gr.  Vm.  Taf.  67   (Pelops  und  Hippodameia). 

Furtwängler,  Beschr.  d.  Vasen  in  Berlin  2705,  Arch.  Zeitung  1879,  Taf.  10 
(Mädchen). 

Fröhner,  Coli.  Tyskiewicz  Taf.  XXXV  (Nike). 

Collignon-Couve,  Vases  d'Athenes  Nr.  1353  PI.  XLVI,  Fig.  9,  S.  20  (Mänaden). 

C.  R.   1861,  PI.   III,   IV  (Parisurteil,  Apollo  und  Dionysos). 

Furtwängler,   Beschr.  d.  Vasen  in  Berlin  2475   (Amazone). 

Mon.  d.  Inst.  X,  Taf.  XXXIIII  =  Wiener  Vorlegeblätter  1888,  Taf.  VIII  2 
(Hochzeitsvase)  und  andere. 

Die  beiden  Vasen  mit  dem  Abschied  des  jungen  Kriegers  sind  wichtig  wegen 
des  hohen  Ethos  der  Figuren,  das  Furtwängler  im  Text  zu  Taf.  35  schön  würdigt. 
»Es  hat  auch  im  Altertum  nur  die  eine  Perikleische  Zeit  gegeben,  wo  man  fähig  war, 
mit  so  wenigen  Mitteln,  so  wenigen  raschen  Linien  ein  solches  Bild  von  edler  Schön- 
heit und  Größe  zu  entwerfen. «  Der  Chiton  des  Kriegers  ist  in  dünnen,  leicht  fließenden 
Linien  angegeben.  Kein  Lob  erscheint  zu  hoch  für  die  Bologneser  Vase  mit  Phaon 
und  Aphrodite.  Pellegrinis  Worte  »Disegno  rapido  e  grandiose,  stile  hello  tendente 
al  florido«  treffen  das  Rechte.  Es  bleibt  dem  Gefühl  überlassen,  in  dem  Gemälde 
eine  freie  Erfindung  oder  die  Nachbildung  eines  Werks  von  Meisterhand  zu  sehen. 
Aber  die  zart  angedeutete  Durchsichtigkeit  des  Chitons  an  der  Brust  der  Göttin,  ihr 
Kopftuch,  der  Ausdruck  in  Köpfen  und  Gesten,  auch  Einzelheiten  wie  die  Kiesel  am 
Strande  bringen  einem  unwillkürlich  den  Namen  Polygnots  auf  die  Lippen. 

Die  Amazonenvasen  gehören  einer  Gruppe  von  Vasen  mit  Amazonenbildern  an, 
die  sich  von  den  älteren  »Mikonischen«  Schlachtenbildern  unterscheiden  (Arch. 
Jahrb.  XXIX  1914,  129).  Ist  auch  der  Zusammenhang  mit  der  älteren  »Mikonischen« 
Gruppe  unverkennbar  und  die  Trennung  von  deren  letzten  Stücken,  den  New 
Yorker  Krateren,  schwer  durchzuführen,  so  fühlt  man  doch,  wie  die  Zeichnung 
freier  und  die  Bewegung  der  Körper  runder  und  lebendiger  geworden  ist.  Auch  die 
Zeichnung  des  Chitons  hat  sich  weiter  entwickelt.     Während  in  der  ersten  Gruppe 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


II  I 


der  Stoff  durch  langgezogene,  mehr  oder  weniger  parallele  Striche  angedeutet  war, 
ist  hier  eine  noch  größere  Leichtigkeit  des  Stoffes  angestrebt.  Diese  ist  sogar  an 
der  flüchtigen  Zeichnung  der  Amphora  Abb.  8  zu  verspüren;  in  wirklich  künstle- 
rischer Weise  ist  sie  auf  dem  sorgfältigsten  Stück,  der  Vase  in  Bologna  wieder- 
gegeben (s.  Abb.  lo).  Hier  sind  die  dünnen,  flackerigen  Striche  ganz  lose  und  will- 
kürlich hingeworfen,  wie  es  auch  auf  den  New  Yorker  Krateren  nicht  vorkommt. 
Der  große  Stil  dieser  Amazonenvasen  läßt  auch  in  ihnen  Nachbildungen  von  Werken 
der  monumentalen  Malerei  vermuten,  und  es  darf  hier  daran  erinnert  werden,  daß 
man  durch  eine  erwägenswerte,    w.enn  auch  nicht  bindende  Konjektur  und  durch 


Abb.  lo.     Amazonen  von  einem  Krater  in  Bologna. 


Zusammenziehung  verschiedener  Nachrichten  Polygnot  als  Urheber  des  Amazonen- 
bildes im  Theseion  zu  Athen  hat  erweisen  wollen  (Robert,  Marathonschlacht  46; 
Hauser,  F.-R.,  Gr.  Vm.  H  323).  Der  Wandmalerei  steht  eine  Lekythos  mit  Amazone 
(Benndorf,  Gr.  u.  Sic.  Vb.  Taf.  46,  3)  noch  näher,  sie  ist  aber  leider  schlecht  erhalten. 
Den  »mikonischen«  Amazonenvasen  konnten  Skulpturen  wie  der  Fries  des  Nereiden- 
monuments  an  die  Seite  gestellt  werden;  ebenso  steht  neben  der  hier  genannten 
Gruppe  von  Amazonenvasen  das  Albanische  Rciterrelief  mit  seinen  großen,  fast  ganz 
gelösten  Körperbewegungen  und  den  edlen  Gesichtszügen.  Auch  ist  im  Hintergrunde 
des  Reliefs  die  Felsenkulissc  zu  beachten,  die  sich  in  der  Skulptur  etwas  unglücklich 
ausnimmt,  als  Entlehnung  aus  der  Malerei  jedoch  gut  zu  verstehen  ist. 

Weiter  ins  Zierliche  entwickelt  und  verbunden  mit  noch  jüngeren  Formen  in 
der  Bewegung  der  Körper  erscheint  dieselbe  Chitonstilisierung  auf  den  unter  H  ge- 
nannten Vasen,  besonders  schön  und  deutlich  auf  dem  Aryballos  Fiorelli,  Vasi  Cu- 


112  B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 

mani  Taf.  VIII.  Hier  ist  der  Chiton  in  der  Weise  wiedergegeben,  daß  über 
den  sichtbar  gemalten  Akt  kurze,  feine,  gestrichelte  Linien  leicht  hingestreut 
sind,  mit  Rücksicht  auf  die  Formen  des  Körpers  und  seine  Bewegung.  Die  Striche 
treffen  und  schneiden  einander,  es  sind  nicht  Falten  aus  bewußter  Nachahmung  des 
von  der  Natur  empfangenen  Eindrucks,  sondern  ein  willkürliches,  rein  idealistisches 
Mittel,  ein  Quidproquo.  Man  hat  längst  die  Ähnlichkeit  erkannt,  die  diese  Vase  mit 
dem  Amazonenkampf  auf  dem  Schilde  der  Parthenos  des  Phidias  verbindet,  soweit 
die  kleinen  Nachbildungen  dieses  Werkes  einen  Vergleich  zuließen.  Ein  unmittelbarer 
Zusammenhang  ließ  sich  natürlich  nicht  nachweisen;  daß  die  Vase  etwa  das  Relief  des 
Phidias  nachbilde,  ist  von  vornherein  unwahrscheinlich.  Das  Verhältnis  beider  Werke 
wird  so  sein,  daß  das  Relief  auf  dem  Schilde  der  Parthenos  eine  bestimmte  Ent- 
wicklungsstufe der  Malerei  voraussetzt  und  daß  diese  auch  in  dem  Bilde  des  Fiorelli- 
schen  Aryballos  nachgeahmt  wird.  Ein  griechisches  Relief  in  Kopenhagen  stellt  die 
Verbindung  zwischen  der  Vase  Fiorelli  und  dem  Schilde  der  Parthenos  her  (C.  Jacob- 
sen,  Katalog  der  Glyptothek  Ny  Carlsberg  57  a;  Brunn-Bruckmann,  Denkmäler 
Taf.  646  unten).  Die  beiden  Kämpfenden,  eine  Amazone  und  ein  Grieche,  zeigen 
so  viel  Übereinstimmung  mit  den  Nachbildungen  des  Phidiasischen  Schildes,  daß  wir 
auf  dem  Relief  denselben  Stil  und  eine  Art  von  Ersatz  für  den  verlorenen  Schild  zu  be- 
sitzen glauben.  Nun  sind  hier  die  Falten  des  Chitons,  die  an  der  Amazone  unterhalb 
der  Jacke  sichtbar  werden,  auch  mit  so  leicht  hingeworfenen  dünnen  Strichen  ge- 
bildet wie  auf  dem  Aryballos  Fiorelli  bei  den  Amazonen,  die  den  Chiton  unter  der 
dickeren  Ärmeljacke  tragen.  Die  Wahrscheinlichkeit  ist  hierdurch  erwiesen,  daß  die 
Chitonbildung,  von  der  wir  sprechen,  an  einem  Werke  des  Phidias  vorhanden  ge- 
wesen ist.  Zugleich  aber  muß  auch  betont  werden,  wie  sehr  die  Falten  sich  ver- 
feinert haben  und  wie  weit  die  starke  Bewegung  der  Figuren  von  dem  edlen  Gleich- 
maß der  bewegten  Figuren  sowohl  an  Fries  und  Giebeln  des  Parthenon  wie  an 
den  unter  I  genannten  Vasen  entfernt  ist! 

Wir  beobachten  also  an  Vasengemälden  und  Bildwerken  einen  im  wesentlichen 
einheitlichen,  in  den  einzelnen  Werken  je  nach  den  Händen  der  Künstler  leicht  vari- 
ierten Gewandstil,  der  zu  den  bis  dahin  geübten  Stilisierungen  des  feinen  Chitons 
etwas  Neues  bringt.  Da  die  Bildhauerei  den  Stil  nicht  erfunden,  ihn  auch  nicht 
von  der  Vasenmalerei  entlehnt  haben  kann,  so  geht  der  Schluß  auf  ein  gemeinsames 
Drittes,  die  große  Malerei.  Daß  auch  Polygnot  an  dieser  vorausgesetzten  Malerei 
Anteil  hatte,  wird  wahrscheinlich  gemacht  durch  die  Amazonenbilder  und  das  Bild 
mit  Phaon  und  Aphrodite,  es  wird  entschieden  durch  das  letzte  der  oben  unter  I 
aufgezählten  Werke,  die  Vase  mit  dem  Bilde  des  blinden  Thamyras. 

Es  sind  immer  wieder  Versuche  gemacht  worden,  nicht  nur  den  Stil  des  Polygnot 
zu  erkennen  (Literatur  bei  E.  Feihl,  Die  Ficoronische  Ciste  und  Polygnot  S.  i  f.), 
sondern  auch  die  unmittelbare  Nachahmung  seiner  bezeugten  Gemälde  auf  Vasen 
und  anderen  Werken  des  Kunstgewerbes  festzustellen,  die  dieselben  Gegenstände 
wie  jene  großen  Gemälde  aufwiesen: 

Häuser,  Österr.  Jahrh.  VIII  1905,    18  ff.,   F.-R.,  Gr.  Vm.  III  99  ff.   (Nausikaa). 
Robert,   Marathonschlacht  53    (Leukippidenraub).     Robert,    Nekyia  3;   Arch.  Anz. 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


113 


1889,  151  (Achill  und  die  Töchter  des  Lykomedes).  Benndorf,  Jahresh.  d.  Ah. 
Kaiserhauses  IX,  S.  105.  Hauser,  F.-R.,  Gr.  Vm.  III  102,  Taf.  138  (Freiermord). 
Hauser,    F.-R.,   Gr.  Vm.  III  113,   Taf.  140  (Kalydonische  Jagd). 

Alle  diese  Zuweisungen  sind  entweder  unsicher  oder  sie  geben  für  unsere  Frage 
nach  dem  Gewandstil  nichts  aus.  Anders  steht  es  mit  der  Bostoner  Hydria,  Journ.  of 
hell,  studies  1905,  PI.  I.,  die  Hauser,  Österr.  Jahreshefte  VIII  1905,  S.  37  eingehend 
besprochen  hat  (Abb.  11).  Es  handelt  sich  für  die  Deutung  des  Bildes  um  folgende 
Tatsachen:  Sophokles  hat  ein  Drama  Thamyras  geschrieben.  Folygnot  hat  den  Tha- 
myras  in  dem  Nekyiabilde  in  der  Lesche  der  Knidier  zu  Delphi  gemalt,  wie  Paus.  X 
30,  8   beschreibt.     Er  sitzt  geblendet  da,  mit  niedergeschlagenem  Aussehen,  reiche 


Abb.  II.     Thamyras  von  einer  Hydria  in  Boston. 


Haarfülle  umgibt  Haupt  und  Wangen.  Zu  seinen  Füßen  liegt  die  zerbrochene  Leier 
mit  zerrissenen  Saiten.  Aus  derselben  Zeit  sind  vier  Darstellungen  des  Thamyras 
auf  Vasen  erhalten: 

1.  Vase  aus  Nola.  Compte  Rendu  1875,  S.  75.  Hauser  S.  39,  Abb.  8.  Th.  in 
trauriger  Haltung  spielt  die  Leier  auf  einem  Felsen  sitzend; 

2.  und  3.  zwei  Hydrien  in  Leiden  und  im  Vatikan  (Hauser  S.  38  und  39,  Abb.  6 
und  7).  Der  Sänger  ist  sitzend  dargestellt,  in  nordischer  Tracht,  und  mit  ihm  jedes- 
mal eine  Gruppe  von  ruhig  stehenden  Frauen,  Musen  und  eine  alte  Frau,  die  dem 
Sänger  einen  Zweig  oder  Kranz  reicht; 

4.  die  Hydria  in  Boston.  Journ.  of  hell,  studies  XXV  1905  PI.  I  (Hauser  S.  37, 
Abb.  5).  Thamyras  sitzt  auf  einem  Felsen  und  wehklagt,  die  geblendeten  Augen 
sind   geschlossen.      Dazu  eine  ruhig  stehende  Frau  mit  einer  Leier  und  eine  alte 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX.  8 


IIA,  B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 

wehklagende  Frau,  Argiope,  seine  Mutter,  die  die  Blendung  des  Sohnes  bejammert 
und  sich  die  Haare  rauft. 

P.  Gardner  (J.  H.  St.  XXV  1905,  68)  zweifelte  an  der  Beziehung  des  Hydrien- 
bildes  zu  Polygnot.  Hauser  hat  dagegen  das  Verdienst,  nach  R.  Zahn  (Arch.  Anz. 
XVH  1902,  86)  auf  die  Wichtigkeit  dieser  Denkmäler  für  die  Polygnotfrage  nach- 
drücklich hingewiesen  zu  haben;  er  sieht  in  den  Bildern  der  Leidener  und  vatikanischen 
Hydria  Nachbildungen  des  Votivpinax,  den  (vermutlich)  Sophokles  für  sein  Drama 
Thamyras  gestiftet  und  (vermutlich)  von  Polygnot  hat  malen  lassen.  Aus  der  später 
entstandenen  Nekyia  des  Polygnot  solle  dann  der  Thamyras  auf  der  Bostoner  Hydria 
entlehnt  und  mit  zwei  nicht  dazu  gehörigen  Frauen  zusammengestellt  sein.  Den 
sitzenden  Thamyras  auf  der  Nolaner  Vase  scheidet  Hauser  ganz  aus,  da  er  ihm  älteren 
Stils  zu  sein  scheint.  Vielleicht  ist  eine  etwas  andere  Auffassung  der  Bilder  zu 
erwägen.  Der  Thamyras  der  Nolaner  Vase  ist  dem  auf  den  beiden  Hydrien  so  ähnlich, 
bis  auf  das  Barthaar,  in  der  Haltung  aber  so  gleich,  daß  wir  ihn  mit  den  Hydrien 
auf  dasselbe  Original  zurückführen  müssen.  Die  siegreiche  Bekränzung  des  Tha- 
myras auf  den  beiden  Hydrien  ist  aber  unmöglich  in  dem  Sophokleischen  Drama  be- 
gründet und,  wie  mir  scheint,  aus  der  Unfähigkeit  des  Vasenmalers  zu  erT^lären,  der 
seine  Vorlage  nicht  verstand,  den  Thamyras  als  sehenden  Sänger  malte  und  nun  den 
ihm  unklaren  Gestus  der  ihre  Haare  raufenden  Argiope  umdeutete,  indem  er  ihr  nach 
Analogie  anderer  Bilder  die  Absicht  der  Bekränzung  unterlegte.  Als  Analogien  für 
solche  Bekränzung  führt  Hauser  S.  40  Abb.  9  die  Sapphovase  in  Athen,  Collignon- 
Couve  Nr.  1241,  an.  Es  konnte  auch  die  schöne  Vase  der  Sammlung  Czartoryski 
(Ann.  1866  PI.  V)  und  das  eleusinische  Relief  beigebracht  werden.  Auf  diese  Be- 
kränzung als  einen  geläufigen  Typus  darf  also  für  die  Interpretation  kein  Gewicht 
gelegt  werden.  Sinnvoll  ist  dagegen  allein  die  Hydria  in  Boston,  mit  dem 
blinden  Sänger  und  der  trauernden  Mutter.  Die  Muse  auf  dieser  Vase  ist 
aber  untrennbar  von  den  Musen  auf  den  beiden  Hydrien  in  Leiden  und  Rom. 
Ich  meine,  der  Thamyras  der  Vasen  i — 3  scheidet  für  uns  aus;  er  ist  willkür- 
lich nach  Analogie  von  Orpheusbildern  gestaltet.  Die  Alte  mit  dem  Kranz  ist 
zurückzuübersetzen  in  die  Wehklagende  der  Bostoner  Hydria.  Die  Musen  sind  zu 
verbinden  als  einige  herausgewählte  aus  dem  ehemals  vollzählig  dargestellten 
Musenchor.  Sie  und  der  Thamyras  der  Bostoner  Vase  sind  allein  authentisch,  und 
das  verlorene,  diesen  Bildern  zugrunde  liegende  Original  mag  in  der  Tat  der  Votiv- 
pinax des  Sophokles  für  sein  Drama  gewesen  sein.  Daß  dieser  von  Polygnot  gemalt  ge- 
wesen sei,  ist  wohl  glaublich.  Es  wird  wahrscheinlich  gemacht  durch  die  Überein- 
stimmung der  Bostoner  Vase  mit  der  Beschreibung  des  Thamyras  in  dem  Unterwelts- 
bilde des  Polygnot  in  Delphi.  Es  ist  zwar  wegen  der  rein  praktischen  und  technischen 
Schwierigkeiten  schwer  glaublich,  daß  dies  Bild  die  Vorlage  für  die  attischen  Vasen- 
bilder abgegeben  habe,  wie  Hauser  meint.  Wohl  aber  ist  anzunehmen,  daß  Polygnot 
eine  einmal  gefundene  glückliche  Lösung  eines  bestimmten  Themas  bei  späterer  Ge- 
legenheit wiederholt  habe.  Wem  dies  eines  großen  Künstlers  unwürdig  scheint, 
der  erinnere  sich,  wie  unsere  großen  Komponisten  des  18.  Jahrhunderts  ganze  Musik- 
stücke in  neuem  Zusammenhange  wieder  verwandt  haben.     Die  Übereinstimmung 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.  1 1  r 

der  Bostoner  Vase  mit  der  Beschreibung  des  delphischen  Thamyras  ist  aber  so 
schlagend,  daß  wir  bei  aller  Vorsicht,  die  die  Natur  des  Materials  gebietet,  mit 
dem  Polygnotischen  Charakter  dieser  Vase  rechnen  dürfen,  nicht  anders,  als  wenn 
wir,  wiederum  nach  Hausers  Vorgang  (Vm.  II,  Text  zu  Taf.  lo8),  in  dem  Berliner 
Fragment  mit  dem  Kentaurenkampf  (Arch.  Zeitung  1883  Taf.  17)  die  gute  Nach- 
bildung eines  bestimmten  Mikonischen  Gemäldes  erkennen.  Stimmt  doch  auch 
dazu,  was  wir  sonst  von  der  Kunst  des  Polygnot  wissen:  die  Fähigkeit,  Seelen - 
Stimmungen  zu  malen,  die  Vorliebe  für  verschlungene  Gruppen  und  der  Stil  des  Ge- 
wandes. Man  erkennt  deutlich,  wie  der  Vasenmaler  sich  bemüht  hat,  trotz  dem 
kleinen  Maßstabe  eine  stilistische  Eigentümlichkeit  seines  Vorbildes  nachzuahmen, 
aber  wegen  des  engen  Raumes  in  abgekürzter  Form.  Wir  sehen  frei  hingesetzte  Striche 
von  verschiedener  Länge,  die  ein  weich  fallendes,  dünnes  Gewebe  über  dem  erkenn- 
baren Körper  andeuten,  abweichend  von  den  im  Zusammenhang  mit  Mikon  erörterten 
Stilisierungen  des  Chitons  (A.  J.  XXIX  1914,  127  ff.)  und  sehr  geeignet,  von  der 
durchsichtigen  Frauenkleidung  und  dem  gleichsam  durchwehten  Aussehen  der  Poly- 
gnotischen Gewandung  einen  Begriff  zu  geben.  Es  ist  eben  die  Art,  die  wir  ähnlich 
auf  den  unter  I.  aufgezählten  Vasen  finden,  und  weiterentwickelt  auf  den  Vasen 
unter  II,  und  III.,  also  auch  auf  der  Vase  Fiorelli,  Vasi  Cumani  Taf.  VIII,  mit  der 
wir  in  den  nächsten  Bereich  des  Phidias  gelangen;  es  ist  aber  auch  die  Art,  die  wir  aus 
den  plastischen  Werken,  dem  Rehef  Albani,  dem  Berhner  Torso  und  den  Parthenon - 
Skulpturen  herausgefühlt  hatten.  Im  einzelnen  lassen  sich  nun  Parallelen  zwischen  den 
Skulpturen  und  diesen  Vasen  ziehen;  die  langen  tütenförmigen  Falten  an  den 
Rockschößen  der  Iris  und  des  Albanischen  Reiters  gleichen  denen  auf  den  Amazonen- 
vasen in  London  (E.  272)  und  in  Bologna  (Abb.  10),  die  ruhig  hängenden  der  Ber- 
liner Aphrodite  denen  des  Thamyras.  Besonders  für  die  Art,  wie  am  linken  Ober- 
schenkel des  Berliner  Dionysos  die  Falten  zur  Seite  geweht  werden,  läßt  sich  die 
entsprechende  Partie  an  der  Kreusa  des  Aryballos  Fiorelli  und  an  dem  Dionysos  auf 
dem  Kertscher  Krater,  C.  R.  1861  PI.  IV,  sowie  die  Falten  an  der  Brust  des  Bostoner 
Thamyras  vergleichen.  Den  durcheinander  fahrenden  Falten  am  Bausch  des  Jüng- 
lings auf  dem  Albanischen  Reiterrelief  ist  noch  das  Gewand  der  Nike  Fröhner,  Coli. 
Tysk.  Taf.  XXXV  nächst  verwandt.  Das  Durchscheinen  der  Brustmuskulatur  am 
Berliner  Torso  und  Albanischen  Relief  kehrt  in  Malerei  wieder  auf  dem  Stamnos 
Gerhard,  A.  V.  58  und  auf  der  Philoktet-Vase,  Milani,  II  mito  di  Filottcte,  (Titel- 
bild). Das  Lockere  der  Gewandung  stimmt  bei  den  Skulpturen  und  Vasenbildern 
überein  und  hat  in  Malerei  und  Plastik  vorher  keine  genaue  Analogie.  Für  die 
Falten  am  rechten  Oberschenkel  der  Iris  aus  dem  Westgiebel  ist  noch  eine  jüngere 
Scherbe  (Schöne,  Museo  Bocchi  Taf.  III  3)  zu  vergleichen.  Die  bei  der  Bewegung 
des  Stoffes  entstehenden  Faltenaugen  sind  hier  wie  dort  auf  gleiche  Weise  beobachtet. 
Hat  man  sich  einmal  gewöhnt,  in  den  Falten  nicht  die  Stoffoberfläche,  sondern  den 
gezogenen  Strich  zu  sehen,  so  hat  man  es  leicht,  auch  in  etwas  entfernten  Werken 
die  Vorarbeit  der  zeichnenden  Malerei  zu  sehen,  namenthch  in  Reliefs  wie  dem 
rhodischen  Relief  in  Berhn  (Kekule  von  Stradonitz,  65.  Berliner  Winckelmanns- 
programm)  und  dem  elcusinischen  Weihrelief.     Die  für  das   letztere  beigebrachten 


I  l6  B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


Parallelen,   wie   die  Wiener  Bronzestatuette  und  die  Sappho  Albani  (v.  Schneider, 
Jahrb.  d.  Ah.  Kunstsammlungen  XII,  i  1891,  72  ff.)  treffen  nur  für  Äußerlichkeiten 
der  modischen  Tracht  zu.     In  ihrem  Stil  wird  man  das  ganz  anders  geartete  Bronze- 
vorbild zu  erkennen  haben  und  lieber  auf  eine  malerische  Darstellung  wie  die  Morra 
spielenden  Mädchen  auf  der  Vase  Ann.  1866  Taf.  U  verweisen,  i) 

Auch  die  bewunderte  Gewandbehandlung' an  den  Himatien  der  Parthenon- 
giebelfiguren findet  nun  ihre  Erklärung,  wenn  wir  der  Polygnotischen  Xsttiox-/;?  ifiaittov, 
von  der  Aelian  berichtet,  Einwirkung  auf  die  Skulptur  zuerkennen.    Neben  Bildern 
sitzender  Frauen,   wie  z.  B.  Stackeiberg,  Gräber  Taf.  XXXIII,  und  Panofka,   Cab. 
Pourtales   PI.   XXXIV,   scheint  mir  die   Kopenhagener  kleine  Hydria,  die  wir  auf 
Taf.  3    mit  gütiger  Erlaubnis  von   Dr.  Blinkenberg  abbilden,    ein  besonders  wert- 
volles   Zeugnis    für   die    malerische    Darstellung    eines   feinen     Himations    von   der 
Art    zu    sein,    die    den    Meistern    der    Parthenongiebel    als    Muster    vorgeschwebt 
haben   kann.     Namentlich  die  flott  über  die  Knie  hingezogenen  Faltenstrichc  ent- 
sprechen   so    vollkommen    der    dort    in    Stein    umgesetzten    Auffassung,    daß    die 
Annahme    von    genau    nachgeahmten   Tonmode-llen    angesichts    dieser  Vase    wohl 
fallen  kann.     Auch  die  flüchtig  hingeworfenen  Himationfalten  am  Orpheus  auf  dem 
Berliner  Orpheuskrater  wären  so  nicht  gezeichnet,   wenn  nicht  ähnliches  in  dem 
Vorbild    gegeben    gewesen    wäre.       So    bestätigen    sich    Benndorfs    Bemerkungen 
(Untersuchungen  auf    Samothrake  II   73)   über  das    »nachdrückliche    Betonen    der 
Zuglinie  der   Falten   im  Gegensatze  zu  dem  individuellen    Ausbau    in   Breite    und 
Tiefe,    den   sie    in   Wirklichkeit    durch    unendlich   wechselnde    Störungen   erfahren. 
Die  charakteristischen  Gewandaugen  spielen   eine  untergeordnete  Rolle,   die' sekun- 
dären Flächenbildungen    des   Stoffes  zwischen  den  Faltenhöhen  sind  unterdrückt, 
die  textile  Bewegung  des  Gewandes  geht  ohne  Rest  auf  in  die  energische  Grund- 
form ....  Ausschnittweise,  in  der  Nähe  betrachtet,  haben  die  weiten  Falten  der  Mäntel 

etwas  Ödes  ......      Die  Zeichnung  gab  eben  nur  die  Faltenstriche;  die  Fläche  wurde 

durch  den  Malgrund  oder  die  deckende  Untermalung  gegeben.  Eine  Fortentwick- 
lung im  Sinne  zunehmender  Verfeinerung  zeigt  sich  dann  bei  der  Selene  auf  dem 
Neapler  Gigantomachiefragment  (Mon.  Inst.  IX,  6;  Furtwängler-Reichhold  II  S.  195), 
mit  dem  wir  vielleicht  wieder  in  den  Bannkreis  des  Parthenonschildes  gelangen. 
Sogar  das  Himation  der  Westgiebelfigur  in  London  (Q),  reich  bewegt,  wie  es  das 
ruhige  Sitzen  der  Gestalt  nicht  verlangt,  läßt  sich  mit  Erscheinungen  in  der  Malerei 
vergleichen.  Die  Scherbe  ColHgnon-Couve,  Catalogue  1239,  F.-R.  Vm.  II  S.  310/311, 
im  Stil  freilich  den  Parthenon-Nordmetopen  näherstehend,  zeigt  ähnlich  stark 
betonte  Faltenaugen;  auch  diese  Formulierung  ist  bald  ins  Zierliche  und  Natur- 
fremde weiter  entwickelt  (Lekythos  in  Palermo,  F.-R.  Vm.  Taf.  66)  und  entartet 
(El.  cer.  II,  XLIX2),     Daß  auch  der  schmale,  rutschende  Mantel  des  Ilissos 

')  Der  Stil  lebt  noch  weiter  in  der  Dresdener  Ama-  die     Furtwängler,     Originalstatuen     in    Venedig 

Zone  (Fr.-VV.  518),  die  an  die  Amazonen  auf  der  S.  293   hinwies,  und  die  sich  in  Malerei  auf  der 

Schale    Museo  Borbonico  X  Taf.  LXIII,  und  die  Lekythos,  J.  H.  St.  XXV  1905,  70,  im  Relief  auf 

Berliner  Lekythos  Furtw.   Beschr.,  2475  erinnert.  der    Stele   von   Ikaria   (Am.  Journ.    of  Arch.  V 

^)  Anderer  Art  sind  die  »gewundenen  Falten«,  auf  pl.  13)  und  weiterentwickelt  am  Parthenonfries 

und  sonst  finden. 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.  I  j  7 

im  Westgiebel  nicht  der  Natur  entspricht,  bedarf  kaum  der  Worte.  Die  Vase 
Fiorelli,  Notizie  dei  Vasi  Cumani  Taf.  XIV  mit  dem  Mäntelchen  an  den  Beinen  des 
Telephos  vermag  eine  Vorstellung  zu  geben,  wie  solche  leichten,  teils  anliegenden, 
teils  frei  hängenden  Gewandstücke  sich  in  der  Malerei  ausnehmen.  Selbst  der  Peplos 
der  laufenden  Figur  G  im  Ostgiebel  ist  gegen  die  Natur  gebildet,  und  zwar  verein- 
facht, und  der  große  Schwung  der  Linien  weist,  wie  bei  den  Xanthischen  Nereiden, 
auf  die  Malerei.  Aber  während  dort  die  Falten  sich  als  plastische  Darstellung  dünner 
Striche  erweisen,  haben  wir  hier  den  breiten  Pinsel  zu  erkennen,  wie  er'auf  Lekythen 
bei  Peplos  und  Himation  angewandt  wird,  im  Gegensatz  zu  dem  feineren  Instrument, 
das  den  Aktumriß  zeichnet  (z.  B.  Pellegrini,  Catalogo  dei  Vasi  dipinti  di  Bologna  1901 
Taf.  III  Nr.  363).  Dadurch  erhält  der  Peplos  eine  gewisse  Stofflichkeit,  im  Gegen- 
satz zu  der  ziemlich  strengen  und  abstrakten  Weise,  wie  in  der  Paioniosschule 
auch  weiterhin  der  Peplos  wiedergegeben  wird  (Artemis  Colonna,  Nikebalustrade). 
Also  geschichtlich  dargestellt  muß  es  heißen:  Polygnot  und  andere  Maler  seiner 
Zeit  haben  einen  Gewandstil  gehabt,  in  dem  der  dünne  Chiton  durch  feine,  zum  Teil 
fast  wahllos  über  den  Akt  hingeworfene  Striche  angedeutet  wurde.  Dieser  Stil 
ist  von  der  Plastik  übernommen  und  in  Steinhauerei  nachgeahmt  worden,  nicht 
bloß  beim  Relief,  wo  die  genaue  Nachahmung  eines  auf  die  Fläche  gemalten  Bildes 
leicht  verständlich  wäre,  sondern  auch  in  statuarischen  Werken,  wie  in  den  dekora- 
tiven Giebelfiguren  und  in  den  beiden  freistehenden  Berliner  Standbildern.  So  er- 
klärt sich  auch  noch  besser  als  aus  der  ästhetischen  Wirkung  beim  Beschauer  (Bulle, 
Schöne  Mensch  zu  Taf.  127)  die  Vorstellung  von  der  »gewissen  Wildheit  des  Aus- 
sehens« und  »atemlos  raschen«  Arbeit  an  den  Parthenonfiguren,  die  doch  dem  müh- 
seligen Vorgang  der  Arbeit  im  Stein  nicht  entspricht.  Der  Pinsel  ist  ein  leicht  beweg- 
liches Werkzeug;  der  rasche  Strich  ist  es,  den  man  aus  den  leichten  Marmorfalten 
herausfühlt.  Damit  gewinnen  wir  eine  genaue  Analogie  zu  dem  Vorgang,  den  der 
Vergleich  des  Nereidendenkmals  mit  den  Mikonischen  Vasen  enthüllt  hatte  (A.  J. 
XXIX  1914,  S.  123  ff.),  und  zugleich  eine  neue  Einsicht  in  das  Wesen  und  die 
Geschichte  der  Malerei,  die  um  die  Mitte  des  5.  Jahrhunderts  in  dem  Kreise  um 
Polygnot  geübt  wurde.  Die  vorhergegangene  Stufe  ist  uns  durch  den  Namen 
des  Aglaophon  von  Thasos,  Vaters  und  Lehrers  des  Polygnot,  und  durch  die  Er- 
wähnung seiner  Nike  bekannt.  Sein  Stil  mag  etwa  auf  derselben  Entwicklungsstufe 
wie  der  des  Mikon  gestanden  haben  i).  In  der  Gesamtheit  der  »Polygnotischen«  Vasen 
aber  sind  die  Bewegungen  des  Körpers  aus  der  strengen  Gebundenheit  zur  Freiheit  ent- 
wickelt, die  Gemütsbewegungen  vertieft  und  veredelt,  der  Stil  des  Gewandes  verfeinert 
und  alles  einem  einheitlich  wirkenden  Idealtypus  untergeordnet.  Schon  im  Bereich 
des  Phidias,  in  den  Denkmälern,  die  uns  den  Stil  des  Parthenosschildes  zu  vergegen- 

')  Beide  mögen  auch  gleichzeitig  sein  mit  der  ioni-  Der  New  Yorker  Volutenkrater  (F.-R.,  Vm. 
sehen  Malerschule,  der  die  Olympiaskulpturen  Taf.  116),  mit  dem  »mikonischen«  Amazonenbild 
ihren  Stil  und  ihre  Vorbilder  verdanken.  Ein  und  dem  Kentaurenbild  von  der  Art  des  Olympia- 
organischer Zusammenhang  kann  zwischen  der  westgiebels,  verbindet  beide  Stile  auf  rein  zu- 
Schule des  Mikon  und  der  des  Aglaophon  und  fällige  und  äußerliche  Art  (vgl.  Berliner  philo- 
Polygnot  bestehen;  die  Olympiaskulpturen  schei-  logische  Wochenschrift  1915  Nr.  25,  Anzeige  von 
nen  mir  im  innersten  Wesen  anderer  Art  zu  sein.  Rösch,  Altertümliche   Marmorwerke   von   Faros). 


II! 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


wärtigen  scheinen,  sehen  wir  eine  weitere  Fortbildung  zu  heftigeren  Bewegungen, 
zu  übertriebener  Aufteilung  des  Gewandes  in  lockere  Strichelung  und  einem  Nach- 
lassen der  hohen  ethischen  Kraft  und  harmonischen  Schönheit.  In  den  oben  unter 
III  als  Beispiele  aufgeführten  Vasen  sehen  wir  dann  den  Stil  in  eine  Manier  aus- 
arten, die  in  der  Skulptur  keine 
Nachfolge  gefunden  hat. 

Die  Berliner  Dionysosstatue 
(Taf,  2)  lehrt,  wenn  die  Fund- 
angabe Kleinasien  richtig  ist,  daß 
dieser  Stil  nicht  an  Attika  gebun- 
den zu  sein  braucht.  Nach  Nord- 
griechenland, nach  der  Insel  Thasos, 
weist  die  Nachricht  über  Aglaophon, 
den  Vater  des  Polygnot.  Von  eben- 
daher stammt  nun  ein  Werk,  das 
wie  eine  ältere  Vorstufe  der  Par- 
thenonfiguren und  der  verwandten 
Werke  anmutet  und  zugleich  den 
Zusammenhang  mit  der  Malerei 
deutlich  zur  Schau  trägt:  das  Grab- 
rehef  der  Fhilis  (Fr.-W.  36,  Ahnari 
Photographie  22  604,  hier  Abb.  12). 
Fr,  Hauser  (F,-R.  Vm.  II  S.'  309) 
hat  die  Gewandaugen  des  Himation 
mit  denen  auf  einer  athenischen 
Scherbe  (Athen.  Mitt.  1907  Taf.  6) 
und  auf  der  noch  älteren  nord- 
griechischen Mädchenstele  Heibig, 
Führer  2  I  Nr.  607;  Bull.  comm. 
XI,  13)  verglichen,  insofern  mit 
Recht,  als  die  Beispiele  zeigen,  wie 
leicht  es  die  Malerei  hat,  mit  dem 
Strich  den  zusammengeschobenen 
Stoff  anzudeuten,  dessen  Darstellung 
der  Skulptur  schwerfällt.  Mir  schei- 
nen die  Himationfalten  des  Philis- 
reliefs  dem  breiten  Pinsel  auf  zugestrichener  Fläche  ihre  Entstehung  zu  verdanken, 
und  ebenso  deuthch  sind  die  Chitonfalten  dünnen  Pinsel-  oder  Stiftstrichen  nach- 
gezogen, denen  auf  der  Oberfläche  des  Ärmels  gar  die  ganze  Ausführung  überlassen 
blieb.  Diese  Chitonfalten  aber  brauchten  nur  ins  Freiplastische  übertragen  zu  werden 
und  etwas  leichter  stihsiert  zu  werden,  um  denen  an  den  Tauschwestern  zu  gleichen  ^). 


Abb.  12.     Grabrelief  der  Fhilis. 


I)  Fredrich   (A.   M.    1908   XXXIII   220)   setzt  das 
Werk  nach  der  »Weichheit  und  Natürlichkeit  der 


Arbeit«  und   den   Formen   der   nicht   mehr   epi- 
chorischen    Buchstaben    ins    letzte    Viertel    des 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


119 


Die  Übereinstimmung  in  der  Darstellung  des  dünnen  Gewandes  in  Malerei 
und  Plastik  ist  oben  zunächst  als  »stilistische  Gewöhnung«  bezeichnet  worden,  die 
keinen  Schluß  auf  einen  bestimmten  Meister  zulasse.  Die  Beispiele  zeigen,  daß 
eine  Anzahl  von  Künstlern  verschiedener  Begabung,  und  zwar,  nach  der  geringen 
Menge  der  Beispiele  zu  schließen,  nur  ein  kleiner  Kreis  von  Künstlern  sich  des  Stils 
bediente.  Die  angeführten  Kunstwerke  haben  aber  außer  dem  Gewandstil  viel  innere 
Verwandtschaft  in  dem  Streben  nach  großer  Auffassung  und  harmonisch  edler 
Form.  Durch  diese  Eigenschaften  unterscheiden  sie  sich  fühlbar  von  allem  Zeit- 
genössischen, z.  B.  den  Werken,  die  sich  an  das  Nereidenmonument  anschließen  und 
dem  zwar  machtvoll  wirkenden,  aber  in  der  Form  recht  groben  Torso  Medici.  Für 
die  Zeit,  wo  die  neue  Gewandbehandlung  zuerst  auftritt  und  noch  nicht  als  Mode  nach- 
geahmt und  verallgemeinert  ist,  glauben  wir  uns  daher  berechtigt,  auf  einen  schulmäßigen 
Zusammenhang  zu  schließen.  Diese  Schule  aber  benutzt  ihre  Kunstmittel  in  freiem 
Künstlerwillen,  sie  ist  nicht  von  der  Pinseltechnik  oder  den  plastischen  Werkzeugen 
allein  abhängig,  die  auch  anderen  Auffassungen  dienstbar  gemacht  werden  können.  So 
sind  am  Parthenon  selbst   mehrere  andere  Arten   der  Chitondarstellung  vertreten. 

An  den  Südmetopen  sind  Mäntel  und  Peplos  voll  stofflich  gegeben.  Chiton 
kommt  auf  den  Metopen  Süd  XIX  (Festschrift  für  Overbeck  S.  73)  und  XXIX 
vor,  wonach  man  sich  die  Zeichnungen  der  Metopen  XVII,  XVIII  und  XXI  in  Stein 
vorstellen  kann.  Der  Stoff  ist  hier  mehr  wie  eine  selbständige,  deckende  Masse 
gefaßt,  an  der  die  natürliche  Bewegung  namentlich  in  der  zurückgeschlagenen  Falte 
am  rechten  Unterschenkel  der  Frau  auf  MetopeXXIX  beobachtet  ist.  Das  ist  dieselbe 
Art,  wie  bei  den  laufenden  Kriegern  am  Theseionfries;  die  Kleidung  der  Frauen  auf  den 
verlorenen  Südmetopen  XIII,  XIV,  XVII,  XIX — XXI  würde  wohl  der  der  sitzenden 
Gottheiten  am  Theseionfries  entsprechen.  Auch  der  kleine  Berliner  Tempelfries 
(Arch.  Jahrb.  XVIII  1903,  91  Taf.  6,  7)  zeigt  dieselbe  Art  und  Technik,  namentlich 
die  Anwendung  des  laufenden  Bohrers,  wie  am  Theseionfries.  Doch  beachte  man 
die,  wenn  auch  nicht  starke,  so  doch  sichtbare  Andeutung  des  Aktes,  zumal  bei  den 
laufenden  Kriegern  des  Theseionfrieses,  die  wiederum  auf  das  Vorbild  der  Malerei 
zurückweist.  Eine  solche  Andeutung  des  Chitons  durch  dickere,  gemalte,  mehr  oder 
minder  tremolierende  Striche,  ist  an  dem  Gewände  des  Hermes  auf  dem  Krater, 
Mus.  Greg.  II  Taf.  XXVI  in  polychromer  Technik  bezeugt,  mit  Deckweiß  am 
Chiton  der  fliehenden  Amazone  auf  dem  r.-f.  Lebes  Stoddart  (F.-R.  Gr.  Vm. 
Taf.  58).  Auch  einige  Vasen  mit  reiner  r.-f.  Technik  z.  B.  Noel  des  Vergers,  L'Etrurie 
Taf.  XXXIX  (Iliupersis),  Pellegrini,  Vasi  delle  Necropoli  Felsinee  Abb.  47  Nr.  199 


5.  Jahrhunderts.  •  Die  Haartracht  ist  nach  Fred- 
rich  eine  »archaische,  beibehaltene  Festtracht«. 
Wie  solche  archaischen  Festlocken  an  einem 
Werk  des  5.  Jahrhunderts  aussehen,  zeigt  das 
Relief  der  Polyxena  in  Berlin  (Kekule  von 
Stradonitz,  Griechische  Skulptur  S.  i8o).  Über 
die  Buchstabenformen  erlaube  ich  mir  kein  Urteil. 
Der  Stil  jedoch  scheint  mir  viel  mehr  streng  und 
ideal   als  weich  und  natürlich;   diese  Ausdrücke 


passen  eher  auf  das  Bild  einer  r.-f.  Kanne 
im  Berliner  Antiquarium  (Inv.  Nr.  3393,  H.  0.22 ; 
aus  Griechenland,  hier  Taf.  4),  auf  der  eine 
sitzende  Frau  in  ähnlicher  Tracht  und  Haltung 
erscheint,  doch  in  einem  jüngeren  Stil,  der  den 
Parthenongiebeln  entspricht.  Dies  Gefäß  ent- 
stammt etwa  dem  dritten  Viertel  des  5.  Jahr- 
hunderts und  hilft,  die  Brücke  zwischen  den  Par- 
thenongiebeln und  dem  Philisrelief  schlagen. 


j  20  B-  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


(Kcntaurenkampf)  und  Mon.  I  38  (Peleus  und  Thetis)  scheinen  mir  eine  Chiton- 
bildung von  dieser  Art  wiederzugeben.  Die  Parthenon  -  Südmetopen  und  der 
Theseionfries  samt  dem  IHssostempelfries  in  Berhn  gehören  zusammen,  wenn 
auch  nicht  nach  Werkstatt  und  Meistern,  so  doch  in  dem  Naturalismus,  der 
diesen  Werken  gemeinsam  eigen  ist  und  sich  von  dem  idealen  Stil  der  Mikonischen 
und  Polygnotischen  Kunst  fühlbar  unterscheidet.  Die  Beziehungen  der  Südmetopen 
zu  den  Olympiaskulpturen  sind  geringer,  »als  man  früher  annahm  (Graef,  Athen. 
Mitt.  XV  1890,  34;  vgl.  Studniczka,  A.  J.  IV  1889,  168).  Auch  die  Beziehungen 
zu  den  Tyrannenmördern  (Sauer,  Das  Theseion  S.  220  ff. ;  Furtwängler,  Meister- 
werke S.  71  f)  treffen  keine  wesentlichen  Dinge.  Der  Athlet  Boboli,  der  hier  die  Ver- 
bindung herstellen  sollte,  hat  bei  seinen  gedrungenen  Proportionen  mit  den 
Tyrannenmördern  nichts  zu  tun;  vielmehr  steht  er  unmittelbar  neben  derParthenon- 
Südmetope  XVII,  deren  Lapithenkopf  (Collignon,  Le  Parthenon  PI.  34)  ebenso  wie 
die  andern  Jünglingsköpfe  der  Südmetopen  dem  Kopf  der  ludovisischen  Diskobol- 
herme  zu  vergleichen  ist  (E.  V.  245/6).  Dem  Kreis  naturalistischer  Kunst,  dem 
diese  Herme  (und  in  weiterem  Sinne  auch  Myron)  angehört,  sind  die  Südmetopen 
zuzuschreiben. 

Auch  die  Nordmetopen  zeigen  ihre  besondere  Eigenart  in  der  Chitondar- 
stellung. Die  meisten  sind  zu  sehr  zerstört,  aber  Nord  XXXII  gut  erhalten.  Der 
Peplos  der  stehenden  Frau  ist  in  breiten  Flächen,  doch  in  der  kunstvollen  An- 
ordnung zu  schön  und  zu  sehr  auf  farbigen  Effekt  berechnet,  um  nach  Natur 
gebildet  zu  sein  ^).  Die  sitzende  Frau  hat  eigentümlich  teigartige  Falten,  die 
an  Chiton  und  Mantel  im  wesentlichen  übereinstimmen.  Daß  auch  sie  'der 
Natur  nicht  nachgebildet  sind,  liegt  auf  der  Hand.  Das  herauszufühlende  Vor- 
bild ist  eine  breitpinselige  Malerei  großen  Stils.  Kein  Vasenbild  scheint  dieser  Art 
von  Malerei  näher  zu  stehen  als  die  schon  erwähnte  Athener  Scherbe  Collignon-Couve 
1239,  A.  M.  XXXII  1907  Taf.  6  (Brückner),  F.-R.,  Gr.  Vm.  II  S.  310.  Auch 
hier  die  verquollenen  Falten,  der  schlaffe  Chiton,  der  ausführlich  behandelte 
Himationzipfel  über  der  linken  Schulter  und  das  Motiv,  wie  Teile  des  Mantels  über- 
quellen, andere  eingeklemmt  sind  und  aus  der  Enge  herausfiießen.  Die  von  Michaelis 
(Parthenon  Text  S.  139)  zu  den  Metopen  Nord  XXIVund  XXV  herangezogene  Vase 
Mus.  Greg.  II  Taf.  5,  2  a  hat  in  der  Gestalt  der  Aphrodite  manche  Beziehung  zu  der 
stehenden  Frau  auf  der  Metope  Nord  XXXII.  Auch  der  Krater  A.  Ztg.  1852 
Taf.  XLII  geht,  wie  mir  scheint,  auf  ein  Vorbild  aus  diesem  Kreise  zurück. 

Die  Ost-  und  Westmetopen  gehören  dem  Kreise  des  Xanthischen  Nereiden- 
denkmals, also  wohl  der  Mikonischen  Schule,  an  (A.  J.  XXIX  1914.  S.  136  Anm.  i). 
Chiton  ist  auf  ihnen  nicht  erhalten;  aber  die  Stellungen  und  Bewegungen  gleichen 
durchaus  denen  am  großen  Fries  des  Nereidendenkmals,  besonders  die  Amazonen- 
köpfe der  Westseite  den  schon  von  Michaelis  (Parthenon  S.  149)  verglichenen  Ama- 
zonenvasen, die  für  uns  zwischen  der  großen  Wandmalerei  und  dem  Nereiden- 
monument den  Zusammenhang  vermitteln. 

')  In  Malerei  vgl.   Pharmakowski,  Attische  Vasen  S.  363  Fig.  19.    A.  Denkm.  I   Taf.  59,  2  (Eulimene). 

El.  cer.  IV  84.     Berlin.  Vasen  Inv.  3244. 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.  I2i 

Der  Parthenonfries  zeigt  in  der  Gewandbehandlung  deuthches  Streben  nach 
stoffhcher  Fülle,  auch  im  Chiton,  sowohl  in  der  Bewegung  an  Reitern  und  Wagen- 
fahrern wie  in  Ruhe  an  der  sogenannten  Peitho  des  Ostfrieses,  wo  der  Stoff  in  weicher 
Masse  vor  dem  wenig  sichtbaren  Akt  hängt.  Doch  ist  auch  dies  Gewand  zu  schön 
für  unmittelbare  Naturnachbildung,  ebenso  wie  das  an  den  Statuen  in  Berlin  (Verz. 
586),  in  Neapel  (E.  V.  497),  in  Gortyn  (Mon.  ant.  XVIII,  266)  sowie  der  Sitzstatue 
Torlonia  ^),  die  alle  dem  Friese  ganz  nahe  stehen.  Diesen  Statuen  sind  Denk- 
mäler an  die  Seite  zu  setzen,  wie  das  überaus  malerische  Relief  in  Berlin, 
Verz.  941,  hier  Taf.  5  ^),  oder  Malereien,  auf  denen  naturalistisches  Bestreben 
zu  ähnlichen  Ergebnissen  geführt  hat,  z.  B.  die  Lekythos  Riezler,  Attische  Lekythen 
Taf.  38.  Der  Skulptur  am  Fries  kommen  Vasen  wie  F.-R.,  Gr.  Vm.  Taf.  139,  140 
und  das  Epinetron  aus  Eretria,  'E'^.  dpy^.  1892  Taf.  13,  nahe;  hier  haben  die 
Falten  auch  das  weiche,  fast  stoffliche  Aussehen  und  doch  die  unwirkliche, 
strichmäßige  StiHsierung,  wie  an  der  feitho.  Eine  ältere  Vorstufe  wird  durch 
die  Penelopestatue  vertreten,  die  in  ihrer  reliefartigen  Anordnung  der  Gestalt 
und  in  den  Falten  des  Himation  noch  deutlich  den  Zusammenhang  mit  der 
Malerei  verrät.  Das  Epinetron  von  Eretria  trägt  an  der  Stirnseite  das  Bild  des 
Bellerophon,  das  mit  anderen  Reiterbildern  3)  zusammen  lehrt,  wie  die  malerische 
Vorlage  für  die  Jünglingsgestalten  des  Frieses  etwa  ausgesehen  hat. 

Die  Parthenonskulpturen  lassen  sich  also  nach  ihrem  Stil  folgendermaßen  auf- 
teilen: 

Die  Metopen  zerfallen  in  drei  voneinander  deuthch  getrennte,  in  sich  ein- 
heitliche Gruppen:  Süd,  Nord  und  Ost  mit  West,  deren  jede  mit  verschiedenen 
malerischen  Vorbildern  in  Beziehung  gesetzt  werden  konnte.  Dazu  tritt  als  vierte 
einheitliche  Masse  der  Fries  mit  seiner  stofflich  festen  Chitonbildung  und,  vom  Fries 
grundsätzlich  verschieden,  als  fünfte  Gruppe  die  beiden  Giebel,  auch  diese  beiden, 
wie  es  scheint,  in  sich  einheitlich  im  Entwurf,  aber  ebenso  wie  Friese  und  Metopen 
von  verschiedenen  Händen  ausgeführt.  Die  ungeheure  Aufgabe  der  Parthenon- 
skulpturen ist  anscheinend  auf  die  besten  Werkstätten  der  Stadt  verteilt  worden, 
und  der  leistungsfähigsten  sind  die  Giebel  zugefallen.     Diese  Werkstatt  hatte  teil  an 

')  Mon.  Inst.  XI  Taf.  XI;  Museo  Torlonia  Taf.  XX,  auf    die   Mitwirkung    farbiger    Effekte    gerechnet 

77;  Amelung,  Führer  60;  Hekler,  Römische  weib-  und  die  strengen  Reliefgesetze  nicht  für  bindend 

liehe    Gewandstatuen    Typus    XIII     (Münchener  erachtet    hat.       Die   Erfindung    scheint    mir  un- 

Archäolog.  Studien  226).  mittelbar  auf  Malerei  zurückzugehen. 

*)  Die  Taf.  ,5  gibt  die  erste  gute  Abbildung  des  3)  Gardner,  Vases  in  the  Ashmolean  Museum  Fl.  13. 
anziehenden  Werks,  dessen  Erklärung  durch  den  Sambon,  Verkaufskatalog  1914  Nr.  98.  Zannoni, 
Bruch  leider  vereitelt  wird,  das  aber  in  der  lässi-  Scavi  della  Certosa  Taf.  LVI,  i.  2.  Der  früher 
gen  Haltung  und  der  reichen  Gewandung  der  Frau  herangezogene  Lebes  Stoddart,  F.-R.  Taf.  58, 
und  der  spürenden  Bewegung  des  Hundes  großes  gehört  nicht  hierher:  Riezler,  Parthenon  und 
Können  verrät.  Die  ausführliche  Angabe  des  Vasenmalerei  S.  14.  Zum  Chiton  der  fallenden 
Felsensitzes  und  die  Art,  wie  der  Hund  vor  diesem  Amazone  vgl.  oben  im  Abschnitt  über  die  Süd- 
Felsen  und  die  Frau  vor  dem  Tier  im  Hinter-  metopen.  Nachbildung  des  Frieses  in  Malerei 
gründe  angeordnet  sind,   zeigt,   daß  der  Künstler  auf   der  Berliner  Kanne  A.  Z.  1878  Taf.  XXII. 

Darüber  zuletzt  Riezler  a.  a.  0.  S.  17. 


122 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


dem  Stil,  den  die  oben  unter  I.  aufgezählten  Vasen  zeigten,  den  also  auch  Polygnot 
besessen  hat  und  der  sich  unter  den  Händen  des  Schülers  schneller  fortentwickelte, 
so  daß  er  zu  gleicher  Zeit  mit  dem  Schilde  der  Parthenos,  also  schon  vor  der  An- 
fertigung der  Giebelfiguren  in  freierer  Form  auftritt  (s.  o.  S.  II2).  Es  erscheint  uns 
schon  als  Gewinn,  wenn  wir  mit  so  viel  Wahrscheinlichkeit  wenigstens  in  einer 
Hinsicht,  der  Gewandbehandlung,  die  Giebel  in  so  engen  stilistischen  Zusammen- 
hang mit  Polygnot  und  seiner  Malerei  bringen  können.  Da  wir  aus  seinem  Kreise 
nur  ihn  mit  Namen  kennen,  mögen  wir  auch  alles  sonst  in  Malerei  und  Plastik  Ver- 
gleichbare als  »polygnotisch«  zusammen- 
fassen und  ihn  als  Schulhaupt  ansehen. 
Aber  in  welchem  Verhältnis  Polygnot 
selbst  zu  dem  Entwurf  der  Parthenon - 
giebel  gestanden  hat,  dürfen  wir  erst  fragen, 
wenn  wir  mehr  Sicheres  über  seine  Kunst 
und  seine  Schule  wissen.  Vielleicht  war  er 
nur  einer,  wenn  auch  der  bedeutendste  aus 
einer  Anzahl  von  Malern  und  Bildhauern, 
deren  gemeinsame  Schule  wir  im  Norden, 
auf  Thasos,  heimisch  zu  denken  haben.  Mehr 
zu  sagen,  verbietet  der  Zustand  unserer 
Zeugnisse.  Doch  ist  es  niemand  zu  ver- 
argen, wenn  er  in  den  Parthenongiebeln 
auch  über  den  Gewandstil  hinaus  Überein- 
stimmung mit  dem  findet,  was  wir  aus  der 
Literatur  über  Polygnots  Kunst  wissen. 
Solange  wir  also  den  Namen  des  Meisters 
nicht  kennen,  der  die  Parthenongiebel  er- 
dacht hat,  mögen  wir  uns  des  Namens 
Polygnot  zuerst  erinnern,  wenn  es  uns 
treibt,  das  »Wunderwerk«  als  Werk  von  Menschenhänden  zu  begreifen,  und  ebenso 
mag  sich  die  aufbauende  Phantasie  an  die  Parthenongiebel  halten,  wenn  sie 
sich  bemüht,  die  schemenhafte  Überlieferung  über  Polygnot  mit  der  Anschauung 
nicht  von  handwerklichen  Vasenbildern,  sondern  von  wirklichen  Meisterwerken 
lebendig  zu  machen. 

Man  hat  immer  die  hohe  technische  Meisterschaft  der  Parthenongiebel  mit 
Recht  gepriesen.  Wenn  es  verwunderlich  scheinen  konnte,  wie  sie  so  plötzlich  da 
.war,  so  mag  hier  nicht  an  die  längst  vergangene  »Chiotische«  Schule,  deren  Existenz 
mit  Recht  bezweifelt  wird  ^),  sondern  an  das  Philisrelief  und,  wie  in  einem  anderen 
Falle  an  die  prokonnesischen  Brüche  (A.  J.  XXIX  1914,  160),  so  hier  an  die 
Marmorlager  auf  Thasos  erinnert  werden,  die  mehr  Plastik  geliefert  haben  mögen, 
als  uns  heute  bekannt  ist^).     Schon  H.  Brunn  (Kleine  Schriften   H  191)  hat  den 


Abb.  13.     Weiblicher  Kopf  in  Berlin. 


^)  G.  Rösch,  Altertümliche  Marmorwerke  von  Faros 
S.  18. 


^)  Über    neuere    Grabungen    auf    Thasos   G.   Karo, 
Arch.  Anz.  1914,  163. 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.  12^ 

thasischen  Marmorreichtum  im  Zusammenhang  mit  der  bildhauerischen  Tätigkeit 
Polygnots  genannt.  Vielleicht  dürfen  wir  uns  in  diesem  Zusammenhang  eines  Berliner 
weiblichen  Kopfes  erinnern  (Beschr.  d.  Bildw.  Nr.  607;  Schröder,  Das  Museum  XL 
Taf.  ,25  S.  13;  Kekule  von  Stradonitz,  Griech.  Skulptur  107  f.,  hier  Abb.  13).  Er 
soll  aus  Athen  stammen,  aber  das  Material,  >;thasischer«  Marmor,  zeigt,  daß  er  nicht 
dort  gearbeitet  ist.  Zugleich  aber  steht  er  den  sicher  oder  vermutlich  zu  den  Par- 
thenongiebelfiguren gehörigen  Köpfen  ^)  so  nahe,  daß  er  uns  über  die  verlorenen 
Köpfe  der  Iris,  Nike,  der  Tauschwestern  usw.  in  etwas  zu  trösten  vermag.  Sollte 
die  Herkunft  des  Marmors  in  diesem  Falle  mit  der  Heimat  des  Stils  zusammenfallen, 
so  ist  der  Kopf,  dessen  »großartigen  Stil«  schon  der  Berliner  Katalog  rühmt, 
auch  für  die  Frage  nach  der  künstlerischen  Heimat  der  ihm  verwandten  attischen 
Bildhauerwerke  von  hohem  Wert. 

III. 

Der  Torso  in  Berlin,  Beschr.  d.  Sk.  526,  den  wir  hier  auf  Taf.  2  zum  ersten 
Mal  in  gebührender  Weise  abbilden,  ist  1,13  m  hoch,  aus  feinkörnigem  Marmor  ge- 
arbeitet und  in  Rom  mit  der  Angabe,  er  stamme  aus  Kleinasien,  erworben.  Die 
Photographie  zeigt  den  Rest  eines  männlichen  Körpers  von  mächtigen  Formen,  der 
hochaufgerichtet  auf  dem  linken  Beine  ruhte  und  das  rechte  Bein  leicht  vor  und 
zur  Seite  gesetzt  hatte.  Der  rechte  Arm  ist  ganz  abgebrochen,  von  dem  linken  läßt 
ein  kleiner  Rest  erkennen,  daß  der  Oberarm  abwärts  und  ein  wenig  nach  hinten 
gerichtet  war.  Das  Haupt  war,  wie  es  scheint,  zur  linken  Schulter  gewendet. 
Die  Beine  sind  in  der  Mitte  gebrochen,  vom  linken  ist  gerade  noch  das  kraftvolle 
Knie  erhalten.  Der  Rumpf  ist  mit  einem  kurzen  Chiton  bekleidet,  der  untergürtet 
und  im  Bausch  herausgezogen  ist  und  mit  einem  breiteren  Gürtel  von  Kettengliedern 
über  den  Hüften  umfaßt  wird.  Über  den  Schultern  werden  die  Flügel  des  Chitons 
von  Spangen  gehalten.  Am  rechten  Schenkel  schieben  sich  die  Falten  zusammen, 
als  ob  hier  die  Hand  oder  ein  von  der  Hand  gehaltener  Gegenstand  angelegen  hätte. 
Die  Rückseite  ist  wenig  ausgeführt,  auch  hat  die  ganze  Oberfläche  stark  durch  Ver- 
letzungen gehtten.  Die  Löcher  auf  der  Brust  sind  mir  als  Spuren  von  Flintenkugeln 
gedeutet  worden.  Die  Arbeit,  namenthch  des  Gewandes  mit  den  feinen,  durch- 
scheinenden Falten,  ist  äußerst  geschickt  und  der  echt  griechische  Ursprung  den 
Verfassern  des  Katalogs  nicht  zweifelhaft  gewiesen.  In  der  Forschung  hat  das  Werk 
bisher  keinen  Platz  gefunden.  Nur  Kekule  von  Stradonitz  (Griech.  Skulptur  2  159) 
führt  es  an;  er  sieht  in  Stellung  und  Behandlung  Abweichungen  von  der  gewöhn- 
lichen attischen  Art  und  nimmt  es  als  »Beispiel  für  die  besondere,  aus  kleinasiatischen 
Skulpturen  bekannte  Weise«.  In  der  »Kurzen  Beschreibung  der  Skulpturensammlung 
der  Königlichen  Museen,  Berlin  1910«  S.  39  Nr.  526  ist  das  Werk  kurz  mit  den 
Parthenonskulpturen  verglichen  worden.  Eine  genauere  Betrachtung  der  künst- 
lerischen Arbeit  an  dem  ganzen  Werk,  zumal  seiner  Gewandung,  befähigt  uns,  über  die 
bisher  gegebenen  Beurteilungen  hinauszugehen  und  dem  Werke  einen  Eigennamen 
zu  geben. 

0  J.  Six,  J.  H.  St.  XXXI  191 1,  65  ff.    Zum  Stockholmer  Kopf  Kjellberg,  Rh.  M.  XXVII  1912,  94. 


124 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 


Die  Art  des  Gewandes  ist  eine  der  vielen  Formen,  in  deren  Erfindung  sich  die 
Abkehr  von  den  archaisch  steifen,  wohlgeordneten  Trachten  kundgibt.  Der  Chiton 
und  die  Art,  ihn  anzulegen,  wird  im  5.  Jahrhundert  mit  großer  Freude  variiert.  Neben 
dem  langen  Chiton,  dem  man  öfter  den  langen  Überschlag,  mit  und  ohne  Gürtung, 
gibt,  kommt  der  kurze  Chiton,  der  nur  bis  zu  den  Knien  reicht,  immer  mehr  in  Mode. 
Man  gibt  ihm  je  nach  den  Umständen  Überschlag,  Ärmel,  Bausch  und  Gürtung. 
Uns  betrifft  hier  die  Art,  wie  der  Chiton  mit  einem  schmalen  Bande  gegürtet  ist  und 
dann  der  Bausch  darüber  herausgezogen  ist,  der  wiederum  mit  einem  breiten  Gurt 
zusammengehalten  wird.  Die  Regel  ist  freilich  sonst,  daß  der  Bausch  nicht  sehr  lang 
herabreicht  und  daß  der  Gürtel  dicht  über  dem  unteren  Abschluß  des  Bausches  ein- 
,schneidet  ^).  Ein  zweiter  Bausch  über  dem  Gürtel  findet  sich  auf  der  Lekythos  Furt- 
wängler-Reichhold,  Vasenmalerei  Taf.  66. 

Der  obere  Gürtel  besteht  aus  einem  breiten  Bande,  auf  dem  elliptische  Buckel 
und  Streifen  befestigt  scheinen,  wie  eine  Kette  aus  einzelnen  rechteckigen  Gliedern, 
die  mit  Scharnieren  zusammenhängen.  Es  wird  ein  Ledergurt  mit  Metallbeschlag 
gemeint  sein,  wie  er  schon  archaisch  und  auf  Vasenbildern  des  5.  Jahrhunderts  öfter 
vorkommt  2)  und  auch  später  beliebt  ist.  Ergibt  sich  aus  der  Form  des  Chitons  und 
Gürtels  keine  genaue  Datierung,  so  sind  doch  für  die  Art,  die  Flügel  des  Chitons  mit 
Spangen  über  den  Schultern  zusammenzuheften,  die  Beispiele  auf  eine  bestimmte 
Zeit  beschränkt.  Schon  bei  Werken  wie  dem  Hermes  vom  Fries  des  alten  Athena- 
tempels  auf  der  Burg  in  Athen  (Friederichs-Wolters  96;  Schrader,  Athen.  Mitt.  XXX 
1905  Taf.  XII)  und  auf  den  Vasen  mit  den  Bildern  der  Thcseustaten  wird  der  Chiton 
um  den  Hals  herum  und  unter  den  Achseln  sehr  tief  ausgeschnitten,  offenbar,  um  dein 
Körper  möglichste  Freiheit  zu  geben.  Dann  wird  das  schmale  Stoffband,  das  über 
die  Schultern  führte,  durch  eine  Spange  aus  Leder,  Metall  oder  festerem  Gewebe 
ersetzt  3),  In  der  Plastik  ist  diese  Mode  auf  das  Nereidenmonument,  den  Parthenon- 
fries, ditn  Theseionfries  und  das  Albanische  Rciterrelief  beschränkt,  alles  Werke,  die 
sich  um  die  Mitte  des    5.   Jahrhunderts  gruppieren. 

Bei  der  Frage  nach  der  Ergänzung  des  Torsos  ist  von  dem  Chiton  auszugehen. 
Ihn  tragen  menschliche  Krieger,  von  Göttern  nur  Zeus  (Arch.  Zeitung  1870  Taf.  31), 


')  Beispiele:  Skulptur:  Amazonen  auf  dem  Kapitel 
(F.-W.  514)  und  in  Berlin  (Verz.  7).  Hermes 
und  Orpheus  des  Orpheusreliefs.  Krieger  auf 
dem  Relief  in  Berlin,  Beschr.  943.  Oft  am 
Parthenonfries.  Auch  später  ist  die  Tracht  be- 
liebt. —  Vasen:  Mon.  1856  Taf.  X.  A.  J.  I 
1886  Taf.  10.  A.  Ztg.  1868  Taf.  3.  A.  Ztg.  1878 
Taf.  23.  Mon.  X  54  a.  Millingen,  Peintures  de 
vases  PI.  IX.     Mon.  II  14. 

*)  Furtwängler,  Arch.  Zeitung  1882  S.  329.  Olympia 
III,  Die  Bronzen,  Taf.  XIX,  XX.  Gerhard,  Aus- 
erlesene Vasenb.  144.  Furtw.-Reichh.,  Gr.  Vm. 
Taf.  36  u.  a. 

3)  Das  älteste  Beispiel  ist  die  Vase  mit  dem  The- 


seusabenteuer,  Millingen,  Peintures  de  vases 
PI.  IX  =  Arch.  Jahrb.  XXIX  1914,  130.  Es 
folgen  die  Euphroniosschale  Gerhard  A.  V.  224, 
226,  der  Bologneser  Krater  Mon.  X  54  a,  der 
Amazonenkrater  von  Ruvo,  der  Argonautenkrater 
im  Louvre,  die  Amazonenkratere  in  New  York 
(Furtw.-Reichh.,  Gr.  Vm.  Taf.  26/27,  108,  116). 
Ferner  die  Amphora  C.  R.  1874  Taf.  VII,  die 
r.-f.  Schale  Mus.  Borb.  X  Taf.  LXIII  (Amazonen), 
die  Amphora  mit  Euphorbos  und  Oidipodas 
(Mon.  II  14),  und  der  Lebes  Stoddart,  Furtw.- 
Reichh.  Taf.  58.  Beim  Peplos  erscheint  die 
Spange  auf  der  Lekythos  Fairbanks,  Athenian 
white  Lekythoi  PI.  XV  in  Athen, 


B.  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel.  X25 

Apollon  (Mon.  1856  Taf.  X,  XI),  Artemis  als  Jägerin  (Arch.  Jahrb.  XXIX  191 4 
Taf.  9  A;  Winter,  Typenkatalog  163,  2,  3)  und  ebenso,  zusammen  mit  hohen  Jagd- 
stiefeln: Boreas  (Mon.  grecs  1874  PI.  2)  und  Dionysos.  Schon  früh  tritt  dies  Kleid  bei 
Dionysos  neben  die  feierliche  Tracht  des  langgewandten  würdigen  Gottes,  wohl  zuerst 
auf  dem  streng  rotfigurigen  Stamnos  im  Britischen  Museum  (Catalogue  Bd.  III  PI.  XV, 
E.  439)  und  wird  bald  seine  gewöhnliche  Tracht.  Eine  Zeitlang  hält  sich  noch  der 
bis  über  die  Knie  hinabreichende  Chiton  (Vase  aus  Kertsch,  C.  R.  1861  Taf.  3. 
Brunn,  Kleine  Schriften  III  131).  Sonst  ist  der  kurze,  bis  zu  den  Knien  oder  nicht 
einmal  so  weit  reichende  Chiton  sehr  beliebt  (Vase  im  Louvre.  Coghill  6/7,  C.  R. 
1867  Taf.  4.  C.  R.  1872  Taf.  I  u.  a.  vgl.  Thraemer,  Roschers  Lexikon  der  Mytho- 
logie, Dionysos  Sp.  1132).  Plastisch,  unserem  Torso  etwa  gleichzeitig,  ist  die  Tracht 
in  der  Terrakotte  Berlin  8342;  Winter,  Typenkatalog  I  181,  i  vertreten.  Dieser 
kurze  Chiton,  meist  mit  einem  Fell  und  hohen  Stiefeln  verbunden,  ist  später  für 
Dionysos  die  übliche  Tracht  und  wird  dann  ebenso  von  einer  Reihe  anderer 
jugendlicher,  meist  nordischer  oder  doch  ausländischer  Gottheiten  getragen.  Die 
hohen  Stiefel  auch  bei  unserem  Torso  als  zugehörig  anzunehmen,  liegt  nahe.  In 
der  freien  Plastik  des  5.  Jahrhunderts  erscheinen  Zeus  und  Apollon  entweder  nackt 
oder  lang  bekleidet.  So  bleibt  als  natürliche  Folgerung,  Dionysos  in  unserem 
Torso  zu  erkennen. 

Die  Stellung  ist  dann  so  zu  ergänzen,  daß  der  Gott  mit  zur  Seite  gestelltem 
rechtem  Bein  fest  aufsteht  und  in  den  Händen  Attribute  führt,  Thyrsos  und  Becher, 
seine  gewöhnlichen  Beigaben,  wie  sie  der  langgekleidete  (Tischbein,  Vases  d'Hamilton 
I  PI.  ^6,  II  PI.  22.  Laborde,  Vases  I  PI.  49)  und  der  kurzgeschürzte  Gott  führt 
(Coghill,  Vases  6/7;  Winter,  Typenkatalog  I  i8i,  i).  Aus  dem  Stumpfe  des  linken 
Arms  ist  nicht  mehr  viel  zu  schließen.  Die  linke  Hand  der  Statue  kann  in  der  be- 
kannten Art  in  Schulterhöhe  den  Thyrsosstab  gehalten  haben,  wie  sonst  Zeus  das 
Scepter,  Apollo  den  Lorbeerstamm,  Athena  die  Lanze  faßt.  Vielleicht  aber  faßte  die 
gesenkte  Hand  den  Thyrsos  unten,  so  wie  die  Artemis  des  Berliner  Antiquariums, 
Arch.  Jahrb.  XXIX  1914  Taf.  9  A,  ihre  Lanzen.  Mit  der  Faltenanhäufung  am  rechten 
Oberschenkel  des  Gottes  möchte  man  dann  die  rechte  Hand  und  ihr  Attribut  in 
Verbindung  setzen.  Der  Kantharos  würde  gerade  diese  Stelle  treffen,  wenn  der 
Gott  den  Becher  in  der  rechten  Hand  einfach  herabhängen  ließ  oder  mit  dem  Boden 
des  Gefäßfußes  gegen  den  Schenkel  stemmte.  Den  Kopf  mögen  wir  uns  bärtig  oder 
jugendlich  denken.  Es  sind  keine  Spuren  von  dem  Bart  zu  sehen,  der  bei  der 
Wendung  des  Kopfes,  wenn  er  einigermaßen  lang  gehalten  war,  die  Schulter  am 
Schlüsselbein  berühren  würde.  Auch  von  Locken  ist  an  Schultern  oder  Nacken 
nichts  zu  sehen.  Aber  der  Bart  konnte  so  gestutzt  sein,  daß  er  den  Rumpf 
nicht  berührte,  und  das  Kopfhaar  konnte  in  der  Zopftracht  aufgebunden  sein. 
Wir  dürfen  den  Kopf  des  Gottes  auch  jugendHch  denken,  wo  doch  die  Jugendlich- 
keit der  anderen  Olympier  so  früh  aufgekommen  ist  und  Dionysos  selbst  unbärtig 
schon  für  den  Parthenon,  am  Fries  in  der  Göttersammlung  und  ebenso  im  West- 
giebel so  gut  wie  sicher  ist  (Petersen,  Die  Kunst  des  Phidias  S.   121). 

Es  fragt  sich  noch,  ob  die  neugewonnene  Dionysosstatue  ein  statuarisches  Einzel- 


126  ß-  Schröder,  Die  Polygnotische  Malerei  und  die  Parthenongiebel. 

werk  oder  Teil  eines  größeren  Ganzen  war.  Die  geringe  Ausarbeitung  des  Rückens 
möchte  darauf  schließen  lassen,  daß  die  Rückseite  nicht  sichtbar  und  etwa  einer 
Giebelwand  zugekehrt  war.  Die  Stellung  ist  ganz  ruhig;  man  könnte  sich  daher  die 
Figur  als  die  Mittelfigur  einer  Giebelkomposition  denken.  Nicht  darf  die 
geringe  Bewegung  des  Beines  in  Verbindung  mit  den  wehenden  Falten  am  linken 
Oberschenkel  zu  der  Vorstellung  verleiten,  als  sei  die  Statue  Teil  einer  größeren  be- 
wegten Gruppe,  in  der  sie  schreitend  oder  laufend  mitagierte.  Dafür  sind  die  Beine 
nicht  genug  gespreizt,  und  solch  Flattern  des  Gewandes  bei  unbewegt  stehendem 
Körper  kommt  als  Nachahmung  eines  eleganten  Pinselstriches  öfter  vor  ^).  Können 
wir  so  Zeit  und  Benennung  des  Torsos  bestimmen,  so  sind  wir  auch,  wenn  wir  ihn 
als  Kunstwerk  bewerten  wollen,  vor  allem  auf  den  Chiton  angewiesen. 

Der  Chiton  sieht  aus  wie  dünner,  durchscheinender  Stoff,  der  sich  in  feinen 
Falten  den  Körperformen  eng  anschmiegt.  Der  Körper  ist  erkennbar  am  unteren 
Rande  der  breiten  Brustmuskel  und  an  der  linken  Hüfte,  wo  die  Furche  zwischen 
Bauch  und  Oberschenkel  sich  einzeichnet.  Eine  reichere  Masse  von  Stoff  schiebt  sich 
vorn  am  Unterleib  zusammen,  wo,  ähnlich  wie  an  den  drei  Amazonenstatuen,  das 
Gewand  über  den  unteren  Gurt  hochgezogen  ist,  so  daß  geschwungene  Falten 
nach  den  Schenkeln  zu  ausstrahlen  und  der  obere  Bausch  hier  etwas  tiefer  als  rings 
um  den  Körper  hinabreicht.  Wie  nun  die  feinen  Falten  von  den  Schulterspangen 
an  über  die  Brust  wegführen,  sich  am  Gürtel  zusammenschieben  und  sich  am 
Bauche  stauen,  ineinanderfließen,  umbiegen,  um  dann  wieder  über  die  Schenkel 
zu  rieseln,  das  ist  mit  meisterhaftem  Können  und  wunderbarer  Leichtigkeit  aus- 
geführt. Solch  ein  vollkommen  schönes  Gewand  tut  der  Schönheit  des  Körpers 
keinen  Eintrag.  Vielmehr  bleibt  dessen  Umriß  ungestört,  die  Hauptformen  sind  voll- 
kommen sichtbar,  und  selbst,  wo  die  Falten  eigentlich  frei  herabhängen  und  ein  eigenes 
Leben  über  dem  Körper  führen  müßten,  am  linken  Oberschenkel,  werden  sie,  wie 
durch  einen  Luftzug,  in  leicht  fließenden  Wellen  an  den  Schenkel  geweht,  so  daß  auch 
hier  die  Form  erkennbar  bleibt.  Zudem  ist  das  Gewand  durch  Bausch  und  Gürtel  in 
einem  so  schönen  Verhältnis  gevierteilt,  daß  dadurch  die  machtvolle  Anlage  des 
Körpers  noch  gesteigert  wird  und  die  erhabene  Schönheit  ihre  unmittelbare  Wirkung 
übt.  Wir  haben  diese  Art,  Gewand  zu  stilisieren,  als  Erfindung  der  Malerei  erschlossen 
und  sind  durch  die  herangezogenen  malerischen  Bildwerke  in  die  nächste  Nähe  des 
Polygnot  gelangt;  durch  die  Skulpturen,  die  sich  durch  ihren  Stil  mit  dem  Torso 
zu  einer  Gruppe  zusammenschließen,  wurden  wir  immer  wieder  an  den  thasischen 
Meister  erinnert;  so  dürfen  wir  es  getrost  eingestehen,  wenn  wir  meinen,  auch  vor 
diesem  Torso  Polygnots  großen  Geist  zu  verspüren. 

Berlin.  B.    Schröder. 

')  Amelung,  Rom.   Mitt.   XVI  1901,  29.   Dazu  auf  feinen  und  gegürteten  Chiton.     Furtw.-Reichh., 

einer  Vase  im  Louvre  Artemis  in  einem  ähnlich  Gr.  Vm.  Taf.  120,  4.  Vgl.  A.  J.  XXIX  1914,  153. 


A.  Frickenhaus,  Der  Eros  von  Myndos.  127 


DER  EROS  VON  MYNDOS. 

Unter  den  vielen  berühmten  Kunstwerken,  die  476  im  Lauseion  von  Kon- 
stantinopel abbrannten,  werden  uns  drei  namhaft  gemacht^);  aber  außer  ihnen 
kennt  Kedrenos  an  einer  früheren  Stelle  noch  drei  weitere  2).  Es  besteht  gar  kein 
Grund  zu  zweifeln,  daß  diese  Statuen  im  5.  Jahrhundert  sich  in  Konstantinopel 
befanden,  auch  bei  dem  olympischen  Zeus  nicht;  doch  davon  wird  später  noch 
mehr  zu  reden  sein.  Was  allerdings  über  die  Geschichte  der  Werke  gesagt  wird,  ist  mit 
sicher  Falschem  vermengt,  denn  der  Zeus  soll  von  Perikles  geweiht  sein,  Praxiteles 
heißt  Knidier  statt  Athener,  die  hndische  Athena  wird  ohne  jeden  Anhalt  dem  Dipoinos 
und  Skyllis  zugeschrieben  und  nach  Analogie  eines  längst  zerstörten  herodoteischen 
Weihgeschenks  mit  Amasis  (Sesostris)  in  Verbindung  gebracht  3).  Aber  über  ein 
gewisses  Wissen  verfügt  auch  der  Verfasser  der  vorliegenden  Notiz  zweifellos,  denn 
was  er  über  den  Zeus,  die  Aphrodite  und  den  Kairos  sagt,  ist  im  wesentlichen  richtig. 
Besonderer  Prüfung  bedürfen  nur  die  Bemerkungen  über  die  Hera  von  Samos  und 
den  Eros  von  Myndos.  In  der  überlieferten  Fassung  stehen  bei  der  Hera  zwei  ganz 
unvereinbare  Namen:  Lysipp  aus  dem  IV.  und  Bupalos  aus  dem  VI.  Jahrhundert 
vor  Chr.;  dagegen  fehlt  der  Meister  des  Eros,  obwohl  der  Katalog  sonst  stets  einen 
Meisternamen,  wenn  auch  zum  Teil  einen  erfundenen,  angibt.  Ich  zweifele  nicht, 
daß  die  Stelle  folgendermaßen  zu  emendieren  ist:  xat  r^  2a}xta  "Hpa  ep-^ov  [Aütjnr- 
TTOO  xat]  BouTtaXou  xotJ  Xtou,  xat  "Epco?  xo$ov  iyjav  TrxspwTo?  MuvSoOev  dcpixofisvo?  (Ip^ov 
AoavKTzoo)  xat  etc.;  d.  h.  die  Worte  Ip^ov  AuaiTiTTOt)  waren  mit  dem  Stichwort  xat 
(vgl.  A.  Brinkmann,  Rhein.  Mus.  LVII  1902,  481)  am  Rande  nachgetragen 
und  sollten  vor  dem  letzten  xat  eingefügt  werden;  Kedrenos  oder  der  Autor 
unserer  Ausgabe  hielt  aber  sp-j-ov  für  das  Stichwort  und  fügte  Audt'Trrcou  xat  an 
einer  früheren  Stelle  ein.    Die  samische  Hera  wurde  also  dem  Bupalos  zugewiesen, 

')  TTj?   'A',ppoo  i'xrj  {  vrfi    i\    Kvioo)   t6   TTspißciTj-ov  Ze'JC,  öv  llepixXTi;  dv^9rjX£v  ef;  veüjv 'OX'jfATtiojv, 

xal   TÖ  xrfi  Safii'a;  "Hpa;   xal   xo   zffi   AtvSt'a;  'aolX   x6    xov   yp6yo\    fjitfji.&'j(ji£vov  öfyaXfxa,    epyov 

'A  &  Tj  V  ä  c    i^     öfXXr);    uXyj;,    rjv    'j\[jiaaic    6    x(öv  AuofititO'J)    ojrW&ev    [xiv    cpaXaxpcJv,    e'fx-poa&sv  es 

A^Yunxt'wv    ßaaiXey;    tiö    ao'foj    KXsoßo'jÄto    dTzi-  xoaÄv. 

axstXe,    xal    öfXXa    (i-upta    (Kedrenos   p.  351    ed.        3)  Die   Ausführungen   von    Zucker    in    Fleckeisens 

Paris.  :=  Migne,  Patrol.  gr.  121  p.  619.    Ähnlich,  Jahrbüchern  135  (1887)  S.  785  ff.  werden  durch 

aber  kürzer  Zonaras   14,  2  =  IH  44  Wolflf).  die   sog.    Chronik   von    Lindos    modifiziert,    vgl. 

*)  Kedrenos    p.  322    Paris.  =  613  Migne :     xai    x6  Blinkenberg,   La   chronique   du   temple   Lindien 

ötyaX(ji.a    xf^;    Aivoiaj    Ai^r^vä;   T£Tpct7r7)}('J    Ix  S.  445  f.  und  in  der  kleinen  Ausgabe  (Lietzmanns 

X(i}oij    afActpaySou,    epyov    Sx'iXXioo;    xoti    AiTiotvou  Kleine  Texte  Nr.  131)  S.  25.     Entweder  war  es 

x(öv     äyaXfxaxoupyüiv,     OTrep    ttoxI    oÄpov    e7:e[X'i^£  noch  das  alte  Agalma,  das  in  dem  Tempel  des 

S^atuaxptj  Ab('jr.-zoM  xüpavvoj  KXEoßouXo,)  xojl  Aiv-  Kleobulos  gestanden  hatte,  oder  eine  Erneuerung 

5tu)v    Tupaw(p,    xal    T^  KviSt'a   'AcppoSi'xTj    i-A  nach  dem  Brande  des  IV.  Jahrhunderts.     Blin- 

Xt'&O'j    Xeuxtjj    yufxv^    [jiovtjV    ttjv    alow    x"^    X^'P^  kenbergs  Zweifel  teile  ich  durchaus  nicht,  Größe 

ZEpidT^XXouoct,     epyov     toü    Kvioiou    Ilpa^txIXo'JC,  und    Material    werden    richtig    angegeben    sein, 

xal    ij  2  a  fx  i  a  "  H  p  a  ,    Epyov  Auatrcuo-J  xal  Bou-  Erfunden  ist    nur,    was    man    dem    Bilde    nicht 

T.ötko'j  TOÜ  Xi'o'j,  xai'Epa);  xd;ov  £y(uv  rxEpoito;  ansehen  konnte,  Künstler  und  Herkunft,  letztere 

M'jvooOev    äcer/oasvo;,   xai   ö  «PeiSi'o'j  IXecpavtivo;  wurde  vielleicht   aus   dem   Material   erschlossen. 


128  ■^'  Fri6kenhaus,  Der  Eros  von  Myndos. 

d.  h.  ebenso  wie  bei  der  lindischen  Athena  wurde  auf  einen  beliebigen  archa- 
ischen Künstler  geraten;  daß  die  Hera  von  Smilis  aus  Ägina  herrührte,  wußte 
man  nicht  mehr.  Dagegen  gehört  der  Name  des  Lysipp  offenbar  zu  dem  Eros  von 
Myndos.  Hier  aber  stehen  wir  nun  vor  einem  Rätsel,  und  es  ist  ein  Hauptzweck 
dieser  Zeilen,  die  Kenner  der  Literatur  zu  fragen,  ob  sie  nicht  irgendeine  weitere  Spur 
dieser  Statue  aufzeigen  können.  Die  Stadt  Myndos  ^)  muß  im  IV.  Jahrhundert 
ziemlich  bedeutend  gewesen  sein,  da  Maussolos  sie  nicht  in  Halikarnaß  aufgehen  ließ 
(Strabon  XHI  6ii)  und  Alexander  sie  nicht  durch  einen  Handstreich  nehmen  konnte 
(Arrian  I  20,5).  Auf  den  Münzen  erscheinen  Zeus,  Apoll,  Artemis  und  anscheinend 
Dionysos;  allerdings  kann  der  Eros  ja  auch  etwa  in  einem  Gymnasion  gestanden 
haben.  Wie  steht  es  aber  nun  mit  der  allgemeinen  Glaubwürdigkeit  der  gesamten 
Kedrenosstelle .f*  Blinkenberg  urteilt  in  der  Ausgabe  der  lindischen  Chronik:  il  n'y  a 
point  de  vraie  tradition  dans  ces  fantaisies  (Academie  de  Danemark,  Bulletin  1912, 
446).  Das  ist  durchaus  unberechtigt,  wenn  auch  Echtes  und  Falsches  vermengt  ist. 
Angesichts  der  Tatsache,  daß  man  noch  an  anderen  Stellen  von  Byzanz  die  Athena 
von  Lindos  zeigte  (Blinkenberg  447),  kann  man  ja  zweifeln,  ob  die  Statuen  im  Lauseion 
richtig  identifiziert  waren.  Aber  die  Aphrodite  des  Praxiteles  und  der  Kairos  des 
Lysipp  sind  sicher  richtig  beschrieben,  und  ferner  ist  doch  sehr  zu  beachten,  daß 
der  Katalog  des  Lauseion  nur  solche  Werke  umfaßt,  die  sich  im  V.  Jahrhundert 
wirklich  dort  befinden  konnten.  Wo  wir  überhaupt  die  Möglichkeit  der  Kontrolle 
besitzen,  sind  jene  Statuen  niemals  nach  Italien  gekommen,  sondern  nahmen  während 
der  römischen  Kaiserzeit  noch  ihren  ursprünglichen  Standort  im  griechisch-klein- 
asiatischen Gebiet  ein.  Ernstere  Bedenken  kann  man  höchstens  bei  dem  Zeus  von 
Olympia  haben,  aber  nachdem  die  dortigen  Spiele  aufgehört  hatten,  lag  die  Entfernung 
des  kostbaren  Bildes  nach  der  Hauptstadt  nahe  genug,  ergab  auch  keine  technische 
Unmöglichkeit,  wie  Caligulas  früherer  Plan  beweist  (Overbeck,  Schriftquellen  747  ff.). 
Wer  trotzdem  die  Anwesenheit  der  genannten  Werke  im  Lauseion  leugnet,  muß 
wenigstens  zugeben,  daß  der  Autor  der  Notiz  über  jene  nobilia  opera  literarisch 
noch  mehr  feststellen  konnte  als  wir.  Schon  die  Nennung  der  obskuren  Stadt  bürgt 
uns  dafür,  daß  der  Eros  von  Myndos  nicht  einfach  erfunden  ist.  Und  wenn  Blinken- 
berg zum  Schluß  die  Glaubwürdigkeit  der  Gesamtstelle  scherzend  dadurch  wider- 
legen will,  daß  er  die  Definition  eines  dem  Lysipp  und  Bupalos  gemeinsamen  Stiles 
erwartet,  so  parieren  wir  dieses  Argument  mit  der  oben  vorgeschlagenen  Emcndation. 
Eine  Bestätigung  der  Nachricht  des  Kedrenos  wäre  gewiß  sehr  erwünscht, 
aber  an  sich  erweckt  diese  durchaus  keinen  Verdacht.  Ja,  es  scheint  uns,  als  ob 
hier  die  kunstgeschichtliche  Überlieferung  unerwartet  zu  Hilfe  komme.  Denn  wenn  wir 
überlegen,  wie  der  beflügelte  Eros  mit  dem  Bogen  wohl  aussah,  so  denken  wir  un- 
willkürlich an  die  in  über  30  Wiederholungen  erhaltene  Statue  des  »bogenspannenden 
Eros«.    Ist  es  nun  Zufall,   daß  dieser  berühmteste  und  schönste  aller  antiken  Eroten 

')  über   Myndos   vgl.   die   Zeugnisse   bei   Forbiger,  die  Ruinen  Paton-Myres,  Journ.  of  Hell.   Stud. 

Handbuch    der     alten    Geographie    H    218    und  XVI  1896,    204  =  The  Geogr.  Journal  IX  1897, 

Smith,  Dictionnary  ai  Geography  II  386;  über  46;  die  Münzen  Brit.  Mus.  Coins  Caria  pl.  22  und 

Head  HN*  622. 


A.  Frickenhaus,  Der  Eros  von  Myndos.  I2Q 

sicher  aus  der  Zeit  des  Lysipp  stammt,  ja  von  den  meisten  Gelehrten  direkt  dem 
Lysipp  zugeschrieben  wird?  =')  Allerdings  vermutet  man  zumeist,  daß  er  mit  dem 
Lysippischen  Eros  zu  identifizieren  sei,  den  Pausanias  IX  27,  3  inThespiaisah.  Während 
wir  aber  über  diesen  nichts  weiteres  wissen,  wird  bei  dem  Werk  aus  Myndos  ausdrück- 
lich das  Attribut  des  Bogens  erwähnt,  das  bekanntlich  bei  einem  Kunstwerk  des 
IV.  Jahrhunderts  noch  recht  auffällig  ist.  Wer  also  der  vorstehenden  philologischen 
Beweisführung  zustimmt,  wird  die  so  oft  kopierte  Statue  lieber  mit  dem  Eros  von 
Myndos  zusammenbringen,  der  in  Byzanz  zu  den  bekanntesten  Werken  der  Ver- 
gangenheitgezählt wurde.  Dann  wird  man  aber  auch  nicht  mehr  zweifeln,  daß  dieser 
Eros  im  Verein  mit  dem  vatikanischen  Apoxyomenos  uns  die  feste  Basis  für  die 
Kenntnis  des  späteren  Lysipp  gibt. 

Straßburg  i.  E.  A.  Frickenhaus. 

«)  Zuletzt  von  Bulle,  Der  schöne  Mensch,  2.  Aufl.  S.  671,    der    mit  Recht  andere  Ansichten  von  Furt- 

wängler  und  Amelung  bekämpft. 


Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX. 


AMAZONENSTUDIEN. 

Mit  Tafel  6 — 8  und  2  Beilagen. 

I.    Amazonenrelief    aus    Ephesos. 

Man  wird  es  begrüßen,  daß  das  ephesische  Amazonenrelief  mit  der  noch  von 
R.  V.  Schneider  gewährten  Erlaubnis  hier  auf  Taf.  6  nach  einer  trefflichen  Photo- 
graphie abgebildet  werden  kann,  die  ich  H.  Schraders  freundlicher  Hilfsbereitschaft 
zu  danken  habe.  Es  ist  bisher  nur  ungenügend  bekannt  gemacht  worden :  zuerst  im 
Jahre  1902  in  den  Jahresheften  des  Österreichischen  Instituts  V,  Beiblatt  63,  Fig.  17 
(hiernach  wiederholt  bei  Dehio -Winter,  Kunstgeschichte  in  Bildern  l^,  S.  257,  8)  und 
in  dem  kleinen  Führer  durch  die  »Ausstellung  von  Fundstücken  aus  Ephesos  im 
griechischen  Tempel  im  Volksgarten«  S,  21,  Fig.  28,  dort  mit  kurzer  Angabe  der  Fund- 
umstände,  hier  mit  knapper  Würdigung  des  Kunstwerkes  selbst.  Einen  Abguß  besitzt 
die  Kunstsammlung  des  Tübinger  archäologischen  Instituts. 

Im  Beiblatt  der  Jahreshefte  heißt  es  S.  65:  »Aus  dem  Pflaster  der  in  nordsüd- 
licher Richtung  am  Theater  vorbeiführenden  Straße  wurden  eine  Reihe  ionischer 
Architekturglieder  von  feinster  hellenistischer  Arbeit  ausgehoben  ....  genauere 
Untersuchung  ergab,  ....  daß  sie  wohl  ....  einem  großen  Altarbaue  angehören, 
über  dessen  ursprünglichen  Platz  allerdings  vorläufig  nichts  vermutet  werden  kann. 
In  der  Arbeit  völlig  gleichartig  und  zusammen  mit  diesen  Stücken  verlegt,  fand  sich 
der  in  Fig.  17  abgebildete  Oberteil  einer  Reliefkopie  der  polykletischen  Amazone. 
Sie  wird  von  dem  figürlichen  Schmucke  des  Altarsockels  herrühren.  «  Diese  Vermutung 
wiederholt  der  Führer:  »Relief  der  sterbenden  Amazone  nach  Polyklet  auf  einem 
wahrscheinlich  zu  einem  Altar  gehörigen  Bausteine.«  Ich  füge  dessen  weitere  Be- 
schreibung gleich  hinzu :  »Die  junge  Kriegerin,  an  der  rechten  Seite  verwundet,  lehnt 
sich  erschöpft  mit  dem  linken  Arme  auf  einen  Pfeiler  und  erhebt  die  rechte  Hand 
über  den  niedersinkenden  Kopf.  Erhalten  ist  ihr  oberer  Teil  bis  unter  den  Gürtel  und 
den  Bausch  des  Chitons,  der  beide  Brüste  unbedeckt  läßt.  Die  Figur,  die  an  der 
Stirn  bestoßen  ist,  und  der  nur  der  rechte  Arm  von  der  Schulter  bis  nahe  zur  Hand- 
wurzel fehlt,  ist  eine  Kopie  der  Erzstatue  des  Polyklet,  deren  Original  neben  den 
Amazonenbildern  des  Phidias,  Kresilas  und  Phradmon  im  Artemision  von  Ephesos 
aufgestellt  war,  und  sie  steht  unter  den  vielen  antiken  Wiederholungen  dieses  be- 
rühmten Werkes  ihrem  Vorbilde  wie  örtlich  so  auch  zeitlich  am  nächsten,  da  sie  in 
ihrer  ungemein  feinen  Ausführung  sich  als  Arbeit  der  früheren  hellenistischen  Zeit 
erweist.  Am  Steine  links  von  der  Amazone  der  Rest  eines  breiten  Pilasters.  Marmor, 
0,65  hoch,  0,92  breit,  die  Figur  selbst  0,625  hoch.« 

Jahrbuch  des  archäologfischen  Instituts   XXX.  lO 


132 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


Die  Bezeichnung  des  Vorsprunges  als  Pilaster  könnte  zu  einer  falschen  Vor- 
stellung führen.  Dieser  Vorsprung  (Abb.  I  die  Oberansicht  des  Steines  nach  dem  Ab- 
guß) tritt  zwar  gleichmäßig  0,12  m  vor  die  Relief  fläche  vor,  hat  aber  nach  links  eine 
nur  derb  zugehauene  Begrenzung,  die  nicht  einmal  senkrecht  verläuft  (Vorsprung - 
breite  oben  0,35,  unten  ca.  0,32  cm).  Auch  die  ebene  Vorderseite  zeigt  nur  rechts 
einen  0,065  bis  0,07  m  breiten,  vollständig  geglätteten  Streifen  (a),  der,  weil  un- 
mittelbar daneben  auf  der  Oberseite  die  Bettung  einer  flachen  U -Klammer  (b)  zu 
erkennen  ist,  wohl  nur  als  Anschlußfläche  eines  zweiten  Blockes  verstanden  werden 
kann,  dessen  Fassade  rechtwinklig  zur  Relieffläche  unseres  Steines  zu  denken  ist. 
Da  die  Amazone  selbst  bis  an  die  rechte  Kante  herangerückt  ist,  so  daß  zwischen 
ihr  und  dem  Vorsprung  eine  verhältnismäßig  breite  Fläche  leer  bleibt,  wird  man 
rechts  von  ihr  doch  wenigstens  den  gleichen  Abstand  auf  einem  anschließenden  Steine 
anzunehmen  haben.     Man  gewinnt  so  das  Bild  einer  nischenartigen  Anlage,  deren 


Abb.   I.     Relief  von  Ephesos.     Oberansicht. 

Wandflächen  oder  Felder  natürlich  mit  gleichen  oder  ähnlichen  Relief figuren  ge- 
schmückt waren.  Daß  diese  gleichfalls  Amazonen  darstellten,  liegt  nahe  —  wir  sind 
ja  in  Ephesos,  dessen  Artemisheiligtum  den  fliehenden  Amazonen  als  Asyl  gedient 
haben,  ja  von  ihnen  gegründet  sein  sollte  — ,  und  da  das  erhaltene  Relief  den  einen 
der  bekannten  statuarischen  Amazonentypen  zeigt,  so  wird  man  nicht  irre  gehen, 
wenn  man  sich  daneben  die  Wiederholungen  der  anderen  im  Artemision  vereinigten 
Statuen  vorstellt.  Wird  man  doch  in  dem  glücklichen  Funde  die  endgültige  Be- 
stätigung für  den  Kern  der  plinianischen  Überlieferung  sehen  müssen,  daß  diese 
Statuen  tatsächlich  in  dem  Artemision  zu  Ephesos  vorhanden  gewesen  sind  (Michaelis, 
Jahrbuch  I,  47).  Dagegen  wird  auch  das  geistreichste  Drehen  und  W^enden  nicht  an- 
kommen können  ^). 


')  So  sollte  z.  B.  nur  eine  Amazonenstatue  in  Ephe- 
sos gestanden  haben  können,  die  eben  darum  als 
die  siegreiche  erschienen  sei,  denn  die  anderen 
wären,  weil  unterlegen,  der  Ehre  der  Aufstellung 
im  Artemision  nie  gewürdigt  worden  (Klein,  G.  d. 
gr.  K.  II,  63,  u.  schon  Scholl,  Philol.  1863, 
426).      Und    da    die    ephesische    Statue    (d.  h. 


in  diesem  Falle  die  kapitolinische  Amazone) 
eben  zufällig  die  polykletische  gewesen,  so  habe 
der  Schluß  auf  Polyklet  als  den  Sieger  in  einer 
Künstlerkonkurrenz  auf  der  Hand  gelegen!  — 
Aber  auch,  wer  so  argumentiert,  kann  einem 
Schlüsse  nicht  entgehen:  wenn  der  ephesische 
Reliefkünstler  schon  zu  einem  auswärtigen  Ama- 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


133 


Für  die  Meisterfrage  und  die  von  Plinius  an  die  Originale  angeknüpfte  Künstler- 
geschichte kann  aber  das  Relief  gar  nichts  besagen,  und  doch,  was  hätte  auch  nur 
eine  Relief figur  mehr  uns  zur  Lösung  des  Amazonenproblems  nützen  können!  Gleich- 
viel, auch  dieses  eine  Bild,  das  wir  als  letzten  Rest  eines  inhaltreichen  Ganzen  der 
dfadT]  T6y(ri  zu  danken  haben,  wird,  wenn  wir  es  genau  prüfen,  zu  dieser  Lösung  ein 
wenig  beizutragen  berufen  sein. 

Nach  Schraders  freundlicher  Mitteilung  gehen  die  erwähnten  Architekturstücke 
»in  der  Ghederung  des  Gebälkes  wie  in  den  Einzelformen  völlig  zusammen  mit  dem 
Athenatempel  von  Priene«.  Wenn  sie  zu  einem  Aufbau  führen,  wo  »wie  am  dortigen 
Athena -Altar,  auf  Balustraden  zwischen  ionischen  Halbsäulen  einzelne  Figuren  in 
Hochrelief«  gestanden  haben,  so  kann  ich  im  Hinblick  auf  die  obenerwähnten  Indizien 
allerdings  die  Einfügung  unseres  Amazonensteines  in  eine  solche,  ringsum  laufende 
Architektur  einstweilen  noch  nicht  verstehen.  Hoffentlich  wird  die  sachkundige  Her- 
stellung, die  wir  von  W.  Wilbergs  erprobter  Hand  zu  erwarten  haben,  bald  die  er- 
wünschte Entscheidung  bringen. 

Der  Stil  des  Reliefs  weist,  nach  Schrader,  »auf  die  hohe  Kunst  des  4.  Jahr- 
hunderts; der  ungemein  eindrucksvolle  Kopf  der  Amazone,  mit  den  tief  eingesenkten 
Augenhöhlen,  dem  schmerzlich  bewegten  Munde,  bei  einfacher  und  flüchtiger  Be- 
handlung von  Stirn  und  Wangen,  ist  aufs  nächste  verwandt  mit  dem  Kopf  des 
»Thanatos«  auf  dem  ephesischen  Säulenrelief.  Nach  diesen  Indizien  möchte  man  den 
Bau  der  Zeit  um  340  zuweisen,  und  es  ist  schwer,  die  Vermutung  zu  unterdrücken, 
die  ich  vor  Jahren  Benndorf  ausgesprochen  habe,  daß  diese  Reste  dem  von  ihm  mit 
Schmerzen  gesuchten  Altar  der  Artemis  in  deren  ephesischem  Heiligtum  angehören, 
das  nach  der  Überlieferung  voll  war  von  den  Werken  des  Praxiteles  (Strab.  641). 
Entgegensteht  der  Fundort  aller  Stücke  des  Gebäudes  innerhalb  des  erst  von  König 
Lysimachos  begründeten  Neu-Ephesos.  Diese  mir  von  R.  Heberdey  und  W.  Wil- 
berg  betonte  Schwierigkeit  vermag  ich  einstweilen  nicht  zu  überwinden.  Stammt 
der  Bau  tatsächlich  erst  aus  der  Zeit  der  Neugründung  der  Stadt,  so  müßte  man  ein 
zähes  Festhalten  an  den  um  die  Mitte  des  4.  Jahrhunderts  ausgebildeten  Formen  bis 
in  den  Beginn  des  3.  hinein  annehmen  —  wogegen  schwerlich  viel  einzuwenden  wäre«  ^). 

Auch  wenn  diese  Auffassung  zu  Recht  bestehen  bleiben  sollte,  so  ändert 
das  nichts  an  dem  ungewöhnlichen  Werte  dieses  Überrestes  als  der  ältesten,  un- 
mittelbar nach  der  Originalstatue  geschaffenen  Nachbildung.  Nach  Schraders 
zweifellos    richtiger   Beobachtung    kommt     der    Typus     des    Kopfes    dabei    nicht 


Zonentyp  griff,  so  kann  er  den  Typus,  den  ihm 
als  den  berühmtesten  das  heimische  Heiligtum 
bot,  an  seinem  Reliefwerk  nicht  übergangen 
haben;  er  hätte  also  nur  deshalb  auch  den  Ber- 
liner Typus  darstellen  können,  weil  er  eben  eine 
Mehrzahl  von  Amazonen  zu  bilden  hatte.  Da 
sollte  es  doch  näher  liegen,  daß  er  in  Ephesos 
selbst  diese  Mehrzahl  vor  sich  hatte. 
*)  Jedenfalls  wird  man  über  Schraders  ersten  Ansatz 


noch  höher  hinauf  nicht  gehen  können.  Auch  die 
Klammerform  spräche  dagegen.  Daraus  folgt  für 
die  Geschichte  des  Originals,  daß  sein  Standort, 
da  es  den  Herostratischen  Brand  glücklich  über- 
standen haben  muß,  wenigstens  damals  wohl 
noch  nicht  in  templo  Dianae  (Plin.  34,  53),  son- 
dern eben  nur  im  Temenos  außerhalb  des  Tempels 
gewesen  sein  wird.  Erst  im  Neubau  des  Paionios 
kann  es  zusammen  mit  den  anderen  Statuen  von 


den  Späteren  gesehen  worden  sein. 


I  -JA  F.  Noack,  Amazonenstudien. 


in  Frage.  Er  scheidet  sich  schon  im  ganzen  Bau  des  kürzeren  und  breiteren  Gesichtes 
auf  den  ersten  Blick  von  der  sehr  einheitlichen  Überlieferung  des  Kopfes  des  Berlin - 
Landsdowneschen  Typus  (Michaelis  I  A  B,  Graef,  Jahrbuch  XII,  S.  85).  Man  wird 
Schrader  gern  zugeben,  daß  diese  Abänderung  des  Kopftypus  durch  einen  Einfluß 
der  in  Ephesos  vorhandenen  großen  Kunst  des  4.  Jahrhunderts  erklärlich  sei.  Dem 
Bildhauer  mochte  überdies  für  den  Marmorstil  diese  für  den  Marmor  geschaffene 
Form  entsprechender  erscheinen.  Es  wird  auch  weiter  nicht  zu  vergessen  sein,  daß 
wir  von  einem  lediglich  dekorativen  (Heibig -Amelung,  Führer  3  I,  20)  und  das  Ori- 
ginal stark  verkleinernden  Abbild  nicht  alle  Qualitäten  einer  genauen  und  getreuen 
Kopie,  ja  eine  solche  in  dieser  Zeit  überhaupt  noch  kaum  erwarten  dürfen.  Dennoch 
bleibt  des  Wichtigen  genug.  Um  aber  dessen  Vergleich  mit  den  statuarischen  Kopien, 
wie  ich  hoffe,  fruchtbarer  zu  gestalten,  füge  ich  auf  Taf.  7  und  8  mehrere  Ansichten 
der  bisher  nur  in  dem  Atlas  Antike  Kunstvaerker  I,  Ny  Carlsberg -Glyptothek  1907, 
IV,  54  ungenügend  abgebildeten  Amazone  Sciarra  in  Kopenhagen  hinzu.  Die 
Photographien  hat  mir  die  Direktion  vor  mehreren  Jahren  zu  diesem  Zweck  in 
dankenswertem  Entgegenkommen  zur  Verfügung  gestellt. 

II.    Die    Amazone    Sciarra-Kopenhagen. 

Die  1,94  m  hohe  Statue  bietet,  obwohl  aus  zahlreichen  Bruchstücken  zusammen- 
gesetzt, eine  vorzügliche  Tradition,  wenn  wir  auch  hier  von  den  Ergänzungen  ab- 
sehen, deren  ältere  (Heibig,  Zeitschrift  f.  bild.  Kunst  V,  75;  Michaelis  S.  15  B)  zum 
Teil  durch  moderne  ersetzt  worden  sind  ^).  In  der  neuen,  durch  den  Bildhauer  C.  Nielsen 
ausgeführten  Herstellung  ist  sowohl  »der  angeklebte  Köcher  an  der  linken  Hüfte« 
wie  »die  Stütze  mit  Pelta  und  Axt  neben  dem  rechten  Bein«  (Michaelis  S.  15  B, 
Arch.  Anz.  1863,  120),  —  Ergänzungen,  welche  die  Statue  mit  dem  vatikanischen 
Exemplar  im  Braccio  nuovo  Nr.  71  teilte  (Amelung  Taf.  XI  und  S.  90,  Clarac  813, 
2034  =  Reinach,  Rep.  d.  la  Stat.  I,  487)  —  glücklich  verschwunden  und  dafür,  nach 
dem  Muster  Landsdowne-Berhn,  der  Pfeiler  auf  der  linken  Seite  eingestellt  worden. 
Ebenso  hat  der  linke  Arm,  der  einschließlich  der  linken  Schulter  ergänzt  und  gesenkt 
war,  nunmehr  das  richtige  Auflager  auf  dem  Pfeiler  bekommen;  von  der  ganz  ver- 
fehlten Hand,  die  eine  Lanze  hält,  dürfen  wir  absehen.  Hier  wird  uns  gleich  das 
Relief  seinen  ersten  Dienst  leisten.  Denn  war  die  Pfeilerstütze  schon  vorher  gut  über- 
liefert (Ztschr.  f.  bild.  Kunst  V,  76  und  Michaelis  S.  31  f.),  so  wird  sie  nun  durch  die 
Armhaltung  des  Reliefs  über  jeden  Zweifel  erhoben,  und  die  linke  Hand  kann,  wie 
sie  schon  in  dem  Berliner  Exemplar  ergänzt  worden  war,  nur  leer  und  offen,  also  ganz 
untätig  vor  dem  Pfeiler  herabgehangen  haben.  Freilich  fehlt  der  Pfeiler  auf  dem  Relief, 
und  als  Unterstützung  des  Armes  ist  nur  eine  schmale  Marmorbank  stehen  gelassen. 
Aber  der  (stark  verkürzte)  Unterarm  ist  —  was  am  besten  ein  Vergleich  mit  der  sehr 

')  Ich  füge  hier  noch  einige  andere  Maße  der  Kopen-  dreieckigen  Plinthe  sind    es  bis  zur  Kniescheibe 

hagener  Statue  hinzu,  die  ich  Herrn  Dr.  Poulsen  53i7i    Chitonsaum    64,2,    Oberschenkelvorsprung 

verdanke.       Von    der    Oberfläche     der    antiken  107,    Gürtel   122,2,    Brustwarze  (Standbeinseite) 

142,5,  Spielbeinseite  136,7  cm. 


F.  Noack,  Atnazonenstudien.  j  ^  c 


glücklichen  Berliner  Ergänzung  in  genau  der  gleichen  Ansicht  lehrt  —  in  seiner  Lage, 
die  mit  derjenigen  des  zu  dreiviertel  erhaltenen  Armes  der  Statue  Landsdowne  über- 
einstimmt (Michaelis  32),  nur  dann  zu  verstehen,  wenn  er  wirklich  aufgestützt  ruht. 
Und  die  ganze  Stellung  der  Hand  schließt  es  aus,  daß  sie  (wie  Wolters,  Fr. -W.  513 
S.  232  einst  für  das  Bronzeoriginal  vermutet  hatte)  etwa  eine  Streitaxt  so  gehalten 
haben  könnte,  daß  allein  darauf  die  zweifellos  unterstützte  Körperhaltung  beruht 
habe.  Das  Widerlager  für  diese  kann,  wie  der  Arm  des  Reliefs  beweist,  sich  nur 
unter  der  Unterfläche  des  linken  Unterarms  befunden  haben.  Wäre  es  lediglich  der 
Stil  einer  Axt  gewesen,  so  hätte  bei  solcher  Armhaltung  nur  das  Handgelenk  darauf 
geruht  haben  können.  In  diesem  Falle  aber  hätte  die  Hand  diesen  Stil  gewiß  von  vorn 
her  umfassen  müssen,  dazu  aber  will  wiederum  die  den  vollen  Rücken  zeigende  Hand 
und  der  Ansatz  der  Finger  im  Relief  nicht  passen.  Die  Hand  würde  mehr  nach  rechts 
ausgebogen,  die  Fingerknöchel  würden  nach  außen  hin  nicht  gesenkt,  sondern  schräg 
angestiegen  sein.  Diese  Frage  erscheint  durch  den  neuen  Fund  also  tatsächlich  er- 
ledigt, und  es  kann  auch  der  ästhetische  Einwand  nicht  mehr  gelten,  daß  man  sich 
für  den  Eindruck  des  Originals  »die  für  die  Bronze  sinnlose,  den  schönen  Rhythmus 
störende  Stütze«  der  Berliner  Statue  wegdenken  müsse  (Kekule,  Gr.  Skulptur, 
Handb.  d.  kgl.  Mus.,  Berlin  1907,  130).  Die  früheren  allgemeinen  Bedenken  gegen 
eine  solche  Stütze  im  5.  Jahrhundert  sind  außerdem  ja  längst  beseitigt  (B.  phil.  Woch. 
1902,  276). 

Ob  die  rechte  Hand  im  Original  so  fest  auf  dem  Kopfe  auflag  wie  im  Relief, 
wird  nach  Michaelis'  Bemerkung  S.  33  fraglich  bleiben  müssen.  Denn  auch  die  rechte 
Hand  der  Kopenhagener  Statue  ist,  obwohl  sie  besser  zu  dem  Relief  stimmt,  ergänzt 
(wie  Jakobsens  Führer  durch  die  Antikensammlung  1907  S.  28  ausdrücklich  bemerkt), 
und  ihr  Ergänzer  scheint  die  auf  dem  Schädel  erhaltene  Ansatzspur  (»nur  von  dem 
Daumen«,  Michaelis)  nicht  beachtet  zu  haben.  Die  abweichende  Lage  im  Relief 
wird  sich  deshalb  so  erklären,  daß  sein  Künstler  die  schwierigere  Handhaltung  des 
Originals,  die  eine  starke  Unterschneidung  gefordert  hätte,  umgangen  habe. 

Mit  ihrer  »sicher  alten  Wunde  neben  der  rechten  Brust«  (Arch.  Anz.  1863,  120*) 
steht  die  Statue  Sciarra -Kopenhagen  in  Übereinstimmung  zur  übrigen  Tradition 
(Jahrb.  I,  32).  Das  ephesische  Relief  dagegen  zeigt  nicht  die  geringste  Spur  einer 
Verwundung!  Könnte  es  nun  auch  nicht  ganz  ausgeschlossen  sein,  daß  sein  Ver- 
fertiger diese  am  Origmal  übersehen  habe  (Heibig -Amelung,  Führer  3  I,  20),  so  wird 
man  doch  zugeben  müssen,  daß  die  immer  wieder  beteuerte  Zuverlässigkeit  der  bis- 
herigen Tradition  (vgl.  Furtwängler,  M.-W.  293  Anm.  4,  auch  Mahler  S.  90,  Klein  H, 
163)  durch  dieses  neue,  älteste  Zeugnis  erschüttert  ist.  Denn  es  ist  doch  immer  ein 
etwas  gequälter  Ausweg  gewesen,  wie  man  diese,  durch  den  gehobenen  Arm  noch 
obendrein  gezerrte  und  damit  die  Pein  steigernde  Wunde  (Fr. -Wolters  S.  235, 
Michaelis  40,  Furtwängler  294,  Heibig,  Führer  3  I,  21)  zu  erklären  sich  bemühte. 
Entweder  wäre  es  die  Unbekümmertheit  des  Künstlers  gewesen,  welcher  des  dadurch 
hervorgerufenen  Widerspruches  mit  seiner  Komposition  nicht  geachtet  habe,  oder 
es  sollte  eine  bewußte  Absicht  gewesen  sein,  um  dadurch  den  Heroismus  des  Helden - 
mädchens  erst  recht  zu  betonen  (Furtwängler  294).     Spricht  aber  die  ganze  Kom- 


136 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


Position  der  Statue  gegen  die  Einführung  der  Wunde  an  dieser  Stelle  und  in  der 
Form  des  horizontal  gerichteten  Wundspaltes  durch  ihren  Schöpfer  selbst,  so  wird 
das  Relief  doch  wohl  denen  recht  geben,  denen  sie  nur  als  »ein  unverständiger,  aus 
dem  andern  Typus  herübergenommener,  willkürlicher  Zusatz  des  Marmorkopisten« 
(Kekule  a.  a.  O. ;  vgl.  auch  Graef,  Jahrb.  XII,  86,  Mahler  89)  erschienen  ist.  Ein 
solches  'Verfahren  wird  sich  aber  naturgemäß  nicht  mehrfach  selbständig  wiederholt 
haben :  also  ergibt  sich  daraus  für  die  Überlieferungsgeschichte  dieses  Typus,  daß  alle 
Marmorkopien  mittel-  oder  unmittelbar  auf  diese  eine  Kopie  zurückgehen,  die  zum 
ersten  Mal  die  Wunde  eingeführt  hatte. 

Ich  gehe  über  zum  Gewand,  das  den  Kernpunkt  dieser  Untersuchung  bilden  soll. 


26 /Str. 


An.ßERUN 


Abb.  2.     Gürtel  und  Binden. 


III.    Vorbemerkungen    zur    Gewandanalyse. 

Die  Überlieferung  stimmt  hier  im  allgemeinen  überein,  zumal  wenn,  wie  Furt- 
wängler,  M.-W.  S. 283  mit  Recht  tat,  die  Statue  Pamphili  (H  Michaelis  S.  16;  abg. 
Furtwängler,  Masterpieces  S.  129,  s.  u.  S.  177  Anm.  3)  ausgeschieden  wird.  Ver- 
gleichen wir  die  Exemplare  A  Landsdowne  (Furtwängler,  Masterpieces,  Tafel  zu 
S.  134),  B  Sciarra -Kopenhagen  (unsere  Taf,  7),  C  Berlin  (Br.  Br.  348),  D  Braccio 
nuovo  71  (Museo  Chiar.  II,  18  und  Amelung,  Vat.  I,  Taf.  11)  und,  soweit  möglich, 
E  Oxford,  so  ergeben  sich,  abgesehen  von  den  Besonderheiten  am  Gürtel,  nur  geringe 
Differenzen.  Der  obere,  sichtbare  Gürtel,  um  diesen  vorwegzunehmen,  ist  nämlich 
bei  B  und  D  als  glattes  Band  gebildet,  das  vorn  einfach  geknotet  ist,  und  ebenso 
gibt  ihn  das  ephesische  Relief.  Dagegen  besteht  die  Übergürtung  bei  A  und  C 
(und  E  Oxford  =  Clarac  808,  2038  A  stimmt  nach  Michaelis,  Anc.  Marbles  S.  547 
dazu)  »aus  einer  zweifachen  Schnur,  deren  Verschluß  vorn  durch  den  Überfall  des 
Chiton  unter  der  linken  Brust  teilweise  verdeckt  ist.  Soviel  ist  deutlich,  daß  er  von 
einem  Riemen  gebildet  wird,  welcher  durch  einen  an  jener  Schnur  befestigten  Metall - 
ring  gezogen  und  dann  zusammengeschnürt  ist«  (Beschr.  d.  ant.  Skulpturen  Berlin 
S-  9;  vgl.  unsere  Abb.  2).    Genauer:  zwischen  der  Doppelschnur,  die  weiter  hinten 


F.  Noack,  Ämazonenstudien. 


^^7 


noch  einen  Ring  zeigt,  und  dem  verschnürenden  Riemen  vorn  ist  ein  breiteres,  flaches 
Glied  (Leder?)  eingeschaltet,  das  in  jenen  Metallring  endet.  Vergleichbares  kenne 
ich  von  den  »polygnotischen«  Vasen  (Abb.  2).  Ein  breiteres  Band,  das  wie  jenes  Leder- 
stück in  einen  Ring  endet  (dem  natürlich  ein  zweiter  entsprechen  mußte),  durch 
welchen  die  den  Verschluß  herstellenden,  zusammengeknoteten  Schnüre  gezogen  sind, 
zeigt  die  Kopf  binde  der  Penthesilea  der  Münchener  Schale  (Furtwängler -Reichhold  6)  ^). 
Ebenso  zu  verstehen  ist  die  flüchtiger  gezeichnete  Kopfbinde  der  Mänade  auf  der 
Pariser  Amphora   (ebenda  Taf.   yj,  auch  sie  polygnotischen  Stils,  s.  E.  Feihl,  Die 


a 


b 


^  Abb.  3.     Faltenmotive  unter  Gürtelmitte. 

ficor.  Cista  und  Polygnot,  Diss.  Tübingen  1912,  S.  35),  und  nicht  anders  auch  die 
Gürtel  einzelner  Amazonen  und  Griechen  auf  dem  eleganten  Krater  aus  Ruvo,  Furtw.- 
Reichh.  26 — 28.  Da  es  sich  also  um  einen  richtigen,  man  möchte  sagen  antiquari- 
schen Einzelzug  handelt,  auf  den  ein  späterer  Kopist  wohl  kaum  von  selbst  gekommen 
sein  kann,  wird  man  sich  den  Gürtel  der  Originalstatue  nach  dem  Muster  von 
Landsdowne- Berlin -Oxford  vorzustellen  haben,  während  die  übrigen  Kopisten  sich 
diese  Arbeit  etwas  leichter  gemacht  haben,  ebenso  wie  der  ephesische  Bildhauer  des 
Reliefs,  der  allerdings  durch  den  kleinen  Maßstab  seiner  Figur  viel  eher  zu  entschuldi- 
gen wäre  als  jene. 

Auch  ob  man  den  folgenden  kleinen  Zug  am  Gewand  selbst  ähnlich  beurteilen 
solle,  wird  man  zu  fragen  haben.  Die  reiche  Faltenanordnung  des  xoXiro?,  in  dessen 
Einzelheiten  die  großen  Kopien  auch  nicht  völlig,  wenn  schon  im  wesentlichen,  über- 


')  Ich  darf  hier  bemerken,  daß  ich  diesen  herrlichen  Marmorwerks  auf  einem  Lichtbild  für  die  Krüß- 

Kopf  vor  Jahren  schon  mit  dem  aufs  engste  ver-  sehe  Sammlung  (1904  Nr.  6717)  zusammengestellt 

wandten  Kopf  der  Aphrodite  des  Ludovisischen  habe,  wie  später,  ohne   Kenntnis  hiervon,  auch 

Studniczka  Arch.  Jahrb.  191 1  S.  188. 


138 


F.  Noack.  Amazonenstudien. 


einstimmen,  ist  am  Relief  begreiflicherweise  stark  vereinfacht.  Immerhin  geht  es  in 
der  Wiedergabe  der  kürzeren  Mittelfalten  unterhalb  des  Gürtelknotens  (Abb.  3  a) 
unverkennbar  mit  B  Kopenhagen  zusammen,  und  auch  D  Braccio  nuovo  scheint 
nach  den  beiden  genannten  Abbildungen  in  diesem  Punkte  mitzugehen.  Das  Motiv, 
das  an  dieser  Stelle  Landsdowne  und  Berlin,  auch  darin  übereinstimmend,  bieten 
(Abb.  3  b),  ist  flacher  und  flauer,  aber  immerhin  derart,  daß  es  gerade  wegen  seiner 
Geringfügigkeit  die  engere  Zusammengehörigkeit  dieser  beiden  Exemplare  bestätigen 
könnte,  die  sich  ja  bereits  hinsichtlich  des  Gürtels  ergeben  hat  und  für  die  wir  später 
noch  eine  weitere  Einzelheit  am  Gewände  finden  werden.  Daß  Oxford  (E),  wie  bei 
dem  Gürtel,  so  auch  in  diesem  Faltenmotiv  zu  Berlin -Landsdowne  stimmt,  ist  nach 
einer  mir  durch  Br.  Schröders  Freundlichkeit  vermittelten  Skizze  des  Stiches  bei 
Chandler,  Marm.  Oxon.  Taf.  17  als  sicher  anzunehmen.  Das  erwähnte  Faltenmotiv 
ist  weder  selbstverständlich  noch  trivial,  so  daß  schwerlich  zwei  oder  drei  Kopisten 
unabhängig  voneinander  darauf  verfallen  sind.  Will  man  die  klarere  Anordnung  an 
Kopenhagen -Braccio  nuovo,  auch  auf  Grund  des  Zeugnisses  des  Reliefs,  dem  Originale 
zuschreiben,  so  könnte  man  eine  Bestärkung  dafür  in  dem  Umstände  erblicken,  daß 
an  diesen  Statuen  auch  die  entsprechenden  Stellen  rechts  und  hinten  gleichartige 
Falten  zeigen. 

Nach  diesen  Indizien  darf  man  schon  einmal  die  Frage  stellen,  ob  diese  beiden 
Gruppen,  zu  denen  unsere  fünf  Exemplare  zusammenrücken,  sich  nicht  durch  die  Ab- 
hängigkeit von  je  einer  vorbildlichen  Kopie  erklären.  Auch  diese  beiden  Exemplare 
wären  noch  nicht  voneinander  unabhängige,  unmittelbare  Wiedergaben  des  Originals, 
sondern,  wie  wir  aus  der  allen  gemeinsamen  Wunde  schließen  mußten,  selbst  wieder 
abhängig  von  einer  gemeinsamen  Urkopie  ^).  Erst  diese  leitete  uns,  gleich  dem  Relief, 
direkt  zu  dem  Original,  das  ohne  Wunde  war,  zurück.  So  ergäbe  sich  der  folgende 
Stammbaum : 

Das  Original  in  Ephesos 


Das  ephesische  Relief  Statuarische  Urkopie 

II 


Landsdowne  A,  Berlin  C,  Oxford  E  Kopenhagen  B,  Braccio  nuovo  D 

Unter  solcher  Voraussetzung  schiene  es  dann  z.  B.  verständlich,  wie  je  ein 
Vertreter  der  beiden  Gruppen,  nämlich  A  (Landsdowne)  und  B  (Kopenhagen),  den 
schmalen  Umschlag  des  Chitons  neben  und  unterhalb  der  rechten  Brust  so  außer- 
ordentlich ähnlich  gliedern :  im  oberen  Teil  durch  mehrere  kleine,  abwärts  gerichtete 
Faltenwellen  und  weiterhin  nach  links,  unterhalb  der  Brust,  durch  ein  paar  leicht 
gesenkte  Faltenbogen.    Dieses  Detail  mit  Sicherheit  über  die  Urkopie  hinaus  auf  das 

')  Diese  als  einmal  zum  Zwecke  der  Herstellung  von  plare    entsprächen   etwa    den    Zwischengliedern, 

Kopien  vor    dem  Original  angefertigte  Nachbil-  wie  sie  Kekule  z.  B.  für  einen  Teil  der  Perikles- 

dung,  vgl.  Kekul^,  57.  Berl.  Winck. -Progr.  S.  34  köpfe     annahm     (61.     Berl.     Winck. -Progr.     21 

Anm.  34.    Jene  beiden  davon  abgeleiteten  Exem-  Anm.  38). 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


139 


Original  zurückzuführen,  könnte  uns  zunächst  nur  wieder  das  Relief  helfen.  Dieses 
aber  bietet  hier  einen  ganz  anderen,  viel  breiteren  Umschlag  des  Chitonsaumes,  der, 
seine  Innenseite  herauskehrend,  in  langgeschwungenen  Falten  die  Seite  nach  hinten 
zu  umzieht,  während  mehrere  kurze  Faltenzüge  darunter  herauskommen  und  schräg 
abfallend  sich  am  Gürtel  knicken.  Sämtliche  statuarischen  Kopien  zeigen  hier  eine 
andere  Anordnung:  längere  Faltenzüge,  die  etwa  in  der  Höhe  rechts  von  der  rechten 
Brust  den  gemeinsamen  Ausgangspunkt  haben  —  man  könnte  an  ähnliches  bei  der 
Paioniosnike  und  der  »Genetrix«  denken  • —  senken  sich  in  ähnlicher  Kurve  wie  der 
schmale  Umschlag  darüber,  nur  leicht  fächerförmig  sich  zerteilend,  nach  der  rechten 
Seite  bis  hinab  zum  Gürtel,  der  unter  der  untersten  Falte  dann  verschwindet.  Der 
obere  Rand  des  Stoffes  steht  seitlich  gegen  die  nackte  Körperfläche  in  ziemlicher  Fülle 
ab,  nur  an  der  Berliner  Statue  ist  gerade  hier  das  Faltenrelief  durch  Überarbeitung 
sehr  stark  abgeflacht.  Ob  diese  ganze  Partie,  die  jedenfalls  der  Urkopie  angehört, 
schon  vom  Original  stammt  —  ■  das  Relief  geht  hier  ganz  seinen  eigenen  Weg  — , 
können  wir  jedoch  erst  fragen,  wenn  wir  die  Gewandanlage  im  ganzen  verstanden  haben. 

Was  im  folgenden  mit  Worten  darüber  ausgeführt  werden  soll,  kann  durch 
graphische  Darstellung  zwar  nicht  ersetzt,  aber  doch  unterstützt  werden.  Die  Ab- 
bildungen in  Beilage  I  und  II,  auf  die  zu  verschiedenen  Zwecken  zu  verweisen  sein 
wird,  mögen  darum  gleich  hier  kurz  eingeführt  werden.  Beilage  I  stellt  je  zwei 
Horizontalschnitte  durch  Unter-  und  Oberkörper  der  drei  Amazonen  Berlin,  Kapitol 
(Sosikles)  und  Mattei  (Vatikan)  sowie  des  Madrider  Diadumenos  zusammen,  Beilage  II 
je  einen  Konturaufriß  derselben  Statuen  sowie  des  Neapler  Doryphoros  und  des 
Dresdener  Epheben.  Die  Horizontalschnitte  habe  ich  durch  eiii  möglichst  genaues 
Punktiersystem  vermittelst  eines  auf  Millimeter  eingeteilten  Rahmens  hergestellt, 
der  erst  —  stets  in  gleicher  Höhe  —  um  die  Oberschenkel  und  dann  um  die  Brust 
(Höhe  der  Brustwarze  der  Standbeinseite)  herumgespannt  wurde,  so  daß  beide 
Schnitte  genau  ebenso  übereinander  liegen  wie  die  entsprechenden  Körperteile  selbst. 
Die  Drehung  und  Verschiebung  des  Rumpfes  und  die  Lagerung  seiner  Teile  über  den 
Beinen  —  Verhältnisse,  die  auch  bei  der  Kritik  der  Gewandanlage  nicht  unbeachtet 
bleiben  können  —  lassen  sich  auf  diese  Weise  unmittelbar  ablesen.  Der  untere  Schnitt 
(AA)  ist  in  schwarzer  Linie,  der  obere  (BB)  in  roter  dargestellt.  Da  dieser,  wie  gesagt, 
stets  durch  die  Brustwarze  auf  der  Standbeinseite  (a)  gelegt  ist,  so  daß  der  Vorsprung 
der  anderen  Brust  (a^)  in  ihm  nicht  zum  Ausdruck  kommen  konnte,  ist  je  ein  ergänzen- 
der Schnitt  durch  diese  in  roter  unterbrochener  Linie  (CC)  hinzugefügt.  Ebenso  ist 
die  Sohle  des  Standbeinfußes  sowie  die  Projektion  des  andern  schwarz  punktiert. 
In  Zahlen  ist  die  Höhe  der  einzelnen  Schnitte  über  dem  Boden  der  Plinthe  an  der 
Vorderseite  eingeschrieben. 

Ebenso  schien  es  mir  nützlich,  einmal  den  Aufriß  des  Frontkonturs  dieser 
Statuen  genauer,  als  es  durch  photographische  Seitenansichten  möglich  ist,  (in  Bei- 
lage II)  anzugeben.  Die  Maße  habe  ich  mit  Hilfe  einer  Lotstange  gewonnen,  an  der 
eine  horizontale  Schiene  quer  vor  der  Breitseite  der  I'igur  in  fest  einstellbarer  Führung 
läuft.  Im  rechten  Winkel  zu  dieser  Schiene  läuft  in  beweglichem  Schieber  der  Maß- 
stab, mit  welchem  die  Konturen  abpunktiert  werden. 


j^O  ^'  Noack,  Amazonenstudien. 


Die  Schnitte  sind  in  den  Maßen  natürlicher  Größe  aufgezeichnet  worden,  die 
Aufrisse  im  Maßstab  i  :  5;  jene  erscheinen  hier  auf  ein  Viertel  (25  cm  =  i  m),  diese 
auf  die  Hälfte  (10  cm  =  i  m)  verkleinert.  Die  Konturen  der  abgewendeten  rechten 
Seite  sind,  soweit  sie  nicht  sichtbar  sein  können,  in  unterbrochenen  Linien,  die  Mittel - 
Hnie  des  Körpers  da,  wo  sie  wichtig  schien,  durch  Strich -Punkt  angegeben;  die  Höhen - 
maße  in  Metern,  die  wagerechten  Abstände  in  Zentimetern. 

IV.    Die    Amazone    Berlin -Landsdowne. 

Art  und  Anlage  des  Gewandes  ist,  nach  der  ersten  etwas  eingehenderen  Be- 
handlung durch  O.  Jahn  (Ber.  d.  Sachs.  Ges.  d.  W.  1850,  47  ff.)  bisher,  soweit  ich 
sehe,  meist  mit  wenigen  Worten,  die  man  nicht  alle  mit  ungeteiltem  Behagen  liest, 
erledigt  worden.  Man  hat  die  »überaus  eleganten  Falten«  betont,  in  die  »der- Rock 
gelegt  sei«  und  »den  Teil  von  den  Hüften  ab  ganz  im  Geschmack  eines  Dekorateurs 
in  gefälligster  Weise  angeordnet«  gesehen  (Furtwängler  294).  Richtig  sprach  Michaelis 
(S.  40)  von  der  »regelmäßigen  Symmetrie  des  Faltenwurfs,  Steilfalten  in  der  Mitte, 
beiderseits  gleichmäßig  geschwungene  Falten  nach  Art  eines  Vorhanges  und  an  den 
Hüften  wiederum  senkrechte  Partien«.  Auch  Klügmann  hatte  bereits  im  Rhein. 
Mus.  1866,  324  die  »höchst  zierliche  Symmetrie«  kurz,  wenn  auch  in  teilweiser  Ver- 
kennung, wie  sie  zustande  gekommen  war,  geschildert.  Daß  dieselbe  gerade  bei 
Polyklet  weniger  auffallend  erscheinen  könne,  auch  aus  dem  Grunde,  weil  er  der  Zeit 
noch  nahe  stehe,  »in  welcher  eine  steife  Zierlichkeit  in  der  Anlage  des  Gewandes  stil- 
gemäß  war  (S.  328)«,  war  eine  Bemerkung,  die,  wenn  auch  in  dieser  Form  nicht  richtig, 
doch  einen  Kern  feiner  Beobachtung  enthielt.  Fand  doch  auch  Wolters  (Fr.-W.  233), 
»daß  in  der  symmetrischen  Anordnung  des  Gewandes  noch  etwas  von  archaischer 
Gebundenheit  und  Strenge«  anklinge.  Eine  ähnliche  Empfindung  hat  schon  Konrad 
Lange  Ath.  Mitt.  VI  (1881)  91,  also  ebenfalls  noch  vor  den  großen  Ausgrabungs- 
funden auf  der  Akropolis,  in  jener  ersten,  trefflichen  Würdigung  des  Parthenostypus 
angedeutet.  Er  erblickte  in  dem  Umstände,  daß  »die  eigentliche  Körperform  der 
Athena  Parthenos  gewissermaßen  von  senkrecht  aufeinanderstoßenden  Falten  um- 
rissen« werde,  »das  Kennzeichen  eines  noch  nicht  ganz  freigewordenen  Kunstgefühls« 

und  glaubte  nun   »ein  sehr  verwandtes  Gefühl  z.  B.  in  der  Gewandung  der   

Berliner  Amazone«  wiederzufinden,  »an  der  die  vier  senkrechten  Faltengruppen  in 
der  Höhe  der  Oberschenkel  wie  ein  Überbleibsel  des  Marmorwürfels  aussehen,  in  den 
mar  die  runden  Formen  eingeschrieben  hat«.  Wenn  bei  diesem  Urteil  auch  übersehen 
worden  ist,  daß  das  Original  aus  Bronze  war,  so  verdient  es  doch  Erwähnung,  daß  in 
Langes  Charakterisierung  zum  ersten  Male  klar  und  deutlich  auf  einen  bestimmten 
Sinn  der  vierfachen  Faltengruppe  an  diesem  Amazonenchiton  hingewiesen  ist.  Ihrer 
eigentlichen  künstlerischen  Absicht  freilich  konnte  man  damals  noch  nicht  gerecht 
werden.  Diese  steht  aber  im  Zusammenhang  mit  der  ganzen  übrigen  Gruppierung 
und  Verteilung  des  Stoffes,  die  wir  uns  jetzt  klar  zu  machen  haben. 

Jahn  hatte  (S.  47)  von  dem  dorischen  Chiton  gesprochen,  bei  dem  die  Spange 
auf  der  linken  Schulter  —  wie  am  Matteischen  Typus  (S.  45)  —  gelöst  sei,  so  daß  das 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


141 


Gewand  hier  herabfallend  die  linke  Brust 
entblöße.  Diese  Vorstellung  war  bei  ihm 
begründet  durch  das  Motiv  an  der  vorher 
S.  41  beschriebenen  verwundeten,  kapito- 
linischen Amazone  (Sosiklestypus),  die  das 
Gewand  tatsächlich  in  dieser  Weise  von 
der  rechten  Schulter  gelöst  hatte :  sie  hält 
den  vorderen  Teil  in  der  linken  Hand,  der 
beim  geschlossenen  Chiton  am  Rücken  her- 
aufgehende hintere  Teil  [Tzxipoz)  ist  ge- 
sunken und  liegt  verkürzt,  weil  »zum  Teil 
in  den  Gürtel  gesteckt«,  an  der  rechten 
Hüfte  an.  Die  entsprechende  Gewandpartie 
links  ist  mit  dem  auf  der  Schulter  ge- 
nestelten  Teil  unter  dem  Reitermantel  ver- 
borgen. Gerade  diesen  Teil  ihres  Chitons 
aber  zeigen  die  andern  Typen  unverhüllt, 
und  man  würde  da  vergeblich  nach  einer 
Brust-  und  Rückenflügel  zusammenhalten- 
den Spange  suchen.  Zugegeben  auch,  daß 
deren  Angabe  nicht  unbedingt  notwendig 
gewesen  wäre,  so  dürfte  man  doch  gerade 
bei  dem  Künstler,  der  mit  aller  Sorgfalt  die 
EinzelgHeder  des  Gürtels  überliefert  hat, 
auch  das  Detail  an  der  andern  Stelle  er- 
warten. Ist  es  also  nicht  methodisch  richtiger, 
zu  schließen,  daß  es  eben  an  dieser  Stelle 
keine  Spange  zu  lösen  gab,  sondern  daß 
diese  Chitone  offensichtlich  geschlossene 
Schulterstücke  hatten  ?  Denn  auch  die 
matteische  Amazone  zeigt  auf  der  rechten 
Schulter  (über  das  herabgesunkene  Stück 
links  wird  unten  zu  handeln  sein)  keine  Spur 
von  Knopf  oder  Spange  oder  auch  nur  ein 
abgesetztes,  von  hinten  her  übergreifendes 
Stück,  wie  so  manche  Peplosfigur.  An 
ihrer  rechten  Hüfte  ist  allerdings  der  von 
Saumfalten  begleitete  Schlitz,  wie  er  zu 
einer  Peplostracht  gehört,  deutlich  ange- 
geben (Abb.  4  u.  Schnitt  Beil.  I  bei  e).  Allein  diese  Spaltung  setzt  sich  oberhalb  des 
Gürtels  nicht  for-t,  und  somit  fällt  auch  der  einzige  zwingende  Anlaß  hinweg,  auf  der 
Schulter  eine  erst  künstliche  Verbindung  anzunehmen.  Am  Gewände  des  Sosikles- 
typus war  es  dagegen  nur  folgerichtig,  diese  seitliche  Öffnung  rechts  auch  unterhalb 


Abb.  4.     Amazone  Mattei ;  r.  Seite. 


142  P-  Noack,  Amazonenstudien. 


der  Gürtung  bis  zum  Saume  durchzuführen,  was  übrigens  m.  W.  nirgends 
vermerkt  ist.  Sie  ist  freilich  an  sehr  verdeckter  Stelle  mehr  angedeutet  als  ausge- 
bildet, immerhin  ist  sie  unverkennbar:  als  eingravierte  Wellenlinie  an  der  Innenseite 
der  vorletzten  Steilfalte  vor  dem  Mantel  ^)  und  unter  Verzicht  auf  jene  typische 
Stilisierung  der  absteigenden  Saumfalten,  wie  sie  z.  B.  die  Amazone  Mattei  hat; 
letzteres  nicht  nur,  weil  der  schmale  Faltenrücken  keinen  Platz  für  solche  Saum- 
falten bot,  sondern  weil  jede  derartige  zierliche  Stilisierung  der  Kunst  dieses 
Meisters  offenbar  ganz  fern  lag. 

Wie  sich  am  Berliner  Typus  das  Gewand  von  der  linken  Schulter  gesenkt  hat, 
läßt  sich  schon  aus  Jahns  Beschreibung  begreifen,  die  ich  gleich  in  ganzem  Umfang 
anführe.  Er  sagt :  »Die  Öffnung  im  Chiton,  um  den  Arm  durchzustecken,  ist  sehr  weit 
und  durch  das  straffe  Emporhalten  des  rechten  Armes  wie  durch  das  Herabsinken 
des  Chitons  von  der  linken  Schulter  wird  es  bewirkt,  daß  der  auf  der  rechten  Schulter 
noch  zusammengehaltene  Teil  des  Gewandes  durch  einen  schmalen  Streifen  zusammen- 
gefaßt zwischen  den  Brüsten  liegt,  so  daß  nun  auch  ein  großer  Teil  der  rechten  Seite 
entblößt  wird.«  Es  darf  an  ähnlich  weite  Armöffnungen  z.  B.  an  der  »Genetrix« 
(Br,  Br.  473)  und  bei  der  Artemis  von  Versailles  (Br.  Br.  420)  erinnert  werden.  So 
kann  man  sich  nun  auch  erklären,  daß  die  Amazone  durch  diese  weite  Armöffnung 
des  Chitons  den  linken  Arm,  indem  sie  zugleich  den  Stoff  von  der  Schulter  herab- 
streifte, ganz  herausgezogen  hatte,  bevor  sie  ihn  auf  den  Pfeiler  stützte.  Daß  sie 
vorher  zu  diesem  Zweck  noch  eine  Spange  gelöst  hätte,  war  demnach  gar  nicht  von- 
nöten  —  ganz  abgesehen  davon,  daß  sie  durch  den  Zustand  auf  der  rechten  Schulter 
nicht  nur  nicht  bezeugt,  sondern  im  Gegenteil  widerlegt  und  abgelehnt  wird. 

Ebenso  muß  man  aber  auch  Bedenken  haben,  ob  das  enge  Zusammenschieben 
des  Stoffes,  das  die  Entblößung  auch  der  rechten  Brust  herbeigeführt  hat,  bei  Jahn 
eine  genügende  Erklärung  gefunden  habe  ^).  Man  vergleiche  nur  die  Amazone  Mattei. 
Auch  da  ist  das  Gewand  tief  herabgesunken,  auch  da  ist  die  rechte  Armöffnung  weit 
genug,  und  der  rechte  Arm  ist  sogar  noch  straffer  emporgerichtet,  und  dennoch  ist 
die  ganze  rechte  Brust  verhüllt  geblieben.  Mit  solchen  Gründen  ist  der  andersartige 
Zustand  am  Berliner  Typus  also  nicht  erklärt,  ist  mit  derartigen  natürlichen  Grün- 
den auch  nicht  zu  erklären.  Man  kann  sich  vielmehr  dem  Eindruck  nicht  entziehen, 
daß  der  Künstler  hier  mehr  getan  habe,  als  sich  nur  folgerichtig  aus  Art  und  Anlage 
seines  Chitons  ergeben  haben  würde,  daß  vielmehr  dem  Gewand  an  dieser  Stelle 
doch  wohl  Gewalt  angetan  ist  in  dem  Bestreben,  »die  mächtige  Brust  möglichst  frei« 
zu  lassen  (Furtwängler  294).  Dieser  Eindruck  wird  dadurch  bestärkt,  daß  der  Künstler 
da,  wo  er  diesem  Streben,  den  prangenden  Körper  selbst  zu  zeigen,  nicht  entsprechen 
kann,  wenigstens  das  Gewand  mit  allen  Mitteln  einer  nicht  mehr  natürlichen  Dra- 
pierung dafür  geeignet  macht.  Denn  wir  dürfen  auch  eine  Drapierung  noch  natürlich 
nennen,  bei  der  sich  Wurf,  Fall  und  Gruppierung  der  Falten  aus  der  von  Tracht, 


*)  In  Abb.  5  S.  148  mit  a  bezeichnet.  Inder  oben  S.  96  Schlitzes   ist  aber  etwas  weiter  eingerückt  und 

von  Schröder  gegebenen  Abbildung  ist  diese  Falte  deshalb  nicht  zu  sehen. 

ganz  links  gerade  noch  sichtbar,  die  Linie  des        ^)  Auch  Klügmann  sagte  a.  a.  0.  324  nur:  ,, durch 
die  Erhebung  des  Armes  und  das  Hervortreten  des  Busens  stark  zusammengeschoben". 


F.  Noack,  Amazonenstudien.  145 


Schnitt  und  Gürtungsweise  bestimmten  Anordnung  ergibt.  Als  Beispiel  sei  nur  der 
Gewandstil  der  Peplosfrauen  von  Olympia  bis  zur  Lemnia  und  Parthenos  genannt. 
Wir  wissen  aber  auch  längst,  wie  stark  künstlerische  Absicht  in  solche  natürliche  Er- 
scheinungsform abändernd  einzugreifen  wagte  (Literatur  bei  Bulle,  Der  schöne 
Mensch 2  680,  681).  Es  ist  auch  bei  den  Amazonen  die  Frage  zu  stellen,  wie  sich 
ihre  Künstler  zu  diesem  Mittel  verhalten  haben. 

V.    Gewandanlage    und    Körperstellung. 

Für  das  Gewand  des  Berliner  Typus  sind  unterhalb  von  Gürtel  und  Bausch 
maßgebend  die  erwähnten  4  Gruppen  von  Steilfalten,  von  denen  je  2  einander  genau 
entsprechen:  l.  je  eine  breitere  vorn  in  der  Mitte  und  hinten  zwischen  den  Glutäen, 
und  2.  die  beiden  schmaleren  links  und  rechts,  die  längs  der  Hüften  eine  fast  gerad- 
linige Begrenzung  der  Silhouette  herbeiführen  (im  Schnitt  Beil.  I:  l.  bb,  cc,  2.  dd,  ee). 
Nach  dem  Maße,  wie  sie  tief  hinabreichen,  lassen  sich  die  oben  geschiedenen  beiden 
Kopiengruppen  wiederum  darin  erkennen,  daß  an  Landsdowne -Berlin  diese  Steil - 
falten  rechts  in  einer  Höhe  mit  dem  Chitonsaum  auf  dem  Oberschenkel  abschneiden, 
an  Kopenhagen -Braccio  nuovo  dagegen  schon  etwas  höher  aufhören,  was  trotz  der 
Flickung  ^)  gerade  an  dieser  Stelle  durch  den  vom  Schenkel  her  nach  außen  auf- 
steigenden Gewandsaum,  der  antik  ist,  gesichert  scheint.  Da  hierin  auch  Oxford  E 
mit  Gruppe  H  geht,  wird  man  ihn  bis  zur  Urkopie  zurückführen  müssen. 

Wie  ist  der  Künstler  zu  dieser  Anlage  gekommen,  und  dürfen  wir  dabei  über- 
haupt und  inwieweit  an  ein  absichtliches  Zurechtlegen  denken.''  Die  Antwort  liefert 
am  besten  ein  praktischer  Versuch,  der,  am  lebenden  Körper  sowie  an  der  hiesigen 
Modellfigur  ausgeführt,  dem  Folgenden  zugrunde  liegt.  Er  bestätigt  vor  allen  Dingen, 
daß  die  beiden  soeben  unterschiedenen  Faltengruppen  auch  tatsächhch  auf  ver- 
schiedene Weise  entstanden  sind.  Es  war  nicht  richtig,  wenn  Klügmann, 
Rhein.  Mus.  1866,  324  diese  »in  gerader  Linie  abwärts  laufenden,  eng  zusammen- 
liegenden Falten«  sämtlich,  auch  die  »an  den  Seiten  der  Schenkel  und  an  der  Rück- 
seite«, durch  die  gleiche  Art  von  Aufschürzung  entstanden  wissen  wollte. 

Wenn  man  nämlich  einen  derartigen,  zweifellos  ziemlich  weiten  Amazonen - 
chiton  in  der  Taille  schnürt,  stellen  sich  die  beiden  vertikalen  Faltengruppen  an  den 
Seiten  regelmäßig  schon  ganz  von  selbst  ein.  Sie  ergeben  sich  aus  der  Stoffmenge, 
die,  bevor  der  Chiton  gegürtet  wird,  an  den  Seiten  unter  den  Armen  und  nur  hier 
ganz  frei  vom  Körper  herabhängt.  Die  vordere  und  hintere  Mittelgruppe  dagegen 
bilden  sich,  wie  das  für  die  Vorderseite  ja  auch  von  andern  ausgesprochen  ist  (z.  B. 
von  Bulle  a.  a.  O.  307),  erst,  nachdem  hier  je  ein  Teil  der  Gewandmasse 
über  den  verdeckten,  unteren  Gürtel  in  die  Höhe  gezogen  ist;  dem  entspricht  auch 
ganz  folgerichtig  die  in  der  Mitte  jedesmal  gehobene,  vorn  nur  sorgfältiger  als 
hinten  abgestufte  untere  Saumlinie.  Die  Statuen  Landsdowne  und  Oxford  bieten 
nur  insofern  einen  geradlinigeren  Abschluß,  als  sie  auf  die  letzte,  oberste  Hebung  der 
mittelsten  Falte  verzichten.  Erst  infolge  dieser  beiden  gehobenen  Mittelgruppen  stellen 

*)  Diese,  wie  mir  Br.   Schröder    freundlichst    angegeben    hat,  ziemhch  geringfügig;  alles  Wichtige  antik. 


IAA  F.  Noack,  Amazonenstudien. 


sich  dann  auch  die  »schön  geschwungenen  Bogenfalten  über  den  Oberschenkeln« 
(Bulle)  ein.  <  Doch  ist  auch  das  nur  mit  der  Einschränkung  richtig,  daß  die  nach 
außen  wieder  aufsteigenden  Bogen  der  Faltenrücken  sich  in  der  Praxis  höchstens 
ganz  oben,  dicht  unterhalb  des  Gürtels,  und  auf  der  Rückseite,  vielleicht  etwas  deut- 
hcher  als  vorn,  bilden,  während  die  Mehrzahl,  ausstrahlend  von  der  mittleren  Steil - 
faltengruppe,  in  immer  weiteren  Kurven  nach  außen  lediglich  absteigen  und 
mit  ihrem  Tiefpunkt  hinter  den  seitlichen  Steilfalten  verschwinden.  Nur  hat 
dieses  Zusammenschieben  und  Heraufziehen  nach  der  Mitte  dann  meist  die  Begleit- 
erscheinung, daß  sich  dabei  die  seitlichen  Steilfalten  (dd,  ee)  teilweise  wieder  auflösen. 
Man  muß  sie  schon  künstlich  zusammenhalten,  wenn  sie  in  ihrer  ersten  Gestalt 
intakt  bleiben  sollen. 

Hier  wäre  demnach  ein  Punkt,  wo  »die  natürliche«  Drapierung  im  Kunstwerk 
überschritten  ist  und  deutlich  eine  bewußte  Regulierung  verrät.  Jene  vollständigeren 
Bogenfalten,  die  nach  oben  offen,  eine  über  der  anderen  auf  dem  Oberschenkel  auf- 
liegen und  ebenso  die  Glutäen  umschließen,  sind  im  eigentlichen  Sinne  nicht  mehr 
natürlich.  Sie  können  nur  verstanden  werden  als  eine  Steigerung  des  natürlichen 
Motivs,  vom  Künstler  in  der  Absicht  ausgeführt,  die  plastische  Form  stärker  und 
deutlicher  im  Gewände  hervorzuheben.  Auf  der  Rückseite  ist  diese  Absicht  am 
wirksamsten  erreicht,  indem  der  Stoff  übertrieben  eng  die  Glutäen  auch  von  unten 
her  umspannt  und  sich  mit  der  Körperfläche  teilweise,  wie  auch  der  Schnitt  erkennen 
läßt,  fast  identifiziert. 

Auch  der  Bausch  ist  weder  in  der  Verteilung  seiner  Fülle  noch  in  dem  sym- 
metrischen Auf  und  Ab  seiner  Begrenzung  allein  aus  natürlicher  Drapierung  zu  er- 
klären. Man  darf  sich  überhaupt  nicht  vorstellen,  wie  es  sonst  etwa  beim  xoXtto; 
des  Peplos  der  Fall  ist,  daß  der  gesamte  Bausch  an  dieser  Amazonentracht  durch  ein 
nachträgliches  Emporziehen  über  die  Gürtung  entstanden  wäre.  Auch  da 
belehrt  ein  praktischer  Versuch  uns  eines  andern.  In  diesem  Falle  würden  nämlich 
jene  charakteristischen,  vom  Künstler  zu  den  Bogen  fortentwickelten  Kurvenfalten 
auf  Schenkel  und  Glutäen  alsbald  gestört,  ja  sie  verschwänden  teilweise  gänzlich. 
Außerdem  wäre  es  unmöglich,  durch  das  Emporziehen  des  Stoffes  in  der  Mitte  (wo- 
durch jene  Steilfalten  (bb)  entstehen)  gar  einen  größeren  Bausch,  wie  er  zu  beiden 
Seiten  von  der  Mitte  hängt,  zu  gewinnen  ^).  Denn  man  muß  sich  doch  einmal  klar- 
machen, daß  gerade  in  der  Mitte,  wo  der  untere  Teil  des  Gewandes  hochgezogen  ist, 
der  überfallende  Bausch  am  kürzesten  erscheint,  während  er  links  und  rechts  nach 
den  Hüften  zu  immer  länger  und  massiger  überhängt,  obwohl  doch  gerade  hier  das 
Gewand  über  die  Schenkel  noch  am  weitesten  hinabreicht.  Praktisch  und  logisch 
müßte  es  gerade  umgekehrt  sein  2).  Der  Sachverhalt  an  unserer  Amazone  ist  also 
vielmehr  so,  daß  der  Bausch,  der  beim  Heraufziehen  der  Mittelpartie  über  die  erste 

')  Unverständlich  bleibt,  wie  durch  solches  Empor-  »)  Wie  jetzt  B.  Schröder  an  dem  oben  Taf.  2  ver- 
ziehen der  Bausch  auf  der  rechten  Hüfte  »fülliger«  öffentlichten  Berliner  Torso  zeigt,  wo  »der  obere 
geworden  sei  (Bulle  a.  a.  O.  307).    Er  ist  es  auch  Bausch  hier  (in  der  Mitte)  etwas  tiefer  als  rings 
an  und  für  sich  nicht,  der  andere,  tiefer  hängende  um  den  Körper  hinabreicht«, 
ist  mindestens  ebenso  stoffreich. 


F.  Noack,  Ämazonenstudien.  jaz 


(unsichtbare)  Gürtung  notwendig,  aber  eben  nur  hier  in  der  Mitte,  hätte  entstehen 
müssen,  vom  Künstler  einfach  unterdrückt  worden  ist.  Der  jetzt  vorhandene 
überfallende  Bausch  beruht  auf  einer  ganz  andern  Grundlage.  Um  diese  zu  gewinnen, 
muß  das  Anlegen  des  Gewandes  einen  andern,  uns  aus  den  Denkmälern  bekannten 
Verlauf  genommen  haben.  Der  ganze  Bausch  mußte  schon  vor  der  ersten,  ver- 
deckten Gürtung  vorgesehen  sein,  d.  h.  der  Chiton  mußte,  solange  er  noch  lose  hing, 
so  weit  in  die  Höhe  genommen  sein,  daß  nach  erfolgter  Gürtung  sich  eine  ausgiebige, 
überschüssige  Stoffmenge  als  Bausch  über  den  Gürtel  hinabsenken  konnte.  Wie  man 
sich  dabei  half,  können  wir  nach  bekannten  Vasenbildern,  wie  Klein,  V.  m.  Liebl.- 
Inschr,  Fig.  38  S.  152,  Baumeister,  Denkm.  Fig.  686  =  Dar.-SagHo,  s.  v.  tunica 
S.  536  Fig.  7100,  Hartwig,  Meisterschalen  S.  219  =  Jahrb.  XI  1896,  26  sowie  einer 
Scherbe  der  Tübinger  Sammlung  Nr.  1750,  schließen  und  nachprüfen:  indem  man 
den  Chiton  bis  über  Kopfhöhe  emporzog,  brachte  man  ihn  in  die  für  die  erste  Gürtung 
nötige  Höhe  und  führte  nun,  indem  man  ihn  auch  mit  dem  Munde  hochhielt,  diese 
Gürtung  ohne  Schwierigkeit  aus.  Das  erste  Emporziehen  der  Mittelfalten  vorn  und 
hinten  wird  noch  erfolgt  sein,  ehe  man  den  oberen  Teil  sich  nun  auf  die  Schulter 
senken  und  die  Masse  des  Bausches  überfallen  ließ.  Alsdann  wurde  der  obere,  sicht- 
bare Gürtel  angelegt. 

Die  Faltenbäusche  außen  links  und  rechts  über  den  Hüften  bilden  sich  beim 
praktischen  Versuch  etwa  so,  wie  sie  diese  Amazonen  zeigen,  und  stimmen  auch  darin 
mit  diesen  überein,  daß  sie  etwas  kürzer  bleiben  als  der  Bausch  an  Front  und  Rücken. 
Dagegen  stellt  sich  dessen  Hebung  und  Kürzung  in  der  Mitte  auch  jetzt  nicht  ein. 
Hier  tritt  ebenso  wie  bei  den  »schön  geschwungenen  Bogenf alten«  die  bewußt  ord- 
nende Hand  des  Künstlers  ein,  der  mit  dieser  nach  der  Mitte  aufsteigenden  Be- 
grenzung des  Bausches  den  Rhythmus  der  unteren  Saumlinie  des  Chitons  dort  oben 
nur  etwas  gemäßigter  wiederholt.  Aber  dies  ist  doch  nur  erst  eine  äußerliche  Folge- 
erscheinung. Der  eigentliche  Anlaß  zu  dieser  Abänderung  der  »natürhchen«  Dra- 
pierung liegt,  wie  bei  allen  Einzelzügen,  tiefer.  Der  bei  normalem  Fall  in  voller  Breite 
und  Länge  niederhängende  Bausch  würde  die  leichte  Schwellung  des  Leibes,  der  sich 
bei  dieser  Ponderation  sowieso  etwas  vordrängt,  und  seine  leise  Senkung  nach  den 
Seiten  zu  verhüllt  und  unkenntlich  gemacht  haben.  Durch  die  Verkürzung  des 
Bausches  nach  der  Mitte  zu  kommt  dagegen  diese  Körperform  zu  zwar  diskretem, 
aber  dennoch  deuthchem  Ausdruck.  Wieder  erkennen  wir  den  Künstler,  der  seine 
Drapierung,  wenn  auch  mit  großer  Mäßigung,  forciert  —  aber  immerhin  forciert!  — 
um  sie  in  den  Dienst  des  Körpers  zu  stellen.  Nun  verstehen  wir  auch,  daß  er  den 
schon  vorher  infolge  der  hochgezogenen  Mittelfalten  entstandenen  Bausch  erst  recht 
hatte  unterdrücken  müssen.  Wir  haben  ihm  also  gewiß  auch  nicht  unrecht  getan, 
als  wir  jenes  übertriebene  Zusammenschieben  des  Stoffes  vor  der  rechten  Brust  in 
gleichem  Sinne  deuteten.  Und  die  starke  Entblößung  der  linken  Seite  steht  damit 
in  vollem  Einklang. 

Machen  wir  hier  einen  kurzen  Halt,  um  wieder  einen  Blick  auf  das  Relief  zu 
werfen.  Es  ist  auch  für  die  eben  verhandelte  Frage  nicht  ohne  Wert.  Denn  trotz 
seines  rein  dekorativen  Zweckes  und  obwohl  die  größte  Partie  des  Unterkörpers  fehlt, 


Ia6  F-  Noack,  Amazonenstudien. 


sind  die  entscheidenden  Grundzüge  der  Drapierung  des  Originals  nicht  zu  verkennen : 
die  beiden  Gruppen  der  Steilfalten  in  der  Mitte  und  an  der  rechten  Hüfte  und  die 
dazwischen  ausgespannten  Bogenfalten  sowie  der  von  der  kurzen  Mittelfalte  nach 
beiden  Seiten,  und  zwar  nach  links  steiler  als  nach  rechts,  abfallende  Bausch,  —  das 
ist  trotz  aller  derberen  und  abkürzenden  Ausdrucksweise  gerade  noch  klar  genug 
angegeben,  daß  wir  die  ganze  Drapierung  unserer  statuarischen  Kopien  in  ihrem 
überlegten  und  eleganten  Reichtume  dem  Original  zueignen  dürfen. 

Fassen  wir  das  Ergebnis  dieser  Gewandstudie  bis  hierher  zusammen,  so  ist  es 
dieses:  von  welcher  Seite  wir  die  Berliner  Amazone  auch  betrachten,  überall  verrät 
sich  in  der  Art  und  Weise,  wie  die  Motive  der  natürlichen  Drapierung  nicht  einfach 
hingenommen,  sondern  preziös  und  geistreich  geformt  und  fortentwickelt  scheinen, 
ein  ganz  bestimmtes  künstlerisches  Ziel.  Andererseits  werden  zu  eben  diesem  Zwecke 
doch  nur  solche  Elemente  verwendet,  die  sich  aus  dem  natürlichen  Gebrauch  der 
Tracht  ergaben.  Tatsächlich  im  Widerspruch  hierzu,  wenn  man  will,  also  gekünstelt, 
fanden  wir  nur  die  auf-  und  absteigende  Begrenzung  des  Bausches  vorn  und  hinten, 
und  doch  diktierte  hier  dieselbe  künstlerische  Absicht,  welche  die  sonstigen  natur- 
gemäßen Elemente  zu  feinerer  Auswirkung  steigerte  und  erhöhte. 

Um  diese  Absicht  ganz  zu  erfüllen,  bedurfte  der  Künstler  aber  noch  einer  Grund- 
lage, die  er  sich  in  der  besonderen  Haltung  des  Körpers  schuf.  Die  Amazone 
biegt  den  Oberkörper,  im  Kreuz  stark  aufgesetzt,  zurück,  und  indem  sie  ihn  gleich- 
zeitig nach  links  zu  der  Stütze  senkt,  drängt  sie  außerdem  den  Leib  etwas,  schräg 
nach  rechts  vor  i).  Im  Vergleich  zu  Statuen  mit  ebenfalls  stark  eingezogenem  Kreuz, 
wie  Doryphoros  und  Diadumenos,  läßt  sich  das  Ergebnis  dieser  Haltung  so  bezeichnen : 
wenn  wir  eine  Senkrechte  vom  vorderen  Brustkontur  (an  der  Amazone  vor  der 
Brust  der  Standbeinseite)  fällen,  so  liegt  der  Nabel  am  Diadumenos  noch  ein  klein 
wenig  dahinter,  am  Doryphoros  nur  7  mm  davor,  die  Schwellung  des  Bauches  tritt 
an  beiden  Statuen  etwas  vor  (9  bzw.  25  mm),  an  der  Amazone  aber  schiebt  sich  schon 
der  Körper  oben  hinter  dem  Gürtel  fast  so  stark  vor  wie  am  Doryphoros  der  Bauch, 
ihr  Leib  wiederum  doppelt  so  weit,  wie  dort  der  Bauch.  Es  ist  nur  eine  Folge  dieser 
Haltung,  daß  auch  die  äußerste  Ausladung  des  Oberschenkels  ihres  Spielbeines 
weiter  nach  vorn  liegt  als  beim  Doryphoros  (4,25  cm  vor  jenem  Lot  gegen  2  cm  an 
diesem)  und  noch  weiter  im  Vergleich  zum  Diadumenos  (4,25  cm  gegen  0,75  dort, 
dazu  vergleiche  die  Schnitte).  Und  verfolgen  wir  die  absteigende  Schenkellinie  bis 
zum  Knie,  so  fällt  sie  steil,  fast  senkrecht  nieder,  das  Knie  selbst  steht  entsprechend 
vor  jener  Lotlinie  fast  ebensoviel  vor  wie  der  Bauch,  während  es  am  Doryphoros 
um  2,  am  Diadumenos  gar  um  5  cm  hinter  diese  zurückweicht.  Am  Dresdener  Epheben 
ist,  wie  der  Aufriß  lehrt,  dies  alles  noch  gegenüber  dem  Diadumenos  gesteigert.  Das 
heißt  aber:  bei  diesen  polykletischen  Statuen  ist  das  Bein  tatsächlich  wie  zum 
Schreiten  zurückgesetzt,  der  linke  Unterschenkel  der  Amazone  ist  durch  die  vom 
Rumpf   bedingte    Haltung   des    Oberschenkels   eher   etwas   vorgezogen,    er   schleift 

')  An  dem   Exemplar   in   Braccio   nuovo   ist  vom  Stamm,  ergänzt  (s.  Amelung  Vat.  I,  90),  so  daß 

Unterkörper     das    allermeiste,    dazu    Basis    und  seine    etwas   steilere    Aufstellung   für    eine    Vor- 

stellung vom  Original  nicht  maßgeblich  sein  kann. 


JAHRBUCH  DES  D 


Beilage  II  zu  S.  146. 


Amazoiebe  Dresden 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


147 


höchstens  nach.    Das  Stellungsmotiv  ist  wirklich  ein  anderes,  weil  die  ganze  Haltung 
des  Rumpfes  eine  andere  ist. 

Mit  Hilfe  der  starken  Rückwärtslagerung  von  Brust  und  Schultern  baute  sich 
das  Körperrelief  gleichsam  von  diesen  bis  zum  Leib  schräg  nach  unten  vor.  Damit 
war  aber  die  Grundlage  dafür  geschaffen,  daß  die  Massen  des  feinen  Chitonstoffes, 
statt  vom  Körper  abzuhängen,  in  engem  Anschluß  an  ihm  aufliegen  konnten.  Aber 
auch  da,  wo  das  Gewand  freier  hing,  also  in  der  Mitte  unten  vor  dem  Leibe,  gab  diese 
Körperhaltung  den  Steilfalten,  die  nach  dem  rechten  Schenkel  zu  liegen,  eine  leise 
Schwingung  und  die  Richtung  von  links  oben  nach  rechts  unten,  während  der  sich 
vorschiebende  Schenkel  des  Spielbeines  die  übrigen  Steilfalten  schon  dank  der 
leichten  Reibung  des  Stoffes  mit  sich  zog  und  in  senkrechtem  Falle  hielt.  Ich  glaube 
auch  das  bemerken  zu  sollen,  da  die  einen  dem  Künstler  daraus  einen  Vorwurf 
machten,  andere  die  Figur  deshalb  steiler  aufrichten  wollten.  Vielmehr  sind  Gewand 
und  Haltung  in  sorgfältigster  Berechnung  aufeinander  eingestellt,  und  von  »schweren 
Fehlern  des  Berliner  Werkes«  (Mahler  90)  kann  nicht  die  Rede  sein. 

VL    Die    kapitolinische    Amazone. 

Auf  dieser  Grundlage  dürfen  wir  nun  die  anderen  Amazonen  vergleichen.  Be- 
kanntlich gehen  die  Urteile,  wieweit  Beziehungen  und  Abhängigkeitsverhältnisse 
zwischen  ihnen  und  dem  Berliner  Typus  beständen,  sehr  weit  auseinander.  Am 
radikalsten,  auch  in  den  Schlußfolgerungen,  sind  wohl  Mahler  S.  87  und  Klein  H  163 
gewesen,  als  sie  den  kapitolinischen  Typus  der  Verwundeten  zur  conditio  sine  qua  non 
des  Berliner  machten  und  letzteren  ins  4.  Jahrhundert  wiesen.  Aber  auch  die  Amazone 
Mattei  ist  einmal  von  Kekule  (Comment.  phil.  in  hon.  Mommseni  1877,  485)  als 
nachlysippische  Umbildung  des  Berliner  Typus  erklärt  worden. 

Bezüglich  der  kapitolinischen  Amazone  (Sosikles)  hat  man  sich  dafür  auch  auf 
das  Gewand  berufen.  Aber  zwischen  ihr  und  der  Berliner  Amazone  besteht  nicht 
einmal  eine  volle  Gleichheit  in  der  Tracht  an  sich,  geschweige  denn  in  der  Rolle,  die 
das  Gewand  im  Inhalt  des  Kunstwerkes  spielt.  Bei  der  Berliner  Amazone  ist  es, 
wie  wir  sahen,  der  einfache,  über  den  Schultern  und  seitlich  geschlossene  Chiton, 
bei  der  kapitolinischen  war  es  auf  den  Schultern  geknüpft  und  längs  der  ganzen 
rechten  Seite  geschlitzt,  also  peplosartig  und  dem  Chiton  sich  annähernd  nur 
in  der  doppelten  Gürtung.  Dort  soll  es  nur  immer  die  Formen  des  Leibes  unter- 
streichen oder  enthüllen,  seine  Aufgabe  und  Mitwirkung  ist  eine  rein  künstlerische, 
hier  ist  es  unentbehrlich  für  den  Gedanken  und  die  sachliche  Einheit  der  Komposition. 
Auch  hier  verlohnt  es  sich,  dieser  Aufgabe  des  Gewandes  im  Kunstwerk  noch  einmal 
nachzugehen. 

Dem  durch  die  Verwundung  veranlaßten  Herabnehmen  des  vorderen  Gewand - 
flügels  ist  das  Niedersinken  des  Rückenteiles  gefolgt.  Das  Bedenken,  daß  dies  nicht 
ganz  wirklichkeitsgemäß  gewesen  wäre,  da  er  unter  dem  schwer  aufliegenden  Reiter - 
mantel  (Furtwängler  295)  strenggenommen  hätte  oben  hängen  bleiben  müssen,  hat 
den  Künstler  jedenfalls  nicht  gehemmt.    Wenn  der  Rückenflügel  also  nun  gleichwohl 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX.  I  i 


148 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


herabglitt,  so  müßte  man  sich  ihn 
doch  mehr  nach  hinten  und  näher  dem 
Mantelrande  niederhängend  denken. 
In  der  Praxis  würde  der  Zustand, 
wie  wiederholte,  stets  gleichartig  aus- 
fallende Versuche  lehren,  sich  etwa  so 
darstellen,  wie  an  der  Kriegerstatu- 
ette von  Bavai  (s.  u.  S.  153).  Aber 
an  unserer  Amazone  liegt  die  Sache 
ja  gar  nicht  so  einfach.  Der  Rücken- 
flügel ist  da  nicht  nur  herabgesunken, 
er  ist,  was  Jahn,  wenn  ich  ihn  recht 
verstehe,  vom  vorderen  Flügel  meinte 
(S.  41),  »an  der  rechten  Seite  zum 
Teil  in  den  Gürtel  gesteckt  und  fällt 
dann  herab«.  Das  gilt  tatsächlich 
vom  hinteren  Flügel.  Nur  bedeckt 
dieser  jetzt,  herabgesunken,  die  Hüfte 
in  fast  flächenhafter  Breite  derart, 
daß  sein  Saum  bis  ganz  nach  vorn 
zur  Front  der  Statue  reicht  (b-7-c  in 
Abb.  5,  vgl.  den  Schnitt  in  Beilage  I). 
Die  Überlieferung  ist  darin  ganz  ein- 
heitlich. Diese  Anordnung  ist  darum 
um  so  auffallender,  als  die  untere  Fort- 
setzung des  Seitenschlitzes,  wie  wir 
S.  142  sahen,  soviel  weiter  hinten  liegt. 
Dieser  scheinbare  Widerspruch  ist  denn 
auch  erst,  wie  wiederum  ein  prak- 
tischer Versuch  lehren  kann,  durch 
einen  besonderen  Eingriff  in  die 
Drapierung  erreicht,  dadurch  nämlich, 
daß  das  herabgesunkene  Stück  wieder 
emporgenommen  und  von  oben  her 
in  den  (ja  sowieso  überdeckten)  Gürtel 
gesteckt  wird  (bei  d  Abb.  5).  Erst 
dadurch  erhält  der  Saum  bc  die 
senkrechte  und  vorgeschobene  Lage. 
Der  Künstler  kann  das  also  kaum 
ohne  einen  vorhergehenden  prak- 
tischen Versuch  modelliert  haben.  Wer 
das  bestreiten  wollte,  ließe  ihn  durch  Zufall  etwas  bilden,  was  in  Wirklichkeit  nur 
durch  eine  bewußte  Handlung  zustande  kommen  konnte.     So  oder  so,  der  Erfolg 


Abb.  5.     Kapitolinische  Amazone;  r.  Seite. 


F.  Noack,  Amazonenstudien, 


149 


ist    derselbe,     und     es    läßt    sich    nicht 
leugnen,    daß   damit  die  Einheitlichkeit 
im  Motiv   von  Geste  und  Gewand   eine 
Störung   erfahren   hat.    Denn  man   muß 
sich   doch   fragen:   wann  hat  die  Ama- 
zone   das    Gewandstück    in    diese    Lage 
gebracht,  da  sie  bei  hochaufgestütztem 
rechten   Arm   nur    die    linke   Hand   zur 
Verfügung  hatte?     Diese  aber  hält  jetzt 
das  Ende  des  vorderen  Flügels.     Sie  hat 
natürhch  erst  diesen   gelöst  und   herab- 
genommen.    Sodann   aber    muß   sie  zu- 
nächst   den   hinteren  ergriffen,    auf   der 
Seite    vorgezogen   und,    wie   soeben   be- 
schrieben,   in     den    Gürtel     eingesteckt 
haben.     Dazu   war   aber  nötig,    daß   sie 
den  vorderen  Flügel,  den  sie  jetzt  hält, 
auf   kurze  Zeit    fallen     ließ    und    erst 
nach  jenem  zweiten  Handgriff  nach  der 
Seite  wieder  aufnahm.     Dies  letztere 
wäre  aber,  —    wenn   der   Sinn   der  vor 
uns    dargestellten    Handlung     nur     der 
war,  daß  die  Amazone   das   lästige  Ge- 
wand von  der  leidenden  Wundseite  hin- 
wegnahm —  gar  nicht   mehr  nötig  ge- 
wesen, denn  dieses  hing  ja  dann  schon 
herab!    Sollte  man   aber  ihre  Bewegung 
darum  in   ganz  anderem   Sinn,  etwa  so 
verstehen,   daß    sie    den  Zipfel   wirklich 
zum  zweiten  Male  aufgegriffen  habe  und 
ihn  zur  Wunde  zurückführen  wolle,  um 
diese  nun   zu    trocknen    und  zu  stillen? 
Gewiß  nicht!  Denn  die  Absicht  und  Auf- 
gabe des    linken  Ellenbogens    ist    doch, 
den  Mantel  fest  an  die  Seite  zu  pressen, 
also  in  dieser  Lage  zu  verharren  und  sich 
nicht  etwa  nun  gleich  wieder  vom  Körper 
zu  lösen  und  nach  der  Wunde  hinüber- 
zugreifen, wobei  der  Mantel    doch  eben 
wieder  frei   geworden  wäre.    Lehnt  man 
dies  also,  wie  bilHg,  ab,  so  ist  dem  Urteil 

nicht  zu  entgehen,  daß  die  Handlung,  welche  die  uns  dargestellte  Erscheinung  begründet 
hat,  in  der  Tat  nicht  so  einheitlich  ist,  wie  man  wohl  meint.     Der  leitende  Grund - 


Abb.  6.     Kapitolinische  Amazone ;  1.  Seite. 


I  CQ  F.  Noack,  Amazonenstudien. 


gedanke,  den  wir  dem  Kunstwerk  unterlegen,  beruht  lediglich  auf  der  ersten,  ein- 
fachen Aktion,  das  Gewand  von  der  Wundseite  wegzunehmen.  Ist  dies  dargestellt, 
so  hätte  die  außerdem  in  dem  Kunstwerk  jetzt  enthaltene  Drapierung  des  hinteren 
Gewandflügels  eigentlich  nicht  aufgenommen  werden  dürfen.  Denn  dieser  wäre  ent- 
weder von  der  Mantelmasse  oben  festgehalten  worden  oder  nur  einfach  hinabgesunken. 

Und  wir  müssen  uns  doch  die  Entstehung  des  wundervollen  Werkes  so  denken: 
sein  Bild  entsprang  dem  künstlerischen  Geist  ganz  gewiß  so,  wie  es  heute  vor  uns 
steht,  in  der  die  Wirkung  allein  bestimmenden  Vorderansicht  (Michaelis  28),  und  seine 
Handbewegung  galt  in  dieser  ersten  Konzeption  gewiß  auch  dem  ersten,  ganz  un- 
willkürlichen Bedürfnis:  nur  die  Wunde  so  rasch  wie  möglich  befreien  von  dem  Ge- 
wand! Erst  als  es  zur  Ausarbeitung  an  der  Seite  kam,  fügte  der  Künstler  ein  Gewand - 
motiv  hinzu,  das  scheinbar  unwesentlich,  doch,  sobald  man  über  sein  Zustandekommen 
nachdenkt,  die  Einheitlichkeit  der  Darstellung  zerreißen  muß.  Da  zweifellos  der 
Künstler  dieses  nicht  gewollt  hat,  so  muß  ihn  dabei  ein  andersartiger,  künstlerischer 
Zweck  geleitet  haben.  Man  wird  damit  die  Tatsache  in  Verbindung  bringen 
müssen,  daß  durch  dieses  Zurechtlegen  des  Gewandes  eine  absolute,  reine  Profil - 
ansieht  gewonnen  wird,  deren  vorderer  Kontur  dem  an  der  Seite  stehenden  Beschauer 
jeglichen  Blick  auf  die  Anordnung  der  Front  abschneidet.  Und  dann  wird  aus  Ab- 
bildung 5  auch  erst  recht  klar,  wie  sehr  das  überhaupt  von  dieser  gesamten  Seiten- 
ansicht gilt.  Nicht  nur  schneidet  der  Mantel  eine  zur  Rückseite  überleitende  Ansicht 
völlig  ab  —  auch  Schulter  und  rechte  Brust  erscheinen  so  gut  wie  im  reinen  Profil, 
die  Frontpartie  des  Leibes  unmittelbar  darunter  bleibt  unsichtbar,  und  der  vor  ihm 
umgeschlagene  Gewandrand  bildet  mit  dem  Saum  bc  darunter  und  dem  übrigen 
Gewandkontur  am  Oberschenkel  eine  senkrecht  abfallende  Begrenzungslinie,  die 
gerade  so  streng  die  Aussicht  nach  vorn  abschließt,  wie  der  Mantel  die  nach  hinten. 
Dies  alles  fällt  noch  stärker  auf,  wenn  man  auch  die  Berliner  Amazone  daraufhin  von 
der  Seite  her  prüft:  da  kann  das  Auge  von  beiden  Seiten  her  der  Rundung  von  Ober- 
schenkel und  Leib  bis  zur  Höhe  der  Mittelfaltengruppe  folgen;  in  der  Ansicht  von 
links  tritt  auch  noch  die  rechte  Brust  hervor,  und  der  Saum  des  gefallenen  Chitons 
geleitet,  schräg  ansteigend,  den  Blick  gleichsam  quer  über  die  Brust  bis  zur  Gegend 
der  uns  abgekehrten  Schulter  hinauf.  Eine  hohe  Kunst,  ein  sich  seiner  Absichten  klar 
bewußter  künstlerischer  Wille,  spricht  sich  in  diesen  Dingen  aus.  Und  sehr  selbständig 
muß  man  diesen  Willen  nennen,  vor  allem  aber  grundverschieden  von  dem  des 
Meisters  der  kapitolinischen  Amazone. 

Kehren  wir  zu  dieser  zurück,  und  zwar  nun  zu  ihrer  linken  Seite  (Abbildung  6). 
Da  zeigt  sich  am  Oberkörper  bis  zur  Gürtelhöhe  dieselbe  Ausschließhchkeit  der 
Seitenansicht.  Und  auch  die  Mantelpartie  unter  dem  linken  Arm  bildet,  obwohl  sie 
vorn  den  Blick  auf  die  Front  etwas  freigibt,  doch  im  wesentlichen  Seitenfläche,  gegen 
welche  die  Mantelrückwand  wieder  in  stark  betonten  Vertikalen  absetzt,  —  sehr 
hart  und  unwirklich,  denn  das  Piervorziehen  des  Mantels  hätte  diese  schwere  Vertikal - 
falte,  wie  mir  wieder  ein  Versuch  bewiesen  hat,  wenigstens  im  unteren  Teile  stören 
und  auflösen  müssen. 

Furtwängler  hat  S.  295  für  diesen  unter  dem  Ellenbogen  gefaßten  Mantelzipfel 


F.  Noack,  Amazonenstudien.  i  c  j 


eine  inhaltliche  Erklärung  versucht:  >>wie  von  einem  Frösteln  befallen«  presse  ihn 
die  Amazone  an  den  Körper.  Was  aber  auch  der  Sinn  gewesen  sein  mag,  —  der  Künst- 
ler hat  sich  auch  hier  über  das  Bedenkliche  hinweggesetzt,  daß  in  der  einfachen 
Handlung  kein  Augenblick  frei  gewesen  wäre,  diesen  Zustand  an  der  linken 
Seite  herzustellen.  Denn  als  sie  vorher  nach  der  rechten  Schulter  hinübergegriffen 
hatte,  um  dort  das  Gewand  zu  lösen,  hätte  auch  der  linke  Oberarm,  vom  Körper  los- 
gelöst, dieser  Bewegung  folgen  müssen,  und  dervN'eilen  hing  der  Mantel  schwer  und 
gerade  am  Rücken  nieder,  links  genau  ebenso  wie  rechts.  Von  da  ab  aber  bleiben 
beide  Hände  voll  beschäftigt,  —  wann  kam,  so  müssen  wir  hier  noch  einmal  fragen, 
der  Mantelzipfel  in  die  Lage,  in  der  wir  ihn  jetzt  sehen.''  Man  sieht:  der  Vorwurf, 
den  wir  diesem  Motiv  zu  machen  haben,  geht  ungewollt  in  derselben  Richtung  wie 
der  bei  der  andern  Seite  erhobene,  und  wir  werden  ihn  auch  ebenso  auszugleichen 
haben  wie  den  andern.  Der  Künstler  hat  sich  auch  hier  eine  möglichst  einheitliche, 
flächige  Begrenzung  schaffen  wollen,  indem  er  selbst  die  einfachen  Steilfalten  des 
Chitons  und  den  Bausch  darüber  zudeckte. 

Bleiben  doch  auch  an  der  Hauptansichtseite,  vorn,  die  Motive  von  größter 
Einfachheit  und  Ruhe.  Man  hat  sie  längst  gewürdigt.  Der  Künstler  hat  es  ängstlich 
vermieden,  an  dem  natürlichen  Fall  der  Falten  etwas  abzuändern.  Wenn  der  einfach 
hängende  Stoff  in  der  Mitte  etwas  tiefere  Falten  schlägt,  so  geschieht  das  lediglich, 
weil  er  hier  etwas  freier  hängt,  nicht  weil  hier  irgendein  Eingriff,  ein  stärkeres  Zu- 
sammen- oder  Emporziehen  erfolgt  wäre.  Das  zeigt  unwiderleglich  die  schlichte 
Führung  der  flacheren  Faltenlinien  an  der  leicht  angedeuteten  Rundung  des  Unter- 
leibes. Das  »zierliche  Faltenmotiv«,  das  hier  an  dem  zweiten  kapitolinischen  Exemplar 
aus  Villa  d'Este  (Michaelis  c)  erscheint,  kann  darum  unmöglich,  wie  Furtwängler  295 
vermutete,  dem  Originale  angehört  haben;  in  seiner  etwas  leeren,  schematischen 
Anordnung  kontrastiert  es  verräterisch  mit  der  sonstigen  Natürlichkeit  der  Gewand - 
behandlung,  insbesondere  auch  mit  jener  schon  beobachteten  Abneigung  des  Künst- 
lers (s.  o.  S.  142),  dem  Saume  des  Seitenschlitzes  die  gewiß  auch  ihm  wohlbekannte 
typische  Form  zu  geben.  Wenn  Furtwängler  sich  darauf  berufen  hat,  daß  an  den 
Repliken  Kapitol,  Colonna,  Torlonia  (Michaelis  bf  h  und  auch  an  Vatikan  e:  Ame- 
lung  Vat.  I,  63)  diese  vordere  Gewandpartie  ergänzt  sei,  so  haben  entweder  sämtliche 
Ergänzer  aus  der  Schlichtheit  der  oberen  erhaltenen  Faltenzüge  richtig  den  gleichen 
Schluß  gezogen,  was  diesen  gewiß  nicht  diskreditieren  würde,  oder  ihre  Ergänzung 
war  doch  durch  irgendeine  Überlieferung  (etwa  die  nicht  mehr  erhaltenen,  bei  dem 
für  sie  maßgebenden  Exemplare  gefundenen  Splitter)  bestimmt.  Ich  möchte  hier 
auch  auf  Bulles  Beurteilung  (a.a.O.  S.  308)  verweisen,  dem  diese  »untere  Hälfte  des 
Chitons  beinahe  noch  mit  der  vatikanischen  Wettläuferin«  vergleichbar  schien. 
Könnte  man  doch  versucht  sein,  in  der  Art  seiner  Stoffalten  eine  Fortbildung  der- 
jenigen der  Wettläuferin  zu  sehen.  Und  mit  diesem  einfachen  Charakter  stehen  denn 
auch  wieder  die  ganz  wenigen,  weichen  Faltenbogen  im  schönsten  Einklang,  die  der 
Oberschenkel  des  Spielbeins  in  dem  von  ihm  leicht  vorgedrängten  Stoffe  hervor- 
gerufen hat.  Das  alles  aber  ist  in  Ursache  und  Wirkung  so  grundverschieden  von  der 
Drapierung  des  Berliner  Typus,  und  dieser  muß  aus  Gesetzen  und  Folgen  einer  so 


I  c  2  F.  Noack,  Amazonenstudien. 


vollkommen  andern  Drapierung  erklärt  werden,  daß  man  es  nur  mit  unbegrenztem 
Staunen  lesen  kann,  der  Künstler  der  Berliner  Amazone  habe  »bei  dem  ^vorderen 
Gewandteil«  den  kapitolinischen  Typus  einfach  mit  entsprechenden  Varianten  kopiert 
(Mahler  87).  Ist  doch  auch  bei  diesem  Typus  der  starke  Eindruck  von  Einfachheit 
und  Selbstverständlichkeit  im  Gewandstil  nicht  ganz  ohne  die  Mitwirkung  der 
Haltung  der  Figur  erzielt.  Entgegen  der  sehr  berechneten  Rückwärtsbiegung  der 
Berliner  Amazone  neigt  die  kapitolinische  Statue  den  Oberkörper,  was  in  den  Front- 
abbildungen nirgends  wirklich  zu  klarem  Ausdruck  kommt,  am  wenigsten  in  der  Auf- 
nahme der  Straßburger  Ergänzung  ( Springer -M.-W.  ^^  293),  leicht  nach  vorn. 
Wie  groß  jedoch  die  Abweichung  in  der  Haltung  der  beiden  Typen  ist,  wird  deutlich, 
wenn  wir  auch  an  der  kapitolinischen  Amazone  den  Abstand  einiger  Punkte  von  den 
von  Brustwarze  (über  dem  Standbein)  und  Halsgrube  gefällten  Lotlinien  messen. 
Während  an  der  Berliner  Statue  Gürtelmitte,  Leib,  Oberschenkelschwellung,  Fuß- 
spitze vor  die  Lotlinie  von  der  Brust  hervortreten  und  nur  die  Kniescheibe  des  Stand- 
beins um  3,75  cm  dahinter  liegt,  wird  diese  Linie  an  der  kapitolinischen  Statue  von 
der  Schwellung  des  Leibes  nicht  einmal  tangiert,  alle  andern  Punkte  treten  weit 
hinter  sie  zurück  ^).  Dementsprechend  ist  der  Abstand  dieser  Punkte  von  dem  von 
der  Halsgrube  gefällten  Lot  bei  der  kapitolinischen  geringer;  er  beträgt  für  die  Brust 
10,6  (Berlin  11,5),  Gürtel  7,8  (Berlin  13,3),  Leib  9,5  (BerHn  15,8),  Knie  hinter  dem 
Lot  1,5  (BerHn  7,5  cm  davor),  und  Fußspitze  6,8  (Berlin  13,6)  cm.  Bei  dieser  Haltung 
sind  die  Grundlagen  für  Fall  und  Drapierung  des  Gewandes  derartig  andere,  daß 
auch  die  größte  mißverständliche  Korrektur  daraus  nicht  ein  Werk  wie  die  Berliner 
Amazone  hätte  zustande  bringen  können.  Das  Mißverständnis  scheint  nicht  bei 
deren  Meister,  sondern  bei  ihrem  Kritiker  zu  liegen,  der  ohne  ein  Abhängigkeitsver- 
hältnis nicht  auszukommen  vermag.  Aber  die  hier  vorgelegte  Prüfung  und  Ver- 
gleichung  der  beiden  Typen  verpflichtet  uns  im  Gegenteil,  sie  von  jeglicher  derartigen 
Beziehung  zueinander  zunächst  einmal  zu  befreien.  Voraussetzung  dafür  ist  freilich, 
daß  wir  auch  uns  selbst  befreien  von  jeglicher  Suggestion,  wie  sie  der  allzu  schnelle 
Wunsch  nach  einem  Künstlernamen  so  leicht  herbeiführt.  Und  unter  dieser  Voraus- 
setzung wollen  wir  auch  an  die  Kritik  der  dritten  Amazone  herangehen. 


VH.    Die    Amazone    Mattei. 

An  dieser  wird  manches  schon  auf  den  ersten  Blick  natürlicher  erscheinen. 
Dahin  gehört  vor  allem  die  Bedeckung  der  ganzen  rechten  Brust  (s.  o.  S.  142).  Der 
übergürtete  Bausch  —  in  der  oben  beschriebenen  Weise  nicht  erst  durch  Herauf- 
ziehen über  den  unteren  Gürtel  entstanden  • —  zeigt  ringsherum  einen  gleichmäßigeren 
Überfall,  es  fehlt  die  absichtliche  Kürzung  und  Hebung  vorn  über  dem  Leib.  Es  ist 
ferner  richtig,  daß  er  unterhalb  des  Köchers  nach  vorn  hin  sichtbar  bleibt,  wie  es 
die  römischen  Exemplare  (ß  und  7)    deutlich  zeigen,   während  diese  Stelle  an  dem 

')  Der  Vorsprung  vor  diese  Lotlinie  beträgt  bei  der  3,25  cm.    Bei  der  Amazone  Kapitel  liegen  hinter 

Amazone  Berlin  für  die  Gürtelmitte  2,5,  den  Leib  ihr  der  Gürtel  um  2,8,  Oberschenkel  ca.  4,5,  Knie- 

4,75,  Oberschenkel  (Standbein)  2,85,  Fußspitze  scheibe  12,1  und  Fußspitze  3,8  cm. 


F,  Noack,  Amazonenstudien.  jc^ 


Torso  in  Trier  (C)  stark  verwischt  ist.  Das  herabgesunkene  Schulterstück  ist  nur 
vorn  zwischen  Hüfte  und  Köcher  hereingerutscht,  fällt  im  übrigen  über  dessen  Rücken 
nach  außen.  Die  das  Gewand  im  allgemeinen  wohl  besser  treffende  Trierer  Kopie 
(Fr.-W.  S.  238)  läßt  diesen  Übertall,  wie  auch  die  Skizze  Jahrb.  I,  36  zeigt,  den 
Köcher  stärker  bedecken  und  gibt  vor  allem  seinen  Zusammenhang  mit  der  vorderen 
Partie  in  einem  zuverlässigeren  Rest.  Wie  aber  seine  Faltenzüge  über  dem  hinteren 
Köcherrücken  aufliegen  (Abb.  7),  so  zeigen  sie,  daß  auch  dieser  Künstler  nicht  zwei 
voneinander  gelöste  Gewandflügel  darstellen  wollte :  der  Zusammenhang  des  Stoffes  ist 
da  unverkennbar  gewahrt.  Bei  einer  wirklichen  Lösung  des  Gewandes  auf  der  Schulter 
wäre  der  Zipfel  des  hinteren  Flügels  nicht  so  weit  nach  außen  auf  den  Köcher  hinüber, 
sondern  unmittelbarer  am  Rücken  herabgesunken.  Seine  nach  außen  umgeklappte 
Partie  würde  steil  nach  unten  hängen.  Wir  brauchten  dies  nicht  einmal  durch  einen 
praktischen  Versuch  zu  beweisen :  die  Bronzestatuette  von  Bavai,  die  sich  im  übrigen 
mit  unserer  Statue  vielfach  zu  berühren  scheint  (s.  u.),  kann  uns  diese  gelösten  Ge- 
wandzipfel, wie  wir  es  uns  nicht  besser  wünschen  können,  zeigen  ^).  Statt  einer 
solchen  Trennung  ist  an  der  Amazone  vielmehr  die  schräge  Gewandlinie  hier  gerade 
so  ungestört  durchgeführt  wie  am  Berliner  Typus,  und  das  kam  eben  nur  zustande, 
wenn  der  Zusammenhang  mit  der  Vorderseite  erhalten  geblieben  war.  Wir  haben 
somit  auch  hier  die  Tradition  von  der  gelösten  Schulterspange  (Jahn  S.  45,  Michaelis 
S.  39)  aufzugeben. 

Fragen  wir  nach  der  bisher  befolgten  Methode  auch  diesmal  nach  dem  Anlasse 
der  Entblößung,  so  bleibt  uns  die  Figur,  wenn  man  ihr  Motiv  gleichfalls  in  der  Er- 
mattung (s.  Michaelis  43)  oder  in  der  Verwundung  sucht  (Wolters,  Fr.-W.  237  und  — 
gegen  Michaelis  und  Furtwängler,  M.-W.  298,  2  —  auch  Handb.^0265,  Sybel,  Weltg. 
d.  K.  S.  196,  sowie  neuerdings  auch  Bulle  a.  a.  0.  308),  eine  einleuchtende  Antwort 
doch  wohl  schuldig.  Wie  wenig  notwendig  die  Entblößung  in  einem  solchen  Falle 
gewesen  wäre,  kann  ein  Blick  auf  den,  in  der  Bronzestatuette  von  Bavai  dargestellten, 
verwundeten  Krieger  lehren  (Gazette  d.  b.  arts  1905,  S.  196  f.,  Springer-M.-W. 
Handb.  ^o  293).  Eher  ließe  sich  noch  bei  der  zu  irgendeiner  Kraftäußerung  sich  vor- 
bereitenden Amazone  verstehen,  daß  der  Chiton  herabgestreift  sei,  um  »dem  Arm 
völlig  freie  Bewegung  zu  verstatten«  (Michaelis  45).  Doch  wird  man  damit  die  Deu- 
tung auf  eine  »SjDringerin«  gewiß  nicht  stützen  wollen.  Denn  wirklich  zur  Ent- 
blößung kann  auch  dieser  Anlaß  wohl  nicht  zwingen.  Andrerseits  fehlt  der  Figur 
auch  wieder  völlig  jene  auf  den  Körper  gerichtete  Drapierung  und  Stilisierung  des 
Gewandes,  die  für  die  Berliner  Amazone  bezeichnend  ist.  So  läßt  sich  also  der  Frage 
nicht  ausweichen;  ob  hier  bereits  ein  für  die  Erscheinung  der  Amazonen  typisches, 
von  einer  vorangehenden  Kunst  ausgebildetes  Motiv  vorliege.  Eine  Entscheidung 
darüber  werden  wir  erst  später  versuchen  können.  Wir  sind  mit  dem  Gewand  noch 
nicht  zu  Ende. 

»Eigentümlich  ist  dieser  Statue,  daß  der  über  den  linken  Schenkel  fallende  Teil 
des  Chiton  in  die  Höhe  genommen  ist,   um  das  Bein  freizumachen,   und  der  Zipfel 

*)  Sie  sind  hier  sogar  mit  kleinen  (aus  Kupfer  eingesetzten)  Gewichtsquästchen  beschwert. 


154 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


in  den  Gürtel  gesteckt,  wodurch  auch  am  rechten  Bein  das  Gewand  in  die  Höhe  ge- 
zogen wird,  was  einen  sehr  schönen 
Faltenwurf  hervorbringt«  (Jahn  45). 
Klügmann,  der  darin  zuerst  den 
Zweck  erblickte,  »beide  Beine  zu 
freierer  Bewegung,  zu  stärkerem 
Auseinandertreten  (für  den  Sprung) 
geschickter  zu  machen«  (326), 
hat  »diese  eigentümliche  Auf- 
schürzung« auch  zuerst  »nicht 
wenig  kompliziert«  genannt;  wes- 
halb, hat  er  uns  jedoch  verschwiegen. 
Deutlicher  spricht  sich  Bulle  darüber 
aus.  Auch  er  hat  mit  dem  gleichen 
Urteil  diese  Anordnung  belegt.  Der 
Bausch  sei  künstlich  vom  linken 
Oberschenkel  fortgezogen  und  als 
breite  Masse  nach  der  rechten  Hälfte 
verdrängt,  damit  so  »die  andere 
schmerzende  Körperhälfte  für  das 
Auge  gewissermaßen  noch  mehr  (als 
es  nämlich  durch  die  dort  hochge- 
zogene Stoffmenge  schon  geschehen) 
entlastet  und  erleichtert«  werde. 
Natürlich  kann  auch  Bulle  nicht 
meinen,  daß  der  Bausch  über  dem 
linken  Oberschenkel  vollständig 
fortgezogen,  d.  h.  unterbrochen  sei; 
seine  erste  sichtbare  Mittelfalte  am 
Exemplar  Mattei  (7)  zeigt  ja  deut- 
lich, daß  er  sich  unter  dem  herauf- 
gesteckten Stoffe  fortsetzte.  Aber 
wir  kommen  überhaupt  mit  der 
Vorstellung  aus,  daß  diese  hochge- 
zogene Stoffmenge  allein  genügte, 
um  den  von  ihr  überdeckten  Teil 
des  Bausches  flachzudrücken.  Auch 
am  Modell  ergibt  sich  das;  auch  da 
drückt  der  hochgenommene  Stoff 
den  Bausch  nieder,  und  dieser  quillt 
unmittelbar  daneben  in  stärkerem 
Relief  hervor.  Die  Wirkung,  die  sich  Bulle  vermittelst  eines  besonderen  Eingriffs 
in  die  natürliche  Drapierung  bewirkt  denkt,  war  tatsächlich  erreicht,  auch  wenn  die 


Abb.  7.     Amazone  Mattei;  Rückansicht. 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


155 


ganze  jetzt  sichtbare  Partie  des  Bausches  in  dieser  Menge  und  in  dieser  Verteilung 
von  vornherein  existierte.  Auch  wäre 
die  von  ihm  vermutete  komplizierte 
Verschiebung  schwerlich  ganz  ohne 
eine  Wirkung  auf  die  Falten  rechts 
oberhalb  des  Gürtels  zustande  ge- 
kommen. Davon  ist  aber  nichts  zu 
spüren. 

Auch  die  Faltenzüge  an  dem  vom 
Schenkel  heraufgeschlagenen  Stück  er- 
geben sich  beim  praktischen  Versuch 
in  allen  Hauptsachen  wie  an  der 
Statue:  auch  da  überschneidet  der 
starke  Zug  von  hinten  her  (Abb.  8u. 
Beil.  I:b)  die  von  der  Schenkelfront 
nach  der  Seite  führende  Stoffmenge; 
auch  da  spannt  sich  der  große  Falten- 
zug vorn  schräg  hinunter  zum  Stand- 
bein (Schnitt,  Beil.  I:  c)  und  beschreibt 
den  starken  Bogen  kurz  über  dem 
Saum  (Aufriß,  Beil.  11:  Strichpunkt- 
linie). Dies  alles  stellt  sich  bei  der 
Gewandanlage  ganz  natürlich  ein.  Nicht 
mit  derselben  Sicherheit  trifft  es  zu 
auf  die  kleineren  und  schwächeren 
Bogenfalten  darüber  auf  der  Schwellung 
des  rechten  Oberschenkels;  hier  wird 
durch  Stilisierung  etwas  nachgeholfen 
sein.  Überraschend  ist  aber  eine 
andere  Beobachtung.  Trotz  des  stärke- 
ren Zuges  vom  Standbein  schräg  hinauf 
nach  der  Gegenseite,  der  hinten  noch 
stärker  erscheint  als  vorn  (s.  Abb.  7), 
halten  die  Steilfaltengruppen  an  der 
rechten  Seite  (Schnitt  Beil.  I:  dd) 
auch  am  Modell  stand  und  verharren 
in  ihrer  ursprünglichen,  wie  wir  sahen, 
durch  die  erste  Gürtung  gewonnenen 
Geschlossenheit,  obgleich  sich  hier  der 
peplosartige  Schlitz  (e;  vgl.  Abb.  4)  be- 
findet.   Die  hohe  Raffung  an  der  linken 

Seite  reicht  eben  in  ihrer  Wirkung  doch  nicht  so  weit  hinüber.    Ganz  anders  störend 
war  da  der  Einfluß  der  gerafften  Mittelfaltengruppen  am   Berliner  Typus   gewesen 


Abb.  8.     Amazone  Mattei;  1.  Seite. 


I  c5  F.  Noack,  Amazonenstudien. 


(s.  S.  144)  den  darum  der  Künstler  erst  für  seinen  besonderen  Zweck,  der  natürlichen 
Erfahrung  entgegen,  zu  berichtigen  gezwungen  war. 

Demnach  wäre  festzustellen,  daß  die  Gewandung  dieser  Amazone  in  Falten- 
wurf und  Drapierung  der  Wirklichkeit  am  nächsten  steht,  daß  sie  an  keiner  Stelle 
in  der  absichtlichen  Weise  zur  Betonung  der  Formen  des  Leibes  verwendet  ist,  wie 
etwa  bei  der  Berliner  Amazone.  An  und  für  sich  ist  das  Gewand  durchaus  nicht 
besonders  »künstlich  geordnet«  (Fr.-W.  237,  vgl.  Michaelis  46),  und  »berechneter  und 
raffinierter«  (Bulle)  ist  es  höchstens  im  Vergleich  zu  dem  der  kapitolinischen  Ama- 
zone. Und  auch  das  könnte,  wie  wir  erkennen  mußten,  nur  für  den  Vergleich  mit 
deren  Vorderseite  gelten.  Die  Raffung  über  dem  linken  Oberschenkel  ist  aber  zweifel- 
los aus  dem  Gedanken  des  Kunstwerks  heraus  gegeben  und  darum  auch  nicht  in  der 
Weise  einheitsstörend  wie  die  Abänderungen  der  natürlichen  Drapierung  an  der 
kapitolinischen  Amazone.  Denn  die  Amazone  Mattei  stellt  nicht  wie  diese  einen  Zeit- 
punkt der  Handlung  dar,  in  dem  jener  Eingriff  in  die  Drapierung  logischerweise 
noch  nicht  hätte  erfolgt  sein  können.  Sie  konnte  sehr  wohl,  ehe  sie  die  dargestellte 
Haltung  einnahm,  die  Lanze  für  einen  Augenblick  nur  mit  der  einen  Hand  gehalten 
und  mit  der  andern  den  Gewandsaum  heraufgesteckt  haben.  So  umschließt  das 
Gewand  den  Körper  in  voller  Natürlichkeit,  indem  es  seine  Formen  begleitet  und 
deren  organischen  Aufbau  wohl  erkennen  läßt,  ohne  dabei  dem  eigenen  Charakter 
als  bekleidenden  Stoff  irgendwie  etwas  zu  vergeben.  In  kräftigem  Relief  hängen  und 
fließen  die  Faltengrate  herab,  zum  Teil  in  schärferem  Knicke  brechend  und  über 
dem  Gürtel  lockerer  aufgebauscht.  Dazwischen  senkt  sich  der  Stoff,  dem  Körper 
entgegen,  bald  flacher,  bald  tiefer  ein.  Verglichen  damit  betont  die  kapitolinische 
Amazone  mehr  nur  das  umhüllende  Gewand,  und  gibt  der  Berliner  Typus  zu  sehr 
den  Charakter  des  Stoffes  preis.  So  wirkt  bezüglich  des  Gewandes  gerade  die  Ama- 
zone am  harmonischsten,  die  in  der  Haltung  des  Körpers  und  der  Bewegung  seiner 
Glieder  voller  Kontraste  ist. 

Prüfen  wir  auch  an  dieser  Amazone  die  Körperhaltung,  so  gibt  es  zunächst 
keinerlei  Besonderheiten  der  Gewandung,  die  erst  durch  sie  verständlich  würden. 
Denn  das  geraffte  Saumstück  ist  ja  mechanisch  nicht  durch  sie  bestimmt.  An  sich 
betrachtet  ist  die  Haltung  das  Ergebnis  eines  sehr  festen  Aufstützens  auf  die  Lanze. 
Dieses  Motiv  ist  für  die  Gesamtkomposition  unvergleichlich  notwendiger  als  bei  der 
kapitolinischen  Figur.  Das  wird  noch  zwingender  erscheinen,  wenn  man  die  Er- 
gänzungen, Kopf  und  Arme,  beseitigt  (s.  Springer-M. -W.  264  und  unsere  Abb.  7). 
Dann  fordern  die  Einbiegung  zur  linken  Seite  und  die  Drehung  im  Rumpfe  eine 
solche  Stützung  gebieterisch,  sie  würden  ohne  diese  kaum  innerlich  begründet 
erscheinen. 

Diese  Einbiegung  bringt  aber  den  straffen,  steilen  und,  verglichen  mit  der  Berliner 
Amazone,  fast  senkrechten  Anstieg  des  rechten  Körperkonturs  mit  sich.  Denn  damit 
der  Arm  über  den  Kopf  hinüber  zu  genügend  festem  Griff  des  Speeres  auf  der  linken 
Seite  gelangen  kann,  wie  ihn  die  Nattersche  Gemme  (Springer-M. -W.  "  264,  Furt- 
wängler  298)  sichert,  muß  die  rechte  Seite  sich  möglichst  strecken,  muß  die  ganze 
rechte  Achsel  und  Schulterpartie  nicht  nur  steil  aufgereckt,  sondern  auch  näher  an 


F.  Noack,  Amazonenstudien.  157 


den  Hals,  an  die  Mittelachse  des  Körpers  herangedrängt  werden.  Die  Achselhöhle 
kommt  so  fast  senkrecht  über  die  rechte  Brust  zu  stehen. 

Diese  Bewegung  hat  zweierlei  zur  Folge,  was  aus  Beilage  I  besonders  deutlich 
wird :  einmal  das  Herausdrängen  der  rechten  Hüfte  und  des  rechten  Oberschenkels, 
der  nun  stärker  nach  vorn  ausladet  als  selbst  der  Leib  —  wobei  sich  für  das  Gewand 
die  durch  die  Bogenfalten  ausgedrückte  Stauung  ganz  natürlich  ergibt  — ,  sodann 
aber  die  Drehung  des  Rumpfes,  die  sich  in  dem  Zurückweichen  von  Leib,  linker 
Hüfte  und  linker  Brust-  und  Schulterpartie  aus  der  Frontebene  äußert.  Ja,  sie 
kündigt  sich  schon  in  dem  geradeaus  gerichteten  Fuße  und  in  dem  entsprechend  nach 
vorn,  man  möchte  im  Hinblick  auf  die  andern  Amazonen  sagen :  einwärts  gekehrten 
Knie  des  Standbeines  an.  Der  kapitolinischen  Amazone  ist  diese  Drehung  fremd, 
beide  Brüste  liegen  in  gleicher  Front,  und  bei  der  Berliner  Amazone  ist  zwar  auch 
ein  Zurückweichen  der  linken  Rumpfpartie  als  Folge  des  Aufstützens  vorhanden, 
aber  es  ist  merklich  geringer  als  an  der  matteischen  Figur  und  wird  obendrein  noch 
dadurch  etwas  kompensiert,  daß  sich  auch  die  rechte  Hälfte  ihres  Oberkörpers 
stärker  nach  hinten  biegt.  Drücken  wir  wieder  diese  Eigentümlichkeiten  der  Haltung 
durch  einige  Abstände  von  dem  von  der  Halsgrube  gefällten  Lote  aus,  so  tritt  vor 
diese  Senkrechte  hervor: 

die  Fußspitze  des  Standbeines  Berl.  A.  14,3  Matt.  6,15  cm 

die  Kniescheibe  des  Standbeines  ,,      ,,  7>5        n  2,3 

der  Leib „      ,,  15,8        „  10,9 

die  Gürtelmitte ,,      ,,  13,3        ,,  7,4 

die  rechte  Brust ,,      ,,  11,05      ,,  10,9, 

Maße,  die  deutlich  zeigen:  ein  stärkeres  Zurücklehnen  im  ganzen  Oberkörper  und 
ein  größeres  Ausladen  des  Leibes  beim  Berliner,  einen  steileren  Aufbau  beim  mattei- 
schen Typus.  Der  Vorsprung  der  beiden  Brüste  vor  derselben  Lotebene  beträgt 
bei  A.  Berlin:  r.  Brust  11,05  cm,  1.  Brust  10,5  cm,  dagegen  bei  A.  Mattei:  r.  Brust 
10)9  cm,  1.  Brust  6,6  cm,  bei  dieser  also  ein  merklich  größeres  Zurückdrehen  der  linken 
Seite  des  Oberkörpers  als  bei  jener. 

In  scharfem  Gegensatz  hierzu  (und  auch  zur  Ponderation  der  andern  Ama- 
zonen) drängen  sich  nun  auf  derselben  Seite  unten  Oberschenkel  und  Knie  beträcht - 
hch  vor,  um  so  beträchtlicher,  als  das  Spielbein  nicht  nur  einfach  bis  zur  Fluchtlinie 
des  Standbeinfußes  vorgeschoben,  sondern  die  Sohle  auch  noch  gelüftet  ist  (Abb.  8).  Bei 
ganz  aufgesetzter  Sohle  würde  das  Bein  nicht  unwesentlich  zurücksinken.  Durch  die 
jetzige  Standweise  ist  eine  bewußt  chiastische  Anordnung  der  Glieder  geschaffen, 
vergleichbar  derjenigen,  die  Bulle  a.a.O.  176  f.  am  Tübinger  Hoplitodromen  fein 
hervorgehoben  hat:  r.  Bein  und  1.  Schulter  treten  zurück,  1.  Bein  und  r.  Schulter 
treten  vor.  Auch  das  kann  ein  Vergleich  von  unterem  und  oberem  Schnitt  in  Beilage  I 
erläutern.  Deutlich  zeigt  sich,  wie  sehr  der  linke  Oberschenkel  (mit  der  gerafften 
Stoffmenge  f  g  h)  sowie  das  linke  Knie  gegenüber  dem  von  seinem  Stoffe  (A  k  1)  dicht 
umschlossenen  Standbein  heraustreten,  wie  die  rechte  Brust  (a)  sich  vorschiebt  vor 
der  linken  (a^).    Beide  Schnitte  stehen  trotzdem  mehr  übereinander  als  bei  der  Ber- 


ic8  F.  Noack,  Amazonenstudien. 


liner  Amazone.  Die  Figur  ist  eben  im  ganzen  Aufbau  steiler  und  gerader,  weil  ihr 
Oberkörper  sich  nicht,  wie  dort,  in  ganzer  Breite  gegen  den  Unterkörper  zurücksetzt. 
Noch  viel  einfacher  erscheint  im  Bilde  ihrer  beiden  Schnitte  die  kapitolinische  Ama- 
zone, die  fast  senkrecht,  nur  mit  einer  leisen  seitlichen  Verschiebung,  übereinander- 
lagern.  So  ist  der  Rhythmus  der  matteischen  Figur  in  der  Tat  komplizierter  als  der 
der  anderen  Amazonentypen.  Mehr  aber  noch  als  bei  der  Tübinger  Bronze  scheint 
er  mir  hier  gewonnen  aus  dem  sachlichen    Inhalt  der  Figur. 

»Gelockert«  hat  Michaelis  diese  Stellung  des  Beines  genannt,  und  Bulle  hat 
betont,  in  wie  »merkwürdiger  und  eigenartiger  Weise  es  locker  nach  vorn  gesetzt  ist, 
so  daß  sich  das  Knie  nach  innen  einbiegt.  Die  Zehen  berühren  nur  eben  den  Boden, 
alle  Muskeln  des  Beines  sind  völlig  entspannt«.  Auf  dem  in  der  Tat  sehr  auffälligen 
Gegensatz  zwischen  diesem  bewegteren  Gliede  links  und  den  gestrafften,  ruhigeren 
Partien  rechts  muß  der  Sinn  des  Kunstwerks  beruhen. 

Nun  ist  es  aber  für  den,  der  bildliche  Tradition  und  Typenentwicklung  in  der 
griechischen  Kunst  bedenkt  und  immer  wieder  auf  das  zähe  Festhalten  des  einmal 
gefundenen  und  für  gut  befundenen  Motives  stößt,  doch  eigentlich  unmöglich,  sich 
über  das  hinwegzusetzen,  worauf  Wolters  und  Bulle  hingewiesen  haben :  daß  nämlich 
mehrere  antike  Bildwerke  eine  unserer  Amazone  nahe  verwandte,  in  wichtigen 
Einzelzügen  gleichartige  Haltung  zeigen,  die  stets  durch  eine  Verwundung  am  Bein 
bzw.  Oberschenkel  begründet  ist.  Wir  können  dieser  Frage  nicht  aus  dem  Wege  gehen. 

VIII.    Das    Standproblem  der  Amazone  Mattei. 

Zwei  Kunstwerke  von  sehr  verschiedener  Qualität  sind  es,  auf  die  Bulle  seine 
Deutung  der  Amazone  gestützt  hat.  Aus  der  Bronzestatuette  in  St.  Germain  tönt 
uns  noch  eine  volle  Harmonie  griechischer  schaffender  Kunst  entgegen.  Aber  das 
bescheidene  Kunstgebilde  des  pompejanischen  Zimmermalers,  der  verwundete,  vom 
Chirurgen  behandelte  Äneas  (Heibig,  Camp.  Wandmal.  Nr.  1385,  Untersuchungen 
S.  6  und  89,  Phot.  Sommer  6329),  möchte  wohl  mancher  als  eine  allzu  trübe  Quelle 
aus  dieser  Betrachtung  großer  Kunstwerke  am  liebsten  ausgeschaltet  sehen.  Denn 
könnte,  was  das  Bild  an  Ähnlichkeiten  bietet,  sein  Maler  0  nicht  aus  irgendeinem 
beliebigen  Kunstwerk  seiner  Tage  übernommen  haben?  Indessen  über  ein  solches 
Zufallswalten  wird  das  Bild  doch  hinausgerückt  nicht  nur  durch  das,  was  im  allge- 
meinen über  mögliche  Beziehungen  pompejanischer  Gemälde  zu  griechischen  Vor- 
bildern heute  feststeht,  sondern  weil  einzelne  Besonderheiten  seiner  Hauptgruppe, 
wie  ich  glaube,  erst  in  nachweisbaren  Kompositionen  griechischer  Kunst  ihre  Er- 
klärung finden  und  die  Beziehung  zu  diesen  auch  für  die  Lösung  des  Problems,  das 
unsere  Amazone  stellt,  nicht  gleichgültig  ist.  Die  beistehende  Abbildung  9  erübrigt 
eine  Beschreibung. 

Mit  Helbigs  Hinweis  auf  den  verwundeten  Adonis  des  Reliefs  Spada  (Braun, 
Zwölf  Basreliefs  Taf.  II  =  Schreiber,  Hellenist.  Relief bilder  Taf.  IV)  ist  der  Äneas 
des  Bildes  nicht  erklärt.    Ganz  abgesehen  davon,  daß  jener  bis  auf  den  im  Rücken 

')  Als  er  das  Bild  »aus  verschieden  anderswo  vorkommenden  Motiven  zusammengearbeitet«  hat  (Heibig  6). 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


159 


hängenden  Mantel  völlig  nackt  ist,  so  steht  er  auch  allein,  der  rechte  Arm  greift,  aus 
der  Schulter  heraus  hochgereckt,  am  Speer  hinauf,  der  linke  faßt  quer  vor  der  Brust 
nach  dem  Speer  hinüber,  und  es  ist  der  rechte  Unterschenkel,  der,  bei  stärker  geboge- 
nem Knie  zurückgesetzt,  die  Wunde  trägt.  So  ist  nicht  nur  der  Gesamtrhythmus 
der  Figur,  sondern  auch  die  Stelle  der  Verwundung  verschieden.  Hätte  der  Maler 
aber  aus  eigener  Willkür  die  Wunde  auf  den  Oberschenkel  verlegen  sollen.?  Denn 
aus  der  Schilderung  bei  Vergil  ergab  sich  diese  nicht  i).  Und  doch 
ist  beim  Gewand  des  Äneas  ausdrücklich  auf  diese  Lage  der  Wunde  Rücksicht 
genommen.  Überhaupt  ist  dieses  Gewand  sehr  auffallend.  Heibig  sah  darin  nur 
eines  der  Mittel  des  Malers  zur  »realistischen  Charakteristik«,  aber  gerade  in  dem  Ge- 
wand berührt  sich  die  Figur  noch  mehr 
als  in  der  Haltung  und  eigenartigen 
Stellung  des  vorgesetzten  Beines  mit 
der  Amazone. 

Von  der  Schulter  herabgestreift, 
aber  zusammenhängend,  nicht  in  zwei 
Flügel  gelöst,  fällt  diese  »tunica«,  die 
in  Wahrheit  ein  echt  griechischer,  ärmel- 
loser Chiton  ist,  die  Brust  schräg  über- 
schneidend, auf  die  Hüfte  des  ver- 
wundeten Beines,  genau  wie  bei  der 
Amazone.  Der  übergürtete  Bausch  hängt 
ebenso  breit  und  gleichmäßig  vor  dem 
Leib  herab,  über  dem  vorgedrängten 
rechten  Oberschenkel  ist  der  Stoff  zu 
gleicher  Höhe  und  im  gleichen  Bogen 
aufgenommen,  während  er  an  der  Gegen- 
seite in  einigen  Steilfalten  lose  vom 
Körper  abhängt!    Es  fehlt  lediglich  der 


in     den    Gürtel     hinaufgesteckte    Zipfel 


Abb.  9.     Der  verwundete  Äneas,  Pompeji. 


und  fehlen  die  gestauten  Bogenf  alten  über 

dem  Oberschenkel  des  Standbeines.  Wir  brauchen  uns  nur  noch  den  goldenen  Panzer 
unter  der  »tunica«  hinwegzudenken,  um  dasunrömische,  griechische  Vorbild  derÄneas- 
figurvor  uns  zu  sehen  —  wozu  uns  schon  Helbigs  glücklicher  Hinweis  auf  Plinius' Worte 
34,  18:  »Graecares  nilvelare,  at  contra  Romana  acmilitaresthoracesaddere«  die  Freiheit 
gegeben  hat.  Diese  Übereinstimmung  mit  der  Eigenart  des  Amazonengewandes  ist 
aber  groß  genug,  um  uns  an  irgendwelche  nähere  Beziehung  zwischen  beiden  Werken 
denken  zu  lassen.  Sie  geht  über  die  rein  äußerliche  Gleichheit  hinaus.  Nicht  nur  trägt 
Äneas  ohne  ersichtlichen  Grund,  wir  dürfen  sagen,  den  Chiton  einer  Amazone,  die 
Amazone  zeigt  auch  ihrerseits  diesen  Chiton  in  einer  Weise  gerafft,  die,  bei  ihr  uner- 
klärt, nur  am  Äneas  durch  die  Verwundung  am  Oberschenkel  deutlich  begründet  ist. 


')  Vgl.  Aen.  XII  319  f.,  387  f.,  398  f.  V.  746/7  weisen  auf  eine  Verwundung  am  Fuß  (Ladewig -Schaper  zu  V.  386). 


j  50  F.  Noack,  Amazonenstudien. 


Wegen  der  gleichartigen  Entblößung  des  Oberschenkels  hatte  schon  Wolters  (Fr.-W. 
S.  237)  einen  unzweifelhaft  ebenso  Verwundeten  vom  Friese  von  Gjölbaschi  zur 
Deutung  der  matteischen  Statue  herangezogen.  Aber  erst  die  eindeutige  Klarheit, 
mit  der  das  pompejanische  Bild  zu  uns  spricht,  kann  außer  Zweifel  stellen,  daß  in 
der  Amazone  Mattei  wirklich  die  am  Oberschenkel  verwundete  Kriegerin  dargestellt 
sein  sollte.  Durch  BuUes  Vorschlag,  sich  an  den  Kopien  die  Wunde  durch  Malerei 
angedeutet  zu  denken,  wird  auch  das  letzte  Hemmnis  einleuchtend  weggeräumt. 
Nur  bei  einer  solchen  Deutung  scheint  sich  der  Eindruck  des  Suchenden  und  Tasten- 
den des  linken  Beines,  den  auch  diejenigen  anerkannten,  die  in  der  Amazone  die 
>>Springerin«  gesehen  haben  (Michaelis  44,  Furtwängler,  Klein  II,  62  u.  a.),  mit  dem 
starken  Kraftaufwand  auf  der  andern  Seite  wirklich  ohne  Rest  zu  vertragen.  Wird 
doch  erfahrungsgemäß  durch  das  Bewußtsein  einer  solchen  Schwäche  auf  der  einen 
Seite  die  Kraftanstrengung  der  andern  übertrieben  gesteigert. 

Trotzdem  bleibt  die  Grundlage  dieser  Deutung,  die  man  sich  möglichst  trag- 
fähig  wünschen  muß,  immer  etwas  unsicher,  solange  wir  uns  keinerlei  Rechen- 
schaft darüber  geben  können,  wie  in  aller  Welt  die  Besonderheiten  der  Tracht,  die  an 
der  Amazone  allein  am  Platze  scheinen,  sich  zu  dem  pompejanischen  Äneas  verirrt 
haben  sollten.  Ein  Versuch  wenigstens  muß  gewagt  werden,  diesen  Weg  noch  auf- 
zuklären. 

Die  Vergilische  Szene  gibt  eine  ganz  andere  Vorstellung :  da  stützte  sich  Äneas 
lediglich  auf  seine  Lanze,  Ascanius  stand  weinend  mit  vielen  andern  dabei,  v.  398: 
stabat  acerba  fremens  ingentem  nixus  in  hastam^  /  Aeneas,  magno  iuvenum  et 
maerentis  luli  /  concursu :  also  nicht  der  geringste  Anhaltspunkt  für  eine  Gruppe, 
wie  sie  das  Bild  enthält.  Wird  man  aber  eine  doch  so  überlegte  Komposition  von 
der  eigenen  Kunst  eines  Malers  erwarten,  der  man  im  übrigen  so  wenig  zutrauen 
kann }  Zumal  wenn  sich  eine  Quelle  zeigen  läßt,  in  der  auch  d  i  e  Motive  standen, 
die  in  der  Dichtung  nicht  zu  finden  waren.  Denn  die  Hauptgruppe  des  Bildes  weist 
ganz  deutlich  auf  die  berühmte  Szene  des  von  einem  Genossen  aus  Jagd  oder  Kampf 
weggeführten  Verwundeten,  die  in  der  kalydonischen  Jagd  und  im  Amazonenkampf 
Gjölbaschi  (Benndorf,  Gjölb.  Taf.  VII  B.  I,  XV  A,  15)  sowie  in  Phigalia  (ebenda 
Textband  1889  S.  144,  Abb.  117,  Overbeck,  Gr.  PI.  4  I,  Fig.  131,  Ost  18)  in  drei  ver- 
schiedenen Abwandlungen  eines  gemeinsamen  Urbildes  vor  uns  steht.  Man  hat  sich 
gewöhnt,  Übereinstimmungen  dieser  Friese  in  Motiven  und  Typen  unter- 
einander sowie  mit  bestimmten,  wohlbekannten  Vasenbildern  aus  einer  Abhängig- 
keit aller  von  der  gemeinsamen  Vorlage  monumentaler  Wandmalereien  zu  erklären. 
Die  Berechtigung,  so  zu  schließen,  ist  an  sich  nicht  abzuweisen,  auch  wenn  man  gut 
tun  wird,  das  in  jedem  Fall  erneut  zu  prüfen.  Die  Vermittlung  mag  man  sich  denken, 
wie  man  will,  und  so  verschiedenartig,  wie  es  die  Bearbeitungen  im  einzelnen  oft  sind. 
Denn  trotz  solcher  Verschiedenheiten  wird  man  doch  z.  B.  nicht  daran  zweifeln  können, 
daß  der  Freiermord  von  Gjölbaschi  und  der  Wiener  Skyphos  auf  ein  und  dasselbe 
Wandbild  Polygnots  in  Platää  zurückgehen.  Den  Wert  des  Äneasbildes  für  jene  drei 
Reliefgruppen  möchte  ich  nun  darin  sehen,  daß  jenes,  weil  bei  aller  Verwandtschaft 
doch    natürlich    von    ihnen    unabhängig,     nur  über    sie   hinweg    zu    einem    allen 


F.  Noack,  Amazonenstudien.  jgj 


gemeinsamen  Originale  führen  kann.  Diese  Originalgruppe  aber  kann  auch  ohne- 
dies nicht  gut  anderswo  gesucht  werden  als  in  der  vorperikleischen  Kunst,  und  hier 
wieder  am  ehesten  in  der  großen  Malerei.  Wie  ihre  Überlieferung  bis  zu  dem 
pompejanischen  Wandmaler  gelangt  w'äre,  ist  natürlich  nicht  auszumachen  und 
für  uns  auch  nebensächlich. 

Daß  die  Maler  des  polygnotischen  Kreises  das  Sichstützen  des  einen  auf  Schulter 
und  Hals  des  andern  in  Stand  wie  in  Bewegung  verschiedentlich  versucht  haben, 
lehren  uns  Prachtstücke  »polygnotischer«  Vasenbilder,  wie  die  Pariser  Mänaden- 
Amphora  (Furtw. -Reichhold  Taf.  'j'j)  und  der  Orpheuskrater  von  Gela  (50.  Berl. 
Winck.-Progr.  Taf.  II,  Bulle,  D.  schöne  M.  305)  ^).  In  ihren  großen  Schlachtenbildern 
mußte  die  Darstellung,  wie  der  verwundete,  an  Fuß  oder  Bein  verletzte  Krieger  sich 
auf  den  Gefährten  stützt  und  von  ihm  unterstützt  wird,  zu  einem  noch  engeren  Zu- 
sammenschluß der  beiden  Gestalten  führen  —  ebenso  wie  ihn  unsere  Gruppen,  nur 
in  verschiedenen  Brechungen,  überliefert  haben.  Als  das  Besondere  aber,  das  sie  alle, 
auch  das  Äneasbild,  übereinstimmend,  also  gewiß  nach  dem  Originale,  geben,  muß 
jener  Rhythmus  in  der  Gestalt  des  Verwundeten  gelten,  um  dessentwillen  ja  auch 
Bulle  die  Amazone  mit  dem  Künstler  der  Statuette  von  Bavai  verband:  überall 
der  Chiasmus  der  vor-  und  zurückgedrängten  Partien  und  die  gleiche  vorsichtige, 
fast  ängstliche  Art  des  Auftretens  des  vorgesetzten,  verletzten 
Beines. 

Es  ist  nun  von  vornherein  nicht  wahrscheinlich,  daß  dieses  Motiv  der  Körper- 
haltung etwa  nur  hier  und  überhaupt  zuerst  in  der  Flächenkunst  behandelt  worden 
sei.  Denn  seine  rhythmischen  Probleme  weisen  auf  die  absolute  Plastik  und  werden 
darum  in  erster  Linie  für  die  Rundfigur  gestellt  gewesen  sein.  Einzelne  Anzeichen 
lassen  sich  noch  finden,  daß  die  Plastik  sich  in  der  Tat  in  eben  jener  Zeit  lebhaft 
mit  ihnen  beschäftigt  hat.  Wenn  man  als  ihr  treibendes  Motiv  den  Wunsch  bezeichnen 
darf,  eine  von  der  normalen  abweichende  Ponderation  der  Standfigur  zu  gewinnen, 
die  eine  reichere  Bewegtheit  und  stärkere  Kontraste  in  den  Rumpfpartien  ergeben 
und  dabei  doch,  im  Gegensatz  zu  myronischen  Gestalten,  in  den  Grenzen  ruhiger 
Haltung  verbleiben  sollte,  so  kann  man  wohl  in  dem  zur  Perserzeit  neugefundenen 
Rhythmus  der  Tübinger  Statuette  (o.  S.  157)  einen  Ausgangspunkt  dafür  erkennen, 
dem  andere  Versuche  folgen,  die  sich  schrittweise  einer  Lösung  nähern.  Das  am  unver- 
wundetenPankratiasten  versuchte  »tastende  Vorstrecken«  des  Fußes  ( Springer -M.-W.  '^ 
248)  und  sodann  die  damit  verwandte,  aber  durch  die  Einführung  der  Verwundung 
am  Bein  und  der  Stütze  neu  motivierte  Stellung  des  Philoktet  —  wenn  man  sich 
auf  das  Zeugnis  etruskischer  Gemmen  stützen  kann  2)  —  mögen  uns  Etappen  dieser 
Entwicklung  verraten.  Die  durch  die  besondere  Art  der  Verwundung  gelieferte 
Stütze  wurde  alsbald  in  den  Dienst  des  künstlerischen  Aufbaus  hineinbezogen.  Durch 
sie  wurden  Arm  und  Schulter  gewissermaßen  am  Boden  fest-  und  also  etwas  zurück - 

")  Vgl.  auch  die  Gruppe  von  Ankaios  und  Astypale  Figuren  wie  Memnon-Sarpedon    Paus.   X  31,   5 

(Plinius  35,  138)  nach  Benndorfs  einleuchtender  kommen  dagegen  hier  nicht  in  Betracht. 

Erklärung  a.  a.  O.  114.    Solche  Gruppen  sitzender        »)  Furtwängler,    Antike    Gemmen    XXXI,    10    = 

I^chat,   Pythagoras   S.   88,  Springer -M.-W.   ">  Fig.  461. 


l62 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


gehalten,  während  gleichzeitig  das  Bein  derselben  Seite  sich  vorschob  ^).  Für  die 
Vertikaldrehung  im  Rumpf  und  den  sich  daraus  ergebenden  Chiasmus  war  dadurch 
die  erwünschte  Begründung  aus  der  Situation  heraus  gewonnen :  die  komplizierte 
Haltung,  aus  rein  künstlerischer  Absicht  erstrebt,  war  in  vollen  Einklang  zum  Sinn 
und  Inhalt  der  Figur  gebracht. 

Auch  diese  Stütze,  jetzt  ein  Speer,  erscheint,  und  zwar  ebenfalls  in  Verbin- 
dung mit  dem  gehobenen  Unterarm,  in  den  Reliefgruppen  und  im  Äneasbild.  Die 
hierdurch  noch  erhöhte  Ähnlichkeit  zwischen  dem  Verwundetentypus  ihres  gemein- 
samen Urbildes  und  jenem  gleichzeitigen  statuarischen  Motiv  drängt  die  Frage  nach 
einer  engeren  Beziehung  auf.  Es  wird  freilich  dem  einzelnen  überlassen  bleiben 
müssen,  in  welchem  Umfange  er  sich  die  Beziehungen  zwischen  der  großen  Malerei 
jener  Tage  und  der  gleichzeitigen  Skulptur  vorstellen  will.  Wo  Beweise  fehlen,  wird 
man  die  Rolle  des  Erfindenden  und  Gebenden  nicht  zu  ausschließlich  nur  auf  einer 
Seite  suchen  dürfen.  In  Zeiten  starker  künstlerischer  Produktivität  Hegen  bestimmte 
Probleme  sozusagen  in  der  Luft,  und  es  wird  nicht  häufig  zu  ergründen  sein,  ob  der 
zündende  Funke  hier  oder  da  zuerst  oder  nicht  etwa  unabhängig  an  beiden  Stellen 
zugleich  entsprang.  Was  in  unserem  besonderen  Falle  für  eine  Abhängigkeit  auf  der 
Seite  des  Schöpfers  der  Amazonengruppe,  also  des  Malers,  sprechen  kann,  ist  die 
schon  angedeutete  Überlegung,  welche  eine  Priorität  der  Plastik  in  der  Behandlung 
der  rhythmischen  Probleme  dieses  Verwundetenmotivs  wahrscheinhch  macht.  Daß 
in  ein  Werk  der  Flächenkunst  ein  rasch  berühmt  gewordenes  Statuenmotiv- hinein- 
gearbeitet wird,  ist  zu  allen  Zeiten  geschehen  und  würde  auch  der  schöpferischen 
Leistung  des  polygnotischen  Künstlers  keinen  Abbruch  tun.  Die  besonderen  Züge 
dagegen,  die  aus  dem  allgemeineren  Verwundetenmotiv  die  am  Oberschenkel  ver- 
wundete Amazone  in  dem  ausgesprochenen  Amazonengewande  machten,  können 
füglich  nur  im  Rahmen  einer  Amazonenschlacht  hinzugekommen  sein.  Da  auch 
wenigstens  zwei  von  den  Relief gruppen  in  Amazonomachien  stehen  ^),  wird  das 
allen  diesen  Bildern  zugrunde  liegende  Original  nur  eine  Amazonengruppe  gewesen 
sein  können  3).  Auch  die  auffällige  Amazonentracht  des  Aneas  würde  nur,  wenn  sie 
dieses  selben  Ursprunges  ist,  ausreichend  erklärt. 

Diesem  Schlüsse  kommt  die  Geschichte  der  Tracht  entgegen.  Die  Denkmäler 
lassen  kaum  eine  andere  Wahl,  als  daß  es  die  Amazonomachien  des  polygnotischen 


*)  Eine  ganz  ähnliche  Aufgabe  hat  noch  das  Gewand 
der  knidischen  Aphrodite  zu  erfüllen. 

*)  Daß  es  sich  dabei  einmal,  inPhigalia,  um  männ- 
liche Krieger  handelt  und  auch  die  Amazonen  in 
Gjölbaschi  (Benndorf  XV,  A  15)  nicht  genau 
die  Tracht  des  Äneas  und  unserer  Amazone 
zeigen,  braucht  uns  nicht  zu  beirren;  es  beweist 
nur  wieder,  daß  in  den  Friesen  sehr  verschieden- 
artige Abwandlungen  möglich  waren. 

3)  Man  wird  diesen  Schluß  auch  heute  noch  damit 
unterstützen  können,  daß  vor  der  Entstehungszeit 


unserer  Amazonenstatue  die  Amazonen  überhaupt 
nur  im  Zusammenhang  mit  andern  Gestalten  und 
»als  Glieder  einer  größeren  Komposition«  in  der 
Kunst  aufgetreten  waren  (Loewy,  West.  Monats- 
hefte 1903,  832  £E.,  »Amazonen  in  der  griechischen 
Kunst«).  Auch  die  Wiener  Amazone  ist  nur  in 
Beziehung  zu  einer  zweiten  Figur  zu  verstehen. 
Ob  die  Statue  aus  den  Gärten  des  Sallust  (C.-R. 
de  l'ac.  d.  inscr.  et  b.-l.  1908  S.  277  f.  =  Reinach, 
Rep.  IV  193,  jetzt  auch  in  Kopenhagen)  wirklich 
ein  Original  aus  der  Mitte    des    5.  Jahrhunderts 


vertritt,  ist  mir  noch  fraglich. 


F.  Noack,  Ämazonenstudien. 


163 


Kreises  waren,  die  die  klassischen  Kennzeichen  der  Amazonen,  den  doppeltgegürteten 
Chiton  und  die  Entblößung  der  rechten  Schulter  und  Brust,  zum  ersten  Mal  in  das 
Bild  dieser  Kriegerinnen  fügte  ^).  Die  Erklärung  dieser  neuen  Erscheinung  ist  in 
dem  feinen  Wort  gegeben,  daß  die  Kunst  dieser  Übergangszeit  in  der  Amazone  das 
Weib  entdeckt  habe  ^). 

Diese  abschweifende  Betrachtung  scheint  mir,  trotz  alles  Problematischen, 
das  ihr  anhaften  muß,  doch  soviel  zu  ergeben,  daß  man  die  matteische  Amazone 
aus  der  Nachwirkung  dieses  Kreises  nicht  mehr  lösen  und  nicht  in  allem  und  jedem 
nur  als  eigene  freie  Erfindung  ihres  Meisters  verstehen  können  wird.  Bei  der 
Fülle  von  Motiven,  welche  die  vielbewegten  Bilder  attischer  Amazonenschlachten 
boten,  und  bei  der  starken  Wirkung,  die  diese  weithin  übten,  müßte  es  fast  ein  Wunder 
scheinen,  wenn  nicht  auch  der  Meister  der  Amazone,  bewußt  oder  unbewußt,  bei  dieser 
Aufgabe  in  dem  Zusammenhang  der  typischen  Tradition  gestanden  hätte.  Darum 
war  ihm  doch  ein  neues  und  höheres  Ziel  gesteckt:  das  Wesen  der  besiegten  Amazone, 
außerhalb  eines  jeden,  das  Verständnis  erleichternden  Zusammenhangs,  in  der  Ge- 
schlossenheit einer  Einzelstatue  zusammenzufassen. 

In  dem  Stellungsmotiv,  das  er  dazu  wählte,  muß  ihn  gerade  das  Problem  des 


')  Es  würde  nicht  genügen,  an  den  Schild  der  Par- 
thenos  oder  den  Chiton  des  Apobaten  und  ähn- 
liches am  Parthenonfries  (Mich.  Parth.  Taf.  XII, 
45  =  Collignon,  Le  Parth.  114,  Westfries  VIII  = 
ebenda  Taf.  82;  Frauen  mit  entblößter  Brust: 
MetopeX,  XII,  XXIX:  ebenda  Taf.  32,  35)  sowie 
an  einzelne  Krieger  am  Nereidenmonument  zu 
erinnern.  Das  Motiv  ist  hier  überall  schon  kon- 
ventionell. —  Die  archaische  Entwicklung  ist 
bekannt,  vgl.  B.  Graef  bei  Pauly-Wissowa,  R.-E.  I 
1771.  Für  die  jüngerarchaische  skythische  Tracht 
ist  neuerdings  in  dem  Giebelrelief  in  Theben  Ath. 
Mitt.  1905  Taf.  XIII  S.  375  f.  auch  ein  plastisches 
Zeugnis  gekommen.  In  der  Giebelgruppe  aus 
Eretria  (Furtwängler  Aegina  I,  323)  trägt  die 
Amazone  ein  enganliegendes  Koller.  Am  Ausgang 
der  archaischen  Zeit  bietet  die  Wiener  sterbende 
Amazone  uns  das  erste  plastische  Beispiel  für 
eine  ausgesprochen  weibliche  Gewandung  (Furt- 
wängler M.-W.  287  Anm.  2);  aber  diese  ist  noch 
durchaus  die  der  vorhergehenden  Periode.  Erst 
die  große  Flächenkunst  der  nächsten  Zeit  bringt 
die  Änderung.  Hier,  wo  die  Figurenfülle  auch  die 
Forderung  nach  Mannigfaltigkeit  der  äußeren 
Erscheinung  mit  sich  bringen  mußte,  wurde  neben 
neuen  Trachtmotiven,  wie  dem  reichverzierten 
Chiton  aus  schwerem,  ungelenkem  Stoff,  unein- 
geschränkter Gebrauch  gemacht  von  den  ver- 
schiedenen früheren  Formen.  Im  selben  Bilde 
sehen  wir  neben  der  jüngerarchaischen  Skythen - 
Jahrbuch  de$  archäolog'ischen  Instituts  XXX. 


tracht  die  ältere  Hoplitenwehr  und  daneben 
wieder  nur  den  kurzen,  bald  einfach,  bald  doppelt 
gegürteten  Linnenchiton;  zuweilen  trägt  dieselbe 
Figur  sogar  Teile  von  ursprünglich  ganz  ver- 
schiedenen Trachten.  Und  in  diesem  Kreise  treffen 
wir  auch  die  erste  Amazone  mit  entblößter  rechter 
Brust  (Furtwängler -Hauser -Reichholdt,  Gr. 
Vasenmalerei  Taf.  Ii6).  Der  wie  am  Peplos  auf 
der  Schulter  geheftete  Chitonflügel  hat  sich  los- 
gerissen und  flattert  vom  Körper  weg,  der  rechte 
Arm  mit  der  Waffe  ist  hoch  über  den  Kopf  gereckt, 
und  in  diese  so  ganz  unverhüllt  sich  darbietende 
Seite,  dicht  neben  der  Brust,  zielt  der  feindliche 
Speer  —  ebendahin,  wo  die  kapitolinische  Ama- 
zone ihre  Wunde  trägt.  Ebenso  das  Bild  der 
nolanischen  Amphora,  oben  S.  108  Abb.  8.  Im 
Phigaliafries  ist  diese  Tracht  bereits  typisch. 
Dagegen  gehen  die  kleinasiatischen  Friese  aus 
Xanthos  und  Gjölbaschi  bezeichnenderweise  darin 
zusammen,  daß  sie  an  ihren  Amazonen  weder 
die  entblößte  Brust  noch  den  übergürteten  Chiton- 
bausch aufgenommen  haben.  Begreiflich  genug : 
diese  jonische  Körper kunst  hat  die  schlanken 
Leiber  ihrer  Kriegerinnen  mit  der  so  gehäuften 
Gewandfülle  nicht  belasten  wollen.  Sie  ließ  sich 
wohl  in  den  Bewegungsmotiven  beeinflussen  von 
der  großen  Malerei,  behielt  sich  aber  das  Recht, 
diese  nach  ihrer  eigenen  Weise  künstlerisch  zu 
gestalten. 
*)  Loewy  a.  a.  0.  (S.  162  Anm.  3)  836. 


1^4  F.  Noack,  Amazonenstudien. 


bewegten,    kontrastreichen   Rhythmus   angezogen  haben.      Was   dann  seine   Kunst 
daraus  macht,  ist  ein  ganz  großes,  starkes  Werk.     Er  gewinnt  die  Geschlossenheit 
seiner  Figur,  indem  er  die  beiden  Arme  zu  einer  Funktion  vereinigt.     Sein  ist  der 
kühne  Griff  des  erhobenen  Armes  über  den  Kopf  hinüber  zum  oberen  Ende  des 
Speeres.   Die  I^ösung,  die  er  da  wählte,  wäre  nicht  die  einzige  gewesen.   Der  freie  Arm 
der  Standbeinseite  hätte  ebenso  gut  vor  der  Brust  nach  dem  Speer  hinübergreifen 
können.     Allerdings  ist  es  ein  verhältnismäßig  frühes  Beispiel,  an  dem  wir  das  Be- 
mühen,  die  beiden  Hände  auf  einer   Seite  zusammenzubringen,   am  Werke  sehen, 
und  wir  wissen,  daß  die  Rundplastik  es  im  allgemeinen  noch  auf  lange  Zeit  möglichst 
vermieden  hat,  die  Brust  in  dieser  Weise  zu  überschneiden.    Dennoch  war  man  zur 
Zeit  der  Amazonenstatuen,  um  jenes  Ziel  zu  erreichen,  nicht  mehr  nur  auf  den  Weg 
über  den  Kopf  hinüber  beschränkt.     Auch  der  Arm  der  kapitolinischen  Amazone 
greift  vor  der  Brust  vorüber,  ebenso  der  Öleingießer  von  Petworth,  und  am  Orpheus - 
krater  von  Gela  (s.  o.  S.  i6i)  sehen  wir,  daß  lange  vorher  jedenfalls  die  große  Malerei 
sich  vor  solcher  Bewegung  nicht  mehr   gescheut    hatte  ^).      Sie  wäre  demnach  in 
dieser,  immerhin  stets  reliefartigen  Form  auch  für  den  Künstler  der  Amazone  nicht 
unmöglich  gewesen.    Mit  der  neuen  Bewegung  aber  hat  er  eine  für  die  damalige  Zeit 
kühne  und  ungewöhnlich  gewaltsame  Tat  gewagt.     Nicht  nur,  indem  er  den  Arm, 
den  Kopf  umrahmend,  frei  durch  den  Raum  führte  —  die  Spannung  und  Dehnung 
auf  der  Seite  des  Standbeines  ist  davon  nicht  zu  trennen.    Damit  war  aber  ein  noch 
lange  über  seine  Zeit  geltendes  Gesetz  durchbrochen,  das  auf  der  Standbeinseite  die 
Kontraktion  verlangte  (s.  u.  S.  173).     Wir  wollen  lediglich  notieren,  daß  wir  dieser 
abnormen  Ponderation  vor  der  Amazone  Mattei  nur  wieder  in  jener  älteren  Flächen- 
komposition begegnen    und  daß  sie  dort  begründet  ist  durch  die  Gruppierung   der 
Figuren :   denn  die  Verwundete  mußte  dort,  weil  sich  ihr  Arm  hoch  um  Schultern 
und   Hals  der  Gefährtin  schlang,   auch   die   Seite  über  dem   Standbein  notwendig 
dehnen.      Tn  der  Statue  greift  der  Arm  in  gesteigerter  Aufwärtsbewegung  ■ —  fast 
möchte  man  sagen,  wie  um  Ersatz  für  die  Schulter  der  stützenden  Gefährtin  zu 
suchen  —  über  den  Kopf  hinweg  zur  Stütze,  welche  die  verwundete  Seite  bot.    Der 
Arm  auf  dieser  Seite  faßt  nun  aber  nicht  mqhr  an  dem  Schaft  empor,  er  gleitet  an  ihm 
hinab,  die  Senkung  der  Schulter  fortsetzend,  die  durch  die  hochgereckte  Gegenseite 
schon  eingeleitet  war.     W^ährend  sonst  auf  dieser  Seite  (des  Spielbeins)  Hüfte  und 
Schulter  voneinander  wegstreben,  folgen  hier  Schulter  und  Arm  der  Senkung  der 
Hüfte  nach.     Alles  wirkt  wie  nachgebend  nach  unten  und  wie  erschlafft  und  leitet 
den  Blick  auf  das  einknickende,  verletzte  Bein,  während  auf  der  Gegenseite  die  ganze 
aufrechthaltende  Kraft,   aufschießend  vom  Fuß  bis  zum  hochgereckten  Arm,   den 
Körper  strafft  und  spannt.    Das  ergibt  hier  eine  fast  ungebrochene,  ruhige,  gestreckte 
Vertikale,  während  der  Kontur  der  andern  Seite  bewegt  und  unruhig  erscheint.    Auf 
dieser  Seite  vollzieht  sich  die  Handlung  von  Bein  und  Händen,  und  hierher  war  auch 
(wieFurtwängler,  M.-W.  299  bemerkt)  der  Kopf  gerichtet.   So  ergibt  sich  ein  weiterer 
Kontrast  daraus,  daß  sich  mit  der  ruhigen  Linie  zur  Rechten  der  Eindruck  tätiger, 

')  In  der  Plastik  hatte  bis  kurz  vorher  wohl  das  Motiv  des  Bogenschusses  allein  den  Anlaß  und  Zwang 

zu  einer  solchen  Überschneidung  gegeben. 


F.  Noack,  Amazonenstudien.  j^c 


zusammengefaßter  Kraft,  mit  der  lebendigeren  Linie  links  dagegen  der  des  untätigen, 
sich  auflösenden  Ermattens  verbindet. 

Nun  sind  wir  auch  imstande,  das  Verhältnis  der  Amazone  zum  Krieger  von 
Bavaii)  zu  prüfen.  Unleugbar  ist  die  Übereinstimmung  im  straffen  Aufstieg  seiner 
rechten  Seite,  vom  Bein  und  von  den  Steilfalten  an  der  Hüfte  bis  hinauf  zum  hoch- 
gereckten  Arm.  Sie  besteht  ebenso  in  dessen  gleichartigem  Hinübergreifen  über  den 
Kopf,  und  gleich  ist  auch  die  Vereinigung  beider  Arme  am  Speer  auf  der  linken  Seite 
zur  Stützung  der  hier  einknickenden  Gestalt.  Schließlich  besteht  auch  der  ent- 
sprechende Kontrapost  der  Glieder,  obwohl  die  Stellung  der  linken  Schulter  leicht 
verändert  ist. 

Trotzdem  wird  man  damit  der  Statuette  nicht  ganz  gerecht.  Man  empfindet 
einen  gewissen  Gegensatz  zur  Amazone.  So  können  schon  Unterschiede  im  Ge- 
wand nicht  übersehen  werden.  Am  Gewand  des  Kriegers  fehlen  jene  kurzen, 
»enggestellten«,  welligen  Stoff  alten  gänzlich,  auf  die  Furtwängler,  M.-W.  49 
im  Zusammenhang  mit  der  Athena  Medici  hingewiesen  hat.  Das  könnte 
man  aber  immerhin  so  verstehen,  daß  der  Künstler  sich  den  Stoff  des 
Kriegergewandes,  das  überdies  auch,  anders  als  bei  der  Amazone,  auf  den  Schultern 
geknüpft  war,  dichter  und  spröder  gedacht  habe,  nicht  als  den  nachgiebigen,  feinen 
Chitonstoff,  wie  auch  jeglicher  Bausch  und  jede  Übergürtung  fehlt  und  die  Gewand - 
falten  auf  wenigere,  kräftig  durchgeführte  Hauptzüge  beschränkt  sind.  Und  diese 
ließen  sich,  ebenso  wie  die  Faltengruppe  mitten  über  dem  Gürtel,  vielleicht  auch  im 
Stil  der  Amazone,  wiederfinden  ^).  Aber  im  ganzen  wirkt  das  Gewand  weniger  reich 
und  kunstvoll,  scheint  realistischer  empfunden;  dazu  mutet  das  eingerollte  Stück 
zwischen  den  hängenden  Flügeln  an  der  rechten  Seite  an,  wie  wenn  da  etwas  Un- 
verstandenes wiedergegeben  wäre.  Vor  allem  aber  kann  ich  mich  einem  mir  geäußerten 
Bedenken  gegen  die  Gleichheit  der  Haltung  bei  wiederholter  Betrachtung  der  Sta- 
tuette immer  weniger  entziehen. 

Diese  biegt  den  Oberkörpfer  etwas  mehr  vor,  biegt  auch  das  rechte  Bein  etwas 
mehr  im  Knie  —  vgl.  die  Abbildung  a.  a.  0.  199  und  unsere  Abbildung  8  —  und 
kann  den  deshalb  weiter  vorgestellten  Fuß  mit  ganzer  Sohle  aufstellen.  Im  Gegensatz 
zu  der  mehr  reliefartigen  Anlage  der  Amazone  muß  die  des.  Kriegers  räumlicher  er- 
scheinen, mehr  dreidimensional  und  in  dieser  größeren  Natürlichkeit  »lysippischer« 
(im  Sinne  des  Stils,  nicht  der  Datierung),  dagegen  die  Amazone  mehr  zweidimensio- 
nal, für  die  Vorderansicht  berechnet.  Ist  dieser  Eindruck  richtig,  so  rückt  er  die 
beiden  Werke  in  einen  größeren  Abstand  voneinander  und  muß  das  Urteil  über 
das  Verhältnis  zu  demselben  Künstler  entscheidend  beeinflussen.  Es  wird  dann  kaum 
noch  möglich  sein,  beide  Werke  ihm,  ja  auch  nur  derselben  Periode,  zuzuweisen. 
Andrerseits  bestehen  die  oben  hervorgehobenen  Züge  von  Übereinstimmung  mit  der 
Amazone  unvermindert  fort,  so  daß  es  zu  verstehen  wäre,  wenn  man  sich  das  eine 

*)  [Dazu  vgl.  unt.   S.  179,3.      Korrekturnote].  Werkes  zu  Kresilas  gegründet  hat  (Furtwängler, 

*)  Auf    einen    Vergleich    mit   dem    Gewandstil    der  M.-W.  303,   Bulle  a.a.O.  310,   Springer  -  M. -W. 

Athena  von  Velletri  wird  besser  verzichtet,  weil  292),  einer  wiederholten  Prüfung  kaum  standzu- 

die  Merkmale,  auf  die  man  die  Beziehungen  dieses  halten  vermögen. 


l56  ^-  Noack,  Amazonenstudien. 


Werk  nicht  ohne  Kenntnis  des  andern  entstanden  zu  denken  vermöchte.  Die  Ama- 
zone aber  zeigt  in  allem  und  jedem,  auch  in  ihrer  mehr  reliefartigen  Anlage,  den  Stil 
ihrer  Zeit.  So  bliebe  für  die  Statuette  höchstens  die  Lösung,  daß  sie  diejenigen  Eigen- 
schaften, die  diesem  Zeitstil  widersprechen,  empfing,  als  ein  Künstler  ein  strengeres 
Original  dem  Geschmack  und  der  veränderten  Körperanschauung  einer  späteren 
Zeit  anzupassen  suchte. 

Schließlich  würde  der  auf  den  ersten  Blick  gewiß  bestechenden  Deutung  der 
Statuette  auf  den  vulneratus  deficiens  des  Kresilas  (s.  Reinach  a.  a.  O.)^)  neben  den 
stilistischen  Bedenken  doch  auch  immer  das  plinianische :  in  qua  possit  intelligi  quan- 
tum  restet  animae  entgegenstehen,  an  dessen  Erklärung,  wie  sie  Gercke  Arch.  Jahrb. 
VIII  (1893)  113  f.  gegeben  hat,  man  wird  festhalten  müssen.  Für  die  Amazone 
bliebe  darum  die  Frage  noch  immer  offen,  sofern  wir  uns  nicht  dem  fast  einstimmigen 
Urteil  anzuschließen  hätten,  das  bis  in  die  letzte  Zeit  über  die  Autorschaft  des  Kresilas 
und  auch  über  die  matteische  Amazone  in  ganz  anderem  Sinne  verfügt  hat.  Mit 
welchem  Recht,  das  wäre  die  nächste  Frage. 

IX,    Die    Amazone    Polyklets. 

Die  meisten  Gelehrten  haben  im  kapitolinischen  Typus  das  Werk  des  Kresilas 
sehen  wollen,  nur  Botho  Graef  (Jahrb.  12  [1897]  S.  81  f.)  hat  es  in  der  Berliner 
Amazone  gesucht,  nachdem  er,  gestützt  auf  Besonderheiten  der  Haarbehandlung,  den 
Anspruch  Polyklets  an  dem  kapitolinischen  Typus  begründet  hatte,  worin  ihm 
Mahler  und  Klein  mit  weiteren  Gründen  gefolgt  sind.  Wir  werden,  wenn  wir  die  voran- 
gehenden Untersuchungen  nunmehr  zusammenfassen,  diese  beiden  Zuweisungen  an 
Kresilas  ablehnen  müssen  und  damit  den  Weg  zur  matteischen  Amazone  freibekommen. 
Dafür  ist  es  nötig,  zunächst  die  kapitolinische  Amazone  aus  dem  Streite  auszu- 
scheiden. Wenn  wir  sie  für  Polyklet  in  Anspruch  nehmen  und  damit  den  bis  heute 
von  fast  allen  —  gegen  Graef  besonders  von  Amelung  (Berl.  phil.  Woch.  1902,  275  f., 
Vat.  I  S.  T'j)  —  verteidigten  Anspruch  des  Berliner  Typus  preisgeben,  so  geschieht  es, 
weil  auch  ganz  unabhängig  von  Graefs  Beobachtungen  alle  Aussagen,  die  Gewand - 
Stil,  Körperhaltung  und  Körperform  liefern,  das  Urteil  in  die  gleiche  Richtung 
zwingen  2). 

Zunächst  das  Gewand.  Von  polykletischem  Gewandstil  wissen  wir  so  gut  wie 
nichts.  Denn  »die  sehr  ärmliche  Anschauung«,  die  uns  die  argivischen  Münzbilder 
vom  Kultbild  der  Hera  vermitteln,  können  uns  hier  nicht  helfen.  Der  Gewandstil 
der  Berliner  Amazone  weist  aber  einen  ganz  bestimmten  Weg.  Mit  feinster  Über- 
legung  waren  hier,  wie  wir  sahen,  die  von  der  natürlichen  Drapierung  gebotenen 

')  Ihm  beistimmend  Michaelis  und  Wolters,  Handb.  9  Arbeiten  wohl  um  so  mehr,  als  deren  Eintreten 

271,  i"29i.  für  die  kapitolinische  Amazone,  soweit  ich  sehe, 

')  Vgl.  Ath.  Mitt.  31  (1906)  240.  Der  ganz  andere  nur  zum  Widerspruch  gereizt  hat,  hauptsächlich 
Weg,  auf  dem  die  hier  vorgelegten  Ergebnisse  wohl  infolge  der  seltsamen  Beurteilung  des  Ber- 
gewonnen sind,  rechtfertigt  die  Ausführlichkeit  liner  Typus.  —  Auch  P.  Arndt  hat  die  Zu- 
der  Darlegung   auch   nach   Mahlers   und   Kleins  Weisung   der   Berl.  A.    an   Polyklet    bezweifelt: 

Glyptoth.  Ny  Carlsberg  Text  S.  78. 


F.  Noack,  Amazonenstudien.  167 


Mittel  umgebildet  und  gruppiert,  durch  künstliche  Anordnung  ergänzt  und  zu  größerer 
Wirksamkeit  gesteigert,  um  hier  den  Stoff  so  dicht  wie  möglich  über  die  Körperform 
zu  spannen,  dort  Steilfalten  und  Faltenbäusche  so  zu  verteilen,  daß  gewissermaßen 
alles  Verhüllende  klar  auseinandertrete  und  der  organische  Aufbau  und  Zusammen- 
hang der  Glieder  fast  unverhüllt  zur  Erscheinung  käme;  am  Oberkörper  aber  waren 
ganze  Gewandteile  so  fallengelassen  und  raffiniert  verschoben,  daß  übertrieben  und 
unbegründet  viel  vom  Körper  selbst  aufgedeckt  werden  konnte.  Ein  Künstler,  der 
so  verfuhr,  hat  sich  damit  unverkennbar  zu  der  gleichen  künstlerischen  Absicht 
bekannt,  die  im  6.  Jahrhundert  in  jonischer  Kunst  aus  oft  erörterten  Gründen  ent- 
wickelt und  gepflegt  und  damals  schon  von  attischen  Künstlern  übernommen  worden 
war  (Neue  Jahrb.  f.  d.  klass.  Altert.  23,  1909,  233  f.,  Bulle  a.a.O.  225  f.,  251  f.). 
Und  diese  Kunstweise  hatte  sich  im  IpYaaxT^ptov  "Arcixov  auch  gegen  eine  ganz 
andere  Anschauung  von  der  Aufgabe  plastischer  Gewanddarstellung,  die  zur  Perser - 
zeit  auch  die  attische  Kunst  ergrift"  und  über  ein  Menschenalter  bestimmte,  gleichwohl 
erhalten  und  wird  aus  einer  jüngeren,  gereif teren  jonischen  Kunst  immer  neue 
Nahrung  gezogen  haben.  Wenn  Winter,  der  m.  W.  dies  zuerst  (50.  Berl.  W'inck.- 
Progr.  120)  in  kurzen  Sätzen  ausgeführt  hat,  bereits  an  der  Aphrodite  von  Frejus 
(Er.  Er.  473,  Bulle  a.  a.  O.  Taf.  124  S.  264)  »die  Anordnung  des  Gewandes,  das  von 
der  rechten  Schulter  nach  der  linken  Hüfte  herunterfällt  und  die  linke  Brust  freiläßt«, 
den  deutlichen  Anklang  an  den  Gewandstil  der  attisch -jonischen  Frauenstatuen  der 
Pisistratidenzeit  verspürte,  so  muß  für  die  Berliner  Amazone  das  Gleiche  gelten. 
Nicht  für  das  Motiv  an  sich,  das  hier  eine  schon  festgelegte  Tracht  wiedergab,  aber 
für  seine  künstlerische  Gestaltung.  Noch  viel  strenger  als  an  der  Aphrodite  ist  die 
Linie  der  schrägen  Überschneidung  geführt,  und  der  nach  außen  umgeschlagene 
Saum  an  der  rechten  Brust  gemahnt  mit  seiner  eigenen,  ornamentalen  Fältelung 
auffallend  an  die  entsprechende  Partie  der  archaischen  Tracht.  Wenn  wir  oben  die 
Frage  nach  dem  Ursprung  dieses  Zuges  noch  offen  lassen  mußten  (S.  139),  so  dürfen 
wir  nun  auch  sie  gewiß  zugunsten  des  ephesischen  Originals  beantworten.  Man  hat 
ferner  an  der  Aphrodite  mehr  als  einmal  auf  die  senkrecht  niederfallenden  Falten - 
Züge,  insbesondere  auf  den  Einschluß  der  Beine  durch  diese  hingewiesen  und  auf  ihren 
fast  schroffen  Gegensatz  zu  den  weichen  Faltenbogen,  die  sich  bald  nach  oben,  bald  nach 
unten  sich  öffnend  um  die  Schenkel  legen  und  so  klar  »das  Bedürfnis,  diese  Körper- 
teile rund  modelliert  erscheinen  zu  lassen«  (Bulle  264),  zum  Ausdruck  bringen.  Ebenso 
löst  sich  aber  an  der  Nike  des  Paionios  der  geschwungene  Kontur  der  Hüften  aus  der 
Begrenzung  senkrechter  Faltengruppen  heraus,  umschreibt  das  »Faltensystem«  am 
rechten  Bein  dessen  Form  in  noch  strengerer  Gleichförmigkeit,  zeigt  sich,  ohne 
innere  Begründung,  die  linke  Brust  unverhüllt  über  dem  schräg  abfallenden  Peplos- 
saum.  Es  sind  die  gleichen,  man  darf  sagen,  fest  formulierten  Mittel,  die  sich  bei 
aller  Verschiedenheit  in  Begründung  und  Anwendung  an  der  starkbewegten  Gestalt 
dem  Auge  ebenso  aufdrängen  wie  an  der  ruhigen,  feierlichen  Standfigur.  Denn  auf 
die  Kontrastwirkung  gleichartiger  Mittel  gründet  sich  auch  die  ganze  Anlage  der 
stolzen  Aphrodite  aus  der  Werkstatt  der  Parthenonfiguren  (Kekule,  Eine  weibliche 
Gewandstatue  aus  der  Werkstatt  der  Parthenonfiguren  1894),  wo  wir  die  Vertikalen 


l58  P-  Noack,  Amazonenstudien. 


ZU  beiden  Seiten  der  vom  Chiton  lediglich  nachmodellierten  Brust  sowie  als  Rahmen 
des  von  seinen  Faltenbögen  dicht  umschlossenen  Spielbeines  finden.  Es  sind  aber 
im  wesentlichen  dieselben  Formen,  die  an  den  archaischen  Koren  nur  steifer  und  in 
noch  unvermittelter  Härte  nebeneinander  stehen. 

Es  ist  zuletzt  und  am  eindringlichsten  von  Bulle  dargelegt  worden,  wie  auf 
der  Grundlage  solcher  archaischer  Überlieferung  die  attischen  Meister  des  5.  Jahr- 
hunderts zu  dem  abgeklärten  und  ausgeglichenen  Gewandstil  ihrer  großen  Frauen - 
bilder  fortgeschritten  sind.  Was  für  diese  gilt,  ließe  sich  fast  wörtlich  auch  von  dem 
Gewandstil  der  Berliner  Amazone  sagen.  Nur  daß,  verglichen  mit  den  genannten  und 
ihnen  verwandten  Werken,  sich  an  der  Amazone  eine  Verwertung  der  gegebenen  Aus- 
drucksmittel  fühlbar  macht,  die  sich  von  unmittelbarer  Frische  und  Ursprünglichkeit 
schon  weit  entfernt.  Wohl  hat  ihr  Meister  sich  das  überlieferte  Gewand  für  seine 
künstlerischen  Zwecke  vollkommen  selbständig  und  neu  geordnet.  Aber  die  fabel- 
hafte Sicherheit  und  Eleganz  des  Ergebnisses  verrät  an  jedem  Teile  den  vielgewandten 
Vertreter  einer  völlig  ausgereiften  Kunst,  und  es  mag  nur  die  Scheu  vor  dem  bedeu- 
tenden Kunstwerk  sein,  die  uns  verhindert,  schon  von  einer,  wenn  auch  virtuos  ge- 
handhabten  Manier  zu  sprechen.  Aber  daß  es  nicht  in  einsamer  Originalität  vor  uns 
steht,  sondern  dem  hier  bestimmten  Kreise  untrennbar  zugehört,  läßt  sich  wohl  nicht 
mehr  übersehen.  Das  kann  mit  wenigen  unscheinbaren  Zeichen  schon  das  eine 
Orpheusrelief  verraten.  Da  begrenzt  am  Orpheus  die  Steilfalte  des  übergürteten 
Chitons  ganz  ebenso  das  rechte  Bein,  und  neben  ihr,  nur  zu  nahe,  schon  auf  der  Höhe 
des  Oberschenkels  selbst,  liegt  der  abgestufte  Saum,  auch  hier  entstanden  aus  dem 
hochgezogenen  Stoff,  nur  unter  gänzlicher  Nichtachtung  aller  sich  für  den  Falten- 
wurf daraus  ergebenden  Folgen.  Und  die  oft  genannte  Verlegenheitsbewegung  der 
rechten  Hand  des  Hermes  i),  was  ist  sie  anders  als  ein  Mittel,  das  hängende  Gewand  so 
anzuziehen,  daß  die  unentbehrlichen  Bogenf alten  um  Gesäß  und  Schenkellinie  be- 
gründet erscheinen! 

Hat  damit  das  Gewand  der  Amazone  den  ihm  gebührenden  Platz  in  der  stilisti- 
schen Entwicklung  wirklich  erhalten,  so  ergibt  sich  ganz  zwingend  eine  Revision 
ihres  Verhältnisses  zu  Polyklet.  Man  ist  sich,  so  scheint  es  doch,  darüber  einig, 
daß  der  Stil  der  schlichten,  großen  Gewandfiguren  der  Übergangszeit,  der  so  sehr  nur 
die  natürliche  Erscheinung  erstrebte  und  darum  notgedrungen  und  folgerichtig  die 
Körperform  in  dem  immer  wahrer  gebildeten  Gewand  zurücktreten  und  fast  ver- 
schwinden ließ,  auch  in  Attika  .auf  peloponnesisch-argivischem  Einfluß  beruhte; 
man  glaubt,  daß  noch  die  Frauenbilder  des  Phidias  diesem  selben  Einfluß  unterstehen 
und  diesen  Stil  nur  fortsetzen  und  vollenden.  Ja  man  hat  doch  auch  eben  darum  die 
Deutung  der  herrlichen  Peplosstatue  der  helmlosen  Athena  auf  die  Lemnia  des 
Phidias  erst  kürzlich  wieder  bestritten  und  in  ihr  ein  argivisches  Werk  erblicken 

')  Nach    der     letzten    mir    bekannten    Erklärung  eine  physische  Ablenkung   zu  geben«.  —  Auch 

von    Bulle    (Humanist.  Gymnasium  25   [1914],  auf    die    Stele   des    Sosias    und   Kephisodoros- 

14)    schiebe   Hermes    »verlegen,    mit    rührender  Berlin    (Amtl.  Ber.  der  kgl.  Kunstsammlungen 

Jünglingshaftigkeit    die    Falten   seines    Chitons  1911/12    S.  59,    Neue   Jahrbb.  f.   d.   kl.   Altert, 

zusammen,   wie   um    seiner     inneren    Erregung  1915   (XXXV)  Taf.  15)   darf  verwiesen  werden. 


F.  Noack,  Amazonenstudien.  j  gg 


wollen.  Und  da  will  man  mit  einer  solchen  Lehre,  die,  von  dieser  Lemniatheorie  ab- 
gesehen, gewiß  unanfechtbar  scheint,  den  Glauben  in  Einklang  bringen,  daß  das 
Haupt  eben  dieser  argivischen  Schule  einen  aber  auch  in  allem  gegensätzlichen  und 
obendrein  spezifisch  attisch -jonischen  Gewandstil  für  seine  Amazone  gewählt  habe? 
Und  besitzt  doch  in  der  verwundeten  Amazone  vom  Kapitol  ein  Werk,  das  mit  der 
Einfachheit  und  Natürlichkeit,  in  der  das  Gewand  sich  bietet,  durchaus  zu  jener 
peloponnesischen  Tradition  paßt?  An  dem  das  »sorgfältige  Streben,  die  Natur  des 
Stoffes  nachzubilden«,  »die  reinen  Stoff  alten«  die  Hauptrolle  spielen  zu  lassen  (Furt- 
wängler  294),  als  besonderes  Merkmal  hervorgehoben  wird,  während  vor  allem  jene 
spezifisch  jonisch -attischen,  auf  eine  Hervorhebung  des  Körpers  zielenden,  reizvollen 
Gewandmotive  gänzlich  fehlen?  Und  man  könnte  jetzt  auch  den  von  Bulle  ange- 
gebenen Vergleich  der  unteren  Hälfte  des  Chitons  und  seiner  »fast  hart«  wirkenden 
wagerechten  Abschlußlinie  mit  dem  der  vatikanischen  Wettläuferin,  die  doch  gewiß 
in  den  peloponnesischen  Kreis  gehört  (Bulle,  305;  Springer-M.-W.^o  244,  oben  S.  151), 
mit  erneutem  Nachdruck  wiederholen. 

Das  Gewand  lehrt  uns  aber  noch  mehr. 

Seine  Betrachtung  hatte  uns  auch  auf  den  großen  Unterschied  geführt,  der  sich  im 
Querschnitt  der  beiden  Statuentypen  verrät.  Wir  finden  den  Körper  der  kapitolinischen 
Amazone  auf  den  Seiten  und  dem  Rücken  begrenzt  und  wie  undurchdringlich  einge- 
schlossen durch  Flächen,  die  der  Künstler  durch  jeweils  besondere  Gewandanordnung 
herzustellen  sich  bemüht  hatte,  während  der  Körper  der  Berliner  Statue  sich  dagegen 
im  Gewände  vor  unserem  Auge  rundet,  indem  überall  Randlinien  und  Faltenzüge 
seine  den  Raum  füllende  Körperlichkeit  umschreiben  und  betonen.  Damit  weisen 
beide  Statuen  auf  ein  Problem,  das  griechische  Plastik  seit  den  Anfängen  durch  Jahr- 
hunderte beherrschte  und  ihre  Entwicklung  mitbestimmte,  wie  nämlich  die  Dar- 
stellung des  Körperlichen  einmal  aus  der  Vereinigung  mehrerer  Ansichten  zu  ge- 
winnen, dann  aber  auch,  wie  diese  allmählich  erreichte  und  lange  festgehaltene  Vier- 
seitigkeit zu  überwinden  war.  Und  es  ist  nicht  Zufall,  daß  gerade  die  auf  die  realisti- 
sche, äußere  Erscheinung  hinstrebende  Gewandfigur,  die  Peplosstatue,  in  dieser 
Entwicklung  eine  mehr  hemmende  als  fördernde  Rolle  spielte,  indem  sie  sich  gegen 
eine  natürliche  Abrundung  der  Gestalt  am  längsten  sträubte.  Denn  gerade  solche 
Werke,  von  älteren  Beispielen  über  den  delphischen  Wagenlenker  und  »die  beiden 
Athenen  des  Phidias  (zu  denen  heute  die  myronische  Athena  hinzutritt)  bis  hinab 
zur  Eirene  des  Kephisodot«,  hatte  Loewy  (Die  Naturwiedergabe  35  f.)  für  diese 
»naturwidrig  vierseitige«  Anlage  der  Figur  anzuführen  ^).  Dieser  Gewandstil,  der  den 
Körper  nicht  suchte,  sondern  im  Gegenteil  aus  dem  Bilde  der  äußeren  Erscheinung 
möglichst  ausschied,  kann  geradezu  ein  Träger  dieser  plastischen  Vierseitigkeit 
genannt  werden.  Man  stelle  sich  nur  die  immer  straffere  Stilisierung  einzelner  be- 
zeichnender Teile  dieser  Tracht  vor,  wie  z.  B.  die  Seite  mit  den  Zickzacksäumen  um 
den  Peplosschlitz,  die  sich    immer   breiter    entfalten,  an    der    Hesperide   der  Atlas - 

')  Es  ist  nur  Zufall,  daß    in  dieser  Reihe    die  älteren,    olympischen    Gewandfiguren,    die    herkulanischen 

»Tänzerinnen«  u.  a.  nicht  aufgeführt  sind. 


1 70  F'  Noack,  Amazonenstudien. 


metope,  den  Bronzestatuetten  von  der  Burg,  der  Athena  Myrons  und  der  Lemnia: 
das  wirkt  unmittelbar  als  Flächenansicht,  reliefmäßig,  so  gut  wie  an  dem  Mädchen 
der  venezianischen  Grabstele  (Ant.  Denkm.  I,  33,2),  und  man  kann  gut  verstehen, 
wie  dieser  Stil  die  alte  Vierseitigkeit  der  Gestalt  mit  den  fast  in  scharfem  Grat 
aufeinander  stoßenden  Flächenansichten  konservieren  mußte. 

Umgekehrt  mußte  der  Widerspruch  gegen  eine  solche  Anlage  der  plastischen 
Gestalt  dort  zuerst  einsetzen,  wo  man  das  Gewand  in  immer  innigere,  fast  dienende 
Beziehung  zum  Körper  zu  setzen  strebte.  Je  besser  dies  gelang,  desto  mehr  Boden 
mußte  auch  er  gewinnen.  Zu  der  einen  Aufgabe  des  Gewandes,  die  Einzelformen  und 
Glieder  allmählich  immer  klarer  heraus-  und  voneinander  abzuheben,  trat  mit  steigen- 
dem Kunstvermögen  bald  ganz  von  selbst  die  andere,  auch  die  Zusammenhänge, 
also  die  Übergänge  des  einen  Teiles  zum  andern  aufzuklären.  Das  hieße  aber  nichts 
anderes  als  die  Flächen  und  Faltengruppen  des  Stoffes  immer  sorgsamer  um  das 
Körperrelief  zu  gruppieren,  ihm  folgen,  sich  ihm  anschmiegen  zu  lassen.  Nur  von 
einer  solchen  Tendenz  des  plastischen  Bildens  hat  ein  erfolgreicher  Angriff  auf  die 
traditionelle  vierseitige  Anlage  der  Gestalt  ausgehen  können,  und  es  ist  darum  nicht 
überraschend,  daß  wir  eben  an  Werken  dieses  Stiles  auch  die  ersten  Zeichen  seines 
Gelingens  finden.  So  ist,  um  von  den  Versuchen  archaischer  Künstler  abzusehen, 
an  einem  Hauptbeispiel,  dem  Rumpf  der  Nike  des  Paionios,  zwar  der  vierseitige 
Aufbau  nicht  zu  verkennen:  aber  gleichwohl  führen  starke,  vielgeschwungene  Linien 
von  den  beiden  Seiten  nach  der  Front  hinüber,  in  der  klaren  Absicht,  in  uns  die  Vor- 
stellung körperlich  gerundeter  Form  zu  erwecken,  auch  wo  wir  sie  von  der  reinen 
Seitenansicht  her  mit  dem  Auge  noch  nicht  erfassen  können.  Es  ist  von  höchstem 
Interesse,  zu  sehen,  wie  auf  diesem  Wege  die  Parthenonfrauen  erfolgreich  weiter- 
gehen und  wie  andererseits  an  den  Koren  vom  Erechtheion,  die  als  Peplosfiguren 
noch  richtig  vierseitig  angelegt  sind,  die  beiden  entgegengesetzten  Systeme  mitein- 
ander ringen.  An  der  Berliner  Amazone  ist  dieses  selbe  Stilprinzip  weit  über  das 
Bemühen  des  Paionios  hinaus  zum  Siege  geführt  und  verknüpft  sie  noch  einmal 
fester  mit  dem  Kreise,  dem  sie  schon  aus  andern  Erwägungen  zugewiesen  werden 
mußte.  Die  Vierseitigkeit  ist  hier,  wie  deutlich  auch  die  Querschnitte  zeigen,  tat- 
sächlich überwunden. 

An  der  kapitolinischen  Amazone  ist  sie  umgekehrt  künstlich  hergestellt,  zum 
Teil  sogar,  wie  die  Gewandanalyse  lehrte,  mit  Mitteln,  die  dem  Sinn  des  Kunstwerkes 
widersprechen.  Für  ihren  Künstler  wird  demnach,  so  müssen  wir  wohl  schließen, 
diese  Vieransichtigkeit  als  eine  notwendige  Voraussetzung  des  körperlichen  Bildes 
gegolten  haben.  Nun  hat  man  aber  gerade  die  polykletischen  signa  quadrata  (Plin. 
n.  h.  34,  56)  »im  Sinne  des  QuerschnittSv<  verstanden.  Denn  auch  am  Doryphoros 
sträubt  sich  noch«  jede  der  vier  Ansichten  des  Rumpfes  und  Oberschenkels  gegen  das 
ihre  Selbständigkeit  aufhebende  Zusammenfließen  mit  den  Nachbarseiten«  (Loewy 
a.  O.  36).  Und  dieses  Urteil  findet  seine  willkommene  Ergänzung  in  Balles  Worten 
(a.  a.  O.  120),  daß  »bei  Polyklet  alle  aufbauenden  Teile  des  Rumpfes  in  eine  scharf 
umschriebene  Vorderansicht  gedrängt  waren,  an  deren  Rändern  keine  Fläche,  keine 
Linie  nach  rückwärts  leitet«.     Das  gilt  in  der  Tat  ebenso  vom  Diadumenos,  dem 


F.  Noack,  Ämazonenstudien.  171 


Dresdener  Knaben,  dem  Westmacottschen  Athleten,  dem  Öleingießer  von  Petworth 
und  anderen  »polykletischen«  Figuren  i).  Es  gilt  nicht  zuletzt  aber  auch  von  unserer 
Amazone  und  knüpft  sie  mit  einem  zweiten,  schon  festeren  Bande  an  die  Kunst  des 
Polyklet  ^). 

Betrachten  wir  weiter  die  Übereinstimmung  in  Aufbau  und  Haltung  der  Gestalt, 
wie  sie  in  der  Zusammenstellung  auf  Beilage  II  erscheint.  Bestätigen  diese  Vertikal- 
projektionen von  Doryphoros,  Diadumenos  imd  Dresdener  Epheben,  daß  man  das 
varronische  »paene  ad  exemplum«  der  polykletischen  Statuen  3)  richtig  so  erklärte, 
daß  sie  »fast  alle  nach  demselben  Muster«,  in  »typischer  Gleichförmigkeit«  gebildet 
waren,  einem  Muster,  dem  sich  ebenso  jene  andern  Jünglings-  und  Athletenstatuen 
fügen,  so  sollte  man  schließen,  daß  diejenige  Amazone  die  polykletische  sein  müsse,  die 
zu  diesem  exemplum  am  besten  stimmt.  Das  tut  aber  einzig  und  allein  und  am  voll- 
ständigsten der  kapitolinische  Typus.  Er  steht  in  der  Haltung  dem  Diadumenos  und 
dem  Dresdener  Knaben  noch  um  ein  geringeres  näher  als  dem  Doryphoros,  wie  schon 
der  viel  geringere  Vorsprung  des  Standbeinfußes  vor  das  Lot  aus  der  Halsgrube 
zeigt  4).  Und  es  sind  lediglich  die  weiblichen  Brüste,  die  weiter  über  Bauch-  und 
Oberschenkelschwellung  ausladen;  die  Mitte  der  Brust  tritt  gegen  diese,  obwohl  die 
Situation  ein  leises  Vorneigen  bedingt,  sogar  etwas  zurück,  wie  bei  den  männlichen 
Figuren.  Auch  das  polykletische  »Schreitmotiv«  ist  da  und  läßt  sich  nicht  zu  einem 
»matten  Nachschleifen  des  rechten  Beines«  (Bulle  307)  um-  und  wegdeuten.  Das 
Knie  auf  dieser  Seite  ist  lediglich  um  das  Maß  tiefer  hinabgesenkt,  um  das  die  weib- 

»)  überall  doch  sehr  im  Gegensatz  zu  einer  Formen-  Künstler,  also  gewiß  einem  Kenner  auch  poly- 

gebung,  die  das  Tonmodell  der  Bronzefigur  zum  kletischer     Kunst,     stammt     (Robert,     Archäol. 

allermindesten  zugelassen  hätte,  —  so  sehr  also  Märchen  33,  36). 
handelte  es  sich  um  ein  Prinzip.                                     4)  Schon  Kekule  betonte  49.  Berl.  Winck. -Progr.  14 

2)  Wie  denn  auch  die  Jüngeren  gerade  in  diesem  die  auffällige  Übereinstimmung  in  der  Haltung 
Sinne  quadratas  veterum  staturas  permutaverunt  mit  dem  Westmacottschen  Athleten,  und  Klein 
(Robert,  Arch.  Märchen  37).  Wenn  ich  mich  stellt  ihn  ihr  a.  a.  O.  11,  161  >>näher  noch  als  den 
nicht  auf  die  köstliche  Bronzestatuette  des  Mün-  Petworther  Salber«.  Zu  jenem  Vergleich  s.  jetzt  die 
ebener  Antiquariums  (Münch.  Jahrb.  1910  I,  ifE.)  Zusammenstellung  bei  Loewy,  Die  griech.  Plastik 
berufe,  die  Sievekings  Kennerschaft  der  Schule  191 1,  Taf.  92,  93,  wo  man  um  so  erstaunter  dann 
Polyklets  zugewiesen  hat,  so  geschieht  es,  weil  die  Zuweisung  des  kap.  Typus  an  Kresilas  liest, 
nach  meinem  Empfinden  darin  ein  Rhythmus  Nach  den  Hauptmaßen,  die  mir  Herr  Dr.  Reisin- 
enthalten  ist,  der  nicht  vom  Meister  kommt  und  ger  vom  Abguß  in  München  freundlichst  besorgte, 
für  den  vorläufig  Sievekings  eigene  Aussage  zur  steht  dieser  Ephebe  etwas  steiler  als  der  Dresdener 
Erklärung  genügen  möge,  daß  nämlich  »gerade  und  auch  als  der  Diadumenos.  Wie  bei  den  andern 
in  den  jüngeren  polykletischen  Werken  sich  die  männlichen  Figuren  ist  auch  an  ihm  der  zurück- 
peloponnesische  Kunstrichtung  vielfach  mit  gesetzte  Unterschenkel  auffallend  länger  als  der 
andern  Strömungen  »kreuze«,  und  ein  solcher  des  Standbeins  (s.  die  Aufrisse  und  vgl.  Kalk- 
Vorgang  liegt  nach  meiner  Ansicht  auch  in  unserer  mann,  Nachgelass.  Werk  S.  20),  im  Gegensatz 
Bronze  vor  (S.  9)«.  Auch  dem  polykletischen  zu  beiden  Amazonentypen.  Was  bei  der  nackten 
Eindruck  der  Statuette  LeClerq  (ebenda  S.  7  Gestalt  der  künstlerischen  Wirkung  wegen  er- 
Abb.  4)  möchte  ich  mit  derselben  Einschränkung  forderlich  schien,  wird  unter  dem  (beschatten - 
begegnen.  den?)  Chiton  unzweckmäßig  gewesen  sein.  Von 
3)  Ein    Urteil,    das    doch    von    einem    argivischen  dem  Salber  in  Petworth  liegen  mir  die  nötigen 

Maße  nicht  vor. 


172  ^'  Noack,  Amazonenstudien. 


liehe  Gestalt  den  männlichen  überhaupt  anGröiBe  nachsteht;  denn  nach  den  Fußmaßen 
kann  man  nicht  von  geringeren  Gesamtverhältnissen  der  Amazone  sprechen  (Fuß- 
länge  der  A.  30,5,  des  Diadumenos  29  ^),  des  Doryphoros  32,5  cm  bei  1,525  bzw. 
1,567  und  1,63  m  Halsgrubenhöhe). 

Wie  ganz  anders  und  grundsätzlich  verschieden  vollzieht  sich  dagegen  der 
Aufbau  der  Berliner  Amazone.  Man  vergleiche  nur  in  Schnitt  und  Aufriß  die  hinter 
die  Schwellung  des  Leibes  zurücktretende  Brustlinie.  Der  aufsteigende  Gesamt - 
kontur  gleicht  dem  senkrecht  gestellten,  gespannten  Bogen.  Das  Aufstützen  auf  den 
Pfeiler  allein  bestimmt  seine  Kurve  und  gibt,  wie  Graef  (S.  84)  schon  hervorgehoben 
hat,  auch  den  alleinigen  Grund  für  die  Entlastung  des  linken  Beines.  Und  dieses 
setzt  auch  den  Fuß  nicht  so  polykletisch  auf,  wie  man  uns  immer  wieder  versichert. 
Dieser  ist  (in  B -Kopenhagen  antik,  in  C- Berlin  wenigstens  durch  den  erhaltenen 
Knöchel  bestimmbar)  mehr  nach  vorn  gerichtet  und  steht  steiler,  die  Ferse  höher 
gelüftet  als  beim  polykletischen  exemplum.  Überhaupt  sind  die  Füße  des  Berliner 
Typus  im  Verhältnis  zur  Höhe  der  Gestalt  ^)  schmal  und  entsprechen  damit  der 
eleganten  Schlankheit  der  Beine,  die  knapp  und  sehnig  in  den  Muskelpartien,  elastisch 
fein  in  den  Gelenken  wirken.  Auch  da  weicht,  wie  die  Schnitte  zeigen,  die  kapitolini- 
sche Amazone  ab,  sowohl  in  der  auffallenden  Breite  des  wuchtig  auftretenden  Stand - 
beinfußes  (an  Mich,  b  bis  auf  »ein  paar  Zehen«  antik),  wie  in  der  stärkeren  Außen- 
drehung des  zurückgesetzten  (gleichfalls  antiken)  rechten  Fußes,  Zu  den  kräftigen 
Füßen  paßt  die  Form  der  muskulösen  Unterschenkel  und  der  stark  betonte  Muskel - 
wulst,  der  sich  schräg  über  die  kräftige  Kniescheibe  legt.  Die  ganze  Bildung  dieser 
Glieder  hat  bei  allem  Ausdruck  der  Kraft  »etwas  Schweres,  Wuchtiges«,  sie  stimmt 
auch  darin,  wie  in  jeder  Einzelform,  vollkommen  zu  den  polykletischen  Figuren  3). 

Und  für  den  Oberkörper  gilt  dasselbe.  Wenn  man  (seit  Klügmann  328)  an  der 
Berliner  Amazone  die  auf  einem  mächtigen  Bau  des  Knochengerüstes  ruhende  Breite 
der  Formen  unermüdlich  als  polykletisches  Familienzeichen  betont  (Furtwängler  296 
u.  V.  a.),  so  hat  man  doch  wohl  die  Mächtigkeit  der  Form  der  andern  Statue  zu  gering 
geachtet.  Ist  doch  die  Brust,  obwohl  nicht  so  gedehnt,  wie  es  die  Haltung  der  Ber- 
liner Amazone  njit  sich  brachte,  breiter  als  bei  dieser  (Brustwarzenabstand  ca.  32 
gegen  28,5  —  Kopenhagen  29,2  —  cm),  die  Rumpfstärke  von  Brust-  bis  Rücken - 
mitte  größer  (ca.  27,5  gegen  24,5  cm),  und  wenn  der  Durchmesser  von  Seite  zu  Seite 
beide  Male  ungefähr  gleich  ist,  so  darf  man  nicht  übersehen,  daß  der  Thorax  der 
Berliner  Amazone  erst  durch  die  Armstellüng  ausdrücklich  geweitet  war,  während  er 
sich  bei  der  kapitolinischen  nach  dem  ganzen  «Sinn  des  Werkes  eher  in  einem  nach- 
gebenden, einsinkenden  Zustand  befinden  mußte.  Und  dennoch  sind  hier  wichtige 
Maße  größer!  Schließlich  wird  hier  der  Eindruck  der  Breite  über  den  Schultern 
durch  den  gesenkten  linken  Arm  und  die  die  Schulterlinie  unterbrechende  Mantel - 

')  Diadumenos  von  Delos  29,  von  Vaisson  28  (aber         ^)  Höhe  Halsgrube  Berlin  1,546,  Kopenhagen  1,532, 
offenbar  verletzt),  die  Füße  am  Madrider  Exem-  Standbeinfuß    (antik   in    Kopenhagen)   30,7    cm 

plar  sind  moderne,  etwas  zu  plumpe  Ergänzung  lang,  11  cm  breit  (gegen  13  cm  bei  der  kap.  A.). 

(Monuments  Piot  HI,  143,   IV,  55).  3)  Bulle,  121  spricht  von  der  »massiven  Kraft  poly- 

klctischer  Schenkel«. 


F.  Noack,  Amazonenstudien.  lyo 


partie  gehemmt,  während  er  an  der  Berliner  Statue  durch  die  nach  oben  gestemmte 
Wölbung  der  unverhüllten  Schulter  umgekehrt  verstärkt  wird.  Ich  meine  aber,  daß 
diese  Eigenschaften  sich  beide  Male  so  selbstverständlich  als  Folgen  der  gewählten 
Haltung  und  Handlung  ergeben  mußten,  daß  sie  keinen  bindenden  Schluß  auf  ein  Für 
oder  Gegen  polykletische  Herkunft  gestatten  sollten. 

Ebenso  muß  sich  die  Kritik  gegenüber  der  allgemeinen  Fonderation  verhalten. 
Denn  es  galt  doch  nun  einmal  seit  der  neuen,  die  Frontalität  durchbrechenden  Fon- 
deration der  Standfigur  etwas  wie  ein  Gesetz,  wonach  die  Standbeinseite  zwischen 
gehobener  Hüfte  und  meist  auch  gesenkter  Schulter  zusammengedrückt,  die  Gegen- 
seite zwischen  hängender  Hüfte  und  gehobenem  Arm  gestreckt  erscheine  ^),  und  es 
besteht  ferner  die  nicht  abzuleugnende  Tatsache,  daß  dieses  Gesetz  auch  von  Folyklet 
als  bindend  erachtet  und  in  allen  ihm  mit  Sicherheit  zugeteilten  Werken  nachweislich 
befolgt  war.  Es  erscheint  um  so  mehr  als  eine  feste,  anerkannte  Norm,  weil  der 
Körper  sich  gelegentlich  auch  da  fügte  und  ihr  folgte,  wo  die  natürliche,  unwillkür- 
liche Bewegung  —  wie  etwa  am  Diadumenos  selbst  —  wohl  anders  verlaufen  wäre, 
und  die  wenigen  Ausnahmen,  die  sich  aus  dem  5.  Jahrhundert  sammeln  lassen,  unter- 
streichen die  polykletische,  normale  Art  noch  mehr.  Und  wiederum  fügt  sich 
diesem  Gesetz  nur  die  kapitolinische  Amazone,  die  Berliner  Statue  schafft  dagegen 
durch  den  auf  der  Standbeinseite  hochgereckten  Arm  auch  da  eine  Dehnung  und 
einen  derartigen  Ausgleich,  daß  sich,  wie  Graef  ganz  richtig  sagt,  durch  Brüste  und 
Hüften  ein  Rechteck  legen  lasse,  ihre  Verbindungslinien  also  parallel  zueinander 
liegen,  anstatt  wie  an  der  normal  ponderierten  Figur  (und  allen  polykletischen 
Männern)  auf  der  Standbeinseite  zu  konvergieren.  Nur  vermag  ich  darin  nicht  mit 
Graef  das  Zeichen  eines  »viel  primitiveren  Standpunktes«  zu  sehen,  sondern  eher 
eine  Auflösung  der  allgemein  befolgten  Norm,  einen  individuellen  und,  wenn  man 
die  Zähigkeit  bedenkt,  mit  der  sich  einmal  gewonnene  Leitformen  in  der  Kunst  er- 
hielten, den  gewiß  kühnen  Frotest  eines  seine  eigenen  Wege  gehenden  Künstlers, 
als  der  sich  der  Meister  dieser  Amazone  uns  nun  schon  in  so  vielen  Zügen  seines  Werkes 
erschlossen  hat. 

Man  hat  nicht  umhin  können,  die  Ähnlichkeit  und  zum  Teil  Gleichheit  einzelner 
Formelemente  und  Motive  der  Fonderation  bei  der  kapitolinischen  Amazone  mit 
denen  polykletischer  Typen  ohne  weiteres  zuzugeben,  und  hat  dafür  die  Erklärung 
gefunden,  daß  diese  Dinge,  »einmal  von  Folyklet  in  vollendeter  Weise  durchgeführt, 
Allgemeingut  der  griechischen  Künstler  geworden«  seien  (Heibig -Amelung,  Führer  3  I, 
475).  Ist  es  nicht  merkwürdig:  ein  Künstler  und  zweifellos  auch  Zeitgenosse  Polyklets 
habe  polykletische  Kunstweise  so  vollkommen  in  sich  aufgenommen,  daß  wir  auf 
Schritt  und  Tritt,  weit  mehr  noch  als  jener  Vermittlungsversuch  voraussetzt,  deren 
Merkmale  an  seiner  Amazone  feststellen  müssen  (und  dabei  haben  wir  den  Kopf 
noch  nicht  einmal  berücksichtigt)  —  Folyklet  selbst  dagegen  habe  in  der  Berliner 
Amazone  ein  Werk  geschaffen,  das  zu  dem  gesicherten  »Familiengepräge«  seiner 
Kunst  in  grundlegenden  Zügen  in  so  schroffem  Gegensatz  steht,  daß  kein  Geringerer 


')  Vgl.  u.  a.  Loewy,  Lysipp  S.  23,  Kalkmann,  Nachgelass.   Werk  31,  Amelung,  Führer  d.  d.  Ant.  in  Florenz  5. 


J74  ^'  Noack,  Amazonenstudien. 


als  Julius  Lange  bereits  bekennen  mußte  (Darst.  d.  Menschen  S.  222,  i),  daß  in 
seinen  Augen  »weit  eher  die  verwundete  (kapitolinische)  Amazone  den  polykletischen 
Jünglingen  in  Bezug  auf  körperlichen  Charakter,  Proportionen,  Kopftypus  und 
Stellung  gleichen  würde".  Hatte  derselbe  feine  Kenner  doch  auch  bei  Polyklet  die 
Vorliebe  für  den  »breiten,  vierschrötigen,  zu  schwer  gebauten«  Körper  gefunden, 
dessen  »verhältnismäßig  kurze  Beine  viel  dazu  beitrugen,  den  Körper  und  die  Be- 
wegung schwerfällig  zu  machen«  (S.  205),  ein  "Urteil,  das  durch  einen  Fund  wie  den 
des  delischen  Diadumenos  und  die  daran  geknüpften  Erörterungen  (Monuments  Piot 
III,  143  f.,  IV,  72)  lediglich  hat  bestätigt  werden  können.  Die  Berliner  Amazone 
aber  wirkt,  mag  man  über  ihren  kraftvollen  Brustbau  sagen,  was  man  will  ^), 
dennoch  schlanker,  »langbeiniger«  und  höher  und  alles  andere  als  »untersetzt« 
(Amelung  a.  a.  O.  21).  Die  elegante  Eigenart  dieses  Kunstwerks  tritt  vielleicht 
nirgends  stärker  zutage  als  in  der  Aufnahme  der  Landsdownestatue  in  Furtwänglers 
»Masterpieces«.  Und  in  ihr  hätte  sich  Polyklet  zu  einem  Stil  bekannt,  der  alles  andere 
als  polykletisch  ist,  der  Eigenschaften  und  künstlerische  Absichten  kundgibt,  die  man 
niemals  in  der  peloponnesisch-argivischen  Schule  suchen  würde!  Der  andere  Meister 
aber,  der  in  der  kapitolinischen  Amazone  sich  uns  polykletischer  gibt  als  Polyklet 
in  seiner  Amazone,  sollte  gar  Phidias  selbst  gewesen  sein!  Glaubt  man  diesen  mehr  als 
merkwürdigen  Schluß  wirklich  mit  den  immer  wiederholten  Hinweisen  auf  die  for- 
male Schönheitskunst  des  einen  und  die  seelische  Tiefe  des  andern  Meisters  genügend 
aufrechthalten  zu  können  ?  Sollte  »die  klare  Konsequenz,  mit  der  das  Grundmotiv 
entwickelt«  ist,  an  der  kapitolinischen  Amazone  allein  auf  den  Attiker  weisen  können 
und  gerade  gegen  den  Künstler  zeugen,  dem  bei  dem  Aufbau  seiner  Figuren  streng 
folgerechte  Berechnung  alles  galt?  Sollten  wir  also  nicht  lieber  den  Indizien,  die 
doch  sonst  für  die  Methode  solcher  Zuweisungen  als  entscheidend  gelten,  auch  diesmal 
folgen,  indem  wir  Polyklet  geben,  was  eingestandenermaßen  polykletisch  ist  nach 
»körperlichem  Charakter,  Proportionen,  Kopftypus  und  Stellung«.? 

Denn  auch  der  Kopftypus,  der  allein  auch  J.  Lange  noch  Bedenken  schuf, 
steht  dem  nicht  mehr  im  Wege.  Nachdem  diese  Untersuchung  den  Kopf  bisher  ganz 
außer  Rechnung  gestellt  hat,  um  aus  Gewand  und  Körper  möglichst  selbständige 
und  vorurteilslose  Aussagen  zu  gewinnen,  darf  diesen  nun  zum  Schlüsse  der  Kopf  als 
willkommene  Bestätigung  dienen.  Die  geschwisterliche  Verwandtschaft,  die  nach 
Graefs  Beweisen  den  Kopf  der  Amazone  vom  Kapitol  mit  dem  Diadumenos  verbindet, 
hat  zwar  scharfen  Widerspruch  gefunden.  Gestützt  auf  den  zweifellos  nicht  poly- 
kletischen, sogenannten  Nelsonschen  Kopf  (J.  Hell.  St.  1898  Taf.  XI,  Br.  Br.  544 
mit  Bulles  Text),  der  die  nach  Furtwängler  für  Kresilas  charakteristischen  Einzel- 
formen zeige  und  gerade  sie  mit  diesem  Amazonenkopfe  teile,  hat  Amelung  (Berl. 
phil.  Woch.  1902,  278;  vgl.  Vat.  I,  64)  die  Frage  ein  für  allemal  zugunsten  des  Kresilas 
entscheiden  wollen.  Ich  habe  diese  Ähnlichkeit  nie  sehen  können.  Wie  zweifelhaft 
sie  andern   erscheinen  konnte,   beweist  wenigstens   die  seitdem  nicht  aufgegebene 

I)  Loewy  hat  West.  Monatshefte  a.a.O.  836  dieses  Bildung  des  Frauenkörpers  in  damaliger  Kunst 

Argument  durch  den  Hinweis  auf  die  »männliche«  richtig  abgeschwächt. 


F.  Noack,  Amazonenstudien.  17  c 


Neigung,  gerade  in  dieser  Amazone  die  phidiasische  zu  suchen.  Aber  seitdem  dieser 
Kronzeuge  sich  überhaupt  als  trügerisch  erwiesen  hat  (s.  über  seine  Herleitung  vom 
Kopf  des  Ares  Ludovisi  Dehn  Arch.  Jahrb.  XXVII  191 2  S.  203  und  dazu  Sieveking- 
Buschor,  Münchener  Jahrb.  1912  S.  133),  ist  Amelungs  wichtigste  Stütze  gefallen, 
und  ich  sehe  kein  Hindernis  mehr  zu  dem  Ziele,  zu  dem  uns  diese  Untersuchung 
notwendig  hinzudrängen  scheint  i).  Alle  formalen  Eigenschaften  verweisen  die 
kapitolinische  Amazone  an  Polyklet,  und  was  sie  gegenüber  seinen  andern  Werken 
an  Ethos  hinzubringt,  hat  —  das  haben  wir  zu  lernen  —  eben  um  diesen  neuen  Wert 
unsere  Vorstellung  von  polykletischem  Können  zu  bereichern.  Sollten  wir  wirklich 
versichert  sein,  daß  Polyklet  nur  darum,  weil  er  einem  späteren  Kennertum  wesentlich 
als  der  Meister  rein  formaler  Schönheit  und  physischer  Kraft  gegolten  habe,  einer 
tieferen  Auffassung  nicht  fähig  gewesen  wärc^*  Dürfen  wir  selbst  so  urteilen,  nur 
weil  wir  bisher  als  gesicherte  Werke  ausschließlich  jene  jugendlichen  Männerbilder 
von  ihm  kannten  ?  Können  wir  denn  von  diesen  mehr  erwarten,  als  sie  geben  }  Sie 
hatten  ja  keinen  körperlichen  Schmerz  zu  leiden  und  kein  tiefes  Leid  zu  tragen. 
Die  todwunde  Kriegerin  stellte  den  Künstler  vor  eine  andere  Aufgabe,  und  die  ernste, 
schwermütige  Schönheit  seines  Amazonenkopfes  muß  uns  bekennen  lassen,  daß  er 
auch  für  sie  die  ausdrucksvollen  Formen  fand. 

X.    Die    Meister    der    anderen    Amazonen. 

Wir  wollen  indessen  nicht  im  Sinne  der  antiken  Kunstrichter  den  Preis  zuer- 
teilen. Bs  ist  lediglich  noch  der  Frage  nachzugehen,  ob  die  Zuweisung  der  kapitolini- 
schen Amazone  an  Polyklet  auch  für  die  Meister  der  andern  Statuen  irgendeinen 
Gewinn  ergebe.  Die  polykletische  Wesenheit  in  der  Berliner  Amazone,  die  zu  betonen 
kaum  ein  Ausdruck  stark  genug  erschienen  ist,  muß  uns  freilich  künftighin  als  eine 
Täuschung  gelten.  Aber  das  kann  ihren  künstlerischen  Wert  nicht  mindern.  Noch 
weniger  dürfen  wir  sie  als  ein  formal  fehlerhaftes,  »aus  widernatürlicher  Vereinigung« 
diametraler  Stimmungen  erwachsenes  Werk  in  die  Werkstatt  eines  unoriginellen 
»Nachbildners«  (Mahler  90,  91)  bannen.  Man  braucht  sie  wahrlich  nicht  schlecht 
zu  machen,  um  den  ihr  gebührenden  Platz  zu  finden.  Die  Persönhchkeit  ihres  Meisters 
hat  sich  uns  in  einem  andern  Licht  gezeigt  als  der  von  Mahler  offenbar  richtig 
datierte  Phradmon.  Was  die  Prüfung  des  Gewandstiles  seiner  Amazone  ergab,  läßt 
keine  Wahl:  dieser  Mann  ist  unter  den  attischen,  nachphidiasischen  Künstlern  zu 
suchen,  das  letzte  Viertel  oder  noch  eher  das  Ende  des  Jahrhunderts  war  seine  Zeit. 
Das  wäre  aber  für  jenen  Phradmon  viel  zu  früh,  für  die  andern,  für  Phidias,  auch  wenn 
er  nicht  aus  andern  Gründen  ausschiede,  und  doch  vielleicht  auch  für  Kresilas  bereits 
zu  spät.  Man  kann  eine  so  feine  Beobachtung  Graefs,  wie  die  einer  Verwandtschaft 
in  der  Anlage  der  Wangen  mit  dem  Londoner  Perikleskopfe  (a.a.O. 85)  wohl  nach- 

*)  Eine  so  starke  Asymmetrie,  wie  sie  der  Kopf  des  sehen  Grabreliefs  zahlreiche  Beispiele  dafür.    Die 

Berliner  Typus  zeigt,  scheint  nicht  nur  den  poly-  Kopisten  sollen  sie  möglichst  gemindert  haben  — 

kletischen  Köpfen,  auch  den  stärker  geneigten,  um  so  bezeichnender  ist  ihr  Vorhandensein   am 

sondern  dieser  ganzen  Zeit  noch  nicht  so  geläufig  Berliner  Typus,  wohl  auch  eine  Warnung  vor  zu 

zu  sein.     So  liefern  auch  erst  die  jüngeren  atti-  hoher  Datierung. 


176  F-  Noack,  Amazonenstudien. 


empfinden,  daß  sie  jedoch  an  sich  stark  genug  wäre,  eine  Zuweisung  an  den  Künstler 
der  Periklesstatue  entscheidend  zu  stützen,  ist  mir  nicht  überzeugend.  Dazu  kommen 
die  Bemerkungen  Kekules,  61.  Berl.  Winck.-Progr.  10  f.,  die  bedenklich  machen. 
Und  eine  Vergleichung  des  Gewandstiles  mit  dem  der  Athena  von  Velletri,  sofern  man 
diese  noch  mit  Furtwängler  für  Kresilas  in  Anspruch  nähme,  würde  nur  negativ  ver- 
laufen. Das  Anrecht  des  Kresilas  an  die  Amazone  bleibt  also  verschwindend  klein. 
Aber  es  gab  doch  eine  Amazone,  quam  ab  excellentia  crurum  eucnemon  ap- 
pellant:  die  Amazone  des  Strongylioh  in  Neros  Besitz  und  von  ihm  selbst  auf  seinen 
Reisen  mitgeführt  (Plin. 34,  82).  Wir  wissen  von  Strongylions  Kunst  nicht  viel.  Daß 
er  Musenstatuen  nach  Böotien  und  eine  Artemis,  deren  Wiederholung  auf  bescheide- 
nen Münzbildern  von  Pagae  erscheint,  nach  Megara  geliefert  hat,  hindert  nicht,  daß 
er  sie  ebenso  wie  sein  berühmtes  ehernes  troianisches  Pferd  als  Attiker  in  Athen 
gefertigt  habe.  Es  ist  schwer  denkbar,  daß  mit  einem  so  großen  Anathem  für  die 
Burg  ein  Nichtaftiker  beauftragt  worden  wäre.  Ihn  freilich,  weil  Pausanias  auch 
ßou?  xal  vKTzooq  (IX,  30,  i)  von  ihm  rühmt,  gleich  zu  einem  Nachfolger  des  Myron 
zu  stempeln  (Brunn,  G.  d.  gr.  Künstler  I,  268)  oder  auf  Grund  unbeweisbarer  quattro- 
centistischer  Züge  an  Kaiamis  anzuknüpfen  (Klein  II,  138),  hat  keinen  großen  Wert  '). 
Dagegen  gebietet  sowohl  literarische  wie  epigraphische  Überlieferung,  ihn  in  die 
letzten  Jahrzehnte  des  Jahrhunderts  zu  setzen  (Brunn  a.  a.  O.,  Loewy,  Inschr. 
S.  44).  Und  da  wir  nun  gerade  aus  dieser  Zeit  eine  Amazone  besitzen,  die  nach  dem 
Gewandstil  attisch  und  tatsächlich,  durch  die  auffallend  elegante  und  durch  ^ie  Ge- 
wandanordnung absichtlich  betonte  Schönheit  ihrer  Beine  ausgezeichnet,  als  richtige 
suxvTjfjio?  erscheinen  muß,  so  wird  man  sie  mit  dem  eben  um  dieser  Eigenschaft  ge- 
priesenen Werke  des  Strongylion  doch  vielleicht  verbinden  dürfen  ^).  Ein  ernstlicher 
Grund  gegen  eine  solche  Annahme  liegt  nicht  vor.  Die  Bemerkung,  daß  diese  Ama- 
zone, weil  sie  Nero  auf  seinen  Reisen  begleitet  habe,  nur  eine  Statuette  gewesen  sein 
könne  3),  ließ  mich  auch  zuerst  an  jener  Möglichkeit  zweifeln.  Doch  kann  man  ihr 
in  verschiedener  Weise  begegnen.  Entweder  wie  S.  Reinach,  der  (Rev.  arch.  1904, 
I,  38)  diese  ebenso  wie  andere  Statuetten  im  Besitze  römischer  Liebhaber  für  ver- 
kleinerte Kopien  berühmter  Statuen  hielt,  an  denen  der  Künstlername  vom  Original 
her  haften  geblieben  sei.  Oder  wie  L.  Pallat,  der  auf  die  Mitteilung  dieser  meiner  Be- 
obachtungen seinerseits  ebenfalls  auf  Strongylion  kam.  Ihm  erscheint  umgekehrt 
des  Plinius  etwas  auffällige  Hervorhebung:  in  comitatu  Neronis  principis  circumlatam 
geradezu  auf  eine  größere  Statue  hinzudeuten.  Eine  solche  als  Begleiterin  mitzu- 
führen, war  ungewöhnlich  und  wurde  deshalb  besonders  bemerkt.  So  bliebe  wohl  nur 
das  eine  ernstlichere  Bedenken,  daß  gerade  der  Meister  dieser  am  sichersten  für 
Ephesus  erwiesenen  Amazone  nicht  unter  den  ephesischen  Amazonenkünstlern  stand, 

')  So  wenig  wie  der  »Doryphoros«  des  Kresilas  Be-  Phidias   vergeben  schienen,  an   Kresilas,   Scholl, 

rührungspunkte     des     Künstlers     mit     Polyklet  a.  a.  0.  427    an  Strongylion  für  die    matteische 

(Scholl,  Philol.  1863,  425,  Collignon,  Gr.  PI.  II,  gedacht. 

143)  wahrscheinlich  machen  könnte.  3)  Daher  verwiesen  einige  auf  die   Bronzestatuette 

*)  Klügmann  hatte  a.  a.  O.  329  aus  diesem  Grunde,  der  reitenden  Amazone  in  Neapel,  Fr.-W.   1781, 

da  ihm  die  anderen  Amazonen   an  Polyklet  und  abg.    bei   Loewy,   West.    Monatsh.   a.  a.  0. 


F.  Noack,  Amazonenstudien. 


177 


Plinius  hat  zwar  (34,  53)  fünf  Amazonen  angeführt,  aber  bekanntlich  ist  die  fünfte 
längst  der  Konjektur  zum  Opfer  gefallen,  daß  die  quarta  Cydonis  nur  dem  mißver- 
standenen Ethnikon  des  vorausgehenden  Cresilas  ihre  Existenz  zu  danken  habe^); 
aus  der  tertia  Cresilae  Cydonis  sei  aus  Unverstand  eine  quarta  Cydonis  geworden, 
der  dann  die  quarta  Phradmonis  als  eine  neue  quinta  habe  Platz  machen  müssen. 
Dagegen  läßt  sich  doch  einwenden,  weshalb  denn  in  dieser  knappen  Liste  Kresilas 
einer  besonderen  Kennzeichnung  bedurft  haben  sollte.  Dieser  Zusatz  fällt  dazu  aus 
der  Manier  des  Plinius  heraus,  der  auch  bei  den  andern  Erwähnungen  des  Kresilas 
und  auch  bei  geringeren  Künstlern  (Phradmon  liegt  bei  der  Hand!)  sich  auf  den 
Namen  beschränkte.  Auch  die  Gefahr  einer  Verwechslung  mit  einem  Namensvetter 
anderer  Herkunft  lag  nicht  vor.  Die  Vermutung  ist  mir  deshalb  höchst  wahrschein- 
lich, daß  man  bei  Plinius  ursprünglich  Strongylion  gelesen  habe.  Die  sachliche  Er- 
wägung, zu  der  wir  geführt  wurden,  dürfte  in  diesem  Falle  schwerer  wiegen  2)  als 
das  Bedenken  gegen  eine  Änderung  des  Textes.  Bei  den  Ouellenverhältnissen  des 
Plinius  kann  sich  die  Genesis  einer  solchen  Verderbnis  unseren  Blicken  wohl  ent- 
ziehen. Infolge  eines  von  einem  Leser,  der  etwas  von  Kresilas  von  Kydonia  wußte, 
beigeschriebenen  »Cydonis«  könnte  sich  eine  irgendwie  geartete  Verderbnis  auch 
schon  in  die  von  Plinius  benutzte  Vorlage  eingeschlichen  haben. 

Auf  Beziehungen  des  Berliner  Typus  zur  Kunst  des  Praxiteles  ist  mehrfach  hin- 
gewiesen worden,  bis  man  sie  schließlich  gar  in  ein  Abhängigkeitsverhältnis  des 
Typus  von  Praxiteles  verkehren  zu  sollen  glaubte  und  der  Amazone  Pamfili  die  Ehre 
gab,  den  dadurch  in  die  Berliner  Statue  hineingetragenen  Widerspruch  in  besserer 
Einsicht  wieder  ausgemerzt  zu  haben  (Mahler  90  f..  Klein  H,  339  f.)  3).    Dem  gesunden 


»)  Jahn  a.  a.  O.  37;  Brunn,  G.  d.  gr.  K.  I,  261. 

*)  Ich  darf  mich  hier  auf  eine  freundliche  Auskunft 
E.  Nordens  beziehen,  nach  der  gegen  eine  solche 
Formulierung  von  philologischer  Seite  kaum  ein 
Bedenken  geltend  zu  machen  wäre. 

3)  Michaelis  H.  (S.  i6).  Abg.,  Reinach,  Rep.  d. 
1.  stat.  I,  S.  304,  1208  B  und  nach  Photographie 
in  Furtwänglers  Masterpieces  S.  129.  Die  un- 
zweifelhaften Beziehungen  zum  Berliner  Typus 
(Furtwängler  Anm.  i  und  S.  130)  hat  man  sehr 
mißverstanden,  als  man  darum  in  der  Pamfili - 
sehen  Statue  eine  ältere  Vorstufe  sehen  wollte 
(Amelung,  Berl.  phil.  Woch.  1902,  276).  Bei  der 
»altertümlich«  anmutenden  Zickzackfalte  zwi- 
schen den  Brüsten  muß  man  übersehen  haben, 
wie  unorganisch  sie,  im  Vergleich  zu  den  echten 
Parallelen,  an  den  umgeschlagenen  Saum  am 
Halse  anstößt.  Bei  dem  fast  geradlinig  abge- 
grenzten Bausch  dachte  man  wohl  an  »olympi- 
sche« Gewandstatuen,  übersah  aber,  wieviel  un- 
ruhiger, in  jüngerer  Manier,  er  gegliedert  ist, 
übersah,  wie  schlecht  er,  wenn  von  echter  Strenge, 
zu   dem  unter  den   Brüsten  angeklebten   Stoffe 


paßte.  Man  übersah  vor  allem,  wie  die  einzelnen 
Motive  der  unteren  Gewandpartie  auseinander - 
fallen.  Die  Steilfaltengruppe  in  der  Mitte,  mit 
ihren  abgestuften  Säumen,  wirkt  übermäßig 
groß,  weil  ihr  Stoff  unverkürzt,  in  ganzer  Länge 
des  übrigen  Chitons,  hängen  geblieben  ist.  Dieses 
sogenannte  Merkmal  größerer  Altertümlichkeit 
verrät  aber  nur,  daß  dieser  Künstler  sich  über 
Zweck  und  Folgen  dieses  Drapierungsmotives 
völlig  unklar  war.  Infolgedessen  fehlt  auch  den 
»kurvenartigen  Stoff  alten«  auf  den  Schenkeln 
ganz  die  Begründung,  ihr  Verfertiger  hätte  uns 
kaum  Rechenschaft  geben  können,  wie  er  dazu 
gekommen  sei.  Und  als  er  den  durch  das  Herauf- 
ziehen der  Mittelpartie  entstehenden  Überfall 
ebenso  unterdrückte  wie  der  Meister  des  Ber- 
liner Typus,  dachte  er  nicht  im  geringsten  an  den 
Zweck,  den  dieser  damit  verbunden  hat  und  der 
allein  diese  Unterdrückung  erklärlich  machte 
(s.  S.  145).  Hier  hat  wirklich  einmal  ein  »Dekora- 
teur«, nur  nichts  weniger  als  »geschmackvoll«, 
seines  Amts  gewaltet,  der  aber  seine  bösartige 
Faltengruppe  nicht  einmal  aus  der  überschüssigen 


178  P*  Noack,  Ämazonenstudien. 


Kern,  der  in  jener  früheren  Beobachtung  liegt,  werden  wir  eher  gerecht,  wenn  wir 
der  Überlieferung  gedenken,  die  einen  Zusammenhang  von  Kephisodot  und  Praxiteles 
mit  Strongylion  unmittelbar  bezeugt.  An  der  einen  helikonischen  Musengruppe  soll 
neben  Kephisodot  und  Olympiosthenes  auch  Strongylion  gearbeitet  haben  (Paus, 
IX,  30,  i),  und  Praxiteles  hat  in  der  Jägerin  Artemis  einen  Typus  aufgenommen, 
den  Strongylion  schon  in  seiner  fackeltragenden  Artemis  Soteira  für  Megara,  wo 
Paus.  I,  40,  2  diese  neben  der  praxitelischen  Zwölfgöttergruppe  sah,  vorgebildet  hatte : 
nämlich  die  Göttin  nicht  nur  in  lebhaft  eilender  Bewegung,  sondern  auch  in  dem 
kurzen,  doppelt  gegürteten  Chiton  der  Amazonen  ^).  Wenn  S.  Reinach  (a.  a.  O. 
32  f.)  hierin  eine  Neuschöpfung  des  Strongylion  vermutete,  der  das  Gewand  seiner 
Amazone  auf  Artemis  übertragen  habe,  so  dürfen  wir  das  mit  um  so  größerer  Zuver- 
sicht aufnehmen,  sobald  wir  uns  diesen  zwar  gewiß  nicht  als  den  Verfertiger  des  Ori- 
ginals der  Artemis  von  Metelin  (a.  a.  0.  Taf.  III)  ^),  wohl  aber  als  den  überlegenen 
Schöpfer  des  Berliner  Amazonentypus  denken  können. 

So  stünden  für  die  matteische  Amazone  immer  noch  die  beiden  Namen  Phidias 
und  Kresilas  zur  Wahl.  Ehe  Bulle  des  letzteren  Namen  nannte,  hatte  Furtwängler 
der  Vermutung  C.  0.  Müllers,  daß  diese  Amazone  die  von  Lukian  gepriesene  des 
Phidias,  h^  iTrepsiSojxsvyj  xoS  8opaTt(|)  sei,  zu  .neuer,  ziemlich  allgemeiner  Anerkennung 
verholfen  (M.-W.  297,  303,  Klein  a.  a.  O.  II,  53,  63,  160  u.  a.).  Allein  nur  weil  jene 
Behandlung  des  Linnenstoffes  am  rechten,  aus  dem  Peplos  herausgestellten  Bein 
eine  —  übrigens  soeben  (o.  S.  97  f)  wieder  etwas  gestörte  —  Beziehung  zum- Torso 
Medici  herstelle,  läßt  sich  von  einem  sicheren  stilistischen  Anhaltspunkt  für  diese 
Zuweisung  doch  noch  nicht  reden,  selbst  wenn  man  in  dem  Torso  die  Nachbildung 
der  Promachos  zu  erkennen  hätte,  was  ich  auch  heute  noch  nicht  vermag.  Schon  allein 
die  kontrastreiche  Bewegtheit  gerade  dieser  Amazonenstatue  dürfte  im  Widerspruch 

StofEmenge   seiner  Vorhangsdraperie   entwickelt,  Artemis    Laphria    diesen    Typus    gehabt    habe 

sondern  aus  einem  eigenen  Päckchen  Zeug  leblos  (P.  Gardner,    Corolla  Numismatica  f.  Head  1906 

darüber  aufgesteckt  hätte.  Das  Vorbild  zu  diesem  104  ff.),  hat  Wolters  (Springer -M.-W.  ^^    225  f.) 

Werk  war  freilich  —  darin  hat  Mahler  recht  —  mit  Recht  abgelehnt. 

die  Berliner  Amazone.   Aber  was  daran  »siegreich         ^)  Es    scheint    ganz    unmöglich,    ein    derart    von 

zum  Durchbruch  kam« ,  war  nicht  eine  Korrektur,  Stellungs  -  und  Gewandmotiven  des  praxitelischen 

die  jener  bösen  »Zwittergestaltung«  erst  die  nötige  Kunstkreises   abhängiges  Werk  auf   Strongylion 

Einheit  gab,  sondern  ein  recht  reichliches  Maß  zurückzuführen.    Auch  der  Typus  des  anmutigen 

künstlerischer  Ohnmacht  und  Gedankenlosigkeit,  Kopfes  weist  ins  4.  Jahrhundert,  die  Hochgürtung 

die  uns  nicht  locken  kann,  auch  noch  seines  Meisters  des  Chitons  und  vor  allem  dessen  unangenehm 

Namen  zu  erfahren.     Oder   sollte  es   wirklich  —  übertriebener,   schleierartig    anklebender  unterer 

man  hat  daran  gedacht — diesem  Meister  den  eben  Teil  eher  in  noch  spätere  Zeit.      Auch  den  »Si- 

gerade    noch    möglichen    vierten    Preis    in   jener  syphos«     des     delphischen     Daochos-Anathems 

Konkurrenz  eingetragen  haben?     Armer  Phrad-  BCH.  1899  pl.  XXIV  in  eine  engere  Beziehung 

mon !      Wir   kennen  dich    zwar    nicht,   aber    so  zur  Berliner  Amazone  zu  bringen  (Klein  a.  a.  O. 

gering  wollen  wir  doch  nicht  von  dir  denken.  II,  340)   und   ihn   gar   als    Stütze   von   Mahlers 

')  Imhoof-Blumer    und   Percy    Gardner,    Numism.  Phradmon -Hypothese     zu    verwerten,    sehe    ich 

Comment.  on  Pausanias  (Journ.   of  hell,  studies  keinerlei  Veranlassung.     Die  Stellung  bietet  nur 

1885)  pl.  X,  XVII  =  Collignon,  Gr.  PI.  II,  304,  in  den  Beinen  eine  äußerliche  Ähnlichkeit,  ist  im 

Fig.  145  (Artemis  v.  Antikyra).     Ebenda  pl.  L,  übrigen   ebenso   wie   der   Gewandstil   in   seinem 


Springer-M. -W.  9,  S.  283.     Daß    schon    die  Wesen  verschieden. 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye.  1 70 


ZU  allem  stehen,  was  wir  von  dem  einfacheren  Rhythmus  phidiasischer  Standfiguren 
zuverlässig  wissen.  Und  wenn  ihr  Gewandstil  in  manchen  der  oben  geschilderten  Züge 
die  Verwandtschaft  mit  Parthenongewändern  nicht  verleugnet,  so  könnte  ich  daraus 
trotz  der  verschiedenen  Untersuchungen  der  letzten  Jahre  ^)  auch  keinen  Anspruch 
für  Phidias  herleiten.  Es  ist  eine  ernste,  kraftvolle  Art,  die  hier  attische  Gewand - 
kunst  etwa  auf  der  Stufe  zwischen  440  und  430  (vielleicht  auch  noch  ein  wenig  weiter) 
meistert.  Zeitlich  würde  dazu  das  Wenige  passen,  was  wir  von  der  Tätigkeit  des 
Kresilas  in  Athen  wissen  (vgl.  Furtwängler,  M.-W.  268),  und  auch  seiner  künstlerischen 
Art  würde  gerade  diese  Amazone  stehen.  Die  Hermolykosbasis  auf  der  Burg  lehrt 
uns  ebenso  wie  der  vulneratus  deficiens,  den  wir  nicht  gezwungen  sind,  mit  dem 
Hermolykosvotiv  zu  verbinden  2),  daß  sich  der  Künstler  mit  dem  Standproblem  des 
schwerverwundeten  Kriegers  mehr  als  einmal  beschäftigt  hat.  Wenn  er  in  seiner  — 
der  matteischen  —  Amazone  diese  rhythmischen  Probleme  aufs  neue  anfaßte  und, 
wie  wir  sahen,  zu  kühner  Lösung  brachte,  so  wäre  es  nichts  anderes,  als  wie  wenn 
Myron  immer  wieder  mit  den  Problemen  raschest  vorübergehender  Bewegungen 
rang,  Polyklet  sich  mit  seinen  im  Verhältnis  viel  gleichförmigeren  Standmotiven 
dauernd  beschäftigt  hat. 

Aber  die  Verbindung  dieses  Meisters  mit  der  matteischen  Amazone  wird  einst- 
weilen ebenso  eine  Vermutung  bleiben  müssen  wie  auch  die  andere,  die  das  Vorbild 
des  ephesischen  Reliefs  an  Strongylions  Namen  zu  knüpfen  sucht.  Zu  größerer 
Sicherheit  können  wir  heute  nicht  kommen.  Aber  lösen  müssen  wir  ebenso  den 
Berliner  Typus  von  dem  Namen  Polyklets  wie  den  matteischen  von  dem  des 
Phidias.  Ein  sicherer  Ersatz  läßt  sich,  in  der  kapitolinischen  Amazone,  nur  für 
Polyklet  gewinnen.     Die  Amazone  des  Phidias  bleibt  verschollen  3). 

Tübingen.  Ferdinand    Noack. 


EROS  VON  MOTYE. 

Mit  einer  Beilage. 

Das  hier  zum  erstenmal  abgebildete  Terrakottaköpfchen  (Beilage  und  Abb.  4), 
jetzt  im  Besitze  Seiner  Exzellenz  des  Herrn  Geh.  Rat  Professor  Dr.  Richard  Krauel 
zu  Freiburg  i.  Br.,  stammt  aus  dem  Nachlasse  Adolf  Holms,  in  dessen  Antiken- 
schrank  es  das  wertvollste  Stück  gewesen  zu  sein  scheint.  Gefunden  wurde  es 
1871  bei  einem  gemeinsamen  Besuch  der  beiden  Herren  auf  der  kleinen  Insel 
S.  Panteleo  an  der  äußersten  Westküste  Siziliens.  Das  Köpfchen  hatte  an  der 
Oberfläche  des  Bodens  gelegen;    durch  die  in  der  Sonne  bhnkenden  Reste  der  Ver- 

I)  S.  zuletzt  B.  Schröder  oben  S.  98  f.  3)  [Die  S.  165   gegen  die  Statuette  von  Bavai   ge- 

')  Loewy,    Inschr.  46,    Furtwängler,   M.-W.    280,  äußerten  Bedenken  sind,  wie  ich  eben  erst  nach 

Reinach  Gaz.  d.h.  arts  a.a.O.  Der  zurückgesetzte  beendetem  Druck  sehe,  durch  Sauers  Angriff  gegen 

Fuß  stand  auf  der  Basis  nur  mit  dem  Ballen  auf.  ihre  Echtheit  N.  Jahrbb.  f.  d.  kl.  Alt.  19 15  bereits 

überboten.     Korrekturnote.] 
Jahrbuch  des  archäolog'Ischen  Instituts  XXIX.  1 3 


i8o 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


goldung  im  Haar  war  der  die  Herren  damals  führende  Bauer,  der  es  aufhob, 
darauf  aufmerksam  geworden. 

Ein  Fund  also  aus  dem  alten  Motye.  Denn  dies  ist  die  antike  Stadt,  die  wichtigste 
Seefestung  der  Karthager  auf  Sizilien  in  der  älteren  Zeit,  welche  einst  mit  hohen, 
dichtgedrängten  Häusern,  von  mächtigen  Mauern  umzogen  auf  dem  flachen  Inselchen 
in  der  äußerst  geschützt  gelegenen  Lagunenbucht  gestanden  hat^).  Im  Jahre  397 
V.  Chr.  von  den  Griechen  zerstört,  erstand  ihr  bekanntlich  in  Lilybäum  nur  wenig 
weiter  südlich  an  der  Stelle  des  heutigen  Marsala  eine  noch  stärkere,  weder  von 
Pyrrhus    noch  den  Römern  bezwungene  Nachfolgerin. 

Bedeutsamere  Kleinfunde  sind  aus  Motye  bisher  nicht  bekannt  geworden;  von 
phönikisch-karthagischen  Erzeugnissen  fast  nichts  2).    Dagegen  immer  wieder  Terra- 


Abb.  I .     Fragment  einer  tönernen  Kuchen- 
form,    aus    Motye      (Universitätssammlung 
Heidelberg), 


Abb.  2.     Rückseite  von  Abb.  i. 


kotten  rein  griechischer  Art,  und  zwar  strengen,  fast  noch  altertümlichen  Stils  3). 
Im  18.  Jahrhundert  war  schon  Houel  auf  eine  weibliche  Tonmaske  zum  Aufhängen 
von  dort  aufmerksam  geworden,  später  Cavallari  auf  die  anscheinend  häufiger  eben- 


')  Zur  älteren  Literatur  über  Motye,  seine  Benen- 
nung und  seine  Topographie  vgl.  Schubring, 
Philologus  XXIV  1866,  49  ff.,  Holm,  Gesch. 
Siziliens  I,  83  u.  371  f.  Beste  Detailkarte  bei 
Holm  n,  Taf.  X  und  bei  Freemann-Lupus, 
Gesch.  Siziliens  I.  zu  S.  233.  Eine  Abbildung 
der  Mauerreste:  Aus  dem  klass.  Süden  (1896) 
Taf.  131  u.  S.  58  f.  (0.   Meltzer). 

^)  Außer  dem  von  R.  Zahn  im  Prienewerk  S.  467 
erwähnten  Fragment  einer  tönernen  Kuchenform 
(jetzt  in  dei  Universitätssammlung  zu  Heidelberg), 
das  mit  gütiger  Erlaubnis  F.  von  Duhns  hier  Abb. 
I  und  2  abgebildet  wird,  ist  mir  nichts  bekannt 
geworden:  Grober,  sehr  hart  gebrannter  hell- 
rötlicher Ton.  Größte  Länge  9  cm,  Dicke  2  cm. 
Die  Ornamente  auf  beiden  Seiten  tief  eingepreßt; 
die  schräge  Strichelung  der  Ränder  gerade  so 
auf  den  wohl  ebenso  aufzufassenden  und  ähnlich 


ornamentierten  Tonscheiben  aus  der  punisch- 
sardinischen  Nekropole  von  Nora,  Mon.  antichi 
d'  Accad.  dei  Lincei  1907  (XIV)  S.  195  Fig.  27 
u.  28.  — •  Über  Ausgrabungen  des  Jahres  1907, 
welche  unter  Leitung  von  Salinas  ein  englischer 
Captain  Whitaker,  der  die  ganze  Insel  gekauft 
haben  soll,  ausführen  ließ,  sind  mir  nur  durch 
Dr.  D.  Bender  bei  Karl  Baedeker  kurze  Notizen 
bekannt  geworden.  Darnach  wurden  Mauerreste 
von  bedeutendem  Umfang  und  zwei  bisher  un- 
bekannte Tore  freigelegt.  U.  Kahrstedt  notierte 
damals  für  Baedeker:  »Motye  jetzt  sehr  lohnend, 
die  Festungswerke,  die  Cascio  gefunden,  rivali- 
sieren fast  mit  denen  von  Selinus;  sehenswertes 
Museum  mit  den  Ergebnissen  der  Ausgrabung.« 
Vgl.  Baedekers  Unteritalien  15.  Aufl.  S.  338. 
3)  Zusammengestellt  bei  Kekule,  Terrakotten  Sizi- 
liens  S.  41.      Dasselbe  trifft  für  Lilybäum  zu. 


Ebenda  und  Meltzer  a.  a.  0.  S.  58. 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


löl 


dort  auftretenden  sog.  Kastenreliefs,  d.  h.  Votivaltärchen,  die  zweifellos  aus  Heilig- 
tümern herrühren  ').  Bei  seiner  Zusammenfassung  nach  Fundstellen  nennt  Kekule 
auch  einen  Stirnziegel  mit  Gorgoneien  als  aus  Motye  stammend. 

So  spärlich  und  unscheinbar  die  erwähnten  Funde  sind,  so  weisen  sie  doch  im 
Verein  mit  den  wichtigen  Münzen  von  Motye  mit  Bestimmtheit  darauf  hin,  daß 
in  diesem  starken  punischen  Emporium  ein  ganz  bedeutender  hellenischer  Einfluß 
vorhanden,  wenn  nicht  ein  beträchtlicher  griechischer  Volksteil  selbst  dort 
ansässig  gewesen  sein  muß.  Weder  die  genannten  Terrakotten  noch  die  Münzen 
unterscheiden  sich  technisch  oder  stilistisch  von  den  analogen  Funden  aus  Selinus, 
Akragas,  Gela  usw.  Ja,  der  Umstand,  daß  die  Münzen  von  Motye  die  Prägetypen 
von  Segesta,  Akragas  und  Himera  verwenden  2),  läßt  vielleicht  erkennen,  ausweichen  Ge- 
bieten sich  jene  griechischen  Elemente  in  der  punischen  Festung  zusammengefunden 
hatten.  In  der  älteren  Zeit  scheint  diese  hellenische  Enklave  am  stärksten  gewesen 
zu  sein  -r—  die  Münzen  Motyes  tragen  damals  griechische,  noch  nicht  punische  Auf- 
schrift — ,  dann  verschwindet  offenbar  das  Griechische  mehr  hinter  dem  Orienta- 
lischen, ohne  indes  jemals  ganz  darin  unterzugehen.  Noch  aus  der  Stunde  des 
Unterganges  von  Motye,  seiner  Zerstörung  durch  Dionysius  I.,  berichtet  Diodor 
(XIV,  53)  von  einem  Trupp  Griechen  3),  welche  unter  ihrem  Führer  Daimenes  Schulter 
an  Schulter  mit  den  belagerten  Puniern  in  Motye  fochten,  und  die  von  den  sieg- 
reichen Eroberern  dann  als  Verräter  an  der  griechischen  Sache  ans  Kreuz  geschlagen 
wurden. 

Daß  es  im  Inneren  der  punischen  Inselfestung  auch  Heiligtümer  gab,  die  seitens 
der  Griechen,  nicht  nur  der  Punier,  Verehrung  genossen,  also  zweifellos  Heiligtümer 
griechischer  Gottheiten,  geht  aus  derselben  Erzählung  Diodors  über  den  grau- 
sigen Endkampf  in  den  Straßen  Motyes  hervor:  die  aufs  äußerste  bedrohten 
Motyener  werden  angewiesen  sich  zu  flüchten  s,k  la  irapa  xoT?  "EXXrjaiv  lepa  xi- 
ji.(ü{jieva.  Wieder  sind  es  die  Münzen  der  Stadt,  welche  diese  Tatsache  illustrieren, 
—  ahnen  ließen  es  schon  die  eben  erwähnten  Tonaltärchen  und  Tonmasken  —  und 


')  Sie  sind  sehr  häufig  in  Sizilien,  finden  sich  aber 
auch  in  Unter italien  (Tarent,  Kreton),  ja  sogar 
im  fernen  Osten,  worauf  mich  R.  Zahn  aufmerk- 
sam macht.  Ein  schönes  Stück  von  der  Insel 
Naxos  ist  jetzt  von  G.  Loeschcke  für  Berlin  er- 
worben. Zwei  Stücke  aus  Samsun  abgeb.  im  Auk- 
tionskatalog von  Hirsch-Sambon  (Coli.  Lambros 
Dattari  1912)  pl.  13.  Der  Text  nennt  offenbar 
mit  Unrecht  Lokri  als  Herkunft.  —  Vgl.  v.  Duhn, 
Not.  d.  Scavi  1897,  347  ff.  Über  den  sakralen 
Charakter  vgl.  Orsi,  Not.  d.  Scavi  1891,  64  und 
Mon.  Accad.  Lincei  XIX  (1908/9)  p.   134  ff. 

»)  Vgl.  Head,  Hist.  Num.  2.  Aufl.  158;  Imhoof- 
Blumer,  Wien.  Num.  Zeitschr.  1886,  253  f.  u. 
Taf.  VII;  Holm,  a.a.O.  III,  S.  600  f.  u.  640. 
Die  griechische  Aufschrift    lautet  MOTYAION. 

3)  Meltzer,  Gesch.  d.   Karthager   I,  286  meint  von 


ihnen,  daß  sie  »möglicherweise  als  Besatzung  von 
früherher  in  Motye  gelegen  haben  könnten«.  Für 
ein  dauernd  in  Motye  ansässiges  griechisches  Ele- 
ment sprechen  ganz  analoge,  durch  neuere  Grab- 
funde beleuchtete  Verhältnisse  in  Lilybäum  (Aus 
d.  klass.  Süden  S.  58),  vielleicht  auch  die  Ver- 
bindung Motyes  selbst  mit  der  Heraklessage,  die 
Berichte  von  den  unter  Pentathlos  und  Dorieus 
im  6.  Jahrh.  v.  Chr.  in  jener  Gegend  gemachten 
griechischen  Niederlassungsversuchen  und  noch  um 
die  Mitte  des  5.  Jahrh.  der  Kampf  Motyes  gegen 
Akragas,  das  gerade  die  frühe  motyenische  Münz- 
prägung so  stark  beeinflußt  hat.  Vgl.  Meltzer,  Aus 
d.  klass.  Süden  59  und  Holm  III,  601.  — F.  v.  Duhn 
verweist  mich  dagegen  auf  das  häufige  Vorkommen 
griechischer  Scherben  und  Terrakotten  mitten 
in  punischer  Sphäre  auch  in  Karthago. 


»3* 


j32  *  H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


die  ein  solches  Heiligtum  aufzeigen  mit  griechischen  Formen,  und  zwar  schon  ein  volles 
Jahrhundert  vor  den  von  Diodor  geschilderten  Ereignissen.  Die  von  Imhoof- Blumer, 
Wiener  Num.  Zeitschr.  1886  Taf.  VII,  5,hier  Abb.  3,  abgebildete  Münze  von  Motye  (mit 
phönikischer  Namensbeischrif  t)  zeigt  eine  in  langem,  ionischem  Chiton  ^)  gekleidete  Frau 
anbetend  und  mit  einem  Zweig  in  der  L.  vor  einem  Altar.  Dieser,  auf  zwei  Stufen 
stehend,  hat  die  gut  griechische  Form  eines  giebelförmigen  Abschlusses  oben  an  den 
Seiten,  ganz  so  wie  z.  B.  auf  den  Münzen  von  Selinus  oder  Himera.  Es  handelt 
sich,  konkret  gefaßt,  um  ein  für  die  ganze  Stadt  wichtiges,  wenn  auch  nicht  aus- 
schließlich von  Griechen,  doch  jedenfalls  auch  ihnen  verehrtes  Heiligtum.  Diese  Opfer- 
szene ist  älter  und  altertümlicher  als  die  sonst  ganz  entsprechenden  auf  den  Münzen 
von  Himera,  Selinus  und  Segesta,  wo  es  immer  die  als  Nymphe  oder  Heros  dar- 
gestellte Personifikation  des  Ortes  selber  ist,  welche  das  Opfer 
zum  Heile  der  ihrem  Schutze  unterstellten  Stätte  darbringt. 
Vgl.  Lederer,  Tetradrachmenprägung  von  Segesta  51.  Dieser 
sich  aus  solch  weiterem  Zusammenhang  ergebenden  Auffassung 
des  motyenischen  Münzbildes  steht  nicht  unbedingt  entgegen 
der  sonst  sich  wie  von  selbst  anbietende  Schluß,  daß  hier  ein 
Heiligtum  gemeint  ist,  dessen  Pflege  sich  vor  allem  die  Frauen 
Abb.  3.    Münze  von     angelegen  sein  ließen. 

Motye   mit  Frau  vor  Kehren  wir  zunächst  zu   unserem  Köpfchen  zurück.     Die 

Altar  (vergrößert).  Gesamthöhe  (Kopf  und  Hals)  beträgt  6,4  cm,  für  den  Kopf 
allein  4,4  cm,  die  Gesichtslänge  (vom  Kinn  bis  zur  Scheitelung 
der  Stirnhaare)  3,4  cm,  die  Entfernung  vom  Kinn  bis  zur  Nasenspitze  gerade  die 
Hälfte:  1,7  cm.  Die  größte  Breite  mißt  3,8  cm,  die  Breite  des  Gesichts  allein  (an 
den  Brauen)  3  cm.  Die  Tiefe  des  Kopfes  (von  der  Nasenspitze  bis  zur  Nacken - 
schleife  hinten  gemessen)  4,5  cm. 

'  Das  Köpfchen  ist  in  seiner  Form  vollständig  erhalten,  auch  die  Nase  völlig 
intakt.  Nur  die  besonders  aufgelegte  Haarbinde  fehlt  jetzt,  bis  auf  einen  anscheinend 
geknoteten  Rest  ganz  hinten  im  Nacken  (vgl.  Abb.  4).  Der  lange  gerade  Hals  hat 
nur  vorne  eine  leichte  Modelherung,  sonst  einen  fast  viereckigen  Querschnitt  und 
zeigt  unten  herum  überall  Bruchrand,  der  hinten  höher  hinaufsteigt  und  auffallender- 
weise etwas  nach  außen  schwingt,  weiter  hinausragt,  als  hätte  einst  hier  noch 
etwas  angesessen. 

Der  rötlichbraune  lederfarbene  Ton  ist  so  dicht,  fein  und  homogen  wie  bei 
den  besten  attischen  Vasen.  Schwarzer  Vasenfirnis  hat,  wie  es  scheint,  einst  auch 
die  ganze  Oberfläche  überzogen.  Nur  oben  auf  dem  runden  Schädel  deckte  er  nicht 
ganz  die  Fläche.  Dies  war  auch  nicht  nötig,  da  die  ganze  Haarmasse  mit  Gold  über- 
zogen war,  von  dem  jetzt  noch  Reste  in  den  Windungen  und  Enden  der  Locken 

')  Man      ist     versucht,     dabei      an      die     speziell  heißt  »Spinnerei«.   Die  Textilindustrie  des  schafe- 

sizilischen    Leinenchitone     zu    denken,     welche  reichen  Siziliens  verarbeitete  sonst  Wolle.    Noch 

Bliinmer,  Gewerbl.  Tätigkeit  d.  kl.  Altert.  S.  124  in    der    Todesstunde    Motyes    erscheinen    seine 

anführt,  und  die  mit  punischer  Buntwirkerei  zu-  laOrj«;    7:oXuTeXet;    xai    t^«    aXKrfi    e68«ifJiov(ac 

sammenhängen   könnten   (vgl.   ebenda).      Motye  idf^öoc  (Diod.  XIV,  53). 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


183 


der  rechten  Seite  deutlich  erhalten  sind.  Während  die  Wölbung  des  Schädels,  der 
ganze  Oberkopf,  eine  glatte,  ungeghederte  Oberfläche  hat,  ist  der  dichte  Locken- 
kränz,  dessen  einzelne  Locken  unmittelbar  unterhalb  der  jetzt  fehlenden  Tänie 
plastisch  aufgesetzt  sind,  aufs  sorgfältigste  mit  dem  Modellierholz  durchgearbeitet. 
Die  Oberfläche  war  über  und  über  mit  Erdsinter  bedeckt  gewesen,  der  leider 
so  ungeschickt  mit  hartem  Instrument  entfernt  worden  ist,  daß  diese  »Reinigung« 
dem  Ganzen  sehr  geschadet  hat.  Das  unruhige,  fleckige,  ungleichmäßige  Aussehen 
jetzt  wirkt  auch  in  der  Photographie  noch  störend.  Auch  durch  Aufblasen  trockenen 
Puderstaubes,  wie  es  Herr  Lektor  M.  Ferrars, 
dessen  Güte  ich  die  Aufnahmen  verdanke, 
vorsichtig  versuchte,  hat  sich  das  nicht 
wieder  gut  machen  lassen.  Erst  ein  Gips- 
abguß würde  dem  ursprünglichen,  reinen 
Eindruck  der  Form  wieder  näherkommen. 
Schon  technische  Merkmale  also  heben 
das  feine  Werkchen  aus  der  Masse  des 
Gewöhnhchen  heraus  ^).  Die  Qualität  des 
Tones,  der  dunkelglänzende  Firnisüberzug, 
die  Vergoldung  des  metallisch  scharf  zise- 
lierten Haares,  die  etwas  größeren  Ab- 
messungen lassen  auf  ein  wertvolleres 
Weihgeschenk,  wenn  nicht  auf  die  Nach- 
bildung eines  größeren  Bronzewerkes,  so 
doch  auf  die  Ersatzleistung  für  ein  solches 
in  bescheidenen  Verhältnissen  schließen. 
Solch  tönerne  Surrogate  mit  eben  diesem 
bei  Terrakotten  so  seltenen  schwarzen 
Vasenfirnisüberzug,  der  zweifellos  die  dunkle 
Bronzepatina  imitieren  will,  sind  als  rein 
griechische  Arbeiten  bisher  keineswegs 
häufig  und  wohl  sicher  als  Kult-  oder 
Weihebilder     kleinerer     HeiHgtümer    aufzufassen  2).      Das    bedeutendste    Beispiel 


Abb.  4.     Erosköpfchen  aus  Motye,  von  hinten. 


1)  R.  Zahn  schreibt  mir  dazu:  »Zu  dem  sizilischen 
Köpfchen  kenne  ich  keine  Parallele.  Die  Technik 
ist  ja  ganz  sonderbar;  sie  erinnert  an  die  schwarz- 
gefirnißten Gefäße  mit  aufgelegtem  Goldschmuck. 
Aber  figürliche  Produkte  dieser  Art  habe  ich  nach 
meiner  Erinnerung  nie  gesehen.  Wir  haben  wohl 
kleinasiatische  Statuetten,  die  Motive  der  großen 
Plastik  wiedergeben  und  ganz  vergoldet  waren; 
aber  Firnisüberzug  haben  sie  nicht.« 

2)  Richtig  erkannt  von  Furtwängler,  Bronzefunde 
von  Olympia  S.  90  an  dem  Zeusköpfchen  aus 
Olympia  III,  Taf.  VII,  4  u.  Abb.  37.  Der  Einwand 


Treu's  dagegen  (ebenda  S.  36)  ist  nicht  stichhaltig, 
in  der  Neuausgabe  von  Furtwänglers  kleinen 
Schriften  (I,  408)  darum  auch  nicht  berücksichtigt. 
Ein  weiteres  Beispiel  ist  der  schwarzgefirnißte, 
viel  jüngere  Terrakottakopf  des  S.  Chigi  in  Siena 
bei  Milani,  Studi  e  Materiali  I,  148  nr.  38.  Noch 
wichtiger  der  athletische  Statuettentorso  lysippi- 
schen  Stils  im  Münchner  Antiquarium,  Christ, 
Dyroff,  Thiersch,  Curtius:  Führer  (1901),  S.  20 
Nr.  505.  Vgl.  auch  Deonna,  Statues  de  Terre- 
cuite  25  £E.  Bei  solchen  keineswegs  häufigen 
Terrakotten  ist  zunächst  nur  das  Haar  vergoldet, 


jgA  H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


dieser  seltenen  Gruppe  ist  der  erst  vor  kurzem  gefundene  Torso  aus  dem 
Heiligtum  der  Pasikrata  in  Demetrias  -  Pagasai,  welcher  die  Göttin  fast 
lebensgroß  darstellte  und  noch  aus  dem  5.  Jahrh.  stammt  ').  Gerade 
im  Westen  aber  stand  im  7.,  6.  und  5.  Jahrh.  die  Terrakottaplastik  in  hoher  Blüte. 
Sizihen,  das  gar  keinen  eigenen  Marmor  und  nur  stellenweise  brauchbaren  Kalk- 
stein besitzt,  dagegen  fast  überall  gute  und  reiche  Tonlager,  ist  daran  ganz  wesentlich 
beteiligt 2).  In  Etrurien  ist  der  Ton  das  kanonische  Material  für  die  großen  Kult- 
bilder der  Staatstempel,  und  in  der  entscheidungsreichen  Zeit  vom  Anfang  des 
5.  Jahrhs.  werden  die  griechischen  Künstler  Damophilos  und  Gorgasos  nach  Rom 
zu  ebensolchem  Auftrag  gerufen  3).  So  führt  alles  darauf  hin,  in  unserm  Köpfchen 
den  Rest  eines  Weihgeschenkes  aus  einem  bescheidenen  Heiligtum,  vielleicht  der 
kleinen  Griechenkolonie,  zu  Motye  zu  erkennen,  wenn  nicht  geradezu  einer  Kult- 
statuette aus  einer  der  dortigen  Kapellen.  Gegen  eine  Grabbeigabe  spricht  auch 
der  Umstand,  daß  auf  der  kleinen,  nur  2  km  Umfang  messenden  Insel  Bestattungen 
kaum  zugelassen  gewesen  sein  werden,  wie  denn  Gräber  bisher  auch  nur  auf  dem 
sizilischen  Ufer  nö.  gegenüber  beobachtet  worden  sind.  Vgl.  die  entsprechenden 
Eintragungen  auf  den  oben  erwähnten  Kärtchen. 

Dem  anmutigen  Reiz,  der  von  dem  ausgezeichneten  und  für  das  frühe  5.  Jahrh. 
so  charakteristschen  Köpfchen  ausgeht,  besonders  im  Profil,  wird  sich  niemand 
entziehen  können.  Die  Vorderansicht,  welche  durch  Verletzung  der  Oberfläche, 
namentlich  an  den  Augen  und  auf  den  steil  abfallenden  Wangenfiächen,  sehr  ge- 
litten hat,  wirkt  im  Original  weit  besser  und  anziehender  als  auf  der  Photographie, 
welche  durch  jene  Beschädigungen  merklich  beeinträchtigt  wird.  Über  die  kunst- 
geschichtliche Stellung  kann  kein  Zweifel  sein:  die  niedere  Stirn,  das  sehr  hohe 
Untergesicht  mit  dem  kräftigen  Kinn  und  dem  kleinen,  aber  lebendigen  und  tief 

genau  wie  bei  ihrem  Bronzevorbild.  Als  später  Haare  nur  vereinzelt  vor,  wie  bei  der  Frau enstatu- 
in  hellenistischer  Üppigkeit  ganze  Bronze-  ctte  aus  EretriaimBrit.  Mus.  C  201  oder  den  Gorgo- 
statuetten  mit  Vergoldung  überzogen  wurden,  neien  aus  Naukratis,  ebenda  C  565.  —  Über  archa- 
wird  auch  dies  in  den  Terrakotten  imitiert.  Bei-  ische  tönerne  tixi-^n  "kaxptlaz  aus  Sizilien  (Gram- 
spiele :  Zeuskopf  aus  Smyrna  mit  Resten  von  Gold  michele),  bemalt  und  aufs  sorgfältigste  modelliert, 
im  Haar  und  Gesicht,  Walters,  Cat.  of  the  Terra-  vgl.  Orsi,  Mon.  Acc.  Lincei  XVH  (1906),  573. 
cottas  in  the  Br.  M.  C  445;  der  neu  erworbene  ')  Vgl.  Karo  im  Arch.  Anz.  1914,  127  nach  npoxxixdt 
Herakleskopf   in    Boston,    welcher   ebenfalls   aus  191 2,   196. 

Smyrna   stammend   dem    myronischen   Herakles  -)  Vgl.  Deonna  a.  a.  O.  44  und  Orsi,   Mon.   Lincei 

nachgebildet    ist,    mit    Goldresten    im    Gesicht:  XVH  (1906)  571  fF.  u.  688  ff.    »In  tutti  i  monu- 

Museum    of    fine  Arts,  Report    for    1914,   S.  95  menti  della  civiltä  greca  la  coroplastica  ebbe  la 

Nr.  14732.     (Bei  diesen  kleinasiatischen  Statuet-  preferenza  suUa  plastica.«     »Gela  e  la  cittä  della 

ten,  die  ganz  vergoldet  Motive  der  großen  Plastik  creta  per  escellenza.«      Vgl.   die   Reste   tönerner 

wiedergeben,  scheint  aber  der  schwarze  Vasen-  Reliefmetopen  ebenda  Tav.  48. 

firnisüberzug  zu  fehlen.    Vgl.  oben  183  Anm.   i.  3)  Vgl.  zuletzt  Roßbach  bei  Pauly-Wissowa  IV,  2077 

Für   die   polykletische  Diadumenosstatuette    aus  und  Amelung  bei  Thieme-Becker,  Allg.  Lexikon 

Smyrna  JHS  1885  pl.  61  gibt  Murray  nur  Ver-  d.  bild.  Künstler  VIII,  331,  wo  betont  wird,  daß 

goldung  an  der  Tänie,  aber  keinerlei  Firnis  an.  D.  u.  G.  dorischen  Kreisen  entstammten  und  mit 

An  bunt  bemalten  Terrakotten  kommen  vergoldete  dem  ionischen  Damophilos  von  Himera  nichts  zu 

tun  haben  können. 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


185 


eingesenkten  Mund  —  wie  voll  und  atmend  sind  die  Lippen  und  wie  schelmisch 
ist  der  rechte  Mundwinkel  etwas  in  die  Höhe  gezogen!  — ,  die  gerade,  etwas 
vorspringende  Nase,  die  scharf  gezogenen  Brauenbogen,  die  hochgehenden  Ober- 
lidränder, die  streng  horizontalen  Augenachsen,  die  schmalen  Wangen,  die  weichen 
Lockensträhnen,  auch  hinten  im  Nacken  nicht  länger  als  über 
den  Ohren,  die  sie  vollständig  bedecken:  alles  bester  strenger  Stil 
der  ersten  Hälfte  des  5.  Jahrh.  v.  Chr. 

Der  Ausdruck  und  die  Formen  des  Gesichts,  dazu  die  Haar- 
tracht, kennzeichnen  deutlich  einen  kindlichen  Knaben,  jedenfalls 
eine  so   große   Jugendlichkeit,  daß   die   Deutung  nur    auf   Eros 
lauten  darf.     Auch  Eros  ist  ypodoyaCxai;,  )(puaox6}j,Yj?  ^),    nicht   nur 
Apollon,  für  den  man  mehr  jünglingshafte,  männliche  Kraft  er- 
warten   müßte.     Nun  liegt,  wie  ein   Blick  auf  die  Karte    lehrt, 
das  berühmteste   Aphrodite-Heiligtum    vSiziliens   auf  dem  Monte 
San  Giuliano   dem  Fundort  unseres  Köpfchens  ganz  nahe,  so  daß  die  Vermutung, 
der    Kult    dieser    großen     Göttin     und    ihres    jugendlichen    Sohnes    sei    von     da 
auch     nach    Motye     gedrungen,    sich     von    selbst     anbietet     und    es    überflüssig 
erscheint,   einen   antiken   Kunstraub,   eine  Verschleppung  unserer  Terrakotta  vom 


Abb.  5.    Münze  vom 

Erj'x    mit    Aphrodite 

und  Eros. 


Abb.  6.     Kopf  des  Dornausziehers. 

Eryx  nach  Motye  anzunehmen.  WahrscheinHcher  ist  es,  daß  die  berühmte  Erycina 
schon  früh  auch  in  dem  punischen  Seekastell,  d.  h.  bei  seiner  Griechenkolonie  ein 
Heiligtum  besaß,  vielleicht  eben  jenes,  das  die  obengenannte  Münze  mit  der  an- 
betenden Frau  im  griechischen  Gewände  meint  (vgl.  oben  S.  182  Abb.  3) .  In  der  Kapelle 
dieser  motyenischen  Kultfihale  des  Eryx  könnte  unser  Eros  sehr  wohl  gestanden 
haben.  Jedenfalls  ist  es  i;i  diesem  Zusammenhange  bedeutsam,  daß  es  gerade  die 
Münzen  vom  Eryx  (vgl.  Abb.  5)  —  und  ihnen  nachgebildet  die  seiner  damaligen 


*)  Vgl.  Anacr.  frg.   14  Bergk,    Anacreontea  41   (6),  12  Bergk,    Euripides,  Iph.  Aul.  548. 


i86 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


Schutzpatronin  Segesta'')  —  sind,  welche  die  frühesten  Darstellungen  des  Eros 
auf  Münzen  überhaupt  darbieten  ^) :  vor  der  sitzenden  Mutter  mit  einer  Taube 
auf  der  Hand  steht  zu  ihr  aufblickend  der  Flügelknabe,  einen  Zweig  haltend, 
dasselbe  Attribut  also,  wie  es  jene  Frau  von  Motye  vor  ihrem  Altar  auf  der 
Münze  anbetend  darbringt. 

Will   man  für   unser   Köpfchen   bestimmte    Stilphasen   oder    -richtungen   mit 
bestimmten  Namen  nennen,  so  darf  man  sagen,  daß   es  noch  mehr  mit  der  Weise 


Abb.  7. 


Abb.  8. 


Marmorkopf  in  Neapel. 


des  Kritios  und  Nesiotes  als  der  des  Kaiamis  zusammengeht,  welcher  in  allen  ent- 
scheidenden Punkten  jünger,  weicher  und  entwickelter  angemutet  haben  muß,  als 
es  hier  der  Fall  ist.  Die  Art,  wie  die  Stirnhaare  dicht  an  die  Brauen  herankommend 
fast  die  ganze  Stirn  bedecken  und  mit  dem  unteren  Ende  ihrer  gewellten  Strähne 


')  Über  das  Verhältnis  von  Eryx  und  Segesta  vgl, 
zuletzt  Lederer,  Tetradrachmenprägung  von  Se- 
gesta S.  II  und  Hülsen  bei  Pauly-Wissowa  VI, 
603.  Im  Anfang  des  6.  Jahrhs.  scheint  po- 
litisch wie  künstlerisch  noch  Akragas  maßgebend 
für  Eryx  gewesen  zu  sein.  Vgl.  Head,  Hist.  Num.* 
138.  Die  genaue  Lage  von  Stadt  und  Heilig- 
tum festgestellt  von  Kromayer:  Klio  IX    1909, 

Gardner,  Types 


461 — 477,  mit  Karte  und  richtiger  Einschätzung 
des  reichen,  durch  eine  Grabung  hier  zu  er- 
hoffenden Ertrages. 

2)  Vgl.  Riggauer,  Eros  auf  Münzen,  Inder  Zeitschr.  f. 
Num.  VIII,  S.  72  Taf.  I,  i — 3.  Auf  den  jüngeren 
kleineren  Prägungen  schwebt  Eros  liebkosend  auf 
die  sitzende  Mutter  zu.  Die  schöne  Tetradrach- 
monprägung  auch  bei  Holm  III,  Taf.  IV,  13  und 

pl.  VI,  3. 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


187 


sich  spiralig  einrollen,  erinnert  mehr  oder  weniger  an  den  »blonden«  Jünglings- 
kopi  von  der  Akropolis,  die  Hestia  Giustiniani,  die  vatikanische  Wettläuferin,  die 
esquihnische  Venus,  die  Penelope  und  den  Wagenlenker  im  Konservatorenpalast. 
Auch  die  Olympiaskulpturen  (Apollon,  Sterope,  Greis)  folgen  noch  demselben 
Prinzip,  doch  sind  die  Einrollungen  der  Lockenenden  dort  bis  zu  drei  Reihen  ge- 
häuft, mehr  noch  also  als  dies  bei  den  obengenannten  Analogien  und  dem  Apoll  von 
Piombino  z.  T.  schon  der  Fall  war.  Ebenso  beim  »Splanchnoptes«').  Das  Haar  des  Dorn- 
ausziehers  (Abb.  6)  ist  im  ganzen  ebenso  ge- 
schnitten wie  bei  unserem  Eros,  die  Locken 
aber  sind  freier  bewegt  und  über  der  Stirn 
in  den  bekannten  Schopf  zusammengebunden. 
Bei  der  graziösen  Wiegandschen  Spinnerin 
ist  der  Schnitt  der  Haare  wieder  überaus 
ähnlich,  die  einzelnen  Strähnen  aber  ver- 
laufen schlichter  und  natürlicher  2).  Im 
selben  Sinne  einer  jüngeren  Weiterentwick- 
lung sind  die  Stirnlocken  des  Omphalos- 
apollo  natürlicher  gehalten,  anders  gruppiert 
und  lassen  von  der  hohen  Stirne  schon  viel 
mehr  durchblicken  3).  Inder  zierlichen  Regel- 
mäßigkeit der  Locken,  die  bei  unserem  Eros 
vollständiger  noch  als  bei  dem  Jünglings- 
kopf  der    Stele   von    Abdera    Stirn,    Schläfen,      Abb.  9.     Kopfansicht  eines  Jünglings  von  einer 

Ohren  bedecken,  ist,  besonders  was  die  symme-  selinumischen  Metopenplatte. 

trische  Scheitelung  über  der  Stirnmitte  an- 
langt, zweifellos  die  Weiterführung  einer  archaischen  Haartracht  zu  sehen, 
wie  sie  z.  B.  der  noch  archaische  Jünglingskopf  der  Akropolis,  Lechat, 
Au  musee  d'Athenes  p.  2>n  Fig-  40,  der  Kopf  Rampin  und  auch  einige 
der  »Tanten«  zeigen  4).  Dieselbe  gescheitelte  Stirnfrisur,  aber  schon  etwas 
freier  gelegter  Wellensträhnen,  die  im  Nacken  ebenso  weit  herabfallen  wie  bei 
unserem  Eros,  weist  dann  der  strenge  Jünglingskopf  in  Neapel,  Ruesch,  Guida 
Nr.  102  (hier  Abb.  7  und  8)5)  auf,  mit  einer  Häufung  der  Lockenspiralen  aller- 
dings und  einer  beginnenden  Freilegung  der  Stirnmitte,  die  auch  darin  eine  schon 
etwas  jüngere  Stilstufe  als  unser  Eros  verrät.  Überaus  verwandt  dagegen  ist  seiner 
Frisur  die  wieder  archaische  Ringelung  der  Nackenhaare  an  dem  Fragment  der 
Marmorsima  vom  alten  Artemision  zu  Ephesos,  Hogarth,  Excavations  pl.  XVH,  15. 
Unter  allen  Skulpturen  steht  dem  Eros  stilistisch,  zeitlich  und  örtlich  sicher  am 


*)  ^S^-  ^'^  Detailaufnahmen  Arndt,  Einzelverkauf 

627—628. 
')  Vgl.   73.    Berliner  Winckelmannsprogramm  1913 

Taf.  I— IV. 
3)  Vgl.  z.   B.  die  Detailaufnahmen  des  Kopfes  bei 

Arndt,  Einzelverk.  625  und  626. 


4)  z.  B.  bei  Schrader,  Archaische  Marmorskulp- 
turen S.  20  Fig.  17  (chiotisch),  S.  26  Fig.  22 
(attisch). 

5)  Phot.  d.  röm.  Inst.  Nr.  905/6  und  Arndt,  Einzel- 
verk. 505/6,  darnach  bei  Studniczka  im  Jahrb. 
191 1,  S.  186  u.   187,  Abb.  86  u.  89. 


l38  H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


nächsten  die  selinuntische  Metopenplatte  Mon.  Accad.  Lincei  I,  p.  248  (hier  Abb.  9),  welche 
noch  etwas  altertümhcher  als.die  Heraionmetopen  von  Sehnus  gehalten  ist  ^),  Auf 
diesem  leider  vereinzelten  Metopenfragment  hat  der  Jüngling  mit.  dem  Petasos 
genau  denselben  Schnitt  genau  so  gewellter  Ringelhaare,  dieselbe  Zeichnung  der 
Augen  und  des  Mundes,  dieselbe  Schmalheit  der  Wangen,  dieselbe  Kräftigkeit  des 
Kinnes.  Weiter  sind  in  der  Profilführung  vielfach  verwandt  die  strengen  Köpfe 
der  sizihschen  und  unteritalischen  Münzen,  vgl.  besonders  die  archaischen  .Nymphen - 
köpfe  von  Segesta  (Holm  III,  Taf.  2,  14  und  15;  hier  Abb.  10).  Verwandt  ist  im 
Schnitt  der  Haare  —  nicht  so  auch  in  deren  schon  freierer  Stilisierung  —  be- 
sonders der  Apollokopf  von  Leontinoi  (Abb.  Ii)^)  und  der  Kopf  des  Flußgottes  von 

Gela3):  die  Ohren  verschwinden  ganz  unter 
den  Locken,  welche  wie  beim  Eros  auch 
im  Nacken  noch  halblang  herabreichen, 
dagegen  die  Stirne  schon  etwas  freier 
lassen.  So  führt  eine  genauere  Betrach- 
tung der  Einzelheiten  aus  dem  weiteren 
Kreis    allgemeinerer   Ähnlichkeiten    wieder 

Abb.  10.    Münze  von       Abb.   ii.      Münze     von  .     ^.    ... 

c       ^      -.TVT       u  T      *•    •       *  A     11-.       nach  Sizilien  zurück. 

Segesta  mit  Nymphen-       Leontmoi    mit  Apollo- 
kopf, köpf.  Zu  diesen  allgemeinen  Zügen  der  Zeit 

wäre  noch  zu  zählen  die  eigentümliche 
Ungleichheit  in  der  Haarbehandlung  oben  auf  dem  Schädel  und  dann  unterhalb 
der  Kopfbinde  im  plastisch  aufgesetzten  Lockenkranz,  eine  Differenzierung,  die 
dazu  führen  konnte,  irrtümlicherweise  zuweilen  eine  Stoffkappe  oben  auf  dem  Schädel 
anzunehmen.  Bei  unserem  Eros  ist  diese  technische  Ungleichheit  aus  der  Ver- 
schiedenheit der  Herstellungsweise  der  beiden  Partien  leicht  erklärlich  (siehe  oben), 
aber  dieselbe  Differenzierung  in  der  Haarbehandlung  findet  sich  in  der  Zeit  des 
archaischen  und  strengen  Stils  auch  sonst,  bei  Terrakotten  sowohl  wie  bei  Bronzen, 
Marmorskuplturen  und  -reliefs.  Es  mag  sein,  daß  sie  gerade  in  der  Tontechnik 
ihren  natürlichen  Ursprung  hat  und  von  da  dann  auch  in  die  Arbeiten  aus  anderem 
Stoff  übernommen  wurde,  wo  sie  jedenfalls  nicht  ohne  weiteres  aus  diesem  her- 
aus verständlich  ist,  auch  wenn  sich  Vereinfachung  der  Arbeit  an  dieser  weniger 
sichtbaren  Stelle  als  Entschuldigung  anführen  läßt  oder  sicher  ein  Ausgleich  durch 
Bemalung  gegeben  war 4).  Als  Parallelen  für  den  Kontrast  einer  entweder  ganz 
glatten  oder  nur  flach  ziselierten  Schädelkappe  und  einer  unterhalb  des  Haar- 
bandes erst  vollplastisch  behandelten  Haarmasse  seien  hauptsächlich  genannt  der 
unserm  Eros  in  seiner  Strenge  verwandte  Bronzekopf  aus  Herculaneum,  Compa- 
retti  e  Petra  T.  VII,  i;  von  älteren  Werken:  der  Kleobis  und  Biton  des  Polymedes 
von  Argos  in  Delphi,  der  Kalbträger  der  athenischen  Akropolis,  die  Sphinx  von 
der    Akropolis    Nr.  632     (vgl.    Dickins    p.   177),      der    altattische    Poroskopf     im 

')  Vgl.  Katterfeld,  Metopenbilder  S.  50.  sonders  die  Hinterseite  des  Gigantenkopfes  vom 

-)  Vgl.  Holm  ni,  Taf.  IV,  2.  Hekatompedongiebel,     Wiegand,     Arch.     Poros- 

3)  Vgl.  Head,  Coins  pl.  16,  24.  skulptur  S.  138  Abb.  129.    Eine  wirkliche  Kappe 

"*)  Vgl.  Lechat,  Au  musee  d'Acropole  p,  200  und  bc-  glaubtOrsizusehenMon.  Accad.  Line. 1907,  p.  139. 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


189 


Abb.  12.     Tonrelief  im  k.  Antiquarium  zu  München. 


Louvre,  Gaz.  arch.  1887  pl.  11,  die  Köre  Akropolis  Nr.  669  und  die  des  Euthydikos; 
der  Hermes  Propylaios  des  Alkamenes;  der  Bronze-Poseidon  aus  Kreusis,  der 
Bronzekopf  in  Boston,  Perrot  VIII  173  Fig.  92;  die  Alxenorstele  von  Orcho- 
menos,  die  Mädchenstele  in  Berlin  (Winter,  Kunstgesch.  in  Bildern  213,  i), 
die  Köpfe  der  'olympischen  Löwen-,  Vögel-  und  Atlasmetope;  endlich  von 
sizilischen  Werken  der  vereinzelte  Marmorkopf  aus  Selinunt,  (Festschrift 
für  Benndorf  Taf.  6),  die  eingesetzten  Marmorköpfe  der  selinuntischen  Köpfe 
(ebenda  S.  124,  Profilansicht)  und  der  Kolossalkopf  der  ludovisischen  Aphro- 
dite I),  der  in  manchem  unserm  Eros  wieder  besonders  nahesteht,  nicht 
nur  in  der  geraden  Steifheit  des  kräftigen  Halses.  Bei  aller  Verwandtschaft 
in  den  Proportionen  des  Gesichts  kommt  da  aber  auch  der  charakteristische  Unterschied 
der  Geschlechter  deutlich  zum  Ausdruck:  beim  Eros  liegt  die  größte  Breite  des  Ge- 
sichts in  der  Brauen-  und  Schläfenhöhe,  bei  der  Hera  in  Backenknochenhöhe.  Der 
Mund  des  Eros  ist  wesentlich  schmaler,  aber  voller  gebaut.  Die  Mundwinkel  sind 
in  beiden  Fällen  nur  ganz  unmerklich,  nicht  mehr  archaisch  in  die  Höhe  gezogen, 
natürlich  und  tief  eingesenkt.  Die  Oberlippe  mit  kräftiger  Mittelfurche  springt 
etwas  über  die  Unterhppe  vor,  welche  wieder  durch  ein  Grübchen  unterhalb  lebhaft 


I)  Vgl.  Mon.  d.  Insl.  X,  Taf.  i  und  Amelung  in 
Helbigs  Führers.  Aufl.  II,  S.  84,  welcher  darlegt, 
daß   Ober-    und    Hinterkopf  mit    einem   Mantel 


von  Metallblech  verdeckt  war.  —  Die  Seiten- 
ansicht der  Monument!  gibt  das  Profil  leider 
nicht   in   voller   Drehung  wieder. 


ipo 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


hervorgehoben  wird.  In  diesen  Zügen,  die  besonders  in  der  Profilansicht 
lebendig  wirken,  sind  auch  die  Köpfe  des  Bostoner  Gegenstücks  vom  ludovisischen 
Thron  ^)  —  vom  Eros  selbst  dort  mit  seinem  sehr  voll  und  weich  gerundeten  Enface- 
gesicht  abgesehen  —  recht  verwandt. 

Wer  sich  den  Eros  von  Motye  in  voller  Gestalt  vorstellen,  seine  ganze  Körper- 
lichkeit im  Geiste  wieder  aufbauen  will,  darf  sich  zunächst  halten  an  die  kleineren, 
gleichzeitig  entstandenen  Erosdarstellungen  strengen  Stils  der  schönen  korinthischen 
Standspiegel,  deren  Trägerin  Flügelknaben  kosend  umflattern  -),  wie  Aphrodite  im 


Abb.  13.  Abb.  14. 

Erosfiguren  von  der  Erichthoniosvase  in  München. 


»)  Vgl.  Ant.  Denkm.  d.  Inst.  III,  Taf.  7  u.  8  und 
besonders  die  Einzelabbildungen  bei  Studniczka, 
Jahrb.  1911,  S.  126,  127  u.  187.  Auch  jetzt 
noch  scheint  mir  der  köstliche  Marmoraltar  zur 
west-,  nicht  zur  ostgriechischen  Gruppe  der 
ionischen  Kunst  zu  gehören  und  die  Zugehörigkeit 
zu  Sizilien  und  dem  Eryx  immer  noch  das  Wahr- 
scheinlichste. Mit  Recht  hebt  Amelung  (bei  Hei- 
big, Führers  II,  S.  76)  die  große  stilistische  Ähn- 
lichkeit mit  den  Tonreliefs  aus  Locri  Epizephyrii 
stärker  hervor.  Leider  aber  neigt  er  immer  noch 
zu  der  »Thron« -Auffassung  hin.  Nach  den  male- 
risch empfundenen  Prägungen  von  Segesta  (Hund, 
Jäger,  Nymphe  am  Altar),  dem  wenn  auch  vor- 
wiegend nur  im  Mythos  erhaltenen  Hinweis  auf 
einen  alten  Zusammenhang  mit  Kleinasien   (vgl. 

S.  10  u.   II, 


besonders  Holm  1, 86  ff.  u.  374  (ff.),  der  bewußten 
Gegensätzlichkeit  Segestas  zu  dem  dorischen 
Selinus  und  endlich  seinem  Hinneigen  zu  Athen 
und  den  punischen  Orientalen,  schiene  mir  das 
feine  Marmorwerk  als  ein  Werk  ionisch  orientierter 
Künstler  aus  der  »Elymerstadt«  Segesta  keine 
Unmöglichkeit.  —  Hoffentlich  erfahren  die  neue- 
sten Verdächtigungen  des  Bostoner  Gegenstücks 
(E.  A.  Gardner,  JHS  1913,  73  ff-)  bald  die  gebüh- 
rende Zurückweisung.  Der  Deutung  auf  Adonis, 
Persephone  und  Myrrha  kann  ich  mich  freilich 
auch  nicht  anschließen.  —  Vgl.  übrigens  jetzt 
R.Norton,  JHS  1914,  66 ff.,  der  ebenfalls  sizi- 
lische  und  unteritalische  Anklänge  armierkt. 
2)  Vgl.  zuletzt  ihre  Zusammenstellung  bei  Th.  Wie- 
gand,  Bronzefigur  einer  Spinnerin,  Anm.  8  u.  bes. 
Abb.  5  u.  6. 


H.  Thiersch,  Eros  von  Motye. 


191 


Parisurteil  des  Hieron  (WVBl.  Ser.  A,  Taf.  V);  ferner  an  den  Eros  mit  der  Leier 
auf  dem  bekannten  schönen  Relieffragment  aus  Locri  Epizephyrii  in  München  (Abb. 
12)1)  oder  den  Eros  auf  dem  obengenannten  schönen  Tetradrachmon  vom  Eryx. 
Dann  aber  auch  an  die  vier  anmutigen  Erosknaben  im  Geranke  der  Erichthonios- 
vase  zu  München  (Abb.  13  und  14)^).  Besonders  das  dort  1.  unten  zu  sehende 
Bürschchen  mit  sehr  ähnlicher  Haartracht  —  sein  Gegenüber  hat  noch  längere 
Locken  im  Nacken  —  kommt  unserem  Eros  überaus  nahe.  Mit  so  hochansetzen- 
den großen  Flügeln,  die  sicher  auch  vergoldet  waren,  wird  auch  der  Eros  von  Motye 


Abb.  15. 


Erosköpfchen  von  Brauron. 


beschwingt  gewesen  sein.  Der  eingangs  erwähnte,  eigentümlich  scharf  vorstehende 
Bruchrand  im  Nacken  findet  so  seine  rechte  Erklärung. 

Die  drei  Eroten  des  Londoner  Sirenenstamnos  (Furtw.-Reichh.  Taf.  ,124)  sind 
nicht  nur  in  einem  vorgeschrittenen  Altersstadium,  sondern  auch  im  Stil  merkhch 
herber,  strenger  und  früher  (um  480  v.  Chr.)  gehalten.  Der  Eros  vom  Bostoner 
Altarstück  ist  wie  im  Gesicht,  so  auch  im  ganzen  Körper  ihr  Gegenstück  im  ent- 
gegengesetzten Sinne:  alles  ist  kindlicher,  weicher,  gerundeter. 

Wenn  ich  recht  sehe,  ist  das  Erosköpfchen  von  Motye  die  früheste  bis  jetzt 
bekannte  nennenswerte  plastische  Darstellung  des  griechischen  Liebesgottes,  der  vor 
500  V.  Chr.  in  den  Denkmälern  überhaupt  nicht  nachzuweisen  ist  3).  Die  einzige 
großstatuarische,  etwa  gleichzeitige  Darstellung,  die  wir  aus  jener  Frühzeit  bis  jetzt 
kennen,  der  Petersburger  Eros,  hat  schon  wesentlich  anderen  Charakter,  voll  wacher 
Energie  und  rascher  Bewegung  4).     Seine  ganze  Haltung  ist  bedeutend  freier;   bei 


I)  Alte  Abbildung  bei  Röscher,  Myth.  Lexikon  I; 
1351;  besser  nach  Gipsabguß  bei  Pagenstecher, 
Eros  und  Psyche  Taf.  I,  Fig.  a  (Sitzber.  Heid. 
Akad.  1911).  Unsere  Abb.  12  nach  neuer  Origi- 
nalaufnahme, die  ich,  wie  die  Erlaubnis,  sie 
abzubilden,  der  Freundschaft  J.  Sievekings  ver- 
danke, wofür  ich  ihm  auch  hier  noch  bestens 
danken  möchte. 


*)  Die  Abbildungen  mit  Erlaubnis  des  Bruck- 
mannschen  Verlages  aus  Furtwängler-Reich- 
hold  Taf.  137. 

3)  Nach  Furtwängler  bei  Koscher,  I  1350;  darauf 
fußend  Waser  bei  Pauly-Wissowa  VI,  497. 

4)  Vgl.  Arch.  Zeitg.  1878,  Taf.  16  und  besonders 
die  Detailaufnahmen  des  Kopfes  (nach  dem  Gips) 
bei  Studniczka,  Kaiamis  Taf.  8,  b. 


JQ2  F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung. 

unserem  Eros  muß  sie  noch  ganz  frontal  gewesen  sein.  Auch  die  Frisur  ist 
künsthcher,  kompHzierter  als  hier.  Doch  scheint  nicht  viel  mehr  als  ein  Jahr- 
zehnt zwischen  den  beiden  Erscheinungen  zu  liegen.  Furtwängler  setzte  den 
Petersburger  Eros  um  460  an  ^),  der  von  Motye  gehört  eher  in  die  Zeit  noch  etwas 
vor  als  nach  470  v.  Chr.  Die  in  ihm  verkörperte  anmutige  Knospe,  von  phidiasischer 
Sonne  dann  zu  voller  Blüte  entfaltet,  stellt  etwa  das  ein  halbes  Jahrhundert 
jüngere   Erosköpfchen   von    Brauron   dar  (Abb.  15)^)- 

Auch  in  dem  gesamten  Terrakottenbestand  Siziliens  nimmt  das  Erosköpfchen 
von  Motye  eine  hervorragende  Stellung  ein.  In  Kekules  Sammelband  findet  sich 
kein  einziges  ihm  gleichwertiges  Stück  der  reizvollen  strengen  Übergangsperiode. 
Auch  was  seitdem  aus  Sizilien  an  größeren  Terrakotten  bekannt  geworden  ist,  kommt 
ihm  an  stilistischer  Feinheit  nicht  gleich,  weder  die  z.  T.  noch  altertümlichen  Büsten 
und  Figuren  Orsis  aus  Catania-Grammichele  3),  noch  seine  Funde  aus  der  Nekropole 
von  Gela  4)  —  abgesehen  etwa  von  dem  trefflich  modellierten  Fuß  einer  großen 
Tonstatue  5)  — ,  noch  Rizzos  statua  fittile  di  Inessa  ^),  noch  dessen  jüngere  Frauen- 
büsten aus  Akragas  7). 

Freiburg  i.   Br.  H,  Thiersch, 


ÜBER   EINEN   SPÄTANTIKEN  SILBERTELLER   MIT 
MYTHOLOGISCHER  DARSTELLUNG. 

Einer  im  vorigen  Jahre  als  Sonderabdruck  aus  dem  zehnten  Bande  der 
NorthumberlandCountyHistory  erschienenen  Abhandlung  »An  Account  of  the  Roman 
Remains  in  the  Parish  of  Corbridge-on-Tyne«  (Newcastle-upon-Tyne  1914)  hat  der 
Verfasser,  F.  Haverfield,  in  dankenswerter  Weise  eine  vortreffliche  Abbildung  der 
»Corbridge  Lanx«  beigegeben,  die  endlich  ein  Urteil  über  das  merkwürdige,  der 
Allgemeinheit  bisher  nur  aus  ungenügenden  alten,  auf  den  Holzschnitt  im  Lapi- 
darium septentrionale  nr.  652  zurückgehenden  Wiedergaben  bekannte  Stück  er- 
möglicht. Der  Text  dazu  (S.  517 — 519)  ist  knapp  und  nur  vorläufig;  ob  Haverfield 
seine  Absicht  einer  ausführlicheren  Veröffentlichung,  die  er  mir  brieflich  mitteilte, 
inzwischen  wahrgemacht  hat,  kann  ich  nicht  feststellen.  Die  folgenden  Bemer- 
kungen sollen  ihr  jedenfalls  nicht  vorgreifen,  sondern  beabsichtigen  im  wesentlichen 
nur  auf  ein  paar  verwandte  Stücke  hinzuweisen  und  daraus  gewisse  Schlüsse  zu 
ziehen.     Mit  Vorgängern  haben  wir  uns  dabei  nicht  auseinanderzusetzen,   da  sich 

')  Meisterwerke  der  griech.   Plastik  685.  4)  Ebenda  XVII  (1906)  tav.  48 — 53. 

2)  Festschrift  für  H.  Brunn  Taf.   III  u.  S.  88  ff.  5)  Ebenda  S.  690,  Fig.  514. 

3)  Mon.  d.  Lincei  XVIII  (1907),  tav.  IV— V.  6)  Atti  d.  Accad.  di  Napoli  1904  (XXIII). 

7)  Österr.  Jahreshefte  XIII  (1910),  63  fl.,  Taf.  i  u.  2. 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung. 


193 


Abb.   I.     Silberteller  aus  Corbridge-on-Tyne. 

niemals  jemand  ernsthaft  des  Gegenstandes  angenommen  hat;  ältere  Literatur  findet 
man  bei  Haverfield,  aus  den  letzten  Jahrzehnten  wüßte  ich  kaum  mehr  als  einige 
Zeilen  von  Mrs.  Strong  im  Journal  of  Roman  Studies  I  191 2  S.  43  anzuführen. 

Unsere  nach  Haverfields  Lichtdrucktafel  hergestellte  Abbildung  i  gibt  das  Stück 
etwa  in  einem  Viertel  der  natürlichen  Größe  wieder.  Die  Maße,  IQV2"  xi5">  also 
ungefähr  49,5  x  38  cm,  entnehme  ich,  da  Haverfield  keine  angibt,  dem  CIL  VII 
1286,  wo  die  auf  der  Unterseite  des  Tellers  eingeritzte  Gewichtsangabe  wiedergegeben 
ist  (dazu  Eph.  epigr.  IX  S.  659).  Es  scheint  von  14  Pfund  und  vielleicht  weiteren 
Bruchteilen  die  Rede  zu  sein,  was  mit  dem  jetzigen  Gewicht,  nach  der  gleichen  Quelle 
.149  Unzen,  also  annähernd  4V3  kg,  stimmen  würde.  Nach  einem  von  Haverfield 
angeführten  Bericht  brach  der  erste  Besitzer  »a  rim  or  foot  of  the  said  plate«  im 
Gewicht  von  8  Unzen  (249  g)  ab,  vermutlich  einen  am  Boden  angelöteten  Fuß,  wie 
ihn  auch  der  unten  zu  nennende  Teller  von  Risley  gehabt  hat,  denn  die  Platte  ist 
intakt.  Sein  Gewicht  kann  im  obigen  einbegriffen,  aber  auch  im  Rest  der  Inschrift 
besonders  genannt  gewesen  sein.  Das  stattliche  Gerät  befindet  sich  im  Besitz  der 
Herzöge  von  Northumberland,  unter  deren  Tafelsilber  es,  wieder  nach  Angabe  des 
Corpus,  aufbewahrt  wird. 


IQ4  F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung. 


Haverfields  Text  hat  sich  fast  ausschheßhch  der  Fundumstände  angenommen. 
Der  Teller  wurde  im  Jahre  1735  bei  Corbridge  hart  am  Ufer  des  Tyne  von  einem 
Mädchen,  das  dort  Reisig  sammelte,  gefunden,  und  zwar  zwischen  Kies  und  Schlamm 
im  Boden  steckend,  also  an  dieser  Stelle  vermutlich  bloß  angeschwemmt.  Haver- 
field  bringt  den  Fund  mit  Recht  in  Zusammenhang  mit  einigen  anderen  Funden, 
die,  fast  alle  um  die  gleiche  Zeit,  unter  denselben  Umständen  dort  am  Tyne  ge- 
macht worden  sind.  Schon  um  1731  war  nahe  der  Fundstelle  unseres  Tellers  ein 
»silver  bassing«  zutage  gekommen,  aber  alsbald  eingeschmolzen  worden  (Haver- 
field  S.  517,  i).  Ihm  folgte  in  derselben  Gegend  1733  »a  small  cup  with  two  small 
handles  that  a  finger  might  have  gone  in  each,  with  the  figures  of  men  and  beas  upon 
the  same«,  das  ein  Spielmann  beim  Baden  fand;  das  Stück  ist  verschollen  (a.  a.  O. 
S,  517,  2).  Im  Sommer  1736  kam  gegenüber  der  Fundstelle  des  Tellers  eine  wenig- 
stens in  Zeichnung  noch  vorliegende  runde  Schüssel  von  8V4"  (21  cm)  Dchm.,  4" 
(10  cm)  Höhe  und  20  Unzen  (622  g)  Gewicht  heraus,  deren  flacher  Rand  mit  sechs 
Christusmonogrammen  zwischen  Rankenwerk  verziert  und  außen  von  einer  Reihe 
von  57  Knöpfen  eingefaßt  war,  alles  auch  sonst  bekannte  Dekorationsmotive  (a.  a.  O. 
S.  519,  4).  Schließlich  ist  ein  fünftes  Silbergefäß  zu  nennen,  das  erst  1760  4  Meilen 
unterhalb  Corbridge  bei  Bywell  im  Tyne  gefunden  wurde  und  wiederum  verschollen 
ist.  Zeichnungen  lassen  es  nach  Haverfield  (S.  520,  5)  erkennen  als  »a  small  ovoid 
vase,  shaped  somewhat  like  a  modern  pepper-caster,  four  inches  (10  cm)  high«; 
eine  umlaufende  Leiste  trug  in  erhabenen  Buchstaben  die  Inschrift  DESIDfLRl 
VIVAS.     Damit  ist  die  Reihe  der  bekannt  gewordenen  Funde  zu  Ende. 

Es  bedarf  keiner  langen  Überlegung,  um  Haverfields  Vermutung,  es  handle 
sich  hier  um  Teile  eines  und  desselben  Schatzes,  beizutreten,  mag  er  nun  im  Ufer- 
rand  vergraben  und  durch  ein  Hochwasser  losgespült  worden  oder  von  Anfang  an 
im  Flusse  versenkt  gewesen  sein.  Über  seinen  ehemahgen  Umfang  etwas  behaupten 
zu  wollen  ist  natürlich  unmöglich.  Ebensowenig  wissen  wir  von  seinem  einstigen 
Eigentümer;  mit  Wahrscheinlichkeit  ergibt  sich  einzig  aus  der  Schüssel  Nr.  4,  daß 
er  Christ  war  und  sich  im  4.  Jahrh.  seines  Besitzes  erfreute.  Da  auch  das  an  letzter 
Stelle  genannte  Gefäß  nach  dem  Namen  des  Beschenkten  und  überhaupt  der  Formel 
mit  ziemlicher  Sicherheit  ins  4.  Jahrh.  zu  setzen  ist,  darf  man  wohl  überhaupt  von 
einem  Schatz  des  4.  Jahrh.  reden.  Der  erhaltene  Teller  mag  etwas  älter  sein,  wenn 
man  auch  kaum  geneigt  sein  dürfte,  ihn  mit  Haverfield  ins  i.  oder  2.  Jahrh.  unserer 
Zeitrechnung  zu  setzen;  auch  Nr.  2  der  Liste,  nach  der  Beschreibung  ein  zweihenk- 
liger Becher  mit  Jagdszenen,  macht  einen  älteren  Eindruck;  aber  in  solchen  Schätzen 
pflegen  sich  ja  stets  Stücke  recht  verschiedener  Entstehungszeit  zusammenzufinden. 
Ebensowenig  Bedenken  gegen  eine  Zusammengehörigkeit  braucht  die  Götterver- 
sammlung unseres  Tellers  neben  den  christHchen  Symbolen  der  Schüssel  Nr.  4  zu 
erregen.  Wie  wenig  eifernd  das  4.  Jahrh.  in  dieser  Richtung  verfuhr,  zeigt  etwa 
der  Silberschrein  des  Secundus  und  der  Proiecta  aus  dem  Schatz  vom  Esquihn,  auf 
dessen  Deckel  über  der  Inschrift  SECVNDE  ET  PROIECTA  VIVATIS  IN  CHRISTO 
Venus  in  der  Muschel  zwischen  Tritonen,  Eroten  und  Nereiden  erscheint  (Catalogue 
of  the  early  Christian  Antiquities  in  the  British  Museum  Taf.  XIII  ff.,  darnach  bei 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung.  ige 

Reinach,  Rep.  de  reliefs  II  S.  491;  auch  bei  Kraus,  Gesch.  der  christl.  Kunst  I  S.  216 
und  sonst).  Die  Kirche  selbst  hat  keinerlei  Anstoß  am  Besitz  derartigen  Silbergeräts 
genommen.  Harmlos  sind  noch  die  rein  antiken  Jagd-  und  Weideszenen  eines  Silber- 
tellers übrigens  der  Form  des  unseren,  den  nach  einer  auf  dem  Boden  angebrachten 
Inschrift  der  wahrscheinlich  um  400  lebende  Bischof  Exsuperius  der  Kirche  von 
Bayeux  geschenkt  hatte  (Gaz.  archeol.  XII  1887  S.  80,  Morin,  Melanges  d'archeol. 
et  d'histoire  XVIII  1898  S.  363  ff.  m.  Taf.  X,  vgl.  Bonner  Jahrb.  118  S.  183,  5); 
das  1729  in  Risley  Park,  Derbyshire  gefundene  Stück  ist  jetzt  verschollen.  Mannig- 
fache »Antiquitatis  fabulamenta«  wiesen  die  Gefäße  des  großen,  um  1630  in  Trier 
gefundenen  und  alsbald  eingeschmolzenen  Silberschatzes  auf,  der  nach  zwei  Patenen 
mit  Heiligenköpfen,  die  er  enthielt,  in  christlichem,  wenn  nicht  geradezu  in  kirch- 
lichem Besitz  gewesen  sein  muß  (Wiltheim-Neyen,  Luciliburgensia  S.  120  f.;  Holzer, 
Der  Hildesheimer  Silberfund  I  S.  4f. ;  Kraus,  Die  christl.  Inschriften  der  Rhein - 
lande  I  S.  loi  f.  Nr.  195).  Ein  Teller  mit  der  »fabula  Andromedae«  und  der  Inschrift 
AVDENTIA  NICETIO  könnte  das  Geschenk  einer  frommen  Matrone  an  den  be- 
kannten Trierer  Bischof  des  6.  Jahrh.  gewesen  sein.  Wieder  etwas  später  als  dieses 
Datum  fallen  die  beiden  reichen  Legate  des  Bischofs  Desiderius  (t  um  621)  an  die 
beiden  Basiliken  S.  Stephan  und  S.  Germanus  seines  Bischofssitzes  Auxerre,  denen 
zusammen  er  nach  Angabe  seiner  Vita  die  außerordentliche  Menge  von  540  röm. 
Pfund,  etwa  3V2  Ztr.  Silbergeräts  hinterlassen  hat  (Acta  Sanctorum  Octobr.  XII 
S.  3621.,  364  f.,  vgl.  Plath,  Arch.  Anz.  VIII  1893  S.  147  f.  und  Morin  a.a.O.). 
Die  dort  gegebene  genaue  Aufzählung  und  relativ  eingehende  Beschreibung  dieses 
größtenteils,  wenn  nicht  in  seinem  vollen  Umfang  antiken  Schatzes,  zeigt  wieder 
dasselbe  Nebeneinander  heidnischer  und  christlicher  Bilder.  Neben  einem  Missorium 
—  das  ist  in  dieser  Literatur  der  Name  für  die  besonders  häufigen,  meist  großen 
und  schweren  Silberteller  oder  -platten  ■ — ,  auf  dem  ein  Kreuz  zwischen  zwei  mensch- 
lichen Figuren  dargestellt  war,  ein  Bild,  zu  dem  man  die  Stroganoffsche  Silber- 
schale bei  Diehl,  Manuel  d'art  byzantin  S.  297  Abb.  156  vergleichen  mag,  erscheinen 
in  Menge  gleichartige  Stücke  mit  rein  heidnischen,  oft  naiv  beschriebenen  Szenen, 
namentlich  solche  mit  Jagd-  und  anderen  Tierbildern,  die  man  sich  in  der  Art  der 
Bonner  Jahrb.  118  S.  182  ff.  zusammengestellten  Gefäße  vorstellen  wird,  dann  z.  B. 
ein  Missorium  mit  der  »historia  solis  cum  arbore  et  serpentibus«,  eines  mit  der  »historia 
Eneae  cum  litteris  grecis«,  eines  mit  »Septem  personae  hominum  cum  tauro  et  litteris 
grecis«,  weiter  ein  Bacchovica  genanntes  Gefäß  mit  einem  »homo  cornutus  et  arbor 
et  duo  homuntiones  infantes  in  manibus  tenentes«,  eine  andere  Bacchovica  mit 
einem  »piscator  cum  fuscina  et  centaurus  cum  opere  maritimo«  u.  a.  mehr.  Das 
Christentum  hatte  ernstlichere  Gegner  als  diese  Fabelgestalten  zu  bekämpfen;  es 
gilt  ja  immer  zu  bedenken,  daß  schon  die  Kaiserzeit  die  griechische  Sagenwelt  kaum 
noch  religiös  gewertet  hat. 

Wenn  wir  oben  mit  Haverfield  den  Silberfund  von  Corbridge  als  Eigentum 
eines  Christen  des  4.  Jahrh.  betrachteten,  so  könnte  das  eben  Vorgetragene  die 
andere  Möglichkeit  an  die  Hand  geben,  daß  wir  es  mit  dem  Rest  eines  frühmittel- 
alterlichen Kirchenschatzes  zu  tun  haben.    Indessen  hätte  eine  solche  Deutung  nicht 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX.  I^ 


ig6  F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silbertelier  mit  mythologischer  Darstellung. 

eben  viel  Wahrscheinlichkeit  für  sich.  Einmal  schließt  für  uns  der  Schatz  mit  dem 
4.  Jahrh.  ab.  Dann  aber  liegen  die  Verhältnisse  in  Britannien  doch  recht  anders 
als  in  Gallien,  es  fehlt  ihnen  die  Kontinuität  der  Kultur,  die  dort  die  Bewahrung 
sowohl  wie  die  Würdigung  derartigen  Silbergeräts  ermöglicht  und  veranlaßt  hat. 
Um  die  dunklen  Zeiten  des  keltischen  Christentums  zu  übergehen,  mag  ja  die  angel- 
sächsische Kirche  des  7.  Jahrh.,  von  deren  Besitz  an  »vasa  pretiosa«,  »aurea  et  argentea 
vasa«  allerhand  bei  Giemen,  Bonner  Jahrb.  92  S.  68  f.  einzusehende  Zeugnisse  be- 
richten, auch  mancherlei  gerettetes  Gut  aus  dem  ausgehenden  Altertum  ihr  eigen 
genannt  haben;  es  darf  auch  daran  erinnert  werden,  daß  Corbridge  in  diesen  Zeiten 
eine  wichtige  Siedelung  und  im  8.  Jahrh.  zeitweilig  selbst  Hauptstadt  von  Northumber- 
land  ist,  und  mehr  noch,  daß  wenige  Meilen  oberhalb  am  Tyne  um  das  Jahr  673 
Erzbischof  Wilfried  von  York  die  reiche  Abtei  Hexham  gründet;  aber  der  Bruch 
zwischen  der  römischen  Periode  des  Landes  und  der  Herrschaft  der  Angelsachsen 
ist  doch  zu  groß,  um  jene  andere  Auffassung  des  Fundes  von  Corbridge  irgendwie 
glaubhaft  erscheinen  zu  lassen.  Wir  werden  also  gut  tun,  bei  der  ersten  Deutung 
zu  bleiben;  eine  kleine  Parallele  zu  dem  Schatzfund  bildet  die  Auffindung  von  48 
Goldmünzen  von  Valentinian  I.  bis  zu  Magnus  Maximus,  welche  zusammen  mit 
einem  goldenen  Ring  im  Jahre  1907  zwischen  den  Ruinen  von  Corbridge  gefunden 
worden  sind  (Haverfield  S.  493  f.);  zur  gleichen  Zeit,  gegen  d.  J.  400,  mag  der  Besitzer 
unseres  Schatzes  ihn  im  Ufer  des  Tyne  geborgen  haben. 

Der  von  dem  Schatzfund  anscheinend  als  einziges  Stück  noch  erhaltene  Silber- 
teller oder  die  Lanx,  wenn  wir  ihm  mit  Haverfield  den  antiken  Namen  geben  wollen 
—  das  Mittelalter  würde  ihn,  wie  wir  sahen,  als  Missorium  bezeichnen  — ,  zeigt  die 
nicht  eben  häufige  und  nach  den  mir  bekannten  Beispielen  erst  in  der  mittleren 
Kaiserzeit  aufkommende  viereckige  Form.  Einen  weiteren  Vertreter  habe  ich  oben 
in  dem  Teller  des  Bischofs  Exsuperius  schon  genannt;  hier  schmücken  den  Rand 
Jagd-  und  Weideszenen,  vom  Boden  wird  nur  die  Mitte  durch  das  kleine,  ebenfalls 
rechteckige  Bild  einer  Eberjagd  beansprucht.  Weiter  gehören  hierher  zwei  »lances« 
des  Trierer  Fundes:  »Nona  (lanx)  quadrata  et  oblonga,  omnigenam  in  ora  venationem 
et  in  medio  simulachra  fabulosa  exhibebat,  libras  XHI.  Decima  item  quadra  rubi- 
gine  adesa,  libras  X«.  Die  Form  der  zahlreichen  Missorien  des  Desiderius  wird  leider 
nie  angegeben.  Ulpian  (Digg.  XXXIV  2,  20  §  4)  redet  von  lances  quadratae,  Paulus 
(ebda  VI  i,  6)  unterscheidet  die  lanx  quadrata  und  rotunda.  Schon  dem  5.  Jahrh. 
gehört  die  mit  Granateneinlage  verzierte  und  in  der  Mitte  des  Bodens  ein  großes 
Kreuz  tragende  rechteckige  Patene  des  Schatzes  von  Gourdon  an  (Clemen,  Bonner 
Jahrb.  92  S.  33  Anm.  68;  Hampel,  Der  Goldfund  von  Nagy-Szent-Miklos  S.  121 
Abb.  63). 

Zahlreich  und  in  vielen  Museen  zerstreut  sind  Teller  unserer  Form  aus  röt- 
lichem Ton,  billige  Nachbildungen  von  Edelmetallgeschirr.  Ihre  Zeit  ist  die  gleiche 
wie  die  ihrer  Vorbilder,  ihre  Heimat  jedenfalls  der  griechische  Osten:  wenn  ein  ge- 
meinsames Zentrum  anzunehmen  ist,  am  ehesten  Ägypten;  eine  zusammenhängende 
Behandlung  der  Gattung  fehlt  noch  vollständig.  Den  flachen  Rand  schmücken 
mit  Vorhebe  Tier-  und  Jagdbilder,  darunter  gern  Fische,  ferner  heidnische  Götter- 


F.  Drexel,   Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung.  igy 

gestalten  und  Attribute,  christliche  Symbole.  Umfänglichere  Darstellungen  sind 
nicht  so  häufig;  die  drei  mir  bekannten  sind  sämtlich  mythologischer  Natur  und  zwar 
dem  weiteren  troischen  Sagenkreis  entnommen.  Einer  von  ihnen  zeigt  das  Leben 
Achills  (Doublet  et  Gauckler,  Musee  de  Constantine  Taf.  XII),  der  zweite,  in  Car- 
nuntum  gefunden  und  von  Zingerle,  Ost.  Jahresh.  X  1907  S.  330.ff  sehr  verfehlt 
kommentiert,  Odysseus'  Kirkeabenteuer  und  der  dritte,  aus  Thysdrus  (El  Djem) 
stammende  Priamos  vor  Achill  (Arch.  Anz.  XXIX  1914S.  305/6,  wonach  hier  in  Abb.  2 
wiederholt).    Während  die  beiden  ersten  Szenen  den  Rand  schmücken,  ist  die  letzte  auf 


Abb.  2.     Tonteller  aus  Thysdrus. 

denBoden  verwiesen;  der  Rand  trägt  hier  Tierbilder.  Der  Teller  von  Thysdrus  ordnet 
sich  also  zusammen  mit  dem  des  Exsuperius  und  dem  von  Corbridge,  und  zwar 
stellt  er  sich  zwischen  sie.  Entwicklungsgeschichtlich  am  ältesten  ist  der  des  Exsu- 
perius: hier  liegt  nach  guter  Sitte  der  Nachdruck  noch  auf  der  Dekoration  des  Randes, 
das  Mittelbild  ist  klein  und  schließt  sich  in  der  Darstellung  den  Randfriesen  an. 
Zugleich  sieht  man  aus  der  formalen  und  inhaltlichen  Übereinstimmung  des  Tellers 
mit  einer  Reihe  runder  Silberteller  (so  Bonner  Jahrb.  118  S.  182  IT.  Nr.  i,  2,  19), 
daß  es  sich  bei  der  viereckigen  Form  nur  um  eine  vielleicht  gegen  200  aufkommende 
Variante  der  lances  rotundae  handelt.  Die  damit  gewonnene  rechteckige  Mittelfläche 
war  erheblich  bequemer  als  runde  Flächen  mit  großen  Reliefs  zu  dekorieren.  Auf 
dem  Teller  von  Thysdrus  hat  das  Mittelbild  schon  die  Oberhand  gewonnen,  die 
Tierbilder  des  Randfrieses  sind  verkümmerte  Reste  der  alten  Jagdszenen.  Am 
Ende  der  Entwicklung  steht  dann  der  Teller  von  Corbridge  mit  dem  den  ganzen 
Boden  füllenden  Relief  und  dem  schmalen,  mit  einer  dünnen  Weinranke  dekorierten 

14* 


Iq8  f.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung. 

Rand.  Das  Ganze  wirkt  wie  ein  gerahmtes  Bild;  der  Gebrauchswert  ist  verloren 
gegangen,  da  ja  jede  praktische  Verwendung  das  Relief  der  Betrachtung  entzogen 
hätte;  der  Teller  ist  nur  noch  ein  Prunkstück  für  den  Kredenztisch. 

Das  große  Bild  ist  nach  einem  bekannten  Prinzip  der  spätantiken  Kunst  in 
zwei  Friesen  übereinander  angeordnet,  die  aber  zusammengehören.  Über  die  Technik 
des  Reliefs,  ob  getrieben,  gegossen,  auch  ob  wie  bei  den  verwandten  Stücken  Ver- 
goldung vorhanden,  fehlen  mir  Angaben;  die  Abbildung  macht  Guß  wahrscheinlich. 
Der  obere  Fries  zeigt  eine  Versammlung  von  fünf  Gottheiten,  von  denen  sich  drei 
ohne  weiteres  als  Apollo,  Artemis  und  Athena  benennen  lassen,  und  zwar  sind  die 
drei  Göttinnen  in  der  Mitte  bei  den  beiden  sie  einschließenden  Geschwistern  Apollo 
und  Artemis  zu  Besuch.  Apollo  steht  in  sehr  statuarischer  Haltung,  die  bis  auf 
die  Kopfwendung  genau  dem  Apoll  vom  Belvedere  in  der  meist  angenommenen 
Ergänzung  entspricht,  nackt  bis  auf  ein  kleines  Mäntelchen  über  der  linken  Schulter, 
Lorbeer  im  Haar,  einen  Lorbeerzweig  in  der  Rechten,  den  Bogen  in  der  erhobenen 
Linken,  die  Kithara  neben  sich,  vor  einem  eleganten,  wenn  auch  nicht  eben  von 
einem  Architekten  gezeichneten  Zweisäulenbäu,  der  seinen  Tempel  bezeichnet. 
Neben  dem  Tempel  steht  eine  Säule  mit  einer  Kugel  darauf,  mit  deren  Deutung 
wir  uns  nicht  aufhalten.  Unter  der  r.  Hand  des  Gottes  erscheint,  die  eine  Säule 
des  Tempels  teilweise  verdeckend,  ein  merkwürdiger  quergestreifter  Aufbau  in  Form 
etwa  eines  Kegelstumpfes,  der  doch  wohl  die  mißverstandene  Nachbildung  irgend- 
eines-sinnvollen  Gegenstandes  ist,  ohne  daß  sich  sicher  erkennen  ließe,  welches  Gegen- 
standes; von  einem  Omphalos,  an  den  man  gedacht  hat,  ist  er  etwas  weit  entfernt. 
Der  zu  dem  Tempel  gehörige  Altar  ist  im  unteren  Friese  angebracht,  neben  ihm 
liegt  das  heilige  Tier  des  Gottes,  der  Greif.  Auch  Artemis  ist  in  ihrem  —  ländlichen  — 
Zuhause  dargestellt.  Unter  einem  von  Singvögeln  belebten  Baum  steht  ihr  Altar, 
unten  kommt  eine  Quelle  in  der  bekannten  spielerischen  Urnenfassung  zwischen 
Felsen  hervor,  davor  steht,  zu  seiner  Herrin  aufblickend,  der  Jagdhund  der  Göttin. 
In  der  Mitte  des  unteren  Frieses  liegt  in  eigentümlicher  Haltung  das  beiden  Gott- 
heiten gemeinsame  heilige  Tier,  ein  stattlicher  Hirsch.  Artemis  trägt  über  dem 
hochgeschürzten  Jagdkleid  ein  Mäntelchen,  in  den  Händen  hält  sie  Bogen  und  Pfeil. 
Der  göttliche  Besuch  ist  in  der  Mitte  etwas  zusammengedrängt.  Athena  hat 
ihren  Schild  an  den  Baum  gelehnt  und  macht,  zu  Artemis  gewendet,  mit  der  rechten 
Hand  eine  sei  es  begrüßende,  sei  es  ihre  Worte  unterstützende  Bewegung.  Rechts 
hat  eine  Matrone  mit  über  den  Kopf  gezogenem  Mantel  auf  dem  einzigen  Stuhle 
Platz  genommen  und  wendet  sich  redend  und  gestikulierend  zu  Apollo.  Die  mittlere 
Göttin  steht,  das  Szepter  in  der  Linken,  den  rechten  Arm  im  Gewände,  noch  ruhig 
Artemis  zugewendet  da. 

Man  hat  die  beiden  noch  namenlosen  Gestalten  verschieden  gedeutet,  so  als 
Pythia  und  Themis,  als  Vesta  und  Latona,  als  Demeter  und  Köre  (Mrs.  Strong 
Journal  of  Roman  Studies  I  1912  S.  43,  3;  Reinach,  Rep.  de  reliefs  H  S.  436); 
doch  können  wir  diese  Vermutungen  übergehen,  da  sie  lediglich  aus  dem  Bilde  selbst 
herausgesponnen  sind.  Es  scheint  tatsächlich  kein  Mythus  überliefert  zu  sein,  der 
eine  solche  Szene  —  Besuch  dreier  Göttinnen,  darunter  Athena,  bei  Apoll  und  Artemis 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung.  |  gg 


—  beschriebe  oder  voraussetzte.  Doch  fällt  es  schwer,  sich  mit  dem  Gedanken  an 
eine  bloße  sacra  conversazione  zu  begnügen;  griechische  Götter  pflegen  keine  Höf- 
lichkeitsbesuche auszutauschen;  es  muß  irgendein  Anliegen  sein,  das  die  drei  her- 
geführt hat. 

Glücklicherweise  tappen  wir  nicht  ganz  im  Dunkeln.    Auf  einem  Wiener  Vasen- 


Abb.  3.     Rotfiguriger  Krater  aus  Orvieto. 

bild  im  Meidiasstil,  das  hier  (Abb.  3)  nach  Arch.  Jahrbuch  IX  1894  S.  252,  wo  Klein  es 
behandelt  hat,  wiederholt  wird,  spielt  sich  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  der  gleiche 
Vorgang  ab  wie  auf  unserem  Bilde.  Links  sitzt  Artemis  und  steht  Apollo,  beide  nach 
ihrer  ganzen  Haltung  und  Umgebung  hier  zuhause  und  den  aus  drei  Göttinnen  be- 
stehenden Besuch  empfangend.  Von  diesen  ist  die  mittlere  an  den  Eroten  als  Aphro- 
dite kenntlich,  die  ähnlich  wie  auf  der  »Corbridge  Lanx«  links  sitzende  und  mit  den 
Geschwistern  sprechende  mit  breitem  Diadem,  Schleiertuch  und  Szepter  wird  Hera 
sein,  nur  für  die  Göttin  rechts  ist  nicht  ohne  weiteres  ein  Name  zu  finden.  Das  Bild 
schmückt  die  Rückseite  eines  Kraters,  dessen  Vorderseite  das  Parisurteil  trägt; 
zu  diesem,  nicht  zu  unserem  Bilde  gehören,  wie  Furtwängler-Reichhold  I  S.  143,  3 


200  F-  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung. 

bemerkt  ist,  Helios  und  Selene  in  der  bekannten  Funktion.  Diese  Verbindung  mit 
dem  Parisurteil  hat  Klein  a.  a.  O.  zu  einer  Erklärung  für  das  bis  dahin  ungedeutete 
Bild  benutzt;  er  sieht  darin  eine  sonst  unbekannte  Szene  der  Kyprien,  das  Erscheinen 
der  drei  Göttinnen  Hera,  Athena  und  Aphrodite  vor  Apoll,  der  sie  erst  an  Paris 
als  Richter  verwiesen  habe.  In  diesem  Zusammenhang  sind  noch  zwei  weitere  Vasen 
zu  nennen,  die  uns  allerdings  nicht  viel  helfen,  eine  Petersburger  Pelike  (jetzt  bei 
Furtwängler-Reichhold  H  Taf.  69),  auf  der  Strube  wohl  richtig  die  aus  dem  Eingang 
der  Kyprien  bekannte  Beratschlagung  des  Zeus  mit  der  Themis  zur  Entfachung 
des  Trojanischen  Kriegs  erkannt  hat,  und  ein  weiterer  Wiener  Krater,  auf  dem  Benn- 
dorf,  Griech.  und  sizil.  Vasenbilder  S.  78  f.  eine  allerdings  einigermaßen  abweichende 
Darstellung  desselben  Vorwurfs  nachzuweisen  versucht  hat;  mehr  Literatur  findet 
man  bei  Klein.  Furtwängler  hat  die  Beziehung  auf  die  Kyprien  nur  für  die  Peters- 
burger Vase  anerkannt,  für  die  beiden  anderen  abgelehnt,  für  den  zweiten  Wiener 
Krater  selbst  eine  ganz  verschiedene,  aber  keineswegs  befriedigende  Deutung  ge- 
geben (Sammlung  Sabouroff  I,  Einleitung  zu  den  Vasen  S.  14  f.).  Als  positiven 
Grund  gegen  Kleins  Deutung  des  abgebildeten  Wiener  Bildes  oder  eine  sich  in  derselben 
Richtung  bewegende  hat  er  indes  eigentlich  nur  die  Waffenlosigkeit  der  Athena 
angeführt.  An  sich  hätte  dieser  Umstand  nicht  viel  auf  sich,  denn  auch  im  Paris - 
urteil  erscheint  Athena  auf  Vasen  mehrfach  waffenlos  (Welcker,  Annali  1845  S.  143; 
Alte  Denkm.  V  S.  377) ;  aber  gerade  im  Parisurteil  unserer  Vase  tritt  sie  bewaffnet 
auf.  Trotzdem  wird  man  sich  ungern  entschließen,  diese  Diskrepanz  zum  Angel- 
punkt der  ganzen  Frage  zu  machen,  zumal  da  wir  um  die  Annahme  eines  inneren 
Zusammenhangs  zwischen  Parisurteil  und  unserer  Szene  doch  nicht  gut  herum- 
kommen. Wer  in  aller  Welt  soll  dann  die  dritte,  Hera  und  Aphrodite  gleichgeordnete 
Göttin  sein.?  Wie  man  sich  also  auch  die  zugrunde  liegende  Tradition  im  einzelnen 
vorstellen  mag,  die  Wahrscheinlichkeit  spricht,  glaube  ich,  doch  für  eine  Erklärung 
in  Kleins  Sinne:  Hera,  Athena  und  Aphrodite  erscheinen  mit  irgendeinem  im  Zu- 
sammenhang mit  dem  Parisurteil  stehenden  Anliegen  vor  Apollo  und  Artemis.  Ob 
die  Szene  auf  die  Kyprien  zurückgeht,  ist  wieder  eine  andere  Frage;  die  Tragödie 
braucht  als  Quelle  nicht  ausgeschlossen  zu  werden. 

Ich  habe  das  Silberrelief  von  Corbridge  bisher  mit  Bedacht  beiseite  gelassen. 
Hätten  wir  Sicherheit,  daß  es  die  gleiche  Szene  darstellt  wie  die  Wiener  Vase,  so 
würde  es  die  Frage  nach  der  Benennung  der  dritten  Göttin  dort  entscheiden;  denn 
hier  enthält  der  Dreiverein  eine  unzweifelhafte  Athena.  An  sich  spricht  ja  alles 
für  die  Identität  des  Vorgangs,  es  müßte  denn  ein  merkwürdiger  Zufall  uns  statt 
zweier  Darstellungen  eines  sonst  unbekannten  Mythus  je  eine  zweier  sonst  unbe- 
kannten, aber  fast  genau  übereinstimmenden  Sagenszenen  aufbewahrt  haben.  Denn 
abgesehen  von  der  bewußten  dritten  Göttin  decken  sich  die  Figuren;  ja,  die  matro- 
nale  sitzende  Gestalt  wiederholt  sogar  in  der  Haltung  die  Hera  des  Vasenbildes. 
Aber  wie  kommt  es,  daß  auf  einem  Relief  der  späteren  Kaiserzeit,  deren  Typenschatz 
sich  doch  sonst  auf  eine  nicht  allzugroße  Reihe  abgegriffener  Sagenstoffe  beschränkt, 
plötzlich  ein  literarisch  völlig  unbekannter  und  uns  nur  durch  ein  attisches  Vasen- 
bild überlieferter  Mythus  wieder  auftaucht.-^ 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung.  20 1 


Es  geht  schon  aus  der  Übereinstimmung  der  beiden  sitzenden  Gestalten  her- 
vor, daß  hier  keine  hterarische,  sondern  eine  bildliche  Tradition  zugrunde  liegt. 
Und  versuchen  wir  einmal  Komposition  und  Stil  des  Reliefs  zu  würdigen:  sind  denn 
das  Gestalten  der  Kaiserzeit?  Gewiß,  das  Beiwerk  ist  in  allem  Wesentlichen  nicht 
vorher  denkbar,  aber  die  fünf  Figuren  un4  wie  sie  zusammengeordnet  sind,  das  ist 
viel  ältere  Kunst.  Man  macht  sich  das  am  besten  klar,  wenn  man  die  Reihe  der 
Parisurteile  zeitlich  durchgeht,  die  ja  im  Durchschnitt  aus  fünf  ganz  ähnlich  be- 
schäftigten Gestalten  bestehen;  mit  den  römischen  Darstellungen  dieser  Szene  hat 
unser  Relief  nichts  zu  tun,  dagegen  bedarf  es  nur  geringer  Phantasie,  um  sich  seine 
Gestalten  in  ein  Vasenbild  etwa  zurückzuübersetzen,  das  sich  zeitlich  nicht  so  sehr 
weit  von  der  Wiener  Vase  entfernen  würde.  Unmittelbar  vergleichbar  sind  hier, 
wie  schon  bemerkt,  die  sitzende  Göttin  und  Apollo  mit  dem  Ölzweig,  auch  die  Über- 
einstimmung der  Frisuren  beachte  man;  manche  Einzelheiten,  namentlich  des  Falten - 
Stils,  scheinen  in  etwas  jüngere  Zeit  zu  weisen;  ein  genaues  Datum  für  das  Urbild 
wird  man  nicht  aussprechen  wollen.  Genau  genommen  besitzen  wir  also  von  unserer 
Szene  zwei  rund  um  400  v.  Chr.  entstandene  Darstellungen,  die  eine  im  Original, 
die  andere  in  einer  spätantiken  Kopie.  Die  Kopie  verrät  sich  auch  in  den  mannig- 
fachen Mißverständnissen,  die  namentlich  die  Gewandung  der  Figuren  betroffen 
haben;  ihr  Wurf  ist  dem  Kopisten  sichtlich  ebenso  unklar  geblieben,  wie  er  uns 
aus  der  Kenntnis  dem  Urbild  gleichzeitiger  Werke  heraus  verständlich  ist.  Miß- 
verstanden ist  sicherlich,  wie  wir  schon  sahen,  der  Aufbau  unter  der  rechten  Hand 
Apolls,  mißverstanden  und  nicht  mehr  zu  enträtseln  der  Gegenstand,  den  Hera 
in  der  rechten  Hand  hält;  denn  Hera  dürfen  wir  jetzt  wohl  die  sitzende  Matrone 
benennen,  ebenso  wie  Aphrodite  die  jugendhche  stehende  Frauengestalt,  die  übrigens 
auf  der  Vorlage  in  der  Rechten  das  sie  vortrefflich  bezeichnende  Attribut  einer  Blüte 
gehalten  zu  haben  scheint,  die  dem  Kopisten  ebenfalls  unverständlich  geblieben 
ist.  Natürlich  wird  als  Träger  des  angenommenen  Urbilds  unserer  Szene  kein  zer- 
brechliches und  bescheidenes  Tongefäß  anzusetzen  sein,  sondern  eine  Arbeit  in  dauer- 
hafterem Material,  am  ehesten  in  Edelmetall;  man  darf  an  die  stilistisch  etwas 
älteren  gravierten  Silberschalen  Compte-rendu  de  la  Comm.  archeol.  1887  Taf.  I 
I — 5  erinnern;  sichtlich  ist  ja  das  Relief  aus  einer  Zeichnung  übersetzt. 

Räumt  die  gewonnene  Erkenntnis  den  anstößigen  Zeitabstand  zwischen  den 
beiden  Werken  aus  dem  Wege,  so  taucht  nun  die  Frage  auf,  wie  die  Darstellung 
die  wohl  sieben  Jahrhunderte  hat  überdauern  können,  die  Urbild  und  Kopie  trennen. 
Man  könnte  im  Plinblick  auf  die  bekannte  Pliniusstelle  von  der  Wertschätzung, 
die  die  Meisterwerke  eines  Mentor,  Mys  und  anderer  zu  seiner  Zeit  genossen  (N.  H. 
XXXni  154  ff.),  erwägen,  ob  hier  nicht  ein  derartiges  berühmtes  Original  zugrunde 
hege.  Aber  abgesehen  davon,  daß  von  diesen  Künstlern  keiner  vor  dem  4.  Jahrh. 
gelebt  zu  haben  scheint,  widerstreitet  einer  solchen  Annahme  der  Umstand,  daß 
wir  es  nicht  mit  einer  bloßen  Kopie,  sondern  mit  einer  Umbildung  der  ursprüng- 
lichen Vorlage  zu  tun  haben. 

Diese  Tatsache  ergibt  sich  aus  dem  mannigfachen  Beiwerk,  das  die  Szene 
belebt.    Halten  wir  uns  zur  Rekonstruktion  des  Urbildes  wieder  an  die  Vasenbilder, 


202 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mj'thologischer  Darstellung, 


SO  mag  es  allerdings  schon  gewisse  landschaftliche  Elemente  wie  Baum  und  Altar, 
auch  heilige  Tiere  enthalten  haben;  selbst  den  Tempel  Apolls  erlaubt  eine  Schale 
mit  dem  Parisurteil,  auf  der  Paris  unter  einem  ganz  ähnlichen  Bau  sitzt  (Röscher 
III  I  Sp.  1615/16  Abb.  6)   ihm  zuzuschreiben  —  auf  der  Wiener  Vase  lehnt  Apollo 


Abb.  4.     Silberne  Amphora  aus  dem  Schatzfund  von  Contzesti  in  Rumänien. 


an  einem  Lorbeerstamm,  sein  Heiligtum  wird  außerdem  noch  durch  einen  Dreifuß 
bezeichnet.  Sonst  aber  gehört  die  ganze  reiche  Szenerie  des  Bildes  in  die  Kaiser- 
zeit, und  zwar  in  einen  ganz  bestimmten  Kreis  hinein,  von  dem  eine  Reihe  Denk- 
mäler, ganz  überwiegend  Arbeiten  aus  Edelmetall,  Bonner  Jahrb.  118  S.  176  ff. 
teils  zusammengestellt,  teils  sonst  genannt  sind.  Am  festesten  wird  die  Gruppe 
zusammengehalten  durch  Einzelheiten  eben  des  landschaftlichen  Beiwerks,  vor  allem 
durch  zwei  bestimmte   Baumformen,   die  beide   auf  dem  Teller  von  Corbridge  in 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung.  203 

charakteristischen  Beispielen  vorkommen  (a.a.O.  S.  216  ff.).  Man  denkt  an  Alex- 
andria als  ihren  Ausgangsort;  nach  der  Verbreitung  der  Denkmäler  ist  er  jedenfalls 
im  griechischen  Osten  zu  suchen.  Die  Zeit  dürfte  im  wesentlichen  das  2.  und  3.  Jahrh. 
n.  Chr.  sein.  In  diesem  Kreise  also  ist  das  alte  Bild  in  seinen  reicheren  landschaft- 
lichen Rahmen  eingefügt  worden.  Wir  können  aber  aus  der  Masse  von  Monumenten, 
die  sich  loser  zu  unserem  Teller  stellen,  einige  herauslesen,  mit  denen  ihn  engere 
Beziehungen  verknüpfen,  und  zwar  sind  es  ein  paar  recht  unscheinbare  Einzel- 
heiten, welche  diese  Verknüpfung  herbeiführen. 


Abb.  5.     Silberschale  aus  dem  Permschen  Gouvernement. 

Das  Bild  besitzt  eine  sehr  reiche  und  feine  eingravierte  Innenzeichnung,  die 
leider  auf  unserer  kleinen  Abbildung  nicht  voll  zur  Geltung  kommt.  Zunächst  wird 
durch  meist  bogen-  und  halbkreisförmig  verlaufende  Schraffierung  das  Terrain  an- 
gegeben; in  der  linken  unteren  Ecke  häuft  sie  sich  und  bedeutet  im  Verein  mit  etwas 
Relief  Felslandschaft.  Überall  sprießen  Blumen  und  Kräuter  aus  der  Erde;  auf 
punktierten  Stengeln  sitzt  ein  dickerer  Punkt,  ein  Komplex  von  drei  oder  mehr 
Punkten  oder  feinen  Halbbögen.  Das  Blattwerk  der  Bäume  ist  mit  punktierten 
oder  gestrichelten  Linien  oder  einer  Verbindung  beider  umzogen;  überall  an  Stamm 
und  Ästen  des  großen  Baumes  wachsen  punktierte  Halbbögen  heraus.  Alle  Gewänder 
werden  von  feinen,  einfach  oder  mehrfach  punktierten  Streifen  eingesäumt  und 
durchzogen,  ebenso  der  Schild  der  Athena,  dessen  Fläche  wieder  wie  ihr  Helm  mit 


204 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung, 


Punktgruppen  bedeckt  ist,  die  Bögen  von  Artemis  und  Apollo,  die  Altäre,  der  Sitz 
der  Hera  usw.  Fein  gravierte  Innenzeichnung  trägt  der  Tempel,  die  Quellurne, 
der  Greif  und  der  große  Vogel  auf  dem  Baum,  während  die  neun  anderen  Vögel 
überhaupt  lediglich  durch  Gravierung,  nicht  auch  in  Relief  angegeben  sind.  Trotz 
der  Fülle  kann  man  indessen  nirgends  von  Überladung  sprechen,  aller  Schmuck 
ordnet  sich  bescheiden  dem  Ganzen  unter. 

Wir  treffen  alle  diese  Motive  wieder  auf  den  Bildern  der  großen  Silberamphore 
des  Fundes  von  Contzesti  bei  .Dorohoiu  im  nördlichsten  Teile  Rumäniens  (Anti- 
quites  du  Bosphore  cimmerien  Taf.  40 — 42;  Kondakof,  Tolstoi  et  Reinach,  Anti- 
quites  de  la  Russie  meridionale  S.  89  Fig.  117,  wonach  hier  Abb.  4).    Leider  muß 


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Abb.  6.     Fragment  eines  Silbertellers  aus  Hammersdorf  (Ostpreußen). 

dieses  ungeschlachte  Prunkstück  einer  barbarischen  Tafel  der  späteren  Kaiserzeit 
immer  noch  nach  den  akademisch  glatten  Stichen  der  Antiquites  du  Bosphore  be- 
urteilt werden;  immerhin  geben  sie  die  Einzelheiten,  auf  die  es  hier  in  erster  Linie 
ankommt,  sorgfältig  wieder,  Sie  finden  sich  hauptsächlich  auf  dem  mittleren  Streifen 
mit  der  Amazonenschlacht  und  dem  Jagdfries  auf  der  Schulter  (dieser  auch  bei 
Willers,  Bronzeeimer  von  Hemmoor  S.  158)  und  bestehen  aus  Gravierungen  genau 
der  beschriebenen  Art.  Wie  auf  dem  Teller  von  Corbridgc  wird  das  Terrain  durch 
schraffierte  Halbbögen  angegeben,  darauf  wachsen  aus  Stengeln  mit  Dreipunkt- 
endigung  bestehende  Blumen,  die  sich  fächerförmig  auseinanderfalten,  gestrichelte 
Linien  umziehen  die  Konturen  der  Bäume,  die  ihrerseits  den  gleichen  Typus  wieder- 
geben wie  der  Baum  links  im  unteren  Friese  unseres  Tellers,  die  Helme  sind  mit 
Dreipunktgruppen  verziert,  Gürtel,  Säume,  Pferdeschmuck  tragen  die  gleichen 
Punktmuster  wie  die  entsprechenden  Teile  unseres  Bildes,  mit  besonderer  Vorliebe 
eine  kräftigere  Punktreihe  zwischen  zwei  feinen.  Soweit  die  Abbildung  das  zuläßt, 
darf  man  auch  im  großen   die  völlige    Übereinstimmung  des   Stiles   konstatieren; 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung.  205 

von  Einzelheiten  vergleiche  man  die  Gewandbehandlung  mit  den  charakteristischen 
mäanderartig  verlaufenden  Säumen,  die  Helme,  die  hohen  Stiefel.  Photographien 
würden  vermutlich  überhaupt  erkennen  lassen,  daß  Amphore  und  Teller  sich  so 
nahe  stehen  wie  zwei  Stücke,  die  nicht  gerade  von  derselben  Hand  herrühren,  nur 
immer  können. 

Trotz  der  schlechten  Abbildung,  die  mir  allein  zu  Gebote  steht  (bei  Kondakof 
a.a.O.  S.4i2Fig. 37i,nachCompte-rendudelaComm.  archeol.  i867Taf,  n4,hierAbb.5), 
wird  es  erlaubt  sein,  als  weiteres  Stück  dieser  Reihe  eine  Silberschale  aus  dem  Perm- 
schen  Gouvernement,  dessen  Reichtum  an  derartigem  Gerät  bekannt  ist,  aufzu- 
führen. Sie  stellt  einen  Heros  und  eine  Heroine,  nach  der  geläufigen  Deutung  Meleager 
und  Atalante,  mit  Gefolge  auf  der  Jagd  dar.  Das  Terrain  ist  wieder  in  der  bekannten 
Weise  angegeben,  die  Gräser  und  Blumen  zeigen  die  beschriebene  Ausführung,  Ge- 
wandsäume, Claven,  Stiefel,  Pferdeschmuck  sind  sichtlich  ganz  identisch  charakte- 
risiert wie  auf  den  vorhergehenden  Denkmälern.  Im  besonderen  erscheinen  die  auf 
dem  Teller  von  Corbridge  an  Ästen  und  Stamm  des  großen  Baumes  hängenden 
Halbbögen  hier  wieder.  Am  Original  werden  alle  diese  parallelen  Züge  noch  viel 
schlagender  zutage  treten  als  auf  der  dürftigen  Abbildung. 

In  den  gleichen  Kreis  gehören  weiter  zwei  Fragmente  vom  Randfries  eines 
riesigen  runden  Silbertellers  mit  Vergoldung  und  Einlagen  aus  Niello  oder  Email 
(der  StofT  ist  nicht  mehr  festzustellen),  die  bei  Hammersdorf  im  Kreis  Braunsberg 
(Ostpreußen)  gefunden  worden  sind.  Das  größere  Stück  hat  G,  Hirschfeld  in  den 
Sitzungsberichten  der  Altertumsgesellschaft  Prussia  zu  Königsberg  i.  Pr.  XLI  1884/85 
S.  ']']  ff.  mit  Taf.  VI  (darnach  hier  Abb.  6)  veröffentlicht,  zusammen  mit  Resten 
eines  zweiten  Silbertellers  desselben  Fundes,  den  wir  hier  übergehen;  das  kleinere 
ist  erst  später  von  A.  Brinkmann  in  Privatbesitz  entdeckt  und  für  das  Prussia- 
Museum  erworben  worden;  Photographien  beider  liegen  mir  vor.  Die  erhaltenen 
Bilderreste  gehören  zu  Jagdszenen.  Auf  dem  größeren  Fragment  sieht  man  in  leben- 
diger Ausführung  zwei  Leoparden  zwischen  Felsen  über  einer  erlegten  Antilope; 
ein  Jäger  mit  Fackel  und  Hund  dringt  auf  sie  ein.  Das  kleinere  Bruchstück  zeigt 
einen  nach  rechts  eilenden  Jäger  mit  Jagdspeer;  vor  ihm  liegt  ein  kleiner  Schild,  weiter 
rechts  ist  der  Schwanz  eines  Hundes  erhalten.  Schon  Hirschfeld  hat  die  Verwandt- 
schaft mit  dem  Jagdfries  der  besprochenen  Amphore  von  Contzesti  bemerkt.  Es 
kehren  die  bekannten  Baumformen  wieder,  deren  Laubwerk  in  der  beschriebenen 
Weise  umrahmt  ist;  die  Terrainangabe  durch  gestrichelte  Bögen,  die  auf  dem  Jagd- 
fries  schon  sehr  gehäuft  war,  überwuchert  hier  fast  den  ganzen  Raum;  Punktreihen 
begleiten  die  Claven  der  Gewänder  und  den  Rand  des  Schildes,  dessen  Fläche  wieder 
Punktgruppen  trägt.  Daneben  finden  sich  mancherlei  Abweichungen  von  den  vor- 
genannten Vertretern  der  Gruppe.  Genannt  ist  schon  die  gehäufte  Schraffierung; 
es  fehlt  das  Gras-  und  Blumenwerk;  namentlich  aber  sind  die  Bilder  hier  nicht  in 
Relief  ausgeführt,  sondern  nur  graviert;  und  zwar  sind  sämtliche  Konturen  zu- 
nächst in  Punkten  angelegt  gewesen,  die  dann  erst  zu  Strichen  verbunden  wurden. 
Die  Hammersdorfer  Fragmente  vertreten  also  innerhalb  des  gleichen  Kreises  eine 
etwas  andersgeartete  Richtung  und  Entwicklung. 


2o6 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung. 


Ein  Denkmal  der  gleichen  Richtung  ist  der  von  Strzygowski  und  Pokrowsky, 
Etüde  sur  un  monument  byzantin  trouve  en  1891  ä  Kertch  (Materiaux  pour  servir 
ä  l'archeologic  de  la  Russie  8,  wonach  hier  Abb.  7)  veröffenthchte  »Silberschild  von 
Kertsch«.  Er  gehört  zu  der  bekannten  spätantiken  Gattung  als  Geschenke  verwendeter 


Abb.  7.     Der  »Silberschild  von  Kertsch«. 


Silberschalen  mit  den  Bildnissen  von  Kaisern  oder  Feldherrn  in  verschiedener  Aktion 
(Graeven,  Rom.  Mitt.  XXVIII  1913  S.  203  f.).  Auf  der  vorliegenden  Schale  sieht  man 
einen  Kaiser,  nach  Strzygowski  Justinian,  zu  Pferde,  von  einer  Viktoria  geleitet  und 
von  einem  Leibwächter  gefolgt.  Das  Bild  ist  gleichfalls  nur  graviert,  und  zwar  in 
genau  der  gleichen  eigentümlichen  Weise  wie  die  Bilder  des  Hammersdorfer  Tellers, 
einer  Weise,  für  die  damals  weder  Hirschfeld  noch  der  von  ihm  befragte  Furtwängler 
ein  weiteres  Beispiel  aufzeigen  konnten.     Die  Art  der  Vergoldung  verrät  hier  wie 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung.  207 

dort  die  gleiche  rein  koloristische  Tendenz,  indem  sie  sich  keineswegs  streng  an  die 
Konturen  der  auszuzeichnenden  Gegenstände  bindet.  Daneben  treffen  wir  dann 
wieder  die  bekannten  Einzelheiten,  die  gestrichelten  Bögen  als  Terrainangabe,  und 
zwar  wieder  in  der  breiten  Manier  des  Hammersdorfer  Frieses  im  Gegensatz  zu  den 
schmalen  Streifen  der  ersten  Gruppe,  die  charakteristische  Verzierung  der  Säume, 
Gürtel,  Claven  usw.  mit  einer  dickeren  Punktreihe  zwischen  zwei  feineren;  die  Palme 
der  Viktoria  ist  behandelt  wie  die  zypressenartigen  Bäume  der  vorher  beschriebenen 
Stücke. 

Die  Kertscher  Schale  darf  man  wohl  unbedenklich  als  das  Erzeugnis  einer 
Konstantinopeler  Werkstatt  ansprechen.  Der  Hammersdorfer  Teller  ist  ihr  so  eng 
verwandt,  daß  man  ihn,  wenn  nicht  ebenfalls  in  Konstantinopel,  so  doch  nicht  weit 
davon,  also  etwa  im  Gebiet  des  Schwarzen  Meeres  entstanden  denken  wird.  Daß 
die  Meleagerschale  und  die  Amphore  von  Contzesti  aus  dem  gleichen  Gebiete  stammen, 
ist  von  jeher  angenommen  worden.  Wir  hätten  also  Veranlassung,  die  geschilderten 
Motive  als  Eigentümlichkeiten  der  Toreutik  im  Umkreise  des  Pontus  anzusehen. 
Nun  wird  man  sich  ja  nicht  ohne  weiteres  entschließen  wollen,  den  Teller  von  Cor- 
bridge  dort  im  Osten  entstanden  zu  denken,  obgleich  die  Hammersdorfer  Bruch- 
stücke immerhin  den  Weg  zeigen,  auf  dem  er  schließlich  nach  England  gelangt  sein 
könnte.  Aber  mir  scheint,  daß,  wer  ihn  aufmerksam  vor  allem  mit  der  Amphore 
von  Contzesti  vergleicht,  doch  nicht  um  die  Annahme  sehr  enger  Beziehungen  her- 
umkommt. Mit  der  »römischen  Reichskunst«  ist  hier  nicht  geholfen;  gerade  der- 
artige Einzelheiten,  wie  wir  sie  besprachen,  pflegen,  zuweilen  in  der  hartnäckigsten 
Weise,  bodenständig  zu  sein.  Bevor  also  nicht  ein  oder  mehr  Vertreter  unserer  Gruppe 
aus  dem  Westen  bekannt  sind,  möchte  ich  den  Teller  von  Corbridge  als  Erzeugnis 
einer  pontischen  oder  auch,  wenn  er  ins  4.  Jahrh.  gehören  sollte  ■ —  ich  will  in  dieser 
Richtung  keine  Entscheidung  treffen  — ,  einer  Konstantinopeler  Goldschmiedewerk- 
statt betrachten.  Ich  selbst  habe  mich  nur  immer  wieder  überzeugen  können,  daß 
im  Westen  der  ganzQ  Motivenschatz  unseres  Kreises  mit  einer  Ausnahme,  auf  die 
ich  noch  zu  sprechen  komme,  völlig  unbekannt  ist,  und  daß,  was  dort  an  Land- 
schaftsangabe  auf  ähnlichen  Arbeiten  erscheint,  einen  wesentlich  anderen  Charakter 
trägt;  die  Schale  des  Theodosius  aus  dem  Jahre  388  (Strzygowski  a.  a.  0.  Taf.  V), 
auf  der  Blüten  u.  ä.  der  gedachten  Art  vorkommt,  ist  zwar  in  Spanien,  bei  Merida, 
gefunden  worden,  aber  natürlich  in  Theodosius'  Herrschaftsbezirk,  also  wohl  wieder 
in  Konstantinopel  entstanden.  Vermutlich  wird,  wem  mehr  östliches  Fundmaterial 
und  namentlich  Smirnows  großes  Werk  über  das  orientalische  Silber  zugänglich 
ist,  auch  noch  mehr  Beispiele  für  unsere  Richtung  nachweisen  können.  Auf  der 
spätantiken  Silberschale  Arch.  Anz.  XX HI  1908  Sp.  155/6  Abb.  3,  die  wieder  aus 
dem  Permschen  Gouvernement  stammt,  wachsen  z.  B.  zwischen  den  Blättern  des 
ßaumes,  der  die  Hirtenszene  beschattet,  die  bekannten  Stengel  mit  Dreipunktende 
heraus;  namentlich  aber  scheint  mir,  daß  der  reiche,  aus  Punktreihen  und  -gruppen 
zusammengesetzte  Schmuck  auf  den  Gewändern  und  dem  sonstigen  Apparat  der 
Könige  der  sassanidischen  Silberschalen  sich  im  Anschluß  an  die  Gewandschmuck- 
motive unserer  Denkmäler  entwickelt  hat. 


208  F«  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung. 

Es  gilt  nun,  die  Probe  auf  das  Exempel  zu  machen  und  zu  sehen,  ob  der  Teller, 
auch  abgesehen  von  den  geschilderten  stilistischen  Merkmalen,  seinen  Platz  im  pon- 
tischen  Kreise  findet.  Man  wird  das  bejahen  dürfen.  Wenn  das  Kopieren  einer  über 
ein  halbes  Jahrtausend  älteren  Vorlage  in  Ländern,  deren  Kultur  und  Kunst  unter 
einem  beständigen  Wechsel  steht,  des  Auffälligen  genug  hätte  und  wohl  einer  persön- 
lichen Laune  zugeschrieben  werden  müßte,  ist  ein  solcher  Vorgang  in  dem  abge- 
schlossenen Pontusgebiet,  dessen  Kunsthandwerk  bis  ins  frühe  Mittelalter  hinein 
von  dem  Typenschatze  zehrt,  den  ihm  seine  Blütezeit  hinterlassen  hat,  sehr  erklär- 
lich. Neben  die  Denkmäler  tritt  hier  die  anschauliche  Schilderung  Dios,  der  in  seinem 
Borystheniticus  nicht  ohne  Teilnahme,  aber  doch  mit  dem  Selbstgefühl  des  modernen 
Menschen  das  altfränkische  Wesen  der  vom  kulturellen  Leben  des  Mittelmeers  so 
gut  wie  abgeschlossenen  Pontusbewohner  beschreibt.  Zurückgeblieben  wie  ihre 
Kunst,  die  ja  auch  nur  im  Dienste  der  reichen  Herren  der  Steppe  steht,  ist  ihre 
Bildung.  In  Homer  und  überhaupt  im  troischen  Sagenkreise  wurzelt  sie,  ganz  als 
ob  wir  noch  im  alten  Griechenland  wären;  wenn,  wie  doch  wohl  angenommen  werden 
muß,  dem  Verfertiger  oder  Besteller  des  Tellers  die  Sage  vom  Besuch  der  drei  Göt- 
tinnen bei  Apollo  und  Artemis  bekannt  war,  so  paßt  eine  solche  Kenntnis  sicher 
besser  in  diesen  Kreis  als  nach  dem  späten  Rom.  Wenn  Dio  weiter  die  Freude  der 
Leute  dort  an  der  Jagd  hervorhebt,  so  denke  man  an  die  Hammersdorfer  Fragmente, 
an  den  Schulterfries  der  Silberamphore,  an  die  Meleagerschale. 

Mir  scheint  nun  aber  auch,  daß  wir  noch  mehr  Beispiele  eines  solchen  Kopierens 
aus  dem  gleichen  Kreise  besitzen,  und  zwar  wüßte  ich  ihrer  zwei  sicher  namhaft 
zu  machen.  Das  eine  ist  die  schon  besprochene  Silberamphore.  Die  überladene 
Dekoration  mit  drei  recht  heterogenen  Figurenstreifen  mag  ja  in  erster  Linie  dem 
barbarischen  Besteller  zuliebe  angebracht  worden  sein;  aber  sie  sieht  gar  nicht  neu- 
erfunden  aus,  wenn  man  sich  der  griechischen  Vasen  mit  ihrer  Streifendekoration 
und  unter  ihnen  namentlich  der  unteritalischen  Prachtgefäße  oder,  um  bei  den 
Metallarbeiten  zu  bleiben,  der  pränestinischen  Cisten  erinnert.  Versucht  man,  sich 
die  Amphore  in  ein  solches  Monument  zurückzuübersetzen,  so  wird  einem  vor  allem 
klar,  wie  der  Künstler  zur  Wahl  der  Vorwürfe  für  die  verschiedenen  Friese  kam. 
Die  Amazonenschlacht,  die  so  gar  nichts  mit  den  römischen  Darstellungen  dieses 
Kampfes  zu  tun  hat,  ist  vielmehr  ein  unmittelbarer  oder  mittelbarer  Abkömmling 
der  großen  Amazonomachien  jener  Vasen  und  Cisten,  deren  untergeordnete  Friese 
mit  ihren  Zügen  von  Tieren,  Seewesen  oder  anderen  in  die  zweite  Linie  des  Interesses 
gerückten  Bilderstoffen  das  Material  für  die  beiden  anderen  Friese  hergaben,  um 
allerdings  hier  ohne  Feingefühl  als  annähernd  gleichwertig  behandelt  zu  werden. 
Gerade  die  Cisten  mit  ihrer  speziellen  Vorliebe  für  Tierkämpfe  und  Seewesen  sind 
hier  besonders  verwandt;  auf  dem  Deckel  der  Ficoronischen  Ciste  erscheint  eine 
Jagd  auf  zwei  Eber  und  ein  Hirschpaar  ganz  im  Typus  des  Jagdbilds  der  Amphore. 
Es  ist  wohl  nicht  zu  unvorsichtig,  hier  eine  gemeinsame  Wurzel  vorauszusetzen, 
griechische  Metallgefäße  etwa  des  4.  Jahrb.,  von  denen  einerseits  die  Cistenindustrie 
und  die  Keramik  abhängt,  die  andererseits  der  Amphore  von  Contzesti  das,  Vorbild 
geliefert  haben. 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung.  2OQ 

Das  zweite  Beispiel  stammt  aus  demselben  Funde.  Es  ist  ein  silberner  Eimer 
in  der  Form  unserer  modernen  Eimer  mit  einem  Bügelhenkel,  dessen  Außenseite 
zwischen  zwei  Rankenfriesen  unten  und  oben  die  Bilder  von  Leda  mit  dem  Schwan, 
Apollo  und  Daphne,  Hylas  und  den  Nymphen  trägt  (Antiquites  du  Bosphore  cim- 
merien  Taf.  39;  Reinach,  Rep.  de  reliefs  III  S.  483).  Inhaltlich  verwandt  ist  etwa 
eine  Silberkasserole  aus  Spanien  mit  den  Liebesabenteuern  des  Zeus  (Daremberg- 
Saglio  III  I  S.  707  Fig.  4230;  Reinach  a.a.O.  II  S.  242,  i);  was  aber  auf  dem 
Eimer  auffällt,  ist  die  ungeheure  Verschwendung  mit  Wasser,  die  hier  ganz  ohne 
Not  getrieben  wird.  Daphne  füllt  ihren  Krug  an  der  Quelle,  die  wieder  aus  einer 
Urne  fließt;  eine  Nymphe  gießt  zweckloserweise  Wasser  über  eine  andere,  sitzende, 
die  doch  mit  Hylas  zu  tun  hat;  Hylas  stützt  sich  seinerseits  auf  einen  Wasserkrug; 
rechts  von  ihm  wird  wieder  Wasser  in  ein  Becken  gegossen,  die  nackte  Nymphe 
scheint  zugleich  mit  ihrem  Haar  beschäftigt  zu  sein;  Leda  scheint  sich  viel  eher 
mit  einem  Badetuch  abtrocknen  als  den  Schwan  empfangen  zu  wollen.  Der  Künstler 
hat  eben  in  einem  Frauenbad  ganz  oberflächlich  ein  paar  Figuren  verändert  und 
andere  eingesetzt,  um  mythologische  Szenen  daraus  zu  machen.  Solche  Friese  mit 
badenden  und  bei  der  Toilette  beschäftigten  Frauen,  und  zwar  recht  mit  den  gleichen 
Typen  wie  hier,  erscheinen  aber  in  Fülle  auf  den  Kertscher  Vasen  einer-,  den  prä- 
nestinischen  Cisten  andererseits.  Man  sieht,  wir  geraten  für  die  vorauszusetzende 
Vorlage  wieder  in  die  gleiche  Sphäre  wie  bei  der  Amphore. 

Ich  habe  Bonner  Jahrb.  118  S.  176  ff.  zu  zeigen  versucht,  daß  die  oben  S.  202 
genannte  Kunstweise  sich  in  zwei  getrennten  Strömen  einerseits  nach  dem  Westen 
mit  Gallien  als  Zentrum,  andererseits  nach  dem  Pontus  hin  verbreitet  habe,  und 
auch  bemerkt  (a.  a.  O.  S.  224),  daß  sich  besonders  die  östliche  Fundgruppe  durch 
Belebung  des  Terrains  in  der  besprochenen  Weise  auszeichne.  Von  den  dort  dafür 
angeführten  Beispielen  nenne  ich  hier  noch  als  für  uns  wesentlich  drei  Silberschüsseln, 
zwei  aus  Kostolac,  dem  antiken  Viminacium,  die  dritte  aus  Ungarn  stammend  (a.  a.  O. 
S.  186  Nr.  16 — 18),  auf  deren  Tierfriesen  wieder  die  schraffierten  Bögen  und  die  Blumen 
und  Kräuter  auftreten;  sie  hängen  also  von  dem  pontischen  Zweig  der  Gruppe  ab. 
Von  dem  reichen  westlichen  Fundmaterial,  das  sonst  auch  keine  Spur  solcher  Land- 
schaftsangabe  zeigt,  ist  auf  Grund  unserer  Untersuchung  eine  Gattung  loszulösen, 
die  nunmehr  auch  als  unter  pontischem  Einfluß  stehend  zu  gelten  hat,  nämlich 
die  Friese  der  von  Willers  in  seinen  beiden  Büchern  »Die  römischen  Bronzeeimer 
von  Hemmoor«  und  »Neue  Untersuchungen  über  die  römische  Bronzeindustrie« 
eingehend  behandelten  »Hemmoorer«  Eimer.  Namentlich  ihre  Jagd-  und  Tier- 
friese zeigen,  z.  T,  noch  in  leidlich  guter  Ausführung,  z.  T.  schon  recht  rudimentär 
und  unverstanden,  die  uns  jetzt  hinlänglich  bekannten  Motive,  die  gestrichelten 
Bögen,  einzelne  Blumen  und  Kräuter,  die  die  Bäume  —  wieder  die  bekannten  Typen 
—  einfassenden  gepunkteten  oder  gestrichelten  Linien,  verstreute  Punktgruppen 
(Willers,  Bronzeeimer  Taf.  V  2;  VI — VIII;  X  i).  Einlagen  aus  Silber-  und  Kupfer- 
blech und  Email  erinnern  an  die  malerische  Wirkung,  die  der  Wechsel  von  Gold, 
Silber  und  anderem  Stoff  auf  dem  Friese  des  Hammersdorfer  Tellers  erstrebte. 
Die  Fabrikation  dieser  Eimer  gehört  etwa  in  die  zweite  Half  te  des  2.  und  in  das  3.  Jahrh. 


210 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung. 


Als  Ort  der  Herstellung  hat  Willers  die  Gegend  von  Gressenich  bei  Aachen  nach- 
zuweisen gesucht. 

Den  Hemmoorer  Friesen  ist  der  Tierfries  vom  Boden  eines  Bronzebeckens 
aus  dem  ersten  Grabfund  von  Sackrau  in  Schlesien  (etwa  Ende  des  3.  Jahrh.)  in  Stil 
und  Technik  so  eng  verwandt,  daß  er  aus  einer  ihrer  Manufakturen  stammen  könnte. 
Ich  bilde  ihn  hier  (Abb.  8)  nach  Grempler,  Der  Fund  von  Sackrau  Taf.  IV  6,  wieder  ab. 
Zwischen  seinen  vier  Tieren  begegnen  wir  Silbereinlagen  der  gleichen  Art  wie  dort, 
daneben  den  diesmal  ganz  verrohten  gestrichelten  Bögen.     Rheinischen  Ursprungs 


Abb.  8.     Boden  eines  Bronzegefäßes  aus  Sackrau  (Schlesien). 


ist  nun  das  Sackrauer  Stück  nach  dem  Zusammenhang  der  dortigen  Funde,  den 
man  z.  B.  bei  Seger,  Schlesiens  Vorzeit  VII  1899  S.  430  ff.  und  Beltz,  Die  vorgesch. 
Altertümer  des  Großherz.  Mecklenburg- Schwerin  S.  360  ff.  behandelt  findet,  sicher 
nicht;  Hubert  Schmidt  in  Hoops'  Reallexikon  I  S.  327  hält  es  sogar  für  pontisch; 
jedenfalls  ist  es  ein  erwünschtes  Zwischenglied  auf  der  Wanderstraße,  die  die  Motive 
der  »Hemmoorer«  Eimerfriese  zurückgelegt  haben.  Ich  will  übrigens  nicht  ver- 
hehlen, daß  ich  mit  der  vorgetragenen  Beurteilung  dieser  Denkmäler,  wie  ich  sehe, 
an  Meinungen  anknüpfe,  die  vor  dem  Erscheinen  von  Willers'  Buche  galten,  aber 
jetzt  ganz  zurückgedrängt  sind;  man  vergleiche,  was  Beltz  in  seiner  Vorgeschichte 
von  Mecklenburg  (1899)  S.  133  sagt,  mit  dem,  was  derselbe  in  den  Vorgeschichtlichen 
Altertümern  des  Großherzogtums  Mecklenburg- Schwerin  (1910)  S.  351  über  den- 
selben Gegenstand  bemerkt.  Für  seine  These,  daß  die  Eimer  im  Westen  entstanden 
sind,  hat  Willers  allerdings  erhebliche  Gründe  angeführt. 


F.  Drexel,  Über  einen  spätantiken  Silberteller  mit  mythologischer  Darstellung.  21  I 

Nun  wir  die  in  Rede  stehenden  Motive  bis  in  ihre  verwaschensten  Ausläufer 
verfolgt  haben,  gilt  es,  den  Blick  noch  einmal  rückwärts  zu  richten  und  zu  fragen, 
wo  sie  herkommen.  Die  Antwort  ergibt  sich  aus  dem  Vorangegangenen  fast  von 
selbst.  Durchmustern  wir  den  Kreis  der  Vasen  und  Cisten,  der  die  Vorbilder  für  die 
figürlichen  Szenen  unserer  Denkmäler  geliefert  hat,  so  treffen  wir  dort  auch  alle 
jene  minutiösen  Elemente  wieder,  die  gestrichelten  oder  (auf  Vasen)  gepunkteten 
Bögen  und  Wellenlinien  als  Bezeichnung  des  Terrains,  die  Kräuter  und  Blumen, 
z.  T.  in  haargenau  derselben  Ausführung,  den  reichen  Schmuck  der  Gewänder  mit 
Punktlinien  und  Punktgruppen.  Von  Cisten  vergleicht  man  am  besten  die  Ficoroni- 
sche  eiste,  die  oben  schon  wegen  der  Analogie  ihres  Jagdbildes  angeführt  wurde; 
wegen  der  Vasen  verweise  ich  etwa  auf  die  drei  unteritalischen  Prachtgefäße  bei 
Furtwängler-Reichhold  II  Taf.  88- — 90.  Der  Kreis,  dem  der  Teller  von  Corbridge 
angehört,  ist  also  in  allen  seinen  wesentlichen  Elementen  ein  später  Ausläufer  der 
vorhellenistischen  griechischen  Toreutik.  Das  Nachleben  noch  älterer  Motive  wie 
namentlich  der  ionischen  Tierdekoration  in  der  späten  Kunst  des  Pontus  ist  eine 
längst  gewürdigte  Erscheinung;  ihr  reiht  sich  jetzt  als  Ergebnis  unserer  Untersuchung 
der  Nachweis  an,  daß  auch,  wenn  auch  in  minderem  Umfang,  die  griechische  Toreutik 
der  Blütezeit  im  pontischen  Kunsthandwerk  des  ausgehenden  Altertums  ihre  un- 
mittelbaren Spuren  hinterlassen  hat. 

Frankfurt  a.  M.  F.  Drexel. 


Jahrbuch  des  archäolog-ischen  Instituts  XXX.  15 


GRIECHISCHE  LEUCHTFEUER. 


I.  Moderne  Zweifel. 

Die  Techniker  haben  sich  von  jeher  für  die  antiken  Leuchttürme  stärker  inter- 
essiert als  die  Altertumsforscher  selbst.  Das  liegt  in  der  Natur  der  Sache  und  hat 
sich  auch  nach  dem  Erscheinen  meines  Buches  über  den  Pharos  von  Alexandria  (1909) 
nicht  geändert.  Das  postume  Werk  L.  A.  Veitmeyers  (f  1899),  eines  der  besten 
Kenner  des  gesamten  modernen  Leuchtfeuerwesens,  der  ein  halbes  Jahrhundert  lang 
als  kgl.  preußischer  Baurat  an  hervorragender  Stelle  bei  dem  Ausbau  der 
deutschen  Seefeuer  selbst  tätig  gewesen  ist,  habe  ich  damals  schon  berücksichtigen 
können^).  Seither  hat  ein  in  nautischen  Problemen  und  Wasserbaufragen  jeder 
Art  besonders  erfahrener  Ingenieur,  Max  Buchwald  in  Hamburg,  einige  Aufsätze 
veröffentlicht,  welche  seine  1905  und  1907  im  »Prometheus«  erschienenen  Artikel 
»Die  Leuchtfeuer  des  Altertums«  und  »Die  Leuchtfeuer  des  Mittelalters  und  der 
Neuzeit«  ergänzen;  nämlich:  »Geschichtliches  über  die  Leuchtapparate  der  Küsten- 


*)  Leuchtfeuer  und  Leuchtapparate.  München- 
Leipzig  1900.  Es  ersetzt  bei  uns  teilweise  das 
in  jeder  technischen  Beziehung  mustergültige 
französische  Werk  von  Allard,  Les  Phares. 
Histoire,  construction,  6clairage.  Paris  1889. 
540  pp.  226  Figg.  36  pl.  Großoktav. 

Das  Werk  ist  in  Deutschland  sehr  selten ;  ich 
konnte  nur  aus  der  Bibliothek  des  kais.  Patent- 
amtes in  Berlin  ein  Exemplar  einsehen.  Es  ent- 
hält die  abschließende  Zusammenfassung  dessen, 
was  Allard,  der  offizielle  Spezialist  im  französi- 
schen Leuchtturmwesen  (Inspecteur  general  des 
Ponts  et  Chaussees  en  retraite,  ancien  Directeur 
du  Service  central  des  Phares),  in  verschiedenen 
Einzelschriften  über  diesen  Gegenstand  vorher 
schon  veröffentlicht  hatte.  Der  weitaus  größte 
Teil  des  Werkes  ist  natürlich  dem  modernen  und 
französischen  Leuchtturmwesen  gewidmet,  wie 
denn  tatsächlich  Frankreich  auf  diesem  Gebiete 
imi9.  Jahrh.  ganz  besondereVerdienste  zukommen. 
Doch  werden  im  ersten  Teil  der  Einleitung 
(Histoire  des  Phares)  auch  Altertum  und  Mittel- 
alter besprochen  und  illustriert,  und  zwar  mit 
sehr  besonnener  Kritik  und  selbständigem  Urteil 
(p.  3 — 50  mit  Fig.  I — 39).  Nach  einer  ausführ- 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX. 


liehen  Besprechung  des  alexandrinischen  Leucht- 
turms ordnet  Allard  die  übrigen  ihm  bekannten 
Leuchttürme  der  Antike  (26  im  ganzen)  zu  geo- 
graphischen Gruppen  in  sorgfältigen  Unter- 
suchungen zusammen  (Bosporus  und  Hellespont 
—  Italien  —  Südfrankreich  —  Spanien  —  Ärmel- 
kanal). Auch  eine  Übersichtskarte  p.  35  Fig.  33 
faßt  das  Ergebnis  zusammen. 

Das  ältere  Werk  des  französischen  Ingenieurs 
Alfred  Leger,  Les  travaux  publics,  les  mines 
et  la  metallurgie  aux  temps  des  Romains  (Paris 
1875),  eine  übersichtliche  Zusammenstellung  der 
antiken  Ingenieurarbeiten,  läßt  wie  der  Unter- 
titel (La  Tradition  Romaine  jusqu'ä  nos  jours) 
schon  hervorhebt,  das  Griechische  ganz  gegen 
Rom  zurücktreten.  Für  das  Kapitel  »Phares« 
(p.  499 — 518)  ist  die  archäologische  Grundlage 
noch  durchaus  Montfaucon  (Supplement  au  livre 
de  l'Antiquite  expliquee,  tome  IV,  p.  119 — 143 
mit  pl.  49 — 52  [Paris  1724]),  auf  dem  überhaupt 
alle  neueren  Bearbeitungen  des  Themas  mehr  oder 
weniger  fußen.  Die  Abbildungen  im  »Atlas«  bei 
Leger  (pl.  8)  «ind  fast  nur  kümmerhche  Ver- 
kleinerungen der  Figuren  bei  Montfaucon  und 
somit  gänzlich  veraltet. 

16 


214  ^'  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 

befeuerung«  (Prometheus  XXI,  1910,  177  ff.)  und  »Leuchtfeuer  im  Akertum«  (in 
der  Zeitschrift  »Weltverkehr  und  Weltwirtschaft«  191 2,  78 — 84).  Der  verdiente 
Herausgeber  dieser  eben  genannten  neuen  Zeitschrift,  Dr.  Richard  Hennig  in 
Berlin-Friedenau,  von  Haus  aus  Ingenieur,  jetzt  mit  weiten  nationalökonomischen 
Interessen  ein  energischer  Vorkämpfer  der  noch  jungen,  international  so  wichtigen 
Verkehrswissenschaft,  hat  dann  ebenfalls  in  verschiedenen  Artikeln  und  in  ähnlichem 
Sinne  das  Problem  der  antiken  Leuchtfeuer  und  Leuchttürme  behandelt.  So  in 
seinem  Aufsatze  »Das  Signalwesen  im  Altertum«  (Prometheus  XIX,  1908,  183  fT.), 
in  seinem  Buche  »Die  älteste  Entwicklung  der  Telegraphie  und  Telephonie«  (Leipzig 
1908)  und  in  den  Aufsätzen:  »Zur  Geschichte  der  Leuchttürme  im  frühen  Mittelalter« 
(Prometheus  Nr.  1130  und  XXVI,  1915,  241  ff.)  und  »Beiträge  zur  älteren  Ge- 
schichte der  Leuchttürme«   (Jahrbuch  des  Vereins  deutscher   Ingenieure   1914/15, 

35—54). 

Für  uns  vom  Altertum  ist  von  den  Ergebnissen  der  Buchwaldschen  Arbeiten 
wichtig:  eine  neue,  die  Veitmeyersche  Liste  ergänzende,  chronologisch  geordnete 
Aufzählung  der  sämtlichen  (31)  antiken  Leuchttürme,  deren  die  antike  Literatur 
Erwähnung  tut,  oder  von  denen  Reste  sich  noch  nachweisen  lassen  (Weltv.  u.  Weltw. 
1912,  78  ff.);  eine  nützliche  Übersichtskarte  der  alten  Welt  mit  Eintragung  dieser 
sämtlichen  antiken  Leuchtfeuer  (ebenda  S.  80);  eine  kritische  Darstellung  des  Herd- 
schachtes, wie  er  auf  der  Plattform  der  antiken  Leuchtfeuer  angenommen  werden 
darf  für  das  darauf  zu  unterhaltende  offene  Holzfeuer  (Prometheus  1910,  178,  Abb. 
144/5);  endlich  ein  Vergleich  der  Leuchtweiten  im  Altertum,  Mittelalter  und  in  der 
Jetztzeit  (ebenda  S.  196). 

Der  positive  Ertrag  bei  Hennig,  der  resoluter,  aber  auch  unvorsichtiger  zu 
Werke  geht,  besteht  in  dem  wertvollen  Nachweis,  daß  die  antiken  Leuchtfeuer  in 
einem  lückenloseren  Übergang  aus  der  spätrömischen  Kaiserzeit  ins  Mittelalter 
hinein  weiter  bestanden  haben,  als  man  bisher  nach  den  allerdings  schon  bekannten 
Hauptbeispielen  von  Alexandria,  Corufia,  Panium  im  allgemeinen  anzunehmen  geneigt 
war.  Dieser  dankenswerten  Erweiterung  unserer  Kenntnis  —  auch  eine  neue  Ab- 
bildung eines  zylindrischen,  zinnengekrönten  Leuchtturmes  aus  Hrabanus  Maurus' 
»De  Universo«  bringt  Hennig  (S.  51  Abb.  4)  bei  ^)  —  steht  indes  gegenüber  eine  ein- 
schneidende Negation,  durch  welche  Hennig  dem  gesamten  griechischen  Altertum 
die  Leuchttürme  gänzlich  abzusprechen  und  sie  erst  als  eine  Erfindung  der  Römer 
(von  Tiberius  ab)  hinzustellen  versucht.  Selbst  der  alexandrinische  Pharos  sei  wie 
alle  andern  Leuchttürme  des  Ostens  in  vorrömischer  Zeit  nur  eine  Tagesmarke, 
der  erste  wirkliche  antike  Leuchtturm  der  ca.  42  n.  Chr.  erbaute  von  Ostia 
gewesen. 

Diese  Skepsis  ist  keineswegs  neu.  Schon  Fr.  Adler  (Der  Pharos  v.  Alex.  S.  Il) 
hatte  ganz  beiläufig  den  Verdacht  ausgesprochen,  die  Laterne  mit  der  Feuerstelle, 
die  Tritonen  und  die  Spiegel,  kurz  der  ganze  optische  und  akustische  Signali- 
sierungsapparat  auf  der  Spitze  des  Pharos  sei  möglicherweise  erst  eine  spätere  Zutat 

')  Durch    Vermittlung    von    F.  Feldhaus    aus    dem   Codex  von  Monte  Cassino    (Hs.  von  1023  n.  Chr.) 

Vgl.  unsere  Abb.  3. 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 


215 


gewesen;  ohne  indessen  irgendwelche  Gründe  für  diese  Vermutung  anzugeben  oder 
bestimmt  zu  sagen,  wann  er  sich  dies  »später«  dachte.  Viel  bestimmter  war  dann 
Veitmeyer  [S.  10  ff.)  aufgetreten  mit  der  Behauptung,  der  Pharos  sei  nur  als  Kastell 
und  Landmarke  erbaut  und  erst  von  den  Römern  in  der  ersten  Hälfte  des  i.  Jahrhun- 
derts n.  Chr.  »befeuert«  worden.  Erst  da  sei  in  ihm  der  erste  Leuchtturm  entstanden. 
Veitmeyers  Hauptgrund  war  das  argumentum  ex  silentio:  erst  von  da  ab  wird  in 
der  Literatur  ein  Leuchtfeuer  auf  dem  Turm  erwähnt,  vorher  nicht.  Obwohl  ich  der 
aus  dieser  Schlußfolgerung  sich  ergebenden  irrigen  Auffassung  in  meinem  »Pharos« 
S.  32  ff,  mit  dem  Hinweis  auf  das  ganz  unmißverständliche  Epigramm  des  Poseidipp 
entschieden  entgegengetreten  bin,  hat  sich  R.  Hennig  nun  aufs  neue  und  mit  noch 
größerer  Entschiedenheit  für  die  Veitmeyersche  Ablehnung  griechischer  Leuchtfeuer 
auf  dem  Pharos  ausgesprochen,  ja  er  hat  versucht,  solche  Leugnung  auf  die  gesamte 
griechische  Welt  vor  ihrer  Okkupation  durch  die  Römer  auszudehnen. 

Dabei  macht  mir  Hennig  den  Vorwurf  (S.  38),  ich  sei  in  meiner  Beweisführung  — 
die  auf  fast  selbstverständliche  Dinge  allerdings  nicht  eingegangen  ist  ■ —  »nichts 
weniger  als  einwandfrei  vorgegangen«  und  hätte  mir  »die  Sache  sehr  leicht  gemacht«, 
mein  gegen  Veitmeyer  vorgebrachter  Einwand  sei  »durchaus  verfehlt«.  Ich  bin  zu 
einer  Rechtfertigung  meiner  damaligen  Ausführungen,  die  auch  meiner  heutigen 
Ansicht  in  der  F'rage  noch  vollkommen  entsprechen,  um  so  mehr  veranlaßt,  als 
Hennigs  Aufsatz  im  Februar  dieses  Jahres  in  einer  Sitzung  der  Archäologischen  Ge- 
sellschaft zu  Berlin  durch  A.  Trendelenburg  vorgelegt  wurde,  worüber  im  Arch. 
Anzeiger  1915,  52  kurz  berichtet  ist.  Da  mein  Gegner,  wie  ich  höre,  aus  der  Mitte 
dieses  Kreises  Zustimmung  für  seine  Hypothese  gefunden,  da  er  ferner  auch  schon 
bei  der  Ausarbeitung  derselben  den  Beistand  und  Consens  eines  Philologen,  eben 
A.  Trendelenburgs,  genoß,  da  endlich  der  Bericht  im  Arch.  Anzeiger  so  formuliert 
ist,  als  ob  Hennig  für  die  Richtigkeit  seiner  Auffassung  den  sicheren  Nachweis 
erbracht  habe,  so  bin  ich  genötigt,  bei  meiner  Verteidigung  etwas  weiter  auszuholen 
und  der  Offensive  Hennigs  auf  ihrer  ganzen  Frontausdehnung  zu  begegnen,  nicht 
nur  den  Angriffen  auf  den  alexandrinischen  Pharos.  Es  erscheint  mir  dies  eine  um  so 
ehrenvollere  Pflicht,  als  wir  in  Hennig,  einem  Kenner  des  gesamten  modernen  Welt- 
verkehrs und  Welthandels,  auch  einen  Freund  des  Altertums  begrüßen  dürfen,  der 
mit  ausgesprochen  historischem  Sinn  auch  die  antiken  Probleme  in  seine  Arbeiten 
mit  einbezieht  und  so  in  seinem  groß  angelegte^  Entwurf  ^)  zur  Behandlung  der 
ihm  am  Herzen  liegenden  Studien  an  den  deutschen  Hochschulen  auch  die  Anfänge 
des  Nachrichtendienstes  wie  des  Welthandels  bei  den  Alten  ausdrücklich  zur  Berück- 
sichtigung empfiehlt.  So  darf  man  erwarten,  daß  niemand  mehr  als  er  bereit  sein 
wird,  den  Stand  der  Dinge,  wie  er  im  Leuchtfeuerwesen  wirklich  im  Altertum 
gewesen  ist,  kennen  zu  lernen,  seine  sichtlich  nur  aus  Mangel  an  direkter  Fühlung 
mit  den  antiken  Quellen  bisher  abweichende  Meinung  zu  revidieren  und  für  eine 
nunmehr  richtigere  Auffassung  auch  in  seinen  Kreisen  mit  gewohnter  Entschlossen- 
heit einzutreten. 


»)  Weltverkehr  und  Weltwirtschaft  I,  438  ft. 

i6* 


2i6  H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 

In  den  folgenden  Ausführungen  ist  es  mir  eine  Genugtuung,  mich  ganz  wesent- 
lich auf  die  neueren  Arbeiten  stützen  zu  können,  welche  von  philologischer  und  histori- 
scher Seite  her  zu  dem  fraglichen  Problem  Stellung  genommen  haben,  u'nd  zwar  in 
einem  Hennig  fast  durchweg  entgegengesetzten  Sinne.  Es  sind  dies  das  sorgfältige 
Schweinfurter  Gymnasialprogramm  H.  Fischls  (1904)  über  »Fernsprech-  und  Melde- 
wesen im  Altertum«,  die  unzweideutigen  Bemerkungen  von  Hermann  Diels  in  seinem 
Vortrag  »Antike  Telegraphie«  (Antike  Technik  1914,  6g  ff.)  und  die  ausführliche 
Behandlung  der  antiken  Pyrseutik  in  dem  Buche  von  W.  Riepl  »Das  Nachrichten- 
wesen des  Altertums«  (1913),  wo  nur  in  einigen  unwichtigen  Nebenpunkten  das  sonst 
klare  Urteil  getrübt  ist.  Bei  dem  Angriff  auf  das  Epigramm  des  Poseidipp  war  die 
mir  seinerzeit  leider  entgangene  Berliner  Dissertation  von  P.  Schott,  »Posidippi 
epigrammata  collecta  et  illustrata«  (1905),  für  mich  eine  um  so  wertvollere  Stütze, 
als  in  der  darin  eingenommenen  Stellungnahme  auch  das  Urteil  dessen  gesehen  werden 
darf,  der  die  Arbeit  angeregt  und  in  ihrem  Werden  überwacht  hat:  Ulrichs  von  Wilamo- 
witz-Möllendorff. 

Meinen  beiden  Freiburger  philologischen  Kollegen  endlich,  Alfred  Koerte  und 
Otto  Immisch,  für  manchen  guten  Rat  und  Hinweis  herzlichen  Dank  zu  sagen,  sei 
mir  auch  hier  gestattet. 

2.    Homer. 

Veitmeyers  Skepsis  folgend  und  entschlossen,  auch  die  leisesten  Anzeichen,  für 
griechische  Leuchtfeuer,  die  sein  Vorgänger  etwa  noch  zu  sehr  geschont,  nun  gänzlich 
auszurotten,  greift  Hennig  zuerst  die  ältesten  in  Betracht  kommenden  Stellen  bei 
Homer  und  die  Sage  von  Nauplios  auf  Euböa  an  (S.  35  u.  36). 

Ein  Signalfeuer,  das  allerdings  mit  der  Schiffahrt  an  sich  nichts  zu  tun  hat,  sondern 
ein  Fanal,  das  in  höchster  Kriegsnot  aus  der  von  Feinden  bedrohten  fernen  Insel- 
stadt aufsteigt  in  riesigen  Feuergarben,  die  in  schnellen  Stößen  dicht  und  angstvoll 
aufeinanderfolgen  (itupoot  xe  cpXsYe&ouaiv  h:-qxpi\i.oi) ,  ist  ohne  Zweifel  geschildert: 
II.  XVIII,  207 — 213.  Diese  Stelle  konnte  auch  niemals  anders  aufgefaßt  werden. 
Eine  Berechtigung,  sie  trotzdem  mit  den  andern,  ganz  sicher  auf  Leitfeuer  für  Schiffe 
sich  beziehenden  Stellen  in  gewissem  Sinne  zusammenzubringen,  besteht  indes  darin, 
daß  es  sich  gerade  um  eine  Insel  und  das  Herbeikommen  der  Hilfe  auf  Schiffen 
handelt,  das  Notfanal  also  nicht  nur  äußerhch  in  die  Sphäre  der  bekannten  nautischen 
Signale  fällt,  sondern  auch'  in  seiner  Bestimmung,  Schiffe  herbeizulocken,  sich  mit 
jenen  Leitfeuern,  äußerlich  wenigstens,  deckt. 

Ob  es  sich  dagegen  II.  XIX,  373 — 378  wirklich  nur  um  ein  zufällig  in  einer  Hürde 
entzündetes  Feuer  handelt,  wie  nicht  nur  Hennig  und  Veitmeyer  behaupten,  sondern 
leider  auch  Riepl  (S.  34,  i)  einzuräumen  bereit  ist,  muß  schon  fraglich  erscheinen. 
Wenn  der  Vergleich  an  dieser  Stelle  einen  Sinn  haben  soll,  kann  wieder  nur  ein  ganz 
ungewöhnlicher,  hervorragend  starker,  großer  Lichtglanz  gemeint  sein.  Mit  dem 
bescheidenen  Lichtschein  eines  einfachen  Hürdenfeuers  hätte  der  Dichter  den  strahlen- 
den Glanz,  der  von  Achills  göttlichem  Schild  ausging,  kaum  verglichen.  Auch  der 
unmittelbar  vorausgehende  erste  Vergleich  des  Schildes  mit  der  leuchtenden  Voll- 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 


217 


^nöndscheibe  setzt  das  voraus.  Daß  dies  Leuchtfeuer  in  einem  einsamen  Gehöft 
hoch  oben  am  Berge  unterhalten  wird,  spricht  auch  nicht  dagegen,  nur  dafür.  Gerade 
weil  eine  »ganz  freiliegende  und  in  weitem  Umkreis  sichtbare«  Stelle  gewählt  werden 
mußte,  war  das  zu  höchst  liegende  Gehöft  der  gegebene  Punkt.  Der  Berghirte  dort 
in  sonst  menschenleerer  Öde  mag  die  Feuerwache  im  Nebenamt  versehen  haben  ^). 
Ferner  besteht  offenbar  eine  nicht  zufällige  Beziehung  zwischen  diesem  Feuer  auf 
einsamer  Felsenhöhe  und  dem  Schiff  im  Sturmwind  draußen.  Gegen  ihren  Willen 
werden  die  Seefahrenden  weit  hinaus  auf  die  hohe  See  abgetrieben  von  dem  freund- 
lichen Licht  am  Ufer,  das  gerade  für  Notlagen  wie  die  ihrige  unterhalten  wird,  aber 
nun  in  immer  schmerzlichere  Ferne  rückt  2).  So  erst  bekommen  die  Begriffe 
oux  i&sXovxas  und  cpiXtov  dizdivzobz  ihre  ernste,  ergreifende  Pointe.  Wenn  Hennig  (Pro- 
metheus 1908,  187  Anm.)  meint,  es  handle  sich  um  zufällige  Feuer,  die  von  ihrer 
Seefahrt  überdrüssigen  Schiffern  erblickt  wurden,  so  wird  er  der  Stelle  m.  E.  nicht 
gerecht.  Und  was  Veitmeyer  S.  6  aus  diesen  Worten  herauslesen  wollte,  ist  mir 
schlechthin  unverständlich.  Dagegen  wird  meine  Auffassung  bestätigt  durch  das 
Urteil  der  Antike  selbst.  Bei  Eustathius  steht  zur  Stelle  folgende,  natürlich  auf 
älteres  antikes  Gut  zurückgehende  Erklärung:  ....  «wc  Sxav  ^x  itovxoio  osXa?  vauxTdOi 
cpavsir;  xaio{i.svou  Ttupd?,  0  iaxi  Trupaot5  aaxjxtxou'  ....  6  8s  xat'  opoc  Trupobs  outo? 
xal  TÖ  T0t5  ^ptuo?  Ifi^at'vEi  cfuXXo^iaxixois  jieysöo?.  Kai  opa,  oti  aXXos  outoc  iropoo?  irapa 
Tou?  irpö  (jiixpou  pTjdsvTa?  vyjaKuxtxou?  (an  der  eben  vorhin  besprochenen  Stelle  II.  XVIII, 
207 ff.),  aozhi  7ap  iv  opeot  xaiexai  atuCtov  vauxaC,  o3s  oöx  l&sXovxa?  dikXai  acpopi- 
Couoiv.     'löxeov  8e,  oxi  xö   :rap'   'OjiT^ptp    oeXa?  irupo?,    yjxoi  Trupaöv,  cpav?»v  ol  vswxspoi 

elicov  'Axxixoi ov  6e  r^fisk  «pavov,  XajjnrxT^pa  ol  TcaXaiol  eXs^ov. 

Daß  an  der  dritten  Homerstelle  (Od.  X,  29 — 30)  bei  dem  nächtlichen  Uferfeuer 
auf  Ithaka  an  und  für  sich  ein  zufällig  dort  brennendes  Feuer  gemeint  sein  könnte  3) 
und  nicht  ein  Leuchtfeuer  gemeint  sein  müsse,  scheint  nur  richtig.  Denn  bei  ge- 
nauerer Prüfung  verbietet  der  relativ  seltene,  bei  Homer  sonst  überhaupt  nicht  mehr 
vorkommende  Ausdruck  TcopTroXstv  diese  Auffassung.  Dasselbe  Verbum  gebraucht 
Xenophon,  (Kyrupaid.  3,  3,  25)  für  Wachtfeuer  mit  der  Bedeutung  von  Signalen, 
und  zwar  hier  falschen,  um  den  Feind  damit  in  die  Irre  zu  führen  und  in  eine  Falle 
zu  locken  4).  Es  ist  wichtig,  daß  unmittelbar  vorher  auch  vom  einfachen  Abkochen 
und  dem  Feuermachen  zu  den  gewöhnlichen  Lagerzwecken  die  Rede  ist,  für  diese 
Tätigkeit  aber  das  Wort  TropTtoXeiv  deutlichst  vermieden  wird  und  dafür  nur  Seiitvov 

^)  Wenn  man  nicht  (jTa8[A(Jc  eine  prägnantere  Be-  *)  Imrnisch  machte  mich  noch  aufmerksam  auf  die 

deutung    =    Station,   Etappe,   wie   im   späteren  Bedeutung  von  cpüic  =  (j(UT7)p(a,  /apa  (vgl.  The- 

persischen   Meldedienst,    zuerkennen   will.     Vgl.  saurus:  pro  salute,  auxilio).    Möglicherweise  be- 

Herod.  5,  52;  6,  119.  —  Zu   beachten   ist   auch  steht  hier  ein  direkter  Zusammenhang, 

der   homerische  Späher,    der   auf  seiner   sxoT.i-fi  3)  So  Veitmeyer  S.  5  »zur  Bereitung  der  Abendkost 

am  Meer   weit,  weit   hinausschaut   bis   dorthin,  und  Erwärmung  der   Schlafenden,  etwa  wie  in 

wo  Meer  und  Himmel  in  nebeligem  Dunst  inein-  Eumaios'  Hütte«. 

ander  zu  verschwimmen  scheinen:  II.  V.  770 — 772.  4)  Eine  häufige  List,  die  bei  Fischl  S.  13  unter  dem 

Dazu   Eustathius   und    die    Schrift    irepl    3t{;oui  dafür  gebräuchlichen  Terminus    Trapa^puxTcapeü- 

XI  5,  wo  die  ungeheure  Sehweite  dieses  Aus-  eaSat  ausführlich  besprochen  wird. 


lugs  bestätigt  wird. 


2l8  H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 

iroteiv,  icopd  xateiv  gesagt  ist.  Auch  sonst  kommt  iropTtoXeTv  niemals  für  das  An- 
zünden gewöhnlicher  Haus-  oder  Hürdenfeuer  vor  —  es  enthält  offenbar  prägnant 
den  Begriff  eines  besonders  starken,  hochlodernden,  um  seiner  selbst  willen  entzünde- 
ten Feuers  und  kommt  darum  sonst  nur  noch  für  das  verzehrende  Feuer  zerstörender 
Brände  in  buchstäblichem  wie  in  erotisch  übertragenem  Sinne  vor.  Außer  an  einer 
einzigen  Stelle,  wo  es  von  der  Komödie  im  angeführten  Sinne  mit  ausgesuchter 
Präzision  gewählt  ist:  Aristoph.,  Vögel  1580.  Der  Grimm  des  immer  eßlustigen 
Herakles  wird  abgelenkt  durch  drastische  Herrichtungen  in  der  Küche;  die  Herd- 
kohlen können  gar  nicht  stark  genug  in  Glut  und  Feuer  kommen:  irupTcoXsi  too? 
av&paxas  !     Das  gastrische  Fanal  hat  denn  auch  sofort  Erfolg  bei  Herakles. 

O.  Immisch  notierte  mir  dazu:  »Merkwürdig  ist,  daß  das  Wort  sonst  in  der 
Bedeutung  igni  vastare  häufig  ist,  auch  in  erotischer  Bedeutung  (wie  auch  'itopoo;, 
wodurch  erst  das  Krinagoras -Epigramm,  Anth.  graec.  Pal.  IX,  429,  seine  Pointe  be- 
kommt). Gebildet  ist  das  Wort  wie  OurjiroXof,  öur^iroXsiv.  Es  liegt  also  von  Haus  aus 
darin,  daß  man  sich  sozusagen  ex  officio,  systematisch  und  kunstgerecht  mit  dem 
Feuer  beschäftigt.  Dies  kommt  auch  an  der  Vögelstelle  (s.  o.)  zur  Geltung:  die 
Kohlen  kunstgerecht  in  Glut  bringen.  Eben  deshalb  kann  sich's  in  der  Odyssee 
X,  30  nicht  um  gewöhnliche,  sozusagen  okkasionelle  und  untechnische  Hirten- 
feuer handeln.« 

Dies  war  auch  durchaus  die  Meinung  der  Antike  selbst,  wenn  die  alten  Homer- 
erklärer folgendes  zur  Stelle  anmerken: 

Hesych:  tz.  icspi  ty)V  icopav  avadtpecpojxevou?,  irup  xatovi«;. 

Eusthatius:  nupTroXsiv  8^  -i)  to  irupdeueiv,  0  itsv.  vuxtö?  Trup  xaieiv  Sia  xou? 
TreXttYi'CovTac  t^  xat  to  fjisd'  "^fispav  TSXfJ.Tjpto5(T&ai  tottov  tü>  tou  icupof  öTjfisi'tp  xairva, 
ov  dno&p(uaxovT(x  IxBi&eiv  lleXv  ItttjuSäto  irpo  toutcdv  'OSuaasu?.  Also  sogar  die  bekannte 
Stelle  von  dem  aus  Ithaka  aufsteigenden  Rauch,  den  Odysseus  fern  von  der  Heimat 
zu  sehen  sich  sehnt,  wurde  von  den  Alten  nicht,  wie  jetzt  allgemein  üblich,  auf 
irgendein  Herd-  oder  Hirtenfeuer,  sondern  auf  ein  für  die  Schiffahrt  bestimmtes  Signal 
bezogen. 

Schol.  ad  Od.  X,  30:  TropTroXsovxac  dvTt  tou  trupseuovTac  Ilupasustv  ist  aber 
gerade  der  terminus  technicus  für  das  Anzünden  von  Signalfeuern  (vgl.  Fischl 
S.  i)  i).  Dies  geht  am  deutlichsten  hervor  aus  Aeneas  Tacticus  VI,  5  und  III,  3, 
wo  diese  Bedeutung  für  das  4.  Jahrh.  v.  Chr.  gesichert  ist:  ■Kapa.'c^ik'Keabat  8^  Toic 
rjfispooxoitot?  afpsiv  tä  a6acsri\ia  ivi'oTS,  xa&d7:sp  ot  icopoeuTai  tou?  irupoou?  .... 
rpoaotYeadai  ßouXofisvot  Toioto8e  diza-CT^iiaat  irupaeuovTsc  ti  Vgl.  dazu  den  By- 
zantiner Anonymus  (Köchly  u.  Rüstow,  Gr.  Kriegsschriftsteller  2,  2):  irspt  itüpatov. 
Ganz  klar  ist  auch  der  Vergleich  bei  Lukian,  der  Tropoo?  sogar  ==  Leuchtturm  ge- 
braucht, was  selbst  Veitmeyer  S.  166  zugab:  Nigrin.  7:    xaöduep  Iv  TrsXotYei  xat 


■)  was    Hennig    im    Prometheus   1908,   185    selbst  Herodian  IV,  2,  6)  die  irrige   Behauptung  Veit- 

noch  zugegeben  hatte.    Ebenso  weist  er  (S.  45,  2)  meyers  (S.  10)  zurück,  die  griechische  Sprache 

mit     cppux-Twpt'a      (Dio    Cassius    LX,     11     und  hätte   keine   Bezeichnung  für  Leuchtfeuer  oder 

Leuchttürme  gehabt. 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer.  210 

Vüxtl  izoKk^  (fepojxsvo?  eU  Tcopoov  tiva  toutov  «xTcoßXsiroo  ...  t6v  dvSpa  ....  Dazu  dann 
die  ebenfalls  sehr  deutliche  Glosse  bei  Suidas:  Trupasuto  öoi  tijv  atutYjpiav,  dvtt  to5 
Ix^aivo).  Wenn  es  also  bei  Eurip.  Elektra  694 ff.  heißt:  ...  eu  ituposuexe  xpau^V 
aY">voc  ToiJSe,  so  bedeutet  diesVerbum  nicht  ganz  allgemein  nur  »melden«,  wie  nach 
fast  allgemeiner  Auffassung  (auch  Hennig  im  Prometheus  1908,  185  f.)  selbst  Riepl 
47,  I  noch  angibt,  sondern  viel  präziser  »frohe  Botschaft  melden«,  was  durch  das 
hinzugesetzte  s5  noch  verstärkt  zu  werden  scheint  i). 

Die  prägnante  Bedeutung  von  irupzoXeTv  =  irupostSstv  wird  endlich  bestätigt 
durch  die  Bezeichnung  der  Leuchtfeuer  des  Nauplios  auf  Euböa  bei  Eurip.  Hei.  773: 
xa  NauTrXioü  x'  Eußoixa  TtüpitoXijfjiaxa.  Denn  daß  es  sich  hier  wirklich  um  solche 
handelt  und  keineswegs  wiederum  um  irgendwelche  zufällige  Feuer,  hätte  nie 
geleugnet  werden  sollen. 

In  der  Auffassung  der  Odysseestelle  behalten  also  nicht  recht  Veitmeyer, 
Hennig  und  Riepl  (der  S.  47,  i  hier  einen  Mißgriff  tut),  sondern  Breusing  (S.  6)  und 
Fischl  (S.  7).  Dieser  folgert:  »Wie  noch  heutzutage  die  Leuchttürme  den  Schiffern  bei 
Nacht  und  Nebel  die  Einfahrt  in  den  Hafen  anzeigen,  so  war  schon  in  den  ältesten 
Zeiten  der  Gebrauch  eingebürgert,  durch  Emporhalten  von  brennenden  Fackeln  oder 
Anzünden  von  Feuerbränden  eine  gute  Landungsstelle  oder  Land  überhaupt  anzu- 
zeigen.« Ganz  im  selben  Sinne  hat  sich  neuerdings  noch  H.  Diels  a.  a.  O.  S.  69  ge- 
äußert. So  behält  selbst  der  von  Hennig  (S.  35  ff.)  darob  heftig  getadelte  »Große 
Meyer«  recht  in  diesem  Punkte,  und  wenn  etwas  »ohne  weiteres  klar«  Ist,  so  ist  es 
dies,  daß  Voß  seinen  Homer  (mit  »Feuerschein«)  ganz  richtig  übersetzt  hat  und  nicht 
falsch,  wie  Hennig  und  Riepl  ihm  vorwerfen,  daß  dagegen  Hennig  selber  im  Irrtum 
ist,  wenn  er  hier  nur  zufällig  brennende  Feuer  zugeben  will. 

3.    Nauplios  itupxaEuc. 

Nun  die  »faces  sceleratae«  der  Naupliossage.  Fischl  (S.  6)  hat  sie,  d.  h.  was 
dem  mythischen  Kern  zugrunde  liegt,  richtig  von  der  allgemeinen  Feuertelegraphie 
der  Griechen  abgesondert  als  spezielle  Leit-  und  Hafenfeuer.  Nach  Hennig  dagegen 
sind  sie  unmöglich  als  Beweis  für  das  Vorkommen  alter  Leuchtfeuer  anzusprechen 
und  »ungezwungen  auf  gewöhnliche  Feuerbrände  zu  deuten,  deren  Schein  die 
Schiffe  an  ein  gefährliches  Ufer  lockte«  2).  In  Wirklichkeit  ist  das  Gegenteil  der 
Fall,  und  das  ganze  Altertum  in  einer  dieser  Skepsis  gerade  entgegengesetzten  An- 
sicht alle  Zeiten  hindurch  unter  sich  einig  gewesen. 

i)  Das  Programm  von  Pachtler  (k.  k.  Gymn.  Feld-  («rupasÜEiv)  Sphäre  ist  ein  zu  allen  Zeiten 
kirch  1866 — 67),  »Das  Telegraphieren  der  alten  übliches  Reizmittel  dichterischer  Sprache.  Bei 
Völker«,  mit  seinem  2.  Abschnitt  »Die  Termino-  Homer  haben  die  Zikaden  orra  Xstpio'essav 
logie  der  Feuersignale«,  ist  mir  leider  nicht  zu-  (Lilienstimme).  Vgl.  oid(S-r]\ia  yap  dposl  (Soph. 
gänglich  gewesen. —  Immisch  bemerkt  mir  noch  Philokt,);  venni  in  un  luogo  d'ogni  luce  muto 
dazu:  »Hier liegt  ni  ch  t  Verschliffenheit  desbild-  (Dante);  derTöne  süßes  »Licht«  (Goethe).« 
liehen  Ausdrucks  vor,  sondern  die  Vermischung  *)  Veitmeyer  (S.  8)  wollte  gar  alles  nur  aus  dem 
der  akustischen  (xpauyrjv)  und  der  optischen  in  der  Sage  unmittelbar  vorausgehenden  Ge- 
wittersturm erklären. 


220  ^*  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 

Schon  die  im  gesamten  Ergebnis  ganz  eindeutige  Zusammenfassung  der  diese 
Sage  behandelnden  Stellen  in  einem  so  bekannten  und  leicht  zugänglichen  Nach- 
schlagewerk wie  Roschers  Mythologischem  Lexikon  (III,  25  ff.  unter  »Nauplios«) 
und  noch  mehr  die  ebenso  entschiedene  Äußerung  hierüber  einer  Autorität  wie 
H.  Diels  (S.  69)  hätten  warnen  müssen,  davon  abzugehen.  Da  dies  trotzdem  geschehen 
ist,  muß  ich  um  der  allgemeinen,  prinzipiellen  Bedeutung  der  Frage  willen,  auch  auf 
die  Gefahr  hin,  bei  den  engeren  Fachgenossen  offene  Türen  einzustoßen  oder  von  ihnen 
unnötiger  Breite  geziehen  zu  werden,  auf  die  antiken  Zeugnisse  hier  wenigstens 
so  weit  eingehen,  als  sie  sich  ganz  unmißverständlich  zu  unserer  Frage  aussprechen. 
Um  der  weiteren  Kreise  willen,  denen  die  antiken  Autoren  nicht  so  zur  Hand  sind, 
und  die  durch  Hennig  irregeführt  werden  könnten  oder  irregeführt  worden  sind, 
setze  ich  die  wichtigeren  Testimonia  im  Wortlaut  hierher.  Daß  sie  meist  späteren 
Jahrhunderten  angehören,  tut  nichts  zur  Sache,  da  es  sich  um  eine  sogenannte  »Para- 
dosis«  handelt,  bei  der  es  wenig  verschlägt,  auf  welcher  Etappe  der  Überlieferung 
wir  zufällig  das  Einzelne  zu  greifen  vermögen. 

Die  bekannte  Geschichte  von  Nauplios'  Rache  war  zuerst  erzählt  in  dem  nach- 
homerischen, heute  verlorenen  Epos  der  Nosten.  Auch  das  knappe  Exzerpt  des 
Proklos  enthält  sie  nicht.  Dagegen  wird  sie  erwähnt  in  ausführlicheren  Auszügen, 
die  uns  in  verschiedenen  anderen  späteren  Bearbeitungen  erhalten  sind.  So  ApoUod. 
Epit.  (in  R.  Wagners  Mythogr.  Graeci  I)  6,  7:  NauTcXio?  iiu  xou  Kacpyjpso)?  opooc 
Tzopahv  dvotTCTSi.  ol  hk  vofiiöavcs?  sTvai  tiva?  täv  (aus  dem  Sturm)  asotoafisvtov, 
itpoöTrXsouci   xai  irepl  tot?  Ka^pYjpi'Sa?  Tretpa?  öpauetÄi  xa  oxacprj  xat  uoXXol  xeXeTtotjiv. 

6,  11:  ....  NoüTC^tos  dv^t}^£  cppuxxov.  evOa  TrpooireXdcjavxs?  "EXXyjves  iv  x(p 
Soxsiv  Xifieva  sTvai  Stetpddprjcfav. 

Servius  ad  Aen.  XI,  260:  Nauplius  montem  Caphareum  ascendit  et  elata 
facula  Signum  dedit  vicini  portus,  qua  re  decepti  sunt  Graeci  et  inter  asper- 
rimos  scopulos  naufragium  pertulerunt. 

Mythogr.  Vatic.  I,  144  (und  II,  201)  ^):  Nauplius  montem  Caphareum  ascen- 
dit et  elata  facula  signum  dedit  vicini  portus.  Quare  decepti. .. .  (Suppl.  II, 
156  fast  genau  so,  nur  im  Ausdruck  wechselnd.) 

Hygin. fab.  116:  Nauplius  tamquam  auxilium  eis  afferret  facem  ardentem 
eo  loco  extulit,  quo  saxa  acuta  et  locus  periculosissimus  erat.  Uli  credentes 
humanitatis  causa  id  factum  naves  eo  duxerunt;  quo  facto  plurimae 
naves  earum  confractae  sunt 

Statins,  Achilleis  I,  93:  Cum  reduces    Danai   nocturnaque  signa  Caphareus 

exseret  et  dirum  pariter  quaeremus  Ulixem. 

Dazu  der  Kommentar  des  Placidus  (p.  492  Jahnke;  aus  Servius):  Nauplius 
.  ,  .  montem  Caphareum  ascendit  et  elata  facula  signum  dedit  vicini  portus. 
Qua  re  decepti  sunt  Graeci 

Dictys  VI,  i:  ....  Nauplius  ....  per  noctem  igni  elato  ad  ea  loca  deflec- 
tere  tamquam  ad    portum    coegerat. 

*)  im  3.   Bande  der  von  A.  Mai  herausgegebenen  Qass.  auct.  e  codd.  Vaticanis  (Rom,  1831). 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer.  '2^1 

Von  den  großen  Dichtern  der  klassischen  Zeit  hatte  Sophokles  die  Naupliossage 
in  einem  eigenen  Drama  dargestellt,  das  bezeichnenderweise  aber  nicht  den  Titel 
NauirXioc  Ttupcpopoc  oder  ähnlich  (wie  etwa  Prometheus),  sondern  die  allein  präzise 
Bezeichnung  NauTtXtoi;  icupxaeu?  führte.  Vgl.  Nauck,  fragm.  Trag.^  p.  224  u.  da- 
selbst fr.  402  sowie  Hesych:  dTroXorfitov  <pav6v  xov  im  86X(p. 

Auch  Euripides,  Helena  1 126  ff.  gebraucht  für  Nauplios'  Tätigkeit  den  präg- 
nanten, nicht  mißzuverstehenden  Ausdruck  des  Feuersignals  iruposusiv: 

....  Trupcsuaas   cpXoYspöv  oeXot?  . . .   x  IvaXoi?  SoXiov  axxais  döxepa  Xdfit];«?  .... 

Dazu  das  Scholion  ad  Euripid.  Orest.  432:  NauirXio?  ....  cppuxxa>pia?  ri<^z 
:rspt  xä?  dxpa?  x^s   Eußoi'a?*     0!   8^   eisirt'ßaxov   vojxiaavxss  xöv   xotrov   7:po(Jop|i,i- 

Covxai   xat   iv  xatc  Trsxpai?  dTCoXXuvxai ;  und -Jjtj^s  (ppuxxtopt'a;  . . .  oitoo  TrpooiteXdoavxec 

Iv  xq)  SoxsTv  XtfiEva  sTvai  Siscpddp/joav. 

Die  hellenistische  Periode  ist  vertreten  durch  Lykophron  384  ff. : 
oxav  xapyjßapeuvxac  Ix  p-sörjc  d^tuv, 
XaixTx^pa  cpatVT(j  xöv  TcoÖTjifsxTjv  oxoxous 
OlVX>)f,  d^pUTTVCl)  7rpo(Txa&>]|isvo?  xsj^vtq. 

Dazu  die  Paraphrasis  (Lycophr.  Alexandra  ed.  Bachmann  p.  309):  ouoxav  «>? 
jxeOuovxas  Ix  x^?  [le&rj?  dTraytov  6  NauTrXto?  cpavöv  cpaivif),  xöv  oStj'^öv  xo5  oxoxoü?, 
6  ßXaTTTixöc  XT(j  «YpuTrvtp  xe/viQ  iropaxadVjiievo?. 

und  das  Scholion  bei  Tzetzes  (Lycophr.  Alex.  ed.  Scheer  II  p.  145):  NauitXios  ri'^e 
iropäv  TTspl  xd  xotXa  x^?  Eußoi'a?,  evda  TzpoaeTzi'kaaav  ot  'EXXrjvei;  Soxouvxe?  Xt(Aeva 
sivai   xat  Ixet  StscpOdpYjöav. 

Dichtung  und  Prosa  der  römischen  Kaiserzeit  verhalten  sich  natürlich  nicht 
anders.  So  ist  in  den  beiden  E'.pigrammen  augusteischer  Periode  Anthol.  graeca 
Palat.  IX  289  und  429  von  dem  Tuupoo?  des  Nauplios  die  Rede,  den  das  zweite,  auf 
eine  Frau,  die  den  oxottöv  NauirXiov  besungen  hat,  gedichtet  ^),  zudem  gleich  anfangs 
xöv  öxoTcöv  Eüßotrj?   nennt,  also  deutlich:   »Feuerwächter«, 

Wenn  im  Automatentheater  des  Alexandriners  Heron  die  Vorführung  gerade 
der  Naupliossage  in  fünf  Schaustücken  einen  so  großen  Raum  einnimmt,  so  ist  das 
vielleicht  nicht  von  ungefähr.  Es  ist  eine  Vermutung  von  Alfred  Körte,  daß  hier  die 
Bedeutung  der  großen  alexandrinischen  Leuchtfeuer  auf  dem  Pharos  mit  herein- 
spielt.    XXII,  5    6'  6^   NauTrXio?  xöv   irupopöv  I^TQpxw?  xol  yj  'A&>)va  xcapeoxtoca, 

xat  irup  UTuep  xöv  utvaxa  dvexauOrj,  «u?  öitö  xoi>  Ttupoou  cpatvojisvrjs  ävta  cpXoifo?  (ed. 
W.  Schmidt  I,  p.  414). 

Bei  Ouintus  Smyrnaeus  XIV,  621  ff.  heißt  es: 

6  8'  (NauTrXioc)  dtj^djxevo?  j(Epi  ttsuxtqv 

af&ojxev>jv  dvdsipe*    86X(i)  8'  i-Kskacscszv  'Axatouc, 
IXicop-evoüs  euopjxov  I80?  Xtfxsvrav  d(ptxeadat. 

Dio  Chrysostomus  or.  VII,  32  (I  p.  249  ed.  G.  de  Bude)  wendet  ebenfalls  den- 


')  Vgl.  den   xaxaaxoito?  auf  der  entgegengesetzten  erwähnten  ^{jiepoaxdiroi,  welche  die  militärischen 

Felsenwarte  Euböas  im  Norden,  dem  Artemision,  Bewegungen     zur    See    zu    beobachten    hatten, 

bei  Herodot  VIII,  21   oder  die  ebenda  VII,  219  Auch    den    Wächter  (xaTctaxono?)    von  Trachis 

(VIII,  21). 


222  H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 

selben  bestimmten,  für  Signalfeuer  allgemein  gebrauchten  Ausdruck  auf  Nauplios 
an,  wie  dieser  Sinn  auch  aus  dem  ganzen  Zusammenhang  der  Stelle  deutlich 
hervorgeht: 

....  xal  "jfap  oifitti  Tropdsueiv  autöv  (seil.  (Soirep  tov  NauxXiov)  auö  täv  axpwv  xoTs 
icXeousiv,  oiTto?  Ixr.iTCToxJtv  s?c  tot?  Trstpas. 

Dazu  bemerkt  Arethas  (bei  Ath.  Sonny  ad  Dion.  Chrys.  analecta,  Kioviae 
1896,  p.  103): 

NauTrXto?  TOV  Ka^Tjpea  xaxaXaßwv  elta  vuxxö?  Ttupcfsuwv  oltzo  xaiv  ixsTss  netpcuStuv 
TTOcYtov  TfjTraT«  Tcpooj^eiv  «jaj  8t^  Tivt  eu7cpoai68(p  dxt^  toT?  dTcoxofiOi?  xpyjfAVoTc  ek 
ßdöo?  ippiCtüfisvoic 

Bei  Synesius  epist.  IV  (ed.  Migne,  Patr.  graec.  tom.  66,  p.  1736)  wird  erzählt, 
wie  ein  alter  Mann  die  Seefahrenden  aus  ihrer  Notlage  befreit,  indem  er  ihnen  ■ — 
gerade  umgekehrt  wie  Nauplios  —  einen  guten  Hafen  weist  und  sie  an  Land  bringt: 

....  rqv  xs  vaGv  ivopjjiiCei  Xifisvi^xq)  x^?^^^"^^  ^°'^  ^f*«?  im  x^«  i^iovo? 
aTreßtßaofe,  otoxr^p  xal  8at{ituv  aYaöö?  dTroxaXoüjievo?  ....  xat  Tcpiv  earepav  elvat,  tcvxs 
YBYovafiEV  uTTÖ  xoi>  decnrEOioo  irpeoßuxou  iteptacoöeTsai  cpopxtSs;,  upaYfxa  ivavxiwxaxov 
x(p  Nau7rXi({)  TTOioijivxoi;. 

Was  die  Sage  und  Dichtung  an  all  diesen  Stellen  von  der  List  des  Nauplios  be- 
richtet, steht  in  zweifellosem  Zusammenhang  mit  dem  Verdienst,  das  die  Sage  seinem 
erfindungsreichen  Sohne,  dem  edlen  und  hochbegabten  Rivalen  des  Odysseus, 
dem  Palamedes,  zuschreibt,  der  mehrfach  gerade  als  Erfinder  der  Leuchtfeuer 
(cppuxxtuptai)  genannt  wird  ^),  In  tragischer  Verknüpfung  finden  die  heimsegelnden, 
an  seiner  Ermordung  schuldigen  Griechen  gerade  durch  diese  seine,  vom  Vater  Nauplios 
in  Rache  trügerisch  angewendete  Erfindung  ihren  Untergang.  Die  Stellen  über 
Palamedes  sind  zusammengestellt  bei  Röscher  III,  1270,  37  ff.  und  Fischl  S.  4. 

Bei  Sophokl.  fragm.  399,  Nauck^  (vgU  fragm,  438)  zählt  der  Vater  Nauplios 
selbst  die  vielen  Erfindungen  seines  Sohnes  auf,  darunter  Vers  6:  ...  0«  oxpaxou 
9puxxu)ptav  ISsiSe  xdvecpTjvev  ....  uirvou  <puXo$i  maxa  <JY](iavxT^pia. 

Schol.  ad  Eurip.  Or.  432  (oXXo)?) :  ....   (paal  8s  aöxov  supeiv  (ppoxxtopia?. 

Gorgias,  Palamedes  ed.  Blaß  p,  163,  30:  euptbv  irupctou?  xs  xpaxi'axoos  xat 
xa)(i(Jxoo?  drcfikooq. 

Alkidamas,  Odyss.  ed.  Blaß  182,  22  ...  cpa'axtov  ISeopTjxsvat  ...  rupöou?; 
p.  184,  28  ..   Ttupaouc    aS    icfo<pt<jaxo   .... 

Plin.  Nat.  hist.  VII,  56,  202:  signi  dationem  Palamedes  invenit  Troiano 
bello  . . . 

Dio  Chrys.  XIII,   21:    iStSaSe  .  .  .  xouc  9puxxouc  otco?  j^p-Q  dve/etv  ... 

Schon  Ernst  Curtius  (Rhein.  Mus.  1850,  459)  hat  die  Vermutung  ausgesprochen, 
daß  sich  in  der  Sagengestalt  des  Palamedes  —  man  darf  hinzusetzen,  wie  des 
Nauplios  —  ein  ganzer  Knäuel  älterer  Kulturerrungenschaften  verdichtet  habe,  die 
zum  Teil  auf  die  Phöniker  zurückgehen  könnten.  So  auch  die  Erfindung  der  Leucht- 
feuer, da  gerade  auf  Palamedes  die  Leuchtfeuer  zurückgeführt  werden,  die  mit  den 

*)  Auch  Sinon   wurde   diese   Erfindung  zugeschrieben.    Vgl.  über   ihn   ausführlich   Immiscli   bei  Röscher, 

Myth-  Lexikon   s.  v. 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer.  223 

Heiligtümern  der  Aphrodite  verbunden  sind.  Uschi  S.  5  führt  dazu  noch  das 
Rauchsignal  (xucpsTv  xaTcvov)  der  karthagischen  Kaufleute  an  den  afrikanischen  Ge- 
staden an  (Herodot  IV,  196).  Über  Art  und  Charakter  des  Naupliosfeuers  auf  dem 
euböischen  Vorgebirge  kann  also  kein  Zweifel  mehr  möglich  sein. 

4.    Der   Pharos   von   Alexandria. 

Der  alexandrinische  Pharos  als  griechischer  Leuchtturm,  als  von  Anfang  an 
für  Leuchtfeuer  bei  Nacht  bestimmt  und  erbaut,  steht  und  fällt  in  der  von  Hennig 
entfachten  Streitfrage  mit  denf  bekannten  Epigramm  des  Poseidippos.  ^).  Hennig 
erkennt  selber  an:  »Stammt  dies  Epigramm  wirklich  von  Poseidipp  her,  so  ist  jeder 
Zweifel  daran,  daß  der  Pharus  von  Anfang  an  ein  Leuchtfeuer  getragen  hat,  hin- 
fällig.« Dies  wichtigste  Testimonium  gilt  es  also  vor  allem  für  ihn  zu  beseitigen. 
Er  tut  dies,  indem  er  gegen  den  Pariser  Papyrus,  der  das  Epigramm  enthält,  folgendes 
gewaltsame  Verfahren  voll  willkürlicher  Behauptungen  einschlägt  (S.  39): 

1.  Die  Beschriftung  der  Vorderseite,  Rechnungen  aus  dem  Serapeum  zu 
Memphis,  wird  ohne  jede  Angabe  einer  Begründung  ins  3.  vorchristliche  Jahrhundert 
gesetzt,  obwohl  Blaß,  den  Hennig  eingesehen  hat,  das  Jahr  161  v.  Chr.  dafür  schon 
festgelegt  hatte. 

2.  Die  Aufzeichnungen  auf  der  Rückseite  des  Papyrus  werden  in  spätere  Zeit 
datiert,  für  deren  genaue  Datierung  sich  aber  überhaupt  kein  Schluß  ziehen  lasse. 

3.  Ebensowenig  lasse  sich  ein  Schluß  ziehen  auf  die  Persönlichkeit  des 
Schreibers. 

4.  Die  Vermutung,  daß  Poseidipp  der  Verfasser  des  fraglichen  Epigrammes 
sei,  wird  als  hinfällig  und  unbewiesen  erklärt,  da  sie  sich  lediglich  auf  eine  »ziemlich 
willkürliche  Änderung«  der  Überschrift  stütze. 

5.  Diese  Überschrift  wird,  wieder  ohne  Angabe  von  Gründen,  als  erst  später 
mit  blasser  Tinte  hinzugefügt  erklärt. 

6.  Die  Zuweisung  an  Poseidipp  werde  weder  durch  die  »zweifellos  ebenso  ele- 
gante wie  geistvolle«  Sprache  des  Epigramms,  noch  durch  irgend  einen  anderen 
Umstand  gestützt. 

7.  Die  Diskrepanz  in  den  Angaben  über  die  Weihung  des  Pharos  (das  Gedicht 
mache  den  Zeus  Soter  zu  seinem  Herrn,  die  bekannte  Turminschrift  aber  weihe  ihn 
den  Dioskuren)  spreche  ebenfalls  gegen  die  Verfasserschaft  des  Poseidipp. 

Also  weder  der  Verfasser  des  Epigramms  noch  der  Abschreiber,  noch  das  Jahr- 
hundert der  Entstehung  des  Gedichts,  noch  das  seiner  Niederschrift  sei  bekannt; 
aus  solchem  Material  dürfe  man  unmöglich  kritische  Schlüsse  ziehen   (S.  39). 

Mit  dieser  dunklen  Wolke  verdächtigender  Zweifel  hält  mir  Hennig  vor,  ich 
hätte,  trotz  Blaß,  verschwiegen,  daß  die  Urheberschaft  des  Poseidipp  »eine  keines- 


')  Aus  dem  Pariser  Papyrus  Firmin-Diciot  zuerst  74  ff-»  bes.  90  ff.  und  Bergk,  ebenda  2580.;  zu- 
publiziert von  H.  Weil  in  den  Monuments  grecs  II,  letzt  ausführlich  in  der  Berliner  Dissertation  von 
1879,  28  ff.  und  pl.  II.  Dann  kritisch  besprochen  P.  Schott,  Posidippi  epigrammata  collecta  et 
von  Blaß  im  Rheinischen  Museum  N.  F.  1880,  illustrata  (1905)  8  ff. 


224  ^'  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 

wegs  bewiesene  und  sogar  recht  sehr  in  der  Luft  schwebende  Annahme«  ist.  Ich  hatte 
allerdings,  so  wenig  wie  heute,  Grund,  an  der  Autorschaft  des  Poseidipp  zu  zweifeln, 
um  so  weniger,  als  gerade  Blaß  (S.  90),  was  Hennig  in  dem  blinden  Übereifer  seiner 
Voreingenommenheit  ganz  übersehen  zu  haben  scheint,  dazu  bemerkt:  »Die  beiden 
Epigramme  werden  in  der  arg  entstellten  Überschrift  doch  offenbar,  wie  Weil  gesehen 
hat,  dem  Poseidippos  beigelegt,  und  dies  bestätigt  sich  vollkommen.« 
Auch  in  dem  im  selben  Bande  des  Rhein.  Museums  folgenden  Artikel  von  Th.  Bergk  ^) 
wird  das  Epigramm  ohne  jedes  Bedenken  für  Poseidipp  in  Anspruch  genommen 
und  die  Richtigstellung  des  Namens  Poseidippos  anerkannt.  Desgleichen  als  etwas 
ganz  Selbstverständliches  von  Vahlen  in  den  Sitzungsber.  d.  Berliner  Akad.  1889 
I»  P-  47 — ^49. (Zur  Arsinoe  Zephyritis). 

Da  Hennig  also  weder  Blaß  noch  Bergk  noch  mir  Glauben  schenken  will,  wird 
€S  ihm  gewiß  lieb  sein,  das  Urteil  eines  ganz  speziellen  P'achmannes  zu  erfahren, 
dessen  für  die  philologisch-literarische  wie  für  die  paläographisch-technische  Seite  der 
Frage  gleich  wichtige  Kompetenz  von  niemandem  bestritten  werden  dürfte.  Herr 
Professor  Dr.  Wilhelm  Schub art  von  der  Papyrusabteilung  der  Kgl.  Museen  Berlin 
hatte  die  Freundlichkeit,  mir  auf  die  Vorlegung  der  Hennigschen  Bedenken  Folgendes 
zu  erwidern: 

(ad  I.)  »Zunächst  glaube  ich  nicht,  daß  die  literarischen  Texte  auf  Rekto 
älter  als  l6l  v.  Chr.  sein  müssen;  nichts  zwingt,  ins  3.  Jahrh.  v.  Chr. 
hinaufzugehen,  und  der  allgemeine  Eindruck  der  Schrift  stimmt  zu  dem,  was  an 
sich  wahrscheinlich  ist,  daß  nämlich  irgend  jemand  aus  dem  Kreise  des  Serapeums, 
aus  der  Gesellschaft  »Ptolemaios  und  Zwillinge«,  sich  diese  sehr  mangelhaften  Nieder- 
schriften gemacht  habe.  Vergleiche  ich  die  Abbildungen  der  Sarapeumspapyri  im 
I.  Tafelband  des  Britischen  Museums,  so  finde  ich  zwar  nicht  dieselben  Hände,  aber 
einen  recht  nahe  verwandten  Typus. 

(ad  2  und  3.)  Der  Text  auf  Verso  braucht  nicht  jünger  zu  sein;  ich 
möchte  dieselbe  Zeit,  und  Mitte  des  2.  Jahrh.  v.  Chr.,  vermuten;  manches 
sieht  später  aus,  aber  im  ganzen  ist  doch  diese  Zeit  wahrscheinlich.  Solche  unge- 
schickten Hände  kann  man  überhaupt  schlecht  datieren. 

(ad  4.)  An  der  Lesung  rioaieiStTntou  zu  zweifeln,  hat  m.  E.  keinen 
Sinn.     Ich  lese 

[nocJeiAeiAeinnoY 

Das  dritte  €1  ist  in  der  gewöhnlichen  kursiven  Form  geschrieben,  die  auch  ptole- 
mäisch  vorkommt.  Es  war  also  sicher  rioosiStitTrou  gemeint, 
(ad  5.)  Die  Überschriften  können  von  derselben  Hand  sein.« 
Dazu  darf  auf  die  gute  Abbildung  der  hier  Abb.  i  wiederholten  Schriftpartie  bei 
Weil  pl.  2  verwiesen  werden.  Die  Überschriften  haben  merklich  kleinere  Buchstaben 
als  die  Gedichte  selbst  und  sehen  zweifellos  so  aus,  wie  erst  nachher  eingesetzt,  als 
die  Strophen  schon  geschrieben  waren.  Aber  der  Duktus  ist  so  sehr  derselbe,  daß 
dies  auch  unmittelbar  nach  dem  Niederschreiben  der  Verszeilen  hat  geschehen  sein 

0  s.  258  ff. 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 


225 


können.  Schott  p.  12  sagt  ganz  richtig:  »Nomen  auctoris  minoribus  litteris  additum 
est,  ut  mihi  quidem  videtur,  eadem  manu.«  Auch  die  »blassere  Tönung«  der  Tinte 
kann  kein  entscheidendes  Moment  abgeben.  Denn  einerseits  ist  eine  solche  ebenso 
stellenweise  auch  in  den  Verszeilen  der  Gedichte  selber  zu  sehen,  andrerseits  in  den 
Überschriften  nur  teilweise  zu  konstatieren,  ihr  anderer  Teil  zeigt  dieselbe  dunkle 
Tönung  wie  überwiegend  die  Verszeilen. 


Abb.  1.     Die  beiden  Epigramme  des  Poseidippos  auf  dem  Papyrus  Firmin-Didot  (nach  Weil). 


Was  Punkt  6  der  Hennigschen  Kritik  angeht,  so  entspricht  die  Handhabung  der 
Sprache  durchaus  dem  Charakter  der  hellenistischen  Literatur  des  3.  Jahrh.  v.  Chr., 
wie  mir  von  philologischer  Seite  nur  bestätigt  wird.  Ihre  »Eleganz«  hat  freilich  nicht 
hingereicht,  ;das  ästhetische  Werturteil  über  diesen  Punkt  bei  Poseidipp  zu  bessern. 
Er  gilt  nach  wie  vor  als  erheblich  weniger  elegant  und  ausdrucksgewandt  als  sein  darin 
glücklicher  veranlagter  Zeitgenosse  Asklepiades.     Vgl.   besonders  Schott  p.  115  ^).. 


*)  »In  epigrammatis  ingenium  non  moUe,  sed  durum; 
non  tenerum  sed  severum ;  non  tarn  elegans  quam 
Asclepiadis lingua  ad  exprimendum,  quid 


viderit,   non   tam  facilis   quam  Asclepiadis 
Deest  Posidippo  lyrica  Asclepiadis  moUities . . 
»Der  Masse  qualvoll  abgerungen   . . .  «. 


226  H-  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 

Epigramme  ferner  auf  berühmte  Kunstwerke  sind  etwas,  was  gerade  Poseidipp  und  sein 
alexandrinischer  Zeitgenosse  und  Kollege  Asklepiades  zuerst  eingeführt  haben  soll  (vgl. 
Christ- Schmid,  Griech.  Liter aturgesch,^  II,  ii/fT.;  auch  Friedländer,  Joh.  v.  Gaza 
und  Paulus  Silent.  (1912)  S.  55 ff.  (Die  Kunstschilderung  im  Epigramm).  So  gibt 
es  von  Poseidipp  Epigramme  auf  berühmte  lysippische  Statuen  (den  Alexander,  den 
Kairos),  auf  die  Statue  der  Doriche  in  Naukratis,  und  eines  auf  den  Grabtempel  des 
Kallikrates  für  Arsinoe  Zephyritis  bei  Alexandria.  Ja,  dieses  Epigramm,  dessen 
poseidippische  Autorschaft  niemand  wird  bezweifeln  wollen,  da  es,  worauf  auch  Blaß 
hinwies,  durch  ein  analoges  Epigramm  bei  Athenäus  VII,  318  D,  welches  dem  gleichen 
Gegenstand  gewidmet  ist,  gesichert  wird  ^) :  es  folgt  in  unserem  Papyrus  un- 
mittelbar und  von  derselben  Hand  geschrieben  auf  das  Pharosepigramm.  Seine 
Überschrift  AAAO  sichert  also  auch  für  dieses,  das  Pharosepigramm,  die  Verfasser- 
schaft des  Poseidipp  ^).  Diese  steht  demnach  so  zuverlässig  fest,  daß  unser  Epigramm 
auch  in  der  neuesten,  eben  zitierten  griechischen  Literaturgeschichte  als  Fixpunkt 
für  die  Ansetzung  der  Lebenszeit  3)  des  Dichters  angegeben  wird.  Ein  Zweifel  an  dem 
poseidippischen  Ursprung  und  Charakter  des  Pharosepigramms  ist,  soviel  ich  sehe, 
in  den  maßgebenden  Fachkreisen  überhaupt  nicht  erhoben  worden.  Im  Gegenteil, 
jene  neue,  unter  Wilamowitz  entstandene  Spezialstudie  über  Poseidipp,  die  oben 
schon  erwähnte  Berliner  Dissertation  von  P.  Schott  (1905),  setzt  gerade  das  Pharos- 
epigramm bei  der  Scheidung  der  echten  und  zweifelhaften  Stücke  mit  Bedacht  nicht 
nur  an  die  Spitze  der  echten  Serie  (de  epigrammatis  genuinis  p.  8  ff.),  sondern- zieht 
es  auch  bei  der  Beurteilung  der  Dialektformen  als  besonders  wichtiges  und  ent- 
scheidendes Dokument  heran  4).  Zudem  hat  sich,  worauf  mich  L.  Malten  noch 
aufmerksam  macht,  Wilamowitz  selbst  ausdrücklich  zu  dem  poseidippischen 
Ursprung  des  Pharosepigramms  auf  dem  Pariser  Papyrus  bekannt :  Sitzungsberichte 
der  Berliner  Akademie  191 2,  534  Anm.  i  („Neues  zu  Kallimachos"). 

Auch  der  letzte  (7.)  Einwand  Hennigs  hat  keine  durchschlagende  Kraft.  Denn 
daß  im  Epigramm  stünde,  der  Pharosturm  sei  dem  Zeus  Soter  geweiht,  ist  ebenso 
unrichtig,  wie  zu  behaupten,  die  Turminschrift  habe  sich  nur  an  die  Dioskuren 
gewandt.    Es  hieße  dies  in  beiden  Fallen  zuviel,  bzw.  zu  wenig  herauslesen  und  ist 

')  Vgl.  Bergk  a.  a.  0.  258  f.:    »Wenn  uns  von  Posei-  nach  Vollendung  des  Wunderbaues  geschrieben  — 

dipp  noch  ein  anderes  Epigramm  gleichen  Inhalts  in  frischer  Erinnerung  daran.)  Schott  nimmt  weiter 

erhalten  ist,  so  entspricht  das  ganz  der  Weise  an,  Poseidipp  sei  ca.  276  v.  Chr.  vom  griechischen 

dieser    Dichter,    ein    und    dasselbe    Thema    zu  Archipel  nach  Alexandria  gekommen  und  dort 

variieren.«  bald  berühmt  geworden.     »Inde  accidit,  ut  So- 

*)  Über  aXXo  =  toü  oütoü  7rot7)ToO  und  in  unserem  stratus  et  Callicrates,  viri  nobilissimi,  ei  carmina 

Falle  nur  so  zu  verstehen,  vgl.  Bergk,  Rh.  Mus.  facienda  mandarent.«     Es  ist  kein  Zufall,   daß 

1880,  258  Anm.  I.   Zu  öiXXo  vor  einem  Epigramm,  gerade    diese    beiden    Epigramme    auf    unserem 

vgl.    auch    Berl.    Klassikertexte  V  I,    S.  78  (II.  Papyrus  beieinanderstehen. 

Jahrh.  v.  Chr.).      Nach   v.  Wilamowitz    (ebd.)        4)  p.  m  ....  feliciter  accidit,  ut  in  Posidippo  qui- 

»selbst  auf  Steinen,  nur  um  mehrere  Gedichte  dem  tractando  vetustissimo  auxilio  eoque  minime 

zu  trennen«.  spernendo   adiuvemur,   papyrum  dico.     p.    112. 

3)  Schott  p.  III  u.  114  setzt  dafür  rund  300 — 250  In  papyri  quidem  carminibus  Po.sidippus  Attico 

v.Chr.  an.    (Vgl.   auch  Susemihi,  Gesch.  d.  gr.  sermone  usus  est Eiusdem  sermonis  vestigia 

Lit.  in  alex.  Zeit  II,  351:  Das  Epigramm  kurz  in  ceteris  carminibus. 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer.  227 

gar  nicht  einmal  vonnöten.  Darum  braucht  eine  Anspielung  auf  die  beiden  Zeus- 
söhne, die  Dioskuren,  von  denen  als  Oeol  stox^pss  anscheinend  die  Weihinschrift  ^) 
redete,  in  dem  Zsu?  aotvqp  der  letzten  Zeile  unseres  Epigrammes,  die  damit  gewandt 
zu  dem  Turm-ocuTi^p  der  ersten  Zeile  zurückkehrt,  keineswegs  ausgeschlossen  zu 
sein.  Im  Gegenteil,  so  ist  das  dichterische  Spiel  graziöser.  Das  Rechte  scheint 
mir  Schott  (p,  12)  gesehen  zu  haben:  »Sed  cum  Jupiter,  unus  ex  diis  salutaribus, 
nominatim  appellaretur,  ösol  owt^pss  nomen  non  proprium  sed  appellativum  esse 
videtur  Osol  ocux^ps?  =  di  salutares  xat  i$oxijv,  unus  quisque  Oeö?  owtTQp,  cum  alii 
(Castores  sive  Cabiri)  tum  Jupiter.«  Ein  solch  ganz  allgemein  gefaßter  Sinn  der 
Weihinschrift  auf  dem  Turm  hat  viel  für  sich  und  steht  mit  dem  Epigramm  nicht  im 
geringsten  Widerspruch. 

Kurz,  der  ganze  Ansturm  Hennigs  gegen  Poseidipp,  den  Kronzeugen  für  den 
Pharos  als  griechischen  Leuchtturm  von  Anfang  an,  fällt  bei  kritischer  Beleuchtung 
ebenso  in  sich  zusammen  wie  der  vergebliche  Versuch,  die  Existenz  der  älteren  griechi- 
schen Leuchtfeuer  durch  Entkräftung  der  alten  Eposstellen  zu  leugnen.  Ich  halte 
mich  darnach  mit  den  philologischen  Fachgenossen  nach  wie  vor  für  berechtigt, 
hier  von  einem  wirkhchen  Epigramm  des  Poseidipp  und  einer  authentischen  Nachricht 
aus  der  Entstehungszeit  des  Pharosturmes  selbst  zu  sprechen.  Um  so  mehr,  als  ein 
neugefundenes  Lied  des  Kallimachos  auf  den  Tod  der  Arsinoe  aus  dem  Jahre  270 
V.  Chr.,  von  Wilamowitz  nach  dem  Berliner  Papyrus  nr.  13417  herausgegeben 
(Sitzungsber.  d.  Berl.  Akad.  1912,  524ff.),  den  Pharos  —  er  heißt  dort  v.  54: 
TOpiaafjLo?  —  mit  einer  Reihe  von  Höhenfanalen  2)  in  Verbindung  zu  bringen 
scheint,  die  den  Tod  der  Königin  weithin  übers  Meer  verkünden.  Vgl.  Wilamowitz 
S.  533  f.  Auch  in  den  Berliner  Klassikertexten  V  (1907)  i,  yy  nennt  Wilamowitz 
das  Pharosepigramm  ohne  weiteres  poseidippisch. 

Wenn  aber  diese  allerwichtigste  und  älteste  Stelle  über  den  alexandrinischen 
Leuchtturm  in  ihrer  Beweiskraft  nicht  erschüttert  werden  kann,  so  scheitern  damit 
von  selbst  auch  alle  weiteren  Bemühungen,  in  denen  Hennig  durch  andere  antike 
Erwähnungen  des  Pharos  seinen,  wie  er  wohl  selbst  fühlte,  der  Verstärkung  sehr 
wohl  bedürftigen  Hauptangriff  noch  zu  stützen  suchte.  Er  übernimmt  dabei  seine 
Argumente  von  Veitmeyer,  der  aber  seinerseits  in  diesem  Stück  entschuldigt  ist,  da 
er  das  Epigramm  des  Poseidipp  gar  nicht  kannte. 

Zu  Lucan,  Phars.X,  1004  und  Plinius  N.H.  XXXV,  12,  83  und  V,  31  ist  weiter 
nichts  zu  sagen.  Die  ausdrückliche  Herv^orhebung  der  nächtlichen  Leuchtfeuer  auf 
der  Pharosspitze  an  den  drei  Stellen  stimmt  eben  völlig  mit  Poseidipp  überein.  Den 
Ausdruck,  den  Strabo  XVII,  i,  6  vom  Pharos  gebraucht,  Xa{i,irpöv  cjrjfjisTov,  wird  jetzt 
niemand  mehr  pressen  und  damit  ausschheßhch  eine  weithin  sichtbare  Tagesmarke 
und  nicht  auch  ein  nächtliches  Fanal  angedeutet  sehen  wollen.  Wenn  aber  Caesar 
(bell.  civ.  III,  112)  kein  Leuchtfeuer  auf  dem  Pharosturm,  sondern  nur  seine  mili- 
tärische Wichtigkeit  als  festes  Sperrkastell  erwähnt,  so  hat  das  wohl  darin  seinen 


»)  Vgl.  die  Literatur  in  meinem  »Pharos«  S.  32  und        »)  So    die  Annahme   von  Wilamowitz.     Der   Text 
bei  Schott  p.  11  ff.  ist  freilich  überaus  verstümmelt  überliefert. 


228  ^'  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 

guten  Grund,  daß  die  überdies  kostspieligen  Leuchtfeuer  in  den  Wirren  des  damals 
in  und  um  Alexandria  tobenden  Krieges  bei  der  Annäherung  des  Feindes  gelöscht 
worden  waren,  wie  das  heute  noch  geschieht  in  jedem  analogen  Falle.  Wenn  endlich 
andere  Autoren,  wie  Pomponius  Mela,  den  Pharos  zwar  erwähnen,  aber  gleichfalls 
nicht  ausdrücklich  auch  sein  Leuchtfeuer,  so  ist  dieses  eben  damals  als  selbstverständ- 
lich allen  bekannt  vorausgesetzt,  als  von  dem  Begriff  »Pharos«  ein  für  allemal  unzer- 
trennlich. Diese  in  pyrseutischem  Sinne  prägnante  Bedeutung  des  Wortes  hat  sich 
über  das  Alterturn  (Anth.  Pal.  IX,  671,  XI,  117,  6)  ^)  hinaus  bis  ins  Mittelalter  hinein 
erhalten,  mit  einer  bekanntlich  bis  auf  heute  reichenden  Wirkung.  Belege  dafür  sind 
in.  den  klösterlichen  Realenzyklopädien  des  Mittelalters  die  Stellen  bei  Isidor  von 
Sevilla  (f  636),  Etymol.  XV,  3  und,  wörtHch  ihn  abschreibend,  Hrabanus  Maurus 
(c.  842),  de  rerum  natura  XIV,  13:  »Farus  turris  est  maxima,  quam  Graeci  et  Latini, 
in  commune  ex  ipsius  rei  usu  farum  appellaverunt,  eo  quod  flammarum 
indicio  longe  videatur  a  navigantibus,  qualem  Ptolemaeus  iuxta  Alex- 
andriam  cönstruxisse  octingentis  talentis  traditur.  Usus  eins  est  nocturno 
n avium    cursu    ignes    ostendere    ad   pronuntianda   vada  portusque  introitus, 

ne  decepti  tenebris  navigantes  in  scopulos  incidant Hinc  igitur 

in  portubus  machinas  ad  praelucendi  ministerium  fabricatas  pharos 
dicunt.«  Ganz  parallel  damit  gehen  die  ebenfalls  schon  von  Hennig  (S.48  ff.)  heran- 
gezogenen Stellen  der  gleichzeitigen  byzantinischen  Literatur  (Konst.  Porphyrog. 
bei  Theophanes  continuatus),  die  »Pharos«  ebenfalls  =  Turm,  mit  Licht  zur  Nacht- 
zeit, für  die  Seefahrenden  setzen. 

Wer  endlich  nur  ein  weniges  von  der  antiken  Numismatik  weiß,  der  weiß  auch, 
daß  jenes  andere  Bedenken  liennigs,  der  Pharos  erscheine  erst  in  römischer  Zeit 
auf  den  alexandrinischen  Münzen  als  Prägebild,  hinfällig  ist.  Denn  die  ganze 
griechische  Prägung  kennt  solche  architektonische  Bildtypen  soviel  wie  überhaupt 
noch  nicht.    Vgl.  z.  B.  Hill,  Handbook  of  Greek  and  Roman  Coins  p.  174. 

Jeden  festen  Halt  hat  nun  aber  auch  Hennigs  Bestreben  verloren,  alle  andern 
Seewarten  als  Leuchttürme  auszuscheiden,  die  vor  oder  nach  dem  alexandrinischen 
Pharos  erbaut  wurden,  und  bei  denen  nicht  ausdrücklich  das  nächtliche  Signalfeuer 
genannt  wird.  Das  vermeintliche  gänzliche  Fehlen  der  Leuchttürme  bei  Strabo, 
nur  weil  er  nicht  ihre  Fanale  erwähne,  kann  unmöglich  mehr  ins  Feld  geführt  werden. 
Aus  der  einen  Stelle  über  den  alexandrinischen  Pharos  ist  es  ganz  klar,  daß  aijfjisiov 
bei  ihm  nicht  den  engen,  nur  für  den  Tag  geltenden  Sinn  hat,  wie  Hennig  möchte, 
sondern  den  weiteren,  allgemeineren:  ein  Zeichen  zu  sein  für  Tag  und  Nacht.  Dann 
geht  es  aber  auch  nicht  mehr  an,  der  von  Caepio  106  v  Chr.  am  Baetisdelta  erbauten 
Seewarte  ohne  weiteres  das  Leuchtfeuer  abzusprechen.  Strabo  spricht  III,  i,  9 
ausdrücklich  auch  hier  von  der  Notwendigkeit  eines   aTjjxeiou  lirKpavou;.     Vgl.  dazu 


')  Im  ersten  Fall  ist  von  dem  »Pharos«  von  Smyma  von    dem    weithin    sichtbaren    Feuer    auf    dem 

und  seinem  Erbauer,  dem  Prokonsul  Ambrosios  Leuchtturm   einer   vermutlich   gleichfalls   klein- 

aus  Mylasa,  die  Rede,  im  zweiten  ganz  allgemein  asiatischen  Hafenstadt.    Das  Epigramm  stammt 

von  Straten  aus  Sardes  (2.  Jahrh.  n.  Chr.). 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 


229 


Abb.  2.     Leuchtturm  in  Messina 

nach    Münze    des     S.    Pompeius 

(nach  Hennig). 


meinen  »Pharos«  S.  19,  l  und  den  ganz  gleich- 
artigen Gebrauch  von  sign  um  =  Leuchtturm,  in 
späterer  Zeit. 

Bei  Sueton  (Tib.74)  die  »turris  Phari«  des 
Tiberius  als  unbequem  zu  eliminieren,  weil  sie 
»sprachlich  zu  Bedenken  Anlaß«  gebe,  weil  sie 
»vielleicht  (!)  erst  ein  Einschiebsel  späterer  Zeit 
sei«  und  »auch  sonst  keine  Rückschlüsse  gestatte«, 
ist  ebenso  unbegründet  wie  unerlaubt.  Der  Aus- 
druck »Pharus«  hat  hier  evident  schon  jene  generell 
gewordene,  eine  ganze  Turmgattung  bezeichnende 
Bedeutung  »Leuchtturm«,  von  der  oben  die  Rede 
war.  Ja,  gerade  das  leuchtende  brennende  Fanal  ist 
die  Pointe  bei  dieser  Ausdrucksweise,  ebenso  wie 
heute  noch.  Derselbe  Sueton  beweist  das  aufs 
deutlichste    bei    den   Erwähnungen    der     Seewarten 

von  Gessoriacum  (Boulogne)  und  Ostia.  Caligula  46:  et  in  indicium  victoriae 
altissimam  turrim  excitavit,  ex  qua  ut  ex  Pharo  noctibus  ad  regendos 
navium  cursus  ignes  emicarent.  Claudius  20:  ...  superposuit  altissimam 
turrim,  in  exemplum  Alexandrini  Phari,  ut  ad  nocturnos  ignes  cursum 
navigia   dirigerent. 

Dem  nicht  literarisch  beschriebenen,  aber  auf  Münzen  (vgl.  unsere  Abb.  2) 
seines  Erbauers  Sextus  Pompeius  (ca.  40  v.  Chr.)  abgebildeten  Leuchtturm  von 
Messina    tut     Hennig    ebenfalls    Unrecht    (S.  43).       Die  das  Turmdach  krönende 

Poseidonstatue  spricht  nicht  im  geringsten  ■ —  so 
wenig  wäe  die  entsprechende  Figur  auf  dem  Pharos 
von  Alexandria  —  gegen  die  Anbringung  eines  Leucht- 
feuers, welches  offenbar  im  obersten,  deutlich  abge- 
trennten Turmgeschoß  brannte  wie  in  einer  Laterne 
und  so  geschützt  durch  die  großen,  deutlich  erkenn- 
baren Rundbogenfenster  seinen  hellen  Schein  hinaus- 
warf ins  Dunkel.  Vgl.  meinen  »Pharos«  S.  18  und 
deutlicher  Hennigs  hier  wiederholte  Abbildung  der 
Münze.  Ebenso  ist  offenbar  auch  die  mittelalterliche 
Zeichnung  des  Leuchtturmes  bei  Hrabanus  Maurus 
(Abb.  3  u.  oben  S.  214)  zu  verstehen:  das  Feuer 
brennt  nicht  oben  auf  einer  von  niedrigen  Zinnen 
umrahmten  Plattform,  sondern  tiefer  unten  auf  dem 
Boden  des  obersten,  oben  offenen  Geschosses,  zu  dem 
die  drei  großen  Rundbogenfenster  gehören,  durch  die 
der  Feuerschein  zur  Seite  hinausleuchtet.  Nur  um 
das  Leuchtfeuer  recht  deutlich  zu  machen,  hat  der 
unbeholfene    Miniaturist    uns    in    einer    gewaltsamen 


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Abb.  3.   Darstellung  eines  antiken 

Leuchtturms  bei  Hrabanus  Maurus 

(nach  Hennig). 


Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX. 


«7 


230 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 


Perspektive  und  schrägen  Draufsicht  oben  in  den  Turm  hineinsehen  lassen.  Diese 
zweifellos  richtige  Deutung  der  Miniatur  verdanke  ich  einer  Mitteilung  meines 
Vaters. 


Abb.  4.     Leuchtsäule  auf  dem  Grottenmosaik  von  Praeneste  (nach  Bull,  commun.  1904). 


Meine  Bemerkungen  s.  Z.  über  die  andern,  nicht  alexandrinischen  Leucht- 
feuer scheinen  überhaupt  nicht  beachtet  worden  zu  sein.  Sonst  hätte  es  Hennig 
kaum  versuchen  können,  auch  die  beiden  noch  in  klassische  Zeit  hinaufreichenden, 
mindesten  10  m  hohen  Hafensäulen  am  Eingang  des  Piräus  nur    als  Tagesmarken 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer.  2  '^  I 

ZU  erklären.  Durch  das  Pränestiner  Grottenmosaik  Bull.  comm.  1904,  tav.  VI — VII 
ist  der  Gebrauch  solcher  Säulen  als  Träger  von  Leuchtfeuern  (vgl.  unsere  Abb.  4.) 
am  Hafenrand^e  gesichert,  wie  ich  im  »Pharos«  S.  19  ausgeführt  habe.  An  der  zuerst 
von  G.  Hirschfeld  (Sitzungsber.  d,  sächs.  Ges.  d.  Wiss.  Phil.-hist.  Kl.  i87'8,  11)  aus- 
gesprochenen, dann  von  Milchhöfer  (Karten  von  Attika  I,  55)  aufgenommenen 
Deutung  der  Säulen  als  Leuchtsäulen  mit  aufziehbaren  Pechpfannen  zu  zweifeln, 
liegt  also  auch  jetzt  kein  begründeter  Anlaß  vor^).  Zu  behaupten  aber,  diese 
Anschauung  schwebe  »völlig  in  der  Luft«  (Hennig  S.  42),  ist  unbedacht  und 
unberechtigt. 

5.   Nächtliche    Seefahrten. 

Kurz,  in  der  ganzen  Leugnung  der  griechischen  Leuchtfeuer  ist  Hennig,  selbst 
Laie  auf  dem  Altertumsgebiet,  allzu  vertrauensvoll  Veitmeyer,  dem  modernen 
Techniker,  gefolgt. 

Wenn  der  erstere  allen  Ernstes  meint,  die  Annahme  altgriechischer  Leucht- 
türme werde  nun  endgültig  aufgegeben  werden  müssen  (S.  42),  und  glauben  machen 
möchte,  daß  »mindestens  bis  Tiberius  nächtliche  Leuchtfeuer  für  die  Schiffahrt 
nirgends  im  Gebrauch  gewesen  seien«,  ja  »daß  bis  in  das  i.  nachchristliche  Jahrhundert 
hinein  eine  irgendwie  regelmäßige  nächtliche  Schiffahrt  nicht  bestanden  haben  kann« 
(S.  43 — ^44),  und  wenn  Veitmeyer  behauptet,  daß  gar  kein  Bedürfnis  nach  Leucht- 
feuern vorhanden  gewesen  sei,  weil  nachts  die  Schiffahrt  ganz  ruhte,  so  ist  das  eben 
ein  Grundirrtum. 

Wie  eine  unbewußte  Ahnung  von  dieser  Tatsache,  gegen  die.  sich  Hennig  wie  mit 
Gewalt  verschließt,  liegt  es  in  seinen  eigenen  Worten  (S.44):  ».  .  .  es  wäre  ganz  unbe- 
greiflich, daß  die  zahlreichen  vorhandenen,  für  die  Zwecke  der  Schiffahrt  angelegten 
Türme  erst  so  spät  mit  Leuchtfeuern  versehen  wurden.  Deren  Zweckmäßigkeit  ist 
ja  so  einleuchtend,  der  Gedanke,  ein  die  Richtung  zeigendes  Feuer  zur  Nachtzeit 
anzuzünden,  so  naheliegend,  daß  eben  nur  ein  völlig  mangelndes  Bedürfnis  die  jahr- 
hundertelange Unterlassung  zu  erklären  vermag.«  In  Wirklichkeit  ist  freilich  weder 
von  einer  solchen  Unterlassung  noch  von  einem  solchen  absoluten  Bedürfnismangel 
die  Rede. 

Schon  daß  in  homerischer  Zeit  die  Schiffahrt  nur  wenig  entwickelt  gewesen  sei, 
ist  falsch.  Was  die  minoische  Seeherrschaft  bedeutete,  und  was  nachher  die  phöniki- 
sche  und  archaisch -griechische  Zeit  nautisch  leistete,  die  Periode  der  weiten,  ganz 
auf  den  Seeverkehr  basierten  griechischen  Kolonisation,  sind  geschichtliche  Fakta, 
die  vor  solch  übertriebenen  Ablehnungen  warnen  sollten.  Ganz  naturgemäß  ist  man 
vor  allem  bei  Tage  gesegelt,  aber  immer  muß  es  auch  nächtliche  Seefahrten  gegeben 
haben,  nicht  nur  zufällige  und  unfreiwillige,  wenn  durch  widrige  Winde  oder  Wind- 


')  Auch  in  Baumeisters  Denkm.  d.  kl.  Altert,   II,  Merckel,    Ingenieurtechnik   im  Altert.    349,   nur 

1198    ist    es    natürlich    Milchhöfer,    dem    dann  nachspricht.       Dieser  Sachverhalt  ungenau  bei 

Hennig  S.  42. 

17* 


232 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 


Stille  Verzögerung  der  Fahrt  eintrat  oder  durch  Stürme,  wie  bei  der  bekannten  des 
Paulus  mit  14  Sturmnächten,  sondern  auch  systematisch  gewollte.  Das  läßt  sich 
beweisen.  Darum  haben  sich  auch  vorsichtige  Forscher,  wie  Breusing  und  Riepl 
(S.  170),  wohl  gehütet,  eine  solche  absolute  Negation  auszusprechen,  wenn  sie  auch 
die  Fahrt  bei  Tage  als  die  natürliche  Regel  selbstverständlich  anerkannten.  Auch 
M.  Buchwald  (in  Weltverkehr  u.  Weltwirtschaft  1912,  78)  sagt  nur,  die  antike  Schiff- 
fahrt habe  sich  »in  der  Regel«  auf  Tagesfahrt  beschränkt. 

Die  Seefahrt  bei  sternklarer  Nacht  ist  den  Alten  etwas  so  Selbstverständliches, 
daß  sie  nirgends  besonderes  Aufheben  davon  machen.  Schon  Homer  (Od.  V,  269  fT.) 
nicht,  wenn  Odysseus  die  Kalypsoinsel  auf  dem  Floß  verlassend  heimwärts  segelt, 
ohne  nachts  die  Fahrt  zu  unterbrechen,  nach  den  nächtlichen  Gestirnen  sich  rich- 
tend ^),  diesen  himmlischen  Vorbildern  der  künstlichen  Sterne,  welche  die  Menschen 
dann  in  den  Fixpunkten  der  Leuchtfeuer  erfanden.  Daß  diePhöniker  stets  in  dieser 
Weise  sich  behalfen,  ist  bekannt.  Vgl.  die  Stellen  bei  Breusing,  Nautik  der  Alten,  13. 
Ja,  die  Nachtfahrten  sind  auch  den  Griechen  etwas  so  Geläufiges  und  Selbstverständ- 
liches, daß  große  Entfernungen  zur  See  ebensowohl  in  Tages-  wie  in  Nachtfahrten 
gemessen  angegeben  werden.  So  gibt  schon  Herodot  (IV,  86)  als  ganz  allgemeinen 
Maßstab  an:  i  Nachtfahrt  zu  60000  Klafter,  i  Tagfahrt  zu  70000  Klafter.  Aus 
dem  Umstände,  daß  man  zur  Nacht  also  fast  ebenso  schnell  wie  bei  Tage  fuhr,  ergibt 
sich  schon,  wie  wenig  Schwierigkeiten  die  nächtliche  Schiffahrt  den  Griechen  gemacht 
hat.  Derselbe  Herodot  gibt  an  derselben  Stelle  die  Gesamtmaße  des  Schwarzen 
Meeres  nach  Tag  und  Nacht  ununterbrochen  fortlaufenden  Seefahrten  an,  und 
zwar,  wie  er  ausdrücklich  sagt,  nach  eigenen  Messungen,  nämlich:  die  Länge  zu 
9  Tagfahrten  +  8  Nachtfahrten  =  i  HO  000  Orgyien  =11  100  Stadien;  die  Breite 
zu  3  Tagfahrten  +  2  Nachtfahrten  —  330  000  Orgyien  —  3300  Stadien. 

Die  Entfernung  von  Abdera  bis  zur  Donaumündung  gibt  Thukydides  H,  97 
auf  4  Tag-  +  4  Nachtfahrten  an.  Für  eine  Seefahrt  rings  um  ganz  Sizilien  herum 
rechnet  Ephoros  5  Tage  +  5  Nächte  (vgl.  Riepl  S.  160  fT.),  für  eine  Fahrt  von  Kreta 
quer  übers  Mittelmeer  nach  Ägypten  rechnet  Strabo  4  Tage  +  4  Nächte  (10,  4,  5), 
von  Kreta  nach  Kyrene  2  Tage  +  2  Nächte  (ebenda).  Phönikische  Schiffe  fuhren 
die  Entfernung  Tyrus — Rhodos  in  3  Tagen  +  3  Nächten,  und  ebenso  ununterbrochen 
segelten  karthagische  Schiffe  in  7  Tagen  +  7  Nächten  von  Karthago  bis  zu  den 
Säulen  des  Hercules  (vgl.  Riepl  S.  160). 

Für  das  Ankommen  kleiner  und  großer  Schiffe  im  Hafen  auch  bei  Nacht  und 
ihre  in  Kriegszeiten  unbedingt  notwendige  sofortige  Untersuchung  durch  die  Hafen - 


*)  Auch  an  die  nächtliche  Abfahrt  der  Griechenflotte 
von  Troja  nachTenedos,  mit  einem  Feuerzeichen 
am  LeitschifF,  und  an  das  von  Troja  aus  durch 
Sinon  hinübergegebene  Feuerzeichen  darf  hier  er- 
innert werden.  (Vgl.  die  Stellen  bei  Röscher,  Myth. 
Lex.  IV,  938  ff.;  Kinkel,  Ep.  fragm.,  kl.  Ilias  11; 
Verg.  Aen.  II,  254  ff.)  Dazu  der  nächtliche  Auf- 
bruch der  Griechenflotte  in  Euripides'  Rhesos.  — 


Bei  der  Zeichnung  eines  Kriegsschiffes,  an  dessen 
auf  dem  Bug  befindlichem  Turm  an  langer  Stange 
ein  eiserner  Feuerkorb  angebracht  ist  —  Schiff, 
Alexandrin.  Dipinti  T.  i  u.  S.  42  ff.,  dachte  an 
die  190  V.  Chr.  auf  Rhodos  erfundenen  Brander  — 
hielt  Aßmann  (Jahrb.  1907,  114)  das  Feuer- 
zeichen eines  Wachtschiffes  für  möglich.  Über 
ältere,   phönikische    Branderschifte   vgl.   ebenda. 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer.  23"^ 

behörden  vgl.  Aeneas  Tactic.  XXIX,  6.  Die  Schrift  dieses  Autors  (4.  Jahrh.  v.  Chr.) 
bricht  leider  jetzt  gerade  da  ab,  wo  die  Angaben  über  die  Kriegsmarine  gekommen 
wären:  Trepi  to5  vaoxixou  axpaTcupiaTo?.  Wenn  man  sieht,  mit  welcher  Ausführlich- 
keit Aeneas  auch  das  System  der  Signallaternen  der  Turmwachen  beschreibt,  welch 
großes  Interesse  für  die  Pyrseutik  er  überhaupt  hat,  muß  man  diesen  Verlust  ganz 
besonders  bedauern. 

Der  Umstand  endlich,  daß  die  griechische  Sprache  ein  eigenes  Wort  für  Späher 
bei  Tage  hat,  ihre  nachdrückliche  Bezeichnung  als  7j|xepooxoKoi,  ihre  Fosticrung 
besonders  an  Küsten  und  Vorgebirgen,  mit  der  Aufgabe,  die  Vorgänge  auf  der  See 
zu  beobachten  (vgl.  Herodot  VII,  182  und  192  —  gerade  wieder  auf  Euböa),  läßt 
den  sicheren  Schluß  zu,  daß  man  neben  diesen  Tagwächtern  eben  auch  entsprechende 
nächtliche  Späher  mit  Signaldienst,  dann  natürlich  durch  Feuer,  gekannt  hat. 

Ferner  darf  daran  erinnert  werden,  daß  auch  die  altgriechisch c  Fischerei,  ebenso 
wie  die  heutige  dort,  zu  einem  guten  Teile  und  wohlberechneterweise  gerade  nachts 
vor  sich  ging.  Von  den  an  der  Spitze  der  Fischerboote  selbst  dabei  angebrachten 
Feuern,  welche  die  Fische  anlocken  sollen,  hat  die  antike  Harpunenfischerei  ihren  be- 
sonderen Namen:  itüpeoxixTj.  Vgl.  die  antiken  Zeugnisse  bei  Keller,  Tiere  des  Alter- 
tums II,  329  und  Darembcrg  et  Saglio,  Dictionnaire  des  Antiquites  IV,  491. 

Wenn  schließlich  erwiesen  ist,  wie  die  Feuertelegraphie  auf  der  griechischen 
Inselwelt  nicht  nur  in  klassischer,  sondern  schon  in  ältester  Zeit  zu  Kriegszwecken 
durchaus  üblich  war,  so  ist  kein  Grund  mehr  vorhanden,  für  die  von  vornherein 
unwahrscheinliche  Annahme,  daß  solche  Feuerzeichen  nur  in  den  selteneren  und 
ungewöhnlichen  Fällen  der  Not  angewendet  worden  sein  sollten,  und  nicht  vielmehr 
für  die  doch  viel  häufigeren  und  normalen  Bedürfnisse  der  regelmäßigen  Schiffahrt 
in  Friedenszeiten.  Ich  kann  dabei  auf  Riepl  verweisen,  auf  seinen  Nachweis  (S.  50), 
daß  die  berühmte  Schilderung  der  Feuertelegraphie,  die  Äschylus  im  Agamemnon 
gibt,  zwar  angeregt  worden  ist  durch  die  damalige  großzügige  Anwendung  des  Feuer- 
zcichenrelais  bei  den  Persern  0,  aber  doch  auf  viel  ältere  Traditionen  der  Agäis  dabei 
zurückgreift;  auch  auf  Riepls  treffende  Bemerkung,  daß  gerade  diese  Inselkette  des 
Ägäischen  Meeres  durch  ihren  heiteren  Himmel  und  ihre  klare,  durchsichtige  Luft 
der  Entwicklung  des  Feuersignalwesens  ganz  besonders  förderlich  gewesen  sein  muß, 
erleichtert  zugleich  »durch  die  erwähnten  zahlreichen  Warten,  Beobachtungs-  und 
Signalstationen  für  den  Alarm-  und  vermutlich  auch  Schiffahrtsdienst« 
(S.  51).  Wenn  für  die  mykenische  Zeit  einerseits  durch  Homer  selbst  (Od.  IV,  524) 
ein  Turmwächter  gesichert    ist,    der   von  Mykenä  aus  Agamemnons  Rückkehr  im 

0  Vgl.  Diels  S.  71  ff.  und  besonders  die  von  Fischl  aeuouaüiv    iWrilctn   ex   Jtspatüiv   xtj;  dpy^ 

(S.  9)  herangezogene  Stelle  aus  Ps.  Aristoteles,  f^^ZP'  2o63(uv  xoi  'Exßaxctvwv 

Ttepl  xd3|jiou  cap.  6,    wo    die  Vorzüglichkeit   und  Die  von  Herodot  VII,  182  erwähntenirupaol  ix 

Schnelligkeit     des     Bericht-    und    Meldewesens  Sxtctdou  sind  ein  typisches  Beispiel  dieser  ausge- 

im  persischen  Reich  gerühmt  wird:  . . .  rjfjiepoSpdpiot  bildeten  Feuertelegraphie  im  griechischen  Archi- 

te  -Arn  axorroi   xai   d-^ytkiatföpoi  cppuxTwptiüv  pel,  die  mit  VIII,  21   und   IX,  3  (MapSdvtos  . . . 

T    iTTOTTT^ps;    ....    xat    [xccXtsta    täv  Tiupaoiot  oti  vi^owv  ISdxse  ßaaiXel  orjXioSeiv 

9puxTU)pt(üv,       xaTÄ      8ia8o-/ä«      Tiup-  ddvxi  Iv  SapSeai,  OTt  eyoi 'A&^va«)  wie  eine  Fort- 
setzung des  auf  asiatischem  Boden   erprobten   Systems  erscheint. 


234 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 


Hafen,  wie  ausgemacht,  erspäht  und  meldet,  wenn  andrerseits  die  ältesten  Helden- 
sagen das  Erheben  von  Fackeln  im  Sinne  abgemachter  Signale  mehrfach  kennen 
(Helena  in  Troja:  Verg.  Aen.  VI  518  und  Tryphiodor  5i2ff.  [vielleicht  schon  Ste- 
sichoros;  vgl.  Heinze,  Vergils  epische  Technik  S.  78] ;  sowie,  mit  der  Nauplios- 
fackel  zusammen,  Hygin  249;  Danaiden:  Paus.  II,  25,  4;  Argonauten:  Diod.  Sic. 
IV,  50;  vgl.  Fischl  S.  4  u.  5,  Riepl  S.  48),  so  ergibt  sich  durch  die  Verschmelzung 
dieser  beiden  Züge  ganz  von  selbst  die  Tatsache  von  Leuchtfeuern,  wie  sie  nachge- 
wiesenermaßen die  drei  Homerstellen  und  die  Naupliossage  kennen,  mit  denen 
diese  Erwiderung  begonnen  hat. 

Die  unhaltbare  Halbheit  der  Auffassung,  zu  der  Veitmeyer  (S.  10)  —  doch 
nur  infolge  starker  Voreingenommenheit  —  sich  verleiten  ließ,  wenn  er  zwar 
Rauchfanale  als  Tageszeichen,  aber  beileibe  keine  Feuerzeichen  bei  Nacht  für  die 
griechische  Zeit  (bzw.  den  Pharos)  zugeben  wollte,  wird  in  unseren  Kreisen  niemand 
teilen.  Vielmehr  dürfen  wir  Riepl  recht  geben,  der  S.  48  sagt:  »Es  wäre  überflüssig, 
alle  einschlägigen  griechischen  Literaturstellen  einzeln  anzuführen  und  müßig,  über 
die  Priorität  der  Erfindung  (der  Leuchtfeuer)  durch  Palamedes  oder  Sinon  oder  über 
ihre  Herleitung  von  den  Phöniziern,  Ägyptern  oder  gar  den  Persern  zu  streiten.  Viel- 
mehr werden  die  Griechen,  wie  alle  intelligent  veranlagten  Völkerschaften  aller  Zeiten 
und  Länder,  schon  auf  den  untersten  Kulturstufen  spontan  auf  diesen  Gebrauch 
gekommen  sein.« 

Die  unvorsichtige  Behauptung  Veitmeyers  und  Hennigs,  erst  die  Römer  hätten 
der  Welt  die  Erfindung  der  Leuchtfeuer  und  Leuchttürme  geschenkt,  darf  also  als 
erledigt  gelten.  Der  Pharos  von  Alexandria  bleibt  nach  wie  vor  ein  wirklicher  griechi- 
scher Leuchtturm  ^)  und  als  solcher  der  erste  in  monumentaler  Gestalt.  Daß  dies 
weltberühmte  pyrseutische  Seezeichen  gerade  in  seiner  Turmgestalt  ältere,  bescheide- 
nere Vorläufer  hatte,  darauf  hat  erst  Fischl  (S.  36)  recht  aufmerksam  gemacht.  Er 
vermutet,  sicherlich  mit  Recht,  daß  noch  eine  ganze  Reihe  älterer  griechischer  Leucht- 
türme für  uns  versteckt  sind  unter  so  manchen  in  der  antiken  Literatur  erwähnten 
oxoTcal  und  axoTciat,  die  wegen  ihrer  Lage  an  der  Meeresküste  als  Leuchttürme  ver- 
wendet gewesen  sein  werden,  ohne  daß  dies  besonders  dazu  bemerkt  worden  ist.  So 
ist  die  Herodot  H,  15  erwähnte  Uepaitoz  cxoTcn^  am  flachen  Ufer  des  ägyptischen 
Deltas  offenbar  ein  ganz  direkter  Vorläufer  des  alexandrinischen  Pharos  gewesen, 
vermutlich  auch  schon  mit  der  ägyptisierenden  Böschung  der  aufgehenden  Wände, 
wie  bei  diesem 2).    Vielleicht  sind  auch  die  von  Strabo  V,  c.  184  genannten  Türme, 


')  M.  Buchwald  hatte  sich  1912  so  weit  einschüchtern 
lassen,  daß  er  einräumte,  ob  der  Pharos  von 
vornherein  auch  als  Leuchte  bei  Nacht  bestimmt 
gewesen  sei,  sei  »noch  nicht  sichergestellt« 
(a.a.O.  79). 

*)  Über  die  von  jeher  zur  ägyptischen  Landschaft 
gehörigen  hohen  Türme,  die  auch  in  den  pom- 
pejanischen  Bildchen  eine  so  große  Rolle  spielen, 
vgl.  Wilh.  Weber,  Die  ägyptisch-griechischen 
Terrakotten  (der  Kgl.  Museen  Berlin)  S.  252  ff. 


Aus  Nilziegeln  größtenteils  erbaut,  waren  sie 
natürlich  geböscht  in  den  Mauern  wie  ihre 
heutigen  Nachfolger  noch.  Auch  ihre  als  Lampen 
und  Leuchthäuschen  in  Ton  gefertigten  Abbilder 
der  römischen  KLaiserzeit  zeigen  diese  Verjüngung 
nach  oben.  Vgl.  Weber  Taf.  41,  Nr.  467  und 
Bonner  Jahrb.  1910,  Taf.  36,  Nr.  8.  Wenn,  wie 
S.  Loeschcke  ebenda  S.  401  bezeugt,  gerade  diese 
Lampenform  (vgl.  Abb.  5)  unter  dem  alexan- 
drinischen Material  so  besonders  häufig  ist,  so 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 


235 


welche  die  griechischen  Massalioten  am  flachen  Deltarand  der  Rhonemündung  er- 
richteten, schon  mit  Signalfeuern  ausgestattet  gewesen^).  Die  Küste  sei  bei  trübem 
Wetter  selbst  aus  der  Nähe  nicht  zu  erkennen  gewesen.  Darum  habe  man  solche 
OTjjAsTa  gebraucht,  zweifellos  in  erster  Linie  Tagesmarken.  Aber  nur  solche  ? 
Jedenfalls  ist  es  die  Turmform,  die  auch  hier  wieder  durch  die  gleichen  physikalischen 
Bedingungen  der  niedrigen  Flachküste  gefordert  war  wie  in  Ägypten. 

Daß  die  antiken  Leuchtfeuer  noch  wesentlich  einfachere  Funktionen  als  die 
heutigen  Leuchttürme  zu  erfüllen  hatten,  wird  kein  Ver- 
ständiger leugnen,  sondern  bedingt  der  vorsichtigen  Cha- 
rakterisierung M.  Buchwalds  zustimmen,  der  a.  a.  O.  S.  78 
folgende  Vermutung  ausspricht:  »Es  scheint  so,  als  ob  die 
ersten  Hafenfeuer,  die  sich  aus  den  Tagesmarken  entwickelt 
haben  dürften,  und  deren  Vorgänger  wir  in  der  hochausge- 
bildeten Feuertelcgraphie  und  nach  Humboldt  selbst  in 
dem  rastlos  arbeitenden  Stromboli  zu  sehen  berechtigt 
sind,  durchaus  nicht  dem  gleichen  Zwecke  dienten  wie  die 
heutigen  Einseglungsfeuer,  nämlich  dem  Schiffer  den  Weg 
in  den  Hafen  anzuzeigen,  sondern  daß  sie  vielmehr  die 
Ansteuerung  der  Küste  nur  soweit  ermöglichen  sollten, 
daß  im  Schutze  derselben  geankert  werden  konnte,  um 
den  Tag  abzuwarten  und  dann  erst  den  Hafen  aufzusuchen. 
Erst  später  mit  den  fortschreitenden  Bedürfnissen  der  sich 
allmählich  entwickelnden  Schiffahrt  dürften  sich  die  unseren 
jetzigen  Küstenfeuern  entsprechenden  Warnungszeichen  zu 
W'egweisern  gewandelt  haben.« 

Schon  die  oben  angeführten  antiken  Erklärungen 
zur  Naupliossagc  setzen  freilich  nicht  mehr  das  hier  postu- 
lierte   primitivste    Verfahren    voraus,    sie     alle     sprechen 

vom  Signalisieren  eines  nahen  Hafens,  in  den  man  nun  auch  gleich  einfahren  will. 
Für  die  klassische  Zeit  ist  durch  das  Feuersäulenpaar  des  Piräus  ^)  die  unmittelbare 


Abb.  5.     Älexandrinische 

Tonlampe 
(nach  Bonn.  Jahrb.  1910). 


wird  W.  Weber  (S.  254  ff.)  recht  haben,  mit  der 
Vermutung,  sie  sei  angeregt  worden  durch  die 
turmartig  hohen  Häuser  der  eigenen  Großstadt, 
wie  sie  gerade  bei  der  Darstellung  des 
alexandrinischen  Hafens,  wieder  auf  römischen 
Tonlampen,  deutlich  hervortreten.  (Vgl.  Catal.  of 
lamps  in  the  Brit.  Mus.  no.  527  (pl.  16)  u.  758 
=  Rom.  Mitt.  191 1,  154  Fig.  66.)  Waren  solche 
Türme  auch  Lichtträger,  wie  ihr  größter  Ver- 
treter, der  Pharos,  so  erklärt  sich  die  Bevor- 
zugung ihrer  Gestalt  für  Tonlampen  ohne  weiteres. 
Als  isolierte  Leuchttürme,Warten,  bezeichnet  auch 
Weber  die  Türme  der  ägyptischen  Landschaft, 
wenigstens  zum  Teil  (S.  253).  Direkte  Beein- 
flussung der  Leuchthäuschen  durch  den  Pharos 


selbst  gibt  auch  er  (S.  250)  wie  S.  Loeschcke 
(S.  402)  zu.  —  Die  wie  zu  einem  Auslug  an- 
gebrachten erkerartigen  Ausbauten  an  den 
oberen  Ecken  von  Abb.  467  (bei  Weber)  scheinen 
noch  ganz  singulär. 

')  Dies  nahm  ohne  weiteres  die  ältere  Literatur  an. 
Vgl.  Leger,  a.  a.  O.  p.  507  (Fosses  Mariennes). 
Ebenda  p.  5 1 1  fif.  über  die  einfachen  Wart-  und 
Signaltürme  (specula,  vigilaria).  Auch  Allard, 
p.  26  u.  36,  sprach  sich  für  Befeuerung  der 
Türme  an  der  Rhonemündung  aus. 

2)  In  ihrer  entwicklungsgeschichtlichen  Bedeutung 
gegen  die  unbegründeten  Zweifel  Veitmeyers  mit 
Recht  in  Schutz  genommen  von  M.  Buchwald 
a.  a.  O.  80,  Anm.  12.    Methone  wäre  ein  zweites 


236 


H.  Thiersch,  Griechische  Leuchtfeuer. 


Hafeneinfahrt    durch  Leuchtfeuer  ebenso   zweifellos  markiert  wie  nachher  für  die 
hellenistische  durch  den  ganz  entsprechend  postierten  Pharos  von  Alexandria ^). 


6.    Schluß. 

Es  darf  also  dabei  bleiben:  die  Erfindung  der  Leuchttürme  ist  eine  Kulturtat 
des  griechischen  Geistes,  nicht  erst  des  römischen.  Wie  in  so  vielen  Dingen  der  feineren 
Kultur  sind  die  Römer  auch  hier  nur  die  Erben  der  Hellenen  gewesen.  Konnte  es 
überhaupt  anders  sein?  Schon  der  ganze  humanitäre  Zweck  und  Charakter  dieser 
Erfindung,  das  Sinnreiche  und  Zweckmäßige  in  der  Anlage  verrät  deutlich  griechisches 
Gut  und  spricht  gegen  Rom,  das  vor  allem  aus  praktischen  und  militärischen  Gründen 
das  Begonnene  weiterführte,  selbst  aber  bis  dahin  in  pyrseutischen  Dingen  auffallend 
wenig  aufzuweisen  hatte.  So  trifft  es  sich  für  Hennig,  der  den  Römern,  nicht  den 
Griechen,  die  Ehre  der  Leuchtturmerfindung  zuweisen  will,  besonders  schlecht,  wenn 
die  letzte  Spezialuntersuchung  dieser  Fragen  (Riepl  S.  74)  auf  Grund  eingehender 
Untersuchungen  den  Römern  nur  einen  ganz  merkwürdig  niedrigen  Stand  der  Pyr- 
seutik  zuerkennen  kann:  »Kehren  wir  (von  den  Griechen  und  Orientalen)  zu  den 
Römern  zurück,  so  ist  die  auffallende  Erscheinung  festzustellen,  daß  hier  nicht  nur 
die  Entwicklung  im  allgemeinen  auf  der  untersten  Stufe,  beim  einfachen  Fanal, 
stehen  geblieben  ist,  sondern  daß  sich  lange  Zeit  nicht  einmal  ein  ernstlicher  Versuch 
feststellen  läßt,  über  diese  Stufe  hinauszustreben.  Es  finden  sich  bei  den  Römern 
bis  zum  Ende  der  Republik  überhaupt  keine  Spuren,  welche  auf  den  Gebrauch  höher 
entwickelter  pyrseutischer  Einrichtungen  als  der  Fanale  in  ihren  einfachsten  Formen 
zu  militärischen,  hauptsächlich  Alarmzwecken  schließen  lassen  könnten.  Es  fehlen 
auf  nationalrömischem  und  mittelitalischem  Boden  die  bei  allen  Nachbarn  der  Römer 
verbreiteten,  dauernden  Einrichtungen  für  optische  Signale,  die  Warten.«     S.  78: 

»Auch  in  der  spätrepublikanischen  Zeit  signalisieren  die  Römer nie  von  eigenen 

ständigen  Signaltürmen,  die  sich  erst am  Limes  finden.«      S.  79:    »Fast  alle 

Nachrichten  aus  historischer  Zeit worin  von  höher  entwickelten  Leuchtsignalen 

(Wartensignalen,  verabredeten  Signalen  auf  weite  Entfernung )  die  Rede  ist, 

sind zu  eliminieren,  weil  sich  solcher  Signale  nicht   die   Römer,    sondern 

ihre  Gegner,  Bundesgenossen  und  Klientelstaaten  bedienen.«  S.  90:  »Andere 
Feuersignale  als  zu  Kriegszwecken  brauchten  die  Römer  nicht.  Was  darüber  hinaus 
ging,  damit  gaben  sie  sich  nicht  ab.« 

Und  ausgesucht  dies  Volk  soll  die  Leuchttürme  erfunden  haben  ? !  —  Ich 
habe  diese  charakteristischen  Stellen  in  extenso  hier  hergesetzt,  um  zu  zeigen,  wie 


Beispiel,  wenn  der  antike  Säulenrest  auf  dem 
Molokopf  als  in  ursprünglicher  Lage  wirklich 
nachgewiesen  werden  könnte  (Exped.  de  Moree 
I,  pl.  12).  Zu  Hennigs  Anzweiflung  siehe  oben. 
')  Während  Buchwald  (Weltverk.  u.  Weltw.  II,  79, 
Anm.)  unentschieden  die  Frage  offen  läßt,  an 
welcher  Stelle  genau  der  Pharosturm  gestanden 
habe,   entscheidet  sich   Hennig   (S.   37)  für  die 


unwahrscheinlichere,  die  heute  so.  von  Kaitbey 
unter  Wasser  liegende  Örtlichkeit.  E.  Breccia  in 
seinem  neuen  geschmackvollen  Führer  (Alexan- 
drea adAegyptura  1914)  erklärt  sich  offen  für  die 
von  M.  van  Berchem  und  mir  empfohlene  An- 
setzung  auf  Fort  Kaitbey,  wie  sie  auch  der  be- 
sonnene und  vorsichtige  Allard  (p.  5  u.  6)  schon 
als  richtig  erkannt  hatte. 


C.  Robert,  Der  Kephisos  im  Parthenongiebel.  23? 

auch  im  Rahmen  des  großen  weit-  und  kulturhistorischen  Zusammenhangs  Hennigs 
These  eine  bare  Unmöglichkeit  ist.  Alexandria  aber  und  mit  ihm  der  Genius  Griechen- 
lands bleibt,  darauf  vertraue  ich,  seiner  leuchtenden  Krone  unberaubt. 

Freiburg  i.  Br.  H.  Thiersch. 


DER  KEPHISOS  IM  PARTHENONGIEBEL. 

Mit  vollem  Recht  hat  Friedrich  Matz  in  seiner  fleißigen  und  tüchtigen  Dis- 
sertation: Die  Naturpersonifikationen  in  der  griechischen  Kunst  S.  117  die  Eckfiguren 
im  Westgiebel  des  Parthenon  wieder  als  Flußgötter  in  Anspruch  genommen,  ohne 
sich  um  das  unmethodische  Bedenken  zu  kümmern,  daß  liegende  Flußgötter  —  an- 
geblich oder  wirklich  —  erst  in  der  hellenistischen  Kunst  vorkommen.  Unmethodisch 
nenne  ich  dies  Bedenken,  weil  es  nicht  mit  der  wichtigen  Erscheinung  des  kunst- 
historischen Anachronismus  oder,  wie  man  vielleicht  richtiger  sagen  sollte,  der  kunst- 
historischen Prolepsis  rechnet,  über  die  der  leider  zu  früh  verstorbene  A.  Riegl 
bahnbrechend  gehandelt  hat  ^),  weil  es  ohne  weiteres  voraussetzt,  daß  der  Künstler 
stets  im  Banne  einer  festen  Typik  arbeite,  ohne  zu  erwägen,  daß  bestimmte  Verhält- 
nisse, wie  hier  der  Raumzwang,  ihn  veranlassen  konnten,  mit  der  Tradition  zu 
brechen  und  einen  ganz  neuen  Typus  zu  schaffen,  und  endlich  weil  es  auf  dem  Wahne 
beruht,  jeder  auf  solche  Weise  entstandene  Typus  müsse  sofort  befruchtend  und 
weiter  zeugend  wirken.  Also  dies  Bedenken  ist  in  der  Tat  null  und  nichtig;  wenn 
aber  trotzdem  Matz  mit  seiner  Rehabilitierung  der  alten  Deutung  auf  einen  seiner 
Rezensenten  2)  nicht  überzeugend  gewirkt  hat,  so  liegt  das  meiner  Ansicht  nach  daran, 
daß  seine  Beweisführung  nach  der  positiven  Seite  hin  nicht  ganz  bündig  ist.  Denn 
wenn  es  auch  schon  vor  der  hellenistischen  Kunst  Flußgötter  als  Zuschauer  gegeben 
hat,  einerlei,  ob  stehend,  wie  sie  Matz  allein  belegt,  oder  liegend,  so  wird  dadurch 
nur  ein,  wie  gezeigt,  unberechtigtes  historisches  Bedenken  weggeräumt,  aber  es 
folgt  daraus  noch  lange  nicht,  daß  auch  die  zuschauenden  Eckfiguren  des  West- 
giebels Flußgottheiten  sind.  Nur  die  Analogie  des  Ostgiebels  von  Olympia  bildet 
für  Matz  das  Fundament  seiner  Deutung,  wie  schon  früher  für  alle  diejenigen,  die 
vor  ihm  dieselbe  Erklärung  vorgetragen  haben.  Aber  dies  Fundament  ist  keines- 
wegs auch  heute  noch  so  solide,  wie  uns  Matz  glauben  machen  will.  Denn  die  Deutung 
des  Pausanias  ist  zwar  nicht  aus  historischen  Gründen,  aber  deshalb  verdächtig, 
weil  seine  Erklärungen  der  Olympiagiebel  überhaupt,  sowohl  im  ganzen  als  im  einzel- 
nen, teils  handgreiflich  falsch,  teils  wenigstens  höchst  bedenklich  sind.  Es  erwächst 
uns  Modernen  also   die  Verpflichtung,   die  Eckfiguren  des^  olympischen  Ostgiebels 

*)  »Zur  kunsthistorischen  Stellung  der  Becher  von  bliebenen   Werkes,   von   dem  nach    dieser   Probe 

Vafio«  in  den  Österreich.  Jahresheften  IX  1906  die  Wissenschaft  außerordentlich  viel  zu  erwarten 

S.  I  ff.,  das  erste  Kapitel  eines  unvollendet  ge-  hatte. 

*)  Amelung,  Deutsche  Literaturzeitung  1915  S.  39. 


238 


C.  Robert,  Der  Kephisos  im  Parthenongiebel. 


als  Flußgötter  zu  erweisen.  Daß  sie  einst  durch  Abzeichen,  wie  Schale,  Skeptron, 
Schilfstengel  oder  Schilfkranz,  gekennzeichnet  gewesen  seien,  ist  eine  dem  Thema 
probandum  zuliebe  gemachte  Voraussetzung,  die  in  Anbetracht  der  Armhaltung 
der  Figuren  und  des  Fehlens  von  Bohrlöchern  am  Kopfe  des  Kladeos  äußerst  un- 
wahrscheinlich ist  ^).  Dagegen  spricht  ferner,  daß  die  rechte  Eckfigur  offenbar  mit 
dem  kauernden  Knaben  und  dem  besorgten  Greis  zu  einer  Gruppe  zusammen- 
zufassen sind.  Wollte  man  nun  auch  zur  Deutung  des  Knaben  irgendein  Bächlein 
in  der  Nähe  von  Olympia  ausfindig  machen  —  daß  der  pantoffeltragende  Alte  nicht 


Abb.  I.     Eckfigur  im  Westgiebel  des  Parthenon. 

in  den  Kreis  der  Lokalgötter  gehören  kann,  liegt  auf  der  Hand,  und  so  wird  man 
hier  eher  eine  Gruppe  lokaler  Heroen  zu  erkennen  haben,  ähnlich  der  Kekropsgruppe 
im  Westgiebel  des  Parthenon  2). 

Aber  um  die  Eckfiguren  dieses  Giebels  als  Flußgötter  zu  erweisen,  bedarf  es 
des  Umweges  über  Tansanias  wahrlich  nicht.    Befragen  wir  sie  doch  selbst,  vor  allem 


*)  Für  die  Auffassung  als  Flußgötter  würde  es  aller- 
dings sprechen,  wenn  die  entsprechenden  Eck- 
figuren des  Westgiebels  wirklich  Ortsnymphen 
wären.  Aber  diese  bestechende  Deutung  Loesch- 
ckes  (Dorpater  Progr.  1887  S.  i  ff.),  der  ich  früher 
selbst  zugestimmt  hatte  (Deutsche  Lit.-Ztg.  1888 
S.  603  f.),  läßt  sich,  wie  ich  glaube,  heute  nicht 
mehr  aufrechterhalten.  Der  vereinzelten  Er- 
scheinung der  verhutzelten  Kromyo,  die  man 
eher  als  Lokalpersonifikation  denn  als  Orts- 
nymphe (beides  ist  nicht  dasselbe)  zu  fassen 
haben  wird,  steht  die  allgemein-griechische  An- 
schauung  gegenüber,    daß    die    Nymphen    zwar 


nicht  unsterblich  sind,  aber,  solange  sie  leben, 
ewig  jung  bleiben,  also  gerade  umgekehrt  wie 
Tithonos.  Und  wie  kämen  Ortsnymphen  in  den 
Hochzeitssaal,  wo  sich  der  Kampf  abspielt? 
Studniczka  und  Treu  haben  also  meiner  Ansicht 
nach  recht,  wenn  sie  in  diesen  verängstigt  sich 
duckenden  Weibern  Lapithenmütter  und  La- 
pithenmädchen  sehen.  Anders  Matz  a.  a.  O.  S.  90. 
2)  Über  diese  s.  Hermes  XVI  1881  S.  83.  Dagegen 
scheint  mir  Furtwänglers  Deutung  der  ent- 
sprechenden Gruppe  rechts  auf  die  Familie  des 
Erechtheus,  so  sehr  man  wünschen  möchte,  daß 
sie   stimtne,   durch   den   Charakter   der   Figuren 


ausgeschlossen. 


C  Robert,  Der  Kephisos  im  Parthenongiebel. 


239 


die  am  besten  erhaltene  in  der  linken  Ecke  (Abb.  i.  2)1).  Am  Uferrand  liegt  dieser 
Jüngling  mit  dem  linken  Beine  ganz  im  Wasser,  und  nicht  nur  in  den  geschmeidigen 
Körperformen,  auf  die  man  das  für  den  Eurotas  desEutychides  geprägte  Apophthegma: 
ipso  amne  liquidior  anwenden  könnte,  sondern  auch  in  dem  Gewand,  das  mit  seinen 
welligen  Falten,  namentlich  in  der  Rückenansicht,  an  einen  leicht  bewegten  Wasser- 
spiegel erinnert,  spricht  sich  die  Natur  des  Flußgottes  aus.  Der  Gott  ist  aber  an 
sein  Element  ähnlich  gefesselt  wie  Gaia,  wenn  sie  aufsteigt,  um  der  Athena  den 
Erichthonios    zu    reichen     oder     um    das    Leben     der    Giganten     zu    flehen.     So 


Abb.  2.     Eckfigur  im  Westgiebel  des  Parthenon. 

sehr  der  Streit  in  der  Mitte  des  Giebels  ihn  erregt,  er  kann  sich  nur  auf 
dem  linken  Arm  etwas  emporrichten  und  den  Körper  in  den  Hüften  ein  w-enig 
nach  rechts  drehen.  Ganz  sich  zu  erheben  ist  ihm  nicht  vergönnt.  Kann  man  einen 
Flußgott  glücklicher  charakterisieren  }  Damit  ist  denn  auch  die  längst  ausgesprochene 
Deutung  der  entsprechenden  rechten  Eckfiguren  als  Ilisos  und  Kallirrhoe  aufs  neue  be- 
wiesen, sowie  die  der  Nachbarfigur  des  Kephisos,  deren  Nachweis  wir  Sauers  glänzendem 
Scharfblick  verdanken  2),  als  Eridanos,  eine  Benennung,  die  zuerst  ausgesprochen  zu 
haben  das  Verdienst  von  Matz  ist,  während  Sauer  selbst  in  übertriebener  Skepsis 
bei  dieser  wie  bei  den  übrigen  Eckfiguren  auf  jede  Namengebung  verzichtet  hatte. 
Wie  vortrefflich  nun  diese  Flußgötter  zu  der  Handlung  passen,  ist  so  oft  ausge- 
sprochen worden,  daß  man  nur  kurz  daran  zu  erinnern  braucht.  Denn  sind  auch 
die  Flußgötter  in  Attika  nicht  wie  anderwärts  die  Ahnherren  des  Königsgeschlechts, 
so  sind  sie  doch  auch  dort  die  Pfleger  und  Ernährer  der  Landesjugend,  und  wer  von 
den  Olympiern  dem  Lande  gebieten  wird,  ist  für  sie  von  größter  Wichtigkeit.     Sie 


«)  Die  Cliches  für  diese  beiden  Abbildungen  sind  liebenswürdigster   Weise   zur  Verfügung  gestellt 

uns   von  der  Weidmannschen   Buchhandlung  in  worden. 

*)  Athen.  Mitt.  XXXV  19 10  Taf.  VII  S.  65  ff. 


240 


C.  Robert,  Der  Kephisos  im  Parthenongiebel. 


sind  also  keineswegs  bloß  als  Lokalgötter,  sondern  als  sehr  interessierte  Zuschauer 
gegenwärtig. 

Daß  man  sich  aber  auch  noch  im  späteren  Altertum  über  die  Natur  dieser 
Eckfiguren  klar  war,  dafür  habe  ich  kürzHch  durch  Zufall  einen  merkwürdigen  Beleg 
gefunden,  der  mir  interessant  genug  scheint,  um  ihn  hier  zu  besprechen,  wofür  das 
Vorstehende  nur  die  Einleitung  bilden  soll.  Es  ist  eine  früher  in  Autun  befindliche, 
jetzt  verschollene  Brunnenfigur,  die  ich  beim  Durchblättern  von  Esperandieus 
Basreliefs  etc.  de  la  Gaule  Romaine  III  p.  122  s.  no.  1993  kennen  gelernt  habe  und 
danach  hier  wiedergebe  (Abb.  3),  Esperandieu  hat  sie  dem  Neudruck  von  Edme 
Thomas,  Historie  de  Vantique  citS  d' Autun   1846  p.  86   entnommen.     Die  Original- 


Abb.  3.     Verschollene   Brunnenfigur  aus  Autun. 


ausgäbe  dieses  Werkes  von  1660  enthält  nach  seiner  Angabe  diese  Abbildung 
noch  nicht,  sondern  nur  eine  Beschreibung,  wonach  der  Kopf  damals  noch 
vorhanden  war,  und  zwar  mit  zwei  Hörnern  über  der  Stirn.  Da  dies  bei 
Flußgöttern  ein  bekanntes  Attribut  ist,  hat  Esperandieus  Vermutung,  Thomas 
habe  einen  Schilfkranz  für  Hörner  gehalten,  wenig  Wahrscheinlichkeit.  Dieser 
Kopf  ist  dann  später  verloren  gegangen.  Wenn  Esperandieu  mit  Recht  ver- 
mutet, daß  die  Abbildung  aus  den  Manuskripten  von  Thomas  stamme,  muß  dies 
sehr  früh  geschehen  sein,  zu  der  Zeit,  als  die  1640  »entre  la  riviere  d" Arroux  et  les 
anciennes  murailles  d' Autun«  gefundene  Figur  im  Chäteau  de  Montjeu  als  Fontaine 
aufgestellt  war.  Aber  wie  verträgt  sich  mit  dieser  Annahme  die  Tatsache,  daß  Thomas 
W'ährend  der  Drucklegung  seines  Werkes  gestorben  ist?  Sei  dem,  wie  ihm  wolle, 
an  der  Authentizität  der  Abbildung  zu  zweifeln,  sind  wir  nicht  berechtigt.  Die  Über- 
einstimmung dieser  Statue  mit  dem  Kephisos  des  Parthenongiebels  ist  nun  so  groß, 
daß  ein  Zufall  ausgeschlossen  scheint.  Abgesehen  von  kleinen  Abweichungen  in 
Armhaltung  und  Drapierung,  wie  sie  in  solchen  Fällen  gang  und  gäbe  sind,  bestehen 
die  hauptsächlichen  Unterschiede  darin,  daß  die  Drehung  in  den  Hüften  aufgegeben 


C.  Robert,  Ein  Vergessener.  24 1 


ist,  was  sich  von  selbst  versteht,  und  daß,  der  Bestimmung  der  Statue  entsprechend, 
unter  dem  linken  Arm  eine  Urne  hinzugefügt  ist. 

Meines  Wissens  ist  es  das  erste  Mal,  daß  sich  eine  so  genaue  Kopie  einer  Par- 
thenonfigur aus  der  Kaiserzeit  nachweisen  läßt.  Nur  auf  einem  bedeutend  früheren 
Bildwerk,  dem  Altar  oder,  wie  Sieveking  will,  dem  Postament  des  Cn.  Domitius 
Ahenobarbus  findet  sich  etwas  Ähnliches  i).  Hier  sieht  man  nämlich  am  rechten 
Ende  der  Rückseite  einen  römischen  Ritter  im  Typus  des  Epheben  am  Westfries 
des  Parthenon,  der  sein  Pferd  die  Stellung  des  uTCoßißa'CsoOat  einnehmen  läßt  2). 
Doch  das  gehört  zu  den  klassizistischen  Elementen,  an  denen  dieses  Bildwerk  über- 
haupt reich  ist. 

Halle  (Saale).  C.  Robert. 


EIN  VERGESSENER. 

Vitruv  schreibt  imProoemium  zu  seinem  VH.  Buch  §  14:  praeterea  minus  nohiles 
multi  praecepta  symmetriarum  conscripserunt,  uti  Nexaris  Theocydes  Demophilos 
Pollis  Leonidas  Süanion  Melampus  (1.  Melanthius)  Sarnacus  Euphranor.  Der  hier 
erwähnte  Pollis  ist,  wie  schon  Brunn  vermerkt  hat,  zweifellos  derselbe,  den  Plinius 
34,  91  unter  den  Bildhauern  nennt,  die  athletas  et  armatos  et  venatores  sacrificantesque, 
also  Votivstatuen,  verfertigt  habens).  Über  die  Zeit  des  Künstlers  erfahren  wir  aus 
diesen  beiden  literarischen  Zeugnissen  nichts;- hier  treten  aber •  ergänzend  die  In- 
schriften ein. 

IGT.  Suppl.  p.  180  no.  37315  (Lolling,  KaTotX.  68): 

nox  .... 

dv£i)[sxev 
ojsxaxev 
H]o     XetjAepTco 
rioXXia?  iTTOtsösv 
IG  a.a.O.  p.  180  s.  no.  373^^.  p.  83  no.  37348  (Lolling,  KaxaX.  67): 
KptTOV  (!)  'Adcvatai :   Ho  2x60o :   avIOexs  [is. 
noX[Xtas]  lTCote[a]£v 
Beide  Künstlerinschriften  stammen  aus  dem  Perserschutt.     Den  in  der  zweiten 
genannten Dedikanten Kriton  hat  Studniczka  (Arch.  Jahrb.   II  1887  S.  143)  mit  dem 
Töpfer  dieses  Namens  und  seinen  Vater  Skythes  mit  dem  gleichnamigen  Vasenmaler 
identifiziert.    Beide  arbeiten  in  schwarzfigurigem  Stil.    Auch  der  Dedikant  der  ersten 
Künstlerinschrift  FIoX  ....    könnte,  da  er  eine  Dekate  weiht,  ein  Töpfer  gewesen  sein. 
Wenn  aber  Pollias  zur  Zeit  des  schwarzfigurigen  Stils  lebt,  so  liegt  es  sehr  nahe, 
ihn  für  identisch  mit  dem  Vater  eines  Meisters  des  strengen  rotfigurigen  Stiles,  des 

*)  Furtwängler,    Intermezzi     S.   35  ff.;     Sieveking,        3)  Warum  E.  Seilers  in  ihrer  Plinius -Ausgabe   den 
österr.  Jahresh.  XIII  1910  S.  95  ff.  Namen  durch  ein  Kreuz  als  »korrupt«  bezeichnet, 

»)  Arch.  Zeit.  XXXVI  1879  Taf.  22.  ist  mir  unerfindlich. 


242  ^'  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


berühmten  Amphorenmalers  Euthymides,  zu  halten,  der  sich  in  seinen  Signaturen 
EuOufitSTj?  6  rioXXtou  nennt.  Diesen  Schluß  habe  ich  vor  acht  Jahren  in  Pauly- 
Wissowas  Realenzyklopädie  VI  Sp.  15 12  unter  Euthymides  gezogen.  Es  ist  also 
das  umgekehrte  Verhältnis  wie  bei  Antenor,  der  der  Sohn  des  Malers  Eumares  ist 
und  der,  wie  Pollias  für  Kriton,  für  den  Töpfer  Nearchos  arbeitet.  Aber  bei  Ab- 
fassung jenes  Artikels  habe  ich  an  den  Pollis  desVitruv  und  desPlinius  nicht  gedacht 
und  möchte  hier  das  damals  Versäumte  nachholen;  denn  da  OoXXi?  und  üoXXiac 
nur  verschiedene  Kurzformen  eines  Vollnamens  sind,  dessen  erster  Komponent  Uoko 
ist,  kann  an  der  Identität  nicht  gezweifelt  werden.  Ein  Bildhauer  aber,  der  schon  vor 
Polyklet eine  Schrift irspl  cfüji.(iSTptas verfaßt  hat,  von  dernoch  Vitruv — wenn  auch  wohl 
nur  aus  einem  Zitat,  sei  es  desPolyklet,  sei  es  eines  andern  diese  Materie  behandelnden 
Schriftstellers,  wie  Euphranor  oder  Melanthios  —  Kunde  hat,  und  der  zugleich  einen 
Euthymides  zum  Sohn  hat,  kann  kein  unbedeutender  Künstler  gewesen  sein.  Gern 
möchte  man  von  diesem  älteren  Zeitgenossen  des  Antenor  ein  Bild  gewinnen,  und 
daß  unter  den  gefundenen  Koren  sich  eine  zu  einer  der  Basen  gehörige  oder  gar  alle 
beide  befinden,  ist  wahrscheinlicher  als  das  Gegenteil.  Aber  seit  die  Basen  hi  das 
Nationalmuseum  hinabgewandert  sind,  während  die  Koren  ihren  Wohnsitz  auf  der 
Akropolis  behalten  haben,  sind  Zusammensetzungen,  wie  sie  Studniczka  mit  der 
Köre  des  Antenor  und  Winter  mit  dem  Euthydikos-Mädchen^)  gelungen  sind,  sehr 
erschwert.  Vielleicht  kann  aber  die  außerordentlich  charakteristische  Gewand- 
behandlung des  Euthymides,  die  sich  ähnlich  doch  wohl  bei  seinem  Vater  finden 
wird,  ein  Fingerzeig  werden.  Doch  eine  solche  Untersuchung  ist  nur  in  Athen  selbst 
auszuführen. 

Halle  (Saale).  C.  Robert. 


FRÜHMYKENISCHE  RELIEFS 
AUS  KRETA  UND  VOM  GRIECHISCHEN  FESTLAND. 

Mit  Tafel  9 — 12. 

Die  Kunde  von  der  'mykenischen'  Kultur,  die  uns  Heinrich  Schliemanns  Aus- 
grabungen zuerst  erschlossen  haben,  ist  durch  nichts  so  gefördert  worden,  wie  durch 
die  Erforschung  der  älteren  Schichten  Kretas.  Seit  hier  der  Spaten  angesetzt  wurde, 
treten  immer  und  immer  wieder  neue  und  überraschende  Denkmäler  ans  Licht.  Ihre 
Fülle  ist  so  groß,  daß  die  Veröffentlichung  mit  den  Grabungen  nicht  Schritt  halten 
kann.  So  besitzen  wir  über  weitaus  das  Meiste  nur  vorläufige  Berichte,  und  wir  wissen 
ihren  Verfassern  Dank,  wenn  sie  die  Objekte  in  Zusammenhang  zu  bringen  bemüht 
sind.  Nur  vereinzelt  ist  die  Bearbeitung  von  Denkmälergruppen  unternommen 
worden.  Davon  hat  nicht  nur  das  rasche  Anwachsen  des  Materials  abgeschreckt, 
das  jeden  Tag  neue  grundlegende  Aufschlüsse  bringen  kann,  sondern  auch  die  große 
Menge  von  noch  nicht  oder  nicht  ausreichend  publizierten  Funden,  die  nur  der  einiger- 

')  Eine   vortreflflich   ausgefallene  Wiederherstellung   im  Gips   hat  Studniczka  als  Festgabe  zum  Winckel- 

mannsfest  19 14  versandt. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  243 

maßen  zu  kennen  vermag,  der  das  Glück  gehabt  hat,  von  der  Liberalität  der  Museums- 
direktoren in  Athen  und  in  Candia  weitgehenden  Gebrauch  machen  zu  können.  Doch 
hat  das  Gebiet  der  Architektur,  bei  dem  die  Verhältnisse  relativ  einfach  liegen,  zu- 
sammenfassende Bearbeitungen  erfahren,  ebenso  die  Keramik,  wenn  auch  das  über- 
reiche und  nur  an  Ort  und  Stelle  zu  übersehende  Material  besondere  Schwierigkeiten 
bereitet.  Unsere  Kenntnis  der  Gemmen  und  Siegel  hat  sich  seit  Furtwänglers  Behand- 
lung dieses  Gebietes  so  bereichert,  daß  eine  neue  Bearbeitung  nötig  ist,  für  die  wenig- 
stens die  Grundlinien  bereits  gezogen  sind.  Daß  die  Entwicklung  der  Wandmalerei 
in  ihren  Hauptzügen  bekannt  ist,  danken  wir  den  neuen  Funden  von  Tiryns  und  den 
daran  anknüpfenden  umsichtigen  Untersuchungen. 

Die  folgende  Abhandlung  soll  nun  den  Reliefs  gewidmet  sein  und  versuchen, 
unter  ihnen  Gruppen  zu  scheiden  und  diese  in  Beziehung  zueinander  zu  setzen.  Bei 
dem  Stande' unseres  Wissens  ist  freilich  eben  nur  ein  Versuch  möglich,  aber  ein  solcher 
ist  wünschenswert,  weil  uns  der  Zufall  eine  Reihe  hervorragender  W^erke  gerade 
dieses  Kunstzweigs  geschenkt  hat  und  diese,  wenn  auch  noch  nicht  alle  in  guter 
Publikation,  so  doch  in  Gipsabgüssen  und  anderen  Nachbildungen  verbreitet  sind. 

Freilich  ist  auch  hier  eine  Einschränkung  nach  zwei  Richtungen  nötig.  Erstens 
lassen  sich  die  reinornamentalen  Rehefs  nur  im  Zusammenhang  mit  der  übrigen 
mykenischen  Ornamentik  behandeln,  und  zweitens  hat  eines  der  wichtigsten  Fund- 
gebiete, Kreta,  uns  bisher  so  wenig  Reliefs  aus  der  langen  Zeit  nach  der  großen  Blüte 
geschenkt,  daß  eine  Behandlung  des  reichen  festländischen  Materials  aus  dieser 
Periode  der  späteren  Entwicklung  auf  sich  selbst  beschränkt  bleiben  müßte,  zumal 
von  der  doch  ziemlich  isoliert  stehenden  kyprisch -mykenischen  Kunst  gerade  für  sie 
vorläufig  wenig  Aufklärung  zu  erhoffen  ist. 

Auch  für  diese  beschränkte  Zeit  bieten  sich  Schwierigkeiten,  die  zum  großen 
Teile  darin  begründet  sind,  daß  wir  die  Blütezeit  der  mykenischen  Kunst  in  Kreta 
fast  nur  aus  Palästen  und  anderen  Wohnschichten  kennen,  auf  dem  Festlande  aber 
dieselbe  Periode  ganz  vorwiegend  durch  ungewöhnlich  reiche  Grabfunde  vertreten 
ist.  Daher  überwiegt  hier  bei  weitem  das  Edelmetall,  während  dort  fast  ausschließ- 
lich Reliefs  aus  anderem  Material  gefunden  sind,  die,  einmal  beschädigt,  der  Vernich- 
tung preisgegeben  wurden.  Aus  dieser  Verschiedenheit  ergibt  sich  zunächst,  daß 
die  kretischen  Funde  und  die  festländischen  getrennt  zu  behandeln  sind.  Indessen 
empfiehlt  sich  dieser  Gang  der  Untersuchung  noch  aus  einem  anderen,  tieferen  Grunde. 
Es  hat  sich  bekanntlich  gezeigt,  daß  zwischen  der  mykenischen  Kultur  der  beiden 
Gebiete  Unterschiede  bestehen,  die  immer  mehr  an  Bedeutung  gewinnen,  und  nur 
auf  Grund  einer  strengen  Scheidung  nach  Fundgebieten  kann  eine  Förderung  dieses 
Problems  erhofft  werden  ^). 

')  Die    im     folgenden    behandelten    Reliefs    kreti-  die    mir    das    Studium    der    unter    ihrer    Obhut 

sehen  Fundorts  werden  im  Museum  von  Candia  stehenden    Schätze    in    jeder    Weise    erleichtert 

aufbewahrt,  soweit  nichts  anderes  bemerkt  ist,  haben,  auch  hier  meinen  herzlichen  Dank  aus- 

die  vom  Festlande  im  Nationalmuseum  in  Athen.  sprechen.   —  Von   den   kretischen   Funden   sind 

Ich  möchte  den  Direktoren  der  beiden  Sammlun-  einige  nur  vorläufig,  andere  noch  gar  nicht  ver- 

gen,   den   Herren   J.  Hazzidakis   und   V.    Stais,  öffentlicht.    Da  ich  mit  Evans  und  Halbherr,  ihren 


244 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


I.   KRETA. 

In  Kreta  tritt  uns  die  Rcliefkunst  voll  entwickelt  mit  dem  Beginn  der  großen 
Blütezeit  entgegen.  Aus  den  älteren  Palästen  von  Knossos  und  Phaistos  sind  keine 
Reliefs  bekannt.  Dagegen  waren  viele  Räume  des  jüngeren  knossischen  Palastes  mit 
großen  Stuckreliefs  geschmückt.  Leider  sind  sie  in  so  trümmerhaftem  Zustande  auf 
uns  gekommen,  daß  wir  sie  nicht  zum  Ausgangspunkt  unserer  Untersuchung  nehmen 
können.     Unter  allen  Werken  der  kretischen  Kleinkunst  aber  stehen  an  Zahl   und 

zum  Teil  auch  durch  die  Erhaltung  oben- 
an die  reliefgeschmückten  Gefäße  aus 
Steatit,  einem  leicht  zu  bearbeitenden 
Material  von  schönem  weichem  Glanz, 
das  im  südöstlichen  Kreta  ansteht  ^)  und 
dessen  dunkelste,  fast  schwarze  Varietät 
man  für  diese  kunstvollen  Arbeiten  be- 
vorzugte. Auch  von  diesen  Gefäßen  sind 
meist  nur  Bruchstücke  auf  uns  ge- 
kommen. Nur  drei  sind  nahezu  voll- 
ständig oder  doch  so  erhalten,  daß  sie  in 
allem  Wesentlichen  rekonstruiert  werden 
können.  Sie  stammen  aus  dem  älteren 
Palaste  von  Hagia  Triada,  der  während  der 
dritten  mittelminoischen  Periode  angelegt 
und  allem  Anscheine  nach  schon  während 
der  ersten  spätminoischen  Zeit  wieder  zer- 
stört worden  ist  2).  So  sind  die  drei  Gefäße 

noch    überdies  in   einen    relativ    kurzen 

Abb.  I .    Becher  aus  Hagia  Triada.  Zeitraum  datiert,  und  wir  stellen  sie  daher 

Nach  Giilierons  Reproduktion.  an   die   Spitze  unserer  Untersuchungen. 


I.  Der    Becher   von    Hagia   Triada. 
Von  den  drei  Steatitgefäßen  ist  am  besten  erhalten  ein  Becher,  der  aus  dem 


Entdeckern,  jetzt  nicht  in  Verbindung  treten 
kann  und  andrerseits  den  im  wesentlichen  schon 
1913  geschriebenen  Aufsatz  nicht  noch  länger 
zurückstellen  möchte,  schien  es  mir  das  Richtige, 
die  unveröffentlichten  Denkmäler  nicht  abzu- 
bilden, bei  den  übrigen  mich  mit  Abbildungen 
aus  zweiter  Hand  zu  begnügen,  denn  ich  will 
den  Entdeckern  natürlich  nicht  in  der  Publi- 
kation ihrer  Funde  vorgreifen.  Die  erwähnten 
Gipsabgüsse  der  Steatitreliefs  sind  bei  Emma- 
nuel     Salustros,     Former      des      Kretikon  Mu- 

XXXII 


seion     in    Herakleion    (Kreta)    käuflich,     Nach- 
bildungen der  Fayencen  stellt  dei^selbe  sowie  der 
dänische  Maler  Halvor  Bagge  her. 
0  JHSt.  XVII  1897,  328  (Evans). 
2)  Die  jüngere  Anlage,  deren  Zeit  nicht  genau  fest- 
steht,  läßt   zwei    getrennte   Gebäude   erkennen, 
die  keine  Rücksicht  auf  den  älteren  Bau  nehmen. 
Wahrscheinlich    hat    also    die    Stätte    eine  Zeit- 
lang öde  gelegen.  —   Über  die  Daten  der  Zer- 
störung   und     des     Neu-    oder     Umbaues     der 
kretischen    Paläste     vgl.    zuletzt     Evans    JHSt. 
1912,   280. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs, 


245 


älteren  Palaste  stammt  (Abb.  i.  2.)  ^).  Seine  einfache  konische  Gestalt  kommt 
in  mittelminoischer  Zeit  =)  vor,  nach  der  ersten  spätminoischen  Periode  ist  sie  ver- 
loren gegangen.  Sie  bedurfte  keiner  Gliederung.  Als  oberer  Abschluß  genügt  ein 
kleiner,  senkrecht  geriefelter  Rundstab.  Nur  der  kleine  Fuß  ist  tektonisch  hervorgeho- 
ben. Das  Profil  seiner  Platte  wiederholt  in  kräftigerer  Form  das  Motiv  des  oberen 
Randes;  über  ihr  folgen  zwei  schräge  Streifen  und  zwei  kleine  Stufen  bis  zur  engsten 
Stelle;  dann  kehrt  dasselbe  Motiv  der  Stufen  wieder,  nur  in  umgekehrter  Ordnung, 
wie  in  den  Faszien  des  ionischen  Epistyls. 
Die  Darstellung,  die  sich  auf  dem  so  ge- 
schaffenen Boden  abspielt,  ist  sehr  einfach 
und  doch  überaus  lebendig.  Ein  schmales 
senkrechtes  Band,  das  man  wegen  seiner 
Querstreifen  gewiß  irrtümlich  für  die  An- 
deutung eines  Gebäudes  gehalten  hat  3), 
gibt  dem  Rund  Anfang  und  Ende.  Wir 
sehen  zwei  Jünglinge  einander  gegen- 
überstehen, beide  mit  geschlossenen 
Füßen.  Der  linke  von  ihnen  ist  deut- 
lich als  der  Untergebene  des  rechten 
charakterisiert.  Dieser  ist  nicht  nur 
größer,  sondern  auch  in  seiner  Tracht 
als  Fürst  ausgezeichnet.  Er  trägt  reiches, 
bis  an  den  Gürtel  herabwallendes  Locken- 
haar, das  durch  einen  doppelten  Reif 
festgehalten  scheint;  dieser  wird  ober- 
halb der  Ohren  durch  die  hier  beson- 
ders reiche  Fülle  kurzer  Locken  ver- 
deckt. Eine  dreifache  Halskette,  Spangen 


Abb.  2.     Becher  aus  Hagia  Triada. 
Nach  Gilli^rons  Reproduktion. 


*)  Höhe  II,  5,  oberer  Durchm.  9,  8  cm.  Paribeni 
Reridic(onti  della  R.  Accademia  dei)  Linc(ei) 
XII  1903,  324.  Abgebildet  sind  die  beiden 
Hauptfiguren  nach  Teilabgüssen  bei  Mosso, 
Escursioni  nel  Mediterraneo  55  u.  56  Abb.  33,  34; 
danach  umgezeichnet  bei  Dussaud,  Les  civili- 
sations  prehelleniques  dans  le  bassin  de  la  mer 
Egee*  69  Abb.  48  (verkleinert  bei  Winter,  Kunst- 
gesch.  in  Bildern  *  Taf.  89,  8.  9).  Aufnahmen 
des  ganzen  Gefäßes  nach  Gips  bei  Lamer,  Griech. 
Kultur  im  Bilde  Abb.  3  a — c,  nach  Gilli^rons 
Reproduktion  im  Katalog  der  galvanoplastischen 
Nachbildungen  mykenischer  Altertümer  der 
Geislinger  Metallwarenfabrik  Taf.  8,  9  Nr.  iio, 
die  uns  diese  Klischees  für  Abb.  i,  2,  sowie 
das  für  Abb.  28  freundlichst  zur  Verfügung  ge- 
stellt hat.  Eine  kleine  Abbildung  nach  dem 
Original  und  die  beiden  Hauptgestalten  nach 
Jahrbuch  des  archäolog'ischen  Instituts  XXX. 


abgerolltem  Gips  jetzt  bei  G.  E.  Rizzo  u.  P. 
Toesca,  Storia  dell'  Arte  Classica  e  Italiana 
(im  folgenden  als  Rizzo  angeführt)  I  132; 
eine  größere  Wiedergabe  bei  Hoernes,  Urge- 
schichte' 379  Nr.  5.  —  Vgl.  R.  M.  Burrows, 
The  Discoveries  in  Crete  *  (1908)  38. 

*)  Einige  Beispiele:  Maraghiannis,  Antiquit^s  Cr6- 
toises  II,  24,  2.  10  (Vasiliki),  I  35,  4  (Palaika- 
stro),  II  46,  4  (Phaistos),  I,  30,  1.3  (Grotte  von 
Psychro). 

3)  So  zuletzt  H.  R.  Hall,  Aegean  Archaeology  63. 
Aber  eine  derartige  Abkürzung  wäre  ohne  Ana- 
logien und  im  Gegensatze  zu  sonstigen  Archi- 
tekturdarstellungen unverständlich,  da  die  all- 
zudichten Querstreifen  keine  Quaderschichten 
bedeuten  können.  Sie  sind  vielmehr  dasselbe 
Ornament  wie  am  Fuß  und  am  Rand  des  Be- 
chers. 

18 


2a6  ^*  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


an  Oberarmen  und  Handgelenken  schmücken  ihn.  Der  andere  hat  kurzes  Haar 
und  ein  einfaches  Halsband,  sowie  nur  am  Handgelenk  einen  Reif.  Selbst 
der  Schurz  und  die  halbhohen  Stiefel  sind  bei  ihm  einfacher  als  bei  dem 
Vornehmen.  Noch  mehr  freilich  kommt  der  Standesunterschied  zum  Ausdruck  in 
der  Haltung.  Stolz  hebt  der  Fürst  den  Kopf,  seine  Rechte  hält  gebieterisch  einen 
Stab,  den  wir  wohl  als  Abzeichen  seiner  Würde  auffassen  dürfen  ^).  Durch  diese 
Bewegung  wird  die  Brust  von  vorn  sichtbar.  Der  andere  dagegen  hat  den  Kopf 
leicht  gesenkt;  seine  beiden  Hände  hält  er  in  der  Nähe  des  Gürtels;  die  rechte  faßt 
ein  langes  Schwert,  das  an  der  Schulter  lehnt,  die  Linke  einen  langgestielten  Gegen- 
stand, der  wie  ein  Wedel  aus  langen  Haaren  aussieht  2).  Er  steht  sichtlich  stramm 
und  erstattet  offenbar  seinem  Vorgesetzten  eine  Meldung.  Entsprechend  seiner 
ganzen  geschlossenen  Haltung  ist  der  Oberkörper  nicht  zu  breiter  Vorderansicht 
entfaltet,  sondern  im  Profil  dargestellt.  Hinter  ihm  folgen  drei  Männer,  deren  Körper 
fast  ganz  von  sonderbaren  riesigen  Gebilden  verdeckt  sind.  Sie  reichen  vom  Boden 
bis  an  den  Hals  und  sind  dabei  außerordentlich  breit.  Für  die  Deutung  ist  es  wichtig, 
daß  sie  an  ihrem  hinteren  Umriß  einen  Fortsatz  zeigen,  der  kaum  etwas  anderes 
sein  kann  als  der  Schwanz  eines  Tieres,  sie  bestehen  also  mindestens  außen  aus  riesi- 
gen Fellen.  Ich  möchte  sie  als  große  steife  Mäntel  auffassen,  denen  sich  etwa  die  großen 
Jürükenmäntel  aus  hartem  Filz  vergleichen  ließen.  Die  Deutung  auf  Schilde,  die 
natürlich  ein  Holzgerüst  an  der  Innenseite  voraussetzen  würde,  scheint  mir  ausge- 
schlossen, weil  solche*  am  linken  Arme  zu  erwarten  wären  und  der  Schwanz  des  Tier- 
felles kaum  an  ihrem  Rande  hinge.  Von  den  Leuten  selbst  sind  nur  die  Füße  und  die 
Köpfe  zu  sehen.  Freilich  ist  von  diesen  nur  der  des  letzten  Mannes  erhalten;  er  zeigt 
volles  langes  Haar.  Es  sind  gewiß  keine  Krieger,  die  hier  dem  Fürsten  durch  einen 
Offizier  vorgestellt  werden  —  dann  hätten  sie  sicher  kurzes  Haar  wie  dieser  und  die 
Waffen  wären  irgendwie  angegeben  3).  Eher  könnte  man  an  Abgesandte  oder  Geiseln 
eines  Hirtenstammes  denken.  Aber  so  wenig  uns  vorläufig  eine  positive  Deutung 
möglich  ist,  so  gewiß  war  der  Künstler  an  diese  unschöne  Tracht  gebunden,  um  die 
Leute  für  seine  Zeitgenossen  zu  charakterisieren.  Er  bemüht  sich  deutlich,  durch 
verschiedene  Größe  und  durch  kleine  Abweichungen  im  Umriß  etwas  Abwechselung 
in  die  unförmigen  Gestalten  zu  bringen,  aber  man  kann  gewiß  nicht  sagen,  daß  er 
für  diese  allzuschwere  Aufgabe  eine  befriedigende  Lösung  gefunden  hätte.  Um  so 
klarer  und  lebendiger  hat  er  den  Vorgang  selbst  wiederzugeben  verstanden.  Die 
Vorführung  der  drei  Leute  durch  einen  Offizier  vor  den  Fürsten  war  gewiß  kein 
leichtes  Thema,  da  zweifellos  das  Zeremoniell  die  stehenden  Figuren  und  damit  eine 
sehr  sorgfältige  Differenzierung  derselben  erforderte..  Andererseits  eignen  sich  ge- 
rade die  senkrechten  Linien  der  Hauptfiguren,  verstärkt  durch  den  Stab  und  den 


*)  Das  obere  Ende  des  Stabes  ist  zwar  abgebrochen,  Geräts  irrtümlich  als  Teil  einer  Kopfbedeckung, 

aber  der  Raum  reicht  kaum  hin,  ihn  als  Lanze  die  er  natürlich  als  Helm  deutet, 

zu  ergänzen,  worauf  mich  Studniczka  hinweist.  3)  Ich  halte  deshalb  die  von  Paribeni  a.  a.  0.  ver- 

*)  Burrows   a.   a.   O.   faßt  das   obere   Ende   dieses  mutete  Deutung  als  Vorbereitung  zu  einer  mili- 


tärischen Unternehmung  für  sehr  unwahrscheinlich. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  247 

Trennungsstreifen  vortrefflich  zur  Dekoration  der  Kegelfläche:  sie  sind  tektonisch 
gesprochen  die  Mantellinien  des  Kegels  ^). 

2.   Der    große   Trichter. 

Von  einem  zweiten,  beträchtlich  größeren  Gefäße  (Abb.  3)  wurden  die  Fragmente 
in  zwei  Grabungen  (1903  und  1904)  an  verschiedenen  Stellen  des  Palastes  von  Hagia 
Triada  gefunden,  die  ersten  sicher  im  älteren  Palast,  die  späteren  etwa  40  m  davon 
entfernt  und  an  einer  höher  gelegenen  Stelle  des  Hügels,  die  nur  von  dünner  Schutt- 
schicht bedeckt  war  2).  Der  eine  Teil  muß  also  verschleppt  sein.  Trotzdem  kann 
kein  Zweifel  bestehen,  daß  das  Gefäß  wie  die  beiden  anderen  zur  älteren  Anlage  gehört. 

Leider  ist  das  Gefäß  nicht  vollständig,  doch  ist  seine  Kegelform,  deren  erstes 
Auftreten  in  die  dritte  mittelminoische  Periode  fällt  und  die  bis  in  spätmykenische 
Zeit  vorkommt  3),  bis  auf  den  unteren  Abschluß  sicher.  Daß  dieser  durchbohrt  war, 
beweisen  die  zahlreichen  anderen  kegelförmigen  Rhyta. 

Schlichte,  wiederum  nach  Art  des  ionischen  Epistyls  gegliederte  Bänder  teilen 
den  Trichter  in  vier  Horizontalstreifen,  deren  oberster  unmittelbar  an  dem  kräftigen, 
durch  senkrechte  Rillen  verzierten  Randwulst  endet.  Leider  sind  die  beiden  obersten 
Streifen  nur  zum  kleinen  Teil  erhalten.  Der  erste  führt  uns,  wie  die  beiden  untersten, 
Faustkämpfe  vor,  der  zweite  das  Stierspiel,  das  so  gut  wie  der  Faustkampf  bei  reli- 
giösen Feiern  stattfand  und  daher  trefflich  zur  Dekoration  eines  Rhyton  paßt,  dessen 
Verwendung  im  Kultus  Karo  ansprechend  vermutet  hat.  Trotz  der  stofflichen  Ver- 
wandtschaft weicht  der  zweite  Streifen  durch  die  langgestreckten  Körper  der  Stiere 
auffallend  von  den  drei  anderen  Friesen  ab.  Auch  diese  zeigen  indessen  nicht  die 
gleiche  Art  des  Faustkampfes,  wie  schon  Halbherr  hervorgehoben  hat.  Die  Jüng- 
linge des  untersten  Streifens  kämpfen  ohne  Helm  und  ohne  Schuhe,  nur  mit  dem 
nach  hinten  herabfallenden  Schurz  mit  seinem  engen  Gürtel  und  dem  Gliedschutz  4) 
bekleidet.  Zu  diesen  Kleidungsstücken  kommen  bei  den  Männern  der  Reihe  darüber 
außer  Fausthandschuhen,  die  die  Stelle  der  sonst  üblichen  Faustriemen  vertreten  5), 

')  Über   das    Prinzip    der    'Oberflächenlinien'   vgl.  das  ganze  Rhyton  nach  dem  Original  wiedergibt. 

H.    Cornelius,    Elementargesetze    der    bildenden  Unsere  Abbildung,  die  ich  Herrn  Prof.  P.  Herr- 

Kunst  (1908)  122  fl.  mann  verdanke,  ist  nach  einem  im  Albertinum 

^)  Höhe  der  Rekonstruktion  (ohne  Henkel)  47  cm,  in  Dresden  abgerollten  Abguß  des  ganzen  Trich- 

oberer  Durchmesser    17  cm.     Paribeni,  Rendic  ters  photographiert ;  die  Ergänzungen  habe  ich  im 

Line.  Xn  1903,  331,  Halbherr  ebda.  XIV  1905  wesentlichen  nach  Rizzo  etwas  dunkler  getönt. 

365ff.  mit  Abb.  I,  ders.  Mem.  Ist.  LombardoXXl5  Die  offizielle  Publikation  steht  leider  noch  aus. 

(1905)240/1  Taf.  II3  (die  beiden  untersten  Strei-  3)  Karo,  Jahrb.  XXVI  1911,  265. 

fen     abgerollt),     öfters    wiederholt:     Burrows,  4)  Ich  muß  trotz  van  Hoorn  (oben  S.  71)  an  dieser 

Discov.  Taf.  1  A  S.  33;   Mosao,  Escursioni  177;  Erklärung    festhalten.       Das    libysche    Futteral 

Winter,  Kunstgesch.     in     Bildern  *  89,4;    Hall,  bezweckt    bei    anderer    Form    das    gleiche   — 

Aegean  Archaeology  Taf.    16.      Lamer,   Griech.  Schlüsse  auf  Rassenverwandtschaft  sind  natür- 

Kultur  im  Bilde  Abb.  4  a,  b  gibt  die  drei  unteren  lieh  hinfällig. 

Zonen   abgerollt,    alle   vier    Zonen    S.    Reinach,  5)  Solche  tragen  die  Faustkämpferinnen  auf  knossi- 

Gaz.  des  beaux-arts  XI  1914,  329  und  am  besten  sehen  Freskenresten  in  Oxford,  die  Evans  dem- 

Rizzo  131   Abb.  62  b,   der    auch   130  Abb.  62  a  nächst  publizieren  wird. 

i8* 


248 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


Abb.  3.     Der  Trichter  aus  Hagia  Triada. 
Nach  abgerolltem  Gipsabguß.     Die  Ergänzungen  dunkler  getönt. 


K.  Müller,  FrUhmykenische  Reliefs.  240 


Helme  mit  Backenschutz,  die  bei  den  Kämpfern  des  obersten  Streifens  überdies 
mit  einem  langwallenden  Busch  verziert  sind.  Vielleicht  sind  diese  Helme  nur  Gla- 
diatorenwaffen, da  sie  in  Kriegsszenen  nicht  vorkommen  ^);  doch  läßt  sich  der  auf 
dem  Festlande  so  häufige  bekannte  Eberzahnhelm  in  Kreta  bisher  nur  ein  einziges 
Mal  nachweisen  '^),  so  daß  ich  an  eine  lokale  Verschiedenheit  glauben  möchte. 
Jedenfalls  aber  ist  in  den  beiden  oberen  Streifen  eine  andere,  schwerere  Art  des 
Faustkampfes  gemeint  als  im  untersten. 

Für  die  künstlerische  Gesamtwirkung  ist  dieser  Unterschied  unwichtig.  Wesent- 
licher ist  es,  daß  der  oberste  und  der  dritte  Fries  durch  schwere,  nach  oben  sich  ver- 
jüngende Säulen  mit  sonderbaren  Kastenkapitellen  3)  die  Architektur  des  Kampf- 
platzes andeutet  und  damit  zugleich  sich  eine  Gliederung  schafft.  Die  vorhandenen 
Reste  reichen  hin,  zu  erkennen,  daß  die  Säulen  im  zweiten  und  vierten  Streifen  fehlten. 

Von  den  einzelnen  Friesen  läßt  der  dritte  die  Komposition  am  besten  erkennen. 
Zwischen  drei  Säulen  waren  drei  Kämpfergruppen  so  angeordnet,  daß  die  Sieger  in 
Ausfallstellung  die  Interkolumnien  füllen,  während  ihre  Gegner  vor  ihnen  zu  Boden 
gesunken  sind  und  den  unteren  Teil  der  Säulen  verdecken.  Von  diesen  drei  Besiegten 
ist  der  erste  vom  Rücken  sichtbar,  er  stützt  den  rechten  Unterarm  auf  den  Boden; 
der  zweite  kniet  und  berührt  mit  der  Stirn  fast  die  Erde;  vom  dritten  lassen  die 
nebeneinanderstehenden  Füße,  die  allein  erhalten  sind,  eine  annähernd  sitzende 
Stellung  erraten.  Gegenüber  diesem  Reichtum  an  Bewegungen  ist  es  auffallend, 
daß  die  beiden  erhaltenen  Sieger  nicht  nur  im  allgemeinen  im  gleichen  Ausfallschema 
dargestellt  sind,  sondern  auch  ihre  Arme  ganz  gleich  bewegen,  indem  sie  den  linken 
wie  zum  Parieren  erheben,  während  die  Rechte  zum  Stoße  bereit  zur  Hüfthöhe  ge- 
hoben ist.  Zweifellos  ist  damit  eine  bestimmte  Positur  gemeint,  die  schulmäßig  ge- 
übt wurde  4),  aber  es  ist  doch  gewiß  nicht  die  charakteristische  Stellung  des  Siegers, 
man  müßte  denn  annehmen,  der  Sieger  habe  nach  Beendigung  des  Kampfes  wieder 
die  Eröffnungsstellung  eingenommen,  wie  unsere  Turner  nach  jeder  Übung  wieder 
strammstehen. 

Noch  auffälliger  wird  diese  Wiederholung,  wenn  wir  den  untersten  Fries  betrach- 
ten.   Von  den  drei  Kämpferpaaren  sind  zwei  in  größeren  Resten  erhalten:  beidemal 

')  Ein  genau  entsprechender  Helm  in  ausgeschnitte-  auf  zu  ruhen.  —  Der  Rahmen  erscheint  ähnlich 

nem  Elfenbeinrelief  aus  Knossos  in  Candia.  auf  einem  Tonsiegel  von  Knossos  (BSA.  IX  56 

*)  Evans,   Prehistoric  tombs  of   Knossos  (auch  in  Abb.  35,  vgl.  S.  57)  und  auf  der  Steatitscherbe 

Archaeologia   LIX)   S.  67,    Grab  556.  mit   der   Prozession   (ebd.    129,   Abb.   85,   unten 

3)  Die  sonderbare  Kapitellform  kehrt  auf  einem  S.  260  Abb.  8),  doch  fehlt  beidemal  der  Aba- 
unpublizierten  Steatitfragment  von  Knossos  kus,  und  der  Schaft  geht  nach  oben  weiter.  Das 
wieder,  das  vielleicht  auch  von  einem  Rhyton  gleiche  gilt  von  dem  Miniaturfresko  mit  dem  Kult- 
stammt (Abguß).  Freilich  ist  nur  ein  Teil  des  bau,  das  mehrfach  verglichen  ist.  Wir  haben  es 
mit  Ringen  verzierten  Rahmens  und  des  aus-  hier  also  mit  Mastenhaltern  zu  tun,  aus  denen 
ladenden  Abakus  erhalten,  auf  dem  ein  Tier  die  Kapitellform  abgeleitet  sein  mag. 
liegt.  Sonderbarerweise  gehen  hinter  dem  Aba-  4)  Sie  kehrt  mehrfach  wieder:  schon  Burrows  ver- 
kus  und  dem  oberen  Teil  des  Rahmens  zwei  gleicht  das  Tonsiegel  BSA.  IX  56,  Abb.  35  und 
Bänder  nach  rechts,  statt  wie  in  H.  Triada  dar-  das  Pyxisfragment  ebd.  VII  95,  Abb.  31  (unten 

S.  260  Abb.  7). 


2  CO  ^'  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 

stehen  die  Sieger  in  der  gleichen  Positur,  und  auch  der  dritte  wich,  nach  dem  Rest 
seines  rechten  Beines  zu  urteilen,  nicht  von  ihnen  ab.  Die  Unterliegenden  erscheinen 
wiederum  in  neuen,  sehr  kühnen  Stellungen :  der  eine  ist  durch  einen  Schlag  auf  den 
Kopf,  nach  dem  die  Rechte  greift,  eben  niedergesetzt  worden;  die  Wucht  des  Stoßes 
war  so  groß,  daß  sein  rechtes  Bein  fast  senkrecht  in  die  Höhe  geworfen  ist.  Der  an- 
dere ist  freilich  noch  wuchtiger  getroffen,  er  überschlägt  sich  und  berührt  nur  mit 
den  Schultern  den  Boden.  Sie  nehmen  so  eine  viel  geringere  Breitenausdehnung 
ein  als  die  Unterliegenden  des  Frieses  darüber  und  ermöglichen  die  Darstellung  von 
drei  Szenen  auch  auf  dem  beschränkteren  Raum  des  kleinsten  Frieses.  Zugleich 
ist  aber  durch  sie  fast  so  stark  wie  durch  die  Sieger  die  Senkrechte  betont,  eine  Funk- 
tion, die  in  dem  nächsten  Streifen  die  Säulen,  freilich  schwächer,  aufnehmen.  Denn 
während  der  unterste  Fries  durch  die  dichtgedrängten  Kämpfer  ganz  gefüllt  ist, 
wird  im  nächsten  das  Auge  von  den  hohen  Gestalten  der  Sieger  auf  ihre  am  Boden 
liegenden  Gegner  hinabgeleitet,  um  dann  wiederzum  nächsten  Sieger  emporzublicken. 
So  umzieht  die  Darstellung  den  Trichter  gleichsam  in  drei  Wellen,  über  deren  Tälern 
die  anorganischen  Gebilde  der  Säulen  mehr  als  Füllung  erscheinen.  Nun  ist  es 
wesentlich,  daß  die  Sieger  dieser  Reihe  genau  über  denen  der  untersten  stehen.  Die 
Kulminationspunkte  der  Handlung  liegen  also  übereinander,  und  durch  die  gleiche 
Stellung  dieser  Hauptfiguren  wird  das  nur  um  so  deutlicher.  So  rechtfertigt  der 
künstlerische  Zweck  eine  Einförmigkeit,  die  bei  einem  Künstler  von  geringerer  Phan- 
tasie und  Darstellungsgabe  als  Mangel  erscheinen  könnte. 

Von  dem  Stierfries  ist  gerade  genug  erhalten,  um  uns  die  Komposition  erkennen 
zu  lassen.  Es  waren  drei  Stiere,  die  nach  links  dahinstürmten  und  in  deren  gestreck- 
tem Körper  die  Wellenbewegung  des  Kämpferfrieses  darunter  wieder  aufgenommen 
und  gesteigert  w4rd.  Die  Darstellung  gipfelt  in  dem  erhobenen"  gewaltigen  Haupte 
des  Stieres,  über  dem  der  kühne  Springer  schwebt.  Gewiß  war  das  Thema  in  den. 
beiden  anderen  Stiergruppen  variiert.  Aber  immer  fiel  der  Höhepunkt  der  Handlung 
in  die  Achse,  die  durch  die  Sieger  der  beiden  unteren  Streifen  gegeben  war. 

Von  dem  obersten  Streifen  ist  leider  nur  ein  kleines  Stück,  die  Beine  eines 
kauernden  Kämpfers,  über  dem  Stierkopfe  erhalten.  Das  größte  Stück  dieses  Frieses, 
das  etwa  ein  Drittel  zu  rekonstruieren  gestattet,  steht  anscheinend  nicht  in  direkter 
Verbindung  damit  ^).  Es  stellt  rechts  und  links  von  einer  Säule  je  zwei  Faustkämpfer 
dar.  Bei  dem  einen  Paar  ist  der  Kampf  noch  unentschieden,  aufrecht  stehen  die 
beiden  Männer  hart  aneinander,  und  der  rechte  erwidert  gerade  den  Schlag,  den  er 
eben  an  seine  Wange  erhalten  hat.  Das  zweite  Paar  scheint  zunächst  auf  einen  größe- 
ren Zusammenhang  zu  weisen:  vor  einem  nach  rechts  ausschreitenden  Manne  ein 
zweiter  in  fast  gleicher,  nur  etwas  schlafferer  Schrittstellung  mit  leicht  vorgebeugtem 
Oberkörper.  vSo  wenig  dieser  Kunst  größere  Gruppen  fremd  sind,  möchte  ich  in  dieser 
Szene  doch  eine  geschlossene  Darstellung  sehen,  weil  der  Kampf  gewiß,  wie  in  den 
anderen  Fällen,  paarweise  ausgefochten  wurde.  '  Wir  hätten  dann  ein  weiteres  Stadi- 

'  )  Hinter  dem   Kauernden  ist  nur  eine   Fußspitze  als  antik.     Ob  die  Fragmente  unter  der  Ergän- 

erhalten ;  Rizzo  gibt  irrtümlich  den  ganzen    Fuß  zung  aneinanderpassen,  weiß  ich  nicht. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  251 

um  des  Kampfes:  der  Sieger  hat  seinem  Gegner  so  hart  zugesetzt,  das  dieser  sich 
wendet,  ohne  noch  völlig  erlegen  zu  sein  ^). 

Wenn  diese  Deutung  richtig  ist,  hätten  wir  in  dem  Fries  sechs  Kämpferpaare 
anzunehmen,  am  ehesten  mit  drei  trennenden  Säulen.  Für  die  Komposition  läßt 
sich  wenigstens  das  sagen,  daß  die  Wellenbewegung  der  tieferen  Friese  nicht  mehr 
herrschte,  sie  ließ  sich  gegenüber  der  Stierszene  nicht  mehr  überbieten.  Gegen  eine 
Durchführung  der  drei  senkrechten  Achsen  spricht  das  Fragment,  das  über  dem 
Kopfe  des  Stieres  erhalten  ist.  Aber  wahrscheinlich  haben  die  Säulen  über  denen 
der  dritten  Reihe  gestanden  und  so  den  Zusammenhang  gewahrt.  Die  starken  Senk- 
rechten der  gedrängt  stehenden  Männer  geben  dem  Fries  den  Charakter,  der  in  den 
verlorenen  Teilen  kaum  wesentlich  anders  zu  denken  ist,  und  der  am  ehesten  dem 
untersten  Fries  entspricht,  wenn  auf  diesem  auch  größere  Gebundenheit  herrscht. 

So  schließt  sich  das  Bild  des  Ganzen:  von  den  vier  Bändern,  die  den  Trichter 
umfassen,  ist  das  unterste,  knappste,  auch  am  geschlossensten  komponiert,  während 
sich  in  den  beiden  nächsten  mit  der  Kegelform  des  Trichters  auch  die  Darstellung 
weitet,  freilich  nicht  ohne  in  durchgehenden  Senkrechten  die  Mantellinien  des  Kegels 
als  wesentliches  Moment  zu  betonen.  Gerade  dies  hebt  die  oberste  Zone,  trotz  freierer 
Komposition  im  übrigen,  stärker  hervor  und  schließt  so,  den  wulstigen  Gefäßrand 
vorbereitend,  das  Ganze  kräftig  zusammen.  Daneben  leitet  die  in  den  drei  unteren 
Zonen  sich  steigernde  Wellenbewegung  das  Auge  des  Beschauers  um  die  Rundung 
des  Gefäßes  herum,  den  ganzen  Reichtum  der  Darstellungen  zu  genießen.    *   ■ 

Daß  der  Henkel  des  Trichters,  der  nach  den  erhaltenen  Befestigungsspuren 
die  linke  Kämpfergruppe  roh  überschnitt,  ursprünglich  an  anderer,  von  wichtigem 
Bildwerk  freier  Stelle  befestigt  war,  ist  bei  einem  so  überlegten  Kunstwerk  gewiß 
anzunehmen.  Wahrscheinlich  war  er  an  der  für  ihn  bestimmten  Stelle  ausge- 
brochen und   mußte  nun  an  einen  unverletzten  Teil  versetzt  werden. 


3.   Die    Schnittervase. 

Das  dritte  der  Relief gef äße  vonHagiaTriada,  die  Schnitteivase,  wurde  schon  bei 
den  Versuchsgrabungen  des  Jahres  1902  in  einem  der  Haupträume  des  älteren  Palastes 
gefunden,  in  den  es  aus  dem  oberen  Stockwerk  herabgestürzt  zu  sein  scheint 
(Abb,  4 — 6)2).  Leider  ist  nur  der  obere  Teil  des  aus  mehreren  Stücken  zusammen- 
gesetzten Gefäßes  erhalten,  aber  zahlreiche  Analogien,  die  bis  in  den  Beginn  der 
mittelminoischen  Zeit  hinaufreichen  3),  lehren  ebenso  wie  Gilliörons  Ergänzungsver- 

1)  Der  kniende  Besiegte  im  dritten  Streifen  muß  Mediterraneo  138;  Milani,  Studi  e  materiali  III 
sich  auch  von  seinem  Gegner  abgewendet  haben,  84;  Burrows,  Discoveries  »  (1908)  35  ff;  Rizzo  I 
ehe  er  so  stürzen  konnte.  128  und  154,  27;  Hall,  Aeg.  Arch.  61  Taf.  16.  Auch 

2)  Publiziert  von  Savignoni  Mon.  Line.  XIII  1903,  sonst  oft  abgebildet,  z.  B.  Winter,  Kunstgesch. 
85  fE.  mit  Taf.  i — 3.  Vorher  kurz  besprochen  in  Bildern  *  89,  5 — 7.  Unsere  Abbildungen 
von  Bosanquet  JHSt.  XXII  1902,  389.  Vgl.  sind  in  natürlicher  Größe  nach  dem  getönten 
femer   Zahn,   Arch.   Anz.    1904,    76;    R.    Weill,  Gipsabguß  photographiert. 

Rev.   arch.    1904,    I   52;    Mosso,   Escursioni  nel        3)  Karo,  Arch.  Jahrb.  XXVI  191 1,  267. 


252 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


such  ^),  daß  es  als  annähernd  kugelförmiges  Rhyton  mit  kurzem,  schlankem  Aus- 
guß unten  zu  rekonstruieren  ist.  Das  Relief  bedeckte  offenbar  gerade  den  Teil  des 
Gefäßes,  der  Kugelform  hatte,  während  sich  der  Ausguß  tektonisch  abgesetzt  haben 
wird,  wie  der  Einguß  oben,  der  sich,  aus  einem  besonderen  Stück  gearbeitet,  er- 
halten hat. 

Ein  fröhlicher  Zug  zieht  an  uns  vorüber.    Voran  ein  Mann  mit  langem  Haar  in 
einem  offenbar  ziemlich  steifen,  fransenbesetzten  Schuppengewande,  aus  dem  der 


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Abb.  4.     Die  Schnittervase  aus  Hagia  Triada.      Nach  getöntem  Abguß. 


rechte  Arm  und  die  Schulter  frei  heraustritt.  An  sie  lehnt  er  einen  langen,  unten  ge- 
krümmten Stab.  Hinter  ihm  der  lange  Zug  der  Schnitter.  Ich  nenne  diese,  abgesehen 
von  dem  üblichen  Schurz  und  einer  leichten  Kopfbedeckung  nackten  Männer  Schnitter, 
obwohl  das  Gerät,  das  sie  auf  der  linken  Schulter  tragen,  nicht  in  allen  Einzelheiten 
klar  ist.  Es  besteht  aus  einer  langen  Stange,  in  die  oben  eine  kurze,  leicht  gekrümmte 
spitze  Klinge  hineingesteckt  scheint;  darüber  sind  noch  drei  lange,  gerade  und  ziem- 
lich dünne  Stäbe  gabelartig  angebunden.  Daß  das  Gerät  leicht  ist,  zeigt  außer  seiner 
Form  auch  die  Art,  wie  es  auf  der  flachen  Hand  getragen  wird.     Es  ist  also  sicher 

^)  Katalog   der   Geislinger    Metallwarenfabrik   Taf.  2  u.  3,  wiederholt  bei  Karo  a.  a.  0.  268  f. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


253 


keine  Waffe,  wie  Halbherr  und  Savignoni  vermuteten,  und  damit  fällt  jeder  Grund, 
die  Darstellung  als  einen  Kriegerzug  zu  deuten  ^).  Noch  weniger  darf  man  freilich 
an  einen  Bratspieß  2)  denken,  gegen  den  schon  die  Divergenz  der  offenbar  keines- 
wegs ganz  starren  Zinken  spricht.  Freilich  hat  auch  die  Auffassung  des  Gerätes  als 
eine  Art  Heugabel  3)  ihre  Bedenken;  man  würde  die  Zinken  weniger  dünn  und  lang, 
dafür  aber  gekrümmt  erwarten.  Vor  allem  aber  erschwert  die  Kombination  mit  dem 
kurzen  Krummesser  die  Vorstellung  vom  Gebrauch  des  Gerätes.  Es  hat  den  Anschein, 
als  sei  dieses  nur  hineingesteckt  4),  aber  es  ist  doch  zweifellos  ein  Teil  des  Gerätes,  da 


Abb.  5.     Die  Schnittervase  aus  Hagia  Triada.     Nach  getöntem  Abguß. 


man  es  als  selbständiges  Werkzeug  auf  dem  Marsche  gewiß  praktischer  verwahrt 
hätte. 

Die  Leute  tragen  nun  noch  einen  anderen  dünnen  Gegenstand  mit  verdicktem 
unterem  Ende,  der  am  linken  Oberschenkel  angebunden  ist  und  etwa  dessen  Länge 
hat.     Er  gehört  weder  zur  Kleidung  —  dann  würde  er  am  rechten  Schenkel  nicht 


•)•  Es  fehlt  auch  sonst  auf  dem  ganzen  Relief  jedes 
Kriegsgerät,  und  besonders  der  barhäuptige 
Führer  macht  so  wenig  den  Eindruck  eines 
Kriegsobersten,  daß  er  sogar  für  eine  Frau  ge- 
halten worden  ist  (Zahn  a.  a.  O.). 


2)  Dechelette,  Comptes  rendus  de  l'Ac.  1912,  83  ff. 
Dagegen  P.  Girard,  ebd.  97  f. 

3)  Jane  E.  Harrison  JHSt.  XXIV  1904,  249. 

4)  S.  de  Ricci   bei  R.  Weill  a.  a.  0.  54,   Anm.  i. 


254 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


fehlen  — ,  noch  ist  er  ein  Brotsack  oder  gar  ein  künstlicher  Phallus,  den  man  gewiß 
nicht  ans  Bein  gebunden  hätte;  vielmehr  scheint  er  einen  Schleifstein  ^)  vorzustellen, 
der  am  linken  Bein  seinen  Platz  hat,  damit  die  rechte  Hand  das  Messer  ■ —  zweifellos 
das  oben  in  der  'Heugabel'  steckende,  das  man  zu  diesem  Zwecke  wohl  abnehmen 
konnte  —  bequem  darüber  führen  kann.  Auch  das  paßt  nur  zu  ländlicher  Tätigkeit. 
Alles  in  allem  möchte  ich  an  Bosanquets  Erklärung  als  Erntezug  festhalten. 
Nur  scheint  mir  die  Verbindung  einer  Heugabel  mit  einer  Sense  an  sich  und  dann 
besonders   die   Kürze   der   Klinge   ungeeignet,    gerade   an   Getreideernte  zu   denken. 


Abb.  6.     Die  Schnittervase  aus  Hagia  Triada.     Nach  getöntem  Abguß. 


Eher  wäre  es  möglich,  daß  die  Geräte  zum  Herabschlagen  von  Baumfrüchten,  etwa 
Oliven,  dienten;  das  hakenförmig  abstehende  Messer  wäre  dann  zum  Abschneiden 
einzelner  Früchte  oder  eher  wilder  Zweige  verwendet  worden. 

Der  Zug  ist  gegliedert  durch  eine  Gruppe  von  drei  Sängern  mit  ihrem  gleich- 
falls singenden  Führer,  die  nach  dem  vierten  Schnitterpaare  marschieren.  Von  den 
Sängern  selbst  ist  außer  dem  unbedeckten  Lockenkopf  nur  ein  Teil  der  ausschreiten- 
den Beine  zu  sehen,  während  Oberkörper  und  Arme  von  einem  unerklärten  steifen 

')  So  schon  Studniczka  bei  Walter  Müller,  Nackt-  dem  van  Hoorn,  oben  S.  72,  folgt.    Seiner  Deu- 

heit  und  Enblößung  (Diss.  Leipzig  1906)  S.  67,  tung  der   Schnürchen     als     oberem   Rand    von 

xvin{i.i8ec  widersprechen   die  erhaltenen  Reste. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  255 


Gewände  (?)  bedeckt  sind^).  Der  Vorsänger  weicht  in  seiner  Tracht  von  ihnen  ab: 
er  hat  kurzes  Haar,  sein  Oberkörper  ist  nackt,  aber  um  die  Hüften  hat  er  ein  Tuch 
geschlungen,  dessen  unterer  Abschluß  fehlt.  Ein  Gürtel  ist  nicht  sichtbar.  In 
der  Rechten  schwingt  er  ein  Sistrum,  das  seinem  Ursprünge  nach  sicher 
ägyptisch  ist,  uns  aber  darum  noch  nicht  das  Recht  gibt,  seinen  Träger  für 
einen  Ägypter  zu  halten.  Obwohl  das  Instrument  im  kretisch-mykenischen  Kultur- 
kreise bisher  nur  dies  eine  Mal  vorkommt,  läßt  sich  doch  sagen,  daß  es 
ebensowenig  spezifisch  kriegerisch  wie  rein  ländlich  sein  kann,  und  wie  es  in  Ägypten 
dem  Kult  angehört,  werden  wir  auch  unserem  Festzuge  eine  gewisse  religiöse  Bedeu- 
tung zuschreiben  dürfen,  worauf  wohl  auch  der  im  Kultus  verwendete  Fransenrock 
des  Führers  hinweist.  Auffälliger  als  das  fremde  Gerät  ist  es,  daß  sein  Träger  im 
Körperbau  von  den  anderen  Männern  abweicht:  statt  der  unnatürlich  schlanken 
Taille  hat  er  ziemlich  volle  Formen.  Das  könnte  ihn  ja  als  Fremden  charakterisieren 
sollen  —  aber  gerade  als  Vorsänger  ist  doch  gewiß  ein  Einheimischer  wahrschein- 
licher, und  so  gut  es  neben  den  typisch  schlanken  Männern  des  heutigen  Kreta  auch 
wohlbeleibte  und  darum  nicht  weniger  echte  Kreter  gibt,  wird  es  auch  im  zweiten 
Jahrtausend  Ausnahmen  von  der  Regel  gegeben  haben.  Wir  hätten  dann  eine  Ab- 
weichung von  der  normalen  Stilisierung  vor  uns,  die  nur  als  Anlehnung  an  ein  wirk- 
liches Vorbild,  an  einen  besonders  geschätzten  Sänger,  sich  erklären  ließe,  also  einen 
frühen  Versuch  der  Individualisierung  darstellte^). 

Auf  die  Sänger  folgt  die  Hauptmenge  der  Schnitter,  vierzehn  an  Zahl,  gedräng- 
ter dahinschreitend  als  der  erste  Teil  des  Zuges.  Nur  einer  marschiert  nicht  in  Ord- 
nung mit,  der  fünfte  von  hinten.  Sein  Kopf  ist  ungefähr  in  der  Höhe  der  Gürtel  der 
anderen,  er  bückt  sich  also,  denn  es  sieht  nicht  aus,  als  ob  er  etwa  gefallen  wäre.  Da- 
gegen spricht  vor  allem  die  Bewegung  seiner  rechten  Hand,  die  sich  vorn  am  Schurz 
seines  Vordermannes  zu  schaffen  macht.  Es  handelt  sich  offenbar  um  einen  recht 
derben  Scherz;  der  Betroffene  bHckt  mit  offenem  Munde,  gewiß  scheltend  um  3). 
Diese  Episode  bezeichnet  drastisch  den  Übermut  der  Schnitter,  sie  spielt  sich  auch 
fern  vom  Führer  des  Zuges  ab.  Dabei  ist  sie  aber  keineswegs  hervorgehoben,  vielmehr 

')  Die  Deutung  wird  dadurch  erschwert,  daß  der  dazu     auch    Gillierons     Rekonstruktion,     oben 

Künstler  die  Köpfe  der  Sänger,  auf  die  es  ihm  S.   252    A.  i.      Sind    aber    wirklich    Gewänder 

besonders    ankam,    nebeneinander    zeigen,    ihre  gemeint,  so  ist  wegen  der  Wölbung  an  der  Brust 

Körper    aber    nicht    entsprechend    verschieben  das  schon  von  Mosso  angeführte  Siegel  Mon.  Line, 

wollte,  wohl  um  die  Gliederung  des  Zuges  nicht  XIII    1903,   41    Abb.    35    (Winter,    Kunstgesch. 

unklar   zu   machen;    die   dabei    sich   ergebenden  in    Bildern*    89,3)    heranzuziehen,    aber    gewiß 

Verstöße  gegen  die  Anatomie  sind  wohlweislich  nicht    mit    Savignoni    an    Frauen    zu    denken, 

hinter  dem  fraglichen  Gegenstand  versteckt,  der  ^)  Vgl.  die  Porträtköpfe  auf  Siegeln,  unten  S.  275. 

nun  bei  jedem  der  Sänger  eine  etwas  abweichende  —  Es  ist  natürlich  nicht  ausgeschlossen,  daß  er 

Form  erhalten  hat.     Sein  Verhältnis  zum  Halse  durch  seine  Körperfülle  als  Kastrat  charakteri- 

ist  nirgends  klar  und  in  jedem  Falle  etwas  anders;  siert  werden  soll.     Die  Sänger  hinter  ihm  sind 

unter    dem   linken   Arm    des    ersten    Schnitters  aber   nicht   als    solche   gekennzeichnet,    und  so 

laufen  die  drei  Umrisse  parallel,  und  erst  hinter  wird  man  ihm  seine  Männerstimme  lassen, 

dem  dritten  kommen  die  allein  erhaltenen  Reste  3)  Diese  Auffassung    der    Episode    verdanke    ich 

von  zwei   ausschreitenden  Beinen   hervor.     Vgl.  E.  Gillieron,  und  F.  Studniczka  hat  mich  darin 

bestärkt. 


2c6  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


ist  der  Ulkende  halb  versteckt  im  Gedränge,  wird  doch  sein  Oberkörper  von  den  vor- 
schreitenden Beinen  der  Hintermänner  überschnitten.  Schon  deshalb  ist  Mossos 
Deutung  verfehlt,  der  ihn  in  Erinnerung  an  gewisse  moderne  kretische  Tänze  als 
Vortänzer  auffaßt  i). 

In  gewisser  Beziehung  freilich  hat  Mosso  recht:  die  Leute  marschieren  nicht 
einfach,  dazu  ist  das  linke  Knie  zu  hoch  gehoben.  Aber  sie  tanzen  auch  nicht,  viel- 
mehr stampfen  sie  im  Vorwärtsschreiten  den  Takt.  Dazu  paßt  es,  daß  sie  alle  gleichen 
Schritt  halten.  Diese  Einheitlichkeit  der  Bewegung  der  großen  Masse  bedeutet  eine 
große  Schwierigkeit  für  den  Künstler,  deren  er  mit  bewunderungswürdiger  Meister- 
schaft Herr  geworden  ist,  zunächst  durch  die  Gliederung  des  Zuges  in  zwei  ungleiche 
Teile,  und  dann  durch  die  immer  neue  Gruppierung  im  einzelnen.  Der  erste  Teil 
des  Zuges  ist  viel  lockerer  als  der  zweite  —  vier  Paare  nehmen  dort  elf,  hier  neun 
Zentimeter  ein.  Und  gerade  in  dem  größeren  zweiten  Teil  weiß  er  durch  die  kleine 
Episode  des  sich  bückenden  Schnitters  Abwechslung  zu  bringen;  während  er  sonst 
die  Leute  dem  Beschauer  die  Brust  zuwenden  läßt,  zeigt  er  hier  zwei  von  der  Seite  ^). 
Fast  immer  erscheinen  die  Schnitter  paarweise,  und  es  verdient  Beachtung, 
daß  doch  die  Leute  der  hinteren  Reihe  immer  ein  wenig  anders  überschnitten  werden. 
So  gibt  es  keine  Eintönigkeit,  und  der  Rhythmus  kommt  in  ungetrübter  Frische 
zum  Ausdruck.  Nur  zwei  Figuren  bewegen  sich  nicht  in  dem  stampfenden  Schritt, 
wenn  die  erhaltenen  Reste  nicht  trügen,  der  vornehme  Führer  des  Zuges  und  der  Vor- 
sänger. Diese  beiden  sind  gleichsam  die  Ruhepunkte,  die  den  Rhythmus  nur  ver- 
stärken. Aber  auch  sie  sind  künstlerisch  nicht  gleichwertig.  Es  ist  charakteristisch, 
daß  keiner  der  Erklärer  den  zweiten  Teil  des  Zuges  für  den  ersten  genommen  hat, 
obgleich  keine  Trennungslinie  Anfang  und  Ende  scheidet  3) :  so  stark  wirkt  der  Führer 
als  Hauptruhepunkt.  Im  Vorsänger  dagegen  gipfelt  der  Rhythmus:  sein  Sistrum 
gibt  den  Takt  an  für  all  die  stampfenden  Gesellen,  und  nach  echter  Dirigentenart 
muß  auch  sein  linker  Arm  mittun.  Man  könnte  ihn  mit  der  Caesur  eines  Verses  ver- 
gleichen, die  ihn  gliedert  und  zugleich  zusammenhält. 

Dieser  starke  und  dabei  so  fein  abgewogene  Rhythmus  ist  eines  der  Haupt- 
momente, um  uns  das  unaufhaltsame  Vorwärtsstreben  des  Zuges  zu  verdeutlichen. 
Ein  zweites  liegt  in  der  gleichen  Richtung  der  geschulterten  Gabeln.  Auch  dies  war 
eine  Aufgabe,  die  nur  ein  Künstler  von  großer  Gestaltungskraft  so  lösen  konnte, 
daß  dieser  Wald  von  Zinken  nicht  ermüdet,  sondern  sogar  den  Eindruck  verstärkt. 
Wie  schon  Savignoni  bemerkt  hat,  ist  die  Zahl  der  Zinken  viel  größer,  als  man  er- 
warten sollte,  da  jedes  klar  dargestellte  Gerät  nur  ihrer  drei  hat.  Man  könnte  meinen, 
der  Künstler  habe  damit  eine  größere  Menge  von  Leuten  andeuten  wollen,  als  er 
wirklich  dargestellt  hat.  Indessen  ist  zwischen  den  Paaren  in  der  ersten  Hälfte  des 
Zuges  so  viel  Platz,  daß  diese  Erklärung  sehr  unwahrscheinlich  wird.  Dagegen  würden 

I)  Savignoni   sieht   in  ihm   ebenso  falsch  den  ein-  um      dem      Kopf      des      Lilkenden      Platz      zu 

zigen     Gefangenen,    den    heimkehrende    Krieger  machen. 

im  Triumphe  führen.  3)  Eine  solche  würde  die  Wirkung    der   Bewegung 

*)  Der  linke  Arm   des  hinteren  ist  vorgenommen,  lahmgelegt    haben,   während    sie    bei    den   ruhig 

stehenden  Figuren  des  Bechers  am  Platze  ist. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliets.  257 


wir,  wenn  diese  Schar  wirklich  rasch  an  uns  vorüberzöge,  höchstens  die  nächsten 
der  Gabeln  als  Einzelobjekte  wahrnehmen,  die  übrigen  würden  wir  als  eine  Einheit 
empfinden,  eben  als  einen  Wald  von  Zinken.  So  tritt  hier  in  glücklicher  Weise  die 
scheinbare  Form  an  Stelle  der  wirklichen,  um  im  Beschauer  die  Illusion  zu  erwecken, 
diese  fröhliche  Schar  in  frischer  Bewegung  an  sich  vorüberziehen  zu  sehen. 

4.  Das   Verhältnis    der    drei    Gefäße    von    H.   Triada 

zueinander. 

Der  gleiche  Fundort  und  die  gleiche  Höhe  der  künstlerischen  Leistung,  die  wir 
zu  würdigen  versucht  haben,  legen  die  Frage  nahe,  ob  wir  es  etwa  mit  drei  Schöpfun- 
gen eines  und  desselben  Meisters  zu  tun  haben.  Wirklich  vergleichbar  ist  freilich 
nur  weniges,  vor  allem  die  Darstellung  der  menschlichen  Gestalt. 

Sie  weist  klar  und  deutlich  auf  verschiedene  Hände,  Man  vergleiche  nur  die 
die  Bildung  von  Auge  und  Ohr.  Ersteres  ist  auf  dem  Becher  zwar  mandelförmig, 
aber  ziemlich  kurz,  so  daß  es  sich  dem  Kreise  nähert.  Es  sitzt,  nur  von  einem  kleinen 
vertieften  Ring  umgeben,  an  der  Oberfläche.  Auf  der  Schnittervase  dagegen  ist  die 
Augenhöhle  viel  tiefer  und  größer,  der  Augapfel  ist  bedeutend  länger.  Bei  den  un- 
behelmten Köpfen  des  Trichters  fällt  die  starke  Schrägstellung  des  Auges  auf.  Auch 
die  Ohren  sind  verschieden:  während  der  Becher  sehr  große,  sorgsam  modellierte 
Ohren  zeigt,  von  denen  das  einzige  sichtbare  des  großen  Trichters  nur  wenig  abweicht, 
deutet  der  Künstler  der  Schnittervase  sie  nur  durch  einen  leicht  gekrümmten 
Wulst  an. 

Auch  im  übrigen  zeigt  die  Wiedergabe  des  menschlichen  Körpers  die  Verschie- 
denheit der  ausführenden  Hände.  Am  meisten  vereinfacht  ist  sie  auf  dem  Becher. 
Am  Brustkorb  sind  der  große  Brustmuskel,  und  zwar  mit  den  Brustwarzen,  die  an 
den  anderen  Gefäßen  fehlen,  sowie  die  Rippen  angegeben;  die  Arme  dagegen  verraten 
ihre  Muskulatur  nur  durch  den  Umriß.  Auch  an  den  Beinen  ist  sie  mehr  angedeutet 
als  wirklich  ausgeführt,  dafür  aber  die  Straffheit  der  Sehnen  besonders  an  den  Unter- 
schenkeln durch  scharfe  Rillen  markiert.  Der  Künstler  der  Schnittervase  dagegen 
geht  auf  Einzelheiten  aus.  Er  gibt  nicht  nur  den  Deltoideus  an,  sondern  zerlegt  ihn 
in  einzelne  Teile,  um  ihn  recht  deutlich  zu  machen.  Auch  die  Muskulatur  der  Ober- 
schenkel hat  er  mit  Liebe  studiert.  Besonders  kräftig  modelliert  er  das  Stück  der 
Schulterpartie,  das  er  bei  der  Seitenansicht  zum  Vorschein  kommen  läßt.  Freilich 
ist  ihm  das  nur  beim  Vorsänger  recht  geglückt,  während  er  sonst  leicht  etwas  über- 
treibt, besonders  auch  beim  Sägemuskel,  dessen  Ansätzen  er  eine  überlange  und 
scharfe  Form  gibt,  so  daß  sie  fast  wie  Rippen  aussehen.  Die  Faustkämpfer  des  großen 
Rhytons  boten  durch  das  Thema  wie  durch  ihre  Größe  besonderen  Anlaß,  anato- 
mische Kenntnisse  anzubringen.  Die  Gestalten  sind  hier  am  muskulösesten,  ohne 
dabei  übertrieben  zu  sein.  Ausgezeichnet  ist  besonders  die  Bildung  der  Extremitäten, 
am  schwächsten  der  Brustkorb,  dessen  Knochengerüst  hier  weniger  zum  Ausdruck 
kommt  als  bei  den  beiden  anderen  Werken;  bei  den  Seitenansichten  fällt  die  starke 
Betonung  des  vorderen  Randes  des  breiten  Rückenmuskels  auf. 


258  ^-  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 

Diese  Unterschiede  reichen  zwar  aus,  die  drei  Gefäße  verschiedenen  Künst- 
lern zuzuschreiben,  aber  sie  lassen  keine  chronologischen  Schlüsse  zu.  Es  scheint 
mir  unmöglich,  sie  in  eine  Entwicklungsreihe  zu  bringen. 

Alle  drei  Künstler  vermögen,  jeder  mit  seinen  Mitteln,  klar  und  überzeugend 
auszudrücken,  was  sie  wollen,  geschlossene  Ruhe  und  einfache  wie  ganz  komplizierte 
Bewegung.  Gewiß  gelingt  ihnen  nicht  alles  gleichmäßig,  und  manche  dieser  Fehler 
sind  ihnen  gemeinsam.  Da  ist  zunächst  die  übermäßig  schlanke  Taille  zu  nennen, 
die  gewiß  als  Rassenschönheit  empfunden  und  daher  so  stark  übertrieben  wurde. 
Ähnlich  wird  man  die  sehr  schwach  ausgebildeten  Glutäen  beurteilen.  Der  Schwierig- 
keit, die  bei  Seitenansicht  stark  heraustretende  Schulter  in  die  Relieffläche  zu  bannen, 
wird  dadurch  abgeholfen,  daß  entweder  die  Schulter  zurückgedrängt  wird,  so  daß 
der  Oberkörper  in  Vorderansicht  erscheint,  oder  aber  sie  wird  nach  vorn  gezogen 
und  verdeckt  so  gleichzeitig  die  schwer  zu  verkürzende  Brustpartie. 

Aber  diese  Regeln  werden  nicht  mit  derselben  Strenge  innegehalten  wie  sonst 
in  archaischer  Kunst,  und  gerade  die  Ausnahmen,  die  wir  beobachten  können, 
zeigen  nicht  ein  mühsames  Tasten,  sondern  volle  Frische.  Ich  erinnere  nur  an  den 
wohlbeleibten  Vorsänger  der  Schnittervase  oder  an  den  strammstehenden  Offizier 
des  Bechers,  dessen  Brust  anscheinend  in  Verkürzung  dargestellt  ist  i).  Gerade  das 
beste  scheint  nicht  auf  Schultradition  zu  beruhen,  sondern  auf  lebendiger  Be- 
obachtung. Dem  nach  vorn  übergestürzten  Faustkämpfer  des  Trichters  schwellen 
die  Adern  am  Unterarm;  bei  den  Sängern  ist  der  Hals  überraschend  gut  gesehen  und 
wiedergegeben :  man  merkt,  daß  nicht  nur  der  Mund,  sondern  auch  die  Kehle  tätig  ist. 
Was  diese  Künstler  interessiert,  beobachten  sie  genau,  und  dabei  haben  sie  die  er- 
staunliche Fähigkeit,  es  auch  klar  darzustellen.  Das  spricht  für  eine  eminente  künst- 
lerische Begabung,  macht  es  aber  andererseits  schwierig,  die  Grenzen  ihres  Könnens 
festzustellen. 

Nur  äußerlich  ist  der  Unterschied  der  drei  Gefäße  in  der  Reliefbehandlung. 
Die  Tiefe  des  Reliefs  ist  verschieden.  Am  Becher  ist  es  ganz  flach,  viel  höher  an 
der  Schnittervase;  am  kräftigsten  wirkt  es  am  großen  Trichter,  um  so  mehr  als 
hier  der  starke  Unterschied  des  glatten  Hintergrundes  und  der  bewegten  Relief- 
fläche noch  besonders  hervorgehoben  ist  durch  ziemlich  kräftige  Rillen,  die  die  meisten 
Figuren  umgeben.  Man  könnte  vermuten,  daß  diese  Rillen  bestimmt  gewesen  seien, 
dünnes  Goldblech  zu  halten,  mit  dem  dann  der  Grund  oder  eher  die  Figuren  über- 
zogen gewesen  wären.  Ein  Steatitfragment  aus  Palaikastro,  dem  bei  der  Auffindung 
noch  etwas  Blattgold  anhaftete  (s.  S.  263),  hat  gelehrt,  daß  dergleichen  vorkam, 
und  der  prächtige  Stierkopf  aus  Knossos  *)  hatte  gewiß,  wie  sein  silbernes  Gegen- 
stück aus  Mykene,  eine  goldene  Schnauze.  Die  Rillen  umziehen  jedoch  hier  nicht 
alle  Teile  der  Figuren,  z.  B.  öfters  nicht  die  flatternden  Locken,  so  daß  sie  sicher 
keinen  derartigen  Zweck  gehabt  haben. 

^)  Wenn   mich    der  Abguß   nicht   täuscht,    so    ist  *)  Arch.  Jahrb.   XXVI   1911,   251    (Karo),   abgeb. 
die  vordere  Mittellinie   des  Oberkörpers  wieder-  bisher   nur    im  Katalog    der   Geislinger   Metall- 
gegeben, neben  der  ein  schmaler  Streifen  von  der  warenfabrik  Taf.  i. 
linken  Körperhälfte  sichtbar  ist. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs,  25Q 

Die  Unterschiede  in  der  Reliefhöhe  erklären  sich  leicht  aus  der  Größe  der  Ge- 
fäße und  der  Art  der  Darstellung.  Der  eigentliche  Reliefstil  ist  bei  allen  der  gleiche. 
Nirgends  wird  durch  die  Relieferhebung  die  tektonische  Fläche  gestört,  wie  ein  durch- 
brochener Schleier  legt  sich  das  Bildwerk  auf  den  Grund,  sich  dessen  Form  unterord- 
nend. Es  ist  ja  klar,  daß  dieser  Stil  im  technischen  Verfahren  wurzelt:  die  Gefäße 
wurden  gedreht  und  behielten  einen  Mantel,  eine  Art  Werkzoll,  von  der  Höhe  der 
Reliefs,  wo  solche  angebracht  werden  sollten.  In  ihn  hinein  wurde  dann  der  Grund 
vertieft,  so  daß  die  höchsten  Erhebungen  der  Figuren  gleichsam  die  ursprüngliche 
Fläche  markieren.  Wir  haben  es  also  mit  einem  reinen  Steinstil  zu  tun,  wie  ihn  Adolf 
Hildebrand  fordert,  nichts  weist  auf  Nachbildung  nach  Metallreliefs.  Freilich  dürfen 
wir  dabei  nicht  außer  acht  lassen,  daß  es  sich  um  Gefäßschmuck,  nicht  um  freie 
Reliefbilder  handelt. 

Auch  für  die  Komposition  macht  sich  in  allen  drei  Fällen  das  gleiche  Prinzip 
geltend.  Beim  Becher  wie  beim  Trichter,  die  ja  eine  nahe  verwandte  Grundform 
haben,  war  die  Betonung  der  Mantellinien  des  Kegels  hers^orzuheben,  während  die 
Kugelfiäche  der  Schnittervase  eine  freiere  Anordnung  gestattete.  Aber  auch  hier  ist 
die  Form,  besonders  durch  die  sich  ihr  anschmiegenden  Geraden  der  Gabeln,  glück- 
lich zum  Ausdruck  gebracht.  Dieser  gleichartige  Anschluß  der  Komposition  an  die 
Gefäßform  ist  um  so  mehr  beachtenswert,  als  wir  ja  gesehen  haben,  daß  die  drei 
Gefäße  nicht  von  derselben  Hand  stammen  können. 

5,  Kretische    Steatitfragmente   von    anderen    Fundplätzen. 

Zur  Ergänzung  dessen,  was  uns  die  drei  Gefäße  von  Hagia  Triada  gelehrt  haben, 
seien  hier  die  wichtigsten  Steatitfragmente  mit  ReHefschmuck  von  anderen  kreti- 
schen Fundplätzen  zusammengestellt,  Sie  stammen  fast  alle  aus  Knossos,  aber  meines 
Wissens  ist  keines  in  fest  datierter  Schicht  gefunden  worden. 

1.  Springender  Mann,  vom  Rücken  gesehen.  H.  und  Br.  3,5  cm.  Unpub- 
liziert;  in  Abgüssen  verbreitet. 

Das  kleine  Fragment  stammt  von  einem  kegelförmigen  Gefäß,  am  ehesten 
einem  Rhyton.  Dargestellt  ist  ein  Mann  in  voller  Rückenansicht,  u.  zw.  parallel 
zur  Krümmung  des  Gefäßes.  Die  Oberschenkel  sind  unmittelbar  unter  den  Glutäen 
abgebrochen;  der  linke  Arm  ist  gebogen,  so  daß  die  Hand  hinter  der  Brust  verschwin- 
det, der  rechte  war  vorgestreckt,  er  fehlt  jetzt  wie  der  Kopf,  Man  möchte  den  Mann 
als  Stierspringer  ergänzen.  Die  Tracht  ist  ein  einfacher  Schurz,  der  zwischen  den 
Beinen  durchgezogen  ist.  Interessant  ist  das  kleine  Bruchstück  als  wohlgelungene 
Rückenansicht,  die  einzige  mir  bekannte,  von  Gemmen  und  Siegeln  ^)  abgesehen. 
Die  Kurve  des  Rückgrats  und  die  Schulterblätter  sind  ebenso  gut  beobachtet,  wie  die 
Muskulatur  des  Gesäßes;  selbst  die  untere  Spitze  des  Trapezmuskels  ist  angegeben. 

2.  Faustkampf.  H.  6,6;  Br.  4,5.  Evans,  BSA.  VII,  95  Abb.  31.  Unsere 
Abb.  7  nach  dem  getönten  Abguß. 

*)  Das   eine   der    Siegel,     BSA.    IX   56,    Abb.    38,  noch   ans   Ende   der  mittelminoischen   Zeit   da- 

stammt   aus   den  Temple  Repositories,    ist  also  tiert. 


26o 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


Abb.  7.     Faustkampf. 
Aus  Knossos.    Nach  getöntem  Abguß 


Das  Bruchstück  stammt  gleichfalls  von  einem  kegelförmigen  Gefäß.   Dargestellt 
ist  ein  Jüngling  mit  Schurz  nach  rechts  in  der  Positur  der  siegreichen  Faustkämpfer 

des  großen  Rhyton.  Sein  linker  Fuß  wird  durch 
einen  Teil  (das  Knie?)  seines  gestürzten  Gegners 
verdeckt. 

3.  Prozession  von  Jünglingen.  H.  5,1; 
Br.  4,6  cm.  Evans,  BSA.  IX,  129  Abb.  85;  wieder- 
holt z.B.  bei  Winter,  Kunstgesch.  in  Bildern  ^  91,  2. 
Abb.  8  nach  dem  getönten  Abguß. 

Das  Relief  ist,  den  kleinen  Figuren  entsprechend, 
sehr  flach.  Erhalten  sind  zwei  Jünglinge  mit  dem 
Schurz,  in  gleicher  Haltung  nach  links  schreitend. 
Sie  tragen  Schalen,  die  sie  feierlich  mit  weit  vorge- 
streckten Händen  halten;  der  Oberkörper  ist,  ge- 
wissermaßen als  Gegengewicht,  weit  zurückgebeugt. 
Der  Kopf  umriß  des  vorderen  zeigt,  daß  das  Haar 
über  dem  Wirbel  hochgebunden  ist,  es  hängt  in  den 
Nacken  herab.  Über  den  Jünglingen  werden  Teile 
von  Architektur  sichtbar.  Vier  Schichten  von 
Quadermauerwerk  tragen  auf  doppelter  Plinthe  die 
Reste  von  'horns  of  consecration'.  Vor  diesem 
Aufbau  sind  zwei  Masten  angebracht,  der  linke 
höher  als  der  rechte.  Entsprechend  sind  links  nur 
am  obersten  Rande  Reste  von  zwei  Quaderschichten  zu  erkennen,  die  etwa  in  der 
Höhe  der  Plinthen  des  Mittelstücks  liegen;  ganz  rechts  deuten  Spuren  an^),  daß 
hier  das  Mauerwerk  etwa  anderthalb  Schichten  tiefer 
reichte  als  in  der  Mitte.  So  scheint  die  ganze  Architek- 
tur nach  links  in  ungleich  hohen  Stufen  anzusteigen; 
wie  sie  zu  verstehen  ist,  läßt  der  fragmentierte  Zustand 
nicht  mehr  erkennen.  Indessen  sichern  die  feierliche 
Prozession  der  Jünglinge  wie  die  Altarhörner  ihre  reli- 
giöse Bedeutung. 

4.  Kultszene.  Teil  einer  zylindrischen  Pyxis 
aus  der  Gegend  von  Knossos.  Oxford.  Evans,  JHSt. 
XXI  1901,  lOl  ff.  Abb.  2  ( =  Tree  and  PillarCult  3 ff.), 
danach  Abb.  9;  Savignoni,  Mon.  Line.  XIV  1904,  589 
(Abb.  52)  mit  weiterer  Literatur;  Thulin,  Klio  V  1905, 
336;  Winter,  Kunstgesch.  in  Bildern*  91,  i.  Kleine 
Abbildung  nach  Photographie  Hall,  Aeg.  Arch.Taf.  15,  3. 
Das  Fragment,  das  mir  nur  aus  den  Abbildungen 
bekannt  ist,  läßt,  unglücklich  gebrochen,  für  die 
beiden    Figuren   keine    sichere    Deutung    zu.     Links    ein    laufender    Jüngling   im 

')  Sie  sind   auf  unserer  Abbildung  neben  der  beschatteten   Bruchfläche  eben  noch  erkennbar. 


Abb.  8.     Prozession. 
Aus  Knossos.  Nach  getöntem  Abguß. 


K.  Müller,  Frühmy kenische  Reliefs. 


261 


Schurz,  rechts  die  Reste  eines  knienden,  dessen  gerade  Haltung  des  Ober- 
körpers wohl  dagegen  spricht,  ihn  für  einen  im  leichten  Faustkampfe  Besiegten 
zu  halten.  Eher  ist  Savignonis  Deutung  auf  einen  Kulttanz  annehmbar.  Denn  daß 
wir  es  mit  einer  Kultszene  zu  tun  haben,  sichert  die  Darstellung  des  Altars  aus  regel- 


Abb.  9.     Kultszene.     Steatitfragment  in  Oxford. 


mäßigen  Quadern  mit  seinen  Hörnern.  Hinter  ihm  verlaufen  zwei  parallele  Mauern 
aus  unregelmäßigen  Steinen  i),  zwischen  denen  ein  Baum  steht.  Ob  mit  dieser  Anlage 
ein  geweihter  Bezirk  mit  einem  heiligen  Baum  gemeint  ist  oder  nur  die  Örtlichkeit, 
neben  der  der  Altar  steht,  angedeutet  werden  soll,  läßt  sich  nicht  entscheiden.   Wich- 


')  Es  werden  Mäuerchen  aus  Feldsteinen  gemeint 
sein,  sicher  nicht  Polygonalmauern,  wie  Thulin 
Jahrbuch  des  archäolog-ischen  Instituts  XXX. 


glaubt.     Von  solchen  fehlt  auch  jetzt  noch  jede 
Spur  aus  mykenischer  Zeit. 

»9 


202  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 

k 

tiger  ist  für  uns  die  Frage,  wie  alle  die  dargestellten  Gegenstände  in  Beziehung  zu- 
einander gesetzt  sind.  Der  Altar  schwebt  scheinbar  über  der  Hand  des  Knienden, 
und  Mauern  und  Baum  sind  noch  höher  hinaufgerückt.  Aber  die  Hörner  des  Altars 
überschneiden  die  vordere  Bruchsteinmauer,  in  die  auch  der  Kopf  des  Laufenden 
hineinragte.  Dadurch  ist  klar  ein  Hintereinander  ausgedrückt.  Durch  das  Hinauf- 
rücken der  entfernten  Objekte  wird  der  an  sich  indifferente  Reliefgrund,  von  dem 
sich  die  Figuren  abheben,  zum  Boden,  auf  dem  vorn  die  Jünglinge  agieren,  und  auf 
dem  Altar,  Mauern  und  Baum  stehen.  Der  Künstler  reiht  also  nicht  die  Objekte 
auf  eine  Bodenlinie,  wie  etwa  die  ältere  griechische  Vasenmalerei,  welche  die  hori- 
zontale Ebene  nie  darstellt,  sondern  als  Linie  auf  die  Bildfläche  projiziert.  Hier  ist 
ein  Versuch  gemacht,  die  Tiefendimension  wiederzugeben,  und 
zwar  weniger  die  Tiefenerstreckung  der  einzelnen  Körper,  als 
vielmehr  die  des  Raumes.  Ähnliche  Versuche  werden  uns 
mehrfach  begegnen;  wir  finden  sie  auch  auf  Gemälden,  am  ent- 
sprechendsten auf  dem  Miniaturfresko  mit  den  tanzenden 
Frauen^);  der  Tanzplatz  wird  'durch  Mäucrchen  vom  dicht- 
gefüllten Zuschauerraum  abgetrennt. 
Abb.  lo.    Bogenschütz.  5-  Bogenschütz.       H.    und    Br.    etwa   3    cm.      Evans, 

Aus  Knossos.  Nach  BSA.  VH,  44,  danach  M.  Heinemann,  Landschaf tl.  Elemente 
getöntem  Abguß.  in  d.  griech.  Kunst  bis  Polygnot  (Diss.  Bonn  ,1910)  21,  Abb.  i. 
Nach  Abguß  Abb.  10. 
Das  kleine  Fragment  stammt  aus  einer  umfangreichen  Darstellung,  deren 
Wesen  leider  nicht  mehr  zu  erraten  ist.  Nicht  einmal  die  Stellung  des  Bruchstücks 
ist  ganz  klar,  Evans  läßt  den  Bogenschützen  in  schleichender,  fast  kniender  Stellung 
vordringen.  Aber  das  Schuppenmuster,  das  den  Hintergrund  bildet,  läuft  dann  schräg, 
während  es  normal  gerade  steht.  Es  ist  nichts  anderes  als  eine  auffallend  streng  stili- 
sierte Terrainangabc,  über  die  Rodenwaldt,  Tiryns  H,  226  ff.  eingehend  gehandelt 
hat.  Nur  einmal,  auf  einem  knossischen  Tonsiegel  mit  gelagerter  (.? )  Frau  2),  steht 
es  schräg,  ist  aber  da  auch  weniger  streng  stilisiert.  Hier  scheint  jedoch  die  von  der 
rechten  Wade  des  Schützen  ausgehende  Relictlinie,  die  zu  den  Schuppen  normal 
steht,  den  unteren  Abschluß  der  Terrainangabe  zu  bedeuten,  etwa  wie  auf  einem  der 
noch  nicht  veröffentlichten  Reste  des  Silberrhytons  aus  dem  IV.  Schachtgrab  (vgl. 
unten  Kap.  13),  wo  die  Richtung  durch  die  Bäume  gesichert  ist.  Dann  wäre  das 
Bild  zu  drehen,  wie  es  unsere  Abbildung  zeigt,  und  der  Schütze  würde  auf  einer 
steilen  Fläche,  einem  Abhang  oder  einer  Leiter,  stehen  —  freilich  in  einem  nicht 
gerade  glücklichem  Motiv,  das  an  Assyrisches  erinnert  3). 

Auffallend  und  ohne  rechte  Analogie  ist  der  Typus  des  Mannes.   Sein  Gesicht  mit 
der  gebogenen  Nase  weicht  von  den  kretischen  Typen  ab  und  läßt  fast  an  semitische 

I)  Erwähnt  von  Evans,    BSA.    VI  47    u.  IX  iio;  daß     mit    dem    Schuppenmuster    auch    weicher 

die  Publikation  steht  unmittelbar  bevor.  Boden  gemeint  sein  kann.    Vgl.  unten  S.  323. 

^)  Candia,  Mus.    392.      Rodenwaldt,  der   mich   auf  3)  Ein   besonders    drastisches    Beispiel    bei    Brunn, 

diesen   Abdruck   aufmerksam    machte,    faßt   die  Kunstgesch.  I  79,  Abb.  59  (nach  Layärd,   Monu- 

Frau  als  tanzend  auf.  Jedenfalls  zeigt  das  Siegel,  ments  of  Niniveh  II  Taf.  18). 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  263 


Züge  denken.  Er  trägt  halblanges  offenes  Haar  und  einen  spitzen  Backenbart.  Bei- 
des ist  so  in  Kreta  nicht  üblich;  das  Haar  wird  hier,  wenn  es  nicht  kurz  geschoren 
ist,  in  langen  Locken  getragen,  und  der  Bart  kommt,  soviel  ich  sehe,  nur  an  einem 
späten  und  wohl  als  Karikatur  gemeinten  Kopfrhyton  aus  Phaistos  als  Kinnbart 
vor  i).  Auf  dem  Festlande  erscheint  der  Backenbart  außer  an  der  bekannten  Maske 
unzweideutig  an  dem  schönen  Jaspisring  und  auf  der  eingelegten  Silberschale  *), 
Schließlich  ist  auch  die  Kleidung  nicht  der  normale  Schurz,  sondern  deutlich  eine 
kurze  Hose.  Ich  kenne  sie  aus  Kreta  nur  noch  von  zwei  geflügelten  Dämonen  auf 
Siegeln  von  Zakro  3),  während  sie  auf  den  Darstellungen  der  Schachtgräber  die 
häufigste  Männertracht  bildet  4).  Das  alles  gibt  dem  Fragment  eine  Sonderstellung 
unter  den  kretischen  Steatitreliefs,  die  wir  vorläufig  nicht  deuten  wollen;  das  Frag- 
ment ist  ja  selbst  zu  klein,  als  daß  sich  entscheiden  ließe,  ob  es  aus  einer  Kampf- 
oder einer  Jagddarstellung  stammt. 

Endlich  besitzen  wir  einige  Bruchstücke  von  Tierbildern. 

6.  Laufender  Eber,  aus  Palaikastro,  unpubliziert.  H.  6,5  cm.  Candia, 
Mus.  993.  Currelly  bei  Bosanquet  JHSt.  XXIV  1904,  320,  auch  erwähnt  von  Roden- 
waldt,  Tiryns  II  126  Anm.  2.    Abguß. 

Das  Fragment  stammt  von  einem  engen  Gefäß.  Erhalten  ist  der  Vorderteil 
eines  nach  links  laufenden  Ebers;  der  Kopf  ist  gegen  den  gedrungenen  Hals  in  einem 
scharfen,  recht  wenig  realistischen  Bogen  abgesetzt,  mit  radialen  Strichen,  die  natür- 
lich die  Behaarung  andeuten  5).  Vom  Auge  ab  ist  er  verloren.  Die  vorgestreckten 
Vorderbeine  mit  ihren  kleinen  Hufen  sind  dagegen  recht  gut  modelliert.  Am  Bauche 
ist  ein  Streifen  abgesetzt,  der  dem  charakteristischen  Bauchstreif  der  Fresken  ent- 
spricht. Unter  dem  Tier  läuft,  schräg  nach  links  ansteigend,  ein  plastischer  Streif, 
der  oben  in  einfachen  Wellen,  unten  in  stärker  geschwungenen  Kurven  mit  Zacken 
begrenzt  ist,  zweifellos  eine  Terraindarstellung,  die  ich  nicht  zu  deuten  weiß.  —  An 
diesem  Bruchstück  haftete  bei  der  Auffindung  ein  Stück  dünnes  Goldblech,  das  seitdem 
verloren  scheint.  Groß  dürfte  es  nicht  gewesen  sein,  und  es  ist  wohl  ratsam,  die  Publi- 
kation abzuwarten.    Jedenfalls  ist  es  aber  nicht  berechtigt,  deshalb  alle  Steatitreliefs 


»)  Rendic.  Line.  1907  281  (Pernier);  Maraghiannis,  angegeben.  ■ —  Vgl.  jetzt    auch  van  Hoorn  oben 

Antiquites    Cretoises    II   Taf.    50.  S.   70,   der    indessen    die    Hosentracht    von    der 

')  Der  Ring  Tsountas-Manatt,  Myc.  Age  160,  Abb.  Schurztracht   nicht   genügend   trennt.     Auch    er 

54,   Furtwängler,   Gemmen  III   S.  44,   Abb.  20;  hält   den  Bogenschützen   für  einen  Fremdling  in 

die  Schale  'Ecp.  dpy.  1888  Taf.  7,  Perrot  VI  813  Knossos,  S.  65  A.  3  u.  70  A.  4. 
Abb.  381.                                                                                5)  Die   Art  der    Stilisierung  erinnert    einigermaßen 

3)  JHSt.   XXII    1902  Taf.   VII  34  u.   36,    S.  80  f.  an    die    beiden    Löwenrhyta    von    Knossos    und 

4)  So  auf  der  ersten  der  beiden  unten  zu  besprechen-  Mykene  (Karo,  Arch.  Jahrb.  XXVI  1911,255  und 
den  Silbervasen    Abb.  31,    auf     dem  Jagddolch  Taf.  9)  und  ist,    da  ja  das    häufige  Vorkommen 

Perrot  VI  Taf.  18,  3,  dem  Goldring  Furtwängler,  von  Wildschweinen  in  Kreta  wie  in  Griechenland 

Gemmen  Taf.   2,3  und  dem   Schieber  ebda.    14  außer  Frage  steht,   eine    beachtenswerte   Bestä- 

sowie  auf  der  Gemme  ebda.   2,   wo  der   Sieger  tigung  für  die  von  Karo  a.  a.  O.  257   vertretene 

aber  einen  nicht  ganz  regulären  Schurz  trägt.    Bei  Ansicht,  daß  die  kretischen  Künstler    auch  den 

dem  Sieger  des  anderen  Schiebers  ist  nur  der  Gurt  töwen  aus  eigener  Anschauung  kannten. 

19* 


204  ^'  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


ursprünglich  vergoldet  zu  denken^).  Dagegen  spricht  die  sorgfältige  Ausführung, 
das  Fehlen  von  Befestigungsspuren  z.  B.  am  Becher  von  H.  Triada,  sowie  Steatit- 
werke  mit  Einlagen,  wie  die  Sphinx  von  H.  Triada  und  das  Stierrhyton  von  Knossos. 

Wichtiger  ist  das  Bruchstück  einer 

7.  Seelandschaft.  Aus  Knossos.  H.  9,5,  Br.  6  cm.  Von  einem  stark  ge- 
wölbten Gefäß,  dessen  Schulter  in  den  Hals  überging.   Unpubliziert.     Abguß. 

Erhalten  ist  ein  Oktopus  zwischen  Korallen  schwimmend,  also  eines  der  belieb- 
testen Motive  der  Vasenmalerei  des  ersten  spätminoischen  Stiles  2).  Aber  die  Art 
der  Wiedergabe  setzt  alle  übrigen  Darstellungen  in  Schatten  3).  In  flachem  Relief 
ist  das  Tier  ausgezeichnet  gebildet.  Aus  dem  sackartigen  und  dabei  doch  durch  eine 
leichte  Mittelsenkung  modellierten  Körper  wachsen  die  Fangarme  in  prachtvollen 
Kurven  empor.  Trefflich  charakterisierte  Saugnäpfe  begleiten  sie,  mit  der  .Stärke 
der  Arme  abnehmend,  bis  sie  schließlich  an  ihrem  dünnen  Ende  nur  als  leichte  Kerbung 
der  Außenkontur  erscheinen.  Dabei  überschneiden  sich  die  Arme  kunstvoll:  von  dem 
einen  sind  nur  die  Saugnäpfe  sichtbar,  während  der  Arm  selbst  hinter  dem  benach- 
barten verborgen  ist;  zwei  andere  schlingen  sich,  einander  parallel,  durch  die  schöne 
Spiralkurve  eines  dritten.  Aber  noch  kühner  ist  die  Überschneidung  durch  die  reich - 
gegliederten  Korallen,  die  nicht  nur  an  der  Biegung  des  Gefäßhalses  sitzen  und  dort 
die  Fangarme  überschneiden,  sondern  ein  Zweig  geht  mitten  über  das  Tier  und  ver- 
deckt mit  seinen  Verästelungen  einen  Teil  der  Fangarme  wie  des  Tieres  selbst,  ja  so 
wichtige  Partien  wie  das  eine  Auge  und  die  meisten  Armansätze.  Und  die  Darstellung 
verliert  dadurch  nicht  an  Klarheit,  sie  gewinnt  sogar  an  Kraft.  Versteckt  zwischen 
den  Korallen  lauert  das  Tier,  seine  Fangarme  spielen  in  den  Fluten,  aber  das  Auge 
lugt  unheimlich  hervor  und  wird  ein  Opfer  erspähen. 

Der  Abstand  von  den  Vasenbildern  ist  recht  groß,  auch  von  den  beiden  besten, 
der  Flasche  von  Palaikastro  4)  und  der  Bügelkanne  von  Gurnia  5).  Freilich  legte  die 
einfachere  Technik  den  Vasenmalern  gewisse  Beschränkungen  auf.  Die  zahlreichen 
Fangarme  lockten  ja  zu  Überschneidungen,  und  auch  auf  den  Vasen  kommen  solche 
vor  —  aber  das  komplizierte  Bild  des  Steatitfragments  wäre,  in  den  Stil  jener  Firnis- 
malerei übertragen,  unverständlich.  Die  Unterschiede  gehen  indessen  weiter.  Die 
gemalten  Tintenfische  sind  auch  in  den  Formen,  die  der  Maler  mit  seinen  Mitteln 
hätte  ausdrücken   können,   viel  weniger  lebenswahr;    man  vergleiche   den   Körper 

')  Ein    Ringstein    aus    Steatit    mit    Goldüberzug,  Arch.  Jahrb.  XXVI  1911,269).  Wie  Stückungen  an 

den   Evans,  JHSt.    XXI    1901,    lOi   heranzieht,  der  Mündung  beweisen,   war  das  Gefäß  einmal 

läßt  gewiß  keine  Schlüsse  auf  die  Gefäße  zu.  zerbrochen,    die    untere    Hälfte    scheint    damals 

*)  In   Tonreliefs   kommt   das   Motiv   schon   in   der  durch   die   einer  anderen,  gleichgroßen  Vase  er- 

3.    mittelminoischen    Periode    vor.       Ich    kenne  setzt  worden  zu  sein:  der  Steatit  ist  hier  mehr 

das  Vorhandensein  dieser  durch  ihren  Fundort  grau,  die  Darstellung  setzt  sich  nicht  genau  fort 

(Grube    im    Westhof    von    Knossos)    datierten  und  die  Felsriffe  sind  viel  härter  stilisiert  als  an 

Stücke,  die  sich  in  Oxford  befinden,  durch  Mit-  der  oberen  Hälfte.     Die  Arbeit  dürfte  kretisch 

teilung  Karos.  sein,  ist  aber  gewiß  später  als  die  oben  behandel- 

3)  Von  ihnen  sei  hier  nur  das  merkwürdige  Spreng-  ten  Stücke. 

gefäß     aus     Mykene    erwähnt    ('Ecp.  apy^-    1888  4)  Maraghiannis,  Ant.  Cretoises   I  35,  io. 

Taf.  7,  i;  Perrot  VI  927,  Abb.  487;  vgl.  Karo,  5)  Boyd-Hawes,  Gournia  Taf.  H. 


K.  Müller,  Frühmy kenische  Reliefs.  265 


oder  die  Saugnäpfe.  Von  den  Korallen  haben  sich  auf  den  Vasen  Stücke  gelöst  und 
schwimmen  neben  frei  beweglichen  Tieren  zwischen  den  Fangarmen.  Man  könnte, 
angesichts  der  allgemeinen  Entwicklung  der  spätminoischen  Kunst,  die  Vasen  für 
später  erklären.  Indessen  kommen  gerade  sie,  neben  sehr  wenigen  anderen,  der  hohen 
Kunst  am  nächsten.  Wir  dürfen  nicht  außer  acht  lassen,  daß  die  spätminoische 
Keramik  das  Hauptthema  der  freien  Kunst,  den  Menschen,  nicht  kennt  und  von  den 
Tieren  eben  nur  die  des  Meeres  verwendet.  Sie  ist  nur  Handwerk,  wenn  auch  künst- 
lerisch sehr  hochstehendes;  der  frei  schaffende  Künstler  scheint  sich  nie  mit  ihr  be- 
faßt zu  haben.  Daher  können  wir  nur  in  ganz  seltenen  Fällen  einen  Vergleich  ziehen 
zwischen  hoher  Kunst  und  Vasenmalerei.  Beide  gehen  ihre  eigenen  Wege,  die  sich 
nie  wieder  so  nahe  kommen  wie  in  der  ersten  Blütezeit.  Ich  zweifle  nicht,  daß  der 
Realismus  der  Vasenbilder  dieser  Periode  nicht  aus  selbständiger  Beobachtung  der 
Natur  stammt,  sondern  aus  der  freien  Kunst  ').  Daher  wirken  die  Seedarstellungcn 
der  Vasen  nicht  mit  so  unmittelbarer  Frische  wie  die  des  Steatitfragmentes.  Dieses 
macht  allerdings  den  Eindruck  eines  Augenblicksbildes,  trotz  aller  Sorgfalt  in  der 
Einzelausführung.  Die  vielen  Überschneidungen  tragen  nicht  wenig  dazu  bei:  sie 
regen  die  Phantasie  an,  das  Verdeckte  zu  dem  wirklich  Dargestellten  zu  ergänzen; 
sie  geben  zugleich  ein  Vorn  und  Hinten  und  damit  einen  Hinweis  auf  räumliche  Tiefe. 


Wir  sind  bei  diesen  Bruchstücken  nicht  in  der  Lage,  sie  äußerlich  zu  datieren 
wie  die  Gefäße  von  Hagia  Triada.  Indessen  werden  die  meisten  der  Blütezeit  der 
kretischen  Kunst  angehören,  da  sie  stilistisch  jenen  nahestehen.  Einige  Züge  konnten 
wir  dort  nicht  beobachten.  Es  ist  vor  allem  das  Hereinziehen  landschaftlicher  Ele- 
mente bei  der  Prozession,  bei  der  Altarszene,  auch  beim  Bogenschützen,  der  ja  ein 
wenig  abseits  steht.  Daß  darin  nicht  etwa  ein  Zeichen  späterer  Entstehung  zu  sehen 
ist,  lehrt  die  Malerei.  Dieselbe  Auffassung  der  nach  hinten  steigenden  Bodenfiäche 
findet  sich  schon  an  den  monumentalen  Fresken  von  Hagia  Triada,  bei  der  Frau  Mon. 
Line.  XIII  Taf.  10  wie  bei  unpublizierten  Fragmenten  derselben  Gemälde,  die  eine 
blumige  Wiese  darstellen.  Auch  die  Miniaturfresken,  deren  eines  wir  ja  mit  dem 
Oxforder  Fragment  verglichen  haben,  wird  man  mit  Rodenwaldt  2)  der  ersten  Periode 
der  kretischen  Wandmalerei  zuweisen.  Zudem  fügt  sich  die  Landschaft  vorzüglich 
dem  Gesamtbilde  ein,  das  wir  uns  von  dieser  Reliefkunst  machen  können.  Freilich 
ist  sie  ein  Element,  das  nicht  in  der  Plastik,  sondern  in  der  Malerei  zu  Hause  ist. 
Aber  das  Relief  ist  ja  an  sich  ein  Mittelding  zwischen  Malerei  und  Plastik,  das  bald 
nach  der  einen,  bald  nach  der  anderen  Seite  Anschluß  suchen  kann.  Das  kretische 
Relief  muß  als  malerisch  bezeichnet  werden,  nicht  nur  wegen  der  Landschaftsbilder. 
Es  begnügt  sich  auch  sonst  nicht  damit,  die  körperliche  Tiefe  der  Objekte  anzudeuten, 
sondern  strebt  nach  einer  Vertiefung  des  Raumes.  Zu  den  malerischen  Elementen 
gehört  die  Vorliebe,  schnell  vorübergehende  Stellungen  und  Bewegungen  festzuhalten, 

*)  So  auch  Rodenwaldt,  Tiryns  II  197.  *)  Tiryns  II  194. 


266 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


wie  wir  sie  auf  den  Reliefs  immer  wieder  finden.  Der  Kunstgriff  der  Vase  von  Hagia 
Triada,  durch  die  übergroße  Zahl  der  Gabeln  das  Vorwärtsdrängen  des  Schnitter- 
zuges zu  verdeutlichen,  ist  gleichfalls  rein  malerisch. 

Das  innige  Verhältnis  des  kretischen  Reliefs  zur  Malerei  tritt  noch  klarer  her- 
vor in  der  nicht  unbeträchtlichen  Zahl  farbiger  Reliefs. 

6.  Fayence-    und    Stuckreliefs. 

Eine  Anzahl  der  besten  Fayencewerke  stammen  aus  einem  geschlossenen 
Funde   in   Knossos,   den   'Temple  Repositories',   und    lassen  sich  durch  die  mitge- 


Abb.  II.     Wildziege.     Fayencerelief  aus  Knossos. 

fundenen  Vasen  in  die  dritte  mittelminoische  Periode  datieren;  sie  gehören  also  in 
den  Beginn   der  Blütezeit. 

Von  diesem  reichen  und  wichtigen  Funde  interessieren  uns  hier  vornehmlich 
zwei  Tiergruppen  in  ausgeschnittenem  Relief,  jede  in  mehreren  Exemplaren  aus 
derselben  Form  nachweisbar  i).  Die  eine,  ziemlich  vollständig  erhaltene  stellt  eine 
Wildziege  mit  zwei  Jungen  dar  (Abb.  ii).  Das  Tier  steht  nach  rechts  auf  felsigem 
Grund,  die  Hinterbeine  sind  nach  rückwärts  gespreizt,  um  das  eine  Zicklein  bequem 
zum  Euter  kommen  zu  lassen.  Das  andere  steht  etwas  vor  der  Mutter  und  wendet  den 
Kopf  zurück.  Die  zweite  Gruppe  zeigt  auf  ebenem  Boden  eine  Kuh  nach  links,  die 
mit  zurückgewandtem  Kopf  das  an  ihrem  Euter  saugende  Kälbchen  leckt.  Beide 
Gruppen  sind  überaus  frisch  beobachtet;  vor  allem  ist  die  stoßende  Bewegung  der 


')  Beide  beschrieben  BSA.  IX  71  f.  und  in  Nach-  z.   B.  Österr.   Jahresh.   XI   1908,   251   Abb.   iii 

bildungen  verbreitet.     Abgebildet  bisher  nur  die  (diesen  Zink  hat  uns  die  Redaktion  für  unsere 

Wildziege,   a.    a.    0.   Taf.    III,   öfter  wiederholt,  Abb.  11  freundlich  geliehen);  Winter, Kunstgesch. 

in  Bildern  ^  87,  14;  Rizzo  a.  a.  0.  I,  124. 


K.  Müller,  FrUhmykenische  Reliefs.  207 


saugenden  Jungen  lebendig  wiedergegeben.  Der  glückliche  Gesamteindruck  wird 
kaum  gestört  durch,  einige  kleine  Zeichenfehler.  So  ist  der  Körper  der  Kuh  unver- 
hältnismäßig lang,  der  Kopf  der  Ziege  zu  klein.  Auch  die  übermäßig  dünnen  Hörner, 
besonders  der  Kuh,  sind  auffallend.  Fast  will  es  scheinen,  als  sei  dem  Künstler,  der 
die  Form  herstellte,  die  Gestalt  der  Tiere  nicht  recht  vertraut  gewesen  und  als  hätte 
ihn  nur  die  Anschauung  des  liebenswürdigen  Vorgangs  gereizt,  Ungewohntes  zu 
wagen.  Indessen  sind  trotz  des  sehr  flachen  Reliefs  alle  wesentlichen  Formen  her- 
ausgearbeitet; wenn  uns  die  beiden  Gruppen  etwas  zu  weich  und  verschwommen 
erscheinen,  so  mag  dasz.  T,  an  der  Herstellungsart  liegen  —  die  Reliefs  sind  ja  aus  der 
Form  gepreßt —  ,  wohl  noch  mehr  aber  an  der  Glasur.  Sie  ist  bei  der  Ziege  grünlich, 
bei  der  Kuh  gelb,  außerdem  ist  ein  warmes  Dunkelbraun  verwendet.  Damit  sind  bei 
der  Kuh  und  ihrem  Jungen  die  Flecken  des  Fells  angegeben,  bei  der  Ziege  einzelne 
Streifen  besonders  am  Kopfe.  Beachtenswert  ist  eine  technische  Einzelheit.  Der 
Grund  ist,  den  äußeren  Umrissen  der  Gruppen  folgend,  abgeschnitten,  während  er 
sonst  stehen  gelassen  ist.  Indessen  sind  die  emporragenden  Hörner  nicht  mit  in  den 
Gesamtumriß  hineingezogen,  sondern  rundplastisch  gebildet  und  angesetzt.  Dies 
Verfahren  spricht  gegen  die  Vermutung  von  Evans,  die  Gruppen  seien  auf  farbigem 
Stuckgrunde  befestigt  gewesen;  sie  werden  als  selbständige  Weihgeschenke  verwendet 
worden  sein,  zum  Ersatz  für  rundplastische  Tiergruppen  ^). 

Die  sichere  Modellierung  dieser  Gruppen,  die  zu  den  Froportionsfehlern  in 
einem  gewissen  Gegensatz  steht,  entspricht  nun  dem  Stile  der  übrigen  Reliefs  des 
gleichen  Depotfundes.  Zu  ihnen  gehören  eine  Reihe  fein  beobachteter  Blüten  und 
Pflanzenteile  ^),  ferner  eine  Anzahl  Seetiere  und  Korallenrift'e,  die  Evans  versuchs- 
weise zu  einem  Bilde  zusammengestellt  hat  3).  Da  die  Nautilusschalen  rundplastisch 
gebildet  sind  und  vor  allem  die  großen  Exemplare  eine  beträchtliche  Tiefe  haben, 
scheint  es  mir  sehr  zweifelhaft,  ob  man  die  Stücke  alle  zu  einem  Ganzen  rechnen 
darf.  Aber  eines  ist  sicher:  ein  Teil  von  ihnen,  vor  allem  die  Randstücke  mit  den 
Korallen,  kann  keine  selbständige  Bedeutung  gehabt  haben,  sondern  muß  mit  an- 
deren vereinigt  auf  irgendeinem  Hintergrunde  befestigt  gewesen  sein.  Wir  kennen 
etwas  Analoges  aus  dem  fünften  Schachtgrabe,  die  spielenden  Delphine  auf  dem 
goldgefaßten  Straußenei  4).  Hier  war  freilich  der  Hintergrund  ein  anderer.  Da  man 
die  fliegenden  Fische  gewiß  zu  diesem  Reliefbild  rechnen  muß,  wird  das  Ganze  den 
köstlichen  Friesen  von  Fhylakopi  ähnlich  gewesen  sein.  Nur  gab  die  plastische  Form 
dem  Bilde  noch  mehr  Leben. 

Schwieriger  zu  beurteilen  ist  ein  zweiter  Komplex  von  Fayencereliefs,  den 
Evans  1902  in  einem  der  Kellerräume  unter  der  'Olive  Press  area'  gefunden  hat  5). 

')  Gegen    Evans'  Versuch,    die    Gruppen    aus    der  R6p.  de  reliefs  II  314  und  Winter,  Kunstgesch. 

ägyptischen  Mythologie  zu  deuten,  vgl.  v.   Bis-  in  Bildern  =  85,9  erwecken  den  falschen  Anschein, 

sing,   Anteil  der  ägypt.    Kunst   am   Kunstleben  als   handle  es   sich   um   ein   wirklich   erhaltenes 

der    Völker    (Festrede    der    bayr.    Akad.    1912)  Relief. 

67.    Keiner  Widerlegung  bedarf  Milanis  Deutung  4)  Stais,  Guide  du  Musee  National,  Collection  myce- 

der  Ziegengruppe,  Studi  e  materiali    III   32.  nienne  ^  70,  Nr.  828. 

■)  BSA.  IX  68,  Abb.  45.  5)  BSA.  VIII   14  ff.     Für   die   Fundumstände   vgl. 

3)  BSA.  IX  69.     Die  Abbildungen   bei  S.  Reinach,  auch  23  fl. 


268  K«  Müller,  Frtthmykeniscbe  Reliefs. 


Diese  Unterkellerungen  gehören  zum  jüngeren  Palast,  der  Fußboden  des  älteren 
liegt  hier  2,40  m  tiefer.  Das  gibt  wenigstens  einen  terminus  post  quem;  mit  den  in 
den  benachbarten  Kellerräumen  gefundenen  Stuckreliefs  und  dem  Spiralfresko  brau- 
chen die  Fayencen  nicht  notwendig  gleichzeitig  zu  sein,  da  jene  sicher  aus  den  Räu- 
men darüber  herabgestürzt  sind  und  von  einer  jüngeren  Dekoration  stammen  können, 
die  möglicherweise  erst  angelegt  wurde,  als  die  Fayencen  schon  im  Keller  geborgen 
waren.  Immerhin  berechtigen  uns  die  Fundumstände,  soweit  sie  bis  jetzt  bekannt 
sind,  nicht,  den  Komplex  für  älter  zu  halten  als  die  'Tempil  Repositories'. 

Zu  ihm  gehören  eine  große  Anzahl  kleiner  Häuser  und  Türme  in  ausgeschnitte- 
nem Reliefe)  sowie  zwei  Gruppen  von  Relief  platten  2).  Die  eine  stellt  auf  einem 
Grund  mit  erhabenen  Punkten  Ziegen  und  Männer  mit  Stäben  oder  Lanzen 
dar,  die  andere  Krieger  auf  glattem  Hintergrund.  Leider  sind  von  allen  diesen 
Gegenständen  nur  kleine  Bruchstücke  erhalten.  Evans  nimmt  an,  daß  sie  den 
Schmuck  eines  hölzernen  Kastens  bildeten.  Dann  müßten  die  verschiedenen 
Typen  zu  verschiedenen  Teilen  gehören,  denn  es  ist  nicht  gut  möglich,  daß  ausge- 
schnittene Reliefs  und  solche  mit  stehen  gelassenem,  ja  besonders  verziertem 
Hintergrund  zu  einem  Mosaikgemälde  vereinigt  waren.  Die  Häuser  scheiden  also 
zunächst  aus. 

Sie  sind  merkwürdig  genug,  besonders,  wenn  man  versucht,  sich  das  Bild  einer 
Stadt  aus  ihnen  zusammenzusetzen.  Jedenfalls  kommt  man  nicht  über  ein  sehr 
primitives  Ganzes  hinaus,  auf  etwas  ganz  anderes  als  man  nach  den  Siegeln  von 
Zakro  (JHSt.  XXH  1902,  88  Abb.  29.  30)  oder  gar  der  Silbervase  des  vierten  Schacht- 
grabes erwarten  möchte.  Auch  hätte  man  sich  wohl  kaum  die  Mühe  genommen, 
einzelne  der  winzigen  Fensterchen  auszuschneiden,  wenn  die  Häuser  auf  einem  festen 
Grund  angebracht  werden  sollten.  Ich  könnte  mir  eher  denken,  daß  sie  einem  könig- 
lichen Prinzen  als  Spielzeug  gedient  hätten  3).  Übrigens  ist  die  Verwendung  von 
Scharlach  (bei  einigen  Fenstern)  mir  sonst  auf  mykenischen  Fayencen  nicht  bekannt. 

Auch  die  beiden  anderen  Reihen  zeigen  Besonderheiten.  Beiden  gemeinsam 
ist,  daß  die  Darstellung  gegen  den  Grund  scharf  absetzt,  aber  die  Figuren  selbst 
sind  flach,  fast  ohne  Modellierung.  Dadurch  unterscheiden  sich  diese  Reliefs  aufs 
deutlichste  von  denen  der  Temple  Repositories;  wir  werden  eine  ähnliche  Relief - 
behandlung  an  den  Stelen  der  Schachtgräber  wiederfinden,  sonst  ist  sie  dem  kreti- 
schen Kreise  fremd.  Dazu  kommt  bei  der  einen  Gruppe  der  punktierte  Grund,  für 
den  es  in  Kreta  gleichfalls  an  Analogien  fehlt;  selbst  die  Keramik  kennt  ihn  hier  nur 
bei  Nachahmung  von  Gestein.  Die  Zeichnung  ist  nach  den  kleinen  Fragmenten 
schwer  zu  beurteilen,  doch  scheint  sie  mir  bei  den  Ziegen,  auch  wenn  man  von  der 
wenig  glücklichen  Ergänzung  des  Hauptstückes  absieht,  nicht  recht  geschickt.  Weder 
in  der  Bildung  der  Tiere,  noch  in  der  der  Männer  lassen  sich  charakteristische  Züge 
erkennen,  die  sie  mit  den  besprochenen  Reliefs  verbänden. 

Zur  zweiten  Gruppe,   mit  glattem  Grund,  gehören  Krieger  mit  heller  Haut- 

')  BSA.  VIII  15  Abb.  8,  vgl.  17  Abb.  9.  sind  Miniaturvasen  aus  Gold  beigegeben  (Schlie- 

*)  BSA.  VIII  21  Abb.  10.  mann,  Myk.  Nr.  320 — 322);  mit  ähnlichen  wer- 

3)  Den  im   III.   Schachtgrab    beigesetzten  Kindern  den  sie  im  Leben  gespielt  haben. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  260 


färbe  und  Männer  einer  dunklen  Rasse.  Da  die  ersteren  in  verschiedener  Größe  vor- 
kommen, sind  die  Stücke  gewiß  nicht  alle  zu  einem  'Mosaikbild'  zu  rechnen.  Ein 
Teil  von  ihnen  aber  dürfte  zu  einer  Kampfszene  zusammengehören,  in  der  die  dunkel- 
farbigen Männer  als  Besiegte  dargestellt  waren.  Sie  erscheinen  in  mannigfaltigen 
Bewegungen,  einer  mit  sonderbar  gespreizten  Beinen,  'froschartig',  wie  Evans  be- 
zeichnend sagt.  Man  würde  dies  Fragment  kaum  für  kretisch  halten,  wenn  nicht  der 
Fundort  bekannt  wäre.  In  den  Kriegern  der  hellen  Rasse  sieht  Evans  Kreter,  aber 
mir  scheint  die  Form  der  Schurzes  doch  nicht  bezeichnend  genug.  Er  vergleicht  ihn 
mit  dem  der  Jünglinge  im  Prozessionsfresko,  wo  er  jedoch  hinten  kürzer  ist  und  vorn 
in  einer  Spitze  endet  ^). 

Der  Stil  dieser  beiden  Serien  von  Fayenceplatten  steht  unbedingt  auf  einer 
wesentlich  primitiveren  Stufe  als  der  aller  besprochenen  Reliefs,  und  man  würde 
gewiß  in  ihnen  gern  eine  Vorstufe  des  entwickelten  Naturalismus  sehen.  Aber  wenn 
auch  die  fehlenden  Zwischenglieder  nur  durch  Zufall  verloren  sein  könnten,  steht 
doch  die  sichere  Zugehörigkeit  zum  jüngeren  Palast  einer  solchen  Annahme  im  Wege. 
Da  nun  überdies  keine  spezifischen  Merkmale  diese  Reliefplatten  mit  der  kretischen 
Kunst  verbinden,  muß  ich  es  für  wahrscheinlich  halten,  daß  sie  eingeführt  sind, 
allerdings  weiß  ich  nicht,  woher. 

Alle  Fayencen  sind  sparsam  in  der  Verwendung  der  Farbe.  Freilich  mögen 
die  blaugrünen  Töne  oft  verblaßt  sein,  wie  an  ägyptischen  Fayencen.  Das  Fehlen 
von  Rot  gibt  ihnen  etwas  Kühles.  Es  liegt  in  der  Natur  des  Materials,  daß  nur  kleine 
Gegenstände  daraus  gefertigt  wurden,  und  die  Herstellung  mittels  Formen  läßt  die 
ursprüngliche  Frische  der  Modellierung  nicht  ungetrübt. 

Ganz  anders  liegt  das  Verhältnis  bei  den  Stuckreliefs,  Wir  besitzen  deren 
eine  ganze  Anzahl,  mit  einer  Ausnahme  alle  aus  Knossos,  Leider  sind  es  durchweg 
nur  verhältnismäßig  kleine  Bruchstücke,  die  alle  von  etwa  lebensgroßen  Dar- 
stellungen stammen.    Aber  auch  diese  Reste  sprechen  eine  deutliche  Sprache. 

Unter  den  menschlichen  Darstellungen  ist  am  wichtigsten  der  Jüngling  mit 
der  Federkrone  (BSA.  VII,  15  ff.).  Erhalten  ist  ein  Stück  oberer  Rand  mit  dem 
oberen  Teile  des  Kopfes,  der  von  einer  prächtigen  Krone  bedeckt  ist.  Aus  dem  Kron- 
reifen wachsen  fünf  stilisierte  Lilien  empor,  mit  eingerollten  Blütenblättern  und  zu 
einem  Bogen  zusammengefaßten  Staubfäden,  also  nicht  von  der  freien  Form,  wie 
etwa  auf  der  (älteren)  Lilienvase  (BSA.  X,  7),  und  zwar  stehen  sie  schräg,  vier  nach 
vorn  geneigt,  die  letzte  nach  hinten,  natürlich  nur,  weil  der  Künstler  die  perspekti- 
vische Verkürzung  nicht  angeben  und  eine  Blüte  als  seitlichen  Abschluß  doch  nicht 
entbehren  konnte  2).  Darüber  ragt  in  der  Mitte  eine  große  Lilie  empor,  aus  der  drei 
prächtige     bunte     Federn    herauswachsen  3).      Vom    Gesicht    ist    nur    das    Ohr, 

')  Die  Tracht  dieser  Jünglinge  kommt,  wie  Roden-  eher   eine   Tätowierung   als   ein    Schmuckstück, 

waldt,  Tiryns  II  120,  Anm.  i  richtig  hervorhebt,  das  da  schwer  anzubringen  wäre.     Auch  das  ist 

sonst  nicht  vor,  so  daß  sie  vielleicht  als  tribut-  in  Kreta  ohne  Analogie. 

bringende    Fremde    angesehen    werden    können.  *)  Schrägstehende    Lilien,    z.  B.    BSA.    VIII    128, 

Der  Cup-bearer  hat  vorm  Ohr  einen  sorgfältig  Abb.  83. 

gemalten    blauen    Fleck    (BSA.    VI,    15),    wohl  3)  Über  die  Krone  vgl.  jetzt  auch  Valentin  K.  Müller, 


Der  Polos  (Diss.  Berlin  191 5)  16. 


270  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 

gelblich -braun  gefärbt,  erhalten.  Mit  diesem  Fragment  verbindet  jetzt  Evans 
die  BSA.  VII,  16  erwähnten  Bruchstücke  eines  Mannes,  von  denen  eines  dort 
in  Abb.  6  wiedergegeben  ist  i).  Der  Jüngling  ist  in  einfacher  Schrittstellung 
nach  links  zu  ergänzen;  seine  Rechte  liegt  zur  Faust  geballt  auf  der  Brust, 
während  die  Linke  mit  irgendeinem  Attribut  nach  hinten  gestreckt  war.  Am 
Bein  ist  gerade  noch  der  hintere  Teil  des  kretischen  Schurzes  erhalten, 
wie  ihn  die  Schnitter  oder  die  Faustkämpfer  der  Vasen  von  H.  Triada 
tragen.  Die  Modellierung  ist  im  Verhältnis  zu  der  lebensgroßen  Figur  recht  flach, 
etwa  5  cm  in  ihrer  größten  Erhebung.  Dabei  ist  sie  vortrefflich  und  zart  ausgeführt, 
am  Bein  sowohl,  wie  an  Brust  und  Arm.  Die  Formgebung  stimmt  mit  dem  überein,  was 
wir  an  den  Steatitgefäßen  beobachten  können,  nur  erscheinen  mit  dem  größeren 
Maßstab  die  Vorzüge  und  auch  die  Schwächen  des  Stiles  deutlicher.  Die  Muskeln 
wirken  auf  den  ersten  Blick  überraschend  lebendig,  und  erst  bei  näherem  Zusehen 
merkt  man,  daß  der  große  Brustmuskel  nicht  ganz  richtig  sitzt  und  die  Hand  mit  dem 
überlangen  Daumen  recht  flau  gebildet  ist.  Einige  Teile  des  Bildes  sind  nur  durch 
die  Farbe  angegeben,  so  die  Kette  aus  roten  Lilien  und  der  Schurz.  Das  Bild  ist  also 
ein  Mittelding  zwischen  Relief  und  Gemälde,  und  da  die  mitgefundenen  Fragmente 
von  gemalten  Blüten  und  Schmetterlingen  auf  glatter  Fläche  gewiß  zugehören,  tritt 
das  Ganze  in  noch  engere  Beziehung  zur  Monumentalmalerei. 

Trefflich  beobachtet  ist  die  Muskulatur  an  anderen  Fragmenten,  vor  allem  dem 
prächtigen  Arm  mit  dem  'Rhyton'  (Abb.  12)  ^),  das  offenbar  das  Hörn  eines  Stieres 
ist,  da  wir  Gefäße  dieser  geschwungenen  Form  nicht  kennen.  Auch  biegt  der  Arm 
im  Ellbogen  um,  und  wir  werden  das  Fragment  als  Rest  einer  Stierspringer - 
gruppe  ansehen  dürfen,  obwohl  nach  Evans'  Bericht  keine  Stücke  von  Stieren  mit- 
gefunden zu  sein  scheinen.  Auch  hier  ist  die  Hand  das  schwächste.  Eine  andere 
Hand  freilich  zeigt  auf  ihrem  Rücken  sorgfältig  und  lebenswahr  modelliert  das  Netz 
der  Adern  (BSA.  VII,  88);  sie  stammt  vom  selben  Fundplatz  und  wird  also  doch 
wohl  zur  gleichen  Darstellung  gehören  —  wieder  ein  Zeichen,  wie  überraschend 
diese  Künstler  beobachten  können,  was  sie  interessiert.  Von  den  übrigen  Resten 
von  Männerbildern  sei  nur  noch  das  sog.  'Jewel  Fresco'  erwähnt  (BSA.  VII,  26  f.). 
Erhalten  sind  nur  die  rot  bemalten  Finger,  die  ein  Schmuckstück,  eine  Kette  aus 
gelben,  also  goldenen  Negerköpfen  halten.    Diese  Kette  ist  nur  gemalt. 

Von  Frauen  in  ReHef  fand  Seager  Reste  in  PseiraS).  Eine  von  ihnen.war  sit- 
zend dargestellt.  Für  die  Modellierung  ergeben  die  Fragmente  kaum  etwas  Neues, 
aber  sie  zeigen  in  ihren  reichen  Gewandmustern  wie  in  dem  zierlichen  Halsschmuck 
genau  dieselbe  Art  der  farbigen  Ausführung  wie  die  reinen  Fresken  der  ersten  spät- 
minoischen  Zeit. 

')  Vgl.  BSA.  X  2.     Diese  neue  Rekonstruktion  in  Museum   III   Taf.   V;   Maraghiannis   Ant.   Cret. 

kleiner   Abbildung   bei    Hall,    Ancient    Hist.    of  II  18;  Dussaud^  Taf.  5.    Die  Fragmente  müssen 

the  near  East  Taf.   IV,  l.  wegen    der    verschiedenen    Gewandmuster     auf 

-)  BSA.  VII,  89  Abb.  29.  beiden  ,  Ärmeln     wenigstens    von.  zwei   Figuren 

3)  Anthropol.    Publication    Univ.    of    Pennsylvania  herrühren.       Vgl.    Rodenwaldt,    Tiryns    II,    77, 

Anm.  2, 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


271 


Auch  Tierbilder  fehlen  nicht.  Außer  Fabelwesen  wie  stehenden  Greifen  und 
Sphingen  (BSA.  VIII,  88)  sind  in  Knossos  in  verschiedenen  Räumen  Reste  von 
Stieren  gefunden  worden,  unter  denen  ein  prachtvoller,  überlebensgroßer  Kopf 
hervorragt  ^).  Das  Maul  ist  geöffnet,  die  Zunge  und  die  untere  Zahnreihe  sind  sicht- 
bar, die  Nüstern  blähen  sich.  Aus  den  Falten  der  Wamme  ergibt  sich,  daß  das 
Tier  den  Kopf  gesenkt  hatte  ^).  Bei  aller  Lebendigkeit  sind  doch  deutliche  Züge 
bewußter  Stilisierung  beachtenswert,  in  der  Bildung  des  aufgerichteten  und  daher 
von  außen  sichtbaren  Ohres,  ebenso  in  der  Art,  wie  die  Wamme  gefaltet  ist.    Die 


Abb.  12.     Stuckrelief  aus  Knossos. 


Farben  sind  gut  erhalten;  das  rotbraune  Fell  hat  einen  weißlichen  Fleck  an  der 
Stirne.  Außer  zugehörigen  Fragmenten  sind  nun  mit  diesem  Stier  die  Reste  eines 
zweiten  gefunden  worden,  der  ockerfarbig  mit  roten  Flecken  bemalt  war,  dazu 
Stücke  wenigstens  eines  Mannes  sowie  eines  Baumes.  Es  handelt  sich  also  offenbar 
hier  um  ein  ganzes  Reliefgemälde  mit  Landschaft,  und  wir  werden  an  die  Becher  von 
Vaphio  erinnert. 

Wie  schon  hervorgehoben  werden  mußte,  ist  die  Beziehung  dieser  Stuckreliefs 
zur  Malerei  außerordentlich  eng,  so  eng,  daß  der  Farbe  wichtige  Teile  allein  über- 


»)  BSA.  VI  52,  Abb.  10;  Winter,  Kunstgesch.  in 
Bildern*  87,4.  Das  auf  diesen  Bildern  als  Hern 
angesetzte  Fragment  ist,  wie  Gillieron  bemerkt 
bat  (bei  Evans  a.  a.  0.),  der  Unterschenkel  eines 


Mannes  und  seither  entfernt  worden.     Es  fehlt 
daher  in  den  verbreiteten  Nachbildungen. 
2")  Darauf,  daß   diese    Stellung,   die   auch   Gillieron 
dem  Bruchstück  gibt,  die  richtige  ist,  hat  mich 


Studniczka  hingewiesen. 


272  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


lassen  blieben,  nicht  nur  kleine  Verzierungen,  sondern  der  Schurz  des  Jünglings 
mit  der  Federkrone  und  die  Negerkette  in  der  Hand  des  'JewelFresco'.  Wenn  man 
bedenkt,  daß  diese  Stuckreliefs  in  Kreta  die  einzigen  monumentalen  Reliefbilder 
sind  —  wären  große  Steinreliefs  üblich  gewesen,  so  müßten  Spuren  davon  da  sein  i)  — - 
so  kommt  man  auf  den  Gedanken,  daß  sie  eben  aus  der  Malerei  hervorgegangen  sind. 
Der  kretische  Maler  versteht  es  nicht  zu  schattieren.  Vielleicht  vermag  er  gelegentlich 
durch  stärkeres  Auftragen  der  Farbe  gewisse  Partien  abzuheben,  so  die  Füße  der 
vorderen  Männer  im  Prozessionsfresko  oder  den  Kopf  der  Katze  auf  dem  Fresko 
von  H.  Triada  gegen  ihren  Hals  —  aber  selbst  diese  wenigen  Beispiele  können  auf 
Zufall  beruhen  und  zeigen  im  günstigsten  Falle  nur  einen  schwachen  Versuch  2). 
Auch  mögen  Striche,  die  das  Fell  andeuten,  so  verwendet  sein,  daß  sie  an  Schraffie- 
rung erinnern,  z.  B.  bei  den  liegenden  Greifen  des  knossischen  Thronsaals  —  eine 
wirkliche  Angabe  der  Schatten  kannte  die  kretische  Malerei  nicht.  Und  auch  eine 
zweite  Möglichkeit  war  ihr  fremd,  die  Kunst,  in  der  die  rotfigurige  Vasenmalerei 
so  Großes  geleistet  hat,  die  Körper  durch  Innenzeichnung  zu  modellieren.  Es  bedarf 
einer  großen  Abstraktion,  um  die  weichen  Übergänge  von  Muskel  zu  Muskel  in  harte 
Linien  umzusetzen.  Gerade  bei  den  frühesten  Gemälden  ist  auch  die  äußere  Kontur 
nur  durch  die  Grenze  der  Farben  des  Objekts  und  des  Grundes  gegeben,  nicht  durch 
eine  Umrißlinie,  die  zunächst  dort  auftritt,  wo  es  gilt,  zwei  gleichfarbige  Objekte 
voneinander  zu  lösen.  Nur  ganz  vereinzelt  ist  der  Versuch  gemacht  worden,  durch  spär- 
liche Innenzeichnung  etwas  zu  modellieren,  am  Körper  der  bis  auf  den  Schurz  nackten 
Faustkämpferin  aus  Knossos  in  Oxford,  und  ein  andermal  scheint  der  gleiche  Zweck 
durch  eine  Art  von  Oberflächenlinien  erstrebt  zu  sein  3).  Solche  Bemühungen  zeigen 
deutlich,  daß  es  kretische  Maler  gab,  welche  die  Flächenhaftigkeit  ihrer  Werke  zu 
überwinden  suchten.  So  lag  es  gewiß  nahe,  daß  ein  Künstler  sich  die  plastischen 
Eigenschaften  des  Kalkstuckes,  den  er  naß  bemalte,  zu  Nutzen  machte,  um  seinen 
Figuren  die  natürlich  bewegte  Oberfläche  zu  geben,  die  sein  Pinsel  allein  nicht  her- 
vorzaubern konnte.  Natürlich  war  diese  mühsame  Technik  kostbar  und  gewiß  auch 
nur  von  hervorragenden  Künstlern  geübt:  schon  die  Tatsache,  daß  hier  und  nur  hier 
gelegentlich  einmal  das  konventionelle  Dunkelrot  der  Männerkörper  einem  natür- 
licheren Gelbbraun  Platz  gemacht  hat,  lehrt  uns  ihre  Selbständigkeit  kennen,  denn 
die  Abweichung  von  der  Regel  läßt  sich  beim  Jüngling  mit  der  Federkrone  doch 
schwerlich  als  Andeutung  einer  fremden  Rasse  fassen  4),  noch  weniger  freilich  aus 
der  Technik  des  Reliefs  erklären. 

')  Mir    sind    von    großen    Steinreliefs    außer    dem  II  192  Anm.  2).     Aber  der  Unterschied  der  Er- 

des  Löwentores  nur  die  beiden  Fragmente  von  haltung  geht  doch  wohl  mindestens  auf  eine  den 

Stieren   im    Britischen   Museum   bekannt,    beide  Formen   entsprechende   Pinselführung   zurück, 

gleichfalls  vom  Festland  (Perrot  VI  646  Abb.  291;  3)  Fresko   der   Frau   mit   fliegendem   Haar    (BSA. 
823  Abb.  400,  ersteres  nach  Photographie  Hall,  VIII  55,  wo  freilich  dies  Detail  fehlt). 

Aeg.  Archaeol.  Taf.  31,2;  vgl.  Hauser,  Arch.  Jahrb.  4)  Ein  Diener  oder  besser  Sklave  fremder  Abkunft 
IX  1894,  54).  ist   auf   dem   Fresko   der   Eberjagd   von   Tiryns 

*)  Die  angebliche  Schattierung  am  Kopf  der  Katze  gelb  gemalt  (Tiryns  II  Taf.  XI  6  S.  118).  Roden- 

beruht    auf     Farbabsplitterung     (Pfuhl,     Neue  waldt  neigt  (a.  a.  0.  238)  dazu,  den  Prinzen  für 

Jahrb.   191 1,  528  u.  zuletzt  Rodenwaldt,  Tiryns  stamniesfremd  zu  halten. 


K.  Müller,  Frühmy kenische  Reliefs.  273 

Dazu  kommt  noch,  daß  die  Stuckreliefs  auf  Knossos  beschränkt  zu  sein  schei- 
nen. Die  Frauen  von  Pseira  beweisen  nicht,  daß  es  sich  um  eine  allgemein  verbreitete 
Technik  handelt,  vielmehr  bezeugen  sie  die  nahe  Verbindung  des  Inselchens  mit 
Knossos,  wie  Seager  richtig  hervorhebt.  Denn  selbst  in  Phaistos  und  H.  Triada 
scheint  diese  Art  des  Wandschmucks  nicht  vorzukommen;  offenbar  hat  ein  knossi- 
scher  Künstler  die  Reliefs  in  Pseira  ausgeführt. 

Andererseits  sind  nun  aber  in  Knossos  die  Fragmente  in  den  verschiedensten 
Teilen  des  Palastes  zutage  gekommen,  beim  Nordeingang,  wie  in  einem  der  Räume 
südlich  des  großen  Hofes,  besonders  aber  in  verschiedenen  Räumen  des  wichtigen 
östlichen  Hauptteiles.  Sie  gehören  alle  zum  jüngeren  Palast,  und  da  sie  stilistisch 
eng  zusammenhängen,  wird  man  sie  auch  zeitlich  nicht  weit  voneinander  abrücken. 
Wäre  die  Technik  lange  üblich  gewesen,  so  würde  sie  gewiß  auch  an  anderen  Orten, 
besonders  in  Phaistos  und  H.  Triada  zu  finden  sein.  So  liegt  es  nahe,  die  Dekoration 
mit  farbigen  Stuckreliefs,  die  sich  über  eine  ganze  Reihe  besonders  prächtiger  Räume 
des  Palastes  erstreckte,  einer  relativ  kurzen  Periode  der  Blütezeit  zuzuschreiben. 
Rodenwaldt  vergleicht  diese  Reliefs  mit  Recht  den  Fresken  von  H.  Triada  (Tiryns 
n,  195);  sie  gehören  demnach  in  die  letzte  mittelminoische  Zeit  und  an  den  Anfang 
der  nächsten  Periode.  Daß  gelegentlich  Palaststilvasen  mitgefunden  sind  (ESA. 
Vni,  42),  spricht  natürlich  nicht  gegen  den  frühen  Ansatz:  das  zerbrechliche  Ton- 
geschirr wechselt  rascher  als  die  sorgfältige  Wandverkleidung.  So  werden  wir  wieder 
in  dieselbe  Periode  der  höchsten  Kunstblüte  geführt,  der  wir  schon  die  Steatitvasen 
zuzuweisen  hatten  '). 

7.  Vorstufen. 

Die  bisher  betrachteten  Gruppen  gehören  einer  einheitlichen  Stilstufe  an, 
der  Blütezeit  der  kretisch-mykenischen  Kunst.  Weder  aus  den  Fundumständen, 
die,  soweit  sie  überhaupt  etwas  ergeben,  in  die  letzte  mittelminoische  und  erste  spät- 
minoische  Zeit  weisen,  noch  aus  stilistischen  Kriterien  läßt  sich  eine  Entwicklung 
ableiten.  Es  fragt  sich  nun,  wie  der  Stil,  den  wir  auf  den  verschiedenen  Arten  des 
Reliefs  beobachtet  haben,  entstanden  ist. 

In  allen  älteren  Schichten  fehlen  eigentliche  Reliefs  so  gut  wie  vollständig, 
und  zwar  nicht  nur  figürliche.  Mir  ist  nur  ein  dünnwandiger  Becher  der  Kamares- 
technik aus  Phaistos  (Candia,  Mus.  Nr.  5797)  bekannt,  dessen  untere  Hälfte  plastisch 
ausgeführte  Muscheln  zieren,  während  nahe  dem  Rand  Ornamente  wie  auf  der  Tasse 
Rendic.  dei  Lincei  XVI  1907,  294  Abb.  9  b  in  Rot  und  Weiß  auf  den  Firnisgrund 
gemalt  sind.  Daß  gelegentlich  auf  einer  Vase  gleichen  Stiles  eingepreßte  Spiralen 
vorkommen,  hilft  uns  nicht,  den  Ursprung  des  starken  Naturalismus  zu  erklären, 
der  die  Folgezeit  beherrscht.    Wir  müssen  uns  also  in  den  Nachbargebieten  umsehen. 

Dem   ReHef  am   nächsten   steht   die     Glyptik.      Auch   ihr    Stil   ist   in   der 

»)  Rodenwaldt  hat,  wie  er  mir  freundlich  mitteilt,  Gewandes  darauf  erhalten.    Nach  dem  Gesagten 

unter  den  in  Nauplia  magazinierten  Fragmenten  wird  man  es   knossischem  Einfluß  zuschreiben, 

aus  Mykene  ein  kleines  Bruchstück  eines  Stuck-  wie  die  Reste  aus  Pseira,  und  es  in  frühmyke- 

reliefs   gefunden;    vielleicht   sei    der    Rest   eines  nische  Zeit  datieren  dürfen. 


274  ^*  ^ö^^^''»  Frühmykenische  Reliefs. 


dritten  mittelminoischen  Periode  voll  entwickelt  und  steht  auf  derselben  Stufe  wie 
der  der  Reliefs.  Zu  den  Temple  Repositories  gehören  außer  den  besprochenen  Fayen- 
cen eine  ganze  Reihe  von  Siegeln,  von  denen  Evans  die  wichtigsten  BSA.  IX,  54  ff. 
kurz  behandelt.  Wir  finden  da  neben  rein  mittelminoischen  Elementen  (a.  a,  O. 
Abb.  28)  nicht  nur  Tierbilder,  besonders  solche  aus  dem  Leben  des  Meeres,  sondern 
auch  eine  Boxerszene,  die  im  Stil  vollkommen  den  Steatitgefäßen  entspricht  (a.  a.  O. 
Abb.  35).  Nicht  minder  lebendig  ist  der  Kampf  eines  Bootsmannes  mit  einem  See- 
ungeheuer ^).  Ja,  einer  der  Steinschneider  hat  sogar  eine  reine  Landschaft  —  drei 
entlaubte  Bäume  —  dargestellt  (a.  a.  O.  Abb.  31). 

Die  Vorgeschichte  dieses  malerischen  Naturalismus  läßt  sich  nun  an  den  ziem- 
lich zahlreichen  Beispielen  der  Glyptik  annähernd  verfolgen  2).  Unter  den  Petschaften 
der  frühminoischen  Periode  aus  Bein  und  weichem  Stein  erscheinen  neben  den  häu- 
figeren Ornamenten  Tierbilder  von  'primitiv  frischem  Realismus'  (Karo),  oft  mit 
Blättern  daneben  3),  ja  auf  dem  schönsten  Beispiel,  dem  Elfenbeinwürfel  aus  der 
Tholos  von  H.  Triada  4),  machen  die  Tiere  —  Eber,  Schaf  und  Wildziege  ■ —  einen 
ganz  bildmäßigen  Eindruck,  besonders  die  letztere,  die  von  Zweigen  umgeben  und 
damit  gleichsam  in  eine  Landschaft  gesetzt  ist.  Aus  der  ganzen  ersten  Hälfte  der 
mittelminoischen  Zeit  haben  wir  kein  entsprechendes  Beispiel.  Das  ist  schwerlich 
Zufall.  Wenn  man  die  durch  den  Charakter  der  Schriftzeichen  in  diese  Periode  ge- 
wiesenen Siegelsteine  durchsieht  5),  so  gibt  es  wohl  Tier-  und  jetzt  auch  Menschen- 
bilder, aber  von  jener  Frische  ist  nichts  mehr  zu  spüren.  Besonders  die  Menschen 
sind  z.  T.  von  geradezu  überraschender  Roheit;  oft  macht  sich  ein  starres  Wappen - 
Schema  geltend.  Es  mag  sein,  daß  die  Verwendung  einzelner  Objekte  als  Schrift- 
zeichen das  Gefühl  für  das  Lebendige  zurückgedrängt  hat.  Auch  in  den  gelungensten 
Fällen  geht  das  Streben  des  Steinschneiders  nicht  über  möglichste  Deutlichkeit 
hinaus  und  das  Bild  bleibt  Symbol,  so  in  dem  schönen  Karneol  mit  der  sitzenden 
Katze,  den  Evans  mit  gutem  Grund  der  Blütezeit  des  Kamaresstils  zuweist  ^).  Erst 
ganz  am  Ende  dieser  Zeit  tauchen  wieder  Spuren  bildmäßiger  Auffassung  auf.  Cha- 
rakteristisch scheint  mir  ein  schönes  Petschaft,  dessen  ungeschickte  Darstellung  — 
zwei  Wildziegen  auf  einem  Berg  — •  in  merkwürdigem  Gegensatze  zu  der  sehr  ele- 
ganten Form  des  Gerätes  steht  7).  Auch  auf  dem  Siegelstein,  Scripta  Minoa  I,  Taf.  II 
P.  41,  erscheint  das  noch  recht  primitive  Bild  —  eine  Wildziege  vom  Hunde  gejagt 
—  als  etwas  Fremdartiges,  Neues. 

I)  BSA.  IX  58  Abb.  36,  vgl.  Studniczka,  AM.  XXXI  (•)  Scripta  Minoa  I  153  und  Taf.   II  P.  23,  270  f. 

1906,  50.  Offenbar    später    ist    der    treffliche    Kopf    eines 

^)  Zum  folgenden  vgl.  Karo,  AM.  XXXV  1910, 178  ff.  Wolfes,  a.  a.  O.  P.  40,  der  ganz  gleich  als  Schrift- 

3)  Mem.  Ist.  Lombardo  XXI  1905  Taf.  10  und  11  zeichen  vorkommt  (a.  a.  0.  P.  24  a)  und  auch 
(aus  der  Tholos  von  H.  Triada);  auch  das  noch  von  Evans  S.  140  als  solches  aufgefaßt  wird, 
unveröffentlichte  Adlersiegel  von  Kumasa  ge-  7)  JHSt.  XVII  1897,  344  =  Scripta  Minoa  I  141 
hört  hierher.  Über  diese  Gruppe  von  Siegeln  Abb.  87.  Das  Petschaft  ist  seiner  Form  nach 
vgl.  zuletzt  Seager,  Mochlos  108.  jünger   als   das   ebda.    Abb.    89   wiedergegebene, 

4)  Mosso,  Escursioni  194  Abb.  104  a — d.  das    in   einer    Schicht   der   zweiten   mittelmino- 

5)  Gute  Beispiele  bei  Evans,  Scripta  Minoa  I  ischen  Periode  gefunden  ist.  - —  Ein  weiteres 
Taf.  II  und  S.  130  ff.,  andere  'E^p.  dcp/.  1907  Beispiel  des  wiedererwachenden  Naturalismus 
Taf.  6,  9  ff.  (Xanthudidis).  ist  der  Abdruck  BSA.  IX  20  Abb.  9. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  27S 

Besonders  deutliche  Beispiele  bieten  die  Siegel  des  'Hieroglyphic  Deposit', 
die  in  die  erste  Periode  des  neuen  Palastes  gehören  (Evans,  Scripta  I,  144),  aber 
mehrfach  etwas  altertümlicher  scheinen  als  die  Funde  aus  den  Temple  Repositories. 
Diesen  ganz  gleichartig  ist  das  schöne  Scebild:  ein  Raubfisch  fängt  zwischen 
Korallenriffen  einen  Oktopus  (a.  a.  O.  22  Abb.  11  b).  Das  Nebeneinander  von  Altem 
und  Neuem  zeigt  besonders  klar  ein  großes  Tonsiegel  mit  mehreren  Abdrücken, 
darunter  einem  Ornament  in  der  Art  des  Kamaresstils,  aber  auch  laufendem  Wild, 
das  von  einem  Hund  angefallen  wird;  die  Landschaft  ist  durch  einen  Baum  angedeutet 
(a.  a.  O.  22  Abb.  11  a).  Aber  es  fehlt  in  diesem  Funde  auch  nicht  an  Übergangs- 
stücken. Für  ein  solches  halte  ich  die  bekannte  Darstellung  eines  langhornigen  Schafes 
mit  einem  Menschen  darunter,  die  mit  der  Sage  von  Zeus  und  der  Ziege  Amaltheia 
in  Zusammenhang  gebracht  worden  ist  ^).  Die  Arbeit  ist  sorgfältig,  besonders  das 
Schaf  ist  gut  gebildet;  der  kleine  hockende  Mensch  läßt  schwerer  ein  Urteil  zu.  Da- 
gegen ist  seine  Beziehung  zu  dem  Tier  überhaupt  nicht  ausgedrückt.  Wie  zwei  Schrift- 
zeichen stehen  die  beiden  Bilder  übereinander.  Und  wenn  man  beachtet,  daß  über 
dem  Schaf  noch  ein  weiterer  Gegenstand  dargestellt  ist,  eine  Art  Stab,  der  in  einer 
schwellenden,  gerieften  Spitze  endet,  so  will  es  mir  scheinen,  als  dürfe  man  über- 
haupt nach  keinem  bildlichen  Zusammenhang  suchen:  es  sind  wirklich  Schriftzei- 
chen 2).  Dabei  ist  es  aber  wichtig,  daß  die  Darstellungen  hier  nicht,  wie  sonst  in  den 
kretischen  Hieroglyphen,  schematisch  angedeutet,  sondern  wirklich  wie  kleine  Bilder 
ausgeführt  sind,  und  das  ist  zweifellos  ein  Einfluß  der  neuen  naturalistischen  Kunst, 

Anders  zu  beurteilen  sind  einige  Siegel  mit  Köpfen,  offenbar  Porträts,  wie 
Evans  annimmt.  Sie  stammen  gleichfalls  aus  dem  'Hieroglyphic  Deposit'.  Das 
Köpfchen  eines  Knaben  im  Profil  nach  rechts  ist  nicht  gut  abgedrückt  3).  Das  Ge- 
sicht ist  voll,  das  kurze  Haar  reicht,  wie  die  photographische  Abbildung  erkennen 
läßt,  bis  unmittelbar  über  das  runde  Auge,  vorm  Ohr  tritt  es  deutlich  herab.  Den 
gleichen  Haaransatz  finden  wir  wieder  auf  einem  zweiten  Porträt,  dem  eines  bartlosen 
Mannes,  gleichfalls  nach  rechts  4).  Indessen  ist  das  Haar  hier  halblang  und  eigentümlich 
stilisiert.  Nach  dem  Umriß  des  Kopfes. würde  man  auf  stark  gewellte  Locken  schließen, 
aber  die  Innenzeichnung  läuft  in  parallelen  Linien,  wie  wenn  das  Haar  glatt  nach 
hinten  gestrichen  wäre.  Im  Nacken  rollt  es  sich  zu  einer  kleinen  Volute  auf.  Diese 
Stilisierung  w  eicht  von  allen  anderen  Darstellungen  ab.  Sie  erweist  sich  als  wirklicher 
Archaismus  durch  die  Sorgfalt,  mit  der  der  Stein  geschnitten  war.  Das  Gesicht  ist  mit 
größter  Liebe,  wenn  auch  ohne  rechte  Frische  und  nicht  immer  mit  vollem  Verständ- 
nis für  den  Knochenbau  durchmodelliert.    Gegenüber  dem  Kinderköpfchen  ist  alles 

*)  JH.St.   XXI   1901,    129  Abb.    17,   oft  wiederholt  lieh  finden  sich  auch  andere  Zeichen  nur  verein- 

z.  B.  BSA.  IX  88  Abb.  60;  nach  Photographie  zeit  (z.  B.  Nr.  66,  76,  81,  82  von  Evans'  Liste). 

Evans,  Scripta  Minoa  I  Taf.   IV  B,  B.  Für   den   gegitterten    Hintergrund   ist   das    Pet- 

^)  Als  solches  kommt  der  Mann  ganz  ähnlich  vor  schalt  a.  a.  O.  140  Abb.  85  zu  vergleichen. 

(Evans  a.  a.  O.  I  181  Nr.  2a),  das  erste  Zeichen  3)  Evans,  Scripta    Minoa    I    Taf.    IV    B,    A;    272 

ist  wohl  nur  eine  Abart  der   'Lanze'   (a.   a.   O.  Abb.   125. 

186  Nr.  14),  vom  Schafe  ist  sonst  allerdings  nur  4)  Scripta  I  272  Abb.  124.    Beide  Siegel  wiederholt 

der  Kopf  belegt  (a.  a.  O.  207  Nr.  67),  aber  frei-  bei  Rizzo  a.  a.  ö.   143  Abb.  72. 


275  ^'  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


klarer  und  schärfer  ^).  Wir  haben  also  zweifellos  wieder  Übergangsstücke  vor  uns  2). 
Nun  lassen  sich  Porträts  innerhalb  des  kretisch -mykenischen  Kulturkreises  —  in 
beachtenswertem  Gegensatz  zu  ägyptischer  Kunst  —  nur  noch  in  einem  Falle  nach- 
weisen, in  den  goldenen  Masken  der  Schachtgräber.  Warum  sich  ihre  festländischen 
Verfertiger  an  die  Züge  der  Toten  gehalten  haben,  soweit  sie  es  vermochten,  ist  ja 
ohne  weiteres  klar.  Aber  auch  für  das  Siegel  hat  das  Porträt  eine  besondere  Bedeu- 
tung: der  Kopf  des  Siegelnden  ist  in  viel  höherem  Sinne  sein  Abzeichen  als  die  Emble- 
me, die  vorher  üblich  waren.  Seine  Wahl  spricht  die  naturalistische  Strömung  der 
Zeit  deutlich  aus,  aber  die  Ausführung,  besonders  des  Haares,  zeigt  ebenso  klar, 
daß  der  keineswegs  ungeschickte  Gemmenschneider  nicht  an  realistische  Wieder- 
gabe des  Gesehenen  gewohnt  war. 

Diese  Betrachtung  zeigt  also,  daß  der  malerische  Naturalismus  offenbar  erst 
mit  dem  Beginn  der  großen  Blütezeit  einsetzt  und  sich  rasch  das  Feld  erobert  hat. 
Sie  steht  damit  im  Gegensatz  zu  der  verbreiteten  Meinung,  welche  diese  Richtung, 
anknüpfend  an  jene  Ansätze  der  Frühzeit,  sich  in  gleichmäßig  aufsteigender  Linie 
entwickeln  läßt  und  neben  der  technisch  wie  künstlerisch  so  hochstehenden  Kera- 
mik der  2.  mittelminoischen  Periode  auch  hervorragende  Werke  der  höheren  Kunst 
annehmen  möchte,  die  nur  alle  verloren  seien.  Solche  mag  es  wohl  gegeben  haben, 
nur  dürften  ihre  Vorzüge  auf  anderem  Gebiet  gelegen  haben.  Die  Frage  ist  wichtig 
genug,  daß  es  sich  lohnt,  einen  Blick  auf  Plastik  und  Malerei  zu  werfen. 

Auch  in  der  Kleinplastik  hat  die  frühminoische  Zeit  neben  ganz  rohen  Ge- 
bilden Arbeiten  von  überraschender  Frische  hervorgebracht.  Ich  erinnere  an  den 
behaglich  hingestreckten  Hund  auf  einem  Steindeckel  aus  Mochlos,  oder  an  die  Stiere 
aus  Kumasa  und  Porti,  an  denen  Menschen  herumklettern,  offenbar  primitive  Ver- 
suche, die  Vorgänge  des  Stierspiels  plastisch  festzuhalten.  Die  Einzelformen  sind 
freilich  recht  unvollkommen  3). 

Aus  dem  Anfang  der  mittelminoischen  Zeit  stammen  die  Tonstatuetten  von 
zwei  Männern  und  einer  Frau  aus  Chamaizi;  die  meist  kleineren  Terrakotten  aus 
Petsofa  sind  vorgeschrittener  und  wohl  auch  etwas  später  4).  Die  Männer  stehen  mit 
geschlossenen  Füßen,  die  Hände  meist  betend  zur  Brusthöhe  erhoben;  bei  den  Frauen 
sind  die  Füße  nicht  angegeben,  ihr  weiter,  noch  nicht  mit  Volants  verzierter  Rock 
bietet  zugleich  eine  geeignete  Standfläche.  Bei  den  meisten  Figuren  ist,  so  primitiv 
sie  im  übrigen  sind,  auf  gewisse  Einzelheiten  Sorgfalt  verwendet;  z.  B.  sind  bei  den 
Männern  von  Chamaizi  die  Brustwarzen  plastisch  angegeben,  bei  den  Statuetten 
von  Petsofa  die  Kleidung  teilweise  in  Ton,  teilweise  in  Farben  ausgeführt.     Es  ist 

')  Den    Vergleich  mit    den    Köpfen    der    Steatit-  3)  Seager,  Mochlos  21  Abb.  5;  Maraghiannis,  Anti- 

gefäße  wage  ich  nicht  zu  ziehen,  da  die  auffallende  quites  Cret.  II  4,  8;  Dussaud  ^  38  Abb.  20.  Kuma- 

Härte  der  Züge  wie  der  abweichende  Gesichts-  sa:  vorläufig  nur  der  Kopf  bei  Mosso,  Escursioni 

typus    gewiß    zum    großen    Teil    auf    Rechnung  184  Abb.  95,  danach  AM.  34,  1909,  92  Abb.  11, 

des   Porträts  zu  setzen  ist.  vgl.  S.  93  Nr.  18,  19  (A.  Reichel).    Porti:  unver- 

*)  Genau   denselben    Stil   zeigt   ein   dritter,   leider  öflentlicht,  vgl.  Karo,  Arch. Jahrb. XXVI 191 1,  262. 

schlecht     gelungener      Siegelabdruck     desselben  4)  Chamaizi:  'E9.   rfp^^.  1906,   135  ff.  (Xanthudidis); 

Depots  (Candia,  Museum;  unpubliziert).  Maraghiannis   II  34,   5 — 7.      Petsofa:    BS.A.    IX 


361  ff.  (Myres);  Maraghiannis  I  33. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  277 

klar,  daß  Deutlichkeit  erstrebt  ist.  Unter  den  Funden  von  Petsofa  lehren  das  auch 
die  Tierfigürchen,  vor  allem  aber  das  Fragment  eines  großen  Kopfes,  den  Myres 
gewiß  mit  Recht  für  gleichzeitig  hält  ^).  Die  einzelnen  Teile  des  Gesichts  waren  in 
richtiges  Verhältnis  zueinander  gesetzt,  die  Nase  und  die  mandelförmigen  Augen 
mit  ihren  Lidern  sorgfältig  modelliert;  lebendig  wirkt  er  freilich  darum  doch  nicht. 

Die  Terrakotten  von  Petsofa  stammen  nun  sicher  aus  einem  Heiligtum,  was 
man  für  die  von  Chamaizi  mit  Xanthudidis  gleichfalls  annehmen  darf  2).  Die  Ver- 
mutung liegt  auf  der  Hand,  daß  sie  aus  dem  Bedürfnis  des  Kultes  geschaffen  sind: 
man  will  die  dargestellten  Objekte  im  Bilde  weihen  und  gibt  sie  zu  diesem  Zwecke 
möglichst  deutlich  wieder.  Das  läßt  sich  mit  den  symbolischen  Darstellungen  mittel- 
minoischer  Siegel  vergleichen,  die  ebensowenig  rein  künstlerischem  Drange  ihr  Dasein 
verdanken  3). 

Interessant  ist  es  nun,  daß  wir  die  Weiterentwicklung  in  der  dritten  mittel- 
minoischen  Periode,  zunächst  für  die  stehende  Frau,  wieder  an  Funden  aus  einem 
Heiligtum  verfolgen  können,  den  Temple  Repositones.  Man  darf  nicht  vergessen, 
daß  wir  in  den  Fayencefiguren  gewiß  viel  kostbarere  Werke  vor  uns  haben.  Das 
gilt  erst  recht  von  der  schönen  Schlangengöttin  in  Boston,  die  aus  Elfenbein  geschnitzt 
und  reichlich  mit  Goldauflagen  verziert  war,  sich  aber  dabei  im  Typus  durchaus 
den  Fayencestatuetten  anschließt  4).  Die  Bildung  des  Gesichts,  wie  überhaupt  des 
Nackten,  ist  sehr  viel  weiter  fortgeschritten,  aber  noch  immer  ist  unter  dem  nun 
reich  geschmückten  Rock  nichts  von  den  Beinen  zu  spüren,  ja  auch  die  Füße  sind 
nicht  angedeutet.  Das  ist  ein  archaischer  Zug,  der  sich  nicht  verkennen  läßt,  zumal 
wenn  man  die  meist  bronzenen  Frauenfiguren  5)  vergleicht,  die  vielleicht  z.  T.  gleich- 

')  BSA.  IX  Taf.  XII,  34  vgl.   S.  375.     Von  einem  von  Schalen  aus  Palaikastro  mit  Tieren  im  In- 

zugehörigen  Körper  ist  nichts  gefunden,  vielleicht  nern  der  Höhlung,  die  in  ganz  frühmittelminoische 

hat  gar  keiner  existiert.  Zeit  gesetzt  werden  (BSA.  IX  301).   Das  Haupt- 

*)  Auf  ähnliche  Figuren  aus  Knossos   (in  Oxford)  stück   stellt   eine   ganze   Herde   winziger    Stiere 

und   vom    Juktas  (vgl.  Karo,    Arch.  Anz.    1910,  mit  ihrem  Hirten  dar  (BSA.  VIII  294)  und  ist 

150),  also   wieder    aus   einem   Heiligtum,   macht  ein  vereinzelter  Fund.     Der  Zweck  der  sonder- 

mich       Karo       aufmerksam.       Ein       ähnlicher  baren  Gefäße    ist   nicht   klar;    man   könnte   sie 

Komplex     ist      neuerdings      aus     Piskokephalo  als  Ausläufer  frühminoischer  Tendenz  auffassen, 

bei   Sitia   in   das   Museum  von    Candia  gelangt  Doch  wage  ich  sie  für  allgemeine  Schlüsse  nicht 

(Valentin    K.    Müller,    Der    Polos,    Diss.   Berlin  zu  verwenden,  zumal  es  sich  um  eine-ganz  lokale 

191 5    S.    12,  mit  Angaben  Rodenwaldts).      Nur  Gruppe  des  äußersten  Ostens  der  Insel  handelt, 

scheint   er   sich   über   einen   größeren   Zeitraum  4)  Museum  of  Fine  Arts  Bulletin  XII  1914  Nr.  73 

zu  erstrecken  und  führt  mindestens  in  dem  bis-  (L.  D.  C[askey]),  mit  Abbildungen  S.  52  f.    Die 

her  allein  abgebildeten  Köpfchen  (a.  a.  0.  Taf.  i,  Veröffentlichung  im  Amer.  Journ.  of  Arch.  1915 

1 — 3)  schon  ans  Ende  der  mittelminoischen  Zeit,  ist  mir  noch  unzugänglich. 

wenn  nicht  darüber  hinaus.     Ist  auch  das  Ge-  5)  Vgl.    Furtwängler,    Sitz.-Ber.    bayer.    Ak.    1899 

sieht  arg  verwaschen,  so  zeigt  doch  die  ganze  559  fl.   (=  Kl.    Schriften    II  453),    wo   die   bis 

Anlage  und  vor  allem  die  weiche,  lockere  Behand-  dahin    bekannten    Männer-    und   Frauenfiguren 

lung    des    hochgetürmten    Haares    einen    großen  gesammelt  sind.     Die  dort  neu  publizierte  Sta- 

Fortschritt  gerade  auch  gegenüber  dem  nach  Stil  tuette  aus  Smyrna  stellt  einen  Jüngling,  keine 

wie   Fundort   durchaus   mittelminoischen   Köpf-  Frau    dar.     Dazu    sind    gekommen    bes.     zwei 

chen  von  Tylissos,  das  V.  Müller  wegen  der  gleichen  Bronzen    aus    H.   Triada    (Maraghiannis    I   26, 

Frisur  heranzieht  ('Ecp.  äp^- 1912,  229  Abb.  37, 1).  2-3).     Vgl.  die  guten  Abbildungen  der  Berliner 

3)  Hinweisen  möchte  ich  hier  auf  eine  kleine  Gruppe  Statuette  oben  Beilage  zu  S.  67. 

Jahrbuch  des  archäolognschen  Instituts  XXX.  20 


278  ^'  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 

zeitig  sind,  vorwiegend  wohl  der  unmittelbar  folgenden  Zeit  angehören.  Hier  ist  auf 
einmal  Leben  in  die  Gestalten  gekommen,  die  Steifheit  der  Körperhaltung  ist  ge- 
schwunden, die  Arme  bewegen  sich  frei,  und  unter  dem  weiten  Volantrock  läßt  der 
Künstler  gern  die  Beine  deutlich  werden,  obwohl  die  Füße  auch  hier  nicht  ange- 
geben sind. 

Die  Männerstatuetten  i)  dieser  Zeit  sind  etwas  weniger  bewegt,  dafür  ist  aber 
oft  ihre  Muskulatur  vortrefflich  durchgeführt.  Beispiele  wie  die  von  Hatzidakis  in 
Tylissos  gefundene  Bronze,  die  mit  dem  Palast  in  die  erste  spätminoische  Zeit  datiert  ist, 
oder  die  Bronze  in  Leiden  zeigen  deutlich  die  lebendige  Haltung,  mit  stark  durch- 
gedrücktem Kreuz,  an  der  ersteren  ist  die  energische  Bewegung  der  Arme  charakte- 
ristisch, die  trotzdem  zweifellos  ein  Gestus  des  Gebets  ist.  Später  ist  die  Bleistatuette 
aus  Kampos  *)  in  Athen,  die  wegen  der  viel  besseren  Erhaltung  der  Oberfläche  hier 
genannt  sein  mag,  obwohl  ihr  kretischer  Ursprung  keineswegs  sicher  steht.  Die  Haltung 
ist  viel  ruhiger,  es  fehlt  ihr  der  momentane  Ruck  der  Figur  von  Tylissos;  auch  die 
quergerillten  Locken  statt  des  freiwallenden  Haares  zeigen,  daß  die  höchste  Blüte 
der  Kunst  bereits  vorüber  war.  Dafür  ist  aber  die  Bildung  des  Kopfes  und  der  Extre- 
mitäten, besonders  der  Arme,  überraschend  gut.  Die  Hände  sind  in  Kinn-  und  Hals- 
grubenhöhe gehalten;  ihre  Stellung  wie  das  Fehlen  einer  Ansatzspur  am  Munde 
schließt  den  Gedanken  Furtwänglers  an  einen  Flötenspieler  aus  3) ;  vielmehr  wird 
die  Gebärde  auch  hier  als  Anbetung  zu  deuten  sein. 

Alle  diese  Figuren  stehen  in  mehr  oder  weniger  enger  Beziehung  zum  Kult; 
sie  gehören  daher  in  eine  Reihe  mit  den  besprochenen  Terrakotten  von  Petsofa  und 
anderen  Orten.  Die  Fayencefiguren  der  Temple  Repositories  und  die  Bostoner  Sta- 
tuette sind  wichtige  Übergangsstücke,  weil  sie  wenigstens  das  alte  Grundschema 
festhalten,  während  in  der  Formgebung  bereits  der  Naturalismus  herrscht.  Wenn  er 
noch  nicht  völlig  durchgedrungen  ist,  so  liegt  das  gewiß  wieder  daran,  daß  er  eine 
neue  Strömung  ist  und  die  Hindernisse  der  religiösen  Tradition  noch  nicht  über- 
wunden hat.  Die  ganze  Reihe  ist  zugleich  wichtig  als  neuer  Beweis  für  die  Konti- 
nuität der  kretischen  Kultur,  die  seinerzeit  Mackenzie  aus  gewissen  Zügen  der  Kera- 
mik erschlossen  und  zuletzt  Evans  4)  betont  hat.  Eine  ähnliche  Reihe  läßt  sich  auch 
unter  den  Stierbildern  nachweisen,  die  ja  zweifellos  auch  mit  dem  Kult  in  Zusammen- 
hang stehen  5). 

Überall  tritt  also  in  der  letzten  mittelminoischen  Zeit  ein  starker  Fortschritt 
ein,  ein  Erfassen   des  Lebendigen  und  eine  begeisterte  Freude,  es  darzustellen.     In 

■)  S.    vorige    Anm.       Später    gefundene    Figuren:  mitgefundene   Frauenstatuette   Nr.    3302   publi- 

Maraghiannis  I  26,   i,  (aus  H.  Triada);   Boyd-  ziert  ist. 

Hawes,  GourniaTaf.  XI 21 ;  die  Bronze  ausTylissos  3)  Ein  kleiner  Flötenspieler  aus  Ton  in  der  Art  der 

'Ecp.  dp](.  1912,223  Taf.  17  (Dussaud»  58  Abb.  37,  festländischen  Terrakotta-Idole  ist  inTiryns  ge- 

Ausonia  VIII  1913,  79  Abb.  4)  und  die  Leide-  funden  worden. 

ner  Bronze,  Taf.  i  dieses  Bandes,  die  van  Hoorn  4)  JHSt.  XXXII  1912,  277  ff. 

oben  S.  65  ff.  besprochen  hat.  5)  Vgl.  Karo,  Arch.  Jahrb.  XXVI  191 1  bes.  262  ff. 

*)  Tsountas-Manatt,  Myc.  age  Taf.  17.    Vgl.  Furt-  Die  S.  263  erwähnten   'steif  stilisierten  Stücke' 

wängler  a.   a.   0.,   mit  weiterer  Literatur,   und  scheinen  mir  nach  der  Art  der  Bemalung  später 

Stais,  Coli,  myc*  S.  157  f. Nr.  3301,  wo  auch  die  zu  sein  als  die  realistisch  modellierten. 


K.  Müller,  FrUhmykenische  Reliefs.  270 


frischer  Beobachtung  vermag  die  kretische  Kunst  dieser  Blütezeit  sogar,  was  der 
Kunst  vorher  und  noch  fast  ein  Jahrtausend  nachher  versagt  war,  sie  vermag  das 
Gesetz  der  Frontahtät  bis  zu  einem  gewissen  Grade  zu  durchbrechen.  Deutlicher 
noch  als  die  Statuetten,  an  denen  das  schon  Furtwängler  gesehen  hat^),  zeigt  diesen 
Zug  ein  Elfenbeinfigürchen  aus  Palaikastro,  das  zu  den  besten  Werken  der  kretischen 
Kleinkunst  gehört  2),  Es  stellt  ein  nacktes  am  Boden  hockendes  Knäblein  dar.  Das 
rechte  Bein  ist  im  Knie  gebogen  und  aufgestemmt,  das  linke  wendet  auf  der  Außen- 
seite liegend  die  Sohle  dem  rechten  Fuß  zu.  Der  Oberkörper  mit  dem  kahlen  Kopf  3) 
ist  stark  vorgebeugt;  die  Arme  sind  über  dem  Ellbogen  abgebrochen,  so  daß  ihre 
Bewegung  unklar  bleibt,  doch  war  wohl  auch  sie  nicht  symmetrisch,  da  der  linke 
Arm  mehr  nach  der  Körpermitte  geführt  scheint  als  der  rechte. 

Diese  Statuette  und  eine  zweite,  gleich  vorzügliche,  die  einen  stehenden  Knaben 
wiedergibt  und  mit  ihr  in  Palaikastro  gefunden  ist  4),  läßt  sich  nicht  mit  Sicherheit 
in  Beziehung  zum  Kult  setzen.  Im  übrigen  scheint  es,  als  seien  kultliche  Bedürf- 
nisse auch  in  der  Blütezeit  der  Hauptanlaß  für  die  kretischen  Künstler  gewesen, 
sich  mit  Rundplastik  zu  befassen.  Zweifellos  bot  sie  nicht  den  adäquaten  Ausdruck 
ihres  künstlerischen  WoUens.  Das  erklärt  einerseits  die  relative  Seltenheit  rund- 
plastischer Werke,  besonders  sorgfältig  ausgeführter,  sowie  das  Fehlen  großer  Statuen. 
Andererseits  aber  macht  es  allein  eine  Erscheinung  verständlich,  die  sonst  ein  rät- 
selhafter Anachronismus  bleiben  würde,  und  die  mir  doch  typisch  scheint  für  die 
besondere  Richtung  des  kretischen  Naturalismus  der  Blütezeit.  Sie  tritt  uns  voll- 
kommen klar  entgegen  in  einer  Gruppe  von  Elfenbeinwerken,  die  Evans  in  Knossos 
gefunden  hat  5).  Unter  den  Bruchstücken  befinden  sich  einige  Köpfe  von  Jünglingen, 
deren  Haar  aus  vergoldetem  Bronzedraht  gebildet  war.  Eine  dieser  Bronzelocken 
ist  noch  an  ihrem  Platze,  im  übrigen  sind  nur  die  Einsatzlöcher  erhalten.  Entsprechend 
ist  auch  bei  einem  Köpfchen,  gleichfalls  von  Elfenbein,  aus  Palaikastro  ^)  das  Haar 
aus  anderem  Material  angefügt  gewesen,  hier  freilich  als  Ganzes,  und  auch  die  Augen- 
sterne waren  hier  eingesetzt.  Auch  die  mehrfach  erwähnte  goldgezierte  Elfenbein- 
statuette in  Boston  hatte  eingesetzte  Stirnlocken.  Einzelne  Bruchstücke  lassen  sogar 
die  Vermutung  zu,  daß  es  Statuetten  gegeben  hat,  an  denen  nur  die  nackten  Teile 
aus  Elfenbein  bestanden  7).  In  alledem  liegt  nicht  nur  ein  starkes  Streben  nach 
Polychromie,  sondern  ein  Versuch,  der  Natur  so  nahe  zu  kommen  wie  irgend  mög- 
lich. Dem  Künstler  schien  ein  Material  allein  selbst  mit  Hilfe  der  Farbe  nicht  zu  ge- 
nügen, um  die  Verschiedenheiten  der  Stoffe  zu  charakterisieren,  die  er  wiedergeben 
wollte.  Damit  war  er  bereits  an  die  Grenzen  der  plastischen  Ausdrucksmöglichkeit 
gekommen. 

')  a.  a.  0.  (oben  S.  277  Anm.  5)  564.  4)  Elfenbein.   H.  noch  9  cm.   Erwähnt  BSA.  X  215. 

2)  Bisher   leider   nur   kurz   erwähnt    BSA.    X   215.         5)  BSA.  VIII  72  ff. 

H.  4,5  cm.   Die  Statuette  ist  auch  auf  der  Unter-  6)  BSA.  IX  279  Abb.  i. 

Seite   ausgeführt;   zwei   Löcher   in   den   Glutäen  7)  Vielleicht  gehört  hierher  der  Elfenbeinarm,  den 

dienten  zur  Befestigung  auf  einer  Basis.  Evans  BSA.  VIII  74  abbildet  und  dessen  mei- 

3)  Vermutlich  waren  anliegende  Haare  durch   Be-  sterhafte    anatomische     Bildung    hervorgehoben 
malung  angedeutet.  sei. 

20* 


28o  K-  Müller,  Frühmykenische  Reliefs, 

Er  geht  noch  einen  Schritt  weiter:  zu  demselben  knossischen  Funde  gehört  als 
einzige  fast  ganz  erhaltene  Figur  der  bekannte  Stierspringer.  Der  schlanke  und  doch 
kräftige  Jüngling  schwebt  frei  in  der  Luft,  den  Körper  schräg  nach  unten;  die  Fuß- 
spitzen bilden  den  höchsten  Funkt.  Die  Arme  sind  senkrecht  herabgestreckt,  der 
Kopf  sehr  stark  in  den  Nacken  gebogen,  so  daß  das  Auge  nach  vorn  blicken  kann  ^). 
Die  Figur  muß  irgendwie  mit  einem  als  Gürtel  gebildeten  Band  aufgehängt  gewesen 
sein.  Damit  ist  das  Gebiet  der  eigentlichen  Plastik  verlassen.  Evans  vergleicht  die 
Eroten  griechischer  Ohrgehänge,  nicht  mit  Recht,  denn  Anhänger  verschiedenster 
Form  hat  es  immer  gegeben.  Eher  könnte  man  schon  an  hellenistische  Eroten  aus 
Terrakotta  und  Niken  wie  die  von  Pompeji  2)  erinnern.  Aber  ein  solches  ruhiges 
Schweben  ist  doch  noch  etwas  anderes  als  die  blitzschnelle  Bewegung  dieses  Sprin- 
gers. Selbst  unter  den  kühnsten  Leistungen  des  Barock  oder  unserer  Tage  findet 
sich  kaum  etwas  Ähnliches. 

Das  Sonderbarste  aber  ist,  daß  die  Figur  womöglich  noch  in  die  letzte  mittel- 
minoische  Zeit  zu  setzen  ist,  also  nach  allem,  was  wir  zu  vermuten  berechtigt  sind, 
nicht  das  Ende  einer  Entwicklung  bedeutet,  wie  die  herangezogenen  Parallelen. 
Ich  denke,  dieser  Anachronismus  läßt  sich  nur  verstehen,  wenn  der  Künstler  eben 
nicht  im  Banne  einer  langen  Tradition  stand,  sondern  sich  mit  naiver  Frische  eine 
Aufgabe  stellte,  die  mit  den  Mitteln  der  Plastik  überhaupt  nicht  lösbar  ist.  Sein 
Ziel  wird  deutlicher,  wenn  wir  den  Zusammenhang  rekonstruieren,  aus  dem  die  Figur 
stammt.  Sie  hat  offenbar,  wie  schon  Evans  vermutet,  über  dem  Rücken  eines  Stieres 
geschwebt,  der  aus  Holz  geschnitzt  zu  denken  ist  3).  Allem  Anscheine  nach  gehören 
die  mitgefundenen  Teile  anderer  Figuren  im  gleichen  Maßstab  damit  zusammen, 
so  daß  eine  Gruppe  nach  Art  des  bekannten,  wenn  auch  noch  nicht  gut  publizierten 
Toreadorfreskos  vorauszusetzen  ist  4).  Für  eine  solche  Aufgabe  ist  aber  nicht  die 
Plastik  die  geeignete  Darstellungsweise,  sondern  die  Malerei:  die  Gruppe  war  nichts 
als  ein  mit  großer  Kunst  rundplastisch  ausgeführtes  Gemälde.  Da,  wie  gesagt,  die 
kretische  Plastik  nicht  schon  alle  die  Stadien  durchlaufen  hatte,  zu  denen  rein- 
plastisch  lösbare  Aufgaben  führen  können,  so  muß  diese  Übertragung  naiv  sein; 
sie  entstammt  einem  Wirklichkeitssinn  von  so  elementarer  Stärke,  daß  er  vor 
keiner  Grenze  zurückschreckt.     Nur  in  voller  Rundung  ließ  sich  die  dritte  Dimen- 

^)  Diese  Stellung,  die  Evans  der  Figur  BSA.  VIII  gesprochenen  Gedanken,  die  Figur  sei  vielleicht 

Taf.  2.  3  gibt,  ist  die  richtige;  die  schwimmende  nur    bestimmt    gewesen,    zur    Betrachtung    von 

Lage,    .die    sie    wohl    nur    versehentlich     z.   B.  Hand   zu   Hand   zu   gehen,   muß   ich   ablehnen, 

bei  Winter,  Kunstgesch.  in  Bildern  *  88,6  erhalten  weil  ihr  Bewegungsmotiv  den  Stier  als  Ergänzung 

hat,  ist  nicht  zu  rechtfertigen;  der  Kopf  ist  für  und  Erklärung  fordert. 

einen  Schwimmer  zu  weit  zurückgeworfen.  4)  Nach  sehr  schlechter  Zeichnung  abgebildet  von 

*)  Studniczka,  Siegesgöttin  19,  Taf.  VII,  36.  Durm,  Ost.   Jahresh.   1907,  66  Abb.  21.     Weit 

3)  Die  Figur  ist  gelegentlich  frageweise  als  'Taucher'  besser    bei    2t.    Hav8ou8fSTjc,    'EirtTO(jioi     laxopta 

bezeichnet  worden,  d.  h.  doch  wohl  als  Mann,  ttj;    Kpi^TTj;    16     Abb.     4.      Vgl.   Evans,   BSA. 

der   den   Kopfsprung   ins   Wasser   macht.      Ein  VII   94.    VIII   74;   zur  Datierung   Rodenwaldt, 

solcher  streckt  aber  bekanntlich  die  Arme  pa-  Tiryns    II    189;   das   Fresko   ist  jünger   als   die 

rallel  der  Körperachse,  nicht  lotrecht  dazu.  —  Gruppe. —  Eine  leider  sehr  kleine  Abbildung  nach 

Den  von   Bulle,   Der   schöne  Mensch  *   55,   aus-  besserer  Vorlage  gibt  H.   R.   Hall,  The  ancient 

History  of  the  near  East  Taf.  4,2. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  28 1 


sion  getreu  wiedergeben.  Zugleich  zeigt  aber  diese  Gruppe,  wie  der  kretische  Künst- 
ler selbst  da,  wo  er  plastisch  sich  ausdrückt,  die  Welt  mit  den  Augen  eines  Malers 
ansieht.  Auch  wenn  nicht,  wie  in  diesem  drastischen  Beispiel,  die  umgebende  Luft 
direkt  in  die  Darstellung  gezogen  wird,  offenbart  sich  dieser  Zug  an  der  Vorliebe 
für  momentane  Bewegung,  Und  er  gilt  ja  nicht  allein  für  die  Plastik,  wo  er  nur  am 
meisten  auffällt.  Wir  haben  an  den  frühesten  Siegeln  der  Blütezeit  das  Streben  nach 
bildmäßigem  Eindruck  erkannt,  und  wie  malerisch  die  Auffassung  der  Reliefs  ist, 
war  ja  immer  und  immer  wieder  zu  betonen. 

Über  die  Geschichte  der  kretischenMalerei  hat Rodenwaldt  einen  vorzüglichen 
Überblick  gegeben  ^).  Auch  hier  ist  der  naturalistische  Stil  in  der  dritten  mittel- 
minoischen  Periode  voll  entwickelt,  wir  vermögen  sein  Werden  nicht  zu  verfolgen. 
Nur  in  einem  Fresko,  dem  Krokospfiücker  aus  Knossos,  vermag  ich,  im  Gegensatz 
zu  Rodenwaldt,  einen  gewissen  altertümlichen  Zug  zu  erkennen,  freilich  nicht  in 
der  unerklärten  blauschwarzen  Hautfarbe,  sondern  in  den  auffallend  unsicheren 
Proportionen  des  Körpers;  das  naturalistische  Streben  ist  dasselbe  wie  in  den  besten 
anderen  Bildern  ^). 

Bei  diesem  Stand  unserer  Kenntnis  scheint  es  verwegen,  nach  der  Ent- 
stehung der  naturalistischen  Malerei  in  Kreta  zu  fragen.  Für  die  frühminoische 
Zeit  haben  wir  überhaupt  keinen  Anhalt.  Wir  besitzen  aber  ein  paar  Vasen - 
Scherben  aus  der  Blütezeit  des  Kamaresstils  mit  Menschenbildern  3).  Diese  sind 
so  schematisch  wie  möglich;  sie  stehen  in  ihrer  Stilisierung  den  Figuren  auf  Dipylon- 
vasen  ganz  nahe  und  sind  von  den  Gestalten  der  nächsten  Periode  durch  eine  weite 
Kluft  getrennt.  Man  mag  sich  den  Abstand  der  Keramik  von  der  großen  Kunst  so 
stark  vorstellen,  wie  man  will  —  wenn  Vasenmaler,  die  ihre  Gefäße  mit  so  abwechs- 
lungsreichen und  so  fein  empfundenen  Ornamenten  zu  schmücken  wußten,  für  den 
Menschen  nur  derartig  primitive  Formeln  finden  konnten,  so  war  ihnen  doch  gewiß 
keine  irgendwie  naturalistisch  entwickelte  Malerei  geläufig.  Diese  Beobachtung 
bestätigt  und  ergänzt  das  Resultat,  das  sich  uns  aus  der  Betrachtung  der  Plastik 
ergeben  hat.  Der  lebendige  Natursinn,  der  die  anderen  Künste  am  Ende  der  mittel- 
minoischen  Zeit  beseelt,  hat  auch  in  der  Malerei  keine  langsame  Entwicklung  erlebt. 

Die  schwierige  Frage,  wie  diese  schnelle  Entstehung  des  neuen  Stils  zu  erklären 
sei,  kann  hier  nur  kurz  gestreift  werden.  Rodenwaldt  nimmt  auf  Grund  der  Keramik 
an,  daß  eine  Völker-  oder  eher  nur  Stammesverschiebung  ihn  fertig  mit  in  die  Sitze 
gebracht  habe,  in  denen  wir  ihn  beobachten  können.  Er  verkennt  dabei  nicht,  'daß 
die  neue  Kunst  nicht  nur  viele  Elemente  der  alten  in  sich  aufgenommen  und  ent- 
wickelt hat,  sondern  auch  viele  gemeinsame  Charakterzüge  trägt  und  in  letzter  Linie 


')  Tiryns  II  191  ff.  Scherbe    aus    Palaikastro    in    Candia,    Museum. 

»)  BSA.  VI  45.     Er  bildet   sonach   eine   Parallele  Vgl.   auch  die  stilistisch  nahe  verwandten  (ab- 

zum    Stil   der  beiden  Tiergruppen    der   Temple  hängigen?)    Scherben  Phylakopi  Taf.  13  Nr.  14. 

Repositories,  vgl.  oben  S.  267,  17.  18.    Die  Fischervase  ebda.  Taf.  22  dankt  ihre 

3)  Mon.  Line.  VI  Taf.  9,10.  Eine  ganz  entsprechende  fortgeschrittenere   Stilisierung  bereits  Einflüssen 

des  kretischen  Naturalismus. 


282  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


wohl  in  demselben  Boden  wurzelt'  ^).  Obwohl  ich  früher  selbst  ähnlicher  Meinung 
gewesen  bin,  halte  ich  jetzt  nach  dem  Dargelegten  einen  Bevölkerungswechsel  für 
sehr  unwahrscheinlich.  Wir  haben  ja  schon  aus  frühminoischer  Zeit  in  der  Glyptik 
wie  unter  den  plastischen  Werken  Äußerungen  eines  frischen  Naturalismus  gefunden, 
die  doch  nur  als  Vorboten  der  großen  Welle  aufgefaßt  werden  können,  welche  die 
kretische  Kunst  auf  ihren  Höhepunkt  geführt  hat.  Ein  glücklicher  Zufall  hat  uns  aus 
der  Frühzeit  in  den  Stieren  von  Kumasa  und  Porti  primitive  Bilder  des  Stierspiels 
erhalten,  die  im  Grunde  doch  nichts  anderes  geben  möchten  als  das,  was  die  knossische 
Elfenbeinfigur  mit  so  viel  größerer  Kunst  ausgedrückt  hat.  Eine  künstlerische  Begabung 
gerade  in  dieser  Richtung  war  also  gewiß  von  Haus  aus  vorhanden.  Wenn  sich,  wie  es 
scheint,  ihre  ersten  Regungen  im  Sande  verlaufen  haben,  so  mag  das  daran  liegen, 
daß  eben  der  Boden  noch  nicht  genügend  vorbereitet  war.  Die  zweite  Welle  kam 
zu  glücklicherer  Zeit.  Wir  dürfen  nicht  vergessen,  daß  der  Kamaresstil  das  Ornament 
selbständig  zu  überraschender  Höhe  entwickelt  hatte.  Charakteristische  Züge  sind 
die  ungebundene  Frische  und  die  malerische  Feinheit;  in  der  Anordnung  lassen  sich 
Züge  erkennen,  die  auf  die  Kompositionsprinzipien  der  Steatitgefäße  hinweisen  2). 
Das  Streben  nach  organischer  Verbindung  zwischen  Gefäßform  und  Ornament 
wie  der  einzelnen  Elemente  des  letzteren  untereinander  ist  unleugbar.  So  war  der 
neue  Stil  trefflich  vorbereitet;  ihn  zu  erwecken,  bedurfte  es  gewiß  nur  eines  Anstoßes, 
der  den  Künstlern  die  Augen  öffnete.  Welcher  Art  er  freilich  gewesen  sein  mag, 
läßt  sich  nicht  ermitteln.  Dabei  können  hervorragende  Künstlerpersönlichkeiten 
eine  Rolle  gespielt  haben,  vielleicht  unter  dem  Einfluß  einer  besonders  glücklichen 
staatlichen  Entwicklung,  gewiß  aber  auch  das  Bekanntwerden  mit  fremder  Kunst, 
von  dem  sich  gerade  in  dieser  Zeit  Spuren  nachweisen  lassen,  die  nicht  nur  nach 
Ägypten,  sondern  auch  nach  dem  Osten  führen  3).  Aber  wie  sich  auch  der  begeisterte 
Natursinn  entflammt  hat,  seinem  Wesen  nach  ist  er  gewiß  kretisch. 

')  Eben     der     von     Rodenwaldt     hervorgehobene  ganz   anders   verziert    als   die  konvexen  Gefäß - 

Anschluß  der  Vasen  der  Blütezeit  an  die  Wand-  formen.    Wie  stark  das  Ornament  von  der  Form 

maierei  rechtfertigt  das  Fehlen  von  Übergangs-  abhängt,  zeigt  das  von  Reisinger  Taf.  2,10  nach 

stücken.  BSA.    IX  120    Abb.   75  wiederholte  Gefäß:  der 

^)  Die     Kamareskeramik     bedarf     dringend     einer  Ausguß   vertritt  eine   der   Rosetten   des  reichen 

ordnenden  Bearbeitung.     Hier  kann  nur  darauf  Ornamentsterns. 

hingewiesen  werden,  wie  sich,  auf  entwickelten  ^)  Die  Beziehungen  zu  Ägypten  (s.  zuletzt  v.  Bis- 
Gefäßen,  das  Ornament  zur  Form  verhält.  Rei-  sing,  Anteil  der  ägypt.  Kunst  am  Kunstleben 
singer(Kret.  Vasenmalerei  12)  wird  dem  nicht ge-  der  Völker  4  fl.  28  ff.)  sind  allbekannt  und  oft 
recht.  Das  Herauswachsen  des  Gefäßes  aus  seiner  überschätzt  worden;  wahrscheinlich  haben  Ein- 
Grundfläche wird  allerdings  selten  betont.  Aber  flüsse  aus  dem  Osten  gerade  zu  Beginn  der  Blüte- 
die  Gliederung  geht  mit  Vorliebe  von  den  plasti-  zeit  eine  wichtigere  Rolle  gespielt:  Sphinx  und 
sehen  Teilen,  den  Henkeln  und  Ausgüssen,  aus  Greif  treten  mit  der  neuen  Kunst  fertig  und  in 
und  liebt  es,  die  Bauchung  durch  runde  Formen  auf,  die  nicht  aus  Ägypten  übernommen 
Zierformen,  Kreise,  Sterne,  Rosetten,  her-  sind  (v.  Bissing  a.  a.  0.  74);  die  gewiß  in  Kreta 
vorzuheben.  Man  vergleiche  dafür  die  bei  Mara-  gearbeitete  Sphinx  von  H.  Triada  hat  trotzdem 
ghiannis,  Ant.  Cret.  II  Taf.  47  zusammenge- .  sicher  Beziehungen  zu  den  altbabylonischen 
stellten  Gefäße  aus  Phaistos  (die  richtiger  der  Tiergefäßen,  mit  denen  Della  Seta  sie  verglichen 
zweiten  mittelminoischen  Periode  zugewiesen  hat  (Rend.  Line.  XVI  1907,  699);' das  Schema 
werden):  die   konkaven  Wände   der  Becher  sind  der   antithetischen   Gruppe   hat  L.    Curtius    aus 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


283 


Das  Relief  nun  muß  unter  denselben  Bedingungen  erwachsen  sein.  Nach  dem 
Besprochenen  ist  es  sehr  wenig  wahrscheinlich,  daß  eine  lange  Reihe  von  Entwick- 
lungsstufen in  Kreta  existiert  hat  und  uns  nur  durch  die  Ungunst  des  Zufalls  verloren 
gegangen  ist.  Natürlich  halte  ich  Werke  wie  die  Steatitgefäße  von  Hagia  Triada 
nicht  für  erste  Versuche  kretischer  Künstler;  aber  die  Spuren  von  Archaismus,  die 
wir  in  den  unsicheren  Proportionen  der  beiden  Tierreliefs  aus  Fayence  gesehen  haben, 
beweisen  doch  so  gut  wie  ähnliche  Erscheinungen  auf  den  anderen  Kunstgebieten, 
daß  der  neue  Naturalismus  sich  der  Künstler  bemächtigt  hatte,  noch  ehe  Hand  und 
Auge  durch  lange  Erfahrung  geschult  war.  Freilich  gilt  das  eben  nur  von  Natur- 
vorbildern, im  Ornament  war  die  lange  Entwicklung  des  Kamaresstils  vorausge- 
gangen, in  der  der  offenbar  angeborene  Kunstsinn  des  hochbegabten  Volkes  sich 
entfaltet  hatte. 

Dieses  Erwachen  des  Naturgefühls  in  einem  Kreise,  der  künstlerisch  —  und 
gewiß  auch  technisch  —  bereits  eine  hohe  Stufe  erlangt  hatte,  erklärt  uns  manchen 
charakteristischen  Zug  der  kretischen  Reliefkunst.  In  ihr  zeigt  uns  die  Blütezeit 
ihre  vollkommensten  Leistungen.  Gewiß  hätte  ihrem  Wollen  die  Malerei  am  besten 
entsprochen,  und  sie  hat  ja  auch  in  hoher  Blüte  gestanden.  Aber  der  neue  Sinn  für 
das  Natürliche  war  zu  mächtig,  als  daß  er  sich  mit  flächenhafter  Darstellung  hätte 
begnügen  können,  und  die  Begeisterung  viel  zu  stürmisch,  um  der  Malerei  in  müh- 
samer Arbeit  die  Fähigkeit  zu  voller  Wiedergabe  des  Wirklichen  abzuringen.  Darum 
spricht  sich  die  malerische  Begabung  im  Relief  aus.  An  den  drei  Gefäßen  von  Hagia 
Triada  überrascht  die  gleichmäßige  Komposition,  die  sich  so  schön  der  Vasenform 
anschmiegt.  Wir  haben  darin  zweifellos  eine  Weiterbildung  mittelminoischer  Tra- 
dition zu  sehen.  Wo  diese  fehlt,  verrät  sich  wieder  der  jugendliche  Feuereifer,  der 
sich  nicht  zu  einem  gleichmäßigen  Können  zu  erheben  vermag:  wir  haben,  oft  an 
demselben  Stück,  klar  Erfaßtes  neben  Unverstandenem  gefunden  und  betonen 
müssen,  daß  gerade  das  Beste  auf  unmittelbarer  Beobachtung  beruht.  Die  kretische 
Kunst  ist  darin  über  alles  hinausgegangen,  was  der  Orient  geschaffen  hatte:  sie  hat 
die  Gesetze  des  Archaismus  mitunter   durchbrochen.      In  jugendfrischem  Kraftge- 


dem  Osten  abzuleiten  versucht  (Sitz.-Ber.  bayr. 
Ak.  1912,  7.  Abb.  65  ff.),  der  dabei  auch  die 
schon  von  Furtwängler  erschlossene  Abhängig- 
keit der  Radtechnik  mykenischer  Gemmen  vom 
Orient  wieder  zu  Ehren  bringt.  Auch  die  Dar- 
stellung bergigen  Terrains  durch  Schuppen 
finden  wir  seit  uralter  Zeit  im  Osten  (z.  B. 
Winter,  Kunstgesch.  in  Bildern*  42,  5;  50,8; 
52,  6,  9),  vgl.  auch  A.  Reichel,  Österr.  Jh.  XI 
1908,  251,  ebenso  das  Benähen  der  Kleider 
mit  Volants  (z.  B.  Winter  a.  a.  0.  44,  i;  45,  3; 
49,  12;  54,  3).  Zudem  ist  wenigstens  ein  babylo- 
nischer Siegelzylinder,  wie  ihn  Curtius  a.  a.  0. 
postuliert,  im  Palaste  von  Knossos  gefunden 
worden    (BSA.    VII   68).       Freilich    können   wir 


vorläufig  nicht  feststellen,  auf  welchem  Wege 
diese  Einflüsse  nach  Kreta  gelangt  sind,  da  wir 
die  vorderasiatischen  Kulturen  gerade  in  der 
ersten  Hälfte  des  zweiten  Jahrtausends  noch 
zu  wenig  kennen.  Wie  sehr  wir  da  im  Dunkeln 
tappen,  lehrt  schon  allein  der  Diskos  von 
Phaistos,  der  ja  sicher  nicht  kretisch  ist, 
sondern  bisher  als  das  einzige  Zeugnis  einer 
Kultur  dasteht,  die  es  im  Schriftwesen  bis  zu 
beweglichen  Typen  gebracht  hat.  Ich  zweifle 
nicht,  daß  die  archäologische  Verarbeitung 
der  orientalischen  Denkmäler,  wie  auch  der 
mykenischen  Kultur  Cyperns  manche  Auf- 
klärung bringen  wird;  solange  sie  aussteht, 
muß    ich  mich  auf  die  gegebenen  Andeutungen 


beschränken. 


284  ^*  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


fühl  erfaßt  sie  das  Leben,  wo  und  wie  sie  nur  kann  —  aber  ihr  fehlt  der  Segen 
des  langsamen  Werdens.  Darin  liegt  ihr  Reiz  und  ihre  Schwäche.  So  hat  sie  jene 
Gesetze  wohl  gelegentlich  zu  überschreiten  vermocht,  aber  sie  hat  sie  nicht  auf- 
heben können:  darauf  mußte  die  Kunst  noch  ein  Jahrtausend  warten. 


Wir  haben  bisher  nach  dem  Wesen  und  Werden  der  Reliefkunst  in  Kreta  ge- 
fragt. Die  besprochenen  Denkmäler  stammen  mit  verschwindend  wenigen  Ausnah- 
men aus  Knossos  und  der  Messarä,  also  dem  mittleren  Teil  der  Insel.  Die  wenigen 
Monumente  der  Reliefkunst  aus  dem  Osten  gestatten  nicht,  ihm  in  dieser  Beziehung  eine 
Sonderstellung  zuzuweisen,  und  der  Westen  der  Insel  ist  noch  unerforscht.  Wir 
wenden  uns  daher  dem  zweiten  Gebiet  frühmykenischer  Kunst  zu,  dem  griechischen 
Festland.  Wenn  dabei  von  Beziehungen  zu  Kreta  die  Rede  sein  wird,  so  ist  natur- 
gemäß nur  an  die  bisher  erschlossenen  Teile  der  Insel  zu  denken,  also  an  die  Mitte 
und  den  Osten. 

II.  DAS  GRIECHISCHE  FESTLAND. 

Den  frühesten  Komplex  mykenischer  Denkmäler  auf  dem  Festlande  haben  uns 
die  Schachtgräber  von  Mykene  bewahrt^).  An  ihrer  frühen  Datierung  herrscht  kein 
Zweifel,  und  ihr  großer  Reichtum  wie  die  enge  Zusammengehörigkeit  der  sechs  Gräber 
geben  uns  das  Bild  einer  Periode,  der  wir  keinen  allzugroßen  Umfang  zuweisen  dürfen. 
Freilich  ist  nicht  zu  vergessen,  daß  in  den  meisten  Gräbern  mehrere  Tote  —  bis  zu 
fünf  —  beigesetzt  waren,  wodurch  eine  wirkliche  Gleichzeitigkeit  der  Beigaben  von 
vornherein  ausgeschlossen  ist.  Die  Fundnachrichten  reichen  nicht  aus,  jedem  der  Toten 
seine  Beigaben  zuzuweisen,  und  bei  den  zahlreichen  Kostbarkeiten,  die  wirklich 
für  den  Gebrauch  gemacht  waren,  läßt  es  sich  nicht  erraten,  wie  lange  sie  benutzt 
worden  waren,  ehe  sie  ins  Grab  kamen.  Bei  dieser  Zeiterstreckung,  die  wir  für  den 
Inhalt  einzelner  Gräber  annehmen  müssen,  verliert  die  Frage  nach  dem  zeitlichen 
Verhältnis  der  Gräber  untereinander  um  so  mehr  an  Bedeutung,  als  sich  wesent- 
liche Unterschiede,  die  sich  nur  zeitlich  deuten  ließen,  im  Inhalt  der  Gräber  nicht 
finden  2).  Dagegen  ist  ja  ein  gewisser  Abstand  von  den  Kuppelgräbern,  auch  den 
ältesten,  deutlich  ausgeprägt. 

')  Eine  ausführliche  Veröffentlichung  der  Schacht-  Sammlung  des  Nationalmuseums  beigefügt,  wo- 

gräber  bereitet  Karo  vor.    Er  hat  mir  die  dafür  mit    zugleich    auf    Stais'    nützlichen    Guide    du 

bereits  aufgenommenen  Photographien  der  Ori-  Musee    National    II,    Collection    mycenienne    (2. 

ginale    in    der    freundschaftlichsten    Weise    zur  Aufl.  191 5)  verwiesen  sei. 

Verfügung  gestellt,  wofür  ich  ihm  auch  hier  ^)  Vgl.  einstweilen  Schuchhardt,  Schliemanns  Aus- 
herzlich danke.  Sie  liegen  den  Abb.  13 — 26.  29.  grabungen  *  315;  die  Gräber  I,  II,  VI  sind  ärmer 
30  zugrunde.  Den  knappen  Literaturangaben  als  III,  IV,  V,  jünger  brauchen  sie  nicht  zu  sein, 
über  die  besprochenen  Stücke  ist  nach  Möglich-  zumal  die  einzige  Tonvase  des  III.  Grabes  ganz 
keit  die  Inventar numm er  der  mykenischen  denen  des  II.  entspricht.  Karo  wird' das  in  seiner 
Publikation  der  Schachtgräber  näher  ausführen. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  285 

Andererseits  ist  aber  die  Kultur  dieser  Periode  nichts  weniger  als  einheitlich. 
Die  großen  Unterschiede  in  der  Keramik  sind  ja  längst  bekannt,  wenn  auch  bis  jetzt 
die  Heimat  der  vertretenen  Vasenklassen  nicht  immer  ermittelt  ist.  Für  den  übrigen 
Inhalt  ist  ohne  eine  ähnliche  Scheidung  ebensowenig  auszukommen.  Der  Versuch 
Milchhöfers^),  eine  solche  durchzuführen,  muß  heute,  nach  dreißig  an  Funden  über- 
reichen Jahren,  eine  vielleicht  noch  weitergehende  Modifikation  erfahren,  als  Furt- 
wänglers  und  Loeschckes  Behandlung  der  Keramik.  Der  ausführlichen  Veröffentlichung 
der  Schachtgräber,  die  Karo  vorbereitet,  muß  es  vorbehalten  bleiben,  diese  Fragen 
im  einzelnen  zu  untersuchen.  Aber  wenn  wir  uns  hier  auch  im  wesentlichen  auf  die 
Reliefs  beschränken  wollen,  scheint  mir  doch  ein  Blick  auf  die  Keramik  unumgäng- 
lich, besonders  weil  gerade  für  sie  die  neuen  Grabungen  in  der  Argolis  wertvolle  An- 
haltspunkte gegeben  haben.  Für  einheimisch  halte  ich  darnach  die  häufige  helltonige 
Ware  mit  Mattmalerei  wie  auch  die  graue,  sog.  minysche,  die  freilich  in  den  Schacht- 
gräbern selten  ist.  Auch  von  gefirnißten  Gefäßen  mit  aufgesetztem  Weiß  und  Rot 
haben  sich  Scherben  in  Tiryns  wie  in  Lerna  gefunden.  Diese  nicht  häufige  Gruppe 
steht  zweifellos  unter  dem  Einfluß  kretischer  Kamaresvasen,  aber  ebenso  sicher 
ist  sie  von  ihnen  verschieden.  Kamaresscherben,  wie  sie  uns  von  den  kretischen  Fund - 
platzen,  aus  Thera  und  Melos  geläufig  sind,  hat  man  m.  W.  überhaupt  noch  nicht 
auf  dem  Festlande  gefunden.  Die  jüngsten  Stufen  der  einheimischen  Urfirniskera- 
mik  kennen  zwar  bereits  weiße  Linienmuster  auf  Firnisgrund,  aber  ich  möchte  diese 
Vasen  darum  doch  nicht  in  der  Argolis,  sondern  an  einem  dritten,  von  der  Kamares- 
keramik abhängigen  Ort  entstanden  denken,  worauf  später  zurückzukommen  sein 
wird  (S.  336).  Über  die  Heimat  der  besonders  im  sechsten  Grabe  reichlich  vertretenen 
Gruppe  rottoniger  Gefäße  mit  Mattmalerei  bin  ich  noch  völlig  im  unklaren.  Die  recht 
zahlreichen  Gefäße  mit  Firnismalerei  auf  Tongrund  bilden  keine  einheitliche  Masse. 
Wir  werden  später  auf  diese  Frage  näher  einzugehen  haben  (S.  333).  Vorläufig  ge- 
nügt es,  darauf  hinzuweisen,  daß  sich  zwar  an  vielen  Orten  des  Festlandes  Parallelen 
zu  ihnen  gefunden  haben,  daß  aber  Vorstufen  wie  für  die  Technik,  so  auch  für  die 
Ornamente  auf  dem  Festlande  bisher  völlig  fehlen.  Wir  kennen  die  älteren  Schichten 
gerade  in  der  Argolis  genügend,  um  ein  Spiel  des  Zufalls  ausschließen  zu  können, 
und  müssen  daher  den  Stil  dieser  Gefäße  für  importiert  ansehen,  wie  das  ja  auch 
längst  geschieht.  Die  Frage,  ob  die  Gefäße  selbst  eingeführt  oder  etwa  wenigstens 
teilweise  an  Ort  und  Stelle,  sei  es  von  fremden  Arbeitern  oder  nur  unter  fremdem 
Einflüsse,  hergestellt  worden  sind,  bleibt  dabei  unberührt. 

Schon  ein  flüchtiger  Blick  auf  den  übrigen  Inhalt  der  Gräber  lehrt,  daß  wir 
auch  hier  zwischen  Einheimischem  und  Fremdem  scheiden  müssen.  Nur  steht  uns 
naturgemäß  für  die  Kostbarkeiten,  die  den  Inhalt  der  Gräber  bilden,  kein  Vergleichs- 
material zur  Verfügung,  wie  es  die  Scherbenmassen  von  Mykene,  Argos,  Tiryns  oder 
Orchomenos  für  die  Keramik  bilden.  Es  gilt  daher,  mit  Denkmälern  zu  beginnen, 
die  von  vornherein  als  einheimische  Arbeit  gelten  dürfen.  Gerade  für  das  Relief 
haben  wir  solche  in  den  Stelen,  die  über  den  Schachtgräbern  standen. 

*)  Anfänge  der  Kunst  S.  5  ö. 


286 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


8.  Die  Grabstelen. 

Die  Grabsteine  der  Schachtgräber  sind  von  Schuchhardt  ^)  eingehend  behandelt 
und  dann  von  W.  Reichel  neu  untersucht  worden  2),  Zu  seiner  Beschreibung  ist 
nur  weniges  hinzuzufügen.   Die  Abbildungen  bei  Schliemann,  die  Schuchhardt  wieder- 


Abb.  13.     Stele  vom  V.  Schachtgrab. 


holt,  sind  stilistisch  nicht  sehr  treue  Holzschnitte  nach  Photographien,  deren  Platten 
jetzt  das  Deutsche  Institut  in  Athen  verwahrt;  Reicheis  Zeichnungen  sind  in  manchen 
Einzelheiten  ungenau. 

Am  reichsten  ist  die  Stele  vom  fünften  Grab  Abb.  13  3).     Das  Bildfeld  enthält 
zwei  Darstellungen,   unten  einen  Löwen  4),  der  ein  nicht  näher  bestimmbares  Wild 


')  Schliemanns  Ausgrabungen*  199  ff. 
*)  Eranos  Vindobonensis  24  ff. 

3)  Nat.  Mus.  Nr.  1427;    Schliemann,    Myk.  Nr.  24, 
Schuchhardt  Nr.  154,  Reichel  a.  a.  O.  25  Nr.  i, 


Abb.   S.  26.      Vgl.  V.  Mercklin,   Rennwagen   in 

Griechenland  I  (Diss.  Leipzig  1909)  S.  7  Nr.  3. 

4)  Ich  kann  mich  der  von  Stais,  CoUection  mycd- 

nienne*   S.   80  vertretenen  Meinung,   es  sei   ein 


Hund    gemeint,    nicht    anschließen. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs,  287 


jagt,  darüber  einen  anscheinend  nackten  Mann,  mit  kurzem  Schwert  an  der  Seite 
im  zweirädrigen  Kriegswagen,  gleichfalls  nach  rechts.  Von  den  beiden  Pferden  ist 
nur  eines  dargestellt,  wie  auch  nur  ein  Rad  sichtbar  ist.  Unter  den  Pferden  liegt  in 
der  Höhlung  seines  Schildes  ein  Gefallener,  wohl  mit  dem  Gesicht  nach  unten,  da  der 
H^lmbusch  oben  bis  an  den  Hals  reicht.  Spuren  auf  dem  Schilde  scheinen  darauf 
hinzuweisen,  daß  die  Flecken  des  Stierfells,  das  ihn  überzog,  angegeben  waren.  Rechts 
wie  links  ragt  in  das  Bildfeld  ein  Gebilde  herein,  das  von  Kreisteilen  zackenartig 
begrenzt  wird,  während  seine  Innenfläche  von  einzelnen  Löchern  durchbrochen  ist.  Auf 
ein  entsprechendes,  von  oben  herabhängendes  Gebilde  scheinen  Spuren  über  den 
Pferden  zu  führen,  obwohl  hier  die  Oberfläche  sehr  zerstört  ist.  Es  kann  sich  nur 
um  eine  Andeutung  einer  felsigen  Landschaft  i)  handeln,  denn  die  nächsten  Analogien 
dazu  finden  sich  in  den  Korallenriffen  von  Seebildern,  z,  B.  dem  Delphinbecher  aus 
dem  in.  Schachtgrab  2).  Daß  man  eine  ähnliche  Stilisierung  auch  gelegentlich  für 
Felsen  auf  dem  Lande  verwendet  hat,  beweist  das  Elfenbeinrelief  mit  dem  herab- 
fliegenden Vogel  aus  Palaikastro  3).  Auffallender  ist  der  gleichmäßig  gezackte  Um- 
riß, gegenüber  den  sonst  stets  frei  bewegten  Konturen.  Er  erklärt  sich,  wenn  wir  den 
Stil  der  Bilder  betrachten,  soweit  die  geringe  Arbeit  und  die  Erhaltung  des  weichen 
Kalksteines  das  gestatten. 

Für  beide  Szenen  liefern  die  Schachtgräber  selbst  treffliche  Analogien.  Der 
Wagen  kehrt  auf  dem  Jagdbilde  des  einen  großen  Goldringes  wieder  4).  Auch  hier 
ist  zwar  nur  ein  Wagenrad  angegeben,  dagegen  sind  beide  l^ferde  sichtbar.  Ihre 
Beine  sind  viel  schlanker  und  lebendiger,  und  der  kühne  Schwung,  in  dem  sie  dahin - 
sausen,  kommt  auf  der  Stele  nicht  im  entferntesten  zum  Ausdruck.  Für  den  Gefalle- 
nen mit  dem  Schilde  fehlen  Analogien,  aber  man  wird  ohne  weiteres  zugeben,  daß  er 
außerordentlich  ungeschickt  dargestellt  ist.  Zur  Jagddarstellung  läßt  sich  am  besten  die 
prächtige  Dolchklinge  desselben  IV,  Grabes  vergleichen  5).  Der  Abstand  der  Stele 
von  diesem  Kunstwerk  ist  sehr  groß.  Am  ehesten  ist  noch  der  Löwe  gelungen;  frei- 
lich ist  sein  Körper  gedrungener,  als  das  Schema  des  laufenden  Tieres  es  in  der  myke- 
nischen  Kunst  zuläßt  ^).  Viel  lebloser  ist  das  fliehende  Wild  dargestellt,  das  den 
Vergleich  mit  den  trefflichen  Damhirschen  des  Dolches  in  keiner  Weise  aushält. 
Während  diese  trotz  des  gleichen  Grundschemas  auf  das  feinste  variiert  sind,  wieder- 
holt sich  hier  genau  das  Schema  des  Pferdes.  Diese  Stilverschiedenheit  zeigt,  daß 
der  Verfertiger  der  Stele  Kunstwerke  wie  die  eben  verglichenen  zwar  gekannt  hat, 
aber  ihre  Art  nur  unvollkommen  nachahmen  konnte.  Zu  diesem  Ergebnis  stimmen 
die  Ornamentstreifen  rechts  und  hnks,  die  Abb.  13  deutlich  erkennen  läßt,  Sie  be- 
stehen im  wesentlichen  aus  einander  entgegenlaufenden  Voluten,  die  kleine  Spira- 
len und  Zwickelblättchen  entsenden.  Entsprechende  sind  in  den  Schachtgräbern, 
und  zwar  nur  hier,  häufig  7).     Sie    gehören    zu     einer  Gruppe,    die    sich    aus    der 

0  So    richtig    M.    Heinemann,    Landschaft!.    Ele-        4)  Schliemann  Nr.  334,   Furtwängler,  Gemmen  Taf. 

mente  21.  118,  Rodenwaldt,  Tiryns  II  105  Abb.  43. 

»)  Vgl.  unten  S.  311  Abb.  28.  5)  Perrot-Chipiez  VI  Taf.  18. 

3)  BSA.  XI  285   Abb.    14  a.      An   die   Ähnlichkeit        6)  Vgl.  Rodenwaldt,  Tiryns  II  126. 

dieses  Reliefs  erinnert  mich  Studniczka.  7)  Besonders   nahe    steht   z.  B.    Schliemann,    Myk. 

Nr.  369  oder  auch  Nr.  305  (besser  Perrot  VI  972  Abb.   546). 


288  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


schon  von  Milchhöfer  (S.  i8,  19)  richtig  mit  trojanischen  Denkmälern  verglichenen 
alteinheimischen  Dekorationskunst  entwickelt  hat;  denn  dieZwickelblättchen  wie  die 
sich  loslösenden  Spiralen  sind  naturalistische  Elemente,  die  dieser  ursprünglich  rein 
geometrischen  Kunst  fremd,  wohl  unter  dem  Einflüsse  eines  so  lebensfreudigen 
Stiles  eingedrungen  sind,  wie  wir  ihn  in  den  Dolchklingen  und  den  anderen  Meister- 
werken der  Schachtgräber  bewundern.  So  steht  das  Ornament  auf  derselben  Stufe 
wie  das  Relief.  Zugleich  aber  bestätigt  es  uns,  was  wir  von  vornherein  annehmen 
konnten,  daß  nämlich  die  Stelen  an  Ort  und  Stelle  gemacht  sind,  denn  gerade  dieses 
System  der  Ornamentik  kommt  nur  auf  dem  Festlande  und  in  dieser  speziellen  Form 
nur  in  den  Schachtgräbern  vor.  Auch  Reichel  setzt  die  Stele  ja  richtig  den  Schacht- 
gräbern gleichzeitig. 

Die  übrigen  Grabsteine  mit  figürlichem  Schmuck  sind  von  Reichel  ausführlich 
besprochen  worden.  Abgesehen  von  wenigen  Bruchstücken  werden  sie  schon  durch 
das  einheitliche  härtere  Material  zu  einer  Gruppe  zusammengefaßt.  Sie  bestehen 
aus  demselben  'porösen  muschelreichen  Kalksinter',  der  auch  für  die  unskulpierten 
Stelen  wie  für  den  ganzen  Plattenring  verwendet  ist.  Die  Brüche  sind  keineswegs 
unbekannt,  wie  Reichel  und  Perrot  meinten;  das  Gestein  lagert  vielmehr  'in  einzel- 
nen Schichten  mitten  zwischen  den  Kalkkonglomeraten  und  Sandsteinen  der  Stadt- 
hügel'  ^).   Wir  haben  es  also  ohne  Zweifel  mit  einheimischen  Arbeiten  zu  tun. 

Es  ist  Reichel  nicht  entgangen,  daß  die  Stelen  dieser  Gruppe  stilistisch  bei 
weitem  nicht  auf  der  Höhe  des  eben  besprochenen  Grabsteines  stehen,  und  er  möchte 
sie  daher  für  einen  späteren  Ersatz  der  beschädigten  ursprünglichen  Stelen  halten. 
Dem  widerspricht  schon  die  sorgfältige  Arbeit,  die  Reichel  selbst  hervorhebt. 
Auf  den  harten,  gut  geglätteten  Stein  ist  die  Zeichnung  aufgetragen  und  der  Grund 
auf  eine  gleichmäßige  Fläche  vertieft,  eigentliche  Modellierung  fehlt  völlig;  selbst 
mit  einfach  eingegrabenen  Linien  ist  kaum  das  allernotwendigste  Detail  angedeutet. 
Zum  Teil  mag  das  an  der  grobkörnigen  Struktur  des  Steines  liegen;  jedenfalls  aber 
machen  die  Steine  den  Eindruck  sorgfältiger  und  technisch  keineswegs  ungeschickter 
Arbeit  2). 

Vergleichen  wir  die  auf  zweien  der  Stelen  erhaltenen  Gespanne  auch  nur  mit 
dem  der  schon  besprochenen,  so  wird  freilich  ein  großer  Abstand  fühlbar.  Auf  der 
Stele  Schliemann  Nr.  141  3)  ist  der  Fahrende  über  den  Wagenkasten  emporgehoben, 
statt  darin  zu  stehen.  Wie  dort  ist  an  Stelle  von  zwei  Pferden  nur  eines  gezeichnet, 
aber  bei  diesem  einen  Tier  verschwinden  hier  noch  dazu  die  linken  Beine  hinter  den 
rechten.  Fast  noch  ungeschickter  ist  die  Darstellung  auf  einer  zweiten  Stele  (Abb.  144), 
die  vom  V.  Grab  stammt.    Hier  scheint  der  für  den  Wagen  viel  zu  große  Mann  vorn- 

')  Lepsius,    Marmorstudien    (Abh.    preuß.    Akad.  verdeckt     die     ursprünglichen     Ornamente,     ist 

1890  Anhang)  S.   125.  also  etwas  ganz  anderes. 

')  Von    einem    Stucküberzug   ist    keine    Spur    vor-  3)  Nat.-Mus.    Nr.     1429;      Schuchhardt     Nr.     152; 

banden;   es  war  auch  sicher  keiner  da,  da  alle  Reichel  a.  a.  0.  S.  27  Abb.  2;  vgl.  v.  Mercklin, 

Analogien    zu    einem    solchen   Verfahren    fehlen.  Rennwagen  in  Griechenland  I  27  f. 

Der    Stucküberzug    der    bekannten    Kriegerstele  4)  Nat.-Mus.  Nr.  1428;     Schliemann,' Myk.  Nr.  140; 
Schuchhardt  Nr.   153;  Reichel  a.  a.  0.  28  Abb.  3;  v.  Mercklin  a.  a.  0.  8  Nr.   5. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


289 


überzufallen,  das  Pferd  hat  gleichfalls  nur  zwei  Beine,  dafür  reckt  es  aber  stolz  einen 
gewaltigen  Katzenschwanz  in  die  Höhe.  Der  mißratene  Mann  vor  dem  Gespanne  trägt 
ein  Schlachtmesser  ohne  Parierstange,  das  denen  des  IV.  Schachtgrabes  entspricht  i). 


Abb.  14.     Stele  vom  V.  Schachtgrab. 


Die  Ornamentik  dieser  Gruppe  von  Grabsteinen  findet  ihre  Parallelen  gleich- 
falls in  den  Schachtgräbern  selbst,  wie  schon  Perrot  (VI  771)  gesehen  hat.  Die  hän- 
gende Spiralblüte  auf  der  eben  besprochenen  Stele  entspricht  genau  den  Verzierungen 

')  Schliemann,  Myk.  Nr.  442.   v.  Mercklin  hält  es,  blattförmiges  Schwert,  das   erst   unter  jüngeren 

wie    Burrows,    Discov.  183,    irrtümlich    für   ein  Funden   erscheint,   und   sieht  darin   eine  Stütze 

für  Reicheis  Datierung. 


290 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


der  Goldbänder  Schliemann  Nr.  515.  518  aus  demselben  V.  Grabe,  neben  denen  zu- 
gleich das  schildartige  Ornament  erscheint,  das  auf  der  zuerst  erwähnten  Stele  dieser 
Gruppe  am  unteren  Ende  eingeritzt  ist.      Die  beiden  Spiralrosetten  dieses  Steines 


Abb.  15.     Stele  von  einem  Schachtgrab. 


kehren  entsprechend  wieder  z.  B.  unter  den  Goldplättchen  des  III.  Grabes  Schlie- 
mann Nr.  239  und  245'),  und  eine  ähnliche  vierteilige  Rosette  ist,  von  den  Ausläufern 
zweier  großer  Spiralen  eingeschlossen,  am  Rande  der  von  Reichel  zusammengesetzten 
Stele  mit  drei  Pferden  (Abb.  15)  2).    Auch  auf  den  übrigen  Fragmenten  erscheinen 


')  Schuchhardt  Nr.  179;  Perrot  VI  767  Abb.  363. 

^)  Nat.-Mus.  Nr.  1431;  Reichel  a.  a.  0.  28  Nr.  6. 

Bisher   waren    nur   die    Fragmente   vor   der    Zu- 


sammensetzung abgebildet.  Schliemann  Myk. 
Nr.  144  und  149;  ersteres  auch  Schuchhardt 
Nr.   157. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


291 


Spiralmuster  in  Formen,  die  für  die  Schachtgräber  charakteristisch  sind.  Außer  dem 
Spiralnetz  der  Stele  Abb.  14,  zu  dem  die  später  zu  besprechenden  Goldplatten  ver- 
glichen seien  (S.  295  Abb.  i6a),  findet  sich  ein  reicher,  aus  Spiralen  gebildeter  Mäander, 
der  die  Stele  mit  den  drei  Pferden  bekrönt  (Abb.  15  i).  Der  bekannte  Wellenmäander 
auf  der  einfacheren  Stele  Schliemann  Nr.  142  2)  ist  nichts  anderes  als  das  Motiv,  das 
die  Rosetten  der  Stele  Schliemann  Nr.   141   und  viele  andere  füllt. 

Diese  ganze  Gruppe  von  Ornamenten  ist  durchaus  frühmykenisch.  Sie  kommt 
außerhalb  der  Schachtgräber  nur  noch  zur  Zeit  der  älteren  Kuppelgräber  vor.  Wäre 
nun  Reicheis  Datierung  der  Stelen  richtig,  so  müßten  sie  nach  den  älteren  Stelen 
kopiert  oder  schon  sehr  bald  neu  geschaffen  sein.  Beides  ist  gleich  unwahrscheinlich, 
zeigt  doch  die  von  Reichel  mit  Recht  für  ursprünglich  gehaltene  Stele  Abb.  13 
Tiere  mit  vier  Füßen,  wie  auch  in  der  ganzen  späteren  mykenischen  Kunst,  selbst  auf 
den  flüchtigsten  Vasenbildern,  vierfüßige  Tiere  nie  in  der  Weise  vereinfacht  werden  3). 
Am  allerwenigsten  läßt  sich  eine  solche  Stilstufe  für  die  Zeit  der  Anlage  des  Platten - 
ringes  annehmen,  die  jünger istals  die  Schachtgräber,  aber  doch  wohl  noch  älter  als  die 
erste  spätmykenische  Zeit  4).  Das  ist  eine  Periode  hoher  Kunstblüte,  und  schon  die 
Ausgestaltung  des  Gräberrunds  an  Stelle  des  ursprünglichen,  unregelmäßig  am  Ab- 
hänge liegenden  Friedhofes  wetteifert  als  künstlerische  Lösung  eines  schwierigen 
Raumproblems  mit  dem  Besten,  was  die  mykenische  Architektur  geschaffen  hat. 
Es  ist  also  anzunehmen,  daß  man  die  Stelen  damals  auf  das  neugeschaffene  Niveau 
gehoben  hat,  möglich  freilich  auch,  daß  sie  mit  zugeschüttet  worden  sind. 

Es  spricht  alles  dafür,  daß  diese  Gruppe  der  Stelen  wie  die  zuerst  besprochene 
den   Schachtgräbern  gleichzeitig  zu   setzen   ist.      Der  stilistische  Unterschied,   den 


')  Die  Spiralen  haben  hier  ausnahmsweise  runde 
Scheiben  als  Augen,  was  man  als  kretischen 
Einfluß  auffassen  könnte. 

2)  Schuchhardt  Nr.   155;  Perrot  VI  586  Abb.  256. 

3)  Dieser  Schluß  wird  natürlich  nicht  dadurch  ent- 
kräftet, daß  bekanntlich  Tiere  schon  früher 
mit  vier  Beinen  dargestellt  worden  sind,  wenn 
auch  Zeugnisse  aus  der  Argolis  fehlen.  Vgl. 
S.  292  Anm.  4. 

4)  Der  Plattenring  steht  bekanntlich  nach  der  Tal- 
seite  zu  über  der  Aufschüttung,  die  den  Friedhof 
zu  einer  Ebene  machte  und  die  dort  von  einer 
runden  Stützmauer  gehalten  wird.  Da  der 
Plattenring  zwei  der  Gräber  überschneidet, 
muß  er  jünger  sein  als  diese.  Die  Stützmauer 
ist  stark  geböscht  und  hat  nach  außen  Fassade; 
die  äußere  Burgmauer  weicht  ihr  aus,  ist  also 
keinesfalls  älter  als  sie.  Die  Burgmauer  läßt 
sich  vorläufig  nicht  nach  den  südlich  der  Schacht - 
gräber  gelegenen  Häusern  datieren,  von  denen 
ein  Teil  älter  sein  kann,  während  andere  sich  an 
sie  anlehnen.  Dagegen  steht  sie  in  engstem  Zu- 
sammenhang mit  dem  Löwentor,  in  dessen  näch- 


ster Umgebung  nur  zum  Schmuck  Brecciaqua- 
dern  statt  der  Kalksteinblöcke  verwendet  sind. 
Mit  diesem  Tor  stimmt  das  große  Burgtor  von 
Tiryns  in  Material,  Maßen  und  Einrichtung 
überein  (Dörpfeld  bei  Schliemann  Tiryns  218), 
das  mit  dem  jüngeren  Palast  in  spätmykenische 
Zeit  gehört.  Man  wird  daher  auch  das  Löwentor 
kaum  sehr  viel  früher  anzusetzen  haben.  Eine 
direkte  Datierung  dieses  Teiles  der  Burgmauer 
von  Mykene  ergibt  sich  hoffentlich,  wenn  einmal 
das  Stück  zwischen  dem  von  Schliemann  frei- 
gelegten Gebäudekomplex  und  dem  von  Tsundas 
(IlpaxTixd  1886,  74)  sorgfältig  untersuchten 
Haus  hinter  dem  in  griechischer  Zeit  errichteten 
Teil  der  Mauer  ausgegraben  wird.  Es  ist  indessen 
aus  historischen  Gründen  ratsam,  die  architek- 
tonische Ausgestaltung  des  Friedhofes  nicht  all- 
zuweit von  der  Zeit  seiner  Benutzung  abzu- 
rücken, und  die  im  Text  angedeutete  Höhe  der 
künstlerischen  Leistung  führt  zu  demselben 
Resultat.  Auch  der  Fund  einer  bis  in  spätmyke- 
nische Zeit  benutzten  Opfergrube  ( ?)  wider- 
spricht dem  kaum  (Karo,  Arch.  Anz.  1914,  125). 


202  K.  Müller,  Frühmy kenische  Reliefs. 


Reichel  erkannt  hat,  muß  nur  anders  gedeutet  werden.  Die  Einflüsse  einer  natura- 
listischen Kunst,  die  wir  an  der  ersten  Stele  beobachtet  haben,  fehlen  an  den  übrigen 
so  gut  wie  ganz.  Das  zeigt  vor  allem  das  Ornament.  Es  ist  noch  frei  von  vegetabi- 
lischen Formen  und  Verbindungen,  wie  sie  die  erste  Stele  verwendet,  und  setzt  sich 
aus  rein  geometrischen  Elementen  zusammen.  Im  Grunde  sind  Gerade,  Kreis  und 
Spirale  die  einzigen  Bestandteile  auch  der  komplizierten  Gebilde.  Bei  der  Besprechung 
der  Elfenbeinfunde  von  Alt -Py los  (AM.  XXXIV  1909,  282  ff.)  i)  habe  ich  schon  auf 
dieses  Ornamentsystem  hingewiesen.  Übergangsstücke  wie  die  Goldplättchen  Schlie- 
mann,  Myk.  Nr.  242,  252  und  246  sichern  den  Zusammenhang  dieser  Gruppe  mit 
jener  schon  erwähnten  alttrojanischen  Goldornamentik.  Es  wird  niemand  mehr, 
wie  einst  Milchhöfer,  dieses  System  phrygisch  nennen  wollen.  Wir  wissen  jetzt, 
daß  die  vormykenische  Kunst  der  Kykladen  die  Spirale  gern  verwendet  hat.  Es 
genügt  hier,  auf  die  Steinbüchsen  von  Melos  und  Amorgos,  wie  auf  die  Pfannen  von 
Syros  hinzuweisen  2).  Dieselbe  Kultur  hat  auch  auf  Kreta  eingewirkt;  auf  dem 
Festlande  ist  der  jüngeren  Inselkeramik  engverwandt  die  'Urfirnisware'  von  Tiryns, 
Orchomenos  und  anderen  Orten,  die  besonders  hoch  entwickelt  ist  und  mitunter 
auch  die  Spirale  verwendet.  Nicht  weniger  deutlich  zeigt  ja  auch  das  Verhältnis 
der  Megarongrundrisse  von  Troia  II  zu  den  festländisch -mykenischen  Palästen  den 
Zusammenhang  dieser  alten  Kultur  3).  Nach  alledem  ist  es  klar,  daß  die  zweite  Gruppe 
der  Stelen  trotz  gleichzeitiger  Entstehung  uns  eine  ursprünglichere  Form  der  Or- 
namentik bewahrt  hat. 

Neben  dieser  reichen,  aus  alter  Tradition  erwachsenen  Ornamentik  stehen 
die  bildlichen  Darstellungen  an  zweiter  Stelle.  Gerade  für  sie  aber  müssen  wir  doch 
schon  fremde  Einflüsse  annehmen,  nicht  nur  weil  es  jene  geometrische  Kunst  an- 
scheinend nicht  zu  nennenswerten  bildlichen  Darstellungen  4)  gebracht  hat,  sondern 
weil  sich  einzelne  Elemente  als  direkt  entlehnt  erweisen.  Da  ist  in  erster  Linie  der 
Streitwagen  zu  nennen,  der,  um  dieselbe  Zeit  in  Ägypten  wie  in  Kreta  importiert, 
hier  natürlich  nicht  zum  alten  Besitz  gehört.  Zweifellos  ist  das  stattliche  Schwert, 
das  der  Fahrende  auf  der  Stele  Abb.  14  trägt,  jenen  prächtigen  Bronzewaffen  nachge- 
bildet, die  uns  die  Schachtgräber  in  so  großer  Anzahl  erhalten  haben.  Die  sonder- 
bare Spirallinie  unter  dem  Gespann  derselben  Stele  läßt  sich  als  mißverstandene 
Bodenandeutung    auffassen,   wenn    sie    nicht  nur  als  Füllornament  zu   gelten  hat. 


')  Nachgetragen     seien     hier     zwei     elfenbeinerne  gern  konzentrische  Kreise,  die  durch  Tangenten 

zyhndrische  Gerätteile  aus  Palaikastro  (Candia,  verbunden  werden.     Das  ist  natürlich  nur  eine 

Museum,  unveröffentlicht)  mit  gravierten  Oma-  Vereinfachung   für   die   weniger   bequemen   Spi- 

menten    dieser  Art.     Als    einzige   Beispiele   aus  ralen. 

Kreta  sind  sie  als  dort  eingeführt  anzusehen.  3)  Diese  Kultur,  die  vor  dem  Eindringen  der  'myke- 

*)  Die     Hauptbeispiele     bequem     beisammen     bei  nischen'  Formen  in  der  Argolis  geherrscht  hat, 

Winter,  Kunstgesch.  in  Bildern*  83,  9 — 11.    Die  kann    hier    nicht    eingehender    behandelt,    noch 

mit  Ritzlinien  und  Stempeln  verzierte  Keramik  weniger  auf  ihre  Ursprünge  untersucht  werden, 

von  Syros,  die  zuletzt  Kahrstedt,  AM.  XXXVIII,  4)  Vgl.  den  Hund  'Ecp.  dpx-  1899  Taf.  10,1   pus- 

1913,  148  ff.  behandelt  hat,  verwendet  besonders  saud*82  Abb.  59,  vgl.  Seager,  Mochlos  28,  H,  4) 
sowie   die  Schiffe  auf  Pfannen  Tsundas  a.  a.  0.  90. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  20"? 

Das  sind  alles  sachliche  Entlehnungen,  eine  stilistische  Beeinflussung  läßt  sich  nicht 
erkennen. 

Genau  dasselbe  Verhältnis  können  wir  auch  in  den  Schachtgräbern  selbst  an 
einer  Gruppe  von  Denkmälern  beobachten.  Unleugbar  gehören  die  Goldscheiben  des 
III.  Grabes  Schliemann  Nr.  239  ff.  aufs  engste  zusammen.  Sie  enthalten  rein  geome- 
trische Ornamente,  die  z.  T.  schon  im  Vergleich  zu  den  Stelen  heranzuziehen  waren, 
daneben  aber  auch  Blätter  sowie  Schmetterlinge  und  Tintenfische  (unten  S.  305 
Abb.  22)  i).  Das  sind  naturalistische  Motive,  deren  Zusammenhang  mit  den  Meister- 
werken der  Schachtgräber  nicht  zu  verkennen  ist.  Und  doch  ist  von  ihrem  Stil  nicht 
die  geringste  Spur  zu  finden.  Man  vergleiche  nur  den  lebendigen  Schmetterling  und 
die  Tintenfische  Abb.  23  oder  gar  Abb.  24,  die  auf  S.  305  mit  ihnen  zusammengestellt 
sind.  Auf  der  Goldscheibe  stehen  die  Flügel  und  der  übermäßig  große  Leib  des  Schmet- 
terlings in  gar  keinem  Verhältnis  zueinander,  die  kurzen,  eingerollten  Fühler  sind  am 
Körper  statt  am  Kopf  angewachsen.  Am  Tintenfisch  ist  zu  beachten,  wie  viel  zu  tief 
die  Augen  an  dem  sackartigen  Körper  sitzen,  und  wie  schematisch  seine  Fangarme, 
denen  natürlich  die  Saugwarzen  fehlen,  zu  einfachen  Spiralen  geworden  sind.  Das 
sind  keine  Versuche,  jene  verglichenen  Tierbilder  nachzuahmen,  sondern  andere 
Stilisierungen  derselben  Motive,  und  zwar  im  Sinne  der  einheimischen  geometrischen 
Kunst.  Darum  sind  sie  auch,  trotz  ihrer  Abweichung  von  der  Natur,  dekorativ 
erfreulich.  Bei  den  bildlichen  Darstellungen  der  Stelen  konnte  naturgemäß  keine 
entsprechende  Wirkung  erreicht  werden,  am  ehesten  noch  bei  den  drei  springenden 
Pferden  des  von  Reichel  zusammengesetzten  Steines,  die  eben,  wie  auf  einem 
Wappen  übereinander  geordnet,  gar  kein  einheithches  Naturbild  geben,  sondern  nur 
als  Schmuck  wirken  wollen. 

So  gehört  nicht  nur  die  zuerst  besprochene  Stele,  sondern  auch  die  zweite  Gruppe 
trotz  der  Unterschiede  unmittelbar  zu  den  Schachtgräbern.  Von  den  einzelnen 
kleineren  Fragmenten  ist  zu  wenig  erhalten,  um  Schlüsse  auf  den  Stil  zu  gestatten, 
doch  gehören  auch  sie  meines  Erachtens  in  die  gleiche  Periode  und  sind  gewiß  auch 
einheimische  Arbeit. 

Die  Grabstelen  haben  uns  eine  Mischkunst  kennen  gelehrt,  deren  Elemente 
wir  dadurch  leichter  scheiden  können,  daß  der  Grad  der  Mischung  bei  der  ersten 
Stele  ein  anderer  ist  als  bei  den  übrigen.  Gerade  diese  zweite  Gruppe  hat  relativ  am 
reinsten  die  einheimische  Kunstübung  bewahrt  und  ist  uns  daher  besonders  wichtig, 
weil  sie  erkennen  läßt,  was  die  neue  Kunst  vorfand,  als  sie  in  der  Argolis  eindrang. 
Für  beide  Grade  der  Mischung  hat  der  Inhalt  der  Schachtgräber  selbst  Analogien 
geboten  und  so  ihr  gleichzeitiges  Bestehen  gewährleistet.  Die  Schlüsse,  die  sich  da- 
raus ziehen  lassen,  sind  in  verschiedener  Hinsicht  beachtenswert.  Davon  sei  hier 
zunächst  nur  folgendes  hervorgehoben.  In  dem  Mykene  der  Schachtgräberzeit  ist 
eine  alte  Kunst  noch  lebendig.  Sie  zeigt,  da  sie  sich  den  fremden  Einflüssen  keines- 
wegs entzieht,  sie  vielmehr  in  verschiedener  Stärke  auf  sich  wirken  läßt,  deutlich, 
daß  jene  fremden  Elemente  noch  neu  sind.    Ganz  gewiß  hat  man  auf  die  so  prächtig 

')  Die    Schmetterlinge   Nat.-Mus.   Nr.    2    und    18,  Schliemann  Nr.   243   vgl.   302,  die  Tintenfische  Nat.- 

Mus.  Nr.  4  und  18,  Schhemann  Nr.  240. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts  XXX.  2 1 


2Q4  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


ausgestatteten  Fürstengräber  keine  geringen  Stelen  zurückgebliebener  Handwerker 
gesetzt.  Hätte  man  schon  in  der  Art  des  Löwentor-Reliefs  arbeiten  können,  so  sähen 
die  Steine  zweifellos  anders  aus. 

Aber  es  wäre  trotzdem  Unrecht,  den  Stand  der  künstlerischen  Kultur  Mykenes 
in  jener  Zeit  nach  ihnen  zu  bemessen.  Das  Fremde,  das  ins  Land  kam,  waren  sicher- 
lich keine  großen  Steinskulpturen,  ja  auch  solche  von  fremden  Arbeitern  in  Mykene 
ausgeführt  zu  denken,  fehlt  jeder  Anhalt  —  am  wenigsten  von  Kretern,  die  ja 
anscheinend  in  ihrer  Heimat  keine  monumentale  Steinplastik  besaßen.  Vielleicht 
liegen  also  auf  anderem  Gebiete  die  Verhältnisse  anders. 

Es  bleibt  zwar  noch  zu  untersuchen,  woher  die  naturalistischen  Elemente 
stammen,  doch  kann  kein  Zweifel  bestehen,  daß  die  Meisterwerke  der  Schachtgräber, 
die  eingelegten  Dolchklingen,  die  prächtigen  Rhyta,  die  goldenen  Ringe  und  Schieber, 
die  Silbervasen  und  manches  andere  Vertreter  dieser  importierten  Kunst  darstellen. 
Diese  Werke  für  einheimische  Leistungen  zu  halten,  ist  nach  dem  Einblick,  den 
uns  die  Stelen  gewährt  haben,  völlig  ausgeschlossen.  Von  ihnen  komnit  nur  weniges 
für  die  Reliefkunst  in  Betracht.  Aber  ehe  wir  uns  dem  zuwenden,  gilt  es,  die  schlichte- 
ren Arbeiten  des  Kunsthandwerks  zu  prüfen,  die  ja  besonders  leicht  importiert  werden 
konnten,  und  zu  untersuchen,  wie  sich  in  ihrem  Reliefstil  fremde  und  einheimische 
Elemente  zueinander  verhalten.  Es  lohnt  sich,  dabei  auch  künstlerisch  unerfreu- 
liche Monumente  nicht  unbeachtet  zu  lassen;  auch  sie  können  wertvolle  Züge  zu 
dem  Bilde  einer  Übergangsperiode  liefern,  die  für  die  Kunst  und  die  gesamte  Kultur 
der  Argolis  und  weit  über  ihre  Grenzen  hinaus  auf  Jahrhunderte  maßgebend  ge- 
worden ist. 

9.  Goldreliefs   von    Kästchen. 

Wenden  wir  uns  nun  den  Reliefs  aus  den  Gräbern  selbst  zu.  Einen  Teil  von 
ihnen,  besonders  die  runden  Goldscheiben  des  dritten  Grabes,  haben  wir  ja  schon  im 
Vergleich  zu  den  Stelen  besprechen  müssen  und  an  ihnen  das  gleiche  Verhältnis  ein- 
heimischer Kunstweise  und  fremder  Elemente  zu  erkennen  gehabt. 

Unter  den  Goldreliefs  nehmen  eine  besondere  Stellung  ein  die  zwölf  recht- 
eckigen Bleche  aus  dem  V.  Grabe,  deren  Zusammengehörigkeit  zu  zwei  sechs- 
seitigen Kästchen  Schuchhardt  richtig  erkannt  hat  (Abb.  16)  ^).  Die  kleineren 
Seiten  zeigen  ein  Spiralnetz  von  sicherer  Zeichnung.  Wir  haben  schon  darauf 
hingewiesen,  daß  dieses  Motiv  zu  den  beliebtesten  Formen  der  einheimischen 
Ornamentik  gehört.  Da  in  Kreta  gleichfalls  Spiralnetze  vorkommen,  am  schönsten 
auf  den  Pithoi  von  Pseira  ^),  wenn  sie  dort  auch  von  den  Kykladen  entlehnt  scheinen, 
könnte  man  vielleicht  zweifeln,  welchem  Kulturkreise  diese  Bleche  angehören.  Aber 
nicht  nur  die  abweichende  Zeichnung  der  Spiralen  an  den  Rändern,  die  auf  der  Stele 
Abb.  14  genau  wiederkehrt,  weist  sie  dem  festländischen  System  zu,  sondern  ebenso 
der  Zusammenhang  mit  den  größeren  Wänden  der  Kästchen. 

Diese  waren  mit  Jagdszenen  in  zwei  Typen  geschmückt.    Die  vier  Exemplare 

')  Nat.-Mus.  Nr.  808 — 810;  Schliemann,  Myk.  Nr.        *)  Seager,  Excav.  on   the  Island  of  Pseira  28  Fig.  9; 
470 — ^472;  Schuchhardt  5.298!!.,  Nr.  274 — 276.  Maraghiannis,  Ant.  Cr6t.  II  Taf.  20. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


295 


jeder  Reihe  weichen  in  Kleinigkeiten  voneinander  ab,  so  daß  sie  nicht  aus  der  gleichen 
Form  gepreßt  oder  mindestens  frei  überarbeitet  scheinen. 

Auf  der  ersten  Serie  (Abb,  16 c)  setzt  ein  Löwe  in  gestrecktem  Lauf  über  zwei 
niedrige  Palmen  einem  Hirsch  nach,  der  sich,  anscheinend  im  Zusammenbrechen,  nach 
ihm  umwendet.   Das  Thema  entspricht  also  der  Darstellung  auf  dem  prächtigen  Dolch 


Abb.  16,     Goldwände  von  zwei  Kästeben,     V.  Schachtgrab. 


des  IV.  Grabes  ^),  und  auch  die  Motive  im  einzelnen  kehren  auf  Werken  dieser  Richtung 
wieder.  Nur  kleine  Abweichungen  trennen  sie.  So  ist  der  Löwe  in  dem  typischen 
Laufschema  dargestellt,  nur  das  übergroße  Auge  und  die  Bildung  des  Maules  unter- 
scheiden ihn.     Der  Hirsch,   dessen  Hinterbeine  verdeckt    sind,   entspricht   ziemhch 


I)  Schuchhardt  Nr.  237,  238;  Perrot  VI  Taf.  18. 


2q6  K.  Müller,  Frtihmykenische  Reliefs. 


genau  dem  des  Jagdringes  ^);  auffallend  ist  nur  das  Geweih,  das,  der  Kurve  des 
Halses  folgend,  unnatürlich  zurückgebogen  ist.  Die  niederen  Palmen  kennen  wir 
von  dem  einen  der  Vaphiobecher;  aber  während  sie  dort  in  der  freien  Unregelmäßig- 
keit der  Natur  aufsprossen,  entsprechen  sich  hier  zwei  Voluten,  zwischen  denen  ge- 
legentlich sogar  eine  Palmette  aufsteigt.  Jenen  Werken  sind  auch  die  den  Grund 
füllenden  Blätter  fremd,  von  denen  eines  zwischen  dem  Bildrand  und  dem  ihn  be- 
führenden Blatt  der  einen  Palme  herauswächst,  wie  eine  Zwickelfüllung  zwischen 
gleichwertigen  Teilen  eines  Ornamentes. 

Die  zweite  Serie  (Abb.  i6b)  zeigt  denselben  Stil,  nur  womöglich  noch 
krasser.  Auch  hier  jagt  ein  Löwe  ein  gehörntes  Tier,  das  vielleicht  als  eine  Art 
Antilope  zu  verstehen  ist.  Das  Laufschema  des  Löwen  ist  das  gleiche,  aber  sein  Kopf 
ist  viel  roher  stilisiert,  die  Nase  rüsselartig  emporgebogen,  und  die  Krallen  endigen 
in  unsichere  Haken.  Daß  seine  Beute  im  entgegengesetzten  Sinne  springend  und  zum 
Teil  über  ihm  erscheint,  mag  auf  Raummangel  zurückgeführt  werden,  wie  bei  dem  Jagd- 
ring. Ihr  Schema  entspricht  dem  des  Hirsches  der  anderen  Serie,  und  wie  dort  sind  die 
Hörner  der  Bewegung  entsprechend  stilisiert:  sie  setzen  hier  die  Kurve  des  Halses  fort 
und  begleiten  die  Linie  des  Rückens.  Über  dem  Löwen  nun  schwebt  ein  gewaltiger 
Ochsenkopf,  der,  um  das  Unorganische  auf  die  Spitze  zu  treiben,  auch  noch  mit  den 
Hörnern  nach  rechts  gewendet  ist.  Er  ist  von  vorn  gesehen,  die  Schnauze  aber  der 
Deutlichkeit  zuliebe  von  der  Seite  dargestellt;  die  riesigen  mandelförmigen  Augen 
berühren  sich  fast  auf  der  Stirn.  Zwischen  den  Hörnern  und  ihnen  parallel  wachsen 
zwei  Zweige;  da  das  linke  Hörn  den  Schwanz  des  Löwen  fast  berührt,  findet  der 
Toreut  wieder  eine  Gelegenheit,  eine  höchst  unorganische  Zwickelpalmette  anzu- 
bringen.   Der  übrige  Raum  ist  mit  Zweigen  gefüllt. 

Die  Reliefs  sind  nicht  sehr  sorgfältig,  wenn  auch  keineswegs  flüchtig  gearbeitet. 
Aber  ihr  Unterschied  von  den  verglichenen  Meisterwerken  beruht  nicht  allein  darauf, 
auch  nicht  allein  auf  Mißverständnissen,  sondern  sie  enthalten  etwas  Positives,  was 
dem  Charakter  jener  widerspricht:  die  von  jenen  entlehnten  Bilder  frischen  Lebens 
sind  zu  Ornamenten  umempfunden,  die  nun  als  solche  weiterentwickelt  sind.  Nur 
so  erklärt  sich  die  Umbildung  der  Hörner  des  gejagten  Wildes  oder  die  Umstilisierung 
der  Palmen;  nur  weil  der  Umriß  des  Tieres  oder  des  Palmblattes  als  ornamentale 
Kurve  gedeutet  ist,  kann  er  zum  Träger  der  Zwickelpalmette  werden.  Das  Verhält- 
nis ist  also  hier  ein  anderes  als  bei  den  Stelen.  Während  sich  ihre  Verfertiger  teils 
mit  der  Übernahme  einiger  sachlicher  Motive  begnügten,  teils  einiges  wenige  von  dem 
lebensvollen  neuen  Stil  mit  ihrer  altererbten  Kunstweise  verschmolzen,  ist  hier  ein 
wirres  Durcheinander  von  alter  Auffassung  und  neuen  Formen.  Diese  Reliefs  sind 
weder  aus  dem  einen  noch  aus  dem  anderen  Stile  folgerichtig  entwickelt;  es  hat 
vielmehr  den  Anschein,  als  hätte  ein  keineswegs  ungeschickter  Arbeiter  der  alten 
Schule  im  Geiste  der  neuen  Richtung  schaffen  wollen,  ohne  ihr  wahres  Wesen  zu 
verstehen.  Gerade  solche  Stillosigkeiten  stellen  sich  leicht  ein,  wenn  neue  Ideen 
plötzlich  zur  Geltung  kommen  —  wir  haben  ja  vor  kurzem  vergleichbare  Erschei- 
nungen am  'Jugendstil'   erlebt. 


')  Vgl.  oben  S.  287  Anm.  4. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


297 


Wie  für  die  Stelen,  können  wir  auch  für  diese  Reliefs  Parallelen  unter  den 
Ornamenten  nachweisen,  und  zwar  unter  den  goldenen  Knöpfen  desselben  und  des 
IV.  Grabes.    Der  Hinweis  auf  Schliemann,  Myk.  Nr.  486,  488,  491  mag  hier  genügen. 


Abb.  17.     Goldrelief  aus  dem  III.  Schachtgrab. 

Es  ist  ein  gutes  Zeichen  für  das  Stilgefühl  der  mykenischen  Herren,  daß  diese  uner- 
freuliche Kunst  keinen  breiteren  Raum  einnimmt,  und  auch  wir  hätten  auf  diese 
vorübergehende  Phase  nicht  einzugehen  brauchen,  wenn  sie  nicht  als  solche  besonders 
charakteristisch  wäre. 


Abb.  18.     Goldrelief  aus  dem  III.  Schachtgrab. 


Offenbar  gleichfalls  von  einem  Kästchen  stammen  die  beiden  Goldbleche  des 
HI.  Grabes  Abb.  17  und  18.  Auf  dem  ersteren  »)  sehen  wir  zwei  Schwalben 
nach  rechts  über  bergiges  Gelände  fliegen.  Die  Arbeit  ist  recht  gering,  dazu  das 
dünne  Blech  verbogen.  Aber  so  sehr  die  Frische  eines  Meisterwerks  fehlt,  läßt  sich 
doch  kein  grundsätzlicher  Stilunterschied  gegenüber  den  Werken  erkennen,  unter  denen 


I)  Nat.-Mus.    Nr.  24.    Schliemann,  Myk.   Nr.    306; 
Dussaud  2    104   Abb.    74.    —    Schliemann   stellt 


das    Goldblech    auf    die    eine    Schmalseite    und 
erklärt  es  ganz  abenteuerlich. 


2g8  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 

die  Vorbilder  zu  suchen  sind.  Stofflich  steht  am  nächsten  eine  Scherbe  aus  Phyla- 
kopi  ^),  die  ihrer  Technik  nach  ein  einheimisch  melisches  Produkt  ist,  aber  in  dem- 
selben naturalistischen  Stil,  der  in  so  mannigfacher  Weise  auf  die  Werke  der  Schacht - 
gräber  eingewirkt  hat.  Das  zweite  Goldblech  Abb.  i8  ^)  zeigt  an  seinem  oberen  Rande 
eine  Reihe  Perlen,  von  denen  drei  hlienartige  Blüten  herabhängen.  Es  handelt  sich  also 
um  Wiedergabe  von  Schmuck,  nicht  um  ein  Naturbild.  Trotzdem  ist  die  Form  der 
Blüten  beachtenswert:  zwischen  den  beiden  Voluten  der  Kronblättcr  erscheinen 
plastische  Halbkreise  als  Zwickelfüllung,  offenbar  ein  geometrischer  Ersatz  für  die 
Staubfäden  naturalistischer  Vorbilder.  Dasselbe  III.  Grab  hat  uns  vier  goldene 
Schmuckstücke  der  gleichen  Form  erhalten  (Schliemann  Nr.  278),  und  aus  späteren 
Gräbern  ist  sie  allgemein  geläufig.  Die  natürliche  Gestalt  der  Lilienblüte  erscheint 
auf  Griff  und  Klinge  des  schönen  Dolches  aus  dem  V.  Grabe  (unten  S.  314  Abb.  30), 
sie  ist  noch  in  der  Zeit  der  älteren  Kuppelgräber  lebendig,  z.  B.  auf  dem 
Elfenbeinkamm  aus  Alt-Pylos  (AM.  XXXIV,  1909  Taf.  12,  i),  auf  dem  auch 
die  Perlenkette  nicht  fehlt.  In  Kreta  kommt,  soviel  ich  sehe,  die  geometrisierende 
Umbildung  —  in  etwas  abweichender  Form  —  zuerst  bei  dem  Jüngling  mit  der  Feder- 
krone vor  (vgl.  oben  S.  269),  späterhin  auch  auf  Palaststilvasen  3)  und  sonst;  bis 
in  die  erste  spätminoische  Zeit  herrscht  auch  in  der  Keramik  die  Naturform  4).  So 
haben  wir  hier  ein  besonders  frühes  Umstilisieren  naturalistischer  Vorbilder.  Der 
Vergleich  mit  jenen  sechseckigen  Kästchen  des  V.  Grabes  lehrt,  daß  hier  aus  den 
gegebenen  Formen  etwas  Neues  geschaffen  ist,  während  sie  dort  willkürlich  und  daher 
stillos  umgedeutet  waren.  So  wenig  lebensfähig  jener  Versuch  bleiben  mußte,  so 
bedeutungsvoll  sollte  der  neue  Stil  werden.  Denn  die  Folgezeit,  in  der  wir  in  der 
Regel  nur  den  Verfall  zu  sehen  gewohnt  sind,  hat  je  länger  desto  mehr  die  Formen 
in  diesem  Sinne  ausgewählt  und  umgebildet  und  so  eine  ganz  neue  Phase  der  myke- 
nischen  Kunst  geschaffen.  Diese  Entwicklung,  auf  die  hier  nicht  näher  eingegangen 
werden  kann,  hat  sich  im  wesentlichen  auf  dem  Festlande  abgespielt,  aber  es  fehlt 
auch  in  Kreta  nicht  an  Ansätzen  dazu.  Zu  ihnen  darf  man  die  eben  besprochene 
Einzelform  zählen.  Jedenfalls  lassen  sich  die  beiden  Reliefs  des  III.  Grabes  nicht 
mit   irgendwelcher   Sicherheit   als   festländische   Erzeugnisse   in  Anspruch   nehmen. 

10.  Ausgeschnittene   Goldreliefs. 

Eine  ganze  Reihe  von  Schmuckstücken  der  Schachtgräber  sind  aus  Goldblech 
als  Reliefs  hergestellt  und  dann  ihren  Umrissen  entsprechend  ausgeschnitten.  Sie 
gehören  deshalb  hierher. 

Das  prächtigste  Stück  der  Reihe  dient  einer  großen  silbernenNadel  als  Schmuck 
und   stammt,   wie  die  überwiegende  Mehrzahl  dieser  Gruppe,   aus  dem  III.  Grabe 

')  Excavations    at   Phylakopi    120   Abb.  92,   auch  3)  z.  B.  Evans,  Prehist.  Tombs  158  Abb.  143. 

bei  Dussaud  2  103  Abb.  73.  4)  Vase  von  Knossos  BSA.  X,  7  Abb.  i;  von  Moch- 

^)  Nat.-Mus.   Nr.   23.     Schliemann,    Myk.  Nr.    303  los  Maraghiannis,  Ant.  Cret.  II  Taf.  XIV.     Vgl. 

(steht  verkehrt  I),  besser  Perrot-Chipiez  VI  972  auch  das  Elfenbeinrelief  von  Palaikastro   BSA. 

Nr.  547.  XI  285  Abb.  14  b. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


299 


(Abb.  19)  ^),  Dargestellt  ist  eine  Frau,  die  mit  ausgebreiteten  Armen  an  Blütenzweige 
faßt,  welche  einem  doppelten  Volutenpaar  hinter  ihrem  Kopfe  entspringen  und  zu  je 
drei  nach  beiden  Seiten  symmetrisch  herabfallen.  Zugleich  scheint  sie  eine  zweifache 
Girlande  zu  halten,  die  vor  ihrem  Schöße  herabhängt,  doch  sind  die  Hände  geöffnet, 
so  daß  die  Aktion  nicht  klar  ist.  So  reizvoll  die  Darstellung  ist,  so  viel  Auffallendes 
bietet  sie  bei  näherer  Be- 
trachtung. Schon  die  beiden 
sich  nach  oben  einrollenden 
Volutenpaare  haben  in  der 
älteren  kretischen  und  myke- 
nischen  Kunst  keine  rechte 
Analogie;  später  finden  wir 
dergleichen  auf  Cypern.  Eben- 
so sonderbar  sind  die  dünnen 
Zweige,  die  in  fächerförmig 
sich  öffnende  Blüten,  also 
Papyrusdolden,  endigen,  zu- 
gleich aber  an  ihrer  Außen- 
seite einfache  Blattreihen  tra- 
gen. Am  ähnlichsten  sind 
ihnen  die  blühenden  Zweige, 
die  auf  dem  eingelegten  Silber- 
becher des  vierten  Grabes  in 
Kübeln  stecken,  aber  realis- 
tischer an  beiden  Seiten  mit 
Blättern  versehen  sind  2) .  Ganz 
vereinzelt  aber  ist  die  Ver- 
bindung mit  glatten  goldenen 
Scheiben,  deren  eine  unter 
jeder  der  herabhängenden 
Blüten  schwebt.  Die  Frau 
wendet  ihren  Kopf,  von  dem 
langes  offenes  Haar  herab - 
wallt,  nach  links;  der  von 
vorn  gesehene  Oberkörper  ist 

mit  einem  kurzen  Jäckchen  bekleidet,  das  den  Busen  freiläßt,  eine  Kette  schmückt 
den  Hals.  Dazu  trägt  sie  den  weiten,  mit  gleichmäßigen  Volants  verzierten  Rock. 
Diese  Tracht  ist  dieselbe,  die  wir  vom  Ende  der  mittelminoischen  Zeit  ab  bei  vorneh- 
men Frauen  in  Kreta  finden  und  die  auf  dem  Festlande  zuerst  auf  einem  gleich  zu 


Abb,  19,     Goldrelief  an  silberner  Nadel.     III.  Schachtgrab. 


')  Nat.-Mus.  Nr.  75.  Schliemann,  Myk.  Nr.  292; 
Schuchhardt  Nr.  195;  Milani,  Studi  e  materiali 
I,  166;  Tsountas-Manatt,  Myc.  age  173  Abb.  67. 
Das  untere  Ende  der  Nadel  ist  auf  allen  Abbil- 


dungen  weggelassen,   auf   der   unseren   nur   der 
umgebogene  Teil  wiedergegeben,   der  beim  Ge- 
brauch allein  sichtbar  war. 
2)  AM.  VIII  1883  Taf.  I.     Vgl.  unten  S.  313. 


300 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


besprechenden  kleinen  Relief  desselben  Grabes,  später  dann  immer  häufiger  erscheint. 
Dagegen  ist  es  sehr  zweifelhaft,  ob  die  Damen,  die  in  den  Schachtgräbern  bestattet 
sind,  sich  schon  ebenso  kleideten.  Wir  sind,  da  uns  außer  den  beiden  genannten 
keine  deutlichen  Darstellungen  zu  Hilfe  kommen,  auf  die  Formen  des  Schmuckes 
angewiesen.  Gerade  das  III.  Grab,  aus  dem  ja  unsere  Nadel  stammt,  barg  bekannt- 
lich keine  Männerleichen.  Jeder  der  drei  Frauen  war  ein  Paar  großer  goldener  Ohr- 
ringe beigegeben  '),  die  in  Verbindung  mit  der  kretischen  Hoftracht,  auch  nach  deren 
Eindringen  auf  dem  Festlande,  sich  nie  nachweisen  lassen  2).  Zwei  Paar,  für  wirk- 
lichen Gebrauch  massiv  gearbeitet,  sind  im  alten  einheimischen  Stile  ausgeführt, 
sie  gehören  also  zweifellos  zur  vormykenischen  Tracht.  Nun  wäre  ja  in  einer  Über- 
gangszeit die  Verbindung  althergebrachten  Schmuckes  mit  einer  modernen  Kleidung 
gewiß  denkbar,  wenn  nicht  unsere  Nadel  selbst  einen  anderen  Weg  wiese.  Die  starke 
silberne  Nadel  ist  etwa  20  cm  lang  und  an  dem  einen  Ende  so  umgebogen,  daß  das 
hier  befestigte  Goldrelief  der  Nadel  parallel  steht  und  mehrere  Zentimeter  Zwischen- 
raum läßt  3).  Diese  Form,  einer  riesigen  Schlipsnadel  vergleichbar,  ist  äußerst  unge- 
eignet für  Haarschmuck,  da  die  Figur  doch  senkrecht  zu  stehen  kommen  muß.  Das 
gleiche  gilt  von  den  Nadeln  mit  großen  Kristallknäufen  desselben  Grabes  4) :  sie  würden 
bei  dem  großen  Gewicht  ihres  einen  Endes  gewiß  aus  lockerem  Haar  herausgefallen 
sein  5).  So  gehören  die  Nadeln  zu  den  Gewändern,  aber  sie  finden  an  der  genähten 
kretischen  Hoftracht  keinen  Platz.  Wir  haben  uns  also  die  bestatteten  Frauen  wohl 
in  einer  anderen  Tracht  zu  denken,  die  analog  dem  späteren  Peplos  zugesteckt  wurde, 
nicht  aber  in  der  des  auf  der  Nadel  dargestellten  Mädchens  ^). 

Da  also  die  Nadel  in  ihrem  Schmuck  keinerlei  alteinheimische  Elemente  auf- 
weist, andererseits  aber  in  ihrer  Form  einer  noch  unbeeinflußten  Tracht  angehört, 
erscheint  sie  als  ein  Übergangsstück,  das  entweder  am  fremden  Ort  für  den  mykenischen 
Bedarf,  oder  aber  in  Mykene  selbst  von  fremd  geschulten  Arbeitern,  vielleicht  auch 
mit  Hilfe  einer  importierten  Form  ausgeführt  ist.  Die  zweite  Möglichkeit  ist  wohl 
die  wahrscheinlichere.  Andererseits  stimmt  zwar  die  Tracht  der  dargestellten  Frau  mit 
der  aus  kretischen  Denkmälern  bekannten  überein;  wir  dürfen  aber  nicht  vergessen, 
daß  eine  Anzahl  ornamentaler  Motive  nicht  aus  derselben  Quelle  hergeleitet  werden 


I)  Schliemann    Nr.    293,    295,    296;     Schuchhardt 

Nr.  192 — 194. 
^)  Diese   Beobachtung  verdanke  ich  G.    Karo. 

3)  Die  Nadel  hat  eine  Längsrille  (Staus  ^  S.  24), 
wohl  um  sich   weniger  leicht  zu  drehen. 

4)  Schliemann  Nr.  308,  309. 

5)  Eine  wirkliche  Haarnadel  scheint  die  nur  ii'/j 
cm  lange  Goldnadel  von  Isopata  zu  sein,  Evans, 
Prehist.  Tombs*!i5i  Abb.   129. 

(>)  Dafür  sprechen  *  auch  die  zahlreichen  Nadeln, 
die  in  wirklicher  Ausführung  oder  in  Nach- 
bildung für  den  Grabschmuck  den  drei  Frauen 
beigegeben  waren  und  die  später  (S.  306  ff.)  zu 
besprechen  sind.  Wenn  unsere  Schlüsse  richtig 
sind,  so  darf  man  vermuten,  daß  die  festländi- 


sche Frauentracht  vor  der  mykenischen  Zeit  ähn- 
lich gewesen  sei,  wie  nach  ihr,  allerdings  gehörte 
neben  einer  Anzahl  kleinerer  Nadeln  nur  eine 
große  dazu,  nicht  zwei  Ttepo'vat.  Analog  trugen 
die  Männer  eine  Art  Chiton,  wie  durch  die  Fres- 
ken von  Tiryns  jetzt  feststeht  (Rodenwaldt, 
Tiryns  II  S.  7).  Nichtkretisch  ist  die  Tracht 
der  Frau  auf  der  Kriegervase  (Furtwängler- 
Loeschcke,  Myk.  Vasen  Taf.  52),  ebenso  die 
der  zahllosen  Tonidolc,  deren  beide  Haupttypen 
Winter,  Typenkatalog  I,  2,  i — 3  abbildet.  Bei 
ihnen  wird  man  am  ehesten  Ärmelchitone  an- 
nehmen. Vgl.  Amelung  bei  Pauly-Wissowa  III 
2327  s.  V.  ^fiT^v  mit  älterer  Literatur,  dazu 
Rodenwaldt  a.  a.  0.  7  Anm.  6. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  3OI 

können.  Es  ist  also  offenbar  ein  dritter  Ort  zur  Vermittlung,  sei  es  der  Form  oder 
des  Reliefs  selbst,  anzunehmen. 

Hinter  dieser  Prachtnadel  stehen  die  übrigen  Schmuckstücke  der  Reihe  in 
der  Sorgfalt  der  Ausführung  meist  weit  zurück.  Für  sie  kann  die  Herstellung  mittels 
Formen  als  sicher  gelten,  da  sie  fast  alle  in  mehreren  Exemplaren  zusammen- 
gefunden sind.  Oft  ist  derselbe  Typus  in  verschiedener  Weise  verwendet  worden. 
Die  Stücke  gehören  z.  T.  paarweise  zusammen  (in  mehreren  Fällen  haften  sie  noch 
aneinander)  oder  waren  auf  der  Rückseite  mit  einem  glatten  Goldblech  gedeckt. 
So  dienten  sie,  je  nach  ihrer  Gestalt,  als  Nadelköpfe  oder,  durchbohrt,  als  Anhänger. 
Andere  Exemplare  sind  hinten  nicht  verkleidet;  sie  zeigen  entweder  kleine  Löcher 
zum  Aufheften  offenbar  auf  Gewänder,  oder  haben  keinerlei  Befestigungsspuren, 
so  daß  sie  auf  irgendeine  Unterlage  aufgeklebt  gewesen  sein  müssen. 

Inhaltlich  von  besonderem  Interesse  sind  die  Typen,  die  mit  dem  Kult  zusam- 
menhängen. Da  ist  zunächst  die  bekleidete  Göttin  zu  nennen  (Abb.  20  c.  d)  i). 
Streng  symmetrisch  von  vorn  dargestellt,  scheint  sie  in  halber  Kniebeuge  zu  stehen, 
denn  auf  einem  unsichtbaren  Sitz  thronend  ist  sie  doch  kaum  gedacht.  Diese  kau- 
ernde Stellung  kehrt,  freihch  deutlicher,  auf  Siegeln  von  Zakro  wieder  2).  Sie  hält 
beide  Hände  vor  die  Brust.  Bekleidet  ist  sie  mit  Jäckchen  und  Volantrock,  also  nach 
kretischer  Weise  3). 

Wir  kennen  den  Typus  der  die  Brüste  fassenden  Göttin  in  einer  ganzen  Reihe 
von  Exemplaren  sowohl  aus  Kreta  4)  wie  vom  Festland.  Auch  die  Sitte,  das  Bild 
der  Gottheit  in  kleinem  Relief  auf  das  Gewand  zu  heften,  läßt  sich  in  Kreta  nach- 
weisen, wenn  auch  m.  W.  nicht  früh  5);  auf  dem  Festlande  stehen  unsere  Reliefs 
an  der  Spitze  einer  ganzen  Reihe  von  Amuletten,  welche  dieselbe  Göttin  im  gleichen 
Gestus  teils  bekleidet,  teils  nackt  zeigen  6).  Mit  Ausnahme  des  gleich  zu  besprechenden 
Typus  der  Taubengöttin  hält  diese  Reihe  die  Vorderansicht  auch  für  den  Kopf  fest, 
die  uns  in  der  Reliefkunst  hier  zum  ersten  Male  begegnet.  Es  liegt  nahe,  dies  auf  den 
Einfluß  rundplastischer  Idole  zurückzuführen;  ausgeschnittene  Reliefs  wie  diese 
können  als  Ersatz  für  plastische  Figürchen  gelten.  Die  Glyptik,  in  der  gleichfalls 
Köpfe  von  vorn   gesehen  vorkommen  7),  wird  niemand  als  Vorbild  ansehen  wollen. 

0  Nat.-Mus.  Nr.  36.     Zwei    Exemplare    zum   Auf-  5)  Evans,  Prehist.  Tombs  85  Abb.  95  Nr.  97  a. 

nähen.    SchliemannNr.  273;  Schuchhardt  Nr.  190.  6)  Athen  Nat.-Mus.   2946    (Stais,   Guide*  86,   aus 

^)  JHSt.  XXII  1902  Taf.  Vl20und  21,  VII 43  u.a.  Mykene,  Grab  68),'Ecp.  ipy.  1887,  t:{v.  13,  23.24; 

3)  Die  doppelte  Biegung  der  Volants  und  beson-  1888,  tt^v.  8,  9  (Mykene,  Grab  2).  Nat.-Mus. 
ders  des  unteren  Rockabschlusses,  der  natür-  2511  (Stais*  iio)  und  das  sehr  ähnliche  Amu- 
lich  stets  gerade  war,  soll  die  Rundung  des  wei-  lett  von  Alt-Pylos  AM.  XXXIV  1909  Taf.  12,6 
ten  Rockes  über  jedem  Bein  veranschaulichen  zeigen  die  Göttin  nackt  wie  die  Taubengöttin, 
und  die  Füße  sichtbar  machen.  Ähnliche  Sti-  Unbekannter  Herkunft  (nicht  aus  Sardinien) 
lisierung  ist  nicht  selten,  besonders  entsprechend  ist  das  bekleidete  Idol  des  Brit.  Mus.,  Marshall, 
auf  zwei  der  eben  angeführten  Siegel  von  Zakro.  Cat.  of  Jewelry  803  Taf.  8,  Furtwängler-Loeschcke, 

4)  Zusammengestellt   von    H.  Prinz,    AM.    XXXV  Myk.  Vasen  Text  S.  48  Abb.  27. 

1910,   155.     Als  früheres   Beispiel  ist  ein  Siegel  7)  Siegelabdrücke    aus    Zakro    JHSt.  XXII    1902 

von    Zakro    hinzuzufügen,     JHSt.    XXII     1902  Nr.   76  u.   78;   Karneol  aus  der  Nekropole  von 

Taf.  6,  24,  wo  das  Motiv  einem  der  willkürlich  PhaistosMon.Linc.XIVTaf.  IV9  Sp.  622  Abb.96; 

gebildeten  Fabelwesen  gegeben  ist.  Siegel    aus   Knossos    Candia,  Museum   Nr.  116. 


302 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


Die  Arbeit  dieser  beiden  Reliefs  ist  sehr  gering,  was  weniger  von  den  Abdrücken 
als  von  der  Form  gilt,  aus  der  sie  gepreßt  sind.  Sehr  roh  sind  die  Buckellöckchen, 
die  die  Stirn  umrahmen;  ungeschickt  ist  die  Andeutung  der  Volants,  vor  allem  aber 
ist  das  Motiv  des  Kauerns  unklar  wiedergegeben. 

Nicht  weniger  roh  gearbeitet  ist  die  Gott  in  mit  den  Tauben  (Abb.  20  a.  b)  ^). 
Sic  ist  nackt  dargestellt,  die  Füße  wie  der  Kopf  nach  links,  der  Oberkörper  von  vorn;  die 

Hände  fassen  wiederum  an  die 
Brust.  Auffallend  ist,  daß  neben 
den  kurzen,  plump  angedeuteten 
Buckellöckchen  im  Nacken  kein 
Schopf  erscheint:  es  ist  die  Haar- 
tracht der  Frauen  auf  den 
Spiegelgriffen  ^),  die  mir  sonst 
nicht  bekannt  ist.  Eines  der 
beiden  Exemplare  zeigt  über 
ihrem  Kopfe  nur  eine  nach  links 
fliegende  Taube,  es  war  mit  sechs 
Löchern  auf  Stoff  geheftet.  Bei 
dem  anderen  haften  an  ihren 
Oberarmen  zwei  weitere  Tauben, 
die  von  der  Göttin  wegflattern. 
Sie  sind  recht  ungeschickt  ange- 
fügt, nur  die  Symmetrie  hält  das 
Ganze  zusammen.  Dies  Stück 
war  nicht  aufgenäht  3),  sondern 
ist  an  der  Rückseite  mit  einem 
zweiten  Goldblech  gedeckt,  das 
auffallenderweise  nochmals  die 
Vorderansicht  der  Figur  zeigt, 
natürlich  im  Gegensinn,  und 
viel  gröber  ausgeführt  ist,  offen- 
bar ohne  die  Hilfe  einer  Form.  Das  Ganze  hat,  wie  Stai's  mit  Recht  annimmt,  das 
stumpfe  Ende  einer  Nadel  geziert,  an  die  es  mit  zwei  goldenen  Knöpfen  geheftet  war. 
Auch  die  Göttin  mit  den  Tauben  kennen  wir  aus  Kreta;  wie  Prinz  richtig  aus- 
geführt hat,  ist  es  dieselbe  wie  die  eben  besprochene,  schon  der  gleiche  Gestus  ver- 
bürgt das  4).     Die  völlige  Nacktheit  ist  im  kretisch -mykenischen  Kreise  sehr  selten. 


Abb.  20.     Idole.     Goldbleche  aus  dem  III.  Schachtgrab. 


')  Nat.-Mus.  Nr.  27  (bei  Sta'is  ^  S.  17,  18  von  beiden 
Seiten  abgebildet)  und  28.  Schliemann  Nr.  267, 
268;  Schuchhardt  Nr.  189.  188.  Vgl.  Walter 
Müller,  Nacktheit  und  Entblößung  71. 

*)  Tsountas-Manatt,  Myc.  age  186  ff.  Abb.  82 — 84 
(Perrot  VI  816  Abb.  386—388). 


3)  So  sagt  versehentlich  Prinz,  AM.  XXXV  1910, 
156.  Schliemann  S.  210  erwähnt  die  Rückseite 
nicht. 

4)  Prinz  a.  a.  0.  156,  172.  Seine  übrigen  Folgerun- 
gen werden  sich  erst  beurteilen  lassen,  wenn 
wir    die    Religionen    dieser    dunklen    Zeit    etwas 


näher  kennen. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


303 


Aus  Kreta  selbst  ist  mir  nur  das  späte  sitzende  Tonidol  aus  H.  Triada  bekannt  sowie 
ein  gleichfalls  spätes  und  rohes  Rhyton  aus  Gurnia,  das  wegen  des  adorierenden 
Gestus  gewiß  nicht  die  Göttin  selbst  darstellt,  ja  es  ist  mir  zweifelhaft,  ob  man  dies 
Rhyton  überhaupt  mit  dem  Kult  in  Zusammenhang  bringen  und  nicht  —  trotz  des 
Gestus  —  für  einen  Scherz  halten  darf^).  Festländisch  ist  außer  den  S.  301  Anm.  6 
genannten  Amuletten  eine  Terrakotte  in  Berlin  2).  An  unseren  Taubengöttinnen 
fällt  die  stark  betonte  Scham  auf,  die  freilich  auf  Schliemanns  Abbildungen  unter- 
drückt ist,  und  der  ganze  Typus  hat  etwas  Fremdartiges,  das  Walter  Müller  an  einen 
Zusammenhang  mit  den  Inselidolen  denken  ließ  3),  die  gewiß  zum  Teil  als  Göttinnen 
aufzufassen  sind.  Die  Frage  scheint  mir  einstweilen  nicht  zu  entscheiden.  Denn 
wenn  auch  der  zäh  festgehaltene  Typus 
in  Frontansicht,  nur  durch  den  Rock 
bereichert  und  im  Gestus  deutlicher,  mit 
den  alten  Idolen  vereinbar  wäre  und  die 
Göttin  mit  den  Tauben  sich  als  eine 
Umgestaltung  erklären  ließe,  so  bleibt 
doch  zu  beachten,  daß  die  Zahl  der 
Inselidole  in  der  jüngeren  Periode  der 
ägeischen  Kunst  wesentlich  abzunehmen 
scheint  4).  Zudem  sind  die  Beispiele 
vom  Festland  recht  selten  5),  und  keines 
läßt  sich  in  unmittelbar  vormykenische 
Zeit  datieren.  Um  so  deutlicher  ist 
ein  anderer  Faktor,  das  kretische  Ele- 
ment. In  einem  Falle  weist  der  Volant - 
rock  den  Weg,  im  anderen  sind  es  die 
Tauben,  wenn  auch  diese  nicht  direkt. 
Unleugbar  besteht  der  engste  Zu- 
sammenhang zwischen  der  Taubengöttin 
und  dem  Kultbau  mit  den  Tauben 
(Abb.  21),  von  dem  zwei  Exemplare  in 
demselben   III.   Grab,    drei  weitere   im 

IV.  gefunden  sind  ^).  Die  Arbeit  ist  völlig  identisch  mit  der  der  eben  be- 
sprochenen Stücke.  Die  ganze  Form  des  Baus  mit  den  heiligen  Hörnern  hat  die 
nächste,  längst  als  solche  erkannte  Analogie  in  dem  bekannten  Miniaturfresko  von 


Abb.  21. 


Kultbau.    Goldblech  aus  dem 
III.  Schachtgrab. 


0  H.  Triada:  Mon.  Line.  XIII  71  Abb.  55  b,  Taf. 

II,  I  (ohne  Angabe  der  Scham);  Gurnia:  Boyd- 

Hawes,  GourniaTaf.  X  ii,Maraghiannis,  Antiqu. 

Cret.  II  Taf.  29,  vgl.  Karo,  Arch.  Jahrb.  XXVI 

191 1,  265  Anm.  i. 
»)  Winter,  Typenkatalog  I  S.  2  Nr.  3  k,  W.  Müller, 

Nacktheit  und  Entblößung  71  Taf.  V  4. 


3)  W.  Müller  a.  a.  0.  63.  72. 

4)  Tsundas,  'Ecp.  A^y.    1899,  100. 

5)  Wolters,  AM.  XVI  1891,  52. 

6)  Nat. -Mus.  Nr.  26,  242 — 244.  Alle  fünf  zum  Auf- 
nähen. Schliemann  Nr.  423,  Schuchhardt*  Nr. 
191,  oft  wiederholt,  z.  B.  Perrot-Chipiez  VI  337 
Abb.  iii;Evans,  JHSt.  XXI1901, 191;  Dussaud  * 


336  Abb.  244. 


^04  ^'  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


Knossos.  Dieses  gibt  zugleich  einen  Begriff  von  der  Größe  eines  solchen  Bauwerks, 
die  über  einen  einfachen  Altar  hinausgeht,  Evans  glaubt,  aus  freilich  schwachen 
Spuren  einen  entsprechenden  Kultbau  an  der  Westseite  des  großen  Hofes  von  Knossos 
erschließen  zu  können  i).  Beachtenswert  ist  das  'Metopen' -Ornament,  das  in  der 
Überhöhung  des  Mittelbaus  der  dreiteiligen  Anlage  erscheint.  Es  wird  durch  doppelte 
Halbkreise  gebildet,  die  rechts  und  links  am  Rahmen  haften,  stellt  also  zwei  Halb- 
rosetten  dar  2).  Ohne  Zweifel  ist  das  Ornament  durch  Anlehnung  zweier  Halbrosetten 
an  ein  senkrechtes  GHed  entstanden,  das  die  beiden  Hälften  trennt  und  zugleich  zu- 
sammenhält 3).  Indessen  hat  man  Reihungen  dieses  Ornaments  offenbar  schon  früh 
entgegen  seinem  eigentlichen  Sinn  zerlegt,  wie  hier,  so  in  Kreta  4),  Der  Kultbau 
ist  also  durchaus  kretisch,  und  mit  ihm  werden  die  Tauben  dieses  Reliefs  wie  der 
nackten  Göttin  aus  Kreta  gekommen  sein.  Trotzdem  möchte  ich  die  ReHefs  selbst 
am  gleichen  Orte  hergestellt  denken  wie  die  Taubengöttinnen.  Die  beiden  Tauben 
am  Kultbau  sind  nämlich  den  von  der  Göttin  Abb.  20  a  wegflatternden  in  allen  Einzel- 
heiten so  ähnlich,  daß  sie  aus  der  gleichen  Form  stammen  dürften;  allem  Anschein 
nach  ist  also  die  Form  des  Kultbaus  benutzt  worden,  um  die  Göttin  Abb.  20  b  um 
zwei  weitere  heilige  Vögel  zu  bereichern. 

Die  Form  des  Kultbaureliefs  könnte  also  wohl  aus  Kreta  stammen;  die  beiden 
Göttinnen  aber  enthalten  trotz  enger  Beziehungen  zu  Kreta  Elemente,  die  in  diesem 
Kreis  befremden.  Auch  wenn  man  die  geringe  Arbeit  in  Rechnung  zieht,  bleibt  doch 
die  Stilisierung  besonders  des  Haares  bei  beiden  so  roh,  daß  ich  sie  nicht  wie  die  Silber- 
nadel beurteilen,  sondern  auf  dem  Festlande  selbst  entstanden  denken  möchte.  Unter 
diesem  Gesichtspunkte  betrachtet,  würden  die  an  sich  so  unerfreulichen  Reliefs  doch 
bezeugen,  daß  ein  Teil  der  Goldarbeiter  dem  fremden  Stil  beträchtlich  näher  ge- 
kommen war  als  die  Verfertiger  der  Stelen. 

Die  übrigen  ausgeschnittenen  Goldreliefs  zerfallen  deutlich  in  zwei  Gruppen, 
deren  eine  ein  Streben  nach  möglichst  geschlossenem  Umriß  des  Schmuckstücks 
verrät,  während  bei  der  zweiten  die  Vorbilder  in  freier  malerischer  Auffassung  wieder- 
gegeben sind. 

Zur  ersten  Gruppe  gehört  zunächst  eine  Anzahl  einzelner  Tiere.  Unter 
ihnen  Tintenfische  in  zwei  Typen,  beide  mit  acht  symmetrisch  geordneten  Fang- 

')  Das  Fresko  zuerst  publiziert  von  Evans,  JHSt.  Form   erscheint   es  z.  B.  auf  dem   eben  Anm.  l 

XXI   1901   Taf.   5,  neuerdings  durch  das  ebda.  angeführten  knossischen  Fresko;  'Ecp.  dp/.  1888 

136    Abb.     18     abgebildete    Fragment    vervoll-  Taf.  8,  ii   =  Perrot  VI  547  Abb.  226  (doppelt); 

ständigt,   Journ.   Roy.   Inst.   Brit.  Arch.  XVIII  '  Glaspaste     aus    Menidi    (Taf.  3,  24)   ebda.    548 

191 1  Fig.  I  zu  S.  290.     Hier  auch  der  Plan  (S.  Abb.  228. 

293)   und   die    Rekonstruktion   des   knossischen  *)  Bulle,  Orchomenos   I   S.   73.      Zu  den  von  ihm 

Bauwerks.  besprochenen  Denkmälern  ist  hinzuzufügen  Fyfe, 

^)  Dadurch   wird   die    Interpretation   als    Kultbasis  Journ.    Roy.    Inst.    Brit.   Arch.   X    1902,    126  ff. 

mit    Trochilus    zwischen    zwei     Platten    ausge-  Taf.    2,    5;   auch   der   Alabasterfries   von   Tiryns 

schlössen,  die  verdoppelt  unter  den  Füßen  der  beginnt  mit  'Triglyphe'  und  Halbrosette  (Schlie- 

Wächter  des  Löwentores  und  sonst  oft  erscheint.  mann,  Tiryns  Taf.  4),  ebenso  der  entsprechende 

^)  So    erklärt    das   Ornament    zuerst   Dörpfeld    bei  knossische    Fries    aus    rotem    Stein,    wenn    mich 

Schliemann,  Tiryns  326.     In  der  ursprünglichen  die  Abbildung     nicht     täuscht    (ESA.    VH    55 

Abb.  16). 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


305 


armen,  die  bei  dem  einen  (Abb.  23  a)  ^)  in  der  üblichen  Weise  ausgebreitet 
sind,  bei  dem  zweiten  (Abb.  23  b)  2)  am  Körper  anliegen  und  sich  nur  an  ihren  Enden 
aufrollen.  Diese  singulare  Form  erweckt  den  Eindruck,  als  schieße  das  Tier  durch 
das  Wasser.    In  der  Tat  waren  diese  Reliefs  als  Anhänger  in  der  Achse  des  sackför- 


Abb.  22.     Goldscheiben  aus  dem  III.  Schachtgrab  (vgl.  S.  293). 


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Abb.  23.     Tintenfische  und  Schmetterling  aus  dem  III.  Schachtgrab. 


Abb.  24.     Tintenfische  aus  dem  IV.  und  III.  Schachtgrab. 


migen  Körpers  durchbohrt,  so  daß  sie  an  der  Schnur  zu  schwimmen  schienen.  Die 
Vertreter  des  ersten  Typus  waren  teils  aufgenäht,  teils  ebenfalls  als  Anhänger  auf- 
gereiht, merkwürdigerweise  so,  daß  sie  mit  dem  Kopfe  nach  unten  hingen. 

Einen  weiteren  Typus  von  Anhängern  repräsentieren  die   Schmetterlinge 


')  Nat.-Mus.  Nr.  39.  Schliemann  Nr.  270. 


*)  Nat.-Mus.  Nr.  40.     Schliemann  Nr.  271. 


2o6  K.  Müller,  Frührnykenische  Reliefs. 


(Abb.  23  c)  mit  ausgebreiteten  gezackten  Flügeln,  auf  denen  ein  Punktkreis 
das  Auge  des  Falters  andeutet  i).  Genau  die  gleiche  Stilisierung  haben  kretische 
Schmetterlingsflügel  auf  Siegeln  und  sonst  ^),  Über  den  seitwärts  gestreckten  Füh- 
lern liegt  ein  gedrehter  Stab,  gleichsam  ein  Teil  der  Kette,  an  die  das  Schmuckstück 
angereiht  werden  sollte.  In  Wirklichkeit  war  aber  weder  die  Rückseite  ausgeführt 
noch  dieser  Stab  seitlich  durchbohrt,  sondern  mit  zwei  Löchern  von  oben  auf  seine 
Unterlage  befestigt.  Genau  so  war  die  sitzende  Sphinx  (Abb.  25  a)  angebracht  3), 
die  trotz  der  flüchtigen  Ausführung  die  bereits  fertige  mykenische  Ausgestaltung 
dieses  Fabelwesens  erkennen  läßt. 

Diese  Scheinanhänger  lassen  vermuten,  daß  auch  die  folgenden  Schmuck- 
stücke in  Form  von  Gehängen  aufgenäht  waren,  obwohl  ihnen  die  stabartige  Öse 
ebenso  fehlt  wie  den  Tintenfischen.  Zu  ihnen  gehört  der  liegende  Greif  mit  zurück- 
gewandtem Kopf  (Abb.  25  b)  4) .  Auch  er  zeigt  den  mykenischen  Typus  völlig 
ausgebildet.  Der  Flügel  ist  halb  geöffnet,  so  daß  er  den  Leib  überschneidet,  ein  selte- 
nes Motiv,  das  an  dem  Spiegelgriff  von  Enkomi  wiederkehrt  5).  Sehr  viel  weniger 
geglückt  ist  das  laufende  Tier  (Hund.''  Abb.  25  c)  ^)  mit  zurückgewandtem 
spitzem  Kopf  und  buschigem  Schweif;  Punkte  deuten  das  Fell  an,  die  Beine  sind  viel 
zu  kurz  geraten.  Das  liegende  Tier  (Abb.  25  d)  7)  dagegen  erweist  sich  durch 
seinen  sonderbar  gefurchten  Körper  als  grobe  Arbeit  eines  Mannes,  dem  der  neue 
Stil  recht  ferngeblieben  war.  Der  quergeriefelte  Stab,  auf  dem  es  liegt,  ist  vielleicht 
nichts  anderes  als  die  arg  mißverstandene  Ose  von  Anhängern,  wie  sie  die  Schmetter- 
linge oder  Sphingen  haben;  jedenfalls  kommt  bei  derartigen  Schmuckstücken  sonst 
nie  eine  Andeutung  des  Bodens  vor. 

Neben  diesen  Einzeltieren  finden  wir  eine  ganze  Anzahl  wappenartiger  Ver- 
doppelungen. Da  sind  Wasser vögel  (Abb.  25  e)  ^),  die  ihre  langschnäbeligen 
Köpfe  gegeneinanderlegen,  ferner  Adler  in  drei  Typen,  die  verschieden  verwendet 
wurden.  Sie  wenden  alle  die  Köpfe  zurück;  beachtenswert  ist  die  Spirale  am  Hals, 
wie  beim  Greifen.  Die  einen,  die  als  wirkliche  Kettenglieder  mit  glatter  Rückseite 
versehen  sind  und  aus  dem  V.  Grabe  stammen,  haben  die  Flügel  halb  geöffnet  (Abb. 
25  f)  9).  Andere,  wieder  aus  dem  HL  Grabe,  sind  von  geringer  Arbeit  und  waren  auf- 
geheftet (Abb.  25  1)  1°);  sie  stellen  im  wesentlichen  eine  Vereinfachung  des  vorher- 
gehenden Typus  dar.  Ein  weiteres  Adlerpaar  sitzt  mit  geschlossenen  punktierten 
Flügeln    auf    einer  Art   Blütenkelch    (Abb.  25  k)  ").       Das    einzige    Exemplar    ist 

')  Nat.-Mus.  Nr.  51.     Schliemann  Nr.  275.  Blüten  (Schliemann  Nr.  278)  waren  entsprechend 

*)  Siegel  von  Zakro  JHSt.  XXII  1902,  83  Abb.  19.  aufgenäht. 

u.  Taf.   8,  74;   schöner  Abdruck  aus  Knossos  in  4)  Nat.-Mus.  Nr.  47.    Schliemann  Nr.  261. 

Candia,  Mus.,   unpubliziert.     Besonders    ähnlich  5)  Excavations  in  Cyprus   Taf.  2,   872  A  vgl.   883, 

und  sehr  schön  ist   der   Falter   auf   einem    Beil  Jahrb.  XXVI,  191 1,  223. 

aus  Phaistos,  Memorie    dei    Lincei    5.    ser.    XII  ^)  Nat.-Mus.  Nr.  41.     Schliemann  Nr.  280. 

(1906)  502  =  Taf .  2,  II   (Mosso).  7)  Nat.-Mus.  Nr.  42.      Schhemann  Nr.  269. 

3)  Nat.-Mus.  Nr.  48.     Schliemann  Nr.  277.  6Exem-  *)  Nat.-Mus.  Nr.   43.     Schliemann  Nr.  279. 

plare,  davon  4  zum  Aufnähen,  die  beiden  anderen  9)  Nat.-Mus.  Nr.  689.    Schliemann  Nr.  480. 

ohne  Löcher.     Auch  die  schon  S.  298  erwähnten  'o)  Nat.-Mus.  Nr.  44.     Schliemann  Nr.  276. 

")  Nat.-Mus.  Nr.  60.  Schliemann  Nr.  274. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


307 


doppelt    und  bildete  den  Kopf  einer  Nadel,  die  also  als  Stengel   der  Blüte  aufge- 
faßt war. 

Klarer  ist  die  Verbindung  bei  zwei  weiteren  Arten  von  Nadelköpfen  charakteri- 
siert.   Hier  war  die  Nadel  gleichsam  der  Stamm  einer  Palme,  deren  drei  Blätter  sich 


Abb.  25.     Goldene  Schmuckstücke  aus  dem  III.  (a — e,  g — 1)  und  V.  Schachtgrab  (f). 


symmetrisch  entfalten  ^).  Auf  ihnen  liegen  zwei  Hirsche  —  nach  dem  gepunkteten 
Fell  Damhirsche  —  gegeneinander;  die  einander  berührenden  Geweihe  der  zurück- 
gewendeten Köpfe  bilden  einen  trefflichen  Abschluß    (Abb.   25  g.  h)  a).      Zwei  der 

')  Dasselbe  Motiv  ist  später  an  den  elfenbeinernen  *)  Nat.-Mus.  Nr.  45.  46.    Schliemann  Nr.  265;  seine 

SpiegelgiifEen    beliebt,    z.    B.    Tsountas-Manatt  Abbildung  Nr.  264  erweckt  den  falschen  Anschein, 

186  ff.     Abb.  82 — 84,  Evans,  Prehist.   tombs  64  als  kreuzten  sich   die  Hälse  der  Hirsche.     Über 

Abb.  69.  den  Damhirsch  vgl.  Rodenwaldt,  Tiryns  II,  151. 


208  ^-  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


zwölf  Exemplare  haften  zusammen  und  hielten  bei  der  Auffin'dung  noch  ein  Stück 
der  silbernen  Nadel,  die  ursprünglich  gewiß  länger  war  als  die  jetzt  eingesetzte; 
andere  freilich  haben  kleine  Löcher  wie  zum  Annähen.  Im  anderen  Falle  sitzen 
katzenartige,  gleichfalls  punktierte  Tiere  mit  buschigen  Schweifen  auf  der  Palm- 
krone (Abb.25i)  I).  Es  sind  dieselben  Tiere  wie  auf  der  schönen  Nildolchklinge,  sicher 
keine  Löwen.  Die  erhobenen  Köpfe  berühren  sich  mit  den  Schnauzen,  so  daß  auch  hier 
ein  günstiger  Abschluß  erreicht  ist.  Man  möchte  die  acht  gefundenen  Exemplare, 
die  alle  mit  kleinen  Löchern  versehen  sind,  gewiß  gern  zu  vier  Nadelköpfen  vereinigen, 
wie  man  auch  die  anderen  symmetrisch  komponierten  Schmuckbleche  paarweise 
zu  verbinden  geneigt  sein  wird.  Schon  Schliemann  hat  vermutet,  daß  dies  durch 
kleine  in  die  Löcher  gesteckte  Nägelchen  geschehen  sei.  Indessen  zeigt  keines  der 
doppelseitigen  die  kleinen  Löcher  am  Rande  ^),  vielmehr  sind  stets  die  beiden  Hälften 
durch  Umbiegen  der  Ränder  aneinander  befestigt,  gelegentlich  hat  vielleicht  Lötung» 
nachgeholfen.  Aber  selbst  wenn  man  Ausnahmen  von  dieser  Regel  konstruieren 
will,  kommt  man  wegen  der  ungleichen  Zahl  der  Löcher  nicht  aus  3).  So  muß  man 
also  annehmen,  daß  wenigstens  ein  Teil  von  ihnen  auf  eine  andere  Grundlage,  am 
ehesten  das  Gewand,  aufgeheftet  war.  Während  man  sich  nun  Kettenglieder  wenig- 
stens bei  einem  noch  halbbarbarischen  Volke  zur  Not  auch  im  Leben  auf  die  Gewan- 
dung genäht  denken  kann,  ist  das  doch  bei  den  Scheinnadeln  ausgeschlossen.  Sie 
sind  also  sicher  Grabschmuck,  und  auch  für  die  übrigen  aufgenähten  Zierate  wird 
man  das  annehmen.    Das  ist  für  die  Beurteilung  nicht  belanglos. 

Der  ganze  Reichtum  an  Motiven  ist  klar  'mykenisch'  und  steht  mit  der  alt- 
einheimischen Kunst  nicht  in  Zusammenhang;  die  Motive  sind  also  importiert.  Da- 
gegen sind  ja  die  für  den  Totenschmuck  einseitig  gearbeiteten  Zierate  gewissermaßen 
unfertige  Schmuckstücke;  es  ist  doch  weniger  wahrscheinlich,  daß  man  sie  in  dieser 
Form  von  auswärts  bezog  4),  als  daß  man  sie  sei  es  von  fremden  Arbeitern  im  Lande 
oder  auch  in  importierten  Formen  herstellen  ließ;  ja  selbst  die  Formen  könnten 
im  Lande  gefertigt  sein,  was  für  das  liegende  Tier  (oben  S.  306)  gewiß  angenommen 
werden  darf  5).  Die  Technik  des  Treibens  steht  in  den  sicher  einheimischen  Reliefs  der 
sechseckigen  Kästchen  ja  auf  derselben  Stufe;  wenig  jüngere  Formsteine,  von  denen 
der  eine  mit  dem  Adler  (Schliemann  Nr.  163)  besonders  nahe  steht,  sind  bekannt- 
lich in  Mykene  gefunden  worden. 

')  Nat.-Mus.  Nr.  50.     Schliemann  Nr.  266.  Wissens  nirgends  vor.    Karo  hat  auf  meine  Bitte 

^)  Schliemann    S.    213    behauptet    dies    von    den  die   Freundlichkeit  gehabt,  bei  einer   Bereisung 

doppelten  Adlern  irrtümlich:  sie  haben  ein  Loch  Etruriens  auf  diese  Frage  zu  achten;  er  bestätigt 

in  der  Mitte,  mit  dem  die  Nadel  befestigt  war.  ihr  Fehlen  in  den  dortigen  Gräbern. 
Es  sei  hier  bemerkt,  daß  Schliemanns  Angaben        5)  Hierbei  sei  auch  auf  den  hegenden  Löwen,  Nat.- 

in  diesen  Einzelheiten  mehrfach  ungenau  sind;  Mus.  Nr.  32,  Schliemann  Nr.  263,  hingewiesen, 

jedesmal    darauf   hinzuweisen,    schien    mir    hier  der  auf  gleiche  Weise  hergestellt,  aber  nicht  als 

überflüssig.  Relief  gemeint  ist.     Man  vergleiche  seinen  voU- 

3)  Von  den  Katzen  haben  vier  je  zwei  kleine  Löcher,  kommen   zur    Spirale   gewordenen    Schweif   mit 
drei  haben  fünf  und  eine  nur  drei.  dem  viel  natürlicheren  seines,  nahen  kretischen 

4)  Sicher    importierte     Grabware    kommt    meines  Verwandten,    Mon.    Line.    XIV    734    Abb.    30, 

Maraghiannis,  Ant.  Cröt.  I  Taf.  18. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


309 


Abb.  26.     Laufender  Greif  aus  dem  III.  Schachtgrab. 


Die  Typen  entsprechen  im  ganzen  dem,  was  wir  von  gleichzeitiger  kretischer 
Kunst  wissen.  Sphinx  und  Greif  tauchen  etwa  um  dieselbe  Zeit  in  Kreta  auf;  Tinten- 
fische und  Schmetterlinge  finden  wir  dort  wieder,  auch  das  wappenartige  Schema 
ist  durch  Gemmen  und  Siegel  reichlich  belegt.  Für  anderes  freilich  fehlen  dort  ent- 
sprechende Beispiele;  so  die  Form  der  Nadel  mit  großem,  flach  verziertem  Kopf. 
Das  kann  freilich  Zufall  sein;  da  aber  dieser  Typus  nur  im  III.  Grab,  das  auch 
die  großen  Gewandnadeln  enthielt,  nachweisbar  ist,  wird  man  ihn  mit  der  aus  diesen 
erschlossenen   Frauentracht   zusammenbringen,    die    aus    Kreta   nicht   bekannt   ist. 

In  einem  gewissen  Gegen - 
satze  zu  den  eben  besprochenen 
ausgeschnittenen  Reliefs  steht  die 
zweite  Gruppe. 

Auch  zu  ihr  gehören  zwei 
Typen  von  Tintenfischen,  die 
beide  nur  sieben  Arme  haben.  Der, 
eine,  in  Abb.  24  b  zum  ersten  Male 
wiedergegeben,  läßt  sich  etwa  von 
einem  Rechteck  umschreiben,  das 
fast  dreimal  so  lang  als  breit  ist. 
Rechts  wie  links  von  dem  kleinen 

Körper,  doch  ohne  ihn  zu  berühren,  ging  je  ein  Arm  nach  abwärts  ^),  die 
übrigen  fünf  sind  völlig  unsymmetrisch  nach  oben  gerichtet,  so  daß  sich  neben 
dem  stark  eingerollten  über  der  Mitte  des  Körpers  auf  der  einen  Seite  drei 
befinden,  während  auf  der  anderen  nur  einer  ganz  gerade  ausgestreckt  ist.  Der 
zweite  Typus,  von  dem  nicht  weniger  als  57  Stück  im  IV.  Grabe  gefunden  wurden 
(Abb.  24a)  ^),  hat  wenigstens  die  Arme  in  gleicher  Anzahl  auf  beide  Körperseiten 
verteilt;  in  der  Bewegung  ist  die  Symmetrie  sorgsam  vermieden.  Daher  wirkt 
das  Tier  trotz  der  übertriebenen  Saugwarzen  frisch  und  lebendig,  ganz  anders  als  die 
streng  stihsierten  Anhänger  der  ersten  Gruppe.  Wir  werden  hier  unwillkürlich  an 
die  schönen  Seebilder  der  besten  spätminoischen  Zeit  erinnert. 

Gleichfalls  hierher  möchte  ich  den  nach  links  laufenden  Greif  des  III.  Grabes 
rechnen  (Abb.  26)  3).  Er  hat  durchaus  den  Typus  des  Schmuckstücks  Abb.  25  b. 
Aber  während  dort  alles  daran  gewendet  war,  dem  Tier  einen  möglichst  geschlossenen 
Umriß  zu  geben,  ist  es  hier  in  freier  Bewegung  dargestellt.  Der  schöne  Schwung  des 
dahineilenden  Fabelwesens  wird  verstärkt  durch  den  breit  geöffneten  Flügel  und  den 
langgestreckten  Schweif.  Das  ganze  ist  durchaus  'mykenisch',  als  besonders  nahe- 
stehend ist  die  Klinge  des  V.  Grabes  Perrot  VI  S.  781  Nr.  368  anzuführen. 

Viel  weiter  noch  geht  die  Darstellung  von  Löwen  auf  der  Stierjagd  (Abb. 
27)  4).  Hier  ist  eine  ganze  Gruppe  in  ReHef  übertragen:  ein  nach  rechts  fliehender  Stier 


')  Der    eine    ist    bei     beiden    Exemplaren    abge- 
brochen. 

*)  Nat.-Mus.  Nr.  386.    Schliemann  Nr.  424. 

3)  Nat.-Mus.  Nr.  29.  Schliemann  Nr.  272. 
Jahrbuch  des  archüolog-ischen  Instituts.    XXX. 


4)  Reste  von  mehreren  Exemplaren  aus  dem  III. 
Grab.  Nat.-Mus.  Nr.  119.  120.  Rodenwaldt, 
Tiryns  II  130  Abb.  56.  —  In  Abb.  27  ist  mit  dem 
Hauptstück   ein   Rest   einer   Wiederholung   ver- 


310 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


Abb.  27.     Löwen  auf  der  Stierjagd.     Aus  dem  111.  Schachtgrab. 

wird  von  einem  Löwen  gestellt,  der  ihn  von  vorn  anspringt  und  in  den  gebeugten  Nacken 
beißt,  während  gleichzeitig  zwei  andere  dem  Stier  auf  den  Rücken  und  auf  die  Hinter- 
beine springen.  Hinter  dem  letzteren  ragen  zwei  Palmen  empor,  von  denen  die  eine 
genau  dem  Nadelkopf  mit  den  Katzen  entspricht,  die  andere  hat  fünf  Blätter.  Mit 
Ausnahme  des  ersten  Löwen  sind  die  Tiere  alle  im  üblichen  Laufschema  dargestellt. 
Dem  Relief  fehlt  jede  tektonische  Geschlossenheit,  es  ist  vollkommen  ein  Ausschnitt 
aus  einem  Bilde  freier  Komposition  und  nur  als  Nachbildung  eines  solchen  zu  ver- 
stehen, schon  allein  wegen  der  Landschaft.  Ein  ganz  entsprechendes  Gemälde,  zu 
dem  Rodenwaldt  dies  Relief  verglichen  hat,  besitzen  wir  in  den  von  Hunden  gehetzten 
Ebern  des  jüngeren  Palastes  von  Tiryns  ^). 

Die  zuletzt  besprochenen  Typen  haben  eine  Äußerlichkeit  gemeinsam:  es  fehlen 
ihnen  die  Löcher  zum  Anheften.  Sie  dürften  also  aufgeklebt  gewesen  sein,  wie  schon 
Schliemann  annimmt.  Den  Hintergrund  möchte  man  sich  dabei  lieber  starr  denken, 
nicht  als  beweglichen  Stoff,  auf  dem  die  abstehenden  Teile  sehr  leicht  abgebrochen 
wären.  Wichtiger  aber  ist  eine  innere  Gemeinschaft:  während  die  erste  Gruppe 
von  Schmuckstücken  Symmetrie  oder  doch  Geschlossenheit  des  Umrisses  zeigt,  fühlen 
wir  hier  klar  und  deutlich  den  Einfluß  der  freien  Malerei,  den  wir  ja  auch  als 
wesentliches  Element  der  kretischen  Reliefkunst  kennen  gelernt  haben.  Damit  soll 
jene  erste  Gruppe  natürlich  nicht  als  einheimisch  festländische  Erfindung  bezeichnet 
werden.  Gewiß  hängt  ihr  strengerer  Stil  wenigstens  zum  Teil  mit  der  Verwendung 
ihrer  Vertreter  als  Kettenglieder  oder  Nadelköpfe  zusammen.  Die  technische  Aus- 
führung ist  gerade  bei  der  zweiten  Gruppe  keineswegs  sorgfältig,  auch  nicht  bei  der 


einigt,  außerdem  ein  Bruchstück  mit  anspringen-  wie  auf  dem   Entendolch  und  den  Nadelköpfen 

dem  'Panther',  demselben  gefleckten  Katzen tier  (vgl.  oben  S.  308). 

')  Tiryns  II  Taf.   13. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


311 


anspruchsvollen  Stierjagd;   daß  aber  wenigstens  die  Formen  importiert  sind,  wird 
man  gewiß  annehmen  dürfen. 

II,   Goldbecher    und    Prunkwaffen. 

Aus  der  Zahl  der  Goldgefäße,  an  denen  die  Schachtgräber  so  besonders  reich 
sind,  müssen  hier  zwei  wegen  ihrer  figürlichen  Reliefs  herangezogen  werden. 

Das  eine  ist  eine  einhenkelige  Tasse  aus  dünnem  Goldblech,  zweifellos  als  Grab- 
gerät  gearbeitet  (Abb.  28) ')  Ihre  Form  weicht  von  der  derVaphiobecher  darin  ab,  daß 
sie  sich  oben  ziemlich  stark  erweitert  und  ein  kräftiger,  dreiteiliger  Wulst  die  Fläche 
in  zwei  gleichbreite  Streifen  gliedert.  Auf  beiden  sind  in  sehr  flachem  Relief  Delphine 
dargestellt;  von  oben  hängen  Felsen  herab.    Gruppen  von  je  zwei  leichtgekrümmten 


Abb.  28.     Goldene  Tasse  aus  dem  III.  Schachtgrab. 
Nach  Gilliefons  Reproduktion. 


parallelen  Linien  mit  Punkten  dazwischen  scheinen  das  Wasser  anzudeuten.  Die 
Arbeit  ist  sehr  grob;  durch  die  derb  eingetieften  Umrisse  macht  das  Ganze  mehr  den 
Eindruck  einer  Zeichnung  als  eines  Reliefs.  Natürlich  sind  auch  die  Vorbilder  in  der 
Malerei  zu  suchen,  ich  brauche  nur  an  das  Fischfresko  von  Knossos  2)  zu  erinnern 
oder  an  die  fliegenden  Fische  von  Phylakopi  3).  Als  Grabgerät  ist  der  Becher  gewiß 
an  Ort  und  Stelle  entstanden  zu  denken.  Für  die  Herkunft  der  Vorbilder  haben  wir 
einen  gewissen  Anhalt  in  der  Form  mit  dem  wulstigen  Ring.  Sie  kommt  in  Kreta 
bisher  nicht  vor,  während  sie  nicht  nur  in  der  frühmykenischen  Keramik  des  Fest- 
landes häufig  ist,  sondern  auch  gerade  unter  den  Goldvasen  der  Schachtgräber  mehr- 
fach wiederkehrt  4).     Eine  von  ihnen  hat  das  reiche  Spiralmuster,  das  gut  zu  ein- 

^)  Winter,  Kunstgesch.  in  Bildern  ^  87,  15;  Dussaud* 
80  Abb.  57.  Hier  ist  auch  das  Wasser  ähnlich, 
freilich  weniger  grob,  bezeichnet. 

3)  Excav.  at  Phylakopi  Taf.  3;  Winter  a.  a.  0. 
85,  10. 


')  Aus  dem  III.  Grabe.  Nat.-Mus.  Nr.  73.  Schlie- 
mann  Nr.  317 ;  Schuchhardt  Nr.  206 ;  Katalog 
der  Geislinger  Metallwarenfabrik  Nr.  11  auf 
Taf.  7,  daraus  unsere  Abb.  28  entlehnt.  Vgl. 
Arch.  Anz.   1903,   158  (Karo). 


4)  Vgl.  AM.  XXXIV  1910,  322. 


312 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


heimischen  Arbeiten  paßt  ^),  andere  weisen  ein  eigentümliches  Spitz-  oder  Rund- 
bogensystem auf  2),  das  recht  wenig  kretisch  anmutet.  Nun  ist  die  Tasse  mitMittel- 
wulst  nichts  als  eine  Abart  der  seit  f  rühminoischer  Zeit  in  Kreta  und  auch  in  den  Schacht  - 
gräbern  vertretenen  glatten  Form,  aus  der  sie  sich  um  so  leichter  entwickeln  konnte, 
als  die  Dekoration  öfter  einen  Mittelstreif  verwendet  3).  Daß  diese  Weiterbildung 
erst  auf  dem  Festlande  eingetreten  sei,  ist  unwahrscheinlich,  vielmehr  werden  beide 

Gestaltungen,  Urform  undVariante, 
importiert  sein,  aber  wenigstens 
die  letztere  kaum  aus  den  uns 
bekannten  Teilen  von  Kreta. 

Viel  besser  gearbeitet  als  diese 
Tasse  ist  ein  Becher  des  V.  Grabes 
mit  drei  nach  links  laufenden  Löwen 
(Abb.  29)  4).  Das  ganze  Gefäß  mit 
seinem  hohen  Fuße  ist  aus  einem 
Stück  getrieben,  die  drei  Löwen  sind 
sorgfältig  ziseliert.  Die  Tiere  zeigen 
zwar  das  gleiche  Laufschema  wie 
etwa  auf  den  Klingen,  aber  im  ein- 
zelnen weicht  manches  ab.  Körper 
und  Hinterbeine  sind  viel  weniger 
straff,  man  möchte  sagen,  ohne 
Knochen.  Die  Pranken  sind  wie 
greifende  Hände  gebildet,  in  ähn- 
licher Verkennung  der  natürlichen 
Form,  die  uns  schon  an  den  Gold- 
reliefs eines  der  Kästchen  desselben 
Grabes  begegnet  ist  (S.  296  und  Abb.  16  b).  An  allen  übrigen  Löwenbildern  der 
Schachtgräber  sind  sie  viel  schärfer  beobachtet.  Der  Kopf  zeigt  keine  Spur  von  der 
schönen  Stilisierung,  wie  sie  das  prachtvolle  Rhyton  des  IV.  Grabes  und  die  von 
Karo  damit  verglichenen  Denkmäler,  selbst  die  winzigen  Schieber,  aufweisen  5). 
Dagegen  erinnert  die  Bildung  des  Maules  an  das  Kästchen  Abb.  16  c,  dem 
jene  flächige  Stilisierung  gleichfalls  fremd  ist.  Danach  ist  es  sehr  wahrscheinlich, 
daß  der  Becher  von  der  Hand  eines  einheimischen  Künstlers  stammt,  freilich  eines 
Künstlers,  der  sich  die  Eigenart  der  fremden  Vorbilder  ganz  anders  angeeignet  hatte 
als  etwa  der  Verfertiger  der  Kästchen.    Vielleicht  hat  er  unmittelbar  ein  importiertes 


Abb.  29.     Goldener   Becher  aus  dem  V.  Schachtgrab. 


^)  Nat.-Mus.  Nr.  629.  Schliemann  Nr.  476,  Schuch- 
hardt  Nr.  279,  besser  Dussaud*  148  Abb.  110. 

*)  Nat.-Mus.  Nr.  628  (Schliemann  Nr.  475,  Perrot 
VI  962  Abb.  526),  vgl.  Nr.  220  (Schliemann 
Nr.  453,  Schuchhardt  Nr.  215)  und  Nr.  627 
(erwähnt  Schliemann  S.  360,  abgebildet  bisher 
nur  im  Geislinger  Katalog  Taf.  10,  18  b).    Stais 

5)  Karo,  Arch.  Jahrb. 


hält    das   Muster   ansprechend    für   eine   Nach- 
ahmung von  Korbgeflecht. 

3)  Vgl.  z.  B.  die  Bronzetasse  aus  Mochlos,  Seager, 
Mochlos  Abb.  31  XII  f  (zu  S.  62). 

4)  Nat.-Mus.  Nr.  656.  Schliemann  Nr.  477,  Schuch- 
hardt Nr.  280,  Perrot  VI  964  Abb.  530,  Dussaud* 
3  Abb.  3.  Zur  Technik  Karo,  Arch.  Anz.  1903,  158. 

XXVI  191 1,  253«. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  3I2 

Muster  nachgebildet.  Dafür  spricht  die  Form  des  Bechers  mit  dem  hohen  Fuß.  Denn 
wenn  auch  bereits  unter  der  sog.  minyschen  Ware  eine  ähnliche  Form  häufig  vor- 
kommt i),  so  kann  man  den  Löwenbecher  doch  nicht  von  den  Bechern  Schliemann 
Nr.  343,  344  und  348  trennen 2].  Von  ihnen  ist  aber  mindestens  der  schöne  Silber- 
becher mit  den  goldenen  Pflanzenkübeln  importiert,  der  ja  durch  seineTechnik  mit  den 
eingelegten  Klingen  aufs  engste  verbunden  ist.  Das  ist  beachtenswert.  In  Kreta  kommen 
Becher  mit  hohem  Fuß  m.  W.  nicht  vor  dem  zweiten  spätminoischen  Stile  vor  3) 
und  sind  bis  auf  die  letzte  Zeit  ziemlich  selten  4),  während  sie  auf  dem  Festlande  in 
derselben  Periode  weitaus  die  häufigste  Gefäßform  bilden.  Ihre  noch  altertümlichen 
Vorstufen  aus  den  Schachtgräbern  und  damit  das  Vorbild  des  Löwenbechers  sind 
also  gewiß  nicht  aus  dem  östlichen  Kreta  herübergekommen. 

Schließlich  sei  hier  noch  ein  Wort  über  die  Waffen  angefügt,  soweit  sie  mit 
figürlichen  Reliefs  geschmückt  sind.  Nur  Klingen  und  Knäufe  von  Schwertern  und 
Dolchen  sind  so  verziert.  Auf  drei  Klingen  erscheinen  laufende  Tiere  in  naturgemäß 
äußerst  flachem  Relief:  einmal  sind  es  Wildesel 5),  das  anderemal  Greifen^),  beide 
aus  dem  V.  Grab,  dazu  kommen  die  goldenen  Löwen  der  eingelegten  Dolchklinge 
des  IV.  Grabes  7).  In  allen  diesen  Werken  vermag  ich  nicht  den  ge- 
ringsten Anhalt  zu  finden,  der  sie  als  festländische  Erzeugnisse  hinstellen 
könnte.  Andererseits  ist  die  einfache  Reihung  und  das  wohlbekannte  Lauf- 
schema nicht  geeignet,  das  Wesen  der  importierten  Kunst  zu  erschließen.  Das 
gilt  auch  von  den  beiden  runden  Knäufen,  die,  jeder  in  seiner  Art,  Prachtstücke 
sind.  Der  eine  *),  den  Gillieron  nach  den  Resten  der  Beinunterlage  des  Goldblechs 
rekonstruiert  hat,  stellte  vier  laufende  Löwen  dar,  deren  Köpfe,  von  oben  gesehen, 
in  der  Mitte  des  Knaufes  zusammentreffen,  so  daß  ein  ornamentales  Gebilde,  einer 
Rosette  vergleichbar,  entsteht,  gewiß  eine  vorzügliche  Lösung  der  kunstgewerblichen 
Aufgabe.  Anders  ist  der  zweite,  kleinere  Knauf  behandelt  9).  Ein  Löwe  und  ein 
anderes  katzenartiges  Tier  —  es  ist  wieder  dasselbe  wie  auf  der  einen  Nadel  und  auf 
dem  Nildolch  —  haben  sich  ineinander  verbissen.  Wiederum  sind  die  Körper  der 
Tiere  auf  der  äußersten  Peripherie  des  Knaufes  in  gleicher  Richtung  dahinstürmend 
dargestellt;  aber  während  beim  ersten  Knauf  der  dadurch  hervorgerufene  Gedanke 
des  Rotierens  in  dem  ornamental  gestalteten  Zentrum  bis  zum  Ausklingen  durch- 
geführt ist,  lassen  hier  die  Köpfe  und  Schweife  der  Tiere  in  ihrer  geschickten,  aber 

')  Schliemann  Myk.  Nr.  230.     Vgl.  jetzt  Forsdyke,  3)  Silbervase  von  Isopata  Evans,  Prehistoric  Tombs 

JHSt.  XXXIV  I9i4bes.  133  ff.;  der  aber  die  im-  155  Fig.  139. 

portierten  Metallbecher  der  Schachtgräber  nicht  4)  Späte    Beispiele:   Mon.    Line.    XIV   658.      AM. 

gebührend  beachtet.    Auch  unter  den  rottonigen  XXXVIII    1913,    48    Nr.    11    u.    17  (Tylissos); 

Gefäßen  mit  Mattmalerei  besitzen  wir  ein   Bei-  Evans  a.  a.  O.  96  f.   (Milatos). 

spiel,  Furtwängler-Loeschcke,   Myk.  Tongef.  Taf.  5)  Nat.-Mus.  Nr.   748.     Perrot-Chipiez  VI   S.   781 

XI  52.  Abb.  367. 

*)  Die  drei  Becher  (Nat.-Mus.  Nr.  427,  351,  390)  ^)  Nat.-Mus.  Nr.  747.   Ebda.   Abb.  368. 

auch  abgeb.  bei  Stais*  S.  52,  43,  38,  der  letzte  7)  Nat.-Mus.  Nr.  395.   Ebda.  Taf.  19,  6. 

u.  a.  auch  bei  Schuchhardt  Nr.  252,  AM.   VIII  *)  Nat.-Mus.  Nr.  259  a.    Geishnger  Katalog  Taf.  19 

1883  Taf.  I.  =  Karo,  Arch.  Jahrb.  XXVI  1911,  257  Abb.  9. 

9)  Nat.-Mus.  Nr.  295.  Karo  a.  a.  0.  Abb.  8. 


314 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


unsymmetrischen  Anordnung  die  Mitte  neutral  erscheinen.  So  schmiegt  sich  hier 
auch  das  freiere  Thema  der  tektonischen  Form  aufs  beste  an.  —  Nur  in  einem  Falle 
ist  das  Relief  auf  den  ganzen  Grifif  ausgedehnt,  bei  dem  prächtigen  Liliendolche  des 
V.  Grabes  (Abb.  30)  ').   Daß  die  sorgfältig  eingelegte  Klinge  zu  den  besten  Leistungen 

gehört,  hat  niemand  bezweifelt.  Die  silbernen  Blüten- 
kelche mit  ihren  weichen  Umrissen  stehen  in  glück- 
lichem Gegensatz  zu  den  scharfen  Linien  der  feinen 
Stiele  und  Staubgefäße.  Wie  die  Einzelform,  hält 
auch  die  anmutige  Verteilung  der  Blüten  auf  der 
Klinge  das  gleiche  Maß  zwischen  Naturalismus  und 
Stilisierung.  Der  Griff,  dem  leider  der  Knauf  fehlt, 
weicht  darin  merklich  ab.  Gewiß  erforderte  das 
Goldrelief  lebhaftere  Bewegung  als  die  flach  eingelegte 
Arbeit,  Daraus  mag  sich  die  konkave  Fläche  der 
Lilienblätter  erklären,  die  bis  an  den  Rand  umge- 
bogen sind;  die  Blüten  stehen  den  hängenden  Lilien 
des  Goldbleches  oben  S.  297  Abb.  18  recht  nahe, 
haben  aber,  naturalistischer  als  diese,  Staubfäden 
statt  der  Halbkreise.  Die  Ausführung  ist  jedoch 
auffallend  sorglos  und  nirgends  wirklich  scharf,  was 
besonders  an  Einzelheiten  wie  den  Staubfäden  her- 
vortritt; ja  an  dem  geschwungenen  Band,  das 
übrigens  nur  in  diesem  Beispiel  in  den  Schachtgräbern 
vorkommt  und  erst  später  typisch  wird  ^),  ist  sie 
sogar  recht  grob.  Wenn  man  an  die  eben  besprochenen 
schönen  Knäufe  denkt,  wird  man  schwerlich  Klinge 
und  Griff  als  ursprünglich  —  wenn  auch  vielleicht 
von  verschiedenen  Händen  —  für  einander  ge- 
arbeitete Teile  ansehen;  eher  könnte  man  denken, 
daß  der  Besitzer  den  aus  schlichterem  Material,  etwa 
Holz,  geschnitzten  Griff  von  einem  nicht  sehr  sorg- 
samen Arbeiter  mit  prunkendem  Goldblech  habe 
überziehen  lassen,  oder  daß  der  ganze  Griff  einmal 
Abb.  30.  Liliendolch  aus  dem  erneuert  sei.  Aber  mag  er  auch  in  Mykene  ausge- 
V.  Schachtgrab.  führt  sein,  ein  fremdes  Vorbild  gibt  er  gewiß  wieder. 


12.   Zusammenfassende  Betrachtung    der  bisher    besprochenen  Reliefs 

aus   den    Schachtgräbern. 

Es  ist  an  der  Zeit,   kurz  zusammenzufassen,   was  die  bisherige   Betrachtung 
der  Reliefs  aus  den  Schachtgräbern  ergeben  hat.    Wie  nach  den  Stelen  und  den  ihnen 


I)  Nat.-Mus.  Nr.  764.     Perrot  VI  Taf.  19,  5.    Vgl. 
zur  Technik  Karo,  Arch.  Anz.   1903,  160. 


^)  Z.  B.  'Ecp.  ipj^.    1897   Taf.  8,  5.    6  oder  Evans, 
Prchist.  Tombs  57  Abb.  59. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  o  j  c 

verwandten  Goldornamenten  zu  erwarten  war,  haben  sich  noch  eine  ganze  Reihe 
einheimischer  Erzeugnisse  mehr  oder  weniger  sicher  nachweisen  lassen.  In  den  meisten 
Fällen  handelt  es  sich  um  Herstellung  mittelst  der  Form.  Um  nun  den  Stand  der  fest- 
ländischen Relief kunst  unter  dem  fremden  Einfluß  festzustellen,  ist  zu  unterscheiden, 
ob  die  Reliefs  mit  ihren  Formen  auf  dem  Festlande  von  einheimischen  Arbeitern 
geschaffen  sind,  oder  ob  nur  die  mehr  mechanische  Ausführung  der  •  Reliefs  dem 
Festlande  zufällt,  während  die  Formen  importiert  sein  können.  In  letzterem  Falle 
tritt  noch  eine  Möglichkeit  hinzu:  fremde  Arbeiter  können  in  der  Argolis  in  ihrer 
Weise  gearbeitet  haben.  Dies  hat  Rodenwaldt,  wie  mir  scheint,  mit  Recht  für  ein 
anderes  Gebiet  angenommen,  für  die  Wandmalerei,  die  ja  an  Ort  und  Stelle  ausge- 
führt sein  muß,  aber  trotzdem  abgesehen  von  antiquarischen  Einzelheiten  bei  ihrem 
Auftreten  keinerlei  festländische  Elemente  aufweist.  Mit  dem  gleichen  Grade  von 
Sicherheit  können  wir  das  von  keinem  der  Reliefs  sagen;  es  muß  aber  als  das  Wahr- 
scheinliche gelten  von  der  großen  Silbernadel,  deren  schönes  Goldrelief  keine  Spuren 
einheimischen  Stiles  enthält,  obwohl  das  Gerät  selbst  einen  Bestandteil  einer  spezi- 
fisch festländischen  Tracht  darzustellen  scheint.  Aus  demselben  Grunde  denke  ich 
mir  die  kleineren  Nadelköpfe  auf  dem  Festlande  hergestellt,  um  so  mehr,  als  sie  und 
die  mit  ihnen  eng  verbundenen  Anhänger  z.  T.  Grabschmuck  sind  und  daher  nicht 
wohl  von  auswärts  bezogen  sein  können.  Bei  letzteren  würde  es  aber  genügen,  die 
Formen  als  eingeführt  anzusehen,  was  ebenso  von  der  zweiten  Gruppe  ausgeschnitte- 
ner Reliefs  gilt,  deren  freie  malerische  Behandlung  hervorzuheben  war.  Auch  diese 
Formen  könnten  indessen  in  der  Argolis  hergestellt  sein,  wenn  man  einmal  Werk- 
stätten fremder  Arbeiter  hier  annimmt.  Dafür  spricht  ferner  der  flüchtig  und  als 
Totenbeigabe  gearbeitete  Delphinbecher,  der  ja  gewiß  am  Ort  entstanden  ist.  Ob 
andere,  dem  Stil  nach  gleichfalls  durchaus  der  fremden  Kunst  angehörende  Arbeiten 
aus  einer  solchen  Werkstatt  stammen,  läßt  sich  nicht  ausmachen.  Bei  den  besten 
Kunstwerken  dieses  Kreises,  den  Prunkwaffen  und  den  beiden  Silbergefäßen,  die 
noch  zu  besprechen  sind,  sehe  ich  keinen  Anhalt  dafür;  bei  geringen  Arbeiten, 
wie  den  Blechen  mit  Schwalben  und  hängenden  Blüten,  ist  die  Wahrscheinlichkeit 
jedenfalls  viel  größer. 

Andererseits  ist  es  sehr  wohl  möglich,  daß  auch  heimische  Kräfte  in  einer 
solchen  Werkstätte  mitgewirkt  und  gelernt  haben.  Jedenfalls  erklären  sich  so  die 
Idole  am  besten,  die  ja  durch  kleine  stilistische  Merkmale  als  einheimisch  gekenn- 
zeichnet sind,  obwohl  sie  sich  nicht  völlig  von  den  anderen  ausgeschnitte- 
nen Reliefs  trennen  lassen.  Weit  höher  steht  der  sorgfältig  getriebene  Löwenbecher, 
unter  den  Schachtgräberfunden  das  beste  Werk  im  neuen  Stil,  das  sich  mit  einiger 
Gewißheit  einem  einheimischen  Künstler  zuschreiben  läßt.  Nur  wenige  kleine  Beson- 
derheiten brauchten  gemieden  zu  sein,  und  wir  würden  keinen  Unterschied  von  den 
fremden  Vorbildern  wahrnehmen  können.  Es  mag  sein,  daß  sich  auch  unter  den 
Arbeiten,  die  wir  fremden  Händen  zuweisen,  solche  von  Einheimischen  finden  — 
groß  kann  ihre  Zahl  nicht  sein,  denn  wirklich  eingebürgert  ist  die  neue  Kunst  noch 
nicht. 

Das  beweisen,   ganz  abgesehen  von  den  zum  Teil  sehr  schönen  ornamentalen 


2l6  K.  Muller,  Frühmykenische  Reliefs. 


Arbeiten  der  alten  Richtung,  klar  die  verschiedenartigen  Versuche,  auch  selbständig 
in  der  neuen  Weise  zu  schaffen.  Dabei  sind  nicht  nur  stümperhafte  Mißgebilde  wie 
das  liegende  Tier  (Abb.  25  d)  zutage  gekommen,  sondern  auch  Werke  wie  die  sechs- 
eckigen Kästchen  des  V.  Grabes,  die  technisch  vollkommen  auf  der  Höhe  der  ausge- 
schnittenen Reliefs  stehen,  während  ihr  Stil  einen  freilich  mißglückten  Ausgleichs - 
versuch  zwischen  alter  Art  und  neuen  Formen  darstellt.  Andrerseits  lehren  die  Grab- 
stelen  und  was  damit  zu  vergleichen  war,  wie  selbst  in  die  noch  so  starke  alteinhei- 
mische Ornamentik  die  fremden  Elemente  hier  mehr,  dort  weniger  eindringen. 

Alle  diese  Züge  vereinigen  sich  zu  einem  Kulturbilde,  das  freilich  erst  in  einer 
vollständigen  Verarbeitung  der  Schachtgräberfunde  seine  ganze  Rundung  erhalten 
könnte.  Aber  was  sich  aus  der  Betrachtung  der  Reliefs  ergab,  genügt,  die  wesent- 
lichen Linien  festzulegen.  Das  Nebeneinander  von  Altem  und  Neuem  und  die  ver- 
schiedenartigen Brechungen  beider  Stile  beweisen,  daß  noch  kein  Ausgleich  zwischen 
beiden  Elementen  eingetreten  ist,  die  fremde  Kunstweise  ist  noch  ganz  neu  für  die 
Argolis.  Das  ist  dasselbe  Ergebnis,  zu  dem  die  Keramik  führt:  die  Firnisvasen  der 
Schachtgräber  haben  keine  Vorstufen  auf  dem  Festlande,  vielmehr  treten  nach  und 
z.  T.  neben  den  älteren  Vasenklassen  auch  an  anderen  Orten  unvermittelt  Scherben 
des  Schachtgräbertypus  auf,  wie  inTiryns  neuerdings  zu  beobachten  reichlich  Gelegen- 
heit war  ^). 

Nun  dürfen  wir  nicht  vergessen,  daß  alle  die  besprochenen  Werke  zu  den  Fürsten - 
grüften  gehören.  Am  mykenischen  Hofe  also  gilt  noch  die  alte  einheimische  Kultur, 
hier  dringt  das  neue  Element  ein,  von  fremden  Arbeitern  oder  in  anderer  Form  ge- 
bracht, aber  zugleich  die  einheimischen  Künstler  mächtig  anregend.  Dies  ganze 
Verhältnis  ist  nur  zu  verstehen,  wenn  es  sich  um  einen  friedlichen  Prozeß  handelt. 
Der  neue  Stil  ist  keineswegs  die  Kunst  der  Herren  und  der  alte  die  des  Volkes.  Es 
besteht  kein  derartiger  Unterschied  (auch  nicht  außerhalb  der  Schachtgräber).  So 
vorsichtig  man  sein  muß,  aus  kunstgeschichtlichen  Tatsachen  auf  Völkerschiebungen 
zu  schließen,  so  kann  man  doch  hier  ruhig  sagen,  es  ist  nicht  ein  neues  Herrscher- 
geschlecht in  Mykene  siegreich  eingezogen  und  hat  seine  Kultur  den  Unterworfe- 
nen aufgezwungen  —  sondern  ein  Volk  mit  alter  Kultur  und  mit  ihm  sein  Fürsten- 
haus lernt  einen  ihm  ganz  neuen,  überraschend  lebendigen  Stil  kennen,  und  wie  be- 
geistert es  ihn  aufnimmt,  ist  daraus  zu  ersehen,  daß  selbst  die,  welche  in  der  alten 
Weise  weiterarbeiten,  wenigstens  einzelne  Motive  von  ihm  entlehnen. 

Dieses  Ergebnis  ist  keineswegs  überraschend.  Das  Festhalten  des  Megaron- 
typus  im  Gegensatz  zum  kretischen  Palastschema  ließ  dasselbe  erkennen,  und  die 
Verschiedenheit  der  festländischen  Tracht  von  der  kretischen  wies  auf  einen  natio- 
nalen Unterschied  der  Bevölkerung  hin.  Aber  es  ist  doch  wichtig,  daß  wir  hier  den 
friedlichen  Übergang  der  alten  Kultur  zur  neuen  greifbar  vor  uns  haben.  Erst  ganz 
kürzlich  hat  ein  so  ausgezeichneter  Kenner  der  kretischen  Kultur  wie  Evans  die 
Behauptung  aufgestellt,  daß  auch  das  Festland  von  einem  dem  kretischen  verwandten, 
nichtgriechischen    Stamme  besiedelt  worden  sei,   der  die  kretische   Kultur  mitge- 


0  AM.  XXXVIIl  1913,  85. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  ■siy 


bracht  habe  ^).  Der  klimatische  Unterschied,  auf  den  er  sich  beruft,  ist  zwischen 
Knossos  und  der  Argolis  kaum  größer  als  etwa  zwischen  dieser  und  dem  kühleren 
Attika;  eine  wesentliche  Änderung  der  Tracht  oder  gar  des  Hausbaues  hätte  er  sicher 
nicht  herbeigeführt.  Und  selbst  dann  würden  kretische  Fürsten  ihren  heimischen 
Palastbau  angepaßt,  aber  nie  einen  fremdartigen  Grundriß  mit  mitgebrachten  Orna- 
menten verziert  haben.  Die  These  von  Evans  richtet  sich  selbst  schon  durch  die  Folge- 
rungen, die  er  ziehen  muß  und  die  namentlich  für  die  mykenischen  Elemente  im 
Epos  zu  ganz  unhaltbaren  Konstruktionen  führen. 

Wie  wichtig  es  für  die  Folgezeit  gewesen  ist,  daß  nur  eine  neue  Kultur,  nicht 
aber  ein  fremdes  Volk  auf  dem  Festlande  zur  Herrschaft  kam,  kann  hier  nicht  aus- 
geführt werden.  Aus  der  importierten  Kultur  mußte  unter  fremden  Händen  etwas 
anderes  werden  als  in  ihrem  Mutterland.  Daß  es  so  gekommen  ist,  zeigt  vor  allem 
die  Keramik.  In  Kreta  führt  das  allmähliche  Ermatten  des  Naturalismus  zur  Ver- 
wilderung, die  sich  schon  an  späteren  Palaststilvasen,  etwa  einigen  von  Isopata, 
erkennen  läßt.  Auf  dem  Festland  verlieren  die  Formen  zwar  auch  ihr  organisches 
Leben,  aber  dafür  kristallisieren  sie  zu  neuen  Gebilden,  deren  strenge  Stilisierung 
und  Anordnung  sich  durch  das  Weiterleben  des  alteinheimischen  'geometrischen' 
Gestaltungstriebes  erklärt.  So  hat  die  mykenische  Keramik  hier  noch  eine  Nach- 
blüte  im  sog.  'vierten  Stil'  erlebt. 

Doch  kehren  wir  zur  frühmykenischen  Zeit  zurück.  Es  fehlt  uns  in  dem  Bilde, 
das  wir  von  ihr  zu  entwerfen  suchten,  ein  wichtiger  Zug.  Welcher  Art  ist  die  neue 
Kunst,  und  wo  kommt  sie  her.?  Wir  können  auf  diese  Fragen  erst  eingehen,  wenn 
wir  die  letzten  Relief bilder  der  Schachtgräber  betrachtet  haben. 

13.   Zwei    Silbervasen, 

Während  die  bisher  besprochenen  Reliefs  aus  den  Schachtgräbern  teils  geringere 
Arbeiten  waren,  teils  als  kleine  Schmuckstücke  oder  als  untergeordnete  Verzierungen 
von  Gefäßen  oder  Waffen  von  besonderen  Bedingungen  abhingen,  barg  das  vierte 
Grab  zwei  große  Silbergefäße,  deren  nicht  unbeträchtliche  Fläche  dem  Künstler 
genügend  Raum  zu  freier  Darstellung  bot.  Leider  sind  von  diesen  beiden  wich- 
tigen Kunstwerken  nur  dürftige  Reste  auf  uns  gekommen. 

Am  meisten  gelitten  hat  das  größere,  von  dem  bisher  nur  wenige  Bruchstücke 
in  Umrißzeichnung  abgebildet  sind.  Mit  Karos  gütiger  Erlaubnis  gebe  ich  die  z.  T. 
neu  zusammengesetzten  Hauptfragmente  nach  der  für  seine  Publikation  von  E.  Gil- 
lieron  gefertigten  Zeichnung  als  Abb.  31  wieder. 

Das  Gefäß  muß  nach  der  geringen  Krümmung  der  Bruchstücke  sehr  weit  ge- 
wesen sein;  die  Größe  der  Figuren  läßt  sich  auf  etwa  36  cm  schätzen,  danach  die 
Gesamthöhe  auf  rund  50  cm  2).  Trotz  dieser  Größe  ist  das  Relief  sehr  flach  getrieben, 
dabei    aber    von    zarter   Rundung    in    den    Einzelformen.  -  Soweit    die   Reste    ein 

')  JHSt.  XXXIl  191 2,  282.  unterschätzt   die  Höhe   der  Figuren;  seine  Ver- 

*)  Nat.-Mus.   Nr.    607.      Reiche],    Hom.   Waffen  ^  mutung,    die    Fragmente    könnten    von    einem 

106  Abb.  43  bildet  einige  der  Helme  ab.     Er  silbernen   Helm  stammen,   ist  durch  die  Größe 

der  Figuren  ausgeschlossen. 


318 


K.  Müller,  Frühraykenische  Reliefs. 


Urteil  gestatten,  war  das  Gefäß  mit  einer  großen  Kampfdarstellung  geschmückt. 
Der  Boden,  auf  dem  sich  die  Vorgänge  abspielen,  ist  bewegtes  Gelände,  das  aber  nicht 
in  schroffen  Zacken  dargestellt  ist,  wie  auf  manchen  Bildern  ^),  sondern  in  weichen 


fc'Sj'"'l5«i.,^lHtl  ,t,.'l  .H  ,l«"^.,'l  .«:  .«I  .'I  .>:  .'.  ,■'    ■ 


Abb.  31.     Bruchstücke  eines  Silbergefäßes  aus  dem  IV.  Schachtgrab. 


Formen  und  ohne  Einzelheiten.  Anscheinend  wird  die  Bodenlinie  nicht  von  den  Figuren 
überschnitten.     Diese  selbst  waren  offenbar  in  den  verschiedensten  Stellungen  wieder- 

')  Katrenfresko  von  H.   Triada  Mon.   Line.    XIII  BSA.  VI    45;    Vogelrelief  von  Palaikastro    oben 

Taf.    8    und    9;    Krokospflücker    von    Knossos  S.  287  Anm.  3. 


K.Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  'S  ig 


gegeben.  Auf  dem  größten  Fragment  sind  zwei  eine  Bodenerhebung  nehmende  Krieger 
dargestellt;  rechts  kniet  ein  dritter,,  mit  dem  sich  freilich  die  Armreste,  die  über  seinen 
Beinen  sichtbar  sind,  schwer  verbinden  lassen.  Die  Kämpfenden  tragen  kurze  Hosen, 
die  in  der  Mitte  der  Oberschenkel  mit  einem  breiten  Streifen  abschließen.  Außerdem 
trägt  wenigstens  der  eine  noch  ein  kurzärmeliges  Gewand,  Ein  anderer  hat  den  Ober- 
körper nackt.  Natürlich  fehlt  der  Gürtel  nicht.  An  Schutzwaffen  erscheinen  der 
große  Schild  —  neben  dem  üblichen  in  der  Mitte  eingezogenen  Doppelrundschild 
auch  der  unten  rechteckige  (Abb.  31  b)  —  und  Helme  mit  den  charakteristischen 
Reihen  der  Eberzähne  und  verschieden  geformten  Kämmen  oder  Büschen,  von 
Angriffswaffen  nur  die  Lanze,  neben  der  aber  gewiß  das  Schwert  nicht  gefehlt  hat. 
Von  all  diesen  Einzelheiten  ist  nur  das  Obergewand  des  einen  Kriegers  neu.  Es  kann, 
wegen  der  Verbindung  mit  den  Hosen,  nicht  gut  der  gewöhnliche  festländische  Chiton 
sein,  und  ich  möchte  darin  einen  Leinenpanzer  sehen,  wie  ihn  Studniczka 
(AM.  Xn  1887,  22)  in  den  an  einem  Schwertfragment  haftenden  Leinenresten  ver- 
mutet hat.  Die  Hosentracht  ist  uns  schon  auf  dem  knossischen  Steatitfragment 
mit  dem  Bogenschützen  begegnet,  wo  wir  auf  ihre  Seltenheit  in  Kreta  hinweisen 
mußten;  die  Schachtgräber  zeigen  sie  bei  Männern  in  der  Regel,  und  zwar  sind  alle 
Beispiele  besonders  gute  Stücke  ^). 

Die  Körper  sind  schlank  und  kräftig  gebaut,  die  Füße  auffallend  kurz  (etwa 
1/9  der  nach  den  Schenkeln  geschätzten  Körperlänge),  sie  treten  äußerst  leicht  auf. 
Trotz  der  weichen  Reliefbehandlung  spürt  man  überall  gute  anatomische  Kennt- 
nisse, besonders  an  den  Beinen  des  Knienden;  gelegentlich  finden  sich  die  in  früh- 
mykenischer  Zeit  so  beliebten  Furchen  im  Deltoideus  (Abb.  31  d). 

Es  ist  schwer,  aus  den  dürftigen  Trümmern  des  Kunstwerks  — -  und  diesen 
Namen  verdient  das  reiche  Kampfbild  zweifellos  —  auf  seinen  Stil  zu  schließen. 
Mir  scheint  es  bezeichnend,  daß  trotz  der  Größe  der  Figuren  Einzelheiten  nur  in  be- 
schränktem Maße  angegeben  und  auch  dann  mehr  angedeutet  als  eigentlich  ausge- 
führt sind.  Darin  liegt  ein  deutlicher  Unterschied  von  den  kretischen  Steatitreliefs. 
Die  Technik  des  Treibens  in  Metall  hätte  an  sich  ein  Streben  nach  kräftigem  Spiel 
von  Licht  und  .Schatten  doch  ebenso  gefordert  wie  die  Arbeit  in  Steatit.  Auch  der 
Vergleich  mit  den  großen  Stuckreliefs  führt  zu  keinem  anderen  Ergebnis,  zumal 
wenn  man  bedenkt,  um  wieviel  hier  die  Farbe  die  plastischen  Formen  bereicherte. 

Das  zweite  der  beiden  Silbergefäße  ist  die  Vase  mit  der  belagerten  Stadt.  Zu 
dem  bekannten  Hauptfragment,  das  Tsundas  'Ecp.  dpy^.  1891  Taf.  2,  2  zuerst  publi- 
ziert hat,  sind  allmählich  noch  mehrere  Bruchstücke  hinzugekommen,  durch  Stais 
zunächst  ein  Henkel  mit  einem  zweiten  goldenen  Schild,  durch  Reichel  und  Karo 
kleine  Brocken  des  ReHefs.  Der  wichtigste  Fund  ist  soeben  Stais  geglückt:  er  hat 
die  Zugehörigkeit  eines  röhrenförmigen,  sich  nach  oben  konisch  erweiternden  Bruch- 
stücks erkannt  und  damit  das  Gefäß  als  trichterförmiges  Rhyton  mit  leichter  Aus- 
bauchung erwiesen.  Da  auch  einige  alte  und  neue  Fragmente  angepaßt  werden 
konnten  und  besonders  der  goldene  Mündungsrand  sich  zusammensetzen  ließ,  war 


^)  Vgl.  oben  S.  263  Anm.  4. 


320 


K.  Müller,  FrUhmykenische  Reliefs. 


es    Sta'is     möglich,    die    ganze    Gefäßform    mit    ziemlicher    Sicherheit    wiederher- 
zustellen ^), 

Das  Rhyton  war  aus  Silberblech  getrieben,  die  Darstellung  zunächst  mit  gra- 
vierten Linien  vorgezeichnet,  deren  Spuren  vielfach  deutlich  sind.  Der  Rand  der 
Vase  ist  über  einer  Bronzeverstärkung  vergoldet,  wie  auch  der  bronzene  Henkel, 
der  schön  geschwungen  über  den  Rand  emporsteigt. 


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Abb.  32.     Bruchstück  des  silbernen  Rhytons  aus  dem  IV.  Schachtgrab. 


Die  Lückenhaftigkeit  des  Erhaltenen  kommt  jetzt,  nach  der  Rekonstruktion 
des  ganzen,  besonders  klar  zum  Bewußtsein.  Der  Hauptrest  der  Darstellung  ist  noch 
immer  das  bekannte  Fragment;  es  ist  Abb.  32  nach  Gillierons  neuer  Zeichnung 
abgebildet,  die  mir  Karo  aus  dem  Material  für  seine  Veröffentlichung  überlassen  hat  2). 

Dargestellt  ist  eine  hochgetürmte  Burg,  deren  geschlossenes  Tor  rechts  gerade 


')  Stais,  Coli,  myc.»  Nr.  481  (S.  54  u.  223),  ders. 
AM.  XL  191 5  45  ff.  mit  Taf.  VII,  VIII.  Von 
den  älteren  Besprechungen  ist  besonders  wichtig 
Reichel,  Homer.  Waffen  *  13  u.  164.    Vgl.  auch 


Wolters  in  der  Einleitung  des  Geislinger  Kata- 
logs; Bulle,  Der  schöne  Mensch  ^  61. 
^)  Die   Photographie  der  Zeichnung  habe   ich  mit 
dem  Original  verglichen  und  dabei  einige  Linien 


nachgetragen. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs,  521 

noch  erhalten  ist.  Links,  wo  sich  der  Burghügel  senkt,  ist  eine  Art  Bastion  mit  Qua- 
derniauerwerk  vorgelegt  ^).  Hinter  ihrer  Brüstung  stehen  vier  Frauen,  zu  denen 
noch  zwei  andere  hinter  den  Häusern  der  Burg  hervorkommen.  Sie  sehen  erregt 
dem  Kampfe  zu,  der  sich  unten  am  Burgberg  und  in  der  Ebene  davor  abspielt,  und 
ihre  Gebärden  zeigen,  daß  die  Ihrigen  in  Gefahr  sind.  Von  diesen  sind  nicht  weniger 
als  zwölf  mehr  oder  weniger  vollständig  sichtbar,  alle  nach  links  gewendet,  aber  in 
der  verschiedensten  Gruppierung.  Zwei  kommen  mit  langen  Lanzen  herbei,  bekleidet 
mit  steifen  kurzen  Gewändern,  welche  die  rechte  Schulter  und  die  Unterschenkel 
freilassen  2).  Sie  haben,  wie  die  übrigen,  kurzes  aufrecht  stehendes  Haar  und  sind 
bartlos  3).  Die  übrigen  sind  völlig  nackt  4).  Von  ihnen  stehen  drei  Schleuderer  auf- 
recht, die  anderen  sind  Bogenschützen  und  sitzen  schußbereit  auf  der  einen  Ferse, 
in  der  typischen  Stellung,  die  ja  auch  der  griechischen  Zeit  geläufig  ist.  Von  dem 
Manne  ganz  links  ist  nur  der  Oberkörper  erhalten;  da  die  Fläche  unterhalb  des 
ausgebrochenen  Stückes  glatt  ist,  lag  er  offenbar  halbaufgerichtet,  ist  also  verwun- 
det 5).    Weiter  links  sind  sicher  die  Angreifenden  zu  ergänzen. 

Am  unteren  Rande  des  Hauptfragments  ist  nun  gerade  noch  ein  Rest  einer 
anderen  Gruppe  erhalten,  die  mit  den  besprochenen  Verteidigern  nicht  in  direkter 
Beziehung  steht.  Man  sieht  einen  Mann,  kleiner  gebildet  als  die  Verteidiger,  in  einem 
kurzärmeligen,  ungegürteten  Gewände,  den  Eberzahnhelm  mit  flatterndem  Busch 
auf  dem  Kopfe,  eine  Stange  in  einer  Bewegung  halten,  als  ob  er  ein  Boot  nach  links 
zu  abstieße.  Die  Reste  einiger  weiteren  Helme  würden  dann  zu  den  Insassen  des 
Bootes  gehören.  Diese  ansprechende  und  wahrscheinliche  Erklärung  ist  zuerst  von 
Reichel  gegeben,  Wolters  und  Stai's  haben  ihr  beigestimmt.  Es  ist  ohne  weiteres 
aus  der  verschiedenen  Tracht  und  Bewaffnung  deutlich,  daß  hier  Angreifende  ge- 
meint sind,  aber  nicht  die,  gegen  welche  sich  die  Belagerten  desselben  Fragments 
eben  verteidigen.  Sie  sind  also,  während  der  Kampf  vor  der  Stadt  tobt,  unbemerkt 
und,  wenn  Reicheis  Interpretation  richtig  ist,  zu  Wasser  herangekommen,  um  den 
ahnungslosen  Verteidigern  in  die  Flanke  zu  fallen  und  so  das  Schicksal  der  Stadt 
zu  besiegeln  ^).  Das  kleine  Fragment  zeigt  uns  also  einen  ganz  komplizierten  Vorgang. 

')  Was  Reichel  a.  a.  O.  als  eingezogene  Holzbalken  gen  bisweilen  den   Schurz  abkürzend  andeutet, 

auffaßt,  sind  nicht  eingehaltene  Vorzeichnungs-  Hosen  habe  ich  bei  keinem  gesehen;  die  Linien 

linien.  auf  dem  linken  Oberschenkel  des  hinteren  Schleu- 

^)  Da    vom    Vordersten    beide    Arme    dargestellt  derers   sind   Vorzeichnung   für   die    Rücken   der 

sind  und  man  sich  den  Schild  doch  nicht  vor  beiden  Bogenschützen  dahinter, 
die    Brust    hängt,    ist    die    Deutung   auf    einen        5)  Ich   halte   das   für   wahrscheinlicher   als   Bulles 

solchen    mit    Stai's   und    Bulle  a.    a.    O.    sowie  Auffassung,    der    den    Mann    halb    vom  Hange 

Rodenwaldt,   Tiryns   H,   203  A.   2    abzuweisen.  des   Burghügels    verdeckt   denkt.      Daß   dieser 

Andrerseits  sind  die  Gewänder  aber  auch  von  dem  hier   wieder   angegeben  war,    ist  sehr   unsicher, 

festländischen     Chiton      verschieden,     der    aus  und  eine  so  kühne  Überschneidung  durch  eine 

weichem  Stoß  besteht  und  kurze  Ärmel  hat.  Bodenwelle    kommt  in   der   gesamten  kretisch- 

3)  Daß   gelegentlich  das  Kinn   etwas  lang  geraten  mykenischen  Kunst  bisher  nicht  vor. 

ist,  darf  darüber  nicht  täuschen;  ein  Bart  wäre        6)  Reicheis    Deutung    auf    einen     Überfall    durch 
zweifellos  deutlicher  angegeben.  Piraten    übersieht,     daß    sich    die     Verteidiger 

4)  Allen  fehlt  der  Gürtel,  der  bei  kleinen  Darstellun-  nicht  gegen  die  Ankömmlinge  im  Boot,  sondern 

gegen  andere  Feinde  richten. 


322 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


Leider  hat  sich  auch  bei  der  neuen  Bearbeitung  der  Bruchstücke  durch  Sta'is 
keines  unmittelbar  an  dies  Hauptfragment  anfügen  lassen.  Der  konische  Unter- 
teil des  Gefäßes  ist  ganz  mit  Schuppenmuster  bedeckt,  auf  dem  oben  noch  zwei  nach 
rechts  emporsteigende  Männer  erhalten  sind,  welche  die  Zugehörigkeit  klar  beweisen. 
Verstehe  ich  Stais  recht,  so  paßt  daran  das  Fragment  Reichel  S.  13  Abb.  17  b 
an,  das  Stais  oben  durch  den  Oberteil  eines  nach  rechts  hin  kämpfenden  Mannes 
vervollständigt  hat.  Die  im  Knie  gebeugten  Beine  vor  ihm  sind  offenbar  der  Rest 
seines  Gegners.  Merkwürdig  sind  die  sich  tief  bückenden  Männer,  die  Stais  als  Ver- 
wundete auffaßt;  vor  ihnen  Kopf  und  Arm  eines  anscheinend  sich  zurückwendenden 
Mannes.  Diese  Leute  sehen  alle  aus  wie  die  Verteidiger  vor  der  Stadt.  Stais  hält 
die  nach  rechts  gerichteten  für  die  Angreifer  und  hat  daher  dies  Bruchstück  und  den 
damit  zusammenhängenden  Unterteil  des  Rhytons  so  einsetzen  lassen,  daß  es  jetzt 
links  von  dem  Fragment  mit  der  Stadt  erscheint.  Soviel  ich  sehe,  paßt  es  aber  nicht 
unmittelbar  im  Bruch  an.  Wenn  man  bedenkt,  daß  noch  nicht  ein  Viertel  der  Dar- 
stellung erhalten  ist,  muß  man  wohl  die  Möglichkeit  offen  lassen,  daß  die  Fragmente 
nicht  in  unmittelbarer  Beziehung  zueinander  gestanden  haben;  man  könnte  die  Män- 
ner etwa  als  Verteidiger  auf  der  anderen  Seite  der  Burg  ansehen  oder  auch  zwei  ver- 
schiedene Vorgänge  auf  demRhyton  dargestellt  denken,  wofür  es  gewiß  nicht  an  Raum 
fehlen  würde.  Auch  ein  weiteres  Bruchstück,  das  mehrere  Männer  über  einer  Mauer 
darstellt  (AM.  XL  Taf.  VIII),  läßt  einen  beträchtlichen  Reichtum  der  Darstellung 
wenigstens  ahnen  —  rekonstruieren  können  wir  ihn  leider  nicht  — ,  denn  die  Mauer 
ist  hier  jedenfalls  anders  dargestellt  als  die  Stadtmauer  des  Hauptfragmentes. 

Ich  erwähne  das  alles,  obwohl  ich  die  neugefundenen  Bruchstücke  nicht  im 
Original  untersucht  habe,  weil  zwischen  den  Verteidigern  vor  der  Stadt  und  dem 
Bootsmann  doch  ein  sehr  wesentlicher  Unterschied  besteht.  Es  scheint  mir  klar, 
daß  die  Belagerten  nicht  der  kretisch -mykenischen  Kultur  angehören.  Die  völlige 
Nacktheit  der  meisten  ^),  das  struppige  Haar  ^),  auch  der  sonst  nicht  belegte  Gebrauch 
der  Schleuder  spricht  dagegen.  Die  Tracht  des  Bootsmannes  mit  seinem  Eberzahn - 
heim  dagegen  reiht  sich,  obwohl  sein  Ärmelchiton  nicht  gegürtet  ist,  vollkommen 
dem  Kreise  jener  Kultur  ein  3).  Er  scheint  auch  kleiner  und  geschmeidiger  als  jene 
Barbaren.  So  gering  dieser  Rest  ist,  möchte  man  danach  doch  erwarten,  daß  die 
Angreifenden  in  mykenischer  Weise  ausgerüstet  waren. 

Wir  haben  noch  die  Landschaft  zu  betrachten.  Der  Burghügel  mit  seinem 
ungleichmäßigen,   aber  natürlichen  Abfall  ist  nur  vor  den  Mauern  deutlich,   dann 


^)  Ein  bisher  alleinstehendes  Beispiel  von  Nackt-        3)  Ebendahin  würde  ein  von  Reichel  a.  a.  O.  Abb. 


heit  ist  die  kretische  Bronzefigur  eines  Mannes 
in  Berlin  (W.  Müller,  Nacktheit  und  Entblößung 
65  Taf.  5,  I — 3);  die  oben  S.  279  erwähnten 
Knabenfigürchen  aus  Palaikastro  beweisen  nichts 
für  die  Sitte  der  Männer. 
')  Gegen  H.  R.  Halls  Deutung  der  Haare  als  Feder- 
schmuck (JHSt.  XXXI  1911,  121)  wendet 
sich  mit  Recht  Rodenwaldt,  Tiryns  II  203 
Anm.  2. 


17  c  gezeichnetes  Fragment  mit  einem  Streit- 
wagen weisen,  wenn  sich  Reichel  nicht,  wie 
Stais  vermutet,  in  der  Deutung  schwer  erkenn- 
barer Relief  spuren  geirrt  hat.  Ein  der  Rei- 
cheischen Abbildung  genau  entsprechendes  Stück 
hat  sich  nicht  wiederfinden  lassen,  wohl  aber 
hat  Stais  ein  ähnliches  ermittelt,  das  indessen 
keinen  Wagen  darzustellen  scheint. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  233 


verliert  er  sich  in  die  Ebene,  auf  der  wir  vier  Bäume,  wohl  Ölbäume,  wachsen 
sehen.  Sie  stehen  hinter  den  Kämpfenden,  haben  also  mit  der  Darstellung  an  sich 
nichts  zu  tun  und  sind  rein  landschaftliche  Elemente.  Dadurch  wird  ihre  Stellung 
um  so  bedeutungsvoller.  Während  wir  eine  hochgelegene  Burg  in  den  Himmel  hin- 
aufragend  denken,  läßt  hier  der  Künstler  die  Ebene  gleichsam  von  oben  gesehen 
bis  an  den  Bildrand  steigen;  ein  Horizont  ist  überhaupt  nicht  angegeben i).  Für  ihn 
ist  also  die  Fläche,  die  er  schmücken  will,  der  Grund  und  Boden,  auf  dem  die  Szenen 
spielen,  und  auf  den  er  nun  die  Einzelheiten,  Burg,  Bäume,  Menschen,  unter  einem 
ganz  anderen  Gesichtswinkel  gesehen,  gleichsam  umgeklappt,  einzeichnet.  Es  mag 
hier  der  Hinweis  auf  die  analoge  Wiedergabe  der  Landschaft  auf  dem  Oxforder  Stea- 
titfragment  S.  261  Abb.  9  genügen;  eine  Erklärung  dieser  primitiven  Dar- 
stellungsweise   soll  hier  nicht  versucht  werden. 

Nach  unten  zu  setzt  sich  das  Gelände  nicht  gleichmäßig  fort,  sondern  wird 
durch  eine  unregelmäßige  Linie  etwa  zu  Füßen  der  Verteidiger  unterbrochen.  Der 
Reliefgrund  darunter  liegt  tiefer  als  darüber  und  ist  durch  gravierte,  ziemlich  steil- 
stehende, unregelmäßige  Linienpaare  und  kleine  Kreise  belebt.  Die  Deutung  ist 
nicht  leicht.  Sicher  ist  es  keine  Profillinie  des  Bodens,  wie  auf  der  anderen  Silber- 
vase. Dort  stehen  die  Figuren  auf  ihr,  hier  lassen  sie  sie  unberücksichtigt.  Ein  Teil 
steht  auf  oder  über  ihr,  die  Bogenschützen  rechts  darunter.  Das  erschwert  die  von 
Stais  gebilligte  Annahme  Reicheis,  es  sei  damit  der  Ufersaum  gemeint  und  die  Fläche 
unten  stelle  Wasser  dar.  Indessen  mögen  gerade  die  gravierten  Linien  Wasser  vor- 
stellen, erinnern  sie  doch  an  ähnliche  Gebilde  auf  dem  Delphinbecher  oder  dem  Fisch- 
fresko von  Knossos  2). 

Damit  sind  die  landschaftlichen  Angaben  nicht  erschöpft.  Auf  zwei  kleinen 
Fragmenten,  deren  Zugehörigkeit  schon  Karo  erkannt  hatte,  erscheinen  unten  Berge 
der  Art  wie  der  Burghügel,  der  eine  mit  kleinen  Bäumen  besetzt.  Darüber  aber 
sehen  wir  dasselbe  Schuppenmuster  wie  auf  dem  knossischen  Fragment  mit  dem 
Bogenschützen  (S.  262  Abb.  10).  Und  dieses  Schuppenmuster  bedeckt  den  ganzen  un- 
teren Teil  des  Rhytons.  Während  es  hier,  unterhalb  der  figürlichen  Darstellung, 
gewiß  als  reines  Ornament  empfunden  ist,  wird  es  dann  zum  Träger  von  Figuren, 
also  deutlich  zur  Angabe  von  Bodenformen,  und  greift  als  solche  in  die  ganz  anders 
geartete  Landschaftswiedergabe  ein.  Seine  regelmäßige  Stilisierung  ist  hier,  in  so 
naturalistischer  Umgebung,  besonders  auffällig.  Es  ist  klar,  daß  die  lange  Entwicke- 
lung,  die  Rodenwaldt  mit  Recht  für  diese  schematisch  gewordene  Form  der  Boden- 
darstellung voraussetzt,  sich  nicht  auf  dem  Festlande  abgespielt  hat;  sie  mit  ihm 
in  Kreta  zu  suchen,  sehe  ich  allerdings  keinen  Grund  3). 

Das  ganze  Rhyton  war  also,  oß'enbar  ohne  jede  tektonische  Gliederung,  mit 

*)  Die  beiden  unregelmäßigen  Zacken  oben  gehören  angeführte  Kamafesscherbe  hat  zwar  Schuppen- 

nicht   zur   Darstellung,   sondern   sind   unter   der  muster,   das  aber  gewiß  kein  Terrain  andeutet, 

Vergoldung  des  Randes  hervorgewuchertes  Kup-  also  kaum  in  diese  Reihe  gehört.      Ich  möchte 

feroxyd.  diese    Terrainstilisierung,    zunächst   natürlich    in 

*)  Vgl.  oben  S.  311  A.  2.  einfacher   Schuppenform,   aus   dem   Orient   ent- 

3)  Rodenwaldt,  Tiryns  II,  228  m.  A.  i.     Die  dor.t  lehnt  denken  (s.  oben  S.  282  Anm.  3). 


5  24  ^'  M^ll^'''  Frühmykenische  Reliefs. 


landschaftlichen  Elementen  und  lebhaft  bewegten  Figuren  überzogen.  Trotz  der 
Kleinheit  ist  die  Ausführung  vorzüglich.  Die  gute  Bekanntschaft  mit  dem  mensch- 
lichen Körper  verrät  sich  in  der  ganzen  Zeichnung  wie  auch  in  Einzelheiten,  z.  B. 
der  Andeutung  des  Sägemuskels  bei  dem  einen  Bogenschützen.  Wenn  an  einigen. 
Stellen  die  Vorzeichnung  nicht  ganz  eingehalten  ist  oder  sie  gelegentlich,  wo  sie  auch 
von  anderen  überschnittene  Körperteile  in  vollem  Umriß  wiedergab,  zu  kleinen 
Ungenauigkeiten  geführt  hat^),  so  zeigt  das  nur  die  unbekümmerte  Art  eines  frei- 
schaffenden Künstlers,  der  seiner  Wirkung  sicher  ist.  Bei  den  Angegriffenen  ist  die 
Zahl  der  Motive  im  Grunde  gering,  dafür  aber  die  unregelmäßige  Gruppierung  äußerst 
geschickt,  so  daß  niemand  über  Einförmigkeit  klagen  wird.  Und  wie  gut  hat  der 
Künstler  die  etwas  ungeschlachte  Art  dieser  Leute  zu  charakterisieren  gewußt! 
Der  geringe  Rest  des  'Bootsmannes'  läßt  ahnen,  daß  er  auch  durch  die  geschmeidigere 
Bewegung  die  Vertreter  einer  höheren  Kulturstufe  auszuzeichnen  verstand. 

Fragen  wir  nach  der  Stellung  des  Künstlers,  so  drängt  sich  zunächst  der  Ver- 
gleich mit  der  großen  Silbervase  desselben  Grabes  auf.  Beiden  gemeinsam  ist  der 
Grad  der  anatomischen  Kenntnisse  wie  die  Bewegtheit  der  Figuren,  Beide  scheinen 
die  Fläche  ziemlich  frei  auszunutzen.  Von  den  Unterschieden  ist  am  auffallendsten 
—  natürlich  abgesehen  von  der  Größe  —  der  in  der  Behandlung  des  Landschaft- 
lichen. Aber  z.  B.  die  kretischen  Steatitfragmente  ziehen  den  Hintergrund  gleich- 
falls bald  mehr,  bald  weniger  in  die  Darstellung,  und  soweit  uns  die  Trümmer  der 
Malerei  zu  urteilen  gestatten,  neigen  die  Miniaturfresken  weit  mehr  zur  Wiedergabe 
der  Landschaft  als  Gemälde  mit  größeren  Figuren  2);  wir  haben  da  also  das  gleiche 
Verhältnis  wie  hier  und  somit  keinen  Grund,  die  beiden  Silbergefäße  stilistisch  zu 
trennen,  zumal  der  weiche,  natürliche  Schwung  der  Bodenlinien  beiden  gemein- 
sam ist. 

Nach  allem,  was  wir  gesehen  haben,  ist  es  ohne  weiteres  klar,  daß  die  beiden 
Gefäße  keine  einheimischen  Produkte  sein  können.  Ob  sie  etwa  von  fremden  Künst- 
lern im  Lande  gemacht  sind,  läßt  sich  nicht  entscheiden  3),  ist  auch  für  die  Beurteilung 
des  Stiles  unwesentlich. 

Man  wird  gewiß  an  Kreta  als  Heimat  denken.  Eine  nahe  Verwandtschaft  mit 
den  kretischen  Reliefs  ist  zweifellos  vorhanden.  Aber  abgesehen  von  Einzelheiten 
der  Sitte,  die  später  zu  erörtern  sind  (S.  332),  tritt  doch  im  Stil  ein  beachtens- 
werter Unterschied  zutage,  der  nicht  leicht  zu  erklären  ist.  Die  beiden  Silbervasen 
sind  zweifellos  viel  weicher  stilisiert  als  die  Steatitgefäße,  Für  die  größere,  bei  der 
das  naturgemäß  augenfälliger  ist,  mußte  darauf  schon  hingewiesen  werden.  Es  han- 
delt sich  dabei  nicht   nur  um  eine  weniger  scharfe  Modellierung  der  Form,  sondern 

')  Gelegentlich     ist     die     Vorzeichnungslinie     ver-  ^)  Die    monumentale    Malerei     (Fresken    von    H. 

sehentlich   nicht   getilgt   (vgl.  S.  321    Anm.  4),  Triada)  scheint  anderen  Regeln  zu  folgen, 

oder   auch   der   überschnittene   statt   des   über-  3)  Rodenwaldt  nimmt  dies  für  die  Stadtbelagerung 

schneidenden     Körperteils     ausgeführt,     z,      B.  an,     unter    Hinweis     auf    den    Ärmelchiton    des 

wird   der    Kopf    des    einen    Bogenschützen   von  'Bootsmannes'.     Dieser  ist  "indessen  ungegürtet, 

dem     Fuß     eines     oberhalb    laufenden     Mannes  während    zur    festländischen    Tracht    außer    bei 

überschnitten.  Wagenlenkern  der  Gürtel  gehört. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  ^25 


ebenso  um  eine  geringere  Straffheit  der  Zeichnung.  Deshalb  fällt  es  schwer,  den  Gegen- 
satz auf  die  verschiedene  Technik  zurückzuführen.  Klar  würde  das  freilich  nur  zu 
fassen  sein,  wenn  wir  kretische  Metallreliefs  vergleichen  könnten.  Ich  glaube,  daß 
sich  solche  nachweisen  lassen  in  den  Bechern  von  Vaphio. 

14.   Die    Becher   von    Vaphio. 

Die  beiden  Becher  des  Kuppelgrabes  von  Vaphio  ^)  sind  seit  ihrer  ersten  Ver- 
öffentlichung in  alle  Handbücher  übergegangen  und  als  hervorragende  Kunstwerke 
allgemein  bekannt.  So  sorgfältig  einige  der  veröffentlichten  Zeichnungen,  vor  allem 
die  Gillierons,  sind,  so  fehlte  es  doch  zu  ihrer  Ergänzung  bisher  an  einer  würdigen 
photographischen  Wiedergabe  nach  den  Originalen,  die  auch  die  Wirkung  der  leuch- 
tenden Goldreliefs  zur  Geltung  kommen  läßt.  Die  Aufnahmen,  die  den  Tafeln  9 — 12 
zugrunde  liegen,  sind  mit  Stais'  freundlicher  Erlaubnis  hergestellt  2) ;  Abb.  S3  und 
34  sollen  nur  zum  Überblick  der  Komposition  dienen. 

Zur  Deutung  ist  nur  wenig  hinzuzufügen.  Den  ersten  Becher  (lA — D)  hat 
A.  Reichel  (AM.  XXXIV 1909,  93)  unter  den  Stierspielbildern  aufgeführt.  Bei  genauer 
Betrachtung  erkennt  man  in  der  Tat,  daß  der  Stier  rechts  vom  Henkel  (vgl.Taf.  9,  lA) 
den  Menschen  keineswegs  auf  seine  Hörner  gespießt  hat,  sondern  dieser  3)  hat  das 
wütende  Tier  mit  der  linken  Hand  am  rechten  Ohre  gepackt  und  schwingt  sich  so  auf  ihn, 
daß  er  im  nächsten  Augenblick  mit  dem  rechten  Knie  am  linken  Hörn  wie  an  einer  Reck- 
stange hängen  wird,  während  sein  linkes  Bein  zum  Schwünge  frei  bleibt.  Das  ist 
ganz  klar;  aber  wo  bleibt  der  rechte  Arm.?  Links  neben  dem  Gürtel  erscheint  sein 
Ellenbogen;  der  Oberarm  geht,  vom  linken  Arm  überschnitten,  über  die  Brust  hin- 
weg und  die  Schwellung  zwischen  dem  gebeugten  linken  Arm  und  dem  Kopf  ist  nichts 
^anderes  als  die  rechte  Schulter.  Der  Unterarm  dagegen  geht  hinter  dem  Körper 
durch,  und  die  Rechte  scheint  das  Fell  des  Stieres  hinter  dem  Hörneransatz  gepackt 
zu  haben.  Das  ist  natürlich  eine  ganz  unmögliche  Verrenkung.  Indessen  ist  der 
Vorgang,  an  den  sich  der  Künstler  überkühn  heranwagte,  eine  blitzschnelle  und 
sehr  komplizierte  Bewegung,  über  deren  einzelne  Phasen  er  sich  nicht  klar  geworden 
ist,  die  er  aber  trotzdem  so  darzustellen  wußte,  daß  die  unnatürliche  Zeichnung  bis- 
her unbeachtet  bleiben  konnte.  Und  wenn  man  die  verwandten  Szenen,  die  Reichel 
a.  a.  O.  zusammengestellt  hat,  vergleicht,  so  muß  man  diese  dennoch  für  die  beste 
erklären,  weil  keine  andere  so  wie  sie  den  unberechenbaren  Angriff  und  die  ungeheuere 
Geschwindigkeit  der  Bewegung  zum  Bewußtsein  bringt. 

')  Nat.-Mus.  Nr.  1758,  1759. 'Ecp.  dp^.  1889,  158  ff.  ^)  Wie  mir   Stais  sagte,  waren  die  Becher  bisher 

(Tsundas,  mit  Zeichnungen  Gilliierons  auf  Taf.  9).  überhaupt  noch  nicht  nach  den  Originalen  pho- 

Neue  Zeichnungen  von  Defrasse  BCH.  XV  1891  tographiert.      Von   unseren   Aufnahmen,    deren 

Taf.    II — 14    (Perrot-Chipiez    VI    S.    786,    787  Platten  das  Athenische  Institut  aufbewahrt,  sind 

Abb.  369,  370  u.  Taf.   15).     Von  späteren  Be-  zwei  bereits   bei^Rizzo   a.   a.  0.    I  133  Abb.  64 

sprechungen  sind  am  wichtigsten  Brunn,  Kunst-  a.  b  verwendet. 

gescIT   I,  46  ff.   und  A.   Riegl,  österr.   Jahresh.  3)  Es    ist    nach    dem    Zusammenhang    ein    Mann, 

IX  1906,  I  ff.     Die  Zinkstöcke  der  Abb.  i  u.  2  nicht  eine  Frau,  wie  gelegentlich  vermutet  worden 

dieses   Aufsatzes   sind   uns   von   der   Redaktion  ist.    Da  wäre  das  Geschlecht  sicher  deutlich  ge- 

für  unsere  Abb.  33  u.  34  freundlichst  geliehen.  macht. 

Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts.     XXX.  23 


326 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


Aber  so  sicher  wir  hier  ein  Stierspringerstückchen  dargestellt  sehen,  so  deutlich 
scheidet  sich  die  Szene  von  anderen  der  Art.  Es  handelt  sich  hier  nicht  um  Vor- 
führungen, sondern  um  den  Fang  wilder  Stiere,  von  denen  eben  der  eine  auf  die  beiden 
Menschen  losgestürmt  ist.  Diese  suchen  sich  durch  ihre  Gewandtheit  zu  retten;  daß 
sie  sportmäßig  geschulte  Stierspringer  seien,  läßt  sich  kaum  behaupten.  Vielmehr 
werden  die  Stierspiele  als  Sport  aus  ähnlichen  Versuchen,  sich  zu  retten,  entstanden 
sein.  So  ist  denn  auch  dem  ersten  sein  Sprung  mißglückt:  er  fällt  recht  wenig  kunst- 
gerecht zu  Boden.  Aber  er  ist  doch  gerettet.  Die  Art,  wie  er  mitten  im  Falle  darge- 
stellt ist,  wirkt  verblüffend  wahr. 

Nicht  minder  überzeugt  die  Naturwahrheit  des  Stieres,  der  sich  im  Netze  ge- 
fangen hat,  und  doch  ist  sein  Körper  in  einer  unmöglichen  Drehung  wiedergegeben. 
Brunn  hat  dies  richtig  gesehen;  daß  ihm  ein  Mann  wie  Riegl  widersprochen 
hat,  ist  der  beste  Beweis  für  die  illusionistische  Kraft  des  Künstlers.  Nicht  weniger 
zutreffend  hat  Brunn  die  übermäßige  Gestrecktheit  des  nach  rechts  dahinstürmenden 
Stieres  beobachtet;  wenn  Riegl  das  nicht  gelten  läßt,  so  setzt  er  unbewußt  mit  dem 
Künstler  die  Erscheinungsform  über  die  Daseinsform. 

Mit  der  Deutung  dieses  Reliefs  auf  den  Stierfang  ist  sein  Inhalt  keineswegs 
erschöpft.  Die  Stiere  sind  dem  Künstler  die  Hauptsache,  ihre  wilde  Erregung  und 
dabei  doch  ihre  Machtlosigkeit  gegenüber  menschlicher  List  ist  sein  eigentliches 
Thema.  Er  hat  es  meisterlich  abgewandelt.  Der  erste  Stier  greift  in  heller  Wut  die  beiden 
Menschen  an,  die  ihm  aber  doch  noch  entkommen;  der  zweite  ist  in  ihr  Netz  gefallen 
und  brüllt  nun  voll  Schrecken  und  Verzweiflung;  der  dritte  endlich  bemerkt  die  Gefahr 
und  sucht  sein  Heil  in  der  Flucht. 

Der  zweite  Becher  (HA — D)  zeigt  uns  ein  friedliches  Weidebild.  Hier  galt  es 
nicht,  dem  menschlichen  Auge  unfaßbare  momentane  Bewegungen  darzustellen,  darum 
fehlen  auch  jene  unmöglichen  Stellungen  und  Dehnungen.  Es  war  längst  beobachtet, 
daß  die  schöne  Mittelgruppe  durch  eine  Art  geistiger  Beziehung  verbunden  ist.  Eine 
Erklärung  dafür  hat  A.  Körte  gegeben  ^),  der  sie  als  das  Werben  der  Kuh  um  die 


')  österr.  Jahreshefte  IX  1906,  294. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


327 


Abb.  34.     Relief  des  zweiten  Bechers  von  Vaphio. 


Gunst  des  Stieres  auffaßt.  Seine  Deutung  der  beiden  einzelnen  Stiere  erscheint  mir 
zweifelhaft,  zumal  die  des  gefesselten  läßt  sich  kaum  aufrechterhalten,  da  man  sein 
Brüllen  eben  mit  der  Fesselung  zusammenbringt  und  gewiß  auch  mit  ihr  zusammen- 
bringen soll.  Damit  wird  die  Geschlossenheit  des  Bildes  nur  scheinbar  gelockert: 
nicht  Bilder  aus  dem  Geschlechtsleben  des  Stieres  sind  das  Thema,  sondern,  wie  der 
Vergleich  mit  dem  Gegenstück  lehrt,  sein  friedliches  Dasein  unter  dem  Schutze  des 
Menschen;  hier  findet  er  schattige  Weide  ^),  hier  drängt  sich  die  Kuh  an  ihn,  aber 
freilich,  er  hat  seine  Freiheit  verloren,  der  Mensch  fesselt  ihn,  und  nur  ein  dumpfes 
Brüllen  gibt  den  Unwillen  des  Bezwungenen  kund. 

Die  außerordentlich  kunstvolle  Komposition  der  beiden  Reliefs  ist  von  Riegl 
meisterhaft  dargestellt  worden.  Sie  verfolgt  beidemal  dieselben  Prinzipien  der  sorg- 
fältigen Abwägung  der  Motive  rechts  und  links  von  der  Mitte  (vgl.  Abb.  33.  34).  Trotz- 
dem spiegelt  sich  der  Gegensatz  der  Idee  auch  in  der  Komposition  wieder.  Zunächst 
in  den  Hauptrichtungen  der  Bewegung.  Beim  Stier  im  Netz  kehrt  sie  gleichsam 
in  sich  selbst  zurück;  die  beiden  anderen  Stiere  streben  von  ihm  fort,  nach  außen;  die 
ganze  Gruppe  ist  schon  dem  Schema  nach  unruhig,  als  ob  sie  eben  zerreißen  wollte. 
Ganz  anders  auf  dem  zweiten  Becher:  da  sind  alle  Tiere  in  einer  Richtung  dargestellt; 
die  Reihung  ist  gewiß  das  ruhigste  Motiv,  das  sich  finden  ließ. 

Und  noch  mehr.  Von  den  drei  Stieren  des  ersten  Bechers  ist  der  eine  durch  den 
fallenden  Mann  überschnitten,  der  andere  durch  die  dicken  Seile  des  Netzes,  der 
dritte  durch  die  Palme:  so  kommt  bei  keinem  die  volle  Fläche  des  Körpers  zur  Wirkung. 
Auf  dem  zweiten  Becher  sind  die  drei  Stiere  ohne  jede  Überschneidung  dargestellt. 

So  ist  die  Komposition  der  beiden  Becher  nicht  nur  für  jeden  einzelnen  wohl 
erwogen,  sondern  sie  verbindet  beide  zugleich  als  Gegenstücke. 

Schließlich  ist  auch  die  Auffassung  der  Landschaft,  in  der  die  beiden  Szenen 
spielen,  die  gleiche,  Sie  bedarf  einer  kurzen  Besprechung,  auch  nachdem  Riegls 
Versuch,  die  herabhängenden,  raumfüllenden  Gebilde  als  Wolken  zu  deuten,  wider- 
legt ist  2).    Sie  sind  nichts  anderes  als  Felsen,  die  gleichsam  von  dem  im  oberen  Rande 

')  Wo  große  Bäume  wachsen,  wird  sich  auch  Gras         *)  A.  Reichel,  Ost.  Jh.  XI  1908,  249.    Die   richtige 
finden;  es  ist  freilich  nicht  dargestellt.  Deutung  hatte  schon  Tsundas  gefunden. 

23* 


328  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


der  Darstellung  laufenden  Horizonte  heruntergeklappt  sind.  Diese  sonderbare  Art 
der  Wiedergabe  ist  die  Konsequenz  aus  der  Auf fassung  der  Bildfläche  als  der  Agi- 
tationsfläche der  darzustellenden  Figuren.  Sie  kann,  wenn  es  der  Gegenstand  fordert, 
näher  bezeichnet  werden,  wie  auf  dem  Entendolche  oder  dem  Silberbecher  mit  der 
Stadtbelagerung;  sonst  kann  sie  neutral  bleiben,  und  es  genügt,  wenn  an  ihren  Rän- 
dern Terrainformen  angegeben  werden,  sei  es  nur  unten,  sei  es  an  mehreren  Seiten, 
besonders  auch  oben,  wie  hier.  Der  Bildgrund  ist  also  hier  so  wenig  wie  bei  der  'Stadt- 
belagerung' als  Luftraum  aufzufassen,  obwohl  er  glatt  gelassen  ist;  daher  kann  auch 
der  hintere  der  beiden  Bäume,  an  die  das  Netz  gespannt  ist,  auf  ihm  wachsen.  Es 
ist  gewiß  kein  Zufall,  daß  die  unruhig  wirkenden  Palmen  auf  der  friedlichen  Szene 
fehlen;  statt  ihrer  erscheinen  hier  Laubbäume,  offenbar  Oliven^),  mit  breit  aus- 
ladender Krone. 

Alles  bisher  Besprochene  schließt  die  beiden  Becher  auf  das  allerengste  zusammen. 
Wir  dürfen  noch  hinzufügen,  daß  auch  die  Bildung  der  Stiere  wie  der  Menschen 
die  gleiche  ist.  Als  Gegenstücke  sind  die  beiden  Becher  geschaffen,  in  jeder  Feinheit 
untereinander  wohl  abgewogen;  derselbe  Fürst  hat  sich  ihrer  gefreut  und  sie  sich  mit 
ins  Grab  legen  lassen  —  da  scheint  der  Schluß  unabweisbar,  daß  wir  zwei  Werke 
desselben  Künstlers  besitzen. 

Um  so  auffälliger  ist  nun  eine  Reihe  von  Unterschieden,  die  sich  bei  näherer 
Betrachtung  herausstellen.  Die  beiden  Becher  sind  zwar  in  ihrer  allgemeinen  Form 
nahezu  gleich  ^),  aber  der  erste  hat  einen  eingetieften  Boden  und  leicht  profiherte 
Streifen  über  und  unter  dem  Relief;  beim  zweiten  füllt  letzteres  die  ganze  Höhe 
und  der  Boden  ist  glatt.  Wichtiger  ist  die  verschiedene  Stilisierung  der  landschaft- 
lichen Elemente.  Schon  die  Angabe  des  Bodens  ist  bei  beiden  Bechern  anders  3) ;  die 
von  oben  herabhängenden  Zacken  laufen  beim  ersten  Becher  ohne  Unterbrechung 
vom  Henkel  bis  wieder  zu  ihm  zurück  und  schließen  sich  den  Umrissen  des  Bildes 
aufs  engste  an;  beim  zweiten  sind  es  nur  einzelne  Zacken,  die  zwar  mehr  freien  Raum 
über  dem  ruhigen  Vorgang  lassen,  dafüraber  korallenartig  zerrissen  sind,  währendjene 
geschlossenere  Konturen  haben.  Diese  Verschiedenheit  aus  dem  Inhalt  der  beiden 
Darstellungen  zu  erklären,  scheint  mir  nicht  möglich. 

Die  Bäume,  an  denen  das  Netz  hängt,  haben  nicht  das  ruhig  umrissene  und 
klar  gegliederte  Laubwerk  wie  die  des  zweiten  Bechers.  Und  noch  mehr:  selbst  die 
technische  Behandlung  der  Flächen  ist  bei  genauerem  Zusehen  verschieden.  Sie  ist 
bei  den  ruhigen  Szenen  des  zweiten  Bechers  viel  glatter  als  beim  Stierfang;  das  tritt 
besonders  deutlich  am  Grunde  hervor,  dessen  ruhige  Flächen  leicht  konvex  sind, 
während  man  beim  ersten  Becher  überall  die  Spuren  des  Werkzeugs  sieht.  Von 
den  Stieren  gilt  das  gleiche  4).    Dieser  Unterschied  läßt  sich  nun  allerdings  mit  dem 

')  Nach  der  gleichmäßigen  Anordnung  der  Blätter  Der   erste    Becher   ist   also   etwas   steilwandiger. 

an   den  Zweigen    sind   es  gewiß   keine   Kiefern,  Das    Gewicht    (nach   Tsundas)   ist   fast    gleich: 

wie   Stais    meint  (AM.   XL   1915,   51   Anm.    i).  276  g  und  280,5  g. 

2)  Die  Hauptmaße  betragen     I                      II  3)  Vgl.  Rodenwaldt,  AM.  XXXVI  191 1,  243. 

Boden  Dm.                    7,7                  7,8  4)  Schon  Tsundas  hat  diesen  Unterschied  gesehen 


Höhe  8,4  7,8 — 9  und  hervorgehoben. 

Oberer  Dm.  10,2 — 10,3       I0,6 — 10,7. 


K.  Müller,  Frühmykenisclie  Reliefs.  2 29 

verschiedenen  Gegenstand  der  beiden  Reliefs  in  Zusammenhang  bringen :  die  gebrochenen 
Flächen  der  erregten  Szene  erhöhen  durch  ihr  Flimmern  den  Eindruck  des  Bewegten, 
des  Momentanen;  im  ruhigen  Glanz  des  anderen  Bildes  spiegelt  sich  seine  friedliche 
Stimmung. 

Und  doch  würden  wir  fehlgehen,  wollten  wir  annehmen,  die  Hand  des  Künst- 
lers habe  sich,  bewußt  oder  unbewußt,  in  der  Technik  dem  verschiedenen  Stimmungs- 
gehalt  angepaßt.  Eine  so  feine  Unterscheidung  der  Flächenbehandlung  würde  ein 
ganz  unerhört  zartes  malerisches  Empfinden  voraussetzen,  das  gewiß  irgendwie  vor- 
gebildet wäre  oder  doch  nachgewirkt  hätte.  Nach  allem,  was  wir  besonders  auch  von 
der  Malerei  wissen,  in  der  wir  am  ehesten  Spuren  erwarten  müßten,  lagen  dieser  Zeit 
derartige  Bestrebungen  völlig  fern.  Die  technische  Verschiedenheit  läßt  sich  dann  aber 
nur  auf  einem  Wege  erklären,  und  auf  diesen  weisen  auch  die  vom  Inhalt  der  Dar- 
stellungen sicher  unabhängigen  Unterschiede:  die  beiden  Becher  stammen  nicht 
von  einer  Hand. 

So  hätten  wir  also  die  beiden  Werke  nicht  mit  Recht  auf  einen  Meister  zurück- 
geführt? Ich  denke,  doch.  Denn  die  Annahme  zweier  selbständiger  Meister  führt 
zu  unannehmbaren  Folgerungen.  Die  gleiche  Auffassung  der  Landschaft  würde 
nicht  dagegen  sprechen,  sie  ist  bis  zu  einem  gewissen  Grade  Gemeingut  der  Zeit; 
die  Gleichheit  der  Typen  würde  bei  Schülern  eines  Meisters  verständlich  sein.  Nicht 
so  die  Komposition,  die  zwei  völlig  entgegengesetzte  Aufgaben  nach  denselben  Prinzi- 
pien mit  der  gleichen  Genialität  behandelt.  Will  man  annehmen,  daß  ein  Schulver- 
hältnis sich  in  dieser  Periode  bis  auf  die  von  Riegl  aufgedeckten  Feinheiten  erstreckt } 

So  ist  schheßlich  nur  eine  Lösung  übrig:  die  beiden  Becher  sind  von  zwei  To- 
reuten nach  den  Modellen  eines  Meisters  ausgeführt.  Diese  Vorbilder  haben  nur  das 
Wesentliche  enthalten;  Einzelheiten  wie  die  Stilisierung  des  Terrains  oder  die  Bildung 
der  herabhängenden  Zacken  blieben  den  ausführenden  Händen  überlassen.  Die  gleich 
bewundernswerte  Geschicklichkeit  der  beiden  Toreuten  ist  ein  neues  Zeichen  für  die 
erstaunliche  Kunstblüte  der  Zeit. 

Wenn  wir  nun  den  beiden  Bechern  ihre  Stellung  innerhalb  der  kretisch -myke- 
nischen  Kunst  anweisen  wollen,  können  wir  sie  als  eine  Einheit  betrachten. 

Ihre  Form  ist  in  Kreta  seit  langem  in  Tongefäßen  üblich.  In  Metall  hat  sie  sich 
meines  Wissens  bisher  nur  einmal  gefunden,  in  Mochlos  ^),  und  zwar  kehrt  hier  die 
spezifische  Metallform  der  Henkel  wieder. 

Nach  Kreta  weist  uns  nicht  weniger  der  Inhalt.  Das  Stierspiel  ist  sicher  kretisch 
und  tritt  auf  dem  Festlande  deuthch  als  Import  auf  ^).  Der  Typus  der  Stiere  ent- 
spricht durchaus  dem  der  kretischen.  Auf  dem  Trichter  vonH.Triada  sind  sie  ebenso 
kurzbeinig  wie  auch  in  den  meisten  anderen  Darstellungen,  seien  sie  nun  plastisch 
oder  gemalt.  Für  die  Kopfbildung  ist  das  oben  S.  271  besprochene  Stuckrelief  zu  ver- 
gleichen, etwa  mit  dem  brüllenden  Stier  unter  dem  Henkel  des  zweiten  Bechers 
(Taf.  9  IIA).    Durchaus  kretisch  ist  die  Tracht  der  Männer:  der  Schurz  dessen,  der 

')  Seager,  Explofations  in   the    Island   of   Mochlos  Maraghiannis    II  10,3    (frühminoisch),    II  36,1; 

Abb.   31   XII  f.   zu   S.   62.      Vorstufen  in  Ton:  47,2  u.  4;  I,  32,  i.  5 — 10. 

»)  Vgl.  A.  Reichel,  AM.  XXXIV  1909,  96. 


330  K.  Müller,  Frühmykenisclie  Reliefs. 


den  eben  erwähnten  Stier  führt,  entspricht  mit  dem  engen,  oben  abstehenden  Gürtel, 
den  ich  mir  aus  Metall  denken  möchte,  und  dem  Gliedfutteral  genau  den  kretischen 
Analogien;  die  beiden  Stierspringer  tragen  eine  etwas  abweichende  Form,  die  auch 
vorn  einen  herabhängenden  Zipfel  hat,  gleich  dem  Schurz  des  Prinzen  auf  dem  Becher 
S.  244  Abb.  I,  und  der  mit  mehrfach  um  den  Leib  geschlungenen  Riemen  gegürtet  ist, 
wie  auch  bei  den  meisten  Schnittern  von  H.  Triada.  Ihr  langes  offenes  Haar,  von 
dem  bei  dem  einen  Stierspringer  einige  Strähne  am  Scheitel  zusammengefaßt  sind, 
während  die  Stirn  von  kürzeren  Locken  umrahmt  wird,  entspricht  aufs  genaueste 
den  Faustkämpfern  am  untersten  Streifen  des  Rhytons  oder  dem  Prinzen  des 
Bechers;  bei  letzterem  kehren  die  Schuhe  mit  der  Riemenumwickelung  des  halben 
Unterschenkels  wieder.  Aus  kretischen  Fresken  Heßen  sich  die  Beispiele  leicht 
vermehren. 

Auch  die  Kenntnis  des  Körperbaus  ist  ganz  die  gleiche.  Hier  wie  dort  über- 
rascht die  große  Sicherheit  in  der  Wiedergabe  der  Hauptzüge  wie  in  der  Beobachtung 
gewisser  Einzelheiten,  wie  etwa  des  Sägemuskels  beim  Fallenden  oder  der  Hände,  die 
besonders  auf  dem  zweiten  Becher  ausgezeichnet  gesehen  sind.  Die  starke  Betonung 
der  Faszie  an  der  Außenseite  des  Oberschenkels  entspricht  dem  kretischen  Brauch. 
Nur  ist  dem  Künstler  der  Vaphiobecher  die  Anatomie  noch  vertrauter  als  den  Stein- 
arbeitern, er  sieht  mehr  Einzelheiten,  z.  B.  die  Schlüsselbeine  (bei  dem  Manne  Taf.  10 
HB),  deren  Angabe  auf  der  Schnittervase  vermißt  wird.  Die  Verwandtschaft  mit 
den  kretischen  Arbeiten  geht  also  keineswegs  so  weit,  daß  man  etwa  den 
Schöpfer  des  Becherpaares  mit  dem  eines  der  Steingefäße  gleichsetzen  dürfte,  aber 
die  Abweichungen  sind  darum  doch  nicht  größer  als  die  jener  Gefäße  untereinander. 

Bei  dieser  engen  Beziehung,  die  sich  auch  in  der  landschaftlichen  Auffassung 
ausspricht  (vergl.  S.  327),  müssen  gewisse  Unterschiede  um  so  aufmerksamer  beachtet 
werden.  Wir  haben  gesehen,  daß  an  den  drei  kretischen  Steatitvasen  die  Kompositionsich 
dem  Gefäße  in  der  Weise  anschließt,  daß  ihre  Hauptachsen  als  Oberflächenlinien 
erscheinen.  Die  Becher  von  Vaphio  lassen  keine  derartige  Anordnung  erkennen. 
Der  Grund  dazu  liegt  jedoch,  glaube  ich,  nur  in  der  Form  der  Becher,  die  bei  weitem 
nicht  die  klare  Kegelgestalt  erreichen  wie  Becher  und  Trichter  von  H.  Triada,  aber 
doch  auch  keine  Zylinderflächen  haben.  Die  elegante  Einziehung  in  der  Mitte,  welche 
dem  einhenkeligen  Becher  besonders  vorteilhaft  ist  ^),  ließ  sich  mit  dem  Hochrelief 
schwer  vereinigen.  So  blieb  eine  tektonisch  indifferente  Form  übrig,  an  der  sich  die 
Darstellung  frei  entfalten  konnte.  Im  übrigen  schließt  sich  die  Komposition  der  Form 
aber  doch  aufs  engste  an.  Drei  Szenen  sind  auf  jedem  Becher  dargestellt,  ebenso 
wie  auf  den  unteren  Streifen  des  Trichters  von  H.  Triada.  Diese  Teilung  ist  für  die 
Betrachtung  besonders  günstig,  weil  man  so  jede  Szene  bequem  übersehen  kann. 
Für  die  Gruppierung  ist  das  bedingende  Element  der  die  Fläche  zerschneidende 
Henkel.  Ihm  gegenüber  liegt  die  Mitte  des  Aufbaus,  von  der  aus  sich  die  Darstellung 
nach  rechts  wie  nach  links  entwickelt.  So  erklärt  sich  selbst  die  sorgsam  abgewogene 
Entsprechung  der  beiden  Seiten  im  letzten  Grunde  aus  der  Gefäßform. 

')  Besonders     schön     an     den     Keftiubechern     im  (in    Zeichnung   u.    a.    auch   bei   Winter,    Kunst- 

Grabe  des   Senmut   BSA.   X   154  (H.   R.   Hall)  gesch.  in  Bildern»  87,2). 


K.Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  •j^j 

Ein  zweiter  Unterschied,  der  sich  freilich  ebenso  leicht  erklären  läßt,  besteht 
in  der  Reliefbehandlung.  Die  höchsten  Erhebungen  treten  nicht  nur  beträchthch 
weiter  hervor  als  an  den  kretischen  Beispielen,  sondern  die  Gestalten  sind  auch  weit 
mehr  gerundet  und  dabei  in  ihren  Einzelformen  noch  schärfer  modelliert  als  dort. 
Dieser  Gegensatz  beruht  nicht  auf  verschiedener  Auffassung,  sondern  er  ist  durch 
das  Material  und  die  von  ihm  bedingte  Technik  zu  erklären.  Der  Toreut,  der  ein 
Goldrelief  von  innen  heraustreibt,  ist  natürlich  nicht  daran  gebunden,  alle  höchsten 
Erhebungen  in  eine  dem  Grunde  parallele  Fläche  zu  legen  wie  der  Steinarbeiter 
(vgl.  oben  S.  259).  Die  scharfe  Ausarbeitung  auch  der  weniger  hochgetriebenen  Partien 
gibt  selbst  diesen  glänzende  Lichter,  die  alle  Teile  zu  einem  geschlossenen  Bilde  ver- 
einigen. Das  Leuchten  des  Goldes  erhöht  noch  den  malerischen  Eindruck,  der  in  der 
ganzen  Konzeption  der  beiden  Reliefs,  vor  allem  in  ihrem  lebendigen  Erfassen  des 
Momentanen  begründet  ist. 

Nach  alledem  können  wir  nicht  zweifeln,  daß  die  Becher  von  Vaphio  demselben 
Kreise  angehören  wie  die  kretischen  Steingefäße. 

15.  Das  Verhältnis    der  eingeführten  Reliefs  der  Schachtgräber  zu  den 

kretischen. 

Nachdem  wir  in  den  Bechern  von  Vaphio  Metallwerke  desselben  kretischen 
Kreises  kennen  gelernt  haben,  aus  dem  die  Steatitreliefs  stammen,  müssen  wir  die 
beiden  Silbervasen  mit  ihnen  vergleichen.  Der  stilistische  Gegensatz,  der  schon 
jenen  gegenüber  zu  betonen  war  (S.  324),  tritt  hier  nur  noch  deutlicher  hervor.  Die 
Gestalten  haben  bei  weitem  nicht  die  Bestimmtheit  und  Schärfe  des  Umrisses  wie 
auf  den  Bechern.  Vor  allem  die  großfigurige  Silbervase  läßt  den  Unterschied  klar 
erkennen.  Sie  zeigt  nicht  annähernd  den  Reichtum  der  Modellierung  wie  die  doch 
viel  kleineren  Gestalten  der  Vaphiobecher.  Nirgends  ist  der  typische  Metallstil  mit 
seinen  starken  Gegensätzen  von  Licht  und  Schatten  zu  finden. 

Es  fragt  sich  nun,  wie  dieser  Unterschied  zu  erklären  ist.  Die  Lösung  liegt 
scheinbar  auf  der  Hand.  Es  hat  noch  niemend  bezweifelt,  daß  das  Grab  von  Vaphio 
jünger  ist  als  die  Schachtgräber.  Das  geht  aus  der  Form  wie  aus  dem  ganzen  Inhalte 
hervor.  Auch  sind  die  beiden  Becher  nicht  etwa  als  alte  Erbstücke  in  das  Grab  ge- 
langt, wie  etwa  die  Vurvavase  in  den  Tumulus  von  Marathon.  In  dem  einen  der  gleich- 
zeitigen Gräber  von  Alt -Py los  ist  ein  Fragment  eines  Goldreliefs  gefunden  worden, 
das  zwar  winzig  klein  ist,  aber  genügt,  die  gleiche  Behandlung  des  hoch  getriebenen 
und  sorgfältig  ziselierten  Reliefs  zu  zeigen  ^).  Die  beiden  Goldbecher  sind  zweifellos 
entwickeltere  Kunstwerke  als  die  Silbervasen.  Auch  das  stimmt  zu  dem  allgemeinen 
Verhältnis  der  Gräber.  In  Vaphio  wie  in  den  anderen  frühen  Kuppelgräbern  tritt 
nicht  nur  das  einheimische  Element  weit  mehr  zurück  als  in  den  Schachtgräbern, 
sondern  es  ist,  wo  es  sich  erhalten  hat,  reicher  und  feiner  geworden.  Die  Stein- 
pfeilspitzen von  Alt-Pylos  sind  sorgfältiger  und  eleganter  als  die  der  Schachtgräber, 

«)  AM.  XXXIV  1909  271  Nr.  3.     Das  Fragment,  die  Pranke  eines  Löwen  dar,  wie  Marg.  Bieber 

das   ich   damals   nicht   zu   deuten   wußte,   stellt  zuerst  gesehen  hat. 


2  22  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


die  Formen  des  Bernsteinschmuckes  sind  mannigfaltiger  geworden.  Die  alten  Spiral- 
muster haben  sich  zu  komplizierteren  Systemen  entwickelt  oder  werden  in  gerun- 
detem Relief  ausgeführt  —  beides  ist  den  Schachtgräbern  noch  fremd  ^).  Nicht 
weniger  aber  steht  der  fremde  Stil  auf  einer  höheren  Stufe.  Das  zeigt  sich  in  tech- 
nischen Dingen,  wie  in  der  Granulierung,  die  den  Schachtgräbern  noch  fehlt,  in 
Vaphio  dagegen  reich  vertreten  ist,  oder  im  Aufblühen  der  Glastechnik,  von  der  in  den 
Schachtgräbern  nur  eben  Spuren  zu  finden  sind  ^),  —  aber  ebenso  auf  eigentlich 
künstlerischem  Gebiet.  Man  braucht  nur  die  Gemmen  des  III.  Grabes  mit  dem 
reichen  Schatze  von  geschnittenen  Steinen  aus  Vaphio  zu  vergleichen,  und  die 
so  charakteristischen  Prachtamphoren  stehen  'nicht  [nur  als  Töpferware,  sondern 
auch  in  ihrer  künstlerischen  Ausschmückung  höher  als  die  Vasen  der  Schachtgräber. 
Es  liegt  daher  nahe,  auch  für  die  Reliefs  den  Unterschied  zeitlich  zu  erklären. 

Aber  so  sicher  das  Grab  von  Vaphio  jünger  ist  als  die  Schachtgräber,  so  wenig 
folgt  daraus  eine  befriedigende  Antwort  für  die  Frage  nach  der  Stellung  der  Reliefs. 
Schon  ein  kleines  Fragment  führt  darauf,  daß  in  der  Schachtgräberzeit  auch  ein 
kräftigeres  Relief  nicht  unbekannt  gewesen  ist.  Wir  besitzen  in  der  bekannten  Fay- 
encescherbe mit  dem  behelmten  Kopfe  eines  Kriegers,  die  im  III.  Schachtgrabe  ge- 
funden und  zweifellos  mykenisch,  nicht  etwa  ägyptisch  ist  3),  ein  Stück  recht  hohen 
Reliefs,  das,  in  Metall  übersetzt,  den  Vaphiobechern  nahestehen  würde.  Wie  mir 
Karo  mitteilt,  hat  sich  neuerdings  durch  einige  als  zugehörig  erkannte  Brocken  die 
Form  des  Fayencegefäßes  ermitteln  lassen;  es  war  eine  Schnabelkanne  mit  'Augen' 
am  Ausguß.  Leider  ist  vom  Relief  zu  wenig  erhalten,  um  einen  sicheren  Schluß  über 
seinen  Stil  zuzulassen. 

Deutlicher  wird  die  Schwierigkeit,  wenn  wir  die  beiden  Silbervasen  als  Vor- 
stufen zu  den  Vaphiobechern  und  den  mit  ihnen  verbundenen  kretischen  Reliefs 
aufzufassen  versuchen.  Die  Schachtgräber  gehören  in  den  Anfang  der  ersten  spät- 
minoischen  Periode,  das  lehrt  die  Keramik  und  die  Gleichartigkeit  der  Funde  in  den 
Gräbern.  Danach  müßten  also  die  Silbervasen  zugleich  in  den  kretischen  Werken 
der  letzten  mittelminoischen  Zeit  ihrerseits  Vorstufen  haben,  also  in  Funden  wie 
den  Temple  Repositories.  Stilistisch  genau  Vergleichbares  haben  wir  hier  nicht; 
die  Fayencereliefs  mit  den  säugenden  Tieren  (S.  266),  die  sich  zweifellos  gut  als  Vor- 
stufen des  Stils  der  Vaphiobecher  auffassen  lassen,  scheinen  mir  allerdings  bei  aller 
Zartheit  straffer  modelliert  als  die  großfigurige  Silbervase.  Gewichtige  Bedenken 
aber  erheben  sich  wegen  des  Inhalts  der  Darstellungen  wie  wegen  der  Tracht,  Beide 
Silbergefäße  zeigen  Kampfbilder,  die  neben  der  Jagd  die  beliebtesten  Motive  gerade 
der  importierten  Stücke  der  Schachtgräber  sind.  Beide  Themata  sind  in  Kreta 
äußerst  selten,  nicht  nur  auf  Reliefs;  dafür  bevorzugt  man  dort  Kampf  spiele  und 

')  Steinpfeilspitzen  AM.  XXXIV  1909,  292;  Bern-  net,   wie  eine  erneute  Untersuchung  der  Origi- 

steinschmuck     ebda.     278;     Spiralmuster  ebda.  nale  gezeigt  hat. 

284  f.  3)  Nat.-Mus.  Nr.   123.   124.     Schuchhardt,  Schlie- 

2)  V.  Bissing,  Anteil  der  ägypt.  Kunst  am  Kunst-  manns  Ausgr.»  Nr.  208,  Refchel,  Hom.  Waffen  » 

leben  der  Völker,  Festrede  der  Münchener  Aka-  44  Abb.  23;  vgl.  zuletzt  Rodenwaldt,  Tiryns  II 

demie  1912  S.  38  hat  diese  mit  Unrecht  geleug-  6  Anm.  3  und  v.  Bissing,  Anteil  d.  ägypt. Kunst  41. 


K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs.  ■}-}■} 


Kultszenen.  Diese  Vorliebe  für  ernste  Kämpfe  und  Jagdabenteuer,  die,  falls  die 
aufgestellte  Reihe  richtig  wäre,  in  der  einen  Periode  plötzHch  auftauchen  würde, 
um  ebenso  schnell  wieder  zu  verschwinden,  läßt  sich  schwerlich  allein  dadurch  er- 
klären, daß  etwa  die  Künstler  dem  Geschmack  ihrer  festländischen  Abnehmer  Rech- 
nung getragen  hätten.  Noch  seltsamer  wäre  die  Annahme,  daß  der  Schurz,  der  in 
Kreta  ja  schon  in  mittelminoischer  Zeit  getragen  wurde,  der  Hosentracht  so  sehr 
gewichen  wäre,  daß  er  in  den  Schachtgräbern  gerade  einmal  deutlich  dargestellt 
ist  ^),  während  er  dann  —  in  Kreta  —  zum  Alleinherrscher  wurde.  Hier  kann  kein 
Einfluß  festländischer  Besteller  vorliegen:  diese  trugen  ja  eine  Art  Chiton.  Auch  die 
kurzärmligen  Gewänder  der  beiden  Silbervasen  wären  in  Kreta  ohne  Vorstufen  und 
ohne  Nachleben, 

Diese  Bedenken  lassen  sich  weder  durch  die  Fayencefragmente  aus  Knossos 
mit  Kriegern  von  heller  und  dunkler  Rasse  (oben  S.  269)  entkräften,  noch  durch 
das  Steatitfragment  des  Bogenschützen  (S.  262f.).  Die  ersteren  müßten,  wenn  sie 
überhaupt  in  Knossos  gemacht  sind,  um  ihrer  primitiven  Formgebung  willen  älter 
als  die  Temple  Repositories  angesetzt  werden.  Das  letztere  fällt,  wie  oben  dargelegt 
ist,  in  mehr  als  einer  Hinsicht  aus  der  knossischen  Reihe  heraus;  will  man  es  trotz- 
dem als  knossisch  gelten  lassen,  so  bewiese  es  doch  nur,  daß  Jagd-  oder  Kampfbilder 
dort  gelegentlich  vorkamen,  was  ja  natürlich  nicht  bestritten  werden  soll  2),  sowie 
daß  man  auch  da  gegebenen  Falles  einen  Mann  in  der  Hosentracht  darstellte.  Wir 
werden  unten  (S.  335)  auf  das  Fragment  zurückkommen  und  einen  Erklärungsver- 
such für  seine  Beziehung  zu  den  Silbervasen  vorschlagen  —  bei  seiner  Sonderstellung 
unter  den  kretischen  Denkmälern  gestattet  es  jedenfalls  keine  Schlüsse  auf  die  all- 
gemeine Geschmacksrichtung  oder  die  Nationaltracht. 

So  wird  man  zugeben  müssen,  daß  gegen  die  angenommene  Reihe  Bedenken 
bestehen,  die  freilich  bei  der  Lückenhaftigkeit  der  Überlieferung  noch  nicht  zwingend 
beweisen,  daß  die  Silbervasen  nicht  in  diesen  kretischen  Kreis  gehören.  Zu  einem 
bestimmteren  Resultat  können  wir  gelangen,  wenn  wir  die  Silbervasen  nicht  isoliert 
betrachten,  sondern  in  Beziehung  setzen  zu  den  übrigen  importierten  Werken  der 
Schachtgräber,  in  erster  Linie  zu  den  besprochenen  Reliefs.  Da  waren  mehrfach 
Besonderheiten  zu  "beobachten,  die  sicher  nicht  als  festländisch  gelten  können,  und 
für  die  doch  Analogien  aus  den  kretischen  Fundstätten  fehlen.  Ich  erinnere  vor  allem 
an  die  Form  der  beiden  Goldgefäße,  den  hochfüßigen  Becher  und  die  Tasse  mit  Mittel- 
wulst (S.  311  ff.).  Beide  Formen  sind  in  der  frühmykenischen  Keramik  des 
Festlandes  häufig,  wenn  sie  auch  in  den  Schachtgräbern  selbst  nur  in  Metall,  nicht 
in  Ton  vorkommen.  Wir  müssen  also  zum  Vergleiche  einen  Blick  auf  die  Keramik 
werfen. 

Von  den  Firnisvasen  der  Schachtgräber  nehmen  einige  eine  Sonderstellung 
ein.   Wie  bei  den  Goldreliefs  gibt  es  auch  hier  wenigstens  pine  deutliche  Nachahmung, 

1)  Vgl.  oben  S.  263  Anm.  4.  XXII  1902  Taf.  VI,  12.  13  (Siegel  aus  H.  Triada 

2)  Unter  der  ganzen  Menge  kretischer  Denkmäler  und  Zakro).     Wild  von  Hunden  gehetzt  kommt 
sind    mir    nur    folgende    Kampfbilder    bekannt:  gelegentlich  vor,  vgl.  oben  S.  274;  Darstellungen 
Mon.  Line.  XIII  45  Nr.  38  (Abb.  41)  undJHSt.  mit  Jägern  kenne  ich  überhaupt  nicht. 
Jahrbuch  des  archäologischen  Instituts.     XXX.  24 


554  ^'  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


die  große  Amphora  des  V.  Grabes  (Furtwängler-Loeschcke,  Myk.  Tongef.  VII,  42) 
mit  ihren  ängstlich  gepinselten  und  sonderbar  unkretisch  verbundenen  Spiralen; 
das  Vorbild  dürfte  am  ehesten  ostkretisch  gewesen  sein.  Zweifellos  importiert,  und 
zwar  aus  dem  östlichen  Kreta,  ist  das  Rhyton  des  II.  Grabes  ^).  Von  den 
übrigen  Firnisvasen  stehen  einige  überhaupt  vereinzelt  da,  die  anderen  sind 
mit  der  frühmykenischen  Keramik  des  Festlandes  aufs  engste  verbunden,  während 
sie  in  Kreta  keine  oder  höchstens  ganz  vereinzelte  Analogien  haben.  Zu  diesen  letz- 
teren gehören  gerade  solche  mit  besonders  verbreiteten  Motiven,  so  die  gegitterten 
Blätter,  die  allerdings  in  ungewöhnlichem  Umriß  vorkommen  (Tongef.  III,  9),  oder 
gar  das  von  Furtwängler  und  Loeschcke  als  geöffnete  Muschel  gedeutete  Muster, 
das  doch  eher  ein  Doppelbeil  darstellt.  Jedenfalls  gibt  es  keine  Analogie  dazu  in 
Kreta.  Auch  der  mit  Punkten  verzierte  Grund  mehrerer  dieser  Vasen  ist  in  dieser 
Form  unkretisch.  Aber  auch  die  Muster,  welche  nicht  wie  die  genannten  in  der  Periode 
der  älteren  Kuppelgräber  auf  dem  Festlande  besonders  beliebt  sind,  fehlen  in  den 
uns  bekannten  Teilen  von  Kreta,  so  das  Ornament  der  kleinen  Tasse  des  III.  Grabes 
(Tongef.  IV,  19)  oder  das  auf  der  Schulter  der  großen  und  prächtigen  Kanne  des 
VI.  Grabes  (daselbst  XI,  56).  Abgesehen  von  den  wenigen  ausgesonderten  Stücken 
bilden  also  die  Firnisvasen  der  Schachtgräber  in  ihrem  Gegensatz  zu  den  kretischen 
Funden  eine  geschlossene  Gruppe. 

Die  Keramik  der  älteren  Kuppelgräber  ist  wegen  der  großen  Einheitlichkeit, 
die  durch  immer  neue  Funde  bestätigt  wird,  als  festländisch  zu  bezeichnen  2) ;  ihre 
Vorstufen  in  den  Schachtgräbern  können  es  unmöghch  sein,  weil  sie  technisch  wie 
stilistisch  völlig  unvermittelt  zu  älteren  Vasenklassen  hinzutreten.  Der  Unterschied 
von  der  kretischen  Keramik  läßt  sich  keineswegs  auf  zufälliges  Fehlen  von  Analogien 
zurückführen:  bei  der  ungeheuren  Masse  der  Scherben  ist  ein  Schluß  ex  silentiohier 
ebenso  sicher,  wie  es  eine  Zuweisung  nach  verwandten  Stücken  sein  würde.  Eben- 
sowenig lassen  sich  die  Besonderheiten  des  Stiles  dadurch  erklären,  daß  kretische 
Fabriken  Zweigniederlassungen  in  Griechenland  gehabt  hätten  (Reisinger  a.  a.  0.  32 
Anm.  2):  wie  könnten  diese  unmittelbar  nach  ihrer  Gründung  Lieblingsmuster  aus- 
gebildet haben,  die  in  ihrer  Heimat  ohne  Vorstufen  sind  3)  ?    So  bleibt  nur  ein  Schluß 

')  Myk.  Tongefäße  IV,  14.    Schon  Reisinger,  Kret.  mische  Keramik;  sollte  da  während  der  Zwischen- 

Vasenmalerei  34,  bezeichnet  das  Rhyton  'geradezu  zeit   nur   importiertes   Geschirr   benutzt  worden 

als  eine  Dublette'  des  von  Boyd-Hawes,  Gournia  sein.?    Dann  müßten  sich  doch  wenigstens  Nach- 

Taf.  VII  39  und  auf  seiner  Taf.  I,  7  abgebildeten.  ahmungen  erkennen  lassen,   wie  etwa  in  Melos 

Leider  übersieht  er  die  Unterschiede  der  kretischen  oder  später  in  Etrurien.  — Übrigens  hat  H.  R.  Hall, 

Fabrikationszentren.  Aegean  Archaeology  100  eine  abweichende  Mei- 

^)  Vgl.  AM.  XXXIV  1909,  269  ff.  und  zuletzt  nung  geäußert,  die  den  Tatsachen  widerspricht. 
Rodenwaldt,  Tiryns  II  201  Anm.  4.     Neu  ver-       3)  Es   ist  gewiß   wahrscheinlich,   daß   die   fremden 

öff entlicht    sind  Scherben  aus  Eleusis,  'Ecp.  dp^.  Töpfer,  als  sie  merkten,  daß  ihre  Ware  Anklang 

1912,     8.    9     (Skias)      und      schöne     Beispiele  fand,  auch  auf  dem  Festlande  selbst  gearbeitet 

aus    dem    messenischen    Pylos,    a.    a.    0.    1914,  haben.       Bei    ihnen    lernten    die    einheimischen 

112  ff.    (Kuruniotis).       Je   zahlreicher   die    Bei-  Kollegen,   die  dann  den   Stil  weiterverbreiteten 

spiele   werden,   desto   sicherer   wird   man   sagen  und    weiterbildeten.       Ähnlich  ,  denkt    sich    den 

können,  daß  die  Gefäße  im  Lande  selbst  gefertigt  Vorgang  Rizzo  I  215  f.,  der  aber  Kreta  als  die 

sind.     Griechenland  hat  vor  und  nach  der  Zeit  Heimat  annimmt,  obwohl  er  die  Sonderstellung 

der    älteren    Kuppelgräber    vorzügliche    einhei-  der  festländischen  Keramik  anerkennt. 


K.  MttUer,  Frühmykenische  Reliefs.  •soe 


übrig:  die  Hauptmasse  der  Firnisware  der  Schachtgräber,  mag  sie  nun  direkt  im- 
portiert oder  in  festländischen  Zweigfabriken  hergestellt  sein,  stammt  aus  keinem 
der  uns  bekannten  kretischen  Fabrikationszentren. 

Dürfen  wir  nun  dieses  Ergebnis  auch  auf  andere  Zweige  der  Kunst  und  des 
Kunstgewerbes  übertragen.?  Die  fremde  Kultur,  die  uns  in  den  Schachtgräbern 
und  an  gleichzeitigen  Funden  außerhalb  derselben  entgegentritt,  trägt  im  ganzen 
einen  so  einheitlichen  Charakter,  daß  es  von  vornherein  falsch  wäre,  den  kostbareren 
Werken  einen  anderen  Ursprung  zuzuschreiben  als  der  Keramik.  Wir  haben  neben 
ihr  reiches  Vergleichsmaterial  noch  für  ein  anderes  Gebiet,  für  die  Malerei.  Es  ist 
Rodenwaldt  nicht  entgangen,  daß  trotz  innigster  Verwandtschaft  der  festländischen 
Fresken  mit  den  kretischen  gewisse  Unterschiede  bestehen  ^),  und  wir  können  seine 
vorsichtigen  Vermutungen  nur  bestätigen.  Das  System  der  in  Felder  geteilten  und 
dekorativ  bemalten  Fußböden  fehlt  in  den  Palästen  Kretas;  es  ist  doch  nach  dem, 
was  Rodenwaldt  darüber  gesammelt  hat  ^),  gewiß  das  Wahrscheinlichste,  daß  es  wie 
die  Wandmalerei  fertig  importiert  ist,  aber  eben  nicht  aus  den  durchforschten  kre- 
tischen Kulturstätten.  Schwieriger  ist  die  Entscheidung,  wenn  uns  in  Kreta  sichere 
Vergleichspunkte  fehlen,  aber  es  soll  doch  hier  wenigstens  darauf  hingewiesen  werden, 
daß  die  glänzenden  eingelegten  Metallarbeiten  der  Schachtgräber  und  anderer  früh- 
mykenischer  Fundstätten  dem  festländischen  Kulturkreise  eigentümlich  sind,  ob- 
wohl sie  natürlich  als  importiert  gelten  müssen:  in  Kreta  gibt  es  meines  Wissens 
bisher  keine  Spur  davon.  Auf  der  anderen  Seite  fehlt  der  im  östlichen  Kreta  einhei- 
mische und  dort  so  gern  verwendete  Steatit  auf  dem  Festland  fast  völlig. 

Das  mag  genügen,  um  zu  zeigen,  daß  die  zur  Schachtgräberzeit  auf  dem  Fest- 
lande importierte  Kultur  im  wesentlichen  nicht  aus  den  bisher  durchforschten  Teilen 
von  Kreta  stammt.  Ob  wie  bei  der  Keramik  vereinzelte  Ausnahmen  nachweisbar 
sind,  braucht  hier  nicht  untersucht  zu  werden,  denn  die  Stücke,  mit  denen  wir  uns 
beschäftigt  haben,  gehören  nicht  zu  ihnen.  Für  die  Silberbecher  beweisen  das  die 
Schwierigkeiten,  auf  die  wir  bei  dem  Versuch,  sie  mit  den  kretischen  Reliefs  in  eine 
Reihe  zu  bringen,  gestoßen  sind.  Dasselbe  gilt  aber  nach  dem  heutigen  Stande  unserer 
Kenntnis  auch  von  den  kleinen  Goldzieraten,  soweit  sie  oder  ihre  Form,  ja  selbst 
die  Anregungen  dazu  importiert  sind.  Dadurch  erklärt  sich  gewiß  manche  Eigen- 
tümlichkeit, die  wir  auf  Kreta  nicht  nachweisen  konnten,  für  deren  Ursprung  sich 
aber  auch  keine  festländische  Quelle  wahrscheinlich  machen  ließ.  Bei  dem  Fehlen 
ähnlichen  Schmuckes  in  den  bisherigen  kretischen  Grabungen  ist  hier  die  Entschei- 
dung im  einzelnen  Falle  besonders  schwer. 

Der  Sitz  der  Kultur,  die  so  auf  das  Festland  eingewirkt  hat,  ist  uns  noch  unbe- 
kannt. Wir  kennen  sie  vorläufig  nur  aus  der  Argolis,  wo  sie,  wie  wir  gesehen  haben, 
nicht  einheimisch  sein  kann.  Bei  dem  regen  Verkehr  der  einzelnen  Kulturstätten 
jener  Zeit  untereinander  würde  es  nicht  wunderbar  sein,  ihre  Spuren  auch  anders- 
wo zu  finden.  Das  Steatitfragment  mit  dem  Bogenschützen  könnte  bei  seiner 
Sonderstellung  in  Knossos  und  seinen  engen  Beziehungen  zu  den  Schachtgräbern 


■)  Tiryns  II  202  f.   *)  Tiryns  II  236  ff. 


236  K.  Müller,  Frühmykenische  Reliefs. 


recht  wohl  ihrem  Kreise  entstammen  und  in  Knossos  importiert  sein.  Eines  aber 
läßt  sich  mit  aller  Sicherheit  sagen:  diese  ganze  Kultur  ist  mit  der  kretischen  auf 
das  allerengste  verwandt.  Wir  haben  immer  und  immer  wieder  kretische  Werke 
zum  Vergleich  heranziehen  müssen.  Ja,  selbst  eines  ihrer  Charakteristika,  die  Hosen- 
tracht, verrät  auf  einigen  Denkmälern  kretischen  Einfluß:  die  kurzen  Beinkleider 
sind  mehrfach  mit  Volants  benäht  ^),  ein  Schmuck,  der  doch  gewiß  nicht  für  sie  er- 
funden, sondern  vom  Volantrock  der  Kreterinnen  übertragen  ist.  Die  Kanne  des 
VI.  Grabes  (Furtwängler-Loeschcke,  Myk. Tongefäße  XI,  55)  zeigt  neben  dem  Motiv 
der  'rippled  wäre'  Weiß  und  Rot  in  der  Art  der  festländischen,  nicht  der  kretischen 
Kamaresvasen  (vgl.  S.  285).  Man  wird  annehmen  dürfen,  daß  dies  Gefäß  und  die  mit 
ihm  verwandte  Ware  gleichfalls  dem  besprochenen  Kulturkreise  angehört,  der  dann 
also  in  der  unmittelbar  vorausgehenden  Zeit  gleichfalls  schwarzbunte  Keramik 
gehabt  hätte.  Unter  diesen  Verhältnissen  liegt  es  gewiß  nahe,  zu  vermuten,  daß  die 
Kultur  in  Kreta  selbst  ihren  Sitz  gehabt  habe,  in  einem  Teile  der  Insel,  der  noch 
nicht  erforscht  ist,  also  am  ehesten  im  Westen.  So  gut  Knossos,  dieMessarä  und  der 
Osten  mehr  oder  weniger  große  Verschiedenheiten  untereinander  aufweisen,  dürfen 
wir  von  vornherein  im  Westen  einen  besonderen  stilistischen  Charakter  erwarten  ^) ; 
ob  er  aber  dem  entspricht,  den  wir  in  den  Schachtgräbern  kennen  gelernt  haben, 
kann  nur  durch  Ausgrabungen  ermittelt  werden.  Inzwischen  spricht  für  unsere  Ver- 
mutung die  geographische  Lage,  gegenüber  der  Argolis,  und  der  bequeme  Handels- 
weg, der  von  den  nach  Norden  gerichteten  Landzungen  westlich  von  Kydonia-.Canea 
über  die  vorgelagerten  Inselchen  nach  Kythera  und  von  dort  in  den  lakonischen 
wie  in  den  argivischen  Golf  führt.  Bei  dieser  Verbindung  sind  westkretische  Ein- 
flüsse auf  dem  Peloponnes  doch  sicher  eher  zu  erwarten,  als  solche  aus  dem  Osten 
der  Insel.  Andrerseits  bildete  dieselbe  Inselbrücke  auch  eine  stete  Gefahr,  da  sie 
feindlichen  Einfällen  vom  Festlande  her  als  Weg  dienen  konnte;  für  die  östlichen 
Gebiete  Kretas  war  der  Westen,  als  der  wildere  Teil  der  Insel,  darum  ein  Bollwerk 
und  wird  im  Altertum  wie  übrigens  auch  heute  eine  rauhere  Bevölkerung  genährt 
haben:  zu  ihr  paßt  die  Vorliebe  für  Kampf  und  Jagd,  die  sich  in  den  importierten 
Kunstwerken  der  Schachtgräber  ausspricht. 

Göttingen.  Kurt  Müller. 

•)  Z.  B.  auf  dem  Kampfbilde  des  einen  Goldringes  798)    neben    sicher    eingewanderten    Stämmen 

und  dem  Schieber  mit  dem  Löwenkampf  (Furt-  Eteokreter   und   Kydonen   genannt   werden,   so 

wängler,  Gemmen  Taf.  2,  Nr.  3.  14).  läßt    sich    daraus    natürlich    für    die    Mitte    des 

*)  Wenn    in   der   bekannten   Odysseestelle    (x  175,  zweiten   Jahrtausends   kein    Schluß   ziehen,   zu- 

vgl.  Ed.  Meyer,  Gesch.  d.  Altert.  I,  2  3   S.  763  u.  mal  beide  Gruppen  isoliert  erhaltene   Überreste 

desselben  Stammes  seiti  könnten. 


Archäologischer  Anzeiger 

B  EIBLATT 

ZUM  Jahrbuch  des  Archäologischen  Instituts 
1915-  I. 


Wieder  beklagt  das  Institut  den  Tod  zweier  Männer,  die  es  zu  seinen 
Ehrenmitgliedern  zählen  durfte,  und  die  einen  Teil  ihrer  reichen  Lebens- 
arbeit dem  Institut  gewidmet  haben. 

Am  18.  Januar  starb  Herr  C.  KlÜGMANN,  hanseatischer  Gesandter  a.  D. 
in  Berlin.  Schon  früh  war  er,  als  Bruder  des  Archäologen  Klügmann,  zu 
unserer  Wissenschaft  in  Beziehung  getreten.  Enger  knüpfte  sich  das  Band, 
als  er  im  Jahre  190 1  in  die  Zentraldirektion  des  Instituts  berufen  wurde  und 
hier  an  der  Leitung  der  Geschicke  des  Instituts  unmittelbaren,  tätigen  Anteil 
nahm.  In  dankbarer  Anerkennung  seines  Wirkens  hat  das  Institut  ihn  zu 
seinem  Ehrenmitgliede  ernannt.    Unser  Dank  folgt  ihm  übers  Grab  hinaus. 

Am  4.  Februar  191 5  entschlief  Herr  Dr.  Franz  Adickes,  Oberbürger- 
meister a.  D.  der  Stadt  Frankfurt  a.  M.  Mit  ihm  ist  eine  der  markantesten 
Persönlichkeiten,  die  im  öffentlichen  Leben  Deutschlands  in  der  jüngsten 
Vergangenheit  hervorgetreten  sind,  dahingegangen.  Weit  über  die  Grenzen 
der  alten  Reichsstadt  hinaus,  deren  glänzende  neueste  Entwicklung  in  ihm 
ihren  Träger  fand,  hat  er  auf  den  verschiedensten  Gebieten  des  öffentlichen 
Lebens  gewirkt  und  geschaffen.  Eine  besondere  Pflege  fanden  bei  ihm 
alle  wissenschaftlichen  Bestrebungen.  Sein  Wirken  auf  diesem  Gebiet  krönte 
die  Errichtung  der  Frankfurter  Akademie  und  ihre  Entwickelung  zur  Univer- 
sität. Daß  an  ihr  von  Anfang  an  auch  die  Archäologie  eine  Stätte  fand, 
dürfen  wir  dankbar  erwähnen.  In  unmittelbare  Beziehungen  zum  Institut  trat 
Adickes,  als  es  sich  darum  handelte,  der  neugegründeten  Römisch-Germani- 
schen Kommission  eine  Heimstätte  zu  schaffen.  Sein  Entgegenkommen  veran- 
laßte  nicht  nur  die  Verlegung  der  Kommission  nach  Frankfurt  a.  M.,  sondern  hat 
auch  bewirkt,  daß  die  Kommission  dort  rasch  Wurzel  faßte  und  daß  fruchtbare 
Beziehungen  zwischen  ihr  und  der  Akademie  sich  anbahnten.  Als  Mitglied  der 
Kommission  hat  Adickes  gerade  in  der  ersten  Zeit,  als  es  galt,  sie  zu  orga- 
nisieren und  auszubauen,  an  ihren  Beratungen  regen  Anteil  genommen,  stets 
sein  klares  Urteil  und  seinen  sachlichen  Rat,  wo  wir  ihn  suchten,  spendend. 

In  die  Trauer  um  den  schweren  Verlust,  den  wir  mit  der  Gesamtheit 
durch  seinen  Heimgang  erlitten,  mischt  sich  der  Stolz,  daß  wir  diesen  Mann 
zu  den  Unsrigen  zählen  durften  und  daß  ein  Teil  seines  reichen  Schaffens 
auch  unserem  Institut  zugute  gekommen  ist. 


Archäologischer  Anzeiger  1915. 


Die  Dariusstele  am  Tearos. 


Den  Tod  fürs  Vaterland  starb  aus  unserem  Kreise: 

DR.  HERMANN  SCHULTZ 

Privatdozent  für  klassische  Philologie  an  der  Universität  Göttingen,  Assistent 

am    Kaiserlich   Deutschen   Archäologischen   Institut   in    Rom    1907 — 1908, 

korrespondierendes  Mitglied  des  Instituts  seit  1908, 

gefallen  am   17.  Februar   19 15  in  den  Argonnen. 

Ehre  seinem  Andenken. 


DIE  DARIUSSTELE  AM  TEAROS. 

Der  König  Darius  von  Persien,  Sohn 
des  Hystaspes,  unternahm  etwa  im  Jahre 
514  V.  Chr.  seinen  Feldzug  gegen  die  jen- 
seits der  Donau  wohnenden  Skythen.  Auf 
dem  Marsche  zur  Donau  kam  er  in  Thrakien 
an  den  Fluß  Tearos,  an  dessen  Quelle  er 
eine  Inschriftstele  errichten  ließ.  Die  aus- 
führliche Beschreibung  dieser  Stelensetzung 
gibt    Herodot    im    IV.    Buche    c.    89 — 91 : 

Aapeio;  8s  o);  oii'^y]  xöv  BoSTropov  xaxa 
T7]v  ayeoir^v,  iTcopsusto  6ta  tr^?  6p7jtxyj?,  dirixo- 
fievoi;  6s  ettI  Tsapoü  Troxafxou  xa?  irrj^a? 
saxpaxoTrsSsuaaxo  TjfASpa?  xpst?.  '  0  8s  Tsapo? 
Xs^sxat  uttö  xäv  Ttsptotxojv  sTvat  Troxa[X(uv 
apitjxo;  xa  xs  aXXa  xa  iq  axeaiv  (pspovxa  xat 
87]  xal  av3paat  xai  itttcoisi  tj^tup/jV  dxsaasöai. 
dal  8a  auxou  al  tttj^oI  Suaiv  8Eoucjai  xssdepd- 
xovxa,  dx  TTExpyj?  xr^c  aux^?  psoucjotf  xat  dt 
(xsv  auxswv  Etat  '|iu5(pat',  a?  Ss  Ospixoti.  68ös 
8'  Itc'  auxd;  soxt  icjtj  i$  'Hpaiou  xs  ttoXio? 
•ZT^^    TCGtpd    nspivöu)    xat    d$  'ÄTcoXXtovtrj?   x^s 

iv    X(5  Eu$£lVtl)  TTOVXO),    8t>ÄV  rjjXEpstüV  ExaxspT], 

dxStooi  Se  6  Tsapo?  ouxos  I?  xov  KovxdSsaSov 
TTOxajjLov,  6  Se  KovxdosaSos  Is  xov  'A^ptovr^v, 
6  Se  '  A"]fpidvr^S  iq  xov"Eßpov,  6  Se  ssOdXaaaav 
X7)V  Trap'  Aivq>  TroXt.  IttI  xoüxov  aiv  xov  iroxa- 
[Aov  dTTtxofiSvos  6  Aotpsio;  (u?  iaxpaxoTCsSEusaxo, 
"yjoösk  xtp  7roxa[x(i)  ctxVjXrjv  laxrjas  xott  Iv&auxa, 
Ypd[x[j,axa  i^TP^'l'^''»  Xeyovx«  xdSs* 

„Tedpou   TTOxapiou  xscpaXai  üStup  dptsxov 
xe  xal  xdXXiaxov  Trapsj^ovxat  irdvxtov  Tioxa- 


uaiv.  xat  pkn  auxd?  dTrixsxo  sXauvwv  litt 
2xu9a;axpaxov  dvTjp  d'ptcjx6?xe  xat  xdXXiaxo?, 
Trdvxiuv  dvöptüTTwv,  Äapsio?  6  'Taxdairso? 
nspaEwv  xs  xal  TrdofTj?  xf^s  T^Treipoti  ßaai- 
Xsu?." 

xauxa  Stj  ivöauxa  i^pd^Tj. 

Der  Tearos  wird  sonst  noch  dreimal 
in  der  antiken  Literatur  erwähnt,  doch 
ohne  daß  wir  mehr  erfahren,  als  Herodot  sagt. 
In  einem  Grabepigramm  auf  Simonides' 
Namen  (Anthologia  Palatina  VII,  514) 
erscheint  der  Name  des  Flusses  in  der 
Form  Theairos: 
AiSoj?  xal  KXsdor^ixov   etcI   Tzpoy^o^ai  Osat'pou 

dsvdou  axovoEvx'   vJYaYsv  eh  Ödvaxov, 
6p7]ixiq)  xupaavxa  Xoj^q)*    iraxpo;  Ss  xXeevvov 

AtcptXou  atj^fxr^xrjs  uto?  löyjx'    ovofxa. 

Eine  dritte  Namensform  (Tatvapo?)  steht  in 
der  alten  Morellschen  Ausgabe  des  Rhetors 
Libanios  aus  Antiochia  (Orat.  Antioch. 
S.  346),  ist  aber  in  den  neueren  Ausgaben 
(seit  Wesseling)  durch  die  herodoteische 
Namensform  ersetzt.  Die  Stelle  lautet 
in  der  Ausgabe  von  Foerster  Vol.  I  Fase.  II 
(Lips.  1903)  pp.  460  f.  (Orat.^  XI  §73): 
Aapst'm  [XEV  ouv  im  ^xuöa?  sXauvovxi  Tsapo? 
h  OpcfXTQ  iroxatxo?  iSoSsv  sTvat  xdXXiaxo?,  xal 
az-tik-^v  0  Aapsio?  axvjöa?  xouxo  lvEYpa<|/£v 
aux^  Tsapov  sivat  Troxap-Äv  xdXXtaxov. 

Plinius  endlich  nennt  n.  h.  IV,  45  einen 
Tearus,  unter  anderen  Flüssen  zwischen 
Donau  und  Bosporus.  Darius  selbst  erwähnt 


Die  Dariusstele  am  Tearos. 


in   seiner   großen   Grabinschrift   am   Felsen 
von  Nak§-i-Rustem  unter  den  ihm  unter- 
worfenen Völkern  auch  die  Saken  (Skythen) 
»jenseits  des  Meeres«,  womit  hier  der  Bos- 
porus    im    besonderen    gemeint    ist;    vgl. 
Weißbach,    Keilinschriften    der   Achäme- 
niden   (Vorderasiatische  Bibliothek  Band  3, 
Leipzig   191 1)   S.    150.      Ferner  erwähnt  er 
seinen  Feldzug  gegen  das  Sakenland.     Der 
Text    dieses  Berichtes   steht  in   einem    nur 
altpersisch  geschriebenen  Nachtrage  (Kol.  V) 
der    großen     dreisprachigen     Inschrift     am 
Felsen  von  Bisutün,  ist  aber  so  lückenhaft 
erhalten,    daß   man   nicht   feststellen   kann, 
ob   der  Tearos  genannt  war.     Da  auch  die 
Jahresangabe  fehlt  oder  zerstört  ist,  bleibt 
die    Zeitbestimmung    unsicher  .  (Weiß b ach 
a.    a.    O.    S.    72 — 75,    §   74   der    Inschrift). 
Herodot  ist  somit  die  einzige  Quelle  für  die 
Errichtung     der     Dariusstele     am     Tearos, 
aber    auch    zeitlich    ihr    sehr    nahestehend, 
ungefähr  60  Jahre  später  niedergeschrieben. 
Um  die  Lage  der  Tearosquelle  bestimmen 
zu   können,    macht   Herodot   einige   genaue 
Angaben.  Der  Tearos  durchströmt  Thrakien. 
Er  gehört  zum  Stromgebiete  des  Agrianes, 
des  heutigen Ergene  (Pauly-Wissowa  1 891  f.), 
und  bildet  den  Zufluß  zu  einem  Nebenflusse 
des  Ergene,  des  Kontadesdos.    Da  letzterer 
bisher  nicht  aufgefunden  wurde,   läßt  sich 
nur  sagen,   daß   der  Tearos  aus   dem  süd- 
westlichen Abhänge  des  Strandschagebirges 
entspringt.       Einen    zweiten   Anhaltspunkt 
gewinnen    wir   aus    der   Tatsache,    daß    die 
Quellen  am  Marschwege  des  Darius  liegen, 
welche  Straße,   da  sie  südlich  des  Strand- 
schagebirges  verlief,    derjenigen   entspricht, 
die    von    Seraj,    nördlich    der    Eisenbahn- 
station  Tscherkessköi,     über    Vise,    Tecke 
Tschifthk,   Bunar  Hissar,  Jene,  Üsküpdere, 
Kisildschik  nach   Kirk   Kilisse  am  Gebirge 
entlang  führte;   s.   R.  Kiepert,  Karte  von 
Kleinasien  Blatt  I  A;   Viquesnel,  Voyage 
dans  la  Turquie  d'Europe  1854  Atlas  Tafel 
i;  T.  18  Fig.  I  und  19;  auch  bei  G.  v.  Hoch- 
wächter,     Mit  den  Türken  in  der  Front, 
Berlin   1913,   Karte  2  und  3.     Eine  dritte, 
noch   genauere    Bestimmung   gibt   Herodot 
damit,  daß  die  Quellen  des  Tearos  gleichweit, 
nämlich    zwei    Tagereisen,     entfernt    seien 
von   der   Stadt   Heraion   bei   Perinthos   am 
Marmarameer  und  von  der  Stadt  Apollonia 


am  Schwarzen  Meer.  Diese  ist  das  heutige 
Sizeboli  in  Bulgarien  am  südlichen  Gestade 
des  Meerbusens  von  Burgas,  vgl.  Pauly- 
Wissowa  II  113  und  C.  Jirecek  Arch.  epigr. 
Mitt.  aus  Öst.-Ung.  X  (1886)  S.  162.  Die 
Stadt  Heraion  ist  m.  W.  noch  nicht  genau 
identifiziert.  Bei  Pauly-Wissowa  fehlt  der 
Artikel;  s.  einstweilen  W.  Pape,  Wörterb. 
der  griech.  Eigennamen  S.  462.  Man  muß 
also  von  Perinth  ausgehen,  das  nach  He- 
rodot in  der  Nähe  Hegen  soll.  Perinth, 
im  späteren  Altertum  in  Herakleia  um- 
getauft (vgl.  P.-W.  VIII  429  Nr.  ?), 
ist  das  jetzige  Eregli  am  Nordufer  des 
Marmarameeres.  Vgl.  auch  Ravennatis 
Anonymi  Cosmogr.  et  Guidonis  Geogr. 
ed.  M.  Pinder  et  G.  Parthey,  Berlin 
1860  pp.  182;  372;  534,  und  HierocHs 
Synecdomus  et  notitiae  Graecae  Episco- 
pat.  ed.  Parthey  Berhn  1866  S.  312.  Die 
Angabe  Herodots  stimmt  nun  mit  den 
anderen  vortrefflich  überein;  denn  suchen 
wir  auf  der  Karte  z.  B.  bei  Viquesnel 
a.  a.  0.  Atlas  Tafel  i  nach  dem  Orte  mit 
der  bezeichneten  Lage,  so  kommen  wir, 
südlich  des  Strandschagebirges,  auf  den 
Ort  Jene  (lena)  westlich  von  Bunar  Hissar, 
an  der  von  Darius  eingeschlagenen  Land- 
straße. 

Von  den  Tearosquellen  selbst  gibt  Herodot 
eine  Beschreibung.  Der  Fluß  habe  acht- 
unddreißig Quellen,  die  alle  aus  dem- 
selben Felsen  kämen;  die  Quellen  seien 
teils  kalt,  teils  warm,  das  Wasser  sei  heil- 
kräftig und  überhaupt  das  schönste  und 
beste   von    allen    Quellen. 

Auf  Grund  der  genauen  Ortsbeschrei- 
bung Herodots  sind  nun  auch  mehrere 
Forscher  dahin  gekommen,  die  Quellen 
des  Tearos  in  die  Gegend  von  Bunar  Hissar 
zu  setzen.  Spiegel,  Eränische  Alters- 
tumskunde,  1873  Bd.  II  S.  343  Anm.  2 
hält  den  »Simir  Dere«,  der  in  Bunar  Hissar 
entspringt,  für  den  Tearos.  Diese  Ansicht 
stützte  sich  wohl  auf  den  Bericht,  den  der 
englische  Generalleutnant  A.  Jochmus 
über  seinen  1847  zur  Auffindung  der  Stele 
nach  Bunar  Hissar  unternommenen  Ausflug 
erstattet  hat:  Journal  of  the  Royal  Geo- 
graphie. Soc.  XXIV  (1854)  S.  43-  Jochmus 
hatte  von  einem  Bektaschi-Derwisch  er- 
fahren, daß  ein  Stein  mit  einer  »altsyrischen« 


Die  Dariusstele  am  Tearos. 


nagelartigen  Schrift  in  der  Nähe  des  Bassins 
der     größten     Quelle    von     Bunar     Hissar 
gefunden      und     zum     Bau     des     Klosters 
bei    der    Türbe    des    Generals    Binbir-oklu 
Ahmed     Baba    im    Tecke   Tschiftlik,    eine 
halbe    Stunde    östlich    von    Bunar    Hissar, 
verwertet  worden   sei.      Leider  konnte  der 
Stein   in    dem    1829   von   den    Russen   zer- 
störten Gute  nicht  wiedergefunden  werden. 
So  war  nicht  festzustellen,  ob  diese  Inschrift 
wirklich   von    Darius    herrührte    oder    etwa 
eine   alte   türkisch-arabische    Inschrift  war. 
Vgl.      auch      Weißbach,      Grundriß     der 
iranischen    Philologie    Bd.    II    S.    63    und 
Pra§ek,  Dareios  I.     (Der  alte  Orient  XIV, 
Heft  4)   S.  29.     Forbiger  (Handb.  d.  alt. 
Geogr.    2.   Aufl.    Bd.    III   S.    735,   Anm.    5, 
1877)     nahm    einen    gewissen   Deara    oder 
Dere  für  den  Tearos.     J.  C.  Cramer  (Geo- 
graphical  and  Historical  Descript.  of  ancient 
Greece    Vol.    I    S.    317)     setzte    1878    den 
Tearos  sogar  nördlich  von  Kirk  Kilisse  als 
Teke   Dere   fest,    der   Kontadesdos   sei   der 
Saradschala.      Tomaschek    (Sitz.-Ber.    d. 
Wiener.  Ak.  Phil.-Hist.  Kl.   Bd.   CXXVIII 
Heft  IV  S.  97)  verlegte  1893  die  Quelle  des 
Tearos  nach  Kryonero  =  Soudschak,  nord- 
östlich von  Bunar  Hissar.     Da  m.  W.  kein 
Orts-  oder  Flußname  in  der  diesbezüglichen 
Landschaft  dem  Namen  Tearos  entspricht, 
mag  nicht  unerwähnt  bleiben,  daß  Toma- 
schek a.  a.  O.  S.  97  vermutet,  dem  Worte 
Tearos    liege    skr.    cäru    »angenehm,    lieb« 
zugrunde    und     die     Benennung    sei    vom 
Perserkönige    selbst    ausgegangen,    wie    er 
ja  auch  die  Güte  des  Quellwassers  in  seiner 
Inschrift  stark  betont. 

Zur  Ermittelung  des  Standortes  der  Stele 
unternahm  ich  mit  Hilfe  des  Kaiserlich 
Osmanischen  Museums  in  Konstantinopel 
in  der  Zeit  vom  29.  Juni  bis  6.  Juli  1914 
einen  kleinen  Ausflug  von  Kirk  Kilisse  auf 
dem  oben  apgegebenen  Wege  über  Jene, 
Bunar  Hissar,  Vise  nach  Tscherkessköi. 
Auf  dieser  Reise  erfreute  ich  mich  der 
Begleitung  und  Unterstützung  der  Herren 
Pastor  Theodor  Heinemann  und  Schul- 
direktor Georg  Kleibömer.  Die  Straße, 
auf  der  Darius  vom  Bosporus  aus  heranzog, 
trifft  beim  Orte  Seraj  auf  die  Vorberge  des 
Strandschagebirges,  an  denen  sie  weiterhin 
entlang  läuft.  Von  Seraj  bis  Vise  (s.  die  Sp.  5  f. 


angeführten  Karten)  führt  der  Weg  in  einem 
breiten,  fruchtbaren  Tale,  in  dem  zahlreiche 
Quellen  hie  und  da  dem  Boden  entspringen. 
Die    östlichen    Berge    nähern    sich    immer 
mehr  der  Straße,  bis  sich  der  langgestreckte 
Stadt-    und    Burgfelsen    von    Vise,    schon 
von  weitem  sichtbar,  quer  ins  Tal  vorschiebt. 
Dieser    Berg,    den    der    Weg    auf    seinem 
äußersten  Ende  überschreitet  und  der  einst 
die   alte    Königsstadt   der   Thraker,    Bizye, 
auf  seinem   Rücken   trug,   scheint   der    Be- 
schreibung des  Tearos  bei  Herodot  zu  ent- 
sprechen.      Dem    Felsen    entspringen    eine 
Menge  von   Quellen  und   Brunnen,   so  daß 
er   dem   Felsen   mit   den   38    Quellen   recht 
ähnlich    sieht.       Von    warmen    Quellen    ist 
allerdings  in  der  ganzen  Gegend  nichts  zu 
entdecken,    doch   erzählt  man,   daß  warme 
Quellen   existiert   hätten,    die  aber  versiegt 
wären.      Von  den   Quellen  in  Vise  scheint 
keine    bedeutend    genug    zu    sein,    daß    sie 
besonders  zur  Errichtung  einer  Stele  heraus- 
gefordert hätte.      Erst   in   der   Fortsetzung 
des  Tales,    das   der  Annefluß   durchströmt, 
etwa    eine    Stunde    von    Vise,    findet    sich, 
ungefähr  30  Meter  links  abseits  der  modernen 
Kunststraße,  aber,  wie  aus  Spuren  erkennbar 
scheint,  an  der  alten  Straße,  eine  mächtige 
Quelle,   genannt  Karpus  Kaldiran   »die  die 
Wassermelone    hebende«,    mit    einem    drei- 
viertelrunden, künstlich  geschnittenen  Bassin 
von  1,65  m  Durchmesser,  das  antik  ist  und 
jetzt  0, 17  m  unter  Wasser  und  0,57m  unter 
dem  modernen  Rande  liegt,  weil  die  Quelle 
durch    Auswurf    von     Sand    ihren     Boden 
erhöht  hat.     In  der  Nähe  dieser  Quelle  soll 
ein     Reliefdenkmal     eines     Reiters,     wahr- 
scheinlich    in     der    Art    des     »thrakischen 
Reiters«,  im  Felde  liegen.     Kurz  bevor  die 
Straße  das  Annetal  verläßt,   um  auf  einen 
zweiten     großen    Ausläufer    der    Vorberge 
hinaufzugehen,     liegt    in    dem    nordöstlich 
gelegenen      Seitentale     von      Ewrendschik, 
V2  Stunde  aufwärts,  auf  der  Talseite  links, 
das  »Mega  Ajasma«,  das  große  Quellheilig- 
tum, von  Strauchwerk  fast  ganz  verdeckt. 
Zwei   nicht   sehr   starke    Quellen   sind   von 
einem  fast  oblongen  Bau  eingehegt,  der  an 
der    Talwand    aus    einer    Böschungsmauer 
von    Quadersteinen    (0,75    m   lang,    0,48   m 
hoch)   besteht,  die  noch  7  Steine  hoch  er- 
halten ist,  und  deren  Länge  etwa  16,50  m, 


Die  Dariusstele  am  Tearos. 


lO 


deren  Höhe  etwa  3,50  m  beträgt.  Die  Tiefe 
des  Baus  ist  rund  9,20  m.  Die  Sockelsteine 
der  Rückwand  waren  fast  alle  noch  in  situ, 
sie  sind  mit  einer  einfachen  Abschrägung 
versehen.  Vom  Gesims  konnte  ein  Block 
am  Boden  liegend  gemessen  werden,  eben- 
falls mit  einfachem  Profil,  nämlich  mit 
einem  breiten,  wagerechten,  unten  abgerun- 
deten und  zurücktretend  einem  schmäleren 
Wulst.  Die  Steine  sind  mit  Mörtel  verkittet; 
der  Bau  scheint  erst  aus  byzantinischer 
Zeit  zu  stammen.  Hier  findet  sich  kein 
Anhaltspunkt  für  eine  Stelensetzung;  eben- 
sowenig im  Tale  von  Kryonero  =  Soud- 
schak,  welches  Dorf  eine  halbe  Stunde  von 
der  Landstraße  entfernt  liegt  und  dessen 
FlulJquellen  mindestens  zwei  Stunden,  also 
zu  weit,  vom  Hauptwege  entfernt  entsprin- 
gen. In  der  Nähe  des  Ortes  selbst  waren 
keine  hervorragenden  Quellen  zu  entdecken. 
Die  Straße  führt  weiter  über  die  Vorberge, 
quert  das  Tal  des  Kara  Agatsch  und  steigt 
hinauf  zum  Tecke  Tschiftlik,  das  an  einer 
von  einem  kleinen  Bassin  eingefaßten  Quelle 
gelegen  ist  und  heutzutage  bis  auf  die 
Türbe  des  türkischen  Generals  völlig  wüste 
ist.  Gegenüber  dem  Kloster,  nördlich  der 
Landstraße,  liegen  die  Trümmer  des  Tschift- 
liks  (Gutes),  alles  von  dichtem  Gestrüpp 
überwuchert,  so  daß  eine  eingehende  Unter- 
suchung nur  bei  längerem  Aufenthalt  möglich 
sein  wird.  Hier  sollte  ja  der  von  Jochmus 
angezeigte  Stein  mit  der  nagelartigen  Schrift 
sein.  Eine  Beschreibung  dieser  Stelle  gibt 
auch    Ami    Boue,   La  Turquie   d'Europe, 

1840,  n  S.  325. 

Etwa  dreiviertel  Stunden  westlich  dieses 
zerstörten  Klosters  liegt  Bunar  Hissar  mit 
einer  byzantinischen  Burg,  von  der  noch 
der  runde  Bergfried,  ein  kleiner  halbrunder 
Turm  und  ein  viereckiges  Haus  erhalten 
sind  (vgl.  Boue  a.  a.  O.  H,  S.  363).  Hier 
war  an  dem  größten  Bassin  angeblich  der 
Stelenstein  gefunden  worden.  Das  Quell- 
bassin ist  im  Frühjahre  1914  aus  gesund- 
heitlichen Gründen  überbaut  worden,  so 
daß  man  die  Einfassung  nicht  untersuchen 
konnte.  Das  Bassin  hat  etwa  4  :  8  m  im 
Geviert,  aber  der  Bach  fließt  nur  in  einem 
1,13  m  breiten  Bette  fort.  Sonst  sind  dort 
noch  zwei  erwähnenswerte,  aber  kleinere 
Quellen  vorhanden. 


Auch  die  größte  Quelle  von  Bunar  Hissar 
aber  verschwindet  völlig  hinter  den  drei 
Quellen  von  Jene  oder  Jenno,  eine  Stunde 
nordwestlich  von  Bunar  Hissar,  die  einen 
bedeutenden  Ruf  in  der  ganzen  Umgegend 
genießen  und  in  vollstem  Maße  verdienen. 
Sie  liegen  nahe  beieinander  und  direkt  an 
der  Heeresstraße  des  Perserkönigs.  Die 
größte  Quelle,  Böjük  Kamera  genannt, 
ist   eine   Doppelquelle.      Die   moderne   tür- 


Abb,  I.     Die  Böjük   Kamera-(^uelle   in  Jene   bei 
Bunar  Hissar,  die  Tearosquelle  des  Darius. 

kische  Einfassung  der  Quelle  (Abb.  i — 3) 
bildet  ein  unregelmäßiges  Sechseck  von 
ungleich  langen  Seiten,  nach  Süden  zu  orien- 
tiert; die  größte  Breite  ist  10,60  m,  die 
größte  Länge  11,20  m.  Von  der  nördlichen 
Abschlußmauer  führt  eine  Freitreppe  0,97  m 
tief  hinunter,  auch  ist  die  nordwestliche 
schräge  Mauer  von  Norden  her  als  Treppe 
gestaltet.  Das  heutige  Ufer  der  Quelle 
liegt  0,25  m  oberhalb  einer  noch  wohl 
erhaltenen  antiken  Einfassung,  die  jetzt 
bis  zu  0,15  m  unter  Wasser  liegt  (s.  Abb.  2), 
weil  das  Quellwasser  im  Laufe  der  Zeiten 
Sand  und  Steine  angespült  und  den  Quell- 


II 


Die  Dariusstele  am  Tearos. 


12 


Abb.  2.     Ansicht  der  Quelle   von  Jene,   von  der  Südwestecke  des  Beckens  aus. 


Abb.  3.     Ansicht  der  Ostquelle  der  Böjük  Kamera  von  Jene  von  der  Südostecke  aus. 


boden  erhöht  hat.  Die  vom  Wasser  be- 
deckten Teile  des  Beckens  sind  in  Abb.  i 
schraffiert.  Die  antike  Einfassung  schon 
teilte  das  Wasserbecken  nach  den  Quellen 
in  zwei  Teile.  Die  Westquelle,  heute  die 
wasserreichste,    ist    1,54   m   breit   und   von 


einem  großen  Granitblock  von  1,75  :  1)05 
Größe  überdeckt.  Das,  Westufer  begleitet 
in  welliger  Linie  eine  antike  Bordmauer 
von  langen,  0,30  m  breiten  Steinen  und 
verengt  das  Flußbett  allmählich.  Die  Tren- 
nung der  beiden  Quellen  bewirkt  ein  Stein 


13 


Die  Dariusstele  am  TearoS. 


14 


von  1,20  m  Länge  und  0,47  m  Breite  mit 
einer  losen  Auflage  von  unbehauenen  Steinen. 
Die  Ostquelle,  gleichfalls  von  behauenen 
Steinen  eingefaßt  und  4,18  m  breit,  ist 
östlich  von  einer  ziemlich  geradlinigen 
Ufermauer  abgeschlossen,  die  den  Fluß  im 
Verein  mit  der  Westmauer,  kurz  vor  der 
modernen  Abschlußmauer  mit  Durchlaß, 
bis  auf  4,50  m  Breite  einengt.  Das  moderne 
Flußbett  aber  hat  hinter  dem  Durchlaß  die 
ansehnliche  Breite  von  7,50  m.  Schon  die 
Flußbreite  spricht  für  die  Stärke  der  Quellen, 
deren  Strömung  auf  Abb.  2  veranschaulicht 
ist.  Das  Wasser  ist  außerordentlich  rein 
und  wohlschmeckend.  Eine  derartige  Natur- 
erscheinung war  wohl  würdig,  durch  ein 
Denkmal  ausgezeichnet  zu  werden.  Das 
ist  nun  auch  tatsächlich  geschehen.  Die 
Ostquelle,  welche  im  Altertum  als  die 
bedeutendere  gelten  mochte,  hat  noch  jetzt 
in  der  Mitte  der  Nordeinfassung  den  Sockel 
einer  Stele  in  ursprünglicher  Lage.  Die 
Bordmauer  besteht  hier  aus  neun  behauenen 
Steinen,  von  denen  der  mittelste  schmäler 
als   die  übrigen   ist,    aber  um  0,04  m  nach 


QUtLLE 


[       13t«w- 


Abb.  4.     Stelensockel  der  Ostquelle  der  Böjük 
Kamera  von  Jene. 

dem  Wasserbecken  zu  vorspringt  und  ein 
0,07  m  bis  0,08  m  tiefes  Zapfenloch  von 
0,11  :  0,14  m  Weite  hat;  der  Zapfen  der 
abgebrochenen     Stele    steckt    noch     darin 


(in  Abb.  2  und  3  durch  einen  spitzen  weißen 
Stein  gekennzeichnet).  Der  Sockel  ist 
0,69  m  lang,  0,40  m  breit  und  0,20  m 
dick  (vgl.  Abb.  4);  das  Material  ist,  wie 
das  der  anderen  Steine,  mit  Ausnahme  des 
Decksteins  der  Westquelle,  der  im  Orte 
anstehende  Muschelkalk,  durch  den  das 
Entstehen  solcher  kolossaler  Quellen  bedingt 
ist.  Am  bekanntesten  sind  wohl  ähnliche 
Quellen  im  Karst  in  Istrien.  Die  Steine 
der  Nordkante  senken  sich  übrigens  nach 
Osten  zu  von  —  0,02  m  auf  —  0,15  m,  wohl 
infolge  des  Druckes  der  Quelle,  die  unter 
den  vier  östlichsten  Steinen  hervorsprudelt. 
Der  Sockelstein  steht  mit  der  Schmalseite 
parallel  zur  Bordkante,  ebenso  auch  das 
Zapfenloch.  Die  Stele,  die  man  sich  nach 
Art  der  Darius-Denkmäler  auf  der  Land- 
enge von  Suez  als  eine  hohe,  oben  abge- 
rundete Platte  vorstellen  darf,  muß  also 
im  rechten  Winkel  zum  Uferrande  gestanden 
haben,  so  daß  man  von  beiden  Seiten 
bequem  herantreten  und  die  Inschriften 
lesen  konnte.  Obgleich  Herodot  es  nicht 
ausdrücklich  sagt,  darf  man  nach  dem  Bei- 
spiel der  Bosporosstelen  des  Darius  (Her. 
IV  87)  wohl  annehmen,  daß  dem  griechischen 
Text  der Tearos- Inschrift  eine  keilschriftliche 
Fassung  gegenüberstand.  Nach  Herodot 
hätte  die  eine  der  beiden  Stelen,  die  Darius 
am  Bosporus  errichten  ließ,  eine  Inschrift 
in  assyrischen,  die  andere  eine  solche  in 
griechischen  Zeichen  enthalten. 

Den  mächtigen  Wasserreichtum  der  Quelle 
von  Jene  erklären  die  Einwohner  merk- 
würdigerweise damit,  daß  das  Wasser  von  der 
Donau  komme,  was  schon  der  türkische 
Reisende  Ewlijja  Tschelebi  in  seiner  Reise- 
beschreibung Band  V  S.  79  (gedruckt  in 
Konstantinopel  i.  J.  131 5  d.  H.)  erzählt. 
(Ich  verdanke  die  Mitteilung  dieser  Stelle 
der  Liebenswürdigkeit  S.  E.  Halil  Edhem 
Bejs.)  Ewlijja  Tschelebi  besuchte  im  Monat 
Schawwel  1066  (August  1656)  »Jene  Hissar« 
(.Laos-  ».Li).  Dieser  Name  sieht  wie  eine 
Verschmelzung  von  Jene  und  Bunar  Hissar 
aus,   was   aus  xler    Beschreibung  ^)   hervor- 


I)  Ewlijja  Tschelebi  sagt:  »Die  Festung  Jene 
Hissar  ist  von  Konstantin  erbaut.  Sie  liegt  auf 
einem  hohen  Felsen.  Sie  ist  klein  und  von  penta- 
gonaler  Form.  Sultan  Murad  hat  sie  erobert,  und 
seitdem   ist   sie   eine    Ruine   geblieben.      Aus   dem 


15 


Die  Dariusstele  am  Tearos. 


i6 


zugehen  scheint,  die  nur  auf  Bunar  Hissar 
paßt,  da  in  Jene  keine  Burg  existiert. 
Auch  Viquesnel  (a.  a.  O.  S.  286  und  S.  303) 
spricht  von  der  mutmaßlichen  Verbindung 
der  Quelle  von  Jene  mit  der  Donau  und 
sagt,  daß  man  dies  auch  von  den  andern 
Quellen  dort  behaupte.  S.  303  gibt  er  eine 
Erzählung  wieder,  die  ein  Beweis  der  Ver- 
bindung sein  soll.  Möglicherweise  aber 
liegt  in  diesem  Gedanken  eine  blasse  Er- 
innerung an  den  Zug  des  Darius  zur  Donau. 
Das  wird  der  König  auf  der  Stele  vermerkt 
haben,  zumal  er  schon  früher  die  Griechen 
zum  Brückenbau  dahin  ausgesandt  hatte, 
und,  nach  Herodots  Mitteilung,  wenigstens 
ein  Hinw^eis  auf  den  Skythenzug  in  der 
Tearosinschrift  enthalten  war.  Wie  schon 
vermutet,  wird  diese  Inschrift  des  Darius 
keilschriftlich  und  griechisch  abgefaßt  ge- 
wesen sein,  so  daß  sie  den  Griechen,  die  noch 
heute  in  Jene  wohnen  und  stets  lebhaftes 
historisches  Interesse  bekunden,  verständlich 
geblieben  sein  muß.  Auf  der  Fortsetzung 
der  Landstraße  bis  Kirk  Kilisse  bietet  sich 
für  die  Frage  nach  den  Quellen  des  Tearos 
nichts  Interessantes.  Auf  dieser  Strecke 
sind  die  Quellen  vom  Wege  sehr  entfernt  '). 
Das  Ergebnis  ist  demnach  folgendes: 
Nach  der  Beschreibung,  die  Herodot  von 
den  Quellen  des  Tearos  gibt,  käme  der  Ort 
Vise  oder  wohl  besser  die  Gesamtheit  der 
quellenreichen  Vorberge  des  Strandschage- 
birges  in  Betracht.  Der  Ortslage  nach 
Herodot  entspricht  die  von  Jene  genau. 
Damit  trifft  zusammen,  daß  sich  in  Jene 
eine  großartige,  in  der  ganzen  Landschaft 
einzig      dastehende      Doppelquelle      findet, 

Felsen  entspringt  eine  gute  Quelle.  Es  ist  sicher, 
daß  dieses  Wasser  von  der  Donau  kommt.  Zur  Zeit 
des  Sultans  Mohammed  I.  hat  man  Stroh  und 
Kohlen  in  die  Donau  geworfen,  die  mit  jenem 
Wasser  wieder  zum  Vorschein  gekommen  sein 
sollen.  Dieser  Ort  besitzt  eine  Hauptmoschee, 
ein  kleines  Bad,  kleine  Moscheen,  mehrere  wichtige 
Häuser  und  Läden,  Weinberge  und  Gärten.  Dieser 
Ort  gehört  zum  Sandschak  Kirk  Kilisse.« 

')  Die  zweite  Quelle  von  Jene  ist  etwa  ein  Drittel 
so  groß,  als  die  Böjük  Kamera,  heißt  Alexopulo- 
quelle  und  ist  von  einem  rechteckigen  Bassin  ein- 
gefaßt, das,  nach  Osten  hin  orientiert,  9,85  m  lang 
und  2,80  m  breit  ist.  An  der  Nordwestecke  sind 
Reste  der  ungefähr  nach  Norden  orientierten  antiken 
Einfassung  noch  unter  dem  Wasserspiegel  erkennbar. 
Die  dritte  Quelle,  die  von  Kosmooglu,  ist  nicht  von 
großer  Bedeutung. 


die  im  Altertum  mit  einer  Stele  geschmückt 
war.  So  bleibt  es  immerhin  sehr  wahrschein- 
lich, daß  die  Tearosquelle,  die  Darius  durch 
seine  Stelensetzung  auszeichnete,  eben  die 
Quelle  von  Jene  gewesen  ist.  Dieser  Befund 
darf  zugleich  als  ein  neuer  Beweis  für  die 
Zuverlässigkeit  der  Geschichtsschreibung  He- 
rodots gelten,  die  so  oft  angezweifelt  wird, 
die  aber,  wo  persische  Verhältnisse  in  Frage 
kommen,   sich  meistens   glänzend  bewährt. 

Konstantinopel.  Eckhard  Unger. 


Nachschrift, 

Die  Reise,  die  Herr  Dr.  Unger  zur  Auf- 
suchung der  Tearos- Quellen  und  der  Darius- 
Stele  unternommen  hat,  ist  topographisch 
erfolgreich  gewesen.  Seine  Ausführungen 
haben  mich  überzeugt,  daß  die  große  Doppel- 
quelle Böjük  Kamera  und  keine  andere 
die  gesuchte  Tearos- Quelle  ist,  und  es 
besteht  für  mich  kein  Zweifel  mehr,  daß 
der  von  ihm  entdeckte  Sockelstein  der 
nämliche  ist,  über  dem  sich  einst  die  von 
Herodot  erwähnte  Darius-Stele  erhob.  Ist 
auch  die  Hoffnung,  die  Inschrift  selbst 
wiederzufinden,  bis  jetzt  unerfüllt  geblieben, 
so  darf  sie  deshalb  noch  nicht  aufgegeben 
werden.  Wenn  sich  künftig  einmal  die 
Möglichkeit  bietet,  die  Trümmer  des  seit 
1829  verwüsteten  Landgutes  TeckeTschiftlik 
aufzuräumen  und  jeden  Stein  sorgfältig  zu 
untersuchen,  kann  es  leicht  geschehen,  daß 
die  Inschrift  oder  ein  größerer  Teil  von  ihr 
wieder  zum  Vorschein  kommt. 

Über  die  Beschaffenheit  der  Inschrift 
läßt  sich  jetzt  natürlich  noch  kein  ab- 
schließendes Urteil  gewinnen.  Indessen 
möchte  ich  zu  dem,  was  Unger  oben  Sp.  14 
über  diesen  Punkt  gesagt  hat,  noch  einige 
Bemerkungen  hinzufügen.  Herodot  sagt 
nicht  ausdrücklich,  in  welcher  Sprache  die 
Inschrift  abgefaßt  war,  und  da  er  ihren 
Wortlaut  auf  griechisch  gibt,  könnte  man 
schließen,  sie  sei  nur  griechisch  gewesen. 
Wenn  aber  an  der  Erzählung  des  Gewährs- 
mannes des  Generalleutnant  Jochmus  etwas 
Wahres  ist,  so  haben  wir  in  den  letters 
resembling  nails  (Jochmus  p.  44)  sicherlich 
Keilschrift  zu  erkennen.  Unger  hat  bereits 
auf  die  beiden  Inschrift-Stelen  hingewiesen, 


17 


Bericht  vom  Jahre  19 13  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


18 


die  Darius  nach  Herodots  Angaben  am 
Bosporus  hatte  errichten  lassen.  Noch 
vollkommener  scheint  mir  die  Analogie 
jener  Darius- Inschriften,  deren  Fragmente 
an  verschiedenen  Stellen  der  Landenge 
von  Suez  entdeckt  worden  sind.  Sie  sind 
viersprachig:  auf  der  einen  Seite  altpersisch, 
elamisch  und  babylonisch,  auf  der  gegen- 
überliegenden Seite  ägyptisch.  Statt  der 
letzteren  enthielt  die  Tearos- Stele  eine 
griechische  Inschrift.  Die  drei  Keilschrift- 
Arten  Altpersisch,  Elamisch  und  Babylonisch 
unterscheiden  sich  zwar  sehr  voneinander, 
aber  dem  Laien  erscheinen  sie  einheitlich; 
ihre  Unterschiede  kommen  ihm  nicht  zum 
Bewußtsein. 

Hoffen  wir,  daß  in  nicht  zu  ferner  Zeit 
ein  glücklicher  Fund  dieses  einzigartige 
Denkmal  noch  zutage  fördern  möge. 

Leipzig-Gautzsch.       F.  H.  We.ißbach. 


BERICHT  VOM    JAHRE    191 3    ÜBER 
DIE  ERWERBUNGEN   DES  UNGARI- 
SCHEN    NATIONALMUSEUMS     (AR- 
CHÄOLOGISCHE ABTEILUNG). 

Die  prähistorische  Wissenschaft  in 
Ungarn  darf  im  Laufe  der  letzten  Jahre  als 
auf  das  wichtigste  Ergebnis  wohl  auf  die  For- 
schungen Otto  Hermans  über  das  Paläolithi- 
kum  der  Miskolczer  Gegend  hinweisen.  Seit 
1 893  sammelte  Herman  mit  minutiöserPünkt- 
lichkeit  die  Daten,  durch  die  er  zu  erweisen 
trachtete,  daß  am  nördlichen  Rande  der  un- 
garischen Tiefebene  —  des  einstigen  Meeres- 
grundes —  zur  Zeit  der  sogenannten  Solu- 
tre-Epoche,  oder,  wie  man  diese  früher  zu 
benennen  liebte:  im  Zeitalter  des  Renntieres, 
den  geologischen  Bestimmungen  folgend, 
also  etwa  vor  50  000  Jahren,  das  Menschen- 
geschlecht schon  lebte,  den  Kampf  ums  Da- 
sein schon  focht;  die  Zeugen  dieses  Kampfes 
erkannte  Otto  Herman  in  einigen  Stein- 
splittern, von  denen  er  zwischen  den  Jahren 
1891  bis  1907,  also  im  Zeiträume  von  16 
Jahren,    im   ganzen    nur   sechs    Stücke   er- 


weisen konnte  ^).  Auf  sein  Betreiben  unter- 
nahm dann  das  k.  u.  k.  Geologische  Institut 
unter  Leitung  der  Herren  Ottokar  Kadic 
und  Eugen  Hillebrand  systematische  For- 
schungen, denen  sich  recht  bald  auch  die 
Altertumsabteilung  des  Ungarischen  Natio- 
nalmuseums anschloß.  Die  Ergebnisse  dieser 
Ausgrabungen  übertrafen  jede  Erwartung: 
sie  führten  uns  nicht  nur  die  kulturelle  Ent- 
wicklung des  Vormenschen  von  Szeleta  vor 
Augen,  sondern  ergaben  auch  manche  Bei- 
träge für  das  Naturmilieu,  in  dem  dieser 
Mensch  lebte.  Die  Höhlenfunde  ergaben  die 
gleichzeitige  Anwesenheit  des  Höhlenlöwen, 
des  Höhlenwolfes  und  der  Höhlenhyäne 
sowie  des  Pferdes  und  des  Rindes  mit  dem 
Menschen.  Wenn  es  auch  bis  jetzt  nicht 
gelang,  der  Knochenreste  des  Vormenschen 
selber  habhaft  zu  werden,  so  ist  sein  cha- 
rakteristischestes Artefakt,  das  Steinwerk- 
zeug, zu  Hunderten  ermittelt  worden  (Abb.i). 
Das  Material  dieser  Werkzeuge  ist  im  allge- 
meinen ein  bläulichgrauer,  dichter  Chalcedon, 
dann  Limnoquarzit;  daneben  findet  sich 
aber  auch  Quarz  und  Opal  sowie  deren  kal- 
zedonartige  Unterarten,  die  durch  Spaltung 
und  an  den  Rändern  manchmal  mit  feiner 
Retouche  für  den  Gebrauch  des  Urmenschen 
geeignet  gemacht  wurden. 

Die  reiche  Formenwelt  der  Bronzezeit 
vertritt  ein  größerer  Depotfund  von  Futtak, 
aus  dem  wir  einige  der  interessanteren  Ob- 
jekte hier  abbilden  (Abb.  2).  Als  typisch 
darin  gelten  die  Sichel  und  die  Hohlaxt  sowie 
die  zweierlei  Arten  von  Lanzenspitzen,  die 
in  dem  Funde  vertreten  sind.  Charakte- 
ristisch ist  aber  für  den  Fund  die  Ver- 
zierung des  Armbandes  (vgl.  Hampel,  Denkm. 
d.  Bronzezeit  in  Ungarn,  I,  Taf.  L,  6),  noch 
mehr  das  Bronzescheibchen  mit  der  Ose  in 


I)  Herman,  Otto,  Zum  Solutreen  von  Miskolcz. 
Mitt.  d.  Wiener  Anthrop.  Ges.,  1906,  S.  4.  — 
Ders.,  Das  Paläolithikum  des  Bükkgebirges  in 
Ungarn,  ebenda,  1908.  —  Kadic,  Ottokar,  Bei- 
"träge  zur  Frage  des  diluvialen  Menschen  im 
Szinvatale  (ung.),  Földtani  Közlemenyek  (Geolog. 
Mitt.)  1907,  S.  333  (hier  auch  die  Aufzählung  der 
älteren  ungarischen  Literatur  über  die  Frage).  — 
Ders.,  Paläolithische  Steinwerkzeuge  aus  der  Szeleta- 
Höhle  bei  Hamor,  ebenda,  1909,  S.  524.  —  Hille- 
brand, Eugen,  Über  die  neueren  paläolithischen 
Höhlenfunde  Ungarns,  Zeitschr.  f.  Ethnologie,  1913, 
S.  935- 


19 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


20 


Abb.  I.     Palaeolithische  Steinwerkzeuge  aus  der  Höhle  Szeleta  bei  Miskolcz. 


der  Mitte  (vgl.  z.  B.  ebenda  Bd.  II,  Taf. 
CLX,  5),  ein  Typus,  dessen  ostasiatische  Her- 
kunft Reinecke  schon  seit  längerem  vertritt 
und  worin  er  durch  Hirth  und  Münsterberg 
unterstützt  wird,  ein  Typus,  der  weiter  in 
grundsätzUchem  Gegensatze  zum  mediterra- 
nen Typus  der  Bronzespiegel,  zu  jenen  mit 
einem  Griffe,  steht.  Wir  wollen  nicht  ent- 
scheiden, in  welcher  Verbindung  zu  dem  hier 
Erwähnten  jene  beiden  zackigen  Bronze- 
objekte des  Fundes  stehen,  deren  nächste 
Analogien  wir  in  den  ostasiatischen  Urnen- 
ständern finden.  —  Als  Teil  des  Fundes 
kaufte  unser  Institut  auch  das  in  der  Mitte 
der  unteren  Reihe  abgebildete  Bronzeobjekt 
an,  das,  wie  sich  nachher  erwies,  ursprüng- 
lich einem  andern  Schatzfunde,  dem  von 
Karolyfalva,  angehörte.  Felix  Milleker  be- 
sprach das  Objekt  zum  ersten  Male  (Alter- 
tumsfunde Südungarns,  I,  Temesvar,  1897, 
S.  57  —  ung.),  indem  er  darin  den  Feder- 
buschhalter eines  Helmes  erkennen  wollte. 
Aus  Ungarn  ist  kein  Analogiefund  bekannt 


geworden,  höchstens  ließen  sich  die  ge- 
schlitzten Kugeln  des  Fundes  von  Nagysag 
beistellen  (Hampel,  1.  c.  Bd.  III,  Taf. 
CCXXVIII);  doch  findet  sich  in  der  Samm- 
lung Uwaroff  ein  vollständiger  Dolch  aus 
dem  Kaukasus,  dessen  Griff  —  im  tektoni- 
schen  Sinne  —  unserem  Stücke  engverwandt 
ist,  das  daher  wahrscheinlich  ebenfalls  als 
Stück  eines  Dolchgriffes  anzusprechen  ist. 
Einer  späteren  Epoche  der  Bronzezeit  in 
Ungarn  entstammt  ein  Dolch  (Abb.  3),  den 
unsere  Sammlung  aus  Mateszalka  erwarb. 
Die  ganz  verkümmerten  Formen  desselben 
lassen  kaum  hie  und  da  jene  Prämissen  ahnen, 
die  die  ähnlichen  Objekte  der  Bronzezeit  zu 
künstlerischen  Erscheinungen  stempelten. 
Der  frühere  Kelch  des  Griffes  ist  hier  zu 
einer  flachen  Scheibe  verkümmert,  und  der 
Staubfaden  des  Kelches  zu  einem  dicken 
Stachel  erstarrt;  die  Gliederung  mit  dem 
dreifachen  Bande  am  Griffe  früherer  Exem- 
plare dieser  Dolche  und  Schwerter  läßt  sich 
hier  in  der  kaum  vviahrnehmbaren   Entasis 


21 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


22 


Abb.  2.     Bronze-Depotfund  von  Futtak.    In  der  Mitte  der  unteren  Reihe  ein  Dolchgriff  von  Karolyfalva. 


erkennen.  Ein  weiteres  Zeichen  der  Ver- 
derbnis ist,  daß  der  halbmondartige  Rahmen, 
der  einst  die  Klinge  mit  dem  Griffe  durch 
Nieten  verband,  hier  einfach  aus  dem  glei- 
chen Stücke  mit  der  Klinge  gegossen  wurde. 
Auch  ist  die  für  ungarische  Bronzeklingen 
charakteristische  Lilienblattform  verwildert. 
Diese  Tatsachen  geben  interessante  Beiträge 
zum  Niedergange  eines  hierzulande  einst 
blühenden  Kunstgewerbes. 

Der  schier  unerschöpfliche  Goldreichtum 
des  Nordwestens  von  Siebenbürgen  berei- 
cherte auch  in  diesem  Jahre  unsere  Samm- 
lung um  einen  339  g  schweren  Goldfund 
(Abb.  4).  Neben  zwei,  in  flache  Voluten 
auslaufenden  massiven  Armbändern  fanden 
sich  auch  drei  Ohrgehänge  in  dem  Funde. 
Diese  bestehen  —  der  Einteilung  Hubert 
Schmidts  i)  folgend  —  aus  der  Kombinierung 
der  Varianten  ß  und  S  der  Grundform  B. 
Bei    Besprechung    dieser    Ohrgehänge    ver- 


»)  Zeitschr.  f.  Ethnol.  1904,  S.  618. 


weist  H.  Schmidt  auf  den  Umstand,  daß 
diese  —  für  Ungarn  charakteristischen  — 
Typen  in  engem  Zusammenhange  mit  der 
mykenischen  Kunst  stehen.  Auch  meint  er, 
daß  —  da  diese  Formen  ihre  Entwicklung 
alif  ungarischem  Boden  durchlebten  —  zu- 
gleich auch  ihre  Herkunft  hier  zu  suchen  sei. 
Er  hält  Siebenbürgen  für  das  Fabrikations- 
zentrum dieser  Zierstücke.  Die  Gebrauchs- 
weise dieser  Ohrgehänge  ergibt  sich  aus 
kaukasischen  Funden,  wo  sie  stets  an  der 
Stelle  der  Ohrmuschel  gefunden  werden  und 
wahrscheinlich  mit  Hilfe  eines  Bandes  am 
Ohre  angebracht  wurden. 

Schon  vor  etwa  zwei  Jahrzehnten  stellte 
Franz  v.  Pulszky  fest  ^),  daß  die  Reihe  von 
Bronzeketten  der  Latene-Zeit  im  Besitz 
unseres  Museums  eine  selten  vollständige 
Auswahl  derselben  biete;  sie  ist  durch  Otto 
Tischlers    Arbeiten    auch    weiteren    Kreisen 


')  Magyarorszäg      Archaeologiaja 
Ungarns),  I,  S.  223. 


(Archäologie 


23 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums, 


24 


bekannt  geworden.  Sicher  ist,  daß  das  aus- 
gesprochene Trachten  der  Latene-Epoche 
nach  der  flächenverzierenden  Dekoration,  die 
selbst  die  tektonischen  Formen  in  leicht- 
geschwungene Bogen  auflöst,  vielleicht  am 
prägnantesten  an  diesen  Ketten  auftritt. 
Leider  hat  das  im  letztvergangenen  Jahre 


Abb.  3.     Dolch  aus  der  Bronzezeit,  von  Mateszalka. 

erworbene  Exemplar,  das  aus  einem  Grab- 
funde von  Tapiöfarmos  stammt  (Abb.  5), 
sehr  gelitten.  Aber  auch  so  ist  der  für  die 
Epoche  charakteristische  entenköpfige  Haken 
unversehrt  geblieben,  und  auch  die  Zellen, 
die  einst  das  Korallen  nachahmende  Blut- 
email in  sich  faßten,  sind  noch  hie  und  da 
gut  zu   erkennen  ^).      Zum   Funde   gehörte 

0  Vg^-  Tischler,  Otto,  im  Archaeologiai  ßrtesitö 
(Arch.  Anz.  —  ung.)  X,  S.  222  f.,  der  diese  Ketten 
ins  4.  vorchristliche  Jahrhundert  datiert. 


auch  das  kleine  Bronzeamulett  mit  der  Tor- 
ques  am  Halse.  Diese  Amulette,  bei  denen 
die  männliche  oder  weibliche  Fruchtbarkeit^) 
stark  hervorgehoben  ist,  finden  sich  seit  der 
Hallstattepoche  stets  in  den  Funden. 

Das  Antikenkabinett  wies  im  Berichts- 
jahre besonders  an  Kleinplastiken  eine  an- 
sehnliche Bereicherung  auf. 

An  erster  Stelle  ist  eine  große  Bronzc- 
lampe  von  dem  Fundort  Mor  zu  erwähnen. 
Über  einem  feingegossenen  und  ziselierten, 
mit  kleinen  Blumen  verzierten  Ölbehältnis 
erhebt  sich  die  reich  ausgebildete  Daumen- 
stütze (Abb.  6).  Ein  dem  Akanthuskelche 
entwachsender  Halbmond  gibt  den  Rahmen 
für  die  Darstellung;  in  der  Mitte  des  Bogens 
erhebt  sich  eine  Zeus- Büste,  hierunter  ist  an 
den  Halbmond  selbst  das  Enkolpium  eines 
Jünglings  mit  Hörnern  angebracht.  Die 
Spuren  zweier  ähnlicher  Enkolpien  lassen 
sich  noch  rechts  und  links  davon  erkennen; 
dem  Fundbericht  gemäß  saß  das  jetzt  in  der 
Mitte  aufsitzende  Emblem  ursprünglich  auf 
der  rechten  Seite  des  Halbmondes,  und  nur 
der  Symmetrie  halber  versetzte  der  vor- 
malige Besitzer  dasselbe  in  die  Mitte.  Am 
Halbmonde  hat  sich  der  Rest  einer  Kette 
(zum  Aufhängen)  erhalten. 

Der  Zeuskopf  gehört  zum  Feinsten,  was 
die  antike  Kleinplastik  auf  diesem  Gebiete 
hervorgebracht  hat.  Die  Augen  und  Lippen 
der  auf  ein  offensichtlich  dem  4.  bis  3.  Jahr- 
hundert angehörendes  griechisches  Original 
zurückzuführenden  Kopie  waren  inkrustiert. 
Der  pathetische  Kopf  ist  von  einem  in  dicke 
Strähnen  geteilten  Haarkranz  umgeben; 
dieser  wie  auch  der  scharf  über  den  Mund- 
winkeln herniederfallende  Schnurrbart  er- 
innern an  den  Otrikolitypus.  Eine  ähnliche, 
ebenfalls  zwischen  die  Arme  eines  Halb- 
mondes gestellte  Zeus-Büste  besitzt  die 
Biblioth^que  Nationale 2).  In  der  Büste  des 
Jünglings  ist  jedenfalls  ein  Helios-Emblem 
zu  erkennen.  Nach  den  Fundangaben  ist 
auf  dem  andern  Arm  des  Halbmondes,  als 
Pendant  zu  Helios,  jedenfalls  das  Brustbild 
der  lo,  der  Personifikation  des  Mondes, 
hinzuzudenken, 'die  die  antike  Kunst  eben- 

')  Ähnliche  in  Mater,  po  Arch.  Kavkaza,  VIII, 
Taf.  XXIX/6.,  CXXII/i. 

-)  Babelon-Blanchet,  Catal.  des  Bronzes  Anti- 
qucs,  Nr.  20. 


25  Bericht  vom  Jahre  1913  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums.  26 


Abb.  4.     Prähistorischer  Goldfund  von  Derecske  (Komitat  Bihar). 


Abb.  5.     Latene-Fund  von  Täpiöfarmos. 


27 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


28 


Abb.  6.     Antike  Rronzelanipe  aus  dem   i.  bis   2.  Jahrhundert  n.  Chr, 


falls  mit  Hörnern  darzustellen  liebte  ').  Eine 
im  Typus  unserem  Helios-Emblem  ähnliche 
lo- Büste  besitzt  ebenfalls  die  Pariser  Samm- 
lung 2).  Als  Verfertigungszeit  unserer  Lampe 
sind  jedenfalls  die  ersten  Dezennien  der 
römischen  Kaiserzeit  anzunehmen. 

Aus  dem  Dorfe  Watsch  in  Karinthien 
stammt  eine  kleine  Athena- Bronze,  die  wir 
durch  Kauf  erwarben  (Abb.  7).  Ihre  Be- 
schreibung lieferte  Anton  Hekler  in  der  Zeit- 


')  Furtwängler,    Jahrb.   d.   Kais.  D.   Arch.  Inst. 
I,  1888,  S.  224. 

2)  Babelon-Blanchct,  1.  c.  Nr.  34. 


Schrift  Archaeologiai  firtesitö  ^).  Dieser  ent- 
nehmen wir  folgendes:  »Die  Statuette  ist 
unversehrt;  es  fehlen  nur  die  Attribute,  und 
der  Zeigefinger  der  rechten  Hand  ist  abge- 
brochen. Die  erhobene  Rechte  stützte  sich 
einst  auf  einen  Speer,  die  vorgestreckte 
Linke  mag  vielleicht  den  heiligen  Vogel,  die 
Eule,  gehalten  haben.  Linkes  Standbein, 
das  rechte  ruht  daneben.  Die  Bekleidung 
unserer  Atheria  ist  der  Chiton  mit  darüber 
geworfenem  Mantel.  Auf  der  Brust  finden 
wir  die  Aegis  mit  dem  Gorgonenhaupte  in 


')  Archaeologiai  firtesitö  1913  S.  232  f. 


29 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


30 


der  Mitte.  Ein  korinthischer  Helm  mit 
mächtigem  Kamme  bedeckt  das  Haupt, 
darunter  quillt  hinten  ein  reicher  Haar- 
schmuck auf  die  Schultern  hernieder.  Die 
Statuette  folgt  typologisch  den  Vorbildern 
des  5.  Jahrhunderts.  Der  Typus  ist  ur- 
sprünglich für  Köre  und  Demeter  bestimmt 
gewesen.  Auch  in  einer,  unserem  Stücke 
ähnlichen  Statuette  der  Wiener  kaiserlichen 
Sammlung  ist  Köre  zu  erkennen.  Der 
Künstler  unserer  Bronze  änderte  die  Be- 
deutung des  herkömmlichen  Typus  durch 
die  Beigabe  der  Aegis  und  des  Helmes  in 
Athene.  Im  Stile  beharrte  er  nicht  skla- 
visch bei  dem  Vorbilde  des  5.  Jahrhunderts. 
Auf  späten  Geschmack  deutet  die  Behand- 
lung der  Aegis  mit  dem  aufgebogenen,  zer- 
knüllten Rande.  Dieses  realistische  Motiv 
wäre  im  5.  Jahrhundert  undenkbar.  Unsere 
Statuette  ist  noch  ein  Werk  des  i.  nach- 
christlichen Jahrhunderts  und  gehört  unter 
die  sorgfältiger  ausgeführten  Exemplare  der 
Kleinbronzen.  Ein  Zeichen  hierfür  ist,  daß 
der  Künstler  das  Material  des  Helmkammes 
durch  die  auf  den  zwei  Seiten  angebrachte 


Abb.  7.     Athenastatuette    des    i.  nachchristl.    Jahr- 
hunderts aus  dem  Dorfe  Watsch  (Karinthien). 

dichte,        kurze       Strichelung        andeuten 
wollte.« 

Angeblich  der  Gegend  von  Wesprim  ent- 


Abb.  9.  Abb.  8. 

Abb.  8.      Bronzestatuette    der  Aphrodite;     i.  bis  2.  Jahrhundert  n.  Chr. 
Abb. 9.   Bronzestatuette  einer  Tänzerin.  Werk  des  i.  bis  2.  nachchristl,  Jahrb.;  nach  hellenistischem  Original. 


31 


Bericht  vom  Jahre  1913  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


32 


stammt  eine  Statuette  der  Aphrodite  (Ab- 
bildung 8).  Es  ist  ein  nach  einem  feineren 
Original  hergestellter  roher  Guß,  an  dem 
selbst  die  Gußnähte  nicht  wegziseliert  wur- 
den. Über  der  Stirn  der  nackten  Gestalt  er- 
hebt sich  ein  Diadem.  Dieses  Diadem  ist 
bei  einer  unserem  Stück  nahestehenden 
Statuette  der  Bibliotheque  Nationale  (aus 
Syrien!)  mit  einem  silbereingelegten  Bande 
verziert*);  an  diesem  syrischen  Exemplar 
sind  auch  die  Augen  mit  Silber  inkrustiert. 


Abb.  IG.    Lar  Augustus.    Römische  Bronzestatuette 
aus  dem   i.  Jahrhundert  n.  Chr. 

Unser  Stück  besitzt  keine  Spuren  einer  In- 
krustierung in  edlem  Metalle,  doch  ist  es 
wahrscheinlich,  daß  die  durchbohrten  Ohr- 
lappen einst  Ohrgehänge  aus  solchem  trugen. 
Das  Haar  fällt  in  dünnen,  leicht  gewellten 
Strähnen  zur  Achsel  herab.  Die  rechte  Hand 
ist,  wie  bei  der  knidischen  Aphrodite,  vorge- 
streckt. Die  Linke  ist  an  der  Wurzel  abge- 
brochen, was  sich  leicht  ereignen  konnte, 
wenn  sie  im  Gelenk  ebenfalls  so  jäh  gebogen 
war  wie  bei  der  obenerwähnten  syrischen 
Analogie,  die  übrigens  in  der  Linken  einen 


I)  Babelon-Blanchet,  1.  c.  Nr.  248. 


Apfel  hält.  In  bezug  auf  die  Haltung  der 
Hände  befand  sich  ein  nahes  Gegenstück  zu 
dem  unseren  (selbst  betreffs  der  Ohrgehänge) 
in  der  Sammlung  Medici  *);  analog  dabei  ist 
noch  das  rechte  Stand-  und  linke  Spielbein  2). 
Werk  des  i.  bis  2.  nachchristlichen  Jahr- 
hunderts. 

Die  Bronzestatuette  einer  Tänzerin  aus 
Dunapentele  (Intercisa)  kam  durch  Kauf 
in  unsere  Sammlung  (Abb.  9).  Im  wind- 
gepeitschten, gegürteten  Chiton,  der  den 
Oberkörper  bis  an  den  Hals  verdeckt,  steht 
in  leichtem  Tanzschritt  ein  junges  Mädchen 
vor  uns;  in  der  Linken  hält  sie  einen  Schleier, 
den  sie  in  mächtigem  Bogen  zur  andern  Seite 
hinüberschwingt,  wo  dessen  anderes  Ende 
über  den  rechten  Arm  herniederfällt.  Die 
Figur  ist  fälschlich  für  eine  Nike  erklärt 
worden;  deren  unausbleibliches  Attribut 
sind  seit  dem  4.  Jahrhundert  die  Flügel  3), 
von  denen  eine  Spur  an  unserem  Stück 
nicht  zu  entdecken  ist.  Irgendein  anderes,  für 
Nike  charakteristisches  Attribut,  z.  B.  Palme 
oder  Kreuz,  besitzt  unsere  Statuette  ebenfalls 
nicht;  wir  haben  darin  offenbar  eine  Tänzerin 
zu  erkennen.  Der  Erhaltungszustand  ist  sehr 
schlecht;  besonders  der  Kopf,  die  rechte 
Hand  und  die  Fußspitzen  haben  stark  ge- 
litten.    Kopie  des   i.  bis  2.   Jahrhunderts, 

Die  Reihe  seiner  Larenfiguren  konnte 
unser  Antikenkabinett  im  Berichtsjahre 
durch  ein  auch  typologisch  interessantes 
Stück  bereichern  (Abb.  lo).  In  eine  ge- 
gürtete Tunika  gehüllt,  balanciert  im 
Tanzschritt  die  jugendliche  Gestalt;  die 
Haarkrone  umgibt  ein  Lorbeerkranz,  von 
dessen  unterem  Ende  zwei  Bänder  auf  die 
Schultern  fallen.  Über  diese  sind  zwei 
breite  Bänder,  der  clavus  angustus,  ge- 
worfen; an  der  Trennungslinie  zwischen  die- 
sem und  der  Tunika  zieht  ein  vertieftes  Band 
hernieder:  es  diente  einst  als  Unterlage  für 
einen  Emailstreifen.  Die  einst  erhobene 
(jetzt  fehlende)  Rechte  hielt  das  Rhyton, 
die  vorgestreckte  Linke  aber  eine  (heute 
ebenfalls  fehlende)  Opferschale.  Den  Fuß 
bedeckt  ein  niedriger,  offener  Bänderschuh. 


•)  Publiziert  bei  Gori,  Mus.  Etr.  I,  Taf.  43. 

*)  Die  Exemplare  mit  dem  Apfel  in  der  Hand 
vgl.  Bernouilli,  Aphrodite,   Kap.  XXIII. 

3)  Studniczka,  Die  Siegesgöttin  S.  4,  und  Zoega, 
Rhein.  Mus.  VI,  S.  589. 


33 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


34 


Der  rechte  Oberfuß  ist  oberhalb  der  Knöchel 
scharf  abgebrochen.     Diese  Lar-Statuetten 
waren  —  dem  Zeugnis  antiker  Schriftsteller 
zufolge  —  durch  Wachs  glänzend  gemacht  i), 
dessen   Folge  es  ist,   wenn  die  Patinierung 
in  vielen  Fällen    zu    wünschen    übrig  läßt. 
Das    besprochene    Exemplar    wurde  außer- 
dem in  neuerer  Zeit  auch  auf  mechanischem 
(chemischem)  Wege  seiner  Patina  beraubt, 
was    —    nebst  einigen  andern   Indizien  — 
Veranlassung  dazu   gab,    an    der    Echtheit 
des  Stückes  Bedenken  erwachen  zu  lassen. 
Infolge     des     häufigen     Vorkommens     der 
Lar-Statuetten  (besonders  seit  dem  i.  Jahr- 
hundert) gelangen  einzelne  Typen  auch  in 
Gegenstücken  in  Verkehr.     So  befindet  sich 
das    Gegenstück    unserer   Statuette    in  der 
Bibliotheque     Nationale  *) ;     der     Fundort 
desselben    ist    unbekannt.      Dafür    kennen 
wir  aber  den    Fundort    eines   andern  ähn- 
lichen   Exemplars,    das    im    Museum    von 
Montbeliard     aufbewahrt     wird  3).      Wenn 
schon    die     allgemeine    typologische     Ähn- 
lichkeit   unseres  Stückes    mit  dem   Pariser 
Exemplar    in    die    Augen    springt,    so    ist 
noch     besonders    zu    erwähnen,     daß     der 
champ-leve-Emailstreifen  beiden  gemeinsam 
ist.  Am  Pariser  Exemplar  ist  —  der  uns  vor- 
liegenden Zeichnung  zufolge  —  das  Neigen 
des  Hauptes  nach  links  etwas  schärfer  be- 
tont; auch  fällt  dort  das  Band  des  Lorbeer- 
kranzes in  dichteren  Wellen  nieder. 

Das  Ungarische  Nationalmuseum  besaß 
bereits  vier  Parfümbehältnisse  4)  und  01- 
lämpchen  in  Form  von  Negerköpfen;  im 
letzten  Jahre  gelang  es,  die  Reihe  um  zwei 
weitere  Stücke  zu  vermehren  (Abb.  ii). 
Das  in  Schnecken  gelockte  Haar,  die  breite 
Nase,  der  hohe  Augenbogen,  der  über  den 
Mundwinkeln  hervorquirlende  Schnurrbart, 
der  spärliche,  in  zwei  Schneckenwindungen 
herabfallende  Bart  und  die  fleischigen,  vor- 
fallenden  Lippen  verraten   auf   den   ersten 


1)  Wissowa,  Annali  dell'  Istit.,  1883,  S.  156  ff. 

2)  Babelon-Blanchet,  1.  c.  Nr.  740. 

3)  Fundort:  Mandeure,  im  Jahre  1866.  (Vgl. 
Duvernoy,  Note  sur  un  groupe  antique  trouve  ä 
Mandeure,  Mem.  lus  ä  la  Sorbonne  en  1867, 
Taf.  II.) 

4)  Kurze  Aufzählung  derselben:  Eber,  L.,  Bronze- 
statuette eines  Negersklaven  im  Museum  von 
Aquincum  (ung.),  Budapest  Regisegei  (Altertümer 
Budapests)  VI/1899,  S.  8. 

Archäologischer  Anzeiger  igis- 


Blick  den  Halbsemiten  ^).  Die  schon  dem 
ethnischen  Typus  selbst  inneliegenden  ar- 
tistischen Werte  wollte  der  Künstler  noch 
vervielfältigen,  als  er  den  Augenstern  durch 
Inkrustierung  ausdrucksvoller,  blitzender  ge- 
staltete. Die  an  den  Brustwarzen  abge- 
schnittene Büste  steht  auf  einem  in  den 
Konturen    rhythmisch    gegliederten    Posta- 


Abb.  ir.     Äthiope.     Parfümbehältnis;  alexandrini- 
sche  Arbeit  vom  Ende  des  2.  Jahrh.  n.  Chr. 

ment;  am  Kopf  des  Gefäßes  waren  Ringe 
befestigt,  in  die  der  Henkel  gehängt  war. 
Unser  Baisamarium  weist  eine  ansehnliche 
Reihe  von  Gegenstücken  auf;  ein  gutes 
Exemplar  besitzt  wiederum  die  Bibliotheque 
Nationale  2) ;  nur  ist  das  Stück  diesmal  keine 

')  Der  Typus  zum  ersten  Male  reihenweise  ge- 
sammelt durch:  Löwenherz,  Die  Äthiopen  der  alt- 
klassischen Kunst,  Göttingen,  1861. 

*)  Babelon,  Cab.  des  Antiques,  S.  51,  Taf.  XVI. 
—  Hiermit  verwandt  ein  Kopf  in  Lyon:  Reinach, 
Repertoire,  IV,  S.  354,  2,  sowie  der  in  Straßburg: 
Forrer,  Reallexikon,  Taf.  228. 


35 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


36 


Büste,  es  reicht  nur  bis  etwas  unterhalb  des 
Halses  herab,  hat  auch  kein  Postament  auf- 
zuweisen. 


Abb.  12,     Äthiope.     Kleineres  Parfümbehältnis; 
Werk  vom  Ende  des  2.  Jahrh.  n.  Chr. 

Um  ein  Beträchtliches  kleiner  als  das  eben 
genannte  ist  ein  anderer  Balsamarkopf, 
ebenfalls  eine  Erwerbung  des  letzten  Jahres 


(Abb.  12).  Das  Gesicht  ist  jugendHcher,  die 
ethnischen  Kennzeichen  verschwommener; 
es  besitzt  kein  Postament. 

Die  weitere  kunstgewerbliche  Form,  bei 
der  ebenfalls  die  alexandrinischen  Ethno- 
graphika  in  Anwendung  kamen,  ist  die  Öl- 
lampe. Ein  trotz  seiner  schon  der  technischen 
Ausführung  (Bronzeguß)  halber  gröberen 
Arbeit  den  Vorhergehenden  an  Charakte- 
ristik gar  nicht  nachstehender  Nubierkopf 
(Abb.  13)  wurde  als  Öllampe  komponiert. 
Aus  dem  Munde  kommt  die  Dochtröhre,  die 
Daumenstütze  hat  die  Form  einer  Isiskrone, 
um  auch  dadurch  das  Ethnische  des  Kopfes 
zu  betonen.  An  der  Stirn  strebt  eine  Öse 
hinan;  sie  diente  zum  Einhängen  einer  Kette. 
Die  offene  Kalotte  besaß  einst  einen  Henkel- 
deckel, der  jetzt  fehlt  ^). 

Als  Geschenk  gelangte  in  unsere  Samm- 
lung eine  Kopfurne,  deren  Vorkommen  für 
Ungarn  recht  vereinzelt  genannt  werden 
muß 2)  und  als  deren  Fundort  das  Pester 
Komitat  angegeben  wurde.  Ein  auf  der 
Drehscheibe     geformtes    Tongefäß     erhielt 


')  Eine  ähnliche  Lampe  in  der  Bibliotheque  Na- 
tionale, Babelon-Blanchet,  1.  c.  Nr.  1020;  weiteres 
vgl.  Bull,  deir  Inst,  di  corris^.  arcHk,  J874,  S.  84. 

^)  Vgl.  Undset,  Über  italische  Gesichtsurnen 
(1890),  Berendt,  Die  pommefeüifec]jen  Gesichts- 
urnen (Phys. -Ökonom.  Abhandl.,'^önrgsberg,  1872 
u.  1878). 


Abb.  13.     Nubier.     Bronzeleuchter  aus  dem   i.  bis  2.  Jahrh.  n.  Chr. 


37 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums, 


38 


Abb.  14.     Römisch-barbarische  Kopfurne,     Angeblich  im  Pester  Komitat  gefunden. 


durch  Auflegen  und  Anbrennen  von  Ton- 
stückchen die  Form  eines  menschlichen 
Antlitzes  (Abb.  14).  Die  Vorläufer  dieses 
kunstgewerblichen  Typus  lassen  sich  weit 
zurück  verfolgen.  Koenen  weist  ihnen  eine 
symbolische  Bedeutung  zu  ^),  was  aber  bei 
unserem  Exemplar  kaum  zutreffen  dürfte. 
Für  das  Alter  des  Gefäßes  ist  es  bestimmend, 
daß  seine  Form  nicht  mehr  jenen  streng 
architektonischen  Aufbau  aufweist,  der  für 
die  Keramik  der  frühen  Kaiserzeit  so  cha- 
rakteristisch ist.  Auch  die  Qualität  des 
Fabrikates  ist  verroht,  und  für  die  spätere 
Kaiserzeit  sprechen  die  vertieft  herum- 
laufenden Bandreihen.  So  mag  unser  Gefäß 
annähernd  gleichalterig  mit  jenem  sein, 
das  —  laut  Koenen  —  mit  Beigaben  aus  der 
Zeit  Konstantins  gefunden  wurde  2). 

Die  Kulturmonumente  jener  Völker,  die  seit 
dem  Ende  des  2.  Jahrhunderts  an  der  Linie 
des  Donaulimes,  besonders  an  der  unteren 
Donau,  hin-  und  herwogten,  sind  dem  ver- 
worrensten Synkretismus  entwachsen.  Die 
sprechendsten  ZeugnUse  dieser  synkretisti- 
schen    Ideenwelt    sin»    die    Denkmäler    des 


jn^s 


')  Koenen,  Konst.,  Gefäßkunde  dervorröm.,  röm. 
u.  fränk.  Zeit  in  d.  Rheinlanden,  Bonn,  1894,  S.  84. 

»)  Ebenda  S.  106  f.,  Taf.  XVII,  3.  Entschieden 
später  als  jene  Kopfurnen  aus  der  Zeit  des  Au- 
gustus,  die  Reinach,  Sal.,  La  Sculpture  en  Europe 
avant  les  influences  greco-romaines,  L' Anthropo- 
logie, 1894,  S,  181,  aufzählt. 


Glaubenslebens.  Als  solche  wurden  z.  B. 
seitens  der  Fachwissenschaft  jene  kleinen 
Bleitäfelchen  beurteilt,  die,  von  Pannonien 
abwärts,  überall  an  der  Donaulinie  vorge- 
funden werden  und  die  durch  J.  Hampel, 
den  gewiegtesten  Kenner  dieser  Art  von 
Monumenten,  mit  dem  Kulte  des  thraki- 
schen  Reiters  in  Verbindung  gebracht  wur- 
den I). 

Das  im  vergangenen  Jahre  erworbene 
Bleitäf eichen  (Abb.  15)  ist  beinahe  vier- 
eckig und  wird  oben  zwischen  zwei  akro- 
terienartig  emporstehenden  Schlußstücken 
durch    einen    halbkreisförmigen    Giebel    be- 

*)  Die  einschlägige  Literatur:  Hampel,  Jos.,  im 
Archaeol.  fotesitö,  XXIII,  S.  305—365;  XXV, 
S.  I— 16,  116— 124;  XXXI,  S.  409—425;  XXXII, 
330 — 352.  —  Derselbe  in  Budapest  Regisegei 
(Altertümer  B.s)  VIII/1904,  S.  i — 47.  —  Vgl.  noch: 
Brunsmid,  J.,  im  Vjesnik  Hrvatskoga  arheolos. 
Drustva.  VI/1902,  S.  148  ff.  —  Dobrusky,  in  den 
Berichten  des  Bulg.  Nationalmuseums  in  Sofia, 
1907,  Heft  I,  S.  140  ff.  —  Hoffilier,  Viktor,  im 
Archaeol.  ßrtesitö,  XXVI,  S.  39 — ^44.  —  Kazarow, 
G.,  im  Archiv  f.  Religionswissensch.,  XV  (1902), 
S.  153— 161.  —  Nowotny,  Ed.,  Wiss.  Mitt.  aus 
Bosn.  und  d.  Herzeg.  IV/1896,  S.  296  ff.  —  Schnei- 
der, R.  V.,  in  d.  Arch.-epigr.  Mitt.  a.  Östr.-Ung., 
XI/1887,  S.  16.  —  Teglas,  Gabor,  in  d.  Bäny.  es 
Koh.  Lapok  (Blätter  für  Hüttenkunde,  ung.),  1909. 
—  Ziehen,  L.,  Arch.  Anz.  1904  S.  11  ff.  —  Ähn- 
liche Stücke  noch:  Monum.  dell'  Inst.  IV,  S.  38,  i 
und  Archäol.  Ztg.  1854,  Taf.  LXV  3,  S.  211  ff. 
Dazu  die  Arch.  Jahrb.  XXIX  1914,  198,  10  zitierte 
Literatur. 


39 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


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schlössen.  Fisch  und  Sterne  bilden  die  Zier 
dieser  Bekrönung.  Im  Hauptfelde  finden 
wir  die  Darstellungen  in  drei  Reihen  geord- 
net. In  der  Mitte  der  obersten  Reihe  steht 
eine  Amphore,  zu  beiden  Seiten  Schlangen, 
in  den  Ecken  die  Büsten  von  Sol  und  Luna. 
Die  Hauptgestalt  der  mittleren  Reihe  ist  die 
Magna  Mater,  auf  die  jederseits  ein  Reiter 
zusprengt;  unter  den  Hufen  der  Pferde  liegt 
je  eine  Menschengestalt,  und  hinter  den 
Reitern  ist  je  ein  Fratzenbild  sichtbar.  Die 
unterste  Reihe  enthält  von  links  nach  rechts 


Abb.  15.    Bleitäfelchen  mit  Reliefs,  auf  den  Kultus 
des  thrakischen  Reiters  bezüglich. 

folgende  Darstellungen:  Tripus,  Lampen- 
ständer, Baum  mit  drei  Ästen,  von  dem 
ein  geköpftes  Tier  herniederhängt;  auf  den 
Baum  zu  eilt  in  schnellem  Schritt  ein  Jüng- 
ling; Amphora,  darüber  drei  Kugeln;  Hahn 
oberhalb  eines  Widderkopfes.  ■ —  Ähnliche 
Denkmäler  besitzen  wir  schon  mehrere.  So 
erwarb  das  Ungarische  Nationalmuseum  im 
Jahre  1886  von  unbekanntem  Fundort 
eines;  im  Jahre  1901  eines  aus  Calma  (Kom. 
Szerem).  Ein  Exemplar  befindet  sich  im 
Museum  zu  Agram  (aus  Vinkovcze) ;  hierüber 
sprachen  sich  Brun§mid,  Kubitschek  und 
Löwy  des  öfteren  aus  ^). 

Auch  ein  anderes  Volk  thrakischen  Schla- 
ges von  jenseits  der  Donau  ist  unter  den  im 
letzten  Jahre  erworbenen  Objekten  ver- 
treten. Es  sind  das  zwei  Silberfibeln  (Ab- 
bildung 16).     Der  typische  Fundort  dieser 


I)  Arch.-epigr.     Mitt.     a.     Östr.-Ung.     III   1879, 
S.  123  u.  172. 


Art  von  Kleiderspangen,  wie  solche  unser 
Museum  schon  fünf  ganze  und  acht  in 
Bruchstücken,  das  Siebenbürger  National- 
museum sechs,  das  Wiener  Hofmuseum 
zwei  besitzt  i),  ist  Siebenbürgen.  Und  da 
der  Fibelchronologie  des  Westens  gemäß  die 


Abb.  16.     Dakische  Silberfibeln.     Aus  der  Gegend 
von  Besztercze. 

Fibeln  mit  dem  perlverzierten  Rücken  in 
die  mittlere  Latene-Epoche  (etwa  150  v.Chr.) 
zu  setzen  sind,  zu  dieser  Zeit  aber  im  heuti- 
gen Siebenbürgen  die  Daker  das  herrschende 
Volk  waren,  so  ist  dieser  Fibeltypus,  dessen 
Charakteristikum  es  ist,  daß  er  stets  aus 
schwerem  Silber  verfertigt  wird,  dakische 
Fibel  zu  nennen.  Mit  voller  Sicherheit  läßt 
sich  dies  besonders  für  das  erste  der  beiden 
Stücke  behaupten,  über,  dessen  Rücken  sich 
eine  breite,  scheibenartige  Entasis  erhebt 
(ähnlich  jener  der  norisch-pannonischen 
Fibeln) ;  oberhalb  dieser  Scheibe  verbreitert 
sich  der  Hals  der  Spange  und  weist  hier  die- 
selbe Verzierung  auf,  die  wir  auch  auf  den 
bekannten  dakischen  Armspangen  beob- 
achten können  2).  Das  Gewicht  der  Spangen 
beträgt  I22',9  und  120,6  g. 

•)  Pulszky,  Magyarorszag  Archaeologiaja,  I,  S. 
213.     Seither  dürfte  sich  die  Reihe  vermehrt  haben. 

^)  Vgl.  z.B.  den  Fund  vonTablasim  Jahresber.  d. 
Ungar.NationaImuseums(ung.)v.J.  191 1,  S.43,  Abb.9. 


41 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


42 


Mitten  in  die  Völkerwanderung  führen 
uns  die  nun  zu  besprechenden  Denkmäler- 
gruppen. Zunächst  der  Fund  von  Högyesz 
(Kom.  Toina),  nahe  dem  Territorium  von 
Zavod,  dem  wir  schon  so  manche  inter- 
essante Aufklärungen  für  die  Völkerwande- 
rungskunst verdanken  (Abb.  17).  Typo- 
logisch  bietet  uns  der  Fund  keine  neuen 
Formen:  er  besteht  aus  vier  zweiteiligen 
Hängestücken,  zwei  Riemenenden  und  zwei 
Riemenzierden  in  Form  von  Hufeisen.  Die 
Stücke  sind  mit  Durchbrucharbeit  verziert; 
der  durchlöchernde  Bohrer  betonte  stets  eine 
spiralartige  Rankenendung.    Ähnliche  Tech- 


uns  kurz  mit  dem  »hufeisenförmigen«  Motive 
befassen.  Charakteristisch  für  dieses  Motiv 
ist  der  Hufeisenbogen,  die  postamentartige 
Verbreiterung  der  beiden  Enden  des  Bogens, 
endlich  das  Akroterion  am  höchsten  Punkte 
desselben.  Eine  vollständigere  und  ur- 
sprünglichere Form  besitzt  dieses  Motiv  an 
ähnlichen  Objekten  des  Fundes  von  Nemes- 
völgy  ^) ;  hier  bildet  die  Mitte  des  Bogens  ein 
vollständiger  Torbau,  mit  einer  regelrechten 
Torverkleidung;  das  am  Firste  sitzende 
Akroterion  hat  hier  die  Form  eines  umge- 
kehrten Trapezoides,  in  dessen  Mitte  sich 
eine  Vertiefung  befindet.  Dieses  künstlerische 


Abb.  17,     Fund  aus  dem  frühen  Mittelalter,  von  Högyesz  (Komitat  Tolna). 


nik  und  die  gleichen  künstlerischen  Motive 
sind  aus  vielen  Teilen  der  großen  ungarischen 
Tiefebene  und  Transdanubiens  bekannt.  So 
sind  ihnen  z.  B.  die  Funde  von  Mezötur  und 
aus  der  Szegediner  Gegend  ^)  sowie  jene  von 
Nemesvölgy  (Mosoner  Kom.)  eng  ver- 
wandt 2).  Hampel  reihte  diese  Funde  in 
seine  erste  Gruppe  ein  und  datierte  sie  auf 
Grund  der  im  gleichen  Funde  vorkommen- 
den Fibeln  in  die  ersten  drei  nachchrist- 
lichen Jahrhunderte.  Wir  wollen  bei  dieser 
Gelegenheit  den  ornamentalen  Motiven  nicht 
ins  einzelne  nachgehen;  nur  im  Hinblick  auf 
die  hier  gegebene   Datierung  möchten  wir 


I)  Hampel,  Altert,  d.  frühen  MA.,  H,  102  ff.,   Hl, 
Taf.  81. 

^)  Ebenda  HI,  Taf.  112. 


Motiv  läßt  sich  nun  im  mediterranen  Kunst- 
kreise nirgends  wiederfinden.  Dafür  besitzen 
wir  aber  die  nächste  —  und  zwar  monu- 
mentale —  Analogie  desselben  in  dem  älte- 
sten und  häufigsten  Ornamente  der  indischen 
Kunst,  in  dem  »Küdu«  2)  (anders  dem 
»buddhistischen  Hufeisen«),  das  seit  dem 
2.  vorchristlichen  Jahrhundert,  seit  den 
Tagen  des  Königs  Asoka,  an  den  verschieden- 
sten Gebäuden  stets  als  Zonenornament  Ver- 
wendung fand.  Seit  dem  7.  christlichen 
Jahrhundert  wurde  in  der  Mittelnische  stets 
ein  menschliches  Antlitz  angebracht  3).    In- 

0  Ebenda  HI,  Taf.   112,  14. 

*)  Aus  dem  Sanskrit,  »Hütte«, 

3)  Vgl.  Jouveau-Dubreuil,  Archeologic  du  Hud 
de  rinde  I  (1914),  S.  19,  52,  61,  außerdem  die  Tafeln 
passim. 


43 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


44 


folge  der  indischen  Bestattungsgebräuche 
besitzen  wir  keine  Kleinfunde  aus  Indien, 
aber  die  architektonische  Rolle  dieses  Küdu- 
Motives  (eng  aneinandergereiht  an  zonen- 
artigen Fassadenbändern)  entspricht  ganz 
jener  dekorativen  Aufgabe,  die  dieses  huf- 
eisenförmige Riemenzierstück  in  den  Völker- 
wanderungsfunden zu  leisten  hat.  Es  ist 
dabei  auch  stets  vor  Augen  zu  halten,  daß 
das  Motiv  weder  vor-  noch  nachher  im 
ganzen  eurasischen  Kunstkreise  irgendwo 
anders  als  in  diesen  beiden  Fällen  nachzu- 
weisen ist.  Da  wir  es  nicht  mit  einem  pri- 
. mären  Motiv,  sondern  mit  einer  recht  kom- 
plizierten künstlerischen  Hervorbringung  zu 
tun  haben,  so  müssen  wir  die  Beeinflussung 


In  einen  andern  Kulturkreis  führt  uns  ein 
Paar  Ohrgehänge  aus  Gold  von  Kötelek 
(Kom.  Jasznagykunszolnok)  (Abb.  18).  In 
Silber  und  Bronze  ist  diese  Art  von  Ohr- 
gehängen recht  häufig  (Keszthely '),  Cziko^), 
Zavod  3)  u.  a.  m.).  Von  Gold  sind  sie  aber 
selten.  Wir  besitzen  bisher  nur  eines,  von 
unbekanntem  Fundorte.  Das  Filigranwerk, 
das  die  Kugel  des  Gehänges  bedeckt,  hat 
die  Form  von  Lyren.  Es  ist  wahrscheinlich 
das  unverstandene  Überbleibsel  eines  an- 
tiken (lesbischen.?)  Kyma,  wie  auch  der 
Typus  des  Gehänges  selbst  aus  der  griechisch - 
römischen  Antike  ins  Mittelalter  herüber- 
kam. Die  sarmatischen  Gräberfelder  haben 
es  oft  aufzuweisen,  es  liegt  daher  die  An- 


Abb.  18.     Goldene  Ohrringe  aus  dem  frühen  Mittelalter,  von  Kötelek  (Komitat  Jasznagykunszolnok). 


des  einen  von  seiten  des  andern  notwendiger- 
weise voraussetzen;  es  ist  nur  natürlich, 
wenn  wir  das  indische  Motiv  für  primär  er- 
achten. Hierzu  kommt  noch,  daß  eben  der 
Fund  von  Nemesvölgy  charakteristisch  zen- 
tralasiatische Objekte  umfaßt:  die  sibiri- 
sche Gruppe  von  Schnallen  mit  Greifen- 
ornamentik, die  Riemenenden  mit  dem 
Drachenkampfe  und  endlich  die  zum  Mo- 
tivschatze des  späten  türkischen  Skythen- 
tumes  gehörenden  Roßköpfe.  Es  ist  nun 
klar,  daß  wir  es  in  dieser  ganzen  Denkmäler- 
gruppe mit  dem  Nachlaß  eines  Volkes  zu 
tun  haben,  das  seine  künstlerische  Nahrung 
dem  Mischstile  Zentralasiens  entnahm.  Wird 
nun  die  Gruppe  andererseits  auf  die  frühesten 
christlichen  Jahrhunderte  datiert,  so  können 
wir  nicht  umhin,  sie  mit  dem  Namen  der 
Hunnen  (wenn  auch  nicht  derjenigen,  die 
mit  Attila  in  unserem  Erdteil  erscheinen) 
zu  bezeichnen. 


nähme  nahe,  daß  es  in  den  griechischen 
Kolonien  des  Schwarzen  Meeres  beliebt  war. 
Aber  noch  in  einem  Gräberfelde  des  1 1.  Jahr- 
hunderts in  Knin  (Kroatien)  finden  wir  es 
wieder. 

Wenn  es  uns  nicht  gelang,  dieses  Ohr- 
gehänge ethnisch  und  zeitlich  genau  zu  da- 
tieren, so  sind  wir  in  einer  glücklicheren  Lage 
einem  Funde  gegenüber,  den  wir  aus  Kö- 
vesd  (Kom.  Zemplen)  erwarben.  Die  fünf 
Silberobjekte  des  Fundes  (Abb.  19)  sind: 
ein  Ring,  ein  Ohrgehänge,  die  Kugel  eines 
solchen,  ein  Armband  und  ein  Knopf.  Das 
Armband  ist  ein  glatter  Draht;  die  andern 
Stücke  sind  alle  reich  verziert,  und  das 
Hauptmerkzeichen  dieser  Verzierung  ist  die 
häufige  Anwendung  von  Kügelchen,  also  von 


0  Hampel,  1.  c.   I,   S.  368,  Abb.  980. 

2)  Ebenda,  Abb.  981. 

3)  Ebenda,  Abb.  983. 


45 


Bericht  vom  Jahre  1913  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


46 


Abb.  19.     Funde  aus  der  späteren  Völkerwanderungszeit  von  Kövesd  (Komitat  Zemplen). 


granum.  Der  Ring  hat  eine  charakteristisch 
byzantinische  Form,  mit  einer  hohen,  runden 
Kassette  und  Flechtwerk  am  Bande;  dieser 
Typus  bHeb  bis  zum  heutigen  Tage  auf  dem 
Balkan  heimisch.  Der  Knopf  ahmt  ein  an- 
tikes Motiv,  das  eines  Muschelgefäßes,  nach. 
Eine  in  unseren  Funden  des  9.  bis  10.  Jahr- 
hunderts recht  häufige  Form  besitzt  das 
Ohrgehänge.  Besonders  die  Gegend  von 
Tokaj  ist  reich  an  solchen  Stücken  ^),  und 
hier  finden  sie  sich  in  Begleitung  von  Münzen 
vor,  deren  späteste  aus  der  Zeit  Nikephoros 
II.  und  Basilios  IL  stammen  (964).  Etwa 
in  die  gleiche  Zeit  ist  auch  unser  Fund  zu 
verweisen. 

Allgemein  bekannt  dürften  die  nahen  Be- 
ziehungen sein,  die  unser  Land  zu  Zeiten 
der  Ärpaden  mit  dem  byzantinischen  Kultur- 
kreise verbanden.  Sie  hörten  aber  auch 
später  nicht  auf  zu  wirken,  und  das  Kultur- 
bild Ungarns  trägt  häufig  die  Spuren  der 
durch  die  byzantino-slavische  Welt  hindurch- 
sickernden mediterranen  Kultur.    Eines  der 


»)  Ebenda,  S.  356,  Abb.  939. 


häufigsten,  weil  allgemeinsten  Zeugnisse  der 
gemeinsamen  mediterranen  Koine  ist  das 
Motiv  des  »Reiterheiligen«.  Heute  ist 
schon  mit  einer  gewissen  Sicherheit  anzu- 


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Abb.  20.     Byzantino-slavische  Silbertasche  mit    der 
Darstellung  des  Heiligen  Georg. 


47 


Bericht  vom  Jahre  191 3  über  die  Erwerbungen  des  ungarischen  Nationalmuseums. 


48 


nehmen,  daß  dieser  Heilige  im  südöstlichen 
Winkel  des  Mittelländischen  Meeres  ent- 
stand. Zu  seiner  vollen  Ausbildung  trugen 
ebenso  der  den  Typhon  niederstechende 
Horus'),  wie  der  kleinasiatische  Typus  des 
Bellerophon-Perseus^),  wie  schließlich  der 
durch  die  Gestalt  des  Bahram-Gur  ver- 
mittelte Typus  des  iranischen  Reiterheros  3) 
bei.  In  der  ägyptischen  (koptischen)  Gruppe 
tritt    zu    Anfang  des   Mittelalters  der  syn- 


»Verteidiger  der  Kirche«,  Konstantinos,  ja, 
als  diese  Gestalt  am  Balkan  mit  jener  des 
thrakischen  Reiters  kontaminiert  wurde, 
bildet  er  sich  einfach  in  einen  berittenen 
Soldatenheiligen,  in  den  hl.  Georg  und 
Theodor  im  byzantino-slavischen  Kreise, 
um.  Die  orientalische  Gestalt  des  Helden- 
heiligen Georg  löst  auch  im  Westen  ihr 
Gegenbild,  das  des  hl.  Martin,  aus.  Der 
Typus  wurde  dann  im  Orient  so  sehr  zum 


Abb.  21.     Armenisches  Silberschüsselchen  mit  der  Darstellung  des  Heiligen  Georg. 


kretistische  Typus  Salomos  und  der  Erzengel 
Michael  und  Gabriel  auf,  doch  selbst  so 
an  die  Scholle  gebundene  Heilige,  wie 
es  der  hl.  Menas  war,  kommen  beritten 
vor.     In  Byzanz  übernimmt  den  Typus  der 


")  Strzygowski,  Der  koptische  Reiterheilige, 
Ztschr.  f.  Agypt.  Spr.,  XL,  S.  51. 

^)  Supka,  Motivenwanderung  im  frühen  MA., 
Archaeol.   Ertesitö,   1914,   S.   12. 

3)  Justi,  Zeitschr.  f.  christl.  Kunst  XI/1898, 
S.  228  u.  362  ff.,  sowie  V.  Gutschmid,  Über  die 
Sage  vom  hl.  Georg,  als  Beitrag  zur  iranischen  My- 
thengeschichte, Ber.  u.  Vhdl.,  Leipzig,  1861,  S. 
175 — 202. 


Gemeingute,  daß  seiner  sich  auch  die  is- 
lamische Kunst  bemächtigt  und,  absehend 
von  jedweder  religiösen  Beziehung,  die  sie 
sowohl  zum  Parsismus  als  zum  Christentum 
in  Verbindung  bringen  könnte,  den  Typus 
des  Reiterheiligen  ganz  unabhängigerweise 
mit  der  Gestalt  des  Kaffedschi  bereichert '). 
Aus  der  byzantino-slavischen  Gruppe  dieser 
Darstellung  konnten  wir  im  letzten  Jahre 
zwei  Silberobjekte  mit  der  Darstellung  des 
hl.  Georg  erwerben.    Das  eine  (Abb.  20)  ist 


I)  Die  weitere  Literatur  vgl.  bei  Aufhauser,  Das 
Drachenwunder  usf.     Leipzig,   191 1,   S.  X — XL 


49 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     Januar- Sitzung  1915. 


50 


eine  Brusttasche  mit  der  Darstellung  des 
Reiterheiligen,  der  seine  Lanze  in  den 
Körper  eines  Drachen  sticht;  im  Hinter- 
grunde rechts  ein  Baum,  links  das  Chryseion. 
Die  Aufschrift  ist  scheinbar  die  fehlerhafte 
Wiedergabe  der  östlichen  Namensform  »Geo- 
rios-Gorias«  ^). 

Das  andere  Objekt  ist  —  aus  der  Technik 


unter  die  Straußenvögel  lassen  annehmen, 
daß  die  Schüssel  im  Bereiche  des  westlichen 
Islam,  im  Mogrebh,  entstanden  sei.  Eine 
eingehendere  Untersuchung  verdient  die 
Frage,  ob  die  im  Mittelpunkte  dieser  Schüs- 
seln —  von  denen  unsere  Sammlung  eine 
beträchtliche  Reihe  besitzt  —  hingelagerten 
Widder  oder  Hirsche   in  einen  inhaltlichen 


Abb.  22.     Silberschüsselchen  im  Stile  des  Moghrebh. 


seiner  Verzierung  zu  schließen  —  offenbar 
eine  armenische  Eulogien- Schüssel  2),  wie 
solche  bei  Gelegenheit  des  Osterfestes  die 
Anhänger  der  orientalischen  Kirche  sich 
gegenseitig  zuzuschicken  pflegten  (Abb.  21); 
es  steckt  hierin  die  Erinnerung  an  jene  alte 
Gepflogenheit,  wonach  das  Osterbrot  aus 
der  Kirche  auf  solchen  Schüsseln  in  die 
Privathäuser  getragen  wurde.  Die  primitive 
Darstellung  der  lebenden  Formen,  wie  auch 
die  schematisch  übereinandergestellten  Zy- 
pressenbäume scheinen  darauf  hinzuweisen, 
daß  zur  Ornamentik  des  Schüsselchens  auch 
anatolische  (?)  islamische  Einflüsse  bei- 
trugen. 

In  den  Kreis  der  muhammedanischen 
Kunstübung  ist  jedenfalls  ein  anderes  Schüs- 
selchen zu  verweisen  (Abb.  22) ;  die  Bogen- 
architektur  mit  mehreren  Nasen  und  dar- 


')  1.  c.  S.  206  und  Anm.  zu  202,  i. 
*)  Für  den   Begriff    vgl.    Supka,    im    Archaeol. 
ßrtesitö,  1909,  S.  312. 


oder    kunstgeschichtlichen    Bezug    zu    den 
Schüsseln  selbst  zu  bringen  sind. 


Budapest. 


G.  Supka. 


ARCHÄOLOGISCHE  GESELLSCHAFT 
ZU  BERLIN. 

Sitzung   vom    5.    Januar    1915. 

Der  Vorsitzende,  Herr  G.  Loeschcke, 
eröffnete  die  stark  besuchte  Sitzung  mit 
begrüßenden  Worten,  die  in  den  Wunsch 
ausklangen,  daß  das  neue  Jahr  einen  sieg- 
reichen Frieden  bringen  und  alle  Mitglie- 
der zu  friedlicher  wissenschaftlicher  Arbeit 
vereinen  möge. 

Wieder  hat  die  Gesellschaft  durch  den 
Heldentod  eines  ihrer  Mitglieder,  nunmehr 
schon    des    dritten,    einen    herben,    allseitig 


51 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     Februar-Sitzung  191 5. 


52 


tief  empfundenen  Verlust  erlitten.  Dr. 
Walter  Reimpell,  wissenschaftlicherHilfs- 
arbeiter  an  der  Vorderasiatischen  Abteilung 
der  Kgl.  Museen,  ist  als  Leutnant  der  Reserve 
im  8.  Pommerschen  Infanterie -Regiment 
Nr.  61  am  ii.  Dezember  1914  bei  einem 
Sturmangriff  an  der  Spitze  seiner  Kompagnie 
auf  dem  östlichen  Kriegsschauplatz  gefallen, 
nachdem  er  sich  vorher  in  Frankreich  bei 
einem  anderen  Regiment  das  Eiserne  Kreuz 
erkämpft  hatte.  Herr  Loeschcke  widmete 
dem  der  Wissenschaft  und  seinen  zahlreichen 
Freunden  zu  früh  Entrissenen  herzliche 
Erinnerungsworte.  Er  gedachte  weiter  des 
schmerzlichen  Verlustes,  den  die  Gesell- 
schaft durch  den  Tod  ihres  langjährigen, 
treuen  Mitgliedes  Oberbibliothekar  a.  D. 
Prof.  Dr.  Rudolf  Weil  betroffen  hat,  der 
am  7.  November  im  67.  Lebensjahre  nach 
langem  Leiden  gestorben  ist. 

Ihren  Austritt  aus  der  Gesellschaft  haben 
zum  Jahresschluß  angezeigt:  Privatdozent 
Dr.  Rothstein  und  Oberlehrer  Prof.  Freye. 
Als  neues  Mitglied  wurde  Oberlehrer  Prof. 
Dr.  Anspach  angemeldet. 

Sodann  erstattete  Herr  A.  Schiff  als 
Schriftführer  und  Schatzmeister  den  Ge- 
schäfts- und  Kassenbericht  für  das 
Jahr  19 14.  Die  Zahl  der  Mitglieder  ist 
wie  in  den  beiden  Vorjahren  auf  163  stehen 
geblieben,  da  Abgang  und  Zugang  (je  13) 
sich  ausglichen.  Dem  ersten  weiblichen 
Mitglied  (Frl.  Dr.  Bieber)  ist  rasch  ein 
zweites  (Frl.  Dr.  Heinemann)  gefolgt.  Das 
74.  Winckelmannsfest  wurde  am  9.  Dezember 
V.  J.  in  gewohnter  Weise,  allerdings  mit 
erheblich  schwächerer  Beteiligung,  gefeiert. 
Die  Kassenverhältnisse  sind  geordnet;  doch 
ist  der  ansehnliche  Überschuß,  mit  dem 
das  Jahr  -1913  abschloß  (über  1400  Mk.), 
durch  außerordentliche  Aufwendungen  des 
Berichtsjahres,  z.  B.  die  öffentliche  Sitzung 
in  der  Singakademie,  stark  herabgemindert 
worden.  Zu  Kassenrevisoren  für  1914 
wurden  die  Herren  Winnefeld  und  Bruno 
Schröder  bestellt. 

Bei  der  Vorstandswahl  wurde  auf  Vor- 
schlag des  Herrn  Eduard  Meyer  der  vor- 
jährige Vorstand  durch  Zuruf  wiedergewählt. 
Er  besteht  somit  für  das  Jahr  191 5  aus 
den  Herren  Loeschcke  (Vorsitzender), 
Dragendorff,      Wiegand,       Brucckner 


und     Schiff     (Schriftführer    und     Schatz- 
meister). 

Der  wissenschaftliche  Inhalt  der  fast  drei- 
stündigen Sitzung  gehörte  ganz  dem  antiken 
Theater.  Herr  E.  Fiechter  aus  Stuttgart 
behandelte  (als  Gast)  in  einem  i  V4  stündigen, 
durch  zahlreiche  Lichtbilder  illustrierten 
Vortrage  die  baugeschichtliche  Ent- 
wicklung des  antiken  Theaterge- 
bäudes. Er  knüpfte  dabei  an  sein  kürzlich 
unter  demselben  Titel  erschienenes  Buch 
(München,  C.  G.  Beck)  an,  ging  aber  in  der 
Behandlung  herausgegriffener  Einzelfragen 
darüber  hinaus.  Die  Einwendungen,  die 
Herr  W.  Dörpfeld  in  der  Diskussion  gegen 
die  Fiechterschen  Theorien  geltend  machte, 
gestalteten  sich  zu  einem  zweiten,  ebenso 
eingehenden  Vortrage.  Des  weiteren  sprachen 
in  der  Diskussion  Herr  E.  Bethe,  der  zu 
der  Sitzung  aus  Leipzig  gekommen  war, 
und  zum  Schluß  noch  einmal  Herr  Fiechter. 


Sitzung   vom    2.    Februar    1915. 

Den  Vorsitz  führte  Herr  G.  Loeschcke. 
Als  neue  Mitglieder  wurden  Oberlehrer 
Josef  Kaibel  und  Oberlehrer  Prof.  Wil- 
helm   Pfeifer  angemeldet. 

Herr  Loeschcke  legte  einige  bedeutsame 
Neuerscheinungen  vor:  die  von  Paul  Wolters 
bearbeitete  10.  Auflage  des  I.  Bandes 
(Altertum)desSpringer-MichaelisschenHand- 
buches  der  Kunstgeschichte;  Carl  Robert, 
»Oidipus,  Geschichte  eines  poetischen  Stoffs 
im  griechischen  Altertum«  (Berlin,  Weid- 
mannsche  Buchhandlung,  2  Bde.);  Maxi- 
milian Mayer,  Apulien  vor  und  während  der 
Hellenisierung  (Leipzig  1915).  Herr  Tren- 
delenburg berichtete  über  einen  im  Jahr- 
buch der  Ingenieure  erschienenen  Aufsatz 
von  Richard  Hennig,  »Beiträge  zur  älteren 
Geschichte  der  Leuchttürme«,  der  im  Gegen- 
satz zu  H.  Thiersch  u.  a.  den  Nachweis 
führt,  daß  Leuchtfeuer  erst  zu  Tiberius' 
Zeiten  nachweisbar  sind. 

Den  einzigen  Vortrag  des  Abends  hielt 
(als  Gast)  Herr  Maximilian  Mayer  über 
Apuliens  Kultur  bis  zum  Früh- 
klassischen.  Im  Anschluß  an  seine  Pu- 
blikation gab  er  einige  darüber  hinaus- 
gehende Mitteilungen,  die  er  durch  Pho- 
tographien     und      Lichtbilder      erläuterte. 


53 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     März-Sitzung  191 5. 


54 


Zunächst  über  die  dort  nicht  behandelte 
prähistorische  Epoche,  also  die  großen 
neolithischen  Ansiedlungen  von  Matera  und 
Molfetta,  wo  ein  lebhafter  Verkehr  über 
See  kommender  Fremden  auffällt.  Dann 
über  die  Dolmen,  deren  einige  jetzt,  z.  T. 
mit  den  unteren  Schichten  des  umgebenden 
Hügels,  auch  in  der  Mittellandschaft  ent- 
deckt werden,  sowie  über  einige  reifbronze- 
zeitliche  Stationen.  Unbestimmt  bleiben  vor- 
läufig die  zahlreichen  sogenannten  Specchie,, 
hohe  Steinhügel,  auch  einige  alte,  gewiß  aber 
nicht  megalithisch  zu  nennende  Bauwerke 
bei  Patu  und  Vitigliano.  Fast  Von  Anfang 
an  mischen  sich  Strömungen  aus  zweierlei 
Richtung  ein,  aus  dem  ägäischen  Bereich, 
andererseits  von  den  Balkanländern  her. 
Beiden  sind  mit  der  Zeit  immer  erkenn- 
barer Überwanderungen  aus  jenen  Be- 
reichen gefolgt.  Diejenigen  aus  Illyrien 
führten  zur  Verdrängung  der  Proto-Sikuler 
und  Sikuler  und  zur  Überschichtung  der 
spärlichen  »Italiker«.  Für  das  Problem 
der  Messapier  und  ihres  Verhältnisses  zu  den 
Japygern  wurde  auf  das  Buch  verwiesen; 
ebenso  für  die  Gräber  und  vieles  andere. 
Die  sehr  eigenartigen  Trachten  lassen  sich 
aus  Malereien  und  Terrakotten  illustrieren. 
Das  Erfreulichste  ist  die  sehr  reiche  Keramik, 
überwiegend  geometrischen  Stils.  Größten- 
teils übersehen  werden  in  historischen  Zeiten 
die  nicht  wenigen  Spuren  kleinerer  griechi- 
scher Kolonien,  die,  von  Kretern,  Rhodiern, 
Koern,  Milesiern  angelegt,  es  nur  nicht  zu 
politischer  Selbständigkeit  brachten  und 
vielleicht  früh  verkümmerten;  sie  erscheinen 
aber  nicht  unwichtig  als  Keimstätten  und 
Befruchtungsmomente  in  der  vorklassischen 
Periode.  Ihren  Spuren  kann  man  an  der  Hand 
schwarzfiguriger  einheimischer  Gefäße  und 
anderer  Gerätschaften,  die  sich  von  den  nicht- 
griechischen Nachahmungen  scheiden,  schon 
heute  nachgehen,  obwohl  dies  nicht  mehr 
als  ein  Anfang  ist.  Aber  auch  die  Beteiligung 
der  Apulier  und  ihre  dem  Klassischen  zu- 
gewandten Bestrebungen  verdienen  um  so 
mehr  Beachtung,  als  sie  großenteils  noch 
vor  das  Aufkommen  der  rotfigurigen  Vasen- 
malerei fallen.  Den  Schluß  machte  die 
Betrachtung  der  gräzisierenden  Terrakotten. 
In  der  anschließenden  Diskussion  nahmen 
die  Herren  Loeschcke  und  Schuchhardt 


das  Wort.  Herr  Loeschcke  zeigte  einige  der 
Sammlung  des  Archäologischen  Lehrapparats 
der  Universität  gehörende  alt-apulische  Ge- 
fäße und  betonte  die  Ähnlichkeit  mit 
Cyprischem  der  gräko-phoinikischen  Periode, 
sowohl  was  den  Gebrauch  matter  Farben 
wie  die  Ornamentik  betrifft.  M.  Mayer 
erkannte,  von  der  Technik  ganz  absehend, 
die  Tatsache  an,  daß  im  Laufe  der  Zeit 
vieles  aus  der  cyprischen  Formenwelt  ein- 
gedrungen sei,  ließ  aber  für  die  älteren 
Klassen  und  den  Ursprung  der  ganzen 
Kunstweise  die  Hauptfrage  offen.  Herr 
Schuchhardt  findet  speziell  die  Trichter- 
gefäße mit  Alt -Spanischem,  mit  Troja  II 
und  der  i.  Sikuler-Periode  verwandt  und 
möchte  auch  in  der  Dekoration  Zusammen- 
hang mit  letzterer  vermuten. 

Sitzung   vom  2.    März    1915. 

Den  Vorsitz  führte  Herr  G.  Loeschcke. 
Den  Hauptvortrag  des  Abends  hielt  Herr 
Paul  Schubring  (als  Gast)  über  den 
antiken  Mythus  in  der  Truhen- 
malerei des  italienischen  Quattro- 
cento. Die  bemalte  Hochzeitstruhe  bietet 
im  Gegensatz  zu  all  den  Madonnen - 
und  Heiligenbildern  der  Renaissance, 
mit  denen  die  öffentlichen  Galerien  an- 
gefüllt sind,  die  Stelle,  an  der  sich  die 
leidenschaftliche  Huldigung,  die  die  Re- 
naissance der  Antike  entgegengebracht  hat, 
umfassend  und  in  immer  neuer  Variation 
ausspricht.  Das  Sagengold  des  antiken 
Mythus,  in  vielen  Kompendien  der  spät- 
lateinischen und  mittelalterlichen  Zeit  ge- 
borgen und  gefaßt,  wurde  von  Boccaccio, 
Petrarca  und  vor  allem  von  Dante  wieder 
als  Kursmünze  ausgeprägt  und  von  diesen 
Trecentisten  ihrer  Zeit  als  kostbare  Ahnen- 
sage aufgenötigt.  Dante  erzählt  die  alten 
Geschichten  selten  ausführlich,  er  erwähnt 
sie  oft  nur  durch  Nennung  eines  alten,  teu- 
ren Namens;  aber  als  Auftrieb  saß  er  denen, 
die  ihn  lasen,  dauernd  in  der  Seele.  An 
198  Stellen  der  Comedia  finden  sich  Namen 
und  Geschichten,  die  in  dem  gemalten 
Truhenbild  wiederkehren.  Der  Vortragende 
sprach  dann  über  die  originalen  Quellen, 
die  das  Quattrocento  sich  wieder  erschloß 
(Homer,    Vergil,    Ovid,    Livius,     Plutarch, 


55 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     März-Sitzung  19 15. 


56 


Gellius,  Hygin,  wahrscheinlich  auch  Florus, 
Statius,  Apuleius),  ferner  über  Valerius 
Maximus  und  die  Gesta  Romanorum.  Von 
den  894  Nummern  des  Katalogs  der  Truhen- 
bilder in  dem  Cassoni-Werk,  das  der  Vor- 
tragende im  FrühHng  erscheinen  lassen  wird, 
behandeln  375  Bilder  die  antike  Sage,  und 
zwar  232  Nummern  die  griechische,  143  die 
römische.  Die  auf  Petrarca  aufgebauten 
sogenannten  Trionfi  sind  dabei  nicht  mit- 
gerechnet. 

Der  griechische  Kreis  umfaßt  die 
homerische  Welt  der  Ilias  und  Odyssee  vom 
Parisurteil  an,  Trojas  Schicksale  und  dann 
die  des  Odysseus  ausführlich  schildernd. 
(Die  noch  breiter  dargestellte  Aeneis  führt 
dann  zum  römischen  Kreis.)  Griechisch 
sind  ferner  die  Erzählungen  von  den  Göttern 
(besonders  Zeus,  Aphrodite  und  Apollo)  und 
den  Heroen  (Theseus,  Jason,  Herakles); 
endlich  in  fast  unübersehbarer  Fülle  die 
Metamorphosen:  Phaeton,  Myrrha,  Narciß, 
Pyramus  und  Thisbe,  Orpheus,  Leda,  lo 
usw.  Die  römische  Ahnensage  beginnt 
mit  Aeneas,  dessen  Schicksale  in  Libyen 
und  Latium  nach  Vergil  breit  geschildert 
werden;  der  Cyklus  schließt  mit  dem 
Schweinewunder  und  der  Gründung  Alba 
Longas.  Daran  schließen  sich  die  Helden- 
taten der  altrömischen  Vätertugenden:  der 
Raub  der  Sabinerinnen,  Lucrecia,  Virginia, 
Cloelia,  M.  Scaevola,  Horatius  Codes,  M. 
Curtius,  Coriolan  usw.  Es  folgen  die  halb- 
mythologischen Gallierkämpfe,  Scipios  Edel- 
mut, die  Triumphzüge  des  Aemilius  Paulus, 
Caesar,  Titus  und  Vespasian.  Das  untere 
Ende  der  römischen  Geschichte  wird  durch 
Traians  Urteil  bezeichnet,  während  die 
griechische  Geschichte  bis  zu  Antiochus 
und  Stratonike  reicht,  ein  Thema,  das 
nicht  nur  in  der  französischen  Barock- 
malerei (und  beim  jungen  Goethe;  vgl. 
Wilhelm  Meister  I,  Kap.  17),  sondern  auch 
in  der  Renaissance  bereits  eine  Rolle  ge- 
spielt hat. 

Die  Umformung  der  alten  Sagen  in  den 
toskanischen  und  oberitalienischen  Dialekt 
geschah  keineswegs  aus  Naivetät,  sondern 
aus  dem  Selbstbewußtsein,  das  schon 
Dante  betätigt  hatte,  indem  er  Entferntes 
nah  erscheinen  ließ  und  Abgestorbenes  in 
neue   Symbolfrische  umbog.      Die   Italiener 


sahen  und  sehen  in  Caesar,  Aeneas  und 
selbst  in  Helena  ihre  Ahnen  und  machten 
damals  den  ernsthaften  Versuch,  den  Segen 
dieser  großen  unbeschreiblichen  Erinne- 
rungen mit  unmittelbarer  Gegenwart  zu 
füllen.  Der  junge  Gatte  und  seine  Verlobte 
stellen  sich  mit  Bewußtsein  in  den  Schutz 
Aphrodites,  und  Apollo  lenkt  die  musischen 
Wettkämpfe  am  Arno  und  Po.  Hier  offen- 
bart sich,  völlig  überzeugend,  die  tiefe  Ver- 
bundenheit jener  Zeit  mit  der  Antike,  die 
wir  mit  dem  Namen  Renaissance  aus- 
sprechen. 

Beteiligt  an  der  Produktion  dieser  Bilder 
ist  vor  allem  Toskana;  aus  den  Jahren 
1350 — 1500  konnten  noch  488  Cassoni 
nachgewiesen  werden.  Florenz  führt  und 
bietet  in  wechselfreudiger  Folge  den  leb- 
haftesten Rhythmus.  Es  wurden  etwa 
10  Bottegen  für  bemalte  Truhen  in  Florenz 
nachgewiesen;  von  einer  solchen  Bottega 
hat  A.  Warburg-Hamburg  ein  von  1445 
— 1463  reichendes  Truhenverzeichnis  auf- 
gefunden, dessen  Publikation  er  freundlichst 
gestattete.  Aber  neben  diesen  Bottegen 
stehen  auch  bekannte  Meisternamen;  die 
Großen  verschmähen  es  keineswegs,  auch 
an  diesen  Dingen  sich  zu  beteiligen  (Paolo 
Uccello,  Masaccio,  Dom.  Veneziano,  Benozzo 
Gozzoli,  Pesellino,  Botticelli  und  sein  Kreis, 
Pollaiuolo,  Filippino,  Ghirlandaio,  Jacopo 
Sellaio,  Bartolommeo  di  Giovanni  (der 
fruchtbarste  von  allen),  Piero  di  Cosimo).  — 
Ähnlich  liegt  es  in  Siena,  wo  Sano  di  Pietro, 
Giovanni  di  Paolo,  Vecchietta,  Neroccio, 
Francesco  di  Giorgio,  Matteo  di  Giovanni, 
Guid.  Cozzarelli,  Bern.  Fungai  u.  a.  be- 
teiligt sind. 

Außerhalb  Toskanas  ist  die  Produktion 
in  Umbrien  und  den  Marken  (Urbino!) 
erfreulich,  in  Ferrara  und  Mailand  be- 
scheiden, in  Verona  sehr  stark  gewesen. 
Venedig  hat  im  Quattrocento  keine  bemalten 
Truhen  gehabt,  und  auch  Giorgiones  be- 
kannte Längsbilder  sind  nicht  Truhenbilder, 
sondern  Einsatzstücke  in  das  Wandpaneel. 
In  Rom  und  Unteritahen  tritt  die  Truhe 
sehr  zurück;  von  den  Truhen  des  angio- 
vinischen  und  aragonesischen  Hofes  hat  sich 
leider  keine  erhalten. 

Diese  Truhenbilder  sind  heut  in  der 
ganzen  Welt  verstreut;  sie  sind  hauptsäch- 


57 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.  —  Gymnasialunterricht  und  Archäologie. 


58 


lieh  im  Privatbesitz  zu  finden.  England 
bot  an  mehr  an  40  Stellen,  Frankreich  an 
48  Plätzen  seine  Kostbarkeiten  an.  Über- 
raschend reich  war  die  Ausbeute  in  Wien, 
wo  ja  der  glücklichste  Cassoni-Sammler, 
Graf  Lanckoronski,  sitzt.  Trotz  der  Hitze 
des  Kunstmarktes  hat  aber  doch  Italien 
noch  immer  das  Meiste;  an  132  Stellen 
wurden  Cassoni  gefunden.  Aus  dem  ameri- 
kanischen Besitz  wurden  dem  Vortragenden 
etwa  40  Nummern  bekannt.  Er  verdankt 
es  der  Orlopstiftung  in  Berlin,  wenn  er 
einen  großen  Teil  des  noch  unveröffent- 
lichten Materials  (etwa  550  Stücke  auf 
186  Tafeln)  veröffentlichen  kann.  Das  Werk 
erscheint  bei  K.  W.  Hiersemann  in  Leipzig. 
Zum  Schluß  der  Sitzung  legte  Herr 
Loeschcke  den  ersten  Band  des  neuen 
Annuario  della  Scuola  Archeologica  di 
Atene  e  delle  Mission!  Italiane  in  Oriente 
(Bergamo  1914)  vor  und  besprach  im  An- 
schluß an  Pernier^  Ausführungen  die  Funde 
von  Priniä,  deren  kunstgeschichtliche  Stel- 
lung   er    erläuterte. 


GYMNASIALUNTERRICHT 
UND  ARCHÄOLOGIE. 

Auf  Veranlassung  und  mit  weitgehender 
Unterstützung  der  badischen  Regierung 
fand  im  Jahre  1914  eine  Studienreise 
badischer  Philologen  statt,  fast  sämtlich 
Lehrer  an  Gymnasien  und  Realgymnasien, 
vom  29.  März  bis  zum  5.  Juni.  Es  waren 
im  ganzen  29  Herren,  unter  ihnen  auf  Antrag 
ihrer  Regierungen  zwei  Württemberger  und 
ein  Hesse  (Anthes).  Die  Führung  hatten 
die  beiden  badischen  Universitätslehrer 
V.  Duhn  und  Thiersch  übernommen;  letz- 
terer sah  sich  leider  durch  ernste  Erkrankung 
gezwungen,    schon    am    zweiten    Reisetage 


zurückzubleiben.  An  seiner  Stelle  beteiligte 
sich  in  Rom,  Sizilien,  Nordafrika  und 
Cagliari  Herr  Hülsen  (Florenz)  an  der 
Führung;  dasselbe  tat  auf  Korfu  und  Leukas 
Herr  Dörpfeld. 

Ein  Tag  in  Florenz  galt  möglichst  aus- 
giebigem Studium  des  archäologischen  Mu- 
seums; in  Rom  wurden  sieben  Tage  der 
topographischen  Orientierung  und  dem  Be- 
such der  wichtigsten  Sammlungen  gewidmet; 
14  Tage  Pompeji,  Neapel  und  Umgegend, 
ein  Tag  Tarent,  drei  Tage  Korfu,  wo  die 
Gesellschaft  sich  weitgehender  Freundlich- 
keiten S.  M.  des  Kaisers,  sogar  eines  längeren 
Vortrages  an  der  Hand  selbstgefertigter 
farbiger  Vorlagen  über  die  Terrakotta- 
verkleidungen des  ältesten  Tempels  erfreuen 
durfte.  Zwei  Tage  galten  dem  Besuch  von 
Leukas  mit  seinen  für  die  Ithakafrage 
wichtigen  Ausgrabungen  und  Örtlichkeiten 
sowie  des  heutigen  Ithaka.  Alsdann  wurden 
auf  Delphi  zweieinhalb,  auf  Olympia  zwei 
Tage  verwendet.  Von  Patras  ging  die 
Fahrt  direkt  hinüber  nach  Palermo.  Die 
nächsten  drei  Wochen  waren  dem  Studium 
Siziliens  bestimmt,  wobei  auf  Palermo 
fünf,  auf  Reggio  und  Taormina  je  ein  Tag, 
sechs  auf  Syrakus,  je  einer  auf  Catania 
(mit  den  Monti  rossi)  und  Castrogiovanni, 
eineinhalb  auf  Girgenti,  je  einer  auf  Segesta, 
Selinus  und  den  Eryx  kamen.  Daran 
schlössen  sich  sechs  Tage  in  Nordafrika, 
wo  außer  eingehender  Besichtigung  Kar- 
thagos und  des  Bardomuseums  in  Tunis 
ein  Tag  für  Thugga,  zwei  für  Hadrumetum 
(Susa)  und  Kairuan  verwendet  werden 
konnten.  Die  Rückfahrt,  bis  Genua  zur  See, 
ermöglichte   einen  Tag  in   Cagliari. 

Dem  Bericht  über  den  archäologischen 
Ferienkursus  in  Trier  (Arch.  Anz.  1914, 
520)  ist  berichtigend  nachzutragen,  daß 
nicht  Prof.  G.  Loeschcke,  sondern  Dr.  S. 
Loeschcke   die   erwähnten   Vorträge   hielt. 


Archäologischer  Anzeiger 

Beiblatt 
ZUM  Jahrbuch  des  Archäologischen  Instituts 

1915-  n. 


Den  Tod  fürs  Vaterland  starben  aus  unserem  Kreise: 

DR.  SEBASTIAN  WENZ 

Hilfsarbeiter  am  Provinzialmuseum  in  Trier, 
verwundet  am  7.  September  1914  bei  Vitry,  gestorben  am  21.  März   191 5 

im  Hospital  zu  Nevers. 

DR.  E.  BRENNER 

Direktor  des  Museums  in  Wiesbaden, 
gefallen  in  den  Karpathen  am  3.  April  1915. 

DR.  RICHARD  WÜNSCH 

ordentlicher  Professor  für  klassische  Philologie  an  der  Universität 

Münster  i.  W., 
gefallen  bei  Ilzha  (Polen)  am   17.  Mai  191 5,  bestattet  in  Ossiny  bei  Kielce. 

Ehre  ihrem  Andenken. 


HYGINUS    UND    DIE   ANLAGE  DER 
KASTELLE. 

In  seiner  Schrift  über  »die  Anlage  der 
Limeskastelle«  hat  v.  Domaszewski  die  Mei- 
nung ausgesprochen,  es  bestehe  »eine  volle 
Übereinstimmung  zwischen  der  Lagerbe- 
schreibung des  Hyginus  und  den  Pedatura- 

Archäologischer  Anzeiger  igis- 


steinen  vom  Zugmantel,  wenn  man  nur  in 
Betracht  zieht,  daß  im  Standlager  Cen- 
turionen  und  Dekurionen  nicht  bei  ihren 
Abteilungen  gelagert  hätten«.  »Der  Ver- 
fasser bringt  es  dann  in  der  Tat  fertig, 
auf  den  Fuß  genau  anzugeben,  wie  die  ein- 
zelnen Centurien  und  Türmen  dieser  Trup- 
pen in  den  genannten  Kastellen  angeordnet 


6i 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


62 


waren.«  Fabricius  (R.-G.  Korr.-BI.  1908), 
dem  die  soeben  angeführten  Worte  entnom- 
men sind,  hat  hiergegen  viele  Einwendungen 
gemacht,  er  hat  die  Richtigkeit  der  Domas- 
zewskischen  Deutung  dieser  Inschriften  an- 
gezweifelt, mit  Recht  hat  er  die  ziemlich 
unklaren  —  und,  wie  sich'  herausstellen 
wird,  unnötigen  —  Berechnungen  des  im 
Marschlager  der  Auxilien  fortfallenden  In- 
crementum  tensurae  auf  Grund  von  Hyg. 
K.  27  zurückgewiesen,  und  die  Sicherheit, 
mit  der  v.  Domaszewski  in  seiner  Weise  fast 
von  jedem  beliebigen  Kastell  die  Besatzung 
berecTinen  zu  können  meint,  weckt  auch  bei 
ihm  ein  begreifliches  Erstaunen.  Aber  wenn 
er  dann  mit  den  Worten  schließt,  v.  Domas- 
zewski verfalle  in  denselben  Irrtum,  auf  den 
er  selbst  vor  20  Jahren  hingewiesen,  »die 
Angaben  der  Lagerbeschreibung  bei  der  Er- 
läuterung der  Überreste  römischer  Stand- 
lager heranzuziehen«,  so  scheint  er  mir  das 
Kind  mit  dem  Bade  auszuschütten.  Denn  in 
diesen  Erörterungen  v.  Domaszewskis  scheint 
mir  wirklich  ein  wahrer  Kern  zu  stecken. 
Die  Zahlen  des  Hyginus  haben  tatsächlich 
auch  bei  der  Anlage  dieser  Standlager  An- 
wendung gefunden,  die  Lagerung  der  Trup- 
pen entspricht  wirklich  denen  im  Lager  des 
Hyginus  genau,  wenn  wir  nur  die  Bemerkung 
über  die  Lagerung  der  Centurionen  in  Be- 
tracht ziehen. 

Fabricius  meint  vollkommen  richtig, 
es  lasse  sich  die  Anlage  dieser  Kastelle  nur 
auf  empirischem  Wege  durch  umfassende 
Ausgrabungen  feststellen,  er  weist  auf  die 
Kastelle  von  Gellygaer  und  Housesteads  hin; 
ein  anderer  Hyginusfeind,  Nissen,  meint  in 
seiner  Arbeit  über  Novaesium  (Bonn.  Jahrb. 
111/112),  einen  Widerspruch  feststellen  zu 
können  zwischen  Novaesium  und  Polybius 
einerseits  und  unserem  Lagerbeschreiber 
anderseits.  Meine  folgenden  Ausführungen 
sind  nun  gerade  von  unseren  eigenen  Aus- 
grabungenaufArentsburg  ausgegangen, 
und  sowohl  Gellygaer  als  Novaesium  scheinen 
sie  zu  bestätigen.  Wir  müssen  hier  erst  einige 
bekannte  Tatsachen  voranschicken.  Eine 
Legionskohorte  hatte  bekanntlich  drei  Ma- 
nipel,  von  denen  je  zwei  Centurien  zusammen 
lagerten.  Hyginus  (C.  l)  beschreibt  uns 
diese  Lagerung  folgenderweise:  Die  zwei 
Centurien     des    Manipels     liegen     einander 


gegenüber  in  einer  Striga,  welche  eine  Breite 
von  60  Fuß  hat.  In  jeder  Centuria  bilden 
acht  Mann  ein  Kontubernium,  dessen  Pa- 
pilio  eine  Länge  von  12  Fuß  (10  und  2  »in- 
crementum  tensurae«)  einnimmt.  Eine 
Centuria  berechnet  er  auf  80  Mann,  die 
ganze  Kohors  also  auf  480  Mann.  Die  Cen- 
turia hat  also  lO  Kontubernien,  und  daher 
hat  die  Striga  eine  Länge  von  10  x  12  =  120 
Fuß.  Im  Marschlager  lagern  die  Centurio- 
nen innerhalb  der  Lagerlinie  der  Centuria, 
die  Mannschaft  muß  sich  also  ein  wenig  be- 
helfen,  um  eine  Länge  von  24  Fuß  frei  zu 
machen  (2  Papiliones).  Hierbei  ist  zu  be- 
merken, daß  die  Stärke  der  Legionskohorte 
nicht  immer  dieselbe  gewesen  ist.  Meistens 
sogar  hatte  eine  Legion  6000,  also  die  Ko- 
horte 600  und  die  Centuria  100  Mann  (vgl. 
Marquardt,  Rom.  Staatsverw.   II  437). 

Von  den  Auxilien  hatte  die  Coh.  equ. 
mill.  10  Centurien,  jede  von  ^6,  d.  h.  wohl 
rund  80,  Mann  (Hyg.  25,  vgl.  v.  Domasz, 
S.  6)  und  daneben  240  Reiter,  auf  8  Turmae 
verteilt  (vgl.  v.  Domasz.  S.  6).  Die  Cohors 
equitata  quingenaria  hatte  sechs  Centurien; 
wie  die  Legionskohorte,  welche  ebenfalls 
»quingenaria«  war,  wird  dieselbe  480  Mann 
stark  gewesen  sein;  von  diesen  waren  aber 
120  Reiter,  welche  auf  4  Turmae  verteilt 
waren.  Es  sind  also  3  Manipel  (3x2  Cen- 
turien) zu  2  X  60  Mann  und  4  Turmae  zu 
30  Mann  gewesen.  (Vgl.  Marquardt,  Rom. 
Staatsverw.  II  470  und  dazu  v.  Domasz. 
S.  6.)  Für  die  Lagerung  dieser  Kohorten  gilt 
der  Satz:  »Omnis  miles  provincialis  accipit 
pedaturam  pedem  adjecta  quinta  per  totam 
latitudinem  hemistrigii,  eques  autem  duo 
semis  adjecta  quinta«,  jeder  Fußsoldat  erhält 
also  über  die  Breite  eines  Hemistrigiums  1,2, 
jeder  Reiter  3  Fuß.  Daß  im  Marschlager  die 
Centurionen  auch  innerhalb  dieses  für  die 
Centuria  bestimmten  Raumes  ihr  Zelt  be- 
kamen und  wie  der  Platz  dazu  ausgespart 
wurde,  kann  hier  dahingestellt  bleiben.  Für 
uns  ist  Hauptsache,  daß  eine  Striga  für  ein 
Manipel  einer  Cohors  equ,  milliaria  80  x  1,2 
=  96,  die  einer  Cohors  equ.  quingenaria 
60  X  1,2  =  72  Fuß  lang  gewesen  sein  muß. 
Daß  diese  Zahlen,  welche  v.  Domaszewski 
mit  Recht  der  Literatur  entnimmt,  mit 
denen  der  Pedaturasteine  übereinstimmen, 
ist  gewiß  sehr  merkwürdig  und  kann  kaum 


63 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


64 


zufällig  sein.  Wie  aber,  wenn  wir  auch  diese 
selben  Zahlen  bei  den  Kasernen  unserer 
Kastelle  wiederfinden  } 

Unsere   Abbildung   i  gibt  uns  den   vor- 
deren   Teil    des    Römerkastells   Arentsburg 


bürg  eine  Flottenstation  gewesen ,  und 
es  läßt  sich  mit  Sicherheit  feststellen, 
daß  es  in  dem  hinter  dem  Praetorium 
liegenden  Teil  der  Retentura  kein  ein- 
ziges  Kasernengebäude   mehr  gegeben  hat; 


Abb.  I.     Teil  des  Kastells  Arentsburg  bei  Voorburg  (in  der  Nähe  vom  Haag). 


bei  Voorburg  in  der  Nähe  vom  Haag, 
wie  es  teilweise  um  1830  von  Reuvens, 
teilweise  von  mir  in  den  letzten  Jahren 
ausgegraben  wurde.  Der  hintere  Teil  kann 
hier  außer  Betracht  bleiben,  denn,  wie 
ich  schon  öfters  dargelegt  habe,  ist  Arents- 


der  ganze  Raum  wird  dort  von  andern  Ge- 
bäuden eingenommen. 

Auf  unserer  Abbildung  sehen  wir  unten 
die  Prätorialfront,  deren  linker  Teil  von 
Reuvens  und  deren  rechter  von  mir  ausge- 
graben wurde.     Die  Porta  praetoria  selbst 

•      3* 


65 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


66 


hat  R.  nicht  ausgegraben,  wohl  aber  scheint 
er  ihre  Stelle  aufgefunden,  obwohl  nicht  als 
solche  erkannt  zu  haben.  Rechts  sehen 
wir  die  Stelle,  wo  die  Mauer  umbiegt,  und 
auch  die  Porta  principalis  sinistra  habe  ich 
ausgegraben;  über  ihren  merkwürdigen 
Grundplan  können  wir  hier  schweigen,  die 
Erdbrücke  vor  derselben  sichert  uns  die 
Deutung  als  Tor  vollkommen.  Auf  der 
andern  Seite  hat  weder  Reuvens  die  Um- 
biegung  und  Fortsetzung  der  Mauer  ge- 
funden, noch  war  es  mir  möglich,  dieselben 
dort   zu    finden.      Wohl   aber   fand    ich   an 


hier  aber  ausschließlich  die  Bodenspuren  der 
Holzbauten,  welche  wir  in  dem  der  Porta 
principalis  naheliegenden  Teil  auf  beiden 
Seiten  der  Via  principalis  —  die  schräg  ver- 
laufenden Spuren,  welche  innerhalb  dieser 
Via  selbst  gezeichnet  sind,  gehören  alle 
einer  früheren  Periode  an  —  aufgedeckt 
haben. 

Betrachten  wir  erst  den  südlich  von  der 
Via  principalis  neben  dem  Praetorium  liegen- 
den Komplex,  so  ist  es  deutlich,  daß  er  in 
zwei  Teile  zerfällt:  mit  der  Front  der  Via 
zugewandt,  sehen  wir  eine  Reihe  von  vier- 


Arentshizrgr. 


CoTztubemia^. 


CoTzz^ersoTitibizs . 


CoTitiLbernzw. 


1 


b 


d 


0123^5  JO         J5  20        25  M, 

Abb.  2.     Kaserne  von  Arentsburg. 


mehreren  Stellen  den  Spitzgraben  und  konnte 
feststellen,  daß  östlich  von  ihm  keine  Fort- 
setzung der  römischen  Überreste  mehr  vor- 
handen waren:  es  konnte  also  wenigstens 
die  Begrenzung  des  Kastells  auch  auf  dieser 
Seite  festgestellt  werden.  Die  Anlage  des 
Kastells  war  nicht  ganz  regelmäßig;  das 
Praetorium,  von  dem  freilich  nur  der  öst- 
liche Flügel  von  Reuvens  ausgegraben  wurde 
und  dessen  Breite  uns  also  nicht  genau  be- 
kannt ist,  liegt  schief;  so  auch  die  andern 
Gebäude.  In  der  Nordostecke  hat  Reuvens 
die  Überreste  eines  ganz  späten  Gebäudes 
ausgegraben,  zu  dessen  Bau  Bruchstücke 
der  andern  Gebäude  benutzt  worden  sind, 
und  ganz  links  oben  sieht  man  auf  unserer 
Karte  noch  den  Anfang  eines  großen,  von 
R.  aufgedeckten  Gebäudes,  offenbar  des 
Kommandantenhauses.       Uns    interessieren 


eckigen  Bauten,  von  Querwänden  in  mehrere 
Zimmer  geteilt,  die  Längsseite  der  Kastell- 
mauer und  der  Seitenmauer  des  Praetoriums 
ungefähr  parallel;  daß  in  der  Nähe  der 
Kastellmauer  diese  Bauten  mehrere  Bau- 
perioden  aufzuweisen  scheinen,  kann  hier 
dahingestellt  bleiben.  Hinten  gerade  an 
diese  Holzbauten  anschließend  bis  zu  der 
Querwand,  die  ungefähr  in  der  Verlängerung 
der  Hinterwand  des  Praetoriums  läuft,  ist 
der  ganze  Raum  von  sieben  nordsüdlich  ver- 
laufenden Wänden  in  sechs  ungefähr  gleich - 
breite]  Linien  verteilt.  Die  Bedeutung 
dieser  ganzen  Anlage,  deren  Hälfte  die 
schematische  Zeichnung  Abb.  2  wiedergibt, 
kann,  besonders  verglichen  mit  den  steinernen 
Kasernenbauten  von  Novaesium,  nicht 
fraglich  sein. 

Eine    Manipelkaserne     (zwei    Centurien 


^1 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


68 


einander  gegenüber  gelagert)  von  Novaesium 
ist  Abb.  3  nach  Bonn.  Jahrb.  Iii/il2  Taf.  V 
wiederholt.  Nach  Nissens  und  Koenens  Be- 
schreibung (besonders  S.  141  und  142)  sind 
auch  hier  zwei  Teile  deutlich  zu  unter- 
scheiden. Vorn  liegen  die  viereckigen  Bau- 
ten, bei  denen  man  »auf  den  ersten  Blick 
sieht,  daß  wir  es  hier  mit  dem  üblichen 
Grundriß  des  römischen  Wohnhauses  zu  tun 
haben«.  Auch  für  unsere  Vorderbauten  auf 
Arentsburg  trifft  zweifellos  diese  Erklärung 
zu:  »Der  Centurio  wird  den  den  Grundriß 
des   römischen   Hauses   zeigenden   vorderen 


trennte  nur  eine  Holzwand  die  Räume,  wäh- 
rend in  Novaesium  dicke  Steinwände  vor- 
handen waren.  Auch  Nissen  hat  das  schon 
getan,  indem  er  (S.  25)  bei  der  Berechnung 
des  von  den  Kontubernien  eingenommenen 
Raumes  über  die  ganze  Länge  derselben  un- 
gefähr 20  Fuß  für  die  Dicke  der  Steinwände 
in  Abzug  bringt.  Hinter  unseren  Arents- 
burger  Kasernen  läuft  über  ihre  ganze  Breite, 
wie  es  der  Plan  Abb.  2  zeigt,  eine  Reihe  von 
Abfall-  und  Düngergruben  hin.  Es  gab 
Anzeichen  dafür,  daß  sie  wahrscheinlich  mit 
Brettern   gedeckt  gewesen   sind.      Offenbar 


Abb.  3.     Manipelkaserne  von  Novaesium. 


Teil  der  Kaserne  eingenommen  haben. 
Hinter  diesem  Teile  liegt  die  eigentliche 
Mannschaftskaserne:  drei  in  der  Länge  ver- 
laufende Wände  teilen  den  Raum  in  drei 
Streifen,  von  welchen  zwei  die  Kontubernien 
enthielten,  die  mittlere  aber  zum  Verkehr 
offen  war.  Es  ist  also  klar,  daß  die  Anlage 
auf  Arentsburg  mit  ihren  Wohnungsgrund- 
rissen an  der  Vorderseite  und  den  in  sechs 
Linien  geteilten  Raum  dahinter  den  Grund- 
riß von  zwei  solchen  Manipelkasernen  neben- 
einander zeigt.  Sowohl  auf  Arentsburg  als 
in  Novaesium  nimmt  eine  solche  Manipel- 
kaserne nach  der  Beschreibung  des  Hyginus 
eine  Striga  ein;  es  ist  deutlich,  daß  wir 
nachher  bei  der  Berechnung  des  innerhalb 
einer  Striga  zur  Verfügung  stehenden  Rau- 
mes dem  großen  Unterschied  zwischen  beiden 
Rechnung  zu  tragen  haben:  auf  Arentsburg 


lag  hier  gerade  außerhalb  der  Kasernen  die 
Abfallstelle  und  Bedürfnisanstalt  der  Cen- 
turien. 

In  der  Frontbreite  unserer  Arentsburger 
Manipelkasernen  (etwa  18  m)  finden  wir  nun 
ohne  weiteres  die  vonHyginus  vorgeschriebene 
Strigabreite  von  60  Fuß  wieder.  Im  Marsch- 
lager wurde  dem  Centurio  innerhalb  des  für 
die  Mannschaft  bestimmten  Raumes  Platz 
eingeräumt;  im  Standlager  ist  das  natürlich 
nicht  der  Fall.  Wenn  hier,  wie  wir  gesehen, 
dieser  Offizier  das  wohnhausartige  Gebäude 
vor  der  Mannschaftskaserne  bewohnte,  so 
versteht  es  sich,  daß  wir  beim  Vergleich  der 
von  Hyginus  gegebenen  Maße  mit  dem  Tat- 
bestande unserer  Funde  nicht  die  Länge 
dieses  Wohnhauses  mitzurechnen,  sondern 
nur  die  der  eigentlichen  Kaserne  zu  beachten 
haben.      Diese    Kasernen    nun    hinter    den 


69 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


70 


Offizierswohnungen  haben  auf  Arentsburg 
eine  Länge  von  etwa  22  m.  Es  fällt  leicht, 
hierin  die  72  Fuß  zu  erkennen,  welche  nach 
Vorschrift  des  Hyginus  für  eine  Centurie 
von  60  Mann  nötig  sind  (60  x  1,2  Fuß). 
Eine  60  Mann  starke  Centuria  ist  die  einer 
Cohors  equitata  quingenaria.   Der  ganze  Ge- 


reproduzieren und  das  -schon  von  Fa- 
bricius  an  den  sechs  Centurienkasernen  als 
Hibernacula  cohortis  quingenariae  equitatae 
erkannt  wurde.  Von  der  Breite  dieser  stei- 
nernen Kasernen,  welche  allerdings  80 — 90 
Fuß  beträgt,  wird  nachher  noch  die  Rede 
sein.    Die  Länge  derselben  stimmt  aber  voll- 


S.W.  Gate. 


S.E. 
Gate. 


^^^l^j^^/X'-^lS^E^^Si 


■^^^  y   ■  .  ■'.° 


100 


200 


Abb.  4.     Kastell  Gellygaer. 


bäudckomplex  hier  in  Arentsburg  enthält 
also  zwei  Manipel,  d.  h.  vier  der  sechs  Cen- 
turien  einer  Cohors  equitata  quingenaria. 
Von  den  zwei  andern  Centurien  und  der 
hierzu  gehörigen  Reiterei  wird  nachher  die 
Rede  sein.  Vorläufig  sei  nur  auf  die  voll- 
kommene Übereinstimmung  unserer  Anlage 
mit  den  Maßen  des  Hyginus  hingewiesen. 
Dieselbe  Übereinstimmung  findet  sich  nun 
auch  im  Kastell  von  Gellygaer,  dessen  von 
Ward  gezeichneten  Grundplan  wir  Abb.   4 


kommen.  Auch  hier  ist  das  Haus  der  Cen- 
turionen  deutlich  von  der  eigenthchen  Ka- 
serne zu  unterscheiden  und  natürlich  nicht 
miteinzurechnen.  Weiter  sind  wiederum  nach 
Analogie  mit  Novaesium  für  die  Dicke  der 
Steinmauer  etwa  lO  Fuß  abzuziehen.  Es 
bleiben  dann  noch  als  Raum  für  die  Cen- 
turie 72  Fuß,  genau  wie  auf  Arentsburg 
(60  Mann  ä  1,2  Fuß).  Auch  Gellygaer  wird 
uns  als  Kastell  einer  Cohors  equitata  quin- 
genaria noch  später  beschäftigen. 


71 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


72 


Wir  werden  aber  sehen,  daß  auch  in  der 
Lagerung  anderer  Truppenkörper  in  den 
uns  bekannten  römischen  Standlagern  sich 
die  Zahlen  des  Hyginus  wiederfinden  lassen, 
wenn  wir  nur  die  oben  gefundenen  Grund- 
sätze in  Anwendung  bringen. 

Schon  öfters  war  die  Rede  von  Novaesi- 
um,  dem  Legionslager,  in  dem  wir  also  die 
Kasernen  von  Legionskohorten  wiederfinden 
müssen.  Wie  gesagt,  lassen  sich  Offiziers- 
wohnungen und  eigentliche  Kasernen  auch 
hier  deutlich  voneinander  unterscheiden,  und 
nach  dem  Obenstehenden  braucht  es  kaum 
mehr  gesagt  zu  werden,  daß  bei  der  Be- 
rechnung der  Kasernengröße  und  dem  Ver- 
gleich derselben  mit  Hyginus'  Marschlager- 
kasernen diese  Offizierswohnung  auch  hier 
außer  acht  gelassen  werden  muß.  Dasselbe  gilt 
aber  noch  für  mehrere  andere  Räume.  Erstens 
liegt  nach  Nissens  und  Koenens  Beschreibung 
zwischen  dem  Wohnhause  und  der  eigent- 
lichen Kaserne  hier  ein  größerer  Raum,  der 
offenbar  einem  andern,  obwohl  nicht  sicher 
bekannten  Zweck  diente;  daß,  wo  im  Marsch- 
lager die  Wohnung  selbst  fehlte,  auch  dieser 
Raum  nicht  dagewesen  ist,  scheint  selbst- 
redend; auch  wird  er  nicht  von  Hyginus 
genannt.  Zweitens  zeigen  nach  Koenen  die 
hintersten  Räume  vieler  eigentlichen  Ka- 
sernen eine  Abweichung  von  dem  Gesamt- 
charakter des  Grundrisses  der  Räume  dieser 
Kasernen.  In  diesen  hintersten  Räumen 
wurden  wiederholt  Abfallgruben  festgestellt. 
»Vielleicht  war  dort  die  Bedürfnisanstalt  der 
Centurie«  (Bonn.  Jahrb.  111/112  S.  142). 
Sehr  merkwürdig  in  dieser  Hinsicht  ist  der 
schon  erwähnte  Fund  in  Arentsburg,  wo 
doch  gerade  hinter  den  Kasernen  selbst,  also 
genau  an  derselben  Stelle  wie  in  Novaesium, 
eine  Reihe  solcher  Abfall-  oder  Dünger- 
gruben hinläuft.  Nur  sind  diese  Gruben  bei 
den  einfachen  Holzbaracken  außerhalb  der 
Bauten  im  Freien  angelegt,  während  sie  in 
den  Steinbauten  Novaesiums  mit  eingebaut 
sind.  Daß  also  auch  ein  solcher  Raum  im 
Marschlager  nicht  erwähnt  wird  und  bei  der 
Berechnung  des  Hyginus  nicht  mitzählt, 
braucht  kaum  gesagt  zu  werden.  Es  scheint 
mir  aber,  daß  auch  in  Novaesium  ein  solcher 
Raum,  der  nach  Koenens  Worten  »in  der 
Regel«  da  war,  nicht  bei  allen  Kasernen  vor- 
handen gewesen  ist,  daß  man  sich  also  bei 


mehreren  Kasernen  in  derselben  Weise  wie 
in  Arentsburg  oder  im  Marschlager  durch 
einfache  Gruben  hinter  den  Kasernenreihen 
geholfen  haben  wird.  Ist  doch  bei  mehre- 
ren der  Kasernen  in  Novaesium  nichts 
von  einem  solchen  besonderen  Hinter- 
raum zu  spüren,  vielmehr  scheinen  die  Kon- 
tubernien  bis  zum  Ende  des  ganzen  Baues 
durchzulaufen.  Zu  einer  richtigen  Beur- 
teilung der  Kasernenbauten  Novaesiums 
scheint  mir  folgende  Zusammenstellung  der 
den  Beschreibungen  von  Nissen  und  Koenen 
und  den  beigegebenen  Plänen  (B.  J.  Taf.  III, 
IV,  V,  XV)  entnommenen  Angaben  nützlich, 
wobei  noch  zu  beachten  ist,  daß  die  Länge 
der  verschiedenen  Kasernenbauten  verschie- 
den ist,  daß  es  größere  und  kleinere  Wohnun- 
gen für  Centurionen  gibt  und  schließlich,  daß 
nach  dem  Vorgang  Nissens  bei  der  Berech- 
nung eine  beträchtliche  Zahl  für  Mauerdicke 
abgezogen  werden  muß. 


abzuziehen  für : 

bleiben 

e 

II  2  =, 

Kaserne 

Nr. 

gjinze 
Länge 

3 

rt 

B 

a 
c 

1 

s 

3 
U 

■5 

u 

3 

3 
(4 

ubernia 
iones  zu 
r  8  M. 
Hyg.) 

^ 

'S 

s 

rt 

c   0."*- 

P,  rt    • 

84—87 

\ 

93—98 

P50 

80 

12 

12 

20 

126 

10 

110 — III 

1 

99—104 

259 

80 

12 

27 

20 

120 

10 

I48-I5i(?) 

272 

84 

12 

27 

20 

129 

IG 

7—12 

263 

80 

12 

kein 

24 

147 

12 

26—31 

259 

80 

12 

kein 

24 

143 

12 

142—143 

264 

84 

12 

kein 

24 

144 

12 

144—147 

272 

84 

12 

kein 

24 

152 

12 

Nissen  (S.  25)  berechnet  die  Stärke  der 
Centuria  auf  lOO  Mann  und  Koenen  (im 
selben  Buch  S!  142)  auf  80.  Die  Wahrheit 
scheint  sich  aus  obenstehender  Tabelle  zu 
ergeben.  Wie  schon  gesagt,  schwanken  in 
der  Angabe  der  Stärke  einer  Legionscenturie 
auch  die  klassischen  Autoren  zwischen  80 — 100 
Mann.  Die  Zahl  scheint  nicht  nur  in  ver- 
schiedenen Zeiten  verschieden  groß  zu  sein, 
sondern  in  der  einen  Kaserne  Novaesi- 
ums war  offenbar  eine  Centurie  zu  80,  in  der 
andern  eine  zu  lOO  Mann  gelagert;  die 
kleinere  Centurie  hat  den  freibleibenden 
Raum  zu  anderen  Zwecken  gebraucht,  und 
jedenfalls  ist  auch  hier  in  Novaesium  überall 
das  von  Hyginus  vorgeschriebene  Einheits- 


11 


H)'ginus  und  die  x\nlage  der  Kastelle. 


74 


maß:  Papiliones  von  12  Fuß  für  8  Mann,  in 
Anwendung  gebracht. 

Einen  wirklichen  Unterschied  mit  den 
bisher  betrachteten  Bauten  scheinen  uns 
nun  freihch  die  zwei  halben  Kasernen  von 
Haltern  (Westf.  Mitt.  VI  III)  und  die  Ka- 
sernen von  Lambaesis  (Mem.  de  l'Acad.  d. 
inscr.  XXXVIII  229)  darzubieten.  Bei  den 
ersteren  lassen  sich  Offizierswohnung  und 
eigentliche  Kaserne  deutlich  voneinander 
unterscheiden,  und  bei  den  letzteren  erkennt 
man  nach  Analogie  von  Novaesium  überdies 
noch  Zwischenraum  und  Bedürfnisstelle. 
Es  bleiben  dann  in  Haltern  10,  in  Lambaesis 
12  Kontubernien  übrig,  welche  eine  Länge 
von  etwa  150,  respektive  186  Fuß  ein- 
nehmen. Leider  lassen  in  Haltern  die  wenig 
vollständige  Aufdeckung,  in  Lambaesis  der 
gewiß  zu  schematisch  gezeichnete  Grund - 
plan  und  das  Fehlen  von  Angaben  über 
Mauerdicke  usw.  nicht  mit  Sicherheit  sagen, 
was  von  diesen  Zahlen  noch  abgezogen  wer- 
den soll.  Jedenfalls  aber  scheinen  in  beiden 
Fällen  die  Kontubernien  für  die  8  Mann 
einer  Legionscenturie  um  ein  Paar  Fuß 
breiter  gewesen  zu  sein,  als  es  Hyginus  und 
die  bis  jetzt  erwähnten  Funde  angeben. 
Dieses  Ergebnis  scheint  uns  nur  davor  zu 
warnen,  bei  der  Rehabilitierung  unseres  Be- 
richterstatters nicht  wieder  nach  der  andern 
Seite  zu  übertreiben. 

Was  nun  die  Strigabreite  betrifft,  so 
finden  wir  sowohl  in  Novaesium  als  in  Gelly- 
gaer  80  Fuß  statt  der  von  Hyginus  geforder- 
ten 60  Fuß.  Bei  näherer  Betrachtung  er- 
scheint aber  dieser  Unterschied  nicht  so 
wichtig,  wie  man  beim  ersten  Anblick  denken 
möchte  (vgl.  Nissen  1. 1.  und  Fabricius  1.1.). 
Die  Breite  der  Arentsburger  Manipelstriga 
(60  Fuß  wie  bei  Hyginus)  zerfällt  in  drei 
Teile,  jeder  von  etwa  20  Fuß.  Diese  drei 
Teile  lassen  sich  auch  in  den  Kasernen  von 
Novaesium  unterscheiden.  Der  mittlere  ist 
offenbar  ein  freier  Raum  gewesen;  an  beiden 
Seiten  desselben  liegen  die  eigentlichen  Kon- 
tubernienreihen.  Jedes  Kontubernium  in 
Novaesium  zerfällt  wieder  in  einen  kleinen 
vorderen  und  einen  größeren  hinteren 
Teil.  Die  Tiefe  dieser  beiden  Räume  nach 
Abzug  der  Mauerbreiten,  Nissens  Angaben 
gemäß,  beträgt  zusammen  etwa  28  —  6  =22 
Fuß.     Auch  in  Gellygaer  ist  die  Breite  der 


Kontubernienreihen  ungefähr  20  Fuß,  so  daß 
wir  auch  in  dieser  Hinsicht  auf  eine  fast  voll- 
kommene Übereinstimmung  unserer  ver- 
schiedenen Kasernenanlagen  schließen  kön- 
nen. Nun  berechnet  Hyginus  die  Striga- 
breite folgenderweise:  »Quod  ad  latitudinem 
hemistrigii  pedum  XXX  attinet,  papilioni 
dantur  pedes  X,  armis  pedes  V,  jumentis 
pedes  IX;  fiunt  pedes  XXIV,  hoc  bis  (das 
heißt  auch  auf  der  andern  Seite  für  die  zweite 
Centurie)  XLVIII .  .  .  Efficitur  striga  pedum 
LX;  reliqui  pedes  XII  qui  conversantibus 
spatio  sufficient.«  Im  Gegensatz  zu  Arents- 
burg  und  Gellygaer  lassen  sich  in  den  beiden 
Teilen  der  Kontubernien  Novaesiums  leicht 
die  Räume  »Armis«  und  »Papilioni«  des 
Hyginus  zurückfinden.  Die  Breite  von 
20  Fuß,  welche  wir  hier  überall  für  die  Kon- 
tubernien finden,  ist  größer,  als  Hyginus 
für  diese  beiden  Räume  (»Papilioni«  +  »Ar- 
mis«) rechnet.  Die  Erklärung  hierfür  findet 
sich  m.  E.  in  den  »Jumentis«.  Auch  für 
diese  hat  man  in  Novaesium  Platz  gesucht. 
Der  mittlere  offene  Teil  der  Striga  zeigt  dort 
an  seinen  beiden  Seiten  Reihen  von  Sockel- 
steinen, welche  die  Pfosten  eines  Vordaches 
getragen  haben,  und  unter  diesen  »nach  der 
Gasse  offenen  Schuppen«  wollen  Koenen  und 
Nissen  den  Jumenta  ihren  Platz  anweisen. 
Es  ist  aber  vollkommen  unglaublich, 
daß  man  Pferden  und  Tragtieren  innerhalb 
eines  Standlagers  in  der  freien  Luft  ihre 
dauernde  Stallung  gegeben  hätte,  nur  von 
einem  Traufdach  geschützt;  so  etwas  ver- 
bietet sich  besonders  in  unserem  Klima  von 
selbst.  Wo  haben  dann  diese  Jumenta  ge- 
standen.? Bei  der  Beantwortung  dieser 
Frage  scheint  mir  besonders  der  Nachdruck 
gelegt  werden  zu  müssen  auf  den  Unterschied 
zwischen  dem  von  Hyginus  beschriebenen 
Lager  und  den  Standlagern  wie  Arentsburg 
oder  Novaesium.  Hyginus  beschreibt  uns 
doch  das  bewegHche  Marschlager,  das  sozu- 
sagen jeden  neuen  Tag  wieder  abgebrochen 
wurde,  für  den  Weitermarsch;  in  Arentsburg, 
Novaesium  usw.  finden  wir  die  Kasernen 
einer  ständigen  Garnison,  welche  in  erster 
Linie  zur  Verteidigung  des  Ortes  selbst  und 
zum  Garnisondienst  bestimmt  war.  Sollten 
also  im  Marschlager  die  Tragtiere  sozusagen 
an  der  Stelle  fertig  stehen,  um  sofort  Weiter- 
reisen  zu   können,    so   hatte   es   überhaupt 


75 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


1^ 


keinen  Zweck,  den  Garnisonsoldatcn  gerade 
vor  den  Türen  ihrer  Kontubernien  die  Trag- 
tiere bereitzustellen.  Es  hat  also  in  den 
Kasernen  des  Standlagers,  wie  z.  B.  Novaesi- 
um,  wo  wir  für  die  Jumenta  eigentlich  keinen 
geeigneten  Raum  finden  konnten,  solche 
Jumenta  nicht  gegeben.  Die  für  die  Garnison 
benötigten  Tragtiere  werden  selbstverständ- 
lich wohl  anderswo  ihre  Stallung  gefunden 
haben  als  gerade  in  den  Mannschaftskaser- 
nen. Nur  im  Marschlager,  wo  sie  jeden 
Augenblick  zum  Aufbruch  fertig  stehen  soll- 
ten und  wo  überdies  der  Raum  so  knapp  wie 
möglich  zugemessen  wurde,  konnte  man  sie 
dort  erwarten.  Es  scheint  hier  mit  diesem 
Räume  für  die  Jumenta  derselbe  Fall  wie 
mit  der  Lagerung  der  Offiziere.  Im  Stand- 
lager haben  die  letzteren  ihre  eigenen  Häuser, 
im  Marschlager  aber  muß  für  sie  der  gebote- 
nen Knappheit  wegen  Platz  gemacht  werden 
innerhalb  des  für  die  Mannschaft  bestimm- 
ten   Raumes. 

Die  Kaserne  von  Arentsburg,  welche  uns 
die  einfachste  Form  eines  solchen  Gebäudes 
in  einem  Standlager  bietet  und  deren  Brei- 
tenmaße vollkommen  mit  den  6o  Fuß  des 
Hyginus  übereinstimmen,  zeigt  uns,  wie  im 
Standlager  dieser  Raum  »Jumentis«  hier 
zum  Teil  zu  der  eigentlichen  Kontubernien- 
breite  gezogen  wurde  —  zum  Teil  zur  Erweite- 
rung des  »Conversantibus  spatium«  diente; 
die  Kaserne  besteht  also  aus  drei  gleich - 
breiten  Linien,  von  denen  die  mittlere  das  Con- 
versantibus spatium  gewesen  ist,  die  beiden 
anderen  die  eigentlichen  Kontubernien  der 
Centurien  enthielten.  Die  Breite  derKontu- 
bernienreihen  war  in  Arentsburg  ungefähr 
dieselbe  wie  inGellygaer  und  Novaesium;  der 
erwähnte  Unterschied  der  Strigabreite  bei 
diesen  letzteren  war  also  fast  ausschließlich 
dadurch  entstanden,  daß  man  die  zwei 
Reihen  der  Kontubernien  etwas  weiter 
auseinander  gebaut  und  so  das  Con- 
versantibus spatium  etwas  erweitert  hatte. 
Die  eigentlichen,  für  die  Lagerung  der  Mann- 
schaft bestimmten  Räume  sind  aber  überall 
fast  dieselben  gewesen  (etwa  12  x  20  Fuß). 
In  den  Kontubernien  dieser  Größe  lagen, 
wie  sich  aus  Hyginus  ergibt,  entweder  8  Le- 
gionare oder  10  Milites  provinciales.  Im 
Marschlager  hatten  sie  genau  denselben 
Raum;  nur  hatte  dort  die  Mannschaft  nicht 


nur  ein  oder  zwei  Papiliones  den  Offizieren 
zu  überlassen,  sondern  auch  innerhalb  des 
für  sie  bestimmten  Raumes  ihre  für  ihre 
Märsche  benötigten  eigenen  Jumenta  zu 
stellen.  Zu  diesem  letzteren  Zwecke  konnte 
zwar  ein  Teil  des  Conversantibus  spatium 
genommen  werden  (im  Marschlager  ist  dieses 
12  statt  20  Fuß  breit),  es  mußte  aber  jeden- 
falls ein  schmaler,  offener  Raum  übrig  bleiben, 
und  so  mußte  auch  vom  Kontuberniumraum 
etwas  abgenommen  werden;  statt  20  Fuß 
im  Standlager  wurde  er:  papilioni  X  + 
armis  V  ==  15   Fuß. 


Wir  kommen  jetzt  zu  der  Reiterei.  Daß 
die  Ala  milliaria  24  Turmae  zu  42  Mann,  die 
Ala  quingenaria  16  zu  30  gehabt  hat,  läßt 
sich  nach  v.  Domaszewski  (Hyg.  S.  52)  den 
Mitteilungen  des  Hyginus  entnehmen.  So 
zählte  die  Reiterei  der  Kohorten,  die  der 
quingenaria,  4  Turmae  zu  30  Mann  und  die 
der  Cohors  milliaria  8  Turmae  zu  30  Mann. 
Bekanntlich  rechnet  Hyginus  in  dem  Hemi- 
strigium  für  jeden  Reiter  3  Fuß  (Hyg.  25). 

Auch  von  Kasernen  der  Reiterei  hat  uns 
Novaesium  viele  Grundrisse  bewahrt,  und 
auch  hier  meint  man  einen  großen  Unter- 
schied zwischen  diesen  Grundrissen  und  den 
Angaben  des  Hyginus  konstatieren  zu  können 
(Nissen,  Bonn.  Jahrb.  111/112,  S.  31).  Mit 
Unrecht,  wie  auch  hier  wieder  aus  unseren 
Arentsburger  Funden  hervorgehen  wird. 

Auf  der  andern  Seite  der  Via  principalis, 
also  in  der  Praetentura  des  Castellums,  sehen 
wir  eine  Reihe  von  Spuren  viereckiger  Ge- 
bäude. Nur  an  der  Seite  der  Kastellmauer 
zeigen  diese  Spuren  uns  den  klaren  Grund- 
riß eines  Gebäudes.  Weiter  nach  Osten 
laufen  mehrere  Spuren  durcheinander;  es 
liegen  hier  auch  zwei  Bauperioden  vor.  Ob- 
wohl also  diese  mehr  östlichen  Gebäude  ein- 
mal abgebrochen  und  wieder  aufgebaut 
worden  sind  und  auch  die  Spuren  der  einzel- 
nen Perioden  nicht  mehr  so  gut  erhalten 
sind,  weisen  dennoch  die  Formen  der  Grund- 
risse und  die  Übereinstimmung  mehrerer 
Längen-  und  Breitenmaße  darauf  hin,  daß 
hier  noch  drei  ähnliche  solche  Gebäude  vor- 
handen gewesen  sind  wie  westlich  bei  der 
Mauer. 

Die  Reiterkasernen  von  Novaesium,  wie 
sie  jedesmal  an  beiden  Seiten  eines  schmalen, 


n 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


78 


offenen  Weges  gebaut  sind,  haben  eine  Breite 
(nach  Abzug  der  Mauerdicke)  von  etwa 
30  Fuß;  ein  ganzes  Hemistrigium  nach  Hy- 
ginus ist  hier  voll  gebaut.  Charakteristisch 
für  die  Reiterkaserne  ist  die  Mauer,  die  die 
ganze  Kaserne  über  ihre  ganze  Länge  in  zwei 
Schiffe  teilt.     An  einer  solchen  Mauer  hat 


selbst  gezogen.  Der  Steinbau  ist  hier  also 
30  Fuß  breit.  Wie  steht  es  nun  mit  der 
Länge.?  In  Arentsburg  ist  dieselbe  etwa 
45  Fuß:  jeder  Reiter  bekommt  nach  Hyginus 
3  Fuß,  3x15=  45,  es  haben  hier  also 
15  Mann,  d.  h.  eine  halbe  Turma  einer  Cohors 
equitata    quingenaria,    gelagert.       Gehörten 


Abb.  5.     Reiterkaserne  von  Novaesium. 


auch  Fabricius  (1.  1.  S.  34)  einige  Gebäude 
von  Gellygaer  als  Reiterkaserne  erkannt; 
Abb.  5  und  6  sind  die  Reiterkasernen  von  No- 
vaesium und  Gellygaer  und  das  Arentsburger 
Gebäude  dargestellt.  Vergleicht  man  nun 
diese  Reiterkasernen  mit  dem  Arentsburger 
Grundriß,  so  scheint  es  klar,  daß  wir  es  auch 


in  Arentsburg  die  Centurienkasernen  einer 
solchen  Cohors  an,  so  war  also  in  den  vier 
ähnlichen  Gebäuden,  welche  wir  auf  dieser 
Seite  des  Arentsburger  Castellum  fanden, 
gerade  Platz  für  die  Hälfte  der  ganzen 
Reiterei  dieser  Kohorte.  Und  bei  der 
Reiterkaserne  von  Gellygaer  finden  wir  nach 


Jirerztsbura,  GeZb/^aer. 


0/23^5         W        /5        W 

Abb.  6.     Reiterkasernen. 


25M. 


hier  mit  einer  solchen  Kaserne  zu  tun  haben. 
Auch  hier  ist  das  Gebäude  in  zwei  gleiche 
Schiffe  geteilt,  nur  sind  hier  noch  etwas  mehr 
Spuren  der  inneren  Einteilung  erhalten.  Das 
ganze  Gebäude  hat  eine  Breite  von  etwa 
25  Fuß;  es  blieb  hier  also  in  der  Striga  noch 
ein  schmaler  Streifen  offen,  wie  es  Hyginus 
vorschreibt,  dort,  wo  auch  Tiere  ihren  Platz 
in  der  Striga  bekommen  sollten.  In  Novaesi- 
um, wo,  wie  gesagt,  die  steinernen  Kasernen- 
bauten etwas  weiter  auseinander  liegen, 
wurde  auch  dieser  Streifen  noch  zum  Bau 


Abzug  von  10  Fuß  für  die  Dicke  der  Stein- 
mauer genau  dieselbe  Länge.  Die  Maße  des 
Hyginus  kommen  hier  also  vollkommen  zur 
Geltung.  Aber  auch  für  Novaesium  treffen 
sie  zu.  Hier  ist  die  Länge  der  Kasernen 
durchschnittlich  verteilt  in  8  Kontubernien 
zu  12  Fuß.  Nach  Hyginus  war  also  in  jedem 
Kontubernium  Platz  für  4  Mann  (3  Fuß 
jeder)  und  4  x  8  =  32.  Die  Hemistrigien 
der  Reiterkasernen  von  Novaesium  bargen 
also  jedes  eine  Turma  von  30  Mann. 


SCALE       1-   »»O 


-TTr-r^iPY—r 

M«tr«siv  o  kb 


Abb.  7.     Kastell  Newstead  (nach  Curie). 


8i 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


82 


Wir  dürfen  also  behaupten,  daß 
Hyginus  uns  auch  für  die  Stand- 
lager und  Castella  die  richtigen  Vor- 
schriften für  die  Lagerung  der  Be- 
satzung überliefert  hat,  wenn  wir 
nur  die  oben  im  Laufe  unserer  Un- 
tersuchung gefundenen  Beschrän- 
kungen  im   Auge   behalten. 

Ein  Beispiel  soll  uns  schließlich  noch 
dieses  Ergebnis  bestätigen. 

Nach  Curie  (S.  75)  bestand  die  Besatzung 
von  Newstead,  von  welchem  Kastell  der 
Grundriß  Abb.  7  reproduziert  wird,  aus 
Mannschaften  der  Ala  Vocontiorum  ^)  und 
Legionarii.  Die  Kasernen  der  Legionssol- 
daten meint  Curie  in  den  von  ihm  ausge- 
grabenen Baracken  der  Praetentura  zu  er- 
kennen, während  nach  seiner  Meinung  die 
Reiter  der  Ala  wohl  in  den  sehr  kümmerlich 
erhaltenen  und  dürftig  ausgegrabenen  Ge- 
bäuden der  Retentura  (vgl.  den  Grundriß 
XXI — XXV)  gelagert  gewesen  sein  müssen. 
Was  lehren  uns  nun  aber  Hyginus  und  unsere 
obenstehenden  Ausführungen  ? 

Die  Baracken  der  Praetentura,  deren 
Breite  30  Fuß,  d.  i.  die  ganze  Breite  eines 
Hemistrigiums,  einnimmt,  sind,  wie  sich  bei 
Vergleich  mit  den  Steinbauten  Novaesiums 
und  Gellygaers  herausstellt,  keine  Infanterie-, 
sondern  Reiterkasernen  gewesen.  Die 
Länge  jedes  Hemistrigiums  ist  in  1 1  unge- 
fähr gleiche  Kontubernien  von  (nach  Abzug 
der  Mauerdicke)  etwa  12  Fuß  verteilt.  Diese 
II  X  12  Fuß  sind  m.  E.  nur  zu  verstehen 
für  eine  Reiterkaserne:  ii  x  12/3  (jeder 
Reiter  bekommt  drei  Fuß  nach  Hyginus)  = 
44;  jedes  Hemistrigium  barg  also  eine  Turma 
zu  42  Mann,  die  Zahl  der  Reiter  einer  Turma 
einer  Ala  milliaria;  die  12  Baracken  der 
Praetentura  haben  also  genau  die  Hälfte 
einer  Ala  milliaria,  der  Ala  Vocontiorum, 
aufgenommen.  Dagegen  erweisen  die  ge- 
nannten Gebäude  der  Retentura,  wie  unvoll- 
ständig ihr  Grundriß  auch  sein  möge,  sich 
als  Kasernen  von  Legionsmanipeln.  Die 
Bauten  XXIV  und  XXV  sowohl  wie  XXII 
und  XXIII  nehmen  jedesmal  zusammen  mit 
dem  zwischen  ihnen  liegenden  Raum  gerade 
die  Breite  von  60  Fuß,  d.  i.  genau  von  einer 

')  Hemmen,  wo  eine  Inschrift  dieser  Ala  gefun- 
den, liegt  nicht,  wie  Curie  meint,  »in  Germany«, 
sondern  in  Holland. 


Striga,  nach  Hyginus,  ein:  wir  haben  hier 
also  zwei  Centurien  innerhalb  einer  Striga 
einander  gegenüber  gelagert.  Nur  ein  Teil 
derselben  ist  ausgegraben,  weder  von  einem 
Centurionenhausevorder  eigentlichen  Mann- 
schaftskaserne noch  von  der  Kontubernien- 
einteilung  sind  die  Spuren  aufgedeckt;  den- 
noch scheint  uns  auch  das  Längenmaß  den 
Bau  als  Legionskaserne  zu  erweisen.  Wurde 
doch  eine  Mauer  in  ihrer  ganzen  Länge 
ausgegraben;  diese  Länge  betrug  270  Fuß, 
das  ist  genau  das  Maß  einer  solchen  Legions- 
kaserne von  12  Kontubernien,  jedes  für 
8  Mann,  zusammen  mit  vorgebautem  Wohn- 
haus und  Zwischenraum,  wie  wir  es  in 
Novaesium  kennen  gelernt  haben  und  wie  es 
dem  von  Hyginus  angegebenen  Längenmaß 
entspricht  (vgl.  die  Tabelle  S.  72).  Obwohl 
die  dürftige  Ausgrabung  hier  keine  weiteren 
Schlüsse  zuläßt,  scheint  dennoch  in  der  Re- 
tentura von  Newstead  für  6  Centurien,  d.  i. 
also  gerade  für  eine  Legionskohorte,  Raum 
gewesen  zu  sein.  Hyginus  lehrt  uns  hier,  daß 
die  Lagerung  der  Legionssoldaten  und  der 
Alareiter  in  Newstead  gerade  umgekehrt  ge- 
wesen ist,  als  Curie  es  sich  denkt. 

Wir  kommen  also  zu  den  folgenden 
Schlüssen : 

Bei  der  Lagerung  der  Truppenkörper  in 
den  Kastellen  gilt  im  allgemeinen  für  die 
Breite  der  verschiedenen  Kasernen  das  von 
Hyginus  genannte  Strigamaß  von  60  Fuß. 
Weil  aber  im  Standlager  natürlicherweise 
für  Jumenta  kein  Platz  innerhalb  der  Mann- 
schaftskaserne  ausgespart  zu  werden  brauch- 
te, wurden  die  60  Fuß  in  drei  gleich  breite 
Streifen  geteilt,  der  mittlere  Conversantibus 
spatium,  die  beiden  seitlichen,  die  eigent- 
lichen Centurienkasernen.  Im  Steinbau 
fand  bisweilen  eine  Erweiterung  des  Con- 
versantibus spatium  statt,  auf  die  eigent- 
liche Lagerung  der  Mannschaft  blieb  das 
aber  ohne  Einfluß.  Bei  den  Reiterkasernen 
war  der  bebaute  Teil  breiter;  hier,  wo  auch 
die  Pferde  untergebracht  werden  sollten,  ist 
die  Breite  den  »Papilioni  +  Armis  -f  Jumen- 
tis«  des  Hyginus  gleich.  Im  Steinbau  wird 
hier  die  ganze  Breite  eines  Hemistrigiums, 
30  Fuß,  von  Kaserne  mit  Stallung  einge- 
nommen. 

Für  die  Länge  der  verschiedenen  Kaser- 
nen gelten  die  Angaben  des  Hyginus  voll- 


83 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


84 


kommen.  Die  Offiziere  aber,  welche  nach 
Hyginus'  ausdrücklicher  Mitteilung  im 
Marschlager  innerhalb  der  Mannschafts- 
strigen  lagern,  haben  im  Standlager  ihre 
eigenen  Häuser,  welche,  vor  den  Kasernen 
der  von  ihnen  kommandierten  Truppenteile 
gebaut,  natürlich  nicht  in  der  Pedatura  der 
Mannschaft    mitzurechnen    sind. 

In  dem  Barackenbau,  wie  wir  ihn  auf 
Arentsburg  fanden  und  wie  sie  auch  wohl  in 
weitaus  den  meisten  Limeskastellen  usw. 
vorhanden  gewesen  sind,  nehmen  also  die 
folgenden  Truppenkörper  folgende  Längen- 
maße   ein : 

Die  Legionscenturie  brauchte  lO  oder 
12  X  12  Fuß,  je  nachdem  die  Centurie  80 
oder  100  Mann  stark  war. 

Die  Centuria  cohortis  quingenariae 
brauchte  60  x  1,2  =  72  Fuß. 

Die  Centuria  cohortis  milliariae  also 
80  X  1,2  =  96  Fuß. 

Will  man  hier  die  Länge  der  Offiziers- 
wohnung miteinrechnen,  so  müssen  nach 
Vorbild  von  Arentsburg  noch  etwa  50  Fuß 
hinzugezählt  werden;  zur  Pedatura  der 
Centuria  gehören  diese  50  Fuß  aber  selbst- 
verständlich nicht. 

Die  Länge  der  Pedatura  einer  Turma 
der  Reiterei  einer  Kohorte  betrug  30  x  3  = 
90  Fuß;  oft  scheint  dieselbe  aber  in  halben 
Türmen  über  eine  Länge  von  etwa  45  Fuß 
gelagert  gewesen  zu  sein. 

V.  Domaszewski  hat  also  vollkommen 
richtig  gesehen,  daß  die  Pedaturainschriften 
von  Zugmantel  genau  die  Maße  der  Pedatura 
Centuriae  Cohortis  quingenariae  und  der 
einer  Cohors  milliariae  enthalten,  und  man 
wird  m.  E.  schwer  umhin  können,  mit  ihm 
anzunehmen,  daß  sie  sich  wirklich  auf  die 
Barackenbauten  solcher  Centurien  beziehen. 

Leider  bieten  uns  die  noch  nicht  zu 
Ende  geführten  Ausgrabungen  vom  Zug- 
mantel mit  seinen  drei  Kastellbauten  über- 
einander und  seinen  merkwürdigen  Keller- 
bauten nicht  die  Möglichkeit,  diese  Angaben 
an  einem  detaillierteren  Grundplan  zu  kon- 
trollieren. 

Müssen  wir  es  also  v.  Domaszewski 
glauben,  daß  es  jetzt  möglich  ist,  ohne  weite- 
res die  Innenanlage  aller  Limeskastelle  mit 
allen  Einzelheiten  zu  begreifen.?'  Sicher  hat 
er  mit  großem  Scharfsinn  seine  gefundenen 


Maße  bei  einigen  Grundplänen  von  Kastellen 
in  Anwendung  gebracht.  Aber  auch  hier 
können  uns  unsere  Arentsburger  Ausgrabun- 
gen anderes  lehren.  Wie  gesagt,  lagerten  in 
der  von  uns  ausgegrabenen  linken  Hälfte  des 
Kastells  zwei  der  drei  Manipeln  einer  Cohors 
equitata  quingenaria  und  in  der  Praetentura, 
an  der  Gegenseite  der  Via  principalis,  die 
Hälfte  der  dazugehörigen  Reiterei.  Reuvens 
hatte  schon,  wie  jetzt  aus  dem  Plan  ersicht- 
lich ist,  den  rechten  Flügel  des  Praetoriums 
ausgegraben;  wie  groß  die  Breite  dieses  Ge- 
bäudes gewesen,  wie  weit  es  sich  also  in  der 
Richtung  unserer  Centurienkasernen  aus- 
gedehnt hat,  ist  nicht  genau  zu  sagen  und 
leider  auch  nicht  mehr  zu  untersuchen.  Eins 
ist  aber  sicher,  daß  das  Praetorium  sich  nicht 
weiter  ausgebreitet  haben  kann  als  die  lange 
Spur,  welche  wir  in  einer  gewissen  Entfer- 
nung unserer  Baracken  parallel  mit  den 
Längswänden  derselben  am  Rande  des  von 
uns  untersuchten  Terrains  aufgedeckt  haben. 
Diese  Spur  ist  jetzt  wohl  sicher  als  ein  Ab- 
zugsgraben oder  Terrainbegrenzung,  nicht 
als  Spur  eines  Gebäudes  zu  betrachten. 
Zwischen  diesem  Gräbchen,  d.  h.  also  jeden- 
falls zwischen  dem  Praetorium  und  unseren 
Baracken,  erstreckt  sich  noch  ein  freier 
Raum,  der  gerade  eine  Striga  breit  ist  (etwa 
60  Fuß),  und  wo  also  gerade  noch  für  den 
dritten  Manipel  unserer  Kohorte  Platz  ge- 
wesen wäre.  Es  scheint  aber  sicher,  daß  hier 
nicht  noch  eine  dritte  solche  Kaserne  gelegen 
hat.  Daß  von  einem  derartigen  Gebäude  keine 
Spuren  auf  dem  Plan  gezeichnet  stehen,  ist 
dafür  kein  Beweis.  Denn,  wie  schon  öfters 
in  meinen  Ausgrabungsberichten  verzeichnet 
wurde,  ist  in  diesem  Teile  des  Terrains  der 
Boden  dermaßen  abgetragen,  daß  solche 
Gebäudespuren  wohl  mit  fortgegraben  sein 
müßten.  Der  Beweis  wird  aber  dadurch 
geliefert,  daß  die  Abfall-  und  Düngergruben, 
welche  wir  hinter  unseren  Kasernen  antrafen, 
sich  nicht  nach  Osten  fortsetzen,  obwohl  hier 
der  Boden  nicht  so  tief  abgegraben  ist,  daß 
derartige  Gruben  dadurch  ebenfalls  ver- 
schwunden sein  könnten.  Es  wäre  doch  auch 
zu  merkwürdig,  daß  eine  spätere  Abtragung 
des  Terrains  gerade  noch  die  zweite  Kaserne 
vollkommen  gespart  hätte,  aber  eine  dritte 
vollständig  fortgenommen  hätte.  Vielmehr 
muß  die  Sache  gerade  umgekehrt  gewesen 


85 


Hyginus  und  die  Anlage  der  Kastelle. 


86 


sein,  und  ist  der  Boden  hier  so  tief  umge- 
wühlt, weil  er  hier  außerhalb  der  früheren 
Bauten  viel  härter  gewesen,  ja  wahrschein- 
lich selbst  absichtlich  verhärtet  war,  was  die 
spätere  Bestellung  des  Feldes  hindern 
mußte.  Auf  jeden  Fall  aber  blieb  hier 
zwischen  unseren  zwei  Baracken  und  dem 
Praetorium  noch  ein  Grundstück  offen,  das 
gerade  noch  dem  dritten  Manipel  Platz  ge- 
boten hätte,  aber  nicht  dazu  benutzt,  son- 
dern freigelassen  wurde.  Für  diesen  dritten 
Manipel  haben  wir  m.  E.  die  Kaserne  zweifellos 
auf  der  andern  Seite  des  Praetoriums  anzu- 
setzen. Die  Anlage  des  ganzen  Kastells  ist 
eine  unregelmäßige;  nicht  nur  liegen  alle 
Bauten  schief  zu  der  Mauer,  sondern  das 
Praetorium  liegt  auch  nicht  genau  in  der 
Mitte.  War  der  genaue  Verlauf  der  östlichen 
Mauer  allerdings  nicht  mehr  festzustellen, 
so  steht  doch. fest,  daß  die  östliche  Hälfte 
des  Kastells  bedeutend  schmaler  war  als 
die  westliche.  Überdies  hat  Reuvens  neben 
dem  Praetorium  an  der  östlichen  Längsseite 
desselben  zwei  Brunnen  gefunden,  welche 
wohl  im  Freien  gelegen  haben  müssen.  Es 
bleibt  also  hier  nur  noch  für  eine  Manipel- 
kaserne  Platz  übrig. 

In  der  Praetentura  fanden  wir  vier 
Reiterkasernen  in  der  linken  von  uns  aus- 
gegrabenen Hälfte.  Auch  hier  brechen  die 
Spuren  östlich  gerade  mit  der  Ecke  eines 
Gebäudes  ab.  Es  scheint  also,  daß  hier  neben 
den  gefundenen  nicht  noch  mehrere  der- 
artige Gebäude  gelegen  haben,  und  daß  wir 
also  die  andern  vier  Kasernen  für  die  zwei 
übrigen  Turmae  in  der  östlichen  Hälfte  der 
Praetentura  anzusetzen  haben.  Reuvens 
hat  sie  selbstverständlich  nicht  gefunden, 
weil  er  seinerzeit  nur  auf  Steinbauten  acht 
geben  konnte;  nicht  unmöglich  ist  es  aber, 
daß  das  sehr  späte  Gebäude,  zu  dessen 
Fundamenten  nach  Reuvens'  Angaben  Bau- 
steine anderer  Gebäude  benutzt  worden  sind 
und  das  er  im  Nordostwinkel  der  Praeten- 
tura zeichnet,  eine  spätere  Ersetzung  einer 
solchen  Reiterkaserne  in  Stein  gewesen  ist; 
die  Zeichnung  scheint  dazu  gut  zu  passen. 

Jedenfalls  scheint  es  mir  aber  erwiesen, 
daß  die  Besatzung  unseres  Kastells,  dessen 
hinterer  Teil,  wie  gesagt,  sicher  keine  Ka- 
sernenanlagen mehr  enthält,  eine  Cohors 
equitata    quingenaria   gewesen    ist.     Neben 


dem  Praetorium  blieb  ein  großer  Raum, 
eine  ganze  Striga,  von  Kasernenbauten  frei, 
und  überdies  gab  es  außer  der  sehr 
breiten  Via  principalis  auch  vor  dem 
Praetorium  allem  Anschein  nach  einen 
weiten  Platz,  denn  auch  die  Reiterkasernen 
nehmen  fast  nur  die  Hälfte  der  Praeten- 
turabreite  ein.  Auch  blieb  zwischen  ihnen 
und  der  nördlichen  Frontmauer  noch  ein 
breiter  Streifen,  welcher  nur  von  Abzugs- 
kanälen durchschnitten  wurde. 

Was  also  Fabricius  schon  für  die  größeren 
Kastelle  vermutete,  sehen  wir  hier  vor  uns. 
Auch  das  Kastell  Arentsburg  war  »allerdings 
nicht  voll  belegt«,  sondern  es  war  ebenfalls 
dazu  bestimmt,  wenn  nötig,  zeitweilig  andere 
Truppen  als  die  eigentliche  Besatzung  auf- 
zunehmen, und  ein  sehr  beträchtlicher  Teil 
blieb  dazu  frei.  Es  ist  also  vollkommen  ver- 
fehlt, wenn  v.  Domaszewski  den  ganzen, 
nicht  von  andern  Gebäuden  eingenommenen 
Teil  seiner  Kastelle  mit  Kasernen  ausfüllt. 
Obwohl  uns  jetzt  die  Pedaturae  der  ver- 
schiedenen Truppenkörper  bekannt  sind, 
ist  es  dennoch  unmöglich,  ohne  weitere  An- 
gaben die  Besatzung  eines  Kastells  einfach 
nach  seinen  Grundmaßen  zu  bestimmen. 
Immer  wird  für  jeden  einzelnen  Fall  der 
Spaten  eingreifen  müssen.  Aber  die  jetzt 
bekannten  Maße  werden  sich  gewiß  leicht 
jedesmal  durch  wenig  umfangreiche  Ver- 
suchsgrabungen wiederfinden  lassen.  Wie  oft 
lesen  wir  in  der  Limespublikation  von  Ba- 
rackenschutt.?  Ein  paar  Schnitte  durch  diese 
Schuttmassen  müssen  zweifellos  auch  die 
Fundamentgruben  der  Baracken  zutage 
bringen  und  damit  die  Berechnung  des  von 
ihnen  eingenommenen  Raumes,  wodurch  sich 
die  Art  des  in  ihnen  gelagerten  Truppen- 
körpers leicht  berechnen  läßt,  ermöglichen. 
Denn  es  ist  kein  »Irrtum,  die  Angaben  der 
Lagerbeschreibungen  bei  der  Erläuterung 
der  Überreste  römischer  Standlager  heran- 
zuziehen«. 

Leiden  (Holland).       J.  H.  Holwerda. 


8; 


Eine  neue  Inschrift  zum  griechischen  Vereinswesen. 


EINE  NEUE  INSCHRIFT  ZUM 
GRIECHISCHEN  VEREINSWESEN. 

Die  Inschrift,  die  wir  hier  veröfifenthchen, 
befindet  sich  jetzt  im  Hofe  der  Gemeinde- 
lesehalle der  Stadt  Malko-Tirnovo  (Kreis 
von  Burgas),  in  dem  neugewonnenen  bul- 
garischen Gebiet.  Wie  mir  der  Direktor 
des  Progymnasiums  dieser  Stadt  mitteilt, 
ist  die  Inschrift  bei  den  Erdarbeiten  für  den 


Der  erhaltene  Teil  der*  Inschrift  lautet: 
(Abb.  I): 

.  .  tevou  ispsu?  üaxyioo  [xov  ßtu-] 
[lov  dv£i)"/)xa  ^zSi  All  Ato[v6-] 
(3(1)  uTtsp  haoTOo  xal  xoiv  t£[xv]- 

tUV    [XOU    (3üV[XUaT(OV    TiSpl 

5  (3«>Tirjpta? 

Z.  I :  ispsu?  Botx/iou :  Hax/ßXov  ist  wohl 
der  Name  der  Vereinigung,  die  dem  mysti- 
schen Dienst  des  Dionysos  gewidmet  war  ^). 

Z.    2:    eine    inschriftliche    Widmung    Ait 


Abb.  I.     Inschrift  aus  Malko-Tirnovo, 


Bau    der    katholischen    Mädchenschule    ge- 
funden worden  ^). 

Viereckige  Basis  aus  Marmor,  die  oben 
und  auf  der  rechten  Seite  abgearbeitet  ist, 
so  daß  die  Anfangszeilen  und  rechts  einige 
Buchstaben  der  ersten  drei  Zeilen  verloren 
gegangen  sind;  auch  links  sind  die  Anfangs- 
buchstaben derselben  Zeilen  beschädigt. 
Der  Stein  ist  jetzt  0,55  m  hoch,  0,65  m  breit, 
0,50  m  dick;   Buchstabenhöhe  0,04  m. 


')  Ich  habe  das  Denkmal  selbst  nicht  gesehen; 
die  Photographie  hat  mir  der  Photograph  des 
Nationalmuseums  in  Sofia,  Herr  G.  Traitschev,  zur 
Verfügung  gestellt. 


Alovus«)  ist  uns  unbekannt;  aber  wie  es 
einen  Zsu?  Batc/o?  ^)  und  Zsu?  SaßctCio?  3) 
gegeben  hat,  so  hat  man  auch  Zsu?  Ai6vucJ0?4) 
angerufen;    die    Inschrift    stammt    ja    aus 

0  Vgl.  Kern  bei  Pauly-Wissowa  RE.  II  2784; 
Ziebarth,  Vereinsw.  35,  40,  44,  56;  Poland,  Gesch. 
des  griech.  Vereinsw.  197;  dazu  jetzt  G.  Klaffenbach, 
Symbol,  ad  histor.  collegior.  artific.  Bacchior.  Diss. 
Berlin  19 14. 

*)  Vgl.  Preller-Robert,  Griech.  Mythol.  I  2,  701 
Anm.  2,  Rohde,  Psyche3  II  7. 

3)  Ibid.  I  2,  701,  Anm.  2;  702,  Anm.  3;  Seure, 
Rev.  arch.  1908  II,  43  Nr.  43  und  45. 

4)  Aristid.  I  p.  49:  fjOrj  8^  tivwv  mi.o^j'S'x  xai 
etepov  X6-(o\  Ouep  toütcov  oti  «'jtö;  6  Zeus  eiTj  6 
Aiövucfos;  Preller-Robert  a.  a.  O.I  2,  664. 


89 


Abguß  eines  römischen  Hochzeitsreliefs. 


90 


spätrömischer  Zeit,  wo  solche  Angleichun- 
gen  ganz  gewöhnlich  sind,  ©sc«  AtovtSoiw 
begegnet  z.  B.  in  einer  Inschrift  aus  Magnesia 
am  M. :  Mitt.  des  D.  arch.  Inst.  Athen 
XV    332;    Michel,  Recueil  856  B. 

Z.  3:  Die  Kinder  waren  Synmysten 
ihres  Vaters;  über  die  auv[xu(3Tai  vgl.  Poland, 
Griech.  Vereinswesen  S.  39. 

Unser  Denkmal  bietet  einen  neuen  Beleg 
für  die  weite  Verbreitung  der  Mysterien- 
vereine in  der  alten  Heimat  des  Dionysos- 
dienstes ^);  südlich  von  Malko-Tirnovo  liegt 
bekanntlich  Viza  ^),  das  antike  BiCur^, 
Hauptstadt  der  thrakischen  Asten,  die  zum 
Odrysenstamm  gehörten  3).  Es  ist  beach- 
tenswert, daß  in  diesen  Gebieten  die  alte 
Dionysosreligion  bis  auf  den  heutigen  Tag 
in  gewissen  Festbräuchen  fortzuleben 
scheint  4). 


Sofia. 


Gawril  Kazarow. 


ABGUSS  EINES  RÖMISCHEN 
HOCHZEITSRELIEFS. 

Bei  den  im  Archäologischen  Seminar  der 
Universität  Innsbruck  unter  Leitung  Hein- 
rich Sittes  durchgeführten  Arbeiten  ^)  wurde 
im  letzten  Wintersemester  der  Gipsabguß 
eines  Hochzeitsreliefs  besprochen  (Abb.  i). 
Handschriftlich  trägt  der  Abguß  auf  einem 
wohl  aus  dem  Jahre  der  Anschaffung  (1876) 
stammenden  Zettel  die  Notiz:  »Hochzeits- 
relief.  (Römisch.)  Marmor.  Vatikan.«  In 
dem  1894  erschienenen  Verzeichnis  der  Ab- 
güsse antiker  Bildwerke  im  Gipsmuseum  der 
k.  k.  Universität  Innsbruck  ist  der  Abguß 
auf  S.  24  unter  Nr.  248  als  »Relief.  Römische 
Hochzeitsszene.  Antik.?  Rom.  Museo  Pio 
Clementino?«  bezeichnet. 


1)  Vgl.  Poland,  a.  a.  0.^37,  198. 

2)  Neuerdings  hat  K.  Skorpil  das  Gebiet  von 
Strandscha-Planina  (Midia,  Iniada,  Viza)  archäolo- 
gisch erforscht:    Bull.  soc.  archeol.  Bulgare  III  235f. 

3)  Tomaschek,  Die  alten  Thraker  I  84;  II  2,  60. 

4)  Vgl.  Wace,  Ann.  of  the  Brit.  School  Athen. 
XVI  232;  XIX  248  f.  und  die  daselbst  zitierte 
Literatur.  Speziell  für  Malko-Tirnovo  vgl.  G.  Kazarow, 
Arch.  Rel.wiss.  XI  407. 

')  s.  Aus  der  Werkstatt  des  Hörsaals.  Papyrus- 
Studien  u,  andere  Beiträge.  Wagner,  Innsbruck 
1914.     S.  77ft. 


Bei  der  Besprechung  des  Abgusses  wurde 
die  Bezeichnung  Marmor  bald  als  für  das  Ma- 
terial des  Originals  irrig  erkannt;  es  wurde 
erkannt,  daß  es  der  Abguß  einer  Terra- 
kottaplatte sein  müsse.  Im  IV.  Bande  des 
Terrakottenwerkes  fand  sich  dann  auch  so- 
fort unter  den  architektonischen  römischen 
Tonreliefs  der  Kaiserzeit  auf  Taf.  XI  die 
Abbildung  eines  im  Louvre  befindlichen 
Caeretanerreliefs,  das  den  gleichen  Gegen- 
stand zur  Darstellung  bringt,  und  auf 
Taf.  XLVII  eine  Platte  römischer  Erzeu- 
gung, welche  die  gleichen  Randornamente 
wie  unser  Abguß  hat.  Im  Text  ist  nun  auf 
S.  92  von  einem  verschollenen  ganzen  Hoch- 
zeitsrelief des  römischen  Typus  die  Rede: 
»Die  einzige  vollständig  erhaltene  Platte,  die 
bekannt  wurde,  ist  heute  verschollen,  sie  ist 
gezeichnet  für  "Dal  Rozzo,  Windsorband  V 
Fol.  23  u.  27,  und  ist  wohl  identisch  mit  dem 
Exemplar,  das  bei  Bartoli,  Admiranda  Ro- 
manarum antiquitatumTaf.  57,  als  in  aedibus 
Farnesianis  befindlich  wiedergegeben  und 
danach  bei  Montfaucon,  L'Antiquite  ex- 
pliquee  III  Taf.  CXXXII,  2,  wiederholt  ist. 
Wahrscheinlich  wird  auch  die  Abbildung  bei 
Barbault,  Les  plus  beaux  monuments  de 
Rome  ancienne  (i  761)  Taf.  67,  auf  dasselbe 
Original  zurückgehen  und  nur  um  der  male- 
rischen Wirkung  willen  das  Relief  hier  zer- 
brochen erscheinen.  Fragmente  sind  be- 
kannt usw.  .  .  .« 

Unser  Abguß  eines  vollständigen  römischen 
Hochzeitsreliefs  scheint  also  den  Heraus- 
gebern Hermann  v.  Rohden  und  Hermann 
Winnefeld  unbekannt  gewesen  zu  sein; 
darum  mag  es  nicht  zwecklos  erscheinen,  im 
»Archäologischen  Anzeiger«  auf  diesen  an- 
scheinend seltenen  Abguß  aufmerksam  zu 
machen. 

Die  Maße  unseres  Abgusses  (60  x  52  cm) 
stimmen  genau  mit  den  Maßen  der  auf  Taf. 
XLVII  abgebildeten  römischen  Platte  über- 
ein. Unser  Abguß  zeigt  auch  in  der  Model- 
lierung die  größere  Weichheit  der  römischen 
Platten,  die  schon  auf  S.  92  des  Terrakotten- 
werkes hervorgehoben  ist.  Es  heißt  dort: 
»Die  Platten  römischen  Ursprungs  haben 
dieselben  Randornamente  wie  die  römische 
Platte  mit  Winterhore  und  Stierträger,  zu 
denen  sie  als  Gegenstück  gehören,  und  zeigen 
auch  dieselbe  größere  Weichheit  der  Model- 


91 


Abguß  eines  römischen  Hochzeitsreliefs. 


92 


lierung.«  Neben  dieser  größeren  Weichheit 
der  Formen,  die  sogar  manchmal  bis  zur 
UndeutHchkeit  führt,  (so  erkennt  man  z.  B. 


deutlicher  zu  erkennen  als  auf  der  Louvre- 

platte,  die  aus  der  Caeretanerfabrik  stammt. 

Unser  Abguß  wurde  aus  Dresden  erworben. 


Abb.  I.     Abguß  eines  römischen  Hochzeitsreliefs  in  Innsbruck. 


den  Granatapfel,  den  die  Braut  unter  dem 
Mantel  in  der  linken  Hand  trägt,  fast  gar 
nicht),  zeigen  sich  aber  auch  kleine  Ab- 
weichungen in  den  Falten  der  Gewänder,  in 
der  Art,  wie  die  Mantelzipfel  fallen  usw.;  da- 
gegen  sind   die    Sandalen    des    Bräutigams 

Archäologischer  Anzeiger   1915. 


Auf  unsere  Anfrage  erhielten  wir  von  Pro- 
fessor Dr.  Paul  Herrmann  in  liebenswürdig- 
ster Weise  die  Auskunft,  daß  sich  in  Dresden 
nicht  das  Original  befindet,  sondern  auch 
wieder  nur  ein  Abguß,  der  aus  der  Sammlung 
des  Malers  Raphael  Mengs  stammt.    Da  sich 


93 


Zur  baugeschichtlichen  Entwickelung  des  antiken  Theatergebäudes. 


94 


Mengs  viele  Jahre  in  Rom  aufhielt,  so  weist 
nun  außer  den  charakteristischen  Merk- 
malen der  römischen  Erzeugnisse  und  außer 
der  Notiz  bei  Bartoli  »in  aedibus  Farnesianis« 
noch  die  Herkunft  des  Abgusses  auf  Rom 
als  Aufbewahrungsort  dieser  Terrakotta- 
platte. Vielleicht  gelingt  es  doch  noch  ein- 
mal, das  verschollene  Original  in  Rom  auf- 
zufinden; bis  dahin  mag  uns  sein  Abguß 
vollkommeneren  Ersatz  als  die  bisher  allein 
bekannte  Zeichnung  bieten. 

Innsbruck.  L.  Duregger. 


ZUR    BAUGESCHICHTLICHEN 

ENTWICKELUNG    DES    ANTIKEN 

THEATERGEBÄUDES. 

In  der  diesjährigen  Januarsitzung  der  Ar- 
chäologischen Gesellschaft  zu  Berlin  sprach 
Herr  E.  Fiechter  im  Anschluß  an  die  Vorlage 
seines  kürzlich  erschienenen  Buches  über  die 
Entwickelung  des  antiken  Theatergebäudes '). 
Der  Vortragende  versuchte  nach  einer  kurzen 
Einleitung  über  den  Stand  der  Theater- 
frage zunächst  zu  zeigen,  daß  die  Beschrei- 
bung des  »theatrum  Graecorum«  nach 
Vitruv  V  7  besser  zu  den  Resten  hellenisti- 
scher Theater  in  Kleinasien  passe  als  zu 
jenen  Bauten,  die  Herr  Dörpfeld  zu  einem 
griechisch-römischen  Typus  zusammen- 
faßte, dessen  Beispiele  er  in  den  Theatern 
von  Termessos,  Patara  u.  a.  erkannte. 
Gerade  bei  diesen  Bauten  stimmen  die  An- 
lageverhältnisse zu  Vitruvs  Regeln  nicht  gut. 
Vitruvs  Regeln  scheinen  also  auf  helle- 
nistische Anlagen  zurückzugehen.  Dann 
sind  sie  aber  keine  rein  praktischen  Bau- 
vorschriften, sondern  Mitteilungen  von  ver- 
schiedenen gelehrten  und  praktischen  No- 
tizen, die  ohne  systematische  und  historische 
Bedenken  nebeneinandergestellt  sind,  so 
daß  auch  die  Beschreibung  der  beiden 
Theaterarten    mehr    den    Charakter    einer 


')  Durch  besondere  Umstände  konnte  das  vor- 
liegende Referat  über  den  Vortrag  des  Herrn  Fiechter 
und  über  die  Entgegnung  des  Herrn  Dörpfeld  nicht 
mehr  in  den  Bericht  über  die  betreffende  Sitzung  der 
Archäologischen  Gesellschaft  in  Arch.  Anzeiger  oben 
Sp.  52  aufgenommen  werden.  Bei  dem  allgemeinen 
Interesse  der  hier  behandelten  Fragen  wollen  wir 
beides  den  Lesern  des  Anzeigers  nicht  vorenthalten 
und  holen  die  Wiedergabe  hiermit  nach. 


gelehrten  Gegenüberstellung  als  von  wört- 
lich zu  nehmenden  Bauvorschriften  trägt. 
Besteht  diese  Auffassung  des  Vitruvschen 
Werkes  zu  Recht,  so  haben  seine  Überliefe- 
rungen nicht  den  Wert  eines  praktischen 
Bauhandbuches,  also  auch  keine  unbedingte 
Beweiskraft  für  Bauzustände  zu  Vitruvs  Zeit. 

Die  Ruinen  der  hellenistischen  Theater 
zeigen  durchweg  ein  zweigeschossiges  Ske- 
nengebäude:  Vor  dem  Untergeschoß  stand 
ein  Proskenion,  ein  Vorbau  vor  der  Skene, 
der  mit  einer  stützenden  Säulenreihe  aus 
Stein  in  Griechenland  im  zweiten,  in  Klein- 
asien wahrscheinlich  schon  im  dritten  Jahr- 
hundert V.  Chr.  ausgestattet  worden  ist. 
Ihrer  Gestalt  nach  kann  diese  Säulenreihe 
nicht  als  Ergebnis  der  Entwickelung  aus 
einer  früher  beweglichen  Hintergrunddeko- 
ration angesehen  werden,  sondern  nur  als 
eine  architektonisch  einmal  gewählte  Form. 
Sie  kann  auch,  da  sie  jede  rhythmische 
Gliederung  vermissen  läßt,  nicht  der  Aus- 
gangspunkt für  die  Entwickelung  der  römi- 
schen scaenae  frons  gewesen  sein.  Die 
Möglichkeit,  die  Vorderwand  des  Proskenions 
mit  Pinakes  zu  dekorieren,  besteht  noch 
in  hellenistischer  Zeit,  vielleicht  noch  als 
Überrest  aus  dem  Theater  des  4.  Jahr- 
hunderts, aber  sie  ist  außerordentlich  be- 
schränkt in  der  Wirkung,  da  die  Felder  durch- 
weg sehr  schmal  —  etwa  0,90  bis  0,80  m  — 
und  abgesehen  von  Athen  durchschnittlich 
auch  sehr  niedrig  sind  —  etwa  2,00  m. 

In  einigen  hellenistischen  Theatern  liegt 
hinter  dem  Proskenion  kein  oder  nur  ein 
geringer  verfügbarer  Raum  im  Unterge- 
schoß der  Skene.  Das  Hauptgeschoß  lag 
also  oben.  Das  wird  bewiesen  durch  die 
Tatsache,  daß  bei  den  Theatern  von  Oropos, 
Priene  und  Ephesos  die  Skenenwand  nach 
dem  Koilon  zu  große  Hallenöffnungen  besaß, 
durch  die  man  in  das  Innere  der  Skene 
hineinsehen  konnte.  Diese  Frontbildung 
darf  als  typische  Skenenfront  des 
hellenistischen  Theaters  gelten;  eine  Er- 
gänzung nach  diesem  Typus  ist  bei  allen 
bekannten  Theaterruinen  für  die  helle- 
nistische Zeit  möglich  und  wahrscheinlich. 
Nach  der  Inschrift  von  Oropos  konnten 
diese  Hallenöffnungen  mit  Oup(o[xaTa  ver- 
schlossen werden.  Angeordnet  aber  waren 
diese  Öffnungen  zur  Erweiterung  des  Platzes 


95 


Zur  baugeschichtlichen  Entwickelung  des  antiken  Theatergebäudes. 


96 


auf  dem  Proskenion,  sie  verbinden  ihn  mit 
dem  Innern  der  Skene,  womit  bewiesen 
wird,  daß  hier  der  Spielplatz,  die  Bühne, 
gewesen  ist.  In  Ephesos  befindet  sich  hinter 
dem  durch  die  Hallentüren  zugänglichen 
sichtbaren  Innenraum  noch  eine  Anzahl  von 
Einzelräumen,  in  andern  Theatern  teilten 
Pfeilerstellungen  das  Innere.  So  erhielt 
man  einen  zweiteiligen  Spielplatz,  einen 
äußern  offenen  und  einen  gedeckten  innern, 
eine  Einrichtung,  wie  sie  bei  Plautus  aus  den 
Stücken  interpretiert  worden  ist.  Man 
spielte  also  im  hellenistischen  Theater  über 
den  Proskenionsäulen.  Einwände  gegen  diese 
Behauptung  sind  mit  dem  Hinweis  auf  die 
Gliederung  der  Bühnenpodien  des  i.,  ja 
sogar  in  afrikanischen  Theatern  des  2.  Jahr- 
hunderts leicht  zu  widerlegen. 

Zeugnisse  für  das  Proskenion  als  Spiel- 
platz sind  ferner  antike  Abbildungen:  außer 
den  Phlyakenvasen  mit  Säulenfront  unter 
dem  Podium  besonders  die  Prospektbilder 
2.  Stils  aus  Boscoreale,  die  nach  Vitruv  VII 
5  als  Reminiszenzen  an  Theaterdekorationen 
aufzufassen  sind.  Solche  können  nirgends 
anders  als  in  den  Hallenöffnungen  der 
hellenistischen  Skenenwand  Aufstellung  ge- 
funden haben,  nur  dort  hinein  passen  sie, 
aber  nicht  zwischen  die  Säulen  des  Pro- 
skenions. Weiterhin  scheint  dann  der  Archi- 
tekturhintergrund mit  den  zwei  Säulen 
und  Schranken  —  das  Prostasmotiv  — , 
das  besonders  auf  Bildern  3.  Stils  vorkommt, 
eine  Entwicklung  der  hellenistischen  Ske- 
nenfront  anzudeuten  in  dem  Sinn,  daß  statt 
gemalter  Prospekte  in  die  Öffnungen 
Säulen  und  Schranken  eingestellt  worden 
sind.  Zwischen  den  Säulen  war  eine  Tür, 
über  den  Schranken  ein  Durchblick  in  den 
seichten  Innenraum  der  Skene.  Ein  Beweis 
für  diese  Annahme  ergibt  sich  indirekt  aus 
der   Genesis   der   römischen   scaenae   frons. 

Die  Sehverhältnisse  von  den  untersten 
Sitzen  in  einem  solchen  Theater  mit  hoher 
Bühne  sind  nirgends  so  ungünstig,  wie  oft 
angenommen  wird.  Sie  können  nichts 
gegen  die  genannte  Einrichtung  beweisen. 
Vielmehr  muß  das  hellenistische  Theater 
als  ein  Kompromißbau  angesehen  werden, 
der  Einrichtungen  besaß  für  szenische  und 
für  thymelische  Spiele.  Zu  letztern  kommen 
dann   noch   im    i.    Jahrhundert  v.    Chr.   in 


Kleinasien  die  venationes,  und  erst  diese 
veranlassen  eine  Veränderung  der  Orchestra 
und  der  untersten  Sitzreihen. 

Über  den  Grund  zur  Errichtung  einer 
hohen  Bühne  ist  ganz  Sicheres  noch  nicht 
zu  sagen:  Rückgang  und  Wegfall  des  Chores, 
Aufkommen  des  Rhetorentums  bei  den 
Schauspielern;  aber  das  würde  allein  nicht 
genügen.  Vielleicht  ist  die  hohe  Bühne  im 
Westen  entstanden  und  von  dort  nach 
Griechenland  übertragen  worden,  wobei  sie 
dann  zwischen  die  »Paraskenien«  des 
IV.  Jahrhundert-Theaters  hineingestellt  und 
architektonisch  ihnen  angeglichen  worden 
wäre.  So  lassen  sich  wenigstens  die  Para- 
skenien an  den  Proskenien  in  Griechenland 
erklären,  während  sie  in  Kleinasien  überall 
fehlen. 

Im  Osten  waren  die  Urbestandteile  des 
Theaterbaues  die  Orchestra  und  das  Koilon. 
Im  Westen  ist  es  die  Bühne,  vor  der  man 
stehend  zusah.  Rom  hat  erst  im  2.  Jahr- 
hundert V.  Chr.  angefangen,  ständige  höl- 
zerne Theater  zu  bauen,  und  dann  den  römi- 
schen Nationaltypus,  das  theatrum  tectum, 
geschaffen,  dessen  ältestes  Beispiel  für  uns 
in  dem  kleinen  Theater  in  Pompei  erhalten 
ist.  Das  erste  Steintheater  in  Rom  wurde 
im  Jahr  55  v.  Chr.  von  Pompeius  nach  dem 
Vorbild  von  Mytilene  erbaut,  war  also 
jedenfalls  ein  Theater  mit  Koilon  und  Or- 
chestra, im  Gegensatz  zum  orchestralosen 
Rechtecksbau  der  älteren  Zeit.  Aus  der 
Vereinigung  der  beiden  Typen  erwuchs  das 
eigentliche  römische  Theatergebäude.  Aus 
dieser  Vereinigung  entstand  auch  die  römische 
scaenae  frons  mit  ihren  Säulen.  Die  helle- 
nistische Bühnenwand  gab  das  Motiv  dazu. 
Das  läßt  sich  aus  architektonischen  Wand- 
bildern 2.  Stils  ableiten,  auf  denen  das 
Prostasmotiv,  entweder'  verdoppelt  oder 
durch  wuchernde  Zutaten  bereichert,  wieder 
erscheint;  stets  sieht  man  über  die  Schran- 
ken in  einen  Innenraum  mit  Balkendecke, 
und  Theatermasken  weisen  wieder  auf  den 
Zusammenhang  der  Bilder  mit  scaenarum 
frontes.  In  den  schon  von  Puchstein  und 
Cube  bekannt  gemachten  Bildern  4.  Stils 
läßt  sich  dann  das  Motiv  mit  den  Schranken 
weiterverfolgen;  dort  kommt  noch  die 
Nischenbildung  als  neue  Bereicherung  hinzu. 

Die  Verbindungslinie  von  der  hellenisti- 


97 


Zur  baugeschichtlichen  Entwickclung  des  antiken  Theatergebäudes. 


98 


sehen  Skenenwand  bis  zur  römischen  scaenae 
frons  ist  damit  aufgedeckt.  Es  ist  bewiesen, 
daß  nicht  nur  die  römische  Säulendekoration 
in  der  hellenistischen  Bühnenwandausbil- 
dung  ihren  Ursprung  hat,  deren  Motive: 
Säulen  und  Schranken,  durch  die  ganze  Ent- 
wicklung durchgehen,  sondern  daß  der  Platz 
vor  dieser  Wand,  genau  wie  im  römischen 
Theater,  auch  im  hellenistischen  der  Spiel- 
platz gewesen  sein  muß.  Diese  logische  Ent- 
wicklungslinie ist  nur  vorhanden,  wenn  das 
Proskenion  in  hellenistischer  Zeit  Bühne  war. 

Darauf  entgegnete  W.  Dörpfeld  in  län- 
gerer Ausführung: 

Ich  habe  zuerst  Bedenken  getragen,  hier 
zu  dem  Vortrage  Fiechters  zu  erscheinen 
und  auf  seine  Darlegungen  zu  antworten, 
weil  eine  seit  30  Jahren  von  zahllosen  Ge- 
lehrten aller  Nationen  erörterte  Frage,  wie 
die  nach  der  Gestalt  des  griechischen  Thea- 
ters, hier  unmöglich  mit  Erfolg  diskutiert 
werden  kann.  Ich  hatte  vorgeschlagen,  die 
von  Fiechter  in  seinem  Buche  und  heute 
hier  behandelten  Fragen  vor  einem  kleineren 
Kreise  von  Sachverständigen  eingehend  zu 
besprechen,  und  freue  mich  sehr,  daß  eine 
solche  Diskussion  morgen  im  Hause  unseres 
Vorsitzenden  stattfinden  soll.  Auf  Wunsch 
meines  Freundes  Fiechter  bin  ich  aber  doch 
hier  erschienen  und  will  Ihnen  meine  Be- 
urteilung seiner  Theorie  vorlegen,  soweit 
es   in   einem   kurzen  Vortrage   möglich   ist. 

Die  Ansicht  Fiechters,  daß  die  Schau- 
spieler des  griechischen  Theaters  um  300 
vor  Chr.  plötzlich  aus  der  Orchestra,  wo  sie 
bis  dahin  aufgetreten  waren,  auf  eine  3  bis 
4  Meter  hohe  Bühne  gestellt  worden  seien, 
halte  ich  für  ebenso  falsch,  wie  die  Theorie 
Puchsteins,  daß  die  Schauspieler  schon  vom 
5.  Jahrhundert  ab  auf  einer  hohen  Bühne 
gespielt  hätten,  eine  Theorie,  die  auch  von 
Fiechter  wie  von  fast  allen  Archäologen 
verworfen  wird.  Mein  Urteil  über  die  neue 
Theorie  Fiechters  hoffe  ich  hinreichend 
begründen  zu   können. 

Über  die  Gestalt  des  Theaters  des  3.  Jahr- 
hunderts, soweit  es  aus  Stein  bestand, 
haben  Fiechter  und  ich  fast  dieselbe  Ansicht;. 
Zahlreiche  Theaterruinen  sind  in  den  letzten 
30  Jahren  ausgegraben  worden,  die  überein- 
stimmend lehren,  daß  die  Skene  des  helle- 
nistischen  Theaters  zwei   Geschosse   hatte: 


ein  Untergeschoß  (Hyposkenion),  vor  dem 
sich  stets  ein  mit  Säulen  ausgestatteter 
Vorbau  (Proskenion)  befand,  und  ein  Oberge- 
schoß (Episkenion),  dessen  Vorderwand  von 
breiten  Pfeilern  ohne  Säulen  und  von  großen 
Öffnungen  gebildet  war.  Nur  darin  teile  ich 
Fiechters  Ansicht  über  die  Gestalt  der  Skene 
nicht,  daß  ich  an  die  von  ihm  im  Oberge- 
schosse in  geringem  Abstände  hinter  der 
Vorderwand  angenommene  Zwischenwand 
nicht  glaube;  in  keiner  Ruine  ist  sie  vorhan- 
den und  kann  auch  in  Oropos,  wo  Fiechter 
sie  als  gesichert  ergänzt,  aus  technischen 
Gründen  nicht  bestanden  haben. 

Unsere  Ansichten  gehen  aber  weit  aus- 
einander über  die  Bedeutung  der  einzelnen 
Teile  dieses  Gebäudes  und  über  ihre  Aus- 
stattung und  Benutzung.  Fiechter  erklärt 
das  Untergeschoß  für  eine  Bühne  und  er- 
gänzt zwischen  seinen  Säulen  lauter  Türen; 
das  Obergeschoß  hält  er  für  den  Spielhinter- 
grund und  ergänzt  zwischen  den  glatten 
Pfeilern  gemalte  Dekorationen  mit  oder 
ohne  Säulen.  Auf  dem  schmalen  Podium 
über  den  Säulen  des  Proskenion  und  auch 
noch  im  Innern  des  Obergeschosses  sollen 
die  Schauspieler  ihren  gewöhnlichen  Platz 
gehabt  haben.  Ich  erkläre  dagegen  das 
Untergeschoß  mit  seinen  Säulen  für  den 
Spielhintergrund  und  ergänze  zwischen  den 
Säulen  gemalte  Dekorationen  (Trivaxs;),  wie 
die  Inschrift  von  Oropos  lehrt;  im  Ober- 
geschoß ergänze  ich  nach  derselben  Inschrift 
zwischen  den  glatten  Steinpfeilern  große 
Türflügel  aus  Holz  (öuptt)[i.aTa)  und  halte 
das  schmale  Podium  vor  dieser  Wand  für 
das  Theologeion  im  Schauspiel  und  für  das 
Logeion  der  Redner  in  der  Volksversamm- 
lung. Für  die  zuweilen  auf  einem  Flügel- 
wagen erscheinenden  Götter  und  aus  akusti- 
schen Gründen  waren  große,  mit  Holz- 
türen  verschlossene  Öffnungen  notwendig. 
Die  Schauspieler  blieben  meines  Erachtens 
stets  an  demselben  Platze,  den  sie  im  4.  und 
5.  Jahrhundert  gehabt  hatten,  nämlich  in 
der  Orchestra  vor  dem  den  Hintergrund 
bildenden  Proskenion.  Dieses  wurde  in  der 
älteren  Zeit  je  nach  den  Erfordernissen 
der  aufgeführten  Dramen  verschieden  ge- 
staltet und  daher  aus  Holz  hergestellt; 
erst  in  hellenistischer  Zeit,  als  die  Stücke 
gewöhnlich  vor  einem  Wohnhause  spielten, 


99 


Zur  baugeschichtlichen  Entwickelung  des  antiken  Theatergebäudes. 


lOO 


wurde  es  als  steinerne  Säulenhalle  mit 
hölzernen  Pinakes  gebildet. 

Auf  die  merkwürdige  Ergänzung  des 
athenischen  Theaters  des  4.  Jahrhunderts, 
die  Fiechter  in  seinem  Buche  veröffentlicht 
hat,  brauche  ich  hier  nicht  einzugehen,  weil 
er  sie  selbst  schon  als  unhaltbar  erkannt  und 
zurückgezogen  hat.  Ich  beschäftige  mich 
daher  hauptsächlich  mit  dem  hellenisti- 
schen Theater  und  werde  in  erster  Linie  die 
Beweise  zu  widerlegen  suchen,  die  Fiechter 
für  seine  Ergänzung  dieses  Theaters  heute 
und  in  seinem  Buche  beigebracht  hat. 

Fiechter  beruft  sich  erstens  auf  die  Nach- 
richten der  antiken  Schriftsteller  und 
namentlich  auf  die  Angaben  Vitruvs  über 
das  theatrum  Graecorum.  Ich  habe  die  drei 
wichtigen  Stellen  des  Vitruv,  Pollux  und 
Plutarch  schon  in  den  Athen.  Mitt.  1903, 
S.  412  eingehend  besprochen  und  dabei 
gezeigt,  daß  keine  von  ihnen  für  das  helle- 
nistische Theater  das  Spiel  auf  einer  hohen 
Bühne  lehrt.  Hier  mögen  nur  einige  meiner 
Gedanken  wiederholt  werden. 

Was  zunächst  Vitruv  betrifft,  so  haben 
die  beiden  Theaterarten,  die  er  beschreibt, 
tatsächlich  zu  seiner  Zeit  in  Rom  bestanden, 
nämlich  ein  theatrum  latinum  mit  nie- 
driger und  breiter  Bühne  und  einer  kleinen, 
nur  für  Sitzplätze  benutzten  Orchestra, 
das  Theater  am  Tiber;  und  daneben  ein 
theatrum  Graecorum  mit  hoher  und  schma- 
ler Bühne  und  einer  großen,  für  thyme- 
lische  Spiele  und  Pompenzüge  benutzten 
Orchestra,  das  Theater  des  Pompejus.  Beide 
besaßen  also  gerade  die  Eigenschaften,  die 
Vitruv  seinen  beiden  Theaterarten  zuschreibt, 
und  dabei  durfte  der  Bau  des  Pompejus 
theatrum  Graecorum  genannt  werden,  weil 
er  von  Pompejus,  wie  Plutarch  überliefert, 
nach  dem  Typus  des  Theaters  von  Mytilenc 
gebaut  worden  war.  Gleichwohl  wich  er 
von  dem  hellenistischen  Theater  darin  ab, 
daß  seine  Sitzreihen  wegen  der  Gladia- 
torenkämpfe und  ähnlicher  Schaustellungen 
nicht  bis  zum  Boden  der  Orchestra  hinab - 
reichten,  daß  ferner  die  Skenenfront  über 
seiner  hohen  Bühne  nicht  wie  das  Oberge- 
schoß des  hellenistischen  Theaters,  sondern 
wie  die  Front  des  theatrum  latinum  ge- 
bildet war  (so  müssen  wir  nach  Vitruv  an- 
nehmen),    und     daß     wahrscheinhch    auch 


seine  hohe  Bühne  an  ihrer  Vorderwand 
nicht  mehr  mit  Säulen  und  Pinakes  aus- 
gestattet war,  sondern  schon  diejenige 
Gestalt  zeigte,  die  wir  bei  den  meisten 
späteren  Theatern  dieser  Art  in  Kleinasien 
finden  (vgl.  Athen.  Mitt.  1903,  S.  424). 
Vitruv  gibt  also  nicht,  wie  Fiechter  be- 
hauptet, Angaben  über  eine  veraltete  grie- 
chische Theaterart,  sondern  über  ein  grie- 
chisches Theater,  das  zu  seiner  Zeit  in  Rom 
bestand  und  in  der  Folgezeit  allein  noch 
gebaut  wurde.  Im  Pompejus-Theater  und 
in  den  ihm  nachgebildeten  »kleinasiatischen« 
Bauten  traten  in  der  Tat,  wie  Vitruv  weiter 
berichtet,  die  skenischen  Künstler  auf  einer 
hohen  Bühne  auf,  die  thymelischen  in  der 
Orchestra.  Nichts  berechtigt  uns  aber, 
diese  Angabe  Vitruvs  auf  das  ältere  helle- 
nistische Theater  zu  beziehen.  Es  sei  noch 
bemerkt,  daß  Fiechter  nicht  den  späten 
Stadtplan  von  Rom  heranziehen  durfte, 
um  den  ursprünglichen  Grundriß  des  Pom- 
pejus-Theaters  zu  ermitteln,  weil  jener  etwa 
250  Jahre  nach  Pompejus  angefertigt  ist 
und  tatsächlich  auch  einen  späten  Theater- 
grundriß zeigt.  Die  Angaben  Plutarchs 
über  den  Bau  und  die  Einweihung  dieses 
Theaters  und  die  Nachrichten  über  die 
darin  aufgeführten  Spiele  müssen  allein 
für  die  Ergänzung  seines  Grundrisses  maß- 
gebend sein.  Seine  enge  Verwandtschaft 
mit  dem  Theater  von  Mytilene^erklärt  es 
auch  genügend,  daß  einige  Maßangaben  des 
Vitruv  über  das  theatrum  Graecorum  zu 
d£m  hellenistischen  Theater  und  dem  ihm 
nachgebildeten  Pompejus-Theater  etwas 
besser  passen  als  zu  den  viel  jüngeren 
Theatern  Kleinasiens.  Daß  dagegen  alle 
anderen  Angaben  viel  besser  zu  dem  »klein- 
asiatischen« Typus  passen,  habe  ich  und 
haben  auch  schon  andere  oft  gezeigt. 

Um  eine  hohe  Bühne  im  hellenistischen 
Theater  nachzuweisen,  beruft  man  sich 
weiter  auf  Pollux  und  Plutarch.  Ersterer 
spricht  (IV,  123)  allerdings  vom  griechischen 
oder  hellenistischen  Theater,  doch  sagt  er 
keineswegs,  daß  die  Schauspieler  in  ihm 
oben  auf  dem  Logeion,  der  Chor  aber  in  der 
Orchestra  aufträte,  sondern  erklärt  die  Skene 
für  das  Eigene  (to  lOiov)  der  Schauspieler 
und  die  Orchestra  für  das  des  Chores.  In 
der  Tat  war  die  Skene  nur  für  die  Schau- 


lor 


.Zur  baugeschichtlichen  Entwickelung  des  antiken  Theatergebäudes. 


I02 


Spieler  geschaffen  und  die  Orchestra  hatte 
nur  von  dem  Tanze  des  Chores  Gestalt  und 
Namen  erhalten.  Daß  ferner  der  Bericht 
des  Plutarch  (Demetr.  34)  über  das  Auf- 
treten des  Demetrios  im  Dionysos-Theater 
in  Athen  sogar  positiv  das  Auftreten  der 
Schauspieler  in  der  Orchestra  und  nicht  auf 
dem  Podium  über  dem  Proskenion  beweist, 
wird  auch  von  Fiechter  und  Bethe  nicht 
mehr  geleugnet.  Der  von  Pollux  gebrauchte 
Ausdruck  xaiaßa^vEiv  ist  mit  dem  Auftreten 
auf  einer  Bühne  unvereinbar,  während  er  das 
Hinabgehen  von  der  höheren  Parodos  zur 
Orchestra  bezeichnet  (vgl.  Andok.   I,  38). 

Zweitens  soll  nach  Fiechter  die  architek- 
tonische Form  des  Proskenion  (Säulen  mit 
Pinakes  dazwischen)  dafür  sprechen,  daß 
es  eine  Bühne  und  keinen  Spielhintergrund 
darstelle.  Gerade  das  Gegenteil  ist  der  Fall, 
wie  F.  Noack  im  Philologus  (N.  F.  XII,  i) 
unwiderleglich  bewiesen  hat.  Ich  will  nur 
daran  erinnern,  daß  im  Theater  von  Delos 
das  Proskenion  sicher  eine  Halle  und  keine 
Bühne  ist,  weil  es  auf  allen  vier  Seiten  um 
die  Skene  herumgeht.  Andrerseits  ist  in 
fast  allen  neugebauten  Bühnentheatern  die 
aus  Stein  bestehende  Vorderwand  dieser 
Bühne  nicht  mit  Säulen  geschmückt.  Aber 
auch  das  Wort  Proskenion  erweist  diesen 
Bauteil  als  Dekoration,  als  Skenenfront. 
Denn  Fiechter  irrt,  wenn  er  (S.  50  A  3) 
leugnet,  daß  Proskenion  eine  »Vorskene« 
bedeute,  und  behauptet,  es  bezeichne  irgend 
einen  Vorbau  vor  der  Skene.  Wie  der 
Pronaos  einen  »Vortempel«  vor  dem  Naos 
(Cella)  und  zugleich  die  Front  des  ganzen 
Naos  (Tempels)  bildet,  so  liegt  auch  das 
Proskenion  als  »Vorskene«  vor  der  Skene 
im  engeren  Sinne  und  bildet  zugleich  einen 
Teil  und  zwar  die  Front  der  ganzen  Skene. 
Im  griechischen  Theater  bedeutet  das  Wort 
Proskenion  stets  die  Dekoration  vor  der 
Skene,  den  Hintergrund  des  Spiels  und  hat 
diese  Bedeutung  sogar  im  römischen  Thea- 
ter meist  noch  beibehalten.  Nur  miß- 
bräuchlich hat  zuweilen  auch  das  zur  Bühne 
umgebaute  Proskenion  noch  seinen  alten 
Namen  geführt,  wie  dieselbe  Bühne  zuweilen 
auch  Orchestra  genannt  worden  ist.  Daß 
auch  die  Entwicklung  des  einfachen  helle- 
nistischen Proskenion  zur  reicheren  Skenen- 
front   der    römischen    Theater    nicht    zur 


Fiechterschen    Erklärung   als    Bühne    paßt, 
wird  später  noch  gezeigt  werden. 

Drittens  soll  die  Vorderwand  des  Ober- 
geschosses der  Skene  nach  Fiechter  der 
Spielhintergrund  gewesen  sein.  Zu  diesem 
Zwecke  ergänzt  er  in  den  großen  Öffnungen 
zwischen  den  einfachen  Pfeilern  dieser 
Vorderwand  bemalte  Holztafeln  oder  Säu- 
len mit  Schranken.  Aber  diese  Ergänzung 
ist  nicht  nur  willkürlich,  sondern  auch  ganz 
unhaltbar.  Denn  einmal  lehrt  uns  die  schon 
erwähnte  Inschrift  von  Oropos,  daß  das 
Untergeschoß  der  Skene  bemalte  Holz- 
tafeln (mvaxEc),  das  Obergeschoß  dagegen 
große  hölzerne  Türflügel  (Oüpwjxaia)  hatte; 
Fiechter  zeichnet  umgekehrt  die  Türflügel 
unten  und  die  Dekorationen  oben!  Ferner 
ist  es  architektonisch  unzulässig,  in  die 
verschieden  breiten  Öffnungen  der  Ober- 
wand der  Skene  von  Ephesos  dieselbe 
Säulenstellung  hineinzuzeichnen,  wie  Fiech- 
ter es  tut;  hätte  der  Erbauer  des  Theaters 
an  eine  solche  Dekoration  gedacht,  so  hätte 
er  den  Öffnungen  eine  gleiche  Breite  geben 
müssen.  Unzutreffend  ist  auch  die  Behaup- 
tung Fiechters,  daß  Prospektbilder,  wie 
wir  sie  in  römischen  Wandmalereien  oft 
sehen,  nur  in  diesen  Öffnungen  des  Oberge- 
schosses untergebracht  werden  könnten; 
hat  es  doch  zu  allen  Zeiten  außer  den  kleinen 
Pinakes  auch  größere  gemalte  Skenen  aus 
Holz  oder  Zeug  gegeben,  die  vor  die  steinerne 
oder  hölzerne  Skene  gestellt  oder  gezogen 
werden  konnten  und  aus  mehreren  solchen 
Prospektbildern  bestanden  haben  mögen. 
Sodann  wissen  wir  aus  Pollux,  und  alle 
Ruinen  bestätigen  es,  daß  im  hellenisti- 
schen Theater  nur  das  Untergeschoß  mit 
Säulen  geschmückt  war;  Fiechter  zeichnet 
trotzdem  auch  im  Obergeschosse  Säulen 
und  würde  vermutlich  die  Säulen  des  Unter- 
geschosses, wenn  es  möglich  wäre,  gerne 
entfernen,  denn  auf  keiner  einzigen  grie- 
chischen Theaterdarstellung  (die  Phlyakcn- 
bilder  mit  niedrigen  italischen  Bühnen 
kommen  hier  nicht  in  Betracht)  sind  unter 
den  Skenenfronten  und  unter  den  Füßen 
der  Schauspieler  Säulen  gezeichnet  oder 
auch  nur  angedeutet.  Sodann  fehlen  in 
allen  antiken  Darstellungen  von  Skenen- 
fronten, deren  Fiechter  selbst  manche  bei- 
gebracht hat,  gerade  die  breiten  säulenlosen 


103 


Zur  baugeschichtlichen  Entwickelung  des  antiken  Theatergebäudes. 


104 


Pfeiler,  die  das  charakteristische  Merkmal 
der  Obergeschosse  aller  hellenistischen  Ske- 
nen  und  die  Stützen  von  Fiechters  Theorie 
sind.  Wie  dieser  trotzdem  behaupten  kann, 
daß  alle  diese  antiken  Darstellungen  in 
Relief  und  Malerei  die  Oberwände  helle- 
nistischer Skenen  wiedergeben,  ist  mir  ein 
Rätsel.  Ich  kann  in  ihnen  nur  Wiedergaben 
oder  Weiterentwicklungen  der  einzigen  Säu- 
lenwand erkennen,  die  es  im  hellenistischen 
Theater  gibt,  nämlich  des  Proskenion.  Im 
Theater  von  Delos  ist  ferner  die  rhythmische 
Gliederung,  die  Fiechter  seltsamerweise 
leugnet,  tatsächlich  vorhanden  und  schon 
mehrmals  von  mir  in  Wort  und  Bild  ge- 
schildert: man  erkennt  ein  mittleres  Haus 
von  fünf  Säulenjochen  mit  der  Mitteltür 
und  daneben  zwei  kleinere  Seitenhäuser 
von  je  drei  Jochen  mit  einer  Nebentür  und 
bemerkt  auch  zwischen  den  drei  Häusern 
noch  je  ein  Joch  mit  einem  anders 
gestalteten  Pinax,  der  zur  Trennung  der 
Häuser  dient.  Gerade  diese  selben  Elemente 
finden  wir  auch  bei  fast  allen  gebauten  oder 
gemalten   römischen  Skenenfronten  wieder. 

Wie  wir  uns  die  Bemalung  der  Pinakes 
zwischen  den  Säulen  der  Proskenien  zudenken 
haben,  lehren  uns  die  zahlreichen  auf  das 
Theater  zurückgehenden  oder  wenigstens 
von  ihm  beeinflußten  Wandmalereien.  Er- 
forderte es  das  Drama,  so  konnte  leicht 
durch  Entfernung  von  einem  oder  von 
mehreren  Pinakes  eine  kleinere  oder  größere 
offene  und  wenig  tiefe  Vorhalle  hergestellt 
werden,  wie  Fiechter  sie  im  Obergeschoß 
vergeblich  herzustellen  sucht,  weil  dort  die 
dazu  erforderliche  Rückwand  fehlt.  Aus 
der  einfachen,  aber  rhythmisch  gestalteten 
Säulenreihe  des  Proskenion  mit  seinen  vor- 
springenden Paraskenien  sind  dann  in 
»logischer  Entwicklungslinie«  durch  Hinzu- 
fügung der  Säulensockel  und  durch  Aus- 
gestaltung der  Architektur  allmählich  die 
reichen  Skenenfronten  der  römischen  Thea- 
ter geworden.  Das  habe  ich  schon  oft  dar- 
gelegt und  brauche  es  daher  hier  nicht 
weiter  auszuführen. 

Im  Fiechterschen  Theater  sind  ferner  die 
Sehverhältnisse  für  die  untersten  Sitzreihen 
und  besonders  für  die  Ehrensitze  sehr  un- 
günstig, was  auch  Fiechter  wenigstens  in 
seinem  Buche  nicht  leugnet.   Früher  pflegten 


diejenigen,  die  das  Podium  über  dem  Pro- 
skenion für  den  gewöhnlichen  Standplatz 
der  Schauspieler  erklärten,  die  bedenkliche 
Schmalheit  dieser  Bühne  mit  den  schlechten 
Sehverhältnissen  zu  entschuldigen  und  zu 
erklären.  Durch  die  Fiechtersche  Ver- 
breiterung der  Bühne  nach  hinten  werden  die 
Sehverhältnisse  aber  noch  schlechter  und 
sogar  für  die  ersten  Ehrensitze  ganz  uner- 
träglich. In  den  Theatern  von  Athen  und 
Ephesos  würde  der  Schauspieler  von  den 
ersten  Plätzen  der  Proedrie  überhaupt  nicht 
gesehen  werden,  wenn  er  aus  der  Tür  der 
Fiechterschen  Rückwand  hervortrat.  Und 
trotzdem  sollen  die  Griechen  des  3.  Jahr- 
hunderts ihre  Schauspieler,  die  bis  dahin 
in  der  Orchestra  auftraten  und  dort  von 
allen  Zuschauern  gut  gesehen  werden  konn- 
ten, plötzlich  auf  das  Proskenion  hinaufge- 
hoben und  dadurch  für  die  Ehrenplätze 
schlechte  Sehverhältnisse  geschaffen  haben. 
Das  kann  ich  nicht  glauben. 

Fiechter  gibt  sodann  zu,  über  den  Grund 
der  Errichtung  der  hohen  Bühne  ganz 
Sicheres  nicht  sagen  zu  können,  glaubt 
aber  wenigstens  eine  Vermutung  darüber 
äußern  zu  sollen.  Zunächst  weist  er  darauf 
hin,  daß  der  Rückgang  und  der  Fortfall  des 
Chores  die  Abtrennung  der  Schauspieler 
auf  eine  hohe  Bühne  wenigstens  gestattet 
habe,  und  vermutet  dann,  daß  die  hohe 
Bühne  im  Westen  entstanden  und  von  dort 
im  3.  Jahrhundert  nach  Griechenland  über- 
tragen worden  sei.  Dagegen  ist  zu  sagen, 
daß  der  Chor  im  3.  Jahrhundert  noch  keines- 
wegs ganz  fortgefallen  war,  denn  damals 
sind  sicher  noch  alte  Dramen  mit  Chor  auf- 
geführt worden.  Außerdem  war  die  Mög- 
lichkeit, die  Schauspieler  aus  der  Orchestra 
zu  entfernen,  noch  kein  Grund,  dies  wirklich 
zu  tun.  Mit  der  Vermutung  über  den  Einfluß 
Italiens  auf  Griechenland  nähert  Fiechter 
sich  meiner  Ansicht,  doch  scheint  mir 
eine  solche  Einwirkung  um  300  vor  Chr. 
kaum  denkbar.  Meines  Erachtens  ist  das 
hellenistische  Theater  vom  italischen 
Bühnenspiel  erst  dann  beeinflußt  worden, 
als  es  von  Pompejus  nach  Rom  übertragen 
wurde.  Damals  wurde  das  Proskenion  in 
Rom  nach  italischer  Art  zur  Bühne  um- 
gebaut und  der  so  geschaffene  neue  Typus 
ist    bald   üblich    geworden    und   hat   dann 


105 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.  —  Institutsnachrichten. 


io6 


unter  den  Kaisern  seinen  Siegeszug  durch 
Griechenland  und  Kleinasien  angetreten. 
Der  Versuch  Fiechters,  das  Säulenpro - 
skenion  der  hellenistischen  Theater  als  hohe 
Bühne  nachzuweisen,  ist  somit  gänzlich 
gescheitert.  Mir  selbst  ist  die  Vorstellung, 
daß  die  Griechen  ihre  Schauspieler  jemals 
von  dem  Platze  vor  dem  Proskenion  ent- 
fernt und  oben  auf  das  Dach  der  Säulenhalle 
oder  des  Hauses  gehoben  hätten,  ganz  un- 
faßbar. Daß  andere  sie  gefaßt  und  ver- 
teidigt haben,  erklärt  sich  nur  aus  dem 
Umstände,  daß  die  oben  erwähnten  drei 
Nachrichten  des  Vitruv,  Pollux  und  Plutarch 
als  sichere  Zeugen  für  das  Spielen  auf  einer 
hohen  Bühne  im  hellenistischen  Theater 
galten.  Das  sprach  schon  C.  Robert  offen 
aus,  wenn  er  im  Hermes  (1897,  S.  447) 
erklärte,  daß  nur  diese  drei  Schriftsteller 
ihn  hinderten,  das  bühnenlose  Spiel  auch  im 
hellenistischen  Theater  anzunehmen,  so  gerne 
er  es  auch  aus  allgemeinen  Gründen  wolle. 
Nachdem  aber  jetzt  bewiesen  ist,  daß  keiner 
dieser  Schriftsteller  einen  hohen  Standplatz 
der  Schauspieler  im  hellenistischen  Theater 
bezeugt,  muß  das  bühnenlose  Spiel  im  Thea- 
ter der  hellenistischen  Zeit  als  ebenso 
gesichert  gelten,  wie  es  für  das  Theater  des 
4.  und  5.  Jahrhunderts  bereits  der  Fall  ist. 


ARCHÄOLOGISCHE  GESFXLSCHAFT 
ZU  BERLIN. 

Die  Aprilsitzung  fiel  der  Osterferien 
halber  aus. 

Sitzung    vom    4.    Mai    1915. 

Den  Vorsitz  führte  Herr  Loeschcke. 

Herr  Wiegan d  trug  vor  über  den  Po- 
seidonaltar von  Kap  Monodendri,  der  im 
Zusammenhange  mit  den  Forschungen  des 
Berliner  Museums  in  Milet  ausgegraben  ist. 
Die  Veröffentlichung  des  Monumentes  durch 
A.  von  Gerkan  ist  mittlerweile  in  dem  von 
Wiegand  herausgegebenen  Werke  »Milet« 
Bd.  I  Heft  IV   erfolgt. 

Herr  Ippel  machte,  ausgehend  von  atti- 
schen Grabreliefs,  den  Versuch,  den  Anteil 
einzelner  Künstler  an  den  Tempelskulpturen 
von  Epidauros  und  den  Mausoleumskulp- 
turen zu  bestimmen  ^).     In  der  Diskussion 

^)  Ein  Autorreferat  war  zurzeit  von  Herrn  Ippel 
nicht  zu  eilangen,  da  er  mittlerweile  zum  Militär- 
dienst einberufen  ist. 


ergriff  Herr  Neugebauer  das  Wort  zu  ein- 
gehenderen Darlegungen,  die  an  besonderem 
Ort  erscheinen  werden. 

Sitzung   vom    i.    Juni    1915. 

Den  Vorsitz  führte  Herr  Dragendorff. 
Er  legte  die  neueste  Lieferung  der  Brunn- 
Bruckmannschen  Denkmäler  und  das  Dop- 
pelheft 1/2  der  Römischen  Mitteilungen  191 5 
vor,  das  wenige  Tage  vor  Ausbruch  des  ita- 
lienischen Krieges  fertiggestellt  und  nur  noch 
in  diesem  einen  Exemplare  nach  Deutsch- 
land gelangt  war. 

Herr  Brueckner  berichtete  über  die 
Ausgrabungen  der  athenischen  Abteilung  des 
Institutes  im  Kerameikos  April  19 14  —  März 
191 5.  Die  Ergebnisse  siehe  »Anzeiger«  19 14, 
91  ff.  und  in  einem  demnächst  erscheinenden 
zusammenfassenden  Berichte. 

Anschließend  sprach  Herr  Herbert  Koch 
aus  Bonn  (als  Gast)  über  Forschungen  im 
südlichen  Etrurien.  Er  setzte  Zweck  und 
Plan  der  von  ihm  und  den  Herren  E.  von 
Mercklin  und  C.  Weickert  begonnenen 
Arbeiten  in  den  Felsennekropolen  von  Bieda, 
San  Giuliano,  Castel  d'Asso,  Norclia,  Sovana 
auseinander  und  schilderte  dann  näher  die 
Ergebnisse  der  Aufnahme  von  Bieda  bei 
Vetralla  (Viterbo),  deren  im  Druck  befind- 
liche Publikation  (Rom.  Mitt.  191 5,  3/4) 
durch  den  Ausbruch  des  italienischen  Krieges 
vorläufig  verhindert  ist. 


INSTITUTSNACHRICHTEN. 

Die  ordentliche  Plenarversammlung  der 
Zentraldirektion  fand  am  20.  und  21.  April 
in  Berlin  statt. 

Auf  Vorschlag  der  Zentraldirektion  wurden 
den  Herren  Dr.  Hermann  Fränkel  und 
Dr.  Valentin  Kurt  Müller  von  dem 
Herrn  Reichskanzler  archäologische  Reise- 
stipendien verliehen. 

Die  Zentraldirektion  ernannte  zum  Ehren- 
mitgliede  des  Instituts  Herrn  Friedrich 
V.  Gans  in  Frankfurt  a.  M.;  zum  ordent- 
lichen Mitgliede  wurde  Herr  Paul  Herr- 
mann  in  Dresden,  zu  korrespondierenden 
Mitgliedern  die  Herren  Ludolf  Malten  in 
Berlin  und  Oskar  Reuther,  zurzeit  im 
Felde,  ernannt. 


Archäologischer  Anzeiger 

B  EIBLATT 

ZUM  Jahrbuch  DES  Archäologischen  Instituts 
1915-  3. 


Am  16.  Juli  ist  bei  Ban  de  Sapt  als  Leutnant  der  Reserve  WALTER  BarTHEL 
den  Heldentod  für  sein  Vaterland  gestorben.  Noch  nicht  3  5  jährig  ist  er  dahin- 
gegangen, und  mit  ihm  hat  das  Institut  reiche  Hoffnungen  zu  Grabe  getragen. 

Seit  BARTHEL  als  junger  Doktor  Assistent  der  Reichslimeskommission 
geworden,  hat  er  sich  mehr  und  mehr  der  römisch-germanischen  Forschung 
zugewandt.  Als  Stipendiat  des  Instituts  suchte  er  auf  Reisen  in  Italien,  Süd- 
frankreich, Nordafrika  planmäßig  seine  Kenntnis  des  römischen  Altertums  zu 
erweitern  und  zu  vertiefen.  In  die  Heimat  zurückgekehrt,  stellte  er  sich  bald 
der  Römisch-Germanischen  Kommission  als  Assistent  zur  Verfügung,  und  mit 
unermüdlichem  Eifer  und  Arbeitsfreudigkeit  hat  er  deren  Bestrebungen  zu  den 
seinigen  gemacht.  So  mußte  er  als  der  gegebene  Mann  erscheinen,  als  es  sich 
im  Sommer  19 14  darum  handelte,  der  Kommission  einen  neuen  Leiter  zu 
geben.  Mit  tiefen,  auf  breiter  historischer  Grundlage  ruhenden  Kenntnissen  des 
römisch-germanischen  Sondergebietes  vereinigte  er  die  genaue  Vertrautheit  mit 
dem  römischen  Westdeutschland,  mit  praktischen  Erfahrungen  im  Terrain 
die  Beziehungen  zu  den  zahlreichen  Mitforschern,  bei  denen  er  sich  bereits 
einen  geachteten  Namen  erworben  hatte.  Von  seiner  frischen  Tatkraft  durften 
wir  hoffen,  daß  sie  unserer  römisch-germanischen  Forschung  neuen  Antrieb 
geben,  von  seiner  Erfahrung,  daß  sie  der  mancherlei  Schwierigkeiten  seiner 
künftigen  Stellung  Herr  werde.  Und  mit  freudiger  Begeisterung  nahm  er  die 
Berufung  an,  gewillt  sein  Bestes  für  die  Sache,  die  ihm  am  Herzen  lag,  zu  geben. 

Es  ist  anders  gekommen,  als  wir  gehofft.  BARTHELS  Ernennung  zum 
Direktor  der  Kommission  war  bereits  aus  dem  Großen  Hauptquartier  datiert, 
und  sie  erreichte  ihn  in  Belgien.  Voll  Begeisterung  war  auch  er  für 
sein  Vaterland  ins  Feld  gezogen.  Nur  schwer  ertrug  er  es,  daß  der  Dienst 
ihn  monatelang  im  Innern  des  Landes  festhielt,  und  mit  allen  Mitteln  strebte 
er  an  die  Front  —  auch  hier  gewillt,  sich  voll  in  den  Dienst  der  großen  Sache 
zu  stellen.  Endlich  ward  sein  sehnlicher  Wunsch  erfüllt.  Freudig  erregt  schrieb 
er  mir's,  und  frische  Grüße  kamen  noch  von  der  Front.  Aber  auch  den  Krieger 
beschäftigten  noch  in  ruhigen  Augenblicken  die  archäologischen  Probleme,  und 
wie  er  in  Belgien  an  Sonntagen  Römerstraßen  aufspürte,  so  schilderte  sein  letzter 
Brief  den  keltischen  Ringwall,  in  dem  er  dem  Feinde  gegenüberlag.  — 

Wir  haben  ihn  verloren,  wie  so  viele  der  Besten.  Sein  Leben,  das  er 
der  ältesten  Geschichte  seines  Vaterlandes  geweiht,  hat  er  hingegeben,  um  die 
Zukunft  seines  Vaterlandes  schmieden  zu  helfen.  Wir  wissen,  daß  er's  freudig 
tat,  und  klagen  nicht.  Sein  Andenken  aber  halten  wir  in  Ehren.  Als  For- 
scher sollte  er  uns  sein  Bestes  erst  geben.  Als  deutscher  Mann  hat  er  das 
Höchste  geleistet. 


Archäologischer  Anzeiger  1915. 


III 


Bericht  über  die  Kerameikosgrabung   1914 — 191 5. 


112 


BERICHT  ÜBER   DIE   KERAMEIKOS- 
GRABUNG  1914— 1915. 

Auf  Grund  der  Ermächtigung  des  Kgl. 
Griechischen  Kultusministeriums  vom  Juli 
191 3,  die  Ausgrabung  des  xA-thenischen  Kera- 
meikos  zu  vollenden,  hat  die  Athenische  Ab- 
teilung des  Institutes  die  Arbeit  dort  im 
April  1914  begonnen  und  mit  einer  Pause 
von  drei  Monaten  im  Hochsommer  da?  ganze 


Eleusinischen  Tore  über  die  Gräber-  und  die 
Eleusinische  Straße,  vor  dem  Dipylon  über 
die  Anlagen  des  Kerameikos.  Für  diese 
Untersuchungen  steht  zunächst  das  aus- 
gedehnte Gebiet  zur  Verfügung,  welches  von 
der  griechischen  Regierung  seit  einem  Men- 
schenalter enteignet  ist.  Aber  die  Anteil- 
nahme, welche  unsere  Aufdeckungen  bei  den 
griechischen  Staats-  und  städtischen  Be- 
hörden    erweckt    haben,    läßt     die   völlige 


Abb.  2.     Die  Grabbezirke  9  des  Planes    (Messenier)    und  8    (Demetria   und   Pamphile)    nach   Ausflickung 

ihrer  Randmauern. 


verflossene  Etatsjahr  durchgeführt.  Die 
Leitung  hatten  dabei  der  zweite  Sekretär 
des  Institutes  Baurat  Knackfuß  und  der 
Unterzeichnete,  den  dazu  das  Kgl.  Preußi- 
sche Kultusministerium  von  seinem  Amte 
als  Oberlehrer  beurlaubte.  Gegraben  wurde 
mit  durchschnittlich  40  Arbeitern. 

Nächste  Aufgabe  des  Unternehmens  ist, 
durch  ausgedehntere  und  systematischere 
Arbeit,  als  bisher  der  Stelle  gewidmet  wor- 
den ist,  Klarheit  über  die  Tor-  und  Stadt- 
maueranlagen des  nordwestlichen  Athen  und 
über  den  Anbau  der  von  den  Toren  aus- 
gehenden   Straßen   zu    gewinnen,    vor    dem 


Freilegung  der  antiken  Anlagen  um  das 
Haupttor  der  Stadt  auch  über  die  gegen- 
wärtigen Grenzen  des  Arbeitsgebietes  hinaus 
für  die  Zukunft  erhoflfen. 

Der  wissenschaftliche  Gewinn  aus  den 
Arbeiten  an  dieser  Stelle  verspricht  viel- 
seitig zu  werden.  Die  topographische  Auf- 
klärung ergänzt  die  Stadtgeschichte;  das 
Studium  der  Grabanlagen  erweitert  in  dem 
Zeitpunkte,  wo  Conzes  Materialsammlung  der 
>>Attischen  Grabreliefs«  vollständig  wird,  die 
Anschauungen  von  den  athenischen  Grä- 
bern; und  der  Kerameikos  im  ursprünglichen 
Sinne  erschließt  sich  als  der  Sitz  der  atheni- 

5* 


113 


Bericht  über  die  Kerameikosgrabung   1914 — 1915. 


114 


sehen  Töpferei  durch  die  Aufdeckung  von 
Werkstätten  und  die  Auffindung  von  Werk- 
zeugen, Formen  und  Tonwaren  in  jedem 
Zustande  der  Herstellung.  Die  Geschichte 
seiner  Produktion  dehnt  sich  aus  bis  über 
das  Ende  des  Altertums. 

Der  Gang  der  Grabungsarbeiten  ist  dadurch 
bedingt,  daß  die  Schuttabfuhr  aus  dem 
expropriierten  Gebiete  nach  NW,  nach  der 
Piräusstraße,  zu  geschehen  hat.  Wir  haben 
daher  an  der  Piräusstraße  begonnen.    Dabei 


östlich  der  Hagia  Trias  abschließend  und  die 
Terrassen  südlich  der  Gräberstraße  in  ihren 
Umgrenzungen  im  großen  und  ganzen  klar- 
gestellt worden.  In  diesen  Gebieten  konnte 
sich  unsere  Arbeit  auf  die  Zuschüttung  von 
Gräben  und  die  Auffüllung  von  Flächen,  die 
tiefer  als  der  Fußboden  des  4.  vorchristlichen 
Jahrhunderts  ausgehoben  waren,  sowie  auf 
die  sichernde  Ausflickung  von  Mauerzügen 
der  einzelnen  Grabbezirke  beschränken  (vgl. 
Abb.  2).    Damit  ist  an  diesem  Teile  bereits 


Abb.  3.     Ausgehobener  Graben  von  der  Stadtmauer  westlich  des  Dipylon  auf  die  Piräusstraße  zu. 


scheiden  sich  entsprechend  den  beiden  alten 
Stadttoren,  dem  Eleusinischen  und  dem 
Dipylon,  die  Arbeiten  in  zwei  Hälften;  die 
Grenzlinie  dazwischen,  zugleich  die  tiefste 
in  der  ursprünghchen  Geländeform,  ist  der 
Eridanosbach,  an  der  Piräusstraße  noch  ver- 
deckt durch  das  Bestehen  der  Kapelle  der 
Hagia  Trias. 

Links  des  Eridanos,  vor  dem  Eleusinischen 
Tore,  hatten  die  früheren  Ausgrabungen  die 
Erdmasse  bereits  abgeräumt,  welche  die 
Anlagen  des  5.  und  4.  vorchristlichen  Jahr- 
hunderts bedeckt  hat;  1910  war  im  Auftrage 
der  'E-catpta  'Ap;^atoXoYtxT^  der  Hohlweg  der 
Gräberstraße  bis  auf  den  Boden  des  4.  vor- 
christlichen Jahrhunderts  nachträglich  aus- 
gehoben,  der  Abschnitt   der  Wegegabelung 


das  Endziel  der  Arbeiten  am  Platze,  seine 
klare  und  gesicherte  Herstellung,  angebahnt ; 
die  Grundlinien  dieser  einzig  erhaltenen 
Nekropole  der  athenischen  Blütezeit  treten 
wieder  scharf  heraus;  sie  durch  geeignete 
Anpflanzungen  zu  beleben,  machen  die 
griechischen  Behörden  sich  zur  Aufgabe  und 
haben  damit  auf  der  Höhe  über  der  letzten 
Terrassenmauer,  unsern  Wünschen  entgegen- 
kommend, schon  begonnen,  so  daß  die  hier 
gebotene  Gelegenheit,  ein  wirkungsvolles 
Freilichtmuseum  der  athenischen  Grabmal- 
kunst zu  schaffen,  mit  Glück  ergriffen  wird. 
Südlich  der  Gräberstraße  stehen  Aufdek- 
kungsarbeiten  nur  mehr  in  einigen  eng- 
begrenzten Grabbezirken  und  am  Hügel- 
abhang gegenüber  der  Stadtmauer  aus.    Das 


115 


Bericht  über  die  Kerameikosgrabung  1914 — 1915. 


116 


Gebiet  nördlich  der  Gräberstraße,  südlich 
des  Eridanos,  wird  erst  nach  der  Verlegung 
der  H.  Trias,  die  durch  Gesetz  beschlossen 
ist  und  vorbereitet  wird,  weiter  untersucht 
werden  können. 

Anders  lagen  die  Verhältnisse  nördlich  des 
Eridanos.  Hier  stand  in  dem  Viereck  vor  der 
Stadtmauer,    dessen    Schmalseiten  von   der 


alle  Einzelheiten  erschöpfend  untersuchen. 
Ausgehoben  und  durchgeführt  ist  in  1 10  m 
Länge  ein  20  m  breiter  Graben  längs  der 
Nordostgrenze  des  freien  Gebiets  von  der 
Piräusstraße  an  bis  zur  Stadtmauer  westlich 
des  Dipylon  (Abb.  3).  Außerdem  sind, 
nachdem  der  Gemeinderat  der  H.  Trias  im 
Interesse  der  Verlegung  der  Kirche  den  frü- 


Abb.  4  und  5.     Zweiter  und  dritter  Grenzstein  des  Kerameikos.     Höhe  des  Marmors   1,18. 


Stadtmauer  und  der  Piräusstraße,  dessen 
Langseiten  von  iiom  Länge  durch  die  vor 
dem  Dipylon  noch  nicht  expropriierten 
Grundstücke  und  dem  Eridanos  gebildet 
werden,  die  ganze  5  m  hohe  Verschüttung 
seit  den  Zeiten  des  Altertums  unberührt  an, 
z.  T.  noch  beträchtlich  überdeckt  durch  den 
hierhin  abgetragenen  Ausgrabungsschutt  vom 
anderen  Ufer  des  Eridanos  und  der  Stadt- 
mai:y5rgegend  her.  Unsere  erste  Grabung 
hier  konnte  daher  die  wichtigen  Reste,  wel- 
che der  Grund  birgt,  bislang  erst  mehr  im 
allgemeinen  aufschließen,  noch  nicht  bis  in 


heren  Ausgrabungsschutt  von  dem  ganzen 
Gelände  an  der  Piräusstraße  auf  seine  Kosten 
hatte  abfahren  lassen,  vom  Institut  in  diesem 
Teil  zwischen  unserem  großen  Graben  und 
dem  jetzigen  Grundstück  der  H.  Trias 
mehrere  schmale  Parallelgräben  geführt  wor- 
den, mit  dem  Ergebnis  für  die  Kirchen - 
gemeinde,  daß  ihrer  Absicht,  an  dieser  Stelle 
ihre  Kirche  neu  aufzubauen,  von  archäo- 
logischer Seite  nichts  im  Wege  steht. .  Denn 
die  fragliche  Stelle  hat  sich  für  die  Zeiten 
des  Altertums  als  ein  denkmäler  loses  Sumpf - 
gebiet  am    rechten  Ufer  des  Eridanos  her- 


117 


Bericht  über  die  Kerameikosgrabung  19 14 — 191 5. 


118 


ausgestellt.  Diese  Arbeiten  zusammen- 
genommen haben  zwei  Drittel  der  im  ex- 
propriierten Viereck  nördlich  des  Eridanos 
zu  leistenden  Erdarbeiten  bewältigt. 

Der  topographische  Gewinn  daraus  be- 
trifft die  Vorstellung  von  der  ursprünglichen 
Geländeform,    insofern  sich  ergibt,    daß  der 


an  der  Stadtmauer  in  Abständen  bis  zu  einer 
Entfernung  von  115  m  zwei  gleichartige 
Grenzsteine,  ihren  Schriftformen  nach  aus  der 
zweiten  Hälfte  des  4.  Jahrhunderts,  welche 
die  linke  Seite  der  Straßenanlage  festlegen 
(Abb.  4  und  5).  Die  Breite  der  Straße  läßt 
sich  danach  auf  gegen  40  m  bestimmen.    Wir 


Abb.  6.     Front  der  Grabbezirke  beim  mittleren  Horos. 


Eridanos  von  dem  Endpunkte  seiner  frühe- 
ren Aufdeckung  an  nach  Norden  ausbog  und 
hier  an  seinem  rechten  Ufer  die  eben  er- 
wähnte Sumpfstrecke  in  etwa  30  m  Breite 
sich  ausdehnte. 

Für  den  Ausbau  vom  5.  Jahrhundert  an 
ist  die  Aufdeckung  des  Kerameikos,  d.  i.  der 
Straße,  welche  das  Dipylon  mit  der  Akademie 
verband,  von  grundlegender  Bedeutung.  In 
unserm  großen  Graben  fanden  sich  zu  dem 
seit   1872  bekannten  OPOI]  KEPAMEIKOT 


beginnen  damit  die  Untersuchung  der  Ehren- 
gräber des  Athenischen  Staates.  Von  ihren 
Fronten  sind  bisher  zwischen  späten  Über- 
bauten zwei  Strecken  festgelegt,  die  eine 
beim  mittleren  Horos  25  m  lang,  die  andere 
bei  dem  dritten,  von  der  .Stadtmauer  aus 
gerechnet,  bis  zu  9  m  freigelegt.  Im  ersten 
Falle  sind  die  glatten  Frontmauern  in  statt- 
licher Höhe  über  dem  alten  Straßenboden 
erhalten  (Abb.  6).  Bis  in  ihre  Grabtiefe 
ist  bisher  nur  an  einer  beschränkten  Stelle 


119 


Bericht  über  die  Kerameikosgrabung  1914 — 1915. 


120 


probeweise  untersucht  worden:  1,30  m  unter 
dem  Straßenboden,  6 — 7  m  unter  der  heu- 
tigen Oberfläche,  hegt  hier  eine  dichte  Reihe 
von  beerdigten  Leichen;  die  im  Erdreich 
darüber  gefundenen  Vasenscherben  datieren 
das  Grab  auf  die  Zeit  des  peloponnesischen 
Krieges  und  zeugen  in  ihrer  Eigenart  von 
dem  besonderen  Kulte,  welcher  den  hier 
Bestatteten  dargebracht  worden  ist.  An  der 
anderen  Stelle,  wo  es  glückte,  die  alte 
Kerameikosfront    freizulegen,    beim  dritten 


mutmaßlichen  rechten  Straßenfront;  es 
fanden  sich  in  ihr  stattliche  Marmorsärge  des 
4.  vorchr.  Jahrhunderts  in  paralleler  An- 
lage zu  der  vorauszusetzenden  Straßenfront. 
So  sind  zunächst  Anhaltspunkte  für  die 
weitere  Verfolgung  der  großen  Straßen-  und 
Ehrengräberanlage  der  Blütezeit  gewonnen 
und  damit  der  Wissenschaft  und  der  moder- 
nen Stadt  Athen  der  Beweis  geliefert  worden, 
daß  die  Grabmalreste  und  Gebeine  derer, 
die    in    Perikles'     und    Demosthenes'     Zeit 


Abb.  7.     Die  Stadtmauer  rechts,  d.  i.  westlich  des  Dipylon. 


Horos,  liegen  die  Fundamente  eines  reich 
ausgestatteten  Grabbezirks  des  4.  vorchrist- 
lichen Jahrhunderts,  zur  Hälfte  noch  über- 
deckt von  der  modernen  Piräusstraße.  Die 
Reste  sind  bereits  in  meinem  Berichte  vom 
Juni  vergangenen  Jahres  (Arch.  Anz.  1914, 
94)  beschrieben,  und  darüber  die  Vermutung 
ausgesprochen,  daß  es  sich  dabei  um  das 
von  Pausanias  erwähnte  Grab  des  Stra- 
tegen Chabrias  handeln  könne.  Auf  sein 
Gegenüber  im  antiken  Straßenbilde  konnte 
unsere  Untersuchung  gelegentlich  einer 
Grundgrabung  für  ein  Gebäude  des  Roten 
Kreuzes  an  der  Südostecke  der  Kreuzung 
der  Piräus-  und  Salamisstraße  sich  erstrecken 
und  damit  zum  ersten  Male  auch  auf  die 
rechte  Seite  des  Kerameikos  übergreifen. 
Die    Baustelle   lag  einige   Meter   hinter   der 


für  die  Stadt  gelebt  und  gestritten  haben, 
noch  in  ihrem  Grunde  ruhen,  freihch  bisher 
unbeachtet  und  ungeehrt.  Die  weitere  Ver- 
folgung dieser  Untersuchung  wird  unter  alte 
und  z.  T.  moderne  Überbauten  hinabzu- 
dringen  haben. 

Die  erste  Überbauung  von  Kerameikos - 
anlagen  hat  schon  gegen  Ende  des  4.  Jahr- 
hunderts unmittelbar  vor  dem  Stadttore 
begonnen.  Darüber  wurden  wir  aufgeklärt, 
als  unser  langer  Graben  die  Stadtmauer  er- 
reichte, nicht  die  Kononische,  vor  welcher 
der  I.  Horos  des  Kerameikos  steht  und  in 
deren  Flucht  das  Dipylon  eingebaut  ist, 
sondern  die  parallel  vor  ihr  im  Abstände 
von  lü  m  aus  großen  Brecciaquadern  ge- 
baute. Diese,  vordem  bis  auf  zwei  über- 
ragende   Quaderreihen    zugeschüttet,    zeigt 


121 


Bericht  über  die  Kerameikosgrabung  1914 — 1915. 


122 


sich  jetzt  bis  in  Grundwassertiefe  und  noch 
mindestens  zwei  Quaderlagen  darunter,  d.  i. 
im  ganzen  mindestens  acht  Quaderlagen 
hoch  auf  Sicht  gearbeitet,  hinabreichend  bis 
mindestens  in  die  Tiefe  des  nahen  Eridanos- 
bettes  (Abb.  7).  Somit  ergibt  sich,  daß  vor 
dieser  Stadtmauer  ein  tiefer  Graben  angelegt 
war,  geradeso  wie  unmittelbar  jenseits  des 
Eridanos.  Diese  große  Verstärkung  und 
Neuanlage  der  Stadtmauer,  eine  Folge  der 
Entwicklung  der  Belagerungskunst  unter 
PhiHpp  von  Makedonien,  wird  auf  Demosthe- 


Mauer  die  Bresche.  Nach  der  Aufräumung 
und  in  dem  tiefen  Schutte,  der  danach  das 
Gelände  unmittelbar  vor  der  Stadtmauer 
bedeckte,  breitete  sich  ein  neues  Gräberfeld 
aus,  durchschnitten  von  einer  Seitenstraße, 
die  vom  Dipylon  aus  im  Bogen  geführt  vor 
dem  2.  Horos  auf  den  Eridanos  zu  einbiegt. 
In  dem  Gräberfelde  zu  ihrer  linken  Seite 
werden  sich  drei  Epochen  der  Benutzung 
scheiden  lassen:  die  älteste,  nachsuUanische, 
bisher  erst  spärlich  erreicht,  die  mittlere, 
von  welcher  an  der  Straßenfront  eine  fort- 


Abb.  8.     Form,  Abdruck  und  Fehlbrand  derselben  Lampe. 


nes'  Antrag  vom  Jahre  337  zurückgehen,  der 
die  Notwendigkeit  der  Gräben  betonte;  ihre 
künftige  Verfolgung  über  den  Raum  unseres 
bisherigen  Grabens  hinaus  erscheint  an  und 
für  sich  als  ein  aufschlußreiches  Unterneh- 
men. Durch  diese  Neuanlagen,  die  in  die 
Bebauung  des  Vorgeländes  eingriffen,  ist 
vor  dem  Dipylon  ein  verwickelter  Befund 
entstanden,  der  erst  nach  weiterer  Expro- 
priation völHg  geklärt  werden  kann.  Bisher 
heben  sich  unter  den  baulichen  Anlagen  der 
hellenistischen  Zeit  nahe  vor  dem  Graben 
der  Stadtmauer  eine  aus  mehreren  Bassins 
bestehende  Anlage,  vielleicht  ein  Bad,  und 
ein  davon  überbauter  Töpferofen  heraus. 
Dicht  neben  und  unter  ihm  fand  sich  ver- 
einzelt ein  »Dipylon ^'grab. 

Sullas  Belagerung  86  v.  Chr.  zerstörte  die 
Gebäude  vor   der   Stadt   und   legte   in  ihre 


laufende  Reihe  von  Substruktionen  größerer 
Grabdenkmäler  vermutlich  aus  hadrianischer 
und  anschließender  Zeit  geblieben  ist,  die 
jüngste,  die  nach  Zerstörung  und  Verschüt- 
tung dieser  Monumente  im  4.  Jahrhundert 
n.  Chr.  ansetzt.  Aus  dieser  Spätzeit  rührt 
a->ich  weiter  draußen  eine  weiträumige  An- 
lage her,  die  zwischen  dem  2.  und  3.  Horos 
über  die  Front  des  alten  Kerameikos  ein- 
geschoben, mit  ihren  umgrenzenden  Mauern 
in  den  alten  Straßenraum  auf  eine  noch 
nicht  in  ganzer  Ausdehnung  zu  bestimmende 
Länge  vorgreift  und  dadurch  das  völlige 
Aufgeben  der  alten  breiten  Straßenanlage 
beweist.  Die  zahlreichen,  Wand  an  Wand 
darin  angelegten  Familiengräber  werden 
einer  bereits  christlichen  Vereinigung  ange- 
hört haben. 

Das  Ganze  unserer  Funde  stellt  sich  als  ein 


123 


Liste  athenischer  Marinebesatzungen. 


124 


vielschichtiger  Niederschlag  aus  allen  Epo- 
chen der  Stadtgeschichte  dar,  wie  es  vor  dem 
Haupttore  der  Stadt  und  bei  der  Tiefe  des 
angehäuften  Kulturschuttes  nicht  anders 
sein  kann.  Die  Verfolgung  der  einzelnen 
Schichten  über  die  Grenzen  unserer  bis- 
herigen Gräben  hinaus  und  die  Bearbeitung 
der  Einzelfunde  aus  ihnen  verspricht  für  die 
einzelnen  Epochen  von  den  Zeiten  der  Blüte 
an  durch  alle  spätere  Geschichte  der  Stadt 
wertvolle  Belehrung, 

Die  Einzelfunde,  vorwiegend  keramischer 
Art,  überfüllen  bereits  den  uns  zur  Ver- 
fügung stehenden  Sammlungsraum  hinter 
dem  Dipylon.  Vor  ihm  sind  neben  den 
Resten  von  marmorner  Architektur  und 
Grabmälern  die  Erzeugnisse  der  schweren 
Tonindustrie,  Wasserleitungs-  und  Brunnen- 
ziegel, Bauziegel  aller  Formate  bis  zu  den 
Dachziegeln  und  Akroteren  zu  einer  Art  Bau- 
hof vereinigt.  Im  Sammlungsraum  drängen 
sich  die  geschlossenen  Fundgruppen  wie 
Gräberfunde  und  andere  örtlich  zusammen- 
gefundene Massen,  welche  synchronistische 
Bestimmung  erlauben.  Diese  und  vielerlei 
dazu,  was  der  Schutt  versprengt  hergibt, 
bilden  schon  jetzt  eine  lehrreiche  Studien- 
sammlung, deren  besonderer  Wert  darin 
liegt,  daß  sie  aus  dem  Vollen  und  aus  dem 
Grunde  des  athenischen  Töpferzentrums  ge- 
schöpft ist;  sie  umfaßt,  wenn  auch  oft  nur 
in  Scherben,  doch  alle  Sorten  des  Geschirrs, 
das  grobe  wie  das  feine,  das  fertige  wie  das 
unfertige,  das  der  Blütezeit,  als  der  Kera- 
meikos  den  Welthandel  beherrschte,  und  das 
der  Spätzeit,  als  er  von  anderen  Mustern, 
z.  B.  den  arretinischen,  abhängig  war.  Eine 
Probe  daraus  bietet  Abb.  8,  welche  von  einer 
und  derselben  Lampe  der  Kaiserzeit  links 
die  Stempelform,  in  der  Mitte  den  ehedem 
verkaufsfertigen  Abdruck  danach  und  rechts 
die  verzogene  Scherbe  eines  Fehlbrandes 
vereinigt  zeigt.  Es  entsteht  der  Plan,  aus 
den  Funden  des  Platzes  ein  gesondertes 
Kerameikosmuseum  zu  schaffen,  welches 
neben  den  Erzeugnissen  der  Werkstätten  des 
Kerameikos  auch  alles  dasjenige  umfassen 
sollte,  was  hier  unter  freiem  Himmel  nicht 
bleiben  kann,  aber  zur  Veranschaulichung 
des  Ortes  wünschenswert  wäre,  wie  nament- 
lich eine  historisch  geordnete  Reihe  von 
Gräbertypen. 


An  besonderen  Einzelfunden  sind  noch 
hervorzuheben:  ein  überlebensgroßer  Mar- 
morkopf eines  Schauspielers  in  der  Rolle  des 
7jYS[i«)V  bspaiziiiV  (vgl.  Robert,  Die  Masken 
der  neueren  attischen  Komödie,  Halle  191 1), 
die  erste  große  Darstellung  einer  Charakter- 
maske der  jüngeren  attischen  Komödie,  fer- 
ner ein  feines  Terrakottarehef,  Porträt  eines 
Mannes  aus  hellenistischer  Zeit,  der  lebens- 
große Porträtkopf  eines  Jünglings  aus  pari- 
schem  Marmor  frührömischer  Zeit,  wohl  von 
einer  Grabstatue,  eine  gut  erhaltene  Grab- 
stele  römischer  Zeit  mit  der  Darstellung  eines 
Ehepaares,  schließlich  eine  stattliche  Anzahl 
von  Terrakotten  des  4.  Jahrhunderts  n.  Chr., 
die  zum  erstenmal  das  Ende  dieses  Kunst - 
Zweiges  veranschaulichen. 


Berlin-Friedenau. 


A.  Brueckner. 


LISTE  ATHENISCHER  MARINE- 
BESATZUNGEN. 

Bei  einem  kurzen  Besuche  in  Athen  im 
April  19 14  durfte  ich  dank  der  liebens- 
würdigen Erlaubnis  des  Ephoros  des  Epi- 
graphischen Museums  Herrn  Leonardos  die 
folgenden,  mir  von  Herrn  Prof.  J.  Kirchner 
gütigst  zum  Publizieren  überwiesenen  Frag- 
mente abklatschen  und  abschreiben. 
Diese  Fragmente  (Nsov  Eupsx.  Nr.  438  und 
438  a)  sind  von  Herrn  Prof.  Skias  in 
Athen  seinerzeit  Prof.  Kirchner  mit- 
geteilt worden;  ich  bediene  mich 
hier  seiner  Beschreibung  derselben:  (das 
erste  Stück)  [xotpfiapov  kzuxov  Tcavra/oilsv 
aTTOXcxpouafxevov  supef^sv  £vtoxooo|x-/){iivov  iv 
[i-saaicuvr/oj  xoi)(apt«)  £v  xto  'Epej^ös''«)  £v 
i~zi  1908;  u'}o?  auToS  0,56;  Tzkdxoc  0,33; 
Tzdyo^  0,21;  [X3Y8Ö0C  tmv  \ie~((axw^  Ypatxfi.a- 
xüjv  0,009;  '^^^  ^  [xovov  0,005;  «"t'sxaai? 
xmv  axt/djv  diz  dWr^kuiV  Trspt'TTOU  0,005  >  ^spsi 
xsxpot'axr^Xov  e7riYpacpr)v ;  (das  zweite  Stück) 
x£(ia/tov  XT(?  auxTjc:  eTrqpacpr^?  xsflpauajisvov 
etc  8uo,  sXXiTCS?  Travxa/oOsv;  u'}o?o,3i;  TiXa- 
xo?  fis'j'iaxov  0,14;  0£v  TipoaapfjLoCsxat  Tcpo? 
xö  TrpÄxov  x£[i.aj(iov. 


125 


Liste  athenischer  Marinebesatzungen, 


126 


N.  Eup.  Nr.  438 


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meahs:anapo 
pantapkhc 

AHM04>IA0 
EPMAlOCMlKYAlß 
20  EYBOAlAHSlMNHilP 

mypmheeyi0eo 
eyainos:eyii0eo 

AAYPHTOSiAPliTAP 
EY<t>PnNEY<t>PONlO 
25  lEPOMBPOTO^ 

APKTr^NOs: 
apisitoboaosiapkta 
opaieenikoboao 
eyapxiah5:kh(|>I5:ok 

30  APCAAr^NlAHC 
ANTI<t)AT02: 
HriACANTI<t>AT05: 
APTIMAs:ANTI<t>AT 

nomhnios:py0EO 
35  tibeios:py0eo 

SYPOs:XAPIAHMO 

PEAJINXAPIAH 

ANTi<t>ANirAPIS:TOT 

s:miA        AE'^NOc 

40  PATI 

PH  PYCAM Y  N AN 
PA  A YP '       A       A 


rp 

APA 

E  Y<t>  P 

MANH 
5  EPMOZ 

EYEMP 

EPPOTE 

MANHS: 

MYPPIN 
10  i^t\M 

^lAAPIX 

HPAKAEI 

APTIMA^ 

inPYPOC 
15  PATAIKO 

5:miA5:MEi 
Tmr^NNAi 
eykpinh5:n/ 

XAPnNKH<l>ls: 
20  KAPinNKTHS: 
ATTASXAPI 
APKAAli^NE 
PI0HKO5:EY 
EYBI05:4>AN 

25  /v\ikos:ka 

NOMHNIO< 

hpes:tpa 
KH<i>is:o 

AMAI 
30  XAIP 
AY 

/v 


127 


Liste  athenischer  Marine besatzungen. 


128 


N.  Eup.  Nr.  438« 

AIOAßPOs:EkPEP 
KAPiriNEIAir 
AAKIMENHi:EKnE 
5  EYTASlErMEAl 
KEPHnNETMEAl 
TYNN£2N<t>AAHP 

IM  NIKOBOAO^ErME 

A  10  AEIlOSEIAin 

AlO  BflTYAOCEKPEP 

OAfl  S:iMOZOACI 

K  A  <1>IAnNEKnEP 

N  EYKAH^EMPE 

H  15  AYKflNE^C  K 

MEAANTHSE 
AEilOCEMI 
IPPOCErKC 
APOAAOAf' 
20  PANTAKAH 
AAOCENn 
O  EYßPIAHl 

NlKr2NE^ 
'NTHCI 
25        OTEAI 
fi^EM 
>lTIAOT 
NOIAC 
NE'^ 


N.  Eup.  Nr.  438  Kol.  I 

■]tX 

•] 

]v8 


KußspvTJxr^s] 


KcXsuaiv]?] 


-]  'Ep(x^s"?) 


-]  MsX(ixs6?) 

n£VT7jX0VT]apj(0? 

0?  <I)aX(-/ip£u;) 


AuXr^TT^?! 


JX'.O 


NaUTTT^Y^*] 


To^oxai] 


XaX(xio£u?) 


'Epx(ts6?) 


NotuTai   d(3T0]t 


A]l$((OV£U?) 


25   [- 


MeX]iT(£u?) 
— ]?  'Epx('£"') 
]  'EpxO^'^^') 


— ]  le  or(ou) 

— ]  'A'-pt8v(aro?) 

— ]   2<pT^T(xtOc) 

(Jx]pato? 


-]?  (DaX(r^p£6c) 
-]?  Kr^x(xto?) 
— ]?  'EX£u(atvio?) 
-M]apai)(tt)vto?) 
-K]oXXu(x£u?) 
— ]  'Ava(p(Xu(3xios) 


vacat 


Kol.  II 


'Apt(j[x 

Eu57J}a[ 

TpaXt?  [ 

^x'j&r^;  0£o8tt)p[o(u)] 

5  2r[xo?  Eu&u[i,a)(o(u) 
rpiöu)V  'Apt3xo8r/[iou) 
Ttߣto<;  0ap.ajvoc: 
^mvöapo?  nai02o(u) 
[A]u8i?  Xai(pt)TCTro(u) 

10  TifxaYopa?  *Ap)^£8(t^(jlou) 
'Apxijxa;  Naux>v(£ou?) 
Oioxopas  NauxX(£ou?) 
KaXXiot?  NauxX(£ou?) 
XotpiXo;  KaXXio(u) 

15  "YXots  Xai'pwvo? 
KaptW  Naux£Xo(u)? 

Tptr^pctpXl" 
riuOia?  Ky/,piat(cu?) 
Xapt8r^[xo?  Hi)Tr£(xai(ov) 
20  'Eirißcixai 
'A7roXXo8(üpo? 

'x\{>}X0[v]£u[?] 

'ETrixpa[xrj]?  Aa[x(irxp£u?) 
KXewv   [A]a[[A]Tr(xp£u?) 

25  'ApiaXO[XSVYi?    Kpi(u)EU?) 

'Av8pajv  2ouvi(£u?) 
Apx£8rj{xo?  kz  Or(ou) 
nXax(i)V  <I)p[£]ap(pio;) 
'ApiaxoxsXr^?  ex  K.ot(Xrj?) 
30  KaXXidxpaxo?  HuTr(£xat(uv) 
0£OY£vr^?  naXX73v(£u?) 


129 


Liste  athenischer  Marinebesatzungen. 


130 


Ai'<p'.Xov  'EXaio(u)cTi(o?) 

35  Xapias  'A)(apv(£u?) 
nsvTTjXOVTapj^o; 

'AvTtcpairj?  Kut>>5p(pioc) 

ScüYsvr^?  2t'<pvi(oc) 
.  40  NauTrr^'yx 

'A[i.'jvavopo?  [X£xot(xo?) 

ripqjpaxr^s 

KaXXixXr^C  IS  AiYt(Xi£a)v) 

Tocoxai 
45  [ ja?  Ku8av&(r8vj?) 

<DiK[.  .  .]o?  'ßpa)m(o?) 

'Eirt/apYj?  'EX£U(5r(vio?) 


[N 


"^auxai  öc  1(3X01 


Kol.  III 


Mev£[ ] 

Tu/tov  rix[ ] 

MlXl'füV 

tpopai'füv 
5  TeXsaiTnro?  risp( 
Eucppovio?  sTct  2;ou(vro^)  OtX(J5v) 
OspccTrovxe? 
'HpaxXsiSTj? 

'l£pO[XV75[J.OVO? 

10  'HpaxX£r8rj?  8£ux£(po?) 

Muc  rioXIfi-ojvo? 

AaxtüV  OuXiin:o(u) 

'Apxlaa?  KaXXto(u) 

Aao?  ^avo(u) 
15  'HpaxX£i8rj? 

M£XyjCJav8po(u) 

riavxocpxTj? 

Ar^[x09iXo(u) 

'Epfxaios  MixuXttofvoc) 
20  Eußo(u)Xt6rj;  Mv7](JiTr(Trou) 

MupixTjS   EüS(l)&£0(u) 

Euaivos  Eu$iÖ£o(u) 
'AXuTTYjxo?  'Apt(jxap()(ou) 
Eu^pwv  Eucppovro(u) 

25  'l£p6[xßpOXOS 

'AptaxcDvo? 

'Apiax6ßo(u)Xo?  'Apiaxd{p-/oo) 
0pa$  Ntxoßo(u)Xo(u) 
Euap5(i8rj<;  Kr/^i(3ox(X£ou?) 

30  'ATToXXcUVtOYJ? 

'Avxi'Xiaxo(u)? 
'HYta?  'Avxicpaxo(L>)? 


'Apxi'ixa?  'Avxicpax(ou?) 
No(u)[JLT^vio?  nuO£o(u) 

35   Tl'ßsiO?    nu{>£0(u) 

2upo?  Xapi8i^(xo(u) 
riXcuv  Xapt8r^([xou) 
'Avxicpav[73?]  'Apiaxox(£Xou?) 
2t[jLia[?  K]X£«)vo? 

40  nax[ ] 

rrjpu?  'A}xuvav(8pou) 
rXaux[ ] 


Kol.  IV 


rp[— 

'AYa[- 
Eucpp[- 


5  'Ep[x68[ 

Eu£}jL[7roXo??- 
'EpYOX£[Xr^?— 

Ma'vifj?  [ 

Mupptv[o? — 

10  2(uaia?  [ 

2t8aptj([o?  — 
'HpaxX£r[or^S 
'Apxi'p,(a)?  [— 

ZtüTTUpO?  [ — 

15  Oaxatxok  — 


Zifxta?  M£[ 

Ti'fjicuv  Na[u 

Euxpi'vr^?  Na[u — 
Xa'ptov  K"/J9i(3[o- 

20  Kapi'wv  Kxrja[i — 

"Axxa?  Xapt[ 

'ApxaSi'cov  E[ 

U(^M<;   E6[ 

Eußio?  <l)av[ 

25  Mtxo?   Ka[ 

No(u)[i.r^vio?  [ 

'HY£axpa[xo? 

Kyjcptao  [ 

'A[xa  [ 

30  Xaip[ 

Au[ 

M[ 


N.  E6p.  Nr.  438  0;   Kol.  II 

[...]vo[ 

Ato8(üpo?  Ix  n£(i)p(ai«)?) 
Kapi'tüV  1$  Afi'(tXt£«)v) 
'AXxi[i.£vy]?  Ix   n£(i)(pai(ü?) 
5  Eu-^oiq  l-y    MeXt(x£a)v) 


131 


Liste  athenischer  Marinebesatzungen. 


132 


KepxcDV  t(  M£Xi(t£(ov) 
Tuvvtuv  (^aXrjp[sx  o?xa>v) 
Etoaiaxpazoq  i^  M(eXit£a)v) 

Nlx6ßo(u)Xo?    ^Y    M£(XtT£«)V) 

10  Asiihq  ii  Ah(i{lii<iiv) 

BtoxuXo;  £x  n£(i)p(ata)?) 

Hijio?  0aai(o;) 

OiX(ov  Ix  riE(i)p(ato>s) 

EöxXt^  £fx  n£(piöoi8u)v?  oixöüv) 
15  Auxwv  e(^)g  2x(a[jLßovi8«)v  otxtöv) 

M^\divzr^^  l[ 

A£?lÖ?    i[A    [flEptOoiSöiv?    Ol'xuJv) 

"Itttto;  iy  Ko[ ] 

'A7:oXX65a)[po; 

20  navTaxXr([? 

Aaos  £v  "^4^  otxuiv] 

Euo)7ri8-/j?  [ 

Nt'xtov  ifi  [FI — 

[.  .  .]vx>)?  [ 

25    [.  .  .]0X£X[7J? 


[Ai>v  ifi  [n- 

['A]vxtOOT[o?  — 

['Ajv&ta? 


[...]vifi[n 

Die  oben  mitgeteilten  Bruchstücke  gehören 
zusammen  mit  den  Fragmenten  IG.  II  959 
(inklusive  einem  neuen  unedierten  e  '))  und 
zwei  von  den  Amerikanern  auf  der  Akro- 
polis  gefundenen  Steinen  zu  einer  und  der- 
selben Urkunde.  Meine  Absicht,  sie  zu- 
sammen mit  dem  Bearbeiter  der  amerika- 
nischen Fragmente  in  einem  Aufsatz 
vorzulegen,  ist  an  den  Zeitumständen  ge- 
scheitert, und  so  muß  ich  mich  an  dieser 
Stelle  natürlich  auf  die  mir  zur  Veröffent- 
lichung überlassenen  Fragmente  beschrän- 
ken, obwohl  ich  die  amerikanischen  Frag- 
mente auch  kenne  und  gelegentlich  kurz 
erwähnen  werde.  Die  gesamten  Bruchstücke 
lassen  sich,  soviel  ich  feststellen  konnte, 
nicht  direkt  irgendwie  aneinander  reihen, 
gehören  aber  nichtsdestoweniger  demselben 
Inschriftenmonument  an,  entweder  als  Teile 
eines    großen    Steinblockes    oder   mehrerer 


')  Das  Fragment  enthält  folgende  Zeilen: 


]«  <I>7)Yai(e6;) 

xXJet'orj?  T£iö(paaio;) 

—  T( ) 


Blöcke,  die  die  verzeichneten  Kategorien, 
in  lange  Kolumnen  gegliedert,  enthielten. 
Das  eine  der  amerikanischen  Stücke  scheint 
von  dem  obersten  Teil  des  Monumentes  zu 
stammen,  und  zwar  von  der  rechten  Ecke 
oben,  weil  oben  und  rechts  von  der  letzten 
Kolumne  ein  breiter  freier  Raum  ist,  und 
von  derselben  Seite  scheint  auch  das  kleine 
neue  Fragment  e  von  II  959  zu  stammen; 
dagegen  ist  das  erste  der  von  mir 
herausgegebenen  Stücke  wohl  unten  links 
anzusetzen,  da  die  erste  Kolumne  einen 
freien  Raum  unten  läßt. 

Die  Verzeichnisse,  die  in  den  Kolumnen 
der  Urkunde  enthalten  sind,  lernen  wir 
durch  die  neuen  Fragmente  jetzt  besser 
kennen.  Es  empfiehlt  sich,  zunächst  einen 
Überblick  über  die  in  allen  Bruchstücken 
enthaltenen  Kategorien  zu  gewinnen. 


N.  E6p. 
Kol.   I 

[KußEpVTjXr^;] 

I   Athener 
JK£X£uax7j;] 

I   Athener 
[n£vxrjx6vx]ap)(o; 

I   Athener 
[AuXtjxt^c] 

I   Fremder? 
[NauTcrjo?] 

1  Fremder 
[To;6xat] 

2  Athener 
[Nauxai  aaxojt 

1 6     Athener    (aus 
verschied.  Phylen) 
vacat 

Kol.    II 

?  4-  16  Namen  u. 
Patronymika  (Skla- 
ven- u.  Herren- 
namen) 

Tpir^papx"> 

2   Athener 

'ETTißaxai 

10  Athener  (aus 
verschied,  Phylen) 

KußfipvT^xr^? 
I   Athener 


Nr.   438 

KsXEUCfXVJ? 

I  Athener 
riEvxr^xovxap^o? 

I  Athener 
AuXr^Tr^q 

I   Fremder 

I  Metöke 
np(i)paxr^? 

I  Metöke 
To$6xc(t 

3    (2     Athener,    i 
Fremder) 

[Naöxat  djsxot 

Kol.   III 

}   -{-  6  Namen 
(Metöken) 

0£paTrovx£? 

30  -j-  ?  Namen  u. 
Patronymika  (Skla- 
ven- u.  Herren- 
namen) 

Kol.    IV 

32  +  ?  Namen  u. 
Patronymika  (Skla- 
ven- u.  Herren- 
namen) 


133 


Liste  athenischer  Marinebesatzungen. 


134 


N.   Eup.   Nr.  438  ö 


Kol.    I 


Kol.  II 

?  +  29  +  ?  Metok en- 
namen. 


II    959  a-^ 


Kol.    I 


?  +  10  Namen  und 
Patronymika  (Skla- 
ven- u.  Herren- 
namen) 

Tptr^papX«^ 
2   Athener 

f  EjutßaTai 

10     Athener    (aus 

Erechtheis) 

[Kußspvr^TT^?] 
I    Athener 

I   Fremder 

I   Athener 


[riptppaxjrys 
I   Athener 

I   Athener 
[  n  £  vxr^xö]  VTap-/(o  ?) 

1  Athener 

[To^oxai] 

2  (i     wenigstens 
Athener 

[Natixott  aajxoi 
2    +  ?  Athener 

Kol.  II 

?    +   30  +  ?  Namen 
u.  Patronymika 
(Sklaven-  u  .Herren- 
namen) 


II  959^ 


Kol.    I. 

?   -}-  6  Namen? 

[Tptyjpapjx«) 
2   Athener 

['  ETTißotxai] 

5  +  ?  Athener  (nur 
aus  Erechtheis  be- 
kannt) 


Kol.  II 


?  -j-  1 7  -f-  ?  Namen  und 
Patronymika  (Skla- 
ven- und  Herren- 
namen) 


II  959^ 


[To^oxat] 
2   Athener 


[Nauxaji  aoxoi 

9  +  ?  Athener  (aus 
verschied.   Phylen) 


II    959^ 


?  -f  4  +  ?  Athener  2 

> 


Das  amerik.  Frg.  A 


Kol.  I 

-f  13  -f  ?  Athe- 
ner (aus  verschied. 
Phylen) 


Kol.  II 

vacat 
27   Namen  u.  Patro- 
nymika (Sklaven- u. 
Herrennamen) 


Tpt7]papx«> 

2  Athener 

['  ETTtßaJxat 

I    +  ?  Athener 

Kol.  III 

vacat 
34  -f  ?  Namen  u. 
Patronymika        "S 
(Sklaven-     und  ^ 
Herrennamen) 


Das  amerik.  Frg.  B 


Kol.  I 
?   +30   +  ?  Fremde 


Kol.   II 
?  +  33    +  ?  Athener 


Die  Besatzung  einer  athenischen  Triere 
setzte  sich  nach  unserer  Urkunde  aus  fol- 
genden Kategorien  zusammen :  zuerst  die 
Schiffskommandanten,  die  zwei  xpiyjpap)(a>, 
dann  die  10  Iraßocxai  (entweder  aus  ver- 
schiedenen Phylen  oder  aus  derselben), 
dann  folgen  als  der  Marineunterbefehl  (die 
uTrrjpsfJia)  i  xußspv7)xrjc,  i  xsXeusxv]?,  i  itöv- 
XYjxovxap)(o?  ^),  I  auXr^xr^c,  i  vxor^rj^öc,  i  Trpm- 
pa'xr^?^);  und  schließlich  als  die  Bemannung 
3  (oder  2)  xo^oxatS),  weiter  die  vaöxai  da- 
xot,  vaöxat  $evot  und  i>spaTCovxi?4).  Die  Zahl 
der  drei  letzten  Hauptkategorien  der  Schiffs- 
mannschaft sowie  überhaupt  das  Bestehen 
der  Kategorie  vauxat  ^svot  ist  zwar  nicht 
direkt  in  unserer  Urkunde  überliefert. 
Unter  der  Rubrik  vaöxat  ocaxoi  sind  in  der  Ur- 
kunde mindestens  16,  alle  Athener,  überliefert; 
unter  die  Rubrik  x^spotirovxsc,  die  Sklaven, 
kommen  den  Namen  nach  zu  urteilen  in 
einer  Kolumne  wenigstens  34.  Nun  haben 
wir  aber  auch  Kolumnen  mit  Fremden  und 
Metöken,    wenigstens    29    an    einer  Stelle, 


')  Köhlers  Ergänzung  in  IG.  II  S.  538  zu  Nr. 
959«  Kol.   I  Z.  38  s.  ist  also  unrichtig. 

^)  Die  Chargen  des  auXr^xT^?,  vauTrTjytJ?,  -ptupatrjC 
sind  auch  Nichtathenern  überlassen,  sie  scheinen 
außerdem  nicht  auf  allen  Schiffen  besetzt  gewesen 
zu  sein  (vgl.  auch  Köhler,  Ath.  Mitt.  VIII   179). 

3)  Es  können  auch  Fremde  unter  ihnen  sein  (vgl. 
Plassart,  Les  arch.  d'Athenes,  Rev.  Et.  Gr.  191 3 
201). 

4)  Richtig  hat  Kolbe,  De  Ath.  re  nav.  44,  die 
Bedeutung  dieses  Wortes  gefaßt. 


135 


Liste  athenischer  Marinebesatzungen. 


136 


und  diese  können  doch  nur  im  Gegen- 
satz zu  den  vaüxai  daxot  unter  einer  Rubrik 
als  vaijixai  $£voi  eingeordnet  gewesen 
sein^).  Aus  diesen  drei  Kategorien  setzte 
sich  also  die  Bemannung  einer  Triere,  die 
etwa  170  Ruderer  und  Matrosen  umfaßte 
(vgl.  Cartault,  La  tridre  athen.  S.  235  f.  und 
dazu  Brillant,  Daremberg-Saglio,  Dict. 
unter  Trierarchia  S.  453;  Köhler,  Ath.  Mitt. 
VIII  178 f.),  zusammen,  unter  denen  die 
Metöken    und    Sklaven    natürlich    eine   be- 


vermutet, daß  sie  durch  Verleihung  der  Frei- 
heit an  die  bei  der  Schlacht  bei  den  Ar- 
ginusen  406  beteiligten  Sklaven  veranlaßt 
sein  könnte,  aber  er  weist  gleichzeitig  auf 
den  befremdenden  Umstand  hin,  daß  auch 
die  freie  Bemannung  hier  vollzählig  auf- 
geführt sei,  was  ja  gänzlich  überflüssig  er- 
scheine. Dies  wäre  in  der  Tat  nicht  zu 
verstehen,  wenn  nur  eine  Freilassung  der 
Anlaß  gewesen  wäre.  In  unserer  Urkunde 
können  nur  wenige  Trierenbesatzungen  auf- 


1... 


r^^ 


^ 


Abb.  I.     Kol.  111,  Zeile   19 — 25  aus  der  Liste  athenischer  Marinebesatzungen. 


trächtliche  Zahl  einnahmen  (vgl.  Kolbe, 
De  Ath.  re  nav.  S.  41).  Es  scheint,  als 
ob  die  Bürger  für  die  Flotte  nach  Demen 
ausgehoben  worden  waren ,  wie  Köhler 
(a.  a.  O.  S.  179;  vgl.  dazu  Wilamowitz, 
Hermes  22,  217,  2)  annimmt;  dagegen  sehen 
wir,  wie  die  Epibaten  auf  einem  Schiffe  zu 
derselben  Phyle  gehören,  auf  einem  andern 
nicht.  Da  sie  als  Soldaten  aus  dem  Heere 
der  Marine  überwiesen  waren,  wurde  die 
Phylenordnung  natürlich  soweit  möglich 
gewahrt. 

Über    den    Zweck    der    Aufstellung    der 
Urkunde  hat  Köhler  (Ath.  Mitt.  VIII  179  f.) 


')  VgL  dazu  noch  Kolbe  a.  a.  O.  S.  44  f. 


geführt  gewesen  sein  (wir  können  aus  den 
vorhandenen  Stücken  auf  wenigstens  5 
schließen),  wenn  auch  der  Stein  oder  die 
Steine  einen  großen  Umfang  gehabt  haben 
mögen.  Aber  die  Flotte  bei  der  Arginu- 
senschlacht  war  iio  Trieren  stark,  die 
Zahl  der  Ruderer  18700  (vgl.  Busolt, 
Gr.  Gesch.  III   1590  u.  Anm.). 

So  kann  das  Urteil  über  diese  Frage 
vorläufig  nur  ein  ungewisses  bleiben;  die 
Schrift,  für  die  Abb.  i  aus  Kol.  III,  Zeile 
19 — 25  als  Probe  gegeben  sei,  und  die 
prosopographischen  Indizien  deuten  auf  die 
Wende  5. — 4.  Jahrh. 

Prosopographisch  wäre  zu  unseren  Bruch- 
stücken folgendes  zu  bemerken.     Der  Trier- 


137 


Das  Hohlmaß  von  Pergamon. 


138 


arch  riu&la?  Krjcpiatsu?  ist  schon  von  früher 
bekannt  (vgl.  P.  A.  12350),  bestimmt  ist  sein 
Alter  nicht  anzusetzen,  sein  Sohn  wird  vor 
325  gestorben  sein.  Ein  anderer  Trier- 
arch  Xapi'Svjixo?  EuTrsxaKuy  ist  der  Sohn  des 
Hellenotamias  von  437/6  — H-^'X^''  -^'  ^* 
(vgl.  P.  A  15389).  Von  den  10  Epibaten, 
die  in  der  obigen  Liste  vorkommen,  scheint 
nur  'EirixpaV/j?  AajjiTrxpsu?  vorher  schon  aus 
einer  "Weiheinschrift  aus  der  Mitte  des  4. 
Jahrh.  bekannt  zu  sein  (vgl.  P.  A  4900). 
Ein  Nachkomme  des  Keleustes  Xapia? 
'A;(apv£uc:  ist  der  XapiaSif]?  Xapiou  'Ajjxp- 
vsu?  im  3.  Jahrh.  (vgl.  Sundwall,  Nachträge 
z.  Pros.  Att.).  Am  besten  bekannt  ist  der 
Pentekontarch  'Avxicpaxry?  Ku&>^ppto?,  dessen 
Akme  von  Kirchner  um  367  angesetzt  wird 
(über  seine  Familie  vgl.  P.  A.  1196)  und 
desser  Sohn  um  334  Trierarch  war.  Daß 
seine  Akme  früher  fiel,  wird  jetzt  deutlich  ^). 
Er  ist  vielleicht  auch  der  'Avxicpaxrj?  in 
unserem  Bruchstücke  Kol.  III,  der  als  Herr 
dreier  Sklaven  erscheint. 

Von  I>emden  finden  wir  einen  Siphnier, 
Oropier,  Thasier,  Chersonesiten,  viele  Keier, 
mehrere  Peparether,  Naxier,  Rhodier, 
Chier,  ohne  daß  wir  daraus  auf  die 
Zeitumstände  etwas  schließen  können,  da 
ja  auch  Fremde  zum  Flottendienst  ge- 
zwungen oder  geworben  wurden.  Die 
Metökennamen  und  die  Sklaven-  und  Be- 
sitzernamen liefern  uns  keine  sicheren  zeit- 
lichen Anhaltspunkte,  so  interessant  sie  auch 
sonst  sein  können,  die  Herren  sind  natür- 
lich meistens  Athener,  aber  beim  Fehlen 
des  Demotikons  ist  die  Identität  recht 
unsicher.  Zu  den  Metökenbezeichnungen 
ist  zu  bemerken,  daß  die  gewöhnliche 
Formel  otxaiv  Iv  noch  nicht  ganz  feststeht 
(vgl.  Clerc,  Les  met^ques  Ath.   238!.). 

Johannes  Sundwall. 


*)  Eine  prosopographische  Zeitbestimmung  gibt 
wohl  auch  der  in  IG.  II  ()^gad  Z,  20  zu  ergän- 
zende [C)p]o6pap^o;  i\Ypu(ÄTj!}£v),  dessen  Großvater 
bei  der  Seltenheit  dieses  Namens  der  Opo'jpapyoj 
'EpsySetSo;  in  mon.  sep.  459/8  sein  muß.  Zu  meiner 
Ergänzung  bemerke  ich,  daß  auf  dem  Stein 
sichere  Spuren  von  O  vorhanden  sind  und  daß 
davor  gerade  Platz  für  2  Buchstaben  ist,  während 
der  Majuskeltext  im  Corpus  nicht  ganz  korrekt  ist. 


DAS  HOHLMASS  VON  PERGAMON. 

C.  Schuchhardt  beschreibt  Inschr.  v.  Perg. 
II  1323 — 27  fünf  ein  Maßvermerk  tragende 
Tri{}oi  aus  Ton.  Ihrer  drei  konnten  auf 
ihr  Volumen  hin  geprüft  werden ').  Sie 
reichen  aus,  um  im  Verein  mit  einer  Notiz 
in  der  metrologischen  Literatur  das  perga- 
menische  Hohlmaßsystem  wenigstens  in 
seinen  Grundeinheiten  zu  rekonstruieren. 
Hier  ihre  kurze  Beschreibung: 

1.  (1324).     In  Berlin.     Inschrift:  KCA  =   26 

d[pxdßai]  s.  d[[xcpopsr?] 
Volumen  nach  Messung  mit  trockenem 

Sand 1005,25   1 

abzüglich  schätzungsweise    5,25   1    für 

schadhafte  Stellen 1000,00  1 

2.  (1325).     In   Pergamon.     Inschrift:    KTA 

für  KIA  =  27   d[pxdßat]  s.  «[[xcpoper?] 

Volumen  nach  Messung  mit  trockenem 

Sand 1044,6     1 

3.  (1326).     In  Berlin.     Inschrift:  KHA  =  28 

d[pxdßai]  s.  «[[xcpopsi?] ;  vgl.  Abb.  i. 
Volumen  nach  Messung  mit  trockenem 

Sand 1061,00   1 

Die  Maßeinheit,  nach  der  das  Volumen 
dieser  Pithoi  bestimmt  wird,  ist  auf  allen 
Geläßen  gleicherweise  durch  das  Zeichen  f- 
wiedergegeben.  Dieses  erklärt  Hiller  von 
Gaertringen  (Inschr.  v.  Perg.  II  S.  500)  unter 
Berufung  auf  einen  analogen  Fall  in  Rhodos, 
wo  sich  einmal  A,  8(pa)([xd)  zu  L  abgekürzt 
findet,  als  die  Verkürzung  eines  A,  und 
dieses  ergänzt  er  zu  d(pxdßrj.  Möglich 
ist  auch  «([x'^opsu?)  bzw.  hier  pluralis 
d([icpoper?),  wie  das  (in  Athen  und  anderwärts 
meist  den  Namen  [xsxprjxi^?  tragende)  Groß- 
maß für  Flüssiges  oft  genug  benannt  war  ^). 
—  Dieser  Amphoreus  bezw.  die  Artabe 
berechnet  sich  nun  an  Hand  des  Pithos  i 
zu  (1005,25  bzw.  1000  :  26  =)  38,66  bzw. 
38,46   1,  nach  Pithos   2   zu  (1044,6  :  27  =) 


')  Sie  waren  zerschlagen ;  doch  sind  sie  so  sorg- 
fältig zusammengesetzt,  daß  ihr  Hohlraum  nicht 
irgendwie  nennenswert  alteriert  sein  kann. 

*)  Vgl.  Africanus  Tiepi  axa&fjidiv  ■x.oa  fA^Tpwv  (de 
Lagarde,  Symmikta  I  p.  168,  52  =  Hultsch,  Metrol. 
Script.  I  p.  257,23):  6  TOÜ  otvou  äfxcpopeüs,  ov  xal 
(X£TpTjT7]v  ol  7:o)vXol  Xeyo'JOtv ;  auch  Suidas  (=  Metrol. 
Script.  1  p.  333,25):  äfx'fopeu;  oüv  äyftXoy,  [XETpov, 
x£pd|jiiov.  —  Welche  Benennung  in  Pergamon  vor- 
geherrscht hat,  ist  nicht  zu  sagen.  Inschr;  v.  Perg.  I 
13,  4  erscheint  der  [xETpTjTi^?. 


139 


Das  Hohlmaß  von  Pergamon. 


140 


38,7  1,  nach  Pithos  3  zu  (1061  :  28  =)  37,9  1. 
Alle  diese  Zahlen  stellen  füglich  nicht  voll 
erreichte  Höchstwerte  dar,  da  an  eine 
Füllung  der  Pithoi  bis  zum  äußersten  Gefäß- 
rande aus  praktischen  Gründen  natürlich 
nicht  gedacht  werden  kann.  — 

Über  die  Handeinheit  der  pergamenischen 
Hohlmaße  berichtet  folgende  Notiz  in  einem 
von  Duchesne  (Arch.  miss.  scient,  IIP  serie 
t.  3^  1876  S.  385)  aus  cod.  Patm.  17 
(s.  X)  publizierten  metrologischen  Text: 
73  üep'YafATjvT]  xoTuXrj  xou  sXatou  ayei  Xixpav 
ä  .  7J  8e  'Attixtj  xotuXt]  tou  sXai'ou  a'(zt  Spa/" 
}xa?  VC  *  Yivovxai  (ÖYXiai)C  Die  Litra  hat 
12  Unzen;    mithin  verhält  sich  die  perga- 


Abb.  I.     Schnitt  durch  den  Pithos  3. 

menische  Kotyle   zur  attischen  wie   12:7. 
Letztere  mißt  0,2265  1  (Rechnungswert)^); 

erstere  also  f^il?— 5 — ^  =^  j  0,3883  1.    Und 


wieviele  solcher  Kotylen  kommen  auf  den 
Amphoreus  oder  die  Artabe  ?  Eine  Hundert- 
teilung dieses  Großmaßes,  an  die  man  zunächst 
denken  könnte,  kommt  nicht  in  Betracht, 
da  100  Kotylen  mit  38,83  1  einen  Wert 
ergeben,  der  über  die  aus  den  Pithoi  ge- 
wonnenen Höchstzahlen  noch  hinausgeht. 
Alle  Wahrscheinlichkeit  hat  dagegen  die 
Teilung  des  Maßes  in  96  Kotylen  für 
sich,  die  durch  die  gleiche  Gliederung  des 


*)  Der  Nachweis,  daß  das  attische  Hohlmaß  bis- 
her falsch  bestimmt  worden  ist  (Kotyle  =  0,273  1), 
bleibt  einer  baldigst  zu  publizierenden  Schrift 
»Forsch,  z.  antiken  Metrologie«  vorbehalten.  Doch 
wird  eine  vorläufige  Erörterung  der  Frage  in  einem 
der  nächsten  Hermeshefte  (Aufsatz  über  den  athen. 
Volksbeschluß  IG.  II*  1013)  gegeben  werden. 

Archäologischer  Anzeiger  1915. 


(8  y6z<;  zu  6  ^sötat  oder  12  xotuXat  messen- 
den) ptolemäischen  (Wein-)  Metretes  jeden- 
falls sofort  unterstrichen  wird.  Demnach 
hatte  das  pergamenische  Maß  (0,3883:96) 
=  37,277  1,  ein  Wert,  der  den  aus  den 
Pithoi  erschlossenen  Beträgen  in  jeder  Be- 
ziehung Genüge  tut  und  der  beispielsweise 
für  das  brauchbarste  Gefäß  3  ein  Füllungs- 
quantum (von  28  •  37,277  =  1043,75  0  ^^~ 
gibt,  das  den  Geiäßhals  in  einer  ange- 
messenen Tiefe  freiläßt^). 

Die  pergamenische  Kotyle  mit  ihren 
0,3883  1  hatte  bei  Füllung  mit  Wasser 
(von  der  Temperatur  +  40  C)*)  ein  (Netto-) 
Gewicht  von  388,3  g.  Das  Ölgewicht  gibt 
der  Patmostext  zu  I  Litra  d.  i.  12  Unzen 
oder  96  Drachmen  an.  Die  Gewichtsdiffe- 
renz zwischen  Wasser  (Wein)  und  Öl  be- 
stimmen die  alten  Metrologen  auf  10  :  98),  so 


')  Eine  Füllung  bis  12  cm  unterhalb  des  Gefäß- 
randes benötigte  nach  Schuchhardt  ein  Sandquantum 
von  1031  1.  —  Daß  in  den  Gefäßen  ein  Eichstrich 
fehlt,  kann  nicht  weiter  wundernehmen.  Auch 
unsere  Fässer  tragen  ja  meist  auf  der  Außenseite 
eine  Marke  über  das  in  ihnen  enthaltene  Füllungs- 
quantum, ohne  daß  das  tatsächliche  Faßvolumen 
durch  dieses  Quantum  immer  absolut  und  effektiv 
ausgefüllt  würde.  Solche  Vorratsgefäße  sind  eben 
an  sich  noch  keine  Maße;  vielmehr  wird  ihnen  die 
Füllungsmenge  mit  Hilfe  eines  Maßes  zugemessen. 
Im  übrigen  spielt  natürlich  bei  einem  1000  Liter- 
gefäß ein  kleines  Zuviel  oder  Zuwenig  überhaupt 
keine  Rolle,  Im  allgemeinen  wird  man  gewußt 
haben,  wieweit  die  Füllung  oben  zu  gehen  hatte, 
oder  die  Flüssigkeit  mag  daselbst  einen  Rand  ab- 
gesetzt haben,  sodaß  man  bei  späterer  Füllung, 
auch  wo  der  Eichstrich  fehlte,  ruhig  eingießen 
konnte,  ohne  daß  die  Eingußmenge  jedesmal  wieder 
hät*.e  abgemessen  werden  müssen. 

*)  Ob,  inwieweit  und  seit  wann  die  Alten  über 
das  Gesetz  bzw.  die  Erscheinung  der  thermischen 
Ausdehnung  unterrichtet  gewesen  sind,  ist,  soweit 
ich  sehe,  noch  nicht  untersucht.  Ein  paar  recht 
junge  metrologische  Texte  enthalten  die  allerdings 
interpolierte  Notiz:  cpaat  xoü  (jf^ßpiou  uoaxo?  TrXTjpu»- 
ÖTJvai  ddie'jSecJTaxov  slvat  tov  aTott}[j.dv  (Metrol.  Script.  I 
p.  241,6;  cf.  233,7).  War  das  Gesetz  unbekannt, 
so  hat  es  im  Altertum  eine  absolute  Maßnorm  füg- 
lich überhaupt  noch  nicht  gegeben,  was  durch 
andere  Erwägungen  bestätigt  wird  (vgl.  Ed.  Meyer 
G.  d.  A.  P  S.  580  f.).  Daraus  ergibt  sich,  daß  auch 
die  modernen  Fixierungen  antiker  Maßnormen  nur 
die  Bedeutung  approximativer  Rechnungswerte  be- 
anspruchen können.  Näheres  (demnächst)  Forsch, 
z.  ant.  Metrologie  I. 

')  Vgl.  Metrol.  script.  I  p.  223,  15:  6  olvo;  xoü 
IXafou  Ivvaxit)  fA^pei    UTiep^yei.     oXov  yctp  iysi  xal  x6 

IvvOtXOV    Ct'JXOü. 


141 


Zu  den  Dornausziehermädchen. 


142 


daß  sich  die  Litra  ZU  [- — ^—^  =  1  349,471), 


die  Unze  zu  29,12  und  die  Drachme  zu 
3,64  g  stellt.  Dies  kann  nur  die  phönizisch- 
ptolemäische  Drachme  gewesen  sein,  die  wir 
in  der  Römerzeit  zu  ^/y,^  römischer  Unze 
(27,2  g)  oder  3,626  g  normiert  finden. 
Woher  stammt  die  höhere  gewichtliche 
Tarifierung  dieser  Drachme? 

Die  attische  Kotyle  (Öl)  wog  60  soge- 
nannte Denardrachmen  von  ^/g  römischer 
Unze  oder  3,4  g.  Der  Patmostext  setzt 
das  Maß  zu  56  (phönizischen)  Drachmen. 
Demnach  ist  in  ihm  das  Verhältnis  zwischen 
phönizischen  und  Denardrachmen  auf  60  :  56 
oder  15  :  14  angenommen.  In  Wahrheit 
betrug  das  Verhältnis  aber  (8  [römische 
Unzen]:  7^3  [römische  Unzen]  =  )  60  :  56^/4, 
und  so  erkennen  wir,  daß  bei  der  Schätzung 
im  Patmostext  der  Bruch  abgeworfen  ist. 
Dazu  dürfte  allerdings  die  Drachme  selbst 
nicht    so    sehr    die    Veranlassung    gegeben 


•)  Die  Verbreitung  dieses  Gewichts  —  die  Me- 
trologie bedauert  das  Fehlen  des  Corpus  ponderum 

—  muß  systematisch  untersucht  werden.  Bisher 
habe  ich  mich  nur  wenig  danach  umsehen  können. 
Daß  das  Stück  in  Priene  vorhanden  war,  scheinen 
die  beiden  Inschr.  v.  Pr.  360  verzeichneten  Gewichte 
Nr.  I  mit  349,5  g  (Blei;  Inschr.  Xetxpa  Tupdvvou 
ifopay6[iQ\j)  und  Nr.  6  mit  118  g  (d.  i.  '/j  Litra 
von  354  g  bzw.  4  Unzen  von  29,5  g)  zu  bekunden. 

—  Interessant  wäre  das  Auftreten  des  Gewichts  in 
Unteritalien.  Von  mehreren  Kerykeia  aus  Bronze, 
die  auch  ich  (mit  Kubitschek,  Jahresh.  österr.  arch. 
Inst.  X  1907  S.  128)  für  Gewichte  halten  möchte, 
wiegt  ein  als  'Ifxa-^^apaicov  SajAoaiov  bezeichnetes 
Stück  aus  Palermo  348,8  g,  ein  anderes  346  g 
(ein  drittes  repräsentiert  mit  273,78  g  das  sog. 
oskische  Pfund  von  ca.  272  g).  Zwei  etwa  dem 
I.  Jahrh.  n.  Chr.    angehörende    Bronzeastragale    im 

Museo    Gregoriano    wiegen     10,50    (inschr.    yyy) 

und   16,70  kg  /Inschr.  .   ).    Das  erstere  ergibt  also 

eine  Einheit  von  350,  das  andere,  das  um  etwa 
100 — 150  g  vermindert  sein  soll,  von  etwa  334  bis 
ca.  337  g-  Das  ist  allerdings  ein  Wert,  der  (wie 
auch  ein  Bronzeastragal  des  Brit.  Mus.  von  330  g) 
dem  römischen  Pfund  von  ca.  327  bzw.  der 
jüngeren  attischen  Mine  (der  Mine  der  Denar- 
drachme von  3,4  g)  von  ca.  340  g  nahesteht.  Über- 
haupt müssen  sich  natürlich  bei  nahe  beieinander- 
liegenden Normen  angesichts  antiker  Verhältnisse 
die  Grenzen  vielfach  verwischen.  Darum  kann  eine 
Entscheidung  auch  dieser  Krage  nur  durch  ein- 
gehende Untersuchung  an  umfangreichem  Material 
getroffen  werden.  Mir  genügt  es  hier,  auf  eine 
Möglichkeit  hingewiesen  zu  haben. 


haben  (sintemalen  ^/^  eigentlich  kein  unprak- 
tischer Bruch  ist)  als  vielmehr  das  größere 
Gewicht,  die  Unze.  Wie  nämlich  die  Denar- 
drachme auf  i/s  römische  Unze  ausgebracht 
war,  so  wog  (nach  dem  Patmostext)  die 
phönizische  Drachme  ^/g  einer  andern  Unze. 
Die  attische  Kotyle  (Öl)  wog  demnach  einer- 
seits (60  :  8  =)  7^/3  römische  Unzen,  anderer- 
seits genau  (56^/4  :  8  =)  7^/32  jener  anderen 
Unzen.  Daß  man  eben  hierfür  lieber  ge- 
rechnet hat  (56:8  =)   7,  ist  plausibel. 

iVus  dieser  Beobachtung  ergibt  sich  nun, 
wie  mir  scheint,  auch  für  die  Bestimmung 
des  pergamenischen  Hohlmaßes  noch  eine 
bescheidene  Konsequenz.  Wog  nämlich 
die  attische  Kotyle  (Öl)  nach  phönizisch- 
ptolemäischem  Gewicht  in  der  Römerzeit 
(rechnungsmäßig)  genau  nicht  56,  sondern 
56^^/4  Drachmen  bzw.  nicht  7,  sondern  7^/32 
zugehörige  Unzen,  so  betrug  ihr  genaues  Rech- 
nungsverhältnis zur  pergamenischen  Kotyle 
auch  wohl  nicht  7  :  12,  sondern  7^/32:12. 
Dieses  Verhältnis  aber  läßt  für  das  Volumen 
der    pergamenischen    Kotyle    einen    Rech- 

/o,226';  -12        \  „,      ,     r- 

nungswert  von  {— f^ =     0,3865  1,  für 

\      7732  / 

den  Amphoreus  bzw.  die  Artabe  von 
(96  •  0,3865  =)  37,104  1  erschließen,  und 
für  die  Pithoi  ergeben  sich  demnach  Fül- 
lungsquanten (von  37,104  •  26  bzw.  27  bzw. 
28  =)  964,7    bzw.    1001,8    bzw.   1038,9  1. 


Potsdam. 


O.  Viedebantt. 


ZU  DEN  DORNAUSZIEHER- 
MÄDCHEN. 

Karl  Woelcke  hatte  in  seiner  Abhand- 
lung »Dornauszieher-Mädchen.  Eine  Terra- 
kotta aus  Nida-Heddernheim«  (Arch.  Jahr- 
buch 19 14,  S.  i7flr.)  ein  Plattenmosaik  aus 
Pompeji  angeführt,  welches  dasselbe  künst- 
lerische Motiv  eines  Mädchens,  das  sich 
den  Dorn  aus  dem  Fuße  zieht,  wiedergeben 
sollte.  Woelcke  zitierte  es  nach  einer  Notiz 
in  dem  »Reallexikon  der  prähistorischen, 
klassischen  und  frühchristlichen  Altertümer« 
(Berlin-Stuttgart  1907/08)  von  Robert  Forrer 
S.  191  und  630,  ohne  von  Forrer  persön- 
lich   nähere  Angaben    erhalten  zu  können, 


143 


Knust-Stiftung. 


144 


da  dieser  das  betreffende  Manuskript  mit 
den  Quellenangaben  vernichtet  hatte. 

Es  scheint  mir  wahrscheinlich,  daß  Forrer 
seine  Kenntnis  dieses  Mosaiks  Hugo  Blümners 
Werk  über  »Terminologie  und  Technologie 
der  Gewerbe  und  Künste  bei  Griechen  und 
Römern«  III,  341,  verdankt i):  ».  .  .  die- 
jenige Art  Mosaik,  welche  man  heute 
florentinisch  nennt  und  die  bei  den  Ita- 
lienern den  Namen  commesso  führt,  die 
ja  sonst  ganz  selten  ist;  eine  bestimmte 
antike  Benennung  dafür  kennen  wir  auch 
nicht;  man  nimmt  in  der  Regel  an,  daß 
man  dieses  Mosaik  ebenfalls  zum  opus 
sectile  rechnete.  Proben  davon  haben  sich 
nur  wenige  erhalten.  Aus  Pompeji  eine 
Dornauszieherin,  nur  aus  zwei  Farben  her- 
gestellt, die  Figur  in  weißem  Marmor  auf 
grauem  Grunde.«  Blümner  gibt  als  Beleg 
für  seine  Ausführungen  A.  Migliozzi,  Nuova 
guida  generale  del  Museo  nazionale  di 
Napoli,  2.  Auflage,  Neapel  1876.  S.  54, 
als  Quelle  an.  Hier  findet  sich  folgende 
Beschreibung:  »Donna  poggiata  al  una 
colonna,  che  siestrae  una  spina  dal  piede. 
Musaico  a  due  colori  ed  a  pezzi  interi. 
Fondo  marmo  grigio,  figura  marmo  bianco.« 
Weitere  Literaturangaben  vermochte  ich 
trotz  angestrengten  Forschens  nicht  zu  er- 
mitteln. 

Durch  die  Feststellung  dieser  Litera- 
turnotizen war  jetzt  die  Möglichkeit 
gegeben,  mit  mehr  Aussicht  auf  Erfolg 
noch  einmal  im  Museum  zu  Neapel  nach- 
zuforschen. Den  Herren  Prof.  Delbrueck 
und  Prof.  Macchioro  sei  für  gütige  Ver- 
mittlung und  Aufklärung  gedankt.  Prof 
Macchioro  stellte  fest,  daß  sich  das  Mosaik 
nicht  im  Museum  zu  befinden  scheint  und 


')  Vgl.  auch  Blumners  »Kunstgewerbe  im  Alter- 
tum« I,   120. 


niemandem  dort  bekannt  ist.  Auch  Herr 
Spano,  ispettore  in  Pompeji,  der  sich 
speziell  mit  Mosaiken  beschäftigt,  kennt  es 
nicht.  Die  Herren  vermuten,  daß  es  ein 
modernes  Stück  war  und  deshalb  aus- 
geschieden ist.  Mehr  läßt  sich  zurzeit 
leider  nicht  feststellen.  Diese  Angaben 
genügen  aber,  um  in  Zukunft  bei  einer 
Betrachtung  der  Dornauszieher- Mädchen 
das  Pompejaner  Mosaik  auszuschalten. 


Wernigerode. 


Hugo  Mötefindt. 


KNUST-STIFTUNG. 

Die  von  der  unterzeichneten  Fakultät  am 
24.  Juni  191 2  (vgl.  Arch.  Anzeiger  191 2, 
578  f)  gestellte  Preisaufgabe  der  Knust- 
Stiftung  : 

Die  archaische  Kunst  der  Italiker,  be- 
sonders der  Etrusker,  Architektur,  Orna- 
mentik urid  Bildnerei,  ist  mit  ihren 
Hauptquellen,  der  orientalischen  und 
griechischen  Kunst,  durchzuvergleichen, 
die  Einflüsse  der  verschiedenen  griechi- 
schen Kunstgebiete  nach  Möglichkeit  zu 
sondern  und  ihre  zeitliche  Abfolge  fest- 
zustellen, dabei  auch  auf  etwaige  An- 
sätze italischer  Eigenart  zu  achten.  Ge- 
fordert wird  möglichst  vollständige  Be- 
nutzung der  Vorarbeiten,  auch  der  in 
Aufsätzen,  Dissertationen  und  sonst  zer- 
streuten 
hat  leider  keinen  Bearbeiter  gefunden. 

Leipzig,  im   September   1915. 

Die  Philosophische  Fakultät  der  Universität 

Leipzig. 

Fischer,  d.  Z.  Dekan. 


Archäologischer  Anzeiger 

B  EIBLATT 

ZUM  Jahrbuch  des  Archäologischen  Instituts 
1915-  4. 


Am  6.  Oktober  ist  in  Rom  WOLFGANG  Helbig  entschlafen,  und  mit 
ihm  ist  wieder  einer  von  denen  dahingegangen,  die  den  großen  Auf- 
schwung unserer  archäologischen  Wissenschaft  im  letzten  Drittel  des 
XIX.  Jahrhunderts,  ihren  immer  bewußteren  Ausbau  zu  einer  historischen 
Wissenschaft  nicht  nur  miterlebt  haben,  sondern  an  ihm  mitgearbeitet 
haben.  Früh  ward  Helbig  auf  italischem  Boden  heimisch,  den  Denkmälern 
Italiens  hat  seine  Forschung  in  erster  Linie  sich  zugewandt.  Hier  aber 
arbeitete  er  von  den  Terramaren  Oberitaliens,  der  Hinterlassenschaft  der 
Urzeit,  in  der  italisches  Wesen  sich  erst  allmählich  formte,  bis  hinab  zu  den 
Schätzen  der  Kaiserzeit.  Klare  Stellung  der  Probleme,  klare  Sichtung 
reicher  Materialmassen,  die  er  dadurch  unserer  Arbeit  erschloß,  zeichnen 
sein  Schaffen  aus.  Seine  Italiker  in  der  Poebene,  sein  homerisches  Epos, 
seine  Sammlung  und  Bearbeitung  der  Wandgemälde  Kampaniens,  um  nur 
einiges  Wenige  herauszugreifen,  sind  Leistungen  gewesen,  die  auch  heute 
noch  lebendigen  Wert  haben.  Und  Tausenden  ist  sein  Führer  durch  die 
Sammlungen  Roms,  mit  dem  er  weit  über  den  engen  Kreis  der  Fachleute 
hinaus  gewirkt  hat,  eine  dankbar  benutzte  Hilfe  gewesen  und  wird  es  noch 
lange  bleiben. 

Unserm  Institut  war  er  Jahre  hindurch  eng  verbunden.  1865  über- 
nahm er  nach  Brunns  Fortgang  die  Stelle  des  II.  Sekretars  am  römischen 
Institut,  als  der  erste  Beamte  des  Instituts,  der  aus  der  Zahl  der  Stipen- 
diaten hervorging.  Er  hat  die  Umwandlung  des  Instituts  in  eine  preußische 
Staats-  und  in  eine  Reichsanstalt  mitgemacht,  neben  Henzen  erfolgreich 
an  der  Entwicklung  arbeitend,  zu  der  diese  Umwandlung  erweiterte  Mittel 
und  neue  Möghchkeiten  bot.  Bis  zum  Jahre  1887  war  er  am  Institut 
tätig.  Dankbar  gedenken  wir  heute  seines  Wirkens,  dankbar  alles  dessen, 
was  er  in  einem  langen  Leben  unserer  Wissenschaft  geleistet  hat. 


Archäologischer  Anzeiger  19x5. 


147  Nachruf.  I48 


Den  schwersten  Schlag  aber  hat  uns  dieses  an  Verlusten  so  reiche 
Jahr  kurz  vor  seinem  Scheiden  versetzt.  Am  26.  November  wurde  uns 
Georg  Loeschcke  genommen.  Erst  nach  und  nach  werden  wir  die  volle 
Größe  dieses  Verlustes  erfassen  können,  erst  allmählich,  wenn  alles  wieder 
in  geordnete  Bahnen  zurückgekehrt  ist,  ganz  ermessen,  wie  groß  die  Lücke 
ist,  die  hier  der  Tod  gerissen  hat.  Das  aber  wissen  wir  schon  heute, 
daß  eine  treibende  Kraft  unserer  Wissenschaft  in  ihm  genommen  ist, 
einer  der  Führer,  der  bestimmend  wie  wenige  in  ihre  Entwickelung  einge- 
griffen hat.  Umfassend  in  seinem  Wissen,  rastlos  bestrebt,  neue  Gebiete 
unserer  Wissenschaft  zu  erschließen,  gedankenreich  den  Wissensstoff  durch- 
dringend, großzügig  in  der  Auffassung  seiner  Arbeit,  so  hat  er  seit  dem 
Beginn  seiner  Dorpater  Lehrtätigkeit  gewirkt.  Ein  Lehrer,  wie  es  wohl 
kaum  einen  zweiten  so  gut,  so  gern,  so  selbstlos  lehrend  gab;  der  seinen 
Schülern  nicht  nur  sein  Wissen,  sondern  auch  seine  hohe  Auffassung  zu 
geben  wußte;  der  sie  das  Kleinste  achten,  aber  stets  vom  Kleinen  den 
Weg  zum  Großen  suchen  lehrte;  der  weit  über  den  engen  Kreis  seiner 
Fachschüler  hinaus  weiteste  Kreise  für  seine  Wissenschaft  zu  erwärmen 
wußte.  So  war's  in  Dorpat,  so  in  Bonn,  das  ihn  auf  der  Höhe  seiner 
Kraft  sah,  so  in  Berlin,  wohin  er  vor  vier  Jahren  zog,  um  noch  einmal 
seine  Kraft  in  den  Dienst  einer  neuen  großen  Aufgabe  zu  stellen. 

Loeschckes  wissenschaftliche  Tätigkeit  zu  schildern,  kann  nicht 
Sache  dieses  kurzen  Gedenkwortes  sein.  Dankbar  hat  hier  das  Institut 
dessen  zu  gedenken,  was  er  ihm  gewesen.  Seit  der  junge  Doktor  als 
Stipendiat  in  den  Süden  zog,  blieb  er  dem  Institut  eng  verbunden.  Eine 
schöne  Frucht  seiner  Stipendiatenzeit  übergab  er  ihm  gemeinsam  mit 
seinem  Freunde  Furtwängler  zu  seinem  50  jährigen  Jubiläum  in  der  wert- 
vollen Veröffentlichung  der  mykenischen  Tongefäße.  Immer  und  immer 
wieder  hat  er  in  der  Folgezeit  an  der  zeitgemäßen  Weiterentwickelung  des 
Instituts  gearbeitet.  Als  eines  der  tätigsten  Mitglieder  der  Zentraldirektion 
hat  er  immer  wieder  ihm  seine  Erfahrungen  als  Gelehrter  wie  als  Lehrer 
zugute  kommen  lassen.  Bei  der  Schöpfung  der  Römisch-Germanischen 
Kommission  war  er  neben  Conze  die  treibende  Kraft. 

Allzufrüh  ist  er  uns  jäh  entrissen.  Unvollendet  hat  er  das  großgedachte 
Rüstzeug  hinterlassen,  das  er  der  Universität  Berlin  für  den  archäologischen 
Unterricht  schaffen  sollte.  An  der  Universität,  am  Institut,  in  unserem 
gesamten  wissenschaftlichen  Betriebe  klafft  die  Lücke  und  wird  nur  schwer 
und  langsam  sich  schließen.  In  die  Trauer  um  den  großen  Forscher, 
Lehrer  und  Organisator  aber  mischt  sich  die  Klage  um  den  Menschen, 
an  dem  Hunderte  in  Liebe  und  Verehrung  hingen  und  dem  sie  Dankbar- 
keit über  das  Grab  hinaus  bewahren  werden. 


149 


Die  mäßige  Elle  und  die  königliche  Elle  Herodots. 


150 


DIE  MÄSSIGE  ELLE  UND  DIE 
KÖNIGLICHE  ELLE  HERODOTS. 

I.  Den  Umfang  der  Stadt  Babylon  be- 
schreibt Herodot  I  178;  danach  bildete  die 
Stadt  ein  Viereck,  dessen  Seiten  je  120  Sta- 
dien maßen,  so  daß  der  Umfang  des  Ganzen 
auf  480  Stadien  kam.  Nachdem  Herodot 
über  ihre  Pracht  einiges  hinzugefügt  hat, 
fährt  er  fort:  xacppo?  fisv  irptüta  [iiv  ßaOsa 
xe  xal  eupsa  xal  uXetj  uSaxo?  uspiöeei,  fisid 
8^  zeiyoi;  TrevxT^xovxa  fisv  Tci^/etuv  ßaciX/jitov 
löv  to  supo?,  5t{>o;  8^  8ir|xoaio>v  izriyeuiv.     6  8s 

ßaCflXl^lOS  TT^/U?  ToS  fJl£TpiOU  lOTt  TTT^^SO?  jXsCtUV 

tpiot  SaxxuXotcji.  Die  äußere  Stadtmauer  war 
also  50  königUche  Ellen  breit  und  200  Ellen 
hoch.  Da  aber  Herodot  den  Begriff  »könig- 
liche Elle«  offenbar  nicht  als  allgemein  be- 
kannt voraussetzt,  sucht  er  ihn  seinen  Lesern 
zu  erläutern  durch  den  Zusatz:  Die  königliche 
Elle  ist  3  Zoll  länger  als  die  mäßige  Elle. 
Obwohl  der  jistpios  Tzriy^og  den  altgriechi- 
schen Lesern  jedenfalls  ganz  geläufig  war, 
hat  er  doch  in  ihrer  Literatur  nur  geringe 
Spuren  hinterlassen.  Zu  Lukians  Worten 
(xotxaTrXou?  16)  oX(p  TC7];(st  ßaortXixtu  gibt  ein 
Scholion  folgende  Erklärung:  6  ^ap  ßacfiXi- 
xö?  T^^iyo^  eX^^  ^^^P  "^^^  ?8i(utixöv  xal 
xoivov  xpsT?  8otxxtjXous.  Es  wäre  über- 
triebene Skepsis,  bezweifeln  zu  wollen,  daß 
diese  Stelle  das  gleiche  besagt  wie  die  An- 
gabe Herodots.  Man  hat  deshalb  von  jeher 
und  mit  Recht  die  »mäßige  Elle«  Herodots 
mit  der  »privaten  und  allgemeinen  Elle«  des 
Lukian-Scholiasten  gleichgesetzt. 
.  2.  Die  effektiven  Beträge  der  »mäßigen« 
und  der  »königlichen  Elle«  sind  uns  aus  dem 
Altertum  nicht  überliefert.  Es  ist  deshalb 
nicht  zu  verwundern,  daß  die  zahlreichen 
Versuche,  sie  zu  bestimmen,  zu  den  ver- 
schiedensten Ergebnissen  geführt  haben. 
Über  die  älteren  Arbeiten  ist  Böckh  (Metrol. 
Untersuchungen  210  ff.,  Berlin  1838)  zu  ver- 
gleichen. Hultsch  (Griech.  u.  röm.  Metro- 
logie 2  S.  46  u.  475  f.,  Berlin  1882)  bestimmte 
beide  Größen  auf  466,7 — ^473  mm  bzw.  525 
bis  530  mm,  Lepsius  (Längenmaße  der  Alten 
S.  108,  Berlini884) auf  0,4752  m bzw. 0,5328 m, 
Dörpfeld  1883  (Ath.  Mitt.  VIII  346)  auf 
0,444  Ti  bzw.  0,499  n^  oder  rund  0,500  m, 
dagegen  1890  (daselbst  XV  176)  auf 
0,492    m     bezw.    0,554    m,     Nissen     (im 


Handb.  d.  klass.  Altertumswissenschaft  2 
I  857)  die  »Königselle«  auf  0,555  rn,  Leh- 
mann (-Haupt)  (in  den  Verhdl.  d.  Berl. 
Ges.  f.  Anthropologie  1889,  314  f.)  die 
»mäßige  Elle«  auf  0,49 bis  50,498  m,  die  dazu 
gehörige  »königliche  Elle«  auf  mindestens 
0)555  rn-  Ganz  neuerdings  (Klio.  Beiträge 
z.  alten  Gesch.  XIV  356  Anm.  2)  schrieb  der- 
selbe Gelehrte:  »Daran,  daß  der  persische 
fASxpio?  T^tX'^Z  gleich  der  babylonischen  Elle 
von  rund  495  mm  ist,  muß  ich  mit  Nach- 
druck festhalten.«  Und  weiter  im  gleichen 
Hefte  derselben  Zeitschrift  S.  464  f. :  »Und 
ferner  haben  die  Ausgrabungen  in  Baby- 
lonien  wenigstens  soviel  ergeben,  daß  Ne- 
bukadnezars  Königselle  nicht,  wie  Viede- 
bantt  will,  mit  der  ägyptischen  identisch, 
sondern  wesentlich  größer  ist.  Nach  Kolde- 
weys  jüngsten  Mitteilungen  beträgt  sie  ent- 
weder 533  oder  544  mm.  Ergibt  sich  wirklich 
eine  von  der  älteren  babylonischen  Königs - 
eile  550 — 555  mm  abweichende  Einheit,  so 
würde  das  dafür  sprechen,  daß  Nebukad- 
nezar  kein  geschlossenes  System  eingeführt 
hat.  Bis  auf  weiteres  halte  ich  eine  Ab- 
weichung von  der  ursprünghchen  babyloni- 
schen Längeneinheit  durch  Nebukadnezar 
für  sehr  unwahrscheinlich  und  die  Beibehal- 
tung der  Einheiten  des  babylonischen  Sy- 
stems für  das  Nächstliegende.  [Auch  Dieu- 
lafoy  gründet  sein  Studium  des  die  Maße 
des  babylonischen  Haupttempels  Essaggil 
gebenden,  jüngst  wiedergewonnenen  Doku- 
ments aus  dem  Kislev  des  Jahres  83  S.  A. 
(229  V.  Chr.)  auf  eine  Länge  des  babyloni- 
schen Fußes  von  (0,32  bis)  0,33  m  und  eine 
entsprechende  Königselle  von  (0,548  bis) 
0,55  m  und  findet  den  Ansatz  durch  seine 
Berechnung  aus  dem  Dokument  bestätigt; 
s.  Essagü  ou  le  temple  de  BSl-Marduk.  ^tude 
documentaire  par  le  P.  Scheil.  ^tude  arith- 
metique  et  architectonique  par  Marcel  Dieu- 
lafoy.  Paris  1913.  Korr. -Zusatz.] «  So- 
weit Lehmann-Haupt. 

Die  verschiedenen  Werte,  die  sich  aus  den 
bisherigen  Lösungsversuchen  ergeben  haben, 
beweisen  wenigstens  so  viel,  daß  die  Frage 
noch  mitten  im  Fluß,  daß  ihre  endgültige 
Beantwortung  noch  nicht  erfolgt  ist.  Welche 
Gründe  die  Gelehrten,  die  sich  mit  dem  Pro- 
blem beschäftigten,  zu  ihren  Ansetzungen 
geführt  haben,  ersieht  man  am  besten  aus 


151 


Die  mäßige  Elle  und  die  königliche  Elle  Herodots. 


152 


ihren  eigenen  Arbeiten.  Ein  neuer  Versuch, 
die  Frage  zu  beantworten,  scheint  nur  dann 
Aussicht  auf  Erfolg  zu  eröffnen,  wenn  er 
sich  auf  bisher  unverwertetes  Material  stützt. 
3.  Die  griechische  Elle  war  bekanntlich 
in  24  Zoll  eingeteilt;  für  die  »königliche  Elle« 
setzen  wir  die  gleiche  Einteilung  voraus  und 
hoffen,  die  Richtigkeit  dieser  Annahme  dar- 
tun zu  können  (s.  unten  §  ii  f.).  Der  leichte- 
ren Übersicht  halber  sei  die  »mäßige  Elle« 
mit  ji,  die  »königliche«  mit  ß  bezeichnet. 
Herodot  gibt  also  an,  ß  sei  3  Zoll  größer  als  fi, 
sagt  aber  nicht,  was  für  Zoll  er  meint,  ob 
»mäßige«  oder  »königliche«.  Da  3  Zoll  = 
^  Elle  ist,  so  würden  sich  für  ß  zwei  Formeln 
ergeben : 

(I)  fx+if^^ß  oder  ß=|}i. 
(II)  fi.+  iß=ß  oder  ß  =  f{x. 

Umgekehrt  (I)  fi=|ß 
(II)  f.=  |.ß. 
In  einem  anderen,  aber  ganz  ähnlich  liegen- 
den Falle  hat  sich  Herodot  genauer  ausge- 
drückt. I  192  heißt  es  tj  8e  dpxaßrj  fistpov 
iov  rieptJixöv  yuipisi  [xeoifAVOu  'Attixou  irXeov 
yoinzi  tpial  'AxTix-^jOi.  Hier  ist  kein  Zweifel 
gelassen:  das  persische  Hohlmaß  Artabe  faßt 
I  attischen  Medimnos  und  3  attische  Choini- 
ken.  Wir  werden  schwerlich  fehlgehen,  wenn 
wir  auch  an  unserer  Stelle  annehmen,  daß 
Herodot  die  unbekannte  Größe  durch  zwei 
bekannte  Größen  habe  erklären  wollen. 
Hätte  er  sich  aber  doch  wider  Vermuten  der 
Ungeschicklichkeit  schuldig  gemacht,  zur 
Erklärung  der  Unbekannten  einen  Teil  der- 
selben mit  einem  bekannten  Begriff  zu  ver- 
binden, ohne  dies  ausdrücklich  zu  sagen, 
so  würde  der  Fehler  auch  nicht  sehr  groß 
sein.     Er  würde  betragen,  da 

(I)  ß=l(^=f|P- 
(II)  ß=f[i=|i}x 


oder  da 


deren  Differenz  -^  {ji, 

(I).f.=  fß  =  nß 
(II)  tx=iß=f|ß 


deren  Differenz  -j^  ß, 
wie  sich  nachher  zeigen  wird,  im  ganzen  nur 
wenige  Millimeter.  Ich  lasse  jedoch  Fall  (II) 
als  von  vornherein  unwahrscheinlich  nun- 
mehr beiseite  und  ziehe  nur  die  Gleichungen 
(I)  ß  =  I  [X  und  n  -  f  ß  in  Betracht. 


4.  Die  königliche  Elle  kommt  bei  Herodot 
noch  einmal  vor:  VII  117  bestimmt  er  die 
Körperlänge  des  persischen  Riesen  Arta- 
chaies  zu  5  königlichen  Ellen  weniger  4  Zoll. 
Die  »königliche  Elle«  war  also  ein  in  persi- 
scher Zeit  übliches  Längenmaß.  Sein  Ur- 
sprung ist  aber  aller  Wahrscheinlichkeit  nach 
in  Babylonien  und  Assyrien  zu  suchen. 
Darauf  deutet  schon  die  Analogie  der  Ge- 
wichte. Die  altpersische  Mine  des  Dareios  I. 
im  Betrage  von  500,2  g  unterscheidet  sich 
nur  ganz  unwesentlich  von  der  Mine  Gimil- 
Sins  von  Ur  (24.  Jahrh.  v.  Chr.)  im  Betrage 
von  502,2  g,  der  Mine  Erba-Marduks  von 
Babylon  (8.  Jahrh.)  im  Betrage  von  502  g 
und  der  Mine  des  assyrischen  Königs  Sargon 
(721 — 705),  die  aller  Wahrscheinlichkeil,  nach 
auf  501  g  anzusetzen  ist.  Sie  ist  mit  einem 
Wort  die  babylonische  Mine;  die  geringenDif- 
ferenzen  dürfen  auf  mangelhafte  Justierung 
der  Gewichtstücke  zurückgeführt  werden  und 
sind  offenbar  unbeabsichtigt.  Außerdem 
aber  war  die  äußere  Stadtmauer  Babylons, 
deren  Maße  uns  Herodot  überliefert,  ein  Werk 
des  babylonischen  Königs  Nebukadnezar  IL 
(605 — 562).  In  seinen  Inschriften  ^)  ver- 
sichert dieser  ausdrücklich,  daß  kein  König 
vor  ihm  es  getan  habe.  Man  sollte  daraus 
schließen,  daß  auch  das  Längenmaß,  mit  dem 
diese  Stadtmauer  vermessen  worden  ist,  ein 
zu  Nebukadnezars  Zeit  übliches  babyloni- 
sches war. 

5.  In  den  Keilinschriften  werden  Längen- 
maße überaus  häufi'g.  erwähnt,  insbesondere 
die  Elle  (bab.-ass.  ammatum  =  hebr.  'am- 
mäh)  und  der  Zoll  (bab.-ass.  ubanu,  eigent- 
lich »Finger«,  SaxTuXo?).  In  alter  Zeit  wurde 
die  Elle  in  30  Zoll  eingeteilt,  später  (sicher 
unter  Sargon  von  Assyrien  und  Nebukad- 
nezar von  Babylon)  in  24  Zoll.  Eine  scharfe 
zeitliche  Grenze  zu  ziehen  ist  noch  nicht 
möglich,  für  unseren  Zweck  auch  unerheblich. 
Ebensowenig  läßt  sich  mit  Sicherheit  sagen, 
ob  die  alte  Elle  neben  der  neuen  noch  fakulta- 
tiv gebraucht  wurde.  Für  einen  bestimmten 
Fall,  bei  dem  allerdings  besondere  Gründe 
vorliegen,  hoffen  wir  es  nachher  (s.  u.  §  10) 
nachweisen  zu  können.  Sehr  selten  kommt 
in  den  Keilschrifttexten  die  »Elle  des  Königs« 

')  Langdon,  Die  neubabylonischen  Königs- 
inschriften S.  133  Kol.  VI  22  ff.  S.  167  Z.  46  ff. 
Leipzig  1912. 


153 


Die  mäßige  Elle  und  die  königliche  Elle  Herodots. 


154 


vor.  Aus  der  Zeit  des  Königs  Aäurbanapli 
(669  bis  mindestens  642)  ist  ein  assyrischer 
Text  bekannt  (veröffentlicht  von  Craig 
Assyriol.  Bibliothek  XIII  i  p.  'jd — 79),  der 
leider  vielfach  beschädigt  und  auch  sonst 
schwer  verständlich  ist.  Er  enthält  die  Be- 
schreibung verschiedener  heihger  Gegen- 
stände aus  dem  Tempel  des  Bei.  Hier  findet 
sich  die  »Elle  des  Königs«  im  bunten  Wechsel 
mit  der  »Elle«  ohne  Zusatz.  So  heißt  es 
Kol.  HZ.  i6f. :  »6f Ellen  nach  der  Elle  Länge 
der  Bettstelle,  3|-  Ellen  nach  der  Elle  des 
Königs  die  Breite«.     Z.  28:  »if  Ellen  nach 

der  Elle  des  Königs «.     Z.  29  ff. :  »3  \ 

Ellen  nach  der  Elle  des  Königs  Länge  des 
Thrones,  if  Ellen  seine  Breite«.  Ein  zweiter 
Text,  auf  den  mich  Zimmern  aufmerksam 
gemacht  hat,  ist  der  neuassyrische  Brief 
K.  624,  veröffentlicht  von  R.  F.  Harper, 
Assyrian  and  Babylonian  Letters  No,  130, 
umschrieben  übersetzt  und  erklärt  von 
W  i  n  c  k  1  e  r ,  Altorientalische  Forschungen 
II.  Reihe  S.  306  ff.  Ein  gewisser  Nabu-pa§ir 
meldet  dem  König  die  Maße  einer  Anzahl 
von  Balken  (Gt/.  Su.  A)  aus  einem  be- 
stimmten Holz,  dessen  Name  abgebrochen 
ist.  Leider  sind  auch  von  den  Maßangaben 
selbst  nur  die  wenigsten  Zahlen  erhalten. 
Merkwürdig  ist  der  Text  besonders  auch  des- 
halb, weil  er  ein  anderweitig  nicht  bekanntes 
Längenmaß  enthält,  dessen  Ideogramm  {Gir. 
Sab.  Du)  Win  ekler  mit  Recht  als  »Fuß« 
deutet.  Die  ersten  8  Zeilen  enthalten  nur 
die  Einleitung,  dann  fährt  der  Text  fort: 
»I  Balken  26  [so  Harper]  nach  der  Elle 
des  Königs  lang,  i  nach  der  Elle  breit,  soviel 
wie  ein  Fuß  dick,     i   Balken   . .   +  i  nach 

der  Elle  des  Königs  lang   Balken 

(Plur.)  . ,  nach  der  Elle  lang,  . .  Elle(n) 
breit,  ..  Elle(n)  dick.  ..  Balken  (Plur.) 
. .  Ellen  nach  der  Elle  lang,  . .  Elle(n)  breit, 
I  Elle  dick.  .  .  Balken  (Plur.)  ....  nach  der 
Elle  lang,  . .  Fuß  breit,  . .  Fuß  dick.  Balken 
(Plur.) lang ,  i  Elle  dick.  . .  Bal- 
ken (Plur.),  . .  nach  der  Elle  lang,  . .  Elle(n) 
breit,  4  Zoll  dick.« 

Auch  hier  beobachten  wir  zweimal  einen 
Wechsel  der  Bezeichnungen  »Elle  des  Kö- 
nigs« und  »Elle«  bei  den  Angaben  der  Maße 
eines  und  desselben  Gegenstandes.  Wie  lang 
das  assyrische  Fußmaß  gewesen  ist,  ergibt 
sich  aus  diesem  Texte,  der  die  einzigen  Be- 


lege dafür  enthält,  nicht.  Da  es  aber  wahr- 
scheinlich in  einfachem  Verhältnis  zur  Elle 
gestanden  hat,  wird  man  es  wohl  wie  bei 
den  Griechen  zu  |  (nicht  -f)  der  Elle  an- 
nehmen dürfen,  also  16  Zoll  nach  neuassyri- 
scher und  neubabylonischer  Einteilung.  An 
dritter  Stelle  endlich  ist  eine  babylonische 
Privaturkunde  aus  dem  14.  Jahre  des  Königs 
Darius  I.  zu  nennen  (veröffentlicht  von 
Straß  maier,  Babyl.  Texte  H.  ii  S.  276 
Nr.  391),  die  mit  den  Worten  beginnt:  »150 
mus-sal-lu-ü  (»Spiegel?,  Bilder?«)  von  i  Elle 
2  Zoll  nach  der  Elle  des  Königs«.  Weitere 
Belege  für  die  »Elle  des  Königs«  sind  mir 
nicht  zur  Hand.  Doch  genügt  einstweilen  die 
Tatsache,  daß  in  Assyrien  und  in  Babylonien, 
im  7.  Jahrh.  und  in  persischer  Zeit,  eine 
»Elle  des  Königs«  bezeugt  ist.  Es  ist  sehr 
verführerisch,  in  der  »Elle«  ohne  Zusatz  eine 
Art  von  babylonisch -assyrischem  (jistpio? 
■KT^ypi^  zu  finden  und  sie  zu  der  »Elle  des 
Königs«  in  ähnlichen  Gegensatz  zu  bringen 
wie  Herodot  seinen  {i.  ir.  zu  seinem  ß.  ir. 
Aber  wer  soll  auf  den  Gedanken  kommen, 
bei  der  Ausmessung  einer  Bettstelle,  eines 
Thrones  oder  eines  Balkens  zwei  verschie- 
dene Maße  anzuwenden,  und  zwar,  wie  beim 
ersten  Beispiel,  in  anmutigem  Wechsel:  ein- 
mal Länge  nach  p,,  Breite  nach  ß,  das  andere 
Mal  umgekehrt!  Andererseits  ist  es  aber 
ebensowenig  zu  begreifen,  weshalb  der 
Schreiber  sprachlich  differenzierte,  wenn 
sachlich  kein  Unterschied  bestand.  Die 
Analogie  eines  Bronzegewichtes  (Ztschr.  d. 
Deutschen  morgenl.  Ges.  61,  401  Leo  8),  das 
in  Keilschrift  und  in  aramäischer  Schrift 
als  »Mine  des  Königs«,  dann  noch  einmal 
aramäisch  als  »Mine«  ohne  weiteren  Zusatz 
signiert  ist,  würde  freilich  für  die  sachliche 
Gleichsetzung  der  Begriffe  »Elle«  und  »Elle 
des  Königs«  sprechen.  Indessen  möchte  ich 
doch  einige  Erwägungen  nicht  unterdrücken, 
die  möglicherweise  zu  einer  anderen  Lösung 
des  Problemes  führen. 

Betrachtet  man  die  Zahlen,  die  der  oben 
an  erster  Stelle  behandelte  assyrische  Text 
für  Länge  und  Breite  der  Bettstelle  und  des 
Thrones  bietet,  ohne  Rücksicht  auf  ihre  Be- 
nennung, so  findet  man,  daß  beide  Male 
Länge  und  Breite  im  Verhältnis  2  :  i  stehen. 
Denn 

6|  :3^-2  :  I  und  3^  :  if=2  :  i. 


155 


Die  mäßige  Elle  und  die  königliche  Elle  Herodots. 


156 


Wir  kennen  aus  dem  orientalischen  Alter- 
tum die  Maße  zweier  Bettstellen,  allerdings 
außergewöhnlicher  Art,  nämlich  des  gött- 
lichen Ruhebetts  in  dem  Tempel  des  Bel- 
Marduk  inBabylon  i)  und  der  eisernen  Bett- 
stelle des  Königs  'ög  von  Bä§än  (5.  Mos. 
3,  11).  Beide  waren  9  Ellen  lang  und  4  Ellen 
breit.  Faßt  man  hier  »Ellen«  als  }jl.  it.,  und 
rechnet  man  die  9  p,.  tt.  nach  dem  von  Herodot 
gegebenen  Verhältnis  in  ß.  ir.  um,  so  erhält 
man  als  Länge  dieser  Bettstellen  8  »könig- 
liche Ellen«,  und  Länge  zu  Breite  steht 
wieder  im  Zahlenverhältnis  2  :  i.  Dürften 
wir  nun  in  dem  obigen  assyrischen  Text  einen 
Irrtum  des  Schreibers  annehmen  und  die 
ersten  beiden  Zeilen  lesen  »6§  Ellen  nach  der 
Elle  des  Königs  Länge  der  Bettstelle,  3^ 
Ellen  (nach  der  Elle)  *)  die  Breite«,  so  wäre 
eine  vollkommene  Übereinstimmung  er- 
reicht, und  diese  Deutung  würde  an  Wahr- 
scheinlichkeit gewinnen. 

6.  Zur  Bestimmung  der  effektiven  Größen 
antiker  Längenmaße  stehen  uns  zwei  Mittel 
zu  Gebote: 

1.  alte  Maßstäbe,  die  der  Zerstörung 
widerstanden  haben,  und 

2.  Bauwerke  oder  Reste  solcher,  deren 
Maße  aus  schriftlicher  oder  inschrift- 
licher Überlieferung  bekannt  sind  und 
die  noch  heute  eine  Nachmessung  ge- 
statten. 

Es  versteht  sich  von  selbst,  daß  an  der 
Überlieferung  selbst  die  überall  notwendige 
philologische  und  historische  Kritik  geübt 
werden  muß.  Auch  darf  man  nicht,  wenn 
z.  B.  die  Länge  einer  bestimmten  Mauer 
überliefert  ist,  eine  andere  Mauer  oder  eine 
solche,  über  deren  Identität  mit  der  in  der 
Überlieferung  gemeinten  Zweifel  bestehen 
müssen,  zur  Grundlage  der  Maßbestimmung 
wählen.  Was  die  erhaltenen  Maßstäbe  an- 
langt, so  muß  man  die  Gewißheit  haben, 
daß  das,  was  man  für  Maßstäbe  hält,  wirklich 
solche  sind,  und  wenn  ja,  daß  sie  dem 
System,  dem  man  sie  zuweisen  will,  auch 
in  der  Tat  angehören.  So  selbstverständlich 
diese 'Forderungen  auch  scheinen:  wir  werden 


^)  Vgl.  darüber  Orient.  Lit.-Ztg.  Jg.  17  (1914) 
S.  196.  Es  ist  vielleicht  die  von  Herodot  I  181  er- 
wähnte xXi'vT)  [itydXri  eu  ^aTpcujA^vT),  die  sich  aber  nach 
seiner  Angabe  an  einer  andern  Stelle  befunden  hätte. 

*)  Dieser  Zusatz  ist  natürlich  auch  zu  entbehren. 


unten  nachweisen,  daß  man  öfters  und  noch 
in  allerjüngster  Zeit  dagegen  verstoßen  hat 
und  so  zu  imaginären  Ergebnissen  gelangt  ist. 

Die  früher  von  Metrologen  vielfach  ange- 
wendete Methode,  aus  den  Maßen  alter  Bau- 
werke allein  die  vom  Baumeister  zugrunde 
gelegte  Längeneinheit  zu  berechnen,  sollte 
jetzt  endgültig  verlassen  werden.  D  ö  r  p f  e  1  d , 
der  ihr  früher  selbst  gehuldigt  und  sie  ver- 
feinert hatte,  hat  sich  später  das  Verdienst 
erworben,  sie  als  irreführend  zu  erweisen  ^), 
und  Pernice  (Ztschr.  f.  Numism.  XX  236, 
1896)  hat  ihm  mit  Recht  zugestimmt  2).  Eine 
andere  Methode,  die  ebenfalls  noch  vielfach 
angewendet  wird,  besteht  darin,  aus  den 
Hohlmaßen  und  Gewichten  die  Längenein- 
heiten zu  berechnen.  Sie  kann  nur  in  beson- 
ders günstigen  Fällen  zu  sicheren  Ergeb- 
nissen führen,  nämHch  dann,  wenn  es  durch 
alte  ÜberHeferung  feststeht,  daß  bestimmte 
Beziehungen  zwischen  den  verschiedenen 
Maßkategorien  beabsichtigt  waren  oder  tat- 
sächhch  bestanden.  Da  für  Babylonien, 
Assyrien  und  das  alte  Persien  derartige 
Nachrichten  bis  jetzt  vollständig  fehlen,  fällt 
auch  dieses  Mittel  für  uns  weg. 

7.  Die  von  Herodot  beschriebene  äußere 
Stadtmauer  von  Babylon  ist  noch  jetzt  teil- 
weise erhalten  und  von  der  Deutschen  Ex- 
pedition untersucht  worden  (vgl.  Koldewey, 
Das  wieder  erstehende  Babylon,  S.  i  ff., 
Leipzig  1913).  Da  scheint  die  Aufgabe,  die 
Längenmaßeinheiten  zu  berechnen,  äußerst 
einfach.  Nach  Herodot  maß  eine  Seite  des 
Mauervierecks  1 20  Stadien,  nach  Koldewey 
die  Nordostfront  4400  m,  folglich  wäre  i  Sta- 
dion 36I  m  lang  gewesen.  Daß  dieses  Er- 
gebnis unmöglich  richtig  sein  kann,  Hegt  auf 
der  Hand.  Wie  Herodot  auf  seine  falsche 
Angabe  gekommen  sein  mag,  läßt  sich  jetzt 
nicht  ermitteln;  genug,  daß  sie  falsch  ist.  Auf 
die  abweichenden,  aber  nicht  minder  falschen 
Angaben  andererGriechen  (vgl.  Baumstarks 
Artikel  Babylon  in  Pauly-Wissowas 
Realenzyklopädie  II  2689  ff.)  braucht  nicht 


')  Vgl-  ^'^  oben  in  §  2  angeführten  Arbeiten 
Dörpfelds. 

*)  Daß  man  bei  solchen  Bauwerken,  deren  Maß- 
verhältnisse sehr  einfach  und  durchsichtig  sind, 
die  zugrunde  liegende  Längeneinheit  wenigstens 
bis  zu  einem  gewissen  Wahrscheinlichkeits- 
grade ermitteln  kann,  soll  nicht  bestritten  werden. 


157 


Die  mäßige  Elle  und  die  königliche  Elle  Herodots. 


158 


weiter  eingegangen  zu  werden.  Bleiben  nun 
noch  Herodots  Angaben  über  Höhe  und 
Breite  der  Stadtmauer  (200  bzw.  50  könig- 
Hche  Ellen).  Die  Bauinschriften  Nebukad- 
nezars  lassen  uns  hier  im  Stich,  da  sie  die 
Mauer  nur  ganz  im  allgemeinen  als  »stark« 
und,  mit  einer  sehr  behebten  Übertreibung, 
»bergehoch«  bezeichnen.  Natürlich  läßt  sich 
auch  aus  dem  heutigen  Zustand  der  Ruinen 
über  die  einstige  Höhe  nichts  Gewisses  fol- 
gern. Um  so  genauer  sind  wir,  dank  der 
Beschreibung  Koldeweys,  über  die  Breite 
unterrichtet,  erleben  aber  auch  sofort  wieder 
eine  neue  Enttäuschung,  sobald  wir  Herodots 
Angaben  zum  Vergleich  heranziehen.  Müß- 
ten wir  aus  diesen  folgern,  daß  die  Stadt- 
mauer ein  einheitliches  Massiv  aus  Back- 
steinen bildete,  mit  Türmen  an  beiden  Rän- 
dern, daß  ein  Viergespann  zwischen  ihnen 
umlenken  konnte,  so  bietet  die  Wirklichkeit 
ein  recht  verschiedenes  Bild.  Hiernach  folgte 
hinter  dem  (noch  nicht  untersuchten)  Wall- 
graben zunächst  eine  Grabenmauer,  3,25  m 
breit,  aus  Backsteinen,  in  der  wir  Herodots 
(I  179)  T^c  TOt^pou  ta  -/zikea  wiedererken- 
nen dürfen.  Ihr  parallel  zieht  sich,  durch 
einen  geringen  Abstand  (ca.  |  m?)  von  ihr 
getrennt,  eine  7,81  m  starke  Backstein- 
mauer, und,  von  deren  Innenseite  durch 
einen  Zwischenraum  von  1 1,21  m  geschieden, 
eine  7,12  m  dicke  Mauer  aus  lufttrockenen 
Lehmziegeln.  Nur  diese  letztere  ist  mit 
Kavaliertürmen  besetzt,  die  beiderseits 
einige  Meter  vortreten.  Ob  auch  die  äußere, 
aus  Backsteinen  erbaute  Mauer  Türme  trug, 
läßt  sich  noch  nicht  entscheiden.  Der  Raum 
zwischen  beiden  Mauern  war  einst  mit  Erd- 
reich aufgefüllt.  Als  Gesamtstärke  dieser 
Befestigungsanlage,  ohne  Grabenmauer,  er- 
gibt sich  (7,81  +  11,21  +  7,12  =)  26,14  m, 
die  den  50  königlichen  Ellen  Herodots  gleich- 
gesetzt die  königliche  Elle  zu  0,523  m  be- 
stimmen würden.  Und  diese  Mauer  soll  200 
königliche  Ellen  oder  104,56  m  hoch  gewesen 
sein!  Kenner  der  statischen  Gesetze  mögen 
beurteilen,  ob  ein  solcher  Mauerkoloß  in  fast 
unmittelbarer  Nähe  eines  Wassergrabens,  der 
nur  durch  eine  verhältnismäßig  schwache 
Ufermauer  geschützt  war,  auch  nur  errichtet 
werden  konnte,  ohne  noch  während  des 
Baues  infolge  des  ungeheuren  seitlichen 
Druckes  in  den  Graben  zu  stürzen.    Ich  ver- 


mag mir  das  nicht  vorzustellen,  halte  viel- 
mehr auch  diese  Angabe  Herodots  für  stark 
übertrieben.  Obwohl  der  oben  aus  der 
Breite  der  Mauer  berechnete  Betrag  von 
0,523  m  den  von  Hultsch  und  von  Lep- 
sius  für  die  königliche  Elle  angenommenen 
Werten  ziemlich  nahe  kommt,  glaube  ich 
doch  nicht,  daß  Herodots  Angabe  der  Breite 
der  Stadtmauer  Babylons  absolut  genau  und 
zuverlässig  ist,  um  eine  Berechnung  auf 
Zentimeter  und  Millimeter  zu  gestatten. 
Wie  sehr  dieses  Mißtrauen  gerechtfertigt  ist, 
zeigen  eine  vierte  und  eine  fünfte  Maßangabe 
Herodots,  die  jetzt  erörtert  werden  sollen. 
8.  Herodot  beschreibt  I  181  das  Heiligtum 
des  Zeus  Belos  in  Babylon  8uo  otaSi'tov 
iravxTQ,  lov  TexpaYtovov.  Iv  [i=am  8e  tou  ipou 
TTupYO?  öTspso?  oixooofiTrjToi,  OTaSiou  xal  t6 
}iT,xo?  xal  t6  supo?  xxX.  Auch  diese  beiden 
Bauwerke  sind  jetzt  von  der  Deutschen  Ex- 
pedition untersucht  oder  wenigstens  »vor- 
untersucht«. Allerdings  meint  Herodot  mit 
dem  Atö?  ßr^Xou  tpov  nicht  den  eigentlichen 
Haupttempel  der  Stadt  (bab.  Esagila),  der 
weiter  südhch  lag,  sondern  den  Komplex,  in- 
nerhalb dessen  der  Stufenturm  Etemenanki 
stand,  der  aber  ebenfalls  ein  dem  Bei  (Marduk) 
geweihtes  Heiligtum  trug.  Der  Peribolos  von 
Etemenanki  bildet  nicht  eigentlich  ein  Vier- 
eck, sondern  ein  Fünfeck,  da  die  Westfront 
in  einem,  freilich  sehr  stumpfen,  Winkel  ge- 
brochen ist  (vgl.  den  Grundriß  bei  Kolde- 
wey  a.  a.  0.  S.  181).  Auch  will  es  nicht  viel 
besagen,  daß  die  Fronten  durchaus  nicht 
alle  gleich  lang  sind,  da  die  Unrichtigkeit  von 
Herodots  Längenangaben  ohnedies  auf  der 
Hand  liegt.  »Die  Ostseite  des  Peribolos«,  sagt 
Koldewey  a.  a.  0.  S.  192,  »die  der  Nord- 
j  Seite  fast  gleich  ist,  mißt  rund  409  m.  Hero- 
dot gibt  als  Maß  für  das  ganze  Heiligtum 
zwei  Stadien  im  Quadrat  an,  für  das  Quadrat 
der  Zikkurrat«  [d.  i.  des  Stufenturms]  »ein 
Stadium  Seitenlänge  ^),  die  Ruine  zeigt 
90  m.«  Hier  hätten  wir  also  ein  Stadion  von 
rund  204,5  r",  eii^  zweites  von  90  m;  mit  dem 
vorhin  aus  der  Länge  der  Stadtmauer  be- 
rechneten Stadion  von  36I  m  bilden  sie  eine 


I)  So  ist  Herodots  aTootou  xott  xo  [a^xo;  xai  t6 
EÜpos  wohl  auch  zu  deuten.  Hätte  er  etwa  damit 
sagen  wollen,  daß  Länge  +  Breite  i  Stadion  betrug,  so 
wäre  er  zwar  der  Wahrheit  nahe  gekommen,  aber 
deutlich  ausgedrückt  hätte  er  sich  nicht.  W. 


159 


Die  mäßige  Elle  und  die  königliche  Elle  Herodots. 


i6o 


Trias,  die  die  Unzuverlässigkeit  von  Hero- 
dots Maßangaben  im  hellsten  Lichte  zeigt. 

9,  Wir  wenden  uns  nun  zur  Betrachtung 
der  einheimischen,  babylonischen  Quellen- 
angaben. Seit  einigen  Jahrzehnten  sind  zwei 
Sitzbilder  des  Priesterfürsten  Gudea  von 
Laga§  in  Südbabylonien  (um  2600  v.  Chr.) 
bekannt,  deren  jedes  einen  Maßstab  einge- 
meißelt auf  seinem  steinernen  Schöße  trägt. 
Der  eine  ist  gut  erhalten  und  zeigt  16  abge- 
teilte Zoll,  von  denen  einige  durch  Quer- 
striche noch  in  kleinere  Teile  zerlegt  sind; 
der  zweite  war  ursprünglich  wohl  ebensolang, 
aber  nur  10  Zoll  sind  noch  erhalten.  Die 
Übereinstimmung  zwischen  beiden  ist  so 
groß,  daß  der  Gedanke,  es  könnten  vielleicht 
nur  Modelle  von  Maßstäben  sein,  die  die 
tatsächliche  Größe  des  Maßes  nicht  genau 
wiederzugeben  brauchten,  nicht  aufkommen 
kann.  Da  wir  zudem  wissen,  daß  die  Elle 
damals  allgemein  in  30  Zoll  eingeteilt  war, 
läßt  sich  der  effektive  Längenbetrag  der 
Gudea-Elle  leicht  berechnen.  Nach  den 
sorgfältigen  Messungen  Thureau-Dan- 
gins  (Journal  asiatique  X.  Serie  t.  13  p.  79, 
1909)  kommt  die  Gudea-Elle  auf  495,75  mm 
bis  495,94  mm.  Wie  lange  sie  sich  im  Ge- 
brauch erhalten  hat,  läßt  sich  gegenwärtig 
nicht  bestimmen. 

10.  Eine  zweite  Elle  ergibt  sich  aus  den 
Maßen  des  Stufenturmes  von  Babylon 
(Etemenanki),  jenes  Bauwerkes,  an  das  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  die  biblische  Sage 
vom  Turmbau  zu  Babel  anknüpft,  und  das 
wir  oben  (§  8)  bereits  nach  der  Beschreibung 
Herodots  betrachtet  hatten.  Über  das  Alter 
dieses  Baues  läßt  sich  zurzeit  nichts  Be- 
stimmtes sagen;  wahrscheinlich  ist  er  nicht 
viel  jünger  als  der  Tempel  Esagila,  der  zum 
erstenmal  unter  Dungi  König  von  Ur  (um 
2400)  erwähnt  wird  »).  Von  der  Verwüstung 
der  Stadt  Babylon  durch  König  Sanherib 
von  Assyrien  im  Jahre  689  war  auch  der 
Stufenturm  betroffen  worden.  Doch  war 
seine  Zerstörung  nicht  so  vollkommen  ge- 
wesen, daß  sie  auch  die  Fundamente  völlig 
unkenntlich  gemacht  hätte.  Denn  als  San- 
heribs   Sohn  Assarhaddon  sich   anschickte, 


*)  Scheil  &  Dieulafoy,  Esagil  ou  le  temple 
de  Bel-Marduk  ä  Babylone  p-  5  (=  M^moires  de 
TAcad^mie  des  inscriptions  et  belles-lettres  t.  39 
p.  293).     Paris  1913. 


den  Stufenturm  wiederherzustellen,  baute  er 
ihn,  wie  er  selbst  versichert   (Meißner    u. 
Rost     Beiträge    zur    Assyriologie     HI  251 
Z.  28  fif.),  wieder  an  seiner  früheren  Stelle. 
Diese  Worte  sind  wichtig.   Assarhaddon  gibt 
uns  nämlich  zugleich  ein  Maß  der  Länge  und 
der   Breite  des  Turmes  an,   und  zwar  aslu 
suban.   Wir  wissen,  daß  das  aslu  10  Doppel - 
ruten,   das  suban   5   Doppelruten   umfaßte. 
Der  Turm  war  also  15  Doppelruten  lang  und 
ebenso  breit.     Nun  wurde  die  babylonische 
Doppelrute  in  alter  Zeit  in  12,  später  (aber 
schon  vor  Assarhaddon)  in  14  Ellen  einge- 
teilt.    Ob  die  Änderung  der  Einteilung  zu- 
gleich eine  Änderung  der  Größe  der  Längen- 
einheiten mit  sich  brachte  oder  nicht,  kann 
noch  nicht  entschieden  werden;  wahrschein- 
lich ist  das  erstere.    Wenn  wir  aber  nachher 
aus  einer  andern  Quelle  erfahren,  daß  Länge 
und  Breite  des  Stufenturmes  auf  180  suklum- 
Ellen  bemessen  wurden,  so  ist  es  gewiß,  daß 
Assarhaddon  sich  in  diesem  Falle  der  alten 
Maße     bedient    hat;     denn     15  •  12  =  180. 
Sein  Beweggrund,  diese  zu  seiner  Zeit  ob- 
solet gewordenen  Maße  hier  ausnahmsweise 
anzuwenden,    ist  unschwer  zu   erraten:   er- 
neuerte er  den  Bau  genau  an  seiner  alten 
Stelle,  so  lag  es  auch  nahe,  seine  altüber- 
lieferten Maße  beizubehalten.     Daß  Assar- 
haddon noch  selbst  die  Vollendung  seines 
Werkes  erlebt  habe,  ist  nicht  wahrscheinlich, 
sicher  aber,  daß  auch  sein  Sohn  Asur-ban- 
apli  (669  bis  mindestens  642)  an  Etemenanki 
gebaut  hat.     Annehmen  dürfen  wir  weiter, 
daß    der    Stufenturm    bei    der    Erstürmung 
Babylons  im  Jahre  648  stark  gelitten  hat. 
Gewiß  ist,  daß  Nabopolassar  (626 — 605),  der 
Gründer  des  neubabylonischen  Reichs,   das 
alte    Wahrzeichen    der    Stadt    wieder    von 
Grund  auf  zu  erneuern  begonnen  hat.    Seine 
Bauurkunde    enthält    ebenfalls    eine    Maß- 
angabe (Langdon  a.a.O.  S.  62  f.  Kol.  H 
Z.   26  f.):    »a-ba  as-lam  maß   ich  mit  dem 
Meßrohr   die   Dimensionen«.      Wir  glauben 
nicht  fehl  zu  gehen,  wenn  wir  das  noch  un- 
erklärte Wort  a-ba  als  »anderthalb«  deuten. 
Es  ist  sehr  wahrscheinlich,  daß  auch  Nabo- 
polassar sich  an  die  alte  Überlieferung  hielt; 
nach  dieser  waren  aber  die  Dimensionen  des 
Stufenturmes  in  der  Tat  i^  aslu  =  15  Dop- 
pelruten =  180    Ellen.       Als    Nabopalassar  • 
starb,  war  der  Bau  nur  bis  zur  Höhe  von 


i6i 


Die  mäßige  Elle  und  die  königliche  Elle  Herodots. 


162 


30  Ellen  gediehen;  seinem  großen  Sohne 
Nebukadnezar  II.  (605 — 562)  blieb  es  vor- 
behalten, ihn  in  ganzer  Pracht  zu  voll- 
enden. 

II.  Im  Laufe  der  folgenden  Jahrtausende 
verschwand  das  stolze  Bauwerk  vom  Erd- 
boden, seine  Stelle  war  völlig  in  Vergessen- 
heit geraten.  Die  europäischen  Reisenden 
des  16.  und  17.  Jahrh.  glaubten,  in  der 
Ruine  'Agargüf  westlich  von  Bagdad  den 
Turm  von  Babylon  wiederzuerkennen.  Car- 
sten Niebuhr  (1765)  lenkte  die  Aufmerk- 
samkeit auf  das  hohe  Schuttmassiv  Birs, 
südwestlich  von  Hille,  das  dann  lange  für 
den  Turm  von  Babel  gehalten  worden  ist. 
Und  doch  konnte  der  Turm  von  Babel  nur 
innerhalb  der  Stadtruinen,  die  schon  1616 
Pietro  della  Valle  richtig  bestimmt 
hatte,  gestanden  haben.  Wie  viele  Reisende 
mögen  achtlos  über  den  Platz  geschritten 
sein,  ohne  zu  ahnen,  daß  die  Fundamente  des 
berühmten  Bauwerks  fast  unmittelbar  unter 
ihren  Füßen  lagen!  Etwa  30  Jahre  ma|  es 
her  sein,  daß  Araber  der  umhegenden  Dörfer 
auf  das  im  Erdboden  steckende  Ziegelwerk 
aufmerksam  wurden  und  dieses  von  ihnen 
sehr  geschätzte  Material  auszugraben  be- 
gannen. Sie  verfuhren  dabei  mit  solcher 
Emsigkeit,  daß  sie  nicht  eher  ruhten,  bis  der 
letzte  Backstein  geborgen  war  oder  das  ein- 
dringende Grundwasser  ihrem  Fleiße  ein 
Ziel  setzte.  So  entstand  die  seltsamste 
Ruine,  die  der  Boden  Babyloniens  und  As- 
syriens aufweist:  in  der  Mitte  ein  starker, 
mehrere  Meter  hoher  Klotz  aus  lufttrockenen 
Ziegeln,  die  für  niemanden  Wert  besitzen, 
rahmenartig  umgeben  von  einem  breiten, 
tiefen  Graben,  dessen  Boden  1899,  als  die 
Deutsche  Expedition  ihre  Erforschung  des 
alten  Stadtgebietes  von  Babylon  begann, 
zum  großen  Teil  mit  Wasser  von  wechselnder 
Tiefe  bedeckt  war.  An  der  Südseite  befindet 
sich,  ungefähr  in  der  Mitte,  eine  Ausbuchtung 
in  Gestalt  eines  Rechtecks.  Es  ist  das  Ver- 
dienst Meißners,  zuerst  (1901)  daraufhin- 
gewiesen zu  haben,  daß  in  dieser  Ruine,  die 
ihrer  Gestalt  wegen  von  den  Arabern  Sähan 
(»Pfanne«)  genannt  wird,  vermutlich  die 
letzten  Reste  des  Turmes  von  Babylon  zu 
erkennen  seien.  Im  Laufe  der  Jahre  hat 
sich  die  Richtigkeit  dieser  Anschauung 
allmählich  durchgesetzt  und  ist  jetzt   sogar 


von   der   Leitung  der  Ausgrabungen    aner- 
kannt i). 

Aus  den  Keilinschriften,  besonders  Ne- 
bukadnezars  IL,  kannte  man  schon  seit 
Jahrzehnten  den  Namen  des  Stufenturmes 
von  Babylon:  Etemenanki  (»Haus  des 
Grundsteins  von  Himmel  und  Erde«).  Im 
Frühjahr  1876  gab  der  englische  Assyriolog 
George  Smith  Mitteilungen  aus  einer 
Keilschrifttafel,  die  nichts  Geringeres  ent- 
hielt als  eine  Beschreibung  und  Vermessung 
des  Tempels  Esagila  in  Babylon  und  des 
Stufenturmes  Etemenanki.  Leider  starb 
Smith,  ehe  er  Gelegenheit  genommen  hatte, 
die  Tafel  im  Original  zu  veröffentlichen,  oder 
auch  nur  ihren  Aufbewahrungsort  zu  nennen. 
Sie  schien  verschollen  zu  sein.  Indessen  ge- 
nügten doch  Smiths  Angaben  soweit,  daß 
man  versuchen  konnte,  den  Aufriß  von  Ete- 
menanki schematisch  in  den  Verhältnissen 
des  Bauwerks  darzustellen.  Nach  36  Jahren 
ist  Smiths  Tontafel  wieder  zum  Vorschein 
gekommen;  sie  befand  sich  in  Paris  im 
Privatbesitz  und  ist  von  ihrer  letzten  Eigen- 
tümerin den  nationalen  Sammlungen  des 
Louvre-Museums  überwiesen  worden.  Der 
französische  Assyriolog  Seh  eil  hat  sie  seit- 
dem der  gelehrten  Welt  zugänghch  gemacht; 
dessen  philologischem  und  historischem  Kom- 
mentar hat  Dieulafoy,  der  berühmte  Er- 
forscher der  altpersischen  Kunst,  eine  aus- 
führliche Erörterung  der  mathematischen 
und  metrologischen  Fragen  beigefügt  *). 
Dieses  hochwichtige  Dokument  ist  eine  erst 
in  seleukidischer  Zeit  (229  v.  Chr.)  genom- 
mene Abschrift;  das  Alter  des  Originals 
können  wir  gegenwärtig  nicht  bestimmen. 
Auf  jeden  Fall  bietet  die  Tafel  die  Dimen- 
sionen der  beiden  Bauwerke  in  alt  babyloni- 
schen Längen-  und  Flächeneinheiten;  sie 
bestimmt  Länge,  Breite  und  Höhe  des 
Stufenturmes  auf  15  Doppelruten,  außerdem 
die  Länge  und  Breite  der  Grundgrube,  auf 
deren  Sohle  die  unterste  Stufe  des  Turmes 
lagerte,  auf  180  suklum-'EWQn,  womit  wahr- 
scheinlich   altbabylonische     Ellen    gemeint 

')  Vgl.  meine  Feststellungen  Deutsche  Lit.-Ztg. 
1914  S.  1192. 

*)  Vgl.  meine  Besprechung  der  Schrift  von 
Scheil  &  Dieulafoy  Deutsche  Lit.-Ztg.  1914 
S.  1191  f.  und  meinen  Artikel  Zu  den  Maßen  des 
Tempels  Esagila  und  des  babylonischen  Turmes 
Orient.  Lit.-Ztg.  1914  S.  193  ff. 


i63 


Die  mäßige  Elle  und  die  königliche  Elle  Herodots. 


164 


sind.  Auch  hieraus  ergibt  sich  die  Überein- 
stimmung mit  den  oben  (§  lO)  besprochenen 
Maßangaben  Assarhaddons  und  Nabopolas- 
sars.  Das  Fundament  Nabopolassars  ist  noch 
gegenwärtig  erhalten  und  an  der  Ruine  meß- 
bar. Koldeweys  Angabe  (90  m)  ist  an- 
nähernd richtig;  aber  die  im  Jahre  1913 
vorgenommene  Nachmessung  hat  für  die 
Länge  der  Nordfront  91  m,  für  die  der  Ost- 
front etwa  92  m  ergeben.  Danach  stand  die 
altbabylonische  Doppelrute  zwischen  6,067  m 
und  6,133  m,  die  dazu  gehörige  Elle  zwischen 
0,506  m  und  0,511  m.  Beide  Grenzwerte,  die 
bei  noch  genauerer  Nachmessung  voraus- 
sichtlich einander  näherrücken  werden,  wei- 
chen von  der  Gudea-Elle  (knapp  0,496  m) 
merklich  ab,  stellen  also  wohl  eine  von  dieser 
verschiedene  Norm  dar.  Sind  wir  nun  be- 
rechtigt, diese  Elle  von  mindestens  0,506  m 
und  höchstens  0,511  m  für  die  »königliche 
Elle«  Herodots  zu  halten }  Ich  glaube,  auch 
diese  Frage  verneinen  zu  müssen.  Wie 
wiederholt  hervorgehoben,  gehörte  diese  Elle 
einer  Skala  an,  die  zu  Nebukadnezars  Zeit 
nicht  mehr  im  allgemeinen  Gebrauch  war. 
Die  Einteilung  der  Doppelrute  in  12  Ellen, 
der  Elle  in  30  Zoll  hatte  längst  einer  andern 
Einteilung  (i  Doppelrute  =  14  Ellen,  i  Elle 
=  24  Zoll)  Platz  gemacht,  und  daß  bei  dieser 
Umgestaltung  der  Skala  die  effektive  Länge 
der  Elleneinheit  ungeändert  geblieben  sein 
soll,  ist,  wie  schon  betont,  nicht  von  vorn- 
herein anzunehmen. 

12.  In  den  zahlreichen  bis  jetzt  bekannten 
Inschriften  Nebukadnezars  wird  die  »Elle 
des  Königs«  nie  erwähnt.  Das  erklärt  sich 
wohl  am  einfachsten  dadurch,  daß  die  Elle, 
deren  sich  der  König  Nebukadnezar  be- 
diente, eben  die  »Elle  des  Königs«,  der  ßaoi- 
Xt^io?  'Kri'/iii;  war.  Überhaupt  sind  genaue 
Maßangaben  in  seinen  Inschriften  verhältnis- 
mäßig spärhch  enthalten  und  noch  weniger 
metrologisch  verwertbare.  Aber  eine  dieser 
Angaben  scheint  mir  schon  jetzt  besondere 
Beachtung  zu  verdienen.  In  seiner  Bau- 
urkunde  des  Tempels  Eljarsagila  in  Babylon 
erwähnt  der  König  Backsteine  von  16  Zoll 
(Länge  und  Breite;  vgl.  Langdon  a.  a.  O. 
S.  76  f.  Z  23  f.  und  31  f.),  die  er  beim  Funda- 
ment dieses  Tempels  verwendete.  16  Zoll 
sind  nach  der  neuen  Einteilung  der  Elle  = 
|-  Elle.    Wäre  nun  die  Stätte  dieses  Tempels 


bereits  wieder  gefunden,  was  leider  nicht  der 
Fall  ist,  so  könnte  man  die  Elle  Nebukad- 
nezars durch  Nachmessung  der  Fundament - 
ziegel  unmittelbar  bestimmen.  Nun  ist 
jedoch  die  Angabe  Nebukadnezars  keines- 
wegs so  zu  verstehen,  als  hätte  er  i6zöllige 
Ziegel  nur  an  jener  Stelle  und  nirgends  anders 
verwendet.  Überblickt  man  die  vielen  Tau- 
sende  von  wohlerhaltenen  Ziegeln  und  größe- 
ren Pflasterplatten  Nebukadnezars,  so  findet 
man,  daß  sie  meist  sehr  regelmäßig  gear- 
beitet sind.  Ihre  großen  Flächen  bilden 
gewöhnlich  Quadrate.  Weder  die  Ziegel  noch 
die  Platten  sind  nach  je  einer  und  derselben 
Form  gemacht;  vielmehr  finden  sich  kleine 
Unterschiede  in  den  Maßen  der  Seiten.  Aber 
fast  immer  sind  neben  den  Ziegeln  noch 
Platten  nachweisbar,  deren  große  Seiten  zu 
denen  der  Ziegel  im  Verhältnis  3  :  2  stehen. 
So  liegt  der  Gedanke  in  der  Tat  nahe,  daß 
die  großen  Seiten  der  Platten  nach  der  Elle, 
die  der  entsprechenden  Ziegel  nach  ^  Elle 
normiert  sind.  Die  meisten  Backsteine  Ne- 
bukadnezars sind  ungefähr  33  cm  lang  und 
breit;  ihnen  entsprechen  Backsteinplatten, 
die  fast  genau  ^  m  im  Geviert  messen  ^). 
Danach  ist  es  wenigstens  wahrscheinlich 
—  mehr  darf  man  vorsichtigerweise  nicht 
behaupten  — ,  daß  die  »Elle  des  Königs  Ne- 
bukadnezar« ungefähr  0,5  m  lang  und  daß 
diese  zugleich  die  »königliche  Elle«  Herodots 
war.  Seine  »mäßige  Elle«  aber  würde  sich, 
wenn  der  für  die  »königliche  Elle«  ange- 
nommene Wert  sich  als  richtig  erweist,  auf 
0,444  m  stellen. 

13.  So  sind  wir  mit  unseren  Betrachtun- 
gen zu  dem  Ergebnis  gelangt,  das  1883 
Dörpfeld  erreicht  und  einige  Jahre  später 
wieder  verworfen  hatte.  Ein  seltsames  Spiel 
des  Zufalls,  aber  auch  nicht  mehr  als  dieses! 
Denn  der  Weg,  den  einst  Dörpfeld  gegan- 
gen war,  ist  dem  meinigen  genau  entgegen- 
gesetzt. Dörpfeld  glaubte,  einen  griechi- 
schen Fuß  von  0,296  m  erwiesen  zu  haben, 
hielt  diesen  für  ^  der  »mäßigen  Elle«  und 
berechnete  sie  danach  auf  (0,296-^=) 
0,444  m,  woraus  sich  dann  seine  »königliche 


I)  Vgl.  Thureau -Dangin  a.  a.  O.  p.  80  note  2; 
p.  82  note  2.  —  Koldewey  a.  a.  O.  S.  3:  »die  in 
Babylon  so  außerordentlich  häufigen  Ziegel,  welche 
33  cm  im  Quadrat  messen,  und  den  üblichen  Stempel 
Nebukadnezars  tragen«. 


165 


Ein  neues  Denkmal  aus  Thrakien. 


166 


Elle«  nach  der  Formel  ß  =  -|  ja  als  0,499  ^n 
oder  rund  0,500  m  ergab.  Später  berechnete 
er  den  attischen  Fuß  auf  0,328  m,  betrachtete 
die  »mäßige  Elle«  als  das  Anderthalbfache 
dieses  Fußes,  wodurch  er  den  Wert  {i  = 
0,492  m  und  daraus  wieder  ß  =  0,554  m 
gewann.  Zugleich  gab  Dörpfeld  ^)  aber 
auch  einen  besonderen  Grund  an,  der  gegen 
seinen  bisherigen  Ansatz  der  »mäßigen  Elle« 
sprechen  sollte.  Er  ging  von  der  Anschauung 
aus,  daß  der  fjLSTpio?  it^j^us  offenbar  diejenige 
Elle  sei,  nach  der  Herodot  gewöhnlich  zu 
messen  pflegte.  Weiter  wies  er  darauf  hin, 
daß  die  von  Herodot  I  60  erwähnte  Phye, 
die  bei  der  Rückkehr  des  Peisistratos  die 
Rolle  der  athenischen  Stadtgöttin  gespielt 
haben  soll,  eine  durch  ihre  Größe  auffallende 
Erscheinung  gewesen  sein  muß.  Herodot 
gibt  als  ihre  Größe  4  Ellen  weniger  3  Zoll  an. 
Rechnet  man  die  Elle  zu  0,444  rn,  so  wäre 
Phye  nur  1,72  m  groß  gewesen  und  nicht 
besonders  aufgefallen.  Nimmt  man  aber  die 
Elle  zu  0,492  m,  so  ergebe  sich  als  Länge  der 
Phye  1,91  m.  Ich  glaube  zwar  auch,  daß 
dieses  hochgewachsene  Mädchen  ungefähr 
so  groß  (genauer  1,897  ^)  gewesen  ist,  halte 
aber  den  Schluß,  daß  Herodot  die  Angabe 
ihrer  Länge  in  »mäßigen  Ellen«  gemeint 
habe,  nicht  für  zwingend.  Die  schöne  Phye 
war  zwar  eine  falsche  Athene,  aber  eine  echte 
Atthis,  die  beanspruchen  durfte,  nach  atti- 
scher Elle  gemessen  zu  werden.  Diese  atti- 
sche Elle  war  jedoch  keine  andere  als  die, 
welche  Dörpfeld  richtig  aus  seinem  neuen 
attisch -äginäischen  Fuß  berechnet  hat,  aber 
irrtümlich  für  die  »mäßige  Elle«  Herodots 
hält.  Schließhch  sei  noch  erwähnt,  daß  der 
persische  Riese  Artachaies,  der  nach  Herodot 
Vnii7  5  königliche  Ellen  weniger  4  Zoll 
hoch  war,  nach  unserem  Ansatz  der  »könig- 
lichen Elle«  eine  Länge  von  2,42  m  erreicht 
hätte. 

14.  Ich  betone  nochmals,  daß  ich  selbst 
meine  Beweisführung  nicht  für  abschließend 
halte.  Ein  wichtiges  Glied  fehlt  noch;  seine 
Beschaffung  ist,  soweit  man  die  Lage  gegen- 
wärtig überbHcken  kann,  nur  von  der  Wieder- 
auffindung des  Tempels  Eljarsagila  in  Baby- 
lon zu  erhoffen.     Solange  diese  noch  nicht 


')  Ath.  Mitt.  XV  176,  i{ 


geglückt  ist,  darf  es  nur  als  wahrschein- 
lich gelten,  daß  die  Elle  des  Königs  Ne- 
bukadnezar,  die  wir  mit  Herodots  »könig- 
licher Elle«  gleichsetzen  müssen,  ungefähr 
^  m  nach  unserem  Maße  lang  waj. 

Im  Hinblick  auf  die  letzten  Ausführungen 
Lehmann-Haupts  (s.  oben  §  2)  sehe  ich 
mich  aber  veranlaßt,  schon  jetzt  folgende 
Sätze  aufzustellen: 

1.  Eine  »mäßige  Elle«  von  rund  495  mm 
und  eine  »königliche«  babylonische  Elle  von 
555  mm  sind  durch  nichts  erwiesen. 

2.  Die  von  Koldewey  (a.  a.  O.  S.  171) 
gewonnenen  Werte  für  die  Nebukadnezar- 
Elle  (0,533  ni  und  0,544  m)  beruhen  auf  An- 
gaben in  den  Inschriften  Nebukadnezars,  die 
noch  nicht  völlig  verständlich  und  aller 
Wahrscheinlichkeit  nach  mißverstanden  sind. 

3.  Dieulafoys  Ansätze  der  babyloni- 
schen und  altpersischen  Längenmaße  grün- 
den sich  teils  auf  Ziegeln,  deren  keilschrift- 
liche Maße  unbekannt  sind,  teils  auf  einen 
vermeintlichen  steinernen  Maßstab,  der  nie 
ein  Maßstab  gewesen  ist.  Seine  Berechnun- 
gen der  Maße  des  Tempels  Esagila  und  des 
Stufenturmes  Etemenanki  werden  durch  den 
Befund  der  Ruinen  nicht  bestätigt,  sondern 
im  Gegenteil  widerlegt. 

Leipzig-Gautzsch.      F.  H.  Weißbach. 


EIN  NEUES  DENKMAL  AUS 
THRAKIEN. 

Im  Nationalmuseum  zu  Sofia  wird  ein  in 
religionsgeschichtlicher  Beziehung  interes- 
santes Denkmal  aufbewahrt,  das,  obwohl 
seit  längerer  Zeit  aufgetaucht,  bis  jetzt  der 
Wissenschaft  unzugänglich  geblieben  ist. 
Wir  wollen  es  hier  veröffentlichen  und,  so- 
weit die  uns  zur  Verfügung  stehenden  Hilfs- 
mittel erlauben,  zu  erklären  versuchen. 

Obere  Hälfte  einer  vierseitigen  Ära  aus 
Kalkstein,  mit  einfachem  Ablauf,  dessen 
rechte  Seite  abgebrochen  ist,  jetzt  hoch 
0,64  m;  der  Ablauf  breit  0,39  m,  dick  0,60  m; 
Breite  und  Dicke  des  Schaftes  0,415  m. 
Auf  der  oberen  Leiste  links  einfaches  Akroter 
und  in  der  Mitte  eine  dreizeilige  Inschrift; 
gefunden  im  Jahre  1906  in  Kara-Orman 
(Bezirk  von  Tschirpan,  Südbulgarien). 


i6y 


Ein  neues  Denkmal  aus  Thrakien. 


i68 


Alle  vier  Seiten  des  Schaftes  sind  mit 
Reliefs  versehen,  die  ziemlich  verwittert  und 
nur  teilweise  erhalten  sind.     Wir  beginnen 


der  Oberkörper  einer  weiblichen  Figur,  in 
Vorderansicht,  stehend,  bekleidet  mit  ge- 
gürtetem Ärmelchiton  und  Chlamys,  die  von 


Abb.  I.     Das  Vorderrelief  des  Altars  von  Kara-Orman. 


Abb.  2.     Das  Relief  der  rechten  Seite  des  Altars  von  Kara-Orman. 


ihre     Beschreibung     mit     dem     Relief     der 
vorderen,  die  Inschrift  tragenden  Seite. 
A.  Auf  diesem  Relief  ist  dargestellt:  links 


der  Hnken  Schulter  herabfällt,  mit  dichtem 
Lockenhaar  und  hohem  Kalathos  auf  dem 
Kopf;  ihr  rechter  Arm  ist  nach  unten  aus- 


i6g 


Ein  neues  Denkmal  aus  Thrakien. 


170 


gestreckt,  als  ob  er  einen  Gegenstand  hält; 
mit  dem  linken  Arm  hält  sie   ein  an  ihren 


stämmigen  Baum,  auf  dem  ein  Knabe  mit 
übergeschlagenem    rechten    Bein,    mit    der 


-jsu^^^mif^iiL 


Abb.  3.     Das  Relief  der  linken  Seite  des  Altars  von  Kara-Orman. 


Abb.  4.     Das  Relief  der  hinteren  Seite  des  Altars  von  Kara-Orman. 


Körper  angelehntes  Füllhorn.     Rechts  von 
dieser  Figur  sieht  man  einen  großen,  dick- 


rechten  Hand  sich  an  einem  Ast  stützend, 
aufrecht  steht.    Rechts  vom  Baum  eine,  wie 


171 


Ein  neues  Denkmal  aus  Thrakien. 


172 


es  scheint,  bekleidete  Figur,  von  der  nur 
der  ganz  verwitterte  Kopf,  der  nach  unten 
ausgestreckte  rechte  Arm  und  ein  Teil  der 
Brust  erhalten  sind  (Abb.   i). 

Fragen  wir  nach  der  Bedeutung  der  be- 
schriebenen Figuren,  so  erinnert  uns  die 
Figur  zur  Linken  an  die  Göttin  mit  Füllhorn 
und  Kalathos,  die  sehr  oft  auf  den  Münzen 
der  thrakischen  Städte  aus  römischer  Zeit 
erscheint.  Dieser  Typus  begegnet  in  Dio- 
nysopolis,  Markianopolis,  Nikopolis,  Tomi, 
Anchialos,  Deultum,  Hadrianopolis,Maroneia, 


Es  ist  wohl  dieselbe  Göttin,  die  auch  auf 
einem  kleinen,  aus  Nikopolis  ad  Istrum 
stammenden  Relief  erscheint'):  die  Göttin 
ist  in  derselben  Bekleidung  und  Stellung 
wie  im  Relief  von  Kara-Orman  dargestellt; 
in  dem  ausgestreckten  rechten  Arm  hält  sie 
eine  Schale  über  einem  Altar,  der  schwach 
sichtbar  ist,  im  linken  ein  Füllhorn;  links 
und  rechts  ist  das  ReHeffeld  von  zwei  un- 
deutlichen Gegenständen  (vielleicht  Bäu- 
men.?) flankiert,  über  denen  eine  Reihe  von 
10  kleinen   Kreisen   läuft.      Ob   unter  dem 


Abb.  5.     Die  Inschrift  des  Ahars  von  Kara-Orman. 


Mesembria,  Odessos,  Pautalia,  Perinthos, 
Philippopolis,  Serdica,  Augusta  Traiana, 
Coela  ^)  und  wird  gewöhnlich  als  Concordia 
oder  Fortuna  beschrieben;  aber  Rostow- 
zew »),  der  die  weite  Verbreitung  des  Typus 
und  den  Umstand,  daß  der  Kalathos  haupt- 
sächlich die  chthonischen  Gottheiten  charak- 
terisiert, in  Betracht  zieht,  deutet  mit  Recht 
diese  Göttin  als  das  weibliche  Korrelat  des 
großen  chthonischen  Gottes,  der  unter  ver- 
schiedenen Namen  verehrt  worden  ist  und 
gerade  in  Thrakien  sehr  populär  gewesen  ist. 


')  Vgl.  Rostowzew,  Die  Malerei  des  im  Jahre  1891 
in  Kertsch  entdeckten  Grabes,  Sbornik,  zu  Ehren 
Bobrinskys  (russ.)  S.  17  des  Sonderabdruckes. 

*)  a.  a.  O.  S.  17;  die  ant.  dekorative  Malerei  in 
Sudrußland  I    192  (russ.). 


Piedestal  der  Göttin  noch  etwas  dargestellt 
ist,  läßt  sich  nicht  sagen  (Abb.  6). 

Nach  dieser  Analogie  dürfen  wir  an- 
nehmen, daß  die  Göttin  auch  im  Relief  von 
Kara-Orman  eine  Schale  über  einem  Altar 
mit  dem  rechten  Arm  gehalten  hat. 

Der  Baum  rechts  von  der  Göttin  ist  so 
schematisch  ausgeführt,  daß  keine  Bestim- 
mung möglich  ist.  Auch  das  Bild  rechts  vom 
Baum  ist  so  wenig  erhalten  und  so  beschä- 
digt, daß  eine  sichere  Erklärung  desselben 
nicht  zu  erwarten  ist.  Aus  der  Inschrift  des 
Altars  ist  ersichtlich,  daß  in  Kara-Orman 
ein  mystischer,  wahrscheinlich  dem  Dionysos 

')  Das  Relief  aus  Mergel,  von  unregelmäßiger 
Form,  sehr  verwischt,  ist  60  mm  hoch,  50  mm  breit, 
IG  mm  dick;  vgl.  Seure,  Rev.  arch.  1908,  II,  74  Nr.  3. 


173 


Ein  neues  Denkmal  aus  Thrakien. 


174 


gewidmeter  Verein  existiert  hat;  dieser  Gott 
dürfte  also  auf  den  Reliefs  unseres  Denk- 
mals nicht  fehlen:  und  tatsächlich  erinnert 
das  in  Frage  kommende  Bild  an  den  mit 
Chiton  bekleideten  Dionysostypus,  der  aus 
mehreren  in  Bulgarien  gefundenen  Reliefs 
bekannt  ist  ^).  Wenn  diese  Erklärung  das 
Richtige  trifft,  werden  wir  vielleicht  auch 
den  Baum  als  einen  Weinstock  und  den 
Knaben  darauf  als  einen  kleinen  Satyr 
deuten  dürfen,  wie  auf  dem  bekannten 
dionysischen  Relief  aus  Melnik^). 

B.  Auf  dem  Relief  der  rechten  Seite  des 
Altars  sehen  wir  links  eine  aufrecht  stehende 
weibliche  Figur.  Der  Unterkörper  ist  abge- 
brochen, der  dicht  behaarte  Kopf  ein  wenig 
nach  links  gewendet;  bekleidet  ist  sie  mit 
gegürtetem  Chiton  und  Chlamys,  die  von 
der  linken  Schulter  herabfällt;  der  rechte 
Arm  ist  nach  unten  ausgestreckt.  Wie 
diese  Figur  zu  erklären  ist,  bleibt  unklar. 
Rechts  von  ihr  ist  die  dreileibige  Hekate 
dargestellt,  die  drei  Köpfe  nach  vorn  ge- 
wendet, auf  jedem  Kopf  ein  hoher  Kalathos; 
der  vordere  Leib  ist  mit  gegürtetem  Chiton 
bekleidet  und  hält  mit  beiden  Armen  einen 
länglichen  Gegenstand  (eine  Lanze  oder 
Elle.?);  der  Hnke  Leib  hält  mit  den  ausge- 
streckten Armen  eine  Fackel  ( ? ) ;  der  rechte 
Leib  ist  beschädigt,  auch  ist  der  Stein  an 
dieser  Seite  abgebrochen    (Abb.   2). 

C.  Auf  dem  Relief  der  linken  Seite  sind 
dargestellt  drei  weibliche,  in  Vorderansicht 
stehende  Figuren.  Die  Figur  rechts  ist  mit 
Chlamys  bekleidet,  die  nur  die  Hnke  Schulter 
und  die  Hälfte  der  Brust  bedeckt.  Der  Kopf 
hat  dicht  gewelltes  Haar,  das  auf  dem 
Scheitel  in  einen  Knoten  zusammengebun- 
den ist;  mit  dem  rechten  Arm  hält  sie  über 
ihrem  Kopf  ein  Hörn.  Die  Figur  in  der  Mitte 
hat  dieselbe  Haartracht  und  Bekleidung: 
mit  dem  nach  unten  ausgestreckten  Arm 
hat  sie  einen  Gegenstand  gehalten  (jetzt  ab- 


I)  S.  dieselben  bei  Rostowzew,  Das  Heiligtum 
der  thrak.  Götter  in  Ai-todor,  Izwestija  der  Kaiserl. 
arch.  Kommiss.  Heft  40,  S.  24  des  Sonderabdr., 
Nr.  3,  4,  6  (russ.). 

»)  Perdrizet,  Rev.  arch.  1904  I  19  ff.;  Cultes  et 
mythes  du  Pangee  21;  Rostowzew,  Das  Heiligtum 
der  thrak.  Götter  in  Ai-todor,  a.  a.  O.  26;  vgl.  auch 
den  Baum  auf  dem  Dionysosrelief  bei  Tocilesco, 
Fouilles  en  Roumanie  221,  zitiert  bei  S.  Reinach, 
Rupert,  des  reliefs  H  158,  Nr.  9. 


gebrochen) ;  der  linke  Arm  scheint  hinter  den 
Falten  des  herabfallenden  Mantels  versteckt 
zu  sein.  Die  dritte  Figur  links  gleicht  in 
Gewandung  und  Haartracht  den  andern; 
vielleicht  ist  ihre  linke,  vom  Kleide  ver- 
deckte Hand  auf  die  Schulter  der  mittleren 
Figur  angelehnt  (Abb.  3). 

Hier  haben  wir  zweifelsohne  die  drei 
Nymphen  vor  uns,  deren  lebhafte  Verehrung 
in  Thrakien  durch  zahlreiche  Denkmäler  be- 
zeugt ist ').  Dieselbe  Haartracht  zeigen  z.  B. 
die   Nymphen   in  einigen   Reliefs   aus   dem 


Abb.  6.     Relief  von  Nikopolis  ad  Istrum. 

Heiligtum  bei  Saladinovo  2) ;  in  dem  hier 
abgebildeten  (Abb.  7)  Rehef  3)  von  dem- 
selben Ort  hält  die  Nymphe  rechts  mit  dem 
linken  Arm  einen  undeutHchen  Gegenstand 
über  ihrem  Kopf,  wie  die  Nymphe  auf  dem 
Relief  von  Kara-Orman. 

D.  Das  Relief  der  hinteren  Seite  des  Altars 
stellt  den  thrakischen  Reiterheros  dar:  auf 
einem  nach  rechts  sprengenden  Pferde  sitzt, 
den  Oberkörper  dem  Beschauer  zugewendet. 


')  Vgl.  Dobrusky,  Bull.  corr.  hell.  1897,  119; 
Röscher,  Lex.  der  Mythol.  III  565;  Reinach,  Repert. 
des  reliefs  Gr.  et  Rom.  II  i54ff- 

2)  Dobrusky  a.  a.  0. 

3)  Marmorplatte  0,22  m  hoch,  0,23  m  breit, 
0,04  m  dick. 


175 


Ein  neues  Denkmal  aus  Thrakien. 


176 


ein  mit  gegürtetem  Rock  bekleideter  Mann 
mit  dichtem  Haar,  dessen  Chlamys  nach 
hinten  flattert;  in  dem  erhobenen  rechten 
Arm  schwingt  er  den  kurzen  Jagdspeer, 
mit  dem  nicht  sichtbaren  linken  hält  er 
einen  großen  runden  Schild   (Abb.  4). 

Unter  den  sehr  zahlreichen  Reliefs  des 
thrakischen  Reiters  begegnet  dieser  Typus 
seltener;  Seure  ^)  vermutet,  daß  diese  Va- 
riante des  thrakischen  Heros  durch  die  Dar- 
stellungen der  equites  singulares,  unter  denen 


kult  in  den  Mystenvereinen  Thrakiens  von 
großer  Bedeutung  gewesen  ist  ^),  werden  wir 
annehmen,  daß  auch  die  religiöse  Vereini- 
gung in  Kara-Orman  den  Dionysos  als 
Hauptgott  verehrt  hat;  neben  ihm  scheinen 
auch  die  andern  auf  unserem  Denkmal  dar- 
gestellten Gottheiten  im  Vereinskultus  eine 
Rolle  gespielt  zu  haben.  Es  ist  beachtens- 
wert, daß  diese  Gottheiten  auch  in  andern 
Vereinen  Thrakiens  nicht  unbekannt  sind; 
so  die  Nymphen,  so  der  Reiterheros*),  der 


Abb.  7.     Nymphenrelief  von  Saladinovo. 


viele    Thraker    gedient    haben,     beeinflußt 
worden  sei. 

Die  Inschrift  auf  der  oberen  Seite  des  Ab- 
laufs lautet  (Abb.  5): 

Aup(75XlOS)   'Apt(3TeV£T0[ü] 

Ix  t5)V  E5ta)v  xr^?  Tr[6Xs«)?]. 

Buchstabenhöhe  0,025  m;  in  der  ersten 
Zeile  hinter  AYP  Efeublatt  2);  der  Buch- 
stabe TT  in  der  dritten  Zeile  ist  auf  dem  Stein 
noch  sichtbar. 

Wenn  wir  uns  erinnern,  daß  der  Dionysos- 


')  Etüde  sur  quelques  types  du  cavalier  thrace, 
Rev.  des  et.  anc.  XIV  (1912),  S.  25  des  Sonderabdr. ; 
zu  den  von  Seure  angeführten  Beispielen  vgl.  noch 
Kazarow,  Bull.  soc.  arch.  Bulg.  III  341. 

*)  Der  Efeu  ist  dem  Dionysos  heilig:  Perdrizet, 
Cultes  du  Pangee  65;  Olck  bei  Pauly-Wissowa  RE 
V  2830. 


ausschließlich  in  seiner  Heimat  Thrakien  als 
Vereinsgott  erscheint.  Hekate  ist  zwar  als 
Vereinsgöttin  in  Thrakien  nicht  belegt;  aber 
ihr  Kultus  scheint  in  diesem  Lande  sehr 
lebhaft  gewesen  zu  sein  3) ;  man  hat  sogar 
angenommen,  daß  Hekate  ursprünglich  eine 
thrakische  Gottheit  ist  4).  Es  ist  in  diesem 
Zusammenhang  von  Interesse  hervorzu- 
heben, daß  in  späterer  Zeit  Hekate  in  enge 
Verbindung  zu  Dionysos  getreten  ist  5) ;  in 
einer  römischen  Spira  erscheint  sie  neben 
Liber  und  Diana  *),  So  wird  auch  die  Rolle 
verständlich,    die   Hekate    im    dionysischen 


')  Poland,   Gesch.   des  griech.   Vereinswes.   198. 
*)  Poland  a.  a.  O.  207,  223. 

3)  Vgl.  z.  B.  Filow,  Bull.  soc.  arch.  Bulg.  III  45; 
Kazarow,  Bull.  IV  103. 

4)  Farneil,  Cultes  of  the  gr.  States  II  507  f. 

5)  Vgl.  Heckenbach  bei  Pauly-Kroll  RE.  VII2781. 

6)  Poland  a.  a.  0.  208. 


177 


Griechenland. 


178 


Verein  von  Kara-Orman  gespielt  hat.  Aber 
auch  die  Verbindung  der  chthonischen  Göttin, 
von  der  wir  oben  gesprochen  haben,  mit 
Dionysos,  der  in  Thrakien  hauptsächlich  als 
chthonischer  Gott  verehrt  worden  ist,  ist  ganz 
natürlich  und  bedarf  keiner  Erklärung. 
Sofia.  Gawril    Kazarow. 


ARCHÄOLOGISCHE  FUNDE  IM 
JAHRE  1914. 

Griechenland. 

In  meinem  letzten  Bericht  habe  ich  hervor- 
gehoben, wie  sehr  es  der  griechischen  Ver- 
waltung der  Altertümer,  den  Ephoren  und 
der  Archäologischen  Gesellschaft  zum  Ruhme 
gereicht,  daß  sie,  unbeirrt  durch  die  Balkan - 
kriege,  im  alten  wie  im  neuen  Hellas  für  die 
Erhaltung  der  Monumente  und  die  Aus- 
grabung bisher  unerforschter  Stätten  Sorge 
getragen  haben.  An  dieser  fruchtbaren 
Friedensarbeit  hat  auch  der  Weltkrieg  nichts 
geändert,  trotz  der  schweren  Lasten  und 
Schwierigkeiten,  die  er  auch  den  neutralen 
Ländern  auferlegt.  Außer  den  längst  rühm- 
lich bekannten  lIpaxTtxa  der  Archäologischen 
Gesellschaft  faßt  nun  auch  eine  neue  Zeit- 
schrift, das  'Apj^aioXo^ixov  AsXtiov,  als  of- 
fizielles Organ  der  Altertumsverwaltung,  die 
Resultate  der  letzten  einheimischen  und 
fremden  Forschungen  zusammen  ^).  Aus 
dem  bescheidenen  kleinen  AeXtiov  des  vori- 
gen Jahrhunderts  ist  nun  ein  stattlicher, 
reich  illustrierter  Quartband  geworden,  ein 
schönes  Zeugnis  dafür,  wie  sich  Griechenland 
immer  mehr  zum  Mittelpunkt  der  inter- 
nationalen Archäologie  entwickelt. 

Die  Ruinen  von  Athen  sind  um  eine 
liCue,  besonders  ehrwürdige  bereichert  wor- 
den, von  der  freilich  nur  ganz  geringe  Reste 
der  Zerstörung  entgangen  sind:  das  Odeion, 
welches  Perikles  im  Jahre  456/5  erbaute, 
Ariston  bei  Sullas  Einnahme  von  Athen 
86  V.  Chr.  in  Brand  steckte,  König  Ario- 
barzanes   IL  von  Kappadokien  52  v.   Chr. 

')  Durch  die  große  Güte  der  Redakteure  habe 
ich  die  Druckbogen  und  zum  Teil  die  Manuskrijite 
beider  Zeitschriften  benutzen  dürfen.  Leider  haben 
die  Oavadi^vaia  ihre  archäologischen  Berichte  auf- 
gegeben. 

Archäolo^scher  Anzeigfer  1915. 


neu  erbaute.  Es  lag  neben  dem  Bezirk  des 
Dionysos -Theaters,  vor  dem  SO. -Abhang  der 
Akropolis.  Kastriotis  hat  in  achtmonatlicher 
Arbeit  den  größten  Teil  des  Gebietes  er- 
forscht und  seine  Ergebnisse  in  der 
'ApxatoXoYtxYj  'EcpYjjiepi?  1914,  143  ff.  und  in 
den  ripaxiixa  19 14,  81  ff.  veröffentlicht '). 

Wir  wußten  schon  aus  der  literarischen 
Überlieferung  (s.  die  Stellen  bei  Kastriotis), 
daß  Perikles  in  seinem  Odeion  das  Zelt  des 
Perserkönigs  nachbilden  ließ,  wie  denn  auch 


Abb.  I.     Attische  Scheidemünze  mit  Darstellung 
des  Odeion. 

das  Holzwerk  darin  aus  Masten  und  Raaen 
der  Perserbeute  bestand.  So  erhielt  dieses 
Denkmal  der  Siege  über  die  Barbaren  eine 
von  den  Theatern  völlig  abweichende  Form: 
es  war  ein  Rundbau  mit  »vielen  Sitzen  und 
Säulen,  das  Dach  rings  geneigt  und  steil  von 
einer  Spitze  aus  abwärts  geführt«  (Plutarch 
Perikl.  13,  vgl.  Vitruv  V  21),  also  eine 
Tholos,  wie  sie,  nach  dem  Zeugnis  des  alten 
delphischen  Baues,  seit  dem  Anfang  des 
6.  Jahrh.  in  Griechenland  bekannt  war. 
Das  athenische  Odeion  muß  an  Größe  auch 
die  prächtigsten  Tholoi  des  4.  Jahrh.,  in 
Delphi  und  Epidauros,  weit  übertroffen 
haben,  während  es  an  Pracht  ihnen  kaum 
vergleichbar  war. 

Nach  dem  Brande  hat  dann  Ariobarzanes 
den  zerstörten  perikleischen  Bau  wohl  in 
denselben  Maßen  und  Formen  wieder  auf- 
geführt. Schon  seit  Jahrzehnten  hatte  man 
diesen  Neubau  auf  einer  attischen  Scheide- 
münze mit  Wahrscheinlichkeit  erkannt  (Ab- 
bildung I  nach  Kastriotis,  AE.  1914,  147). 
Ein  ebenfalls  längst  bekanntes  Ehrendekret 


»)  Vgl.  auch  'Apx.  'Ecp.  1914,  136  und  Mistriotis, 
ebenda  23. 


179 


Archäologische  Funde  im  Jahre  191 4. 


180 


nennt  die  Architekten  des  Ariobarzanes, 
Gaios  und  Markos  Stallioi  und  Menalippos 
(IG.  III  541) ;  und  ein  Dekret  für  den 
Kappadokerkönig  selbst  (IG.  III  542, 
Photographie  bei  Kastriotis,  AE.  1914,  159) 
steht  auf  einer  unkannelierten  Säulentrom- 
mel, die,  im  Dionysosbezirk  ausgegraben, 
aller  Wahrscheinlichkeit  nach  ebenso  zum 
Odeion  gehört  wie  ein  paar  runde  Geisa 
gleichen  Fundorts  (Kastriotis,  AE.  1914, 
152).  Leider  sind  aber  die  Fundamente  des 
Baues  gänzlich  zerstört,  bis  auf  ein  Stück, 


Abb.  2.     Odeionbank  mit  Eule. 


das  Kastriotis  der  Skene  zuschreibt.  Eine 
starke,  mit  großen,  verkohlten  Holzstücken 
durchsetzte  Brandschicht  bestätigt  die  Über- 
lieferung, daß  das  Odeion  zum  großen  Teil 
aus  Holz  erbaut  war.  Von  den  steinernen 
Sitzen  hat  Kastriotis  zahlreiche  Bruchstücke 
gefunden;  unter  ihnen  ist  eines  besonders 
wichtig,  weil  es  an  einem  Ende  eine  Eule  in 
hohem  Relief  trägt  (Abb.  2,  nach  Kastriotis, 
AE.  1914,  160),  den  Vogel  der  Athena, 
welcher  das  Odeion  geweiht  war.  Durch 
dieses  Fragment  wird  nun  auch  die  Herkunft 
zweier  ähnlicher,  längst  bekannter  bestimmt 
(Sybel  S.  188,  Kastriotis,  AE.  1914,  161  f.). 


Zwei  überlebensgroße  Marmormasken,  von 
denen  nur  die  obere  Hälfte  erhalten  ist, 
weist  Kastriotis  dem  Schmuck  des  Pro- 
skenions zu.  Auch  marmorne  .A.krotere  mit 
Palmette  und  zahlreiche  verbrannte  Dach- 
ziegel werden  zum  Odeion  gehören. 

Eine  sehr  interessante  Stele  mit  doppel- 


Abb.  3.     Stele  mit  Stamnos  und  Kerykeion. 


tem,  durch  eine  Ritzlinie  getrenntem  Her- 
menrelief bezeichnete  wohl  die  Grenze  zwi- 
schen einem  Bezirk  des  Hermes  und  dem  des 
Dionysos:  zwar  fehlt  die  obere  Hälfte,  über 
den  Gliedern,  aber  in  flachem  Relief  sind 
unten  die  Attribute  beider  Götter  ange- 
bracht, links  der  Stamnos,  rechts  ein  ge- 
flügeltes Kerykeion  (Abb.  3  nach  AE.  1914, 
156).  Die  übrigen  Einzelfunde  umfassen 
zwei  marmorne  Porträtköpfe  (AE.  1914,  155 
und  163,  in  letzterem  vermutet  Kastriotis 
Ariobarzanes),  ein  Relieffragment  aus  dem 
Asklepieion  —  Asklepios  neben  einer  Kline, 
vor  ihm  eine  kniende  Frau  (AE.  1914,  136)  — 


i8i 


Griechenland. 


182 


einige  Inschriftenbrocken  und  Kleinfunde, 
die  von  einem  geglätteten  Steinbeil  bis  zu 
spätrömischen  Vasen  und  Terrakotten  füh- 
ren, für  die  Geschichte  des  Odeion  aber  be- 
langlos sind.  Wenige  Ruinen  sind  so  gründ- 
lich verwüstet  worden:  aber  auch  die  gering- 
sten Reste  eines  so  ehrwürdigen  Baues  sind 
uns  wertvoll  genug.  Hoffentlich  werden 
uns  die  diesjährigen  Ausgrabungen  mehr 
davon  bescheren. 

Beim  Turm  der  Winde  ist  die  alte 
türkische  Medresse  (Hochschule)  nieder- 
gelegt worden.  Es  fanden  sich  keine  nennens- 
werten Mauern  darunter,  wohl  aber  viele 
verbaute  antike  Bauglieder,  Relieffragmente 
und  Inschriften,  unter  denen  ein  Kaiserbrief 
an  die  Athener  und  Fragmente  einer  großen 
agonistischen  Urkunde  hervorragen.  Vgl. 
den  kurzen  Vorbericht  von  KeramopuUos, 
npoxTtxd  125  f. 

Dem  Niketempel  auf  der  Burg  hat 
A.  Orlandos  eine  erneute  Untersuchung 
gewidmet  und  dabei  wichtige  Ergebnisse 
für  den  Aufbau,  das  Gebälk  und  die  Ver- 
teilung der  Friesreliefs  gewonnen  (Athen. 
Mitt.  1915,  27,  Taf.  5,  6). 

Auf  Salamis  ist  bei  dem  von  Pausanias 
I  36,  I  genannten  Heiligtum  der  Artemis 
(Milchhöfer,  Text  zu  den  Karten  von  Attika, 
Heft  VII/VIII  S.  17)  ein  wohl  erhaltenes 
Dekret  des  xoivov  der  Thiasoten  der  Bendis 
gefunden  worden,  das  St.  Dragumis,  'Ap/. 
'Ecp.  191 5,  I  ff.  veröffentlicht.  Es  fällt  ins 
Archontat  des  Hieron,  276/5  v.  Chr.  und 
bestätigt  den  schon  von  Fourmont  abge- 
schriebenen, ganz  ähnhchen  Text  IG.  II  620, 
aus  dem  Jahre  des  Lysitheides  (249/8.?), 
der  von  derselben  Stelle  stammt.  Somit  ist 
für  Salamis  wie  für  Munichia  der  Kult  der 
Bendis  im  Heiligtum  der  Artemis  gesichert. 
Merkwürdig  und  neu  ist  der  Name  des  An- 
tragstellers, 'PuOfxof,  der  in  einem  Thiasos 
nicht  zufällig  sein  mag. 

Um  unsere  Kenntnis  des  Poseidontem- 
pels von  Sunion  hat  sich  A.  Orlandos 
verdient  gemacht.  Im  AeXxi'ov  I  i  ff.  legt 
er  zunächst  seine  Studien  über  Giebel  und 
Dach  vor,  die  wir  nun  erst  kennen  lernen. 
Die  Rekonstruktionen  (S.  4,  19)  beruhen  auf 
genauester  Untersuchung  der  wenigen  er- 
haltenen Bauglieder  und  sind  fast  in  allen 
Einzelheiten    gesichert.       Von    verwandten 


Bauten  des  5.  Jahrh.  sind  die  Analogien 
sorgsam  herangezogen  und  dadurch  das 
Alter  des  Tempels  von  Sunion  fest  bestimmt 
(bald  nach  450). 

Wie  dankenswert  und_j£lohnend ;  es  ist, 
längst  bekannte  Bauwerke  von  neuem  zu 
untersuchen,  hat  Orlandos  besonders  klar  an 
einem  dritten  Beispiel  gezeigt:  dem  Apol- 
lontempel  vom  Ptoion  (AsXtiov  I  94 — 
IIO).  Wir  verdanken  ihm  den  ersten  Plan 
und  Aufriß  dieses  wichtigen  Heihgtums 
(Abb.  4  und  5  nach  S.  104/5  ^) )  1  "^d  wer  die  bis 
zu  den  Fundamenten  zerstörte  Ruine  und 
die  wenigen,  arg  verstümmelten  Bauglieder 
im  Museum  von  Theben  kennt,  staunt  über 
diese  Wiederherstellung,  um  so  mehr,  als 
der  schlechte,  stark  verwitterte  Porös  vom 
Ptoion  genaue  Messungen  sehr  erschwert. 
Trotzdem  ist  es  Orlandos  gelungen,  eine  fast 
in  allen  Einzelheiten  gesicherte  Rekonstruk- 
tion zu  geben  imd  durch  eingehendes  Stu- 
dium aller  Profile  und  Schmuckformen  auch 
die  Geschichte  des  Heiligtums  in  ihren 
Hauptlinien  zu  bestimmen. 

Zur  Zeit,  als  die  altertümlichen  Apollines 
im  Ptoion  aufgestellt  wurden,  stand  hier 
wohl  ein  hölzerner  Tempel.  In  der  zweiten 
Hälfte  des  6.  Jahrh.  ist  er  durch  einen  stei- 
nernen ersetzt  worden,  vielleicht  durch  die 
Peisistratiden  (Basis  des  Hipparchos,  Compt. 
rendus  de  l'Acad.  1892,  91).  Erhalten  sind 
von  diesem  Bau  nur  ein  paar  Fragmente 
der  tönernen  Sima  und  Stirnziegel.  Aber 
wir  können  seine  Gestalt  erschließen,  weil 
der  jüngere  Tempel  sie  beibehalten  hat: 
denn  die  langgestreckte  schmale  Cella  des 
im  Fundament  erhaltenen  Baues,  mit  tiefem 
Pronaos  und  ohne  Opisthodom,  mutet  durch- 
aus altertümlich  an,  während  andererseits  die 
Formen  der  Kapitelle  und  Triglyphen,  die 
feinen  Kymatien  am  Epistyl  und  Geison  in 
die  zweite  Hälfte  des  4.  Jahrh.  weisen. 

Dieser  Ansatz  wird  durch  historische  Er- 
wägungen dahin  präzisiert,  daß  der  alte 
Tempel  wohl  zugleich  mit  der  Stadt  Theben 
(zu  der  ja  das  Heiligtum  von  jeher  gehörte) 
im  Jahre  335  durch  die  Soldaten  Alexanders 
des  Großen  zerstört  und  316  durch  Kassander 
auf    den    alten    Fundamenten    neu    erbaut 


')  Leider  haben   in  beiden  Aufsätzen  Orlandos' 
feine  Zeichnungen  durch  die  Verkleinerung  gelitten. 


183 


Archäologische  Funde  im  Jahre  191 4. 


184 


wurde.  So  hat  uns  Orlandos  tatsächlich  den 
ersten  Tempel  dieser  Zeit  auf  dem  griechi- 
schen Festlande  wiedergeschenkt. 

Aus  Theben  stammt  ein  schöner  und 
wichtiger  Fund,  den 
Papadakis  im  * 
Jahre  191 2  gemacht 
und  nun  publiziert 
hat  CApx. 'Ecp.  1914, 
117  ff.  Taf.  3):  in 
einem  Frauengrab, 
das  durch  helle- 
nistischen Schmuck 
(einen  Grabkranz 
aus  Bronze  und 
Tonperlen ,  ein  Paar 
Ohrringe  mit  klei- 
nen Eroten)  und 
zwei  tönerne  Büch- 
sen etwa  ins  3.  Jahrh. 
V.  Chr.  datiert  wird, 
lag  ein  trefflicher 
bronzener  Klapp - 
Spiegel,  mit  hohem 
Relief  innerhalb 
eines  Flechtband - 
rahmens:  ein  jugend- 
licher Satyr  mit 
Keule  und  ein  Mäd- 
chen sitzen  einan- 
der gegenüber  auf 
Felsen;  zwischen 
ihnen  wächst  im 
Hintergrunde  ein 
Baumstamm.  Über 
dem  Grabe  lagen 
in  der  Erde  ein  paar 
bunt  bemalte  helle- 
nistische Vasen,  ein 
gefirnißter  Glocken - 
krater  und  einige 
tönerne  »Tränen- 
fläschchen«,  offen- 
bar Reste  von  den 
Totenopfern  an  der 
Gruft. 

InEretria  war  zufällig,  etwa  500  m  süd- 
östlich vom  großen  Apollotempel,  eine  Basis 
mit  der  Weihinschrift  Ai^uirtioi  "IcjiSi  ge- 
funden worden.  Diesem  Anzeichen  folgend 
hat  Papadakis  hier  im  Sommer  1914  ge- 
graben   und    seine    Ergebnisse    im    AeXtiov 


Abb.  4.     Apollontempel  vom  Ptoion;  Plan. 


1 1 5  fif.  veröfifentlicht.  Innerhalb  einer  Insula 
von  Häusern  römischer  Zeit,  die  bisher  nur 
teilweise  freigelegt  sind  (Plan  auf  S.  118), 
erhob  sich  der  kleine  Tempel  der  ägyptischen 
Götter,ein  schlichtes 
templum  in  antis, 
von  dem  noch  der 
steinerne  Unterbau 
und  die  untersten 
Trommeln  der  bei- 
den Säulen  des 
Pronaos  erhalten 
sind;  der  Oberbau 
bestand  aus  Lehm- 
ziegeln. Nahe  der 
Rückwand  der  Cella 
ist  ein  breites  Ba- 
thron  aus  Ziegel- 
brocken erbaut,  da- 
hinter, an  der  Rück- 
wand selbst,  ein 
kleines  Bathron  und 
eine  Umfriedung  aus 
aufrechten  Platten, 
vielleicht  für  heilige 
Gewächse  bestimmt ; 
auf  dem  großen  Ba- 
thron lagen  noch 
mehrere  Weihe - 
gaben. 

In  der  Mitte  der 
Cella  steht  eine  un- 
kanellierte  kleine 
Säule,  die  einst 
den  Opfertisch,  die 
TpairsC«,  trug.  Im 
Pronaos  ist  links 
vom  Eingang  eine 
rechteckigeMarmor- 
basis  erhalten.  Pa- 
padakis vermutet, 
daß  darauf  eine 
Sphinx  lag,  wie  auf 
dem  Wandgemälde 
eines  Isis-Heiligtums 
bei  Mau,Pompejii62. 
Ursprünglich  stand  das  Tempelchen  frei 
in  einem  rechteckigen  Hofe,  dessen  breiter, 
mit  zwei  marmornen  Pfeilern  geschmückter 
Eingang  in  der  Achse  des  Tempels  liegt. 
Später  hat  man  vor  dem  Pronaos  noch  eine 
Art  inneren  Vorhof  erbaut,  dessen  Mauern, 


185 


Griechenland. 


i86 


Abb.  5.     Apollontempel  vom  Ptoion ;  Aufriß. 


aus  Ziegelbrocken  und  Lehm  geschichtet, 
niemals  ein  Dach  getragen  haben.  In  der 
SW.-Ecke  dieses  Vorbaus,  beim  Eingang  in 
den  Tempel,  steht  die  oben  erwähnte  Basis 
mit  der  Weihinschrift  der  Ägypter,  offenbar 
der  in  Eretria  ansässigen  ägyptischen  Kauf- 
leute; daneben  liegt  eine  quadratische  Opfer- 
grube, aus  vier  Marmorplatten  schön  gefügt, 
die  leider  nur  mehr  Kohlenbrocken  und 
einige  architektonische  Fragmente  enthielt. 
Den  Hof,  in  dem  der  Tempel  stand,  umgab 
auf  drei  Seiten  noch  eine  breite  Halle  mit 
hölzernen  Stützen  und  langen  gemauerten 
Bänken,  den  Kreuzgängen  neugriechischer 
Klöster  vergleichbar.  Von  hier  aus  konnte 
man  über  die  niedrige  Hofmauer  hinweg- 
sehen, was  im  Heiligtum  geschah;  aber  nur 
die  Eingeweihten  hatten  Zutritt  zum  Kulte, 
und  vielleicht  hat  man  den  späteren  Vorbau 
vor  dem  Tempel  errichtet,  um  die  Opfer  an 
der    heiligen    Bothros    neugierigen    Blicken 


Unbefugter  zu  entziehen.  Damit  könnte 
auch  die  ebenfalls  jüngere  Anlage  einer 
zweiten,  sorglos  erbauten  Opfergrube,  nahe 
dem  Eingang  des  Hofes,  zusammenhängen. 
In  den  äußeren  »Kreuzgang«  führte,  an 
seiner  NO. -Ecke,  ein  von  Basen  eingefaßtes 
bescheidenes  Tor.  Vor  einem  ziemlich  kunst- 
losen Mosaik,  das  einen  Teil  des  Innenhofes 
schmückte,  sind  nur  drei  Felder  erhalten: 
sie  zeigen  ein  Krokodil,  einen  Vogel  (Ibis.'') 
und  folgende  Inschrift:  'AXe^ittito?  "A^vwvo? 
xal  K>.£apsT7]  'Afxcptvuou  la  xovtafiaxa  täv 
xoiymv  xal  xmv  iSacpciv  toT?  Osor[?. 

Wer  diese  Götter  sind,  lehren  mehrere 
andere  Weihungen  an  Isis  und  ihre  auvvaoi 
xal  a6}iß«)[jioi  Osot.  Von  den  xovta'fiCtTa  der 
Wände  sind  viele  Bruchstücke  erhalten:  sie 
ahmten  in  bemaltem  Stuck  bunte  Marmor- 
platten nach. 

Ob  die  dem  Heiligtum  benachbarten 
Häuser,  wie  es  wahrscheinlich  ist,  zu  diesem 


187 


Archäologische  Funde  im  Jahre   1914. 


188 


gehören,  wird  sich  erst  nach  ihrer  völligen 
Freilegung  ermitteln  lassen.  Bisher  sind  nur 
einige  nördlich  vom  Iseion  liegende  Zimmer 
ausgegraben.  Leider  ist  die  Zerstörung 
überall  eine  recht  gründliche  gewesen.  Außer 
einigen  Inschriften  (Stelen,  Altären  und 
Basen)  und  vielen  architektonischen  Frag- 
menten hat  Papadakis  nur  zwei  der  üblichen 
Marmorstatuetten  der  thronenden  Isis-Ky- 
bele  mit  ihrem  Löwen  gefunden,  ferner  eine 
hübsche  kleine  Marmorgruppe  (Jüngling  und 
Frau,  nach  Papadakis  Aphrodite  und  Ado- 
nis),  den  Oberkörper  einer  ungewöhnlich 
großen  tönernen  Frauenstatue  (H.  0,35  bis 
zu  den  Hüften),  einige  hellenistisch -römische 
Vasen  und  Lampen,  Dachziegel,  zum  Teil 
mit  dem  Stempel  'EpsiptEtov,  und  endlich 
einen  kleinen  Schatz  von  352  Kupfermünzen, 
die  auf  dem  »Bathron«  des  Tempels  unter 
einem  Gefäß  lagen. 

Über  das  HeiHgtum  der  Pasikrata  in 
Demetrias  habe  ich  nach  Arvanitopu- 
los'  freundlichen  Mitteilungen  schon  früher 
berichtet  (A.  Anz.  1913,  97;  1914,  127),  Ln 
AsXtiov,  Beiblatt  S.  56,  publiziert  er  nun 
mehrere  der  Weihinschriften  von  dieser 
Stätte,  die  es  außer  Zweifel  stellen,  daß  sie 
wirklich  der  Pasikrata  geweiht  war.  Nur 
ein  Stein  trägt  den  Namen  der  Artemis 
Enodia,  die  auch  sonst  in  Thessalien  häufig 
begegnet.  Unter  den  zahlreichen  hier  ge- 
fundenen Statuetten  aus  Ton  und  (selten) 
aus  Marmor  überwiegen  bei  weitem  praxiteli- 
sche  Aphroditetypen;  vereinzelt  nur  er- 
scheint Artemis,  als  Jägerin  gebildet.  Dem- 
nach wird  man  Pasikrata  eher  Aphrodite 
angleichen  als  Artemis ,  trotz  der  "Apie}!!? 
naatxpaxa  der  ambrakischen  Inschrift  bei 
Dragumis,  'Ap/.  'Kcp.  1910,  397.  FreiHch 
könnte  die  unmittelbare  Nachbarschaft  einer 
ausgedehnten  Nekropole  auch  den  Gedanken 
nahelegen,  daß  es  sich  um  (Persephone) 
Pasikrata  handle  (vgl.  Dragumis  a.a.O.); 
doch  bestätigen  die  Funde  diese  Annahme 
nicht.  Leider  ist  der  Tempel  der  Göttin 
selbst  noch  nicht  entdeckt.  Ihr  Kult  reicht 
nach  den  Funden  ins  5.  Jahrh.  hinauf,  ist 
also  der  Anlage  von  Pagasai  gleichzeitig  und 
dann  mit  dessen^Einwohnern  in  das  neu  er- 
baute Demetriasjjübergesiedelt  ;(vgl.^A.  Anz. 
1914,   126). 

In  der  Nekropole  hat  Arvanitopulos  eine 


schöne  Stützmauer  aufgedeckt,  die  längs 
einer  von  Demetrias  südwärts  laufenden 
Straße  errichtet  ist  und  wahrscheinlich  einst 
eine  Reihe  von  Naiskoi  mit  den  bekannten 
bemalten  Grabstelen  trug.  Denn  hinter 
dieser  Fassadenmauer  sind  durch  kleine 
Mäuerchen  rechteckige  und  quadratische 
Grabbezirke  abgeteilt.  In  diesen  liegen  zu 
oberst  ärmliche  Ziegelgräber  römischer  Zeit, 
die  meist  nur  eine  Aschenurne,  ein  oder 
mehrere  einfache  Väschen  und  eine  Lampe 
enthalten.  Unter  diesen,  vielfach  durch  die 
späten  Eindringlinge  beschädigt,  sind  in 
geräumigen  Gruben  die  Plattengräber  der 
ursprünglichen  Herren  dieser  Grabbezirke 
gefunden  worden.  Doch  sind  auch  sie  be- 
trächtlich jünger  als  die  Mitte  des  3.  Jahrh. 
V.  Chr.  Denn  als  Grabplatten  sind  ein  paar- 
mal Stelen  mit  Inschriften  aus  dieser  Zeit 
verwandt  worden.  Die  älteste  Nekropole  von 
Demetrias  bleibt  demnach  noch  zu  finden. 

Aus  seiner  reichen  epigraphischen  Ernte 
in  Gonnoi  gibt  uns  Arvanitopulos  wei- 
tere Früchte  in  drei  Aufsätzen  dGr^ApyoLio- 
XoTfixrj  E'fTjfxepis  (1914,  4,  167;  ipiS,  3)- 
Ich  erwähne  das  Grabepigramm  eines  Aristo - 
genes  in  ganz  netten  Distichen,  sowie  ein 
sehr  verstümmeltes  Paar  von  Distichen  von 
dem  Grabmonument  eines  Damokrates,  der 
seine  Vaterstadt  vor  Suöjxevstov  av[8p«)v 
gerettet  hatte;  Weihungen,  vor  allem  an 
Athena  Polias;  ein  langes  Dekret  aus  dem 
Athenaheiligtum,  über  die  Wahl  eines  Oecopo- 
86x0?,  zum  Empfang  der  Theoren  aus  Athen, 
mit  der  Abschrift  eines  attischen  Proxenie- 
beschlusses  für  den  Ernannten;  dann  eine 
Reihe  von  Proxeniedekreten  für  Richter  aus 
anderen  thessalischen  Städten,  und  ein  paar 
Freilassungen.  Einige  südthessalische  In- 
schriften gibt  Giannopulos,  'Apx-  'Ecp.  1914, 
88;  191 5,  75- 

Arvanitopulos  hat  auch  die  beiden  my- 
kenischen  Kuppelgräber  von  Di  mini,  wie 
im  Vorjahre  das  von  Kapakli  bei  Volo,  ge- 
reinigt und,  wo  sie  baufällig  waren,  re- 
pariert. In  der  Nähe  der  ganz  erhaltenen 
Tholos  fand  er  dabei  ein  aus  kleinen  Steinen 
erbautes,  rechteckiges  Grab,  das  zwei  Ske- 
lette, gewöhnliche  thessalisch -geometrische 
Vasen  und  zwei  Bronzemesser  enthielt. 
Wichtiger  ist  eine  Gruft  der  gleichen  Zeit, 
in  der  Nekropole  des  alten  Jolkos   (Volo), 


i89 


Griechenland. 


190 


welche  den  alten  mykenischen  Kuppelbau 
in  sehr  schlechter  Technik  nachahmt.  Sie 
enthielt  70  verbrannte  Leichen,  gegen  30 
geometrische  Vasen  und  zwei  schwarz- 
figurige  Lekythen,  Eisenschwerter,  einiges 
bronzenes  Gerät  und  Goldschmuck  (2  ein- 
fache Diademe,  Ringe,  Nägel,  ein  gedrehtes 
Armband),  einen  kleinen  Skarabäus  und  ein 
altertümliches  Siegel  aus  Steatit.  Hoffent- 
lich wird  Arvanitopulos  diesen  wichtigen 
Fund  bald  publizieren.  S.  vorläufig  'Ap)(. 
'E<p.   1914,   141. 

In  der  Hauptstadt  von  Makedonien, 
P  e  1 1  a ,  der  Heimat  Alexanders  des  Großen,  hat 
Oikonomos  viel  versprechende  Ausgrabun- 
gen begonnen  (IlpaxTixa  1 914,  127).  Die 
Ruinenstätte  liegt  eine  Stunde  südwestlich 
von  Jenitza,  beim  Dörfchen  "A^.  'Attooto- 
Xoi.  Pel  oder  Pella  heißt  noch  heute  eine 
alte  Zisterne,  20  Minuten  vom  Dorfe, 

Zunächst  hat  Oikonomos  eine  unterirdi- 
sche Felskammer  erforscht,  zu  der  eine 
Treppe  von  30  Stufen  hinabführt.  In  ihre 
Wände  sind  fünf  Nischen  eingearbeitet,  der 
fünften  gegenüber  führt  eine  Tür  in  eine 
Seitenkammer.  Der  Zweck  der  Anlage  bleibt 
dunkel.  Ein  früher  geöffnetes  Grab  aus 
dieser  Gegend  (Chrysochoos ,  flapvaoo?  I 
1896,  13)  sieht  anders  aus.  Unter  den  sehr 
spärlichen  Funden  befinden  sich  Nägel  einer 
Tür.  Wichtiger  ist  ein  geräumiges  Haus, 
dessen  vom  Brand  stark  angegriffene  Reste 
erst  teilweise  freigelegt  sind.  Nach  der  Bau- 
art ist  es  ein  hellenistischer,  nach  den  Funden 
ein  reicher  Bau:  unter  diesen  ragt  die  pracht- 
volle Bronzelehne  eines  Ruhebettes  hervor, 
mit  den  Köpfen  eines  jugendlichen  Satyrs 
und  eines  weinbekränzten  Maultiers  an  den 
Enden.  Bemerkenswert  sind  ferner  ein 
bronzenes  Feuerbecken,  ein  sonderbarer 
Herd  aus  Ton  und  Eisen,  hellenistische  ge- 
firnißte Vasen  und  Lampen  und  Münzen, 
die  von  Philipp  IL  und  Alexander  bis  in  den 
Anfang  der  Römerherrschaft  (168  v.  Chr.) 
reichen.  Um  diese  Zeit  scheint  das  Haus 
verbrannt  zu  sein,  das  Oikonomos'  Arbeit 
hoffentlich  noch  reich  belohnen  wird. 

Aus  Salonik  sind  bisher  nur  äußerst 
spärliche  Altertumsfunde  bekannt  geworden. 
Deshalb  sind  einige  spätrömische  Ziegel- 
gräber willkommen,  die  Oikonomos  im 
Jahre  191 3  ausgegraben  hat   (AeXxiov,    Bei- 


blatt 59);  sie  enthielten  bunt  bemalte  Terra- 
kottafiguren, Münzen  und  zwei  goldene 
Charongroschen:  der  eine  trägt  das  Bild  der 
Stadt -Tyche,  mit  der  Mauerkrone  und  der 
Inschrift  ösöCJaXovtxTj?,  der  andere  eine  Nike. 
Einige  verstreute  Bildwerke  hat  Oikonomos 
im  Museum  von  Salonik  vereinigt  (meist 
späte  Grabreliefs  der  Kaiserzeit),  andere  in 
der  neu  entstehenden  Sammlung  von  Karitsa 
(Dion)  bei  Katerini.  Bemerkenswert  sind 
darunter  eine  Marmorstatuette  des  Hermes 
mit  dem  Widder  (gute  Arbeit  des  2.  Jahrh. 
V.  Chr.)  und  ein  archaistisches  Relief  eines 
Mädchens  (AeXriov,  Beiblatt  44). 

Seine  epigraphische  Ausbeute  publiziert 
Oikonomos  in  einem  besonderen  Werke, 
'Euqpacpal  xtj?  MaxeSovia?,  von  dem  das 
erste  Heft  vorliegt.  Es  umfaßt  die  In- 
schriften von  Dion,  darunter  einen  leider  ver- 
stümmelten Vertrag  König  Philipps  V.  mit 
der  Stadt  Lysimacheia  auf  der  thrakischen 
Chersones,  einen  Paian  auf  Asklepios  und 
seine  Familie,  die  Grabinschrift  eines  Bi- 
thyniers  in  Distichen,  den  Grabstein  eines 
Marianos,  der  als  Jäger  in  Relief  dargestellt 
ist,  vor  ihm  seine  trauernde  Gattin,  auf  den 
Seiten  je  ein  Löwe  und  ein  Stier;  ferner 
einige  römische  Inschriften;  ich  erwähne  den 
Grabstein  des  Picenus,  sig(nifer)  coh(ortis)  V, 
mit  der  Reliefdarstellung  seiner  Waffen  und 
Phalerae,  seines  Pferdes  und  Knappen; 
unter  den  Phalerae  eine  Schlange.  Von  dem 
interessanten  Grabrelief  aus  Dranista,  mit 
einem  figurenreichen  »Totenmahl«  (S.  36), 
wird  uns  hoffentlich  Oikonomos  bald  eine 
ausführliche  Publikation  geben. 

Kuruniotis  behandelt  in  der  'Ap/.  'Ecp. 
1914,  99  eingehend  das  von  ihm  191 2  aus- 
gegrabene Kuppelgrab  von  P  y  1  o  s.  Die  hohe 
Bedeutung  dieser  Gruft  wird  nun  erst  klar. 
Sie  war  eingestürzt,  aber  unberaubt  und 
enthielt,  etwa  i  m  über  dem  Boden,  eine 
Reihe  von  Leichen,  die  als  liegende  Hocker 
bestattet  und  nach  den  Beigaben  in  die 
Wende  der  mykenischen  und  der  »geometri- 
schen« Zeit  zu  setzen  sind:  ein  sehr  wichtiges 
chronologisches  Merkzeichen.  Auf  dem 
Boden  des  Grabes  und  in  einem  runden  Loche 
lagen  die  Gebeine  von  weit  über  30  Toten, 
die  unverbrannt  beigesetzt  waren.  Doch 
enthielt  die  Gruft  Asche  und  Tierknochen 
von  zahlreichen  Totenopfern.  Von  den  einst 


ipr 


Archäologische  Funde  im  Jahre  19 14. 


192 


gewiß  reichen  Beigaben  ist  nur  wenig  er- 
halten: ein  Fingerring  aus  Golddraht,  ein 
paar  gläserne  Schieber,  ein  konischer  Stea- 
titknopf,  vier  Eberhauer  von  einem  Helm 
und  Scherben  dreier  großer  »Amphoren«, 
die  denen  von  Kakovatos  gleichen.  Gegen 
Ende  der  mykenischen  Periode  ist  das  alte 
Grab  offenbar  gründlich  ausgeraubt  worden. 
Dann  hat  man  in  seinen  Boden  zwei  Gruben 
gegraben,  die  Skelette  und  jungmykenische 
Vasen  enthielten.  Unter  diesen  ist  beson- 
ders eine  Büchse  bemerkenswert,  auf  der 
ein  Segelschiff  gemalt  ist  (Abb.  6).  Über 
seinem  Vorderteil  schwimmt  ein  Fisch,  wie 
auf  den  vormykenischen  gravierten  Pfannen 
aus  Syra,  'Apx-  'Ecprjjx.  1899,  90  (Abb.  7). 
So  lange  können  Typen  leben! 

Auf  Kephallonia  hatte  schon  vor  zwei 
Jahren  Kyparissis  ein  mykenisches  Felsen- 


untersucht und  dabei  Blöcke,  Säulentrom- 
meln .und  ein  Kapitell  eines  großen  dori- 
schen Porostempels  gefunden,  dessen  Funda- 
mente uns  hoffentlich  die  nächste  Kampagne 
bescheren  wird.  Von  diesem  Heihgtum 
stammen  auch  zahlreiche  Weihgeschenke: 
den  tanagräischen  verwandte  Terrakotten, 
Miniaturgefäße  und  -lampen,  wie  sie  in  eli- 
schen  Heiligtümern  häufig  sind,  elische  ge- 
firnißte Vasen,  bronzene  Ohr-  und  Finger- 
ringe. Man  sieht,  daß  die  Insel  im  4.  Jahrh. 
wenigstens  in  Kunst  und  Handwerk  von 
Elis  abhängig  war.  Einen  schönen  »homeri- 
schen Becher«  aus  seiner  vorletzten  Kam- 
pagne publiziert  Kyparissis  in  der  'Ap/.  'E^. 
1914,  210,   Taf.  6. 

Rhomaios'  Tätigkeit  in  Thermon  ist 
ganz  besonders  fruchtbar  gewesen  (AsXtiov 
Heft  2).  Schon  vor  ein  paar  Jahren  (1911/12) 


Abb.  6.     Segelschiff  auf  Vase  aus  Pylos. 


grab  beim  Orte  Diakata  entdeckt.  Nun  hat 
er  in  der  Nähe  ein  ähnliches  kleineres  ge- 
öffnet, das  zwei  Grüfte  mit  reichen  Beigaben 
enthält  (AeXtiov,  Beibl.  59):  zwei  bronzene 
Schwerter  und  Fragmente  von  ein  paar 
Dolchen,  Perlen  aus  Gold,  Glas  und  Halb- 
edelsteinen, eine  große  Bronzefibel  und  zahl- 
reiche Vasen  der  auf  der  Insel  üblichen  spät- 
mykenischen  Gattung. 

Auf  demselben  Hügel  lag  auch  eine  Menge 
von  Gräbern  des  5.  und  der  folgenden  Jahr- 
hunderte, die  leider  alle  zerstört  waren.  Doch 
bargen  sie  noch  einigen  Schmuck  (zwei 
goldene  Ringe,  ein  silbernes  und  ein  bronze- 
nes Paar  Ohrringe,  7  Münzen  (von  Korinth, 
Sikyon,  Atollen  u.  a.)  und  mehrere  gefirnißte 
Vasen,  unter  denen  besonders  die  elische 
Gattung  bemerkenswert  ist.  Außerdem  hat 
Kyparissis  auf  dem  benachbarten  Palaio- 
kastron  die  alten  polygonalen  Ringmauern 


hatte  er  die  drei  Tempelruinen  an  dieser 
Stätte  genau  erforscht  und  unter  den  massen- 
haften Resten  architektonischer  Terrakotten 
fünf  Serien  geschieden,  die  sich  auf  die  ver- 
schiedenen Stadien  jener  drei  Bauten  ver- 
teilen. Dann  hat  er  auch  die  tieferen  Schich- 
ten, besonders  im  und  um  den  Apollotempel, 
näher  untersucht.  Seit  Sotiriadis'  erster 
Grabung  galten  die  Mauern  unter  dem  jetzi- 
gen Tempelfundament  für  Altarreste  »geo- 
metrischer« Zeit,  so  schwierig  es  auch  war, 
die  elliptischen  und  rechtwinkhgen  Mauer- 
züge so  unterzubringen.  Nun  hat  uns  Rho- 
maios  schon  191 2/1 3  belehrt,  daß  unter  dem 
klassischen  Heiligtum  ein  prähistorisches 
Dorf  lag.  Es  waren  meist  »Kurvenbauten«, 
runde  und  elliptische  Häuser,  wie  sie  all- 
mähhch  fast  allerorten  in  Griechenland  und 
speziell  unter  Tempeln  späterer  Jahrhunderte 
(z.  B.  in  Ägina,  Eretria,  Olympia)  erscheinen. 


193 


Griechenland. 


194 


Im  ganzen  hat  Rhomaios  bisher  10  Kurven- 
bauten, 3  rechteckige  und  ein  ganz  singu- 
läres  dreieckiges  Haus  aufgedeckt.  Vor 
allem  aber  können  wir  jetzt  die  Schichten 
klar  unterscheiden:  unter  dem  Tempel - 
niveau  des  7.  Jahrh.  liegt  zunächst  eine  mit 
Asche  stark  durchsetzte  Opferschicht,  die 
geometrische  Scherben  und  Bronzen  (dar- 
unter Doppelbeile)  und  ein  halbes  Dutzend 
Eisenlanzen  enthält.  Unter  dieser  Opfer- 
schicht liegen  jene  Häuserfundamente,  die 
demnach  allesamt  älter  sind.  Sie  enthalten 
weder  Eisen  noch  geometrische  Scherben, 
wohl  aber  einheimisch  monochrome  Gattun- 
gen, besonders  eine  der  »minyschen«  ver- 
wandte grünlichgraue  Ware  mit  interessanten 
eigenartigen  Typen,  ferner  eine  der  obersten 
Schicht  von  Lianokladhi  in  Thessalien  ähn- 
liche Keramik  (Wace -Thompson,  Prehistoric 
Thessaly  181  ff.)  und  echtmykenische  Vasen 
sowie  lokale  Nachahmungen  von  solchen. 
Diese  beiden  klar  geschiedenen  Haupt - 
Perioden  von  Thermon  bilden  einen  neuen 
Beweis  —  zu  vielen  andern  — ,  daß  die  geo- 
metrische Kunst  der  ersten  Eisenzeit  jünger 
ist  als  die  mykenische  Bronzezeit.  Unter  den 
geometrischen  Bronzen  von  Thermon  ragt 
eine  mit  Lanze  und  Schild  bewehrte  Göttin 
hervor,  das  älteste  Bild  der  Athena,  wenn 
wir  nicht  mit  Rhomaios  darin  die  Be- 
schützerin von  Atollen,  Artemis,  erkennen 
wollen.  Sonst  gleichen  jene  Bronzen  den 
olympischen.  Überhaupt  drängt  sich  der 
Vergleich  mit  Olympia  auf:  hier  wie  dort 
unter  einem  alten  Tempel  aus  der  zweiten 
Hälfte  des  7.  Jahrh.  zunächst  eine  »geo- 
metrische« Schicht,  darunter  ein  Dorf  des 
2.  Jahrtausends.  Aber  während  dieses  in 
Olympia  durch  eine  Schwemmschicht  des 
Flusses  völlig  begraben  und  vergessen  war, 
als  der  Kult  in  der  Altis  begann,  scheint  in 
Thermon  die  Kontinuität  nicht  unter- 
brochen zu  sein.  Das  größte  eUiptische  Haus 
{A  bei  Rhomaios)  ist  22  m  lang,  6  m  breit, 
durch  Quermauern  in  drei  ungleiche  Zimmer 
geteilt  (2,50;  17;  2,50m  lang).  Wichtiger 
noch  ist  das  zweitgrößte,  das  unter  dem 
Tempel  liegt:  es  ist  21,40m  lang,  7,30  m  breit, 
die  drei  Zimmer  messen  2,20;  9,13;  8,15  m 
lang.  Die  Mauerkurven  an  den  Enden  sind 
sehr  flach.  Von  Innensäulen  ist  keine  Spur  zu 
sehen,  dagegen  gehören  zu  diesem  Hause  die 


schon  bekannten  18  Steinbasen  von  hölzernen 
Säulen.  Es  ist  also  der  älteste  bisher  ent- 
deckte Bau  mit  einer  äußeren  Ringhalle,  die, 
wie  es  scheint,  einen  späteren  Zusatz  zu  dem 
längst  bestehenden  Bau  bedeutet.  Im  Innern 
lassen  sich  vier  Brandschichten  mit  Tier- 
knochen scheiden,  während  außerhalb  der 
Mauern   keine   Asche   erscheint.       Nur    die 


V% 


Abb.  7.     Schiffe  auf  gravierten  Pfannen  aus  Syra. 


oberste  (stärkste)  Schicht  enthielt  geometri- 
sche Bronzen,  während  ein  paar  Eisenlanzen 
auch  noch  etwas  tiefer  vorkommen.  Die 
ursprüngliche  Bauzeit  dieses  Hauses  ist  un- 
bekannt. Besonders  wichtig  ist  es  aber,  daß 
der  älteste  Apollotempel  in  den  Maßen  seiner 
Cella  jenem  alten  Bau  entspricht;  er  stand 
also  im  7.  Jahrh.  noch  und  wurde  durch  den 
Tempel  kurz  vor  600  v.  Chr.  ersetzt.  Zu 
diesem  gehören  die  ältesten  Terrakotten, 
nicht    zum   alten    eUiptischen   Bau  B    (wie 


195 


Archäologische  Funde  im  Jahre  19 14. 


196 


Koch,  AM.  1914,  254;  RM.  1915,  61  an- 
nimmt). So  gelangt  Rhomaios  zu  dem 
Schlüsse,  daß  A  das  Herrenhaus  im  2.,  B  im 
Anfang  des  i.  Jahrtausends  v.  Chr.  war;  in 
diesem  hätten  auch  bis  zum  Ende  des 
7.  Jahrh.  die  Opfer  stattgefunden.  Ich 
möchte  lieber  annehmen,  daß  mit  den  Um- 
wälzungen, die  gegen  Ende  des  2.  Jahr- 
tausends überall  die  alten  Fürstenburgen 
brachen,  ein  Herrenhaus  auch  in  Thermon 
überflüssig  wurde,  daß  also  B  von  Anfang 
an  ein  Tempel,  der  älteste  von  Griechenland, 
war.  Auf  alle  Fälle  ist  es  das  erste  gut  er- 
haltene Haus  »geometrischer«  Zeit. 

Über  diesen  überaus  wichtigen  neuen 
Funden  wollen  wir  die  Fürsorge  nicht  ver- 
gessen, die  Rhomaios  seit  Jahren  dem  Lokal- 
museum von  Thermon  widmet.  Er  hat  es 
erweitert,  ausgebaut,  geordnet,  die  unge- 
heuren Haufen  architektonischer  Terrakotten 
in  mühsamer  Arbeit  in  Gruppen  geschieden, 
ihre  Fragmente  zusammengesetzt.  Auch 
bisher  unbekannte  Stücke  bemalter  tönerner 
Metopen  der  kleineren  Serie  (Ant.'  Denkm. 
n  52  a,  S.  6)  hat  er  entdeckt:  sie  tragen 
Teile  von  Löwen,  Pferden,  Kentauren,  doch 
ließ  sich  keine  neue  Metope  ganz  zusammen- 
fügen. Besonders  wichtige  Überraschungen 
sind  dann  noch  Stirnziegel  mit  Hundeköpfen 
des  6.  Jahrh.,  die  man  nach  der  Analogie  von 
Epidauros  vielleicht  einem  Artemistempel 
zuschreiben  darf,  sowie  ein  überlebensgroßer 
tönerner  Löwe,  ein  Weihgeschenk,  das  den 
Marmorlöwen  von  Delos  vergleichbar  ist. 
Kleinere  votive  Löwen  aus  Ton  kennen  wir 
schon  von  Olympia  und  Praisos  her. 

Einige  Ausflüge  in  der  Umgegend  haben 
Rhomaios  ebenfalls  gute  Erfolge  eingebracht: 
außer  ein  paar  noch  auszugrabenden  Stätten 
die  späte  Bronzestatuette  eines  Hopliten, 
der  mit  der  Rechten  die  Augen  beschattend 
ausspäht  (ditoaxo7ceua>v,  vgl.  Furtwängler, 
Satyr  von  Pergamon  16  f.),  und  die  prä- 
historische Tonstatuette  einer  schwangeren, 
knienden,  also  wohl  gebärenden  Frau,  ein 
ein  ganz  einzigartiges  Stück  (AeXtiov, 
Beibl.  48). 

Übrigens  setzt  in  demselben  Hefte  des 
AeXtiov  S.  45  ff.  Sotiriadis  die  lange 
unterbrochene  Publikation  der  von  ihm  ge- 
fundenen Inschriften  von  Thermon  fort.  Die 
meisten  sind  Proxeniendekrete  des  Koinon 


der  Ätolier,  aus  dem  letzten  Drittel  des 
3.  Jahrh.  Bisweilen  sind  mehrere  Dekrete 
auf  einem  Steine  vereinigt.  Unter  den  Sta- 
tuenbasen sind  zwei  beachtenswert:  eine  trug 
den  Hipparchen  Paidias  und  war  ein  Werk 
eines  Lysippos,  jüngeren  Namensvetters  des 
großen  Meisters,  auf  der  andern  steht  in  vier 
gelehrten  Distichen  das  Lob  eines  im  Kampf 
gefallenen  Jünglings,  dem  sein  Vater  Drakon 
dies  Denkmal  setzte. 

Die  Arbeit  in  dem  neu  befreiten  Epirus 
ist  erst  begonnen.  Über  die  epigraphischen 
Früchte  einer  Reise  im  nordwestlichen  Teile 
dieser  Provinz  berichtet  Evangelidis,  *Ap/. 
*Ecp.  1914,  232.  Interessant  ist  vor  allem  die 
Weihung  eines  xoivöv  taiv  ou^YO^*"^  ^^  ^^' 
seidon  aus  Tepeleni.  —  In  Nikopolis  hat 
Philadelpheus  die  christlichen  Ruinen 
untersucht  und  von  zwei  freigelegten  wichti- 
gen Kirchen,  der  dreischiffigen  Basilika  'Ava- 
XTfjtJits  und  dem  frühchristlichen  Saalbau  der 
H.  Apostel,  Pläne  und  Ansichten  publiziert 
{'Apx.  'Ecp.  19 14,  249). 

Aus  Kytherahat  Stais  den  Inhalt  zweier 
von  ihm  geöffneter  mykenischer  Gräber  ins 
Athener  Nationalmuseum  gebracht.  Er  um- 
faßt interessante,  eigenartige  Vasen  der  IL — 
III.  spätminoischen  Periode  und  ein  merk- 
würdiges Steatitgefäß  mit  graviertem  Spiral- 
netz. Stais  wird  sie  in  den  Athenischen  Mit- 
teilungen nächstens  publizieren  und  hoffent- 
lich bald  auf  Kythera  weiter  graben.  Denn 
dort  darf  man  hoffen,  Verbindungsglieder 
zwischen  der  minoischen  und  der  festlän- 
disch mykenischen  Kultur  zu  finden. 

Die  große  Bedeutung  der  frühminoischen 
Kuppelgräber,  die  Xanthudides  in  der 
Ebene  der  Messarä  auf  Kreta  entdeckt 
hat,  habe  ich  schon  mehrfach  betont  (A.  Anz. 
1907,  107.  1909,  99).  Die  größte  und 
reichste  von  diesen  Stammesgrüften  hat  er 
nun  bei  Platanos,  eine  Stunde  südlich  von 
Gortyn,  ausgegraben  (AeXtiov,  Beibl.  60). 
Leider  ist  sie,  wie  fast  alle  andern,  arg  zer- 
stört, doch  steht  die  südliche  Hälfte  des 
Mauerringes  noch  0,70  m  hoch;  der  äußere 
Durchmesser  betrug  gegen  18  m,  der  innere 
13,10  m.  Auf  dem  Boden  der  Gruft  lassen 
sich  zwei  Schichten  scheiden.  Die  untere  ent- 
hielt viele  Knochenreste,  ein  wenig  Gold- 
schmuck  und  ein  Dutzend  altertümlich  drei- 
eckiger bronzener  (oder  wohl  eher  kupferner) 


197 


Griechenland. 


198 


Dolche.  Diese  Schicht  und  der  gestampfte 
Lehmboden  des  Grabes  unter  ihr  wiesenzahl- 
reiche Brandspuren  auf,  die  wohl  von  Opfer- 
feuern stammen,  während  sich  Leichenver- 
brennung nirgends  nachweisen  läßt.  In  der 
oberen,  jüngeren  Schicht  lagen  viele  unver- 
brannte Skelette  und  eine  erstaunliche  Menge 
kostbarer  Beigaben:  über  50  goldene  Perlen, 
Schieber,  Plättchen  und  Ringe,  zwei  Diademe 
und  viele  Bänder  und  Drähte  von  Gold;  aus 
Kupfer  oder  Bronze  50  Dolche  der  jüngeren 
länglichen  Form,  ein  paar  Pinzetten,  Meißel, 
Äxte  und  zwei  kleine  votive  Doppelbeile 
(mit  die  ältesten  Exemplare  der  typischen 
minoischen  Labrys);  gegen  15  elfenbeinerne 
Petschafte  und  Amulette,  darunter  zwei 
gegenständig  sitzende  Affen  und  ein  ägypti- 
sierendes  Figürchen;  ein  Alabasteridol  mit 
keilförmigem  Bart,  das  an  frühdynastische 
ägyptische  Figuren  erinnert;  380  Stein - 
gefäße  verschiedener  Form  und  Größe,  aus 
Alabaster,  Steatit,  Schiefer,  bunten  Marmor- 
und  Brecciasorten  aufs  sorgsamste  herge- 
stellt. Sie  wetteifern  in  ihrer  Schönheit  mit 
den  gleichzeitigen  Schätzen  von  Mochlos  im 
östlichen  Kreta,  denen  sich  nun  zum  ersten 
Male  der  Inhalt  eines  Grabes  der  Messarä 
ebenbürtig  zur  Seite  stellt.  Die  Steingefäße 
lagen  nicht  im  Kuppelraum,  sondern  in 
kleinen  Gruben  außen  an  seiner  Ostseite.  An 
Tongeschirr  hat  dagegen  diese  Tholos  viel 
weniger  geliefert  als  die  übrigen  der  Messarä. 
Wenige  Meter  westlich  hat  Xanthudidis  noch 
ein  zweites  großes  Kuppelgrab  konstatiert. 
Wir  dürfen  an  seine  Ausgrabung  die  besten 
Hoffnungen  knüpfen. 

Hazzidakis  hat  bei  Gürnes,  südöstlich 
von  Knossos,  eine  kleine,  frühminoische 
Nekropole  ausgegraben  (AsXxiov  59) .  Die 
Toten  lagen  zu  Haufen  zwischen  Mäuerchen 
gebettet,  genau  wie  es  bei  armen  Leuten  noch 
in  mittelminoischer  Zeit  üblich  war  (BSA. 
VIII  290,  XI  269,  Palaikastro).  Die  Bei- 
gaben umfassen  die  üblichen  bemalten  Vasen, 
ein  Steatitgefäß,  Tritonmuscheln,  5  elfen- 
beinerne Siegel  und  vor  allem  einige 
Glasperlen  und  eine  weibliche  Tonstatuette, 
die  denen  von  Petsofä  gleicht.  Demnach 
wird  man  diese  Gräber  in  die  Wende  von 
früh-  und  mittelminoischer  Zeit  setzen.  Eine 
benachbarte  Opfergrube  (?)  enthielt  viele 
Hunderte  roher,  handgemachter,  unbemalter 


Kännchen:  wieder  etwas  Neues  im  Kreise 
minoischer  Kultanlagen.  Ein  benachbar- 
tes spätminoisches  Felsgrab  mit  tönernen 
Larnakes  fand  Hazzidakis  ausgeraubt,  einige 
andere  harren  noch  der  Erforschung. 

Von  der  Stätte  des  minoischen  Palastes 
von  Tylissos  beschert  uns  Hazzidakis  dies- 
mal eine  Gabe  klassischer  Zeit,  einen  langen 
Vertrag  zwischen  Knossos  und  Tylissos,  aus 
der  Mitte  des  5.  Jahrh.  ('Ap/. 'Ecp.  1914,  94). 

Sehr  erfreulich  ist  es,  daß  auch  im  Westen 
von  Kreta  sich  archäologisches  Leben  zu 
rühren  beginnt.  E.  N.  Petroulakis  hat 
sich  des  jungen  Museums  von  Rhethymnos 
angenommen  und  dort  auch  die  Funde 
zweier  kleiner  Ausgrabungen  vereinigt  ("Ap/. 
'E9.  1915,  43 — 52).  Bei  Atsipas  in  der 
Provinz  H.  Vasilios  ergab  eine  kurze  Kam- 
pagne in  einer  jungminoischen  Nekropole 
21  Gräber  von  Kindern,  die  in  großen  und 
kleineren  Töpfen  beigesetzt  waren.  Die  Bei- 
gaben bestehen  aus  bescheidenen  Väschen 
(Kannen,  Bügelkannen,  Askoi),  alle  aus  der 
dritten  spätminoischen  Periode.  Wichtiger 
ist  eine  Reihe  von  Terrakotten  (gegen  200), 
die  aus  einem  Heiligtum  bei  Axos  stammen. 
Ein  an  derselben  Stelle  gefundenes  Demeter- 
relief geringer  römischer  Arbeit  belehrt  uns 
wohl  über  die  Göttin,  der  diese  Tonfiguren 
gehörten.  Es  sind  größere  und  kleinere 
stehende,  langgewandete  Frauen,  eine  ältere 
Gruppe  aus  dem  5.,  eine  jüngere  aus  dem  4. 
und  späteren  Jahrhunderten.  Von  einer 
lebensgroßen  Tonstatue  ist  nur  der  beschuhte 
linke  Fuß  und  ein  Gewandrest  erhalten. 
Außerdem  sind  noch  ein  paar  Schweinchen 
zu  nennen.  Hoffentlich  werden  die  Aus- 
grabungen hier  fortgesetzt  und  führen  zur 
Entdeckung  des  Heiligtums. 

Endlich  hat  Petroulakis  ('Apx-  'Ecp.  ipH, 
222 — 235)  auch  neue  Inschriften  von  Genna 
und  Eleutherna  gesammelt  und  eine  längst 
bekannte  antike  Brücke,  in  der  Nähe  von 
Eleutherna,  zum  ersten  Male  eingehender 
besprochen  und  abgebildet'.  Sie  ist  aus 
Quadern  sorgsam  geschichtet,  die  in  der 
Mitte  überragend  ein  rechtwinkliges  Dreieck 
bilden.  Trotz  dieser  wenig  praktischen  Bau- 
art dient  sie  noch  heute  dem  Verkehr. 

Ausgrabungen  auf  Chios  sind  seit  Jahr- 
zehnten ein  frommer  Wunsch  der  Archäologie 
gewesen.     Darum  begrüßen  wir  es  freudig. 


199 


Archäologische  Funde  im  Jahre  19 14. 


200 


daß  Kuruniotis  seine  nun  mit  Griechen- 
land wieder  vereinigte  Heimat  zu  erforschen 
unternommen  hat.  Die  Ergebnisse  seiner 
ersten  Kampagne  gibt  er  im  As^ttov  S.  64 
— 93  (vgl.  auch  A.  Anz.  1914,  128).  Zu- 
nächst hat  er  3/4  Stunden  von  der  Haupt- 
stadt der  Insel,  bei  einem  heute  noch  Latomi 
genannten  Hügel,  eine  ausgedehnte  Nekro- 
pole  des  6. — 5.  Jahrh.  untersucht.  30  Gräber 
wurden  geöffnet.  Sie  bestanden  allesamt  aus 
tönernen  Sarkophagen,  welche  den  bekann- 
ten klazomenischen  in  der  Form  und  Größe 
durchaus  gleichen,  aber  unbemalt  sind  ^). 
Als  Deckel  dienten  ihnen  mächtige,  mit 
Rippen  verstärkte  Ziegel,  die  offenbar  eigens 
zu  diesem  Zweck  gefertigt  wurden.  Fast  alle 
diese  Särge  entbehrten  der  Beigaben;  nur 
zwei  enthielten  ein  paar  geringe  attische 
Väschen.  Auch  fanden  sich  nirgends  Spuren 
von  äußeren  Wahrzeichen  der  Gräber.  Rei- 
chere Ausbeute  schienen  drei  Grabhügel  in 
dieser  Gegend  zu  versprechen,  deren  einen 
Kuruniotis  geöffnet  hat.  Aber  auch  er  ent- 
hielt in  seiner  Mitte  nur  eine  Grube,  die  einen 
ebenso  schmucklosen  Tonsarg  barg  wie  die 
einfacheren  Gräber.  Immerhin  fanden  sich 
in  diesem  Sarge  eine  Tonstatuette  (thronende 
Göttin  mit  hohem  Polos,  ionischen  Stiles, 
wie  Winter,  Typenkat.  I  Taf.  43,  5),  ein 
einfacher  goldener  Ring,  zwei  kleine  Schieber 
aus  Bergkristall  und  eine  bunte  Glasperle. 
Es  war  also  ein  Frauengrab,  nach  dem  Maß- 
stab dieser  Nekropole  reich  ausgestattet. 
Da  wir  leider  bisher  von  keinem  klazomeni- 
schen Sarkophag  Fundumstände  oder  Inhalt 
kennen,  sind  uns  diese  Gräber  von  Chios 
sehr  wertvoll.  Und  ihre  Armut  erklärt  es, 
daß  die  schönen  bemalten  Tonsärge  von 
Klazomenai  allesamt  leer  in  den  Handel 
gelangt  sind.  Offenbar  war  es  damals  in 
diesem  Teile  loniens  Sitte,  den  Toten  keine 
oder  nur  ganz  bescheidene  Beigaben  ins 
Grab  zu  legen.  Daß  es  übrigens  auch  auf 
Chios  verzierte  Tonsarkophage  gegeben  hat, 
lehrt  ein  S.  71  abgebildetes  Fragment  mit 
einem  Figurenfries  in  flachem  Relief  (Fund- 
umstände  sind  nicht  bekannt).     So  dürfen 


')  Solche  einfache,  unverzierte  Tonsärge  gab  es 
natürlich  auch  in  Klazomenai.  Man  kann  dort  auf 
den  Äckern  zahlreiche  zerbrochene  Stücke  auf- 
lesen. Denn  Bauern  und  Händler  haben  nur  bemalte 
Sarkophage  gesammelt. 


wir  von  Kuruniotis'  weiteren  Forschungen 
in  chiischen  Nekropolen  vielfache  Belehrung 
erhoffen. 

Viel  wichtiger  noch  sind  seine  Grabungen 
an  der  Südspitze  der  Insel,  im  Heiligtum  des 
Apollon  beim  alten  Phanai  (heute  Phanä). 
Von  den  Mauern  seines  Peribolos  hatte  schon 
Conze  1858  ein  paar  Stücke  verzeichnet 
(Philologus  XIV  155  ff.).  Kuruniotis  hat 
sie  nun  zum  größeren  Teil  freigelegt:  sie 
bilden  ein  Viereck  von  weit  über  2500  qm 
und  sind  aus  zwei  Quadern  schön  gefugt,  im 
Stile  des  5.  Jahrh.  Dazu  stimmt  auch  ein 
Schatz  von  59  chiischen  Silbermünzen,  aus 
der  Mitte  des  5.  Jahrh.,  der  in  einer  kleinen 
Tonkanne  hart  an  der  Mauer  vergraben  war. 
Indessen  ist  der  Kult  in  diesem  Heiligtum 
viel  älter.  Das  beweisen  ionisch -geometrische 
Scherben  des  8./7.  Jahrh.,  die  Kuruniotis  auf 
der  Tempelstätte  ausgegraben  hat,  eine 
Fibel  und  ein  Ohrring  aus  Bronze,  die  Sta- 
tuette einer  nackten  Frau  und  zwei  Skara- 
bäen  aus  Fayence,  die  in  ionischen,  z.  B. 
rhodischen  Gräbern  des  7.  Jahrh.  ihre  Paral- 
lelen finden.  Vor  allem  aber  ist  hier  eine 
prachtvolle  bronzene  Greifenprotome,  von 
einem  Kessel  derselben  Zeit,  zu  erwähnen, 
die  schon  vor  den  Ausgrabungen  hier  ge- 
funden wurde;  meines  Wissens  das  erste  be- 
kannt gewordene  Beispiel  solcher  Greifen- 
köpfe von  den  Sporaden,  besonders  will- 
kommen, da  wir  ja  aus  Herodot  (IV  152)  den 
riesigen  Bronzekessel  kennen,  den  die  Samier 
nach  ihrer  Fahrt  nach  Tartessos  im  Heraion 
aufstellten:  TcepiS  8s  auiou  YpuTtoiv  xscpcxXai 
TTpoxpocfaoi  sfsi. 

Wir  können  uns  noch  keine  Vorstellung 
von  dem  ältesten  Apollontempel  machen,  der 
in  Phanai  im  7.  Jahrh.  gestanden  haben 
wird.  Dagegen  hat  Kuruniotis  schon  einige 
Reste  eines  schönen  ionischen  Marmorbaus 
aus  der  zweiten  Hälfte  des  6.  Jahrh.  gefun- 
den: eine  Säulenbasis,  mehrere  unkannelierte 
Trommeln  (der  Tempel  ist  also  ebensowenig 
vollendet  worden  wie  das  Heraion  von 
Samos),  und  vor  allem  zwei  Zierleisten  mit 
reichem  Reliefschmuck  (gegenständige  Pal- 
metten-Lotoskette,  wohl  vom  Epistyl,  und 
ein  kolossaler  Perlstab  von  der  Basis  der 
Cellawand).  Auch  ein  Stück  des  Tempel- 
fundaments ist  bereits  freigelegt.  Obwohl 
der  Bau  schon  seit  dem  frühen  Mittelalter 


301 


Griechenland. 


202 


gänzlich  zerstört  worden  ist  —  die  Ruinen 
einer  byzantinischen  Kirche  stehen  auf  seinen 
Trümmern  — ,  versprechen  diese  Ergebnisse 
der  ersten  kleinen  Ausgrabung  schon  schöne 
Früchte  für  die  Zukunft.  Und  die  eben 
(August  191 5)  begonnene  zweite  Kampagne 
scheint  sich  recht  erfolgreich  zu  gestalten. 


eigenartiger  Weise  wie  Pinienzapfen  mit 
Schuppen  besetzt  sind  (Abb.  8  nach  AsXxtov 
86) .  Dazu  kommt  noch  eine  besonders  schöne 
ionische  Säulenbasis  (Abb.  9  nach  AeXti'ov 
S.  88),  deren  Astragalen  mit  Flechtbändern 
verziert  sind:  ein  Vorläufer  der  Basen  an 
der  Nordhalle  des  Erechtheion.    Hoffentlich 


Abb.  8.     Kyma  aus  Chios. 


Noch  ungeduldiger  aber  erwarten  wir 
Kuruniotis'  weitere  Forschungen  bei  dem 
Phanai  benachbarten  Dorfe  Pyrgi :  hier  muß 
einer  jener  kleinen,  überreich  verzierten  ioni- 
schen Marmortempel  gesucht  werden,  die 
wir  von  den  delphischen  Schatzhäusern 
kennen.     Denn  in  den  Mauern  einiger  alter 


wird  es  Kuruniotis  gelingen,  von  diesem 
kösthchen  Bauwerk  noch  viel  mehr  zu  ent- 
decken. 

Auf  dem  Felseneiland  K  a  s  t  e  1 1  o  r  i  z  o  (dem 
alten  Megiste)  an  der  lykischen  Küste  war 
bei  einer  privaten  Versuchsgrabung  ein  golde- 
ner  Efeukranz    ans    Licht   gekommen   und 


O  87 


Abb,  9.     Säulenbasis    aus  Chios. 


Kirchlein  stecken  mehrere  Marmorplatten 
mit  Zierleisten,  deren  Reichtum  die  delphi- 
schen noch  übertrifft:  große  Eierstäbe  und 
Blattkränze,  zum  Teil  mit  reichen  und 
originellen  Palmetten  gefüllt,  vor  allem  aber 
ein  Eckstück  der  inneren  Wandbekrönung 
der  Cella,  mit  einem  prachtvollen,  zu  zwei 
Dritteln  erhaltenen  Gorgoneion  an  der  Ecke 
und  einem   Kyma,   dessen   Blätter  in  ganz 


ins  Athener  Nationalmuseum  gelangt.  In- 
folgedessen hat  Kyparissis  die  Insel  ar- 
chäologisch erforscht  (AsXxtov ,  Beibl.  62), 
freiUch  ohne  große  Erfolge,  da  einheimische 
und  fremde  Raubgräber  hier  schon  seit 
Jahren  ihr  Wesen  getrieben  haben.  Jener 
Kranz  stammt  aus  einem  einfachen  Stein- 
sarg; dieser  enthielt  noch  viele  tönerne 
Beeren,  von  einem  der  seit  dem  4.  vorchrist- 


203 


Archäologische  Funde  im  Jahre  191 4. 


204 


liehen  Jahrhundert  häufigen  biUigen  Grab- 
kränze,  die  in  Holz,  Bronze  und  Ton  mit  viel 
Vergoldung  die  echt  goldenen  Exemplare 
nachahmen;  ferner  einen  bronzenen  Ring  mit 
Gravierung  (Hermes?),  eine  Silbermünze 
von  Rhodos  aus  den  Jahren  333 — 304  und 
eine  bronzene  von  Amphipolis,  nach  146 
V.  Chr.  Letztere  gibt  uns  das  Datum  des 
Grabes.  Eine  Reihe  von  ähnlichen  benach- 
barten Sarkophagen  war  schon  längst  ge- 
plündert worden,  ihre  Ausgrabung  ergeb- 
nislos. 

Wichtiger  ist  eine  alte  polygonale  Ring- 
mauer auf  der  Spitze  des  Viglaberges,  die 
Kyparissis  jungmykenischer  Zeit  zuschreibt. 
Einzelfunde,  welche  ihr  Alter  näher  bestim- 
men könnten,  hat  er  leider  nicht  gemacht. 
Der  Hauptort  der  Insel  scheint  indessen 
schon  im  Altertum  auf  dem  Hügel  der  Pan- 
agia  gelegen  zu  haben,  der  heute  nochPalio- 
kastron  heißt  und  den  besten  Ausblick  aufs 
Meer  nach  allen  Seiten  bietet.  Sehr  schöne 
Quadermauern  des  5. — 4.  Jahrh.  umgaben 
diese  Akropolis;  zum  größten  Teil  sind  sie 
durch  ein  Kastell  der  Rhodiser  zerstört 
worden.  Die  zahlreichen  Felsgräber  an 
dieser  Stätte  fand  Kyparissis  allesamt  aus- 
geraubt; ebenso  einige  sehr  große  Gräber  an 
andern  Orten  der  Insel.  Doch  hat  er  wenig- 
stens alle  noch  auf  Kastellorizo  vorhandenen 
Inschriften  und  Reliefs  gesammelt  und  ge- 
borgen. 

Ganz  besonders  muß  hervorgehoben  wer- 
den, mit  welch  umsichtiger  Sorgfalt  unter 
der  bewährten  Oberleitung  von  N.  Balanos 
die  Erhaltung  der  antiken  Monu- 
mente betrieben  wird.  Der  Arbeiten  auf 
der  Akropolis  habe  ich  an  dieser  Stelle  schon 
mehrfach  gedacht  (A.  Anz.  1909,  105;  191 1, 
119;  1912,  235).  Balanos  berichtet  nun  im 
AsXtiov  Beibl.  49  über  den  weiteren  Aufbau 
der  Osthalle  der  Propyläen.  Die  Deck- 
balken tragen  auf  ihrer  Oberfläche  der  Länge 
nach  eine  bis  zu  0,30  m  tiefe  Einarbeitung 
für  Eisenträger,  welche  die  einzelnen  Stücke 
jedes  Balkens  verbanden  und  trugen.  Die 
drei  nördlichen  Balken  und  die  auf  ihnen 
ruhenden  Deckplatten  liegen  nun  wieder  an 
ihrer  Stelle,  ebenso  die  Kassetten,  so  daß 
dieser  Teil  der  Decke  in  seiner  ursprünglichen 
Gestalt  erscheint.  Auch  die  Geisonblöcke 
der  Osthalle  sind  zum  Versetzen  bereit.  — 


Im  Parthenon  sind  die  byzantinischen 
Freskenreste  auf  den  Cellawänden  nach 
Möglichkeit  konserviert  und  viele  der  häß- 
lichen Ziegellagen  an  der  Nordwand  ent- 
fernt und,  wo  es  not  tat,  durch  Marmorblöcke 
ersetzt  worden.  Das  Agrippa -Monument 
wurde  gereinigt,  seine  vielen;  Risse  und 
Sprünge  mit  Zement  geschlossen,  die  Reste 
der  Statuenbasis  auf  seiner  Oberfläche  ge- 
festigt. In  der  Unterstadt  hat  Orlandos 
die  baufällige  alte  Moschee  neben  der 
Hadrians- Bibliothek  vollständig  gereinigt, 
von  modernen  Einbauten  befreit  und  re- 
pariert, so  daß  sie  jetzt  als  byzantinisches 
Museum  dienen  kann. 

Derselbe  hat  auch  in  zweimonatlicher  Arbeit 
die  Seitenkammer  des  großen  Kuppelgrabes 
von  Orchomenos  (des  »Schatzhauses  des 
Minyas«)  wiederhergestellt  (AeXtiov  51  ff.). 
Die  Wände  aus  kleinen  Steinen  mit  Lehm- 
verband  tragen  wieder  ihre  Oberschicht  aus 
Quadern,  auf  denen  die  bekannten  Deck- 
platten mit  dem  Spiralnetz  in  flachem  Relief 
ruhen.  Auch  die  Wände  waren  mit  ähn- 
lichen Reliefplatten  getäfelt,  doch  ist  ihr 
gipsartiger  Stein  zu  stark  verwittert,  um 
eine  Rekonstruktion  zu  erlauben.  Eine 
2  cm  tiefe  Rinne  im  Felsboden  nahm  einst 
die  8  cm  dicken  Platten  auf,  die  durchaus  an 
die  glatte  Täfelung  so  vieler  Zimmer  in 
kretischen  Palästen  erinnert.  Das  Ornament 
beginnt  erst  ein  wenig  über  dem  unteren 
Rande,  setzt  sich  aber  merkwürdigerweise 
in  den  Ecken  über  die  Anschlußfugen  der 
rechtwinklig  anstoßenden  Platten  hinaus 
fort.  Aus  dem  neuen  Plane  von  Orlandos 
(Abb.  10  nach  AeXtiov  53)  ersehen  wir,  daß 
die  Seitenkammer  schräg  zur  Achse  der 
Tholos  steht.  Diese  letztere  ist  genau  kreis- 
rund; im  Mittelpunkt  hat  Orlandos  das  Loch 
gefunden,  in  dem  beim  Bau  des  Grabes  ein 
Richtpfahl  steckte  (vgl.  die  entsprechende 
Anlage  in  Kakovatos,  Dörpfeld,  AM. 
XXXIII  1908,  299).  Auch  über  den  merk- 
würdigen altarartigen  Bau  im  großen  Kup- 
pelraum gibt  Orlandos  neuen  Aufschluß. 
Im  Schutt  der  bayrischen  Ausgrabungen 
(Bulle,  Orchomenos  I  17)  hat  er  außer  zahl- 
reichen »minyschen«  und  matt  bemalten 
Scherben  ein  Marmorbruchstück  mit  den 
Buchstaben  ^  E  B  [aot]  gefunden,  das  wohl 
zur  Weihinschrift  jenes  Monuments  gehört, 


205 


Griechenland. 


206 


ebenso  wie  die  längst  bekannten  Skulptur- 
fragmente (Dörpfeld,  Zeitschr.  f.  Ethnol. 
XVIII,  376  ff. ;  Beiger,  Beiträge  zu  griech. 
Kuppelgräbern  36)  zu  seinem  bildnerischen 
Schmuck.    So  vermehrt  diese  Arbeit  in  viel- 


die  Decke  der  unterirdischen  Quellenanlage 
an  der  NO. -Seite  der  Burg;  es  ist  zu  hoffen, 
daß  nun  dieses  viel  zu  wenig  bekannte 
Hauptwerk  mykenischer  Befestigungskunst 
bald  würdig  publiziert  werden  möge. 


Abb.  IG.     Plan  des  Kuppelgrabes  von  Orchomenos. 


facher  Weise  unsere  Kenntnis  des  prächtigen, 
zu  lange  vernachlässigten  Bauwerkes. 

Auch  den  Monumenten  von  Mykenai  ist 
die  Sorgfalt  des  Konservators  zugute  ge- 
kommen (Ktenas,  AsXxiov ,  Beibl.  53  f.). 
Der  Dromos  des  sogenannten  »Grabes  der 
Klytaimestra«  ist  nun  ausgeräumt  und  die 
Grundwässer  abgeleitet,  die  einsturzdrohende 
Tür  endgültig  repariert  und  gesichert,  ebenso 


Mit  der  Konservierung  der  Monumente 
hält  die  Organisation  und  Ausgestal- 
tung der  zahlreichen  Museen  Grie- 
chenlands guten  Schritt.  Vor  allem  ist  hier 
die  mustergültige  Arbeit  zu  nennen,  die 
Keramopulos  und  Pelekides  auf  der 
Akropolis  leisten.  Ein  Erweiterungsbau 
wird  hier  binnen  kurzem  die  beiden  Museen 
verbinden    und    Raum    für    ihre    Schätze 


207 


Archäologische  Funde  im  Jahre  1914. 


208 


schaffen,   ohne  irgendwie  den  bescheidenen 
Charakter  des  halbversteckten  Gebäudes  zu 
stören,  der  ja  an  dieser  heihgen  Stätte  ge- 
boten war.   Unterdessen  ist  aus  dem  so  lange 
stiefmütterlich  behandelten  kleinen  Magazin 
ein  helles,  gut  geordnetes  und  ansprechendes 
Museum  geworden,  dessen  Inhalt  man  jetzt 
erst  überschauen  kann.    Aus  dem  reich  illu- 
strierten Bericht  von  Keramopulos  (AsXxiov, 
Beibl.  19  ff.)  ersehen  wir  mit  Staunen,  welch 
ein  Schatz  an  bronzenen  Geräten  im  Keller 
des  großen  Museums  seit  einem  Vierteljahr- 
hundert   unbeachtet    lagerte.        Mit    ganz 
wenigen  Ausnahmen  gehören  sie  in  die  Zeit 
vor  dem  Persereinfall  und  sind  daher  auch 
chronologisch  wichtig.     Da  sind  an  tausend 
gegossene  Henkel  von  Gefäßen,  deren  Wan- 
dungen aus  Bronzeblech  verschwunden  sind, 
darunter    besonders    zahlreich     (über    400) 
wagerechte  geknickte   Henkel  von   Schalen 
und   Näpfen,    meist   mit   einem   Knopf   auf 
dem  Knick,  eine  Form,  die  wir  in  Ton  z.  B. 
von  den  wundervollen  Schalen  des  Sotades 
kennen  (White  Athenian  Vases  in  the  Brit. 
Mus.    Taf.    16 — 18);    mehr    als    300    runde 
Henkel  ähnUcher  kleiner  Gefäße;  über  lOO 
Henkel  von  Krateren,  Hydrien  und  Kannen; 
gegen  200  bewegliche  Ringhenkel  von  Kes- 
seln und  Becken,  von  denen  einige  wenige 
als    Attachen     Kopf     und    Vorderpranken 
eines  Löwenfells  oder  nur  eine  Löwenmaske 
in  schöner  Arbeit  zeigen.     Zahlreich,  wenn 
auch  viel  weniger  massenhaft,  sind  gegossene 
Gefäßfüße    erhalten;    besondere    Beachtung 
verdienen  die  ringförmigen  Untersätze  von 
Schalen  und    Becken,   die   auf   drei   Rollen 
oder    Garnwickeln    ähnlichen     Stützen     zu 
ruhen  pflegen  (40  ganz  erhaltene  und  viele 
Fragmente) :  sie  erinnern  uns  an  die  ßaXa- 
vtütrj  <ptaX>j,  r^^  TqJ  TCu&fievt  y^puaoX  uitsxsivto 
doxpaYaXot  (Athenaeus  XI  502  b).    Auch  an 
Einzelfüßen  mit  Löwenklauen,  die  je  zu  dritt 
ein  Becken  trugen,  fehlt  es  nicht  (über  80 
Stück) ;  daneben  erscheinen  vereinzelt  kleine 
Väschen,    Zymbeln,     Wagschalen,     Räder, 
Pfriemen  und  anderes  Gerät.      Selten  sind 
Waffen     (Schwerter,     Lanzen-     und     Pfeil- 
spitzen), was  im  Heiligtum  der  kriegerischen 
Göttin  überraschen  könnte.    Nadeln,  Fibeln 
und  sonstiger  Schmuck  fehlen  fast  ganz,  sehr 
im  Gegensatz  zu  den  Schätzen  der  argivi- 
schen  Hera  oder  der  ephesischen  und  spar- 


tanischen Artemis.  Daß  diese  Bronzen  Ge- 
schenke an  Athena  sind,  beweisen  mehrere 
eingeritzte  Weihinschriften  (S.  33).  Die 
Vorliebe  der  Göttin  für  Vasen,  aus  Metall 
wie  aus  Ton,  hat  uns  ja  die  Überfülle  der 
Keramik  von  der  Burg  schon  längst  gelehrt. 
Eine  gute  Übersicht  der  im  Akropolis- 
Museum  aufbewahrten  Tongefäße,  von  vor- 
mykenischer  bis  zu  römischer  Zeit,  gibt  Pele- 
kidis  S.  34  ff.  Dazu  kommt  noch  eine  ganz 
vorzügliche  Sammlung  griechischer  Lampen, 
besonders  Ringlampen  mit  mehreren  Schnau- 
zen, die  er  bald  publizieren  wird. 

Keramopulos  und  Papadakis  haben 
in  den  Museen  von  Theben  und  Chalkis, 
sowie  in  den  kleineren  Sammlungen  von 
Tanagra  und  Eretria  repariert,  erwei- 
tert, geordnet,  Fragmente  zusammengesetzt 
und  verstreute  Bildwerke  und  Inschriften  aus 
privatem  Besitz  in  den  Museen  geborgen 
(AsXtiov,  Beibl.  42).  Unter  diesen  ragt  eine 
marmorne  Herakles  -  Herme  aus  Thespiai 
hervor,  zwar  ein  recht  mäßiges  Werk  des 
3.  vorchristl.  Jahrh. ,  aber  durch  seine  In- 
schrift bedeutsam: 
rujJivocoXos  axspvu)  ßXstrexai  Osoc  djxcpt  8^  xpaxt 

}(da(xa  XeovTOS  s/^'  Sepfxa  x'  lTr«>|ii8tov. 
Odpea  8'  oux  l&eXtuv  xov  s^v  ttovov  äjjLCpt8s8uxev 

xocjfAOv  eyrnv  iSiov  xotl  cpoßov  Iv  xpoxdcpot?. 

In  dem  Museum  von  Volo  hat  Arvani- 
topulos  seine  bemalten  Stelen  zum  Teil  neu 
aufgestellt  und  durch  neugefundene  Frag- 
mente vervollständigt,  ferner  eine  solche 
Stele  in  ihrem  Naiskos  und  auf  ihrem  Unter- 
bau rekonstruiert.  Dabei  ergab  sich,  daß 
die  Rückwand  des  Naiskos  leicht  vorgeneigt 
war,  um  von  unten  gesehen  gerade  aufrecht 
zu  erscheinen. 

Rhomaios  fährt  fort,  im  Museum  von 
Korf  u  nicht  nur  die  Funde  aus  den  Grabun- 
gen von  Garitsa  und  Monrepos  zu  vereini- 
gen, sondern  auch  verstreute  Monumente 
aus  der  Umgegend  (AeXxiov,  Beibl.  45). 
Wichtig  sind  besonders  drei  archaische  dori- 
sche Epistyle  und  ein  Ecktriglyph  von  der 
Innenhalle  eines  Hofes,  die  ersten  Reste 
eines  solchen  Peristyls  aus  dem  6.  Jahrh.; 
bemerkenswert  ist  auch  ein  großer,  leider 
arg  verstümmelter  Poroskopf  der  Athena 
aus  dem  4.  Jahrh.  Ehe  der  Erweiterungsbau 
des  Museums  begann,  hat  Rhomaios  das 
Terrain   nach   Gräbern  durchforscht,   da  ja 


209 


Griechenland. 


2J0 


in  dieser  Gegend  das  berühmte  Denkmal 
des  Menekrates  und  andere  Gräber  lagen. 
Doch  hatte  die  ständige  Besiedelung  hier 
alles  bis  auf  den  Grund  zerstört.  —  Über 
Rhomaios'  Arbeiten  im  Museum  von  Ther- 
men s.  Sp.   195. 

Langwierig,  kostspielig  und  entsagungsvoll 
ist  die  Arbeit  im  Museum  von  Olympia 
gewesen.  Der  Bau  war  von  Anfang  an 
fehlerhaft  und  zum  Teil  geradezu  unvor- 
sichtig aufgeführt  worden,  die  Regengüsse 
vieler  Jahre  hatten  Dächer  und  Decken  der 
Seitenflügel  morsch  gemacht,  Erdbeben  ihre 
schwachen  Fundamente  erschüttert.  Es  ist 
ein  Glück,  daß  hier  eine  Katastrophe  ver- 
mieden wurde.  Nun  sind  überall  feste  Eisen- 
träger und  Betondecken  angelegt  und  die 
Gefahren  abgewendet,  die  Säle  gereinigt  und 
mit  einer  neutralen  graugrünen  Farbe,  an 
Stelle  des  aufdringlichen  pompejanischen 
Rot,  gestrichen,  die  Kleinfunde  und  ein  Teil 
der  Skulpturen  neu  geordnet  und  aufgestellt 
(vgl.  unten  Sp.  211).  Zugleich  sorgen  auch 
Kyparissis  und  Karachalios,  der  Leiter 
des  Museums,  dafür,  daß  der  Lauf  des 
Kladeos  reguliert  wird.  Er  hatte  das  Gym- 
nasion  schon  bedenklich  angefressen,  dabei 
übrigens  einen  wundervollen,  vorzüglich  er- 
haltenen, mächtigen,  archaischen  Greifenkopf 
von  einem  Bronzekessel  aus  dem  Abhang 
hervorgespült,  wo  ihn  Karachalios  fand. 
Dieser  und  frühere  Funde  aus  dem  Kladeos - 
bett  beweisen,  daß  man  von  einer  vollständi- 
gen Freilegung  des  Gymnasions,  welche 
Kyparissis   plant,    noch   viel   erhoffen   darf. 

Die  Ausgrabungstätigkeit  des  Deutschen 
Instituts  ist  seit  anderthalb  Jahren  trotz 
des  Krieges  und  des  durch  ihn  verursachten 
Ausbleibens  allerjungenHilfskräfte  eine  regere 
gewesen  als  in  manchem  Friedensjahr.  In 
meinem  letztenBericht  (A.  Anz.  1914,  133  und 
130  ff.)  habe  ich  schon  eine  kleine  Kam- 
pagne in  Tiryns  (März  1914)  erwähnt, 
ebenso  die  auf  Befehl  Seiner  Majestät  des 
Kaisers  von  Dörpfeld  geleiteten  Ausgrabun- 
gen auf  Korfu  ,  von  Ende  März  bis  Anfang 
Mai  1914  (vgl.  Dörpfeld,  AM.  1914,  161). 
Über  die  größte  Aufgabe  des  verflossenen 
und  des  laufenden  Jahres,  die  Erforschung 
des  Kerameikos  vor  dem  Dipylon  in 
Athen,  berichtet  Brückner  in  diesem  An- 
zeiger 1914,  91  ff.;  191 5,  III  ff.     Die  von  ihm 

Archäologischer  Anzeiger  1915. 


und  Knackfuß  geleiteten  Arbeiten  währten 
von  Anfang  April  bis  Ende  Juni,  dann 
wieder  vom  Oktober  bis  zum  März  191 5.  Sie 
sollen  in  diesem  Herbste  wieder  aufgenom- 
men werden  und  den  Winter  hindurch  fort- 
dauern. Im  April  1915  hat  Philadel- 
pheus  die  gesamten  Funde  unserer  Aus- 
grabungen in  Tiryns  nach  Nauplia  über- 
führt; dort  habe  ich  sie  im  Museum  (der 
alten  Hauptmoschee)  vorläufig  aufgestellt, 
um  sie  später  endgültig  zu  ordnen,  wenn 
sich  unter  der  tatkräftigen  Leitung  des 
neuen  Ephoren  dieses  Museum  weiter  ent- 
wickelt hat. 

Von  Anfang  Juni  bis  Ende  September 
191 5  haben  wir  endlich  eine  neue  Aufgabe 
begonnen,  die  schon  seit  Jahren  unser 
Wunsch  und  eine  Ehrenpflicht  des  Instituts 
war,  die  Aufräumung  der  Altis  von 
Olympia.  Die  großen  deutschen  Aus- 
grabungen, die  ersten  ihrer  Art  auf  dem 
griechischen  Festlande,  sind  zwar  ein  leuch- 
tendes Vorbild  sorgfältiger  und  eindringender 
wissenschaftlicher  Forschung  geblieben;  aber 
die  Ruinenstätte  selbst  war  ohne  jede  Ord- 
nung verlassen  worden,  die  Bauglieder  wirr 
durcheinander  gehäuft,  wie  sie  gerade  wäh- 
rend der  Arbeit  herumlagen.  Viele  wichtige 
Stücke  sind  unauffindbar  vergraben,  mehr- 
fach hat  man  Monumente  tief  unterhöhlt 
stehen  lassen,  so  daß  ihr  Einsturz  droht  oder 
schon  erfolgt  ist.  Es  gilt  nun,  die  Ruinen 
von  neu  angesammeltem  Schutt  und  schäd- 
lichem Gestrüpp  zu  befreien,  —  natürlich 
ohne  die  schöne  Vegetation  und  den  jungen 
Baumschlag  unnötig  zu  vernichten,  die  ja 
heute  der  Altis  einen  besonderen  Reiz  ver- 
leihen, baufällige  Teile  zu  stützen,  die  weit 
verstreuten  Glieder  der  einzelnen  Bauten 
nach  Möglichkeit  bei  ihren' Fundamenten  zu 
vereinigen  und  so  ein  übersichtliches  Bild 
des  Heiligtums  zu  schaffen:  eine  Arbeit  von 
mehreren  Jahren,  für  die  Knackfuß  durch 
seine  reiche  Erfahrung  in  Milet  und  Didyma 
ganz  besonders  geeignet  ist.  Er  hat  denn 
auch  schon  in  dieser  ersten  von  ihm  geleite- 
ten Kampagne  die  ganze  Schatzhäuser-Ter- 
rasse, das  Metroon  und  das  Gebiet  bis  zum 
Stadion,  dieses  selbst  (soweit  es  ausgegraben 
ist),  die  Echohalle  und  die  Monumente  vor 
ihrer  Front  vollkommen  in  Ordnung  ge- 
bracht,   ferner    einen   Teil    des    Chaos   von 


211 


Archäologische  Funde  im  Jahre   191 4. 


212 


Blöcken  aller  Art,  welche  die  Ostfront  des 
Zeustempels  fast  unzugänglich  machen,  auf- 
gelöst und  aufgeräumt,  das  Postament  des 
Stiers  der  Eretrier  und  ein  paar  andere  vor 
dem  Einsturz  bewahrt.  Endlich  hat  er  west- 
lich vom  Metroon  und  beim  Pelopion  die 
Tiefgrabungen  von  1908/09  zum  größten 
Teil  wieder  zugeschüttet,  da  in  diesem 
feuchten  Terrain  die  prähistorischen  Haus- 
fundamente zusehends  zerfallen.  Nur  das 
besterhaltene  dieser  Fundamente,  zugleich 
eines  der  größten  und  wichtigsten,  soll  durch 
Ausmauern  seiner  Grube  geschützt  sichtbar 
bleiben. 

Es  traf  sich  gut,  daß  gerade  in  diesem 
Sommer  die  Reparaturarbeiten  im  Museum 
von  Olympia  (oben  Sp.  209)  vollendet  wurden. 
Wir  durften  dabei  unseren  griechischen  Kol- 
legen helfen  (denen  ich  auch  hier  für  ihr 
freundliches  Entgegenkommen  herzlich  dan- 
ken möchte)  und  taten  es  um  so  lieber,  als 
es  sich  ja  auch  hier  um  eine  deutsche  Ehren- 
pflicht handelte.  Dabei  fiel  wiederum  Knack- 
fuß die  schwierigste  und  größte  Arbeit  zu. 
Wir  haben  besonders  an  der  Ordnung  der 
magazinierten  Skulpturfragmente  und  Klein- 
funde  teilgenommen.  Auch  sind  die  im  Hofe 
verwahrlost  in  Haufen  geschichteten  Stein- 
fragmente und  architektonischen  Terra- 
kotten, darunter  manche  wichtige  Stücke, 
sowie  die  Inschriften  nun  fast  alle  im  Mu- 
seum geborgen.  Besonders  erfreulich  wirkt 
die  Neuordnung  der  Skulpturen  (abgesehen 
natürlich  von  den  großen  zusammenhängen- 
den Komplexen  vom  Tempel  und  derExedra 
des  Herodes  Atticus),  deren  beste  Stücke, 
im  nordwestlichen  Ecksaal  weiträumig  und 
gut  beleuchtet  aufgestellt,  zum  Teil  jetzt 
erst  recht  zur  Geltung  kommen.  Auch 
die  Architekturglieder  haben  durch  die 
Neuordnung   gewonnen. 

Für  die  Erforschung  von  Dodona  hat 
Seine  Majestät  der  Kaiser  uns  auch  in 
diesem  Kriegsjahre  eine  große  Summe  aus 
dem  Allerhöchsten  Dispositionsfonds  huldvoll 
gespendet.  Die  Arbeiten  sollen  beginnen, 
sobald  es  die  politische  Lage  gestattet. 

Höchst  erfolgreich  sind  die  nach  längerer 
Unterbrechung  im  Vorjahre  wieder  aufge- 
nommenen Arbeiten  der  Amerikanischen 
Schule  in  Korinth  gewesen.  Sie  galten 
zunächst  dem   Peribolos  des  Apollon,   den 


Pausanias  (H  3,  3)  unmittelbar  nach  der 
Peirene  erwähnt  und  den  Hill  denn  auch 
schon  1910  nahe  bei  dieser  entdeckt  hatte 
(A.  Anz.  191 1,  137).  Nun  sind  auch  die 
N- und  0-Seite  freigelegt  worden,  die  besser 
erhalten  sind  als  die  andern,  aber  freilich 
auch  arg  zerstört;  nur  Teile  des  Stylobats 
sind  in  situ  erhalten.  Die  Stätte  ist  seit  dem 
Altertum  ununterbrochen  bewohnt  gewesen: 
byzantinische ,  fränkische ,  venezianische, 
türkische  und  neugriechische  Mauern  liegen 
hier  über-  und  durcheinander,  und  für  alle 
ist  das  ApoUonheiligtum  ein  bequemer  Stein- 
bruch gewesen.  Der  Peribolos  bestand  aus 
einem  von  vier  Säulenhallen  umgebenen  Hof. 
Die  marmornen  Säulen  sind  unkannelliert, 
ihre  Basen  und  Kapitelle  ionisch;  zehn 
standen  in  der  0-  und  W-Halle,  vierzehn 
in  den  beiden  anderen.  Epistyl  und  Fries 
bestehen  aus  einem  Block.  Auf  ersterem 
stand  eine  lateinische  Weihinschrift,  deren 
Bruchstücke  leider  noch  keine  befriedigende 
Ergänzung  erlauben. 

Nördlich  von  diesem  Peribolos  ist  die  Er- 
forschung eines  umfangreichen  Gebäudes  be- 
gonnen worden,  in  dem  vielleicht  die  Bäder 
des  Eurykles  (Paus.  H  3,  5)  zu  erkennen 
sind.  Bisher  ist  nur  ein  großes  Gemach  auf- 
gedeckt, das  einst  eine  Ziegelkuppel  trug,  bis 
zur  Höhe  von  1,33  m  wie  eine  Zisterne  zemen- 
tiert, darüber  einst  mit  Marmorplatten  ge- 
täfelt war.  Die  Arbeiten  werden  hier  fort- 
gesetzt. 

Auch  östlich  der  Peirene  ist  ein  neuer 
Raum  freigelegt  worden,  ein  geräumiges 
Gelaß  (11  :  4,75  m),  das  eine  ionische  Säulen- 
stellung mit  drei  Porosbögen  in  zwei  Hälften 
teilt.  Die  gewölbte  Decke  ist  eingestürzt. 
Die  Südwand  steht  auf  einer  schönen  griechi- 
schen Mauer  aus  Porosblöcken;  auch  sonst 
weist  die  sorgsame  Bauart  in  gute  Zeit.  Vom 
Marmorbelag  der  Wände  sind  zahlreiche 
Stücke  erhalten. 

Ferner  haben  Hill  und  seine  Mitarbeiter 
die  Ostseite  der  Agora  ausgegraben;  es  er- 
geben sich  nun  als  Maße  des  Marktplatzes 
255  :  127  m,  er  war  also  einer  der  größten  in 
Griechenland.  Den  östlichen  Abschluß  der 
Agora  bildet,  etwa  28  m  lang,  eine  gute 
Stützmauer  aus  Porosblöcken,  der  in  einem 
Abstand  von  fast  6  m  eine  zweite  parallel 
läuft   (von  zwei  weiteren  Mauern  sind  nur 


213 


Griechenland. 


214 


die  Einarbeitungen  im  Felsen  und  wenige 
Blöcke  erhalten);  über  der  Euthynteria 
stehen  beide  noch  6  Schichten  hoch,  die 
Blöcke  der  obersten  zeigen  Leeren  für  die 
Holzbalken  der  Decke.  Vier  hölzerne  Säulen 
auf  kleinen  Steinbasen  halfen  diese  tragen. 
Das  Gemach  war  innen  mit  Marmor  getäfelt; 
von  den  Wänden  sprangen  in  regelmäßigen 
Abständen  Parastaden  mit  buntem  Marmor - 
belag  vor.  In  der  Oberschicht  der  Ostmauer 
sind  auch  noch  Fensteröffnungen  zu  sehen. 

Besonders  reich  und  schön  ist  die  Aus- 
beute an  Marmorskulpturen  gewesen.  Aus 
der  Peireneleitung  stammt  ein  reizendes 
weibliches  Köpfchen  (0,14  m  hoch)  mit 
reichem  Lockenschmuck,  von  einem  Hoch- 
relief abgebrochen,  hellenistisch  -  römische 
Arbeit,  aber  von  klassischem  Typus.  Am 
Ostende  der  Agora  sind  vorzügliche  römische 
Porträtstatuen  des  julisch-klaudischen  Kai- 
serhauses gefunden  worden.  Eine  ist  bis  auf 
die  Nasenspitze  und  den  linken  Unterarm 
ganz  erhalten  (H.  1,98).  Das  Gesicht  ist 
kurz  und  breit,  mit  abstehenden  Ohren,  das 
Haar  hinten  ziemlich  lang,  auf  den  Seiten 
leicht  gelockt.  Von  der  linken  Schulter  fällt 
die  Chlamys  auf  Rücken,  linken  Arm  und 
stützenden  Baumstamm  herab.  Eine  zweite 
Statue  bildet  zu  dieser  das  Gegenstück,  doch 
fehlen  Nase  und  linker  Arm  sowie  Unterleib 
und  Beine.  Beide  Köpfe  ähneln  dem 
Augustus  so  sehr,  daß  man  vielleicht  seine 
Adoptivsöhne  Caius  und  Lucius  in  ihnen 
erkennen  darf.  Dagegen  trägt  ein  dritter, 
ganz  vorzüglich  gearbeiteter  und  erhaltener 
Kopf,  ein  Jüngling  mit  kleinem  Bart  und 
über  den  Kopf  gelegtem  Mantel,  dem  Ti- 
berius  sehr  ähnliche  Züge.  Dazu  kommen 
noch  zwei  männliche,  langgewandete  Torsen 
und  eine  vom  Hals  bis  zu  den  Knien  er- 
haltene Panzerstatue;  ihr  linker  Arm  fehlt, 
die  angelegte  rechte  Hand  hielt  das  faltige 
Gewand.  Der  Panzer  trägt  ein  Gorgoneion; 
darunter  errichten  zwei  Niken  in  sehr  hohem 
Relief  ein  Tropaion,  eine  dritte  Nike 
schmückt  die  rechte  Schulterklappe. 

Endlich  hat  Miss  Walker  nördlich  und  süd- 
lich vom  Apollotempel  durch  eine  Reihe 
von  Versuchsschachten  die  prähistorischen 
Schichten  von  Altkorinth  zu  erforschen  be- 
gonnen und  dabei,  zum  ersten  Mal  im  Pelo- 
ponnes,    eine    der    neolithischen    Keramik 


Mittel-  und  Nordgriechenlands  verwandte 
Ware  entdeckt.  Wie  in  den  englischen  Gra- 
bungen von  Lianokladhi  erweist  sich  auch 
in  Korinth  die  sogenannte  Urfirnis-Gattung 
als  jünger  denn  jene  neolithischen.  Die  Er- 
gebnisse versprechen  hier  besonders  inter- 
essant zu  werden.  Da  in  diesem  Sommer 
ausgedehntere  Grabungen  vorgenommen  und 
dabei  auch  weiter  nördlich  die  erste  mykeni- 
sche  Niederlassung  in  Korinth  entdeckt 
wurde,  bleibt  eine  ausführlichere  Erörterung 
besser   dem   nächsten   Bericht  vorbehalten. 

Über  die  Arbeiten  des  Österreichischen 
Instituts  in  Elis  ist  schon  im  Vorjahre 
(A.    Anz.    1914,    137  ff.)    berichtet   worden. 

Die  Französische  Schule  hat  wieder- 
um eine  reiche  und  vielseitige  Tätigkeit  ent- 
faltet. In  Delphi  haben  Courby  und 
Replat  ihre  Forschungen  im  Tempel  des 
ApoUon  fortgesetzt  (vgl.  A.  Anz.  19 14,  161). 
Über  eine  Rekonstruktion  des  Ostgiebels 
berichtet  Courby  im  Bulletin  de  Cor- 
respondance  Hellenique  1914.  Außerdem 
hat  er  aus  dem  Pflaster  der  heiligen  Straße 
noch  einige  neue  Inschriften  hervorgezogen. 
Unterdessen  widmete  sich  Blum  den  bis- 
her zu  wenig  beachteten  Ruinen  außerhalb 
des  Temenos,  vor  allem  der  römischen 
Agora.  Hier  fand  er  ein  Proxeniendekret 
für  den  epischen  Dichter  Theopompos  von 
Megalopolis  und  die  Statuenbasis  des  kaiser- 
lichen TOfAia?  Au.  Lentulus. 

Auf  Delos  hat  Plassart  die  Unter- 
suchung des  Kynthos  fortgeführt  (vgl.  A.  Anz. 
1914,  158).  Sie  galt  dem  Heiligtum  des 
Zeus  und  der  Athena  auf  dem  Gipfel  des 
heiligen  Berges,  dessen  Lage  schon  Lebögue 
1873  bestimmt  hatte,  vor  allem  aber  den 
kleinen  Heiligtümern,  durch  welche  die 
Prozessionswege  zum  Haupttempel  hinauf- 
führen. Neugefundene  Inschriften  belehren 
uns  nun  in  überraschender  Weise  über  die 
Kulte  des  Kynthos.  Jene  kleinen  Heihg- 
tümer  waren  dem  Poseidon  Askalonites 
und  einer  Dreiheit  aramäischer  Gott- 
heiten geweiht,  sie  bildeten  also  die  Ver- 
bindungsgheder  zwischen  dem  großen 
Heiligtum  der  orientalischen  Götter  (A.  Anz. 
1910,  169)  am  Fuße  des  Berges  und  dem  des 
Zeus -Baal  auf  dem  Gipfel.  Hoffentlich  helfen 
diese  Texte  auch  die  Zeit  bestimmen,  zu  der 
die  semitischen  Kulte  einen  so  breiten  Raum 

9* 


215 


Archäologische  Funde  im  Jahre   1914. 


216 


auf  dem  heiligen  Berge  einnahmen.  Alten 
hellenischen  Kult  auf  seinem  Gipfel  beweist 
schon  der  Zeusaltar,  das  Ziel  der  Epheben 
bei  ihrem  vom  Apollontempel  ausgehenden 
Fackellauf. 

Auf  Thasos  haben  Picard,  Avezou, 
Blum  und  Lejeune  mit  gutem  Erfolge 
weiter  gegraben.  Aus  der  Akropolismauer 
haben  sie  einen  kolossalen,  gegen  3  m  hohen 
archaischen  »Apollon«  hervorgezogen,  der  in 
ganz  singulärer  Weise  auf  dem  einen,  vor 
die  Brust  gelegten  Arm  einen  Widder  trägt. 
Der  nur  roh  zubehauene  Koloß  war  offenbar 
für  den  benachbarten  Apollontempel  be- 
stimmt, ist  dann  aber  unfertig  verworfen 
und  verbaut  worden.  In  der  Unterstadt, 
ganz  nahe  dem  Prytaneion  [A.  Anz.  1914, 
164),  kam  ein  Rechteck,  von  großen  dori- 
schen Hallen  umgrenzt,  zum  Vorschein, 
vielleicht  die  griechische  Agora.  In  einer 
nahen  römischen  Ruine,  wohl  einem  Tempel, 
standen  einige  Basen  antoninischer  Zeit. 

Eine  große  neue  Unternehmung  haben 
Picard  und  Avezou  in  Philippi  begon- 
nen. Zunächst  wurde  das  Haupttor  frei- 
gelegt, durch  welches  die  Via  Egnatia  nach 
Neapolis  (Kavalla)  führt.  Eine  benachbarte 
Nekropole  lieferte  interessante  Inschriften, 
u.  a.  die  Weihung  eines  medicus  ex  imperio 
pro  salute  coloniae  luliae  Philippensis  an 
Isis  und  eine  christliche  Wundererzählung. 
In  der  Stadt  wurde  das  Theater  erforscht, 
dessen  ältere  Teile  aus  der  Zeit  Philipps  IL 
stammen.  An  Größe  übertrifft  es  die  Theater 
von  Athen,  Epidauros  und  Delos  (Durchm. 
derOrchestra  24,70  m.  Abstand  derParodoi 
70  m).  Wie  in  Mantinea  liegt  die  unterste 
Sitzreihe  höher  als  die  Orchestra.  Die  Sitze 
tragen  zahlreiche  Inschriften.  Von  dem  arg 
zerstörten  Skenengebäude  sind  wenigstens 
zwei  Fragmente  der  Weihinschrift  erhalten. 
Am  Abhang  der  Akropolis  von  Philippi  hatte 
schon  Heuzey  eine  Reihe  von  kleinen  Heilig- 
tümern verzeichnet  (Heuzey  Danmet,  Mis- 
sion en  Mac6doine  69  ff.  Plan  A.).  Diese 
sind  nun  eingehender  untersucht,  auch  einige 
neue  dazugefunden  worden.  Die  Ausbeute 
umfaßt  Reliefs  und  Inschriften,  darunter 
einen  Brief  der  Kolophonier  an  die  Philipper, 
eine  Liste  römischer  cultores  und  wichtige 
religiöse  Texte,  von  denen  sich  vier  auf  den 
Kult  des  Sylvanus  beziehen. 


Eine  zweite  makedonische  Grabung,  in 
Dion  (bei  Malathriä-Karitsa),  ist  von 
Piassar t  und  Blum  erst  begonnen  worden. 
Immerhin  haben  sie  schon  die  Ausdehnung 
der  antiken  Stadt  bestimmt  und  einen  Plan 
aufgenommen,  ferner  die  Reste  einer  Straße, 
eines  Theaters,  eines  hellenistischen  dorischen 
Tempels  und  einer  gepflasterten,  von  Säulen- 
hallen umgebenen  Agora  entdeckt.  Die  zahl- 
reichen dabei  gefundenen  Inschriften  gehören 
meist  in  römische  Zeit,  doch  reichen  einige 
bis  in  die  Regierung  Philipps  V.  von  Make- 
donien hinauf. 

Außer  all  diesen  Arbeiten  haben  die  Mit- 
glieder der  Französischen  Schule  noch  mehrere 
archäologische  Reisen  unternommen,  nach 
Akarnanien  und  Epirus,  Pierien,  Mittel- 
makedonien und  in  die  Chalkidike,  bis  der 
Ausbruch  des  Krieges  ihrer  Tätigkeit  vor- 
läufig ein  Ziel  setzte. 

Die  Englische  Schule  hat  unter  Daw- 
kins'  Leitung  ihre  Arbeit  auf  Kreta  fort- 
gesetzt, diesmal  im  Tale  von  Psychro,  hoch 
oben  im  Lasithigebirge.  Dort  liegt  auf  einem 
niedrigen  Hügel,  beim  Dorfe  Platy,  eine 
kleine  minoische  Stadt,  zu  der  wahrschein- 
lich die  benachbarte  heilige  Höhle  von 
Psychro  (die  irrig  sogenannte  diktäische 
Zeusgrotte)  gehört.  Leider  sind  die  Ruinen 
sehr  zerstört.  Sie  reichen  von  der  ersten  bis 
zur  dritten  spätminoischen  Periode  und 
bieten  uns  den  besten  bisher  bekannten 
minoischen  Stadtplan:  drei  große  Häuser- 
gruppen sind  auf  drei  Seiten  eines  quadrati- 
schen Platzes  gruppiert.  Besonders  inter- 
essant ist  ein  Haus  mit  doppelter  Vorhalle 
und  Innenhof.  Die  Einzelfunde  sind  leider 
sehr  spärlich.  Genau  wie  in  der  Grotte  von 
Fsychrö,  liegen  auch  in  Platy  archaisch 
griechische  Reste  über  den  minoischen;  doch 
nehmen  die  jüngeren  Mauern  auf  jene  älteren 
keinerlei  Rücksicht.  Eine  Periode  der  Ver- 
lassenheit muß  an  dieser  Stätte  zwischen 
beiden  liegen.  Die  minoische  Nekropole 
dieses  Städtchens  lag  hinter  dem  modernen 
Dorfe,  am  Ausläufer  des  Berges.  Ein  Kuppel- 
grab mit  Tonsarg  und  zwei  späten  Väschen 
(LM.   III)  ist  hier  geöffnet  worden. 

Die  Italienische  Schule  hat  unter 
Perniers  Leitung  ihre  Arbeiten  in  Gortyn 
fortgeführt.  Das  Odeion  an  der  Agora 
(A.  Anz.   19 14,    146)  ist  bis  aufs  letzte  er- 


217 


Bulgarien. 


2l8 


forscht  und  seine  Beziehungen  zu  dem 
älteren  Bau,  über  und  in  dem  es  errichtet 
ist,  geklärt  worden.  Bei  der  Vorbereitung 
einer  neuen  Ausgabe  des  »Rechtes  von  Gor- 
tyn«  hat  Halbherr  ermittelt,  daß  die  erste 
Kolumne  der  Inschrift  auf  einer  Ante  mit 
ionischem  Kapitell  aus  dem  Anfang  des 
5.  Jahrh.  steht.  Von  den  Ranken  des  Kapi- 
tells sind  noch  Reste  zwischen  den  Buch- 
staben des  Textes  erkennbar.  Hinter  der 
Skene  des  Odeion  wurde  ein  Teil  der  byzan- 
tinischen Nekropole  weggeräumt  und  eine 
lange  Halle  aufgedeckt,  von  der  nur  die 
Fundamente  der  Säulen  und  der  Rückwand 
übrig  sind.  Diese  Halle  scheint  dem  Odeion 
gleichzeitig  zu  sein.  Unter  den  zum  Bau 
der  christlichen  Gräber  verwandten  älteren 
Steinen  fand  sich  ein  schönes  attisches  Grab- 
relief  des  4.  Jahrh.  (Frau  auf  Lehnstuhl) 
sowie  weitere  Fragmente  einer  schon  1912 
gefundenen  Beamtenliste  des  2.  vorchrist- 
lichen Jahrhunderts. 

Im  Gebiet  des  Pythion  wurde  die  Ausgra- 
bung des  Heiligtums  der  ägyptischen  Götter 
(A.  Anz.  1914, 148)  ihrem  Ende  nahegebracht : 
das  wichtigste  Ergebnis  war  die  Aufdeckung 
einer  vonN.  nachS.  verlaufenden  Halle.  Unter 
ihr  fand  Oliverio  viele  Fragmente  von  Sta- 
tuen und  Inschriften,  die  sich  auf  ein  viel 
älteres  Heiligtum  der  ägyptischen  Götter 
beziehen;  es  liegt  offenbar  unter  dem  im 
Vorjahr  entdeckten.  Die  wichtigste  Inschrift 
meldet  in  Versen  die  Weihung  eines  nicht 
näher  bezeichneten  Geschenks  an  Isis  und 
Sarapis;  eine  andere  stammt  von  den  in 
Gortyn    ansässigen    römischen    Kaufleuten. 

Unterdessen  hat  Face  seine  Arbeiten  am 
Prätorium  östhch  vom  Pythion  fortgesetzt 
(A.  Anz.  1914,  147)  und  an  der  Westseite 
des  Gebäudes  eine  große  Halle,  im  Innern 
ein  besonderes  Tempelchen  der  ägyptischen 
Götter,  im  Süden  eine  schöne  halbrunde 
Exedra  freigelegt.  Hier  lohnten  die  Arbeit 
auch  einige  Statuen,  Kopien  römischer  Zeit 
nach  klassischen  Originalen,  wie  deren  ja 
Gortyn  schon  viele  geliefert  hat. 

Endlich  hat  Halbherr  die  Ausgrabung 
des  Palastes  von  H.  Triada  und  der  ihn 
umgebenden  Gebäude  vollendet  und  beson- 
ders die  älteren  Schichten  durch  Versuchs- 
gräben erforscht. 

Athen.  G.   Karo. 


BULGARIEN. 

Auf  dem  Gebiete  der  Prähistorie  sind  auch 
im  vorigen  Jahre  sehr  wichtige  Entdeckun- 
gen gemacht  worden.  Das  Nationalmuseum 
ließ  unter  Führung  des  Herrn  R.  Popow  den 
Hügel  Kodjadermen  bei  Schumen  im 
nordöstlichen  Bulgarien  ausgraben.  Es 
hat  sich  herausgestellt,  daß  der  Hügel  eine 
bedeutende,  rein  neolithische  Ansiedlung 
enthielt,  die  außerordentlich  reiches  Mate- 
rial geliefert   hat.      Es   ist   im   großen  und 


Abb.  I.     Tonmodell  eines  Hauses  aus  Kodjadermen. 


ganzen  dieselbe  Kultur,  die  wir  schon  durch 
die  Ausgrabungen  des  Hügels  Denew  bei 
Salmanovo  in  derselben  Gegend  kennen  ^). 
Unter  den  Funden  aus  Kodjadermen  ver- 
dient ganz  besondere  Beachtung  das  Ton- 
modell eines  Hauses  von  bedeutenden  Di- 
mensionen (Abb.  i;  Höhe  0,29,  Länge  0,425, 
Breite  0,16  m).  Es  unterscheidet  sich  von 
■  den  ähnhchen  Hausmodellen  aus  Salmanovo 
(Anz.  1914,  344  und  Abb.  i)  außer  durch 
seine  Größe  besonders  dadurch,  daß  es  mit 
inkrustierten  Doppelvoluten  verziert  und  an 
allen  vier  Wänden  mit  runden  Öffnungen 
versehen  ist,  welche  die  Haustür  und  die 
Fenster  andeuten.  Weiter  ist  zu  erwähnen 
ein  Tongefäß  in  der  Form  eines  Vierfüßlers 
mit  Vogelkopf  (.?),  0,265  m  hoch  (Abb.  2). 
Die  obere  langgestreckte  Lippe  der  schnabel- 
artigen Mundöffnung  ist  abgebrochen.    Auch 


')  Anzeiger  1913,  343  ^m  vgl.  jetzt  den  aus- 
führlichen Bericht  über  das  Material  von  Salma- 
novo von  R.  Popow  in  ,,Izvestia"  der  Bulgar, 
Archäol.  Gesellschaft  IV   1914,   148—225. 


219 


Archäologische  Funde  im  Jahre  1914. 


220 


dieses  Gefäß  ist  mit  inkrustierten  Ornamen- 
ten verziert  (konzentrische  Kreise  an  der 
Brust,  parallele  Linien  am  Leib).    Auf  dem 


höhung  aus  gebranntem  Ton  umschlossenen 
Raumes  standen  (Abb.  3).  Diese  Hand- 
mühle wurde  vollständig  in  ihrer  ursprüng- 


Abb.  2.     Tongefäß  aus  Kodjadermen. 


Abb.  3.     Feuerherd  und  Handmühle  in  einer  prähistorischen  Hütte   aus  Kodjadermen. 


Boden  einer  eingestürzten  Hütte  in  der 
tiefsten  »Schicht  des  Hügels  fand  sich  noch 
der  Hausherd  und  daneben  eine  kleine  Hand- 
mühle mit  zwei  Reibsteinen,  die  in  der  Mitte 
eines    halbrunden,    von    einer    kleinen    Er- 


lichen  Anordnung  in  das  Nationalmuseum 
überführt  (Abb.  4).  Auf  das  übrige  sehr 
reichhaltige  Material  aus  Kodjadermen,  wel- 
ches sich  jetzt  ebenfalls  im  Nationalmuseum 
befindet,    kann   ich    hier    nicht    näher    ein- 


221 


Bulgarien. 


222 


gehen  und  verweise  auf  den  demnächst  er- 
scheinenden Bericht  R.  Popows  in  den 
Izvestia  V. 

Die  Ausgrabungen  des  kleinen  Zeus-  und 
HeraheiHgtums  bei  Kopilovtzi  in  der  Nähe 
von  Pautalia  (Anzeiger  1912,  564  ff. ^  1913, 
358  f.)  sind  zu  Ende  geführt  worden  (Kaza- 
row,  Izvestia  IV,  1914,  80 — 112).  Wie  sich 
herausgestellt  hat,  bestand  das  Heiligtum 
aus  drei  nebeneinanderliegenden  kleinen 
Tempeln,  die  sämtHch  vom  S  nach  N  orien- 
tiert sind.  Leider  sind  von  den  Architektur- 
gheder;!  nur  so  unbedeutende  Bruchstücke 
erhalten,  daß  über  den  Aufbau  der  Tempel- 


Darstellungen  des  Thrakischen  Reiters  und 
der  Hera  zum  Vorschein  gekommen  (Izvestia 
IV  281  f.).  Besondere  Beachtung  verdient 
ein  Bruchstück  mit  der  Weihinschrift  .... 
dYpt(o  Osu)  i'K[-qyi.6(o{})  A]up(V]Xios)  Mouxo)- 
[paXi?] Das  Bruchstück  stammt  offen- 
bar von  einem  Relief  des  Thrakischen  Reiters, 
der  hier  zum  erstenmal  mit  dem  Beinamen 
«Ypto?  erscheint.  Der  thrakische  Name 
MouxtupaXic  (nicht  zu  verwechseln  mit  Mou- 
xaxpaXi?)  kommt  auch  in  einer  Inschrift 
aus  Stara-Zagora  vor  (Dumont-HomoUe, 
M61anges  352  Nr.  61  g). 

Im    Berichtsjahre   ist   der   erste   Versuch 


Abb.  4.     Handmühle  aus  Kodjadermen  (restauriert). 


chen  nichts  Bestimmtes  gesagt  werden  kann 
(über  den  Grundriß  vgl.  Anz.  1912,  565). 
Auf  den  Trümmern  des  westlichen  Gebäudes 
war  in  späterer  Zeit  ein  Kalkofen  errichtet, 
in  den  wohl  die  meisten  Marmorstücke  ge- 
wandert sind.  Trotzdem  wurden  noch  zahl- 
reiche Weihreliefs,  die  meisten  freilich  nur 
in  Bruchstücken  erhalten,  gefunden,  die  für 
die  Bedeutung  des  Heiligtums  Zeugnis  ab- 
legen. Mehr  über  diese  Weihreliefs  und  die 
übrigen  Einzelfunde  findet  man  in  meinen 
früheren,  oben  angeführten  Berichten. 

Ein  anderes  ähnliches  Heiligtum  befand  sich 
wahrscheinlich  bei  dem  Dorfe  Kamenitza, 
in  derselben  Gegend  (Regierungsbez.  Dup- 
nitza,  östlich  von  Pautalia).  Hier  sind  zufällig 
mehrere    Bruchstücke  von  Weihreliefs   mit 


gemacht  worden,  die  neuentdeckte  thra- 
kische Inschrift  (Anzeiger  1914,  420  f.)  zu 
entziffern  (D.  Detschew,  Izvestia  IV  70 — ■ 
78).  Nach  einer  eingehenden  Untersuchung 
der  einzelnen  Worte  vom  sprachwissen- 
schaftlichen Standpunkte  aus  schlägt  Det- 
schew folgende  Übersetzung  vor:  »Rohste- 
neas,  Sohn  des  Nereneas,  Tilataeer^  aus  der 
Gegend  des  Flusses  Iscos,  wohnhaft  in  Tile- 
zipta,  hat  mich  für  sich  gemacht«.  Die 
Vermutung,  daß  in  TIATEAN  die  TiXaTaiot 
des  Thukydides  stecken,  ist  zuerst  von  Prof. 
C.  Cichorius  in  einem  Privatbrief  ausge- 
sprochen und  von  Detschew  gebilligt  worden. 
Der  römische  Schatz  von  Nicolaevo 
(Anzeiger  1910,  399!;  191 1,  366  f.)  ist  von 
mir   in   Zusammenhang   mit   anderen   ahn- 


223 


Archäologische  Funde  im  Jahre   1914. 


224 


liehen  Erzeugnissen  der  römischen  Gold- 
schmiedekunst,  hauptsächHch  bulgarischen 
Fundortes,   behandelt  worden    (Izvestia   IV 


dersarkophag  aus  Stein  bei  Artschar  (Ra- 
tiaria)  gefunden  wurden  (Abb.  5).  Der 
Fund  besteht  aus  folgenden  Stücken:  i.  Zier- 


Abb.  5.     Römischer  Goldfund  aus  Ratiaria. 


I — ^.48  mit  5  Taf.  und  13  Abb.).  Aus  dem 
Vergleichsmatenal  sind  namentlich  die  gol- 
denen Schmuckgegenstände  hervorzuheben, 
welche  erst  im  vorigen  Jahre  in  einem  Kin- 


stück  in  der  Form  einer  breiten  Kette,  deren 
einzelne  Glieder  mit  farbigen  Halbedel- 
steinen verziert  sind  (0,165  ^  ^^^Sj  ^7,^7  g)- 
Unten  schHeßt  die  Kette  mit  einem  ovalen, 


225 


Bulgarien. 


226 


Abb.  6.     Marmornes  Reliquiarium  aus  Tschoban-dere. 


H- 


k 

Abb.  7.     Kömisches  Marmorrelief  aus  Stara-Zagora, 


ebenfalls    mit    farbigen    Steinen    verzierten   |   logue  of  the  Jewelery  nr.  2866).     Wie  eine 


Schild.     Ein  ähnliches  Stück  aus  Tunis  be- 
sitzt das   British  Museum   (Marshall,   Cata- 


Statue  aus  Palmyra  zeigt  (a.  a.  0.  S.  339), 
sind  diese  Zierstücke  von  Frauen  im  Haar 


227 


Archäologische  Funde  im  Jahre   19 14. 


228 


über  der  Stirn  getragen  worden.  —  2.  Hals- 
kette, bestehend  aus  71  hohlen  Gliedern  in 
der  Form  von  lunulae  (0,37  m  lang,  18,10  g). 
Die  Kette  trägt  in  der  Mitte  einen  ovalen 
Amethyst.  —  3.  Halskette,  bestehend  aus 
22  Gliedern,  die  je  eine  runde  Granatperle 
tragen  (0,324  m  lang,   il,20g).  —  4.  Hals- 


Abb.  8. 


Teil  eines  römischen  Bronzedreifußes 
aus  Tvarditza. 


kette  aus  8 -förmigen  Gliedern  aus  goldenem 
Draht  (0,40  m  lang,  25,25  g).  —  5.  Dünner 
Halsring,  dessen  Durchmesser  0,103  "^  rnißt; 
10,82  g.  —  6 — 9.  Zwei  verschiedene  Paare 
Armbänder,  ein  Fingerring  mit  Granatperle 
und  ein  kleines  rundes  Anhängsel.  Die 
nächsten  Analogien  zu  diesen  Schmuck - 
gegenständen  findet  man  unter  den  syrischen 
Goldschmiedearbeiten.  Die  Halskette  mit 
dem    Amethyst,    die    sich    durch    eine   sehr 


sorgfältige  und  feine  Arbeit  auszeichnet,  ist 
sicher  als  importiert  zu  betrachten. 

Die  Erforschung  der  altchristlichen  Bau- 
denkmäler in  Bulgarien  (Anzeiger  1914,  420) 
ist  auch  im  vorigen  Jahre  fortgesetzt  worden. 
Obwohl  die  entsprechenden  Berichte  noch 
nicht  erschienen  sind,  kann  ich  schon  jetzt 


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Abb.  9.     Teil  eines  römischen   Bronzedreifußes 
aus  Tvarditza. 


auf  die  gewonnenen  Resultate  kurz  hin- 
weisen. Das  Nationalmuseum  ließ  die  inter- 
essante Kirche  von  Klisse-keui,  in  der 
Nähe  von  Pirdop,  ausgraben.  Erhalten  sind 
nur  die  Grundmauern  bis  zur  Höhe  des  aus 
großen  Quadern  bestehenden  Sockels.  Die 
Kirche  hat  im  Grundriß  die  Form  eines 
lateinischen  Kreuzes,  ist  24,40  m  lang  und 
15,20  m  breit.  An  der  Westseite,  neben  dem 
Narthex,     befanden    sich    zwei    viereckige 


229 


Bulgarien. 


230 


Räume,  von  denen  der  südliche  als  Baptiste- 
rium  gedient  zu  haben  scheint.  Vor  der 
Kirche  befand  sich  ein  ausgedehntes  Atrium. 
Die  Kirche  von  Klisse-keui,  die  leider  ge- 
nauer nicht  datiert  werden  kann,  gehört  zu 
einer  in  Kleinasien  sehr  verbreiteten  Gruppe 
(Ramsay  and  Bell,  The  thousand  and  one 
Churches  S.  340  ff. ;  Rott,  Kleinasiatische 
Denkmäler  Abb.  60,  66  und  loi).  Sie 
unterscheidet    sich    aber    dadurch,    daß    sie 


eine  hufeisenförmige  Apsis  hat  —  eine  Form, 
die  wieder  in  Kleinasien  sehr  verbreitet  ist. 
An  der  Nord-  und  Westseite  hat  sie  einen 
korridorartigen  Umgang  gehabt.  In  seinem 
östlichen  Teil,  neben  der  Apsis,  befand  sich 
das  kreuzförmige  Baptisterium.  Bei  den 
Ausgrabungen  wurde  in  der  Mitte  der  Apsis, 
dicht  an  der  Ostmauer,  eine  kleine  Aschen- 
kiste (ReHquiarium)  aus  Marmor  in  der 
Form   eines   antiken    Sarkophags   gefunden 


Abb.  IG.     Römische  Bronzebüste  aus  Kalugerovo. 


vor  der  eigentlichen  Apsis  einen  vorgelegten 
viereckigen  Raum  hat,  infolgedessen  der 
Grundriß  nicht  die  T-,  sondern  die  -j--Form 
ergibt.  Gerade  in  diesem  Umstand  liegt 
hauptsächlich  die  architekturgeschichtliche 
Bedeutung  dieses  Heiligtums. 

Eine  andere  altchristliche  Kirche  hat  die 
Bulgarische  Archäologische  Gesellschaft  bei 
dem  Dorfe  Tschoban-dere,  Regierungs- 
bezirk Eski-Djumaia,  ausgegraben.  Diese 
Kirche,  die  einmal  gründHch  umgebaut  wor- 
den ist,  ist  eine  kleine  dreischiffige  Basilika, 
18,30  m  lang  und  9,80  m  breit.  Sie  gewinnt 
ein  besonderes   Interesse  dadurch,    daß  sie 


(Abb.  6;  0,15  m  hoch,  0,141  m  lang  und 
0,094  m  breit).  Die  Kiste  war  plombiert  und 
enthielt  einige  verbrannte  Knochen,  wahr- 
scheinlich als  Reliquien  geltend,  und  zwei 
kleine  Fläschchen  aus  Glas.  Schließlich  hat 
die  Archäologische  Gesellschaft  auch  die 
Ausgrabung  der  bekannten  »Roten  Kirche« 
bei  Peruschtitza,  von  der  noch  beträcht- 
liche Ruinen  erhalten  sind,  unternommen. 
Die  Ausgrabung  konnte  wegen  der  Tiefe  des 
Schuttes  nicht  beendigt  werden  und  soll  in 
diesem  Sommer  weitergeführt  werden.  Es 
hat  sich  jedenfalls  schon  herausgestellt,  daß 
an  dieser  Stelle  zwei  verschiedene  Kirchen 


231 


Archäologische  Funde  im  Jahre   19 14. 


232 


übereinander  liegen.  Auch  sonst  haben  die 
Ausgrabungen  für  den  Grundriß  der  »Roten 
Kirche«  interessante  Aufschlüsse  ergeben, 
deren  Bedeutung  in  diesem  Augenblick  noch 
nicht  genügend  gewürdigt  werden  kann. 

Von  den  Einzelfunden,  die  im  Laufe  des 
Berichtsjahres  gemacht  wurden,  hebe  ich 
wieder  nur  die  wichtigsten  hervor  (vgl.  mei- 
nen  ausführlichen    Bericht    in    Izvestia    IV 


über  den  Torbogen  sind  zwei  Nikefiguren 
angebracht,  die  je  einen  Kranz  in  der  Hand 
halten. 

Weiter  erwähne  ich  einen  römischen  Drei- 
fuß aus  Bronze,  gefunden  bei  dem  Dorfe 
Tvarditza,  Regierungsbezirk  Nova-Zagora. 
Leider  war  der  Dreifuß  in  mehrere  Stücke 
zerbrochen,  von  denen  einige  verloren  ge- 
gangen sind.    Den  Abschluß  der  Füße  bilde - 


Abb.  II.     Bronzestatuette  der  Venus  aus  Ratiaria. 


278 — 293).  Zunächst  ist  das  Marmorrelief 
eines  römischen  Tores  aus  Stara-Zagora 
zu  erwähnen  (Abb.  7;  jetzt  in  der  Sammlung 
des  kleinen  Lokalmuseums  in  Stara-Zagora; 
Höhe  der  Platte  0,45  m.  Breite  0,37  m,  Dicke 
ca.  0, 10  m).  Das  Tor  hat  zwei  vorspringende 
Säulen,  die  auf  hohen  profiherten,  auf  der 
Vorderseite  mit  Kränzen  verzierten  Posta- 
menten ruhen.  Auf  den  Säulen  liegt  ein 
dreiteiliger  Architrav  mit  Zahnschnitt  und 
darüber  der  Giebel,  dessen  Feld  mit  einer 
Rosette  und  Ranken  ausgefüllt  ist.  Die 
Spitze  wird  von  einem  Akroter  in  der  Form 
einer  Palmette  gekrönt.     Rechts  und  links 


ten  0,115  m  hohe  Statuetten  von  bärtigen 
Satyrn,  von  denen  nur  zwei  Exemplare  er- 
halten sind  (Abb.  8).  Sie  unterscheiden  sich 
nur  darin,  daß  der  eine  auf  dem  linken,  der 
andere  auf  dem  rechten  Bein  kniet.  Oben 
endeten  die  Stangen  mit  Dionysosbüsten, 
von  denen  nur  eine  erhalten  ist  (Abb.  9). 
Sämtliche  Stücke,  die  eine  vollständige 
Wiederherstellung  des  Dreifußes  gestatten, 
befinden  sich  jetzt  im  Nationalmuseum. 

In  einem  Steinbruch  bei  dem  Dorfe  Kalu  - 
gerovo,  Regierungsbezirk  Tatar -Pazardjik, 
wurde  die  0,11  m  hohe  Bronzebüste  eines 
Silen  gefunden  (Abb.  10,  jetzt  ebenfalls  im 


233 


Bulgarien. 


234 


Nationalmuseum).  Die  Büste  war  einst  ver- 
silbert. Die  ganze  Rückseite  ist  offen  und 
mit  einem  Eisenstift  versehen,  der  zur  Be- 
festigung der  Büste  an  einem  anderen  Gegen- 
stand diente  (vgl.  die  ähnlich  gebildete  Büste 
eines  Satyr  aus  Issitlii,  Anzeiger  1910,  401). 


zu  anderen  Statuetten  dieser  im  römischen 
Bulgarien  sehr  behebten  Göttin  (vgl.  z.  B. 
Anzeiger  1910,  402  und  1914,  427)  zeichnet 
sich  das  neugefundene  Exemplar  durch  voll- 
endetere Formgebung  und  sorgfältigere  Ar- 
beit aus.     Beachtung  verdient  wegen  seiner 


^^^1«^.. 


Abb.  12.     Römisches  Grabmal  aus  Ratiaria. 


Aus  Artschar  (Ratiaria)  wurden  für  die 
Sammlungen  des  Nationalmuseums  ver- 
schiedene römische  Funde  erworben.  Her- 
vorzuheben ist  eine  0,19  m  hohe  Bronze- 
statuette  der  Venus,  die  sich  mit  beiden 
Händen  das  Haar  trocknet;  hohes  Diadem 
auf  dem   Kopfe    (Abb.    ii).      Im  Vergleich 


ungewöhnlichen  Form  auch  ein  ebenfalls  aus 
Ratiaria  stammendes  Grabmal  aus  porösem 
Kalkstein  (Abb.  12).  Das  Grabmal  hat  eine 
viereckige,  nach  oben  sich  verjüngende  Form 
und  ist  von  einem  Pinienzapfen  gekrönt  (im 
ganzen  1,02  m  hoch,  unten  0,54  m  breit  und 
0,30  m  dick).     Die  Vorderseite  ist  mit  zwei 


235 


Archäologische  Funde  im  Jahre   1914. 


236 


Delphinen,  die  heraldisch  um  einen  Dreizack 
gruppiert  sind,  verziert.  Die  beiden  Schmal- 
seiten zeigen  schuppenartig  angeordnete 
Blätter.  Der  Pinienzapfen  kommt  auch  sonst 
als  Bekrönung  von  Grabdenkmälern  in  der- 
selben Gegend  vor  (Anz.  1914,  423;  vgl. 
auch  Hettner,  Die  röm.  Steindenkmäler  des 
Museums  zu  Trier  99  f. ;  Athen.  Mitteil. 
XXXVI,   191 1,  292  Abb.  2). 

Eine  Dachterrakotte^  welche  mit  Relief - 
darstellungen  in  strengem  Stil  verziert  ist, 
wurde  in  Mesembria  gefunden  (Abb.  13; 
0,29  m  lang,    0,17  m  hoch  und  ca.  0,05  m 


Regierungsbezirk  Varna.  —  2.  22  silberne 
Münzen,  gefunden  bei  dem  Dorfe  Garbino, 
Regierungsbez.  Küstendil,  vom  •  National- 
museum erworben;  es  sind  18  Drachmen  mit 
dem  sitzenden  Zeus  Aetophoros  von  Alex- 
ander dem  Großen,  zwei  Drachmen  von 
Philippus  III.,  eine  von  Antiochos  I.  und 
eine  Halbdrachme  von  Histiaea.  —  3.  27  rö- 
mische Denare  aus  dem  I.  und  2.  Jahrh., 
gefunden  bei  dem  Dorfe  Medovitza,  Re- 
gierungsbezirk Belogradcik. 


Sofia. 


B.   Filow. 


Abb.  13.     Dachterrakotte  aus  Mesembria. 


dick).  Das  Nationalmuseum  besitzt  ein 
zweites,  ganz  ähnliches  Stück,  das  ebenfalls 
aus  Mesembria  stammt.  Beide  Stücke  ge- 
hören wahrscheinlich  zu  einem  bedeutenden 
Bau  aus  dem  5.  Jahrh.  v.  Chr.,  über  den  zur 
Zeit  nichts  Genaueres  bekannt  ist. 

Schließlich  ist  eine  größere  griechische, 
sehr  fragmentierte  Inschrift  zu  erwähnen, 
welche  vor  mehreren  Jahren  in  Nikopolis  ad 
Istrum  gefunden  wurde,  aber  erst  jetzt  ver- 
öffentlicht wird  (Kazarow,  Mitteil,  der  Bulg. 
Histor.  Gesellschaft  IV  191 5,  3  fif.).  Die  In- 
schrift ist  zu  Ehren  des  Priesters  Minicius 
und  seiner  Tochter  Firmina  gesetzt  und  ge- 
hört der  Zeit  M.  Aureis  an.  Beachtung  ver- 
dient auch  ein  neugefundener  Altar  der  Diana 
Germetitha   (ibid.   I  f.). 

Von  größeren  Münzfunden  sind  folgende 
zu  erwähnen:  i.  Goldmünzen  (ca.  200  Exem- 
plare) von  Justinus  und  Justinianus,  ge- 
funden   bei  dem  Dorfe   Hadji-Sinanlar, 


Rumänien. 

Die  Ausgrabungen  in  Ulme  tum  sind  ab- 
geschlossen. Die  letzte  Abhandlung,  über 
die  Resultate  der  Frühjahrskampagne  1914, 
ist  (in  den  Denkschriften  der  Kgl.  Rumäni- 
schen Akademie)  erschienen.  Das  Innere 
des  Lagers,  kreuz  und  quer  durch  Lauf- 
gräben untersucht,  hat  (wie  aus  dem  bei- 
gegebenen Plan  I  ersichtlich  ist),  außer  dem 
»Prätorium«  keine  anderen  nennenswerten 
Baulichkeiten  zutage  gefördert.  Sehr  inter- 
essant dagegen  waren  die  Aufschlüsse,  die 
wir  aus  den  allerorten  festgestellten  und 
als  »byzantino-barbarisch« gekennzeichneten 
Trümmern  und  Resten  der  spätesten  Zeit 
des  Lagers  gewonnen  haben.  Es  ist  hier 
nicht  der  Ort,  näher  darauf  einzugehen,  zu- 
mal meine  vier  Abhandlungen  über  Ulmetum 
sämtlich  mit  eingehenden  Rdsum^s  in 
französischer  Sprache  versehen  sind,  so  daß 


237 


Rumänien. 


238 


die  Althistoriker  und  Topographen,  die  sich 
speziell  mit  den  römischen  Provinzen  be- 
schäftigen, diese  Arbeiten  an  der  Hand  der 
reichlich  beigefügten  Pläne,  Grundrisse 
und  Photographien  sehr  gut  werden  ver- 
folgen und  gebrauchen  können.  Es  drängt 
sich  mir  aber  als  eine  Notwendigkeit  auf, 
auch  an  dieser  Stelle  diejenigen  Inschriften 


natürlich  —  z.  B.  für  das  CIL.  —  zu  den 
Denkschriften  der  Kgl.  Rumänischen  Aka- 
demie greifen  müssen. 

1.  [ ]AeliusL[ ]sbuleu[ta]  His- 

tria[e  se]  vivo  s[ibi  p]osuit  e[t  Fla]vi(a)e 
Vic[tor]in(a)e  coniu[gi  e]t  Aelio  Lu[.... 
filio].— 2.  Jahrh.n.Chr.(Ulmetum  I,  S.53i.)0 

2.  "EvOa    xataxiVTE    8[u]o    d'Yafiot    7naTo[i' 


CHKTBk 

-VLA^FTVM' 


Plan  I.     Das  Lager  von  Ulmetum. 


von  Ulmetum  wiederzugeben,  die  von  allge- 
meinerer historischer  Bedeutung  sind,  indem 
sie,  einige  sogar  zum  erstenmal,  wichtige 
Fragen  der  römischen  Kriegs-,  Religions- 
oder Verwaltungsgeschichte  beleuchten,  und 
ebenso  diejenigen  Denkmäler  zu  erwähnen, 
die  unsere  Kenntnis  von  der  Ethnographie, 
Geographie  oder  Topographie  Kleinskythiens 
berichtigen  oder  bereichern.  Was  die 
anderen,  ziemlich  zahlreichen  gewöhnhchen 
Grab-  oder  Weihschriften  betrifft,  die  hier 
bei    Seite   gelassen   werden,    so    wird    man 


aavia  sttj  [. . .],  xat  'AXs^avSpia,  I^yovtj  outou, 
CiQaa(j[a]  Itt]  iC',  öuYaTTjp  'AcfxXrjiriaSou  xat 
*A}ifiia8o?,  xaxaXtirt  Se  apjia  1x6 v.  ouxoi  oüvt^- 
axpr^aav  Iv  x^  i^ßaut  (5pa  fjiia.  Ivsxctcav  xvjv 
oxtjXXtjv  ot  70VT?  auxÄv  xoi?  deoxijjLT^xoic;  xexvoi? 
fiVT^fiTj?  x«piv-  —  5-  Jahrh.  n.  Chr.  (I  535.) 
3.  [Deo,  Deae  — } —  pro  salute]  L. 
Va(leri)  Victorini  et  Ulp(iae)  Nicandras  et 
filiorum    eorum:    L.    V(aleri)    Victorini    et 

')  Bei  den  übrigen  Nummern  zitiere  ich  einfach, 
z.B.,  I  531. 


239 


Archäologische  Funde  im  Jahre   1914. 


240 


L.  Va(leri)  Turbonis  et  L.  Va(leri)   Soteri, 

—  Valerius  Nilus  actor  ex  votun    posuit. 

-  3.  Jahrh.   (I  556.) 

4-  "Atta?  rioaaei  Tqi  föto)  uitu  'louar«)  -^ptui 
Cr^cjavTt  Itt]  x',  tV  axrjXXetöa  ex  zSiv  iSttov 
[xvi^}i.7j?  X*^P'^  aveoTirjoev  j^aTps  TtotpoSttot.  — 
2.  Jahrh.   (I  561.) 

5.  D(is)  M(anibus).  Ithazis  Dada  titu- 
[l]um  sibi  se  vi(vi)vo  et  Ziftiae  uxori  suae 
defunctae  posuit.'  —  Gegen  Ende  des  2. 
Jahrh.   (I  564.) 


suo  et  Bes(s)is''),  VI  n(o)nas  lulias 
Orfito  et  Maximo  co(n)s(uUbus).  —  2.  JuH 
172   (II  2,  345.) 

9.  (Auf  einem  Tondeckel,  im  Kreise) 
Rupis,  ßoTjöt.  —  Nach  der  Kulturschicht, 
in  der  aufgefunden,'  6.  Jahrh.   (II  2,  352.) 

10.  (Desgleichen)  Ute,  oTvo?  xaX.61;.  — 
Gleiche  Zeitbestimmung.   (II  2,  353.) 

11.  'A7aOT,(i)  xt>/yj(t)'  ttjv  SeßaatTjv  2oßet- 
vt'av  TpoivxuXXeivav,  ßoüX-}]  8t,|io?  tt^?  fxTjxpo- 
'ir6[X]£a)i;  TofiS«)?   [dann  vielleicht:  avsatr^cfav 


Abb.  I.     Das  Nordwesttor  des  Lagers  Ulmetum. 


6.  (Sacrificium  Mithriacum.  —  Darun- 
ter:) Deo  b[ono  Invicto?].  —  3.  Jahrh.  (II 
2,  330.)     Marmor. 

7.  Valeates  vos  qui  superissetis  et  coe  [ . .  ]  - 
etes  manes  tres  qui  a  vos  ad  nos  venituri 
setis.  Aur(elius)  Sisinus  paganus  vixit 
annis  super  LXX  et  superis  de  s[uo  et] 
coniug[i...].  —  3.  Jahrh.   (II  2,  333.) 

8.  I(ovi)  O(ptimo)  M(aximo)  (s(acrum)) 
et  lunoni  Reginae  pro  salutem  Im[p(erato- 
ris)]  Aureli  An(ton)ini  Marti(u)s  P(h)ilo 
mag(ister)  vici    Ultinsium ')  posuit  de 


')  VLTINSIVM. 


euTuj^o)?,   uTiaTeuovTos    Hpooiou    TeptuXXtotvou 

irpeaßeuToü  dviisxpaTrjou].  —  Ca.  242  (II  2, 
355.)    Obere  Hälfte  einer  Marmorara. 

12.  (Kläglicher  Erhaltungszustand).  Con- 
sacrani  Silvan[i]  Sato  [r  ]i[s]  *)  OVIC 
CAIIA//ACAF///N//II  posuerunt[ar]a  Sil- 
vano  nomine  suo  per  Valerio  Valeria[n]o 
quae[s]tor[e]m,  D[o]met(ium)  Consu- 
lem3),  kalandis  Iuni[s],  Orf(ito)  Ru(fo 
COS.).  —  I.  Juni  178.   (II  2,  359.) 

•)  BESIS. 

»)  Glücklicherweise  steht  die  Lesung:  SATO/I/ 
OVIC  etc.,  mit  Resten  von  R  und  S  in  den  zwei 
freien  Räumen,  außer  jedem  Zweifel. 

3)  Auf  dem  Stein:    DO|M  ET  CONSVLEM. 


241 


Rumänien. 


242 


13.  I(ovi)  O(ptimo)  M(aximo)  et  lunoni 
Reg(inae)  pro  salutem  M(arci)  Aur(eli) 
V[e]ri  et  L(ucii)  Verl  Aug(usti)  et 
sua  civis  R(omani)  et  Bessis  con- 
s(istentes)  vico  Ulme(to).  Fl(avius) 
Germanus  mag  (ister)  vici  posuit  de  suo 
VII  kal(endas)  lulias  Ponti[o]  La[e]li[a]n[o 
C]e[sen]ni[o  Sospite  co(n)s(ulibus)].  —  25. 
Juni  163.   (II  2,  366.) 

14.  I(ovi)  O(ptimo)  M(aximo)  s(acrum) 
pr(o)  s(alute)  Imp(eratori)  Lu(cio)  Sep- 


die  nonarum  luniaro(m).  —  5.  Juni  191. 
(11  2,  375.) 

16.  A-PCO.  Pedatura  militum  lan- 
ciarium  iuniorum.  Ist  am  Eingange 
des  Turmes,  der  das  kleine  SO-Tor  be- 
schützte, gefunden  worden,  und  zwar  im 
Turme  selbst.  —  6.  Jahrh.  [Vgl.  zu  dieser 
Inschrift  Procopius,  De  aedif.,  ed.  Haury, 
IV  7,   17  sq.].     (II  2,  379.) 

17.  D(is)  M(anibus).  Val(erius)  Victorinus 
biarcus,  qui  militavi[t]    in  sacro   pa- 


Abb.  2.     Der  linke  Turm  des  Nordwesttores  von  Ulmetum. 


tumnio  Sever(o)  Aelius  Aehanus  m[a]- 
gistratusviciClementianesces^)  ara(m) 
de  su(o)  p(o)suit  Tertull(o)  et  Cl(e)menti 
co(n)s(ulibus).  —  A.  195.  (II  2,  369.). 

15.  I(ovi)  O(ptimo)  M(aximo)  et  Sancto 
Silvano  [pjro  salute  Inperatoris  et  salute 
consacranorum  [vgl.  oben  Nr.  12],  Fla- 
(vius)  Augustales  de  suo  posuit  ara(m) 
et    tabla(m)    [vgl.  Arch.-epigr.  Mitt.  XV 

214,  93,  Nicopolis  ad  Istrum: dvsOr^xs 

Tov  ß(j)[{ji]6v  xl  TYjv  xpaTTsCav  .  .  . .]  memoria 
sua  Aproniano  et  Bradu(a)  co(n)s(ulibus), 

I)  CLEMENTIANESEES.  Man  muß  also  CIL. 
111   7565,  Clementiano  lesen. 

Archäologfischer  Anzeiger  1915. 


latio  ann(is)  VII[ .  .  ],  vix(it)  ann(is) 
XL,  qui  [i]n  proe[li]o  [RJomanorum 
Calced[o]nia  contra  aversarios  de- 
cessit,  honoris  grati[a]  sanxit  ut  perpetuos 
honorarique  honesta  r[e]liquiaru[m]  sepul- 
tur[a]  consecr[ata]  videatu[r]  HVHIE  M[a- 
trjona  coni[ux]  pientissima  viva  s[e]met  bene 
meren[ti]conpari  suo  me[mojriam  posuit. 
—  Die  Schlacht,  die  in  der  Inschrift  erwähnt 
wird,  kann  keine  andere  sein  als  die  vom 
Jahre  324,  zwischen  Licinius  und  Constan- 
tin;  Kalchedon  war  damals  eingenommen 
und  das  Heer  des  Licinius  zersprengt  und 
vernichtet.       Der    Schriftcharakter   unseres 


243 


Archäologische  Funde  im  Jahre  19 14. 


244 


Abb.  3,     Das  SUdwesttor  des  Lagers   Ulmetum. 


Abb.  4.     Eingang  des  SUdwesttores  von  Ulmetum ;  rechts  die  Rinne  des  Fallgatters. 


245 


Rumänien. 


246 


Denkmals,  das  Wort  biarcus  und  die  Dar- 
stellung des  reitenden  Heros  über  dem 
Inschriftfeld  verbieten  die  Annahme  ande- 
rer, geschichtlich  an  sich  möglicher  Data, 
wie  258  oder  366.  Somit  fällt  die  älteste 
Erwähnung  eines  biarcus  in  das  Jahr  324 
(bisher  327:  CIL.  VIII  8491).  —  (II2,  386.) 
18.  Imper[an]te  Dom(ino)  nostro  Severo 
[A]lex[and]r[o]  co[s.]  III  [et]  C[a]ssi[o] 
Dione  II  cos.  Ni[pius  ?]  Vitale[s]  (centurio) 
leg(ionis)  ex  pr(a)ecepto  v(iri)  c(larissimi)  M. 


20.  I(ovi)  O(ptimo)  M(aximo)  pro  salute 
Im(im)p(eratorum  duorum)  I^.  Septumi 
Severi  et  M.  Aureli  Antonini  [et  P.  Sep- 
tumi Getae  nob(ilissimi)  Caes(aris)] 
—  A.  198 — 209.     (III  279.) 

Zur  Erläuterung  des  Erhaltungszustandes 
und  der  wichtigsten  architektonischen  Eigen- 
tümlichkeiten des  Lagers  von  Ulmetum  gebe 
ich  sieben  Ansichten  wieder,  die  folgender- 
maßen zu  deuten  sind.  Abb.  i :  Das  NW-Tor; 
der    Eingang    selbst,    erst    enger    gemacht 


Abb,  5.     Der  linke  Turm  des  Südwesttores  von  Ulmetum. 


Antenni  ^)  Sabin[i]  2)  co(n)s(ularis)  n(os- 
tri)  t[erm(inos)]  3)  ficxi[t].  —  A.  229.  — 
(II  2,  390.) 

19.  lovi  et  lunoni  lulius  Ter  es  4)  ma- 
gistra(n)s  vico  Ulmeto  .aram  posuit  de 
suo  pro  salute  suam  et  filiorum  sui  et  vica- 
norum;  an(n)o  suo  f(ecit).  —  2.  Jahrh. 

(in  277-) 

')  Vollkommen  sichere  Lesung:  ANTENNI. 
')  Bisher     unbekannter     Statthalter     von     Unter- 
mösien. 

3)  Wohl  zwischen  dem  territorium  Capida- 
vense  und  dem  territorium  Histriae.  Vgl. 
meine  Karte  zu  Ulmetum  I. 

4)  Ter  es,  thrakisch,  nicht  Terens,  römisch. 


(auf  der  linken  Seite),  dann  ganz  verbaut; 
die  Türme,  halbrund.  Abb.  2:  Der  linke  Turm 
des  NW-Tores;  die  großen  Quadern  von 
früheren  Denkmälern;  der  vierte  rechts,  ein 
noch  gut  erhaltener  Grabstein  mit  der  Dar- 
stellung eines  Totenmahles.  Abb.  3:  Das 
SW-Tor;  auf  der  linken  Seite,  ebenso  wie 
das  NW-Tor,  in  späterer  Zeit  .  verengert. 
Abb.  4:  Eingang  desselben  Tores;  auf  der 
rechten  Seite  sieht  man  im  Pfeiler  über  der 
Schwelle  die  Rinne,  durch  die  das  Fall- 
gatter auf  und  nieder  gezogen  wurde.  Abb.  5 : 
Ansicht  des  linken  Torturmes;  der  Stein, 
auf  dem  die  mittlere  Person  sitzt,   ist  das 


247 


Archäologische  Funde  im  Jahre   19 14. 


248 


oben  Nr.  3  mitgeteilte  Denkmal  des  Valerius 
Nilus,  actor.  Abb.  6:  Innenseite  des  süd- 
östlichen kleinen  Tores  des  Lagers.  Abb.  7: 
Das  freigelegte  Innere  des  0-Turmes  des 
Lagers:  rund,  mit  einem  mächtigen  Pfeiler 
in  der  Mitte,  zum  Stützen  der  oberen  Stock- 
werke; durch  den  Pfeiler  hindurch  führt  ein 
Kanal,  dessen  Fortsetzung  nach  außen  in 
der  Ringmauer  festgestellt  wurde. 


3.  In  Caraorman  (vicus  von  Histria), 
ein  kleines  nichtssagendes  griechisches  Bruch- 
stück und  (Abb.  9)  ein  neues  Fragment  der 
berühmten  Aristagoras- Inschrift.  Dieses 
leider  nur  sehr  dürftige  Reste  von  12  weiteren 
Zeilen  enthaltende  Denkmal  beweist,  daß 
die  Inschrift  viel  länger  war,  als  bisher  an- 
genommen werden  konnte.  Wie  bekannt, 
endet  das  längst  veröffentHchte  Stück  (z.  B. 
bei  Dittenberger,    Syll.*  325)    mit  der  Er- 


Abb.  6.     Das  kleine  Südosttor  des  Lagers  Ulmetum,  von  innen  gesehen. 


An  zufälligen  Einzelfunden  sei  hier  folgen- 
des erwähnt: 

1.  In  Silistra  (Durostorum)  wurde  ein 
männlicher  Marmorkopf,  von  einer  über- 
lebensgroßen Statue  oder  Büste  herrührend, 
gefunden;  0,32  m  hoch,  porträthaft  einen 
bärtigen  Römer  —  wohl  des  3.  Jahrh.  — 
darstellend.  Jetzt  im  Nationalmuseum. 
(Abb.  8.) 

2.  In  Peletlia  (Ruralterritorium  von 
Histria)  kam  ein  Fragment  von  einem 
WeihreHef  ([dveö]7jx£V  e5xapia[Tr^piov]),  mit 
der  Darstellung  des  reitenden  Heros  zutage. 
Noch  in  Privatbesitz. 


wähnung  der  Gesandtschaften,  die  Arista- 
goras im  Auftrage  seiner  Vaterstadt  über- 
nommen hatte.  Unser  neues  Fragment 
scheint  wieder  (vgl.  den  alten  Text)  von 
verschiedenen  Liberalitäten  des  durch  das 
Dekret  Geehrten  zu  sprechen,  so  daß  noch 
viele  Zeilen,  die  die  in  dem  schon  bekannten 
Teile  nicht  aufgezählten  Gesandtschaften 
und  die  neuen  Freigebigkeiten  enthielten, 
zwischen  dem  alten  und  dem  neuen  Bruch- 
stück anzunehmen  sind;  erst  nach  all  diesem 
folgt  endHch  die  stereotype  Formel,  SsSox^ott 
•nj]  ßouX-fl  xal  t(u  ^Tj\im  Irraivsaai  x.  t.  X., 
durch  die,  wie  gewöhnlich,  das  Ehrendekret 


249 


Rumänien. 


250 


Abb.  7.     Inneres  des  Ostturmes    des  Lagers  Ulmetum. 


abgeschlossen  wurde.  Aristagoras  wird  hier 
als  süEp-fSTT^?  begrüßt,  und,  wenn  ich  in 
meiner  Ergänzung  nicht  fehl  gehe,  so  wird 
auch  beschlossen,  die  Marmorstele  am  sicht- 
barsten Orte  der  Stadt  aufzustellen. 


jetzt    das    interessante    Denkmal    für    das 
Nationalmuseum  zu  erwerben. 

Die  Lesung  und  Ergänzung  der  Inschrift, 
die  viel  ÄhnHchkeit  mit  CIG.  II  (Boeckh) 
2053  b  hat  und    mit  Arch. -epigr.  Mitt. 


EIN 
SotTrotvAIZIAi'ctt? 
TCOir^ZAMENOZEMEO 
EKASTnAYTnN 
AIAAEAOXOAI  r^  ßouX^  xctt  Tqi  ST^fitp  Ircaivsaai 
[ikv  ird  Toutoi?  'ApiCfTOYOPAN  ATTATOYptOü 
AAONTOZT 

Tov  OTTO  7:po76vo)NEYEPrETH'^)v  ovxa 

tö  A  EY  H  4>  I Z  Ma  toSs  dva^pa^at  ^k  xeXafioiva 

XsuxoXiOov  xat  dvaOsivoi  dNTß  E TTI <t> avsOTato) xotki) 

8eAOX0ai 


4.  Ein  dem  Schriftcharakter  nach,  wie 
es  mir  scheint,  ins  2.  Jahrh.  v.  Chr.  gehören- 
des Ehrendekret  der  Kallatianer  (Abb.  10), 
leider  in  noch  sehr  unsicherem  Privatbesitz 
und  nur  durch  Zufall  von  meinen  Schülern 
photographiert,  ist  im  Keller  eines  Bürgers 
von  MangaHa  gefunden  worden;  ich  versuche 


XVII  99,  41  eng  verwandt  und  im  Zu- 
sammenhang zu  betrachten  ist,  ist  leicht. 
'Eirt  BaoiXao?  Eußou>;i8ct,  jxtjvo?  'ApiefiiTtou 
TsxpofSi  l7r[t]  8exa,  AeovTiöxo?  'Aöavaiwvo? 
sTtts*  iTTStSr)  'Hpa)va$  xai  ßd[x])(io?  KaXXicpd- 


')  Nach  H  die  Spuren  eines  N:  nicht  eines  2! 


251 


Archäologische  Funde  im  Jahre  1914. 


252 


vsoc  MuTiXavaro[i]  euvoot  xai  Trp6{>u}i.oi  iovtec 
[8]ia-eXo(5vxi  uspi  xafx  iroXtv  xal  xoi[va]t  xai 
i'Sicti  Tot?  dcptxvoüfi-svotc  t<u|x  TToXitav  Trap£5(ov- 
Tott  XP^''^'»»  [SjeSo^öai  tat  ßouXat  xal  xoii  8a- 
[iKDi  suajtvsaat  [isv  ettI  toutoi?  'Hpa)[vaxTa 
xal  Ba'xj^iov  KctXXicpavso;  Mu[TiXavaiou?,  SsSjo- 
ct&at  6s  auToic  [e.  g.  xal  ix^ovot?  irpoSevtav, 
TToXixeiav,  laoxsXeiav  7:a'vx(ov  xal  TroXsfiou  xal 
s^pa'va?  dcJuXsl   xal  doTtovSei,   xal   ecpoSov  im 


Abb.  8.     Männlicher  Porträtkopf  aus  Durostorum. 

xav  ßouXav    xal    xöv    8a[A0v   Trpdxoi?  [xexa   xa 
hpd  ....  xxX.]. 

5.  Durch  die  in  Constanja,  unserer  tasch 
emporblühenden  Hafenstadt  am  Schwarzen 
Meere,  fortwährend  in  Angriff  genommenen 
neuen  Bauten  sind  eine  ganze  Reihe  neuer 
Denkmäler  aufgedeckt  worden.  Auch  eiii 
Teil  der  Stadtmauer  mit  einem  halbrunden 
Turme  konnte  bloßgelegt  und  durch  Ent- 
eignen des  betreffenden  Grundstücks  in  den 
Schutz  des  Nationalmuseums  aufgenommen 
werden.  Auf  einer  der  Quadern,  die  nach 
außen  die  Turmmauer  bekleiden,  findet  sich 
die  früh -byzantinische  Inschrift:  f  Moxe- 
Xapt[(uv]  TrE8axotj[pa]  iTrj(8es)  x6'.  Aus  An- 
laß dieses  Fundes  habe  ich  in  einer  Ab- 
handlung »Zidul  Cetäjii  Tomi«  =  »Die  Stadt- 
mauer von  Tomi«  (Denkschr.  d.  Rum. 
Akademie,  Bd.  XXXVII;  mit  eingehendem 


französischen  Resume) ,  sämtliche  Quellen 
über  die  Geschichte  der  Festung  von  "Tomi 
von  neuem  gesammelt  und  interpretiert  und 
die  Inschriften  in  den  Arch.-epigr.  Mitt. 
VIII  13,  33,  VI  24,  49,  VIII  8,  22  und  VI 
35,  y6,  desgleichen  CIL.  III  7533,  revidiert, 
wobei  sich  neue  Lesungen  oder  neue  Deu- 
tungen ergaben.  —  Was  die  übrigen  zahl- 
reichen Funde  von  Tomi  betrifft,  die  jetzt 
in  der  Constanfaer  Zweiganstalt  des  National- 
museums aufbewahrt  werden,  so  habe  ich 
sie  meinem  treuen  Mitarbeiter  am  Museum, 
dem  Herrn  Direktorialassistenten  D.  M. 
Teodorescu,  überwiesen,  mit  dem  Auftrage, 
sie  im  »Buletinul  Comisiunii  Monumentelor 
Istorice«  zu  veröffentlichen.  Der  erste  Teil 
seines  Artikels  »Monumente  inedite  din 
Tomi«,  die  Beschreibung  von  19  Nummern 
enthaltend,  ist  in  der  4.  Lieferung,  1914, 
erschienen.  Ich  notiere  daraus:  Nr.  3: 
Neue  Kunde  vom  Isiskultus  in  Tomi 
(iraaxocpopot,  [ijspovauxai,  usw.),  —  Nr.  16: 
Grabschrift  eines  dva"^v(u(3xr^?  xr^?  (£710?  xal 
xai>oXtxr^s  ixxXrjSta?,  —  Nr.  17:  ein  oivsfA- 
TTOpo?  'AXe$avcpia?  [vgl.  dazu  meine  »Na- 
tionalität der  Kaufleute  im  Rom.  Kaiserr.«, 
S.  100],  —  Nr.  18:  Grabstein  eines  Teren- 
tius  filius  Gaione....  militans  inter 
sagittar (io)s  iuniores  [vgl.  dazu  die  in 
meiner  »Istoria  Cre§t.  Daco-Rom.«,  S.  63, 
veröffentlichte,  gleichfalls  in  Tomi  gefun- 
dene Grabschrift  eines  Barbaren,  'Axa'Xa  uio; 
TCstoux  ....  diro  oaYtxxapiov  ....],  —  Nr.  19: 
Grabstein  eines 'AXX£$av8po?  veottixo?   (sie). 

6.  Neue  Bleigewichte  aus  Tomi  und  Kal- 
latis  veröffentlicht  (rumänisch  und  franzö- 
sisch) M.  C.  Sutzu  im  »Buletinul  Societäpi 
Numismatice  Romane«  1914,  unter  dem  Titel 
»Contribution  ä  l'ötude  des  poids  antiques 
de  nos  cites  pontiques«;  dazu  vgl.  Monsignore 
R.  Netzhammer  in  der  »Revista  Catolicä« 
1914,  S.  129  ff.  —  Seit  1913  berichtet  regel- 
mäßig C.  Moisil  im  »Bul.  Soc.  Num.  Rom.« 
ganz  kurz  über  die  neuen  numismatischen 
Funde,  die  auf  rumänischem  Gebiete  ge- 
macht werden  (»Buletinul«  1914,  S.  56  u. 
76).  Hauptfund:  Ringgelder  aus  Gold,  ge- 
funden in  einer  unbekannten  Ortschaft  des 
Distriktes  Arge?.  Privatbesitz  des  Dr.  G. 
Severeanu,   Bukarest. 


253 


Rumänien. 


254 


Hauptereignis  des  Jahres  waren  die 
Ausgrabungen,  die  ich  dank  der  Liberalität 
der  Rumänischen  Akademie  im  Juli  1914 
bei  Karanasuf,  auf  der  Stätte  des  alten 
Histria  (Istr (i)opolis),  begonnen  habe, 
und  die  gegenwärtig,  von  demselben  hohen 
Institut  unterstützt,  rüstig  vorwärts  schrei- 


I,  Die  Festung  selbst  (etwa  8  ha),  [mit 
der  westlich  vorgelagerten  Zivilstadt]  liegt 
(wie  aus  meinen  Sondierungen  mit  Sicher- 
heit hervorgeht)  auf  einer  Insel  inmitten 
eines  alten,  großen  Meerbusens,  der  jetzt 
gegen  0,  d.  h.  gegen  das  Meer,  durch  den 
Küstengürtel  von  Kituk,  welcher  den  heu- 


Abb.  9.     Neues  Fragment  der  Aristagoras-Inschrift  von  Histria. 


ten.  Ausführliche  Berichte  in  französischer 
Sprache  werde  ich  über  die  Resultate  — 
die  sich  glänzend  gestalten  —  in  den  Schrif- 
ten der  Akademie  Jahr  für  Jahr  geben.  Vor- 
läufig kann  ich  im  Anzeiger  folgendes  mit- 
teilen. 

Die  antike  Niederlassung  bei  Karanasuf 
besteht  aus  folgenden  Bestandteilen,  die  sich 
auf  einer  Fläche  von  einigen  Hundert  Hektar 
erstrecken  (vgl.  Plan  II:  Histria,  Lage  und 
Umgebung): 


tigen  See  Sinoe  bildet,  abgesperrt  ist;  ebenso 
wie  ihre  Schwester,  das  pontische  Apollonia 
(Strabo  VII  319)  oder  auch  wie  Mesambria 
(Jirecek,  Arch.-epigr.  Mitt.  X,  173  f.),  und, 
wohl  nach  demselben  Prinzip,  nach  dem  ein 
Jahrhundert  früher  die  korinthische  Pflanz - 
Stadt  Syrakusai  angelegt  worden  war,  wurde 
also  die  Kolonie  Histria  auf  einer  Insel 
(etwa  50  ha  groß)  gegründet,  welche  einer 
Halbinsel  (s.  den  Plan),  ebenso  wie  das 
bei  Syrakus  der  Fall  ist,  vorgelagert  war. 


255 


Archäologische  Funde  im  Jahre  1914. 


256 


2.  Während  der  östliche,  höhere,  felsige  Teil 
der  Insel  von  der  Festung  (in  alter  Zeit  der 
Akropolis)  der  Histrianer  eingenommen  war, 
war  der  größere  westliche  Teil  (über  40  ha) 
von  der  Festung  durch  ein  dreifaches  System 
von  Wällen  und  Gräben  getrennt,  und  zwar 
wiederum  in  zwei  Teile  gesondert:  das  der 
Akropolis  näherliegende  Gebiet, -ca.  lO  ha., 
bildete  eine  Art  Festung  zweiten  Ranges, 
gegen  W  durch  eine  feste  Mauer  mit  Wall 


ich  folgende  Teile  von  Histria  endgültig  frei- 
gelegt. 

In  der  Mitte  der  Nebenfestung  legte  ich 
die  fast  völlig  von  Feuchtigkeit  vermorschten 
Fundamente  eines  kleinen  Gebäudes  frei, 
das  auf  einem  Inselchen  mitten  in  einem 
großen  elliptischen,  künstlichen  Bassin  lag, 
dessen  Zweck  mir  bisher  nicht  klar  ist,  das 
aber  jedenfalls  nicht  in  Verbindung  mit  dem 
die  Stadtinsel  umgebenden  Meere  stand.  Die 


Abb.  10.     Ehrendekret  aus  Kaliatis. 


und  Graben  gesichert,  die  sich  von  N  nach 
S,  von  Meer  zu  Meer,  erstreckten;  der  Rest, 
also  noch  immer  der  größere  Teil  der  Insel, 
ist  ganz  von  antiken  Scherben  und  Trüm- 
mern aller  Epochen  bedeckt,  ganz  besonders 
aber  wird  er  gekennzeichnet  durch  die  vielen 
keramischen  Fragmente  rotfiguriger  Vasen 
bester  Machart. 

3.  Die  Halbinsel  (s.  den  Plan)  ist  auf 
einer  Fläche  von  Hunderten  von  Hektar  von 
der  Nekropole  der  Histrianer  eingenommen. 
Ungezählte  tumuli  bedecken,  dicht  anein- 
ander gereiht,  die  Abhänge  des  sanft  nach 
S  und  O  herabsteigenden  Terrains. 

Außer  den  Sondierungen,  auf  deren  Grund 
diese  Feststellungen  gemacht  wurden,  habe 


Grabungen  waren,  wie  denn  überhaupt  bei 
Histria,  sehr  schwierig,  da  bei  größerer  Tiefe 
das  hervorquellende  Wasser  sofort  die  Grä- 
ben überschwemmt  und  alles  weitere  For- 
schen gänzlich  verhindert. 

Ebenfalls  in  der  Nebenfestung,  zwischen 
dem  Bassin  und  den  Wällen  der  Haupt- 
festung, auf  einer  künstlichen  Anhöhe,  etwa 
130  m  von  dem  Kamm  des  ersten  Walles 
entfernt,  habeich  einebasilica  (vom  Stand- 
punkte der  spätesten  —  byzantinisch-bar- 
barischen —  Zeit,  der  sie  angehört,  extra- 
murana)  vollständig  freigelegt;  ihre  Mauern 
sind  nur  aus  groben,  mit  Lehm  gefügten 
Steinen  gebaut;  dagegen  sind  für  das  Pres- 
byterium  Säulen  und  cancelli   aus   gutem 


257 


Rumänien. 


258 


Kalkstein  oder  gar  Marmor  benutzt,  deren 
Herkiinft  und  Charakter  älter  und  heidnisch 
ist.      Gleichfalls   älteren  Ursprungs  ist  das 


Bruchstücken  vollkommen  demoliert.  Eines 
dieser  Fragmente,  gegen  Osten,  bis  zu  den 
Fundamenten  von  der  Witterung  bloßgelegt, 


bei  der  Apsis  der  basilica  gefundene  korin-      zeigt  uns,  daß  hauptsächlich  das  Meer  die 


Plan  II.     Histria;  Lage  und  Umgebung. 


thische  Kapitell  mit  offenbar  später  hinzu - 
gemeißeltem  byzantinischem  Kreuz.  Der 
Fußboden  ist  mit  Ziegeln  belegt. 

Die  eigentliche  Festung  hat  eine  polygo- 
nale Form.  Ihre  Ringmauer  ist  auf  der  S-, 
N-  und  NO- Seite  arg  zerstört.  Auf  den 
NOO-,  0-,  OSO- Seiten  ist  sie  außer  einigen 


Zerstörung  dort  veranlaßt  hat,  wo  die  Be- 
festigungen seinem  ganzen  Anprall  —  d.  h. 
im  Osten  —  ausgesetzt  waren.  Dies  beweist 
zugleich,  daß  der  Küstengürtel  von  Kituk 
(vgl.  den  Plan)  im  Altertum  entweder  nur 
in  der  Ausbildung  begriffen  (etwa  unter- 
seeisch)  oder  sehr  lückenhaft  war,   so  daß 


259 


Archäologische  Funde  im  Jahre  1914. 


260 


Abb.  II.     Ansicht  des  Nordturmes  der  Festung  von  Histria. 


Abb.  12.     Ansicht  des  Westtores  von  Histria. 


das  Meer  mit  voller  Kraft  an  die  Mauern  von 
Histria  anschlug.  —  Auf  der  W- Seite,  wo 
die  Wälle  und  Gräben  liegen,  über  die  der 


Weg  durch  das  große  Tor  in  die  befestigte 
Stadt  führte,  ist  die  Mauer  ziemlich  gut  er- 
halten (vgl.  in  der  Abb.  11  die  Ansicht  des 


26 1 


Rumänien. 


262 


Abb.  13.     Linke  Seite  des  äußeren  Einganges  des  Westtores  von  Histria. 


Abb.  14.     Das  kleine  Tor  des  Zwingers  beim  Westtore  von  Histria. 


263 


Archäologische  Funde  im  Jahre  191 4. 


264 


N-Turmes  der  Festung),  und  zwar  bis  zu 
einer  Höhe  von  4 — 6  m  über  dem  Sockel. 
Vollständig  auf  der  Außenseite  freigelegt  ist 
der  SW- Eckturm.  Sein  Sockel  reicht  an  das 
Niveau  der  in  Verbindung  mit  den  umliegen- 
den Seen  stehenden  unterirdischen  Gewässer. 
Andererseits  sind  die  Gräben,  die  gegenWesten 
die  Festung  schützten,  bis  auf  den  heutigen 
Tag  so  tief,  daß  sie  fast  an  den  Wasser- 
spiegel reichen;  nach  Norden  und  Süden 
standen  sie  in  direkter  Verbindung  mit  dem 
Meere,  wie  aus  der  Wiederherstellung  ihres 


allmählich  entstanden  ist  (der  Zwinger  ist 
spätere  Hinzufügung),  durch  die  architek- 
tonischen Fragmente  und  die  urkundlichen 
Denkmäler,  die  beim  Bau  verwendet  wurden 
(vgl.  besonders  Abb.  15,  wo  vier  marmorne 
kannelierte  Säulenschäfte  horizontal  unter 
der  Mauer  herausragen),  verdient  dieses  Tor 
ein  Kapitel  für  sich.  Es  genügt  an  dieser 
Stelle  zu  erwähnen,  daß  im  linken,  äußeren 
Torturme  (vgl.  Abb.  13)  nicht  weniger  als 
sechs  beschriebene  Kalksteinaren  eingemau- 
ert  liegen,    von   denen   bisher   nur   eine   — 


Abb.  15,     Marmorne  Säulenschäfte  als  Baumaterial,  in  situ.     Histria. 


antiken  Laufs  und  Profils  hervorgeht.  Alle 
diese  Tatsachen  beweisen  übereinstimmend, 
daß  die  Festung  vollkommen  vom  Meere  um- 
geben war,  —  Bei  der  Freilegung  dieses  SW- 
Turmes  sind  unter  den  Trümmern,  sehr  bald 
nach  Beginn  der  Arbeit,  zwei  Denkmäler  zu- 
tage getreten,  die  als  Baumaterial  verwendet 
worden  waren,  und  nun  sozusagen  symbo- 
lisch für  die  Zusammensetzung  der  hiesigen 
Bevölkerung  in  alter  Zeit  sind:  das  eine, 
eine  griechische  Grabstele  für  einen  gewissen 
Chrysippos,  das  andere,  eine  lateinisch  ver- 
faßte Grabschrift  für  den  Thraker  Mucatrio 
Seutonis. 

Ich  habe  vollständig  das  große  westliche 
Stadttor  ausgegraben  (vgl.  in  der  Abb.  12 
die  Gesamtansicht:  Zwei  Tore  mit  Zwinger 
dazwischen;  Abb.  13  Ansicht  der  linken 
Seite  des  äußeren  Einganges  mit  der  Schwelle 
und  dem  sogar  mit  Marmorblöcken  ge- 
pflasterten Fußboden  des  Zwingers;  Abb.  14 
das  kleine,  nördliche  Tor  des  Zwingers). 
Durch   seine  Form,    durch   die  Art.   wie   es 


linksseitlich  verletzt  —  vollständig  gelesen 
wurde,  die  einen  Archiereus  und  Pont- 
arch,  der  den  histrianischen  Hafen  restau- 
riert zu  haben  scheint,  erwähnt;  ferner,  daß 
zur  Pflasterung  des  Einganges  unter  anderen 
großen  Marmorblöcken  (zwei  davon  archi- 
tektonische Fragmente)  auch  eine  voll- 
kommen erhaltene,  3,80  m  hohe  Marmor- 
stele, mit  der  beschriebenen  Seite  zur  Erde 
hingekehrt ,  verwendet  wurde ,  welche  eine 
Liste  der  Gerusiasten  von  Histria  im  Jahre  138 
n.  Chr.  enthält  ('"^spouata?  cptXotsifxoi  ol  [xexo 
TTjv  Seu-uepav  xxtsiv')  mit  insgesamt  157 
Namen,  dazu  auf  der  oberen  rechten  Seite  ein 
Ehrendekret  von  besonderer  Bedeutung  für 
die  Verfassung  von  Histria  in  der  ersten  römi- 
schen Zeit;  daß  endlich  beim  Eintritt  in  die 
Stadt,  fast  auf  der  Schwelle  des  inneren 
Tores,  zwei  Bruchstücke  eines  großen  Cippus 
aus  Kalkstein  gefunden  wurden,  der  eine 
große  (leider  auf  der  rechten  Seite  gebrochene) 
Inschrift  (72  Zeilen  kleiner  Schrift)  vom 
Jahre    lOO   n.    Chr.   enthält,   wo  zuerst  die 


265 


Rumänien. 


266 


Abb.  16.     Die  Nordkurtine  der  Festung  von  Histria. 


Abb.  17.     Der  Nordnordostturm  der  Festung  von  Histria. 


26; 


Archäologische  Funde  im  Jahre  191 4. 


268 


fines  Histrianorum  festgestellt  werden 
[hier  sind  sie  (die  Gelehrten  mögen  sich 
freuen!):  [. . . .  Pe]|ucem,  laccum  Hal- 
myridem  a  do[minio  ? .  .  .  .  ]|Argamen- 

sium*),    inde    iugo    summo[ ad 

c]|onfluentes  rivorum  Picusculi  et 
Ga[brani,  inde  a  riv]|o  Gabrano  ad 
capud  eiusdem  inde[....ad  rivum]j 
Sanpaeum,    inde    ad    rivum   Turgicu- 

l[um ][  a   rivo    Calabaeo    milia 

passum  circi[ter .  .  .  .  ].],  und  anschlie- 
ßend verschiedene  (griechisch  verfaßte)  epi- 


die  historisch-architektonischen  Probleme, 
die  die  Kurtinen,  Türme  und  Eingänge  dieser 
Seite  der  Festung  (vgl.  die  Abb.  16  und  17) 
hervorrufen,  ebenso  mannigfaltig  wie  neu 
angesichts  der  bisher  bekannten  römischen 
Festungen  der  Scythia  minor.  Die  künstle- 
rischen, antiquarischen  und  historischen  Fun- 
de sind  auch  hier  sehr  zahlreich.  Allen  voran 
sind  die  in  großer  Zahl  auf  der  N- Kurtine 
gefundenen  Ziegel  zu  erwähnen,  die  den 
lateinischen,  schön  gravierten  Stempel  f  IMP 
ANASTASIVS  auf  der  Kante  tragen  und 


Abb.  18.     Marmorrelief  aus  Histria. 


stulae  der  römischen  Statthalter  [zwei 
Briefe  von  Flavius  Sabinus,  einer  von  Pom- 
ponius  Pius,  einer  von  Plautius  Aelianus, 
einer  von  Tullius  Geminus,  einer  von  Labe- 
rius  Maximus],  von  denen,  besonders  unter 
Claudius  (!),  Rechte  und  Privilegien  den 
Histrianern  verliehen  wurden,  —  um  die  Be- 
deutung der  Funde  beim  großen  Tor  von 
Histria  und  überhaupt  der  Funde  dieser 
ersten  Ausgrabungskampagne  zu  würdigen. 
Ganz  freigelegt  wurde  endlich  die  äußere 
NW- Front  der  Festungsmauer  in  einer  Länge 
von  134  m.    Wie  beim  großen  W-Tore,  sind 

')  Arg  am  um  ist  noch  durch  Procopius,  De 
aedif, ,  ed.  Haury,  IV,  11,  p.  149,  13:  'Apyapwi), 
belegt. 


somit  ein  Beweis  sind,  daß  der  Kaiser  am 
Anfang  des  6.  Jahrhs.  es  nicht  für  über- 
flüssig gehalten  hat,  die  uralte  griechische 
Kolonie  von  neuem  zu  befestigen.  Sehr 
wertvoll  ist  ferner  ein  kleines  (ca.  0,30  xo,30) 
Marmorrelief,  das,  obwohl  sehr  zerstört,  uns 
doch  eine  gute  Einsicht  in  den  frischen 
künstlerischen  Geist  gibt,  der  selbst  in  den 
Steinmetzateliers  dieser  entlegenen  Gestade, 
wo  wir  uns  das  bescheidene  Weihbild  ent- 
standen denken  müssen,  geherrscht  hat 
(Abb.  18). 

Im  Innern  der  befestigten  Stadt,  auf  der 
S- Seite  der  Hauptstraße,  nicht  weit  vom 
W-Tore,  habe  ich  einen  monumentalen  Bau 
festgestellt  (die   Bloßlegung  ist  im  Gange), 


209 


Rumänien.  —  Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     November-Sitzung  191 5. 


270 


der  nach  den  Bruchstücken  von  »cancelli« 
aus  Marmor  (mit  dem  flach  eingravierten 
byzantinischen  Kreuze),  die  unter  den  Trüm- 
mern gefunden  wurden,  schon  jetzt  als  eine 
christliche  basilica  zu  bezeichnen  ist. 

Unter  den  zahlreichen  architektonischen 
und  skulpturellen  Resten,  die  so  ziemlich 
überall  gefunden  wurden,  verdient  hier  noch 
der  Standbildsockel  aus  gelbem  Marmor  er- 


TMt  A!OCkoPoi<  injHPs:!.  Die  Be- 
ziehungen von  Histria  zu  ApoUonia  konn- 
ten nicht  eindrücklicher  belegt  werden, 
als  durch  diese  knappe,  aber  wertvolle 
historische  Kunde,  die  den  Schriftzeichen 
nach  wohl  noch  ins  2.  Jahrh.  v.  Chr.  gehört. 

Bukarest.  V.  Pärvan. 


Abb.  19.     Marmorrelief  aus  Histria. 


wähnt  zu  werden,  der  eine  fragmentierte 
Inschrift  trägt,  die  mit  Sicherheit  als  eine 
Widmung  zu  Ehren  von  Caracalla  und  Julia 
Domna  ergänzt  werden  kann. 

Nicht  im  vergangenen  Jahre,  sondern  erst 
vor  kurzem,  in  der  diesjährigen  Ausgrabungs- 
kampagne, ist  auch  ein  Denkmal  gefunden 
worden,  das  ich  im  Interesse  der  Wissen- 
schaft unverzüglich  an  dieser  Stelle  mit- 
teilen will.  Es  ist  das  in  der  Abb.  19  wieder- 
gegebene Weihrelief  für  die  Dioskuren 
(0,43  X  0,37  m),  mit  der  vollkommen  sicher 

wiederherzustellenden  Widmung:   [ ]- 

PATHC  KAAAIKPATOY  KAIOI  s:TPATir2[T0ti  Tt]E- 
HAEYKOTEC  Eni    BOHOEIA[v]|[d]noAAnNIA- 


ARCHÄOLOGISCHE  GESELLSCHAFT 
ZU  BERLIN. 

Sitzung  vom  i.  November  1915. 
Den  Vorsitz  führte  Herr  Dragendorf f. 
Nachdem  der  Vorsitzende  mit  einigen  Worten 
des  seit  der  letzten  Sitzung  verstorbenen 
Mitgliedes  Herrn  Bar  dt  gedacht  hatte, 
sprach  als  erster  Redner  Herr  Kieke- 
busch über  hervorragende  Bronze- 
zeitfunde des  Märkischen  Museums. 
Die  einer  bestimmten  Zeit  angehörenden 
Funde  eines  Museums  zum  Gegenstand  einer 
Betrachtung  zu  wählen,  könnte  sonderbar 
erscheinen,   weil  der   Zufall   am   Zustande- 


271 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     November-Sitzung  191 5. 


272 


kommen  jeder  Sammlung  seinen  Anteil  hat. 
Im  vorliegenden  Falle  liegt  die  Sache  immer- 
hin etwas  anders.  Das  Märkische  Museum 
beschränkt  sich  —  in  letzter  Zeit  ganz  be- 
sonders streng  und  grundsätzlich  —  auf  ein 
eng  begrenztes  Forschungsgebiet,  die  Mark 
Brandenburg.  Unsere  Mark  gehörte  aber 
während  der  Bronzezeit  mindestens  zu  einem 
großen  Teile  dem  nordischen  Kulturgebiete 
an,  dem  ja  auch  Mecklenburg,  Schleswig- 
Holstein,  Dänemark  und  Schweden  zuge- 
rechnet werden  müssen.  Die  bronzezeitlichen 
Altertümer  des  Märkischen  Museums  geben 
uns  also  zugleich  ein  Bild  der  nordischen 
Bronzekultur.  Nun  war  die  nordische 
Bronzeperiode  ein  Zeitalter  glänzender  Kul- 
turhöhe, wie  das  gleichzeitige  mykenische 
im  europäischen  Südosten.  Wer  je  die  Mu- 
seen in  Stockholm  und  Kopenhagen,  aber 
auch  in  Kiel  und  Schwerin  sowie  die  betreffen- 
den Abteilungen  des  Märkischen  und  des 
KönigHchen  Museums  in  Berlin  vorurteils- 
los durchmustert  hat,  wird  schwerlich  an 
diesen  herrlichen  nordischen  Bronzen  gleich- 
gültig vorübergegangen  sein,  an  den  Luren 
und  Bronzewagen,  an  den  Schwertern  und 
Ringen  und  den  prunkenden  Goldgefäßen, 
die  uns  das  Heroenzeitalter  der  nordischen 
Vorgeschichte  —  denn  um  ein  solches  handelt 
es  sich  auch  hier  —  in  lebhaften  Bildern  und 
Farben  widerzuspiegeln  vermögen. 

Es  soll  hier  nicht  geredet  werden  von  der 
Selbständigkeit  der  nordischen  Kultur  der 
südlichen  gegenüber,  einer  Selbständigkeit, 
die  heute  kaum  noch  bestritten  wird.  Es 
soll  auch  nicht  geredet  werden  von  dem  mit 
unglaublicher  Bitterkeit  ausgefochtenen 
Streit  über  eine  in  jener  Zeit  durch  die  Mark 
gehende  Kulturgrenze.  Es  soll  auch  die 
schwierigste  Frage,  die  ethnologische,  ganz 
außer  acht  gelassen  werden.  Nur  Tatsachen 
sollen  zu  Worte  kommen,  und  wo  sich  un- 
gezwungen Beziehungen  zu  südHchen  Kul- 
turen ergeben,  wollen  wir  natürlich  gern 
einen  Augenblick  verweilen. 

Da  die  Bronzezeitfunde  in  einer  bestimm- 
ten Reihenfolge  vorgeführt  werden  müssen, 
so  wählen  wir  die  beste  Reihenfolge,  die  es 
gibt,  nämlich  die  Monteliussche  Chronologie. 
Die  von  Oskar  MonteUus  im  Jahre  1885  in 
dem  Werke  »Om  Tidsbestämning  inom 
Bronsaldern«  der  Öffentlichkeit  übergebene 


relative  Chronologie  der  Bronzezeit  hat 
sich  in  glänzender  Weise  bewährt.  Alle 
während  der  letzten  dreißig  Jahre  ans 
Tageslicht  geförderten  Bronzezeitfunde 
Europas  wurden  an  der  Monteliusschen 
Chronologie  gemessen  und  —  die  Montelius- 
sche Chronologie  wurde  an  all  diesen  Funden 
gemessen.  Wenn  das  stolze  Gebäude  der 
relativen  Chronologie  zu  erschüttern  gewesen 
wäre,  so  wäre  es  längst  erschüttert  worden. 
Daß  jeder  neue  Fund  sich  ohne  Schwierig- 
keit der  aufgestellten  Ordnung  einfügte,  be- 
weist nur,  wie  fest  der  ganze  Bau  gegründet 
war,  wie  gewissenhaft  der  große  Forscher 
gearbeitet  hat. 

Im  Märkischen  Museum  ist  die  chrono- 
logische Ordnung  der  Schausammlung  mög- 
lichst streng  durchgeführt  worden.  —  Aus 
der  großen  Zahl  der  Funde  wurden  im  Vor- 
trage die  wichtigsten  Vertreter  der  einzelnen 
Perioden  im  Lichtbilde  gezeigt.  (Vgl.  dazu 
A.  Kiekebusch,  »Die  vorgeschichtliche  Ab- 
teilung des  Märkischen  Museums«.  Mannus 
I,  1909.)  Besonders  sei  hier  hingewiesen 
auf  den  aus  der  3.  Periode  stammenden 
Gießerfund  von  Spindlersfeld  mit 
nordischen  Fibeln,  einer  Bronzegußform  mit 
dazugehöriger  Bronzenadel  und  den  herz- 
förmigen Anhängern,  wie  sie  ganz  ähnlich 
bei  dem  gemalten  Halsschmuck  des  in  Kalk- 
stuck gearbeiteten  männlichen  Oberkörpers 
im  Palaste  von  Knossos  zu  beobachten  sind 
(Abbildung  bei  Evans  und  auch  in  Sophus 
Müllers  »Urgeschichte  Europas«  [1907]). 
Auch  die  Funde  aus  den  Hügelgräbern 
von  Weitgendorf,  Kreis  Westprignitz, 
nehmen  besonderes  Interesse  in  Anspruch 
(Saal  5  des  Märkischen  Museums).  Sämt- 
liche Altertümer  aus  diesen  Gräbern  gehören 
ebenfalls  der  3.  Periode  an.  Die  Bestattun- 
gen waren  reich  versehen  mit  Metallbeigaben, 
mit  Bronzeschwertern  und  -dolchen,  Hals- 
ringen, Armbergen,  Messern  und  goldenen 
Spiralringen. 

Die  schönsten  und  wohl  auch  bekannte- 
sten Funde  entstammen  dem  »Königsgrabe 
von  Seddin«.  So  viel  Unfug  mit  der  Be- 
zeichnung »Königsgrab«  schon  getrieben  sein 
mag,  hier  ist  der  Name  durchaus  berechtigt. 
Wir  können  zwar  nicht  wissen,  ob  der  in 
diesem  Grabe  Bestattete  »König«  oder 
»Häuptling«  gewesen  ist.    Wohl  aber  hat  die 


273 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin,     November-Sitzung  1915. 


274 


Bezeichnung  »Königsgrab«  ihre  Berechti- 
gung, weil  bei  den  Bewohnern  der  Um- 
gegend die  Überlieferung  lebendig  war,  daß- 
in  dem  »Hinzerberg«  der  Riesenkönig 
begraben  liege  in  einem  dreifachen  Sarge. 
Diese  Sage  vom  Königsgrabe  wurde  1897 
gedruckt  (E.  Krause,  Zeitschrift  f.  Ethno- 
logie usw.  XXIX  S.  (117)).  Die  Grab- 
kammer ist  erst  1899  entdeckt  worden.  Der 
wiederholt  geäußerte  Verdacht,  daß  die  Sage 
nach  der  Entdeckung  des  Grabes  für  den  be- 
sonderen Fall  zugeschnitten  wäre,  ist  also 
von  der  Hand  zu  weisen.  (Über  das  Königs- 
grab von  Seddin  vgl.  des  Vortragenden 
»Vorgeschichte  der  Mark  Brandenburg«, 
Landeskunde  Bd.  HI  S.  384 — 388,  wo  auch 
die  übrige  Literatur  verzeichnet  ist.  Eine 
naturgetreue  Wiedergabe  der  Funde  auf 
Wandtafel  VH  der  »Altertümer  der  heimi- 
schen Vorzeit«,  Verlag  Jul.  Bard,  191 5.) 

Zu  den  wichtigen  Bronzezeitfunden  des 
Märkischen  Museums  müssen  auch  die  durch 
die  Siedlungsforschung  des  Museums  ans 
Tageslicht  geförderten  Ergebnisse  gerechnet 
werden.  In  dieser  Beziehung  sei  auf  die 
bereits  erschienenen  Berichte  und  Abhand- 
lungen hingewiesen  (Ausgrabungen  bei  Buch, 
Prähistor.  Zeitschr.  II,  1910;  Korrespon- 
denzblatt d.  Deutsch.  Anthrop.  Ges.  1912, 
1913,   1914  u.   1915). 

Über  Beziehungen  der  Häuser  des  Nordens 
zum  Süden,  namentlich  zur  griechischen 
Kultur,  vgl.  Prähistor.  Ztschr.  IV,  191 2, 
S.  160 — 165.  (Urform  des  Grundrisses;  Me- 
garon;  Anordnung  der  Säulen  beim  peri- 
pteralen  Tempel;  Basensteine  und  Anten; 
Herkunft  der  Säule;  Zahl  der  Säulen;  die 
Halbsäule.) 

Die  in  der  sich  anschließenden  Diskussion 
von  Herrn  Diels  und  Herrn  Dörpfeld 
geäußerten  Bedenken  gegen  die  sich  an  das 
Seddiner  Königsgrab  knüpfende  Überliefe- 
rung kann  ich  nicht  teilen.  Ähnliche  ganz 
Überraschendeübereinstimmungen  der  Fund- 
tatsachen  mit  der  alten  Überlieferung  kom- 
men häufiger  vor.  Ich  erinnere  nur  an  den 
Peckateler  Bronzewagen  (Beltz,  Vorgesch. 
V.  Mecklenburg  S.  43)  und  an  Niedergörs - 
dorf  bei  Jüterbog,  wo  ein  im  13.  Jahrhundert 
verschütteter  »Burgwall«  bei  der  Unter- 
suchung wieder  zutage  trat.  Nur  der  Flur- 
name und  einige  Sagen  hatten  die  Erinne- 

Archäologischer  Anzeigfer  1915. 


rung  an  die  einstige  Befestigung  hier  leben- 
dig und  wach  erhalten.  Kein  Archäologe 
hätte  an  äußeren  Zeichen  auch  nur  Spuren 
eines  Burgwalles  erkannt.  Daß  Überliefe- 
rungen, Sagen,  Spukgeschichten  und  der- 
gleichen besonders  häufig  an  vorgeschicht- 
lichen Resten  haften,  ist  eine  Tatsache,  die 
von  der  Forschung  noch  bei  weitem  nicht 
genug  ausgenutzt  worden  ist.  Derartige 
Überlieferungen  sind  uns  heute  geradezu 
Wegweiser  geworden  beim  Aufsuchen  vor- 
geschichtlicher Wohnstätten  und  Gräber. 
(Vgl.  dazu  meine  Ausführungen  in  der  Zeit- 
schrift f.  Ethnologie  XLVI,  1914,  S.  887; 
Prähistor.  Zeitschr.  VI,  S.  307;  Korr.-Bl.  d. 
Deutsch.  Anthr.  Ges.  1912  S.  65  und  1915 
S.  42/43.)  Schließlich  sind  Schliemanns 
Erfolge  in  Troja,  Tiryns  und  Mykenä  doch 
der  glänzendste  Beweis  für  die  hohe  Be- 
deutung jeglicher  Überlieferung  für  die  ar- 
chäologische Wissenschaft. 

Die  Ausführungen  des  Herrn  Diels  über 
die  Bedeutung  der  Zahlen  (3,  9  usw.)  beim 
Königsgrabe  von  Seddin  wie  in  griechischen 
Tholosbauten  führen  uns  auf  ein  Gebiet,  das 
in  Zukunft  ganz  gewiß  auch  in  der  Prähi- 
storie nicht  vernachlässigt  werden  darf.  Wir 
werden  alles  daransetzen  müssen,  um  nach 
und  nach  auch  in  die  Gedanken- und  Vor- 
stellungskreise vorgeschichtlicher  Völker  ein- 
zudringen. Was  wir  jetzt  darüber  wissen, 
ist  leider  noch  so  wenig,  daß  man  bis  heute 
sich  noch  kaum  daran  gewagt  hat. 

Anschließend  sprach  Herr  Neugebaue r 
über  den  etwas  unterlebensgroßen  Torso  von 
Daphni,  der,  in  den  Magazinen  des  Athener 
Nationalmuseums  aufbewahrt,  von  Richard- 
son  im  Amer.  Journ.  of  archeol.  IX  1894 
S.  53  ff.  Taf.  II  unzureichend  veröffentlicht 
worden  ist  (Abb.  i,  nach  Institutsphoto - 
graphie  des  Originals).  Unbekannt  bleibt 
der  Fundort  des  Meisterwerkes,  wie  aus 
Richardsons  Nachtragsbemerkung  in  der- 
selben Zeitschrift  X  1895  S.  51  hervorgeht, 
doch  stammt  es  wohl  von  der  heiligen  Straße 
in  der  Gegend  des  Klosters  Daphni.  Für  die 
Bestimmung  des  einstigen  Bewegungsmotivs 
gibt  die  Tatsache  den  Ausschlag,  daß  sich 
an  dem  erhaltenen  rechten  Oberschenkel 
kein  Ansatz  des  Hodensackes  befindet.  Viel- 
mehr berührte  dieser  im  Herabhängen  den 
vom  rechten  nach  Ausweis  eines  schmalen 


275 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     November-Sitzung  191 5. 


276 


erhaltenen  Ansatzes  um  etwa  60°  abge- 
streckten linken  Oberschenkel,  wodurch 
dieser  als  der  steilere  von  beiden  erwiesen 
wird.  Der  Torso  ist  also  stark  nach  rechts 
geneigt,   das  rechte   Bein  nachgezogen  ge- 


Hintergrundsebene  parallel  sein  mußten, 
ergibt  die  Hauptansicht  des  Körpers.  (Abb.  2, 
nach  dem  Abguß  in  Leipzig.  Die  mit  Ge- 
nehmigung von  Herrn  Professor  Studniczka 
hergestellte  Aufnahme  wird  Herrn  Assistent 


Abb.  I. 


wesen.  Er  stellt  mithin  einen  auf  das  linke 
Knie  gestürzten  Mann  dar,  der  sich  zu 
seinem  Überwinder  zurückwendet,  er  ist  der 
Rest  einer  Kampfgruppe.  Da  das  rechte 
Bein  nicht  nach  außen  gedreht  ist,  ruhte  der 
Fuß  mit  gehobener  Ferse  auf  den  Zehen ;  das 
Knie  berührte  vermutlich  nicht  die  Plinthe. 
Die  Auseinanderspreizung  der  Beine,  die  der 


Stern  verdankt.)  Der  linke  Arm  war  nicht 
aufgestützt,  wie  die  erhaltene  Schulter 
verbietet,  sondern  der  Unterarm  wohl 
in  Übereinstimmung  mit  der  Körper- 
drehung nach  links  hinüber  bewegt.  Der 
rechte  Arm  war,  wie  die  gestraffte  rechte 
Körperhälfte  lehrt,  erhoben,  ob  in  ganzer 
Länge  dem  Sieger  entgegen  oder  ausholend 


277 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     Dezember-Sitzung  19 15. 


278 


gebeugt,  ist  nicht  zu  entscheiden.  Die 
nächste  Verwandtschaft  zu  dem  so  erschlos- 
senen Motiv  zeigt  in  rotfigurigen  Vasen- 
bildern der  von  ApoUon  überwundene 
Tityos  (vgl.  Bulle  im  Text  zu  Brunns  Denk- 
mälern Taf.  649  S.  6 — 7) ;  ein  ApoUontempel 
stand  nach  Pausanias  I,  37,6  an  der  heiligen 


ren  griechischen  Kunst  ist  der  Torso  kunst- 
geschichtlich  wichtig.  Jünger  und  voll- 
kommener als  der  auf  ihn  vorausweisende 
Gegner  Athenas  in  der  Gigantomachie  des 
Hekatompedon  findet  er  zahlreiche  Analogien 
in  der  Blütezeit  der  strengrotfigurigen  Vasen- 
malerei und  bereitet  den  Weg,  der  zu  Werken 


Abb.  2. 


Straße  bei  dem  heutigen  Daphni,  Diesen 
Hinweis  auf  eine  Deutungsmöglichkeit  zu 
verfolgen,  wäre  eine  Ausgrabung  des  Heilig- 
tums nötig.  Der  Torso  stammt  kaum  aus 
einer  Giebelgruppe,  denn  sein  Stil  ist  nach 
Proportionen  und  Einzelformen  nicht  at- 
tisch, sondern  äginetisch,  etwas  fortge- 
schrittener als  der  der  Westgiebelfiguren  des 
Aphaiatempels,  ohne  aber  bereits  die  Stufe 
des  Ostgiebels  erreicht  zu  haben.  Nicht  nur 
hierdurch,  sondern  auch  als  Beispiel  der 
Darstellung  von  Körperdrehung  in  der  älte- 


wie  dem  Torso  Valentini  und  dem  Diskos- 
werfer des  Myron  führt.  (Über  den  Torso 
hofft  der  Vortragende  eine  eingehende  Arbeit 
zu  veröffentlichen.) 

Sitzung  vom   II.  Dezember  1915. 
75.  Winckelmannsfest. 

Das  diesjährige  75.  Winckelmannspro- 
gramm  »Skenika«  ist  von  Fräulein  M.  Bieber 
und  Herrn  A.  Brueckner  verfaßt. 

Die  Sitzung  fand  im  großen  Festsaale  des 


279 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     Dezember-Sitzung   191 5. 


280 


Architektenhauses  statt;  den  Vorsitz  führte 
Herr  Dragendorff.  Nach  einem  kurzen 
Rückblick  auf  die  archäologische  Arbeit  des 
Jahres  gedachte  er  der  schweren  Verluste, 
die  die  archäologische  Wissenschaft  in  diesem 
Jahre  erfahren  hat,  besonders  durch  den 
Tod  von  Wolf  gang  Heibig  und  Georg 
Loeschcke.  Dem  letzteren,  in  dem  die 
Gesellschaft  zugleich  ihren  Vorsitzenden 
betrauert,  widmete  er  warme  Worte 
des  Nachrufs.  Die  eingehende  Würdigung, 
die  er  dem  Verstorbenen  als  Mensch 
und  Gelehrten  zuteil  werden  ließ,  soll  im 
Druck  erscheinen  und  wird  den  Mitgliedern 
zugestellt  werden. 

Als  Festredner  des  Abends  sprach  Herr 
Amelung  über  den  sogenannten  Sar- 
dan a  p  a  1.  Der  Vortragende  ging  aus  von  der 
Photographie  einer  auf  Kreta  ausgegrabenen 
und  noch  dort  befindlichen  Marmorstatue, 
die  sich  auf  den  ersten  Blick  als  Wieder- 
holung des  sogenannten  Sardanapal  im 
Vatikan  zu  erkennen  gibt  ^).  Augenschein- 
lich handelt  es  sich  um  keine  besonders  ge- 
lungene Arbeit;  immerhin  hat  die  Figur  als 
Kopie  aus  griechischem  Bereich  und  deshalb 
einen  eigenen  Wert,  weil  ihr  Kopf  mit  Efeu 
umkränzt  ist  und  sich  von  dem  Attribut  der 
Rechten  der  unterste  Teil  auf  der  Plinthe 
erhalten  hat,  der  Ansatz  des  Thyrsos.  Die 
Bekränzung  läßt  keinen  Zweifel  darüber, 
daß  wir  in  dem  Dargestellten  Dionysos  zu 
erkennen  haben,  zumal  sich  auch  bei  einer 
anderen  Wiederholung  in  London  Reste 
der  Bekränzung  des  Kopfes  erhalten  haben, 
und  daß  wir  die  Sardanapal-Inschrift  des 
römischen  Exemplars  als  bedeutungslos  für 
die  Frage  der  Deutung  des  Originals  beiseite 
lassen  dürfen  2).  Die  verschiedenen,  bisher 
bekannten  Wiederholungen  des  Typus  sind 
zuletzt  von  Arndt  im  Text  zu  den  Einzel - 
aufnahmen  Nr.  557  aufgezählt  und  kurz 
miteinander  verglichen  worden.      Es   sind: 

')  Die  Photographie  stammt  aus  dem  Atelier 
Maraghiannis  in  Kandia.  Die  Statue  soll  sich  ehedem 
in  der  Villa  von  A.  Evans  befunden  haben.  Über 
den  sogenannten  Sardanapal  vgl.  zuletzt  Heibig, 
Führer,  3.  Aufl.,  Nr.  320. 

*)  Es  wäre  nicht  notwendig  gewesen,  darauf  hin- 
zuweisen, wenn  nicht  Delbrueck  im  Arch.  Jahrbuch 
1913  S.  303  sich  in  entgegengesetztem  Sinne  ausge- 
sprochen hätte.  Zu  beachten  ist  auch,  daß  der  in 
Athen  erhaltene  Torso  einer  Replik  dort  im  Dionysos- 
theater gefunden  wurde. 


die  römische  Statue,  ein  Kopf  in  Neapel '), 
einer  in  Palermo,  einer  in  Florenz,  ein  Torso 
in  Athen  und  endlich  eine  Statue  in  London, 
die  in  vielfacher  Hinsicht  eine  eigene  Stellung 
einnimmt.  Die  drei  Köpfe  bilden  mit  der 
römischen  Statue  eine  Gruppe,  die  eine 
einheitliche  Überlieferung  vertritt,  wenn 
auch  in  Einzelheiten  sich  Abweichun- 
gen finden,  die  aber  doch  nur  auf  größerer 
oder  geringerer  Sorgfalt  der  einzelnen  Ko- 
pisten oder  auf  ihrer  größeren  oder  geringe- 
ren künstlerischen  Feinheit  beruhen.  Den 
ersten  Platz  in  dieser  Gruppe  nimmt  der 
Kopf  in  Neapel  ein,  der  uns  immerhin  lehren 
kann,  daß  wir  uns  Haar  und  Bart  an  dem 
Original  keineswegs  so  schematisch  leblos 
vorstellen  dürfen  wie  an  der  römischen 
Statue.  Diese  ist  in  der  Nähe  Roms  gefun- 
den worden;  von  den  drei  Köpfen  stammt 
der  Neapler  sicher,  das  andere  Paar  wahr- 
scheinlich auch  aus  Rom  oder  seiner  Um- 
gebung, und  so  dürfen  wir  wohl  annehmen, 
daß  wir  hier  verschiedenwertige  Vertreter 
einer  im  kaiserlichen  Rom,  am  ehesten  in 
augusteischer  Zeit,  geschaffenen  Kopisten - 
Überlieferung  vor  uns  haben.  Die  neue  kre- 
tensische  Wiederholung  schließt  sich  trotz 
mancher  Abweichungen  im  einzelnen  in  der 
allgemeinen  Auffassung  an  diese  Gruppe  an, 
nur  scheint  sie  aus  späterer  Zeit  zu  stam- 
men. Dagegen  gibt  uns  die  andere  Wieder- 
holung aus  griechischem  Kreise,  der  Torso 
in  Athen,  ein  wesentlich  verschiedenes  Bild, 
bei  dem  wir  allerdings  in  Rücksicht  ziehen 
müssen,  daß  es  dem  Bildhauer  augenschein- 
lich hier  auf  eine  ziemlich  derb  dekorative 
Wirkung  angekommen  ist.  Bedeutungsvoll 
aber  ist,  daß  die  noch  erhaltenen  Endigungen 
von  Haar  und  Bart  auf  eine  viel  üppigere, 
vollere  Bildung  des  Haares  schließen  lassen, 
als  wir  sie  selbst  an  dem  Kopf  in  Neapel 
mit  seinen  verhältnismäßig  lebhaft  gewellten 
Strähnen  gefunden  haben. 

Eine  ganz  eigene  Stellung  nimmt  die 
Statue  in  London  ein,  so  eigen,  daß  Arndt 
zweifelte,  ob  wir  hier  überhaupt  noch  eine 
Kopie  im  wahren  Sinne  des  Wortes  an- 
zuerkennen hätten.  Der  Mantel,  in  dessen 
Anordnung  sich  allerdings  auch  bei  den 
anderen  Repliken  Abweichungen  finden,  aber 


I)  Vgl.  zuletzt  Guida  del  Museo  Nr.  273. 


28l 


Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin.     Dezember-Sitzung   191 5. 


282 


keine  für  den  Gesamteindruck  so  bedeutender 
Art,  ist  hier  höher  über  die  Brust  herauf- 
geschoben und  horizontaler-  abgeschlossen 
als  sonst;  vor  allem  aber  ist  er  im  Gegen - 
satze  zu  der  am  »Sardanapal«  stets  mit 
Recht  bewunderten  übersichtlichen  Ver- 
teilung von  Faltenzügen  und  Flächen,  die  nur 
mit  einem  leisen  Spiel  kleiner  Motive  be- 
lebt sind,  von  oben  bis  unten  durchfurcht 
von  großen,  einheitlich .  gezogenen  Falten 
mitjeinem  sehr  lebhaften,  aber  gleichmäßi- 
gen Wechsel  von  Licht  und  Schatten. 
Weiter  ist  der  Stoff  des  Chitons  ganz  anders 
zur  Darstellung  gebracht  als  an  der  vati- 
kanischen Statue,  und  endlich  ist  an  dem 
Kopfe,  trotzdem  Zug  um  Zug  hier  wie  dort 
wiederkehrt,  alles  üppiger  und  weicher  ge- 
bildet als  an  den  Köpfen  der  römischen 
Gruppe  und  dem  Kopfe  der  Replik  auf 
Kreta.  Dagegen  könnte,  nach  den  erhalte- 
nen Bart-  und  Haarenden  zu  urteilen,  auf 
dem  athenischen  Torso  ein  dem  Londoner 
ähnlicher  Kopf  gesessen  haben.  Wir  werden 
so  vor  die  Frage  gestellt,  auf  welcher  Seite 
wir  die  getreuere  Wiedergabe  des  Originals 
anzuerkennen  haben.  Der  Vortragende 
schloß  sich  der  Ansicht  derer  an,  die  in  dem 
Original  des  Typus  eine  Schöpfung  des 
Praxiteles  erkennen  wollen,  und  zog,  um 
ein  charakteristisches  Bild  der  Gewand - 
behandlung,  insbesondere  der  Behandlung 
des  Mantels  im  praxitelischen  Kreise  und 
der  ihm  nahestehenden  attischen  Kunst  zu 
gewinnen,  die  Musenreliefs  der  praxitelischen 
Basis  von  Mantinea  heran  ^),  die  Relieffiguren 
einer  Dreifußbasis  in  Athen  2)  und  die  Chla- 
mys  des  Hermes  in  Olympia.  In  verschiede- 
nen Stadien  treffen  wir  hier  einen  ganz  be- 
stimmten Geschmack,  den  wir  an  dem  vati- 
kanischen Sardanapal,  nicht  an  der  Londoner 
Replik    wiederfinden,    deren    Faltengebung 

')  Vollgraffs  späte  Datierung  dieser  Reliefs  (Bull, 
corr.  hell.  1908  S.  236  ff.),  der  auch  Sieveking  und 
Buschor  im  Münch.  Jahrbuch  1912  S.  125  gefolgt 
sind,  beruht  auf  Schlüssen,  deren  Grundlage  bereits 
von  Herzog  im  Philologus  LXXI  1912  S.  i  ff.  als 
unzuverlässig  nachgewiesen  ist.  Übrigens  kann  hier 
mitgeteilt  werden,  daß  laut  einer  mündlichen  Mit- 
teilung Buschors  an  den  Vortragenden  Sieveking 
und  Buschor  Vollgraffs  Ansicht  nicht  mehr  vertreten. 

^)  Benndorf,  Österr.  Jahreshefte  II  1899  S.  255  ff. 
T.  V— VII. 


vielmehr  einem  älteren  Geschmack  ent- 
spricht, wie  er  sich  an  Originalfiguren  an 
der  Wende  des  5.  zum  4.  Jahrh.  wiederfindet. 
Auch  das  belegte  der  Vortragende  mit  Bei- 
spielen, an  denen  die  allmähliche  Entwick- 
lung dieser  Motive  deutlich  wurde:  Karyatide 
Albani  ^),  Orans  im  Pal.  Doria  ^),  weibliche 
Gewandstatue  im  Vatikans).  Dem  ent- 
spricht es  nun,  daß  auch  der  Chiton  in  Lon- 
don in  einem  älteren  Geschmack,  dem  des 
5.  Jahrh.,  gebildet  ist,  an  dem  Sardanapal 
in  dem  Geschmack  des  4.  Jahrh.  4)  Mantel  und 
Chiton  finden  wir  ganz  entsprechend  an 
einem  feinen  Original  des  Berliner  Museums, 
dem  Fragment  einer  bronzenen  weiblichen 
Statue  aus  Kyzikoss).  Demnach  gibt  uns 
augenscheinlich  der  Sardanapal  in  seiner 
Gewandung  ein  getreueres  Abbild  des  Ori- 
ginals als  die  Londoner  Statue,  wenn  wir 
uns  den  Mantel  dem  athenischen  Torso  zu- 
folge wohl  auch  stofflicher  behandelt  denken 
dürfen,  als  wir  ihn  an  der  sehr  nüchternen 
römischen  Statue  sehen.  Anders  glaubte 
sich  der  Vortragende  in  betreff  des  Kopfes 
entscheiden  zu  müssen,  indem  er  versuchte, 
den  Kopf  der  Londoner  Statue  in  die  bei 
Praxiteles  so  deutHch  fühlbare  Entwicklung 
zum  immer  Reicheren,  Weicheren  und  inner- 
lich Belebteren  einzuordnen.  Jedenfalls 
gibt  uns  nach  Ansicht  des  Vortragenden 
erst  der  Londoner  Kopf  einen  vollen  Begriff 
von  dem  innerlich  reichen  Seelenleben,  das 
Praxiteles  auch  in  dieser  Schöpfung  ver- 
körpert hatte,  während  die  Köpfe  der  römi- 
schen Gruppe  sich  mit  äußerlich  korrekter 
Wiedergabe  der  vornehmen  Form  begnügen, 
dabei  aber  leer  und  seelenlos  wirken;  erst 
nach  dem  Eindruck  des  Londoner  Kopfes 
können  wir  anerkennen,  daß  Praxiteles  auch 
in  der  Entwicklung  des  bärtigen  Götter- 
typus eine  bedeutende  und  eigenartige  Rolle 
gespielt  hat. 


1)  Heibig,  Führer,  3.  Aufl.  Nr.  191 5. 

2)  Brunn-Bruckmann  638/39  (Text  von  Hekler). 

3)  Heibig  a.a.O.  Nr.  271. 

4)  Den  gleichen  Unterschied  bemerken  wir  zwi- 
schen dem  Chiton  der  großen  Herkulanenserin,  der 
in  der  Art  seiner  Wiedergabe  dem  des  »Sardanapal« 
entspricht  und  demjenigen  einer  Replik  im  Casino 
Borghese,  der  vollkommen  in  die  Art  des  5.  Jahrh. 
umstilisiert  ist. 

5)  Beschreibung  Nr.  3. 


REGISTER. 


I.  SACHREGISTER. 

Die  Spaltenzahlen  des  Archäolog-ischen  Anzeig-ers  sind  kursiv  gedruckt. 

Abkürzungen:     Br(n)  =  Bronze(n).      G(n)  =  Gemme(n).      Gr.  =  Gruppe.     L.  =  Lampe.    M.  =  Marinor.  Mos(en)=  Mosaik(en). 

Mze(n)  =  Münze(n).      Rel(s)=  Relief(s).       Sk(e)=  Sarkophag(e).       Sp.=  Spiegel.       Sta(n)=  Statue(n).      Stte(n)=  Statuette(n). 

T(n)  =  Terrakotte(n).     V(n)  =  Vase(n).     Vb.  =  Vasenbild.     Wgrra.  =  Wandgemälde. 


Aegyptische  Götter,  Tempel  der  in  Eretria  184 

Aeneas,  auf  pompejanischem  Gemälde  158  f.,  und 
bei  Vergil  159  f. 

Akropolis,  Arbeiten  auf  der  206 

Albanisches    Reiterrel.   106 

(JXyeiv  81 

Alexandros,    Knöchelspielerinnen  des   107  f. 

Alkmene,  des  Kaiamis  80 

Altar,  Bostoner  75,  84,  190,  und  Ovids  Fasten  84, 
von  Kara-Orman  166  ff. 

Altis,    von  Olympia,  Arbeiten   in  der  210  f. 

Amazonenstudien  131  ff.,  -rel.  aus  Ephesos  131  ff., 
-Sciarra  in  Kopenhagen  134  ff.,  Berlin-Landsdowne 
96  f.,  140  ff.,  verglichen  mit  Diadumenos  und 
Doryphoros  146,  173,  kapitolinische  96  f.,  147  ff., 
173,  Mattei  152  ff.,  des  Polyklet  166  ff.,  des  Kresilas 
166,  171,  174,  177  f.,  des  Strongyhon  176  f.,  des 
Phidias  178  f.,  auf  Nolaner  Amphora  108,  auf 
Krater  in  Bologna  11 1,  -kämpf  auf  Aryballos  aus 
Cumae  109 

Anhänger,  goldene,  in  mykenischen  Gräbern  301  fl- 

Antithetische  Gruppe,  Herkunft  des  Schemas 
der  282  f.,   in  pontischer   Kunst   18 

Aphrodite  in  Ehs,  des  Phidias,  und  die  Berliner 
Aphrodite  99,  aus  der  Werkstatt  der  Parthenon- 
figuren 167,  vom  Eryx  185,  Stte  im  Ungarischen 
Nationalmuseum  30  f.,  Br.  in  Ratiaria  231  f. 

Apollontempel,  in  Eretria  1S3  f.,  in  Korinth 
211  f.,  in  Phanai  200,  vom  Ptoion  182  ff.,  von 
Thermen  ig2 

Apulien,  Kultur  von  52ff. 

Archäologische  Gesellschaft,  zu  Berlin  50  ff., 
105  f.,  270  ff.,  278  ff. 

Arentsburg,    Kastell  von,   Anlage    61  ff. 

Aristagorasinschrift  aus  Histria  248 


Aristobulos,   und  der  delphische  Wagenlenker  74 
Artemistempel,    auf   der    Inschrift   eines    Pariser 

Silbermedaillons    15  f.,   in    Salamis   181 
Asklepiades,  Epigramme  225  f. 
»Aspasia«  ,    des  Kaiamis  89 
Athen,  Funde  in  177  ff . 
Athena    Lemnia    168  f.,    Medici,    und  Kolotes  98, 

Stte  im  Ungarischen  Nationalmuseum  27  f.,    von 

Thermon  ig3,   Poroskopf  in  Korfu  208,  -tempel 

in   Gonnoi,   Dekret  aus   dem   188 
Ausgrabungen  s.  Funde 
Au  tun,  Brunnenfigur  in  240 
Axos,    Funde   im   Heiligtum  bei   ig8 

Babylon,  Umfang  der  Stadt  149,  156  ff.,  Stufen- 
turm Etemenanki  158  ff.,  Esagilatempel  162, 
Eharsagilatempel  163 

Baugeschichte,    des   antiken   Theaters   52,   93ff. 

Bavai,  Bronzestte  von,  einen  Krieger  darstellend 
153,   165,   179 

Becher,   von  HagiaTriada  244  ff.,  von  Vafio  237, 

325  ff- 
Bendis,   Dekret  der  Thiasoten  an  B.  in  Salamis  181 
Berlin,   Amazone   Landsdowne    140  ff.,   M.torso   in 

123  ff. 
Bleitäfelchen,    im  Ungarischen  Nationalmuseum 

38  f. 
Bogenschütze,     auf    kretischem    Steatitfragment 

262 
Bojer,  Münzen  der  21 
Boston,    Altar  von   75,    831.,    190 
Bronzefunde    im   Märkischen   Museum   zu   Berlin 

270  ff.,  in  Ungarn  19  ff.,  -gefäß  in  Sackrau  34  ff-, 

210,  -eimer  7,  -kessel  von  Rynkeby  31  f.,    -lampe 

im    Ungarischen    Nationalmuseum    24,    -rel.    aus 


285 


Register. 


286 


Lyaud  33,  -stten  in  Bavai  153,  in  Gallien  25,  in 
Leiden  65  ff.,  minoische  65  ff.,  68,  -wagen  von 
Strettweg  30  f. 

Bulgarien,  Urkunde  zum  griechischen  Vereins- 
wesen 8y  ff.,  Altar  von  Kara-Orman  166  ff.,  Funde 
in  218  ff. 

Bupalos,    Hera   von    Samos   des    125 

Cernunnos,  auf  Silberkessel  von  Gundestrup  5, 
10,  27 

Charongroschen,  Funde  von  zwei  goldenen  in 
Saloniki  ipo 

Chios,  Grabungen  auf  T98  f. 

Christliches,   und  Heidnisches  auf  Missorien  195 

Chthonische  Gottheiten  auf  Altar  in  Kara- 
Orman  lyi  f. 

eisten,   Terraindarstellungen  auf  208,  211 

Corbridge-on-Tyne,    Silberteller  aus   192  ff. 

Daker,    älteste    Darstellung    auf    Silberblech    aus 

Czora   9,   dakische    Silberfibeln,    im   Ungarischen 

Nationalmuseum  4^,  -  Silberfunde  24 
Daphni,   Torso  von  s^y^ff. 
Dariusstele,   am  Tearos  3  ff. 
Delos,  Funde  in  214 
Delphi,   der  Wagenlenker  von  74  ff.,  Arbeiten  in 

214 
Delphinbecher,    aus    my kenischem    Schachtgrab 

311  f.,  -reiter  auf  Silberkessel  von  Gundestrup  20 
Demetria,  Heiligtum  der  Pasikrata  in  187,  Funde 

in  der  Nekropole  von  7^7  /. 
Diadumenos,   Polyklets  146,  171  f.,  184 
Diana,    Altar  der  in  Germetitha  235 
Dimini,   Kuppelgräber  von  188 
Dion,  Funde  in  216 
Dionysosreligion,    in   Thrakien   8g,    M.torso    in 

Berlin  123  ff.,   -sta   in  Kreta  2^9  ff.,   an  Altar  in 

Kara-Orman  J72  /. 
Dioskuren,   Weihrel.  für  die  aus  Histria  26g  f. 
Dornauszieher  185,  i87,undHyllos92  f.,-mädchen 

142  ff. 
Doryphoros,    Polyklets    146,    171  f. 
Dreifuß,   aus  Bronze,  in  Tvarditza  227,  232 
Dresdner    Ephebe    171 

Eber,  auf  gallischen  Feldzeichen  11,  auf  kretischem 
Steatitfragment  263,  -zahnhelm  auf  mykenischen 
Denkmälern  249 

Eharsagilatempel ,    in  Babylon  163,  165 

Eigennamen,  von  Personen  und  Orten  auf  kretischen 
Schriftdenkmälern  59 

Eimer,  silberne  209 


Elefanten,  auf  dem  Silberkessel  von  Gundestrup 

19,  in  persisch-indischer  Kunst  19 
Elle,   die  mäßige  bei  Herodot  und  die  königliche 

14g  ff.,  die  babylonische  Elle  des  Königs  163 
Entfernungsangaben,  bei  Herodot  und  Thuky- 

dides  232 
Ephesos,   Amazonenrel.  aus  131  ff. 
Epidauros,    Tempelskulpturen  von  105 
Epigramme,  des  Poseidippos  auf  den  Pharos  von 

Alexandreia   223  ff.,   des   Asklepiades   225  f. 
Epilykos,    und   Skythes  36  ff. 
Eretria,  Funde  am  ApoUontempel  183  ff.,  Tempel 

der  ägyptischen  Götter  in  184 
Erichthonios,    auf  V.  in  München   190 
Erntezug,   auf  Vase  aus  Hagia  Triada  72,  251  ff. 
Eros,    von  Brauron   191,  von  Motye   179  ff.,  von 

Myndos    127  ff.,   -ten  auf  Vbn    190  f. 
Erwerbungen,  des  Ungarischen  Nationalmuseums 

Esagila,   Tempel  in  Babylon,  Maße  des  162 
Etemenanki,    Maße     des    babylonischen  Stufen- 
turmes 158  ff. 
Etrurien,    Forschungen  in  106 
Eule,    an  Odeionbank  in  Athen  lyg 
Euthymides,  Vasenmaler  242 

Faltenmotive,   von  Amazonenstan   137  f. 

Faustkämpfe,  auf  dem  Trichter  von  Hagia  Triada 
247,  auf  kretischem  Steatitfragment  259  f. 

Fayence-Reliefs,   kretische  266  ff. 

Federkrone,  Jüngling  mit,  auf  kretischem  Stuck- 
rel.  269  f. 

Feuertelegraphie,   im  Altertum  219,  233 

Ficoronische    Ciste    208,   211 

Fischerei,  altgriechische  233 

Flußgötter,  antike  Darstellung  der  239,  im  Par- 
thenongiebel 237,  239 

Frauenkleidung,  Darstellung  durch  Polygnot  104, 
kretische  und  mykenische  299  f.,  336 

Funde  :  in  Bulgarien  2^18  ff.,  in  Griechenland  177  ff., 
Athen  Tyy  ff.,  am  Ptoion  182  ff.,  in  Theben  183, 
in  Eretria  183  ff.,  in  Demetrias  18^7  f.,  in  Gonnoi 
188,  in  Dimini  18S,  in  Makedonien  i8g,  in  Pylos 
igo,  in  Kephallonia  igi,  in  Thermen  ig2  ff.,  in 
Epirus  ig6,  in  Kythera  ig6,  in  Kreta  ig6  ff., 
216  ff.,  in  Chios  igS  ff.,  in  Orchomenos  204  f.,  in 
Mykenai  205,  in  Tiryns  209,  in  Olympia  2IO  ff., 
in  Korinth  211  ff.,  in  Delphi  2x4,  in  Delos  2l4f., 
in  Thasos  215,  in  Philippi  215,  in  Dion  216,  in 
Rumänien  236  ff.,  in  Ulmetum  236  ff.,  in  Histria 
253  ff-,  in  Ungarn  45.  Münzfunde  s.  unter  diesem 
Wort. 


28; 


Register. 


288 


Galater,  Götterkulte  der  21 

Gallier,  Weihgeschenke  der  5 

Gefäßträger,    auf  kretischen  Denkmälern  67 

Gellygaer,  Kastell  von  6g  f. 

St.  Georg,  auf  Silbergegenständen  im  Ungarischen 
Nationalmuseum  46  f. 

Gewand,  und  Körper  143  ff.,  156,  170,  -Studien  an 
Darstellungen  von  Amazonen  136  ff.,  143  ff.,  163, 
von  Parthenongiebelfiguren  und  -metopen  102  ff., 
119  ff.,  von  Vasenmalereien  102  ff. 

Gjölbaschi,    Fries   von    160,    162 

Gliedfutteral,  in  kretisch-minoischer  Tracht  71, 
auf  mykenischen  Denkmälern   247 

Glyptik,   kretische  273  ff. 

Goldbecher,  in  mykenischen  Schachtgräbern  311  ff., 
-fund,  römischer,  aus  Ratiaria  223,  in  Siebenbürgen 
21  f.,  von  Vettersfelde  17,  -elfenbeintechnik  98, 
-reis,  auf  Kästchen  in  mykenischen  Gräbern 
294  ff.,  -Schmiedearbeiten  im  pontischen  Kreise 
17,  207,  und  Einfluß  auf  das  frühmittelalterliche 
Kunsthandwerk  35 

G  o  n  n  o  i ,  Fund  eines  Dekrets  im  Athenatempel  von  188 

Gortyn,    Funde  in  216  f.,   Recht  von  2x7 

Götterbilder,  auf  dem  Silberkessel  von  Gundestrup 
3  ff.,  -glaube,   gallischer  5 

Grab,  von  Vafio  237,  325  ff.,  mykenische  Schacht- 
gräber 284  ff.,  -funde  in  Chios  igg,  in  Kephallonia 
igi  f.,  in  Kythera  ig6,  in  Pella  i8g,  in  Pylos  igo  f., 
in  Theben  183,  -mal,  römisches,  in  Ratiaria  233  f., 
-maiereien,  ägyptische,  Trachtdarstellungen  auf 
72,  -rel.  der  Philis  118,  -Stelen  der  Schachtgräber 
von  Mykene  286  ff.,  -  in  Demetrias  188,  -straße 
am  Kerameikos  118 

Greif,  auf  kretischen  Reis  271,  als  Schmuckstück 
in  mykenischen  Gräbern  306,  309,  -protome  in 
Chios  200 

Grenzsteine,   des  Kerameikos  115  f. 

Griechenland,  Funde  in  177  ff. 

Gudea    von    Lagas,    Sitzbild   des   15g 

Gundestrup,    Silberkessel  von   i  ff. 

Gürtelmotive,  an  Amazonenstan  136  f. 

Gymnasialunterricht,    und  Archäologie  57  f. 

Hagia  Triada,  Becher  aus  dem  älteren  Palast  von 
244  ff.,  Schnittervase  von  251  ff.,  Schrifttäfelchen 
von  41  ff.,  Trichter  von  247  ff. 

Handmühle,  in  prähistorischer  Hütte  in  Kodja- 
dermen  21g 

Haus,  Tonmodell  eines,  aus  Kodjadermen  218, 
Häuser,  elliptische,  in  Thermon  ig3,  auf  kretischen 
Reis  268,  Beziehungen  der  Häuser  im  Norden  zu 
denen  im  Süden  2/3 


Hekate,    auf  Altar  in   Kara-Orman  173,   176 
Helme,    keltische,   mit  Hörnerschmuck   11 
Hera,  Weihreis    mit  Darstellung  der  in  Kamenitza 

222,  -  und  Zeustempel  in  Kopilovtzi  221 
Herakles,    Herme   aus   Thespiai   208 
Hermes   Kriophoros,  in  der  Sammlung  Barracco 

76,  mit  Widder,  M.stte  in  Karitsa  igo 
Herodot,  Entfernungsangaben  bei  232,  die  mäßige 

und   die   königliche   Elle   bei   14g  ff. 
Hildesheim,  Humpen  von  33  f. 
Hirsch,     von     Männern    gepackt,    auf    Br. wagen 

von  Strettweg  31,  als  Goldschmuck  in  mykenischen 

Gräbern    307,    -gott,    auf    dem    Silberkessel    von 

Gundestrup  5,   10 
Histria,  Grabungen  in  253  ß. 

Hochzeitsrelief,    römisches,    in    Innsbruck   8gff. 
Höhlenfunde,    prähistorische,   in   Ungarn  J'5 
Hohlmaß,  von  Pergamon  138 
Homer,  Leuchtfeuer  bei   216  ff. 
Hörner,  an  Altarbau  auf  Goldblech  in  mykenischem 

Grabe  303,  -helme,  keltische   11 
Horossteine,   im  Kerameikos  115  ff. 
Hut,    an   einer   minoischen   Br.    68 
Hydna,    und   Skyllos   90 

Hyginus,   und  die  Anlage  der  Kastelle  5g  ff. 
Hyllos,    und   der  Dornauszieher   93 

Jagdszenen,  auf  Gold  reis  in  mykenischen  Gräbern 

294  ff.,   -   und   Tierfriese   auf   Silbergegenständen 

204  ff.,  209 
Jahresbericht  des  Instituts  I  ff. 
Idole,   in  mykenischen  Gräbern  301  ff. 
Ilissos,     am     Parthenongiebel,     Gewandung     116, 

-tempelfries  120 
Innsbruck,   römisches   Hochzeitsrel.   in  8g  ff. 
Inschrift,   des  Aristagoras,    aus    Histria  248,    -en 

Makedoniens  igo,  thrakische    222,   von   Thermon 

^95  f-',  von  Ulmetum  238  ff. 
Institutsnachrichten  106 
lolkos,    Funde  in  der  Nekropole  von  188  f. 
Ionische    Kunst,   in  Ausläufern  auf  dem  Silber- 
kessel  von   Gundestrup    14,    Zusammenhang   mit 

der  pontischen  Kunst  17 
Iris,  aus  dem  Westgiebel  des  Parthenon,  Gewandung 

104  f. 
Isiskult,  inTomi  252,  -Kybele  mit  Löwen,  Fund 

im  Tempel  der  ägyptischen  Götter  in  Eretria  187 
Jüngling,    mit    der    Federkrone,    auf    kretischem 

Stuckrel.  269  f. 

Kaiamis  74  ff.,  und  Praxiteles  83 
Kalchedon,   Schlacht  bei  242 


289 


Register. 


290 


Kamaresstil,    Werke   des   273  ff.,   282 

Kastelle,    Anlage,  und   Hyginus  59  ff. 

Kastellorizo,  Funde  in  202 

Kara-Orman,    Altarfund    in    166  ff. 

Keftiu,  Tracht  der  72 

Kelten,  Götterglaube  10  ff.,  religiöse  Kunst  der 
26  f.,  im  Verhältnis  zur  griechisch-römischen  Kunst 
27 

Kephallonia,  Funde  in  igi 

Kephisos,   im  Parthenongiebel  237  ff. 

Kerameikos,    Erforschung   des    106,    iii  ff.,    20g 

Keramik,  in  den  Schachtgräbern  von  Mykene 
285,  333  f- 

Kerykeion,    auf   Stele   in  Athen   180 

Kessel,    silberner,   aus   Gundestrup    1  ff. 

Klazomenai,   Tonsärge  von  igg 

Kleinkunst,  kretische  244  ff. 

Kleinplastik,  kretische  276  ff. 

Knöchelspielerinnen,   des  Alexandros   107  f. 

Knossos,  Schrifttäfelchen  von  41  ff.,  Reliefschmuck 
im  jüngeren  Palast  244,  Stuckreis  269  ff.,  und 
Pseira  273 

Kunst-Stiftung  144 

Kodjadermen,   neolithische  Ansiedlung  in  218 

Kolotes,  und  Phidias  95,  und  die  Athena  Medici 
98 

Konstanza,  Funde  in  251  f. 

Kopenhagen,    Amazone    Sciarra   in    134  ff. 

Kopf  urnen,  im  Ungarischen  Nationalmuseum  36  f. 

Kopilovtzi,  Funde  in  221 

Korfu,  Arbeiten  in  208  f. 

Korinth,  Arbeiten  in  2II  f. 

Körper,    und  Gewand   143  ff.,    156,    170 

Kresilas,   Amazone  des   166,   171,   174,   177  f. 

Kreta,  Funde  in  Z16  ff.,  Kuppelgräber  in  igö, 
Linearschrift  in  41  ff.,  mykenische  Reis  in  244  ff., 
M.Statue  des  sog.  Sardanapal  27^  ff.,  Kontinui- 
tät der  Kultur  in  278,  281  f.,  und  Ägypten  und 
Vorderasien  282,  und  Mykene  294  ff.,  315  f.,  331  ff- 

Krieger,  Bronzestte  von  Bavai  153,  165,  179, 
-Züge  auf  kretischen  Denkmälern  27  f.,   29 

Kuchenform,    tönerne,  aus  Motye   180 

Kultbau,  auf  Goldblech  in  my kenischem  Grabe 
303,  -darstellungen,  auf  kretischem  Steatitfrag- 
ment  260  f.,  kretische  261,  277  f.,  -objekte,  in 
mykenischen  Gräbern  301  ff.,  -vereine,  der  Bendis 
in    Salamis  l8l,   dionysische,   in   Thrakien   J75  /. 

Kuppelgrab,  von  Dimini  188,  in  der  Messarä  auf 
Kreta  X96,  von Orchomenos  204  ff.,  von  Pylos  igo, 
von  Vafio  237,  325  ff. 

Kurvenbauten,  in  Thermon  ig2 

Kynthos,  Untersuchung  des  214 


Kyprien,  als  Quelle  für  rotfig.  Krater  aus  Orvieto 

200 
Kyprisches    Syllabaralphabet,    und  kretische 

Schrift  57  f. 
Kythera,  Funde  in  ig6 

Lager,  von  Ulmetum  246  ff. 

Lampe,  aus  dem  Kerameikos,  in  Form,  Abdruck 
und  Hohlbrand  I2i'ff.,  -n,  Leuchttürme  nach- 
bildend 234 

Landschaftliche  Elemente,  auf  kretischen 
Denkmälern  265 

Längenmaße,  griechische  und  orientahsche  14g  ff., 
152  ff. 

Lanx,    aus  Corbridge-on-Tyne   192  ff. 

Lapithenmädchen,  im  Westgiebel  von  Olympia 
238 

Lar  Augustus,  Stte  im  Ungarischen  National- 
museum 31  f. 

Latenefunde,    in   Ungarn   26,   -periode   7 

Leder,    in   der  kret'isch-mykenischen  Tracht  71 

Leuchtfeuer,  griechische  i2i6  ff.,  römische  214, 
236  f.,  mittelalterliche  214,  229,  -bauschen,  tönerne 
234  f.,  -Säule,  auf  Grottenmos.  von  Praeneste  230, 
-türme,  griechische  214  ff.,  der  alexandrinischc 
Pharos  als  214  f.,  223  ff.,  234,  römische  236  f., 
ägyptische  214  f.,  in  tönernen  Nachbildungen  234  f. 

Lieblingsinschriften,   auf  Vn  38  f. 

Lilien,  auf  kretischem  Rel.  269,  auf  Goldrel.  in 
mykenischem  Grabe  297  f.,  -dolch,  aus  mykeni- 
schem  Schachtgrab  314 

Linearschrift,  kretische  41  ff. 

Lysippos,    und  der  Eros  von  Myndos   128 

Löwe,  an  Stte  der  Isis-Kybele  im  Heiligtum  der 
ägyptischen  Götter  in  Eretria  l8y.  Vorkommen  des 
in  Kreta  263,  auf  Becher  in  mykenischem  Schacht- 
grab 312,  als  Goldschmuck  in  mykenischen  Gräbern 
295  f-,  309  f.,  auf  Grabstele  in  Mykene  286,  an 
Waffen  in  mykenischen  Gräbern  313,  -tor  in 
Mykene,  Alter  des  291,  als  Weihgeschenk  in 
Thermon  igs 

Ma,   Verehrung  im  pontischen  Reiche  17,  bei  den 

Galatern  21 
Makedonien,  Inschriftensammlung  aus  igo 
Malerei,  kretische,  Entwicklung  der  281,  Fehlen 
des  Schattens  in  272,  als  gemeinsames  Vorbild 
plastischer  Werke  und  Vasendarstellungen  102  ff., 
112  ff.,  160  ff.,  Polygnots  und  die  Parthenongiebel 
95  ff.,  pompejanische,  mit  dem  verwundeten 
Aeneas   158  f.,  und  Vergil   159  f. 


291 


Register. 


292 


Märkisches  Museum,  zu  Berlin,  Bronzezeitfunde 
im  270  77. 

Mänadenamphora,    in  Paris   161 

Marinebesatzungen,  auf  athenischer  Liste  T24ff. 

Mausoleum,    Skulpturen  vom  105 f. 

Melpomene,  Petersburger  99 

Mensch,  Darstellung  des  in  der  kretischen  Malerei 
286,  -enopfer,  bei  den  Galatern  21,  bei  den  Kelten 
12,  auf  Silberkessel  von  Gundestrup  29 

Mesembria,  Funde  in  233 

Metopenfunde,  in  Thermon  ig^ 

»M'ikonische«    Schlachtenbilder   iio 

Missorien,  mit  christlichen  und  heidnischen  Dar- 
stellungen 195 

Mitgliederverzeichnis   des  Instituts  V  ff . 

Mithradates,  auf  der  Inschrift  eines  Pariser 
Silbermedaillons  15  f. 

Mosaik,  im  Tempel  der  ägyptischen  Götter  in 
Eretria  186 

Motye,  T.  von  179  ff.,  zur  Geschichte  von   181  f. 

München,    Tonrel.    im   Antiquarium    189 

Münzen,  bojische  21,  vom  Eryx  185,  von  Leontinoi 
188,  mit  dem  Leuchtturm  von  Messina  229,  von 
Motye  181  f.,.  mit  dem  alexandrinischen  Pharos 
228,  von  Segesta  188,  von  Terina  82,  -funde  in 
Bulgarien  235  f.,  in  Chios  200,  in  Corbridge  196, 
in  Eretria  187,  in  Rumänien  252,  in  Saloniki  igo, 
in  Ungarn  45 

Muscheln,  auf  Kamaresbecher  273 

Mykene,  Grabstelen  von  286  ff.,  Reliefs  242  ff., 
Schachtgräber  284,  und  Kreta  243,  294  ff.,  315  f., 

331  ff- 

Myndos,  Eros  von  127  ff. 

Mystenvereine,    in  Thrakien  173 f. 

Mythus,  der  antike,  in  Truhenmalerei  des  Quattro- 
cento 54  ff. 

Nachrufe,  für  Klügmann  i,  Adickes  i,  Schultz  3, 

Wenz  sg,  Brenner  5g,  Wünsch  S9,  Barthel  107  f., 

Heibig  146,  Loeschcke  147 
Nacktheit,    im   kretisch-my kenischen   Kreise   302 
Nadel,    in  mykenischem  Grabe  298  f. 
Naturalismus,     malerischer,    in    der     kretischen 

Kunst  274,  276,  281 
Naturpersonifikationen,     in    der    griechischen 

Kunst  237 
Nauplios  7rup-/cee6s  219  ff. 

nautae    Parisiaci,    Altäre  der  mit  Cernunnos  10 
Neapel,  M.kopf  in  186 
Nebukadnezar,    Bauinschriften   des   157 
Negerköpfe,  als Parfumbehältnisse und Öllämpchen 

im   Ungarischen  Nationalmuseum  33  f. 


Nekropole,  von  Gürnes  in  Kreta  J97,   von  lolkos 

iS8f. 
Nelsonscher  Kopf  174 
Newstead,    Kastell  von  7g  f. 
Nike,  des  Paionios  170,    auf  Mzen  von  Terina  82, 

-tempel  in  Athen  181 
Novaesium,  Kaserne  von  67 
Nymphen,  auf  Altar  in  Kara-Orman  174,  -rel.  in 

Saladinovo  175  f. 

Odeion,    in   Athen,   Reste   des   177  f. 
Ohrringe,     goldene,     im     Ungarischen     National- 
museum 43 
Oktopus,    auf  kretischem   Steatit  264 
Öleingießer,   von  Petworth  164,   171 
Olympiaskulpturen,    und    Parthenonskulpturen 
loi,  -ostgiebel  und  Pausanias  237,  -westgiebel  238, 
Arbeiten  in  20g  ff. 
Orchomenos,    Kuppelgrab  von  204  ff. 
Ornamentik,  im  Kamaresstil  282,  auf  mykenischen 

Grabstelen  290  f. 
Orpheuskrater,   von  Gela   161,   164 
Orvieto,    Krater   aus,    mit   Götterbesuch    199  f. 

Paionios,  Nike  des  170 

Parisurteil,  in  Vasendarstellungen  199  f. 

Parthenon,  Konservierung  des  204,  -giebel  mit 
Kephisos  237  ff.,  und  Polygnots  Malerei  95  ff., 
und  Olympiaskulpturen  loi 

Pasikrata,  Torso  in  Pagasai  184,  Heihgtum  der 
187 

Pausanias,    und  Olympiagiebel   237 

Pella,    Grabungen   in   i8g 

Peloponnesisch-argivische  Kunst,  undPhidias 
168 

»Penelope«,    Rekonstruktion   der  77,   79 

Pergamon,    Hohlmaß  von  138  ff. 

Petschafte,  kretische  274 

Pfeilerstützen,    an  plastischen  Werken    134  f. 

Pferde,  auf  Grabstelen  von  Mykene  287  ff.,  auf 
Goldring  aus  Mykene  287 

Phanai,    Apollontempel  in  201 

Pharos,  in  Alexandreia,  als  Leuchtturm  214  f., 
223  ff.,  234,  als  genereller  Ausdruck  für  Leucht- 
türme 229 

Phidias,  und  die  Parthenonskulpturen  95  ff., 
Amazone  des  178  f.,  und  die  peloponnesisch- 
argivische   Kunst   168,   und   Polygnot    103 

Philippi,  Funde  in  215 

Philis,  Grabrel.  der  118 

Phradmon,    Zeit  des   175,   177 


293 


Register. 


294 


Plastik,  und  große  Malerei  102,  112  ff.,  160  ff., 
-en,   im  Ungarischen  Nationalmuseum  24  ff. 

Plutarch,    über  das  antike  Theater  100  f. 

Pollis,    Bildhauer,    Zeit   des   241  f. 

Pollux,    über   das   antike   Theater   100 

Polygnot,  Nachahmung  seiner  Gemälde  in  der 
Vasenmalerei  112  ff.,  und  die  Parthenonskulpturen 
95  ff.,  122,  und  der  Berliner  M.torso  des  Dionysos 
126,  und  Phidias  103,  Standmotive  im  polygnoti- 
schen  Kreise  161 

Polyklet,   Amazone  des  166  ff'.,  Gewandstil  166  f. 

Pompeji,   Gemälde  mit  dem  verwundeten  Aeneas 

158  f. 
Pontische    Kunst   207,  in  ihrem  Zusammenhang 

mit  altionischer  Kunst  17,  und  der  Silberkessel  von 

Gundestrup  2  f. 
Porträts,  in  kretisch-my kenischem  Kulturkreis  276, 

-stan    julisch  -  klaudischer     Kaiser,    gefunden    in 

Korinth  2x3 
Poseidippos,     Epigramm    auf    den    Pharos    von 

Alexandreia  223  ff. 
Poseidon,  Altar  am  Kap  Monodendri  J05,  -kult  des 

P.  Askalonites   auf   dem  Kynthos    214,   -sta    auf 

dem  Leuchtturm  von  Messina  229,   -tempel  am 

Sunion  181  f. 
TOTVta    8rjp(üv,  auf  Silberkessel    von  Gundestrup   19 
Prähistorische    Funde,    in  Kodjadermen  22^  ^., 

in  Ungarn  iS 
Praxiteles,  Jägerin  Artemis  des  178,  und  Kaiamis 

83,  Kunstart  des  281  f. 
Priamos,   vor  Achill,    auf  Tonteller  aus  Thysdrus 

197 
Propyläen,   Aufbau  der  Osthalle  der  203 
Proskenion,  Bedeutung  von  94  ff.,  und  Skene  loi 
Provinzialkunst,    in  römischer  Kaiserzeit  33  f. 
Prozession,  von  Jünglingen,  auf  kretischem  Steatit- 

fragment  260 
Pseira,    und  Knossos   273 
Psychro,    heilige  Höhle  von  216 
Ptoion,    Apollontempel  vom  182  ff. 
Pylos,    Kuppelgrab   in  igo 
Pyrgi,  M.tempel  in  201 
TtupTToXetv,  Bedeutung  von  217  ff. 
Pyrseutik,  im  Altertum  233 
Pythion,  von  Gortyn  2iy 

Rad,    auf  keltischen  Denkmälern   10,  27,   29 

Radgott,  keltischer,  am  Silberkessel  von  Gundes- 
trup 10,  Wesen  des  27,  29 

Ratiaria,  Bronzestte  der  Venus  in  231  f.,  Gold- 
fund in  223  f.,  römisches  Grabmal  in  233  f. 

Reiter,    Kult  des  thrakischen  38,  auf  Weihrel.  in 


Kamenitza  221  /.,  auf  Altar  in  Kara-Orman  174, 
auf  Weihrel.  in  Peletlia  247,  auf  Inschrift  in 
Ulmetum2^5,  -  heilige  im  südöstlichen  Winkel  des 
Mittelländischen  Meeres  46 

Reliefs,  goldene,  auf  Kästchen  in  mykenischen 
Gräbern  294  ff.,  marmornes,  in  Histria  268  f.,  in 
Stara-Zagora  225  /.,  23J,  Entwicklung  des  in  Kreta 
283  f.,  frühmykenische,  in  Kreta  und  dem  griechi- 
schen Mutterlande  242  ff. 

Reliquiarium,   in  Tschoban-dere  :^26 

Rhyton,   im  Kultus  verwendet  247 

Rumänien,  Funde  in  2'36ff. 

Saloniki,  Funde  in  i8g  f. 

Sardanapal,   sog.,  Marmorsta  in  Kreta  2ygff. 

Säulen,   auf  Trichter  aus  Hagia  Triada  249 

Schachtgräber,  von  Mykene  284  ff.,  Goldbecher 
und  Prunkwaffen  in  311  ff.,  Grabstelen  auf  286  ff. 

Schauspielermaske,    aus  dem  Kerameikos  124 

Schiffahrt,    nächtliche,   im  Altertum  231  ff. 

Schiffe,  mit  Fisch  am  Vorderteil,  auf  Vase  aus 
Pylos  igi,  auf  Pfannen  aus  Syra  igi,  194 

Schlange,    in  der  keltischen  Mythologie   10 

Schlangengöttin,    kretische,   in    Boston   277 

Schmetterlinge,  als  Ornament,  in  den  mykenischen 
Schachtgräbern  293,  305  f. 

Schnittervase,    aus  Hagia  Triada  251  ff. 

Schriftsysteme,  auf  Kreta  41  ff.,  51  ff.,  ihr  gegen- 
seitiges Verhältnis  56  ff.,  Beziehungen  zum  kypri- 
schen  Syllabaralphabet  57  f. 

Schurztracht,    auf  minoischen    Brn  69  ff. 

Schwalben,  auf  Goldrel.  in  mSykenischem  Grabe 
297 

Schwertscheide,   von  Hallstatt  27  f. 

Seddin,  Königsgrab  von  272  f. 

Seefahrten,    nächtliche,   im   Altertum   231  ff. 

Segelschiff,  auf  Büchse  in  Grab  von  Pylos  igi, 
auf  Pfannen  aus   Syra  igi,  ig4 

Selinus,  Metopen  von  187 

Semitische    Kulte    auf   dem   Kynthos   214 

Siegel,  kretische  275 

Silber,  Vorkommen  des  bei  Germanen  und  Kelten 
10,  -funde  in  Dakien  24,  -erwerbungen  des  Ungari- 
schen Nationalmuseums  44  ff.,  -amphora  von 
Contzesti  200,  204,  -blech,  aus  Czöra  8  f.,  -eimer 
209,  -fibeln,  dakische  40,  -kessel,  von  Gundestrup 
I  ff.,  -medaillons  in  Leiden  12,  in  Paris  13,  -münzen, 
bojische  2I,  -schale  aus  dem  Permschen  Gouverne- 
ment 203,  205,  -Schild  von  Kertsch  206  f.,  -schrein 
des  Secundus  194,  -teller  aus  Corbridge-on-Tyne 
192  ff.,  aus  Hammersdorf  204  f.,  -vn  aus  myke- 
nischen Schachtgräbern  317  ff. 


295 


Register. 


296 


Sinnzeichen,    in  kretischer    Schrift  49  fE.,    56 

Skene,  und  Proskenion  loi 

(JxoTttat,  als  Feuerwarten  234 

Skordisker,  Sitze  und  Kultur  der  22  ff.,  Silber- 
arbeiten 24  f. 

Skyllos,  und  Hydna  90 

Skythes,    und  Epilykos  36  ff. 

Sosandra,   Wesen  der  85 

Sphingen,  auf  kretischen  Reis  271,  als  Schmuck- 
stück in  mykenischem  Grab  306 

Spielzeug,    für   Kinder,   in   Kreta   268 

Spindlersfeld,   Gießerfund  von  2J2 

Spirale,  in  der  Kykladenkunst  292,  in  mykenischer 
Kunst  290  ff. 

Sporen,    Aufkommen  in  der   Spätlateneperiode   8 

Stadtbelagerung,    auf  kretischer  Silberv.    320  f. 

Stadtmauer,  athenische  i2o  f. 

Standproblem,    der  Amazone  Mattei   158  ff. 

Stara-Zagora,    Marmorrel.   in  226,  231 

Steatitgefäße,  von  Hagia  Triada  244  ff.,  von 
anderen  kretischen  Fundplätzen  259  ff. 

Steinwerkzeuge,    paläolithische,   in   Ungarn  ig 

Stele,  mit  Stamnos  und  Kerykeion,  in  Athen  180 

Stiere,  auf  kretischen  Reis  271,  im  kretischen  Kult 
278,  -fang  auf  Becher  von  Vafio  326,  -hetze  auf 
Silberkessel  von  Gundestrup  29,  -spiel  in  Kreta 
329,  auf  Becher  von  Vafio  325,  auf  Trichter  von 
Hagia  Triada  247,  250,  -Springer  in  Knossos  280 

Straßenanlagen,  athenische  118  ff. 

Strongylion,  Amazone  des  176  f. 

Stuckrel'iefs,  kretische  269  ff. 

Stufenturm  von  Babylon,   Maße   des   158  ff. 

Syllabaralphabet,  kyprisches,  und  seine  Be- 
ziehungen  zur  kretischen   Schrift   57  f. 

Syros,  Keramik  von  292 

Taille,  Darstellung  der  in  der  kretischen  Kunst  258 

Tänzerin,  Stte  im  Ungarischen  Nationalmu- 
seum 32 

Tätowierung,   auf  kretischem  Rel.  269 

Taubengöttin,   in  mykenischen  Gräbern  302  ff. 

Tauschwestern,  im  Parthenongiebel,  Gewandung 
104  ff. 

Tearos,  Dariusstele  am  3 ff.,  Namensformen  de? 
Flusses  4 

Ter  es,    thrakische  Namensform  24$ 

Terraindarstellung,  auf  Silberwerken  205  ff., 
auf  eisten  208,  211 

Terrakotten,  aus  Heiligtum  bei  Axos  198,  Dacht.- 
in  Mesembria  255,  Eros  von  Motye  179  ff.,  Kuchen- 
form aus  Motye  180,  von  Petsofa  277,  -teller  aus 
Thysdrus  197 


Thamyras,  auf  Hydria  in  Boston  113,  Beziehung 
der   -vn   zu   Polygnot    113  f. 

Thasos,   Funde  in  215,  M.reichtum  in  122  f. 

Theater,  baugeschichtliche  Entwicklung  des  antiken 
S2,  93  ff.,  in  Philippi  215 

Theben,  Funde  in  183 

Thermon,  Funde  in  192  ff. 

Theseionfries  120 

Tholos,  Odeion  in  Athen  als  jy8 

Thrakische    Inschriften   222 

Thrakische   Reiter,  s.  Reiter 

Thukydides,    Entfernungsangaben  bei   232 

Thysdrus,  Tonteller  aus  197 

Tierbilder  auf  kretischen  Reis  271  ff.,  in  kretischer 
Glyptik  274,  in  altionischer  und  pontischer  Kunst 
17,  -protomen,  am  Kessel  von  Rynkeby  31  f., 
Tiere  packender  Gott,  in  altgriechischer  und  pon- 
tischer Kunst  18  ff. 

Tintenfisch,  auf  kretischen  Denkmälern  264, 
al§  Ornament  in  mykenischen  Schachtgräbern  293, 
304  f.,  309 

Tiry  ns,  Arbeiten  in  209  f.,  Inschriftenfunde  in  63  ff., 
Wandmalerei  in  243 

Tomi,  Geschichte  von  232 

Torques,  getragen  von  den  keltischen  Göttern  auf 
dem    Silberkessel   von   Gundestrup   4 

Totenbeigaben,  in  lonien  199,  -mahl,  auf  Grab- 
stein in  Ulmetum  246 

Trichter,    von   Hagia   Triada   247  ff. 

Trojanisches    Pferd,    des   Strongylion   176 

Truhenmalerei  des  italienischen  Quattrocento, 
und  die  Antike  54  ff. 

Turm    der    Winde,   in  Athen,  Funde  am  181 

Tylissos,    Vertrag  zwischen  Knossos  und  T.   198 

Ulmetum,    Ausgrabungen   in  236  ff. 
Ungarn,    prähistorisclie  Höhlenfunde    in    78,    Er- 
werbungen des  Nationalmuseums  ly  ff. 

Vafio,   Becher  von  237,  325  ff. 

Vasen,  attische  rotfig.  Amphora  mit  Euphorbos 
und  Oidipodes  92,  Wochengötterv.  aus  Bavay 
II,  -  belgische  25  f.,  Caeretaner  Schale  mit  Signatur 
des  Skythes  36,  silberne  Amphora  aus  Contzesti 
202,  silberne  Vn  aus  mykenischen  Schachtgräbern 
317  ff.,  V.  mit  Erich thonios  in  München  190,  rotfig. 
Krater  mit  Götterbesuch  aus  Orvieto  199  f.,  -maler 
Skythes  36  ff.,  -maierei,  im  Verhältnis  zur  Wand- 
malerei 112  ff.,  160  f. 

Vereinswesen,  neue  Urkunde  aus  Bulgarien  zum 
S7ff- 


297 


Register. 


298 


Vergil,  Aeneis  XII  und  ein  Gemälde  aus  Pompeji 

159  f- 
Vergoldung,    an  plastischen  Werken   182  ff. 
Vettersfelde,   Goldfund  von  17 
Vitruv,   über  das  antike  Theater  gg 
Vögel,   als  Goldschmuck  in  my kenischen  Gräbern 

306  f. 
Votivschilde,    kretische   18 

Waffen,   aus  my  kenischen  Schachtgräbern  313  ff. 
Wagen,    auf  Grabstelen  von  Mykene  286  ff.,  292, 

-lenker,  der  delphische  74 
Wandmalerei,    in  Tiryns  243,  315 


Weihgeschenke,  gallische  5 
»Wettläuferin«   des  Vatikan  90  f. 
Wochengöttervase,   von  Bavay   11,  -  belgische 
25  f. 

Zahl,  Bedeutung  der  274 

Zeusbüste,  an  einer  Bronzelampe  im  Ungarischen 
Nationalmuseum  24,  -  undHeratempel  inKopilovtzi 
221,  -Baal  auf  dem  Kynthos  214,  -Tempel  des  in 
Babylon  158,  -  und  Amaltheia,  auf  kretischem 
Siegel  275 

Ziege,    auf  kretischem  Rel.   266 


IL  INSCHRIFTENREGISTER. 

Die  Spaltenzahlen  des  Archäologischen  Anzeigers  sind  kursiv  gedruckt. 

37;  Italien:  Schale  in  Palermo  40;  Österreich: 
Becher  in  Wien  40;  Rumänien:  Histria  24g,  26g  /., 
Kallatis  250,  Konstanza  251  f.,  Ulmetum  238  ff. 


Griechische  Inschriften:  Bulgarien:  Kamenitza 
221  f.,  Kara-Orman  J75,  Malko  Tirnovo  870.; 
Frankreich:  Medaillon  in  Paris  15  f.;  Griechenland: 
Athen  76,  115,  124  ff.  (athenische  Marinebesatzun- 
gen; aus  der  Namensreihe  sind  hier  nur  die  prosopo- 
graphisch  wichtigeren  Namen  herausgehoben), 
Eretria  2S6,  Kreta  41  ff.,  58,  Salamis  181, 
Thespiae  208,  Tiryns  63  ff.,   auf  Vn  des  Skythes 


Lateinische  Inschriften:  Rumänien:  Histria  26y  f., 
Ulmetum  238  ff.;  auf  Silbertellern:  der  Audentia 
195,  des  Exsuperius  195,  des  Secundus  194,  aus 
Bywell  194 


Ayvojvo?  ^86 

i-jplio  %t(ä  l:T[ir]xd(u?  'A]upif)Xio; 

Mouxu)[paXt?  222 
'A&avat(uvoi  2J0 
'A8evatai  241 
A^Y^TTTioi  "laiot  iSj 
'AXe;av8ptot,  O'jyctTrjp  'AaxXTjirtOtSou 

xai  '  AfAfxiaSo;  2s8 
'AXe^otvSp^a;  2j2 
'AX^^avSpoi  ulo;  'ATtTtaoo;  xat 

A^fAVT];  2s8 
'AXXi^avSpo?  veoTitTo;  2j2 
'AUziTZT.oi  "Ayvtuvo;  /86 
'A|xcpivixou  186 
'AvTicpctTT);  KuÖT^ppio«  fS7 
'Azatoupfou  24g 
'  ATtoXXwviotxat;  26g 

'ATITTCtSoC    2j8 

'ApiOTayopav  ' Aizaxo^iploM  24g  f. 
'Apt(JTev^To[u  175 
'ApiaxoY^vT);  188     . 
"ApTspti;  IlocJtxpsJTa  187 


a)    Griechische    Inschriften. 

(jiYjvoi;  'AptejitiTiou  2^0 

dp/tfx'ia'n)?  173 

'  Axaka  uiö?  TCeiO'Jx  2J2 

"Atta«  2sg 

A6p(i^Xio?)  'ApiaT£v^To[u  17 J 

AJipi^Xio?  Mouxü)[paXtc  222 

Baxyioz  KaXXicpaveo;  2jo  f. 

Aa[xoxpaTrjC  f88 

Aü  Ato[v6]sciJ  88 

Atoaxdpoi;  atux^pai  270 

AopLVTjS    2S8 

'EirixpaTTj;  Aa,aTiTp£iJS  fS7 
'E7r0.uxoi  xaX(5;  38 
'EpsTpUtüv  187 
EißouXiSa  2JO 
Ei&u(xtSTj;  6  HoXXfc'j  242 
'Hp<üva|  2JO 
öeaaaXovt'xT;;  igo 
^iTTiiovfxo'j  76 
'laiSi  i8s 

KaXXfo;  'iTTJTOvfxou  76 
KaXXtxpa-rou  26g 


KaXXicpciveo;  2jo  f. 

5po{  KepafAEixoij  iij  f.,  /// 

KXeap^TT]  'Afxcpivi'xou  f86 

Kpfxov  241 

Küpte,  ßoi'i&i  240 

AeovTfaxo?  'A&avat'tuvo;  230 

MaxeXap(u>v  2ji 

Maptavd?  igo 

Moux(i)[paXi5  222 

Nixoad^ve?  xaXos  40 

naaixpaxa  187 

üoXXfac  241 

nöaaei  2jg 

Ilpoafov)  TepxuXXiavoü  240 

Ilu&^a?  K7j'fi5ie6;  /S7 

Tu»[j«{«  18/ 

Saßeiv^av  TpctvxuAXetvav  240 

2xü&e;  lypacpaev  37 

2x6&o  241 

(juvfJL'itJxai  8g 

TepxuXXiavoü  240 

TCeiOUX    2J2 


299 


Register. 


300 


TIATEAN  =  TtXaTatoi  222 
T(JfJ.eü>s  240 
TpavxuXXetvav  240 
[<Dp]o6papxo?  'ApYu(XTi&£v)  ijy 


$po'jpap5(oc  'Epe)(8ei8oi;  137 
XapictSTjs  Xapfou  'A^fapveü?  137 
Xapfas  'A^fapveüi  137 
Xapt'STjfjioc  SuTiETattov  J37 


Xa[5(pu]X[{]ov  xaX(J?  40 
Xeifi^piTO  241 
Xp'JSiTTTro;  263 


Aelio  Lu[  238 
Aelius  Aelianus  241 
Imp.  Anastasius  268 
M.  Antenni  Sabini  24$ 
Aproniano    et    Bradua    consulibus 

241 
Argamensium  26^ 
Audentia  195 

Imperatoris  Aureli  Antonini  2^9 
M.  Aureli  Antonini  246 
Marci  Aureli  Veri  241 

Bessis  240  /. 
biarcus  24^ 
Bradua  241 

rivo  Calabaeo  26y 
Cassio  Dione  24$ 
Cesennio  Sospite  241 
Clementi  241 
Clementianesces  241 

Deo  bono  Invicto  229 
Desideri  194 
Dis  Manibus  239 
Dometium  24^ 

Exsuperius  195 

Flaviae  Victorinae  238 
Flavius  Augustales  241 
Flavius  Germanus  241 


b)    Lateinische     Inschriften. 
Firmina  255 

Gabrani  267 
Gaione  2^2 

laccum  Halmyridem  26^ 

Histriae  238 

fines  Histrianorum  267 

lovi  Optimo  Maximo  2J9,  241 

lovi  et  lunoni  245 

colonia  Julia  Philippensis  215 

lunoni  Reginae  239 

Ithazis  Dada  239 

Pontio  Laeliano  Cesennio   Sospite 
consulibus  241 

Martins  Philo  239 

Maximo  240 

Minicius  23s 

Sacrificium  Mithriacum  239 

Mucattio  Seutonis  263 

Nicetio  195 
Ni[pius?]  Vitales  245 

Orfito  Rufo  240 

Orfito  et  Maximo  consulibus  240 

Peucem  26y 

Picenus,  sig(nifer)  coh(ortis)  V  J90 

rivorum  Picusculi  et  Gabrani  26j 


Proiecta  194 

rivum  Sanpaeum  26^ 

Secunde  194 

L.  Septumi  Severi  246 

Imperatori    Lucio    Septumio    Se- 

vero  241 
P.  Septumi  Getae  246 
Severe  Alexandro  24$ 
Seutonis  263 

consacrani  Silvani  Satoris  240 
Sancto  Silvano  241 
Aurelius  Sisinus  239 

Terentius  filius  Gaione  252 

Teres  24$ 

Tertullo    et    Clementi    consulibus 

241 
rivum  Turgiculum  26'] 

vico  Ulmeto  241 
Ulpiae  Nicandras  238 
Ultinsium  239 

Valerius  Nilus  actor  239 
L.  Valeri  Soteri  239 
L.  Valeri  Turbonis  239 
Valerio  Valeriano  240 
L.  Valeri  Victorini  238 
Valerius  Victorinus  242 
Lucii  Veri  Augusti  241 

Ziftiae  239 


JAHRESBERICHT 
DES    KAISERLICH    DEUTSCHEN   ARCHÄOLOGISCHEN  INSTITUTS 

FÜR    DAS    JAHR  1914. 


Der  Ausbruch  des  Krieges  mußte  auch  die  Tätigkeit  unseres  Instituts  in  der  zweiten 
Hälfte  des  Berichtsjahres  stark  beeinflussen.  Sämthche  jüngeren  Angehörigen  des  Instituts, 
die  Assistenten,  Hilfsarbeiter,  Stipendiaten,  stellten  sich  in  irgendeiner  Form  dem  Vater - 
lande  zur  Verfügung,  und  die  für  das  Jahr  1914/15  neugewählten  Stipendiaten  konnten 
ihre  Stipendien  nicht  antreten.  Wenn  dieser  Bericht  trotzdem  mit  Genugtuung  aussprechen 
darf,  daß  die  Arbeit  des  Instituts  auch  in  diesem  Jahre  ihren  Fortgang  genommen  hat,  daß 
unsere  Zeitschriften  weiter  erschienen,  unsere  Veröffentlichungen  gefördert,  wissenschaft- 
liche Arbeiten  unternommen  worden  sind,  so  darf  er  füglich  mit  einem  Wort  des  Dankes 
an  diejenigen  beginnen,  die  den  Fortgang  der  Arbeiten  ermöglicht  haben,  in  erster  Linie 
an  die  Leiter  unserer  Zweiganstalten.  Die  Herren  Delbrueck  in  Rom,  dem  als  freiwilliger 
Hilfsarbeiter  Herr  H.  Koch  zur  Seite  trat,  Karo  und  Knackfuß  in  Athen,  denen  sich  während 
des  größten  Teiles  des  Berichtsjahres  Herr  A.  Brueckner  gesellte,  haben  es  auf  sich  genom- 
men, in  dieser  Zeit  fern  der  Heimat  auf  ihrem  Posten  zu  bleiben  und  die  Arbeit  fortzusetzen, 
zu  der  das  Reich,  worauf  wir  mit  Stolz  hinweisen  dürfen,  wie  in  Friedenszeiten  die  Mittel 
gewährt  hat.  Herr  Ritterling  hat  auf  die  ersehnte  Ruhe  verzichtet  und,  unterstützt  durch 
Herrn  F.  Drexel,  für  seinen  Nachfolger  die  Leitung  der  Römisch-Germanischen  Kommission 
fortgeführt.  So  hat  auch  das  Iilstitut  an  seinem  bescheidenen  Teile  dazu  beigetragen,  den 
Grundsatz  zu  verwirklichen,  daß  wir  auch  in  so  schweren  Zeiten  nichts  stillstehen  lassen, 
was  nicht  unbedingt  stillstehen  muß,  und  daß  wir  auch  in  wilder  Kriegszeit  unsere  Kultur- 
aufgaben fördern. 

Zu  der  ordentlichen  Plenarversammlung,  die  vom  21. — 23.  April  1914  tagte,  trat  die 
Zentraldirektion  zum  ersten  Mal  in  ihrer  neuen,  erweiterten  Gestalt  zusammen. 

In  der  Reihe  seiner  Mitglieder  hat  das  Institut  im  verflossenen  Jahre  besonders  schwere 
Verluste  erlitten.  Allen  voran  möchten  wir  auch  an  dieser  Stelle  Alexander  Conzes  gedenken, 
den  wir  am  19.  Juli  1914  verloren.  Von  seinen  Ehrenmitghedern  verlor  das  Institut  ferner 
Fr.  Adickes  in  Frankfurt  a.  M.  (f  4,  Februar  1915)  und  C.  Klügmann  in  Berlin  (f  18.  Januar 
1915).  Von  seinen  ordentlichen  Mitgliedern  starben:  J.  Dechelette  in  Roanne,  G.  Gatti  in 
Rom,  B.  V.  Head  in  London  (f  12.  Juni  1914),  L.  A.  Milani  in  Florenz,  G.  Perrot  in  Paris 
(f  30.  Juni  1914),  N.  Persichetti  in  Aquila,  J.  Schubring  in  Lübeck  (f  S.Juni  1914);  von 
seinen  korrespondierenden  Mitgliedern  Th.  Burckhardt-Biedermannin  Basel  (f  26.  Mai  1914), 
M.  Granados  in  Soria,  H.  Kohl  in  BerHn  (f  26.  September  1914),  H.  Schultz  in  Göttingen 
(t  17.  Februar  1915),  G.  Sordini  in  Spoleto,  M.  L.  Strack  in  Kiel  (f  10.  November  1914). 


—   II    — 

Neu  ernannt  wurden  zu  Ehrenmitgliedern  die  Herren  A.  Conze- Berlin  und  E.  v.  Sieglin 
in  Stuttgart,  zu  ordentlichen  Mitgliedern  die  Herren  F.  Bölte  in  Frankfurt  a.  M.,  Fougeres 
in  Athen,  B.  H.  Hill  in  Athen,  J.  Kromayer  in  Leipzig,  E.  Steinmann  in  Rom,  M.  Volonakis  in 
Athen.  Zu  korrespondierenden  Mitgliedern  wurden  die  Herren  M.  Abramic  in  Aquileia, 
W.  B.  Dinsmoor  in  Athen,  D.  Fimmen  in  Athen,  Frl.  E.  Fölzer  in  Frankfurt  a.  M.,  M.  Ger- 
vasio  in  Bari,  A.  Hekler  in  Budapest,  P.  Jacobsthal  in  Marburg,  M.  Jatta  in  Ruvo,  G.  Lippold 
in  München,  E.  A.  Maimaroglu  in  Smyrna,  J.  de  Mot  in  Brüssel,  R.  Pagenstecher  in  Heidel- 
berg, V.  Parvan  in  Bukarest,  C.  Praschniker  in  Wien,  H.  Sitte  in  Innsbruck,  M.  M.  Vassits 
in  Belgrad,  N.  Vulic  in  Belgrad,  K.  Wulzinger  in  München  ernannt. 

Die  Reisestipendien  wurden  den  Herren  A.  Neugebauer,  G.  Matthies  f ,  F.  Matz,  K.  Latte 
und  K.  Menadier  j  verliehen. 

Die  Sitzungen  der  Römisch -Germanischen  Kommission,  des  Römisch -Germanischen 
Zentralmuseums  und  der  Kommission  für  die  Erforschung  des  Kaiserpalastes  in  Trier 
fielen  infolge  des  Krieges  im  Berichtsjahre  aus.  In  den  besonderen  Verhältnissen  dieses 
Jahres  lag  es  auch  begründet,  daß  der  Generalsekretär  Berlin  außer  zu  einer  zweitägigen 
Dienstreise  nach  Frankfurt  a.  M.  nicht  verlassen  hat.  Herr  Burghardt  hat  sich  mit  Kriegs - 
beginn  sofort  wieder  der  Militärverwaltung  zur  Verfügung  gestellt  und  als  Oberfeuerwerker 
Dienste  getan. 

Vom  Jahrbuch  und  Anzeiger  erschien  Bd.  XXIX.  Zum  Gebrauch  in  archäologischen 
Vorlesungen  wurden  geeignete  Tafeln  und  Textabbildungen  des  Bandes  zu  Vorlegeblättern 
zusammengestellt  und  den  Universitäten  abgegeben.  Das  3.  Heft  des  III.  Bandes  der 
Antiken  Denkmäler  wurde  zum  größten  Teile  fertiggestellt.  Erwähnt  sei  auch,  daß  das  Werk 
M.  Mayers,  Apulien,  zu  dessen  Fertigstellung  und  Drucklegung  die  Zentraldirektiön  eine 
Summe  beigesteuert  hatte,  vollendet  und  erschienen  ist,  ebenso  der  erste  Band  von 
A.  Schultens  Numantia,  an  dem  das  Institut  wie  an  den  Forschungen  in  Numantia  mit 
Mitteln  des  Iwanoff-Fonds  beteiligt  ist.  Ein  weiterer  Beitrag  aus  dem  Iwanoff-Fonds  wurde 
dem  Sekretariat  Athen  für  die  Ausgrabungen  am  Dipylon  in  Athen  überwiesen,  für  die 
auch  noch  weitere  Mittel  aus  dem  Fonds  der  Zentraldirektion  für  wisenschaftliche  Zwecke 
verwendet  werden  konnten. 

Die  Grabungen  in  Pergamon  mußten  der  örtlichen  Verhältnisse  halber  in  diesem 
Jahre  natürlich  unterbleiben.  Ebenso  war  es  nicht  möglich,  die  Arbeiten  in  Pompei  fort- 
zuführen, besonders  infolge  der  Einberufung  der  Herren  Pernice  und  v.  Schöfer  zum 
Heeresdienst. 

Dem  Kreise  der  Freunde  des  Instituts,  deren  Stiftung  uns  den  Fortgang  unserer  wissen- 
schaftlichen Unternehmungen  ermöglicht,  sind  neu  beigetreten  Frl.  M.  Harkort,  Herr 
Krupp  von  Bohlen-Halbach  und  Herr  Schott  in  Jena.  Wir  danken  den  hochherzigen 
Förderern  unserer  Arbeit  auch  an  dieser  Stelle  für  ihr  fortgesetztes  Interesse  und  ihre  Hilfe. 

In  Rom  blieb  Herr  Delbruefk  auf  Veranlassung  der  vorgesetzten  Behörde  als  im  Zivil- 
dienst unabkömmlich  auf  seinem  Posten,  während  die  Hilfsarbeiter  Herr  Dr.  E.  Schmidt 
und  Herr  Dr.  Kutsch  sofort  nach  Deutschland  zurückkehrten.  Auf  das  schmerzlichste 
beklagen  wir  den  Tod  E.  Schmidts,  den  wir  bereits  gemeldet  haben.  Das  Andenken  des 
tüchtigen,  liebenswürdigen  Mitarbeiters,  der  sein  junges  Leben  für  das  Vaterland  gegeben 
hat,  werden  wir  stets  in  Ehren  halten.  Herrn  Delbrueck  zur  Seite  blieb  außer  Fräulein  Gor- 
nitzka  zunächst  nur  Herr  v.  Merckhn,  der  am  Realkatalog  arbeitete.  Um  so  dankbarer 
begrüßte  das  Institut,  daß  vom  November  an  Herr  Dr.  Koch  zur  Unterstützung  des 
Sekretariates  nach  Rom  kam.  So  konnte,  da  auch  Herr  v.  Stockar  als  Schweizer  uns  zur 
Verfügung  stand,  die  wissenschaftliche  Arbeit  wie  in  normalen  Zeiten  fortschreiten.  Herr 
Koch  führte,  unterstützt  von  den  Herren  v.  Mercklin  und  v.  Stockar,  vor  dem  Kriege  auch 
von  Herrn  Weickert,  die  Erforschung  der  Nekropole  von  Bieda  zu  Ende;  der  Druck  des 
Berichte»  in  den  Römischen  Mitteilungen  ist  vollendet.  Herr  Nachod  bearbeitete  Kammer- 
gräber in  Canosa,  worüber  der  Bericht  ebenfalls  in  den  Römischen  Mitteilungen  erschienen 
ist.     Herr  v.  Stockar  untersuchte  gemeinsam  mit  Herrn  Delbrueck  den  Bezirk  unterhalb 


—   III   — 

des  Palatin,  in  dem  S.  Maria  Antiqua  liegt.  Daß  die  Wintervorträge  in  Rom  wie 
-in  Athen  ausfielen,  war  selbstverständlich.  Eine  Sitzung  hat  nur  im  April  stattgefunden. 
Im  Sommer  veranstaltete  Herr  Karo  eine  Reihe  von  Führungen  in  den  Museen  von  Ancona, 
Bologna  und  Florenz,  an  denen  sich  in  Ancona  auch  Herr  Delbrueck  beteiligte. 

Herr  Delbrueck  wohnte  im  April  der  Plenarversammlung  der  Zentraldirektion  bei 
und  bereiste  im  Juni  die  Marken. 

Von  den  Römischen  Mitteilungen  erschien  der  Band  XXIX,  vom  Realkatalog  der 
zweite  Halbband  des  ersten  Bandes. 

Bibliothek  und  Apparat  haben  .sich  auch  in  diesem  Jahre  in  erfreulicher  Weise  vermehrt. 

In  Athen  stand  den  Sekretaren  bis  zum  Ausbruch  des  Krieges  Herr  Fimmen  zur 
Seite,  bis  zu  welchem  Zeitpunkt  durch  die  Zuwendung  des  ungenannten  Gönners,  dem  wir 
schon  im  vorigen  Jahre  herzlich  danken  durften,  auch  Herr  Weigand  seine  byzantinischen 
Studien  fortsetzen  konnte.  Den  größten  Teil  des  Berichtsjahres  mit  Ausnahme  der  Monate 
August  bis  November  weilte,  wie  bereits  erwähnt,  Herr  A.  Brueckner  in  Athen,  um  gemein- 
sam mit  Herrn  Knackfuß  die  Ausgrabungen  am  Kerameikos  zu  leiten.  Daß  das  preußische 
Kultusministerium  trotz  der  großen  Schwierigkeiten,  die  das  Kriegsjahr  dem  Schul - 
betriebe  brachte,  den  Herrn  Brückner  erteilten  Urlaub  auch  nach  Kriegsausbruch  aufrecht- 
erhielt und  uns  dadurch  die  Fortsetzung  der  begonnenen  Ausgrabung  ermöglichte,  müssen 
wir  mit  ganz  besonderem  Dank  erwähnen.  Über  die  bisherigen  Ergebnisse  der  Grabung, 
die  sich  der  lebhaftesten  Förderung  seitens  der  griechischen  Behörden  erfreute,  hat  Herr 
Brückner  einen  vorläufigen  kurzen   Bericht  im  Archäologischen  Anzeiger  veröffentlicht. 

Teilweise  in  das  Berichtsjahr  fallen  auch  noch  die  schon  im  vorigen  Bericht  er- 
wähnten Ausgrabungen  und  Forschungen,  die  auf  Veranlassung  Seiner  Majestät  des 
Kaisers  in  Korfu  veranstaltet  wurden.  Sie  wurden  von  Herrn  Dörpfeld,  teilweise  in 
Anwesenheit  von  Herrn  Karo,  geleitet  und  haben  wichtige  Funde,  besonders  an  archi- 
tektonischen Terrakotten,  gebracht. 

Herr  Karo  hat  vom  i.  bis  i6.  Mai  in  Candia  und  Knossos  eine  Führung  veranstaltet. 
Die  einzige  Sitzung  fand  am  lo.  Dezember  als  Gedenkfeier  für  A.  Conze  statt. 

Von  den  Athenischen  Mitteilungen  erschien  Band  XXXIX.  Erschienen  ist  ferner 
der  kleine,  von  G.  Karo  verfaßte  »Führer  durch  die  Ruinen  von  Tiryns«. 

Zum  I.  Oktober  des  Berichtsjahres  hatte  Herr  Ritterling,  einem  schon  früher  geäußerten 
Wunsche  folgend,  seine  Entlassung  aus  dem  Amte  des  Direktors  der  Römisch-Germani- 
schen Kommission  erbeten  und  erhalten.  Die  Zentraldirektion  ist  sich  mit  der  Römisch - 
Germanischen  Kommission  einig  in  dem  tiefen  Bedauern  über  diesen  Entschluß.  Mit 
dem  Dank  und  der  Anerkennung  für  alles,  was  Ritterling  geleistet,  dürfen  wir  der 
sicheren  Hoffnung  Ausdruck  geben,  daß  die  seit  langen  Jahren  bestehende  Arbeits- 
gemeinschaft, das  Zusammenwirken  mit  Ritterling  im  Interesse  der  römisch -germanischen 
Forschung  durch  sein  Ausscheiden  aus  dem  Amt  nicht  berührt  werden  wird.  Die  Zentral- 
direktion wählte  im  JuU  191 4  zu  Ritterhngs  Nachfolger  Walter  Barthel.  Seine  Ernennung 
durch  den  Herrn  Reichskanzler  traf  Barthel  bereits  im  Felde,  aus  dem  er,  wie  wir,  den  Er- 
eignissen vorgreifend,  schmerzbewegt  auch  hier  verzeichnen  müssen,  nicht  zurückkehren 
sollte.  Sofort  mit  Kriegsausbruch  hatte  Herr  Ritterling,  wie  schon  oben  erwähnt,  sich 
bereit  erklärt,  für  seinen  Nachfolger  einstweilen  die  Geschäfte  der  Römisch-Germanischen 
Kommission  weiterzuführen,  wofür  ihm  das  Institut  zu  größtem  Dank  verpflichtet  ist. 
Ihm  zur  Seite  stand  als  Assistent  Herr  F.  Drexel,  während  die  jüngeren  Hilfsarbeiter  ins 
Feld  rückten. 

Eine  Jahressitzung  der  Kommission  fand  mit  Rücksicht  auf  die  Zeitverhältnisse 
nicht  statt. 

Das  VII.  Heft  der  Berichte  der  Römisch -Germanischen  Kommission  ist  erschienen, 
der  Druck  des  VIII.  Heftes  weit  vorgeschritten. 

Auf  den  Fortgang  der  von  der  Kommission  unterstützten  Veröffentlichungen  mußte 
naturgemäß  der  Krieg  einen  stark  hemmenden  Einfluß  ausüben,  da  die  Verfasser  teils,  wie 


—     IV     — 

die  Herren  Hofmann,  Kutsch,  Oxe,  Steiner,  Unverzagt,  im  Felde  stehen,  teils  durch  ander- 
weitige Tätigkeit  in  ihrer  wissenschaftlichen  Arbeit  stark  behindert  sind.  Auch  von  wissen- 
schaftlichen Bodenuntersuchungen  mußte  fast  ganz  Abstand  genommen  werden.  Vor 
Kriegsausbruch  fällt  noch  eine  Untersuchung  der  Befestigungsanlagen  auf  dem  Firlischberg 
bei  Kaysersberg  im  Elsaß  durch  Herrn  Gutmann.  Einen  guten  Fortgang  nahmen  Gra- 
bungen des  Herrn  WolfT  auf  dem  Salisberg  bei  Kesselstadt,  die  die  für  die  Geschichte  der 
Limesanlagen  sehr  wichtige  Auffindung  eines  zweifellos  zu  einem  Erdkastell  gehörigen 
Bades  aus  dem  ersten  Jahrhundert  n.  Chr.  zur  Folge  hatten. 

Die  Handbibhothek  hat  sich  erfreulich  vermehrt. 

Dankbar  dürfen  wir  schließlich  die  Gewährung  des  üblichen  Zuschusses  der  Stadt 
Frankfurt  zu  den  Mitteln  der  Kommission  erwähnen. 


ZENTRAL-DIREKTION 
DES  KAISERLICH  DEUTSCHEN  ARCHÄOLOGISCHEN  INSTITUTS 

BERLIN  W.  50,  Ansbacherstr.  46. 


berufen  von   Preußen  auf 

Vorschlag   der    Königlichen 

Akademie  der  Wissenschaften. 


berufen  von  Preußen. 


H.  DragendorfE,  Generalsekretär,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Lichterfelde  (West),  Zehlendorferstr.   55. 

C.  Weller,  Geh.  Legationsrat,  Vortragender  Rat  im  Auswärtigen  Amt,  Berlin  W.  30,  Heilbronnerstraße  19, 

vom  Reichskanzler  berufen. 
0.  Hirschfeld,     Geh.    Reg. -Rat,    Prof.,    Dr.,    Berlin  -  Charlottenburg, 

Mommsenstr.  6, 

E.  Meyer,    Geh.    Reg. -Rat,    Prof.,    Dr.,    Berlin  -  Lichterfelde    (West), 
Mommsenstr.  7/8, 

U.  von   Wilamowitz-Moellendorff,    Wirkl.    Geh.    Rat,    Prof.,    D.  Dr., 

Berlin-Westend,  Eichen-Allee  12, 
W.  Dörpfeld,  Prof.,  Dr.,  Berlin- Friedenau,  Niedstr.  22, 
G,  Loeschcke,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Berlin  NW.  40,  Hindersinstr.  6, 
C.  Robert,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Halle  a.  S.,  Angerweg  40, 
Th.  Wiegand,  Geh.  Reg. -Rat,  Direktor,  Dr.,  Dr.   Ing.,  Berlin- Steglitz, 

Peter  Lenn^str.  30, 
H.  Bulle,  Prof.,  Dr.,  Würzburg,  Konradstr.  i,    1 
P.  Wolters,  Prof.,  Dr.,  München,  Tengstr.  20.    j 

F.  Studniczka,  Geh.  Hofrat,  Prof.,  Dr.,  Leipzig,  Leibnizstr.  11,  berufen  von  Sachsen. 

F.  Noack,  Prof.,  Dr.,  Tübingen,  Gartenstr.  59,  berufen  von  Württemberg. 

E.  Fabricius,  Geh.  Hofrat,  Prof.,  Dr.,  Freiburg  i.  Br.,  Goethestr.  44,  berufen  von  Baden. 
C.  Watzinger,  Prof.,  Dr.,  Gießen,  Gr.  Steinweg  23,  berufen  von  Hessen. 

A.  von  Salis,  Prof.,  Dr.,  Rostock,  Augustenstr.  123,  berufen  von  Mecklenburg-Schwerin. 

B.  Graef,  Prof.,  Dr.,  Jena,  Erfurterstr.  64,  berufen  von  den  Thüringischen  Staaten. 
A.  Frickenhaus,  Prof.,  Dr.,  Straßburg  i.  Eis.,  Taulerring  21,  berufen  von  Elsaß-Lothringen. 

G.  Körte,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Göttingen,  WilhelmWeberstr.il, 
H.  Graf  von  und   zu  Lerchenfeld  auf  Köfering  und  Schönberg,    Bayerischer 

Staatsrat  und  Gesandter,  Dr.,  Berlin  W.  9,  Voßstr.  3, 

F.  Winter,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Bonn,  Venusbergweg  25, 


berufen  von  Bayern. 


berufen  vom  Reichs- 
kanzler auf  Vorschlag 
der   Zentral-Direktion. 


SEKRETARIATE 

ROM,  MoNTß  Tarpeo  28. 
R.  Delbrueck,  Erster  Sekretär,  Prof.,  Dr.,  Rom,  Monte  Tarpeo  28,  z.  Zt.  Berlin  W.  50,  Augsburgerstraße  40. 
Zweite  Sekretarstelle  z.  Zt.  unbesetzt. 


ATHEN,  Phidiasstr.  i. 

G.  Karo,  Erster  Sekretär,  Prof.,  Dr.,  Athen,  Phidiasstr,  i. 
H.  Knackfuß,  Zweiter  Sekretär,  Baurat,  Athen,  Phidiasstr.  1. 


—    VI    — 

RÖMISCH-GERMANISCHE  KOMMISSION. 

FRANKFURT  A.  M.,  Eschersheimer  Landstr.  107. 

H.  Dragendorff,  als  Generalsekretär,  siehe  Zentral-Direktion. 

O.  Hirschfeld,  1  .  ,      ^      ,,_ 

r    T         >i  ir     1  ^°°  '^^^  Zentral-Direktion  aus  ihrer  Mitte  gewählt,  siehe  daselbst. 


G.  Voigt,  Oberbürgermeister,  Frankfurt  a.  M.,  Zeppelin -Allee  21 

E.  Meyer,  siehe  Zentral-Direktion,  \  vom   Reichskanzler  berufen 

K.  Schumacher,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Mainz,  Zentral-Museum, 

H.  Jacobi,  Baurat,  Homburg  v.  d.  H.,  Dorotheenstr.  12,  berufen  von  Preußen 

J.  Ranke,  Geh.  Hofrat,  Prof.,  Dr.,  München,  Briennerstr.  25,        „  „     Bayern. 

P.  Goessler,  Prof.,  Dr.,  Stvitgart-Degerloch,  Olgastr.  20, 

E.  Fabricius,  siehe  Zentral-Direktion, 

E.  Anthes,  Prof.,  Dr.,  Darmstadt,  Heinrichstr.  96, 
R.  Henning,  Prof.,  Dr.,  Straßburg  i.  Eis.,  Sternwartstr.  16, 

F.  Koepp,  Prof.,  Dr.,  Münster  i.  Westf.,  Gertrudenstr.  41, 
H.  Lehner,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Bonn,  Weberstr.  96, 

F.  Ohlenschlager,  Oberstudienrat,  Prof.,  Dr.,  München,  Luisenstr.  54, 
C.  Schuchhardt,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Lichterfelde  (West), 

Teltowerstr.  139, 

G.  Wolff,  Prof.,  Dr.,  Frankfurt  a.  M.,  Grüneburgweg  57, 


Württemberg. 

Baden. 

Hessen. 

Elsaß -Lothringen. 

berufen  vom 
Reichskanzler  auf  Vor- 
schlag- der  Zentral- 
Direktion. 


VERZEICHNIS  DER  MITGLIEDER 

DES  KAISERLICH  DEUTSCHEN  ARCHÄOLOGISCHEN  INSTITUTS*) 

I.  NOVEMRER  1915. 
L  EHREN-MITGLIEDER. 

Seine  Hoheit  Herzog  Bernhard  von  Sachsen-Meiningen,  Meiningen. 

Seine  Königliche  Hoheit  Kronprinz  Rupprecht  von  Bayern,  München. 

Seine  Hoheit  Prinz  Friedrich  Karl  von  Hessen,  Schloß  Friedrichshof  (Taunus). 

Seine  Durchlaucht  der  reg.  Fürst  Johann  IL  von  und  zu  Liechtenstein,  Wien. 

Seine    Durchlaucht    Fürst    von    Radolin,    Kaiserlicher,  Botschafter   a.    D.,    Schloß    Jurotschin.     (Posen). 

C.  Freiherr  von  Bildt,  Königlich  Schwedischer  Minister,  Rom,  Palazzo  Capranica,  Via  del  Teatro  Valle  16. 

G.  F.  Gammurini,  Comm.,  Arezzo. 

F.  von  Gans,  Frankfurt  a.  M.,  Taunusanlage. 

H.  Lehmann,  Geh.  Kommerzienrat,  Dr.,  Halle  a.  S.,  Gr.  Steinstr.  19. 

H.  Graf  von  und  zu  Lerchenfeld  auf  Köfering  und  Schönberg,  siehe  Zentral-Direktion. 

Duc  de  Loubat,  Paris,  Rue  Dumont  d'Urville  53. 

Donna  Ersilia  Caetani  Contessa  Lovatelli,  Dottoressa,  Rom,  Palazzo  Lovatelli,  Piazza  Campelli. 

Graf  von  Plessen-Cronstern,  Kaiserlicher  Gesandter  a.  D.,  Nehmten- Ascheberg  (Holstein). 

R.  Schöne,  Wirkl.  Geh.  Rat,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Grunewald,  Wangenheimstr.  13. 

E.  von  Sieglin,  Geh.  Hofrat,  Dr.,  Stuttgart,  Villa  Weißenburg. 

James  Simon,  Dr.,  Berlin  W.  10,  Tiergartenstr.  15  a. 


*)  Die  Verhältnisse  des  Krieges  haben  in  vielen  Fällen  eine  Unsicherheit  erzeugt,  die  wir  nicht 
heben  konnten.  Bei  unseren  Mitgliedern,  die  im  Felde  stehen,  haben  wir  die  letzte  dauernde  Adresse 
stehen  lassen,  unter  der  sie,  wie  wir  annehmen,  zu  erreichen  sind,  und  nur  in  den  wenigen  Fällen,  wo 
eine  solche  fehlte,  durch  den  Zusatz  „im  Felde"  auf  diese  Tatsache  hingewiesen. 


^    VII    — 


II.  ORDENTLICHE  MITGLIEDER 


W.  Amelung,  Prof.,  Dr.,  Rom,  Via  Andrea  Cesalpino  i, 
Villino  Antonia,  z.  Zt.  Berlin  W.  8,  Behrenstr. 
30  IL 

E.  Anthes,  siehe  Römisch-Germanische  Kommission. 

Conte  A.  Antonelli,  Rom,  Via  Nazionale  158. 

B.  von  Arnold,  Geh.  Hof  rat,  Dr.,  München, 
Tengstr.  30. 

Th.  Ashby,  Direktor  der  British  School,  Dr.,  Rom, 
Piazza  SS.  Apostoh,  Palazzo  Odescalchi  80. 

E.  Babelon,  Prof.,  Conservateur  du  Cabinet  des 
M^dailles,  Paris,  Rue  de  Verneuil  30. 

F.  Barnabei,  Comm.,  Prof.,  Dott.,  Consighere  di 
Stato,  Rom,  Piazza  S.  Luigi  de'Francesi  24. 

F.  W.  Freiherr  von   Bissing,  Prof.,  Dr.,    München 

Georgenstr.  10. 
H.    Blümner,   Prof.,  Dr.,   Zürich  VI,  Öttikerstr.  55. 
J.  Boehlau,  Direktor,  Dr.,  Cassel,  Lessingstr.  2. 

F.  Bölte,  Prof.,  Dr.,  Frankfurt  a.  M.,  Westendstr.  i, 

G.  Boni,  Comm.,  Ing.  Arch.,  Direttore  Ufficio  scavi 
Foro  Romano  e  Palatino,  Rom,  Palatino. 

L.  Borchardt,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Kairo, 
Gesire-Garten,  Deutsches  Institut  für  Ägyptische 
Altertumskunde,  z.  Zt.  Berlin'^  15,  Kurfürsten- 
damm 42. 

E.  Bormann,  Hof  rat,  Prof.,  Dr.,  Wien-Klosterneu- 
burg, Buchberggasse  41. 

R.  Borrmann,   Geh.    Baurat,   Prof.,   Berlin   W.  50, 

Bambergers tr.  7. 
R.  C.  Bosanquet,  Prof.,  Liverpool,  Bedford  Street  40. 
A.   Brueckner,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Friedenau,  Spon- 

holzstr.  19. 

F.  Buli(5,  Monsignore,  Reg^Rat,  Direktor,  Spalato, 
Archäologisches  Staatsmuseum. 

H.  BuUe,  siehe  Zentral-Direktion. 
R.  Cagnat,  Prof.,  Dr.,  Paris,  Boulevard  du  Mont- 
pamasse  96. 

G.  Calderini,  Comm.,  Ing.,  Prof.  R.  Universitä, 
Rom,  Via  Voltumo  58. 

C.  Cichorius,  Prof.,  Dr.,  Breslau,  Kastanien -Allee  24. 
M.  CoUignon,  Prof.,  Dr.,  Paris,  Boulevard  St.  Ger- 
main 88. 

Sir  S.  Colvin,  London  W.,  Palace  Gardens  Ter- 
race  35. 

D.  Comparetti,  Comm.,  Prof.,  Senatore,  Florenz,  Via 
La  Marmora  20. 

F.  Cumont,  Prof.,  Dr.,  Rom,  Corso  d'Italia  19. 

A.   L.  Delattre,  Directeur  de  Mus^e,   St.  Louis  de 

Carthage  (Tunis). 
R.  Delbrueck,  siehe  Sekretariat  Rom. 


G.  De  Petra,  Comm.,  Prof.,  Dott.,  Neapel,  Pallonetto 
S.  Chiara  8. 

E.  De  Ruggiero,  Prof.,  Dott.,  Rom,  Via  Aureli- 
ana  53. 

H.  Dessau,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Charlottenburg,  Leib- 

nizstr.  57. 
H.  Diels,  Geh.  Ober -Reg. -Rat,  Prof.,  D.  Dr.,  Berlin 

W.  50,  Nürnbergerstr.  65. 
A.    von    Domaszewski,    Geh.    Hof  rat,    Prof.,    Dr., 

Heidelberg,  Bergstr.  28. 
W.  Dörpfeld,  siehe  Zentral-Direktion. 
J.    Dragatsis,     Gymnasial-Direktor,     Athen,      686? 

H.  Dragendorff,  siehe  Zentral-Direktion. 
St.  Dragumis,  Minister,  Athen,  686?  A[i.aX(a;  26. 
H.  Dressel,  Prof.,  Dr.,  Berlin  W.  8,  Kronenstr.  16. 
L.    Duchesne,    Monseigneur,    Directeur    de    l'ficole 

Frangaise,    Rom,    Palazzo    Farnese,    und    Paris, 

Passage  Stanislas  2. 

F.  Dürrbach,  Prof.,  Dr.,  Toulouse,  Rue  du  Japon  40. 
F.  von  Duhn,  Geh.  Hof  rat,  Prof.,  Dr.,  Heidelberg- 

Neu^nheim,  Werrgasse  7. 

J.  Durm,  Geheimrat,  Prof.,  Dr.,  Karlsruhe,  Tech- 
nische Hochschule. 

F.  Ehrle,  Padre,  Prefetto  della  Bibhoteca  Vaticana, 
Rom,  Palazzo  Vaticano. 

A.  Erman,  Geh.  Reg.-Rat,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Steglitz, 
Peter  Lennestr.  22. 

Sir  A.  J.  Evans,  Prof.,  Dr.,  Yotdbury,  Berks. 
near  Oxford. 

E.  Fabricius,  siehe  Zentral-Direktion. 

J.  Ficker,  Prof.,  D.  Dr.,  Straßburg  i.  Eis.,  Lessing - 
Straße  2. 

F.  Fita,  Dr.,  Madrid,  Isabella  Catöhca  12. 

R.    Foerster,    Geh.    Reg.-Rat,    Prof.,   Dr.,   Breslau, 

Kastanien-Allee  3a. 
P.  Foucart,  Prof.,  Dr.,  Paris,  Rue  Jacob  19. 

G.  Fougeres,  Directeur  de  l'ficole  Frangaise,  Athen. 
Sir  S.  G.  Frazer,  Prof.,  Dr.,  Cambridge,  Trinity  College. 

A.  Frickenhaus,  siehe  Zentral-Direktion. 

W-  Fröhner,  Dr.,  Paris,  Rue  Casimir-Perier  11. 

E.  A.  Gardner,  Prof.,  Dr.,  Tadworth  (Surrey),  Farm 
Corner. 

P.  Gardner,  Prof.,  Dr.,  Oxford,  Banbury  Road  105. 
G.   Ghirardini,  Comm.,   Prof.,  Direttore  del  Museo 
Civico,  Bologna,  Via  dell'  Indipendenza  54- 

F.  Graeber,  Baurat,  Bielefeld,  Sparenberg  2  a. 

B.  Graef,  siehe  Zentral-Direktion. 

Fr.  LI.  Grifft  th,  Dr.,  Oxford,  Norham  Gardens   11. 


—    VIII 


St.  Gsell,  Prof.,  Dr.,  Paris,  Rue  de  la  Tour  92. 

E.  J.  Haeberlin,  Justizrat,  Dr.,  Frankfurt  a.  M.- 
Eschersheim,  Ginnheimerstr.  46. 

G.  Hager,  Generalkonservator,  Dr.,  München,  Koch- 
straße 18. 

F.  Halbherr,  Comm.,  Prof.,  Dott.,  Rom,  Via  Are- 
nula  21. 

Halil  Edhem  Bey,  General-Direktor,  Dr.,  Konstan- 
tinopel.  Ottomanisches  Museum. 

A.  von  Harnack,  General-Direktor,  Wirkl.  Geh.  Rat, 
Prof.,  D.  Dr.,  Berlin-Grunewald,  Kunz-Bunt- 
schuhstr.  2. 

P.  Hartwig,  Dr.,  Rom,  Via  Alessandrina  17. 
J.  A.  Hatzidakis,  Direktor,  Dr.,   Candia,  Museum. 
F.   Haug,  Geh.   Hof  rat.  Gymnasial -Direktor  a.  D., 
Dr.,  Stuttgart,  Salzmannweg  i. 

B.  HaussouUier,  Prof.,  Dr.,  Paris,  Rue  S'*  Cecile  8. 
F.     Haverfield,     Prof.,     Dr.,     Oxford,     Winshields, 

Headington  Hill. 

R.  Heberdey,  Prof.,  Dr.,  Graz,  Mandellstr.  26. 

J.  L.  Heiberg,  Prof.,  Dr.,  Kopenhagen,  Classens- 
gade  13. 

H.   Hepding,  Dr.,   Gießen,   Schiflenberger  Weg   16. 

A.  Heron  de  Villefosse,  Conservateur  au  Mus6e  du 
Louvre,  Paris,  Rue  Washington  16. 

P.  Herrmann,  Prof.,  Dr.,  Dresden-A.,  Stephanien- 
straße 13. 

L.  Heuzey,  Paris,  Boulevard  Exelmans  90. 

F.  Freiherr  Hiller  von  Gaertringen,  Prof.,  Dr.,  Berlin- 
Westend,  Ebereschen-Allee  11. 

0.  Hirschfeld,  siehe  Zentral-Direktion. 

H.  Hitzig,  Prof.,  Dr.,  Zürich  V,  Casinostr.  18. 

M.  HoUeaux,  Prof.,  Dr.,  Paris,  Quai  de  la  Tour- 
nelle  27. 

A.  E.  J.  Holwerda,  Prof.,  Dr.,  Leiden,  Zoeter- 
woudsche  Singel  52. 

Th.  HomoUe,  Administrateur  g^n^ral  de  la  Biblio- 
theque  Nationale,  Dr.,  Paris,  Rue  de  Petits- 
Champs  8. 

Ch.  Hülsen,  Prof.,  Dr.,  Florenz,  Villa  Tolomei,  Via  di 
Marignolle  6,  Bellosguardo,  z.  Zt.  Schloß  Hohen- 
eck  bei  Ludwigsburg  i.  Württ. 

F.  Imhoof-Blumer,  Dr.,  Winterthur,  BühUiof. 
H.  Stuart  Jones,  Saundersfoot  ( Pembrokeshire) . 
W.  Judeich,  Prof.,  Dr.,  ^ena,  Beethovenstr.  30. 

C.  Julian,    Prof.,    Dr.,    Paris,    Rue    de    Luxem- 
bourg  30. 

E.  Kaiinka,  Prof.,  Dr.,  Innsbruck,  Adolf  Pichlerstr.  5. 

G.  M.  Kam,  Nijmegen,  Berg  und  Dalsche  Weg  76. 
G.  Karo,  siehe  Sekretariat  Athen. 

P.  Kastriotis,  Ephoros  der  Altertümer,  Athen,  686; 
'Aß^ptocp  9. 


P.  Kavvadias,  Prof.,  Dr.,  General-Sekretär  der 
Archäologischen  Gesellschaft,  Athen,  Hotel  de 
France. 

B.  Keil,  Prof.,  Dr.,  Leipzig,  Universität. 

J.  Keil,  Sekretär  des  K.  K.  Österr.  Archäolog.  In- 
stituts, Dr.,  Smyrna,  Österreichische  Post. 

F.  von  Kenner,  Hof  rat,  Direktor  a.  D.,  Wien  III, 
Traungasse  i. 

W.   Klein,  Prof.,  Dr.,  Prag,  Deutsche  Universität. 

H.  Knackfuß,  siehe  Sekretariat  Athen. 

F.  Koepp,  siehe  Römisch-Germanische  Kommission. 
R.  Koldewey,  Prof.,  Dr.,  Bagdad,  Deutsches  Kon- 
sulat und  Berlin-Friedenau,  Rubensstr.  8. 

A.  Körte,  Prof.,  Dr.,  Freiburg  i.  Br.,  Fuchsstr.  16, 

G.  Körte,  siehe  Zentral-Direktion. 

M.  K.  Krispis,  Prof.,  Karditza  (Thessalien). 
J.  Kromayer,  Prof.,  Dr.,  Leipzig-Gohlis,  Berggarten- 
straße 10. 

E.  Krüger,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Trier,  Bergstr.  51. 
W.    Kubitschek,    Reg. -Rat,    Direktor,    Prof.,    Dr., 

Wien  IX,  Pichlergasse  1. 
Sp.    Lambros,     Prof.,    Dr.,     Athen,      68ös     Maupo- 

xopodxou    10. 
R.    A.    Lanciani,    Comm.,    Prof.,    Senatore,    Rom, 

Piazza  Sallustio  24. 
K.  Graf  Lanckoronski-Brzezie,  K.  K.  Wirkl.  Geh. 

Rat,  Oberstkämmerer,  Wien  III,  Jacquingasse  18. 

B.  Latyschew,  Prof.,  Dr.,  St.  Petersburg,  Kaiser- 
hche  Archäologische  Kommission,  Winterpalais. 

H.  Lechat,  Prof.,  Dr.,  Lyon,  Quai  Gailleton  22. 
H.  Lehner,  siehe  Römisch -Germanische  Kommission. 
B.  Leonardos,  Dr.,  Athen,  öSo?  npoaUTefou  59. 

F.  Löhr,  Sekretär  des  K.  K.  österr.  Archäolog.  In- 
stituts, Dr.,  Wien  IX,  Grünetorgasse  14. 

G.  Loeschcke,  siehe  Zentral-Direktion. 

E.  Löwy,  Prof.,  Dr.,  Rom,  Via  del  Progresso  23,  z.  Zt. 

Wien,  Untere  Donaustr.  29. 
H.   Luckenbach,   Gymnasial-Direktor,   Dr.,   Heidel- 
berg, Sophienstr.  3. 
Barone   G.   Lumbroso,   Comm.,   Prof.,  Dott.,   Rom, 

Via  Sommacaijipagna  3. 
H.  Lyons,  Captain,  Dr.,   London,  Heathview  Gar- 

dens  5,  Roehampton. 
L.    Mariani,    Prof.,   Dott.,    Rom,    Via   Pierluigi    da 

Palestrina  55. 
0.  Marucchi,    Comm.,    Prof.,   Dott.,    Direttore    del 

Museo  Egizio  nel  Vaticano,  Rom,  Via  S.  Maria 

in  Via  7  A. 
G.  Maspero,   Prof.,   Directeur  du   Service   des  An- 

tiquit^s,  Kairo  und  Paris,  Avenue  de  l'Observa- 

toire  24. 
M.  Mayer,  Dr.,  Berlin   W.  30,  Hohenstaufenstr.  4. 


—     IX     — 


A.  Meletopulos,  Piräus,  öoö?   KoXoxotpwvr;  69. 

A.  Merlin,  Directeur  des  Antiquites  et  des  Arts,  Tunis, 

Rue  de  Tlfiglise  73. 
M.  Meurer,  Prof.,  Rom,  Via  Margutta  53  B. 
E.  Meyer,  siehe  Zentral-Direktion. 

E.  Michon,  Prof.,  Conservateur  au  Musee  du  Louvre, 
Paris,  Rue  Barbet-de-Jouy  26. 

O.  Montelius,  Prof.,  Dr.,  Stockholm,  Museum  für 
Altertümer. 

J.  H.  Mordtmann,  Kaiserlich  Deutscher  General- 
Konsul  a.  D.,  Dr.,  Konstantinopel-Pera,  Rue  Sira 
Selvi. 

F.  Noack,  siehe  Zentral-Direktion. 

B.  Nogara,  Comm.,  Dott.,  Direttore  del  Museo  Gre- 
goriano  Etrusco  Vaticano,  Rom,  Via  Vittoria 
Colonna  40. 

R.  Norton,  c/o  Shipley  and  Co.,  London,  Pall 
Mall  123. 

F.  Ohlenschlager,  siehe  Römisch-Germanische  Kom- 
mission. 

P.  Orsi,  Comm.,  Prof.,  Dott.,  Direttore  del  R.  Museo 
Archeologico,  Syrakus. 

E.  Pais,  Comm.,  Prof.,  Dott.,  Rom,  Via  di  Ripetta  102. 

R.  Paribeni,  Dott.,  Direttore  del  Museo  Nazionale, 
Terme  di  Diocleziano,  Rom,  Via  dei  Prefetti  22. 

A.  Pasqui,  Cav.,  Direttore  dell'  Ufficio  degli  Scavi  di 
Roma  e  Provincia,  Rom,  Via  Nomentana  27. 

C.  Patsch,  Reg. -Rat,  Dr.,  Sarajevo,  Bosn.-Herzegow. 
Landes  -Museum. 

P.  Perdrizet,  Prof.,  Dr.,  Nancy,  Avenue  de  la  Ga- 

renne  2. 
E.  Pemice,  Prof.,  Dr.,  Greifswald,  Karlstr.  4. 
L.  Pemier,  Dott.,  Direttore  della  Scuola  Archeologica 

Italiana,  Athen,  656;  Aiovustou  'Aptior.7.fizo'j  i. 
E.  Petersen,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Halensee,  Friedrichs- 

ruherstr.   13. 
W.   M.   Flinders   Petrie,   Prof.,   Dr.,   London,  Well 

Road  8,  Hampstead. 
E.  Pfuhl,  Prof.,  Dr.,  Basel,  Schönbeinstr.  42. 

B.  Pharmakowsky,  Prof.,  Dr.,  St.  Petersburg,  Kaiser- 
liche Archäologische  Kommission,  Winterpalais. 

A.  Phihppson,  Prof.,  Dr.,  Bonn,  Königstr.  i. 

L.  Pigorini,  Comm.,  Prof.,  Senatore,  Dott.,  Direttore 
del  Museo  preistorico,  Rom,  Via  del  CoUegio  Ro- 
mano 26. 

L.  PoUak,  Österreichischer  Kaiserlicher  Rat,  Dr., 
Rom,  Via  del  Tritone  183,  z.  Zt.  Prag  VII,  Bel- 
skygasse  21. 

J.  Poppelreuter,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Cöln,  Eifel- 
straße  14. 

E.  Pottier,  Prof.,  Dr.,  Conservateur  au  Mus^e  du 
Louvre,  Paris,  Rue  de  la  Tour  72. 


A.  Prachow,  Wirkl.  Staatsrat,  Prof.,  Dr.,  St.  Peters- 
burg, Universität. 

A.  von  Premerstein,  Prof.,  Dr.,  Prag-Smichow,  Preßl- 
gasse  13. 

E.  Pridik,  Prof.,  Dr.,  St.  Petersburg,  Woskressensky 
Quai  22. 

Sir  W.  M.  Ramsay,  Dr.,  Edinburgh,  Braid  Avenue  41. 

S.  Reinach,  Conservateur  du  Musee  de  St.  Germain, 
Boulogne-sur-Seine,  Avenue  Victor  Hugo  16. 

E.  Reisch,  Hofrat,  Direktor  des  K.  K.  Österr.  Ar- 
chäolog.  Instituts,  Prof.,  Dr.,  Wien  XVIII,  Karl 
Ludwigstr.  28. 

C.  Ricci,  Comm.,  Dott.,  Direttore  Generale  per  le 
Antichitä  e  Belle  Arti,  Ministero  Pubblica  Istru- 
zione,  Rom,  Piazza  Venezia  11. 

R.  B.  Richardson,  Prof.,  Dr.,  Woodstock,  Connecticut. 

0.  Richter,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Berlin- 
Friedenau,  Niedstr.  16. 

A.  Riese,  Prof.,  Dr.,  Frankfurt  a.  M.,  Klettenberg- 
straße 7. 

E.  Ritterling,  Prof.,  Dr.,  Frankfurt  a.  M.,  Eschers- 
heimer  Landstr.   107. 

R.  G.  Rizzo,  Prof.,  Dr.,  Turin,  Universität  und  Rom, 
Via  Po  18. 

C.  Robert,  siehe  Zentral-Direktion. 

E.  Robinson,  Direktor,  Metropolitan  Museum  of  Art, 
New  York. 

H.  von  Rohden,  Prof.,  Dr.,  H agenau  i.  Eis.,  Gym- 
nasium. 

M.  Rostowzew,  Prof.,  Dr.,  St.  Petersburg,  Morskaja 
34.  10. 

0.  Rubensohn,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Berlin- Lankwitz, 
Scharzhofbergerstr.  2. 

G.  McN.  Rushforth,  Mähern  Wells,  Riddlesden. 

A.  von  Salis,  siehe  Zentral-Direktion. 

B.  Sauer,  Prof.,  Dr.,  Kiel,  Lornsenstr.  30. 

L.  Savignoni,  Prof.,  Dott.,  Rom,  Via  dell'  Anima  50. 
P.   Schazmann,  Architekt,  Genf,  Grande   Boissiere. 
H.  Schrader,  Prof.,  Dr.,  Frankfurt  a.  M.,  Schumann- 
straße 49. 

C.  Schuchhardt,  siehe  Römisch-Germanische  Kom- 
mission. 

A.  Schulten,  Prof.,  Dr.,  Erlangen,  Ratsbergerstr.  22. 

Victor  Schultze,  Prof.,  Dr.,  Greifswald,  Universität. 

Wilhehn  Schulze,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Berlin 
W.  10,  Kaiserin  Augustastr.  72. 

K.  Schumacher,  siehe  Römisch -Germanische  Kom- 
mission. 

Jonkheer  J.  Six  van  Hillegom,  Prof.,  Dr.,  Amster- 
dam, Heerengracht  511. 

A.  N.  Skias,  Prof.,  Athen,  656;  BaXTexafou  7- 

A.  H.  Smith,  London  W.  C.,  British  Museum. 


X     — 


Sir  Cecil  H.  Smith,  Dr.,  London  S.W.,  Victoria  and 

Albert  Museum. 
A.  Sogliano,  Prof.,  Dott.,  Neapel,  Via  Avvocata  a 

Piazza  Dante  25. 
G.  Sotiriadis,  Prof.,  Dr.,  Athen,   680;  Aouiiiavoü  21. 
V.  Spinazzola,  Comm.,  Prof.,  Dott.,  Direttore  degli 

scavi  di  Pompei,  Neapel,  Museo  Nazionale. 
V.  Stais,  Direktor,  Dr.,  Athen,  National-Museum. 
E.  Steinmann,    Prof.,    Dr.,    Rom,   Via  Aracoeli    3, 

z.  Zt.    Berlin,  Viktoriastr.  30. 

E.  von  Stern,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Halle  a.  S., 
Lindenstr.  63. 

J.  Strzygowski,  Hofrat,  Prof.,  Dr.,  Wien,  Universität. 

F.  Studniczka,  siehe  Zentral-Direktion. 

J.  N,  Svoronos,  Direktor  des  Numismatischen  Mu- 
seums, Athen,  666;  FeüjpYfou  Fewaotou  3  B. 

L.  von  Sybel,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Marburg i.  H. 
Sybelstr.   i. 

A.  Taramelli,  Prof.,  Dr.,  Direttore  del  Museo  di 
Antichitä,  Cagliari,  Via  Corte  d'Appello  12. 

H.  Thiersch,  Prof.,  Dr.,  Freiburg  i.  Br.,  Zascherstr.  67. 

A.  Trendelenburg,  Gymnasial-Direktor,  Geh.  Reg.- 
Rat,  Prof.,  Dr.,  Berlin  NW.  6,  Albrechtstr.  26. 

G.  Treu,  Geh.  Hofrat,  Prof.,  Dr.,  Dresden-Weißer 
Hirsch,  Heinrichstr.  21. 

Ch.  Tsuntas,  Prof.,  Athen,  666c  AXxißictSou  36. 

Th.  Uspenski,  Geheimrat,  Direktor,  Dr.,  Konstan- 
tinopel-Pera,  Rue  Sekis  Agatsch,  Russ.  Archäolog. 
Institut. 

G.  Vitelli,  Prof.,  Dott.,  Florenz,  Via  Masaccio  55. 

Marquis  de  Vogüe,  Paris,  Rue  Fabert  2. 

M.  Volonakis,  Sektionschef,  Athen,  Kultusmini- 
sterium. 

E.  Wagner,  Direktor,  Geheimrat,  Prof.,  Dr.,  Karls- 
ruhe, Hirschstr.  53. 


H.  Graf  von  WalderdorfE,  Regensburg. 

Sir  Ch.  Waldstein,  Dr.,  Cambridge,  Newton,  Newton 

Hall. 
0.  Walter,  Sekretär  des  K.  K.  Österr.  Archäolog. 

Instituts,  Dr.,  Athen,  Boulevard  Alexandra   18. 
C.  Watzinger,  siehe  Zentral-Direktion. 
C.  Weller,  siehe  Zentral-Direktion. 
J.  W.  White,  Prof.,  Dr.,  Cambridge,  Massachusetts, 

Concord  Avenue  18. 
S.  Wide,  Prof.,  Dr.,  Upsala,  Linnegatan  18. 
Th.  Wiegand,  siehe  Zentral-Direktion. 
U.    von    Wilamowitz-Moellendorff,    siehe    Zentral- 
Direktion. 
W.  Wilberg,  Sekretär  des  K.  K.  Österr.  Archäolog. 

Instituts,  Dr.,  Athen,  Boulevard  Alexandra  18. 
U.  Wilcken,  Prof.,  Dr.,  München,  Universität. 
A.  Wilhelm,  Prof.,  Dr.,   Wien  IX,  Schlickgasse  5. 
A.   Wilmanns,   Wirkl.    Geh.    Ober-Reg.-Rat,    Prof., 

Dr.,  Berlin  W.  10,  Königin  Augustastr.  48. 
|.    Wilpert,    Monsignore,    Protonotario    apostolico, 

Rom,  Via  Giovanni  Lanza  63. 
H.  Winnefeld,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Halensee, 

Paulsbomerstr.  8. 

F.  Winter,  siehe  Zentral-Direktion. 

G.  Wissowa,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Halle  a.  S., 
Mühlweg  20. 

G.  Wolff,  siehe  Römisch-Germanische  Kommission. 

P.  Wolters,  siebe  Zentral-Direktion. 

R.   Zahn,   Prof.,   Dr.,    Berlin-Friedenau,     Cranach- 

straße  20. 
J.  Ziehen,    Stadtrat,    Prof.,    Dr.,    Frankfurt  a.  M., 

Blumenstraße  16. 
J.  Zingerle,  Reg.-Rat,  Vize-Direktor  des  K.  K.  Österr. 

Archäolog.    Instituts,    Dr.,    Wien   IX,   Türken - 

Straße  4. 


III.  KORRESPONDIERENDE  MITGLIEDER. 


M.  Abrami^)  Dr.,  Aquileia,  Archäologisches  Museum. 

Marchese  G.  Antimi-Clari,  Macerata  FeÜria,  Via  Gari- 
baldi 105. 

P.  Arndt,  Dr.,  München,  Himmelreichstr.  3. 

A.S.Arvanitopullos,Ephoros  der  Altertümer  ,Dr.,F'oZo. 

0.  N.  Askitis,  Chalki  bei  Rhodos. 

E.  Assmann,  Geh.  San. -Rat,  Dr.  med.,  Berlin  W.50, 
Passauerstr.  5. 


A.  Audollent,  Prof.,  Dr.,   Clermont-Ferrand  (Puy-de 

DSme),  Chemin  de  l'Oradou  i. 
M.  Bang,  Dr.,  Berlin  W.  15,  Pariserstr.  10. 

F.  Baraibar,  Vitoria,  Cercas  altas  7  principal. 

A.  Barmann,  K.  u.  K.  Österreichisch-Ungarischer  und 
K.  Dänischer  Vize-Konsul,  Rhodos. 

G.  Bellucci,  Comm.,  Prof.,  Perugia,  Corso  Cavour  9. 
O.  Beriet,  Oberstleutnant,  Minden,  Heidestr,  19. 


XI 


E.  Bethe,  Geh.  Hofrat,  Prof.,  Dr.,  Leipzig,  Davidstr.  i. 

Fräulein  M.  Bieber,  Dr.,  z.  Zt.  Berlin-CharloUenburg 
Marchstr.  4. 

Sir  A.  Biliotti,  Rhodos. 

R.  Blair,  South  Shields,  Harton  Lodge. 

Ch.  Blinkenberg,  Konservator,  Dr.,  Kopenhagen, 
National-Museuni. 

E.  Bodensteiner,  Prof.,  Dr.,  München,  Häberlstr.  20. 

R.  Bodewig,  Prof.,  Dr.,   Oberlahnstein,   Gymnasium. 

0.  Bohn,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Steglitz,  Kurfürsten str.  3. 

U.  Pli.  Boissevain,  Prof.,  Dr.,  Amsterdam,  Heeren- 
gracht 264. 

E.  Bourguet,  Prof.,  Paris,  Passage  Stanislas  2. 

C.  G.  Brandis,  Direktor,  Dr.,  jfena,  Lutherstr.  117. 

E.  Breccia,  Prof.,  Dott.,  Direttore  del  Museo  Greco- 
Romano,  Alexandria. 

A.  Brinkmann,  Prof.,  Dr.,  Bonn,  Schumannstr.  58. 
G.  Canna,  Prof.,  Dott.,  Pama,  Piazza  Petrarca  i. 
L.  Cantarelli,  Prof.,  Dott.,  Rom,  Piazza  Manfredo 

Fanti  132. 
J.   Carcopino,   Directeur  du  Musee  des  Antiquit^s 

Alg6riennes,    Algier,    Rue    Sahandy   40,    Saint- 

Eugene. 
W.  Cart,  Prof.,  Dr.,  Lausanne,  St.  Pierre  13. 
J.  B.  Carter,  Direttore  dell'  Accademia  Americana. 

Prof.,    Dr.,    Rom,    Villa    Aurelia    presso    Porta 

S.  Sebastiane. 
A.  Casilli,  K.  u.  K.  Österreichisch -Ungarischer  Kon- 
sul, Rhodos. 
L.  D.  Caskey,  Curator,  Museum  of  Fine  Arts,  Boston, 

Massachusetts. 
Barone  F.  B.  Castiglioni,  Spongano. 
M.  Cazurro  y   Ruiz,   Catedratico,  Dr.,  Gerona,  Pro- 

greso  I. 
J.  Centerwall,  Gymnasial-Direktor,  Dr.,  Stockholm. 
Marques  de  Cerralbo,  Senator,  Madrid,  Galle  Ventura 

Rodriguez  2. 
A.  van  Ceuleneer,  Prof.,  Dr.,  Gent,  Universität. 
G.  Cimorelli,  Cav.,  Venafro. 

F.  A.  Coelho,  Prof.,  Dr.,  Lissabon,  Curso  Superior  de 

Lettras. 

G.  A.  CoUini,  Prof.,  Dott.,  Direttore  del  Museo  Na- 
zionale  di  Villa  Giulia,  Rom,  Via  Farini  17  int.  7. 

G.  F.  Comfort,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Meadville, 
Pennsylvania. 

A.  Conrads,  Dr.  med.,  Haltern  i.  Westf. 

R.  S.  Conway,  Prof.,  Dr.,  Didsbury,  Draethen  (Man- 
chester). 

F.  Corazzini,  Comm.,  Prof.,  Dott.,  Bologna. 

F.  Cordenons,  Padua,  Via  S.  Croce  45. 

L.  Correra,  Comm.,  Priv.  Doc,  Dott.,  Neapel,  Via 
Saverio  Correra  241, 


J.  Curie,  Melrose,  Priorwood. 

C.  Curtius,  Prof.,  Dr.,  Lübeck,  Stadtbibliothek. 

L.  Curtius,  Prof.,  Dr.,  Erlangen,  Burgbergstr.  45. 

P.  Da  Ponte,  Comm.,  Dott.,  Brescia,  Via  A.  Taglia- 
ferri  43. 

G.  Daressy,  Conservateur-adjoint  du  Mus^e  ßg)rptien, 
Kairo. 

G.  Darier,  Genf,  Avenue  de  Champel  31. 

R.  M.  Dawkins,  Direktor  der  British  School,  Athen. 

S.  N.  Deane,  Boston,  Massachusetts,  Museum  of  Fine 
Arts. 

M.  Defifner,  Dr.,  Oberbibliothekar,  Athen,  öSo; 
IIpoaaTefou  108. 

J.  Dell,  Prof.,  Dr.,  Brunn,  Deutsche  Technische  Hoch- 
schule. 

M.  Della  Corte,  Dott.,  Pompei. 

L.  Deubner,  Prof.,  Dr.,  Königsberg  i.  Pr.-Maraunen- 
hof,  Gottschedstr.  i. 

G.  Dickins,  Oxford,  St.  Johns  College. 

W.  B.Dinsmoor,  Architekt  der  American  School,  .(4<Äen. 

P.  Dissard,  Conservateur  du  Musee,  Lyon,  Palais 
des  Arts. 

W.  Dobrusky,  Prof.,  Dr.,  Prag.  Böhmische  Uni- 
versität. 

F.  Donati,  Bibliothecario  Comunale,  Siena,  Via  Para- 

diso 16/18. 
P.  Ducati,  Prof.,  Dr.,  Catania,  Universität. 

C.  C.  Edgar,  Inspecteur  du  Service  des  Antiquites 
ßgyptiennes,  Kairo. 

Edhem  Bey,  Vize-Direktor,  Konstantinopel,  Otto- 
manisches Museum. 

H.  Egger,  Prof.,  Dr.,  Graz,  Universität. 

0.  Egger,  Dr.,  Wien  I,  WoUzeile  13. 

H.  Eidam,  Medizinalrat,  Dr.  med.,  Gunzenhausen 
(Mittelfranken) . 

S.  Eitrem,  Priv.-Doz.,  Dr.,  Kristiania,  Munthes- 
gate  25. 

E.  Esperandieu,  Commandant,  Clamart  (Seine), 
Avenue  Victor  Hugo  208. 

Conte  E.  Faina,  Senatore  del  Regno,  Orvieto. 

A.  Fairbanks,  Direktor,  Dr.,  Boston,  Massachusetts, 
Museum  of  Fine  Arts. 

G.  Faraone,  Avvocato,  Caiazzo,  Via  Portavetere  8. 
L.  R.  Famell,  Dr.,  Oxford,  Exeter  College. 

E.  R.  Fiechter,  Prof.,  Dr.,  Stuttgart,  Birkenstr.  15. 

B.  D.  Filow,  Direktor,  Dr.,  Sofia,  Kl.  Strumitza  2. 

D.  Fimmen,  Dr.,  z.  Zt.  im  Felde. 

G.  von  Finaly,  Direktor,  Dr.,  Budapest  VI,  Mun- 

kacsy-U.  26. 
Fräulein  E.  Fölzer,  Dr.,  Frankfurt  a.  M.,  Jahnstr.  28. 
H.  N.  Fowler,  Prof.,  Dr.,  Cleveland,  Ohio,    Com  eil 

Road  2033. 


—     XII 


S.  Frankfurter,  Reg. -Rat,  Dr.,  Wien  IX,  Wasa- 
gasse  28. 

C.  Fredrich,  Gymnasial-Direktor,  Prof.,  Dr.,  Stettin, 
Königsplatz  8. 

H.  von  Fritze,  Prof.,  Dr.,  Berlin  W.  62,  Courbiere- 
straße 14. 

L.  Frölich,  Direktor,  Dr.  med.,  Brugg  i.  Aargau- 
Königsfelden. 

A.  L.  Frothingham,  Prof.,  Dr.,  Princeton,  New 
Jersey,  Universität. 

E.  Gäbrici,  Prof.,  Dr.,  Ispettore  del  Museo  Nazionale 
di  Villa  Giulia,  Rom,  Via  Boncompagni  79. 

A.  Galli,  Comm.,  Prof.,  Direttore  Generale  dei  Musei 
e  Gallerie  Pontificie,  Rom,  Via  Maria  Adelaide  14. 

P.  Gaudin,  Paris,  Rue  de  la  Grande  Chaumiere  8. 

M.  J.  Gedeon,  Sekretär  des  Oekumenischen  Patri- 
archats, Konstantinopel. 

G.  Gelcich,  Prof.,  Ragusa. 

Conte  A.  Gentiloni-Silveri,  Tolentino,  Via  Niccolo 
Vaccai  5. 

N.  Georgiakis,  prakt.  Arzt,  Volo. 

A.  Gercke,    Prof.,  Dr.,   Breslau,  Scharnhorststr.  21. 

A.  von  Gerkan,  Dipl.  Ing.,  z.  Zt.  im  Felde. 

M.  Gervasio,  Dott.,  Direttore  del  Museo  Provinciale, 
Bari. 

N.  J.  Giannopulos,  Halmyros. 

H.  Gies,  Legationsrat,  Dr.,  Frankfurt  a.  M. -Bocken- 
heim, Königstr.  42. 

E.  Gillieron,  Maler,  Athen,  686«  Sxou^a  43. 

G.  Giovannoni,  Prof.,   Ing.,  Arch.  Rom,  Via  Torre 

Argentina  34. 
G.   B.   Giovenale,    Ing.  Arch.,   Rom,  Via   Bocca  di 

Leone  43. 
A.  Gnirs,  Prof.,  Dr.,  Pola,  Via  Carducci  i. 
P.  Goessler,  siehe  Römisch -Germanische  Kommission. 
J.  Gottwald,  Mersina,  Direction   du   Chemin-de-fer 

d'Anatolie. 
K.   Graefinghoff,   Hauptmann,   Metz,  Elisenstr.    53. 

D.  Hadjidimu,  Mytilene. 

W.  G.  Haie,  Prof.,  Dr.,  Chicago,  Illinois,  Universität. 
Miss    J.    E.    Harrison,    Dr.,    Cambridge,    Newnham 

College. 
A.  Haseloff,  Prof.,  Dr.  Rom,  Viale  della  Regina  195, 

z.  Zt.  Halle  a.  S. 

F.  W.  Hasluck,  Bibliothekar  der  British  School, 
Athen. 

R.  Hausmann,  Prof.,  Dr.,  Dorpat,  Universität. 

A.  Hekler,  Dr.  Budapest  IX,  Erkel  utca  9,   I  4. 
R.  Herzog,  Prof.,  Dr.,  Gießen,  Universität. 

S.  Heuberger,  Rektor,  Dr.,  Brugg  i.  Aargau. 

E.  L.  Hicks,  Bishop  of  Lincoln. 

B.  H.  Hill,  Direktor  der  American  School,  Athen. 


G.  F.  Hill,  Dr.,  London  W.  C,  British  Museum. 
G.    Hock,    Konservator,    Dr.,    Würzburg,    Lessing- 
straße I. 
M.  Hömes,  Prof.,  Dr.,  Wien  III,  Ungargasse  27. 
Th.  Hofmann,  Prof.,  Elberfeld,  Straßburgerstr.  23. 

F.  von  Holbach,  Direktor  der  Tabakregie,  Mytilene. 
J.     H.     Holwerda,     Dr.,     Leiden,    Zoeterwoudsche 

Singel  53. 
H.    Hubert,    Conservateur-adjoint    du    Musee    des 

Antiquites   Nationales,    Saint-Germain   en   Laye 

(Seine -et-  Oise) . 
P.  Ibarra  y  Ruiz,  Archivero-Bibliotecario  yArcheo- 

logo,  Elche,  Alicante. 

G.  loannides,  Beamter  der  ottom.  Tabakregie, 
Pergamon. 

H.  Jacobi,  siehe  Römisch-Germanische  Kommission. 

P.  Jacobsthal,  Prof.,  Dr.,  Marburg  i.  H.,  Schwan- 
allee 46. 

M.  Jatta,  Ruvo. 

L.  Jelid,  Prof.,  Dr.,  Zara,  Erzbischöfl.  Seminar. 

A.  Kandakidis,  Larissa. 

A.  D.  Keramopullos,  Ephoros  der  Altertümer,  Athen, 
666;  Zat|i.7]  24  A. 

O.  Kern,  Prof.,  Dr.,  Halle  a.S.  ,  Gartenstr.  8. 

J.  B.  Keune,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Metz,  Städtisches 
Museum. 

K.   F.   Kinch,  Dr.,  Kopenhagen  K.,  Töjhusgade  3. 

J.  Kirchner,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Wilmersdorf,  Kaiser- 
Allee  159. 

L.  Kjellberg,  Prof.,  Dr.,  Upsala,  Joharmesgatan  24. 

R.  Knorr,  Prof.,  SttUtgart,  Römerstr.  69. 

H.  Koch,  Dr.,  Bonn,  Venusbergweg  43. 

C.  L.  Kohl,  Sanitätsrat,  Dr.  med.,  Worms,  Paulus- 
Museum. 

C.  Konen,  Godesberg  a.  Rh.,  Annabergerstr.  86. 

K.  Körber,  Prof.,  Dr.,  Mainz,  Albinistr.  14. 

J.  Kokidis,  Generalmajor  a.  D.,  Athen,  606;  BouXtj;  45. 

W.  Kolbe,  Prof.,  Dr.,  Rostock,  Orleansstr.  2. 

A.  Kondoleon,  Delphi,  Museum. 

C.  Kramer,  Hauptmann  a.  D.,  Gießen,  Ludwigs - 
platz  10. 

D.  Krencker,  Reg.-Baumstr.,  Trier,  Kaiserstr.  8  a. 
P.   Kretschmer,    Prof.,  Dr.,    Wien   VIII,  Floriani- 

gasse  23. 
F.  Krischen,  Reg.-Baumstr.,  Dr.,  Berlin- Schöneberg, 
Hauptstr.  27. 

E.  Kroker,  Oberbibliothekar,  Prof.,  Dr.,  Leipzig, 
Stadtbibliothek. 

K.  Kuruniotis,    Dr.,    Sektionschef  für  Archäologie, 

Athen,  Kultusministerium. 
V.  Kuzsinszky,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Budapest,  Natio- 

nal-Museum, 


—   xm   — 


A.  Lammerer,  Major,  München,  Hiltensbergerstr.  28. 
K.  von  Lange,   Prof.,  Dr.,   Tübingen,  Waldhäuser- 
straße 29. 

F.  Leonhard,  Prof.,  Dr.,  Freiburg  i.  Br.,  Loretto- 
straße  45. 

H.  Lietzmann,  Prof.,  D.  Dr.,  Jena,  Kaiser  Wilhelm- 
Straße  12. 
N.  Limnios,  prakt.  Arzt,  Artake. 

G.  Lippold,  Dr.,  München,  Tengstr.  16. 
I.  A.  Lontos,  Athen,  656?  E6pni(5ou  80. 

R.   Löper,  Direktor,  Dr.,    Chersones  bei   Sevastopol. 

G.  Lucciola,  Prof.,  Dr.,  Padua,  Universität. 

W.      Ludowici,      Geh.      Kommerzienrat,      Jockgrim 

(Pfalz). 
H.  Lugon,  Kanonikus,  Gr.  St.  Bernhard,  Hospice  du 

Grand  St.  Bernhard. 
C.  W.  Lunsingh   Scheurleer,  Haag,  Prinse  Vinken- 

park  16. 
A.  Lupatelli,  Prof.,  Perugia. 

F.  von  Luschan,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Berlin- 
Südende,  Öhlertstr.  26. 

K.  Lyncker,  Hauptmann,  Kroioschin. 

E.  Maass,  Geh,  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Marburg  i.  H., 
Reuthofstr.  19. 

Th.    Macridy    Bey,    Conservateur,    Konstantinopel, 

Ottomanisches  Museum. 
L.  MaggiuUi,  Comm.,  Muro  Leccese. 
H.  Maionica,  Prof.,  Triest,  Via  D.  Rossetti  8. 
W.  Malmberg,  Prof.,  Dr.,  Moskau,  Universität. 
L.   Malten,   Dr.,   Berlin    W.   15,  Württembergische 

Straße  33. 
R.  Mancini,  Cav.,  Ingegnere,  Orvieto,  Corso  Cavour 

138. 

G.  Mantovani,  Cav.,  Prof.,  Bergamo,  Via  Porta  di- 
pinta  7. 

G.  Mariotti,  Comm.,  Prof.,  Dott.,  Senatore,  Direttore 

del  Museo  di  AntichitJi,  Parma. 
J.  Marshall,  Rom,  Via  Gregoriana  25. 
L.  Martens,  Gymnasial-Direktor,  Prof.,  Dr.,  Berlin 

C.  2,  Klosterstr.  73. 

F.  Marx,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Bonn,  Lenne- 
straße  43. 

K.  Masner,  Prof.,  Dr.,  Breslau,  Schlesisches  Museum. 

A.  Matsas,  Lehrer,  Chalkis. 

L.  Mauceri,  R.  Ispettore  degli  scavi,  Syrakus. 

P.    J.    Meier,   Direktor,    Prof.,   Dr.,    Braunschweig, 

Husarenstr.  43. 
J.  R.  M^lida,  Direktor,  Madrid,  Valverde  16,  3°  izgda. 

G.  Mendel,  Paris,  Rue  de  l'observatoire  8. 

A.   Meomartini,  Comm.,   R.    Ispettore  onorario   dei 

Monumenti  e  scavi  di  Antichitä,  Benevento. 
J.  von  Merz,  Prälat,  D.  Dr.,  Stuttgart,  Königstr.  44. 


Wilhelm    Meyer,   Prof.,     Dr.,    Göttingen,    Geismar- 

Chaussee  31. 
A.  Elias  de  Möllns,  Direktor,  Barcelona,  Museum. 
Marques  de  Monsalud,  Madrid,  Jacometrezo  41. 
M.  G.  Moreno,  Granada,  Placata  de  San  Jose  i. 
F.  Morlicchio,  Scafati. 
J.  de  Mot,  Brüssel,  Rue  Gerard  214. 
Kurt  Müller,  Dr.,  Göttingen,  Planckstr.    18. 
Sophus  Müller,  Direktor,  Dr.,  Kopenhagen,  National- 

Museum. 
F.  Münzer,  Prof.,  Dr.,  Königsberg  i.  Pn,  Albrech  tstr.  13. 
J.  L.  Myres,  Prof.,  Oxford,  New  College. 

E.  Nachmanson,  Priv.-Doz.,  Dr.,  Upsala,  Universität. 
J.  Navpliotis,  Naxos. 

F.  M.  Nichols,  Lawford  near  Mannington,  Essex. 

A.   Nikitsky,    Prof.,   Dr.,    St.    Petersburg,    Sjezskin- 

skaja  19. 
M.  P.  Nilsson,  Prof.,  Dr.,  Lund,  Bredgatan  23. 

F.  Nissardi,  Ispettore  del  Museo  di  Antichitä,  Ca- 
gliari.  Via  Genovesi  24. 

N.  Novosadsky,  Prof.,  Dr.,  Moskau,  Universität. 

G.  Oberziner,  Prof.,  Dott.,  Mailand,  Via  Manin  3. 
R.    Gehler,    Prof.,   Dr.,    Berlin-Lichterfelde   (West), 

Zehlendorferstr.  52. 

M.  Ohnefalsch-Richter,  Dr.,  Berlin  NW.  22,,  Händel- 
straße 21. 

G.  Oikonomos,  Ephoros  der  Altertümer,  Dr.,  Saloniki. 

L;  Otto,  Prof.,  Dresden,  Eliasplatz  i. 

A.  Oxe,  Prof.,  Dr.,  Crefeld,  Blumentalstr.  33. 
G.  Paci,  Cav.,  Ascoli  Piceno,  Via  della  Torre. 
R.  Pagenstecher,  Dr.,  Heidelberg,  Moltkestr.  14. 

L.  Pallat.  Geh.  Ober-Reg.-Rat,  Prof.,  Dr.,  Berlin- 
Wannsee,  Otto  Erichstr.  9. 

B.  A.  Pantschenko,  Sekretär  des  Russ.  Archäolog. 
Instituts,    Konstantinopel,    Russische    Botschaft. 

N.  Pappadakis,  Ephoros  der  Altertümer,  Theben. 

M.  Papakons tantinu,  Atdin. 

M.  Pardo  de  Figueroa,  Medina-Sidonia. 

V.  Parvan,  Direktor,  Prof.,  Dr.,  Bukarest,  Bulevardul 

Academiei  7. 
Sir  W.  R.  Paton,  Vathy  (Samos). 
G.  Patroni,  Prof.,  Dott.,  Pavia,  Universität. 
G.  Pellegrini,  Prof.,  Dott.,  Padua,  Via  Massimo  9. 
J.  C.  Peristianes,  Nicosia  (Cypern). 

A.  Philadelpheus,  Prof.,  Athen,  606s  Kavi^yo;  18. 

B.  Pick,  Prof.,  Dr.,  Gotha,  Goethestr.  i. 

J.  Pijoan  y  Soteras,  Prof.,  Barcelona,  Ronda  de  San 
Pedro,  68,  pral  und  Rom,  Via  Giulia,  Pal.  Mon- 
serrato. 

G.  Pinto,  Cav.,  Avv,,   Venosa. 

G.  Pinza,  Prof.,  Rom,  Via  Monserrato  25. 

V.  Poggi,  Comm.,  Savona,  Via  Paleocapa  14. 


—     XIV     — 


L.  Poinssot,  Inspecteur  des  Antiquites  et  Arts  de  la 

Tunisie,  Tunis,  Rue  de  l'ßglise  73. 
N.  G.  Politis,  Prof.,  Athen,  680;  MTjtpoTrdXewc  38. 

F.  Poulsen,  Dr.,  Kopenhagen,  Madvigs  Alle  lO. 

C.  Praschniker,  Sekretär  des  K.  K.  Österr.  Archäo- 
logischen Listituts,  Dr.,  Wien  XVIII,  Ferro - 
gasse  42. 

E.  Preuner,  Prof.,  Dr.,  Berlin  W.  62,  Lützowplatz  i. 
K.  Purgold,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Gotha,  Rein- 

hardtsbrunnerstr.  43. 
A.  Puschi,   Direktor,  Dr.,   Triesf,  Museo   civico   di 

Antichitä. 
Q.  Quagliati,  Dott.,  Direttore  del  Museo  Nazionale, 

Tarent. 
J.  E.  Quibell,  Inspecteur  du  Musee  des  Antiquites 

idigyptiennes,  Kairo. 

G.  Rallis,  Arzt,  Pergamon. 

Miss  C.  L.  Ransom,  New  York,  Metropolitan  Museum. 

F.  von  Reber,  Geh.  Rat,  Prof.,  Dr.,  München,  Kaul- 
bachstr.  31. 

K.  Regling,  Prof.,  Dr.,  Berlin-Charlottenburg,  Suarez- 

straße  22. 
P.  Reinecke,  Konservator,  Dr.,  München,  Königin- 
straße 6i  a. 
L.  Reinisch,  Hof  rat,  Prof.,  Dr.,  Wien  VI  II [2,  Feld- 

gasse  3. 
von  Rekowski,  Geh.  Legationsrat  a.  D.,  Wiesbaden. 

Lanzstr.  16. 
L.  Renard -Grenson,  Secretaire  de  1' Institut  arch6o- 

logique  liegeois,  Lüttich,  Rue  Fabry  14. 
O.  Renzos,  Dr.,  Vathy  (Samos). 
0.  Reuther,  Dr.-Ing.  Berlin-Südende,  Denkstr.  5. 
K.  Rhomaios,  Ephoros  der  Altertümer,  Dr.,  Korfu. 
S.  Ricci,  Prof.,  Dott.,  Direttore  del  R.  Museo  Numis- 

matico  e  Medaghere  Nazionale  di  Brera,  Mailand, 

Via  Statute  25. 

G.  T.  Rivoira,  Comm.,  Rom,  Via  Cavour  44. 

P.  Rizzini,  Dott.,  Direttore  del  Museo  Civico,  Brescia, 

Via  Museo  Romano. 
H.  Röhl,  Gymnasial -Direktor,  Dr.,  Haiher stadt. 
J.  Roman,  Entbrun  (Hauies- Alpes)  und  Paris,  Rue 

Bonaparte  18. 
0.  Rossbach,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Königsberg 

i.  Pr.,  Prinzenstraße. 
Conte   G.    B.    Rossi-Scotti,   Direttore   onorario   del 

Museo  deir  Universita,  Perugia. 
A.  Rubini,  Notaro,  Formia. 
C.  Ruga,    Direttore    del    Museo    Archeologico    nel 

Palazzo  Durale,  Venedig. 
N.  Sakkelion,  Tinos. 
F.     Salvatore-Dino,    Prof.,    Dott.,    Archivista    R. 

Archivio  di  Stato,  Neapel. 


A.  Santarelli,  Aw.,  Comm.,  Direttore  del  Museo 
Civico,  Forli,  Corso,  V.  E.  44. 

D.  Santoro,  Sindaco,  S.  Giovanni  Incarico. 

F.  Sarre,  Prof.,  Dr.,  Potsdam-Neubabelsberg,  Kaiser- 
straße 39. 

R.  von  Scala,  Prof.,  Dr.,  Innsbruck,  Universität. 

H.  Schäfer,  Prof.,  Dr.,  Berlin- Steglitz,  Breitestr.  24. 

A.  Schiff,  Prof.,  Dr.,  Berlin  W.  62,  Kurfürsten- 
damm 260. 

A.  Schindler,  Oberstleutnant,  Wien-Mödling,  Tech- 
nische Militär-Akademie. 

Walter  Schmid,  Dr.,  Graz,  Landesmuseum. 

Hubert  Schmidt,  Prof.,  Dr.,  Berlin- Steglitz,  Belfort- 
straße  31. 

Theodor  Schmidt,  Prof.,  Charkow,  Universität, 
Museum  der  schönen  Künste. 

A.  Schöne,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Kiel,  Nie- 
mannsweg  36. 

H.  Schöne,  Prof.,  Dr.,  Greifswald,  Karlstr.  9. 

E.  Schramm,  Generalmajor,  Dr.,  Bauizen. 

B.  Schröder,  Dr.,  Berlin-Charlottenburg,  Mommsen- 
straße  62. 

0.  Schultheß,  Prof.,  Dr.,  Bern,  Steinauweg  i6. 

Rudolf  Schnitze,  Stadtbaurat,  Kgl.  Baurat,  Bonn, 
Beethovenstr.  10. 

B.  Schulz,  Prof.,  Berlin-Ckarlottenburg,  Technische 
Hochschule. 

E.  Schwartz,  Geh.  Hof  rat,  Prof.,  Dr.,  Straßburg  i.  Eis., 
Universität. 

P.  Serlendis,  Syra. 

M.  Siebourg,  Gymnasial-Direktor,  Prof.,  Dr.,  Essen 
(Ruhr),  DcUbrügge  2. 

J.  Sieveking,  Prof.,  Dr.,  München,  Steinsdorf str.  4. 

H.  Sitte,  Prof.,  Dr.,  Innsbruck,  Claudieplatz  3. 

H.  äkorpil,  Prof.,  Dr.,  Ru^tschuk,  Gymnasium. 

K.  äkorpil,  Prof.,  Dr.,   Varna,  Gymnasium. 

V.  äkorpil,  Direktor,  Kertsch,  Archäologisches  Mu- 
seum. 

E.  Solaini,  Dott.,  Direttore  Museo  e  Biblioteca, 
Volterra. 

A.  G.  Sophianos,  Bankier,  Piräus. 
Th.  Sophulis,  General-Gouverneur  von  Makedonien, 
Dr.,  Saloniki. 

G.  Sotiriu,  Dr.,  Smyrna,  Eiayy^XixT)  S^^oXi^. 

A.     Spagnolo,     Monsignore,     Dott.,     Bibliotecario, 

Verona,  Biblioteca  Capitolare. 
G.  Spano,  Dott.,  Pompei. 

F.  Sprater,  Konservator,  Dr.,  Speyer,  Gartenstraße. 
D.  Stavropulos,  Ephoros  der  Altertümer,  Mykonos. 
K.    Stehlin,     Priv.-Doz.,    Dr.,     Basel,    St.    Alban- 

vor Stadt  66. 
H.  Stein,  Prof.,  Dr.,  Oldenburg. 


XV     — 


P.  Steiner,  Dr.,  Trier,  Provinzial -Museum. 

N.  Stephanopulos,  Rechtsanwalt,  Tripolitza. 

J.  R.  S.  Sterrett,  Prof.,  Dr.,  Ithaca,  New  York,  Uni- 
versität. 

P.  Stettiner,  Comm.,  Capo  divisione  Ministero  Poste 
e  Telegrafi,  Rom,  Via  del  Boschetto  68. 

C.  Stornaiolo,  Monsignore,  Prof.,  Rom,  Via  della 
Sagrestia,  Canonica  Vaticano. 

Mrs.  E.  Strong-Sellers,  Vize-Direktor  der  British 
School,  Dr.,  Rom,  Piazza  SS.  Apostoli,  Palazzo 
Odescalchi  80. 

F.  Sundwall,  Priv.-Doz.,  Dr.,  Helsingfors,  Uni- 
versität, z.  Z.  Berlin,  Kurfürstenstr.  81  a. 

H.  Swoboda,  Prof.,  Dr.,  Prag  III,  Malteserplatz  6. 

Conte  E.  Tambroni-Armaroli,  Appignano  presso 
Macerata. 

J.  Thacher-Clarke,  Harrow,  College  Road  3. 

F.  von  Thiersch,  Geh.-Rat,  Prof.,  Dr.,  München, 
Georgenstr.   16. 

E.  Thrämer,  Prof.,  Dr.,  Straßburg  i.  Eis.,  Sleidan- 
straße  8  a. 

C.  Thulin,  Dr.,  Malmö,  Fredriksbergsg.  i  a. 
M.  N.  Tod,  Oxford,  Oriel  College. 

G.  Tria,  Konia,  Anatolische  Eisenbahn. 

M.  Tsakyroglu,  Dr.^  Smyrna,  Rue  des  Roses  89. 

D.  Tsopotos,  Konsul  a.  D.,  Volo. 

H.  L.  Urlichs,  Prof.,  Dr.,  München,  Thierschplatz  3. 
M.    Valtrovits,    Direktor,    Dr.,    Belgrad,    National- 

Museum. 
A.  Varnarecci,  Monsignore,  Fossombrone. 
J.   Leite   de  Vasconcellos,   Direktor,   Dr.,   Lissabon 

(Belem),  Museu  Ethnologico  Portugu^s. 
J.  de  Vasconcellos,  Prof.,  Dr.,  Porto,  Cedofeita  159. 

E.  Vassiliu,  Scholarch,  Thera. 


M.  M.  Vassits,  Direktor,  Dr.,  Belgrad,  Pop  Lukina 

ulica  I. 
L.  Viola,  Prof.,  Dott.,  TarerU. 

D.  Viollier,  Konservator,   Zürich,  Landes-Museum. 
J.  C.  VoUgraff,  Prof.,  Dr.,  Utrecht,  Universität. 

W.  Vollgraff,  Prof.,  Dr.,  Groningen,  Radesingel  11  a. 
N.  Vulid,  Prof.,  Dr.,  Belgrad,   Ing-Bogdana  ul.  15. 
A.  J.  B.  Wace,  Cambridge,  Pembroke  College. 
J.  Wackemagel,  Prof.,  Dr.,  Basel,  Universität. 

E.  P.  Warren,  Lewes,  Lewes  House  (Szissex). 

A.  Weckerling,  Prof.,  Dr.,  Worms,  Paulus-Museum. 
G.  Weicker,  Oberlehrer,  Dr.,  Plauen  i.  V. 

W.  Weißbrodt,  Geh.  Reg. -Rat,  Prof.,  Dr.,  Brauns- 
berg, Akademie. 

P.  Weizsäcker,  Rektor  a.  D.,  Dr.,  Ludwigsburg, 
Schillerstr.  14. 

B.  L  Wheeler,  Präsident,  Prof.,  Dr.,  Berkeley,  Cali- 
fornia, Universität. 

A.  Wiedemann,  Prof.,  Dr.,  Bonn,  Königstr.  32. 
P.  Wilski,  Prof.,  Dr.,  Freiberg  i.  S.,  Forstweg  17. 

F.  Winkelmann,  Dr.,  Eichstätt  (Mittelfranken). 

K.  Woermann,  Geh.  Hofrat,  Prof.,  Dr.,  Dresden-A., 
Hübners tr.  5. 

G.  Wolfram,  Geh.  Reg. -Rat,  Direktor,  Prof.,  Dr., 
Straßburg  i.  Eis.,  Spachallee  i. 

K.  Wulzinger,  Dipl.  Ing.,  Dr.  Ing.,  München,  Rott- 
mannstr.  10. 

St.  A.  Xanthudidis,  Ephoros  der  Altertümer,  Candia. 

L.   Zdekauer,    Prof.,   Dott.,   Macerata,   Universität. 

M.  von  Zglinicki,  Generalmajor,  Berlin  W.  30,  Motz- 
straße 73. 

Th.  Zielinski,  Prof.,  Dr.,  St.  Petersburg,  Universität. 

E.  Ziller,  Prof.,  Architekt,  Athen,  öhbi  Maupcfii/eiXT]  3. 


IV.  ÜBERSICHT  SÄMTLICHER  MITGLIEDER  NACH  ÖRTLICHKEITEN  GEORDNET 


1.  Ägypten. 

Kairo:    0.   M.:    G.   Maspero,     C.   M.:    G.  Daressy, 

C.  C.  Edgar,  J.  E.  Quibell. 
Alexandria:  C.  M.:  E.  Breccia. 

2.  Belgien. 

Brüssel:  C.  M.:  J.  de  Mot. 
Gent:  C.  M.:  A.  van  Ceuleneer. 
LiUtich:  C.  M.:  L.  Renard-Grenson. 

3.  Bulgarien. 

Sofia:  C.  M.:  B.  D.  Filow. 


Rustschuk:  C.  M.:  H.  Ökorpil. 
Varna:  C.  M.:  K.  §korpil. 

4.  Cypem. 

Nicosia:  C.  M.:  J.  C.  Peristianes. 

5.  Dänemark. 

Kopenhagen:  0.  M.:  J.    L.    Heiberg,    C.    M.:    Ch. 
Blinkenberg,  K.  F.  Kinch,  S.  Müller,  F.  Poulsen. 

6.  Deutschland. 

Berlin  und  Vororte:  E.   M.:  H.   Graf  von  und   zu 


—    XVI     — 


Lerchenfeld  auf  Köfering  und  Schönberg,  R. 
Schöne,  J.  Simon,  0.  M.:  W.  Amelung,  L.  Bor- 
chardt,  R.  Borrmann,  A.  Brueckner,  R.  Del- 
brueck,  H.  Dessau,  H.  Diels,  W.  Dörpfeld, 
H.  Dragendorff ,  H.  Dressel,  A.  Erraan,  A.  v.  Har- 
nack,  F.  Freiherr  Hiller  von  Gaertringen,  0. 
Hirschfeld,  R.  Koldewey,  G.  Loeschcke,  M.  Mayer, 
E.  Meyer,  E.  Petersen,  0.  Richter,  O.  Ruben- 
sohn,  C.  Schuchhardt,  W.  Schulze,  E.  Stein- 
mann, A.  Trendelenburg,  C.  Weller,  Th.  Wiegand, 
U.  von  Wilamowitz-Moellendorff,  A.  Wilmanns, 
H.  Winnefeld,  R.  Zahn,  C.  M.:  E.  Assmann, 
M.  Bang,  M.  Bieber,  0.  Bohn,  H.  von  Fritze, 
J.  Kirchner,  F.  Krischen,  F.  von  Luschan,  L. 
Malten,  L.  Martens,  R.  Oehler,  M.  Ohnefalsch- 
Richter,  L.  Pallat,  E.  Preuner,  K.  Regling,  O. 
Reuther,     H.  Schäfer,     A.  Schiff,     H.  Schmidt, 

B.  Schröder,  F.  Sundwall,  B.  Schulz,  M.  von 
Zglinicki. 

Bautzen:  C.  M.:  E.  Schramm. 

Bielefeld:  0.  M.:  F.  Graeber. 

Bonn:  0.  M.:  H.  Lehner,  A.  Philippson,  F.  Winter, 

C.  M.:  A.  Brinkmann,  H.  Koch,  F.  Marx, 
R.  Schultze,  A.  Wiedemann. 

Braunsberg:  C.  M.:  W.  Weißbrodt. 
Braunschweig:  C.  M.:  P.  J.  Meier. 
Breslau:  0.  M.:  C.   Cichorius,   R.   Foerster,   C.   M.: 

A.  Gercke,  K.  Masner. 
Cassel:  0.  M.:  J.  Boehlau. 
Cöln:  0.  M.:  J.  Poppelreuter. 
Crefeld:  C.  M.:  A.  0x6. 
Darmstadt:  0.  M.:  E.  Anthes. 
Dresden:   0.  M.:  P.  Herrmann,    G.  Treu,    C.    M.: 

L.  Otto,  K.  Woermann. 
Eichstätt:  C.  M.:  F.  Winkelmann. 
Elherfeld:  C.  M.:  Th.  Hofmann. 
Erlangen:      0.     M.:     A.     Schulten,      C.     M.:     L. 

Curtius. 
Essen  (Ruhr):  C.  M.:  M.  Siebourg. 
Frankfurt  a.  M.:  E.  M.:  F.  v.  Gans,  0.  M.:  F.  Bölte, 

E.    J.    Haeberlin,   A.    Riese,   E.    Ritterling,    H. 

Schrader,  G.  Wolfl,  J.  Ziehen,  C.  M.:  E.  Fölzer, 

H.  Gies. 
Freiberg  i.  S.:  C.  M.:  P.  Wilski. 
Freiburg  i.    Br.:   0.    M.:  E.    Fabricius,   A.    Körte, 

H.  Thiersch,  C.  M.:  F.  Leonhard. 
Friedrichshof  (Schloß):  E.  M.:  Prinz  Friedrich  Karl 

von  Hessen. 
Gießen:  0.  M.:  H.   Hepding,  C.  Watzinger,   C.   M.: 

R.  Herzog,  C.  Kramer. 
Godesberg  a.  Rh.:  C.  M.:  C.  Konen. 
Gotha:  C.  M.:  B.  Pick,  K.  Purgold. 


Göüingen:  0.  M.:  G.  Körte,  G.  M.:  W.  Meyer, 
K.  Müller. 

Greif simld:  0.  M.:  E.  Pernice,  V.  Schultze,  C.  M.: 
H.  Schöne. 

Gunzenkausen:  C.  M.:  H.  Eidam. 

Hagenau  i.  E.,  0.  M. :  H.  von  Rohden. 

Halberstadt:  C.  M.:  H.  Röhl. 

Halle  a.  S.:  E.  M.:  H.  Lehmann,  0.  M.:  C.  Robert, 
E.  von  Stern,  G.  Wissowa,  C.  M.:  A.  Hase- 
lofE,    O.  Kern. 

Haltern  i.  Westf.:  C.  M.:  A.  Conrads. 

Heidelberg:  0.  M.:  A.  von  Domaszewski,  F.  von  Duhn, 
H.  Luckenbach,  C.  M.:  R.  Pagenstecher. 

Hoheneck,  Württ.:  Chr.  Hülsen. 

Homburg  v.  d.  H.:  C.  M.:  H.  Jacobi. 

Jarotschin  (Schloß):  E.  M.:  Fürst  von  Radolin. 

Jena:  0.  M :  B.  Graef,  W.  Judeich,  C.  M.:  C.  G. 
Brandis,  H.  Lietzmann. 

Jochgrim  (Pfalz):  C.  M.:  W.  Ludowici. 

Karlsruhe:  0.  M.:  J.  Durm,  E.  Wagner. 

Kiel:  0.  M.:  B.  Sauer,  C.  M.:  A.  Schöne. 

Königsberg  i.  Pr.:  C.  M.:  L.  Deubner,  F.  Münzer, 
0.  Rossbach. 

Krotoschin:  C.  M.:  K.  L\Ticker. 

Leipzig:  0.  M.:  B.  Keil,  J.  Kromayer,  F.  Studniczka, 
C.  M.:  E.  Bethe,  E.  Kroker. 

Ludwigsburg:  C.  M.:  P.  Weizsäcker. 

Lübeck:  C.  M.:  C.  Curtius. 

Mainz:  0.  M.:  K.  Schumacher,  C.  M.:  K.  Körber. 

Marburg  i.  H.:  0.  M.:  L.  von  Sybel,  C.  M.:  P.  Jacobs- 
thal, E.  Maasä. 

Meiningen:  E.  M.:  Herzog  Bernhard  von  Sachsen- 
Meiningen. 

Metz:  C.  M.:  GraefinghofT,  J.  B.  Kenne. 

Minden:  C.  M.:  0.  Beriet. 

München:  E.  M.:  Kronprinz  Rupprecht  von  Bayern. 
0.  M.:  B.  von  Arnold,  F.  W.  Freiherr  von  Bissing, 
G.  Hager,  F.  Ohienschlager,  U.  Wilcken,  P. 
Wolters,  C.  M.:  P.  Arndt,  E.  Bodensteiner,  A. 
Lammerer,  G.  Lippold,  F.  von  Reber,  P.  Rei- 
necke, J.  Sieveking,  F.  von  Thiersch,  H.  L. 
Urhchs,  K.  Wulzinger. 

Münster  i.  Westf.:  0.  M.:  F.  Koepp. 

Nehmten- Ascheberg  (Holstein):  E.  M.:  Graf  von 
Plessen  -Cr  onstern. 

Oberlahnstein:  C.  M.:  R.  Bodewig. 

Oldenburg:  C.  M.:  H.  Stein. 

Plauen  i.  V.:  C.  M.:  G.  Weicker. 

Potsdam:  C.  M.:  F.  Sarre. 

Regensburg:  0.  M.:  H.  Graf  von  Walderdorfl. 

Rostock:  0.  M.:  A.  von  Salis,  C.  M.:  W.  Kolbe. 

Speyer:  C.  M.:  F.  Sprater. 


—    XVII 


Stettin:  C.  M.:  C.  Fredrich. 

Straßbmg  i.  Eis.:  0.  M.:  J.  Ficker,  A.  Frickenhaus, 

C.  M.:  E.  Schwartz,  E.  Thrämer,  G.  Wolfram. 
Stuttgart:  E.  M.:  E.  von  Sieglin,  0.  M.:  F.  Haug, 

C.  M.:  E.  R.  Fiechter,  P.  Goessler,  K.  Knorr, 

J.  von  Merz. 
Trier:   0.    M.:   E.    Krüger,    C.    M.:   0.    Krencker, 

P.  Steiner. 
Tübingen:  0.  M.:  F.  Noack,  C.  M.:  K.  von  Lange. 
Wiesbaden:  C.  M.:  von  Rekowski. 
Worms:  C.  M.:  C.  L.  Kohl,  A.  Weckerling.    • 
Würzburg:  0.  M.:  H.  Bulle,  C.  M.:  G.  Hock. 

7.  Frankreich. 

Paris:  E.  M.:  Duo  de  Loubat,  0.  M.:  E.  Babelon, 
R.  Cagnat,  M.  CoUignon,  L.  Duchesne,  P.  Fou- 
cart,  W.  Fröhner,  St.  Gsell,  B.  Haussoullier,  A. 
Hdron  de  Villefosse,  L.  Heuzey,  M.  Holleaux, 
Th.  HomoUe,  C.  JuUian,  G.  Maspero,  E.  Michon, 
E.  Pottier,  Marquis  de  Vogüe,  C.  M.:  E.  Bourguet, 
P.  Gaudin,  G.  Mendel,  J.  Roman. 

Algier:  C.  M.:  J.  Carcopino. 

Boulogne-sur-Seine:  0.  M.:  S.  Reinach. 

Clamart  (Seine):  C.  M.:  E.  Esp^randieu. 

Clermont-Ferrand  (Puy-de-Ddme):  C.  M.:  A.  Au- 
doUent. 

Embrun  (HaiUes- Alpes):  C.  M.:  J.  Roman. 

Lyon:  0.  M.:  H.  Lechat,  C.  M.:  P.  Dissard. 

Nancy:  0.  M.:  P.  Perdrizet. 

Saint-Germain  en  Laye  ( Seine-et-Oise) :  C.  M.:  H. 
Hubert. 

Totdause:  0.  M.:  F.  Dürrbach. 

8.  Griechenland. 

Athen:  0.  M.:  J.  Dragatsis,  St.  Dragumis,  G.  Fou- 
geres,  G.  Karo,  P.  Kastriotis,  P.  Kawadias, 
H.  Knackfuß,  Sp.  Lambros,  B.  Leonardos,  L. 
Pernier,  A.  N.  Skias,  G.  Sotiriadis,  V.  Staifs,  J.  N. 
Svoronos,  Ch.  Tsuntas,  M.  Volonakis,  0.  Walter, 
W.  Wilberg,  C.  M.:  R.  M.  Dawkins,  M.  Definer, 
W.  B.  Dinsmoor,  E.  Gillieron,  F.  W.  Hasluck, 
B.  H.  Hill,  A.  D.  KeramopuUos,  J.  Kokidis,  K. 
Kuruniotis,  I.  A.  Lontos,  A.  Philadelpheus,  N. 
G.  Politis,  E.  Ziller. 

Candia:  0.  M.:  J.  A.  Hatzidakis,  C.  M.:  St.  A. 
Xanthudidis. 

Chalkis:  C.  M.:  A.  Matsas. 

Delphi:  C.  M.:  A.  Kondoleon. 

Halmyros:  C.  M.:  N.  J.  Giannopulos. 

Karditza  (Thessalien):  0.  M.:  M.  K.  Krispis. 

Korfu:  C.  M.:  K.  Rhomaios. 

Larissa:  C.  M.:  A.  Kandakidis. 


Mykonos:  C.  M.:  D.  Stavropulos. 
Mytilene:  C.  M.:  D.  Hadjidimu,  F.  von  Holbach. 
Naxos:  C.  M.:  J.  Navpliotis. 
Piräus:  0.  M.:  A.  Meletopulos,  A.  G.  Sophianos. 
Saloniki:  C.  M.:  G.  Oikonomos,  Th.  Sophulis. 
Syra:  C.  M.:  P.  Serlendis. 
Theben:  C.  M.:  N.  Pappadakis. 
Thera:  C.  M.:  E.  Vassiliu. 
Tinos:  C.  M.:  N.  Sakkelion. 
Tripolitza:  C.  M.:  N.  Stephanopulus. 
Vathy  (Samos):  C.  M.:  W.  R.  Paton,  0.  Renzos. 
Volo:  C.  M.:  A.  S.  ArvanitopuUos,   N.  Georgiadis, 
D.  Tsopotos. 

9.  Grofibritannien. 

London:  0.  M.:  Sir  C.  Colvin,  H.  Lyons,  R.  Norton, 

W.  M.  Flinders  Petrie,  A.  H.  Smith,  Sir  Cecil 

H.  Smith,  C.  M.:  G.  F.  Hill. 
Cambridge:  0.  M.:  Sir  J.  G.  Frazer,  Sir  Ch.  Waldstein, 

C.  M.:  Miss  J.  E.  Harrison,  A.  J.  B.  Wace. 
Edinburgh:  0.  M.:  Sir  W.  M.  Ramsay. 
Harrcw:  C.  M.:  J.  Thacher-Clarke. 
Lawjord  near    Mannington   (Essex):    C.  M.:    F.  M. 

Nichols. 
Lewes:  C.  M.:  E.  P.  Warren. 
Lincoln:  C.  M.:  E.  L.  Hicks. 
Liverpool:  0.  M.:  R.  C.  Bosanquet. 
Malvern  Wells:  0.  M.:  G.  McN.  Rushforth. 
Manchester  (Didsbury):  C.  M.:  R.  S.  Conway. 
Mclrose:  C.  M.:  J.  Curie. 
Oxford:  0.  M.:  Sir  A.  J.  Evans,  P.  Gardner,  Fr.  Li. 

Griffith,  F.  Haverfield,  C.  M.:  G.  Dickins,  L.  R. 

Famell,  J.  L.  Myres,  M.  M.  Tod. 
Saundersfoot  (Petnbrokeshtre):  0.  M.:  H.  St.  Jones. 
South-Shields:  C.  M.:  R.  Blair. 
Tadworth  (Surrey):  0.  M.:  E.  A.  Gardner. 

10.  Italien. 

Rom:  E.  M.:  C.  Freiherr  von  Bildt,  Contessa  E. 
Caetani-Lovatelli,  O.  M.:  '  Conto  A.  Antonelli, 
Th.  Ashby,  F.  Bamabei,  G.  Boni,  G.  Calderini, 

F.  Cumont,  E.  De  Ruggiero,  L.  Duchesne,  F. 
Ehrle,  F.  Halbherr,  P.  Hartwig,  R.  A.  Lanciani, 
Barone  G.  Lumbroso,  L.  Mariani,  O.  Marucchi, 
M.  Meurer,  B.  Nogara,  E.  Pais,  R.  Paribeni, 
A.  Pasqui,  L.  Pigorini,  C  Ricci,  G.  E.  Rizzo, 
L.  Savignoni,  J.  Wilpert,  CM.:  L.  Cantarelli, 
J.  B.  Carter,  G.  A.  Colini,  E.  Gäbnci,  A.  Galli, 

G.  Giovannoni,  G.  B.  Giovenale,  J.  Marshall, 
J.  Pijoan  y  Soteras,  G.  Pinza,  G.  T.  Rivoira, 
P.  Stettiner,  C.  Stornaiolo,  Mrs.  E.  Strong- 
Sellers. 


—  xvni  — 


Appignano  presso  Macerata:  C.  M.:  Conte  E.  Tam- 

broni-Armaroli. 
Arezzo:  E.  M.:  G.  F.  Gamurrini. 
Ascoli  Piceno:  C.  M.:  G.  Paci. 
Bari:  C.  M.:  M.  Gervasio. 
Benevento:  C.  M.:  A.  Meomartini. 
Bergamo:  0-  M.:  G.  Mantovani. 
Bologna:  0.  M.:  G.  Ghirardini,  C.  M.:  F.  Corazzini. 
Brescia:  C.  M.:  P.  Da  Ponte,  P.  Rizzini. 
Cagliari:  0.  M.:  A.  Taramelli,  C.  M.:  F.  Nissardi. 
Caiazzo:  C.  M.:  G.  Faraone. 
Catania:  C.  M.:  P.  Ducati. 
Florenz:  0.  M.:  D,  Comparetti,  G.  Vitelli. 
Forli:  C  M.:  A.  Santarelli. 
Formia:  C.  M.:  A.  Rubini. 
Fossombrone:  C.  M.:  A.  Varnarecci. 
S.  Giovanni  Incarico:  C.  M.:  D.  Santoro. 
Macerata:  C.  M.:  L.  Zdekauer. 
Macer  ata- Feltria:  C.  M.:  Marchese  G.  Antimi-Clari. 
Mailand:  C.  M.:  G.  Oberziner,  S.  Ricci. 
Muro  Leccese:  C.  M.:  L.  Maggiulli. 
Neapel:  0.  M.:  G.  De  Petra,  A.  Sogliano,  V.   Spi- 

nazzola,  C.  M.:  L.  Correra,  F.   Salvatore-Dino. 
Orvieto:  C.  M.:  Conte  E.  Faina,  R.  Mancini. 
Padtia:  C.  M.:  F.  Cordenons,  G.  Lucciola,  G.  Pellegrini. 
Parma:  C.  M.:  G.  Mariotti. 
Pavia:  C.  M,:  G.  Canna,  G.  Patroni. 
Perugia:  C.  M.:  G.  Bellucci,  A,  Lupatelli,  Conte  G. 

B-  Rossi-Scotti. 
Pompei:  C.  M.:  M.  Della  Corte,  G.  Spane. 
Ruvo:  C.  M.:  M.  Jatta. 
Savona:  C.  M.:  V.  Poggi. 
Scafati:  C.  M.:  F.  Morlicchio. 
Siena:  C.  M.:  F.  Donati. 
Spongano:  C.  M.:  Barone  F.  B.  Castiglioni. 
Syrakus:  0.  M.:  P.  Orsi,  C.  M.:  L.  Mauceri. 
Tarent:  C.  M.:  Q.  Quagliati,  L.  Viola. 
Tolentino:  C.  M.:  Conte  A.  Gentiloni-Silveri. 
Turin:  0.  M.:  G.  E.  Rizzo. 
Venafro:  C.  M.:  G.  Cimorelli. 
Venedig:  C.  M.:  C.  Ruga. 
Venosa:  C.  M.:  G.  Pinto. 
Verona:  C.  M.:  A.  Spagnolo. 
Volterra:  C.  M.:  E.  Solaini. 

11.  Niederlande. 

Amsterdam:  0.  M.:  Jonkheer  J.  Six  van  Hillegom, 

C.  M.:  U.  Ph.  Boissevain. 
Groningen:  C.  M.:  W.  Vollgraff. 
Haag:  C.  M.:  C.  W.  Lunsingh  Scheurleer. 
Leiden:  0.  M.:  A.  E.  J.  Holwerda,    C.    M.:   J.    H. 

Holwerda. 


Nijmegen:  0.  M.:  G.  M.  Kam. 
Utrecht:  C.  M.:  J.  C.  Vollgraff. 

12.  Norwegen. 

Kristiania:  C.  M.:  S.  Eitrem. 

13.  Österreich-Ungarn. 

Wien:  E.  M.:  Fürst  Johann  von  und  zu  Liechten- 
stein, 0.  M.:  E.  Bormann,  F.  von  Kenner,  W.  Ku- 
bitschek,  K.  Graf  Lanckoronski-Brzezie,  F.  Löhr, 
E.  Löwy,  E.  Reisch,  J.  Strzygowski,  A.  Wilhelm, 
J.  Zingerle,  C.  M.:  0.  Egger,  S.  Frankfurter,  M. 
Hörnes,  P.  Kretschmer,  C.  Praschniker,  L.  Rei- 
nisch,  A.  Schindler. 

Aquileia:  C.  M.:  M.  Abramic. 

Budapest:  C.  M.:  G.  von  Finaly,  A.  Heckler,  V.  Ku- 
zsinsky. 

Brunn:  C.  M.:  J.  Dell. 

Graz:  0.  M.:  R.  Heberdey,  C.  M.:  H.  Egger,  W. 
Schmid. 

Innsbruck:  0.  M.:  E.  Kaiinka,  C.  M.:  R.  von  Scala. 
H.  Sitte. 

Pola:  C.  M.:  A.  Gnirs. 

Prag:  0.  M.:  W.  Klein,  L.  Pollack,  A.  von  Premer- 
stein,  C.  M.:  W.  Dobrusky,  H.  Swoboda. 

Ragusa:  C.  M.:  G.  Gelcich. 

Sarajevo:  0.  M.:  C.  Patsch. 

Spalato:  0.  M.:  F.  Buli<5. 

Triest:  C.  M.:  H.  Maionica,  A.  Puschi. 

Zara:  C.  M.:  L.  Jelic. 

14.  Portugal. 

Lissabon:  C.  M.:  F.  A.  Coelho,  J.  L.  de  Vasconcellos. 
Porto:  C.  M.:  J.  de  Vasconcellos. 

15.  Rumänien. 

Bukarest:  C.  M.:  V.  Pärvan. 

16.  Rufiland. 

St.  Petersburg:  0.  M.:  B.  Latyschew,  B.  Pharma- 
kowsky,  A.  Prachow,  E.  Pridik,  M.  Rostowzew, 
C.  M.:  A.  Nikitsky,  Th.  Zielinski 

Charkoie:  C.  M.:  Th.  Schmidt. 

Chersones  bei  Sevastopol:  C.  M.:  R.  Löper. 

Dorpat:  C.  M.:  R.  Hausmann. 

Kertsch:  C.  M.:  V.  Skorpil. 

Moskau:  C.  M.:  W.  Malmberg,  N.  Novosadsky. 

17.  Schweden. 

Stockholm:  0.  M.:  0.  Montelius,  C.  M.:  J.  Centerwall. 
Lund:  C.  M.:  M.  P.  Nilsson. 
Malmö:  C.  M.:  C.  Thulin. 


—    XIX    - 


Upsala:  0.  M.:  S.  Wide,  C.  M.:  L.  Kjellberg,  E. 
Nachmanson. 

18.  Schweiz. 

Basel:  O.M.:  E.Pfuhl,  C.M.:  K.Stehlin  J.Wackemagel. 
Bern:  C.  M.:  0.  Schultheß. 

Brugg  i.  Aargau:  C.  M.:  L.  Frölich,  S.  Heuberger. 
Genf:  0.  M.:  P.  Schazmann,  C.  M.:  G.  Darier. 
Gr.  St.  Bernhard:  C.  M.:  M.  Lugon. 
Lausanne:  C.  M.:  W.  Cart. 
Winierthur:  0.  M.:  F.  Inihoof-Blumer. 
Zürich:   0.    M.:   H.    Blümner,    H.    Hitzig,    C.    M.: 
D.  VioUier. 

19.  Serbien. 

Belgrad:  C.  M.:  M.  Valtrovits,  M.  M.  Vassits,  N.  Vuli(5. 

20.  Spanien. 

Madrid:  0.  M.:  F.  Fita,  C.  M.:  Marques  de  Cerralbo, 
J.  R.  Mölida,  Marques  de  Monsalud. 

Barcelona:  C.  M.:  A.  Elias  de  Molins,  J.  Pijoan  y 
Soteras. 

Elche:  C.  M.:  P.  Ibarra  y  Ruiz. 

Gerona:  C.  M.:  M.  Cazurro  y  Ruiz. 

Granada:  C.  M.:  M.  G.  Moreno. 

Medina  Sidonia:  C.  M.:  M.  Pardo  de  Figueroa. 

Vitoria:  C.  M.:  F.  Baraibar. 

21.  Tunis. 

St.  Louis  de  Carthage:  0.  M.:  A.  L.  Delattre. 
Tunis:  0.  M.:  A.  Merlin,  C.  M.:  L.  Poinssot. 


22.  Türkei. 

Konstantinopel:  0.    M.:  Halil  Edhem   Bey,   J.    H. 

Mordtmann,  Th.  Uspenski,  C.  M.:  Edhem  Bey, 

M.   J.   Gedeon,  Th.  Macridy   Bey,   B.  A.   Pan- 

tschenko. 
Aidin:  C.  M.:  M.  Papakonstantinu. 
Artake:  C.  M.:  N.  Limnios. 
Bagdad:  0.  M.:  R.  Koldewey. 
Chalki  bei  Rhodos:  C.  M.:  O.  N.  Askitis. 
Konia:  C.  M.:  G.  Tria. 
Mersina:  C.  M.:  J.  Gottwald. 
Pergamon:  C.  M.:  G.  loannides,  G.  Rallis. 
Rhodos:  C.  M.:  A.  Barmann,  Sir  A.  Biliotti,  A.  Casilli. 
Smyrna:  0.  M.:  J.  Keil,  C.  M.:  G.  Sotiriu,  M.  Tsaky- 

roglu. 

22.  Vereinigte  Staaten  von  Amerika. 

New  York:  0.  M.:  E.  Robinson,  C.  M.:  Miss  C.  L. 

Ransom. 
Berkeley,  California:  C.  M.:  B.  I.  Wheeler. 
Boston,  Massachusetts:  C.  M.:  L.  D.  Caskey,  S.  N. 

Deane,  A.  Fairbanks. 
Cambridge,  Massachusetts:  0.  M.:  J.  W.  White. 
Chicago,  Illinois:  C.  M.:  W.  G.  Haie. 
Cleveland,  Ohio:  C.  M.:  H.  N.  Fowler. 
Ithaca,  New  York:  C.  M.:  J.  R.  S.  Sterrett. 
Meadville,  Pennsylvania:  C.  M.:  G.  F.  Comfort. 
Princeton,  New  Jersey:  C.  M.:  A.  L.  Frothingham. 
Woodstock,  Connecticut:  0.  M.:  R.  B.  Richardson. 


BIBLIOGRAPHIE 


ZUM 


JAHRBUCH  DES  KAISERLICH 
DEUTSCHEN  ARCHÄOLOGISCHEN  INSTITUTS 

1914 


BERLIN  W.  10 
DRUCK  UND  VERLAG  VON  GEORG  REIMER 

1915 


BIBLIOGRAPHIE  FÜR  DAS  JAHR  1914. 


INHALT 


Spalte 

I.  Allgemeines , . . .  i 

A.  Bibliographien   i 

B.  Geschichte  der  Archäologie ;  Biographien ; 
Nekrologe 3 

C.  Archäologische  Festschriften  ;  gesammelte 
Aufsätze ;  literarischer  Nachlaß 3 

D.  Jahresberichte;  Berichte  über  Versamm- 
lungen und  Kurse ;  Archäologie  und 
Schule    4 

E.  Auktionen 5 

II.  Örtliche  Übersicht 5 

A.  Archäolog.  Ortskunde 5 

1 .  Allgemeines 5 

2.  Orient  und  Ägypten 6 

3.  Griechenland  und  Kleinasien 14 

4.  Italien 26 

5.  Nordafrika 38 

6.  Iberische  Halbinsel 40 

7.  Rußland 41 

B.  Museen,  Sammlungen,  Ausstellungen...  42 
III.  Sachliche  Übersicht 47 

A.  Allgemeines 47 

B.  Architektur 53 

I.  Allgemeines 53 


Spalte 

2.  Orient  und  Ägypten 53 

3.  Griechische  und  Römische 53 

C.  Plastik 56 

1 .  Allgemeines 56 

2.  Orient  und  Ägypten 56 

3.  Griechische  und  Römische 56 

D.  Malerei,  Vasenmalerei,  Mosaiken 62 

1.  Allgemeines 62 

2.  Orient  und  Ägypten   63 

3.  Prähistorische  und  mykenische 63 

4.  Griechisch-römische 63 

E.  Kleinkunst 66 

1.  Allgemeines 66 

2.  Metall 67 

3.  Glas  und  Email 68 

4.  Ton 68 

5.  Glyptik 69 

F.  Numismatik  und  Metrologie 69 

G.  Epigraphik 72 

1 .  Allgemeines 72 

2.  Orientalische  und  außergriechische  . .  72 

3.  Griechische 72 

4.  Römische  und  Italische 75 

H.  Religion  und  Kultus  77 

I.  Öffentliches  und  privates  Leben    84 


I.   ALLGEMEINES. 

A.    BIBLIOGRAPHIEN. 

Altertumsberichte.   Orient.  Litztg.  1914, 

Nr.   I — 12. 
Annuario    bibliografico   di   archeologia 

e  di  storia  dell'  arte  per  l'Italia  compilato 

da  F.  Gatti  e  F.  Pellati.    Anno  2  (1912) 

Roma,  Loescher  &  Co.,  1914.    XX,  296  S 

8". 
Barthel  (Walt.),  Bibliographie  zur  römisch 

germanischen    Forschung   f.    d.    J.   1912 

(S.-A,   a.    d.    7.    Berichte    d.   röm.-germ 

Komm.)   Bonn  1915.     S.  351 — 438. 
Bates  (W.  N.),   Bibliography  of  archaeolo 

gical    books.       Am.    Journ.    arch.    18    S 

259—283. 
— ,    Archaeological    discussions,    summaries 

of     original     articles     chiefly   in    current 

')  Rezensionen  sind  kursiv  gedruckt;  die  jedesmal  vor  der  Rezension  angeführte  Schrift  ist,  wenn 
sie  in  der  Bibliographie  zum  ersten  Male  erscheint,  gerade  gedruckt,  wenn  sie  (in  abgekürztem  Zitat) 
aus  einer  Bibliographie  der  Vorjahre  wiederholt  ist,  kursiv. 

Archäolog'.  Bibliographie.  I 


publications.  Am.  Journ.  arch.  18  S. 
199—258;  499—550. 

Bates  (W.  N.),  Archaeological  news.  Notes 
on  recent  excavations  and  discoveries; 
other  news.  Am.  Journ.  arch.  18,  S.  85 
—127  (8  Abb.);  S.  381—423  (8  Abb). 

Bibliographie  für  das  Jahr  1913.  Biblio- 
graphie z.  Jahrb.  Arch.  Inst.   191 3. 

Katalog  der  Bibliothek  des  Kais.  Deut- 
schen Archäolog.  Instituts  in  Rom  von 
Aug.  Mau.  Neu  bearbeitet  von  Eug.  v. 
Mercklin.  Bd.  i,  Hälfte  2.  Rom,  Löscher 
&  Co.,  1914.    VI,  S.  759—1451,  8°. 

Kirsch  (J.  P.),  Anzeiger  für  christl.  Archäo- 
logie. Rom,  Quartschr.  28.  S.  35 — ^47; 
197 — 206. 

Marguillier  (A.),  Bibliographie  des  ouvra- 
ges  publies  en  France  et  ä  l'Etranger  sur 
les  beaux  arts  et  la  curiosite  pendant  le 


Bibliographie   19 14  (I  A,  B,  C,  D). 


premier  semestre  de  Tannee  1914.     Gaz. 
b.  arts  1914,   I  S.  502 — 528. 
Reinach    (S.),    Courrier   de   l'art   antique. 
Gaz.  b.  arts.  1914,  I  S.  327 — 345  (i  Tai, 
15  Abb.). 

B.  GESCHICHTE   DER   ARCHÄOLOGIE;    BIO- 

GRAPHIEN; NEKROLOGE. 

Karo  (Gg.),  Alexander  Conze.  10.  12.  1831 

—19.  7.  1914.    Ath.  Mitt.  39  S.  I— XV. 
Alexander     Conze    f.        Arch.    Anz.    1914 

Sp.   117— 120. 
Muratore    (D.),    Federico    Eusebio.      Alba 

Pompeia.  V,  5/6. 
Josi  (E.),   Commendatore  Giuseppe  Gatti. 

Rom.   Quartschr.  28,   S.  226. 
Marucchi   (0.),   Giuseppe  Gatti.     N.   Bull. 

arch.  crist.  20  S.   lOi — 103. 
Ortvay  (Th.),    Gedenkrede  auf  Josef  Ham- 

pel     (ungar.).     Budapest,    Akademie    d. 

Wiss.,   1913.     51   S.  8"  (i  Abb.). 
Head,  Barclay  Vincent.  Num.  Chron.  1914, 

S.  249—255. 
Dr.  Barclay  Head.  Athenaeumi  914,  IS.  861. 
Oppermann,  Dr.  Carl  Jacobsen.     2.  März 

1842 — II.   Januar   1914.     Museumskunde 

10,   S.   112 — 116. 
Koepp,  Zum  Gedächtnis  Otto  Jahns.    Verh. 

d.  Phil.  52,   S.  69. 
Pohlenz  (M.),    Friedrich    Leo.     N.  Jahrbb. 

kl.  Alt.  17,  S.  297—316  (i  Portr.). 
Schöne  (Herrn.),  Barthold  Georg  Niebuhr. 

Rede.    Greifswald  1914.    20  S.  8».    Rez.: 

Berl.  ph.  Woch.  191 5,  14   (B.  A.  Müller). 
Chaumeix    (A.),    Georges    Per  rot.        Rev. 

hebdom.   1914,  juillet,   S.  258 — 270. 
Seiffert  (Otto),  Heinrich  Schliemann,   der 

Schatzgräber.     Berlin,  Paetel,   1914.     XI, 

194   S.   8°  (2  M.).      Rez.:   Sokrates  1914, 

S.  65g — 660  (Fr.  Heussner ). 
Töwe  (Carl),  Winckelmann.     Sokrates  3, 

s.  97—103. 

C.  ARCHÄOLOGISCHE  FESTSCHRIFTEN;  GE- 
SAMMELTE      AUFSÄTZE;        LITERARISCHER 

NACHLASS. 

Festgabe  Hugo  Blümner  überreicht  zum 
9.  Aug.  1914  von  Freunden  u.  Schülern. 
Zürich  1914.  X,  541  S.  8"  (13  Taf., 
24  Abb.).  (10  M.)  [Darin:  H.  Hitzig,  Die 
griechischen  Städtebilder  des  Herakleides; 
L.  Weniger,  Zum  Schilde  des  Achilles; 
C.  Robert,  Cacus  auf  etruskischen  Bild- 
werken; O.  Roßbach,  Die  Färse  und  die 
Säger  des  Myron;  H.  Bulle,  Der  Bau  der 
Akropolismauer  auf  einem  Vasenbilde; 
W.  Deonna,  L'influence  egyptienne  sur 
l'attitude  du  type   statuaire  debout  dans 


rarchaisme  grec;  Br.  Sauer,  Der  Knabe 
von  Subiaco;  P.  Weizsäcker,  Dannecker 
über  Laokoon;  Th.  Eckinger,  Der  Pan  von 
Vindonissa;  0.  Schultheß,  Zu  den  römi- 
schen Augenarztstempeln  aus  der  Schweiz; 
E.  Pfuhl,  Vorgriechische  u.  griechische 
Haustypen;  E.  R.  Fiechter,  Das  italische 
Atriumhaus;  E.  A.  Stückelberg,  Der 
ikonische  Wert  des  römischen  Münzpor- 
träts; 0.  Waser,  Drei  Jahrtausende  Kunst- 
entwickelung; G.  Nicole,  Une  nouvelle 
representation  de  la  colonne  d'acanthe  de 
Delphes;  B.  Pick,  Athenische  Statuen  auf 
Münzen;  R.  Münsterberg,  Abkürzungen 
auf  griechischen  Münzen.]  Rez.:  Woch. 
kl.  Phil.  191 5.  16  (E.  Drerup). 

Hülsen  (Chr.),  Dei  lavori  archeologici  di 
Giovannantonio  Dosio.  Ausonia  7,  S.  I 
—78  (24  Abb.). 

Furtwänglcr  (Ad.),  Kleine  Schriften  Bd. 
2.  Rez. :  Ztschr.  ö.  Gymn.  65,  S.  499 — 500 
(R.  Weißhäupl);  D.  Ltztg.  191 4,  32 
(E.  Reisinger ). 

Melanges  Holleaux.  Rez.:  Jour  sav.  1914, 
S.  2^9 — 281  (A.  Jarde);  Berl.  ph.  Woch. 
191 5,  12  (0.  Roßbach). 

Mommsen  (Th.),  Gesammelte  Schriften. 
Bd.  8  Epigraphische  u.  numism.  Schriften. 
Bd.  I.  Rez.:  Woch.  kl.  Ph.  191 4,  26  (A. 
Rosenberg). 

Heinevetter  (Fr.),  Aus  Eduard  Schauberts 
Nachlaß.  Jahresb.  Schles.  Ges.  vaterl. 
Kultur  90,   IV,   S.  1—8. 

Skutsch  (Frz.),  Kleine  Schriften.  Hrsg.  v. 
W.  Kroll.  Leipzig  u.  Berlin,  B.  G.  Teubner, 
1914.     XXVI,  531  S.  8°  (I  Port.).   (20  M.) 

Baltische  Studien  zur  Archäologie  u.  Ge- 
schichte. Hrsg.  V.  d.  Ges.  f.  Gesch.  u. 
Altertumskunde  der  Ostseeprovinzen  Ruß- 
lands. Berlin,  G.  Reimer,  1914.  415  S.  4° 
(23  Taf.,  30  Abb.). 

D,    JAHRESBERICHTE;  BERICHTE  ÜBER  VER- 
SAMMLUNGEN  UND   KURSE;    ARCHÄOLOGIE 
UND  SCHULE. 

Königl.  Akademie  der  Wissenschaften 
in  Berlin.  Jahresberichte  über  die 
akademischen  Unternehmungen  u.  Jahres- 
berichte der  Stiftungen.  Sitzber.  preuß. 
Ak.  1915,  S.  79 — 129. 

Stipendium    der  Eduard  Gerhard-Stif- 
tung.    Sitzber.   preuß.   Ak.    1914,   S.  763. 

Rand  (E.  K.),  The  School  of  classical  studies 
of  the  American  Academy  in  Rome. 
Art  a.  Archaeology  I,   i. 

Archäologische  Gesellschaft  zu  Berlin. 
Sitzung  vom  9.  Dez.  1913.  7Z-  Winckel- 
mannsfest.    Sitzung  vom  6.  Jan.,  3.  Febr., 


Bibliographie  1914  (I  D,  E ;  II  A   i,  2). 


3.  März,  7.  April,  5.  Mai,  9.  Juni,  3.  Nov., 
9.  Dez.  1914.  Arch.  Anz.  1914,  Sp.  39 — 
57;  55— 107.(1  Abb.);  506—517  (i  Abb.). 

Deutsche  Orientgesellschaft.  Berlin 
II.  Jan.  Ed.  Meyer,  Kleinasien  u.  die 
Chetiter  i.  2.  Jahrtausend.  D.  Litztg. 
1914,  8. 

General  Meeting  of  the  archaeological 
Institute  of  America.  Am.  Journ. 
arch.   18,   S.  75 — 84. 

Kaiserlich  Deutsches  Archäologi- 
sches Institut.  Jahresbericht.  Jahrb. 
Arch.  Inst.  29,  S.  I— XIX. 

Institutsnachrichten.    Arch.  Anz.   1914, 
Sp.  113— 116;  521. 

Deutsch-evangelisches  Institut.  Jah- 
resbericht des  Instituts  f.  d.  Arbeitsjahr 
1913/14  (Dalman)  s.   II  A  2. 

III.  Congresso  archeologico  internazionale 
3 — 16  oct.  1912.  Ausonia  7,  Sp.  J- — 21. 
(Romanelh.) 

Petrie  (Hilda  FHnders),  The  British 
School  of  Archaeology  in  Egypt. 
Journ.  Egypt.  arch.  i,  S.  185—186  (i  Taf.). 

Regia  Scuola  archeologica  di  Atene. 
Pernier  (L.),  Les  travaux  de  l'Ecole  Ita- 
lienne  d'archeologie  d'Athenes  en  191 3. 
Journ.  sav.   1914,   S.  37. 

Sitte  (Heinr.),  Aus  dem  Innsbrucker 
Archäologischen  Seminar.  (  =  Aus 
der  Werkstatt  des  Hörsaals.)  Innsbruck, 
Wagnersche  Un.-Buchh.,  1914.  S.  71 — 86 
(i  Buch). 

Marucchi  (0.),  Resoconto  delle  adunanze, 
tenutedalla  Societä  per  le  conferenze 
d'archeologia        cristiana.  Anno 

1912 — 13  u.  1913 — 14.  N.  Bull.  arch.  er. 
20,  S.  17—36  u.  79—97- 

Morgenstern  (0.),  Sitzungsberichte  des  Phi- 
lologischen Vereins  zu  Berlin  1914- 
Sokrates  1914,  S.  628 — 634. 

Gymnasialunterricht  und  Archäologie. 
1914.    Arch.  Anz.  1914,  Sp.  518—521. 

E.  AUKTIONEN. 
Auktion  Galerie  Helbing,  München  22-/23. 
Juni  1914.  Sammlung  von  antiken  Gläsern, 
Terrakotten,  Marmor-Skulpturen  u.  Bron- 
zen aus  dem  Besitze  von  Kirchner- 
Schwarz,  Beirut  u.  a.    30  S.  und  12  Taf. 

IL  ÖRTLICHE  ÜBERSICHT.       . 

A.  ARCHÄOLOG.  ORTSKUNDE. 
I.    Allgemeines. 

Besnier  (M.),  Lexique  de  geographie  an- 
cienne.  Paris,  C.  Klincksieck,  1914.  XX, 
893  S.  8°.     (10  fr.) 


Brandenburg  (Er.),  Über  Felsarchitektur 

im  Mittelmeergebiet.    Mitt.  Vorderas.  Ges. 

1914,  2,   S.  I — 96  (40  Abb.). 
Bruun  (L.),  Vom  Bosporus  bis  nach  Zantes 

Insel.    Berlin,  S.  Fischer,  1914.    365  S.  8°. 

(4  M.) 
Friedländer    (P.),   Die  Anfänge  der  Erd- 
kugelgeographie.    Jahrb.  Arch.    Inst.   29, 

S.  98—120  (5  Abb.). 
Joulin  (L.),  Les  äges  protohistoriques  dans 

l'Europe  barbare.    Rev.  arch.  T.  23,  S.  59 

-98, 
Oberziner  (G.),  Le  regioni  occidentali  del 

Mediterraneo  nellefontiEbreofenicie.  Stud. 

stör,  per  l'ant.  cl.  6,  S.  199 — 227. 
Philippi    (F.),    Zur   Peutingerschen   Tafel. 

Rh.  Mus.  69,   S.  40 — 55. 
Witkowski     (Stan.),     Wraienia     potudnia 

(Eindrücke  des  Südens).  Warschau,  Wende 

&  Cie.,   1914.     132  S.  40  (56  Abb.). 

2.  Orient  und  Ägypten. 

Hall  (H.  R.),  The  ancient  history  of  the 
Near  East  from  the  earliest  times  to  the 
battle  of  Salamis.  London,  Methuen  & 
Co.,  1913.  XXIII,  602  S.  8°  (33  Tai, 
14  Krten.)  (15  sh.)  Rez.:  Journ.  Egypt. 
arch.  I,  S.  225—228  (F.  W.  Frh.  v.  Bis- 
sing,  mit  Erwiderung  von  H.  R.  Hall  u. 
A.  y.  Evans). 

Hinrichs  (Walt.),  Eine  Karawanenreise  von 
Mosul  nach  Aleppo  vom  9.  März  bis 
25.  April  1911.  Peterm.  Mit.  Jg.  60,  S.  189 
—193  (3  Krten.);  257—259  (3  Krtn.). 

Jeremias  (Alfr.),  Handbuch  der  altorienta- 
lischen Geisteskultur.  Mit  215  Bildern 
nach  den  Monumenten  u.  2  Sternkarten. 
Leipzig,  Hinrichs,  191 3.  XVI,  366  S.  8°. 
(10  M.) 

Kergorlay  (Jean  de),  Sites  d^laisses  d'Ori- 
ent  [du  Sinai  ä  Jerusalem].  2.  ed.  Paris, 
Hachette,  1913.  XIX,  187  S.  8°  (i  Krte., 
47  Taf.). 

Notes  and  news.  Journ.  Egypt.  arch.  i, 
S.  212 — 223  (4  Abb.). 

Wainwright  (G.  A.),  Alashia  =  Alasa;  and 
Asy.     KHo  14,  S.  1—36  (i  Krte.). 

Abu  Guräb  —  Bissing  (Fr.  W.  v.).  Die 
Reliefs  vom  Sonnenheiligtum  des  Rathu- 
res  in  Abu  Guräb  bei  Memphis.  Vorlauf. 
Bericht.   Sitzber.  k.  b.  Ak.  1914,  9,  18  S. 

Abukir  —  Wiedemann  (A.),  Das  Heiligtum 
des  Cyrus  u.  Johannes  bei  Abukir.  Sphinx 
1914,  Mai — Juni. 

Abusir  —  Ausgrabungen  der  Deutschen 
Orientges.  auf  dem  vorgeschichtl.  Gräber- 
feld von  Abusir  El-Meleq.    2:  Fr.  W.  Mül- 


Bibliographie   1914  (II  A  2). 


8 


1er,  Die  anthropolog.  Ergebnisse  des  vor- 
geschichtl.  Gräberfeldes  von  Abusir  El- 
Meleq.  (=  Wiss.  Veröffentlichung  d.  D. 
Orientges.  27.)  Leipzig,  F.  C.  Hinrichs, 
1915.  VII,  312  S.  4°  (13  Taf.,  197  Abb.). 
(48  M.,  f.  Mitglieder  40  M.) 
Abydos  —  More  antiquities  from  Abydos. 
Athenaeum  1914,   I,   S.  799 — 800. 

Milne  (J.  Grafton),  Graeco-roman  leaden 
tesserae  from  Abydos.  Journ.  Egypt. 
arch.   I,   S.  93—95  (i  Taf.). 

Naville  (Ed.),  Excavations  at  Abydos. 
The  great  pool  ant  the  tomb  of  Osiris. 
Jour.  Egypt.  arch.  i,  S.  159 — 167  (pl. 
XVIII— XXI,  2  Abb.). 
Ägypten  —  Bibliography  of  1912 — 1913: 
Hellenistic  Egypt  (W.  LI.  Griffith).  Grae- 
co-Roman  Egypt  (H.  Idris  Bell).  Greek 
Inscriptions  from  Egypt  (M.  N.  Tod). 
Journ.   Egypt.  arch.   i,   S.   124 — 143. 

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Ägyptens.  Rez. :  Woch.  kl.  Ph.  igi4,  26 
(A.  Wiedemann). 

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survey:  Report  for  1914.  Journ.  Egypt. 
arch.   I,  S.   182—184  (2  Taf.). 

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schen Ausgrabungen  in  Ägypten  (1912/13). 
Klio   14,   S.   116 — 124. 

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(3  sh.   6). 

— ,  Egyptian  sculptures  in  the  British 
Museum  s.   II  B;  London. 

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(Vorr. :  E.  A.  Wallis  Budge.)  London, 
Brit.  Museum,  1914.     16  S.  4°  (8  Taf.). 

Capart  (J.),  L'art  egyptien.  Choix  de 
documents  accompagnes  d'indications 
bibliographiques.  2«  ser.  Bruxelles  1913. 
(100  Taf.)     (II  fr.) 

— ,  Recherches  d'art  egyptien.  i :  Les 
monuments  dits  Hycsos.  Ann.  Soc.  r. 
arch.  Bruxelles  27.  S.  I2i — 156  (29  Abb.). 

Capelle  (W.),  Die  Nilschwelle.  N. 
Jahrbb.  kl.  Alt.  17,  S.  317 — 361. 

Cavaignac  (E.),  La  Chronologie  egyp- 
tienne  au  III  e  siecle  av.  J.-C.  Bull.  corr. 
hell.  38,  S.   5—20. 

Decourdemanche  (J.  A.),  Note  sur  les 
poids  egyptiens.  Ännal.  serv.  ant.  de 
l'£gypte  13,  2. 

Discovery  of  the  tomb  of  Osiris  in 
Egypt  (D.  M.  R.).    Art  a.  Arch.  i,  S.  85. 

Ärchaeolog.  Funde  i.  J.  1913.  Ägypten 
(C.  C.  Edgar).  Arch.  Anz.  1914,  Sp.  292 — 
297. 


Fechheimer  (Hedw.),  Die  Plastik  der 
Ägypter.  2.  Aufl.  Berlin,  B.  Cassirer, 
1914.  V,  59  u.  1568.80(156  Abb.).  (10  M.) 

Frescoes,  Ancient  egyptian.  Athenaeum. 
1914  II,   S.  334. 

Der  königliche  Friedhof  an  derChephren- 
Pyramide.     Kunstchron.  26,  33. 

Goodyear  (W.  H.),  The  prehistoric  Egyp- 
tian collection  s.  II  B:  Brooklyn. 

Johann  Georg  Herzog  zu  Sachsen, 
Streifzüge  durch  die  Kirchen  u.  Klöster 
Ägyptens.  Leipzig  u.  Berlin,  B.  G.  Teubner, 
1914.  X,  80  S.  8«  (239  Abb.).  (8  M.) 
Rez. :  D.  Litztg.  igi5,  5  (C.  M.  Kaufmann). 

Laguier  (C),  L'Egypte  monumentale  et 
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Lefebvre,  Egypte  Greco -Romaine.  Nr. 
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by  A.  S.  Johns.  6.  ed.  London,  Grevel, 
1914.     (6sh.) 

— ,  Ruines  et  paysages  d'Egypte.  Ed. 
rev.  et  augm.  Paris,  Guilmoto,  1914.  VII, 
416  S.  80.     (8  fr.) 

Meyers  Reisebücher:  Ägypten  und 
Sudan.  6.  Aufl.  Leipzig,  Bibl.  Institut, 
1914.  XIV,  458  S.  8°  (13  Krt.,  36  Pläne) 
(12  M.  geb.) 

Neues  aus  Ägypten.     Kunstchr.  N.  F. 

Jg-  25,   32. 

Niebuhr  (Carl),  Die  Amarna-Zeit.  Ägyp- 
ten u.  Vorderasien  um  1400  v.  Chr.  nach 
dem  Tontafelfunde  von  El-Amarna.  3. 
verb.  Aufl.  Leipzig,  Hinrichs,  1913.  32  S. 
8".     (0,60  M.) 

Petrie  (Hilda  Flinders),  The  British 
School  of  Archaeology  in  Egypt.  Journ. 
Egypt.  arch.   i,   S.   185—186  (i  Taf.). 

Roeder  (G.),  Schriften  zur  ägyptischen 
Kunstgeschichte.  Lit.  Ztbl.  191 5,  Sp.  364 
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Abb.). 


Bibliographie   1914  (II  A  2). 


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Weigall  (A.  E.  P.  B.),  The  life  and  times 
of  Cleopatra,  queen  of  Egypt.  London, 
Blackwood  &  Sons,   1914.     (16  sh.) 

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Fr.  V.  Frimmel:  Ȇber  einige  antike  Samen 
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sur  les  fouilles  executees  dans  la  zone 
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Ganadlah  au  sud.  Annal.  serv.  ant.  de 
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schrift von  Edessa  mit  dem  Briefe  Jesu 
an  Abgar.    Sitzber.  pr.  Ak.  1914,  S.  817. 

Ekbatana  —  Büchner  (V.  F.),  Ekbatana — 

Hagbatäna.  Or.  Litztg.  1914,  S.  301 — 304. 

Nöldeke    (Th.) ,    AFBATANA.      Hermes 

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el-Beda  —  Cledat  (J.),  Les  vases  de  el- 
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Hatra  —  Herzfeld  (E.),  Hatra.  Ztschr. 
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Jericho  —  Lehmann-Haupt  (C.  Fr.),  Ge- 
sichertes und  Strittiges.  3:  Jericho.  Klio 
14,  S.  264. 

Jerusalem  —  Vincent  (H.)  et  F.  M.  Abel, 
Jerusalem.  Recherches  de  topographie, 
d'archeologie  et  d'histoire.  T.  i :  Jerusalem 
antique.  XH,  196  S.  T.  2:  Jerusalem 
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Gabalda,  1914.  Rez. :  Or.  Litztg.  18,  Sp.  10 
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Hlahun  —  Der  Goldfund  von  Illahun. 
Kunstchronik  N.  F.  Jg.  25,  42. 

Der  Goldschatz  von  Illahun.  Kunst- 
chronik 26,  3/4. 

Indien  — •  Reese  (Wilh.),  Die  griechischen 
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Leipzig,  B.  G.  Teubner,  1914.  106  S.  8°. 
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Karnak  —  Legrain  (G.),  Au  pylone  d'Harm- 
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Luxor  —  Legrain  (G.),  Louqsor  sans  les 
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Madaba  (Palestina)  —  Scoperta  di  una 
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Spiegelberg.       (=  Schrift,    d.    Wiss.    Ges. 
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Darius    P*"    ä    Suse   V^   siecle    av.    J.    C. 

Simple   notice.      Paris,    Geuthner,     1914- 

106  S.  8°. 
Syrien  —  Berchem  (M.  van)  et  Edm.  Fatio, 

Voyage  en   Syrie.      T.    i.      XVI,   344   S. 

(3  Karten).    2,  i   (78  Taf.)     (Mem.  Arch. 

Orient,  du  Caire.)   Le  Caire  191 3/14.   Rez. : 

Or.  Litztg.  1914,  II  (R.  Hartmann). 

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fausses  sur  des  objets  provenant  de  Syrie. 

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in  1904 — 1905  and  1909.    Div.  II:  Ancient 

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Div.  III:   Greek  a.  Latin  inscriptions  in 


Syria  by  W.  K.  Prentice.  Sect.  A  p.  4: 
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1914.  LXXIV,  484  S.  80  (18  Krten., 
50  Pläne,  15  Grundrisse).     (8  M.) 

Balkanstaaten  und  Konstantinopel  (Ana- 
tolische  und  Bagdadbahn).  Mit  27  Krtn., 
35  PI.  u.  Grundrissen,  i  Panorama  und 
7  Abb.    8.  Aufl.  (=  Meyers  Reisebücher). 


15 


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ausgeführt  191 1.    Denkschr.  Ak.  Wien  57, 

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Mytilene   —   KuTrapt'aarjs    (N.\    M'jTtA'i^vrj;    xat 

xa-aXrjcp8£ia(Lv  vi^awv.    'Apy.  'Ecp.   1914,    S.  140 

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Nisyros  —  AiafAavxa'pas  (A.  2.),  Ntaüpou  iizi- 
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Bull.  corr.  hell.  38,  S.  71—88  (3  Taf., 
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Pagasae  —  FiawoTCO'jXo;  (N.),  flayaaal  —  Atj- 
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Paros  —  Rösch  (G.),  Altertümliche  Marmor- 
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Rend.  Acc.  Bologna.    Cl.  sc.  mor.  7,  S.  37 
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Münzfunde  aus  Pergamon.  Blätter  f. 
Münzfreunde  49,   10/12. 

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— ,  'Avaaxacpal  xal  Ipeuvai  Iv  ösaaaXfa  xat 
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246  (27  Abb.). 

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S.  4—23  (13  Abb.);  167—185  (11  Abb.)'. 

— ,  E{;  ÖsaaaXt'a;  i-t^pacpcz;.  'Apy. 'Ecp.  1913, 
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Num.  Ztschr.  7,  S.  208 — 20g  (W.  Kubit- 

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Cesano  —  Giglioli  (G.   Q.),  Tomba  di  etä 

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Cesi  —  Giglioli  (G.   Q.),  Di  una  iscrizione 

funebre.    Not.  scavi  1913,  S.  361 — 362. 
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Not.  scavi  1913,  S.  345—346. 
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Crispiano  —  Bendinelli  (G.),  Tombe  italiote 

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Cumae  —  Gabriel  (E.),  Cuma.   Parte  secon- 

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Maiuri  (A.),  Altra  stele  sepolcrale.    Con 

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410  (i  Abb.). 

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leggenda  osca.    Not.  scavi  1913,  S.  472 — 

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Ribezzo  (F.),  La  nuova   »defixio«    osca 

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Cuvio  —  Patroni  (G.),  Anello  ed  armille  di 

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Sergi   (G.),    Die   Etrusker  u.   die   alten 

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Fiesole  —  Galli  (E.),  Scoperta  di  sepolcri 

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(4  Abb.). 
Florenz   —  Galli    (E.),    Scoperta   di   una 

tomba  barbarica  presso  S.  Maria  di  Cover- 

ciano.    Not.  scavi  1913,  S.  225. 

Minto   (A.),  Ära  marmorea  dedicata  a 

Silvano.    Studi  roman.  2  S.  144 — 146. 
Genua  —  Poggi  (G.),  Genova  preromana, 

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(8  Abb.).     (10  1.) 
Grizzana  —  Ducati  (P.),  Rinvenimento  di 

tombe  romane.    Not.  scavi  1913,  S.  325 — 

327  (2  Abb.). 
Gubbio    —   Della   Seta    (A.),    Scoperte   di 

antichitä    presso    la    stazione   ferroviaria. 

Not.  scavi  1913,  S.  284—290  (2  Abb.). 
Herculaneum  —  Matz   (Fr.),   Zum  Tele- 

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Hirpini   —   Carbone   (Cesare),    Nel    paese 

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Macerata,  Giorgetti,   191 3,   198  S.  8°. 
Iglesias  —  Comparetti  (D.),  Iscrizione  greca 

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Ischia  di  Castro  —  GigHoH  (G.  Q.),  Scavi 

in    contrada    Lacetina,    ed    oggetti    quivi 

rinvenuti.      Not.  scavi  1913,    S.  363 — ^yj 

(8  Abb.). 
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Lavinia   the    site    of   ancient    Lanuvium. 

Part.  I — 3.   Am.  Jour.  arch.  18,  S.  18 — 31 

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Latium  —  Massano  (F.),  Scavi  recenti  nel 

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Ancora  a  proposito  della  situla  calcidese 

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Lucania  —  Cardini  (M.),  Intorno  a  un'  an- 


31 


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terari.     Modena  1914.     44  S.  8°. 
Morlupo   —   Paribeni    (R.),    Scavi.      Not. 

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Boll.  Ass.  arch.  rom.  4,   i. 
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foro.      Scoperta  di   taberne  repubblicane 

sotto  l'area  dei  tempio  di  Vulcano.    Scavi 

nella    necropoli,    nell'    area    delle    tombe. 

Not.  scavi  1913,  S.  227 — 240  (11  Abb.); 

295—307   (ii   Abb.);  351—355   (4  Abb.); 

391—404   (8   Abb.);   444—447   (i    Abb.); 

469 — 472  (i  Abb.). 

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Teano  —  Maiuri  (A.),    Rinvenimenti  vari. 
Not.  scavi  1913,  S.  247 — 248. 

— ,  Stele  sepolcrale  con  iscrizione  osca. 
Not.  scavi  191 3,  S.  408 — 409. 
Toscana  —  Pinza   (G.),    Materiali   per   la 
etnologia  antica  toscana-laziale  s.    II  B: 
Rom. 


Trasimenersee  —  Lehmann  (Konr.),  Das 
Schlachtfeld  am  Trasimenischen  See.  Jah- 
resbb.  in  Sokrates  3,  S.  81 — 96. 

Trebia  —  Beloch  (J.),  Die  Schlacht  an  der 
Trebia.     Hist.  Ztschr.  114,  S.  i — 16. 

Fuchs  (J.),  Die  Schlacht  an  der  Trebia. 
Ztschr.  ö.  Gymn.  65,  S.  193 — 222  (i  Krt.) 

Valcamonica  —  Giglioli  (G.  Q.),  Un  iscri- 
zione   di   Valcamonica.     Ausonia    7,    Sp. 

4—5- 
Veji  —  Stefani  (E.),  Scoperte  archeologiche 

al  bivio  della  Cassia  e  della  Clodia.     Not. 

scavi  1913,   S.  385— 391   (5  Abb.). 
Velletri  —  Schneider  Graziosi  (G.),  L'antico 

cimitero  cristiano  di  Velletri.   Bull.  Comm. 

arch.  com.  Roma  41,  S.  225 — 255. 
Venafro  —  Maiuri   (A.),    Iscrizioni  osche. 

Not.  scavi  191 3,  S.  405—407  (2  Abb.). 
Vergiate  —  Lattes  (E.),  Ancora  dell'  iscri- 
zione Lepontina  di  Vergiate.   R.  Ist.  Lom- 

bardo.     Rend.  47,    S.  918 — 921  (2  Abb.). 
Verona  —  Frothingham  (A.  L.),  Discovery 

of  the  Capitolium  and  Forum  of  Verona. 

Am.  Jour.  arch.  18,    S.  129 — 145   (i  Taf., 

7  Abb.). 
Vetulonia  —  a)  II  circolo  del  monile  d'ar- 

gento   e   il   circolo   dei   lebeti   di   bronzo. 

(J.  Falchi,  L.  Pernier.)     b)   Ricerche  sul 

Poggio   di  S.  Andrea.     (A.  Minto.)     Not. 

scavi  1913,  S.  425— 439  (21  Abb.). 
Volterra  —  Ricci  (Com),  Volterra.    2.  ed. 

( =  Collezione     di    monografie    illustrate. 

Ser.  I  a.     Italia  artistica  18).     Bergamo, 

Ist.  it.  d'arti  graf.,  1914.    169  S.  8"  (2  Taf., 

172  S.) 

5.    Nordafrika. 

Bouchier  (E.  S.),  Life  a.  lettres  in  Roman 

Africa.     Oxford,   B.  H.   Blackwell,   191 3. 

128  S.     (3  sh.  6.) 
Cagnat  (R-),  L'armee  romaine  d'Ajrique  et 

l'occupation  militaire  de  l'Afrique  sous  les 

empereurs.    Rez.:  Cl.  Rev.  1914,  S.  105 — 

106  (G.  L.  C);  Rev.  crit.  1914,  19  (M. 

Besnier). 
Carton   (L.),    Dixieme  chronique  archeolo- 

gique    nord-africaine    (1911 — 12).       Rev. 

Tunisienne  1913,  Nr.  96 — 99. 
Homo  (L.),    Les  Romains  en  Tripolitaine  et 

en  Cyrenaique.     Rev.  deux  mondes  1914, 

Mars  15,  S.  389—423. 
Levi  (Dores  Weiß),  L' Africa  settentnonale 

neir  etä  classica  secondo  un'  opera  recente. 

Boll.  Soc.  geogr.  V,  4,  S.  365—384. 
Pachtere   (F.   G.   de),   L'Afrique  du   Nord 

avant  l'histoire  et  au  debut  de  l'histoire. 

I,  2.     Jour.  sav.  1914,   S.  265—269;   303 

-315- 


39 


Bibliographie   19 14  (II  A  5,  6). 


40 


Sann   (G.),  Untersuchungen  zu  Scipios 
Feldzug  in  Afrika.      Berlin,    Diss.,    1914. 
78,  S.  80. 
Archäol.    Funde    i.    J.    1913.       Nordafrika. 
(A.      Schulten.)       Arch.     Anz.      1914, 
Sp.  297— 316  (9  Abb.). 
Beni    Rached    —    Carcopino,    Nouvelles 
decouvertes    recemment    faites    dans    la 
basilique  de  Beni-Rached,  pres  d'Orleans- 
ville.  Ac.  Inscr.  Compt.  rend.  1914,  S.  120 
—126  (I  Abb.). 
C  a  r  t  h  a  g  o — Dessau  (H.) ,  Vergil  u.  Karthago, 
Dido  u.  Anna.     Hermes  49,   S.  508 — 537. 
Monceaux  (P.),  Des  plombs  chretiens  ä 
legendes   latines   et   bilingues   recemment 
decouverts  ä  Carthage.      Bull.   Soc.  Ant. 
France  1913,  S.  316— 317;  348— 349. 

— ■,  Des  sceaux  byzantins  recemment 
trouves  ä  Carthage.  Bull.  Soc.  Ant. 
France  191 3,  S.  363—364;  374—376. 
Constantine  —  Carcopino  (J.),  Note  sur 
un  fragment  epigraphique  recemment  de- 
couvert  ä  Constantine.  Ac.  Inscr.  Comp, 
rend.   1914,  S.  32 — s^. 

Fischer  (Ant.),  Ein  Ausflug  nach  Con- 
stantine, Lambese  u.  Timgad.  Oberholla- 
brunn, Pr.,  1913.  S.  3—20  8". 
Kourba  —  Merlin  (A.),  Note  sur  les  mosai- 
ques  tombales  de  Kourba,  l'ancienne  Cu- 
rubis.  Ac.  Inscr.  Compt.  rend.  1914, 
S.  100 — 104  (2  Abb.). 
Kyrene  —  Mariani  (L.),  L'Aphrodite  di 
Cirene.     Boll.  arte  1914  (4Taf.). 

Die  Venus   von   Kyrene  im   Thermen- 
museum s.  II  B  Rom. 
Libyen  —  Aurigemma  (S.),   I  lavori  della 
Missione   archeologica    Italiana   in    Libia. 
Ausonia  7,   Sp.  59 — 60. 

Bates  (0.),  The  eastern  Libyans.  An 
essay.  London,  Macmillan  &  Co.,  1914. 
40  (12  Krt.,  12  Taf.    loo  Abb.).    (42  sh.) 

Cicerone  (G.),  La  terza  colonia  italiana. 
Notizie  stor.-archeologiche  della  Libia. 
Roma  1913.  (i  PI.  u.  Abb.)  (4  fr.) 
Mactar  —  Chatelain  (L.) ,  Note  sur  les 
dernieres  fouilles  executees  ä  Mactar 
(Tunisie).  Ac.  Inscr.  Comp.  rend.  1914 
S.  37—46  (4  Abb.). 

— ,  Un  bas-relief  de  Mactar.  Rev.  arch. 

23.  s.  379—380. 

Malta  —  Ashby  (T.),  R.  N.  Bradley,  T.  E. 
Peet  and  N.  Tagliaferro,  Excavations  in 
1908 — II  in  various  megaHthic  buildings 
in  Malta  and  Gozo.  Pap.  Brit.  School 
Rome  6    S.  i— 126  (28  Taf.,  28  Abb.). 

Farrugio  (L.),  Melita  del  naufragio  di 
S.  Paolo  e  l'isola  di  Malta.  Conferenza. 
Malta  191 2,  27,  S.  80.   MeHta  del  naufragio 


di  S.  Paolo.    (Notizie  bibliografiche.)    Bull. 

arch.  Dalmata  a.  191 3  suppl.  i,   S.  i — 47. 
Schuchhardt,  Malta.  Ztschr.  Ethnol.  49, 

S.  186—187. 

Vimer  (R.),  Malta  iUMljet.  Zagreb  191 1. 

45.  S.  80. 

— ,  Ne  Mljet  ved   Malta    (Non   Meleda 

ma  Malta).  Zagreb  1913.    38  S.  8°  (2  Taf.). 
Sliten  —  Mariani  (L.),   Musaici  di  Sliten. 

Rend.  Acc.  Lincei  23,  S.  42 — 46. 
Sufetula  —  Merlin  (A.J,  Forum  et  eglises 

de  Sufetula.     Rez. :  Berl.  ph.  Woch.  J914, 

25  (R.  Dehler). 
Thuburnica  —  Carton  (L.),  L'art  indigfene 

sur  les  lampes  de  la  »Colonia  Thuburnica«. 

Mem.  Soc.  nat.  Ant.  de  France  73,  S.  141 

—168  (8  Abb.). 
Tripolis     —     Romanelli     (R.),     Cimetero 

cristiano    rinvenuto    in    vicinanza    della 

cittä  di  Tripoli.     N.  Bull.  arch.  crist.  21, 

S.  76—78  (i  Abb.). 
Tunis  —  Besnier  (M.) ,    Fouilles  et  decou- 
vertes en  Tunisie.    Jour.  sav.  1914,  S.  211 

—225. 

6,    Iberische    Halbinsel. 

Institut  d'Estudis  Catalans.  Anuari  Any  4 
1911/12.  Rez.:  D.  Litztg.  1914,  25  \A. 
Schulten). 

Bouchier  (E.  S.),  Spain  under  the  Roman 
Empire.  Oxford,  Blackwell,  1914.  VII, 
200  S.  8"  (l  Krte.).  (5  sh.)  Rez.:  Athenae- 
um  1914,  II,  S.  log — 110;  Berl.  ph.  Woch. 
19^5,  7  (A.  Schulten). 

Kahrstedt  (U.),  Les  Carthaginois  en  Espag- 
ne.     Bull.  hisp.   16,  3. 

Luquet  (G.  H.),  Art  neoHthique  et  pein- 
tures  rurales  en  Espagne.   Bull.  hisp.  16,  i. 

Archäol.  Funde  191 2 — 1914.  Spanien  und 
Portugal.  (P.  Paris.)  Arch.  Anz.  1914, 
Sp.  316— 389  (59  Abb.). 

Paris  (P.),  Promenades  archeologiques  en 
Espagne.  Paris,  E.  Leroux,  1914.  8° 
(54  Taf.).     (5  fr.) 

Ampurias  —  Cazurro  (Man.)  u.  J.  Esquirol, 
Guia  ilustrada  de  la  ruinas  de  Ampurias 
y  Costa  Brava  Catalana.  La  Escala, 
Esquirol,  1914.  56  S.  8°  (Pes.  2.)  Rez.: 
D.  Litztg.  191 4,  30  (A.  Schulten). 

Balearen  —  Mayr  (Alb.),  Über  die  vor- 
römischen Denkmäler  der  Balearen.  Sitzb. 
k.  b.  Ak.  1914,  6,  68  S.  (13  Taf.,  14  Abb.). 

Ibizi  —  Roman  (Carlos),  Antiguedades 
ebusitanas.  Breve  resena  de  algunos 
hallazqos  arqueol.  Barcelona  191 3.  145  S. 
(10  Taf.).     (15  pes:) 

Merida  —  Paris  (P.),  Promenades  archeolo- 
giques: Merida.     Bull.  hisp.   16,  3. 


41 


Bibliographie   1914  (II  A  6,  7;  II  B). 


42 


Paris  (P.),  Antiquit^s  pre-romaines  de 
Merida.  Ac.  Inscr.  Compt.  rend.  1914,  S. 
127 — 131  (7  Abb.). 
Numantia  —  Herold  (Ed.),  Die  deutschen 
Ausgrabungen  in  und  um  Numantia  (1905 
— 1912).     Blätter  Gymnas.   1914,  3/4. 

Schulten  (Ad.),  Numantia.  Die  Ergeb- 
nisse der  Ausgrabungen  1905 — 1912.  Bd.  I 
Die  Keltiberer  u.  ihre  Kriege  mit  Rom. 
München,  F.  Bruckmann,  1914.  XVI, 
403  S.  4«  (5  Krt.).  Rez. :  Lit.  Ztbl.  igi4,  44 
(H.  Philipp);  Woch.  kl.  Phil,  igiß,  12 
(Philipp);  Berl.  ph.  Woch.  1915,  22 
(E.  Anthes). 

7.  Rußland. 

Archäol.  Funde  i.  J.  1913.  Rußland.  (B. 
Pharmakowsky.)  Arch.  Anz.  1914, 
Sp.  205 — 292  (iii'Abb.). 

Beckers  (W.  J.),  Das  rätselhafte  Hoch- 
gebirge des  Altertums,  die  sog.  Rhipäen. 
Geogr.  Ztschr.  20,  S.  534—557- 

Rostowzew  (M.  J.),  Die  antike  dekorative 
Malerei  im  südl.  Rußland.  Text.  Atlas. 
Bd.  i:  Text.  517  S.  (98  Abb.)  Bd.  2: 
Atlas  (ii2Taf.).  S.Petersburg  1913 — 14  2«. 
[Russ.] 

Dorpat  —  Hausmann  (R.),  Der  Depotfund 
von  Dorpat  s.  I  C:  Balt.  Studien  S.  97 — 
116  (iTaf.). 

Kaukasus  —  Kluge  (Th.),  Historisch- 
Archäologisches  aus  dem  Kaukasus.    Klio 

14,  s.  391—392. 

Margwelaschwili  (T.  v.),  Colchis,  Iberien 

u.  Albanien  um  die  Wende  des  I.  Jahrh.  v. 

Chr.     mit     besonderer     Berücksichtigung 

Strabos.     Halle,  Diss.,  1914.     73  S.  8°. 
Kertsch  —  Michon   (E.),   Un  verre  peint 

trouve  en  1910  ä  Kertsch.    Bull.  Soc.  Ant. 

France  1913,  S.  ■^^J — 387  (i  Taf.,  3  Abb.). 
Olbia  —  Stern  (E.  von),  Eine  hellenistische 

Aschenurne  aus  Olbia  s.  I  C:  Balt.  Studien 

S.  48—56  (I  Taf.). 
Pultawa — Bobrinskoy  (Cte.de),  Sur  letresor 

de  Poltava.    (Mit  Bemerkungen  Michons.) 

Bull.  Soc.  Ant.  France  1913,  S.  317 — 319 

u.  S.  320^322. 

— ,  Le   tresor  de  Poltava.   Mem.    Soc. 

nat.   Ant.   de   France  T.  y^,  S.  225 — 248 

(8  Abb.). 
Skythen   —   Klym    (P.),    Die   milesischen 

Kolonien  im   Skythenlande  bis  zum   HI. 

vorchristl.    Jahrh.       Czernowitz,    Progr., 

1914.  91   S.  8°  (16  Abb.). 

Roßbach   (O.),    Skythenkämpfe.      Berl. 

ph.  Woch.  1914,  41. 

Treidler  (H.),  Die  Skythen  u.  ihre  Nach- 


barvölker.   Arch.  Anthr.  41,  S.  280 — 307 
(2  Krten.). 
Solokha  —  Bobrinskoy,  (A.)   Le  kourgane 
de   Solokha   (Russie   meridionale).      Rev. 
arch.  T.  23,   S.  161 — 163. 

Polovtsoff  (S.),  Une  tombe  de  roi  Scythe 
(tumulus  de  Solokha,  Russie  meridionale). 
Rev.  arch.  T.  23,  S.  164 — 190  (ii  Taf., 
14  Abb.). 

B,  MUSEEN,  SAMMLUNGEN,  AUSSTELLUNGEN. 

Pantheon.  Adreßbuch  der  Kunst-  und 
Antiquitätensammler  und  -händler;  ein 
Handbuch  f.  d.  Sammelwesen  der  ganzen 
Welt,  bearb.  auf  Anregung  von  Jos.  Zen- 
ker.    Eßlingen  1914. 

Prosoroff,  (G.)  Griechische  Museumsver- 
waltung.    Grenzboten  73,  Nr.  18. 

Ritterling  (F.),  Museographie  für  die  Jahre 
1910 — 191 2.  Ber.  Röm.-germ.  Komm.  7 
S.  28—252  (125  Abb.). 

Ruppersberg,  Das  Recht  der  Museen  an 
den  Ergebnissen  der  heimatlichen  Boden- 
forschung. Röm.-germ.  Korrbl.  7,  S.  75 
-76. 

Steiner  (P.),  Wie  stellt  man  Scherbenfunde 
und  Antikaglien  zweckmäßig  aus.-*  Muse- 
umskunde 10,  3  (5  Abb.). 

Sieveking  (Jo.),  Die  Bronzen  der  Sammlung 
Loeb.  Rez.:  Berl.  ph.  Woch.  191 4,  44  (A. 
Hehler). 

Collection  of  J.  Pierpont  Morgan.  Bronzes 
antique  Greek,  Roman,  etc.  including 
some  antique  objects  in  gold  and  silver 
Introd.  and  descriptions  by  Cecil  H. 
Smith.  Paris,  Libr.  centrale  des  beaux 
arts,  1913.     XVI,  55  S.  2»  (66  Taf.). 

Beschreibung  römischer  Altertümer,  gesammelt 
von  Carl  Anton  Nießen  in  Cöln  a.  Rh. 
3.  Bearb.  Rez. :  Berl.  ph.  Woch.  1914,  14 
(W.  Barthel). 

Pagenstecher  (R.),  Die  ■  griechisch-ägypti- 
sche Sammlung  Ernst  v.  Sieglin.  Tl.  3: 
Die  Gefäße  in  Stein  und  Ton,  Knochen- 
schnitzereien. Rez. :  Lit.  Ztbl.  191 5,  Sp. 
51 — 54  (0.  Waser). 

Alba  —  Scarzello  (G.),  Sul  Museo  storico- 
archeologico  d'Alba.  Alba  Pompeia.  5,  5/6. 

Alexandria  —  Cervellini  (G.  B.),  II  museo 
greco-romano  di  Alessandria  d'Egitto. 
N.  Antol.   1914,   1°  maggio  (17  Abb.). 

Amsterdam  —  Smagt  (H.  Van  der),  Kata- 
logus  der  Verzameling  Afgietsels  van 
Beeldhouwwerken  van  de  Rijks-Akademie. 
Amsterdam  1913.     XLVI,  298  S.  8°. 

Athen  —  Amelung  (W.) ,  Schraders  Aus- 
wahl   archaischer    Marmorskulpturen    im 


43 


Bibliographie   1914  (II  B). 


44 


Akropolis-Museum.      N.    Jahrbb.  kl.  Alt. 

18,    S.  83—89  (i  Taf.). 
Matthies  (G.),  Ein  Schalen -Emblem  im 

National-Museum  zu  Athen.  Ath.  Mit.  39, 

S.  104 — 129  (3  Taf.,  9  Abb.). 
Nicole  (G.),   Catalogue  des  vases  peinls 

du  musee  national  d' Athhnes.  Suppl.    Rez. : 

Wach.  kl.  Ph.  1914,  25  (A.  Trendelenburg); 

Berl.  ph.  Woch.  1915,  10  (E.  Buschor). 

Schrader  (H.),  Auswahl  archaischer  Mar- 
morskulpturen im  Akropolismuseum.  Rez. 

Jour.  hell.  stud.  34,  S.  157 — 158  (G.  D.) 

Ztschr.  ö.  Gymn.  65,  S.  23g — 241  (H.  Sitte) 

Lit.  Ztbl.  1914,  Sp.  924 — g2y  (R.  Heberdey). 
Avenches  —  Gruaz  (J.  R.),  Les  vases  cera- 

miques  et  les  marques  de  potiers  du  Musee 

d' Avenches.   Anz.  Alt.  Schweiz.  16,  S.  162 

—163. 
Bari  —  Jatta   (H.),   Tombe   Canosine  del 

Museo  provinciale  di  Bari.   Rom.  Mitt.  29, 

S.  90— 126  (2  Taf.,   17  Abb.). 
Berlin  —  Hülsen  (Chr.),    Invcntario   som- 

mario  del  »codex  Berolinensis«.  Ausonia  7, 

79—100  S.  (5  Abb.). 

Köster    (Ä.),    Die    Glassammlung    des 

Antiquariums  der  Kgl.  Museen.    Saalburg 

1914,  32/33- 

Schröder  (Bruno),  Griechische  Bronze- 
eimer im  Berliner  Antiquarium  (Pro- 
gramm z.  Winckelmannsfeste  der  Arch. 
Ges.  zu  Berlin  74).  Berlin,  G.  Reimer, 
1914.  29,  7  S.  4^  (3  Taf.,  26  Abb.).  (6  M.) 
Kgl.  Museen  zu  Berlin.  Verzeichnis  der 
in  der  Formerei  der  Kgl.  Museen  käuflichen 
Gipsabgüsse  (ägypt.,  Vorderasiat.,  griech. 
u.  röm.  Bildwerke,  sowie  Bildwerke  des 
Mittelalters,  der  Renaissance  u.  Neuzeit). 
BerHn  1914.     VI,   127  S.  8°. 

Bonn  ^ —  Lehner  (H.),  Unedierter  bzw.  ver- 
schollener u.  wiedergefundener  Ocuhsten- 
stempel  des  Bonner  Provinzialmuseums. 
Röm.-germ.  Korrbl.  8,  S.  ii — 13. 

Boston  —  Erwerbungen  des  Museum  of 
fine  arts  in  Boston.  (C.  F.  Fisher,  L.  D. 
Caskey.)  Arch.  Anz.  1914,  Sp.  489 — 506. 
Norton  (Rieh.),  The  Boston  counter- 
part  of  the  Ludovisi  throne.  Jour.  hell, 
stud.  34,   S.  66 — 75   (2  Abb.). 

Brooklyn  —  Goodyear  (W.  H.),  The  pre- 
historic  Egyptian  collection  of  the  Brook- 
lyn Museum.  Brooklyn  Museum  Quar- 
terly.    Vol.  i,  S.  51 — 74  (12  Abb.). 

Budapest  —  HofTmann  (E.),  Harpokrates- 
Statuetten  im  National-Museum  zu  Buda- 
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Mahler,  (E.)  Katalog  der  ägyptologischen 
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zu  Budapest.  (Ungar.)  Budapest  191 3. 
280  S.  8°  (zahlreiche  Textabb.  u.  3  Taf.). 
Rez.:  Philol.  Közlöny  1914,  S.  32y — 28 
(F.  Läng). 
Bukarest  —  Römische  Medaillons  im 
Bukarester  Museum.  Blätter  Münzfreunde 

Jg.  49,.  4- 

Cagliari  —  Taramelli  (A.),  Das  archäolo- 
gische Museum  zu  Cagliari.  Museums- 
kunde 10,   S.  14- — 23. 

Cambridge  —  Jackson  (M.  T.),  Alterations 
in  the  Fogg  Museum,  Cambridge  U.  S.  A. 
Museumskunde  lO,  S.  206 — 214  (9  Abb.). 

Cortona  —  Venuti  (B.  T.),  II  lampadario 
etrusco  del  Museo  di  Cortona.  Giorn. 
arcad.  4  (1913). 

Genf  —  Deonna  (W.),  Une  erreur  de  dessin 
sur  une  coupe  antique  du  Musee  de  Geneve. 
Rev.  et.  grec.     Vol.  27  nr.  121. 

Hannover  —  Provinzial-Museum  Hanno- 
ver. Katalog  der  antiken  Skulpturen  und 
kunstgewerblichen  Geräte  der  Fideikom- 
mißgalerie  des  Gesamthauses  Braun - 
schweig-Lüneburg, . . .  neu  bearb.  v. 
C.  Kühtmann.  Hannover,  Riemschneider, 
1914.     95  S.  8°. 

Heidelberg  —  Duhn  (F.  v.),  Abgüsse  nach 
antiken  Bildwerken  in  Heidelberg.  ö.Ausg. 
Heidelberg,  Hörning,  1913.     170  S.  8». 

Hildesheim  —  Führer  durch  das  Römer- 
Museum  in  Hildesheim.  Der  Silberfund 
von  Hildesheim  mit  12  Taf.  (neu  bearb. 
V.  O.  Rubensohn).  Hildesheim,  Gersten- 
berg,  1914.     31   S.  8". 

Kairo  —  Catalogue  general  des  antiquites 
egyptiennes  du  Musee  du  Caire  51:  Stone 
implements  par  M.  Ch.  T.  Currelly.  71: 
G.  Legrain,  Statues  et  statuettes  de  rois 
et  de  particuliers.  T.  3.  Leipzig,  K.  W. 
Hiersemann,  1914.  103  S.  4"  (53  Taf.). 
(41,60  M.) 

Kassel  —  Bieber  (Marg.),  Casseler  Antiken. 
Verh.  d.  Phil.  52,   S.  99 — lOO. 

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Sauer,  Die  bekannte  kleine  Bronzenike 
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S.  96. 

Königsberg  —  Wagner  (E.),  Die  griechi- 
schen u.  römischen  Porträts  unter  den 
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1913.  30  S.  8°. 

Kopenhagen  —  Lang  (M.),  Rundes  Terra- 
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1913.     191   S.  8°. 

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Album  in  4"  de  34  pl.  en  noir  et  13  pl.  en 
couleur.  (10  fr.) 
Madrid  —  Dehn  (G.),  Die  Statue  des  Joven 
Orador  in  Madrid  (zu  Jahrbuch  27, 
199).  Jahrb.  Arch.  Inst.  29,  S.  121 — 122. 
München  —  Erwerbungen  der  Antiken - 
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ters, J.  Sieveking  u.  G.  Habich.)     Arch. 

Anz.  1914,  Sp.  453—476  (17  Abb.). 
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103  (6  Taf.). 
Neapel  —   Morin-Jean,   Representation   d' 

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musee  de  Naples.     Rev.  et.  grec.  27,  122. 
Spinazzola  (O.),  Di  un  rinoceronte  mar- 

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191 3.     Arch.  Anz.   1914,  S.  485 — 489. 
Herford  (M.  A.   B.),  A  cup  signed  by 

Brygos  at  Oxford.     Jour.   hell.   stud.  34, 

S.  106— 113  (i  Taf.,  2  Abb.). 
Paris  —  Musee  du  Louvre.     Departement 

des  antiquites  grecques  et  Romaines.    Ac- 

quisitions  de  l'annee  1913  (Heron  de  Ville- 

fosse   et    E.    Michon).       Bull.    Soc.    Ant. 

France  191 3,  S.  397—407  (i  AbbP). 
Reggio  —  Putorti  (N.),  Terrecotte  inedite 

del     Museo     civico     di     Reggio -Calabria. 

Neapolis  i,  3/4. 
Rom  —   Beazley    (J.   D.),   The   master   of 

the    Achilles    amphora    in    the    Vatican. 

Jour.  hell.  stud.  34,  S.  179—226  (4  Taf., 

31  Abb.). 

Gradara    (C),    I   sarcofagi   Vaticani   di 

Sant  Elena  e  di  Santa  Costanza.    N.  Bull. 

arch.  crist.  21,  S.  43—49  (i  Taf.,  2  Abb.). 
Heibig  (W.),    Führer   durch  die  öffentl. 

Sammlungen    klass.    Altertümer    in   Rom. 

3.  Aufl.  Rez. :  D.  Litztg.  1914,  Sp.  1708— 

1711  (L.  Pollak);  Bull.  Comm.  arch.  com. 

Roma  41,  S.  273  (G.  Pinza). 

Nogara    (B.),    La    testa    di    bronzo    di 

Augusto  deila  Biblioteca  Vaticana.  Rom. 

Mit.   29,   S.   186—193    (3  Taf.,    I   Abb.). 
Paribeni    (R.),    Nuovi    monumenti    del 

museo    nazionale    romano.       Boll.    d'arte 

1914- 

— ,  Statuina  di  Cristo  del  Museo  Nazio- 
nale Romano.     Boll.  d'arte  8,  11. 

Museo  etrusco  gregoriano.  G.  Pinza, 
Mater iali  per  la  etnologia  antica  toscana- 
laziale.  T.  I.  ( =  Collezioni  arch.,  art.  e 
numis.  dei  palazzi  apostolici.  Vol.  7.) 
Milano,  Hoepli,   191 5.     2°. 

Die  Sammlung  Hertz  in  Rom.  Kunst- 
chron.  26,  32. 

Schneider  Graziosi  .  (G.),  Nuovi  incre- 
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— ,  La  nuova  sala  Giudaica  nel  Museo 
cristiano  Lateranense.  N.  Bull.  arch. 
crist.  21,  S.  13—56  (i  Tai). 

Die  Venus  von  Kyren'e  im  Thermen - 
museum.     Kunstchronik  26,   i. 

Rouen  —  Esperandieu  (E.),  Note  sur  un 
bronze  grave  du  Musee  de  Rouen.  Rev. 
arch.  23,  S.  337—340. 

Straßburg  —  Denkmäler  der  elsässischen 
Altertumssammlung  zu  Straßburg  im 
Elsaß.  Von  der  neolithischen  bis  zur 
karolingischen  Zeit.  Hrsg.  v.  Rud.  Hen- 
ning. Straßburg  1912.  72  S.  2°  (65  Taf.). 
(35  M.)  Rez.:  Sokrates  3,  S.  155— ^57 
(Fr.  Koepp). 

Trient  —  Roberto  (G.),  La  raccolta  archeo* 
logica  »Monsignor  Francesco  de  Pizzini« 
al  Civico  Museo  di  Trento.  Arch.  Trent. 
29,  S.  201 — 220. 

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Planetenvase  im  Prov.-Mus.  zu  Trier. 
Röm.-germ.  Korrbl.  8,  S.  I — 9  (7  Abb.). 

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gisch-kunstgeschichtliche Institut  und  das 
kunstgeschichtliche  Museum  der  Univer- 
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Zagreb  —  Brunämid  (J.),  Die  antiken  figür- 
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arheol.  druätva  13,  S.  207^268(168  Abb.). 

Zürich  —  Blümner  (H.),  Führer  durch  die 
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138  S.  8°.     (2M.) 

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Ah  rem    (Max),   Das  Weib   in   der  antiken 

Kunst.     Jena,   E.  Diederichs,   1914.     IV, 

320  S.  4°  (295  Taf.  u.  Abb.).     (12  M.) 
Annuario  della  Regia  Scuola  archeologica 

di    Atene    et    delle    Missioni    italiane    in 

Oriente.   Vol.  i.    Bergamo,  Ist.  ital.  d'arti 

graf.,-  19 14.     40. 
Barnes   (A.   S.),   The  early  church  in  the 

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(with  many  illustr.). 
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I  Abb.) 

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tik.    Ztschr.  Äst,  7,   S.  82—103. 

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G.  B.  Paravia,  1914.    31  S.  8°  (mit  Abb.). 

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324  _S.  8".     (8M.) 

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Vortrag.  Hum.  Gymn.  25,  S.  166 — 187 
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Rez.:  Berl.  ph.  Woch.  1914,  Sp.  661 — 664 
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— ,  Handbuch  der  Archaeologie.  I.  Bd. 
I.  Lief.  1913.  Philol.  Közlöny  1914,  S. 
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Flammarion,   1914.     (l   fr.   50.) 

— ,  Questions  d'archeologie  religieuse  et 
symbolique.  3 :  L'homme  astrologique  des 
»Tres  Riches  Heures«  du  Duo  de  Berry. 
4:  Baubo.  Rev.  bist.  rel.  69,  S.  183 — 206 
(10  Abb.). 

— ,  Unite  et  diversite.  Rev.  arch.  T.  23, 
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S.  329 — 488  (105  Abb.);  fasc.  49:  Tri- 
umphus— Vasa.  S.  489— -648  (222  Abb.). 
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kl.  Ph.  1914,  48  (P.  Goeßler);  D.  Litztg. 
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Die  frühe  Eisenzeit  im  ägeischen  Gebiet. 
Kunstchronik  26,  3/4. 

Feldhaus  (F.  M.),  Die  Technik  der  Vorzeit, 
der  geschichtl.  Zeit  u.  der  Naturvölker. 
Ein  Handb.  f.  Archäologen  u.  Historiker, 
Museen  u.  Sammler,  Kunsthändler  u.  An- 
tiquare. Berlin  u.  Leipzig,  W.  Engelmann, 
1914.  XV,  1406  Sp.  4°  (873  Abb.). 
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Hrsg.  von  H,  Konerth.  2.  Bd.  (Darin: 
Über   die   Kunsttheorie   der   Griechen   u. 


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— ,  The  Holkham  head.   A  reply.    Jour.  hell. 

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Greek  ideal.     London,  Heinemann,   1914- 

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Weller  (Ch.  H.),  A  new  restoration  of  the 

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Winter    (Fr.),    Griechische    Skulptur    des 

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Woelcke    (Karl),    Dornauszieher-Mädchen. 

Ein   Terrakottafragment   aus    Nida-Hed- 

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Abb.). 
HuYYOTrouXos    ('A.),    flXag    tpar.Krfi   ^piaTiavixrj?. 

'Apy.  'Ecp.      1914,      S.    70  —  84;      260—264 

(2  Abb.). 

D.  MALEREI,  VASENMALEREI,  MOSAIKEN. 
I.  Allgemeines. 

Denkmäler  der  Malerei  des  Altertums. 
Hrsg.  V.  P.  Herrmann.  Ser.  I.  Lfg.  i3/i4- 
München,  F.  Bruckmann,  191 5.  (Je 
20  M.) 

Poulsen  (Fr.),  Die  dekorative  Kunst  des 
Altertums  s.   III  A. 

Raehlmann  (E.),  Die  blaue  Farbe  in  den 
verschiedenen  Perioden  der  Malerei  u.  ihre 
kunstgeschichtliche  Bedeutung.  Mikroche- 


63 


Bibliographie   1914  (III  D   i,  2,  3,  4). 


64 


mische  Untersuchungen  über  die  gelbe 
Farbe.  Museumskunde  9,  S.  224 — 232  u. 
10,   S.  34—41. 

2.  Orient  und  Ägypten. 

Borchardt     (L.),     Das     Grabdenkmal    des 

Königs  Sahu-re.     Bd.  2:  Die  Wandbilder. 

Rez. :  Lit.  Ztbl.  1914,  36  (G.   Röder). 
Budge  (E.  A.  WalHs),  Wall  decorations  of 

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Moulton    (W.    J.),    A   recently   discovered 

painted  tomb  s.   IIA  2:  Palästina. 

3.  Prähistorische    und  my kenische. 

Forsdyke  (E.  J.),  The  pottery  called  Miny- 
an  Ware.  Jour.  hell.  stud.  34,  S.  126 — 
156  {13  Abb.). 

Reisinger  (E.),  Kretische  Vasenmalerei 
vom  Kamares-  bis  zum  Palaststil.  Rez. : 
Berl.  ph.  Woch.  1914,  Sp.  948 — 952  (Hub. 
Schmidt);  D.  Litztg.  191 5,  20  (0.  Waser). 

4.  Griechisch-römische. 

A  red-figured  amphora  signed  by  the  potter 

Meno.       A    red-figured    stamnos    of    the 

Periklean  period.      Museum-Journ.    5,    l- 
Beazley  (I.  D.),  The  master  of  the  Stroga- 

noff  Nikoxenos  vase.  Ann.  Brit.  School  19, 

S.  229 — 247   (4  Taf.). 
— ,  The  master  of  the  Achilles  amphora  in 

the  Vatican  s.   II  B:  Rom. 
Bendinelli  (G.),  Un  frammento  di  cratere 

da    Taranto    con    rappresentazione    degli 

inferi  s.   IIA.  4. 
Biasiotti  (G.)  e  S.    Pesarini,    Pitture    del 

XII  secolo  s.   II  4:  Rom. 
Bienkowski   (P.),  La  decorazione  plastica 

deli  askoi  apuli  s.  II  A  4. 
Bulle  (H.),  Der  Bau  der  Akropolismauer  auf 

einem  Vasenbilde  s.  IC:  Festgabe  Blüm- 
ner (3  Abb.). 
Buschor    (Ernst),   Griechische  Vasenmale- 
rei. 2.  Aufl.  (=  Klassische  Illustratoren  5). 

München,    Piper  &  Co.,   1914.     229  S.  8" 

(163  Abb.).     (6M.) 
— ,  Griechische  Vasenmalerei.    Rez. :  Berl.  ph. 

Woch.  1914,  Sp.  883—885  (Fr.  Behn). 
Cardini  (M.),    Intorno  a  un'  anfora  lucana 

s.   II  A4. 
Caskey  (L.  D.),  Two  geometric  amphorae 

from  Thera  s.   II  A  3. 
Comparetti    (D.),    Le  imagini  di  Virgilio 

e  i  primi  sette  versi  dell^  Eneide.    Atene  e 

Roma.     183/184. 


Cooke  (P.  B.  M.),  The  paintings  of  the  Villa 

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Della    Seta  (A.),  Vasi  di  Campagnano  s. 

II  A4. 
Deonna  (W.),  Une  erreur  de  dessin  sur  une 

coupe  antique  s.   II  B:  Genf. 
Ducati    (P.),    La    pittura    funeraria    degli 

Etruschi  s.   II  A  4. 
Feihl  (Eugen),   Die  ficoronische  Cista  und 

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Rez. :  Berl.  ph.  Woch.  1914,  38  (H.  Blüm- 
ner). 
Festa  (V.),   Penelope  elisiaca.?     Neapolis  i 

S.  142—143. 
Fornari  (F.),  II  ritratto  di  Virgilio.     Boll. 

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Frucht    (H.),    Die    signierten    Gefäße    des 

Duris.   München,   Diss.,    1914.      80  S.   8°. 
Graef  (B.),  Die  antiken  Vasen  von  der  Akro- 

polis  s.   II  A  3. 
Guimet  (E.),  Lesportraits  d'Antinoe  s.  II  B. 
Hartwig  (P.),  II  carro  diAdmeto,  una  rara 

pittura  vascolare.    Ausonia  7,  S.  107 — 108 

(I  Taf.). 
Hauser  (F.),  Orpheus  u.  Aigisthos.    Jahrb. 

arch.  Inst.  29,  S.  26 — 32  (5  Abb.). 
Herford  (M.  A.  B.),  A  cup  signed  by  Brygos 

at  Oxford  s.   II  B. 
Keller  (Ludw.),  Ein  klassisches  Dokument 

aus  der  Symbolik  der  antiken  Kulturver- 
eine.    Monatsh.  Comenius-Ges.  f.  Kultur 

1914,  S.  74-78  (I  TaL). 
Koch  (Herb.),  Zu  den  Metopen  von  Thermos 

s.   II  A3. 
Koepp  (Fr.),  Das  Gemälde  der  Schlacht  bei 

Oinoe  in  der  Stoa  Poikile  zu  Athen.    Rh. 

Mus.  69,   S.  160 — 169. 
Laistner    (M.   L.   W.),    Geometric   pottery 

at  Delphi  s.   II  A  3. 
Leonhard  (W.),  Kleagoras  vonPhlius,  ein 

Maler  des  V.  Jahrh.    Ath.  Mit.  39,  S.  144 

—^47-  . 
— ,  Mosaikstudien   zur  Casa   del   Fauno    in 

Pompeji  s.   II  A  4. 
— ,   Über    eine    tarentinische    Scherbe    mit 

mythologischer  Scene  s.  II  A4. 
Leroux  (G.),   Lagynos.      Recher ches  sur  la 

ceramique  et  l'art  ornemental  hellenistiques. 

Rez.:  Berl.  ph.   Woch.  1914,  Nr.  26  (Fr. 

Behn);  Lit.  Ztbl.  1914,  48  (H.  Ostern). 
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Geschichte   der   Pferdedarstellung   in   der 

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1914.     30  S.  40. 
Löwy  (E.),  Zur  Aithiopis.     N.  Jahrbb.  kl. 

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Macchioro  (V.),  Derivazioni  pittoriche  da 

un    ditirambo    di    Ion.       Neapolis    2,    3. 


65 


Bibliographie   1914  (III  D  4 ;  III  E   1). 


66 


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Matz  (Fr.),  Zum  Telephosbilde  aus  Hercu- 
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Maybaum  (J.),  Tragische  Szene  auf  einem 
kampanischen  Glockenkrater  des  vierten 
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der  Hellenisierung,  mit  besonderer  Be- 
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marins  sur  les  vases  italiotes  s.  II  B: 
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strationen. Rez. :  Lit.  Ztbl.  igi4,  25  (H. 
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hardt) ;  Berl.  ph.  Wach.  1915,  21  (F.  Koepp). 

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— ,  Une  nouvelle  representation  de  la  co- 
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Patroni  (G.),  L'Insomnium  di  Didone  rico- 
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Perrot  (G.),  LaC^ramiqued'Ath^ness.  III A: 
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(0.  Engelhardt). 
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Zeffiro  e  Clori  s.   II  A  4. 

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E.  KLEINKUNST. 
I.  Allgemeines. 

Antike  und  byzantinische  Kleinkunst  s.  IE: 

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(>7 


Bibliographie   19 14  (III  E  2,  3,  4). 


68 


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Falchi  (J.)  eL.  Pernier,  II  circolo  del  monile 

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Giannopoulos  (N.  J.),  Bronzener  Helm  s. 

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Götze    (A.),     Die     Kunstfertigkeit    vorge- 
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32/33- 
Der  Goldschatz  von  Illahun  s.  II  A  2. 
Gummerus   (H.),   Das  Goldschmied-  und 

Juweliergewerbe  s.   II  A4. 
Heron     de     Villefosse,    Une    coupe    du 

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Matthies  (G.),  Ein  Schalenemblem  s.  II  B: 

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Müller  (L.),  Der  altgermanische  Goldfund 

am  Finowkanal.    Himmel  u.  Erde  Jg.  26, 

S.  29—36. 
riaTiraSaxt;   (N.),    IItuxtov   xaxoTrrpov    i't.  Srjßuiv 

s.   II  A3. 
Patroni  (G.),  Anello  ed  armille  di  bronzo 

s.   II  A4:  Cuvio. 
Pösta   (B.),    Die  griechische   Bronzehydria 

von  Bene,  Comitat  Bereg.    Dolgozatok  az 

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Der  Silberfund  von  Hildesheim  s.  II  B: 
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Smith  (C.  H.),  Bronzes  antique  Greek 
Roman  s.   II  B:  CoUection  P.  Morgan. 

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Sokrates  2,  5.  42y — 430  (R.  Pohl);  Lit. 
Ztbl.  igi4,  24  (H.  Ostern). 

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Kolberg,  Ein  altchristl.  Goldglas.  Rom. 
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Michon  (F.),  Un  verre  peint  s.  II  A7: 
Kertsch. 

4.  Ton. 

Anthes,  Sigillata  mit  Innenverzierung. 
Röm.-germ.  Korrbl.  7,  S.  26 — 27  (2  Abb.). 

Behrens  (G.),  Zur  »rotbemalten«  Ware. 
Röm.-germ.  Korrbl.  7,  S.  70 — 71  (2  Abb.). 

Carton  (L.),  L'art  indigene  sur  les  lampes 
de  la  »Colonia  Thuburnica«  s.  II  A  5. 

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Fimmen  (D.),  Eine  neue  attische  Archon- 

tenliste  s.   II  A  3. 
FiajJiaX^STj;    (X.),    E{c    'ETitoaüpov)    iTriypotcpa;    s. 

IIA3. 
rtavv(5iTouXoc  (N.),  0£(J5aXta;  IraYpotcpat  s.  II  A3. 
— ,  'TrraTT];   iTTt^pa^at';    Et?  öeaaaXt'aj  ^Tctypacpa;   s. 

II  Aß. 
Gregoire  (H.),   En  marge  d'un  texte  del- 

phique  s.   II  A  3. 
Heath     (R.    M.),    Proxeny    decrees    from 

Megara  s.   II  A  3. 
'Hp£io)~rji:  (11.),   Yäz  Alyv^rii  Iziypotcpi^v  $.    II  A  3. 
Hiller  (Fr.),  'ETZi^pacpal 'Pooou,  No(;ou, 'ApxaSi'ac 

s.    II  A3. 
Holleaux  (M.),  Beeret  des  auxiliaires  cre- 

tois    de    Ptolemee   Philometor   s.    II  A3: 

Delos. 
— ,  Note  sur  deux  decrets   d'Abdere  s.    II 

A3.. 
Jerphanion   (G.   de),    Inscriptions  byzan- 

tines  s.   II  A3:  Urgub. 
Inscriptiones  graecae  consilio  et  auctori- 

tate  Academiae  litt.  reg.  Borussicae  editae. 

Vol.  XI,  fasc.  4:  Inscriptiones  Deli.  fasc.  4: 

Inscriptiones  Deli  liberae,  decreta,  foedera, 

catalogi,  dedicationes,  varia  ed.  P.  Roussel. 

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REGISTER. 


=  Autor  einer  Rezension.    "** 


L  AUTOREN. 

Autor   einer   rezensierten  Schrift.    Die  eing'eklammerten  Zahlen   deuten   an,   wie  oft 
der  Name  auf  derselben  Seite  erscheint. 


Abel  (F.  M.)  10,  ii**,  55 

Abt  (A.)  56 

Achelis  (H.)  47 

Adinolfi  (A.)  28,  53 

Ahrem  (M.)  47 

Albini  (G.)  75 

Albizatti  (C.)  68 

Alessandri  (G.  de)  29 

Alexanderson  (A.  M.)  84** 

Alföldi  (A.)  75* 

Allard  (P.)  54 

Alt  (A.)  12  (2) 

Aly  (W.)  83* 

Amelung  (W.)  42,  51*,  56,  57*,  58 

Anderson  (J.  G.  C.)  17,  77 

Anson  (L.)  69 

Anthes  (E.)  41*,  68  (2),  68* 

Antonielli  (U.)  84 

'ApßaviTOTio'jXXo;  ('A.)    20,  26  (4), 

72  (2) 
Armini  (H.)  75 
Arndt  (P.)  58 
Artner  (F.)  25 
Asboeck  (A.)  25 
Ashby  (Th.)  33  (2),  40 
Aßmann  (E.)  67 
Aurigemma  (S.)  39 
Avezou  (Ch.)  26,  74 
Babbitt  (F.  C.)  77 
Babelon  (E.)  70** 
Baedeker  (K.)  14 
Baege  (W.)  78** 
Baggini  (C.)  84 
Baldes  84 
Bang  (M.)  33,  75 
Bannier  (W.)  20*,  72  (2) 
Barnes  (A.   S.)  47 
Barocelli  (F.)  36,  67 
Barrera  (P.)  28,  56,  57  (2),  78,  84 
Barthel  (W.)  i,  42* 
Bartoccini  (R.)  33,  57 
Bartoli  (A.)  33 
Bates  (0.)  39 
Bates  (W.  N.)  i   (2),  2 
Baumstark  (A.)  57 


Beazley  (J.  D.)  46,  63  (2) 

Beckers  (W.  J.)  41 

Beer  (H.)  72 

Bees  (N.  A.)  21*,  72 

Behn  (F.)  27*,  63*,  64*,  85 

Behr  (v.)  33* 

Behrens  (G.)  68 

Bell  (C.)  47 

Bell  (G.  L.)  14**,  53 

Bell  (H.   I.)  7 

Beloch  (J.)  38 

Bendinelli    (G.)   29,    37    (2),    63, 

65 
Berchem  (M.  van)  13** 
Berlage  (J.)  48 
Berndt  (R.)  16*,  24* 
Bernicoli  (S.)  32 
BepaaxT);  (<I).)  19,  57 
Berzeviczy  (A.  v.)  15 
Besnier  (M.)  5,  38*,  40 
Bezold  (C.)  10 
Bianchi  (E.)  15 
Bianchi  (L.)  78 
Biasiotti  (G.)  33,  63 
Bicknell  (C.)  26 
Bieber  (M.)  44  (2),  54,  57  (3) 
Bienkowski  (P.  de)  28,  57,  63 
Birnbaum  (A.)  54 
Bissing  (F.  W.  Freiherr  v.)  6*,  6, 

7**,  II,  22*,  45*,  48,  56**,  56 

(2) 
Blackman  (A.  M.)  7,  12,  53 
Blinkenberg  (Chr.)  23**  (2),  72  (2) 
Blümner  (H.)  17*  (2),  24*,  45*,  47, 

•    51*,  64*,  84 
Blum  (G.)  19,  24,  72 
Blumenthal  (F.)  78 
Bobrinskoy  (C.  de)  41   (2),  42 
Börner  (W.)  48 
Boetzkes  (R.)  78 
Boll  (F.)  78 
Bombe  (W.)  31 
Bongioannini  (E.)  48 
Boni  (G.)  33  (2),  48 
Borchardt  (L.)  7,  63** 


Borinski  (K.)  48 
Bormann  (E.)  33,  75 
Bosch-Gimpera  (P.)  15 
Bouchier  (E.   S.)  38,  40** 
Boulanger  (A.)  17 
Bourguet  (E.)  19,   19**,  72 
Bradley  (R.  N.)  39 
Brandenburg  (E.),  6,  36,  53,  56*, 

79* 
Brause  (J.)  21,  84 
Breccia  (E.)  9 
Brehier  (L.)  48 
Brinkmann  (A.)  24,  78 
Brueckner  (A.)  17,  57 
Brunsmid  (J.)  47,  67,  70 
Brunswick  (F.)  35,  78 
Bruun  (L.)  6 

Buckler  (W.  H.)  25,  72,  78 
Buday  (A.)  75** 
Budge(E.  A.  W.)7(3),9,  45(2), 

45**,  58  (2),  63 
Büchner  (V.  F.)  11 
Bulanda  (E.)  84** 
Bulle  (H.)  3**,  17,  47,  48,  48**  (2), 

63 

Burckhardt- Biedermann  (Th.)   70 

Buren  (A.  W.  van)  57** 

Burgers  (F.  W.)  70I 

Buschor  (E.)  43*,  63,  63** 

Butler  (H.  C.)  13,  25,  53 

Byvanck  (A.  W.)  29 

Cagiati  (M.)  32 

Cagnat  (R.)  38**,  75  (2),  85* 

Campbell  (Th.  R.)  15,  72 

Cancogni  (D.)  57 

Cantarelli  (L.)  31 

Capart  (J.)  7  (2),  48  (2) 

Capelle  (W.)  7 

Carbone  (C)  30 

Carcopino  (J.)  39  (2),  75  ' 

Cardinali  (G.)  24 

Cardini  (M.)  30,  63 

Carl  (L.)  13 

Carolidis  (P.)  78 

Cart  (W.)  54 


89 

Register. 

90 

Carton  (L.)  38,  40,  68 

AiajuavTofpa«  (A.  2.)  24,  73 

Fox  (W.  S.)  46 

Casagrandi  (V.)  29**,  70 

Dickins  (G.)  58  (2) 

Fränkel  (Ch.)  79** 

Caskey  (L.  D.)  26,  43,  63 

Diels  (H.)  49** 

Frank- Kamenetzky  (J.)  79 

Caspari  (M.  0.  B.)  17 

Diest  (W.  V.)  24** 

Frazer  (J.  G.)  79** 

Casson  (S.)  23  (2),  57 

Dietze  (J.)  79 

Fregni  (G.)  31 

Caton  (R.)  21,  84 

Dieulafoy  (M.)  11*  53,  54 

Frey  (D.)  31 

Cauer  (P.)  26*,  80* 

Dodd  (C.  H.)  70 

Friedländer  (P.)  6,  79 

Cavaignac  (E.)  7 

Dörpfeld  (W.)  21,  24 

Frimmel  (F.  v.)  10 

Caylus  (A.  Cl.  Ph.  C.  de)   26,  27 

Domaszewski  (A.  v.)  17**,  27,  58 

Frothingham  (A.  L.)  34  (2),  38,  54, 

Cazurro  (M.)  40 

Dostal  (J.)  67 

58(3) 

Cervellini  (G.   B.)  42 

Douglas  (N.)  29 

Frucht  (H.)  64 

Chapot  (V.)  48  (2) 

Dragendorff  (H.)  17 

Fuchs  (J.)  38 

Chatelein  (L.)  39  (2),  57 

Drerup  (E.)  4*,  49 

Furtwängler  (A.)  4**,  58** 

Chaumeix  (A.)  3 

Ducati  (P.)  30  (2),  31,  49,  64 

Gabnay  (F.  v.)  84 

Cheesman  (G.  L.)  17,  75,  84 

Duhn  (F.  V.)  28,  44,  49,  58 

Gabriel  (E.)  29 

Chipiez  (Ch.)  51,  65,  69 

Dussaud  (R.)  49**,  79,  79** 

Galahad  22** 

Ci|ceri  (E.)  37 

Ebert  (M.)  67 

Galassi  (G.)  32,  58 

Cicerone  (G.)  39 

Eckinger  (Th.)  4**,  58 

GaUi  (E.)  28,  30  (2),  76 

Cirilli  (R.)  78** 

Edgar  (C.  C.)  7 

Gardiner  (H.  A.)  14 

Clark  (F.  E.)  16 

Eichler  (F.)  73 

Gardner  (P.)  50** 

Cledat  (J.)  II,  68 

Eisler  (R.)  79 

Gardner  (R.)  27 

Clemen  (C.)  78 

Elter  (A.)  17,  73 

Gardthausen  (V.)  72 

Clemen  (P.)  50* 

Engel  (F.  J.)  68 

Gatti  (F.)  I 

Colburn  (G.  B.)  30 

Engelhardt  (0.)  65**  66*,  80* 

Gatti  (G.)  34 

Collignon  (M.)  19** 

Erbacher  (K.)  84 

Gauckler  (P.)  34** 

Colvin  (S.)  57 

'HpetwTTjc  (Fl.)  17,  73 

Geffcken  (J.)  79* 

Comparetti  (D.)  30,  63,  73 

Esdaile  (K.  A.)  45,  58 

Gehrich  (G.)  79** 

Constans  (L.  A.)  33,  36 

Esperandieu  (E.)  47,  58**,  67 

Geiger  (F.)  78* 

Contenau  (C.)  10**,  78 

Esquirol  (J.)  40 

Gercke  (A.)  34,  80 

Cook  (A.  B.)  78** 

EüaYyeXfor];  (A.)  20,  69,  73 

Gerin  (P.)  70 

Cooke  (P.  B.  H.)  32,  64 

Evans  (A.  J.)  6* 

Gerloff  (0.)  51**,  60 

Corradi  (G.)  37* 

Fabia  (Ph.)  54*,  60*  (2),  75 

Gerstfeldt  (0.  v.)  27 

Correra  (L.)  37,  70 

Falchi  (J.)  38,  67 

Gervasio  (M.)  28** 

Corssen  (P.)  78 

Farneil  (L.  R.)  79 

riafJiaXtSr,;  (X.)  20,  73 

Costa  (E.)  75 

Farrugio  (L.)  39 

Gianelli  (G.)  80 

Costa  (G.)  31 

Fatio  (E.)  13** 

Giannopoulos  (N.   J.)  20,   21,  24, 

Costanzi  (V.)  26,  28,  48 

Fechheimer  (H.)  8,  14,  56  (2) 

26  (3),  58  (2),  67,  73  (2) 

Courcelle-Seneuil  (J.  L.)  78 

Feihl  (E.)  64** 

Giglioli  (G.  Q.)  28,  29  (3),  30,  38, 

Coutil  (L.)  67 

Feist  (S.)  49 

76  (2) 

Cramer  (F.)  54 

Feldhaus  (F.  M.)  49 

Giovannoni  (G.)  28,  34,  54** 

Cros  (G.)  14 

Ferguson  (W.   S.)  17** 

Glotz  (G.)  19 

Cumont  (F.)  29,  54,  78,  78** 

Ferrabino  (A.)  79 

Götze  (A.)  67 

Currelly  (M.  Ch.  T.)  44,  48  (2) 

Festa  (V.)  64 

Goeßler  (P.)  28*,  49* 

Curtis  (C.  D.)  32,  53 

Ficker  (J.)  49 

Goodyear  (W.  H.)  8,  43 

Curtis  (J.)  85 

Fiechter  (E.  R.)  4**,  27,  54**(2), 

Gothein  (M.  L.)  50** 

Curtius  (L.)  48,  56* 

55*.  86 

Gotto  (B.)  56 

Cybulski  (S.)  70** 

Fiedler  (K.)  49 

Gow  (A.  S.  F.)  84  (2) 

Dalman  (G.)  5,  12  (2),  73 

Filier  (E.)  27 

Gradara  (C.)  46,  59 

Daniel  (W.   Br.  Mc.)  29 

Fimmen  (D.)  18,  73,  79,  84 

Graef  (B.)  18,  64 

Darier  (G.)  33,  67 

Finaly  (G.)  75* 

Graf  (R.)  86 

Dattari  70 

Finke  (H.)  75  (3) 

Graffunder  (P.)  31*,  32*,  35* 

Dawkins  (R.  M.)  22,  57 

Finsler  (G.)  50 

Graindor  (P.)  16,  59 

Dechelette  (J.)  48 

Fischer  (A.)  39 

Gregoire  (H.)  20,  73,  80 

Decourdemanche  (J.  A.)  7,  70 

Fischer  (E.)  15 

Greif  (F.)  85 

Deherain  (H.)  14 

Fischer  (W.)  85,  85** 

Grenier  (A.)  28,  28** 

Dehn  (G.)  45.  57 

Fisher  (C.  F.)  43 

Griffith  (W.  L.)  7 

Delatte  (A.)  79 

Fölzer  (E.)  68** 

Grimme  (H.)  9,  56 

Delbrueck  (R.)  27,  34**,  57   (2), 

Förster  (R.)  58  (2) 

Gröseling  (J.)  34 

58** 

Förtsch  (W.)  79 

Groh  (F.)  18** 

Della  Corte  (M.)  32  (2),  32** 

Folnesics  (H.)  34                  ; 

Groot  (J.  de)  12 

Della  Seta  (A.)  29,  30,  48**,  64 

Formige  (J.)  54**.  86 

Grosse  (R.)  85*  (2) 

Deonna  (W.)  3**.  44.  49  (S).  58, 

Fornari  (F.)  58,  64,  79 

Grote  (K.)  85 

64,  68,  79 

Forsdyke  (E.  J.)  63,  68 

Gruaz  (J.  R.)  43,  68 

Dessau  (H.)  33,  39,  75  (3) 

Foucart  (P.)  79** 

Gruppe  (0.)  79*  (2) 

Dessoir  (M.)  49 

Fowler  (W.  W.)  79 

Guebhard  (A.)  68 

91 


Register. 


92 


Guimet  (E.)  9,  64 

Hoorn  (G.  van)  80 

Koldewey  (R.)  10,  10** 

Guimet  (R.)  45 

Hopfner  (Th.)  80 

Kompter  (H.  0.)  19 

Guldencrone  (D.  de)  27 

Hourticq  (L.)  50 

Konerth  (H.)  49 

Gummerus  (H.)  27,  67,  84** 

Hrozny  (F.)  10 

Kornemann  (E.)  34,  54 

Gunning  (Ph.  G.)  21** 

Hübner  (F.)  80 

KoupouvHOTTjS  (K.)  18,  19,  25 

Gurlitt  (L.)  76 

Hübner  (P.  G.)  59** 

Kranz  (W.)  81 

Gutkind  (E.)  53 

Hülsen  (Chr.)  4,  34,  43, 

59* 

Krause  (A.)  19,  73 

Gutmann  (K.)  59 

Huybrigts  (F.)  70 

Kristensen  (W.   B.)  22,  81 

Habich  (G.)  46 

Hyde  (W.  W.)  25,  59  (2) 

Kroll  (W.)  4,  51,  76 

Hagemann  (A.)  85 

Immisch  (0.)  80 

Kubitschek  (W.)  29*,  37*,  45*,  70, 

Hall  (E.  H.)  22  (2) 

Jackson  (M.  T.)  44 

70*  (2) 

Hall  (H.  R.)  6**,  6*,  15**,   45**, 

Jacobi  (H.)  69 

Kubier  (B.)  9** 

50  (2) 

Jacobsen  (J.  P.)  80 

Kühn  (E.)  9 

Härder  (Ch.)  84* 

Jacobsthal  (P.)  23,  58, 

65*,  69 

Kühtmann  (C.)  44,  56,  59,  70* 

Harris  (J.  R.)  80 

Jacono  (L.)  50 

Kühtreiber  (Th.)  12 

Harrison  (J.  E.)  80 

Jäckel  (F.)  15 

Küster  (E.)  80** 

Hartmann  (R.)  13*,  59] 

Jaksch  (A.  v.)  76 

Küsthardt  (H.)  56 

Hartwig  (P.)  64 

Jarde  (A.)  4*,  I5 

KuTrapfaSTjC  (N.)  21  (2),  23,  59 

Hasluck  (M.)  25,  80 

Jatta  (M.)  29.  43 

Lacroix  (M.)  19 

Haug  (F.)  76,  82* 

Jeremias  (A.)  6 

Laguier  (C.)  8 

Haury  (J.)  80 

Jerphanion  (G.  de)  26, 

73 

Laistner  (M.  L.  W.)  20,  22,  64 

Hauser  (F.)  64 

Johns  (A.  S.)  8,  10 

Lamer  (H.)  15**,  17*,  19*,  24*  (2), 

Hausmann  (R.)  41 

Johns  (C.  H.  W.)  9 

25*,  49*,  52*,  54*,  57*,  59* 

HaussouUier  (B.)  19* 

Johnson  (A.  Ch.)  18  (2] 

,  19,     73 

Lanciani  (R.)  34 

Havell  (H.  L.)  34 

(3) 

Landi  (C.)  81* 

Hazzidakis  (J.)  22,  73 

Johnson  (J.  de  M.)  9 

Lang  (F.)  43*,  48*,  51* 

Head  3 

Josi  (E.)  3 

Läng  (M.)  44,  48*,  67*,  69 

Heath  (R.  M.)  23,  73 

Joulin  (L.)  6 

Langdon  (S.)  10,  8i 

Heberdev  (R.)  43* 

JuUian  (C.)  80 

Lanzani  (C.)  20 

Heddn  (E.)  80** 

KaßßaStas  (fl.)     21,  50 

Larfeld  (W.)  23*,  73*  (2),  74**, 

Heidemann  (L.)  15 

Kahrstedt  (U.)  40 

86* 

Heikel  (E.)  25,  59 

Kaiinka  (E.)  50 

Latte  (K.)  20,  81 

Heinemann  (K.)  80** 

Kamal  (Ahmed  Bey)  10 

1  II 

Lattes  (E.)  38,  76 

Heinevetter  (F.)  4 

Kanzler  (R.)  34 

Laum  (B.)  85** 

Heinze  (R.)  15 

Karman  (J.)  50** 

Lazar  (B.)  56 

Hekler  (A.)  41*,  45*,  59,  59**,  S9*. 

Karo  (G.)  3,  15,  16,  23 

Leaf  (W.)  26** 

61*,  62* 

KaaxpKoTT^C  (n.)  18  (2), 

54,  59 

Ledl  (A.)  18 

Heibig  (W.)  46** 

Kaufmann  (C.  M.)  8*,  50** 

Lee  (H.)  85 

Henning  (R.)  47** 

Kawerau  (G.)  23** 

Lefebvre  8 

Herbig  (G.)  16**,  27* 

Kaye  (W.  I.)  69 

Lefevre  (L.  E.)  59 

Herford  (M.  A.  B.)  46,  64 

Kees  (H.)  11 

Legge  (F.)  81 

Hermanin  (F.)  34 

Keil  (J.)  23** 

Legrain  (G.)  11   (2),  44,  56 

Hermann  (K.  F.)  84** 

Keller  (L.)  64,  80 

Lehmann  (K.)  38 

Herold  (E.)  41 

KepafjLdTOuXXo?  (A.)  18,  22,  25,  73 

Lehmann-Haupt  (C.  F.)  11,  70,  81 

Höron  de  Villefosse  13,  46,  67,  72, 

Kergorlay  (J.  de)  6 

Lehmann-Haupt  (Th.)  15 

76 

Kern  (0.)  23,  73,  73**, 

80 

Lehner  (H.)  43,  59,  76 

Herrmann  (A.)  12 

Kiepert  (R.)  16 

Lenchantin    (de    Gubernatis,    M.) 

Herrmann  (P.)  48*,  59*,  62 

Kinch  (K.  F.)  26 

76(3) 

Herzfeld  (E.)   11,  12,  13,  53 

King  (L.  W.)  II 

Lentz-Spitta  (J.  F.)  21 

Herzog  zu  Sachsen  (Johann  Georg) 

Kirsch  (J.  P.)  2,  12,  54 

Leonhard  (R.)  24 

8** 

Kjellberg  (L.)  80 

Leonhard  (W.)  32,  37,  64  (3) 

Hetcou  (G.)  59 

Klaatsch  (H.)  50 

Leroux  (G.)  54**,  64** 

Heussner  (F.)  3* 

Klaffenbach  (G.)  86** 

Lethaby  (W.  R.)  20,  59 

Heuzey  (L.)  14 

Kluge  (Th.)  41 

Levi  (D.  W.)  38 

Hildenbrand  (F.  J.)  76 

Klym  (P.)  41 

Lichtenberg  (R.  v.)  50** 

Hill  (G.  F.)  12,  17,  45  (2),  70  (3), 

Knapp  (Ch.)  54,  86 

Lieblein  (J.)  8 

73 

Koch  (H.)  26,  54,  64 

Lieres  und  Wilkau  (V.  v.)  64 

Hiller  von  Gaertringen  (F.  Freiherr) 

Köchhng  (J.)  80  (2) 

Lihe  27 

II,  17*,  23*,  25,  74,  80 

Koepp  (F.)  3,  47*,  50*, 

58*,  64, 

Lippold  (G.)  59**,  59,  61*,  62*  (2) 

Hinrichs  (W.)  6 

65* 

Löhr  (M.)  II* 

Hirsch  (V.)  83* 

Körber  (K.)  59,  76  (2) 

Loeschcke  (S.)  47,  55,  69 

Hitzig  (H.)  3**,  15 

Körte  (A.)  81 

Löwy  (E.)  64 

Hofimann  (E.)  44,  59,  80 

Köster  (A.)  43,  54*,  68, 

72 

Loisy  (A.)  79* 

HoUeaux  (M.)  17,  19,  73  (2) 

Kohte  (J.)  53 

Luckenbach  (H.)  50** 

Homo  (L.)  38 

Kolberg  68 

Luckhard  (F.)  8**,  53 

93 


Register. 


94 


Lüdtke  (W.)  50* 

Mortillet  (P.  de)  81 

Pavlu  (J.)  18* 

Lugari  (B.)  70 

Moulton  (W.  J.)  12,  63 

Pect  (T.  E.)  28*,  39 

Lugli  (G.)  28 

Mühling  (K.)  32 

Pellati  (F.)  i 

Lundström  (V.)  34 

Müller  (A.)  85 

Perdrizet  (P.)  81 

Luquet  (G.  H.)  40 

Müller  (B.  A.)  3* 

Peristianes  (J.  C.)  22,  72 

Maas  (P.)  22* 

Müller  (E.)  60** 

Pernier  (L.)  5,  21,  38,  67 

Maaß  (E.)  81 

Müller  (F.)  65** 

Perrot  (G.)  18,  51**  (2),  55,  65  (2), 

Macchioro  (V.)  27,  27**,  37,  51  (3), 

Müller  (F.  W.)  6 

69  (2) 

64,  65 

Müller  (L.)  67 

Persichetti  (N.)  31,  36,  77 

Macchioro-Parra  (R.)  27,  81 

MüUer-Graupa  (E.)  53 

Pesarini  (S.)  33 

Mackay  (E.)  14 

Münsterberg  (R.)  4**,  71 

Petri  (H.  Fl.)  5,  8,  81 

Mackenzie  (D.)  36 

Munoz  (A.)  35,  55 

Petri  (W.  M.  Fl.)  14,  45 

Maggiulli  (P.)  31 

Muratore  (D.)  3 

Pettazzoni  (R.)  20,  81 

Mahler  (E.)  43** 

Murray  (G.)  81** 

Pfeiffer  (L.)  51 

Maiuri  (A.)  28,  29,  30  (2),  31  (3), 

Nachod  (H.)  29 

Pfister  (F.)  9,  15*,  23,  74 

32,  36,  37   (2),  38,  74,  76  (5) 

Naville  (E.)  7 

Pfuhl  (E.)  4**,  15,  21,  55,  65 

Malten  (L.)  81** 

Nawrath  (A.)  86 

Pharmakowsky  (B.)  41 

MaXx^Co;  (K.)  18  (3) 

Negelein  (J.  v.)  81* 

Phihpp  (H.)  22*,  31*,  37*,  41*  (2) 

Mancini  (G.)  32,  34 

Nestle  (W.)  81* 

Philippi  (F.)  6 

Mangold  (K.)  51 

Neuhöfer  (R.)  36 

Philippson  (A.)  16 

Marchetti  (M.)  32 

Newell  (E.  T.)  21,  71 

Picard  (Ch.)  21,  26,  65,  74 

Marchi  (A.  de)  72 

Niccöhni  (G.)  20,  74 

Pick  (B.)  4**,  17,  18,  60,  71 

Marguillier  (A.)  2 

Nicodemi  (G.)  37,  76 

Pick  (H.)  12 

Margwelaschwili  (T-  v.)  41 

Nicole  (G.)  4**,  20,  43** 

,  65  (2) 

Pierleoni  (G.)  28,  71 

Mariani  (L.)  39,  40,  59,  65 

Niebuhr  (C.)  8 

Pillet  (M.  L.)  13,  53 

Martens  (L.)  15* 

Nießen  (C.  A.)  42** 

Pinza  (G.)  35>  37,  46*,  46,  55,  84 

Martin  (V.)  9 

Nilsson  (M.  P.)  22*,  25, 

82* 

86 

Pistorius  (H.)  22** 

Marucchi  (0.)  3,  5,  31,  32,  35  (2) 

Nöldeke  (Th.)  11 

Plassart  (A.)  20,  24,  25,  74 

Maspero  (G.)  8  (2) 

Nogara  (B.)  46,  60 

Platner  (S.   B.)  35 

Massano  (F.)  30 

Norton  (R.)  43,  60 

Plaumann  (G.)  9,  81 

Matthies  (G.)  43,  67 

Oberziner  (G.)  6 

Poebel  (A.)  10,  71 

Mattingly  (H.)  70  (2) 

Oehler  (J.)  51* 

Poerner  (J.)  83** 

Matz  (F.)  30,  51**,  65 

Oehler  (R.)  40* 

Poggi  (G.)  30 

Mau  (A.)  2 

Oelmann  (F.)  69 

Pohl  (R.)  68* 

Mauceri  (E.)  37 

Ohnefalsch- Richter  (M.)  $1 

Pohlenz  (M.)  3 

Maull  (0.)  24 

öaovdfAO«  (F.)  21,  26 

Poland  (F.)  80*,  85*,  86* 

Maurice  (J.)  60 

Olivieri  (A.)  27 

Pollak  (L.)  46* 

Maybaum  (J.)  65 

D'Ooge  (M.  L.)  22 

Polovtsoff  (S.)  41 

Mayer  (M.)  28**,  65 

Oppenheim  (M.  Freiherr  v 

.)ii 

,74 

Pomtow  (H.)  20,  72,  74 

Mayr  (A.)  40 

Oppermann  3 

Pons  (A.  A.)  27 

Meier  (A.)  76 

Ormerod  (H.  A.)  16,  23, 

74 

Ponten  (J.)  15** 

Meier  (P.  J.)  60 

Orsi  (P.)  29,  30,  36,  37 

(2), 

69, 

Ponten  van  Broich  (J.)  15** 

Meißner  (B.)  10**,  56 

76,  77 

Pösta  (B.)  67 

Meomartini  (A.)  28,  76 

Ortvay  (Th.)  3 

Pottier  (E.)  65 

Mercklin  (E.  v.)  2 

Osborne  (D.)  69 

Poulsen  (F.)   45**.  45,   5i**   (2), 

Merlin  (A.)  39,  40**,  65 

Ostern  (H.)  58*,  64*,  65* 

(2), 

68* 

53*,  60  (3),  62 

Mesk  (J.)  35,  76 

Otto  (W.)  17* 

Prasek  (J.  V.)  16 

Meurer  (M.)  55,  60 

0x6  (A.)  69  (2) 

Preisigke  (F.)  12,  74 

Meyer  (Ed.)  5,  16  (2),  81 

Pace  (B.)  16 

Premerstein  (A.  v.)  23** 

Mezger  (F.)  23,  74 

Pachtere  (F.  G.  de)  38 

Prentice  (W.  K.)  14,  72 

Michaelis  (A.)  52 

Pagenstecher  (R.)  28,  42 

** 

55*, 

Preyß  (A.)  18,  60 

Michon  (E.)  41,  46,  60,  68 

81** 

Prinz  10 

Milne  (J.  G.)  7,  10,  21,  25  (2),  65 

Pais  (E.)  28,  35,  35** 

Pritzel  15 

69.  71  (3) 

Pancritius  (M.)  10,  56 

Procacci  (G.)  77 

Minto  (A.)  30,  31,  32,  38,  60 

Panfil  (D.  G.)  11,  55 

Procksch  (0.)  12 

MiaTpitoTTj;  (F.)  18,  21,  23,  81 

naTraßaatXet'ou  (F.)  19,  20, 

21,74(2) 

Prosoroff  (G.)  41 

Mommsen  (Th.)  4** 

riaTcayewpY^ou  (D.)  22  (2) 

74 

Putorti  (N.)  29,  33  (3),  37,  46,  69 

Monaci  (A.)  60 

IlaTTTraSaxii  (N.)  26,  67 

(2),  77  (2) 

Monceaux  (P.)  39  (2),  69,  71 

Pareti  (L.)  33,  37** 

Quibell  (J.  E.)  13 

Montauzan  (G.  de)  75 

Paribeni  (R.)  16,  29,  31,  46  (2),  60 

Radermacher  (L.)  81 

Montelius  (0.)  27**,  53 

Paris  (P.)  40  (3),  41 

Raehlmann  (E.)  62,  65 

Mooney  (W.  W.)  86** 

Pascal  (C.)  77,  8i  (2) 

Rand  (E.  K.)  4 

Morgan  (J.  de)  13,  71 

Pasetti  (M.  Freiherr  v.) 

51 

Ranke  (H.)  14 

Morgenstern  (0.)  5 

Paton  (L.  B.)  9 

Rapisarda  (N.)  37** 

Morin  (J.)  46,  65 

Patroni  (G.)  30,  51,  65, 

67 

Rasi  (P.)  77 

95 

Register. 

96 

Reber  (B.)  86 

Sartiaux  (F.)  17,  24,  55,  61 

Spano  (G.)  55 

Reese  (W.)  ii 

Sauciuc  (Th.)  17**,  18,  74 

Spiegelberg  (W.)  12,  74,  83* 

Regling  (K.)  71 

Sauer  (B.)  4**,  44,  60*,  61   (2) 

Spinazzola  (0.)  46,  61 

Rehm  (A.)  23*,  23**,  74 

Savini  (G.)  33,  55 

Sprater  (F.)  55,  86 

Reid  (S.  J.)  86 

Scaglia  (S.)  36,  66 

Springer  (A.)  52 

Reil  (J.)  12 

Scarzello  (G.)  42 

Stähhn  (F.)  23,  24 

Reil  (Th.)  8* 

Schaal  (H.)  52 

Stefani  (E.)  38 

Reimpell  (W.)  10*  (2) 

Schaefer  (J.)  82** 

Steindorff  (G.)  12 

Reinach  (A.)  35,  37,  55,  72 

**,  78*, 

Scharold  (H.)  82 

Steiner  (P.)  41,  66 

82,  82*  (3) 

Scheel  (W.)  35* 

Steinmann  (E.)  27,  36 

Reinach  (A.  J.)  19**,  60  (4),  60** 

Scheftelowitz  (J.)  82  (2) 

Steinmann  (F.)  66 

(2) 

Scheuer  (W.)  82 

Steinwender  (Th.)  85  (2) 

Reinach  (S.)  3,  21,  31,  51* 

,  69,  82 

Schiff  (F.)  22,  24 

Stengel  (P.)  83 

Reinhardt  (G.)  50* 

Schjott  (P.  0.)  85 

Stern  (E.  v.)  41,  66,  83 

Reinhardt  (L.)  51 

Schmidt  (H.)  50*,  63* 

Sterrett  (J.  R.  S.)  16 

Reisinger  (E.)  4*,  63** 

Schneider-Graziosi  (G.)  36,  38,  46, 

Steuding  (H.)  21*,  81*,  82*  (2) 

Reitzenstein  (R.)  66** 

47 

Steuernagel  (C.)  13 

Riba  (M.)  35,  77 

Schnell  (J.)  20,  82 

Stoedtner  (F.)  52 

Ribezzo   (F.)   27    (2),   30, 

35,   76, 

Schöne  (H.)  3** 

Stolle  (F.)  85** 

77  (3) 

Schrader  (H.)  43** 

Strong  (S.  A.)  61 

Ricci  (C.)  32,  35,  38,  55, 

65 

Schredelseker  (P.)  82 

Strzygowski  (J.)  52 

Richter  (0.)  35** 

Schröder  (B.)  26,  43,  52*,  61  (2), 

Studniczka  (F.)  55** 

Ridder  (A.  de)  17*,  19*, 

24* 

66,  67 

Stückelberg  (E.  A.)  4**,  61,  71  (2) 

Ridgeway  (W.)  16 

Schroeder  (L.  v.)  82  (2) 

Styger  (P.)  36,  61,  66 

Ried  (H.  A.)  46 

Schubart  (W.)  69* 

Sundwall  (J.)  22,  86 

Riezler  (W.)  65** 

Schubring  (W.)  12 

Supka  (G.)  50* 

Ritterling  (E.)  42,  71 

Schuchhardt  (C.)  40,  53,  67 

Swindler  (M.  H.)  22**,  83** 

Rizzo  (G.  E.)  51* 

Schulten  (A.)  39,  40*  (3),  4i**,  85 

Swoboda  (H.)  22*,  84** 

Robert  (C.)  3**,  18,  61  (4),  65,  66, 

Schultheß  (0.)  4**,  77   (2) 

Sybel  (L.  V.)  52,  66 

82  (2) 

Schultz  (H.)  71 

Tafrali  (0.)  61 

Roberto  (G.)  47 

Schnitze  (V.)  21** 

Tagliaferro  (N.)  39 

Robinson  (D.  M.)  25,  72 

Schulz  (B.)  33**,  55** 

Tambroni  (F.)  31,  36 

Robinson  (E.  S.  G.)  23  (2), 

71  (2), 

Schumacher  (G.)   13 

Taramelli  (A.)  36,  44 

74 

Schwantes  (G.)  68 

Taylor  (H.)  58** 

Robinson  Ir.  (W.  H.)  14, 

66,  74 

Schwartz  (E.)  83 

Teglas  (G.)  61,  83 

Rodenwaldt  (G.)  66  (3),  66** 

Schwarzlose  (K.)  15 

Thiele  (G.)  56 

Reeder  (G.)  8,  52,  63* 

Schwarzlose  (W.)  77 

Thieme  (U.)  50 

Rönneke  (K.)  35 

Schweisthal  (P.  J.)  77  (2) 

Thienemann  (Th.)  77 

Rösch  (G.)  24,  61 

Scott-Moncrieff  (Ph.  D.)  8 

Thiersch  (H.)  13  (2),  20*,  54*,  69 

Rohrbach  (P.)  10* 

Seiffert  (0.)  3** 

Thompson  (R.  C.)  14  (2),  56 

Roltsch  (0.)  23 

Sergi  (G.)  30 

Thomsen  (P.)  13 

'PwfAalos  (K.)  19,  22,  25, 

55.  61 

Sethe  (K.)  83*,  83** 

Thumb  (A.)  22 

Roman  (C.)  40 

Seunig  (V.)  16,  20,  24 

Thureau-Dangin  (F.)  14 

Romanelli  (P.)  5,  16 

Shear  (Th.  L.)  23,  61 

Tillyard  (H.  J.  W.)  85 

Romanelli  (R.)  40 

Shewan  (A.)  22 

Tittel  (K.)  84*  (2) 

Romstedt  (M.)  18 

Siebourg  (M.)  77 

Tod  (M.  N.)  7,  74  (3) 

Rose  (H.  J.)  82 

Siecke  (E.)  78  (2),  83 

Töwe  (C.)  3 

Rosenberg  (A.)  4*,  29,  82 

Sieveking  (J.)  41**,  46,  61** 

Toscanelli  (N.)  27 

Roßbach  (0.)  3**,  4*,  41 

61 

Simon  (J.)  37 

Toutain  (J.)  55,  72,  77,  81* 

Rostowzew  (M.  J.)  41,  66 

Siren  (0.)  52 

Treidler  (H.)  41 

Roth  (E.)  86 

Sitte  (H.)  5,  43* 

Trendelenburg  (A.)  16**,  24**,  43* 

Roussel  (P.)  73** 

Sittig  (E.)  17,  74,  83 

Tresp  (A.)  83 

Rubensohn  (0.)  44,  67** 

Sixt  76 

Troß  (E.)  52 

Rüsch  (E.)  20,  74 

Sxiäj  CA.  N.)  74 

Tudeer  (L.  0.  Th.)  37**,  71 

Ruggiero  (E.  de)  77 

Skutsch  (F.)  4 

Ure  (P.  N.)  25**,  66 

Ruppersberg  41 

Smagt  (H.  van  der)  42 

UrHchs  (H.  L.)  58** 

Ruzicka  (L.)  71 

Smith  (A.  H.)  45  (2),  61 

Vaglieri  (D.)  31,  31** 

Sabatini  (F.)  36 

Smith  (C.  H.)  41,  68 

Varga  (S.)  52 

Salac  (A.)  82 

Smith  (E.  B.)  52 

Vasters  (P.)  62 

Salinas  28,  71 

Smith  (G.  E.)  8 

Vaudouer  62 

Salis  (A.  V.)  28,  ^i** 

Soghano  (A.)  32  (2),  66  (2) 

Venuti  (B.  T.)  44,  62 

Samter  (E.)  24,  82**,  83* 

,  86 

Soltau  (W.)  35* 

Verworn  (M.)  52 

Sann  (G.)  39 

Sommer  (L.)  83** 

Viedebantt  (0.)  13,  22,  71  (3),  74 

Sarauw  (G.  F.  L.)  86 

Sordini  (G.)  37 

Vimer  (R.)  40  (2) 

Sardemann  (W.)  20**,  74 

,  82 

Sorrentino  (A.)  66 

Vincent  (H.)  10,  11**,  55 

97 


Register. 


98 


Vollbehr  (Th.)  52 

Weil  (R.)  19*,  45*,  73* 

Winslow  (W.  C.)  9,  68 

VollgrafE  (G.)  17,  74 

Weinreich  (0.)  83 

Winter  (F.)  32,  50,  62 

Vollmer  (F.)  77 

Weisbach  (W.)  36 

Wissowa  (G.)  34*,  78*,  83,  83**, 

Vürtheim  (J.  J.  G.)  25,  83**,  83 

Weißbach  (F.  H.)  53 

86 

Vulic  (N.)  26 

Weißhäupl  (R.)  4* 

Witkowski  (St.)  6 

Waal  (A.  de)  62 

Weizsäcker  (P.)  4**,  62 

Woelcke  (K.)  62 

Wagner  (E.)  44,  62 

Weller  (Ch.  H.)  62 

Wolters  (P.)  45,  52,  83 

Wahrmann  (P.)  79* 

Weniger  (L.)  3**,  68**, 

68,  83 

Woodward  (A.  M.)  19,  72 

Wainwright  (G.  A.)  6 

Wessely  (K.)  71 

Wreszinski  (W.)  9 

Waldmann  (E.)  62** 

Westberg  (F.)  72 

Wünsch  (R.)  83 

Waldstein  (Ch.)  62,  62** 

Wide  (S.)  56,  78*,  81*, 

82* 

Wüst  (E.)  86* 

Walters  (H.   B.)  45,  69 

Wiedemann  (A.)  6,  7*, 

9(2),  9*, 

Wunderer  (C.)  52** 

Warnecke  (B.)  86 

83 

Würz  (R.)  53,  53**,  56** 

Waser  (0.)  4**,  42*,  52, 63*,  66  (2), 

Wiegand  (Th.)  22** 

Wyß  (K.)  84 

66*,  81*  (2) 

Wigand  (K.)  13,  69 

S'jYYOTTOuXo;  (A.)  19,  56,  62 

Watts  (D.)  62 

Wilamowitz-MoellendorfE 

(U.  V.) 

Yeames  (A.  H.   S.)  36 

Weber  (H.  H.)  85 

51* 

Zenker  (J.)  42 

Weber  (L.)  19 

Wilberg  (W.)  25,  56 

Ziebarth  (E.)  84*,  86* 

Weber  (W.)  69**,  83 

Wilcken  (U.)  9,  19,  68, 

83**,  83 

Ziehen  17 

Wegeleben  (Th.)  85 

Wilhelm  (A.)  18,  21,  24 

25,  74*, 

Zimmermann  (M.  G.)  52 

Weigall  (A.  E.  P.  B.)  9,  14 

75  (4) 

Zucchini  (G.)  29 

Weigand  (E.)  10  (2),  13,  21,  55  (3), 

Willers  (H.)  52 

Zuretti  (C.  0.)  74* 

56 

Winnefeld  (H.)  10,  56 

IL  ZEITSCHRIFTEN. 

Die  eingeklammerten  Zahlen  deuten  an,  wie  oft  die  Zeitschrift  auf  derselben  Seite  erscheint. 


Abhandlungen  der  Königlich  Preußischen  Aka- 
demie der  Wissenschaften  12 

Abhandlungen  der  Königlich  Sächsischen  Ge- 
sellschaft der  Wissenschaften  55 

Abhandlungen  der  Königlichen  Gesellschaft  der 
Wissenschaften  zu  Göttingen  12 

Alba    Pompeia  3,  42 

Annales  serv.  ant.  de  l'figypte  7,  8,  10,  11  (3),  14 

Annales  de  la  Societe  d'archeologie  de  Bruxelles  7 

Annual,  The,  of  the  British  School  at  Athens  16, 
20,  22  (2),  23  (3),  25,  57,  63,  86 

Annuario  bibliografico  di  archeologia  e  di  storia 
deir  arte  per  1'  Italia  i 

Antologia,  Nuova  34,  35,  36,  42 

Anzeigen,  Göttingische  gelehrte  16,  17,  20,  50,  54, 
59,  61,  65,  69,  83 

Anzeiger,  Archäologischer,  des  Kaiserlich  Deut- 
schen Archäologischen  Instituts  3,  5  (3),  7,  15, 
16,  18,  23,  27,  39,  40,  41,  43,  44,  45,  46  (2),  66  (3), 
67,  69,  71,  81 

Anzeiger  für  Schweizerische  Altertumskunde  43, 
54,  67,  77,  79,  86 

Archiv  für  Anthropologie  30,  42 

Archiv  für  Papyrusforschung  und  verwandte  Ge- 
biete 9  (3),  19,  83  (2) 

Archiv  für  Religionswissenschaft  9,  20,  66,  78,  79  (2), 
82,  83 

Archivio  storico  per  la  Sicilia  Orientale  37 

Archivio  Trentino  47 

Art  a.  Arch.  4,  7,  9  (2),  12,  22  (2),  29,  48,  50,  62 

L'Arte  32 

Atene  e  Roma  20,  21,  30,  32,  48,  49,  51,  63,  76 

Athenaeum,  The  3,  7,  8,  14,  15,  16,  40,  45,  49, 
51,  58,  62,  63,  72,  73,  77,  78,  79,  81   (2),  84 

Archäolog.  Bibliographie. 


Atti    della     r.    Accademia     di     archeologia   Napoli 

32,  65,  66 
Atti  e  memorie  Ist.  Ital.  28,  70 
Atti  r.  Ist.  Veneto.  77 
Ausonia  4,  5,  28,  37,  38,  39,  43,  56,  64 
Beiträge     zur    Anthropologie     und     Urgeschichte 

Bayerns  46 
Bericht    der    Römisch-Germanischen    Kommission 

I,  42,  69 
Berichte    der    Akademie    der    Wissenschaften    zu 

Budapest  61 
Bibliothek,  Mythologische  78,  83 
Blätter  für  das  Gymnasial-Schulwesen  41,  82 
Blätter  für  Münzfreunde  24,  44 
Blätter,  Hessische,  für  Volkskunde  78 
Bollettino  d'Arte  33,  36,  39,  46  (3),  65 
Bollettino  dell'  Associazione  Archeologica  Romana 

30,  31  (2),  32,  33,  34,  36,  57  (2),  64,  77,  79,   84 
Bollettino  della  r.  soc.  Geogr.  38,  84 
Bollettino  di  filologia  classica  37,  74,  76,  81 
British    School    of    arch.    in    Egypt     a    Egyptian 

Research  Account  14 
Bulletin  Mus.  bist.  Mulhouse  82 
Bulletin  Soc.  Neuchateloise  g^ogr.  13 
Bulletin  annual  d'epigraphie  grecque  72 
Bulletin  de  correspondance  hellenique  7,   17,    19, 

20,  24,  26,  81 
Bulletin  de  la  Societe  Nationale  des  Antiquaires 

de  France  13,  39  (2),  41  (2),  46,  60,  67,  72,  76 
Bulletin  de  la  Societe  Scientifique  et  Litteraire  du 

Limbourg  70 
Bulletin  Hispanique  40  (2) 
Bullettino  della  Commissione  archeologica  comu- 

nale  di  Roma  28,  31,  32,  33,  34,  35,  38,  46 


99 


Register. 


100 


Bullettino  di  archeologia  e  storia  Dalmata  40 
Bullettino  di  paletnologia  italiana  30 
Bullettino,    Nuovo,    di  archeologia  cristiana  3,  5, 
II,  16,  28,  31,  32,  34,  35  (2),  36  (2),  37,  40,  46, 

47  (2) 
Carinthia  76 
Chronicle,  The  numismatic  3,  17,  21  (2),  25  (2), 

45,  60,  70  (2),  71   (2) 
Comptes-rendus  des  seances.  Academie  des   In- 

scriptions  et  Belles-Lettres  11,  17,  24,  29,  33  (2), 

39  (4),  41,  54,  75  .       .   ■ 

Denkschriften  der  Kaiserlichen  Akademie  der 
Wissenschaften  in  Wien  23,  54,  80,  82 

Dolgozatok  az  Erdelyi  Müzeumbol  67 

'E7T:£TT|pic  74 

'Ecprj[A£pis  dpyaioXoyixT^.  14,  17  (2),  18  (7),  19  (5), 
20  (4),  21  (4),  22  (2),  23  (2),  24  (2),  25  (3),  26  (8), 
57,  59,  62,  69,  73,  75 

Eranos  34,  75,  80 

ßrtesitö,  Archaeologiai  44  (2),   50,  52,  75,  83 

Forhandlinger,  ChristianiaVidenskabs-SelskabsSs 

Gazette   des  beaux-arts  3  (2),  65 

Geisteswissenschaften,   Die  12 

Glotta  80 

Grenzboten,  Die  42 

Gymnasium,   Das  humanistische  16,  24,  48,  51 

Hermes  11,  18,  19,  21,  22,  39,  61,  66,  73,  74,  77, 
78,  80,  81  (2),  82  (2),  83  (4)  86 

Himmel    und    Erde  67 

Imago   79 

Institut  d'estudis  Catalans;  Anuari  40 

Islam,   Der  13 

Jahrbuch  des  Kaiserlich  Deutschen  Archäologi- 
schen Instituts  2,  5,  6,  10,  21,  45,  55  (2),  59, 
61,  62,  64,  65  (2),  81 

Jahrbücher,  Bonner  32 

Jahrbücher  der  Akademie  Erfurt  23 

Jahrbücher,  Neue,  für  das  klassische  Altertum, 
Geschichte  und  deutsche  Literatur  und  für  Päd- 
agogik 3,  7,  15  (2),  24  (2),  31,  43,  58,  60,  64,  72, 
81,  86 

Jahrbücher,  Preußische  10,  36 

Jahresbericht  Frankfurter  Verein  Geogr.   12,   15, 

17 
Jahresberichte  der  Schlesischen  Gesellschaft  für 

vaterländische  Kultur  4 
Journal,  American,  of  Archaeology  i,  2  (2),  5,  14, 

18,  23,  25  (3),  26,  30,  34  (2),  38,  52,  54,  58,  59, 

69,  73 
Journal,  American,  of  Philology  18,  46 
Journal    des  Savants    4,    5,    14,    18,    36,    38,  40, 

48 
Journal  Egypt.  arch.  5,  6  (2),  7  (4),  8  (2),  9,  10, 

II,  14,  50.  65 
Journal  international  d'archeologie  numismatique 

19 
Journal  of  Roman  studies  17  (2),  27,  28,  32,  33, 

53.  75.  82 
Journal,  The,  of  hellenic  studies  17,   19,  20,  21, 

22  (2),  23  (2),  43  (2),  45,  46  (2),  58  (3),  62  (2), 

63,  65,  74  (2),  84,  85 
Journal,  The,  of  philology  84 
Klio  6,  7,  II,  20,  25,  27,  34,  35,  41,  70,  71  (2),  72, 

81,  85 
Közlöny,  Egyetemes  philologiai  43,  48,  51,  67,  75 


Korrespondenzblatt     des     Gesamtvereins     der 

deutschen     Geschichts-     und     Altertumsvereine 

67,  68 
Korrespondenzblatt,  Römisch-Germanisches  26, 

33,  42,  43,  47,  55,  58,  62,  66,  68  (4),  69,  75  (3), 

76  (2),  77  (3),  84 
Kunst  und  Altertum  16 
Kunst  und  Künstler  14 
Kunstblatt,  Christliches,  für  Kirche,  Schule  und 

Haus  66 
Kunstchronik  8  (2),  11  (2),  46,  47,  49,  61 
Kunststätten,  Berühmte  28,  31 
Letterkunde  22,  25 
Limes,  Der  römische,  in  Österreich  75 
Literaturzeitung,   Deutsche  4,  5,  8,   10,  22  (2), 

23,  25,  28,  40  (2),  46,  49  (2),  51,  59,  62  (2),  63, 

78,  79.  81   (2),  83  (2),  85  (2),  86 
Literaturzeitung,    Orientalistische   i,  9,    10  (4), 

/i  (2),  13.  53.  56  (2),  79  (2) 
Melanges   de  la  faculte  Orientale  Beyrouth  26 
Memoires  de  l'Academie  des  Inscriptions  et  Belles- 

lettres  19,  70 
Memoires  de  1' Institut  frangais  d'archeologie  Orien- 
tale du  Caire    13 
Memoires  de  la  Societe  Nationale  des  Antiquaires 

de  France  40,  41 
M  e  m  o  r  i  e  della  r.  Accademia  de  archeologia  Napoli  66 
Mitteilungen    der  geographischen  Gesellschaft  in 

München  24 
Mitteilungen  der  K.  K.  Zentral-Kommission  31,  34 
Mitteilungen    der   Vorderasiatischen    Gesellschaft 

6,  79 
Mitteilungen,    Dr.    A.    Petermanns,    aus    Justus 

Perthes'  geographischer  Anstalt  6,  16 
Mitteilungen    des    Kaiserhch  Deutschen  Archäo- 
logischen Instituts 

Athenische  Abteilung  3,   18  (2),    19,  20,    21 

(2),  23  (2),  24,  25  (2),  26,  30,  43,  64,  75 

Römische  Abteilung  18,  29  (2),  31,  32,  33,  43, 

45.  46,  57,  58,  60,  65,  66,  68,  73 

Mnemosyne  17,  48,  80 

Monatshefte  der  Comenius-Gesellschaft  für  Kultur 

und  Geistesleben  63 
Monatsschrift,    Internationale  17 
Monumenti  antichi  16,  29  (2),  36,  51 
Musee  beige,  Le  16,  79 
Museum- Journal  60,  63 

Museum  Journal,  The,  University  of  Pennsylvania  22 
Museum,  Pfälzer  76,  86 
Museum,  Rheinisches,  für  Philologie  6,  10,  13,  29, 

56  (2),  64,  72,  78,  79,  80,  85 
Museumsblätter,  Lüneburger  68 
Museumskunde  3,  42,  44  (2),  63 
Nord  und  Süd  15 
Notizie  degli  scavi  di  antichitä  28  (5),  29  (7),  30 

(9).  31  (6),  32  (4),  33.  34.  36  (3),  37  (4),  38  (3) 
Öf versigt  af  Finska  Vetenskaps-Societetens   For- 
handlinger 22 
Orient.   Arch.  51 
Orient,  Der  Alte  10 
Palästinajahrbuch  des  Deutschen  evangelischen 

Instituts  für  Altertumswissenschaft  des  Heiligen 

Landes  zu  Jerusalem  I2  (2) 
Papers  of  the  British  School  at  Rome  33  (3),  36  (2), 

39,  57,  61 


lOI 


Register, 


102 


Philologus  53,  76  (2),  85 

Philology",  Classical  19 

ripaxTixa.  18,  21   (3),  22,  26  (2) 

Proceedings  of  the  Society  of  biblical  archaeology 
9,  14,  81 

Quartalschrift,  Römische,  für  christliche  Alter- 
tumskunde und  für  Kirchengeschichte  2,  3,  12, 
36,  50,  57,  60,  61,  62,  67,  68 

Quarterly,   Brooklyn  Museum  43 

Rendiconti  della  r.  Accademia  dei  Lincei  27, 
32,  40 

Rendiconti  delle  sessioni  Accademia  di   Bologna 

24,  75  (2) 
Rendiconti.      R.   Istituto  Lombardo  di  scienze  e 

lettere  37,  38 
R_epertorium  für  Kunstwissenschaft  50 
Review,  The  Classical  38,  80 
Revue  archeologique  6,  17,  19,  21  (2),  28,  31,  39, 

42  (2),  47,  48,  57,  59,  61,  62 
Revue  bleue  80 
Revue  celtique  60 
Revue  critique  d'histoire  et  de  litterature  17,   19, 

24,  38,  51,  79,  85      .     ^ 
Revue  d'histoire  et  de  litterature  religieuses  49,  55, 

78  (2),  79,  81,  82 
Revue  de  l'instruction  publique  en  Belgique  20,  80 
Revue  de  philologie,  de  litterature  et  d'histoire  an- 

ciennes  17,  19,  78 
Revue  de  synthese  histoire  48  (2),  50 
Revue  des  deux  mondes  38 
Revue  des  etudes  anciennes  75,  77 
Revue  des  etudes  grecques  19,  44,  46,  85 
Revue  des  questions  historiques  54 
Revue,  Deutsche  49 
Revue  hebdom.  3 
Revue  numismatique  13 
Revue  Tunisienne  38 
Rivista  di  filologia  e  d'  istruzione  classica  20,  26, 

28,  33,  51,  76 
Rundschau,  Deutsche  22,  34  (2) 
Rundschau    für    historische    und    soziale    Wissen- 
schaften, Ungarische  15 
Saalburg,  Die  20,  43,  67,  72 
Schriften   der   Wissenschaftlichen   Gesellschaft   in 

Straßburg  12 
Schriften,  Epigraphische  und  numismatische  4 
Sitzungsberichte  der  Heidelberger  Akademie  der 

Wissenschaften  9,  17,  66 
Sitzungsberichte  der  Kaiserlichen  Akademie  der 

Wissenschaften  in  Wien  10 
Sitzungsberichte     der     Königlich     Bayerischen 

Akademie  der  Wissenschaften  6,  11,  16,  40,   48 
Sitzungsberichte     der     Königlich     Preußischen 

Akademie  der  Wissenschaften  4  (2),  11,  53,  61,  83 
Soc.  stör,  di  Como  29 
Sokrates  3  (2),  5,  35,  38,  47,    50,  68,  71,  78,  83, 

85  (2) 


Studi  Romani  26,  28,  29,  30,  33,  57  (2) 

Studi  storici  per  1'  antichitä  classica  6,  20,  28 

Studien,    Baltische  41,  67 

Studien,  Wiener  35,  81 

Suomalaisen  Tiedeakatemian  Toimituksia  25 

Szemle,  Budapesti  59 

Tidskrift,  Antikvarisk  53 

Tidsskrift,  Nordisk,  for  filologi  53,  60,  82 

Umschau,  Die  14,  51 

Verhandlungen  der  Philologischen  Versammlung 
zu  Marburg  a.  L.  3,  10,  15,  17,  24,  33,  44  (2), 
54,  78,  81,  83,  84 

Veröffentlichungen,  Wissenschaftliche,  der  Deut- 
schen Orient-Gesellschaft  7 

Versuche,  Rehgionsgeschichtliche,  und  Vorarbeiten 
80,  82,  83,  84 

Vjesnik  Hrvatskoga  arheoloskoga  drustva  47,  70 

Wissenschaft  und  Bildung  15 

Woche,  Die  32 

Wochenschrift,  Berliner  philologische  3,  4,  15, 
17  (3),  19,  20,  21,  22,  23,  24,  26,  27,  28,  31,  32, 
34.  35  (3)>  37.  40  (2),  41  (2),  42  (2),  43.  45  (4), 
48,  50  (2),  51,  52,  54,  56  (2),  59,  60,  61,  62, 
63  (2),  64  (2),  65  (2),  68,  70,  72  (2),  73  (2),  76, 
77,  78  (2),  79  (2),  80  (2),  81,  82  (3),  83  (4),  84  (2), 
85  (2),  86  (2) 

Wochenschrift  für  klassische  Philologie  4  (2),  7, 
8,  9,  15  (2),  16,  19,  21  (2),  23  (2),  24,  25,  27, 
41,  43.  49.  52,  54  (2),  55  (2).  57  (2),  59,  60  (2), 
65,  66,  72,  80,  81  (2),  82  (2),  84,  86 

Zeitschrift,  Äst.  48,  56 

Zeitschrift,  Basler,  für  Geschichte  und  Altertums- 
kunde 70 

Zeitschrift,  Byzantinische  13,  52 

Zeitschrift  des  Aachener  Geschichtsvereins  54 

Zeitschrift  des  Deutschen  Palästinavereins  10,  12 

.(3),  13  (5)         .        . 
Zeitschrift  des  historischen  Vereins  für  Schwaben 

und  >Neuburg  71 
Zeitschrift  für  bildende  Kunst  52 
Zeitschrift   für   die   Morgenländische    Gesellschaft 

II,   12 
Zeitschrift  für  die  österreichischen  Gymnasien  4, 

16,  18,  22,  38,  43,  50  (2),  51,  70,  79,  83 
Zeitschrift  für  Ethnologie  15,  22,  24,  36,  40 
Zeitschrift  für  neutestamentliche  Wissenschaften 

47,  52,  80 
Zeitschrift,  Geographische  41 
Zeitschrift,   Historische  38 
Zeitschrift,  Mainzer  76,  85 
Zeitschrift,  Numismatische    29,    37,   45,    70    (3), 

71  (2) 
Zeitschrift,  Prähistorische  28 
Zeitung,  Illustrierte  84 
Zentralblatt,  Literarisches  8,  22,  23,  37,  41,  42, 

43,  49,  51.  58,  63,  64,  65  (2),  66,  68,  79,  81  (2),  84 


JAHRBUCH   DES  INSTITUTS  XXX  1915 


TAFEL  1 


JAHRBUCH  DES  INSTITUTS    XXX    1915 


TAFEL  2 


TORSO 

N    DEN   KÖNI6L.  MUSEEN    ZU    BERLIN 


JAHRBUCH  DES  INSTITUTS  XXX  1915 


TAFEL  3 


ATTISCHE  HYDRIA  IN  KOPENHAGEN 

(ZU  S.  116). 


JAHRBUCH   DES  INSTITUTS  XXX  1915 


TAFEL  5 


BRUCHSTÜCK  EINES  RELIEFS  IN  BERLIN 

(ZU  S.  121). 


JAHRBUCH  DES 


lAHRBUCH    DES    INSTITUTS    XXX  1915 


TAFEJ.  9 


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MASSTAB    1  :  1 


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DIE     GOLDBECHER    VON    VAPHIO 


TAHRBUCH    DES    INSTITUTS     XXX  1915 


TAFED  10 


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II  B 
DIK    GOLDBECHER. VON    VAPHIO 


lAHRBUCH    DES    INSTITUTS    XXK  1915 


TAFET    11 


I    C 


I    C 
DIE     GOLDBECHER    VON    VAPHIO 


I 


AHRBUCH    DES    INSTITUTS     XXX  1915 


TAFKL  12 


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DIE     GOLDBECHER    VON    VAPHIO 


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